Der Absichtsbegriff in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB [1 ed.] 9783428459971, 9783428059973

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Der Absichtsbegriff in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB [1 ed.]
 9783428459971, 9783428059973

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 58

Der Absichtsbegriff in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB Von

Klaus Gehrig

Duncker & Humblot · Berlin

KLAUS

GEHRIG

Der Absichtsbegriff in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Heraoegegeben von Dr. Eberhard Schmidhäoeer ord. Professor der Rechte an der Universität Hamburg in Zneammenarbeil m i l den Strafrechtelehrern der deutschen Universitäten

Band 58

Der Absichtsbegriff in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB

Von Dr. Klaus Gehrig

D U N C K E R

&

H U Μ Β L Ο Τ

/

Β E R L I Ν

Zur Aufnahme i n die Reihe empfohlen von Prof. Dr. Wilfried Küper, Heidelberg

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gehrig, K l a u s :

Der Absichtsbegriff in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB / von Klaus Gehrig. — Berlin: Duncker und Humblot, 1986. (Strafrechtliche Abhandlungen; N. F., Bd. 58) ISBN 3-428-05997-2 NE: GT

Alle Redite vorbehalten © 1986 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1986 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany I S B N 3-428-05997-2

Vorwort Die vorliegende Schrift ist die leicht überarbeitete Fassung eines im August 1984 abgeschlossenen Manuskripts, das von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg im Wintersemester 1984/85 als Dissertation angenommen wurde. Herrn Professor Küper, der die Arbeit betreut und durch kritische Anregungen gefördert hat, habe ich herzlich zu danken. Dank schulde ich ferner Herrn Professor Lackner für die Erstattung des Zweitgutachtens, Herrn Professor Schmidhäuser für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe, der Juristischen Fakultät für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses sowie dem Verlag Duncker & Humblot für die reibungslose Zusammenarbeit. Heidelberg, im Februar 1986 Klaus Gehrig

Inhaltsverzeichnis Einleitung

11 Erstes Kapitel

Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs A. Die Entwicklung der Dolus-Lehre

12

B. Die Entstehung und Entwicklung des Begriffs „Absicht"

18

C. Die Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts

22

D. Die weitere dogmatische Entwicklung

24

E. Absichtsdefinitionen in Gesetzentwürfen nach Inkrafttreten des StGB

25

Zweites Kapitel

Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB Erster Abschnitt: Mögliche Bedeutungen des Absichtsbegriffs

27

Zweiter Abschnitt: Lösungsansätze zur Systematisierung in der Literatur

29

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

32

Erster Teil: Einteilung der zu untersuchenden Tatbestände in Deliktsgruppen

32

Zweiter Teil: Das Absichtsmerkmal in Tatbeständen mit überschießender Innentendenz als straßegründendes Merkmal A. Die unvollkommen zweiaktigen Delikte I. Die Bedeutung der auf den zweiten Teilakt gerichteten Absicht II. Der Handlungswille

33 33 33 35

4

nsverzeichnis 1. Grundsätzliche Überlegungen

35

2. Anwendung auf einzelne Tatbestände

36

III. Exkurs: §§ 316a, 316c I Nr. 1 B. Die erfolgskupierten Delikte

40 41

I. Die Parallele zum Versuchsdelikt

41

II. Lösung nach Tatbestandsgruppen

44

1. „Absicht" als Merkmal, das sich auf außerhalb des geschützten Rechtsguts liegende Umstände bezieht a)

Der Betrug

45 45

b) Der Versicherungsbetrug

47

c)

49

Das Erschleichen von Leistungen

d) Die Erpressung

50

e)

50

f)

g)

Die Hehlerei Der Diebstahl

51

aa) Die Aneignungskomponente

51

bb) Die Enteignungskomponente

52

Die §§ 17411, 176V

59

h) Ergebnis i)

j)

60

Exkurs: Sonderprobleme bei bedingter Absicht

61

aa) Betrug

61

bb) Diebstahl

62

Absicht und Handlungsmotiv

63

aa) Motivmerkmale

63

bb) Absichtsmerkmale

65

cc) Der räuberische Diebstahl

68

k) Zielgerichtetes Handeln und sichere Nebenfolge 2. „Absicht" als ein auf das geschützte Rechtsgut bezogenes Merkmal.. a)

Die Urkundenfälschung aa) Herstellung bzw. Gebrauchmachen von der Urkunde zur Weitergabe an einen Gutgläubigen aaa)

Entstehungsgeschichte

73 79 79 81 81

bbb) Vergleich des Unwertgehalts der beiden Arten des unbedingten Vorsatzes

84

bb) Herstellung einer unechten Urkunde zur Weitergabe an Bösgläubige

87

nsverzeichnis cc) Einbeziehung des bedingten Vorsatzes?

90

dd) §§278, 219a

92

ee) Zwischenergebnis

92

b) Die Geldfalschung

c)

92

aa) Entstehungsgeschichte

93

bb) Vergleich mit § 267

94

cc) Das Merkmal „Inverkehrbringen"

94

§1311 Nr. 4, §184 I I I Nr. 8

95

d) § 311b

96

e)

98

0

§ 316c I I I § 86

98

aa) Wortlaut

98

bb) Entstehungsgeschichte

99

cc) Das Merkmal „Verbreiten" g)

Zwischenergebnis

101 101

h) Die falsche Verdächtigung

102

i)

Die Urkundenunterdrückung

104

j)

Das Vereiteln der Zwangsvollstreckung

105

k)

Die Pfandkehr

106

1)

aa) Entstehungsgeschichte

106

bb) Vergleich mit § 288

109

Die Begünstigung

110

aa) Entstehungsgeschichte

110

bb) Ausscheidung objektiv neutraler Handlungen

111

cc) Vergleich mit § 258 V, V I

113

dd) Vergleich mit § 259

115

m) Zwischenergebnis

116

n) Anwendung der bei §257 entwickelten Grundsätze auf weitere Tatbestände 117 aa) Das Absichtsmerkmal als Korrektiv objektiv zu weit gefaßter Tatbestände 117 aaa) §§ 89, 125, 180a III, IV, 181 I Nr. 2

117

bbb) §100

119

ccc)

§ 109d

119

ddd) § 219c

121

eee)

122

Zwischenergebnis

6

nsverzeichnis bb) Das Absichtselement als Abgrenzungsmerkmal objektiv sich überschneidender Tatbestände 122 aaa) §265

:

123

bbb) §343

123

ccc)

123

§ 316c I Nr. 2

ddd) §229

124

eee)

127

§ 311a Dritter

Teil:

„Absicht" als strafrahmenmodifizierendes

Merkmal

128

A. §157

128

B. § 97b I Nr. 2

130

C. „Absicht" als strafschärfendes Merkmal

131

I. §272

131

1. Vorteilsabsicht

131

2. Schädigungsabsicht

131

II. § 203 V

135

III. §315 I I I Nr. 1

136

IV. §241 a IV

137

V. § 9 4 1 Nr. 2

137

VI. Ergebnis

138

D. § 248c I, I I I

138 Vierter

„Absicht" als auf den objektiven

Teil: Tatbestand bezogenes Merkmal

139

A. Tatbestände, die „absichtliches oder wissentliches" Handeln mit Strafe bedrohen 140 B. § 142 I I I S. 2

140

C. § 225

142

I. Entstehungsgeschichte

142

II. Abgrenzung gegenüber § 224

145

Drittes Kapitel

Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals A. Tatbestände mit überschießender Innentendenz

150

nsverzeichnis Ι . §§ 263, 253, 242

,

II. § 219c

150 152

Β. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale

152

I. Kennzeichnung des Bezugsobjekts durch den Wortlaut

152

1. § 183a 2. § 283c II. Durch Auslegung zu ermittelndes Bezugsobjekt

152 152 154

1. §344

154

2. §258

154

3. §§ 87, 88, 89, 90a I I I , 90b I

156

4. Ergebnis

161

Zusammenfassung

162

Literaturverzeichnis

169

Abkürzungsverzeichnis aaO aF Anm. ArchCrim ARWPh Aufl. Bd. BGBl Bibliothek BT-Dr bzw. ders. Diss. DRiZ DStR DJT EGStGB Fn GA GS HdwbKrim HRG HRR Hrsg. i.E. JK JMB1NRW JR Jura JuS JZ JW KrimGgw LK LM LZ MDR MSchrKrim Ndschr NJW NStZ NZWehrR Prot.

am angegebenen Ort alter Fassung Anmerkung Archiv für Preußisches Criminalrecht Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie Auflage Band Bundesgesetzblatt Bibliothek für die Peinliche Rechtswissenschaft und Gesetzeskunde Bundestags-Drucksache beziehungsweise derselbe Dissertation Deutsche Richterzeitung Deutsches Strafrecht Deutscher Juristentag Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2.3.1974 Fußnote Goltdammers Archiv für Strafrecht Der Gerichtssaal Handwörterbuch der Kriminologie Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber im Ergebnis Jura- Rechtsprechungskartei, Beilage der Zeitschrift „Jura" Justizministerialblatt für Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Juristische Wochenschrift Kriminologische Gegenwartsfragen Leipziger Kommentar Entscheidungen des BGH im Nachschlagewerk von Lindenmaier-Möhring Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Monatsschrift für Deutsches Recht Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Wehrrecht Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, zitiert nach Wahlperiode und Seite

10 RGBl Rn s.a. Sch-Sch SchwZStr SK s.o. StÄG StVert s.u. u.U. VDA, VDB VE 1909 vgl. VOR VRS wistra ZRP

zstw

Abkürzungsverzeichnis Reichsgesetzblatt Randnummer siehe auch Schönke-Schröder Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht Systematischer Kommentar siehe oben Strafrechtsänderungsgesetz Strafverteidiger siehe unten unter Umständen Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Allgemeiner bzw Besonderer Teil Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch 1909 vergleiche Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht Verkehrsrechtssammlung Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung Das Strafgesetzbuch verwendet an zahlreichen Stellen die Begriffe „Absicht", „absichtlich", „ i n der Absicht" sowie ähnliche Wendungen wie „um zu", „zur", „zum Zwecke". Eine allgemeine Klärung des Bedeutungsgehalts dieser Begriffe ist bisher nicht gelungen. Wie noch zu zeigen sein wird, ist in den einzelnen Tatbeständen vielfach umstritten, wie die Absichtsmerkmale zu verstehen sind. Rechtsprechung 1 und Literatur 2 gehen überwiegend davon aus, daß der Absichtsbegriff im StGB nicht einheitlich verwendet werde, sondern nach Sinn und Zweck des jeweiligen Tatbestandes auszulegen sei, wobei man die Ergebnisse in der Regel nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten im Einzelfall begründet, ohne daß dahinter ein System erkennbar wird. In der vorliegenden Arbeit soll im ersten Kapitel zunächst ein Überblick über die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs gegeben werden. Im zweiten Kapitel wird der Versuch einer Systematisierung der Auslegungsergebnisse für die einzelnen Tatbestände unternommen werden. Zu diesem Zweck werden die in Betracht kommenden Vorschriften in Deliktsgruppen eingeteilt, wobei innerhalb der jeweiligen Gruppe geprüft wird, inwieweit sich einheitliche Lösungskriterien entwickeln lassen. Bei Tatbeständen, in denen das Absichtsmerkmal im Sinne zielgerichteten Handelns auszulegen ist, soll ferner auf den Unterschied von Absicht und Handlungsmotiv sowie auf die Abgrenzung von Absicht und sicher vorhergesehener Nebenfolge eingegangen werden. I m dritten Kapitel soll schließlich der Frage nachgegangen werden, auf welche Tatbestandsmerkmale sich das Absichtsmerkmal im einzelnen beziehen muß, und nach welchen Kriterien sich das bestimmt.

1

vgl. RGSt 54, 351; BGHSt4, 107; 13, 219, 220; NJW 1969, 1774 vgl. Jescheck AT, S.239; Sch-Sch-Cramer, §15 Rn.83ff.; LK-Schroeder, §16 Rn.79; Dreher-Tröndle, §15 Rn.6; Lackner, §15 Anm.3a, aa 2

Erstes K a p i t e l

Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs A. Die Entwicklung der Dolus-Lehre I m ersten Teil der Arbeit soll anhand der historischen Entwicklung untersucht werden, worin die Ursache für die Unklarheit bei der Auslegung des Absichtsbegriffs liegt. Da diese Frage eng mit der Entwicklung der Dolus-Lehre verknüpft ist, wird diese im folgenden insoweit kurz dargestellt, als sie für das vorliegende Thema von Bedeutung ist. Dem germanischen und auch dem mittelalterlichen Rechtsdenken waren die abstrakten Begriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit noch unbekannt. Das germanische Rechtsdenken unterschied zwar zwischen Taten, die von bösem Willen getragen waren und bloßen „Ungefahrwerken", bei denen ein Erfolg unwillentlich verursacht wurde. Ob das eine oder das andere vorlag, wurde jedoch nicht anhand einer Prüfung der inneren Einstellung des Täters im konkreten Fall, sondern danach beurteilt, ob ein bestimmter Sachverhalt vom Standpunkt einer verallgemeinerten Lebens- und Rechtserfahrung auf den bösen Willen oder auf ein „Ungefahrwerk" schließen ließ. So wurde z.B. beim Mord böse Absicht angenommen, wenn der Täter die Tat verheimlichen wollte. Als bloßes „Ungefahrwerk" wurde es demgegenüber etwa angesehen, wenn jemand beim Baumfallen erschlagen wurde, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie der Täterwille im Einzelfall tatsächlich beschaffen war 1 . I m Mittelalter unterschied man als verschiedene Stufen des verbrecherischen Willens die mit Vorbedacht und die ohne Vorbedacht verübten Taten, wobei der letztere Fall milder bestraft wurde. Dies galt jedoch nur für einzelne Delikte und wurde nicht als allgemeines Prinzip durchgehalten. Außerdem wurde die Unterscheidung nach wie vor anhand äußerer Umstände vorgenommen 2 . Eine begriffliche Erfassung von Vorsatz und Fahrlässigkeit gelang erst im Zuge der Rezeption des römischen Rechts und der damit verbundenen Verwissenschaftlichung des Rechtsdenkens3. Besondere Bedeutung hatten

1

vgl. Eb. Schmidt, Strafrechtspflege, S.31; E. Kaufmann, H R G I , Sp.989ff. Eb. Schmidt, Strafrechtspflege, S. 71; His, Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Bd.l, S.68ff., 71 3 dazu Laufs, Rechtsentwicklungen, S.27ff. 2

Α. Die Entwicklung der Dolus-Lehre

13

insoweit die Constitutio Criminalis Bambergensis von 1507 sowie die Constitut e Criminalis Carolina von 1532. In diesen Gesetzen wurde im Anschluß an das römische Recht versucht, die Unterschiede zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit herauszuarbeiten 4. Grundlage hierfür war der dem Vorsatz zugrunde liegende römischrechtliche Begriff des „dolus". Das römische Recht unterschied zwischen „dolus" und „culpa". Dolus setzte voraus, daß der Täter genau jenen Tatbestand verwirklichen wollte, den das Gesetz mit Strafe bedrohte, bezeichnete also das zielgerichtete Handeln im Hinblick auf den tatbestandlichen Erfolg 5 . Dies wurde von den italienischen Juristen des Mittelalters, die das wiederentdeckte römische Recht neu bearbeiteten, bald als unbefriedigend empfunden. Insbesondere wollte man verhindern, daß der Angeklagte sich darauf berufen konnte, er habe den eingetretenen Erfolg nicht gewollt. Daher war man um eine Ausweitung des Dolus- Begriffs bemüht. Grundlage hierfür war die Lehre vom „versari in re illicita ". Diese im kanonischen Recht entwickelte Lehre regelte die Voraussetzungen, unter denen Unwürdige von der Ausübung geistlicher Ämter ausgeschlossen werden konnten 6 . Der wichtigste Grund für den Ausschluß war das homicidium. Da die Kirche einerseits auf die im Volk verbreitete Rechtsanschauung Rücksicht nehmen mußte, wonach auch derjenige, der zufallig eine Tötung verursachte, für den Altardienst nicht würdig war, andererseits aber dem römischen Recht verbunden war, das entscheidend auf die innere Seite der Handlung abstellte, wurde nach einer Synthese gesucht, die beide Grundsätze miteinander verbinden sollte 7 . So entstand der Satz: „Versanti in re illicita imputantur omnia quae sequuntur ex delicto." Sofern nur der Wille des Täters auf eine unerlaubte Handlung gerichtet war, wurden ihm alle daraus entstehenden Folgen als verschuldet zur Last gelegt8. Diese Lehre wurde von den italienischen Juristen ins Strafrecht übernommen und in dreifacher Hinsicht weiterentwickelt 9 : Die Lehre vom „dolus generalis" stellte nicht auf die Willensbeziehung des Täters zu einem bestimmten Erfolg ab, sondern ließ es genügen, daß der Täter überhaupt dolos gehandelt hatte, mochte sein Dolus auch auf einen anderen unerlaubten Erfolg als den gerade eingetretenen gerichtet gewesen sein.

4

vgl. Eb. Schmidt, Strafrechtspflege, S.108ÌT., 117; Löffler, Schuldformen, S.162ff. vgl. Löffler, aaO, S.6, 75, 78; v.Bar, Gesetz und Schuld II, S.275 6 vgl. Kollmann, ZStW35 (1914), 46ff.; Boldt, Johann Samuel Friedrich von Boehmer und die gemeinrechtliche Strafrechtswissenschaft, S. 192 5

7 vgl. Schubarth, ZStW85 (1973), 754, 757; Schott, Das erfolgsqualifizierte Delikt, S.27; Lorenzen, Erfolgsqualifizierte Delikte, S.36 8 vgl. Löffler, Schuldformen, S. 146 9 dazu Boldt, aaO (Fn.6), S.193ff.; Schaffstein, Die allgemeinen Lehren vom Verbrechen, S. 109ff.; Schubarth, ZStW85 (1973), 754,758; s.a. Temme, ArchCrim 1854, 206 ff.

2 Gehrig

14

1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

Nach der „Doctrina Bartoli" wurden dem Täter alle Folgen seiner Tat zum Dolus zugerechnet, die sich nach objektivem Urteil als notwendig oder wahrscheinlich daraus ergaben 10 . Die Lehre vom „dolus indirectus" wurde von dem Spanier Covarruvias Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelt. Sie beruhte auf dem Gedanken, daß im Wollen der Ursache mittelbar das Wollen der Wirkung der Ursache liege. Sie lief damit auf das gleiche Ergebnis hinaus wie die Bartolinische Doktrin, nämlich auf eine Zurechnung der nicht ganz unwahrscheinlichen Folgen einer Tat. Der Unterschied lag allein im Begrifflichen. Während die „Doctrina Bartoli" das Prinzip aufgab, daß der auf den Erfolg gerichtete Täterwille Zurechnungsgrund für diesen Erfolg sei, versuchte die Lehre vom „dolus indirectus" dasselbe Ergebnis mit dem Satz, daß nur der gewollte Erfolg zurechenbar sei, zu vereinigen 11 . In Deutschland wurde die Lehre vom „dolus indirectus" durch Carpzov eingeführt. Der Grund dafür lag in praktischen Bedürfnissen. Die Constitutio Criminalis Carolina und die ihr folgenden Gesetze hatten die Voraussetzungen für die Strafanwendung nicht in erschöpfender Weise geregelt. Wo für einzelne Fallgestaltungen eine bestimmte Strafe aus dem Gesetz nicht zu entnehmen war bzw dort, wo das Gesetz für ein als strafwürdig erachtetes Verhalten einen Deliktstypus nicht zur Verfügung stellte, entwickelte sich die Lehre von den „crimina extraodinaria". Die entscheidende Frage, vor welche die Strafrechtswissenschaft jener Zeit gestellt war, war die, wann der Richter unter Abweichung vom überkommenen Gesetz zur „poena extraordinaria" greifen durfte bzw, wann die „poena ordinaria" angebracht war 1 2 . Voraussetzung der Verhängung der „poena ordinaria" war der Dolus. Für den Dolus-Begriff Carpzovs war das praktische Ergebnis maßgebend, die „poena ordinaria homicidii" nicht nur auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen es dem Täter auf die Herbeiführung des tödlichen Erfolgs angekommen war, sondern diese Strafe auch dann verhängen zu können, wenn der Täter nur eine Verwundung hatte zufügen wollen, diese aber notwendig zum Tode führen mußte oder doch möglicherweise dazu führen konnte und der tödliche Erfolg tatsächlich eingetreten war. U m dieses Ergebnis zu erreichen, bediente sich Carpzov zur Begründung seines „dolus indirectus" der Gedanken aller drei oben dargestellten Erweiterungen des römischen Dolus-Begriffs 13 . Die Lehre Carpzovs wurde von Böhmer weiterentwickelt, bei dem sich eine Verlagerung des Problems von der praktischen auf die dogmatische Ebene feststellen läßt. Die Einordnung des „dolus indirectus" als einer Form des

10

vgl. Engelmann, Die Schuldlehre der Postglossatoren, S.70ff. Engelmann, aaO, S. 105 12 Eb. Schmidt, Strafrechtspflege, S.162ff. 13 Carpzov, Practica Nova, Quaestio 1, No. 28-32; dazu Boldt, aaO, (Fn.6) S.197ÌT.; Schaffstein, aaO, (Fn.9), S.118ff.; Klee, Dolus indirectus, S.14ff. 11

Α. Die Entwicklung der Dolus-Lehre

15

ordentlichen Verschuldens wurde aufgrund eines einheitlichen Prinzips der Willensschuld vorgenommen. Böhmers „dolus indirectus" war gekennzeichnet durch das Bewußtsein des Täters von der Möglichkeit des Erfolgseintritts und die eventuelle Einwilligung in den Erfolg 14 . Damit war gleichzeitig der Weg für einen vom „dolus indirectus" verschiedenen „dolus eventualis" gebahnt, nur daß dem letzteren noch die Spuren des „dolus indirectus" anhafteten 15 . Während die Dolus-Lehre bis dahin noch durch eine Schlußfolgerung vom Bewußtsein auf das Wollen gekennzeichnet war, gewann im Verlauf der weiteren dogmatischen Entwicklung die Auffassung an Boden, daß für die Bestimmung des Dolus der Wille des Handelnden den Ausgangspunkt zu bilden habe 16 . So definierte gegen Ende des 18. Jahrhunderts Stübelden Dolus als den „Begriff der gesetzwidrigen Wirkung einer Handlung, insofern er den Delinquenten zur Hervorbringung derselben bestimmt" 17 . Einen „dolus indirectus" gebe es nicht, dieser Begriff sei ein Widerspruch in sich 18 . Dolus sei allerdings auch hinsichtlich solcher Folgen gegeben, die mit der Handlung notwendigerweise verbunden seien: „Es würde widersinnig seyn, sich zur Thätigkeit einer Kraft mit der Überlegung zu bestimmen, daß daraus eine gewisse Veränderung notwendig entstehen müsse, und ebendieselbe nicht zu wünschen. Ist daher ein Verbrecher dieser Handlung überführt, so ist auch die Absicht dieser Handlung erwiesen" 19 . Halte der Täter einen Erfolg lediglich für wahrscheinlich, ohne ihn zu wünschen, so liege „culpa" vor. Diese wurde definiert als der „Entschluß zu einer Handlung mit dem Bewußtseyn, daß daraus wahrscheinlich eine andere in einem peinlichen Gesezze ausdrücklich verbotene Handlung entstehen könne, ohne die Absicht, diese zu bewirken" 20 . Habe der Täter einen Erfolg nur als möglich vorhergesehen, so hafte er weder für Dolus noch für Culpa. Es bestehe keine Pflicht, eine Handlung nur deswegen zu unterlassen, weil sie eine Verletzung möglich mache 21 . Grolman 22 unterschied zwischen Fällen, in denen der Täter Feindschaft gegen das Recht an den Tag lege und solchen, in denen er nur mangelnde Freundschaft gegenüber dem Gesetz zeige. Der erste Fall, der Dolus, sei durch den „Entschluß

14

Boehmer, Observationes I I ad quaestionem 1, S. 2; Schaffstein, aaO (Fn. 9), S. 122ff.; Boldt, aaO (Fn.6), S.190, 215ff. 15 vgl. Schaffstein, aaO (Fn.9), S.124; Geßler, Über den Begriff und die Arten des Dolus, S.33 16 vgl. Geßler, aaO, S.18f. 17 System des Peinlichen Rechts, §275 18 aaO, §§290, 293 19 20 21 22

2*

aaO, §271; ders., Über den Tatbestand, §77 System des Peinlichen Rechts, §275 aaO, §296 Bibliothekl 1, S.3, 26ff.

16

1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

zur Realisierung eines Zwecks durch vorhergesehene Gesetzeswidrigkeit" gekennzeichnet. Dolus sei auch dann anzunehmen, wenn der Täter sehe, daß er seinen Zweck nur durch eine Gesetzwidrigkeit erreichen könne, da er dann mit dem Entschluß, seinen Zweck zu realisieren, sich auch zu ihrer Bewirkung entschlossen habe. Das Kennzeichen der zweiten Fallgruppe sei demgegenüber der „Entschluß zur Realisierung eines Zwecks, ohne der Vermeidung eines gesetzwidrigen Erfolgs gewiß zu sein." Diese Fälle seien der „culpa" zuzuordnen. Der Täter habe hier nicht die Absicht, gerade durch das Verbrechen seinen Zweck zu erreichen. Die Erörterungen Stübels und Grolmans bereiteten die Theorie Feuerbachs vor. Dieser definierte den Dolus als „Bestimmung des Begehrungsvermögens (des Willens) zu einer gewissen Rechtsverletzung als Zweck mit dem Bewußtsein der Gesetzwidrigkeit derselben." 23 Der Dolus war entweder bestimmt (dolus determinatus), wenn ein einzelner gesetzwidriger Erfolg ausschließlicher Zweck des Täters war, oder unbestimmt (dolus indeterminatus), wenn die Absicht des Verbrechers auf verschiedene Rechtsverletzungen, gleichgültig welche davon verwirklicht würden, gerichtet war 2 4 . Einen indirekten Dolus erkannte Feuerbach nicht an 2 5 . In Fällen, in denen eine Rechtsverletzung zwar die vorhergesehene Folge des Täterhandelns, vom Täter aber nicht bezweckt war, liege hinsichtlich dieser Folge Culpa vor, die durch Dolus begründet sei. Der Fall des „dolus indirectus" sei daher in Wirklichkeit eine Art der Culpa und sollte besser mit dem Begriff „culpa dolo determinata" bezeichnet werden 26 . Die Ablehnung des „dolus indirectus" war allerdings nur eine äußerliche und scheinbare. Der „dolus indeterminatus" ließ sich in Wirklichkeit nicht als Zweckbestimmung des Willens zur Rechtsverletzung auffassen, sondern stellte eine Schuldbeziehung schwächerer Art dar. Feuerbach hatte damit seinen eigenen Dolus- Begriff gesprengt 27. Ferner ist zu beachten, daß die Lehre Feuerbachs durch die „praesumptio doli" ergänzt wurde. So bestimmte Art 44 des von Feuerbach ausgearbeiteten 28 bayrischen Strafgesetzbuchs von 1813: „Wenn Jemand mit erwiesener Absicht eine Handlung vorgenommen, woraus, nach allgemein bekannter Erfahrung, ein bestimmter gesetzwidriger Erfolg unmittelbar und notwendig zu entstehen pflegt, so ist für erwiesen anzunehmen, daß dieser Erfolg der Handlung ebenfalls beabsichtigt gewesen sey, woferne nicht durch klare Beweise das Gegentheil dargethan werden kann." Hierbei handelte es sich um eine in die Form einer Beweisregel gekleidete Konzession an den materiellrechtlich verworfenen dolus indirectus. Zwar hat Feuerbach diese Dolus-Vermutung 23 24 25 26 27 28

Bibliothek I I I , S.199 Lehrbuch, §59 Bibliothek I I I , S.235 Bibliothek I I I , S.241ff., 243 vgl. Löfifler, Schuldformen, S.216ff.; Schott, Das erfolgsqualifizierte Delikt, S.40 dazu Eb. Schmidt, Strafrechtspflege, S.233

Α. Die Entwicklung der Dolus-Lehre

17

später wieder aufgegeben 29. Gleichzeitig bezweifelte er allerdings, ob es einen Grund geben könne, die „culpa dolo determinata" milder zu bestrafen als den „dolus indeterminatus" 30 . I m praktischen Ergebnis war damit der „dolus indirectus" doch wieder anerkannt 31 . Gegen die Lehren Grolmans und Feuerbachs wandte sich Hascher v. Almendingen. Zum Wesen des Dolus gehöre es nicht, daß die Rechtsverletzung als Zweck gewollt sei. Der Mensch sehe entweder die Wirkung seines Verhaltens voraus und wolle sie, oder er wirke als bloße Naturkraft. Der erste Fall wurde als „Handlung", der zweite Fall als „Tat" bezeichnet. Für die Handlung mache es keinen Unterschied, ob der Erfolg selbst begehrt oder ob etwas mit dem Bewußtsein begehrt werde, daß dieser Erfolg in einem notwendigen oder möglichen Zusammenhang mit dem Begehrten stehe. Das ganze Geschehen sei „eine Handlung des Täters" 32 Entgegen Grolman sei nicht nur derjenige als doloser Verbrecher anzusehen, welcher vorhersehe, daß ein rechtswidriger Erfolg bei der Verfolgung seines Zwecks notwendig eintreten müsse, sondern auch derjenige, der einen solchen Erfolg als möglich vorhersehe. „Wer die mögliche Illegalität voraussah, hat... diese mögliche Illegalität eventuell in sein Begehren aufgenommen" 33 . Bei diesen Ausführungen findet sich also wieder die Schlußfolgerung vom Bewußtsein auf das Wollen, die schon die Grundlage des klassischen „dolus indirectus" gebildet hatte 34 . Einen anderen Ansatz zur Bestimmung des Dolus wählte Gönner. Da nicht nachvollziehbar sei, was im Innern des Handelnden vorgehe, könne die Abgrenzung zwischen Dolus und Culpa nicht nach der subjektiven Zwecksetzung des Täters, sondern nur nach dem objektiven Zweck der Handlung bestimmt werden. Der Zweck komme in dem herbeigeführten Erfolg sowie in den Mitteln, deren sich der Handelnde bediene, zum Ausdruck. Brächten die angewandten Mittel nach dem Kausalitätsgesetz den eingetretenen Erfolg notwendig oder gewöhnlich hervor, so sei der Erfolg als Zweck der Handlung anzusehen, und die Handlung erscheine im Hinblick auf den Erfolg als dolos 35 . Davon ausgehend unterschied Gönner einen „directen oder unmittelbaren" und einen „indirecten oder mittelbaren" Dolus, je nachdem, ob der Wille des Handelnden auf den Erfolg selbst gerichtet oder der Erfolg eine notwendige oder gewöhnliche Folge der Tat war 3 6 .

29 30 31 32 33 34 35 36

vgl. Lehrbuch, 14. Auflage, §§60, 87 Lehrbuch, §60, A n m . l vgl. v. Hippel, V D A III, 456 Fn.4 Über das kulpose Verbrechen, S. 5f. aaO, S. 16ff., 47 vgl. Löffler, Schuldformen, S.219; Frank, ZStWIO (1890), 178f. Gönner, Revision, S.21ff., 24 aaO, S.45

18

1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

Diese Erörterungen zeigen, daß sich die Probleme im Hinblick auf die Zurechnung eines Erfolges zum Dolus immer wieder auf die Frage zurückführen lassen, unter welchen Voraussetzungen ein Erfolg „gewollt" war. Im Ergebnis bestand darüber Einigkeit, daß die Zurechnung nicht auf die Fälle des eigentlichen „Erstrebens" beschränkt war, sei es, daß man dies durch eine weite Auslegung des Begriffs „Wollen", sei es, daß man es durch entsprechende Beweisvermutungen zu erreichen suchte.

B. Die Entstehung und Entwicklung des Begriffs „Absicht" Der Begriff „Absicht", der aus dem 18. Jahrhundert stammt 37 , diente zunächst ebenso wie der Begriff „Vorsatz" zur Übersetzung des römischrechtlichen „Dolus"-Begriffs, und zwar in allen seinen Erscheinungsformen 38. In den Partikulargesetzbüchern des 19. Jahrhunderts wurde der eine Begriff häufig mit Hilfe des anderen erläutert 39 . So hieß es etwa in Art 39 des Bayrischen Strafgesetzbuchs von 1813: „ M i t rechtswidrigem Vorsaze wird ein Verbrechen begangen, wenn eine Person die Hervorbringung des aus ihrer Handlung entstandenen Verbrechens sich als Zweck und Absicht dieser ihrer Handlung vorgesezt hat und sich dabei der Rechtswidrigkeit dieses Entschlusses bewußt gewesen ist." Das Sächsische Strafgesetzbuch von 1855 bestimmte in Art 46: „ Z u den regelmäßigen Erfordernissen eines Verbrechens gehört, daß die mit Strafe bedrohte Handlung mit rechtswidrigem Vorsatze begangen, und daß daher, wenn zu dem Begriffe des fraglichen Verbrechens ein gewisser Erfolg vorausgesetzt wird, auch dieser von dem Verbrecher beabsichtigt worden sei." Die Frage, inwieweit ein nicht erstrebter Erfolg zum Dolus zugerechnet werden konnte, stellte sich somit für die Begriffe „Vorsatz" und „Absicht" in gleicher Weise. Als ein gegenüber dem „Vorsatz" verschiedener Begriff begann sich der Absichtsbegriff erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts herauszubilden 40. Eine grundsätzliche Unterscheidung wurde zuerst von Berner und Köstlin vorgenommen, deren Theorien auf die Philosophie Hegels zurückgehen 41 . Hegel unterschied zwischen dem abstrakten und formellen Recht der Handlung in ihrem unmittelbaren Dasein, die „Vorsatz" des subjektiven Willens sei, und dem Besonderen der Handlung in ihrem Inhalt, ihrem allgemeinen

37

vgl. Osenbrüggen, Abhandlungen, S. 15; Herrmann, ArchCrim 1856, 1, 10 vgl. Binding, Normen 112, S. 1153; Frank, ZStWIO(1890), 191; v. Hippel, V D A I I I , S.463 Fn.3 39 vgl. die eingehende Darstellung bei v.Hippel, V D A I I I , S.454ff.; s.a. die Zusammenstellung bei Sprang, Absichtsmerkmale, S.19ff. 40 vgl. Miricka, Formen der Strafschuld, S.63f.; zu den einzelnen hierzu vertretenen Auffassungen vgl. die ausführliche Darstellung bei Kuhlmann, Absichtsbegriff, S.lOff.; Frank, ZStWIO (1890), 171fT.; Sprang, Absichtsmerkmale, S.21ff. 41 vgl. Kuhlmann, Absichtsbegriff, S.10 38

Β. Die Entstehung und Entwicklung des Begriffs „Absicht"

19

Charakter und Wert, was die „Absicht" ausmache42. Die äußere Handlung sei ein mannigfaltiger Zusammenhang von Einzelheiten, deren Wahrheit das Allgemeine sei. Das Recht der „Absicht" sei es, daß die allgemeine Qualität der Handlung von dem Handelnden gewußt werde. Der Vorsatz, der von einem Denkenden ausgehe, enthalte nicht bloß die Einzelheit, sondern auch die allgemeine Seite, die Absicht 4 3 . Aus dem fehlenden Merkmal der Absicht wurde die Unzurechnungsfähigkeit von Kindern und Geisteskranken begründet, die zwar Kenntnis von der äußeren Handlung hätten, nicht aber deren allgemeine Bedeutung erfaßten, die etwa darin bestehe, daß durch die Handlung ein anderer getötet oder verletzt werden könne 44 . Neben der allgemeinen Bedeutung der Handlung gibt es nach Hegel noch einen besonderen Inhalt der Handlung, den das handelnde Subjekt dieser selbst setze, den subjektiven Wert, das Interesse der Handlung für den Einzelnen. Dessen Zweck mache den bestimmenden Inhalt der Handlung aus („Absicht dem Inhalte nach") 4 5 . Im Anschluß an Hegel bezeichnete Berner als Absicht den Willen als reflektiert in der Gesamtheit der absehbaren Folgen. Erst dadurch, daß etwa der Vorsatz, einem anderen den Hals abzuschneiden, mit der Absicht zu töten verbunden werde, werde die Handlung zum Mord oder Totschlag. Zuerst müsse aber, um die Absicht zu verwirklichen, ein einzelner Punkt des Körpers angegriffen werden. Die Richtung des Handelns auf diesen einzelnen Punkt sei Vorsatz 46 . Der Zweck sei die angestrebte eigene Befriedigung, die das Subjekt aus dem Erfolg schöpfen wolle. Die Entstehung des Dolus im Innern des Subjekts sei demnach ein Fortgang vom Zweck zur Absicht und von der Absicht zum Vorsatz. Während es auf den Zweck bei der moralischen Beurteilung ankomme, sei für die juristische Beurteilung die Absicht maßgeblich 47 . Innerhalb der Absicht wird zwischen dolus determinatus, dolus indeterminatus und dolus alternativus unterschieden 48. Absicht stellt nach dieser Auffassung also keine besondere Art des Vorsatzes dar. Vorsatz und Absicht haben vielmehr unterschiedliche Bezugspunkte. Sie werden als verschiedene Stadien der Willensbildung angesehen. Köstlin stimmt mit Berners Auffassung im Ausgangspunkt überein, betont aber, daß bei direkter Absicht der Vorsatz mit der Absicht identisch sei. Wenn der Täter mit Nachdenken und Überlegung gehandelt habe, müsse er notwendig

42

Grundlinien, §114; dazu Köhler, Die bewußte Fahrlässigkeit, S.202, 231ff. aaO, §119 44 aaO, §120; eine ähnliche Deutung des Dolus-Begriffs findet sich auch schon im römischen Recht, vgl. Löffler, Schuldformen, S. 75 45 aaO, §120 43

46 47 48

Berner, Imputationslehre, S.224; ders., Teilnahme, S.66 Berner, Lehrbuch, S.120 Berner, Lehrbuch, S.123; Imputationslehre, S.185ff.

20

1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

die einzelnen Seiten der Handlung in ihrer allgemeinen Qualität zusammentreten lassen, also dem Vorsatz die konkrete Qualität der Absicht geben 49 . Neben der direkten Absicht, innerhalb derer wiederum zwischen verschiedenen Arten des Dolus unterschieden wird, kennt Köstlin eine indirekte Absicht, die einen Schuldgrad zwischen direkter Absicht und Versehen darstellen soll. Hierunter werden Fälle des Affekts und des frevelhaften Leichtsinns gezählt 50 . Der Zweck der Handlung, die die Handlung übergreifende Subjektivität, wird als materielle Absicht gekennzeichnet51. Weiterentwickelt wurde die Theorie Berners und Köstlins durch Osenbrüggen. Dieser bestimmte die Absicht als den Ausgangspunkt der Bewegung, in welcher derjenige, der handeln wolle, die Richtung auf einen Zweck beginne. Der Vorsatz beziehe sich auf die Handlung, die Absicht auf den Erfolg. Die Handlung sei das Mittel, um das Ziel zu erreichen. Sie befinde sich in der Mitte zwischen der Absicht und dem Zielpunkt. Als Beispiele werden folgende Fälle genannt: a) U m sich zu bereichern, beabsichtigt A, eine Zielscheibe zu treffen, setzt sich also vor, zu schießen. b) U m sich zu bereichern, beabsichtigt A, einen Menschen zu töten, setzt sich also vor, zu schießen. Motiv und Vorsatz seien in beiden Fällen gleich. Verschieden sei jedoch die Absicht. Diese sei lediglich im Beispielsfall b) eine rechtswidrige 52 . Die „allgemeine Bedeutung der Handlung", in der die zuvor genannten Autoren das Wesen der Absicht gesehen hatten, stellt sich damit nach der Auffassung Osenbrüggens als der tatbestandsmäßige Erfolg der Handlung dar 5 3 , der zielgerichtet angestrebt wird. Auf der Grundlage, daß der Vorsatz sich auf die Handlung und die Absicht sich auf den Erfolg beziehe, beruht auch die Auffassung Bekkers. Bei der Absicht ruhe das Auge zuerst auf dem Erfolg; erst allmählich werde der Weg dorthin erkannt und der Entschluß zum zweckmäßigen Handeln gebildet. Absicht sei das Erkennen des möglichen Erfolgs gewisser Handlungen, das den Handelnden bestimme, diese Handlungen vorzunehmen, die Aussicht auf den Erfolg, deretwegen sich jemand zum Handeln entschließe54. Vorsatz sei dagegen der auf das Handeln gerichtete Wille, verbunden mit dem Vorhersehen eines

49 50 51 52 53 54

Köstlin, Neue Revision, S.249, 251f. Köstlin, aaO, S.239f. Köstlin, aaO, S.333f. Osenbrüggen, Abhandlungen, S.15ÎT. vgl. Sprang, Absichtsmerkmale, S.24 Bekker, Theorie, S.286; vgl. auch v. Wiek, Über Vorsatz und Absicht, S.24ff.

Β. Die Entstehung und Entwicklung des Begriffs „Absicht"

21

Erfolges ohne gleichzeitiges Bezwecken55. Mitbeabsichtigt seien jedoch auch die zwischen der Handlung und dem eigentlichen Erfolg liegenden Zwischenerfolge sowie das, was mit dem Erfolg in notwendigem Zusammenhang stehe 56 . M i t dieser Auffassung, die das Wesen der Absicht im zielgerichteten Anstreben des Erfolgs sieht, wird die im Zusammenhang mit der Entwicklung der Dolus-Lehre dargestellte Problematik, inwieweit nicht erstrebte Folgen zum Dolus zugerechnet werden können, auf die Frage der Abgrenzung von Vorsatz und Absicht übertragen. Insoweit ist zu beachten, daß Bekker die notwendigen Nebenfolgen der Handlung als mit erstrebt ansieht. In gewissen Fällen ist „Absicht" nach Bekkers Auffassung als Motiv aufzufassen. Dann gehe sie meist über den verbrecherischen Erfolg hinaus 57 . M i t Motiv ist hier offenbar das zielgerichtete Handeln im eigentlichen Sinn, ohne Einbeziehung der Nebenfolgen gemeint. In diesem Sinn versteht Bekker die Absicht in Fällen überschießender Innentendenz 58 . Die Deutung der Absicht als zweckgerichtetes Handeln kommt auch bei Ortloff zum Ausdruck. Der Erfolg sei die mit der Handlung in Kausalzusammenhang stehende geschichtliche Tatsache ohne Rücksicht auf das Subjekt der Handlung. Sobald der Zusammenhang zwischen Erfolg und Täterschaft in Frage komme, erscheine der Erfolg als Zweck und die Richtung des durch das Begehren mit Inhalt gefüllten Willens als Absicht 5 9 . Stehe die Absicht fest, so habe der Vorsatz die der Verwirklichung der Absicht dienende Handlung vorzunehmen. Die Absicht gehe als Verwirklichungsstadium durch den Vorsatz hindurch und gebe ihm unterschiedliche Inhalte im Vergleich mit anderen vorsätzlich verübten Handlungen 60 . Auch Geßler geht von der Unterscheidung von Handlung und Erfolg aus. Weiter führt er allerdings aus, da einzelne Tätigkeiten verschiedene Erfolge und verschiedene Tätigkeiten denselben Erfolg verursachen könnten, seien Vorsatz und Absicht aufeinander bezogen, sodaß es keinen Vorsatz ohne Absicht und keine Absicht ohne Vorsatz geben könne 6 1 . Die Einteilung der verschiedenen Arten des Dolus hat danach mit der Unterscheidung von Vorsatz und Absicht nichts zu tun. Zu beachten ist allerdings auch hier wieder, daß innerhalb der Dolus- Arten der dolus determinatus auch das Voraussehen eines Erfolgs als unvermeidlich erfassen soll 6 2 .

55 56 57 58 59 60 61 62

Bekker, Theorie, S.294 aaO, S. 31 Iff. aaO, S.291 dazu unten, S.32 GS 16 (1864), 70, 74f. Ortloff, GS 34 (1883), 401, 413 Über Begriff und Arten des Dolus, S.86ff. Geßler, aaO, S.290f.

22

1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

Nach Herrmann bezeichnen Vorsatz und Absicht etwas Verschiedenes in der inneren Seite der menschlichen Handlung. In der Absicht sei die Funktion des Bewußtseins und Verstandes, im Vorsatz die Selbsttätigkeit des Willens hervorgehoben 63. Die Absicht gehöre daher einem früheren Stadium an, in welchem die Person noch nicht die Kraft ihres Willens in Tätigkeit habe treten lassen. Erst mit dem Vorsatz trete sie an die Außenwelt heran 64 . Die Unterschiede des Verbrechens spezialisierten sich nach dem Unterschied in der Absicht. Von daher sei eine bestimmte, unbestimmte und generelle Absicht möglich 65 . Der Unterschied zwischen Vorsatz und Absicht wird hier also in den verschiedenen Bestandteilen des Willensaktes gesehen66. Insgesamt ergeben diese Betrachtungen, daß bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch keine Einigkeit über den Bedeutungsgehalt der Begriffe Vorsatz und Absicht herrschte. Insbesondere war die Absicht noch nicht als eine spezielle Form des Vorsatzes erkannt, was sich daran zeigt, daß von den meisten Autoren die Einteilung der Dolus-Arten unabhängig von der Trennung der Begriffe Vorsatz und Absicht vorgenommen wurde.

C. Die Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts Die dargestellte Uneinigkeit in der Literatur wirkte sich auch auf die Gesetzgebung aus. A n den Vorsatzdefinitionen einzelner Partikulargesetzbücher war Kritik geübt worden. Derartige Bestimmungen wurden als unzureichend empfunden, da es dem Gesetzgeber nicht möglich sei, alle Merkmale des Vorsatzes abstrakt zu fassen. Daher bestehe die Gefahr, daß die Definitionen zu weit oder zu eng gerieten und das richterliche Ermessen zu sehr beschränkten 67. Solche Bedenken kamen auch in den Beratungen zum Preußischen Strafgesetzbuch zum Ausdruck. Während der Entwurf von 1827 noch eine Vorsatzdefinition enthalten hatte, stellten die Motive zum Entwurf von 1833 fest, daß Definitionen über Vorsatz und Fahrlässigkeit in die Doktrin gehörten 68 . Im Entwurf von 1843 kehrte man zu einer Vorsatzdefinition zurück. Diese lautete 69 : „Als vorsätzlich ist ein Verbrechen zu erachten, wenn dasselbe so erfolgt ist, wie es in der Absicht des Täters gelegen hat (dolus directus)". Es folgten

63

ArchCrim 1856, 1, 10

64

aaO, S. 12, 16 aaO, S.21ff. 66 vgl. Frank, ZStWIO (1890), 189 67 vgl. dazu Kitka, ArchCrim 1835, 219ÎT.; Mittermaier, ArchCrim 1835, 417, 427; Birnbaum, ArchCrim 1837, 276ff., 437ff., 494f. 68 vgl. hierzu und zum Folgenden v. Hippel, V D A III, S.437.; Goltdammer, Mat.I, S.225ff.; Löffler, Schuldformen, S.249ff. 65

69

vgl. Goltdammer, Mat.I, S.231

C. Die Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts

23

Bestimmungen über den dolus indeterminatus und die culpa dolo determinata. Die Revision des Entwurfs von 1843 bemerkte hierzu, man könne die Worte „Vorsatz, Absicht und Zweck" als gleichbedeutend gebrauchen. Man könne aber unter Absicht und Zweck auch weitere Ziele und Beweggründe verstehen, die jenseits des Verbrechenstatbestandes lägen und daher für den Vorsatzbegriff gleichgültig seien. Deshalb sei es wünschenswert, nur das Wort „Vorsatz" zu gebrauchen. Dementsprechend bezeichnete der Entwurf die Fälle des dolus directus, alternativus, eventualis und indeterminatus als vorsätzliche Verbrechen 7 0 . Auch diese Bestimmung wurde in den weiteren Beratungen wieder gestrichen, da sie „rein doktrinell" sei. Sie enthalte nichts als eine Definition, die man besser der Wissenschaft überlassen sollte. Damit war eine Vorsatzdefinition endgültig gescheitert 71. Infolgedessen enthielt das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 keine Bestimmungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit. In den Materialien wird hierzu ausgeführt, das Gesetzbuch bediene sich zur Bezeichnung des Dolus einer Menge verschiedener Ausdrücke, wie etwa „Absicht, wissentlich, mit Überlegung, Zweck" usw. Die Definition des Vorsatzes sei auch an der Schwierigkeit gescheitert, sie in eine Formel zu fassen, die zugleich mit derjenigen Terminologie übereinstimme, deren sich das Gesetz in vielfach verschiedener Form zur Bezeichnung des verbrecherischen Willens bei den einzelnen Verbrechen bediene und auch bedienen müsse, weil dieser Wille nach seinem Grund und Zweck ein vielfach verschiedener sei 72 . Zwar heißt es, der Vorsatz sei lediglich die reine Bezeichnung für das Verhältnis des Gedankens zur Tat an sich; die Absicht bedeute dagegen die bestimmte Richtung des Gedankens durch das Mittel der Tat, sei also das deutlichste Merkmal des Vorsatzes. Dasselbe sei mit „Zweck" gemeint, nur daß dieser mehr den Bestimmungsgrund ausdrücke 73 . Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der preußische Gesetzgeber habe den Éegriff der Absicht generell im Sinne zweckgerichteten Handelns verstehen wollen 74 . Dies wird deutlich, wenn man die weiteren Erläuterungen der Materialien zu den einzelnen Dolus-Arten betrachtet. In allen diesen Fällen sei strafbarer Dolus vorhanden, der nur durch äußere Momente verschieden, im inneren Wesen aber gleichbedeutend sei. Die Einteilung sei eine rein doktrinelle, die nur verhüten solle, daß in concreto der Erfolg als nicht in der Absicht des Täters gelegen behandelt werde. Das Gesetz wolle vielmehr in der Regel die gleiche Strafe für alle diese Fälle 75 . Das Feld habe

70

vgl. Goltdammer, Mat.I, S.235 Goltdammer, Mat.I, S.235 72 Goltdammer, Mat.I, S.237 73 Goltdammer, Mat.I, S.237 74 so aber Lucas, Die subjektive Verschuldung, S. 28ff.; vgl. auch Ortloff, GS 34 (1883), 401, 437f. 75 Goltdammer, Mat.I, S.237, 238 71

24

1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

insoweit ganz bewußt der Doktrin überlassen werden sollen 76 . Der Gesetzgeber wollte sich also gerade nicht auf eine bestimmte Definition der genannten Begriffe festlegen 77. Entsprechendes gilt für das Reichsstrafgesetzbuch von 1871, das mit dem Preußischen StGB übereinstimmt, soweit keine ausdrücklichen Änderungen vorgenommen wurden 78 . Letzteres ist bei den Bestimmungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit nicht der Fall.

D. Die weitere dogmatische Entwicklung In der weiteren dogmatischen Entwicklung nach Inkrafttreten des StGB setzte sich nach und nach die Auffassung durch, daß das charakteristische Merkmal der Absicht die unmittelbare Richtung des Willens auf den Erfolg sei 79 . Die Absicht wurde nun als eine gesteigerte Form des Vorsatzes angesehen 8 0 . Andere Autoren verstanden Absicht im Sinne von M o t i v 8 1 , so etwa v.Liszt, der „ M o t i v " wiederum als die Vorstellung des bezweckten Erfolges definierte 82 . Thomsen 83 unterschied zwischen dem Urmotiv, das den Täter zum Handeln treibe, und dem Zwischenmotiv, das der Täter zur Verwirklichung des Urmotivs anstrebe. Der Begriff „Absicht" sollte das Zwischenmotiv bezeichnen. Ein sachlicher Unterschied zum Verständnis der Absicht als zielgerichtetem Handeln dürfte darin nicht zu sehen sein 84 . Diese begriffliche Klärung des Absichtsbegriflfs bezog sich jedoch nicht auf dessen Verwendung im StGB. Insoweit wurde sowohl die Ansicht vertreten, daß Absicht immer eine technische, vom Vorsatz verschiedene Bedeutung habe 85 , als auch die gegenteilige Ansicht, daß Vorsatz und Absicht in der Regel gleichbedeutend seien und sich nur in Ausnahmefallen unterschieden 86. Insgesamt war die Meinung vorherrschend, daß die Begriffe „absichtlich, vorsätzlich und wissentlich" ohne erkennbares System gebraucht würden 87 , sodaß es für die Auslegung auf den Zweck der jeweiligen Vorschrift ankomme 88 .

76

Goltdammer, Mat.I, S.237 vgl. auch Hälschner, System des Preußischen Strafrechts, S.128 78 vgl. Lucas, Die subjektive Verschuldung, S.3; v. Hippel, Deutsches StrafrechtI, S. 341 ff. 79 vgl. Miricka, Formen der Strafschuld, S. 64 80 vgl. Beling, Die Lehre vom Verbrechen, S.194ff., 509 81 vgl. die Nachweise bei Kuhlmann, Absichtsbegriff, S.41ff. 82 ZStW16 (1896), 484 83 Untersuchungen zum Verbrechensmotiv, S. 333ff., 338 77

84

zur Unterscheidung von Absicht und Motiv unten S. 63 ff. Ortloff und Lucas (o. Fn.68) 86 v. Bar, Gesetz und Schuldll, S.311; Binding, Normen 112, S.1151ff.; Schwartz, Kommentar, Anm. 6, 8 zu § 59 85

E. Absichtsdefinitionen in Gesetzentwürfen nach Inkrafttreten des StGB

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E. Absichtsdefinitionen in Gesetzentwürfen nach Inkrafttreten des StGB Robert v.Hippel kam in einer eingehenden Untersuchung zu dem Ergebnis, es sei völlig müßig, zu prüfen, was „Absicht" an sich bedeute. Vielmehr müsse die Frage gestellt werden, wie ein bestimmtes Gesetz den Absichtsbegriff verwende. Hiervon ausgehend stellte er fest, „Absicht" im Sinne des Strafgesetzbuchs könne sowohl als Endzweck, als Zwischenzweck, als notwendige Nebenfolge und sogar identisch mit Vorsatz gebraucht werden 89 . Für die künftige Gesetzgebung empfahl er, den Begriff nur noch im Sinne der beiden zuerst genannten Bedeutungen zu verwenden und für den dolus directus im übrigen im Gegensatz zum dolus eventualis das Merkmal „wissentlich" zu gebrauchen 90. Seinem Vorschlag entsprechend bestimmte §59 I I I des VE 1909 91 : „Eine vorsätzliche Handlung ist dann eine absichtliche, wenn der Täter sie verübt, um einen bestimmten Erfolg herbeizuführen." Damit sollte Klarheit in die bisherige Unsicherheit bei der Auslegung dieses Begriffs gebracht werden. Der Vorsatz sollte in der Absicht seinen stärksten Ausdruck finden 92 . Inhaltlich gleichlautende Bestimmungen befanden sich im Gegenentwurf von 1911 sowie in den Entwürfen von 1913 und 1919 93 . Der Entwurf von 1925 enthielt in §12 lediglich die Regelung, daß vorsätzliches Handeln erforderlich sei, wenn das Gesetz nichts anderes bestimme, definierte also den Vorsatz nicht. In der Begründung wird jedoch ausgeführt, daß überall da, wo Vorsatz verlangt werde, der bedingte Vorsatz genüge. Wo der Entwurf unbedingten Vorsatz fordere, spreche er von „wissentlich", und wo die Verwirklichung eines Tatbestandes Beweggrund des Täters gewesen sein müsse, von „absichtlich" 94 . Die Entwürfe von 1927 und 1930 enthielten jeweils eine ausdrückliche Definition in diesem Sinne 95 . Die Definitionsversuche waren nicht ohne Kritik geblieben. So wurde etwa eingewandt, es sei nicht verständlich, warum bei einigen Delikten, die den Begriff „Absicht" verwendeten, die Strafbarkeit auf zielgerichtetes Handeln

87

vgl. Löffler, Schuldformen, S.263; v. Liszt, Lehrbuch, S.174 vgl. dazu die Nachweise bei Lucas, Die subjektive Verschuldung, S. 29 und Binding, Normen I I 2, S.1172f. 89 V D A III, S.534; ebenso Hegler, JW1923, 606 90 V D A I I I , S.535 91 vgl. auch die Zusammenstellung der Entwürfe bei Sprang, Absichtsmerkmale, S. 35 92 Begründung zum VE 1909 AT, S.204, 211 93 vgl. Entwürfe zu einem deutschen Strafgesetzbuch, 1. Teil, S. 12; 2. Teil, S. 10 sowie die Denkschrift zum Entwurf 1919 im 3. Teil, S.25 Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 3, S.5, 13 95 Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 4, S.3, 18 88

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1. Kap.: Die historische Entwicklung des Absichtsbegriffs

beschränkt sein solle 96 . Insbesondere wurde kritisiert, daß die Absichtsdefinitionen mit dem Gebrauch dieses Merkmals im Besonderen Teil nicht generell übereinstimmten, wo es in vielen Fällen nur darum gehe, den bedingten Vorsatz auszuschließen97. M i t einer gesetzlichen Begriffsbestimmung sei die Gefahr verbunden, daß der weiteren wissenschaftlichen Entwicklung des Begriffs, wie sie gerade in der Einbeziehung der notwendigen Nebenfolge in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Ausdruck gekommen sei, ein Riegel vorgeschoben werde 98 . Auch in den Beratungen zur Strafrechtsreform nach dem zweiten Weltkrieg blieb die Frage einer gesetzlichen Vorsatz- und Absichtsdefinition umstritten. Der E 1962 sah in §17 eine Definition der „Absicht" im Sinne zielgerichteten Handelns vor, um der Rechtsunsicherheit ein Ende zu machen 99 . Der A E lehnte dies unter Hinweis auf die unterschiedlichen Funktionen des Absichtsbegriffs in den einzelnen Tatbeständen, die eine einheitliche Regelung nicht angängig erscheinen ließen, ab 1 0 0 . Auch der Reformgesetzgeber verzichtete auf ein Definition. Deren Fehlen habe bisher nicht zu ernsthaften Schwierigkeiten geführt, wohingegen eine gesetzliche Fixierung die Gefahr einer dogmatischen Erstarrung in sich berge 101 . Als Ergebnis des historischen Überblicks kann somit festgehalten werden, daß der Gesetzgeber die Bedeutung des Absichtsbegriffs offengelassen hat, und daß es Rechtsprechung und Lehre überlassen bleibt, dessen Inhalt im einzelnen zu klären.

