Der Bär. Berlinische Blätter für vaterländische Geschichte und Altertumskunde [5]

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Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterch umskunde. Unter Mitwirkung von

£. Alfieri, F. Brun old in Ioachimsthal, Professor Dr* Paulus Taflet, Stadt-Archivar Fidicin, Theodor Fontane, Ludovica Lesekiel, Dr. L ermann Klette, Ferd. Meyer, Baurath Gkth, Dr. Ferd. Pflug, Oberlehrer Dr. L. pröhle, Stadtschulinspektor R. Schiltmann, Gvmnasialdirektor Prof. Wilhelm Ichwartz in Posen, Archidiakonus Schwebe! in Lüftrin,

Stadtrath Adolf Streckfuß, Lehrer Leinrich wagener in Potsdam herausgegeben d von

Ernst Sriedcl

und

Emil Dominik.

Fünfter Jahrgang.

Berlin

1879.

Nieolaifche Verlags-Buchhandlung R. Stricker.

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Inhalt.

1.

.47. .70

Kvößeve AKHanöLurrgerr und GvZäHLungerr.

Aberglauben, Sagen rc. zu Joachimsthal

nold

III. IV.,

von F. Bru¬

... ....

115 89 212

7.

27

.105 ..184

Abfalllager, Ueber urgeschichtliche, von Franz Maurer. „Alte Fritz", Der zu Straußberg, von W. Sternbeck Alterthümer, Märkische, von Ernst Friede! XI. Altes und Neues aus dem Kreise Beeskow-Storkow von G. Leich -

Hardt

I.

XII.251

Artillerie, Die, unserer Vorfahren, von Franz Maurer Aschermittwoch,

Bodin

.

.

Dominik.57

Der, im Volksleben

Berlin an der Oder von

und Volksglauben von

Th.

.... Ullrich.288 ....

Beutestücke, Brandenburgisch-Preutzische in Dänemark und Schweden. 2. Nach amtlichen Quellen von Ernst Friede!

Brückenbauten, Altes und Neues von Berliner, von

minik

Emil

Cremmener Damm, Der, von Bürgermeister Dampfschiff, Das erste Berliner, 1818 von Dominik Dunkelmann, Eberhard Christ. Reichsfreiherr von, von L.

ricus

Seite

Dutitre, Anekdoten aus

287

Cle-

161

ein Sammelwerk von

Emil

Dominik.219. Meyer.198260

.... Dominik.296

.186.

141

53

197 Strcckfuß . . , Holzes, Die Preise des, im Jahre 1610 von Dominik . . . ,259 Jakza, Fürst von Köpenik und seine Münzen von H. Dannenberg 73 Joachim I., Roman in hist. Bildern von Adolf Streckfuß 209. 217. 225. 233. 241. 249. 257. 269. 277. 285. 293 Joachimsthalsche, Das, Gymnasium von Hans Joachim von 122. 173 Judenprivilcg, Markgraf Ludwigs des Ae. Neumärkisches vom 9. Sept. 1344 von vr. G. Sello . 21. 33. 41. 55. 63 Jüterbog und Zinna von L. 167 Kaiserin, Aus dem Leben der, zum 30. September 1879, von Georg 201 . Kartoffelbau, Wer führte den, in die Mark Brandenburg ein, von

Nippern.,.. Alfieri.153. Förster.. Dominik.61 Pröhle.244 holz.

Emil

.29

Kletke, Doctor Hermann, ein Beitrag zur Geschichte der Berliner Journalistik von Dr. Heinrich Ländlicher Hausbau und Giebelschmuck von Karl Hube, Greifs¬

wald Leihbibliothek, Eine märkische, vor 100 Jahren von L. Hesekiel . Lutherbibel, Die, im Märkischen Museum von Custos Buch-

75

Fischer.36 Kürten.265 .... .... Nippern.188

Malchow, eine Weihnachtswanderung von Theodor Fontane 5. Nachtwächter, Aus dem Leben und der Geschichte der Berliner, von R. Ordensritter, Die im Oderlande von Oskar Schwebel. . . . Pferdebahnen, Die Berliner, von Dr. H. Ranke, Leopold von, von Dr. Emil Matthias-Gotha Runenstein, Der sogenannte, bei Lang-Heinersdorf von Kawerau Schloßdiebstahl, Der, zu Berlin von Emil Dominik Schneider, Louis, Eine Erinnerung von Hans Joachim von Schwarzenberg, Zwei Beweise, daß der Statthalter der Mark, Graf, . . . 87. nicht geköpft wurde von Schwielungsee, Der, von O. Leichhardt in Teuselssteine und Teufelsseen, von Direktor W. Schwärtz in Posen Treitschke, Heinrich von, von Dr. Emil Trinkgefäße des alten Berliner Raths von Eduard Krause . . Urnen-Friedhöfe, Zwei, bei Berlin von Dr. C. Schneitler . . Vertriebenen, Die, Erzählung von Ludovica Hesekiel 181. 193. Wanderung eines fahrenden Schülers durch Berlin 1591, von

EmilDominik.

235 17

I.

228 254 272

100

46

35 116 202

Bülow.44

Weißen Frau, Das Märchen vom Erscheinen der, von

Fritz Ellguth 81. 93. und

113

Dominik.108

Wie man vor 250 Jahren in der Mark Brandenburg getrunken hat von Emil

gegessen

3. ILLrrflvotionen. Albrecht der Schöne, Burggraf von Nürnberg 97. — Ausstellung ain Kaken an der Gerichtslaube in Berlin 261. — Berliner Medaille vom Jahre 1700. 252. — Jllustrationsbeilage zu „ Friede!, Brandend. Preußische Beutestücke" Beilage zu Nr. 1 und 2. — Berliner Dampf¬ schiff von 1818, 289. — Erinnerungszeichen, vom Kaiserpaare bei Gele¬ genheit der goldenen Hochzeitfeier gestiftet 212. — Fidicin, Originalzcichnung von E. Sues 197. — Theodor Fontane, Originalzeichnung 165. — George Hiltl, Portrait 213. — Illustrationen aus Hiltl, der große Kurfürst 280 und 281. — Joachimsthalsches Gymnasium in Joachims¬ thal (1607) 124. 125. — Joachimsthaler Schüler folgen dem Leichenbegängnih des Großen Kurfürsten 176. — Der Neubau des Joachimsthalschcn Gymnasium von G. Theuerkaus 177. — Herrmann Kletke, Portrait 245. — Die Zuschüttung des Königgrabens von Eduard Krause 205. — Kunigunde, Gräfin zu Orlamünde (Weiße Frau) 96. — Illustrationen zu „Ländlicher Hausbau und Giebelschmuck 29. — Lietzen-Forsthaus im Grunewald 253. — Das Titelblatt der Lutherbibel im Märkischen Museum 237. — Medaille der Berliner Akadeinie der Künste 136. — Leopold von Ranke (Portrait) 229. — Die Exekution vom 8. Juni 1718 (Runck und Stieff) 273. — Berliner Schloß, innerer Hof 157, erstes Projekt Schlüters 220. 221. — Das Haus der Herzogin 155. — Der projektirte Umbau der Schloßfreiheit, Entwurf der Architekten Ebe und Benda 185. — Louis Schneider, Portrait 189. — Heinrich von Treitschke, Portrait, 296. — Trinkgefähe des alten Berliner Raths von Ed. Krause 35. — Vor hundert Jahren 297. — Weiße Frau (Churf. Dorothea von Brandenburg im Leichenbegängniß des Gr. Kurfürsten) 84. — ,

4.

138

Altona.287 Matthias.298

Dr. von

Deutsche Adelsgallerie (Graf Erbach in Berlin) von F. E. 149 — Adreßkalender für die König!. Haupt- und Residenzstädte Berlin und Potsdam 150. — Karl Bartsch, Sagen und Märchen und Gebräuche aus Meklenburg von F. E. 150. — Beiträge zu einer Chronik der Stadt Seelow von R. B. 138. — Berlin, Potsdam und Umgebungen 179. — Das Oderland von Th. Fontane von D. 291. — Berliner Gewerbeaus¬ stellung 140. — F. Brunold, Lisbeth von D. 292; Brunold, der Dampfer¬ maschinist von D. 292. — Adolf Glaser, Schlitzwang, von Dr. Dräseke 48. — Deutsche Träumer, Roman von L. Hesekiel von H. von Slippern. — Hiltl, der Große Kurfürst, von D. 280. — Karten und Bücher von Berlin und Umgegend 178. — Chr. Lehmanns Blumengarten von D. 274. — Deutsches Literaturblatt von D. 150. — Neuigkeiten des deutschen Buchhandels 151. — Pröhle, deutsche Sagen von E. Fr. 283. — Sammlung der Meisterwerke der neueren Plastik 32. — Sanders, Wörter¬ buch von Dr. Matthias — Ferd. Schmidt, Jllustrirte Geschichte von Preuße» von D. 262. — Der Soldatenfreund von E. Fr. 32: Ad. Strecksuß, 500 Jahre Berliner Geschichte von E. Fr. 291. — Treitschke's deutsche Geschichte von Dr. Ein. Matthias 117. — Edm. Veckenstedt, Wen¬ dische Sagen rc. von E. Fr. 291. — Emil Walter, die Politik der Hohenzollern von Fr. E. 178. — Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde von E. Fr. 32. 140. —

dem Leben der Madame, geborenen George,

Fidicin, eine Biographie von Ferd. Gefährts, Geschichte des Berliner, von Emil Dominik Heer des Großen Kurfürsten, Das, von Heiligengrabe, Das Kloster in der Priegnitz, von Oscar Schwebe! Heirat, Die zweite, König Friedrich Wilhelms III., von Adolf

-

13

Do¬

2. Litevcrtirv.

L.

Die größeren Artikel, nach 6m Warnen öer Autoren geordnet.

Alfieri, Jüterbog und

Zinna.153. Volksleben.105 Seite

167

Heiser.205 Museum.235 .81

Th. Bodin, Der Aschermittwoch im F. Brun old, Aberglauben rc. zu Joachimsthal III. IV. 47. 115. Wilhelm Buchholz, Die Lutherbibel im Märkischen Georg Büchmann, Berliner Kind, Spandauer Wind Budczies, Die Ruhestätte der Eltern Dr. v. Bülow, Wanderung eines fahrenden Schülers durch Berlin 1591. L. Clericus, Eberhard von Dankelmann H. Dannenberg, Jakza, Fürst von Köpenik und seine Münzen . . Emil Dominik, Berlin an der Oder 57; Wörtererklärung des Sebaldus 59; das goldene Tafelgeschirr Friedrich Wilhelms III. 66; ein Berliner Küster 67; Christoph Lehmanns Blumen¬ garten 274; Wer sührte den Kartoffelbau in die Mark ein? 61; der Schloßdiebstahl zu Berlin 272; Brandenburgische Alterthümer in Bernau 261; George Hiltl 211; Wie vor 300 Jahren der Brandenburger Hof seine Einkäufe besorgte 30;

1.161

Humboldts.15744

Anekdoten aus dem Leben der Madame Dutitre, geborenen George, ein Sammelwerk 219. 260; Altes und Neues von

73

IV Seite

Berliner Brückenbauten 184;

Zwei Beweise, daß Graf Schwarzenberg nicht geköpft wurde 87. 100; Johann Jakoby, der Kunstgießer 91; Es soll 24 eigenhändig an 116 schreiben 101; Wie man vor 250 Jahren in der Mark Brandenburg gegessen und getrunken hat 108; Berliner Kirchengemälde in der Dorf¬ kirche zu Hohenziethen II1; Von den Vorfahren des Berliner Weißbiers 120. 138. 172; Medaille der Berliner Akademie der Künste 137; Geschichte des Berliner Gefährts 141; die 53.

.•.

Poet. Patria.

Kunstausstellung

176;

Jahre 1610 — 259; das

die

erste

Preise

des

Holzes

im

Berliner Dampfschiff 287;

das Heer des Großen Kurfürsten 296. Fritz Ellguth, das Märchen vom Erscheinen der weißen Frau 81. 93. 113. Sagen, Märchen re. aus Meklenburg 150. Der große Kurfürst als Ewald, Bernau, Ein Ausspruch Friedrichs des Großen 60. — Pro Deo, Rege et R. Fischer, Aus dem Lebe» und der Geschichte der Berliner Nacht¬

65 158

... Kaiserin. Nikolaikirche.

36 17 201 138

Giebelschmrick. Prenzlau.

29 211

Pferdebahnen.

265

wächter Theodor Fontane, Malchow eine Weihnachtswanderung 5. Georg Förster, Aus dem Leben der Dr. Freytag, Grabdenkmal der Ernst Friede!, den Kopf vor die Füße legen 31; — Suum cuique 262; Brandenburgisch-Preußische Beutestücke in Dänemark und Schweden 2. 13; Märkische Alterthümer XI. XII. 251. Ludovica Hesekiel, eine märkische Leihbibliothek vor 100 Jahren 75; Die Vertriebenen, eine Erzählung 181. 193. 202; Schlach¬ tensee, ein Gedicht 255; Ein Blick auf Potsdam, ein Gedicht 290. K. Hube, Ländlicher Hausbau und Kanzow, die alten Pfahlwerke in Kawerau, der sogenannte Runenstein bei Lang-Heinersdorf . . . Knoop, das Prenzlauer Steinkreuz . . . Ed. Krause, Trinkgefäße des alten Berliner Raths 35; ein Scheide¬ blick auf den Königsgraben 204. Dr. H. Kürten, die Berliner G. Leichhardt, Altes und Neues aus dem Kreise Beeskow-Storkow 70; der Schwielungsee 287. Ar». Lieber (S. v. S.) Ueberlieferungen aus dem Heidenthum . . Dr. Emil Matthias-Gotha, das Schmeerland 104; Treitschke's deutsche Geschichte 117; Leopold von Ranke 228; Heinrich von Treitschke 295.

..

..

254 10

126

Maurer, Artillerie unserer Vorfahren 7. 27; Ueber urgeschichtliche Abfalllager 89; Ferd. Meyer, Bestallung eines Haus-Voigtes cke anno 1675, 69; Fidicin 198; Hans Joachim von Nippern, deutsche Träuiner 138; das Joachimsthalsche Gymnasium 122, 173; Louis Schneider, eine Er¬

.244

innerung 188.

Berlin.116 Spreewalde. Teuselsseen.46 Oderlande.133

Dr. Heinrich Pröhle, Doktor Herinann Kletke Dr. Schneitler, Zwei Urnen-Friedhöfe bei

W. von Schulenburg, Die Nachkommen des wendischen Königs im

..263

Dr. Schwartz, Teufelssteine und Oskar Schwebe!, Das Kloster Heiligengrabc in

148

der Priegnitz 53;

Die Ordensritter im Dr. G. Sello, Markgraf Ludwigs des Aelteren Judcnprivileg

21. 33. 41. 55. W. Sternbeck, Der „alte Fritz" in Straußberg 212; Die alten Grenz¬ züge

63

Adolf Streckfuß, Die zweite Leirath König Friedrich Wilhelms HI. 186.

197;

Ulrich, Der Creinmener

5.

Damm.288

Joack'im

I. Roman 241. 249.

209. 257.

217. 269.

225. 277.

233. 285.

293

Mittheilungen uns Werreinen.

Mittbeilungen aus dem Vereine für die

Geschichte Berlins 19. 30. 91. 103. 112. 120. 127. 140. 152. 160. 171. 192. Mittheilungen aus dein Vereine für die Geschichte der Mark Bran¬ 51. denburg Historischer Verein zu Brandenburg a/H. . Mittbcilungen aus dem bist. Verein zu Frankfurt a/O. 20. 31. 40. 72. 80. 172. Mittheilungen aus dem Bürgerverein zu Guben Mittheilungen aus dein Verein für Heimatskunde in Müncheberg 10. 30. 50. . Potsdamer Geschichtsverein

39.

50.

60.

72.

79.

..128

200 127

.159

-

282 79 152

6. Wiscell'en und Gedichte.

Altmärkischc Orte in Reimen von D. 72; Die Anlagen auf dem Pariser Platze 191; Der älteste Berliner Arzt 131; Aus dem Leben eines längst Verschollenen von E. Fr. 255; Ein Ausspruch Friedrichs deS Großen von Ewald 60; Ein Beitrag zur Geschichte des Ber¬ liner Handels ii» 13. Jahrhundert von F. W. H. 68; Berliner

;

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|

Wohnungspreise (1820) 171; Berliner Medaille vom Jahre 1700 von L. Clerikus 255; Berliner Berühmtheiten von D. 275; Berliner Bier (1779) 178; Berliner Kind re. 31; Bestallung eines kurf. Hausvoigtes von F. M. 69; Brandenburgische Alterthümer in Bernau von F. E. 281; Ein Brandenburgischer Bischof von D. 72; Copie eines Courszettels vom 21. Dec. 1781, 179; Copie eines Frachtbriefes von 1777, 159; Coventbier, Bock, Porterbier und Mumine von D. 207; Denkmal auf dem Opernplatz 159; Denkmäler von Friedrich Wilhelm I. von Ho. 300; Dieses Büch¬ lein ist mir lieb 284; Edikt, die Kinder nicht in die wannen Backöfen zu sperren von D. 248; Ein Stückchen Geschichte aus zwei alten Nummern der Vossischen Zeituitg 119; Eisenbahn Rathenow-Brandenburg-Jüterbog 178; Es soll 24 eigenhändig an 116 schreiben von D. 101; Raymund Falz von L. B. 283 ; Fleisch¬ taxe der Stadt Charlottenburg 232; Theodor Fontane, eine Bio¬ graphie von D. 169; Alls der Zeit Friedrich Wilhelms I. von D. 214; Friedrich Wilhelms I. und II. Denkmäler 283; Geschichte des Brandend. Füs. Regiments 35 von D. 236; Die ersten Preu¬ ßischen Gesandten an auswärtigen Höfen 91; Gesuch um einen Küsterdienst an den Kurfürsten Friedrich Wilhelm, von D. 71; Gevatterbrief des Kurfürsten Georg Wilhelnt von D. 159; Auf¬ gefundenes Grabdenkmal in Cüstrin 214; Eine Berliner Grabschrift 130; Die alten Grenzzüge von W. Sternbeck 263; Hamburg und Berlin von E. Fr. 292; Handel mit Theaterbillcts (1799) 152; Berliner Handwerker werden ob ihrer Frömmigkeit belohnt 131; Bewässerung des Havelluchs 130; Heimatkunde von Berlin 191; Wilhelm Heiser von F. Arnold 205; Herkulesbrücke und Kreuzberg von E. Fr. 231; George Hiltl, eine Biographie von D. 211; Hinrichtung in Bernau im Jahre 1795 von L. A. 158; Das Hohenzollernmuseum 191; Der kurfürstliche Hofftaat von 1630, 77; Hufeisen am kronpr. Palais 292; Johann Jakoby der Kunstgießer 91; Jakza von Cöpenik von E. Fr. 110; Die Jeru¬ salemskirche von D. 179; Inventarisation der Bau- und Kunst¬ denkmäler der Provinz Brandenburg 102. 119; Das Joachimsth. Gymnasium von D. 231; Jobstens Chronik 78; Judenschaft von Berlin 103; Kaiser-Wilhelmstraße 156; Der erste Kartoffelbau in der Mark 130; Berliner Kirchengemälde in Hohenziethen 111, 130; E. Kirchner von Malwinc Kirchner 298; Aus Königsivusterhausen 119; Den Kopf vor die Füße legen von E. Fr. 31; Berliner 53. Weltausstellung 176; Große Kurfürst als Poet von Fr. E. 65; Berliner Küster von D. 67; Eine Lotterie vor 200 Jahren von D. 206; Louiseninsel von D. 72; Malchow 140; Mail-Johann 284; Eintheilungsplan des Märkischen Museunis 283;. Märkische Reime von D. 79; Die Medaille zur Goldene:: Hochzeit 137; Mir ist etivas Wurst, Kind und Kegel, Kraut und Loth 111; Molkenmarkt von B. 247; Nachkommen des wendischen Königs im Spreewalde von W. v. Schulenburg 148; Neuig¬ keiten des Buchhandels 191; Nikolaikirche, ein wiederaufgef. Grab¬ denkmal von Dr! Freytag 138; Der Umbau der Nikolaikirche 216; Noch einmal die Erlangung der Preuß. Königswürde 131; Ein Opfer der Stadtbahn von L. A. 254; Ordre wegen des Pflanzens von Bäumen von D. 256; Paulinenau-Neuruppiner Bahn 178; Der Petrikirchplatz eine Wendische Grabstätte von D. 180; Die alten Pfahlbauten in Prenzlau von Pfarrer Kanzow 211; Eiserne Polster von D. 71; Die ältesten Postbeamten von Ober¬ postrath Tybusch 129: Ein Blick auf Potsdam, Gedicht von L. H. 290; Preise der Lebensinittel in der Mark von L. H. 216; Das Prenzlauer Steinkreuz vo» Knoop 10; dasselbe von Prorektor Schwärze 67; Pro Deo, Rege et Patria vo» Ewald Bernau 158; Raule's Hof, nicht Rauletshof 180. 231; Reichs¬ tagsgebäude 223; Retter von Graudenz 107. 196; Ring'sche Apotheke 132, 180; Ruhestätte der Humboldts von Budczies 157; Salzkuchen von D. 232; Scheideblick auf den Königsgraben 204; Schlachtensee von L. Hesekiel 255; Andreas Schlüter mit Faksimile 160; Schmecrland 104,112; Louis Schneider, Nekrolog 19, 39; Ein 66Ei:der von Rittmeister Erich 282; Spandauer¬ brücke 178; Das alte Spreebett von L. A. 171; Statue Friedrich Wilhelms II. 247; Kaum cuique von E. Fr. 262; Das goldene Tafelgeschirr Friedrich Wilhelms III. 66; Eine seltsame Theaterverordnung von 1720, 178; Tief im Schnee, Gedicht von Dr. Carl Bolle 263; Titelbilderklärung 9; Toast aufHohenzollern, Gedicht von Ludw. Giesebrecht 108: Ueber das Schicksal des Kammer¬ gerichtsgebäudes 191; Ein Ueberbleibsel der Stechbahn 66; Ueber¬ lieferungen aus dem Heidenthum, von Arnulf Lieber 126; Ultimo Ratio Regia 9; Der proj. Umbau der Schloßfreiheit 188; Umbau der Neuen Kirche 200: Unächte Perlen 239; Versus Memoriales 232; Friedrich Voigt, Nekrolog 19; Was man einem Meier in der Churmark zu geben pflegt 248; Von den Vorfahren des Berliner Weißbiers von D. 129; Vor hundert Jahren von D. 295; Wie man 1549 lehrte, Stahl zu härten 216; Wie man 1659 in Berlin dem Diebstahl zu steuern suchte 159; Wie man un: 1775 in Berlin logirte von E. Fr. 215; Wie vor 300 Jahren der Brandend. Hof seine Einkäufe besorgte von D. 30; Wie man im Jahre 1821 in Berlin speiste 158; Wiese und Wische 132. 149. 171; Wörtererklärung des Sebaldus 59; Ein Pankecräthsel über Berlin von E. Fr. 231; DaS „Haus Zechlin" 132; Der Zeid¬ lertag von L, H. 207; Umbau des Zeughauses von L. A. 299.

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nf%w/« Fuß lang. Mündung entfernt und gingen durch eine eingebogene Kramme, die unten wieder zusammengeschmiedet, in einen eisernen Bolzen und mit diesem in einen Holzblock eingelaffen war. Das Vor¬ handensein von Schildzapfen an diesem Geschütz, das höchstens eine Kugel von 2 Pfund schießen konnte, deutet auf einen Ursprung aus dem Ansang des 15. Jahrhunderts; es wurde von hinten geladen, indem man die Kammer herausschob, Pulver und Kugel hineinlegte und dann mittels der schon erwähnten Richtstange und eines an der Kette befestigten Keils Ein Richten war nur von oben sehr dicht und einfach schloß. möglich. nicht seitwärts, nach unten, Größere Geschütze bestanden aus einem dünnen geschmie¬ deten Rohre, um welches man eiserne Stäbe der Länge nach setzte, und diese mittels Eisenbänder und Keile festtrieb, wie Selbstverständlich war eine der¬ die Dauben eines Faffes.

artige Anfertigung eben so schwierig wie unzweckmäßig, wes¬ halb man bald auf Vervollkommnung sann. Erfurt und Augsburg streiten sich um die Ehre der Erstgeburt der geIn Erfurt sollen im Jahre 1377 zwei goffenen Kanonen. Kanonen, eine eiserne und eine bronzene gegoffcn worden sein, um große Steine daraus zu schießen, während in Augs¬ burg 1378 der Meister Arau drei große Kanonen gegoffen Sicher ist, daß damals alle Vervollkommnung haben soll. des Geschützwesens zuerst von den reichen deutschen und später dann von den nicht minder wohlhabenden italienischen Städ¬ ten ausging, der geldarme Adel und die meist nicht reichen Fürsten damaliger Zeit konnten mit dieser, noch heute sehr anstellen, wohingegen die Städte mit einander wetteiferten, recht viele und recht große kostspieligen Waffe keine Versuche

Geschütze anzuschaffen, tüchtige „Büchsenmeister" zu deren Be¬

dienung anzulernen und an sich zu fesseln, sowie den Gebrauch der kleineren Büchsen (Gewehre) durch Errichtung von Schützengilden bei den Bürgern allgemein zu machen. Die Artilleristen der alten Zeit bilden eine eigenthümliche Erscheinung, welche verdient, zuerst betrachtet zu werden. Wer sich dem Geschützdienste widmete, mußte in die Zunft der Büchsenmeister eintreten und war gewiffcrmaßcn ein ehr¬ samer und hochgeehrter Handwerker, der sich auf das Zerstö¬ ren und Morden gelegt hatte. Die Untergrabung der Zunftrechte dieser Leute hat den Fürsten gewaltige Mühe und viel List gekostet, und trotzdem die Artilleristen schon in Compag¬ nien getheilt waren, hielten sie noch selbst nach dem sieben¬ jährigen Kriege in einzelnen Theilen Deutschlands an ihren Privilegien fest. Die letzteren waren fast noch größer als die der Janilscharen, deren Speisekeffel als heilig galt und selbst Mördern Asyl gewähren konnte. Wenn nämlich jemand im Lager einen andern getödtet hatte, so konnte er, falls der

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I

Erschlagene nicht Oberst oder Hauptmann

war, bei der Ar¬

tillerie Schutz suchen und Niemand durfte ihn anrühren. Ein Zuwiderhandeln gegen dieses Vorrecht entband sämmtliche Geschützleute ihrer eidlich eingegangenen Verpflichtungen, und nur die Hinrichtung desjenigen, der ihre Privilegien gekränkt hatte, konnte den Eingriff sühnen. Der Schutzsuchende mußte inner¬ halb 24 Schritte von einein ihm bezeichneten Geschütze bleiben lind war dann vor Obrigkeit uild Häschern sicher. Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Flüchtling (als Stückknecht oder Schanzbauer) mit Leib und Seele am Geschütz hing. Zank, Streit und Balgerei bei den Geschützen wurde init dem Tode bestraft. Der Allführer des Geschützwesens einer Armee wurde Feldzeugmeister genannt und erhielt monatlich 100 Gulden Sold, 6 gewappnete Reiter, 1 berittenen Troßbuben, 1 Dol¬ metscher, 1 Leibdiener, 1 Caplan, 6 Trabanten, 1 Koch, 1 Kammer- und 1 Küchenwagen mit 8 Pferden und 4 Dienern, 1 Tronimler, 1 Zeugschreiber, 1 Gegenschreiber, 1 Zeugzahl¬ meister, 1 Wundarzt init Wagen und Diener. Ward eine beschossene

feindliche Stadt erobert,

so

gehörten alle Geschütze,

Munition, Handwaffen und Rüstungen, die in derselben ge¬ sunden wurden, dem Feldzeugmeister, es sei denn, er hätte in seiner Bestallung ausdrücklich hierauf verzichtet.

Im

ersteren

Falle mußte er dem Kriegsherrn die beschriebene Beute im Ganzen um 2 Drittheile ihres Werthes verkaufen. Der Büchsenmeister hatte außer anderen Vorrechten dasjenige, daß ihm nach Einnahme einer beschaffenen Stadt sämmtliche in den Geschützen gebliebene Ladungen und alle angebrochenen Pulvcrfäffer gehörten. Diese Beute mußte ihm der Kriegsherr zum vollen Werthe abkaufen und ihm dazu noch den Sold eines Monats als Geschenk geben; außerdem mußte die Bür¬ gerschaft des eroberten Ortes von ihm die größte Glocke der Stadt auslösen. In der ftanzösischen Armee fielen dein In¬ genieur- und Artilleriecorps bis zu Napoleons Zeiten alle Glocken der eroberten Städte zu. Wer bei der deutschen Artillerie eine Anstellung suchte, mußte sich durch schriftliches Zeugniß über die mitgemachten Schlachteil und Belageruiigen ausweisen, so wie eine inündliche und eine praktische Prüfung besteheil. Die Feuerwerker mußten alle Geschütze richten und behandeln, auch die dazu nöthige Munition und alles KlUlstfeuerwerk anfertigen können. Die Büchsenmeister mußten mit Feldgeschütz und dein schweren Belageruilgsgeschütz umzligeheil uild die nöthige Munition anzufertigen verstehen. Die Schlailgeilschützen oder Feldschützen hingegeil brauchten ilur Feldgeschütze zu bedienen. Die Stück¬ knechte und Schanzbauern verrichteteil die Handlangerdienste am Geschütz und beim Schanzeilbau. Heutzutage wird jeder¬ mann Arttllerist, wenil ihil das Loos dazu trifft, und er füllt Richt so damals. Ein den ihln angewieseilen Platz aus. Geschütz zu richten und zu handhabeil war in alter Zeit eine Kunst, und die Feuerwerkerei war ein Geheimiliß, von dem der Laie glaubte und der Eiilgeweihte gern bestätigte, daß zum Besitz desselben ein Bündiliß mit dem Bösen nöthig iväre. Es ist zum Erstaunen mit welcher Geschicklichkeit die alteil Schützenund Büchsenmeister ihre llnbeholfeneil Schußwaffen handhabten und feindliche Heerführer sowie Commandeurzelte mit tödtlicher Sicherheit zu treffen wußten. Mit den Geschützen lag es Anfangs sehr im Argeil, denn die ersten Büchsen ivaren itt allen Theilen Muster der Unvoll¬ kommenheit. Einige waren schlechtweg hohle Cylinder, andere

9

Zeit gar nichts Seltenes, das Ungewöhnliche leisteten hierin aber die Türken, welche sich oftmals erst Angesichts der belagerten Städte Kanonen gossen, die 1000—1300 Pfund schwere Marmorkugeln schossen, aber täglich nur 4—6 n:al abgefeuert werden konnten. Der Ritter Tott fand in: Jahre 1770 noch eins jener Ungeheuer in einem der Dardanellen¬ schlösser. Es gehörten dazu 1100 Pfund schwere Marmor¬ kugeln und eine Ladung von 350 Pfund Pulver. Die Türken fürchteten sich um jene Zeit vor ihrem eigenen Geschütz und glaubten Stadt und Schloß werde vom Knall einstürzenTott lud es jedoch und feuerte cs ohne Schaden ab- Der Tausendpfünder unseres Krupp hat also viele Vorgänger, aber der indische 3000pfünder, der bei Bidschapur in Indien noch jetzt liegt, hat wohl seines Gleichen nicht gesui:den. Dieses Geschütz hat eine Länge von 25 Fnß, vorn 6 und hinten etwa 6 Vs Fuß Durchmeffer; das Schlußstück des Hintertheils fehlt jetzt-

hatten die Gestalt eines abgestumpften Kegels und die Seele (Höhlung) verengerte sich nach hinten; wieder andere bestanden aus einem Vorder- und einen, Hintertheil, welch letzteres in das erstere eingesetzt war; die Büchsen zum Steineschießen hatten am Boden eine Kammer, deren Durchmesser halb so groß war wie das Kaliber oder der Durchmesser der Seele. Die Beachtung eines Ebenmaßes in den Verhältnisse» der Geschütze wurde nicht beliebt, jeder Geschützgicßer oder Schmied verfertigte seine Büchse wie es ihm gut dünkte, strebte auch wohl danach, etwas Apartes zu schaffen, wenn dieses auch Die Schildzapfen scheint nicht besonders zweckmäßig war. man erst im 15. Jahrhundert angebracht zu haben und dann setzte inan sie noch lange nicht an den richtigen Ort, wohin sie gehörten, um das Auf- und Abwärtsrichten des Rohrs zu erleichtern oder zu ermöglichen. Oft war daher das Vorder¬ theil des Geschützes schwerer als das Hintertheil und in Folge dessen senkte sich das Rohr beim Losfeuern oder „es fiel auf das Maul", wie man damals zu sagen pflegte- War das Hintertheil zu schwer, dann konnte man das Geschütz nur mit der äußersten Mühe beim Zielen regieren und zu einem Tief¬ oder Horizontalschuß kaum gelangen, abgesehen vom Zeitver¬ lust, der das Ziel oft entfernte oder anderweit vorrückte. Lasteten kannte man Anfangs nicht, man half sich aber, indem man einen länglichen Kasten baute, auf dem das Geschütz zwischen zwei Bohlen lag; an: Vordertheil des Kastens waren zwei senkrechte durch Streben gestützte Balken und am Hinter¬ theil zwei gewaltige bogenförmig ausgeschnittene Hölzer; diese sowie die vorderen Hölzer waren seitlich durchbohrt, wie altmodische Schleusenthor-Aufzieher, und ebenso wie bei diesen nahm inan Eisenstäbe zum Durchstecken, hier natürlich zun: Sollte Festhalten des Rohrs nach bewerkstelligtem Richten. das Geschütz gefahren werden, dann legte man es auf einen dazu eingerichteten Wagen und ein Gleiches geschah mit dem Gestell; die Handhabung war also im höchsten Grade unbe¬ holfen und zeitraubend. Rach und nach wandte man jedoch wissenschaftliche Grundsätze bei der Herstellung der Geschütze an, erfand die Laffetei: und machte die Kanonen durch An¬ bringen von Rädern für sich selbst beweglich und vom Wagen¬ troß unabhängig. Der Anstoß ging von Frankreich aus, indem Ludwig XI. etwa um 1470 zwölf große Kanonen von Bronze gießen ließ, welche die 12 Pairs von Frankreich

genannt wurden, recht gut construirt waren und schon eiserne Kugeln schoffen statt der sonst üblichen steinernen. Sein Sohn Karl VIII. that noch mehr für die Vervollkommnung der Waffe und hatte davon großartigen Gewinn. Sein Heer, welches Neapel erobern sollte, war so verschwenderisch mit Ge¬ schütz ausgerüstet, wie vorden: keines in der Welt, und was an: meisten angestaunt wurde, seine Kanonen, welche theils auf Blockwagen, theils auf zweirädrigen Karren fortgeschafft wurden, hielten fast Schritt n:it dem Marsche der Armee, und die Be¬ dienung war so geübt, daß sie in weiügen Stunden so viele Stücke wie nöthig waren, ausftchr und so schnell und sicher schoß, daß die meisten der angegriffenen Städte durch sie förmlich überrumpelt wurden. Auch zur See wendeten damals die Franzosen diese Geschütze an, die meistens 50pfündige eiserne Kugeln schossen, mitunter auch nur 15- und lOpfündigeAber eine der unter Ludwig XI. in Tours gegoffenen Kanonen schoß eine öOOpfündige Kugel von der Bastille bis Charenton, also eine Bkeile weit. Derartige Ungeheuer waren um jene

(Schluß folgt.)

Unser neues Titelbild. Der Bär kommt zum neuen Jahr, wie unsere Leser mit einen: neuei: Titelbilde. Freund Braun erscheint als „wilder Bär", nämlich ohne das alte, polizeiliche Halsband, welches er nach dein jüngstenBiagisiratsbeschluß über das berliner Stadtwappen verloren hat; gleichzeitig bildet er den Mittel¬ punkt des neu entworfene!: städtische!: Siegels von Berlin. Den Hintergrund nimmt der deutsche Reichsadler mit der Kaiserkrone ein, welcher auf dem rechten Flügel den rothen brai:denburgischen Adler mit dem Kurscepter und Kurhut, auf dem linsen Flügel den preußischen Königsadler führt. Dies Stadtsiegel ruht auf einem in: altdeutschen Stil gehaltene!: Unterbau. Die Inschrift „Der Bär" ist ii: gothische!: Majuskeli: auf einem breiten, schwad-weiß -rothen Bai:de angebracht. Ai: symbolischen Ausstattungsstücken ist folgendes vorhanden: A. aus den: Städtewesen, von liicks ::ach rechts: 1. der berühmte Mittclthor-Thurn: voi: Prenzlau; 2. ein märkisches Giebelhaus aus dem 14»°" Jahrhundert; 3. der Thurm des B. aus der Kirchen geschickte: neuen berliner Rathhauses. 4. der abgetragene Kirchthurm von St. Nicolai zu Berlin; 5. ein gothisches Thürinchen mit dem Schutzheiligen. C. aus der Landesgeschichte: 6. das berliner Schloß mit der Kuppel. D. aus der Kulturgeschichte, links: 7. eine lausitzer Buckelurnc; ersehei:,

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!

8. ein Bronceschwcrdt; 9. ein geschäftetes Feuersteinbeil; 10. ein germanischer Mahltrog; rechts, 11. ein Panzerhandschuh; 11. ein Landsknechthelin, sog. Morian; 12. ein Turnier-Helm und 13. ein Ritterschwert. — Möge der Bär auch in seinerneuen Ausstattui:g die Liebe für vaterländische Geschichte und Forschung beleben.

Ultima Ilatio Regis. Wo, wann liebte Inschrift

und

wodurch

ist die auf Geschützen

ultima ratio r e g i s

ftüher

(letzte Verständigung

be¬

des

Königs) entstanden? — Anzuführen wüßten wir nur, daß::ach einer Ansicht, diese Devise aus Frankreich stammen und in Preußen zuerst unter König Friedrich Wilhelm 1. vorkon:mei: soll. Eine eingehende Auskunft würde für den Leserkreis des „Bär" sicherlich von Interesse sein. E. Fr. |

10

Das Prenzlauer Steuckreuz.

In

Zu Seite 218 des „Bär", von 1878 das Wegckreuz bei Prenzlau betreffend, erlaube ich mir Ihnen zu bemerken, daß sich bei Stargard in Pommern ein ähnliches Denkmal befindet. Wollen Sie vergleichen: Dr. Teske, Geschichte der Stadt Stargard, S. 89 s. Es heißt dort: „Demnächst müssen wir noch bei einem Kreuze verweilen, welches im Jahr 1542 vor den, Wallthore an der Stelle errichtet ist, wo sich die einzelnen, nach Hinterpommern führenden Straßen scheiden. Dasselbe ist in grober Manier aus einem Granitblocke gehauen und zum Andenken eines Knaben er¬ richtet, der hier in dem genannten Jahr erschlagen worden ist, wie die jetzt ganz unleserliche, plattdeutsche Inschrift besagt. An der Westseite liest man:

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Freiherr von Fircks Mittheilungen über ein Gespräch, welches er kurz vor dem Tode des Herrn Geh. Hosrath mit demselben gehabt das Comit« zur hatte. Besonders hervorzuheben ist folgendes. Errichtung eines Obelisken auf dem Potsdamer Platze war auch Herr Geh. Hoftath L. Schneider gewählt, er sollte noch 2 Mit¬ glieder des Vereins cooptiren. Da er sich schon schwach fühlte, bestimmte er, an seine Stelle möge der Hauptschriftwart des Vereins Herr Baron von Fircks treten, und der Vorstand möge die beiden Andern bestimmen. Er wählte Herrn Geh. Postrath Sachsse und Herrn Bankier G. Goldberger. MitgliederdesVereins, die zur Errichtung des Obelisken beitragen wollen, mögen ihre Gaben an einen dieser Herren richten. Alles sonst noch Besprochene waren nur Anregungen und Wünsche für eine im Januar stattfindende Todtenseier für den verstorbenen Vorsitzenden. Sobald ein positives Resultat aus den Berathungen des Vorstandes sich ergeben hat, werden wir es an Das Eine ist schon bestimmt und dieser Stelle bekannt machen. wohl auch selbstverständlich: die Feier des diesjährigen Stistungsfests am 28. Januar findet nicht statt.

i j. erschlagen. Hans. Bilteke. von Lorcntz wader. mit.

!

encr scheue yser. sine, moder. systersön.

An der Ostseite steht das eingeritzte Bildniß des am Kreuze hangenden Heilands mit der Ueberschrift 4. N. R. J. und unter

Mittheilungen uns dem Verein für Heinrnthskunde in

demselben:

„dem. god. genade. Hans Bilteke. Anno M. d. x. l. i. j." Densos physikalische Briefe, aus die Teske verweist, sind mir nicht bekannt. — Soviel ich mich jedoch erinnere, ist dieses Denk¬

Müncheberg.

In

der Sitzung vom 3. Dezember wurde über die Verwaltung

Stadt Müncheberg vor 300 Jahren gesprochen, und dem Vor¬ trag das Erbregister von 1573, eine Art Etat, die Rathsrechnung von 1574—75 und das Schöppenbuch, welches mit 1504 beginnt, der

mal kein Kreuz, sondern ein ungefähr 1 Meter hoher Granitblock. Die Bvlkssagc hat wol Recht, wenn sie an der Stelle des Prenz¬ lauer Kreuzes einen Mord begangen sein läßt. Stojenthin, H.-Pommern Knoop canck. phil. 1. December 1878.

zu Grunde gelegt. Der Rath bestand damals aus zwei regieren¬ den Bürgermeistern Nicolaus Mauß und Matthias Brandt, einen Kämmerer, mehreren Rathsherrn, dem Rathsschreiber. Als Beamte des Rathes werden aufgeführt u. A. der Schulmeister, der Kantor, zwei

Stadtdiener, einHeidelaüser,Seigcrsteller, Ober- und Unter-Reitknecht, j zwei Thorknechte. Unter den Einnahmen wurden zuerst erwähnt die vom Gericht, welches ganz, oberstes und unterstes, dem Rathe geMittheilungen uns dem Verein für die Geschichte Berlins. hört. Es war mit 14 Höfen ausgestattet, welche unter 13 Bürger gegen einen Zins von 1 fl. 31 gr. ausgethan waren. Von den In der 250. Versammlung, 19. (6. öffentlichen) Sitzung des Strafen bezog der Rath %, das dritte Drittel bezog der Richter; XIV. Vereinsjahres: Sonnabend, den 14. Dezember 1878 sprach diesem lag auch die Einziehung des Ruthenzinses, d. h. 1 alter zuerst Herr Rector Fischer über den grünen Hut. Er ist der letzte Pfennig für die lausende Ruthe jedes Grundstückes an der Straße sichtbare Rest von der Burg Friedrichs des Eisernen. Der Redner ob, und mußte er sich mit dem Rathe berechnen. Er betrug etwa schilderte, wozu der Raum desselben, ursprünglich das Burg¬ 3 sl. jährlich. Ms weitere Einnahme ist zwar die Orbede, eine verließ der Hohcnzollern, in den späteren Jahrhunderten gedient Vermögenssteuer von 4 bis 20 gr. ausgeführt; diese mußte aber hatte. Zum Schlüsse besprach er die Mythe von der Eisernen wieder in zwei Terminen an den Churfürsten abgeführt werden. Jungfer, die sich in demselben befunden haben soll. Von der Badstube bezog der Rath 4 gr. 4 pf. jährlich, von der Den zweiten Vortrag hielt Herr Kammergerichts-Referendar Rathswaage, auf der nur Wolle gewogen wurde und welche vom Dr. zur. 9t. Beringuier über den Besuch der Württembergischen Stadtdiener besorgt wurde, 5 fl. Eine Einnahme von 15 fl. Prinzen zur Zeit Königs Friedrich des Großen in Berlin und ihre brachten die Heidekaveln, für jede Kavel 4 gr. Fesfftehende AbBeziehungen zum preußischen Königshause. Die Arbeit erscheint gaben mußten die Hausbäcker, Schuster, Tuchmacher oder Gewandin diesen Blättern. schneider, Schneider, Schlächter geben. Hackenzins vierteljährlich Am Sonnabend, den 21. Dezember wurde den im deutschen Dom 4 gr. 4 ps. soll wohl die Einnahme für Tuchrahme bedeuten. Versainmclten zunächst folgendes anonym vorliegende Sonett auf Deichselzoll (3 fl. 19 gr. 4 Pf.), Stättegeld von 3 Jahrmärkten den dahingeschiedenen Vorsitzenden Gehcimerath Schneider verlesen: Der 19 sl. Für Ausstellung von Geburtsbriesen etwa 1 thl. wurde, brachte welchem Bier und Wein geschenkt Rathskeller, in Vergebens sucht das Auge heut den alten. 25 fl. Pacht. Eine Haupterwerbsquelle war die Bierbrauerei. Es kommt nicht wieder'. Den theuren Meister. Ach! er "die waren 36 sogen, große Häuser vorhanden mit Braugerechtigkeit, Trauerlieder, Wind Ihr nicht Vernehmt im der Rath selbst hatte zwei Braupsannen, deren Benutzung 1'/- gr. Die bange fernher von der Havel hallten? — für das Gebräu 55 fl. 25 pf. brachte. Auch von den beiden Es legte, Diamanten in den Falten, Windmühlen, auf deren einer das Malz zum Bierbrauen, auf der Der Himmel seine Decke auf ihn nieder; andern das Brodmehl gemahlen wurde, hatte der Rath Einnahmen Doch all die Blumen, Lorbeer, Ros' und Flieder, an Malzkorn. Ferner bewirthschaftete der Rath selbst das auf dem Der Liebe Gruß, — konnt sie nicht niederhalten. Stadtield belegene Raths-Vorwerk (72 Morgen) und 100 Mor¬ gen Heideland. Zur Zeit war aber das Land an Gregor Paul So laßt auch uns mit wehmuthsvollen Blicken. für eine in Körnern zu entrichtende Pacht verpachtet, des Vorwerks ihnr Den Platz, von dem zu uns er sprach, schmücken. Schlagenthin, welches der Rath von dem Besitzer der Herrschaft Und unsre Thräne sei sein Monunrent. Buckow in Lehn hatte, ist keine Rede; wahrscheinlich benutzte es Sein Wort im Herzen, aus sein Bild hier schauen. der Lehnsträger Nie. Mauß. Eine bedeutende Einnahme zog der Laßt so uns stets an seinem Werke bauen, Rath aus der Ziegelei, welche mit zwei Oefen arbeitete, und Dann führen's Treue, Fried' und Fleiß zu End'. Steine und Kalk lieferte (159 fl. 20 gr. 9 pf.). Die Einnahme L. A. vom Dorf Hoppegarten war nicht bedeutend, doch war der Lehn¬ Dann wurde angeregt. Alles dasjenige für das Archiv des schulze- verpflichtet dem ehrbaren Rath und deffelben Dienern, so oft sie zu ihm kommen, freie Ausrichtung zu thun. Die große Vereins zu sammeln, was in dieser Zeft über den verewigten Mit der Sammlung wurde Herr Heide brachte wenig, da jeder Bürger sich das benöthigte Holz für Vorsitzenden gedruckt wird. Dr. zur. Richard Beringuier beauftragt.*) Hiernach machte Herr ein Geringes holen konnte, nämlich nur 34 fl. 18 gr. Die ganze Einnahme betrug 3479 fl. In dem Erbregister werden noch Vor¬ schläge zur Erbauung einer Walkmühle in der Heide, eines Färbe*1 Derselbe, W. Blumentbalstraße 18 wohnhaft, bittet Jeden, der hauses an der Stadtmauer und von Tuchrahmen vor der Stadt, etwas über den Geh. Hoftatb L. Schneider veröffentlicht, im Jntereffe |

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der Vollständigkeit der Sammlung ein Exemplar ihm zukommen zu laffen.

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gemacht.

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Geschichte des Weins und der Trinkgelage. Ein Beitrag zur allgemeinen Kultur- und Sittengeschichte, nach den besten Quellen bearbeitet und populär dargestellt für das deutsche Volk. In farbigem Umschlag eleg. geb. 4 Jt Als ein wirklich unterhaltendes Buch kann diese „Geschichte des Weins und der Trinkgelage“ allen Freunden des edlen Rebensaftes auf das Wärmste empfohlen werden.

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Kanone

'vonErz

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Stockholm

lA.Aasi'vJ^opcläi'iiiä.'tzmBerliii-

*

*

Unter Mitwirkung von

vr. jnr. Aeringuier, Z-. ZLrunokd in Joachimsthal, Prof. vr. Waukus Caffek, Stadt-Archivar Didicin, Hhcod. Montane, vr. Kcrm. Kketke, Merd. Weyer, Oberlehrer vr. K. Wrökke, Director Wilhelm Schwartz in Posen, Archidiac. Schweöel in Cüstrin re. rc. herausgegeben von

E. Friede!

Berlin.

und

Stadtrath.

R. Schillmann Stadt-Schulinspector.

13.

Januar.

Die Zeitschrift erscheint inonatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 50 Pf., und ist durch alte Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderftr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Suserate, pro 3gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Braudeuburgisch-Preußiscke Beutestücke. Von Ernst Friede!. (Sckluß.) — Malchow. Eine Weihnachtswanderung. Von Theodor Fontane. (Schluß.) — — Friedrich Voigt, -j- — Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Berlins. — Mittheilungen aus dem historisch-statistischen Verein zu Frankfurt a. O. Louis Schneider.

f

Brandendurgisch Preußische Beutestücke in Dänemark und Schweden. Nach amtlichen Quellen und Zeichnungen, sowie nach eigener Anschauung beschrieben. Von Ernlk f’ririCft, Dirigent des Märkischen Museums. (Schluß.)

Hodie mihi, cras tibi.

2. Stockholms Tygförräd.

Das Artillerie-Zeughaus liegt in demselben Stadttheil

B. Stockholm, a.

uild enthält neben österreichischen, polnischen, dänischen, fran¬

Aufbewahrungsort.

Die in Stockholm befindlichen Braildenburg-Preußen abgenomlnenen Beutestücke befinden sich theils in Verwahrung des Kungi. Landtförsvars Departementet, theils in der Ritterholmskirche, von den ersteren ein Theil .in Konungens

Lifgarde i Regementets Ordersal, Stockholms Tygförräd, Svea

der Rest

in

zösischen, russischen, sächsischen

auch eine preußische Kanone.

und anderen deutschen Geschützen Vgl. Ekström a. a. O. S. 115.

b. Beschreibung der Beutestücke zu a 1 und a 2. des

3u a 1 vgl. die Abbildungen Fig. 5 und 6 „Bär". Alan sieht auf den ersten Blick, daß

bei Nr.

1

diese ver¬

Die Kaserne der Schwedischen Leibgarde liegt ini Stadt¬ theil Normalm in der großen Kaserne am Ende der Stör Eatan nach dein Djurgarden zu. Hier sind im Ordersal des Regiments nach der Klassifizirung von Ekström (Uppgifter fran Kungi. Landt-och Sjöförsvars-Departementen ä Trofeer, hvilka finnas i forvaringsrum, lydaude linder deras öf-

meintlichen Hellebarden nach deutscher Terininologie nichts als Spontons sind, wie sie in der preußischen Armee noch in der Schlacht bei Jena 1806 geführt wurden. Fig. 5 enthält auf dem Spießblatt das Zeichen F R für Fridericus Rex. Dieselbe Chiffre befindet sich auf dem partisanartigen Sponton Fig. 6, außerdem die Bezeichnung II. Ferdinand v. Braun¬ schweig Regiment Potzdam. Es ist der Sieger von Krefeld und Minden gemeint (geb. 11. Januar 1721, 3. April 1739 und als Obrist Regimentschef der in preußische 1792),

verinseende p. 113.) zehn Stück „Hillebarder“, genommen bei Swinemünde den 26. August 1759.

gebrochen.

1. Konungens Svea

Lifgarde.

f

Dienste trat.

Die Schäfte bei den Spontons sind unten

ab¬

14

Zu a 2 . Die preußische Kanone ist ein sehr merkwürdiges, reichverziertes, zweipfündigcs Geschütz. Vgl. Fig.3

Familie von Seebach, auf dem Helm ein wachsen¬ der Mann, im weißen Schilde 3 rothe Seeblätter, um das¬ selbe ein breites Band mit der Aufschrift: Nach des König], sächsischen

i

und 4. Unsere wvhlgelungcnc Zeichnung ist so deutlich, daß Der bronzene eine Äonstrlcktionsbeschreibung unnöthig ist. Laus hat folgende erhaben ausgeführte Zuschriften und Ver¬ zierungen. Zunächst der Mündung in einem viereckigen Schilde

Victoria der Sieg ist da. Dann folgt die Sonne und der nach dieser aufstrebende Adler, eine Erinnerung an den unter König Friedrich Wilhelm I. üblichen Wahlspruch: Nee Soli Cedit.*) Hierauf folgt das Wappen der alten die Worte:

*) Vgl. Sieb macher's Wappenbuch, herausgegeben von v. Hefner. Bd. TU. Abth. II., bearbeitet von Mülverstedt, illustrirt von Hildebrandt. Tafel 422 (gütige Mittheilung des Herrn Hofrath vr. Lehner.) Den gefälligen Vermittelungen des Oberst-Lieutenant und Adjutanten Herrn v. Prittwitz und Gaffron verdanke ich u. A. noch folgende Mittheilungen: „Nach der bei der Geheimen Kriegs-Kanzlei befindlichen Nomenclatur hat nur ein Capitän v. Scebach, welcher die Vornamen Johann, Ernst, Ludwig führt, in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in der preußischen Armee und zwar im Jnfantrie-Regmient Nassau-Usingen Nr. 47 gestanden: derselbe wurde am 4. April 1765 dimittirt. Ein Capitün v. S., welcher bei der Artillerie gestanden, ist nicht zu ermitteln gewesen; Alexander Tilo v. S. durfte wohl bei dieser Waffe gestanden haben und liegt die Möglichkeit vor, daß obige Nomenclatur aus jener Zeit Lücken hat. —- Ein Heinrich Scheele, auch v. Scheel genannt, kommt allerdings in der Nomenclatur vor, doch dürfte derselbe wohl schwerlich mit dem Stllckgießer Scheel identisch sein. Ersterer trat am 14. April 1762 als Kanonier ein und starb im Dezember 1793 als Oberstlieutenant und Chef der Schlesischen Artillerie zu Steiße. Berlin, den 7. Dezember 1878 gez.: Löwe." -Herr Hauptmann und Adjutant v. Secbach in Oels bemerkt aus der Stammtafel seiner Familie: „Alexander Tito v. S., Oberst-Wachtmeister gest. 1689, Gemahlin Magdalena Elisabeth, General von Stauffen's zu Lüneburg Deren 3. Sohn Alexander Tilo, Gemahlin Sabina .Tochter. Elisabeth von Pfluge». 4. Sohn George Friedrich, Hauptmann, Der Zeit nach könnte der 3. Sohn der gemeinte Tilo v. S. sein, nur fällt auf, daß bei demselben ein Vermerk, tvie bei feinem Bruder, daß er Soldat gewesen, fehlt." Ueber das Arcanum habe ich weder von der Verwaltung des Zeughauses in Berlin, »och sonst in artilleristischen Kreisen etwas erfahren können. DaS Geschütz selbst fiel noch im Jahre seiner Entstehung dem Feind in die Hände, >vie später erhellen wird. „Darstellung von dem zwischen der Königlich Schwedischen Escadre und denen zu Souteninmg des Haffs auch dahin gehörigen Binnen-Gewässer aus gerüsteten Königlich Preußischen Galliots und Galeeren den 10. September 1759 vorgefallenen Treffen :" „den 19. August drang die Schwedische Escadre bei der Anclamer Fähre und Mönchv ein, nachdem

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*) Esping, ein bei Schweden und Dänen gebräuchliches Fahrzeug mit Jachttakelage und ohne Spiegel. — A. Jordan.

kleines

zugreifen, so jedoch durch den einfallenden starken Regen derzeit unter¬ Unsere Lage war dangereux, weshalb die Schiffsbrochen wurde. Officiere einhellig anriethrn, »ms lviederum in die frühere Position

weil inan durch den Rebzin- und Wootziger Haken besser Dies geschahe zwischen den 4. uiid 5. in der Nacht, der contraire Wind hielt den Schweden airnoch zuriick, einige Tage vor Anker

zurückzubegeben, gedecket stände.

in

'

in den Stücken fiel. Man erblickte aber kurz hernach, wie sich die Schwedische Escadre schon zwischen Grambin und Ukermünde postiret hatte, und allem Ansehen nach nur auf guten Wind wartete; den 4. brach selbige auf, um uns bei damaligen stillen Wetter an¬

'

die Schwedischen Usedom zu Lande schon besetzt hatten, den 20. wurde auf die West- und Ost-Klünc mit 2 Espings*) recognoscirt, auf dieselbe aber Schwedischer Seils kanonirt wurde, woraus man diesseits aus den

Kanons an den großen Schiffe» repliciret, damit fotahne Espings nicht den Grund geschossen wurden, obgleich einer davon einen Schuß be¬ kommen; dito wollten die Schwedischen das Fahrwasser bei den Bock mit einer Galeere und etliche Espings ausspielen, man ging ihnen mit einer Galeere und 2 Espings entgegen und suchte ihr Vorhaben zu vcreitel», kanonirte zu dem Ende von beiden Seiten und nöthigte obige Fahrzeuge, sich zurückzuziehen; den 21. ist nichts sonderliches vorgefallen, als daß man sehen könne, wie die Schweden auf dem Lande geschanzet; Ten 22. wurde unsere Flotill von der Landseite scharf beschossen, die Kanonade nahm ihren Anfang de>:> Morgens um 5 Uhr und dauerte 9 Uhr; cs ist diesseits nichts unterblieben, die Anbis Vormittags höhen so viel wie möglich zu bestreichen. Ta wir unsererseits durch mchaltendeS Feuer aus Kanonen und Haubitz dergestalt zugesetzet worden, daß mau besorgen mußte, daß ein oder mehrere Schiffe in den Gründ gebohrt werden möchten, weil man doch gegen die Landscite nichts aus¬ zurichten kapable, so hat man sich an die andere Seite in die Gegend

von Kühler Ort postirt, jedennoch aber so, daß man hieraus das Fahr¬ im Auge haben und dasselbe bestreichen könne, den 23. wurde von der Schwedischen Flotte auf die unsrige bei gedachtem Kühler Ort kanoniret, und mit Bomben gespielet, um uns von da zu delogiren, man soutenirte sich aber diesen Tag; den 24. aber gingen die Schweden mit einer von ihren großen Galeeren und noch anderen Fahrzeugen, nachdem sie die erstere zuvor gelichtet, bei Mönchow über die Bank und suchten zwischen denen Bock Cämpen vor, und in das Fahrwasser bei der Ostklüne zu dringen. Man rückte daher, um dieses zu verhindern, mit denen 4 Galeeren ihnen seitwärts entgegen, wurde aber von der Kanonade der schwedischen Fahrzeuge, wozu auch die von der Landseite kamen, in die genommene Position repoussiret und also erreichten die Feinde das Fahr-. Wasser bei der Klüne, ohne daß sie nöthig hatten, den Bock und die Elbstrecke zu passiren; wodurch aber die Preußische Flotill in nicht geringe Verlegenheit gerieth. — Es hatten also die Feinde den 25. und 26. Zeit, ihre gelichteten Galeeren wiederum in Ordnung und einen Prahm an¬ zubringen. Den 27. siel zwischen unsere Galeeren und Espings und denen Schwedischen Fahrzeugen unter dem sogenannten Borker ein Charmützel vor, weil letztere muthmaßlich intendirte mit den mittel Galeeres und Espings einen Versuch zu machen, ob mit den großen Galeeren beim Borker über den Grund wegzukommen, und denen diesseitigen Fahrzeugen die Passage abzuschneiden wäre, gestalten sodann die Feinde die dies¬ seitige Flotte nicht allein leicht in die Mitte bekommen, sondern auch etwa ein Osbarguenieur am Haff und der Wollin'schen Seite zu noch größerem Nachtheil vornehmen könnten, bei welcher Gelegenheit unsere Flotte sodann von selbst folgen müssen. Man hat dahero vor die Flotill am diensamsten erachtet, zwischen den 27. und 28. des Nachts, da der Wind noch ziemlich favorable, sich in die Position zwischen den Rebzin- und Wootziger Haken zu begeben, gestalten es eine Unmöglichkeit war, den Feinden tveiterhin das Fahr¬ wasser und das kleine Haff jw disputiren. Auf dieser Ketraide wurde selbige Nacht, auch den 29. und 30; und 31, theils lvegen stürmisch Wetter, theils auch um den Feind durch Kreuzen zu obserriren zugebracht. Endlich rückte man den 1. September in die Distanze von einer guten halben Meile dergestalt vor, daß der Rebzin- und Wootziger-Haken wasser

zu bleiben.

I

i

.

Wie aber der Wind sich gegen dei» 10. besserte »ind die großen Galeeren vorhero bis auf 300 Mani» augmeatirt seien, erschienen die Schweden Vormittags kurz vor 9 Uhr gegen unsere Eseadre en ordre de bataille, feuerten ernstlich aus dein groben Geschütz, bei weiterer An¬ näherung aber aus 3 pfündigcn Canons von beiden Seiten. Mittlerweile hatten die zwei Schwedischen Galeeren und die Espings auf den feindlichen linken Flügel bei den Wootziger Haken 2 Preußische Galeeren (blereurius und Jupiter) auf unseren rechten Flügel geentert, und wie die Schwedische von die 2 großen Galeeren Croneberg und Blekinge unterstützet, so fielen die gedachten Preußischen Galeeren sogleich in die feindliche Gewalt; Dieser Umstand, da solchergestalt die Schweden die eroberten beiden Galeeren wieder ui»s en flanque mitgebrauchten, nöthigte man unsere Schiffe unter Segel zu gehen, um so viel möglich das Gefechte zu kontinuiren, »ind den» Feinde Abbruch zu thun. Es tvollte aber der Wind hierzu nicht favorisiren, dahero es denn geschahe, daß ein Schiff »»ach dem andern dem widrigen Schicksal sich ergeben, und in die feindliche

*

15

Preuss. Häuptman H. Alexander Tilo v. Seebachs Areano Goss mich H. Joh. Heinr. Scheel in Stettin.

Mann; Prinz v. Preußen Capitän Likfeld, 79 Mann; Prinz Heinrich, Capitän Brun, 76 Mann; Prinz Wilhelm, Capitän Braun schweig, 75 Mann; die Galeeren hießen Jupiter, Mars, Neptünus und Merknrius, zusammen 12 Fahrzeuge mit 603 Köpfen. Wir können das Gefecht

Schwarz,

— Unterhalb der Schildzapfen stehen folgende Verse: „Mein Zeeher Cörper heit bey Jedem Pulver Schlag Und mein Erfinder lacht bey solchem nach Verschulden. Will gleich der tolle Neid die Kunst von ihm nicht dulden: Ich bin von Halben Guth, Wers Kan der mach mich nach.“ c. Geschichte

der Beutestücke zu

a

1

und

nicht besser schildern, als mit den Worten der folgenden zeit¬ genössischen, anscheinend offiziösen Darstellung, nach dem Ab¬

Jordan S. 115 flg. Friedrich Wilhelm Bart hold (Geschichte der Deutschen 2. Abth. in Raumer's Histvr. Taschenbuch, Seemacht. III. Folge. 2. Jahrg. Leipzig 1850, S. 166) bemerkt druck bei

a 2.

hierzu noch:

Die Herkunft dieser Beutestücke schließt sich eng an die Sie rühren von Geschichte der Beutestücke in Carlserona an. Angriff der Schweden dem durch die Kriegsflotte unterstützten auf die Inseln Usedom und Wollin und dem Gefecht im Stettiner Haff im Jahre 1759 ebenso her wie die bei der

„Der sieghafte schwedische Admiral gestand nach dem Gefecht, daß, wenn er die starke Armirung der Schiffe gewußt hätte, er einen Angriff Die zwei schwedischen Barkassen waren in nicht geivagt haben würde. Grund geschossen; eine flog, in Brand gerathen, mit der Bemannung in die Luft! Die Schweden verloren 120 Todte. Dieses Ercigniß, rühm¬ lich genug, entzog sich der öffentlichen Aufmerksamkeit unter der Fülle gleichzeitiger, dein Verlust von Dresden, dem Ueberfalle von Maxen, und blieb selbst den neuesten Geschichtschreibern unbekannt."*)

Ritterholmskirche näher zu beschreibende Kriegsflagge, der Kriegswimpel und 3 weitere Spontons. A. Jordan (Geschichte der brandenburg-preußischen KriegsMarine. In ihren Eickwickelungsstufen dargestellt.) Archiv für Landeskunde im Königreich Preußen I. Bd. Berlin 1855. S. 129 beschreibt das Treffen im Haff zwischen Preußen und Schweden nur kurz, ausführlicher dagegen in seinem vortreff¬ lichen Hauptwerk gleichen Titels, 2. Auflage Berlin 1857. S. 114. Um das Stettiner Haff vor der großen schwedischen Flotte zu sichern, ließ der General-Lieutenant Gras Dohna durch den Kaufmann Daniel Schwarz zu Stettin 4 Kaufsahrtei-Gallioten, 4 größere Fischerfahrzeuge und 4 Espings mit Geschützen versehen: — König v. Preußen , Capitän

In

„Helden-, Staats- und des re. Herrn Friedrichs des Andern". Frankfurt und Leipzig 1760, §. 517, S. 824

den ivichtigeil Berichten der

Lebens - Geschichte

V. Theil. heißt es:

„Diese also weggenommenen Schisse vom ersten Range, wie sie in einigen Zeitungen genannt werden, sind aber nicht von der Art Der¬ jenigen, welche der Admiral Bossavcr in der letzter,: See-Schlacht er¬ obert, als welchen sie kaun: zu Schiffs-Booten dienen würden, und die 100 Kanonen, so man darauf gesunden, sind keine Batterie-Stücken, son¬ dern so viele kleine eiserne Pöller, welche die Kauffardcy-Schiffe zu führen

pflegen."

In

dein übrigens die preußische Tapferkeit hoch rühmenden

O. S. 815 flg.) werden die Er¬ wie rungenschaften schließlich folgt zusammen gefaßt: „Die Einnahme der Stadt Suinamünde, der dabei gelegenen Schanze, schwedischen Bericht (a. a.

Hände gerathen mußte, da die ganze Bataille von 9 Uhr Vormittags bis

4 Uhr Nachmittags gewährt. Unterdessen ist doch eine feindliche halbe Galeere so gleichmäßig von

Flügel detagirer im Feuer ausgegangen, desgleichen auch ein feindlicher Espings untergegangen, dahero dessen Volk in die Llialoupe gesprungen, weil aber solche beladen, ist sie gekentert (umgeschlagen). Drei von unsern Espings hatten sich schon in wahrender Batailliren verlohrcn, und sich auf die Reise nach Ziegenort begeben, die vierte aber so die Flucht nach dem Schwinzer Strande genommen, und wovon sich die Leute so gut wie gekonnt salviret, ist auch den Feinden hernach zu Theil geworden. Es »giebt sich also aus vorstehender Beschreibung, daß die Preußische Flotill der Ucbermacht der Schwedischen Escadre im Haff weichen und sich außer denen 3 Espings, so ihre Retraide nach Stettin: genommen, als Kriegsgefangene ergeben mußten. Die Schwedische Escadre bestand aus 4 großen und 4 halben Galeeren (Carlserona, Crone, Bergen, Malmö, Blecking, Schwerdfisken, Delphin, Stören, Cabellion,) 2 Bomben¬ kitzen, 2 Galliots (Schnell und Wannwell), 4 Schaloupen, und 2 Bombadier Prahmen mit 366 Seeleuten und 2,293 Mann Landtruppen. Nachdem diese sich völlig wiederum gesammelt, wurden auf denen eroberten Preußischen Schiffen Schwedische Commandeurs gesetzet und Ordres er¬ theilet, alle Gefangene mit denen Galeeren Mercurius und Neptunus unter der Escorte eines schwedischen Galliotschiffes nach Stralsund zu bringen, ausgenommen 10 Mann zu jeden eroberten Preußischen Galliot und 10 Mann vor die beiden Galeeren llupiter und Mars zur Mitbe¬ satzung in dem Haff, um sowohl die Preußischen Bewegungen ferner zu observiren, als auch das Fahrwasser von und nach Stettin auszumessen. Die 4 eroberte Preußische Galliots gingen indessen den 21. September 1759 nach Swincmünde ab u. s. w. Von denen Preußischen Soldaten, so in die feindliche Gefangenschaft gerathen, und in dem Schwedischen Galliotschiffe „die Schildpadde" von Stralsund nach Carlskrona transportiret werden sollen, haben sich selbst ranüoniret und Schiff und Volk gezwungen, den 22. October 1759 in den Colberger Hafen einzu¬ laufen. Sonsten sind noch unterwegs efchapiret 29 Mann."

81

dem linken

Räumung des gegenüberliegenden Blockhauses, die Eroberung der und die Bestürinung von Wollin, ist durch den Herrn G. L. von Fersen in. einem Monat vollbracht und wir haben hierbey 78 Offiziers, worunter 6 Stabs-Offiziers, und gegen 2000 Ge¬ meine zu Gefangenen gemacht, 9 armirte Fahrzeuge und auf denensclben, wie auch in Swinemünde und Wollin zwischen 150 und 160 Canoncn erobert, auch einen großen Borrath von See- und Land-Ammunction erobert." die

Preußischen Esquadre

Urkundlich: C. L. Lieberkühn's Miscellanien (Stettin 1776), 125. — Kurze Erwähnung in Stolle: Beschr. und Gcsch. der Hanseestadt Demmin, Greifswald 1772, S. 796. — Archenholz: a. a. O. S. 277 berührt das Gefecht sehr kurz. — v. Tempelhoff: Gesch. des siebenjähr. Krieges vom Gen. Stoib. Berlin 1783 —1801 schweigt,

')

Stück

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I

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II,

dgl.

Stuhr

Die

Geschichte des siebenj. Krieges, dgl. v.

in seinen Werken über

den siebenjährigen Krieg, dgl.

Schöning:

John:

Gcsch. des siebcnj.

Krieges und so noch viele andere Schriftsteller. — Eine eingehendere Darstellung in: Vertrauliche Mittheilungen vom Preußischen Hofe und aus der Preuß. Staatsverwaltung, Berlin 1865 im Kapitel: Die preußische Flotte. S. 178 flg. Der ungenannte Verfasser ist Herr von Schmeling. — A. von Crousaz: Kurze Gesch. der Deutschen Kriegs¬ marine pp. 1873 berührt die Vorgänge S. 30 flüchtig. — Noch wollen

wir erwähnen, daß dem Einfall, 1761

die wenigen geretteten Fahrzeuge den Schweden bei eine tüchtige Schlappe beibrachten und ihnen eine Fregatte wegnahmen, vgl. Gadebusch: Chronik der Insel Usedom.

Anclam 1874. S. 172. — Gadebusch, der das Gefecht im Stettiner Haff S. 198 flg. richtig schildert, bemerkt, daß in seinem Hause in Swine¬ münde, Nr. 179, am Kleinen Markt, sich noch eine Kanonenkugel ein¬ gemauert finde, die am 6. September 1759 in das Dach des Hauses eingeschlagen.

16

Von der am 2. September erobertenSwienemünderSchanze erzählt der Schwedische Bericht: „Der G. L. Graf von Fersen ließ, nachdem alle gemachte Schwierig¬ keiten überwunden und die Galeeren in das frische Haff gebracht worden, den Anfang machen,

die Swinemünder Schanze zu beschießen; die Be¬ satzung that einen Ausfall, und griff die in die Stadt verlegte Mann¬ schaft auf drei Seiten an, ward aber mit Verlust zurückgeschlagen. Nach¬ dem nun die Besatzung das Beschießen eine Stunde lang ausgehalten, steckte sie die Fahne aus und verlangte zu capituliren. Sic bestand aus dem Oberst-Lieutenant Friedrich Bogislaf von Preuß, dem Major

Franz von Menadier, den Hauptleuten von Podewils, von Müllenheim, von Brabandes, den Lieutenants von Witke, von Schimmelpfennig, von Görnitz, von Mindtki und von Krampscrski, und den Fähnrichs von Ledebur, von Goltz, Zumberg, von Tiesenhausen und den Adjutanten Budeus, auch 420 Gemeinen

kauu. Die leidige Sitte, die Fahnenstangen kurz abzuhauen, um die Fahnentücher symmetrisch gruppiren zu können, ist bedauerlicher Weise auch hier beobachtet worden. Um die

Fahnentücher

von Anfang an in die Geschichtsbücher eingeschlichen hat. Der sonst nicht unsorgfältige Buchholz läßt das aus Stettin zur Deckung des Fahrwassers der Peene zwischen der Anclamer Fähre uild der Insel Usedom ausgelaufene preußische Kriegsgeschwader im frischen Hass kreuzen und kämpfen (Gesch. der Churmark Brandenburg. VI. 1675. S. 315.) Das frische Hass liegt aber bekanntlich vorlängs der westpreußischen Küste und hat mit dein Stettiner Haff nichts zn thun, welches letztere in zwei Theile das westliche „Kleine Haff" und das östliche „Große Haff" zerfällt. Derselbe fast unglaubliche Fehler ist durch gedankenloses Nachschreiben in viele Handbücher über¬ gegangen, welche diesen Theil des siebenjährigen Krieges er¬ wähnen.*)

Die Ritterholmskirche.

In

der Rittcrholmskirche, nächst der Storckyrka das älteste Gotteshaus in Stockholm und nicht mehr als Kirche benutzt, sich die Gräber der königlichen Familie sowie be¬ rühmter Staatsmänner und Feldherrn. Die Kirche ist 1817 renovirt, und man hat sie, statt sic in Rohsteinbau wieder herzustellen, im Innern meist übertüncht. Seit diesem Jahre sind in dieselbe an 6,000 Fahnen, Flaggen und sonstige Beutestücke übergeführt worden, die früher im Pavillon des Königsgartens aus Rorrmalm ihren Platz hatten. Die Fah¬ nen, unter denen sich viele deutsche befinden, sind leider von der Zeit fast unkenntlich geworden und hängen so hoch, daß man sic nur mit bewaffnetem Auge einigermaßen unterscheiden

befinden

*) Vgl. z. B. Bi es» er: Abriß der Gesch. von Pommern und Rügen 1831. S. 272 läßt er das preußische Geschwader im frischen Haff ge¬ fangen werden. Die mir wiederholt geäußerte Meinung, daß sich im Berliner Schloß ein Bild des Gefechts iin Stettiner Haff befände, ist seitens der Königlichen Schloßverwaltung nicht bestätigt worden, ebenso wenig die Vermuthung, daß sich in der Stralsunder Rathsbibliothek Spezialnachrichten befänden. Herr Stadtarchivar vr. R. Baier schreibt mir darüber: „Der Stralsundische Relationscourier geht nur bis 1754 und die Stralsunder Zeitung beginnt erst mit 1762. Aber wäre auch eine Zeitung für die frühern Jahre vorhanden, so würde eine eingehende Darstellung des Gefechts im Großen Haff kaum zu erivarten stehen. Es lag das schon über den Beobachtungskreis hinaus, in welchem man hier damals lebte und überdies brachten die Zeitungen nicht ausführliche Relationen über wichtige Vorkommnisse, sondern dies war besondern flie¬ genden Blattern vorbehalten. Unter letzteren, die wir besitzen, habe ich aber den gewünschten Bericht nicht gefunden."

schützen,

ist jede

gehabt, die Herabnahme der brandenburgisch-preußischen Beute¬ in der Kirche zu veranlassen, was bei der bedeutenden Höhe der Aufhängung, mit Schwierigkeiten verbunden war. Wegen des schlechten Zustandes der Feldzeichen erschien die

erst beabsichtigte photographische Firirung derselben unzweck¬ mäßig und lvlirdc die Aufnahme von sorgfältigen Zeichnungen

vorgezogen.

Beschreibung der Beutestücke zu

st.

schen

„Nr.

a 3.

Dem 18. Jahrhundert gehören an in dem GustaviansGrabchor Gruppe Nr. 8 B. nach Ekström a. a. O.

Kunglig Preussisk Wimpel“

1.

(Fig. 2 der Tafel zu Nr. 1), Nr. 2 bis 4. Bardisan (soll heißen Sponton), Nr. 5. Kunglig Preussisk Flagga, zu 1 bis 5 „tagne i Pommern vid Grosse Frische Haff den 10. September 1759“ (Fig. 1 ebendaselbst). Dem 17. Jahrhundert gehören au in demselben Grab¬

Nr. 16/17 „Fana med Kejsa(F. II) namnchiffer ä ene och af Brandenburg Georg Wilhelms

chor. Gruppe Nr. 1. ren Ferdinand II:

Kurfurstens

s

(G. W. C.) ä andra sidan.“ Die Fahnentücher (vgl. Fig. 7 und 8 der zu dieser Nr. gehörigen Tafel) sind von

karmosiufarbiger Seide, die genauen Maße können wegen zu großer Beschädigung des Fahnentuchs nicht angegeben werden. Spuren goldener Borten vorhanden, die Fahnenstangen kurz abgehauen.

3.

zu

stücke

unterschiedene

sich

vor dem Verfall

Gruppe derselben mit einem feinmaschigen dünen Netz unter¬ fangen. Herr Consul Wolfs in Carlscrona hat die Güte

sämmtlich von dem Puttkammcrschen Garnison-Regiment, sie ward zu Kriegesgefangenen gemachet, und man fand 9 Stücke »nt Zubehör, eine Menge Munition, 3 Ammunitions-Wagen, 12 messingene Trommeln, und

Artillerie-Attrail." Auffallend ist die Unsicherheit und Fehlerhaftigkeit, welche hinsichtlich der Ortsbestimmung des geschilderten Scetreffens

etwas



Nr. 53 „Fana med Hohenzollerns

vapeu.“

Dies merkwürdige Feldzeichen, deffen Herkunft unbckannt ist, erwähne ich ivegen der verwandtschaftlichen Beziehungen zu unserm Herrscherhause. Auf dem Fahnentuch befinden sich das fürstlich Hohcnzollersche Wappen, im Herz¬ schild zwei gekreuzte goldene Zepter und darüber ein Fürsten¬

hut. Die Grafen von Hohenzollern wurden im 13. Jahr¬ hundert in den Reichsfürstenstand erhoben, sie waren Erbkämmerer, die Brandenburger Hohenzollern Erzkämmerer.

Vgl. Siebmacher a. a. O. I. 3 (hohe Adel). I. Tafel 200 Fana med Kejsaren Ferdinand II:s och Kurfürsten Georg Wilhelms namnchiffer“ mit der Beischrift, daß sie unter König Gustav II. Adolf Befehl in Deutschland 1631 genommen ward. Vgl. Fig. 9 und 10. — Im Torstensonschen Grabchor Nr. 115 und 116. »Fana, med Kejsaren Ferdinand III :s och Kur¬ fürsten Georg Wilhelms Namnchiffer, Nr. 117/118 zwei ebenso bezeichnete Standarten. — Im Banerschen Grabchor: Nr. 43 wie die Torstensonschen Fahnen Nr. 115 und 116. folg. — Nr. 83.

c.

Geschichte der Beutestücke zu a 3.

Die Herkunft der Beutestücke aus dem 18. Jahrhun¬ ist unter c al und c a2 gegeben, auffallend bleibt es, daß auch die Schweden das betreffende Haff geographisch un¬ genau als „Großes Frisches" statt als „Großes" Haff be¬ zeichnen. Ueber die Herkunft der Beutestücke aus dem 17. Jahrhundert Folgendes:

dert

17

und fing 500 Brandenburger daselbst. In Bernau wurde der Obrist Borgsdorf von Schweden unter Dewitz geschlagen und gefangen, bald darauf die Schanze bei Landsberg a./W. genommen, wobei der Churfürst 1000 Mann verlor. Den Brandenburgern wurden feriler Schlappen bei Rllppiil, Span¬ dau und Gardelegen beigebracht. Dies war im Jahre 1640, in welchem George Wilhelm starb, durch welches Ereigniß wir die jüngste Altersgrenze für unsere Feldzeichen erhalten. Die Hohenzollcrschc Fahne Nr. 53 stammt ebenfalls aus dem dreißigjährigen Kriege und zwar vermuthlich aus den Zügen der Schweden nach Süddeutschland her. Näheres habe ich über dieselbe nicht ermittelt.

Churfürst George Wilhelm (1608 bis 1640) hatte sich bereits im Jahre 1627, -als Gustav Adolf (1611 bis 1632) mit Polen in Krieg verwickelt war, dem Schwedenkönig gegen¬ über schwankend gezeigt und trotz der versprochenen Neutra¬ lität dem Könige Sigismund HI. (1587 bis 1632) Hülfsvölker verheißend. Gustav Adolf griff die letzteren an und Die gefangenen nahm sie bei Preußisch -Mark gefangen. Brandcnburgisch-Preußischen Offiziere ließ er frei und schickte sie feinem Schwager, dem Kurfürsten, nebst den weggenommenen Kanonen mit der ironischen Mahnung zurück, seine Leute und sein Geschütz künftig besser zu verwahren, eine

Demüthigung, welche der Churfürst ruhig über

sich

ergehen

lassen mußte.

Ebenso unschlüssig benahm

George Wilhelm

sich seinem

Schwager gegenüber bei dem seit 1618 entbrannten großen Religionskriege. Sein erster Minister Adam Graf v. Schwar¬ zenberg, Statthalter der Mark trachtete, Brandenburg auf die Kaiserliche Seite zu zieheil, doch kanr es anfangs nicht zli einem eigentlichen Kriege mit Schweden, ein solcher entbrannte vielmehr erst zwischen Braildeilburg und Schweden nach der Schlacht bei Wittstock am 24. September 1636, als sich der Churfürst offen von Schweden abwandte lind mit Kaiser Fer¬ dinand (1619 bis 1637) ein Bündniß einging. Schwar¬

Malchow. Eine Weihnachtswanderung. Von

(Schluß.)

II

II.

am 15. Februar 1637 erfolgten Tode bis 1657).*) Hieraus geht hervor, daß die erstgedachte Gruppe von 3 Fahnen (Nr. 16, 17 und 83) aus den Jahren 1636 oder 1637 stammt. Sonach kann ich die Bezeichnung bei Ekström S- 8, „att de äro tagne under Konung Gustaf II. Adolfs Eget höga befäl i Tyskland är 1631“ nicht für richtig die

und nach

dessen

Ferdinand's III. (1637

halten. Die Fahnenstange enthält eine alte Zahl, die undeutlich ist und die man als 1631, aber wohl auch als 1636 oder 1637 deuten kann. Außerdem war lnir bekannt, daß der alten Bezeichnungen der Trophäen verloren gegangen oder im Lauf ihrer wechselvolleil Schicksale vertauscht worden sind, ich stellte daher Herrn Ekström meine chronolo¬

manche

gischeil Bedenken vor, derselbe theilte sie alsbald vollständig

und schrieb mir am 15. November 1878: »Ich bemerke, daß in meinem Verzeichniß viele Verwirrungen

vor¬ kommen, die ich mich zu berichtigen bemüht habe, muß aber gestehen, daß dieser Fall meiner Aufmerksamkeit entgangen ist. Man muß nunmehr

für ausgemacht annehmen, daß die Fahnen mit den Namen Ferdinand II. und Georg Wilhelm in den Jahren 1636 und 1637 genommen wor¬ den sind."

Genaues läßt sich über die Treffen, aus welchem diese Trophäen herrühren, nicht angeben. Im März 1637 wurden Brandenburgische Reiter und Dragoner unter Obrist Rochow von dem Schwedischen Obrist-Lieutenant Starke bei Sonnen¬ burg geschlagen. Bannier nahm Gartz in Pommern 1638

*) Diese Eigenthümlichkeit habe ich bei keiner andern der zahlreichen gleichzeitigen sächsischen, bayrischen re. Fahnen in der Ritterholmskirche gesunden.

Erkenntniß ich erklommen hätte, wenn nicht der Pfarrer eben auf die hinter den kahlen Kirschbäumen niedergehende Sonne gedeutet und mich dadurch an bcn Kirchgang und die v. Fuchs'sche Fainiliengruft erinnert hätte. So verabschiedeten tvir uns bei der Frall Pfarrin, und schlugen einen Richtweg ein, der uns, erst über Gartenbeete, dann über verschneite Gräber fort, bis an einen Sciteneingang der Kirche führte. Und nun öffnete sich die Thür, und der Zugwind trieb, über unsre Köpfe iveg, eilten breiten Schneestreifen in die Kirche hinein. Ein fahles Roth stand noch in den Scheiben, gerade hell genug, um uns alles rundum erkennen zu lassen. Die Wände zeigten sich frisch getüncht, Orgel und Altar blank, und die Pfeiler mit vielen Bibelsprüchen bedeckt, aber das erste Gefühl, das ich angesichts dieser Herrlichkeit hatte, war doch das einer gewissen Aussöhnuilg mit dein maitre d’ecole drüben. „Ihr Besuch würde resultatlos verlaufen," wareir seine Worte gewesen, und er schien Recht behalten zu sollen. Es mochte sich etlvas von Enttäuschung in meinem Ge¬ sichte spiegeln, weshalb der Prediger, als wir den Mittelgang halb hinauf waren, freundlich zu mir sagte: „hier war die Gruft." Ich meinerseits hielt es für angezeigt, dieser Freundlich¬ keit durch eine gleiche zu begegnen, und erwiederte: »Ja, hier muß es gewesen sein. Man kann noch deutlich die neuen Fliesen von den alten unterscheiden." Es war aber eigentlich nicht wahr. „Und" fuhr der Prediger fort, „hier war das Fuchs'sche Wappen." Und dabei wies er mit dem Zeigefinger aus eilten Punkt in der Luft, etwa 4 Fuß hoch über der Brüstung eines niedrigen Chorstuhls. Es hatte durchaus etivas GespenstischVisionäres, wie wenn Macbeth den Dolch sieht, und das be¬ stimmt ausgesprochene „hier" ließ mich einen Augenblick lang ganz ernsthaft nach der Erscheinung ftlchen. Aber es blieb ein Punkt in der Luft, und ich fröstelte nur noch die Frage heraus: „Dies also ist alles?" „Ich fürchte, ja; wenn Sie sich nicht für einen Spruch interessiren, den des alten Johann Porst's Nachfolger an die Sakristeithür geschrieben hat." jetzt

ren zu lassen, später die Festungskoinnlaildantcil überhaupt und sämmtliche Offiziere. Um dies auch äußerlich auszudrücken

F.

ich war es selbst, der sich bis zu diesem uild wer weiß, welche weiteren Stufen der

Ich glaube fast, Satze steigerte,

zenberg ließ es sich besonders angelegen sein, erst die Be¬ satzungen voil Spandau und Küstriil denl Kaiser Treue schwö¬

führten die brandenburgischen Fahnen und Staildarten auf der einen Seite in einem grünen Lorbeerkranz zwar inWeißdiechurfürstlicheil Initialen G. W. C. mit dem Kurhut, auf der andern Seite aber unter der Kaiserkrone die Initialen Ferdinand's II.

STieoitor .fonfanr.

'

--

„O,

ich interessire mich

sehr für Sprüche

..."

18

Mademoiselle

Und

Johanna Zollikoserin,

Kammermädchen bei

Das Feuer, das aus diesem Spruch aufschlug, schien mir unausreichend die Kirchentcmperatur zu verbessern, und so schlug ich einen raschen Rückzug an die Herdplätze menschlicher

Madame la Baronne de Fuchs; Jungfer Anna Dorothea Mädchen bei der Freifrau v. Fuchs; Jungfer Anna Maria Lösch in, Mädchen bei der Frau Baronin. Alle diese Personen finden sich wiederholentlich; der eigentlich große Taufakt jener Epoche scheint aber der im Hause des Hier begegnen wir den Dorf-Krügers gewesen zu sein. „großen Namen" aus der Zeit von 1698 bis 1704. Und zwar: Paul Freiherr von Fuchs, Geheimer Etats- und Kriegsruth; Baron von Herlefeld, Oberforstmeister in Cleve; Johann Paul Freiherr v. Fuchs, Hof- und Ravcnsbergischer Appellationsgerichtsrath; Madame Louiie de Fuchs, nee de Friedeborn ; Madame la Baronne de Herlefeld, nee de Bozelar;

Wohnungen vor. Der Pfarrer schien von demselben Verlangen erfüllt, und che fünf Minuten um waren, waren wir wieder daheim, und stampften, auf der Strohmatte seines Flurs, den Schnee von unseren Füßen. Drinnen brannte jetzt Licht; aus der Nebenstube klangen Kinderstimmen, und vom Flur her hörten wir das Klappern der Plättcisen, wenn neue Bolzen eingeschüttet wurden; an Wand und Decke hin aber huschten die Schatten der draußen an unserem Fenster Vorbeipassirenden. Der Thorwaldsensche Christus über dem Sopha schien in dem Widerspiel von Licht und Schatten zu wachsen, und während die Gestalten seiner Jünger mehr und niehr zurücktraten, war es als stünd' er.freundlich

Madame de Fuchs nee Bozelar. Nehmen wir noch die sich an andrer Stelle findenden Namen der Frau von Barfus aus dem benachbarten Blankenburg, der Apotheker Zorn in aus Berlin und des Christoph Hammer, Leibkutschers bei Seiner Durchlaucht dem Markgrafen Albrecht von Branden¬ burg hinzu, so wird es uns unschwer gelingen, ein Bild des Malchower Lebens aus seinen historischen sieben Jahren auf¬ zubauen. Es waren eben Gesellschafts-Formen, auf die genau die Schilderung paßt, die F. v. Salpius in seiner Eingangs erwähnten Paul v. Fuchs'sche» Monographie von dem Leben der damaligen regierenden Klassen entworfen hat. „Man kann" so schreibt er „von den brandcnburgischen

so

las ich denn: Printz Markgrasf Ludewig Stifft't hier zu Gottes Ehren Kirch'fenster, Sakristei Nebst zweien neuen Chören. Gott sei sein Schild, sein Lohn, Sein Schutz, sein Eigenthum,

Philitzin,

Er laß es feste stehn Zu seinem ewgen Ruhm.



Häupten, der gute Hirt einer allerkleinsten segnend Gemeinde. Die Kreuz-Zeitung war inzwischen sorgfältig zu¬ sammengefaltet worden, und statt ihrer lag das Malchower Es waren Blätter von 1098 Kirchenbuch auf dem Tisch. bis 1704, die wir nun überflogen, um vielleicht an der Hand des alten Porst, damaligen Predigers zu Malchow, einen Blick in die von Fuchs'sche Herrschaft jener Epoche thun zu können- Aus allein ging hervor, daß es der alte Gesangbuchmann init Predigt und Seelsorge sehr ernst genommen hatte, was aber die Fuchsiana betrifft, so schien leider auch diese Quelle versagen zu wolle». Da beschloß ich auch vor dem Letzten nicht zurückzuschrecken, und die Taufregister auf Namen und Titel hin gcwiffenhaft durchzulesen. Und siehe da, der Mosesstab, der den Quell aus dem Stein weckt, war auf der Stelle gefunden. Es tröpfelte zwar mir, aber die Sicbeil Kühle frischen Wassers labte doch meine Zunge. .Jahre lang hatte Johannes Porst au eben dieser Stelle fungirt und in jedem dieser sieben Jahre siebenmal getauft; — auch darin also vollzog sich ein Gesetz. Und als ich nun mit allen 49 Taufen glücklich durch war, kannt' ich Malchow in seinem damaligen Besitz- und Personall'cstande so genau, als ob ich ein Kataster-Beamter unter König Friedrich I. oder wohl gar der Dorfschulmeister von Anno 1704 gewesen wäreDenn die Malchower, kluge Leute, wie sie schon damals waren, hatten sich, bei der Auswahl ihrer Pathen, beinahe niemals aus ihresgleichen beschränkt, sondern waren immer bestrebt

uns

-

!

>

Landen behaupten, daß die Regierenden zu den Besitzenden gehörten,' und daß die Besitzenden wiederum in der Regierung Die Mitglieder des geheimen Rathes scheinen durch¬ saßen. Der Wege zu gängig im Wohlstände gewesen zu sein.

zu

in den christlichen Schutz des Herrenhauses, am häufigsten in den des Beamten- und Dienstpersonals zu treten. Aus der Reihe der betreffenden Personen aber mögen hier, unter Anlehnung an die Taufregister, folgende Flamen und Titulaturen stehn: Herr Schlicht in g, „Lustgärtner"; Monfieiir Ernst, Lakai bei des Freiherrn von Fuchs Excellenz; Monsieur Abra harn Luckold, Koch bei Sr. Excellenz; Mon-

j

|

!

Kurfürsten, sogenannte Dotationen; in andern Fällen bedeu¬ tender Kriegsgewinn (wie denn beispielsweise dem General v. Schöning eine auf 40,000 Thaler Lösegeld zu veran¬ schlagende Anzahl gefangener Juden zufiel) und endlich Bereinigung mehrerer Aemter in einer Person. .So bezog Fuchs, als Oberpostdirektor, eine jährliche Zulage zu seinem

j

!

|

,

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gewesen,

sieur

Peter Schultze, Kammerdiener

bei

Sr.

Excellenz;

solchem gab cs, abgesehen von Geburt und Heirath, verschie¬ dene: Ausstattung mit heimgefallenen Lehngütern seitens des

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|

|

;

anderweitigen Gehalt und außerdem den zwanzigsten Theil aller in Berlin aufkommenden Postgeldcr. Aus eben diesen Erträgen ivar es, daß er in den Besitz von Malchow gelangte." So F. v. Salpius. Und an andrer Stelle dann: „Der höhere Staatsdienst, und zwar aus den vorangeführten Gründen, war ein mehr lohnender Beruf als jetzt, und die Geheimräthe vergaßen über den staatlichen Jntereffen nicht die ihrigen. Dazu gewährte der Fürsten- und Staatsdienst ein größeres Ansehen als heutzutage, wo der Ehrgeiz auch ander¬ weitig sein Feld der Bethätigung findet. Aber mit der Wahr¬ nehmung des eigenen Vortheils ging doch immer zugleich Sie lebten, auch die strengste Pflichterfüllung Hand in Hand.

wie der Große Churfürst selbst, der Ueberzeugung, daß sie vor allem zur Erhaltung der Machtstellung des Staates das Ihrige beizutragen hätten. Neben diesem Zuge springt vor allem ihre Vielseitigkeit und Findigkeit ins Auge. Dieselbe beruhte zum Theil auf der verhältnißmäßigen Einfachheit der damaligen Zustände, nicht minder aber auf ihrer persönlichen. Vorbildung, Spannkraft und Beweglichkeit. Die Mitglieder des geheimen Raths hatten schon als Jünglinge auf Reisen' mannigfache Kenntniffe gesannnelt; im Staatsdienste tummelten sie sich bald hier bald dort, arbeiteten sich bald in dieses.

19 '

für allemal verleideten.

Bald daraus wurde er Vorleser und Vertrauensperson König Friedrich IV. Wilhelms und nachmals unsers ehrwürdigen Kaisers. Hierncben hat Schwei der fortgesetzt literarisch gearbeitet; unter seinen dramatischen Arbeiten genügt „Der Kurinärker und die Picarde", unter den sonstigen sein Roman „Die Queiße oder der böse Blick", um ihm in der Reihe der märkischen Schriftsteller einen dauernden Namen zu sichern. Unvollendet ist seine umfaffendc Arbeit über die brandenburgischpreußischen Feldzeichen geblieben, glücklicher Weise jedoch soweit gefördert, daß die Herausgabe auf keine Schwierigkeiten stoßcil

bald in jenes Fach ein. Das bewahrte sie vor jeder geistigen Verkümmerung, sie blieben stets frisch und erfreuten sich fast immer eines guten Humors. Hierfür sprechen ihre lebensvollen, mit anschaulichen Bildern durchwobenen amt¬ lichen Berichte und Reden, tvelche den Charakter der Ursprüng¬ lichkeit, oft den der Naivität tragen. Ihren Gemcinsinn be¬ wiesen sie nicht nur durch treue Arbeit, sondern auch als ihrer Heimath, in der Gemeinde fröhliche Geber. ihres Wohnorts oder Gutes, verwandten sie beträchtliche Der Feldmarschall Summen für gemeinnützige Zwecke. von Sparr baute Kirchen und Thürme, schenkte Glasmale¬ reien und Glocken, Derfflinger ließ eine stattliche Dorfkirche ausführen, der ältere Schwerin that ein gleiches. Joachim Ernst v. Grumbkow gründete ein Kloster für zwölf Jung¬

eine

In

wird. Der „Bär" dem er vom Entstehen unausgesetzt seine Theilnahme gewidmet, verdankt ihm den Artikel: „Johann Carl von Eckenberg, der starke Alaun. Eine Studie zur II. S. 13 flg. und „Das Theatergeschichte Berlin's." Derfflingersche Hans an: Cöllnischen Fischmarkt." IV. S. 82 flg.

frauen, der jüngere Jena bestimmte 60,000 Thaler für ein Fräuleinstift und ein Hospital. Aehnlich verfuhr auch unser Paul v. Fuchs. Er ließ in Malchow ein Predigerwittwen-, sowie ein Armen- und Waisenhaus herstellen." Ob diese Stiftungen noch existiren, habe ich an Ort und Stelle nicht in Erfahrung gebracht. Der Abend war mittlerweile hereingebrochen, und mein freundlicher Wirth begleitete mich, bis die Lichter von Wcißensee hell auf meinen Weg fielen. Dann schieden tvir, hoffentlich nicht für immer, und abermals anderthalb Stunden später lagen die Schneefelder und die grünen Staketenzäune, tu maison rouge und der maitre d’ecole, das warme Pfarrhaus und die kalte Kirche, die Grec-Borte und das gespenstische Wappen derer v. Fuchs, — alles traumhaft hinter mir.

Ein entzückender Tag.

Friedrich Voigt,

mir

Seine Tochter, Johanna Voigt, hat im Archiv des Märkischen Museums eine ausführliche Lebensbeschreibung des Verewigten hinterlegt. Seine schätzbare Alterthümer- und Modell-Saminlung geht theils an das Königl. Museum zu Berlin, theils an das vorgedachtc vaterländische Institut über. geboren.

gesprochen.

Und das bedeutet das Beste.

Louis Schneider, „Ein braves

t Herz hat ansgeschlagen.

„Legt ihm auf's Grab drei frische Reiser! ,,An dieses Mannes Sarge klagen „Berlin, die Musen und sein Kaiser."

Der Nestor der Märkischen Schriftsteller, der allseits

Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Berlins. ge¬

liebte und verehrte Vorsitzende der Vereine für die Geschichte Berlin's und Potsdam's, ist uns am 15. Dezeinber, noch kurz vor dem Schluß des Jahres 1878, in welchem der Tod

unter den heimischen Autoren

so

f

Am 2. November 1878 verstarb zu Königsberg in der Neumark der Lehrer Chr. Friedrich W- Voigt, welcher, in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, ein treuer Chronist seiner Vaterstadt getvescn ist, deren Alterthümer er eifrig gesammelt und veröffentlicht hat. Der historisch-statistische Verein zu Frankfurt a. d. O. und der gcsammte Regierungsbezirk verlieren an ihm einen der besten Kenner der neumärkischen Geschichte. Voigt wurde an seinem Sterbeorte den31.Mai 1815

Die Gruft hatte nichts heraus¬

gegeben, aber das Leben hatte bunt und vielgestaltig zu

hochgeschätzte

fürchterlich Musterung

ge¬

halten, entrissen worden. Was das Vaterland an Louis Schneider verliert, wird in den vorstehenden, von berufener Feder ihm gewidmeten Versen kurz und treffend zusammengefaßt, was er in seinen Spezialfächern geleistet, ist bereits von den Vereinen und Körperschaften, in denen er mit jugendlicher Frische bis zum Tage seines Hciingangs redlich und unver¬ drossen gewirkt, ausführlich geschildert tvorden. Wir beschränken

uns darauf, seinen Lebenslaus in der Kürze zusammenzufassenAm 20. April 1805 zu Berlin als Sohn des Kapellmeisters Georg Abraham Schneider geboren, widmete er sich bereits 1820 der Königlichen Bühne Hierselbst als Sänger und Tänzer, später wirkte er als Schauspieler hauptsächlich in heiteren und gemüthlichen Rollen, bis ihm politische Zerwürfuisse im Jahre 1848 das Auftreten aus der Bühne ein

:

In der 251. Versammlung, 20. (Arbcits-) Sitzung des XIV. Vereinsjahres: Sonnabend, den 28. Dezember 1878 sprach Herr Rektor Fischer über das Sprcebecken von Berlin. Er versteht darunter den kesselförmigen Zwischenraum zwischen den beiden Hügel¬ ketten, nämlich der im Norden Berlins, mit einer Erhöhung von 20 Meter und der im Süden im Kreuzberg gipfelnd nüt einer Er¬ höhung von 34 Meter. Dieses Becken hat ungefähr eine Länge von 7,500 und eine Breite von 5,600 Meter. Aus diesem Becken, welches ursprünglich nach Ansicht des Redners mit Wasser gefüllt gewesen sein muß, hat sich allmälig der Grund und Boden, aus dem Berlin liegt, gehoben. Nach diesem Vortrage gab Herr Stadtrath Friede! „eine Weihnachtsausstcllung aus dem unterirdischen Berlin", d. h. er legte viele interessante aus Berlins Boden ausgcgrabenc vorwelttiefte Stücke vor. Das größte Interesse zog ein fossiler Berliner auf sich, nämlich ein Torfschädcl aus der ältesten Alluvialzcit, in der Jungfernhaide gesunden. Am Sonnabend, den 4. Januar 1879, theilte den im deut¬ schen Dom Versammelten Herr Bildhauer O. Hülcker, mit, daß er eine Büste des verstorbenen Vorsitzenden modellire und am 11. d.

Mts.

dieselbe wahrscheinlich zur Gedächtnißseier ausstellen

20 werde. Dann zeigte Herr Stadtrath Friede! verschiedene Aus¬ stellungsmedaillen von Wien, Paris und Berlin vor. Der unbekannte Verfasser des Sonetts aus vorigem Bericht (et. Bär pag. 10 Sp. I.) theilt mit, daß der dritte Vers mit dem

Worte „vernahmt" nicht „vernehmt" anfange. Die 252. Versammlung, 1. (1. öffentliche) Sitzung des XV. Vereinsjahres: Sonnabend, den 11. Januar wareine GedächtnißFeier für den am 16. Dezember 1878 zu Potsdam verstorbenen Ersten Vorsitzenden des Vereins, Herrn Geheimen Hostath Louis Schneider. Der Bürgersaal des Rathhauses, dunkel drapirt

mit der Büste des Verstorbenen geschmückt, konnte die Zahl der Erschienenen nicht fassen. Vor Beginn der Feier wurde jedem der Anwesenden ein Bild des Verewigten in Photographie und

überreicht, äußerem Vernehmen nach dem Verein von Herrn v. Glasenapp unentgeldlich zur Verfügung gestellt. Um 7 Uhr intonirte der Erk'sche Männergesang-Verein das Lied: Jesus, meine Zuversicht, dasjenige Lied, von dem der Verstorbene wünschte, daß es als erstes bei der vorgeschlagenen Aufführung „der berliner Lieder" für das diesjährige Stiftungsfest gesungen werden sollte. Dann hielt der Schulvorsteher Herr Budczies die Gedächtnißrede. Nachdem er zunächst einen kurzen Abriß des Lebens gegeben hatte, sprach er im Besondern von der historischen Thätigkeit des Ent¬ schlafenen; vor allem, was er dem berliner Verein gewesen. Mit dem Gesänge des Mendelssohn'schen Lenti mortui schloß die Feier. Für die nächste (Arbeits-) Sitzung, Sonnabend, den 25. Januar, Abends 7 Uhr, im Bürgersaal des Rathhauscs ist eine Hauptver¬ sammlung des Vereins, zu welcher Gäste keinen Zutritt haben, angesetzt.

Mittheilungen aus -cm historisch-statistischen Verein ;» Frankfurt a/O. Sitzung den 17. September. — Herr Maler Mühle hatte ein zweites jener alten Oelgemälde aus der Marienkirche zur An¬ sicht aufgestellt, dessen Restauration er mit dem glücklichsten Erfolge übernommen hatte. Es zeigt einen.Ritter, den die Feinde über¬ fallen, während er bei einer Kapelle sein Gebet verrichtet; aber aus den sich öffnenden Gräbern erheben sich die Todten, um mit den Werkzeugen, welche sie bei ihren Lebzeiten gebrauchten, die Gefahr von dem Ritter abzuwenden. Man erkennt darin die Sage wieder von den dankbaren Todten, wie sie an mehreren Orten in Deutschland lokalisirt ist. Der Rahmen des Bildes trug ftüher die Jahreszahl 1486 und in diese Zeit weist auch die Form der Rüstungen und Waffen hin, so daß das Gemälde in mehrfacher Beziehung ein kulturhistorisches Interesse in Anspruch nimmt. — Weiter wurde mit Dank erwähnt, daß Herr Fabrikbesitzer Kaumann dem Verein fteundlichst die Hand dazu geboten habe, an seinem Hause, Oderstraße 13, eine marmorne Gedenktafel für den Dichter Franz v. Gaudy anzubringen, welcher in jenem damals „Zum rothen Polackcn" genannten Hause am 19. April 1800 ge¬ boren worden ist. — Vorgelegt wurden 1) als Geschenk des Herrn Kaufmann Selig söhn die Bruchstücke einer Broncestange aus einem Urnenfund in der Nähe von Finkenheerd; 2) aus dein Besitz des Herrn Rentier R o h d e eine silberne Medaille, welche einst der Herzog Leopold von Braunschweig in der von ihm gestifteten Re¬ gimentsschule als Prämie verliehen hatte; der Avers zeigt die Worte: Belohnung des Fleißes, der Revers eine Dattelernte und die Umschrift: Auf Mühe süße Früchte; 3) aus den, Besitz des Banquiers Herrn E. Mende das Stammbuch eines ehemaligen

|

!

Studenten Balthasar Fünfter mit den Autographen einer Anzahl seiner Freunde und der Profefforen an den Universitäten zu Frank¬ furt a. O. und Wittenberg, wo er sich in dm Jahrm 1625

— Außerdem hielt Herr Redakteur einen Vortrag über die Erbauung der früheren Seidenfabrik, Crossmerstraße Nr. 1. Hatte schon König Friedrich Wilhelm I., indem er die Anpflanzung von

bis 1631 aufgehalten hatte.

Sobel,

nach den Angaben der Acten,

Maulbeerbäumen anordnete, den Seidenbau zu befördern gesucht, Friedrich der Große auch zu Frankfurt a. O. die Er¬ richtung einer Seidenfabrik, für welche Anfangs der Anger, dann aber der Platz neben der alten Brückenschanze am Damm auser¬ Eine Cabinetsordre vom 3. December 1765 übertrug sehen wurde. den Betrieb einem Consortium von Unternehmern, denen die nöthi¬ gen Gebäude hergerichtet und nach 20 Jahren als Eigenthum verbleiben sollten, wenn sie während dieser Zeit eine bestimmte Anzahl von Stühlen darin erhalten hätten. Mit einem Aufwand von über 30,000 Thlr. wurde das Hauptgebäude bis 1768, ein Flügel bis 1772 fertig gestellt. Von den ersten Entrepreneurs Renö Buy, Pierre Moreau, Etienne Chamony und Michael Gott¬ lieb Beske traten die drei erstgenannten Colonisten bald Wieder¬ aus, Beske aber erhielt 1791 die Gebäude als Eigenthum. Da er jedoch schon 1796 starb, so gingen dieselben in andere Hände über und wurden wegen nicht rentirenden Geschäftsbetriebes zu anderen Zwecken verwendet. Sitzung den 22. Oktober. — Herr Prorektor Schwarze theilte aus einer größern Arbeit: Biographien zur Geschichte Frank¬ furts in alphabetischer Folge" einige Bruchstücke mit. Aus der Zahl ftüherer Universitätsprofessoren wurden u. A. erwähnt: Tho¬ mas Abbt, der hier 1760 seine Schrift: „Vom Tode für's Vater¬ land" unter dem gewaltigen Eindruck der Schlacht von Kunersdorf verfaßte; der Humanist Abel, geboren Hierselbst 1542, gest. in Wien um 1595, einst vom Kaiser Rudolf II. mit dem Dichterlor¬ beer beschenkt; der Anatom Bernhard Albinus, später an die Univ. Leyden berufen, und sein Sohn Bernh. Siegftied, geb. in Frank¬ furt 1697, noch berühmter als sein Vater und dessen Nachfolgerauf dem Lehrstul der Anatomie in Leyden; der Theologe Alex. Alesius, ein geborener Schotte, in seiner Heimath wegen seines Glaubens verfolgt, dann 1540 von Joachim II. an die Universität Frankfurt berufen, von wo er jedoch bald nach Leipzig übersiedelte, der Aesthetiker Alex. Gottl. Baumgarten, hier gestorben 1762; Frankfurts Historiograph Joh. Chr. Beckmann, der 50 Jahre als Docent an der Universität wirkte (starb 1717); der Mediciner Berends, nach der Auflösung der frankfurter Universität in Breslau, dann in Berlin thätig; der einflußreiche Theologe Joh. Bergius (starb 1658), nebst seinem Bruder Conrad und seinem Neffen Joh/ Conrad, die Mitbegründer der reformirten Gemeinde zu Frankfurt; der Historiker Bredow, 1811 nach Breslau übersiedelnd; JohBrunnemamr, der Commentator der Pandecten, der Naturforscher Borowski, beide in Frankfurt gestorben, jener 1672, dieser 1801. —Von den älteren Patricierfamilien wurde gedacht der Affen, der Beier, Belkow, Bolftaß, die im Rathe der Stadt eine hervorra¬ gende Rolle gespielt und zu bedeutendem Wohlstand sich emporge¬ arbeitet hatten. Anderen Wirkungskreisen und fast noch der gegen¬ wärtigen Generation gehörten an: der Justizrath Bardeleben, der Consistorialrath Brescius, der General von Brause, der Apotheker Buek. Von einer größeren Zahl der genannten Persönlichkeiten konnten aus der betreffenden Sammlung des Vereins Portraits in Kupferstich oder Lithographie vorgelegt werden. — so beschloß

Für die Redaction verantwortlich: Rudolph Stricker in Berlin.— Verlag der Nicolaischen Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. Druck: W. Rcejcr Hofbuchdruckerei in Berlin.

Beilage zuia.BiirTS2.1879

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Unter Mitwirkung von

jur. Aeringuier, A. Mrunokt» in Joachimsthal, Prof. Dr. Wautus Gaffel, Stadt-Archivar Aidicin, Hheod. Ziontane, Dp. Kerm. KketKe, Iierd. Weyer, Oberlehrer Dp. K. Wröhte, Director Wilhelm Kchwarh in Posen, Dp.

Archidiac. LKwcöel in Cüstrin rc. ic. herausgegeben von

E. Friede!

Berlin.

und

StadLrath.

R. Schillmann Stadt-Schulinspector.

1.

Kebruar.

Die Zeitschrift

erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 50 Pf., und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderftr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische VerlagS-Bnchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Markgraf Ludwigs d. Ä. Neumärkisches Judenprivileg vom 9. September 1344. Von vr. G. Sello. — Die Artillerie unserer Vorfahren. (Schluß). — Ländlicher Hausbau und Giebelschmuck. Mittheilung des Lehrers Karl Hube in Greifswald. — Wie vor dreihundert Jahreu der Brandenbnrgische Hof seine Einkäufe besorgte. — Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Berlins. — Mittheilungen aus dem Verein für Heimathskunde in Müncheberg. — Mittheilungen aus dem historisch-statistischen Verein zu Frankfurt a. O. — Miscelte». — Literatur und Kunst. — Briefkasten.

Markgraf Ludwigs

d.

Ä.

Nrumirrkifches Judenprivileg vom 9. Septemker 1344. Von Or. ®.

Si sint in fremeden landen Unz an den iungisten tac, Daz in niemen gehelfen ne mac. Kaiserchronik.

Die

Geschichte der

Juden im Mttelalter zu verfolgen,

ist eine lohnende, lehrreiche, aber zugleich beschämende Auf¬ Den Parias gleich, von Volk, Geistlichkeit und gabe.*) Fürsten verachtet und gehaßt, allen aber in Handel und

Wandel unentbehrlich, und darum beschützt, gepflegt, ja geehrt, lebten sie auch dort, wo ihnen Ruhe und Frieden gegönnt wurde, unter dem über ihnen an seidenem Fädchen hängenden Schwert des Fanatismus; nur zu oft wurde die Bestie in der

Natur gegen sie entfesselt, wahnwitzige Beschuldi¬ gungen wurden gegen sie geschleudert, von Habgier und Blut¬ durst geleitete Verfolgungen eröffnet, deren schauerliche Größe nur erreicht wird durch die Heldenhaftigkeit, mit welcher in der Regel die Leidenden ihre Martern trugen, und durch die menschlichen

*) Eine vortreffliche Monographie hat Stobbe gegeben: Die Juden in Deutschland während des Mittelalters in politischer, socialer und recht¬ licher Beziehung. Braunschweig 1866. Wir werden auf dieselbe häufig verweisen. deutsche

Leider berücksichtigt er fast) ausschließlich^ süd- und mittel¬ Verhälmifse.

Setso.

unverwüstliche Lebenskraft, mit welcher

Gewaltthat erstrebte, schließlich

sie

das, was blutige

doch immer wieder zu Schan¬

den werden ließen.

Die Verbreitung der Juden in der Mark Brandenburg während des ftüheren Mittelalters anlangend, sind wir auf bloße Vermuthungen angewiesen. Die ersten bezüglichen Nach¬ richten finden sich im 13. Jahrhundert; sie waren damals

in der Altmark

schon ziemlich zahlreich vorhanden und an¬

sehnlich begütert.

Ihre Geschichte ist noch zu schreiben und die Zeit dafür nicht gekommen. Vorher muß der Urkundenschatz unserer Heimat in einer ihrer Bedeutung für die Entwickelung unseres Gesammtvaterlandes und der Würde der Wissenschaft entspre¬ chenden Weise gesammelt sein. Andere Provinzen sind uns weit voraus geeilt, und es bedarf der angestrengten Arbeit aller Beteiligten — denn daß eines Einzelnen Kraft dazu nicht ausreicht, lehrt das Riedel'sche Werk — ehe wir das, was anderwärts geleistet ist, erreichen. Leider scheint die Ge¬ legenheit dazu jetzt nicht günstig; die Gründe müssen an dieser Stelle unerörtert bleiben. Die einzig bemerkenswerthe Monographie auf diesem Ge¬ biete, A. B. Königs anonym erschienenen „Annalen der Juden

22

in den preußischen Staaten, besonders in der Mark Branden¬ burg" (Berlin 1790), ist daher durchaus lückenhaft; die Zu-

selben

sammenstellung Zimmermann's (Versuch einer historischen Ent¬ wickelung der Märkischen Städteverfassung, Berlin 1837, I.

p. 326—340), welchem das richtige Verständniß für die rechtshistorische Seite der Aufgabe fehlte, krankt an derselben Schwäche; der fleißige Klvden (Ueber die Stellung des Kauf¬ manns während des Mittelalters, besonders im nordöstlichen Deutschland, Programme der Gewerbeschule in Berlin, 1841/1844, l. p. 55—75) berücksichtigt die Mark so gut wie gar nicht und Philippi's Aufsatz (Das Regal des Juden¬ schutzes in der Nenmark und Lausitz während der Jahre von 1324—1415, 4. Jahresbericht und Mittheilungen des histo¬ risch-statistische,: Vereins in Frankfurt a./O. Frankfurt a./O. 1864, p. 10—13) hat keinen Anspruch auf selbständigen Werth. Wir, die ivir es uns zur Aufgabe gestellt haben, die Rechtsverhältnisse der Juden während einer bestimmten, eng umgrenzten Periode in einem Theile der Mark darstellen, müßen uns darauf beschränken, des besseren Verständnisses halber die Gesetzgebung der vorangehenden Zeit, die eine durchaus lokale ist, auf Grund des schon bekannten und neuerdings bekannt gewordenen Materials einleitend voran Soweit die einzelnen Bestimmungen für unser zu schicken. eigentliches Thema von Belang sind, werden wir später auf

Judenordnung in der Mark (für die in siibsidium die knapdes Sachsenspiegels über das Recht der Juden pen Sätze galten) erließen die Markgrafen Otto und Conrad am 4. April 1297 für Stendal (Riedel, eod. diplomat. Brandenb. A. XV., 44. cf. Zimmcrmann, I. 327). Daran schlossen sich verschiedene specielle Verordnungen betreffs des Schlachtens und des Fleischverkaufs durch die Juden: Markgraf Hermanns vom 8. November 1307 für Spandau (Fischbach, diplomatische Geschichte der Stadt und Festung Spandau, 1784, S- 104 — die dort nur im Auszug mitgetheilte Urkunde scheint verloren), Markgraf Johanns vom 25. Juli 1315 für Brandenburg (Riedel, A. IX., 11), der Grafen von Lindow für Reu-Ruppin vom 13. Februar 1323 (I. c. A. IV., 287); die Zinsverordnung der Markgräfin Agnes und des Herzogs Rudolf von Sachsen vom 30. September 1319 für Spandau. (Riedel, A. XL, 25.) erste eigentliche

Zusammenhängendere Notizen, welche der Uebersichtlichkeit haben wir betreffs der Städte Berlin und Cöln, obwohl L. Geiger (Geschichte der wegen hier vereinigt werden sollen,

Juden in Berlin, Berlin 1871, I., Einleitung p. V.) meint, die älteren Nachrichten über die Berliner Judenschast seien noch dürftiger als die aus anderen Städten, lind de>: Zeit¬ raum bis 1671 mit einigen allgemeinen Redensarten auf zwei und einer halben Seite abmacht. Am 15. September 1317 unterstellte Markgraf Waldemar die Juden beider Städte in Delictsfällcn schwererer Art dem Stadtrichrer (Urkundcnbltch zur Berlinischen Chronik, herausgegeben vom Verein für die Geschichte Berlins, 1869, S. 29); feine Witwe Agnes dehnte am 1. Januar 1320 dies auf ge¬ ringere Deliete, Civil- lind Polizeisachen aus (1. c. S. 37), verzichtete auch zugleich rückfichtlich aller Juden, mochten die¬

mit Grundeigenthum

angesessen

sein

Städten alle Juden „cum omni proprietate“ überließ (I. c. Merkwürdig contrastirt damit, daß am 6. Juli 1354 Markgraf Ludwig d. R. der Stadt Cvln erlaubte, sechs Juden „et Judeum magistrum pro erudicione dictorum Judeorum et suorum iiivenum“ aufzunehmen, die ganz so wie seilte übrigen Kammerknechte behaildelt werden sollten (I. c. S. 125). Möglich ist es, daß die inzwischeil in ganz Deutsch¬ land stattgehabte Jlldenverfolgung und der Abfall der Schwesterstädte zlim falschen Waldemar die Verhältnisse so weseiltlich verändert hatte. Denn daß die Juden dainals auch in un¬ serer Hauptstadt viel zu leiden gehabt, lehrt der Umstand, daß schoil ain 7. Septeinber 1336 Rlldolf von Sachsen den Bürgern dafür Verzeihuilg verhieß, daß sie seinen Judeir Smolke „ex civitate Berlin" gefangen gehalten (1. c. S. 70), sowie daß am 4. Januar 1352 Markgraf Ludwig, und ant 2. Januar 1361 fein Bruder Otto erklärten: „alle gesell lebte, di gesellin den Joden, di scholen genzlike ut unsern besten besloten sin, und scbolen sie so lief hebben, oft id nie geschin were (1. c. S. 119, 143). Davon aber, daß 1350 die Berliiter Synagoge den Juden abgenomnlen uild einem Christen verliehen sei (Geiger, b Iw Einleitung S. VI.) ist nichts bekannt. Am 21. Octobcr des¬ selben Jahres überließ allerdings Markgraf Ludwig das Haus, welches der Jude Meyer ftüher in Berlin besessen „sicuti pertinuit et spectat ad synagogam“ nebst den zugehörigen Buden all die in seinem Dienst oft genannten Gebrüder Mörner (Berliiter Urk.-B. S. 113), unter Berlin ist dort aber unzweifelhaft „Nova Berlin", Berlinchen in der Neumark, zu verstcheil. (Klöden, diplomatische Geschichte des Mark¬ grafen Waldemar, IV., 39.) Wie immer haben sich die Judeil indessen bald von der Verfolgung erholt. Am 19. Februar 1363 verpfändeten die Markgrafen Ludwig und Otto sie selbst (d. h. die von ihnen zu zahlenden Abgaben) nebst einem

«int.an

I. Die

den Städten

S. 40).

dieselben an geeigneter Stelle zurückkommen.

selbstverständlich im Allgemeinen und

in

oder nicht, auf alle ihre Rechte, die ihr sonst über dieselben, als ihre Kammerkncchte, zugestanden hatten, lvas Rlldolf von Sachsen am 10. Mai 1323 dahin bestätigte, daß er den

?

,

*

;

I

|

|

Theil der städtischeil Urbede uild deil markgräflichen Mühlen beiden Städten wegen einer Schuldforderung von 1500 Mark Silbers (ca. 64,350 M-), uild bestimmten: „ock so sollen unsere Juden in densülven stedten wohnen in der stede erven und hüsern, und darinne bliven, und die radmanne stillen sie hegen und verdedingen von unsertwegen, glick ere andere bürgere (Berl. Urk.-B- S. 148). — Am 30. Sep¬ tember 1319 verboten Agnes und Rudolf von Sachsen den Berliner Judeil, ungewöhnlich hohe Zinseil zu nehmen, die leichten aus beu schweren Pfennigen auszusuchen, imb eigen¬ mächtig Geld zu prägen (Berl. Urk.-B- S. 35); am 24. Juni

1334 stellten Buffo Schere, Wenitemarus und Petrus Damm aus Markau den Berliner Juden Meyer und Macheus einen Schuldschein über die hohe Summe voil 1066 44 Brandenburgischer Pfennige tutd 8 Schillinge (ca. 27,984 M.) atls. Schließlich ist noch eine Verorditung des Berliner

Magistrats für die Judeil hillsichtlich des Viehkaufs, des Schlachtens und des Fleischverkaufs vom 7. April 1343 (1. c. S. 81), und als Krönung des Ganzen die iit die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts (jedenfalls vor 1391) zu setzende Abfassung des Berliner Schöffenrechts mit seinem manches Merkivürdigc bietenden Abschnitt vom Judenrechte zu erwähnen.

23

I.

II.

Erst unter den Wittelsbachern, welche bei ihrem gigan¬

und der schlesischen Herzöge Bolko

tischen Ringen gegen zahllose Feinde, und in Folge eigener schlechter Wirthschaft sich stets in den drückendsten Finanznöthen

für Schweidnitz lind Glogau aus

sahen, fanden die Juden sorgfältigere gesetzgeberische Berück¬ sichtigung. Freilich scheinen die Markgrafen dabei kein ganz

geltende deutsche sog. Rechtsbuch nach Distiilctionen übergingen und von Ludwig als Muster benutzt wurden. (Das erstere

ehrliches Spiel gespielt zu haben. Es gewinnt den Allschein, als hätten sie die unter dein Schutz der Gesetze schnell sich

steht

resp.

1299,

welche

nnb

den

und Heinrichs

Jahren 1295/1328

in das für die Markgrafschaft Meißen

Wohlstand emporarbeitenden Judencolonien nur darum protegirt, um ihnen zu gelegener Zeit das Erworbene mit

jetzt handlich bei Stobbe S. 305; ebenda S. 295 und 297 sind die Texte der Privilegien Kaiser Friedrichs II. für die Wiener Juden von 1238 uild Herzog Friedrichs für die Juden Oestreichs von 1244 abgedruckt. Die fleißigen

einem Schlage wieder abnehmen zu können.

schlesischen

zu

Gleich der erste der Baiernherzöge, der liebenswürdige,

sie

Gestalt, als sie bis jetzt bei Sommersberg, Silesiacarum rerum scriptores, tom. IIL, vorliegen, zugänglich machen

ritterliche Ludwig d. Ä. beschränkte sich ilicht, wie seine Vor¬ gänger, auf Verordnungeil von eilger lokaler Bedeutuilg, son¬ dern traf bereits — ein Beweis für feine politische Begabung — Anordnungen von größerer Tragweite. Zwar iiahm er noch am 20. Januar 1344 den Havelberger Judeil Meyer iil seinen besonderen Schutz uild erlaubte ben dortigen Juden allgemein, das Fleisch, welches sie nicht gebrauchten, ungehin¬ dert zu verkaufen (Riedel, A. I., 64); auch bestätigte er 1345 (2. und 5. Januar) den Perlebergcr uild Pritzivalker Juden ihre Rechte (l. c. 148, II., 27). Am 24. December 1334 dagegen versicherte er die gesammte Judenschaft eines Theils der Altinark, uild der Priegnitz (in den Städten Arne-

burg,

Scehausen,

Havelberg, Werben, Kiritz und Pritzbesonderen Huld und regelte ihren Gerichts walk) stand (Riedel, A. I., 62); bedeutend wichtiger ist aber das, was er für die Judeil in dein Theil der Mark, welcher am treuesten zu dem ihm voiil Kaiser bestellten Herril hielt, iil der „terra trans Oderam“, der eigentlichen Neumark, that. Nach der allgeineinen Ansicht erließ er am 13. Septein1341 ber ein für die dainalige Zeit ziemlich lunfassendes Privileg, in welchem er die weisen und klugen Leute, alle Juden, seine lieben Kammerknechte im Lande „over Oder“, d. h., wie aus dem uilter demselbeil Fürsteil verfaßten Reuulärkischen Landbuch (v. Raumer, die Neumark Brandenburg im Jahre 1337 oder Markgrafen Ludwigs d. Ä. neumärkisches Landbuch. Berlin 1837. 4° ist seiner Einleitung und Aninerkungen wegen noch immer schätzbar, der Text aber völlig antiquirt durch die neue Ausgabe von Gvllmert: das neu¬ märkische Landbuch Markgraf Ludivigs d. Ä. voin Jahre 1337. Frankfurt a. O. 1862. 8«) hervorgeht, in den Bezirken Bär¬ walde, Königsberg, Schildberg, Lippehne, Soldin, Landsberg, Friedeberg, Arnswalde, Schievelbein, Bernstein, Tütz (in Polen), Kallis, Böthin und Falkenburg, in feinen Frieden nährn und ihre Rechtsverhältnisse in den verschiedenartigsten Beziehungen ordnete. In Wahrheit geschah dies erst in demselben Jahre, in welchein ben bairischen Juden ein ähnliches Privilegium verliehen wurde, am 9. September 1344 in Soldin, so daß diese letztere Urkunde nicht, wie Riedel (A. XXIV, 35) an¬ nimmt, Wiederholung einer drei Jahre vorher gegebenen ist. Die Gründe für unsere Behauptung können wir erst gebeil, weiln wir den Text der Urkuilde mitgetheilt habeil werden. So anerkcilnenswerth diese gesetzgeberische Leistung Ludwigs an sich ist, so steht er damit doch nicht vereinzelt da. In alleil Theilen Deutschlands hatten sich einsichtige Fürsten veranlaßt gesehen, die rechtliche Lage ihrer unentbehrlichen Banquiers den christlichen Mitbürgern gegenüber zu regeln und zu fixiren. Wir besitzen, um von andern Gegendeil zu schweigen, Judenprivilegien Heinrichs des Erlauchten von Meißen von ca. 1265

Historiker würden sich unsern Dank erwerben, wenn die erwähnten wichtigeil Dokumente ihrer Heiinat in besserer

seiner

j

|

|

| :

wollten.) Ludivigs Maßregel blieb nicht ohne Vortheile für seinen Schatz. Demi die neumärkischen Juden unterstützten ihn bald darauf iil Gemeinschaft mit den Juden der Vogteien Stolpe, Jagow, Kiritz, Brandenburg und der Altmark mit einer außerordentlichen Beisteuer voil 600 Fl. (ca. 6000 M.), ivvfür er ihnen zu Spaiidau am 23. Oktober 1345 versicherte, im nächsten Jahre keine außergeivöhnliche Abgabe fordern zu wollen (Riedel, C. I., 25). Die betreffende Urkunde ist nicht im Original, sonderil nur als Registratur in mehreren Copiarien des Geheimeil Staatsarchivs erhalten, welche im Texte die Jllden ilicht erwähnt. Zwei dieser Qlielleii, das copiarium Neomarchicum 1 und das copiarium Marchicuin 4, haben aber die Ueberschrist: „ista forma data est Judeis in advocacia etc.“, während das copiarium Marchicum 1, die Quelle für Gerckeil (cod. diplom. Erandenb. III. 248) Uild Riedel (I. c.) das Wort „Judeis“ ausläßt. Kletke (regesta Neomarcliica S. 165) läßt daher die Summe von allen Einwohnern der genannten Bezirke beigesteliert werden; es ividerspricht dies aber dein sonstigen Gebrauch der Copiarien, welche, da sie als subsidiäre Beweismittel für etivaige Streitigkeiten dienen sollten, auch in den Ueberschriften ganz präcis die Berechtigten oder Verpflichteten zu nennen pflegen. Es ivürde daher auch in diesem Fall eventuell eine entsprechende Formel für das, was Kletke annimmt, gefunden worden sein, ab¬ gesehen davon, daß eine solche Zusammensassung von Adel, Bürgern und Bauern ganz ungewöhnlich iväre. Wenn nun auch das copiarium Marchicum 1 der Zeit nach das frühere und darum nach allgemeinen kritischen Grundsätzen das in erster Linie zu berücksichtigende ist, so muß doch, da es bei genauerer Prüfung sich immerhin nicht als absolut zuverlässig erweist, hier, wo ihm der Wortlaut zweier anderer Hand¬ schriften, von denen uamentlich die jüngere, copiarium Mar¬ chicum 4, mit großer Sorgfalt angefertigt ist, entgegensteht, angenommen werden, daß in ihm eine Flüchtigkeit des Schreibers

vorliegt. Auch in anderen Gegenden der Mark erfreuten

sich

die

Juden damals kräftigen Schutzes. Am 23. April 1349 nahm der Rath von Salzwedel sie in seine besondere Obhut und erließ !

:

i

i

einige Bestimmungen hinsichtlich des prvcessualischeil Verfahrens gegen sie (Riedel A. XIV., 49) und am 26. No¬ vember desselben Jahres befahl der Markgraf der Stadt Spandau, alle in ihr ansässigen Juden zu schützen. Freilich scheint er dabei schon nicht ohne Hintergedanken gehandelt zu haben, denn er fügt höchst charakteristisch hinzu: „quousque id ipsum duximus revocare“ (Riedel A. XI., 309); und in der

24 Neumark muß

es

in der That

schon

vorher zu Mißhclligkeiten

und unvermittelt da, daß man gern zur Ehre der Menschheit an ihrer Richtigkeit zweifeln möchte. Vielleicht birgt das Stadtarchiv in Königsberg noch Quellen, welche nähere Aus¬ kunft über diesen schauerlichen Vorgang, seine eigentliche Ver¬ anlassung und die begleitenden Umstände geben können. (Bei biefer Gelegenheit kann der Wunsch nicht unterdrückt werden,

gekomnien sein, denn wenige Tage später, am 30. November,

in Königsberg (Riedel A. XXIV., 48; die Jahreszahl ist in den Copiarien, deren Schreiber vielleicht ein undeutliches Original vor sich hatten, ganz abnorm geschrieben, aber doch wohl, so wie angegeben, richtig), er wolle den Zorn, welchen er den Juden „trans Oderam“ getragen, vergessen und dankt den Städten, daß sic dieselben in seiner Abwesen¬ heit so wohl vertheidigt. Zu Anfang des folgenden Jahres ging er in seiner Er gestattete am 6. April 1350 Großmuth noch weiter. XXIV., A. (Riedel 50) den ncumärkischen Juden, soviel rechtschaffene Glaubensgenossen, wie sie wollen, bei sich auf¬ erklärte

er

zunehmen, gewährte den Rcuzugezogenen einjährige Abgaben¬ freiheit, sicherte ihnen die bisher genossene Freizügigkeit aufs Reue zu und befahl, daß alle ihre Schuldner ihnen gerecht werden sollten, wie er später (1353) für Oberbaiern kurzweg anordnete, daß alle jüdischen Gläubiger bis zum nächsten Bartholomäustage bezahlt sein müßten (v. Fr eh b erg, beur¬ kundete Geschichte des Herzogs Ludwig von Brandenburg. München 1837. S. 152). Am folgenden Tage bestätigte er

daß die kleineren Städte der Mark, welche gewiß noch manchen

ungehobelten Urkundenschatz bergen, mehr, als bisher geschehen,

|

|

fortgeschritten.) I

sogar mit seinem Bruder Ludwig d. R- das Privileg von 1344, indem er es in lateinischer Sprache und dem Sinne nach völlig identisch, aber in juristisch-sorgfältigerer Redaction wiederholte (copiar. Marcliic. 4. fol. 40 b). Gleich darauf muß aber der vielleicht lange überlegte Schlag erfolgt sein, wobei Grundsätze zur Bethätigung ge¬ langten, deren staatsrechtliche Gültigkeit noch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Markgraf Albrecht anerkannte.

König oder Kayser gekrönet wirdet, mag er den Juden allenthalben im rieh all ir gut nemeu, darzu ir leben, und sie tötten bis auf ein anzal, der lutzel sein soll, zu einer gedeehtnus zu enthalten“, und 1463 (Instruction für die Abgesandten an den König von Böhmen): „so ein römischer konig wirds erkoren oder so er zu keiserlich würde kompt und gekrönt wirdt, das er die Juden alle mag brennen nach altem herkommen, ader gnad beweysen.“ (Spieß, Halle 1783.

I.

p. 127,'128.) Für Baiern befahl der Markgraf, daß sein Bizthum Albrecht von Staudach aller Juden Hab und Gut einziehen solle (v. Freiberg 1. c. p. 151, 152), und Aehnliches muß in der Mark geschehen sein. Denn anders ist es nicht er¬ klärlich, daß er, wie erwähnt, den Gebrüdern Mörner das Haus des Juden Meyer in Bcrlinchen schenken konnte. Im folgenden Jahre ereignete sich dann etwas, was in seiner Entsetzlichkeit einzig in der Mark dasteht. Der markgräfliche Voigt Johannes von Wedel bekundet am 23. Februar 1351 (vigilia Mathie : so Riedel A. XIX. 223 nach dem Original; Kehrberg, Gesch. v. Königsberg N.-M. p. 241 und andere nach ihm haben vigilia Mathei — 20. September), er sei im Namen seines Herrn in Königsberg eingeritten, habe die Juden daselbst verbrannt und sich für den Markgrafen (nicht für sich, wie Philippi, S. 12 sagt) aller ihrer Güter bemächtigt. Dies ist die einzige positive Kunde, welche wir über die Juden¬ verfolgung in der Mark während des 14. Jahrhunderts haben, und

sie

steht rückwärts

und vorwärts

so

zusammenhanglos

Bald aber scheint wieder ein ntilderer Wiitd geweht zu Wie Ludwig am 22. Juli 1352 (v. Freiberg 1. c. S- 152) „um des gebrechens wegen, das im lande gewesen um geld seit der zeit als die Juden verderbt sind“ befahl, die zuziehenden Juden uitter Zusicheruitg aller möglicheit Rechte aufzunehmen, so irahm er, als er sich ant 4. Jaituar desselbeit Jahres mit den Städteit Berliit -und Cölit wegeit des falschen Waldemar versöhnte, bereits wieder so sehr die Jnteresseit feiner Kammerknechte war, daß er sich dttrch die ihneit bei der großeit Verfolguttg von ben Bürgern zugefügte Unbill perhaben.

nunmehr aber iit Gnaden erklärte, Alles solle vergesseit sein (vergl. oben), ähnlich tvic sein Bruder Otto am 22. März 1360. der Stadt Stendal versicherte: „al geschichte, die vor disser tyd mit den Joden gesehen sin, die scolen altumale dot sin, und scoleu vorbat mer ungevordert und ungericht bliven (Riedel Ä. XV., 152). In diese Zeit würde eine Wiederholung des früheren Judenprivilegs voit 1344, oder vieltnehr eilte Ausdehnung desselben auf die gattze Mark zu setzen sein, weitit deren Existenz Kurfürst Friedrich I. transsumirte an¬ authentisch wäre. scheinend am 17. November 1420 (Riedel C. I. 177) eine Urkunde Ludwigs d. R-, in welcher derselbe „alle Juden in der ganczen marcke czu Brandenburg, unszre lieben kammerknechte“ in feinen Frieden aufnimmt, und ihnen alle die Rechte gewährt, welche ttach dem Privileg vott 1344 die Leider ist das Datum der Neumärkischen Juden besaßen. mit aufgenommen; der Text ist nicht transsumirten Urkunde indessen, sogar in Kleinigkeiten, mit dem im copiarium Marchicum 1 und der gleich zu erwähtteitden Confirmation des Mark¬ grafen Otto übereinstimmend. Nur ist eilte ©laufet, welche die Letztere am Schluß hinzufügt, mit in das Gefüge der Urktutde hitteingezogeit, eine aus den Schlesischen Privilegien stammende Bestimmttng über Zollfreiheit und über Sachen, welche nicht als Pfänder geitommen werden sollen, neu auf¬ genommen und die Competenz des Stadtrichters über die Juden in einer weiter unten zu erörternden Weise modificirt. Diese kleinen Abweichungen ließeit es allerdiitgs möglich erscheitten, daß die Urkunde von der aus den Jahren 1344/1350 ver¬ schiedet wäre. Andererseits ist es doch aber auffalleitd, daß von dem so wichtigen Originaldokument in unsern verhältnis¬ mäßig reichen Copiarieit sich Nichts erhalten habet sollte. Dazu kommt noch, daß Friedrich EL am 30. Dezember 1440 söitlich gekräitkt ansah,

Derselbe erklärte 1462 (Instruction für seine Abgesandten an die Judenschaft im Reich): „ denn so ein yeder Römischer

archivische Nebenarbeiten und Nachrichten.

von den liberalen Depositivnsbediitgungen des Staatsarchivs Gebrauch utachen möchten. Es soll iticht geleugnet werden, daß sich Manches gegen eine solche Neutralisation einwenden läßt, der eine Gesichtspunkt bleibt aber vor allein ntaßgcbend, daß nur so eine gründliche wiffenschaftlichc Bearbeituitg er¬ möglicht und die Inangriffnahme des so nothwendigen neuen codex diplomaticus Brandenburgensis näher gerückt wird. Auch in dieser Beziehung ist man in andern Provinzen weiter

|

(Riedel 6. L 240)

Hochdeutsche

stehende

(C), welches ganz ins

seiner Behauptung nach die in Rede Confirmation seines Vaters transsumirte, seinerseits

aber wieder in der vorgeblichen Urkunde Ludwig d. R- eine nicht unwesentliche Aenderung vornahm, woraus jedenfalls die

Möglichkeit einleuchtet, daß auch Friedrich I. sich nicht streng an den Inhalt der zu transsumirenden Urkunde gehalten habe (Klöden, I. c. S- 61, Anm. 1 kennt nur diese beiden angeblichen Transsumte; das Friedrichs II. datirt er nach Zimmermann l. c. II. S. 177 fälschlich 1441. Die Ur¬ kunde hat: „gehen ezu Berlin 1441, Freitag nach dem hl. Christ“, d. h. da man damals in der Mark das Jahr allgemein mit dem 25. Dezember begann, am 30 Dezember 1440 heutiger Zeitrechnung). Unserer Ansicht nach lagen Friedrich I. nur das bekannte Privileg von 1344 und dessen Bestätigung von 1350 resp. 1367 vor. Deren erstere beginnt: „Nos Ludovicus et Ludovicus Romanus“; diese änderte er dem Bedürfniß gemäß, behielt aber aus naheliegenden Gründen die Form des Transsumtes bei, so daß von einer selbständigen Urkunde Ludwigs d. R. dieses Inhalts nicht

!

die Rede ist.

Bestätigt wird dies dadurch, daß am 5. April 1367 Otto nicht das angebliche allgemeine Privileg Lud¬ wigs d- R-, neben dem es eines Specialprivilegs desselben Inhalts für die Neumark garnicht bedurfte, mit ihren einestheils den Juden günstigeren, andcrcntheils aber für den Mark¬ grafen, hinsichtlich der Gerichtsgebührcn, vortheilhastercn Be¬ stimmungen, sondern eben das enger umgrenzte transsumirte. Auch für dieses letztere Transsumt hat Riedel (A. XXIV. 68) ein falsches Darum: 11. März 1364. Er hat nämlich keins der Copiarien selbst, sondern nur eine neuere Abschrift, wahrscheinlich von copiariumNeomarchicum 1, benutzt. Letzteres aber, welches ursprünglich 1362 las, hat in der Jahreszahl eine Rasur und Correktur, welche bei sehr flüchtigem Lesen wie 1364 erscheint. Blickt man aber genauer hin, so kann man gar keinen Zweifel an dein von uns gegebenen Datunr hegen, welches zum Ueberfluß noch durch die vollkoinmen klare und deutliche Datiruug im copiarium Marchicum 4 bestätigt

Markgraf

bokennen und botugen, dat wi de wisen bescheiden ) lüde, alle Juden over der 2) Oder 3), use leven kamerknechte, hebben genamen in unsen frede unde boscherminge, unde 1

hebben en 4) de gnade 5) gedan, unde don en sunder;

’) wisen bescheiden fehlt E. — A. — 3) over der Oder; in der ganczen marcke czu Brandenburg. E. — 4 ) en ouch D. E. — S) gnaden; B. — c) gelegen¬ heit B.E.gelthinheit A. ghelenicheit. D. — 7) jegenwordigen f. D.

Rach diesem geschichtlichen Ueberblick wenden »vir uns zu Ludwigs d. Ä. Privileg und

§. 1. Se mögen fleis und ander spise mogeliken kopen to erer notdorft, wen se wil¬ len, de en 1) boquem sin. Welke spise edder fleis en nicht boqueme si 2), de §e 3 ) gekopt hebben unde nicht eten mögen, de mögen se wedder vorkopen ane rede und ane 4) schult. *) en B. in C. em A. ym D. —

einer Betrachtung des durch

die Fortbildungen desselben geschaffenen Rechtszustandes. Ehe dies aber geschieht, müssen wir den deutschen und lateinischen

Text des Privilegs mittheilen. Was den letzteren anlangt, so ist er, abgesehen davon, daß er noch nicht bekannt gemacht worden, durch seine ausführlichere, juristisch-präcisere Fassung für das Verständnis der deutschen Redaction nothwendig, so daß sich sein Abdruck dadurch von selbst rechtfertigt. Von Ersterem liegen zwei Recensionen

in schlechtem Abdruck bei vor, ihn hier in kritisch möglichst hergestellter Form, unter Mttheilung der nöthigen Lesarten, und in einer von den Willkürlichkeiten mittelalterlicher ziehen es daher

! ) si: ist C. '— 3 de se; die si ) B. D. dat. A. des si. C. — 4) ane B. C. ane alle. D. f. A.

Canzlisten gereinigten Schreibung zu geben. Benutzt sind die drei Copiarien des Geheimen Staatsarchivs, copiarium Neo-

marchicum Marchicum

1

(A),

welches zwar an

1 nachsteht,

Alter dem copiarium

aber, was wesentlich ist, einen rein

niederdeutschen Text hat; copiarium Marchicum 1 (Z), welches der Urkunde etwa gleichzeitig ist, und gute Lesarten Hat, aber

like gelegenheit 6) in dissem jegenwordigen 7) bris, als hirna geschreven steit. ") der; B. C. s.

II.

Wir

Hochdeutsche umgeschrieben ist, aber in Folge seiner sorgfältigen, alle andern übertreffenden Redaction, für die Controlle willkommene Gelegenheit bietet. Zur Ver¬ gleichung wurde noch die Bestätigung Ottos vom Jahre 1367 (v) in der Form von A herangezogen; Varianten aus C sind mit D a bezeichnet. Die abweichenden Lesarten und Zusätze (welche in eckigen Klammern in den Text eingerückt sind) der Privilegien Friedrichs I. und Friedrichs II. haben die Zeichen F und F, doch ist da, wo beide übereinstimmen, nur auf F Rücksicht genommen worden. Wo im Text der lateini¬ schen Urkunde (die nur in C enthalten ist) Ergänzungen noth¬ wendig waren, sind dieselben eingeklammert; auf der Hand liegende Schreibfehler sind verbessert, der Wortlaut der Hand¬ schrift aber am Ende jedes Paragraphen vermerkt. Nos Ludovicus et Ludo¬ vicus Romanus etc. recognoscimus etc. quod vidimus et audivimus litteras et privilegium infrascripti tenoris non cancellatas nee in aliqua sui parte viciatas, cuius tenor

W ir Ludwig

wird.

Riedel vor.

Formen einmischt, und copiarium Marchicum 4

|

[§. la. Ouch bevele wir dieselben allen unszern ste¬ ten , rathmannen, wercken und gemeinden und allen richtern, dor inne wonen Juden odir nicht, über die

sequitur in hec verba: Nos Ludovicus etc. recognoscimus, quod omnes et singulos Judeos utriusque sexus, camere nostre famulos et aucillas, in terra nostra trans Oderam constitutos nobis sincere dilectos et dilectas, presentes et futuros, ad nostras tuicionis (et) defensionis gracias recepimus speciales, dantes et concedentes ipsis graciam presen¬ tem et privilegia infrascripta.

§. 1. Inprimis quod ubique in civitatibus et villis dicte terre nostre carnes cuius-

cunque speciei et cibos alios quoscunque legi eorum non contraria titulo empcionis comparare et emere possunt licite et libere ad necessitates ipsorum et ipsarum, quaudocunque ipsis videbitur expedire. Si vero predictis carnibus et cibis uti vel frui non possunt lege ipsorum contrariante, dictas cames et cibos vendere possunt ubique et pro libito voluntatis sine qualibet pena et quorumlibet impedimento.

26

marcke czu Bran¬ denburg, das sie die verbe¬ gen, vertedingen und be¬ schirmen vor alle unrechte zuspräche und ungelympfe, das sie von czolle odir vor den thoren der stete anders nicht geben stillen, wenn als andere Cristenleuthe, wen sie usz oder in wandern, oder wo in derczu gebracht wurde. E.]. §. 2. Ok schal kein schulte up den dorpern ]) over se richten umme keinerlei schult 2), ane umme 3) schinbar dat 4 ), men 3) he mach se wol unde schal se bringen vor den l ichter der stat, dar se in ne geseten sin 3 ).

gancze

') up dem dorffe. D. uff dem dorffe odir in unsirn steten. E. — 2 ) schult, dar keine Juden wonen. E. — 3 ) an umme. B. D. ane we. A. noch ummb scheynbar tat sol niemand obir sie richten, wenn wir, oder weme wirs muntliohen schrei¬ ben und heissen, sunder er sol kommen mit in vor den richter der stad, da sie inne gesessen sein, der sal obir sie richten, und ummb alle Sachen, ane ummb scheynbare tat. E. — 4) das. C. — °) wenne. B. C. dann D. — c ) men — sin. f. E.

Weret, dat de se 1) nicht richten wol de, so schu¬ len se 2) mit den, de do 3) gebrokeu hebben, kamen vor uns edder vor unsen vaget. 4) §. 3.

— -') sollen >) sy D. f. A. B. C. he B. sal er. D. — 3) do. B. D. f. A. C. — 4 ) weret—vaget f.

ok ede don schulen, de schal gan mit en vor ere schule, edder vor ere husere; dar schulen se ere 2) buk bringen, und nicht vorder, unde schulen en dar recht 3) don, unde schulen ere buk nicht vorder drageu. 4)

Wem 1)

§. 4.

se

Wem. B. E. wen. A. wenne. — 3) en dar: -) das. D. do eyn I) :i — 4 ) dar scholen—dra¬ geu; da sullen sie das recht thun uff Moyses buch in der masze, als sie phiegen czu gehen in ire schule und anders nicht, und sweren, als ire gewonheit ist und ir recht, als das in got so helfe und Nie ee, die in got gab uff' dem berge czu Synay; do sol man nichts mer *)

I). —

-

intragen und do sol noch richter noch schophe fürder nichts obir theilen. E. —

menta, sicut per iusticiam sunt astricti. ') cohertentur.

H. 5.

Ok welk pant

se

sole adhuc clarescente, de¬ bent ab eis redimi, sicut racionabile est, nec ob hoc

§. 6.

bi

Welk pant se nemen mit 1) witschap

nechte

erer neiber baven 3) unde nedden, de schalme en losen ane ansprake. a — -) obin E. — *) und. D -

3

) en: V. f. A. B. C. E.

') quacunque. — 2) tractis.

§.3. Et

deis predictis ad hoc per iusticiam coartentur, 1) quod oporteat ipsos prestare iuramenta, quibus ostendunt, se esse innoxios et non culpabiles illorum negociorum vel causarum, pro quibus in iu¬ dicium sunt vocati, iudex cause et actor debent cum predicto Judeo vel Judeis ire ante scolas Judeorum, inquibus est über repositus Moysi, quem corporaliter langet vel tangent ibidem, nec über ad alia loca portetur, ibique prestent iura-

Ok mag

se

kein

man boschuldegen umme be¬ lichte ; wen mit getuchnisse zwier Cristenen bederver 2) lüde unde zwier Juden; mach men 3) des nicht gedon, so mögen se darvan kamen mit ereme rechte. 4) *) liticht. A. C. bytich. B. ge¬

ruckte. D. brache E. intzicht, Bairisch. Privil. v. 1344. — 2 bedder. A. bedever. B. bedde) wer. C. beyder. D. bederwer Da¬ frommer. E. — 3) men obir. D. — 4 ) mit ireu rechten. E.

I.

|

[§. 7a. Wers ouch, das ein Jude eyn es Cristen phand hette vor sein gelt, der dacz von dem Juden heischethe und spreche, er hette in beczalt, des sol der Jude nehir sein czu behalden mit seinem rechte wen der Cri¬ sten. E.] §. 8. Ok schal se kein pape laden edder boschul¬ degen umme werltlike 1) sake, ane 2) vor dem richter der stat, darse inne wanen, edder

a

quibuscunque

debent ab aliquo molestari. Si vero in dubium verteretur, (an) antedicta pignora in die vel nocte recepissent, id cum iuramento eorum, sicut iuris et moris est, debent wtique confirmare.

§. 6. Sed si receperint ) aliqua pignora in noctis tenebris, ad hanc recepcionem vocare debent vicinos de domibus ipsorum ex utraque parle ipsis contiguos, cum quibus hoc possunt probare. Ex tune dicta pignora ab eis debent redimi secundum stilum et modum in terra nostra predicta hactenus observatum. 1

*)

§. 7.

') iusticia comite. — 2) debes. §. 4. Si qui vero de Ju-

Item pignora que

dar schal se nemant umme anspreken; de schalme losen. Woldeme en des nichtloven, 3) dat se it 4 ) binnen 5) sunnenschin 6) edder bi dage hedden genamen, 7) dat schulen se beholden mit 8) erem rechte. Hinzu ;

si dicti Indices contra ipsos et ipsas iusticie tramite 1) procedere denegarent, ex tune cum hiis, qui iniuriam vel violenciam fecerint, venire tenentur ad presencias nostras vel uostrorum officiatorum, ubi utraquepars debet 2) iuris sentencias expectare, parendo et obediendo predictis.

5.

recipiunt

') bynnen. O. — 2) E setzt odir bey tage, one das czur kirehen gehört. F; odir bey tage betten genomen. — 3) geloveu B. geloben D. glowbenn E. — 4 ) si it B. sies. E. sze. A. — 5) bi. B. bey. E. — 6) f. A. — 7J dar schal —genamen f. F. — 8) umb. E. mit. F. —

§. 2. Item non debent conveniri pro aliquibus debitis ex quibuscunque 1) causis et trahi 2) coram prefectis et iudicibus in villis terre predicte constitutis vel co¬ ram eis ad iudicium evocari, exceptis causis iniuriarum et violenciarum per ipsos notorie perpetratis, sed possunt licite dicti prefecti et Indices predictos Judeos et Judeas trahere et dueere ad presenciam iudicum harum civitatumin quibus habitant, et in quibus habere domicilia dinoseuntur.

§.

bi 1) sunnenschine nemen, 2)

receperit.

§. 7. Ceterum vero (non) debent conveniri coram nobis vel nostris iudicibus pro aliquibus violenciis, causis vel culpis, nisi is, qui eos trahit ad iudicium et in causis, possit id probare, pro quo ipsos conveniet, per duos viros idoneos Cristianos et duos Judeos bone fame et opinionis. Si se¬ cundum modum predictum intencionem suam probare actor non poterit, reus Judeus vel Judei rei ipsum per delacionem iuramenti evadent seu evadet; quod iuramentum facient vel ladet sicut ipsum facere consueve-

runt.

§. 8. Nec per personas ecclesiasticas trahi debent ad iudicium ecclesiasticum pro aliquibus causis prophanis et non ecclesiasticis.

-

-, vor uns, edder vor unsen vogede. ') werltlike. B. wertlike. v. weltliche. E. withlike. A. — 3

) danne.

D. wen. E.

§. 9. Se mögen ok nemen vor ere schulde perde, gewant, edder körn, unde mog^n dat vorkopen, wen 1) se

willen, unde scholen uns

dar vor 2) kein schot geven oste plege.

Wolde

se

je-

mant darumine 3) boschuldegen unde nicht loven, dat en die perde, gewant edder kom vor ere schulde angekamen were, dat mögen se beholden mit ereme rechte; 4) dat 5) schalme en loven.

’) weme B. E. — 2J dar umme. C. I). E. — 3 ) umme. B. C. I). E. vor. A. — 4 ) mit ereme rechte r>. E. f. A. B. C. — 5) des. D. E. —

[§. 9 a. Ouch sullen unser stede sie vorheigen vor aller-

mennlich und vor allerlei unrichte gewalt bis au uns. D. f. A. B. C. E. — Darüber haben wir gnediglicheu an¬ gesehen, das sie uns alczeit willig und uudertenig sein, und ouch ir swachheit und armut, das unser Judischeit fast nederfellig worden ist, darum!) sullen sie hinfurder mer von nymandt mit keiner unpflicht noch mit keinen reuten noch goben beswert werden, ausgenommen was sie uns czu unnszer kammer und czu unsern Sachen ge¬ ben, des wollen wir unverdingt von in sein und bleiben. Es sullen auch alle richter, geistlich und wörtlich in der margk czu Brandenburg den genanten unsern Juden richten und rechts hellten über wucher sowol als über haubtgut on geverde. F. f. A. B. C. D. E.] In cuius etc. Testes: Wolfstein. Bortvelth. de Osth, milites. 1) Hasso se¬ nior. rydder B, — 2) senior Hasso Wedel, B.

de t)

Nam ipsos potent, si velit, convenire in predictis causis coram iudice civili loci, in quibus mansionem Judei habere continuam dinoscuntur, vel coram nobis aut nostris officiatis. §. 9. Postremo pro debitis ipsorum possunt licite recipere equos, pannos, vel annonam, et illos et eam vendere, quandocunque ipsis placueritpro libito voluntatis, nec propter hoc nobis ad aliquam exaccionem aliam restringentur preter illam, in qua nobis aunuatim de iure et antiquitus sunt obli¬ gat!. Si vero inculparentur vel denunciarentur apud aliquem, quod res predictas pro suis debitis minime recepissent, id confirmare possunt propriis iuramentis, quod eas in recompensam debitorum suorum utique receperunt. Quibus prestitis pro predicta causa non debent vexari ulterius quovismodo.

27

Datum Soldin anno do-

mini M° CCC° XEIIII° >) feria 5 a post nativitatem glo¬ riose virginis Marie. 3)

') predicto. B. — 2) beste. B. 3 ) In cuius etc. Testes — Marie f. E.



>

firmiter et di stricte omnibus et singnlis advocatis nostris, militibus, militaribus, consulibus civitatum dicte terre, civibus et villanis, presentibus et futuris, ne dicta nostra privilegia infringere ausu temerario presumant, nostre gracic sub obtentu. In cuius etc. Testes: Bombrecht. Thelo. Hager. Leugfeld. Datum, Frankenvord, anno L° feria quarta post quasimodogeniti.

:

(Fortsetzung folgt.) ;

Die Artillerie unserer Vorfahren. (Schluß.)

Anfangs gefiel inan

sich

darin, den

Geschützen Wunder- -

liche Namen zu geben; da hatte man Drachen, fliegende Drachen, Basilisken, Greife, Falken, Sperber,-Löwen, wilde Sauen, Schlangen und anderes Gethier; inan batte ferner, nach der Wirkung: Mauerbrecher und Mauerstürzer; nach dem Sausen der Kugel aber: Pfeifer, Nachtigallen, Sängerinnen, und be¬ sonders häufig Aufwecker; nach der Unbeholfenheit des Ge¬ schützes: Metzen, Scharfmetzen, faule Metzen und faule —. Späterhin theilte man alles Geschütz in drei Klassen, nämlich in das Schlangengeschlecht, wozu Drachen, Basiliske und Greife, Falken, Falkopets lind alle nach Ranbthieren benaniiten Kanonen gehörten; dann das Karthaunengeschlecht, zu dem man Mauerbrecher, Stürzer, Pfeifer, Metzen und Kröten rechnete; und in das Wurfgeschütz, das aus Steinbüchsen, Feuerbüchsen, Feuerböllern und Böllern (Mörsern) bestand. Bei dieser Eintheilung war die Gestalt und die Länge des Rohrs, nicht die Dicke der Kugel inaßgebend. Die Böller sind 1508 in Herzogenbufch erfunden worden. Die Schlangen ivaren bis zu 25 Fuß lang, das Wurfgeschütz war kurz, etiva 4 Fuß lang.

In

Deutschland hatte man unter Karl V. (1519—56) folgende Arten von Geschützen, die auf Laffeten lagen und

mit Rädern

In. cuius etc. Quas siquidem litteras ratificamus, approbamus et eas ex certa seientia nostra et consiliariorum nostrorumpresentibus confirmamus, mandautes

versehen waren: 1) die scharfe Metze, schoß eine lOOpfündige eiserne Kugel; 2) der Basilisk, 70pfünder; 3) die Nachtigall oder Sängerin, 50pfünder; 4) die Viertel¬ büchse, 25pfünder; 5) die Nothschlange, löpfünder; 6) die gemeine Schlange, 8pfünder; 7) die halbe Schlange, 4pfünder ; 8) das Falkonet, 2pfünder (bleierne Kugel); 9).die Serpentinbüchse, y2 pfünder ebenfalls bleierne Kugel. Außerdem hatten wir Doppelhaken-, Haken- und halbe Hakenbüchsen, Handröhren, Handbüchsen und Pirschbüchsen. Die zu diesen gebrauchten Kugeln waren von Blei und wogen in der angeführten Reihenfolge 8, 4, 3, 2 y2 , 1% Loth. Die Doppelhaken hatten an beiden Seiten des Rohres einen kurzen Haken, der die Stelle der Schildzapfen vertrat; man legte diese Haken auf ein Ge¬ stell, das der Bock hieß, wenn man feuern wollte. Ein kräftiger Mann verinochte sie zu heben. Die Haken ober

28 Hakenbüchsen hatten

nur einen Haken, mittels

einen: dreibeinigen Gestell, das oben festgehalten

wurden.

in

dessen sie

mit desto größerer Gewalt ihren umher. Außerdem hatte man Handgranaten oder Grenaden, deren Zünder auch in der bloßen Hand angesteckt, und die dann unter den Feind geworfen wurden, was eben so viel Muth, wie Geschicklichkeit erforderte. Die Soldaten, welche dies thaten, nannte man Grenadiere, ein Name, der sich später auf alle ausgesuchte Infanterie übertrug. — Aus Geschützen, nämlich aus Feuerbüchsen und Böllern, warf man Feuerballen, Grenaden und zuletzt Bomben. Die Feuerballen je fester sie gemacht waren,

aus

Inhalt

eine Gabel auslief,

Damit der hintere Theil

beim Schusse nicht niedergehen konnte,

des Rohres ging vom Gestell ein

eiserner Arm erst wagcrecht, dann aber senkrecht in die Höhe und diente dem Rohre hinten als Ruhepunkt. Zum Gebrauch der Handröhren, Hand- und Pirschbüchsen bediente man sich einer Stange, die in die Erde gestoßen wurde und oben eine zweizackige Gabel hatte, auf welche das Vorderthcil des Rohres gelegt ward, während das Hintertheil an die Schulter gedrückt wurde. Aus den Hakenbüchsen, die mit Lunten abgefeuert wurden, deren Schlösser 3 517 zu Nürnberg er¬ funden worden waren, entstanden schließlich die Musketen, die anfangs mit einem Feuerstein, der Funken schlug, das Pulver aus der Pfanne entzündeten, so daß der Schuß lvsging.

Ein sonderbares

Geschütz

waren runde oder ovale Brandkugeln von starkem Leinenzeug, mit Pech, Harz, Schwefel, Salpeter und Feinpulver gestil^, mit fingerdicken Schnüren umstrickt und mit Pech „getauft", d. h. überzogen; in die Zwischenräume der Schnurmaschen preßte man Mordschläge,::»: das Löschen gefährlich.zu machen. Man verfertigte auch Kugeln von zähen: Holz auf dieselbe Art oder n:an setzte auf die flache Seite einer steinernen Halb¬

war die „lederne Kanone",

welche von den Schweden eine Zeit lang während des 30jährigen Krieges gebraucht wurde. Der Erfinder derselben soll der deutsche Baron Wurmbrand gewesen sein, der den österreichischen Dienst verließ und in die schwedische Armee trat. Diese angeblich lederne Kanone war folgendermaßen zusammengesetzt: das Rohr war ein kupferner Cylinder, dessen Wände nur ein Drittel der Dicke der Kugel und 16 Kugeldurchmesser Länge hatten. Der Boden oder hintere Theil wurde in diesen Cylinder eingeschraubt, dann das Rohr in kleinen Abständen mit eisernen Ringen belegt, hierauf der Raum zwischen diesen Ringen mit einem herumgewundenen stark angespannten Seile ausgefüllt und das Ganze mit Kitt überzogen, worauf abermals ein straff angezogenes Seil her¬ umgewunden wurde. Ueber dieses kam wieder Kitt und so dauerte das Umwinden und Bekitten so lange fort, bis die Dicke der Kanonenwände am Boden dem vollen Durchmesser der Kugel und der übrige Theil dreiviertcln dieses Durch¬ Das Zündloch wurde hinten in den Boden messers gleichkam. Nachdem alles dies geschehen, überzog man die geschraubt. Kanone mit Leder, um ihr eine gleichmäßige und glatte Ober¬ Dies Geschütz war sehr leicht, schoß aber fläche zu geben. schlecht und nicht weit, erhitzte sich auch nach 10—12 Schuß derartig, daß man es erst wieder abkühlen mußteDer Aufschwung der Feuerwerkerei rührt erst aus der Neuzeit her, seitdem man in der Chemie erfahrener ist. In der alten Zeit hatte man zweierlei Kunstfeuer, solches, das aus Feuerbüchsen und Böllern, und anderes, das mit der bloßen Hand geworfen wurde- Zum letzteren gehörten Feuer¬ lanzen, Sturmtöpfe, Sturmkränze oder Pechringe. Die Sturm¬ töpfe waren irdene mit Brandzeug gestillte Krüge, welche man unter die Stürmenden warf; die Feuerlanzen waren eiserne Röhren mit raketenartigcr Füllung, oft auch mit Mordschlägen versehen, die man an einer Stange befestigte. Die Sturm¬ kränze unterschieden sich wesentlich von den damals nnd noch jetzt gebräuchlichen Pechkränzen, die weiter nichts als pechgetränkte kranzförmig zusammengelegte Stricke sind, während jene aus einem langen mit Brandzeug gefüllten Sack bestan¬ den, der außerdem eine Menge Mordschläge enthielt und an einem Reifen beim Sturm unter die Feinde geworfen wurde. Die Mordschläge waren entweder kleine, viereckig geschmiedete Röhrenstücke aus Eisen, oder aus zähen: Leder fest zusammen¬ genähte Bälle, die mit Feinpulver und einigen Kugeln gefüllt waren. Sie platzten vermöge eines Zünders und schleuderte::,

kugel ein halbkugelförmig zusainmengebogenes Gerippe eiserner

Stäbe, mit starken: Draht aufgeflochten, welches mit Brand¬ zeug gefüllt wurde. Die Grenaden sind schon in einen: 1558 von: deutschen Feldobersten Frnndsberg herausgegebenen Buche genau beschrieben, aber nicht bei ihrem Namen genannt worden. Die Bomben wurden aber erst am Ende des 16. Jahrhunderts bekannt, indem sie ein Bürger von Venlo um jene Zeit er¬ funden haben soll. Die Sache wird folgendermaßen berichtet: Ein Bürger der genannten Stadt, der sich viel mit Artillerie und Feuerwerkerei beschäftigte, erfand die Bomben nnd bald darauf kan: der Herzog von Cleve, unter dessen Botmäßig¬ keit Venlo stand, dorthin. Die Bürger empfingen ihn mit großer Pracht und vielen Festen und baten schließlich, stolz auf die Erfindung und Geschicklichkeit ihres sinnreichen Mitbürgers, die erste Probe mit dieser eisernen „Mine" in seiner Gegenwart machen zu dürfen, wozu der hohe Herr natürlich gleich bereit war. Leider gerieth diese Probe besser, als man gewünscht hatte, denn die Bombe fiel in ein Haus und setzte es in Flammen, die sich so schnell über die ganze Stadt ver¬ breiteten, daß bald zwei Drittel derselben in Asche lagen. Ein erprobtes Kunstiverk konnte nicht verfehlen, den Beifall aller Städtcbestürmer zu erwerben, deshalb sah inan schon in: Herbst 1588 den Grafen von Mansfeld die von Morästen umgebene Stadt Wachtendonk bombardiren und in Folge so

dessen

einnehmen.

Die Anwendung von Minen und Petarden oder Sprengsäcken ist so alt wie die Erfindung des Pulvers, ja sie ver¬ liert sich sogar in das Sagenhafte, denn Pfalzgraf Heinrich bei Rhein soll schon in: Jahre 1200 die Mauern der Burg von Tyrus in Syrien mittels Pulver gesprengt, und die Bergleute im Harze sollen gar vor dem Jahre 1200 im Rammelsberge bei Goslar Pulver zur Sprengung des Gesteins verwendet haben.

i



29

Ländlicher Hausbau und Giebelschmuck. Mittheilung

Karl Lulic in Greifswald.

des Lehrers

[51

Wohn- und Wirthschaftshans des Ackerbürgers W. Farmer zu Greifswald. — Fette Borstadt.

S^Fufs. ungefiilir.

I

Wusch";

Stall.

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Flur. Pferde-

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*

Stall.

a Fette Vorstadt.

Giebel links.

Fleischer-Vorstadt.

Unktr Uiebel rechter Hölzerne Giebelspitzen an Wohn- und Wirthschaftsgebäuden mit Strohbedachung, auf den Vorstädten zu Greifswald.

1877.

Mühlen-Varstadt.

V ;*fe



neues ,

rappedocn

abcdef

H|

tglic

Die Buchstaben des Grundrisses bezeichnen den ursprünglichen Umfang des Gebäudes. Die Abseite wie diese am Deckbalken der Tenne-Hinterthür befindliche Jahrzahl und die Beobachtungen des jetzigen Besitzers andeuten. Zeit des ursprünglichen Baues deutende Jahrzahl ist nirgend zu finden. Die Thüren x v sind erst von dem jetzigen Besitzer angelegt.

ist 1836 angebaut, Eine andere, auf die

i

Der berühmte Germanist, Or. Karl Müllenhofs machte in Kiel, Ende Oktober 1845, auf die Bedeutung der Aus¬ stattung unserer ländlichen Häuser und ihrer Giebelzeichen in dem Nachtrage zu seiner ausgezeichneten (Sammlung von Sagen, Märchen und Liedern der Herzogthümer Schleswig-Holstein und Lauenburg (Kiel, Schwerssche Buchhandlung) aufmerk¬

Daß der Hausbau und der Giebelschmuck allmählig an manchen Orten durch städtisches Wesen und städtische Mode beein¬ flußt ist, kann nicht verkannt werden, andrerseits sind in der Einsam*).

;

*) Müllenhof weist S. XX.I. darauf hin, daß die Pferdeköpfe auf dem altsächsischen Strohdach, welches den Titelumschlag seines Buchs schmückt, von dem Steinzeichner allzu steckenpferdartig zugestutzt

30

So Wold

Achtung bcr Bauernhäuser und der Verzierung der Giebel doch vielfach auch, gerade wie in den Sagen, Märchen, Liedern, Sitten und Gebräuchen, uralte Ueberlieferungen, welche bis in die heidnische Zeit zurück weisen, enthalten und erhalten; es ist somit recht eigentlich mit eine Ausgabe der Alterthumsforschung, hier der Urväter Weise und Uebung herauszufinden

Hof

seine

unterthcnigcr Georg

Scholle." D.

Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Berlins. Am Sonnabend, den 18. Januar, legte Herr Stadtrath E. Friede! den im Deutschen Dom Versammelten einige Guckkasten¬ bilder mit Altsichten von Berlin aus dem vorigen Jahrhundert vor. Ferner einen Steindruck, welcher im Aufträge des Kunsthändlers Lepke im Jahre 1849 angefertigt war, darstellend die Audienz, die unser jetziger Kaiser nach seiner Rückkehr am 3. Januar 1849 er¬ theilte. Unterschrieben sind jene denkwürdigen Worte, daß nicht das Palais, sondern das Herz des Prinzen Nationaleigenthum sei. Constatirt wird, daß sich das bis auf wenige Exemplare vernichtete Bild ebenso wie jene obengenannten Bilder in den Sammlungen des Vereins befänden. Herr Schulvorsteher Budczies regte demnächst eine Sitzung in dem Großen historischen Sitzungssaal des Kammergerichts an, der, wie es verlautet, in Folge der Um¬ änderung, die das Kammergericht, durch das Gerichtsverfassungs¬ gesetz erleidet, nicht mehr in seiner jetzigen Gestalt verbleiben, sondern in 3 Terminzimmer umgewandelt werden soll. Herr Dr. Bering ui er theilte sodann mit, wie weit seine Samm¬ lung der Ausschnitte aus Zeitungen die Beerdigung und das Leben des verstorbenen Vorsitzenden betreffend gediehen ist. Er bat, ihn auch ferner mit Zusendungen dazu besonders von auswärtigen Zeitungen zu unterstützen. Herr Brose stellte den Antrag, am 150. Geburtstage Lessings, den 22. Januar seine Büste Königs¬ graben 10 mit einem Kranze zu schmücken. Der Vorstand fand sich dazu gern bereit und ist auch demnach die Bekränzung am gedachten Tage erfolgt. Zum Schluffe machte Herr Kaufmann Alsieri Mittheilung über eine im Keller Scharrenstr. 9 s., Ecke der Brüderstraße eingemauerte Sandsteinspitze, die in der Tradition der Besitzer des Hauses als eine Spitze der Petrikirche betrachtet wird. Die näheren Details werden wir seiner Zeit mittheilen, da man über Vermuthungen nicht hinweg kann, Die Spitze, die in das Fundament einge¬ mauert ist, hat eine Breite von 2 und Höhe von 14 Meter.

Srandenburgischc

Einkäufe besorgte.

Zur Zeil Joachims II. war es mit der Verarbeitung der im Man Lande gewonnenen Wolle noch nicht sonderlich bestellt. arbeitete meist nur grobe Waare und taufte die besseren Tuche tmd Seidenstoffe aus den Niederlanden und den freien Reichs¬ städten, aus Augsburg, "Nürnberg, Frankfurt a/Main und nachmals aus Hamburg. Die bekannten und beliebten Kleiderstoffe in der Mart hießen Seide, Tobin, Zindeldortt, Sammt, Schamlatt, Tuch, Atlas, Tamaschen (Damast), Kartekc (fleischfarbene Kartete wurde bei Festspielen an Stelle unserer heutigen Tricots angezogen, wenn

damals:

man die nackten Leiber der alten Griechen möglichst wahr und doch umhüllt vorführen wollte; ein solcher Karteken-Amor muß sich freilich für unser durch Scidcntricots verwöhntes Auge etwas sonderlich ausgenommen haben), lundisch Tuch (eine billige Sorte) Grobgrün, Vorstadt, Vruckischcr Atlas (eine billigere Sorte von Brügge in Flandern) und Anis oder Rasch (der damals zu Arras verfertigt wurde, cuid dessen "Name hier verunstaltet erscheint). —

Ein damaliger „Gerson oder Herzog" nun, "Namens Georg Scholle, schrieb einen aus uns gekommenen Geschäftsbrief an Joachim II., aus dem sich Verschiedenes erkennen läßt, und den ich hier im Auszüge mittheile: „In Holland ist wollscil einzukauffen auß den Indianischen grauen und roth, die Elle von 20 Groschen. Ander Seydenzeugk, so Stergk als Tafft, streisigt schöne allerlei Muster, jede Elle acht und neun Groschen.

Holland und Engelland be¬ und allerlei Sachen fertigen lassen, sowol sehen können, was aus unserer in

brandend. Landen anzurichten.

beziehen, gütigst zu unterstützen-

der

dieselbe

Wolle bereitet werden kann und wozu eine jegliche dienlich. Ich kann mit Leuten des Orts abreden, ob man derselben Meister etliche mächtig werden, dergleichen Nahrung auch in

und zum Frommen der Heimathskunde zu verwerthen. Die Herausgeber bitten dringend, sie zu diesem Behufe durch Mittheilungen von Ortschaften, wo dergleichen charakte¬ ristische Ucbcrlebscl noch vorhanden sind, vornehmlich aber durch Zeichnungen und Beschreibungen, ingleichen durch Nach¬ richten, welche sich auf die Deutung der alten Giebelzcichen

Wir vor dreihundert Jahren

ich

reiten, serbcn, spinnen damit Ihre Churf. Gnaden

Art,

Sammet mit gülden Bodden, die Elle 2'/- auch 3 Thaler. Item sie haben daselbst kleine und Weiche Leinwandt, so sie aus Indien bringen und von Baumwolle gemacht sein, sehr weich und lieblich anzugreiffen, die Elle zu sechs sieben auch acht Groschen. Item sie haben von Indien Geschin, in welchem kein Gifft sich verbergen läßt, gar wollseil, was ehezeits ein Dukaten gekost, kann man ein Solch Stück vor zehn Silbergroschen kauffen. Wenn Ihr Churs. Gnaden aus ein Versuchen zur Probe mir 100 Zciiducr Hirffgewcihe und 50 oder 60 Zendncr Hirss Stangen zur Probe mitgeben unb den Zendncr um drei Thaler Im Kauf zuschlagen. Item wenn Ihr Churs. Gnaden mir aus der Neu¬ marl, Uckermark und Mittelmark je sechzig Stein Wolle mitgeben wollten zum Preise von 32 fl., also Solches 240 Thaler und wurde also die ganze Summe ungefehr 700 Thaler austragen. und gar aufgezäumt dargestellt worden feien. In der That ist die Nach¬ zeichnung der Giebelverzierungen, welche gewisse streng überlieferte Formen wiedergeben, viel schwieriger, als man auf den ersten Blick glauben sollte.

Mittheilungen aus dem Verein für Heimathslumde in Müncheberg.

In

vom 7. Januar wurde der Vortrag über Stadthaushalt vor 300 Jahren mit der Aus¬ den Müncheberger die Ausgaben in die landesherrlichen, zerfallen Es gabe beendet. zwei Terminen zu Walpurgis und Stadtschoß, welche in und Orbede Martini abgeführt werden mußten. Dazu kommen 4 Fl. 30 Gr. Universitätsgeld, Besoldungen, Ausgaben für die Betvirthschafter des Vorwerks, für Bauten, Botenlohn ins Gemein. Die Besoldungen

!

der Sitzung

waren ziemlich kärglich, denn beide Bürgermeister erhielten zusammen 20 Thlr., der Kämmerer 8 Thlr., die regierendenRathsherren21 Thlr., der Stadtschreiber 7 Fl., und außerdem für die „Orgell", der Schulmeister und Cantor je 6 Fl., der oberste Stadtdiener 2 Fl. und 6 Gr. zu einem Paar Schuhe, 3 Fl. Klcidergelder und 24 Gr. von der Waage, der andere etwas mehr, der Heideläuser 8 Fl. und 4 Thlr. für 2 Paar Schuhe, der Seigersteller 4 Fl., der eine Reitknecht 6 Fl. 15 Gr., und 2 Fl. für ein Paar Stiesel, seine

31

Frau 15 Gr., die beiden Thorknechte 1 Fl., der Scharfrichter für das Hängen Peter Kants 1 Schock, 28 Gr. für eine Tonne Bier „so er ausgesoffen", 2 Thlr. für Fleisch u. s. w. Ein Advokat Bartel Graßen erhielt für 2 „Supplikationes" 1 Fl. 13 Gr. Sehr viele Arbeiten tvurden aber nur gegen Biergeld und Raturalvcrpflegung gemacht. Für den Stadthof wurden 2 Pferde für 36 Thlr. 4 Paar Rade kosteten ein „Stadtbollc" für 10 Fl. gekauft. 2 Thlr. 6 Gr. Der Grobschmidt arbeitete gegen Trinkgeld. Die Ausgabe für den Stadthof betrug 16 Fl. 14 Gr. Der Ziegler erhielt neben seinem Lohn 3 Tonnen Bier für sich, Kleidergeld, und Biergeld für seine Leute. Das Bier wurde beim Kalkholen mit nach Rüdersdorf genommen. Für das Weißen der Rathsbude im Innern erhielt der Maurer 6 Gr. Das Decken des Hauses vom Stadtschreiber und der Rathsbude kostete 2 Fl. 28 Gr. Das Schäferhaus wurde neu gebaut und dabei 1 Tonne Bier und 1 Faß Kovent getrunken. Am Thor wurde die Fallbrücke reparirt. Der Töpfer erhielt für 2 Ofen und die Kacheln 2 Fl. 6 Gr. FürRäumung des „Tiepesgrabens" wurden 4 Gr. verausgabt. Auf dem Vorwerk waren 2 Meier. Die Mäher erhielten Käse und Hering für 20 Gr. 100 Stück Schafe wurden mit 18 Gr. (1 Fl.) gekauft und 1 Thlr. für 22 Mahlzeiten, die „Weiber und Schaper zu speisen" gegeben. Ein Prozeß wegen einer- gewissen Lucie Sehnhausen erforderte viele Reisen und Auslagen. Die Zehrung der Stadtdiener- bei kurfürstlichen Reisen betrug 10 Thlr. in einer Herberge, für einen Knecht, auf der Schweinejagd 9 Thlr. 3 Gr. Die Briefe wurden durch Boten bestellt, und wurde für einen Gang nach Berlin 6 Gr., nach Fürstenwalde 3 Gr., nach Buckow 1 Gr., nach Frankfurt 5 Gr. gewöhnlich gezahlt. Hoher Herrschaften Schreiber und Diener wurden besonders honorirt, indem man sie fahren ließ. Tie Unterstützung der Armen macht kaum -I Thlr. aus, wogegen für die Zehrung bei den Sitzungen des Rathes und bei der Rechnungslegung 16 Fl. beträgt, 1 Thlr. 6 Gr. für Bernowisch Bier u. s. w. zusammen 40 Fl. 8 Gr. ver¬ ausgabt wurden. Für „auswendige" Zehrung nach Berlin und anders wohin wurden 37 Fl. 13 Gr. 20 Pf. für Bewirthung der Herren Visitatores angesetzt. Die Summe aller Ausgaben betrug 3,-455 Fl.

gericht in ihrem Bezirke zustand. Im 17. Jahrhundert endlich wurden die Stadt- und Landgerichte angewiesen, ihre Rechtsbclehrungen und Urtheile, unter Einsendung der Akten, bei den be¬ stehenden Schöffcnhöfen oder Universitäten zu holen. Ein Beispiel dieses letzteren Gerichtsverfahrens bietet der oben angedeutete Prozeß, der in Rosengarten gegen eine Kindesmörderin verhandelt wurde. Nachdem der Gutsherr die Sachlage konstatirt, der Professor der Medicin Dr. Johren aus Frankfurt sein ärztliches Gutachten über die in einem Teiche gefundene Leiche abgegeben hatte, ward die Angeklagte, welche die Folter zum vollen Gcständniß gebracht hatte, aus Grund eines von der Frankfurter JuristenFakultät gefällten Urtheils, schon vier Wochen nach der That, mit dem Schwert (da das Wasser zum Ertränken in der Nähe fehlte) gerichtet. Die Akten schildern die Einrichtung der gehegten Bank auf dem herrschaftlichen Hose vor dem notarius causae und geben auch eine Specification der Kosten, wonach u. A. der Scharfrichteraus Frankfurt für die Tortur 10 Thlr., für die Exekution 15 Thlr. erhielt. Der Körper der Entseelten ward der Anatomie in Frank¬ furt übergeben, welche einige Jahre zuvor von dem bekannten Professor Bernhard Albinus (gest. in Leyden 1721) an der Universität war eingerichtet worden.

Miscellcn. j

Merliner Kind.

;

Der Spruch:

!

;

Berliner Kind, Spandauei- Wind, Charlottenburger Pferd, Sind alle nichts werth ist die Umformung folgendes älteren Spruches, tvelcher „Kurtzweiligen Zeitvertreiber" von 1666, S. 123 befindet: Speyer Wind, Heydelberger Kind, Hessen

Thut

sich

im

Blut, selten gut.

Georg Büchmann.

Mittheilungen uns dem historisch - statistischen verein ;u Frankfurt a G. In der Dezember-Sitzung besprach Herr Redakteur Sobel einen Gerichtsfall aus dem Jahre 1702 im Dorfe Rosengarten bei Frankfurt nach den Aufzeichnungen der dortigen Schöffenbücher, welche von dem damaligen Gutsherrn, dem Universitäts-Syndikus

Dr. Buch

1699 angelegt und später bis in den Anfang dieses Jahrhunderts fortgeführt worden sind. Als Einleitung gab der Vortragende eine Uebersicht über die Entwickelung des Gerichts¬ wesens in der Mark Brandenburg. In der ältesten Zeit stand dein Markgrafen die Halsgcrichtsbarkeit über alle Unterthanen und die ganze Gerichtsbarkeit über den Adel zu. Die märkischen Landgerichte waren nur Civilgerichte innerhalb eines bestimmten Bezirkes. Allmählich jedoch, nach dem Ausgange der Ascanicr in der Mark, ward die steigende Unsicherheit im Lande, der Zerfall der Vogteien, die Veräußerung der herrschaftlichen Gerechtsame in den Dörfern, sowie das Erstarken der städtischen Gemeinwesen die Veranlassung, die Halsgerichtsbarkeit von der landesherrlichen Gewalt zu trennen und an Vehmgerichte oder städtischen Behörden zu Überträgen. Im späteren Mittelalter be¬ schleunigten die erweiterten Rechte des belehnten Adels über seine Unterthanen die Auflösung der landesherrlichen Gerichtsbarkeit, so daß zum mindesten allen Lehnsträgern, welche das höchste und niedere Gericht über Dörfer und Wege besaßen, auch das Blut¬

!

Den Kops vor die Mßc legen. (Aus der Praxis der Berliner Scharfrichter.) Rach unvordenklicher Henkersübung wird dem mit dem Schwert oder Beil Enthaupteten, bei der Verscharrung in der Erde, der Kops zwischen die Beine gelegt. Daher stammt zum Theil die Redens¬

art, Jemand den Kops vor die Füße legen, welche

sich

nicht,

wie man gewöhnlich meint, daraus ableitet, daß der Kopf dem Enthaupteten vor die Füße rollt. Dies letztere ist nur möglich, wenn der zu Enthauptende, aus dem Richtstuhl sitzend, mit dem Schwert geköpft wird. Wird er knieend mit dem Schwert oder

wird

mit dem Beil enthauptet, so fällt der Kopf vor den Rumpf, nicht vor die Füße. Auf alten Richt¬ stätten findet man die Gerippe der Enthaupteten der Eingangs gegebenen Schilderung entsprechend vor, vgl. z. B. die Funde aus dem Spitzen Berg am faulen See bei Müncheberg im „Bär" von er aus dem Block

selbstredend

1878,

S.

In

31.

Berlin

ist diese Praxis von den Henkern, soweit mir be¬ kannt, stets beobachtet worden; insbesondere bezeugt mir HerrStadtrath Romstaedt von hier, welcher bei der Enthauptung Louis Grothe's, des Mörders des Professor Grägy im Moabiter Zellcngesängniß zugegen war, wie der Scharftichter Reindel dem Grothe, nachdem er in den Sarg gelegt worden, den abgeschlagenen Kopf zwischen die Beine legte. Dies war die vorletzte Hinrichtung

in Berlin.

Bei der letzten Hinrichtung Hierselbst, welche am Frei-

32 tag den 16. August 1878 Morgens 6 Uhr an gleicher Stelle an dem Hochverräthcr Hödel vollzogen wurde, habe ich bemerkt, daß nachdem der Leichnam in den Sargkasten gelegt worden, einer der Henkersknechte das Haupt Hödels wieder sorgsältig aus den Rumps

I

paßte.

E.

Friede!.

CitiTsttm und Kunst.

alle aus die Mark Brandenburg, die Altmark inbegriffen, bezüglichen neuen literarischen Erschei¬ nungen bitten wir der Redaktion mitzutheilen, welche die Besprechung Weise veranlassen wird-

derselben

sein soll.

in geeigneter

Zeitschrift für T'renlrische Geschichte und Landeskunde unter Mitwirkung von Dropsen, Dunckcr und L. v. Ranke herausgegeben von Constantin Rößler. 15. Jahrgang. Berlin 1878 bei Mittler, gr. 8. — Heft 9 und 10 enthält: Dr. E. Fischer, Friedrich der Große und Maria Theresia nach dem Dresdner Frieden, und F. H. Besprechung von E. Fricdcl's Schrift über die Stein-, Bronze- und Eisen-Zeit in der Mark Brandenburg. Berlin. Ricolai'sche Verlagsbuchhandlung, 1878. Der Soldaten -"Freund. Jahrg. 46. 5. Hst. Berlin, Nov. 1878 enthält unter dein Titel: „Wo sind sie denn nun eigentlich" die Fortsetzung der Aufzählung brandenburgisch-preußischer Trophäen und Beutestücke von der Feder des verewigten Louis Schneider und zwar die in St. Petersburg befindlichen. Unter Nr. 662 werden 15 märkische Fahnen der von König Friedrich I. gestifteten Land-Miliz, von welcher 4 große Regimenter bestanden, aufgeführt. Auch sonst finden sich brandenburgische Feldzeichen daselbst beschrieben, die in Preußen selbst meist nicht mehr nachweisbar fiitb. E. Fr. „Bei dem Umbau des Zeughauses in Berlin sind im Schutte und im Mauerwerke eine Anzahl von Münzen und Medaillen ge¬ sunden worden, die jetzt schon ziemlich selten sind; so ein Rostocker Groschen von 1685, ein Sechser (48 einen Thaler) von 1778 u. s. w." Svldatcnstennd 1878. S. 337. Sammlung non Meilkermerken der neueren Plastik. 20 Blatt Photographien in Folio. In cleg. Ganzleinwand¬ mappe. Preis M. 15. Gera, C. B. Griesbach's Verlag. Die vorstehende Sammlung von Meisterwerken dürfte jedem Kunstfreunde höchst interessant und umsomehr zu empfehlen sein, da die Photographien meisterhaft ausgeführt sind und der Preis der Sammlung ein so mäßiger ist, daß dafür kaum je wieder eine gleich werthvolle Collection geboten werden kann. —

'

^

|

„Bär"

Mordkreuz (cf. oben p. 10) erwähnt Beschreibung des Preuß. Vor- und Hinterpommern. Nachtrag, 1795 p. 169, ebenfalls unter Berufung auf Denso. Er giebt folgende Maße an: Höhe ca. 8', Breite 2’ — 1', Dicke 2 — 3"; die Inschrift auf der Ostseite lautet ihm zufolge: >

dem . god

I.

Gemblacensis und

„unde bic versus:“ Anno milleno centeno bis minus anno Sub patre, Roberto, coepit Cistertius ordo.

mdxlij.

„Knabe"

Hans . Bilteke.

Davon, daß der

gewesen, ist nirgends die Rede.

Notizen, darunter Mittheilungen über ältere, zum Theil noch un¬ gedruckte Litteratur), p. 23—58 (Urkunden.) Ueber Wittstock: Bekmann, I. c. cap. 7. Riedel, 1. e. A. I. 389 — 41Q (historische Uebersicht), p. 410—441 (Urkunden), Stein, epitom, bistor. episcop., Havelberg, bei Küster, collect, episc. bistor. II,

III. 21, „nach Anführung des Sigeberti Arnoldi Loion", daß dies im Jahre 1098

geschehen sei,

gnade,

Hr. G. W. (Stolzeaner), Greifenberg i./P. Ueber Pritzwalk handeln: Bekmann, Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg, 5. Theil, 2. Buch, c. 3 (II. 93b.) und Riedel, cod. diplom. Brandenb. A. II., p. 1 — 23 (historische

in Burgund

c.

.

Erschlagene ein

durch den Bencdictiner-Abt Robert vom Molismcnsischen Kloster im Bisthum Lingon berichtet Leuckfcld in seinen Antiquit.

Walkenredenses,

Schneit!er.

Stargarder

Das

von 1878.)

1) Ueber die Gründung des Klosters Cistcrtium

C.

Wutstrack,

Bemerkungen zu den ..Lclininer Studien". „Von Dr. Di. SrITo." deS

3) Eckstorm erwähnt in seiner Obronicon Walkenredense, 155, daß die Klosterbibliothek in Walkenried eine sehr reich¬ p. haltige gewesen sei — sie wurde im Bauernkriege zerstört — und sagt dann noch: „Quamvis autem purior Theologia tune temporis Seholasticorum doctoruni sophismatis obscurata in tenebris Pontificiis delituit, saepe tarnen illa ernieuit et scintillas aliquas aspiciendas praebuit: ut appnret ex eonfessione quinque fratrum, de qua suo loco dicetur. Sincerioris Tbeologiae olini in hoc Monasterio argumentum etiam esse potest. Liber usuum ordinis im Kloster Walkenriden am Hartz und im Kloster Lettin iir der Marck, cujus tit. quomodo se gerat Sacerdos et Ministri ad raissas cap. 54 et aliis multis, allegat Reverendissimus et Illustriss. Princeps Anhaltinus Georgius, in Sermonibus suis de Sacramento corporis et sanguinis Domini nostri Jesu Christi, cum ex piis et orthodoxis Ecclesiae Doctoribus, Romanis, Pontificibus, Conciliis, Recentioribus scriptoribus, Historiis, Hymnis, Cantionibus, Ceremoniarum libris et aliis luculenter probat integrum Canae Dominicae participationem tarn Laicorum quam clericorura.“ 4) In Spangenberg's Mansfeld - Chronik finde ich nichts, über die Gründung von Sittichenbach oder über dessen Beziehungen zu Lehnin, in Eckstorm und Leuckfcld auch nichts weiter als das Angeführte. Doch ist, wenn ich nicht irre, von Leuckfcld eine Chronik von Sittichenbach vorhanden, in welcher vielleicht Näheres über Lehniit enthalten.

Dr.

Briefkasten. (Nr. 22

2 ) Von Cistertium aus wurden^ die Klöster zu Altfeld und Amelungsborn mit Cisterz-Mönchen besetzt, das 1127 gegründete Kloster Walkenried aber mit Cisterziensern aus Altfeld. Von Walkenried wurden die Klöster Marienpforte (Schulpforta) 1132 und Sittichenbach (Sichern) im Mansfeldischen, bei Eislebeir, mit Cisterz-Mönchen aus Walkenried versehen, letzteres Kloster auch 1141 von ihnen erbaut. Von Sittichenbach sind nun 3 andere Cistcrzienser-Klöster entstanden, von denen Leuckfcld, /Int. Walk. I. cap. VI. S. 72, auch das „Lewinische in der Mark" anführt, welcher Name doch jedenfalls Lenin (also ftüher geschrieben)

I

Stück 13—15. Den Bischöflichen „Jagd- oder Sommer-Saal" in Wittstock erwähnen Bekmann, l. c. 8p. 253 und Riedel, l. c. S. 390. Eine Monographie über die Schlacht bei Wittstock, in welcher die gesammte ältere Litteratur besprochen und benutzt wird, hat R. Schmidt (Halle, 1876) verfaßt. Berichtigungen dazu gibt der Auffatz „Bär" III. p. 49.

— Verlag der Nicolaischcn Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, m Berlin, Für die Redaction verantwortlich: Rudolph Stricker in Berlin. Druck!

W.

Mreier. Hosbuchdruckere,

in Seriiu.

|

Die Zeitschrift erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 50 Pf., und ist durch alte Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Bruderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische VerlagS-Bnchhandlnng, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Nerlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Markgraf Ludwigs d. Ä. Neumärkisches Judenprivileg vom 9. September 1344. (Fortsetzung.) — Trinkgefäße deS alten berliner Rathes. Von dem Leben und der Geschichte der Berliner Nachtwächter. Von R. Fische r. — Ein kleiner Beitrag zur Biographie L. Schneiders. Von vr. R. ans dem Verein-für die Geschichte Berlins. — Mittheilungen aus dem historisch-statistischen Verein zn Frankfurt a. O. — Anzeigen.

Markgraf Ludwigs

Eduard Krause.

Bering u ier.

d.

Ä.

— AnS — Mittheilungen

Neumärkisches Judenprivileg vom 9. September 1344. (Fortsetzung.)

Wie die mitgetheilten Varianten ausweisen, fehlt

in I)

das Datum, und ist nur durch die Angabe „anno predicto“ angedeutet, womit selbstverständlich auf die zunächst vorher¬ gehende ausgeschriebene Jahreszahl, 1341, verwiesen zu sein scheint. So lange man nur diese eine Handschrift kannte, war ein Zweifel an der Richtigkeit ihrer Datirung nicht möglich. Als dann Riedel eine zweite mit der Jahreszahl

1844 versehene Urkunde desselben Inhalts kennen lernte (A), nahm er ohne weiteres an, daß es sich um eine Wiederholung der ersteren handele. Bei einiger Aufmerksamkeit hätten ihm aber sofort Bedenken gegen eine solche Vermuthung aufsteigen müssen. Beide Recensionen sind fast völlig übereinstimmend, keine Abweichung ändert den Sinn, alle sind vorwiegend orthographischer oder dialectischer Art, oder betreffen Neben¬ sächlichkeiten, welche sich am Einfachsten daraus erklären, daß die Copiarien vielleicht nach dem Dictat geschrieben wurden. Neben dieser fast buchstäblichen Uebereinstimmung des Textes

fällt

es sofort auf, daß die Zeugen, der Ausstellungsort und das Monatsdatum absolut identisch sind. Es wäre doch ein mehr als merkwürdiges Zusammentreffen, daß ganz dieselben äußeren Uinsiände, welche bei der Ausstellung der ersten Urkunde obwalteten, drei Jahre später genau ebenso vorhanden gewesen

fehlt jeder innere Grund dafür, daß Verlauf so kurzer Zeit wiederertheilt haben sollte. Irgendwelche Zufälligkeiten, Be¬ schädigung des Siegels oder der Urkunde, hätten wol zu einer Transsumirung führen können, dieß tväre aber nach der Kanzleipraxis des Mittelalters zu Eingang und Schluß der erneuerten Urkunde registrirt worden (ein Beispiel dafür giebt der mitgetheilte lateinische Text). Und da wir außerdem annehme» müssen, daß von der allen Neumärkischen Juden ausgestellten Urkunde den einzelnen Gemeinden Ausfertigungen ertheilt sein werden, sonnte es sich immer nur um ein Transsumt für eine oder mehrere derselben, unmöglich aber für alle handeln. Von einer allgemeinen Wiederholung des Privilegs könnte deßwegen auch aus diesem Grunde nicht die Rede sein sollten.

Ebenso

dieselbe Person dieselbe Urkunde nach

sein.

Kletke spricht denn auch die Vermuthung aus, daß beide vielleicht identisch seien, reiht sie aber doch an verschiedenen Stellen (1341, 13. September, resp. 1344, 9. September) in seine Neumärkischen Regesten ein, ohne nur eine Erörterung der Frage zu versuchen. Außer den angegebenen inneren Gründen erweisen aber sorinelle die Identität beider Urkunden bis zur Evidenz. Wir

34 müssen dazu die Beschaffenheit der drei

in Frage kommenden

Copiarien näher ins Auge fassen. B bildet ein in sich abgeschlossenes Ganzes und hat 1k l Urkunden. Der Zeitraum, den A und C umfassen, ist ein viel größerer, beide aber bringen zu Anfang die Urkunden von B genau in derselben Reihenfolge; nur siud sie beide zu Beginn dcscct, sodaß A mit Nr. 9 B und C sogar erst mit Nr. 4ö B ansängt, und außerdem fehlen in A und C Nr. 69 und dir. 85—89 B. Eine Registratur, welche in B die Nummer 90 führt, fehlt in A, steht dagegen in 6 ohne Bezifferung vor Nr- 91 B. Den Rest von dir. 91—111 B geben alle drei Handschriften wieder völlig übereinstimmend. Das Judcnprivileg hat in B die Nummer 84, in A und C Nr. 83 (weil eben dir. 69 überschlagen ist). Daraus kann man nur folgen,, daß die von ihnen allen an derselben Stelle gebrachten Urkunden dieselben sind. Es fragt sich nunmehr allein, welche Datirung die richtige Allerdings ist B die ältere Handschrift; sie hat viele sei. Vorzüge, aber auch manche Mängel; ihrer unsicheren Ver¬ weisung auf ein vorher angegebenes Jahr würde der Unbe¬ fangene die präcise Datirung in A und C unbedingt vorziehen, ’umal die letztere jüngste Handschrift, wie eine genaue Ver¬ gleichung, die hier zu weit führen würde, ergiebt, nicht aus A geflossen sein kann, beiden vielmehr eine gemeinsame dritte, resp. vierte Handschrift als Quelle vorgelegen haben muß. Schlägt man nun aber in dein chronologischen Register zum Riedelschcn Urkundenbuch, oder in Kletkes Neumärkischen Regesten nach, so wird man stutzig, wenn man findet, daß nach ihren Angaben Markgraf Ludwig im Jahre 1341 am 8., 9- und 13. September sowie am 1. November in Soldin außer unserm Privileg fünf (und zwar am 9. zwei) Urkunden ausgestellt haben soll, während für seine Anwesenheit in der Mark in der zweiten Hälfte des Jahres 1344 nur zwei Ur¬ kunden vom 16. Juli und 15. Oktober mit dem Ausstellungs¬

ort Berlin sprechen. Danach scheint die größere Wahrscheinlichkeit auf Seiten von B zu sein-

nur die vom 8. Sep¬ tember und 1. November zweifelsfrei. Sic stehen in den drei Handschriften vor dem Judenprivileg (dir. 82 A. C.. Nr- 83 B u,rd dir- 79 A. C., Nr. 80 B), haben beide keine Jahreszahl, verweisen aber mit ihrem „datum ut supra“ resp. „auno predicto“ auf Nr. 76 A C (dir. 77 B), welche datirt ist: 1341, feria 2. post conversionem 8. Pauli (29. Januar). Die übrigen gehören sämmtlich zu den in A und C fehlenden, in B unmittelbar auf das Judenprivileg folgenden (Nr. 85—89) Von

diesen Urkunden sind aber

und haben ebenfalls keine ausgeschriebene Jahreszahl, sondern nur die Vermerke „anno predicto, anno eodem, datum ut supra“. Die beiden Urkunden vom 9. September 1341 (dir- 87, 88 B) haben gleiche Zeuge» mit Ausnahme eines in Nr. 88 fehlenden. Die zweite derjenigen, welche vom 13. September sein sollen, hat genau dieselben Zeugen, wie das Judenprivileg, und ist somit an demselben Tage aus¬ gestellt. Für die Jahreszahl beweisen sic alle nichts, da sie von den zweifelsfreien durch die Urkunde mit streitigem Datum getrennt sind, und demzufolge, wenn A und C das Richtige geben, statt in das Jahr 1341 in 1344, und zwar auf den 5. resp. 9. September gesetzt werden müssen. Da die Erfabrung lehrt, daß die Copiarienschreiber durch

ihre Unsitte, der Kürze wegen das Datum nicht auszuschreiben, in der Chronologie angerichtet haben — ein Versehen dabei läßt sich ja, namentlich wenn die Arbeit öfter unterbrochen wurde, leicht erklären — so sehen wir uns ge¬ nöthigt, so lange bis etwa das Original auftaucht und uns eines Besseren belehrt, die bestimmte Angabe der beiden von einander unabhängigen Copiarien A und C für die allein richtige zu halten. Unterstützt wird diese Annahme dadurch, daß die schon erwähnten Spczialbestiinmungen der Stadt Berlin für ihre Juden vom 7. April 1343 und des Mark¬ grafen für die Havelberger Juden vom 20. Januar 1344 gleichsam die Vorbereitung zu einem allgemeinen Gesetz bilde¬ ten, und daß Ludwig gerade in dem letzteren Jahre den jüdischen Verhältnissen überhaupt eine besondere Aufmerksam¬ keit widmete, wie dies sein Privileg für die bairischen Juden lehrt (er war am 21. und 27. Mai 1344 in München, v. Frehberg 1. c. p. 233). Ein besonders gewichtiges Argument liegt aber in Folgendem. Durch §. 2 des Neumärkischen Privilegs unterstellte er die dortigen Juden der alleinigen Jurisdiction des Stadtrichters ihres Wohnsitzes, indem er auf seine, aus ihrer Eigenschaft als Kammerknechte hervorgehende Judicatur über sic verzichtete und sie den christlichen Bürgern manches Unheil

in dieser prvcessualischen Hinsicht gleichstellte.

Damit zugleich

verlieh er ihnen ausdrücklich das privilegium de non evocando (vergl. den lateinischen Text). Nothwendige Voraus¬ setzung dessen ist aber, daß die Stadtgeincinden, denen sie an¬ gehörten, selbst dies Privileg besaßen, denn andernfalls wären die Juden ihren, ihnen rücksichtlich des Forums im Allge¬ nreinen gleichstehenden christlichen Mitbürgern gegenüber in einer urit der damaligen Anschauung absolut nicht zu verein¬ barenden Weise bevorzugt gewesen. Es wäre dadurch der Haß dieser gegen jene in bedenklichenr Maße erregt und ein blutiger Ausbruch desselben förmlich provocirt worden, während cs

unzweifelhaft Absicht des Gesetzgebers war, seinen lieben Kammerknechten eine möglichst friedliche uird gesicherte Existenz zu schaffen,

um seine Einnahmequellen reichlicher fließen zu

Dies fragliche Privileg verlieh nun aber der Mark¬ graf den Städten Königsberg, Soldin, Arnswalde, Friedeberg, Woldenberg und überhaupt allem Städten der „terra trans Oderam“ erst am 16. März 1344 (Riedel A XXIV, 34), und es ist demnach kaum etwas Anderes möglich, als das Judcnprivileg nach dieser Zeit anzusetzen. Bei der zuletzt erwähnten Urkunde findet übrigens ziemlich das Umgekehrte statt, lvie bei dem Judenprivileg. Jir A und C fehlt jedes Datum, in B ist es ausgeschrieben „anno 44, feria 3 post Letare“. Riedel hat infolgedessen die Urkunde merkwürdigerweise dreimal: mit dem „ungefähren" Datum 1340 (A. XXIV, 30), mit dein Datum der in A und C vorangehenden datirten Urkunde, 1344, feria 2. ante Agnetis (19. Januar A. XIX, 206) und mit dem von uns aus B gegebenen richtigen Datum (A. XXIV, 34). lassen.

III. Betrachten

wir nunmehr

das Privileg

seinem

Inhalt

nach näher.

So

kurz es ist, so umfaßt es doch fast alle Rechtsgebiete. Diese Thatsache lehrt uns, daß inan den Judeii bereits eilt gewisses

Maß von Rechtsfähigkeit bewilligt hatte, im Gegen¬ strengen altgcrinaitischcn Prinzip, nach welchem

satz zu den:

35

der Fremde — und als solcher wurde der Jude stets in er¬ höhtem Maße angesehen — rechtlos und darum im juristischen Sinne handlungsunfähig war- Hier aber finden wir ihn, wie in den andern früheren und gleichzeitigen, schon erwähnten Rechtsquellen, im Besitz des Rechtes, allerlei Rechtsgeschäfte

Mcdailleit in Bezug

auch

sich

und Zcichnuilg einer späteren Nummer des „Bär" vorbehalten bleibt. Hieran schließen als älteres, sehr schätzbares CommunalEigenthum die vom Verfasser in alten Petschaften entdeckten

Erhellt aus alledem schon, daß man sin Allgemeinen kein Bedenken trug, die Juden als Bürger im eigentlichen Sinne des Wortes anzusehen, so wird dies itoch durch ausdrückliche urkundliche Erklärungen hervorgehoben. In Steitdal sollten 1297 die Juden „iure communi gauclere“ und tamquam burgenses teneri“, im Jahre 1320 saßen sie in Prenzlau „tu

bürgere rechte“, und am 26. November 1349 erwähnt Markgraf Ludwig die „iure civil i mansionem facientes Judeos“ in Spandau. Ja in einem allerdings ganz vereinzelt da¬ stehenden Falle scheint ihnen sogar Lehnsfähigkeit bewilligt worden zu sein; wenigstens lvurdc am 8 . September 1356

:

;

der getreue Kammerknecht Fritzel

und seine Descendenz mit „Thurmamt" in Spandau belehnt (Riedel A. XI, 50); die Einkünfte aus Amtslehnen wurden ihnen allerdings häufig überlasten. (Stobbe S. 116). dem

(Fortsetzung folgt.)

Trilckgefiiße -es alten verliner Rathes. Mit Abbildung. Vom Architekt Eiluaril Kranke.

Das, so zu sagen, noch zur zwölften Stunde entstandene Märkische Provinzial-Museum, dessen Besuch nicht genug an¬ empfohlen tverdeil kann, das jüngste unter feinen Schwester-

Jilstitutcil —

!

!

Alterthümer.

sonderes Interesse

in Ansprrrch.

Stadt Berlin in das |

nehmen,

außer einer und anderen

Fahnen die Medaillen ein beSie bilden gelvistermaßen

eilt Geschichtswerk, das aus eheriten Blättern zusarnmengesetzt ist. Es würde zu weit führen, auch liur alle Arten der

Stadt Berlin; atlßer diesen finden Stadt selbst zu Ehren großer

aber auch solche, die die

Männer, zur Eriniterung an große Ereigilisse hat prägen lassen, unter ihnen die sin Jahre 1816 zu Ehren des „alten Blücher" nach Schinkels Entwurf geschlagene, ausgezeichnete Medaille, ferner goldene uitd silberne Exemplare der von der StadtBerlin zur Erinnerung an die dritte Säkularfeier derEinsührllng der Reformation im Jahre 1839 gestifteten Refvrmationsmedaille, die itoch jetzt am Reformationstage in den Schuleir Berlins in je einem Exemplar in Kupfer zur Vertheilung gelailgt. Für diese letzte Medaille verehrte der hochseelige König Friedrich Wilhelm III. als Gegengeschenk der Stadt einen ebenfalls im Museum befindlichen prachtvollen Pokal, desscil Beschreibung

zum iuramentnm purgatorium.

Volk ben als alter Besitz der Museum überkommeneir Gegellstäilden Münzsammlung, einigen historischen historischen Gedenkzeichen, vor allen

nröge

sind meist Geschenke an die

(88 4, 7, 9). Im Genuß der Eidessähigkeit an sich befanden sich die Juden, >vic die aus frühester Zeit erhaltenen Eidesformeln und spezielle Bestimmungen auch in märkischen Urkunden lehren, zwar schon seit langer Zeit. Die Glosse zum Landrecht des Sachsenspiegels (III, 17), welche den Reinigungseid als ein Vorrecht der Sachsen darstellt, erklärt aber noch, daß man Juden und Ketzer stets mit Zeugen überführen könne. Da¬ gegen verstatten sie, allerdings nicht in sog. Schutdklagen, die Schlesischen Privilegien, das Rechtsbuch nach Distinctionen und unser Neumärkisches Privileg (88 5, 7, 9) ausdrücklich

cs besteht erst seit vier Jahren — birgt trotz seiner Jugend doch schon sehr interessante und sehenswerthe

es

Kröntingen, Huldigungen, Hochzeiten, Gcburts- nnb Todestage sind auf ihnen verewigt, Kriegesthateil, Städtebrändc tmd Grundsteinlegungen dein Gedächtniß durch sic erhalten. Sie

in der Regel unter erschwerenden Bedin¬ gungen, abzuschließen (§. 1, 5, 6 , 9); wir sehen ihm sogar einen Theil der Ehre, welche im Mittelalter eine so große Rolle spielte und sich u. A. in der Eidesfähigkeit zeigte, ja selbst das stolze Recht, in einzelnen Fällen sich durch Ein¬ eid vor einem klägerischen Anspruch zu schützen, bewilligt

gültig, wenn

aus die Ereignisse, die sie vcrherrlichcil,

nur erwähnt sein, daß alle wichtigen Begebenheiten bei Hofe, wie im Lande ein ehernes Gcdenkblatt zu ihrem Gedächtniß für die Nachwelt hinterlassen haben. anzuführen,

;

;

Bürgermeister-Siegelringe lind Verlognes - Petschafte, sowie andere Original-Siegel der Stadt, unter letzteren das im „Bär" 1875 Nr. 4 dargestellte vom Jahre 1280. Eine reiche Fülle ailderer älterer Objekte bietet des Sehens¬ werthen viel; es seien hier die drei Trinkgefäße des alten berliner Rathes, die unfere Abbildung in '/„ der natürlichen Größe wicdergiebt, näher beschrieben. Dasjenige dieser drei Gefäße, welches als das älteste an¬ zusprechen ist, hat die Gestalt eines auf den Hinterbeinen sitzenden Bären, des alten berliner Wappenthieres. Dieser Bär, „Trinkbär," ist aus Silber getrieben, der Kops (später) aus demselben Metall gegossen, das Ganze vergoldet; 'seine Höhe beträgt 15,o om., seine Dicke vom Rücken zum Bauch 6,7 cm., seine Breite voil rechts nach lins 6,o cm. Der Kopf mit dem Halsbande ist nur mif einen darunter befindlichen Ring aufgesteckt, leicht zu entfernen, und gestattet dam: das Füllen und Leeren des Gefäßes. Außer dem Halsband hat der Bär noch einen Riemen um den Hals hängen, der auf dem Rücken über denr Gurte in eilte Spitze zusammenläuft, an der früher vielleicht eilt Hifthorit oder Pfeilköcher angebracht gewesen ist, der jetzt fehlt. Auf dem durch das Halsband verdeckten Ringe befindet sich hinten an der linken Seite die Jahreszahl 1467, das Jahr der Herstellung. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich der Trinkbär, wahrscheinlich in Folge starkeit Gebrauches, mattche Reparatur und Restauration gefallen lassen müssen, daruilter wohl zwei größere, itach den neben der Jahreszahl 1467 angebrachten Inschriften. Das Augsburger Wappen bezeichitet, wie ich meine, ben in Silber getriebenen Körper des Bäreit als Attgsburger Arbeit. Bekanittlich war ja in Süddeutschland die Treibekunst im Mittelalter in hohem Schwünge; ich erinnere nt>r an das hochberühmte Beckenschläger-Gewerk in Nürnberg. Die Restauration des Jahres 1684 bedachte dann den Bären mit einer Radfchloß-Pistole, an deren Stelle ehedem vielleicht eilte Armbrust, oder andere Schußwaffe gesessen hat.

sowie mit einer falkentragenden Falkentasche, die früher nach dem Innern zu urtheilen, nur sehr flach ausgetrieben war. Der Restaurator hat mit Punkten seine Initialen R. C. und Später mag dann der die Jahreszahl 1684 eingcbunzeltKopf verloren gegangen sein, und C. M. Richter ihn — der

Arbeit und Schrift nach im vorigen Jahrhundert — in dünnein Silberguß neu angefertigt haben. Dieser Kopf ist außen ciselirt und gravirt; aus seinem offenen Rachen steckt die, wie Spuren beweisen, früher roth gefärbte Zunge hervor. Eine weniger kunstfertige Hand hat dann noch deir Pistolen¬ lauf erneuert, der an der linken Pranke des Bären abge¬ brochen tvar.

Das zweite Trinkgefäß ist ein Pokal von 30 cm. Höhe und einem oberen Durchmesser von 14 cm., bei einer Dicke der Thiere von 2,5 cm., in den Flanken gemessen. Es ist aus Messing getrieben, und mit einem Gold-

„Doch wer die Rechte Stell' und ort nicht finden kann. Der trifft anstatt des Weins das reine Wasser an." diejenige auf den: Fuße. Doch der Aermste bekam nicht nur reines Wasser statt des Weines zu trinken, er begoß sich auch noch, vermittelst der durchbrochenen Borte und der Wein spendenden Tüllen mit einem Gemisch von Wasser und Wein. Man sieht, die alten Rathsherren verstanden auch wacker zu scherzen, wenn auch die Scherze der Zeit angemessen, etwas derbe waren. Die Unterseite des Gefäßes trägt ein ver¬ schlungenes Monogramm C. Weber und die Jahreszahl 1690, wahrscheinlich das Jahr der Restauration, welchem der Pokal den Bronze-Anstrich verdankt. Ein anderes bei lustigen Gelagen gebrauchtes Gefäß neuerer Zeit — 18 ltä , vielleicht auch schon 17 tc8 Jahrh. — ist das dritte unserer Abbildung: ein Champagner- oder Toast¬ Fußes eineSchelle hat.

Seine Höhe beträgt 25,o ein., der obere

Anstrich ver¬ sehen, der aber wohl nicht ursprünglich ist, brvnze

der statt des

becher,

-

Durchntesser des

sondern erst im Jahre 1690 anfgetragen

Glases

(im Bilde 6,5 cm.,

unten)

der

wurde, während das Gefäß selbst, älter zu

Durchmesser des Stie¬

sein scheint.

geht der Glaube, daß

les 1,5 cm.

er bei Gelagen dem¬ jenigen zur Benutzung

Auf einem breiten runden Fuß stehen fest vereint durch „Um¬ armung und Kuß" der Bär und der Adler der Städte - Wappen Berlins und Cöllns; auf ihren. Häuptern ruht ein doppelwan¬ diges, nach oben sich erweiterndes KelchGefäß, unter dessen oberen Rande durch Ausstößen herzförmi¬ ger Löcher eine durchbrochene gestellt

Borte ist, die

gegeben

durch Rausch

her¬

den

hilft. Wie bemerkt, ist der nur vom Boden bis zu dem unter der durchbrochenen Borte herumlaufenden Stäb¬ chen; von da schließen sich an den so hergestellten, mit der Höhlung der Thierleiber in Verbindung stehenden Hohlrauin drei Röhrchen an, die in Gestalt dreier kleinen Tüllen auS dem obersten Ringe austreten. Die unteren Enden dieser Röhren gehen jedenfalls bis fast auf den Boden der Thier¬ Der gesammtc Hohlraum wurde durch eine an der leiber. Unterseite des Fußes angebrachte Ocffnung mit Wein gefüllt, die Oeffnung mit einem Kork verstopft, und — man hatte den schönsten Vexirbecher, wenn man nun den Kelch oben mit Waffer füllte, dann: „Wenn Adler und der Bär ain Thomas-Fest sich letzen. Denkt mancher sich auch gern in höhern Stand zu setzen;" sagt die Inschrift auf der Außenseite des Kelches, und: Kelch

Gcräthes

erreichen

doppelrandig,

wurde, cmen

der

kleinen

gesprächiger

gemacht werden sollte,

scherzhaften Zweck des

ganzen

Von ihm

doch

ivenn man etwas von ihm „heraus" haben wollte. Er war ge¬ zwungen stets aus¬ da das zutrinken , Gefäß nicht stehen konnte; nahm er es dann vom Munde, so klingelte die Schelle, der Diener schenkte ihm ein, er mußte von neuem trinken „quantum satis.“ und so fort bis zum Ob das Rezept ge¬ holfen hat? Wer weiß?

Aus

dem

Loben

und

der

Geschichte

der berliner

Nachtwächter. Von K. fistfitr.

Nachdem die Berliner Nachtwächter seit dem 1.

Januar

vorigen Jahres aufgehört haben, die Stunden abzupfeifen, sind sie nach dem Gefühl eines richtigen Berliners gar keine ordentlichen Nachtwächter mehr. Sie pfeifen nicht, noch tuten sie oder knarren; sie haben weder Spieß noch Horn; sie spa¬ zieren stumm und einsam durch die nächtlichen Straßen und man kann sie recht wohl für Schutzleute außer Dienst halten.

37 da sie wie diese eine Mütze tragen und nur mit einem kurzen Säbel bewaffnet sindDie Zeit hat alle Romantik von ihnen abgestreift und dürfte heute kaum mehr möglich sein, daß die bessere Hälfte es des Nachtwächters in seinen Pelz gehüllt und mit seinem Spieß bewehrt, bei harter Winterskälte einmal für ihn die Ronde macht und die Stunde abpfeiftDas ist ftüher sehr oft passirt und hat gar keine nach¬ theiligen Folgen gehabt. Der ruhig schlafende Philister hat den weiblichen Pfiff von dem männlichen durchaus nicht unter¬ er hat den Pfiff gehört, sich aus die andere Seite gedreht und ruhig weiter geschlafen in dem Bewußtsein, daß die Stadt in guter Hut. Wie hübsch gruselig war cs ferner, wenn der Nachtwächter zum Hörne griff und Feuer tutete. Blau faßte geschwind an die Wand und schlief ruhig weiter, wenn diese noch kalt war. Heute, nun heute hört man wohl ausnahmsweise ein¬ mal die Feuerwehr vorüberrasscln; aber man weiß dann nicht einmal, ob sie hinfährt zum Löschen oder zurückkommt. Jeder Mensch muß hiernach gestehen, es ist nichts mehr mit den Nachtwächtern und wenn nicht zuweilen noch ein vergeffener Hausschlüssel wäre, so könnten sie gänzlich abge¬ schafft und zu ihren Vätern versammelt werden. So unbedeutend, klein uird prosaisch sie aber auch heute sein mögen, so wichtig waren sie einst, und cs sei mir gestattet aus ihrem Leben und ihrer Geschichte einige Mittheilungen zu machen, die nicht verfehlen werden, uns anzuheimeln und anzumuthcn, uns den Nachtwächter in seiner alten Glorie noch¬ mals hervorzuzaubern. Am 3. Mai 1810 kam beim Polizei-Präsidium in Berlin der Antrag ein, daß die Nachtwächter ihre Hörner nur beim Antritt und Verlassen ihres Dienstes gebrauchen möchten; daß man aber den Wächtern zur Pflicht inache, nach Abrufung der Uhr, anstatt sofort ihr Obdach aufzusuchen, noch erst ihr Revier abzulaufen, damit so Diebstähle verhütet würden. Der Petent war offenbar ein Sicherheitskommissarius, der einen sehr leisen Schlaf hatte. Das Polizei - Präsidium lehnte es ab, das Hornblasen zu verbieten, weil nach den bisherigen Erfahrungen Proteste zu besorgen seien; das stündliche Ablaufen der Stunden solle dagegen vorschrifts¬ mäßig ausgeführt werden. Am 3. September 1810 macht das Polizei-Präsidium darauf aufmerksam, ob es nicht zweckmäßig sei, die alte Ver¬ pflichtung, welche jetzt fast garnicht mehr beachtet wird, in Erinnerung zu bringen, daß des Nachts die Hausthüren scheiden können;

verschlossen sein und bleiben müssen, um

den Dieben und dem andern schlechten Gesindel die Schlupfwinkel zu nehmen. Am 5. September 1810 findet sich der Vermerk, daß die Nachtwachtmeistcr mit Jnstniktion über diesen Gegen¬ stand versehen worden sind.

Ueber die

Signalinstrumente

lungen geführt worden.

Ein

Gesuch

Wächter mit einer Knarre, die Stunden zu SingnalisireN' Kurtz darauf ließen die Herren der Privatwächter Hörner

als die Königlichen und beim Grüner, diese Hörner verworfen wurden, und mit Pfeifen versehen. Diese Hörner 23 an der Zahl (es gab also damals offenbar in ganz Berlin nur 23 Privatwächter) welche alle fertig sind, und sich bei den Klempner Meister auf den Hackschen Markt befinden, da man bey stürmischen Wetter, oder beim Feuer eutstehen, diese Pfeifen nicht gut hören kann, so wolle die Güte des Herrn Präsidenten gantz ergebenst ersuchen, und zu bitten, ob es der Herr Präsident nicht genehmigten wollen, den Privat Wächtern die erwähnten fertigen Hörner wieder zum Gebrauch zu geben, oder sich die Knarren zu bedienen, weil die Pfeiffen nicht hinlänglich beim Lärm zu hören sind, ich getröste mir eine gütige erhvhrung und beharre in aller Hochachtung des Herrn Präsidenten ergebenster Diener, Kaufmann Btücke Heilige (Geist-) Straße Nr. 16. Berlin 4. Marth 1811. An den K. Pol. Präsidenten v. Schlechtend ah l. machen,

dieser Angelegenheit

lautet: Hochwohlgeborner Herr, Jnsonders Hochznehrender Herr Präsident! Euer Hochwohlgeboren werden mir gütigst verzeihen meine ergebenste Vorstellung zu genehmigen. Da zu der Zeit des

Herrn Präsidenten von Eisenhard der Befehl erging, das die Privatwächter, zum Unterschied der Königlichen

doch nicht so groß

des Präsidenten

Zur Begutachtung

dieses Gesuches, das Carlchcn Miesnick nicht besser zu machen im Stande ist, aufgefordert, rescribirt der Polizei-Inspektor Eckert folgendermaßen: Die bisher von den Privatnachtwächtern gebrauchten Pfeiffen beim Bezeichnen der nächtlichen Stunden, haben einen

Ton und sind für das Ohr daher sehr em¬ pfindlich und beim Feucrlärm für den Schläfer nicht erweckend sehr schneidenden

genug.

Die Knarren haben auch wohl viel gegen sich, und geht mein ganz gehorsamster Antrag dahin: Den Gebrauch der Hörner durchaus zu genehmigen, da ein Nachtheil davon nicht abzusehen, und der Grund, als fühlten die publiken Wächter sich herunter gesetzt, wenn die privat Wächter auch eines Hornes zu blasen sich bedienen, nicht hinreichend ist, die deshalb ztvischen ihnen vielleicht er¬ wachsenden Streitigkeiten gleich beim ersten Male aber so be¬ gegnet werden können, daß sie sich auf immer beruhigen. Berlin, 7. März 1811. (gez.) Eckert.

Auf Grund dieses Gutachtens ergeht unterm 8 . März die Verfügung, die blechernen Hörner allgemein einzuführen und den Nachtwachtmeistern einzuschärfen, Streitigkeiten bei den Wächtern zu verhindern.

Ob dies nöthig war, ob die publiken Wächter sich herunter gesetzt gefühlt und ob sie für immer beruhigt werden mußten, darüber geben die Akten keinen

sind vielfache Verhand¬

in

trit

ein

Anhalt.

Nachdem

aber so die Jnstrumentenfrage in befriedigen¬ gelöst war, tauchte plötzlich die Liederfrage Wir finden hierüber zunächst folgende charakteristische

der Weise

auf.

Petition:

Bittschrift uin Wiedereinführung

des alten Nachtwächterliedes und um Abstellung nächtlicher Trommeln, Pauken und Janitschaarenmusik. — Der Verfasser dieser Bittschrift gehöret gewiß zu den Verehrern der gegenwärtigen hohen Polizei-

38 behörde, das Streben derselben, Gutes 31 t wirken, erregt in ihm, wie in allen Rechtschaffenen, Empfindungen der Dankbarkeit und der Verehrung, feinen Namen nennt er nicht, weil derselbe ohne Einfluß auf den Werth oder Un¬ werth dieser Bittschrift ist. Gut und zweckmäßig scheinet dem Verfasser:

Das Vorbehalten des Hornes zum Feuerlärinblasen, 2. die lieftvnendc Pfeife zum Stundenandeuten. Aber nicht so der Lakonismus: „Eilf ist die Glvck ee. Kdas Viel besser Altdeutsche: 1.

„Höret ihr Herren, und

lasset euch sagen,

„Die Glocke hat re. re. geschlagen." Keineswegs überflüssig ist die erste Zeile, und der Ansang der zweiten. Sie ist, was der Eingang bei einer Predigt, der Portikus bei einem Tempel- Sic erregt Aufmerken auf das Folgende, anstatt daß das Lakonische: re- ist die Glvck verhallt ist, wenn man eben sich anstrengen will, es zu hören.

Ferner keineswegs überflüssig ist die Ermahnung: „Bewahret das Feuer und auch das Licht,

„Auf

daß der

Stadt

keine Schade geschicht!"

guter Nachtgedanke. Nach aller Logik der Prvbabilien hat diese Ermahnung im Laufe von Jahr¬ hunderten unzählige Feuersbrünste verhütet, und Hunderte von halbeingeschlafcnen, seh es fleißigen Arbeitern oder Betrunkenen, aufgeweckt, um noch einmal nach Feuer und Licht zu sehen. Endlich: „Und lobet Gott den Herrn! Wäre dieser uralte Endschluß des Liedes noch zu erfin¬ den, wahrlich er könnte nicht glücklicher erfunden werdenUnd itzo — den Erfundenen abstellen, — ausdrücklich Es thut mir wehe! — Hundertmal in meinem abstellen ! Leben — und gewiß ist es Hunderten ebenso gegangen — hat mich dieser Ausruf erfreuet. Ihn vernimmt der Wüst¬ ling, der aus den Tempeln der Venus pandemos kommt, und kehrt doch wohl zuletzt in sich. Ihm, nämlich der Sinnesart, die ihn ansspricht, dankt der in seinem Berus Und den Forscher nächtlich wandelnde seine Sicherheit. nach Wahrheit, wenn ihn unsere neuen jämmerlichen Athei¬ sten, Pantheisten und Autotheisten, den Tag über, mit ibrem Unsinn geplagt haben, freuet es, ans dem Munde de§ Wächters einen Nachhall aus verflossenen Jahrhunderten zu hören, der besser ist, als die stolzen Systeme, die sich ewig wähnen und vor dem nächsten Lufthauch verschwinden. Der Nachtwächter der, nach der Abstellung seines Ge¬ sanges, nur eine mechanische Nepetiruhr ist, würd durch die Herstellung desselben ein Lehrer guter Wahrheit. Und so wird Deutschland, in diesem Stück seiner Sitten den Rang vor England behaupten, wo der Nachtwächter Stunde und Wetter abruft und vor den Staaten, wo MnbamedS Religion blüht, woselbst er nächtlich an Pflichten erinnert, an die billig nur die Liebe erinnern sollte. Un¬ endlich störender als sein Gesang, sind die Bacchanalien der Tabagien, welche den Polizeigesetzen zuwider, bis tief in

Gewiß ein

ich

mit mir theilen,

daß wenigstens Trom¬

nicht stattfinden dürfen.

-

Staats-, Kriegs- und Nicht störe durch sie der Säufer, Schlemmer, Wüstling, die Wöchnerinnen, den Kranken, den Sterbenden und den Alaun, der durch Tagesarbeit ein Recht auf nächtliche Ruhe hat. Berlin, den 5. Oktober 1812. Philalethes. Diese drey Ertönungen müssen den

Kirchenfesten heilig sein.

Welche

Antwort Herr Philalethes hierauf erhalten,

ist

nicht bekannt. Unterm 19. Oktober 1812 aber reichten die Bewohner der Breiten Straße eine Bittschrift ein, wonach dem Privatwächter daselbst wieder das Horn blasen gestattet werden sollte, während die öffentlichen Wächter die Stunden¬

pfeife führen. Gleichzeitig sagt die Bittschrift, daß während der französischen Invasion die Knarren verboten worden Es war also offenbar bei der Verfügung von 1811 seien.

nicht geblieben; aber die diesmaligen Petenten kamen schön an. Herr v. le Coq sagt unterm 23. Oktober desselben

Jahres, daß der Deputation, welche das Schriftstück über¬ reicht habe, die Ungchörigkeit und Unzulässigkeit des Petitums vorgehalten sei, und daß

sie

endlich davon Abstand genommen.

sehr

die Nacht dauern.

Dürfte

derte und Tausende

meln, Pauken und Janitschaarcnmusik nächtlich durchaus

mir

den Wunsch erlauben, den gewiß Hun¬

Zu all den Schwierigkeiten aber noch die

Magenfrage.

des Nachtwachtwesens kam

Am 18. Juni 1815 bitten die

gesammten Nachtwächter um Gehaltsaufbesserung, weil sie die

Miethssteuer sowie die Gewerbesteuer nicht mehr erschwingen könnten, da alle Bedürfnisse theurer geworden. Am 9. Juli 1815 wird den Bittstellern eröffnet, daß auf eine Aufbesserung des Gehaltes Rücksicht genommen werden soll; die der' Gewerbesteuer aber beibehalten werden

von denjenigen trieben. Leider wächter damals meist recht gut,

wird, da

Zahlung nur

diese

gefordert würde, welche noch ein Nebengeschäft erhellt nicht, wieviel festes Gehalt die Nachtbezogen. Im klebrigen standen sich dieselben da cs auch schon dazumal Leute gab, die den Hausschlüssel vergaßen. Außerdem war das Gratuliren z« Neujahr noch nicht verboten. Am 7. Mai 1815 endlich beantragt Herr Eckert, daß den Nachtwächtern das Mitnehmen von Hunden aus ihre Posten verboten werde, wie dieses Verbot auch früherhin be¬ standen habe. In ftemden Staaten führen Nachtwächter starke dressirte Hunde an der Leine mit sich, welche im Angenblick der Gefahr gute Dienste leisten. Hier hingegen seien diese Hunde nur zum Bellen und Stören der nächtlichen Ruhe da, auch seien sie so abgerichtet, daß sie den in einer Ecke ruhenden, schlafenden Nachtwächtern jede Annäherung durch Bellen an¬ zeigen und so dessen Abfassung verhindern. Herr v. le Coq rescribirt am Rande unterm 8 . Mai 1815, daß es nicht wohl verboten werden könne, daß die Wächter Hunde auf den Posten mitnähmen. Wohl aber sei darauf zu halten, daß dieselben an Leinen geführt würden. Sv viel für heute. Wer aber beim Lesen dieser Zeilen ein mitleidiges Lächeln nicht hat unterdrücken können, der be¬ danke sich nicht bei mir, sondern bei dem Manne, dessen Auf¬ merksamkeit diese Notizen aus einem dicken, zur Vernichtung bestimmten Aktenstück gerettet hat.

39

Ein kleiner Seitrag

zu

Theaterzettel folgende Bekanntmachung: „heiser: Herr Schneide r, und bis zum 31. Dezember 1848 beurlaubt." Vom 1. Januar 1849 wurde er pensionirt.

einer Siographie S. Schneiders.

Von Dr. K. Kriingnikr.

Es ist in diesen Tagen viel über den verstorbenen Geh. Hosrath geschrieben worden. Meine Sammlung alles Des¬ 'für die Geschichte für die Bibliothek des Vereins ich die jenigen, Berlins angelegt habe, weist heute schon 25 Zeitungen und Zeit¬ schriften auf, die ihm Nachrufe oder kurze Schilderungen aus seinem Leben widmen. Freilich leiden sie mit wenigen Ausnahmen alle daran, daß sie Reproduktionen — es versteht sich in ansprechender veränderter Form — aus Lexika oder dergl. sind. Schon der Geburtstag variirt. Einige haben den 20. andere den 29. April als Tag seiner Geburt, und es ist wunderbar, die Berichte, die den 20. als Geburtstag verzeichnen, ähneln sich, ebenso die den 29. an ihrer Spitze führen. Das Meyer'sche Conversationslexikon hat den 20., Pierer und Brockhaus, soviel ich weiß, den 29. Dies dürften die Quellen sein. Welcher Tag von beiden der richtigere ist, ist am 25. Januar d. Js. im Deutschen Dom von Mitgliedern des Berliner Geschichtsvereins besprochen worden und in den Berichten des genannten Vereins nachzulesen. Mein Beitrag zu Schneider's Leben soll den Titel führen: von wann und bis wann führte Schneider aus den Berliner Theaterzetteln nicht den Titel „Herr" vor seinem Namen, d. h. wie lange wurde er noch als Lehrling in der dramatischen Kunst

L. Schneider

Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Serlins. Am Sonnabend, den 25. Januar, machte zuerst Herr Di', jur. Bö rin guter den im deutschen Dom während der sog. Bürgerstunde (5—7 Uhr N.) Versammelten Mittheilungen über seine Sammlung Nekrologe des Geh. Hoftath L. Schneider, und knüpfte zugleich daran die Bemerkung, daß für den Geburtstag des Verstorbenen theils der 20., theils der 29. April ausgegeben würde. Es wurde bemerkt, daß nach Aus¬ weis statistischer Materialien der 20. der richtige ist, obgleich sich der Verewigte gewöhnlich an: 29. gratuliren ließ und diesen Tag feierte. Der 29. ist muthmaßlich der Tauftag gewesen. Dann kam zur Verlesung eine Zusammenstellung des Herrn vonLavallade über die Bühnenthätigkeit Schneiders nach den berliner Theater¬ zetteln, und kurze Daten über die Frau des Verewigten. Herr Rector Fischer machte darauf aufmerksam, daß, wie sich jetzt herausstellte, die Kirchthüren der Bartholomäuskirche hicrselbst nicht die Thüren der Schloßkirche zu Wittenberg seien, an die Luther seine 95 Thesen schlug; wie Herr Prediger Hentschcl in seinem Vortrage am 15. Juni vorigen Jahres behauptete (ei. Bär 1. Juli 1878. S. 131.) Jene Thüren sind im siebenjährigen Kriege 1760 von den Preußen zerstört worden. Friedrich Wilhelm IV. schenkte der Wittenberger Kirche neue Thüren, und überließ das Modell dieser Thüren in Bronze der neuentstandcncn Bartholomäuskirchc. Zur Verlesung kam aus „der deutsche Garten" Wochenschrift für Gärtner und Gartenfteunde Jahrgang 1879 pag. 1 ff, der Aufsatz: „das historische Moment der Kornblume". Herr Magistrats - Sckretair Ferd. Meyer legte ein Gesang¬ buch vor, an das sich folgende Begebenheit knüpft. Vor der Schlacht bei Groß-Görschen hielt der Feldprediger Offensmeyer .Feldgottesdienst. Der nachmalige König Friedrich Wilhelm IV, der sich bei der 4. Compagnie des 1. Garde-Regiments befand, wünschte zum Mitsingen des Liedes ein Gesangbuch. Von der ganzen Compagnie besaß nur der Grenadier Teltow ein solches. Dieses ging später in der Schlacht verloren. Nach 26 Jahren im Juni 1849 traf der König den Invaliden Unteroffizier Teltow und ftug ihn, ob er nichts von jenem Gesangbuch erfahren habe. Teltow sagt, es sei fort. Nach einigen Tagen schickt der König ihm ein neues Gesangbuch mit folgender Inschrift: „Dem Unteroffizier Teltow als Ersatz für dessen Gesangbuch, welches er beym Feldgottesdicnst 13. März 1813 (zwischen

behandelt.

Das Material hierzu sind die mir von Herrn von Lavallade gütigst zur Verfügung gestellten Theaterzettel, aus denen sich folgende Notizen positiv ergeben. In Berlin betrat Schneider zuni ersten Mal die Bühne den 11. Juni 1813 im Gesellschafts-Theater „Urania" als Genius in „Der Orakelspruch", Oper in 1 Akt von Contesser, Musik von Lauer. Eins ist dabei bemerkenswerth. Die Einnahme war zum Besten der Freiwilligen bestimmt, somit hat Schneider, der mit Recht den Beinamen „der Soldatensteund" führt, bei seinem ersten Auftreten in Berlin den Soldaten — wenn auch unbewußt — einen Nutzen erwiesen. als

ll

Im Königlichen Theater debütirte Schneider am 4. Mai 1820 „Elanier" ein wahrsagender Knabe in „Arur, König von

Ormus", Oper in 4 Akten von Beaumarchais, Musik von

Salieri. Auf dem letzgenannten Theaterzettel wird Schneider, der damals 15 Jahr alt war, natürlich nicht als „Herr" Schneider aufgeführt. So bleibt es auch bis zum 12. April 1823, an welchem Tage „Die Eifersüchtigen oder Keiner hat Recht", Lustspiel in 4 Akten nach dem Englischen des Murphi, von Schröder, gegeben wurde, er heißt nur Louis Schneider. Nach diesem Tage bemerkt man ein wundersames Schwanken in der Ansicht des Beamten, der die Theaterzettel redigirt, denn bis zum 25. Juni 1823 variirt der Zettel, theils nennt er ihn „Herr", theils nicht. Das Nähere ist folgendes: Am 14. April des genannten Jahres wird gegeben „Die Heirath im 12 tei1 Jahre", Lustspiel in 1 Akt nach dem Französischen des Scribe, und Schneider heißt „Herr" Schneider. Diesen Titel lasten ihm auch die Zettel vom 17. 19. 22. 30. April und vom 2.4.7. und 11. Mai. Aber jetzt kommt die Unbeständigkeit; den 12. Mai 1823 in „Romeo und Julie" steht einfach „Louis Schneider", am 19. Mai heißi er wieder „Herr", aber am 25. Juni wird ihm dieser Titel noch einmal, aber zum letzten

Male, entzogen. Zum Schluß

dieses Beitrages dürste folgende 'Notiz aus Bühnenleben Schneiders noch Interesse haben. Die letzte Rolle Schneiders an der Königlichen Bühne zu Berlin war „Hoftatb Fern au" in Jffland's „Spieler" am 23. Mai 1848. — Den 25. und 26. Mai 1848 enthielt der

Wurschen und Hochkirch in der Oberlausitz) geliehen und nicht !

zurück erhalten

Sanssouci

'

;

i 1

| ■

hat."

Friedrich Wilhelm.

12. Jüny 1849. Zum Schluß kam noch ein kleiner Auffatz betitelt „beim groben Gottlieb" aus der Parole dir. 52 von 1878 zur Verlesung.

Die nächste (öffentliche) Sitzung findet Sonnabend, den 8. Februar im Bürgersaal des Rathhauses Abends 7 Uhr statt. Die 253. Versammlung 2. (1. Arbeits-) Sitzung des XV. Vereinsjahres: Sonnabend, den 1. Februar war eine ordcntliche Hauptversammlung. Der erste Punkt der Tagesordnung war eine Ergänzungswahl des Vorstandes. Der zeitige Vorstand hatte für jede fteigewordene Stelle 2 Candidaten aufgestellt, von denen er ausgesprochener Maßen wie alljährlich den ersteren bevorzugte. Die 3 ersten wurden auch fast einstimmig gewählt, so als erster Vorsitzender der Geh. Postrath und Ober-Post-Director Herr Sachsse, als 2. Vorsitzender Herr Stadtrath E. Friede! und zum Archivar Herr Geh. Sekretair Brose. Bei der 4. Wahl trat etwas ein, was, so lange der Verein besteht, noch nie vorge-

kommen ist, und deshalb erwähnen

wähnenswertste,

Mitglied nur

wir, das

sonst nicht sehr Er¬

daß nämlich ein nicht vom Vorstand dcsignirtes

Stimmen weniger erhielt, als der vom Vorstand Zum 2. Schriftführer und Bibliothekar wurde durch diese Wahl der Kaufmann Herr Alfieri gewählt. Ferner ist aus dieser Sitzung, die nur noch Geschäftliches — Geschäftsberichte u. s. w. — enthielt, zu erwähnen, daß der Verein seinen jahrelangen General - Sekretair Herrn Professor Holtzc zum Ehrenmitglied sich erwählt hat. Zu bemerken wäre noch, daß der Bildhauer Herr Oskar Hülcker, Köpnickcrstr. 54, eine besonders im Profil sehr ähnliche Büste des verstorbenen Geh. Hofrath L. Schneider ausgestellt hatte, von der er Mitgliedern Abgüsse zu 15 M. anfertigen zu lassen sich gern bereit finden lassen wird. In der 254. Versammlung, 3. (2. öffentliche) Sitzung des XV. Vereinsjahres, Sonnabend den 8. Februar theilte zunächst der Vorsitzende mit, daß ein, auf den 27. d. Mts., in Aussicht genommenes Winterfest, aus denselben Gründen ausfallen solle, aus denen das Stiftungsfest ausfiel. Dann sprach Herr Dr. C. Bolle über die Vögel in Berlin. Er zählte in fesselndem, oft fast poetischen Vortrage alle die Vögel aus, die theils ihren dauernden Wohnsitz, theils nur vorübergehend ihren Ruhepunkt in Berlin haben. An die 80 Arten führte er nach einander vor, und das muß hier bemerkt werden, daß der Vortragende es verstand trotz der Auszählungen nicht zu ermüden. Es versteht sich von selbst, daß dem Sperling besondere Beachtung zu Theil wurde. Um y.,9 Uhr betrat noch Herr Magistratssekretär Ferd. Meyer die Redner-Bühne und hielt einen Vortrag über das Verhältniß Voltaire's zu Friedrich dem Großen, nicht wie angezeigt war über Voltaire und seine Wohnstätten in Berlin, Redner hatte die Nachrichten über Voltaire's Anwesenheit am preußischen Hofe fleißig zusammengetragen und brachte sie in ansprechender Form zum Vortrage. Um y4 10 Uhr schloß diese Sitzung. Die Tagesordnung der nächsten (Arbeitssitzung) Sonnabend den 22. Februar ist folgende: 2

Vorgeschlagene.

1. Geschäftliches. 2. Stadtrath Friede!: Neue Erwerbungen des Märkischen

vinzial-Museums. 3. Stadtgerichts-Aktuar Stadtgerichts. 4. Schulvorsteher

Günther:

Budczies:

Pro-

Mittheilungen aus dem historisch-statistischen Verein ;u Franlrfurt aD.

In

der Generalversammlung, den 22. Januar gedachte zu¬ Herr Prorektor Schwarze des Verlustes, welchen der Verein durch den Tags zuvor erfolgten Tod des Ober - Regierungsrath Philippi erlitten hatte. Seit dem Ansang des Vereins Mitglied des Vorstandes, war er stets bemüht gewesen, dessen Interessen durch Wort und That zu fördern, selbst noch in den letzten Tagen seines Lebens hatte er einen für diese Sitzung bestimmten Vortrag vollendet. Auch ein auswärtiges Mitglied des Vereins, der Lehrer Voigt in Königsberg i. N., ist vor Kurzem dem Tode erlegen/ Ebenfalls dein Verein seit seiner Stiftung angehörig, hatte er dessen Sammlungen durch Uebersendung von Alterthümern, Bildwerken und selbstgefertigten Gypsabdrücken in aufopfernder Weise begründen und erweitern Helsen. — Die Neuwahl eines Vorstands-Mitgliedes an Stelle des verstorbenen Ober-Regierungsraths Philippi ward vorbehalten, dagegen Herr Kreisgerichtsrath Bardt in Crossen als auswärtiges Mitglied in den Vorstand gewählt und Herr Prorektor Schwarze, dessen Wahlperiode ablief, wiedergewählt. — Nachdem nächst

Herr Stadtrath Herrmann die Rechnung pro 1878 vorgelegt hatte, wurde demselben die Decharge ertheilt, sowie der Dank für die Mühwaltung ausgesprochen. Wie im verflossenen Jahre, wurde auch pro 1879 eine Summe ausgeworfen für weitere Restauration der Bilder auf dem Märtyrchor der Marienkirche, nachdem jetzt auch ein drittes Bild, welches in Tempera-Malerei Christus, in¬ mitten seiner Jünger dem Thomas seine Wundeninale zeigend, darstellt, durch Herrn Mühle in seiner ursprünglichen Gestalt wieder hergestellt worden. Auch ivurde der Vorstand auf Antrag des Herrn Stadtrath Reuß autorisirt, geeignete bildliche Aufnahmen von dem Aeußern oder Innern der zum Abbruch bestimmten Ger¬ traud-Kirche zu veranlassen. — Als Geschenk des Herrn Karstedt wurde vorgelegt dessen soeben in Druck erschienene Chronik seiner Vaterstadt Seelotv, worin mit äußerster Sorgfalt alle zugänglichen Nachrichten über dieselbe gesammelt und durch die eigenen Er¬ innerungen des Verfassers ergänzt worden sind. — Da nach dem Beschluß der Versammlung künftig als der für die Sitzungen be¬ stimmte Tag anstatt des Dienstags der Mittwoch nach dem 15. im Monat festgehalten werden soll, so findet die nächste Sitzung am 19. Februar statt.

die Organisation des berliner

Eine

ältere berlinische Familie

(Brakow) des 15. Jahrhunderts.

Rudolph Lepke Auctionator u. städtischer Auctioiis-Commissarius für Kunstsachen Koch-Strasse 29,

Kunst-Auctions-Haus

übernimmt sowohl den Verkauf grosser Kunstsammlungen , als auch kleiner Beiträge von Oelgemälden. Kupferstiche», Handzeiehnnngen, Knnsthiir.liern, Autographen, .Münzen, Antiquitäten etc. und versteigert solche nach wissenschaftlich angefertigten Katalogen, welche in je 1200—2000 Exemplaren im In- und Auslande verbreitet werden. Die Zusendung der Kataloge erfolgt kostenfrei, und wollen die Herren Sammler nur ein für alle Mal schriftlich bestellen, welche Art von Verzeichnissen sie jedesmal zugesandt haben wollen. Jede mündliche oder schriftliche Auskunft wird auf das Bereitwilligste ertheilt.

Für die Redaction verantwortlich: Rudolph Stricker in Berlin.— Verlag der Nicolaischen Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. Druck:

W.

Mörser, Hosbuchdruckerei in Berlin.

Die Zeitschrift erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 50 Pf., und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolais che Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen. Inhalt: Markgraf Ludwigs d. Ä. Neumärkifches Judenprivileg vom 9. September 1344. (Fortsetzung.) — Wanderung eines fahrenden Schülers durch Berlin. 1591. Mitgetheilt vom Staatsarchivar vr. v. Bülow in Stettin. — Teufelssteine und Teufelsseeu. Von Direktor W. Schwartz in Posen. — Aberglaube, zu Joachimsthal und Umgegend. Von F. Brnnold. — Literatur. — Sagen, Meinungen und Gebräuche Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Berlins. — Mittheilungen kunde Münchebergs. — Mittheilungen aus dem Verein aus dem Verein für Heimathsfür Geschichte der Mark Brandenburg. — Briefkasten.

Markgraf Ludwigs

d.

Ä.

Neumärkifches Judenprivileg vom 9. Septenrker 1344. (Fortsetzung.)

Auf dem Gebiete des Sachenrechts erfahren wir aus unferm Privileg nur indirect, daß die Juden des Eigen¬ thums an Immobilien, wenigstens von Stadthäusern, fähig waren (§ 4), wie dies dem damaligen allgeineinen Rechtszustand der Mark entsprach, während spätere Zeiten Befugniß aus das Empfindlichste beschränkten. Ob sie auch Landgüter, wie schon frühzeitig in Schlesien- erwerben durften, hören wir nicht. Im Jahre 1307 machte Markgraf Hermann in Spandau das den Juden höchst nothwendige Schlachtrecht davon abhängig, daß sie eigene Häuser besaßen, 1323 erlaubte Kaiser Ludwig zwei oder drei Juden, sich in der Altstadt Brandenburg häuslich niederzulassen (Riedel, A. IV, 20), vor 1350 war ein Jude Hausbesitzer in Berlinchen; aus dem Berliner Stadtbuch (Fidicin, historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin. I. 28) erfahren wir, daß neun Judenbuden in der Stadt waren (Klöden, Erläuterungen einiger Abschnitte des alten Berlinischen Stadt¬ diese

buchs

I. S.

8,

will

in den Häusern Reuer-Markt Nr. 10—14, Papenstraße Nr. 14—16 und Spandauerstraße dieselben

Nr. 70 wiederfinden), welche jede vierteljährlich 15 Schillinge

Jt) Zins zahlten. Von den Rechten an fremden Sachen wird nur das

(ca. 16

I

Pfandrecht erörtert (§§ 5, G); den Motiven des Gesetzes entsprechend sehen wir darin den Neumärkischen Juden be¬ deutende Vortheile, auch gegenüber den Juden genden gewährt. Es ist freilich nur von dem

die Rede (die Schlesischen und andere auch die Hypothek an Grundstücken, Stobbe

anderer Ge¬

Faustpfand

Privilegien kennen 117), von einer Be¬ wird aber nichts § 4) war die

schränkung hinsichtlich des Gegenstandes derselben erwähnt. Nach dem Sachsenspiegel (III. 7

Pfandgewere ausgeschlossen an geweihten Gegenständen, die Schlesischen Privilegien und das Rechtsbuch nach Distinctioncn fügen blutige und nasse Gewänder-, das Berliner Stadtrecht

(Fidicin, l. o. S. 150)| zugeschnittene aber nicht verarbeitete Schuhe und Kleider hinzu. Von alle dem weiß das Neu¬ märkische Privileg Nichts. Friedrich I. nahm zwar das „was zur Kirchen gehört" aus (§ 5), Friedrich II. ließ aber diese Clausel wiederum fort. Rückfichtlich der Zeit und des Orts verbieten das Privileg Heinrichs des Erlauchten, das Rechts¬

buch nach Distinctionen und das

Berliner Stadtrecht (Fidicin S. 150) das Pfandnehmen zur Nachtzeit sowie hinter ver¬ schlossenen Thüren, und Letzteres verstattet im Falle eines Streites darüber den jüdischen Pfandgläubiger nur zum Beweis selbdritt, während das Neumärkische Privileg auch das Pfand-

42 nehmen bei Nacht, wenn es nur unter den Augen der nächsten Nachbarn geschieht, gestattet und im Fall eines Streites über die Zeit der Pfandsetzung überhaupt den Juden zum alleinigen Reinigungseide zuläßt (§. 5), wenn aber die Behauptung des Gegners dahin geht, daß die nächtliche Verpfändung heimlich geschehen sei, dein Juden zwar sofort den Gegenbeweis, aber

mit Zuhülfenahme von Zeugen verstattet. Zimmermann (I. c. I. S- 334) interpretirt merkwürdiger Weise den betr. Paragraphen dahin, daß der Jude, Falls ihm durch seine Nachbarn nachgewiesen werde, daß er ein Pfand bei Nacht genommen, das darauf gegebene Darlehn verlieren solle (ihm folgt Philippi S. 11; cfr. auch Stvbbe S. 122). Im Obligationcnrecht ist rücksichtlich der Zahlung eine Bestimmung von großer Tragweite getroffen, während von dem wichtigen, auch dem Sachsenspiegel (III. 7 §. 1 , Berliner Stadtrecht, Fidicin S- 149) bekannten Privileg, daß der Jude als Verkäufer keine Gewähr zu leisten braucht, nicht die Rede Der Sachsenspiegel (III. 40 ist (cfr. Stobbe S- 125 ff.). ls. 2) verordnet: „Sve so penninge oder silver gelden sal, but be dar wedde vore, he n’is darmede nicht ledich, ir gelovede ne stunde also“, d. h. er erkannte im Prinzip

datio in soliitum

nicht als gültige Zahlung an; dem Bild der Heidelberger Sachsenspiegel-Bildcrhandschrift (Teutsche Denkmäler, herausgegeben von Batt, v. Babo re. Heidelberg 1820 Taf. 20, 3) der die

entsprechend weigert sich aus dein

Bote des Gläubigers die vom Schuldner angebotenen Gegen¬ stände (fast wie unserm Privileg bestehend in Pferd, Gewand, und, statt des Korns, in einem Gefäß) anzunehmen. Baares Geld war aber im Mittelalter knapp, und so. verordnet Markgraf Ludwig in richtiger Erkenntniß dessen, was für einen ersprießlichen Geschäftsverkehr nothwendig: „se mögen ok nemen vor ere schulde perde gewant edder körn“ (§. 9). Kloben (Stellung re. I, 61) bezieht dieß ganz ohne Grund aus Privatpsändung, wenn der Schuldner in mora solvendi ist, welche der Sachsenspiegel (I. 70 §. 2 ) nur unter gewissen Umständen dem Christen erlaubt; die Worte des lateinischen Textes »in recompensam debitorum recepta“ Wenn sodann zugestanden lassen keinen Zweifel aufkommen. wird, daß für den Weiterverkauf dieser Gegenstände kein Schoß bezahlt werden soll, so wird dies durch einen Satz der kurzen Ruppiner Judenordnung vom 13. Februar 1323 erläutert, wonach die Juden Korn für ihren eigenen Bedarf ungehindert kaufen dürfen; erwerben sie es dagegen zu Handelszwecken, so sollen sie davon Schoß bezahlen wie die andern Bürger. Es war dies nichts als ein Versuch, die übermäßige Gctreideausfuhr, welcher die Wirthschaftspolitik mittelalterlicher Staats¬ lenker häufig entgegenzuwirken sich veranlaßt sah, zu verhindern. Ob dies auch anderwärts hinsichtlich der übrigen vom Neu¬ märkischen Privileg genannten Gegenstände geschah, ist uns zur Zeit unbekannt, doch läßt es sich bei den Pferden in einer kriegerisch so bewegten Zeit wohl erklären. Der Markgraf gestattete demnach den Juden freie Ausfuhr, wobei ihnen die den Neumärkischen Städten namentlich für die Schiffahrt auf. der Oder und ihren Nebenflüssen zahlreich gewährten Zollver¬ günstigungen, deren sie unzweifelhaft auch theilhaftig waren (cfr. §. 9a) sehr zustatten kamen. Von dem zinsbaren Darlehn, in welchem, neben dem Leihen auf Pfänder, das Hauptgeschäft der Juden bestand, ist gar nicht die Rede; wir müssen annehmen, daß es bei den Satzungen des canonischen

Rechts

sein Bewenden

sind darin ausführlicher.

gehabt habe. Andere Rechtsquellen Am 30. September 1319 ergiug die

bereits erwähnte Zinsverordnung Rudolfs von Sachsen und der Agnes; der Schuldschein für die Berliner Juden Meyer und Macheus vom 22 . Juni 1334 stipulirt nur die even¬ tuelle Verabredung von Verzugszinsen für den Fall nicht pünktlicher Zurückzahlung des Kapitals, woraus man schließen dürfte, daß nach Berliner Gewohnheitsrecht der Darlehnsvertrag

mit einem Juden an sich noch keine Verpflichtung zur Zins¬ zahlung involvirt habe. Beiläufig sei hier bemerkt, daß im Gegensatz zu anderen deutschen Quellen, aber

in Uebereinstim¬

mung mit der auf Römischem Recht fußenden Glosse zu Sach¬ senspiegel I. 54 das Berliner Stadtrecht (Fidicin S. 152) dem Anderivärts Christen Verzugszinsen zu nehmen erlaubte. pflegte, zum Ersatz dafür, der Christ vom Christen „Geld auf Schaden" zu nehmen, d. h. es wurde verabredet, im Falle der schuldnerischen mora solle der Gläubiger das fällige Kapital von einem Juden aufnehmen, der Schuldner aber die dem Juden zu zahlenden Zinsen tragen (Stobbe S. 115). Außer¬ dem trifft das Berliner Stadtrecht Bestimmungen über das Gewähren von zinsbaren Darlehnen an verheirathete Frauen durch Juden (Fidicin S. 150, cfr. Heydemann, die Ele¬ mente der Joachimischen Konstitution 1841 S. 179), und Friedrich II. befiehlt als Ergänzung unseres Privilegs allen geistlichen und weltlichen Richtern, den Juden nicht nur hin¬ sichtlich des Kapitals, sondern auch der Wucherzinsen zu ihren: Recht zu verhelfen.

Aus dem Gebiet des Erbrechts erfahren wir nur durch Urkunde (1320, 1. Januar. Berlin. Urk. S. 37, Berliner eiue 38), daß die Juden Grundeigenthum nach deutschem Recht vererben konnten (-ludei proprium hereditatem habentes, dy eygen erfgut hebben). Vom Familienrecht schweigen die Quellen so

III.

gut wie gänzlich;

die Glosse zu Sachsen¬

führt aus, daß jüdischen Ehefrauen kein Leib¬ gedinge bestellt werden könne, aus dem Jahre 1544 besitzen

spiegel

wir

7

indessen einen

Leibgedingsbrief Kurfürst Joachims

II.

für Merle, die Eheftau Michael Indes (Zimmermann 1. c. II. 319 cf. Riedel, D. I. 110). Vom Strafrecht, auf welches sich einzulassen die übrigen Privilegien mehrfach Veranlassung nehmen, ist im Neumärkischen Privileg gar nicht die Rede. Wir wenden uns nun zum Proceß, ohne, der mittel¬ alterlichen Anschauung gemäß, das Verfahren in Strafund bürgerlichen Sachen zu trennen. Als Kammerknechte der Fürsten hatten die Juden in der Regel ihren Gerichts¬ stand vor den: magister camerae; so erklärt unser Markgraf selbst am 24. Dezember 1334 in seinem Schutzbrief für die Juden

ihm

in Havelberg, Arneburg rc.,

oder seinem Kammermeister Recht

daß sie allein vor zu

nehmen

hätten

Privilegien urtheilte über sic der Hoftichter, bei Delicten zu Hals und Hand der Herzog selbst). Bisweilen wurden aber Ausnahmen gemacht, doch ist es unrichtig, wenn Zimmermann (1. c. I. 328) meint, der Fürst habe in allen den Fällen, wo es Juden erlaubt gewesen, in Städten Grundeigenthum ju erwerben, d. h. Bürger zu tvcrden, auf seine Judicatur über sie zu Gunsten der Stadt verzichtet. Der Besitz von Grundeigenthum konnte eine solche Folge gar nicht haben, da in der Zeit, um welche es sich hier handelt, die Justizpflege in der Regel noch nicht in den Hün(nach

den

Schlesischen

43 den der

Stadt,

sondern in denen eines beliebigen markgräs-

i

Der Stadt konnte es somit im der Jude vor dem Kammermeister ob Grunde gleichgültig sein, oder dem Stadtrichter Recht nahm; wurde Letzteres angeord¬ net, so lag für den Richter darin ein greifbarer pecnniärer Vortheil, die Stadt war dabei nur wegen der Vereinfachung des Verfahrens in Sachen ihrer Bürger gegen innerhalb ihrer Aiauern angesessene Juden interessirt. Markgraf Waldemar erklärte am 5. April 1317 den Städten Berlin und Cöln: „ok wil wy, dat dy inwonende Joden umme broke, den sy don an dufte, an kryge, an wunden und au anderen welkerleye sleglie scolen stau tu rechte vor den schulten, vort mer uns nicht darin tu sel¬ tene"; die Competenz bei geringeren Vergehen der Juden und in Civilsachen erhielt der Stadtrichter 1320, erst am 31. Januar 1391, als Thile von Brügge das Schulzenamt lichen Lehnsträgers

lag.

nebst oberstem und itiedergste Gericht, welches

Kühns,

Gesch. d. Gerichtsverfassung u. d. Processes in der Mark Brandeitburg re. II. 438 ff.), vgl. auch das Striegauer Stadtbuch — Staatsarchiv zu Breslau — ad annum 1358, Fol. 17, wo der handhaften That die Ergreifung mit blutiger Waffe gleichsteht). Ebenso verlangt die lateinische Recension des Privilegs keine sofortige Ergreifung, sondern nur daß die „culpa notorie perpetrata" sei, d. h. daß sich bei dem präsum¬ tiven Thäter die Anzeichen der That, blutbespritztes Gewand, bllitige Waffe u. dgl. finde.

Ebenso selbstverständlich wie diese Ausnahme ist es, daß Rechtsverweigerung durch bcn zuständigen Richter der Rechtszug an den Markgrafen oder seinen stellvertretenden Voigt gehen soll (§. 3 cfr. Berlin. St. R. S- 85: rechtes weigert di lichter, wen he nicht richten wil, oder sin rechte dingetale nicht en holt; so mut man wol over.am bei

er bisher von:

Markgrafen zu Lehn getragen hatte, mit Einwilligung des Markgrafen Jobst den vereinigten Städten Berlin und Cöln verkaufte (Berlin. Urk. B. S. 212, 213), erhielten dieselben auch die Jlldicatur über ihre Juden und damit den Genuß der Gerichtsgebühren, wenn nicht aus der bereits erwähnten Urkunde vom 6 . Juli 1354 gefolgert werden muß, daß die¬ selben damals wieder ihr forum vor dein Kammermeister

;

hatten.

I

Markgraf Ludwig dehnte die Bestimmungen Walde¬ in ar's, Rudolfs und Agnes' für Berlin ans alle Processe der Judeit in der ganzen Neumark aus, verlieh ihnen arid), indem er verordnete, daß fein Dorfrichter gegen sie verfahren solle, wenn sie in einer Stadt ansäßig seieir (die besondere Erwähnung der „prefecti et iudices in villis“ findet darin ihre Erklärtmg, daß die Juden wegen ihrer vielfachen Geschäftsverbindungeit mit dein auf dem Laitde angesessenen Adel häufig die Dörfer bereisten, uiid daß ein in Geldnöthen befiiidlicher Dorfjunker gern seine Angelegenheit mit ihnen vor einem mehr oder weniger von ihm abhängigen Gericht ins

;

|

i

Reine bringen mochte; um unrichtige Auslegungen abzuschnei¬ den, fügte Friedrich I. noch ausdrücklich die „Richter anderer

Städte" hinzu), das von deir Stadtgemeinden so eifrig erstrebte privilegium de non evocando, und stellte sie damit bezüglich des Gerichtsstandes ihren christlichen Mitbürgern völlig gleich; §. 9 des lateinischen Textes (non debent

nobis vel nostris iudicibus) widerruft

I

|

conveniri coram dieß nicht, sondern

entspricht nur der bereits erörterten Thatsache, daß damals die Märkischen Städte noch nicht im Besitz der Gerichtsbarkeit waren. Ausgenommen blieben selbstverständlich die Fälle der

scheinbaren oder handhaften That, in denen auch sonst das forum delicti commissi oder deprehensionis galt. In¬ teressant ist es, daß der lateiitische Text des Privilegs bereits die Ausdehnung des Begriffs der handhasten That zu keniten scheint, welche wir im Berliner Stadtrecht finden. Sollst war es erforderlich, daß der Thäter in flagranti oder wenigstens infolge des erhobenen Gerüstes ergriffen, „in der handhaften dat begrepen, de noch is scinbar (Richtsteig Landrechts 31, 61, Sachsensp. Landr. II. 64), und in continenti mit dem corpus delicti, wie es die Heidelberger Bilderhandschrist (Teutsche Denkm. re.

Taf. 11, 6 ) darstellt, vor

den Richter

(cfr. auch Richtsteig Landr. 30 §. 2: dat het en hanthaftich dat, de eime manne so tu heftit is, als gebracht wurde

it eme tu der haut cleve, dat is also dat des en nicht vorsahen mach); das Berliner Stadtrecht ließ das summa¬ rische Verfahren der handhaften That auch dann stattfinden, wenn ilur die Spuren des begangenen Verbrechens an der Person des Beklagten gefunden wurden (Fi di ein, 1. c. S. 170 oft

l

klagen allerwegen, war man rechtes over en bekamen mach, zusammengezogen aus Ssp. III. 87, §§. 3, 4). Ganz auffallend, und mit der mittelalterlichen Rechtsanschauung unvereinbar erscheint es, daß Friedrich I. im Uebrigen das privilegium de non evocando und die Competenz des Stadt¬ richters anerkennend, die Cogilition in Fällen der scheinbaren That sich vorbehielt; vielleicht schwebte ihm der Satz im Privileg Bolkos I. vor: si autem reatus vergit in personam (Judei), nobis tantummodo hic Casus reservatur iudicandus, und da wol die meisten zur Aburtheilung kommenden Testete zu Hals und Hand bei der mangelhaften Polizei damaliger Zeit sich auf solche beschränkt haben werden, bei denen handhafte That in der oben erörterten Ausdehnung des Begriffs vorlag, kam er oder vielmehr derjenige, welchem die Redaction der Urkunde oblag, aus den unglücklichen Gedailken, beide Ausdrücke

mit einander

zu vertauscheil.

Auch noch eine andere

Stelle in dem gedachten Privileg möchte von Einfluß gewesen sein: si contingit, aliquos Judeos pro quocunque maleficio detineri, non debet eos statim iudicari aut etiam condemnari per iudices terre nostre, sed usque ad preseneiam nostram reservari. Oelsner (Schlesische Juden im Mittel¬ alter, S. 10) will hierin wenigstens handhafte That erkennen, doch hat die Sache ihre Bedenken. In Breslau sollte 1302 bei handhafter That ausdrücklich der Stadtrichter competent sein (Tzschoppe und Stenzel, Urkundcnsammlung zur Ge¬ schichte des Ursprungs der Städte x. in Schlesien und der Oberlausitz. Hamburg 1832, S. 444.) Ein klares Princip erkennt mait erst in der Bestintinung des großen Kurfürsten von 1671 wieder, daß die Juden in Civilsachen vor dem Stadtrichter, in Strafsachen vor ihm selbst Recht nehmen sollen

(Geiger

In

1.

c.

S. 4).

der Natur der Sache liegen

und ebenso eilte noth¬

wendige Folge des privilegium de non evocando ist es, daß die Competenz des geiststchelt Richters in weltlichen Sachen ausgeschlossen bleibt. Des prompteren Verfahrens wegen ließen sich aber Laien häufig bewegen, das forum ecclesiasticum

in Anspruch

'zu

nehmen, sodaß Strafbestimmungen dagegen nothwendig wurden (cs. Ssp. III. 87 §. 1 , Berlin. Stadtr. S. 154), und die Geistlichkeit selbst erlaubte sich nur zu gern

44

dergleichen Uebergrissc (cf. Kühns, 1. c. I, 275 ff.); insbe¬ sondere scheint der Bischof von Lebus solche Neigungen gehabt zu haben (1. c.

279),

sodass

Markgraf Ludwig

es

für

wenig Reize zu bieten hatten, so beschloß er, die unfteiwillige Muße zum Reisen zu benutzen, wobei ihm das anscheinend Nothwendigste, das Geld, die wenigste Sorge gemacht zu haben scheint, denn er erwähnt desselben mit keiner Silbe. Und in der That brauchte der deutsche Student, den die Wanderlüst ergriff, um die Mittel dazu nicht zu sorgen. Der fahrende Schüler fand überall offne Herzen und Hände, ja inanche Bettlerordnung erlaubte demselben das Almosenbetteln gradezu, tvenn nur dabei die Schule besucht ward. Diese Controlle wird aber schwer auszuführen gewesen sein. Und wollte es auch wohl einmal scheinen, als solle die Sonne untergehen, ohne daß dem Müden Labung und Rast geboten worden, so winkte noch als letzter aber sicherer Hasen das

er¬

forderlich hielt, ausdrücklich zu erklären, in weltlichen Sachen sollten auch Geistliche gegen Juden vor dem weltlichen Richter

( 8 - 8 ). Eine merkwürdige Beschränkung der stadtrichtcrlichcn Juris¬ diction ist es, wenn in einem die Stadt Müncheberg (welche damals nicht znr Neumark gerechnet wurde) betreffenden Falle der Stadtrichtcr angewiesen wurde, nur in Processen von Münchebcrgcr Bürgern gegen den ebendort angesessenen Juden David zu erkennen, alle andern Sachen aber an den Kainmermcistcr abzugeben (Urkunde vom 30. November 1356, Riedel, A. xx., 264). Wenn im Jahre 1430 der Markgraf Johann in dem Proceß der Juden Jacob und Abraham gegen den im Lebnsischen begüterten Hans v. Gvlitz wegen eines Darlchns selbst erkannte (Riedel, A. xx, 264), so ist das nicht auffällig und gegen das Fridcricianische Privileg verstoßend, (wie Philippi, S- 12 anzunehmen scheint) weil das Forum klagen.

der Person des Beklagten zu richten hatte. Den Schlesischen Privilegien zufolge, welchen die Competenz des Stadtrichters über die Inden fremd ist, sollen alle

gastliche Pfarrhaus, in welchem gelegentlich wohl gar ein vormaliger Studiengenosse den alten Contubernalen empfing

und verpflegte.

In

sich nach

st

gegen Juden vor der Synagoge geführt werden, nobis oxceptis et nostro palatino, qui eos possumus ad nostram presenciam evocare; dem entsprechend wird in Schweidnitz 1336 ein „Judcnding" erwähnt (Tzschoppe und Stcnzel, I. c. S. 540; Burggraf Friedrich von Nürnberg bestimmte 1373 für die Jude» in Hos, der Amtmann solle in Prozessen gegen Juden das Gericht vor der Synagoge mit zwei christlichen und drei jüdischen Schöffen besetzen. Stobbe S. 145), und der Magistrat von Salzwedel verspricht 1349, Processe

Wanderung eines fahrenden Schülers dnrch üerlin. 1591. n. Lülow

iu Stettin.