96

vgl. Binding, GS 77 (1911), 27, 49ff. v. Lilienthal, ZStW30 (1910), 224,243f.; Kitzinger, ZStW31 (1911), 204, 217f.; vgl. auch die zusammenfassende Kritik zum VE 1909, S.107ff., 113-115; Weber, LZ1925, 97

1177fr. 98

vgl. Alsberg; in: Reform des Strafrechts, S. 52ff.

99

E1962, S. 131 100 AE, AT, S.53; aus denselben Gründen kritisch zur Definition des E1962 Stratenwerth, ZStW76 (1964), 698ff.; Gallas, ZStW 80 (1968), 1, 8 101 Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BT-Dr V/4095, S. 8f.; aus denselben Gründen hatte sich schon Welzel in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 1, S.45 gegen eine gesetzliche Definition ausgesprochen

Zweites K a p i t e l

Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB Erster Abschnitt

Mögliche Bedeutungen des Absichtsbegriffs Zu Beginn des Kapitels ist als Grundlage der weiteren Untersuchungen zunächst auf die möglichen Bedeutungen des Absichtsbegriffs näher einzugehen1: 1. Absicht kann einmal im Sinne von Beweggrund oder Handlungsmotiv verstanden werden. 2. Absicht kann ferner das auf einen bestimmten Erfolg zielgerichtete Handeln des Täters bezeichnen. Kennzeichnend für die Absicht in diesem Sinne ist das Erstreben des in der Vorstellung antizipierten Erfolges, wobei die Erfolgsvorstellung kausale Bedeutung für das Verhalten gehabt haben, also zumindest mit ausschlaggebend für die Vornahme der Handlung gewesen sein muß. Absicht in dieser Bedeutung liegt demnach vor, wenn der Täter um der Herbeiführung eines bestimmten Erfolges willen tätig wird, wenn jener Erfolg das Ziel bzw den Zweck des Handelns bildet 2 . Die Absicht ist hier durch das Dominieren des voluntativen Elements gekennzeichnet3. Was die Vorstellung des Täters im Hinblick auf den Erfolgseintritt angeht, reicht es aus, wenn er mit dessen Möglichkeit rechnet. A n der Zweckbezogenheit des Handelns ändert sich dadurch nichts. Der Täter kann vielmehr auch durch ungewisse Erfolge zu seinem Handeln bestimmt werden 4 . Ein Unterschied zwischen der Bedeutung des Absichtsbegriffs in dem unter 1) und unter 2) genannten Sinn braucht nicht in jedem Fall zu bestehen. Absicht und Motiv können zusammenfallen. Wenn der Täter einen bestimmten Erfolg herbeiführen will, so stellt dieser Erfolg jedenfalls ein Motiv für sein Handeln dar 5 . Einen gegenüber der Ziel Vorstellung eigenständigen Bedeutungsgehalt 1

vgl. dazu auch Eser IV, S.151; Eser I, S.54f.; Jescheck AT, S.238f. Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S. 142f. 3 Jescheck AT, S.238 4 Oehler, NJW 1966, 1633, 1634f.; E. Wolf, JW 1933, 1593 5 vgl. Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S. 143; Stratenwerth AT, Rn. 325; Lackner, Ndschr. X I I , S.123 2

28

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

erhält das Motiv erst, wenn es in einem weitergehenden Sinn verstanden wird, wenn darunter die Antriebskräfte verstanden werden, die bestimmte Erfolgsvorstellungen erst hervorbringen, oder wenn die für das Handeln ausschlaggebenden Vorstellungen bezeichnet werden sollen, die die Gegenmotive überwinden 6 . Inwieweit diese Unterscheidung für die Auslegung des Absichtsmerkmals Bedeutung hat, soll hier noch nicht entschieden werden 7 . 3. Absicht kann ferner auch den Fall bezeichnen, daß der Täter um das Vorliegen bestimmter Tatumstände sicher weiß, oder daß er den Eintritt eines von ihm nicht zielgerichtet angestrebten Erfolgs für gewiß hält. Hier dominiert im Gegensatz zum zuvor genannten Fall der Wissensfaktor 8. Absicht in diesem Sinne soll im folgenden als unbedingter bzw direkter Vorsatz bezeichnet werden. Der Sache nach nichts anderes als dieser unbedingte Vorsatz ist auch der „bestimmte Vorsatz", von dem in der Rechtsprechung bisweilen die Rede ist 9 . Für diesen wird ein auf den Erfolg gerichteter Wille verlangt, der aber auch schon dann angenommen wird, wenn der Täter den Erfolg als notwendigerweise eintretend vorhergesehen hat 1 0 . Diese Terminologie ist wohl auf das im Zusammenhang mit der Entwicklung der Dolus-Lehre dargestellte Bemühen zurückzuführen, den Begriff des Willens erweiternd auszulegen, um Fälle der Wissentlichkeit einzubeziehen, was zur Unklarheit bei der Abgrenzung der Begriffe „Vorsatz" und „Absicht" wesentlich beigetragen hat 1 1 . Zur begrifflichen Klarheit ist es demgegenüber allerdings erforderlich, beides auseinanderzuhalten, was auch praktische Bedeutung hat, wenn der Tatbestand auf zielgerichtetes Handeln beschränkt ist. In Bezug auf bloße Nebenfolgen kann nicht von einem zielgerichteten Wollen gesprochen werden. Daß die Nebenfolge mit dem angestrebten Erfolg kausal verknüpft ist und daß der eine Erfolg nicht ohne den anderen eintreten kann, berechtigt nicht zu der Annahme, daß der Nebenerfolg mit erstrebt sei. Der Täter wird gerade nicht im Interesse der 6

Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S.143; Krümpelmann, ZStW 87 (1975), 888, 891; Lampe, Das personale Unrecht, S.234ff.; Warda, Jura 1979, 71, 78; Jescheck AT, S. 194 7 dazu unten S.63ff.; in der Rechtsprechung werden die Begriffe Absicht und Beweggrund nicht immer klar auseinander gehalten. So wird etwa in Fällen, in denen durch das Absichtsmerkmal lediglich der bedingte Vorsatz ausgeschlossen werden soll, zur Begründung ausgeführt, es sei nicht erforderlich, daß der Erfolg Endzweck der Tat sei (vgl. etwa RGSt 24, 369; BGHSt 13, 219, 221). Zielgerichtetes Handeln wird also hier offenbar mit Endzweck gleichgesetzt. Andere Entscheidungen sprechen im Hinblick auf das Erfordernis zielgerichteten Handelns davon, daß der Erfolg Beweggrund, wenn auch nicht der einzige, gewesen sein müsse (vgl. RGSt 50, 55; O L G Celle, NJW 1962, 1581); zu der insoweit uneinheitlichen Terminologie vgl. auch Dreher-Tröndle, § 15 Rn. 6 sowie Rusam, Der räuberische Angriff auf Kraftfahrer, S.27 Fn.4 8

Jescheck AT, S.239 vgl. auch Bockelmann, JZ 1956, 699 Fn.7 10 RGSt 24, 255; 27, 241; BGHSt 18, 246; 19, 221, 222 11 vgl. Löffler, Schuldformen, S.263

9

Zweiter Abschnitt: Lösungsansätze zur Systematisierung in der Literatur

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Herbeiführung der Nebenfolge tätig, sie ist nicht von seinem Gestaltungswillen erfaßt. Ihr Eintritt wird lediglich als unvermeidlich hingenommen 12 . Die Frage kann daher allenfalls lauten, ob und inwieweit man die beiden Fälle aufgrund einer wertenden Betrachtung im Hinblick auf die Strafwürdigkeit des Täters gleichsetzen kann. Darauf wird noch zurückzukommen sein 13 . Eine begriffliche Gleichstellung ist dagegen nicht möglich 14 . 4. Schließlich ist auch denkbar, daß Absicht gleichbedeutend mit Vorsatz gebraucht wird, also auch den bedingten Vorsatz einschließt, bei dem der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält und sich innerlich damit abfindet 15 .

Zweiter Abschnitt

Lösungsansätze zur Systematisierung in der Literatur Seit Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 finden sich in der Literatur einige Ansätze, den uneinheitlichen Gebrauch des Absichtsbegriff zu systematisieren. Für diese ist allerdings kennzeichnend, daß sie nicht anhand einer Prüfung aller ein Absichtsmerkmal enthaltenden Tatbestände entwickelt wurden, und daß es an einer näheren Begründung für die jeweils vorgeschlagenen Differenzierungen vielfach fehlt. Nach Kohler und Frank hat der Begriff „Absicht" in der Regel dann eine vom „Vorsatz" abweichende Bedeutung und ist im Sinne von Beweggrund zu verstehen, wenn er sich auf ein über den objektiven Tatbestand hinausgehendes Merkmal bezieht 16 . Kohler sah das Wesen solcher Tatbestände darin, daß das Gesetz das Stadium der Vollendung auf einen früheren Punkt der Deliktsentwicklung zurückverlegt habe. Das, was zur materiellen Vollendung gehöre, müsse sich der Täter als Ziel seines Handelns gesetzt haben. Als Beispiele werden die §§ 253,257,259,263,229 genannt. Von einem ähnlichen Ansatz aus sah Neff das Absichtsmerkmal dort als gleichbedeutend mit dem Vorsatz an, wo der Erfolg des vorsätzlichen Tuns mit dem bezweckten Erfolg zusammenfalle. Als Beispiel nannte er die Zueignungsabsicht beim Diebstahl, da mit der vorsätzlichen rechtswidrigen Besitzergreifung die Zueignungsabsicht bereits verwirklicht sei. Dasselbe gelte für die Besitzerhaltungsabsicht in §252. I m Sinne von Beweggrund sei „Absicht" dagegen in §272 und §274 gebraucht. Dort müsse die

12

Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S.224ÎT., 227fi.; Schröder, Festschrift für Sauer, S.207, 209f.; Sprang, Absichtsmerkmale, S.57ff. 13 s.u. S. 84ff. 14 Schmidhäuser, ZStW 66 (1954), 27, 34ff. 15 zu der im einzelnen streitigen Begriffsbestimung soll hier nicht Stellung genommen werden; vgl. dazu die Nachweise bei Lackner, §15 Anm. I I 3b 16 Kohler, Studien I, S.68ff., 75; Frank, Kommentar, §59 Anm. V I

30

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

bezeichnete Absicht dem vorsätzlichen Handeln hinzutreten, damit der Tatbestand erfüllt sei 17 . Binding ging von der grundsätzlichen Gleichstellung von „Vorsatz" und „Absicht" aus. Dies zeige sich besonders bei solchen Tatbeständen, in denen der Gesetzgeber „ i n seiner Ungeduld, die Vollendungsstrafe androhen zu können, Teildelikte für vollendet erklärt, wenn sie verübt worden sind in der Absicht, entweder den zweiten Teilakt zu verwirklichen oder aber die materielle Vollendung herbeizuführen." Hierzu gehörte nach Ansicht Bindings etwa die Herstellung von Falschgeld „ i n der Absicht, es als echt zu gebrauchen oder sonst in den Verkehr zu bringen" in §146 der damaligen Fassung 18 . Als weitere Beispiele erwähnt er die §§ 253, 257, 263, 274, 288. Die „Absicht" diene in solchen Fällen dazu, die Handlung als Versuch des Volldelikts zu bezeichnen und sei identisch mit dem Vorsatz 19 . Von diesen Tatbeständen unterschied Binding Vorschriften, in denen das Absichtsmerkmal als Strafschärfungs- oder Milderungsgrund dient. Eine vom Vorsatz verschiedene Bedeutung könne die strafschärfende Absicht dann haben, wenn sie sich auf eine Handlung beziehe, die erst nach Abschluß des Grunddelikts begangen werden solle. So verhalte es sich etwa bei der Absicht des Kindesräubers in §235 20 oder bei der betrügerischen Absicht des §265. Sei die Absicht auf ein Delikt gerichtet, das durch das geschärfte Grunddelikt ganz oder teilweise mit verwirklicht werden solle, so sei sie identisch mit dem Vorsatz. Der Täter handle dann mit doppeltem Vorsatz, und beide Delikte könnten sich im selben Moment vollenden 21 . Beispiele hierfür sei die „Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder einem andern zu schaden" in §272 und §268 22 . Etwas anderes gelte dort, wo die Absicht keine rechtswidrige sei, wie in §313. Dann habe sie mit dem Vorsatz nichts zu tun 2 3 . Sprang unterscheidet zwischen unvollkommen zweiaktigen Delikten und erfolgskupierten Delikten 24 . I m ersten Fall habe der Täter mit der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes noch nicht alles zur Herbeiführung der 17 Neff, Welche Bedeutung ist dem Worte „Absicht" im Reichsstrafgesetzbuch beizulegen?, S.16f. 20, 31,44 18 dazu unten S.93 19 Binding, Normen I I 2, S.116f.; Normen I, 116ff. 20 Die Vorschrift lautete: „Wer eine minderjährige Person ... ihren Eltern ... entzieht, wird mit Gefängnis, und, wenn die Handlung in der Absicht geschieht, die Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen oder unsittlichen Zwecken zu gebrauchen, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft." 21

Normen I I 2, S. 1168 Gemeint ist die ursprüngliche Fassung, die einen qualifizierten Fall der Urkundenfälschung bildete; s.a. unten S.132 22

23 24

Normen I I 2, S.1167 Fn.22 zu diesen Begriffen unten S. 33

Zweiter Abschnitt: Lösungsansätze zur Systematisierung in der Literatur

31

beabsichtigten Interessenverletzung getan, sondern müsse hierfür noch eine weitere Handlung vornehmen. Wenn aber die Absicht auf ein eigenes künftiges Tun gerichtet sei, das ein erneutes willentliches Tätigwerden erfordere, sei sie notwendigerweise im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen 25. Die erfolgskupierten Delikte, bei denen der außertatbestandsmäßige Erfolg unmittelbar als Folge der im objektiven Tatbestand beschriebenen Handlung eintreten könne, seien demgegenüber dem beendeten Versuch gleichgelagert, sodaß für das Absichtsmerkmal ebenso wie beim Versuch der bedingte Vorsatz ausreiche 26 . Stratenwerth 27 geht von dem Grundsatz aus, daß in Fällen, in denen das Gesetz die Strafbarkeit vorverlagere, wofür er als Beispiel § 267 nennt, „Absicht" mit „Vorsatz" gleichzusetzen sei. Daneben gebe es, wie dann ohne nähere Begründung aufgeführt wird, auch Fälle, in denen die „Absicht" dem unbedingten Vorsatz gleichzustellen sei, wie in den §§ 164,274,225. In den §§ 242,263 und 220a sei „Absicht" im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen. Lenckner 28 geht von dem Gedanken aus, daß die Verwendung des Begriffs „Absicht" in Tatbeständen mit überschießender Innentendenz entweder die Funktion haben könne, den Schutz des Rechtsguts zu verstärken oder ihn zu beschränken. Das erste sei bei Delikten der Fall, in denen der Gesetzgeber die endgültige Rechtsgutsverletzung nicht abwarte, sondern den Rechtsgüterschutz vorverlege. Die Beeinträchtigung des Rechtsguts werde zum bloßen Gegenstand der „Absicht", wie etwa in den §§ 164,274,288. Hier solle das Absichtsmerkmal nur die Richtung angeben, in welche die Handlung führen müsse, um tatbestandsmäßig zu sein. Dagegen gehe es nicht darum, eine bestimmte Tätereinstellung zu treffen, sodaß es keinen Unterschied machen könne, ob der Täter den Erfolg erstrebe, oder ob er ihn sich nur als notwendige Folge seines Tuns vorstelle. Eine Einschränkung des Rechtsgüterschutzes bewirke das Absichtsmerkmal demgegenüber in solchen Tatbeständen, in denen das geschützte Rechtsgut schon durch die objektive Tathandlung verletzt werde, wie in den Fällen der §§ 253,263,242. Hier werde die Strafbarkeit zusätzlich von einer bestimmten „Absicht" abhängig gemacht, die die innere Einstellung des Täters charakterisiere. Die Absichtsmerkmale dieser Vorschriften setzten daher ein zielgerichtetes Handeln voraus. Derselbe Ansatz liegt der Auffassung Lampes29 zugrunde. Dieser stellt darauf ab, ob der Tatbestand ein Gefahrdungsmoment im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut beinhalte, was in den Fällen vorverlagerter Strafbarkeit der Fall sei, wie etwa in den §§ 274, 288. Dort genüge für das Absichtsmerkmal die sichere 25 26 27 28 29

Absichtsmerkmale, S.78ff. Absichtsmerkmale, S.81ff.; ebenso Hegler, JW 1923, 606 AT, Rn. 315fr.; s.a. Herzberg, ZStW 88 (1976), 68, 95 NJW 1967, 1890, 1893f. Das personale Unrecht, S.144ff.

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

32

Voraussicht eines Erfolges. In anderen Fällen überschießender Innentendenz, wofür als Beispiel § 263 genannt wird, sei Absicht im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen. Die Bedeutung des Beweggrundes bzw der Triebfeder eines Verhaltens habe das Absichtsmerkmal, wenn die Gesinnung des Täters für die Pönalisierung maßgebend sei, wie etwa bei einem Handeln „ i n gewinnsüchtiger Absicht". Jakobs 30 behandelt zunächst das Absichtsmerkmal bei Delikten, deren Vollendung auf ein Stadium der Gefahrdung vorverlagert ist. Werde die Gefahrdung nicht unmittelbar tatbestandlich beschrieben, sondern durch eine Handlung und den Planungszusammenhang, in dem die Handlung stehe — etwa die Fälschungshandlung im Zusammenhang mit der Absicht, das Falsifikat zu gebrauchen —, so könnten bei Arbeitsteilung zwischen mehreren Beteiligten Handlung und Planung auseinanderfallen. Lege man „Absicht" hier im Sinne zielgerichteten Handelns aus, so könne der Täter nicht erfaßt werden, der um neutraler Ziele willen fremder Planung zuarbeite. Erforderlich und ausreichend müsse daher für die noch ausstehenden Handlungen jeder Vorsatz sein, ergänzt um die Kenntnis, daß ein anderer Beteiligter die Tatausführung im eigentlichen Sinn beabsichtige. Ebenso verhalte es sich bei Absichten, die eine Gutsverletzung typisierten, wie etwa der Zueignungsabsicht in §242 oder der Bereicherungsabsicht in §263. Zwar bestimme bei diesen Delikten der Tatzweck den Typus. Bei Auseinanderfallen von Handlung und Planung müsse es aber auch hier ausreichen, daß der Handelnde die Absicht des anderen Beteiligten kenne. Dritter Abschnitt

Eigene Lösung Erster Teil

Einteilung der zu untersuchenden Tatbestände in Deliktsgruppen Bei den vorstehend dargestellten Lösungsversuchen fallt auf, daß die Ergebnisse weitgehend aus der Struktur der jeweiligen Tatbestände abgeleitet werden. Ob diese Ableitung überzeugend ist, bedarf einer näheren Überprüfung. Dabei sind grundsätzlich zwei Gruppen von Tatbeständen zu unterscheiden, in denen das Absichtsmerkmal auftaucht 31 : Zum einen stellt es eine spezielle Vorsatzvariante dar und drückt als solche eine innere Beziehung des Täters zu den objektiven Tatbestandsmerkmalen aus. Zum anderen beschreibt das Absichtsmerkmal eine überschießende Innentendenz. Das Merkmal, auf das sich die „Absicht" richtet, findet in diesen Fällen keine Entsprechung im objektiven Tatbestand. 30 31

AT, S.228ff. vgl. auch Warda, Jura 1979, 71, 75

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

33

Die folgende Untersuchung beginnt mit der zweiten Fallgruppe, die sich in zwei weitere Untergruppen unterteilen läßt 3 2 : Die unvollkommen zweiaktigen Delikte sind dadurch gekennzeichnet, daß der Täter eine objektive Tathandlung vornimmt, um darauf aufbauend eine weitere Handlung vornehmen zu können, wobei die Vornahme der weiteren Handlung ins Subjektive verlagert ist 3 3 . So ist etwa in §96 der objektive Tatbestand erfüllt, sobald sich der Täter ein Staatsgeheimnis verschafft hat.Subjektiv ist weiter erforderlich, daß der Täter gehandelt hat, um das Geheimnis zu verraten. Die zweite Untergruppe der Delikte mit überschießender Innentendenz stellen die erfolgskupierten Delikte dar. Hier wird ein über die objektive Tathandlung hinausgehender Erfolg gefordert, auf den die „Absicht" gerichtet ist. I m Unterschied zu den unvollkommen zweiaktigen Delikten ist der Eintritt dieses Erfolges jedoch von einem weiteren Tun des Täters unabhängig. Der „beabsichtigte" Erfolg kann hier als ein durch die objektive Tathandlung zu verursachender Erfolg angesehen werden 34 . I m Falle des § 164 etwa bedarf es von Seiten des Täters über die falsche Verdächtigung hinaus keines weiteren Handelns, um ein Verfahren gegen den Verdächtigten herbeizuführen. Ebenso ist z.B. in §263 die vom Täter vorgenommene Täuschungshandlung geeignet, den im subjektiven Tatbestand geforderten Vermögensvorteil zu bewirken.

Zweiter Teil

Das Absichtsmerkmal in Tatbeständen mit überschießender Innentendenz als strafbegründendes Merkmal A. Die unvollkommen zweiaktigen Delikte I. Die Bedeutung der auf den zweiten Teilakt gerichteten Absicht

Die unvollkommen zweiaktigen Delikte beschreiben im objektiven Tatbestand ein Verhalten, das auf einen bestimmten Erfolg gerichtet ist, dessen Herbeiführung eine weitere Täterhandlung erforderlich macht, die allerdings nicht tatsächlich vorgenommen, sondern nur „beabsichtigt" zu sein braucht. Die „Absicht" bezieht sich nicht auf den letztlich herbeizuführenden Erfolg, sondern auf die dahin führende Täterhandlung. Sie muß also im Zeitpunkt der 32

zur Terminologie Jescheck AT, S.213, 256 vgl. E. Wolf, Festschrift für Pappenheim, S.379, 400; Hegler, Festgabe für Frank, S. 315f.; Sieverts, Subjektive Unrechtselemente, S. 141f.; um solche Delikte handelt es sich bei den §961, II, 107c, 113II N r . l , 121 I I I Nr.2,125al Nr.2, 2441 Nr.2, 2501 Nr.2,124, 181ΝΓ.2, 234, 239a, b, 307Nr.2 33

34 vgl. Hegler, Festgabe für Frank, S.313ff.; Sieverts, Subjektive Unrechtselemente, S. 141f.; Jescheck AT, S.256

3 Gehrig

34

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Vornahme der objektiven Tathandlung auf ein eigenes zukünftiges Handeln gerichtet sein, so etwa in §124 im Zeitpunkt des Eindringens auf die Begehung von Gewalttätigkeiten. Da die weitere Handlung eines erneuten willentlichen Tätigwerdens bedarf, bezeichnet die hierauf bezogene „Absicht" nichts anderes als eben diesen Handlungswillen. Damit wird deutlich, daß eine Auslegung der Absichtsmerkmale im Sinne eines unbedingten Vorsatzes hier überhaupt nicht denkbar ist. Der Täter kann nicht sicher vorhersehen, daß er eine bestimmte Handlung vornehmen werde, ohne daß er diese Handlung vornehmen will. Weiß der Täter nicht sicher, ob es zur Vornahme der Handlung kommt, sondern hält er dies lediglich für möglich, scheint zwar eine dem bedingten Vorsatz vergleichbare Konstellation vorzuliegen. So spricht etwa Arzt in folgendem Beispiel von einem dolus eventualis in Bezug auf eine noch vorzunehmende Handlung 1 : Τ beschafft sich für die bevorstehende Auseinandersetzung mit Ο eine Schußwaffe. Er will Ο zunächst nur bedrohen, rechnet aber mit der Möglichkeit, daß er auf Ο schießen werde, und ist für diesen Fall mit dem daraus entstehenden Erfolg einverstanden. Der Vorbehalt späterer Entschlußfassung ändert nach Ansicht von Arzt nichts daran, daß der Täter die Möglichkeit in Kauf nimmt, sein Verhalten werde von dem Zeitpunkt an, in dem er den Entschluß fasse, den Erfolg herbeiführen. Ob man deswegen von einem bedingten Vorsatz im Hinblick auf das weitere Täterhandeln sprechen kann, erscheint jedoch zweifelhaft. Eine Handlung erfordert eine definitive Willensentscheidung, durch die der Zustand des Vorbereitens, Überlegens und Abwägens beendet und der Inhalt des Tatentschlusses festgelegt wird 2 . Solange diese Entscheidung noch nicht getroffen ist, solange der Täter noch unentschlossen ist, liegt überhaupt noch kein Wollen vor. In einem solchen Fall kann auch kein bedingter Vorsatz gegeben sein, da auch der bedingte Vorsatz einen unbedingten Handlungswillen erfordert 3 . Dem hält Arzt 4 allerdings entgegen, der Täter habe durch die Vornahme des ersten Teilaktes — in seinem Beispiel das Mitsichführen der Waffe — wissentlich und willentlich eine Bedingung für einen möglichen späteren Erfolg gesetzt, so daß von einem nur bedingten Willen insoweit keine Rede sein könne. Dabei wird jedoch übersehen, daß die bereits gesetzte Bedingung noch nicht ausreichend zur Erfolgsherbeiführung ist, sondern daß es hierfür einer weiteren Handlung bedarf, auf deren Vornahme der Wille gerade noch nicht unbedingt gerichtet ist 5 . Der möglicherweise eintretende Erfolg ist keine bloße Folge der willentlich gesetzten Bedingung. Beim bedingten Vorsatz geht es aber gerade um die Verknüpfung des Handlungswillens mit einem noch 1

JZ 1969, 54, 55f.

2

vgl. Ambrosius, Vorsatzabgrenzung, S.24f.

3

vgl. Jescheck AT, S.243; Less, G A 1956, 33 JZ 1969, 54, 55 vgl. dazu auch SK-Rudolphi, §22 Rn.6; Roxin, JuS 1979, 1, 3

4 5

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

35

ungewissen Taterfolg 6 . Erst auf den Erfolg kann sich der bedingte Vorsatz richten. In Bezug auf die Vornahme der Handlung selbst stellt sich dagegen nicht die Frage des Erfolgswillens, sondern des Handlungswillens. Wenn der Täter also lediglich mit der Möglichkeit rechnet, eine bestimmte Handlung vorzunehmen, handelt es sich nicht um einen bedingten Vorsatz. Vielmehr geht es allein darum, ob überhaupt der erforderliche Handlungswille gegeben ist. Damit kann zunächst festgehalten werden: Bei den unvollkommen zweiaktigen Delikten sind die Absichtsmerkmale im Sinne eines auf die Vornahme des zweiten Aktes zielgerichteten Handlungswillens zu verstehen 7.

II. Der Handlungswille

i. Grundsätzliche

Überlegungen

Im folgenden soll die Frage erörtert werden, welche Anforderungen an den Handlungswillen zu stellen sind. Wie bereits erwähnt wurde, ist der Fall denkbar, daß der Täter sich noch nicht sicher ist, ob er die künftige Tathandlung vornehmen werde. Der Fall kann auch so liegen, daß der Täter sich zur Durchführung der Handlung unter einer bestimmten Bedingung entschlossen hat. Diese Fallkonstellationen sind vergleichbar mit der entsprechenden Problematik, die sich beim Versuch bzw bei der Verabredung eines Verbrechens nach §30 I I stellt. Auch dort ist jeweils der Entschluß erforderlich, eine bestimmte Handlung zu begehen, was einen unbedingten Handlungswillen voraussetzt 8. Dieser liegt nicht vor, wenn sich der Täter die Entscheidung über die Vornahme einer Handlung noch vorbehalten hat, wenn er insoweit noch unentschlossen ist. Hier hat der Täter sein Verhalten noch nicht planend auf die Verletzung des tatbestandlich geschützten Rechtsguts eingerichtet. Anders verhält es sich dagegen, wenn er einen festen Entschluß gefaßt, die Ausführung aber noch von objektiven Bedingungen abhängig gemacht hat, auf deren Eintritt er keinen Einfluß hat. Dann handelt es sich nicht mehr um subjektive Unentschlossenheit. Vielmehr hat der Täter die Entscheidung für den Fall des Bedingungseintritts endgültig getroffen 9. Das Wissen um die Abhängigkeit der in Aussicht

6

vgl. Less, G A 1956, 33, 35; RGSt 68, 339, 341; 70, 201, 203 s.a. Sprang, Absichtsmerkmale, S.78ff.; unzutreffend daher Dreher-Tröndle, §234 Rn. 4 und LK-Vogler, §234 Rn. 9, wonach lediglich der bedingte Vorsatz in Bezug auf den zweiten Teilakt ausgeschlossen sein soll. Diese Ausführungen beruhen wohl auf der bereits abgelehnten Annahme, daß notwendige Nebenfolgen mit gewollt seien (s.o. S.28). Gerade bei den unvollkommen zweiaktigen Delikten erweist sich das schon deswegen als unzutreffend, weil eigenes zukünftiges Handeln nicht als bloße Nebenfolge einer früheren Handlung angesehen werden kann. 8 vgl. Jescheck AT, s.417 9 dazu Sch-Sch-Cramer, §22 Rn.18; Jescheck AT, S.243, 417; Roxin, JuS 1979, Iff. 7

*

36

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

genommenen Tathandlung von einer bestimmten objektiven Sachlage führt den Handlungswillen nicht in den Bereich der Unentschlossenheit zurück 10 . Daher reicht es für den Tatentschluß sowohl beim Versuch als auch im Falle des § 30 I I aus, wenn das verabredete Verbrechen für den Eventualfall ernstlich gewollt ist, seine Ausführung also noch von äußeren Bedingungen abhängig gemacht wird 1 1 . Diese Grundsätze beruhen auf der Erwägung, daß der Entschluß, eine Handlung vorzunehmen, ein subjektives Kriterium darstellt, das von den Zufälligkeiten des äußeren Tatablaufs, die ohnehin nie auszuschließen sind, unabhängig ist 1 2 . Dasselbe trifft auch für den Handlungswillen beim unvollkommen zweiaktigen Delikt zu, so daß es naheliegt, die dargestellten Grundsätze auf diese Deliktsgruppe zu übertragen 13 . Insbesondere die Parallele zur Verabredung eines Verbrechens drängt sich auf. Ebenso wie die Verabredung eine Form der Vorbereitung ist 1 4 , dient beim unvollkommen zweiaktigen Delikt die objektive Tathandlung der Vorbereitung des in Aussicht genommenen zweiten Aktes.

2. Anwendung auf einzelne Tatbestände I m folgenden soll anhand einiger unvollkommen zweiaktiger Delikte geprüft werden, ob die entsprechende Anwendung der dargestellten Grundsätze zu sachgerechten Ergebnissen führt. Das Strafgesetzbuch sieht in verschiedenen Bestimmungen eine Strafschärfung für den Fall vor, daß der Täter eine Waffe oder sonst ein gefahrliches Werkzeug mit sich führt, um dieses bei der Tat zu verwenden (§§11311 N r . l , 121 I I I Nr.2,125a Nr.2,2441 Nr.2,2501 Nr.2). Diese Fälle werden in der Regel so liegen, daß der Täter nicht die Absicht hat, unter allen Umständen von der Waffe Gebrauch zu machen, sondern vielmehr gerade hofft, nicht in eine Situation zu geraten, in der ein Gebrauchmachen erforderlich wird 1 5 . Dementsprechend war in den Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform bei §2441 Nr.2 zunächst die Formulierung erwogen worden „... um sie bei der Tat verwenden zu können". Darauf wurde mit der Begründung verzichtet, daß die Formulierung „... um zu verwenden" auch den Fall erfasse, daß der Täter nur gegebenenfalls von der Waffe Gebrauch machen wolle 1 6 . Der Gesetzgeber ging also offenbar davon aus, daß es für die Gebrauchsabsicht ausreicht, wenn der Täter den Einsatz der Waffe vom Eintritt bestimmter

10

Schmid, ZStW 74 (1962), 48, 54 BGHSt 12, 306, 308; K G G A 71, 54f.; Lackner, §30 Anm. 3a; Sch-Sch-Cramer, §30 Rn.20 11

12 13 14 15 16

Eser II, S.25; Less, G A 1956, 33, 38f. davon geht Weber, Jura 1982, 66, 71 aus; wohl auch Jakobs AT, S.229 Sch-Sch-Cramer, §30 Rn. 15 vgl. Schünemann, JA 1980, 349, 356 vgl. Prot VI, 324f.

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Bedingungen abhängig macht. Nur bei einer solchen Auslegung der Gebrauchsabsicht können die typischen Fälle erfaßt werden 17 . Diese Lösung wird von Arzt allerdings für zu eng gehalten. Der Nachweis, daß der Täter schon beim Beisichführen der Waffe entschlossen gewesen sei, diese gegebenenfalls zu gebrauchen, werde sich in aller Regel nicht führen lassen. Auch begründe schon das Mitsichführen der Waffe in der Erwartung, man werde sich möglicherweise zu deren Einsatz entschließen, die besondere verbrecherische Energie, die die Anwendung des Qualifikationstatbestandes rechtfertige 18 . Damit würden auch Fälle des bedingten Handlungswillens bezüglich des Gebrauchs der Waffe einbezogen. Eine solche Lösung erweckt zunächst aus systematischen Gründen Bedenken. So ist darauf hinzuweisen, daß die hier in Frage stehenden Vorschriften durchweg zwischen dem Fall des Mitsichführens einer Schußwaffe und dem des Mitsichführens einer sonstigen Waffe bzw eines Werkzeugs differenzieren. I m ersten Fall findet der Strafschärfungsgrund seine Grundlage allein in der abstrakten Gefährlichkeit des Täters, und zwar genauer in dem Gedanken, daß er in der konkreten Tatsituation leicht in die Versuchung geraten könnte, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, auch wenn er eine solche Absicht ursprünglich nicht hatte. Andere Waffen begründen dagegen nicht notwendigerweise dieselbe abstrakte Gefährlichkeit; diese ergibt sich vielmehr erst aus der Gebrauchsabsicht des Täters. Darauf hat auch die Begründung zu §237 des E 1962 abgestellt, der mit § 244 übereinstimmt 19 . Dort wird ausdrücklich betont, daß die Gebrauchsabsicht dem Täter nachgewiesen werden müsse. Ebenso wurde in den Beratungen des Sonderausschusses ausgeführt, das bloße Mitsichführen eines Taschenmessers oder eines sonstigen Gegenstandes, der auch als Waffe verwendet werden könne, reiche ohne eine entsprechende Gebrauchsabsicht nicht aus, da hierdurch nicht notwendigerweise ein Bezug zur Tat begründet werde 20 . Das bloße Beisichführen der Waffe im Bewußtsein, diese möglicherweise einzusetzen, kann demnach bei Nicht-Schußwaffen nicht ausreichen 21. In dem Vorbehalt, die Entscheidung über den Einsatz der Waffe später zu treffen, steckt noch nicht der unbedingte Wille, diese gegebenenfalls zu gebrauchen 22. Gerade dieser Wille rechtfertigt aber die Gleichstellung mit dem Beisichführen einer 17

Schröder, NJW 1972, 1833, 1835; Sch-Sch-Eser, §244 Rn.65 Arzt, JuS 1972, 576, 578f.; er beruft sich dabei allerdings zu Unrecht auf L K 9 Heimann - Trosien, §244 Rn.9, der zwar von bedingtem Willen spricht, damit aber, wie sich aus den weiteren Ausführungen ergibt, den Willen meint, der die Tatausführung nur noch vom Eintritt objektiver Bedingungen abhängig macht. 18

19 20 21 22

E 1962, S.406; zur Entstehungsgeschichte des §244 Hettinger, G A 1982, 525, 534f. Prot V, S. 2474 Schröder, NJW 1972, 1833, 1835 so aber Arzt, L H 3, S.71

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Schußwaffe. Der gegenüber dem Grundtatbestand gesteigerte Unrechts- und Schuldgehalt liegt in der Bereitschaft des Täters zum Angriff auf die Willensfreiheit des Opfers 23 . Nur wenn der Täter entschlossen ist, in bestimmten Fällen die Waffe einzusetzen, ist eine dem Beisichführen einer Schußwaffe vergleichbare Gefahrdung des Opfers gegeben. Die Tatsache der Unentschlossenheit des Täters, der noch nicht weiß, ob er sich zum Einsatz der Waffe wird durchringen können, zeigt demgegenüber, daß er nicht dieselbe kriminelle Energie und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer aufweist wie derjenige, der hierzu fest entschlossen ist 2 4 . Daß der Nachweis der Gebrauchsabsicht Schwierigkeiten bereiten kann, rechtfertigt keine weitergehende Auslegung. Beweisprobleme wurden in den Beratungen des Sonderausschusses durchaus gesehen und erörtert. So wurde die Frage gestellt, ob ein Täter, der eine Spraydose mit sich führe, mit der er einen Gegener kampfunfähig machen könne, auch dann mit der schwereren Strafe rechnen müsse, wenn ihm die Gebrauchsabsicht nicht nachgewiesen werden könne. Diese Frage wurde verneint. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß der Nachweis dieser Absicht in Fällen, in denen der Täter ein derart ungewöhnliches Werkzeug mit sich führe, in der Regel nicht schwer fallen dürfte 25 . Im Ergebnis kann also festgestellt werden, daß in den erörterten Tatbeständen der Täter einen Entschluß zum Gebrauch der Waffe bzw des Werkzeugs gefaßt haben muß, daß es hierfür aber ausreichend ist, wenn er die Durchführung dieses Entschlusses von einer objektiven Bedingung abhängig macht. Entsprechende Fallkonstellationen können sich auch bei anderen unvollkommen zweiaktigen Delikten ergeben. So ist etwa im Falle des §124 denkbar, daß eine Menschenmenge in ein fremdes Gebäude eindringt, um dieses zu besetzen und für den Fall, daß dagegen Widerstand geleistet wird, Gewalttätigkeiten zu begehen. Dann stellt sich die Frage, ob der subjektive Tatbestand die Absicht verlangt, in jedem Fall Gewalttätigkeiten zu begehen, oder ob auch eine dahingehende Absicht für den Eventualfall ausreicht. Zur Lösung dieser Frage bietet sich die Überlegung an, ob sich die zu den zuvor behandelten Tatbeständen entwickelte Lösung auf ein allgemeines Prinzip zurückführen läßt, das für alle unvollkommen zweiaktigen Delikte gilt. Bei diesen Delikten wird die Strafbarkeit auf ein Stadium zurückverlagert, das vor der Rechtsgutsverletzung liegt, die der jeweilige Tatbestand verhindern will. Der eigentliche Unwertgehalt dieser Vorschriften wird erst durch den in Aussicht genommenen zweiten Teilakt verwirklicht, so etwa in den oben behandelten Tatbeständen durch den Gebrauch der mitgeführten Waffe. Der Grund für diese Vorverlegung des Rechtsgüterschutzes liegt in der Gefährlichkeit der objektiven Tathandlung, die sich aus der Verbindung mit dem Täterwillen ergibt. Die Rechtsgutsgefahrdung 23 24 25

Wessels, BT 2, S.54 vgl. dazu das Beispiel von Geilen, Jura 1979, 390 Prot V, 2474

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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wird durch die subjektive Tendenz zur Rechtsgutsverletzung bewirkt 2 6 . Durch die Zielrichtung des Täterhandelns wird der Bezug zum geschützten Rechtsgut hergestellt 27 . Die rechtsgutsgefahrdende Tendenz, die sich aus dem Willensziel ergibt, ist aber auch schon dann vorhanden, wenn der Täter die Entscheidung zur Rechtsgutsverletzung nur für den Eventualfall getroffen hat, da die endgültige Verletzung in diesem Fall nur noch von Umständen abhängt, auf die er keinen Einfluß mehr hat 2 8 . Daraus ergibt sich die Lösung für den zu §124 gebildeten Beispielsfall. Die Vorschrift schützt neben dem Hausrecht auch den öffentlichen Frieden, der durch das in gewalttätiger Absicht erfolgende Eindringen gefährdet ist 2 9 . Diese Gefahrdung ist nach dem oben Ausgeführten auch dann gegeben, wenn der Täter die Entscheidung über die Begehung von Gewalttätigkeiten aus der Hand gegeben hat, indem er sie nur noch vom Eintritt äußerer Bedingungen abhängig macht. Daher muß es ausreichen, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, daß es zu einer Situation kommt, in der er zur Begehung von Gewalttätigkeiten entschlossen ist 3 0 . Als weiteres Beispiel sei noch auf §96 verwiesen. Dort ist etwa der Fall denkbar, daß der Täter sich ein Geheimnis verschafft, um es zu verraten, falls ihm jemand ein entsprechendes Entgelt dafür bietet. Die Lösung dieses Falles hat sich an denselben Gesichtspunkten zu orientieren wie in den zuvor behandelten Tatbeständen. Das Sich- Verschaffen eines Geheimnisses in §96 stellt eine Vorbereitungshandlung zum Landesverrat dar, die wegen ihrer Gefährlichkeit zum selbständigen Delikt erhoben ist 3 1 . Für die Gefahrdung des geschützten Rechtsguts, die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, macht es aber keinen Unterschied, ob der Täter in jedem Fall zum Verrat des Geheimnisses entschlossen ist oder ob er dies von Bedingungen abhängig macht, auf deren Eintritt er keinen Einfluß hat. Damit hat sich der oben entwickelte Grundsatz auch hier bestätigt. Zwingende Gründe, bei anderen unvollkommen zweiaktigen Delikten davon abweichen, sind nicht ersichtlich. Für die „Absicht" bei diesen Delikten reicht es demnach aus, wenn der Täter nur für einen bestimmten Eventualfall zur Vornahme des zweiten Teilakts entschlossen ist. Daß das Absichtsmerkmal im Sinne eines zielgerichteten Willens zu verstehen ist, steht dieser Auslegung nicht entgegen32, 26 27

Schmidhäuser AT 8/43 vgl. Meurer-Meichsner, Gelegenheitsgesetz, S. 109f., speziell im Zusammenhang mit

§316a 28

vgl. dazu auch Less, GA 1956, 33, 39 LK 9 -Schäfer, §124 R n . l ; Sch-Sch-Cramer, §124 R n . l 30 s.a. Sch-Sch-Lenckner, §124 Rn.14 31 H. Arndt, ZStW 66 (1954), 41, 65; Lackner, §96 A n m . l a 32 so aber im Zusammenhang mit §2441 Nr.2 Geilen, Jura 1979, 390; Wessels, BT 2, S.57; Küper, JuS 1976, 645 Fn.7 29

40

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

da dieser Wille nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß seine Verwirklichung nur unter bestimmten Bedingungen erfolgen soll.

III. Exkurs: §§316a, 316c I Nr.l

Die bisherigen Erörterungen befaßten sich mit der Frage, wie das Absichtsmerkmal bei unvollkommen zweiaktigen Delikten zu verstehen ist. Ob ein solches Delikt vorliegt, ergibt sich in der Regel aus dem Wortlaut des jeweiligen Tatbestandes. Nicht so eindeutig verhält es sich im Falle des §316a. Dort läßt sich aus dem Wortlaut nicht zwingend entnehmen, ob der Täter, der den Angriff auf einen Kraftfahrer unternimmt, den anschließenden Raub selbst begehen muß, oder ob dieser auch von einem Dritten begangen werden kann. Insoweit ist die Entstehungsgeschichte der Vorschrift aufschlußreich 33. §316a geht auf das „Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen" von 1938 zurück 34 . Die Vorschrift lautete in ihrer damaligen Fassung: „Wer in räuberischer Absicht eine Autofalle stellt..." Die Vorschrift sollte als Raubtatbestand konzipiert werden, der die Strafbarkeit auf Vorbereitungshandlungen ausdehnte35. Durch die Neufassung der Vorschrift im Jahre 1952 36 wurde das Merkmal der „Autofalle" durch das der „Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs" ersetzt. Die räuberische Handlung sollte aber weiterhin in die Planung des Täters vorverlagert bleiben, der den Angriff unternimmt. In dieser Hinsicht war materiell gegenüber der früheren Gesetzesfassung keine Änderung beabsichtigt 37 . Der Täter, der unter Ausnutzung der Verhältnisse des Straßenverkehrs einen Raub begehen will, soll bereits im Vorbereitungsstadium erfaßt werden. Er muß bei der Vornahme des Angriffs die Absicht haben, selbst einen Raub zu begehen, sodaß auch hier ein unvollkommen zweiaktiges Delikt vorliegt 38 , auf das die oben entwickelten Grundsätze Anwendung finden. Das gilt auch für die Fälle der bedingten Absicht. Ausreichend ist es daher etwa, wenn der Täter einen Angriff unternimmt, um die Wegnahme bzw die Vermögensverfügung ohne Raubmittel herbeizuführen, für den Fall aber, daß das Opfer Widerstand leisten sollte, den Einsatz von Raubmitteln eingeplant hat 3 9 .

33

dazu Meurer-Meichsner, Gelegenheitsgesetz, S.20ff. RGBl I, S.651 35 Meurer-Meichsner, aaO. (Fn.50), S.30f. 36 RGBl I, S.832 37 Meurer-Meichsner, aaO., S.40f.; BGHSt 24, 284 38 vgl. Rusam, Der räuberische Angriff auf Kraftfahrer, S. 33, 71; Grünauer, Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, S. 106ff. 39 Rusam, aaO., S.29 34

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

41

Ebenso verhält es sich bei § 316c I N r . l . Die Vorschrift entstand unter dem Eindruck einer zunehmenden Zahl von Flugzeugentführungen 40. In Anlehnung an §316a wollte man einen vorverlegten Strafschutz schaffen, sodaß die beiden Tatbestände eine parallele Struktur aufweisen 41. Erfaßt werden solche Handlungen des Täters, die gerade auf das Zier ausgerichtet sind, die Herrschaft über ein Luftfahrzeug zu erlangen und die Befehlsgewalt über Besatzung und Fluggäste ausüben zu können 42 . Auch hier handelt es sich um ein unvollkommen zweiaktiges Delikt 4 3 , für das die zuvor dargestellten Grundsätze gelten.

B. Die erfolgskupierten Delikte I. Die Parallele zum Versuchsdelikt

Wie bereits dargestellt, wird von verschiedenen Autoren versucht, auch bei den erfolgskupierten Delikten die Auslegung des Absichtsbegriffs aus der Deliktsstruktur abzuleiten, indem diese Delikte als materielle Versuchstatbestände bezeichnet werden, für die dieselben Vorsatzanforderungen zu gelten hätten wie beim Versuch, bei dem der bedingte Vorsatz ausreichend sei1. Ob diese Argumentation zutreffend ist, erscheint jedoch zweifelhaft. Zunächst gibt es erfolgskupierte Delikte, auf die die Kennzeichnung als materielle Versuchshandlung von vornherein nicht paßt. Für den Versuch ist Voraussetzung, daß der Täter unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt, daß er also eine Handlung vornimmt, die ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden kann 2 . Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt etwa das Herstellen einer unechten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr in §267, so müßte nach der oben genannten Theorie schon im Herstellen ein unmittelbares Ansetzen zur Täuschung liegen. Demgegenüber ist jedoch zu bedenken, daß die Herstellung der unechten Urkunde und die Täuschung im Rechtsverkehr zeitlich auseinanderfallen können. So kann etwa der Fälscher in der Vorstellung handeln, daß von der Urkunde erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch gemacht werde 3 . Dann stellt aber die Fälschung keine Handlung dar, die im Sinne einer Versuchshandlung nach der Vorstellung des Fälschers unmittelbar zu einer Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs führt. In Bezug auf die Verletzung des geschützten

40 41 42 43 1 2 3

vgl. vgl. vgl. vgl.

LK-Rüth, §316c R n . l ; Meyer, Luftpiraterie, S.202ff. BT-Dr VI/1478, S.3 Lackner, §316c Anm.3b; Dreher-Tröndle, §316c Rn.7 auch BT-Dr VI/1478, S.4

s.o. S.30 Lackner, §22 A n m . l b vgl. dazu unten I I 2 a, bb

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

42

Rechtsguts, des Rechtsverkehrs, liegt hier allenfalls eine Vorbereitungshandlung, aber kein Versuch vor 4 . Daß eine weitere Gruppe erfolgskupierter Delikte nicht in die Kategorie der Versuchshandlungen paßt, zeigt sich anhand folgender Überlegung: Der Versuch ist durch den betätigten rechtsfeindlichen Willen gegenüber dem geschützten Rechtsgut gekennzeichnet5. Er unterscheidet sich von der Vollendung durch den Grad der Realisierung des Tatplans und der Beeinträchtigung dieses Rechtsguts6. Die erwähnte Auffassung geht nun davon aus, daß bei allen erfolgskupierten Delikten die eigentliche Rechtsgutsverletzung ins Subjektive verlagert sei und erst durch die innere Tendenz der Handlung das angegriffene Rechtsgut offenbar werde 7 . Damit wird unterstellt, daß das Absichtsmerkmal in allen diesen Fällen zu einer Vorverlegung der Strafbarkeit führt, indem das eigentliche Übel, das die Rechtsordnung verhindern wolle, dasjenige sei, worauf sich die Absicht richte 8 . Bedenken gegen diese Konstruktion ergeben sich in Anbetracht von Tatbeständen, bei denen die Absicht des Täters auf einen Vorteil für sich oder einen Dritten gerichtet ist, wie etwa beim Betrug. Die Parallele zum Versuch ließe sich nur dann aufrecht erhalten, wenn man das Wesen dieses Delikts in der strafbaren Vermögensverschiebung sähe und davon ausgehend den Betrug als eine versuchte Bereicherung durch eine vollendete Schädigung kennzeichnete. Nur dann könnte man annehmen, daß die eigentliche Tatvollendung erst in der Bereicherung liege 9 . Einer solchen Auffassung ist jedoch nicht zuzustimmen. Geschütztes Rechtsgut des Betrugs ist das Vermögen 10 . Dieses ist bereits durch die objektive Tatbestandshandlung, die einen Vermögensschaden herbeiführen muß, verletzt. Das Übel, das dieser Tatbestand verhindern will, liegt also keineswegs in dem Merkmal, auf das sich die Absicht des Täters richtet, in der Bereicherung 11, sodaß sich die Parallele zum Versuch als unzutreffend erweist. Allerdings ist zuzugeben, daß es auch erfolgskupierte Delikte gibt, die man im Hinblick auf die herbeizuführende Rechtsgutsverletzung als materielle Versuchstatbestände bezeichnen könnte. So ließe sich etwa im Falle des §288 sagen,

4

vgl. Wach, V D A VI, S.61; Lenckner, NJW 1967, 1890, 1892 vgl. Jescheck AT, S.415 6 Sch-Sch-Eser, vor §22 Rn. 1 7 vgl. E. Wolf, Festschrift für Pappenheim, S.379, 399 8 vgl. Waider, Subjektive Rechtfertigungselemente, S.200; Mezger, GS 89 (1924), 207, 260; diese Autoren ziehen jedoch daraus keine Schlußfolgerungen für die Auslegung des Absichtsmerkmals 9 so Binding, BT 1, S.340, 365; Hegler, V D B VII, 434 Fn.3; Mohrbotter, NJW 1970, 1857, 1858 10 LK-Lackner, §263 Rn.4 11 vgl. Zimmerl, Zur Lehre vom Tatbestand, S.38f.; Lenckner, NJW 1967, 1894; zur Bedeutung der Bereicherungsabsicht s.u. Β I I 2 l a 5

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

43

daß der Täter mit dem Beiseiteschaffen bzw. der Veräußerung von Vermögensgegenständen unmittelbar zur Vereitelung der Befriedigung seiner Gläubiger ansetzt. Ebenso wäre es denkbar, in § 164 die falsche Anzeige als ein unmittelbares Ansetzen zur Herbeiführung eines Verfahrens gegen den Verdächtigen anzusehen. Selbst wenn man die Charakterisierung dieser Verhaltensweisen als materielle Versuchshandlungen akzeptiert, ergibt sich daraus allerdings noch nicht die zwingende Schlußfolgerung, daß diese Delikte in jeder Hinsicht dem Versuch gleichgestellt werden müßten. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber bei einzelnen „Versuchstatbeständen" besondere Anforderungen im subjektiven Tatbestand stellt. Immerhin unterscheiden sich die in Betracht kommenden Vorschriften von den allgemeinen Versuchsdelikten insoweit, als sie den vollendeten Delikten gleichgestellt sind 12 . Es gibt also keinen Vollendungstatbestand, dem ein Versuchstatbestand mit der Folge einer möglichen Strafmilderung nach §23 I I oder mit der Rücktrittsmöglichkeit nach §24 gegenübergestellt wäre. Vielmehr handelt es sich bereits im Zeitpunkt der Vornahme der objektiven Tathandlung um ein vollendetes Delikt, sofern der Vorsatz und die erforderliche „Absicht" gegeben sind. Hätte der Gesetzgeber dennoch eine völlige Gleichstellung mit dem Versuchsdelikt gewollt, so hätte er sich der Rechtsfigur der Unternehmensdelikts bedienen können 13 , die auch bei Inkrafttreten des StGB schon bekannt war 1 4 . So hätte er etwa in §288 formulieren können: „Wer es unternimmt, bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln..." Ferner ist etwa bei der Vorschrift des §288 zu beachten, daß nicht jede „versuchte" Vereitelung von Gläubigerrechten mit Strafe bedroht ist, sondern nur eine solche, die durch Beiseiteschaffen oder Veräußern von Vermögensgegenständen erfolgt. Nicht jedes unmittelbare Ansetzen zur Vereitelung von Gläubigerrechten begründet die Strafbarkeit, sondern es werden ganz bestimmte „Versuchshandlungen" beschrieben. Es kommt also nicht nur auf die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts, sondern auch auf die Art und Weise der Erfolgsherbeiführung an 1 5 . Aus alldem lassen sich noch keine Folgerungen für die Auslegung des Absichtsbegriffs in diesen Tatbeständen ableiten. Damit soll vielmehr nur deutlich gemacht werden, daß sich auch bei solchen Vorschriften, die man als „materielle Versuchstatbestände" bezeichnen könnte, Besonderheiten gegenüber dem Versuchsdelikt ergeben, die Bedenken gegenüber einer einfachen Übertragung der Vorsatzanforderungen erwecken. Besonders deutlich wird dies bei der Gruppe der sogenannten „unechten Unternehmensdelikte". Dabei handelt es sich um Vorschriften, in denen der Gesetzgeber der Sache nach einen Versuch dadurch beschreibt, daß er ein Handeln mit einer bestimmten Tendenz 12 13 14 15

vgl. Wach, V D A VI, S.58 dazu Jescheck AT, S.214, 426 vgl. etwa Binding, BT 1, S. 11 vgl. Zimmerl, Zur Lehre vom Tatbestand, S.43

44

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

unter Strafe stellt, was mit Hilfe „finaler Begriffe" erfolgt 16 . In diesem Sinne stellt etwa das Merkmal „angreifen" in § 113 eine versuchte Verletzung oder das Merkmal „nachstellen" in §292 ein versuchtes Erlegen dar 1 7 . Die zur Beschreibung der Versuchssituation verwendeten finalen Begriffe setzen schon begriffsnotwendig zielgerichtetes Handeln im Hinblick auf den herbeizuführenden Erfolg voraus, so daß der bedingte Vorsatz hier keinesfalls ausreicht 18 . Die Parallele zum Versuchsdelikt stellt nach alldem keinen brauchbaren Ansatz zur Lösung des Problems des Absichtsbegriffs dar.

II. Lösung nach Tatbestandsgruppen

Die Lösung muß sich an der Auslegung der einzelnen Tatbestände orientieren. Es ist zu bedenken, daß man von einer gesetzlichen Absichtsdefinition gerade auch deswegen immer wieder abgesehen hat, weil man Bedenken hatte, ob eine solche allgemeine Definition bei allen in Betracht kommenden Tatbeständen zu angemessenen Ergebnissen führen werde 19 . Es besteht also auch die Möglichkeit, daß die Absichtsmerkmale im Besonderen Teil des StGB ohne erkennbares System verwendet werden. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, die einzelnen Absichtsmerkmale von vornherein in ein bestimmtes System einzuordnen. Vielmehr ist bei der Frage nach der Bedeutung des Absichtsbegriffs davon auszugehen, wie man bei der jeweiligen Vorschrift, die ein Absichtsmerkmal enthält, zu sachgerechten Ergebnissen gelangt. Die Besonderheiten, die sich daraus bei einzelnen Normen ergeben können, dürfen nicht aus Gründen der Systematik vernachlässigt werden 20 . Erst wenn feststeht, in welchem Sinne das Absichtsmerkmal in den einzelnen Tatbeständen zu verstehen ist, kann die Frage gestellt werden, ob und inwieweit sich die hierbei gewonnenen Ergebnisse systematisieren lassen. Das schließt allerdings nicht aus, bei der Auslegung einzelner Tatbestände systematische Zusammenhänge zu berücksichtigen, die bei der Untersuchung anderer Vorschriften bereits entwickelt wurden. A u f diese Weise kann gewährleistet werden, daß der Absichtsbegriff bei vergleichbar strukturierten Tatbeständen in derselben Weise ausgelegt wird, sofern nicht Besonderheiten der einzelnen Norm dem entgegenstehen21.

16

vgl. Jescheck AT, S.214 vgl. Burckhardt, JZ 1971, 352, 355; Schröder, Festschrift für Kern, S.457, 464 18 dazu Jescheck AT, S.193; Sch-Sch-Lenckner, vor §13 Rn.56 19 dazu oben S. 22 f. 20 Engisch, Studium Generale 1957, S.173, 188f.; Roxin, Kriminalpolitik und Strafrechtssystem, S.4, 41; Jescheck AT, S.156 21 vgl. dazu allgemein Waider, Subjektive Rechtfertigungselemente, S.44ff.; Engisch, aaO. (Fn. 76), S.189; Viehweg, Topik und Jurisprudenz, S.82, 89 17

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

45

1. „Absicht" als Merkmal, das sich auf außerhalb des geschützten Rechtsgutes liegende Umstände bezieht

a) Der Betrug Bei der Entwicklung der eigenen Lösung soll zunächst ein bereits unter I I . l erwähnter Gedanke wieder aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit dem Betrug wurde dort ausgeführt, das Absichtsmerkmal beziehe sich auf einen Umstand, der für das geschützte Rechtsgut ohne Bedeutung ist. Aus der Sicht des geschädigten Opfers ist es gleichgültig, welche Absicht der Täter bei seiner den Schaden herbeiführenden Tathandlung verfolgt. Welcher Sinn dem Absichtsmerkmal angesichts dessen zukommt, soll zunächst anhand der Entstehungsgeschichte der Vorschrift untersucht werden. In den Beratungen zum Preußischen Strafgesetzbuch wurde die Frage erörtert, ob für den Betrugstatbestand subjektiv die „Absicht, zu schaden" ausreichend sei 22 . Dies wurde jedoch abgelehnt. Vielmehr setzte sich die Ansicht durch, daß die mit der Verurteilung wegen Betrugs verbundenen Ehrenstrafen 23 nur zu rechtfertigen seien, wenn der Täter ein ehrwidriges Verhalten an den Tag gelegt habe. Daher verlangte §241 des Preußischen StGB eine Vermögensbeschädigung „ i n gewinnsüchtiger Absicht" 2 4 . Diese Absicht sollte dadurch gekennzeichnet sein, daß der Täter eine Verbesserung seiner Vermögenslage erreichen wollte. Ausgeschieden werden sollten Fälle, in denen es ihm nicht auf seinen Vorteil ankam 25 . I m Strafgesetzbuch von 1871 sollte daran sachlich nichts geändert werden. Man wollte nur ausdrücklich klarstellen, daß die Absicht auf einen Vermögensvorteil gerichtet sein müsse, und daß der Vermögensvorteil auch zugunsten eines Dritten erstrebt werden könne 2 6 . Die Entstehungsgeschichte führt also zu dem Ergebnis, daß der Gesetzgeber im subjektiven Tatbestand gerade das zielgerichtete Handeln im Hinblick auf den Vermögensvorteil unter Strafe stellen wollte. Dieses Ergebnis leuchtet auch in sachlicher Hinsicht ein. Wenn der Gesetzgeber die vorsätzliche Schädigung nicht zur Strafbarkeit ausreichen läßt, sondern darüberhinaus ein Handeln in Vorteilsabsicht verlangt, so kann dieses zusätzliche Moment sinnvollerweise nicht als unbedingter oder bedingter Vorsatz zu verstehen sein. Dies ist allenfalls bei Strafnormen möglich, in denen sich die Absicht des Täters auf das geschützte Rechtsgut bezieht. Dort ist es denkbar, ein 22

ausführlich zur Entstehungsgeschichte und den einzelnen Entwürfen Naucke, Betrug, S.62ff. 23 nach § 242 des Preußischen StGB war die zeitweilige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte vorgesehen 24 Goltdammer, Mat. II, S.541 25 vgl. Naucke, Betrug, S.82, 91 26 vgl. Rüdorff, §263 A n m . l ; Naucke, aaO., S.97f.

46

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Verhalten dann für strafbar zu erklären, wenn der Täter in der Vorstellung handelt, eine Beeinträchtigung des Rechtsguts herbeizuführen 27. Dagegen wäre es nicht verständlich, warum in Fällen, in denen der Täter durch die objektive Tathandlung das Rechtsgut bereits verletzt hat, die Strafbarkeit davon abhängen soll, daß der Täter in der Vorstellung handelt, es werde ein Vorteil fur ihn eintreten. Dadurch, daß die vermögensschädigende Handlung einen Vorteil des Täters zur Folge hat, erhält die Tat keinen zusätzlichen Unwertgehalt. Der Unwert, der dem Tatbestand das Gepräge gibt, wird vielmehr erst dadurch begründet, daß der Täter um seines Vorteils willen fremdes Vermögen geschädigt hat 2 8 . Das Merkmal der Vorteilsabsicht kann hier also nur die Funktion haben, die Strafbarkeit von der Zielrichtung des Täterhandelns abhängig zu machen 29 . Erforderlich ist daher, daß es dem Täter darauf ankommt, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen 30. Demgegenüber erkennt Jakobs 31 zwar grundsätzlich an, daß der Tatzweck den Tattypus bestimme, ist aber der Ansicht, das Erfordernis zielgerichteten Handelns führe bei arbeitsteiligem Zusammenwirken mehrerer Täter nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Hierfür bildet er folgendes Beispiel: Der Inhaber eines Betriebes bestimmt einen Angestellten gegen eine vorab gezahlte Belohnung zu täuschenden Erklärungen gegenüber dritten Personen, um dem Betrieb Vorteile zu verschaffen. Der Angestellte habe hier selbst keine Vorteilsabsicht, wisse aber um eine solche Absicht des Betriebsinhabers. Das müsse in Fällen, in denen Handlung und Plan auseinanderfielen, ausreichen. Dieser Meinung kann nicht zugestimmt werden. Wenn anerkannt wird, daß der Betrug ein vorteilsbestimmtes Verhalten voraussetzt, folgt daraus, daß nur derjenige Täter sein kann, der selbst eine entsprechende Zielvorstellung hat. Fehlt diese, so liegt allenfalls Beihilfe vor 3 2 . Täter kann in dem von Jakobs gebildeten Fall nur der Firmeninhaber sein, wobei dessen Täterschaft nach den Grundsätzen der normativ- psychologischen Tatherrschaft beim Handeln eines absichtslosen dolosen Werkzeugs begründet werden müßte 33 . Als Zwischenergebnis kann folglich festgehalten werden, daß das Absichtsmerkmal beim Betrug dazu dient, die Strafbarkeit über die Verletzung des 27

dazu unten Β I I 2a

28

Lenckner, NJW 1967, 1894 vgl. Zimmerl, Zur Lehre vom Tatbestand, S.39; E. Wolf, JW 1933, 1593 30 LK-Lackner, §263 Rn.260ff.; zur Abgrenzung zum Vermögensvorteil als sicher vorhergesehener Nebenfolge und zum Vorteilsstreben als Motiv s.u. Β I I lj,k 29

31

AT, S.230 vgl. LK-Lackner, §263 Rn.297; Jakobs AT, S.229 Fn.88 beruft sich im übrigen zu Unrecht auf Schmidhäuser AT 14/81. Dort wird die bloße Kenntnis der Zielvorstellung eines anderen unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe behandelt 32

33

Diese umstrittene Frage soll hier nicht vertieft werden; vgl. die Nachweise bei Jescheck AT, S.545; Sch-Sch-Cramer, vor §25 Rn.78ff.

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

47

geschützten Rechtsguts hinaus von einer bestimmten Zielrichtung des Täterhandelns abhängig zu machen. I m Anschluß daran ist zu untersuchen, ob sich dieser Grundsatz bei anderen Delikten bestätigt.

b) Der Versicherungsbetrug Die Vorschrift des §265 fordert ein Handeln „ i n betrügerischer Absicht", was zunächst daraufhindeuten könnte, daß dieselben Grundsätze gelten wie bei der zuvor erörterten Absicht des Betrugs. Allerdings ergibt sich ein Unterschied, wenn man das dem §265 zugrunde liegende Rechtsgut betrachtet. Dieses wird zum Teil im Vermögen der Versicherungsgesellschaft 34, zum Teil in der Leistungsfähigkeit des Versicherungswesens 35 und von der h M in beidem gesehen36. Ohne hierzu im einzelnen Stellung zu nehmen, läßt sich feststellen, daß anders als beim Betrug der Inhalt der Absicht für das Rechtsgut nicht bedeutungslos ist. Das Vermögen der Versicherungsgesellschaft bzw die Leistungsfähigkeit des Versicherungswesens wird noch nicht durch die objektive Tathandlung beeinträchtigt, sondern erst durch die Verwirklichung der „betrügerischen Absicht". Ob sich daraus Abweichungen für die Auslegung des Absichtsmerkmals ergeben, soll zunächst anhand der Entstehungsgeschichte untersucht werden 37 . Das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 sowie die meisten Partikulargesetzbücher des 19. Jahrhunderts hatten das Delikt als einen Fall der Brandstiftung angesehen und es ihr auch bezüglich der Strafdrohung gleichgestellt. §244 des Preußischen StGB von 1851 hatte die Vorschrift erstmals in den Abschnitt der Betrugsdelikte eingereiht. Maßgebend dafür war die Erwägung, daß der Eigentümer grundsätzlich befugt sei, seine eigenen Sachen der Substanz nach zu zerstören, sodaß nicht die Brandstiftung, sondern nur der damit bezweckte Betrug strafbar sein könne. Dementsprechend lautete §526 des Entwurfs von 1843: „Wer... anzündet, wenn dies zum Zwecke des Betrugs geschieht..." Die spätere Formulierung „ i n betrügerischer Absicht" sollte daran sachlich nichts ändern 38 . Die „betrügerische Absicht" erfaßt daher den gesamten Tatbestand des Betrugs: Erforderlich ist die Absicht, durch eine Täuschung über die Ursache des Brandes oder des Sinkens eines Schiffes eine Versicherungssumme zu erlangen, auf die kein Anspruch besteht 39 , und zwar, wie sich aus der 34

SK-Samson, §265 R n . l BGHSt 25, 261 36 vgl. LK-Lackner, §265 R n . l ; Sch-Sch-Lenckner, §265 R n . l 37 vgl. dazu v.Speßhardt, Versicherungsbetrug, S. 5ff. 38 v.Speßhardt, aaO., S. 14 39 vgl. LK-Lackner, §265 Rn.5; Rein, Versicherungsbetrug, S.23; Kastner, Der Versicherungsbetrug, S.26 35

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Beschränkung des Tatbestandes auf die Feuer- und Schiffsversicherung ergibt, gerade eine infolge der Zerstörung dieser Gegenstände gezahlte Versicherungssumme 40 . Daran anschließend ist zu erwägen, ob der Täter, der die objektive Tathandlung vornimmt, auch derjenige sein muß, der den späteren Betrug begehen w i l l 4 1 . Dann würde sich die Auslegung des Absichtsmerkmals im Sinne eines zielgerichteten, auf die Begehung eines Betrugs gerichteten Handlungswillens aus der Struktur der Vorschrift als einem unvollkommen zweiaktigen Delikt ergeben 42. Eine solche Tatbestandsstruktur war jedoch vom Gesetzgeber nicht gewollt. In den Materialien zum Preußischen StGB wird vielmehr auf die Parallele zum Betrug hingewiesen. Ebenso wie dort die Absicht ausreiche, den Vorteil einem Dritten zu verschaffen, erfasse der Versicherungsbetrug auch den Fall, daß der Täter eine fremde Sache anzünde, um dem Eigentümer die Versicherungssumme zuzuwenden 43 . Diese Auffassung wird auch durch den Zweck der Vorschrift gerechtfertigt. Die objektive Tatbestandshandlung schafft die Basis für den später zu begehenden Betrug. Das trifft aber nicht nur in Fällen zu, in denen der Versicherte diese Basis selbst schafft 44 . Dies leitet über zu der Frage, ob es dem Täter, der die Sache in Brand setzt bzw ein Schiff zum Sinken bringt, darauf ankommen muß, daß ein Versicherungsbetrug begangen wird, oder ob es ausreicht, wenn er die diesbezügliche Absicht des Versicherten kennt. In diesem Zusammenhang wurde in der älteren Literatur der Fall erörtert, daß der Steuermann eines Schiffs von seinem Reeder dazu bestimmt wird, dieses in Brand zu setzen, weil der Reeder sich die Versicherungssumme verschaffen w i l l 4 5 . Nach der bei der Erörterung des §263 erwähnten Ansicht von Jakobs 46 wäre auch der Steuermann nach §265 zu bestrafen. Dagegen sind jedoch dieselben Bedenken vorzubringen wie sie schon zu §263 dargestellt wurden. Wie die Entstehungsgeschichte gezeigt hat, handelt es sich bei §265 um eine Strafvorschrift im Vorfeld des Betrugs, um eine Vorbereitungshandlung zum Betrug 47 . Der Betrug ist gekennzeichnet durch die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen. Diese Absicht ist auch in der „betrügerischen Absicht" des §265 enthalten. Soweit sie sich auf einen Vorteil des Täters bzw. eines Dritten bezieht, ist sie für die Beeinträchti40

vgl. BGH NJW 1984, 443; O L G Düsseldorf, wistra 1982,116f.; LK-Lackner, §265

Rn.7 41

so v.Speßhardt, Versicherungsbetrug, S.34f.; Binding, BT 1, S.368 s.o. A I 43 Goltdammer, Mat. II, S.557 44 vgl. Kastner, Der Versicherungsbetrug, S.27f.; Rein, Der Versicherungsbetrug, S. 23f.; RGSt 23, 352, 354f. 45 vgl. v.Speßhardt, Versicherungsbetrug, S. 34f. 46 oben S.46 47 s.a. LK-Lachkner, §265 R n . l ; Sch-Sch-Lenckner, §265 R n . l l 42

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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gung des Rechtsguts ohne Bedeutung und kann nach dem zu §263 Ausgeführten nur die Zielrichtung des Täterhandelns bezeichnen. Auch beim Versicherungsbetrug geht es nicht darum, den Täter deswegen zu bestrafen, weil er vorhersieht, daß sein Verhalten einen Vorteil zur Folge haben werde bzw daß ein Dritter sich einen Vorteil verschaffen will. Der Strafgrund liegt vielmehr darin, daß der Täter um eines Vorteils willen eine Handlung begeht, die der Vorbereitung eines vermögensschädigenden Verhaltens dient. Täter eines Versicherungsbetruges ist folglich nur derjenige, dem es bei der Vornahme der objektiven Tathandlung darauf ankommt, sich oder einem Dritten durch einen gegenüber der Versicherung — von ihm selbst oder von einem Dritten — zu begehenden Betrug einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Danach ist in dem oben erwähnten Beispielsfall folgendermaßen zu differenzieren: Soll derjenige, der die Sache in Brand setzt, an der hierdurch erlangten Versicherungssumme beteiligt werden, dann kommt es ihm auf die Begehung eines Versicherungsbetruges durch den Dritten als notwendiges Zwischenziel48 an, weil er nur unter dieser Voraussetzung seinen eigenen Vorteil erreichen kann, sodaß die betrügerische Absicht zu bejahen ist. Wurde er dagegen schon vorab belohnt, so ist sein Vorteil von der Durchführung des Versicherungsbetruges unabhängig. Es braucht ihm daher nicht auf die Begehung dieses Betruges anzukommen, er wird ihn vielmehr lediglich als Folge seines Verhaltens vorhersehen. In diesem Fall kann allenfalls Beihilfe zum Versicherungsbetrug vorliegen. Die Täterschaft des Versicherten, der den Betrug gegenüber der Versicherung begehen will, muß wiederum nach den Grundsätzen der Tatherrschaft beim Handeln eines absichtslosen dolosen Werkzeugs begründet werden 49 . c) Das Erschleichen von Leistungen Einen betrugsähnlichen Tatbestand enthält §265a. Die Vorschrift wurde 1935 ins Strafgesetzbuch eingefügt 50 . Sie sollte Lücken schließen, die sich bei der Anwendung des §263 etwa durch das Erfordernis einer Täuschungshandlung oder Irrtumserregung ergaben 51 . Die Vorschrift enthält danach Auffangtatbestände zum Betrug. Sie setzt die Inanspruchnahme von Leistungen voraus, die üblicherweise nur gegen Entgelt gewährt werden 52 . Die Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten, ist daher in der Sache nicht anderes als die Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen 53, so daß die zu §263 gemachten Ausführungen hier entsprechend gelten. 48

zu Absicht und Zwischenziel siehe unten Β I I l k vgl. Kastner, Der Versicherungsbetrug, S. 32; Briel, Der Versicherungsbetrug, S. 17; RGSt 23, 352, 354 50 RGBl I, 839, 842 51 vgl. die Begründung zu §313 des E 1925 und §347 des E 1927 in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 3, S. 165f. und Bd. 4, S. 178f.; vgl. auch BayObLG NJW 1969,1042 52 vgl. LK-Lackner, §265 R n . l ; Sch-Sch-Lenckner, §265 Rn.2 53 Maurach-Schroeder, BT 1, S.436; BayObLG NJW 1969, 1042 49

4 Gehrig

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

50

d) Die Erpressung Die bisher entwickelten Grundsätze müssen schließlich auch für die Erpressungstatbestände der §§ 253, 255 gelten. Diese unterscheiden sich vom Betrug lediglich dadurch, daß in einem Fall die Täuschung, im anderen Fall die Nötigung das Mittel zur Erreichung der Bereicherung darstellt. Die Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern, deckt sich dagegen mit der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen 54. Dieses Ergebnis wird auch durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Die Erpressung war bereits in §234 des Preußischen StGB enthalten. Zum subjektiven Tatbestand wurde in den Materialien ausgeführt, der Unterschied zur Nötigung werde durch den in der Vorschrift genannten Zweck, nämlich die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils, hergestellt, sodaß dieser Vorteil erstrebt sein müsse 55 .

e) Die Hehlerei Auch in §259 entspricht die Absicht, sich zu bereichern, der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen 56. Die Vorschrift setzte in ihrer ursprünglichen Fassung ein Handeln des Täters „seines Vorteils wegen" voraus 57 . Dadurch sollte die Zielrichtung des Täters gekennzeichnet werden. Es mußte ihm darauf ankommen, einen Vorteil zu erzielen 58 . In der Neufassung durch das EGStGB von 1974 59 wollte man durch die Wendung „um sich zu bereichern" nur klarstellen, daß der Vorteil ein Vermögensvorteil sein müsse. A m Inhalt des subjektiven Tatbestandes sollte dagegen nichts geändert werden. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Handeln in Vorteilsabsicht entspreche der im Volksbewußtsein lebendigen Vorstellung vom Hehler und verhindere eine zu weite Ausdehnung der Strafbarkeit 60 . Nicht erfaßt wird also derjenige Täter, der nicht um eines Vorteils willen handelt, auch wenn er die Vorstellung hat, daß ein solcher Vorteil für ihn eintreten werde, wie etwa in einem vom BGH entschiedenen Fall, in dem der Täter gestohlenen Schmuck von der Vortäterin annahm, nur um das Verhältnis zu dieser nicht zu trüben 61 .

54 55 56 57 58 59 60 61

LK-Lackner, §253 R n . l , 20 Goltdammer, Mat. II, S.521, 523; Beseler, Preuß. StGB, S.448 vgl. LK-Ruß, §259 Rn.35; Lackner, §259 Anm.6 zum entsprechenden Merkmal in §237 Preuß. StGB Goltdammer, Mat. II, S.528 vgl. Beling, V D B VII, S. 49, 83 BGBl I, S. 469, 491 BT-Dr 7/550, S. 253 vgl. BGH JZ 1958, 484 mit Anm. Maurach

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

51

0 Der Diebstahl Im Anschluß an die Bereicherungsdelikte ist im folgenden das Zueignungsdelikt des §242 zu behandeln. Der Täter muß eine Sache in der Absicht wegnehmen, diese sich rechtswidrig zuzueignen. Die Einordnung dieses Tatbestands in die hier gebildeten Deliktsgruppen ist nicht problemlos. Geht man davon aus, daß die Zueignung einen selbständigen, über die Wegnahme hinausgehenden Akt darstellt, würde es sich um ein unvollkommen zweiaktiges Delikt handeln 62 , sodaß schon daraus das Erfordernis zielgerichteten Handelns abgeleitet werden könnte. Demgegenüber wird jedoch die Ansicht vertreten, daß schon die Besitzergreifung selbst den Zueignungsakt darstelle, daß also Wegnahme und Zueignung zusammenfielen 63. Wenn der Täter durch Wegnahme Sachherrschaft begründet habe, seien die Fälle, in denen lediglich subjektiv Zueignung gegeben sei, selten 64 . Auf diese Streitfrage kann es jedoch für die Auslegung des Absichtsmerkmals nicht entscheidend ankommen. Vielmehr soll untersucht werden, ob sich die Lösung aus den im Zusammenhang mit den Bereicherungsdelikten entwickelten Grundsätzen ergibt.

aa) Die Aneignungskomponente Bei der Lösung muß zwischen den beiden Komponenten der Zueignung unterschieden werden. „Zueignung" bedeutet die Anmaßung einer eigentümerähnlichen Herrschaftsmacht über eine Sache65. Sie enthält eine negative Seite (Enteignung), die in der dauerhaften Verdrängung des Eigentümers aus seiner Position besteht, und eine positive Seite (Aneignung) in der Form der zumindest vorübergehenden Einverleibung der Sache in das Vermögen des Täters 66 . Die Rechtsstellung des Eigentümers wird lediglich durch die Enteignunskomponente betroffen. Was der Täter dagegen mit der Sache vorhat, spielt insoweit keine Rolle. Das Eigentum ist in gleicher Weise beeinträchtigt, wenn der Täter die Sache nach der Wegnahme vernichten will, wie wenn er sie für eigene Zwecke behalten und verwenden w i l l 6 7 . In bezug auf die Aneignungskomponente kann das Absichtsmerkmal somit nur die Funktion haben, die Zielrichtung des Täters zu kennzeichnen, die sein objektives Tätigwerden näher bestimmt 68 .

62

vgl. Hegler, Festgabe für Frank, S.310 Fn.4; Maurach-Schroeder, BT 1, S.283 Hegler, ARWPh 1915/1916,278,281; Binding, Normen I I 2, S. 1167; Sch-Sch-Eser, §242 Rn. 68; Maiwald, Zueignungsbegriff, S.177 64 Baumann AT, S.282 65 Sch-Sch-Eser, §242 Rn.45 66 Sch-Sch-Eser, §242 Rn.46 67 vgl. Schmidhäuser, Festschrift für Bruns, S. 345, 354f. 68 Hegler, ARWPh 1915/1916, S.278, 281 63

4*

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Diese Vorstellung lag schon §215 des Preußischen StGB zugrunde. Durch die Absicht der rechtswidrigen Zueignung sollten einmal diejenigen Fälle aus dem Tatbestand ausgeschieden werden, in denen der Täter einem andern eine von diesem geschuldete Geldsumme wegnimmt, um seine Forderung zu begleichen, und zum andern sollte auch eine Abgrenzung zur bloßen Vermögensbeschädigung erfolgen. Wer eine Sache wegnehme, um sie sofort zu zerstören, der habe nicht die Absicht der Zueignung. Der Unterschied zum Diebstahl bestehe gerade darin, daß bei der Vermögensbeschädigung die Zerstörung der Zweck der Handlung sei, während diese bei der Zueignung nur eine von mehreren möglichen Folgen einer angemaßten Rechtsposition darstelle 69 . Bei der Aneignungskomponente setzt die Absicht somit den Zweck des Täters voraus, die Sache seiner Verfügungsgewalt zuzuführen. Daran fehlt es etwa dann, wenn der Täter eine Sache nur wegnimmt, um den Berechtigten zu ärgern, mag er auch deren Verlust in Kauf nehmen 70 .

bb) Die Enteignungskomponente Schwieriger ist die Bedeutung des Absichtsmerkmals bezüglich der Enteignungskomponente zu bestimmen. Zunächst wäre zu überlegen, ob es dem Täter auch auf die Enteignung ankommen muß 7 1 . Hierbei sind zwei mögliche Fallkonstellationen zu beachten: Einmal kann der Täter eine Sache wegnehmen, um diese auf Dauer für sich zu behalten. Hier muß er dem Berechtigten dessen Rechtsposition auf Dauer entziehen, um sich seine eigene angemaßte Rechtsposition schaffen zu können. In diesem Fall ist die Enteignung als ein notwendiges Zwischenziel zur Aneignung anzusehen72. Anders verhält es sich, wenn der Gebrauch der Sache nur ein vorübergehender sein soll. Hier braucht es dem Täter nicht notwendigerweise auf die dauerhafte Verdrängung des Eigentümers anzukommen 73 . Er kann sie vielmehr auch als bloße Nebenfolge vorhersehen, wenn er etwa weiß oder damit rechnet, daß der Berechtigte die Sache nach der vorübergehenden Nutzung durch den Täter nicht wiederbekommen werde. Bedeutung hat diese Frage insbesondere in Fällen unbefugter Ingebrauchnahme von Kraftfahrzeugen, wo es darum geht, ob der Täter nach §248b oder nach § 242 zu bestrafen ist. In bezug auf die Aneignungskomponente ist die Absicht im Sinne zielgerichteten Handelns zu bejahen, da hierfür auch der vorübergehende Gebrauch genügt. Insoweit stehen sich beide Tatbestände gleich. Der Unterschied besteht in der Enteignungskomponente. Im Gegensatz zur Zueignung

69 70 71 72 73

Goltdammer, Mat. II, S.464ff. vgl. BGH M D R 1982, 81 so Kohlrausch-Lange, §242 Anm.III2a; Seelmann, JuS 1985, 454, 455 zum notwendigen Zwischenziel siehe unten Β I I l k vgl. Schaffstein, GA 1964, 103

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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setzt die Gebrauchsanmaßung keine dauerhafte Verdrängung des Eigentümers voraus 74 . Nach der Rechtsprechung ist der Rückführungswille des Täters das Unterscheidungsmerkmal der beiden Tatbestände. Als Beweisanzeichen für das Fehlen des Rückführungswillens wird es angesehen, wenn der Täter das Fahrzeug igendwo stehen läßt, wo es dem Zugriff Dritter preisgegeben ist 7 5 . Damit wird im Ergebnis anerkannt, daß für die Enteignungsseite das Wissen um die Möglichkeit des Sachverlusts, also der bedingte Vorsatz genügt 76 . Diese Ansicht wird auch in der Literatur weitgehend geteilt 77 . Die dogmatische Begründung ist allerdings streitig. Hierfür ließe sich zunächst die praktische Überlegung anführen, daß der Täter typischerweise aus egoistischen Motiven handeln wird, daß es ihm in der Regel darauf ankommen wird, die Sache in seinem Interesse zu nutzen. Dagegen wird er es nicht gerade darauf abgesehen haben, daß der Eigentümer die Sache auf Dauer verliert. Dieser Tatsache dürfte er eher gleichgültig gegenüberstehen. Der typische Fall dürfte derjenige sein, daß der Täter mit der Sache in einer Weise verfahrt, daß der Ausschluß des Berechtigten zu einem dauernden werden kann, und daß er dies in Kauf nimmt 7 8 . Wollte man strengere Anforderungen an den subjektiven Tatbestand stellen, hätte dies zur Folge, daß in den Fällen unbefugter Kraftfahrzeugbenutzung eine Bestrafung wegen Diebstahls in aller Regel nicht erfolgen könnte 7 9 . Eine solche kriminalpolitische Argumentation läßt jedoch offen, warum in diesen Fällen eine Bestrafung wegen Diebstahls erfolgen muß. Das ist keineswegs selbstverständlich. So wird etwa die Ansicht vertreten, daß bei unbefugter Kraftfahrzeugbenutzung immer nur nach §248b bestraft werden könne. Begründet wird dies damit, daß die Enteignung gerade durch die Aneignung erfolgen, daß ähnlich wie beim Erfordernis der Stoffgleichheit beim Betrug ein innerer Zusammenhang zwischen den beiden Merkmalen vorhanden sein müsse. Das sei hier zu verneinen, da die Enteignung des Berechtigten nicht durch den Gebrauch, sondern erst durch die spätere Preisgabe des Fahrzeugs eintrete 80 .

74 Dreher-Tröndle, §242 Rn.24; Eser IV, S.58f.; Maurach-Schroeder, BT 1, S.287; Binding BT 1, S.268 75

BGHSt 22, 45, 46; vgl. auch Seibert, D A R 1955, 298f. vgl. Maiwald, Zueignungsbegriff, S.175; Schaudwet, JR 1965, 413f. 77 vgl. etwa Lackner, §242 Anm. 5b; LK 9 -Heimann-Trosien, §242 Rn.44; DreherTröndle, §242 Rn.24 76

78

Schmidhäuser, Festschrift für Bruns, S. 345,354f.; vgl. auch Baldus, Ndschr. VI, 102 vgl. Maiwald, Zueignungsbegriff, S.176 80 Rudolphi, G A 1965, 33, 50; SK-Samson, §242 Rn.78; Deubner, NJW 1967,1921; Androulakis, JuS 1969, 409, 413 79

54

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Der Vergleich mit dem Erfordernis der Stofifgleichheit beim Betrug stellt jedoch keine tragfahige Begründung für diese Ansicht dar. I m Rahmen des §263 hat die „Stoffgleichheit" die Funktion, den Charakter des Betrugs als Vermögensverschiebungsdelikt zu kennzeichnen. Damit soll klargestellt werden, daß das Erstreben solcher Vorteile, die nicht aus dem Schaden des Opfers resultieren, zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands nicht ausreicht, so etwa, wenn der Täter in der Absicht handelt, von einem Dritten für die Täuschung belohnt zu werden 81 . Erforderlich ist daher, daß Vorteil und Schaden auf derselben Verfügung beruhen und der Vorteil zu Lasten des geschädigten Vermögens geht 82 . Beim Tatbestand des Diebstahls geht es nicht um Vermögensschutz, sondern um den Schutz des Eigentums und des Gewahrsams an einer konkreten Sache83. Nimmt der Täter eine bestimmte Sache weg, um diese für sich zu nutzen, so kommt schon dadurch zum Ausdruck, daß der vom Täter beabsichtigte Gebrauch zu Lasten des Eigentümers geht. Für ein zusätzliches, der Stoffgleichheit entsprechendes Erfordernis besteht hier kein Bedürfnis. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß nach der Gegenauffassung die Strafbarkeit wegen Diebstahls selbst dann ausgeschlossen wäre, wenn es dem Täter von vornherein darauf ankommt, die Sache nach Gebrauch nicht zum Eigentümer zurück gelangen zu lassen, wenn er also den dauerhaften Gewahrsamsverlust des Eigentümers sogar bezweckt. In Fällen, in denen das Gesetz eine Strafbarkeit der Gebrauchsanmaßung nicht vorgesehen hat, würde der Täter dann völlig straffrei ausgehen84. Ein solches Ergebnis wäre weder sinnvoll noch würde es dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, wie sich anhand der Entstehungsgeschichte des §248b nachweisen läßt. Die Vorschrift beruht auf der Notverordnung gegen den unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom 20.10.193285, die durch das dritte StÄG vom 04.08.195386 ins StGB übernommen wurde. 87 Vor Erlaß der Notverordnung war in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt, daß in Fällen unbefugter Kraftfahrzeugbenutzung auch Diebstahl vorliegen könne 88 . M i t der Verordnung von 1932 verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, auch den Täter strafrechtlich zu erfassen, dem die Zueignungsabsicht nicht nachgewiesen werden konnte 89 . Die mögliche

81

vgl. EserlV, S.149 vgl. LK-Lackner, §263 Rn.265ff. 83 vgl. Eser IV, S.16f. 84 kritisch unter diesem Gesichtspunkt Schaffstein, GA 1964, 97,101; LK 9 -HeimannTrosien, §242 Rn.43; Wessels, BT 2, S.31 85 RGBl I, 496 86 BGBl I, 735 87 vgl. Franke, NJW 1974, 1803 88 vgl. RGSt 64, 259 89 vgl. Franke, NJW 1974,1803; Schulenburg, Kraftfahrzeugdiebstahl, S. 19f.; BGHSt 11, 47, 49; Weber, JR 1932, 253 82

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Strafbarkeit wegen Diebstahls sollte dadurch nicht ausgeschlossen werden. Dafür spricht auch die Subsidiaritätsklausel des §248b, die vor allem den Diebstahl im Auge hat 9 0 . Damit ist aber noch nicht dargelegt, unter welchen Voraussetzungen der Diebstahlstatbestand eingreift. Schaff stein 91 stellt zur Begründung auf die Parallele zu den Versuchsdelikten ab. Da der Diebstahl schon durch die Wegnahme in Zueignungsabsicht vollendet sei, verlege das Gesetz die Vollendung in ein Stadium, das bei materieller Betrachtung gegenüber der endgültigen Enteignung noch Versuch sei. Ebenso wie beim Versuch müsse daher auch hier ausreichen, wenn der Täter den rechtsgutsverletzenden Erfolg mit bedingtem Vorsatz herbeiführen wolle 9 2 . Gegen die Versuchskonstruktion wurden bereits in früherem Zusammenhang grundsätzliche Bedenken geltend gemacht 93 . Davon abgesehen ist auch in der Sache zweifelhaft, ob bei der Wegnahme hinsichtlich der Enteignung wirklich ein Versuch vorliegt. Beim Versuch befindet sich die Tathandlung in einem Vorstadium der Rechtsgutsverletzung, während durch die Vollendung die endgültige Beeinträchtigung des geschützten Interesses herbeigeführt wird. Die Vollendung stellt also einen weitergehenden Erfolg dar, der erst noch eintreten muß. Hat der Täter die Absicht, die Sache auf Dauer zu behalten, so kann von einem bloßen Vorstadium nicht gesprochen werden, weil nicht ersichtlich ist, zu welchem Zeitpunkt die endgültige Enteignung eintreten soll 9 4 . Aber auch in den Fällen des furtum usus paßt diese Konstruktion nicht. Wenn die Wegnahme eine versuchte Enteignung darstellen sollte, müßte der Täter in diesem Zeitpunkt unmittelbar zur dauernden Enteignung angesetzt haben. Nun ist jedoch denkbar, daß der Täter eine Sache über einen längeren Zeitraum hinweg nutzen will. Das Versuchsstadium würde sich dann über diesen ganzen Zeitraum hinweg erstrecken, in dem der Gebrauch andauert, bevor mit der Aufgabe des Besitzes der Sache die endgültige Enteignung eintreten würde. Dies ist jedoch mit den allgemeinen Regeln vom Versuch, der dadurch gekennzeichnet ist, daß er nach der Vorstellung des Täters ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die Tatbestandsverwirklichung einmündet 95 , nicht vereinbar. Die Versuchskon-

90

vgl. Sch-Sch-Eser, §248b Rn.13; vgl. auch Gallas, Ndschr. VI, 102, der §242 in diesen Fällen nicht für anwendbar hielt, dafür aber einen besonderen Tatbestand der dauernden Sachentziehung schaffen wollte. Dem wurde mit dem Einwand begegnet, es bestehe kein Anlaß, für Fälle, in denen die Rechtsprechung bisher Diebstahl angenommen habe, einen neuen Tatbestand zu schaffen; Baldus, aaO., S. 10 91 G A 1964, 97, 105f. 92 ebenso Geerds, GA 1958, 129, 136f. 93 siehe oben Β I 94 Maiwald, Zueignungsbegriff, S.175f. 95 vgl. Sch-Sch-Eser, §22 Rn.39

56

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

struktion kann also nicht begründen, daß bezüglich der Enteignungskomponente der bedingte Vorsatz ausreicht. Als weiteres Argument bringt Schaffstein die Parallele zum Betrugstatbestand 96 . Auch dort genüge im Hinblick auf die negative Komponente, den Vermögensschaden, der bedingte Vorsatz, während hinsichtlich der Bereicherung zielgerichtetes Handeln erforderlich sei. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß in §263 das Merkmal des Vermögensschadens zum objektiven Tatbestand gehört und die „Absicht" sich als überschießende Innentendenz lediglich auf die Bereicherung richtet, so daß im übrigen die allgemeinen Vorsatzregeln gelten, wonach der bedingte Vorsatz grundsätzlich ausreicht. In §242 muß sich demgegenüber die „Absicht" auf die Zueignung insgesamt beziehen. Es ist aber nicht möglich, aus einem völlig anders konstruierten Tatbestand Schlußfolgerungen für die Auslegung des Absichtsmerkmals zu ziehen. Von einem anderen Ansatz geht die Lösung Maiwalds 97 aus. Er sieht den Strafgrund bezüglich der Entziehungsseite in der Gefahrdung der Eigentümerposition. Die Gefahrdung sei nach den Absichten des Täters im Zeitpunkt der Wegnahme zu beurteilen. Ausreichend dafür sei, daß dem Täter die Umstände bekannt seien, die die Gefahrdung ausmachten. Insoweit genüge der direkte Vorsatz, denn der direkte Vorsatz hinsichtlich der Gefahrdung besage nichts anderes, als daß dann, wenn sich die Gefahrdung zur Verletzung verdichtet habe, diesbezüglich dolus eventualis vorgelegen habe. Damit geht Maiwald von einer Gleichsetzung von Gefahrdungsvorsatz und bedingtem Verletzungsvorsatz aus. Der Begründung für diese Ansicht liegt die Annahme zugrunde, daß eine Gefahrsituation durch die Möglichkeit des Eintritts einer Verletzung gekennzeichnet sei. Gefahrdungsvorsatz habe der Täter dann, wenn er erkenne, daß der Eintritt des Verletzungserfolgs von seinem Willen unabhängig sei. Habe er aber die Möglichkeit des Erfolgseintritts ins Auge gefaßt, liege auch bedingter Verletzungsvorsatz vor 9 8 . Dieser Argumentation steht allerdings die h M entgegen, die für den bedingten Verletzungsvorsatz ein zusätzliches voluntatives Element fordert, wonach sich der Täter mit dem Erfolgseintritt innerlich abgefunden haben muß. Danach kann auch dann lediglich Gefahrdungsvorsatz vorliegen, wenn der Täter mit der Möglichkeit des Erfolgseintritts rechnet, sofern er diese Möglichkeit psycholo-

96

GA 1964, 97, 105f. Maiwald, Zueignungsbegriff, S.176f. 98 vgl. Horn, Konkrete Gefährdungsdelikte, S.179, 205ff.; ders. in SK, vor §306 Rn. 13f.; Schmidhäuser AT 10/95; ders., JuS 1980,241,245,250; Lorenzen, Erfolgsqualifizierte Delikte, S.46; Schröder, Festschrift für Sauer, S.207, 226f.; Wolter, Zurechnung, S.205ff., der dieses Ergebnis aus der Identität von Gefahrdungs- und Verletzungsrisiko ableitet. 97

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

57

gisch verdrängt und auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut". Von dieser Position aus wäre dem Gefahrdungsvorsatz nicht der bedingte Verletzungsvorsatz, sondern die bewußte Fahrlässigkeit gleichzustellen 100 . Die zuvor erwähnte Gegenansicht bestreitet, daß eine solche Konstellation, in der der Täter trotz Kenntnis der Gefahr auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut, logisch überhaupt denkbar sei. Wenn der Täter die Möglichkeit des Erfolgseintritts verdränge, bedeute dies nichts anderes, als daß er auch die Möglichkeit einer konkreten Gefahr im Zeitpunkt der Tat aus seinen Überlegungen ausgeschlossen habe 1 0 1 . Diese Schlußfolgerung leuchtet jedoch nicht ein. Wenn die Möglichkeit des Eintritts eines Verletzungserfolgs besteht Und der Täter dies erkennt, so ist damit noch nicht gesagt, wie er die Weiterentwicklung der Gefahrsituation einschätzt. Er kann sich also durchaus darüber klar sein, daß es in der konkreten Situation vom Zufall abhängt, ob der Erfolg eintritt oder nicht und dennoch — sei es auch aus ganz irrationalen Motiven darauf vertrauen, daß er nicht eintreten werde 101 . Eine logisch zwingende Notwendigkeit, Gefahrdungs- und Verletzungsvorsatz gleichzustellen, besteht daher nicht. Die Existenz der konkreten Gefahrdungsdelikte, die einen auf die Herbeiführung einer konkreten Gefahr gerichteten Vorsatz verlangen 102 , spricht vielmehr dafür, daß das geltende Recht von einer Trennung von Gefahrdungs- und Verletzungsvorsatz ausgeht. Wenn etwa der Vorsatz der Gefahrdung von Leib oder Leben eines anderen in §315c I ein bedingter Verletzungsvorsatz wäre* so wäre kein Fall der Straßenverkehrsgefahrdung denkbar, bei dem nicht auch ein Körperverletzungs- bzw ein Totschlagsversuch vorläge 103 . Damit hätten aber die konkreten Gefahrdungsdelikte keinen selbständigen Anwendungsbereich, da sie immer mit einem versuchten Verletzungsdelikt zusammenfielen 104. Dies würde jedoch den Vorstellungen des Gesetzgebers widersprechen, wie sich anhand der Entstehungsgeschichte der konkreten Gefahrdungsdelikte im Straßenverkehrsrecht nachweisen läßt: Vor dem Inkrafttreten des Ersten

99 Frisch, Vorsatz und Risiko, S.296ff., der diese Frage im Zusammenhang mit dem Wissenselement des Vorsatzes erörtert; BGHSt 22,67,73f.; 26,244,246; StVert 1984,187; Germann, SchwZStr 77 (1961), 345, 390f.; Jescheck AT, S.240; Sch-Sch-Cramer, §15 Rn. 72; Lackner, §15 Anm. I I 3b; Küper, NJW 1976, 546 Fn.27 100

vgl. Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S.402ff., 410; Kaufmann, Das Schuldprinzip, S. 154; Brehm, Dogmatik, S.134f.; Jescheck AT, S.460 101 vgl. Frisch, Vorsatz und Risiko, S.297f.; Bockelmann, D A R 1961, 181, 187; eine andere Frage ist die Glaubwürdigkeit einer dahingehenden Einlassung des Täters, dazu Frisch, aaO., S.298 Fn.l45b 102

vgl. die §§315a-c; 2501 Nr.3; 113II Nr.2; 121 I I I Nr.3; 125a S.2 Nr.3 so Ostendorf, JuS 1982,426,431; Wolter, Zurechnung, S. 213,214 Fn. 605, wonach dann bei der Strafzumessung die Untefgrenze des versuchten Verletzungsdelikts zu beachten sein soll. 103

10

* vgl. Rabl, Der Gefährdungsvorsatz, S.60f.; LK-Schroeder, §16 Rh. 120; im Zusammenhang mit §113 I I Nr.2 BGHSt 26, 176, 182

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs im Jahre 1952 105 konnte nur derjenige Täter in den Anwendungsbereich von Strafvorschriften fallen, dessen Sorgfaltswidrigkeit im Straßenverkehr eine Verletzung oder Tötung verursachte. Hatte der Täter dagegen das Glück, daß nichts passierte, konnte er allenfalls wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit belangt werden. Diese Spanne zwischen der bloßen Bagatellstrafdrohung auf der einen und der Kriminalstrafdrohung auf der anderen Seite wurde als unbefriedigend empfunden. M i t der Einführung konkreter Gefahrdungsdelikte verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, die Strafdrohung nicht erst an den Eintritt einer Verletzung, sondern an die vorsätzliche Herbeiführung eines Zustands unmittelbar drohender Verletzung zu knüpfen 106 . Hierfür hätte kein Bedürfnis bestanden, wenn man die Fälle vorsätzlicher Gefahrdung schon unter dem Gesichtspunkt eines versuchten Verletzungsdelikts hätte erfassen können 1 0 7 . Auch die gegenüber den Verletzungsdelikten abweichenden Strafrahmen der konkreten Gefahrdungsdelikte sprechen dafür, daß den Gefahrdungsdelikten ein eigenständiger Unrechtsgehalt und Anwendungsbereich zukommt. Die Gleichstellung von Gefahrdungs- und bedingtem Verletzungsvorsatz überzeugt nach alledem nicht. Das Erfordernis des bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Enteignungskomponente beim Diebstahl läßt sich daher nicht mit dem Gedanken der Eigentumsgefahrdung begründen. Die Frage, welche Vorsatzform die Enteignungskomponente erfordert, kann nicht vom Absichtsbegriff her beantwortet werden. Es handelt sich vielmehr um ein Problem des Zueignungsbegriffs, dessen Lösung sich daran orientieren muß, wie man die Fälle der Gebrauchsanmaßung sachgerecht von denen des Diebstahls abgrenzt. Die Gebrauchsanmaßung ist grundsätzlich straflos. Die strafbaren Fälle des furtum usus, die §§ 248b und 290, stellen gegenüber dem Diebstahl privilegierte Sondertatbestände dar 1 0 8 . Der Grund für diese Privilegierung kann nur darin gesehen werden, daß die Sache nach vorübergehender Nutzung zum Eigentümer zurückgelangen, dessen Beeinträchtigung also über die zeitweilige Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit nicht hinausgehen soll 1 0 9 . Ein Merkmal der Zueignung ist demgegenüber die dauerhafte Verdrängung des Berechtigten. Die Gebrauchsanmaßung wird dann zur Zueignung, wenn der Täter die Möglichkeit ins Auge gefaßt und sich damit abgefunden hat, daß die Sache für den Eigentümer auf Dauer verloren sein werde. Die im Zusammenhang mit der Kraftfahrzeugentwendung vertretene Ansicht, der Täter zeige gerade durch das Zurücklassen der Sache an einem beliebigen Ort, daß er sie 105

BGBl I, 832 vgl. BT-Dr 1/2674, S.7, 14; Lackner, Gefährdungsdelikt, S.5ff.; Demuth, VOR 1973, 436, 445 106

107 108 109

s.a. v.Hippel, ZStW 75 (1963), 443, 447 Maurach-Schroeder, BT 1, S.287 Schröder, JR 1964, 229

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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dem Eigentümer zurückgeben wolle, so daß Diebstahl generell ausscheide110, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Der Täter kann hierdurch auch zu erkennen geben, daß ihm das weitere Schicksal der Sache gleichgültig ist und er sich auch mit ihrem dauerhaften Verlust abfindet. Wenn der Fall so liegt, ist die Bestrafung wegen Diebstahls gerechtfertigt. Demgegenüber erscheint die Formulierung, der Täter müsse mit Sicherheit damit rechnen, daß der Eigentümer die Sache zurückerhalte, um der Strafbarkeit wegen Diebstahls zu entgehen 111 , als eine zu weitgehende Ausdehnung des Diebstahlstatbestandes zu Lasten der Gebrauchsanmaßung. Damit würden auch solche Fälle als Diebstahl beurteilt, in denen der Täter sich keinerlei Vorstellungen über den weiteren Verbleib der Sache macht. Derartige Konstellationen dürften gerade bei jugendlichen Tätern, die vielfach aus reiner Abenteuerlust oder aus Geltungsdrang mit einem fremden Fahrzeug planlos in der Gegend umherfahren, um es dann irgendwo stehen zu lassen 112 , nicht selten sein. Zueignungsabsicht könnte man in solchen Fällen nur bejahen, wenn man auf jede subjektive Beziehung zur Enteignungskomponente verzichtete. Dann wäre aber kein Unterschied zum subjektiven Tatbestand der Gebrauchsanmaßung mehr ersichtlich, da die subjektive Einstellung bezüglich der Aneignungskomponente die gleiche ist. Der Diebstahl setzt daher zumindest den bedingten Vorsatz voraus, daß die Sache für den Eigentümer auf Dauer verloren sein werde. Dieses Ergebnis läßt sich entgegen der Rechtsprechung nicht mit dem Erfordernis eines Rückführungswillens begründen. Das Fehlen eines solchen Willens kann nach dem oben Ausgeführten die Zueignungsabsicht allein nicht begründen. Ebensowenig ist umgekehrt der Rückführungswille allein ausreichend, um diese Absicht auszuschließen. Hat der Täter zwar den Willen, daß der Eigentümer die Sache zurückerhalten soll, hat er aber Zweifel, ob dies tatsächlich der Fall sein werde und findet er sich auch mit einem dauerhaften Sachverlust ab, so liegt der erforderliche bedingte Vorsatz der Enteignung vor113. g) Die §§ 174 II, 176 V Als letzte Tatbestände innerhalb der hier untersuchten Deliktsgruppe sollen die §§174 II, 176 V behandelt werden. Diese Vorschriften schützen die 110

so Schulenburg, Kraftfahrzeugdiebstahl, S.22 so Schröder, JR 1964, 229; Sch-Sch-Eser, §242 Rn. 52, die allerdings zu demselben Ergebnis kommen, indem sie verlangen, daß der Täter sich mit dem dauerhaften Sachverlust abgefunden haben müsse. 112 vgl. dazu Schulenburg, Kraftfahrzeugdiebstahl, S.34, 159ff.; Jäger, MSchrKrim 1978, 297, 307 113 zu der Frage, ob das Stehenlassen eines Fahrzeugs an beliebiger Stelle als Indiz für den bedingten Enteignungsvorsatz ausreicht, soll hier nicht Stellung genommen werden; kritisch insoweit zur Rechtsprechung des BGH Schaudwet, JR 1965, 414; Sch-Sch-Eser, §242 Rn. 55 111

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

ungestörte geschlechtliche Entwicklung von Kindern bzw. von jungen, durch ein Unterordnungsverhältnis vom Täter abhängigen Personen 114 . Als objektive Tathandlung wird die Vornahme einer sexuellen Handlung vor der geschützten Person vorausgesetzt. Diese Handlung muß gemäß §184c N r . l von einiger Erheblichkeit sein, was danach zu beurteilen ist, ob sie eine nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts darstellt 115 . Da somit schon die objektive Tatbestandshandlung eine Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts begründet, hat die im subjektiven Tatbestand geforderte Erregungsabsicht insoweit keine unmittelbare Bedeutung 116 . Dieser Absicht kann somit nur tatbestandseinschränkende Funktion zukommen, indem die Strafbarkeit von der Zielrichtung des Täterhandelns abhängig gemacht wird. Der Gesetzgeber wollte solche Handlungen aus dem Tatbestand ausscheiden, in denen mit der Anwesenheit des Kindes bzw. des Schutzbefohlenen nicht der Zweck verfolgt wird, dièse an dem sexuellen Vorgang teilhaben zu lassen, sondern deren Anwesenheit etwa auf beengten Wohnverhältnissen beruht 1 1 7 . Außerdem sollten solche Fälle nicht erfaßt werden, in denen ausschließlich die Aufklärung der geschützten Person bezweckt wird, auch wenn es dabei schließlich zur sexuellen Erregung kommen sollte 118 . Dièses Ergebnis wird auch durch einen Vergleich von Absatz 1 mit Absatz 5 der beiden Vorschriften bestätigt. Sexuelle Handlungen „an" der geschützten Person, bei denen es zu einer körperlichen Berührung kommt, werden schon als solche mit Strafe bedroht. Sexuelle Handlungen „vor" der geschützten Person sind dagegen nur dann strafbar, wenn sie gerade als Mittel zur Erregung dienen 119 . Der Gesetzgeber ging von der Vorstellung aus, daß die Gefährdung des Rechtsguts in der Regel durch so motivierte Handlungen bewirkt werde. Der Schutzzweck sollte daher auf dem Umweg über die sexuelle Motivation des Täters erreicht werden 120 . h) Ergebnis Nach Abschluß der Untersuchung der oben erörterten Tatbestände hat sich der im Zusammenhang mit dem Betrug entwickelte Grundsatz bestätigt. Bezieht sich das Absichtsmerkmal auf einen außerhalb des objektiven Tatbestands liegenden Umstand, der für das geschützte Rechtsgut ohne Bedeutung ist, so kommt ihm strafbarkeitseinschränkeüde Funktion zu, indem als Voraussetzung 114 115 n é 117

Lackher, §174 Anm. 1; §176 Anm. 1 Làckner, §lS4c A n m . l b ; Sch-Sch-Lenckner, §184c Rn.l4ff. vgl. Horstkotte, Prot VI, S. 1335 vgl. Sch-Sch-Lenckner, §174 Rn.18

ψ vgl. Sturm, JZ 1974, 1, 5; Maurach-Schroeder, BT 1, S.174 vgl. Hanack, NJW 1974, 1, 4 120 vgl. Horstkotte, Prot VI, S.1335; BT-Dr VI/3521, S.39; vgl. auch §132 IV A E (SexStr, S.2Ì), dèr ebenfalls auf die sexuelle Motivation abstellte 119

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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der Strafbarkeit über die Tathandlung hinaus eine bestimmte Zielrichtung des Täters gefordert w i r d 1 2 1 . Daß der Gesetzgeber diese Einschränkungen vorgenommen hat, hängt damit zusammen, daß gesetzliche Deliktstypen oft nach der Häufigkeit des Vorkommens des inkriminierten Verhaltens geschaffen werden. So wird eine vermögensschädigende Täuschungshandlung in aller Regel in Bereicherungsabsicht oder die Wegnahme einer fremden Sache in Zueignungsabsicht erfolgen, so daß die Zielrichtung des Täters das Tatbild entscheidend prägt 1 2 2 . Der Gesetzgeber macht also dort die Strafbarkeit der Rechtsverletzungen ζμβϋίζϋοΐι von bestimmten Zielvorstellungen des Täters abhängig, wo gerade diese das Tatbild nach Häufigkeit und Gefährlichkeit charakterisieren 123 . i) Exkurs: Sonderprobleme bei bedingter Absicht A n dieser Stelle ist noch auf einige Besonderheiten hinzuweisen, die m Grundsatz schon bei der Erörterung der unvollkommen zweiaktigen Delikte angesprochen wurden. aa) Betrug Grundsätzlich tritt der Vermögensvorteil beim Betrug als einem erfolgsküpierten Delikt als Folge der Täuschungshandlung von selbst ein. Abweichungen könne sich jedoch im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Vorfragen ergeben, wenn etwa der Täter in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einen Makler mit der Vermittlung eines bestimmten Kaufobjekts beauftragt 1 . I m Zeitpunkt der Beauftragung täuscht der Täter konkludent seine Zahlungsfähigkeit vor. Ein Schaden des Maklers und ein entsprechender Vorteil des Täters treten aber erst dann ein, wenn der vermittelte Vertrag zustande kommt, da für die bloße Tätigkeit des Maklers, wie sich aus §652 BGB ergibt, noch kein Entgelt zu zahlen ist 2 . Zur Herbeiführung eines Schadens und der entsprechenden 121

so auch die Konzeption Lenckners, NJW 1967, 1893f.; s.o. S.xx vgl. Schmidhäuser, MSchrKrim 1973, 342f. 123 vgl. Maiwald, Festschrift für Maurach, S.9,22; Kaufmann, Festschrift für Henkel, S.89, 103 1 BGHSt 31, 178 2 Erman-Werner, §652 Rn.30; demgegenüber will Lenckner, NStZ 1983, 409 einen Schaden bereits in dem Zeitpunkt annehmen, in dem der Makler tätig wird, da er bereits damit eine Anwartschaft auf die Maklerprovision erlange, die bei Zahlungsunfähigkeit des Kunden nichts wert sei. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß es grundsätzlich im Belieben des Kunden steht, von der Möglichkeit des Abschlusses des vom Makler nachgewiesenen Vertrags Gebrauch zu machen und dadurch den Provisionsa.nspruch erst zum Entstehen zu bringen (dazu Erman-Werner, § 652 Rn. 30,66), erscheint es zweifelhaft, ob man bereits im Zeitpunkt des Tätigwerdens des Maklers von einer konkreten Erwerbsaussicht auf die Erlangung der Maklerprovision sprechen kann; zum Vermögenswert von Anwartschaften grundsätzlich LK-Lackner, §263 Rn. 131 ff. 122