Im Folgenden gebe ich den Lesern des „Bär" Kenntniß von dem Besuch eines Frankfurter Studenten in Berlin im Jahre 1591, wie sich derselbe in einem sehr voluminösen Saminelbande der Zittaucr Rathsbibliothek erzählt findet. Michael Franck, Student der Theologie aus der Universität zu Frankfurt a./O., sah, nachdem er kaum ein Jahr daselbst den Studien obgelegen, plötzlich dieselben durch das Auftreten einer Pest unterbrochen, welche Lehrer unb Studirendc zum schleunigen Verlassen der Stadt nöthigte. Da ihm die ärm¬ lichen Verhältniffe des väterlichen Pfarrhauses zu Tzschetzschnow, einem Dorfe eine halbe Meile südwestlich von Frankfurt, nur

Michael Franck

sich

Völkern ich gewesen". Später wurde er, nach mancherlei Veränderungen, zum Pfarrer aus ein Dorf bei Zittau berufen, und das wird die Ursache gewesen sein, weshalb seine Reise¬ beschreibungen, übrigens nur in einer im Jahre 1677 ge¬ schriebenen Copic, in die Zittauer Rathsbibliothek gelangten. Schon aus der zweiten Reise, und zwar auf der Rückkehr von Hamburg hatte Franck mit Marktfuhrleuten von Magde¬ burg aus Berlin berührt, ersparte sich aber in seiner Hand¬ schrift die nähere Beschreibung der Stadt, da er unmittelbar danach, aus der dritten Reise, welche den sächsischen Universi¬ täten galt, Gelegenheit zu längerem Aufenthalt und besserer Beobachtung zu finden hoffte. Diesen zweiten Besuch schildert der folgende Bericht, und wenn es auch unbillig wäre, an die Erzählung hohe Anforderungen zu stellen, da der Held derselben. nur eine bescheidene Stellung im Leben einnahm und meist reisende Handwerksburschen zu Genossen hatte, so enthalten die schlichten Worte doch für die Specialgeschichte und die Culturgeschichte im Allgemeinen Manches, was der Beachtung werth erscheint. Im Jahr Christi 1591 bin ich von meinem contubernale

(Schluß felgt.)

vr.

hat denn auch

solche Reisen nicht gemacht, doch erfahren möchten, bei welchen

daß Voigt und Rath dem angeschuldigten Juden vor der Schule zu seinein Recht verhelfen würden. Das Privileg Ludwigs weiß davon nichts, denn daraus, daß jüdische Eide vor der Synagoge geschworen werden sollen, kann man schwer¬ lich schließen, daß auch das Gericht dort gehegt worden sei. Im Gegentheil muß man aus der thatsächlichen forensischen Gleichstellung der Consessionen und aus der ausdrücklichen Bestimmung, daß der Kläger mit dem Juden vor den Stadt¬ richter kommen solle, folgern, daß über sic an gewöhnlicher Dingstatt verhandelt tvordcn.

Mitgetheilt vom Staatsarchivar

dieser Weise

Jahre lang, von 1585—1592, mit Abrechnung kurzer Zwischenpausen durch die Welt gebettelt, hat zuerst Wien, dann Pommern, Mecklenburg und Dänemark besucht, ist näch¬ her über Lübeck, Hamburg, Niedersachseu nach Hause zurück¬ gekehrt, bald aber von Neuem ausgebrochen, um die Universi¬ täten Wittenberg, Leipzig und Jena kennen zu lernen. Die letzte, größte und auch in vieler Beziehung interessanteste Reise unternahm er nach Italien, seine sämmtlichen Fahrten aber hat er später sorgfältig aufgezeichnet, „daß auch andere, die sieben

1

und Schulgesellen, einen mit dem ich von Jugend aufflogen und bekanndt, auch unter einer Privatdisciplin gewesen unter M. Christiane W., conrectore der Particularschulen zu Frankfurt, eines Buchbinders Sohn Adamus Francke, welcher zuvor nicht auskommen oder unter srembde Leute kommen, und sich gegen mir erboten mit fteyer Zehrung aus¬ zuhalten, wo ich ihn ausführen und ihme einen Reisegesellen geben, dann er gerne die meißnischen Universitäten besuchen, bin also dadurch bewogen worden durch sein öffteres Anhalten, weil ich diese Oerter zuvor auch gern begehrt zu sehen. Haben uns also aus die Reise gefaßt gemacht, unser suppellectilem eingepackt, unsern dritten Stubengesellen aus unsern Stuben

45

Lei den Unsrigen verlaßen und demselbigen zu verwahren befohlen, unsern Tisch 4 Wochen in der Communität auffgekündiget und sindt den 6 . Augusti im Nahmen Gottes ums Glock 8 glücklichen von Franckfurt unsern Vaterlande abge¬ schieden und erstlichen kommen auf folgende Dörffer als Boßen, Treplin, Peterßhagen, Arnßdorff und Liebendorff, da wir das erste Nachtlager gehalten. Von dannen sind wir des andern Tages, allda noch ein Gefährte und Buchbinder zu uns kommen, mit einander fortgereiset und kommen aber auf diese Dörffer Schönfeldt, Vogelßdorff, und ums die Vesperzeit ums Glock 3 nach Berlin, von dieser Stadt ich jetzt Meldung thun will. der Hauptstadt in der Warck zu AtrandeuKurg, und dem tzkursürsttichcn Losttaqcr datctöstcn.

Don Derrkin,

In diese Hauptstadt Berrlin sind wir kommen den 8 . Augusti und in Cöllen bey einem Pergamentmacher zur Herberge eingekehret. Es ist eben diese Stadt in zwo Städte getheilet, die eine wird genanndt Berrlin, die andere Cöllen, welche beyde Städte der Fluß, die Spreu, scheidet, welcher groß und durchhin wegläufst; liegen an einem lustigen Ort, fast im Thal. In der Hauptstadt Berrlin sind zweene Kirchen, die erste genanndt zu S. Marienkirchen, welche eine feine wohlgezierte Kirchen und in welcher ein reicher Bürger, Joachim Steinberger, einen schönen Altar wie ein Epitaphium darinnen aufsezzen lassen, auch diese Baarkirchen rings herumb schön zieren und mancherley Figuren altes und nettes Testaments lustig mahlen lassen, welches die Kirche schön geschmücket; wie sie denn auch zu dreyen Jahren daran gear¬ beitet, und sich dieser Mann und seine Nachkoininen ein ewiges

In

,

-

Gedächtniß dadurch ntacheit lassen. Die andere Kirchen wird genannt S. Nicolaus, welche auch eine seine Kirchen und mit schönen Gemählden und Taffeln gezicret; in dieser hat des Churfürsten von Brandenburg Canzeler, der H. Distelmair sein Begräbniß gehabt, welches schön erbauet. In der andern Stadt Cöllen sind auch zweene fürnehme Kirchen, als die eine S. Petrus genanirdt, welche eilte seine Kirchen, inwendig auch schön und hübsch gezieret, dabey ist eilte hohe Spizen. Die andere ist der Doin, welcher zweene hohe Spizzen hat, diesclbigen sind mit Schiefer gcdecket; in welchen von Schloß ein hoher hölzerner Gang gehet, darauff der Fürst sampt den

wohl nutriretDen 8 . Augusti hab ich die alte Hcrtzogin in Dom be¬ nebelt zweene junge Fräulein und den jungen Herren gesehen, denn sie fleißig in die Betstunden und zu den Löbeit der

Fraulein in die Kirche gehen kan, wie es denll auch eine sonderliche erbauete Stadt in dieser Kirchen von diesen Gange hat. Es stöst die Domkirchen fast an des Marrgraffen Schloß; die Fürsten von Brandeitburg, so allda Hoff halten, haben auch ihre Begräbnisse in der Domkirchen im Chor für dem

canonicorum gangen, uitd noch viel davoit gehalten. Es sind auch diese beyde Städte eben feste erbauet mit ziemlichen starckcit Mauren und Graben, umb die Städte hat es auch schöne Gelegenheit von lustigen Tänz- uitd Baumgärten, dariitnen die Bürger mit ihren Frauen und Jtingsraueit können spatzicreit gehen, wie ich denn auch zu der Zeit von ihnen hinausge¬ führet bin wordeit, iit den sauren Kirschen und nnbern Obst

Altar, wie beim ezlicher Fürsten Begräbnisse allda zu Ein messinger Leichenstein, von der Erden erhöhet, ist auff eilt Grab geleget, soll seyn Marrggraff Hoheit

sehen

gewesen.

Joachim Friedrichs,

des

Fürsten

Schiffe und Fischer ihre Lust haben uitd bringen. Für den Schloß neben dem Waffer ist ein feilt raumer Doritierplazz, darauff man zum Ringlein rennet; in den Schloß ist auch eilt ziemlich Kirchlein, darinneit täglicheit der Gottesdienst mit Predigen verrichtet und eilt sonderlicher Hoffpredigcr darinnen gehalten, der mir wohl bekandt gewesen, denn er von Francksurt dahin vociret und mit ritir zugleich allda studieret, Herr Sebastianus Möller von Breßlau aus der Schlesien, ein seiner gelehrter Mann. Hinter dein Schloß ist auch ein feiner, fürstlicher Lustgarten mit maitcherley schönen Obstbaumen, frembden Früchteit uitd wohlriecheitden Krautern, nach herrlicher Art gepflanzet uitd erbauet. Es sindt auch diese beyde Städte vvit gebrannten Zicgelsteinen hübsche Gcbälide erbauet, soitdcrlichcn haben die von Adel und des Churfürstcits Hoffleutc neben den vornehmsten von der Bürgerschafft und Richtern schöne pallatia uitd große Gebällde auch driirnen, die sie sonderlich betffen zieren. beyden Städten hält sich das Volck aus märkische Art in Reden und in Kleidung, sind sonderlich prächtig aber doch freundlichen und gütig, nur iticht sonderlich gar reinlich. Es sindt auch dariniten neben den Pfarrkirchen aitderc Gestifftc und Klöster geweseit, als das graue Kloster, item zum h. Geist, dabey eilt feiner Kirchhoff, der mit dreyen Linden gar bedecket, alß mit einer Weinlöben, darauff in Sommerzeiten zu Mittag alle Soitntag geprcdiget wird. Ist ein hölzeriter Predigtstuhl und viel Bältckc darunter erbauet, die drey Sinben aber werden gar niedrig wie ein Löbcit geführet, daß sie ben ganzen Kirch¬ hoff uitd einen weiten Plaz bedecken; ist in Sommerszeiten fein lustig kühl darunter zu sizzen, auch mit Verwunderung anzusehen, daß drey Bäume einen solchen Plazz bedecken mögen. Es gehet auch von beyden Städten eine hölzerne Brückeit über die Spreu, so von einer Stadt in die ander stehendt und zti des Marggraffcn Burg führet; das Wasser hat auch auf beyden Seiten viel schöne Mühlen, den beyden Städten sehr dienstlichen und nüzlichen mit vielen Gängen und Rädern. In der Stadt Cöllen hat es am Marckt unter deut Rathhause einen feinen Keller, darinnen man allerley frembde Bier, bernauwisch, reppinisch und gerbsten Bier haben kan, auch brauen die Städte daselbst ein gutes rothes Bier, so sehr

Johannis Georgii

Vaters Begräbniß. Es werden auch noch von den alten Fürsten viel Dom- und Chorschüler, die täglichen die Loras

zu ergötzen.

verrichten, gehalten. Das Churfürstliche Brandenburgische Schloß und Hauß stehet zwischen den Dom und der Spreu, also daß das Waffer unter dem Schlöffe auf einer Seiten weg läufst; ist zwar auswendig nicht schölt anzusehen aber innwendig fein gezieret und von großen Quadraten uitd Werckstücken erbauet; man kan davon feilt über die Spreu und Wasser sehen, wie die

sonsten nebelt dem Waffer und der Spreu hat cs auch schönes Wiesewachs für die Viehezucht, daß also dieser Stadt iticht leicht etlvas

Es hat auch noch einen ziemlichen Boden umb

Stadt zum Ackerbau, doch etwas sandig, trebinischen Seiten warts etwas Weinwachs, die

,

auch nach den

mangelt; Holzuitg ist geitung uitd überflüssig zu bekoiniiten. Man hat auch in demselben Jahre einen reichen Kaufs,,tan, der mit Wolle gehandelt, mit dem Rade gerichtet, welchen ich noch habe drauf liegen sehen, der hat in der Christnacht sich

46

in

den

Dom verschließen

lassen

und die silberne Götzen,

so

auf dieß Fest zur Zierde auf den hohen Altar gesezzet, be¬ raubet, dem Moer viel hohe Edelgesteine, so er an den Ringen und Fingern gehabt, abgeschlagen, wie denn auch von einem Carsunckelstein, so er bey ihm funden, und an Beute einer Tonnen Goldes Würden davon gebracht. Und obwohl harte Inquisition von Fürsten geschehen, hat doch dieser Kauffman den Schaz mit der Wolle, so er geladen, hinausbracht, ist er zur selben Zeit davon kommen; aber mit den Edelgesteinen, damit er sich endlichen gewittert und zu Nürrenberg verpartiren wollen, offenbahr gemacht, denn allenthalben mit allen Fleiß Kundschafft darauff geleget worden; und also hernach dahin wieder gehvlct und seinen Lohn bekommen. Nachdem wir uns nun in diesen Städten nach Nothdurfft besehen, auch ezliche Tage darinnen verharret, ist mein Reisegesell des Reifens und Wanderns schon satt und überdrüssig gewesen, und alß wir wollen und weiter sollen auffziehen, hab ich ihn nicht können fortbringen, sondern hat sich fürge¬ nommen, wiederumb von Berrlin zurück nach heim zu ziehen, ich also mirs zu Schanden nicht thun wollen, sondern meinen Weg alleine und fürgenommene Reise zu vollführen und zu vollbringen ziehen müssen, bin also den 9. Augnsti deß Morgens umb 6 Uhr auffgezogen und habe den faulen Schlüngel zu Berrlin hinter mir verlassen, der n.icht aus der Herberge gewollt.

Teuftlsstrint rmd Teufelsfeen. Von Direktor

5U.

8ckwarh

in Posen.

Wie es eine prähistorische Archäologie giebt, die aus den Gräbern der Vergangenheit die Lebensverhältnisse der früheren Generationen, von denen uns keine Geschichte meldet, darzu¬ stellen bemüht ist, so giebt es auch ciue prähistorische Mythologie. In den mündlich von Geschlecht zu Geschlecht sich fortpflanzenden Traditionen des Volkes liegen die mythischen Anschauungen der Urzeit ebenso abgelagert über und durch¬ einander und zeugen ebenso von den Entwicklungsphasen, wie die verschiedenen Schichten der Erdoberfläche in ihren Nieder¬ schlägen den Entwicklungsprozeß dieser erkennen lassen. Eine der itüchstlicgendcn Perioden auf mythologischem Gebiet ist die, in welcher beim Einzug des Christenthums in die heidnischen Lande sich der schaffende Geist von Neuem in halbchristlichen Formen in dieser Hinsicht, zum Theil unter dem Einfluß, zum Theil unter stillschweigender Billigung der Geist¬ lichkeit, bekundete und entwickelte. Bot doch der neue Glaube zunächst keine neue specialisirte volksthümliche Naturphilosophie, wie sie implicite das Heidenthum enthalten, so daß es natür¬ lich war, daß die Phantasie wieder in dieser Beziehung ihre eigenen Wege ging uitd sich im Anschluß an die Gestalten, welche daS Christenthum lehrte, die Dinge von Neuem zurecht Sv wurde theils manche schon fixirte Sage zu legen anfing. oder Vorstellung sowie heidnische Göttergestalt direkt in ein christliches Gewand gekleidet oder auf christliche Persönlich¬ keiten, auf Heilige wie auf den Teufel übertragen, theils aber entstanden auch geradezu, >vas man bis jetzt vielfach übersehen hat, gleichsam ganz neue selbstständige Anschauungskreise. Auf ward der Himmel von Neuem vom volksthümStandpunkt aus gleichsam bevölkert. Trat die Sonne lichen diesem Wege

B. vielfach in Beziehung zur Himmelskönigin, der Jungfrau Maria, so brachte man das Gewitter, in welchem man nach altheidnischer Vorstellung eine Auflehnung irgend welcher Art gegen den Himmel wahrzunehmen ineinte, in Verbindung mit „dem Widersacher", dein „Teufel" uud allerhaiid „bösen

z.

Geistern", ivodiirch der ganze alte dämonische Hexen- iind Zauberglailben ins Christenthum mit hinüber kam. Aus dem Gewitter erhielt der Teufel speciell seine plastisch volksthümliche Gestalt. Geht der „Hinksuß" auf den Donner, der auch sonst in den Mythen so als der dem Blitz „nachhiiikeirde" gefaßt wurde, so bezieht sich der „Teufels¬ gestank" ursprünglich auf den „Schwefelgeruch", welcher den einschlagciideii „Strahl" zu begleiten schien, gerade wie die Bezeichiiuiig „der Schwarze" für deii Teufel auf die duiikle Getvitterivolke beutet, in der sich sein Nahen bekundet. Speciell aller Schaden, den gewaltige Unwetter anstifteten, über¬ haupt alle scheinbar maßlosen Stürme u. dergl. war man geneigt auf Hexen und Teufel zu beziehen. Liefern von dem ersteren die Hexenprozesse traurigen Andenkens die Fülle von Beispielen, so bieten von dem letzteren die Chroniken des Mittelalters oft bis in die Neuzeit hinein die reichsten Bei¬ spiele. Aus der großen Fülle greife ich zunächst eins aus England heraus. Da heißt es in der Chronik von Mailros vom Jahre 1163*): „In the same month was a great tempest in Yorksbire; and the devil was Seen by many to go in front of that tempest in the shape of a great black horse, shaking constantly for the sea, and followed by thnnder and lightning, with dreadful craches and terrible hall. The marns of the horse’s progress were observable afterwards in several places, particularly on the eliff near Scarborough, whence he leaped into the sea, where for a full year after inight be Seen a great black hole.“ Beson¬ ders zahlreich sind die Darstellungeit, in denen der Teufel und die anderen maligni Spiritus in den Gestalten feuriger

Drachen

erscheinen.

Eins von den

schon

Immer ist das Gewitter Teufelswerk. etwas erbleichenden Bildern der Art,

welches aber doch noch die Conturen deutlich hütdurchblicken

läßt, habe ich im „Heutigen Volksglauben und das alte Heideitthtun" S. 118 aus dem märkischen Chronisten Angelus abgedruckt. Da heißt es zum Jahre 1598: „Bald auf diese Sonnenfinsterniß folgte ein großer und

Sturinwind, der

übernatürlicher

fast die ganze Woche heritach

grausamlich

tobte, sonderlich aber aus dem Mittwoch oder am ersten Tage des Märzmonats, da er in der Mittelmark des Kurfürsten¬ thums Brandenburg merklichen Schaden that mit Umstürzung Häuser und Scheunen und unzählig viel großer

Bäume in

den Walden hin und wieder, deren etliche er mitten entzwei gebrochen, daß man sich darüber verwundern müssen, und mit Entdeckung der Kirchen, Häuser und anderer Gebäude. Und will ich wohl glauben, daß der Teufel, der rechte hellische Schadenfroh, da er sich, als ein angebundener Kettenhund, an uns Menschen und an unserem Viehe, so wir zu unserer Notturst und 'gebrauchen, nicht hat machen dürfen, uns Nahrung also in Schaden zu bringen, daß er sich deitnoch an den -

*) Wright, Essays on Subjects connected with the literature, populär superstitions and historv of England in the raiddleages. London 1846 I. 304.

47

Gebäuden

Bäumen habe teuflisches Müthlein daran habe kühlen wollen. Doch auch nicht mehr und ferner, als ihm Gott der Allmächtige verhänget und nachgegeben." etlicher maßen und auch an den

Schließen sich an diese Vorstellung Ausdrucksweisen, wie man sie wohl noch heute bei einen: starken Unwetter von volksthüinlicher Seite hört: „es ist als wäre die ganze Hölle losgelassen" oder wohl auch: „es ist ein Tenfelswettcr", über¬ haupt dann Redeweisen wie: „der Teufel ist los" d. h. lvsgebrocheu, so hat auch die andere Seite der obigen Darstellung, daß

„Gott der Herr"

dem

Teufel

j

ein solcher Wolkenbrnch bei heftigem Gewitter über Reutwen und den Bruch sowie Buchholtz, welches ganz über¬ schwemmt, Vieh, so man nicht retten können, in den Ställen ersäufet, im Felde auch solche Löcher ausgewaschen worden, worin ein Stück Vieh sich verbergen können, und dergl. mehr." Unter diesen Umständen dürfte es auch nicht auffallen, ja seine Erklärung finden, wenn auch in Parallele zu den Teufels¬ steinen sich das Volk „vereinzelte" Seen, namentlich, wenn etwas geheimnißvolles sich daran knüpfte, siez. B- grundlos zu sein schienen, so daß man über ihren Ursprung nachdachte, mit den geschilderten Scenerien in Verbindung brachte und „Teufelsseen" nannte, sie von einem Unwetter einmal übrig geblieben erachtete. Der „Gewitterteusel" hatte sie geschaffen, wie den Griechen die Flüsse vielfach „voin Hinnnel gefallen" zu sein schienen, in der Schweiz man dem „Gewitterdrachen" das „Anschwellen der Wasser" ausdrücklich noch sprichwörtlich zuschreibt, die Finnen nach ihrem „Gewittergott" Ukko „Seen, Wafferfälle und Buchten" vielfach benennen (vergl. Castren, Finnische Mythologie 1853 S- 45).

gegenübersteht und ihm

nur, wenn er losbricht, einen gewissen Spielraum läßt, sein volles Analogon in der Pommerschen Redensart „Nun schlag Gott den Teufel todt", welches gleichbe¬ deutend ist mit dem: „Nun schlag ein Donnerwetter drein". Es hängt nämlich, wie ich im Heut. Volksgl. S. 6 erwähnt, mit folgender von Grimm schon nachgewiesenen mittelalter¬ lichen Vorstellung zusammen, daß Gott den Teufel im Ge¬ witter verfolge, man deshalb z. B. Thür und Fenster zumachc, damit der gejagte Teufel sich nicht in's Hans flüchte, und da ihn Gott immer ereilt, dies nicht vom Wctterstrahl noch

getroffen werde.

Halten wir diesen gezeichneten Hintergrund fest, so kann wenn auch einzelne Momente und na¬ Gewitters sich in besonderer Weise des mentlich Folgen diesem Bilde einfügten und dem entsprechend gefaßt wurden. Das Donnergepolter z. B. faßte der Volksglaube vielfach als ein Rollen und Wersen mit Steinen dort oben und brachte es so zu allen Zeiten mit den Himmclsriesen in Ver¬ bindung. Wie Frau Harke, die alte heidnische Göttin in der Mark der Sage nach einmal den Dom zu Brandenburg oder Havelberg sollte haben einwerfen wollen oder Riesen mit solchen Steinen überhaupt (im Gewitter) zu werfen schienen, es nicht befremden,

Daß der Teufel allmählich überhaupt dann bei irgend welchem unheimlichen Charakter eines Terrains herangezogen wurde, inan auch z. B- „Teufelsschluchteir", „Teufelsgründe" findet, ja die Idee sich noch weiter ganz verallgemeinert und das bloß Merkwürdige in der Bildung auch hineinzieht, — ich erinnere an die Teuselskauzel im Harz, so wie die öfter vorkommenden „Teufelsbrücken" — dies dürfte in Betreff

für den Teufel, denn die christ¬ lichen Kirchen waren ihm ja ein Greuel und wenn der Wetter¬ strahl ihre hochragenden Thürme besonders häufig traf, so so paßte es sich erst recht

sprach das ja besonders

für

den

der oben entwickelten Ansichten kein Gegenbeweis sein, denn die „Teufelssteine" und „Teufelsseen" haben allem anderen

Teufel, „der sein Müthlein

typisch ausgeprägten Charakter und hän¬ gendeutlich milden betreffenden Naturkreisen zusammen und stellen gegenüber einen so

an ihnen zu kühlen suchte". Erklärt sich so der Ursprung der betreffenden Tenfelssagen, so kann es auch nicht weiter auf¬ fallen, daß man das Vorkommen einzelner „isolirter" Steinblöcke, wie sie nainentlich in Norddeutschland sich so zahlreich

finden,

mit Frau Harke und

ebenso wie

sich zu entsprechenden

gangspunkte

den Riesen, so auch

Verheerungen

des

bei einem Unwetter die

Schädigungen

noch

III.

wvlken-

bruchartige Regengüsse und Ueberschwemmungen herbeiführen, wenn, wie der Dichter sagt, die Wolken Seen herabschütten ; diese Verheerungen gehörten auch offenbar zu den Tcuselswerken; von denen wir reden. Die alten Chro¬ niken registriren oben

erwähnten

derartiges

Angelus

der ersten Woche nach

Platzregen

und

auch z.

B-

stets.

Schlossen

:

1588 ist nach dem

a./W. in mit heftigen Gewitter das

zu Landsberg

Trinitatis von

einem

vermischten

sein

Non S. iitimoM.

bedeutsamer

aus, welche

Aus¬

zu

Aberglaube, Sagen, Meinungen und Gebräuche ;u Joachinisthal und Umgegend.

Sturmes und dem ein-

treten unter Umständen

der analogen Vorstellungen gewesen

scheinen.

gerade wie man einzelne Hügel aus der Schürze eines Niesen oder Riesenmädchens gefallen wähnte. Neben den

anderen Vorstellungen, daß sie nicht unter

dem Uebrigcn verschwinden, sondern vielmehr überall die

mit dem Teufel in Verbindung brachte, man namentlich solche erratischen Blöcke „Teufelsteine" nannte. Der Stein war gleichsam noch das übrig gebliebene Andenken eines solchen Wurfs, er war dem Teufel aus der Hand gefallen,

schlagenden Blitz

auf dem Markte einer eilen hoch gestanden. 1622 hat zu Frankfurt a./O. ein Wolkenbruch die Gärte« vor dem Thore mit dickem Sande über¬ schwemmt, und Zäune, Wällen, Mühlen gänzlich verderbet und zerrissen, auch in der Stadt gewaltige Ver¬ heerungen angerichtet „nt in t'oro jumenta ventre tenus undis instarcnt et templum Cathedrale inundaretur, sepulchra conturbarentnr cet.“ „Ein anderes Mal", heißt es, „ging Wasser

machen und sein

i

Göthe meint: der Aberglaube sei die Poesie des Lebens; und findet es daher auch natürlich, daß die Dichter aber¬ gläubisch seien- Da nun aber auch, nach Anast. Grün, mit dein letzten Menschen auch der letzte Dichter stirbt — oder umgekehrt; so ivird auch der Aberglaube nicht aussterben — und alles Eifern dagegen, muß als nichtig erachtet werden. In der Sage liegen die Uranfänge der Geschichte — und während die Geschichte inehr und mehr sich zur Selbstständig¬ keit heranbildet, zu einem imposanten Gebäude heranwächst — wird die Sage der Epheu, der an die Mauern desselben sich

48

hinaufrankt — um Thor und Thür, wie mit Arabesken um¬

der Sage Epheu die Mauern und Stätten

zogen, zu zieren und zu schmücken.

begann.

Schloß Grimnitz, dicht bei Joachimsthal gelegen, oder in alten Schriften heißt: Schloß Grymenitz, vom Mark¬ graf Johann um das Jahr 1247 am Westufer, des gleichnamigen Sees erbaut; diese Grenzfestung gegen die Ucker¬

Und wenn der alte Bekmann in seiner historischen Be¬ der Chur und Mark Brandenburg Seite 367 meint: „daß man vor Zeiten eine besondere Wiffenschaft ge¬ habt, die Felssteine so zu spalten, daß sie regelmäßig zersprangen,, daß diese Kunst aber verloren gegangen" — so wird sie wohl der Art wieder aufgelebt sein, daß man gegenwärtig hier fast bergmännisch die Felssteine aus tiefen Gruben heraufbefördert, um sie zu Pflastersteinen zu zerspalten uud zu zerschlagen. Die Felder werden durchwühlt, dem Ackerbau für immer entzogen. Es bleibt eben kein Stein auf dem andern — und so müssen also auch die Grundmauern des alten Schlosses Grimnitz fallen — der Berg wird umgewühlt — die letzte Spur von dem Dasein eines edlen Fürstengeschlcchts verschwindet; man fraget nach der Stätte — und kennet sie nicht mehr. Doch der Aberglaube, diese Poesie des Lebens, stirbt nicht aus. Und wie an Schloß Grimnitz, mit dein dazu gehörigen Forst, sich die Sage angeklammert, wie wir dies in unserenr Artikel: „Grimnitz" in der A. Encykl. d. W. u. K. von Ersch und Gruber zum Theil verzeichnet; der alte Bekmann und nach ihm Schwartz u- A. in der Sage von Behrens Kirchhof u. s. w. berührt haben; so auch erzeugt die Gegenwart immer neue Blüthen, dieser nie absterbenden Volkspoesie — und die Frau, die mir die nachfolgende Sage aus Joachimsthal mit¬ theilte, hatte in ihrer Art Recht, wenn sie aus meine gelinden Zweifel an der Wahrheit der Sache, die Arme in die Seite stemmte und ganz resolut sagte: Und das wissen Sie nicht? Des is ja ganz republik! wobei sie sagen wollte: Es ist dies ja ganz public — allgemein bekannt. — Glauben Sie es mir! sagte sie, der alte verstorbene Nachtwächter N. N. hat die Frau ja oftmals vom Kirchhof Herkommen — und durch den Garten in das Haus schreiten sehen. Sie hatte im Grabe keine Ruhe, denn der Mann hatte ihr den Trauring vom Finger abgezogen — und sie war ohne denselben begraben worden. Das ging nicht — und darf auch nicht sein — denn wozu iväre denn sonst solch ein Ring, und wozu wären denn die Worte bei der Traurede, wenn so ein Trauring auch nicht über das Grab hinaus binden sollte. So'n Ring ge¬ hört der Frau, das ist ihr Eigenthum — das Niemand nehmen kann und darf. Das haben die alten Heiden schon so ge¬ halten — und das muß sind und bleiben! — Genug, die Frau ist gekommen! Nicht einmal, sondern oftmals — bis — bis — er, na! Sic wissen ja, wen ich meine — und kennen ihn — bis er richtig hat hingehen müssen — ein tüchtig Loch in den Grabhügel hat wühlen müssen — und den Ring dort hineinlegen, so tief, so tief er

wie

es

mark, dieser Liebliugsaufenthalt Otto's mit dem Pfeil, des Minnesängers, dieses Fürsten aus dem Hause der Askanier, der Anhaltiner — wird binnen Kurzem mit seinen letzten, jetzt noch vorhandenen Grundmauern, und Ueberbleibseln aus früherer Zeit verschwunden und der Erde gleich sein. Die Stätte wo im Jahre 1529 ein Friede zwischen Pommern und Brandenburg geschlossen wurde; und in Folge dessen das Herzogthum Pommern später an Haus Branden¬ burg fiel, ist unter den Hammer gekommen, der Berg, die Anhöhe aus dein das Schloß gestanden, ist einem Steinhändler zugeschlagen, die Felssteine die im Berg und in den Grund¬ mauern noch vorhanden — werden zerschlagen — und zu Pflastersteinen verarbeitet werden. Es ist dies der Lauf der Welt! Das Schloß in dem 1613 am 6 . Dezember noch eine so fröhliche fürstliche Jagd¬ gesellschaft beisaminen war — wird nach Kurzem, auch dem Namen nach, vergessen sein; man wird den Pflug, den Hammer, die Axt über die Stelle gehen lassen, die Erde aufwühlen, wie mail die Unmasse von alten heidnischeil Gräbern, Urnen u. s. w. zerwühlt and zerschlagen hat, die in Wald und Feld überall sich fandeii — und zum Theil auch noch vorhanden sind, uiid gleichein Schicksal anheim gehen. Hierher, nach Schloß Grimnitz, lenkten zur Zeit die Minnesänger ihre Schritte und Gedanken, hier, in der Halle des Schlosses, schlugen sie ihre Harfen; der Tannhäuser sang: Der Hos von Brairdenburg steht wohl. Die Blicke der Fürsten richteten sich auf die Askanier und mehr als eininal winkte die Kaiserkrone — und nur die Weisheit, die obwohl nach Gut stehend und sie zu Mehrern des Landes machend, hieß sie eine Ehre, einen Glanz ablehnen, der nicht zum Wohle ihres Hauses und der Mark ailsschlagen konnte. Und wie kleinen Ursachen oft große Wirkungen nach¬ folgen, so war es auch hier! Nachdem das Haus der Askanicr ausgestorben, die Hohenzollern längst Besitz von dem Lande genommen und Ruhe und Segen der Mark gebracht — da geschah cs im Jahre 1549, daß Kurfürst Joachim II., der ja hier, als Kurprinz in der Grinmitzer Forst, von einem Bären fast zerrissen worden wäre, mit seiner Gemahlin, der Hedwig voii Polen von fröhlicher Jagd auf Schloß Grimnitz heimkehrte — der Fußboden des oberen Gemaches durchbrach

— und die Fürstin, auf die an

den Wänden des unteren

Gelasses, angebrachten Hirschgeweihe fiel

— und

sich

der

Art

beschädigte, daß sie von da ab, bis an das Ende ihrer Tage an Krücken gehen mußte. Ob es gegründet, daß dem Kur¬ fürsten in der Forst Hierselbst, ein Hirsch mit einem Cruzifix auf dem Kopf erschienen sei — und ihn die Stätte hier meiden hieß — oder machte es jenes Unglück, das Frau Hedwig, die Kurfürstin davon getragen — genug, Joachim mied Schloß Grimnitz — und sein Herz wandte sich der bekannten schönen Gießerin von Spandau zu. Schloß Grimnitz verödete mehr und mehr; seltener und seltener kamen die Fürsten noch hierher — bis es am Schluß des vergangenen Jahrhundert zerfallen lag — und

zu überwuchern

schreibung

nur vermochte. Nun hatte die Frau Ruhe — und ist nicht mehr wieder gekommen. Sie hat ihren Ring — sie wird ihn am Finger tragen. Wollte man nur nachsehen! es

Literatur. Adolf

chkaser, Schkihumng.

Ein Woman aus

dem achte«

Jahrhundert. Zweite Auflage. Berlin, 1879. Verlag von H. W. Müller. Preis: 4 Mark. Es wird keiner Entschuldigung bedürfen, wenn wir in diesen Blättern, die es sich zur Aufgabe gestellt haben, die Liebe zur Ge-

49 Vaterlandes und zu dessen ehrwürdigen Institutionen und Alterthümern zu pflanzen und zu Pflegen, .Sinn und Ver¬ ständniß dafür in den weitesten Kreisen der Gebildeten zu wecken und zu fördern, eine Ausgabe, welcher der „Bär" bisher in der mannigfaltigsten Weise, sei's in der Form strenger historischer Forschung, sei's im Rahmen der historischen Skizze oder der culturgeschichtlichen Novelle, gerecht zu werden sich bestrebt hat, — Adolf Glaser's hierher gehöriges neuestes Werk „Schlitzwang", Roman aus dem 8. Jahrhundert, zur Anzeige bringen. Ist es doch eine berechtigte Forderung unseres gebildeten Publikums, an den großen Resultaten der historischen Forschung unserer Tage Theil zu nehmen. Gern schenkt es deshalb den Berufenen Gehör, welche in der Form der Novelle, des Romans, der culturhistorischen Studie in das Alterthum einzuführen, die verblaßten Gestalten der oft trümmerhaften Ueberlieferung desselben wieder zu neuem Leben und Wesen zu erwecken verstehen. diesem Sinne", schrieb schon vor mehr als 20 Jahren der Be¬ rufensten Einer, Joseph Victor Scheffel (Vorrede z. Ekkehard S. IX.), „kann der historische Roman das sein, was in blühender Jugendzeit der Völker die epische Dichtung, ein Stück nationaler Geschichte in der Auffassung des Künstlers, der im gegebenen Raume eine Reihe Gestalten scharfgezeichnet und farbenhell vor¬ überführt, also daß im Leben und Ringen und Leiden der Einzelnen zugleich der Inhalt des Zeitraums sich wie zum Spiegelbild zu¬ sammenfaßt. Aus der Grundlage historischer Studien das Schöne und Darstellbare einer Epoche umspannend, darf der Roman auch wohl verlangen, als ebenbürtiger Bruder der Geschichte anerkannt zu werden, und wer ihn achselzuckelnd als das Werk willkürlicher und fälschender Laune zurückweisen wollte, der mag sich dabei getrösten, daß die Geschichte, wie sie bei uns-geschrieben zu werden pflegt, eben auch nur eine herkömmliche Zusammenschmiedung von Wahrem und Falschem ist, der nur zu viel Schwerfälligkeit anklebt, als daß sie es, wie die Dichtung, wagen darf, ihre Lücken spielend auszufüllen." — Es ist gewiß nicht zufällig, daß Männer, wie Willibald Alexis, Gustav Freytag und Scheffel — zu denen für das höhere, ägyptische Alterthum, von dem wir hier ab¬ sehen, Georg Ebers als besonders erwähnenswerth hinzukommt — durch ihre hervorragenden Leistungen aus diesem Gebiete in den Herzen des deutschen Volkes sich für immer einen Ehrenplatz er¬ worben haben. Denn sie sind es vor Allen, die, der erstere durch seine noch nicht übertroffcnen vaterländischen Romane (Roland

schichte des

.

„In

von Berlin, Falsche Woldemar, Hosen des Herrn von Bredow, Wärwolf, Dorothe, Cabanis, Ruhe ist die erste

Bürgerpflicht, Jsegrimm),

musterhaften

„Bilder

und durch seine

der

andere

durch

seine

aus der deutschen Vergangenheit"

„Ahnen",

der letztere durch seinen

„Ekkehard",

Städte, Geschlechter und Fürsten uns in lebendigen, farbenprächtigen Bildern vorge¬ führt, Neigung und Theilnahme für die sagenumwobenen Anfänge unserer Geschichte im ganzen deutschen Vaterlande wach gerufen und die Bildung und Kulturentwickelung gewisser, seit den Magde¬ burger Centuriatoren durchaus mit Unrecht als dunkel mißachteter Zeitläufte uns in das rechte Licht gesetzt und wieder verstehen und Ein gleiches Ziel erstrebt auch Glaser in schätzen gelehrt haben. In mehr als'einer Beziehung fordert seinem „Schlitzwang". das Werk den Vergleich mit Scheffels „Ekkehard" heraus, mit welchem es auch den Titel „Geschichte" — statt des vom Ver¬ fasser gewählten „Roman" — theilen könnte. Den Dienst, den uns Scheffel in seinem klassischen Werke für das 10. Jahrhundert die wechselvollen Geschicke deutscher Länder,

geleistet hat, erfüllt Glaser für das von gleichzeitigen, ausführ¬ licheren Quellen ungleich spärlicher als jenes erhellte 8. Jahrhundert. Es ist ihm in der That in sehr anerkennenswerther Weise gelungen,

in

5 Büchern ein aus den Quellen heraus gearbeitetes lebensvolles

Bild

jener Zeiten und Menschen, ihrer Bestrebungen, Bildung und

ihrer religiösen Anschauungen und politischen Ein¬ Den leitenden Faden des Verkehrs richtungen zu entwerfen. bilden der innere Entwickelungsproceß und die äußeren Lebensschicksale eines jungen Sachsen, — von seiner ihm einst als Knaben durch einen rohen sächsischen Edeling mittelst eines Schlags mit der Reitgerte zerschlitzten Wange Schlitzwang genannt, — der, von einem christlichen Sendboten in der Lehre des Evangeliums und in der Kunst des Schreibens unterwiesen, nach dem Märtyrertode seines Lehrers mit dem theuersten Vermächtnisse desselben, einem sächsischen Evangelienbuche, in die nahe dem Brocken, etwa in der Goslarer Gegend — Harzburg, Jlseburg, Wernigerode werden außerdem erwähnt — gelegenen Burg eines sächsischen Edelings kommt, dessen Tochter Editha er, der als Schreiber und Anhänger der neuen Lehre von den Edlen verachtete, unfreie Mann, liebgewinnt. Durch die grausame Behandlung von Seiten seiner sächsischen Herren zur Flucht gezwungen, gelangt er nach mancherlei Abenteuern und schwerem Mißgeschick glücklich nach Kloster Fulda und nimmt hier seinen Lieblingsplan, der ihn schon längst im Geiste beschäftigt, und von dem er für die Bekehrung seiner trotzigen Stammesgenvssen den schönsten Erfolg hofft, näm¬ Lebensweise,

lich des Heilands Geschichte in einem den Anschauungen seines Volkes entsprechenden Rahmen dichterisch zu behandeln, frisch und freudig in Angriff. Um sich zu dieser schwierigen Ausgabe aber würdig vorzubereiten und noch geschickter zu machen, wird er vom Abte an König Karls Hoflager nach Worms gesandt und erwirbt sich daselbst durch die Anmuth und stille Freundlichkeit seines Wesens, seine Offenheit und sein klares Urtheil Eginhard's, des Königs Geheimschreibers und Baumeisters, Freundschaft und im Besonderen Karls Vertrauen. Alsbald begleitet er, nachdem er königliche Aufträge wiederholt geschickt verrichtet, Karl und seine Helden auf ihren Zügen nach Spanien und Sachsen, bis er hier seine wegen christlicher Anschauungen und Zurückweisung eines verhaßten Ehebundes von den Ihrigen unwürdig behandelte geliebte Editha wiederfindet und, von König Karl zu hohen Ehren erhoben, nunmehr als Gatte der Edelingstochter nach Jahren das Lied von des waltendem Himmelskönigs hehrem Sohne, jene herrliche Evangelienharmonie „Heliand", das schönste Denkmal altniedersächsischer Sprache vollendet, das darauf allüberall im Sachsenlande, auf den Edel¬ höfen und in den Volksversammlungen begeistert vorgetragen und mit heilsbegierigem Sinne gehört wurde. Um diesen kurz skizzirten Faden der Geschichte hat nun aber der Verfasser eine Fülle historischen und antiquarischen Stoffes in fesselnder Schilderung zu gruppiren und durch die innige Verknüpfung desselben mit der Geschichte seines Helden die Lücken der Ueberlieferung in ansprechender, oft in genialer Weise auszufüllen verstanden. Ueber das Rias; freilich des vom Schriftsteller in derartigen Werken zu verwerthenden historischen Stoffes wird sich im Einzelnen stets richten lassen. Auch Glaser's „Schlitzwang" würde, nach meiner Ueberzeugung, hier und da noch anschaulicher geworden sein, wenn es dem Ver¬ fasser gefallen hätte, mehr historisches Detail zu geben. Sv hätte Kärl's in jeder Beziehung bedeutende Hofhaltung ausführlicher und farbiger geschildert, des gewaltigen Mannes weltgebictende Per¬ sönlichkeit in ihren Wechselbeziehungen zu den gleichzeitigen Herr¬ schern und Reichen schärfer gezeichnet, Wittekind, der große Sachsenherzog, seine Bekehrung (und etwa sein späteres Leben in Enger), als mit dem Stoffe des Werkes in so naher Verbindung stehend, mehr hervorgehoben werden können, vielleicht findet der Verfasser durch eine neue Auflage des Werkes zu derartigen Nach¬ besserungen Veranlassung und Gelegenheit. Aber auch das, was er gegeben, ist höchst dankenswertst und von allgemeinem Interesse. Dahin gehört besonders die Charakterisirung der Verhältnisse des in dürftigen Dörfern an gerodeten Waldstellen unftei lebenden Sachsenvolkes zu seinen herrschenden Edelingen, die Schilderung des Auftretens der zwar die Geister befreienden und beseligenden

50 aber gerade dadurch in den herkömmlichen Unterthanenverhältnissen mancherlei Verwirrung anrichtenden christlichen Sendboten, die Frühlingsfeier der sächsischen Dienstmannen auf dem Brocken, die Kricgsberathung der Sachsen unter Wittekind am Nationalhciligthum, der Jrmensäule zwischen Eresburg und Paderborn, die

Sachsenlande

getroffenen

der von

Rolandsäulen (S. 868), (S. 255, 256), der Herkunft der Weichscharten (S. 256) u. 21., die Sachsenkämpfe selbst und endlich der Nachweis der Abfassung des „Heliand" durch Schlitzwang. Gerade der letztere Umstand legt, von manchen anderen Ver¬ gleichspunkten abgesehen, denen wir hier nicht weiter nachgehen können, den Vergleich mit Scheffel's „Ekkehard" am nächsten. Während Scheffel seinen auf hoher Alp büßenden Ekkehard das Waltharilied dichten läßt und diese seine Annahme später auch wissenschaftlich erhärtet hat durch den Beweis, daß dieser Ekkehard, unter den mehreren St. Gallischen Klosterschülern gleiches Namens der Erste, der im Jahre 973 als Großdekan des Stiftes von St. Gallen starb, ein hochangesehener und allverehrter Geistlicher und Gelehrter, als Klosterschüler zwischen den Jahren 920 und 940 nach irgend einer im Beginn des 10. Jahrhunderts bekannten deutsche» Fassung der Waltharisage für seinen Lehrer Gerald»s und im Aufträge desselben in lateinischen Versen den „Waltharius" wirklich gesungen (vergl. Waltharius, Latei¬ Nach der handschriftlichen nisches Gedicht des 10. Jahrhunderts. Ueberlieferung berichtigt, mit deutscher Uebertragung und Erläu¬ terungen von V. Scheffel und A. Holder, Stuttgart, Metzler 1874. S. 128): so führt uns Glaser den neu bekehrten Sachsen Schlitzwang als Verfasser des „Heliand" vor, vermag aber diese Hypothese, bei dein gänzlichen Mangel direkter Nach¬ richten, durch geschickte Motivirung der Entstchungsverhältnisse selbstverständlich nur bis zu einem hohen Grade von Wahrschein¬ lichkeit zu erheben, die wir uns um so eher gefallen lassen dürfen, als Glaser, der Geschichtsforscher, „der die alten Gesteine aus¬ gräbt, sie zugleich" — wenigstens was Schlitzwang selbst und sein Werk angeht — „auch mit dem Athemzug einer lebendigen Seele anhaucht, aus daß sic sich erheben und kräftigen Schrittes als auferweckte Todte einher wandeln" (Scheffel, Vorrede;. Ekke¬

I.

hard

!

Karl

im unterworfenen Einrichtungen geknüpfte Deutung der des Wortes vom deutschen Michel

gelegentlich an die Schilderung

im Jahre 1849 als von ihm selbst gezeichnet, attestirt tvar. Fenier wurden Ansichten aus Cüstrin und Prenzlau herumgereicht. Herr Dr. Bsringuier registrirte, daß seine Nekrologensammlung über den verstorbenen Vorsitzenden auch einen Nachruf aus der Jll. Staatszeitung, die in Chicago erscheint, aufwiese. Dann legte Herr Kauftnann Alsieri Verschiedenes aus der Nicolaikirche vor, worüber er gelegentlich im Rathhause des Weiteren sich verbreiten wird. Zum Schluß las Herr Rector Fischer ein Gedicht vor aus folgendem Werk: Druckeriana. Schnurpfeifereien aus dem Gebiete der Wahrheit und der Phantasie gesammelt in den Druckerschen Soireen 25. Ausl.. Die 24 ersten Auflagen sind nur im Manu¬ skript vorhanden. Hrgb. von Eulalia Rindfleisch. Berlin 1838. Außerdem ist noch zu bemerken, daß durch das Geschenk des Postsecretair Herrn Bohmhammel das Sitzungszimmer im Dom ein Bild seines jetzigen Vorsitzenden in Lithographie in geschmack¬ vollem Rahmen auszuweisen hat. In der 255. Versammlung 4. (2. Arbeits-) Sitzung des XV. Vereinsjahres: Sonnabend, den 22. Februar machte zunächst der Vorsitzende einige geschäftliche Mittheilungen, dann legte Herr Stadtrath E. Friede! musikalische und Vertheidigungs-Werkzeuge der alten berliner Nachtwächter vor; so die Hörner, die Pfeifen und dergl.; eine Knarre wie sie früher in Gebrauch gewesen sein soll, besitzt das Märk. Museum nicht. Als Vertheidigungsmittel dienten Hellebarden, Corseken und Spieße. Von den beiden ersteren Arten sind je ein Exemplar noch aus der alten städtischen Rüst-

l

!

j

!

Mittheilungen uns dem Verein für Heimachskunde Münchebergs.

In

vom 8. Februar wurde zunächst der vorgetragen und nach Erledigung dieses geschäft¬ 14. Jahresbericht der Mark und besonders in Müncheberg in Theils über die lichen und seiner Umgebung aufgetretene Pest und ähnliche Krankheiten gesprochen. Die Chronikenschreiber haben mit besonderer Vorliebe

ich, wie ich denke, der geschicht¬

Ausführungen bin liche» Bedeutung des Glaser'schen Werkes nach allen Seiten hin gerecht geworden, eine Würdigung seiner poetischen Seite würde über den Rahmen einer geschichtlichen Zeitschrift zu weit hinaus¬ greisen. Dasselbe hat, ivie besonders die in verhältnißmäßig sehrkurzer Zeit nach dem ersten Erscheinen nöthig gewordene zweite Iluflage beweist, aus Grund der geschildcrteir Vorzüge, zu denen eine frische, ungekünstelte, im besten Sinne volksthümliche Dar¬ stellung hinzukommt, bereits zahlreiche Freunde sich erworben. Ihren Kreis auch unter den Lesern des „Bär" zu mehren, ist der Zweck der vorstehenden Zeilen. diesen

der Jahrcssitzung

außergewöhnliche Vorfälle ausgezeichnet. Unter diesen gehören auch Die bereits im Alterthum in Asien bekannte Pest ist nach Europa, besonders im Mittelalter verschleppt worden und dann so häufig aufgetreten, daß bis zum 18. Jahrhundert hin kaum ein Decennium, jedenfalls kein Menschenalter vergangen ist, in welchem nicht einmal die Pest aufgetreten wäre. Der märkische Chronist Angelus führt in seinen Annalen (1598), über 70 Pest¬ die Pestzeiten.

I

j

Dr. Johannes Dräseke.

Mittheilungen aus -cm Verein für die Geschichte Berlins. Am Sonnabend, den 15. Februar wurde im deutschen Dom Monat April in dem Ehamisso-Hause, Friedrichstr. 235 besprochen. Dann legte Herr Stadtrath E. Friede! verschiedene Münzen vor, die aus dem Bötzow'schen Acker vor dem schönhauser Thore im Lause der Zeit ausgepflügt worden. Derselbe Herr zeigte ferner eine kleine Hand¬ zeichnung Friedrich Wilhelms IV. aus dem Jahre 1807 herum, die

Zum Schluß trug Herr Stadtgerichts-Aktuar Günther eine ins Detail gehende Geschichte der Organisation des am 1. Ok¬ tober dieses Jahres in seiner jetzigen Gestalt aufhörenden Stadt¬ gerichts vor. Die nächste (öffentliche) Sitzung findet Sonnabend, den 8. März im Bürgersaal des Rathhauses Abends 7 Uhr statt. sehr

S. IX).

Mit

kammer in das Musemu übergegangen. Außerdem zeigte der Vortragende noch ein „Nachtwächterdienstschild der Kaufmannschaft auf dem Mühlendamm" aus dem Jahre 1744.

zunächst eine in 2lussicht genommene Sitzung im

Hungersnoth und jahre aus, welche auch die Mark heimsuchten. theure Zeit gingen in der Regel der Pestilenz (darum aber noch nicht immer der wirklichen orientalischen Pest) vorauf, und deuteten nach Ansicht der Altvordern Kometen, Blutregen und dergl. auf ihr Erscheinen hin. Unter diesen Epidemien haben einige ungeheuer gewüthet, und die Hälfte bis Zweidrittel der Einwohner hinweggerafft. Der Aberglaube des Volkes schrieb diese großen Sterben oft wun¬ derlichen Ursachen zu. Sv sollte die Pest von 1346 bis 49, der schwarze Tod genannt, der besonders stark unter den Menschen auftäumte, von den Juden durch Vergiftung der Brunnen ver¬ Folge dessen trat an verschiedenen Orten eine ursacht sein. der Mark hatten die Juden grausame Judenverfolgung ein.

In

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In

51

vielleicht weniger zu leiden, weil sich ihrer der Markgraf annahm. Sv versetzte 1353 Markgraf Ludwig II. seine von den Juden in Müncheberg bezogenen Einkünfte für ein Darlehn von 30 Mark Silber dem Rath in Müncheberg, und gab diesem somit ein In¬ Die Pest trat oft in Frank¬ teresse an der Erhaltung der Juden. furt a. O., Fürstenwalde, Strausberg, Berlin auf, und berichtet Angelus über verschiedene Pestjahre an diesen Orten und die Wirkungen derselben. Ueber die Pest in Müncheberg berichtet be¬ sonders das Kirchenbuch. Zuerst verzeichnet dort der Jnspector Gesius von der Pest 1566, 1576, wo 138 Personen starben, 1599 wo 119 Personen bei etwa 1800 Einwohnern starben, aus¬ führlicher aber von der Pest im Jahre 1605; sie entstand eine Woche vor Oculi und dauerte bis Margarethe. Es starben 696 Menschen ohne die,

so

heimlich begraben wurden.

'Nach dem Er¬

in der Stadt brach sie in dem Dorf Hoppegarten aus, und starben dort 72 Menschen. Gesius erwähnt des starken Aberglaubens der Leute und namentlich des Vampyrglaubens. Gesius selbst starb 1626 an der Pest, mit 240 Menschen. 1631 starben 98 Personen bei 1600 Einwohnern. 1637 starben 180 Personen während im Jahre vorher nur 26 begraben worden waren. Während dieser Seuche herrschte auch eine Viehkrankheit, die manchem Einwohner an 20 Stück Vieh nahm, sodaß in der Stadt nur 30 Stück blieben. 1638 starben 38 Personen an der Pest, 1657 waren unter 10 Gestorbenen nur 8, die an Pest ge¬ storben waren, fteilich hatte 1691 die Stadt nur 800 Einwohner. Bemerkenswerth ist, daß nach den Pestjahren die Trauungen aus¬ fallend sich mehrten, so in Müncheberg nach 1605 27 Paare, 1606 sogar 63 Paar, während sonst nur 5 Paar jährlich heiratheten. — Wenn auch nicht jede Pestilenz die orientalische Pest gewesen ist, so wird doch hin und wieder dieselbe beschrieben, und werden neben ihr andere Krankheiten genannt. Vorbeugungs- und Siche¬ rungsmittel kannte man ftüher nicht. Erst ganz spät versuchte man solche. Als man anfing sich zu sichern und die Kranken ab¬ Ebensowenig waren zusperren waren die Mittel oft grausam. Heilmittel bekannt, nur der Aberglaube spielte eine große Rolle. löschen der Pest

.

Mittheilungen uns dem Verein für Geschichte der

Marli Brandenburg. Sitzung vom 8. Januar

1879.

von dem Knesebeck - Tylsen, Vorsitzende Herr Heimgegangenen Geh. Hosrath L. Schneider, widmete dem jüngst Vereins, einen ehrenden Mitglieds des arbeitenden dem ältesten Professor Holtze das Herrn darauf dem Nachruf und ertheilte

Der

des Verstor¬ namentlich uni die Geschichtskunde, vaterländische benen um die Popularisirung derselben darlegte. Herr Schulvorsteher Budezies hatte in der vorigen Sitzung darauf ausinerksam gemacht, daß die

Wort,

der

in ausführlicher Weise die Verdienste

Verwandlung des Titels „König in Preußen" in „König von Preußen" nicht das durch die Erwerbung Westpreußens (1772) veränderte staatsrechtliche Verhältniß habe ausdrücken sollen, sondern daß man in Preußen wie in anderen Ländern sich nur einer Wand¬ lung des Sprachgebrauchs angeschlossen habe; Herr Archivrath bestätigte jetzt die Richtigkeit dieser Ansicht, da, wie er inzwischen aus den Akten ermittelt hatte, daß „König von Preußen" neben dem „König in Preußen" in den Konzepten der Königlichen

Reuter

Kabinets-Ordres u. s. w. sich schon seit dem Jahre 1744 findet. — Herr Gymnasiallehrer Fischer machte eine Mittheilung über eine Reihe von Schreibkalendcrn aus den Jahren 1611—27, welche befinden. Diese unscheinbaren, auf grobes sich hier im Privatbesitz gedruckten Büchelchen erregen deshalb einiges Papier nachlässig wahrscheinlich ein Geistlicher aus Zeitgenosse, Interesse, weil ein

der Priegnitz, handschriftliche Notizen eingezeichnet hat, welche nicht nur Material für die Familiengeschichte seiner Gegend, sondern auch

für den Kulturzustand der Mark im Allgemeinen in Fülle darbieten. So finden sich Bemerkungen über die Preise der Lebensmittel, den Werth des alten und neuen Geldes, den Vertrieb der fliegenden Blätter, Zeitungen, „Avisen", Kriminelles und dergleichen mehr. Für die Kriegsgeschichte ist der Kalender von 1626 von besonderem Interesse, da er eingehender über Mansfelds Zug durch die Mark und die Verfolgung des Bastards durch Wallenstein berichtet. Merkwürdigerweise entstammen sämmtliche Kalender keiner märkischen Presse, sondern sind zu Magdeburg, Halle und Stettin gedruckt. Sie wurden durch herumziehende Buchhändler zugleich mit den „Avisen" und Flugschriften im Lande verhandelt, wofür der Vor¬ tragende eine Stelle aus der 1. Continuatio des Simplizismus an¬ führte. Schließlich zeigte Herr Fischer noch eine Originalaus¬ fertigung der Achtserklärung gegen Mansfeld (1624) mit Kaiser Ferdinand's II. eigener Unterschrift vor. — Herr Geh. Archivrath Hafsel legte die Zeichnungen einiger vom Grasen Stillftied in der ehemaligen Klosterkirche zu Langenzenn bei Fürth entdeckten Die letzteren stellen zwei Wandgemälde und Skulpturen vor. Frau im Brustbilde dar. und eine Geistliche, einen Weltlichen eine Stiftung des Langenzenn Kloster zu Augustiner Nun ist das die im Jahre 1409 er Nürnberg, VI. Friedrich von Burggrafen reichlich ausgestattet und noch in seinem Testamente be¬ dacht hat. Demnach ist es wahrscheinlich, daß uns in den Brust¬ bildern der beiden weltlichen Personen die Portraits des ersten hohenzollernschen Kurfürsten von Brandenburg und seiner Gemahlin gemacht,

Elisabeth erhalten sind. Von den beiden, durch besondere Attribute nicht näher gekennzeichneten Geistlichen darf der eine wohl als der erste Prior des Klosters, ein Jmhoff, angesprochen werden.

Februar Edmund Meyer

Sitzung vom

12.

1879.

machte Mittheilungen Herr Oberlehrer Di-. über L. Kraußold's jüngst erschienenes Buch „Theodorich Morung, der Vorbote der Reformation in Franken", welches interessante Beiträge zur Charakteristik Albrechts Achilles liefert. Bekanntlich hat dieser thatkräftige Fürst in einem Streite mit dem Domkapitel

von Brandenburg seine Regentenrechte zu nachdrücklicher Geltung zu bringen verstanden: ein Gegenstück dazu ist der Kampf, den er von 1480 ab mit der Geistlichkeit seiner ftänkischen Lande zu führen hatte und trotz Banns und Jnterdicts gleichfalls zu einem für ihn vortheilhaften Ende führte. Auf Grund der Verhandlungen des Nürnberger Reichstags von 1480 über einen Krieg gegen die Türken sah sich der Markgraf veranlaßt, zu den Kosten der 300 Pferde, mit denen er für seine fränkischen Besitzungen angeschlagen war, cir. 24,000 fl., auch die Geistlichkeit heranzuziehen. Obwohl sofort Proteste, Bann und Jnterdict aus allen Sprengeln gegen ihn gehandhabt wurden, zu denen seine Lande gehörten, und der Papst die Jnnehaltung des Jnterdicts aufs Strengste anbefahl, so machte sich Albrecht doch wenig daraus, der in Rom und auch sonst als ftommer Christ hoch angesehen war, wenn er auch, wie es von ihm heißt „im Narrenschiff der Buhlschaft sehr nachgefahren ist", wie er sich denn auch selbst in wunderbarer Zusammenstellung als einen „guten Frauen- und Pfaffenfteund bezeichnet, der ein gutes Gewissen habe". Ebenso wenig scheint es ihn gekümmert zu haben, als, wohl 1482, unter dem Titel „Passio dominorum sacerdotum sab dominio Marchionis secundum Mattheum“- eilt Pasquill erschien, daß die Leidensgeschichte Christi parodisch auf die Leiden der Geistlichkeit übertragend, gleichwohl aber nur wahre Thatsachen anführend, die Maaßregeln des Markgrafen geißelte, und alsbald auch eine, auffallender Weise etwas milder gehaltene, 2. Auflage erlebte. (Sie war bisher nur in einer deutschen Ucbersetzung bekannt, Herr Kr. theilt jetzt das Original mit.) Anders scheinen bereits zu des Vaters Lebzeiten die drei Söhne des Mark¬

grafen Johann Cicero, Friedrich und Sigismund die Sache angezu haben: es sei in der Schrift das ganze markgräfliche Haus mit allen seinen Freunden lind Verwandten lästerlich be¬ schimpft worden. Sie beklagten sich deshalb sogar beim Papst und suchten an dem, welcher als Verfasser der Schrift bezeichnet wurde, Rache zu nehmen: an Dr. Theod. Morung, Generalvicar des Bischofs von Bamberg, der als ein sehr gelehrter und ge¬ wandter Geistlicher auch in Rom Wohl angesehen war, wenn er auch der oppositionellen Richtung angehörte, die damals von Böhmen aus in Franken stark vertreten war, und sich mehrfach sehr energisch gegen den Ablaßhandel ausgesprochen hatte. Rach des Vaters Tode ließ ihn daher Friedrich, der im Namen seiner Brüder handelte, im Einverständnis; mit dem päpstlichen Abla߬ legaten für Deutschland, Cardinal Peraudi, 1489 gefangen nehmen und zuerst nach Kadolzburg, dann nach dem Rauben Calm bringen. Der Cardinal, der in intimen Beziehungen zu Friedrich gestanden haben muß, deren Natur sich nicht deutlich ergiebt, stellte in Rom die Gefangennahme Ms. als wegen seiner Ketzereien geschehen dar und wußte die Sache so zu schieben, daß die Curie, welche an¬ fänglich die Gefangennahme eines Geistlichen, durch einen weltlichen Fürsten übel vermerkt hatte, von der weiteren Verfolgung der Sache abgebracht wurde, und Morung, dem nichts nachzuweisen war und der seine Autorschaft entschieden in Abrede stellte, seiner Würden entsetzt wurde und bis 1498 in Gefangenschaft blieb. In diesem Jahre verlangte Alexander VI. der, man ersieht nicht recht, wodurch, wieder an den Prozeß erinnert worden, peremtorisch seine Befteiung: Morung erhielt alle seine Würden wieder. Er verpflichtete sich aber sogar durch eine Bürgschaft von 7800 fl. dem Markgrafen gegenüber, ihm die unverschuldete Gefangenschaft nicht nachzutragen. Dafür verlieh ihm der Mark¬

!

keit wird genati angeschrieben, wann der

graf die sehr einträgliche Stelle der Plebanei in Hof, die er durch Vicar verwalten ließ, während er selbst in Würzburg blieb. Hier von den Adligen und den Canonikern tribulirt, begab er sich 1501 heimlich nach Rom, wo er Alexanders VI. Gunst erlangte und sogar von Markgraf Friedrich als sein Rath und Orator an¬ gestellt wurde, als welcher er für Friedrichs Sohn Casimir die Dompropstci in Würzburg ;u erlangen suchte. Er starb nach 1502, ohne daß über die letzte Zeit seines Lebens etwas bekannt wäre. Von Charakter scheint er nicht ganz zuverlässig gewesen zu sein; daß er die Bezeichnung, Vorläufer der Reformation, nicht verdient, die ihm Kraußold zu Theil werden läßt, weil er gegen die Ablaßwirthschaft Aeußerungen gethan hat, geht aus seinem späteren Verhältniß zur Curie zur Genüge hervor. — Darauf legte Herr Oberlehrer Dr. Fischer aus der Reibe der in der letzten Sitzung besprochenen „Alt vnd New Schreib Calender" den Jahr¬ gang 1625, welcher sich durch Reichthum der eingetragenen Notizen auszeichnet, zur Ansicht vor. Der Schreiber der Randbemerkungen war damals Pfarrer zu Plattenburg in der Altmark und wurde dann nach Boitzenburg versetzt. An verschiedenen Stellen finden Er nvtirt im Januar unter andern: „dem sich Preisangaben. Buchbinder 2 Thlr. 16 gr. ftir bücher zu binden geben", im Hörnung zahlt er dem Flickschneider für Ausbessern von Kleidern 1'4 Thlr. Im April wird zu Perleberg der Arzt „Acitalia" consultirt und erhält dafür 2 Thlr. 15 gr., womit auch die Arznei bezahlt war. Auch an kulturhistorischen Notizen anderer Art ist kein Mangel. Zum Oktober tvird angemerkt „ist Jeronimus Jäger, da er drei Pferde gestohlen, welche man doch wieder bekommen und er nichts davon genossen, gehenket, und ein anderer so auf ihn erst bekannt, wieder losgeben." Gleich nach Neujahr wird im Pfarrhaufe „die Gaststuben new Zu pflastern angefangen", nicht lange daraus wurde „Jürgen von Königsmark zum Junkher

!

Für

einen Leibjungen angenommen." die Redaction verantwortlich:

Mit

von Knesebeck im November herbei „ist aber gar schleunig aufm Wagen gestorben, als er etwa ein Viertel Weges von Wilsnack gewesen." Auch historische Bemerkungen von allgemeinem Interesse, wie genaue Todesnachrichten über einige Glieder des Hauses Brandenburg, des Prinzen Moriz von Dramen, Jacobs von Im Februar England und anderer enthält das Büchelchen. 1625 trat noch eine strenge Kälte ein: „Ist vmb deefe Zeit ein tieffer Schnee gefallen, und eine große Kälte daherkommen, also daß die Elbe an etlichen orthen Zugelegen, welcher Schnee erst den 1. Martiy angefangen weg zu dauen, da es sonst zuvor Ein lustig herbst oder ftühlingswetter gewesen, nur daß es etliche tage vor dem Advent geschneiet."

Briefkasten.

In

für 1879" ist Seite 4

Ädmiralitäts-Rath Richter. Das Referat in Murrays Knapsack Guide to Norway ist meistens unrichtig. Es heißt dort: On the western side of the keepare mounted two splendid brass guns, cast in 1620, and highty decorated with Subjects in bas-relief; groups of barbarians fighting, admirably niodelled and finished. These guns appear to be of Saxon or Bavarian workmanship, and are said to have been taken during the Thirtv-Years war by the Swedes, froni whom thoy were again captured by the Norwegians and have ever time been placed here. They are used to alarm the city when a fire breaks out Das Richtige ist folgendes: Die Geschütze sind von Metall von vorzüglicher Arbeit mit reichen Bas-Relief Verzierungen. Als

>

:

....

Gießer hat

sich

darauf verewigt:

Voll Hilger

von Freibergk gos mich 1570. (Wappen Bär mit Zirkel in der Tatze.)

Die Geschichte der Geschütze giebt folgende Inschrift: Augustus Elector Saxoniae Adolfo Holsatiae Duci Ob Praestitam Contra Bannitos Opern Dono Dedit Anno MDLXX. Banniti bezieht sich unzweifelhaft auf die Grumbach'schen Händel.

Auf dem Rohre an der Mündung sind zwei nackte Männer dargestellt, welche mit den Leibern an einander gebunden sind und in der rechten Faust je ein gezücktes Schwert halten, mit der linken Hand haben sie sich in den Gürtel gepackt. Darunter steht :

Halt fest wilder Mann Was du hast lass nit gan.

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Wir hörten vor einiger Zeit, daß es in der Absicht liege, im hiesigen Zeughause die Geschichte der deutschen Geschützgießerei möglichst durch ausgezeichnete Exemplare zu illustriren: sollte dies der Fall sein und eine Gelegenheit zur Erwerbung jener beiden Geschütze sich finden, so würden dieselben zu den hervorragendsten Stücken der Sammlung gehören. Mit Hochachtung

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Wandel,

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Geheimer Admiralitäts-Rath. #•••

Berichtigung in der vorigen Bummer.

S. 39. Sp. 1. Zeile 30 v. o. lies Contessa statt Contos ser. S. 39. Sp. 1. Zeile 27 v. u. Klarn statt Klan i er. S. 39. Sp. 2. Zeile 26 v. u. 36 Jahren statt 26 Jahren.

ir

der Nicolaischen Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. Morjer, Hvstuchdruckerei in Beriiu.

Rudolph Stricker in Berlin. — Verlag SS.

1

Notiz

der Geheime

großer Gewissenhaftig¬

Truck:

Ihrer Zeitschrift „der Bär Nr.

über- die aus Aggerhuus bei Christiania stehenden beiden alten Geschütze deutschen Ursprungs gegeben, welche ich in der Lage bin zu ergänzen, da ich im Jahre 1868 die qu. Geschütze genau zu besichtigen Gelegenheit hatte; mit mir war mein College,

eine

einen

ftir

Pfarrer zum Abendmahl

gegangen sei. Ein Schuldverfahren gegen einen benachbarten Edelmann spielt während des Jahres eine große Rolle. Zur Beilegung des Streites reiset der Hauptmann der Altmark Thomas

sehen

Die Zeitschrift erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 5V Pf., und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische Verlags-Bnchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlnng entgegengenommen.

Inhalt:

Das Kloster Heiligengrabe ln der Priegnitz. Von Oskar Schwebe!. — Markgraf Ludwigs d. Ä. Nenmärkisches Jndenprivileg vom 9. September 1344. (Fortsetzung.) — an der Oder. Von Emil Dominik. — Wörtererklärung des Sebaldns (1650). — Ein Ausspruch Friedrich des Großen. Von Ewald. — Mittheilungen ans dem Verein für die Geschichte Berlins.

Berlin

Das Kloster Heüigengraüe in -er Priegnitz. Fast all' die ehrwürdigen und zum Theile großartig an¬ gelegten Institute, welchen die Mark Brandenburg ihre Koloni¬ sation verdankt, fast alle ihre Klöster sind der Zeit zum

Opfer gefallen. Als prächtige Ruinen stehen die Klosterkirchen von Chorin und Zinna in der märkischen Landschaft, ernste, trauernde Bauwerke in ernster, zu düstren: Sinnen anregender Umgebung. Die Stürine, welche an diesen Stätten vorüber¬ gebraust sind, haben die friedlichen Klostcrinaueri: gebrochen; die Kämpfe der „Schwedenzeit" und mehr noch die Nicht¬ achtung der Landleute in den Dörfern ringsum haben Dvrmitorium, Konvent und Klosterzellen zertrümmert. Auferstanden in neuer Herrlichkeit sind, gemäß einer weissagenden Stimme, nur die prächtige«: Zinnen von Lehnin. Nur ein Kloster habe«: wir in der Mark, das iir ein adeliches Fräuleinstift umgewandelt und in seinen alten Baulichkeiten vollstän¬ dig erhalten, dem Besucher überraschend entgegentritt wie ein lebensfrisches Bild aus alten Tagen, und das, als ein halbvergessenes Stück ächter Roinantik in moderner Um¬ gebung, ein hohes Interesse mit vollem Recht in Anspruch nehmen darf. Im Jahr 1287 war's, da lief eine neue Kunde durch die Mark Brandenburg, welche das Landvolk all überall mit Entsetzen erfüllte. Ein Sproß des unglücklichen Volkes der

Verbannung, eii: Jude aus Freiberg in den: Lai:dc zu Meißen, hatte Freitags nach den: Hinnnelfahrtstage einen Einbruch in die Kirche des priegnitzischen Dorfes Techow gewagt und hatte das Saerament, die geweihte Hostie mit dein Grysam, dem Salböl, gestohlen, un: diese Dinge, wie es dainals vielfach geschah, zu Zwecken des Aberglaubens und vorgeblicher Zauberei zu verwenden. Wie das Volk erzählte, hatte ihn die Rache des Himmels bald erreicht. Auf dem kurzen Wege voi: Techoiv nach Pritzwalk fühlte er sich plötzlich mit so schwerer Bürde beladen, daß er seine Wanderung nicht «veiter fortsetzen konnte. Er wählte eine alte Eiche am Wege, um zu ihren Füßen die Nacht über zu ruhe«:. Als aber der Morgen heraufdämmerte, erblickte der Jude ganz in der Nähe, auf einer Anhöhe, rvelche über einen: See sich erhob, ei«: Hochgericht, den drcibeiiügen Galge«: mit Marterpfahl und Rad. Er erschrak, bez«vai:g sich aber und grub oben auf der Spitze des Hügels die Hostie ein, vor welcher er ein geheimes Bangen fühlte. Bald ent¬ deckte man in dein Dorfe Techotv den Diebstahl; in Pritzwalk erkannte man den Juden der Sage nach an seinen Händen, auf welche«: wunderbare, nicht zu vertilgende Blutspuren er¬ Ein Bürger der Stadt, ein listenreicher Tuchmacher, schienen. brachte in der Verkleidung eines Priesters den Juden zuin Geständniß. Der Uebelthäter wurde zu dem Hochgericht

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hinausgeführt; da stampfte er in fanatischem Hasse mit dem Fuße auf jene Stelle der Erde, da er die Hostie eingegraben hatte, und sprach: „Hier, ihr Christen, liegt euer Gott!" An dieser Stätte, auf welcher man die blutende Hostie miffaiib, erlitt der Jude den Tod. Krankenheilungen und Wunder, tvelche bald an diesem Orte geschahen, veranlaßten den Mark¬ grafen Otto den Minnesänger, hier ein Kloster 311 gründen. Ein eigenthümlicher Zug in der Legende, wie sie noch heut in der Priegnitz erzählt wird und uns überdies aus einem alten Drucke des Jahres 1521 erhalten ist, sagt lins, daß der geistliche Obcrhirt dieser Gegend, der Bischof Heinrich von Havelberg, das Wunder nicht recht glauben wollte und daß er erst durch eine himmlische Erscheinung von der Heiligkeit In den Klostergebäuden des' Ortes belehrt werden mußte. bei Techvw Hciligengrabc das Stift noch heut welche aber, schmücken, haben wir jene Baulichkeiten vor uns, tvelche Mark¬ graf Otto in mildem Sinne und mit fürstlicher Freigebigkeit im Jahre 1289 errichten ließ. — Es ist ein mühseliger Weg von der Stadt Wittstock nach Eintöniger kann die Landschaft dein merkwürdigen Orteselbst aus märkischer

Erde nicht sein;

der Boden ist wellen¬

Hin und wieder erscheinen große Flächen braunen Haidekrautes oder vereinzelte junge Kiefernschonungeir; doch der Horizont, den die dlistig blauen Linien des Hochwaldes bilden, verheißt uns Abwechselung. Jetzt haben wir dcri Scheitelpunkt der Kunststraße erreicht und wendeil, den Wanderstab aiihalteiid, unsern Blick zurück. Hinter uns im Osten liegt in der Thalsenkung die Stadt Wittstock. Dunkelroth erglänzt ihr riesiges Kirchen¬ gebäude in der Sonne. Die Baumgriippen aber vor uns, die wir zuerst an einem hellen, sreuiidlich leuchtenden Wintcrförmig, fleißig trotz nur dürftigen Ertrages bestellt.

tage in dem zarten Schmucke frischen Reises erblickteii, um¬ hüllen das Dorf Tcchow und bilden, unmittelbar an dasselbe sich

anschließend, deil Klostcrgartcn von Hciligcngrabe.

Ja, cs ist ein zurückgebliebenes Stück Romantik auf dem ivenig poetischen Boden der Mark Brandenburg, dies geheim¬ nißvoll durch hohe, theilweise alte Klostermauern gcgcil die Außenwelt abgeschlossene Stift, ■— diese Kirche mit dem zierlicheil Glockenthurme, halb versteckt in Büschen und Bäumen, deren Lichtungen den Blick auf den Klostersee freilassen. Schön ist die Stelle in der lauen Sommernacht, wenn der Mondcnschcin silberglänzend auf dem hohen Kirchdache lind dem dunklen Sec ruht, wenn die Nachtigallen, die hier in Menge ihr Quartier aufgeschlagen, ihre Lieder singen und der leise Wind in Laub uild Rohr ralischt, — schön aber auch jetzt im Winter, lvcnil die bereiften Zweige von köstlich klarer Luft umspielt sind, der helle Sonnenschein warm über den Klosterhof sich ergossen hat, und nur das Herabträufeln geschmolzenen Schnees die feierliche Stille unterbricht. Das Stift hat seine sämmtlichen Baulichkeiten aus alter Zeit sich bewahrt. Dort in der Mitte des Klosterhofes, abgesondert von den übrigen Gebäuden, steht die Kapelle des heiligen Grabes, ein wunderschöner zierlicher Giebelbau. Wie prächtig haben dlinkclgrüne Moose und Flechten den rothen, gebrannten Stein der seinen gothischen Ornamente überkleidet! Aber kahl und leer ist das Innere der Kapelle; die Reformation hat sie ihrer reichen Altäre beraubt, eine neuerliche Restauration ihr auch den Schmuck alter Wandmalereien genommen. Doch aucfi noch jetzt füllt sich (das Heiligthum) manch' ein Mal

mit einer festlichen Versammlung. Dann ertönt Kirchengesang und Bibelwort durch die prächtigen Gewölbe, und ftisch und freudig zieht ein Hochzeitszug durch die enge Spitzbogenthür hinaus: die Umgegend liebt es, Vermählungsfeierlichkeiten hier zu begehen, wo die Altvordern knieten und beteten. Das Interessanteste im Kloster Heiligengrabc ist sein durchweg wohl erhaltener Kreuzgang, welcher ein Quadrat an Er umschließt den der Nordseite der Klosterkirche bildet. alten Friedhof des Stiftes, jetzt ein ziemlich verwildertes Gärtchen, in welchem gurrend die Tauben der Stistsdamen umherflattern. Spitzbogenöffnungcn nach dem Kirchhofe zu, geben dem Kreuzgange sein Licht; überhängende Guirlanden von den letzte:: glühend rothen und fahlgelben Blättern des wilden Weins werfen .in der scharfen Sonuenbelcuchtung schwankende, bizarre Schatten aus die rothen Fliesen der Gänge; Vögel schießen durch die Gewölbespannungen zu ihren Nestern hin und her. Eigenthümlich ernst und doch freundlich zeigt sich die Lichtwirkung auf den Backsteinen, wenn wir an einer Ecke des Kreuzganges stehen und durch die Gewölbeabtheilungen der Sonne entgegensehen; dann erglänzt der Gang in allen Lichtmischungen vom dunkelsten Braun bis zum leuchtendsten Roth. Schars zeichnen sich die Hallenöfsnungen der Innenwände dann auf dem Fußboden ab; der Sonnenschein spielt auf den Grabsteinen, deren In¬ schriften der Tritt der Stiftsbewohner abgeschliffen hat. Nur einen Grabstein noch, auf welchem in Linienmanier eine seine, edelschöne Frauengestalt unter gothischem Baldachin abgebildet ist, vermochten tvir zu entziffern; eine Nonne Conegundis de Quitzow y 1434 ruht unter ihm. Bon andern, ungewöhnlich großen Leichensteine 15. einem des Jahrhunderts hat sich eine Volkssage gebildet: zwei Brüder sind's, welche eine Nonne liebten und sich im Kampfe um ihren Besitz tödteten. Jetzt schlafen sie friedlich in einem Grabe; noch sind ihre geharnischten Gestalten auf dem Leichensteine kenntlich, und oft sieht man eine geisterhafte Klosterfrau in Mondscheinnächten trauernd bei dem Steine tveilen. Die Klosterkirche von Heiligengrabe ist ein einschiffiges, von einem Kreuzgewölbe überspanntes Gotteshaus aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts. Sehr schön, an die Berliner Franziskaner Kirche erinnernd, ist das Portal, sehr einfach die innere Ausschmückung des Gotteshauses. Diesem bunt¬ bemalten Altar mit seinen Engel,: und allegorischen Figuren, diesen weiß und blau übertünchten Emporen sieht man's an, daß ihnen der Geschmack des märkischen Landvolks ihre Zierde gegeben hat. In dein fünffeitigen Choresschlusse befinden sich einzelne Denkmäler aus neuerer Zeit; unter ihnen ragen der mit Blumen, Wappen, Engels- und Todtenköpsen reich ge¬ schmückte Leichenstein der Domina Christine Charlotte v. Ein¬ fiedeln, y 1740, und das Denkmal der Abtissin Henriette v. Winterseld, y 1790, besonders hervor. Wie geschmacklos auch auf den: letzteren die Vereinigung des mittelalterlichen Bischofshutes und Hirtenstabes mit einer etruskischen Urne und einer römischen Tvdtenfackel sein mag: das Reliesbildniß der alten Dame, welches ihn schmückt, ist künstlerisch bedeut¬ sam; der Kopf ist im besten Sinne aristokratisch, die edlen, seinen Züge athmen Milde und Herzensgüte. Außerdem be¬ sitzt die Kirche einen Leichenstein des Stistshauptmanns Adam v. Bertkov, y 1688, mit der ganzen, dein Künstler etwas mißlungenen Figur des Verstorbenen in der Unisoni: eines

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Brandenburgischen Offiziers, sowie ein Gedächtnißmal des Hauptmanns Christian Ludwig v- Rohr, ch 1731. Ein eigenthümliches, höchst interessantes und etwas weh¬ müthiges Denkmal an die alte Zeit, besitzt der Conventsaal Verstaubt hängen dort die Bildnisse einiger des Klosters.

Auftrag, den Convent aus seinem Eigenlhume zu vertreiben. Die Nonnen wichen der Gewalt, wandten sich aber Hülfe flehend nach Rom und nach Wien und hofften ans Herrn

zwanzig Stiftsdaiiien des vorigen Jahrhunderts; manch' jugendliches, lebensfrisches Antlitz ist darunter, über andere Züge aber hat der Kummer seinen Schleier gebreitet. Auf Veran¬ lassung der Domina v. Winterfeldt ließen sich die Damen im Jahre 1752 malen. Noch existirt in der Registratur des

letzten Beschützers bewog die Klosterfrauen von Heiligengrabe

Stiftes das Cirkular, in welchem die Mitglieder des Convents auf den Vorschlag der Domina antworteten. Während die jüngeren Damen lakonisch hinschrieben: „Bin'S zufrieden!" antwortete die Priorin von Karstedt: „So habe ich's ver¬ sprochen, wo die andern Fröln sich liefen mahlen, so wvhlt' ich auch", und ein Fräulein von Wernstedt scheint der Oberin eine herbe Mahnung gegeben zu haben, indem sie mit festen, energischen Zügen

zu ihrem

Namen

hinzusetzte:

„Will

der

Frau Aebtissin cs nicht abschlagen; sonsten für alte Personen nicht gut gemahlt steht." — Soweit von den Denkmälern des alten Klosters; werfen wir jetzt einen Blick auf seine Geschichte. Dieselbe ist wechsel¬ voll genug, aber wenig interessant. Hier in der Priegnitz haben die Fehden zwischen Märkern und Märkern, Mecklcn'burgern und Magdeburgern am Heftigsten getobt. Sehr oft ist das Kloster in dieselben verstrickt worden; sehr oft hat den Wechsel von reichem Besitz und bitterer Armuth durchmachen müssen. Die Details der Schicksale des Klosters hat in diplomatischer Treue und Vollständigkeit der Riedelsche Codex gegeben; ebenso findet sich dort die durch Friedrich den Großen bewirkte Umivandlung des Convents in ein evangelisches adliges Fräuleinsstift. Es braucht hier nur auf diese Arbeit verwiesen zu werden- Nach den sorg¬ fältig gesammelte» Urkunden des Archivs sehen wir alle älteren Familien der Landschaft in näherer oder entfernterer Be¬ dasselbe daher

ziehung zum Kloster stehen. Namentlich gilt dies von den Güten:, Karstedt, Winterfeldt, den beiden stammverwandten Geschlechtern Königsmark

und Rohr, den Platen, Predöhl

u. v. a- m. Die beiden letztgenannten Familien hatten eigene Altäre in der Klosterkirche; die Jagow, Grabow und Bismarck Die Faniilie von Quitzow stifteten ewige Lampen in ihr.

unterhielt fortdauernd eine freundschaftliche Beziehung zu dein Stifte, und unter einer Tochter dieses Hauses, der Abtissin Anna von Quitzow, fand hier ein Nachspiel zur märkischen Reformätionshistorie stattDie Vormark und ihre unter dem Einflüsse des bischöflichen Stuhls zu Havelberg stehenden Städte und ritterlichen Ge¬ schlechter blieben länger bei der alten Lehre als die übrige Mark. Der vielverschmähte Busso von Alvensleben, Bischof zu Havelberg, ivelcher in der Wittstocker Marienkirche die letzte Ruhestatt gefunden hat, war ein treuer Partisan der römischen Kirche. Er wußte auch den Convent des Klosters Heiligen¬ grabe der alten Lehre treu zu erhalten; die Aebtissin v. Quitzow verweigerte daher die Annahme der Kirchenordnung für die Mark Brandenburg und die Leistung der allgemeinen Landes¬ abgabe, der heutigen Staatssteuern, welche seit 1539 auch von den Unterthanen geistlichen Standes gefordert wurde. Da alle Vorstellungen vergeblich waren, erhielt zuletzt Herr Curt von Rohr, Landeshauptmann der Priegnitz, den traurigen

Busso von Alvensleben, den Havelberger Bischof, dein jedoch selbst die Hände gebunden

waren.

Erst der Tod dieses ihres

zur Nachgiebigkeit, sie versöhnten sich mit Joachim II. und kehrten auf Vermittelung der Familie von Quitzow und gegen das Versprechen des Unterthanengehorsams nach siebenjährigem Exil 1549 in's Kloster zurück. Noch lange hat man den Dienstag nach Mispricordins domini als den Tag der fest¬ lichen Rückkehr mit Dankpredigten und dem Gesänge des Psalms: „Sie haben mich gedrängt von meiner Jugend auf, aber sie haben mich nicht Übermacht" im Stifte Heiligengrabe gefeiert. Der Jubel der Bevölkerung war gewiß ein aufrich¬ tiger, denn ohne Zweifel war das Regiment der Nonnen milder als jenes der durch deu stets geldbedürftigen Fürsten zu rücksichtsloser Strenge gezwungenen kurfürstlichen Zöllner und Amtleute. So ist dieser stille, friedliche Kreuzgang eine der wenigen Stätten in der Mark Brandenburg, auf denen die Glaubensveränderung sich nicht ohne Härte vollzog, und in ihrem zähen Festhalten an ihrem verbrieften Rechte erscheint Anna von Quitzow als die ächte Tochter ihres festen lind kühnen Geschlechtes.

Es wird nun nimmermehr im evangelischen Stifte Heiligengrabe so ein Fest gefeiert werden wie damals, da der Convent mit seinen Kirchenfahnen in die alten, mit des Frühlings jungem Laube geschmückten Klostcrhallen wieder einzog. Von den ehemaligen Obliegenheiten der alten Cistcrzienserinnen ist nichts mehr geblieben als die Beschäftigung der Stiftsdamen mit ihren Gärtchen und ihre sehr löbliche Pflege der ausgezeichneten Schule aus dem Kloster, von der alten Nonneutracht überhaupt nichts mehr, den» das Ordcnskreuz von Heiligengrabe ist erst von Friedrich dem Großen gestiftet worden. Eins aber ist dein ehrwürdigen Orte trotz der Veränderungen von sechs Jahrhunderten verblieben: das ist die köstliche Ruhe, deren Friedenshauch hier jedem Besucher entgegenweht. An den Fenstern des hohen Chores der Kirche zieht sich ein Epheustamm mächtig und hoch bis unter das Dach hinauf; — in seinen Blättern spielt der Abendwind friedlich wie damals, als fromme Hand noch zur Mette und Vigilie läutete; in den Wipfeln des weiten Klostergartens aber rauscht es zur Nachtzeit leis' und geheimnißvoll grad wie vor fünfhundert Jahren. Oskar Schwebet.

Markgraf Ludwigs

A. Neumärkisches Indenprivileg vom 9. September 1344. d.

(Fortsetzung statt Schluß.)

Was wendenden märkischen

Verfahren und die in demselben anzu¬ Beweismittel anlangt, so werden im Neu¬ Privileg nur Zeugen und Eid genannt; die das

Privilegien gestatten in einem Falle der Kampf¬ klagen dem Judeit, einen Lohnkämpfer zu beschaffet:, tvähreitd nach dem Schwabenspiegel (edit. Gengler, Cap. 214 §. 5) der Jude, welcher nach Sachsenspiegelrecht keine Waffen führen

schlesischen

durfte, wem: er nicht des Königs Friedei: verlieren wollte (Ssp. III. 2 . Berliner Stadtr. S. 150), sich dem ihn zun:

56 gerichtlichen Zweikampf herausfordernden Christen stellen mußte (nach dem von Bürgermeister Cap. 344 §. 7 gegebenen Text durfte er aber nicht selbst auf Kampf provociren; Gcngler liest indessen an entsprechender Stelle statt

In

„Kampf": „Eid").

Pritzwalk erbot sich 1392 ein der Ausgabe falschen Geldes bezichtigter Jude, das heiße Eisen zu tragen (Riedel, A. II., 13); dieß Beweismittel stund nach Sachsenspiegelrecht (I-, 39 Berliner Stadtr. S- 126) Leuten, die ihr Recht wegen Dieb¬ stahls oder Raubes verloren, bei einer neuen Anklage aus Kaiser Friedrich I. vergönnte des Diebstahls beschuldigten Knechten, sich auf diese Weise zu exculpiren (Fr. Maser, Geschichte der Ordalien, 1795 S- 80). denselben

Delicten zu;

In Pritzwalk schien inan also damals den Juden noch von vornherein für rechtlos zu halten; für Speier hatte Kaiser Heinrich IV. die Anwendung dieses zweifelhaften Arguments in Judenprocessen verboten (Stobbe, S- 150, et', das Wiener Privileg von 1238, Stobbe, S- 296). Als Zeugen werden biedere Christen und unbescholtene Juden genannt; freilich ist nur von Prozessen gegen Juden die Rede; nach Analogie der andern Privilegien werden aber auch gegen Christen jüdische Zeugen zugelassen worden sein, obwohl die Glosse zum Sachsen¬ spiegel (HI.. 7), dem Justinianeischen Rechte gemäß, dieß für unzulässig erklärt (cf. auch Schwabenspiegcl edit. Gengler Cap- 214, §. 2. Stobbe S. 151). Eide sind vor der

Synagoge, oder in Erinangelung einer solchen, vor dein Haus des Juden, und zwar nach der Stcndaler Verordnung von 1297 deutsch, auf den Pentateuch abzulegen. Von den sonstigen im Mittelalter beliebten barbarischen entwürdigenden Ceremonien ist nicht die Rede, und Friedrich I. bemerkt aus¬ drücklich, sie sollen schwören „in der maszc als sie plilegen zu gehen in ire schule, und anders nicht“. Don Eides¬ formeln kennt das Rechtsbuch nach Distinctionen eine längere, ähnlich im sächsischen Weichbildrccht und sonst noch vorkommende, bei Processen, deren Object mehr als 50 Mark Silbers werth ist, und eine kürzere für Bagatellsachen wenn man so sagen darf. Die Erstere scheint in früherer Zeit in Berlin allgeincin üblich gewesen zu sein. Da sie in der vom Berliner Stadt¬ recht (Fidicin S- 152) als rechtshistorische Antiquität mit¬ getheilten Form von den sonst im Druck bekannt gewordenen erheblich abweicht (sie stimmt fast tvörtlich überein mit der Formel am Ende des Weichbildes im codex regius Berolinensis, mscr. Germ. fol. no. 631) möge sie zusammen mit den in ihren Details abschreckend-merkwürdigen Formalien nach der Handschrift berichtigt hier folgen. Es heißt: „Hi «loden plegen in vortiden livelikc ore ede tu dunde up einer sühnt, di in negen dagen hadde geverkent. Di hüt snet man in den ruggen up, und e man spreide si vor di schepenbank. Up di litten muste di Jode barst stau, einen harduch muste he umme liebsten, und e einen spizzen hüt up sin hovet, und e muste stan na siner Jode¬ schon sede (Im Löwenberger s. g. rothen Brich heißt es fol. 51; Swenne ein Jude sal swern, so sal he sinen mantil an habin, unde einen iodenhut ufle, unde sal barvuz sten uf einem einbeinigen stille, unde sal sten gegin der sannen). Sin vorsprake sprak en vor und numede en: „Des die N. schult gest, des bist du unschuldich, dat di got so helpe. Und e oste du unrecht swerest, dat di got sehende, der hemel und e ertrike geschup, und e alle dat darinne is, los unde gras. (Der Erfurter Judencid von ca. 1200, Müllen-

hoff

und Scherer, Denkmäler rc. 1. Aust. p. 240 hat hier Reim: loub, blumen unde gras, des da vore nine was). Unde ok oste du unrecht swerest, dat di god vormaledige, der Adam gebildet hat na sincs selves antlat, und e Evau makede von einer siner ribben. Oste du unrecht swerest, dat di der got sehende, der Noe seif achte, man unde wif, in der arken in di sintvlut generde. Unde oste du unrecht swerest, dat di de got vervluke, der Sodomam und e Gomorram vorbrande met dem heischen vure, und e Lots wif tu eme soltstein makede. Unde oste du unrecht swerest, dat di de got sehende, di weder Moyses rede ut eme vorigen husche. Unde oste du unrecht swerest, dat di de got sehende, de Moysi di e gas und e schrei’ si met sinen vingeren in ener stenen tafelen. Unde oste du unrecht swerest, dat di de got sehende, di Pharaonem sluoc und e di Joden over dat mer vurede, unde brachte si in ein laut, dat von melke und e von honge vlot. (mscr. Germ. fol. no. 631 hat hier die Reime: der Pharaonen! sing und dy Juden durch daz mer trug, und sy fürte in ein lant, da er en milch und honig vant.) Unde oste du unrecht swerest, dat di de got sehende, der de Joden spisede met hemelischen brode virtig iare. Unde oile du unrecht swerest, dat di de duvel sehende an sile unde an live, nu unde immer mere. Amen. (mscr. Germ. fol. no. 631: daz dich got sehende und dich dem tuvel [mit lip unde mit sile] sende.) Dann fährt die Handschrift des Stadtrechts fort: „Dessen cd liebsten di oversten gewandelt in einen körten ed, den si sweren scolen in eren schulen up Moysis buk oder up Josophantis büke, unde sin vorspreke sprekt em vor“ (diese Worte fehlen in Fidicins Abdruck) und es folgt eine im Wesentlichen der Von Friedrich I. gegebenen entsprechende Formel. Bei dieser letzteren ist es bemerkenswert!), daß er einer Wiedereinführung der alten Fluchsammlung mit den Worten: „do sol man nichts mer intragen“ Vorzubeugen suchtInteressant ist die Frage nach der Vertheilung des Bewcisrechts. Nach dem Sachsenspiegel war der Sachse näher, seine Unschuld mit dem Eide zu beweisen, als der Kläger, ihn mit Zeugen zu überführen, und nur drei Ausnahmen ließ der den

Richtsteig zu (es. Homeher, Richtsteig Landrechts S. 487). Für Criminalsachen war man indessen von diesem Princip

in der Mark Brandenburg bereits vielfach abgewichen. Man pflegte von dem Angeklagten statt des Eineides Eid mit Eideshelfern oder Zeugenbeweis zu verlangen (Kühns, II. 426); anderwärts vergönnte man dem Kläger das Beweisrccht: so c. S. 425, 426); dem Magdeburger und den verwandten Rechten eine Ueberführung des Ver¬ klagten durch Zeugen ganz geläufig (Homeher, 1. c.). So steht denn die Bestiminung der Schlesischen Privilegien, daß pro pecunia, re mobil! aut immobil!, sen in causa criminali que tangit personam aut res Judei, der Christ gegen den Inden selbdritt, mit einem Christen und einem Juden, den Beweis führen solle, nicht zusammenhanglos da. Das Bcr-

in Soest selbsiebent, in Lübeck selbdritt (1. in bürgerlichen Schuldklagen dagegen war

57 Ciuer Stadtrecht

bestimmt dem, wenigstens bei Klagen auf Geldschuld, conform (Fidi ein S- 151). Das Rechtsbuch nach Distinctionen sagt: liad eyn Cristen sogetane Sache zeu eyme Jodden, daz do entredt fanidc adder legende gud, odder dy deine Jodden an sinen lip trith, do en mag der Cristen den Jodden nicht uberczugen, wen mit zewen Jodden unde eyme Cristen, und die lateinische des Neumärkischen Privilegs (§. 7) verlangt bei Klage wegen violentiae causae vel culpae Zeugniß zweier Christen und zweier Juden (nicht vier jüdische und vier christliche Zeugen, wie Philippi S. 11 sagt). Die Fälle in denen dieses Zeugniß nöthig ist, entsprechen genau denen der Schlesischen Privilegien und des Rechtsbuchs nach Distinctionen — violentiae, excessus, sind Klagen quae tangunt personam, wegen Ungerichte, zu Hals und Hand, oder Haut und Haar; causae vel culpae fasten alle übrigen Schnldklagen zusammen. In dem deutschen Text von 1344 war für die sinnlosen Lesarten der drei Handschriften, da das bairische Privileg von 1344 an entsprechender Stelle „intzicht“ hat, das allgemein „Anklage" bedeutende niederdeutsche „belichte“ zu setzen, welches uns in Märkischen Rechtsquellen nur noch in der verhochdeutschten Form „tzieht“ (1481, v. Raumer, cod. diplom. Brandenb. contin. II, 193) vorgekommen ist. Daß es nicht geläufig gewesen, beweisen die Verdrehungen durch die Copiarienschreiber, und daß Friedrich I. dafür das denselben Sinn gewährende allgemein übliche „brache“ (broke) setzte. Daß die Confirmation von 1367 „gerächte“ hat, zeigt eine arge Unkenntniß der Rechtsverhältnisse; denn im

Recension

•einer

Fall

des Gerüstes, der handhasten That, war der Unschulds¬ beweis des Ertappten unmöglich, eine Ueberführung durch Zeugen unnöthig.

Gegenüber dieser, bei Schuldklagen gegen Juden belieb¬ ten Minderung des alten Beweisrechts des Angeklagten be¬ günstigt Markgraf Ludwig den Letzteren nach Anleitung des Rechtsbuchs nach Distinctionen, indem er die Zahl der zu stellenden Zeugen, im Vergleich mit den Schlesischen Privi¬ legien, vermehrt, und zwar durch einen Glaubensgenossen. (Die scheinbare Abweichung vom Rechtsbuch nach Distinctionen, welches

nur einen christlichen Zengen nennt, erklärt

daß der Kläger selbst sein Zeugnis

sich

so,

und daß ihn Markgraf Ludwig deßwegen, allerdings ungeschickt, mit unter den Zeugen einbegreift; der Beweis wurde hier wie dort vom Kläger selbviert geführt). Es liegt darin das löbliche Be¬ streben, den Angeschuldigten, bei der gehässigen Gesinnung, die man allgemein gegen ihn hegte, vor einer Verurtheilung auf Grund fanatisch-gefälschter Zeugenaussagen möglichst zu schützen. Hatte der Kläger aber keine (oder nicht genug) Zeugen, so hatte der Angeschuldigte das für jene Zeiten, in denen der gute Leumund eines Menschen eine materiell und formell viel höhere Bedeutung als jetzt hatte, wichtige Recht, sich von dem gegen ihn erregten Verdacht durch seinen allei¬ nigen Eid zu reinigen. Daß nur dies der Sinn unsers §. 7, und nicht etwa der, daß, auch nachdem die Zeugen für ihn günstig ausgesagt, von ihm noch ein Eid verlangt wurde etwa wie das Salzwedelsche Recht bei Totschlag auch im Fall notorischer Unschuld einen Reinigungseid selbdritt forderte (Kühns, II, 425), lehrt eine Vergleichung mit dem bairischen Privileg von 1344, welches bestimmt, daß ein Jude, der in „bos Mähr" oder in ein „Intzicht" gerathen, .sich dessen beschwor,

!

„mit seinem Eide entschlagen und ledig sein solle" es wäre denn, daß man die Sache gegen ihn mit Zeugen „bewährte." Daß in dieser Bestimmung des Neumärkischen Privilegs Juden und eine wesentliche Begünstigung derselben gegenüber den übrigen Judenordnungen, welche in den in Rede stehenden Fällen nur eine Ueberführung des Juden mit Zeugen kennen (Schlesische Privilegien, Rechtsbuch nach Distinctionen, Berliner Stadtrecht) und sein Recht auf Wahrung eines guten Leu¬ munds, solange bis ihm derselbe mit Zeugen genommen wird, mit Stillschweigen übergehen, ausgesprochen ist, liegt auf der Hand. Man sieht, daß man den Juden von dem ursprüng¬ lich nur dem freien Sachsen zustehenden Recht des Reinigungs¬ eides principiell nicht ausschloß, wie dieß auch u. A. das Augsburger Stadtrecht von 1276 (Hrsg, von Meyer, 1872, Art. 19 §. 1) thut, aber zu Gunsten der neuen, allmählich die völlige Herrschaft erlangenden Theorie von der Beweis¬ last davon in den im mittelalterlichen Verfahren eine beson¬ dere Rolle spielenden Schuldklagen eine Ausnahme zu machen sich veranlaßt sah. •

eine Anerkennung der bürgerlichen Gleichberechtigung der

(Schluß folgt.)

Berlin an der Odor, und Stettin an der Warthe, Brandenburg an der Oder, flauen an der Havel, Friesack an der Havel, Fehrbellin an der Havel, Potsdam an der Oder, Fürstenwalde a» der Oder und Frank¬ furt heute a/O. ein zwischen Oder und Warthe auf dem Trocknen sitzendes Städtchen, und der Grunewald eine schöne große Insel. Die Spree, die sich bei Neubrück etwa, in der Mitte des Dreiecks Beeskow, Frankfurt a/O. und Fürstenwalde gelegen, mit der Oder vereinigt, ein Nebenfluß der Oder, diese selbst ein Nebenfluß der Elbe, die Havel ein Nebenfluß der Oder, die bei Warnau etwa die Havel aufgenommen hat und sich dann als ein gewaltiger Strom bei dem jetzigen Havelberg (das dann wohl Oderberg a/Elbe genannt worden wäre) in das Flußbett der Elbe ergießt und mit dieser zur Nordsee so etwa müßten unsere heutigen geographischen Lehrbücher lauten, — wenn — nun eben wenn eine Kleinigkeit, ein mächtiges Hochwasser oder mehrere besonders wasserstuchtbare Frühlinge n i ch t

eilt-

gewesen wären. So aber — und das möchte

— hat das ausgeschaut, als es noch keine Geographiestunde in der Mark gab, ja verschiedene Jahrzehnte vor der Zeit, vielleicht aber auch zu derselben Zeit, als die Urbewohner Deutschlands, die Vettern der Lappen noch vor den Semnonen in unserer Gegend, unsere liebe Mark kennen ich gleich bemerken

Flußbild der Mark und von Pommern

gelernt hatten.

L. von Buch bat Fr. Hoffmann hat es

darauf aufmerksam gemacht und der Elbe weiter verfolgt, wie die Richtung des Laufes beider Flüsse, die Elbe eigentlich zur jetzigen Mündung der Weser (von nördlich Magdeburg ab durch die Aller auf Celle) und die

zuerst

bei

Oder

nicht zur Ostsee, sondern durch das untere Ich unterlasse es die oben vielleicht begonnene geographische Confusion mit einem Hamburg an der Oder und einem Bremen an der Elbe und vielem dergleichen zu vermehren. Dorf Krebsjauche nennt sich die Stelle, wo das jetzige Oderthal beginnt, von seiner nordwestlichen Richtung abzuweichen und wo es sich gegen Norden wendet. Genauer bezeichnet diese verhängnißvolle Stelle vielleicht die „Schlaube" wie sie Schneider im Jahre 1689 nennt, oder „Schlubbe" zwischen Vogelfang, Groß-

Elbthal in die Nordsee führen müßte.

58 Nittendorf und Krebsjauche, ein aller vor der Canalisirung südlich von dem jetzigen Canal laufender Oderarm, der bis am Müllrose und Finkenheerd ging.

Es war einmal — die Geschichte beginnt märchenhaft, beruht — also es war einmal ein besonders wasser¬ reiches Frühjahr, die Fluthen der Ostsee hatten sich schon vor vielen, vielen Jahren in ihre jetzige Herrschaft zurückgezogen, das nasse Element im breit ausgewaschenen, damals noch nicht so tief wie heute eingeschnittenen Bette der Oder rollte höher und hoher, bis es über die Dämme lugte, die bei Neipzig oder bei dem schön benamseten oben schon angeführten Dorfe Krebsjauche etwa ihre Thalrichtung und ihren Laus von OSO. nach WNW. bestimmen halfen. Da stürzten sich einige übermüthige Wogen kopfüber in das Thal hinab, das zur Wartheniederung führte, immer neue Wasser folgten dem neuen Weg, rissen den Damm auseinander und bahnten sich einen schmalen aber tiefen Weg zur Warthe aus der Straße über Frankfurt und Lebus. Daß dieses Ereigniß viele, viele Jahre vor Christi Geburt stattgefunden hat, könnte schon daher geleitet werden, daß nach Einigen Frankfurt a/O., die freundnachbarlich gelegene Regierungsbezirkshauptstadt im Jahre 140 n. Chr. Geburt angelegt sein soll. So schreibt wenigstens mein Freund Casparus Schneider aus Dommitzsch im Jahre 1689 und fügt hinzu, es werde „fürgegeben, daß sie von den Franken, die der König Richimer in dieser Gegend der Oder, um der Gothen Einfälle zu hintertreiben um's Jahr 100 gesetzet, anno 146 ihren Anfang bekommen habe. Andere aber wollen, sic sei um etwas jünger und von den Franken, als sie an diesem Orte nach Versagung der Vandalier über die Oder gesetzet, auch bald darauf anno 600 einen herrlichen Sieg wider die Wenden erhalten, erbauet und mit solchem Namen belegt worden, der so vieles als der Franken Ueberfahrt bedeutet." Das heutige Oderbruch, jene gewaltige Ausspülung und Versumpfung (vor der Canalisation) wurde der Ringplatz der beiden großen Flüsse, und lvurdc damals durch den Zusammenfluß der¬ Nach und nach wurde das ganze Gewässer der selben gebildet. Oder in die neue Richtung zur Ostsee geführt. Ich füge hier nur ganz in Parenthese an, daß der Strom, der von dem Zusammen¬ fluß der Warthe mit der Oder heute Oder genannt wird, eben so gm und vielleicht richtiger Warthe genannt werden könnte. Denn, so ist cs üblich, wenn zwei Flüsse sich vereinigen, benamsen jedoch aus Thatsachen

wir

den Zusammenfluß nach dem

Fluß,

der die größere Wasser¬

zubringt — das würde wohl bei der Oder und Warthe (die bei Küstrin 600 Fuß breit ist) schwer zu entscheiden sein — und danach wer von den beiden dem anderen seine ursprüngliche Thalrichtung aufzwingt. Und das wäre hier wohl die Warthe. Ich fahre aber fort: Im alten Oderbette von Neubrück, ihrem Eintritt ab verblieb nur die Spree zurück, die mit eigenem Wasser den breiten alten Weg bis Spandau beibehielt. Hier wurde sie von der wasser¬ reichen Havel aufgenommen, die von Alters her eine besondere Neigung hatte, sich breit zu machen, Seen und was sonst ihr in Diese wiederum wurde dadurch den Weg kam, zu verschlucken. Bette aufzugeben, das im altes nach und nach veranlaßt, ihr ftir zwei Straßen der havelländischen Luch lag, weil heutigen masse

Wasserrcichthum nicht zulangte.

Als die Oder noch ihren alten westlichen Weg vor Berlin vorbei lief und mit ihren bedeutenden Wassermafsen das breite Bette erfüllte, ging sie auch mit dem einen Ami von Charlotten¬ burg aus — der übrig gebliebene Lietzensee (von dem ja heute noch durch eine breite versumpfte Straße ein Graben zur Spree führt) bei Witzlcben bezeichnet den Anfang der südlichen Richtung — zum Theil durch die Seen des Grunewald, den Halensee, den See bei V.W. Hundekehle, den See bei Forsthaus Grunewald

durch die „Krumme Lanke" zum Schlachtensee, von da in die Ausbiegung des Wannensee's durch das Stolperloch in den Pohle¬ see, den Stolpersee, den Griebnitzsee bei Glinike in die jetzige Havel — damals in den rechten Hauptoderarm, der mit dem soeben beschriebenen Südarm den Grunewald zu einer Insel machte. Auf einer Karte vom Jahre 1788 (Königl. Bibliothek, Karlen Abth.) „Carte topographique des environs de Berlin, Potsdam & Spandow“ (ohne Verfasserangabe) ist dieser alte Arm noch sehr deutlich zu verfolgen. Der nördliche Hauptarm, der rechte Oderarm lief südlich vor Spandau vorbei in dem großen Flußthale, das man nach Nord und West vom Spandauer Bock oder Ruhleben aus übersehen kann, und zwar von da ab im jetzigen Havelbcttc aus Potsdam, (die möglich gewesene Abweichung von Potsdam durch den Fahrlandschen See über Marquardt will ich nicht weiter ausführen), dann bis Brandenburg und Plaue und von dort entweder in der Richtung des heutigen Plaue'schen Canals in gerader westlicher Richtung mit einem kleinen Strich südlicher Abweichung in das Thal der Elbe, oder aber in dem jetzigen Havelbette über Rathenow bis Havelberg in die Nordsee, sei cs als eigener Strom, sei es mit der Elbe vereinigt. Die Havel, wenn nicht mit ihrer gesammten Wassermenge, so doch gewiß mit einem rechten Nebenarm wandte sich ehemals, ehe die Seen im Norden von Spandau längs der Spandauer Stadthcidc ihr den Weg in das von der Spree eingenommene alte Oderbette gezeigt hatten und ihren Abfluß nach Süd nahmen, zum Theil schon jvon Liebenwalde aus auf Kremmen, Linum, Fehrbellin, zum Theil von etwa Velten und Henningsdors aus auf Wustennark, Bredow, Nauen, Friesack, Rhinow mehr südwestlich, somit durch das vom König Friedrich Wilhelm I. entwässerte havelländische Luch, ungefähr in der Richtung der heutigen BerlinHamburger Eisenbahn zur Oder noch Warnau, etwa drei Meilen südöstlich von Havelberg. Ich fand auf der Berl. Königl. Biblio¬ thek eine Karte „Marchionatus Brandenburgensis, in quo sunt etc. Marchia et Ducatus Pomeraniae, autliore Daukert, Amstelodami cum Privil.“ 1650—1680 etwa erschienen, auf welcher der ehemalige Havellauf durch das Luch deutlich zu verfolgen und mit noch schmaler Wasserrinne angegeben ist. Auch auf der Landkarte des „Churfürstenthums Brandenburg, ausgeführt von Fr. v. Gundling, Königl. Geh. Rath und Präsidenten der K. Societät der Wissenschaften 1710 etwa erschienen, führt von Pinnow ab, Nauen vorbei u. s. w. in die jetzige Havel bei Rhinow ein Havelarnt. Eine Abzweigung hiervon wieder geht über Döberitz in die

Havel. Doch wenden wir uns noch einmal zu der Wasserstraße von Krebsjauche bis Spandau und dann zu der Stelle, wo die Oder ihr altes Flußbette, das sie gur Nordsee geführt hatte, verließ und wo sie sich den neuen und schmalen Weg einschnitt, der sie richtiger ausgedrückt zur Warthe, wie wir aber heute sagen, zur Ostsee

geführt hat. Vor 30 Jahren hat

Girard

eine sehr übersichtliche

Unter¬

suchung des Spreethals zwischen Spandau und Müll¬ rose gegeben, welche ich hier benutze. Die Mark besteht in diesen Gegenden, sagt derselbe,, aus einem Plateau, das sich ungefähr 60—80 Fuß mittlerer Höhe über dem Spreespiegel nach allen Seiten hin ausbreitet, und durch dieses Plateau zieht sich ein breites mächtiges Thal, in dem die Spree ihren bescheidenen Laus sucht. Ein zu kleiner Herr in zu großem Kittel. An den

schmälsten Stellen bei Fürstenwalde und bei Berlin hat dieses Thal immer noch eine Breite von eurer vollen Stunde und erreicht in seiner größten Breite beinahe drei Stunden inr Durchmesser. Die Gehänge dieses Thals sind in der Nähe von Berlin leicht zu erkennen, sie beginnen aus der südlichen Seite unweit

59 Wäre dieser Kanal immer vorhanden gewesen, die Oder würde nie ihr Gehänge nach Westen gewendet haben, sie hätte vielmehr, wie nachher geschehen, diesen Kanal erweitert und verflacht und wäre schnell zur Ostsee hinabgegangen. So lange aber dieser Kanal fehlte, wurde sie genöthigt, dem allgemeinen Abfall der Gegend zu folgen, den noch jetzt die Spree cinhält, und sich in die Vertiefung zu werfen, welche zwischen dein Flemming und dem Mecklenburgischen Landrücken sich hinzieht. Denn daß in unserer ganzen Mark ein direkter Abfall nach Nord nicht vorhanden ist, beweist am besten der Lanf der Havel welche von Nord aus dem mecklenburgischen Seeplatcau kommt. Die gcsammte norddeutsche Ticfebciw unterliegt fast ausnahmlos einer Ab¬ senkung von OSO nach WNW, die Flüsse marschiren, die Front nach Nord genommen, halb links. Es „lag an einer Kleinigkeit", daß Berlin an gar keinem Gewässer zu liegen kam, daß nicht auch die Spree damals abgelenkt wurde, dem neuen Oderlaufe zu folgen — und dann wäre Berlin gewiß gar nicht erbaut worden — daß die Spree sich südlich von Frankfurt a/O. bei Lossow oder Brieskow in die Oder ergossen hätte. So aber geschah die Ablenkung der Oder allmählig, und wie ich schon oben bemerkte, das Odcrbette wurde beim möglichen Eintritt der Spree gerade auf der westlichen Seite versandet, nach welcher der Abfluß der Spree zu dem neuen Thale hätte stattfinden müssen. Kein Stralauer Fischzug, kein Unter- und Oberbaum, kein Schafgraben und kein Kupfer- und Grüner Graben; eine wasser¬ lose Wüste läge heute an der Stelle, an welcher die Deutschen ihre Hauptstadt haben, nur die Pauke bewässerte das Land, — wenn die solide Spree denselben Leichtsinn besessen hätte wie ihre

Spandau

bei Ruhleben, ziehen sich dicht an Charlottenburg vor¬ bei, tuenden sich dann am Rande des Grunetvald nach Wilmers¬ dorf und gehen über Schöneberg, den Kreuzberg und die Hasen¬ heide nach den Rollbergen, hier machen sie eine Wendung

nach

Süd und an ihrem scharfen Rande liegen die Dörfer Rixdorf, Britz, Rudow k. Das nördliche Ufer beginnt in der Gegend von Tegel, setzt deutlich in der Gegend des Weddings ein und zieht sich, dicht an den nördlichen Theil von Berlin herantretend (beim jetzigen Judenkirchhvf, Wörther-Straße, Weißenburger-Straße) bis zur Chaussee, welche nach Frankfurt führt herum. Diese Chaussee geht mehrere Stunden weit unmittelbar am Userrande des Thals entlang und die Dörfer Friedrichsfelde, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf bezeichnen die Richtung desselben. Weiterhin setzt es über Köpenik wo es den Müggelsee und einige kleinere Seen in sein Bette aufnimmt, gegen Fürstenwalde fort und nimmt dort die große Vertiefung ein, welche sich im N. des Braunkohlengebirges

!

'

|

der Rauenschen und Duberow-Berge ausdehnt. Zwischen diesen Rändern liegt ein Thal, das sich allmählig gegen den Flußlaus zu senkt, in der Mitte meist von schwarzem Moorboden erfüllt ist, der hier und dort, jedoch niemals an der Oberfläche, sondern nur unter einer Decke von noch jüngeren Bil¬ dungen Lager von Infusorien führt und gegen sein Gehänge hin Anhäufungen von Sand zeigt, wie sie sich an den Seiten

breiterer Ströme in der Regel vorfinden.

Das Thal unterscheidet

sich ganz

in die Augen springend von

dem umgebenden Plateau, welches von großer

Sand- und

Lehm¬

bildung bedeckt wird. Wendet man sich aus dem Spreethale, welches sich bei Müllrose nach Süden richtet, gegen Osten dem Oderthale zu, so befindet man sich aus einer ebenen Sandflächc, welche sich gleichförmig auszudehnen scheint und nur in: SW. von einem Rande begrenzt ist, der dicht bei Müllrose beginnend, sich über die Dörfer Kiesen, Poltitz und Schönfließ ununterbrochen bis in die Gegend von Neu zelle herabzieht. Auf dieser Ebene gelangt man zuletzt zu dem Dorfe Krebsjauche, welches am Ende derselben, am Rande des jetzigen Oder¬ thals liegt, und ist hiermit an der Stelle, wo das jetzige Oder¬ thal beginnt, von seiner nordwestlichen Richtung abzuweichen und 9L wendet. Betrachtet man die Gegend um

ehemalige Verbindung, die Oder. j |

sich

herum genau,

so

der

aus

holländischem, slavischem,

genommen, solche überhaupt nicht giebt, so großen Ruf auch die sogenannten Oderkrebse haben. Denn die heute und vor 200 Jahren

sieht

dem

Brieskow

a/O (am Ausgang des Friedrich Wilhelmskanals, der 1662—1668 erbaut wurde, gelegen) durch die Lossow er Forst bis in die Gegend nördlich von Müllrose (ebenfalls am Friedrich Wilhelmkanal) fortzieht, während in Ost das rechte Ufer der Oder theils eine eben solche Grenze bildet. / Wenn wir sehen, wie die Ränder ihres großen alten Thals bei Neuzelle (2z/, Meile nördlich von Guben) mit denen des jetzigen zusammenfallen, gegen NW. aber bei Müllrosc sich ohne irgend eine Störung mit den Rändern des weiten Thals, in dem die Spree fließt, vereinigen, und wenn wir sehen, daß der Boden, welcher sich zwischen diesen alten Ufern ausbreitet, die Beschaffen¬ heit eines alten verlassenen und wasserleeren Flußbettes zeigt, so enrpsangen wir die Ueberzeugung, jener alte Strom habe einmal dieses alte Bette eingenommen, es aber in einer Zeit ver¬ lassen, wo sein Lauf noch nicht ein so tiefes Bett geschnitten hatte, als es jetzt benutzt. Das Terrain, welches Frankfurt a O. umgiebt, gehört zu den höher gelegenen in der Mark, die Oder zeigt ein steiles, scharfes Ufer auf der Westseite, und mit dem östlichen von Frankfurt a/O bis Reipzig ebenso beschaffenen bildet sich ein enger und tiefer Kanal, in den sich die Oder drängt, nachdem sie das weite offene Thal verlassen hat, das sie von der Mündung der Weiß e an besitzt.

Sinn

und ftanzösischcm Blut gut gefertigten Berliner gewiß ein anderes eben so schönes Bild geschaffen hätte. Es hätte aber auch dann wirkliche Oderkrebse bei Berlin gegeben, da es, streng deutschem

Abfall eines höher gelegenen Terrains in Süd und West ein ähnlicher Absturz in Nord entspricht, welcher sich

von

es ehedem wirklich Abfluß der Oder nicht verändert worden wäre, dürfte man heute schwerlich von Spreeathcnern sprechen, nur von Oderathencrn, „mit Spreewasser getauft sein" hieße nicht „ein gesunder Junge sein", wenn ich auch annehmen darf,

daß der sprachgewandte

sich gegen

man, daß

Für jeden Fall, wenn das Flußbild, wie

gewesen, durch den

in der Oder gefangenen Krebse und Fische kommen sämmtlich aus Warthe, da die Oder bis zur Vereinigung mit der Warthe ein kühles Gebirgswasser ist, das nur ein Paar Fischarten führt und auf jeden Fall nicht den Fischreichthum besitzt, dessen es sich im späteren Laufe erfteut, und der den Ruf der Oder schon vor 200 Jahren durch die großen Export-Fischhäuscr bei Wriezcn und in Küstrin nach Frankreich, Böhmen und tveitcr getragen hat. Ich will aber des knapp bemessenen Raumes wegen unterlassen, noch all das Biele aufzuführen, was Alles geschehen wäre, wenn heute wie ehedem läge Berlin au der Oder. der

i

Emil Dominik.

wörtererklärung des Scbal-rrs (1650). Nachstehender Auszug aus einer Wörtcrerklärung des Sebald'schen Breviarium Historicum dürfte für Viele interessant sein, ich gebe dieselbe ohne jeden Kommentar wieder.

Kirchspiel

ist deutsch von Gespicl oder Gesellschaft. kompt vom lateinischen, das ist alt» ara eine hohe Tischmauer.

Altar

60

Taufen

quasi

tauchen

heißt

untertauchen,

kompt

aus

dem

hebräischen.

Pathc

kompt her von Pater, weil sie wie die Väter die Kinder

sollen zu allem Guten Helsen.

Gevatter

heißet Computer. ist also genennet von dem billigen Umbschleichen und oder Witz, so ein fleißiger Präceptor in Schulen ge¬

Schulfuchs

List brauchet. König kompt her von können, das ist das Vermögen, mächtig und stark sein. Fürst hat den Namen von Fürstehen. Herzog kompt her von ziehen und Heer, der vor dem Heere her¬ ziehet.

Kindelbier

nennet man die Feier zur Kindtaufe, weil man aus Bier einladet, als das geringste ist von den Gaben, so man den Gästen vorsetzen will. Tschufft ist ein verachtetes Wörtlein wie Pfaffe, kommt aber vom hebräischen Schophet, das ist Richter, Regierer. Schöffe und Schöppe kommt ebendaher. Schulz wird vollkommen geschrieben Schuldheiß, das ist ein Ein¬ nehmer der Schulden und ist ehemals der Schuldheißen vor¬ nehmstes Ampt gewesen. einen Schoppen

Haus bedeutet etwas Hohes. Copuliren nennt man zwee in Hochzeit kompt

ein Ehejoch gespannen.

her von hohe Zeit.

Flitterwoche

kann herkommen von den Flitterbändlein und Hauben, so mit Flittern gezicret. Die trugen die jungen Weiber nach den Hochzeiten etliche Wochen, und hielten ihnen darin die Männer was mehres zu Gute, bis sie der Haus¬ haltung sich angcwehnten. Frau soll zwar herkommen von der Freud, daß eine Frau ihren Mann erstellen soll, so aber bei allen nicht zutrifft. Bei den Welschen heißt eine Frau Madonna.

Nachbar lautet als Nachbaucr,

der-

nach einem andern bauet.

Kaff seindt kein Wcitzcn. Bauer kompt her von Bauen.

Denn als die alten Deutschen geführt, sind die so daheim blieben und das Feld gebauct Bauern genannt. Bier, die Niedersachsen sagen Beir, das soll herkommen vom Griechischen pyrus, das heißt Weitzen. Es kann aber wohl auch aus dem Frantzösischen kommen, da anders die Frantzosen ehe Bier gebrauet als die Deutschen. Mensch kompt vom hebräischen aenoch, das heißt sterblich. Sarck soll von Cras, morgen herkommen; denn wenn man das Wort rücklings liest, heißt's Sarck. Schlimmer Vocativus. In der lateinigen Sprache wird der Nominativus und Vocativus genannt Casus rectus, recht und grade. Wer nun seines Amptes Person oder Thuns wegen gerade sollte gehen oder austichtig handeln, aber es nicht recht machet, den heißet man einen schlimmen Vocativus. „Wer mehr lesen will", schließt Sebald, „mag keuffen Agricolae Sprichwörter und die von Eucharii Eyerling". I). schwere Kriege

Ein Ausspruch Friedrich -es Großen. Bekanntlich kam die große Glocke, die Joachim II. im Jahre 1536 aus Bernau nach Berlin entnahm, 1723 nach der Stadt Crossen a. O. In der Croffener Chronik von G. A. Matthias heißt es 3. Pag. 3. 35: „1740 Decb. Während Friedrichs (des Gr.) Hiersein brach in der St. Marienkirche (zu Croffen) das Gebälk am großen Glockenstuhle und die große Glocke selbst sank dadurch. Da man damals überhaupt Friedrichs Auftreten gegen

das mächtige Oesterreich für höchst gewagt und gefahrvoll hielt, so konnte es nicht fehlen, daß die Einwohner der Stadt dies als ein böses Omen für sein Unternehmen ansahen. Sie versammelten sich daher in großer Zahl auf dem Markte und theilten einander ihre Besorgniß mit. Als dem Könige dies hinterbracht wurde, sagte er voll kühner Zuversicht: „„Auch ich nehme die Sache als ein Vorzeichen an, aber nicht als ein übles, sondern als ein gutes; denn wie die hohe Glocke zusammenbrach und siel, so wirst cs auch dem hohen und stolzen Hause Oesterreich ergehen.""

Ewald, Bernau.

Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Oerlins. Am Sonnabend den 1. März legte Herr Stadtrath E. Friedei im deutschen Dom Versammelten eine Anzahl Medaillen, Münzen und Siegel vor, die an verschiedenen Orten gefunden worden sind u. a. das Siegel der reitenden Bürgerwehr von Berlin, aus den Fundamenten eines Hauses der Oranienburgerstraße; sowie ein preußisches Werbesiegel. Herr Ferd. Meyer zeigte einen Kupferstich, der Berlin vom Rosenthaler Windmühlen¬ berge aus gesehen, zu Anfang dieses Jahrhunderts darstellt, und eine gedruckte Steuerquittung von 1658. Dann führte Herr Prediger Dr. Hentschel aus einem Buche von Otto Wolff über die Lehninische Weissagungen den Nachweis, daß Johann Cicero seinen Beinamen irrthümlich durch Melanchthon erhalten. Sodann führte Herr R. Fischer eine Diskussion herbei über die Lage des hohen Hauses, die bei der Kürze der Zeit kein Resultat ergab. In der Folge zeigt Herr Alfieri eine Abbildung einer eisernen Kaminplatte aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Zum Schluß machte Herr Hülcker auf einige Alabaster-Reliefs an dem Grabmal des Hieronymus Reich von 1560 in der Nicolai-Kirche aufmerksam, welche bei der jetzigen Renovation der Kirche über¬ tüncht worden sind. In der 256. Versammlung, 5. (3. öffentliche) Sitzung des XV. Vereinsjahres: Sonnabend, den 8. März, sprach Herr Schul¬ vorsteher Budczics über ältere märkische Taufbecken. Er brachte in einem Referat alles das, was über dieselben Anfangs dieses Jahrhunderts geschrieben worden ist, eine selbstständige Ansicht stellte er nicht auf, um nicht den Kreis der Hypothesen noch zu erweitern. Des Einzelnen führte der Vortragende aus, wo sie vorkommen, wann sie entstanden sein können, und was die Zum Vortrage räthselhasten Inschriften wohl heißen könnten. den

eine ganze Reihe solcher Taufbecken aus dem Märkischen Museum ausgestellt. Dann sprach Herr Architekt Prüfer über einige mittelalterliche Kirchengeräthe aus dem Märkischen Museum, die auch ausgestellt waren. So führte er verschiedene Weihrauchsgefäße vor, ein altes Vortragekreuz (beschrieben und abgebildet im Bär 1877 S. 26/29) ein Reliquieen - Kästchen, 2 Monstranzen, ein Kelch, (beschrieben und abgebildet im Bär 1876 S. 96) ein Cibonum (be¬ schrieben und abgebildet im Bär 1877 S. 160/62) und 3 Oblaten¬ backformen. Nach Schluß der Sitzung begab sich noch eine Anzahl der Mitglieder in die Weinstube der Herrn Dünnwald, Hoher Steinweg 15, um dort sich die nach dem Hofe gelegenen alten Die Erklärung hier übernahm Baulichkeiten näher anzusehen. Prüfer. Architekt Herr Die nächste (Arbeits-) Sitzung findet am Sonnabend, den 29. März, Abends 7 Uhr im Bürgersaale des Rathhauses statt.

war

Wald. Lichtwitz, Buchhandlung, Berlin 0. Molkenmarkt vis-a-vis Poststraße, bietet an 1 Fidicin Berliner Chronik, Lief. 1—15 Mk. 45, für Mk. 32.

Für die Redaction verantwortlich: Rudolph Stricker in Berlin.— Verlag der Nicolaischen Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. Druck:

W. Moeser Hofbuchdruckerei in Berlin.

NÄUeMchlTNÄ *

SJW

Unter Mitwirkung von

^

Mi ringuier, Zf. Mrunokd in Joachimsthal, Prof. Dr. Nautus Cassel, Emil Dominik , Stadt - Archivar Aidicin, Hheodor Montane, Dr. Kermann Hlctkc Ziert». Weyer, Oberlehrer Dr. K. I'röftlc, Director Wilhelm Schwarh in Posen, Dr. jur.

Archidiaconus Schwebet in Cüstrin, Dr. Scllo rc. re. herausge.zeben von

E. Friede!

Verlin,

R. Schillmann

und

Stadtrath.

Stadt-Schulinspector.

Die Zeitschrift erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 50 Pf., und ist durch alte Buchhandlungen und Postämter, sowie durch Expedition iBrüdcrstr. IS) zu beziehe». — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische V erla gS-Buchbandln ng, R. Stricker in Berlin Inserate, pro S gesp. Petitzeile Sv Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlnng entgegengenommen. z» senden

Inhalt:

Wer führte den Kartoffelban in die Mark Brandenburg ein? Von Emil Dominik. — Markgraf Ludwigs d. Ä. Nenmärkisches Jndenvrivileg vom S. September 1344 iSchinß.I — Der große Kurfürst als Poet. Von Fritz Eliguth. — Das goldene Tafelgeschirr Frikdrilb Wilhelm» III. — Ein »eberbleibsel der Stechbahn. — Ein «erlincr Küster. — Roch einmal: Das Prenzlauer Steinkrenz. — Ein Beitrag zur Geschichte de» Berliner Handels in, 15. Jahrhundert. — Bestellung eine» HauS-Voigte» für das Kurfürstliche Hoflager zu Cölln a. d. Spree, de nmio 1676. — Altes und Neues ans dem Kreise BecSkow-Storlow. — Miscclien. — Mittheilungen ans dem Verein für die Geschichte ' ' Berlins. — Mittheilungen ans dem historisch-statistische» Verein z» Frankfurt a. O.

Wer führte den Lartoffelbau in die Mark Brandenburg ein?

(Mit Abbildung auf Seite 68.) Es ist in den letzten Tagen gesprochen und geschrieben geschichte des Lustgartens kurz schildern, die beigefügte Ab¬ worden von ben Baumeistern und Künstlern Berlins, deren bildung nach einem Kupferstiche aus dem Jahre 1660 erleichtert Gedächtniß inan durch Aufstellung ihrer Bildnisie in der Vor¬ das Verständniß. ehren mit den Museums solle. bin all Bis ins sechszehnte Jahrhundert war der Platz hinter halle unseres Ich Namen, die da genannt wurden, Lhnar, Schlüter rc. ganz dem Schlosse wüste, und weiterhin, wo jetzt der Dom steht, und gar einverstandeir, hätte vielleicht eilten und den anderen morastig. Jnr Jahre 1573 berief K u r f ü r st o h a n n G e o r g nach dem Tode des prachtliebendcn Joachim II. (starb noch hinzuzufügen; ich möchte aber eine kleine Stelle des Lust¬ 1572), gartens für die Gedenktafel an einen einfachen Mann der den Schloßbau unvollendet hinterließ, den Baumeister reserviren, der im heutigen Lustgarten, wahrscheinlich an der Hans Räspell und wenige Jahre darauf den Grafen Rochus Stelle, wo heute der Schinkelsche Prachtbau Berlins schönsten von Lhnar zum weiteren Ausbau des Schlosses. Zum Bau Platz schmückt, vor 230 Jahre die erste Kartoffel pflanzte, des Lustgartens aber holte er den Desidcrius Corbianus, vorherigen Gärtner des gegenwärtig noch in Glauchau die Urgroßmutter einer ungezählten Nachkominenschaft in den

I

preußischeir

Staateil.

Wer den Segen erblickt, den der Bau dieser Frucht seit 200 Jahren geschaffen — es kann hier nicht der Ort sein, mit Zahlen auf die große Bedeutung dieses wichtigsten Kultur¬ gewächses nächst dem Roggen besonders für unsere Mark und unsere Ostproviilzen hinzuweisen — der muß immer mit dankbarem Herzen des Mannes gedenken, dem wir Preußen

für

diese

Wohlthat zu verdanken haben und

dem

wir Berliner

residirendcn Grafengeschlcchts, des Georg Herrn von Schön¬ burg-Glauchau nach Berlin, und ertheilte ihm den Auftrag:



„insonderheit Unns allhie hinder unserm Schloß am Thiergarten einen neuen Lustgarten, daraus Wir allerlei Unser Kuchen Rodtdurft haben mügen, mit allem müglichen undt besonderen Fleiß zu erbauen undt zuzurichten." Der Kurfürst ließ auf Anrathen des Corbianus den Platz

ganz besonders verpflichtet sind.

zunächst von den Wasserflüffen,

Der Mann hieß Michael Hanff, und war Lustgärtner des Großen Kurfürsten. Ich will zunächst die Jugend¬

Theil durchstrichen, räumen, ebnen und erhöhen. Dieser Garten ging ungefähr bis an die Stelle, wo jetzt das Museum

welche damals den unteren

62 steht, wo damals ein breiter Graben die beiden rechts und links fließenden Wasierarme der Spree verband und über den eine Brücke zum „neuen Packhofe" führte, die die „kleine

stieg man

darum, weil der „neue Packhof" als ehemaliges

„Pvmmeranzcnhaus" Nehring erbaut worden

des

Kurfürstlichen Lustgartens von

war.