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Bereicherung des Täters bedarf es also über die in der Beauftragung des Maklers liegende konkludente Täuschungshandlung hinaus noch eines weiteren willentlichen Tätigwerdens in der Form des Abschlusses des vermittelten Geschäfts. Die Frage, ob der Täter zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung in Bereicherungsabsicht handelt, hängt somit davon ab, ob er zur Vornahme dieser weiteren Tathandlung entschlossen ist. Nach den bei den unvollkommenen zweiaktigen Delikten entwickelten Grundsätzen 3 ergibt sich für die Lösung dieses Falles, daß es an der Bereicherungsabsicht fehlt, wenn der Täter den Makler beauftragt, ohne sich über sein eigenes Verhalten im Hinbück auf den zu tätigenden Vertragsschluß klar zu sein. Dagegen liegt die erforderliche Absicht vor, wenn er den Vertragsschluß lediglich von objektiven Bedingungen abhängig macht, etwa davon, daß ihm ein geeignetes Kaufobjekt nachgewiesen wird 4 . bb) Diebstahl Entsprechende Probleme könne sich auch beim Diebstahl ergeben. Hier ist zunächst der Fall denkbar, daß der Täter eine Sache wegnimmt, deren Einverleibung in sein Vermögen aber von der näheren Prüfung abhängig macht, ob diese für ihn einen Wert aht. Die Zueignungsabsicht ist hier zu bejahen, da der Täter für den Fall des Bedingungseintritts unbedingt zur Zueignung entschlossen ist 5 . Dieselbe Frage stellt sich bei der eigenmächtigen Inpfandnahme einer Sache durch den Täter. Damit sind solche Fälle gemeint, in denen der Täter seinem Schuldner einen Gegenstand wegnimmt, um ihn hierdurch zur Erfüllung seiner Forderung zu zwingen, ohne dazu nach §229 BGB berechtigt zu sein. Hat der Täter für den Fall der Nichtzahlung durch den Schuldner die Absicht, die weggenommene Sache zu verwerten, so hängt die Zueignungsabsicht lediglich von einer objektiven Bedingung ab, nämlich dem Verhalten des Schuldners, sodaß der subjektive Tatbestand erfüllt ist 6 . 3

s.o. A I I vgl. Maaß, JuS 1984, 25, 27, 28; streitig ist allerdings, ob in der Beauftragung des Maklers schon ein unmittelbares Ansetzen zum Betrug liegt; so Maaß, aaO.; anders BGHSt 31,178,181; nach LK-Vogler, §22 Rn. 35a liegt in der Beauftragung des Maklers noch keine betrugsrelevante Täuschungshandlung. Die Täuschung über die Zahlungsbereitschaft solle die tatbestandsspezifische Täuschungshandlung, die in dem die Vergütungspflicht auslösenden Verhalten liege, nur vorbereiten. Dagegen dürfte jedoch sprechen, daß das die Vergütungspflicht auslösende Verhalten keine neue Täuschung darstellt, sondern die von Anfang an gegebene Täuschung über die Zahlungsunfähigkeit lediglich fortdauert. 4

5

vgl. Sch-Sch-Eser, §242 Rn. 61 ; Dreher-Tröndle, §242 Rn. 23; RGSt 65,145,148; i.E. ebenso Arzt, JZ 1969, 54, 59, der darin allerdings kein Problem des Handlungswillens sieht, sondern annimmt, daß in Fällen, in denen der Täter noch nicht abschließend über die Wegnahme entschieden habe, nur dolus eventualis vorliege, der für die Zueignungsabsicht nicht ausreiche; gegen diese Argumentation s.o. A I 6 Mohrbotter, NJW 1970, 1858f.; Dreher-Tröndle, §242 Rn.23

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Demgegenüber wird die Ansicht vertreten, die Beschaffenheit der Täterpsyche erfülle nur die Voraussetzungen des dolus eventualis, weil es dem Täter nicht schon bei der Wegnahme auf die Herstellung einer eigentümerähnlichen Stellung ankomme, er sich vielmehr nur mit der Möglichkeit abfinde, bei Nichtzahlung zur Verwertung schreiten zu müssen7. Zueignungsabsicht liege nur dann vor, wenn der Täter um die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wisse und ihm daher in erster Linie an der Verwertung der Sache gelegen sei. Diese Differenzierung erscheint nicht sachgerecht. Sie verkennt, daß es im Hinblick auf eigenes zukünftiges Verhalten keine bloße Möglichkeitsvorstellung im Sinne des dolus eventualis gibt 8 , daß insoweit vielmehr nur eine Haltung der Entschlossenheit oder der Unentschlossenheit denkbar ist. Entschlossen ist aber auch derjenige, der die Verwertung der Sache vom Verhalten des Schuldners abhängig macht. Auch er maßt sich bereits im Zeitpunkt der Wegnahme eine eigentümerähnliche Stellung an, wenn er vorhat, die Sache gegebenenfalls zu verwerten und damit wie ein Eigentümer über sie zu verfügen. j) Absicht und Handlungsmotiv Nachdem nun eine Gruppe von Tatbeständen herausgearbeitet wurde, in denen Absicht im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen ist, soll anhand dieser Vorschriften die Frage erörtert werden, ob und inwieweit sich diese „Absicht" von der „Absicht" im Sinne von Handlungsmotiv oder Beweggrund unterscheidet. Ein Unterschied wird von einigen Autoren generell geleugnet. So wird die Ansicht vertreten, Absicht und Beweggrund stünden vollständig gleich, da ein Beweggrund immer nur dann in Betracht komme, wenn er sich zugleich als Handlungs- oder Willensziel fassen lasse und vom konkreten Handlungsziel auf den Beweggrund zurückgeschlossen werde 9 . Daher gebe es keine Zielvorstellung, die nicht gleichzeitig Motiv wäre. Wer etwa „aus Gewinnsucht" handle, erstrebe Gewinn und wer „aus Mordlust" töte, verfolge den Zweck des Lustgewinns beim M o r d 1 0 . aa) Motivmerkmale Die zuvor erwähnte Ansicht verkennt, daß zur Verwirklichung von Motivmerkmalen das Straben nach einem bestimmten Ziel gerade nicht ausreicht 11 . So genügt etwa für das Merkmal der „Gewinnsucht" 12 oder des „groben

7 Bernsmann, NJW 1982, 2214, 2215f.; in anderem Zusammenhang auch Maiwald, Zueignungsbegriff, S.188 8

vgl. oben A I Schmidhäuser, Gesinnungsmerkmale, S.227ff.; Arzt, L H 1, S.52 10 Baumann, NJW 1964, 706 Fn.6 11 vgl. auch Paeffgen, G A 1982, 255, 258 12 vgl. §§235 II, 283aNr.l, 283d N r . l

9

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Eigennutzes" 13 nicht, daß der Täter handelt, um einen Vermögensvorteil zu erlangen. Vielmehr ist darüberhinaus eine Steigerung des Erwerbssinns auf ein sittlich anstößiges Maß erforderlich 14 . Diese Merkmale sind in der Regel nur dann erfüllt, wenn es dem Täter ausschließlich um seine Bereicherung geht, nicht aber, wenn daneben andere Motive, wie etwa ein Handeln aus Not, wirksam sind 15 . Die bloße Bereicherungsabsicht kann auch auf einem altruistischen Motiv beruhen, wenn der Täter etwa mit Hilfe des erstrebten Vorteils einen notleidenden Dritten unterstützen will. Demgegenüber schließt ein solches Motiv die Merkmale der „Gewinnsucht" und des „groben Eigennutzes" begriflfsnotwendig aus. Zwar erfolgt jede gewinnsüchtig motivierte Handlung auch in Bereicherungsabsicht. Der entsprechende Umkekrschluß kann jedoch nicht gezogen werden 16 . Als Beispiel ist ferner auf die Mordmerkmale des Handelns „aus Habgier" oder „aus sonstigen niedrigen Beweggründen" hinzuweisen. Der Gesetzgeber beschreibt hier nicht eine bestimmte Ziel Vorstellung, die der Täter mit dem Tötungsdelikt verfolgt. Vielmehr kann das Vorliegen dieser Merkmale erst aufgrund einer umfassenden Gesamtbewertung von Tat und Täterpersönlichkeit erschlossen werden 17 . Dementsprechend reicht es für das Merkmal der „Habgier" bei Motivbündeln nicht aus, daß das Vorteilsstreben des Täters ein Beweggrund neben anderea gewesen ist. Die Tat ist erst dann von Habgier geprägt, wenn der Täter hiervon entscheidend beeinflußt, wenn dieser Beweggrund bewußtseinsdominant war 1 8 . Der Unterschied zu den Fällen der Absicht im Sinne bloßen zielgerichteten Handels ergibt sich aus einem Vergleich mit §220a. Diese Vorschrift beinhaltet einen Sonderfall das niedrigen Beweggrundes, Allerdings gibt hier schon die Ausrottungsabsicht, also die darauf bezogene Zielvorstellung des Täters, als solche der Tat das Gepräge als „niedrig", sodaß es insoweit auf eine Gesamtwürdigung nicht mehr ankommt 1 9 . Demgegenüber werden bei den Motivmerkmalen nicht bestimmte Zielvorstellungen, sondern die hierfür maßgeblichen Antriebskräfte angesprochen 20. Diese

13

vgl. §264 I I N r . l BGHSt 1, 388; G A 1953, 154; Sch-Sch-Eser, §235 Rn.17 15 vgl. LK-Tiedemann, §264 R n . l 19; Sch-Sch-Lenckner, §264 Rn.75; SK-Samson, §264 Rn.82 16 vgl. auch Gukelberger, Absichtsdelikte im schweizerischen Recht, S.65f.; Lindner, M D R 1949, 203ff. 17 vgl. Alwart, G A 1983, 433, 440; Schmidhäuser, KrimGgw, Heft 14, S.103, 111 18 vgl. BGH NJW 1981,932,1382; StVert 1983,503f.; SK-Horn, §211 Rn. 18; Lackner, § 211 Anm. 3a, aa; noch weitergehend will Franke, JZ 1981,525,528 diese Mordmerkmale schon dann ausschließen, wenn überhaupt ein nicht als niedrig einzustufendes Motiv vorhanden war. vgl. auch BT-Dr 11/162, S.4 20 vgl. Oehler, NJW 1966, 1633, 1639 14

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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können dann in unterschiedlichen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommen 21 . Als Beispiel ist etwa § 187a zu nennen. Wenn dort ein Handeln aus Beweggründen gefordert wierd, die mit der Stellung des Beleidigten im politischen Leben zusammenhängen, so können sich diese Beweggründe nicht nur in der Zielvorstellung äußern, die Seilung des Verletzten im politischen Leben zu beinträchtigen. Es kann vielmehr ausreichen, daß der Täter etwa ehrenrührige Behauptungen deshalb aufstellt, weil er sich aufgrund der politischen Position des Opfers eine bessere Verbreitung seiner Zeitschrift erhofft 22 . Entscheidend ist hier allein, daß der Zusammenhang mit der Steifiihg des Opfers im politischen Leben die Triebfeder für das Handeln des Täters bildet und nicht nur untergeordnete Bedeutung hat 2 3 . bb) Absichtsmerkmale Nach den bisherigen Erörterungen wird der Unterschied zwischen Absichtsmerkmalen und den zuvor behandelten Motivmerkmalen deutlich. Wenn ein Tatbestand eine bestimmte Zielvorstellung des Täters voraussetzt, so kommt es nicht darauf an, welche weiteren Ziele den Täter zum Handeln treiben. Der Täter verfolgt in aller Regel das tatbestandlich umschriebene Ziel nicht um seiner selbst willen. Vielmehr steht hinter jedem zielgerechten Wollen, das seinen nächstliegenden, unmittelbar Gegenstand hat, ein weiteres Ziel, durch welches das unmittelbare Ziel bestimmt wird, so daß eine beliebige Anzahl von Zielen hintereinander gestaffelt sein kann. Je weiter man diese zurück verfolgt, umso unbestimmter werden sie und desto enger stehen sie in Beziehung zu den Antrieben, die der Täter zum Handeln veranlassen. Vom Endziel kann dann auf das Motiv des Täters geschlossen werden 24 . In diesem Sinne kann etwa das letzte Ziel des Betrügers in der Ereichung eines Höstmaßes an Anerkennung und materiellem Wohlstand liegen. Alle diese einzelnen weiteren Zielvorstellungen, die hinter einer bestimmten Absicht stehen, sind aber in ihrer Vielzahl für den Gesetzgeber gar nicht faßbar. Das Gesetz stellt daher entweder auf die entscheidenden Beweggründe des Täters ab, die dann in verschiedenen Zielvorstellungen zum Audruck kommen können, oder er macht die Strafbarkeit von einer bestimmten Zielvorstellung abhängig. Dann sind die weiteren Ziele für die Erfüllung des Tatbestandes unerheblich und haben nur für die Strafzumessung Bedeutung 25 . Es reicht also aus, wenn der Täter ein tatbestandlich bezeichnetes Ziel als Vorstufe und Voraussetzung eines weiteren Zieles anstrebt. Auch dann

21

vgl. die Darstellung zu den niedrigen Beweggründen bei Lackner, §211 Anm. 3a, bb BGHSt 4, 119, 121; SK-Rudolphi, §187a Rn.7 23 Sch-Sch-Lenckner, § 187a Rn.7 24 vgl. Keller, Psychologie und Philosophie des Wollens, S.70ff.; Paeffgen, GA 1982, 255, 260 22

25

vgl. v.Lilienthal, ZStW 20 (1900), 440, 453f.; Welzel, NJW 1962, 20f.

5 Gehrig

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

liegt zielgerichtetes Handeln vor, da die Vorstellung eines Zwischenerfolges, den der Täter erreichen muß, um zu seinem Endziel zu gelangen, ebenso die Art und Weise seines Handelns bestimmt wie das Endziel selbst. Da die Zwischenziele als Mittel zum Zweck ihrerseits Zwischenzwecke sind, sind auch sie zielgerichtet angestrebt 26. Wenn man bedenkt, daß die in den Tatbeständen vorausgesetzten Zielvorstellungen in der Regel nur die Grundlage für die Verfolgung weiterer, außerhalb der Tatbestandsbeschreibung liegender Ziele bilden 27 , beschreibt im Grunde jeder Tatbestand, der ein Absichtsmerkmal enthält, damit nur ein Zwischenziel 28 . Diese Grundsätze sollen im folgenden anhand einiger Beispiele zunächst aus dem Bereich des Diebstahls verdeutlicht werden. In den Beratungen zu §215 des Preußischen Strafgesetzbuchs, der dem jetzigen Diebstahlstatbestand entsprach, war zuerst erwogen worden, ein Handeln „aus Gewinnsucht" zu fordern. Dagegen wurde jedoch geltend gemacht, es müsse für die Bestrafung wegen Diebstahls genügen, wenn der Täter sich von anderen Beweggründen, etwa von Neid, Eitelkeit usw. leiten lasse29. Daraus ergibt sich, daß es unerheblich ist, aus welchem Grund der Täter sich die Sache zueignen will. Er braucht etwa nicht in Bereicherungsabsicht zu handeln, so daß die Zueignungsabsicht nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß er einen dem Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag zurückläßt 30 . Dasselbe gilt für andere Fälle, in denen die Zueignungsabsicht von weiteren, untypischen Motiven überlagert wird. So ist etwa denkbar, daß der Täter einen Diebstahl begeht, ohne eine in Geld umzusetzbare Beute machen zu wollen, sondern nur, um inhaftiert zu werden und ein Dach über dem Kopf zu haben 31 . Auch kann die Zueignung durch das sexuelle Motiv eines Fetischisten überlagert sein, der bestimmte Gegenstände wegnimmt, um darin sexuelle Befriedigung zu finden 32. Als weiteres Beispiel kann der Fall genannt werden, daß der Täter überhaupt kein Interesse an dem entwendeten Gegenstand hat, sondern nur von dem Beweggrund bestimmt ist, von anderen angenommen und geachtet zu werden 33 . Auch hier ist die Zueignung das Mittel, um diese weiteren Ziele zu erreichen. Die Zueignungsabsicht unter psychologischen Gesichtspunkten mit der Begründung in Frage zu stellen, daß die Tätermotivation eigentlich keine kriminelle sei, und daß Motiv und unmittelbarer Handlungswille auseinan-

26 27 28 29 30 31 32 33

Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S. 144f. vgl. Dreher, Ndschr X I I , S.132 Schmidhäuser AT 8/44 Goltdammer, Mat. II, S.464f.; Beseler, Preuß. StGB, S.410 vgl. Dreher-Tröndle, §242 Rn.25; Welzel, Strafrecht, S.341 vgl. BGH G A 1969, 306, 307 vgl. Krauß, Festschrift für Bruns, S . l l , 18 vgl. den Fall bei Gschwind, Festschrift für Germann, S. 59, 64ff.

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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derfielen 34 , ist nicht möglich. Die Absichtsmerkmale stellen in ihrer Funktion als Kennzeichnung bestimmter Zielvorstellungen normative Begriffe dar, die nicht an psychologische Inhalte gebunden sind. Es kommt, anders als bei den Motivmerkmalen, nicht darauf an, unter Berücksichtigung aller beim Täter wirksam gewordenen Motive und der gesamten Täterpersönlichkeit zu beurteilen, ob der Zueignungsabsicht tatsächlich die typischen Motivation eines Eigentumsdelinquenten zugrunde liegt. Die Absichtsmerkmale sind nicht auf eine exakte Erfassung der Täterpsyche angelegt, sondern stellen lediglich Voraussetzungen auf, unter denen ein strafrechtlicher Vorwurf erhoben wird, um hierdurch bestimmte Verhaltensweisen einem standardisierten Werturteil zugänglich zu machen. Dem Täter als Person in allen Punkten gerecht zu werden, ist demgegenüber Aufgabe der Strafzumesssung 35. Nicht zugestimmt werden kann daher auch der Ansicht, die Zueignungsabsicht solle die böse Gesinnung des Täters bezeichnen, da eine Bewertung der Motive des Täters, aus der sich dessen Gesinnung erst ergibt, gerade nicht zu erfolgen braucht 36 . Es kommt vielmehr nur darauf an, festzustellen, ob im Bündel der Motive und Absichten auch der Zueignungsaspekt eine Rolle spielt. 37 Dieselben Überlegungen gelten entsprechend für die übrigen Tatbestände der bisher untersuchten Deliktsgruppen. Daraus ergibt sich etwa beim Betrug die Lösung in den sogenannten Provisionsvertreterfallen, in denen der Täter den Getäuschten zu einem Vertragsschluß veranlaßt, um dadurch zunächst seinem Arbeitgeber einen Vorteil zu verschaffen, mit dem weiteren Ziel, vom Arbeitgeber die Provision für die von ihm herbeigeführte Bestellung und damit einen eigenen Vermögensvorteil zu erhalten 38 . Da der Vorteil des Arbeitgebers eine notwendige Vorstufe für den Vorteil des Täters ist, handelt der Täter auch insoweit zielgerichtet. Die Kritik von Eser 39 , in dieser Konstruktion liege eine kriminalphänomenologisch zweifelhafte Verfälschung eines egoistischen Betrugs in einen mittelbar altruistischen Betrug, ist nach den obigen Ausführungen nicht stichhaltig, weil sie entscheidend auf das Endziel des Täters abstellt, das für das Absichtsmerkmal unerheblich ist. Nach der Auffassung Esers müßte konsequenterweise auch dann die Annahme der Vorteilsabsicht zweifelhaft sein, wenn der Täter einen Vorteil erstrebt, um diesen für wohltätige Zwecke zu verwenden, da hier ein letztlich altruistisch motiviertes Verhalten vorliegt. Dieses Beispiel macht jedoch deutlich, daß es auf die weiteren Zielvorstellungen 34 so aber Gschwind, aaO. (Fn.199), S.67f.; vgl. auch Wegener, Einführung in die forensische Psychologie, S.109f. 35 Hafìfke, G A 1978, 33, 38; Bockelmann, Radbruch-Gedächtnisschrift, S.252, 253f.; Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S.27ff.; Krauß, Festschrift für Bruns, S . l l , 18ff. 36 anders aber Maiwald, Zueignungsbegriff, S. 230; dagegen auch Wessels, BT 2, S. 32; Baumann, GA 1971, 306, 311; Tenckhoff, JuS 1980, 723, 726 37 vgl. Jäger, MSchrKrim 1978, 297, 307 38 vgl. BGH NJW 1961, 684; LK-Lackner, §263 Rn.261 39 Eser IV, S.152

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

des Täters nicht ankommen kann, sofern nur der Vermögensvorteil eines seiner Ziele ist. Soll die Strafbarkeit ausnahmsweise von einer weiteren Zielvorstellung abhängig sein, so bringt der Gesetzgeber dies ausdrücklich zum Ausdruck, wie z.B. in §109d, worauf noch zurückzukommen sein wird 4 0 .

cc) Der räuberische Diebstahl I m Ergebnis gehen auch Rechtsprechung und Literatur im Zusammenhang mit den einzelnen Tatbeständen von den zuvor entwickelten Grundsätzen aus. Problematisch ist unter diesem Gesichtspunkt allerdings die Vorschrift des § 252. Sie setzt voraus, daß der Täter Nötigungsmittel einsetzt, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten. Hier ist streitig, ob die Besitzerhaltungsabsicht in jedem Fall ausreicht, was anhand des folgenden Sachverhalts verdeutlicht werden soll: Der Täter wird beim Diebstahl von einem Dritten überrascht, der ihm die Beute abnehmen will. Er widersetzt sich dem mit Gewalt, hat aber zu diesem Zeitpunkt bereits den Entschluß gefaßt, die Beute alsbald danach wegzuwerfen, weil ihm die Sache nun zu gefahrlich geworden ist und er mögliche Beweismittel gegen sich vernichten will. Im Moment der Gewaltanwendung handelte der Täter mit dem Ziel, die Beute gegen den Angriff des Dritten zu verteidigen. Nach den bisher entwickelten Grundsätzen käme es auf das weitere Ziel, die spätere Vernichtung der Beute, nicht an, so daß der subjektive Tatbestand zu bejahen wäre 41 . Die Beutesicherung stellt ein notwendiges Zwischenziel für den Täter dar. Nur wenn er dieses erreicht, kann er zu seinem weiteren Ziel gelangen, die Beute als Beweismittel zu beseitigen. Gegen dieses Ergebnis werden jedoch Bedenken angemeldet. So wird argumentiert, §252 gehöre seiner Konzeption nach zu den Eigentumsdelikten und finde seine Entsprechung im Raubtatbestand. Der subjektive Tatbestand des §252 beinhalte eine modifizierte Zueignungsabsicht. Daher sei erforderlich, daß der Täter handle, um die Zueignung zu ermöglichen oder abzuschließen. Ebensowenig wie derjenige wegen Raubes bestraft werden könne, der eine Sache wegnehme, um diese zu vernichten, könne im entsprechenden Fall einer Gewaltanwendung nach der Tat §252 Anwendung finden 42 . In dieselbe 40

dazu unten S. 119 so auch O L G Köln, NJW 1967, 739; Maurach-Schroeder, BT 1, S.336; DreherTröndle, §252 Rn.7; Otto, Grundkurs BT, S.203 42 Schröder, NJW 1967,1335; LK-Herdegen, §252 Rn.17; Sch-Sch-Eser, §252 Rn.7; Geilen, Jura 1980, 45; vgl. auch BGH 5 Str 254/56 vom 11.09.56, zitiert nach Pfeiffer/Maul/Schulte, §252 Anm. 7: Danach wird von §252 nicht erfaßt, wer durch Davonfahren mit einem Kraftwagen gegenüber einem kontrollierenden Polizeibeamten Gewalt anwendet, weil er die Entdeckung des im Kofferraum verborgenen Diebesgutes verhindern will, um hinterher dessen Verwendung als Beweismittel zu vereiteln 41

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Richtung geht die Ansicht, die Besitzbehauptungsabsicht müsse restriktiv ausgelegt und als dominierender Endzweck verstanden werden, dürfe also nicht bloßes Zwischenziel sein. Aus der Konstruktion des räuberischen Diebstahls als eines spiegelbildlich verkehrten Raubes ergebe sich, daß es nicht ausreichend sein könne, wenn der Täter lediglich seine Überführung verhindern wolle und zu diesem Zweck die Beute für kurze Zeit behaupten müsse 43 . Hier wird also über die tatbestandlich geforderte Besitzbehauptungsabsicht hinaus im Ergebnis als weiteres Ziel des Täterhandelns die Zueignung der erbeuteten Sache gefordert. Methodisch handelt es sich bei dieser Argumentation um eine teleologische Reduktion. Diese ist dadurch gekennzeichnet, daß eine Norm eine nach ihrem Wortlaut nicht vorgesehene Einschränkung erfahrt. Voraussetzung ihrer Anwendung ist, daß die Vorschrift vom Wortlaut her zu weit gefaßt ist und gemäß der ihr immanenten Teleologie einer Einschränkung auf ihren eigentlichen Anwendungsbereich bedarf 44 . Die Rechtfertigung der Vornahme einer teleologischen Reduktion liegt darin, daß ungleiche Fälle nicht gleich behandelt werden sollen, sondern daß die erforderlichen Differenzierungen, die nach dem Wortlaut nicht möglich sind, vorgenommen werden können 45 . Es stellt sich also die Frage, ob es sachlich geboten ist, §252 in der dargestellten Weise einschränkend auszulegen. Der Grund hierfür könnte sich nach der Argumentation der genannten Autoren aus der Parallele zum subjektiven Tatbestand des Raubes ergeben. Ob diese Parallele wirklich zwingend ist, erscheint jedoch zweifelhaft. Es ist zu bedenken, daß in einem Fall, in dem der Täter eine Sache wegnimmt, um sie zu zerstören, von vornherein kein Zusammenhang mit einem Zueignungsdelikt besteht. Demgegenüber hat der Täter bei §252 die Sache ursprünglich in Zueignungsabsicht weggenommen. Die Anwendung von Nötigungsmitteln erfolgt hier, wie das Erfordernis des Betroffenwerdens auf frischer Tat zeigt, in unmittelbarem Anschluß an ein Zueignungsdelikt. Ferner ist zu beachten, daß der Täter, der unerwartet auf frischer Tat ertappt wird, sich in diesem Augenblick in den seltensten Fällen darüber klar sein dürfte, welche weiteren Ziele er nach der Verteidigung der Beute verfolgt. Ihm wird es in erster Linie darum gehen, zunächst einmal den Angreifer abzuwehren 46 . Wenn er die Absicht hat, die Beute als Beweismittel zu vernichten, wird sich kaum feststellen lassen, ob er diesen Entschluß schon vor oder erst nach der Gewaltanwendung gefaßt hat. Im letzteren Fall wäre die Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Tathandlung noch gegeben. Würde man die Strafbarkeit nach §252 davon abhängig machen, so könnte sich der Täter ohne weiteres in Schutzbehauptungen flüchten, indem er geltend macht, es sei ihm nach der 43 44 45 40

Schünemann, JA 1980, 393, 397, 399 vgl. Larenz, Methodenlehre, S.375ff.; Krey, Gesetzesvorbehalt, S.25, 130 Larenz, aaO., S.376 vgl. Dreher, Ndschr VI, S.89; Fränkel, L M Nr.7 zu §252; E1962, S.41

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Entdeckung lediglich darum gegangen, sich einer möglichen Bestrafung zu entziehen; an der Beute selbst habe er kein Interesse mehr gehabt. Eine solche Einlassung dürfte ihm schwer zu widerlegen sein 47 . Derartige Beweisprobleme haben auch im Laufe der Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine Rolle gespielt. Bereits in den Partikulargesetzen des 19. Jahrhunderts finden sich Vorschriften, die dem räuberischen Diebstahl entsprechen. Hierbei sahen einige Strafgesetzbücher vor, daß auch die zur Verhinderung der Festnahme erfolgte Gewaltanwendung mit der Strafe dieser Vorschrift zu belegen sei, während §235 IV des bayrischen StGB von 1813 dies ausdrücklich ausschloß48. Von Bedeutung für die dem §252 entsprechende Vorschrift des §230 I I des Preußischen StGB war die Preußische „Circularverordnung wegen Bestrafung der Diebstähle und anderer Verbrechen" vom 26.02.179949. Deren §22 lautete: „Als Räuber wird derjenige bestraft, der um einen Diebstahl zu begehen, einen oder mehrere Menschen durch Schläge oder durch Binden, Knebeln oder Verstopfen des Mundes oder sonstige Mißhandlungen davon abhält, die beabsichtigte Entwendung zu verhindern oder sich des Täters zu bemächtigen." Danach wurde nicht erfaßt, wer nach einem vollendeten Diebstahl lediglich seine Person verteidigte. Erforderlich war vielmehr, daß die Tathandlung zum Zwecke der Begehung eines Diebstahls vorgenommen wurde 50 . Die Vorschrift wurde aber im Laufe der Zeit auch dann angewandt, wenn der Täter bei der Selbstverteidigung die Beute noch in Besitz hatte, da in diesem Fall die Mißhandlungen nicht nur das Verhindern der Ergreifung, sondern auch bezweckten, ihm den Besitz der Beute zu erhalten 51 . Diese Beweisregeln hielt man deswegen für zweckmäßig, weil sich sonst der Täter immer darauf berufen könne, er habe die Gewalt nur zum Zwecke der Verteidigung seiner Person verübt. Solche Erwägungen spielten auch in den Reformarbeiten zum Preußischen StGB eine Rolle 5 2 . In der Begründung zu §230 I I wird ausgeführt, die Gleichstellung der nachfolgenden Gewalt zur Behauptung des Besitzes erscheine deswegen gerechtfertigt, weil der Erfolg für den Bestohlenen, die subjektive Strafbarkeit des Angeschuldigten und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit in diesem Fall dieselbe sei, und außerdem dem schwer zu widerlegenden Einwand begegnet werden solle, der Täter habe die Gewalt erst nach Vollendung des Diebstahls verübt 53 . Angesichts dessen besteht von der historischen Entwicklung der Vorschrift her kein Anlaß, sie nur dann anzuwenden, wenn die Besitzerhaltung den Hauptzweck des Täterhandelns darstellt. Die Entstehungsgeschichte deutet eher 47 48 49 50 51 52 53

vgl. vgl. vgl. vgl. vgl. vgl.

auch Arzt, L H 3, S.103 Kohlheyer, Der allgemeine Rechtsgedanke des §252, S.40 Goltdammer, Mat. II, S.516 Kohlheyer, aaO., S.45 Goltdammer, Mat. II, S.516 F n . l Kohlheyer, aaO; S.45f.

Goltdammer, Mat. II, S.516

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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darauf hin, daß die Strafbarkeit wegen räuberischen Diebstahls nur dann ausgeschlossen sein sollte, wenn der Täter ausschließlich mit dem Ziel der Selbstverteidigung und der Verhinderung der Festnahme handelt, nicht aber dann, wenn er sich im Zeitpunkt der Gewaltanwendung noch im Besitz der Beute befindet und damit jedenfalls auch den Zweck verfolgt, diese zu verteidigen 54 . Auch wenn man einmal von Beweisproblemen absieht und davon ausgeht, daß sich die Feststellung, ob der Täter den Entschluß zur Beutebeseitigung vor oder nach der Gewaltanwendung gefaßt hat, treffen läßt, erscheint es zweifelhaft, ob die Folgen, die sich bei einer einschränkenden Auslegung der Besitzerhaltungsabsicht ergeben, sachgerecht wären. Hat sich der Täter zur Beseitigung der Beute erst nach der Gewaltanwendung entschlossen, hat er also zuvor noch in Zueignungsabsicht gehandelt, wäre er nach §252 in Verbindung mit §249 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu bestrafen. Hat er dagegen diesen Entschluß schon kurz vorher gefaßt, läge allenfalls ein Diebstahl und eine Körperverletzung bzw. Nötigung vor. Nach deutlicher wird diese Diskrepanz, wenn erst nach Vollendung des Diebstahls qualifizierende Umstände im Sinne der §§ 250,251 verwirklicht werden. Die Zurechnung dieser Umstände kann hier nicht schon deswegen erfolgen, weil sie in der Beendigungsphase der Vortat verwirklicht wurden 55 . Sie ist vielmehr nur über §252 möglich, der insoweit eine Spezialregelung enthält 56 , und setzt daher dessen Anwendbarkeit voraus. Verursacht nun der Täter bei noch fortdauernder Zueignungsabsicht etwa leichtfertig den Tod des Dritten, so wäre nach §251 eine Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren zu verhängen. Hat er dagegen die Zueignungsabsicht schon kurz vorher aufgegeben und sich zur alsbaldigen Beseitigung der Beute entschlossen, käme lediglich eine Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht mit einer Mindeststrafe von 3 Jahren. A n die u.U. ganz geringfügigen zeitlichen Unterschiede, in denen in den beiden Fällen der Entschluß zur Beseitigung der Beute gefaßt wird, derart unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen, ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Ein solches Ergebnis könnte allenfalls mit der Begründung gestützt werden, der Strafgrund des §252 liege darin, daß der Täter, der auf frischer Tat betroffen Gewalt anwendet, in der Regel auch zum Zwecke der Wegnahme Gewalt angewendet hätte 57 . Diese Vermutung ließe sich in den hier diskutierten Fällen nicht aufstellen. Es wird sich eher so verhalten, daß der Täter, hätte er seine

54 vgl. auch Linsmayer, Der räuberische Diebstahl, S.33; spätere Reformentwürfe hatten auch den Fall der Gewaltanwendung zum Zwecke der Verhinderung der Bestrafung in die Strafbarkeit mit einbeziehen wollen; vgl. dazu Kohlheyer, aaO., S. 58; E 1962, S. 418; 55 56 57

vgl. dazu grundsätzlich Jescheck AT, S.418f.; Lackner, vor §22 Anm.2 vgl. LK-Herdegen, §252 Rn.7ff.; §250 R n . l l RGSt 73, 343, 345; BGHSt 26, 95, 96; NJW 1968, 2386

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Entdeckung vorausgesehen, die Tat von vornherein nicht begangen hätte, so daß die Vorschrift ihrem Strafgrund nach nicht anwendbar wäre. Gegen eine derartige Bestimmung des Strafgrundes bestehen allerdings Bedenken. Die Tatsituation des §252 wird vielfach so beschaffen sein, daß der Täter infolge der plötzlichen Überraschung und der daraus sich für ihn ergebenden Bedrängnissituation im Affekt Nötigungsmittel anwendet. Die Vermutung, er hätte diese auch zum Zwecke der Wegnahme selbst angewendet, läßt sich daher grundsätzlich auch dann nicht aufstellen, wenn die Zueignungsabsicht über den Zeitpunkt der Gewaltanwendung hinaus fortdauert. Der Grund der Strafbarkeit ist eher in der besonderen Gefährlichkeit der tatauslösenden Situation und in der daraus resultierenden Gefährlichkeit und Rücksichtslosigkeit des Täters zu sehen, der die Interessen des Opfers seinem Besitzbehauptungswillen unterordnet 58 . Dann kann es aber keine Rolle spielen, zu welchem Zweck und für welchen Zeitraum der Täter sich den Besitz der Beute erhalten will. Die Ansicht, daß über die Besitzbehauptungsabsicht hinaus noch eine Zueignungsabsicht erforderlich sei bzw. daß die zuerst genannte Absicht den Endzweck darstellen müsse, ist daher nicht überzeugend. Es reicht ebenso wie bei den zuvor behandelten Absichtsdelikten aus, wenn die Absicht, sich im Besitz der Beute zu erhalten, für den Täter ein Zwischenziel darstellt. Problematisch ist im Zusammenhang mit §252 weiterhin der Fall, daß der Täter beim Einsatz der Nötigungsmittel nicht eine unmittelbare, von Seiten des Dritten drohende Wegnahme der Beute vereiteln, sondern lediglich verhindern will, daß ein Dritter Feststellungen trifft, die zu einem späteren Verlust der Beute führen können. In diesem Fall wird die Anwendbarkeit des §252 mit der Begründung verneint, die Absicht müsse auf die Verhinderung einer gegenwärtigen Gewahrsamsentziehung gerichtet sein. Nur wenn der Täter sich im Zeitpunkt der Tat der unmittelbar drohenden Wegnahme widersetzen wolle, sei die Gleichstellung mit dem Raub gerechtfertigt 59. Eine derartige Einschränkung der Vorschrift ist vom Wortlaut her nicht geboten. Wenn der Täter Nötigungsmittel anwendet, um Feststellungen zu seiner Person zu verhindern, kann er damit doch den weiteren Zweck verfolgen, die Beute zu sichern. Es muß ausreichen, wenn dieser Zweck eines der vom Täter verfolgten Ziele darstellt, ohne daß dieses das einzige oder das zeitlich nächste zu sein braucht. Die zeitliche Staffelung zweier Ziele genügt 60 . Dafür spricht auch die praktische Überlegung, daß es für den plötzlich überraschten Täter möglicherweise gar nicht sofort erkennbar ist, ob der Dritte ihm die Beute 58

vgl. LK-Herdegen, §252 Rn.3; Kohlrausch-Lange, §252 Anm. 2 BGHSt 9, 162; 28, 224, 231; Salger, NJW 1956, 1165; Maurach-Schroeder, BT 1, S.336; Preisendanz, §252 Anm. 4; Otto, Grundkurs BT, S.203 60 LK-Herdegen, §252 Rn. 17 59

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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abnehmen oder insoweit nur vorbereitende Maßnahmen treffen will. Der Täter kann hier mit dem Ziel handeln, jedenfalls Maßnahmen zu unterbinden, die ihm gefahrlich werden könnten. Die Strafbarkeit kann dann nicht davon abhängen, was der Dritte, gegen den sich der Einsatz der Nötigungsmittel richtet, vorhat. Der oben erwähnte Strafgrund, die Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer, die durch das Ziel der Beuteerhaltung bestimmt ist, gebietet es vielmehr, auch den Präventivschlag zum Zwecke der längerfristigen Besitzverteidigung einzubeziehen61.

k) Zielgerichtetes Handeln und sichere Nebenfolge Während unter dem vorigen Gliederungspunkt das Verhältnis von Absicht und Motiv behandelt wurde, wird im folgenden auf die Abgrenzung von „Absicht" im Sinne zielgerichteten Handelns zur Voraussicht eines Erfolges als bloßer Nebenfolge eingegangen. Dies ist gerade bei solchen Tatbeständen von Bedeutung, in denen die Strafbarkeit auf zielgerichtetes Handeln begrenzt ist. Als Grundlage der Untersuchung sollen folgende in der Rechtsprechung behandelte Fälle dienen: Fall 1: Der Täter, der auf dem Weg zu einem Fortbildungslehrgang ist, bemerkt unterwegs, daß er seine Fahrkarte vergessen hat. Er steigt dennoch in einen Zug ein in der Hoffnung, die Fahrkarte während der Fahrt noch zu finden, was ihm jedoch nicht gelingt. Bei der Ankunft versucht er, unbemerkt die Ausgangssperre zu passieren. Dabei geht es ihm allein darum, den Vorfall nicht im einzelnen erklären zu müssen und nicht infolge des Zeitverlusts seinen Lehrgang zu versäumen 62. Fall 2: Ein Beamter gab auf seiner Reisekostenabrechnung wahrheitswidrig an, ein Flugzeug benutzt zu haben. Dadurch wollte er verheimlichen, daß er vorschriftswidrig mit seinem Pkw durch die D D R gefahren war, was ein Disziplinarverfahren zur Folge gehabt hätte 63 . Fall 3: Der Täter bestellt unter falschem Namen Waren mit dem Auftrag, sie bei einer bestimmten Person abzuliefern, um die betreffende Person zu ärgern 64 . In allen diesen Fällen stellt sich das Problem, ob der Täter im Sinne von §263 einen Vorteil erstrebt hat. Daß der jeweilige Vorteil Gegenstand der Absicht des 61 62 63 64

Geilen, Jura 1980, 44f.; Schünemann, JA 1980, 399; Lackner, §252 Anm. 5 BGHSt 16, 1 K G NJW 1957, 882 BayObLG JZ 1972, 25

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Täters ist, könnte sich zunächst daraus ergeben, daß er ein notwendiges Zwischenziel auf dem Weg zu dem eigentlichen Ziel des Täters darstellt. U m ein Zwischenziel handelt es sich dann, wenn ein bestimmter Erfolg die notwendige Vorstufe des vom Täter verfolgten Endziels ist, wenn er diesen also zunächst anvisieren muß, um zu seinem eigentlichen Ziel vordringen zu können 65 . A u f den vorliegenden Fall 1 angewandt, bedeutet das: Voraussetzung für das rechtzeitige Erreichen des Lehrgangs war allein die Zeitersparnis durch das unkontrollierte Passieren der Sperre. Unzutreffend ist die Ansicht, auch die Bereicherung durch Nichtzahlung des Fahrpreises sei hierfür Voraussetzung gewesen66. Die Bereicherung war lediglich mit dem unkontrollierten Passieren der Sperre verbunden, war aber als solche keine notwendige Vorstufe der Zeitersparnis. Wollte man anders entscheiden, ließ sich eine Abgrenzung von Zwischenziel und Nebenfolge überhaupt nicht vornehmen. Es ist gerade Kennzeichen der Nebenfolge, daß sie mit dem angestrebten Erfolg untrennbar verbunden ist, daß der Täter unter den konkreten Umständen diesen nicht erreichen kann, ohne daß die Nebenfolge eintritt. Das allein kann aber die Nebenfolge nicht zum Zwischenziel machen. I m Fall 1 stellt der eingetretene Vorteil des Täters demnach kein Zwischenziel dar 6 7 . Entsprechend gilt in Fall 2. Die dem Täter erstatteten Flugkosten waren keine Voraussetzung für die Vermeidung des Disziplinarverfahrens. Voraussetzung hierfür war allein die falsche Angabe. Der Vermögensvorteil in der Form der Kostenerstattung war eine damit verbundene Nebenfolge 68 . In Fall 3 hat der Täter dem Warenlieferanten dadurch einen Schaden zugefügt, daß diesem mit der Lieferung Unkosten entstanden sind, die er nicht ersetzt bekam. Ein diesem Schaden entsprechender Vorteil des Täters liegt zwar nicht im Wert der Waren selbst, da er diesen nicht zur Vermehrung seines Vermögens eingesetzt hat 6 9 . Als Vermögensvorteil kommt jedoch die Arbeitsleistung des Warenlieferanten in Betracht, die in der Lieferung an die vom Täter bezeichnete Person steckt. Diese Leistung ist für den Täter notwendige Voraussetzung für die von ihm erstrebte Schädigung des Dritten. Er muß sich die Arbeitsleistung des Lieferanten zunutze machen, um dieses Ziel erreichen zu können. Der darin liegende Vermögensvorteil ist also keine bloße Nebenfolge

65

vgl. Lackner, Ndschr X I I , S.125 so aber Arzt, L H 3, S.155 67 ebenso Jescheck AT, S. 239; Jakobs AT, S. 218 Fn. 34, der aber eine Bereicherungsabsicht insoweit bejaht, als der Täter die Erlangung des Transports durch die Bahn erstrebte, der als solcher einen Vermögensvorteil darstelle. Zu beachten ist jedoch, daß der Täter während der Fahrt davon ausging, er werde die Fahrkarte noch finden, so daß es insoweit an einer Täuschungshandlung fehlt. 68 Jescheck AT, S.239; K G NJW 1957, 882 69 Schröder, JZ 1972, 26; Herzberg, JuS 1972, 185, 187 66

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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der Drittschädigung, sondern ein Zwischenziel auf dem Weg dorthin 7 0 . Insoweit sind auch die Bedenken Maurachs 71 gegenstandslos, der ein Zwischenziel nur annimmt, wenn der letztlich erstrebte Zweck nur aus der Substanz des sekundär erstrebten Vorteils bestritten werden kann. Genau das ist im Hinblick auf die erschlichene Arbeitsleistung der Fall. Ein Zwischenziel liegt also nur im Fall 3 vor, während es in den Fällen 1 und 2 zu verneinen ist. Der B G H hat in Fall 1 dennoch die Vorteilsabsicht des Täters bejaht, da der Vorteil sicher vorhergesehen und erwünscht gewesen sei. Absicht sei nicht nur dann anzunehmen, wenn der Vermögensvorteil das allein maßgebliche Ziel sei; vielmehr könnten daneben auch andere Zielvorstellungen wirksam sein 72 . An dieser Argumentation ist zwar zutreffend, daß das Vorhandensein weiterer Zielvorstellungen die Absicht nicht ausschließt. Damit ist aber noch nicht begründet, ob der Vermögensvorteil überhaupt eine der Zielvorstellungen des Täters war. Ob der BGH den Vorteil hier als ein Zwischenziel des Täters angesehen hat, wird nicht ganz deutlich. Diese Ansicht wäre jedenfalls verfehlt. Daraus, daß die Bereicherung kein Zwischenziel darstellt, kann allerdings noch nicht geschlossen werden, daß es an der Bereicherungsabsicht fehlt. So ist es durchaus denkbar, daß es der Täter auf mehrere Erfolge abgesehen hat, und zwar auch auf solche, die keine Zwischenerfolge auf dem Weg zu weiteren Zielen darstellen. Er kann also gleichsam „mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen" wollen 73 . Die Argumentation des BGH läuft nun darauf hinaus, daß jeder erwünschte Efolg als erstrebt angesehen wird. Dann ist aber nicht ersichtlich, warum der Erfolg auch sicher vorhergesehen sein muß. Nach allgemeinen Regeln reicht es ja gerade aus, wenn der erstrebte Erfolg nach der Vorstellung des Täters nur möglicherweise eintritt 7 4 . Im übrigen wird nicht klar, unter wlechen Voraussetzungen ein Vorteil als erwünscht gelten soll, was sich an zwei weiteren Entscheidungen zeigt, die auf denselben Grundsätzen aufbauen. Der Entscheidung BGH 4 Str 496/66 vom 24.02.67 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Wirt einer Gaststätte forderte einige ruhestörende Jugendliche auf, ihr Bier zu bezahlen und zu gehen. Daraufhin rief einer der Jugendlichen, jetzt werde Rabatz gemacht. Sie warfen Tische und Stühle um, hielten den Wirt

70 LK-Lackner, §263 Rn. 261; Herzberg, JuS 1972,185,188f.; Seelmann, JuS 1982,478; Krey BT 2, S.154f. 71 JR 1982, 345, 346 72 BGHSt 16, 1, 7; Eser IV, S.151 73 Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S.228; so ließe sich Fall 1 etwa dahingehend abwandeln, daß der Täter unterwegs noch einen Kauf hätte tätigen wollen und dafür, hätte er noch eine Fahrkarte kaufen müssen, nicht mehr genügend Geld gehabt hätte. Dann hätte es ihm sowohl auf die Zeitersparnis als auch auf die Ersparnis des Fahrgeldes ankommen können. 74 siehe oben Erster Abschnitt

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

und die Gäste mit einer Pistole in Schach und verließen das Lokal, ohne zu bezahlen. Im Hinblick auf eine Verurteilung wegen räuberischer Erpressung führte der BGH aus, angesichts der Tatsache, daß die Jugendlichen genügend Geld zur Zahlung der geringen Zeche bei sich gehabt hätten, liege die Vermutung nahe, daß es ihnen nur darum gegangen sei, den anwesenden Personen Furcht einzujagen. Ein Vermögensvorteil sei aber nur dann erstrebt, wenn er als sichere Folge erwünscht, nicht aber, wenn er dem Täter unerwünscht oder gleichgültig sei. Nach denselben Grundsätzen argumentierte der BGH auch in einem weiteren Fall 7 5 : Der Täter saß im Wartezimmer eines Arztes und wartete auf die Gelegenheit, von der Garderobe einen Mantel stehlen zu können. Als der Arzt überraschend auftauchte, gab er vor, krank zu sein und ließ sich untersuchen, um sein wirkliches Vorhaben zu verbergen. Der BGH entschied, der in der Untersuchung liegende Vermögensvorteil sei als eine erwünschte Folge vom Streben des Täters mit umfaßt gewesen. Hinzuweisen ist ferner auf folgende Fallkonstellation: I m sogenannten Bundesligaskandal haben Fußballspieler Bestechungsgelder dafür erhalten, daß sie den Gegner ein Spiel gewinnen ließen. Den zahlenden Zuschauern wurde hierdurch vor Spielbeginn wahrheitswidrig vorgespiegelt, daß der Ausgang des Spiels noch offen sei, so daß dem Verein das Eintrittsgeld für eine wertlose Gegenleistung zufloß. Hier könnte ein fremdnütziger Betrug der bestochenen Spieler zugunsten des Vereins vorliegen, wenn sie in der Absicht gehandelt hätten, diesem den Vorteil in der Form des Eintrittsgeldes zu verschaffen. Dazu wird auf der Grundlage der Entscheidung BGHSt 16,1 die Ansicht vertreten, daß der Vorteil des Vereins als erwünschte Folge vom Streben der Spieler mit umfaßt gewesen sei 76 . Warum im einen Fall der Vorteil erwünscht und im anderen Fall gleichgültig gewesen sein soll, wird nicht näher begründet. So hätte man in den beiden zuletzt genannten Fällen ebenso zu dem Ergebnis kommen können, daß der Vorteil den Tätern gleichgültig gewesen sei. A u f der Grundlage der Argumentation des BGH könnte man praktisch in allen Fällen, in denen dem Täter ein geldwerter Vorteil zufließt, unterstellen, daß dieser ihm erwünscht gewesen sei. Abgesehen von diesen Einwänden ist die „Erwünschtheit" oder „Gleichgültigkeit" des Täters gegenüber dem Vorteil schon vom Ansatz her kein geeignetes Kriterium zur Beantwortung der Frage, ob ein Erfolg zielgerichtet angestrebt wurde. Auch ein erstrebter Erfolg braucht keineswegs erwünscht zu sein. Der Täter kann vielmehr auch widerwillig oder widerstrebend einen Erfolg um weitere Erfolge willen anstreben. Der Grund der Annahme zielgerichteten Handels liegt nicht in der gefühlsmäßigen Einstellung des Täters zu diesem 75 76

BGH 5 Str 93/65 vom 13.04.65 Triffterer, NJW 1975, 612, 615

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Erfolg, sondern allein in der Tatsache, daß er für den Täter ein notwendiges Mittel zum Zweck darstellt 77 . Ebensowenig wie die Erwünschtheit eines Erfolges Voraussetzung zielgerichteten Handelns ist, kann sie allein dessen Annahme begründen 78 . Sie kann allenfalls ein Indiz dafür sein, daß ein Erfolg erstrebt war. Das läßt sich etwa anhand des klassischen Falles der Nebenfolge, des „Falles Thomas" 7 9 demonstrieren: Der Täter läßt ein Schiff explodieren, um die Versicherungssumme zu kassieren, weiß aber genau, daß die Besatzung dabei zu Tode kommen wird. Insoweit handelt es sich nicht um ein Zwischenziel, da Voraussetzung der Erlangung der Versicherungssumme nur die Zerstörung des Schiffs, nicht aber der Tod der darauf befindlichen Menschen ist. Nun läßt sich der Fall dahingehend abwandeln, daß sich an Bord des Schiffes eine mit dem Täter verfeindete Person befindet, deren Tod ihm nicht unerwünscht ist. Wäre die Ansicht des BGH richtig, so würde die Erwünschtheit dieses Erfolges die Annahme begründen, daß er Gegenstand der Zielvorstellung des Täters war. Diese Schlußfolgerung kann jedoch nicht gezogen werden 80 . Ob ein Erfolg erstrebt war, richtet sich danach, ob die Aussicht auf diesen Erfolg den Täter zu seinem Handeln zumindest mit veranlaßt hat. Es ist aber denkbar, daß auch ein an sich erwünschter Erfolg bei der Bildung des Handlungsentschlusses keine Rolle gespielt hat 8 1 . Ob die Vorstellung eines bestimmten Erfolgs für die Tatbegehung maßgeblich war, ist eine Frage der Beweiswürdigung im Einzelfall. Insoweit liegt es nahe, die allgemeinen Kausalitätsregeln 82 zu Hilfe zu nehmen. Dementsprechend wäre danach zu fragen, ob der Handlungsentschluß auch dann zustande gekommen wäre, wenn man die Aussicht des Täters auf den jeweiligen Erfolg wegdenkt. Auf den oben dargestellten Ausgangsfall 2 angewandt, wäre also zunächst die Frage zu stellen, ob der Täter auch dann gehandelt hätte, wenn ihm nach seiner Vorstellung die Vermeidung eines Disziplinarverfahrens hierdurch nicht möglich gewesen wäre. Diese Frage wäre zu verneinen. Die Aussicht auf diesen Erfolg kann folglich nicht hinweggedacht werden, ohne daß der Handlungsentschluß entfallen wäre, so daß diese Erfolgsaussicht ursächlich für das Handeln des Täters und der Erfolg damit zielgerichtet angestrebt war. Als nächstes wäre zu fragen, ob der Täter auch ohne die Aussicht auf einen Vermögensvorteil gehandelt hätte. Ist diese Frage zu bejahen, was nach dem Sachverhalt naheliegt, dann steht fest, daß dieser Vorteil für die Bildung des Handlungsentschlusses nicht erheblich und dieser Erfolg daher auch nicht erstrebt war. Wäre auch die 77

Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S. 145; v.Hippel, V D A I I I , S. 494; Oehler, NJW 1966, 1633, 1636 78 vgl. Gundlach, JZ 1981, 194; LK-Schroeder, §16 Rn.77 79 vgl. Binding, Normen I I 2, S.851 F n . l ; Jescheck AT, S.240 80 vgl. Oehler, NJW 1966, 1633, 1636 81 vgl. Welzel, NJW 1962, 20,22; LK-Lackner, §263 Rn.262 82 dazu Jescheck AT, S.224ff.

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

zweite Frage zu verneinen, dann wäre die Aussicht auf beide Erfolge für das Handeln des Täters ursächlich und damit zielgerichtetes Handeln bezüglich beider anzunehmen. Nach diesen Grundsätzen läßt sich auch Fall 1 lösen. Dort war für das Handeln des Täters die damit verbundene Zeitersparnis maßgeblich. Daß daneben auch die Aussicht auf den finanziellen Vorteil für den Tatentschluß mit ursächlich war, ist nach dem Sachverhalt nicht anzunehmen, so daß die Vorteilsabsicht zu verneinen gewesen wäre. Entsprechendes gilt auch für die übrigen im Zusammenhang mit dieser Entscheidung erwähnten Fälle. In BGH 4 Str 496/6(P ist angesichts der Tatsache, daß die zu bezahlende Zeche gering war und die Täter genügend Geld bei sich hatten, nicht anzunehmen, daß der im Nichtbezahlen der Zeche liegende Vermögensvorteil für den Tatentschluß mit ursächlich war. Der Entscheidung ist daher im Ergebnis zuzustimmen. Ebenso hätte jedoch auch in BGH 5 Str 93/65 84 entschieden werden müssen. A n der Untersuchung selbst hatte der Täter keinerlei Interesse. Ausschlaggebend für sein Handeln war allein der Zweck, seine wahren Absichten zu verbergen, nicht aber die Aussicht auf einen Vermögensvorteil 85 . Auch im Bundesligaskandal-Fall ist davon auszugehen, daß ursächlich für das Täterhandeln allein die Aussicht auf den eigenen Vorteil in der Form des Bestechungsgeldes, nicht aber der Vorteil für den Verein war, so daß es insoweit an einer Vorteilsabsicht fehlt 8 6 . Ähnliche Probleme bei der Frage, ob ein auf einen bestimmten Erfolg zielgerichtetes Handeln vorliegt, können sich auch im Zusammenhang mit dem Diebstahlstatbestand ergeben. Dort hatte sich die Rechtsprechung mit Fällen zu beschäftigen, in denen ein inhaftierter Täter einen Schlüssel wegnimmt, um sich damit befreien zu können, und diesen hinterher wegwirft, oder in denen er Kleidungsstücke wegnimmt, um nicht in der Anstaltskleidung fliehen zu müssen und darin aufzufallen. Die Aneignung der betreffenden Sache stellt hier eine notwendige Voraussetzung der erfolgreichen Flucht dar 8 7 , so daß von daher die Annahme eines Zwischenziels in Betracht käme. Auch wenn der Täter in der Anstaltskleidung flieht, die er am Leibe trägt, handelt er sich bei deren Aneignung nicht notwendigerweise um eine bloße Nebenfolge der Flucht 8 8 . Vielmehr kann auch hier die Mitnahme der Kleidung Voraussetzung der Flucht sein, da der Täter ja nicht unbekleidet fliehen kann, ohne aufzufallen. 83

oben S. 75 oben S.76 85 vgl. auch LK-Lackner, §263 Rn.262 86 vgl. auch Schroeder, in: Sport und Recht, S.21, 37f.; ders. in L K , §16 Rn.80 87 vgl. BGH M D R 1960, 689 88 so aber wohl O L G Celle, NZWehrR 1962, 178, 179; Gallas, Ndschr X I I , S.126; Dreher-Tröndle, §242 Rn.24 84

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Weitere Voraussetzung eines auf die Aneignung zielgerichteten Handelns, auch in der Form eines notwendigen Zwischenziels, ist jedoch, daß der Täter sich dieser Umstände, also der Notwendigkeit der Aneignung der betreffenden Gegenstände für sein Vorhaben sowie der Möglichkeit des Sachverlusts für den Berechtigten, im Zeitpunkt der Tathandlung zumindest im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewußtseins 89 bewußt ist, woran es vielfach fehlen wird 9 0 . Im Ergebnis ist also festzuhalten, daß die Frage, ob ein bestimmter Erfolg vom Täter zielgerichtet angestrebt wurde, zunächst deswegen zu bejahen sein kann, weil dieser Erfolg eine notwendige Vorbedingung für das eigentliche Ziel des Täters darstellt. Dann muß der Täter den Zwischenerfolg notwendigerweise mit erstreben, sofern er sich dessen Bedeutung für sein Ziel bewußt ist. Handelt es sich nicht um ein notwendiges Zwischenziel, so kommt es darauf an, festzustellen, ob der in Aussicht genommene Erfolg zumindest mit ursächlich für die Bildung des Tatentschlusses war, was danach zu beurteilen ist, ob man diesen Erfolg hinwegdenken kann, ohne daß der Tatentschluß entfallen wäre. Weitere Probleme in diesem Zusammenhang werden bei den einzelnen Tatbeständen behandelt 91 . 2. „Absicht" als ein auf das geschützte Rechtsgut bezogenes Merkmal Die Untersuchung befaßte sich bisher mit Tatbeständen, in denen das Absichtsmerkmal strafbarkeitseinschränkende Funktion hat. Im folgenden werden solche Delikte mit überschießender Innentendenz behandelt, bei denen der Gesetzgeber die Strafbarkeitsgrenze vorverlegt, indem er den Eintritt der Verletzung des geschützten Rechtsguts nicht abwartet, sondern eine hierauf gerichtete „Absicht" ausreichen läßt.

a) Die Urkundenfälschung Zunächst soll der Tatbestand der Urkundenfälschung erörtert werden, da in diesem Zusammenhang das Absichtsproblem Rechtsprechung und Literatur bereits beschäftigt hat. Grundlage war eine Entscheidung des BayObLG, die folgenden Sachverhalt zum Gegenstand hatte 1 : Der Täter unterschrieb mit dem Namen eines ihm bekannten Verlegers mehrere Wechsel und übergab sie einem Geschäftsfreund mit der Erklärung, der Verleger selbst habe diese unterzeichnet, wobei er wußte, daß sein Geschäftsfreund die Wechsel zu finanziellen Dispositionen verwenden werde. Hieraufkam es dem Täter aber nicht an. Er verfolgte

89 90

dazu Sch-Sch-Cramer, §15 Rn.51f.

vgl. BGH NStZ 1981, 63; Lackner, §242 Anm. 5b; Dreher-Tröndle, §242 Rn.24 91 vgl. insbes. unten S.112, 121 1 JZ 1968, 29

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

nur den Zweck, gegenüber dem Geschäftsfreund, dem er die Beschaffung der Wechsel zugesagt hatte, nicht als Versager dazustehen. Der subjektive Tatbestand des §267 erfordert ein Handeln „zur Täuschung im Rechtsverkehr". Daß für das Merkmal „zur Täuschung" ziegerichtetes Handeln erforderlich ist, ergibt sich bereits aus dessen finaler Struktur. Es setzt schon begrifflich voraus, daß der Täter bezweckt, auf die Vorstellung eines anderen im Sinne der Herbeiführung eines Widerspruchs zwischen Vorstellung und Wirklichkeit einzuwirken 2 . Der Täter muß also bei §267 zunächst das Ziel verfolgen, bei dem anderen Teil den Eindruck zu erwecken, die Urkunde sei echt 3 . Die Täuschung muß sich aber weiterhin auf den Rechtsverkehr beziehen. Darunter ist zu verstehen, daß hierdurch ein rechtserhebliches Verhalten bewirkt werden soll. Täuschungen, die sich lediglich auf den gesellschaftlichen Bereich oder auf den Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen erstrecken, wie hier das Bestreben des Angeklagten, sich bei seinem Geschäftsfreund persönliche Anerkennung zu verschaffen, werden nicht erfaßt 4 . Damit ergab sich im vorliegenden Fall folgendes Problem: Soweit der Täter es auf eine Täuschung angelegt hatte, hatte diese keinen Bezug zum Rechtsverkehr. Soweit dieser Bezug vorhanden war, nämlich im Hinblick auf die von dem Geschäftsfreund geplante weitere Verwendung der Wechsel, war dies vom Täter nicht erstrebt, sondern nur sicher vorgesehen 5. Dasselbe Problem stellt sich in allen Fällen, in denen sich eine Täuschung primär auf den außerrechtlichen Bereich bezieht, daneben aber einen Bezug zum Rechtsverkehr zur Folge hat 6 . Als Ausgangspunkt zur Lösung dieser Frage ist zunächst zwischen verschiedenen möglichen Fallkonstellationen zu unterscheiden: Der Täter stellt eine unechte Urkunde her, um sie selbst im Rechtsverkehr zu gebrauchen. Dann ergibt sich das Erfordernis zielgerichteten Handelns aus den bei den unvollkommen zweiaktigen Delikten entwickelten Grundsätzen 7 . Der Täter stellt eine unechte Urkunde für einen bösgläubigen Dritten her, der diese im Rechtsverkehr verwenden will. Der Täter stellt eine unechte Urkunde her, um sie an einen Gutgläubigen zu übergeben bzw. macht durch die Übergabe an den Gutgläubigen von der Urkunde Gebrauch. Er bezweckt, diesen über die Echtheit zu täuschen und sieht vorher, daß der weitere Gebrauch der Urkunde durch den Gutgläubigen zu einer Täuschung im Rechtsverkehr führen werde. Diese Täuschung im Rechtsverkehr

2

vgl. LK-Lackner, §263 Rn.17

3

Cramer, JZ 1968, 30, 33 vgl. LK-Tröndle, §267 Rn.192; Sch-Sch-Cramer, §267 Rn.87a, b vgl. auch Lenckner, NJW 1967, 1890, 1891 vgl. etwa RG L Z 1920, 803 s.o. A I

4 5 6 7

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

81

wäre dem Täter nach den Grundsätzen der mittelbaren Täterschaft zuzurechnen 8.

aa) Herstellung bzw. Gebrauchmachen von der Urkunde zur Weitergabe an einen Gutgläubigen Der zuletzt genannte Fall, um den es sich vorliegend handelt, soll zuerst erörtert werden. Es stellt sich die Frage, ob der Täter nur dann strafbar ist, wenn es ihm darauf ankommt, daß eine rechtserhebliche Täuschung herbeigeführt wird 9 , oder ob es genügt, wenn er dies als sichere 10 oder mögliche Folge seines Verhaltens vorhersieht.

aaa) Entstehungsgeschichte Das BayObLG hat zur Begründung seiner Ansicht zunächst auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift abgestellt. Der subjektive Tatbestand habe in seiner ursprünglichen Fassung zielgerichtetes Handeln verlangt. Die Strafrechtsangleichungsverordnung vom 29.05.1943, durch die §267 seine jetzige Fassung erhielt 11 , habe daran nichts ändern wollen. Zur Überprüfung dieses Arguments muß die Entstehungsgeschichte einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Die Vorschrift war in ihrer ursprünglichen Fassung im Strafgesetzbuch von 1871 als zweiaktiges Delikt ausgestaltet. Strafbar war, wer „in rechtswidriger Absicht eine... Urkunde...verfälscht...und von derselben zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht..." Das Gebrauchmachen mußte mit dem Willen der Täuschung geschehen; diese mußte die motivierende Erfolgsvorstellung sein 12 . Zum Merkmal der „rechtswidrigen Absicht" wurde in der Literatur ausgeführt, dieses solle die Täuschungsabsicht näher bestimmen; es müsse daher auf einen Erfolg gerichtet sein, der durch die Täuschung herbeigeführt werden solle. Da die Strafwürdigkeit in der Benutzung der Urkunde für rechtswidrige Zwecke liege, müsse sich die Absicht darauf beziehen, den Getäuschten zu einem rechtserheblichen Verhalten zu veranlassen 13 . In diesem Zusammenhang wurde auch auf einzelne Partikulargesetzbü8

Cramer, JZ 1968, 30, 33; Sch-Sch-Cramer, §25 Rn. 7 so BayObLG, aaO.; Maurach-Schroeder, BT 2, S.112 10 so LK-Tröndle, §267 Rn.193; Lackner, §267 Anm.7; Lenckner, NJW 1967, 1890; Sch-Sch-Cramer, §267 Rn.87b; Samson, JuS 1970, 376; im Ansatz ebenso O L G Saarbrücken, NJW 1975, 658, 659, wo dann allerdings in der Begründung darauf abgestellt wird, daß der Täter das rechtserhebliche Verhalten des Getäuschten bezweckt habe; der BGH hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen, vgl. BGHSt 5,149,152; BGH 1 Str 88/79 vom 24.04.79 9

11 12 13

dazu Schönke, DStR 1943, 137 vgl. Ebermayer, Festgabe für Frank, Bd. 2, S.418, 426f. vgl. Weismann, ZStW 11 (1891), 1, 46ff.; Frank, Kommentar, §267 Anm. V I 3

6 Gehrig

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

eher verwiesen, die ausdrücklich das Herstellen bzw. Gebrauchmachen zu einem rechtswidrigen Zweck unter Strafe stellten, wie etwa Art 311 des Sächsischen Strafgesetzbuches 14. Während diese Ansichten also zielgerichtetes Handeln auch im Hinblick auf das rechtserhebliche Verhalten des Getäuschten forderten, lassen einige Urteile des Reichsgerichts insoweit das sichere Wissen genügen. Die Entscheidungen gehen auf die bereits erwähnte Ansicht zurück, wonach ein auf den Erfolg gerichteter Wille auch dann anzunehmen sei, wenn sich der Täter den Eintritt des Erfolges als sicher vorgestellt habe 15 . Dahingehende Erwägungen finden sich auch im Zusammenhang mit §267. So wird in RG GA, Bd 42 (1894), 42 ausgeführt, die Hingabe eines falschen Attests an einen Dritten in der Annahme, daß dieses „möglicherweise" in die Hände anderer gelangen und diese täuschen könne, sei es für das Merkmal der „rechtswidrigen Absicht" nicht ausreichend. Wenn das Gesetz ein Handeln zu einem bestimmten Zweck verlange, könne das Wissen um die bloße Möglichkeit nicht genügen. In RG GA, Bd 37 (1889), 205,207 wurde entschieden, ein Gebrauchmachen von einer Urkunde könne auch darin liegen, daß diese an einen Ort gebracht werde, an dem sie der zu Täuschende jederzeit einsehen könne. Die rechtswidrige Absicht müsse dann dahin gehen, daß sie dort auch eingesehen werde. Dieser Absicht stehe das Bewußtsein gleich, daß die Einsicht dort erfolgen werde 16 . In dem der Entscheidung RG HRR 1940 Nr. 1364 zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Angeklagte einem eingeweihten Dritten eine unechte Urkunde übergeben. Das R G entschied, die Angeklagte habe in rechtswidriger Absicht gehandelt, wenn sie „gewußt habe", für welche Zwecke der Dritte die Urkunde habe verwenden wollen. RG HRR 1925, Nr. 1591 behandelte einen Fall des Gebrauchmachens durch Unterlassen. Der Geschäftsführer eines Unternehmens hatte nicht verhindert, daß ein Angestellter Unterlagen, die einer staatlichen Behörde vorgelegt wurden, eine falsche Quittung beigelegt hatte. Das R G verurteilte den Geschäftsführer wegen Urkundenfälschung, da er verpflichtet gewesen sei, die Vorlage unrichtiger Belege zu verhindern. Aus dem Sachverhalt geht nicht deutlich hervor, ob es dem Geschäftsführer selbst auf die Täuschung der Behörde ankam. Wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, läßt sich die Verurteilung nur auf der Grundlage halten, daß man insoweit das sichere Wissen für ausreichend hält.

14

vgl. Weismann, V D B VII, S.281f. RGSt 24, 255; 24, 369; 25, 427; 27, 241 16 vgl. auch RGSt 34, 360, 363; auf eine Gleichstellung von Zweck und Bewußtsein deutet auch die Entscheidung RGSt 68, 2, 6 hin 15

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

83

Alle diese Entscheidungen zeigen also, daß nach der Rechtssprechung des Reichsgerichts das Merkmal der rechtswidrigen Absicht lediglich den bedingten Vorsatz ausschließen sollte. Der Gesetzgeber von 1943 stellte im Gegensatz zu dem bis dahin geltenden Recht bereits das bloße Herstellen der Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr unter Strafe. Im übrigen sollte in materieller Hinsicht nichts geändert werden 17 . Angesichts der unterschiedlichen Auslegung des Absichtsmerkmals in Rechtsprechung und Literatur läßt sich daraus nicht entnehmen, in welchem Sinne der Gesetzgeber das Merkmal „zur Täuschung im Rechtsverkehr" verstanden wissen sollte. Hierüber könnten möglicherweise die bis dahin vorgelegten Reformentwürfe Aufschluß geben. A n der Gesetzesfassung von 1871 war schon bald Kritik geübt worden, und zwar unter dem Gesichtspunkt, daß für die Rechtsordnung kein Grund bestehe, abzuwarten, bis von der Urkunde tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei, da schon die Fälschung als solche eine gefahrliche und strafwürdige Handlung darstelle, sofern die böse Absicht des Fälschers feststehe. Gerade beim Zusammenwirken mehrerer Personen werde sich der Fälscher oft als der gefahrlichere Teil erweisen, was sich insbesondere in Fällen der Massenproduktion falscher Urkunden zeige 18 . Dieser Auffassung Schloß sich der VE 1909 an. U m eine zu weite Ausdehung der Strafbarkeit zu vermeiden, wurde jedoch für erforderlich gehalten, dem Täter nachzuweisen, daß er bei der Herstellung des Falsifikats die Absicht gehabt habe, einen anderen über Rechte oder Rechtsverhältnisse zu täuschen. Da dieser Nachweis nicht leicht zu führen sei, könnten hierdurch die harmloseren Fälle aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschieden werden. Das Merkmal der „rechtswidrigen Absicht" wurde dadurch ersetzt, daß der Entwurf ausdrücklich ein „Gebrauchmachen zur Täuschung über Rechte oder Rechtsverhältnisse" forderte 19 . Die Entwürfe von 1925,1927 und 1930 lauteten: „Wer eine Urkunde in der Absicht fälscht oder verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts,...gebraucht werde...". Zur Begründung wurde der Gedanke der Rechtsgutsgefahrdung durch die Fälschungshandlung betont. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß es gleichgültig sei, ob das Gebrauchmachen durch den Fälscher selbst oder durch einen Dritten geschehen solle 20 .

17

vgl. Schönke, DStR 1943, 137, 139 Weismann, VDB VII, S.364f. 19 vgl. §282 VE 1909, Begründung BT, S.790, 792 20 §187 E 1925, §203 E 1927; vgl. dazu die Begründung in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 3, S.96ff. und Bd. 4, S.106f. 18

*

84

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Alle diese Entwürfe enthielten im Allgemeinen Teil Definitionen des Absichtsbegriffs im Sinne zielgerichteten Handelns 21 , was die Vermutung nahelegt, daß dieser auch im Rahmen des §267 so verstanden werden sollte. Allerdings gehen die Entwürfe in den Begründungen zu den jeweiligen Bestimmungen des Besonderen Teils nicht auf die abweichende Rechtsprechung des Reichsgerichts ein. Dies deutet darauf hin, daß man sich der hier in Frage stehenden Problematik nicht bewußt war, sich insbesondere nicht mit der Frage auseinandergesetzt hatte, ob die allgemeine Absichtsdefinition in allen in Betracht kommenden Tatbeständen des Besonderen Teils zu sachgerechten Ergebnissen führte. Wenn man weiter bedenkt, daß das Strafgesetzbuch im Gegensatz zu den genannten Entwürfen eine Absichtsdefinition nicht enthält, sondern diese gerade offen lassen wollte, läßt sich aus der Entstehungsgeschichte nicht folgern, daß der Gesetzgeber von 1943 den subjektiven Tatbestand der Urkundenfälschung in demselben Sinne übernehmen wollte, in dem ihn die Entwürfe verstanden hatten. Das Argument des BayObLG, aus der Entstehungsgeschichte sei das Erfordernis zielgerichteten Handelns abzuleiten, ist nach alldem nicht zwingend, so daß sich die Lösung an anderen Kriterien orientieren muß. bbb) Vergleich des Unwertgehalts der beiden Arten des unbedingten Vorsatzes Vom Schutzzweck der Vorschrift her wird argumentiert, es sei für das dem Tatbestand zugrunde liegende Rechtsgut, die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs, unerheblich, welche subjektive Beziehung der Täter zu dessen Verletzung habe 22 . Damit bleibt aber noch die Frage offen, ob das Rechtsgut gegen jede Beeinträchtigung, unabhängig von der Willensrichtung des Täters, geschützt ist. Das Strafrecht enthält gerade kein umfassendes System des Rechtsgüterschutzes, sondern beschränkt sich oft fragmentarisch auf einzelne nach dem Kriterium der Häufigkeit und Strafwürdigkeit ausgewählte Schwerpunkte 23 . In diesem Zusammenhang ist die Erwägung des BayObLG von Bedeutung, es sei aus rechtsstaatlichen Gründen geboten, bei Tatbeständen, die schon im Vorfeld der Rechtsgutsverletzung eingriffen, die Strafbarkeit nicht noch weiter vorzuverlegen, so daß auf der subjektiven Tatseite zumindest zielgerichtetes Handeln in bezug auf die zukünftige Rechtsgutsverletzung verlangt werden müsse. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß der vorverlegte Strafrechtsschutz nichts mit der Frage zu tun hat, welche Anforderungen an die überschießende 21

siehe oben Erstes Kapitel, E

22

so Cramer, JZ 1968, 30, 31 vgl. Jescheck AT, S.40; siehe auch oben Β I I 1 h

23

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

85

Innentendenz zu stellen sind. Davon, daß bei Einbeziehung des unbedingten Vorsatzes die Strafbarkeit noch weiter vorverlagert würde, kann keine Rede sein 24 . Das Argument des BayObLG kann daher nur in dem Sinne gemeint sein, daß in diesem frühen, noch vor der Rechtsgutsverletzung liegenden Stadium allein dem zielgerichteten Handeln ein solcher Unwertgehalt zukomme, daß es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt erscheine, mit der Strafdrohung schon hier einzusetzen. Damit wird vorausgesetzt, daß derjenige, der eine Rechtsgutsverletzung anstrebt, generell strafwürdiger ist als derjenige, dessen Wille auf ein anderes Ziel gerichtet ist, der denselben Erfolg aber als unvermeidliche Nebenfolge vorhersieht. Ob diese Annahme zutrifft, erscheint zweifelhaft. Die Begründung hierfür ist darin gesehen worden, daß der die Erfolgsherbeiführung Anstrebende das höchste Maß an Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut an den Tag lege. Der Widerstand gegen die Rechtsordnung und die Gefährlichkeit dieses Täters seien größer, wenn er gerade die Rechtsgutsverletzung bezwecke, da sich ein solcher Täter leicht zur Wiederholung des Angriffs entschließe25. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut beim zielgerichtet handelnden Täter keineswegs immer größer zu sein braucht als bei demjenigen, dessen Wille nicht auf die Rechtsgutsverletzung gerichtet ist. Dies wird etwa deutlich, wenn man sich die Fälle vergegenwärtigt, in denen der Täter die Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolgs lediglich als Zwischenziel anstrebt. Das Verhalten steht hier unter dem Antrieb dessen, was der Täter letztlich erreichen will. Ob er zur Erreichung seines Endziels die Verletzung des Rechtsguts als Zwischenerfolg herbeiführen muß, oder ob dieser Erfolg als unvermeidbare Nebenfolge beim Handeln in Richtung des eigentlichen Ziels eintritt, sagt über die Einstellung des Täters zum verletzten Rechtsgut nichts aus. Er kann diesem Rechtsgut in beiden Fällen gleichermaßen gleichgültig gegenüberstehen, da dieses für sein Endziel nur von mittelbarer Bedeutung ist. Allein von der Bedeutung des Endzwecks für den Täter hängt es auch ab, ob er sich möglicherweise zur Wiederholung eines fehlgeschlagenen Angriffs entschließt. Hat der Endzweck für ihn so hohe Relevanz, daß dies der Fall ist, so ist, wenn mit seiner Handlung bestimmte Folgen notwendigerweise verbunden sind, seine Gefährlichkeit für die Rechtsgemeinschaft ebenso groß wie wenn er diese anstrebt. 26 Schließlich ist auch die Entscheidung gegen das Rechtsgut gleichermaßen evident, wenn sich der Täter selbst durch das sichere Wissen um dessen Verletzung nicht von seinem Handeln

24

Lenckner, NJW 1967, 1890, 1893 vgl. Miricka, Formen der Strafschuld, S.45; dem „Zielunrecht" wird auch von Schmidhäuser AT 8/30; Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 146ff., 170 und Langer, Das Sonderverbrechen, S. 300ff. ein grundsätzlich höherer Unwertgehalt beigemessen. 26 Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S.172ff. 25

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

abbringen läßt 2 7 . Wenn auch der psychologische Sachverhalt nicht derselbe ist, so liegt es doch nahe, beide Fälle im Hinblick auf die Strafwürdigkeit grundsätzlich gleichzustellen28. Zwar sind, wie sich aus der Vorschrift des §46 ergibt, auch die Ziele des Täters für die Unrechts- und Schuldbewertung seiner Tat von Bedeutung 29 . So ist etwa denkbar, daß der Täter mit seiner Handlung ein an sich achtenswertes Ziel verfolgt und als sichere Nebenfolge den Eintritt eines rechtswidrigen Erfolges vorhersieht, so daß im Einzelfall Wertunterschiede durchaus vorhanden sein können 30 . Solche Anhaltspunkte für eine geringere Schuldschwere ergeben sich jedoch erst aus der weitergehenden Motivation des Täters, die, wie oben dargestellt 31 , für die Frage der Erfüllung des Tatbestandes, der auf den abstrakten Unwertgehalt der Tat abstellt, grundsätzlich ohne Bedeutung ist. Eine generelle wertmäßige Abstufung zwischen zielgerichtetem Handeln und sicherem Wissen käme nur dann in Betracht, wenn in den Fällen, in denen die Rechtsgutsverletzung als sichere Nebenfolge eintritt, das vom Täter angestrebte Ziel im Regelfall zu dessen Gunsten spräche. Ein solcher Regelfall kann jedoch nicht angenommen werden. 32 Diese Ausführungen über das Wertverhältnis der beiden Vorsatzarten haben auch Bedeutung für die Auslegung des Absichtsbegriffs in den hier in Frage stehenden Tatbeständen. Straftatbestände und die dazu gehörigen Strafrahmen stellen nach der Tatschwere gestaffelte Unrechts- und Schuldbewertungen dar 3 3 . Ebenso wie der Richter den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat im konkreten Einzelfall bestimmt, legt der Gesetzgeber anhand der abstrakt vorgestellten Tatschuld im voraus fest, welchen Sachverhalten, die der Tatbestand mit einem bestimmten Strafrahmen erfassen soll, typischerweise ein vergleichbarer Unwertgehalt zukommt 3 4 . Wenn aber typischerweise eine wertmäßige Abstufung zwischen den beiden Arten des direkten Vorsatzes nicht möglich ist, kann im Zweifelsfall davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber bei der Normierung von Tatbeständen eine solche Differenzierung nicht hat vornehmen wollen, der Absichtsbegriff also den gesamten unbedingten Vorsatz umfaßt, es sei denn, daß die Strafbarkeit erkennbar von der Zielrichtung des Täterhandelns abhängig gemacht werden sollte, wie dies bei den in dieser Arbeit zuerst behandelten Deliktsgnippen der Fall war.

27

vgl. Löffler, Schuldformen, S.7; Frisch, Vorsatz und Risiko, S.498ff. Schröder, Festschrift für Sauer, S.207, 223; Jescheck AT, S.239; vgl. auch v.Wick, Über Vorsatz und Absicht, S.43 29 vgl. Dreher-Tröndle, §46 Rn. 18-20 30 vgl. Bruns, Strafzumessungsrecht, S.555 31 siehe oben Β I I 1 j, bb 32 vgl. BGH NJW 1981, 2204; Bruns, JR 1981, 512ff. 33 Dreher, Festschrift für Bruns, S.141, 145 34 vgl. Zipf, Die Strafmaßrevision, S.79f.; Hettinger, Doppelverwertungsverbot, S.63, 74ff.; Stree, Deliktsfolgen, S. 14f. 28

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Letzteres ist im Falle des §267 nicht anzunehmen. Wie die Entstehungsgeschichte gezeigt hat, war die in der Herstellung der Urkunde liegende Rechtsgutsgefahrdung der maßgebliche Strafgrund. Für die Gefahrdung des Beweisverkehrs macht es aber keinen Unterschied, ob es der Täter hierauf abgesehen oder ob er es lediglich als sichere Folge vorhergesehen hat 3 5 . Wie nahe diese beiden Fälle beieinander liegen können, macht die Entscheidung BGHSt 5, 149 deutlich: Ein Altmetallverkäufer hatte die Rechnungen aus Verträgen mit einem Käufer mit einem falschen Namen unterschrieben, weil er die von dem Käufer gezahlten Beträge vor dem Finanzamt verbergen wollte. Der Täter handelte hier zum Zwecke der Täuschung im Rechtsverkehr, da es ihm jedenfalls für den Fall einer Überprüfung der Unterlagen des Käufers durch die Finanzbehörde auf deren Täuschung angekommen war. Hätte der Verkäufer nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse des Käufers mit falschem Namen unterschrieben, etwa weil der Käufer aus irgendwelchen Gründen hätte verbergen wollen, daß er mit dem Verkäufer in geschäftlichen Beziehungen stand, so wäre es ihm nicht auf eine Täuschung im Rechtsverkehr angekommen, er hätte diese jedoch als Folge seines Verhaltens sicher vohergesehen. Der Unrechtsgehalt im Hinblick auf die Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs wäre in beiden Fällen der gleiche; die Strafbarkeit kann nicht davon abhängen, welche Interessen der Täter mit der Täuschung im Rechtsverkehr verfolgt. Nach alldem muß es somit ausreichen, wenn der Täter im Zeitpunkt der Herstellung bzw. des Gebrauchmachens von der unechten Urkunde die Vorstellung hat, diese werde im Rechtsverkehr verwendet und ein Dritter hierdurch zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlaßt. Die Entscheidung des BayObLG ist demnach nicht überzeugend. Der Täter hätte nach §267 verurteilt werden müssen.36

bb) Herstellung einer unechten Urkunde zur Weitergabe an Bösgläubige Als nächstes ist der Fall zu behandeln, daß der Täter die unechte Urkunde für einen bösgläubigen Dritten herstellt, der diese im Rechtsverkehr verwenden will. Dazu wird die Ansicht vertreten, hier müsse schon deswegen der unbedingte Vorsatz ausreichen, weil ein zielgerichtetes Handeln in bezug auf eine von einem Dritten vorzunehmende Handlung begrifflich nicht möglich sei 37 . Das ist jedoch unzutreffend. Es kann dem Täter im Zeitpunkt der Herstellung der unechten Urkunde durchaus darauf ankommen, daß diese durch einen Dritten in den Rechtsverkehr gebracht wird, etwa dann, wenn er selbst unerkannt im Hintergrund bleiben will.

35 36 37

Lenckner, NJW 1967, 1891, 1892 zur Einbeziehung des bedingten Vorsatzes s.u. Β I I 2a, cc so Cramer, JZ 1968, 30, 32

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Ausgehend von der Feststellung, daß §267 bereits die Gefahrdung des Rechtsverkehrs durch unechte Urkunden erfassen will, ist auch hier die Frage zu stellen, ob diese Gefahrdung nur dann gegeben ist, wenn der Fälscher selbst den Willen hat, daß die Urkunde in den Rechtsverkehr gelangt 38 . Diese Frage ist aus denselben Gründen wie in der vorherigen Fallgruppe zu verneinen. Hier ist zusätzlich darauf hinzuweisen, daß der praktisch wichtigste Fall in diesem Bereich der berufsmäßige Fälscher sein dürfte, dem es bei der Herstellung unechter Urkunden lediglich auf die Erlangung des Entgeltes ankommt. Die Beschränkung des subjektiven Tatbestandes auf zielgerichtetes Handeln hätte zur Folge, daß dieser allenfalls wegen Beihilfe zum Gebrauchmachen von der Urkunde durch den Dritten verurteilt werden könnte, und auch dies erst dann, wenn im konkreten Fall ein Gebrauchmachen zu Täuschungszwecken tatsächlich stattgefunden hat 3 9 . Das hätte gemäß §27 I I S. 2 eine zwingende Milderung des Strafrahmens zur Folge. Die Konsequenz wäre, daß bei sicherem Wissen um die Beeinträchtigung des Rechtsguts ein geringerer Strafrahmen zugrunde zu legen wäre als bei einem zielgerichteten Angriff auf das Rechtsgut, obwohl eine solche Abstufung, wie oben gezeigt, typischerweise nicht angebracht ist. Es muß daher jedenfalls ausreichen, wenn der Fälscher die Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs durch das Verhalten des Dritten als sichere Folge vorhersieht 40 . Weiter ist zu erörtern, ob dies in jedem Fall erforderlich ist. So ist denkbar, daß der Täter sich im Zeitpunkt der Fälschungshandlung nicht sicher ist, ob das Vorhaben des Dritten, für den er die Urkunde herstellt, bis zur Täuschung im Rechtsverkehr gedeihen, ob es tatsächlich ein rechtserhebliches Verhalten eines Dritten zur Folge haben wird. Das legt die Frage nahe, ob es nicht ausreichen muß, wenn der Täter die Absicht des Dritten, mit der Urkunde im Rechtsverkehr zu täuschen, kennt, auch wenn er den Täuschungserfolg selbst nicht sicher vorhersieht 41 . Zur Lösung dieses Problems kann an das im Zusammenhang mit den unvollkommen zweiaktigen Delikten Ausgeführte angeknüpft werden 42 . Dort wird durch den Planungszusammenhang, der zwischen der objektiven Tathandlung und dem angestrebten Ziel besteht, der Bezug zum geschützten Rechtsgut hergestellt, der die Bestrafung in diesem frühen Stadium rechtfertigt. Dasselbe gilt im Falle des §267, wenn der Täter die Urkunde herstellt, um sie selbst im Rechtsverkehr zu gebrauchen. Bei der Herstellung der Urkunde für einen Dritten muß es entsprechend genügen, wenn die Planung des Dritten auf die Rechtsgutsbeeinträchtigung gerichtet ist. Die Kenntnis der Absicht des Dritten 38

so Schmidhäuser AT 8/43; Stehling, Urkundenfälschung, S.261 vgl. Lenckner, NJW 1967, 1890, 1891 40 Lenckner, NJW 1967, 1890, 1892 41 so Jakobs AT, S.229; wohl auch Sch-Sch-Cramer, §267 Rn.91, wonach das sichere Wissen genügt, daß die Urkunde im Rechtsverkehr gebraucht werden soll. 42 siehe oben A I 39

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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stellt den Bezug zum Rechtsgut im Zeitpunkt der Tathandlung in derselben Weise her wie die eigene diesbezügliche Absicht des Täters 43 . Die Gründe, mit denen diese Ansicht im Zusammenhang mit den Bereicherungsdelikten abgelehnt wurde 4 4 , treffen hier nicht zu. Dort hat der Gesetzgeber die Bestrafung wegen täterschaftlichen Handelns erkennbar von der Zielrichtung des Täters abhängig gemacht. Hier dagegen liegt der Schwerpunkt auf der Rechtsgutsgefahrdung; die Tätereinstellung zum Erfolg ist nicht entscheidend. Daher kann hier die Kenntnis der Absicht des Dritten der eigenen Absicht des Täters gleichgestellt werden. Allerdings ist auch der Fall denkbar, daß der Täter die auf die Rechtsgutsverletzung gerichtete Absicht des Dritten kennt, aber davon ausgeht, daß es im konkreten Fall zur Verwirklichung dieser Absicht nicht kommen werde, weil etwa das in Aussicht genommene Opfer auf die Täuschung nicht hereinfallen werde. Würde man diesen Fall unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe zum Gebrauch der Urkunde durch den Dritten behandeln, so würde sich die Frage stellen, ob der Teilnehmer nach den Regeln des „agent provocateur" straflos ist. Da das Unrecht der Teilnahme nach h M in der Verursachung bzw. Förderung der tatbestandlichen Rechtsgüterverletzung liegt 4 5 , muß der Vorsatz des Teilnehmers auf die Vollendung der Haupttat gerichtet sein. Handelt er in der Vorstellung, daß es hierzu nicht kommen werde, liegt aus seiner Sicht kein wirklicher Rechtsgutsangriff vor, so daß eine Strafbarkeit wegen Teilnahme an der Haupttat ausscheidet46. Wird derjenige, der eine unechte Urkunde für einen Dritten herstellt, nach den oben entwickelten Grundsätzen als Täter erfaßt, so liegt es nahe, dieselben Regeln anzuwenden, was sich mit folgender Überlegung rechtfertigen läßt: Die eigentliche rechtsgutsverletzende Handlung ist die Tat des Dritten. Die Herstellung der Urkunde für den Dritten stellt insoweit eine täterschaftlich verselbständigte Gehilfenhandlung dar. In Fällen, in denen der Gehilfe nach den Grundsätzen des „agent provocateur" straflos wäre, muß dies entsprechend für den als Täter erfaßten „Gehilfen" gelten. Erforderlich zur Strafbarkeit als Täter einer Urkundenfälschung ist daher für den Hersteller bzw. Fälscher einer Urkunde neben der Kenntnis der Täuschungsabsicht des Dritten zumindest der bedingte Vorsatz, daß es zu einer Täuschung im Rechtsverkehr kommen werde 47 . Fehlt dieser Vorsatz, so liegt nach der Vorstellung des Täters im Herstellen bzw. Verfalschen der Urkunde kein Beitrag zu einer Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs, so daß eine Bestrafung wegen Urkundenfälschung nicht geboten erscheint.

43

vgl. Jakobs AT, S.229 siehe oben S.46 45 Jescheck AT, S.558; LK-Roxin, vor §26 Rn.15 46 vgl. LK-Roxin, §26 Rn.17; §27 Rn.31; Küper, GA 1974, 321, 331f.; Maaß, Jura 1981, 514, 518 44

47

vgl. auch Jakobs AT, S.229, 566

90

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Diese Ausführungen haben auch Bedeutung für die Fälle des Gebrauchmachens durch Unterlassen. Derjenige, der eine unechte Urkunde ohne Täuschungsabsicht hergestellt hat, kann aus vorangegangenem Tun verpflichtet sein, den Gebrauch durch Dritte zu verhindern 48 . Hier muß nach den oben entwickelten Grundsätzen die Strafbarkeit auch dann bejaht werden, wenn er die Täuschungsabsicht des Dritten kennt und mit einer Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs rechnet, nicht nur dann, wenn er selbst in Täuschungsabsicht handelt 49 .

cc) Einbeziehung des bedingten Vorsatzes? A n die bisherigen Ausführungen ist die Überlegung anzuschließen, ob das Merkmal „zur Täuschung im Rechtsverkehr" auch den bedingten Vorsatz umfaßt, ob sich also auch der Täter schon strafbar macht, der bei der Herstellung bzw. dem Gebrauchmachen von der Urkunde mit der Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs rechnet. Dagegen bestehen zunächst von der Entstehungsgeschichte der Vorschrift her Bedenken. Die Ansicht, daß für das Merkmal der „rechtswidrigen Absicht" in §267 ursprünglicher Fassung der bedingte Vorsatz ausreiche, war zu keiner Zeit vertreten worden. Unklar war lediglich, ob dem Willen zur Herbeiführung eines rechtserheblichen Verhaltens eines Dritten das diesbezügliche sichere Wissen gleichzustellen sei. Dafür, daß der Gesetzgeber, als er 1943 den Strafschutz vorverlegte, den subjektiven Tatbestand weiter hätte fassen wollen, findet sich kein Anhaltspunkt. Weiter stellt sich die Frage, ob es aus sachlichen Gründen geboten ist, auch den bedingten Vorsatz einzubeziehen. Hierzu wird die Ansicht vertreten, eine Abstufung zwischen unbedingtem und bedingtem Vorsatz sei nicht möglich. Die beiden Formen des direkten Vorsatzes hätten nichts gemeinsam, was dem bedingten Vorsatz fehle. Auch beim zielgerichteten Handeln könne der Erfolg nur als möglich vorgestellt sein, und auch beim sicheren Wissen um den Erfolgseintritt sei dieser nicht erstrebt 50 . Daraus wird die Folgerung abgeleitet, es sei nicht möglich, daß zwar die sichere Voraussicht eines Erfolges zur Strafbarkeit führe, nicht aber das Rechnen mit der Möglichkeit des Erfolgseintritts 5 1 . Gegen diese Auffassung spricht schon der Sprachgebrauch des Gesetzes, der an einigen Stellen ausdrücklich nur das absichtliche oder wissentliche Handeln

48 49 50 51

vgl. RG H R R 1925, 1591 so aber Sch-Sch-Cramer, §267 Rn.17; LK-Tröndle, §267 Rn.178 Jakobs, Konkurrenz, S.159; Welzel, Strafrecht, S.294 Sprang, Absichtsmerkmale, S. 76

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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unter Strafe stellt und damit den bedingten Vorsatz ausschließt52. Außerdem werden von der genannten Auffassung die zwischen den Vorsatzarten bestehenden Strukturunterschiede verkannt. Die Gleichstellung der beiden Arten des direkten Vorsatzes im Unwertgehalt wurde damit begründet, daß an die Stelle des Erstrebens eines Erfolges im einen Fall dessen sichere Voraussicht im anderen Fall tritt. I m Falle des bedingten Vorsatzes ist dagegen der Erfolg weder erstrebt noch sicher vorhergesehen, so daß er sich insoweit von den beiden anderen Vorsatzarten unterscheidet. Diesen gegenüber besteht auch ein qualitativer Unterschied. Zwar gibt auch der bedingt vorsätzlich handelnde Täter, der sich mit der Möglichkeit des Erfolgseintritts abfindet, zu erkennen, daß ihm die Verfolgung seiner Interessen wichtiger ist als die Vermeidung des Risikos für das Opfer 53 . Allerdings kann dieser Täter immerhin noch auf das Ausbleiben des Erfolges hoffen. Es ist denkbar, daß er, wenn ihm die Rechtsgutsverletzung mit größerer Evidenz vor Augen getreten wäre, wenn er diese als sicher eintretend vorhergesehen hätte, von seinem Handeln Abstand genommen hätte 54 . Die Gleichgültigkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut braucht hier typischerweise nicht dieselbe zu sein wie in den Fällen des direkten Vorsatzes, so daß der bedingte Vorsatz im Regelfall weniger schwer wiegt 55 . Aus sachlichen Gründen ist daher die Gleichstellung des bedingten Vorsatzes mit dem direkten Vorsatz in der Regel nicht geboten. Solange etwa bei der Urkundenfälschung die Möglichkeit besteht, daß deren Wirkung auf den außerrechtlichen Bereich beschränkt bleibt 5 6 , tritt die Gefährdung des Rechtsguts noch nicht so evident zutage, wie wenn der Täter die Auswirkungen auf den Rechtsverkehr im Zeitpunkt der Tathandlung schon sicher voraussieht oder sogar anstrebt. Daher läßt es sich vertreten, in diesem frühen Stadium der Deliktsbegehung den bedingten Vorsatz als die schwächste Vorsatzform zur Strafbarkeit nicht ausreichen zu lassen57. Der Täter kann in diesem Fall allenfalls als Gehilfe zum Gebrauch der Urkunde durch den Dritten bestraft werden, mit der Folge einer Milderung des Strafrahmens nach §27 I I S. 2. M i t dieser Lösung wird dem typischerweise geringeren Unwertgehalt des bedingten Vorsatzes durch eine entsprechende Abstufung des Strafrahmens Rechnung getragen.

52

vgl. auch Oehler, NJW 1966, 1633 vgl. Lackner, §15 Anm. I I 3b, aa 54 vgl. Löffler, Schuldformen, S.7; Frank, Festschrift für die Universität Gießen, S. 545; Schröder, Festschrift für Sauer, S.207, 247 53

55

vgl. Jescheck AT, S.240; BGH NJW 1981, 2204; Lackner, §46 Anm.4a, aa; L K G.Hirsch, §46 Rn.72 56 57

vgl. etwa die Beispiele bei Cramer, JZ 1968, 30, 33 vgl. auch Lenckner, NJW 1967, 1891, 1892

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

dd) §278, 219a Ähnlich wie §267 ein Handeln „zur Täuschung im Rechtsverkehr" verlangt, fordert §278 das Ausstellen eines unrichtigen Zeugnisses „zum Gebrauch bei einer Behörde". Die Vorschrift will die Beweiskraft ärztlicher Zeugnisse sichern, die zum Gebrauch bei Behörden bestimmt sind 58 . Die eigentliche Rechtsgutsverletzung wird erst durch den Gebrauch des Zeugnisses herbeigeführt, während die Strafbarkeit schon auf den Zeitpunkt der Herstellung vorverlagert ist. Entsprechend den zu §267 entwickelten Regeln muß es daher bei §278 ausreichen, wenn der Aussteller des unrichtigen Zeugnisses entweder sicher vorhersieht, daß es bei einer Behörde vorgelegt wird, oder wenn er die Absicht eines Dritten, das Zeugnis dort vorzulegen, kennt und damit rechnet, daß es zur Vorlage kommt 5 9 . Dasselbe gilt für das Merkmal „zur Vorlage nach §219" in §219a 60 . Die Vorschrift ist dem Tatbestand des § 278 nachgebildet und in der Terminologie der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen angeglichen61. ee) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis nach der Untersuchung des Tatbestandes der Urkundenfälschung lassen sich zwei Grundsätze festhalten, die im folgenden daraufhin geprüft werden sollen, inwieweit sie sich auf andere Tatbestände übertragen lasssen: 1. Hat der Gesetzgeber den strafrechtlichen Rechtsgüterschutz vorverlegt, so stellt das Absichtsmerkmal grundsätzlich nicht auf die Willensrichtung des Täters zur Rechtsgutsverletzung ab, so daß es ausreicht, wenn der Täter die Beeinträchtigung des Rechtsguts als sicher eintretende Folge vorhersieht. 2. Kann sich nach dem Tatbestand die überschießende Innentendenz auch auf das Handeln eines Dritten beziehen, so genügt zur Erfüllung des Absichtsmerkmals die Kenntnis der auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Absicht des Dritten, sofern zumindest der bedingte Vorsatz hinzukommt, daß es zur Verwirklichung der Absicht im konkreten Fall kommen werde. b) Die Geldfalschung I m Anschluß an die Urkundenfälschung liegt es nahe, zunächst die Geldfalschung des §146 zu untersuchen, die einen Unterfall der Urkundenfälschung 58

BGHSt 10, 157, 160 Nach Dreher-Tröndle, §278 Rn. 2; Lackner, § 278 Anm. 3; Preisendanz, § 278 Anm. 4 und Sch-Sch-Cramer, §278 Rn.6 soll dagegen der bedingte Vorsatz in Bezug auf den Gebrauchszweck genügen. 00 vgl. Laufhütte/Wilkitzki, JZ 1976, 329, 337; Prot VII, 2433 61 Ähnlich i.E. wohl Preisendanz, §219a Anm. 4 und Laufhütte, Prot VII, 2433, wonach der Täter „in Kenntnis" der Zweckbestimmung zur Vorlage handeln muß; nach Lackner, 59

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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darstellt 62 . Während dort die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs mit Urkunden geschützt wird, ist das entsprechende Schutzgut des §146 die Zuverlässigkeit des Geldverkehrs 63 . Auch hier wartet der Gesetzgeber nicht ab, bis das Falschgeld in den Zahlungsverkehr eingebracht worden ist, sondern läßt den Strafschutz schon im Vorfeld der Rechtsgutsverletzung eingreifen, sofern die erforderliche überschießende Innentendenz vorhanden ist 6 4 . Auch im Fall des § 146 liegt der Schwerpunkt des Delikts auf der objektiven Tatbestandshandlung, auf der Gefahr für den Geldverkehr, die durch das Herstellen des Falschgelds begründet wird 6 5 . §146 gleicht somit in seiner wesentlichen Gestaltung dem §267 66 , was die Frage nahelegt, ob auch das Absichtsmerkmal entsprechend auszulegen ist. Nach den zu §267 entwickelten Grundsätzen müßte demnach in Fällen, in denen der Täter das Falschgeld für einen Dritten herstellt, ohne daß es ihm selbst auf dessen Verbreitung im Zahlungsverkehr ankommt, die Kenntnis der entsprechenden Absicht des Dritten genügen. Es könnten sich jedoch Besonderheiten aus der gegenüber §267 abweichenden Tatbestandsfassung ergeben. § 146 nennt neben der Absicht des Inverkehrbringens die Absicht der Ermöglichung des Inverkehrbringens. aa) Entstehungsgeschichte Worin der Grund für die von §267 abweichende Fassung liegt, wird aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ersichtlich. §146 lautete in seiner ursprünglichen Fassung: „Wer...nachmacht,... um das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in den Verkehr zu bringen...". Die Vorschrift war also als unvollkommen zweiaktiges Delikt ausgestaltet, das im subjektiven Tatbestand zielgerichtetes Handeln des Täters im Hinblick auf den Gebrauch des Falschgeldes im Zahlungsverkehr voraussetzte 67. Umstritten war allerdings, ob auch die Weitergabe an einen Eingeweihten das Merkmal des „Inverkehrbringens als echt" erfüllt. Der BGH hatte dies abgelehnt 68 . Demgegenüber war in der Literatur die Ansicht vertreten worden, es müsse die Vorstellung genügen, daß die Weitergabe an den eingeweihten Dritten der erste Schritt des Inverkehrbringens sei 69 . Diese Auffassung wäre in der Sache darauf hinausgelaufen, §219a Anm. 3 genügt hinsichtlich der Zweckbestimmung zur Vorlage der bedingte Vorsatz; SK-Rudolphi, §219a Rn.7 fordert demgegenüber zielgerichtetes Handeln 62 vgl. Wessels, Festschrift für Bockelmann, S. 670,672; Dreher-Tröndle, § 146 Rn. 142 63 Lackner, §146 Anm. 1 64

vgl. LK-Herdegen, §146 R n . l , 2 vgl. auch Köhler, V D B I I I , S.242, 265 sowie die Begründung zum VE 1909, BT, S. 525, wonach die große Gemeingefahr, die die Falschmünzerei mit sich bringe, schon ein Einschreiten in diesem frühen Stadium erforderlich mache. 66 BGHSt 23, 229, 231 67 vgl. Frank, Kommentar, §146 Anm. 2 68 BGHSt 1, 143 69 vgl. Lackner-Maaßen, 8. Aufl., §146 Anm. 3; LK 9 -Herdegen, §146 Rn.12 65

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

die Kenntnis des Inverkehrbringens durch den Dritten zur Strafbarkeit ausreichen zu lassen70. Im EGStGB wollte der Gesetzgeber die Streitfrage ausdrücklich entscheiden und fügte zu diesem Zweck das Merkmal der Absicht der Ermöglichung des Inverkehrbringens ein. Damit sollte klargestellt werden, daß der Tatbestand auch die besonders gefahrlichen Fälle der Weitergabe an Eingeweihte erfaßt 71 . Dies legt die Vermutung nahe, daß am Inhalt des Absichtsmerkmals gegenüber der früheren Fassung nichts geändert werden, dieses also weiterhin im Sinne zielgerichteten Verhaltens zu verstehen sein sollte.

bb) Vergleich mit §267 Vergleicht man das zuvor gefundene Ergebnis mit den zu §267 entwickelten Grundsätzen, so ergeben sich in der Sache keine Unterschiede. §146 erfordert nicht, daß es dem Hersteller des Falschgeldes darauf ankommt, daß dieses in den Geldverkehr eingebracht wird, sondern verlangt nur ein zielgerichtetes Handeln im Hinblick auf die Ermöglichung des Inverkehrbringens. Die Ermöglichung liegt bereits im Herstellen der Urkunde für den Dritten. Wenn der Täter für diesen gegen eine bestimmte Gegenleistung das Falschgeld herstellt, dabei die Absicht des Dritten, das Falschgeld in den Zahlungsverkehr zu bringen, kennt, und bewußt und gewollt die Fälschungshandlung vornimmt, dann kommt es ihm auch begriffsnotwendig auf die darin liegende Ermöglichung des Inverkehrbringens an. Diese stellt für ihn ein notwendiges Zwischenziel dar, da sie Voraussetzung für die vereinbarte Gegenleistung ist.

cc) Das Merkmal „Inverkehrbringen" Neben den bisher erörterten Konstellationen sind auch Fälle denkbar, in denen der Fälscher nur mit der Möglichkeit rechnet, daß das Falsifikat in den Zahlungsverkehr gelangt, so etwa, wenn er dem Dritten nur seine künstlerischen Fähigkeiten beweisen und die Geldscheine wieder zurückhaben will. Hier kommt es ihm weder darauf an, dem Dritten das Einbringen des Geldes in den Zahlungsverkehr zu ermöglichen, noch sieht er sicher vorher, daß es dazu kommen werde. In diesem Fall wäre der Täter nach den bisher entwickelten Grundsätzen, wenn das Falschgeld dennoch in den Geldverkehr gelangt, nur wegen Beihilfe zum Inverkehrbringen durch den Dritten zu bestrafen. Allerdings hängt das Ergebnis auch von der Auslegung des Merkmals „Inverkehrbringen" ab. Der BGH hat in einem Fall, in dem eine gefälschte Münze zu Sammlerzwecken an einen Dritten als echt verkauft worden war, 70 so auch Lenckner, NJW 1967,1891,1894 Fn. 31; Stratenwerth, ZStW 76 (1964), 669, 699; vgl. auch BGHSt 1, 143, 144 zu §147 aF 71

vgl. BT-Dr 7/550, S.226; 7/1261, S.13; Stree, JuS 1978, 236, 239

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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entschieden, ein Inverkehrbringen liege schon dann vor, wenn das Falschgeld derart aus dem Gewahrsam des Täters entlassen werde, daß ein anderer in die Lage versetzt werde, dieses weiterzuleiten 72 . Damit würde die bloße Möglichkeit bzw. die Gefahr, daß der Dritte die Münze unvorhergesehenerweise doch in den Zahlungsverkehr bringt, für die Tatbestandserfüllung ausreichen 73. Wenn man bedenkt, daß das geschützte Rechtsgut in §146 nicht allgemein der Rechtsverkehr, sondern gerade der Zahlungsverkehr mit Geld ist, läuft diese Auslegung darauf hinaus, daß im Zeitpunkt der Tathandlung schon die Vorstellung von der bloßen Möglichkeit der Beeinträchtigung dieses Rechtsguts die Strafbarkeit begründet, womit in Abweichung von §267 auch der bedingte Vorsatz hinsichtlich der Rechtsgutsverletzung einbezogen wäre. Der Strafschutz würde somit bereits in einem Stadium eingreifen, in dem eine evidente Gefahr für das Rechtsgut noch nicht besteht 74 . Sachliche Gründe für diese Abweichung gegenüber §267 sind nicht ersichtlich. Eine Strafbarkeit in diesem frühen Stadium der Deliktsbegehung sollte vielmehr ebenso wie dort erst dann angenommen werden, wenn der Fälscher in der sicheren Vorstellung handelt, daß der Dritte, dem er die Münze verkauft, sie als Zahlungsmittel verwenden werde. Wenn bereits im Zeitpunkt der Fälschungshandlung absehbar ist, daß die beabsichtigte Weitergabe an den Dritten den ersten Schritt zum Einbringen der Münze in den Zahlungsverkehr darstellt, kann schon jetzt von einer unmittelbaren Gefahrdung des geschützten Rechtsguts gesprochen werden, die das frühzeitige Eingreifen der hohen Strafdrohung des §146 rechtfertigt. A u f diese Weise werden in der Sache übereinstimmende Ergebnisse zwischen §146 und §267 erzielt.

c) §1311 Nr. 4, 184 I I I Nr. 8 Dem §146 ähnliche Tatbestände finden sich in den §§1311 Nr. 4 und 184 I I I Nr. 8, in denen das Herstellen, Beziehen, Liefern usw. der dort genannten Schriften unter Strafe gestellt wird, wenn es erfolgt, um diese zu verwenden oder einem andern die Verwendung zu ermöglichen. Die Vorschriften entsprechen einander im Tatbestandsaufbau. In beiden Fällen werden Gefahren, die von den in den Schriften verkörperten Darstellungen ausgehen, bereits im Vorfeld der Rechtsgutsverletzung erfaßt 75 . Der Schwerpunkt der Delikte liegt in der von der objektiven Tathandlung ausgehenden Gefahrdung, nicht in der Tätereinstellung. Der Täter selbst braucht die Tendenz der Schrift nicht zu billigen 76 . Auch hier werden die Fälle, in denen der Täter lediglich gegen 72 73 74 75 76

BGHSt 27, 255, 259; Lackner, §146 Anm. 3d so Stree, JuS 1978, 236, 237; LK-Herdegen, §146 Rn.13 vgl. auch Dreher, JR 1976, 294 vgl. Laufhütte, JZ 1974, 46, 49; BT-Dr VI/3521, S.4ff.; 7/514, S.4 LK-v.Bubnoff, §131 Rn.24

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Entgelt handelt und es ihm nicht auf die Verbreitung ankommt, er diese aber vorhersieht, durch die Ermöglichungsabsicht erfaßt, so etwa bei der Lieferung pornographischer Filme, um dem Empfanger deren öffentliche Vorführung zu ermöglichen 77 . d)§311b In § 311b werden Vorbereitungshandlungen zu bestimmten Sprengstofftaten nach §§311, 311a unter Strafe gestellt. Strafgrund ist die Gefährlichkeit, die das Täterverhalten bereits in diesem frühen Stadium begründet. So wird nur die Herstellung solcher Vorrichtungen in die Strafbarkeit einbezogen, die nach ihrer Art die spezifische Eignung haben, der Herbeiführung entsprechender Explosionen zu dienen 78 . In den Beratungen der Großen Strafrechtskommission wurde zu dem Entwurf einer dem §31 l b ähnlichen Vorschrift ausgeführt, es solle vermieden werden, daß auch objektiv völlig neutrale Handlungen, die erst durch das Hinzutreten einer bestimmten Absicht zum Verbrechen würden, in die Tatbestandsbeschreibung einbezogen würden. Die Beziehung der Vorbereitungshandlung zur Tat sollte schon durch die Tathandlung selbst und nicht erst durch die besondere Absicht des Täters zum Ausdruck kommen 79 . Stellt aber das Gesetz auf die Rechtsgutsgefahrdung im Vorstadium der Verletzungshandlung ab, so kann es nach den bisherigen Grundsätzen nicht darauf ankommen, ob der Täter die Sprengstofftat selbst begehen will, oder ob er in der Vorstellung handelt, daß ein anderer diese begehen werde. Danach muß es also ausreichen, wenn der Täter sicher damit rechnet, mit seinem Verhalten einen Beitrag dafür zu leisten, daß die genannten Straftaten begangen werden können 80 . Wenn demgegenüber die Ansicht vertreten wird, die Vorbereitung der Haupttat müsse die Zielvorstellung des Täters sein 81 , so besteht in der Sache kein Unterschied. Es gilt vielmehr dasselbe, was bereits im Zusammenhang mit der Ermöglichungsabsicht des §146 ausgeführt wurde. Die Tathandlungen stellen selbst schon Vorbereitungshandlungen dar. Die Vorbereitung und die hierdurch bewirkte Förderung der Tat des Dritten ist kein außerhalb der objektiven Tathandlung liegender Nebenerfolg, sondern mit dieser identisch. Wenn der Täter die Absicht des Dritten, eine Sprengstofftat zu begehen, kennt, wenn er also weiß, daß seine Tat diesen Plan des Dritten fördert, dann kommt es ihm notwendigerweise auch auf die in seiner Tathandlung liegende Förderung und Vorbereitung an. 77

vgl. BGHSt 29, 68, 72 vgl. Lackner, JZ 1964, 674, 676; BT-Dr IV/2186, S.3 79 vgl. Dreher, Ndschr I X , S. 266 zu einem Gesetzentwurf von Mitarbeitern des BMJ in NdschrIIX, S.642 80 BayObLG NJW 1973, 2038; SK-Horn, §311b Rn.6 81 Lackner, §31 l b Anm. 3; Dreher-Tröndle, §31 l b Rn.8 78

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Anders verhält es sich, wenn der Täter lediglich mit der Möglichkeit rechnet, daß der Dritte den Sprengstoff zur Begehung einer Straftat verwenden will. Hier braucht es ihm nicht notwendigerweise auf die Vorbereitung der Tat des Dritten anzukommen. Allerdings wird die Ansicht vertreten, daß auch dieser Fall zur Strafbarkeit ausreichen müsse 82 . Eine Begründung hierfür könnte möglicherweise ein Vergleich mit den §§ 149,275 liefern. Auch dort werden bestimmte tatbestandliche Vorbereitungshandlungen unter Strafe gestellt, wobei die Formulierung verwendet wird: „wer ... vorbereitet, indem er ... herstellt ...". Hierzu wird allgemein die Ansicht vertreten, daß hinsichtlich der Vorbereitungshandlung der bedingte Vorsatz genüge 83 . Nun könnte § 31 l b ohne sachliche Änderung ebenso lauten: „Wer eine bestimmte Straftat vorbereitet, indem er... herstellt, ,.." 8 4 Ob der Gesetzgeber die unterschiedliche Formulierung gegenüber den §§149, 275 bewußt vorgenommen hat, läßt sich nicht ermitteln. Was §311b angeht, erscheint es im Vergleich mit den zuvor behandelten Tatbeständen bedenklich, für die Formulierung „zur Vorbereitung" auch den bedingten Vorsatz ausreichen zu lassen. Vielmehr scheint eine parallele Auslegung angebracht, die auch hier dem geringeren Unrechtsgehalt des bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Rechtsgutsverletzung Rechnung trägt und in diesem Fall lediglich zur Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Sich-Verschafifen des Sprengstoffs durch den Dritten führt. Hierdurch könnten weniger strafwürdige Fälle einem geminderten Strafrahmen unterworfen werden, wenn etwa der Täter Sprengstoff an Dritte zur Verwendung für rechtmäßige Zwecke, wie z.B. für Sprengungen in einem Steinbruch verkauft und lediglich in einem einzelnen Fall die Möglichkeit in Betracht zieht, daß ein bestimmter Kunde den Sprengstoff zur Begehung einer Straftat verwenden werde. Eine Vereinheitlichung der Auslegungsergebnisse mit denen der §§149, 275 ist deshalb eher dadurch vorzunehmen, daß man auch dort den bedingten Vorsatz nicht ausreichen läßt. Dieses Ergebnis ließe sich erreichen, indem man in das Merkmal „vorbereiten" ein finales Element hineininterpretiert, es also im Sinne eines gezielten Vorbereitens versteht 85 . I m Falle des Tätigwerdens für Dritte liegt ein solches zielgerichtetes Vorbereiten nach dem oben Ausgeführten allerdings schon dann vor, wenn der Täter sicher weiß, daß durch seine Tathandlung der Plan des Dritten gefördert wird. M i t dieser Auslegung wäre bei allen diesen Tatbeständen klargestellt, daß im Zeitpunkt der Vornahme der Tathandlung der auf die künftig zu bewirkende Rechtsgutsverletzung gerichtete unbedingte Vorsatz erforderlich und ausreichend ist. Strafbarkeitslücken dürften sich daraus nicht ergeben, da im Falle der Vornahme der in den §§149, 275, 311b 82 83 84 85

Sch-Sch-Cramer, §31 l b Rn.9; Fuhrmann, JR 1974, 476, 477 vgl. Lackner, §149 Anm. 4; Dreher-Tröndle, §149 Rn.5 vgl. Herzberg, JR 1977, 469f. vgl. Schudt, Subjektive Unrechtselemente, S.94

7 Gehrig

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

genannten Tathandlungen, die typischerweise auf die Vorbereitung rechtswidriger Handlungen angelegt sind, eine entsprechende Kenntnis des Täters in aller Regel vorhanden sein wird. e) §316c I I I Dem §311b entsprechende Grundsätze gelten auch für §316c I I I , der von der Struktur und von der Beschreibung der Tatbestandshandlungen her an § 311b angelehnt ist 8 6 . f) §86

In §86 wird das Herstellen, Vorrätighalten und Einführen von verfassungsfeindlichen Propagandamitteln zur Verbreitung unter Strafe gestellt. Entsprechend den Überlegungen zu den bisher behandelten Delikten ist auch hier die Frage zu stellen, ob es dem Täter darauf ankommen muß, daß die Schrift einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird 8 7 , oder ob es ausreicht, wenn er dies als sichere oder mögliche Folge seines Handelns vorhersieht. aa) Wortlaut Zunächst könnte der Wortlaut der Vorschrift über die Auslegung Aufschluß geben, und zwar das Merkmal „Vorrätighalten zur Verbreitung". Dieses enthält einen finalen Begriff, dem bereits als solchem eine bestimmte subjektive Tendenz innewohnt. „Vorrätighalten" meint schon begrifflich nicht das bloße Innehaben eines Gegenstandes, sondern den Besitz zu einem bestimmten Verwendungszweck. Es erfordert also, daß der Täter einen Gegenstand zu einem bestimmten Gebrauch bereit macht 8 8 . Der Verwendungszweck, zu dem in §86 das Vorrätighalten erfolgen muß" ist die Verbreitung der betreffenden Schrift. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob es dem Täter selbst hierauf ankommen muß. Die Verbreitung braucht nicht von dem Täter vorgenommen zu werden, sondern kann auch durch einen Dritten erfolgen 89 . Der Täter kann also die Schrift für die Zwecke des Dritten vorrätig halten, ohne daß er selbst dessen Zwecke verfolgt. Aus dem Wortlaut des Tatbestandes läßt sich somit nicht zwingend entnehmen, ob der Täter die Verbreitung des Propagandamittels zielgerichtet anstreben muß.