Glänzende Feste rvurdcn damals im Lustgarten gefeiert, ganz besonders bei den Taufen und Hochzeiten des Kurfürst¬ lichen Hofes, bei den Besuchen fremder Fürstlichkeiten. Glänzende Ringelrennen und Fußturniere, mythologisch allegorische Vor¬ stellungen in dem bombastischen Style der Zeit, wie der Venus¬ berg mit Cupido und Mercur, Aufzüge von Heyducken, Ungarn, Mohren, Türken, wilden Männern, Fischern, Bettelmönchen

und phantastischeren Charakteren geschahen im Lustgarten. Ganz besonders waren es Feuerwerke, welche hier vorgeführt wurden. Ein einziges beim Besuche Kurfürst Christians I. von Sachsen im Jahre 1586 abgebranntes kostete 6000.Gulden. Es wurden die vier Bildnisse der Nichtprotestircuden in Europa im Lustfeuer abgebrannt, das katholische, das griechische und die beiden muselmännischen Oberhäupter „der Pabst, der Zar, der Großtürkc und der Tartareuchan." 9hm kam die brandcnburgischc Unglückszeit, der dreißig¬ jährige Krieg; der Garten verwilderte, der Hof lebte ja be¬ kanntlich mehr in Preußen wie in Berlin, überließ die Mark der Plünderung von Feind und Freund, und wie das Schloß selbst,

so

verfiel auch seine Umgebung.

elender

garten durch ein Bollwerk abgeschnitten und der Garten 1677 bis an die ehemalige Hundebrücke erweitert wurde; daß aber der obere Blumengarten des Schlüterschen Schloßbau's wegen eingeheil mußte, und eildlich daß der ganzen Herrlichkeit durch Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1715 ein trauriges Ende

vor den Fremden schämen, die

Be¬

dieses kurfürstliche Resi¬

denzschloß sähen."

Kurfürst Friedrich Wilhelm

gab 1645 Befehl, den

Garten wieder herzustellen- Kammerpräsident Berndt von Ar¬ nim, ein tüchtiger Oekonom unterzog sich der Aufgabe und ließ zunächst den Platz längs der Hofapothcke, welcher sehr sandig war, mit dem Gaffenkothe erhöhen, den die Berliner Bürger vor ihren Häusern seit Jahren aufgehäuft hatten. Es ist ja auch bekannt, daß die Straßen Berlins, auf denen der Oekonomie halber die Schweine umherliefen, noch ungepflastert waren, und so voller Koth, daß im Jahre 1671 der Befehl erging, jeder Bauer, der zu Markt komme, solle rückwärts eine Fuhre davon mit sich nehmen, die erste amtlich eingerich¬ tete

„Abfuhrgesellschaft." Er ließ ferner das erhöhte Land mit grünen Kirsch- und

Mandelhecken

umfaßen

und

einen

Blumengarten

anlegen.

Der kurfürstliche Baumeister M cm Hardt und der Lustgürtner Michael Hauff erhöhten weiteres Terrain, der erstere schuf die schmückenden Hochbauten, der andere die Gartcnzier, Vor dein Blumengarten stellte man 1651 die marmorne Statue

auf, welche die Kurfürstin Louise, seine Ge¬ mahlin durch Dusard hatte im Haag arbeiten lassen. Die Bildsäule kam später in den Charlottenburger Garten. Ein kolossaler liegender Neptun — der später in den sogenannten Jtzigschcn Garten vor dein Schlesischeil Thore kam — und ein Springbrunnen, beide vom Bildhauer String halsen zur weiteren Ausschmückung. Auf einer Treppe von sieben Stufen des Kurfürsten

Der Platz wurde ebenso wie der schöne Potsdamer Lustgarten von ihin erhöht, mit Kies befahren und zu einem Paradeplatz umgeschaffen. — Der große Kurfürst also, der um die Blumenzucht, die Obstbamnzucht, das Pflanzeil der Kücheilgeinüse lind ihre Ein¬ führung ill die Mark hochverdiente Fürst stellte mit seiilem Gärtner Michael Hanfs und mit sachverständigen Arbeitern aus Holland und denl Clevischen deil Lustgarten wieder her zu einem Lust- und Gemüsegarten. Uild das ivar gewiß voil Bedeutuilg, da bis dahiil die eiilfachsteil Küchenpflanzen mit großen Kosteil auf der Post von Hamburg, Braunschweig, Erfurt uild Leipzig verschriebeil werden lnußten. Unsere Kartoffel, das schöne Kind Perll's hat bekanntlich der Sklavenhändler Hawkins im Jahre 1565 in Irland eingeführt, andere brachten sie 1570 nach Spanien, Italien bereitet wurde.

schaffenheit, daß eine gleichzeitige Nachricht sagt, „man müffe sich

des jetzigen

bemerken, daß bei dem Festuilgsbau 1658 der ganze Hinter¬

Das Schloß war

so

in der Gegend

Weil die weitere Geschichte des Lustgartens einem beson¬ dereil Artikel vorbehalten bleiben kairn, will ich hier nur kurz

bekanntlich so baufällig gctvorden, daß um ein Beispiel anzu¬ führen das Gemach der Herzogin von Braunschweig mit vielen 100 Pfählen gestützt werden mußte.

Die Fenster und Mauern waren von

den Untergarten, wo

Doms viele bedeckte Gänge von Ulmen und Ligustrum und hinter denselben eilf inarmorne, neunundzwanzig bleierne und zwei steinerne Statuen standen. In der Mitte des Lustgartens war der Länge nach ein Baumgarten von Obstbäumen nebst einem Vogelhause. Von da ging man linker Hand am Waffer abermals auf einer Treppe in den Hintergarten hin¬ unter. In demselben war zunächst eine Lindenplantage (1652 wurden hierfür und zu den Alleen längs der Spree von dem kurfürstlichen Residenten M. Dögen in Holland 700 Linden Voil da kam man über eine Brücke nach dein gekauft). botanischen Garten, der auf einer Insel lag, von dort über die schon oben erwähilte Pommeranzenbrücke zum dainaligen Pommeranzenhaus (dem jetzigen Lagerhaus) welches im Sommer offen stand und im Winter mit Brettern und Mist bedeckt wurde. Von da kam inan wieder über eine Brücke in den Küchengartcn, welcher mit acht Gräben in Form eures Sterns durchzogen war. Der Umfang des ganzen Gartens war ungefähr 5000 rheinländische Fuß.

Pommeranzenbrücke oder die Orangcbrücke" genannt wurde,

in

'

;

lind Burgund, in beideil letzteren Ländern wurde sie wenige Jahrzehnte darauf, in Burgund seit 1588 allgemein angebaut. Durch Franz Drake erhielt der Botaniker Gerard SamenKartoffeln, welche er in London kultivirte, in Frankreich kain sic erst 1616 als eine Seltenheit auf die königliche Tafel. Schon zu Ende des 16. Jahrhunderts hatte in Holland eiil päpstlicher Gesaildter die Kartoffel bekannt gemacht, im Jahre 1649 kam sie nach Berlin aus Holland. Der kur¬ fürstliche Leibarzt vr. Elßholz, welcher 1657 eine Beschreibllng der in dem Lustgarteil seit 6 Jahren gezogenen Pflanzen anfertigte, nennt darunter:

„lartut't'eln ausHolland. Solanum tuberosum esculentum“ und

man weiß,

daß 1648

der große

Kurfürst

Gärtner-

gesellen nach Schöniilgen, Güstrow gesandt, hatte um allerlei

Ligustrum zu holen. Dr. Elßholz fügt dem obigen noch hinzu: „Nachtschatteil mit knolligten Zwiebelgewächse und

63

Wurzeln, zur Speise dienlich (Grüblinge, Erdbirnen), allhier muß man nicht verstehen die Erdmorcheln, welche sind ohne Stengel und Blätter, als welche von den Wälschen auch Tartuffeln genannt werden, sondern sie gehören unter das Ge¬ schlecht der Nachtschatten." Unterm 1. Februar 1649 erging der Befehl, dem Bur ckhardt Friedrich, Gardinier zu Ryßwick in Holland 80 Gulden zu bezahlen für etliche bulbische (knvlligte) Gartengewächse und Blumen. Die brandenburgischen Großen lernten die Kartoffeln (und zunächst wurden nur die „rothen" Kartoffeln bekannt, die weißen viele Jahre später) am Tische des großen Kur¬ fürsten kennen, der diese Herren durch Geschenke von allerlei seltenen Gewächsen zum Weiterverbreiten des Gartenbau's auf¬ munterte. Elßholz in seinem „Gartenbau oder Unterricht

von der Gärtnerei auf das Klima der Churmark Brandenburg eingerichtet (Cöln an der Spree 1672)" nennt die Personen, welche nach dem Beispiele des Kurfürsten schöne Gärten in der Mark anlegten. Das waren Feldmarschall von Sparr zu Prenden, Burggraf Dohna zu Schönhausen, Freiherr Schwerin zu Alt Landsbcrg, Freiherr von Löben zu Schenkendorf. Geheimrath von Canstein zu Lindenberg, General¬ major von Pöllnitz zu Buch, Geheimrath von Blumenthal zu Stavenau, Kammerherr von Götzen zu Rosenthal, Ober¬ schenk von Börstell zu Hohenfinow, kurfürstlicher Rath Heydkampf zu Rudow und Kriegsrath von Meinders vor dein Stralauer Thor. Natürlich gehören hierher auch die kurfürstlichen Gärten zu Oranienburg, Cöpenik, Potsdain und derjenige auf dem Vorwerke der Kurfürstin in Berlin (dein heutigen Monbijou). Daß die Kartoffel m all diesen Gärten gepflanzt wurde, daß dieselbe schnell bekannt und beliebt wurde, beweist ebenfalls die obige Schrift von Elßholz. Während er noch im Jahre 1657 diese Pflanze als „Lustgartenpflanze" aufführt, nennt er dieselbe in der Ausgabe seines Buches vom Jahre 1664 schon eine Küchenwurzel, beschreibt ihren Bau, ihre Aufbewahrung und giebt über die Art ihrer damaligen Be¬ nutzung folgende Auskunft:

„In

den Küchen werden sie vornehmlich auf

viererlei

Art

zubereitet. Erstlich siedet man sie im Wasser mürbe, und wenn sie erkaltet, so ziehet inan ihnen die auswendige Haut ab, alsdann gießet man Wein darüber und läßt sie

mit Butter, Salz, Muskatenblumen und dergleichen Gewürz von neuem kochen, so sind sie bereit. Darnach kann man sie mit Hühnern, Rind- oder Kalbfleischbrühe kochen uild abwürzen, oder sie auch an Rindund Hammelfleisch thun. Oder man schneidet die abgekochten Tartuffeln in runde Scheiben und bratet sie in der Pfanne. Oder viertens man schneidet Zwiebel und Essig daran und lasset es also durchbraten." Nochmehr. In der dritten Ausgabe dieses Buches vom Jahre 1684 wird schon die rothe Art von der weißen

in seinem „Diätikan, oder newen Tischbuch", Dr. Elßholz im Jahre 1682 herausgab, sagt er

unterschieden und welches

über die Kartoffeln bereits: „Man ißt aber diese Tartuffeln theils zur Lust und Ver¬ änderung, theils als eine nährende Speise, weil sie nun¬ mehr (1682) ziemlich gemein bei uns worden."

Nun wie „geincinnützig" hellte, im Jahre des Herrrl 1879 die Kartoffeln bei uns geworden, das beweist vielleicht der Schrecken des vergangeilen Jahres vor dein Kartoffelkäfer, das beweist unter Anderm auch

ein Vcrzeichniß

eines Kartoffel¬

Berlin, der als Saatkartoffeln 158 „bewährte" Sorten auMhrt.

züchters bei

Es erübrigt nur noch, etwas voll der Person Michael auch „Meister Michel" genannt wird, anzu¬ führen. Freilich nur Unbedeuteildes. Sein Vorgänger war Hans Dreßlcr, der im Etat von 1650 als „alter Küchen¬ gärtner" mit 291 Thaler Ruhegehalt ausgeführt wird. Das Gehalt Michel Hanffs betrug 486 Thaler. Friedr. Nicolai weiß von ihm, daß er noch 1680 in Berlin lebte. (s. Nicol. Nachricht voll Bannleister ec.) Sein Nachfolger war Küchen¬ gärtner Michelmann, der im Etat mit 383 Thaler genannt Dr. Elßholz, dem wir obige Notizen zu ver¬ wird. danken haben, war 1657 zum Aufseher des Lustgartens bestellt wordeil und erhielt hierfür 100 Thaler nach dem Etat. Es war dies der „Etat der Hoffmedici, Apotheker Wehemutter, Gärtner auch Kräuterfrau."

Hauffs, der

Emil Dominik. Markgraf Ludwigs

X

Ucumärkifchcs Iudenprivilcg vom 9. September 1344. d.

(Schluß.)

Wo

es

sich

dagegen

nicht um

eigentliche

Schuldfälle

(cfr. Homeher, 1. c. S. 491) handelte, trug man auch ailderwärts kein Bedeilkeil, deil Juden ohnelvcitercs zlinr 'Rei¬ nigungseide zu verstatten, mit Ausilahme des schon bei den Rechten an fremden Sachen besprochenen Specialfalles des §. 5

(lateinischer Text), so naiilcntlich in allen Streitigkeiten aus dem Pfandrecht, von denen indessen das Neumärkische Privileg

nur eineil Fall ilamhaft macht (§. 5), wenn nämlich von Seiten des Pfandschuldncrs behauptet wurde, es seien die ge¬ Formalitäten bei der Pfandsetzung nicht beobachtet, eine Behauptung, welche jedenfalls unentgeltliche Rückgabe des Pfandes nach sich gezogen haben lvürde. Friedrich I. fügt noch deil Fall hiilzu, daß der Schuldner auf Rückgabe des Pfandes mit der Behauptung klagt, er habe Zahlung geleistet (§. 7a). Ueber die Grenzen des Pfandrechts geht §. 9 im Falle der datio in solutum hinaus. Der verklagte Jude hatte gegen den Kläger eine Darlehnssorderung; dieser zahlte, indem er irgendwelche Mobilien an Zahlungsstatt gab, forderte aber, da ilach Sachsenspiegelrecht solches nur gültig war, wenil es im Vertrage ausdrücklich stipulirt worden, die Gegenstände wieder zurück, in dem er jedenfalls behauptete, er habe dem Verklagten die Sachen „ausgethan", d. h. auf Rückgabe hingegeben (quod res pro suis debitis minime recepissent). Der Letztere soll danil deil Grund feine© Er¬ werbes, die Hingabe an Zahluilgsstatt, mit dem Eineid be¬ weisen. Es dürste hierin eine Fortbilduilg der Bestimmuilg in den schlesischeil Privilegien uild im Rechtsbuch nach Distinctionen liegen, wonach der Jude, wenn der Kläger behauptet, er habe ihm eine Sache, deren Rückgabe er verlailgt, als Pfand gesetzt, schwören darf, die Hingabe habe einen anderen Rechtsgrund. Von politischen Rechten sehen wir das Recht freier Religionsübung zugestanden; es ist von den Judcnschulen, setzlichen

64 Fleischer das von den Juden verschmähte Fleisch erwerbe, und

d. h. Synagogen, die Rede und von den daselbst aufbewahr¬ ten Büchern des alten Testaments, auf welche die Eide abge¬ leistet werden. Eine besondere Bevorrechtung der Neumärki¬ schen Juden liegt darin nicht, da sich in den verwandten

Statuten überall dieselbe Befugnis wiederfindet, solange keine Collision mit christlichen Institutionen zu befürchten war. Synagogen in der Mark werden schon früh genannt, z- B1322 in Brandenburg (Riedel, A. IX, 19); die Glosse zum Sachsenspiegel (III, 7) erklärt es für nicht erlaubt, neue Synagogen zu erbauen, und als, nach der Ausweisung der Juden aus der Mark im Jahre 1573 der große Kurfürst 1671 aus Oesterreich vertriebene Juden in Berlin aufnahm, wurde ihnen ausdrücklich die Anlegung einer Synagoge ver¬ boten; erst 1684 ward die Liebmannsche Privatschule in der Spandauerstraße zur allgemeinen erhoben (Geiger, l. c. S. 4, 21). Ob daraus, daß einer besonders auffälligen Tracht, wie sic anderwärts beliebt war — in Berlin mußten die Juden zur selben Zeit bestimmte Hüte tragen (Fidicin S. 153) — nicht gedacht wird, gefolgert werden darf, daß von einer solchen in der Neumark überhaupt abgesehen wurde, erscheint bedenklich.*) Das Vorurtheil, welches diese erniedrigende Einrichtung schuf, erhielt sich zu lange in ungcschwächter Kraft, als daß man annchinen könnte, Markgraf Ludwig habe demselben entgegentreten können. Richtiger ist es vielmehr, anzunehmen, daß es bei allen im Privileg nicht erörterten Punkten bei den allgemein geltenden Principien sein Bewenden gehabt habe; zumal der Gesetzgeber selbst an vielen Stellen aus ein längst geübtes Gewohn¬ heitsrecht als die Basis seiner neuen Verordnungen verweist.

Aus den Schlesischen Privilegien tragen Friedrich I. und II. (§. la, 9a) nach, daß die Juden bei ihrem häufigen Hin- und Herziehen keine an¬ dern Steuern und Zölle zahlen sollen, wie die Christen. Bei der festen exclusiven Organisation der mittelalterlichen Zünfte ist es natürlich, daß Juden in denselben keine Auf¬ nahme fanden; allein die Ausübung des Fleischerhandwerks mußte, wenn man sic überhaupt dulden wollte, mit Rücksicht aus ihre Spciscgcsetze geduldet werden. Damit hängen die Bestimmungen hinsichtlich des Viehkaufs und des Fleischverkaufs zusammen. Es mußte den Juden erwünscht sein, das, was sic nicht selbst verzehren durften, an Christen weiter zu verkaufen. Dadurch geriethen sie aber in Conflict mit den überall sehr angesehenen -„Knochenhauern", die sich sowohl durch die Beschränkung ihres Schlachtmonopols, als durch die un¬ zweifelhafte Herabdrückung der Fleischpreise, geschädigt sahen. Die Lösung dieser immer wieder auftauchenden Streitfrage durch die zeitgenössische Gesetzgebung ist eine höchst mannig¬ faltige- Die Schlesischen Privilegien und das für die Nenmark gestatten im Allgemeinen den Juden, Alles was ihnen beliebt, zu kaufen und zu verkaufen, und entscheiden somit den Streit zu ihren Gunsten; der Bischof von Breslau dagegen suchte im 14. Jahrhundert darauf hinzuwirken, daß kein christlicher

*) Der Holzschnitt zeigt einen Juden, wie ihn die Heidelberger Bilder¬ handschrist, Ssp. HI, 7 darstellt, nach „Teutsche Denkmäler" re. Taf. 25, 5. Der characteristische

spitze

Hut ist gelb gefärbt.

im Jahre 1315 war

es

in der Stadt Breslau den Juden

streng verboten, Fleisch an Christen zu verkaufen

(Grünhagen,

Breslau unter den Plasten, S- 85). 1307 wurde den Juden in Spandau, 1315 denen in Brandenburg das Schlachten und Berkalifell unterziernlich einschränkendenBedingungen erlaubt. In Berlin war ihneli beides früh gestattet; am 7. April 1343 verordnete der Magistrat, daß sie nur auf dem Markt, nicht unter der Hand, Vieh kaufen und nur iil Vierteln verkaufen durften.

Auch verbot er aus

sanitätspolizeilichen

Grün¬ Verkailf zu stellen.. (Das babei genannte kogesch, kogeftich, richtiger kog-heftich, mit der koge behaftet, bringt Janicke im Wörterbuch zur Magde.burger Schöppenchronik richtig mit „keuchen", englisch to cougli, den allerlei ungesundes Vieh zum

in Verbindung). Auffallend ist es, daß wir von einer ärztlichen Thätig¬ der Juden in der Mark gar nichts hören. War es auch im Princip verböten, sich derselben zu bedienen, so begegnen wir doch vielfach jüdischen Leibärzten, die bei der arabischen Wissenschaft in die Schule gegangen waren, an Fürstenhöfen. Bei uns verlautet davon Nichts, zu Anfang des 16. Jahrh, wird ein jüdischer Allgenarzt genannt, (Möhsen, Gesch. der Wissenschaft in der Mark. S. 508.) Möhsen (!. c. S. 306) meint zlvar, es hätte in der uns interessirenden Periode über¬ haupt noch keine Wundärzte in der Mark gegeben, wogegen

keit

es

|

beinerkenswerth sei, daß die Pommerschen Herzöge bereits

1572 über einen Wundarzt verfügt hätten, der indessen den Herzog Kasimir von seiner schweren, bei der Belagerung voil Königsberg N./M. erlittenen Wunde nicht heilen sonnte. (Vgl. das frische Volkslied bei Garcäus S. 138: Och arzte, leve arzte min, Kanstu wol wunden helen! Ick hebbe der borge unde stede so vel, Di scholen die werden to dele. Und als he to dem arzte quam, Sin leven nam en ende, etc.)

Er macht indessen einen für jene Zeiten gewiß nicht statthafteil Ullterschicd zwischen Aerzten für innere Krankheiten uild Chirurgen, und erwähnt selbst den Leibarzt 'Waldemars Johann voll Halberstadt, solvie einen Salzwedeler Arzt Peter (1. c. S. 315 — 317). Außerdem werden noch andere Aerzte auch in der Mark Brandenburg genannt, die indessen keineirfalls Juden gewesen sein können, nämlich im Jahre 1363 ein Petrus medicus im Treuenbrietzener Schöppenbuch (Riedel, A. XIV, 361), und 1366 der Brandenburger Domherr Magister Albertus, den Markgraf Otto feinen phisicus nennt (1. c. S. 29). Ueberblicken wir noch einmal das Gesagte, so kommen wir zu bem Resultat, daß die rechtliche Lage der Juden in der Mark zu jener Zeit, und namentlich uirter der ftir unsere Heimat sonst so verderblichen Regierung der bairischen Fürstcn eine verhältnisniäßig recht günstige gewesen; thatsächlich freilich mögen sie sich unter Menschen, denen Rechtsnormen nur allzuhäufig bloß deßwegen vorhanden zu sein schienen, mn sich über sie hinweg zu setzen, nicht übermäßig behaglich Diese immerhin glückliche Periode wurde gefühlt haben. unterbrochen durch die Verfolgung im Jahre 1510, und fand ihreil Abschluß in der an den blutigen Lippoldschen Prozeß sich anknüpfenden Vertreibung aller Juden aus der Mark 1573.

65

Als dann

der große Kurfürst sie wieder aufnahm, befanden

untergeordneten staatlichen Verhältnissen, in viel ge¬ drückterer Lage als früher. Nur sehr allmählich gelang es ahnen, die früher besessene bürgerliche, und erst in neuerer Zeit die volle politische Gleichberechtigung zu erwerben. Daß aber der mittelalterliche Fanatismus noch nicht geschwunden, das haben erst vor Kurzem in unserer „Metropole der Intelligenz" die Versammlungen einer Partei gezeigt, welche mit besonderem Nachdruck ihr Christenthum zu betone» liebt. sie sich,

Der große Kurfürst als Poet. Von .feit)

Von Hofpoeten war nun allerdings eine

Fülle

Weiteren Kreisen bekannt ist Friedrich Ludwig von Canitz, ein Enkel des berühmten Ober-Kammerherrn von Burgsdorf und Schwiegersohir des Kammerpräsidenten Berndt von Arnim-Boytzeirbrrrg, ich weise denjenigen verehrteir Leser, der Näheres über den Dichter erfahren will, auf den ersten Band der vorzüglichen Fontane'schen Wanderungen. Weniger bekannt dürfte ein anderer Hofpoct sein, der einst dein großen Kurfürsten selber Gelegenheit gab, Verse zu schreibeit. Es ist dies der Kainnrergerichtsadvokat, Kämmerer und Stadtrichtcr zu Cöln an der Spree Nieolaus Peuckcr, Derselbe war Stadtpoet der im Jahre 1674 gestorben ist. iricht vorhairden.

und trieb

ffilsgutsi.

solche

auch

bei Hofe

mit seinen Gelegenheitsreimereien

sein Wesen.

Der große Kurfürst — ein wahrhaftiger Fürst, weil er Geschick, Allem ans rechte Art auf¬ — zuhelfen galt bekanntlich schon im Airfang seiner Regierung

für Alles Sinn hatte, und

Der große Kurfürst, von dessen gutmüthiger Laune tins viel erzählt iuordcn ist und dessen Charakter große Aehnlichkeit mit dein unseres verehrten Kaisers gehabt haben muß, mochte

Königliches Schloß und Lustgarten zu Berlin im Jahre 1660.

einen so renommirten Mäcen der Wissenschaften, daß ihm 1656 der Plan angesonnen wurde, eine Stadt für die Gelehrten aller Nationen unter dem Namen „brand en-

daher Peucker, der ebenfalls ein Mann heiteren Gemüthes war, wohl leiden, und ließ sich sogar mit ihm in einen Reim-

burgische National-Universität der Wissenschaften und Künste" zu stiften. Aus dem Plan, der etwas phan¬ tastisch gedacht war, wurde auch aus dem Grunde nichts, weil

Peucker bat einst, im Herbste 1671, als er zu einer Jagd im Grunewald mitgeladen war, durch einige Reime um ein Stück Wild für seine eigene Küche, und der große Kurfürst bewilligte dieses Reimgesuch wieder reimweise durch nach¬

für

die Kriege den Kurfürsten zu ernsteren Dingen mahnten. Einzelne Gelehrte wie Puffendorf, Leti zog er an seinen

Hof, die Societät der Wissenschaften zu gründen überließ er seinem Sohn. Der große Fürst war aber auch Liebhaber der schönen Künste. An seinem Hof lebten Hoftnaler und Hof¬ poeten wie der Holländer Maler Gerard

von Honthorst

und dessen Bruder Wilhelm, die Maler Johann Baratta, Christoph Boy, de Clerk, Gonzala Coques, Ottomar Eiliger, Heinrich de Fromantiou, Andreas Ganz, vr. Kasimir Gahrliep, Franz deHamelton, Conrad Hirte, die Miniaturschmelzmaler Gebrüder Huault, Maler Daniel Ko¬ berstein, Hofmaler van Langerfeld, die Maler Magnus,

Marini, Matthias, Nuglisch, Romandou, van Rohe, Emanuel Sonnius, van Dulden, Jacob Vaillant, du Verdion, Willing und Willmann. Das ist eine stattliche Reihe der Malerei Beflissener, unter denen ersten Ranges befanden.

sich

Kräfte

wechsel ein.

stehendes Decret:

Der grosse Kirnrodh giebt Lefehl: ^.ctäon, das ist der von Oppen 2) Soll Niclas Peuckern seine Kehl Mit einem wilden Schweine stoppen. Er wird dafür, wenn Dorothee 3) Die Kurfürstin nach Kindesweh Sich wohl und glücklich wird befinden, Ein Wiegenlied zusammenbinden.

Ich gebe einige erklärende Notizen zu diesem Kurfürst¬ lichen Vers, der voll besten Humors steckt und im Vergleich mit den Versen seiner Hofpoeten sich sehr wohl sehen lassen kann. *)Der große Nimrod, das ist der große Kurfürst. Actäon der von Oppen ist Friedrich von Oppen, Ober¬ Den Namen Actäon hat er vielleicht von einer sogenannten davongetragen, von einem Maskenfest „Wirthschaft" (Maskerade) bei Hofe. 3) Dorothee verforstmeister der Kurmark.

66

Groningen am 24. Juni 1668, selbst Wittwe mit dem Wittwer Friedrich Wilhelm. Die Dorotheenstadt verewigt das Andenken der vielgeschmähten tüchtigen Frau, die ihren Gemahl auch auf den beschwerlichsten Feldzügen begleitete. Sie war im Herbste 1671 schwanger, denn sie gebar ihrem Gemahl an: 14. Januar 1672 den zweiten mahlte

helm I.

dir

Wir lassen ihn noch nicht herein Und kömmt er unvermuth’t, So sagen wir: du bist noch klein, Ein Schelm, der dir was thut.

andere

mit

dieser

in Vergleich

zu ziehen

Friedrich Wil¬

besonders angenehm gewesen, ob diese „gute Stube

Ein Aeberbleibscl -er „Stechbahn".

gefallen

Im

Augenblick wird das einzige bis dahin noch übrig ge¬ bliebene Haus der Stechbahn Nr. 5 neben dem Rothen Schloß, eines unseren Voreltern einst imposant dünkenden Bauwerks ab¬ gerissen. Es dürste darum eine betreffende Notiz für Viele ge¬ nehm sein, welche freilich unseren älteren Abonnenten schon be¬

III.

kannt ist.

Es ist bekannt, daß Friedrich Wilhelm III. sein eigenes goldenes Tafelservice dem Vaterlande darbrachte, als die bittere Noth dazu zwang. Es war dies ein Beweis von Resignation, wie ihn die Geschichte wohl nicht noch einmal aufstellen möchte. Denn es war ein Erbstück des großen Friedrich, und dem

Stechbahn, richtiger „neue Stechbahn" nannte man die Reihe Häuser, welche von der Brüderstraße bis an die Werderschen Mühlen standen. früherer Zeit bildete das vom Mühlgraben begrenzte Terrain, auf dem das sogenannte „Rothe Schloß" sich jetzt erhebt, Als dann Gras Adam einen Theil des alten Domplatzes. Schwarzenberg 1628 sein Palais in der Brüdcrstraße Nr. 1

In

Könige gewiß so theuer und werth, als irgend einem seiner Unterthanen die vom Vater und Großvater ererbten silbernen Leuchter oder goldenen Dosen nur sein können. Friedrich II- ließ einen Theil desselben gleich in den ersten Jahren seiner Regierung verfertigen, und gebrauchte cs zum ersten Male den 2. Dezember 1743, als seine Frau und seine Mutter bei ihm speisten; so wie dies Geschirr im Winter

1805 bei der Anwesenheit Kaiser Alexanders zum letzten Male gebraucht worden ist. Das Metall dieses Geschirrs stammte zum Theil von der Mutter des großen Königs, Sophie Dorothee. Dieselbe hatte ein sogenanntes „goldenes Kabinet" und war im Besitz die nach und nach aus den ihres Gemahls zusammengebracht worden waren. Gelegentlich einer Geburtstagsfeier der regierenden Königin meldet die Spcnersche Zeitung vom 11. November 1741

der

die

unter die Kinder vertheilt, jedoch so, daß Friedrich II. den größten Antheil empfing. Weil die Königin 1757 starb, also während des siebenjährigen Krieges, so wurde Friedrichs Antheil in: „Tresor" niedergelegt und bald darauf bei androhender feindlicher Gefahr nach Magdeburg gebracht, wo es bis zu erfolgtem Frieden verblieb. Hierauf wurde sämmtliches goldenes Geschirr nach Berlin zurückgebracht, zum Theil eingeschmolzen und zur Kon:pletirung des schon vorhandenen goldenen Services aufs Neue I). geformt.

Drum schlaf, und weine nicht! Der Krieg, das ungeheure Thier Steht draussen, wie man spricht.

Das goldene Tafelgeschirr Friedrich Wilhelms

noch

aus purem Golde" nicht zum Theil „hinter dem Rücken" des Königs angeschafft worden ist, mag dahingestellt bleiben. Nach ihrem Tode wurden diese kostbaren Geräthschaften

Und endlich Deines Vaters Thron Besitzest als ein Fürst!

Mir

eine

Ob diese hier beschriebene Prachtliebe seines „Fieck'chens"

Damit du grösser wirst,

Grunde genommen nüchterne Verse. die des großen Kurfürsten besser.

die

dem damals schon gestorbenen Sparkönig

Schlaf Chur Printz, Friedrich Wilhelms Sohn,

Im

Kamins

wären."

Prinzen Albrecht Friedrich, der später Herrenmeister des Johanniterordens und Stadthalter in Hinterpommern war. Mir ist das Wiegenlied nicht bekannt, für das der Große Kurfürst an Nielas Peucker ein Wildschwein als Honorar bezahlte, ich setze ein anderes Wiegenlied hierher, das Peucker früher einmal dem Kurprinzen Karl Aemil widmete. Das Gedicht lautet:

Es liegt noch keine Sorg’ auf

des

vemrsachten bei allen Anwesenden Aufmerksam¬ Bewunderung keit und so, daß sowohl die Einheimischen als Fremden, welche auf ihren Reisen die Herrlichkeiten von Versailles und London gesehen, bekennen mußten, daß weder

sich zu

glänzendsten Kostbarkeiten,

Geschenken

folgendes:

„Sobald die gewöhnliche Cour abgelegt war, begaben sie sich allerseits nach dem Hose der Königl. Frau Mutter Majestät, welche in dero neu belegenen Apartements extra-

j

vrdinaire öffentliche Cour hielten. Die kostbaren und ungemein schön arrangirten Möbeln dieser Zimmer, insonderheit die aus purem Golde bestehenden Krön-, Arm- und

|

Wandleuchter, Gueridons, Tafeln und Brandruthen

:

und 2 errichtete, wurde ihm vom Kurfürsten das Terrain zur Herrichtung eines Gartens geschenkt. Nach seinem Tode (4/I111641) fiel die Schwarzenbergische Besitzung dem großen Kurfürsten zu, welcher sie 1653 dem Oberpräsidenten Grafen Schwerin zum Geschenk machte. Dann verlegte Kürsürst Friedrich 111. das Kammergericht (Collegienhaus) und andere Verwaltungszweige, mit Hinzunahme des Hauses am Schloßplatz Nr. 1 hinein, während der Garten einging. Mit der Umgestaltung des Schlosses ließ der nunmehrige König Friedrich I. die längs desselben befindliche Stechbahn abbrechen und an ihrer Stelle das vorerwähnte Garten¬ terrain in 6 Theile parcelliren um dieselben zur Bebauung mit Häusern und „darunter befindlichen Boutiquen" (wie es in der Der Hofconditor Bartholomäus Urkunde heißt) zu vergeben. Freihoffer erhielt die beiden Baustellen Nr. 5 und 6 für zusammen 700 Thaler erb- und eigenthümlich, mit der Bestimmung, die¬ jenigen dreihundert Thaler in Abzug zu bringen, welche er für geliefertes Confect noch zu fordern hatte. Zugleich aber sollten sämmtliche Gebäude, nach einem von dem berühmten de Bo dt angefertigten Gesammtplane, mit offenen Arkaden versehen werden. Das geschah 1702. Der König war vorher Willens gewesen, hier gerade der langen Brücke gegenüber, eine ähnliche steinerne Brücke über den Mühlen- und Schleusengraben nach dem Werder zu führen, aus welche die Läden der alten Stechbahn Die sämmtlichen Eigenthümer sollten versetzt werden sollten.

67 8000 Thaler überhaupt, und für jeden Laden 100 Thaler be¬ für welche Summe ihnen der König den Grund der Läden aus dem Wasser, der Erde gleich, wollte aufführen lassen, und die Läden sollten sie aus ihre Kosten nach dem vorgeschriebenen Modelle bauen. Diese Brücke kam damals nicht zu Stande. Nicolai berichtet noch von der „Stechbahn" wie sie zu seiner Zeit und noch vor ihm war, was folgt. Zunächst das frühere: Von der Brüderstraße (Nr. 141) bis zur Breitenstraße (Nr. 140) stand hier sonst die Domkirche, daher hieß sonst diese Reihe Häuser die D omgasse, die Kirche wurde 1747 abgebrochen. Den übrigen Theil des Platzes von der Breitenstraße bis an die lange Brücke nahm die Stechbahn, ein mit Schranken einge¬ schlossener 300 Fuß langer und 65 Fuß breiter zu Turnieren und Ritterspielen (Stechen) dienender Platz ein. Kurfürst Joachim II. ließ zuerst 1538 bei dem Turnier, das er wegen der Geburt seiner Prinzessin Elisabeth Magdalena gab, das Pflaster vorm Schlosse aufreißen, und die Stechbahn errichten. Kurfürst Joachim Friedrich ließ sie 1600 erneuern und von dem Bildschnitzer Kaspar Zimmer¬ mann 31 Bilder auf „römische Art" verfertigen, welche auf die viertehalb Fuß hohe Mauer gesetzt wurden. 1635 wollte sie Kur¬ fürst Georg Wilhelm vom Barthel Bauer abermals neu bauen, und über der Mauer mit Staketen versehen lassen, welches aber wegen des Schwedischen Einfalls unterblieb. Da die Turniere bei solennen Gelegenheiten gehalten wurden, wo viele stemde Herrschaften zugegen waren, so war es gewöhnlich, daßauswärtigeKaufleute alsdann vor dem Schlosse ihre Waare auslegten. Daher entstand endlich eine Reihe Buden an der inneren Seite der Stech bahn. Diese ging ein, als der große Kurfürst 1648 das „Reithaus auf dem Werder" (wo jetzt die Kirche ist) neu aufbauen und zum „Ringel- und Quinten¬ rennen" hatte einrichten lassen. Der Platz wurde auch nun nach dem Bau der Kurfürstenbrücke gepflastert (1664), 1679 ließ er die Mauern ganz abbrechen und statt der daran stehenden hölzer¬ nen Buden durch Nehring in demselben Jahre steinerne Kauf¬ läden mit einer dorischen Bogenlaube davor, bauen, welche 1681 fertig wurden. Sie behielten den Namen der Stech bahn. Bei dem Bau des neuen Schlosses wurden sie der freieren Aussicht wegen weggerissen und es wurden neue Läden und Häuser auf dem damals zur ehemaligen Statthalterei gehörigen Platze, hinter dein damaligen Dome längs der Spree erbaut, das, was heut in seinem letzten Ueberbleibsel fällt, war somit die „neue sonders geben,

Stechbahn."

siebenzehnten Jahrhundert

war an der Marienkirche

ein in vieler Beziehung origineller Mann als Küster angestellt, Namens Johann Fritsch, der auf eine sonderlich naive Weise sein eigenes Hauswesen

mit

den Verzeichnissen der Geborenen und

Getrauten der Mariengemeinde verband. Die Denksprüche, welche er über dem Anfang der ersten Jahre seines Küsterthums ins Kirchenbuch schrieb, hatten eine unmittelbare Beziehung auf die Ge¬ müthsstimmung, in welche er durch die Beschaffenheit seiner häus¬ lichen Angelegenheiten versetzt wurde. Der Mann war „exul aus Schlackenwerde an der Böhmischen Grenze" wie er selbst schrieb und wurde im Jahre 1660 Küster an der Marienkirche. Er hielt strenge auf Zucht, besonders in puncto sexti; unter anderem findet man im Tauftegister, wenn er ein unehliges Kind einzuschreiben hatte, am Rande fast immer eine

große Ruthe

gezeichnet.

Er kam als

Wittwer

eine erwachsene Tochter

mit.

nach

Berlin,

Sehr bald

denn er brachte schon

scheinen ihm hier

Heiraths-

in den Sinn gekommen zu sein, da er bereits im Anfange des Jahres 1661 über das Trauregister schreibt: gedanken

unbefleckt."

Als er dieses schrieb, muß die junge Frau schon in guten Umständen gewesen sein, denn sie starb im Mai desselben Jahres, 26 Jahre alt, im Wochenbette. Der betrübte Wittwer schrieb über das Trauregister des folgenden 1666 Jahres den nachdenklichen

Spruch:

„Ein' harte Nuß,

ein stumpfer Zahn, Ein junges Weib, ein alter Mann Zusammen sich nicht reimen wohl Sein's Gleichen ein Jeder nehmen soll." Abersiehe da! schon am 23. Januar 1666 verheirathete er sich dennoch wieder mit Ursula, des Sattlers Jeniken's Wittwe. Weil sich nun aber im Tauftegister 1681 noch ein Kind von ihm be¬ findet, Namens Johann Ernst und er seine Frau „Dorothea Pelikans" nennt, so war das also seine fünfte Frau, die er im fünfundsechzigstcn Jahre seines Lebens heirathete. D.

Noch einmal:

D.

Ein berliner Küster.

Im

„Dein Weib wird sein wie ein ftuchtbarer Wcinstock um dein Haus herum, deine Kinder wie Oelzweige um deinen Tisch her. Psalm 128." Und über das Taufregister dieses Jahres schrieb' er: „Siehe, Kinder sind eine Gabe des Herrn, und Leibesftucht ein Geschenk. Psalm 127." Er verheirathete sich wirklich den 27. August d. Jahres mit Frau Erdmuth, Wittwe des Küsters Markgraf am Kloster. Als seine zweite Frau im Juni 1662 gestorben, säumte der Wittwer nicht lange. Schon im Februar 1663 heirathete er ein junges Mädchen Elisabeth Pfüllerin, eines Schmids Tochter, und am 19. November schenkte sie dem glücklichen Gatten eine Tochter. Es müssen aber Wolken an Fritschens Ehehimmel aufgestiegen sein, denn er schreibt über das Tauftegister vom Jahre 1664: „Der Tag nimmt ab, ach schönste Zier, Herr Jesus Christ, bleib' du bei mir! Denn es will Abend werden." Man sollte beinahe vermuthen, daß in diesem Jahre in seinem Hauswesen sonst noch allerlei vorgegangen sein möchte, da er über das Trauregister vom Jahre 1665 schreibt: „Der Ehestand soll ehrlich gehalten werden, und das Ehebette

Das Prenzlauer Steiickreuz.

Zum Beweis, daß das im vorigen Jahrgang S. 218 dieser Zeitschrift erwähnte Prenzlauer Kreuz am Wege auf einen dort geschehenen Mord schließen lasse, wird S. 10 des laufenden Jahr¬ ganges eine Notiz beigebracht, wonach vor dem Wallthore zu Stargard i./Pommern, da wo sich die Fahrstraßen scheiden, im 1542 ein Steinkreuz zum Andenken an einen erschlagenen Knaben errichtet worden ist. Ich möchte hier noch von einem ähnlichen Factum aus der Mark berichten. Auf einem der wenigen vergilbten Blätter, welche sich noch von den alten Memvrialbüchern des Raths zu Frankfurt a./Oder erhalten haben, findet sich folgende Eintragung: Anno minore XCVI am freidage nach eonversionis 8. Pauli (29. Jan. 1496) hat unser Bürgermeister Albrecht Tiden, instatt des Rath, alle Zwietracht des todtschlages der Besser gebruder an Thomas Swartzen von Bosen bey Clisto begangen, zu eynem gruntlichen ende entsalzt unnd ent¬ schieden in dieser nachfolgenden gestallt also, dass sey Thomas Swartzen Rindere vor den todtslag ires vaters geben sollen X schoc werungen diesere lande — — — — und haben darzu eyn Welsenack fart zue leysten und das Kreutze zu setzen zuegesagt, unnd dem ubersten gericbte II schoc unnd dem nydersten gericht uff Martiny schirst kommende unvertzogenlichen schoc zue geben — — — —.

I.

I

10 9 8 *6 68

In

ähnlicher Weise wird im „Anzeiger für Kunde der Nürnberg 1875, S. 178 aus einer Urkunde Vorzeit" Deutschen 1406 ein Fall angeführt, wonach vor dem Richter Jahre vom Conrad zu Mainz die Parteien erscheinen, um einen Todschlag zu sühnen. Es wird alsdann u. a. festgesetzt: daß der Schuldige ganz

Gefahr mehr von den Angehörigen des Erschlagenen leiden daß er außer Wallfahrten zu andern heiligen Stätten auch eine solche zum heiligen Blute in Wilsnack unternehmen solle, endlich, daß er «ul bestellen ein steynen Crucze uff die stad, da der dotslag geschehen ist. 'Nach den letzten Worten darf man annehmen, daß das Kreuz zugleich den Ort des Todschlages bezeichnet habe. Ueber das in der ersten Urkunde erwähnte Stcinkreuz in der Nähe von Cliestow habe ich nie etwas gehört; es muß schon lange verschwunden sein, da die Erinnerung daran sich verloren hat. Uebrigens verdient bemerkt zu werden, daß die Sühne durch Geld — das sog. Wer- oder Mangeld — nebst der Errichtung eines Kreuzes im Gebiet des Sachsenrechtes nur in Bezug aus Todschlag, nicht Mord erwähnt wird, worüber die interessante Abhandlung von Pauli in der Zeitschrift für Lübeckische Geschichte, Bd. 3, S. 279 ff. zu vergleichen ist, welcher auch eine Anzahl Jnscriptionen aus den Lübeckischen Protocollbüchern beigefügt sind. Sollte sich nicht vielleicht auch eine auf den Todschlag bei Prenzlau bezügliche Angabe in den dortigen Rathsprotocollen finden, falls keine

solle,

solche noch

vorhanden sind?

Schwarze, Prorector.

Lin Ütitrag

u>r

Geschichte

des

berliner Handels

im 13. Jahrhundert. Es ist nicht möglich, die Geschichte Berlins bis in ihre frühsten Anfänge zu verfolgen, denn die ersten glaubwürdigen Nachrichten zeigen uns die Stadt schon auf einer ziemlich hohen Stufe der Entwicklung. Ein geistvoller Geschichtsschreiber, C. F. v. Kl öden, hat die Zwischenzeit seit Entstehung der Stadt bis zu ihrem ersten, geschichtlichen Auftreten mit Hypothesen ausgefüllt', welche durch das Auffinden neueren Urkunden-Materials und die erhöhte Nutz¬ barmachung besonders der norddeutschen Quellen nicht viel von ihrer Wahrscheinlichkeit eingebüßt haben. Sicher hat er mit der Behauptung Recht, daß Berlin als Handelsetappe zwischen Mag¬ deburg einerseits, Polen und Pommern andererseits schon gegen Ende des 12. Jahrh, wichtig gewesen sein muß, vielleicht auch mit der Annahme, Berlin habe schon seit Entstehung des Städte¬ bundes der Hanse demselben angehört. Die erste Urkunde, welche er hierfür zur Begründung heranzieht, ist eine Zoll-Ermäßigung, welche Gras Adolf IV. von Holstein im Dezember 1236 zu Burg bei Hamburg den märkischen Kaufleuten in Hamburg und bei der Waarcnausfuhr nach Flandern ertheilt". Koppmann will unter diesen Kaufleuten vorzugsweise Stendalcr und Salzwedeler ver¬ stehen", eine Vermuthung welche allerdings dadurch unterstützt wird, daß zwei Bürger von Salzwedel Urkundenzeugen sind, und daß es in einer erst 1842 in Hamburg verbrannten alten Abschrift der Urkunde am Schluffe heißt: Quod autem hec vera sunt, Stendalensis civitas sigilli sui munimine rohoravit’ u. s. w. — Doch aus manchen Ursachen kann auf eine weitere Beziehung jener Urkunde geschloffen werden; schon 1170 wird den Kaufleuten von Brandenburg durch Markgraf Otto, libera emendi et vendendi per omnem terram dicioni nostre subiectaiu . . . potestas 1

K. F.

Stöben:

Ueber die Entstehung, das Alter und die frühste

Geschichte der Städte Berlin und Cöln. Berlin 1839. * Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis 3

Koppmann: Die

absque teloneo" verliehen"; Generaliter autem teloneum de piscibus non remisit, nisi tantum de alecibus, murenis et lassis. Bedenkt man nun die außerordentlich günstige Wasserverbin¬ dung zwischen Brandenburg und Hamburg, so ist wohl der Schluß, daß auch Brandenburger Kaufleute zu den „rnercatores per Marchiam constitutis“ jener Urkunde gehört haben, nicht zu ge¬ wagt. Fast noch deutlichere Anzeichen liegen für Berlin zu Tage, zunächst zeigt sich aus einer Urkunde von 1251, in welcher Mark¬ graf Johann der Stadt Prenzlau die Zollfreiheit in dem Umfange mittheilt, wie Berlin und Brandenburg sie genießen"; („eandem habeant in totius terre nostre districtu thelonei libertatem, quam habent ille de Brandenburg et de Berlin '), daß Berlin wenige Jahre nach jenem Privilege des Grafen Adolf IV. von Holstein ein vom Landesherrn mit fast völliger Zollfteiheit be¬ gabter Platz ist (in Brandenburg war, wie erivähnt, nur der Fisch¬ handel mit Zoll belastet; derselbe Fischzoll wurde in Berlin zuerst von den Markgrafen selbst erhoben und später 1318 vom Markgrasen Waldemar, dem Jungfrauen-Kloster zu Spandau über¬ wiesen" : „volentes, ut ipse yirgines dictum theloneum possideant et tollant de omni genere piscium, exceptis allecibus“ u. s. w,). Ferner beweist eine Eonfirmation des großen Waldemar von 1317", daß Berlin schon lange mit Hamburg in Handels¬ verbindung stand; der Markgraf verordnet nämlich: „Bauen alle sake ist, dat di schepper allersding gest vulle jare der fruchtbaricheit und blusamichheit, also dat genüge körn es ouerflutiget uttufurene, also her vormals is geweset zede danne mögen dy gemeyne inwonors derseluen stede, dy des ouerieb hebben met vulle friheit vtfuren, en geynen ore borger in dem eyn vor den anderen tu tynde“; dazu das Privileg des Herzogs Rudolf von Sachsen, Geschlechtsvormundes der Wittwe des großen Waldemar, von 1319": Volumus eciam, quod pauperes cives civitatum premissarum (Berlin und Cöln) cum suo frumento non minus quam divites suo tempore, cum decreuerint, civitatem Honburcb ac reliquas civitates frequentent navigando.“ Nach diesen urkundlichen Zeugnissen scheint es, als ob das Hamburger Privileg, welches in erster Linie den Getreidezoll behandelt, auch Berliner Kaufleute im Auge gehabt habe; doch ein noch deutlicheres Zeugniß, auf welches bis jetzt noch nicht hingewiesen worden ist, ergiebt sich hierfür aus einer Vergleichung der in Berlin erhobenen Abgabe von Handelsgütern, dem sogen, „herntol“, mit den Zoll¬ sätzen, welche die Gräfin Margarethe von Flandern und'Hennegau im Mai 1252 für die Kaufleute des deutschen Reiches festsetzt". Es finden sich näntlich in diesem Privilege und unter dem Namen Herrerzoll im Berliner Stadtbuche >" die gleichen Zollsätze für Stockfische, Oel, Bier, Eisen, Sicheln, Harnische, Glocken, Pfeffer, Ingwer, Saffran, Feigen, Häute, Otterselle, Schaaffelle, Leinwand, Butter, Talg, Schmeer, Obst, Flachs, Hanf, Waid, Nüffe, Mühl¬ steine, Kleinvieh, Pferde und mit geringer Abweichung fiir Ge¬ treide. — Da man nun das den Fremden abverlangt, was man selbst an Zöllen ihnen zu entrichten hat, (so mußte z. B. in Berlin der Wagen Heringe mit 16 Pfennig verzollt werden, und die gleiche Summe hatte Berlin als Ablösung für die ftühere Nieder¬ lage in Oderberg zu entrichten", macht die erwähnte Ueberein¬ stimmung es wahrscheinlich, daß auch Berlin zu den 1252 von der flandrischen Gräfin privilegirten Städten gehört habe, und 4

"

ältesten Handelswege Hamburgs

S.

1.

9.

Nr. 27.

Codex

I.

9. Nr. 1.

6

Fidiein:

diplomatische Beiträge

Historisch

Stadt Berlin IV S. 10 ff. " Ibid. I S. 56 f. 8 Ibid. II S. 17 f. 9

II.

Riedel:

Ibid. I. 21. Nr. 3.

Hohlbaum:

Hansisches Urkundenbuch

10

Fidiein:

->

Ibid. IV S. 10 f.

Beiträge

I

S.

11

ff.

I

zur

Nr. 432.

Geschichte

der

69 daß unter den „reliqaes civitates“ der Urkunde von 1319 (siehe Diese Annahme wird oben) die Niederlande zu verstehen seien. auch noch dadurch unterstützt, daß König Wilhelm von Holland

1252 zur Belohnung der ihm von den Markgrasen Johann und Otto von Brandenburg erwiesenen Treue allen Einwohnern ihrer Lande die Zollfreiheit in seinem Stammgebiete Holland zusichert", „nisi pro ea portione, quam cives Lubicenses ibidem solvunt.“ Beachtet man diese drei Punkte; erstens, daß Berlin schon um 1250 als hoch begünstigter märkischer Handelsplatz erscheint; zweitens daß es nachweislich mit Hamburg in Handelsverbindungen stand; drittens die erstaunliche Aehnlichkeit der Berliner Zollsätze mit den für einen flandrischen Hafen erlassenen, so ist es wohl kein zu kühner Schluß, wenn man unter den 1236 erwähnten „mercatores per Marchiam constitutis“ welche vom Grafen Adolf bei der Waarenausfuhr nach Flandern privilegirt werden, auch die Kaufleute von Berlin annimmt. — Wenn aber Berlin schon um 1236 Handel nach Flandern trieb, so hat es gewiß schon damals zum Städtebunde der Hanse gehört, und wenn Berlin sich mit ungewöhnlicher Schnelligkeit entwickelte, wenn es ihm gelang, in kurzer Zeit alle beengenden Zölle und Dienstbarkeiten gegen die Stadtherren, die Markgrafen, abzulösen; so verdankte es dieses schnelle Aufblühen unzweifelhaft dem Ansehn, welches es als Handelstadt zwischen Oder und Elbe, zwischen Ostsee und Nordsee sich zu erringen verstand. — Als dann zum ersten Male Berlin urkundlich als Mitglied der Hanse genannt wird, geschieht dies wieder in Verbindung mit Flandern. Am 6. Januar 1359 erläßt nämlich Lübeck an Rostock ein Schreiben", in welchem es diese Stadt auffordert, Bevoll¬ mächtigte zu einem Hansetage nach Lübeck zu entsenden, um ge¬ meinsam mit noch anderen Städten darüber in Berathung zu treten, ob der Bund, quedam magis ardua statuta atque stricta velit ponere contra VIamingos, quam illa, que bactenus in ordonancia statuta sunt atque scripta“; ferner, ob man den Hafen Noresund vermeiden solle, welche Maßregeln gegen die Seeräuber zu ergreifen sein, u. s. w.; am Schluffe fordert Lübeck die Rostocker auf „buius littere copiam civitatibus terre Marchie quas scitis presens tangere negocium . . . sub vestro secreto destinari.“ Rostock kommt dieser Aufforderung nach und ladet unter anderen märkischen Städten auch Berlin und Cöln mit Angabe des oben erwähnten Programms zu diesem Hansetage ein", welcher dann am 24. Juni desselben Jahres zu Lübeck abgehalten worden ist". — F. W. H.

Bestallung eines Haus-Voigtes

Hsflager

zu

Cölln a.

für das Kurfürstliche !>.

Spree,

de anno 1675. Welcher Art die Functionen eines Haus-Voigtes zur Zeit des großen Kurfürsten waren, darüber belehrt uns die nachfolgende, unterm 22. Juli 1675 ausgefertigte Urkunde, welche wörtlich

lautet:

„Wir

Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden re. thun kund Wir Unserm bisherigen Haus-VoigteiProtocollisten, Wendelin Lonicer, zum Haus-Voigt in Unserm Hofflag er zu Cölln an der Spree auf- und angenommen, dergestalt und also, daß Er Uns getreu, gehorsam und gewärtig seyn, seines Amts, wie es Nahmen haben mag und die vorigen Haus-Voigte und bekennen hiermit, daß

Riedel: Codex II. 1. Nr. 48. -- Lübeckische- Urkundenbuch I. Abthlg. 3. Theil Nr. 316 (cf, Nr. 310

--

und 313).

" Sartorius:

Bd.

II. S. 15

Urkunden

zur

190.

Hanserecesse

Bd. IV. S. 11.

Geschichte

der

deutschen

mit treuem Fleiß abwarten und Alles dasjenige, was von unserm Ober-Präsidenten, Ober-Hoff-Marschallen, Geheimten-, Kammergerichts- und Amts-Kammer -Räthen anbefohlen wird, willig und gern befolgen und verrichten, unsern und der Unsrigen Nutzen und Frommen nach seinem besten Verstände und Vermögen suchen und befördern, Schaden und Nachtheil aber abwenden und verhüten solle. Insonderheit aber soll Er jederzeit über die Hoff- Ordnungen und Burgfrieden, daß . dieselben der Gebühr nach in Acht genommen werden, sowohl über die Freiheiten, so wie insgemein in hiesigen unsern Residenz-Städten, und dann auch (über) den Spree-Strohm vom Mühlen-Damm nach Spandow, fleißig halten, damit Keinem es bestellet,

Ihm !

I

;

| ;

!

mit neuen Gebäuden oder

sonsten

in dem Strohm,

so demselben

hinderlich seyn mag, hierin zu rücken verstattet werde; wie Er denn auch, damit auf Unserem Hause, insonderheit auf den Schneidereyen und andern Logemcntern unterm Dache mit Feuer und Lichte fürsichtig umgangen, und daß die Gemächer, Säle und Hoff-Stuben sauber und rein gehalten werden, ein fleißiges Aufsehen haben soll. Mit Bestellung und Ausgebung der Landfuhrcn soll Er treulich umbgehen, und den Bauern und Arbeitern Zcttul über Bier und Brodt ertheilen. (Beides wurde für das Hofgesinde im Amt

Mühlenhof abgeliefert.)

!

Bey der Speisung in der Hoff-Stuben, wie auch bey Tractirung fremder Herrschaften auf dem Schlosse, soll Er auf alle Personen gute Acht geben, daß Niemand mehr, als die zum Hoff-Staat ge¬ hören, an dem geordneten Tisch, ohne ausdrücklichen Befehl, ge¬ duldet werden; Er soll auch nicht zugeben, daß einer oder ander von einem Tisch zum andern gehe, sondern darbleibc, wohin er geordnet: und, da (wenn) die Speisen nicht dermaßen zugerichtet und beschaffen, wie es billig seyn sollte, mit dem Küchmeister darauß reden, oder, da es nicht geändert wird, es an gehörige Orte be¬ richten und nicht verstatten, daß in der Hoff-Stube und sonsten überall auf dem Schlosse ein gottloses Wesen, Fluchen, Schwören und andere Ungebühr getrieben werden. Ueber das soll Er fleißige Anstellung durch die Schloßwächter unterm Thor machen, daß nichts Verdächtiges in die Stadt getragen und heimgeschleppet werde; sintemal eine Zeit hero viel silbern und zinnern Zeug dadurch weggekommen und verlohren worden. Er soll aufs Brenn- und Kuchenholz gute Acht und Aufsicht haben, daß es zu rechter Zeit auf den Heyden gehauen, ans Wasser gcführet, fürder anhero in den Holzgarten*) verschaffet und verwahret, und damit aufs sparsamste umbgangen, auch Keinem, dem es Inhalts seiner Bestallung nicht gebühret, etwas ohne sonderbaren Befehl abgefolget werde; und Soll Er alle Sonnabend ein Ver¬ zeichniß zur Ambts-Kammer eingeben, wieviel Fuder Holz jede Woche aufgangen und wozu es verbraucht worden. Mit den Gefangenen, so anher in unser Hoflager gebracht werden, soll Er, den Rechten gemäß, schleunig verfahren und sie mit unverantwortlicher Pein und langwierigem, unnöthigem Ge¬ fängniß nicht belegen, sondern ihre Processe, mit Zuziehung des Hof-Fiscalis, nach Mäligkeit befördern; gestalt dann unser HofRentmeister ihm, auf unserer Ambts-Räthe und Kammer-Meisters unterschriebene Zettul, zur Einholung der Urtel, die Gebühr jeder¬ zeit abfolgen lassen soll. Da auch zwischen dem Scharff-Richter, Abdeckern und Schweinschneidern Irrungen entstehen, soll Er die¬ selben citiren, in gewöhnlicher Haus-Voigtev-Stube gegen einander hören und die Sache, nach Befindung, durch rechtmäßigen Abschied erörtern, jedoch zuvor hero daraus mit unserm Ober-Jägermeister communiciren und seine Meinung darüber vernehmen; wie Er dann über sie die Jnspection, inmaßen die vorige Haus-Voigte gehabt, ferner haben und behalten soll. Er soll auch die Hunde-Gelder

Hanse

*) Am Wasser, westlich der hiernach benannten Holzgartenstraße gelegen.

70 Jahres die Schule verlassen, zu denen sich auch noch einige ältere gesellen. Sie begeben sich nach der Heide, um Birkenäste und Reisig und nach der Spree, um Kalmus zu sammeln. Die Birkenäste dienen zum Schmucke der Häuser, der Kalmus aber zum Bestreuen der Wege. Das Reisig wird nach einem dazu bestimm¬ ten Hause getragen; denn hieraus werden das Kleid des Kaudernestes wie auch die Kauderneststange, welche aus das Dach des Schulzenhauses gelegt wird, bereitet. Das Bebinden der Stange mit Reisig, geht dem ersten Vorhaben voraus und bildet die Vor¬ feier des Kaudcrnestsestes. Es versehen sich nämlich die Knaben mit langen Peitschen von Bast und ziehen, während die belaubte Stange aus das Schulzendach gelegt wird, knallend durch das Dorf, was sie das Einknallen des Kaudcrnestsestes nennen. Nach¬ dem diese Vorfeier am ersten Pfingstfeiertag vollendet, rüsten sich die Knaben am 2. Feiertag zur Ausschmückung des Kaudcrncstes. Es wird hierzu ein junger Mensch in dem Alter von 15 bis 17 Jahren vom Kopf bis zu den Füßen in Reisig eingehüllt, das regelmäßig um Brust, Aerme und Beine gebunden wird. Dazu erhält derselbe auf den Kopf eine Krone, die zum Theil aus Reisig und Blumen zusammengesetzt ist, in die Hände zwei Dorncnreiser, das Scepter vorstellend, und um sein Kommen bemerkbar zu machen, wird sein Mantel an verschiedenen Stellen mit Glöckchen versehen. Ist das Ausputzen des Kaudernestes, was am Vormittag des 2. Feiertags geschieht, vollendet, so beginnt die lustige Schaar ihren Umzug in dem Dorfe. Der Jubel der Knaben, das Klingeln der Glöckchen des Kaudernestes bringt gewöhnlich bald das ganze Dorf in eine festlich fröhliche Stimmung, und jeder Hausvater tritt vor seine Thür oder seinen Hof, das Kaudcrnest zu empfangen. Dasselbe von 2 Knaben geführt wandert von Haus zu Haus und macht beim Stehen vor jedem derselben seine Verbeugung, schlägt auch mit den Dornenreisern auf die Erde, worauf die es begleiten¬ den Knaben folgendes Lied singen: Wir bringen das grüne und geele Kaudcrnest,

von den Schärfs-Richtern und Abdeckern einfordern und fürder an Wenn nach dem 8ut> gehörige Orte einbringen und überreichen. 1611 ausgegangenen an der 20. Februar ckuto Kölln Spree den Edikt zuwider, bemeldte Nachrichter oder Abdecker, einer oder mehr, sich unterstünden, die abgedeckten Leder aus unserm Lande der Chur- und Mark Brandenburg zu verhandeln und ihm solches kund gethan wird, oder sie sonsten strafbar werden, soll er die Strafen und Gefälle, gleich den vorigen Haus-Voigten, ungehindert männigliches haben und genießen. Wir wollen ihn auch darinnen und allenthalben vor männiglichen Schutz halten und, wenn Er in währenden seinem Dienste bey uns angegeben würde. Uns wider ihn zu keiner Ungnade bewegen lassen. Er sey denn zuvor zur Genüge gehöret. Würde ihm auch bey solcher feiner unterthänigsten Aufwartung von Uns und unsern Räthen in unserm Geheim müssen etwas anvertrauet und zu verrichten anbefohlen, soll Er dasselbe Niemand offenbaren, sondern bis in seiner sterblichen Grube in guter Verschwiegenheit behalten, und in Summen sich sonsten ins¬ geheim also bezeigen, wie es einen aufrichtigen getreuen Diener gegen seine Herrschaft wohl anstehet, eignet und gebühret, gestalt Er dann auch darauf gewöhnliche Eides-Pflicht abgelegt. Darentgegen undt vor solche seine unterthänigste Dienstleistung haben Wir ihm zum jährlichen Unterhalt Einhundert Thaler zur Besoldung, wie sic bei unserer Hof-Renthey andere unsern Dienern

nächsten

ausgezahlet werden, ingleichen einen Winspel Nocken, einen Winspel Gerste, zwei feiste Schweine, den Zins von allen Kram-Buden auf der Rennbahn, wie auch von der Glase-Buden und Buchladen, bey der Kirchen belegen, so hoch Er dieselbe bey den Leuten jährlich vermiethen kann, ingleichen die Gebühr von den ftemden Krahmern oder Glücks-Töpfern, so vor'm Schlosse-, bey ftembder Herrschaften Anwesen, feil haben möchten, wie auch achtzehn Thaler aus ihn, einen Schreiber und Jungen, und also aus drey Personen anstatt der gewöhnlichen Hoftleidung jährlich; ingleichen wöchentlich zween Thaler Kostgeld vor ihm, und einundzwanzig Groschen wöchentl. Kostgeld vor einen Diener, 24 Thaler zur Wohnung, drey Ruthen

Hat

Jahre im Busch gelegen. und geel verwachsen.

sieben

Brennholz, aus 2 Pferde das gewöhnt. Futter, und dann alle und jede Accidentzien, so die Haus-Voigtey von Alters hcro und ins¬ gemein von den Scharftichtern, Abdeckern, Schwcineschneidern und sonst gehabt, männigliches ungehindert verreichen und geben zu

Ist grün Wir

müssen heut noch sieben

Und soll ob beschriebener Gehalt und Besoldung von künftigem Crucis an seinen Ansang Uhrkundlich haben Wir diese Bestallung eigenhändig nehmen. unterschrieben und mit unserm Gnaden-Siegel bekräftigen lassen."

Wir

stehn

Ach läßt uns nicht

Wir wollen Wir wollen

und Neues aus dem Nreise Necsllaw-Storlrow. I.

Z>as

in Altona

Meilen weiter gehn.

Dem alten grünen Kaudcrnest. Hat sieben Jahre im Busch gelegen. Ist grün und geel verwachsen.

F. M.

(0. Qicksmnlt

lange stehn,

wohl auf einem breiten Stein, Ach Gott wie stieren uns die Bein. Ach gebt doch was, ach gebt was

lassen, gnädigst zugesaget und versprochen.

Loin Lehrer

so

die Peitsche theeren. den Flachs verscheeren.

Nur läßt uns nicht

bei Hamburg.

Wir

so lange stehn. müssen heut noch weiter gehn.

Kaudcrnest.

Wie zähe einzelne Dörfer an der Beibehaltung der Feste ihrer Vorfahren festhalten, zeigt das Kaudernestfest im Beeskow-Storkowcr Kreise. Zwar scheint auch jetzt sein Ende nahe zu sein, denn

nur noch in dem Dorfe Trebatsch, Gelegenheit gehabt habe cs feiern zu sehen, wo ich mehrere Male dasselbe in seinem ganzen meinem Vater von unterstützt so daß ich kann. schildern hier Verlaufe Das Kaudernestfest ist ein Frühlingsfest, das durch mimische Darstellung den Einzug des Frühlings zu symbolisiren sucht und nicht, wie Säumer in seinen Geheimnissen des christlichen Alter¬ thums behauptet, ein christliches Fest, das durch die Opftrung eines zum Kaudcrnest ausgeputzten Jünglings den Zweck haben sollte, den Dorfbewohnern Heil und Glück zu bringen. Zur Psingstzeit vereinigen sich mehrere Knaben, gewöhnlich solche, welche zu Ostern cs besteht meines Wissens nach

I

Ach gebt uns was in unsern Tabel (Korb), Dann jagen wir die Pferde aus eurem Hafer, Und gebt ihr uns nichts in unsern Tabel, Jagen wir die Pferde in euren Hafer. Geld, Eier, Speck, dann gehn wir weg. Der Hausvater dankt der jubelnden Schaar, giebt ihr Geld, Eier, Mehl und Speck, worauf dieselbe folgenden Schlußvers fingt: Ihr habt uns eine Bescheerung gegeben, Ihr sollt das Jahr mit Freuden überleben. Das ganze Jahr wohl hin und her. Daß auch kein Unglück wieder gescheh'. Daß auch kein Unglück wieder gescheh'. Das Kaudcrnest verneigt sich wieder und setzt langsam seinen Weg bis zum nächsten Hause weiter. Ist der Umzug vollendet.

71 endigung seiner Arbeit genöthigt, sich nach solchen auf entfernteren Feldern umzusehen und so führte ihn auch sein beflügelter Lauf zu diesem, einige Stunden entfernten Stein. Jedoch wie ergrimmte er, als er diesen mit den Zeichen des Kreuzes versehen sah. In der Wuth schlug er seine Hand darauf, eilte weiter. Die außer¬ gewöhnlich kurze Zeit in der schon zur Hälfte beendeten Arbeit, wie auch die Stille seines Hahnes ließen den Schmidt bald mit Grausen an den Verlust seiner Tochter denken. Er wandte ver¬ schiedene Mittel an, den Hahn zum Krähen zu bringen, jedoch dieser blieb wie stumm; endlich folgte er dem Rathschläge eines alten Weibes, er klopfte auf seine Ledcrhoscn, der Hahn krähte und der Teufel hatte seinen Lohn verloren. Wüthend ließ er die auf¬ gehobenen Steine fallen und verschwand für immer. Der Wein¬ berg aber ist heute nur noch zur Hälfte mit einer Mauer umgeben und unter den späteren Besitzern hat sich der Glaube erhalten, daß es keinem Menschen gelänge, das von dem Teufel angefangene Werk zu beenden. An dieser Sage, die unbedingt späteren Alters ist als die Zeichen des Steines sind, mag so viel wahr sein, daß auch damals dieser Stein noch nicht Grenzstein gewesen; denn sonst hätten die Bauern von Zaue nicht so großes Interesse daran gehabt und hätten auch nicht eigenmächtig die Zeichen hineingraben können, und ist das gewiß nicht wahr, daß der Teufel seine Hand, obgleich die langen dürren Finger viel Aehnliches mit der eingebildeten Teufelshand haben, dort hineingedrückt habe. Denn wäre dies sein letztes Kunststück gewesen, so hätte er sich als Künstler in ein sehr klägliches Licht gestellt und ist sein Wiedererscheinen aus schon diesem Grunde nicht besonders zu wünschen.

der meist den ganzen Nachmittag in Anspruch nimmt, so

wird das Geld getheilt; Eier, Speck und Mehl aber werden gemeinschaftlich verzehrt. Während die Knaben beim Eierkuchen beschäftigt sind, ruft aus dem Kruge schallende Musik die Erwachsenen zum Tanze, indessen die Alten bei Bier und Branntwein die Feier des alten Kaudernestes bis in die späte Nacht ausdehnen.

II. Der Mpfchenlkcin Lei

Hrcöatsch.

An der Grenze des Lübbencr- und Beeskow-Storkower Kreises Mittweide und Zaue bildend, liegt ein 1'/- □ m. großer Feldstein, der durch seine eingehauenen Zeichen zu einer dort erhaltenen Sage Veran¬ zugleich die Grenze der drei Dorfgemeinden Trebatsch,

lassung gegeben hat.

Der Stein liegt auf einer öden Anhöhe, die von drei Seiten von Weiden und Niederungsboden, nach der vierten Seite aber von einer kleinen Heide begrenzt wird. Dieser Stein ist wegen seiner bedeutenden Größe ursprünglich wohl nicht Grenzstein ge¬ wesen, sondern, da der dortige Boden von keinem Werthe ist, bei Separation als solcher erst benutzt worden. Es ist auch sehr wahr¬ scheinlich, daß sich in unmittelbarer Nähe desselben Niederlassungen befunden haben; denn ich erinnere mich aus meiner Jugend, daß man dort mehrere Feuerstellen aufgedeckt hat, die sich leicht aus der Nähe der Weiden, die noch jetzt zum größten Theil sumpfig und den bebauten Aeckern, die stark mit Ueberresten von Schnecken ver¬ sehen sind, also in ftüheren Zeiten Sumpf und Morast waren, er¬ klären lassen. Der Stein trägt drei eingehauene Kreuze, unter denen sich das Zeichen einer Hand befindet. Schon die drei Kreuze, die linienartig, ohne jede Kunst und nach einer Züchtung liegend, eingehauen sind, geben zu der Vermuthung Veranlassung, daß sie aus alter Zeit stammen und ihr Zweck ein ganz anderer gewesen ist. Auch können sie nicht aus bloßer Spielerei entstanden sein, denn dazu sind dieselbeu zu groß und trotz der Einfachheit Wäre der Stein vor dem Einhauen der zu regelmäßig. Kreuze schon Grenzstein gewesen, so würde man ihnen doch eine solche Lage gegeben haben, die der Richtung der drei Grenzen -

Miscellcn. Gesuch um einen Küsterdienst an den Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Hochwürdigster, Durchlauchtigster, Großmächtigster und

Allerunüberwindlichster Herr Churfürst !! Treue Dienste geben treuen Lohn, saget der Hauslehrer Sirach Am 5. Capitel. Euch thue ich zu wissen, daß der Küsterdienst zu Lanckewitz jetzo ledig ist, und ich zu solchem Dienst Wohl würdig ist, und Wenn Jhro Großmüthigkeit meine Person sähen und singen hören sollten, werden sie sagen, der Kerl ist bei meiner Seele mehr werth als daß er ein Küster sein sollte, daß Aber der Hundssott unser Schulze

entspräche.

Auch die darunter befindliche Hand, die trotz ihrer Größe und einfachen Zeichnung sehr deutlich das Bild einer solchen erkennen

läßt und außerdem in dem Handteller kleine rundliche Vertiefungen (Näpfchen) zeigt, die eine mit dürftigen Werkzeugen ausgeführte längere mit Absicht vollzogene Arbeit bekunden, geben Veranlassung den Zweck beider in anderen Umständen zu suchen. Sei es, daß dieser gezeichnete Stein ein Denkmal eines oder mehrerer christlichen Kämpfer ist, die hier, von den heidnischen Wenden erschlagen, be¬ erdigt wurden; sei es, daß man Verbrecher in Folge des kirchlichen und weltlichen Richterspruchs hier tödtete, oder aber diesen Stein als damalige Grenze der Ausbreitung des Christeuthums im Wendenlande setzte. Die große Aehnlichkeit mit dem Bischosstein bei Niemegk („Bär" III. 213) springt in die Augen. Da sich die wahren Thatsachen mit der Zeit verloren, die Zeichen des Steines sich aber erhalten haben, so hat eine spätere Zeit ihre Entstehung durch folgende Sage erdichtet. Zur Zeit als noch der Teufel leibhaftig auf der Erde wandelte und den Christen sich gegen hohen Lohn dienstbar machte, lebte in dem Dorfe Jogatz der Weinbergsbesitzer Schmidt, der ihm dafür als Lohn seine Tochter gelobte, während der Zeit, in der sein Hahn nicht krähen würde, seinen Weinberg mit einer Mauer zu versehen. Der Teufel ging aus diese Bedingungen ein und trug, um seine Arbeit schnell zu beenden, die größten Steine der angrenzenden Feldmarken her¬

Die Bauern zu Zaue von der Absicht des Schmidt mit dem Teufel hörend, — Zaue und Jogatz gehören zu einem Kirchspiel — suchten diesen Stein vor jener Verwendung zu schützen, indem sie

mir feind ist, daß macht daß meine Frau eben einen solchen rothen Rock hat als seine Frau, und wenn ich den Dienst erst haben werde, so mir schon gewiß genug ist, so will ich meiner Frauen als des Schulzens seine hat, es mag den Hund verdrießen oder nicht, und wenn ich nun das Primarium kriegen soll, so muß es der Hundsfott unser Schulze nicht wissen, sonsten stößt er es wieder um, ich Verläße mich ganz noch einen besseren Rock lassen machen,

gewiß daraus und verbleibe

Lanckewitz, Ew. Guter Freund so lange Januar 1688. Hans Heinicke.

ich lebe

den 23.

Dem Supplikanten werden nach abgelegter Probe hierauf verwilligt und wenn er in denselben Sachen richtig be¬ stehen wird, soll er den Dienst vor Anderen ohne Einrede des Schulzen haben. 6 Ducaten

Sign. den 25.

Potsdam, Januar 1688.

Friedrich Wilhelm.

bei.

die drei Kreuze hineingruben. Nachdem der Teufel alle großen Steine der umliegenden Feldmarken herbeigeholt, war er zur Be¬

Hiscrne Wokster.

Den 20. September 1688 erhielt Georg vom Kurfürsten Friedrich dem Dritten ein Privilegium über eine von ihm erfundene neue und besondere Art von eisernen Polstern, deren man sich sowohl zu Betten in Gemächern,

Nicol Beyer

!

'

:

72 als auf Reifen in Karossen wie auch sonst „zu großer Äommodität" Es war dies der erste Sprungseder-MatratzenFabrikant Berlins. bedienen könne.

Kunstdcnkmäler anlegen lassen.

Beiden Vorschlägen wird der Vor¬

stand seine Aufmerksamkeit zu wenden.

Am Sonnabend, den 22. März machte Herr R. Fischer im Dom darauf aufmerksam, daß das Lied: „O Tannebaum, o Tannebaum, wie grün sind deine Blätter" nicht den verstorbenen Geheimen Hofrath L. Schneider zum Verfasser hat, wie in der Gedächtnißrede am 16. Januar d. Js. behauptet ist, sondern ein altes Volkslied ist, welches der Dichter des Stückes „der Curmärker und die Picarde" nur seinen Zwecken angepaßt hat. Derselbe Herr legte ferner die Nummer der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung vom 22. März 1879 vor, in der sich eine Nachbildung des Facsimiles Sr. Majestät des Kaisers befindet, welches er im Sommer 1878 in das Album des Wärters der Culmer Denkmäler bei Teplitz ge¬ schrieben hat. Die nächste (öffentliche) Sitzung findet Sonnabend, den 12. April Abends 7 Uhr im Bürgersaal des Rathhauses statt. deutschen

Ein vrandcnburgischcr Ailchos. Wedego Gans, edler Herr von Puttlitz wurde 1460 zum Bischof von Havelberg erwählt. Er war ein martialischer Bischof, welcher mit den Herzogen von Mecklenburg viel Händel und Streit gehabt hat. Er war allzeit geharnischt, und wenn er einen Einfall in das Mecklenburgische that, um sich an den Herzogen zu rächen, dann schonte er weder Kirchen noch Kapellen, sondern sagte: „Ick kann se wedder conseeriren und wichen, wenn se violirt sind.“

Eine Erinnerung.

In

einem

Berliner Blatte vom Sonn¬ Notiz: „Die Bc-

abend den 30. December 1809 lese ich folgende

wohncrinnen des Thiergartens haben, um das Andenken an die erfreuliche Rückkehr des Königlichen Paares (erfolgte Weihnachten 1809) auch für die Nachkommenschaft zu bewahren, auf der, dem Restaurateur Burtheaux gegenüber liegenden kleinen Insel einen Opseraltar errichtet, und diesem Orte de» Namen „Louiseninsel" gegeben. Bei der Einweihung des Monumentes, das die Inschrift

führt:

Ihrer heimkehrenden Königinn die Bewohner des Thiergartens geweihet den 23. Dezember 1809. tvurde der Altar mit Blumengewinden und Kränzen geschmückt und von Dcmoiscllc Klein ein durch die Zeitungen bekannt gewordenes Gedicht gesprochen. Die Idee und Anordnung des Denkmals ge¬ hört dem Herrn Geheimerath Wolf, die Ausführung dem Herrn

Direktor

S ch a d o w."

Wie alte Reime einige altuiärlüsche 6>rtc charaliterillren: De Stendaler drinken gerne Wyn, De Gardalogcr willen Junker syn. De Tangermünder hebben den Moth, De Soltwedler hebben das Goth. De Seehüser de synt Ebenthür, De Wcrbener geben den Waiten dür. De Osterberger wolden sich recken, Un thaten cnen Bullen vor enen Bären stecken.

D.

Mitthcilnngtn aus

dem Verein

für die

Geschichte

Sertins.

Am Sonnabend, den 15. März, las Herr Dr. Holtze den im deutschen Dom Versammelten ein Gedicht des Obergärtners Herrn A. Beth ge aus Potsdam vor, welches bei der Gedächtni߬ feier des Potsdamer Geschichts-Vereins am 13. März dieses Jahres für den Geheimen Hofrath Herrn Louis Schneider den Anwesenden übergeben worden war. Dann legte Herr Stadtrath E. Friede! alte Pläne von Berlin vor. In der Folge regte Herr Architect Fritsch folgendes an: der Verein solle sich mit dem Baubüreau des Herrn Stadtbaurath Blankenstein, dem Renovator der Nicolaikirche in Verbindung setzen, um mit Hilfe desselben eine Publikation der Denkmäler der Nicolaikirche zu unternehmen. Derselbe Herr stellte auch den Antrag der Verein möge durch seine Mitglieder und Freunde ein Inventar aller in Berlin befindlichen Bau- und

Mittheilungen aus -cm historisch - statistischen Vcrein ?n Frankfurt a G. Sitzung den 19. Februar. — Zunächst fand die in der vorigen Sitzung vertagte Ergänzung des Vorstandes Statt durch die Wahl des Herrn Stadtrath Reuß, welcher dieselbe anzunehmen sich bereit erklärte. — Sodann besprach Herr Prorcctor Schwarze die in der alten Gertraud-Kirche noch befindlichen Schildereien und Kirchengeräthe, woran sich ein Ueberblick schloß, über die Schicksale des Kirchengebäudes, dessen Gründung in das 14. Jahrhundert zurück¬ reicht, obwohl es nach den Verwüstungen des Hussiten- und dreißig¬ jährigen Krieges seine jetzige Gestalt erst 1662 erhalten hat. Weitere Details finden sich in den betr. Artikeln des Frankfurter Patriotischen Wochenblatts, Jahrgang 1822 und des Publicisten 1874, Nr. 103—110. Derselbe entwarf ferner eine Biographie des Historikers G. G. Bredow (geb. 1773 in Berlin), welcher an der Universität Frankfurt seit 1809 bis zu deren Auflösung lehrte, nachdem er zuvor am Gymnasium zu Eutin unter Ioh. Heinrich V o ß als Rektor, dann als dessen Nachfolger, sowie an der Universität Helmstädt gewirkt hatte. Seine Arbeiten über die alte Geographie und Geschichte begründeten seinen Ruf; einzelne seiner Werke, wie die Erzählungen aus der allgemeinen Weltgeschichte, haben mehrere Auflagen erlebt. In Breslau, wohin er von hieraus übersiedelte, ward er durch Kränklichkeit an angestrengter Arbeit gehindert und starb schon 1814. Aus seinem Nachlaß gab Kunisch eine Anzahl wohlgelungener literarhistorischer Effays nebst einigen dichterffchen Erzeugnissen heraus, die er mit einer Biographie des Verstorbenen begleitete. — Schließlich wurde ein in Brandenburg a. H. vom Gymnasial - Direktor Dr. Rasmus gehaltener Vortrag über historische Berührungen zwischen Brandenburg und Frankfurt aus¬ zugsweise nach einem Referat im Brandenburger Anzeiger mit¬ getheilt. —

Statt 7,3V nur 2 Mark. F. Meyer, Berühmte Männer Bcrlin's, 3 Bände statt 7,50 nur 2 Mark. E. Neuenhahn's üuchhandlung.

Für die Redaction verantwortlich: Rudolph Stricker in Berlin. — Verlag Druck: W.

Berlin, Kommandantenstraße 77—79. Industrie-Gebäude. Laden 28. der

Nicolaifchen Verlags-Buchhandlung,

Mörser Hofbuchdrucker ei in Berliu.

R. Stricker,

in Berlin.

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* ^ Unter Mitwirkung von Dr. jnr. SScrinfluier, Ai. ZZrunotd in Joachimsthal, Prof. Dr. Vaulus Lasset, Emik Dominik, Stadt-Archivar Iiidicin, Hheodor Aioniane, vr. ^ermann Ktetke, Iierd. Weyer, Oberlehrer vr. K. gröhle, Direetor Wilhelm Kchmarh in Posen, Archidiaeonus Schwebet in Cüstrin, vr. Sello rc. 20 . herausgegeben von

Berlin.

E.

Friedel

und

Stadtrath.

R. Schillmann Stadt-Schulinfpector.

Die Zeitschrift erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich 1 Mark 50 Pf., und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beitrage sind an die Nicolaische Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 3gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlnng entgegengenommen.

Inhalt:

Jakza, Fürst von Köpenik und seine Münzen. Von H. Dannenberg. — Eine märkische Leihbibliothek Brandenburgische Hofstaat, wie Sr. Kurfürstlichen Durchlaucht Räthe, Offiziere und Diener Anno 1630 bei revidirt worden. — Was nach einer Chronik vom Jahre 1572: „Beschreibung des ganzen Kurfürstenthums keiten und Herrlichkeiten der Mark Brandenburg" seien. — Miscellen. — Mittheilungen aus dem Verein Heimathskunde Münchebergs. — Mittheilungen aus dem historisch-statistischen Verein zu Frankstlrt a. O. —

vor hundert Jahren. Von Ludovica Hesekiel. — Der Kurfürstlich Hofe gespeiset und auf die Pferde das Futter gehabt, und annitzo der Mark Brandenburg durch Wolffg. Jobsten von allerlei Nutzbar¬ für die Geschichte Berlins. — Mittheilungen ans dem Verein für Fragen an die Herren Herausgeber. — Briefkasten.

Jakza, Fürst von Köpenik and seine Münzen. Jeder Berliner, auch wenn er sich sonst nicht viel um Geschichte und Alterthumsforschung bekümmert, kennt doch Jakza und weiß zu erzählen, wie dieser im benachbarten Köpenik residirende heidnische Slavenfürst, von seinen streit¬ baren christlichen Nachbarn hart bedrängt, in einer Schlacht

unweit Spandow, als seine Götter ihn verließen, sein Roß in die Fluthen der Havel gespornt, und dem Christengotte das Gelübde seiner Bekehrn, rg abgelegt habe, falls er ihn aus dieser Gefahr erretten würde. Und Gott erhörte die Bitte des Heiden, und dieser wandte sich, getreu seinem Worte, dem neuen mächtigeren Gotte zu. An diesen Vorgang mahnt eine an der betreffenden Stelle auf einer geringen Ufererhöhung unweit Pichelsberg vor etwa dreißig Jahren aufgerichtete kleine Säule. Aber unsere lieben Landsleute, mögen sie auch noch oft zu dieser schönen Stelle wandern, welcher etwas historischer Schmuck gut ansteht, müffen sich doch gefallen laffen, daß der erzählte Vorgang aus dem Gebiete der Thatsachen in das der Sage verwiesen wird, sie, so stolz auf ihren Beruf zur

Kritik, werden

diese Illusion verschmerzen und ihr „Schildhorn" darum nicht weniger in Ehren halten. Wie diese Sage hat entstehen können, das ist hier nicht untersuchen. zu Festzustellen ist aber, was wir von Jakza

wiffen, sicher wissen, und das ist — so gut wie Nichts. Wären nicht seine Münzen, um Zeugniß von ihn, abzulegen, auf uns gelangt, so könnte man fast auf ihn das Wort aus „des Sängers Fluch" anwenden: „Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch." Jakzas so hochinteressante Münzen haben ihn wiederholt zuin Gegenstände numismatischer Forschungen werden laffen, und in den betreffenden Abhandlungen ist dann zu lesen, was wir über ihn wiffen, oder vielmehr zu wiffen meinten. Es sind unter den numismatischen Schriftstellern, die sich mit ihm be¬ schäftigt haben, hauptsächlich zu nennen: Mader Versuch über die Brakteaten, Köhne, Zeitschr. f. Münzkunde, Bd. III, S. 361, Grote, Münzstudien, Bd. I, S. 385, v. Sallet, numismat. Zeitschr., Bd. HI, S. 253 und Rabe: Jaczo von Copnic u. s. w. (Berlin 1856). Hört man, daß letztgedachte Arbeit ein Buch von 268 Seiten bildet, so muß nran glauben, hier eine Fülle von Belehrung und ausführliche Auskunft über Jakza, wer er auch iinmer gewesen sei, zu finden. Aber diese Arbeit ist gänzlich verfehlt, der Verfasser hat sich, ohne von Numismatik etwas zu verstehen, in das verzweifelte Un¬

II,

ternehmen eingelassen, einen numismatisch unmöglichen Satz zu beweisen, den nämlich, daß nicht unser heimathliches Köpnik, 2 Meilen östlich von Berlin, sondern Kopnitz im

74

Wir dürfen

Posenschen (unweit Züllichau) die Hcimath der Jakza-Münzeu sei, eine Ausstellung, die geradezu gegen den heiligen Geist

der Numismatik verstößt. Die Nabesche Abhandlung hat aber dvch das Gute gehabt, daß sie die Kritik hervvrgcrusen und Grote veranlaßt hat, die Frage, wer denn Jakza eigentlich So gewesen, einer gründlichen Erörterung zu unterziehen. wenig auch seine Vorgänger Positives von ihm zu berichten gewußt haben, so konnte man doch bis dahin glauben, daß sie Manches als bekannt voraussetzten lind deshalb verschwiegen, lvas hinsichts seiner sicher überliefert wäre. Namentlich gilt Letzteres voll dem um die Brandenburgische Münzkunde so ver¬ dienten Köhne, der ihn einen tapferen, aber unglücklichen Fürsten nennt, lvclchcr den Versuch, das Reich feitter Väter wiederherzu¬ stellen, mit dem Verluste seines Erblaildes, desseil Hauptstadt Köpilik gclvesen, büßen nlußte, ohne daß man jedoch erführe, worauf diese Allgaben sich stützen und welches denn eigentlich seiire Schicksale gewesen. Die Phailtasie hat da weiten Spielraum. Aber sie einzudäinmen und aus den Quellen nicht mehr herauszudenteil, als sie den geschulten Verstand erkennen lassen, das ist die Aufgabe des Geschichtsforschers, von der auch der Numismatiker sich keine Abweichung erlariben darf, wenn er sich bei der Geschichte Raths erholt. Dieser Aufgabe ist sich Grote bewußt geblieben und hat aus dem Ergebniß seiner Forschungen nur folgeildes Wenige mittheilen können. Jakza ist die slavische Form des Namens Johann, es hat also viele Jakzas gegeben l»ld mail nniß sich daher wohl hüten, jeden Fürsten dieses Namens, der lins begegnet, mit dem Jakza der Münzeil zu identifiziren. Aber in einer vorpommcrschen Ur¬ kunde von 1168 erscheint ein dominus Jaczo neben einem dominus Boguslaus und einem dominus Cazimarus, den

damaligen Herzögen von Stettin unb Demmin. Dieser kann unser Jakza sein, beim wenn der Jaczo der Urkunde auch für einen Pommer Zli halten, so lvaren doch, sagt Grote, die Grenzen des damaligcil Pommern nicht die des helitigcn und können sich wohl bis an die Spree ausgedehnt haben. Und eine Chronik, allerdings erst alis dem 14. Jahrhundert, aber dennoch Glauben verdienend, meldet, daß Jacza dux Poloniae, Oheim des Heinrich Pribislaw, 1157 die Stadt Brandenburg erobert, bald aber wieder au den Markgrafen Albrecht den Bären verloren habe. Auch diese Nachricht dürfen wir, und ineines Erachtens mit viel mehr Zuversicht als jene aus unsern Jakza beziehen, denn in diese Zeit, in das dritte Viertel des 12. Jahrhunderts reichen die Jakza-Münzen, lind es ist durchaus wahrscheinlich, daß der in Köpnik, so nahe bei Brandenblirg sitzende Jakza derselbe gewesen, der auf das Erbe seines liessen mit den Waffen in der Hand Allsprüche erhoben hat, ohne sich um dessen Testament zu kümmern, welches Albrecht zum Erben berief. Etwas Weiteres aber ist uns über Jakza ilicht bekannt. Namentlich sind auf ihn selbstverständlich nicht zu beziehen die Nachrichten über histo¬

Jahrhunderts, so die Erwähnung Taczo (richtiger eines Jaczo) de Soltwedel 1218 oder Jaczo advocatus de Soltwedele 1233 lind 1237, eines Johannes filius Jaczouis de Gotscowe 1246 und der fratres de Guzkowe iilii et heredes Jaczonis de Saltwele, Nachrichten, welche Köhne zu der irrigen Annahme verleitet haben, daß Jakza Schirmvoigt (advocatus) von Salzwedel gewesen und sich, aus der Mark vertrieben, nach Pommern gewandt und

für

historisch be¬

namentlich sind in dieser Beziehung hervorzuheben die des kunstsinnigen Erzbischofs Wichmanu in Magdeburg, seiner Zeitgenossen Heinrichs des Löwen und

Stempelschneidekunst,

Albrechts des Bären, die des Sachsenherzogs Bernhard, Sohnes des Büren, sowie auch die des Kaisers Friedrich Barbarossa selbst; nach des Letzterem Tode ging es bald mit dieser Kunst rückwärts, so daß schon im folgenden Jahrhundert Brakteaten von äußerster Rohheit erschienen, welche häufiger als jene kunstreichen anzutreffen, diese ganze Münzklasse viel¬

in Verruf gebracht haben. — Jakzas Brakteaten sind jetzt in der Zahl von 6 bekannt, denen man einen 7., wenn auch schriftlosen, wohl mit Recht wegen seiner Uebereinstim¬ mung mit jenen, anschließt. Es sind folgende: 1) IAKZA • COPTNIK • CNE unter einem zwei Zinnenthürme verbindenden Bogen, ein Brustbild in Helm und Ringelpanzer, mit Schwert in der Rechten und über der linken Schulter einen Zweig. — Weidhas, Brand. Denare Taf. 1.12, Rabe Nr. 5. Der Schluß der Umschrift CNE bedeutet Knäs, fach

d. h. Fürst; slavische Worte kamen sonst auf mittelalterlichen Münzen der slavischen Völker, abgesehen von den Russen ■

und Südslaven, nicht vor.

2) IACZA DE COPNIC rechtsgewandtes bärtiges Brustbild mit Schwert und Palmenzweig, von drei Sternen umgeben. Mader Brakt. II., Taf. IV. 77, Weidhas I., 15. -

rische Erscheinungen des 13.

hier die Grafschaft Gutzkow erworben habe.

nach allem Vorstehenden

glaubigt allein erachten jene Bkittheilung der alten Chronik über seinen Erbfolgekrieg mit Albrecht dem Bären, und als möglich ferner zulassen, daß er in nahen Beziehlingeu zu ben pommerschen Fürsten jener Urkunde von 1168 gestanden. Alles Uebrige gehört in das Reich der Fabel, und nur alls den Münzen können wir lioch so viel mit Sicherheit schließen, daß Jakzo Albrechts des Bären Zeitgenoffe gewesen und sich zum Christenthum bekannt hat; daftir spricht nicht nur ihr Aelißeres, das den Einfluß seiner deutschen Nachbarn und Magdeburgs insbesondere so deutlich verräth, wie es ohne Christianisirung nicht denkbar wäre, sondern auch besonders das Erscheinen der christlichen Enbleme, Paline und Kreuz, welche sie tragen. Alle diese Münzen, soweit sie sich mit Sicherheit ihin zuschreiben lassen*), d. h. seinen Namen zeigen, sind Brakteaten. Darunter versteht man bekanntlich mit Einem Stempel, also einseitig geprägte Münzen, eine Münzsorte, lvelche nur in Deutschland, dem skandinavischen Norden und Ungarn zu Halise war und in unserm Vaterlande gegen die Akitte des 12. Jahrhunderts aufkam. Diese Brakteaten, welche eine viel stärkere Auswalzung der Silberplatten, bis über den Umfang eines Doppelthalers hinaus, und damit eine viel reichere Entfaltung des Gepräges gestatteten, als die bis dahin üblichen zweiseitigen Denare in der Größe eines 10-Pfennigstücks, begreifen die herrlichsten Erzeugnisse der mittelalterlichen

-

3) IACZA DE COPNIC halbrechts gekehrtes bärtiges Brustbild im faltigen Gewände (Mantel), mit der Rechten eine Fahne schulternd, in der Linken ein Patriarchenkreuz, das er ehrfurchtsvoll mit dem Mantel, nicht mit der bloßen Hand, •

I

*) Daher übergehe ich hier gewisse zweiseitige Münze» (Denare) aus einem bei Schollehne unweit Havelberg gemachten Funde, welche wegen einer gewissen Aehnlichkeit mit den nachstehend unter Nr. 7 be¬ schriebenen Brakteaten möglicherweise von ihm herrühren (stehe Köhne, Zeitschr. f. Münzkunde, neue Folge S. 835)

faßt; im Felde ein Stern und zwei Punkte. — Brakt. II. Taf. IV., 76. I.

-

2.

als unrichtig bezeichnet. Aber auch er geht wohl nach der anderen Seite zu weit, wenn er nicht nur auf Nr. 1 den heiligen Moritz, ben Schutzpatron von Magdeburg, sicht, sondern eben denselben auch auf den übrigen Münzen erblickt, nur durch den Bart etwas „verpommert", wie er sich ausdrückt. Das Bild auf Nr. 1 zwar kann man wohl als das des ge¬ nannten Heiligen ansprechen, denn wir haben einen ganz gleichen Braktcaten*), der sich nur durch die Umschrift SC-MAVßlCIVS als Magdeburgisch zu erkennen giebt, und-bei der großen Bedeutung, welche Magdeburg damals als Grenzveste gegen die Slaven und als Haupthandelsplatz hatte, und die bezeugt ist durch die äußerst zahlreichen Münzen, welche uns jene Stadt hinterlassen hat, kann man nicht umhin, anzunehmen, daß Jakza diese Magdeburger Braktcaten nachgeprägt hat, wie Grote richtig bemerkt, nicht umgekehrt, wie Kühne will. Allein eine solche Analogie mit Magdeburger Geprägen besteht bei den übrigen Münzen Jakzas nicht, imb wenn auch die Um¬ schrift allein keineswegs die Frage entscheidet, vielmehr in un¬ endlich vielen Fällen aus Mittelaltermünzen die Inschrift nicht auf das Bild bezogen werden darf, so ist doch diese Selbst¬ ständigkeit der Gepräge Jakzas Nr. 2—7, eine so bedeutende, daß die Palme allein, und iwch weniger das Kreuz (aus dem man sogar mit Unrecht auf einen Kreuzzug Jakzas hat schließen wollen) nicht hinreicht, um uns das so charakteristische Bild mit dem langen gelockten Barte oder den Bartzöpfen, wie sie auf deutschen Münzen ganz fremd sind, namentlich auch bei

Mader

3.

IACZO DE COPNIC - Brustbild mit langem Barte, im Panzerhemde und Mantel, in der Rechten Fahne und 4)

-

Schild, in der Linken ein Palmzweig, über jeder Schulter ein Ringel. v. Sallet, numismat. Zeitschr. III. S. 254, Weidhas I., 13. Etwas abweichend lautet die Umschrift bei Becker 200 seit. IACZO - COP . . . SW», d. Mittelalter Taf. V., 150: 5) IAO—VEN geharnischter Krieger mit Lanze und Schild, nach vorn gekehrt aber den behelmten Kopf nach rechts gewandt. Kühne Zeitschr. III-, Taf. X., 4, Weidhas I., 14. Die Umschrift mag IAO (za) KES (statt KNES) zu lesen sein, die im Reichelschen Kataloge IV. S. 10 No. 74 be¬ liebte Deutung der 3 letzten Buchstaben durch DE OOPNIC kommt mir weniger wahrscheinlich vor. • 6) IAOZO- DE COPNI (NC?) DENARII aus einem beiderseits mit einem Thurme bewehrten Bogen sitzt der Fürst wie aus Nr. 4, d. h. barhäuptig, mit wallendem Barte, in Panzer und Mantel, mit Palmenzweig in der Linken, hält

jedoch

durchgängigem Fehlen des Heiligenscheins und insbesondere Profilkopf auf Nr. 2**), für das Bild des MagdeburgerHeiligen eher als für das des Fürsten halten zu lassen, der sich auf ihnen allen als der Urheber nennt. Wir haben also hier wirkliche Porträts, so gut sie das Kunstvermügen des Stempelschneiders aus dem kleinen Raume zu liefern im Stande war, ja man kann bei dem Profiltopfe Nr. 2, der e-s auch an Größe über die anderen davontrügt, schon von einem dem

mit der Rechten ein Patriarchenkreuz.

v. Sacket a. a, O- S. '255. Diese Münze, von allen die seltenste, ist erst vor wenigen Jahren aufgetaucht. 4

S.

gewissen Gesichtsausdrucke sprechen und an eine gewisse Aehn-

lichkeit glauben, wie erreicht ist.

7) Ohne Umschrift. Zwischen zwei Thürmen sitzt, linksgekehrt, der bärtige, barhäuptige Fürst mit Schwert in der Rechten und Zweig in der Linken, vor seinem Kopfe E, im Felde zwei Kreuzchcn und eine Rosette. Mader Brakt. II. Thl. IV., 78, Weidhas I., 16. Da diese Münze nicht nur in der Größe und im Styl mit den übrigen die

oft auf neueren Münzen nicht besser H. Dannenberg.

!

Eine märkische Leihbibliothek vor hundert Jahren. Von £ni{onua firscfilrf.

Im

Nieder-Barnim des preußischen Regierungs¬ Städtlein Oranienburg, einst ein bescheidenes Dorf, Bötzow geheißen, das seinen heutigen Rainen von der unvergeßlichen Oranierin, der Gemahlin des großen Kreise

bezirks Potsdam liegt das

Kurfürsten erhielt. Oranienburg hat ein großes Waisenhalls, Fabriken, Mühlen und es hatte schon vor beinah hundert Jahren eine wohleingerichtete Leihbibliothek. Das Bücher¬ kaufen mag damals bereits dem leselustigen Publikum hart angekomlnen sein. Gegeil beu Ausgang des vorigen Jahrhunderts war der Königliche Hauptmann de Rapin-Thoyras Postmeister in Oranienburg; seine Familie gehörte der französischen Colonie an, uild er war wohl ein Enkel des Paul Rapin-Thoyras, der die Geschichte des Königreiches Groß-

grüßte Uebereinstimmung zeigt, sondern auch der Kopf ganz den Charakter des Profil¬ kopfes auf Nr. 2 trägt, so kann ihre Zu-

theilung an Jakza kein Bedenke»: erregen, wenn auch der Buchstabe E dabei unerklärt bleibt; solche einzelnen Buchstaben zu deuten ist immer mißlich und meistens unmöglich. Eine Frage, die sich dem aufmerksamen Leser schon aufgedrängt haben wird, bedarf hier noch der Erörterung, die nämlich, ob wir hier Jakzas Bildniß vor uns haben. Kühne bejaht diese Frage und findet sogar auf Nr. 1 den jugendlichen und daher bartlosen, auf den übrigen den mehr ge¬ alterten bärtigen Herrscher dargestellt. Dies hat schon Grote

sie

>

*) Löhne, Zeitschr. f. Münzkunde. Bd. I. Taf. HI. 6. **) über die Seltenheit von Profilköpfen auf Brakteaten habe ich mich bereits in der mem. de la soc. d’arch. etc. de St. Petersb. VI. S. 467 ausgesprochen.

76

brittanien schrieb. Der Hauptmann von Rapin aber hielt „Lesebücher-Expeditions-Comtoir" oder eine „allge¬ meine Lesebibliothek", deren Bedingungen vor uns liegen. Die Bibliothek umfaßte mehr als 12000 Bände, der Journalcirkel, denn auch einen solchen gab cs, enthielt etwa 100 Zeitungen, und das ganze Unternehmen stand unter der Leitung einer sogenannten Direction. Sämmtliche Leser zersielen in fünf Klassen, für die folgende Vorschriften galten: „Erste Klasse erhält nicht allein die neuesten und interessantesten Journale, deren 100 Stück circuliren, voll¬ auch ein

ständig, sondern auch die neuesten und besten Werke, wie auch Flugschriften in allen Fächern der schönen Künste und Literatur, Auch kann der Leser welche in jeder Messe erscheinen. ohne Ausnahme vorschlagen, was er lesen will, und erhält es ohnfehlbar, wenn es nur nicht entweder Werke von außer¬ ordentlich großem Werth oder über abstrakte Wissenschaften,

wenig oder gar keine Liebhaber unter den übrigen Lesern finden würden, oder auch veraltete, vorzüglich aber schmutzige, den guten Sitten zuwiderlaufende, oder verbotene und gefährliche Grundsätze enthaltende Bücher sind. Es werden mit einemmal 20 bis 30, auch mehrere Volumina in einer Kiste versandt, welches sich nach der Stärke der Bände richtet. Uebrigens ist der Leser durchaus au keine bestimmte Zeit ge¬ bunden, sondern kann mit einem Theil, oder mit sämmtlich erhaltenen Büchern so oft abwechseln, als es ihm gefällig ist. Diese Klasse bezahlt jährlich 16 Rthlr. Die zweite Klasse bezahlt jährlich 10 Rthlr. und be¬ kommt nur blos die oben erwähnten Journale ohne Bücher. Die dritte Klasse entrichtet jährlich 8 Rthlr- und er¬ hält 8—10 Journale nach eigener Wahl und dabei 8 Bücher, entweder aus den Nummern des Katalogus gewählet, oder auch nur 6 Stück davon, die übrigen beide sind entweder ganz neu, nach hiesiger Auswahl, können aber auch vom Leser welche

vorgeschlagen werden.

Die vierte Klasse bezahlt 6 Rthlr. und erhält monat¬ 5—6 vom Leser bestimmte Journale, auch. 8 Bücher nach lich Nummern; aber keine ganz neue, nämlich solche welche im Catalogus stehen; können auch keine vorgeschlagen werden.

Für die fünfte Klasse bekömmt

ist der Preis zu 4

monatlich 8 Bücher,

welche

Rthlr.,

der Leser

diese

aus dem

Katalogus wählt." Ganz streng wurde diese Eintheilung indeß nicht inne gehalten, denn es blieb jedem Leser überlasten, mit der Di¬ rektion noch besondere Vergleiche zu schließen- Schärfer hielt

man auf folgende Bedingungen: 1) Bküssen diejenigen, welche ganz oder nur zum Theil nach Nummern lesen, viele Rununern, und zwar je mehr, je bester, auf einmal wählen, weil bei einer geringen Anzahl es sich wegen der Menge der Leser häufig treffen würde, daß manche Nummern nicht zu Harste wären, und also der Leser nicht immer mit der bestimmten Anzahl von Büchern gehörig versehen werden könnte. 2) Es erhält ein jeder Leser einen complettcn Katalogus der hiesigen Lesebibliothck, wofür ein- für allemal 16 Gr. zu Entree be¬

zahlt wird, dagegen auch alle in der Folge erscheinende An¬ hänge, deren gewöhnlich jede Messe einer herauskömmt, gratis nachgeliefert werden. 3) Ist zum Transport der Bücher, be¬ sonders für entfernte Gegenden, eine dauerhafte Kiste noth¬ wendig. Selbige ist mit einem Schloß und zwei Schlüsieln versehen, ivovon der eine beim Leser, der andere aber hier

bleibt; diese Kiste wird vom Leser bezahlet, und ist der Preis derselben nicht vorher zu bestimmen, weil es auf deren Größe ankömmt; auch gehen deren etwaige Reparaturkosten auf Rech¬ nung der Leser.

4) Geht ein Buch verloren, oder wird es wird es nach dem Kataloguspreis bezahlt; im letztem Fall behält es der Leser, so wie ihm auch die Kiste eigenthümlich bleibt, wenn er abgehet. 5) Wegen der Transportkosten mit der Post, auch nach den entferntesten Gegenden in ben König!. Preuß. Landen, ist eine aparte Vergütigung zu verabreden. Es wird aber vorläufig versichert, daß hierüber ein äußerst billiges Abkommen getroffen werden wird, nach welchem sämmtliches Porto sowohl hin und zurück von hier aus übernommen werden soll. 6) Den Lesern in Berlin werden entweder Kommissionairs angewiesen, wo sie an dem ersten Tage jedes Monats zwischen 11 und 1 Uhr Mittags die ausgelesenen Bücher hinsenden, und die neuen wieder abholen lassen; oder es kann auch ein Jeder, nachdem es ihm am Bequemsten ist, monatlich die Bücher mit der Post unmittelbar anher senden, und alsdann sogleich wieder neue mit umgehender Post ohnfehlbar erwarten. Auf alle Fälle sehr beschädigt, so

geschiehet diese Wechselung gänzlich kostenfrei für die Leser, die Kleinigkeit ausgenommen, welche etwa der Briefträger be-

7) Es wird weder Pfand noch Pränumeration ver¬ ausdrücklich einbedungen, daß die Bezahlung, welche zur jedesmaligen Jubilate- und Michaelismesse geschieht, prompt entrichtet wird; die Rechnung wird alsdann eingesandt, und nach geschehener Zahlung die Quittung zugefcrtigt." Soviel über die Bedingungen, die au Ausführlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen, was aber las man denn nun für seine 16 Rthlr. jährlich. Zuerst die Zeitungen! Da finden wir „das Berlinische Archiv der Zeit", mit seinen: rosenroth und schwarzen Umschlag, „die Neue Zeitung von gelehrten Sachen", die in Leipzig erschienen, „die Frankfurter gelehrten Anzeigen", an denen einst Merck, Goethe und Schlosser arbeiteten und noch eine ganze Reihe gelehrter Zeitungen; da ist Büschings Magazin für Historie und Geographie, Seidl's Bellona, da war das „Allgemeine Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaft", Wielands Deutscher Merkur und Boie's Deutsches Museum. Jllusttirte Zeitungen und Witzblätter giebt es noch nicht, wohl aber Modezeitungen mit sogenannten Kupfern; da ist z. B. die in Erfurt erscheinende Mode- und Galanterie-Zeitung, auch das Berliner Archiv der Zeit bringt Modekupsern; auch eine „Jugendzeitung" von Hüther heraus¬ könunt.

langt,

jedoch

gegeben ist dabei.

Der „über 12000 Bände umfassende Katalogus" enthält beinah unsere gesanrmte classische Literatur und Vieles, was nichts weniger als classisch ist. Clauren oder Spieß suchen wir vergeblich, den guten Sitten zuwiderlaufende Bücher hat Herr von Rapin ja verpönt und Rousseau gehörte wohl unter die gefährliche Grundsätze predigenden Schriftsteller, dagegen finden wir hübsche Reisewerke wie Neapel und Sicilien in Gotha bei Ettinger erschienen; ganz neue, damals viel be¬ wunderte, heut vollständig vergessene Ronrane, wie Wanderungen und Schicksale des Pater Abilgard; Kaiserbarts Leben und Schicksale von Rupert Becker; Starckes häusliche Geinälde, Beckers Erholungen und Wageners Gespenster vertreten unsere heutigen Novellensaininlungen. Wieviel mögei: sic hin und hergewandert sein, diese auf grobem Papier mit groben Lettern gedruckten, in grüne Pappbände mit weißen: Schild gebundenen

77

Bücher! Sie sind endlich schmutzig, vergriffen und zerrissen worden wie die zahllosen Bände unserer modernen Leih¬ bibliotheken, zcrriffen und vergessen, bis auf die, welche ein Schatz unseres Volkes bleiben werden in alle Zeit.

Der Kurfürstlich Brandenburgische Hofstaat, wie Sr. Kur¬ fürstlichen Durchlaucht Nöthe, Officiere und Diener Inno 1630 bei Hofe gespeifet und auf die Pferde das Futter gehabt, und anniho revidirt worden. Actum Köln an der Spree am 20. Dezember 1633. Der Herr Kanzler Sigismund von Götze bekömmt sein Futter auf die Pferde aus dem Amte Gramzow. Der Herr Hofmarschall Bernd von Waldow hat 5 Diener so bei Hofe gespeist werden und 9 Pferde wofür das Futter von der Rönne gegeben wird. Der Herr Schloßhauptmann wird Inhalts des HofStandbuchs gespeiset, und hat Futter auf 4 Pferde. Der Herr Oberschenk Alex von Britzke hat 3 Diener,

Der Zeltschneider 1; Trompeter werden gespeist 5; der Bett¬ meister nebst Diener 2; der Konditor Johann Schenicke und Diener 2; der Reisedoktor 1; der Maler Schwizki und Junge 2 (Nicolai schreibt in seiner Nachricht von älteren Künstlern diesen Namen Czwiczek) ; 6 Lakaien; Wardin hat den Dienst bei Hofe 1; Wildwcscr und Junge 2; Büchsen¬ wärter 1; Junkerkncchtc 2; Brettdiener 1; Hvfapothe- Bei der Kffl. Hofapotheken sind mit dem Apotheker, Gesellen, Jungen und stummen Personen 4. Hofküche. In der Hosküche sind mit dem Küchenmeister, Küchenschreibcr auch Mund-, Ritter- und Hausköchen, Pasteten¬ bäckern, Knechten, Jungen, Schlächtern, und was zur Küche gehört in Allem 47 Personen. Weinkeller. Im Weinkeller sind mit dem Hauskcllner, Kellerschreibern, Jungen auch Mund- und Beischenken und Aufwärtern an 8 Personen. Der Reisekellerschreiber 1. Was hierüber an Aufwärtern im Keller ist, soll abge¬ schafft sein.

Speisekellcr. Im Speisekeller sind meister, Kellerknechten und Aufwärtern 3.

Silberkammcr.

drei Pferde.

Amts-Kammerrath Herr Johann von Wilmersdorf

beiden Jungen,

Mit

mit

dem Speise-

dem Silbermeister,

Silberdienern,

Zinn- und Silberwäscherinnen 6.

hat 2 Diener in Speisung. Das Futter auf 4 Pferde be¬ kömmt er aus dem Amt und nicht von der Rönne. Levin von dem Knesebeck, Geheimerrath hat 4 Diener. Kurt Bertram von der Pfuhl hat 4 Diener, eben¬

Jägerei. Mit den Pirsch-, Hof- und anderen Jägern, Knechten und Jungen, so itzt meistentheils bei der Kompagnie

Balzer von Brunn. Der von Leuch tmar genannt Romilian von Kalkhuhn

Joachim Selbstrecht 1; Christian der Leibknecht 1; Arztschmied 1; Reitschmied 1; Schirrmeister 3; bei den Leibpferdcn 5; bei den Kammerwagen 3; des von Brvnneus 2; bei den Füchsen 2; des Hofpredigers Bergius Kutscher 1;

soviel

hat 2 Diener. Der von Dequede hat 1 Diener. Der Herr Oberst Hey de: 8 Diener 8 Pferde. Der von Blumenthal, Hof- und Kammergerichtsrath auch Kammerjunker 2 Diener 3 Pferde. Der Kammerjunker von Pflugk 2 Diener 3 Pferde. Der von Stechow, Hofjägermeister 4 Diener 6 PferdeDer von Grabow, Holzförster 3 Diener 3 Pferde. Kapitain Rochow 2 Diener 2 Pferde. Heinrich Ehrenreich von Halle 2 Diener 2 Pferde. Der Vorschneider von Wilmersdorf, 2 Diener 2 PferdeEhrhard von Priegk 2 Diener 2 PferdeGottfried von Wallenrodt 2 Diener 2 Pferde^Antonius Freitag, Oberförster 3 Diener 4 Pferde. 'Der Kammerpage der von Packnor 2 Diener. Doktor Bötticher 1 Diener; Doktor Ruarius 1 Diener; Sekretarius Helle 1 Diener, Sekretarius Heyerbeck 1 Diener, Veit Heidekamp, Kammerdiener 2 Diener und 3 Pferde. Christian Brahde, Kammerdiener, 1 Diener und 3 Pferde. 9 Edelknaben.



Der Hofvoigt hat für drei den Tisch bei Hofe und Futter auf 2 Pferde. Der Futtermarfchall mit seinem Diener zwei. Der Furier 1 und 1 Pferd; der Reiseapotheker mit Diener 2. Der Leibbarbier mit Gesellen und Jungen 3; Jacob, der Kammerschneider 1 Diener; Nicolaus, der Leibschneider 1 Diener; Matz der Stumme 1. Georg Welker, der Kammerdrcchsler mit seinem Jungen 2. Der Leibbader I.

32 Personen.

Marstall. Der

Rüstmeister

Adam Lauen

1, der Rüst¬

knecht

bei den Küchenpferden 1; bei des Mundschenkenpferde 1; beim

Silberwagen 1; BalzarSchey, ein alter Knecht 1; Traban¬ die Bettsrau und Magd 2; die Waschfrau mit den Mägden 4; Grobschmiedgesellen 4; Stellmacher 3; Trabanten unterm Thor 4; Thorwärter 3; Wächter 4; Sr. Kurfürstl. ten 18;

Hofstaat innsammt: 306 Personen und 74 Pferde. Der Kurfürstinn, unserer gnädigsten Frau Hofstaat: (Elisabeth Charlotte, Schwester des unglücklichen Pfälzischen Kurfürsten und böhmischen Königs Friedrich V.).

Joachim v. Retzow

Kammerjunker

3

Diener

und

3 Pferde. 1

Dr. von Ramin 1 Diener; Hans Paul Lebscheid Diener; 3 Edelknaben; 3 Lakaien; 1 Mundschenk; Prinzessin

Luisens Edelknab; 1 Sattelknecht; 1 Reitschmied; 3 Stangen¬ jungen und 3 Stangenreuter; 3 Vorreitcr und 1 Beiläufer; Summa: 25 Diener und 3 Pferde.

Markgrafs Sigismunds Hofstaat (des Kurfürsten Joachim Friedrich Bruder somit Georg Wilhelms Großoheim, er war

Statthalter in Cleve.) Seine fürstl. Gnaden haben Junkcrpagen, Lakaien und andere Diener in Allem 18. Des Heermeisters Hochwürdcn Gnaden Hofstaat: (es ist dies der Hofstaat Graf Adam von Schwarzenbergs der Oberkämmerer, Geheimrathsdirektor, Statthalter in der Mark, Heerineister des Johanniterordens zu Sonnenburg war). Seine Hochwürden haben an Kammerdienern, Edelknaben, Koch und Kutscher 11, außerdem hat David von Marwitz 2 Diener; Sebastian von Waldow 3 Diener; der

78

von Goldacker

2

Diener;

der

von

Dippelskirchen

!

30 Brot und 30 Quart Bier, den Kurrendeschülern die Woche

2 Diener.

14 Brot.

Summa Summarum: 369 Personen; 77 Pferde. Die hierzu gehörende Hofordnung, wie cs mit dem Unterhalte itzo zu Köln an der Spree vorhandenen Hofdicncr soll gehalten werden, signirt Spandow am 8. August 1638:

Tobias Ncichart alten Schiffsknccht, Martin Barinielle, Anna Ebels, Hedwig Moritzen, Anna Pedtemann, Gertraud Jüterbocks. Thut in einer Woche 84 Brot und 10 Stübchen 2 Quart Bier. Auf die Kraniche und andere Thiere: Den 5 Kranichen wöchentlich 4 Brot, den Rehen die Woche 56

Dem Schloß hauptmann wöchentlich Einen Hammel, zwei Pfund Butter,

1

Metze

Noch sechs armen Leuten, namentlich:

einem

zu verabreichen:

Salz,

Metze

1

Brot, den Affen wöchentlich 21 Brot. Signatum Spandow, den 8. August 1638.

Hirse oder andere Gemüse, Vs Schock Krebse, etwas frische Fische, dafern sic ein kommen, oder an deren Statt ein wenig trockene

An Gewürz auf eine Woche: '/4 Loth Safran, Loth Nägelein, 3 Loth Ingwer, 4 Loth Pfeffer, Vs Pfund Vs Zucker (für 1 Woche ein bischen wenig), Vs Loth Muskatenblumen, Vs Loth Zimmet, 2 Pfund Pflaumen rmd noch etwas an Gartenfrüchten. Ingleichen soll ihm täglich ein Quart Rheinwein und ein Quart Landwein wie auch auf einen Monat zwo Tonnen Lagerbier, 1 Stübchen Weinessig, und 2 Stübchen Bieressig 18 Brot täglich, thut die Woche 1 Scheffel gegeben werden. und 36 Brot. des Oberförsters Wohnung wöchentlich auf 2 Personen: '/» Hammel, 1 Pfund Butter, 1 Metze Gemüse, 1 Metze Salz, etwas Fische, 4 Brot auf 2 Personen täglich, thut die Woche 28 Brot. 3 Stübchen und 2 Quart Bier.

D.

Fische.

Hins mich einer Chronist vom Jahre 1572: „ücschreistnng -es ganzen Lnrfnrstenthnms der Morst Brandenburg durch Ulolssg. Joststen von allerlei Nutzbarkeiten und Herrlichkeiten der Mark Brandenburg" feien. Was allerley Nutzbarkeit und Herrlichkeiten in der Mart Brandenburg zu finden, ist Jedermann, der darinnen wandert und wonet, offenbar und bekannt, wiewol sie Vor 30 und 40 Jahren besser gestanden, da eine wolfeile Zeit allda gewesen, also das Vil frembder Völker als Franken, Meißner, Schlesier und Rein¬

In

lander

hinein gezogen und sich allda niedergesetzet und gewöhnet. Wie denn noch heutiges Tages viel auslcndisch Volk in der Btark Brandenburgk wohnet, sonderlich zu Frankfurt a/O., Berlin und Brandenburg. Sie hat ein gut Gctreyde Landt, fürnehmlich in der alten, Ucker- und Newen Marck, wiewol in der Mittelmark auch eine ziemliche Notdurft ist. Unangesehen, das; es an etlichen Oertern sandig, steinig und unfruchtbar ist. Hat viel Weinwachs sonderlich in der Mittelmarck umb Brandenburg, Berlin und Cöln, Frank¬ furt a/O. und Crossen. Hat auch viel schöne fischreicher Seen und Mühlteichc mit mancherlei Fischen besemet. Viel schöner Lustgärten von allerlei frembder Obs und Hopsfen, als von Amarellen, Quitten, Castancen, Mandeln, Feigen, Mispeln, allerlei Nüsse, als Hasel, Welsche und Wassernüsse, welcher zu Beeskvw viel wachsen. Birnen und Opsfeln, Kirsscn, Spil¬

(Das Stübchen hielt 4 Quart). Dem Hofmaler Schwitzker seinen

Gesellen und Jungen wöchentlich: Vs Hammel, zweimal Fische, zu Zeiten etwas Salz, I Pfund Butter, etwas Gemüse. Auf ihn, seinen Ge¬ sellen und Jungen täglich 6 Brot; thut die Woche 42 Brot. Und täglich aus ihn und seinen Gesellen 4 Quart Bier und aus den Jungen 1 Quart, ist wöchentlich 8 Stübchen 3 Quart.

solltäglich einem Jeden Brot und wegen der Zuspeise

Nachstehenden Personen 2

Quart Bier und

2

8 Silbergroschen verabreicht werden: Den Trompetern Simon Frohbcrger, Zacharias Glienike, Peter Leh¬

mann,

dem Tapczirer,

Joachim

dem Hoffischer,

Hausfischer, des Herrn Hofmarschalls

Adam

Aufwärter in

dem

ling, Quetzkcn, Pflaumen. Item Melonen, Pfeben

seinem

Anguricken und

Logis auf dem Werder, Peter Kühnen, Einkäufer bei der

?

Ter Kurpsälzischeu Frau Wittwe Mundschenk. (Die Wittwe Kurfürsts Friedrich IV. von der Pfalz, geb. Prinzeß Oranien, Großmutter des Großen Kurfürsten hielt sich viele Jahre bei ihrem Schwiegersohn Georg Wilhelm am branden1644). Ferner Michel im Bicrkeller, zween Böttchcrgesellcn und Stellmachern, Ernst, dem Hausknecht aus dem Jägerhofc, den: Schützen Christian Krause, sie

|

starb

I

AndreasHornemann,

demZeugknccht, dem Thorknecht Paul, welcher zugleich die Kraniche füttern kann. Maria Wuchern, der Bettfrau. dein Tücherschneider,

Folgenden Personen wird allein Brot und Bier Dem Trabanten, welcher den herrschaftlichen Böget wartet, dem Zeltfchneider, Anna Wulfes im Wasch¬ hause; und Hans Schlumken Wittwe, einer armen blinden Frau, Georg Liesegang einem Lahmen Menschen, so ihm 1634 ad vitam verordnet. Hans Jacob einem gebrechlichen Menschen, den Kommunitätsschülern zu Cöln wöchentlich

gegeben:

und

Zumüß.

|



;

Wildt

von Hirschen, Hinden, Rehen, Hasen, Behren, Wo lssen und Füchsen re. wilden Schweinen, Berge und Thäl, da viel seltzamer viel lustiger und schöner Item Blumen und Wurtzeln zu Simplicia mancherlei Kreutern, und von vielen Krankheiten und Gebrechen nützlich wachsen und in andern Lendern nicht gesunden wirdt. Unter welchen das Edle Kraut 8c or di am, sonst Wasserbattenge und Knoblauchskraut genannt darinnen mancherlei

Hoflager sind.

Hof aus,

Gartenkraut

viel schöner Vorwerk, Scheffereien, Runen, Lusthäuser, Awcn Wiesen, Mulen, Holtzungen Heydten Püsche und Wälde,

seind allda

Hosküche, dein alten Pastetenbäcker, Matthis, dem Reisepastctcnbücker, dc§ Fischmeistcr Alumbs Schreiber, dem Garnmeister, dem Garnschreibcr beim Küchengarn, wenn sie im

burgischcn

mancherley

und Auch

von seinem Geruch, welches zu Frankfurt a/O. in großer Menge auf ihren Wiesen und Gresungen und zu Beskow gesunden wird, und sehr nützlich und kreftig ist wider die Gisst und regie¬ rende Pestilentz; und die Wurtzel mit ihrem Kraut Galanga, sonst Galgant genannt, wird in der Mark bei Oderberg gefunden. Von guten Bieren, die in der Mark Brandenburg gebrawen werden, feint meisten Gerstenbiere, aus welchen die besten seindt das Bernauische, welches weit versüret wird schier in die ganze Mark und in Pommern gegen Stettin; eine Meile davon das Biesenthalische, das Straußbergischc und der alte Klaus, genannt zu Brandenburgk und etlichen ausgelegencn Mertzc Franksordische alte Biere, welchs der gemeine Mann den Büffel nennet (erregt gemeinhin die Stranguriam) dem Bernauischen nicht

79 meisten von den Weibern (ein Kindelbier und von den Gelehrten getrunken, wicwol cs eine trübe und Köstungcn) der Alten und nicht gut Bier von Vielen geacht wird. Mark feind die besten das Garlebische und Soltwedelische — sonst der Soltmann genannt — das Ruppinische in der Grafschaft Ruppin und in der Neuen Mark das zu Retz zuin Damme, Quartzen und zu Schievelbcin gebrauet wird und das Zielen zische im Lande zu Sternbergk unter dem Heermeister

fürt a/O. am

In

gelegen.

Das Brandenburgische Landt ist sridtsam, darumb ohn alle Gefahr sicher darin zu wandern und reisen ist, die Einwohner und Bürger der Mark feind vornehmlich Handwerker, Bierbrauer

Verein von Herrn Postrath Tybusch gehaltenen Vortrag, dessen zweiter Theil von der Entwickelung der Stadtpost in Berlin handelte. Dann sprach der Magistrats-Sekretair und Premier-Lieutenant der Reserve Herr Ad. Gaede über das Werbeshstcm im vorigen Jahrhundert nach den Berliner Magistrats-Akten. Die nächste (Arbeits-) Sitzung findet statt Sonnabend, den 19/ April, Abends 7 Uhr im Bürgcrsaale des Rathhauses, und steht auf der Tagesordnung außer dem Geschäftlichen und den Mittheilungen über Erwerbungen des Märkischen Museums ein Vortrag des Herrn Professor Holtze: Der Aufruhr in Berlin 1615 und ferner ein Vortrag des Herrn Dr. C. Bolle: Der Storch in

Ackerbürger, die den Weinwachs, Hopffen pflantzen und zeugen, und Kaufleute, die da handeln mit allerlei Wahr, als Hering, Wein, Honigk, Leinwandt, Gewandt oder Lacken, ge-

der Mark. Außerdem ist noch anzuzeigen, daß der Vorstand beabsichtigt, am Geburtstag des verewigten Geh. Hofraths Louis Schneider am 29. April einen Kranz auf dessen Grab niederzulegen und daß eine

und treigen Fischen, Eisen, Stahl, Kupfer, Flachs, Wulle, Leder, Rotte, Kreiden, Saltz, Schmaltz,

Betheiligung der Vereinsmitglieder sehr erwünscht ist. Versammlung kurz vor 3 Uhr Nachmittags aus dem Potsdamer Bahnhof.

saltzen

Thran, Theer, Mühlsteinen, Getreidig als Rocken, Ger¬ sten und Weitzen, Hirß, Keß und Butter und mit Weidte, Thüringen und Erffurdt gebracht wird. Gebraucht sich gemeiniglich der Sächsischen und Pommerschen Sprachen, wiewol zu Frankfurt eine gemenge Sprache ist, den ausländischen zum Theil den Meisnern nicht fast ungleich von wegen des fremden Volkes als Franken Meisner und Schlesier,

welche aus

welche sich dahin gesetzet.



D.

Mittheilungen ans dem Verein für Ijeininthsluiilde Münchebergs.

In

der Sitzung vom 4. März wurde über die in den Kirchen und sonst wo in nächster Gegend noch vorhandenen Bildwerke der älteren Zeit gesprochen. Obwohl anzunehmen ist, daß fast jede Dorskirche in siühcrer Zeit einen reich ausgestatteten Altar gehabt

hat,

Miscclltil.

sind doch von den älteren Bildwerken dieser Art nur noch Die Gemeinden waren in früheren Zeiten

als möglich auszustatten. Der frühere einfache Altartisch genügte nicht mehr, man baute an dessen Rückseite die reich mit Bild- und Schnitzwerk verzierten Altarschreine auf, die oft mit Flügeln versehen waren, um zu ver¬ schiedenen Zeiten den Altar in verschiedenem Schmuck erscheinen zu Die Außenseiten der Flügel waren gewöhnlich mit Ge¬ lassen. mälden versehen, die inneren mit Schnitzwerk, reich vergoldet. Neben dem Hauptaltar errichtete man noch andere Votiv- oder Meß-Altäre. Die Müncheberger Kirche hatte acht Altäre. Von dem Hauptaltar ist der Mittelschrein mit den beiden Gemälden der Flügel noch vorhanden, ersterer in der Sammlung des Vereins, letztere in der Kirche an der Wand aufgehangen. Der Schrein, obwohl noch mit Goldgrund versehen, ist stark beschädigt. Er ent¬ hält 6 freistehende Figuren, zwei Bischöfe, einer wahrscheinlich der h. Adalbert, Patron von Lebus, zwei Apostel, Petrus und Paulus, und in der Mitte sitzend: Maria als 8plemoires äs Brandebourg: On trouve dans les archives un memoire raisonne, qu’on attribue au pere Vota jesuite; il roule sur le choix des titres de Roi des Vandales ou de Roi de Prusse, et sur les avantages que la maison de Brandenbourg retirera de sa royaute etc. — An der Spekulation der Jesuiten, den neuen preußischen König sich zu Danke zu verpflichten und ihn dadurch vielleicht geneigt zu machen, wie den König von Polen, die katholische Religion wieder anzunehmen, war der Umstand von Bedeutung, daß die erschien, einen zuzulassen.

Gemahlin des Kurfürsten, die geistreiche Sophie Charlotte, die mit ihrem Freunde Lcibnitz über das „Warum" des „Warum" aller Dinge disputirte, über die verschiedenen christlichen Conscssionen lehr vorurtheilsfrei dachte. Bis in ihr sechszehntes Jahr war sie von den Eltern in allen drei Confessionen unterrichtet worden und hatte erst 1684 kurz vor ihrer Vermählung die resormirte Confession angenommen.

Es lag an einer Kleinigkeit, und sie wäre damals katholisch In ihrem eilsten Jahre bestand schon der Vorschlag, daß sie einen französischen Prinzen heirathen solle. Sie reiste da¬ mals mit ihrer Mutter unter dem Vorivande nach Paris, ihre Mutterschwester, die Aebtissin Louise Hollandine von Maubuißon, und die Herzogin von Orleans, ihres OheimS, des Kurfürsten Carl 'Jahr Ludwig von der Pfalz Tochter zu besuchen. Ein ganzes währte ihr Pariser Aufenthalt, aber eine Hcirath mit dem Fran¬ zosen verbot die Politik Ludwigs XIV., der persönlich die Prinzessin sehr bevorzugte. Wäre diese Vermählung zu Stande gekommen, geworden.

wäre die Prinzessin ohne Bedenken katholisch geworden. Im Jahre 1684 heirathete sie ihren kurbrandenburgischen „Aesop". Charlottens Bildung und Lebensgewohnheiten wären von denen ihres Gemahls sehr verschieden. Im Anfang fügte sie sich in die Vorliebe desselben für die steifen Ceremonien und den lustigen Hosprunk, nach und nach wurde das Verhältnis; ein förm¬ liches, sehr kühles und die Fürstin schlug ihren besonderen Hos in Lützelburg auf. Hier waren die Gewohnheiten von dem beim Kur¬ fürsten Gebräuchlichen so verschieden, daß man von einem Souper in Lützelburg (erst nach dem Tode der Königin wurde dasselbe Charlottenburg getauft) zu einem Lever des Königs gehen konnte, das derselbe um 4 Uhr Morgens abzuhalten pflegte. So vorurtheilsfrei nun aber auch die philosophische Königin über die Confessionen dachte, so sehr zuwider war ihr eine Aende¬ rung in der einmal angenommenen Consession. Und als im Jahre 1763 Pater Vota ernsthafte Schritte in dieser Angelegenheit bei der Königin unternahm, ließ sie denselben durch ihre Hofkaplane Beausobre und Lensant, beide sehr tüchtige Dialectiker, in ihrer Gegenwart abfertigen. Der gewandte Jesuit gerieth durch die größere Wissenschaft, durch das gewandtere Benehmen seiner Gegner so außer Fassung, daß er sich in Gegenwart der Königin durch zu heftige Worte vergaß. Er fand das selbst, als er zur Besinnung gekommen war und schrieb auf seiner Rückreise, aus Stargard an die Königin einen entschuldigenden Brief, in dem er freilich gleichzeitig seinen Bekehrungseifer aufs Neue herauskehrte. Die Königin ließ sich durch Herrn Lenfant die nöthigen theolo¬ gischen Materialien geben, die sie dann in eine Antwort an den Pater Vota nach ihrer Art einkleidete. Dieser Brief, den Toland so

unter dem Titel: „A lettre against popery“ herausgegeben hat, ist ein Meisterwerk von seiner Persiflage und bestimmte den Pater, für alle Zeiten den brandenburgischen Hof zu meiden. —

Mcrliner Kandwerker werden ob ihrer Frömmigkeit Beim Bau der Berliner Georgenkirche (1780) — so

belohnt.

erzählt Cosmar — hatte das Glasergcwerk die Fensterscheiben zu derselben umsonst geliefert und der Kirche dadurch über 800 Thaler erspart. Bei der Einweihung dankte der Geistliche öffentlich dafür und schloß seine Rede etwa damit, daß der Himmel diese Wohlthat nicht unbelohnt lassen würde. Wenige Tage darauf schickte auch derselbe einen starken Hagel, der viele Tausend Fensterscheiben zerschlug, wodurch die Glaser, die reichlichen Ersatz fanden, auch

wirklich belohnt wurden. Der älteste Acrlincr gethan wird, hieß

Arzt, dessen in einer Schrift Erwähnung Borchard. Eine Urkunde aus dem Jahre 1356

(in die divisiouis Apostolorum), abgedruckt in Ledebur's Archiv für die Geschichtskunde des Preuß. Staates II. Band p. 353 theilt mit, daß Ludwig der Römer seinem tüchtigen Hoftvundarzt Borchard

132

— in Cyrugica medicina satis expertuni — eine Leibrente aus¬ (in nioneta nostra Konigesberg in terra nostra transoderana sita). — setzt

In jüngster Zeit ist von der Kunsthandlung von E. H. Schröder hier, Wilhelmstraße 91 ein Vortrailkatalog erschienen, ein Ver¬ zeichniß von 3000 Portraits zur Geschichte der Literatur, der Musik und des Theaters, das sicherlich den Sammlern authentischer Bildnisse willkommen sein dürste.

ehemaligen Kärntener Linie. Der Hauptstamm der Böhmischen Linie ist ausgestorben, doch sollen die in Preußen angesessenen Freiherren von Rosenberg - Gruszczynski verwandt mit der ehe¬ maligen Böhmischen Linie sein. An unsere Leser in Tasdorf, Behlendorf, Hciners-

dorf, Schönwalde dieses

rc.