86

Lackner, §316c Anm. 6 LK-Willms, §86 Rn.14; Sch-Sch-Stree, §86 Rn.14; Wagner, Verfassungsfeindliche Propaganda, S.474 88 vgl. Horn, NJW 1977, 2229, 2231; Sch-Sch-Lenckner, §184 Rn.43; Schudt, Subjektive Unrechtselemente, S. 94 89 BGH G A 1960, 15 Nr. 3 87

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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bb) Entstehungsgeschichte Im folgenden soll geprüft werden, ob sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Anhaltspunkte für die Lösung ergeben 90. Die ursprüngliche Fassung von 1951 lautete 91 . 1) „Wer ... zum Zwecke der Verbreitung .. einführt... 2) ... wer verbreitet oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält." Da hierdurch Fälle nicht erfaßt werden konnten, in denen Propagandazentralen im Inland ihre Schriften herstellten, um sie durch ihre Agenten verbreiten zulassen, wurde der Tatbestand im Jahre 1953 geändert 92 . Er hatte nun folgenden Wortlaut: 1) „Wer ... herstellt, vervielfältigt oder verbreitet, 2) zur Verbreitung oder Vervielfältigung vorrätig hält, bezieht oder ... einführt ..." Damit wurden zwei Arten von Tathandlungen geschaffen. Die eine stellte allein auf den äußeren Tathergang ab. Demgegenüber verlangte die zweite noch eine bestimmte subjektive Tendenz des Täters. Allerdings wurde anders als in der früheren Fassung nicht mehr ausdrücklich formuliert „zum Zwecke der Verbreitung", sondern „zur Verbreitung", was vom Wortlaut her eine erweiterte Auslegung ermöglicht. Ob dem Gesetzgeber dies bewußt war, läßt sich nicht ermitteln. Es wurde die Ansicht vertreten, der Tatbestand fordere ebenso wie in der früheren Fassung zielgerichtetes Handeln im Hinblick auf die Verbreitung 93 . Gleichzeitig wurde aber ausgeführt, der Wille brauche nicht überwiegend von diesem Ziel erfüllt zu sein. Das überwiegende Motiv könne auch im Gelderwerb liegen 94 . Dementsprechend hatte der BGH entschieden, die Strafbarkeit werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Täter gehandelt habe, um ein Geschäft zu machen 95 . Es sei mit dem Zweck der Vorschrift nicht vereinbar, daß etwa der Druckereibesitzer, der ständig verfassungsfeindliche Schriften drucke, oder der Fuhrunternehmer, der solche Schriften massenweise einführe, straflos seien 96 . Begründet wurde dies damit, daß der Schwerpunkt des Delikts nicht auf der inneren Tatseite liege und der Tatbestand keine verfassungsfeindliche Absicht verlange. Zu bedenken ist jedoch, daß es in den vom BGH genannten Beispielen nicht nur an einer verfassungsfeindlichen Absicht, sondern überhaupt an einer 90

dazu ausfuhrlich Hammes, Staatsgefahrdende Propaganda, S.13ff., 154ff. BGBl I, 739, 741 92 vgl. Dreher, JZ 1953, 421, 426 93 vgl. Houy, Verfassungsschutz, S. 86, 238f.; Wagner, Verfassungsfeindliche Propaganda, S.331f. 91

94 95 96

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Houy, aaO., S.145 BGH G A 1965, 360 Nr. 7 BGHSt 19, 221, 223; vgl. auch Wagner, Verfassungsfeindliche Propaganda, S.374

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Verbreitungsabsicht fehlen kann. Diese Fälle einzubeziehen, ist dann nur auf der Grundlage möglich, daß man hinsichtlich der Verbreitung der Propagandamittel den unbedingten Vorsatz ausreichen läßt. Für die weitere Entwicklung der Vorschrift ist von Bedeutung, daß man solche Täter, die in wohlmeinender Absicht, etwa zum Zwecke der Aufklärung der Öffentlichkeit handelten, von der Strafbarkeit ausschließen wollte 9 7 . Der E 1962 wollte diese Einschränkung erreichen, indem er die Strafbarkeit davon abhängig machte, daß der Täter verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder sich in ihren Dienst stellt 98 . Der Gesetzgeber Schloß sich jedoch der Konzeption des Alternativentwurfs an 9 9 , der entscheidend auf die Gefährlichkeit der Handlung abstellte und die nicht strafwürdigen Fälle über eine Sozialadäquanzklausel ausschied 100 . Dementsprechend kann gemäß §86 I I I die Zwecksetzung des Täters strafbarkeitsausschließende Bedeutung haben, so etwa bei der Herstellung zur Verbreitung bei zuständigen Behören oder Bibliotheken 101 . Die Verfolgung finanzieller Interessen stellt keinen anerkannten Zweck im Sinne des § 86 I I I dar. Wenn man bedenkt, daß es in diesen Fällen dem Täter in der Regel nicht auf die Verbreitung der Propagandamittel ankommen wird, liegt der Schluß nahe, daß für das Merkmal „zur Verbreitung" der darauf gerichtete unbedingte Vorsatz des Täters ausreichend sein muß. Dafür spricht auch die Parallele zu den bisher behandelten Tatbeständen, von den abzuweichen kein sachlicher Grund besteht. Vielmehr treffen die Gründe, die dort zur Einbeziehung des unbedingten Vorsatzes geführt haben, auch hier zu. Die Vorschrift steht in dem Titel „Gefahrdung des demokratischen Rechtsstaates" unter dem übergeordneten Gesichtspunkt der Unterstützung verbotener Vereinigungen 102 . Die Gefahrdung, vor der der Tatbestand schützen will, geht von dem Propagandamittel selbst aus. Aus diesem muß sich die Zielrichtung gegen die verfassungsmäßige Ordnung ergeben, ohne daß es insoweit auf die Ziele des Herstellers ankommt 1 0 3 . Ferner muß diese Zielrichtung mit einer aktiv kämpferischen Tendenz verfolgt werden 104 . Der Vorsatz des Täters muß sich auf die in der Schrift verkörperte Zielsetzung sowie deren

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vgl. Copie, Grundgesetz und Politisches Strafrecht, S.236; BGHSt 19, 221, 224f.; Wagner, aaO., S.361 98 vgl. die Begründung zu §372 E 1962, S. 562; ebenso der Regierungsentwurf, der sich insoweit an den E 1962 anlehnte, vgl. BT-Dr V/898, S.25; dazu Jescheck, JZ 1967, 6, 8; eingehend zu den Reformentwürfen Wagner, aaO., S.412ff. 99 vgl. BT-Dr V/2860, S.8; Prot V, S.390 100 vgl. AÈ, Politisches Strafrecht, S.45 101

vgl. Dreher-Tröndle, §86 R n . l l a Maurach-Scbroeder, BT 2, S.230 103 vgl. BGHSt 23, 64, 73; BT-Dr V/2860, S.8 104 dazu Ruhrmann, NJW 1960, 992; Handschuh, Verfassungsfeindliche Schriften, S. 178ff.; BGHSt 29, 73, 78 102

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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aggressive Tendenz erstrecken 105 . Hat der Täter diese Vorstellung und stellt er die Schrift trotzdem her, so kann es für die Strafbarkeit keinen Unterschied machen, ob es ihm selbst auf deren Verbreitung ankommt, oder ob er weiß, daß ein anderer die Verbreitung übernehmen werde. Die Gefahrdung des Rechtsguts ist aus seiner Sicht in beiden Fällen die gleiche.

cc) Das Merkmal „Verbreiten" Ein weiteres Problem stellt sich im Zusammenhang mit dem Merkmal des „Verbreitens". Dieses soll nach der Rechtsprechung schon bei der Weitergabe an eine einzelne Person vorliegen, sofern der Täter damit rechnet, daß diese die Schrift weiteren Personen zugänglich machen werde 106 . Gegen diese Auslegung bestehen jedoch Bedenken. Eine Gefahrdung des durch §86 geschützten Rechtsguts tritt erst dann ein, wenn das Propagandamittel auf breiter Grundlage in Umlauf gesetzt wird, wenn also ein größerer Personenkreis in der Lage ist, davon Kenntnis zu nehmen. Läßt man insoweit die bloße Möglichkeitsvorstellung genügen, so wird auch derjenige Täter erfaßt, der bezüglich der Rechtsgutsgefahrdung lediglich mit bedingtem Vorsatz handelt 107 . Dieses Ergebnis erscheint im Vergleich mit den bisher behandelten Tatbeständen nicht sachgerecht. Solange der Täter davon ausgeht, es werde bei der Kenntnisnahme durch die eine Person bleiben, wenn es sich aus seiner Sicht also um einen möglicherweise rein internen Vorgang handelt, besteht keine Notwendigkeit, bereits im Zeitpunkt der Herstellung der Schrift mit der Strafbarkeit einzusetzen. Auch hier dürften somit die besseren Gründe dafür sprechen, im Hinblick auf die überschießende Innentendenz des Tatbestandes den bedingten Vorsatz als die schwächste Vorsatzform auszuschließen108.

g) Zwischenergebnis Als Ergebnis der Untersuchung der bisherigen Delikte haben sich die im Zusammenhang mit der Urkundenfälschung entwickelten Grundsätze bestätigt: Läßt der Gesetzgeber die tatbestandliche Vollendung bereits vor dem Zeitpunkt der eigentlichen Rechtsgutsverletzung eintreten, indem er eine darauf gerichtete „Absicht" genügen läßt, so kann aufgrund des typischerweise gleich los 106

Vgi

Wagner, Verfassungsfeindliche Propaganda, S. 373

BGHSt 19, 63, 71 vgl. das entsprechende Problem beim Merkmal des „Inverkehrbringens" in §146 oben Β I I 2b, cc 108 kritisch zur Rechtsprechung auch Kohlrausch-Lange, Nachtrag zur 39./40. Aufl., §97 Anm. I I I 3; Wagner, Verfassungsfeindliche Propaganda, S. 340f.; ablehnend auch SchSch-Stree, §86 Rn.14 und Sch-Sch-Lenckner, §184 Rn.57 sowie Dreher-Tröndle, §74d Rn.4, die allerdings zielgerichtetes Handeln im Hinblick auf die Weitergabe an einen größeren Personenkreis durch den Dritten fordern. 107

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

schwer wiegenden Unrechtsgehalts der beiden Arten des direkten Vorsatzes grundsätzlich nicht angenommen werden, daß die Strafbarkeit vom Willen des Täters zur Rechtsgutsverletzung abhängig gemacht wird. Vielmehr genügt die dahingehende Gewißheitsvorstellung des Täters. Kann die Rechtsgutsverletzung auch durch das Handeln eines Dritten herbeigeführt werden, ist die Kenntnis des Täters von der dahingehenden Absicht des Dritten grundsätzlich ausreichend, sofern er mit der Verwirklichung der Absicht rechnet. Das Gesetz bringt dies durch unterschiedliche Formulierungen des Tatbestandes zum Ausdruck. So wird die sichere Kenntnis der Absicht des Dritten der Sache nach auch dann erfaßt, wenn der Täter zu dem Zweck handeln muß, dem Dritten die Vornahme der Tat zu ermöglichen bzw. diese vorzubereiten.

h) Die falsche Verdächtigung Während in den bisher behandelten Tatbeständen zur Herbeiführung der Rechtsgutsverletzung über die objektive Tatbestandshandlung hinaus noch ein weiteres Handeln des Täters oder eines Dritten erforderlich ist, befassen sich die folgenden Erörterungen mit Vorschriften, in denen die objektive Tathandlung ohne weiteres geeignet ist, den Erfolg herbeizuführen, auf den sich die überschießende Innentendenz bezieht. In diesen Fällen ist die Tat noch näher an die Rechtsgutsverletzung herangerückt, die Gefahrdung des Rechtsguts also noch intensiver, so daß auf der Grundlage der bisherigen Grundsätze erst recht die Vermutung naheliegt, daß es für die Strafbarkeit auf die Willensrichtung des Täters nicht ankommen kann. I m folgenden soll untersucht werden, ob dies für alle in Betracht kommenden Delikte zutrifft oder ob sich bei einzelnen Tatbeständen Besonderheiten ergeben. Als erster Tatbestand dieser Gruppe ist §164 zu nennen. Die Bedeutung des Absichtsmerkmals soll zunächst von der Entstehungsgeschichte her untersucht werden. Die Vorschrift bedrohte in ihrer ursprünglichen Fassung denjenigen mit Strafe, der eine Anzeige macht, durch welche er wider besseres Wissen einen anderen einer strafbaren Handlung beschuldigt. Vorausgesetzt war allerdings eine freiwillige Anzeige, so daß falsche Angaben, die auf die Aufforderung einer Behörde hin gemacht wurden, nicht erfaßt wurden 1 . I n subjektiver Hinsicht wurde für erforderlich gehalten, daß der Täter mit der Möglichkeit rechnet, die Handlung, deren er jemanden beschuldigt hatte, werde ein Strafverfahren zur Folge haben; insoweit war der bedingte Vorsatz ausreichend 2. Durch Gesetz vom 26.05.19333 wurde der äußere Tatbestand erweitert. Die Vorschrift bezog nun auch der Fall ein, daß der Täter auf Befragen eine falsche Anzeige machte 4 . 1 2 3 4

vgl. Rüdorff, §164 Anm. 5 vgl. RGSt 8, 162; 10, 274; Heilborn, V D B III, S. 108 RGBl I, 295, 296 vgl. BGHSt 13, 219; Langer, Die falsche Verdächtigung, S.13

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Dagegen wurde der subjektive Tatbestand enger gefaßt, indem nunmehr die Absicht erforderlich war, ein Verfahren herbeizuführen. Die Rechtsprechung verlangte für diese Absicht den auf den Erfolg gerichteten Willen, den sie jedoch schon dann als gegeben ansah, wenn der Täter vorhergesehen habe, daß ein Verfahren in Gang kommen werde. Damit wurde der Sache nach der unbedingte Vorsatz als ausreichend angesehen5. Im EGStGB von 1974 sollte die Vorschrift ohne wesentliche sachliche Änderungen übernommen werden 6 . Daher liegt die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber das Absichtsmerkmal in dem von der Rechtsprechung entwickelten Sinn verstanden wissen wollte. Dieses Ergebnis erscheint auch in der Sache zutreffend. Dem Täter wird es vielfach darum gehen, einen Verdacht von sich selbst abzulenken, indem er die behördliche Verfolgung auf die Spur eines anderen lenkt 7 . In diesem Fall braucht es ihm nicht auf die Herbeiführung des Verfahrens gegen den Dritten anzukommen, auch nicht in der Form eines notwendigen Zwischenziels. Voraussetzung dafür, daß der Verdacht von dem Täter abgelenkt wird, ist lediglich das Hinlenken des Verdachts auf den Dritten. Das infolgedessen eingeleitete Verfahren stellt insoweit eine bloße Nebenfolge dar 8 . Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang weiterhin Fälle der falschen Verdächtigung durch Unterlassen der Berichtigung einer Anzeige, wenn etwa der Täter, obwohl sich ein Verdacht als unrichtig erwiesen hat, trotz Garantenstellung nichts unternimmt, weil ihm die Sache peinlich ist, und dabei vorhersieht, daß das Verfahren gegen den zu Unrecht Beschuldigten fortgeführt wird 9 . Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, solche Fälle von der Strafbarkeit auszunehmen. §164 schützt nach h M die staatliche Rechtspflege gegen ungerechtfertigte Inanspruchnahme sowie den Einzelnen gegen unberechtigte Zwangsmaßnahmen 1 0 . Die Gefahrdung dieser Rechtsgüter ist aber unabhängig davon, welche Ziele der Täter mit der falschen Verdächtigung verfolgt. Strafwürdig ist er bereits dann, wenn er den Dritten bewußt der Strafverfolgung aussetzt, auch wenn es ihm hierauf nicht ankommt. Der Schutzzweck der Vorschrift erfordert es daher, für den subjektiven Tatbestand den unbedingten Vorsatz ausreichen zu lassen11. 5

BGHSt 13, 219; 18, 204, 206; O L G Hamm, VRS 35 (1968), 425, 427 BT-Dr 7/550, S.232 7 vgl. auch die Begründung zu § 192 des Ε1927, der § 164 entspricht, in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 4, S.97f.; RGSt 69, 175 6

8

vgl. auch BGHSt 13, 219; Haft BT, S.51 vgl. den Fall bei Welp, JuS 1983, 865, 867f. 10 vgl. LK-Herdegen, §164 Rn.1-3; Sch-Sch-Lenckner, §164 R n . l ; Lackner, §164 Anm. 1; demgegenüber wird auch angenommen, daß nur die Rechtspflege (so Langer, Die falsche Verdächtigung, S. 64; SK-Rudolphi, § 164 Rn. 1,2) bzw. nur das Individualinteresse (so Hirsch, Gedächtnisschrift für Schröder, S.307, 328) geschützt sei. Für die hier zu behandelnde Frage führen diese Ansichten nicht zu anderen Ergebnissen. 9

11

LK-Herdegen, §164 Rn.31; Lackner, §164 Anm.5b; Lenckner, NJW 1967, 1894

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Für die Einbeziehung des bedingten Vorsatzes ist dagegen kein Raum 1 2 . Dieser sollte durch die oben erwähnte Gesetzesänderung von 1933 entgegen dem bis dahin geltenden Recht eindeutig ausgeschlossen werden, was als bewußte Entscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen ist. Es läßt sich auch sachlich damit rechtfertigen, daß solche Verdächtigungen, bei denen sich der Täter nicht sicher ist, ob gegen den Beschuldigten ermittelt werden wird, auch objektiv von geringerem Gewicht sein dürften.

i) Die Urkundenunterdrückung Ähnliche Erwägungen wie zur falschen Verdächtigung lassen sich auch beim Tatbestand des §274 anstellen. Dort wird neben der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs die Beweisposition des an der Urkunde Berechtigten geschützt 13 . Vielfach wird der Täter den Nachteil des Berechtigten lediglich als Folge seines eigennützigen Verhaltens vorhersehen, ohne daß es ihm hierauf ankommt 1 4 . Ferner ist auf den Fall hinzuweisen, daß der Täter, der eine Brieftasche gestohlen hat, darin enthaltene Urkunden wegwirft, weil er damit nichts anfangen kann. Hierzu wird die Ansicht vertreten, §274 stelle nicht das Vernichten von Beweismitteln schlechthin unter Strafe, sondern gerade die Entziehung einer Urkundenbeweisposition, so daß es dem Täter darauf ankommen müsse, dem Opfer einen Nachteil durch den Entzug dieser Position zuzufügen 15 . Diese Auffassung kann jedoch nicht überzeugen. U m eine Entziehung der Beweisposition handelt es sich auch dann, wenn der Täter diese Folge wissentlich herbeiführt, ohne es gerade hierauf abgesehen zu haben. Auch für die „Absicht" im Sinne des §274 muß somit der unbedingte Vorsatz genügen 16 . Weiterhin könnte man wiederum die Frage nach der Einbeziehung des bedingten Vorsatzes stellen. Diese wird mit der Begründung befürwortet, der Gesetzgeber wolle verhindern, daß Unberechtigte mögliche Urkundenbeweise Dritter beeinträchtigten. Ebenso wie der Nachteil eine Folge der objektiven Tathandlung sei, sei auch die subjektive Beziehung des Täters zu diesem nur eine Folge des sicheren oder möglichen Wissens um die Berechtigung des Dritten. 12

vgl. auch O L G Köln, JMB1NRW 1961, 167 LK-Tröndle, §274 Rn.2; BGHSt 29, 192, 194 14 vgl. auch den Fall bei Sieber, Computerkriminalität, S.83, 327; LK-Tröndle, §274 Rn.21; siehe auch die Denkschrift zum E 1919 in: Entwürfe zu einem Strafgesetzbuch, 3. Teil, S.187f., wo neben der Benachteiligungsabsicht ausdrücklich eine Vorteilsabsicht erwähnt war, da diese Fälle die Regel bildeten. 13

15

Otto, Grundkurs BT, S.353 LK-Tröndle, §274 Rn. 21 ; Sch-Sch-Cramer, § 274 Rn. 15; anders die ältere Rechtsprechung, die Absicht im Sinne von Beweggrund verstand, wobei allerdings darauf hingewiesen wurde, daß dieser Beweggrund nicht der einzige zu sein brauche, vgl. RGSt 10, 392; 16, 150f.; G A Bd. 46 (1898), 57; Warneyer, GA Bd. 41 (1893), 2, 16 16

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Wenn daher im Hinblick auf den objektiven Tatbestand der bedingte Vorsatz ausreichend sei, müsse dasselbe für die Herbeiführung des Nachteils gelten 17 . Diese Schlußfolgerung ist aber nicht zwingend. So ist es etwa in Fällen der Unterdrückung einer Urkunde durch zeitweiliges Vorenthalten denkbar, daß der Täter zwar weiß, daß er den Gebrauch der Urkunde durch den Berechtigten beeinträchtigt, er aber andererseits davon ausgeht, die Urkunde werde während dieser Zeit möglicherweise nicht benötigt. In diesem Fall fehlt es an einem auf die Verursachung eines Nachteils bezogenen unbedingten Vorsatz 18 . Ob solche Fälle in den Bereich der Strafbarkeit einbezogen werden sollen, läßt sich weder zwingend begründen noch ausschließen. Zu bedenken ist allerdings, daß das Delikt von der Struktur her dem §164 entspricht, wo der bedingte Vorsatz eindeutig ausgeschlossen werden sollte. Daher liegt es nahe, im Falle des §274 zur Herstellung übereinstimmender Ergebnisse ebenso zu verfahren. Auch hier dürften Fälle, in denen der Täter Nachteile für den Berechtigten lediglich als möglich vorhersieht, in der Regel auch objektiv von geringerem Gewicht sein, so daß ihre Einbeziehung unter Strafwürdigkeitsgesichtspunkten nicht geboten erscheint 19 .

j) Das Vereiteln der Zwangsvollstreckung §288 stellt Handlungen unter Strafe, durch die Gläubiger an der Durchsetzung ihrer Rechte gehindert werden. Der Schwerpunkt liegt in der objektiven Tathandlung, im Beiseiteschaffen von Vermögensstücken. Wollte man im subjektiven Tatbestand fordern, daß es dem Täter auf die Benachteiligung der Gläubiger ankommen müsse 20 , so könnte man lediglich den böswilligen Täter treffen, nicht aber den gegenüber den Interessen der Gläubiger völlig gleichgültigen Täter, der um den Verfolgung eigener Zwecke willen die sichere Benachteiligung der Gläubiger in Kauf nimmt 2 1 . Damit würden die praktisch wichtigsten Fälle nicht erfaßt 22 . Der Grund der Strafbarkeit besteht darin, die Gläubigerinteressen bereits im Vorfeld der Rechtsgutsverletzung zu schützen. Hierbei kann es aber nicht darauf ankommen, aus welchem Grund und mit welchem Ziel der Täter die beeinträchtigende Handlung vornimmt 2 3 , so daß der unbedingte Vorsatz hinsichtlich der Benachteiligung ausreichen muß.

17

Sprang, Absichtsmerkmale, S. 11 Off. vgl. Sch-Sch-Cramer, §274 Rn.10 19 vgl. etwa O L G Hamburg, NJW 1967,736,737; O L G Köln, VRS 50 (1976), 421,422; BGH M D R 1958, 140 18

20

so Berghaus, Der gesetzliche Schutz der Zwangsvollstreckung, S. 101; siehe auch §293 VE 1909, Begründung BT, S.815 21 22 23

Bruns, ZStW 53 (1933), 457, 459 vgl. Geerds, HdwbKrim, Bd.4, S.218; O L G Celle, NJW 1966, 557, 558 vgl. Wach, VDB V i l i , S.72; Oehler, NJW 1966, 1633, 1638

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Dies gilt wiederum nicht für den bedingten Vorsatz. Wenn man berücksichtigt, daß der Schuldner bei drohender Zwangsvollstreckung in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit nicht unerheblich beeinträchtigt ist, indem er sich ständig in Gefahr befindet, sich bei Veräußerung von Vermögensgegenständen strafbar zu machen, sind solche Fälle, in denen er damit rechnet, das vorhandene Vermögen werde für die Befriedigung der Gläubiger noch ausreichen, als minder strafwürdig auszuscheiden24. k) Die Pfandkehr Ähnlich wie §288 die Befriedigung der Gläubiger aus dem Schuldnervermögen schützt, dient §289 dem Schutz von bestimmten Gläubigerrechten gegen deren eigenmächtige Vereitelung 25 . In §289 verwendet der Gesetzgeber im subjektiven Tatbestand allerdings lediglich die Formulierung „ i n rechtswidriger Absicht", ohne genau zu bezeichnen, worauf diese Absicht gerichtet sein muß. Eine Möglichkeit der Auslegung wäre, das Absichtsmerkmal ebenso wie in §288 auf die Verletzung des Gläubigerrechts zu beziehen und es im Sinne des unbedingten Vorsatzes zu verstehen 26. Demgegenüber wird auch die Ansicht vertreten, dem Täter müsse es darum gehen, die Sache unter Verdrängung des beschränkt Berechtigten wieder der eigenen uneingeschränkten Verfügungsmöglichkeit zu unterwerfen bzw. diese für eigene Zwecke zu nutzen 27 . In diesem Fall müßte die Absicht auf einen Vorteil des Täters gerichtet sein. Damit käme dem Absichtsmerkmal nach den oben zu l a - h 2 8 entwickelten Grundsätzen strafbarkeitseinschränkende Funktion zu, so daß es im Sinne von zielgerichtetem Handeln auszulegen wäre.

aa) Entstehungsgeschichte Begründet wird die zuletzt genannte Ansicht im wesentlichen aus der historischen Entwicklung der Vorschrift 29 . Zur Zeit der Rezeption des römischen Rechts wurde die Verletzung des Besitzrechts noch unter den Diebstahlstatbestand gefaßt. Demgegenüber verstand man vom Beginn des 18. Jahrhunderts an unter dem Diebstahl nur noch die Entwendung fremder Sachen, so daß das „furtum possessionis" vom Tatbestand ausgeschlossen war 3 0 . Wie es deliktssystematisch einzuordnen war, ob es selbständig oder nur 24

LK 9 -Schäfer, §288 Rn.33 Lackner, §289 Anm. 1 26 so die hM, vgl. Lackner, §289 Anm. 4; Dreher-Tröndle, §289 Rn.4; SK-Samson, §289 Rn. 11; LK 9 -Schäfer, §289 Rn.20 27 Küchenhoff, Pfandkehr, S.54ff.; Sch-Sch-Eser, §289 Rn.9 28 siehe oben Β I I 1 h 29 dazu Küchenhoff, Pfandkehr, S.65ff. 30 vgl. Hälschner I I 1, S.338 25

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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unter dem Gesichtspunkt anderer Delikte strafbar sein sollte, war in den Partikulargesetzen des 19. Jahrhunderts umstritten 31 . Eine eigenständige Vertatbestandlichung fand die Pfandkehr erst im preußischen Strafgesetzbuch von 1851. Durch das Merkmal der rechtswidrigen Absicht sollte die Abgrenzung zur Selbsthilfe betont werden. Das Wegnehmen der Sache in der Überzeugung, daß dem Inhaber keines der bezeichneten Rechte zustehe, sollte vom Tatbestand ausgeschlossen und nur als rechtswidrige Selbsthilfe strafbar sein 32 . I m Gegensatz zum Diebstahl verzichtete man bei der Pfandkehr auf ein der Zueignungsabsicht entsprechendes positives Element. Damit konnte die Vorschrift auch in Fällen der Wegnahme zwecks Zerstörung oder Beschädigung eingreifen 33 . Lediglich zur Bezeichnung eines qualifizierten Falles griff man auf das Element der Gewinnsucht zurück. Für diesen Fall sollte zugleich der Verlust der Ehrenrechte eintreten. Obwohl das Merkmal der gewinnsüchtigen Absicht in der endgültigen Fassung wegblieb, bezog sich der im preußischen Strafgesetzbuch vorgesehene Verlust der Ehrenrechte nur hierauf. Die eigennützige Absicht war somit nur als der besondere Fall gedacht, der zur Erfüllung des Tatbestandes nicht vorausgesetzt war 3 4 . Der preußische Gesetzgeber ging also davon aus, daß die Absicht des Täters nicht auf die Verschaffung eines Vorteils für sich oder den Eigentümer gerichtet zu sein brauchte, sondern sich vielmehr lediglich auf die Verletzung des Gläubigerrechts beziehen müsse 35 . In dieser Weise wurde die Vorschrift auch durch das preußische Obertribunal interpretiert 36 . Die vom Küchenhoff 37 zur Stützung seiner Auffassung zitierte Stellungnahme der Prüfungskommission zum Diebstahls- und Pfandkehrentwurf von 1850, die das Kennzeichen der Pfandkehr darin sah, daß der Täter sich selbst die Benutzung der Sache wieder verschaffen wolle, widerlegt das gefundene Ergebnis nicht. Bei diesen Ausführungen ging es darum, den Unterschied zwischen Diebstahl und Pfandkehr herauszustellen, um zu begründen, warum für die Pfandkehr ein selbständiger Tatbestand vorgesehen war. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, daß der Tatbestand der Pfandkehr in jedem Fall eine dem Diebstahl entsprechende Absicht erfordert. Selbst wenn die Stellungnahme der Prüfungskommission in diesem Sinne zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich, daß der preußische Gesetzgeber sich diesen Standpunkt zu eigen gemacht hätte. Die obigen Ausführungen belegen vielmehr das Gegenteil. Dafür, daß das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 eine Änderung gegenüber dem Preußischen Strafgesetzbuch im Hinblick auf die Bedeutung des Absichts31 32 33 34 35 36 37

vgl. Küchenhoff, Pfandkehr, S.72ff.; Harburger, V D B VI, S.322 Hälschner, I I 1, S.338 vgl. Küchenhoff, aaO., S.87 vgl. Goltdammer, Mat. II, S.616ff. Harburger, V D B VI, S.325 G A Bd. V I I (1859), 116f. aaO., S.93

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

merkmals hätte vornehmen wollen, findet sich kein Anhaltspunkt, obwohl die Ansicht, der subjektive Tatbestand sei entsprechend der Zueignungsabsicht des Diebstahls auszulegen, zwischenzeitlich vertreten worden war 3 8 . So ergibt sich etwa aus den Ausführungen in den Kommentaren von Rüdorff 3 9 und Schwarze 4 0 , die beide an der Ausarbeitung des Strafgesetzbuches beteiligt waren 41 , daß man sich der historischen Verwandtschaft der Pfandkehr zum Diebstahlstatbestand durchaus bewußt war. Dennoch sollte nach den Ausführungen dieser Autoren die Absicht des Pfandkehrtatbestandes lediglich auf die Entziehungsseite bezogen werden 42 . Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt somit, daß der Gesetzgeber den §289 in Parallele zu §288 gesetzt hat, wofür auch der systematische Standort der Vorschrift spricht. Dasselbe Ergebnis läßt sich im Grunde auch aus den Ausführungen Küchenhoffs entnehmen. Es mit der Begründung zu korrigieren, dem liege eine Fehlinterpretation des historischen Gesetzgebers zugrunde, die verkenne, daß die Parallele zum Diebstahl in der historischen Entwicklung der Pfandkehr angelegt sei 43 , überzeugt nicht. Die historische Verwandtschaft der beiden Vorschriften zwingt den Gesetzgeber nicht, die beiden Tatbestände in jeder Hinsicht parallel zu konstruieren 44 . Die gesetzgeberische Entscheidung ist vielmehr hinzunehmen. Dafür spricht noch ein weiterer Gesichtspunkt. §289 bedroht im Unterschied zum Preußischen Strafgesetzbuch nicht nur denjenigen mit Strafe, der seine eigene Sache dem beschränkt Berechtigten wegnimmt, sondern auch den, der eine für ihn fremde Sache im Interesse des Eigentümers wegnimmt. Der Grund dafür war die Erwägung, daß es keinen Unterschied machen könne, ob die

38 39 40 41 42

vgl. Schütze, GS 21 (1869), 115, 138f. §289 Anm. 1,3 §289 Anm. 5 dazu unten S. 144 Fn. 27

vgl. auch Hegler, ARWPh, Bd.9 (1915/1916), S.278, 286f. so Küchenhoff, aaO., S.98 44 vgl. auch die Reformentwürfe nach Inkrafttreten des StGB, die den Schwerpunkt auf die Rechtsvereitelung gelegt und die Absicht darauf bezogen hatten: §376 E 1913 in: Entwürfe zu einem Strafgesetzbuch, l.Teil, S.88; §386 E 1919 in: Entwürfe, 2.Teil, S.85; Denkschrift zum E 1919 in: Entwürfe, 3.Teil, S.336; §320 E 1925 und §354 E 1927 in: Materialien zur Strafrechtsreform, Bd. 3, S. 170 und Bd. 4, S. 183; Begründung zu §294 VE 1909, BT, S.816f.; E 1962, S.441; RegE eines EGStGB, BT-Dr 7/550, S.255; die beiden zuletzt genannten Entwürfe hatten die Pfandkehr zum Erfolgsdelikt umgestaltet und auf die tatsächlich eingetretene Rechtsvereitelung abgestellt, vgl. dazu Lackner, Ndschr V I I I , S.72; Schöne, JZ 73, 446ff.. Diese Vorschriften wurden aber aus dem Gesetzgebungsverfahren ausgeschieden, um die Neuregelung einem besonderen Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zu überlassen, vgl. BT-Dr 7/2222, S.4 43

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Rechtsverletzung vom Eigentümer selbst oder von einem Dritten ausgehe45. Daß der Täter in der zweiten Fallalternative im Interesse des Eigentümers handeln muß, ergibt sich bereits aus dem objektiven Tatbestand, aus dem Erfordernis des Handelns „zugunsten des Eigentümers". Handelt er lediglich im eigenen Interesse, entfallt der objektive Tatbestand 46 . Würde man die rechtswidrige Absicht ebenfalls auf das Interesse des Eigentümers beziehen, so wäre das Absichtsmerkmal weitgehend tautologisch, da es in der Sache nichts Neues aussagen würde.

bb) Vergleich mit §288 Neben dem historischen Argument gibt es auch sachliche Gründe, die Parallele zur Vollstreckungsvereitelung des §288 zu ziehen. In beiden Tatbeständen handelt es sich um Fälle, in denen der Täter durch eine Verfügung über eigene Vermögensgegenstände Rechte Dritter beeinträchtigt. Dies legt es nahe, die Absicht in beiden Fällen auf die Rechtsvereitelung zu beziehen47. Dann kann diese jedoch nicht im Sinne zielgerichteten Handelns verstanden werden 48 . Aus welchen Gründen der Täter dem Dritten die Sache wegnimmt, ist nicht entscheidend. Ausreichend muß vielmehr sein, wenn er in dem Bewußtsein handelt, dem Gläubiger die Ausübung seines Rechts unmöglich zu machen. Noch weitgehend wird die Ansicht vertreten, es genüge auch, wenn der Täter aus eigennützigen Gründen das Bestehen eines Rechts und damit dessen Verletzung in Kauf nehme. Da der Täter sich oft nur unklare Vorstellungen über das Bestehen derartiger Rechte mache, müsse er auch dann erfaßt werden, wenn er diese jedenfalls für den Fall, daß sie bestehen, vereiteln wolle 4 9 . Diese Ausführungen rechtfertigen es jedoch nicht, von den im Zusammenhang mit §288 gefundenen Ergebnissen abzuweichen. Zwar reicht es nach allgemeinen Grundsätzen aus, wenn der Täter, der die Rechtsvereitelung bezweckt, lediglich mit der Möglichkeit des Eintritts dieses Erfolges rechnet 50 . Demgegenüber erfordert jedoch die Vorstellung des sicheren Eintritts einer Rechtsvereitelung notwendigerweise auch die Kenntnis davon, daß ein entsprechendes Recht eines Dritten besteht. Daß damit der Regelfall nicht erfaßt werden könne, weil der Täter sich üblicherweise über das Bestehen bestimmter 45

vgl. Rüdorff, §289 Anm. 1 vgl. RG JW 1931, 542 Nr.22; RGSt 7, 325 47 LK 9 -Schäfer, §289 Rn.20 48 so aber Wessels, BT 2, S. 94; Haft, BT, S. 245; die Entscheidungen RGSt 34,157,160; 21,312,313; 13,399,402 könnten demgegenüber auch so verstanden werden, daß lediglich der bedingte Vorsatz ausgeschlossen werden sollte. 49 O L G Braunschweig, NJW 1961, 1274; Frank, ZStW 14 (1894), 354, 409; L K 9 Schäfer, §289 Rn.20 50 siehe oben Erster Abschnitt 46

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Rechtsverhältnisse keine genauen Vorstellungen macht, ist nicht zutreffend. Es ist zu beachten, daß der Täter lediglich aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre den sachlichen Bedeutungsgehalt eines Merkmals erfassen muß 5 1 . Er braucht also keine genaue rechtliche Wertung bezüglich eines bestimmten Rechtsverhältnisses vorzunehmen, sondern er muß sich lediglich klar darüber sein, daß der Dritte berechtigt ist, die Sache zurückzuhalten, und daß er durch Wegnahme der Sache in diese Rechtsstellung eingreifen würde. Diese Kenntnis dürfte bei den in §289 genannten Rechten in der Regel vorhanden sein. Hat der Täter diese Kenntnis nicht, scheidet die Strafbarkeit nach §289 aus. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die Wegnahme der eigenen Sache bzw. einer fremden Sache zugunsten des Eigentümers grundsätzlich nicht so schwer wiegt wie die Wegnahme einer fremden Sache zu eigenen Zwecken, da die Verletzung fremder Rechte im ersten Fall noch nicht offen zutage tritt. Das Korrektiv erfolgt im subjektiven Tatbestand in der Weise, daß die Strafbarkeit von dem sicheren Wissen des Täters um eine Rechtsverletzung abhängig gemacht wird. Ebenso wie in § 288 reicht also hier der bedingte Vorsatz nicht aus.

1) Die Begünstigung U m einen Fall vorverlegten Strafrechtsschutzes handelt es sich auch bei §257. Zwar ist die Absicht auf den Vorteil eines Dritten gerichtet. Anders als bei den Bereicherungsdelikten ist dieser Vorteil jedoch für das geschützte Rechtsgut, das Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes 52 , nicht gleichgültig. Vielmehr wird das Rechtsgut gerade durch die Vorteilssicherung beeinträchtigt, die eigentliche Rechtsgutsverletzung also durch die überschießende Innentendenz gekennzeichnet. Nach den bisher entwickelten Grundsätzen müßte dies zu der Annahme führen, daß die Strafbarkeit nicht von der Willensrichtung des Täters abhängig gemacht wird, sondern hinsichtlich der Vorteilssicherung der unbedingte Vorsatz ausreicht 53 . Ob diese Vermutung zutrifft, bedarf einer näheren Erörterung.

aa) Entstehungsgeschichte In der ursprünglichen Fassung der Vorschrift waren die sachliche und die persönliche Begünstigung in einem Tatbestand zusammengefaßt, der lautete: „Wer... Hilfe leistet, um... der Bestrafung zu entziehen oder... die Vorteile... zu sichern, ...". Durch das EGStGB wurde der Tatbestand unter weitgehender

51

dazu Sch-Sch-Cramer, §15 Rn.45 BGHSt 24, 166, 167; Lackner, §257 A n m . l 53 so Sch-Sch-Stree §257 Rn. 22; Oehler, NJW 1966,1633,1637f.; Otto, Grundkurs BT, S. 272; ders, Vermögensschutz, S. 121f.; Schröder, NJW 1962,1037,1040; Lenckner, NJW 1967, 1890, 1894 52

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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Übereinstimmung mit den §§447,289 des E 1962 neu gefaßt 54 . Dessen §289, der dem jetzigen §257 entspricht, sollte mit der sachlichen Begünstigung des früheren Rechts übereinstimmen, wobei der Entwurf davon ausging, daß die Vorteile des Dritten „erstrebt" sein müßten 55 . Davon ging auch der Regierungsentwurf aus 56 . Außerdem ist zu beachten, daß die frühere persönliche Begünstigung in §258 zum Erfolgsdelikt umgestaltet wurde, und der Gesetzgeber dort im Unterschied zu §257 ausdrücklich die Begriffe „absichtlich oder wissentlich" verwendet. Zwar läßt sich aus dem Wortlaut allein noch kein zwingender Umkehrschluß ziehen 57 . Hier kommt jedoch hinzu, daß die beiden Vorschriften zur selben Zeit neu gefaßt worden sind und der Gesetzgeber sich auch mit der unterschiedlichen Bedeutung der subjektiven Tatbestandsmerkmale befaßt hat 5 8 . Unter diesen Bedingungen kommt der historischen Auslegung erhöhte Bedeutung zu 5 9 , so daß es von daher bedenklich erscheint, „Absicht" bei §257 im Sinne des unbedingten Vorsatzes zu verstehen 60.

bb) Ausscheidung objektiv neutraler Handlungen Im folgenden ist zu überlegen, ob das im Wege der historischen Auslegung gefundene Ergebnis auch sachlich angemessen erscheint. Insoweit ist von Bedeutung, daß der objektive Tatbestand des §257 durch den sehr weiten Begriff des „Hilfeleistens" umschrieben ist. Auch wenn man für dieses Merkmal eine objektive Eignung zur Besserstellung des Vortäters fordert und damit insoweit völlig ungeeignete Handlungen ausscheidet61, so werden dennoch auch Handlungen erfaßt, die als solche neutral und sozialadäquat sind. Als Beispiel mögen Fälle dienen, in denen ein Taxifahrer einen fliehenden Verbrecher gegen den üblichen Fahrlohn in seinem Taxi befördert oder ein Tankwart dem auf der Flucht befindlichen Täter Benzin in den Tank füllt. In beiden Fällen handelt der Hilfeleistende in der Vorstellung, dem Vortäter die Vorteile der Tat zu sichern. Die Frage, ob diese Vorstellung ausreicht, könnte in den geschilderten Beispielsfallen allerdings offen bleiben, wenn dort ein zielgerichtetes Handeln bezüglich der Vorteilssicherung vorläge. Dies hat der BGH im zuerst genannten Fall angenommen. Da der Taxifahrer den Fahrlohn nur habe bekommen können, wenn er die Fahrt und die darin liegende Hilfeleistung zur Vorteilssicherung unternommen habe, sei es ihm auch auf die Vorteilssicherung angekom54 55 56 57 58 59 60 61

vgl. Dreher-Tröndle, vor §257 R n . l E 1962, S.460; Materialien zur Strafrechtsreform, Bd.4, S.104 BT-Dr 7/550, S.248; vgl. auch Ndschr VI, S.109f. dazu grundsätzlich Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 145 vgl. E 1962, S. 631 dazu grundsätzlich Schroth, Subjektive Auslegung, S.102ff. vgl. auch Lenckner, Gedächtsnisschrift für Schröder, S. 339, 341 vgl. LK-Ruß, §257 Rn. 12-15; Vogler, Festschrift für Dreher, S.421

112

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

men 6 2 . Die Anwendung der oben 63 herausgearbeiteten Grundsätze über die Abgrenzung von Zwischenziel und Nebenfolge ergibt jedoch, daß Voraussetzung für die Erlangung des Fahrlohns allein die Beförderung mit dem Taxi war. Die darüber hinaus eintretende Beutesicherung war lediglich eine damit verbundene Nebenfolge. Ein notwendiges Zwischenziel hätte nur dann vorgelegen, wenn die Zahlung des Fahrlohns davon abhängig gemacht worden wäre, daß die Vorteilssicherung gelingt 64 . Dafür liefert der Sachverhalt aber keinen Anhaltspunkt. Die Strafbarkeit wegen Begünstigung wäre demnach nur dann zu bejahen, wenn man den auf die Vorteilssicherung gerichteten unbedingten Vorsatz ausreichen ließe. Das Argument Lenckners 65 , es bestehe kein Unterschied zu den Fällen des §288, da auch dort die Veräußerung von Gegenständen eine völlig alltägliche und indifferente Handlung sei, vermag nicht zu überzeugen. Bei §288 erfolgt die Veräußerung unter dem Eindruck der drohenden Zwangsvollstreckung. Der Täter entgeht hiermit der Durchsetzung gegen ihn gerichteter Forderungen, die er zu erfüllen verpflichtet wäre. In den zuvor genannten Fällen hat der Täter dagegen mit der rechtswidrigen Tat des Vortäters nichts zu tun. Er wird nicht aus Anlaß der und im Hinblick auf die Hilfeleistung zu dieser Tat tätig. Er nimmt vielmehr Handlungen vor, die zu seinen beruflichen Aufgaben gehören, und die er tagtäglich ebenso durchführt. Der Vortat kann er völlig gleichgültig gegenüberstehen, etwa weil er Ärger venneiden will und in der Meinung, daß ihn die ganze Sache nichts angehe. Wenn aber die objektive Tathandlung sozial üblich und indifferent ist, erhält sie erst durch die Zielrichtung des Täterhandelns einen Bezug zum geschützten Rechtsgut 66 . Es erscheint daher bedenklich, mit strafrechtlichen Mitteln bereits dann einzuschreiten, wenn der Täter die Rechtsgutsverletzung als sichere Folge seiner auf ganz andere Ziele gerichteten Handlung ansieht. Einen strafwürdigen Charakter können solche Handlungen erst dadurch erlangen, daß der Täter die Vorteilssicherung anstrebt, daß er gerade dadurch zu seinem Handeln zumindest mit veranlaßt wird 6 7 . Besonders deutlich wird dies, wenn der Täter sogar im Interesse des Berechtigten tätig wird, etwa den Zweck verfolgt, eine gestohlene Sache im Interesse des Eigentümers vom Vortäter zurückzukaufen. Auch hier handelt er in der Vorstellung, dem Vortäter die Vorteile der Tat in Form des Verkaufserlöses zu sichern 68 , er nimmt

62

BGHSt 4,107,109; LK-Ruß, §257 Rn. 19; LK-Schroeder, § 16 Rn. 80; Jescheck AT,

S.239 63

s.o. S. 73ff. Bennhold, Absicht bei Verfassungsgefährdung, S.17f.; Oehler, NJW 1966, 1633, 1638; Jakobs AT, S.218 Fn.32 65 NJW 1967, 1890, 1894 Fn.34 64

66 67 68

vgl. Oehler, Zweckmoment, S.124; Geppert, JK 2 zu §258 vgl. auch RGSt 60, 273, 278 vgl. Zipf, JuS 1980, 24, 27; Schröder, Festschrift für Rosenfeld, S. 161, 174

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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dies aber nur um der Wiederbeschaffung der Sache willen in Kauf 6 9 . Ein Verhalten, mit dem jemand lediglich dem durch die Vortat Geschädigten helfen will, dem also offensichtlich kein Unwertgehalt zukommt, nur deswegen zu bestrafen, weil damit gleichzeitig der Vortäter besser gestellt wird, wäre jedoch ein unangemessenes Ergebnis 70 . Zu dessen Vermeidung ist es erforderlich, die Strafbarkeit auf zielgerichtetes Handeln zu beschränken 71. Hinzuweisen ist auch auf die entsprechende Problematik in §258, die durch die Einbeziehung des wissentlichen Handelns in den Tatbestand entsteht und zu Korrekturen vom Schutzzweck der Norm her zwingt 72 . Hierzu wird die Ansicht vertreten, daß objektiv neutrale Verhaltensweisen die Strafbarkeit immer begründen, wenn der Täter absichtlich die Strafvereitelung herbeiführe, während bei bloß wissentlichem Handeln nach weiteren einschränkenden Kriterien zu suchen sei 73 . Auf diese Frage kann hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Jedenfalls zeigt sich aber daran, daß es bei §257, wo der Gesetzgeber die Strafbarkeit auf absichtliches Handeln beschränkt hat, nicht angezeigt ist, durch erweiternde Interpretation dieses Merkmals zusätzliche Auslegungsprobleme zu schaffen.

cc) Vergleich mit §258 V, V I Beim Vergleich mit §258 ist ferner zu beachten, daß dieser im Gegensatz zur Begünstigung in den Absätzen 5 und 6 Strafausschließungsgründe für Fälle vorsieht, in denen die Strafvereitelung zu eigenen Gunsten bzw. zugunsten eines Angehörigen erfolgt. Nun sind Fälle denkbar, in denen der Täter einem Mittäter hilft, um damit auch sich selbst in Sicherheit zu bringen, dabei aber auch dem 69

vgl. den Fall O L G Düsseldorf, NJW 1979,2320, wo der Täter allerdings im Interesse beider Parteien, des Vortäters und des Berechtigten, tätig geworden war. Nach ArztWeber, L H 4, S. 108f. soll auch in einem Fall wie dem vorliegenden die Vorteilssicherung zielgerichtet angestrebt sein, da der Zweck der Wiederbeschaffung der Sache nur über den absichtlichen Einsatz eines verbotenen Mittels zu erreichen gewesen sei. Zielgerichtetes Handeln hinsichtlich der Vorteilssicherung liegt jedoch nur dann vor, wenn der Täter bezweckt, daß dem Vortäter entweder die Sache selbst oder deren Wert auf Dauer erhalten bleibt (vgl. Schröder, Festschrift für Rosenfeld, S. 161,174), was nicht der Fall ist, wenn er im Interesse des Berechtigten tätig wird (vgl. auch Lackner, §257 Anm. 5a; BGH L M Nr. 14 zu §257; Erdsiek, NJW 1963, 1048, 1049). 70 vgl. dazu auch Schubarth, Festgabe für Schultz, S.158, 161 ff. 71 Geppert, Jura 1980, 328; Zipf, JuS 1980,24,27; Seelmann, JuS 1983, 32, 35; Geilen, JK 1 zu §257 72 dazu Lenckner, Gedächtnisschrift für Schröder, S.339, 355; LK-Ruß, §258 Rn.10 73 vgl. Lenckner, aaO. (Fn.72), S.356f.; Rudolphi, JuS 1979, 859, 861; siehe auch OLG Frankfurt, NStZ 1981, 144f. und BGHSt 29, 99, 106f., wo für die Abgrenzung zwischen zulässigem Verteidigerhandeln und strafbarer Strafvereitelung darauf abgestellt wird, ob die Handlung vom Verteidigungszweck getragen war, oder ob der Anwalt den Zweck verfolgt hat, in bewußt wahrheitswidriger Weise auf das Verfahren Einfluß zu nehmen. 8 Gehrig

114

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Mittäter die Tatvorteile sichert, oder in denen jemand einen Angehörigen auf der Flucht beherbergt, um ihn der Strafverfolgung zu entziehen, in der Vorstellung, daß diesem hierdurch auch die Vorteile der Tat gesichert werden. Bei einer weiten Auslegung des Absichtsbegrififs wäre zwar die Strafbarkeit nach §258 gemäß Absatz 5 bzw. 6 dieser Vorschrift ausgeschlossen, nicht aber die Strafbarkeit nach §257. Das Angehörigen- bzw. das Selbstbegünstigungsprivileg des §258 würde damit im Ergebnis leerlaufen. U m dieses unangemessene Ergebnis zu vermeiden, sieht sich diejenige Auffassung, die in §257 den unbedingten Vorsatz ausreichen läßt, dazu gezwungen, die Strafausschließungsgründe des §258 auch auf die Begünstigung zu erstrecken 74. Dagegen bestehen jedoch von der Entstehungsgeschichte her Bedenken. Die hier in Frage stehende Problematik war schon nach früherem Recht bekannt. Nach §257 I I aF war die Begünstigung straflos, wenn diese einem Angehörigen gewährt wurde, um ihn der Bestrafung zu entziehen. Hierzu hatte der BGH entschieden, die Straflosigkeit trete nicht ein, wenn neben der Absicht der persönlichen Begünstigung die Absicht einer sachlichen Begünstigung bestehe, es sei denn, daß letztere die notwendige Folge der persönlichen Begünstigung sei 75 . Diese Rechtsprechung war in der Literatur wegen der in beiden Fällen gleichermaßen bestehenden notstandsähnlichen Lage abgelehnt worden 76 . Der Auffassung, der Gesetzgeber habe mit §258 V, V I keine Streitfrage klären, sondern ganz bewußt nur einen Teilbereich regeln wollen, so daß die Strafausschließungsgründe weiterhin nach dem beiden Tatbeständen zugrundeliegenden Gedanken der notstandsähnlichen Lage zu beurteilen seien und daher auch bei §257 zur Anwendung kämen 77 , kann nicht gefolgt werden. Durch die Neufassung des §258 sollte die frühere Rechtsprechung bestätigt werden 78 . Diese ging aber gerade dahin, die Strafausschließungsgründe nicht auf die sachliche Begünstigung zu erstrecken. Der Gesetzgeber ist sich also der hier in Frage stehenden Problematik bewußt gewesen. Nach der Trennung der beiden Tatbestände des §257 und §258 ist daher die Annahme, es habe nur ein Teilbereich geregelt werden sollen, nicht vertretbar, so daß für eine Erstreckung der Absätze 5 und 6 des §258 auf §257 kein Raum ist 7 9 . Nach alldem bietet auch hier nur die Beschränkung des Absichtsmerkmals in §257 auf zielgerichtetes Handeln die Möglichkeit, zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen. Handelt der Täter zum Zwecke der Selbst- bzw. der Angehörigen-

74 75 76 77 78 79

Sch-Sch-Stree, §257 Rn. 37, 39 BGH St 11, 343; NJW 1961, 1827 vgl. Lenckner, JuS 1962, 302, 306; Lackner-Maaßen, 8. Aufl., §257 Anm. 5a, bb, c so Stree, JuS 1976, 137, 140 BT-Dr 7/550, S. 248 Lackner, §258 Anm. 7; LK-Ruß, §258 Rn. 32

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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begünstigung und nimmt er die damit verbundene Vorteilssicherung nur als Nebenfolge hin, so entfallt die Strafbarkeit nach §257®°. Handelt er dagegen auch im Hinblick auf die Vorteilssicherung zielgerichtet, dann begeht er ein über den bloßen Eigen- und Angehörigenschutz hinausgehendes Unrecht, für das der Gesetzgeber keinen Strafausschließungsgrund vorgesehen hat 8 1 .

dd) Vergleich mit §259 Ein weiteres Argument für eine enge Auslegung des Absichtsbegriffs in §257 ergibt sich aus einem Vergleich mit der Hehlerei. Die Begünstigung kann in ihrer äußeren Erscheinungsform der Hehlerei entsprechen, wenn etwa die Hilfeleistung in der Form der Absatzhilfe oder des Sich-Verschaffens einer vom Vortäter gestohlenen Sache erfolgt 82 . Auch wenn der Hilfeleistende nicht mit der für §259 erforderlichen Bereicherungsabsicht handelt, wird er sich doch in aller Regel darüber im klaren sein, daß er dem Dritten die Vorteile der Tat sichert. Die Folge einer weiten Auslegung des Absichtsbegriffs in §257 wäre, daß beim Handeln in Bereicherungsabsicht §259, beim Handeln ohne Bereicherungsabsicht praktisch als Auffangtatbestand §257 eingriffe. §257 würde dann im Ergebnis auch die Mitwirkung beim Umtausch von Surrogaten erfassen, so daß die Straflosigkeit der Ersatzhehlerei weitgehend leerliefe 83. Damit würde man der gesetzlichen Systematik nicht gerecht. Beide Delikte stellen typische Anschlußtaten dar. Wenn diese sich in der Ausprägung ihres objektiven Tatbestandes überschneiden können, kann die Unterscheidung nur im subjektiven Tatbestand zu suchen sein, und zwar in der unterschiedlichen Zielrichtung des Täterhandelns 84 . Handelt der Täter demnach zu dem Zweck, den Vortäter besser zu stellen, liegt Begünstigung vor; handelt er um eigener oder fremder wirtschaftlicher Vorteile willen, ist er wegen Hehlerei zu bestrafen 85. Wenn das Ziel der Vorteilssicherung neben das der Bereicherung tritt, liegt Idealkonkurrenz vor. Nach den zum Verhältnis von Absicht und Motiv entwickelten Grundsätzen 86 kann es nicht darauf ankommen, welche Absicht 80

vgl. Lackner, §258 Anm. 7 LK-Ruß, §258 Rn. 32; Maurach-Schroeder, BT 2, S. 330 82 vgl. LK-Ruß, §257 Rn. 15 83 vgl. auch Hruschka, JR 1980, 220, 224 84 Maurach, JZ 1952, 662f.; LK-Ruß, §257 Rn. 15 85 Die Annahme Hruschkas, JR 1980,225, daß eine Abgrenzung über den subjektiven Tatbestand nicht möglich sei, weil in allen Fällen, in denen der Täter die Vorteilssicherung vorhersehe, es ihm auch hierauf ankomme, ist unzutreffend. Zielgerichtetes Handeln liegt insoweit z.B. dann nicht vor, wenn der Hilfe Leistende lediglich gegen Entgelt handelt und schon vorab belohnt wurde, so daß ihm das Gelingen der Beutesicherung gleichgültig sein kann. 81

86

siehe dazu oben Β I I 1 j

116

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

die überwiegende ist. Die Ansicht, daß sich bei einer Motivbündelung die Begünstigung in Hehlerei verwandle, wenn das Motiv des Eigennutzes bewußtseinsdominant werde 87 , ist daher nicht überzeugend. Die in den beiden Vorschriften geschützten Rechtsgüter sind nicht identisch. Während sich §259 gegen die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Besitzlage wendet, schützt §257 neben den Interessen des Geschädigten auch die staatliche Rechtspflege, die durch die Verhinderung der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes betroffen ist 8 8 . Die zusätzliche, gegen die Rechtspflege gerichtete Zielrichtung des Handelns verliert ihren eigenständigen Unrechtsgehalt nicht dadurch, daß daneben eine Bereicherungsabsicht tritt, selbst wenn diese das überwiegende Motiv sein sollte 89 . Umgekehrt ist auch für den Tatbestand der Hehlerei nicht erforderlich, daß die Bereicherungsabsicht das dominierende Motiv darstellt. Während dies zu §259 aF, der ein Handeln aus Gewinnsucht forderte, noch vertreten wurde 9 0 , besteht für diese Annahme nach der Neufassung, die lediglich auf die Zielvorstellung der Bereicherung abstellt, kein Anlaß mehr. Beide Vorschriften stehen somit in Tateinheit, sofern nur der jeweilige subjektive Tatbestand erfüllt ist 9 1 .

m) Zwischenergebnis I m Anschluß an die Erörterung des §257 kann eine Zwischenbilanz gezogen werden: Im Gegensatz zu den zuvor behandelten Tatbeständen, in denen die Strafbarkeitsgrenze vorverlegt war, wurde in §257 das Absichtsmerkmal im Sinne zielgerichteten Handelns ausgelegt. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit sich §257 von den zuvor untersuchten Delikten unterscheidet, und ob sich insoweit allgemeine Kriterien entwickeln lassen, die auf weitere Tatbestände übertragbar sind. Ein Gesichtspunkt, der bei der Auslegung des §257 eine Rolle spielte, war die Neutralität der objektiven Tathandlung im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut. Dieser Gedanke trifft auf die zuvor behandelten Delikte durchweg nicht zu. Die Verknüpfung von objektiver Ausführungshandlung mit dem Inhalt des Absichtsmerkmals ist dort vielmehr derart, daß nach dem regelmäßigen Verlauf der Handlung die Verletzung des geschützten Rechtsguts zu erwarten ist. Der Unrechtscharakter dieser Delikte wird durch die Typizität der Tathandlung im Hinblick auf die jeweilige Rechtsgutsgefährdung bestimmt. Die Tathandlungen sind schon nach ihrem objektiven Gehalt typischerweise geeig-

87 88 89 90 91

so Maurach-Schroeder, BT 1, S. 465 LK-Ruß, §259 Rn. 1, §257 Rn. 2 vgl. auch Schröder, Festschrift für Rosenfeld, S. 161, 181 vgl. LK 9 -Ruß, §259 Rn. 27 RGSt 47, 220; BGHSt 2, 362f.; LK-Ruß, §259 Rn. 47

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

117

net, das Rechtsgut zu beeinträchtigen 92 . Der Schwerpunkt dieser Delikte liegt daher auf der objektiven Tatseite. So hat etwa eine falsche Verdächtigung typischerweise Ermittlungen gegen den Verdächtigten, das Beiseiteschaffen von Vermögenswerten bei drohender Zwangsvollstreckung typischerweise die Beeinträchtigung von Gläubigerrechten zur Folge 93 . Wenn der Täter eine derartige Ausführungshandlung vornimmt, kann die Strafbarkeit nicht davon abhängen, ob er den daraus resultierenden Erfolg anstrebt oder als sicher eintretend vorhersieht. Anders verhält es sich dann, wenn durch eine Einbeziehung des gesamten unbedingten Vorsatzes in das Absichtsmerkmal völlig neutrale Verhaltensweisen, die als solche keinen Bezug zum tatbestandlich geschützten Rechtsgut aufweisen, in die Strafbarkeit einbezogen würden. Hier begründet erst die Zielrichtung des Täters den kriminellen Charakter der Tat 9 4 . Ein weiterer allgemeiner Gesichtspunkt, durch den sich §257 von den vorher behandelten Delikten unterscheidet, liegt darin, daß der objektive Tatbestand sich mit demjenigen eines anderen Delikts, der Hehlerei, überschneidet, so daß die Zielrichtung des Täterhandelns erforderlich ist, um die beiden Delikte voneinander abzugrenzen.

n) Anwendung der bei §257 entwickelten Grundsätze auf weitere Tatbestände

aa) Das Absichtsmerkmal als Korrektiv objektiv zu weit gefaßter Tatbestände aaa) §§ 89, 125, 180a I I I , IV, 181 I Nr. 2 Zunächst ist auf die §89 und 125 einzugehen, die objektiv ein Einwirken des Täters auf einen Dritten fordern. Das Erfordernis zielgerichteten Handelns ergibt sich hier schon aus dem Wortlaut. Das Merkmal „Einwirken" stellt einen finalen Begriff dar, der schon seinem objektiven Gehalt nach eine Tätigkeit voraussetzt, die auf eine Beeinflussung in bestimmter Richtung abzielt. In dem Merkmal ist das Bestreben enthalten, etwas Bestimmtes zu erreichen 95 . Verstärkt wird dies in §89 noch durch das Erfordernis eines „planmäßigen" Einwirkens, was ein überlegtes Vorgehen nach einem bestimmten Programm, also zu einem bestimmten Ziel voraussetzt 96 . Das Merkmal bedarf daher notwendigerweise einer Ergänzung im subjektiven Tatbestand, die die Zielrich92 vgl. dazu Oehler, Zweckmoment, S. 80ff.; Schroeder, Der Schutz von Staat und Verfassung, S. 298 93 94 95 96

Oehler, Zweckmoment, S. 107 vgl. zu diesem Gedanken auch v.Wick, Über Vorsatz und Absicht, S. 3 BGHSt 4, 291 zu §91 aF; Schudt, Subjektive Unrechtselemente, S. 6 vgl. SK-Rudolphi, §89 Rn. 5; Maurach-Schroeder, BT 2, S. 241

118

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

tung der Einwirkung angibt. Erst diese Zielrichtung sagt etwas über den Unrechtscharakter des Delikts aus, da ein Einwirken zu völlig verschiedenen Zwecken erfolgen kann. Dieses Ergebnis wird durch eine weitere Überlegung gestützt. Durch den objektiven Tatbestand des §89 wird das Grundrecht der Meinungsfreiheit tangiert, wonach es grundsätzlich gestattet sein muß, Fragen der Kriegsdienstverweigerung zu erörtern oder auch hierzu aufzufordern, selbst wenn der Täter erkennt, daß Angehörige der Bundeswehr hierdurch in ihrer Schutzbereitschaft verunsichert werden 97 . Strafrechtliches Einschreiten kann daher erst dann einsetzen, wenn sich der Täter den Erfolg der Zersetzung der Einsatzbereitschaft gerade zum Ziel gemacht hat 9 8 . Erst durch die Zielvorstellung des Täters läßt sich strafbares Verhalten von verfassungsmäßiger, durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit legitimierter Tätigkeit abgrenzen 99. Für die Auslegung des Absichtsmerkmals ist also wieder der Gedanke maßgebend, daß rechtmäßige Handlungen in den Bereich der Strafbarkeit einbezogen würden, wenn nicht im subjektiven Tatbestand ein Korrektiv in der Form einer bestimmten Willensrichtung des Täters vorhanden wäre. Entsprechendes gilt für § 125. Zur Begründung der Strafbarkeit kann es nicht ausreichen, daß der Täter, der etwa bei der Erörterung einer brisanten, die Öffentlichkeit stark bewegenden Frage die Bevölkerung für seine Ziele politisch mobilisieren will und zu Demonstrationen aufruft, die Förderung der Bereitschaft zur Begehung von Gewalttätigkeiten bei einzelnen Gruppen als Folge seiner auf andere Ziele gerichteten Einwirkung vorhersieht 100 . Vielmehr ist ein darauf bezogenes zielgerichtetes Einwirken im Sinne einer psychischen Beeinflussung in einer bestimmten Richtung erforderlich 101 . Ebenso verhält es sich in den Tatbeständen der § 180a I I I , IV, 1811 Nr. 2. Auch dort setzt das „Einwirken" eine Einflußnahme auf den Willen des Opfers zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs voraus 102 . Das Merkmal „anwerben" in §180a I I I bzw. §181 I Nr.2 stellt eine besondere Form des Einwirkens dar 1 0 3 . Der spezifische Unwert des Delikts wird durch die Zielrichtung des Täterhandelns geprägt, das Opfer zur Prostitutionsausübung bzw. zu sexuellen Handlungen zu bringen 104 .

97

BGH M D R 1963, 326 zu §91 aF BGH M D R 1977, 281 99 BT-Dr V/2860, S. 1 lf.; zu diesem Auslegungsgesichtspunkt bei Staatsschutzdelikten allgemein Bennhold, Absicht bei Verfassungsgefahrdung, S. 62, 81 f. 100 im Grundsatz ebenso BGHSt 32, 165, 179 101 vgl. BT-Dr VI/502, S. 9 102 Lackner, §180a Anm. 6; Dreher-Tröndle, §180a Rn. 17 103 vgl. Sch-Sch-Lenckner, §180a Rn. 32; Schudt, Subjektive Unrechtselemente, S. 66 104 BT-Dr VI/1552, S. Π 98

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

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bbb)§100 Nach denselben Grundsätzen läßt sich die Auslegung des Absichtsbegriffs in §100 erklären. Die Vorschrift schützt den Bestand der Bundesrepublik gegen friedensgefährdende Agententätigkeit 105 . Der objektive Tatbestand beschreibt mit den Merkmalen der Aufnahme bzw. des Unterhaltens von Beziehungen zu einer fremden Macht ein völlig neutrales Verhalten, das erst durch das Willensziel des Täters die Richtung auf das strafrechtlich geschützte Rechtsgut erhält 1 0 6 . Erst dadurch, daß es dem Täter auf die Herbeiführung eines Krieges gegen die Bundesrepublik ankommt, wird die Handlung zu strafbarem Unrecht 1 0 7 .

ccc) §109d §109d schützt die Funktionsfahigkeit der Bundeswehr gegen die Störung durch bestimmte Äußerungen 108 . Der Tatbestand setzt bereits im Zeitpunkt des Aufstellens der betreffenden Äußerungen ein, so daß die Strafbarkeit auf den Zeitpunkt der Rechtsgutsgefahrdung vorverlegt ist 1 0 9 . Daher könnte man erwägen, hinsichtlich der Verbreitung der Äußerungen den unbedingten Vorsatz genügen zu lassen 110 . Begründen ließe sich das in Anlehnung an die im Zusammenhang mit den §§267, 146, 86 entwickelten Grundsätze mit der Überlegung, daß das Rechtsgut in gleichem Maße gefährdet wird, wenn der Täter in Kenntnis der Verbreitung seiner Behauptungen durch Dritte handelt, wie wenn er diese selbst weiter verbreiten will. Bedenken bestehen hier allerdings schon vom Wortlaut her, da ausdrücklich ein Handeln „zum Zwecke der Verbreitung" gefordert wird. Ob das Wortlautargument auch durch sachliche Gründe gestützt wird, soll zunächst anhand der Entstehungsgeschichte untersucht werden 111 . §109d war die umstrittenste Vorschrift des 4. StÄG. Der Regierungsentwurf hatte ursprünglich die Fassung vorgesehen: „Wer unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt, um andere vom Wehrdienst abzuhalten oder die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu behindern ..." Dadurch sollte verfassungsfeindlichen Elementen entgegengewirkt werden, die versuchen wollten, die Bereitschaft der Bevölkerung zum Wehrdienst zu

105 106

Lackner, §100 Anm. 1

vgl. Oehler, Zweckmoment, S. 124, 127 zu §100d aF 107 vgl. Sch-Sch-Lenckner, §100 Rn. 12; Schroeder, Der Schutz von Staat und Verfassung, S. 301 108 LK-Schroeder, vor §109 Rn. 2 109 vgl. Maurach-Schroeder, BT 2, S. 276 110 so Sch-Sch-Eser, §109d Rn. 9; Maurach-Schroeder, BT 2, S. 276 111 dazu eingehend Ratuschny, Lügnerische Propaganda, S. 25ff.

120

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

untergraben 112 . Im Ausschuß für Rechtswesen wurden jedoch Bedenken gegen die vorgeschlagene Formulierung geäußert, weil die Vorschrift sich in dieser weiten Fassung nicht nur gegen Verfassungsfeinde richte. Es wurde darauf hingewiesen, daß etwa auch bloße Unmutsäußerungen im engsten Familienkreis, vertrauliche Mitteilungen oder Äußerungen im Eifer erfaßt würden, was man aus rechtsstaatlichen Gründen vermeiden wollte 1 1 3 . U m solche Fälle auszuschließen, wurde zunächst erwogen, zu fordern, daß der Täter öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften gehandelt haben müsse. U m jedoch keine Gesetzeslücke für planmäßig gesteuerte Aktionen entstehen zu lassen, die sich zur Verbreitung von Gerüchten bewußt der Flüsterpropaganda bedienten, und um andererseits dennoch eine brauchbare Begrenzung des Tatbestandes zu finden, wurde ein Handeln „zum Zwecke der Verbreitung" gefordert. Damit sollten nur die Fälle unter Strafe gestellt werden, in denen es dem Täter auf die Verbreitung seiner Äußerungen ankommt. Auch in dieser Form wurde die Vorschrift noch als zu weit empfunden. U m Fälle bloßer Prahlerei und überzogener Kritik aus dem Tatbestand auszuschalten, wurde eine Willensrichtung des Täters gefordert, die sich gezielt gegen die Tätigkeit der Bundeswehr richten müsse 114 . Die Entstehungsgeschichte ergibt somit, daß der Gesetzgeber bewußt enge subjektive Tatbestandsvoraussetzungen geschaffen hat, indem er die Strafbarkeit von zwei hintereinander gestaffelten Zielsetzungen des Täters abhängig machte 115 . Wenn man nach dem Grund für diese gesetzgeberische Entscheidung sucht, so kann dieser nicht darin gesehen werden, daß die objektive Tathandlung im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut neutral sei, da schon der objektive Tatbestand eine Eignung der aufgestellten Behauptung zur Störung der Tätigkeit der Bundeswehr voraussetzt. Auch daß es sich, wie etwa im Falle des §89, um eine grundrechtlich gedeckte objektive Tathandlung handeln könne, kann hier jedenfalls für das Aufstellen unwahrer Behauptungen nicht angenommen werden, da dies vom Grundrecht des Art. 5 GG nicht umfaßt ist 1 1 6 . Nicht so eindeutig verhält es sich allerdings beim Aufstellen gröblich entstellter Behauptungen, wenn diese etwa im Rahmen einer stark emotional geführten Auseinandersetzung gemacht werden. Dies kann im Interesse politischer Meinungsbildung unter Umständen noch hinzunehmen sein 117 . Das Absichtsmerkmal hat daher die Funktion, Fälle, in denen die Strafdrohung in die Nähe des noch grundrechtlich geschützten Bereichs geriete, auszuscheiden und den 112

BT-Dr 11/3039, S.12 BT-Dr 11/3407, S.3; Ratuschny, Lügnerische Propaganda, S.53f. 114 BT-Dr II/3407, S. 5 115 kritisch unter dem Gesichtspunkt, daß die Vorschrift damit praktisch bis zur Bedeutungslosigkeit eingeschränkt werde, Greiser, NJW 1973, 231; Lackner, JZ 1957, 401, 403; LK-Schroeder, §109d Rn. 1 116 vgl. BVerfGE 54, 208, 219ff.; Herzog in: Maunz-Dürig-Herzog, Art. 5 Rn. 146ff. 117 LK-Schroeder, §109d Rn. 3 113

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

121

Tatbestand auf wirklich strafwürdige Fälle zu beschränken. Der subjektive Tatbestand hat hier also zwar nicht die Aufgabe, einem objektiv neutralen Verhalten den Charakter strafbaren Unrechts erst zu verleihen, wohl aber, einer zu weiten Ausuferung der Strafbarkeit vorzubeugen.

ddd)§219c Die Vorschrift des §219c stellt ein abstraktes Gefahrdungsdelikt dar, das bereits bestimmte Anstiftungs- und Beihilfehandlungen im Vorbereitungsbereich unter Strafe stellt 1 1 8 . Der objektive Tatbestand verlangt ein Inverkehrbringen von Gegenständen, die zum Schwangerschaftsabbruch geeignet sind. Nicht erforderlich ist, daß diese Eignung den Gegenständen ausschließlich oder nach ihrer spezifischen Zweckbestimmung innewohnt. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Mittel durch bestimmungswidrigen Einsatz zum Schwangerschaftsabbruch verwendet werden können 1 1 9 . Damit wird der Tatbestand objektiv sehr weit gefaßt. Dementsprechend wurde im Bericht des Sonderausschusses ausgeführt, bei der Vielzahl der zur Abtreibung geeigneten Mittel bedürfe es eines Korrektivs im subjektiven Tatbestand. Dieses bestehe darin, daß der Täter die Förderung rechtswidriger Taten bezwecken müsse 120 . Dieses Ergebnis würde den schon für die zuvor erörterten Tatbestände entwickelten Grundsätzen entsprechen. Es stellt sich aber die Frage, ob hierdurch der Tatbestand in einer Weise eingeengt würde, daß er die typischen, in der Praxis vorkommenden Fälle nicht mehr erfassen könnte. Die Vorschrift richtet sich nach ihrem Schutzzweck vornehmlich gegen Zulieferer von Laienabtreibern 121 . Nun wird argumentiert, daß es diesen Tätern in der Regel nur auf das Entgelt ankommen werde, so daß die Einbeziehung des unbedingten Vorsatzes in den subjektiven Tatbestand erforderlich sei, um solche Fälle sachgerecht erfassen zu können 1 2 2 . Zu beachten ist indessen, daß es dem Zulieferer nicht auf die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch den Dritten anzukommen braucht, sondern nur auf deren Förderung. Das Entgelt wird in diesen Fällen dafür gezahlt, daß geeignete Gegenstände geliefert werden, die es dem Dritten ermöglichen, Abtreibungen vorzunehmen. Darin liegt aber bereits ein Fördern, eine Hilfeleistung für die Tat des Dritten. Wenn der Täter dafür bezahlt wird, daß er dem Dritten die Vornahme von Abtreibungen ermöglicht, stellt die darin liegende Förderung ein notwendiges Zwischenziel auf dem Weg zum Endziel, der Erlangung des Entgelts, dar. In diesem Sinne kommt es dem Zulieferer von 118 119 120 121 122

vgl. Sch-Sch-Eser, vor §218 Rn. 16 vgl. Sch-Sch-Eser, §219c Rn. 2, §219b Rn. 4 BT-Dr 7/1981, S. 18 BT-Dr 7/1981, S. 18 Lackner, §219c Anm. 4b

122

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Laienabtreibera auf die Förderung rechtswidriger Taten a n 1 2 3 , so daß eine Korrektur des oben gefundenen Ergebnisses zur Erzielung sachgemäßer Ergebnisse nicht erforderlich ist. eee) Zwischenergebnis Von den bei §257 herausgestellten Gesichtspunkten hat sich der erste bei einer Reihe weiterer Tatbestände bestätigt: Wenn die objektive Tatbestandsbeschreibung entweder im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut völlig indifferent oder doch so weit gefaßt ist, daß auch objektiv neutrale Handlungen einbezogen würden, verwendet der Gesetzgeber das Absichtsmerkmal im Sinne zielgerichteten Handelns, um der Tat überhaupt erst den Charakter strafbaren Unrechts zu verleihen oder jedenfalls um den Bereich des Tatbestandes auf die wirklich als strafwürdig empfundenen Fälle zu beschränken. Der Einwand, ein objektiv neutrales Verhalten könne nicht durch das Hinzukommen einer bestimmten Absicht zu einem tatbestandsmäßigen Verhalten werden, da dies zu einem Gesinnungsstrafrecht führen würde 1 2 4 , überzeugt nicht. Diese Ansicht widerspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, wie er in der Fassung der zuvor behandelten Tatbestände zum Ausdruck gekommen ist. Sie ist auch in der Sache unzutreffend. Zunächst ist die Willensrichtung des Täters nicht identisch mit dessen Gesinnung. Beweggründe und Ziele des Täters können durchaus den Handlungsunwert einer Tat begründen. Die Tätergesinnung ergibt sich dagegen erst aus einer Gesamtbewertung sämtlicher Tätermotive 1 2 5 . Daß der Täter zielgerichtet einen bestimmten Erfolg anstrebt, sagt somit noch nichts über seine Gesinnung aus. Abgesehen davon wäre der Vorwurf des Gesinnungsstrafrechts allenfalls dann berechtigt, wenn der bloße Wunsch oder Wille des Täters Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit wäre 1 2 6 . So verhält es sich aber nicht. Vielmehr nimmt der Täter eine bestimmte Handlung vor, die zur Herbeiführung des Erfolges geeignet ist. Die Willensrichtung des Täters begründet erst im Zusammenhang mit dieser Handlung die Strafbarkeit 127 .

bb) Das Absichtselement als Abgrenzungsmerkmal objektiv sich überschneidender Tatbestände Der zweite bei §257 gefundene allgemeine Gesichtspunkt bestand darin, daß der Gesetzgeber das Absichtsmerkmal verwendet, um den Unrechtstypus eines 123

SK-Rudolphi, §219c Rn. 4; Sch-Sch-Eser, §219c Rn. 7; Dreher-Tröndle, §219c

Rn. 3 124

so Frisch, JuS 1983,915,917,923; in anderem Zusammenhang auch SK-Rudolphi, §88 Rn. 16; SK-Samson, §258 Rn. 29b; Bottke, JA 1980, 448 125 vgl. Sch-Sch-Stree, §46 Rn. 16; Jescheck AT, S. 194, 711 126 vgl. dazu Baumann AT, S. 20 127 vgl. auch Seier, JuS 1981, 806, 808f.

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

123

Tatbestandes durch die besondere Zweckrichtung des Täterhandelns von einem anderen Delikt abzugrenzen.

aaa) §265 Zunächst kann auf den schon in anderem Zusammenhang behandelten Versicherungsbetrug verwiesen werden, der sich von der Brandstiftung bzw. der Sachbeschädigung gerade durch den besonderen Zweck des Täterhandelns, nämlich der Vorbereitung eines Betruges, unterscheidet 128 .

bbb)§343 § 343 betrifft den Fall der Anwendung von Nötigungsmitteln, um das Opfer zu einer bestimmten Aussage zu bewegen. Das Delikt dient dem Schutz der Rechtspflege 129. Der Strafschutz ist auf den Zeitpunkt der Einwirkung auf den Betroffenen vorverlagert. Strafgrund ist nicht die Anwendung der Nötigungsmittel als solche, sondern deren Einsatz zu dem bestimmten Zweck der Erpressung einer Aussage. Es handelt sich um einen Sonderfall der versuchten Nötigung 1 3 0 , der sich gerade durch diese spezifische Verbindung von Mittel und Zweck von der allgemeinen Nötigung unterscheidet. Dieser Zweck des Täterhandelns besteht in der Herbeiführung einer bestimmten Aussage, die daher zielgerichtet angestrebt werden muß 1 3 1 .

ccc) §316c I Nr. 2 Als weiterer Fall in dieser Gruppe ist §316c I Nr. 2 zu nennen. I m Gegensatz zur oben behandelnden Nr. 1 1 3 2 handelt es sich hier nicht um ein unvollkommen zweiaktiges Delikt, da der Täter über den Gebrauch der Schußwaffe bzw. das Unternehmen der Herbeiführung einer Explosion oder eines Brandes hinaus keine weitere Handlung zur Herbeiführung des Erfolgs vorzunehmen braucht. Der Strafschutz ist insoweit vorverlagert, als die infolge des Schußwaffengebrauchs bewirkte Beschädigung nicht eingetreten zu sein braucht, so daß man überlegen könnte, ob es ausreicht, wenn der Täter in der Vorstellung handelt, eine bestimmte Beschädigung herbeizuführen. Der objektive Tatbestand entspricht, was das Herbeiführen eines Brandes bzw. einer Explosion betrifft, den §306 bzw. 311. Die demgegenüber erhöhte

128 129 130 131 132

siehe oben Β I I l b Lackner, §343 Anm. 1 Wagner, Amtsverbrechen, S. 178; Maiwald, JuS 1977, 353, 358 vgl. E 1962, 642: BT-Dr 7/550, S. 279; Hoffmann, NJW 1953, 972f. dazu oben A I I I

124

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Strafdrohung des §316c erklärt sich daraus, daß man gerade solche Tathandlungen erfassen wollte, die für den Luftverkehr typischerweise besonders gefährlich sind 1 3 3 und deshalb auf die Verknüpfung der objektiven Tathandlung mit dem dadurch verfolgten Zweck abgestellt hat. Bei der Tatbestandsalternative des Schußwafifengebrauchs kommt noch eine weitere Erwägung hinzu. Ursprünglich war erwogen worden, den Gebrauch von Schußwaffen schlechthin, ohne Erwähnung der geschützten Rechtsgüter unter Strafe zu stellen. Der Entwurf eines 11. StÄG hatte noch die Formulierung vorgesehen: „... wer es unternimmt, durch den Gebrauch von Schußwaffen... zu beschädigen" 134 . Damit hätte jede auf die Beschädigung gerichtete Vorsatzform ausgereicht. Von dieser Tatbestandsfassung wurde aber im Hinblick auf Fluggesellschaften mit bewaffneten Begleitern, wo auch ein rechtmäßiger Schußwaffengebrauch möglich sei, Abstand genommen. U m nicht in diese Problematik hineinzugeraten, wurde die Strafbarkeit von der Zielrichtung des Täterhandelns abhängig gemacht 135 . Hier war also wiederum der Gedanke maßgebend, durch das Absichtsmerkmal eine zu weite Ausdehnung des Tatbestandes zu verhindern. §316c I Nr. 2 setzt also in allen Tatbestandsalternativen ein auf die Beschädigung bzw. Zerstörung der Ladung zielgerichtetes Handeln voraus, so daß Schäden, welche als Folge von Handlungen, die auf andere Ziele gerichtet sind, eintreten, nicht unter die Vorschrift fallen, auch wenn ihr Eintritt während der Ausführungshandlung vorhergesehen und in Kauf genommen w i r d 1 3 6 .

ddd)§229 U m einen Fall vorverlegten Strafrechtsschutzes handelt es sich auch bei §229, was zu der Annahme führen könnte, für die Absicht der Gesundheitsbeschädigung den unbedingten Vorsatz ausreichen zu lassen, die sichere Voraussicht der Gesundheitsbeschädigung also deren zielgerichteter Herbeiführung gleichzustellen 137 . Gegen diese Konstruktion ergeben sich jedoch von der Tatbestandsfassung her Bedenken. Der objektive Tatbestand fordert das Beibringen eines Stoffes, der zur Gesundheitszerstörung geeignet ist. Hierauf muß sich der Vorsatz des Täters beziehen, wobei nach allgemeinen Regeln der bedingte Vorsatz genügt. Handelt der Täter nun bezüglich der Eignung des Stoffes zur Gesundheitszerstörung mit bedingtem Vorsatz, so ist ein sicheres Vorhersehen des Eintritts eines entsprechenden Erfolgs denknotwendig ausgeschlossen. Hier 133

vgl. Kunath, JZ 1972, 199, 201 vgl. BT-Dr VI/1478, S. 2 135 vgl. Wulf, Prot VI, S. 1169 136 LK-Rüth, §316c Rn. 25 137 so Löffler, V D B V, S. 304; v.Olshausen, §229 Rn. 5; nach Binding, Normen I I 2, S. 1171 und Stratenwerth AT, Rn. 319 soll sogar der bedingte Vorsatz genügen 134

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

125

besteht nur die Möglichkeit, daß der Täter den Erfolg anstrebt. Weiß der Täter dagegen sicher um die entsprechende Eignung des Stoffes, den er einem anderen beibringt, so wäre nicht ersichtlich, warum der Tatbestand noch das sichere Voraussehen der Herbeiführung einer Gesundheitsbeschädigung verlangt. Letzteres würde sich in aller Regel aus ersterem ergeben, da sich die überschießende Innentendenz lediglich auf die Verwirklichung der dem Gift innewohnenden Eignung im konkreten Fall bezieht. Der Tatbestandsaufbau spricht also eher dafür, für das Absichtsmerkmal zielgerichtetes Handeln zu verlangen. Im Anschluß daran ist die Frage zu stellen, ob sich dieses Ergebnis durch weitere Gründe untermauern läßt. Die Begründung dafür könnte in der Erwägung liegen, daß der Schwerpunkt des Delikts gerade auf der Kennzeichnung der niedrigen Tätergesinnung liegt, die sich in der Absicht zur Gesundheitsbeschädigung offenbart 138 . Dieses Argument ist jedoch nicht zwingend. Die niedrige Gesinnung kann sich nicht nur in einem so beschaffenen Täterwillen offenbaren, sondern auch darin, daß jemand um anderer Ziele willen die Herbeiführung einer Gesundheitsbeschädigung in Kauf nimmt. Dieser Fall kann auch dann, wenn die Gesundheitsbeschädigung kein Zwischenziel 139 darstellt, denselben Verwerflichkeitsgehalt aufweisen, insbesondere wenn man die grundsätzliche Gleichwertigkeit der beiden Arten des direkten Vorsatzes bedenkt. Was den Gesetzgeber veranlaßt hat, den Tatbestand in dieser Weise zu fassen, soll im folgenden anhand der Entstehungsgeschichte untersucht werden. §229 geht zurück auf §197 des Preußischen Strafgesetzbuchs, der lautete: „Wer vorsätzlich einem anderen Gift oder andere Stoffe beibringt, welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind ..." Diese Vorschrift ist nur auf dem Hintergrund der Tötungsdelikte und im Vergleich mit ihnen erklärbar. Das Bayerische Strafgesetzbuch von 1813 brachte als erstes eine Trennung des Giftmordes von der Körperverletzung durch Gift. Zuvor waren diese Fälle entweder unter einem besonderen Abschnitt „Vergiftung" zusammengefaßt oder überhaupt nur beim Mord oder Totschlag erwähnt worden 1 4 0 . Art. 184 des Bayerischen StGB bedrohte den Täter mit Strafe, der „ohne die Absicht zu tödten, jedoch mit dem Vorsatze zu schaden", einem anderen Gift beibrachte, wenn hierdurch „ein vorübergehender oder bleibender Schaden an der Gesundheit des Körpers oder des Geistes hervorgebracht ist." Die späteren Partikulargesetzbücher folgten fast alle diesem Vorbild 1 4 1 . Hierbei wurde durchweg eine härtere Strafe angedroht als sie sich nach allgemeinen Regeln der Körperverletzung ergeben hätte 1 4 2 . Der Entwurf zum Preußischen StGB von 1843 hatte 138 139 140 141 142

so Meyer, JuS 1977, 517, 519 dazu oben Β I I 1 k vgl. Günther, Körperverletzung, S. 271 Günther, Körperverletzung, S. 273, 277; Mittermaier, GA Bd. 4 (1856), 433, 435 Mittermaier, aaO.

126

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

sogar noch die Todesstrafe für den Fall vorgesehen, daß der Täter durch die Giftbeibringung den Tod des Opfers bewirkt hatte, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er die Tötung beabsichtigt hatte oder nicht 1 4 3 . Dies beruhte auf der Erwägung, daß der Täter, da er den Erfolg noch weniger als bei anderen Verbrechen in der Gewalt habe, auch bei bloßer Schädigungsabsicht auf den tödlichen Ausgang gefaßt sein müsse und deshalb sein Vorsatz stets die Natur des dolus eventualis annehme 144 . Gegen diese hohe Strafdrohung wurden jedoch Bedenken erhoben. Man war der Ansicht, daß auch die allgemeinen Regeln über den dolus ausreichten, um diejenigen Fälle zu treffen, die man bei Aufstellung der Vorschrift im Auge gehabt hatte. Daher wurde der Giftmord als selbständiges Verbrechen aufgegeben und die Vergiftung ohne die Absicht zu töten unter Strafe gestellt, die man mit einer Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren bedrohte 145 . Wegen der Gefährlichkeit der Handlung sollte die Strafbarkeit schon dann einsetzen, wenn noch kein Schaden an der Gesundheit eingetreten war 1 4 6 . Der Giftmord sollte dagege nach den allgemeinen Regeln über den Mord behandelt werden. So wurde in §197 IV des Preußischen StGB ausdrücklich klargestellt, die Vorschrift berühre nicht den Fall, daß der Täter in Tötungsabsicht handle 147 . I m Strafgesetzbuch von 1871 wurde nur insoweit vom Preußischen StGB abgewichen, als durch die Hinzufügung der Worte „um dessen Gesundheit zu beschädigen" die verbrecherische Absicht näher gekennzeichnet werden sollte 148 . Dadurch wurde klargestellt, daß Fälle der Tötungsabsicht nicht erfaßt wurden, sondern nach allgemeinen Regeln zu behandeln waren. §197 IV des Preußischen StGB wurde damit überflüssig 149 . Daraus ergibt sich, daß nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers der Täter die Herbeiführung einer Gesundheitsbeschädigung zielgerichtet anstreben mußte. Man ging davon aus, daß Gift in der Regel mit Vorbedacht gegeben und Schaden bezweckt werde 150 . Der Grund für die gesetzgeberische Entscheidung war die Abgrenzung zu den Tötungsdelikten. Die objektive Tathandlung kann sowohl den Tod als auch die Gesundheitsbeschädigung des Opfers bewirken. §229 erfaßt den Fall, in dem der Täterwille nur auf letzteres gerichtet ist, grenzt die Vergiftung also durch die Zielrichtung des Täterhandelns von den Tötungsdelikten ab. Hierbei hat der Gedanke des Gesetzgebers mitgespielt, eine Vorschrift mit hoher Strafdrohung auch für solche Fälle zu schaffen, in denen der Tötungsvorsatz nicht nachweisbar ist, sofern der 143

vgl. Beseler, Preuß. StGB, S. 379

144

vgl. Goltdammer, Mat. II, S. 426 vgl. Beseler, Preuß. StGB, S. 380 Goltdammer, Mat. II, S. 427; Beseler, aaO., S. 381 vgl. Günther, Körperverletzung, S. 278 vgl. Rüdorff, §229 Anm. 3 Günther, Körperverletzung, S. 280 Goltdammer, Mat. II, S. 427

145 146 147 148 149 150

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

127

Täterwille jedenfalls auf eine Gesundheitsverletzung gerichtet ist 1 5 1 . „Absicht" im Sinne des §229 ist daher als zielgerichtetes Handeln zu verstehen 152 . Im Zusammenhang mit §229 wird auch die Frage erörtert, ob die Gesundheitsbeschädigung Endziel des Täters sein muß, oder ob die Vorschrift auch im Falle der Tötungsabsicht eingreift 153 . Dabei geht es allerdings nicht um ein Problem des Absichtsbegriffs. Nach den oben entwickelten Grundsätzen reicht es aus, wenn die Gesundheitsbeschädigungsabsicht ein Zwischenziel auf dem Weg zu dem vom Täter darüberhinaus erstrebten Tod des Opfers darstellt 154 . Dem könnte nur die Annahme entgegenstehen, daß die Tötungsabsicht die Körperverletzungsabsicht notwendig ausschließt. Zu dieser Frage, die das Verhältnis der Körperverletzungsdelikte zu den Tötungsdelikten betrifft, soll hier nicht Stellung genommen werden. Sie dürfte heute im Sinne der Einheitstheorie entschieden sein, wonach der Körperverletzungsvorsatz ein notwendiges Durchgangsstadium zum Tötungsvorsatz bildet 1 5 5 .

eee) §311a Eine dem §229 entsprechende Struktur weist §31 l a auf. Dort wird gefordert, daß der Täter das Opfer einer ionisierenden Strahlung aussetzt, die dessen Gesundheit zu schädigen geeignet ist, wobei im subjektiven Tatbestand eine entsprechende Absicht hinzukommen muß. Die Vorschrift geht auf §324 des E 1962 zurück 1 5 6 . Dort wurde darauf hingewiesen, daß nur solche Fälle erfaßt werden sollten, in denen es dem Täter darauf ankomme, den angestrebten Erfolg zu erreichen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der medizinische und wissenschaftliche Umgang mit ionisierenden Strahlen in bedenklicher Weise beeinträchtigt würde, wenn man auch andere Vorsatzarten zuließe. In diesem Bereich seien zwar Beschädigungen, nicht aber stets bewußte Gefahrdungen durch Strahlung zu vermeiden 157 . Diese Begründung erscheint nicht überzeugend. Auch wenn man den auf die Herbeiführung der Gesundheitsbeschädigung gerichteten bedingten Vorsatz ausreichen ließe, würde dies nicht dazu führen, bloße Gefahrdungen einzubeziehen. Eine dahingehende Annahme verkennt den Unterschied zwischen Gefahrdungs- und Verletzungsvorsatz 158. Allerdings ist zu beachten, daß auf der 151 Als Verdachtsstrafe für Fälle der versuchten Tötung durch Gift bei nicht nachweisbarem Tötungsvorsatz wird §229 von Arzt/Weber, L H 1, Rn. 315 bezeichnet. 152 vgl. LK-Hirsch, §229 Rn. 15; BGH NJW 1984, 442 153 vgl. Sch-Sch-Eser, §229 Rn. 9; SK-Samson, §229 Rn. 7; Krey, JuS 1971, 141,143 154 vgl. auch Welzel, Festschrift für v.Weber, S. 246 155 vgl. im einzelnen LK-Hirsch, vor §223 Rn. 14ff. 156 vgl. Dreher-Tröndle, §311a Rn. 1 157 E 1962, S. 502f. 158 dazu oben S. 56ff.

128

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

objektiven Tatseite bereits das „Unternehmen" der Tathandlung, also auch deren Versuch 1S9 , mit Strafe bedroht ist. Daher ist denkbar, daß der Täter in der Möglichkeitsvorstellung handelt, daß ein Dritter einer ionisierenden Strahlung ausgesetzt werde und für diesen Fall die Gesundheitsbeschädigung sicher vorhersieht. Dies wäre zwar kein bloßer Gefahrdungsvorsatz; allerdings könnten Gefahrdungs- und Verletzungsvorsatz in solchen Fällen nahe beieinander liegen. U m solche Grenzfalle eindeutig zu entscheiden, hat der Gesetzgeber offenbar auf der subjektiven Seite als Korrektiv das Absichtsmerkmal eingefügt. Bei einem Vergleich mit §229 ergibt sich also, daß die Tatbestände zwar dieselbe Struktur aufweisen, daß aber die Gründe, die den Gesetzgeber zu der jeweiligen Tatbestandsfassung veranlaßt haben, nicht dieselben waren. I m Fall des §229 ging es um die Abgrenzung zu den Tötungsdelikten, bei §31 l a um die Einschränkung eines ansonsten als zu weit empfundenen Tatbestandes. Dennoch führt der entsprechende Tatbestandsaufbau der beiden Vorschriften im Ergebnis zu einer übereinstimmenden Auslegung des Absichtsmerkmals.

Dritter Teil

„Absicht" als strafrahmenmodifizierendes Merkmal Die Untersuchung befaßte sich bisher mit Tatbeständen, in denen das Absichtsmerkmal strafbegründende Funktion hat, sei es, daß es der Erweiterung oder der Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes dient. Im Anschluß daran werden nun solche Vorschriften einer Prüfung unterzogen, in denen das Vorhandensein einer bestimmten Absicht strafschärfende, strafmildernde oder strafausschließende Bedeutung hat.

A. §157 Zunächst ist §157 zu nennen, wo die Strafe gemildert bzw. von Strafe abgesehen werden kann, wenn der Täter die Unwahrheit gesagt hat, um die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung von sich oder einem Angehörigen abzuwenden. Diese Absicht bezieht sich auf einen Umstand, der mit dem geschützten Rechtsgut, der staatlichen Rechtspflege 1, nichts mehr zu tun hat und für diese ohne Bedeutung ist. Das Absichtsmerkmal kann somit nur die Bedeutung haben, die Strafbarkeit der Aussagetatbestände bei Vorliegen einer bestimmten Willensrichtung des Täters einzuschränken 2. Das wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Während diese in ihrer ursprünglichen Fassung noch auf die objektive Möglichkeit eigener strafrechtlicher Verfolgung 159 1 2

vgl. §11 I Nr. 6 vgl. Lackner, vor §153 Anm. 1 vgl. auch Eser I I I , S. 209

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

129

abstellte, wurde durch die Gesetzesänderung von 19433, durch die der Tatbestand seine jetzige Fassung erhielt, die Subjektivierung des Milderungsgrundes bezweckt. Allein die Willensrichtung des Täters hinsichtlich der Gefahrabwendung sollte für die Milderung maßgeblich sein, auch wenn die Gefahr objektiv gar nicht bestand4. Erforderlich ist also, daß es dem Täter auf die Gefahrabwendung ankommt. Fraglich ist, ob dies auch dann ausreicht, wenn es sich hierbei um ein bloßes Zwischenziel handelt, oder ob sich insoweit Besonderheiten ergeben. § 157 stellt einen Sonderfall des entschuldigenden Notstands dar 5 . Dieser ist dadurch gekennzeichnet, daß der Täter sich aufgrund einer bestimmten Gefahrenlage in einer besonderen Bedrängnissituation befindet und unter einem entsprechenden Motivationsdruck steht 6 . Ebenso findet die Vorschrift des §157 ihre sachliche Rechtfertigung in der psychischen Zwangslage, in der sich der falsch aussagende Täter befindet, wenn er durch eine wahrheitsgemäße Aussage sich selbst oder einen Angehörigen belasten müßte 7 . Daraus könnte man den Schluß ziehen, daß der Täter nur dann handelt, „um die Gefahr ... abzuwenden", wenn er tatsächlich unter dem Druck der ihm bzw einem Angehörigen drohenden Gefahr steht, und nicht, wenn er mit der Falschaussage in Wirklichkeit ganz andere Ziele verfolgt 8 . So ist z.B. denkbar, daß dem Täter das Schicksal des Angehörigen, den er durch eine falsche Aussage vor der Verurteilung bewahrt, völlig gleichgültig ist, was folgender Fall verdeutlichen mag: Der Täter und der Angeklagte, ein Angehöriger des Täters, sind Mitglieder derselben politischen Partei. Der Täter unterhält keinerlei persönlichen Beziehungen zu dem Angeklagten. Ihm geht es bei seiner Falschaussage allein darum, den Verlust an Ansehen für die Partei zu verhindern, der im Falle einer Verurteilung drohen würde. Hier stellt zwar die Verhinderung der Verurteilung des Angehörigen ein notwendiges Zwischenziel auf dem Weg zu dem eigentlichen Ziel des Täters dar. Eine psychische Zwangslage bewirkt die drohende Verurteilung des Angehörigen beim Täter aber nicht. Nun ist allerdings dem Wortlaut des §157 nicht zu entnehmen, daß es hierauf im konkreten Fall ankommt, sodaß die Annahme naheliegt, daß das Gesetz bei einer Falschaussage zugunsten eines Angehörigen von der Vermutung ausgeht, der Täter habe sich in einer Bedrängnissituation befunden 9. Das kann jedoch nicht bedeuten, daß dem Täter schon bei Vorliegen

3 4 5 6 7

RGBl I, S. 339, 340 vgl. Goetzeler, ZStW 63 (1951), 83, 98f.; LK-Willms, §157 vor Rn. 1, Rn. 10 Maurach-Schroeder, BT 2, S. 187; Sch-Sch-Lenckner, §157 Rn. 1 vgl. Jakobs AT, S. 471 LK-Willms, §157 Rn. 1; Goetzeler, ZStW 63 (1951), 83, 98

8

so Sch-Sch-Lenckner, §157 Rn. 10; im Zusammenhang mit §35 Lenckner, Der rechtfertigende Notstand, S. 197f., wonach das Handeln aus Not ein echtes Motiv sein muß 9 so O L G Stuttgart, JZ 1978, 157;.Dreher-Tröndle, §35 Rn. 8; Jakobs AT, S. 47 9 Gehrig

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2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

des Gefahrabwendungswillens die Privilegierung des §157 in jedem Fall zugute kommen müßte. Vielmehr ist zu beachten, daß die in §157 vorgesehene Milderung bzw das Absehen von Strafe ins Ermessen des Gerichts gestellt ist 1 0 . I m Rahmen dieses Ermessens ist zu berücksichtigen, inwieweit tatsächlich eine Bedrängnissituation vorgelegen hat 1 1 . In Fällen, in denen der Zweck der Gefahrabwendung neben anderen Beweggründen von ganz untergeordneter Bedeutung ist, wie im oben genannten Beispiel, dürfte eine Milderung danach in der Regel zu versagen sein 12 . Als Ergebnis kann somit festgehalten werden, daß das Absichtsmerkmal „um die Gefahr ... abzuwenden" in §157 entsprechend den bisher entwickelten Grundsätzen 13 im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen und auch dann zu bejahen ist, wenn die Gefahrabwendung nur ein Zwischenziel des Täters darstellt. Die dahinterstehende Tätermotivation erlangt erst im Bereich der Strafzumessung bei der Entscheidung über die Milderung bzw das Absehen von Strafe Bedeutung. Entsprechende Grundsätze wie bei §157 gelten auch für die Vorschrift des §313 II, die ebenfalls einen Sonderfall des entschuldigenden Notstands bildet 14 .

B. §97b I Nr.2 Strafrahmenmodifizierende Bedeutung hat das Absichtsmerkmal auch im Falle des §97b I Nr.2. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit den §§94-97 zu sehen, die auf Staatsgeheimnisse bezogene Straftaten regeln. Darunter fallen gemäß §93 I I nicht sogenannte illegale Staatsgeheimnisse. Deren Weitergabe ist nur unter den Voraussetzungen des §97a strafbar. Für den Fall, daß der Täter lediglich irrig annimmt, es handle sich um ein illegales Staatsgeheimnis, beinhaltet §97b eine Sonderregelung 15. Während §97a der Gedanke zugrunde liegt, daß die öffentliche Diskussion illegaler Staatsgeheimnisse grundsätzlich unabhängig von der subjektiven Zielsetzung des Täters zulässig sein soll, wollte der Gesetzgeber bei bloßer irriger Annahme eines solchen Geheimnisses die Privilegierung unter anderem dann versagen, wenn der Täter nicht mit dem Ziel handelte, dem Verstoß entgegenzuwirken 16. Damit sollte sichergestellt werden, 10

vgl. Lackner, § 157 Anm. 5 vgl. BGH NJW 1953, 1479; LK-Willms, §157 Rn. 11 12 Wagner, M D R 1959, 806, 807; BGH 4 Str 893/53 vom 24.06.54; BGH 5 Str 414/55 vom 08.11.55, zitiert nach Wagner, aaO., S. 807 Fn. 9 13 s.o. Zweiter Teil, Β I I 1 j , bb 14 vgl. Sch-Sch-Cramer, §313 Rn. 4 15 zur Systematik Maurach-Schroeder, BT 2, S. 251; zur Entstehungsgeschichte eingehend Paeffgen, Verrat, S. 15ff. 16 BT-Dr V/2860, S. 20f.; Prot V, S. 2008, 2064, 2066; Krauth/Kurfess/Wulf, JZ 1968, 609, 612 11

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

131

daß nur der verantwortungsbewußte, auf Bewahrung der Rechtsordnung bedachte Staatsbürger den §§94-97 entgehen sollte, nicht aber derjenige, der aus ganz anderen Gründen, etwa aus reiner Sensationsgier, ein Staatsgeheimnis offenbart 17 . Ähnlich wie beim Gefahrabwendungswillen des §157 ist also hier ein Abwehrwille in dem Sinne zu fordern, daß es dem Täter darauf ankommen muß, dem Verstoß entgegenzuwirken 18. Die Ansicht, daß für das Absichtsmerkmal jede Vorsatzform ausreiche 19, ist daher abzulehnen. Sie würde dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers widersprechen.

C. „Absicht44 als strafschärfendes Merkmal Im folgenden sind solche Vorschriften zu erörtern, in denen das Vorliegen einer bestimmten Absicht strafschärfend wirkt. So enthält das Strafgesetzbuch Tatbestände, in denen eine Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht zur Anwendung eines gegenüber dem Grundtatbestand erhöhten Strafrahmens führt.

I. §272

Zunächst soll §272, der die in Vorteils- oder Schädigungsabsicht begangene mittelbare Falschbeurkundung betrifft, einer näheren Betrachtung unterzogen werden. 1. Vorteilsabsicht Was die Vorteilsabsicht angeht, ergibt sich das Erfordernis zielgerichteten Handelns ohne weiteres aus den bisher entwickelten Grundsätzen. Der vom Täter erstebte Vorteil ist für die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts ohne Bedeutung. Der Sinn des §272 kann somit nur darin bestehen, die eigennützige Zielsetzung des Täters zu qualifizieren. Für die Vorteilsabsicht gilt daher dassselbe wie für das entsprechende Absichtsmerkmal in §263 20 .

2. Schädigungsabsicht Daneben enthält §272 allerdings noch das Merkmal der Schädigungsabsicht. Insoweit treffen die zur Vorteilsabsicht angestellten Überlegungen nicht zu. Ob der Gesetzgeber auch hier die Qualifizierung von der Willensrichtung des Täters 17

Maurach-Schroeder BT 2, S. 257; SK-Rudolphi, §97b Rn. 6; Sch-Sch-Stree, §97b

Rn. 5 18

vgl. auch Wiedmann, §97b, S. 78ff., der darin allerdings ein verfassungswidriges Gesinnungsstrafrecht sieht und im Wege verfassungskonformer Auslegung die Willensrichtung des Täters für unerheblich erklärt. 19 so Paeffgen, Verrat, S. 196 20 LK-Tröndle, §272 Rn. 3 *

132

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

abhängig gemacht hat, soll zunächst anhand der Entstehungsgeschichte untersucht werden. Eine dem §271 entsprechende Vorschrift findet sich zuerst im Badischen Strafgesetzbuch von 1845. Dort war in §427 mit der gleichen Strafe wie ein Fälscher öffentlicher Urkunden bedroht, wer die Errichtung einer öffentlichen Urkunde mit unwahrem Inhalt bewirkte und davon zu einem der dort bezeichneten Zwecke Gebrauch machte. Diese Zwecke waren die VerÜbung eines Betruges in der Absicht, sich Gewinn zu verschaffen oder einen anderen zu schädigen21. Hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang auf den Einfluß des französischen Rechts, der in der Hervorhebung der Absicht zu schädigen, der „intention de nuire" hervortrat 22 . Der preußische Entwurf von 1843 hatte denjenigen mit Strafe bedroht, der vorsätzlich die Aufnahme unrichtiger Tatsachen in öffentlichen Urkunden veranlaßte. Die betrügerische Absicht war lediglich Erschwerungsgrund 23. §252 des Preußischen StGB kehrte dagegen wieder zu den früheren Erfordernissen zurück. Der Tatbestand der „intellektuellen Urkundenfälschung" setzte die Absicht voraus, sich oder einem anderen Gewinn zu verschaffen oder einem anderen Schaden zuzufügen. Als Beispiel für eine fehlende Schädigungsabsicht wurde die aus Scham erfolgte Angabe eines falschen Namens durch die uneheliche Mutter für ihr Kind genannt. Ein Strafbedürfnis für solche Fälle bestehe nicht 2 4 . Diese Ausführungen deuten daraufhin, daß das Absichtsmerkmal in beiden Fällen die Zielrichtung des Täterhandelns bezeichnen sollte. Von Bedeutung sind für diese Frage auch die entsprechenden Merkmale der Vorteilsund Schädigungsabsicht beim Tatbestand der Urkundenfälschung in §247 des Preußischen StGB. Entgegen früheren Gesetzentwürfen hatte man die Vorschrift nicht auf die gewinnsüchtige Absicht beschränkt, sondern alternativ die Schädigungsabsicht daneben gestellt. In diesem Zusammenhang wurde ausgeführt, daß eine Beschränkung auf Vermögensschäden nicht gewollt sei, die Fälschung vielmehr auch „zum Zwecke" der Herbeiführung eines Schadens an der Ehre oder der Freiheit erfolgen könne 2 5 . Das Strafgesetzbuch von 1871 zerlegte diese Bestimmungen. Die Vorteilsbzw Schadensabsicht war in den §§ 268 und 272 lediglich Strafschärfungsgrund 2 6 , die im selben Verhältnis zum jeweiligen Grundtatbestand stand 27 . Soweit die Frage der Auslegung des Absichtsmerkmals behandelt wurde, wurde hierzu die Ansicht vertreten, dieses müsse in beiden Fällen als motivierende 21 22 23 24 25 26 27

zitiert nach Loeb, Allgemeine Falschbeurkundung, S.16 vgl. Weismann, V D B VII, S.253; Loeb, aaO., S.13ff., 15 vgl. Loeb, aaO., S. 17 vgl. Goltdammer, Mat. II, S. 579 Goltdammer, Mat. II, S. 571 vgl. dazu Höinghaus, Motive, zu §267 und §272 vgl. Bene, Die mittelbare Falschbeurkundung, S. 16; Rüdorff, §§271-273 Anm. 1

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

133

Erfolgsvorstellung verstanden werden; die Fälschung müsse das Mittel zur Erlangung des Vorteils bzw zur Bewirkung des Schadens bilden 28 . Die historische Auslegung spricht àlso dafür, Absicht in beiden Fällen im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen. Demgegenüber wird die Ansicht vertreten, daß bezüglich der Schädigungsabsicht der unbedingte Vorsatz ausreichen müsse, was mit der Parallele zur Nachteilsabsicht des §274 begründet wird 2 9 . Zwischen §272 und §274 bestehen allerdings von der Tatbestandsstruktur her Unterschiede. In §274 bezieht sich die Nachteilsabsicht auf das geschützte Rechtsgut und begründet erst die Strafbarkeit. Die Verletzung des dem Tatbestand der Falschbeurkundung zugrunde liegenden Rechtsguts, des Vertrauens der Allgemeinheit in die Richtigkeit der bezeichneten Register und Urkunden 3 0 , ist dagegen schon in §271 ohne Rücksicht auf eine Nachteilsabsicht des Täters unter Strafe gestellt. §272 fügt dem kein neues Rechtsgut hinzu, sondern stellt eine bloße Qualifizierung dar 3 1 . Der Gedanke des vorverlegten Rechtsgüterschutzes kann somit die Einbeziehung des gesamten unbedingten Vorsatzes nicht begründen 32 . Im Hinblick auf die Strafwürdigkeit des Täters könnte man allerdings argumentieren, daß derjenige, der bewußt einen Schaden herbeiführt, demjenigen gleichgestellt werden müsse, der diesen anstrebt. Zur Stützung dieses Arguments könnte darauf verwiesen werden, daß Fälle, in denen der Täter einen Schaden bezweckt, selten vorkommen dürften. In der Regel wird es so sein, daß der Täter eigene Vorteile erstrebt und hierbei in dem Bewußtsein handelt, daß einem anderen daraus ein Schaden entsteht 33 . M i t diesen Überlegungen läßt sich jedoch auch die gegenteilige Lösung begründen. Wenn die Vorstellung des Nachteils eines Dritten in der Regel mit dem Erstreben des eigenen Vorteils verbunden ist 3 4 , werden diese Fälle bereits von der Vorteilsabsicht erfaßt. Im Unterschied zu §274 besteht also kein kriminalpolitisches Bedürfnis, diese Fallgruppe über den unbedingten Vorsatz bezüglich des Nachteils in den Tatbestand einzubeziehen. Eine selbständige praktische Bedeutung hat die Schädigungsabsicht in §272 somit nur, wenn sie im Sinne zielgerichteten Handelns ausgelegt wird.