Blattes mittheilen

Grabdenkmal

des

E. S. hier. Wollen Sie über den „alten Heim" Näheres Sie sich „Keßler, Leben des Königlich preußi¬ Geheimen Raths Ernst Ludwig Heim, aus hinterlassenen

schen

Briefen und Tagebüchern." Leipzig. Brockhaus 1835. A. M. i» Z. lieber den tüchtigen Baumeister Mem Hardt ist noch nichts Ordentliches geschrieben worden. Wir bitten um den betreffenden Artikel. Kann Jemand uns Näheres darüber mittheilen, ob der 1706 etwa gestorbene Hofapotheker Friedrich Wilhelm Memhardt (wohnte aus dem Schlosse) ein Sohn des großen Ingenieurs gewesen ist? E. Koch hier. Die Kochstraße hat ihren Namen von dem Berliner Bürgermeister Koch, der in der Straße ein Haus besaß, ehedem hieß die Straße die „Kirchstraße", von der Jcrusalemerkirchc so benannt. 1.

2. 3 hier.

mit, was Sie von

Bitte theilen Sie uns für der nun

die

Mise eilen

bald verschwundenen Ring'sche»

Apotheke am Potsdamer Platz wissen. Dieses Stückchen „Lieben¬ walde" oder „Kvritz" an dein belebtesten Platze der Deutschen Kaiserstadt mit seinen Schweineställchcn und seinen Sonnenblumen und dem wirklich malerischen Holzzaun sollte im Bilde aufbewabrt tverdcn. Dabei müßte daS um diese „Trutzburg" laufende Pflaster, das schiefe Trottoir, das gewiß, um den einheitlichen Character von Apotheke und Straße zu bewahren, in seinem ältesten Zu¬ stande erhalten blieb, unseren Nachkommen mit dargestellt werden.

übrigens, daß auf dem Nicolaischen Plan von 1786 Bau noch nicht vorhanden war; daß auf diesem in der ganzen Potsdamcrstraße bis zur „Schafbrücke" nur 5 Ge¬ bäude (der seit Kurzem verschwundene „Eisbock" auf der linken, und 4 Gebäude, darunter das Kilian'sche auf der rechten Seite), und in der Bellevuestraße auf der linken Seite nur 3 größere und

Ich

bemerke

dieser schöne

Rolandssäulen

erheben.

o.

B. hier.

Die Rosenbcrg-Orsini blühen

Fürsten von Orsini und Rosenberg.

Für

die Redaction verantwortlich:

noch

Redaction

Frankfurt a/O. aus dem Jahre 1250 und aus Landsberg a/Warthe aus 1260, der Juliusthurm zu Spandau, die Kirchen zu Tempel¬ hof und zu Malsdorf (1300), bauliche Ueberreste aus Chorin, Lehnin und Gransee. Die Thorthürme zu Prenzlau und Branden¬ burg, die Katharinenkirche zu Brandenburg a/H. (1401), der Mühlenthurm zu Brandenburg (1411), die Gotthardtskirche da¬ selbst (1440), die Marienkirche zu Neu-Ruppin. Hierher gehört auch das Brandenburger Rolandsbild, das 1453 entstand. Ich folge in Obigem einer gelegentlichen Aeußerung Friedrich Nicolais und weiß sehr wohl, daß eine genaue Aufzählung nach ernster jahrelanger Untersuchung anders aussehen würde. Ein Werk oder eine kleinere Schrift, in welcher Sic zusammengefaßt diesen Gegen¬ stand fänden, giebt cs nicht. Weder einen Leitfaden, noch natür¬ lich ein Werk, das mit reichen geschmackvollen Illustrationen uns die Heimath schilderte, wie sie den Ururenkeln in ihren übrig ge¬ bliebenen Baudenkmälern ihre Vergangenheit erzählt, soll aber jetzt erscheinen. Es eristiren bereits sehr tüchtige Stadtgcschichten, eine werthvolle Geschichte der Kunstdenkmäler der Altmark und gute, ge¬ schmackvoll ausgestattete Specialgeschichten von Berlin. v. N. Perlebcrg. Das „Haus Zechlin i./Priegnitz" war ehedem den Brandenburgischen Kurprinzen zum Unterhalt be¬ stimmt. Irren wir nicht, bis zum großen Kurfürsten, der zuerst Amt Cöpenik hierfür bestimmte. Eine kurze Geschichte Zechlins mit einem Paar hübscher Illustrationen wäre ganz interessant.

Bücher-Anzeige. Einladung zur Substriplion der

zweiten Anflage

des Prachtwerkes

AEGYPTEN IN BILD UND WORT DARGESTELLT VON

UNSEREN ERSTEN KÜNSTLERN BESCHRIEBEN VON

GEORG EBERS. Von diesem mit so grossem und einstimmigem Beifall von der Kritik und dem Publikum aufgenommenen Prachtwerke, welches jetzt schon in einer englischen , Jranzösischenj spanischen und italienischen Ausgabe erscheint, ist bereits eine zweite Auflage nöthig geworden, noch ehe es in erster Auflage vollendet ist. Diese zweite Auflage erscheint in ca. 20 Heften ä 4 Mark, wovon alle 2 — 3 Wochen ein Heft ausgegeben wird, so dass sie zugleich mit der ersten Auflage noch Tor Weih¬ nachten dieses Jahres vollständig vorliegt. Jede Buchhandlung nimmt Bestellungen auf diese neue Auflage an und sendet auf Wunsch das soeben ausgegebene erste Heft zur Ansicht in s Hans.

als

Stuttgart.

Diese sind Nachkommen der

Rudolph Stricker in Berlin.— Verlag Druck.-

der

kleine Kirche beim Dom zu Brandenburg a/H. (1170), verschiedene Baulichkeiten in Stendal, die Nicolaikirchen zu Spandau und Berlin, die Marienkirche zu Berlin, einzelne bauliche Ueberreste in

befinden

oder befanden sich in Städten und Dörfern der Mark Branden¬ burg. In der Altmark in Stendal, Gardelegcn, Buch und Bohmcnzien; in der Mittelmark in Brandenburg und Berlin; in der Priegnitz in Perlebcrg; in der Uckermark in Prenzlau und im Dorf Potzlow; in der Neu mark in Königsberg und in Zebdcn. Rechts der Elbe sind mir von Rolandssäulen noch be¬ kannt solche in Burg, Bramstcdt, Finsterwalde, Jüterbogk, Ham¬ burg, Neumünster, Zicsar, Zerbst und in Wedel im Holstcinschcn. Die Leser des „Bär" mögen dies Verzeichniß vervollständigen und der Redaction mittheilen, wenn ich eine Stadt oder ein Dorf ausgelaffcn haben sollte. Paul B. Dorothccustraße. Wisck'c ist wohl nicht gleich¬ bedeutend mit Wiese; wiselü heißt wendisch höher gelegen. Mit Wische bezeichnet man daher wohl Wiesen, die am Wasser gelegen sind, die sich etwas über den Wasserspiegel

Bitte,

wie dasselbe beschaffen. 'Nach der Zeit ihres Entstehens geordnet,

3 kleinere Gebäude verzeichnet sind.

Herr» Amtmann S. in M.

die

zu

ältesten Baudenkmälern in der Mark: die

gehören zu den

lesen, so verschaffen

wir

wollen, an welchem Orte sich ein Brandenburgischen Ministers Franz von

Meindcrs befindet und H. M. Spandau.

Briefkasten.

richten

der Nicolaischen W. Mörser Hofbuchdrnckeret in Bertirr.

Die Terlagsbandluug:

Ednard Hallberger. Verlags-Buchhandlung, R. .

Stricker, in Berlin.

1 Mark 50 Pf., und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische VerlagS-Bnchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 2gesp. Petitzeile 60 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Die Zeitschrift erscheint monatlich zweimal, Preis vierteljährlich

Inhalt:

Die Ordensritter im Oderlande von Schwebe!. — Die Medaille der Berliner Akademie der Künste mit Jllustrat. — Ein Grabdenkmal der S3crliiicr Nicolaikirche. — Berliner Weißbier. — Chronik von Seelow. — Deutsche Träumer von L. Hesekiel. — Verein für die Geschichte Berlins. — Briefkasten. — Inserat.

Die Ordensritter im Odcrlandc. Von Vsliar

Nach der Angabe der märkischen und pommerschen Chronisten sind die geistlichen Ritterorden der Templer und der Johanniter zu Ende des 12. und zu Ansang des 13. JahrHunderts in das Land der Slaven gekommen. Zwei Fürsten

der neugewonnenen Reichslande an Elbe und Oder sollen es gewesen sein, welche die

Kasimir II.

|

-

Ritterbrüder vom rothen und vom

in den Rittern viel verheißende Mitstreiter iin Kampfe gegen das ersterbende Slaventhum. Als ältester Sitz der Johanniter erscheint urkundlich um 1160 das Städtchen Werben; als Sitz der Templer der Sage nach die Burg Pansin im Stargarder Lande- Von beiden Ordensburgen aus sollen die geistlichen Ritter sich weiter iin Brandenburgischen Lande und in Pommern ausgebreitet haben. Wir gehen zunächst nicht darauf ein, zu prüfen, ob diese Darstellung geschichtlich richtig ist. gessen,

fester Wohnsitze dauernde Bedeutung zu geben wußten.

daß außer

Jedenfalls ist dabei ver¬

den brandenburgischen und pomnierschen

Fürsten auch die schlesischen Piasten die geistlichen Ritter be¬ günstigt und mit Landbesitz beschenkt haben. Das Weitere wird bei den einzelnen Kommenden der geistlichen Ritter zu Hier begnügen wir uns darauf hinzuweisen. besprechen sein.

Auch

nachdem das erste, von Waffengeklirr durchtönte Jahrhundert

Beide hatten im heiligen Lande selbst die Wirk-

beide fanden

die Thätigkeit der Templer und Johanniter bei der Gründung der slavischen Marken eine hochbedeutsame ist. In den landläufigen Geschichtswerken hat sie wohl hin und wieder eine Erwähnung, nicht aber eine eingehende Würdigung ge¬ funden. Geistliche Ritter, dem deutschen Eroberungszuge stets voraneilend, sind die Ersten gewesen, welche ihren kriegerischen Erfolgen in den Oder- und Warthegegenden durch Anlage

daß

weißen Kreuze in ihre Staaten gerufen haben, der Branden¬ burgische Markgraf Albrecht der Bär und der Pommernherzog samkeit des Templer- und Johanniter-Ordens kennen gelernt;

Srsi mcsjcs.

!

der „neuen Pflanzungen" an der Oder vergangen war, fuhren die ritterlichen Mönche fort, an der Germanisation des Landes

arbeiten; aber ihr Tagewerk ward jetzt ein stilleres, un¬ Mit ihren Brüdern, den Cisterziensern, in edlem Wettstreite, machten sie das gewonnene Territorium urbar und errichteten in ihren Kommenden Musteranstalten deutscher Landwirthschaft. Mail hat in neuerer Zeit das Institut der Ritterorden nur als eine Versorgungsanstalt für die nachge¬ borenen Söhne des einheimischen Adels ansehen wollen, und vom 16. Jahrhundert ab hat diese Auffassung freilich auch für die Ritter-Kommenden der Mark völlig ihr Recht; wie unrichtig sie aber für die frühere Zeit ist, ersieht man sofort aus der großen Anzahl von Urkunden, welche eine unausge¬ der geistlichen setzt angestrengte wirthschaftliche Thätigkeit Ritter uns vorführen. zu

scheinbareres.

134 Noch

stehen

die

meisten

Ordenshäuser in der Mark.

zusammen und ist ein Ueberrest des Oderarms, der einst durch's Lebuser Land strömte, und im Barnim sich wieder mit dem

Pietät der Zeit ehemaligen Ordensunterthanen ans diesen jetzt so stillen Stätten im Lande Brandenburg aufbewahrt geblieben. Da dürfen wir es wohl wagen, den Leser einmal zu den Denkmälern der Templer und Johanniter zu führen. Und so folge er uns Manch' ein Schmuck aus alter

ist durch die

denn freundlich zu einem Besuche der alten

Hauptstrome vereinigte. Die Sage vom Untergange des Dorfes Colaz aber lebt heut noch bei den Bewohnern von Lietzen. Man sagt, die rothe Erde in der Nähe des Kalischfees sei durch Blut so intensiv gefärbt worden, und spricht von einer „Türkenschlacht" an den Ufern des Sees. Vielleicht versteckt sich unter dieser Sage die geschichtliche Kunde davon, daß dies Dorf Colaz um 1326 bei dem Einfalle der Polen und der Litthauer in die Mark wüst geworden ist. Das oben erwähnte Dorf Werbig bei Seelow ward von den Templern an das Hochstift Lebus veräußert, sonst blieb der Umfang der Dotation des Teinplerhauses derselbe, bis 1312 die Auflösung des Ordens wegen heidnischer Verbrechen, muhamedanifcher Götzendienerei und gänzlichen Unglaubens an die Lehren der Christenheit erfolgte. In unsern Gegenden

Ordcnssitze im

Oderlande. — 1. Kommende Kietzen.

Das Land Le bris ist in den Slavcnkriegen heftig von Wenden und Deutschen umstritten worden. Bon Polaben, — Elbslavcn, — bewohnt, bildete dasselbe einen Bestandtheil des Polenreichs und stand unter der Botmäßigkeit schlesischer Herzoge, welche auf der alten Veste Lebus residirten. Von dieser selbst ist heut kein Stein inehr übrig, wohl aber kennt inan noch den steilen Berg unmittelbar an der Oder, auf ivelchem sie gestanden hat, in dein heutigen Ackerstädtchen Lebus. Diese alte Biirg, deren letzte Trümmer iin vergaiigenen Jahrhunderte verschwunden sind, konnte von einer Menge von Belagerungen erzählen. Sie hatte 1109 den Kaiser Hein¬ rich V., 1209 den Markgrafen Konrad vom Osterlande, 1225 deii Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen vor ihren Mauern gesehen; deutsches Blut war reichlich um sie vergossen worden, ohne daß diese heißen Kämpfe die Burg ben Polen dauernd hätten entreißen, können. Im Jahre 1238 belagerte Bischof Wilbrand voii Magdeburg, ivelchcr aus der Betheiligiing seiner Vorfahren an dem Zuge des salischen Kaisers von 1109 einen Besitztitel auf Lebus für das Erzbisthum Magdeburg herleitete, die Veste wiederum und zwar vergeblich; erst um 1250 ging sic und das umliegende Land durch Vergleich oder Kauf an die brandenburgische Mark über. Vielleicht unter der kurzen Herrschaft des Magdeburger Stuhls über das Lebuser Land, vielleicht, — und das ist das Wahrscheinlichere, — durch eine Schenkung Herzog Hein¬ richs des Bärtigen von Schlesien, des Gemahls der heiligen Hedwig, sind die Templer in das Land Lebus gekommen. Schlesische Mönche haben die Gegend um Müncheberg

colonisirt und den Namen des schlesischen Klosters Trebnitz auf märkische Erde verpflanzt. Gleichzeitig mit ihnen mögen Templer in's Land gekommen sein; woher aber, darüber fehlt uns jede In einer Urkunde von 1244 bestätigte Bischof Auskunft. Heinrich I. von Lebus den Tempelrittern den Zehnten von 250 ihnen durch seinen Vorgänger Laurentius geschenkten Hufen und fügte noch den von 50 anderen Hufen bei- Inmitten dieser 300 Hufen Landes erhob sich der neu angelegte Templer¬ hof Ließen, welcher somit ein Alter von über 600 Jahren besitzt.

Mit

einem

Theile der ihnen geschenkten Zehenten

stifteten die Templer eine neue Kanvnikat- Präbende bei der

Stiftskirche zu Lebus, mit welcher die Seelsorge in den Dörfern Lietzen, Heinersdorf, Tcmpelbcrg und Marquardsdorf verknüpft war. Dieser Pfründe legte der Bischof noch die Zehenten vom Dorfe Werbig bei Seelow zu. Am 18. Januar 1247 bestätigte Papst Jnnocenz IV. dem Orden feine Güter im Lande Lebus. Neu erwähnt wird hier „NeuenTempcl", welches also von 1244 bis dahin angelegt sein muß, und Colaz, ein jetzt nicht mehr vorhandener Hof oder ein Dorf, welches vielleicht an dem noch heut „Kalisch" ge¬ nannten See bei Lietzen gelegen hat. Dieser Sec hängt durch ein Fließ mit den Seen von Lietzen und Neuentempel

sind die

Mitglieder

des mächtigen Ordens, der keine geringere

Absicht hatte, als auf den Trümmern der gestürzten Kirche und der vernichteten Fürstenherrschaft eine Adelsrepublik durch ganz Europa zu bilden, glimpflicher behandelt worden als im westlichen Deutschland.

|

Zwar wurde

dem päpstlichen Breve

in soweit nachgegeben, daß man die Tempelherren ihrer Güter beraubte. Wenn aber auch die altmärkische Sage von zerstörten Tempelherrenschlössern und von, in die Einöde wilder Wälder und unwegsamer Sümpfe geflohenen Rittern zu erzählen weiß, so ist doch erwiesen, daß in der Mark von keiner weiteren Verfolgung die Rede war; die Templer traten zu den Johannitern, in den geistlichen Stand oder in den Vasallendienst der Landesherren über. Was nun die Templer „zur Lietzen", — so wird die Kommende stets genannt, — anbetrifft, so können wir nur ver¬ muthen, daß zwei der ältesten Brüder Heinrich und Marquard geheißen und diese ihre Namen auf die beiden wendischen

Dörfer übertragen haben, die hernach Heincrsdorf und Marx¬ dorf hießen. Geschichtlich gesichert sind die Namen von drei Templern, die aus dein Ordenshause gewaltet haben; 1261 erscheint ein Prior Gerekin, 1288 der Vice-Ordensmeister in Slavien und Komthur Jordan von Esbeck und 1303 der Hofmeister Bertram von Veltheim. Pfarrer zur Lietzen war, wie mir sehen werden, im Jahre 1276 ein Magdeburger Domherr, Johann von Neindors. Vom Jahre 1318 ab treffen wir die Johanniter - Ritter Die äußere als Besitznachfolger der Templer zu Lietzen. verläuft Kommende und ihrer Begüternng nun Geschichte der Die Thätigkeit der Ordensritter ent¬ so zu sagen im Sande. zieht sich der Geschichtsschreibung; ringsum aber die Wildniß wird ftuchtbar gemacht, die Haide wird gelichtet, der Morast ausgetrocknet; Mühlen werden gebaut, Vorwerke angelegt, günstig gelegenes Besitzthum wird angekauft, anderes veräußert. So gehen drei Jahrhunderte dahin ; die geistlichen Ritter sind während derselben fleißige Landbauer und schicken durch den Meister der Ballei Brandenburg ihre jährlichen Beisteuern, die Responsgelder, nach Cyprus, Rhodus und Malta. Dann kommt die Zeit des Hoflebens für den märkischen Adel; die Kommendatoren zur Lietzen sind hochbetitelte, endlich auch besternte Herren, welche am Hoflager der Fürsten ihren Sitz aufschlagen, bis iin Jahre 1810 in der höchsten Noth des Vaterlandes das Loos der Säkularisation auch die Güter des Johanniter-Ordens trifft. Wir erhalten während dieser Zeit

135

Jan Bode 1389, Johann Adam (?) 1392, Baltzer Schlieben 1420, Bernd Bröker 1435, Pavel Otten 1441, Eberhard von Krokow 1462,

mehrfach Nachrichten über das Zubehör des Ordenshofes Lietzen; er bleibt ziemlich unverändert und besteht aus dem ummauer¬ ten Hofe Lietzen mit einer Schäferei und aus den Dörfern:

Dolgelin mit

einer Pfarrkirche und einem Lehnschulzen, Gorgast mit einer Pfarrkirche und einer Schäferei, Lietzen mit einer Pfarrkirche, einem Lehnschulzen und zwei entfernt liegenden Mühlen, Marxdorf und Neuen-Tempel mit je

Hans Schlieben 1473, Curt Schlieben 1495, Günther von Hohendorf 1543, Otto von Thermow 1570, Johann von Thümen 1582, Adam von Schlieben 1598, Maximilian von Schlieben 1626, Adam Georg Graf von Schlieben 1708, Friedrich Ernst, Freiherr zu Inn- und Knipphausen

einer Pfarrkirche und einem Lehnschulzen. Die Pfarrkirchen und Lehnschulzen-Güter sind erwähnt, weil sie Beneficien waren, Durch Kapitelsbeschluß welche der Orden zu vergeben hattevon 1768 wurde das Dorf Gorgast im Oderbruche abgetrennt

und zu einer eigenen Kommende erhoben. Ueber den Ertrag der Begüterung erfahren wir, daß derselbe vor der Theilung zu 12000 Thalern jährlich angesetzt war. Als Belohnung für die dem königlichen Hause und dem Vaterlande geleisteten Dienste erhielt der Staatskanzler Carl

August Freiherr von Hardenberg unter 1814 die Preußische Fürstenwürde. eine standesgemäße

Dotation für

dem

Es handelte

3.

f

ff 1731,

Albert Konrad,

Juni

Reichsgras von Finkenstein ff 1735, Christian Ernst Graf von Münchow ff 1749, Prinz Friedrich Heinrich von Preußen 1788, Friedrich Albrecht Graf von Schwerin ff 1789, Wilhelm Adrian von Kleist ff 1795, Georg Friedrich von Beerfelde 1799, Friedrich Wilhelm Graf von Schwerin, und zuletzt ein Gras von Kuhnheim, — eine bunte Reihe von Namen! Die Schlieben allein haben

nun um

sich

den hochverdienten

f

Mann.

Dem Lebuser Kreise gehörte der Staatskanzler schon seit 1804 an, in welchem er das in demselben belcgcne Rittergut Tempelberg nebst dem Vorwerke Wüste-Gölsdorf und einem Antheil an Kersdorf für sich angekauft hatte. Aus den Domainen Quilitz und Lietzen, zwei blühenden Begüterungen, wurde nun eine Standesherrschaft gebildet und dem Fürsten als erblicher Besitz verliehen. Quilitz, seit 1814 Neu-

'

|

i

i

j

Hardenberg genannt, war früher im Besitze der Rittergcschlechter Schapelow und Psuel gewesen, war dann von der Schwedtschen Nebenlinie der Hohenzollern erkauft und nach deren Aussterben auf das Königshaus vererbt worden. Eine Zeit lang war die Domaine als königliche Dotation im Besitze

|

!

j

von Prittwitz gewesen, durch Tausch aber war wieder an den Staat zurückgefallen. Lietzen war, nachdem 1813 der Herrenmeister des Johanniter-Ordens, Prinz Ferdi¬ nand, gestorben war, an den Staat gefallen. Seit 1814 also einen Bestandtheil der Standeshcrrschaft Neu-Hardenberg bildend, kam Lietzen durch Verschuldung 1838 zur Subhastation und ward auf Befehl König Friedrich Wilhelms III. von der Seehandlung meistbietend und mit der Absicht er¬ der Familie sie

worben, die Begüterung Lietzen der Standesherrschaft wieder einzuverleiben, wenn die Seehandlung ihre Kapitalien nebst den Zinsen aus den Erträgen wieder herausgezogen haben würde. Lange ist nun diese Begüterung wieder in den Besitz der Nachkommen des Staatskanzlers übergegangen. Es liegt uns nun ob, die Namen der Komthure des Johanniter-Ordens anzugeben, welche auf Lietzen dereinst ge¬ schaltet und gewaltet haben. Die in Winterseld's Geschichte des Johanniter-Ordens und in Berghaus' Landbuch gegebenen Verzeichnisse sind mangelhaft und unrichtig. Nach den jetzt erschlossenen Quellen würde sich die Reihe der Ordensritter, welche die Komthurei inne gehabt haben, in folgender Reihe ordnen:

Johann Bortfeld

und

Heinrich Stapel,

sein Ver-

treter 1321,

Heinrich Paris 1338, Ulrich von Königsmark 1345, im Jahre 1358: Johann von Hohm und der Prior Conrad Tobilin Lüdeke 1362, Hermann Holtzenecker 1369,

!

'

:

von 1598—1708 von Geschlecht zu Geschlecht den Nießbrauch der Kommende sich zu erhalten gewußt und habeil während ihrer Zeit, wie man aus Lietzen dankbar sich erinnert, aller¬ dings viel für Kirche und Schule, sowie namentlich auch in schwerer Kriegeszcit für ihre Uiiterthanen gethan. Hiermit möge es in Bezug auf historisches Detail sein Bewciiden haben; wer sich für die landivirthschaftlicheil Ver¬ hältnisse der alten Kommende interessirt, der findet in Bcrghaus Landbiich III. 230 s. die betreffenden Aiigabeii. Wendeii wir uns nun dem alten Ordenshose selbst zu. Wer Lietzen besuchen will, nimmt gewöhnlich seinen Weg über das Städtchen See low. Die Landschaft ringsum ist wenig reizvoll, der Weg in der ersten Hälfte ermüdend langweilig. Erst eine halbe Meile von der Stadt tritt die Haide an die Straße heran; da aber entfaltet sie auch in voller Lieblichkeit ihre Reize: prächtiges, dunkles Grün, seuchtschimmerndcn Rasen, Strecken von zarter, rother Erika. Er¬ quickender Laubholzduft umzieht uns und aus dem fernen Grunde, in welchem sich dereinst ein Arin der Oder hinge¬ schlängelt haben mag, steigt der Gesang der Nachtigallen auf. Ein Wegweiser mit einem Türkenkopfe mitten in der Haide weist uns nach unserm Ziele hin; eine kleine Strecke nod), und wir sehen zur Rechten die Baumgruppen der Komthurei. Je näher wir kommen, desto üppiger wird der Baumwuchs; nach links zu erheben sich schlanke Elsen in wunderschönen Gruppen aus dem smaragdenen Grün des Bruchbodens; rechts klappert lustig eine Wassermühle, welche noch von den alten Ordensrittern angelegt worden ist. In der Ferne schimmern auf der Höhe die Dörfer Lietzen und Dolgelin, welche einst zum Ordenshofe gehörten. Endlich sind wir am Thore der alten Ringmauern angelangt, welche die Brüder des Tempels einst zu ihrem Schutze anlegen mußten, als sie ihren Hof noch vor den Polen zu vertheidigen hatten. Diese Mauern, hinter welchen die Templer und die mannhaften Bürger von Mün-

cheberg

verschanzt hatten,

sich

sollen nach einer historischen

Notiz, welche uns auf dem Ordenshofe gegeben ward, im Jahre 1232 von Wladislaw, Herzog von Kalisch, gestürmt. von ihren Vertheidigern aber ritterlich behauptet worden sein. Daß sie im Jahre 1326 gegen die Litthauer und Polen noch einmal ihre Schuldigkeit thaten, als der Hof Colaz vernichtet wurde, haben wir schon vernommen. Theilweise sind diese Ringmauern uralt, theilweise sind sie später ergänzt. Unter prächtigen Reihen alter Kastanien und Linden steigen wir nun den Hof zur Kirche hinan, deren hohes Dach und luftige Thurmhaube uns schon von Weitem gegrüßt hat.

In

schöner Sommerabendstundc sahen

wir

Liehen zuerst.

Der Tag war trübe gewesen, Regenschauer waren auf Regen¬ schauer gefolgt, aber gegen Abend hatte sich das Wetter ge¬ klärt, und wenn auch noch immer düstere Wolken dräuend über uns hingen, so zog jetzt doch im Westen ein breiter

Streif

golddurchlcuchtctcn

Himmels auf. Dann und wann wehte ein Luftzug uns noch die Regentropfen vom Laube in's Gesicht, aber röthlich leuchtete dann der Abendschein über der Land¬ schaft auf, spiegelte sich in

Inschrift ablesen: Anno Domini MCCLXXVI VIII. Idus Apriles obiit Magister Johannes de Neindorp Canonicus Ecclesiae Sancti Sebastiani in Magdeburg, cuius anima requiescat. Meister Johann von Neindorf, die folgende

f

dem Geschlechte der Erbfchenken zu Braunschweig angehörig, besaß urkundlich ein Canonicat zu Magdeburg und Lebus und wird als Pfarrer auf der Kommende seinen Aufenthalt An derselben Wand, in welche jetzt dieser gehabt haben. Stein eingemauert ist, hängen drei Portraits aus dem Ge¬ schlechte der Hohenzollern; unter ihnen zieht eine Kopie des Jugcndbildes Friedrichs des Großen von Dupesne durch künst¬ lerische Ausführung die Aufmerksamkeit auf sich. Wahrschein¬ lich werden diese Stücke aus der Hinterlassenschaft des Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt, welcher von 1749 bis 1788 Kommcndator zu Liehen war, herstammen. An der Wand gegenüber befinden sich die Wappenschilde der Komthure, theils auf runde Todtenschilde, theils aus viereckige Tafeln gemalt. Sie erhalten das Andenken

von Ordensrittern aus den Geschlechtern Thümen, Op¬

pen, Schlicken, Schulen-

Schlabrendorf burg, und Grüneberg. Richard von der Schulenburg

den Kirchenfenstern und brei¬

tete über die

Natur

seinen

starb

tiefen Frieden. Diese Kirche auf dem Hof Liehen stand schon, als die Templer hier geboten; doch

gehen

nach

Angabe

einer

Tafel am St. WalpurgisSonnabend des Jahres 1491 als Herrenmeister des Ordens;

Georg von Schlabren¬ anno 1526. Auf dem

nur die Um¬ diese in

fassungsmauern

dorf

Ihre Zeit zurück. Mauern haben den neueren Putz wieder von sich ge¬ worfen und stehen wie die Hofumfriedigung jetzt als uraltes Feldsteinbauwcrk da, anmuthig überzogen von dunkelgrünen Moosen und Der Chor der Flechten.

Estrich der Kirche sind noch

älteste

Kirche schlossen

ist ;

fünfeckig

Denksteine

2ir Medaille

der

ürrlnirr

Akademie der Lüiistr

zur Feier der goldenen Hochzeit des Deutschen Kaiserpaars.

abge¬

kleine Strebepfeiler lehnen sich

(Vorderseite.)

gegen die Wände und

helfen ein schönes Sterngewölbe tragen, welches mit seinen Gurten Johannitcrkrcuze bildet- Das Alles ludst darauf hin, daß der ursprüngliche, sehr einfache Feldsteinbau im 15. Jahr¬

hundert eine durchgehende Renovation gefunden hat. Wie ländlicher Geschmack cs will, ist der Engel, welcher das Tauf¬ becken hält, und die über dem Altare stehende Kanzel bunt ausgemalt. Beides sind sonst leidliche Werke der Holzbild¬ hauerkunst des 17. Jahrhunderts und von einem Ehepaare Schlicben-Flemming gestiftet worden. Von den Denkmälern der Lietzener Kirche ist unstreitig das interessanteste das eines Domherrn zu Magdeburg und Lebus, welcher einst die von den Templern 1244 gestiftete Pfründe zu Liehen innegehabt hat. Der Grabstein gehört zu den ältesten der Mark; die mit dem Kelche auf demselben einst abgebildete Gestalt des Geistlichen aber ist, da der Stein früher auf der Erde gelegen hat, völlig ausgetreten; doch läßt sich noch

der

Thümen

vorhanden, Kindern des Komthurs HansvonThümen gewidmet, welcher als hochverdienter Staatsmann 1595 zu Köln an der Spree starb. Nach Ausweis des Wappens muß eine Gattin eine

Brand von Lindau

gewesen sein. Unter den Denkmälern der Sch lieben nimmt das Portrait des Komthurs Adam von Sch lieben die erste Stelle ein. Es zeigt den Ritter in der schwarzseidcnen Hostracht jener Zeit; das Ordenszeichen hängt auf die Brust herab. Sehr an¬ ziehend ist der Kopf dieses vielerfahrenen Mannes, der als ein

heiter blickender Sechziger mit schönem, schneeweißem Bart und in vornehmer Haltung erscheint. Im Dienste des Mark¬ grafen Hans von Küstrin, auf den Universitäten Frankfurt und Wittenberg, auf weiten Reisen selbst durch Afrika und Asien, hatte er sich ungewöhnliche Kenntnisie und mannigfache Erfahrungen gesammelt; dem brandenburgischen Staate diente er als Geheimer Rath und Gesandter ersprießlich bis an seinen

Tod im Jahre 1628. Außer der Kirche und der Hofumfriedigung hat sich eiu uraltes Gebäude zu Liehen erhalten, welches aus behauenen Feldsteinen aufgeführt ist und jetzt als Speicher dient. Nicht unwahrscheinlich bezeichnet die Sage dasselbe als die älteste

137

Wohnung der Komthure- Es wird das „feste Haus Liehen" Der Eingang befindet sich in einer Höhe von gewesen sein10 Fuß, die Fenster sind eng und quadratisch bis auf das im steilen Giebel angelegte Doppelfenster von fast noch ro¬ manischer Form. Das spätere Schloß der Ordenskomthure liegt grad' Es wurde nach langer gegenüber dem Chore der Kirche. Vernachlässigung im Jahre 1844 wieder bewohnbar gemacht. In einem der Säle befindet sich ein allegorisches Dcckengeinälde des vorigen Jahrhunderts: ein aus Wolken hervorragender ge¬ Vielleicht ist das ein Zeichen streckter Arin hält ein Scepter. eines Freundschafts-Ordens oder einer philosophischen Ver¬ brüderung des vorigen Jahrhunderts; jedenfalls geht es auf die Zeit jenes Schwedter Markgrafen zurück, welcher hier rcsidirt hat. Soviel von Liehen. In dem benachbarten Neuen-

Tempel fanden wir

Oie Medaille der Oerliner Akademie der Künste. Wir bringen heute zwei Illustrationen, welche der Gegenwart angehören, und wir möchten hierzu zunächst etwas Allgemeines Es besteht die Absicht, so wohl seitens der Verlagshandlting wie seitens der Redaktion, unsere Zeitschrift von Michaelis ab wöchentlich erscheinen zu lassen und dann nicht nur die gewor¬ dene Geschichte sondern auch diejenigen Ereignisse des Tages, welche die Berechtigung haben, Berliner und Märkische Geschichte zu werden, in unser Blatt aufzunehmen. Die vorliegenden Illustrationen und die nachfolgende Beschreibung behandeln bereits solchen Gegen¬

bemerken.

stand. —

Bei allen außerordentlichen öffentlichen Anlässen, bei Gedenk¬ tagen, bei freudigen oder schmerzlichen Schicksalen, welche das Herrscherhaus betreffen, pflegen officielle und private Corporationcn den sie beseelenden Empfindungen der Theilnahme, der Verehrung, der Unterthanentreue in der Form von Adressen an das Haupt oder die Angehörigen der regierenden Familie Ausdruck zu geben.

jene

Von

uralte, 1244 bis 1247 ge¬ baute Kirche von Feldsteinen noch vor; Altar und KanzelEinrichtung sind auch hier von jenem Schliebenschen

darunter in reicher künstlerischer Ausstattung, dem erhabenen Jubelpaar überreicht worden. Die Akademie der Künste in der Hauptstadt, die im vorigen Sommer aus Anlaß der Attentate gegen das Leben

Adam von Schlicken und Gattin, einer Gebore¬

seiner

be¬

dem

Wappen. Auf Kirchenboden fanden

wir

eine Menge alter ver¬

zeugen

ist

jüngst gelegentlich der Goldenen Hochzeitsfeier des Deutschen Kaisers eine enorme Zahl, viele

Ehepaare geschenkt, vermuth¬ lich dem geheimen Rathe

nen von Flemming; das

solchen Adressen

des Kaisers eine durch

die

Adolf

Menzel illustrirte Adresse dar¬ gebracht hatte, beschloß, dies¬ mal von jener Gewohnheit ab¬

wüsteter Holzschnitzereien vor, wie denn mit derlei Dingen

zuweichen und die Adresse durch

in der Mark Brandenburg

Der für die Stiftung einer großen Gol¬ denen Medaille mit Re¬

eine

könnte sehr oft den Kirchen etwas an Denkmälern

Alterthums

kosten.

In

erhalten;

der gleich alten,

Ehrengabe

zu ersetzen. sich

liefdarstellungen,

doch

des

Art

Senat entschied

erstaunlich unachtsam umgegangen wird. Man

noch

aber man scheut selbst die geringsten Renovations-

künstlerische

anderer

Oie Medaille der ürrlinrr Akademie der Lünstr zur Feier der goldenen Hochzeit des Deutschen Kaiserpaars.

welche

auf die Bedeutung des Tags bezüglich sein sollten. Unter den zufolge einer Einladung eingegangenen Modellen fand das von Professor Sieme-

(Rückseite.) aus behauenen ring, dem bekannten Bild¬ Feldsteinen errichteten Kirche des Dorfes Liehen fanden wir hauer in Berlin, gelieferte die beifälligste Ausnahme. Dieses in einer Größe von etwa 25 Cmtr. ausgeführte Hülfsmodell wurde zunächst nichts als die geschnitzte Kanzel mit dem Wappen eines alten in Bronze und in Gußeisen gegossen und durch Professor SußPastors Neander. — Wir stehen wieder vor der Einfahrt des Lietzener Hofes mann mittelst seiner Verkleinerungsmaschine auf einen Maßstab unter den rauschenden altm Kastanien. Die Glocken auf dem von 10 Cmtr. Durchmesser reducirt. In solcher Größe ist es dann in der Werkstatt von Sy und Wagner in Gold gegossen, ciseLietzener Thurine schlagen an; die von den Dörfern im Thale lirt und durch den Präsidenten der Akademie der Künste, Geheimantworten ihnen und mahnen uns zur Rückkehr. Die Rath Hitzig, und die Directoren bei der großen Cour im Schloß ländliche Geschäftigkeit der letzten Abendstunden beginnt sich nach der erfolgten Einsegnung des Jubelpaars den kaiserlichen auf dem Hofe zu regen; — nur noch einen Blick in den sorgsam Majestäten in einem kostbaren Etui überreicht worden. gepflegten Park und dann zurück! Lange noch hören wir das Die eine Seite der Medaille zeigt das jugendliche Paar, den Blöken der Rinder; erst an der Waldesccke verklingen die Prinzen Wilhelm von Preußen in ritterlicher Tracht und die letzten Töne vom Hofe Liehen her, und jetzt verschwindet auch Prinzessin Augusta von Weimar, die kniend den schönen Bund die Thurmspitze hinter der welligen Erhöhung des Bodens. — fürs Leben schließen. Segnend schwebt ein geflügelter Genius über den Vermählten. Engelsköpfchen umgeben im Kranze die Gruppe. (Fortsetzung folgt.) Unter dem Wappenhelm zwischen den Knienden sieht man die I Wappenschilder von Preußen und Weimar zusammengestellt; von diesen aus, nach beiden Seiten hin auffteigend, zwei mit Früchten

ebenfalls

!

|

138

Verlincr Weißbier. Durch die Freundlichkeit des Herrn Tissot dit Sanfin erhält die Redaktion die Juni-Nummer der

beladene Füllhörner durch ein Band verknüpft, welches die Jahres¬

zahl 1829 trägt. — Die andere Seite der Medaille zeigt das Brustbildniß des Kaisers mit dem Lorbeer bekränzt und ihm gegen¬ über das der Kaiserin, zwischen ihnen steigt eine Myrte aus, da¬ rüber schwebt die Kaiserkrone; ein Adler unten breitet seine Schwingen aus. Um den Rand zieht sich die Inschrift: Zum 11. Juni 1879. Die königliche Akademie der Künste zu Berlin. Der sehr gelungene Guß ist vom Ciseleur Franz ciselirt. D.

Ein in

von Dr. Ed. Muret redigirten Zeitschrift „Die Kolonie" vom Jahre 1875, in welcher der wohl damals von der „Russischen Zeitung" übernommene Vortrag des Dr. Huppe über „Die fran¬ zösische Kolonie in Berlin" enthalten ist. In demselben heißt cs vom Berliner Weißbier: „Ob auch das Weißbier von den Franzosen herrührt, ist wenigstens höchstwahrscheinlich, denn vor¬ her findet sich dasselbe nicht erwähnt, und da zu jener Zeit in Frankreich auch der Champagner erfunden wurde, so ist cs nicht unwahrscheinlich, daß auch dieses leichte moussirende Getränk eine französische Erfindung ist." Ich habe bereits bemerkt, daß 40 Jahre vor dem Erscheinen der französischen Resugies ein Berliner Kochbuch des Berliner Weißbiers Erwähnung gethan hat, und daß der Hamburger Bierbrauer Broihan demnach als der Urheber auch unseres Weißbiers angesehen werden muß. —

NiKolniKirche ju Berlin

wiedcraufgefnndencs Grabdenkmal des im 17. Jahrh, verstorbenen Bürgermeisters Heinrich Straube. Die hier von mir übersetzte Grabinschrift ist an einigen Stel¬ len beschädigt. Die obere Einfassung ist leider völlig ruinirt; ver¬ der

muthlich hat dieselbe aber (unter dem darüber angebrachten Bilde) Y gezeigt, weil ohne diesen gleich im Anfange der Inschrift erwähnten Buchstaben das Ganze keinen Sinn haben würde. Pythagoras nämlich veranschaulichte den doppelten Weg des Lasters und der Tugend an jenem griechischen Buchstaben, der sich auch gewissermaßen in einen Scheideweg spaltet: Die rechte Seite ist der schwierige Weg der Tugend, die linke der breite Pfad des Lasters. Darauf deutet z. B. Persius hin. (Sät. 3, 56 f.); „Aber den schwierigen Pfad, der rechtshin steil sich emporzieht. Zeigt des Pythagoras Buchstab Dir durch doppelte Spaltung." Ausführlich äußert sich über die mystische Bedeutung des Buchstaben Lactantius Div. Jnst. VI, 3; wer nähere Information wünscht, ist auf Mullach, Fragn). Philosoph. Graec. I, p. 511 zu verweisen. Ich selbst verdanke diese Belehrung einem jungen Berliner Philologen, Herrn Dr. Schweboch. Der Verfasser unserer Jitschrift ist übrigens mit der mystischen Deutung des Y sehr frei umgangen, da er die Bedeutung der linken Seite des Buchstaben ganz verändert, somit also den Sinn eigentlich zerstört hat. Das Ganze ist ein Spiel mit übel ange¬ brachter Gelehrsamkeit, ganz im Geiste des 17. Jahrhunderts. den griechischen Buchstaben

Die lateinisch geschriebene Inschrift lautet in der Uebcrsetzung: du fragst, was hier des Pythagoras Zeichen bedeute? Hemme den Fuß, denn kurz tvillig erklär' ich es Dir. Heinrich Straube, der einst an der Spitze der Kammerverwaltung, Liegt hier unter der Gruft starrendem Hügel versenkt. Um sich das Leben befreit zu gestalten von jeglichem Schandfleck, Hat er sich fromm zum Symbol immer das Zeichen erwählt. So wie ein Stengel gerad aufschießt, kein Knoten ihn schändet. Im fortlaufenden Stamm nirgend ein Fehler sich zeigt, — Also hat der Berftorb'ne gemeint, vor allem das Beste Sei ein Leben, das nie Schande und Lüge befleckt. Rechtshin zeigt uns der Weg, was einzig den Christen das Heil bringt. Weist aus Werke, die gut, weist auf den Glauben uns hin; Freilich kannt' er cs wol als Gabe des göttlichen Geistes Und als der Frommheit Werk, daß er sich eifrig befliß. Links hinftlhrt uns der Weg aus die Liebe des Nächsten und Gottes, Der es allein uns verleiht, was uns zu Seeligen macht; Auch hier hat sich der Todte bewährt nicht säumiges Herzens, Glänzend, wie hoch ein Gestirn leuchtet am Himmelsgewölb. Drum war stets auch Straube geliebt, den Bruno erzeugte; Drum stets baust’ er dem Herrn, der ihm so vieles geschenkt. Magdalis führt' er sich beim als Weib, vom Geschlechte der

Citmiturlicrtrijt.

Leser,

Blankfcld, Als

eintrat schon in das vierzigste Jahr; Und drei Kinder gebar sic von ihm: doch Hannchen und Heinrich Raffte der Tod früh weg: Magdalis blieb ihm allein. Als er das neunundfünfzigste Jahr im Segen beschlossen. Schloß er die Augen im Tod. Wanderer, lies es und geh. Dr. L. Frey tag.

|

Verträge zu einer tzhronili der Stadt Seelow, gesammelt von A. F. Karstedt, Seelow. Im Selbstverlag des Vers. 1878. gr. 8. 158 S. Verfasser, ein 77 Jahre alter Bürger von Seelow, macht keinen Anspruch darauf, hinsichtlich der älteren Geschichte neue Thatsachen ermittelt, neue Quellen an's Licht gezogen zu haben; er hat wesentlich aus den Chroniken der benachbarten Städte, Frankfurt, Fürstenwalde, Müncheberg und Wrietzen, sowie aus den Märkischen Geschichtsschreibern Riehl, Bekmann, Wohlbrück und Riedel geschöpft und rekapitulirt daraus alles, was den Ort und seine Umgebung angeht. Einige irrthümliche Auffassungen, z. B. daß die Wenden ihre Leichen nicht verbrannten; daß aus der Be¬ schaffenheit des Straßenpflasters in diesem Jahrhundert auf das Vorhandensein desselben im 14. Jahrhundert geschlossen wird; daß in Fürstenwalde erst 1723 ein kleiner Anfang mit der Pflasterung gemacht sei (Golz sagt in seiner Chronik von Fürstenwalde, daß 1723 ein Theil der Landstraße vor dem Müncheberger Thore, also außerhalb der Stadt, gepflastert worden sei) wären zu berichtigen. Die Notizen über die zweite Hälfte des 16. und über das 17. und 18. Jahrhundert hat der Verfasser den Kirchen- und SchöppenBüchern resp. der Urkunden der Innungen entnommen und geordnet und aus dem laufenden Jahrhundert Selbsterlebtes aufgezeichnet. Obgleich das Werk mehr von lokalem Interesse ist, so fehlt es darin nicht an Einzelheiten, welche allgemeine Fragen berühren. So erfahren wir von einem „Steingefäß an einem Pfeiler der Kirche für den ftüher als unehrlich bezeichneten Scharfrichter". Auch einiger urgeschichtlicher Funde wird gedacht, Urnen mit Eiscnund Bronze-Nadeln, welche sich jetzt im Märkischen Museum bestnden und Horntheile vom Auerochs und Hirsch mit Zeichen menschlicher Bearbeitung. Es wäre wünschenswerth, daß dieses verdienstliche Beispiel einer Chronik für eine kleine Landstadt An¬ regung zu ähnlichen Arbeiten bezüglich per vielen anderen Provinzial-Städte Deutsche

geben möchte, welche derselben noch entbehren.

Lräumer, Vornan

von

R. B. Tudovika Kesekiek,

Berlin 1879 bei Otto Janke. sonniger Maientag, wie er in nordischen Ländem eigent¬ lich zu den Ausnahmen gehört, lag über der Mark Brandenburg. Alle Seen und Flüsse glänzten im Sonnenstrahl noch einmal so 3 Bände,

„Ein

;

er gereift

blau, das schlichte graugrüne Kleid der Kiefern gewann durch den Goldschmuck, den die Sonne ihnen umhängte, in den Wiesen blühte blau, roth und weiß, das Korn grünte und über die Felder hin streifte der Schall der Pfingstglocken. Blank und sauber, festtäglich geputzt lag auch das Dörslein Reggun an einem kleinen See in der Ukermark" so beginnt die Schriftstellerin einen brandenes gelb und

i

139 burgischen Roman aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges und schildert darin die Schicksale ihres Helden, des „Junkers von

mit einer ansehnlichen Verehrung eingedenk sein und ihn dainit begnadigen. Doch daß solches im Geheim gehalten werde und er Arnheim, keinen Wind davon bekomme und hernach Ursache erhalte, uns mehr als vorher entgegen zu sein.

Arnim vom Unterhause zu Bohtzenburg" und derer, die mit ihm lebten und liebten, Christliebe und Osberga. Unsere

Gabriel Oxenstjerna, Gustafsson, Claes Flemming, Peter Bancr, Carl Bonde.

Leser mögen den tüchtig geschriebenen Roman lesen, es ist eine gute

Arbeit.

— den mögen —, die Freunde unserer Zeitschrift selber lesen hier nur die geschichtliche

Ich will den Gang

Unterlage mittheilen,

so

wie

sie

Grundmanns Adelshistorie

und

Pischon uns nach Originalquellen dargestellt haben: Der Feldmar¬ schall Ha ns Georg von Arnim, oder Arnheim genannt, hatte dem König Gustav Adolf gedient und unter Anderem über die erste Ein¬ leitung zu einer Vermählung mit Maria Eleonora, der brandenburgiPrinzessin unterhandelt. Allein aus Mißvergnügen über einige Worte, die ihm der König gesagt, verließ er die schwedischen Dienste und wurde Oberster in dem Heere, das König Siegismund von Polen wider die Türken aufstellte. Hierauf nahm er eine Bestal¬ lung des Kaisers an, rückte mit dem kaiserlichen Heere in Nord¬ deutschland ein und erhielt den Befehl über die Truppen, die den Polen 1629 zu Hülfe geschickt wurden. Dann trat er in sächsische Dienste — vielleicht wegen seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit schen

an den Protestantismus, weswegen man ihn auch den lutherischen Mönch zu nennen pflegte. Oder auch aus Unzufriedenheit über Wallensteins Macht. Der Kaiser hatte ihn 1628 zum Feldmarschall ernannt, doch war diese Würde damals nicht als die höchste an¬ gesehen und in sächsischen Diensten wurde er zum Generallieutenant befördert. Arnim befehligte in der Schlacht bei Leipzig den linken Flügel, der die Flucht ergriff. Er blieb bis zum Jahre 1635 in sächsischen Diensten und verließ sie aus Veranlassung des Prager Friedens. Er begab sich auf sein Stammgut Bohtzenburg und ohne gerade in kurbranden burgische Dienste zu treten, wurde er doch zu verschiedenen Geschäften gebraucht. Den Schweden war er verdächtig, weil er sich bemühte, einen allgemeinen Frieden

in Deutschland herbeizuführen. Die schwedische Regierung beschloß daher, einen Mann aus dem Wege zu räumen, den sie als ein Haupthinderniß ihrer Ent¬ würfe betrachtete, deßwegen wurde an den Minister Johann

Salvius,

der damals

Dieses Aktenstück befindet sich abgedruckt in dem schwedischen

des Romans nicht erzählen

in Hamburg rcsidirte, folgender Befehl

erlassen:

Stockholm vom

7.

Januar.

Postscriptum. Nachdem der Brief geschlossen war, kam die Post mit eurem später datirten Schreiben vom 24. Es ist uns lieb, daß ihr uns so umständlich über eins und das andere be¬ nachrichtigt, besonders daß ihr Fleiß angewandt habt um den ge¬ fährlichen Praktiken auf die Spur zu kommen, die heimlich gegen uns und unsern Staat betrieben werden: Zweifeln dabei nicht, daß ihr darin fortfahren und was für Anschläge sowohl diese Vorigen, als auch sonst Andere vorhaben, nach Eurer gewöhnlichen Vorsorge unter der Hand und bei allen vorfallenden Gelegenheiten ausführen werdet. Und da wir vernehme», daß solche hinterlistigen Praktiken, zu unsern und des Staates Verderben, da draußen ver¬ mittelst Arnheims heimlichen Betrieb vornehmlich angesponnen werden, so wollt ihr Euch angelegen sein lassen, auf Mittel zu denken, wie man diesen Arnheim aus dem Wege räumen, und so großen Theils dem Uebel vorbeugen kann, das uns in der Länge daraus erwachsen könnte. Und halten wir es ganz für das sicherste und beste, daß ihr den Commandanten in Wismar Lilljesparre oder irgend einen anderen vertrautenOfficier in Meklenburg davon avertirt, weil der Arnheim ohne Zweifel oft zwischen Lübeck und Schwerin Passirt, daß er den Arnheim ertappe und umbringen könne, und damit auf einmal seine Augen einschläfern und den langwierigen, zu unserm höchsten Nachtheil abgesehenen Anschlägen zuvorkomme. Testen der es verrichtet, wollen wir

Lörbom, üplys ningar i swenska Historien (Aufklärungen in der schwedischen Geschichte) Stockholm 1768. III. Band p. 97. Baron Ribbing erzählt noch einige Nachrichten über Arnheims Leben, die ein klein wenig von Grundmanns uckermärkischer Adelshistorie abweichen. Der Entwurf, Arnim umzubringen wird nicht ausgeführt, da¬ gegen ließ ihn der Schwedische Legat Sten Bjelke am 17. März l 637 auf Boyzenburg aufheben und nach Stettin bringen. Man schickte ihn gefangen nach Stockholnt. Er wurde am 24. Mai im Senat verhört. Als er hcreintrat, reichte ihm kein Rcichsrath die Hand, er beklagte sich, daß er nicht wisse, warum man ihn ergriffen habe. Der Reichskanzler Oxenstjerna sprach mit ihm über die deutschen Angelegenheiten und machte ihm Vorwürfe, daß er, der ehemals in schwedischen Diensten, gegen Schweden intriguire. Ungeachtet sich der König von Polen und der Kurfürst von Sachsen für ihn verwandten, wurde er gefänglich nach dem Schlosse

Orebro geschickt und dem dortigen Statthalter Gustav Leyonhufwud wurde befohlen, ihn genau zu bewachen. Hter saß er über ein Jahr, bis er endlich folgendes Mittel zu seiner Befreiung erdachte. Er schickte einen seiner Diener nach Stockholm mit dem Begehren, daß der Senat demselben einen Paß geben möge zu einer Reise nach Deutschland, um einige Bedürfnisse, die sein Herr in der Gefangenschaft nöthig habe, einzukaufen. Der Knecht hatte zugleich Befehl, in Stockholm ein ganzes Stück Tuch einzukaufen, das angeblich zur Bekleidung des Gemaches in Orebro bestimmt war; der Diener erhielt den Paß. An einem Tage im November 1638 schnitt Arnim das Tuch in Streifen, knüpfte sie zu einer Leine zusammen und ließ sich, als es recht dunkel war, an derselben zum Fenster hinab. Den Paß des Knechtes ge¬ brauchte er, um über die dänische Grenze und von dort nach Deutsch¬ land zu entkommen. Nach der Flucht fand sich in seinem Gemache ein Brief, worin er verlangte, daß man dem Knechte seine Unternehmung nicht ent¬ zu

gelten lassen möge.

Arnim hielt

Weile in Fischhausen verborgen und (aus Furcht vor den Schweden). Der Kurfürst von Brandenburg benutzte ihn, um mit den Schweden (wegen Pommerns) anzubinden. In dieser Zeit hielt sich Arnim in Danzig auf. Als er hier die Nachricht erhielt, daß der ganze Anschlag — den Both in Livland begann — in seinem Ent¬ stehen mißlungen sei, ging er nach Sachsen, wo er den 28. April 1641 starb. Aus Grundmann Adelshistorie darf man schließen, daß noch viele für die Geschichte dieser Zeit höchst wichtige Papiere aus seinem Nachlaß vorhanden sind, und in Bohtzenburg sich

eine

begab sich dann nach Dresden

bewahrt werden. Der Roman läßt das Heldenleben dieses Brandenburgers ausklingen: „Er legte das Haupt in die Kissen; „lebt wohl", sprach er, „Gott segne Euch, grüßt mein Heer und die Boytzenburg und ganz Brandenburg, vcrgeßt mich lutherischen Kapuziner nicht, so

der deutsche Träumer träumt seinen letzten Traum, laßt ihn ziehen

in Frieden." Damit Karl Ludolf,

er ein, um nicht wieder zu erwachen. Vetter und nächster Erbe hätte seine Leiche gern in die Heimath geführt, aber bei den herrschenden Kriegsläuften war das mit großen Schwierigkeiten verknüpft, auch wollte Kur¬ fürst Johann Georg von Sachsen seinen Feldherrn gen: durch ein

schlummerte

sein junger

140 feierliches Leichenbegängnis; ehren, und

würdigen Kreuzkirche zu

In

so

fand er denn in der ehr¬

Dresden seine letzte Ruhestätte". — Hans Joachim von Nippern.

!

I

!

Zeitschrift für preußische Geschichte und Landes¬ kunde Heft 5. und 6. Berlin 1879 ist u. A. enthalten: Max v. Oes seid: Zur Geschichte des Berliner Montags-Klubs. Der der

Klub war viele Jahre hindurch ein dauernder Vereinigungspunkt der hervorragendsten und verwandten Geister aller Fächer der Künste und Wissenschaften in Berlin zum Zweck eines stöhlichen und freimüthigen Austausches ihrer Bestrebungen und Ansichten. Gestiftet soll der Klub 1748 sein, den Plan entwarf der Schweizer Theologe Schulthes. Daher die 1798 beim 50jährigen Jubelfest ausgebrachten Verse: Der Stifter unseres Klubs ist ein Republikaner,

gründete „Gesellschaft der Freunde der Humanität" aufgegangen Möglich ist's, daß das Edikt vom 20, Oktober 1798 gegen die geheimen Gesellschaften, ihr wie der im Jahre 1795 begrün¬ deten (1800 geschlossenen) literarischen „Mittwochs - Gesellschaft" E. Fr. ebenfalls ein Ende bereitete. ILerliner tsteivcrbeausstellung. Bekanntlich hat das „Mär¬

sei.

Provinzial Museum"

eine Probe seiner Sammlungen

in einem Bogen der Stadtbahn aufgestellt, dazu bestimmt, den Zustand und die Entwicklung des Handwerks und Gewerbefleißes in Berlin und in der Mark in geschichtlicher Folge zu In diesen Tagen ist über die dort niedergelegten beleuchten. Gegenstände bei Julius Sitten seid hier zum Preise von 20 Pfg. ein Catalog erschienen, durch den Herrn Dirigenten des Museums angefertigt, auf den ich alle Interessenten besonders aufmerksam

D.

mache.

„Malchow, eine Weihnachtswandcrung.

Herr Budczies überreichte aus Freienwalde die Zeichnung des dortigen interessanten Taufbeckens, sowie zwei Theaterzettel aus dem 18. Jahrhundert von Aufführungen des Theaters auf dem j

I

Stallplatz — (heute Schillerplatz) in Berlin. Die Wanderversammlung in Freienwalde hat nach dem in Nr. 12 dieses Blattes angegebenen Programm am Sonntag den 29. Juni, von herrlichstem Wetter begünstigt, unter Theilnahme von über 100 Personen stattgefunden. Die Vorträge wurden im so¬ genannten Waldtheater und aus der Terrasse des Kurhauses ge¬ halten.

Wie eine Republik noch jetzt die Stiftung ist. Und jedes Glied ein ächter Royalist; Sonst aber gelten hier nicht — isten und nicht — aner. Zu den ersten Mitgliedern zählten Ramler, Sulzer, Lange¬ mack. — Von 1798 ab scheint über die Gesellschaft Nichts mehr bekannt. Oesseld vermuthet, das; sie vielleicht in die 1796 be¬

kische

in Verbindung mit Herrn Baron v. Fircks ein Zettelkatalog zusammengestellt wird, der, nachdem er gedruckt ist, allen Mitgliedern zugänglich gemacht werden wird. Diese Arbeit nimmt natürlich längere Zeit in Anspruch.

Von Theo¬

dor Fontane".

Es mag hier noch zur Ergänzung des in Nr. und 2 dieses Jahrgangs enthaltenen Artikels angeführt werden, daß das dortige Erbbegräbniß in der Kirche, welches der Weihnachtswanderer nicht mehr zugänglich fand, vier Särge enthält. Nur auf zwei derselben waren in den vierziger Jahren die In¬ schriften noch lesbar. Die eine lautet: „Henriette, Freifrau v. Fuchs, 1

Brandt ist geboren den 12. April 1686, gestorben den 3. Februar 1702," die andere: „die weiland Hochwohlgeborene Luise, Freiftau v. Fuchs, geb. Friedeborn ist in diese Welt ge¬ kommen anno 1654, den 9. August und gestorben 1707 den 30. Martins, hat gelebt 52 Jahr 7 Monat und 10 Tage. — geb. v.

B.

Verein für die Geschichte Berlins.

Briefkasten. Herrn Wilhelm Violet, Leipzig. Besten Dank für Ihre Mit¬ theilung betreffend die Ring'sche Apotheke. Darüber ob der V. — s. G. B. dies Album besitzt, kann Herr Alfieri Auskunft ertheilen. Die Photographie des „Großen Kurfürsten im Lustgarten" erscheint in der Photographischen Gesellschaft. — Schleuens Pro¬ spekte werden Sie vielleicht auf ein Gesuch im Börsenblatts erhalten können. Eine Pause des von Ihnen Gewünschten könnten wir Ihnen verschaffen. — Poststempel Guben theilt betreffend Rolandssäulen mit: S. 8 Anm. stand ein Roland in Reichwalde (einem großen Dorfe und Schlosse, des Herrn v. Biberstein, dann der Commune Luckau gehörig seit 1414). Die Rolandssäule ist später im Luckauer Rathhause aufbe¬ wahrt worden und jetzt nicht mehr zu finden. — Da die Niederlausitz von 1304 resp. 1312 bis 1415 mit den Mark Brandenburg verbunden war, (wie von 1124—1131, dann von 1448—1462 und seit 1815) fällt mindestens ein Theil der Zeit in welcher der Roland zu Neichwalde bestand (höchst wahrscheinlich doch bis 1414, vielleicht länger?) in die Periode der brandenburgischen Herrschaft über den Ort, und es ist daher die Erwähnung desselben in dem Rolands-Verzeichniß für die Mark Brandenburg zulässig. Beiläufig bemerke ich, daß der Name ursprünglich Reichharts¬ walde hieß. Herr Oskar Müller in Dünaburg (Rußland) Rigaerstraße, Haus Wawiloff Nr. 11. Uns fehlt die Zeit, Ihnen das Gewünschte zu entwerfen. Kaufen Sie Sich durch die Vermittelung einer dor¬ tigen Buchhandlung oder durch eine Rigaer Buchhandlung die vom Grafen Stillsricd herausgegebene Stammtafel des hohenzollernschen Hauses (Verlag von Decker). Eine Stammtafel der askanischen Markgrafen von Brandenburg finden Sie in Pauli, preußische Ge¬ schichte, die Sie antiquarisch zu nicht theurem Preise erhalten können. Es hat uns übrigens gefteut, aus Ihrem Brief zu erfahren, daß unser „Bär" schon in Rußland herumspaziert. Nach Vetter, Chronik von Luckau

In

der Versammlung im Deutschen Dom am 28. Juni wurde die Frage wegen der Wanderversammlung im August ventilirt und unter den vorgeschlagenen Orten Chorin, Oranienburg, und Jü¬ terbog-Kloster Zinna, der Letztere unter allgemeiner Zustimmung

gewählt. Eine Fülle historischen Materials in Jüterbog und die Bedeutung Zinnas für die Mark, welches der verstorbene Brach¬ vogel als Ausgangspunkt seines „Deutschen Michael" so lebhaft ge¬ schildert hat, versprechen die Fahrt besonders dankbar zu machen. In der Sitzung am 5. Juli wurde zunächst in Folge von Reclamationen wegen eines den Mitgliedern zugänglichen, brauch¬ baren Katalogs mitgetheilt, daß gegenwärtig durch Herrn Alfieri

Für

die Redaction

verantwortlich: Rudolph

Seibertz Joh. Suibert, Landes- md RkchtsgeWchtk von UWftlra, 4 Bände, von denen Band

in

sechs

Theilen die Geschichte, Band 2—4 in den Verlag der Unter¬

zeichneten über. setzen

38

Stricker in Berlin. — Verlag Druck:

1

die dazu gehörigen Urkunden enthalten, ging

Um die Anschaffung dieses einzig dastehenden Werkes zu erleichtern, wir den bisherigen Preis des ganzen Werkes 49. M. 80 Pf. auf

Mark herab.

Bein Einsendung des Betrages erfolgt Franco-Zusendung.

Werl.

der Nicolaischen W. Mörser Hofbuchdruckerei in Berlin.

A.

Stein'sche Buchhandlung.

Verlags-Buchhandlung,

R. Stricker, in Berlin.

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4

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hatte die verewigte Königin Louise lange und innig betrauert, das Andenken der so früh Geschiedenen blieb ihin unvergeßlich. Er hat es in treuem Herzen bis zu seinem Tode bewahrt. Trotzdem aber erwachte in dem alternden Manne das Bedürfniß, eine Gefährtin für sein einsames Leben zu finden. Der düstere Charakter des Königs, die Scheu, sich frei und gaitz mitzutheilen, sich innig anzuschließen, hatte es ihm unmöglich gemacht, einen Freund zu finden. Die Männer, welche seine nächste Untgebung bildeten, waren nur seine Diener, vielleicht hochgeachtete, selbst gewissermaßen geliebte und vertraute Diener, denen er oft einen großen, mitunter zu großen Einfluß einräumte, aber doch

nur Diener, nicht Freunde. Auch im Kreise seiner Familie fand Friedrich Wilhelm nicht diejenige Beftiedigung, deren er bedurfte; wie sehr ihn seine Söhne und Töchter liebten, wie innig auch das Verhältniß zu denselben war, niemals konnten ihm die Kinder die Gattin ersetzen. Von den Töchtern waren zwei vermählt, die dritte, seine Lieblingstochter Luise, die ihm von allen Kindern am nächsten stand, sollte ihn nun auch bald verlaßen, ihre Vermählung mit dem Prinzen Friedrich der Niederlande war beschlossen und Friedrich Wilhelnt sah eine trübe Zeit gänzlicher Einsamkeit vor sich. Er entschloß sich zu einer zweiten Vermählung, ein Entschluß, der ihm schwer genug geworden sein mag, denn er wußte genau voraus, daß der Schritt, den er thun wollte, ein gewaltiges Aufsehen machen würde, und nichts war ihm unangenehmer und peinlicher, als das Bewußtsein, ein Gegenstand übelwollender Klatschereien zu sein.

Dennoch forderte er diese jetzt förmlich heraus, indem er,

der 54 jährige Mann sich entschloß, ein junges 24 jähriges Weib zu nehmen, und mit ihr, was in seinem Hause bisher unerhört war, eine morganatische Ehe einzugehen.

Er hatte bei seinen jährlichen Reisen nach Töplitz eine junge Gräfin, Auguste von Harr ach kennen und lieben gelernt. Sein Antrag, daß sie seine zur linken Hand angetraute Gemahlin werde, war angenommen worden. Daß es dem Könige nicht leicht wurde, den verhängnißvollen Schritt zu thun, geht aus einer langen Unterredung hervor, welche er mit dein Bischof Eylert vor seiner Vermählung führte, ehe noch irgend Jemand in Berlin von derselben etwas wußte.

hause.

*) Anmerkung. dem Leben Friedrich

dem

Wir

vortrefflichen Werke:

Berlin bei Brigl. Dasselbe erscheint

entnehmen diese hübsch erzählte Episode aus III. mit Erlaubniß des Herrn Verfassers 500 Jahre Berliner Geschichte und Sage,

Wilhelms

Wir

kommen nächstens darauf ausführlicher zurück.

in Lieferungen

ä

50

übernimmt an behinderten Herrn Stadtschul¬ Stelle des durch Berufsgeschäfte inspektor Schillmann Herr Redakteur Lmil Dominik die Illitherausgabe dieser Zeitschrift. Herr Stadtschulinspektor Schillmann bleibt aber zu unserer Freude dein Blatte nach wie vor als Nach

freundlicher allseitiger Uebereinkunft

Mitarbeiter erhalten. '

Die Verkagshandkung.

ihrer Familie bei.

Briefkasten. An unsere Leser.

Wer von unseren werthen Lesern ist in

der Lage, uns hübsch erzählte Anekdoten der berühmten Madame dn Titre» nachzuweisen? Wer könnte solche für unser Blatt liefern?

L. N. hier.

Das König städtische Theater wurde hinter

den Häusern 1—3 des Alexanderplatzes und Nr. 2 der Alexanderstraße 1823—1824 nach dem Plane des braunschweigischen Hof-

baumeisters Ottmer mit Hülse von Aktieneinzahlungen, 150 Fuß lang und 76 Fuß breit gebaut. Der Haupteingang befand sich unter der Facade Alexanderstraße Nr. 2, Nr. 3 des Alexander¬ platzes führte zur Bühne, Nr. 2 war der Eingang zur Loge des

Königs und 9ir. 1 zum dritten Amphitheater und Gallerie. Das Theater konnte 1400 — 1500 Menschen fasten und wurde am 4. August 1824 eingeweiht. Das Privilegium zur Errichtung dieser Bühne erhielt der Kaufmann Friedrich Cerf am 2. Mai 1823, der dasselbe an eine Aktiengesellschaft abtrat. Unsere Zeit¬ schrift bringt demnächst aus der Feder des Dr. Räder eine inte¬ ressante Geschichte dieses Theaters. —

Für

die Redaction verantwortlich:

Hheodor

Okigiml-Aiisgebk mit dm Lilduiß

des Dichters und der Abbildung seiner Grabstätte rc., im Prachtband mit Gold- und Schwarzdruck, Preis 4 Mark. sind das beste Geschenk für jeden Knaben. Vorräthig in allen Buchhandlungen und der virolaischen Verlags - Buchhandlung

Rudolph Stricker in Berlin. — Verlag Druck: W.

Körners Werke,

Brüderstraße 13. der

Ricolaifchen Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin.

Moefer Hofbuchdruckerei in Berlin.

4. Gctober. Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, ZeitungSspeditione» und Postämter, sowie durch die Erredition lBrüderstr, 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolais che Verlags.Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro Lgesp. Pctitzeile 30 Psg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegcngenoinmc».

Inhalt:

Die Vertriebenen, Erzählung von Ludovica Hejekiel, (Fortsetzung.) — Der Retter von Graudcuz. (Nachtrag.) — Die zweite Heirath König Friedrich Wilhelms Ad. Strecksuß, (Schluß.) — Fidicin von Ferd. Meyer. — MiScellen. — Berliner Geschichtsverein. — Briefkasten.

III.

von

Die Vertriebenen. Erzählung von

Luckonica

fitfefiiet.

(Fortsetzung.)

Etwas abseits von den nen

Stufen,

gedeckten Tafeln, auf den steiner¬ die das Becken einer kleinen, leise plätschernden

Fontaine uingaben, saß eine stattliche Frau in einem Kleide von dunkler Wolle, wie sie die berliner Wollenmanufacturen lieferten und der König sie besonders gern an seinen Berlinerinnen sah, mit schmalem weißem Kragen, das Haar einfach in die Höhe geschlagen und gepudert, die großen dunklen Augen auf ein etwa zehnjähriges Mädchen gerichtet, das in ihrem Schooße kauerte. Die Kleine sah bleich und kränklich aus, die blauen Augen schienen ungewöhnlich groß. Neben den beiden stand ein Mann in den besten Jahren in salzburger Tracht, seine ehrlichen derben Züge verriethen eine gewisse Wehmuth, wenn er auf das kranke Kind in den Armen der stattlichen schönen Frau blickte. An der Hand hielt er ein kleineres Mädchen, das jenem sehr ähnlich, aber frisch und gesund aussah. „Er hat auch eine brave Frau, Mellon", bemerkte der König, auf die Dame deutend, „behängt sich nicht mit Firlefanz, zieht sich an, wie es einer deutschen Hausfrau ziemt". Ueber das gutmüthige Gesicht der Königin zuckte es wie leichter Spott; sie hatte Madame Honorine auch schon in starrer Seidenrobe, mit Edelsteinen und Spitzen gesehen und wußte recht gut, daß nur die Furcht vor dem Könige sie zur Ein¬ fachheit bewogen hatte; ging es ihr selbst doch nicht viel anders.

„Wen haben wir denn da, meine hübsche Madame redete der König gnädig die Dame an, die leicht zusammenfuhr, dann aber ruhig antwortete, da sie wohl wußte, wie wenig Friedrich Wilhelm es liebte, wenn seine Unterthanen ihm gegenüber befangen waren: „Ein kleines Mädchen, Majestät, von dem die Aerzte sagen, daß es die Reise nach Litthauen nicht überstehen wird, doch soll es gesund werden, wenn ihm ruhige Pflege werden kann; es hat keine Eltern mehr, und wenn mein Mann es erlaubt und Euer Majestät es gestatten, so möchte ich dies Kind zu mir nehmen." „Ein krankes Kind" — wendeten Mellon und der König

Mellon",

zugleich ein.

„Eben darum", antworteten die Königin und Frau Mellon beinahe aus einem Munde. Der König lachte. „Die Weiber sind einig", erwiederte er, „da werden wir uns wohl ergeben müssen; aber wer ist Er", redete er den Salzburger an. „Der Maitburger, der Mutterbruder von Anni und Nannt", antwortete der, „aber beide Kinder gebe ich nicht her!" „So, kann Er eins ernähren?" fragte der König. „Ich könnt sie beide nähren", entgegnete Maitburger trotzig, „wenn wir auch alle drei arm sind, aber weil die Aerzte sagen, es sei bester für die Anni, und die fremde Frau

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gut zu ihr sein

mit

will,

so

mag sic dableiben".

Mucß i gleich fort in Gottes Nam Un wird mir alles genommea, So woas i wol, die Himmelskron Wer i annoch bekomme«.

Er wischte sich Wilhelm,

der verkehrten Hand über die Augen, und Friedrich

der solche trotzig-weiche Staturen am besten verstand, entgegnete kein

Wort.

„Noch eine Bitte hätt ich", begann der Maitburger wieder in seinem herben Bergdialekt, „daß die Anni auch richtig lutherisch erzogen wird, cs soll hier Reformirte haben, davon versteh ich nix, und wenn die Anni nicht luthersch er¬ zogen wird, nehm ich sie lieber mit und sie mag sterben". Dem König schwoll die Zornader, denn er sowohl wie Mellon waren Reformirte, aber doch gefiel ihm diese trotzige Entschlossenheit, und er widersprach nicht, als Mellon mit mildem Lächeln sagte: „Ein lutherischer Geistlicher soll sie im Bekenntniß ihrer Eltern unterrichten; die Reformirten werden doch nicht in die Fußstapfen der Katholischen treten und andern ihr Bekenntniß aufzwingen". — Der König nickte wohlge¬

So mueß i heut von meinem Haus, Die Kinderl mueß i losa. Mein Gott, es treibt ein Zährel aus Zu wandern fremde Strosa. Mein Gott führ mi in ene Stodt, Wo i Dein Wort kan hoba,

Darin will i Di früh und

In

spot

meinem Hertzel loba.

Soll

i

in

diesem Jammerthal in Armuth leba, So hoff i do, Gott wird mir dort Ein bessre Wohnung geba".

Noch länger

Bladame Houorine

steckte

unter Thränen den Zettel weg, ihr

Alaitn war dein Maitburger nachgegangen und kam

jetzt zurück.

„Wir

fällig.

„Dann seid bedankt für alles Gute, was Ihr der Anni thut", stieß der Maitburger unter Thränen hervor und reichte allen treuherzig die Hand; „schreibt auch mal was von ihr, und du Anni, hie vergiß deine Schwester nicht und nicht das Lied, das ihr auf der Reise zusammen gesungen; da stehts geschrieben", er zog aus seiner Joppe einen Zettel, „von Schaitberger selbst, das ist das einzige Andenken, das ich dir laß, und jetzt machts kurz mit dem Abschied". Die Kinder verstanden wohl nicht alles, was um sie her vorging, doch hielten sie sich umschlungen, bis der Maitburger sic fast rauh auseinanderriß, die kleine Nanni an die Hand nahm und ohne Gruß davon ging. Auch der König sprach nichts mehr, er legte die Hand wie segnend auf Annis Haupt, nahm sein Fiekchcn unter den Arm und begab sich, als sei nichts geschehen, zu einer andern Gruppe. Anni hielt den Zettel in ihren kleinen Händen und lauschte aufmerksam, was ihr Madame Houorine von demselben ablas:

„Ich bin ein armer Exulant, A so thu i mi schreib«, Ma thuet mi aus dem Vaterland Um Gottes Wort vertreib«. Das waß i wol, Herr Jesu Christ,

Dir a so ganga, Itzt will i Dein Nachfolger Es iß

Herr! machs

nach

sein,

Deim Verlang«.

Ei Pilgram bin i halt nunmehr,

Miß

rasa fremde Strosa,

Das bitt i Di, mein Gott und Herr, Du wirst mi nit verlos«. Den Glaube hob i frei bekennt. Des darf i mi nit schäm«. Wenn ino nii glci ein Kezer nennt, Und thuet mirs Leba nehm«.

Kctta un Banda war mir men Ehr, Um Jesu willn z'dulta, Un dieses macht die Glaubenslehr Un nit mein bös Verschuld«.

Muß i glei in das Elend fort.

Will i mi So hoff i

do

nit

do,

Gott wird mir dort

wehr«,

Och gute Freund bescher«.

Herr wie Du wilt, so gib mi drein, Bei Dir wil i verbleib«, wil mi gern dem Wille Dein Geduldig unterschreib«.

I

werden morgen die Papiere der Kleinen erhalten; Maitburger sagt, sind sie in Ordnung; auch was sie

wie mir ail Habseligkeiten besitzt will er schicken. Gern hätte ich auch die andere Kleine behalten, aber er tvar nicht zu bewegen, sie ebenfalls von sich zu lassen." Madame Honorine erhob sich; ihre schönen dunkeln Augen ruhten zärtlich auf dein Kinde. „Gsrand", sagte sie leise, „unsere kleine Pölagie ist wieder lebendig geworden". Mellon seufzte. „Alöge sie uns länger erhalten bleiben, als diese", entgegilete er. Als sie an dem Königspaar grüßend vorbei gingen, zog Friedrich Wilhelm seinen Hut ab und blieb so stehen, bis sie vorüber waren, die Königin störte ihn nicht, sie sah, daß er betete.

Auf der Schloßfreiheit zu Berliil stand ein ehrwürdiges gralies Haus, einstöckig inld mit schmaler Front; das Erd¬ geschoß nahm ein zieiillich geräumiger Laden mit einein ganz ilen vergoldeten Wappenschildc über der Thür und ein Schau¬ fenster ein, das gewöhnlich die Blicke aller Vorübergehenden Es war weniger noch das schimmernde Gold und fesselte. die flimmernden Edelsteine, welche so sehr anzogen; die waren bei jedein ailderen Goldschinied auch zu siilden und zogen höchstens begehrliche Blicke auf sich; hier war es be¬ sonders der tadellose Geschmack, die überaus zierliche Arbeit, die das Auge entzückte, und es war kein Wunder, weiln die Damen des glänzenden berliner Hofes ihren Schmuck am liebsten beim „klingenden Jürgen" bestellten. „Zum klingendeil Jürgen" staub noch immer über der Ladenthür unter dem Wappenschild; so hieß das Haus llach feinem ersten Erbauer, der uilter dein großen Kurfürsten als armer Goldschmiedegesell in die Hauptstadt gekommen war und sich dort zu einem der angesehensten Männer, einem Künstler gleich geachtet, aufgeschwungen hatte. Von Vater auf Sohil erbte das graue Halls, erbte das edle Handwerk, und der jetzige Besitzer, ein junger Mann von noch nicht dreißig Jahren galt bereits ivieder für einen Meister in seinem Fach. Er wlirde der „klingende Jürgen" ge¬ nannt, wie seine Väter vor ihm, obgleich er den französisch kliilgeilden Namen Gerand führte, war Hoflieferant des Prinzen Heinrich geworden und wohnte iin oberen Stock des Hauses ganz allein mit seiner Großmutter, der verwittweten Frau Altgoldschmiedemeisterin Bossauer, und etlichen ergrauten Dienst¬ boten.

195

Es war ein naßkalter Herbstabend; in dein großen E߬ zimmer, das fast die Mitte des oberen Stockwerks einnahm, war der Tisch gedeckt; feiner Damast, in den eine ganze Jagd künstlich hineingewebt war, bedeckte die Platte von dunklem Nu߬ baumholz; gelbe Wachskerzen auf silbernen Leuchtern erhellten gerade nur die Ecke am Kamin, in die der Tisch geschoben war, während in der Mitte des Saales eine große Tafel leer stand. Nur zwei Gedecke lagen auf dem Tisch, aber alles war vom feinsten holländischen Porzellan und vom schwersten Silber, der Lehnstuhl an der einen Seite mit hochrother Seide gepolstert, ebenso der Sesiel ohne Lehne auf der anderen Seite. Eine alte Dame ging, in tiefe Gedanken verloren, un¬ ruhig in dem großen halbdunklen Gemach auf und ab; sie trug ein Kleid von stahlblauer Seide über einem mächtigen Reifrock, wie er längst aus der Mode, eine schwarze Robe mit viereckigem Ausschnitt darüber, der mit weißen Spitzen aus¬ gefüllt war, und eine hohe gepuderte altmodische Frisur. Unter dem Kleide zeigte sich ein zierlicher Fuß in schwarzem StöckchenDazu trug die alte Dame schuh mit hochrother Bandrosette. auffallend viel Schmuck, kurz, sie war das vollständige Bild einer dahingeschwundenen Zeit, aber ein gar anmuthiges trotz

ihres hohen Alters, denn die stolze Gestalt war ungebeugt, die großen blauen Augen voll Feuer und Leben. Ein rascher Tritt, der draußen auf dem Gange hörbar wurde, ließ sie ihre Wanderung unterbrechen; die Thür wurde geöffnet und mit einem freundlichen: „Guten Abend, Gro߬ mama", trat ein junger Herr über die Schwelle, dem sie die Hand hinreichte, die er ehrerbietig küßte. Der junge Mann war modisch gekleidet, jedoch ohne die Uebertreibung, die durch die französische Revolution stellenweise hervorgebracht worden war. Ueber einer Weste von weißer Seide mit bunter Stickerei trug er einen Rock von braunem Tuch, den Hals hüllte ein gesticktes Jabot ein, an die dunkelbraunen Kniehosen schlossen sich weiße Strümpfe und schwane Schuhe mit silbernen Den Puder hatte er abgelegt und trug sein Schnallen. Auf seinem frischen Gesicht eigenes braunes lockiges Haar. mit den gutmüthigen braunen Augen zeigte sich ein Zug von Unmuth, als die Großmutter noch immer stumm blieb. „Sind Sie unzufrieden mit mir, Großmama?" fragte er, während er die alte Dame zu ihrem Lehnsessel führte. „Davon nachher", entgegnete Madame Boffauer, „jetzt wollen wir uns unsere Biersuppe nicht verderben". Der Enkel erwiderte nichts und nahm seinen Platz ein; die Großmutter setzte eine silberne Glocke in Bewegung, die auf dem Tische stand und sofort erschien ein alter Diener mit der dampfenden Biersuppe. Das Tischgespräch drehte sich um geschäftliche Dinge; denn Madame Boffauer ließ sich noch iminer gern erzählen, was „unten" vorging. „Ich möchte Ihnen nach Tische die Zeichnung zu einem Fruchtkorb vorlegen, grand-maman“, bemerkte Gorand, „der Lieutenant von Putlitz vom Regiment Garde du Corps ver¬ mählt sich um Weihnachten mit einem Fräulein von Kropff, der Fruchtkorb ist das Hochzcitsgeschenk des Offiziercorps; und ich möchte gern etwas recht Hübsches liefern". „Hübsch ist gar nichts", eiferte die Dame, „hübsch sind Spielereien, die kann jeder Handwerker liefern, du bist ein Künstler und sollst Schönes schaffen, wie dein Vater und Gro߬ vater vor dir".

Ordentlich stolz sah die alte Dame dabei aus; als aber der Diener ebenso schweigend abgeräumt, wie er servirt, die Kerzen noch einmal geputzt und das Zimmer verlassen hatte,

als da der junge Mann seine Zeichnungen hervorholen wollte, wehrte sie ab und sagte ernst: „Ich habe vorher eine Frage an dich, was führt dich seit etlichen Wochen Tag für Tag nach der Papenstraße?" Ein leichtes Roth flog über die Züge des jungen Mannes, doch hielt er den forschenden Blick der Großmutter aus und

ruhig: „Eine alte kranke Frau". „Und ihre schöne Tochter?" fragte Madame Boffauer nicht ohne Spott. „Du weißt, mein Sohn, daß ich dir völlige Freiheit lasse, aber ich warne dich, nicht in die Schlingen einer abenteuernden Französin zu fallen". entgegnete

Gewaltsam hielt der junge Goldschmidt an sich. „Ich weiß nicht, Großmama", erwiderte er, „ob Sie Leute, die uin ihrer Ueberzeugung willen ihr Vaterland aufgaben, Aben¬

teurer nennen können." Kain es ihr nur so vor, oder hatte er das „Sie" betont, sie blickte ftagcnd aus.

„Ich weiß nicht", sprach Gorand ruhig weiter, „wer Ihnen meine Gänge in die Papenstraße verrathen hat; es war unnütz, denn ich hätte es in diesen Tagen selbst gethan, um Sie zu bitten, sich der verlassenen Frauen anzunehmen; hat man Ihnen nicht erzählt, daß ich zuerst die Mutter kennen lernte, und keine Ahnung davon hatte, daß sie eine Tochter besaß. Sie mögen denn alles wissen. Ich war eines Mor¬ gens bei Joyeux, um mir Handschuh zu kaufen, als eine Arbeiterin, die eben Arbeit abgeliefert hatte, im Laden ohn¬ mächtig wurde. Es war eine nicht mehr junge Frau, die mich, ich weiß nicht weßhalb, an Sie erinnerte; als wir sie zu sich gebracht hatten, erbot ich mich, .sic nach Hause zu ge¬ leiten, und ich ließ nüch nicht darin hindern, so sehr sie sich dagegen sträubte. Ich führte sic in die Papenstraße, wo sie in einer ärmlichen Wohnung mit ihrer Tochter lebt; ich sah mich wieder nach ihr um, aber erst beim dritten Besuch habe ich Gerinaine gesehen, und ich will gar nicht leugnen, daß sie einen tiefen Eindruck auf mich gemacht hat. Das Schick¬ sal der armen Frauen ist beklagcnswerth, tausend Liste und Lügen habe ich anwenden müssen, um cs ihnen zu erleichtern. Der Mann der Madame Solifier war Intendant auf den Gütern eines royalistischen Edelmanns, mit ihm ist er auf der Guillotine gestorben. Germain e und ihre Mutter sind verschont geblieben, mit anderen Emigranten gelang es ihnen nach Berlin zu kommen, wo sie einen Verwandten zu finden hofften, ver aber inzwischen gestorben war. Seltsamer Weise sind weder Mutter noch Tochter katholisch, ja, mir ist, als habe Madame Solcher mir gesagt, ihre Mutter sei eine Deutsche gewesen, beide sprechen auch leidlich deutsch. Sie nähren sich mühsam von: Handschuhnähen, aber Gram, Kum¬ mer und die Leiden der Flucht — wieder betonte er diese Worte — „haben Madame Solcher alt und krank gemacht, Großmutter, wollen sie sich dieser Vertriebenen nicht annehmen?" Die alte Daine blickte mit gefalteten Händen vor sich hin. „Wenn es so wäre —" sagte sie leise. „Es ist so, habe ich Sie je belogen?" entgegnete er fast streng. — „Du nicht, aber du kannst betrogen sein". „Hat Ihnen Madame Brandt wieder den Kopf warm gemacht? Sie weiß allerdings am besten, wie oft ich Selchers besuche, denn da sie gegenüber wohnt, den ganzen Tag über

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im Fenster liegt, und ich meine Besuche am Hellen Mittag mache, so muß sie ja davon unterichtet sein. Sie soll es aber nicht wagen Madame Selificr zu verunglimpfen, die mich noch nicht eine Viertclstrinde mit ©entmine allein gelassen hat, während sie sich geflissentlich entfernt, wenit ich mit ihrer Johanna zusammentreffe, die ich doch nie heirathen werde". Er hatte dies alles heftig herausgesprudelt. Madame Bossatier mußte beinahe lächeln über seinen Eifer, doch wurde „Du bist entsetzlich verwöhnt, mon sic gleich wieder ernst. cnfaut", sagte sie langsam, „aber ich werde dir den Willen thun, ich werde nach der Papenstraße gehen und selbst prüfen". Die Augen des jungen Mannes leuchteten hell auf, dank¬ bar küßte er die Hand der Dame, die ihm liebkosend über das hübsche Gesicht strich nitd zärtlich flüsterte: „Vorgesehen, klingeitdcr Jürgen, ob der Edelstein auch ächt ist, die Gro߬ mutter versteht auch etwas davon und wird gewissenhaft untersuchen".

„Sie wird gut

seilt gegen meine armen Vertriebenen",

in grünem Ein¬ band heraus, das er ihr reichte. „Hier, Großmutter, ist das neueste Werk des Herrn voit Goethe, es handelt auch von Etnigranten, aber sie sagen, den Stoff dazu habe er aus sprach der Enkel uttd zog ein kleines Buch

einem Werke über die salzburgische Auswandenmg entnommen, ich dachte das würde grand-maman interessiren, wie Emi¬

granten

und

Exulanten

zusammenkommen.

Gute

Nacht,

Großmaina!" (Fortsetzung in der nächsten Nummer.)

Orr Retter von Granden;. (Nachtrag.)

Der Direktion des Märkischen Museums ist seitens des Magistrats von Graudenz in Bezug auf den in der Ueberschrist erivähnten Aufsatz (s. Nr. 11) folgende aus der Feder des Herrn Kanzleiraths Froclich, Archivars der Stadt Graudeitz, herrührende Aiittheilung zttgcgangeit. „Die Franzosen hatten bei ihrer Belagerung der Veste Graudenz bis zum 27. Juni 1807 die Verschanzungen auf ausgedehnten, anscheinend mit einander nicht verbundenen Linien noch immer 1700 — 1800 Schritte von der Festung entfernt uttd — wie ein Ausfall ant 16. Juni 1807 zeigte, in den Schanzen tioch immer kein Geschütz gehabt. Da eröffnete das Belagerungscorps in der Nacht zum 28. Juni trotz des unterhaltenen Artilleriefeuers der Festung seine tvahre erste Parallele auf der Neudorfer Seite, ungefähr 750 Schritt vom Glacis. Niemand hatte von diesen Arbeiten das Geringste wahrgenommen, bei Anbruch des Tages war der Feind bereits gänzlich gedeckt. Es war hieraus offen¬ bar geworden, daß dem Hornwerke ein Sturm bevor¬ stehe, deshalb wurde diesem Werke eine stärkere Be¬

sämmtliche daselbst be¬ fortan Nachts Truppen auf den Wällen findliche satzung gegeben.

Auch mußten

kampircn,

der Feind aber fuhr in seinen Erdarbeitcn fort, unbeirrt davon, daß die Festung mit mehreren Kanonen un¬ unterbrochen feuerte. Aus den feindlichen Schanzen sind auf

das Honnverk nur zwei Schüffe abgegeben. Es sah so aus, als hätten die Fraitzosctt nunmehr eine Kanoite uttd diese aus einer Schanze in die andre gefahren.

Am 30.

Juni 1807

war der Feind bis auf 450 Schritte Er begann die zweite Pa¬

dem Hornwerke nahe gekommen.

rallele, vorläufig in Gestalt eines schmalen Grabens von 30 bis 40 Schritt Länge, deffen Brustwehr mit Sandsäcken be¬ legt war. Hinter diesen unterhielten die Schützen ein heftiges Gewehrfeuer nach den Scharten der Enveloppe. Das Hornwerk warf Granaten und Bomben und selbst Kartätschen und Steine aus 50psündigen Mortieren ohne beson¬ dere Wirkung. Es war noch früh Morgens. Hessische Offiziere meldeten den Belagerungstruppen die so eben eingetroffene Nachricht vom geschlossenen Frieden. Dies elektrisirte letztere. Mit stünnischer Eile kletterten sie auf die Bnistwehren ihrer Laufgräben, einige hielten weiße Tücher hervor und liefen auf die Festung zu, indem sie ausriefen: „Kameraden! Brave Preußen! Es ist Frieden!" Da man hierunter eine List vermuthete, so wurden die Attdringenden durch einige Kartätschenschüffe zurückgewiesen, welche noch etwa 20 Mantt niederstreckten. Man rief ihnen zu, sie tnöchten, weitn ihre Aussage wahr fei, in der Parallele bleiben! —

Da erschien denn aber inzwischen auch der feindliche Parlantcntair Obrist Atme mit der Friedensttachricht in der Festung. Es ist tticht positiv festgestellt, aber zweifellos richtig, daß v. Courbiere, dessen Truppen aus Polen und Ausländern be¬ standen, die ihm mehr Unannehntlichkcitett bereitet hatten, als der Feind, den glücklichen Abschluß sofort dazu benutzte, die¬ jenigen seiner Truppen, welche sich rühmlich hervorge¬ than, sofort am 30. Juni 1807 auszuzeichnen.

Er hatte alle Veranlassung, die treuen Ostpreußen des Bataillons von Besser, die Blücherschen Husaren des Ritt¬ meisters von Hymmeit, die Jäger des Kapitains voit Valentini und die gcsammte Artillerie zu lobeit. Meyer mag unter den letzteren enter der besonders tüchtigen gewesen sein.

Bei näherer Beleuchtung dürfte sich ergeben, daß die Glorifizirung auch, soweit es sich tun die Verleihung der Oderfähre an ihn durch Kabinetsordre — als um eine dem Lehrer Lange noch zu bescheidene Abfindung für das durch die silberne Verdienst-Medaille anerkannte muthvollc Benehmen — handelt, auf unverbürgter Privatnachricht oder Mystifikation beruhet. Dies jedoch itur beiläufig. Daß ich mich seit mehr als 15 Jahren mit der Geschichte von Graudenz beschäftige, daß ich sämmtliche hier vorhandene Quellen ermittelt und erforscht habe, daß ich ittsbesondere das Archiv der Festungsfortifikatton s. Z. speziell eingesehen habe, bedarf erst nicht weiter der Anführung. Meyersche

Ich kann

jedoch

auch

zum Beweise des Gesagten auf Es ist dies die Geschichte

eine Druckschrift Bezug nehmen.

der Belagerung von der Feste Graudenz, welche einen Be¬ amten derselben zum Verfaffer hat und in den vertrauten

Briefen über die innern Verhältniffe am Preußischen Hofe. Amsterdam und Cölit 1808 Bd- 5. S- 17 bis 82 enthalten ist. Der Verfaffer wohnte während der Belagerung in der Festung uttd führte dort ein genaues Tagebuch, worin jedes irgend wichtige Vorkommniß übernommen ist. Voit einein Artilleristen Meyer und deffen Verdiensten unt die Festung ist daritt keilt Wort enthalten. Dasselbe ist mit der Denkschrift der Fall, welche voit dem früheren Ingenieur am Platze aus den Archivalien der Festung

197 über die Belagerung

re-

ausgearbeitet und

dem Chef des

Jngeuier-Corps eingereicht ist." Herr Lehrer Lange bemerkt auf den Froclichschen Bericht: „Ich meine, Meyer muß mehr gethan haben wie die Anderen; denn er sollte sich eine Gnade erbitten und mußte nach Berlin kommen. Er bat um die hiesige Fährstelle und erhielt dieselbe, ebenso wurde ihm eine Gedächtnißtafel in der Kirche gewidmet, dies wird durch noch lebende glaubwürdige Zeugen bestätigt." — Wir bemerken hierzu, daß wenn die Nachricht von dem Verdienst des Meher stark übertrieben, ja erfunden sein sollte, sie doch hochinteressant als Beitrag zur modernen Mythen¬ bildung und zur Ge¬ schichte der Volksseele,

Sinne, in wel¬ chem Wilhelm Schwartz

in

dem

Ehe gezwungen. Selbst von einer romantischen Liebesgeschichte und einer Entführung, so wenig eine solche sich mit dem Charakter des Königs zusammenreimen ließ, war die Rede. Die einfache natürliche Wahrheit kannte Niemand, auch wäre sie in jenen Tagen schwerlich geglaubt worden, denn die guten Berliner wollten und mußten durchaus irgend etwas Wunderbares und Abenteuerliches in dieser Vermählung sehen.

Friedrich Wilhelm hatte wohl Recht gehabt, als er zum Bischof Eylert sagte: „jetzt wird das Richten über mich angehen," er kannte sein Berliner Volk. Es richtete und wahrlich mit spitzer schneidender Zunge.

Eine morganatische Ehe! Davon hatte man in Berlin noch nichts gehört. Das war so gut wie eine wilde Ehe oder gar keine Ehe und so etwas niußte man an diesem Könige erleben! So ur¬ theilten besonders die schönen

beide auffaßt, bezeichnet

werden muß. Anm. d. Herausg.

Die zweite Herrath Friedrich König Wilhelms Hl.

Wittwcrs

(Schluß.)

Die Vermählung Königs, wie ge¬

und der

heimnißvoll sie auch be¬ trieben worden war, konnte doch nicht lange verborgcnbleiben. Fried¬ rich Wilhelm

III.

Bekanntmachung,

in die

Gesetz¬

sammlung aufgenommen wurde. Erst durch die Er¬ klärung des Königs selbst erfuhren die Berliner, was am 9. November

vorzugsweise die beseitigt

Frauen

zweiten Gemahlin nicht minder glücklich als mit der verewigten Königin Luise lebe, daß das ehe¬ liche Verhältnis; zwischen Beiden ein echt bürger¬ liches sei, wie es zwischen

ver¬

öffentlichte sie selbst in

welche

war.

werden konnten. Als inan aber täg¬ lich hörte, das; Friedrich Wilhelm III. mit seiner

den nächsten Tagen durch eine

gewesen

Es dauerte lange Zeit, ehe die Begriffe sich klärten und manches Jahr verging, ehe die Vorurtheile des Volkes

Von flrtotf Sfrtdifuss.

des

Berlinerinnen,

welche ihren König bis¬ her gerade deshalb ab¬ göttisch verehrt hatten, weil er das Muster eines Ehenianns und eines

Mann und Frau



sein

soll, da schwiegen nach und nach die Läster¬ zungen und die Wahr¬

^WW

heit brach sich Bahn. im Schlosse zu Char¬ Ztadtarchivar Filurin, Originalzeichnung von E. Sues. Auch in den gebil¬ lottenburg geschehen war. Sie machte daher einen fast überwältigenden Eindruck in der deten Kreisen Berlins war Anfangs die Nachricht von der zweiten Vermählung des Königs nicht günstig ausgenommen worden. Man Residenz. Aus allen Straßen sah man kleine Menschengruppen stehen, welche das merkwürdige Ereigniß besprachen. Einer erzählte fürchtete, daß die junge Frau, welche die Gemahlin des Königs und es dem Andern, Jeder wollte nähere Details wissen/ die doch doch keine Königin war, sich bestreben werde, die Gewalt der Liebe Keiner zu geben vermochte. Die Wenigen, welche einmal in Töplitz zu benutzen, um sich durch diese die Königliche Macht, wiche ihre gewesen waren, und dort die Gräfin von Harrach vielleicht flüchtig das Gesetz nicht zuerkannte, zu verschaffen, daß sie sich in Staatsgesehen oder auch nur von ihr gehört hatten, wurden als Wunder¬ Angelegenheiten mischen, Intriguen aller Art anzetteln, Günstlinge menschen betrachtet, sie mußten erzählen; ihre Worte flogen verdreht heben, bewährte Staatsdiener stürzen, kurz die traurige Nolle

und entstellt durch die Stadt und die merkwürdigsten Geschichten gingen von Mund zu Mund. Die Einen wollten wissen, die Gräfin sei ein zartes wunder¬ schönes junges Mädchen, welches von ihren Eltern dem alternden

König für eine ungeheure Summe gewissermaßen verkauft und unter Thränen zum Altar geschleppt worden sei; Andere erzählten, sie habe durch wohlberechnete Koquetterie den hoben Herrn syste¬ matisch

zu

sich

herangelockt und endlich zu einer morganatischen

Favoritin spielen werde. Alle diese Befürchtungen zerfielen schon in kürzester Zeit in nichts. Die Fürstin Liegnitz, diesen Titel hatte der König seiner Gemahlin verliehen, zeigte in ihrer schwierigen Stellung einen bewundernswerthen Takt. Sic mischte sich niemals in Staatsgeschäfte, sie nahm nicht einmal Bittschriften, welche ihr in Masse zukamen, an, alle verwies sie ohne Weiteres direkt an den König. Von jeder Intrigue hielt sie sich fern, sie wollte nichts sein und war einer herrschsüchtigen

198 nichts, als eine einfache Frau, die sich die Lebensaufgabe gestellt hatte, ihre» Gatten glücklich zu machen. Und dies erreichte sie. Völlig versöhnt wurden die Berliner mit der zweiten Ver¬ mählung des Königs als sie erfuhren, daß die Fürstin von Liegnitz ihren Gatten wie eine rechte Bürgersrau in Krankheiten Pflege und nicht dulde, daß ihm ein solcher Liebesdienst von bezahlten Händen

Diejenigen, welche sich in die Listen einzeichneten, wußten sie davon gar keinen persönlichen Nutzen haben würden, aber sie glaubten dem alten Herrn durch ein Zeichen der Theilnahme eine Freude zu machen und deshalb schrieben sie ihren Namen ein. Als der König zum ersten Male wieder vom Krankenlager aufstand und an das Fenster trat, um auf die Straße zu schauen, erhielt er einen komischen Beweis der Volksbeliebtheit. Während der ganzen Krankheit waren fortwährend viele Menschen vor dem Palais versammelt gewesen, welche sich nach dem Befinden des Hohen Kranken bei denen, die sich eingeschrieben hatten, erkundigten. Auch an jenem Tage war dies der Fall. Der Genesende blickte auf eine bunt durcheinanderwogende Menschen¬ menge, unter der sich auch eine recht ansehnliche Zahl tüchtiger Berliner Straßenjungen befand. Kaum wurde die Volksmenge des Königs am Fenster ansichtig, als sie in lauten Jubel und donnernde Lebehochs ausbrach. Diese aber unterbrach plötzlich der Gesang eines der Straßenjungen, der mit heller Stimme die Volkshymne begann, dieselbe aber nach eigener Erfindung umdichtete: Heil Dir im Siegerkranz, versucht.

sehr

geleistet werde.

Am 14. November des Jahres 1826 wollte der König Morgens Vortragszimmer gehen. Er hielt einige Akten unter dem

nach dem

Arm und hatte dabei das Unglück, auf der Treppe auszugleiten, nieder zu fallen und ein Bein zu brechen. Der König befand sich in einem Alter, in welchem ein Bein¬ bruch keine leichte Sache ist. Er selbst machte zwar nicht viel da¬ raus, er sagte: „Begegnet Vielen, bin nicht besser als Andere auch. Wer weiß, wozu es gut ist." Um so besorgter aber waren die Aerzte, welche dauernde Folgen von dem Unglück befürchteten,

Fürstin. Mit musterhafter Treue pflegte sie den Gatten auf dem langen Krankenlager. Alles ord¬ nete sie selbst an; Tag und Nacht wachte sie, keinem Anderen überließ sie die Handreichungen und Dienstleistungen; sie führte die Anordnungen der Aerzte und Chirurgen, von dmen stets Einer ebenso besorgt zeigte sich auch die

weit dies nicht von dem Arzte Was den Kranken stören konnte, wußte sie zu beseitigen. Er liebte Stille und Ruhe, sie sorgte dafür, daß kein Geräusch in dem Flügel des Palais, in dem der König lag, ge¬ macht werden durfte. Sie ivar die unermüdliche heitere Gesell¬ anwesend sein mußte, selbst aus, so

Unserm König sind die Beene wieder ganz!

Lachend und jubelnd fiel die übrige Straßenjugend

in das Lied über den neuen Vers und ließ den ganzen Schwarm mit Kuchen und Obst beschenken. Ein nicht minder glänzendes Zeichen der Volksbeliebtheit

geschehen mußte.

ein.

schafterin des Kranken, welche die oft mürrischen Launen desselben mit sanfter Nachgiebigkeit ertrug.

„Wer weiß, wozu es gut ist," hatte der König gesagt, als ihn das Unglück betraf und er erfuhr jetzt, wozu es gut war. Er erkannte in dieser Krankheit die treue Liebe seiner Lebensgefährtin und zugleich auch die Liebe, welche ihm das Volk von Berlin be¬ wahrt hatte. Es ist ein merkwürdiges Ding um die Liebe eines Volkes zu seinem Fürsten! Viele gekrönte Häupter streben mit allen möglichen Kunstgriffen nach derselben und können sie nicht erwerben. Andere thun nichts dazu und erhalten sie sich doch. So erging es auch dem König Friedrich Wilhelm III. Er, der schweigsame, in sickzurückgezogene Monarch, der jedes öffentliche Auftreten scheute, fast nie mit dem Volke in persönliche Berührung kam, der so leicht durch seine abgebrochene harte Rede beleidigte und zurückstieß, dessen Regierungs-Maßregeln seit dem Jahre 1815 so große Veranlassung zur Unzufriedenheit gegeben hatten, war beliebt wie wenige Fürsten. Alles was Gutes in Preußen geschah, schrieb man dem Könige persönlich, seinem klaren Verstand, seiner Gutmüthigkeit, seiner Gerechtigkeit und dem Wunsche, das Volk glücklich zu machen, zu; die Demagogenverfolgungen aber, die Uebergriffe der Polizei, die Verletzung des Königlichen Versprechens vom 22. Mai 1815 und die ganze Summe der anderen unbeliebten Maßregeln den Ministern und den übrigen Rathgebern des Monarchen. Das Volk gedachte in seiner unerschöpflichen Gutmüthigkeit nur der bösen Zeit, welche es mit dem Könige gemeinsam durchlebt hatte und es blieb trotz Allem, was seit jenen Tagen geschehen war, unerschütterlich in seiner Liebe zu dem alten Könige, davon gab diesem seine Krankheit den besten Beweis. In einem Zimmer des Königlichen Palais nach der Straße hin waren Bogen ausgelegt, in welche Jeder, der sich nach dem Befinden des Königs erkundigte, seinen Namen einschreiben konnte. Tausende thaten dies; Männer aller Stände und nicht etwa nur solche, welche hofften, sich dadurch beliebt zu machen, sondern viele Bürger, die durch kein andere» Motiv, als das ihrer Theilnahme, getrieben wurden. Man war damals in Berlin noch nicht so weit, wie heut zu Tage, wo man durch patriotische Adressen :c. sein Glück zu machen

wohl, daß

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Auch der König amüsirte

sich

wurde dem Könige auch, als er das erste Mal nach seiner Krank¬ heit am 9. März 1827 im Theater erschien. Er wollte sich den Lebehochs der Zuschauer entziehen, deshalb hatte er sich ganz in den Hintergrund seiner Loge, der kleinen Eckloge rechts von der Bühne, zurückgezogen. Aber er wurde dennoch bemerkt, zuerst durch die berühmte Sängerin Catalani, welche vom Publikum aufgefor¬ dert worden war, das englische Volkslied: God save the King zu fingen und zu diesem Zweck bis zu den Lampen vorgetreten war. Zufällig warf die Catalani einen Blick in die Loge des Kö¬ nigs. Sichtbar erstaunt trat sie zurück und verbeugte sich in tiefer Ehrerbietung dreimal. Hierdurch wurde das Publikum aufmerksam gemacht. Aller Augen richteten sich aus die Königliche Loge. Friedrich Wilhelm konnte sich nicht mehr verbergen, er trat vor und dankte. Der Ruf: der König, der König! ging von Mund zu Mund. Ein endloser Jubel erschallte, alle Zuschauer ohne Aus¬ nahme erhoben sich von ihren Sitzen und von Tausend Stimmen ertönte ein donnerndes Lebehoch. Es wollte nicht wieder enden, als der König, sichtbar bewegt, sich verbeugend dankte. Endlich winkte er mit der Hand, da wurde denn nach und nach die Ruhe wieder hergestellt. Die Catalani sang ihr Gock save the King und als sie dies geendet hatte, begann sie das Lied: Heil Dir im Siegerkranz, in welches das gesammte Publikum begeistert einstimmte. Die Freuden¬ bezeugungen, mit denen die Zuschauer im Theater dm König em¬ pfingen, waren nicht gemacht, nicht geheuchelt. Im Volke von Berlin lebte eine tiefe Anhänglichkeit an die Person des Monarchen, welche bis zum Tode Friedrich Wilhelm's diesem unerschütterlich treu blieb.

Fidicin. Zu

den Männern, deren Name in den Annalen unserer Vater¬ stadt, als Erforscher ihrer Geschichte für alle Zeiten fortleben wird,

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gehört in erster Reihe Fidicin. Am 27. April 1802 zu Pots¬ dam, als der Sohn eines dortigen Bürgers geboren, sollte Ernst Fidicin, nachdem er in der höheren Bürgerschule für den Besuch des späteren „Lyceum" herangebildet, dem Studium der Theologie Doch die Verhältniffe zeichneten ihm, der schon ftühsich widmen. zeitig von der Liebe zur Alterthumskunde beseelt war, eine andere

199

Bahn vor: er trat, nach einjährigem Militairdienst, als Eleve bei dem Stadtgericht in Potsdam ein, und wurde am 9. März 1822 als solcher verpflichtet. Sechs Jahre später verließ Fidicin seine Vaterstadt, um als Actuar beim Kammergericht in Berlin ange¬

Königliche Staatsarchiv mit Rücksicht auf die Fortführung des be¬ gonnenen Werkes abgelehnt hatte, trieb ihn sein unermüdlicher Eifer zu weiterer Ermittelung neuer Geschichtsqucllen. Seinen damaligen Vorträgen im wissenschaftlichen Verein — auch andere gelehrte Gesellschaften ernannten ihn zum Mitgliede — verdanken wir manches schätzenswerthe Resultat geschichtlicher Forschung, wie „Berlin im Jahre 1435." Ein Vortrag über „die Autonomie der märkischen Städte im Mittelalter", gehalten in dem

stellt zu werden.

Hier nun bot sich ihm, neben dem Schriftenstudium jener Männer, welche bereits die Bahn zu einer Geschichtsschreibung Berlins gebrochen, ein neues, unschätzbares Material in den hand¬ schriftlichen Codices seit dem 13. Jahrhundert, und in den alten Lehns-Copiaricn der weiland Brandenburgischen Lehnskanzlci. Die Benutzung dieser, für die ältere Geschichte des Landes und der Städte so ergiebigen Quellen wurde ihm, selbst nachdem er schon im folgenden Jahre (1829) als Registrator bei der StadtverordnetcnBersammlung in städtische Dienste übergetreten war, mit der größten Bereitwilligkeit gestattet. Neben einer solchen, mit großer Mühseligkeit verbundenen Forschung, suchte Fidicin auch die Lücken des städtischen, nur aus einigen älteren Urkunden bestehenden Archivs zu ergänzen. Er wandte sich an die Behörden des Landes und der märkischen Städte, bei welcher Gelegenheit auch das, im Jahre 1397 aus älteren

„Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg", zu dessen ältesten Mitgliedern Fidicin gehörte, findet sich im 1. Bande der „Märkischen Forschungen" abgedruckt. Nicht minder verdienstvoll ist die, unter Benutzung sämmtlicher, ftüher unberücksichtigt gebliebener Quellen im Jahre 1856 von ihm herausgegebene neue Auflage des „Landbuches der Mark Brandenburg"; denn dies, für die Ge¬ schichte höchst wichtige Quellenwerk, welches Kaiser Karl IV. im Jahre 1375 hatte anfertigen lassen, enthielt in der vom Minister v. Hertzberg 1785 veranstalteten Ausgabe vielfache Mängel. Ihr folgten „die Territorien der Mark Brandenburg. Geschichte der einzelnen Kreise dieses Landes und der in denselben gelegenen Städte, Rittergüter, Dörfer rc." 4 Bd. Berlin 1857—1864. Inzwischen hielt Fidicin, während des im September 1858 hicrselbst stattgehabten Congresses deutscher Geschichtsforscher, als Ver¬ treter der Stadt, seinen Vortrag über die „Hauptmomente der Geschichte Berlins". Seine Abhandlung über „die Wappen und Farben der Stadt Berlin" haben wir bereits ftüher an dieser Stelle gebracht. Von hohem Werthe bleibt endlich das durch ihn amtlich herausgegebene „Grundbuch der Stadt Berlin". Einen der lichtvollsten Momente in dem mühevollen Forscherleben Fidicins bildete der 9. März des Jahres 1872, an welchem er sein fünfzigjähriges Dienst-Jubiläum beging. Neben den seitens

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Quellen zusammengetragene Berliner Stadtbuch, welches seit mehr denn einhundert Jahren aus dem Archiv verschwunden war, 1836 in der städtischen Bibliothek zu Bremen aufgefunden und von dem dortigen Senat bereitwilligst zurückgegeben wurde. Den ' rastlosen Bemühungen Fidicins gelang es ferner, die in früherer

Zeit ebenfalls abhanden gekommenen Urkundenbücher wieder

zu

ermitteln und dem Archiv einzuverleiben. Freilich fand er an dem damaligen Oberbürgermeister Krausnick einen wohlwollenden Förderer seiner Bestrebungen!

So konnte denn in bedeutende Werk Fidicins

den Jahren

„H i st o r i s ch

zur Geschichte der Stadt Theil

auch

den Abdruck jenes,

1837 bis 1842 das d i p l o m a t i s ch

Berlin"

erscheinen,

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erste

B citrä g e

deren

für die ältere Rechts- und Ver¬

„Stadtbuches" enthält. Seitdem Küster durch Mittheilung von Urkunden die Bahn zu einer Geschichtsschreibung Berlins eröffnet, war mit dem Er¬ scheinen des zuerst kritisch bearbeiteten Nicolai'schen Werkes „To¬ fassungsgeschichte so merkwürdigen

pographisch-historische Beschreibung von Berlin und Potsdam" (Berlin 1769. 3. Ausl. 3 Bd. 1786), und mit Königs ergänzendem

„Versuch einer historischen Schilderung der Hauptveränderungen der Religion, Sitten, Gewohnheiten, Künste und Wissenschaften der Stadt Berlin" (1792—1799) etwas Hervorragendes aus dem Gebiete unserer vaterstädtischen Geschichtsschreibung nicht hervor¬ gegangen. Die Zeit des Duldens und der blutigen Kämpfe war weder den historischen Forschungen, noch der Lectüre vergangener

Dinge günstig. Ueber das erstgenannte Werk, dessen Verfasser (Nicolai) mit offenem Blick die Schwächen in den Arbeiten seiner Vorgänger zu berichtigen verstand, äußerte sich Fidicin, daß es ein klares, über¬ sichtliches Bild von den früheren Zuständen und Schicksalen der

Stadt gebe, und die sich daran knüpfende historisch-erläuternde, topographische Schilderung noch heute als Muster für ähnliche Werke aufgestellt zu werden verdiene, während die statischen Mit¬ theilungen in ihrer Correctheit einen ziemlich genauen Ueberblick der damaligen Verhältnisse gewähren. •

Auch unserem Fidicin blieb die literarische Fehde nicht erspart. Veranlaffung zu derselben gab -die, wegen der Neuheit der darin aufgestellten Ansichten auch weitere Kreise fesselnde v. Klöden'sche Schrift „Die Entstehung und das Alter der Städte Berlin und Cöln"; — ihr stellte Fidicin seine auf Urkunden basirte, kritische

„Die Gründung Berlins" entgegen. Nachdem er im Jahre 1846 mit der Einrichtung des städtischen Archivs, nach wiffenschastlichen Principien, betraut worden, und eine wiederholte ehrenvolle Aufforderung zum Uebertritt in das Schrift

Collegen dargebrachten Ovationen, überreichte der Director Freiherr v. Ledebur, Nainens des Vereins für die Geschichte Ber¬ lins, dem Jubilar die von dem Modell abgeformte, zu seinem Gedächtniß gestiftete Medaille, deren Prägung, in Gold, bis dahin nicht mehr zu ermöglichen war. Oberbürgermeister a. D. Kraus¬ nick begrüßte ihn als seinen ältesten Schul- und Jugendfreund; und an der Spitze der städtischen Deputation überreichte ihm der Bürger¬ meister Hedemann, im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers, den Rothen Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife, nachdem die Verleihung der vierten Klasse dieses Ordens schon im Jahre 1859 vorausgegangen war. Als dann der vorgenannte Verein zur Besichtigung der, durch die Allerhöchste Munisicenz aus der Lenne-Höhe im Parke von Babelsberg wieder aufgerichteten Berlinischen „Gerichtslaube", am 15. Juni 1872, seine 129. Versammlung vor derselben abhielt, erschien Sr. Majestät zur Begrüßung der Anwesenden, und über¬ reichte mit huldvollen Worten unserem Fidicin die inzwischen ge¬ prägte goldene Medaille mit der inschriftlichen Widmung und dein Wahrspruche des Vereins: „Was Du erforschet, hast Du mit erlebt". Nach dem Scheiden des Kaisers ergriff der Geh. Hoftath L. Schneider das Wort, indem er auf die Verdienste Fidicins für die vaterstädtische Geschichte hinwies, zu dessen bleibender Erinnerung der Verein seinem geistigen Stifter dies sichtbare Zeichen der

der

erster

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Anerkennung und Hochachtung gewidmet habe. Ties bewegt dankte der Gefeierte und schloß mit der Versicherung, wie das ihm aus Allerhöchster Hand gewordene Zeichen der Anerkennung von ihm und seinen Nachkommen stets heilig und in Ehren werde gehalten werden. Am 1. April 1878 — also nach 56 jähriger Berufsthätigkeit, während welcher er mit steter Bereitwilligkeit seinen Rath und seine Unterstützung allen denen gewährte, welche sich, des Rathes und der Belehrung bedürftig, an ihn tvendeten — erfolgte Fidicins Pensionirung. Umgeben von seinen Kindern und Kindeskindern, hat der noch immer rüstige Nestor unserer vaterstädtischcn Geschichts¬ schreibung in Charlvttenburg sich ein Heim bereitet, — als Ehren-

200 tungsfest in jener Versammlung „beschlossen", sondern nur „in Vorschlag gebracht" worden; wie überhaupt bei den geselligen Zu¬ sammenkünften im Deutschen Dom keine „Beschlüsse" gefaßt werden

Präsident auch jetzt noch thätig für das von dem Verein heraus¬ gegebene Berlinische Urkundenbuch. Sei es ihm vergönnt, den Abend seines Lebens noch lange in ungetrübter Ruhe zu genießen, die ihm in früheren Tagen so selten beschieden war! Uns aber möge er ein Vorbild zur Nach¬ Ferd. Meyer. eiferung bleiben!

können.

Briefkasten.

MisrcUrn. Hlinöau der „Neuen Kirche". Bekanntlich soll die Neue Kirche auf dem Gendarmenmarkt unter unveränderter Belassung des schönen Thurmes umgebaut werden, da die jetzigen Kirchenräume nicht genügen und auch in ihrem Aeußeren mit dem

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Thurme nicht harmoniren. Bereits liegt ein durchgearbeitetes Projekt vor. Für die Verhandlungen, welche hierüber zwischen den Deputirten des Magistrats und den Vertretern des Kirchen¬ vorstandes in diesem Monat stattfinden werden, sind seitens des Magistrats die Herren Stadtrath Gilow, Stadtrath vr. Techow und Stadtschulrath Di-. Bertram, seitens des Kirchenvorstandes Prediger Lisco, Geh. Rath A. Delbrück und Stadtverordneter

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Straße".

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ist schon zu wiederholten Malen vom königlichen Polizei-Präsidium im Interesse des stets sich vermehrenden Verkehrs als dringend wünschcnswcrth, ja nothwendig bezeichnet worden. Da aber eine Verbreiterung der Friedrichstraße geradezu unerschwingliche Kosten verursachen würde, hat Magistrat beschlossen, sich mit derselben nicht einverstanden zu erklären, wohl aber für eine Beseitigung der Uebelstände, welche aus dem übermäßigen Verkehr der Friedrichstraße hervorgehen, durch eine Verlängerung der Charlottcnstraßc Sorge zu tragen. Der Magistrat wird zu diescin Zweck der Stadtverordnetenversammlung das Projekt der von der Baudeputation festgestellten definitiven Baufluchtlinie bis zur Georgenstraße zur Genehmigung vorlegen. Aerlincr Stadtbahn. Es verlautet jetzt auf das Bestimmteste, daß nach amtlicher an Interessenten ertheilter Auskunft die Berliner Stadtbahn positiv am 1. April 1881 in ihrer ganzen Ausdehnung und nach allen Richtungen hin dem Betriebe übergeben werden

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wird.

Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte ücriins.

Hand des Lehnsfccretair von Kökritsch geschrieben. Herr Eichler überreicht als Anfang einer Sammlung Berliner Tagcs-Chronik einen Folianten mit aufgeklebten Zeitungsausschnitten. Wir bemerken hierbei, daß die Vereins-Bibliothek zwei auf gleiche Weise eingerichtete Sammlungen Berliner Tagesgeschichte aus dem Anfang der 20ger Jahre bereits besitzt. Am Schluffe der Sitzung wurden die. für den Winter angesetzten Vorträge bekannt gemacht. In der vorigen Nummer ist irrthümlich angegeben, daß für die Wandcrversammlungen stets ein „Vorsitzender" deputirt werden soll; es muß heißen — wie es auch bei Tegel geschehen ist — ein Vorstandsmitglied ; ferner ist nicht ein Comite für das Sttf-

Für

die Redaction verantwottlich:

Der „Bazar" wurde von Herrn Geheimen Commerzienrath Ludwig von Schäfer-Voit, der damals Louis Schäfer hieß, im Jahre 1854 begründet. Louis Schäfer kam von Magdeburg nach Berlin, nachdem er dort die noch heute seinen Namen führende Sortimentshandlung von Louis Schäfer, am Breiten Weg hatte verkaufen müssen. Er kam mit wenig Geld¬ mitteln aber mit viel Muth hierher. Die damals die Mode -be¬ welche in herrschende Metzlersche Stuttgarter Musterzeitung, 30,000 Auflage gedruckt wurde, veranlaßte Schäfer zur Etablirung des Bazar. Er sagte sich „eine Modenzeitung, die in Stuttgart erscheint, auf schlechtem Papier gedruckt wird, nichts ist als eine Copic der französischen Zeitungen, hat 30,000 Auflage; es ist ganz zweifellos, daß eine solche Zeitung, in Berlin herausgegeben und in besserer Ausstattung hergestellt, unter allen Umständen ein Geschäft sein muß." Der Bazar wurde anfänglich in klein Octav mit einer lithographischen Beilage gedruckt und hatte bereits am Schluffe seines ersten Jahres 15,000 Auflage. In seiner Blüthe¬ zeit hatte Bazar 160,000 Auflage, seine fremden Ausgaben, so 1a mode illustree. bei Finnin Didot vor dem Kriege 1870 95,000 und Harpcr's Bazar in New Aork 110,000. Im Ganzen er¬ Von Schäfer-Voit schienen resp. erscheinen noch 11 Ausgaben. hat 1871 den Bazar verkauft. Mit ihm, der wie Keil, Harper, Cotta, Hallberger, Didot, Sonzogno, Brockhaus, Gerold, Hof¬ mann re. zu den tüchtigsten Verlegern der Welt gehört, schwand die Seele des Unternehmens. An der Spitze der „Modenzeitungen" marschitt gcgenwättig ebenfalls ein Berliner Unternehmen, die von Franz Lipperheidc und seiner Gattin 1864 ins Leben gerufene „Modenwelt". Franz Lipperheide ist ein Schüler Schäfer-Voits, er war bis zur Etablirung der Modenwclt Geschäftsführer des Bazar. Seiner geschäftlichen Tüchtigkeit sowohl, wie ganz besonders der redaktionellen Thätigkeit seiner Gattin verdanken „Modenwelt" sowohl wie „Jllustritte Frauenzeitung" den verdienten Erfolg.

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Ich verweise Sie im Uebrigen auf unsern demnächst erscheinen¬ Berliner Zeitungen", ich habe den

den Aufsatz „Geschichte der

Rahmen einer Brieftastennotiz schon bedenklich überschritten. Im Allgemeinen wollen Sie bei fast allen Angaben von Auflagen ein ? machen. Es ist die berechtigte Eigenthümlichkeit der Frauen wie der Zeitungen, mit den Zahlen des Alters und der Auflage ungenau sein zu dürfen. Ein Leser hier. Es ist ein „sogenannter Druckfehler". |

Inserat. :

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Kriedrich

II.

Alle Werke, kleinere Schriften und Ab¬ handlungen voit Friedrich d. Gr., in allen Sprachen, kauft: W- H. Kühl, 24 Niederwallstraße in Berlin.

Verlag der Nicolaischcn Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. D. Moeser Hofbuchdruckerei in Berlin.

Emil Dominik in Berlin.— Druck:



Pohl hier.

Rcichnow ernannt worden. Die Ncrlireitcrung der Ariedrichlkrakc

In der Versammlung des Vereins im Deutschen Dom am 20. c. legte Herr Architekt Krause sehr sauber ausgeführte Aquarellen von Jüterbog imb Zinna vor, zu welchen die Wanderfahtt dorthin die Veranlassung gegeben hatte. Hoffentlich erwirbt ein Institut die Bilder jener schönen Backsteinbauten. Herr Alsicri legte einige Urkunden vor, darunter für Berlin besonders intcreffant eine über die Bestätigung des Privilegs der hiesigen Schützengilde von 1579, sowie das Concept eines Vettrages zwischen dem Kurfürsten Johann Georg und seinem Hof-Goldschmidt. Die Correctur des Entwurfs, sowie seine Ergänzung ist von der

A. R. Neucnburgcrstraße. Wir erfahren jetzt durch die Freundlichkeit des Herrn R. K., woher der Name Neuen bürge rstraße stammt. Die Grafen Pourtales — bekanntlich eine aus Neuenburg stammende Familie — besaßen in der Gegend der Als man die durch heutigen Ncuenburgerstraße viel Terrain. wollte, nannte Straße benennen Grundstücke diese neu durchgeführte man sie nach dem Gcburtslande der Grafen „Neuenburger-

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark , und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro Lgesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

— Ein Scheideblick auf den König-graben von Ed. Krause, Aus dem Leben der Kaiserin, von Georg Förster. — Die Vertriebenen, Erzählung von Ludovica Hesekiel. (Schluß.) Illustration. — Wilhelm Heiser von F. Brunold. — Eine Lotterie vor fast zweihundert Jahren. — Miscellen. — Briefkasten.

Jus -cm

Leben

-er Kaiserin.

Zum 30. September 1879. Von

Georg Förster.

Von Alters her war St. Michael der Schutzpatron der Deutschen, dem mehr als ein Mal Englands Georg, Frank¬ reichs Dyonisius, Spaniens Jago und wie sie weiter heißen die Schutzpatrone der verschiedenen Länder, weichen mußten. Daß aus diesem gewaltigen deutschen Mchael die Spottfigur des deutschen Michel winde, lag in den Verhältniffen; jetzt schützt St. Michael längst wieder sein deutsches Land, und am Tage nach seinem Feste ist auch Deutschlands Kaiserin geboren worden.

Daß Kaiserin August« in dem lieblichen Weimar das Licht der Welt erblickte, daß sie unter den Augen unserer Dichterfürsten heranwuchs zu einer echt fürstlichen Jungfrau und vor fünfzig Jahren dem damaligen Prinzen Wilhelm die Hand zum Ehebunde reichte, ist wohl den meisten Unterthanen ihres Reiches bekannt. Bei Gelegenheit der goldenen Hoch¬ zeit haben Tausende von Blättern die Biographie der deutschen Kaiserin hinaus getragen in die entferntesten Gauen, aber wenn man tief drinnen im Innersten des Landes vielleicht nicht genau wußte, an welchem Tage die damalige Prinzessin von Preußen zuerst eingezogen in ihr späteres Land, wenn man auch nicht Gelegenheit gehabt hatte, sie oft zu sehen, wenn man nicht viel wußte, von dem Glanz, der sie umgiebt, unbekannt war sie nirgends, in Holstein und Rheinland, in Westphalen und Pommern, überall falten sich dankende Hände,

oft ihr Name genannt wird. Jene Holsteinerin hat es ge¬ wiß nicht vergessen, als sie anno 70 zu Berlin im Lazareth an der Leiche ihres Sohnes stand, der bei Gravelotte die Todeswunde empfangen, als da die Königin sie in die Arme schloß und mit ihr weinte, recht wie eine Mutter mit der An¬ deren. Richt vergessen hat es die Pflegerin, wie sie die hohe Frau an das Bett eines sterbenden Soldaten treten sah, wie die königliche Hand segnend über die Stirn des Bewußtlosen strich und ihre Thräne darauf fiel. Wer die Kaiserin kennen lernen will, der muß ihr aus ihren Wegen der Barmherzigkeit folgen, der muß sie geseheir haben in dem großen Kriegsjahr, wo sie in den Lazarethen beim Gottesdienst ein besonderes Gebet für die Mütter in Deutschland halten ließ, wo sie in der bittersten Kälte ihre Besuche nicht aufgab und das selbst gefertigte Verbandzeug brachte. Wichtiger noch war das tiefe Verständniß, das die Kaiserin für Organisation, Leitung und Erhaltung von Lazarethen, Krankenhäusern und ähnlichen An¬ stalten hat. Sie ist längst unbestritten eine Autorität auf diesem Felde und manche segensreiche Einrichtung in unserem Sanitätswesen, sei es im Kriege, sei es im Frieden ist aus die Kaiserin zurückzuführen. Man hat ihre Vorgängerin, die Königin Elisabeth, die Gründerin der Kleinkinderschulen in Preußen, oft eine Diakonissin in Purpur genannt, Kaiserin Augusta

so

202

hat gleich ihr begriffen, daß die Mission der Fürstinnen die

einen Marsch komponirt

Liebe zu den Elenden ist. Es giebt kein Unternehmen, das barmherzigen oder humanistischen Zwecken gewidmet ist, welches sie nicht förderte und unterstützte. Das ist der charakteristischste Zug in ihrem ganzen Wesen. Damit geht ein zweiter Hand in Hand, ihre Wohlthätigkeit. Das für dieses Feld ihrer Ausgaben bestimmte Budget will

Neues.

selten ausreichen und die Kaiserin verzichtet lieber auf etwas Anderes, als auf die Auszahlung einer von ihr projectirten

Unterstützung. Am 10.

Juni 1820 hielt die Prinzessin Auguste von als Braut des damaligen Prinzen Wilhelm ihren Weimar Einzug in Berlin und übersendete an diesem Tage 500 Thaler zur Vcrtheilung an die Armen. Wieviele Spenden sind dieser ersten gefolgt; gerade die Stadt Berlin hat die offene Hand Es war eine ganz feststehende der Kaiserin kennen gelernt. Thatsache, daß bei Unglücksfällen, bei Sammlungen zu wohl¬ thätigen Zwecken, auf allen Listen zuerst der Name der Prin¬ zessin von Preußen stand, auch als Kaiserin ist sie dabei geblieben. Doch begnügt sich die Kaiserin nicht mit dem Auszahlen von Geld, sic weiß nicht nur wohlzuthun, sondern auch zu belohnen. Treue Dienstboten schmückt sie mit goldenem Kreuz, denn sie weiß treue Diener zu schätzen; sie weiß sic aber auch zu behandeln. Ebensowenig wie ihre nähere Umgebung wechselt sie ihre Dienerschaft; ihre Kammerfrauen sind 25 Jahr und länger um sie und hängen mit großer Liebe an ihr, obgleich sie einen ungewöhnlich pünktlichen und schnellen Dienst ver¬ langt. Der Tag der hohen Fran ist aber so ausgefüllt, daß für Ankleiden, Ausruhen und dergleichen niemals viel Zeit übrig bleiben will. Einen großen Theil ihres Tages widmet die hohe Frau ihrer Correspondenz; meist liest sie die einge¬ henden Briefe selbst, viele schreibt sic eigenhändig in ihrer eleganten zierlichen Handschrift; auch die Lectüre erfordert Die Kaiserin ist immer au sah, wie der manche Stunde. Salon-Ausdruck lautet, in der neuesten Literatur; viele deutsche Dichter, tvir nennen nur Auerbach, Geibel, Freytag u. A. sind mehrfach von ihr ausgezeichnet worden. Aber auch die FachLectürc wird nicht vergessen, d. h. Alles was sich auf Sanitätswescn bezieht; hat doch die Kaiserin noch jüngst eine Prämie ausgesetzt, für die beste ärztliche Schrift über Behandlung der Diphteritis. Wiffenschaft und Kunst finden allezeit eine warme Freundin an ihr. Ihr lebhafter Geist verläugnet sich auch in der Unterhaltung nicht; die Kaiserin spricht klar, in kurzen Sätzen, stets das richtige Wort für ihre Meinung treffend, im Ton der Stimme ist noch heute ein Anklang an die thü¬ ringische Heimath unverkennbar. Jeder Zoll Fürstin kann sie doch echt menschlich, echt weiblich sich geben; welcher Frau, die cs einmal mit angehört hat, wird ihr Dankeswort je aus dem Herzen kommen, das sie, umgeben von anderen deutschen Fürstinnen, bei den General-Versammlungen des Vaterlän¬ dischen Frauen-Vereins den Mitgliedern deffelben auszusprechen pflegt. Ein ernster Zug geht durch ihr ganzes Wesen, man fühlt ihr an, daß sie cs mit ihrem Fürstenberuf nicht leicht nimmt, sie weiß, obwohl ihr steife Etiquette fremd ist, immer zu repräsentiren. Wenn wir oben sagten, daß die Kaiserin Kunst und Wiffenschaft zu schätzen weiß, wenn sic es liebt sich mit den Meisterwerken der Sculptur und Malerei zu umgeben, wenn ihre musikalische Bildung eine so gründliche ist, daß sic sogar

hat,

so

erzählen

wir damit nichts sie den Impuls wir auch auf der

Weniger bekannt dürste es sein, daß

Industrie gegeben, der Berliner Gewerbe-Ausstellung begegnet sind. Die hohe Frau besitzt eine große Geschicklichkeit im Trocknen von Blumen, im Zusammenstellen der reizendsten Bouquets, Kränze u. s. w. von solchen und der Uebcrtragung derselben auf Papier, Per¬ gament u. s. w., aus denen sie dann kleine Windschirme, Kästchen, Körbchen und allerlei hübsche Sachen zu Geschenken herstellen läßt. Der mit der Anfertigung der Letzteren be¬ traute Hoflieferant hat ähnliche Sträußchen zusammensetzen lasten und die damit verzierten Sachen ausgestellt. Der Ge¬

zu einer zierlichen

schmack der

Kaiserin zeigt

sich auch

in

diesen kleinen Arbeiten

auf's deutlichste; es ist derselbe Geist, der im Großen aus den von ihr geschaffenen Garten-Anlagen in Babelsberg, den RheinAnlagen bei Coblenz, die ebenfalls ihre Schöpfung sind, spricht. Eine innige Liebe verband die Kaiserin mit ihrer Heim¬ gegangenen Schwester, der Prinzessin Karl von Preußen; war sie mit dieser in Gesellschaft von jüngeren Fürstinnen, die den Vortritt vor ihr hatten, so reichte sie oft der Schwester den Arm, die dann mit ihr vor Jenen herging, falls diese nicht

freiwillig ihr

den

Vortritt

ließen.

Rührend ist die Art und Weise, in der die Kaiserin auf die Liebe des Volkes zu ihrem Heldengemahl eingeht; „da bringe ich Ihnen den Kaiser", sagte sie noch jüngst den Damen des Vaterländischen Frauen-Vereins, als könne sie ihnen keine größere Freude bereiten; Schmuckstücke, die sie als Zeichen be¬ sonderer Anerkennung verschenkt, zeigen neben ihrem Bilde gewöhnlich auch das des Kaisers. Fein und sinnig tveiß sie überhaupt zu geben; im großen Kricgsjahr stiftete sic eine kleine Medaille die ihren Namenszug und das rothe Kreuz zeigte; am Weihnachts-Abend erhielten sie die Damen und Herren, „Es ist ein trüber Weih¬ denen sie dieselbe bestimmt hatte. nachten diesmal," sagte sie mit Bezug darauf, „aber eine kleine Freude wollte ich mir doch machen"! Einzelne Züge oder Aussprüche aus dem Leben der Kaiserin anzuführen ist schwer; sie handelt mehr als sie spricht und hält stets mehr als sie verspricht. Der letzte Zug, den wir an ihr beobachteten, ist ganz neuen Datums. Die hohe Frau hatte eben ihren Platz in der Fricdenskirche zu Potsdam eingenommen, als der Kronprinz eintrat; leise, unmerklich fast, wendete die Kaiserin das Haupt und ihr Auge streifte den Fuß des Eingetretenen. Das Mutterauge wollte sich über¬ zeugen, ob das Leiden des Sohnes in der Besserung. Am Tage nach Michaelstag feiert Deutschland den Ge¬ burtstag seiner Kaiserin, die Hauptstadt Deutschlands aber heißt Berlin, und einem Blatte, das Berlins Wappen an der Stirn trägt, ist es wohl nicht unangemessen, an diesem Tage der Frau zu gedenken, die nun fest einem halben Jahrhundert ein Vorbild für Berlins Frauen ist, und wenn wir in Liebe und Treue unseres Kaisers gedenken, dann wollen wir aus tiefstem Herzen hinzufügen: Heil der Kaiserin!

Die vertriebenen. Erzählung von Cutfoiiitn iiiMits.

(Schluß.)

dem

Er war verschwunden und die alte Frau war allein mit Büchlein, allein mit ihren Gedanken. Sie rückte ihren Sessel

'das Licht näher und begann zu lesen. an den Kamin, zog Trotz des ziemlich schlechten Drucks und ihrer fünf und siebcnzig Jahre brauchte sie keine Brille. Das Buch mutzte sie interessiren,

ihre Augen schienen ordentlich größer zu werden, ihre Lippen flüsterten manchen Vers vor sich hin, sie las und las bis tief in die Nacht, bis zum letzten Wort, dann legte sie das Buch hin und faltete die Hände- „Ja, wenn Germaine eine Dorothea wäre," flüsterte sie vor sich hin, „freilich ich war lange keine Dorothea, und Papa Mellon nahm mich doch an Kindesstatt an, und Papa Boffauer nahm mich znr Schwiegertochter." Die Gedanken der alten Frau wanderten weit, weit zurück in ihre Kindheit, sie dachte der Schwester, von der jede Spur verloren gegangen war schon nach wenigen Jahren, ihr einziger Kummer lange, lange Zeit. Dann waren Mellons gestorben, sie war Wittwe geworden, Gott hatte alle ihre Kinder ge¬ nommen, Görand war das einzige Band, daß sie ans Leben fesselte, aber sic hatte doch ein reiches, glückliches Leben gehabt, das arme verwaiste Exulanten-Kind, sollte sie undankbarer sein, als es einst Papa Mellon gewesen, nein, sie wollte wenigstens versuchen, ob Germaine nicht doch etwas von einer Dorothea habe. Sie stand auf, nahm das Licht und das kleine Exemplar von Hermann und Dorothea und begab sich in ihr Schlafzimmer. Dort öffnete sie ihre Bibel, ein ganz vergilbter dünner Zettel lag darin. bin ein armer Exu¬ lant," sprach sie leise vor sich hin und küßte den Zettel; dann schloß sie die Bibel und legte das Göthische Gedicht darauf. „Ein Nefügirter nahm ein Exulanten-Kind aus," flüsterte sie, „das Exulanten-Kind will seine Schuld bezahlen an die Emigranten, die der Resügirten Landsleute sind. Vergieb mir, Papa Mellon, daß ich das vergessen hatte!"

vor fünf und zwanzig Jahren ausgesehen, wenn and; blühender und stärker; das mußte Madame Selifier sein, denn sie nähte an einem langen hellgelben Frauenhaitdschuh. Ihr gegenüber am Stickrahmen saß in einem ärmlichen Kattunkleidchen ein Mädchen, dessen strahlende Schönheit ihre verwaschene, geflickte Kleidung Lügen zu strafen schien. Nein und edel waren die Züge des blassen Gesichts, das von ties-

sie

Haar in seltener Fülle umrahmt war; unter der leuchteten große dunkle Augen, aus denen ein warmes Herz und ein heller Verstand heraus schauten. Wie gebannt blieb die alte Daine auf der Schwelle stehen, während Madame Sölifier sich erhob und schüchtern nach ihrem Be¬

schwarzem

hohen

gehr fragte.

„Ich wollte mich erkundigen, ob ich Ihnen nicht in irgend einer Weise nützlich sein könnte, meine Name ist Boffauer." Die Tochter sprang auf, das bleiche Gesicht röthete sich, auch Madame

„Wir

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interessirt mich

nämlich

ein armer Exulant thu i mi schreib«, Man thuet mi aus dem Vaterland Um Gottes Wort vertreib«.

Mit laut schlagendem Herzen klopte sie jetzt doch. erscholl es von drinnen.

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,

„Entrez!“

Sie öffnete die Thür und winkte dem Diener zurück¬ das Zimmer war so einfach und ärmlich wie möglich, aber außerordentlich sauber. Im Fenster saß ein Frau von etwa fünfzig Jahren in Trauerkleidern, und Madame Boffauer schaute beinahe in ihre eigenen Züge. So hatte

viel, Sic haben

schon

zu

wissen,

wie Sie dazllgekommen;

es

ist

Exulanten, die Friedrich Wilhelin I. frcnnbtid; aufnahm und von denen ich and; ab¬

I bin so

so

viel für uns gethan," stammelten beide. Madame Bossaller sah sie verwundert an; plötzlich fiel ihr die Aeußerung ihres Enkels ein, daß er zli Lügen und List habe seine Zuflucht nehmen müssen, um die Frauen zur Annahme seiner Wohlthaten zu bewegen, und so ließ sie denn den unverdienten Dank über sich ergehen; da sie recht wohl begriff, daß Madame Sülifier erschrecken würde bei dem Ge¬ danken, Wohlthaten von einem jungen Manne statt von einer alten Frau angenommen zu haben. Sie nahm den ihr dar¬ gebotenen Sessel und hörte mm noch einmal aus Madame Selisiers Munde die traurige Geschichte, welche ihr Enkel ihr mitgetheilt. Die ganze Art der beiden Frauen sprach die Dame an, ihr scharfes Auge sah sofort, daß hier von Abenteuerinnen keine Rede sein konnte, aber eine andere Frage lag ihr auf dein Herzen und sie sprach dieselbe and; aus: „Sie sangen vorhin ein Lied, das man hier fetten hört; es

die am andern Tage um

A

Selifier trat näher. Ihnen schon

verdanken

so

„I

Wer schildert das Erstaunen der Frau Conditor Brandt, Mittag wie gewöhnlich aus dem Fenster sah, während ihre blonde Johanna — von den Offi¬ zieren die Biseuitprinzessin geheißen — im Laden aufwartete, als sie die Frau Altgoldschmiedemeisterin Vossauer in ihrer altmodischen Tracht, die sie nun einmal nicht ablegte, gefolgt von ihrem gepuderten und srisirten Diener, in das Nebenhaus eintreten und verschwinden sah. Die alte Dame war selbst verwundert darüber, sie kam sich hier gar nicht an ihren: Platz vor und es dauerte lange, ehe sie sich durch ein Labyrinth von Treppen und Corridoren bis zu der Stube der Frau Sölifier durchgefragt hatte. Eben wollte sie klopfen, als sie den Gesang zweier Frauenstimmen vernahm, überrascht zog sie die Hand zurück, die Melodie kam ihr doch gar zu bekannt vor, nein, es war keine Täuschung, jetzt vernahm sie auch die Worte, es war ihr Lied, das einzige Andenken an die ferne ungekannte Hcimath:

Stirn

zubleiben ;

!

das Lied

der salzburger

stamme."

Madame Selifier blickte überrascht auf mit ihren blauen Augen, die so gar nichts Französisches hatten und benen der Madame Boffauer so ähnlich waren. „Seltsam," entgegnete sie, „auch ich stamiile von salzburger Exulanteil ab, das Lied habe ich als Kind von meiner Mutter gelernt." Madame Boffauer richtete sich kerzengrade in die Höhe, eine gewaltige Aufregllilg kam über die alte Frau uild mit fast versagender Stimme fragte sie: „Wie lautete der Mädchenname Ihrer Mutter, liebe Madame?" „Nanni Heldensteiner," antwortete die Französin. „Und ich hieß als Mädchen Anni Heldcnsteiner," jubelte Madame Boffauer, während ihr die hellen Thränen über die Wangen rollten. „Gott grüße Dich, meiner verlorenen Schwester Kind, Gott grüße Dich, Germaine, liebe Großnichte, und Gott segne das alte Lied, das uns zusammengeführt." So erfuhr denn Madame Boffauer am Abend ihres Lebens erst, was ans der Schwester geworden war, auf die Der Maitburger hatte sie sich kaum noch besinnen konnte. Exulanten nach Litthaucn andern und den mit Nanni sich an seiner Seele genagt hatte gewandt, aber das Heimweh und ihn bald hinweggenommen in die ewige Heimath. Er

,

204

war immer ein verschlossener Mensch gewesen und so hatte er auch niemand gesagt, wo Anni geblieben; Nannis hatte sich nach seinem Tode eine deutsche Familie angenommen, die in Rußland begütert war- Sie hatte ihre Jugend theils in Rußland, theils in Frankreich zugebracht, so gut wie Anni es aber nicht gehabt, denn nicht eine Tochter, sondern eine brauchbare Dienerin hatten sich ihre Wohlthäter erzogen; eins aber halten auch sie ihr erhalten, das Lied der Exulanten und den Glauben ihrer Väter. Später hatte Ranni einen deutschen Gastwirth zu Paris geheirathet; beide hatten tüchtig gearbeitet und auch so viel vor sich gebracht, um ihrer Tochter eine gute Diese hatte den Intendanten eines Erziehung zu geben. Edelmannes im nördlichen Frankreich geheirathet, mit dem er, wie schon erwähnt, unter der Guillotine geendet, und, obgleich ihr Btann Katholik gewesen war, ihre Tochter abermals in der reinen Lehre erzogen.

Das war in Kurzem der Inhalt des Gesprächs, das sich zwischen den drei Frauen entspann, und Atadame Brandt konnte sich gar nicht denken, ivaS Madame Bosiauer vier volle Stunden in idem Nachbarhause zu thun gehabt hatte, denn erst nach so langer Zeit kehrte sic auf die Schloßfreiheit zurück. Madame Bosiauer hatte die schönsten Pläne entworfen, wie sie ihren Enkel auf die Ucbcrraschung vorbereiten wollte, die ja auch ihm bevorstand, aber sie wurden alle zu Wasser; das Herz war nicht im Stande Komödie zu spielen, und so erfuhr er denn noch am selben Tage alles. Was für Hoff¬ nungen er an diese unerwartete Entwicklung knüpfte, war für Madame Bosiauer kein Geheimniß, sie konnte muh hier keine Komödie spielen, indem sie ihm dieselben trübte, denn die kluge Frau hatte in Gennaines Benehmen, so zurückhaltend sie auch war, manches bemerkt, was sie auf eine Neigung zu ihrem Enkel deutete, und da gegen Stand, Erziehung und Bildung von Mutter und Tochter nicht der leiseste Einwand

war, so freute sie sich herzlich in dein Gedanken an eine Vereinigung ihrer beiden einzigen Verwandten. Nur für seine Umwege in Bezug ans die angeblich von ihr gespen¬ deten Wohlthaten schalt sie den Enkel tüchtig aus. zu erheben

Madame Selifier siedelte mit ihrer Tochter in den „klingenden Jürgen" über, bald darauf erhielten Frau Brandt und ihre blonde Tochter die Anzeige von der Verlobung des jungen Meisters mit der „hergelaufenen Französin" und prophezeiten diesem Bunde alles inögliche Böse, was aber, Gott Lob, nicht hi Erfüllung ging. Madame Bosiauer hatte das Exulanten-Lied in das Exemplar von Hermann und Dorothea gelegt, das ihr Gerand damals gebracht, „Sie sind beide gut," sagte sie, „das alte und das neue Lied, sie haben uns zusammengebracht." „Nein," widersprach Madame Selifier, „Gerand selbst hat sich sein Glück errrungen durch seine Freundlichkeit gegen Gerand war nämlich Madames eine alte kranke Frau." geworden, während Anni fast Germaine vorzog. Liebling Alle Sonntag Abend aber wandelte die greise Goldschmiedemeisterin, auf den Arm ihrer Nichte gestützt, nach dem Garten von Monbijou, sie zeigte ihr die Stelle, wo Madame Mellon sie in die Anne genommen, den Baum unter dem Friedrich Wilhelm für sie und ihre Pflegeeltern gebetet, und dann schloß sic jedesmal mit den Worten: „Gott segne Preußen und seine Könige!" Auf dem Heimwege aber hörte Madame Selifier

oft die Verse jenes alten Liedes flüstern. Sie erlebte noch eine Schaar blühender Urenkel und starb erst beinah hundert¬

sie

jährig mit den Schlußworten ihres Lieblingsliedes: „So hoff i do, Gott wird mir dort Ein

bessre

Wohnung geba."

Ein Scheidtblick auf

den Königsgrabcn.

(Hierzu Illustration Seite 205.)

Der Königsgraben — wie derselbe bis dahin genannt — wurde als Festungsgraben vom Großen Kurfürsten ums Jahr 1658 angelegt, und gehörte zu den 1683 vollendeten Festungswerken. Die Geschichte der neueren Befestigung Berlins ist kurz die. 1630 den 22. Juli schickte Georg Wilhelm an den Feldmarschall Hans Georg von Arnim, daß er ihm einen Ingenieur senden möchte, um 1634 erst wurde eine seine Residenz in Eile etwas zu befestigen. wirkliche Befestigung unter Ausiicht des Ingenieurs Hhdde Hörenken begonnen, die durch Graf Schwarzenberg persönlich weiter¬ geführt wurde. Der ganze Plan der Befestigung, zu der der Kurfürst selbst die ersten Ideen gab und wobei Generalseldmarschall von Sparr zu Rath gezogen wurde, war von Meinhard gezeichnet. Mein¬ hard hatte beim Beginn des Festungsbaus die Ingenieure Tielemann, Jungblut, Heinrich Ruse, Johan ten Venhuys unter sich; außerdem wurde der Schleusenmeister Walter Matthias Smids wegen Veränderung des alten und Anlegung des neuen zu Rathe gezogen. Alle diese Männer waren Holländer. Die Straße „am Königsgraben" entstand erst 1720, wo die dem Wasser gegenüberliegende Häuserreihe bebaut wurde. Auf der anderen (Wasser-) Seite stand nur Nr. 16, das Mehlmagazin. Diese Seite der Straße wurde erst nach 1750 erbaut. Als die Festungswerke fielen, wurde der Graben zum Theil zugeschüttet und nicht lange mehr wird es währen, so wird von diesem eheinaligen Festungsgraben keine Spur mehr zu finden sein, wenn man nicht die krumme Richtung der aus seinem Terrain neu anzulegenden Straße als solche gelten lassen will. Pallastartige Häuser mit prunkenden Geschäftsläden werden eine breite, schöne Straße bilden, in deren Mitte auf hohem Viaducte das Dampfroß einherschnaubt. Prächtige Carossen, besetzte Pferde¬ bahnwagen werden geflügelten Laufes auf schön geebneter Steinoder Asphaltbahn dahinsausen, wo bis vor Kurzem dann und wann der Obstkahn, oder der einer anliegenden Fabrik zugehörige Hand¬ kahn im Schneckenlauf mit vieler Anstrengung und mit Zeitaufwand durch Schlamm und Morast ein inühsäliges Fortkommen suchte. Statt des Pesthauches der dem Schlamme entsteigenden Sumpfgase wird eine frische, reine Brise die volksreichsten Quartiere der Stadt belebend und reinigend durchziehen. Doch „de mortuis nil nisi bene.“ Wir wollen dem nun bald gewesenen und der historischen Erinnerung angehörenden Graben jetzt bei seiner Zu¬ schüttung nichts Böses mehr nachreden, demselben nur noch einen letzten Scheideblick zusenden.

Die Aufnahme unseres Bildes dem ehemaligen

ist von einer historischen

Stätte, Die

Meyerb eerschen Garten, aus erfolgt.

Figuren, welche früher diesen, jetzt als Steinplatz für die Stadt¬ bahn dienenden Garten schmückten, sechs Sandsteinfiguren und zwei in Bleiguß, dem Vorgänger des Zinkgusses, sind dem Märkischen Provinzial-Museum einverleibt und auf dessen Hof aufgestellt. Den Mittelgrund unseres Bildes nimmt die imposante, erst vor wenigen Jahren neu erbaute, massive Königsbrücke ein, die durch die Zuschüttung des Königsgrabens überflüssig geworden und

deshalb abgebrochen werden wird. Linker Hand, hinter der Brücke, steht das Haus Alexanderswaße Nr. 1, in desien Keller sich die großen Restaurationsräumlichkeiten des Stadtkellers befinden, dem sich der Stadtgartcn anschließt, von dem ein Theil oberhalb und

205 unterhalb des ersten Brückenbogens sichtbar wird. Das Haus ge¬ hört zu jenem Grundstückscomplex, auf dessen hinterem Raum früher das so beliebte und berühmte „Königstädtische Theater" ge¬ standen hat. Noch mehr links, vor der Brücke, auf unserem Bilde n^kht sichtbar, steht das große

Dünnwaldsche Geschäftshaus.

An den Stadtgarten reiht sich, hinter einem großen Kastanien¬ baum halb versteckt, ein mit Blitzableitern versehenes Gebäude mit Fabrikschornsteinen. Es gehört zu der in der.Alexanderstraße

Nr.

11 u. 12 gelegenen

Garnisonsbäckerei.

Das dann folgende, im Abbruch befindliche Gebäude ist ein Theil des ehemaligen Kadetten Haus es, jetzt Landgericht, Neue Friedrichstraße dir. 12—16, auf dessen Hose auch die dann folgenden großen Kastanienbäume stehen. Dahinter sehen wir einige Fabrikgebäude, ferner den Garten und das Haus der Villa Colonna, jetzt „Colonnaden-Garten" genannt, mit dem photogra-

Atelier. Den Schluß bilden die prächtigen, ganz aus Sandstein erbauten Königscolonnaden. Der Vordergrund gewährt einen Blick aus die Arbeiten der Zuschüttung. Diese ist einem mindestfordernden Unternehmer in Entreprise übergeben und erfolgt mittelst reinen Sandes, denn nur solcher darf laut Contract verwendet werden, welcher haupt¬ sächlich aus Kähnen herangeschafft wird. Zuerst schüttete man den zunächst der Spandauer Brücke oberhalb derselben nach der Hinter¬ front der Grundstücke Neue Schönhauserstraßc dir. 10—20 führen¬ den Stichkanal zu, dann wurde mit den Arbeiten an der genannten Brücke fortgefahren. Um den: oberhalb dieser Stelle befindlichen, resp. noch zufließenden Wasser den Abfluß zu ermöglichen, wurde aus Holzwerk ein kleiner Kanal mit dem unterwärts der Brücke befindlichen Zwirngraben in Verbindung gesetzt, der mit dem Fort¬ schreiten der Arbeiten in der Richtung aus die Stralauer Brücke hin verlängert wird. Die mit Sand beladenen Kähne fahren von der Stralauer Brücke aus den Königsgraben abwärts bis zur Ent¬ ladungsstelle, wo der Sand theils direct in den Graben geschippt, theils vermittelst Karren ausgeladen wird. So wird nach und nach der Graben stromaufwärts ausgefüllt. Unterhalb der Spandauer phischen

Material theils zu Wagen herangefahren, theils auf Karren aus der für die Canalisation in der Neuen Promenade hergestellten ca. 4 Meter tiefen Baugrube entnommen. Die zum Bau des Kanals erforderlichen Materialien werden noch auf dem Königsgraben zu Wasser herangcschafft. Für die Alterthumskunde, resp. geschichtliche Forschung ist zu bedauern, daß nicht vor der Zuschüttung ein Ausbaggern des Schlammes stattgefunden hat, welches manchen Zeugen vergangener Tage ans Licht gefördert haben dürste. Ein Fund ist indessen doch gemacht worden. Ein Arbeiter hat neulich eine in: Königsgraben gefundene, wohlerhaltenc Granate dem 14. Polizei-Revier ein¬ geliefert. Es sei hier noch die Bemerkung angefügt, daß die Erdarbeiten in der Neuen Promenade ungemein große Lager von Knochen auf¬ gedeckt haben. Der 4 Meter tiefe Einschnitt zeigte sechs CulturBrücke wird das

In

der zweiten und dritten von oben fan¬ ausgebreitete Schichten von Schweins- und namentlich Schafsknochen, besonders vor den Häusern Nr. 5 u. 6 der Neuen Promenade. Ed. Krause.

schichten übereinander.

den

sich

Wilhelm Heiser. Mancher, der obigen Namen liest, wird sich fragen: Wer ist Bis plötzlich ihm diese und jene ansprechende, einfache Melodie durch den Sinn geht; er sich dieser und jener Stunde erinnert, wo er durch die Straßen gehend dies und jenes Lied des Komponisten vernommen, in Konzerten dies und das gehört oder ein hübscher Mädchenmund, ein sonorer Bariton ihm ein Lied des Genannten das?

gesungen.

Einer unserer bekanntesten Novellisten meinte einmal: Die

Bildung eines Menschen

zeige sich,

sobald

er

bei Lesung

eines

Liedes, einer Novelle, nach dem Namen des Dichters und des Verfassers sehe; wie beim Anhören eines Musikstückes nach dem Namen des Komponisten frage — und wenn dies richtig, möchte

206 mit unserer gerühmten deutschen Bildung noch weit im Felde Wer beachtet und gedenkt jemals des Dichters, wenn er ein Lied singen hört. Und je leichter je sangbarer es in's Gehör fällt, um so weniger achtet man auf die, die Worte und Noten hervor¬

es

den Dichter des Liedes:

sein.

dem Herrn

singen? — Gewiß!

Wilhelm Heiser hat überaus viele Lieder in Musik gesetzt, und sein Bestreben echte Volksweisen zu schaffen, ist ihm wie Wenigen gelungen. Wer hat es nicht singen hören, oder bereits mitgesungen, sein: „Zieht im Herbst die Lerche fort, sagt sie leis Ade!" — oder sein allbekanntes vielgcsungenes: „Das Grab auf der Haide". Letzteres ist wohl so bekannt, wie selten eine vieler Herren Länder Komposition ähnlicher Art bekannt wurde. !vird es gesungen — und die Deutschen drüben im fernen Ainerika

In

Schlagschatten dazwischen warf. Heiser hat viel erlebt, auch mannigfache trübe Schicksale er¬ fahren, ohne daß dies seinem heiteren Lebensmuth geschadet hätte.

haben es nicht vergessen. „'s ist jenes Lied, das sie

Seine Erinnerungen an Mantius, Heinrich Blume, der von dem Sänger G. Gern ausgebildet als Mafferu im „Unterbrochenen Opserfest" 1808 unter Jffland zum erstenmale aufgetreten, bis zum October 1848 ununterbrochen der königlichen Bühne daraus ange¬ hört hatte, waren überaus lebensfrisch. Man hörte ihm gern zu. Lieber war es mir noch, wenn er mir seine Lieder sang; wo es dann nicht selten vorkam, daß er mir eine Melodie ohne Worte vortrug, zu der ich ihm dann einen Text zu schaffen hatte, was oft eine eigenthümliche Doppelwirthschaft zwischen Dichter und Komponisten war. Mir aber sind diese Stunden, wo er mir meine Lieder oder eine seiner Schülerinnen die zufällig, anwesend war, dieselben vorsang, unvergeßlich geblieben. Ich rechne diese Stunden zu den schönsten meines Lebens; wie dies wohl bei Jedem der Fall sein wird, wenn er seine Lieder, durch ansprechende Melodieen, in's Weite getragen sieht. Mit welcher Freude vernahm ich auch hier mein: „Grab auf der Haide", meinen Gruß: „Hab' in der Brust ein Vögelcin", das ja vielfach auch anderweitig komponirt ist, mein „Gute Nacht", das nach dem letzten und während des Krieges so vielfach im Süddeutschen gesungen wurde — und vieler, vieler anderer. Auch fehlten Lieder nicht, die er von Andern in Musik gesetzt. So Alb. Trägers: „Wenn du noch eine Heimath hast". Weiterer nicht zu gedenken. Noch ist, wie ein Brief besagt, der Liederquell in der Brust des Komponisten nicht verstecht; er strömt reichlicher denn je. Möchte ihm auch fortan nicht die Anerkennung und Aufmerksamkeit fehlen, die er in so reichem Maaße verdient; möchte er als echter Volksliedcrkomponist nach Verdienst geschätzt und gewürdigt werden. Er verdient es, wie gewiß selten Einer. Wir sagen mit Karl von Holtet: Kehr ich manchmal nächtlich heim;

mir sang. Arm sic oft umschlang," ertönt es wohl — und eine Thräne im Auge wird zerdriickt. Wilhelm Heiser wurde 1817 zu Berlin geboren und kam, kaum zwölf Jahr alt, wegen seiner schönen Svpranstimme und seiner Sicherheit im Treffen, als Chorknabe in die Königliche Oper, so wie in den kleinen Kapellenchor des Königs Friedrich Wilhelm III. aus sechs Knaben und ebenso viel Männern bestehend — und noch mein

welcher unter der Leitung Zelters und Grells stand. Als Mantius, den der König zufällig auf einer Havelparthie hatte singen hören,

und der infolgedessen veranlaßt wurde, sich gänzlich der Bühne zu widmen, zuni erstenmal als Tamino in Mozart's Zauberflöte im Jahre 1830 auftrat, wurde der Versuch gemacht, die drei Genien von Knaben singen zu lassen. Wilhelm Heiser erhielt als Knabe die erste Parthie, und widmete sich, da dieser Versuch, über alle Erwartung gelungen, später gänzlich der Bühne. Er war als Sänger bei den Hoftheatern in Schwerin und Sonders¬

angestellt, verließ jedoch diese Laufbahn, und widmete vorzugsweise der Komposition, wie der Ertheilung von Gesang¬ dieser Eigenschaft war er thätig in Stralsund, wo unterricht. sein „Grab auf der Haide" komponirt wurde, in Rastadt und Berlin. Unter seinen Schülerinnen, die er gebildet, ist wohl die bekannteste hausen

sich

In

Ernestine Wegener vom Wallncrtheatcr, die allbeliebte Schau¬ spielerin. In den Jahren 1853 bis nach dem Feldzüge von 1866 war er Musikmeister des Garde-Füsilier- Regiments in Berlin, wie Dirigent des Garnison-Kirchenchors. Nach gedachtem Jahre nahm er seinen Abschied, und widmete von nun ab sich wieder aus¬ schließlich der Ertheilung von Gesangunterricht, wie der Kompo¬ sition, bis er im vorigen Jahre nach Fürstenwalde über¬ siedelte, wo er gegenwärtig als Dirigent eines dortigen Gesang¬ vereins in angenehmen Verhältnissen und gleicher Beschäftigung wie früher in Berlin lebt. Das möchte so das Biographische sein, wie es in musikalischen Schriften und anderwärts sich vorfindet — und wonach man dem Manne nicht große Aufmerksamkeit zuzuwenden hätte; wer aber den Komponisten, den Menschen näher zu kennen Gelegenheit hatte, wird die Stunden, wo man seine Lieder gehört, wo man mit ihm geplaudert — für nicht verlorene erachten. Was nützt alle Kunst, wenn sie nicht in das Herz des Volkes gedrungen, dort veredelnd wirket: und die schönste Blüthe aller Poesie ist und bleibt das Volkslied. Ein Dichter, ein Komponist, dessen Lieder, dessen Melodieen ins Volk gedrungen, wird niemals ganz vergeffcn werden. Ist der Name verloren, leben die Thaten fort. Wir trafen eines Tages in Berlin unvermuthct auf der Straße zusantmen. Die Hand zum Gruß mir entgegenstreckend sagte er: Kommen Sic, für einen Augenblick! Und damit führte er mich in das Haus, vor dem wir gerade uns getroffen, in ein Zimmer, wo eine junge Dame und ein Herr gemeinsam am Frühstückstische faßen. Und hier, sich zur Ersteren wendend, sagte er, während der Gatte uns die Gläser mit edlem Weine füllte: Hier haben Sie

er noch nicht kennt — vor¬ entgegnete überaus freundlich die junge Frau

— und trat zum Instrument, auf dem das Lied noch aufgeschlagen lag — und vor dem Heiser bereits, als Lehrer der Dame Platz genommen. Das Lied wurde prächtig gesungen — die Gläser wurden geleert, dann ein kurzer Dank, ein flüchtiges Verbeugen, und wir standen wieder auf der Straße, plaudernd der Wohnung des Komponisten zusteuernd. Und während die stattgehabte Scene, noch wie ein Traum im Herzen nachklang, saßen wir, und plauderten von vergangenen Zeiten, während die Gegenwart ihre

gerufen.

Als

Es schläft das Meer. — Wollen Sie es

in meiner Komposition, die

Rach bekannten Weisen,

i

Und

!

so

Hör in Gassen meinen Reim, Schwillt des neuen Liedes Keim, Muß mich glücklich Preisen. mit: Glück auf! — Auf fröhliches Wiedersehn. F.

|

Brunold.

;

!

Eine Lotterie vor fast uveihundert Jahren. Es giebt nichts Neues unter der Sonne; !

stattgefundene

Gewerbeausstellungslotterie,

selbst

die

soeben

welche 500,000

Herzen in banger Erwartung höher schlagen ließ und durch die höchst eigenthümliche Art und Weise der Verloosung nur ein Paar Menschen befriedigte, hat in Berlin vor fast 200 Jahren ihre kleine

Vorgängerin gehabt. Ich gebe aus dem Prospekt und dem Gewinn-Verzeichniß einen kleinen Auszug. Das Letztere ist höchst interessant. Der deutsch und französisch geschriebene Prospekt dieser Lotterie lautete: zu

Lotterie, so mit Sr. Churfürstl. Durchlauchtigkeit Brandenburg gnädigster Permission in der Brüder-

207

Straße bei Sr. Chur Printzl. Durchlaucht Leib-Schneider

Misreüen.

Berlin anno

Mr. Girardier, angestellt worden.

1695. Und nun wird gewissenhaft aufgeführt, wie die Gewinne geprüft und unter Verschluß der hohen Obrigkeit bis zum Ziehungs¬ tage genommen seien, um nicht etwa vertauscht zu werden. „Nach geschehener Aestimation belaufen sich die Stücke oder Loths auf 100 an der Zahl, an dem Werth aber auf 2000 Reichs-

Der Zeidkertag. Am Tage des heil. Burkhardt, oder dem folgenden Sonntag, dem 13. Oktober, pflegten ehedem die Zeidler oder Bienenzüchter von Berlin, Fürstenwalde, Beeskow, Cöpenick uitd deren Umgegend in der Heide einen Zeidlertag abzuhalten. Dreißig bis vierzig Bienenväter pflegten sich alljährlich zti versam¬ meln, von denen der Kurfürst 4 Tonnen Honig oder 36 Thaler zu fordern hatte. Auf dem Zeidlertag wurde untersucht, was etwa Einer im Lauf des Jahres verwirkt oder verbrochen hatte. Hatte z. B. sich Einer an des Andern Beute vergriffen oder einen Schwarm aufgefaitgen, so wurde er gebunden hinter einen geheizten Ofen gesetzt und wer ihm mitleidig einen Trunk Bier schenkte, mußte zur Strafe eine ganze Tonne schenken. Für die Abgabe an Honig erhielten sie übrigens vom Kurfürsten eine Tonne Bier, eilten

thaler". Jedes Billet kostete sechszehn Groschen dergestalt, daß nicht mehr in der gantzen Lotterie als dreitausend sein sollen. Die hervorragenden Gewinne (also 100 bei 3000 Loosen) waren: Nr. 1. 12 3A Ellen Ponceau und Goldreichen Brocards mit Blumen brochirt, sammt einen schönen Coeffuren auf die neueste Mode, bestehend in 2 Cornetten, einem Paar Manschetten mit einer Garnitur Ponceau und Gold sehr reich, wie auch einem schönen brodirten Halstuche oder Steinkercke für Damen, alles ästimirt Thaler. - 2. Ein reich güldener Tour 3'/- Viertel hoch, wieget 103 Loth, ästimirt - 3. Ein großer Spiegel mit einem Venedischen Glase und einem massiv silbernen Rahme, sammt einem andern kleinen Tischspiegel . 100 - 4. Neun Ellen grünen Brocards, in Gold und Silber - 5. Ein Ring mit 7 reinen Deinanten besetzt . 50 - 7. eine länglicht schlagende Sackuhr mit einem 50 gegrabenen Crystallenen Futteral

Scheffel Brodkorn und ein Viert Erbsen.

auf.180

einmal der „Wetter von Graudenz." Herr Lehrer Oderberg Lange in scheint mit der Verherrlichung des braveit Christ. Friedrich Meher ein klein wenig in den Superlativ gerathen Uns geht eine neue „Entgegnung" zu, welche wir in zu sein. ihren ergänzenden Mittheilungen abdrucken, welche aber, und das wollen wir besonders hervorheben, Christ. Friedr. Meher als einen recht braven Soldaten erkennen läßt. Von Seiten des Städtischen Archivs in Graudenz war Ver¬ Zloch

aus.110

auf.70

8. eine kleine güldene Damenuhr mit

-

9. eine güldene Uhr k

güldenen

-

10. 12. 15. 16.

anlassung genommen worden, bei der König!. General-Ordens¬ kommission anzufragen, ob und aus welchem Grunde eine Dekorirung des Kanoniers C. Fr. Meyer aus Oderberg mit der silbernen

.... Kette.50 pendule.50 .... Uhr.40 Uhr.36

-

eine Sackuhr

mit einem

Verdienstmedaille stattgefunden habe. Die genannte Kommission hat hierauf den nachfolgenden Bescheid in einem beglaubigten Auszug aus den Akten ertheilt. „Der Kanonier Christoph Meyer aus der Mark war den 30. Juni 1807 beim Bombenfüllen auf Arbeit. Als er aber hörte, daß der Kanonier Wiese erschoffen wäre, eilte er, ohne auf¬ gefordert zu sein, auf das Ravelin und übernahm ungeheißen dessen Posten." War der brave Märker auch nicht der Retter von Graudenz,

einer-

50

Wecker

eine Engelländische

..35 .35

eine Amsterdammische

mit einer Italiänischen Zifferblatten. ponceau mit Silber brodirt mit seiner palatine, wird ästimirt

eine Uhr

36

17. eine kleine Vorschürtze

auf

- 18.

.

.

andere,

eine

Palatino

bleumourant, mit

war er doch ein Tapferer bei der Vertheidigung dieser schönen Stadt. Damit werden alle Theile einverstanden sein. — D.

so

einer

propre.- ....

tzoventvier, Wock- und Worterbier und Mumme. Wir erhielten kürzlich eine Anfrage und Aufforderung, verschiedene Biernamen — und darunter auch die Obigen — ztl erklären. Wir geben hier einiges, was wir in Büchern fanden. der „Kunst-, Gewerbe- und Handwerksgeschichte der Reichsstadt Augsburg", 1788 daselbst erschienen, wird folgendes erzählt: den deutschen Klöstern braute man 1482 ein sehr starkes Bier, welches Patersbier genannt wurde, weil es für die patres bestimmt war, da hingegen das Nachbier (der zweite Auf¬ bestimmt guß) Covent genannt wurde, weil es für den Convent

- 19. noch eine weiße Schürze, mit Gold brodirt,

Lth.27 gearbeitet.

sehr - 23, eine vergoldete silberne Kanne, Augspurger

Arbeit, 32 Italiänische Pistolen,

- 25. ein paar

35

In

sehr sauber

„In

25

Demanten.20 Probe.17 ...

- 30. ein Ring mit einem Smaragdsstein und 6 - 33. Zwei

silberne

Handleuchter,

Augsburger

- 34. Ein paar gezogene Pariser Pistolen - 38. eine ovale Tabacks llose, von Printz

k

war." —

Betreffs „Bockbier" erzählt Schmidt in seinem „Lehrbuch

portrait.15

16

der Bierbrauerei", daß Kaiser Julian das Bier nicht geliebt habe, dieses zeige ein griechisches Sinngedicht, worin er sich über das Bier folgendermaßen auslasse: „Wer bist du? — Nein, du bist nicht der wahre Bacchus, der Sohn des Jupiter hat einen so

nielall

Arbeit.9 besetzt.6

- 39. ein

- 55. eine - 87. ein

dito von Schildkröten

k portrait . mit erhabener

auch

stählerne Tabacksdose

15

süßen Odem, wie der Nektar, und der deinige ist wie von

Paar Englischer Schnallen mit Steinen

Ich habe nur diejenigen Gewinne hier aufgeführt, welche für die damalige Zeit charakteristisch, und habe die Wiederholungen weg¬ gelassen.

„Es

ist Alles schon dagewesen", sagt

L. H.

Ben Akiba.

11.

!

!

einem

Bock." — Der Name „Porterbier" entstand in England im Jahre 1730 auf folgende Art. Die gewöhnlichen Malzbiere waren in England bis zu diesem Jahre entweder Ale, oder Bier (beer) oder eine geringere Sorte von Bier (Twopenny) gewesen. Die Trinkgästc hatten es damals zur Sitte gemacht, ein Maß oder eine Kanne „halb ein halb ander" zu fordern, nämlich entweder halb Ale und

208

Twopenny, oder halb „Ale" und halb „beer". Später mischte man gar alle drei Getränke, und da hatten nun die Ausschänker die Mühe, nach drei Fässern zu gehen, und um eines Maßeö wegen drei Hähne umzudrehen. Diese Beschwerlichkeit zu vermeiden, kam Idee, einen „liquor" zu fertigen, der die Bestandtheile jener drei Biere enthalten sollte. Er führte seine Idee glücklich aus, und nannte sein neues Bier „ächtes Bier". Man schätzte dieses Bier und hielt es vorzüglich für die Lastträger (Porters) und andere Arbeitsleute geeignet, und Ein eng¬ so gab man ihm den Namen „Porter" (Porterbier). — lisches Braubuch sagt — wir lassen dahingestellt ob richtig der Brauer

Harverd

Cassel, unseres hochgeschätzten Mitarbeiters, sowie einen kleinen Beitrag seiner Feder. Gust. B. in O. Den hübschen Vers:

aus die

|

|

Porter

würde gebraut aus Malz, Hopfen, Syrup, Süßholz, bina, Essentia Kokelskörnern, Cayennepfeffer, Ingwer, Zimmt und

Soda zu verschiedenen Theilen. — Mumme hat seinen Namen von einem Braunschweiger Brauer dieses Namens, dessen Brauerei in der Nähe des alten Braunschweizer Petersthores lag und dessen Haus durch die Statue des D. Erfinders geschmückt Wurde. — Schneiders Memoiren. Wir haben bereits gemeldet, daß Memoiren des verstorbenen Geheimen Hofraths Louis Schneider in kurzer Zeit erscheinen werden. Es ist nicht ohne Jntekesse, die Kapitel-Ueberschriften der drei Bände anzugeben, weil dieselben in großen Linien die Lebensschicksale des Verstorbenen bezeichnen. Der erste Band hat folgende Kapitel-Ueberschriften: Die Kinderjahre. 1805—1818. —Die Flcgeljahre. 1820—1824. — Legatio draniatica in partibus. — Der Soldatensreund. -— Im Palais König Friedrich Wilhelms 111. — Kalisch. 1835. — Eine curiose Honorar-Angelegenheit. 1842. — London. 1842. — Unter polizeilicher Aussicht. 1847. — Kaiser Nikolaus. Peters-

1851. — Fanny Oldi. 1851—1853. — Le Meursius Prussien. Reise zur Huldigung nach Meurs. 1852. — Eine Empfangsfeierlichkeits-Erinnerung. — Zwei Nächte. — Der Feldzug von 1866. — Der Feldzug von 1870—1871. Hindernissen nach Warschau.

und Leid nicht viel anthun konnten, kam damals von dem Joseph¬ städtischen Theater in Wien zu uns. Später war sie im Victoria¬ theater engagirt.

Primislaus, Gemahl Margarethe (Tochter Markgraf Albrechts) wurde 1296 zu Rogotzno mitten in einer Schmauserei vom brandend. Markgrafen Otto IV. erschlagen. — Das Land¬ buch Carls IV. datirt aus dem Jahre 1375. Der Kaiser wollte ein ausführlicheres Werk geschrieben haben, als ihm dasselbe her¬ gestellt wurde, das geht aus der Vorrede des Buches hervor. Die erste deutsche Ausgabe des Landbuchs datirt vom Jahre 1683. — B. L. Spandau. Der Polenkönig

der brandenburgischen

i

|

:

Prinzeß

S. S. hier Mohrcnstraße.

Die 300. Aufführung von fand am 20. Dezember 1853 auf der hiesigen Opernbühne statt. Den Theaterzettel besitzen wir leider nicht, um Ihnen die Namen der damaligen Sängerinnen und Sänger an¬

Mozarts Don Juan geben zu können.



Ein Freund in Schimebcrg. Die ersten Luftballons (Luft¬ bälle genannt) flogen in Berlin am 24. Januar 1784 auf. Der damalige Assessor Klapproth und der Direktor Achard beschäftigten damit/ G. R. hier.

sich

Die

„Bank"

ist 1764 begründet.

dieselbe bestimmten Lokalitäten befanden sich

Hans bringen demnächst eine Biographie des Professor

Dr, Paulus

Die

ersten

„Thielo'-

Hause auf der Dorotheenstadt". Eine ausführliche Bank erscheint demnächst in unserer Zeitschrift. Ein Leser hier. Der „blaue Montag" wurde durch Dekret vom 15. April 1783 abgeschafft, was seiner Zeit großes Murren Geschichte der

unter den Handwerkern veranlaßt hatte.

Wir stich

darauf aufmerksam, daß jedem auf verlangen ein großer prachtvoller Kupfer¬

machen ganz besonders

Abonnenten

52 cm Breite, 62 cm Höhe nach der Lomposition von

W. v. Aaulbach:

„Sernando und Miranda" (aus dem Sturm von Shakespeare),

gestochen

von den Professoren Schacffer und v. Gonzenbach in

München, Ladenpreis 15 M., gegen die sehr geringe Nachzahlung von 1 W. ZV Ws. geliefert wird. unsere Leser diese

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Weihnachtsgeschenk verwenden können,

Erfüllung gehn, wir

in dem

schen

Damit

Briefkasten. Wunsch wird in Ihr B. W.

August

glücklich verheiratet. —

für Der hundertjährige Geburtstag der Brandenburger Doge. Am kommenden 9. November feiert die Loge „Friedrich zur Tugend" im Orient Brandenburg a. H. ihr hundertjähriges Stif¬ tungsfest. Die Loge arbeitet unter Constitution der großen NationalMutterloge zu den drei Weltkugeln und ist unter den von gedachter Großloge konstituirten Tochtcrlogen die 21., gehört also mit zu den ältesten Logen in Preußen. Das Konstitutionspatent der¬ selben ist am 23. Oktober 1779 von Friedrich August, Prinz zu Braun sch weig-Lüneburg, damaligem Großmeister aller Freimaurerlogcn in den königlich preußischen Staaten, ausgestellt und vom schottischen Ober-Meister, Johann Christoph Wöllner, unterzeichnet worden. Letzterer hat, beiläufig bemerkt, seine Thätig¬ keit als Prediger und Landwirth nahe bei Brandenburg, im Dorfe Groß-Behnitz, begonnen, das ehemals im Besitz der Gräflich Jtzenplitz'schen Familie, seit etwa 20 Jahren der Borsig'schen E. M. Familie gehört.

M. Carl

Heigel lebt in der Nähe von München, Die Gcistinger trat zum ersten Male in Berlin im „Friedrichwilhelmstädtischen Theater" auf, und zwar im Jahre 1854 unter Aschers Regie als „Falsche Pepita". Die Künst¬ lerin, der 25 Jahre eines anstrengenden Bühnenlebens voll Freud von

!

die

bürg. 1847. Der zweite und dritte Band hat die folgenden Kapitel-Ueberschriften: Ein Revolutions-Repertoire. 1848. — Katzen¬ — musiken. 1848. — Der letzte Abend auf der Bühne. 1848. Der Feldzug in Schleswig. 1848. — Die ersten Jahre in Pots¬ dam bei König Friedrich Wilhelm IV. — Als Vorleser des Königs. 1849. — Mademoiselle Rachel. 1850. — Eine Courierreise mit

Hebb ik ini stoten An mine grote teh, Will ik di ok smeten Oever de Wandelitzscbe see hat ein Riese gedichtet— vergleichen Sie: Kuhn und Schwartz, Sagen. Bei Wandelitz unweit Oranienburg liegt am See ein Stein, an welchem Eindrücke wie von den fünf Fingern einer Hand zu sehen sind. Ein Riese war hier einst entlang gegangen und — so erzählt die Sage — hatte sich an einem Stein gestoßen. In seinem Unmuth ergriff er ihn — und so fest, daß die Finger sich abdrückten — und warf ihn über den See. —



der prachtvolle Kupfer¬

stich ist ein wirklicher Zlmmerschmuck —, wollen wir das Blatt "Nnfaug bereits von Dezember ab auf verlangen erpediren.

Für die Redaction verantwortlich: Emil Dominik in Berlin. — Verlag der Nicolaifchen Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. Druck: W.

Mörser Hofbnchdrnckerei in Berlin.

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*''•»

Unter Mitwirkung von

Atsieri, Z?. Wrunold in Joachimsthal, Prof. Dr. Paulus Haffes, Stadt-Archivar Kidicin, Theodor Iiontane, Ludovica KeseKies, Dr. Kermann Kkeike, Aerd. Weyer, Baurath Hrth, Dr. Iierd. Z>ffug, Oberlehrer Dr. K. Z>röh5e, röhkei

II.

Stadtschulinspektor Schilkmann, Director Wikljckm Schmarh in Posen, Archidiaconus Schnieliek in Cüstrin, Stadtrath Adolf Streckfuß, Lehrer Keinrich Wagcner in Potsdam rc. herausgegeben von

Berlin.

Stadtrath Ernst Friedet

und

Emil Dominik.

8. November.

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsjpedltlonen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. IS) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische Verla gS »Buch h an diu ng, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro Sgesp. Petitzeile so Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Joachim I., Roman von Adolf Streckfuß. (Fortsetzung). — Die Lutherbibel im Märkischen Museum, mit Illustration. — Das Brandeubnrgische Füsilier-Regiment Nr. 35 . Armcegeschichte. — MiScellen. — Briefkasten. — Inserat.

Ei» Blatt

Joachim I. Roman in historischen Bildern von

ÄisoCpsi

Sfterfifujj.

(Fortsetzung.)

Drittes Kapitel. Die Huldigungsfeierlichkeit war vorüber; Joachim hatte mit seinein jüngeren neun Jahre alten Bruder, dem Mark¬ grafen Albrecht, von den Ständen sich gemeütschaftlich huldigen lassen. So lange als noch nicht bestimmt war, ob Markgraf Albrecht, wie Kurfürst Johann Cicero gewünscht hatte, in die Kirche eintreten würde, und ehe Kurfürst Joachim nicht verheirathet war und Leibeserben hatte, mußte der jüngere Bruder als künftiger Thronerbe betrachtet uird ihm die Huldigung mitertheilt werden. Mt der höchsten Pracht war in den reichen Städten des Landes der Kurfürst empfangen worden; der Adel und die reichen Bürger hatten sich in glänzenden Feierlichkeiten über¬ boten; besonders war in Frankfurt a- d. O-, welches als blühende Handelsstadt vor den übrigen Städten des Landes sich auszeichnete, ein ungeheurer Luxus, ein, selbst die Gewohn¬ heit jener prachtliebenden Zeit übersteigender Aufwand getrie¬ ben worden. Ein Junker von Belkow war in Stiefeln von Sammet, die mit den schönsten, echten Perlen gestickt waren, neben seinein Pferde im schliminsten Wetter durch den Koth

gegangen und hatte das herrliche kostbare Kleidungsstück da¬ durch vollständig verdorben.*)' Durch solche und ähnliche Ausschreitungen wollten die Städte und der Adel deir jungen Kurfürsten ehren; der ganze

ihn umgebende Hof kam jeder seiner Launen zuvor, der Adel drängte sich zu ihm, er hoffte den Knaben, denn als solchen betrachtete er den sechszehnjährigeir Kurfürsten, gänzlich für gewinne,:. Versicherungen der treuesten Anhänglichkeit, der tiefsten Unterwürfigkeit wurden täglich dem jungen Kur¬ fürsten genracht. sich zu

*) Die Chroniken erzählen von dem Junker von Belkow und seinen Brüdern noch mehrere andere Stückchen. Diese reichen Patrizier zeichnete» sich durch eine wahrhaft zügellose Verschwendung aus, und erregten das Erstaunen ihrer Mitbürger. Eine ihrer liebsten Vergnügungen war, auf dem Töpfermarkt sich mit den Pferden zu tummeln, alles Geschirr zu zer¬ brechen, aber auch reichlich zu bezahlen. Wenn sie einen weiten Ritt ge¬ macht hatten, wurden ihre Pferde, anstatt geschwemmt zu werden, mit Malvasierwein begossen. Die Folge dieses Unwesens war dann freilich,

daß im Zeitraum nicht zu vieler Jahre ein wahrhaft fürstliches Vermögen vergeudet war und das der letzte der Brüder von Belkow in seinem Alter im Armenhause von Frankfurt der Stadt zur Last liegen mußte.

234

Die aus dem vornehmsten Adel des Landes bestehende Hofgesellschaft wetteiferte in feiler Liebedienerei, wenn aber die Hoffeste vorüber waren, wenn die Nacht herankam, dann ritten die adligen Herren wohl vom Hoflager selbst fort auf die Straße, um einen lustigen Raubzug zu vollführen. Täglich kamen Berichte an den Kurfürsten von Raubanfällcn, die auf der Landstraße vollführt waren, und immer wieder wurden ihm als Thäter adlige Herren genannt, ohne daß indessen cs möglich war je die Rainen und Personen zu

„Recht so, Freund Kracht," sagte Otterstedt leise, indem und Krach, ihm zu folgen winkte, denn der Rath von Schlieben, der von Joachim besonders hochgeachtete Minister desselben ging eben durch das Vorzimmer, um sich in das kurfürstliche Gemach zu Otterstedt folgte ihm mit den Blicken, bis die Thür begeben. hinter ihm ins Schloß gefallen war, dann fuhr er zn Kracht

bezeichnen.

Gut und Blut, obgleich ich vor wenigen Tagen vom Kurfürsten zum Hauptmann der Leibwache ernannt worden bin. Wagt es Joachim, den Adel der Mark thätlich anzugreifen, dann soll er diese Kühnheit furchtbar büßen. Laßt uns treu zusammenstehen, dann werden

er ein wenig nach einem Fenster sich zurückzog

fort: „Hier habt

gewendet

Bei jeder solchen Nachricht brauste Joachim in wilder Wuth auf! er forderte die nachdrücklichste Untersuchung, aber vergeblich, die Räuber hatten sich gut zu verstecken gewußt, unter Masken voll schwarzem Flor oder Sammet waren ihre Gesichtszüge verborgen gewesen; die Thatsache des Raubanfalls stand fest, aber eben mir diese; — über die Thäterschaft hatten die Beraubten selbst meistens nicht eine Ahnung. Das Rechtlichkcitsgcfühl des jungen Kurfürsten war tief Er berief die adligen Herren seines Hoflagcrs zu empört. sich, trat in ihren Kreis uild wiederholte ihnen noch einmal seinen feierlichen Schwur, ohne Gnade die Missethäter zu

wir

strafen.

Dailn kehrte er, nachdem er den Lindenberg zn sich ge¬ winkt, in sciil Gemach zurück. Die adligen Herren schauten ihm theils mit ärgerlichen, theils mit spöttischen Blicken nach. „Er fängt an, sich zu fühlen," sagte Herr von Kracht zum Ritter von Otterstedt, „habt Ihr gesehen, wie er uirs an¬ blickte, als hätte er die größte Lust, uns zu fressen?" „Er hat ein lvildes, ungestümes Blut," erwiderte ihm Otterstedt, „wenn ihil der Lindenberg llicht bäildigt, dürfen der wir des Schlimmsten von ihm gewärtig sein. Ich habe ihn oft, wenn ich die Wache hatte, beobachtet. Wenn ihm Klagen komnien über einen hier oder dort geschehenen Uebcrfall eines Kaufmannszuges, dann war er jedes Mal fast außer sich vor Wuth; er wiederholte in wilden Verwünschungen ben Schwur, das Testament seines Vaters auszuführen unb schonungslos

>

meine Hand, ich gebe Euch das heilige

sicherlich siegen!"

Während die adligen Herren in dieser und ähnlicher Weise im Vorzimmer sich unterhielten, war der Kurfürst in seinem Gemach in lebhafter Unterredung mit dem Ritter von Lindenberg. „Wie oft hast Du mir versprochen," hatte der Kurfürst den Lindenberg angeredet, „genaue Nachforschungen halten zu lassen, aber Deine Versprechungen waren laue, leere Worte; die nichtswürdigen Räuber auf der Landstraße mehren sich mit jedem Tage, und niemals ist es Dir gelungen, auch nur einen einzigen der Thäter der Art zu ermitteln, daß es möglich Was nützt es mir, gewesen wäre, ihn zur Strafe zu ziehen. wenn Du kommst und mir sagst: man raunt sich zu, der Junker von Treskow habe seine Hand im Spiele gehabt. Am andern Tage aber erfahre ich, daß der Junker von Treskow zur Zeit des Raubanfalls dreißig Meilen von dem Orte der That entfernt gewesen sei, daß also nur ein leeres Gerücht ihn der Thäterschaft habe beschuldigen können. Nicht einmal hast Du mir eineu Namen genannt, auf den begründeter Verdacht zu werfen gewesen wäre! Ich verlange Wahrheit von Dir, Lindenberg, Wahrheit! nichts als Wahrheit!"

„Ihr

thut mir schweres Unrecht, durchlauchtigster Fürst," entgegnete Lindenberg, sich ernst und stolz aufrichtend. „Ich will Euch nicht schmeicheln, will Euch nicht zum Munde reden, wie Andere dies thun! Wie leicht wäre cs mir, einen falschen Verdacht auf irgend einen Edelmann zu werfen, wenn ich nur

den Adel zu unterdrücken, der sich heraus nehme, Gesetz und

iil ben Marken beugen zu wollen. Ich glaube, er thäte und ich versichere Elich Freund Kracht, daß ich nur mit einem gewissen Schauder daran denken inag, >vas werden sollte, wenn der Kurfürst eines schönen Tages die Nachricht erhielte, daß an dem oder jenem Uebcrfall eines Kaufmanns¬ zuges der Ritter von Lindenberg oder der Herr Heinrich von Kracht oder ein anderer unserer Freunde betheiligt gewesen sei. Ich bin überzeugt, er ließe uns ohne Weiteres aufhängen! Den Muth traue ich dein jungen Fürsten wohl zu." „Den Teufel auch!" rief Kracht höhnisch aus, „das soll Der Adel der Mark würde nun er tvahrlich nicht wagen! und nimmermehr von einem Knaben sich das gefallen lassen!" „Habt Ihr vergessen, Freund, das auch die Priegnitzer es sich gefallen lassen mußten, als unser voriger Kurfürst Johann 15 der ersten Adligen wegen Straßenraubes hängen ließ." „Das sind vergangene Zeiten!" entgegnete Kracht, „der Kurfürst war ein Mann, dieser ist ein Knabe, auch hat der Adel der Priegnitz nie die Macht gehabt, wie der der Altund Mttelmark. Uns sollte Joachim wahrlich nicht wagen in ähnlicher Weise zu behandeln, wir lassen uns nun und nimmermehr das gefallen und sollten wir den wilden Burschen mit eigenen Händen im nächsten Walde aufhängen!"

Ihr

Versprechen, ich stehe zu Euch mit

Recht

es

und nicht nach dein Bewußtsein strebte, treuer Rath zu sein. — Die geringste Unvorsichtig¬ Euch ein keit von mir könnte eincin Unschuldigen das Leben kosten. — Wenn ich Euch nun sagte, der Herr von So und So, der zufällig gestern bei Eurem Hoflager nicht anwesend war, und den man vielleicht sogar in der Nähe des Orts gesehen hat, an dem ein Raubanfall vollführt worden, fei höchster Wahr¬ scheinlichkeit nach der Thäter, dann würde ich Euch dadurch freilich zu Munde reden, aber ich würde auch bewirken, daß Ihr, gnädigster Herr, im übersprudelnden Gefühl der Gerechtig¬ keit den vermeintlichen Thäter anklagen und peinlich befragen ließet! Wie leicht wäre möglich, daß unter der Folter der Unglückliche eine Schuld eingestände, die er nie begangen hat. Ihr würdet ihn richten lasten, würdet den Haß Eures Volkes nach Eurer Gunst

!

!

dafür auf Euch ziehen, daß

Ihr

im ungerechten Zorn den

Unschuldigen verdammt hättet, würdet Euer eigenes Gewissen befleckt haben mit dein Bewußtsein, daß Ihr ein ungerechter Richter gewesen seid! Und wenn dann vielleicht nach Jahren |

die Unschuld des Gemordeten an den Tag

'

235 vergeblich wünschen, mit Eurem eigenen Leben das des Gemordeten zurück zu kaufen. Ein elender Schmeichler würde zu solche» Kunstgriffen sich wenden, um sich in der Gunst seines Kurfürsten zu befestigen; — ich aber will und kann

das nicht! Wahrheit habe ich Euch geschworen, gnädigster Herr, Wahrheit, nichts als Wahrheit, diese sollt Ihr von mir hören, heut und immer, das schwöre ich Etich noch einmal, und wenn ich darum auch Eure Gunst verlieren sollte, so habe ich mein reines Genüssen mir doch bewahrt!" Mit einem schönen Enthusiasmus hatte der Ritter von Lindenberg gesprochen, sein Auge leuchtete feuriger, seine Wangen glühten; als er mit gehobener Hand den feierlichen Schwur anssprach, da trat der Kurfürst zu ihm, schwang den Arm um seinen Hals und drückte den Ritter liebevoll ans Herz. „Ich danke Gott," sagte er gerührt, „daß er einen solchen Diener, einen solchen Freund mir gewährt hat! Bleib Deinem herrlichen Vorsatze treu, Lindenberg, schmeichele mir nie, niemals, und ich verspreche es Dir, wie bitter auch die Wahr¬ heit klingen möge, gern werde ich sie stets mi§ Deinem Munde hören! Glücklich der Fürst, der einen Freund zur Seite hat, auf dessen Rath er bauen kann!" Das Gespräch des Kurfürsten mit dem Ritter von Linden¬ berg wurde unterbrochen durch den Rath von Schlieben, der mit ernster Miene ins Zimmer trat; er brachte Nachrichten von neuen Naubanfällen, welche erst in jüngster Zeit auf der Straße, und zwar in nächster Nähe Berlins stattgefunden

hatten.

Eine dunkle Zornröthe erglühte auf den Wangen des jungen Kurfürsten. „Wieder und immer wieder dieselben Klagen, wieder sind es ritterliche Herren gewesen, welche die armen Kaufleute ihrer Waaren beraubt haben. Schändlich, niederträchtig! Hat man auch diesmal gar keinen Verdacht, gar keine Spur gefunden, auf der man weiter sortbauen, auf der man unter¬ suchen könnte?!" „Kurfürstliche Gnaden werden verzeihen," entgegnete der 'Rath von Schlieben ernst, „daß ich nicht augenblicklich den ganzen Sachverhalt mitgetheilt habe; man hat allerdings eine Spur, aber diese ist so außerordentlich ungenau und unsicher, daß ich zögerte, meinem gnädigsten Kurfürsten einen Verdacht mitzutheilen, der noch so wenig begründet ist!" „Sprich, Schlieben, sprich, ich will die ganze Wahrheit wissen, ich will die strengste Untersuchung anordnen, ich muß endlich ins Reine kommen, ich muß endlich ein Beispiel der unbeugsamsten Strenge geben, ein abschreckendes Beispiel, um diese Schändlichen einzuschüchtern, also Heralls mit der Sprache, ohne Umschweife, ich fordere es!" Der Rath von Schlieben war in höchster Verlegenheit, endlich sagte er schüchtern:

„Mai:

sagt, Herr Heinrich voil Kracht uild der Herr von Jtzenplitz seieil linmittelbar vor dem Raubanfall von einigen Bauern betrachtet ivordeil, als sie auf der Landstraße in schnellein Trabe

eillherrittcil.

Eine Viertelstuilde etwa, ilachdem

Allfall gescheheil sein muß, will man beide Herren lachend nach der Stadt haben zurückreiten sehen, jeder hatte ein Bündel vorn über den Sattel geworfen, welches aber in dunkler Nacht der

ilicht zu erkennen war. Nach der Beschreibung des ange¬ fallenen Fuhrmailns soll einer der Räuber ein kleiner, unter¬ setzter Mann gewesen sein, der andere dagegen ein langer, dürrer

auch will der Führinann den Namen Heinrich gehört habeil lind der Herr voll Kracht heißt Heinrich!" „Nllil wohl, das sind Fingerzeige, geilügend um eine Untersuchung zu beginnen. Laßt sofort die Herren von Kracht lind voll Jtzenplitz verhaften, wir wolleil schon sehen, ob sie schuldig sind. Gerechtigkeit soll ihnen werden, aber auch ge¬

Herr,

rechte Strafe. Fort Schlieben, gebt sofort dem Ritter von Otterstedt, dem Hauptmanil meiner Leibwache, Befehl, daß die Schuldigeil ins Gesüngiliß geivorfeil werden!" „Verzeiht mir, gnädigster Herr," sagte der Ritter von Lindenberg ernst und eiltschiedeil, „wenn ich es wage. Euch zu bitten, laßt einige Stlinden über der Ausführung Eures

Befehls vcrgeheil. —

Ihr

seid

im Zorn, ein Fürst sollte nie

im Zorne strafen wollen!"

„Was wagst Dli, Lindenberg? uuum- gab ich Dir die Erlaubniß, das Recht beugen zu wollen, eingreifen in meine Gerechtigkeit!" „Ihr gabt Sie mir, gnädigster Herr, als Ihr von mir fordert, ich sollte treu meiner Ueberzeugung Euch stets die Wahrheit sagen. Vor wenigen Müluten erst, erinnert Euch dessen, zeigte ich Euch, welche furchtbare Folgen es habeil könne und haben müsse, wenn Ihr auf einige trügliche An¬ zeichen hin die Edlen Eures Landes dem Gefängnisse über¬ antworten wollt, zeigte ich Euch, wie leicht auf eine einseitige Ansicht hin der Unschuldige verurtheilt werden könne; Ihr lobtet mich damals, daß ich nicht wegen eines leichtcil Ver¬ dachtes, wegen eines Nichts eine Uiltersuchnng veraillasseil wollte, und jetzt befehlt Ihr, daß ein Kracht, ein Jtzeilplitz, Mänller aus dem höchsten Adel Eures Landes, deshalb ins Gefängniß geworfen werden, weil der eine kurz, der andere lang ist, und weil ein paar betrunkene Bauern behaupteten, sie hätten die Herren zu einer beliebigen Zeit auf der Land¬ straße gesehen! Weiter liegt nichts vor, nicht eitt Beweis, nein, nicht eimnal ein Schatten des Beweises, lind dennoch wollt

Ihr

diese Männer gefangen nehmen lassen, sie vielleicht der Folter überantworten! Bedenkt das tvohl, gnädigster Herr!"

(Fortsetzung in der nächste» Nummer.)

Die Lutherbibel im Murlrischen Museum. Hierzu die Abbildung des Titelblatts

S. 237. „Das Wort sie sollen lassen stahn!“

In der kirchlichen Abtheilung des Märkischen Museums liegt an hervorragender Stelle in einem Glasschrant eine lateinische Bibel, Baseler Ausgabe von 1509, aus, auf dem Titelblatt und aus dein Rande vieler Textblätter mit geschriebenen Sprüchen, Versen und Erläuterungen, auch unten rechts auf dem Titelblatt mit Luthers Namen (1542 Martin Luther D.) versehen, welche Inschriften nach den seitens des Museums vorgenommenen Fest¬ stellungen von derHand des großen Reformators herrühren. Professor Lommatzsch in Wittenberg hatte diese lange Zeit in

Bibel vor Jahren an den bekannten Homöo¬ pathen Dr. Lutze in Köthen für 3000 Thaler und eine Leibrente veräußert, von dessen Erben sie in den Besitz des Märkischen Mu¬ seum vor 3 Jahren überging. seinem Besitz befindliche

Das letztgedachte Institut holte vorher gutachtliche Aeußerungen anerkannter Autoritäten über die Echtheit der Inschriften ein und ließ auch selbst sorgfältige Schrift-Vergleichungen mit den in der Königl. Bibliothek befindlichen festgestellten Briefen Luther's vor¬ nehmen, die im Allgemeinen eine völlige Uebereinstimmung ergaben;

236 die Abweichungen, welche sich sowohl beim Vergleich jener echten Briefe untereinander, als auch mit der Bibelinschrift, constatiren

ließen, finden genugsain Erklärung in der Verschiedenheit der Zeit, des Schreibmaterials und der jeweiligen Situation des Schreibers. Von den Aeußerungen der sachverständigen Autoritäten führen wir die des Pastor cmer. Dr. tfaeol. Sehdemann in Dresden und des Professor Lommatzsch in Wittenberg an. Der erstere schreibt: „Soeben, Mittwoch den „13. Dezbr. 1876, früh 10 Uhr, erhalte die „Photographie" (des Titelblatts der in Rede stehenden Bibel) „die Inschrift ist von Luthers eigener Hand. Vorläufig „nur, daß de Wette's Ausgabe der Briefe Luthers, Bd. 6, S. 341, ich

„dazu zu vergleichen ist.

Näheres später".

Am 15. Dezbr. schreibt Inschrift

derselbe, nachdem er auf den ersten Seiten des Briefes die

Titelblatts copirt hat: „Diese Inschrift ist wirklich von Luthers eigener Hand, und „Original. Die Dresdener Königl. Bibliothek besitzt davon eine des

„der Urschrift nachgeahmte Abschrift, welche einem Exemplar der „zu Wittenberg 1545 bei Hans Lufft erschienenen Foliobibel vor„gehcftct ist und wonach ich diese Inschrift bei de Wette, Luthers „Briefe, Bd. 6, S. 341 habe abdrucken lassen. Sie ist aber auch Wittenberg MDXLYII, „gedruckt in „„Vile schöne Sprüche „Blatt H und edit. Wittenberg 1588 bei Lorcntz Schwenck, Blatt „Kh". — Sie steht in der Jenaer Ausgabe der Werke Luthers, 1558, Fol. 351a und b, Erlanger Ausgabe Bd. 52, „Bd. 8 v. „ferner in Ohly's Ausgabe der Bibelinschriftcn." Seiner Freude darüber, daß das wcrthvollc Werk in die

|

wie das Titelblatt, ganz beschrieben, ebenso ist ein großer Theil der Textblätter, namentlich des neuen Testaments am Rande mit Erläuterungen und Bemerkungen, meist in lateinischer Sprache ver¬ sehen. Die Handschrift dieser Randbemerkungen ist der des Titel¬ blatts durchweg sehr ähnlich, nur bleibt erkennbar, daß sie zu sehr verschiedenen Zeiten, vielleicht in einem Zeitraum von 1515 bis 1543, niedergeschrieben ist. Hin und wieder kommen solche Anmerkungen in verblaßter rother Tinte vor und diese scheinen, da die Schrift in schwarzer Dinte den mit rother Dinte beschriebenen Stellen ausweicht, und da auch auf den> letzten angebundenen Blatt die Jahreszahl 1516 in derselben rothen Dinte vermerkt ist, die älteren zu sein. Außer der auf dem Titelblatt vermerkten Jahres¬ zahlen 1542 und 1543 erscheint auf dem letzten Blatt, am Schluffe eines Spruches, die Jahreszahl 1528 in schwarzer Dinte und in ebenfalls gleicher Handschrift. Die Bibel liegt bedeutsam neben dem berühmten Abendmahls¬ kelch, aus wclchein Joachim II. 1539 zum erstenmal den konsekrirten Wein nahm, aufgeschlagen und wird von den Besuchern des Museums als eine Erinnerung an den „theuren Gottesmann Dr. Martin Luther" stets mit größtem Interesse in Augenschein genommen.

Buchholz, Custos.

I.

Das Drandenlmrgischc Msüier-Negiiimrt Nr. 35.

Hände eines öffentlichen Instituts des Inlandes gekommen und so vor dem Vertrieb in das Ausland gerettet ist, giebt Herr Seydcmann in den kräftigsten Worten Ausdruck. Professor Lommatzsch in Wittenberg erklärt: „1. die genannte „Bibel enthält im Innern Randbemerkungen des 16. und 17. Jahr„hunderts. Die des 16. Jahrhunderts enthielten nach meinen „genau angestellten Untersuchungen gar mancherlei Anmerkungen „von Luthers eigener Hand. Ich bezeichnete diese Bemerkungen „durch eingelegte Zettel, kann aber jetzt, seit Juni 1875 gänzlich „erblindet, nicht mehr nachweisen, wo sich dieselben befinden; so

„daß ich nach dieser Seite leider keinen Beweis mehr

^füsiliere! — chüufunddreißiger! Hurrah, das wirbelt und schreitet geschwinder,

hurrah! — Das

Jene Zettel liegen in der That noch jetzt an ihrer Stelle, in

Theil der Bibel.

dem Titelblatt erinnerlichen Worte, eigener Unterschrift versehen, halte ich unzweifelhaft

„2. Die mir genau auf

Man hat zwar behauptet, daß cs echte Handschrift. „mehrere Bibeln der Art, mit denselben Worten versehen, gäbe „und einige Buchstaben bemäkelt, als könnten die durchaus nicht „von Luther herrühren. Dieses Alles macht mich nicht irre, zumal „ich nach und nach durch besondere Begünstigungen das Gesammt„Archiv Wcimar's zum genauen Copiren in meinen Händen gehabt „habe und dabei sattsam ersehen konnte, wie verschieden sich die „Handschrift Luther's, in Briefen nicht minder als in besonderen „Schreiben an Johann Friedrich gestaltete. In Summa, ich gebe „nichts auf diese Bemäkelungen, ganz abgesehen, daß sich auch in „Briefen anderer Männer gar große Verschiedenheit darbietet. „Wenn sich aber wirklich noch mehrere Bibeln der Art, mit „denselben Worten versehen, vorfinden, so bin ich der Ansicht, daß „diese mit Luther's Handschrift aus dem Titelblatt versehene Bibeln „durch Luther's eigenste Worte gleich einem Gedcnkblatt geweiht „wurden und in anderen Besitz, als theuerstes Vermächtniß über„gegangen sind." Die Lutherbibel hat Folioformat, der Holzdcckel ist mit ge¬ preßtem Schweinsleder überzogen und mit 2 schlichten Schlicßklappen von Messing versehen. Die Innenseite des Deckels ist mit latei¬ nischen und deutschen Sprüchen und Versen von derselben Hand,

Berliner Kinder!

Trägt drei Sträuße auf dem Gewehre. Gärtner freilich, — gegraben, geschanzt, Dann sich selber eingepflanzt, Eingepflanzt auf Schanze zwei — Die flinken Berliner sind allemal dabei!

Im

Jahre 1875

Feldzugsgeschichte

dem das neue Testament enthaltenden Er schreibt ferner:

sind

Heber, als ob er ein Gärtner wäre,

liefern

„kann".

„mit Luthers „für Luthers

Ein Blatt Armeegeschichte von Hauptmann Lsmiarg. wer kommt? — wer?

erschien bei E. S. Mittler u. Sohn die der Jahre 1870—71 des obigen Regiments.

Die überaus wohlwollende Aufnahme dieser tüchtigen Arbeit

ver¬

anlaßte das Erscheinen der heute vorliegenden Regimentsvorge¬ schichte. In erster Linie für die Kameraden des Regiments be¬ rechnet, besonders für jene, welche die großen Kriegsjahre 1864, 1866 und 1870/71 miterlebt haben, will das Werk ihnen eine liebe Erinnerung an unvergeßliche Zeiten für alle Zukunft erhalten. Durch die Regimentsgcschichte gewinnt ein Truppcntheil seine Stellung und die gerechte Würdigung nach außen. Die vorzüg¬ liche Arbeit des Hauptmann Isenburg führt den Nachweis, daß das Interesse, dessen sich die Nummer 35 in so hohem Grade erfteut, ein wohlverdientes ist. Die Erlebnisse dieser ächten brandenauch für unsern Leserkreis interessant die Geschichte der jüngsten Jahre dieses schmucken Regiments ist ja auch zugleich die der sechsten Division, die

burgischen Truppe müssen

sein,

denn

Kriegsgeschichte der Brandenburger

seit 1864. Sie muß unter Aelteren uns interessiren, selbst dann, wenn aber auch die nicht Söhne oder Enkel von ihnen in den Sturmreihcn bei Düppel, unter den Kämpfenden im Holawalde vor Sadowa oder bei Mars la Tour, Orleans und Le Mans standen, denn die Branden¬ burgischen Kinder der letzten großen Kriegszeit sind deffen eingedenk geblieben, was ihre Vorderen gewesen, sie haben ihren Namen den Besten der- großen Zeit beigefügt, sie haben sich in der Feuerprobe des Krieges bewährt als treue Brandenburger. Und wie „ihre Alten einst sungen" bei Großbeeren und Dennewitz, so „zwitscherten die Jungen" mit dem Danske, dem „Bruder meiniges" und mit dem rothhosigen Franzmann.

237 Hier die Geschichte des Regiments. Schon in den Jahren 1740—1806 gab es Fünfunddreißiger in der Preußischen Armee, die ans der Mark und Pommern rekrutirten. Friedrich der Große hatte am 24. Juni 1740 aus Gar¬ nisonbataillonen in der Mark ein „35. Infanterieregiment (Münchow)" in Potsdam «richtet, das

später__

1756 die Nummer 36 erhielt. Aus dem am '27. Juni 1740 für Prinz Heinrich ge¬ stifteten Rcgimente 38 wurde im Jahre 1756 die neue Num¬ mer 35, die zur Brandenburgischen Inspektion gehörte und 1786 in Span¬ dau und Nauen,

2215 Mann stark, in Garnison stand. Seit 1795 lag das

Regiment Nr.

35

in

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Die Uniform von 1816 halte

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höhlt und halb mit gefüllt, Steinchen was natürlich einen entsetzlichen Skandal,

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einen

sogenannten

„hörbaren

Rucks" hervorbrachte. Die Preußische

neue Lienienregimen-

Armee trat in den

Uir Luthcrbibcl im Märkischen Museum.

giment (jetzt 35. und 36. Füsilicrrcgiment), und durch Brigade¬ befehl vom 12. März 1816 trat das 34. Regiment, das Mutter¬ regiment der Brandenburgischen und Magdeburgischen Füsiliere in das Brigadeverhältniß mit dem 21. Regiment, zur Truppenbrigade Mainz und unter das „Generalkommando im Herzogthum Nieder¬

rhein".

riy’jKj./

Um hörbare beim Exerci-

Griffe

Kolbenblech

Der 13. Dezem¬ ber 1815 rief zwei tcr ins Leben, das 33. (jetzt 33. und 34. Füsilierregiment) und das 34. Re¬

ohne

englische Gewehre.

Kolben

*

10 resp. 14 Jahre aus der Preußischen

Rang- und Stamm¬

Stcin-

schloßgewchre

Visir, ein Theil fiihrte

In

und Agraffe.

die

Obcrröcke

über der Uniform; die Spielleute führ¬ ten hohe Trommeln, und als Waffe be¬ faß das Regiment, französische

iEmcndata magis scaturit mmc biblia romr 0.UC fuit in millo tempore vnTa pmis. 0ua loca cmonid concozdant srngula iuris: WZ-t, ' summa casus que teuer et capirutn. argumenta videm'; noui 0.ua legum veterisqj

mit Cordon, Kokarde

Nummer

V- fiAZ

äbatthic Sambucdli pro libr» comenäacwnc

eine

auch

Sturmriemen mußte ihn auch bei gutem Wetter ausdemKopfe festhalten. Die Tor¬ nister waren von Die Scchundsfell. Offiziere trugen

schmalesilberneTresse

Ruhm,

Fang¬

schnüre, ein lederner

schwarze

silberne Knopflöcher mit langen Quasten.

Der Sturm von 1806 löschte, wie so vielen Glanz und

Aufschläge und dun¬

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einer

Um den Hut lief

Soldaten, theils ist es Befehl." Die Infanterie der Provinz Bran¬ denburg trug rothe

Czakow, hoch, hatte

Kiblia tu pleno apparam

gestickten

acht gestickte

„theils putzt

den

kelblaue Patten. Der

f'fr'rn Jt™**

Auf¬

silbernen Einfassung. Auf den Klappen

für geschmackvoll bis auf

es hieß

klappen, Ausschläge und Kragen, die schmalen

ich

es

Die Uniform hatte

letzteren

II. Bataillon

die etwas zu hohen

Küstrin.

schwefelgelbe

und das

Kragen, von denen

Königs¬

und

Rohr

Stein¬

Major von Bessel.

berg i./N., in Sol¬

din

Oberst

Truppenbrigade von Mainz kommandirte das Regiment Oberstlieutenant von

Müffling,

100 Jahre früher.

des Hochsommer Drillens ein — der Frühling lag gerade

Fast ausschließlich übte man das Linien-

„da die Felddienstübungen unvermeidlich nachthcilig auf Anstand und Haltung einwirkten". Von den wissenschaft¬ exerciren,

gebildeten Offizieren hieß es: „die theoretischen Offiziere wissen's, aber können's nicht, sie besuchen die Kriegsschule, um Das waren Glaubenssätze, sich dem Dienste zu entziehen". lich

238 die

glücklich

überwunden sind,

ohne

Schaden

angerichtet

Kommando bis 1857, wo Oberst

zu

Am 10. Oktober 1817 rückte das Regiment nach Schlesien ab, wo es Mitte November in Schweidnitz, Gl atz und G log au eintraf. nach

Doch schon im

April 1818 trat

es seinen Rückmarsch

Mainz an.

Durch Kabinetsordre vom 12. Februar 1820 sollten 8 ReserveRegimenter zu je 2 Bataillonen gebildet werden. Aus dem bis¬ herigen 34. Regiment wurde das 35. Infanterie-Regiment (3. Re¬ serve-Regiment) und das 36. Infanterie-Regiment (4. Reserve-Re¬ giment) gebildet. Als Waffe führte man das „neupreußische Stcinschloßgcwehr" ein.

Durch Ordre vom 6. Februar 1826 erhielt das 35. Infanterieder Uebergabe wurde der

Regiment seine Fahnen, als Tag 24. April bestimmt.

ihnen diejenigen Mannschaften zuzutheilen, welche bei geringer Größe, durch natürliche Körperkraft und Gewandtheit, durch Geschick und Anstelligkeit am meisten zu genügen versprechen. Am 17. und 18. Jan. 1861 wurden die neu verliehenen Fahnen geweiht. Oberst Bronsart von Schellendorf nahm am 25. Mai Abschied vom Regiment, Oberstlieutenant von Obernitz übernahm das Kommando. Der 4. Juli 1860 taufte das Regiment in „ Br an den -

Im

Jahre 1830 kommandirte Oberst von Monsterberg das Regiment, Oberstlieutenant von Bessel das II., Major von Schlichten das I. Bataillon. 1840 war Regimentskommandeur Oberst du Finance, das

I. Bataillon

kommandirte Major von

Ising,

das

II. Major

Leo. Die Rangliste dieses Jahres führt zum ersten Male Namen auf, welche Führer des Regiments in der Ernstzeit von 1864 u.

s.

vom

Fragstein von Nirmsdorfs, Tippelskirch, von Palmenstein, von Griesheim,

burgisches Füsilier-Regiment (Nr. 35).

w. gewesen sind, Namen wie

Die Rangliste des Jahres 1860 weist alle die Führernamen aus, welche die große Kriegstaufe des Regiments durchmachten. Oberstlieutenant von Zamory führte das II., Major von Schmeling das III. und Major von Tippelskirch das I. Bataillon. Als die Fahnen dem Regiment übergeben wurden, hielt Oberst

Bekannt ist auch der Name Gierschner. In diesem Jahre erhielten in der ganzen Armee die Einjährig Frei¬

von Kirschh.

willigen

zum erstenmale eine

schwarzweiße Schnur.

1843 wurde Helm und Waffenrock eingeführt. Oberst Aschoff führte das Regiment bis 1846, wo Oberst Wenzel das Kommando übernahm. Charakteristisch für die Geschichte nicht nur des Regiments sind die während dieser Periode erlassenen Ordres. Da heißt es in einem Befehl vom 28. September 1843 über das „Cigarrenrauchen": „Ehedem ist den Leuten das Tabackrauchcn auf der Straße verboten, weil man es für unan¬ ständig gehalten. Auch wenn sich jetzt die Begriffe darüber geändert haben dürften, so ist dies Verbot keineswegs aufgehoben." Im Dezember 1847 wird dckrctirt: „die Hände in den Hosentaschen zu tragen ist zwar modern, aber dennoch sehr üble Manier und gröblicher Verstoß gegen den militairischen Anstand". Ferner: „Es ist eine bekannte Sache, daß nichts die Kleider mehr schont, als häufiges Ausklopfen; dies alle Morgen nach dem Aufstehen zu thun, muß dem Soldaten zur zweiten Natur werden." Das Jahr 1848 führte das Regiment zum ersten Male seit seiner Neuformation 1815 in den Kampf — leider gegen einen inneren Feind. Es war die Zeit der Verirrungen, über welche trotz der beschönigenden Worte der Neuzeit die Meinung des Soldatenherzens, daß es eben Verirrungen waren, sich nie ändern kann. Die Truppe hat sich während dieser bösen Zeit musterhaft benommen. Die Rangliste des Jahres 1848 führt weitere bekannte Namen aus, so die Lieutenants von Bester, Schräder, Melchior, von Kamecke, Struensee, Lindow, von Schütz. Im Jahre 1849 rückten die Fünsunddreißiger nach Saarlouis und 1851 nach Luxemburg, in keine besonders schöne Garnison. Hören wir z. B., wie das Regiment dort Trinkwasser erhielt. Dieses bekam die Oberstadt aus 3 Brunnen. Hier förderten kommandirte Mannschaften die großen Wastertonnen aus der be¬ deutenden Tiefe, indem sie innerhalb eines großen Rades marschirten. Diese Arbeit war sehr anstrengend und schweißtreibend, die Brunnenarbeiter oder Wassertreter erhielten Mäntel, welche sie anziehen mußten, sobald sie heraustraten. Ein Befehl aus dieser Zeit lautet: Wenn die Unsitte nicht aufhört, die Hände in den Hosentaschen zu tragen, so werden diese zugenäht werden. 1854 schied Oberst Gras von Lüttichau vom Regiment und Oberst von Griesheim übernahm das

Bronsart von Schcllendorf

eintrat. Die wichtigste Veränderung in diesen: Zeitraum betraf das Gewehr. Mit Rücksicht aus die Erfolge der Präzisionswaffen in der Krim griff man zum Miniögewehr, da die alten Gewehre sich bald in solche umändern ließen. Das Zündnadelgewehr war bis dahin nur einzelnen Truppentheilen zur Probe mitgegeben. Die Kabinetsordre vom 4. Juli 1860 machte das 35. Re¬ giment zu einem Füsilierregiment und gab ihm bald darauf die Waffe in die Hand, welche 1864, 1866 und 1870 ihre Schuldig¬ keit gethan hat, das Zündnadelgewehr mit Haubajonnet (M. 62). In der Kabinetsordre hieß es: „Um den Füsilierregimentern die Elemente zuzuführen, welche für ihre Bestimmung als leichte Truppe am geschicktesten sind, sind die Generalkommando's anzuweisen,

haben.

1

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I

von Obernitz eine Ansprache in folgenden Worten: „Seine Majestät der König hat gegen uns die Erwartung ausgesprochen, daß wir das uns gnädigst verliehene Ehrenzeichen mit Gut und Blut ver¬ theidigen werden. Ich habe dies gelobt in der vollen Zuversicht, daß, wenn der Befehl uns in den Kampf schickt, jeder Branden¬ burger Füsilier in allen Chargen mit Kraft, Muth und Freudigkeit dazu beitragen wird, seine Fahne zum Siege zu führen, und daß er sich lieber in Stücke hauen lassen wird, als seine Fahne seigerweise zu verlassen. Gedenkt eurer Voreltern, der braven in vielen Kämpfen erprobten und gefürchteten alten Brandenburger und wenn die vielleicht nicht mehr ferne Zeit kommt, in der wir gebraucht werden, handelt ebenso, wie sie gethan." Am 18. September 1862 übernahm Oberst Elster von Elster¬ mann das Regiment, das Frühjahr 1863 brachte das Regiment in die neuen Garnisonen Brandenburg a./H. und Trcuenbrietzen. Neu waren die Bürgerquartiere, und „Mustcrwiese" und „Ncuendorfer Sand" bildeten die kontrastirenden Exercierplätze. Das Jahr 1863 brachte noch das große „Kriegsmanöver" bei Neustadt-Eberswalde, Wrietzen, Müncheberg und Seelow, bei Hasenfelde und Bulow. Am 2. Dezember 1863, 9'ft Uhr Vormittags, traf die Mobil-

an, am 11. Dezember wurden die mobilen Kompagnien formirt und am 16. Dezember rückte das

ber kamen bereits die Reserven

Regiment ins Feld.

Die große Kriegszeit begann.

„Ihr Brandenburger,

ich kenne Euch und Ihr kennt mich und das ist genug gesagt!" so sandte Friedrich Karl die sechste Division in die Schlacht. Wie sie 1864 ihre Schuldigkeit thaten, das steht in den

ehernen Tafeln der Weltgeschichte eingeschrieben.

Und als am 23. Juni 1866 der Prinz von Neuem sprach: „Laßt Eure Herzen zu Gott schlagen und Eure Fäuste aus den Feind!" — als wenige Jahre später der Sturm gegen den Franz-

mann ausbrach, da haben die Brandenburger Füsiliere Schulter an Schulter mit den 60gern und 64gern, den 24gern, 3ten Jägern

239

^

n 20gern, Stern, 12ern und 48gern und Reitern und Kanonenleuten das Prinzen¬

chen

wort zur Wahrheit gemacht. Wer das in allen Details

lesen

will —

die großen Linien

— der nehme die Bücher des Haupt¬ zur Hand*). Und wer ein Kamerad des Regiments war, der weile einen Augenblick bei den zahlreichen Leichensteinen von Düppel und Alsen, von Sadowa, Spichern, Mars la Tour, Orleans und Le Maus, wo treue Brüder schlafen, bete ihnen ein herzhaftes Vater¬ unser nach, denn „sie sielen, wie das Gesetz es befahl". schrieb die Weltgeschichte auf

mann Isenburg

Dominik.

Misrcllcn.

I.

maligen Gubener Postmeisters Koppermann bestimmten v. 1726 als Vignette die Miniaturabbildung eines Landpostboten, der als sogenannte laufende Post auf einzelnen Routen, die die Landkutsche nicht befuhr, ausschließlich den Verkehr vermittelte. Im langen Rock mit fliegenden Schößen, den Schlapphut auf dem Kopfe, trägt er auf dem Rücken den schmalen, dickgepackten, hohen Tornister, in der Rechten aber, bezeichnend für die Zustände des öffentlichen Ver¬ kehrs, die kräftige Hellebarde. Dem Zweck des Blattes entsprechend schwingt er mit der Linken den fast quadratisch gebrochenen unge¬ fügigen Hochzeits-Brief. Mitgetheilt von Guben.

t

Wcrlincr Mädchenschulen.

Soweit mir bekannt, errichtete Jungfer- oder Mädchenschulen. Er vermahnt die Bürger nachdrücklich, „ihre Töchter darin lesen, schreiben, beten und christliche Gesänge lernen zu lassen (s. Gallus u. A.). L. H. die

entfernten sogen. Schloßberge, sondern hart über der Stadt, da wo jetzt der Turnplatz ist, gelegen hat. Vermißt wird in dem Büchlein ungern ein Nachweis der heidnischen Alterthümer, Schanzen, Burgberge, Urnenfelder, Hünengräber, die sich so vielfach bei der Stadt finden. Dem Herrn Verfasser würde sein Ortseollege LehrerLange, als bester Kenner, sicherlich hierüber verläßliche Angaben machen können. E. Fr.

Uochmal's Kran du Titre. Unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Gymnasialdirektor Wilhelm Schwartz in Posen macht darauf aufmerksam, daß in: Tietz bunte Erinnerungen aus Berlin (über alte Berliner eigenthümliche Persönlichkeiten, Theaterzustände u. dgl.) Berlin 1854, mancherlei Geschichten über die originelle Frau verzeichnet sind.

Tandpostboteutracht von 1726. In einer Sammlung von Gelegenheitsgedichten aus dem ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts befindet sich unter dem für die Tochter des ehe¬

Johann Georg

Jahren kennt; u. A. verdankt man ihm den Nachweis, daß das mittelalterliche Schloß nicht auf dem von der Oder weit seit vielen

ersten

Ueskript wegen der wüsten Kufen, wovon den Ufarrcrn das Decem-Korn rcftirt. 8ub dato Cüstrin den 4. April 1636. Was des ganzen Ministern des Sternbergischen angehörige Pastores wegen der wüsten Hufen, daher sie an ihrer Bestallung großen Mangel erlitten und noch erleiden müßten, gegen uns sich beklaget und dornebst gebeten, solches re. Nun wollen wir dieses an Euch remittirt haben, anstatt re. wir Euch befehlende, daß ihr die Supplieanten auf einen gewissen Tag vor euch ladet und da¬ raus nach Befindung der Sachen und Beschaffenheit der Aecker ihnen zu lasset, daß do ein Pfarrer einen scheffel Deeem-Korn zu heben hat, und die Aecker öde und wüste sind, der alsdann befügt sein mag, einen Scheffel dafür auszusäen, und zu ersetzung der Unkosten, den Zuwachs und einschnitt davon zu erheben, weil olches allhier in der Neumark und anderen Craisen gehalten wird. Gegeben zu Cüstrin. Chnrfürstliche Regierung daselbst. An Christian von Winterseld, verordneten Commissarium des Sternbergischen Kreises auf Sandow und M. Johannen! Lutherum, Pfarrern zu Drossen.

v.

Unächte Uerkeu.

Uoch einmal Kanonier Meyer. Zu meinem Bericht „der Retter von Graudenz", welcher in Nr. 11 dieser Zeitschrift erschienen und zu Entgegnungen in Nr. 20 und 21 veranlaßt hat, will ich nachträglich die erfreuliche Mittheilung machen, daß eine neue Ge¬ denktafel, selbstverständlich mit der früheren Inschrift, in Gegenwart des Gemeinde-Kirchenraths und der Angehörigen des Meyer, am

I.

30. Juni d. in unsere neue, schöne Kirche gebracht und einen sehr würdigen Platz, am Ehor neben der Kanzel, erhalten hat. Oderberg i. M., den 18. Oktober 1879. Heinrich Lange, Lehrer.

Schmidt, ZS., Kehrer: Hdervcrg i. d. M. und seine Um¬ gebung. Eine kleine topographische und historische Beschreibung für hiesige Einwohner und fremde Besucher. Oderberg i. d. M.

In

Comm. bei C. Feistel. 1879. 16". — Eine gedrängte Ueber¬ des Wissenswerthesten in Betreff der anmuthigen Oderveste, welche, seit sie durch die Angermünder und Eberswalder Abzwei¬ sicht

gung mit der Stettiner Bahn verbunden ist, mit Liecht mehr und mehr von den Berliner Touristen aufgesucht wird. Herr Schmidt ist zur Abfassung der Schrift besonders berufen, da er die Gegend

Perlen sind zu allen Zeiten ein bevor¬ zugter Schmuck gewesen und die Kostbarkeit der ächten Perlen ver¬ anlaßte frühe Versuche, dieselben nachzuahmen. Ein im Jahre 1549,

Joachim II. erschienenes „Muscheln undSchneckenheußlein mit den Henden klein oder groß Berlin" zu fertigen. Das Recept lautete: „Berlin zu machen lieblicher Gestalt gleich dem rechten Berlin" nach „Ein köstliches Büchlein von allen Farben und Künsten 1549". „Im zu Regierungszeiten des prachtliebenden

Büchlein lehrt schon die Kunst, aus

Sommer nimm gar weiße Muscheln, schab' sie sauber mit einem Messer, nimm darzu ein teyl Schneckenheußlein als sauber du sie finden magst, wesch gar schön miteinander, stoß in einem Morscher kleyn, so du kleinst' magst, wesch sie gar schön an der Sonnen auf einem Tuch, danach thus in einen neuen Haffen, vermach den mit „luto sapientie“, laß an der Sonnen trucknen und thu es also in einen Kalkoffen, laß drinnen so lange man Kalk brennet. Nimm ihn hernach heraus, so ist's zu Pulver worden als ein Schnee. Danach nimm Ey klar, mit einem Badschwamm gesäubert, thu's Pulver drein mit einander in einem schöne Becher, rührs undereinander, wesch die Hend sauber, mach also in dein Henden

klein oder groß Berlin,

*) Das Brandend. Füs. Regiment Nr. 35, 1815—1870. Ein Blatt Im Aufträge des Regiments bearbeitet von Isenburg, Hauptmann k la suite des Brandend. Füs. Regiments Nr. 35. Lehrer an Armeegeschichte.

der Kriegsschule zu Neiße. Mit dem Portrait des Feldmarsch. Grafen von Wränget, fünf farbigen Unifornrbildern vom Maler Ludwig Burger, 1 Steindenktafel, 4 Plänen und 4 Beilagen. Berlin 1879. Ernst

Mttler

u. Sohn.

deins gemlles durchstrich se mit einer Setz sie dann in einem sind. schönen Becken an die Sonnen, je heißer je besser laß kein Regen darauf kommen. So palliers sie dann in rothem Wein, darnach laß se trucken werden, so gewinnst du schön Berlin." — Wenig bekannt wird den Meisten unserer Leser sein, daß die berühmten Pariser Perlen, welche fast den Glanz der ächten Perlen haben, diesen Glanz aus den Seen unserer Mark

Bürsten, dieweil

se

noch

weich

240 und aus den Wässern unserer Nachbarn, aus Meklenburg und Pommern holen. Ja in Stettin sind seit Jahr und Tag bereits eingerichtete Agenturen der Pariser Häuser vorhanden, welche

Glanz aufkausen. Die Schuppen des tausendweise, namentlich im Winter, gefangenen Uekelei sind das Kaufobjekt dieser Händler für die Pariser Perlensabrikation. Schön ist dieser Kauf nicht und man

diesen

könnte schon den alten Spruch des Colerus den Fischhändlern wie den Fischkäufern an die Thüren schreiben: „Ein Kurtzweil suchen nicht viel irrt Wo rechtes Maas gehalten wird, Gott schuf die Fisch zur Menschen Speiss,

Nicht dass man’s brauch’ verkehrter Weis’.“ Die Uekelei werden nämlich in Eislumen im Winter zu Hunderttausendcn in den Seen und in der Oder gefangen, sie werden alsdann von Frauen geschuppt. Die Fische selbst werden als Sä)weinesutter verwerthet, die Schuppen verkauft. Diese Uekelei-Schuppen bestehen aus 30—40 Prozent einer im kalten Wasser unlöslichen stickstoffhaltigen Materie, unge¬ fähr 45 Prozent phosphorsaurem Kalk und 3—10 Prozent kohlen¬ saurem Kalk, diese Schuppentheile werden zur Leimfabrikation ver¬ wendet. Die silberglänzende Substanz aber, mit der die Schuppen außerdem überzogen sind, ist das eigentlich werthvolle. Diese läßt sich ablösen und zur Bereitung künstlicher Perlen be¬ nutzen, diese Substanz wird pro Pfund mit 60—100 Mark bezahlt. Alan schüttelt die Schuppen init Wasser und gießt auf die im Substanz Aetzammoniakslüssigkeit. Diese ammoniakalische Flüssigkeit wird mit Hausenblasenlösung vermisckft, und die aus Glas geblasenen Perlen werden mit Das Ammoniak verdampft und ein dieser Flüssigkeit benetzt. silberglänzender Uebcrzug bleibt zurück. Wenn man bedenkt, wieviel Fischleben für die Fabrikation einer einzigen falschen Perle getödtct werden müssen, so kann man diesen Industriezweig nur verdammen, denn „Gott schuf die Fisch zur Menschen 8peiss, Nicht dass man’s brauch’ verkehrter Weis'.“ Wasser

niedergefallene

Dominik.

Aufrichtigen Dank.

Kreyher und Holtzmann geleitet und für 134,000 Thaler fertig gestellt. — Der Grundstein zur St. Andreaskirche auf dem Stralauerplatz wurde am 19. Juli 1854 gelegt, und der Bau, welchen Hofbaurath Strack für 65,700 Thaler fertigstellte, am 12. Oktober 1856 eingeweiht. Ueber die Petrikirche später. Restaurateur S. hier. Die Adlerstraße soll ihren Namen von der im 17. Jahrhundert daselbst gestandenen Menagerie empfangen haben, in welcher der große Kurfürst einige schöne Adler aufbewahren ließ. Die Blumenstraße, Fruchtstraße re. er¬ hielten ihre gärtnerischen Namen von den schönen Gärten, an denen sie einst vorbei führten. Theodor Fontane hier. „Ein Berg ist eine Menge zusammengehärfften Staubes und um den Berg zu machen, muß ntan

„Bär"

schrift, welche immerhin doch nur auf ein „gewähltes" Publikum rechnen darf, ein Erfolg. Wir, Verleger und Herausgeber, erhoffen mit dem neuen Jahrgang, den wir aufs Neue wesentlich verstärken werden und für den alte und neue Mitarbeiter ihr Bestes ver¬ sprochen haben,

in der

Herr E. Fr. wird Alles nächstens

Wir erfahren jetzt, daß Andreas Schlüter Brüderstraße Nr. 33, Ecke der Neumannsgasse, gewohnt im Hause Haus in den Nischen der obersten Etagen vier Das trägt hat. Kolossalbüsten. Wir werden ein Portrait Schlüters veröffent¬ lichen, sobald wir eine Vorlage hierfür haben. Das kürzliche dem Berliner Geschichts-Verein aus dem Nachlaße Louis Schnei¬ ders, der daffelbe doch für echt halten mußte, überlaffene Portrait Schlüters wird von verschiedenen Seiten angezweifelt. Woraus sich Gläubige und Zweifler stützen, ist uns unbekannt. An unsere Leser. Wer von unseren werthen Lesern im Besitz der nachstehend aufgeführten Portraits sein sollte, würde uns und unserem Blatte durch Mittheilung hierüber und Ueberlaffung für nur wenige Tage einen wesentlichen Dienst erweisen. Wir H. B. hier.

und

Portraits von:

Gras Adam Schwarzenberg, Graf

Gräfin Kolbe-Wartenberg, Andreas Schlüter,

Ge¬

orge Memhardt, Nering, Frhr. von Dankelmann, Küster, König, Fredersdorf, Frau von Wreech. Für

die Redaction

verantwortlich:

Blatt voll

geben, was

1) Im Jahre 1708 auf Veranlassung Wartenberg vom Baumeister Eosander von Göthe. der Gräfin Kolbe Schloß von der Königin Sophie Dorothea. das empfing Den Namen Preußen. 3. und 4. drucke ich hier ab. Königsberg i. 2) Steht in sich einzige (?) Denkmal Frie¬ mag das welcher Stadt 3) In

Ein Wißbegieriger.

drich Wilhelm II. befinden? mag der Verfasser des mit großem Freimuth geschrie¬ Wer 4) 1765 erschienenen (anonym) Buches: „Vollstän¬ benen, i. dige Gelehrtengeschichte des Weltweisen aus dem Thron, aus

I.

ächten Quellen und unverdächtigen Nachrichten zusammenge¬ tragen und bis auf gegenwärtige Zeit fortgesetzt. Frankfurt und Leipzig 1765" sein? Violet Leipzig. Besten Dank für Alles. Wird nächstens

Ich werde Alles

beantworten.

suchen

Eilf mal Hunderttausendstadt Berlin

die dreifache Anzahl; dann erst soll unser wir oft besprochen haben.

Zur Notiz.

gewissenhaft benutzen.

Abonnent Postamt 13.

Ihr

schaufelweise ansangen", sagt ein japanesisches Sprüchwort. hat seit Nr. 19 fteundliches „Glückauf" hat gewirkt. 525 neue Abonnenten gewonnen, und das ist für eine Zeit¬

gebracht.

Briefkasten. Georg Büchmann hier.

Prediger K. hier. Der Grundstein am 16. Oktober 1848 gelegt und der Bau am ju. jUjcmiitv Der Kirchenbau wurde von bett Stadtbauräthen eingeweiht.

Emil Dominik in Berlin.— Druck:

Cs wird uns mitgetheilt, daß unsere Zeitschrift von einigen Expeditionen nicht pünktlich geliefert wird, wir bemerken hier¬ zu, daß der „Bär“ regelmäßig jeden Sonnabend früh erscheint und im Laufe des Sonnabend von allen Expeditionen unseren Lesern geliefert werden kann. Wir bitten, die Reklamationen wegen unpünktlicher Lieferung direkt

an unsere Expedition zu

richten.

Berlin

E., Brüderstraße 15.

Mcolai'sche Verlags-Suchhandlung. R. Stricker.

Inserat.

Münzen und Medaillen aller Länder und Zeiten

Kauft, verkauft und sendet zur Anfleht Robert Jungfer,

Verlag der Nicolaischen

W. Moeser Hvfbuchdruckerei in Berlin.

Berlin 8. W., Wilhelmstraße 133. I.

Verlags-Buchhandlung,

R. Stricker, in Berlin.

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderftr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Anserate, pro 2gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Joachim I., Roman von Adolf Streckfuß. (Fortsetzung).

Illustration. — Miscellen. — Briefkasten. — Inserate.

— Doctor Hermann Kletke.

Ein Beitrag zur

Geschichte der

Berliner Journalistik.

Von Heinrich Pröhle, mit

Joachim I. Roman in historischen Bildern von flisotpsi SlteAfufj. (Fortsetzung.)

auf die Lippen. Er schwieg, er konnte nicht mit sich ins Reine kommen. Während er auf der einen Seite den höchsten Wunsch hatte, daß endlich strenges Recht geübt werde, fühlte er auf der anderen Seite auch wieder die Wichtigkeit der Gründe, welche Lindenberg ihm vorhielt; als nun aber auch der Rath von Schlieben dem Ritter voll Linden¬ berg Recht gab, als auch er bat, die Sache vorläufig noch auf sich beruhen zu lassen, bis vielleicht stärkere Beweise den Verdacht vergrößerten und eine Untersuchung rechtlich möglich machen würden, da stampfte der junge Mann wüthend mit dem Fuße auf und sagte: „Nun meinetwegen, dann laßt sie laufen die Verbrecher! aber wahrlich, ich werde sie dennoch finden! Die Zeit wird kommen, sie wird und inuß kominen, wo Gottes Gerechtigkeit sie treffen soll, sie werdeir eines Tages die bisherige Vorsicht verabsäumen, das Dunkel, welches bis heute noch auf diesen schändlichen Raubthaten liegt, wird sich lichten, dann aber wehe Denen, die Theil an denselben genommen habeil, nicht Einer soll mir mit dem Leben davon kommen!" Hätte der Kurfürst in diesenr Augenblicke den Lindenberg recht ernst und fest angeschalit, dann würde er vielleicht eine seltsame Veränderung in den Zügen des Ritters wahrge-

Joachim biß

sich

nonrmen habeil. Eine tiefe Bläffe hatte sich auf den Wangen desselbeil gelagert, sein Blick hatte sich zu Boden gesenkt, und fast schien es, als überkäme ihn ein Zittern; das aber war nlir das Werk eines Momentes, denn schon im nächsten Augenblicke wieder hatte er sich gefaßt lind schaute so ernst und klar deni Kurfürsten ins Auge, daß diesem keine Ahnung

davon kam, der Ritter von Lindenberg inöge vielleicht mehr voil dem Raubanfalle wissen, als er sageil wollte.

Viertes Kapitel. Kurfürst Joachiin hatte sein ganzes Jagdgefolge, die sämmtlichen Edelleute, welche zum Hofe gehörten, nach Spandau befohlen, um von dort aus in den wilden, die Havel begrenzenden Wäldern, eine Jagd zu halten. Alle waren sie erschienen die ritterlichen Herren, die zuiil Hofe des Kurfürsten freudig

sich

drängten,

seine

Vergnügungen

theilten, ihm

schmcichelteil und liebkosten.

Die glänzende Schaar war ant frühen Morgen aus Spandau ausgeritten und gab sich init aller Lust dem Jagdvergnügen hin; an der Spitze derselben ritt der junge Kurfürst, freudig erregt, sich ganz und gar dem herrlichen Ver-

242 gnügen widmend, ihm zur Seite ritt der Herr von Lindenbcrg, der unzertrennliche Gefährte Joachim's, der erklärte

'Liebling

doch nicht

„Du

lachst, Lindenberg," fuhr der Kurfürst ernst sott, Frevel, es gibt zwischen Himmel und Erde mehr Wunderdinge, als wir schwache Menschen uns träumen lassen. Hast Du noch nie von Wärwölfen gehört?"' „Wohl, gnädigster Herr, oft habe ich, besonders in meiner Kindheit, von dergleichen Ungethümen erzählen hören, aber noch niemals ist mir selbst ein Wärwolf begegnet, nie habe ich auch einen glaubwürdigen Mann gesprochen, der einen solchen gesehen hätte, nur die Ammen in den Kinderstuben, die Mägde beim Spinnrocken erzählen sich von solchen Märchen; ich aber gestehe — ich kann daran nicht glauben!"

desselben.

Das herrlichste Wetter begünstigte das Jagdvergnügen, schien fast die Sonne zu heiß, zu brennend, und mancher nur Jäger hatte sich deshalb, ermattet von dem anstrengenden Mte von dem Jagdgefolge zurückgezogen, nur der juuge Kurfürst und der Ritter von Lindenberg schienen unermüdlich; mit frischer Jugcndkraft widerstanden sie der Ermattung und regten feurig immer von Neuem die Verfolgung des Wildes

„das

wieder an. Joachim war in heiterer Laune, so manches Wild war schon erlegt worden, aber immer noch wollte er den Befehl zur Umkehr nicht geben, unermüdlich stürmte er vorwärts! Ein Wolf war aufgestört worden, und Joachim brannte vor Begierde, das wilde Thier selbst zu erlegen. Der Wolf hatte sich in den wild verwachsenen Wald hincingcflüchtet, in welchem eine Verfolgung zu Pferde des dichten Buschwerks

in das Dickicht ein. Alls dem Fuße folgte ihm der Ritter von Lindenberg, das übrige Jagdgefolge war bei dem stürmischen Ritte des Kurfürsten zurückgeblieben. So schnell als die dicht bewachsenen Büsche cs möglich machten, drangen die beiden Jäger vorwärts, der Fährte des

schwunden.

„Seltsam, höchst seltsam!" rief der Ritter von Linden¬ berg aus, als er nach eifrigstem Forschen unverrichteter Sache zum Kurfürsten zurückkehrte, der am Fuße einer hohen Kiefer von der Jagd ein wenig ausruhte. „Bis hierher reicht die Fährte, aber nicht weiter, der Wolf ist verschwunden, nirgends eine Spur von ihm zu schauen, fast scheint es, als ginge dies nicht mit rechten Dingen zu." Der Kurfürst hatte das Haupt auf die Hand gestützt und zeichnete mit dein Waidmesser seltsame Figuren und Zeichen in den Sand; er schwieg lange, dann wendete er sich plötzlich zu Lindenberg und fragte ernst: „Glaubst Du wirklich, Lindenberg, daß uns ein über¬ natürlicher Spuk geneckt habe?" Erstaunt blickte Lindenberg zum Kurfürsten nieder; er hatte die Aeußerung, fast scheint es, als geht das nicht mit rechten Dingen zu, ganz absichtslos int Gespräch gethan, ohne sich eigentlich irgend etwas dabei zu denken, um so mehr überraschte es ihn-, als der Kurfürst dieselbe so ernsthaft auf¬ nahm. Solch ein geschulter Hoftnann er war, so konnte er

sich

ist

„Das ist Lästerung, Lindenberg, wie darfst Du es wagen, zweifeln, wo unsere heilige Kirche selbst die Existenz der Wärwölfe uns lehrt!" „Die Kirche?" fragte Lindenberg erstaunt, „nie, gnädigster Herr, habe ich das gehört!" „Du solltest Dich mehr um ernste Dinge kümmern, Linden¬ berg, dann würdest Du so profane Zweifel nicht hegen können; iveißt Du nicht, daß der heilige Vater, wegen der in Deutsch¬ land immer mehr überhand nehmenden Zauberei eine Bulle erlassen hat, in welcher er die strenge Bestrafung der Hexerei und Zauberei ausdrücklich befiehlt? Zwei gelehrte Männer, die Hcxemneister Jacob Sprenger und Heinrich Gremper, haben auf Befehl des Papstes ein werthvolles, gewaltiges Buch ge¬ schrieben, welches zu Köln am Rhein im Jahre 1489 gedruckt worden ist; man nannte es den Hexenhammer.*) „In diesem Buche haben sic alle die Arten der Zauberei und Hexerei aus das Genaueste beschrieben, damit endlich die Bosheit der Teufel vernichtet werde- Ich habe es eifrig und aufmerksam studirt, es kann kein Zweifel mehr sein, daß es wirklich Wärwölfe giebt. Außerdem haben gelehrte Männer uns viele Beispiele von Verwandlungen der Menschen in Thiere theils aus eigener Erfahrung, theils den unzweifelhaftesten Thatsachen nach erzählt, und es wäre eine Vermessenheit, dies nicht glauben zu wollen. Wir sind nur zu geneigt, mit unserem einfältigen Verstände eindringen zu wollen in das Heiligste der Natur. Das aber ist eitler Wahn, Gott läßt sich nicht erforschen, wir können wohl seine Wunder schauen, aber wir können sie nicht erklären!" Mt tiefem Staunen hatte Lindenberg den Worten des Kurfürsten gehorcht, er wußte allerdings, daß Joachim in seinem einsamen Gemach sich den ernstesten Studien hingab, er wußte, daß derselbe mit besonderer Vorliebe sich zur Astro¬ logie und den geheimen Wissenschaften gewandt habe, aber 'und dem jungen Fürsten niemals ivar bisher zwischen ihm das Gespräch auf Zauberei gekommen. Lindenberg ahitte da¬ her auch nicht, wie tief durchdrungen Joachim von dein Wunderglauben jener Zeit war. Der Ritter selbst war in dieser Beziehung seinem Zeitalter weit voraus, feine Anschauung über Kirche und Religion war überhaupt sehr lax und unsicher, er gehörte zu den Freigeistern und wenn er auch nicht ganz ohne Aberglauben war, so konnte er doch am Hellen lichten Tage sehr gut über Hexen zu

wegen nicht mehr möglich war, da warf Joachim den Zügel einem der Diener zu, sprang vom Pferde und drang einzig mit dem Jagdspieß und einem kurzen Jagdmesser bewaffnet

Wildes folgend, aber ein neckisches Schicksal schien sie irre zu führen, denn obgleich die Fährten vor ihnen stets frisch blieben, vermochten sic doch nach stundenlanger Verfolgung den Wolf nicht zu erreichen und plötzlich mitten im wildesten Dickicht verloren sic jede Spur. Der Wolf ivar verschwunden und die Jäger standen mitten in dem wilden Walde allein, ohne zu begreifen, tvelchen Ausweg das Thier genommen haben könne. Vergeblich warf sich Lindenberg auf den Boden, überall umherforschend, ob nicht irgend eine Fährte zu erspähen sei, vergeblich suchte mit dem höchsten Eifer auch Joachim, keine Spur war zu erforschen, der Wolf war und blieb ver¬

umhin zu lächeln, als er die ernste Frage Joachims

hörte.

!

I

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•) Malleus maleficarum; Der berüchtigte Hexenhammer, welcher die Anleitung zu den entsetzlichen Herenprozessen giebt, deren Schauplatz ganz besonders Deutschland war. — Wir werden später Gelegenheit haben, auf diese Prozesse des Weiteren zurückzukommen.

243 airib Zauberei spotten. — Der Ritter von Lindenberg war 'indeß ein zu gewiegter Hofmann, als daß er nicht aus dem

Wrsten erkannt hätte, wie tief und heilig ihm Er ging aus diesem Grunde sofort auf die Idee des Kurfürsten ein und sagte ernst: „Es konnte mir nicht beifallen, gnädigster Herr, einen Zweifel an die Existenz der Zauberei aussprechen zu wollen, aber ich bin leider zu wenig gelehrt, um selbst darüber urtheilen «Ernste seines

.die geäußerten Ansichten seien.

zu könne»; Euer Kurfürstliche Gnaden würden nnch zu tiefstem nnterthänigstem Danke verpflichten, wenn ich aus so hohem Munde eine Belehrung einpfangen könnte. Wie ich schon

sagte, mir ist es ganz unbekannt, daß wirklich glaubwürdige Männer, Autoritäten der Kirche sich für die Existenz von Wärwölfen ausgesprochen." „Darüber kann gar kein Zweifel sein! der Teufel hat seinen Anhängern die Macht verstattet, sich in Thiere zu ver¬ wandeln und eine der häufigsten Verwandlungen ist die in Wölfe! Viele unzweifelhafte Beispiele hat uns die Geschichte aufbewahrt; so hörte ich neulich erst von einem furchtbaren Falle/' der sich weit oben im Preußenlande zugetragen hat.

Ein Edelmann ging auf seinem Felde; da wurde er plötzlich von einem graulichen Wolfe angefallen; er setzte sich zu Wehr und kämpfte tapfer mit dem furchtbaren Thiere, aber es ging ihm ans Leben und nur nach langem, schwerem Kampfe ge¬ lang es ihm mit dem Waidmesser den Wolf so in dem Schenkel zu verwunden, daß er endlich heulend entfloh. Der Edelmann kehrte auf seinen Hof zurück und verband sich die empfangenen Wunden. Als er am folgenden Tage wiederum ausging und auf den Schauplatz des Kampfes kam, verfolgte er die Blutspuren des verwundeten Thieres. Zu seinem höchsten Staunen führten diese, gerade nach der Thür eines seiner Bauern, dort verschwanden sie! Noch immer hatte der Edelmann keine Ahnung, daß er mit einem unnatürlichen Wolf gekämpft habe, aber er trat unwillkürlich in die Bauernhütte und fragte die Frau nach ihrem Manne. Da erzählte ihm diese, daß der Mann am vergangenen Tage iir der Trunkenheit mit andern in Streit gerathen und schwer an der Hüfte verletzt worden sei. Jetzt durchschaute der Edelmann plötzlich den ganzen entsetz¬ lichen Vorgang; er drang in die Stube des Bauern ein und redete diesem so lange ins Gewissen, bis er endlich gestand, daß er selbst der Wolf gewesen sei, mit dem der Edelmann gestern auf dem Felde im Kampfe gelegen habe. Solcher Beispiele giebt es noch unzählige, und es wäre wahrhaft ver¬ messen, wollte man nach den Hunderten von Beweisen, welche uns durch glaubwürdige Männer, heilige Priester und weise Gelehrte überliefert worden sind, noch zweifeln. Ich gestehe Dir, Lindenberg, daß ich seit dem ersten Augenblick, in welchem wir den Wolf verfolgten, ein unheimliches Gefühl hatte, die Jagdlust riß niich hin, jetzt aber bin ich vollkommen überzeugt, daß wir es nicht mit einem natürlichen Wolf zu thun hatten, denn wie sollte dieser nur so plötzlich verschwinden können!" Der Ritter von Lindenberg biß sich auf die Lippen, er hätte gar zu gern mit einen: Scherz geantwortet, aber er wagte es nicht, denn im Punkte der Religion und des Glaubens verstand der junge Fürst keinen Scherz. Er machte deshalb das gläubigste Gesicht von der Welt und gab dem Kurfürsten nach solchen Beweisen vollkommen Recht. Die Jäger bemertten nicht, daß während der kurzen Ruhe, die sie hielten, der Himmel nach und nach sich mehr und mehr

bewölkte.

Eine dicke, schwarze Wetterwolke hatte

sich

zusam¬

mengezogen und plötzlich zuckte ein wilder Blitz aus derselben

hervor, den: fast unmittelbar krachend und prasselnd ein furcht¬ barer Donnerschlag folgte. Große Tropfen fielen vom Himmel, welche bald zu einem gewaltigen Regenstrom sich verdichteten. Joachim sprang ans und schaute um sich. „Es ist Zeit, daß wir zurückkehren, Lindenberg," sagte er, „das Wetter hat uns überrascht, wir werden eilen müssen, zu unserem Jagdgefolgc zurückzukehren, wenn wir zur Nacht in Spandau sein

wollen." Dies war nun aber leichter gesagt als gethan, denn im dichten Gebüsch hatten die Jäger bei der eifrigen Verfolgung des Wolfes ihren Weg verloren. Sie waren verirrt, mitten im wilden Walde, ohne eine Ahnung zu haben, wohin sie ihre Schritte richten sollten, denn der Platzregen hatte die Fährten, denen sic gefolgt waren und ihre eigenen Spuren vollständig vernichtet. Vergeblich suchte der Ritter von Linden¬ berg nach einem Wege, er mußte endlich dem Kurfürsten

ge¬

aus, wo ein, und daß sie vollständig verirrt seien; er that es mit Zagen, denn er stehen, daß er nicht wisse, wo

fürchtete bei dem jähzornigen Charakter des Kurfürsten, heftige Vorwürfe zu empfangen, aber Joachin: lachte laut und hell

auf und sagte scherzend: „Das ist ein Abenteuer, Linden¬ berg ! Run wohl, wir werden die Nacht im Freien zubringen Vom Regen durchnäßt und unter irgend einen: müssen. Baume zu liegen, ist, wenn auch nicht gar zu unmuthig, doch kein Unglück. Du kannst so wenig dafür als ich, auf der¬ gleichen kleine Unannehmlichkeiten müssen tüchtige Jäger vor¬ bereitet sein! Vorläufig wollen wir versuchen, ob wir nicht ein Obdach erreichen können, gelingt es uns, um so besser, gelingt es nicht, dann bleiben wir im Wald. Wenn ich nicht sehr irre, müssen wir, wenn wir uns rechts tuenden, imch der Havel kommen, wir können nicht zu weit von derselben ent¬ fernt sein. — Gehen wir dann an dem Strom entlang, so treffen wir sicherlich bald auf irgend eine Fischerhütte; von dort aus werden wir zu Kahne nach Spandau gelangen. Also vorwärts, Fre:ii:d Lindenberg, tvir wollen m:s auf dei: Weg machen." Unermüdlich drangen i:ach diesen Wortei: des Kurfürsten die Jäger durch das wilde Gebüsch, aber sie konnten nur langsam vorwärts schreiten, denn Bron:beeren und ai:deres Gesttäuch waren so wild und dicht zusainmen gewachsen, daß sie oft nur vermöge ihrer Waidmesser sich einen Weg zu schaffei: vermochten.

Es war schon fast Abend geworden, als sie nicht fern in: Walde einen Lichtschimmer sahen, sie schritten demselben entgegen, bald erreichten sie eine kleine Lichtung in: Holze und vor ihnen lag ein schwelender Meiler, neben demselbei: stand eine kleine unansehnliche Kohlenbrennerhütte.

„Kein einladendes Obdach, Lindenberg," sagte der Kurfürst lachend, „aber immerhin ein Obdach, wir ivollei: die Gastfreiheit der armen Leute in Anspruch nehn:en, ein Truirk Wasser und ein Stück Brod werden wohl zu erhalten sein, und das ist immer ein Labsal nach so angestrengtem Marsch, eine warme Stelle am Feuer wird uns ebenfalls, nachden: wir von: Regen durchnäßt sind, wohlthun." „Verzeiht, gnädigster Herr," entgegnete Lindenberg, „aber ich bitte Euch, laßt uns lieber die Nacht im Walde zubringen als in der Köhlerhütte, wir können nicht wissen, welches

244 dort herbergt. Die Gegend hier herum ist nicht sicher, leicht könnten Räuber bei dem Köhler nächtigen und Euer kurfürstlichen Gnaden kostbares Leben in Gefahr bringen!" Joachim lachte sorglos: „Das haben wir nicht zu be¬ sorgen, Freund Lindenberg. Die einzigen Räuber, welche in neuerer Zeit die Straßen in der Mark unsicher gemacht haben, sind die adligen Herren von meinem eigenen Hofe und diese itächtigen wohl nicht in einer Kvhlerhütte. Ohne Sorge also vorwärts, Lindenberg, wir wollen die Gastfreiheit unserer Unterthanen auf die Probe stellen." Die beiden Jäger schritten vorwärts, dem Eingänge der Hütte zu; als sic vor der Thür standen, warf Joachim einen Blick in das kleine Fenster, durch welches er das Innere der Gesindel

Hütte vollkommen überschauen koitnte.

Ein eigenthümliches Bild bot

ihm dar; auf dein Heerde des niederen ärmlichen Gemachs brannte ein helles Feuer, über dem ein mächtiger Kessel hing, eine kräftige Frau in mittleren Jahren stand vor dem Feuer; sie rührte mit sich

einer Kelle in dem Kessel und dabei wendete sic sich halb nach einem rußigen, derben jungen Manne von etwa 18 Jahren um, welcher die Arme unter dem Kopfe gefaltet, auf einer Bank ausruhend lag. Die Frau war offenbar in ziemlicher

Aufregung, sic zankte sich mit dem jungen Manne, der in stoischer Ruhe ihren heftigen Reden zuhörte. „Es paßt Dir nicht mehr im Walde Kohlen zu brennen und bei Deiner Muhme zu bleiben, Peter, ja ich glaub's. Du möchtest gerne im Gefolge irgend so eines ritterlichen Herrn herziehen, auf der Landstraße die armen Kaufleute todtschlagen, das wäre so Dein Geschmack, nicht wahr? Morden und stehlen ist keine Schande, es thun cö ja die Höchsten im Lande! Da — aber nichts wird möchtest Du denn auch gern dabei sein draus, sage ich Dir, nichts; brenne Du nur immer weiter Deine Kohlen; so lange ich lebe, sollst Du Dich nicht an solche adlige Räuber wie die Krachte und Jtzcnplitze an¬

hängen!"

Mit

stoischer Ruhe hatte der junge

Mann den heftigen

Worten der Frau zugehört. „Ereifert Euch doch nicht so, Muhme." sagte er, ohne ein Glied zu bewegen, habe noch gar nicht daran gedacht, in den Dienst eines Adligen zu treten. Denkt wohl, ich habe cs vergessen, daß mir der wilde Kracht den Bruder erschlagen hat, als er mit dem berliner Kaufmann nach Beelitz zog, das vcrgcffc ich und vergebe ich ihm nicht; aber aus dem Walde will ich doch fort, bin's müde hier ans der Bank zu liegen, zwölf ge¬ schlagene Stunden den Tag und immer nur darauf zu passen, ob das Feuer gut brennt ! Die einzige Lust ist das Holzhaneu und das ist ein schlechter Spaß. Ich gehe nach Berlin und ver¬ dinge mich als Stadtknecht, sic brauchen dort kräftige Bursche!" (Fortsetzung folgt.)

Oortor Hermann Mittlre. Ein Beitrag zur

Geschichte der

Von

Berliner Journalistik.

prall le.

Etwa in der Zeit, da Hermann Kletke die Schriststellerei zu seinem Lebensberuf ersah, sprachen sich Chamisso und Hitzig gegen

Es war Rebenstein (Bernstein). Auch Kletke gehört als Cheftedak¬ teur der Vossischen Zeitung zu denjenigen Männern, welche der Schriststellerei bereits eine immerhin hervorragende äußerliche Lebens¬ stellung verdanken. Chamisso's Warnung hatte zunächst den lyrischen Dichtern gegolten, und gewiß hat sie für diese noch heute ihre Giltigkeit. Aber eigenthümlich ist bei Kletke der Umstand, daß der¬ selbe, wenn auch mit dem politischen Parteistandpunkte seines Blattes natürlich in vollkommener innerer Uebereinstimmung, dennoch nicht eigentlich als politischer Parteimann seine Stellung als Chefredakteur der vielleicht einflußreichsten Berliner Zeitung auf eine bedeutungs¬ volle Art ausfüllt. Es sind vielmehr die Eigenschaften des belle¬ tristischen Schriftstellers, Geschmack und eine hervorragende allgemeine Bildung, so wie die in einer vielseitigen schriftstellerischen Thätigkeit erworbene literarische Gewandtheit, welche bewirken, daß in einer Zeit, da die Form der Gazetten schon so vielfältig durch das Telegraphenund Reporterwesen getrübt ist und die großstädtischen Zeitungen oft nur das Spiegelbild einer unruhigen Menge zurückwerfen, die Vossische Zeitung doch noch immer in einer gewissen Hinsicht als Localblatt im besten Sinne des Wortes über den Parteien steht.

Für Kletke persönlich

ist es ohne Zweifel ein besonderes Glück,

daß sich der Dichter in ihm mit dem politischen Redacteur zu ver¬ tragen wußte, ein Glück, das ihm die Tage des Alters leichter

macht als die der Jugend und sein Gemüth wohlwollend und heiter erhält. Im Allgemeinen möchte man dem Dichter einen Bil¬ dungsgang wünschen, welcher der Entfaltung des poetischen Talentes, ähnlich wie bei Uhland, die höchste Auszeichnung in der Wissenschaft zur Seite stellt, damit die deutschen Universitäten und Akademien ihnen ein unabhängigeres Gebiet für ihre Berufs¬ thätigkeit eröffnen können. Auch Kletke's Productionen bis zur Uebernahme der Cheftedaction der Vossischen Zeitung, die doch nicht die eines gewöhnlichen Literaten waren, regen bei Betrachtung seiner Jugendgeschichte wohl diesen Wunsch in uns an. Doch eben Kletke's Jugendgcschichte zeigt uns, wie gerade hochgebildete Eltern, indem sie die Frühreife ihrer talentvollen, aber ohnehin in der Jugend anfänglich durch die Phantasie oft mehr behinderten als geförderten Söhne durch besondere gemüthliche Anregung bewirken, unwillkührlich Gefahr laufen, auch die rasche Hingabe derselben an die Schriftstellerei als Lebensberuf herbeizuführen. Nur sehr langsam konnte Hermann Kletke die Folgen der romantischen Un-

gebundcnheit seiner ftühcn Jahre überwinden, in denen ihm kein Zügel einer strengen Zucht angelegt war. Die Gefahr lag ihm nahe, in einem Traumleben unterzugehen, das sich gänzlich außer dem Kreise der Wirklichkeit befand. Aus einem Roßhaarkissen an der Erde gelagert, schwelgte er in der Bibliothek des Vaters in den verschiedensten Lesestoffen, Romanen, Schauspielen, Gedichten, Reisen, historischen, philosophischen und vermischten Schriften. Der Vater hatte nämlich, besonders durch Ankauf auf Auctionen, eine ganz bedeutende Bibliothek zusammengebracht. Das Bücherzimmer enthielt nicht allein die Rcpositorien, es war auch durch eine An¬ zahl wohlgefülltcr hoch auf einander gepackter Bücherkisten in mehrere kleine Gemächer getheilt, welche für Kinder gar hübsche Spiel- und Verstcckplätze bildeten. Nebenbei gesagt, hat Kletke die Neigung Bücher zu sammeln vom Vater geerbt. In ftüheren Jahren war er einer der Eifrigsten, welche die Läden der Berliner Antiquare durchmusterten. Namentlich sind seine Bücherschätze aus dem achtzehnten Jahrhundert sehr reichhaltig und seine Sammlung von Schriften zur Geschichte Friedrichs des Großen, der drei

Kriege und der preußischen Dichterschule*) würde eine wesentlliche Ergänzung der Schätze der königlichen Bibliothek sehr

schlesischen

*) Eine gutgeschriebene, durch Droysen gekrönte Preisschrift von über die Poesie des siebenjährigen Krieges beruht indem, was sie Werthvolles enthält, ganz auf der Benutzung von Kletke's Samm¬ lung. Alan findet fie in der Zeitschrift für preußische Geschichte und Lan¬

die Schriftstellerei als Lebensberuf aus. Tie damaligen Verhält¬ nisse änderten sich aber so schnell, daß wir einen Schriftsteller, welcher Chamisso und Hitzig ausdrücklich beistimmte, nachmals als

Willy Böhm

Chefredacteur eines der gelesensten Berliner Blätter sungiren sahen.

deskunde abgedruckt.

245 bilden. Wenn auch Kletke in seinen literarischen Arbeiten mehr die Wissenschaften zu popularisiren sucht, so besitzt er doch aus dem Gebiete der Bibliographie mehr Kenntnisse als' Mancher, der die Bibliothekwissenschaft zum ausschließlichen Studium gemacht hat. Kletke ist am 14. März 1813 zu Breslau geboren, zu einer Leit, da Friedrich Wilhelm III. von da aus dreimal seinen Auf¬ ruf zum Befreiungskämpfe ergehen ließ. Nach Breslau war Kletke's Vater, früher Advocat in Südpreußen, in gleicher Eigen¬ schaft gezogen. Er stammte aus einer alten schlesischen Familie, wie denn auch der Name Kletke in den Gedichten der Karschin vorkommt. Den ersten Unterricht erhielt Hermann Kletke durch Hauslehrer und voll¬

ihm fteilich mehr den verständigen Compilator und jene großen prächtigen Beiwörter hatten ihn, wie er nun glaubte, wenig im Verständnisse der Dichterwerke gefördert. Von hohem Werthe waren dagegen für Kletke die kleinen musterhaften Biographien, die Hofftnann von Fallersleben schlesischen Dichtern widmete. Hier

war kein bloßes tönendes Pathos und hier erkannte Kletke ein Feingefühl der Kritik, wie cs Hofftnann nur als Dichter haben konnte. Bei Karl Witte hörte Kletke damals auch kurze Zeit. Durch den noch während seiner Gymnasialzeit erfolgten Tod des Vaters völlig mittellos geworden, lernte Kletke die Noth des Lebens gründlich kennen. Es war dies für ihn um so drückender, als er zu der ent¬

dann, ob¬ Vater in¬ zwischen die Stellung in Breslau aufge¬ geben und Güter in endete

gegengesetzten

gleich sein

nung berechtigt,

Schlesien

wesen war.

Gedichte

Unterricht ertheilen und nahn: sogar zeitweilig außerhalb Breslaus eine Stel¬ lung als Hauslehrer an. Nach einiger Zeit corrcspondirte er aus Breslau für die damals von Binzer, dem Ver¬

angekauft

die

ersten

von

ihm

in einer Breslauer Wochenschrift abge¬ druckt. Dann folgte «ine Erzählung in

Prosa.

fasser

„Wir

gante sich

für ihn zum Ab¬

drucke seiner Gedichte

die

Witthauerschc

Moden-Zeitung in Wien. Da ihn nun schon Glaßbrenncr 1835 in einem Buche über Wien den öster¬

Autor¬

schaft nach sich zog.

Der Gefahr, im Alter von 18 Jahren als blasirter Literat auf die Universität zu kommen, entzog sich jedoch Kletke noch durch den ftischen

Welt, haupt¬

sächlich aber öffnete

welche Conseqncnzen

frühe

Liedes hatten ge-

des

bauct," geleitete Zeitung für die ele¬

Wer weiß,

wie der Druck eines Erstlingsproductcs auf den Autor selber wirkt, wird begreifen, .diese

ge¬

Er mußte

in allem Erdenklichen

hatte, seine weitere Gymnasial- und Uni¬ versitätsbildung in der Vaterstadt. Als er 17 Jahre alt war, tvurden

Hoff¬

Dichtern zuzählte, so war es nicht zu verwundern, daß er im Februar 1837 als Literat

reichischen

Hrriiiaim Llrtkr. Originalzeichnung von F. Weiß.

Antheil, den er am Studentenleben nahm. Er trat nämlich in die Verbindung „Borussia" ein, welche 1879 in Breslau ihr fünfzigjähriges Be¬ stehen gefeiert hat. Ihre Sitten erinnerten zu Kletke's Zeit noch ein wenig an Zachariä's Renommisten. Indessen war sür ihn Persönlich nach seinen höheren Neigungen wenigstens die Gefahr des übermäßigen Biertrinkens nicht vorhanden. Durch den eifrigen Besuch des Fechtbodens aber ergänzte er in etwas seine körper¬ liche Ausbildung, die in jenen Jahren unter Friedrich Wilhelm III. überhaupt sehr mangelhaft und fast überall nur auf das Nappier und den Paukhandschuh beschränkt war. Die wenigsten seiner damaligen Corpsgenossen sind jetzt noch am Leben. Kletke setzte auf der Universität seine poetischen Uebungen fort und begann ernsthaftere Studien sür deutsche Literatur. Er hörte Collegia bei Wachter und Hofftnann von Fallersleben. Der Erstere stand damals als Universitätslehrer in großem Ansehen. Seine äußere Erscheinung, das würdige weißlockige Haupt, die ausdrucksvolle Art der Betonung, mit der er jedes Beiwort wie monumental aussprach, trugen nicht wenig zu dem Respecte bei, den die studirende Jugend vor ihm hatte. Später sah Kletke in

(S. 244).

Er wurde mit den ausgezeichnetsten österrei¬ Dichtern bekannt, namentlich auch mit Lenau, Anastasius Grün, Seidl, Hammer - Purgstall und Deinhardstein. Witthauer führte ihn in das Kaffeehaus ein, welches die meisten dieser Autoren, jedoch grundsätzlich nicht Saphir und sein Anhang besuchte. Lenau als ein philosophischer Dichter, genial, tieffinnig, aber auch über¬ spannt, galt in diesem Kreise selbst dem Kritiker von Fach als kaum genießbar. Denen aber, die sich mit Lenau's Gedanken- und Seelentiefe nicht abmühen wollten, galt die Gemüthlichkeit Seidl's und die specifisch wienerische Natur dieses zwar begabten, doch keineswegs genial angelegten Dichters sür musterhaft. Kletke erkannte bald, daß Wien für ihn nicht der richtige Boden war und siedelte schon im Mai 1837 ganz nach Berlin über. Hier fehlte es gleichfalls nicht an interessanten Begegnungen, namentlich späterhin mit Tieck (in Potsdam) und mit Bettina. Manchen gemüthvoll anregenden Abend verlebte Kletke im Hause der Henriette Herz, die Geist und Wohlwollen bis in ihr hohes Alter nicht verleugnete. Sogleich anfangs fand er im Kreise jüngerer Dichter wie Ferrand, Hermann Marggraff und Rebennach Wien ging. chischen

246 stein freundliche Aufnahme.

Chamisso den Musenalmanach

mit Gaudy, der damals mit redigirte, verkehrte er. Hitzig kam

Auch

ihm freundlich entgegen. Da er hörte, daß Kletke die Absicht habe, in Autobiographien Hitzig's gelehrtes Berlin fortzusetzen, suchte er Er trug Cotta den Verlag an, der selbst die Sache zu fördern. ihn leider nicht übernahm.*) Daß Koner dann das gelehrte Berlin fortsetzte; daß es dagegen nun wieder seit einem Vierteljahrhundert an der Fortsetzung fehlt, ist bekannt.**) Hitzig***) bewirkte Kletke's Aufnahme in die Montagsgescllschaft, der auch Kuglcr, Gruppe, Kopisch, Wagen, Zeunc, Strcckfuß, Raupach, Gubitz, Häring und Rellstab zu jener Zeit angehörten. Der Letztere schrieb in der Vossischcn Zeitung eine sehr lobende Recension der „Worte der Liebe und des Trostes", die Kletke 1837, als die Cholera in Berlin viele Opfer forderte, herausgab. Kletke trat dadurch der Voss. Ztg. selbst näher, schrieb Ostern 1838 für sie seinen ersten Artikel und wurde in demselben Jahre ihr ständiger Mitarbeiter für Kunst1843 besprach er für seine Zeitung Lessiing's Bild „Huß referate. auf dem Concil" eingehend. Den größten Gewinn zog er selbst aus dieser fünf Jahre fortgesetzten Beschäftigung, und zwar durch das damit verbundene Studium der alten und neuen Galerien

Berlins. An Steffens Vvlkskalcndcr betheiligtc sich Kletke schon sehr früh. Für den damals sehr verbreiteten „Preußischen Bolksfreund" des Herrn von Puttkammer schrieb er Erzählungen. Zwei größere Erzählungen erschienen 1841 selbständig im Verlage von Gubitz. Sein eigenthümlich zartes und sinniges Talent schien ihn aber vorzugsweise auf das Gebiet der Jugenderzählung und des Mär¬ chens zu verweisen. Seine Märchenzeit reichte von 1840—1848, wenn auch Einzelnes erst später in den Druck kam. So erschienen dann 1840 und 1841 seine Deutschen Volks- und Kindermärchen und mehrere ähnliche Sammlungen, aus denen in den sechziger Jahren eine Auswahl bei Sauvage herauskam. Diese Märchen waren von Kletke erfunden, wie der Däne Andersen gleichfalls Märchen ohne volksthümliche Grundlage herausgab. Kletke wurde von Andersen in Berlin aufgesucht und hörte eines der Märchen von Andersen in deffcn eigenthümlicher, naiv-lebendiger Weise von dem „Märchen meines Lebens" von An¬ ihm selbst vortragen. vollständig von Jonas deutsch herausgegeben dersen, welches jetzt Gedicht, welches Kletke damals auf Andersens ist, findet sich ein Wunsch dessen Album widmete. Wie durch die von ihm erfundenen Märchen zu Andersen, so scheint Kletke, welcher der deutschen Gesellschaft zu Berlin lange

In

und noch in ihrer Blüthezeit, die mit Kuhn und Mannhardt ab¬ schloß, angehörte, durch die von ihm nacherzählten wirklichen Volksmärchen literarische Beziehungen zu den Brüdern Grimm

*) Die Autobiographien von Gaudy und Kugler befinden sich noch als Handschriften in Kletke's Besitze. **) Der Verleger der Arbeit von Koner, Buchhändler Scherk, sammelte vor etwa 10 Jahren von den damals in Berlin lebenden Schriftstellern die Notizen zu einer abermaligen Fortsetzung ein, hat aber von dem handschriftlichen Material keinen Gebrauch gemacht. Dasselbe dürfte sich in den Händen seiner Hinterbliebenen befinden und sehr billig zu enverben sein.

***) Hitzig hatte die Gewohnheit, jedem talentvollen jungen Schrift¬ steller, von dem er den ersten Aufsatz las, auf Buchhändlerwcge ein an¬ erkennendes Schreiben zugehen zu lassen. So ermunterte er besonders die wenigen Publieisten damaliger Zeit wie Franz von Florencourt. Kurz vor seinem Tode wurde den jungen Autoren, die sich ihm noch zu nähern suchten, ein darauf eingerichtetes gedrucktes Antwortschreiben geschickt, worin er bedauerte, nicht mehr antworten zu können, weil er gelähmt sei. Eine interessante Mittheilung über Rebensteins Einführung in die Literatur und in denselben Kreis durch Häring brachte kürzlich das Feuilleton der Neuen Freien Preffc. Häring, der berühmte Verf. der märkischen Romane, war noch zu der Zeit, da Kletke bereits der Red. der Voss. Ztg. ange¬ hörte, Mitarbeiter derselben.

gehabt zu haben, wenigstens erwähnt Wilhelm Grimm Kletke'K „Märchensaal aller Völker", der 1843 in drei starken Bänden er¬ schien, im 3. Bande der Grimm'schen Märchen, der die Literatur der wirklichen Volksmärchen verzeichnet. Kletke hatte als Vorbild seines Märchensaales das Oudiuet de8 fees vor Augen, wollte in-

deffen, während dasselbe mit romanhaften Erzählungen überladen ist, nur Proben echter Volksmärchen geben. Diese Sammlung Kletke's ist seit Jahren vergriffen, ohne daß er zu einer neuen Auflage Zeit gefunden hätte. Vielen Beifall erlangte die kleine Er¬ zählung „Die Savoyardenkinder", welche Kletke für die Jugend¬ bibliothek von Gustav Nieritz (Berlin bei Simion) schrieb und die seit 1843 mehrmals aufgelegt wurde. Eine ähnliche Jugendschrist war „der Kinderkreuzzug" (1844). Eine Auswahl aus Kletke's sämmtlichen Erzählungen für die Jugend erschien erst 1878 in

Berlin unter

dem

Titel „Buntes Leben". trat Kletke

Noch aus andere Weise

gab in

Berlin 1842 und 1843

der Jugend

nahe.

eine Literaturgeschichte

Er

in zwei

Bänden heraus, die hauptsächlich für das weibliche Geschlecht be¬ stimmt und in höheren Unterrichtsanstalten benutzt wurde. Besser erging es ihm mit einem anderen, in Gemeinschaft mit vr. Sebald herausgegebenen und gleichfalls für den Unterricht bestimmten „Lesebuche für höhere Töchterschulen": denn da es vor kurzem die 6. Auflage erlebte, so ist es nicht wie die Literaturgeschichte jetzt veraltet, sondern die Biographien und Proben konnten bis auf die Gegenwart ergänzt werden. 1866 begann Kletke eine „Volksbibliothck Deutscher Klassiker", die auf 200 Bände berechnet war. Nur zufälliger äußerer Um¬ stände wegen gericth sie mit dem zehnten Bande vorläufig in's Stocken. Mit den billigen Klassikerausgaben hat sie nichts zu thun, sie war vielmehr eine ganz selbständige Ergänzung, von den Gesammtausgabcn ganz unabhängig. — Kletkes „Album deutscher Dichter", im Verlage der Schröder'schcn Buchhandlung Hierselbst, hat von 1842—1868 zehn Auflagen erlebt und allmählig einen ganzen verwandten Literaturzweig hervorgerufen, durch den cs zu¬ letzt seine stühere fast ausschließliche Geltung verlor. Die Beliebt¬ heit dieses Buches beruhte wohl darauf, daß Kletke nur diejenigen Blüthen der stemden Dichtung darin aufnahm, die ihm selbst sympathisch waren. Je mehr die Interessen, die er später zu ver¬ treten hatte, der einfachen Lyrik entgegengesetzt waren, um so schwie¬ riger mußte es bei aller sonstigen Elasticität des Geistes für ihn werden, diesem Blüthenstrauße der vierziger Jahre durch eine Aus¬ wahl aus der Ueberfülle der wachsenden Lyrik seine Frische und seinen Wohlgeruch, ja, seine fast ausschließliche Geltung für alle

Zeit zu erhalten*). Jedoch ist Kletke der Lyrik bis auf den heutigen Tag immer treu geblieben und sein Gedicht, das in diesem Jahre zum An¬ denken der zuletzt verstorbenen Mitglieder der Gesellschaft „Ber¬ liner Presse" bei der Todtenfeicr Hiltl's, Brachvogels und Gutzkow's vorgetragen wurde, fand Wegei: der Hoheit der Sprache und der Gedanken den verdientesten Beifall. Außer Kletke's Märchen und Jugenderzählungen werden ganz besonders seine Gedichte (mit Einschluß der Kinderlieber) immer den eigentlichen Maßstab für die Beurtheilung seines literarischen Werthes bieten müssen. Sie erschienen 1875 in einer zweiten Auflage der vorerwähnten Gesammtausgabe bei H. E. Schroeder in Berlin. Zu einer Kritik dieser unter Andern durch Albert Träger**) auf's günstigste beur-

*) Kletke trat in seinen Anthologien slets ernstlich an die Quellen heran und hat auch manchen Namen ans Licht gezogen. So veröffent¬ lichte er 1856 ein« Auswahl der Gedichte von Louise Hensel und ihrer Schwester zum Besten des Pankowstiftes. Er war an Louise Hensel Ihre geistlichen Gedichte in Diepenbrock's durch Hitzig empfohlen. Blumenstrauß waren bis dahin unter dem Namen des Herausgebers ge¬ Kletke's geistlicher Blumcnlese war sie 1841 zuerst genannt. gangen. Vergl. Lindau's Gegenwart 1874 S. 28. —)

In

247 theilten Gedichte ist hier nicht der Ort. Wir begnügen uns daher 'damit, von Kletke's Erfolgen als Lyriker, die durch den musikalischen Gehalt und die Annäherung an den edleren Volkston in vielen seiner Lieder in bcmerkcnswerther Weise gesteigert sind, einige Beispiele anzuführen. Der Liedercyklus „Liebesleben", der in die Gesammtausgabe der Gedichte ausgenommen ist, hat bis auf den heutigen Tag zahlreiche Compositionen angeregt. Das Gedicht „In die Ferne", welches zuerst in Witthauers Modezeitung gedruckt war und gleichfalls in der erwähnten neuesten Auflage der Gedichte wiederholt ist, ivurde zum Gegenstände eines Preisausschreibens von dem Mannheimer Musikverein gemacht und erlebte 200 Com¬ positionen zum Theil sehr hervorragender Componisten wie Creutzer, Löwe, u. A. Der Text hat sich trotz seiner Sentimentalität bis heute in einer volksthümlichen Melodie erhalten, die Ludwig Erk in den Concerten seines Gesangvereines häufig zum Vortrage

Das Lied ist ein echtes Gelegenheitsgedicht, Kletke dichtete am Clavier sitzend und bei Sonnenuntergange eine Melodie summend. — Auch die in der Gesammtausgabe seiner Gedichte noch nicht enthaltenen „Kinderlieber", die Kletke 1846 herausgab und die zum Theil in die Schul-Lesebücher übergingen, in denen überhaupt tvenige Autoren so häufig vertreten sind als Kletke, drangen dadurch zum Theil tief in's Volk ein, daß Erk ihnen Passende Melodien unterlegte. Taubert und Andere componirten sic und Robert Schumann setzte das vortreffliche Lied „Der Sand¬ mann" ungemein originell in Musik. Das Jahr 1848 inachte in Alles, was Kletke bis dahin getrieben hatte, euren vollständigen Ein- und Abschnitt. Er hatte brachte. es

sich

auf einige Zeit

wie

es schien,

rrach Breslau zurückgezogen, als sich die Welt in einem Augerrblicke umkehrte. Es war keine leichte Zeit für ihn, der sich bis dahin noch gar nicht politisch be¬ theiligt hatte und nun als Schriftsteller den vollständigen Still¬

stand aus jedem literarischen Gebiete, das nicht die Gegenwart be¬

traf, erleben mußte.

Durch Rellstab's Vermittelung wurde Kletke August 1840 Mitredacteur des politischen Theiles der Vossischen Zeitung. Durch ein zurückgezogenes Leben gewann er vorläufig immer noch Zeit zu vielen Nebenarbeiten in Prosa, welche bis 1860 hauptsächlich in Bearbeitungen und Compilationen historischer und geographischer Stoffe bestanden. So gab er eine Reihe historischer und geographischer Jugcndschriften bei Springer in Berlin heraus, darunter Humboldt's Reisen in Amerika in 4 wiederholt ausgelegten Bänden und die Reise des Prinzen Adalbert. Auch poetische Blumenlesen mit bestimmter historischer Beziehung (sowie über Friedrich den Großen und über die Freiheitskriege) ließ er wieder erscheinen. Im Jahre 1862 gehörte Klctkc mit Alexis Schmidt, Moritz Gumbinner und Carl Frenzel zu denjenigen Schriftstellern, die als Theilnehmer an der Eröffnungssahrt bei Beendigung der Eisen¬ bahn von Berlin bis Thale nach dem Muster der Wiener „Concordia" die Gründung eines geselligen journalistisch-schriftstellerischen Vereins beschlossen, der dann auch unter dem Namen „Berliner Presse" am 20. August 1862 wirklich in's Leben trat. Einer seiner Hauptzwecke ist die Unterstützung invalider Mitglieder und der Wittwen und Waisen von Mitgliedern. Da der Präsident dieses Vereins am meisten wirken kann, wenn er Cheftedacteur einer der großen Berliner Zeitungen ist, so ist Kletke's Thätigkeit für diese Gesellschaft in der er bereits für 1880 wieder zum Vorsitzenden gewählt ist, immer wichtiger geworden. Bei Wiederaufnahme des Journalistentages im Jahre 1868 betheiligte sich Kletke als Vertreter der Vossischen Zeitung. Als solcher hat er bis jetzt nicht eine Verhandlung des Verbandes versäumt, zu dessen Ausschüsse die Zeitung gehört. In der Aus¬ schußsitzung zu Pfingsten 1869 gab Kletke den Ausschlag zum Journalistentage in Wien und leistete dadurch der fteundlichen Annäherung einander fernstehender Journalisten aus Nord- und am

1.

Süddeutschland einen wesentlichen Dienst, was sogar auf die verhältnißmäßig immer etwas günstige Stimmung der liberalen Wiener Presse in Bezug auf Preußen nicht völlig ohne Einfluß gewesen sein dürste. Nach Oesterreich, wohin er sich in der Jugend einst gewandt hatte, kehrt er jeden Sommer tvährend einer Reise zurück. Vor Allem werth aber hält er Schlesien, wohin ihn gleich¬ falls schon einmal der Journalistcntag zurückrief. Mit den Ge¬ birgsbewohnern hat der Schlesier die lebhafte Anhänglichkeit an die Heimat gemein, die am moosgen Steine Im Wiesengrund, inr andachtstillen Haine, Im lichten Quell, der ftisch vom Berge schoß, Ihr geistgeheimes Walten ihm erschloßt). Doch ist Berlin allein sein echter Wirkungsplatz geblieben und die Redaction der Vossischen Zeitung wird jedenfalls doch die Hauptthätigkeit seines Lebens genannt tverden müssen. Wenn ihm auch sein Haupttalent für die Lyrik ursprünglich andere Bahnen angewiesen hatte, so hat ihm doch mehr und mehr die erworbene literarische Routine auch für die Berliner Journalistik eine nicht zu unterschätzende Bedeutung verliehen. Nach dem Tode seines Vor¬ gängers Dr. Otto Lindner übernahm er 1867 die Oberleitung der Vossischen Zeitung. Gegenwärtig gehört er 41 Jahre zu ihren Mitarbeitern, 30 Jahre zur Redaction und ist 12 Jahre Chefredacteur des Blattes. Als er am 1. August 1874 sein 25jähriges Jubiläum als Redacteur beging, ehrte der zur Zeit in Baden ver¬ sammelte Journalistentag ihn als Dichter und Journalisten durch Ucberrcichung eines silbernen Pocales. Auch gaben ihm die Eigen¬ thümer der Vossischen Zeitung ein Fest in großartigem Maßstabe. Während der Zeit seiner Cheftedaction vergrößerte die Zeitung ihr Format und richtete ein Abendblatt ein. Die Sonntagsbeilage, welche unter Lindners Redaction Geschichte der Philosophie und der Musik zu ihrer Specialität gemacht hatte, betrachtet als solche unter Kletke's Redaction Cultur- und Literaturgeschichte. Zum Schlüsse verdient bemerkt zu tverden, daß Kletke, so tvie er unseres Wissens der erste Schriftsteller von Fach ist, der als verantwortlicher Redakteur der Vossischen Zeitung (erst seit 1871) zeichnet, die ihm daraus erwachsene Verpflichtung der Repräsen¬ tation besonders zu gemeinnützigen Zwecken auf eine nicht gewöhn¬ liche Weise ausgeübt hat. Diese seine Wirksamkeit war auch für den Stand der Schriftsteller selbst nicht ohne hervorragende Be¬ deutung. In diesem engeren Kreise strebte er durch seinen litera¬ rischen Einfluß danach, auf der Einen Seite die materielle Lage der Journalisten nach Möglichkeit zu verbessern und auf der anderen die Macht der Presse sicher zu stellen, ohne gleichwohl den Ausschreitungen des politischen Radicalismus das Wort zu reden.

Misretlen.

In

Bezug auf die im Briefkasten der Nr. 23 enthaltene Angabe über die Entstehung des Namens „Molkcnmarkt" erlaube ich mir darauf hinzuweisen, daß diese Be¬ zeichnung schon im alten Berliner Stadtbuche (s. Fidicin, Histor.Diplomat. Beiträge Thl. 1 S. 31) vorkommt. Schon Fidicin macht a. a. O. Note 2 die Bemerkung, daß die Ansicht Nicolais in seiner Beschreibung von Berlin, der Molkenmarkt habe erst um

Wolkenmarkt.

des

d.

„Bär"

I.

1600 diesen Namen erhalten, eine irrthümliche sei.

Budczies.

Statue Iriedrich Wilhelms II.

Auf die bezügliche Anfrage im letzten „Bär" wird bemerkt, daß sich in Neu-Ruppin eine Bildsäule König Friedrich Wilhelms II. von Preußen befindet. *) „Gruß an die Heimat von Hermann Kletke. Prolog, gesprochen beim Festabend der Breslauer Presse, am 6. März" abgedruckt in Nr. 115 der Schlesischen Zeitung von 1673.

248 Dieselbe steht daselbst auf dem Schulplatz, hat einen schlanken Granitsockel und ist von Erz. Unsers Wissens giebt es außer dieser keine andere öffentlich aufgestellte Bildsäule des genannten

E. Fr.

Herrschers.

(Für die anderweitigen Einsendungen unsern

besten

Dank.

Weiteres darüber in nächster Nummer). cheschnittcne Zedern. Schon zur Zeit König Friedrich II. wurden für die Allerhöchste Person Sr. Majestät geschnittene Federn geliefert. Dies geschah aus dem Vorrathe des ehemaligen Gcncral-Directorii und ist nachher auf das Magazin des Finanz¬ ministeriums übergegangen. Ein Registratur-Officiant des GeneralDirectoriums hatte den Auftrag, die Federn zu schneiden und bekam dafür 50 Thaler, welche aus der Hofmarschallskasse gezahlt wurden. Bis 1819 hat ein Registrator Schallenfeld, nach ihm der R. Registrator Pflüger die Federn geschnitten.

Der Kühn'fchc Wasserbau in der Breiten Straße, der so

schon

manches zu Tage gefördert, hat uns kürzlich eine interessante

Schaumünze (jeton) geliefert.

Sie trägt auf der einen Seite das

Bild Kaiser Alexanders mit

der Umschrift „Alexander Kaiser von Rußland;" auf der andern Seite befindet sich ein Lorbeerstamm, zu dessen Seiten Füllhörner ihren Inhalt ausschütten; dazu die

Umschrift: „Friede und Glück". Die Veranlassung für die Prä¬ gung der gut modellirten Schaumünze, die in dem Bilde des Kaisers lebhaft an die Brustbilder Friedrichs Wilhelm des Dritten mit dem Zopf aus den ersten Jahren dieses Jahrhunderts erinnert, möchte in dem Besuch des Kaisers in Berlin 1805 zu suchen sein, an dem man große Hoffnungen, als auf einen Damm gegen die fran¬ zösischen Anmaßungen setzte; der aber im Gegentheil uns in den unglückseligen Krieg von 1806 verwickelte, ohne daß Rußland da¬ Für Berlin als Entstehungsort bei an Preußens Seite stand. spricht auch der Buchstabe L. (Loos) der damals einer der besten

L. A.

Medailleure Hierselbst war.

In

Nr. 2 Leipzig, Nitzsche, Oberförster steht in der 15. Oktober 1879, herausgegeben vom Dresden Moritzburg bei folgendes: Jagdschlosses Beschreibung des 66-Enders, eines welcher Geweih das „Erwähnenswerth ist noch HI. von Branden¬ Friedrich 1696 vom Kurfürsten am 18. Septeinber Hine Krage.

D.

Was man einem Weier in der Eljur-ZZrandenburg das geben pflegt. (1570.) Wenn ein Herr 5 Hufen giebt er seinem Meyer das Jahr durch 2 Mispel und 2 Scheffel Rooken, Item 16 Schock an Gelde (ein Schock ist 32 Groschen) der Meyer aber muß ihm 2 Knechte selber halten, keine Magd. Item, er giebt ihm 1 Schwein, vor 1 Thaler 2 Schock Käse, 2 Schock Häring, 12 Pfund Butter, 4 Pfund Licht, 1 Scheffel Erbes, 6 Scheffel Rüben, 1 Thaler zum Rock, 1 Thaler zu Schuhen, 2 Tonnen Nachbier oder Kofent, 1 Tonne gut Bier, wenn er das Getreide eingstet (erntet) und von 3 Hühnern nimmt der Herr 1 Schock Eier. (Nach Johann Cvlers Hausbuch.)

Zahr durch zu hat,

so

E. H.

der illustrirtcn Jagdzeitung

burg im Amte Bingen erlegt wurde." Ich habe nun immer gehört, daß ein 66-Ender in den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts zur Zeit des Kurfürsten George Wilhelm — ob von diesem selbst, weiß ich nicht — in der Nähe von Fürstcnwalde erlegt worden ist, welches Geweih später von Friedrich Wilhelm I. an Friedrich August II. von Sachsen gegen eine Compagnie oder ein Bataillon Riesensoldaten . wurde. Was ist nun richtig?

F.

auch nicht

wir uns

trotzdem derselbe anonym gegeben

Namenlose.

allein ver¬

daß die solchergestalt eingesperrte Leute von Flachs um ihre Gesundheit ge¬ Qualm Hitze und die durch kommen, sondern sich vor kurzer Zeit in der Uckermark der traurige die Redactton verantwortlich:

beachten,

war. Abdruck erfolgt

in

nächster oder

W. St. Straußberg. dem reich vorhandenen

Nächstens.

Wir

müffen zuerst mit

Material auftäumen.

Inserate.

Münzen und Medaillen aller Länder und Zeiten

Kauft, verkauft und fenüet zur Anficht Robert Jungfer, Berlin 8.1V., Wilhelmstraße 133. I.

Wilhelm Biolet, Buchhändler in Leipzig, bittet um Angebote von 1 1

1

Medaille der französischen Cvlonie 1835, Medaille des französischen Gymnasiums, Brandenburg-preuß. Thaler von 1640—1749, Banco- und Albertusthaler, Münzen von Friedrich Wilhelm I.

Verlag der Nicolaischcn Verlags-Buchhandlung, R. Stricker, in Berlin. Mörser Hofbuchdruckerei in Berlin.

Emil Dominik in Berlin.— Druck: W.

Besten Dank.

der nächsten Nummer werden

Ihren freundlichen Hieb

übernächster Nummer.

schiedene Exempel habe,

Für

Mit

zu beffern beginnen und



Demnach Sr. Maj. allerunterthänigst referiret worden, was gestalt nran auf dem Lande den üblen und unvernünftigen Gebrauch habe, das Gesinde oder auch wohl die Kinder in noch warme Backofen zu Bewahrung des darin gesetzten Flachses zu sperren und selbige einige Stunden lang, ja wohl ganze Nächte, ohne daß

darin zu lassen, man

Briefkasten. Altmärker Berlin S.W.

ausgetauscht

Königs. Ureuß. Allgemeines Kdict, worin verbothen wird, die Kinder oder das Helinde in die noch warmen Wackoten bei Trocknung des Wachses zu versperren, sub dato Berlin, vom 21. Januar 1722.

nach ihnen gesehen,

Casus zugetragen, daß zwei Kinder, so solchergestalt in einem noch warmen Backofen eingesperrt gewesen, des anderen Morgens und zwar das eine am Leibe sehr geschädigt, das andere aber todt gefunden worden; Und dann allerhöchstgedachte Seine Königliche Majestät solchem unbesonnenen und höchst strafbaren Wesen gesteuret, und es gänzlich abgestellt wissen wollen, damit nicht Blut¬ schulden aufs Land kommen mögen; Als wird allen Unterthanen in der König!. Chur und anderen Ländern hiermit kund gemachet, und ernstlich anbefohlen, sich nicht weiter zu erkühnen re. re. wenigstens mit Einjähriger Festungsstrafe oder Zuchthausarbeit ohnausbleiblich belegt werden sollen. Wann aber ein Unglück dadurch entstehen und Jemand auf solche Art im Backofen weiter ums Leben kommen sollte, so sollen der- oder diejenigen, so daran Schuld, als vorsetzliche Todtschlägcr angesehen und mit der auf Todtschlag angesetzten Lebensstrafe ohne Begnadigung belegt werden. Wornach sich männiglich zu achten und vor Unglück und Strafe zu hüten hat. Und damit sich Niemand mit der Unwissen¬ heit entschuldigen möge, so soll dies Edictum zum Druck gebracht, in König!. Landen überall publiciret und öffentlich asfigiret, auch vor den Kirchthüren abgelesen und solche Ablesung jährlich auf den 6: Sonntag nach Trinitatis wiederholt werden. r~ Urkundlich 2 C. Berlin 21. Januarii 1722 C. von Katsch. Friedrich Wilhelm.

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Unter Mitwirkung von

röhkc, Stadtschulinspektor A. Schillmann, Director Wilhelm Schwarb in Posen, Archidiaeonus Schmeöek in Cüstrin, Stadtrath Adolf Streckfuß, Lehrer Kcinrich Wagener in Potsdam re.

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herausgegeben von

Berlin.

Stadtrath Ernst Friede!

und

Emil Dominik.

ZC).

November.

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Rico latsche Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 2gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Joachim

I.,

Roman von Adolf Streckfnß.

— Die Preise des Holzes im Jahre 1610, von Dominik. — Anekdoten ans dem Leben der Madame Dutitre, Schmidt, mit Jllnstration. — 8uum ouiyue. — Tief im Schnee, Gedicht von vr. Carl Bolle. — Die alten Grenrrüae

(Fortsetzung).

geb. George. II. Theil, — Jllnftrirte Geschichte von Ferd. von SB. Sternbeck. — Briefkasten. — Inserat. —

J

Joachim

I

Roman in historischen Bildern von

Muff

Sttetfcfulj.

(Fortsetzung.) sich mit einem spöttischen Lachen zu dem Ritter umgewendet, sie musterte ihn unerschrocken vom Kopf bis zum Fuße und sagte dann, die Anne in die Seite

Die Frau halte

edlen

gestemmt: „Fühlt Ihr Euch getroffen, feiner Herr? Wem's juckt, der kratze sich! Würdet nicht so aufbrausend gegen mich

losfahren, wenn ich nicht eine wunde Stelle bei Euch berührt hätte; rathe Euch aber, bleibt künftig fort von der Landstraße, ist ein ungesunder Ort für Euch, glaubt's mir, Ihr habt eins von den Gesichtern, denen man auf der Stirn es ablesen kann, wenn man's nur versteht, daß der Teufel alle Zeit bereit ist, sie zu holen! Ihr sterbt mal nicht im Bette, mein feiner Herr, glaubt das der Mutter Barbe, und wenn Ihr eineil Widerlvillen gegen das Hangen habt, dann bleibt der Land¬ straße fenr! Das ist ein guter Rath, beherzigt ihn." Frau Barbe lachte bei diesen Worten laut auf und fuhr dam: fort in ihrem Keffel eifrig zu rühren. Lindenberg aber war blaß geworden. Fast wie eine Prophezeihung tönte es ihm aus dem spöttisch giftigen Tone der Frau entgegen; es wurde ihm gar unheintlich in der kleinen Hütte und unwill¬ kürlich mußte er an manchen lustigen Zug auf der Landstraße denken.

Sonst war

es

immer für ihn ein heimlicher Kitzel, wenn

er eines solchen ftöhlichen Abenteuers gedachte, heut aber über¬

lief ihn fröstelnd ein banges Vorgefühl. Es wurde ihm so dumpf und schwül in dem engen Zimmer, daß er nicht länger darin auszuhalten vermochte imb das Haus verließ. Joachim blieb allein mit der Frau, er dachte zurück an die Unterhaltung des gestrigen Abends. Da fiel ihm wieder der seltsame Vers ein, den die Frau ihin als das Kaufmanns¬ gebet genannt hatte. „Ihr könnt mir einen Gefallen thun, Frau Barbe," sagte er freundlich, „wollt Ihr?" „Gern, junger Herr, wenn's geht und Ihr nichts Un¬ billiges verlangt." „Das werde ich nicht, was ich verlaitge, könnt Ihr leicht erfüllen. Ihr erzähltet mir gestern einen seltsamen Spntch, den Ihr das Kaufmannsgebet nanntet; „behüt uns lieber Herr Gott", glaub ich, fing er an; wie lautete der Spruch doch gleich?" „Wo kommt Ihr her, junger Herr?" fragte die Frau verwundert, „daß Ihr den Spruch nicht kennt, den jedes Kind in den Marken auf der Straße singt:

258

Behüt' uns lieber Herre Gott Vor Krachten und vor Jtzenplitz, Vor Köckeritz und Lüderitz!" „Richtig, so war's!" rief Joachim, „die Krachte, die Jtzenplitze, die Köckcritze und die Lüdcritze! Es scheint also nach diesem Spruch, daß Jedermann gegen die Jtzenplitze, die Krachts, die Köckeritze und Lüderitze Verdacht hat, als ritten

Stcggreif?" sie auf „Verdacht?!" rief die Frau lachend aus, „was schwatzt Ihr da, junger Herr? Da ist von Verdacht keine Rede mehr, das weiß jedes Kind. Der kleine Kracht und der lange Jtzen¬ plitz, wo die zusammenreiten, da giebt's Raub und Mord, da wird auf der Landstraße gestohlen; aber freilich, die kleinen den

Diebe hängt man auf, die großen läßt man laufen, wer sollte die wohl strafen?!" „Der Kurfürst, Frau," entgegnete Joachim ernst, „Ihr habt gestern zwar Euren Fürsten einen Knaben genannt, ich aber sage Euch, wie jung er auch sein mag, ein Mann wird cr sein, wenn es gilt, das Recht zu wahren, das Unrecht zu kränken, das Gesetz aufrecht zu erhalten, den Armen zu schützen, den Missethäter zu strafen! Wagt mir kein Wort zu ent¬ gegnen, habt Ehrfurcht vor Eurem Fürsten, auch wenn Ihr ihn für einen Knaben haltet, cr ivird es beweisen, daß er ein

Mann ist!" Die Frau schaute erstaunt auf den Jüngling, dessen Ge¬ stalt sich hoch und stolz aufgerichtet hatte und dessen feuriger Blick ihr so mächtig entgegenstrahlte, daß sie unwillkürlich die Augen zu Boden schlagen mußte, der echten, vollen Mannes¬ kraft, die ihr cntgegenleuchtete, mußte auch das rohe Weib sich beugen.

„Es war nicht so böse gemeint, junger Herr," sagte sie fast schüchtern, „ich glaube und hoffe ja auch, das; unser gnä¬ diger Kurfürst die Räuber strafen wird, wenn er nur erst älter ist; aber ivie sollte er jetzt das können; iver trägt ihm die Klagen zu, wer wagt

es, gegen die Macht der Hofleutc

aufzutreten?" „Keiner wagt's," fuhr sic wieder kecker fort, „Keiner, denn alle, die ihn umgeben, sind gleicher Art, und eine Krähe hackt der anderen die Augen nicht aus. Wir Alle wissen es ja, das ganze Land, Keinem ist es verborgen als dem jungen Kurfürsten allein, daß die vornehmen Herren von seinem Gefolge, wenn sic mit ihm auf der Jagd gewesen sind, von da fortreiten auf die Landstraße und die Reisenden be¬ rauben; wenn sie geschmaust haben im Schloß von Köln oft bis in die sinkende Nacht hinein, dann werfen sie sich auf die Pferde, und wehe denen, die mit gefüllten Beuteln ihnen in die Hände falle;;. Gespielt und getrunken wird in den kur¬ fürstlichen Vorzimmern, aber das Gold dazu müssen die Armen ■

Ritter abnehmen. Sagt das cs gut mit ihm meinet, werdet Ihr ihm die Wahrheit nicht verbergen. Ich wohne einsam hier im Walde, eine arme Köhlerfrau, kaum alle Woche eininal komme ich nach Spandau oder Potsdam oder in eines der nächsten Dörfer, aber ich bin noch nie fortgewesen vom Hause, steuern ,

denen

es

die

reichen

nur Eurem Kurfürsten; wenn

Ihr

ohne von neuen Raub- und Mordthaten gehört zu haben!"

„Immer und ewig

dasselbe

Lied!" rief Joachim mit

zor¬

niger Stimme, „aber wahrlich, das soll und muß anders werden! Die Krachte also und Jtzenplitze, die Köckeritze und Lüderitze, die sind es, auf die soll und muß man ein Augen¬ merk haben!"

„Vergeßt auch den feinen Ritter nicht, der heut mit Euch hier ist, junger Herr, und wenn Ihr, fast scheint es mir so, was geltet am Hofe, denn sonst würde der vornehine Herr vor Euch nicht einen so gewaltigen Respekt haben, dann warnt den jungen Kurfürsten vor ihm." „Vor den; Lindenberg, Frau —" entgegnete Joachim

„tvißt Ihr, wer mein Begleiter ist? Er ist der edle Ritter von Lindenberg, ein kurfürstlicher Rath, es ist der lachend,

liebste Freund Joachttn's und geachtet wie Keiner am Hofe!

Wahrlich, wenn Ihr ihm zutraut, er zöge auf die Landstraße, dann thut Ihr ihn; ein bitteres Unrecht an." „Meint Ihr, junger Herr? Ich glaub's nicht! Ich habe scharfe Augen, und das kann ich Euch sagen: der feine Mann da ist falsch wie Galgenholz. Möglich, daß er nicht auf die Landstraße zieht, aber thut er es auch nicht, dann hat er an¬ dere Verbrechen auf den; Gewissen, dem traute ich nicht, wäre ich der Kurfürst! Schön reden, schmeicheln und heucheln mag er können, das glaube ich schon, aber mehr ist er nicht, denn der schaut nicht mit treuen offenen Augen hinaus in die

Gotteswclt! Run, nichts für ungut, junger Herr, die Morgen¬ suppe ist fertig, eßt sie schnell, und dann hinaus mit Euch in den Wald, es wird so wie so Mittag werden, ehe Ihr nach Spandau zu Euer;;; Kurfürsten zurückkommt." Joachin; rief den Lindenberg und beide setzten sich an die gar kräftig duftende Suppe, zu der wieder ein tüchtiges Wildpret den Stoff geliefert hatte. „Ihr scheint es nicht gar zu genau mit des Kurfürsten zu nehmen, gute Frau," sagte Joachin; lachend, „ich müßte mich sehr täuschen, wenn nicht ein Hase auch bei dieser Suppe wie bei der gestrigen sein Leben hätte verlieren müssen." „Was schiert's Euch, junger Herr?" erwiderte die Frau halb lachend, halb brummend, „es giebt Wild genug in den Wäldern, und der liebe Gott hat die Rehe und Hasen wahr¬

Wild

lich nicht dazu geinacht, daß der Kurfürst sie allein todt hetzen soll, — eßt Eure Suppe und kümmert Euch nicht darum, wo sic

herkommt."

Das war ein guter Rath und Joachin; befolgte ihn treulich. Bald war die Schüssel geleert, und selten hatte ihn; ein prächtiges Mahl an der fürstlichen Tafel von Berlin gennlndet als die einfache Suppe aus den; elenden, irdenen Napfe. Während Joachin; noch bei seiner Mahlzeit saß, war der junge Köhlerbursche still ins Zimmer getreten. Er hatte sich den Ruß von; Gesicht geivaschcn; in seinen Sonntagsstaat gekleidet, zeigte er sich als ein gar stattlicher, tüchtiger Bursche. Ein treues, blaues Auge lachte aus den freundlichen, schönen Zügen so treuherzig den; Kurfürsten entgegen, als dieser ihn; einen guten Morgen bot, daß Joachim sogleich für den jungen Mann eingenommen wurde. Er stand, als er sein Mahl be¬ endet hatte, auf und sagte freundlich zu Frau Barbe: „Ei! seht doch, Frau, wie ändern Kleider die Leute, den stattlichen jungen Burschen hätte ich kaum wiedererkannt, wenn ich ihn vergleiche mit dem schwarzen Kohlenbrenner, der gestern hier auf der Bank lag!" Frau Barbe schaute mit stolzen freudigen Blicken auf ihren tüchtigen jungen Vetter. „Es ist ein braver Bursche, junger Herr," sagte sie, und fast schien es, als klänge ein Ton der Rührung durch die scharfe, sonst so barsche Stimme, „ich hätte wohl eine Bitte an Euch, aber ich fiirchte, Ihr werdet sie nicht erfüllen!"

259

„Sprecht, Frau, ich bin Euch zu Danke verpflichtet, und kann ich's, dann werde ich gern Eure Bitte gewähren." „Seht, junger Herr," fuhr die Frau fort, „der Peter ist mein Bruderssohn, der Vater war ein tüchtiger Kriegsmann, hat tapfer gekämpft unter unserem verstorbenen gnädigen Kur¬ fürsten und ist gefallen auf dem Schlachtfelde, damals als Kurfürst Johann gegen die Pommern zog; das Soldatenblut hat der Peter geerbt. Er hatte noch einen älteren Bruder, der hielt es auch nicht aus im Walde und ließ sich bei den Berlinern als Stadtknecht anwerben, den haben sie auf der Landstraße erschlagen, als der Kracht und der Jtzenplitz den Berliner Kaufmann, dem er das Geleit geben wollte, aus¬ plünderten; nun will der Peter auch nicht länger im Walde bleiben, will auch wieder nach Berlin ziehen, dort Stadtknecht werden. Ich weiß es schon, ich halte ihn nicht länger, die Unruhe treibt ihn fort, aber ich möchte nicht gern, daß er ein Stadtknecht wird; will er denn doch einmal hinaus ins Leben, so wünschte ich, daß er als gutes märkisches Kind unserem gnädigsten Kurfürsten diene. Könnt Ihr bewirken, junger Herr, daß der Kurfürst ihn in seine Dienste nimmt, dann thäte ich Euch viel danken." Joachim lächelte freundlich. „Das könnte ich vielleicht machen, Frau, ich gelte etwas beim Kurfürsten und mein Fürwort möchte Euren: Peter nicht aber wie stimmt denn Euer Wunsch mit dem zu¬ Ihr gestern sagtet, ehe wir eintraten, wenn der Peter Euch allein läßt, müßtet Ihr einen freindcn Menschen aus dem Walde Euch nehmen und der würde Euch in einer

schaden;

sammen, was

Nacht

einmal die Kehle abschneiden, um Euch das Wenige

Ihr

habt?" nur sorgen, junger Herr," erwiderte die Frau, indem sie ihre kräftigen Arme zeigte; „ich fürchte mich vor keinem Buben aus dem Walde, das war nur so gesprochen, um den Peter daheim zu halten. Wollt Ihr mir den Gefallen thun, dann nehmt den Jungen in Gottes Namen mit und zugleich meinen schönsten Dank." „Gute Frau, Euer Wunsch ist Euch gewährt, morgen, vielleicht heute noch, soll Euer Peter im Dienste des Kurfürsten zu rauben, was

„Dafür laßt

mich

stehen, das verspreche ich Euch, und noch nie habe ich mein

— Vorwärts jetzt, Peter, zeige mir den Weg nach Spandau, und Ihr Frau, lebt wohl und denkt künftig bester von Eurem Fürsten, als Ihr es bisher gethan habt." Joachim reichte bei diesen Worten der Frau die Hand,

Wort

gebrochen.

kräftig und derb schüttelte; er wollte ihr einen Goldgulden als Lohn für die Bewirthung geben, aber mit ihrer gewöhnlichen Derbheit schlug Frau Barbe die Gabe aus: welche sie

„Laß mir meine Gastlichkeit nicht bezahlen,"

sagte sie

mürrisch, außerdem schulde ich Euch mehr als Ihr mir, Ihr habt mir versprochen, meinen Peter in fürstlichen Dienst zu bringen, das ist mehr werth, als die paar Bisten, die Ihr in meiner Hütte genossen habt."

Der Abschied, welchen der Kurfürst von Frau Barbe nahm, war fteundlich und herzlich, auch der Lindenberg wollte einige freundliche, höfische Worte machen, aber die Frau hatte offenbar einen tiefen Widerwillen gegen ihn gefaßt, sie er¬ widerte ihm so hart und absprechend, daß ihm das höfische Wort auf der Zunge stecken blieb. Rüstigen Schrittes trat Joachim seine Frühwanderung an, der junge Köhlerbursche schritt neben ihm her, während

der

Ritter von Lindenberg in etwas übler Laune den beiden

Voranschreitenden folgeZwischen ihm und dem Kurfürsten war ein gewistes, un¬ nennbares Etwas getreten, wenn auch Joachim sich mitunter umwendete und ein paar freundliche Worte zum Ritter sprach, so fühlte dieser doch, daß nicht ganz die Herzlichkeit in der¬ selben lag, welche der

Kurfürst bisher gegen ihn gehabt hatte(Fortsetzung folgt.)

Die Preise des Holmes im Jahre 1610 und wie man die Wilddiebe um diese Zeit in der Mark strafte. Kurfürst Johann Sigismund erließ am Michaclstage 1610 die Mark, welche sich über alles zur Forst und Jagd Gehörende in der ausführlichsten Weise ausspricht. Es gab danach einen Oberjägermeister, Ober-Holtz-Förstcr, Heidereuter, Heideknechte und Heideläufer, Cammerschreiber, Förster und Ober¬ förster und Holtzschreiber in der Brandenburgischcn Forstverwaltung. Wie sorgfältig mit dem Wilde umgegangen werden mußte, eine

Holzordnung für

ergiebt folgender Passus: „Wann sich Wildpräht selber spießet, oder von Wolfen und sonsten niedergerissen oder schadhaftig ge¬ macht und gefunden würde, welches zu speisen noch dienlichen, sollen die Heidereuter und Knechte wie bis anhero geschehen bei Strafe gar nicht anmaßen Sondern solches ins Ambt berichtet und dann in unser Hofflager, entweder frisch oder gesalzen, geschicket, dem Heideknecht aber die Haudt davon gefolget werden. Auch sollen unsere Leute nicht Macht haben, sich des Vogelstellens oder Hünerfangens in unseren Wildfuhren zu gebrauchen, sondern sich dessen gänzlich enthalten. Die ftühere planlose Holzverwüstung wurde verboten, es wurden 4 Holzjahrmärkte eingeführt und der Verkaufspreis des Holzes festgestellt. Diesen „Kaustverth des Holtzes" bringe ich hier ausführlich. Eichenholz. Eine Eiche, so man zum Kahn, Möllenständer oder Mehlbalken zugebrauchen 3 Taler. Eine Eiche zu einer Wellen oder Sageblocke, zweier lenzen 2 Taler. Eine Eiche zu einer starken Schwellen 21 Silbergroschen. Zu einer gemeinen Schwellen, 30 Schuh lang, 15 Silbergroschen. Ein Eichen Riegelholtz 9 Silbergroschen, Ein Eichen Wehrpfahl 3 Silbergroschen, Ein großer Eichbaum, so treuge und zum Bau nicht dienlich, soll nachdem der Baum ist zu 1—5 Taler gegeben werden.

Es sollen aber keine grünen Eichenbäume, so Mast tragen, verkaufft werden, es wäre denn, daß dieselben zu dicke stünden oder wo keine Hoffnung vorhanden. — Eschenholz, „welches aber ohne unseren und unseres

Oberjägermeisters Befehl und Vorwissen nicht soll ver¬ kaufft werden". Eine große Esche, daraus ein Kahn oder Kumb zu machen 1 Taler, eine Esche zu Truhen 12 Silbergroschen, eine Esche zu Molden 10 Silbergroschen, eine Esche zu Schüppen 9 Silbergroschen, eine Esche, daraus 4 Reisten zu machen 8 Silber¬ groschen, ein Fuder Eschen Nutzholz mit 2 Pferden 12 Silber¬ groschen. — Rothhäinbuchen und Rüster». Eine sechsspältige Häinbuche 14 Silbergroschen, eine 4spaltige 12 Silbergroschen, eine 3spältige 9 Silbergroschen, ein „Büchen Nafbaum" 4 Silbergroschen, eine Rüste zu Felgen 6 Silbergroschen, eine Rüste zu Nasen (?) 4 Sil¬ bergroschen.



Kiehnen- und Fichtenholz.

Ein großer Fichtenbaum, daraus

2 Sageblöcke können gemacht werden, umb 1 Taler. Ein Baum, 'zu daraus einer machen 21 Silbergroschen, ein Mittelbaum 12 Silbergroschen, ein Schindelbaum 12 Silbergroschen, ein klein Stück Bauholz als Span- und Niegelholz 8 Silbergroschen, ein klein

260

Baal, Lat oder Leiterbaum 3 Silbergroschcn,

(keine Latbäume sollen Befehl nicht verkauft werden), ein zwcispännig Füder Kienstubben 4 Silbergroschen, ein „4 Spennig" um 8 Silbergroschen. (Jedoch soll ein Jeder, so dieselben grabet, die Gruben, bei Meldung unserer ernsten Strafe, ivieder zuwerfen.) Die treuge oder strauben Fichtenbäume, und die so Rindtfellig, Windig und zum Bauen nicht dienlich, mögen zu Brennholz klafterweise, die Klafter zu 6 Silbergroschen (jedoch das Zopf und Aeste

ohne

des Oberjägermeisters

mit eingehauen) verkauft werden. Elsen und Birkenholz. Eine große

Else zu Mulden und Truhen 4 Silbergrofchen 6 Pfennig. Eine Else zu Schuppen 3 Silbergroschen, eine Klafter Elsen oder Birken 6 Silbergroschen, ein Elsen oder Birken Latbaum 2 Silbergroschen. — Soviel über die Preise, die allerdings in unserer holztheueren Zeit geradezu beneidenswerthe Zustände schildern. Es wird in dem Edikt dann noch mancherlei verordnet über

die „Eichel und Buchmast", die „Hütung", das Fischen und Krebsen in den Waldbächen und Seen und endlich auch ein „Mandat, wie die Jenigen, so sich das Wildpradt schie¬

ßen unterstehen, gestrafft werden sollen". Hierin verstanden unsere Voreltern keinen Spaß, Wilddieberei gehörte zu den ärgsten Freveln. Also wurde „einer, er sei auch wer er wolle, so einen Hirsch scheust, unnachläßlich gestraft mit 500 Taler, für ein Stück Wild 400 Taler, von einem Wildkalbe 200 Taler, von einem Rehe 100 Taler, von einem hawenden Schweine 200 Taler, von einer Lehne (?) 200 Taler, von einem Fröschling (Frischling) 100 Taler, von einem Luchse 100 Taler, von einem Wolfe, so in unserer Wildbahn geschossen wird 50 Taler, von einem Fuchs 20 Taler, von einem Hasen 50 Taler, von einer Marder 50 Taler, von einem Otter 10 Taler, von einem Tax auszugraben 10 Taler, von einem Schwan 75 Taler, von einer Trappen 50 Taler, von einem Uhrhahn und Henne (Auerhahn re.) 50 Taler, von einen: Birkhun 50 Taler, von Raphüner 50 Taler, von Haselhüner 50 Taler, von einer wilden Ganh 40 Taler, von einem Kranicht 40 Taler, von einer wilden Ente 10 Taler, von einer wilden Taube 5 Taler. Ferner, da „einer nach Vögeln in der Wiederflucht stelletc und deren finge, und deßhalb unsere erlaub und Schein nicht vorzu¬ legen hätte, 10 Taler, auch andere, so in unseren Wildfuhren dohnen stellen, fünf Taler und die jungen Vögel ausnehmen, fünf Taler zahlen. Wie auch diejenigen, so sich das ausnehmen der Enteneier befleißigen, 10 Taler entrichten sollen". Und jdarauf, daß die Heidckncchte re. die Uebelthäter fingen und angeben mußten, hatten sie einen heiligen Eid zu schwören. Der Wortlaut dieses Eides beschließt die Holzordnung.

Dominik. Änecdoten aus dem Leben der Madame Dutitre, geborenen George. Ein Sammelwerk*) II. Theil. Ich vervollständige die in Nr. 23 begonnene Sammlung zu¬ nächst mit den Anecdoten, welche Fr. Tietz einst in einem kleinen Buch „bunte Erinnerungen an frühere Persönlichkeiten Berlins" wieder, wie Fr. Tietz die freundlichen und nur einmal getrübten Beziehungen der Madame Dutitre zum König darstellt; ich komme unten noch einmal dar¬ aufbewahrt hat.

Ich

gebe zunächst

auf zurück. Madame Dutitre versäumte also niemals die Mittagsprome¬ nade im Thiergarten, wo ehedem auf dem Wege zum Hofjäger von 12—2 Uhr sich die elegante Welt, auch der König und die

Mitglieder der königlichen Familie,

zu zeigen pflegten.

*) Nachdruck nur mit ausführlicher Quellenangabe gestattet.

Erblickte

aus ihrem Wagen die alte Dame den nahenden König, so erhielt der Kutscher einen derben Schlag .von ihrer Hand auf die Schulter. Es war das Zeichen zum Stillhalten. Nun erhob sich Madame Dutitre, das vom Sitzen etwas derangirte Kleid wurde in die ge¬ hörigen Falten gestrichen und durch einen zierlichen Knir, nach allen Regeln einer Menuetverbeugung, der vorbeipassirende Monarch begrüßt. Der Gruß erhielt stets freundlichen Dank. Nur einmal wurde die Grüßende nicht bemerkt, ein Donnerschlag für die wür¬ dige Patriotin, die weinend nach Hause kam. Abends erschien sie aui dem „Brühl'schcn Balle" im Concertsaale des Schauspiel¬ hauses niedergeschlagenen Blickes. Der König trat in den Saal, im blauen Frack, er macht seinen Umgang, bleibt vor Madame Dutitre stehen und beginnt eine freundliche Unterhaltung. Die sichtbare kummervolle Haltung der alten Dame fällt dem Könige auf, er forscht nach der Ursache und nun beklagt sich Madame Dutitre, „daß Majestäteken so stolz geworden und ihr nicht gedankt hätte." Der hohe Herr bedauerte sehr diesen unglücklichen Zufall, daß er seine alte Freundin nicht gesehen und erkundigte sich freundlich nach dem Schwiegersohn, dem schon erwähnten Bencke, und nach dessen Frau, die sich da¬ mals auf einer Vergnügungsreise in Rom befanden. Madame D. wußte gar nicht genug zu rühmen, wie ihre Kinder „die Benekens" dort zuvorkommend aufgenommen würden: „Alle Dienstag und Freitag bei Pabstens zum Thee und die Pabstin so fteindlich zu meine Dochter, wie" — mit einem bescheidenen Lächeln — „Maje¬ stäteken zu

mir." —

Der berühmte Hut aus Herrn Dutitre's alten Manchesterhosen „vorne wie die Beyrichen und hinten wie die Beneken" wurde bei Madame Löwen, der damals berühmtesten Modistin Berlins bestellt. —

Im Theater fehlte Biadame Dutitre selten. Sie war eine ausbündige Verehrerin Ludwig Devrients und sprach zu einem Verwandten, der ein intimer Freund des großen Mimen war, den Wunsch aus, diesen einmal bei sich zu sehen. Meister Ludwig war zu einem Besuche bei der alten, in ganz Berlin beliebten Dame bereit; er steckte sein Kinn in die weiße dicke Cravatte, fuhr in ein schwarzes Gilet und dito Frack, dann wurden die gichtischen Finger in sehr unbequeme Handschuhe gezwängt, der etwas abge¬ tragene Hut ergriffen und so erschien er mit seinem Freunde vor Madame Dutitre. Verlegen wie der Künstler im gewöhnlichen Leben Damen ge¬ genüber war, stammelte er eben eine Begrüßungsrede, als Ma¬ dame dieselbe plötzlich mit der naiven Frage unterbrach: „Aber sagen Sie mir, Devrientchen, warum sind Se denn bloß, wie Sie noch kleen waren, Ihren Vater sortjeloofen und unter die LumpenKomödijanten jejangen?" Das war ein Angriff auf die frühere Jugendgeschichte des Künstlers, der ihn doch etwas aus der Fassung brachte. Er ge¬ wann diese erst wieder, als er eine Stunde nach dem Besuche der Dame seinen gewohnten Sitz im kleinen Eckzimmerchcn bei „Lutter und Wegener" eingenommen und eine Flasche schweren Burgunder consumirt hatte. —

Der bekannte E. T. A. Hoffmann behauptete fest: „Madame Dutitre sei die einzige Frau, welche die Berliner Blundart mit Grazie zu sprechen verstehe." — Das ist das, was Tietz über unsere Freundin mittheilte. Ich will zunächst nun noch zwei Einsendungen aufführen. Ein „namenloser" Freund unseres Blattes, oder wohl eine Freundin, theilt uns das Folgende über Madame Dutitre mit: 1.

An einem heißen Sommertage begegnete sie Friedrich Wilhelm III. im Garten spazierengehend. Der König hielt beim Betrachten einer neuen seltenen Pflanze die Mütze zum Schutz gegen die blendende Sonne vor die Augen, kaum aber bemerkte

261 sie mit einem tiefen Knir hinzutrat, und vermeintliche Huldigung abwehrend, bat: „bitte Majestätken, die

Frau Dutitre dies, als Sie Sich". —

bedecken

2.

Unter den Besuchern ihres Hauses war ein junger Franzose, Namens Ma§on, den sie mit größter Beharrlichkeit Herr Macon Als sie auf einem Balle denselben permanent „Herr nannte. M a c o n " vorstellte, bat er freundlich: aber liebe Madame

Dutitre, ich heiße ja nicht Macon, ich habe ja ein Cedille unter dem C. Bald darauf

sah sie wie

eine junge Dame ihn zu einer Extratour sie holen wollte, stürzte sich durch die

chen"

und wollte

lassen!



sich

von seiner Caroline ihretwegen scheiden

Madame Dutitre, der wir zu neuer Berühmtheit verholfen haben, denn unser Artikel über sie durchläuft jetzt alle Zeitungen, war übrigens durchaus keine lächerliche Erscheinung, sondern stand in allgemeiner Achtung, sie sprach neben ihrem Berliner Deutsch ein elegantes Französisch und nrachte meistens absichtlich die ihr nacherzählten Scherze, um ihre Bekannten zu amttsiren. Der Georgcnsche Garten an der jetzigen Charitö

war Besitzthum ihrer Familie. — So. Und nun ich

noch

cr-

was ich von Dame, welche noch mit Madame

tanzenden Paare auf die Ahnungslose und rief ihr schon von Weitem zu: um Him¬

gelebt hat, und welche häufig in deren Ge-

melswillen, Frölen, Herr Macon darf

gehört habe.

nicht tanzen, er hat etwas unter dem Zeh.

Die Dame ist Fräu¬ lein Louise Froma-

Dutitre

zusainmen

gewesen,

(C.)Die

mit

Geschichte

Jch

verdanke

dem sterbenden

diese interessante Be¬

Gatten kenne ich in

kanntschaft dem gast-

der Fassung, daß sie

ihm weeßt

Herrn

Du ja, Väter-

Krug.

Padden

und Dodte habe ich mein Lebtag nicht sehen ken,

Hause

können."

des

Stadtrath

zurief:

Madame

Du-

titrc war eine statt¬ Blondine, die in den letzten Lebens¬ liche

Die zweite Ein¬ sendung, von unserer

jahren eine mächtige

verehrten Mitarbei¬

tragen pflegte. Sie immer ko¬

terin Frau von Hohenhausen, ist zugleich eine Berichti¬

gung des im Aufsatz Erwähntein

Eine kleine Berichtigung. Von einer 84 jähri¬ gen Berlinerin wer¬ den

wir darauf

merksam

auf¬

gemacht,

blonde Perrücke zu

misch,

war aber sehr Wenn sie des¬

wegenbelacht wurde, namentlich wenn das von jungen Mädchen geschah.

Ihre Villa in Charlottenburg lag neben dem „Türki¬ schen Zelt". Hier

die berühmte Schauspielerin Unzelmann, die in der

Kronprinzen,

Dutitre - Gallerie er¬ wähntwurde, keines¬

rich Wilhelm IV. das freundschaftliche Ver¬

daß

durch

nachmaligen

den den

Fried¬

Uusstellung am Oranger „Laken" auf der Gerichislauße in Berlin (1380). hältniß wieder herge¬ wegs schwarze Haare Zeichnung von Ludwig Burger. welches Ma¬ stellt, gehabt habe, sondern (Aus dem bei O. Spanier in Leipzig erschienenen Werke „Schmidt's Jllustrirte Preußische Geschichte.") dame Dutitre mit hellblonde, auch sei welches dadurch, Wilhelm III. verband und daß der Schönheit gewesen. Sie jedoch Friedrich muß viel sie keine regelmäßige denn die Männerwelt stark angerüttelt von damals schwärmte König einen nicht erwiedert hatte, worden haben, Gruß war. besessen Liebreiz Als Madame Dutitre nämlich den Gruß des Königs nicht für sie; Friedrich von Schlegel nannte sie in seinen Briefen erwiederte, sondern „Lust sah", wie man in Berlin spricht, bestimmte an Caroline (Siehe Waitz) stets das bezaubernde „Unzelin-

262 Erwähnen möchte ich noch — was ich von Herrn vr. Holtze erfuhr — daß Wilibald Alexis in seinem Roman „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" Madame Dutitre in einer der Hauptpersonen literarisch verwerthet hat. —

Friedrich Wilhelm III. seinen ältesten Sohn dazu, in die Villa der Dame zu sahren und sich zu erkundigen, was denn die so guten Beziehungen getrübt habe. Madame Dutitre empfing „Kronprinzeken" mit ausrichtiger Freundlichkeit und glaubte ihm eine besondere Freude zu machen, Der Kronprinz, ein wenn sie ihm alles in ihrer Villa zeigte. Trepp Freund des Humors, kletterte bereitwillig auf. Trepp ab und beschaute mit demselben Interesse die „gute Stube" wie das ultima Thule, das äußerste Geheimniß des Hauses Dutitre, das ihm Madame erschloß. Er verzog auch keine Miene als ihm un¬ sere Freundin ihre Küche und alles Intime aus dieser zeigte. „So jar mein Waschlappen is reene, Prinzken, bei mir is Allens reene," mit den Worten hatte Kronprinz Friedrich Wilhelm sogar dieses mehr nützliche als angenehme Tuch beschauen müssen. Da fragte der Kronprinz, sich des eigentlichen Zweckes seines Besuches erinnernd: „Warum haben Sie meinen Papa nicht ge¬ grüßt^" „So?" meinte Madame Dutitre, „also det wars? Jestern muffelte er, heite muffele ick, jestern grüßte er nich,

heute

ick

nich.

Morsen grüß'

ick

Emil Dominik.

MisreUen.

Zlluflrirte Die

wir zur Probe

Berlin

die Stullen vor morsen" damit empfing Madame die sich Vorstellenden, die von den Theebrötchen des folgenden Tages nicht viel berührt haben werden. — Die bekannte Leinewandgeschichte passirte zwischen Ma¬

ick schmiere eben schonst

dame D. und der ihr gegenüber wohnenden „Möllendörte". Diese war Jahre hindurch bei Madame Dutitre im Dienst gewesen und hatte später Herz und Hand einem Fabrikanten von hölzernen

Schippen und

„Mollen"

geschenkt

und

dadurch

ihren

Namen

„Möllendörte" erhalten. — Ein neues Parfünr tvar aufgetaucht, das „eau de mille fleurs“ genannt wurde. Madame Dutitre forderte andern Tags dasselbe unter dem Namen „Olle Milletair" in einer Droguenhandlung. — Den König Friedrich Wilhelm III., der einmal etwas ernster wie sonst seine Freundin begrüßte, glaubte sie etwas trösten zu müssen. „Ach ja" — ineinte sie — „es war doch eine schönere Zeit, als ihre Louise noch lebte." — Und wieder einmal, als sie den König am siühen Morgen aus dem Wege nach Charlottenbrirg traf, und als der König wenig geneigt schien, mit ihr in lange Conversation zu treten, da besann sich Madame Dutitre, daß es der Sterbetag der Königin Louise sei, und daß der König, wie alljährlich an diesem Tage nach Char¬ lottenburg fuhr. Ihr gutes Herz glaubte ihm Trost spenden zu müsien. Der Schluß deflelben aber lautete: „Ja Majestäteken, et is schlimm vor Ihnen, wer nimmt ooch jern eenen Wittwer mit sieben Kinderkens!" —

Soviel für heute. Fortsetzung folgt, wenn ich weiteres Ma¬ terial aus dem Kreise unserer verehrten Leser erhalte. „Bär" will auch gem das Portrait der Madame Dutitre veröffentlichen, wenn uns leihweise ein in Familien etwa vorhandenes Portrait fiir die Copie überlaffen wird.

heute abdrucken, veranlaßt uns,

Es

zeichnungen Ludwig Burgers. Im Hinblick aus die Burger'schen. Leistungen äußerte sich schon bei der früheren Auflage ein Kunstreferent: „Vorbereitet durch seinen ganzen künstlerischen Lebenslaus, sich L. Burger der schönen Aufgabe zu, zu welcher ihn gerade seine künstlerischen Eigenschaften vorzugsweise beriefen. Das-

wandte

auskamen, das geschah bekannt¬

Zwei Damen waren zur Gesellschaft bei Madame Dutitre geladen und machten Tags zuvor ihre Antrittsvisite. Sie trafen die D. in ihrem Wohnzimmer, „Stullen" schmierend. „Na ja,

Illustration

eignet sich vorzüglich zum Geschenk für die reifere Jugend und es ist zugleich ein wirkliches Hausbuch für Alle, zu dein, wo es einmal Hausgenosse geworden ist. Jung und Alt immer wieder gern Ebenbürtig begleiten die Darstellung die Meister¬ zurückkehrt.

wieder, weil Sie bei

lich im Jahre 1815, benutzte auch Madame Dutitre dieses nützliche Berliner Institut, nannte es aber niemals anders als „Morschke", was vor dem Opernhause namentlich, wenn die hohe Gestalt der allgemein bekannten Madame Dutitre in den Wagenknäuel nach einer „Morschke" rief, die allgemeinste Heiterkeit erregte. —

eine

dasselbe unsern werthen Lesern zur Anschaffung zu empfehlen.

Ein junger Mann begrüßte Madame Dutitre auf einem Balle und wollte ihr den üblichen Handkuß geben. „Ne damit kommen Sic mir nich, damit sehen Sie zu meine Döchter, die verstehen des," sprach unsere Bekannte und setzte Töchter und Jüngling in gleich große Verlegenheit. — die Droschken in

Geschichte von treusten von Jerdinand Schmidt. im Erscheinen begriffene, bedeutend vermehrte Auflage

dieses patriotischen und volksthümlichen Geschichtswerks, aus dem

mir waren, Krvnprinzeken." —

Als

dritte

>

stattliche Format des Werkes erlaubte ihm, sich allen Neigungen seines erfindungsreichen Sinnes mit Lust und Behagen hinzugeben. So entfaltete sich dieser mannigfaltige, reiche, nie eintönig wirkende Bilderschmuck. Bald kleiden sich allgemeinere geschichtliche Gedanken und Anschauungen in die Form bedeutungsvoller symbolischer Vignetten; bald sehen wir große, meisterlich ausgeführte Herrscher¬ porträts von Rahmen umfaßt, deren immer im Sinn der betreffen¬ den Periode gehaltener

Stilcharaktcr

sich

mit den,

seinen

Bildungen

Grunde liegenden gedanklichen Beziehungen aufs Glücklichste verbindet; — bald Abbilder architektonischer, plastischer oder malerischer Denkmale, treu nach überlieferten Dokumenten gezeichnet; bald große in sich abgeschlossene Kompositionen geschichtlicher Er¬ eignisse; dann wieder kleinere, skizzenhafter gehaltene Illustrationen, Gruppen, Einzelgestalten, Halb- und Ganzsiguren, in den Text hineingedruckt, — mit dem ganzen Reiz Wischer Unmittelbarkeit auf das Holz geworfen." Was speciell die heute von uns reproducirte Illustration be¬ trifft, so werden wir den Gegenstand, den dieselbe darstellt, in einer der nächsten Nummern ausführlich behandeln. Das Werk erscheint in sechs Halbbänden zum Preise von 4 Mark und wird zum Weihnachtsfeste in drei elegant gebundenen Bänden fertig vorliegen. — 511

Schreiben ans dem ßabinet Syrer Majestät der KaiserinDie Redaction dieses Blattes hatte die Geburts¬ tagsgratulation zum 30. September Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin nach Baden-Baden gesandt und hieraus das fol¬ gende Schreiben erhalten: „Ihre Majestät die Kaiserin-Königin lassen E. W. fiir die Nummer 21 Ihrer Zeitschrift Allerhöchst Ihren verbindlichen Dank aussprechen. Im Allerhöchsten Auftrage von Knesebeck, Kabinets-Sekretair." Baden-Baden, den 17. 10 . 79.

Königin.

Suum Cuique. In einem Schulprogramm findet sich, wie uns von befteundeter Seite mitgetheilt wird, das Motto: 8 uum Euiqus und darunter in Parenthese Folgendes: (Schon von dem sechszehnjährigen Friedrich, nachmaligen Kurfürsten von Brandenburg Der Mittheiler aus einer 1673 geprägten Medaille gebraucht). und gewiß mancher Leser mit ihm fragt an, was es mit diesem Prägftück für eine Bewandtniß habe. Herr Dannenberg, unser

263 numismatischer Mitarbeiter bemerkt Medaille gemeint sein:

hierzu: „Es wird folgende Brust¬

bild, darunter 1673: Revers: Die Stadt Berlin, darüber das Auge der Vorsehung und der Adler, hinter demselben auf einem Bande SVVM CVIQVE (auf die Statthalterschaft des Prinzen Friedrich.).

Bd. IV. Nr. 899.

Reichelsche Münzsammlung

Vorkommen dieses Wahlspruchs ist mir wärtig." — Im Mark. Museum findet Lrandenburgischen Thaler von 1692, einem Jahres und von 1693. Dann erscheint und Medaillen vom Jahre 1700 an.

Ein älteres allerdings nicht gegen¬ er sich vor auf einem

Doppelgroschen desselben er wieder auf Münzen

E.

Friede!.

Am jetzigen Kronprinzlichen Palais, Unter den Linden soll einmal, als in dem Palais noch König Friedrich Wilhelm III. residirte, ein Hufeisen eingemauert gewesen sein, welches ein scheu gewordenes Pferd bis in die erste Etage und ganz in die Nähe des am Fenster stehenden Königs geschleudert hatte. Das Hufeisen soll beim Umbau entfernt worden sein. Wem ist hierüber Näheres bekannt? D.

nach

heutiger Weise sogar

ein

dringendes

nicht etwa blos über einen Theil, sondern über die ganze Gemarkung eines Orts, oft sogar im Speziellen noch über die einzelnen Hofstellen

Erforderniß gewesen;

FRIDERICD-GMAR.BRAN.ELECTHERES,

Avers:

Grenzbeschreibungen

sie

erstreckten

sich

auch

desselben.

An einem bestimmten Tage des Jahres*) versammelte sich die Bürgerschaft einer Stadt auf den Ruf der Bürgerglocke vor dem Rathhause. Ohne trifftigen Grund durfte kein Bürger von bleiben. Nachdem die Stadt-Statuten verlesen, Stadtschoß und Grundzinsen bezahlt waren, wurden die dieser Versammlung fern

Jungbürger von den Mitgliedern des Stadtraths, den Stadt¬ geschwornen oder Verordneten

und den Gildemeistern hinausge¬

führt und ihnen die Grenzen und Male der Stadtgemarkung an besonders wichtigen Stellen gezeigt. Die damalige Grenzbezeichnung war eine sehr primitive: Grcnzhügel und Gräben kannte man wohl, und hier und da ließ man auch solche anbringen, jedoch weil man eine solche Arbeit für zu umständlich und kostspielig hielt, begnügte man sich meistens damit, auf der Grenze hier einen Haufen Steine zusammen zu werfen oder einen Pfahl einzugraben, dort eine Else mittendurch¬ zuschneiden oder ein Kreuz in eine Eiche oder Kiefer zu hauen. Karten u. dgl. kannte man gar nicht. Die Nothwendigkeit, daß die Bürger, deren Haupterwerb im Ackerbau und Viehzucht bestand, so kümmerlich hergestellten Grenzen der Stadtgemarkung aus eigener Anschauung kennen lernten, lag daher sehr nahe, und haben die Grenzzüge noch bis zu Ansang vorigen Jahrhunderts alljährlich

die

Tief im

Schnee.

Lürbitte zu Gunsten der kleinen Vögel bei deren Freunden eingelegt

vr.

Carl Lalle.

(Insel Schsrfenberg im Legcler See.)

In In

Seit langem ist nicht soviel Schnee gefallen unserm Deutschland, daß vor lvinterschärfc

tiefster Ritze bergen sich die Kerfe, Und tiefer noch verschneit des Grases IVallen.

von Reif starr'n weiß die elf gen lvaldeshallen; Kein Daum, der nährend Lrucht zur Lrde werfe! — wie ftir ihr Käuzchen forgete Minerve, Mag vöglein wohlzuthun, auch Luch gefallen. Sind sie's nicht, die für Luch im Lenz gesungen? vom Tisch des Menschen giebt's der Brocken viele, Die, ungenutzt, verkommen auf der Diele.

Streut sie den vögeln, die vom Irost durchdrungen. Luch Reichen zicmt's, zu spenden reich den Armen; Lin edler Mensch fühlt für das Thier Erbarmen.

Die alten GrenMge. Von 5k. 8lernbeik.

Vor einiger Zeit

berichtete das „Köpenicker Dampfboot" über den in Köpenick stattgehabten Grenzzug und die damit verbundenen Ceremonien und Festlichkeiten. Der Verfasser desselben schreibt die

Entstehung des Grenzzugs u.

Joachim II.

der

s.

w. dem Umstande zu, daß Kurfürst

Stadt

eine große Wiesenfläche nebst Fischerei¬ gerechtigkeit auf dem Müggelsee geschenkt habe und daß, weil dar¬ über keine Urkunde ausgestellt worden, alle zwei Jahre den Jung-

stattgefunden, als dann der sparsame König Friedrich Wilhelm I. den Orts-Kommistarien (Commissarius loci) aufgab, in den Städte¬ rechnungen die dafür gemachten, manchmal ziemlich hohen Aus¬ gaben nicht mehr passiren zu lassen, nebenbei aber auch verordnete Kataster anzulegen. Ob die alte Grenzbezeichnung und der Grenzzug zweckmäßig gewesen, hat die heutige Zeit nicht zu beurtheilen. Jede Genera¬ tion legt sich eben die Welt nach ihrer Weise zurecht und schafft sich die Mittel zur Abhülfe ihrer Bedürfnisse, doch darf es hier nicht ungesagt bleiben, daß in alter Zeit weit weniger Grenz¬ streitigkeiten als heute vorgekommen sind. Nach vollendetem Grenz¬ zuge fand gewöhnlich noch die Besichtigung der Feuerstcllcn, der Feuerlöschgcräthe, Mauern, Wälle, Brücken, Dämme, Wasserab¬ flüsse u. s. w. statt. Wehe dem Bürger, der auf seinem Hofe keine starke und lange Leiter hatte, dessen Feuereimer in Unordnung befunden wurden, oder der Heu und Stroh an besonders gefähr¬ lichen Orten lagern hatte. Darin kannte inan ehemals keine Nach¬ sicht, wie man eben im Punkte der Feuersgefahr aus natürlichen Ursachen sehr empfindlich war. Damit hatte der Grenzzug seine Ende erreicht und es wurde in hergebrachter Weise eine Kollation auf dem Rathhause einge¬ nommen, bei welcher es gar hoch herging. Wie umfangreich solche gewesen, mag man daraus entnehmen, daß allein die zwölf Stadt¬ verordneten bei solcher Gelegenheit eine ganze Tonne Bier ver¬ langen konnten. Sie haben aber solches Bier nicht etwa blos verlangt, sondern auch getrunken und vielleicht dem Hochweisen noch geholfen, welchem darin keine Grenzen gesteckt waren, sintemal damals noch kein Stadthaushalts-Etat dem Magistrat das Regieren schwer machte. So ein Rathsherr, Stadtverordneter oder Gilde¬ meister der alten Zeit hielt es für seine Pflicht, die herkömmlichen Gebräuche auf das Sorglichste festzuhalten und den anderen Bürgern mit gutem Beispiel darin voranzugehen! Ein Stück vom alten Grenzzug hat sich, wie im „Bär" früher Wenn nicht König schon erwähnt, in Köpenick noch erhalten.

bürgem der Stadt die Grenzen daselbst gezeigt würden, damit sie über dieselbeil vorkommenden Falls Kunde geben könnten. Solche Grenzzüge haben aber ehemals in allen märkischen Städten stattgefunden und sind bei dem Mangel an Karten, Plänen,

*) In Strausberg fand der Grenzzug am Walpurgistag statt, also an einem Tage, auf welchen unter dem Heidenthum eines der wichtigsten Feste, die mit Tänzen verbundene Frühlingsfeier, gefallen war.

264

Friedrich Wilhelm I.

Zeit hätte ihn vielleicht auch aus diesem Ort schon vertrieben, wenn nicht die Köpenicker Ketzer verpflichtet wären, die Fische und das Bier an Thatsache diesem Tage zur Kollation unentgeltlich herzugeben. ist nämlich, daß nach einem vor dem kurfürstlichen Hofgericht im Jahre 1451 zwischen dem Stadtrathe und den Ketzern zu Köpenick geschlossenen Vergleich den Letzteren die Fischerei auf einem Wasser, der Kl ödenick, gestattet worden ist, wofür sie dem Stadtrathe jährlich 1 Schock Groschen Zins, eine Tonne Bier und die Fische so

die moderne

doch

entrichten müssen.

Briefkasten. S. S. hier Mohrcnstraße. unglückten

Wir

können uns

„Gewerbeausstellung-Lotterie" nicht

mit der

besassen,

es

ver¬

ist

das hübsche im Gewerbcausstellung Ganzen gelungene Unternehmen der Berliner befleckt haben. Wir würden allen Aufsichtsbehörden den guten Rath ertheilen, — wenn wir darum befragt würden — einmal

traurig, daß

schmutzige Hände

noch zu guterlctzt

allen Privatlotterien ohne Ausnahme die Genehmigung zu ver¬ weigern, auch den verschiedenen Pferdelotterien und den „frommen" Lotterien, dafür aber, um den Wünschen des Publikums entgegen¬ zukommen, die Preußische Klassenlotterie um 100,000 Loose zu vermehren. Dadurch würden Alle, welche „dem Glück die Hand bieten wollen", in die Lage kommen, das bei der musterhaften Preußischen General Lotterie-Direktion und ihren ebenso soliden Collekteuren zu bewerkstelligen, tmd der Staat würde für gute Zwecke eine gute Summe verdienen. Daß die unsinnige Lasker'sche Idee, die Preuß. Lotterie aufzuheben, nur für die Mondbewohner vielleicht richtig, beweist der Andrang des Publikums zu den un¬ solidesten Lotterien — siche Gewerbeausstellunglotterie — beweist die Thatsache, daß mindestens die Hälfte der Loose der K. Säch¬ sischen Lotterie, 3/4 der Hamburger und Braunschwciger Lotterien

in Preußen abgesetzt werden. Herrn B. E. Berlin 8. W. November

10.

1879

folgendes

zur

Auf Ihre Anfrage vom Der seit dem

Nachricht:

Mk" für

|

28. Januar 1865 bestehende Verein für die Geschichte Berlins hat mit wenigen Ausnahmen alljährlich in den letzten Tagen des Januar seilt Stiftungsfest gefeiert und dabei wiederholentlich Schaustellungen voller Stimmung und Wirkung veranstaltet. Für diese Feste bittet die strenge Clio des Vereins ihre heiteren Schwestern Euterpe und Terpsichore zu Gaste, und der Verein heißt auch an diesen Tagen Nicht-Mitglieder herzlich und ftoh willkommen. Das nächste Stiftungsfest ist für den 28. Januar 1880 in Aussicht ge¬ nommen, und es werden an demselben wahrscheinlich eine größere Anzahl „Nebelbilder" aus der Geschichte Berlins zur Darstellung kommen. Auch Damen, welche Freundinnen von Musik und Tanz sind, kann dieses Fest warm empfohlen werden; jedenfalls werden sie von jenem Tage mehr und Besseres nach Hause bringen, als die bei ähnlichen Festen üblichen müden Glieder, zerknitterten Kleider und verwelkten Cotillonsträuße. Der Eintrittspreis beträgt für die Person circa 5 Mark, wobei das Souper mitberechnet ist. Wo die Theilnehmer-Karten zu haben sein werden, wissen wir jetzt noch nicht, werden es Ihnen aber, wenn wir es erfahren haben, mittheilen. L. T. aus Berlin. Soviel ich von Ihren Pseudonymen kenne, will ich Ihnen nennen: Adalbert vom Thale hieß Karl von Decker; Golo Raimund ist pseudonym für Georg Dannenberg aus Magdeburg; Ernst Pitawal ist Eug. Herm. von Dedenroth, geb. zu Saarlouis; Karl Detlef ist Clara Bauer; Dilia Helena war Frau Helene Branko in Potsdam und Sophie Verena ist Frl. Mödinger ebenda; Wer Dewal ist und wer der Verfasser von „Gräfin Ruth" kann ich Ihnen nicht sagen, das heißt, ich will es nicht; Ebers ist ein geborener Berliner; G. Conrad ist pseudonym für Prinz Georg von Preußen; Egon Fels ist Johanna Herbert; Hugo Bürger pseudonym für Hugo Lubliner, A. Mels nannte sich nach seiner Gattin Selma und hat im klebrigen den schönen Namen Cohn; und endlich Adelheid von Auer ist pseudonym für Charlotte von Cosel, die eine geborene Berlinerin ist. Or. Dräsekc, Wandsbeck. Später sehr gern. Freund des Blattes. Die Berichte aus den Sonnabend¬ sitzungen des Berl. Geschichtsvereins werden wir demnächst wieder aufnehmen.

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die Redaction verantwortlich:

Emil Dominik in Berlin. Druck: W.

— Verlag der Nicolaifchen

Moeser Hofbuchdruckerei in Berlin.

Kranfenstraße 41.

Verlags-Buchhandlung,

R. Stricker, in Berlin.

Krtaöeitage zum Wär 1879.

wurden, so wurden die Verhandlungen mit Möller nochmals aufgenommen und vereinbart, daß die Bahn vom Kupfcrgraben aus die Dorotheen Straße entlang geführt, und daß

Von Dr. ü. fiiirtcn.

Es giebt kaum eine andere Frage, welche die Interessen des Gesammt-Publikums unserer Stadt näher berührt, als die der Her¬ stellung eines systematischen, die Haupt-Verkehrsadenr bedeckenden Pferdebahnnetzes.**) Da dieselbe wahrscheinlich in nächster Zeit, so weit es von den städtischen Behörden und den Unternehmern abhängt, zu einem befriedigenden Abschluß gebracht werden wird, so können fernerhin der Weiterentwicklung nur noch seitens der Polizeibehörde Hindernisse in den Weg gelegt werden. Es dürste daher wohl lohnen, einen Rückblick auf die Ent¬ stehungsgeschichte der Berliner Pferdebahnen zu werfen, zumal der¬ selbe in vielen Beziehungen ungemein lehrreich ist. Es ist dabei vorweg zu bemerken, daß sich in dieser Geschichte einzelne unausfüllbare Lücken finden, weil mancherlei Verhältnisse mit einem dichten Schleier bedeckt sind, desien Lüftung nur durch eine prüfende Einsicht in die betreffenden Akten des Polizeipräsidiums ermöglicht werden könnte. Die gegenwärtig in der Stadt, resp. deren Umgebungen vor¬ handenen Pferdebahnen gehören vier verschiedenen Gesellschaften, von denen die älteste unter dem Namen „Berliner Pferde¬

bahn-Gesellschaft, Commandit-Gesellschast auf Aktien,

I.

Lestmann u. Co." unabhängig für sich besteht, während die übrigen mehr oder minder mit einander zu einem gegenseitigen Verhältniß liirt sind, dessen Unterlagen theilweise bekannt, theilweise zn errathen sind, sich aber in überwiegender Zahl jeder Cognition entziehen. Die Gründung aller vier Gesellschaften fällt in eine Periode, in welcher der weitaus größte Theil des Straßenterrains in fis¬ Es hatten demnach bei der Konzessionskalischem Besitz war. erthcilung eigentlich nur zwei Behörden entscheidend zu concurriren, nämlich die König!. Ministerial-Bau-Kommission, der die Ver¬ fügung über das Terrain zustand, und das Polizei-Präsidium, welches die Bau- und Betriebs - Erlaubniß zu geben hatte. Ein gemeinsames Vorgehen beider Behörden scheint dabei nie stattge¬ funden zu haben, denn kaum in einem einzigen Falle stimmt die Dauer der Betriebs-Erlaubniß mit der Dauer der Konzession für Benutzung des Straßenterrains zusammen. Die erstere ist fast in allen Fällen auf einen viel längeren Zeitraum ausgedehnt als die Es wäre nun Wohl zu erwarten gewesen, auch wenn Letztere. keine Gesetzes-Bestimmung dazu nöthigte, daß man die städtischen Behörden hinzugezogen, das Gutachten derselben eingeholt und

sich ver¬

gewissert hätte, ob nicht hervorragende vitale Interessen derGemeinde durch das einseitige Vorgehen der beiden Staatsbehörden in Frage gestellt werden konnten. Inwieweit man dieser mindestens moralischen

Verpflichtung Rechnung getragen hat, wird sich aus der nach¬ folgenden Darstellung ergeben. Bereits im Jahre 1864 hatte der Civil-Ingenieur Möller beim Polizei-Präsidium die Erlaubniß zum Bau einer PferdeEisenbahn nach Charlottenburg nachgesucht. Die Verhandlungen zogen sich längere Zeit hin, bis ihm endlich unterm 23. März 1865 die Konzession und zugleich die Betriebs-Erlaubniß auf 10 Jahre ertheilt wurde. Ursprünglich war darin projectirt, daß die Bahn vom Opernplatz aus, die Straße Unter den Linden entlang durchs Brandenburger Thor gehen sollte. Da indessen gegen dieses Trace

Berliner Gefährts." —

28.

Bedenken erhoben

Die Berliner Pferdebahnen?)

*) Nachdruck verboten. **) Anm. der Red. Vergleiche Bär 1579 Nr. 15

Nr.

„Geschichte des

ihm zur Entschädigung dafür die Genehmigung zur Erbauung einer zweiten Bahn vom Dönhofsplatz nach Schöneberg gegeben werden sollte. Bei beiden Verhandlungen wurde der Magistrat nicht gehört. Die Resultate derselben wurden ihm vielmehr nur einfach als vollendete Thatsachen vom Polizei-Präsidium mitgetheilt und die Beschwerden, welche bei den betreffenden Recurs-Jnstanzen eingelegt

wurden, blieben ohne Erfolg.

Sofort

Ertheilung bildete sich nun die mit Zustimmung der beiden Staatsbehörden, die dem Möller für die Linie Berlin — Charlottenburg ertheilte Konzession erwarb, und in kurzer Zeit den Bau der Bahn ausführte. Im Jahre 1872 bereits suchte die Gesellschaft die Erlaubniß zur Anlegung eines zweiten Geleises nach. Bei dieser Gelegenheit richtete das Polizei-Präsidium zum ersten Male an den Magistrat die Aufforderung, ihm die Bedingungen mitzutheilen, welche etwa nach der Konzessions -

oben erwähnte Commandit-Gesellschast, welche

der

Genehmigung

beigefügt

werden

könnten.

Inwieweit der

Magistrat dieser Aufforderung nachgekommen ist, läßt sich aus den Akten nicht ersehen. Als indessen der Ablauf der Konzession nahe war und es sich um die Verlängerung derselben handelte, wieder¬ holte das Polizei-Präsidium seine Aufforderung und der Magistrat theilte ihm nun seine Bedingungen mit, unter denen namentlich der Bau der Zweigbahn nach dem Zoologischen Garten, die Legung

Thor in der

des bereits genehmigten zweiten Geleises vom Brandenburger nach Charlottenburg und die Verwendung besseren Pflasters

Dorotheenstraße hervorzuheben sind. Diese Bedingungen wurden in die neue Betriebs-Erlaubniß, welche bis zum Jahre 1895 er¬ theilt wurde, mit aufgenommen. Die Ministerial-Bau-Kommission verlängerte aber ihre Konzession nur bis zum Jahre 1885. Selbst¬ verständlich ist die Stadt mit dem Jahre 1876 durch die Ueber¬ nahme der fiskalischen Straßen in alle Rechte des Fiskus, welche bisher von der Ministerial-Bau-Kommission wahrgenommen wurden, eingetreten. Die außerordentlichen Erfolge dieser Bahn, herbeigeführt durch die Behaglichkeit und Schnelligkeit der Beförderung und durch die

Billigkeit der Tarifbestimmungen, welche ein stetes Anwachsen des Verkehrs zwischen Berlin und Charlottenburg bedingten, legten den Wunsch nahe, auch die verschiedenen inneren Stadttheile durch Bahnlinien mit einander zu verbinden. Der Magistrat schloß deßhalb am 26. Juni 1871 unter Zu¬ stimmung der Stadtverordneten-Versammlung mit zwei Unterneh¬ mern, dem Regierungs-Assessor a. D. Plewe und dem Dr. weck. Ebers einen Vertrag über Ausführung eines Netzes von Pferde¬ bahnen ab, welcher sogleich dem Polizei-Präsidium mit der Bitte um Ertheilung der Baugenehmigung übersendet wurde. Obgleich es bekannt war, daß Verhandlungen darüber gepflogen wurden, und obgleich deren Resultat schon längere Zeit vorher durch die an die Stadtverordnetenversammlung gelangte Vorlage der Oeffcntlichkeit übergeben War, hielt es das Polizei-Präsidium doch für angezeigt, sei¬ nen eigenen Weg zu gehen und notificirte dem Magistrat als Erwidederung auf sein Gesuch nur, daß sich der von ihm vorgelegte Ver¬ trag zur Konzessionirung nicht eigne, und daß es bereits dem Bankier Pincus die Konzession zur Anlage eines Pferdebahnnetzes

ertheilt habe. Diese Konzession, welche übrigens dem Magistrat abschriftlich mitgetheilt wurde, und welche eine Angabe der Strecken, für die sie gelten sollte, nicht enthält, ist datirt vom 27. Juni 1871! Auch

später ist dem Magistrat

eine

Mittheilung über die

266 concessionirlen

Bahnstrecken seitens des Polizei-Präsidiums

Gründung.

Es bildete

sich

die zweite Gesellschaft unter dem Namen

„Große Berliner Pferdeeisenbahn.Aktien-Gesellschaft", von deren Existenz die städtischen Behörden durch die Mittheilung, daß sic die dem Herrn Pincus aus der Konzession, und den Herren Ebers und Plewe aus dem Vertrage vom 26. Juni 1871 zu¬ stehenden Rechte käuflich erworben habe, Kenntniß erhielten. darauf eingeleiteten Verhandlungen führten zu keinem für

Die die

Stadtgemeinde günstigen Resultate. Die Vertreter der Aktienge¬ sellschaft weigerten sich entschieden, die Bestimmungen des Vertrages auch aus diejenigen Linien auszudehnen, für welche die dem Es wurde mit2 c. Pincus ertheilte Konzession Gültigkeit hatte. hin seitens der Gesellschaft der Stadt gegenüber nur die Verpflichtung für den Bau folgender sechs Linien übernommen: 1. Rosenthaler Thor — Gesundbrunnen — Pankow—Schönhauser

Thor. 2. Büschings-Platz — Lichtenberg —Boxhagen —Frankfurter Thor — Platz an der Weber-Straße. 3. Köpnicker- und Jakobs-Straßen-Ecke — Schlesisches Thor —

Treptow — Rixdorf—Kottbuser Thor —Oranienstraße—Jerusa¬ lemer-Straße—Dönhofs-Platz. 4. Dönhofs-Platz— Linden- und Bellalliance-Straße—Tempelhof — Lichterfelde —Steglitz, Schöneberg—Potsdamer Thor. 5. Thierarznei-Schul-Platz—Chaussee- und Müller-Straße bis zur Weichbildgrenze.

Erlaubniß dagegen vom Polizei-Präsidium

in der

Regel

auf

den Städtischen Behörden aber bis zum

Jahre 1301 ertheilt worden!! — Der Magistrat gab außerdem seine Zustimmung zum Bari und Betriebe folgender Linien: 1. Ecke der Behren- und Friedrich-Straße—Charlotten-, KochFriedrich-Straße—Bellealliance-Platz. 2. Hallesches Thor —Hasenhaide—Rixdorf. 3. Hallesches Thor —Dönhofs-Platz. 4. Eckc der Gitschiner- und Prinzen-Straße—Gitschiner- Skalitzerund Eisenbahn-Straße—Köpnicker-Straße. 5. Oranienburger-Straße (Konzession der Blinisterial - Bau-Com¬ mission bis 1885.) 6. Oranienburger-Straße—Moabit—Charlottenburg. 7. Brandenburger Thor —Moabit. Für alle diese Linien, dir. 2 ausgenommen, ist ebenfalls die Kon¬ zession von der Ministerial-Bau-Kommission nur auf zehn Jahre, die Betriebs - Erlaubniß vom Polizei-Präsidium regelmäßig auf zwanzig Jahre und vom Magistrat bis zum Jahre 1901 ertheilt. Bis hieher basirte das Einspruchs-Recht des Magistrats, also die Möglichkeit, Bedingungen zu stellen, nur darauf, daß einzelne der angegebenen Linien über Terrain hinweggingen, welches der Stadt eigenthümlich gehörte. Mit der im Jahre 1876 erfolgten Uebernahme der fiskalischen Straßen änderte sich indessen die Sachlage vollständig, und es mußte gerechtes Befremden erregen, als sich herausstellte, daß der Magistrat der „Großen PferdebahnGesellschaft", ohne die Zustimmung der Stadtverordneten - Ver¬ sammlung dazu einzuholen und ohne eine Abfindung für die Benutzung des städtischen Terrains zu stipuliren, im Laufe des Jahres 1878 vier neue Linien ionzessionirt hat, welche an Ren¬

tabilität

!

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j

einzuziehen.

In

»

allen diesen Wirrwarr siel wie eine Bombe die Vorlage des Magistrats vom 29. Februar 1879, welche den Zweck hatte, das Verhältniß der Stadtgemeinde zu den verschiedenen Pferde¬ bahn-Gesellschaften einheitlich und unwiderruflich zu regeln. Dem von der Stadtverordneten - Versammlung zur Vorberathung der¬ selben eingesetzten Ausschüsse wurde die schwierige Aufgabe zu Theil, den Faden in dem Labyrinthe zu suchen, nach der Ent¬ stehungsgeschichte zu forschen und auf Grund derselben seine Vor¬ schläge zu machen. Wir kommen hierauf noch zurück. Es ist schon oben erwähnt worden, daß der Ingenieur Möller für die Verzichtleistung auf die Linie Opcrnplatz — Brandenburger Thor die Konzession zum Bau einer Pferdebahn vom Dönhofsplatz durch die Leipziger und die Potsdamer Straße nach Schöneberg erhalten hatte. Dieß gab den Anlaß zur Gründung einer dritten Gesellschaft, welche sich unter dem Namen „Große Inter¬ nationale Pferdeeisenbahn-Gesellschaft" präsentirte und die Moller'schc Konzession käuflich erwarb. Sie machte indessen keine Anstalt, den Bau zu beginnen und legte erst im Jahre 1871 Da nun das betreffende Bau-Projekt zur Genehmigung vor. aber in dem nämlichen Jahre die „Große Berliner PferdebahnGesellschaft" auch ihrerseits das vertragsmäßige Recht zur Er¬ bauung einer Pferdebahn von Schöneberg nach dem Potsdamer Thor erlangt hatte, und sich gleichzeitig manche Bedenken gegen die Ausführbarkeit erhoben, so wurde die Genehmigung vorläufig verweigert. Der Streit zwischen beiden Gesellschaften zog sich bis zum Jahre 1875 hin, ohne daß man zu einem Resultat gelangte, bis er endlich durch Kabinets-Ordre zu Gunsten der „Großen Internationalen" entschieden wurde. Zu den der letzteren aufer¬ legten Bedingungen, gehörten u. a. die Verbreiterung der Pots¬ damer Straße und die Beseitigung der Ring'schen Apotheke. Die „Große Berliner Pferdebahn-Gesellschaft" verzichtete durch Vertrag vom 10. März 1877 auf das ihr nach dem Vertrage vom 26. Juni 1871 zustehende Recht auf Ausführung dieser Linie. Die Verhältnisse der „Großen Internationalen" hüllen sich in ge¬ Der Augenschein lehrt nur, daß die heimnißvolles Dunkel. „Große Berliner Pferdebahn-Gesellschaft" den Betrieb der jetzt fertig gebauten Linie übernommen hat, daß also die Macht auch über die letztere in den Händen des Herrn Bankier Pincus liegt, dessen maßgebende Stellung in der Viehhofs-Aktien-Gesellschaft ebenfalls allgemein bekannt ist. Die Leichtigkeit, mit welcher durch Unternehmungen dieser Art ein ansehnlicher Gründungsgewinn zu erlangen war, gab endlich die Veranlaffung zur Bildung einer vierten Gesellschaft. Der Geheime Admiralitäts-Rath a. D. Dr. Gaebler und der Kommissions-Rath Lehmann (eigenthümliches Zusammen¬ finden!) wußten in der Mitte des Jahres 1875 zwei Konzessionen -

6. Ringbahn. Für alle diese Linien ist von der Ministerial-Bau-Kommission, so weit sie in Betreff des fiskalischen Straßen-Terrains zu con¬ curriren hatte, die Konzession nur auf zehn Jahre, die Betriebs-

zwanzig Jahre, von

Koch-Straßen Ecke — Askanischer Platz — Lützow-Platz — Zoologischer Garten, 2. Hausvoigtei-Platz — Hasenplatz, 3. Wilhelm - und Behren-Straßen-Ecke — Cöllnischer Fischmarkt, 4. Jerusalemer Kirche — Görlitzer Bahnhof, sämmtlich bis 1901 konzessionirt. Die Stadtgemeinde wäre hiernach der „Großen PferdebahnGesellschaft" mit gebundenen Händen überliefert gewesen, wenn nicht die Ministerial-Bau-Kommission vorsichtigerweise die Konzession für die Benutzung des Straßcntcrrains immer nur auf zehn Jahre ertheilt hätte, wenn nicht diese Konzession für einige der rentabelsten Linien bereits in den Jahren 1884, 1885 und 1886 abliefe, und wenn nicht die Stadt als Rechtsnachfolgcrin des Fiskus, die Macht hätte, diese Linien mit Ablauf der Konzession 1. Jerusalemer- und

nicht

Die abermals beim Handelsminister erhobenen Beschwerden hatten ebensowenig Erfolg, wie die früheren. Unmittelbar nach der Konzessionsertheilung begann nun die gemacht worden.

die besten der bereits bestehenden zu erreichen, wo nicht zu übertreffen geeignet sind. Es sind dies die Linien

zu erringen, die eine

für die Linie Alexander-Platz —

Weißensee,

die andere für die Linie Alexander-Platz — Friedrichsberg. Beide wurden alsbald an die schleunigst gebildete „Neue Berliner

267

Pferdebahn-Gesellschaft"

abgetreten, in welcher der Herr Kommissionsrath Lehmann eine ähnliche Machtstellung behielt, wie Herr Bankier Pincus in der „Großen Berliner PferdebahnGesellschaft. Es wird behauptet, daß auch zwischen diesen beiden Gesell¬ schaften eine Art von enger Verbindung besteht, insofern sich eine bedeutende Anzahl von Aktien der ersteren in den Händen des Herrn Pincus, resp. in denen der letzteren befinden sollen. In¬ dessen verlautet dies vorläufig nur gerüchtweise. Die Konzessionen für beide Linien lausen mit dem Jahre 1886, resp. 1888 ab. Die günstige Stellung, in welcher sich die Stadt zu denselben befindet, verdankt sie ebenfalls nur der MinisterialBau-Kommission, Weiche auch hier die Zeitdauer nur auf zehn Jahre bemessen hat. Die Initiative für die Regelung des Pserdebahnwesens ergriff im vorigen Jahre die „Große Pferdebahn - Gesellschaft". Ein doppeltes Damoklesschwert hing über ihrem Haupte; einmal der baldige Ablauf einer Reihe von Konzessionen und dann die ver¬ tragsmäßige Verpflichtung zur Ausführung gewisser Linien, welche nur geringe Rentabilität in Aussicht stellen, und deren Bau von den städtischen Behörden jederzeit gefordert werden kann. Zu den letzteren gehören namentlich die Linie Gesundbrunnen — Pankow. Die Linie Büschings - Platz — Lichtenberg — Frankfurter Thor, die Linie Treptow—Rixdorf—Kottbuser Thor und die Linie Tempel¬ hof — Lichterfelde — Steglitz — Schöneberg. Der Magistrat schlug nun vor, der Gesellschaft den Bau der letzteren drei Linien zu er¬ lassen und die Konzessionsdauer sämmtlicher bereits vollendeten Linien bis zum Jahre 1911 zu verlängern. Die Gegenleistung sollte nur in einer Instandhaltung des Pflasters zwischen den Schienen, etwas über einen halben Meter weit rechts und links von denselben, entsprechend dem übrigen Pflaster der Straße, und in der Verpflichtung bestehen, mit dem Jahre 1911 sämmtliche ge¬ genwärtig vorhandene Schienenwege ohne Entgelt in das Eigen¬ thum der Stadt übergehen zu lassen. In dem von der Stadtverordneten - Versammlung zur Vorberathung eingesetzten Ausschüsse erhob sich gegen diese Vorschläge eine lebhafte Opposition. Es machten sich im Allgemeinen drei Strömungen bemerkbar. Eine Partei erkannte zwar an, daß der Bau von Pferde-Eisenbahnen in jeder Weise zu fördern sei, be¬ hauptete aber, daß, wenn man den der Stadt gehörenden Grund und Boden einer Erwerbs-Gesellschaft zum Betriebe von Pferde¬ bahnen überlasse, während doch diese Anlagen mit unbestreitbarem Vortheil von der Stadt selbst ausgeführt werden könnten, die Ueberlassung eines angemessenen Gewinn-Antheils an die letztere eine vollkommen berechtigte Forderung sei, zumal die finanzielle

Stadt und die hohe Anspannung der Steuerkraft ihrer Bewohner das großmüthige Aufgeben einer solchen Einnahme in keiner Weise rechtfertigen würden. Eine zweite Partei hatte zwar gegen das damit ausgesprochene Prinzip nichts einzuwenden, wollte aber die von den PferdebahnGesellschaften zu verlangenden Aequivalente möglichst gering be¬ messen wissen, damit die Spekulation von der Anlage neuer Bahnen nicht zurückgeschreckt werde. Eine dritte Partei endlich stellte sich wesentlich aus den Boden der Magistrats-Vorlage und trat in lebhafter Weise für möglichste Schonung der betreffenden Gesellschaften ein. Jede dieser drei Parteien bildete eine Minorität, so daß fast sämmtliche vom Ausschuß gefaßten Beschlüsse naturgemäß den Charakter von Compromiß-Beschlüssen tragen mußten. Die erste Partei war in erster Linie für gänzliche Verwerfung der MagistratsVorlage und bemühte sich nur, für den Fall, daß sie in der Stadtverordneten-Versammlung Annahme finden sollte, möglichst viele Bestimmungen zur Wahrnehmung des Jntereffes der Stadtgemeinde hineinzubringen. Obgleich dies in einer Anzahl von wesentlichen Lage der

Punkten gelang, war dennoch aus der auf diese Weise amcndirten Vorlage schließlich ein Opusculum entstanden, welches die Eigen¬ schaft besaß, keine Partei zufrieden zu stellen und welches als eben¬ so unannehmbar erachtet werden mußte, wie die ursprüngliche Vorlage selbst. Die Minorität einigte sich deshalb zu dem Antrag, auf gänzliche Verwerfung, und substituirtc eine Reihe von Anträgen, durch welche dem Magistrat Direktiven für die weitere Behandlung der Sache gegeben wurden, und welche in Folge einer durchschla¬ genden Rede des Stadt-Verordn. Geh. -Rath Wulfshein von der Stadtverordneten-Versammlung mit großer Majorität angenommen wurden. Der erste derselben verlangte, daß der Versammlung Einsicht in sämmtliche mit den verschiedenen Pferdebahngesellschasten bisher abgeschlossene Verträge gewährt werde. Der zweite stellte die naturgemäße Forderung, daß künftig solche Verträge nicht geschlossen, resp. nicht abgeändert werden dürfen, ohne daß die vorgängige Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung dazu eingeholt worden sei. Durch einen dritten Antrag wurde der Magistrat aufgefordert, die Pferdebahngesellschasten nach Maßgabe der ihnen obliegenden rechtlichen Verpflichtungen nachdrücklich dazu anzuhalten, daß sie alle von ihnen übernommenen Strecken ungesäumt in Ausfüh¬ rung bringen und in Betrieb setzen. — Man ging dabei von dem schon oben angedeuteten Gesichtspunkt aus, daß sich die Pferde¬ bahngesellschasten nur in dem Falle zu Verträgen, die nicht bloß ihr eigenes, sondern auch das Interesse der Stadtgemeinde wahrten, verstehen würden, wenn die letztere von diesem ihrem wohlerwor¬ benen Rechte mit Ernst Gebrauch machte, und damit den deutlich ausgesprochenen Willen verband, nicht bloß die einzelnen Bahn¬ linien nach Ablauf ihrer Konzession einzuziehen, sondern auch neue Konzessionen nicht ferner zu ertheilen, vielmehr neue Linien selbst zu bauen. Die Annahme dieser Anträge führte zu neuen Verhandlungen des Magistrats mit den Gesellschaften, welche dem Vernehmen nach jetzt ihren Abschluß gefunden haben und deren Resultat demnächst der Stadtverordneten-Versammlung zur Genehmigung vorgelegt werden soll.

Zweifellos werden dabei eine Anzahl von wesentlichen Punkten erörtert werden müssen, welche wir zum Schluß noch kurz berühren wollen. Darüber, daß für die Benutzung des Straßenterrains ein jährliches Aversum gezahlt werden müsse, herrscht kaum noch eine Meinungsverschiedenheit. Die Höhe desselben und die Form der Erhebung sind dagegen noch streitig. In Betreff der letzteren suchen sich folgende Ansichten geltend zu machen. Nach der einen soll die zu zahlende Gebühr von dem Ertrage abhängig gemacht werden. Ob von dem Brutto- oder Netto-Ertrage, darüber gehen die Meinungen wieder auseinander. Von dem ersteren ist sie abhängig gemacht in Hamburg und Wien. Wäre der Hamburger Modus gewählt, (ein Pfennig für jedes ver¬ kaufte Fahrbillet) so würde die Stadtgemeinde beispielsweise im Vorjahre 285,000 Mark erhalten haben. Wäre die in Wien stipulirte Art der Erhebung adoptirt (5 Procent von der BruttoEinnahme und 5000 Mark Billetsteuer), so hätte die Stadt im Vorjahre eine Einnahme von 190,000 Mark gehabt. In Breslau hat sich die Gemeinde 33 ft, Procent vom Rein¬ erträge nach vorherigem Abzug von 5 Procent Dividende ausbe¬ dungen und sich das Recht vorbehalten, bei Festsetzung der soge¬ nannten Abschreibungen mitzureden. Es haben sich aber darüber zwischen der Stadt und der Gesellschaft so unangenehme und langwie¬ rige Streitigkeiten erhoben, daß dieser Modus nach solchen Erfah¬ rungen keinensalls zu empfehlen sein dürfte. Eine andere Ansicht neigt sich dem in Paris vertragsmäßig festgesetzten Verfahren zu. Jeder im Betriebe befindliche Pferde¬

268 bahnwagen zahlt daselbst ein jährliches Fixum von 1600 Frcs. Jahre 1886 ab auf 2000 Frcs. erhöht wird. Wäre

welches vom

hier eine gleiche Stipulation vorhanden gewesen, so würde die Stadt im Borjahre einen Antheil von 205,200 Mark und voraus¬ gesetzt, daß sich die Zahl der im Betriebe befindlichen Wagen nicht

vermehrte, später von 303,600 Mark gehabt haben. Es kommt noch hinzu, daß die Pariser Gesellschaft, sobald der Reingewinn und damit die Dividende, eine gewisse Höhe erreicht hat, auch von dem Ueberschuß noch einen bestimmten Procentsatz an die

Stadt

abgeben muß.

Ueber die Höhe des von den Berliner Gesellschaften zu zah¬

lenden Aversums ist bereits im Ausschuß lebhaft gestritten worden. Es machte sich eine Strömung bemerkbar, welche die Interessen der Aktionäre möglichst geschont wissen wollte.

Es sind indessen

hierbei folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Nach der Berechnung eines mit der Sache vertrauten Tech¬ nikers kann das laufende Meter der Bahn unter Annahme der höchsten Sätze für Material und Arbeit, und wenn Pflaster erster Qualität auszuführen ist, auf's höchste 61 Mark kosten, wovon 40 Mark auf das Pflaster, also nur 12 Biark auf die Schienen¬ legung entfallen. Nach den eigenen Aufstellungen der „Großen Pferdebahn - Gesellschaft in ihren Geschäftsberichten hat aber das Bieter auf ihren Linien 85 Biark gekostet. In Breslau ist cs für 33 Mark hergestellt worden. Wären hier nur 60 Mark pro Meter zu be¬ rechnen gewesen, so hätte sich das Aktien-Capital um 2'/- Million Biark reduciren lassen und die Dividende hätte im Vorjahre nicht 7'/- Proc. sondern 0'/- Proc. betragen. Man darf nicht entgegnen, daß die hohen Preise lind Löhne der Gründerzeit die Ursache dieser übermäßigen Herstellungskosten gewesen seien. Bis Ende 1874

waren nur 38 Kilometer Bahn vorhanden zum Theil noch vor den Gründerjahren gebaut, und von 1875 ab, wo die Preise schon außerordentlich gesunken waren, sind noch 60'/- Kilometer hinzugekommen. — In Breslau haben 22'/- Kilometer ein Aktien-Capital von 1,800,000 Mark erfordert; im Verhältniß hier¬

zu hätte

in Berlin ein Capital von 5,000,000 Mark ausreichend für die Herstellung der Geleise allein 8'A

sein müssen, während

Million

berechnet

worden sind.

Diese Thatsachen sind

so

auf¬

fallend, daß man vergebens nach einem genügenden-Erklärungs¬ grund sucht und zu der Vermuthung kommen muß, daß die angegebene Summe den Gründungs-Gewinn in sich

schließt. Es entsteht hier die sehr berechtigte Frage, ob die Stadtge¬ meinde die moralische Verpflichtung hat, auf die Höhe eines AktienCapitals, welche aus solche Weise entstanden ist, bei ihren Forde¬ rungen Rücksicht zu nehmen. Wir wollen diese Frage hier nicht

jedenfalls wird sie demnächst zu einem Gegenstände sorgfältiger Erwägung werden müssen. Sobald inan indessen hierin zu einer Einigung gelangt ist, werden einige Correlate nicht zu umgehen sein, welche einerseits eine ungehörige Ausbeutung des Publikums zu verhindern, und entscheiden;

andererseits die Bequemlichkeit und Leichtigkeit des -Verkehrs zu sichern geeignet sind. erster Linie gehört hierzu, daß der nur mit Genehmigung des Magistrats festgestellt werden darf, daß ferner ein bequemes Uebergehen von einer Linie auf die andere

In

Tarif

ermöglicht wird,daß zu diesemZwecke Correspondenz-Karten ein¬ geführt werden, das; endlich auf den Haupt-Knoten-Punktcn des Verkehrs Wartehallen errichtet werden, in welchen das auf die Beförderung wartende Publikum gegen die Unbill der Witterung Schutz findet. Die letzteren Forderungen liegen zugleich so sehr ini Interesse der Gesellschaften selbst, daß ein ernstlicher Widerstand dagegen kaum denkbar sein dürfte. Das; dem Pferdebahnwescn noch eine große und mächtige Entwicklung bevorsteht, bedarf keines Beweises. Sie wird sofort eintreten, wenn man die Besorgniß vor Verkehrsstörungen, die beim Hinein'ühren der verschiedenen Linien in das Centrum der Stadt an maßgebender Stelle noch gefürchtet werden, überwunden haben wird. Aber erst dann werden die Pferdebahnen unserer Stadt wirklich zum Segen gereichen.

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Inhalt:

Joachim

I.,

— Briefkasten.

Roman von Adolf Streckfuß.

(Fortsetzung).

— Der Schloßdiebstahl zu Berlin.

Eine Criminalgeschichte des vorigen Jahrhunderts. — Literatur. — MiScellen.

Joachim I. Roman in historischen Bildern von JliTotf Stteifujj. (Fortsetzung.)

Die Warnung der Köhlerfrau tönte Joachim fortwährend

im Gedächtniß nach, vergeblich

sagte er sich selbst, daß die

Worte eines rohen, ungebildeten Weibes das Vertrauen nicht erschüttern dürste, welches er gegen seinen Freund und Rath bisher gehabt hätte, trotzdem aber konnte er den Eindruck der derben Worte nicht überwinden und unwillkürlich drängte sich ihm stets der Gedanke auf, wie ist es möglich, daß im Volke einstimmig die Namen so vieler Adligeil aus deinem Hofhalte als die der Räuber und Diebe genannt werden, daß aber trotz aller deiner Bemühungen, trotz der vorgeblichen An¬ strengung des Lindenberg es dir niemals möglich geworden ist, einen von diesen Männern des Verbrechens zu überführen? Sollte wirklich der Lindenberg mit den adligen Räubern unter einer Decke stecken? Sollte er ein Mitschuldiger der Krachte und Jtzenplitze und der Andern sein? Das war unmöglich, Mit welchem Feuer, mit welcher das konnte nicht sein! Gluth hatte Lindenberg seine treue Anhänglichkeit dem Kur¬ fürsten bestätigt, wie hätte er, fern von jeder Schmeichelei, selbst dein Zorn des Fürsten getrotzt, als dieser verlangte, der Lindenberg solle Namen nennen, ohne daß er Beweise geben konnte. Ein solcher Mann, der auch den Zorn, die Ungunst, die Ungnade des Fürsten nicht scheute, der konnte kein feiler

Joachim machte sich selbst Vorwürfe, daß Vertrauen durch einige leere Worte hatte erschüttert werden können, aber dennoch blieb immer ein kleiner Zweifel in ihm zurück, das volle Vertrauen, welches er bisher gehabt Schmeichler sein.

sein

hatte, konnte er selbst sich nicht wiedergeben. Schon ein halbes Stündchen waren die Wanderer durch den Wald gewandelt, da blieb der Köhlerbursche plötzlich stehen, und schnitt mit dem gewaltigen Waidmesser, welches er in dem Gürtel zu stecken hatte, einen starken, fast einer Keule gleichenden Knüttel aus einem am Wege stehenden Busch. „Es ist ein wildes Thier im Walde gesehen worden", ant¬ wortete er auf die Frage des Kurfürsten, wozu er den ge¬ waltigen Knüttel brauchen wolle, „die Einen sagen, es sei ein Wolf, die Andern wollen gar wissen, ein Bär- Muhme Barbe meint, es sei vielleicht der Wärwolf, der schon seit Jahren hier in der Gegend spuken soll- Ein Bauer aus Stolp erzählte neulich, die wilde Bestie falle sogar Menschen an, und hier in der Gegend soll sie Hausen, da kann ein tüchtiger Knüppel immer nicht schaden." Des Kurfürsten ganze Aufmerksamkeit war durch die ein¬ fache Stählung des Kvhlerburschen erregt worden, seine Jagd¬ lust war heftiger wieder erwacht, er wäre gar zu gern auf

270 die Jagd des Wolfes gezogen. Augenblicklich war dies nun freilich nicht möglich, da sein ganzes Gefolge fern war, aber

vor, sich durch den Köhlerburschen am folgenden Tage nach dieser Gegend zurückführen zu lassen, um das er nahm sich

seltene

Wild auszuspüren. — Sein

Wunsch

sollte indessen

früher erhört werden, als er selbst es ahnte. Die Wanderer waren kaum eine Viertelstunde rüstig vor¬ geschritten, als es plötzlich neben ihnen im Gebüsche rauschte, und ein wilder grimmiger Bär dicht vor dein Kurfürsten stand.

Joachiin stutzte einen Augenblick, er vergaß wie gefährlich Einzelkampf mit einer solchen Bestie sei, die Jagdlust, der der kühne Jugendmuth riß ihn

hin, —

er schwang den

Jagd-

drang auf das Ungethüm ein. Mit furchtbarem Brummen stürzte sich der Bär, der durch den Spieß nur leicht verwundet war, auf den Kurfürst mit einem Schlage der gewaltigen Tatze, dem Joachim nicht vollkommen ausweichen konnte, riß er ihm mit der Kleidung ein Stück Fleisch aus der Schulter, schon erhob er auch die andere Tatze zum neuen Schlage. Das Leben des Kurfürsten war sichtlich be¬ bedroht, da sprang kühn der junge Köhlerburschc vor, schwang die Keule über dem Haupte des Thieres und ließ sie mit so furchtbarer Gewalt aus die Schnauze fallen, daß der Bär dumpf heulend mit beiden Tatzen nach der verwundeten Stelle griff. Im nächsten Augenblicke schon hatte der junge Bursche dem grimmigen Thiere das Waidmeffer in den Leib gestoßen. Der kurze Moment genügte, um Joachiin seine volle spieß und

Besinnung, seine ganze Kraft wieder zu geben; mit einem kraftvollen Stoß des Jagdspicßes hatte er das Thier zu Boden gerannt, und ehe noch der Ritter von Lindenberg herbeizu¬ eilen vermochte, lag der gewaltige Bär^) bereits sterbend zu den Füßen des Kurfürsten. Joachim war über das glückliche Jagdabenteuer hoch er¬ freut, er fühlte die Schmerzen seiner Wunde nicht, jubelnd maß er das ungeheure Thier, dann aber wendete er sich zu Petern, der ruhig auf seinem Knüppel gestützt, als sei nichts geschehen, neben dem erlegten Bären stand. „Dll hast mir das Leben gerettet, Peter," sagte er, und reichte dem jungen Burschen die Hand, „das vergesse ich Dü¬ nnn und nimmermehr; hier unter dieser schönen großen Linde hast Du kühn für Deinen Fürsten Dein eigenes Leben gewagt, — zum Andenken sollst Du fortan: Peter Linden

heißen!" Peter schaute mit großen staunenden Augen den jungen Fürsten an; jetzt erst begriff er, daß er den Kurfürsten selbst vor sich habe; er wagte nichts zu antworten. Niemals hatte er noch mit einem vornehmen Herrn zu thun gehabt, er konnte sich daher nicht fassen, und murmelte nur einige un¬ verständliche Worte; aber auch damit war Joachim zufrieden, denn ihm kam es nicht auf höfische Redensarten, sondern ans wackere Thaten an!

*) Bären waren damals schon höchst seltene Gäste in der Mark Brandenburg. Buchholz erzählt nach Hastitz uns in seiner kurbrandenburgischen Geschichte Folgendes: Dem Kurprinzen stieß , als er etwa 16 Jahre alt war, auch ein Abenteuer bei einer Jagd auf; denn ein großer Bär setzte sich gegen ihn zur Wehre und riß ihm den Schooß vom Kleide, sammt Hemde und Hosen, bis auf den Sattelkiwpf mit der Tatze lveg, als man ihm noch zu Hülfe kam und die Bestie erlegte.

S e ch s t e s K a p i t e l.

Es war eine neue Welt. — Wie oft hatte Peter Linden, wenn er im dichten Wald vor dem Kohlenfeuer saß, die Gluth anschürte, und im halben Nichtsthun seinen Gedanken nachhing, sich schöne herrliche Bilder in seiner Phantasie ge¬ malt von dein Leben am Hofe in der Stadt; mit welchen glänzenden Farben hatte er sich dies köstliche Leben ausge¬ malt, und — wie ganz anders war es jetzt! Alle Eindrücke waren ihm neu und überraschend, seine ganze Weltkenntniß war bisher beschränkt gewesen auf einen engen kleinen Kreis. Mutter Barbe und einige wüste Bursche, die iin Walde sich umhertrieben, wer konnte wissen, wovon sie lebten, hatten seinen einzigen Umgang gebildet, denn nur höchst selten hatte ihm die Muhine erlaubt, nach Spandau oder Potsdam einmal die Kohlen zum Verkauf zu bringen. Sie wollte nicht, daß Peter viel von Hause fortkomme, weil sie fürchtete, er werde dann um so dringender und entschiedener den lang gehegten Wunsch äußern, wie Vater und Bruder in Kriegsdienste zu treten, deshalb hatte Barbe den Verkauf der Kohlen meist selbst übernommen, ihren Pslegesohn aber einsam in der heimischen Hütte gelassen. Als Peter nun plötzlich aus seinem einsamen Leben ge¬ rissen und in den Strudel des städtischen Treibens geworfen wurde, da war Alles ihm so neu und eigenthümlich und so ganz anders, als er es sich gedacht, daß er in den ersten Tagen nnd Wochen seines Aufenthalts in Köln kaum recht Von den vornehmen adligen zu sich selbst kommen konnte. Herren besonders hatte er sich ein ganz anderes Bild gemacht. Wenn die Kunde zu ihm drang, daß hier und dort die Ritter geraubt und die Landstraßen unsicher gemacht hätten, dann dachte er sich dieselben als wilde, stolze Männer, von barschem Wesen und strengen Blicken, deren furchtbares Aeußere schon vor ihnen zurückschreckte und die, wie sie stolz herabblickten auf den Bürger, den zu berauben sie das Recht zu haben meinten, so auch mit stolzer Selbstständigkeit sich dem Fürsten gegenüber bewegten! Solche Männer konnte man fürchten, selbst hassen, aber man mußte sie achten ihrer selbstbewußten Kraft wegen. Schon der erste Abend, den er in Spandau verbrachte, zeigte aber unserm Peter, tvie gewaltig er sich geirrt habe, und zerstörte alle seine Illusionen. An der kurfürstlichen Abendtafel, der er zuschauen durfte, sah er alle diese gewaltigen und gefürchteten Ritter — da waren die Krachte, die Lüderitze, der Jtzenplitz, der Jtterstedt, die Alvensleben und die Schulenburgs, die Köckeritze und alle die Andern, deren Namen im Munde des Volkes lebten; sie umringten den Kurfürsten, jeder Einzelne war bestrebt, ein erhaschen. Wort aus dem Munde des jungen Herrschers denmthige schmeichelnd, Freundlichkeit Rücken, Mit gebeugtein im Angesicht, standen diese Männer vor dem fürstlichen Knaben. Bei der Tafel selbst schwiegen sie ersurchtsvoll, ihre Blicke richteten sich auf den Kurfürsten, jedes seiner Worte wurde be¬ wundert, selbst der kleine Kracht wagte nur leise mit seinem Nachbar zu flüstern und das spöttische Lächeln um seinen Mund verschwand, als ihn plötzlich Joachim über die Tafel hinweg fragte: „Ist Euch der schöne Vers bekannt, Herr von Kracht, den man das Kaufmannsgebet in der Mark nennt?" Der Herr von Kracht wurde dunkelroth im Angesicht, er erwiderte: „Nein, kurfürstliche Gnaden!"

271

„Dann will ich ihn Euch lehren, Herr von Kracht, es ist ein gar schöner Vers und jeder der Herren hier sollte ihn sich einprägen; er lautet: „Behüt' uns lieber Herrgott Vor Krachten und vor Jtzenplitz! Vor Köckeritz und Lüderitz!" Ihr dazu, Herr von Jtzenplitz, und Ihr meine Was meint Herren von Köckeritz und Lüderitz? Eure Namen haben sich da einen schönen Klang im Munde des Volkes erworben, ich hoffe, man hat Euch verläumdet!" Niemand wagte den ernsten Worten des jungen Kur¬ fürsten zu antworten, eine Todtenstille herrschte an der Tafel, der kleine Kracht schaute mit dunkelrothem Gesicht auf den Tisch nieder, der lange Jtzenplitz wußte nicht, wohin er seine Blicke vor Verlegenheit wenden sollte und die kecken Herren von Lüderitz und Köckeritz hatten plötzlich allen Muth, einen Scherz zu machen, gänzlich verloren.

junge Mann trug jetzt einen prächtigen Harnisch, schölle Kleider, ein treffliches Schwert und — Mutter Barbe hätte wohl selbst in dem schönen jungen Leibtrabanten schwerlich den schwarzen berußten Köhlerburschen wiedererkannt. Als der Hauptmann von Otterstedt Peter den neueil Kameraden vorgestellt hatte, da sonnte er seine Neugierde ilicht bezähmen und fragte, was der Kurfürst denil eigentlich wohl dem jungen Bauernburschen verdanken könnePeter hatte von der Natur ein gediegenes Theilchcn Mutterwitz erhalteu, und schnell fuhr ihm der Gedanke durch den Kopf, wenn der Kurfürst hätte sageil wollen, daß er ihm das Leben beim Kainpf nlit dein Bäreil gerettet habe, dalin würde er es sicher gesagt haben- Er gab deshalb eine aus¬ weichende Antwort, und als der edle Ritter noch weiter in .ihn drang, da entschloß er sich, ein neckisches Mährchen zu er¬ zählen.

„Ihr

antwortet nicht," fuhr Joachim fort, kein Wort der Rechtfertigung, kein Wort der Entrüstung, daß man Euch im Lande so schändlich „verläumdet"? Laßt Euch gesagt sein, Ihr Herren, heute glaube ich noch, daß das Mvrgengebet des Kaufmanns aus vergangenen Zeiten herstamnien mag, vielleicht haben Eure Vorahnen dasselbe verdient, Ihr aber seid unschuldig daran, das glaube ich, weil ich's glauben will!" Mit blitzenden Augen hatte Joachim nach diesen Worten um sich geschaut, und keiner der Adligen wagte es seinem Blicke zu begegnen, selbst der stolze Ritter von Lindenberg hatte das Haupt gesenkt und sah träumerisch vor sich nieder. Eine lange Pause war dem Ausspruche des Kurfürsten gefolgt, dann aber hatte dieser selbst das Gespräch auf andere Gegenstände, geleitet.

!

Peter Linden war tief erstaunt über diese Scene gewesen; wie ganz anders ivaren ihm in seiner Phantasie die vor¬ nehmen Herren erschienen, diese kleinen Ritter mit den hoch¬ tönenden Namen! wie anders auch der junge Kurfürst, von dem Muhme Barbe ja nie anders, als von einem Knaben gesprochen hatte. Freilich war er noch ein Knabe der Gestalt und dem Aeußern nach, ein Knabe von 16 Jahren, aber als ein wahrer, echter, kräftiger Mann erschien er neben diesen schmeichelnden

strenges

Wort

Rittern;

sein

blitzendes

Auge, sein feuriges,

machte die jugendlichen Züge, die zarte Gestalt

vergessen.

Die Tafel war beendet, der Kurfürst stand auf, dann rief er den Ritter von Otterstedt und gleich darauf Peter Linden zu

sich

Dein Klirfürsteil sei, so sagte er, iin Walde ein seltsames Abenteuer aufgestoßen, auf der Jagd habe er einen wildeil Eber getroffen, gestellt und ihm den Jagdspieß in ben Rachen gerannt- Das aber sei fein natürlich, sondern ein bezaubert Thier gewesen, denn die Helle Flamme wäre ihm lichterloh aus dem weit geöffneten Rachen geschlagen und hätte den Jagdspieß des jungen Kurfürsten angebrannt; da habe er denn mit seinem Hut Wasser geholt und die Flamme gelöscht. Das sei der Dienst, ben er dem Kurfürsten erwiesen. Der Ritter voil Otterstedt schaute mit zweifelnden Blicken auf den jungen Köhlerburschen, aber dieser erzählte mit so ernster, bedächtiger Miene, sein treliherziges blaues Auge gab einen so überzeugenden Eindruck der Wahrheit, daß der Herr voll Otterstedt keinen Zweifel laut iverden ließ. Er fragte ilicht weiter, soildcrn begab sich zum Kurfürsteil zurück und erzählte diesem das Mährchen, welches er so eben von Peter Linden gehört. Joachinl lachte laut auf. „Seid Ihr neugierig gewesen, Herr von Otterstedt?" sagte er scherzend, „mm seht, wenn der Peter Linden Euch das erzählt hat, dann wird es jedenfalls wohl wahr sein." Er winkte darauf den Ritter voll Lindenberg zu sich und sprach lange heimlich mit ihm, beide lachten gar lustig mit eiilandcr uild als nun der Otterstedt seinen Frelllld Liudenberg, nachdem der Kurfürst sich zurückgezogeil hatte, fragte, ob die Erzählung des jungen Burschen wahr sei, da bestätigte sie dieser in allen Punkten.*) (Fortsetzung folgt.)

heran.

Jüngling," sagte er freundlich, „Ich die Hand auf Peters Schulter legend. „Ritter von Otter¬ stedt, ich verdanke ihm viel, sehr viel, ich habe ihm deshalb empfehle Euch diesen

versprochen, ihn in meinen Dienst zu nehmen und theile ihn meiner Leibwache zu. Ihr mögt ihn als Einspännigen ein¬ kleiden lassen, Herr Hauptmann von Otterstedt, laßt ihn durch den erfahrensten Wachtmeister im Gebrauch der Waffen unter¬ richten und behandelt ihn freundlich, ich hoffe, er wird es verdienen. Ich will, daß er so oft als möglich zu persön¬ lichem Wachtdienst bei mir verwendet werde, sonst aber mögt Ihr ihm den Dienst erleichtern, vor allen Dingen laßt ihn etwas Tüchtiges lernen, er ist noch ein reines Naturkind." Dem kurfürstlichen Befehle gemäß hatte der Ritter von Otterstedt Peter Linden zur Leibwache eingereiht. Der

*) Das Mährchen von historisch geworden und

dem Eber und

den brennenden Spieß ist

in viele Geschichtsbücher übergegangen.

Buchholz

erzählt es folgendermaßen:

Er selbst der Kurfürst hatte eine Gespensterhistorie, die er nach dem Loccelius so erzählet: Cr habe auf der Jagd zu Liebenwalde ein starkes wildes Schwein getroffen und dasselbe so verfolgt, daß er ganz von seinen Leutm abgekommen. Da habe sich dieser Eber in einen Morast gelegt, und als er ihm den Fang geben wollen, sich grimmig gegen ihn gesetzt, und solch ein Feuer aus dem Halse geblasen, daß ihm der Spieß auch zu brennen angefangen. Darüber sei er so erschrocken, daß er sich habe retten müffen. Er sei aber so sehr im Walde darüber verwirret, daß er sich nicht habe zurecht finden können, bis er endlich einen Kohlenbrenner angetroffen, der ihn zu dm Seinigm gebracht.

272

Der Schloßdiebstahl

zu

3. Aus einem Kasten auf einmal 150 Dukaten und 30 Hollän¬

Scrlin.

dische

Eine Criminalgeschichte des vorigen Jahrhunderts.

Nächdcm nämlich

Valentin

des Köitiglichen Schlosses

Daniel Sticfs

zu

Runck seit 1701 als Castellan

Berlin in Diensten gestanden, und

Hosklcinschmidt oder HofJedermann von ihnen alles Gute ver¬ muthet, sie auch selbst ihren Dienst treu und ehrlich verwaltet, so ist geschehen, daß sie nach Absterben des höchstseligsten Königs Majestät ihre Bekanntschaft gemißbraucht haben, und in eine sündliche Vertraulichkeit gerathen sind. Und obwohl sie keinen Mangel, sondern ihr zureichendes Auskommen gehabt, dennoch durch Dieb¬ stahl sich zu versündigen: dann ihr Verbrechen um so abscheulicher und säst nicht zu ergründen ist, woher die erste Bewegung des Herzens zu solcher greulichen That entstanden, außer wenn man Allhier solche in der zu allen Sünden geschickten Natur sucht. angestammt Fünckchen verborgene das oder Geiz muß Hochmuth anno 1704 zum

schlosser bestellt gewesen und

haben.

Als nämlich Seine Königliche Majestät anno 1715, ehe selbige Felde nach Pommern gingen, einstens mit dem Castellan Runck in den Gemächern des höchstseligen Königs gewesen und den Hofschlosser Stieff haben rufen lassen, ein Spinde aufzu¬ machen, worin Medaillen sich befunden, dieser aber nicht zu Hause gewesen und die Eröffnung nicht erfolgt, hat das diebische Herz des Castellans Runck zuerst unrechten Appetit dazu bekommen,

7. Aus einein Spind zwei Pfund Seide. 8. Von den aus des verstorbenen Königs Kämmer

und nach dessen Einwilligung haben sie das Spind gemeinsam ge¬ öffnet, tind den ersten Diebstahl begangen. Die Sache stellte sich in der Untersuchung wie folgt heraus: Den 27. Mai bekannte der Castellan: Gleich nach dem Tode des hochseligeit Königs sei Jnquisit mit dem Stieff einmal in dem Gemach bei der eisernen Thür gewesen, da habe Stieff zuerst die kleine Spinde mit Dietrichen aufgemacht, worin aber nichts als Biergläser, Tobackspfeifen und kleine Hauptschlüffel gewesen, welches alles Jnquisit Runck zu sich genommen. Bei dieser Gelegenheit

nun, da

sie beide

wartet, habe

init einander auf Seine Königliche Majestät

Stieff

ge¬

angefangen: nicht eher bekannt wurden,

wir hätten uns daß wir können reich machen." Als Runck geftagt, warum, so habe Stieff geantwortet: „Er habe in Wien schon einen großen Herrn aus dem Kloster geholfen, er könne alle Schlösser austnachcn".

„Pftii!

Nachdein dann beide den Sommer hindurch die sämmtlichen Chatullen und Kästen durchsucht, machten sie sich endlich an den „Schatz". Sie entwendeten dann zunächst an einem Morgen um 5 Uhr 5000 Thaler. Später Stieff allein noch 5 Beutel mit je

1000 Thaler.

Sie haben dann in der Süitde fortgefahren und solchergestalt, nicht nur beide zusammen, sondern auch weil ihnen die partage nicht profitabel genug erschienen, jeder vor sich absonderlich dieje¬ nigen Gelder, Medaillen und Sachen aus verschiedenen Königlichen Gemächern, und den sonst wohlverwährten Tresor vermittelst ge¬ fertigter illachschlüssel, mit Sperrhaken und aufbrechen der Behält¬ nisse entwendet, welche folgende Specification besagt, und die sich auf viele 1000 Thaler betragen, auch theils bei ihnen selbst noch

gefunden, theils von andern wieder beigebracht wurden.

Verzcichniß dessen, was beide Jnquisiti ihrem eigenen Bekenntniß nach gestohlen und jeder zu seinem Antheil bekommen: I. Sakentirr Ztunck. 1. Aus dem Königlichen Tresor zu seinem Antheil 2800 Thaler. 2. Harte Thaler, Kupfergeld und Medaillen, wovon er bekannt

hat, zusammen 170 Pfund geivogen zu haben.

gestohlenen

Jetton zu seinem Antheil 8 Thaler 0. Ein Brillant aus einem Kreuz im Kronkabinet. 10. Aus einem Tische 12 Speciesthaler. 11. Einen Schirm, worin Gold- und silberne Etoffe befindlich. 12. 10 Stück kleine emaillirte Portraits aus der Geheimen Raths¬ stube.

13. 14. 15. 16.

zu

noch atich unter anderem Vorwand die Eröffnung von dem Schlosser zu verlangen, und so hat die Bosheit ihn versuchen lassen, bei dem Hofschlosser Stieff eine gleiche Lust zu erwecken. Er hat ihn sondirt

Thaler.

4. Noch aus einem anderen Kasten 150 Thaler an % Stücken und 10 Thaler an >/, Stücken. 5. Noch aus einem Kasten 150 Dukaten und 15 Speciesthalcr. 6. Von den aus einigen Coffres gestohlenen Tressen, Campagnen, Etoffen, damastene Kleider, Leinenzeug 60 Thaler.

17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36.

Einen Ring mit einem ziemlichen Brillant. Eine silberne Uhr. Noch ein silbernes und vergüldetes Schaustück. Noch einen Silberling und 1 silbernes Schallstück mit einem Pabst. Kleine Diamanten, 33 Stück. Aus einem kleinen Spinde Biergläser und Tobackspfeifen. 50 Stück Perlen. Eine Scheibe vom silbernen Leuchter. Ein laquirt Tischgcn mit allerhand Theezeug. Ein Tischblatt ohne Füße. Eine laquirte Gießkanne und Becken von Blech. Ein schlecht Brettspiel.

Zwei

Tischdecken.

Eine seidene Decke auf ein Bette. Vier Schildereien.

Ein Portrait mit sehr kleinen Diamanten besetzt. Ein klein Perspektiv. Etliche Bücher, zum Theil mit Silber beschlagen. Ein Tabacksmagazin von Blech. Eine Karbatsche.

Ein schwarz ledernes Futteral mit Zahnstecher. Drei paar braune lederne Handschuh. Unterschiedene kleine

Portraits.

Ein Messer mit einer weißen Schale und Scheide init gelbem

Blech beschlagen. 37. Ein schwarz ledernes Kästchen mit silbernen Büchsgen. 38. Ein klein Perspectiv von schwarzem Horn. 39. Noch eins dergleichen mit einem spanischen Rohr mit einem Helsenbeinernen Knopf. 40. Eine kleine hölzerne Lade. 41. Die Berlinische Post-Carte aus Weißen Atlas. 42. Eine kleine Schnupftabacksdose von Stahl geätzt. 43. Drei paar kleine parfümirte Handschuh. 44. Ein blechemer Tubus. 45. Ein Türkisches Messer. 46. Die Chronika von Beelitz.

II. Daniel Stieff. 1. Aus dem königl. Tresor 2200 Thaler.

2. Noch aus demselben vor sich allein 5000 Thaler. 3. Ferner aus demselben 2000 Thaler. 4. Aus dem Kronkabinet hat er an goldenen Büchschen und Dos¬ gen so viel Gold und Diamanten gestohlen, daß er davon an den Goldschmidt Denneria vor 500 Thaler und an den Juden Joel vor 1600 Thaler und an den Goldschmidt Hutlinger vor 80 Thaler verkauft hat. 5. Aus einem Spinde verschiedenes wie Uhrketten, Dosgen rc.

6. Aus einer Kiste 200 Dukaten.

273

7. 8. 9.

.10.

11. 12.

Noch aus einer Kiste 150 Dukaten und noch 300 Stück,

theearium auch Direetorem der Medailleneammer, Lions, la Croze, welcher solches bei dem Obermarschall von Printzen anzeigt. Infolge dessen wurde Stieff am 8. April 1718 auf der Haus¬ voigtei darüber examiniret. Zwar wußte Stieff sich damit zu ent¬ schuldigen, daß er solche von einem Juden, namens Salomon Jacob erkauftet; und die bei ihm befundenen Kostbarkeiten sollten theils seiner Frau gehören, theils wollte er solche, wie auch seines übrigen Vermögens einen guten Theil, sowohl von einem seiner Brüder, einen Uhrmacher, so aus Engelland gekommen, theils von einer Wienerischen Spoliirung des Juden Oppenheimer, theils von seines Weibes Ehegeldern, theils durch Arbeit lueriret haben. Allein die dabei sich ergebenden Umstände, daß der Jude nicht ausgeforscht werden konnte, er auch ohne

theils

Dukaten, theils Goldgulden. Noch aus einem Kasten an -/3 Stück 250 Thaler. Ferner aus einigen Coffres 10 Dutzet Servietten, 17 Tafel¬ tücher, einige Bettlakens, ein brokatenes Frauenskleid, noch ein schwarzes Kleid und 2 schwarze Röcke. 40 — 50 Ellen grüner Damast, 32 Ellen rother Damast. 8 Thaler für die Campagnen. Aus einem Schreibtisch 12 Speeiesthaler. Zwei Gläser von Cristal de röche mit Gold beschlagen. Noch saus einem Schreibtisch eine Rose mit 1 großen und 4 kleinen Diamanten.

13. Aus der könig¬ lichen Kammer ein Buch von Schildkröte. Scheibe 14. Eine vom silbernen

permission Haupt¬ schlüssel zu Schlo߬ überführt war, brachte ihn auf die

Leuchter.

Tortur,

15. Noch unterschie¬ Sachen, dene so

beim

Jnqui-

Sofort

unter dem Spie¬ gel gefunden (4 Ringe mit Dia¬ manten, 1 Bril¬ lant von V/-2

äußerten

Indicia,

aber

sich

neue

daß er

in

den Königl. Gemä¬ chern betroffen wor¬ den, königl. Dosen bei ihm gefunden wurden und immer¬ mehr Jubelen, Gold und Anderes, das er verheimlicht, herfürthaten: sich Ja er wurde auch graviret, das;

Gran, noch eini¬ kleine Dia¬ manten, 4 Ge¬

ge

sichter

welche in¬

von ihm aus¬ gestanden war.

dessen

im Loche

siten

gemacht

gemächern

in Stein

2 Stück Gold, 1 Paar Diaman¬ ten Schnallen, 1 Petschaft von Carniol, 4 Paar-

er die TresorSchlüssel nach¬

Handschuh.

gemachet K.

geschnitten ,

Daß nun

Während

da¬

dergleichen mals Diebe bei Hofe sich aufhalten und ar¬

Untersuchung

terschritt,

Stieff

so

die

wei¬

verrieth seine

Die-

beiten sollten, hätte bedacht, niemand unvermuthet aber nunmehro mußte

bescameraden

da¬

Stieff

Anschlagen

durch, indem er dem

Castellan Runck einen

blind wer¬

den, daß, da er

te.

so¬

wohl Current Gold als Dukaten und Goldgulden

schick¬

Die Sache war

eine Durch öffentliche Aufforde¬ rung kam auch zu Tage, daß Stieff bei fast allen Goldarbeitern Geschmeide hatte arbeiten lassen; es meldeten sich die Goldschmiede Johann Deneria, Roman, Hutlinger, Borsch, Rummel, Giradet, Pelte, Ratzes, so:

genug

in Vorrath gehabt,

er dennoch von dem gestohlenen Gut einige güldene, sehr rare Münzen an einen Goldschmied statt Bezahlung angegeben, welcher davon einige dem Herrn Raht la Croze gezeiget, dieser aber selbige dafür erkannt hat, daß solche aus der

Medaillenkammer gestohlen wären. In der Untersuchung ergab sich folgendes Nähere: „Als am 2. April 1718 ein Goldschmidt Jeremie Pahot eine Etolische, eine Paduanische und eine Siamische mit 2 Pa¬ goden, ingleichen noch 11 andre theils Arabische, theils Türkische Müntzen, also zusammen 14 Stück von dem Hofschlosser Daniel Stieff an Zahlungsstatt vor Arbeit angenommen, so weiset der¬ selbe einige Stück davon an den Königl. Preuß. Rath und Biblio-

Zettel zum

Pahot. — Den 23. Mai wurde ein Zettul nachstehenden Inhalts am Schloß unter dem Portal, so nach der Mühlen zugehet, angeklebt befunden: j

„Das Geld aus der Schatzkammer haben wir 2 Uhr bey Nacht gestohlen, nun ist es bald ein Jahr und habens auch alle nach Sachsen gebracht, wollte Gott, wir hättens noch hier, so wollten wirs auch gern an einen Ort hinwerfen, weil wir hören, dass'der arme Kleinschmidt darum so un¬

274 schuldig gepeinigt wird, so plagt uns unser Gewissen. Die Schlüssel habe ich bei dem ersten male, wie die Schatzkammer gemacht worden, alle abgedruckt in Lähberthon, welches mich ein Schlosser auf der Friedrichstadt gelernt hat. Bei dem Hofschmidt Jänicken habe ich 3 machen lassen, auf der Friedrichstadt 2 grosse, in der Crohnengasse 1 kleinen und durch einen Schlossergesellen noch drei kleine. Wir haben fast 3 Jahre zugebracht, ehe wir sie haben können zum nachschliessen kriegen, welches ich alle Zeit gethan, wann mein Vetter die Wache dort hatte. Ich habe einmal zwei Tage darin gesteckt und angepast, bis mich mein Vetter rauss holf, und endlich haben wir alles zu rechte gebracht. Die Schlüssel haben wir alle in die Spree geworfen, weil wir hörten, dass der Schlosser desshalb angepackt wurde, sonst hätten wir diesen Sommer mehr geholet. Der König muss gute Wache halten lassen, „will er sicher sein, und noch besser wäre, wenn er das Geld unter die armen Leute gebe.“ Sofort Wurde unter Trommelschlag bekannt gemacht, daß derjenige, der Wissen davon. Habe, wer den Zettel geschrieben und angeklebt, siä) bei dem Geheimen Kriegsrath von Katsch anmelden und 25 Dueaten zum Reeompens erhalten soll. Die ganze Sache wurde bald offenbar, indem ein Schüler, Namens Sckala, von welchem die Stiefin verlangt hat, solchen von ihrem Ehemann im Gefängnis; projektirten Zettel zu mundiren, aus Gewissenstrieb solches anzeigte, und obwohl die Stiefin trefflich leugnete, so wurde sie dennoch überführt.

Da

auch

des

Castellans

Domestiquen bezeugten,

daß der

junge Stief zur angegebenen Zeit zweimal bei Runcken gewesen und hernach Stief selbst anfing zu schwatzen, wurden nach und nach alle Umstände des Diebstahls klar. Nach geschehener Confrontation wurde endlich auf allergnä¬ digsten Befehl von dem Königl. Criminal - Collegio allhier Acta verlesen, und dahin sententioniret, daß beide Jnquisiten als Schloßdiebe mit dem Strange vom Leben zum Tode gebracht, zuvor aber, weil noch einige Diebstähle bei Hofe an der königlichen Toilette und diamantene Schuhschnallcn begangen waren, auä) Verdacht sich ereignet, daß sie alles gestohlene Gut noch nicht offenbart und einige Complices sein möchten, deßhalb realiter terriret, und mit Zuschraubung der Daumenstöckc der Anfang gemacht werden, bei der Exekution aber Inquisiti wegen der aggravirenden Umstände im Ausführen mit glühenden Zangen dreimal gekniepen werden sollten. Hier nicht aber wegen deren beiden Jnquisiten Ehe Weiber, welche durch» Verheclung des Diebstahls, und durch das Pasquill, und sonst sich des Verbrechens theilhaftig gemacht hätten, wurde erkannt, daß selbige und zwar die Stiefin 2 Jahr, die Runckin aber 1 Jahr ins Spinnhaus zu bringen; die Müssetten aber, der Runckin Schwester mit I4tägigem Gefängniß zu bestrafen. Die Tortur richtete bei beiden Hauptinquisiten nichts aus. Es äußerte sich aber hierauf bald, daß der Castcllan Runck, einige Wochen vor seiner Arrctirung Gifft in dem König!. Taffelgcmach präpariret, und bei sich gesteckct, auch im Arrest gebraucht, woran er Zeit seines Gefängnisses sehr krank gewesen.

Die Torturam wurde in Folge

an Runck rcpetiret, tvelche er aber aushielt, also mußte man es dabei bewenden lassen. Und es erfolgte nunmehr auf allergnädigstcn Befehl die dessen

Exekution dergestalt, daß Runck mit glühenden Zangen gekniepen, beide von unten auf gerädert, und mit Ketten am eisernen Galgen gchenget werden. Dieses ist der kurze Inhalt der Runckischcn und Stieffenschen Diebshistorie, welche ex relatione actorum mit mehren zu er¬ sehen

ist.*)

Nur wäre zu wünschen, daß die Publicirung solches Processes und Bestrafung den Effect hätten, andere abzuschrecken, daß in der¬ gleichen Unthaten wieder gehöret würden. Daß aber die Bosheit der Menschen größer sei, als daß man selbiger völlig präcaviren konnte, hat die Erfahrung gelehrt, weil vor einigen Monaten ohnerachtet dieses großen Exempels ein Junge von 16 Jahren auf dem Schloß in der Küchstube mit Erbrechung eines Schranks königl. Gelder gestohlen hat. Ob nun wohl selbigem der Strang zuerkannt wurde, so haben dennoch Seine Königl. Majestät in An¬ sehung der Jugend diesem Delinquenten, da er schon unter dem Galgen stund, allergnädigsten Pardon publiciren lassen. Und also haben Seine Königl. Majestät binnen Jahresfrist über die Schloßdiebe einmal die Gerechtigkeit mit gebührender Strafe gehandhabt, einmal aber Gnade vor Recht gehen lassen. Nunmehro müffe zu beiden keine fernere Occasion in eben der¬ gleichen Fällen sich erzeigen, sondern es gedenke ein jeder, daß die königlichen Residenzien inviolabel gehalten werden. Signatum, Berlin, am Tage der im abgewichenen Jahre an Runck und Stieffen beschehenen Exekution, das ist am 8. Junii 1719. Dominik.

Literatur. Christoph Lehmann's Blumengarten, frisch ausge¬ jätet, aufgeharkt und umzäunt von einem Liebhaber alter deutscher Sprache und Weisheit. Berlin, Carl Duncker's Verlag (C. Heymons) 1879. Christoph Lehmann gehört in die Reihe derjenigen älteren Schriftsteller, welche als treue und gewissenhafte Ver¬ wahrer und Verwalter des Schatzes unserer Volkssprüche ein wohl¬ erworbenes Recht auf patriotische Theilnahme haben. G. E. Les¬ sing hat zuerst das Andenken an das verschollene Buch des Ver¬ fassers wieder erweckt und gleich im Anfange seines Wolfenbüttler Aufenthalts 1770 eine — ftagmentarisch gebliebene — Auswahl aus dem „florilegium“ geschaffen. Unter den Neueren war es Hoffmann von Fallersleben, der im ersten Hefte seiner „Spenden"

deutschen

Proben aus dem florilegium mittheilte. Christoph Lehmann wurde im Jahre 1568 zu Fürstenwalde in der Mark geboren und starb am 20. Januar 1638 zu Heil¬ bronn. Ich verweise wegen seiner Lebensschicksale und der Geschichte seines Buches auf die oben angeführte Ausgabe, welche auf das geschmackvollste durch den Verleger ausgestattet, wegen seines In¬ halts hiermit zur Anschaffung bestens empfohlen sein soll. Damit sich unsere werthen Leser ein Urtheil über das Buch selbst bilden mögen, theile ich einige Proben hier mit. Adam muß eine Lva ha'n, Die er zeihe, was er gethan. Almosen geben armt nicht, Kirchengehen säumt nicht,

Ivagenschmieren hindert nicht, Unrecht Gut faselt nicht.

Angenomm'ne Weis'

Schmilzt wie das Lis.

Art läßt

nicht von Art, Der Speck läßt nicht von der Schwart', Der Lock bleibt nicht ohne Lart.

Auf

Das

•) Erschienen zu Berlin bei Joh. Andr. Rüdigern. 1719.

des Hundes

Liß

Hund'shaare nicht vergiß, Und auf viel Wein laß Wein beste

Pflaster sein.

275

-

Danach man ringt,

wenn du willst das Töchterlein ha'n, So sieh zuvor die Mutter an, Ist die Mutter von guten Sitten, Magst wohl um die Tochter bitte».

Das gelingt. Das Wetter kennt man am Win-, Den Vater an seinem Kind, Den Herrn an seinem Gesind.

Line reiche Schwieger, gesottene Krebs, ein feistes Schwein Die drei allerschönsten Todten auf Lrden sein.

Daß man der Dornen ach't, Das haben die Rosen gemacht.

Geschenke machen Gelenke.

Der Maulesel macht viel parlaren, Daß seine Litern Pferde waren.

wer will hadern um ein Schwei», Nehm' die Wurst und laß es fein.

Durch Meinen und Bedunken

wer trinkt ohne Durst, Buhlt ohne Lust,

Ist

manch' gute Sache ertrunken.

Ißt

ohne Hunger, Der stirbt zehn Jahre junger.

Lin Kisten und ein Schrein, Line Sau und ein Schwein, Lin Ochs und ein Rind Sind all' Geschwisterkind.

Alten Fuhrleuten thut das Knallen noth. Aerzte sind unseres Herrgotts Nenfchcnflicker.

Cs meint jede Iran, Ihr Kind sei ein Pfau.

Das Alter vergißt's, die Jugend weiß nichts. Das Neue klingt, das Alte klappert.

Frisch dran

Der wein kann schwimme», darum versaust er nicht in dem Wäger, Wirthe hineinschütten.

Schlägt halb den Mann.

welches die

Fröhlich Gemüth Giebt gesundes Geblüt.

Drei Weiber niachen mit ihrem Geschrei einen Jahrmarkt.

Gott giebt wohl die Kuh

Gold liegt im Berge, Dreck tm Wege.

Doch nicht das

Seil dazu.

Graf Lgo hört, Hätt'

ich

Venediger Macht,

Und Augsburger Pracht, Uürnberger Witz,

Hausfriede ist Hausfreude.

Straßburger Geschütz, Ulmer Geld, wär' ich Herr der ganzen Welt.

viel Klugheit verdirbt in wenn ein Ding

Ich wag's fröhlich Gott füg's glücklich.

wie

Klein und

geschehen ist, so verstehen cs auch die

Narren.

die Jucht, so die Frucht.

Dominik.

keck

den Großen

in'

ZLcrkiner Acrühmtheiten.) Die Dutitreanekdoten haben Erinnerung an andere berühmte Originale Berlins er¬ weckt. Ein Seitenstück zu unserer Freundin soll Madame oder Fräulein Kühne gewesen sein, deren Vater eine Schlächterei in der auch die

Der bei Tisch sitzt Und nicht ißt,

Bei einer Jungfer

MisreUen.

Dreck.

Närrisch ist,

sitzt

Und die nicht küßt, wein hat und schenkt nicht ein; Muß doch wohl ein Narre sein.

Behrenstraße (Ecke der Friedrichsstraße) hatte. Wir erhalten über diese Dame gleichzeitig zwei Einsendungen, deren eine (die andere ging uns anonym zu) wir hier zum Abdruck bringen. Herr Violet schreibt

Steigt ein Floh bis übcr's Knie, So wird ihm gleich, er weiß nicht wie. Trink' Trink'

eines armen Mannes Beutel.

Worte sind gut, aber Hühner legen Lier.

Jungfrau,, Gemüth ist wie ein Taubenhaus, Lin Uarr fleugt ein, der andere aus.

Stößt

thut Alles am besten; Herr Dmnes hat nie

sieht und

wohl regirt.

ich Wasser, so sterb' ich,

wein, so Verderb' ich; wein getrunken und verdorben, Als Wasser getrunken und gar gestorben. ich

Doch ist besser

verstand braucht man zum Rathen Glück und Herz zum Thaten.

wäre Holzhaucn ein Orden So wären nicht so viel Mönche worden.

uns:

Eines Tages unterhielt

sich der Kronprinz (später Fr. W. IV.) (oder Kühne?), Tochter des Hoffchlächtermeisters, deren komische Antworten ihm vielen Spaß machten. — Sie zeigte ihm einen soeben angekauften Ochsen und fragte: „Na, Kgl. Hoheit, is desnich en majestetscherOchse?" — „Ja wohl", antwortete de

mit

Frl. Kühn

Kronprinz,

„Ihre Familie

ausgezeichnet." — Ein anderes berliner

hat

sich

ja immer

Original war Ccrf.

uns unser verehrter Mitarbeiter

Violet

durch große Ochsen

Ueber diesen schreibt

aus Leipzig:

*) Anm. der Redaction. Wir wiederholen hiermit ausdrücklich, wir den Wiederabdruck unserer Artikel gern gestatten, wenn der Name des Verfassers und unser Blatt dabei genannt werden.

daß

276 Bei einem Streit, den er einst mit Beckmann hatte, war ihn grob geworden. „Das werde ich mir hinter die Ohren schreiben!" rief Cers — „Ganz recht," erwiederte B., „auf Pergament steht es am sichersten!" —

dieser gegen

Seiner Frau gab er einmal folgendes geisweiche Räthsel aus: Erste bin ich, das Zweite bist Du, das Ganze gebraucht man bei Tische." — Die Auflösung war: Serviette! (Cers—Jette.) Sie drehte darauf die Pointe um, und da war die Auslösung: Assiette (Aas —Jette.) — Als der Kronprinz (später Fr. W. IV) das Königstädt. Theater besuchte, führte ihn C. während der Vorstellung herum und warnte ihn plötzlich: „Nehmen Sie sich in Acht, Kgl. Hoheit, sie spucken manch¬ mal vom Heuboden herunter!" — Er begleitete ihn darauf zum Wagen und stieß im Diensteifer einen neugierigen Straßenjungen aus dem Wege, der ihn darauf „Ochse" titulirte. „Er meinte mir. König¬ liche Hoheit," entschuldigte Cerf. „Das habe ich auch gar nicht anders D, aufgefaßt," erwiderte der Kronprinz lachend. —

„Das

Jude Tippoldts Hinrichtung. „Anno 1573, 28 Januar — Mittwochs nach Sexagesimae vor Fastnacht — hat Lippoldt vor gehegter Bank Alles geleugnet; da wo das Zauberbuch am Halse, der Scharfrichter aber ihn auf dem Berlinischen Rathhause gepeiniget, daß ihm das Blut zum Halse ausgelaufen, darnach Alles bekannt und auf seine Aussage und Bekenntniß beständig verharret, wohl zehn Mal mit glühenden Zangen gezwackt, darauf auf dem Neuen Markt mit 4 Stößen gerädert, darnach auf einen Tisch gebunden, die virilia abgeschnitten, der Bauch aber auf die ist er

Brust aufgehauen mit einem Beil, das Herz ihm aufs Maul ge¬ Intestina in einen Zuber geworfen, den Kopf ab, den Körper in Viertel zerhauen, die Viseera sammt dem Zauber¬ buch aus dem Neuen Markt verbrannt, und an die Wegswaße am Galgen bei den Füßen und Händen aufgehenkt, der Kopf auf R. S. Georgs Thor aufgesteckt.

schlagen, die

einer Aagd in der Grimnitzcr Haide hat Kurfürst Jo¬ hann Georg im December 1595 an einem Tage 182 wilde Schweine R. gefangen, darunter in die 100 große."

„Auf

Hin Mild Friedrich Wilhelms I. Professor Camphauscn wurde kürzlich vom Kaiser empfangen und stellte das vom Kaiser bestellte Reiterbild des zweiten Königs von Preußen vor, das seinen Platz im Stadtschlosse zu Potsdam, in den Zimmern des Königs erhalten soll.

Verwaltung Einfluß auf meinsamen Berathungen

Pflasterungsarbeiten

haben, zu

ge¬

mit Vertretern der Tiefbauverwaltung

zusammenweten werden, damit durch gemeinschaftliche Berathung,, die so oft im Publikum getadelte Aufreihung erst kürzlich gepflasterter Straßen vermieden werde. Es werden bei

B. Vertreter der Gasanstalt, der Wasserwerke und der Kanalisation vertreten sein." Ein Bravo für diese Anregung gebührt gewiß unserm ver¬ ehrten Ober-Bürgermeister. Soll aber die Geschichte nicht halb sein — neitber llsb nor flesh, nor good red herring — dann muß der Hauptaufwühler unserer Straßen, dann muß Gene¬ ral-Postmeister Stephan „mit von der Partie" sein. Denn „Eintracht ttägt ein", sagt ein altes Sprüchwort. Andernfalls ist dieser Herr allein im Stande, das „Zusammenwirken der diesen Conferenzen z.

übrigen Wühler zu planmäßigem Wühlen" wieder zu zerstören. macht keine

ganz allein Und dann heißt es: „Umgestoßene Milch

Butter". —

Dominik.

Briefkasten. Ein Schulmann. Das „französische Gymnasium" hieß früher College royal francais und wurde 1689 begründet in einem Privathause der Sttalauerstraße. 1701 kaufte die Franz. Gemeinde das Haus des General Wangenheim Niederlagstaße 1. 2. Seit 1. October 1873 benutzt die Anstalt das neuÄbaute Schulhaus Doro¬

41.— Das Friedrich-Werdersche Gymnasium ist 1681 gegründet und zwar im ehemaligen Friedrich-Werderschen Rath¬ hause, ist 1683 eingeweiht und 1794 abgebrannt, wurde 1800 nach der Oberwasserstraße 10, 1825 in das Fürstenhaus verlegt und be¬ findet sich seit Michaelis 1875 in dem neu erbauten Schulgebäude

theenstraße

Dorotheenstraße 13. 14. — Dr. M. hier. Lieber Herr, ich wundere mich darüber gar nicht. Wenn heute der „Hamburger Correspondent", nach diesem mehrere Berliner Blätter und neuerdings die „Neue freie Presse" unsern tüchtigen liebenswürdigen Louis Schneider mit Schmutz bewerfen, nun der Mann todt ist, — ich bemerke Ihnen übrigens, daß in diesen Zeitungen ein und dasselbe Reptil spukt — nachdem dieselben Blätter zu Schneiders Lebzeiten den¬ selben in allen Tonarten, und oft über das Maß hinaus gelobt haben; so thun sie eben, was schlechte Creaturen — die vor Louis Schneider katzenbuckelten, als er noch lebte und etwas zu ver¬ Für solche Gesellschaft hatte schenken hatte — gewöhnlich thun. unser

F ü r st e n w a l d e r Landsmann Lehmannschonvor300 Jahren

den hübschen Spruch gedichtet:

Martinsfchmaus, Martinsgans, Wartinsavend , Martinsmann, Martinstrunk, Martinshorn, Martins¬ Es wäre der Redaktion d. Blattes angenehm, von Bewohnern der Mark Brandenburg zu erfahren, welche Gebräuche am Martinstage noch in den verschiedenen Orten der Mark üblich. Wir meinen nicht, welche früher einmal stattgefunden haben, son¬

Wer einen lobt in präsentia, Und schilt ihn in absenlia, Den hol' die pestilentia.

feuer k.

dern die jetzt noch gebräuchlichen. Auch wolle man uns Mittheilung darüber machen, ob das ehedem allgemein gebräuchliche Spiel am Martinsabend, das Rübchenstechen noch stattfindet, sowie das Herumttagen von

Kürbislaternen. Wir bitten alle Freunde unseres Blattes um baldgefällige

D.

Mittheilung.

II

n’est ni chair, ni poisson. Das wohlunterrichtete Z der

„Vossischen" berichtet, daß „auf Anordnung des Herrn Ober-Bür¬ germeisters von Forckenbcck künftig allwöchentlich technische Ver¬ treter aller der städtischen Deputationen, die mit ihrer

I.

Berlin.

Ich habe persönlich gegen Herrn Pronichts, ich halte denselben nur nicht für geeignet^ fefior Bergau gar Kurbrandenburgische Alterthümer zu inventarisiren, und bin der Meinung, daß hierfür die trefflichen Herausgeber von „Berlin und seine Bauten", ferner Th. Fontane, Prof. Weiß, Adler re. re. weit paffendere Kräfte waren. Das müffen Sie mir zugeben. Und daß Herr Prof. Bergau selbst einsieht, daß er nicht recht die Kraft

Herrn

war, die Inventarisation Brandenburgischer Alterthümer vorzunehmen, das will ich in einer der nächsten Nummern an der Hand seiner Erklärung in der Bauzeitung darthun. Meine Notiz in Nr. 27 richtete sich gegen die Leute, welche Berliner tüchttge Gelehrte übersahen und nach Nürnberg stolperten. Unseren verehrten Briefschreibern. Beantwortet wird jeder Brief, sei es direft, sei es im Briefkasten. Nur kann das häufig nicht sofort geschehen.

Für die Redactton verantwortlich: Emil Dominik in Berlin.— Verlag der Nicolaischen Verlags-Buchhandlung, R. Stticker, in Berlin. Druck: W.

Moeser Hofbuchdruckerei in Berlin.

'

*

**• Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Vaukus tzafset, L. Akficri, K. ZSrunokd in Joachimsthal, Stadt-Archivar Kidicin, Theodor Aontane, Ludovica KeseKiek, vr. Kermann Kketke, Kerd. Weyer, Baurath Hrth, Dr. Kerd. Vffug, Oberlehrer Dr. K. H>röhse, Stadtschulinspektor Schilkmann, Director Wikhekm Schwartz in Posen, Archidiaconus Schwebet in Cüstrin, Stadtrath Adolf Strecksuß, Lehrer Keinrich Wagener in Potsdam rc.

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I sj

Ii.

affllK* PVT},

herausgegeben von

Berlin

Stadtrath Ernst Friedet

und

Emil Dominik.

J5. December.

Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderstr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische V erla gs -Bnch h an d lu ng, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 2gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlnng entgegengenommen.

Inhalt:

Joachim I., Roman von Adolf Streckfnß. (Fortsetzung). — Der große Kurfürst und seine Zeit, mit Jtlnstrationeil. — Braudenburgische Alterthümer Historischer Verein zu Frankfurt a O. — Ein 66-Ender. — Mlscelleu. — Briefkasten. — Inserate.

in Bernau. —

Joachim I. Roman in historischen Bildern von Kilolf Areckftzß.

Ein neues Sehen begann jetzt für Peter Linden. Ein Wachtmeister der Einspännigen war sein Lehrmeister in allen Waffenübungen; Peter zeigte sich als ein gelehriger und ge¬ schickter Schüler; seine kräftigen Muskeln und sein behender, geschmeidiger Körper machten ihn zum Waffenhandwerk be¬ sonders geeignet, und schon nach kürzester Zeit hatte er alle die Handgriffe erlernt. Er war ein so tüchtiger, guter Soldat wie irgend einer seiner Kaiileraden. Sein Dienst war nicht schwer, den größten Theil des Tages hatte er frei und dann war es ihm erlaubt, einherzu¬ schlendern in den Straßen von Berlin und Köln, um alle die neuen Eindrücke in sich aufzunehmen. Jedes städtische Leben war ihm fremd gewesen, denn Spandau und Potsdam waren ja nur Dörfer, die Schwesterstädte Berliil und Köln kamen ihm deßhalb wie wahre Riesenstädte vor; die engen schmutzigen Straßen ohne Pflaster erschienen unserem Peter wie Wunder¬ werke, das rege Treiben der arbeitsamen Bürger, die hohen Häuser staunte er manchen Tag an, ehe er sich in das ihm ganz neue Sehen finden konnte. Wir gewöhnen lins schnell all Alles, auch das Wunder¬ barste

wird gewöhnlich, wenn

es

alltäglich wird, und

so ver¬

loren denn auch die neuen Eindrücke schon nach wenigen Er wurde es müde. Wochen für Peter Linden ihren Reiz.

l

|

(Fortsetzung.)

Straßeil liinherzuwandeln, er sah dort nichts Neues mehr und blieb deshalb lieber im Schloß zu Köln, um feinen Dienst so pünktlich als möglich zu versehen. Seine freie Zeit füllte er mit Waffenübungen aus. Seinen Kame¬ raden wurde Peter bald besannt und unter denselben beliebt,

in

den engen

denn Jedem kam er freundlich

und

treuherzig entgegen, be¬ er nahm ihnen oft die Wachen ab, welche ihnen zugetheilt waren. ein näheres Verhältniß mit den meisten der übrigen Einspännigen zu treten, war iildeß nicht inöglich, beim diese standen ihm sowohl in den Jahren, als auch in ihrem ganzen Leben uild Treiben zu fern, als daß er sich eng und innerlich an sie hätte anschließen mögen. Sie verbrachten ihr Leben in den rohesten Genüssen, der reiche Lohn wurde verjubelt in den Trink- und Freuden¬ häusern der Stadt, jede freie Stunde war dem Vergnügen gewidmet und zwar den rohesten, wildesten Sinncnvcrgnügungen; Spiel und Trunk waren die Belustiglingen, denen sic sich mit voller- Gluth Hingaben, und gerade für diese hatte Peter gar keinen Sinn. Nur an einen seiner Kameraden, einen Mann noch ziem¬ lich jugendlichen Alters, schloß sich Peter näher und freund¬ licher an, weil dieser ebenso, wie er selbst sich von den wilden rohen Vergnügungen der klebrigen zurückzog.

reitwillig

leistete er ihnen steine Dienste,

In

278 Lorenz, so hieß der neue Freund Peters, hatte seit frühester Kindheit allein im Leben gestanden und war von seinen Verwandten in die Schule geschickt worden; hier hatte er als Schüße und später als Baccchant*) ein trauriges Leben geführt. Er hatte endlich die Bücher bei Seite geworfen, war Soldat geworden und nach manchen Schicksalen unter die Einspännigen des Kurfürsten Joachim gekommen. Aus seinem früheren Leben hatte Lorenz sich immer noch eine gewisse Liebe für eine wissenschaftliche Beschäftigung betvahrt, er las gern, seine Mußestunden füllte er meistens mit wissenschaftlichen Studien aus; als er näher mit Peter Linden befreundet wurde, machte er diesem das Anerbieten, ihn im Freudig ergriff Peter Lesen und Schreiben zu unterrichten. diese Gelegenheit zu seiner Ausbildung und mit dem eifrigsten Fleiße gab er sich fortan dem Unterrichte seines Freundes hin, täglich neue Kenntnisse, neue Anschauungen vom Leben ge¬ winnend. Einige Monate waren in dieser Weise für Peter genu߬ reich verflossen, er hatte fleißig studirt und schnelle Fortschritte gemacht, schon konnte er fließend lesen und dies wollte bei In der mangelhaften Unterrichtsmethode gewiß viel sagen. Waffcngcschicklichkeit überragte er alle seine Kameraden, so daß der Hauptmann Von Otterstedt mit Stolz Kurfürst Joachim den Peter Linden als den in jeder Beziehung tüchtigsten der Lcibtrabanten rühmen konnte. Der Kurfürst hatte sich scheinbar um seinen Schützling in dieser Zeit wenig bekümmert, obgleich er ihn niemals aus Selten sprach er mit Peter und den Augen gelassen hatte. auch dann nur wenige flüchtige den Dienst betreffende Worte, das einzige Gunstzeichen, welches Peter erhielt, war, daß er meistens zur Wache vor den Ziinmern des Kurfürsten kom-

und demselben das Jnsiegel des Kurfürsten als ein Zeichen vorweisen, daß er den Befehl erhalten habe, mit einem Fremden das Schloß zu verlassen. Das Thor wurde sofort geöffnet, und Peter verließ mit Joachim, der sich dicht in seinen Mantel gehüllt und mit demselbeit das Gesicht verdeckt hatte, das Schloß. Der Kurfürst ging jetzt eiligen Schrittes voran, lvandtc sich nach der Brüderstraße, ivährend Peter ihm auf dem Fuße folgte. — Bor einem alten kleinen Hause machte der

mandirt war. An einem stürmischen Oktobertagc hatte Peter ebenfalls die Wache vor den fürstlichen Zimmern; cs war spät geworden. Alles im Schlöffe hatte sich zur Ruhe gelegt, auch die Städte Berlin und Köln waren längst still und öde, die Straßen waren ausgestorbcn, in jener Zeit ging man früh zu Bette und in der Nacht um 1 l Uhr lag Alles in tiefem Schlummer. Peter schritt in dem langen Gang einsam auf und nieder, öffnete sich zu seinem Staunen plötzlich die nach den kur¬ da fürstlichen Gemächern führende Thür und Joachim trat, in einen dunklen Mantel gehüllt, aus derselben.

„Doctor Johannes Faust erwartet Euch, edler Herr!" sagte der alte Mann, indem er vor Joachim sich tief verneigte. „Wie ist das möglich?" fragte der Kurfürst erstaunt, „woher kann der Doctor wissen, daß ich ihn zu besuchen be¬ absichtige, da ich selbst noch vor einer Stunde keine Ahnung

„Wer hat

Kllrfürst Halt. „Hier warte bis ich zurückkehre," sagte er leisen Tones, „gehe in der Straße vor dem Hause aus und nieder, behalte stets das Haus im Auge, aber siehe Dich wohl vor, daß, wenn Jeinand Dir nahen sollte, Dli stets im Rücken gedeckt bist. Ich lvciß nicht, ob mir oder Dir eine Gefahr droht, aber wohl lväre es möglich — bin ich nach zwei Stunden nicht zurückgekehrt, dann eile sofort nach dem Schloß, weise dem Hauptmann von Otterstedt mein Jnsiegel vor und fordere ihn in meinem Namen auf, mit der Leibwache das Haus zu umringen. Schlagt die Thüren ein, ivenn sie Euch nicht ge¬ öffnet lverdcn, dringt ins Halls und flicht nach inir, denn in diesem Falle ist irgend eine Gewaltthat gegen inich ausgeübt ; handle auf's Pünktlichste meinem Befehle gemäß, Peter." Peter verneigte sich schlveigend. Der Kurfürst klopfte gegen die Hallsthür und im nächsten Momente schon öffnete sich dieselbe. — Joachim trat ein und die Thür schloß sich hinter ihin. Der Kurfürst befand

in einem engen Hausflur,

ein alter Mann mit weißen Haaren in der Hand hielt, wenig

erhellt wurde.

davon hatte?"

„Darüber vermag edler Herr, hat er es

ich

in

Euch

nicht Allsklinst zu

geben,

den Sterilen gelesen, hat ihm der

magische Spiegel Eure Ankunft verrathen, hat er es gesehen

die Wache?" fragte er leise.

„Peter Linden, kurfürstliche Gnaden," erwiderte Peter ehrfurchtsvoll den Kurfürsten grüßend. „DaS hoffte ich. Du sollst mich aus einen Gang durch die Stadt begleiten, Peter, folge mir." Der Kurfürst trat ins Zimmer zurück; hier mußte Peter den Harnisch und die Partisane ablegen. Joachim gab ihm einen dunkelfarbigen langen Mantel und befahl ihm, so leise als möglich zu folgen; Niemand im Schlosse sollte von dem Ausgange des Kurfürsten eine Ahnung haben. Schnell schritt Joachim voran und Peter folgte ihm. Im Schloßthorc mußte Peter allein zum Wachtmeister treten

sich

welcher nur dlirch ein einziges Licht, welches der Oeffnende,

'

I

im Wasser oder in der Lust — ich weiß es ilicht, nur dies ist nur bekanilt, daß er vor wenigen Minuten mir den Befehl gab, gehe hinab Eseckiel und öffne dem Ritter, den ich er¬ warte. Folgt mir edler Herr!" Der alte Diener schritt nach diesen Worten eine steinerne Treppe hiilalif und Joachiin folgte ihm durch einen langeii Vor einer großen nlit Eisen beschlagenen ivüsten Gang. Thür »lachte der Ritter Halt und klopfte dreimal leise mit dem Zeigefinger an — ein seltsamer Ton, wie ihn Joachim iloch nie gehört, für den er keine Vergleichung wußte, antwortete dein Klopfer — gleich darauf öffnete sich die Thür lind durch eine Handbeivegung lud der Alte Joachim ein, näher zu treten.

!

Der Kurfürst trat in ein geräumiges Zimmer; an einem überdeckten Tisch, auf welchem sechs brennende Wachskerzen stand-«, saß ein großer schöner Mann, eifrig mit dem Studium eines vor ihm liegenden Folianten beschäftigt. Joachim hatte vollkommen Zeit, die Züge dieses Mannes

mit Büchern *) Der Leser findet über die Verhältnisse der Schüler in jener Zeit in Möhsen's Geschichte der Wissenschaft in der Mark Brandenburg und im ersten Bande meiner „hohenzollenl" pag. 105 nähere Auskunft. Dies Leben hatte sich in den letzten hundert Jahren wenig oder gar nicht verändert.

;

i

zll durchforschen, denn dieser blieb emsig beim Studium seines

279 Buches, nachdem schon längst die Thür hinter dem Eintreten¬ den ins Schloß gefallen warMit scharfem Seitenblick musterte Joachim seine ganze Umgebung, indem er mit der Hand unter dem Mantel fest einen Dolch erfaßte, um gegen jeden etwaigen Angriff, gegen jede Gefahr gerüstet zu sein.

Er befand

sich

in

einem

die brennenden Wachskerzen

durch

Gemach, welches unvollkommen erleuchtet

großen

Die Wände wurden durch herabhängende Teppiche geschmückt, auf denen seltsame im Halbdunkel kaum erkennbare Zeichen und Figuren eingewebt waren; den Hintergrund des Zimmers bildete ein herabwallender dichter Vorhang von schwarzen,, wollenen Zeuge, in welches unzählige glitzernde Sterne eingewebt waren. An den Wänden standen Schränke, in denen theils seltsame Instrumente aufbewahrt waren, theils enthielten sie Thiergerippe, getrocknete Eidechsen, ausgestopfte Vögel und andere natur-historische Gegenstände. Der Be¬ wohner dieses Zimmers war, wie bereits gesagt, ein großer schöner Mann; ein gewaltiger schwarzer Bart stach seltsam wurde.

von dem bleichen, weißen Gesicht ab und gab demselben einen fast unheimlichen Ausdruck. Einige Minuten hatte Joachim stillschweigend

die ganze

innere Einrichtung des Zimmers gemustert, ohne scheinbar von dem Fremden bemerkt zu sein. Die Geduld des jungen Kurfürsten war indessen leicht zu ermüden, er fühlte sich be¬ leidigt, daß der, den er besuchte, und der ihn, wie der Diener gesagt hatte, erwartete, trotz seiner Gegenwart fortfuhr in seinen Studien; sein rasches Blut wallte auf und er sagte

ärgerlich:

„Wenn Ihr der Doctor Johannes Faust seidt und mich, wie mir der Diener bereits sagte, erwartet habt, so durfte ich eines freundlicheren Empfanges wohl gewärtig sein." Doetor Faust blickte von seinem Buche nicht auf; er winkte nur langsam mit der Hand und sagte in einem seltsam hohlen Tone das einzige Wort: „Warte!" Dann schaute er nach wie vor unbeweglich mit tiefer Aufmerksamkeit in den mächtigen vor ihm liegenden Folianten. Gern hätte er einige Joachim biß sich auf die Lippenstürmische Worte erwidert, aber er bedachte, daß er gekommen sei, um dein berühmten Gelehrten, der in Berlin sich zufällig zum Besuch aufhielt, unerkannt einen Besuch zu machen, bei ihm Rath zu holen, und daß es ihm daher nicht anstünde, ungeduldig und heftig zu sein. Wieder vergingen einige Minuten in tiefem Schweigen, dann stand plötzlich Doctor Faust auf, schlug das vor ihni liegende Brich zr> urrd sagte, Joachirn einige Schritte entgegentreterrd:

„Du

bist tvillkommen,

Joachirn von

Brarrdenburg,

ich

erwartete Dich, ich habe im Buche des Schicksals gelesen, und wußte, daß Du heute zu mir konrirren würdest, unr Dir Rath

Du dem Willen Deines Vaters gemäß re¬ Du rvillst die Namen der Männer erfahren, die

zu erholen, wie

gieren sollst. frechern Uebermuth die Gesetze des Larrdes brecherr, trotz Du willst Deiner Warnuirgerr, trotz Deiner Drohungen.

in

strafen als ein gestrenger, gerechter Fürst, selbst die Männer, die Dir am nächsten stehen und Drr komnrst zu nrir, daß ich aus den Gestirrrerr Dir die Rainen der Verbrecher lesen soll. Joachim war auf's Tieffte erstaunt, als Doctor Faust ihm die Gedanken gewissermaßen aus der Seele las. Der

Name des berühmten Doctors*) rvrirde damals irr ganz Deutsch¬ land mit Bewunderung genannt! Er sollte den Stein der Weisen gesrinden haben, man raunte sich sogar zu, er habe einen Vertrag mit dem Bösen geschlossen, von diesem einen Zaubermantel erhalten, auf den er im Augenblick sich an jeden Ort der Welt begeben könne. Andere freilich sagten daß er nicht der schwarzen Magie sich ergeben habe, sonderir

nur ein Mann der höchster: Wissenschaft sei, daß er, wie kein Anderer, den Lauf der Gestirne kenne und aus demselbeir die Zukunft weissagen könne. Joachirn, den: der zufällige Aufenthalt des Doctor Faust Berlin besannt worden war, hatte sich deshalb entschlosseir in bei diesem Rath uüd Hülfe zu suchen. Alle feine Bemühungen, die Thäter der fortwährend sich wiederholenden Raubthaten auf der Lairdstraße zu entdecken, waren bisher vergeblich ge¬ Doctor Faust, der große Astrolog, der erste Stern¬ deuter seines Zeitalters mußte ihm rathen, mußte ihn: Hülfe gewähren können. An diesen wollte er sich wenden, mit Niemandem hatte er ein Wort darüber gesprochen und jetzt empfing ihn Faust, der ihn niemals gesehen haben konnte, redete ihn plötzlich bei seinem Namen an, und las seine ge¬ heimsten Wünsche ihm aus der Seele. Sein Vertrauen zu dem gelehrten Manne wurde dadurch fast unerschütterlich. „Ihr habt die Wahrheit gesprochen, gelehrter Doctor," erwiderte er ernst, „ich komme zu Euch, um Eure Hülfe, Euren Rath in Anspruch zu nehmen. Ihr habt errathen, was ich bei Euch will, könnt Ihr mir helfen?" Ein Lächeln überflog die schönen, ernsten Züge des Doctors. „Ich habe nichts errathen," sagte er, „die Wissenschaft räth nicht — sie weiß! Die Sterne lügen nicht! Als ich nach Berlin kain, geschah es, weil der Ruf des Schicksals mich hierherführte. Ich sollte Dir, Joachim von Branden¬ burg, aus den Büchern der Weisheit, die aufgeschlagen vor mir liegen, Rath ertheilen — so wollte es Gott und so soll es geschehen! Aber das, was Du wünschest, das kann ich Dir nicht gewähren. Wohl kann ich in der Zukunft lesen, aber es ist dein sterblichen Menschen nicht verstattet, gerade das zu sehen, das zu lesen, was er sehen und lesen will. Räthselhaft ist der Lauf der Gestirne, unser staunendes Auge blickt cinpor zum Firmament, Einzelnes vermögen wir zu er¬ kenne::, Einzelnes zu lesen, aber das Meiste und Höchste bleibt uns verborgen. Du willst die Rainen wissen der Männer, die das Gesetz verhöhnen in Deinen Staaten. Ich darf sie Dir nicht nennen, aber sagen darf und kann ich Dir, daß die Zeit nahe ist, in der Du durch weltliche Mittel die Verbrecher erkennen und bestrafen wirst; in Deiner nächsten Uingebung wohnen sie, und mit tiefem Schnrerz wird es Dein Herz er¬ füllen, wenn der Schleier, der heute noch über ihren Misse¬ thaten liegt, gelüftet wird. Du möchtest in mich dringen, daß ich Dir mehr sage, versuche es nicht, es wäre vergeblich — ich kann, ich darf es nicht!" wesen.

(Fortsetzung folgt.)

*) Doctor Johannes Faust, dessen Namen in vielfach wiedertönt, ist keine märchenhafte Person. Der Glaube berühmtesten Alchymisten jener Zeit. Astrologie war damals ein allgemein verbreiteter, er Abenteurern vielfach ausgebeutet.

deutschen Märchen

Er gehörte

zu den

an Alchymie und wurde von kühnen

280

Ansicht von

Srrlin in der Mitte (AuS

des

XVII. Jahrhunderts.

Hiltl: „Der

Nach gleichzeitigen Darstellungen.

Große Kurfürst und feine Zeit.")

Der Große Kurfürst und feine Zeit. (Mit

Proben aus Georg

Hiltl's

soeben erschienenen gleichnamigen

Werkes)

Wahl dieses Stoffes auf allgemeinste Beachtung rechnen dürfen. Ein Buch aber, das der gewissenhafte, fleißige Georg Hiltl ge¬ die

schrieben und das eine der tüchtigsten Verlagsbuchhandlungen der

Welt, das „Velhagen und Klasing" ausgestattet haben, kann mit

Lurhut und Krepier von Srandenburg.

Auf den schwachen Georg Wilhelm, der mitten im Kricgsgetümmel, das die alten Marken des Hauses Brandenburg durchtvbtc, aber lern davon in der sicheren Hauptstadt des neu erwor¬ benen preußischen Hcrzogthuins in bester Manneskrast, aber zum Glück noch nicht zu spät für die Mark, sein thatenloses Leben aus¬ gehaucht hatte, folgte sein energischer Sohn Friedrich Wilhelm „der Große Kurfürst". Ihm war es vergönnt, beinahe ein halbes Jahrhundert hindurch und zwar bis zum letzten Athemzuge mit ungcschwächter Geisteskraft die Regierung zu führen und er wurde in dieser fast 49jährigcn Regierung der Gründer der

Große der brandcnburgischen Monarchie.

guteni Gewissen in weiteste Kreise empfohlen werden. Was die Ausstattung des Buches anlangt (außer großen ganzseitigen Bildnissen 155 erläuternde Abbildungen im Text), so werden die von uns mitgetheilten Proben unsern Lesern ein gutes Bild geben. Die Illustrationen sind mit Ausnahme einiger Me¬ daillen, auf Grund sorgfältigen Studiums der gleichzeitigen Quellen von H. Knacksuß gezeichnet. Bildnisse und Stiche, Kostüme, Waffen und die zahlreichen theils in den königlichen Schlössern theils im Hohenzollernmuseum erhaltenen Reliquien und Denkmäler aus der Zeit des Großen Kurfürsten sind die Unterlagen der künst¬ lerischen Reproduktionen, welche niemals den soliden Boden histo¬ rischer Nachweisbarkeit verlassen oder den Charakter der Zeit ver¬ leugnen. Das Buch beginnt mit der „Böhmischen Königswahl" und der Schlacht am weißen Berge und schildert alsdann die Zustände des Reichs und Brandenburgs zur

Friedrich Wilhelm wurde von seiner pfäl¬ zischen Mutter im zwei¬ ten Jahre des großen deutschen Glaubens¬ krieges, aber als dieser schreckliche

Krieg

Zeit der Geburt Friedrich Wil¬ helms, zur Zeit der Jugendjahre weiteren bis. zum Tode Georg

Wilhelms. Der Regierungs¬ antritt, die letzten Jahre des dreißigjährigen

nock-

fern von Brandenburg Krieges, die Vermäh¬ war, in der fröhlichen lung des Kurfürsten mit Carnevalszcit geboren, Louise Henriette, der Friedensschluß, die am 6. Februar 1620 zu ersten Jahre des Frie¬ Cöln an der Spree. Sein gutes Glück wollte, dens und die innere daß ihm von Jugend Verwaltung in diesen aus tüchtige Männer Jahren werden dann in als Führer zur Seite den nächsten Kapiteln standen, wie Johann geschildert. vonderBorch und Georg Oie Fahrt über das Frische Haff. Nach den Gobelins in Monbijou. Es folgt das „Bünd dern dero Lhristliches Gemüth :

jneerfM

(^Esus meine zuversicht und meinheyland

List im leben / Dieses weiß ich/sol ich nicht

wie Sie allein ihr Vertrauen auffGOTT gerichtet: wie Sie dem alle Wolthaten mit danck barem Hertzen zuschreiben: und wie Sie die Hoffnung dero künfl

Darumb mich zu friede geben/Wasdie lan¬ ge todesnachtMir auch für gedancke macht. 2. Jesus/ er mein heyland lebt/Jchwerd auch das leben schauen/ Seyn/wo mein erlöser schwebt/Wamm b sötte mir denn grau¬ en ?Lasset aucheinhäupt sein glted Welches es nicht nach sich zieht? 3. Ich

Dir di- Luterschakt d» Kurfürsiin beivilstllb« Still» dir Dorrkdi. Dil Mtlodii und dir Ittitn erfit« Dtist drk Liidlö. Erster Druck des Liedes „Jesus meine Zuversicht" der Kursürstin Luise Henriette. Getreue Nachbildung aus Christoph Runges Berliner Gesangbuch v. I. 1653, nach für Otto von Schwerin aus Pergament gedruckten Exemplar, seil 1751 in der Gräflich Stolbergschen Bibliothel zu Wernigerode. Eins der drei allein erhaltenen Exemplare.

der Schlacht bei Fehrbellin", der „erste Druck des Liedes Jesus meine Zuversicht" (welches wir ebenfalls reproduciren) und zuletzt noch „das Gebet des Großen Kurfürsten in seiner Handschrift". Wir haben bis hierher durchweg gelobt, müssen nun aber etwas tadeln. Es fehlen einige Bildnisse, unter allen Umständen eins, das der Mutter des Großen Kurfürsten. Es würde hier zu weit führen, die Bedeutung dieser Frau gerade, „der Stammmutter der tüchtigen Hohenzollern" hier darzuthun, ein ganzseitiges Bild fehlt. Dann vermiffe ich noch die kleineren Portraits der oben schon erwähnten Erzieher Friedrich Wilhelms, das Portrait Schwarzen¬ bergs, ein größeres Sparr's, das des Prinzen von Homburg, das von Raule, Memhard und Nering und das von Kunkel. Mir scheint überhaupt, als könne der ganze zweite Theil, die segensreiche Friedensthätigkeit des Kurfürsten, das Hofleben Dorothea's und Ihrer Kinder, das Wirken der Minister Otto Schwerin, Franz Meinders und Paul Fuchs, der Räthe Canitz,

dem

Brandcntwrgische Alterthümer in Bernau. Von einem sehr eifrigen Forscher der Mark, der das Verdienst in Anspruch nehmen darf, eine Anzahl werthvoller Ent¬ deckungen zur Freude aller wahren Freunde der Mark Brandenburg gemacht zu haben, waren vor länger als zwei Jahren in der Kirche von Bernau hinter den Balken des Orgelchors Spuren

für

sich

alter Wandmalereien

aufgefunden worden. Unser Forscher hatte hiervon einem Kirchenbeamten Kenntniß gegeben. Weil derselbe nun aus langjähriger Erfahrung weiß, daß Lokalbehörden nicht recht geeignet sind, derartige Funde richtig zu behandeln, — ich persönlich möchte an den Skandal erinnern, dessen neuerdings wieder in einer Vereinssitzung des Berliner Ge¬ schichtsvereins gedacht wurde, an die durch Märkische Lokalbehörden angeordnete Verwüstung des alten Askanier-Schlosses am Grimnitzsee — so theilte er seinen Fund dem gewesenen Herrn

•282

Cultusminister Falk mit der Bitte mit, die weitere Aufdeckung zu

niß der Zeitgenossen hatte der Markgraf schon 1555 unter dem für sich und seine Ge¬ mahlin ein entsprechendes Grabgewölbe hergerichtet, in welchem er auch am 1. Februar 1571, und zwar vom Innern der Kirche aus, beigesetzt wurde. Sind nun auch beim Bombardement der Stadt durch die Russen am 16. August 1758 die Kirchenmauern zerstört worden, so ist doch wohl die jetzige sehr geräumige Kirche später aus den alten Fundamenten wieder ausgebaut, bei diesem um 1780 vollendeten Neubau aber, oder erst 1817 bei der Reparatur der Kirche in Folge der Occupation Küstrins durch die Franzosen der Eingang zur fürstlichen Gruft vermauert worden. Nach einer Be¬ schreibung aus dem Jahre 1763 ruhten in derselben die beiden zinnernen Särge aus Platten und vier eisernen Stangen, ihnen gegenüber war in die Wand eine metallene Tafel eingelassen, deren Inschrift in Kutschbachs Chronik von Küstrin S. 102 (vgl. S. 402)abgedruckt ist. Dagegen in der jetzt eröffneten ganz einfachen Grabkammer, wie es schien, für zwei Särge, fanden sich von letz¬ teren nur kleine Holzstücke mit Blechbeschlägen, außerdem geringe Leichenreste und eine wohlerhaltene Perrücke mit Zopf. Vielleicht weisen zwei, an der innern Kirchenmauer hinter dem Hochaltar angebrachte Bronzetafeln, welche die Namen eines Küstriner Bürger¬ meisters und seiner Gattin aus dem 17. Jahrhundert tragen, auf diese Gruft hin; wahrscheinlicher jedoch stammt sie aus dem 18. Jahr¬ hundert; mit dem markgräflichcn Grabgewölbe ist sie sicher nicht in Verbindung zu bringen, trotz eines Artikels im „Bär" vom 18. Oktober d. S. 214, welcher auch von der irrthümlichen Voraussetzung ausgeht, als sei die Gruft, ehe sie wieder zugedeckt wurde, nicht gehörig untersucht worden. — Herr Prorector Schwarze hielt sodann einen Vortrag über die am 20. August 1476 in Frankfurt a. O. gefeierte Hochzeit der Prinzessin Barbara, einer Tochter des Kurfürsten Albrecht Achilles, mit dem König Wladislav von Polen, welcher durch Procuratoren vertreten war. Die Trauung vollzog der Bischof von Lebus, Friedrich Sesielmann, des Kurfürsten vertrauter Rath, die Feier aber fand Statt in dein Hause des Christian Buchholz (jetzt Oderstraße 34), eines angesehenen Patriciers, von dein sich noch ein Epitaphiumsbild aus dem Martyrchor der Marienkirche befindet. Die jugendliche Braut sollte im folgenden Jahre vom Vater nach Prag geleitet werden, doch ist es dazu nicht gekommen, überhaupt die Ehe nicht vollzogen worden, da sich über die Ansprüche Barbaras aus das Herzogthum Crossen wegen eines ftüheren Eheversprechens derselben mit dem bald daraus verstorbenen Herzog Heinrich von Glogau eine Reihe von Streitig¬ keiten erhob, welche erst 1482 mit dem Vertrage zu Camenz ihr Ende erreichten. Der Vortragende schilderte die Hauptmomente dieser Kämpfe, in welchen Frankfurt sich gegen Herzog Johann von Sagan zu vertheidigen hatte, sowie die weiteren Lebensschicksale der im Jahre 1515 gestorbenen Prinzessin Barbara. — durch ihn prächtig ausgeführten Hochaltar

veranlassen. Unser Forscher wurde dadurch bestimmt, sofort „vor die rechte Schmiede" zu gehen und seinen Fund davor zu bewahren, daß derselbe wieder in die Finsterniß falle, weil in jener Kirche die werthvoüen Bilder des Altarschreins seit langem ein recht klägliches Dasein fristen, und das deshalb, „weil die Angeln des Schreins

seit Mcnschcngedenkcn eingerostet sind." Und dann noch aus dem Grunde, weil erst in neuerer Zeit zwei haarsträubende Fälle vorgekommen sind, welche den Beweis geben, welche Unkenntnis; und welcher Barbarismus in manchen Gegenden herrscht. So hat man vor einigen Jahren aus einem Dom der Pro¬ vinz Sachsen die gesammten Holzschnitzereien, getriebenen Kronen,

Bilder, wcrthvolle Reliquien aus

der katholischen Zeit einem 125 Thaler verkauft! Und ferner, so hat man z. B. in einem öffentlichen Berliner Gebäude — der Name desselben steht auf Verlangen zu Diensten —, ein großes von Meisterhand gearbeitetes Wandgemälde aus der Zeit des großen Kurfürsten, welches überdies noch eine Verherr¬ lichung Churbrandenburgs darstellte, übertüncht, weil ein Stück¬ chen Gesims von der Stuckeinfassung abgefallen war. Unser Forscher fühlte sich also aus allen diesen Gründen be¬ wogen, direkt an den Cultusminister zu gehen, dem der Preußische Staat das Amt und die Verpflichtung auferlegt hat, solche Sachen

Juden für

I.

wie die oben erwähnten richtig zu behandeln. Inzwischen hatte nun das Cultusministerium einen anderen Inhaber erhalten und statt Dank für den gemachten Fund und für die Anregung, Brandenburgische Alterthümer aufzufinden, erhielt unser Forscher eine wohlgesctzte Nase, die ich hier zur Freude

Vieler abdrucke:

Berlin, den 13. Oktober 1879. Euer Wohlgeboren erwidere ich ergebenst auf die an meinen Herrn Amtsvorgänger gerichtete gefällige Mittheilung vom 18. Juni über die Auffindung von Temperamalereien in der Kirche d. zu Bernau, daß auf Grund derselben diesseits Bericht zur Sache eingefordert worden ist. Dadurch hat der Gemeinde -Kirchenrath zuerst Kenntniß von der Auffindung der Gemälde erhalten und ist über die ohne seine Genehmigung vorgenommene Aufdeckung in hohem Grade befremdet gewesen. Wegen etwaiger Fortsetzung der Aufdeckungsarbeiten ist die Prüfung durch einen Sachverständigen eingeleitet." v. Puttkammer.

I.,

Vorstehendem ist eigentlich Nichts mehr hinzuzufügen. Der „ohne Genehmigung des Gemeinde -Kirchenraths" bewirkte Fund alter Kunstschätze ist so gut, und wird so anregend für Branden¬ burgische Forscher wirken, daß ich nur noch das eine wissen möchte, ob der „in hohem Grade befremdete Gemeinde-Kirchenrath von Bernau" deßhalb vielleicht belobt worden ist, daß er die „Angeln des Altarschreins" hat verrosten lasten.

Fritz Ellguth.

Historischer Verein in Frankfurt a. d. Oder.

In der Sitzung am 22. Oktober theilte zunächst Herr Pro¬ rector Schwarze mit, das; er, einer Auffordening des Magistrats zu Kttstrin folgend, daselbst der Untersuchung eines Grabgewölbes beigewohnt habe, auf welches man bei der durch einen Blitzstrahl veranlaßten Reparatur an der äußern Mauer des hohen Thores der Schloßkirche gestoßen war. Gegen die von manchen Seiten gehegte Erwartung, als könne jene Gruft die Gebeine des Mark¬ grafen Johann von Küstrin enthalten, mußte schon die Lage außerhalb der Kirche sprechen; denn nach dem einstimmigen Zeug¬

|

i

Misrcllen. Ein Bär

In

Sechsundscchszig - Ender. Nr. 26, Jahrgang 1879 ist eine Notiz über das in dem Jagdschloß Moritzburg des befindliche Geweih eines 66-Enders enthalten. Es gereicht mir zur Freude, der geehrten Redaktion hierüber Näheres mittheilen zu können. Nach einer in meinem Besitz befindlichen Chronik von Frankfurt vom Jahre 1706, ist der in Rede stehende Hirsch am 18. September 1696 von dem Kurfürsten Friedrich III., nachmaligen König Friedrich 1. bei dem Amte Biegen (nicht Bingen) unweit Mühlrose erlegt worden. Die Chronik sagt ferner: Das Geweihe aber ist auf Sr. Königl. Majestät Befehl ab¬ gezeichnet und in Kupfer gebracht, von welchem es auch hierher (in die Chronik) genominen worden, wie Tab. 2 zu sehen: Wobei der Fürst!. Anhalt. Rath Friedrich Calenus, nebst etlichen hierauf gemachten Versen einige Anmerkungen aus den Naturkündigern,

283 von den Hirschen und andern vierfüßigen Thieren geschrieben, zusammen getragen, daß nehmlich Hertzog Wilhelm zu Baiern unter seinen fürnehmsten Stücken ein Geweihe von 42 Enden gehabt

denburg 1688 nach Berlin in seine Dienste. Im Jahre 1691 erließ der Kurfürst an den Münzdirektor den gemessenen Befehl, „Falzen die Maschine zum Prägen der Medaillen nebst der freien Wohnung auf dein Schloßhofc einzuräumen". Dieser Befehl läßt wohl auf Schwierigkeiten schließen, welche hier dem fremden Künstler bereitet wurden. Die sämmtlichen von Falz gearbeiteten Münzen sind abgebildet Breslau 1750 in dem Werke „König Friedrich I. aus Münzen" von Gütther. Raymond Falz starb 21. Mai 1703. —

so

und solches der Königin Marien von Hungarn geschenket: Auch das; ein Hertzog in Pommern in der Heide bei Tanne eine Meile von Golnau einen Hirsch von 34 Enden gefallet, und zu dessen Andenken daselbst eine steinerne Tafel aufrichten lassen; Jngleichen daß auf den Saal des so genannten Junker-Hofs zu Dantzig ein Geweihe von 32 Enden vorhanden gewesen, wovor der Hertzog in Preußen damals 500 Fl. geben wollen; u. s. w. Dann heißt es zum Schluß: Die Carmina des Herrn Caleni hierauf alle hierher zu fügen, 'würde zu weitläuftig sein, das Erste derselben aber lautet also: Sexaginta apicum & sex altuni cornua Cervum

L. B. Ariedrich Wilhelms H. Denkmal betreffend, theilt uns Herr Budczies mit, daß sich ein solches außer dem in Neu-Ruppin erwähnten noch in Potsdam befindet und zwar im „Neuen

Garten". Die

Fridrici terti Martia Dextra ferit; Vix tot habent alii tres Cervi; & sic velut uno Ictu tres Cervos perculit una manus Auguror hinc: Vincet tres hortes unus ut unum Ac tres aetates vivet in orbe bominis. Sic triplo faeiens plus, quam Heros fecerit unus Ternus vel Triplex Tertius ille cluet!

I.

Ueber die weiteren Schicksale des Geweihes weiß die 1706 -erschienene Chronik nichts zu berichten.

!

Erich,

Rittmeister

a.

D.

Uröhle, vr. Keinrich: Deutsche Sage». Mit Illustrationen. 2. neubcarbeitetc Auflage. Berlin 1879. Verlag von Friedberg und Mode. Es ist eine solche Fülle von Sagensammlungen aus in den letzten Jahrzehnten er¬ schienen, daß eine Zusammenfassung des besten Sagenstoffes aus den einzelnen deutschen Landschaften

allen deutschen Gauen vereint ein wahres Bedürfniß ist. Besonders berufen für eine solche Arbeit erscheint der Verfasser, der als Sagensorscher sich des besten Rufs erfteut und bei der Zusammenstellung eine glückliche Hand, Umsicht und Takt bekundet. Von Braun¬ schweig ausgehend, folgen wir unserm Gewährsmann nach Anhalt,

Magdeburg, der Altmark, Brandenburg, der Lausitz, der Nord- und Osffee, Hannover, Westfalen, Rheinland, Elsaß, Burgund, Baden,

Württemberg, nach der Schweiz, Oesterreich, Bayern, Franken, Thüringen. Eine Scheidung zwischen germanischen und slavischen Sagen ist nicht beliebt. Für denjenigen, der neben der Unterhal¬ tung auch Belehrung sucht, finden sich hinten angehängt Anmer¬ kungen. Die Leser des „Bär" wird es freuen, daß auch dieser manchen neuen Beitrag gespendet hat, überhaupt sind die Fort¬ schritte seit der Ausgabe von 1862 überall ersichtlich. Um Weih¬ nachten werden dem deutschen Publikum sogenannte deutsche Märchen und Sagen vielfach geboten, der Umschlag und Deckel dieser Bücher ist gewöhnlich verlockend, der Inhalt leider oft ein wüstes Durch¬ einander, eine Geschmacklosigkeit in der Selbsterfindung von Sagen und Märchen bekundend, welche beweist, daß der Autor vor dem Wesen dieser lieblichen Erzeugnisse des Volksgeistes keine Ahnung hat; da ist cs herzerquickend, einem Buch wie dem Pröhle'schen zu begegnen. Auf die Ausstattung hat die Verlagshandlung alle Sorgfalt verwandt. Möchten wir den „deutschen Sagen" auf dem Weihnachtstische recht vieler kleiner und großer Leser begegnen. E. Fr.

Maymund Iakz ist 1658 zu Stockholm geboren und bildete viele Reisen und durch längeres Arbeiten in den Werk¬

sich durch

stätten berühmter Künstler zum tüchtigen Goldschmied, Zeichner und Prägekünstler. Paris arbeitete er bei dem Medailleur Cheron erhielt vom und Könige eine Pension von 1200 Livres F. jährlich bewilligt. Nachdem er eine Zeit lang in seinem Vater¬ lande thätig gewesen, berief ihn Kurfürst Friedrich III. von Bran¬

In

Bildsäule, aus Sandstein gefertigt, befindet sich vom Haupteingange, am Wege nach dem „Heiligen See" zu im Gebüsch. Vor dem Gebüsch befindet sich des Königs Licblingshund, ebenfalls aus Sandstein. Abonnent Berlin theilt uns ferner mit, daß sich eine Statue Friedrich Wilhelms II. noch in einem (ehemals?) könig¬ lichen Garten bei Scheitnig in der Nähe von Breslau befinden soll und daß dieselbe aus einer hohen Säule steht. Ein „Leser des Bär" schreibt uns daffelbe, „daß in dem. Park von Scheitnig bei Breslau (einem von Breslauern viel be¬ suchten öffentlichen Vergnügungslokale) aus einer hohen steinernen Säule sich ein Standbild Friedrich Wilhelms II. erhebt. Von wem und wann dasselbe errichtet ist, vermag ich nicht anzugeben. Uebrigens war die Säule schon vor Jahren baufällig." Es gäbe demnach drei Bildsäulen, welche das Gedächtniß König Friedrich Wilhelms II. wahren. Aus unsere Frage nach einer Bildsäule des wackeren Soldaten¬ königs, des Vaters Friedrichs des Großen erhielten wir die rechts

Zuschrift von „Altmärker", welche lautet: Friedrich Wilhelm I., der Landesvater, hat ein Standbild 1) in Köslin (auf dem Markt, 1824 von den pommerschen Ständen errichtet), 2) in Gumbinnen (auf dem Marktplatz, von Chistian Rauch, das Modell im Rauch— In der Reichshauptstadt Berlin befindet sich leider museum). kein Standbild dieses großen Fürsten und echt deutschen Mannes. Herr Violet Leipzig schreibt uns: F. W. I. hat ein Denk¬ mal in Gumbinnen von Rauch und ein anderes in Rügen von Stürmer, zum Andenken an die siegreiche Schlacht vom 15./11. 1715 D. gegen Carl XII. von Schweden.

Der ßintheikungspkan des Märkischen Museums ist vor Kurzem in vierter gänzlich veränderter Ausgabe erschienen. Dem Wunsch vieler Interessenten entsprechend ist das unhandliche FolioFormat in Octov verändert. Immer wieder von Neuem ist bei der Direktion angeregt worden, eine Anweisung zum Sammeln und Erhalten von Alterthümern zu geben; dem nachkommend hat die Verwaltung in einem Anhang die Instruktion des Grafen Brühl vom 1. September 1835 abgedruckt, welche leider seit vielen Jahren — wie so häufig Instruktionen — völlig in Vergessenheit ge¬ rathen ist, obwohl sie für die beim Chausseebau beschäftigten Beamten klare und praktische Vorschriften über das Nachspüren nach und das Ausgraben von Alterthümern giebt, die über den Kreis dieser Beamten hinaus für Jedermann verständlich und anwendbar sind. In einem Zusatz hierzu wird die Behandlung von Fundstücken, Thongefäßen, Hörnern, Knochen, Gerippen, Holzgeräthen und Eisensachen gelehrt. Die Auflage ist, wie wir hören, 500 Exemplare stark und wird voraussichtlich vor Jahresfrist vergriffen sein. Die alsdann fol¬ gende fünfte Ausgabe soll wiederum neue Gesichtspunkte in Bezug auf Einsammeln und Konserviren von Fundstücken erörtern. Ganz neu in dem Eintheilungsplan ist die Berücksichtigung der Naturge¬ schichte der Mark (Abth. I. Mineralogie (Oryktognosie, Geognosie, Geologie, Paläontologie), Abth. II. Botanik (Kryptogamen, Pha-

284 nerogamm], Abth.

III.

Zoologie Wirbellose Thiere, Wirbelthiere,

der Mensch)), aus diese Sektion A. folgt alsdann die Sektion B. Culturgeschichte der Mark, mit ihrer bisherigen Eintheilung von der Stammzeit bis aus die jüngst vergangene Geschichte. —

Y. Das Verbot vom 21. Januar 1722 die Kinder oder das Gesinde in die Backöfen einzusperren (Vgl. „Bär" S. 248) kann in unserer Zeit keinesivegs als ein veraltetes oder gar überflüssiges gelten, wie folgender wahrheitsgetreue Vorfall aus der Gegenwart lehren mag. Ein Junge, der auf einem Gute nahe Greifswald die Gänse hütete und sich eine Unachtsamkeit zu Schulden koinmen ließ, wurde von seinem Herrn zur Strafe über Nacht in eilten Backofen gesteckt; morgens heizten die Frauen den Ofen zum Vrvtbacken an und bemerkten den Jungen erst, als das Feuer im Gange war und der Junge fürchterlich schrie. Er wurde nun zwar aus dem „feurigen Ofen" tüchtig angeräuchert und an¬

Walk- Johann.

gesengt befreit, doch hatte sein Verstand unter der Todesangst und

dem Feuer so gelitten,

daß der Knabe von da ab schwachsinnig geworden ist. Er ist als ein übrigens gutmüthiger Idiot in den Straßen Greifswalds wohl bekannt und die Kinder rufen ihm

nach:

„Mall-Johann!" auf

Hochdeutsch

„Dummer Hans!" —

Marie Fr.

In

„Dieses Wüchkein ist mir lieb". älteren Märkischen Büchern, gedruckten wie geschriebenen, findet man aus dem ersten oder letzten Blatt, dem vordem oder hinteren Deckel nicht selten das Sprüchlein: Dieses Büchlein ist mir lieb, Wer es stiehlt, der ist ein Dieb, Sei es Herre oder Knecht, Wenn er hängt, so ist mir's recht. Welche Varianten sind hiervon bekannt und wie weit lassen sich dergleichen Sprüche, welche das Buch vor Diebstahl schützen sollen, zurück» erfolge»?

In

vor dem Potsdamerthor, Nr. 42, jenseits der Brücke am Schaf¬ graben „auf dem Karlsbade" genannt". Freund des Blattes. Liebster Herr. Ein guter Redakteur soll sein wie ein Hausherr, der eine große Gesellschaft geladen hat und der dafür sorgt, daß diese sich gut unterhalte, vielleicht auch sich etwas belehre, der aber nur das Wort nimmt, wenn die Unterhaltung stockt, und nur dafür sorgt, daß der Unterhaltung niemals der Stoff ausgehe. Die beste Gesellschaft ist die, wo Alle sich gleich gut unterhalten, wo jedes Wort, jede Meinung beachtet wurde. Wo Sie also das F. und das D. ein wenig häufig bemerken, da wollen Sie immer annehmen, daß „ein Lieute¬ nant durch's Zimmer der Bärenmitärbeiter geflogen" war. A. L. hier Lindenstrafie. Not every question requires an answer. — hier. Das berühmte „Jag or'sche Restaurant" befand L. Unter den Linden Nr. 23, also dort wo heute die Passage ist; sich die Conditorei von Fuchs war Unter den Linden 8. Die Mine¬

I.

ralwasseranstalt von Struve und Soltmann wurde 1823 er¬ richtet und zwar in der „Husarenstraße Nr. 19". Das Weitere später.

Inserate. Verlag von Atto Spamer in Leipzig u. Verlin.

— patriotisches

Geschichtswerk.



Preußens Geschichte m Wort und

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Ein Hausbuch für Alle. Herausgegeben von Ilekd. Schmidt. Reich illustrirl von Ludwig Burger u. 3t. In sechs Halbbänden oder in drei Bänden zu je 16—18 Lieferungen ä 50 Pf. — Soeben erschien der erste Halbband. Mit 150 Text3lbbildungen, fünf Tonbildern re. Geheftet M. 4.

=

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einem alten Buche steht eingeschrieben:

Buh ist mir vcr Ehrt worden „zum neuen Jahr bey dem schulmeister „Zu stamheim darum ist mir lieb Wers „still der ist ein Dieb. Er seh gleich Rieder „Otter Knecht so ist er an den galgen gerecht

„disses

Kupferzell.

Am« 1631 Jar. (Anz. für Kunde der Deutschen Vorzeit. 1879.

S. 48.)

F. K.

Briefkasten. Sogenannter Erwin von Steinbach. Können keinen Gebrauch davon machen. Ueber die schöne Tochter Anton Heinrichs von Radziwill möchten wir schon gerne etwas veröffentlichen, einen hübschen kleinen Artikel, und wir würden einen solchen Ar¬ tikel sogar von E. v. St. austiehmen. Herrn A. Bojanus, Albrcchtsdors. Haben Ihnen inzwischen schon direkt geantwortet. M. Potsdam. Die CabinetSordres sind gem gesehen. Langjähriger Abonnent. Die Ohmgasse hat ihren Namen einem Kunstgärtner Ohm, der in der Straße einen Garten hatte, zu verdanken.

die Redaction verantwortlich:

Original-Jusgade mit -cm Sildniß des Dichters im Prachtband mit Gold- und Schwarzdruck, für die Jugend. Preis 4 Mark.

sind das beste Geschenk

von B. Potsdamerstraßc. Ueber „Karlsbad" finde ich die Notiz: „das Chenelick'sche Badehaus befindet sich etwa 1000 Schritt

Für

Theodor Körner s Werke,

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Die Zeitschrift erscheint wöchentlich regelmäßig am Sonnabend, Preis vierteljährlich 2 Mark, und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Postämter, sowie durch die Expedition (Brüderftr. 13) zu beziehen. — Literarische Beiträge sind an die Nicolaische Verlags-Buchhandlung, R. Stricker in Berlin zu senden. — Inserate, pro 2gesp. Petitzeile 30 Pfg. werden von allen Buchhandlungen, sowie von der Verlagshandlung entgegengenommen.

Inhalt:

Joachim I., Roman von Adolf Streckfuß. (Fortsetzung). — Das erste Berliner Dampfschiff vom Jahre 1818. Der Scbwielungsee. Von O. Leichhardt. — Der Cremmener Damm. — Ein Blick auf Potsdam. — Das Oderland. Barnim-Lebus von Theodor Fontaue. — Literatur. — Ml Miscellen. — Briefkasten. — Inserate.

Joachim I. Roman in historischen Bildern von Ailolf 8t«ckf>ch.

„Ihr

„So

betrübt mich durch Euren Ausspruch, ehrwürdiger |

(Fortsetzung.)

laß mich wenigstens für einige Stunden, die mir

Doctor," entgegnete Joachim, aber ich will nicht mit Bitten in Euch dringen, denn Ihr würdet sicher, wie Ihr in meinen Gedanken gelesen habt, inir meine ausgesprochene Bitte ebenso

vergönnt sind, in Deiner Nähe weilen, gieb mir Aus¬ kunft über manche Zweifel, die mich quälen, befestige mich im Glauben an die Wahrheit der Wissenschaft, der ich so

verweigern, als die gedachte. Aber ich bitte Euch, und das werdet Ihr mir vielleicht gewähren können: Laßt mich Euer Schüler sein fortan, bleibt bei mir in Berlin an meinein Hofe als mein geachteter Lehrer, an meinem Schloß zu Köln

gern dienen möchte."

will

ich Euch aufnehmen als meinen theuren Freund. Mein liebster Wunsch, mein höchstes Sehnen ist, einzudringen in die Tiefen der Wiffenschaft und wie könnte ich das besser, als

unter Eurer weisen Leitung!" Doctor Faust schüttelte ernst verneinend das Haupt. „Auch ist dies nicht möglich, inein Schicksal ruft mich fort von hier schon in kürzester Frist. Du bist allerdings be¬ rufen, ein treuer Jünger der Wissenschaft zu werden, aber nicht mir wurde es bestimint. Dir ein Lehrer zu werden. Der ge¬ lehrte Abt Trittheini wird Dir nahe stehen als Lehrer und Freund, init ihm mußt Du eindringen in die Tiefen der Wiffenschaft, mit ihm studiren, mit ihm Leid und Freud theilen. Wie sehr ich auch wünschte, daß ich Deinen jungen edlen Geist bilden dürfte, mir ist es versagt, andere Pflichten rufen mich, morgen werde ich fern- von Dir sein."

noch

„Hast Du vergessen," fuhr der Doctor Faust ernst fort, „daß Du noch vor wenigen Minuten Deinein Trabanten be¬ fohlen, er soll, wenn Du in zwei Stunden dies Haus nicht verlassen hast, mit der Leibwache zurückkehren, dasselbe zu stürmen?!" Joachim wollte antworten, aber ein ernster Wink des Doctor Faust gebot ihm Schweigen und dieser fuhr fort: „Eine Stunde nur meiner Zeit gehört Dir, benutze die kurze Spauue und frage: Wo ich Dir antworten kann, da soll es geschehen, setze Dich zu mir und frage." Er bot bei diesen Worten dem Kurfürsten einen Seffel und nahn: selbst seinen früheren Platz ein. Chaotisch verwirrten sich die Gedanken in Joachim's Hirn. Wie Vieles hatte er fragen wollen, aber in diesem Augenblicke war Alles in ihm unklar. Er hatte vergessen,

was ihm am nächsten lag, er vermochte

es

nicht, seine

Ge¬

danken zu sammeln.

„Du

fragst nicht, Joachim," fuhr der Doctor Faust fort.

286 einzudringen in die tiefsten Geheimnisse der Natur. — Dies sei die Antwort auf Deine Frage!" Der Kurfürst hatte schweigend der Rede gehorcht; freilich genügte ihm die erhaltene Antwort nicht, aber er mußte sich bcschcideu, denn der Ton des Doctor Faust ivar so ernst und fest, daß ein ferneres Drängen vollkommm abgeschnitten

„so Vieles mochtest Du wissen, daß Du den Anfang der Fragen nicht finden kannst, und doch ist eine Stunde so kurz, so unendlich kurz." „Ihr habt Recht, gelehrter Doctor, so laßt mich denn die Zeit benutzen, belehrt mich über ein gewaltiges, für den Man sagt, Ihr habt den Laien unerfvrschliches Geheimniß. ist es der Fall, und gefunden, sagt mir, Stein der Weisen habe ich auch Hoffnung, daß mir das höchste Geheimniß der

wurde.

„Noch eine Bitte habe ich, ehrwürdiger Doctor," sagte er, „laßt mich in Euern Zauberspiegcl schauen, in den Spiegel, in dem das Schicksal unverschleiert vor uns liegen soll." „Du sprichst ciil kühnes Wort, Joachim," sagte Doctor Faust, „ich will Deine Bitte gewähren, aber nicht ohne Dich zu warnen vor den Folgen derselben, denn die Gottheit hat

Alchymie dereinst bekannt werde?" — Der Doctor lächelte. „Du fragst viel in einem kleinen Wort. „Der Stein wie leicht spricht sich das Wort aus, und tvclchc Weisen!" der gewaltige, furchtbare Bedeutung hat es doch. Du suchst nach dem Stein der Weisen, Du fragst, ob Du ihn jemals finden wirst? Weißt Du nicht, daß ein Leben nicht lang genug ist, um diese Frage zu beantworten? — und in einer Stunde, in wenig Augenblicken soll ich das beantworten. Der Grund¬ stoff aller irdischen Materie liegt in dem Stein der Weisen, wie er alle Metalle in Gold zu verwandeln vermag, wie er

die Zukunft vor uns verschleiert,

ihn

gesehen!"

Joachim hatte ein kühnes, kräftiges Herz, die Warnung Faust's rührte ihn nicht, er blieb bei seiner Bitte. „Sv geschehe cs denn, wie Du wünschest," sagte der

Du fragst mich, ob ihn gefunden habe? — Eitle, seltsame

Glaubst Du, ich habe vergessen, wie Jeder, dem es gelungen, in das tiefe Geheimniß des Steins der Weisen ein¬ zudringen, vor allen Dingen verpflichtet ist, das tiefste Wenn ich Dir Ja antSchweigen darüber zu bewahren? da nicht ein Verbrechen beginge Frage, ich wertete auf Deine gegen mich selbst, gegen die Menschheit? Die Wenigen, denen cs gelungen, dieses gewaltige Geheimniß zn erforschen, wo sind sic jetzt? — Als Flame! vor mehr als hundert Jahren in den Besitz des Steines der Weisen gelangte, da müßte er

.

Frage!

fliehen, um seines Lebens sicher zu sein; noch heute hält er verborgen in Indien auf, denn im heimischen Europa würde er längst ermordet und beraubt worden sein. Er hat sich

seine Weisheit aus

schöpft, die

den

Handschriften

eines

man in Paris verbrannte, und

Rabbiners

|

;

!

!

ge¬

diesen wieder hat

nun ein gerechtes Schicksal ereilt, denn er hatte dies Geheim¬ niß einem alten vstindischen Adepten geraubt, nachdem er ihn heimlich ermordet hatte. — Denis Zeccarie hatte ebenfalls den Stein der Weisen gefunden; seine Reichthümer, die Wohl¬ thaten, tvclchc er der Menschheit erwies, verriethen ihn. Aus Frankreich mußte er flüchten, er verkaufte seine Güter, schenkte sein Gold dcit Armen und ging nach Deutschland; von seinem ttächsten Verwandten aber, den er mit sich genommen, dem er Wohlthaten erwiesen hatte, wurde er im Schlafe ermordet, weil dieser ihm das Gebcimniß zu rauben trachtete. — So

i

i

cs auch

Dir,

*) Diese Eigenschaften wurden in der That dem Stein der Weisen von den Alchymisten zuertheilt. Möhsen giebt in seiner Lebensgeschichte Tbunieisser's über diesen interessanten Gegenstand treffliche Aufschlüffe.

Doctor ernst, „folge mir!" Er ergriff mit jeder Hand ein Licht und schritt Joachim, welcher ihm folgte, voran nach dem dunklen mit Sternen besäcten Vorhang, welcher den Hintergrund des großen Gemaches bildeteDer Vorhang theilte sich, von unsichtbaren Händen bewegt, auseinander — hinter demselben zeigte sich ein ödes Gemach, in dessen Mitte auf einer Art von steinernem Altar ein kleiner runder Spiegel lag. Doctor Faust stellte die beiden Seiten des Spiegels auf den Altar, dann lud er Joachim ein, näher zu treten und mit unverwandten Blicken in das Glas zu schauen.

Er schaute in das trübe Joachim folgte dem Befehl. Glas, welches anfangs nicht einmal sein eigenes Bild ihm wiederspiegelte, nach und nach aber klärte sich die auf ihm liegende Wolke und endlich zeigten sich undeutliche Gestalten; immer schärfer, mit gespanntester Aufmerksamkeit blickte Joachim in das Glas, mehrere Minuten schaute er mit tiefster Span¬ nung auf die seltsamen vor ihm vorüberziehenden Gestalten, dann aber stieß er plötzlich einen lauten Schrei aus und sank ohnmächtig zusammen. Als er aus dieser Ohnmacht wieder erivachte, befand er sich in dem engen Hausflur, neben ihm kniete der alte Diener und rieb seine Stirn mit einer wohlriechenden Essenz.

Geheimniß nicht zu bewahren vermochten. — Forsche und strebe. Du bist jung, hast einen feurigen Sinn, die Wissen¬ schaft steht Dir offen, unter Lehrern wie Trittheim und Karion mag nichts Dir verborgen bleiben, vielleicht winkt auch Dir

in ferner Zukunft das Höchste, vielleicht gelingt

llicht versuchen, liegt er über

Dingen. Unsere Lebensfreude, unser Lebens¬ vernichtet, wenn wir das Unglück vorhersehen genuß wird können, ivclches uns bedroht, denn abzuwenden vermögen wir ja dasselbe nicht. Willst Du Deinen jugendlichen Frohsinn Dir bewahren, dann nimm Deine Bitte zurück, schaue nicht in den magischen Spiegel, sondern kehre heim nach Deinem Schlosse, laß Dir genügen an dem, was Du bisher gehört und

Grundstoff der irdischen Materie bildet. ich

sollen

den zukünftigen

alle Krankheit heilt, immerwährende Gesundheit und tausend¬ jähriges Leben giebt, so macht er den Besitzer froh und theilt ihm endlich die ewige Seligkeit mit.*) Ein ganzes Weltmeer unedlen Stoffes kann man mit einem Atome dieses köstlichen Steines in lauteres Gold verwandeln; alles Irdische wird durch ihn geläutert und veredelt, weil er selbst den edelsten kenne, ob ich

wir

diesen Schleier zu heben, beim zu unserem Glück

!

„Geht, edler Herr, sagte er leise, „die Zeit ist verflossen. Euer Diener erwartet Euch." Joachim sprang auf und fühlte eine seltsame Mattigkeit in den Gliedern, der Kopf war ihm so wüst und schwer, er wußte kaum, wo er sich befand und nur dunkel erinnerte er sich der vergangenen Stunde; da öffnete der Alte die Haus¬ thür, ein frischer Luftzug strömte dem Kurftirsten entgegen, schnell sprang er auf die Straße und eiligen Schrittes wen¬ dete er sich nach seinem Schlosse, so daß Peter Linden ihm kaum zu folgen vermochte.

287

Am folgenden Tage schickte Joachim den Ritter von Lindenberg nach dem Hause in der Brüderstraße, um den Doctor Faust auf's Schloß ;u bescheiden; aber der Ritter kam mit der Nachricht zurück, das steine Haus stände ganz öde und leer; Doctor Faust, welcher daselbst gewohnt habe, sei schon am vergangenen Abende abgereist, — Niemand wisse,

wohin! (Fortsetzung in der nächsten Nummer.)

Das Als

erste noch

berliner Dampffchiff vom Jahre 1818. nicht „Kroll" erfunden war, als noch nicht der

„Zoologische Garten", die „Flora", „Eierhäuschen", der „Erkner", „Schlachtensee" und „Wannsee", „Saatwinkel" und „Valentinstverder", „Weißensee" und „Pankow", „Westend" und die „Pichelsberge", „Haselhorst" und „Finkenkrug" die Hunderttausende der sonntagsbedürftigen Berliner gastlich aufnahmen; als der Bergnügungssinn derBerliner überhaupt vielleicht ein bescheidenerer, da waren „dieZelte" das gesuchte Eldorado, zu dem in heißen Sommertagen ein Menschenstrom sich durch das Brandenburger Thor ergoß. Unterofficiere mit kurzgeschwänzter Uniform und dem mit weißen Fang¬ schnüren drapirten Czako, ihr Liebchen zärtlich am Arme führend, Handivcrksgesellen, h la Röstete im „Fest der Handwerker" kostümirt, mit „Vatermörder, Schleife, Bolivar und Pfeife", — Commis aus dem Gewürzladen, kennbar an den rothen dicken Händen ohne Hand¬ schuhe, — lustige Studenten in burschikoserer Tracht als heute, — Grisetten in kurztailligen, knapp über die hübsche Wade reichenden, mit kalbskeulenförmigen Aermeln prangenden Kleidern, — die Herren Geheimsekretäre sammt Ehehälften und hinter ihnen in schiefgetretenen Stiefeln das „jüngste Kind der Laune" des viel¬ geplagten Aktenmannes, in der Linken eine in Papier gewickelte Butterstulle tragend, die zur Ersparung der Unkosten in „den Zelten" für den Magen des blondhaarigen schafsmienigen Fritze bestimmt war, von welcher aber der gierige Jüngling schon ehe das Thor, erreicht ist, die gut gesalzene Butter — „4 Jroschen das Pfund" — abgeleckt hat Abgeleckt zum größten Kummer von Ge¬ heimraths Töchterlein, Fritzens Schwester, die in anmuthig auf¬ geputztem Kleidchen niedergeschlagenen Auges nebcnhertrippelt und das schelmische Blauauge nur aufschlägt, um sich den kecken Lieute¬ nant zu betrachten, der dem hübschen Mädchen unter den vor¬ 1

jährigen Strohhut schaut. Alles wandert zu „den Zelten", wo heute zum ersten Male ein wirkliches Dampfschiff nach Charlottenburg fahren wird; ja das sich vorgenommen hat, einigemale im Monat selbst nach Hamburg zu reisen, und Berliner Passagiere dahin mitzunehmen! Ganz Berlin ist stolz auf sein Dampfschiff. Freilich hatte Wood an der Clydemündung schon 1812 ein Dampffchiff gebaut, und Fulton im Jahre 1807 zu Newyork den „Claremont" mit .einer Boulton-Watt'schen Dampfmaschine von 18 Pferdekraft her¬ gestellt; auf den: Continente aber hatte kein Strom ftüher als die graue Spree ein Dampffchiff erhalten. Sowohl der Rhein wie die Elbe sahen erst von demselben Jahre an, seit 1818 Dampf¬ kolosse auf ihren grünen, respektive gelben Fluthen. Was Wunder also, daß heute der Weg nach „den Zelten" und diese selbst so besucht waren wie damals, als noch General von Ramin die vornehmste Gesellschaft Berlins durch JanitscharenMusik seiner Regimenter unterhalten ließ. Damals zur Zeit Friedrichs des Großen wanderte man nicht zu „den Zelten", sondern zu dem „Zirkel" oder dem „Kurfürsten¬ platz." Damals bliesen auf Befehl der Gouverneure Hautboisten der Garderegimenter, hinter Bäumen verborgen, die neuesten Weisen, damals bewegten sich selbst Mitglieder der Königlichen Familie und Personen von erstem Range unter dem bunten Hausen des bürger¬ lichen Spreeathens.

Damals, wir

!

schreiben 1760, fuhren in vergoldeten, schon ver¬

zierten Phaetons, in eleganten, von allen Seiten mit Glasscheiben versehenen Kutschen, oder in sogenannten Wurstwagen, an deren Schlägen Pagen und Heiducken standen, die Prinzessinnen die

Hauptallce entlang. Damals wurde der kleine Franzose, Mon¬ sieur Mourier, veranlaßt, unter einem leinenen Zelte am Sprecufer Kaffee feilzubieten; dainals hatte er zum Schild eine goldene Gans mit der Inschrift „Monnoie (Mon oie) tickt tont“ gewählt. Dann waren seinem Beispiele andere betriebsame Schankwirthe gefolgt, des Winters wurden die Zelte zusammengeschlagen und nach der Stadt gebracht. Dann erwies sich das doch als zu un¬ bequem, zumal wenn die Herbste sich bis in den November warm hielten unb die Märze sommerswarm waren, man baute also feste Hütten, dann massive Gebäude und endlich Paläste, der Name

„die Zelte" blieb aber bis in unsere Zeit. So halb Hütten-, halb häuserartig sahen also „die Zelte" an Junitage aus, als Berlin sein erstes Dampfschiff erblickte. Hinter den Zelten befanden sich Gondeln zu Wassersahrten, na¬ mentlich um sich nach dem gerade gegenüberliegenden Moabiterland übersetzen zu lassen. An der Spree entlang führte ein Weg nach der ehemaligen „von Knobelsdorff'schen Meierei", dein jetzigen Lustschlvsse Bellevue. Auf halbem Wege links lag ein halbrunder Platz, der Großfürst enplatz genannt, weil, als der Großfürst von Rußland, Paul Pctrowitsch sich vom 21. Juli bis 5. August 1776 in Berlin befand, der Prinz Heinrich ihm hier unter dem

Zelten ein glänzendes Dejeuner gegeben hatte. Recht mißgünstig sahen die „Kremser" am Brandenburger Thor den neuen „Dampfconcurrenten" an, der sich vermaß, an ihr langjähriges Privileg zu rütteln, und der nun ebenfalls allsonntaglich die Berliner zu den Freuden Charlottenburgs führen wollte, zum Park und dem Mausoleum, zuin „Zipter'schen Mincralbadc" und zum „Charlottenburger Hoftheater," zuni „Türkischen Zelte bei der Wittwe Pauli," zur „Goldenen Krone," „dem Schwan" und „dem Kaffeehaus von Muskau, dicht am Schlo߬ garten." Ja das sich sogar vorgenommen hatte, die Berliner direkt nach „Pickelsberg" zu fahren, zu dem am See so ange¬ nehm gelegenen Wirthshause, dem „Pickelswerder" gegenüber. Es ist ja bekannt — und das konnten die damaligen Kremser nicht ahnen — daß Berlin bis auf heute noch zu keiner vernünf¬ tigen Dampscrverbindung gekommen ist, daß sich nur auf der Ober¬ spree ein mäßiges Dampsschisfleben entwickelt hat, welches sich freilich in Nichts mit demjenigen größerer Provinzialstädtc messen

Berlin, was die Ausnutzung seiner Wasser¬ straßen für den Personen- und Lastenverkehr anbe¬ trifft, noch immer krähwinklige Zustände hat. Wenn der Raum dieser Blätter nicht zu knapp bemessen wäre, dann möchte ich ausführen, wie ich mir eine Besserung dieser Zu¬

kann; daß

und dann würde ich auch noch von einem anderen erzählen, welcher am 6. März 1848 zum ersten Male Berlin von „den Zellen" aus benebelte, und der 12 Tage daraus den wilden, berüchtigten „Achtzehnten" herbeiführte.

stände denke;

Dampf

Dominik.

Der Schwielungfee. Von ®. £eirfifiat(sf, Altona. Ueber den Schwielungsee*), der zu den mächtigsten Seen der Mark, jedenfalls des Regierungsbezirks Frankfurt gehört, machte mir, als ich nach langer Abwesenheit von der Heimath, Trebatsch Kreis Beeskow im Sommer 1879 besuchte, ein alter Fischer fol¬ gende

~~

Mittheilung:

*) Anm. der Red. Vgl. über den Schwielungsee Arnulf Lieber's Mittheilungen Jahrg. 1879, S. 126 und^Jahrg. 1876, S. 115.

288 Der Schwielung hatte, da unsere Heimath noch von Wenden bewohnt war, eine ganz andere Gestalt. Er bestand, wenn wir seiner Hauptrichtung von Süden nach Norden folgen, zuerst aus dem Bomkessel. Dieser ist der ursprüngliche Schwielungsee oder das Schweineloch gewesen; denn um ihn liegen die höchsten Hügelreihen und seine Tiefe ist auch heute noch im Vergleich zu den übrigen Theilen des Sees am bedeutendsten.

Man fängt dort

die größten und meisten Fische und seinem Fischreichthum verdanken die Dörfer Gogatz, Hoffnungsbay und Jessern ihre Entstehung.

Durch eine Landzunge, die Netzscheune genannt, geschieden, lehnt Im Osten von niedri¬ sich an den Bomkessel der große Rohrwall. gen Hügeln mit dem Dorfe Speichrow, im Westen von Wiesen, zwischen Zaue und Gogatz, eingefaßt, zieht er sich längs der Zauenschen Heide bis zur Weinbcrgsecke hin und nimmt das Wasser des Ressener und Lieberoser Fließes und des Zwietensees auf. Er bildet den größten Theil des Schwielung, ist aber seiner geringeren Tiefe wegen, was schon sein erhaltener Name sagt, stüher nur ein Gelege gewesen. Noch seichter, im Umfang auch kleiner, fügt sich an den großen Rohrwall der Werder an. Er wird von dem ersteren durch die an unserer Stelle eintretende Spree geschieden, verläuft sich nach Nordwesten in Gelege und schließt in sich einen Werder ein, der von der königlichen Domaine zu Trebatsch als

Wie flach dieser Theil des Sees stüher ge¬ Damm, der von uns aus bis Sakrow führt, einem Dorfe, das eine Stunde von uns entfernt liegt. Hierbei muß ich sogleich erwähnen, daß Sakrow stüher und das Gut Glowe, nahe Sakrow, noch jetzt Kirchenabgaben an Zaue zahlen muß, der Damm mithin der Kirchweg gewesen ist. Kann man den Damm noch sehen? cntgegnetc ich dem Fischer. Das nicht, fuhr er fort, aber wir benutzen ihn beim Fischen; ein höherer

Der

Der Cremmener Damm. für das Kaus Kohenzolkern. Im Torfmoor, neben dem Cremmer

erste Lod

Damme, (Wo Hohenloh siel) was will die Flamme?

Theodor Fontane. Den Nachkommen zienit es, aus die Großthaten der Vorfahren in dankbarer Erinnerung zu halten. Durch die Ereigniste der Jahre 1870/71 werden Geschichten aus alten Tagen wachgerufen, welche ihre vollen Strahlen auf das Halbvergestene werfen und es als das Glied einer Kette erscheinen lassen, das in seiner Wichtigkeit nicht fehlen darf. Die unvergleichlichen Erfolge von 1870/71 bringen auch das Jahr 1412 mit seinem St. Columbus-Tage wieder in Er¬ innerung, und dadurch gewinnt für Alle der erste Tod für das Haus Hohenzollern in der Mark neue Bedeutung. Der Schauplatz dieses Heldentodes, der Cremmener Damm, hatte einst seine große Bedeutung für die Mark Brandenburg, er gewann sie dann für ganz Preußen und die preußische Geschichte verweilte mit Vorliebe bei dem St. Columbus-Tage von 1412. Jetzt gewinnt der historische Cremmener Damm neue allgemeine Bedeutung, denn er füllt ein glänzendes Blatt der Deutschen stolz zu sein und sie

Weide benutzt wird.

Geschichte.

wesen, bezeugt ein

Der Havel mit ihren schönen Seen strömt der Rhin zu, der Mark; auch er hat sein Luch, sein grünes torf¬ reiches Luch, wie die Havel. Mitten im Rhinluche, weit berühmt durch seinen vortrefflichen Torf, liegt das Städtchen Cremmen, das, nach einer Feuersbrunst neu erbaut, mit seinen rothen Ziegel¬ dächern in dem umschließenden Grün der weiten Wiesen und Erlenbüsche einen gar lieblichen Eindruck macht. Eine Allee führt uns nordwärts durch das Cremmener Luch bis zu dem Ruppiner Canal, der die Wiesen entwässert und den reichen Torflagern die bequeme Fahrstraße bietet. Hier am Canal beginnt der sogenannte „Cremmer Damm." In alter Zeit viel größer als heut, war er durch die unweg¬ samen Moore der einzige Platz nach dem Lande Glin und dem alten Rathenow. Heut führt uns der Cremmer Damm nur 1800 Schritte nordwärts und findet sein Ende bei dem Sommer¬ felder Busch. Westlich von ihm rauscht uns zu Füßen der lange Cremmer See. Im Sommer hat man von diesem ur¬ alten Walle eine entzückende Aussicht auf das freundliche Städtchen, aus weite grüne Wiesenstrecken, durch die sich der mit Torftähnen belebte Ruppiner Canal hinzieht, und gegen Norden auf die ab¬

hat seine Benutzung unmöglich gemacht und mit der Zeit ist er auch mehr verfallen. Und die Kirchenab¬ Freilich, gaben sind geblieben? stagte ich verwundert weiter. trotzdem Sakrow und Glowe jetzt zu anderen Kirchspielen gehören. Aber so geht es nicht nur mit diesem letzten Orte, auch Jessern, ebenfalls von Zaue aus jenseits des Wassers, ist noch zu Zaue eingcpfarrt und zahlt dorthin seine Kirchenabgabcn. Wenden wir uns, so fuhr mein Landsmann weiter zu erzählen fort, von dem Werder nördlich, dann gelangen ivir durch den Hals, eine Land¬ enge, in den Glower See. Dieser Theil ist der kleinste. Er zieht sich zwischen leichtem Sandboden hin und hilft der Spree ihren Wasserstand des Werder

Austritt aus

dem Schwielungsee erleichtern.

Von Sastow östlich

hinüber nach Möllen und Niewisch befindet sich der letzte der Theile des heutigen Schwielung. Er erhält einigen Zufluß durch das Möllner Fließ, trägt aber sonst keinen besonderen Namen. Der größte Theil des Sees und zwar der östliche und südliche, gehört dem Lübbener-, zugleich der Lieberoscr Grafschaft, die Hälfte des westlichen und nördlichen aber dem Beeskower Kreise. Von den Kirchspielen ist Zaue das bedeutendste, denn es zählt die Dörfer Ziesten, Gogatz, Jessern und das Zollhaus und bezog und bezieht noch Abgaben von Sakrow und Glowe. Der Trebatscher Gemeinde gehört nur der Werder mit den daran stoßenden Ge¬ legen. Vor 25 Jahren hatte der Schwielung als Handelsstraße einen bedeutenderen Werth als jetzt, wo sich in seiner Nähe eine Eisenbahn hinzieht und Cottbus der Zentralpunkt des niederlausitzcr Eisenbahnnetzes geworden ist. In jenen Jahren wurden die meisten Frachtgüter von Berlin, Stettin und Frankfurt zu Master bis Gogatz befördert, von wo sic auf der Cottbuser Pferdebahn weiter versandt wurden. Gogatz war damals ein höchst bedeutender Ort des Schwielungsees; heute ist durch neue Verkehrswege alles zum Nachtheil des Ortes verändert, nur der Fischreichthum des Sees ist geblieben, und noch täglich spendet er hunderten von Menschen ihr täglich Brot, ihren gänzlichen Unterhalt.

kleine Rhein der

schließende dunkelgrüne

Rüthnicker Forst.

Dieser Damm hatte im 15. Jahrhundert eine ganz andere Beschaffenheit. Der Cremmer Damm wurde in zwei Theile einge¬ theilt, der kurze und der lange Damm. Der „lange Damm" fängt ungefähr eine Viertelmeile von der Stadt an, und ist etwa

Einige ebenso lang und endigt bei der „langen Horst". hundert Schritt weiter erhebt sich der „kurze Damm" 300 Schritt lang, der bis nahe an Sommerfeld reicht und auch auf der 'Dämme führen durch ein Feldmark dieses Dorfes liegt. Beide sumpfiges Wiesenrevier, welches in nasser Jahreszeit überschwemmt und nicht passirbar ist. Als die Schweden zur Zeit des großen Kurfürsten im Jahre 1674 auf Frankreichs Veranlassung in die Mark einfielen, errichtete man diesseits und jenseits des Cremmer Dammes Schanzen. Diese haben sich lange Zeit erhalten, und war besonders die nach der Stadt zu belegene durch ein Wachhaus kenntlich. Grüwell erzählt, daß namentlich der kurze Damm an den Seiten undurchdringliches Elsholz hatte, wo zu Kriegszeiten nrancher Wanderer erschossen sei, und man nicht wußte, ob es Soldaten oder Schnapphähnc gethan hatten. Die Stadt Cremmcn war schon früher, um feindlichen Angriffen besser widerstehen zu können, mit Mauern und Gräben umgeben. Später traten zu diesen

289 Befestigungen wohl noch Zugbrücken mit gemauerten Thoren und Thürmen hinzu. Mauern und Gräben sind indessen schon im 17. Jahrhundert geebnet und an deren Stelle Häuser gebaut. Die beiden festen Thore, das Spandauer, mit einein Thurm und einem Gefängniß, „das bürgerliche Gehorsam" genannt, und das Heidethor mit einer Wohnung des Thorwarts, standen noch im Anfange unseres Jahrhunderts. Das Spandaucr Thor ist 1817, weil es sehr schadhaft war, abgebrochen und nicht wieder hergestellt worden. Gegenwärtig erinnern nur noch dürftige Mauerreste ani Heidethor an die alte Zeit. Der Cremmer Damm ist besonders durch zwei Treffen be¬ kannt, die hier — das erste unter Markgraf Ludwig, etwa um das Jahr 1334, und das andere unter dem Burggrafen Friedrich im Jahre 1412 — stattgefunden haben. Nach dem Tode des Markgrafen Jobst erhielt bekanntlich der

inzwischen zum Kaiser erwählte Sigismund die Mark wieder zurück, konnte sie jedoch auch jetzt nicht bchauptey, und durch die Urkunde

vom 8. Juli 1411 bestellte er bei dem verwirrten Zustande des Landes den Burggrafen Friedrich von Nürnberg und Grafen von Hohenzollern zum Verweser und obersten Hauptmann desselben. Dieser Schritt des Kaisers erregte unter dem märkischen Adel einen

gewaltigen Sturm und thätlichen Widerstand gegen den neuen Stellvertreter des Landesherrn. Wiederholt ordnete Sigismund die Huldigung des Burggrafen seitens der Ritter an und unterm 12. August 1412 befahl er in einer Urkunde aus Ofen den Ständen, auf dem Glin die Aner¬ kennung zu vollziehen. Die Ritter ahnten nicht, das Friedrich von Hohenzollern in der Mark Brandenburg ein Fürstenhaus begründen sollte, unter dessen Herrschaft das viel zerrissene und geplagte unglückliche Land neu aufblühen und zu größtem Glanze geführt werden würde. Daß Friedrich die Kraft und den Willen besaß, dem raublustigen Adel strenge Zügel anzulegen, sollte dieser bald genug erfahren. Es galt einen Kampf auf Leben und Tod, und Friedrichs Stellung zur Mark war eine höchst ungewisse geworden. Er ließ Völker aus seinen fränkischen Besitzungen kommen, welche ihm sein Freund, der Graf Johann von Hohenlohe, sein trefflicher Rath, in

Begleitung

der

fränkischen

Philipp von Uten Hofen

Ritter

Kraft von Leitersheim,

und anderer zuführte, verstärkte sich

durch die Mannschaften derjenigen Mannen und Städte, die sich

Berlin, Cölln, Spandau, Nauen, Brandenburg, Beelitz, Treuenbritzen, Mittenwalde, Ruppin, Bernau, Frankfurt, Drosscn, Eberswalde, Strausberg, Müncheberg, Wrietzen und Potsdam gehörten. Mehrere zum Anhange der Quitzow's gehörende Ritter hatten sich mit den Herzogen Otto und Casimir von

ihm angeschlossen hatten, zu denen hauptsächlich

Pommern

zum sicheren Sturze des Burggrafen verbunden und Lande Löwenberg aus in der

versuchten im Jahre 1412 vom

Mark vorzudringen. Bei Cremmen traf sie Friedrich mit seiner Macht und wurde Derselbe bald mit ihnen in einen heftigen Kampf verwickelt. endigte für Friedrich nicht günstig; sein Heer mußte sich über den Damm nach Cremmen zurückziehen. Dieser Rückzug kostete viel

Menschenleben. Graf Johann von Hohenlohe wurde auf dem Damm getödtet. Ritter Kraft von Leitersheim versank wahrscheinlich im Sumpfe, denn sein Körper war nirgends zu finden; Ritter

Philipp von Utenhofen wurde tödtlich verwundet nach Berlin ge¬ bracht und starb daselbst nach einigen Tagen. Trotz ihres Sieges waren die Verbündeten dennoch so sehr geschwächt, daß sie fürs Erste aus weitere Waffenthaten verzichten muhten, und dies war es, was den Burggrafen rettete und seine Stellung sicherte. Der Anführer des Heeres, Johann von Hollach oder Hohenlohe, wurde bei Gelegenheit einer unternommenen Rekognoscirung auf dem Cremmener Damme von seinem Begleiter, welcher den Quitzow's zugethan war, in dem Augenblicke meuchlings ermordet, als er vom Pferde gestiegen war. Ueber diesen Tod noch einiges Nähere. Ob der Graf vor dem Feinde gefallen, oder meuchlings ermordet, weiß man nichts Bestimmtes. In einer Mittheilung der „Voss. Zeitung" vom Jahre 1838, in den „Beiträgen zur Geschichte der Stadt Cremmen" heißt es: Daß dieser tapfere General im Jahre 1412 bei dem Rückzüge nach einer verlorenen Schlacht auf dem Damme zwischen Sommerfeldt und Cremmen sein Leben verlor.

290 brandenburgischer General, welchem zu Ehren dieses Monumentum

Ob er aber von dem ihn verfolgenden Feinde getödtet worden ist, kann in Zweifel gezogen werden, weil es in einer alten, im städtischen Archiv zu Cremmen befindlichen Nachricht heißt, daß er an der, noch jetzt durch ein steinernes Denkmal be¬ zeichneten Stelle meuchlings erschossen worden sei und weil der auf dem hiesigen Grabdenkmale — nämlich eine Gedenktafel in der Klosterkirche zu Berlin, wovon wir nachher erzählen werden — befindliche Zusatz: „dem Gott genade," mehr auf eine Ermordung als aus einen Tod in offener Feldschlacht zu deuten steht fest.

und 1666 den 12. May renoviret worden ist." Wie in dieser Inschrift gesagt, ist das Kreuz zuerst im Jahre 1666 renovirt, dann 1749 und zum dritten Male 1796. Wann überhaupt dies Kreuz gesetzt ist, ist nirgends erzählt, und weiß man nur von ihm zuerst, daß es 1666 reparirt, da das Kreuz verfallen war. König Friedrich Wilhelm IV. hat das in Verfall gerathene hölzerne Kreuz von 1796 im Jahre. 1845 wegnehmen gesetzet

und dafür ein einfaches Denkmal aus Sandstein zum An¬ denken an die Schlachten von 1334 und 1412 setzen lasten. Dies

scheint.

Juli 1845, Nachmittags 3 Uhr eingeweiht, wovon nachstehende Proklamation Kunde giebt: Cremmen, den 5. Juli 1845. Durch die Gnade Seiner Majestät des Königs wurde in Stelle des zu Ehren im Jahre 1412 auf dem Cremmer Damm, in dem Gefechte zwischen dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg

jetzige Monument wurde am 5.

Viel Gewicht ist indeffen auf jene Nachricht nicht zu legen, und wenn daher andere Quellen des Meuchelmordes nicht gedenken so wird die Todeswunde des Grafen von Hollach ihm wohl durch Feindeshand beigebracht worden sein. Berlin hat heute noch sein graues Kloster, wenn auch nur die Kirche in der Klosterstraße und das Gymnasium gleichen Namens an das blühende, einst so mächtige Kloster erinnern. Friedrich I. ließ die beiden für ihn gefallenen Freunde in den feierlichen Räumen des Kirchleins der grauen Brüder von Berlin, im hohen Chore, beisetzen, und schmückte ihren Ruheplatz mit Die Kirche war im Laufe der Zeit dem schönen Gcdächtnißtafeln. Verfalle nahe, die Gräber vergessen, die Ehrentafel des Grafen Hohenlohe bald abgetreten und diejenige des Philipp von Utenhofen Da ließ der schon seit mehreren Jahrhunderten verschwunden. kunstsinnige König Friedrich Wilhelm IV. alles genau wieder herstellen, wie es einst gewesen, und so ist auch die Gedächnißtafel, die einst das Grab schloß, restaurirt und der Wand als Schmuck eingefügt worden. Die Tafel besteht aus Holz, welche an der Nordwand des Chores, nahe dem Altare, in bedeutender Höhe hängt, und stellt einen jungen Ritter dar, unstreitig den Grafen Johann von Hohenlohe, in schwarzem Kleide und Harnisch und im weißen Mantel mit gefalteten Händen. Vor ihm steht der Heiland, in den Händen Geißel und Ruthe haltend, aus den fünf Wunden fließt das Blut in fünf Strahlen in einen Kelch. Ueber dem Ritter ist ein Adler gemalt, schräg getheilt in schwarz und roth und daneben ein Wappenschild mit zwei übereinanderschreitenden Löwen, dem Wappen der Hohenlohe. Die Umschrift lautet: „Nach Christi Geburt 1400 und in dem 12 »» Jahr am Sankt ColumbusTage verscheidet der hochgeborene Graf Johannes von Hohenlohe, Farben und Umschrift waren verblichen und dein Gott genade.

hängt die Tafel sehr unvortheilhaft. Die hochdeutsche Inschrift läßt vermuthen, daß sie, wie das Bild, von einem süddeutschen — vielleicht fränkischen — Maler herrührt, und der ernste kurze Wunsch: „dem Gott genade" deutet an, daß der Verblichene ohne Beichte und Absolution, also plötzlich und unerwartet gestorben. Und wie betrauerte der Kurfürst den Tod dieser Getreuen? In einer Weise, die tief zum Herzen und fiir das innige Gefühl des ritterlichen Herrn spricht. Der Kurfürst eilte nach Frankfurt a. O. und zog sich dort ohne sein Gefolge in die stille Karthause mit ihren verschwiegenen Gärten zurück, um sich in dieser freundlichen Abgeschiedenheit ganz seiner Trauer um die treuen Freunde aus der alten, lieben süddeutschen Heimath zu überlassen. Wie spricht dieser kleine Zug für sein ritterliches Herz! Der- bekannte Chronist Haftiz meldet uns in seiner handschriftlich erhaltenen Chronik: „Und welchen todes willen gcmeldtcr Herr Friedrich mit seinem gantzen Hofe nicht wenig bekümmert und betrübt ist worden." Als der Kurfürst seinem Empfinden Genüge gethan und er aus dem Frieden der Karthause wieder in die Welt hinaustrat, ließ er auch äußerlich seine Trauer und seine Theilnahme erkennen. Die Stadt Cremmen hatte auf Befehl des Landesherrn in der Mitte des Dannncs ein hölzernes Kreuz errichten lasten, welches die Inschrift trug: „Anno 1412 am

St. Columbustage verschied in diesem Graf von Hollach oder Hohenlohe, Markgräflich Herr Damm,

und in der damaligen mächtigen Adelssektion der Mark, — gefallenen Graf von Hohenlohe errichteten hölzernen Kreuzes, ein prächtiges Denkmal aus Stein mit folgender Inschrift: Im Jahre des Herrn 1412 den 24. Oktober am St. Columbeni Tage fiel hier der edle Herr Johannes Graf von Hohenloh. Friedrich I. Markgraf von Brandenburg setzte zu seinem Andenken ein hölzernes Kreuz, welches 1666 zuerst, dann 1796 erneuert,

|

A. 1845 aus Stein

neu errichtet wurde durch Friedrich Wilhelm IV. König von Preußen.

gesetzt.

Zuletzt sei noch bemerkt, daß dies jetzige Denkmal noch in auf dem Cremmener Damm steht und nur die Inschrift im Juni 1875 bei Gelegenheit der Durchreise des Kronprinzen und der damit verbundenen Besichti¬ gung dieses Denkmals seitens dieses hohen Gastes, erneuert wurde. — seiner ursprünglichen Beschaffenheit

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Bürgermeister Ullrich in Cremmen.

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Ein Llick auf Potsdam.

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Drunten liegt im Sonnenscheine Line bunte Zauberwelt, Die aus Sand und Sumpf alleine Sich die Zollern aufgestellt. Ivie ein Märchenschloß Luch winket Dort von Marmor der Palast, Drüben blaues lvaffer blinket. Drauf die Sonne schon verblaßt. Duft'ge Uebel zaubrisch hüllen Rings die weite tsaide ein Und die Seele ganz erfüllen Lieder uns und Melodei'n. Lieder aus den alten Tagen, Die vergangen und dahin. All' die hcim'fchen alten Sagen, Ivehen leise durch den Sinn. Grüne weiter, liebe Laidc,

;

Strahlet Uhr Paläste stolz, Preußens stolzeste Geschmeide Schnitzte Sritz aus triefcrnholz. Die aus Sand und Sumpf alleine Sich die Zollern hergestellt,

Strahle stets im Sonnenscheine Mundcrbare Zauberwelt. C.

fitstüfl.

291

Das Oberland.

Weil ich aber nur ein Bärenführer bin, kann ich nur unsere Freunde auffordern „schafft Euch diese besten Bücher über Brandenburgisches Land und Volk an und gebt sie euren Kindern als einen wahr¬ haftigen Hausschatz in.die Hand." Dominik.

Sarnim-Ledus von Theodor Fontane.

Wanderungen durch die Mark Brandenburg.

Zweiter Theil.

Soeben ist die dritte verbesierte Auflage dieses Buches mit dieser Vorrede des Besten aller Märkischen Schriitstcllcr erschienen:

„Die

neue Auflage von

„Oderland" hat mir erwünschte

Ge¬

legenheit geboten, auch diesem Bande, wie Band I, eine seinem Titel in größerer Genauigkeit entsprechende Gestalt zu geben. Es wurden alle Kapitel — bis aus eines: Schloß Cossenblatt — die sich aus benachbarten Landestheilen hier eingedrängt hatten, ausgeschieden und durch andere, die dem Odcrlande bezw. dem Lande Barnim-Lebus, ihrem Stoffe nach angehören, ersetzt. Es sind dies namentlich die Kapitel: Gusow, Küstrin, Prenden. Und auch diesmal wieder hat diese strenger durchgeführte lokale Begrenzung einige Vortheile mit sich gebracht oder wenig¬

Band I es mir gestattete, die Tage des Großen Königs in einer gewissen, wenn auch selbstver¬ ständlich, der ganzen Anlage des Werkes nach, vielfach einge¬ schränkten und lückenhaften Ausführlichkeit zu schildern, so hat Band II es mir ermöglicht, die Tage des Großen Kurfürsten in einer ähnlich bedingten Vollständigkeit zu geben. In Prenden, Friedersdorf, Gusow, Tamsel, Moeglin und Prcdikow steckten, lokalitcr eingekapselt, die Lebensgeschichten der Sparrs, Görtzke's, Derfflingers, Schönings und Barfus' und in diesen Lebensge¬ schichten wiederum lebte die Geschichte der ganzen Zeit. Auch in Zukunft werde ich ähnliche Zusammenfassungen, die Darstellung ganzer Epochen innerhalb eines engen Rahmens, als wünschenswerthes Ziel im Auge behalten. Für heute beschränk' ich mich aus den Wunsch, diesem zweiten Bande der Wanderungen, auch in seiner neuen Gestalt die Zustimmung alter Freunde gewahrt zu sehen." Der Inhalt des Buches ist nun in dieser neuen vermehrten Auflage der folgende: I. Das Oderbruch und seine Umge¬ bungen. Von Frankfurt bis Schwedt, das Oderbruch, wie es in alten Zeiten war, die Verwaltung, die alten Bewohner, die Colonisirung und die Colonisten. Frcienwalde, der Schloßberg bei Freienwaldc und die Uchtcnhagens, Buckow, der große und kleine Tornow-See, Moeglin und Albrecht Daniel Thaer, Quelitz oder Neu-Hardenberg, Friedland, Cunersdorf und darinnen Hans Georg Sigismund von Lestwitz, Frau von Friedland, Graf und Gräfin Jtzenplttz, Chamissv in Cunersdorf. Gusow und der alte Derfflinger. Friedersdorf und Joachim Ernst von Görtzke, Friedrich August Ludwig v. d. Marwitz, Alexander v. d.Marwitz. II. Jenseits der Oder. Küstrin, unter Markgraf Hans, Festung Küstrin und ihre Belagerungen und die Katte-Tragödic. Tamsel I. und Hans Adam von Schöning und Kronprinz Friedrich und Frau von Wreech Tamsel II und der Park, die Kirche, das Schloß Zorndors III. Auf dem Hohen-Barnim. Der Blumenthal. Predikow und Hans Albrecht von Barfus. Schloß Cossenblatt. Steinhöfcl und Valentin von Massow. Von Sparren-Land und SparrenGlocken, darin Prenden, Otto Christoph von Sparr, Lichtcnfelde. Am Werbellin und endlich das Psulen-Land mit Schulzendorf, Garzin, Buckow, Wilkendorf, Gielsdorf und Jahnsfelde. Zur Empfehlung des Buches, das gerade noch zeitig für Weihnachten erschienen ist, habe ich kein Wort nöthig zu sagen. Wer ein Brandenburger ist und besitzt nicht Fontane's Wande¬ rungen, der stellt sich in meinen Augen ein geistiges Armuths¬ zeugniß der bösesten Art aus. Wäre ich ein Preußischer KultusministP:, so würde ich dafür Sorge tragen, daß in jedem Jahre eine Auflage der Fontane'schen Wanderungen den besten Gymnasial-Abiturienten des Preußischen Staates in die Hand gegeben würde, und wäre ich ein Preußischer König, so würde ich diesen wahrhaftigen „Historiographen des Brandenburgisch-Preußischen Staates" ehren wie man seine besten Freunde ehrt.

Literatur. Adolf Ltrecksuß 500 Jahre Aerliner

Geschichte liegen

jetzt vollständig vor uns.

Dies Werk des um vaterländische For¬ schung hochverdienten Verfassers ist an Stelle der ftühercn Schriften „Berlin seit 500 Jahren, Geschichte und Sage" (4 Bde.) und „Berlin im 19. Jahrhundert" (4 Bde.) in der Weise getreten, daß beide Werke verschmolzen sind und wir jetzt „vom Fischerdorf zur Weltstadt" Berlins Entwicklung vom 14. Jahrhundert bis zur Auflösung der Nationalvcrsaminlung und dem Steuerverwcigcrungs-

stens nicht ausgeschlossen und wie

1848 verfolgen können. Das wohl¬ verdiente Lob, welches bereits den beiden ersten Werken gespendet worden ist, kommt der neuen Arbeit in erhöhtem Maße zu, welche die Verarbeitung der ftühercn Bücher äußerst geschickt, unter Aus¬ scheidung einiger längerer Episoden, prägnanterer Darstellung und sorgfältiger Nachprüfung des Thatsächlichen bewirkt hat. Geradezu meisterhaft ist die Schilderung der Zustände vom Tode Friedrichs beschluß am 13. November

j

des Großen ab. In der mittelalterlichen Epoche ist die sagenhafte Ueberlieferung mit dem Geschichtlichen geschickt verwoben. Ueberall |

!

ist der Stil warm, lebhaft, dem Gegenstände angepaßt, nicht selten schwunghaft, wie man es von der poetisch angelegten Natur Adolf Streckfuß's erwarten darf. In alle dem liegt die Eigenartigkeit dieser Berliner Chronik, die deshalb mit keiner der vorhandenen verglichen werden kann. Wer den Mikrokosmus studiren will, in dem sich märkisches und preußisches Wesen krystallisirt und zentralisirt hat, dem bietet das Buch die Hand dazu. Trotz des großen Umfangs von 1195 Seiten ist dasselbe äußerst wohlfeil, mit be¬ sonders hergestelltem geschmackvollem Deckel versehen und für jeden Weihnachtstisch als passendstes Familien- und Hausbuch diesseits auf das Wärmste zu empfehlen. F.

Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abcrgl'äuliifchc Gebräuche. Graz, 1880. — Die mit Spannung erwartete Sagensammlung des auf dem Gebiet altslavischer For¬ schung rühmlichst bekannten Dr. Veckenstedt, früher in Cottbus, jetzt Oberlehrer am Nicolai-Gymnasium zu. Libau in Kurland, sind nunmehr und noch so rechtzeitig erschienen, daß sie hoffentlich noch manchen Weihnachtstisch schmücken

Schmuck haben

In

werden. der That einen dem Werk erhalten, sowohl im Sinne des Ver¬ seinen eisernen Fleiß und seine geschickte Combi¬

wir in

fassers, dem für

nationsgabe alles Lob gebührt, wie für die deutsche Literatur, welche um ein wichtiges Werk bereichert ist. Mögen unsere sla¬ vischen Landsleute und Nachbaren aus diesem von einem Deutschen mit voller Liebe für den slavischen Volksstamm, mit Vertiefung in dessen.Eigenart verfaßten Werk ersehen, wie die Entfremdung, welche aus leidigen politischen Rücksichten von gewissen Seiten zwischen Slaven und Deutschen geflissentlich jetzt angestrebt wird, sicherlich nicht aus Seiten der letzteren zu finden ist. Ob ein Slave wohl heut im Stande wäre, eine ähnliche deutsche Sammlung mit gleicher Objectivität zu edircn? — Der uns für diesmal zu¬ gemessene Raum verbietet uns ein ausführliches Eingehen auf Veckenstedt's Arbeit, deren der „Bär" noch oft zu erwähnen Gele¬ genheit finden wird. Hier haben wir es wesentlich mit niedcrlausitzischen, zum großen Theil in der Mark Brandenburg gesam¬ melten, daneben auch mit oberlausitzischen Sagen re., also mit Er¬ zeugnissen des sorbischen Wendenstammes zu thun. Möge es dem Verfasser vergönnt sein, dereinst auch diejenigen des wil-

292 zischen und arbeiten.

obotritischen Stammes in

ähnlicher Weise zu be-

!

E. Er.

in der Kirche war ein Bild, von

dem der alte Küster Streit, so Namens erinnere, stets berichtete, daß s. Z. König oder damals Kronprinz Friedrich Wilhelm (IV.) bei einer Besichti¬ gung der Kirche seine Gemahlin (Elisabeth v. Baiern) darauf auf¬ merksam gemacht habe, es stelle den bairischen Ludwig dar. Bei dem Umbau der Kirche ist auch, so viel ich weiß. Beides ver¬ schwunden, ich habe einmal nachgeforscht, aber vergeblich.

viel

ich mich des

^Lisveth. EineLebensgcschichte,der weiblichen Jugend (Mit einem Farbendruck). Verlag von R. F. Albrecht in Leipzig. Es ist ein gesund geschriebenes, hübsches Buch, das unser verehrter Mitarbeiter dem deutschen Publikum ge¬ bracht hat und das als Lektüre sür junge Mädchen wir aus vollstem Herzen empfehlen können. Es ist die Leidensgeschichte eines jungen Herzens, das unter Fremden sich kraft seines eigenen Werthes Das äußerst elegant ausgestattete Buch, eine Heimat gründet. eine wirkliche Zierde des Weihnachtstisches, wird mit diesem Verse

Lehnen theilt uns mit, daß das Hufeisen sich heute noch am Kronprinzlichen Palais befände und zwar in der 1. Etage am 4. Fenster von der Schloßbrücke an der linken Seite in Höhe des Fensterkreuzes.

eingeleitet:

Dasselbe meldet uns Herr Karstedt-Seelow und

erzählt von F. Brunold.

Die reinen Frauen stehn im Leben Wie Rosen in dem dunklen Laub; Auf ihren Wünschen, ihrem Streben Liegt noch der feinste Blüthenstaub. In ihrer Welt ist keine Fehle, Ist Alles ruhig, voll und weich; Der Blick in eine Frauenseele Ist wie der Blick in's Himmelreich!

Willy,

der DampkermaschiniK.

Jugend von F. Brunold.

(Mit

Verlag von N. F. Albrecht.

Ein

Aas Kitteisen am Kronprinzkichen Palais.

D.

Weihnachtstisch heranwachsender Knaben. Es lehrt den alten Spruch, daß Handwerk goldenen Boden hat, und erzählt den Roman eines armen Jungen, der, aus guter Familie, den Vater verloren hat und genöthigt ist, Schlosser zu werden. Der vermöge seiner Energie Ingenieur wird und von Amerika als „gemachter Mann" zu seiner alten Mutter zurückkehrt. Inhalt, Ausstattung und der Preis des I). Buches empfehlen die Anschaffung. —

'

Misrellen. „Man sagt, daß das gemeine Volk in den fünf Kirchspielen von Hamburg fünf verschiedene Sprachen Kamöurg und Werkin.

So sagt es zum Exempel in Jacobi-Kirchspiel: wat snack jy? in Petri : wat segt he? in Nicolai : wat will jy? in Catharinen: wat bleeft (beleeft) eni? und in Neu-Michaelis: wat praat jy?" (Beytrag zum Nach¬ tisch für muntere und für ernsthafte Gesellschaften. Hamburg 1766, S. 3). — In Hinsicht auf Berlin ist mir oft versichert worden,

rede, welche zugleich seinen Character anzeigten.

daß in den Außendistrikten, welche zum Niederbarnim gehören, ein anderes Brandenburger Platt gesprochen werde, als in den Außen¬

distrikten, die ursprünglich zum Teltow gehören. Können diese dialektischen Unterschiede in der That nachgewiesen werden und giebt es hierauf bezüglich scherzhafte Redensarten, ähnlich jenen

E. Fr.

Uns wird geschrieben: Als ich das Graue Kloster besuchte, befand sich in der Mauer Llsurneyhers Wappen eingemauert und

lllustrirte

WELTGESCHICHTE

Briefkasten. Ein Frager.

Das älteste Berliner jetzt noch bestehende Bank¬ haus ist das von Anhalt und Wagener. Die erste Berliner Börsenvcrsammlung fand seit 1761 unter der Bogenlaube der Stechbahn statt. Das Börsenhaus am Lustgarten wurde 1805 feierlich eingeweiht, in demselben fand im Winter von 1—3 Nachm, die Börsenversammlung statt, im Sommer wurde unter der Colonnade gehandelt. Der Hitzig'sche Prachtbau, der sogenannte „Gistbaum", wurde in den Jahren 1859—63 gefertigt. Die Sonntagsbörse

wird in einem Privathause „Unter den Linden" abgehalten. B. Gcrtraudtenstraße. „Prinzessinnen Palais" wurde der Nebenpalast des Kronprinzlichen, das alte Markgräflich Schwedische Palais deßhalb genannt, weil die Töchter Friedrich Wil¬ helms III., die verstorbene russische Kaiserin, die noch lebende Gro߬ herzogin Mutter von Mecklenburg-Schwerin und die Gemahlin des Prinzen Friedrich der Niederlande, Louise, vor ihrer Vermählung hier ihre Wohnung hatten. In dem kleinen Garten zwischen dem Palais und dem Operngraben, dem jetzigen Spielplatz der Kron¬ prinzlichen Kinder, standen ehemals auch die broncenen Büsten dieser Damen. West. „Das Anagramm Berolinum-Lumenorbi findet S.

I.

namentlich seine Bewahrheitung in der Existenz der Panke, des Mühlendamms, des König!. Schauspielhauses rc." schreiben Sie, ich könnte Ihnen noch eine ganze Reihe hübscher Sachen nennen, von denen es bester wäre, Berlin besäße sie nicht oder bester.

Unter besondererBerücksichtigung der Kulturgeschichte neubearbeitet und bis zur Gegenwart fortgeführt von Otto von Oorvin. Pracht-Ausgabe in acht Bänden zu je 16 —18 Lieferungen ä 50 Pf. oder in etwa 22 — 25 Dreimarklieferungen. Illustrirt durch 2000 Abbildungen, 40—50 Tontafeln (Porträtsgruppen kul¬ turgeschichtlichen Tableaus), Karten etc. Ausführliche illnstrirte Prospekte gratis tmd franco, Bestellnngen nehmen alle Bnchhandlnngen entgegen.

Verlag von Otto Spanier in Leipzig und Berlin.

Für

die Redaction verantwortlich:

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