28

Frank, Kommentar, §268 Anm. 1; RGSt 51, 237, 239; Binding, BT 2, S. 26 Schröder, JR 70, 471; Sch-Sch-Cramer, §272 Rn. 4; Dreher-Tröndle, §272 Rn. 4; Eser IV, S. 230; Preisendanz, §272 Anm. 3 30 LK-Tröndle, §271 Rn. 1; Schröder, JR 1970, 471 31 Maurach-Schroeder, BT 2, S. 119 32 vgl. auch SK-Samson, §272 Rn. 3 33 so LK-Tröndle, §272 Rn. 13; vgl. auch Lorenz, Falschbeurkundung, S. 187ff., 191; Geerds, HdwbKrim, Bd. 4, S. 216f., wonach Falschbeurkundungen zum Zwecke der Schadensherbeiführung kaum vorkommen. 34 vgl. dazu auch Weismann, VDB VII, S. 347 29

134

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Der Gedanke, daß die Vorstellung eines Nachteils eines Dritten in der Regel mit der Vorteilsabsicht verbunden sein wird, führt zu einem weiteren Bedenken gegen eine weite Auslegung des Absichtsbegriffs, nämlich dem, daß der Qualifikationstatbestand des §272 auf Kosten des Grundtatbestandes des §272 zu weit ausgedehnt würde 35 . §272 würde auch in solchen Fällen eingreifen, in denen der Täter einen Vorteil anstrebt, der keinen Vermögensvorteil darstellt, wenn er etwa nur Unannehmlichkeiten vermeiden w i l l 3 6 , sofern nur die Vorstellung irgendeines Nachteils eines Dritten damit verbunden ist. Die auf die Absicht der Verschaffung von Vermögensvorteilen beschränkte Qualifizierung des §272 würde dadurch im Ergebnis umgangen. Ein Beispiel hierfür bietet eine Entscheidung des OLG K ö l n 3 7 : Der Täter, ein Tierarzt, war damit beauftragt, bei den Rindern verschiedener Landwirte Blutentnahmen durchzuführen, die an ein staatliches Veterinäramt zur Untersuchung auf bestimmte Krankheitserreger eingeschickt und deren Ergebnisse in einem öffentlichen Register festgehalten wurden. Nachdem er bereits eine Anzahl von Proben entnommen und in Reagenzgläser abgefüllt hatte, waren diese Gläser umgefallen. U m nicht die ganze lästige Arbeit wiederholen zu müssen, entnahm er die weiteren Blutproben von einem einzelnen Rind und schickte diese an das Veterinäramt ein, ohne daß die Proben von den angegebenen Rindern stammten, so daß eine entsprechend unrichtige Beurkundung die Folge gewesen wäre. Ein Vermögensvorteil bei ihm und ein entsprechender Schaden bei den Eigentümern der Rinder trat insofern ein, als für die Blutentnahme bei jedem einzelnen Tier Gebühren an den Tierarzt gezahlt werden mußten, ohne daß diese Arbeit tatsächlich erbracht worden war. Den Vermögensvorteil hatte der Täter nicht erstrebt; es war ihm nur darum gegangen, sich zusätzliche Arbeit zu ersparen. Ließe man nun hinsichtlich der Herbeiführung eines Nachteils den unbedingten Vorsatz genügen, so wäre dieser zu bejahen, da die Vorstellung des Täters, daß die Landwirte die Gebühren für eine wertlose Gegenleistung gezahlt hatten, vorhanden war. Zwar wird von den Autoren, die für eine weite Auslegung des Absichtsmerkmals eintreten, die Einschränkung gemacht, der Täter müsse in der Vorstellung handeln, daß der Nachteil gerade aus der unrichtigen Beurkundung hervorgehen werde 38 , was im vorliegenden Fall zu verneinen wäre. Auch diese Lösung führt jedoch nicht in allen Fällen zu einer sachgerechten Einschränkung. So ließe sich der hier in Frage stehende Fall etwa dahingehend abwandeln, daß die Landwirte die Gebühren erst nach Vorlage einer Beurkundung über die durchgeführten Blutproben hätten zahlen müssen. Dann wäre der Schaden infolge der falschen Beurkundung entstanden. Auch in diesem Fall 35

Der E1927 hatte die Unterscheidung zwischen einfacher und schwerer Urkundenfälschung aufgegeben, da nach der Kriminalstatistik der schwere Fall tatsächlich die Regel gebildet habe. 36 vgl. LK-Tröndle, §272 Rn. 5 37 JR 1970, 468 38 Schröder, JR 1970, 471; LK-Tröndle, §272 Rn. 16

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

135

erscheint es jedoch nicht sachgerecht, den Qualifikationstatbestand des §272 eingreifen zu lassen. Wenn das Gesetz einen besonderen Strafrahmen für bestimmte schwerer wiegende Fälle zur Verfügung stellt, so ist davon auszugehen, daß unter dem Gesichtspunkt der Steigerung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat eine generelle Abschichtung vom Grunddelikt vorhanden ist 3 9 . Es ist aber nicht ersichtlich, wo in Fällen wie dem soeben behandelten eine Steigerung der Strafwürdigkeit gegenüber dem Durchschnittsfall liegen soll, zumal die Vorstellung irgendeines Nachteils eines anderen in aller Regel mit der Herbeiführung einer Falschbeurkundung verbunden sein wird. Daher liegt die Annahme näher, daß der schwere Fall des § 272 nur dann eintreten soll, wenn der Täter die Falschbeurkundung gezielt als Mittel zur Vorteilsverschaffung oder zur Schadenszufügung einsetzt.

II. §203 V

Die gleiche Struktur wie §272 im Verhältnis zu §271 weist §203 V gegenüber §203 I auf, so daß eine entsprechende Auslegung naheliegt 40 . Dieselben Argumente, die schon im Zusammenhang mit §272 erörtert wurden, sind auch hier von Bedeutung. Es ist zu bedenken, daß für das Merkmal des „Schadens" im Sinne des §203 V auch der rein ideelle Schaden genügt, der etwa in der öffentlichen Bloßstellung bestehen kann 4 1 . Diese Folge wird aber bereits mit der in §203 I unter Strafe gestellten Handlung verbunden sein. Die Vorstellung der üblicherweise mit der Tatbestandshandlung verbundenen Wirkungen kann aber noch nicht die Anwendbarkeit des Qualifikationstatbestandes begründen, da hierdurch das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Grund- und Qualifikationstatbestand in sein Gegenteil verkehrt würde. Auch in §203 wird das geschützte Rechtsgut, die Geheimsphäre des Einzelnen bzw das Allgemeininteresse an der Verschwiegenheit der in Absatz 1 genannten Berufsgruppen 42, bereits mit der Erfüllung des Grundtatbestands verletzt. Die Qualifikation bezeichnet demgegenüber die besondere Willensrichtung des Täterhandelns 43 . Ausschlaggebend für die Strafschärfung ist die Tatsache, daß der Täter die Preisgabe des Geheimnisses bewußt für seine Zwecke einsetzt, sodaß in beiden Tatbestandsalternativen zielgerichtetes Handeln erforderlich ist 4 4 . Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt diese 39

vgl. Montenbruck, Strafrahmen und Strafzumessung, S. 43 Sch-Sch-Lenckner fordert in §203 Rn. 74 zielgerichtetes Handeln im Gegensatz zu Sch-Sch-Cramer, §272 Rn. 4; konsequent dagegen Dreher-Tröndle, §203. Rn. 36, der unter Hinweis auf §274 auch hier den unbedingten Vorsatz genügen läßt; ebenso Preisendanz, §203 Anm. X I I ; LK-Mösl, Rn. 25 zu §300 aF 40

41 42 43 44

Sch-Sch-Lenckner, §203 Rn. 74 vgl. Lackner, §203 Anm. 1 vgl. auch Schmidhäuser AT 8/44 SK-Samson, §203 Rn. 53; Lackner, §203 Anm. 8

136

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Auslegung. §203 wurde durch das EGStGB von 1974 ins Strafgesetzbuch eingefügt. Er trat an die Stelle des §300 aF. Als Vorlage dienten der E 1962 und der Alternativentwurf 45 . Der Alternativentwurf hatte auf eine besondere Strafdrohung für Fälle der Vor- und Nachteilsabsicht mit der Begründung verzichtet, der Richter werde den unterschiedlichen Unrechtsgehalt innerhalb des einfachen Strafrahmens berücksichtigen können 46 . Der E 1962 dagegen hatte in §185 V S.2 in Verbindung mit §183 V S.2 für diese Fälle in der Form eines Regelbeispiels eine qualifizierte Strafdrohung vorgesehen. Damit sollten solche Zielvorstellungen bezeichnet werden, die die Tat als besonders verwerflich erscheinen ließen 47 . Es kann davon ausgegangen werden, daß auch der Gesetzgeber die Absichtsmerkmale des Absatzes 5 in dieser Weise verstanden hat.

ΠΙ. §315 Π Ι Nr.l

§315 behandelt die Transportgefährdung als konkretes Gefahrdungsdelikt. Sie schützt die Sicherheit der genannten Verkehrsarten, daneben auch das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen sowie bedeutende Sachwerte 4 8 . Die konkrete Gefahrdung dieser Rechtsgüter wird im Grundtatbestand vorausgesetzt. Unter „Gefahrdung" ist ein Zustand zu verstehen, der den Eintritt eines schädigenden Ereignisses nahelegt, wobei des schädigende Charakter dieses Ereignisses mit der Rechtsverletzung identisch ist, die der Tatbestand verhindern w i l l 4 9 . Die Absicht in §315 I I I N r . l muß sich darüber hinaus auf die Herbeiführung eines Unglücksfalles beziehen. Unter Unglücksfall ist zu verstehen, daß sich die im Grundtatbestand angelegte Gefahr realisiert 50 . Auch hier wird also kein neues Rechtsgut geschützt, sodaß nur die Zielvorstellung, mit der der Täter die Gefährdung herbeiführt, qualifizierend wirken kann. Dieser Gedanke lag auch dem §342 des E 1962 zugrunde, der dem §315 im wesentlichen entspricht. Der Entwurf ging davon aus, daß selbst vorsätzliche Gefahrdungen, die Absatz 1 mit Strafe bedrohe, ihre Wurzel oft nicht in verbrecherischen Absichten und Neigungen des Täters hätten, sondern auf Leichtsinn oder Nachlässigkeit beruhten. Als Beispiel wurde der Fall eines Kraftfahrers genannt, der an einem unbeschrankten Bahnübergang in voller Kenntnis der Gefahr versuche, die Gleise vor dem herannahenden Zug noch schnell zu überqueren. Der Übergang zur Strafschärfung des Absatz 3 sollte für 45 46 47 48 49 50

vgl. Göhler, NJW 1974, 825, 833; BT-Dr 7/550, S. 243; Dreher-Tröndle, vor §201 AE, PersStr II, S. 43 E 1962, S. 332, 338; Hub, Die besonders schweren Fälle, S. 103f. Sch-Sch-Cramer, §315 Rn. 2; Lackner, §315 Anm. 1 vgl. Lackner, Gefährdungsdelikt S. 16; Ostendorf, JuS 1982, 426, 430 Dreher-Tröndle, §315 Rn. 20; LK-Rüth, §315 Rn. 42

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

137

solche Sabotagefalle vorbehalten bleiben, in denen der Täter über das bloße verantwortungslose Verhalten hinaus noch eine verbrecherische Gesinnung offenbare 51 . Auch in der Begründung zum 2. Straßenverkehrssicherungsgesetz, auf dem die Vorschrift des §315 beruht 52 , wird auf diesen Gesichtspunkt abgestellt 53 .

IV. §241a IV

Der Grundtatbestand des §241 a schützt vor der Gefahr, infolge von Anzeigen oder Verdächtigungen im Widerspruch zu rechtsstaatliche Grundsätzen verfolgt zu werden 54 . Die Qualifikation des Absatz 4 stellt wiederum auf die verwerfliche Zielsetzung des Täterhandelns ab, sodaß es dem Täter auf die Herbeiführung der bezeichneten Folgen ankommen muß 5 5 . V. §94 I Nr.2

Nach denselben Grundsätzen, nach denen in den zuvor erörterten Tatbeständen argumentiert wurde, läßt sich auch das Verhältnis von §94 I Nr.2 zu §95 erklären. §95 unterscheidet sich von §941 Nr.2 im wesentlichen dadurch, daß die Offenbarung des Geheimnisses nicht in Begünstigungs- oder Schädigungsabsicht erfolgt 56 . Schutzgegenstand beider Vorschriften ist die äußere Sicherheit der Bundesrepublik gegen den Verrat von Staatsgeheimnissen. Für den Fall, daß dies in der in §94 I Nr.2 genannten Absicht erfolgt, greift ein gegenüber §95 erheblich erhöhter Strafrahmen ein. Dies legt wiederum die Vermutung nahe, daß das Absichtsmerkmal die Willensrichtung des Täters bezeichnet, was auch durch die Entstehungsgeschichte bestätigt wird. §100 I aF bestimmte: „Wer ein Staatsgeheimnis verrät, wird wegen Landesverrat ... bestraft." Diese Regelung wurde für Pressepublikationen als unbefriedigend empfunden. Es wurde kritisiert, daß auch der verantwortungsbewußte Redakteur erfaßt werde, der lediglich den Informationsanspruch der Öffentlichkeit befriedigen wolle, ohne eine staatsfeindliche Absicht zu verfolgen. Daher wurde nach zusätzlichen Kriterien gesucht, um gerade das Tätigwerden für eine fremde Macht näher zu kennzeichnen und den Tatbestand auf diese Weise zu begrenzen 57. Die Neuregelung durch das 8. StÄG von 196858spaltete daher die Vorschrift in die zwei Tatbestände des Landesverrats und des Offenbarens von 51

E 1962, S. 523 vgl. Dreher-Tröndle, §315 Rn. 1 53 zitiert nach Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, §315b Rn. 15 54 Sch-Sch-Eser, §241a Rn. 1; Maurach, NJW 1952, 163, 165 55 vgl. die Denkschrift des BMJ, DRiZ 1951,162, 164; LK 9 -Heimann-Trosien, §241a Rn. 10; BGHSt 14, 104, 109 56 vgl. Lackner, §95 Anm. 2a, b 57 vgl. Stratenwerth, Publizistischer Landesverrat, S. 69ff., 72 58 BGBl I, S. 741, 746 52

138

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Staatsgeheimnissen auf. Hierdurch sollte vermieden werden, daß der Journalist und Wissenschaftler, der durch Veröffentlichung von Tatsachen und Erkenntnissen lediglich die Grenzen überschreitet, die auch diesen Personen im Interesse der äußeren Sicherheit gezogen sind, mit dem gemeinen Landesverräter auf eine Stufe gestellt wird 5 9 . Voraussetzung für die Strafschärfung in §94 I Nr.2 ist somit, daß es dem Täter auf die Begünstigung der fremden Macht bzw die Benachteiligung der Bundesrepublik ankommt 6 0 , so daß derjenige Täter, der lediglich gegen Entgelt handelt, selbst dann, wenn er den Eintritt dieser Folgen sicher vorhersieht, nur nach §95 strafbar ist 6 1 .

VI. Ergebnis

Die bei Untersuchung der unter 1-5 behandelten Tatbestände gefundenen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Stellt das Gesetz in einem Grundtatbestand ein Verhalten unter Strafe, das bereits eine Verletzung oder Gefahrdung des geschützten Rechtsguts enthält, ohne daß es hierfür noch einer darauf bezogenen Absicht bedarf, und sieht es bei Vorliegen einer solchen Absicht eine Strafschärfung vor, so dient das Absichtsmerkmal zur Kennzeichnung der Willensrichtung des Täters. Es handelt sich dann um einen Fall gesetzlicher Strafzumessung. Ebenso wie Beweggründe und Ziele des Täters nach §46 allgemein für die Strafzumessung relevant sind, hat der Gesetzgeber für den Fall des Vorliegens bestimmter Zielvorstellungen einen besonderen Strafrahmen vorgesehen 62.

D. §248c I, III Abschließend soll in diesem Zusammenhang noch auf § 248c I, I I I eingegangen werden. Hier wird beim Entzug elektrischer Energie eine unterschiedliche Strafdrohung aufgestellt, je nachdem ob dieser in Zueignungsabsicht oder in Schädigungsabsicht erfolgt. Was die Zueignungsabsicht betrifft, gelten die Ausführungen zu §242 entsprechend. Bezüglich der Schädigungsabsicht könnte man dagegen wiederum erwägen, den unbedingten Vorsatz ausreichen zu lassen. Ein Bedürfnis hierfür besteht zwar nicht, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich selbst die entzogene elektrische Energie zuzueignen und dabei die Vorstellung hat, daß bei einem anderen ein Schaden eintritt, da dieser Fall bereits durch Absatz 1 erfaßt wird. Anders verhält es sich jedoch, wenn er die Energie zu 59 Krauth/Kurfess/Wulf, JZ 1968,609,610; Woesner, NJW 1968,2129,2134; Stree, in: Mißlingt die Srafrechtsreform?, S. 171ff., 175 60

so auch AE, Politisches Strafrecht, S. 67, der die Strafschärfung allerdings auf die Begünstigungsabsicht beschränkt hatte. Demgegenüber sah der Gesetzgeber die Benachteiligungsabsicht als ebenso strafwürdig an, vgl. BT-Dr V/2860, S. 17 61 62

Sch-Sch-Stree, vor §93 Rn. 3; Dreher-Tröndle, §94 Rn. 5 vgl. Montenbruck, Strafrahmen und Srafzumessung, S. 98f.

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

139

Gunsten eines Dritten entzieht, so daß die Zueignungsabsicht zu verneinen sein kann. Diese Fälle könnten über Absatz 3 erfaßt werden, wenn hinsichtlich der Schädigung der unbedingte Vorsatz genügte 63 . Dagegen bestehen jedoch Bedenken in Anbetracht der parallelen Struktur des §242, wo diese Fälle auch nicht erfaßt sind. §248c wurde durch Gesetz vom 09.04.1900 ins Strafgesetzbuch eingefügt, um eine Lücke zu schließen, die dadurch entstanden war, daß nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts 64 bei Entziehung elektrischer Energie, da es sich hierbei nicht um eine bewegliche Sache handle, der Diebstahlstatbestand nicht eingreifen konnte 6 5 . In der Diskussion um die Einführung dieser Vorschrift war ausdrücklich auf die Lücke hingewiesen worden, die dadurch entstehe, daß derjenige Täter nicht erfaßt werden könne, der in der Absicht handle, die Energie einem Dritten zuzuwenden. Auch war im Reichstag ein Antrag gestellt worden, diese Fälle einzubeziehen, der aber abgelehnt wurde 66 . Es erscheint nicht zulässig, diese Entscheidung des Gesetzgebers zu umgehen, indem man derartige Fälle über die Schädigungsabsicht erfaßt. Die Beispiele, die der Gesetzgeber bei §248c I I I im Auge hatte, waren die des Kurzschlusses, in denen es dem Täter um die Entwertung elektrischer Energie ging, diese also nicht zum Zwecke der Nutzung entzogen, sondern lediglich vernichtet werden sollte 67 . Obwohl das Delikt und auch der Strafrahmen dem der Sachbeschädigung entsprechen, ist der Gesetzgeber insofern bewußt vom Tatbestand der Sachbeschädigung abgewichen, als sich in §248c die spezifische Deliktsabsicht des Täters auf die Schädigung des Opfers beziehen muß 6 8 . Damit ist festzustellen, daß der Gesetzgeber die verschiedenen Strafrahmen in Absatz 1 und 3 nach der Willensrichtung des Täters abgestuft hat. Es hat sich also auch hier wiederum der Grundsatz bestätigt, daß das Absichtsmerkmal dort, wo es keine strafbegründende, sondern lediglich eine gegenüber einem anderen Tatbestand strafrahmenmodifizierende Bedeutung hat, im Sinne zielgerichteten Handelns zu verstehen ist.

Vierter Teil 44

„Absicht

als auf den objektiven Tatbestand bezogenes Merkmal

Während Grundlage der bisherigen Untersuchungen Tatbestände mit überschießender Innentendenz waren, sollen im folgenden Abschnitt solche Vor63

so Dreher-Tröndle, §248c Rn. 8 RGSt 29, 112; 32, 178 65 vgl. Harburger, VDB VI, S. 312f.; Kohlrausch, ZStW 20 (1900), 459, 484ff. 66 vgl. Kohlrausch, ZStW 20 (1900), 459, 505 Fn. 47 67 vgl. Kohlrausch, ZStW 20 (1900), 459, 506; Sch-Sch-Eser, §248c Rn. 17; SKSamson, §248c Rn. 11 64

68

vgl. Kohlrausch, ZStW 20, (1900), 459, 509

140

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Schriften betrachtet werden, in denen sich der Absichtsbegriff auf objektive Tatbestandsmerkmale bezieht.

A. Tatbestände, die „absichtliches oder wissentliches" Handeln mit Strafe bedrohen In Tatbeständen, in denen das Gesetz „absichtliches oder wissentliches" Handeln verlangt 1 , ergibt sich die Bedeutung des Absichtsmerkmals aus dem Vergleich mit dem Merkmal „wissentlich". Bei Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs von 1871 war auch der Begriff der Wissentlichkeit umstritten. Vorherrschend war die Ansicht, daß hierdurch nur die dolose Natur des jeweiligen Delikts sowie einzelne Tatumstände, auf die sich das Wissen des Täters beziehen müsse, näher gekennzeichnet werden sollten, daß dieser Begriff aber inhaltlich mit dem des Vorsatzes identisch sei und auch den dolus eventualis einschließe2. Diese Ansicht wurde noch bis zum Erlaß des EGStGB von 1974 im Hinblick auf einzelne Tatbestände vertreten 3 . Das EGStGB 4 hat nach der Einführung von §15 in all den Fällen, in denen jede Vorsatzart ausreicht, den Begriff „wissentlich" gestrichen 5. Er wurde nur noch in solchen Vorschriften beibehalten, in denen der bedingte Vorsatz ausgeschlossen werden sollte 6 . Wenn nun die Begriffe „absichtlich" und „wissentlich" nebeneinander verwendet werden, so kann dem Absichtsmerkmal nur die Funktion zukommen, über den unbedingten Vorsatz hinaus das zielgerichtete Handeln zu bezeichnen.

B. §142 I I I S.2 Probleme können sich nach dem unter I Ausgeführtem nur dort ergeben, wo das Absichtsmerkmal allein auftritt. Einen solchen Fall betrifft zunächst §143 I I I S. 2. Die Vorschrift des Absatz 3 beschreibt die Voraussetzungen, unter denen derjenige, der sich berechtigterweise vom Unfallort entfernt hat, seiner Pflicht zur nachträglichen Ermöglichung der erforderlichen Feststellungen nachkommt. Eine Ausnahme hiervon wird in Satz 2 für den Fall gemacht, daß der Täter Feststellungen absichtlich vereitelt. Vom geschützten Rechtsgut her, dem Interesse der Unfallbeteiligten und Geschädigten an der Aufklärung des

1

§87 I, 145 I, II, 183a, 258, 258a, 283c, 344 vgl. Miricka, Formen der Strafschuld, S. 72; v.Liszt, Gutachten zum 24. DJT, S. 131 3 vgl. Lackner-Maaßen, 8. Aufl., §59 Anm. 3a, bb; §156 Anm. 5; §273 Anm. 2; §324 Anm. 2 4 BGBl I, S. 469, 491 5 vgl. Art. 19 Nr. 62, 65, 142, 181 EGStGB 6 Göhler, NJW 1974, 825f.; Sturm, JZ 1975, 6, 7; BT-Dr 7/550, S. 192 2

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

141

Unfallhergangs 7, wäre zu überlegen, die Strafbarkeit bereits dann eintreten zu lassen, wenn der Täter in der sicheren Vorstellung handelt, daß Feststellungen vereitelt werden 8 . Zu bedenken ist jedoch, daß dadurch auch solche Täter erfaßt würden, die sich genau den Erfordernissen des §142 II, I I I entsprechend verhalten, wenn allein durch den mit der Entfernung verbundenen Zeitablauf gewisse Feststellungen vereitelt werden und der Täter dies erkennt, so etwa wenn durch Witterungseinflüsse Spuren am Unfallort beseitigt werden oder aufgrund der verstrichenen Zeit der Grad der Alkoholisierung zur Zeit des Unfalls nicht mehr feststellbar ist 9 . Dies würde im Ergebnis dazu führen, daß der Täter unter Umständen gezwungen wäre, über die erforderliche Wartezeit hinaus am Unfallort zu bleiben oder sogar Rettungshandlungen zu Gunsten von Verletzten nicht vornehmen dürfte, wenn damit die Vereitelung von Feststellungen verbunden wäre. Damit würden die Pflichten, die die Absätze 1 und 2 des §142 aufstellen, auf dem Umweg über Absatz 3 verschärft, was dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht würde. Die Vorschrift des § 143 I I I S. 2 geht auf § 347 V des E 1962 zurück 10 . Dort sollten dem Täter ganz bewußt nur eng begrenzte Pflichten auferlegt werden, um den allgemeinen Grundsatz, daß eine Pflicht zur aktiven Mitwirkung bei den Ermittlungen nicht besteht, nur in dem gebotenen Umfang zu durchbrechen 11 . Das „absichtliche" Vereiteln sollte im Sinne zielgerichteten Handelns verstanden werden, wie sich aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Definition des Absichtsbegriffs im Allgemeinen Teil des E 1962 ergibt 12 . Die Einschränkung sollte lediglich ausschließen, daß der Täter zwar formal seine Mindestpflichten erfüllt, dabei aber in Wirklichkeit auf die Vereitelung von Feststellungen hinarbeitet, indem er etwa falsche Angaben macht oder es ihm gerade auf die Beseitigung von Unfallspuren durch Wegfahren ankommt 1 3 . Die enge Auslegung des Absichtsmerkmals läßt sich also hier wieder auf den bereits in anderem Zusammenhang entwickelten allgemeinen Gesichtspunkt zurückführen, daß hierdurch neutrale bzw. rechtmäßige Handlungen, die über die Einbeziehung des unbedingten Vorsatzes vom Tatbestand mit erfaßt würden, ausgeschieden werden sollten.

7

Lackner, §142 Anm. 1

8

so im Ergebnis Janiszewski, VOR 1972, 395, 403 vgl. SK-Rudolphi, § 142 Rn. 48; Sch-Sch-Cramer, § 142 Rn. 60; Berz, D A R 1975,309,

9

316 10 11 12 13

vgl. Prot VII, S. 1933 E 1962, 532; BT-Dr 7/2434, S. 8 E 1962, 532 Prot VII, 1935

142

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

C. §225 Besonders umstritten ist die Auslegung des Absichtsmerkmals in §225.

I. Entstehungsgeschichte

Zunächst soll untersucht werden, ob die historische Entwicklung der Vorschrift darüber Aufschluß gibt, welche Bedeutung des Gesetzgeber diesem Merkmal beigemessen hat. Eine dem §225 ähnliche Vorschrift findet sich in der Partikulargesetzgebung des 19. Jahrhunderts lediglich in Art.§169 des Sächsischen StGB von 1855 14 . Die für die vorliegende Frage bedeutsamen Vorschriften lauteten: Art. 167: „Vorsätzlich zugefügte Körperverletzungen werden bestraft: 1) mit Arbeitshaus oder Zuchthaus von einem bis zu sechs Jahren, wenn der Verletzte dadurch der Sprache, des Gesichts, des Gehörs oder der Zeugungsfahigkeit beraubt, oder zu seinen Berufsarbeiten völlig unbrauchbar gemacht worden ist; 2) mit Arbeitshaus bis zu vier Jahren, wenn dem Verletzten ein sonstiger Nachteil an seiner Gesundheit zugefügt worden, zu dessen Beseitigung keine begründete Aussicht vorhanden ist, oder wenn durch die That eine Verstümmelung oder auffallende Verunstaltung verursacht worden ist; 3) in geringeren Fällen mit Gefängnis bis zu einem Jahre. «

Art. 169: „Ist die Absicht des Thäters bestimmt auf eine der im Art. 167 unter 1) oder 2) oder im Art. 168 erwähnten Verletzungen gerichtet gewesen und ist diese Absicht erreicht worden, so tritt Zuchthausstrafe von vier bis zu zwanzig Jahren ein. In Fällen, wo eine bestimmte Absicht nicht anzunehmen ist, der Thäter jedoch eines gefahrlichen Instruments sich bedient, oder besondere Veranstaltungen, woraus leicht eine gefahrliche Verletzung hervorgehen kann, getroffen hat, kann der Richter auch schon in den nach Art. 167 unter 2 zu beurtheilenden Fällen auf die daselbst unter 1 angedrohte Strafe, bei leichten Körperverletzungen aber (Art.67 unter 3), und selbst wenn gar keine Verletzung erfolgt, auf Arbeitshaus bis zu zwei Jahren zu erkennen." Art. 170: „Wenn in Folge einer vorsätzlich zugefügten Körperverletzung der Tod des Verletzten eingetreten ist, ohne daß dieser Erfolg dem Thäter zum Vorsatze 14 abgedruckt auch bei John, G A Bd. 25 (1877), 393, 407; zur Enstehungsgeschichte Günther, Körperverletzung, S. 154, 175; Löffler, V D B V, S. 255

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

143

angerechnet werden kann, so ist, sofern nicht nach Art. 169 eine schwerere Strafe eintritt, auf Arbeitshaus oder Zuchthaus von einem bis zu zehn Jahren zu erkennen." Unter „bestimmter Absicht" verstand das Gesetz den dolus directus, also den Fall, daß der Täter den eingetretenen Erfolg gewollt hat 1 5 . Von Bedeutung ist hierzu Art. 47 des Sächsischen StGB: „Für die Zurechnung des eingetretenen Erfolgs zum Vorsatz macht es keinen Unterschied, ob die Absicht eine bestimmte oder unbestimmte war (Vergi, jedoch Art. 169)." Damit war für Art. 169 ausdrücklich klargestellt, daß die bestimmte Absicht den direkt auf den Erfolg gerichteten Willen erforderte. Im Preußischen StGB von 1851 war eine solche Vorschrift nicht enthalten. § 193 drohte für den Fall, daß die Körperverletzung bestimmte Folgen nach sich zog, Zuchthausstrafe bis zu 15 Jahren an. Daß die Absicht des Täters auf die eingetretene Folge gerichtet war, sollte lediglich bei der Strafzumessung berücksichtigt werden 16 . Auch der erste Entwurf eines StGB für den Norddeutschen Bund sah eine dem §225 entsprechende Vorschrift noch nicht vor. Sie taucht zum ersten Mal in der überarbeiteten Fassung dieses Entwurfs auf. In den Motiven hierzu findet sich lediglich der Hinweis, es bedürfe keiner Rechtfertigung, daß bei einer auf den Erfolg gerichteten Absicht eine Strafschärfung eintrete 17 . Nun wird die Ansicht vertreten, es sei nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber von 1871 in materieller Hinsicht gegenüber Art. 169 des Sächsischen StGB etwas hätte ändern wollen, sodaß auch in §225 „Absicht" im Sinne zielgerichteten Handelns auszulegen sei 18 . Dieser Schluß erscheint allerdings voreilig. Zunächst ist zu bedenken, daß das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 im Gegensatz zum Sächsischen StGB nicht den Begriff der „bestimmten Absicht" kennt, sondern mit dem Merkmal „Absicht" einen Begriff verwendet, dessen Auslegung gerade offen bleiben sollte. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die Frage, wann ein bestimmter, auf den Erfolg gerichteter Wille vorliegt, zur damaligen Zeit streitig war, und daß man hierunter zum Teil auch das Voraussehen einer notwendig eintretenden Nebenfolge verstand 19 . Aber auch vom Tatbestandsaufbau her ergeben sich Unterschiede zwischen §225 und Art. 169 des Sächsischen StGB. So war in Art. 169 S.2 eine Strafschärfung für den Fall vorgesehen, daß der Täter den wirklich eingetretenen Erfolg zwar nicht bezweckt hatte, die Handlung aber von einer solchen Beschaffenheit war, daß der Täter diesen voraussehen mußte. Diese Regelung 15 16 17 18 19

vgl. v.Hippel, V D A III, S. 459, insbes. Fn. 6 vgl. Beseler, Preuß. StGB, S. 374 Höinghaus, Motive zu §225 so Sprang, Absichtsmerkmale, S. 133fT., 135 siehe oben Erstes Kapitel, A I

144

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

erinnert an die bereits in anderem Zusammenhang erwähnten 20 Dolus-Vermutungen für den Fall, daß ein auf den Erfolg gerichteter Wille nicht nachweisbar war 2 1 . Diese Fälle waren zwar nicht völlig denen der „bestimmten Absicht" gleichgestellt, aber immerhin durch die Möglichkeit der Verhängung einer höheren Strafe von den sonstigen Fällen der Verursachung schwerer Folgen abgestuft. Weiterhin unterschied sich das Sächsische StGB vom Reichsstrafgesetzbuch im Hinblick auf das Verhältnis der beabsichtigten schweren Körperverletzung zur Körperverletzung mit Todesfolge. Für den letzteren Fall sah Art. 170 eine geringere Strafe vor als für die beabsichtigte Körperverletzung. Dieselbe Strafe wie in Art. 169 sollte lediglich dann eintreten, wenn der Todeserfolg auf einer beabsichtigten Körperverletzung beruhte 22 . Die gegenüber der Körperverletzung mit Todesfolge erhöhte Strafdrohung des Art. 169 kann möglicherweise durch das Erfordernis der „bestimmten Absicht" mit bedingt sein. Wenn man alle diese Abweichungen der beiden genannten Vorschriften in Betracht zieht, kann man nicht ohne weiteres davon ausgehen, der Gesetzgeber von 1871 habe die beabsichtigte schwere Körperverletzung in derselben Weise regeln wollen, wie das im Sächsischen StGB der Fall war. Die Beratungen zu dem bereits erwähnten ersten Entwurf eines StGB für den Norddeutschen Bund legen vielmehr das Gegenteil nahe. Zur Beratung des ersten Entwurfs wurde eine Kommission von 7 Personen eingesetzt, die sich auf zahlreiche zu dem Entwurf vorgelegte Gutachten stützen konnte 2 3 . Zur Frage der beabsichtigten Körperverletzung nahm das Gutachten von John ausdrücklich Stellung, das in der Form eines eigenen Entwurfs ausgearbeitet war 2 4 . In den §§ 146 und 147 dieses Entwurfs wurde in den Fällen der schweren Körperverletzung danach differenziert, ob die Verletzung bloße Folge der Handlung oder ob sie vorsätzlich herbeigeführt war. I n diesem Zusammenhang wurde gleichzeitig Kritik an § 193 des Preußischen StGB geübt, das diese Fälle vom Tatbestand her gleich behandelte 25 . Zu beachten ist ferner, daß dieser Entwurf ausdrücklich zwischen „Vorsatz" und „Absicht" unterschied, wobei letzterer Begriff im Sinne von „Zweck" verstanden wurde 26 . In den Kommentaren zum Reichsstrafgesetzbuch von Rüdorff und Rubo, die an der Ausarbeitung des ersten Entwurfs beteiligt waren 27 , wird bei §225 ausgeführt, für das Absichtsmerkmal genüge der 20

siehe oben Erstes Kapitel, A vgl. Geßler, Über Begriff und Arten des Dolus, S. 214 22 vgl. dazu John, G A Bd. 25 (1877), 393, 408f. 23 vgl. Rüdorff, Einleitung, S. 34; Schubert, G A 1982, 191, 198 24 zu den einzelnen Gutachten Rüdorff, Einleitung, S. 36 25 vgl. John, Entwurf, S. 457, 477 26 John, Entwurf, S. 194 27 Der Entwurf wurde vom Geheimen Justizrat Friedberg ausgearbeitet, dem Rüdorff und Rubo als Gehilfen zugeteilt waren; vgl. Rüdorff, Einleitung, S. 23; Schubert, G A 1982, 191, 194f. 21

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

145

bedingte Vorsatz. Man habe lediglich der Formulierung „absichtlich" den Vorzug gegeben vor der Formulierung „vorsätzlich" 28 . Dies legt die Vermutung nahe, daß Art. 169 des Sächsischen StGB nur für die Beschreibung der schweren Folgen als Vorbild gedient hat, nicht aber hinsichtlich der Anforderungen an die subjektive Beziehung des Täters zum Erfolg. Das belegen auch die Ausführungen von Schwarze, der Mitglied der Kommission zur Beratung des ersten Entwurfs war 2 9 . Er weist darauf hin, daß bei der Abfassung des §225 insbesondere das StGB von Sachsen berücksichtigt worden sei, dessen Vorschriften sich in der Praxis gut bewährt hätten 30 . Dennoch vertritt er die Ansicht, daß auch eine eventuell auf den eingetretenen Erfolg gerichtete Absicht ausreiche 31. Der Grund ergibt sich aus den weiteren Ausführungen zum Verhältnis von §225 zu §224. Bei §224 war nach damaliger Auffassung nicht einmal Fahrlässigkeit hinsichtlich des eingetretenen Erfolges erforderlich; eine dem heutigen §18 entsprechende Vorschrift gab es noch nicht 3 2 . §224 erfaßte danach sowohl die bloße Verursachung der schweren Folge als auch die diesbezügliche Fahrlässigkeit. Bei vorsätzlichem Handeln sollte dagegen §225 eingreifen. Insoweit zog Schwarze die Parallele zu §226. Sei dort der dolus auf den tödlichen Erfolg gerichtet, so griffen die Vorschriften über die „absichtliche" Tötung ein 3 3 . „Vorsatz" und „Absicht" sollten also offenbar gleichbedeutend verstanden werden. §224 sollte zu §225 in demselben Verhältnis stehen wie §226 zur vorsätzlichen Tötung. Die historische Auslegung spricht also für eine Einbeziehung aller Vorsatzarten in §225. Allerdings kann aufgrund des Alters der Vorschrift sowie der Tatsache, daß deren Auslegung von Anfang an umstritten war 3 4 , das Ergebnis nicht allein darauf gestützt werden. Es ist daher zu prüfen, ob es sachliche Gründe gibt, die zu einem anderen Ergebnis führen.

Π. Abgrenzung gegenüber §224

Ausgangspunkt der Überlegungen muß der Vergleich mit §224 sein. Dieser unterscheidet sich von §225 nur im subjektiven Tatbestand. Bei „absichtlicher" Herbeiführung der schweren Folge wird eine Freiheitsstrafe von 2 bis zu 10 Jahren gegenüber einer Strafe von 1 bis zu 5 Jahren in §224 angedroht. 28

RüdorfT, §225 Anm. 2; Rubo, §225 Anm. 2 vgl. Rüdorff, Einleitung, S. 34; Schubert, GA 1982, 191, 198 30 GS 22 (1870), 146, 201 31 §225 Anm. 1 32 vgl. dazu Oehler, ZStW 69 (1957), 509, 511 33 Schwarze, GS 22, (1870), 146, 202; ders. Kommentar, Einleitung, S. 22f. 34 Die überwiegende Meinung und die Rechtsprechung bezogen den unbedingten Vorsatz ein, allerdings mit der Begründung, daß sicher vorhergesehene Folgen auch gewollt seien, vgl. RGSt 24, 369; BGHSt 21, 194; Löffler, V D B V, S. 257; v.Olshausen, Kommentar, §225 Anm. 2; demgegenüber vertraten v.Liszt, Lehrbuch, S. 288 sowie v.Wächter, Lehrbuch, S. 343 die Ansicht, daß der Erfolg bezweckt sein müsse. 29

10 Gehrig

146

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

Die Frage nach der Auslegung des Absichtsmerkmals hat sich also daran zu orientieren, welche Vorsatzform den Übergang zu der verschärften Strafdrohung des §225 rechtfertigt. Hierzu wird die Ansicht vertreten, daß das verwerfliche Willensziel des Täters die Strafschärfung begründe 35 . Dagegen sprechen allerdings die oben 36 entwickelten Grundsätze über das Verhältnis der beiden Arten des direkten Vorsatzes. Da diese im Unwertgehalt grundsätzlich gleichzustellen sind, kann zwischen ihnen keine Zäsur gemacht werden, die die Anwendbarkeit des erhöhten Strafrahmens des §225 rechtfertigen könnte. Daher muß jedenfalls der gesamte unbedingte Vorsatz vom Absichtsmerkmal des §225 erfaßt sein 37 . Weiter stellt sich die Frage, ob auch die Einbeziehung des bedingten Vorsatzes von der Sache her geboten ist. Diese Ansicht wird von Jakobs vertreten. Zur Begründung nennt er zunächst das bereits in anderem Zusammenhang38 abgelehnte Argument, daß zwischen unbedingtem und bedingtem Vorsatz keine Unterschiede bestünden, die eine unterschiedliche Strafdrohung rechtfertigten. Zur Stützung dieser Ansicht bildet er folgendes Beispiel 39 : Der Täter will eine Bombe in ein Zimmer werfen, um den sich darin aufhaltenden Personen schwere Verletzungen zuzufügen. U m sicher zu gehen, daß der Plan gelingt, vergewissert er sich vorher, ob sich tatsächlich jemand in dem Raum befindet. Dabei wird er festgenommen. Zur Lösung des Falles führt Jakobs aus, es liege ein Versuch des §225 vor. Daß der Täter die Ausführung der Tat von der Bedingung abhängig gemacht habe, daß sich jemand in dem Raum aufhalte, lasse seinen Vorsatz unangetastet. Nichts anderes könne aber gelten, wenn die Bedingung erst nach der Handlungsausführung eintreten solle, wenn also der Täter die Bombe ins Zimmer werfe und damit rechne, daß sich dort Menschen aufhielten. Diese Argumentation kann nicht überzeugen, da sie von einer unzutreffenden Vergleichsbasis ausgeht. Im ersten Fall geht es um die Frage, ob der Täter überhaupt zum Handeln, also hier zum Werfen der Bombe, entschlossen ist oder ob nur bedingter Handlungswille vorliegt 40 . Über die subjektive Beziehung zu den Tatfolgen ist mit der Bejahung des Tatentschlusses noch nichts ausgesagt. Kommt es dem Täter darauf an, die in dem Raum befindlichen Menschen zu verletzen, so liegt in beiden Fällen insoweit zielgerichtetes Handeln vor, da die Möglichkeitsvorstellung auf der intellektuellen Vorsatzseite dem nicht entgegensteht. Kommt es ihm nicht darauf an, so hängt in beiden Fällen die Lösung davon ab, welche Vorstellungen er hinsichtlich des Erfolgseintritts hat. Rechnet 35 so Lorenzen, Erfolgsqualifizierte Delikte, S. 71 Fn. 2,154; Langer, Das Sonderverbrechen, S. 300, 302 36 37 38 39 40

siehe oben S.90 hM, vgl. nur Sch-Sch-Stree, §225 Rn.2 siehe oben Zweiter Teil, Β I I 2a, cc Konkurrenz, S. 160f. siehe oben Zweiter Teil, A I

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

147

er im ersten von Jakobs genannten Beispielsfall lediglich mit der Möglichkeit eines körperverletzenden Erfolgs, so liegt kein Versuch des §225 vor, wenn man hierfür den unbedingten Vorsatz verlangt. Diese Ausführungen sind also nicht geeignet, die Einbeziehung des dolus eventualis in §225 zu begründen. Beachtlich ist allerdings ein weiteres, systematisches Argument. Wenn das Gesetz für bestimmte Delikte einen Vorsatz- und einen Fahrlässigkeitstatbestand vorsieht, wäre es systemfremd, den bedingten Vorsatz in den Fahrlässigkeitstatbestand einzubeziehen41. Von daher liegt die Annahme näher, daß auch in §225 ein Vorsatztatbestand dem Fahrlässigkeitstatbestand hinsichtlich der Herbeiführung der schweren Folge, den §224 enthält, gegenübergestellt werden soll. Gerade diese Überlegung wird durch die historische Auslegung gestützt 42 . Für die Frage, ob aus sachlichen Gründen in §225 die Einbeziehung des bedingten Vorsatzes geboten ist, sind auch die Erwägungen von Bedeutung, die den entsprechenden Tatbeständen des E 1962 und des A E zugrunde liegen. Der E 1962 hatte in §147 die Fälle der vorsätzlichen schweren Körperverletzung in einem Tatbestand zusammengefaßt und von diesen in § 149 I I die Körperverletzung mit fahrlässig schwerer Verletzungsfolge abgehoben 43 . Demgegenüber hatte der Alternativentwurf in § 110 die Grenze entsprechend der herrschenden Meinung zum geltenden Recht zwischen bedingtem und unbedingtem Vorsatz gezogen. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, daß der bedingte Vorsatz der bewußten Fahrlässigkeit gerade bei Affekttaten viel näher stehe als bei anderen Erfolgsdelikten. Die Wertgrenze sei also zwischen bedingtem und unbedingtem Vorsatz zu ziehen. A u f diese Weise lasse sich der weniger schwer wiegende Gefahrdungsvorsatz vom Verletzungsvorsatz abheben. Bei der Lösung des E 1962 bestehe die Gefahr, daß die Rechtsprechung mit Hilfe des bedingten Vorsatzes den subjektiven Tatbestand zu sehr ausdehne44. Diese Auffassung beruht auf der bereits in anderem Zusammenhang abgelehnten Gleichsetzung von bedingtem Vorsatz mit Gefahrdungsvorsatz. Der bedingt vorsätzlich handelnde Täter sieht eben nicht nur die Gefahr, sondern auch die Möglichkeit des Erfolgseintritts und findet sich mit ihr ab 4 5 . Dem Gefahrdungsvorsatz entspricht, wie an anderer Stelle 46 ausgeführt, weitgehend die bewußte Fahrlässigkeit, so daß gerade die Differenzierung zwischen Gefahrdungs- und Verletzungsvorsatz dazu führen müßte, den bedingten Vorsatz dem §225 zuzuordnen. Zwar ist es zutreffend, daß die Abgrenzung zur bewußten Fahrlässigkeit nach der inneren Einstellung des Täters zu dem

41 42 43 44 45 46

10*

so Jakobs, Konkurrenz, S. 160 siehe oben I I I 1 E 1962, S. 282 AE, PersStr 1, S. 49 vgl. Roxin, JuS 1964, 53, 61; Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 102ff., 111 s.o. S. 56ff.

148

2. Kap.: Die Auslegung der Absichtsmerkmale im StGB

herbeigeführten Erfolg schwer zu treffen sein wird. Auch ist zu beachten, daß das Maß der Fahrlässigkeit in Anbetracht der vorsätzlichen Grundtat der Körperverletzung in der Regel besonders hoch ist und vielfach an der Grenze zum bedingten Vorsatz liegen wird, sodaß die Gefahr einer zu weiten Ausdehnung des §225 besteht, indem etwa von der Gefährlichkeit der Tathandlung voreilig auf die innere Einstellung des Täters zum Erfolg geschlossen wird 4 7 . Das ist jedoch keine Besonderheit des §225. Dieselbe Problematik stellt sich vielmehr auch bei anderen erfolgsqualifizierten Delikten, bei denen im Falle vorsätzlicher Herbeiführung der schweren Folge besondere Tatbestände gelten, wie etwa §226 oder §221 I I im Verhältnis zur vorsätzlichen Tötung. Gerade im Vergleich mit §226 wäre es schwer verständlich, warum dort der bedingte Vorsatz hinsichtlich des tödlichen Erfolgs bereits den schwereren Strafrahmen des §212 begründet, in §225 dies gegenüber §224 aber erst bei unbedingtem Vorsatz der Fall sein soll. Daß die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewußter Fahrlässigkeit schwierig ist, berechtigt nicht dazu, in systemwidriger Weise die Fahrlässigkeit und den bedingten Vorsatz in einem Tatbestand zusammenzufassen und dem unbedingten Vorsatz in einem anderen Tatbestand gegenüber zu stellen 48 . Gegen die Einbeziehung des bedingten Vorsatzes wird allerdings geltend gemacht, dies sei mit Wortlaut und Strafrahmen der Vorschrift nicht vereinbar 4 0 . Das Strafrahmenargument erscheint nicht zwingend. Zwar wurde oben 50 ausgeführt, daß dem bedingten Vorsatz im Regelfall ein geringerer Unrechtsgehalt als dem direkten Vorsatz zukommt. Die Strafrahmen der §§ 224 und 225 überschneiden sich jedoch im unteren Bereich weitgehend, so daß dem geringeren Gewicht des bedingten Vorsatzes auch im Rahmen des §225 bei der Strafzumessung Rechnung getragen werden kann. Das Wortlautargument könnte sich möglicherweise darauf stützen, daß es nach allgemeinem Sprachgebrauch schwerfallt, von einem „beabsichtigten" Erfolg zu sprechen, wenn der Täter diesen nur als eine mögliche Folge seines Handelns vorhergesehen hat. Entscheidend ist allerdings nicht der allgemeine Sprachgebrauch, sondern diejenige Bedeutung, in der das Gesetz den Begriff verwendet 51 . Der Absichtsbegriff wird aber vom Gesetzgeber in verschiedenem Sinne gebraucht. Sein Inhalt sollte gerade nicht festgelegt, sondern offengehalten werden 52 , sodaß der Wortlaut keine eindeutige Auskunft geben kann. Daß 47

vgl. Oehler, ZStW 69 (1957), 503, 513; im Zusammenhang mit dem schweizerischen Recht Kölz-Ott, Eventualvorsatz und Versuch, S. 9ff. 48 Aus diesen Gründen kritisch gegenüber dem AE Hirsch, ZStW 83 (1971), 141,157f.; ders. in L K , §224 Rn. 35 49 LK-Hirsch, §225 Rn. 2 50 s.o. Zweiter Teil, Β I I 2a, cc 51 dazu grundsätzlich Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 78 52 s.o. Erstes Kapitel, C - Ε ; vgl. auch die in Kapitell Fn.86 genannten Autoren, nach denen gerade vom Wortlaut her die Gleichstellung von „Vorsatz" und „Absicht" geboten sein soll

Dritter Abschnitt: Eigene Lösung

149

die Einbeziehung des bedingten Vorsatzes nicht von vornherein ausgeschlossen ist, zeigt etwa der bis zum Inkrafttreten des 2. StRG vom 04.07.196953 geltende §43 aF, der den Versuch regelte. Die Vorschrift lautete: „Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche den Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuchs zu bestrafen." Obwohl das Gesetz von einem „beabsichtigten" Verbrechen oder Vergehen sprach, bestand weitgehend Einigkeit darüber, daß insoweit der bedingte Vorsatz ausreichte 54. Diese Regelung ist zwar im geltenden Recht nicht mehr enthalten. Auch ist auf das bereits erwähnte 55 EGStGB hinzuweisen, seit dessen Inkrafttreten das Merkmal „wissentlich" den bedingten Vorsatz ausschließt. Daraus den Schluß zu ziehen, daß dies für das Merkmal „absichtlich" erst recht gelten müsse, ist jedoch allenfalls bei neueren Vorschriften möglich, nicht aber bei §225, der seit 1871 unverändert geblieben ist. Der Wortlaut steht nach alledem der Einbeziehung des bedingten Vorsatzes in §225 nicht zwingend entgegen. §225 stellt somit in der vorliegenden Untersuchung den einzigen Tatbestand dar, in dem das Absichtsmerkmal auch den bedingten Vorsatz mit umfaßt. Der Grund dafür liegt in der Parallele zu anderen erfolgsqualifizierten Delikten und den diesen entsprechenden Vorsatztatbeständen.

53 54 55

BGBl I, S. 717, 720 vgl. Lackner-Maaßen, 8. Aufl., §43 Anm. l a s.o. S. 140

Drittes Kapitel

Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals A. Tatbestände mit überschießender Innentendenz I. §§ 263, 253, 242

Auch dann, wenn die Auslegung des Absichtsmerkmals eines Tatbestandes vom Inhalt her geklärt ist, kann fraglich sein, auf welche Tatbestandsmerkmale es sich beziehen muß. So setzen etwa die Vorschriften des Betrugs und der Erpressung die Absicht voraus, sich einen „rechtswidrigen" Vermögensvorteil zu verschaffen bzw, sich „zu Unrecht" zu bereichern 1; entsprechend erfordert der Diebstahl die Absicht, sich eine Sache „rechtswidrig" zuzueignen. Hier stellt sich die Frage, ob sich die für den subjektiven Tatbestand vorausgesetzte Zielvorstellung des Täters auch auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit mit erstrecken muß. Dabei ist zunächst von folgender Überlegung auszugehen: Die Tatbestandsbeschreibung kennzeichnet in den in Frage stehenden Vorschriften einen bestimmten Handlungswillen, soweit er zu einem Handlungsziel in Beziehung steht. Der zum Handlungsziel führende Vorgang kann aber durch weitere Begleitumstände beschrieben sein. Die Absicht kann sich dann gerade auf einen durch ein bestimmtes Attribut gekennzeichneten Erfolg beziehen, oder sie kann sich auch nur auf den Erfolg selbst beziehen. Die Handlung kann also unter verschiedenen Gesichtspunkten zweckbezogen, muß dies aber nicht notwendigerweise sein 2 . Zwar können Gegenstand der Absicht im Sinne des Erstrebens nicht bereits vorhandene Tatumstände sein. Diese sind vom Willen des Täters unabhängig, sodaß nur die Vorstellung ihres Vorhandenseins möglich ist 3 . Der Täter kann jedoch etwas erstreben, was gerade dadurch gekennzeichnet ist, daß es unter den gegebenen Umständen eintritt. Vorhandene Umstände können also in ihrer Verknüpfung mit dem eintretenden Erfolg gewollt sein4.

1 Nach Arzt, NStZ 1981, 10, 12f. gilt das Erfordernis der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vorteils entgegen dem Wortlaut auch für die Hehlerei; dagegen aber die hM, vgl. nur LK-Ruß, §259 Rn.37 2 vgl. Bennhold, Absicht bei Verfassungsgefahrdung, S. 19f.; Engisch, Vorsatz und Fahrlässigkeit, S. 147 3 vgl. Schröder, Festschrift für Sauer, S. 213; Sch-Sch-Cramer, §15 Rn. 65 4 Schröder, aaO. (Fn. 3), S. 214

Α. Tatbestände mit überschießender Innentendenz

151

Auf die vorliegende Frage bezogen heißt das: Der Täter kann begrifflich nicht erstreben, daß ein bestimmter Vermögensvorteil rechtswidrig ist. Möglich ist es aber, daß es ihm darauf ankommt, gerade einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu erlangen. Die Absicht als zielgerichteter Erfolgswille müßte sich dann auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit mit erstrecken, der Handlungsentschluß müßte also gerade durch die Rechtswidrigkeit des Vorteils mit hervorgerufen worden sein. Auf welche Tatumstände der Wille des Täters gerichtet sein muß, ist anhand der Auslegung des jeweiligen Tatbestandes zu klären. Hierbei ist die Erwägung maßgebend, daß der Gesetzgeber die Tatbestandsbeschreibungen vielfach danach ausrichtet, wodurch der jeweilige Deliktstypus nach seinem praktischen Vorkommen in der Regel gekennzeichnet sein wird. Es stellt sich also die Frage, ob ein bestimmtes Deliktsmerkmal typischerweise den Anreiz zur Tatbegehung schafft und ob gerade die hierauf bezogene Täterintention das Strafwürdigkeitsurteil begründet 5. Bei den oben genannten Delikten wurde bereits ausgeführt, daß der Tätertypus durch das Ziel der Bereicherung bzw Zueignung gekennzeichnet ist. Daß gerade die Rechtswidrigkeit des Vorteils den Täter zum Handeln veranlaßt, dürfte kaum vorstellbar sein. Der Täter will den Vorteil in der Regel nicht deswegen, weil er rechtswidrig ist, sondern nimmt dessen Rechtswidrigkeit lediglich um seiner Interessen willen in Kauf. Daher ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber diesen Regelfall der Tatbestandsbeschreibung zugrunde gelegt hat 6 . Das Merkmal „rechtswidrig" bestimmt demgegenüber nicht die Zielrichtung des Täterhandelns, sondern hat lediglich tatbestandseinschränkende Funktion. Es dient der näheren Kennzeichnung des Vorteils bzw der Zueignung und soll klarstellen, daß nicht jede Täuschung bzw Wegnahme in Vorteils- bzw Zueignungsabsicht die Strafbarkeit begründet 7 . Rechtswidrig ist der Vorteil bzw die Zueignung nur, wenn dem Täter hierauf kein Anspruch zusteht. Nur in solchen Fällen wird die Handlung strafrechtlich erfaßt, in denen das Opfer den Nachteil zugunsten des Täters nicht hinzunehmen braucht 8 . Strafwürdig ist der Täter aber bereits dann, wenn er sich den Vorteil für alle Fälle, auch wenn er möglicherweise kein Recht dazu haben sollte, verschaffen bzw sich eine Sache zueignen will 9 . Daraus ergibt sich, daß sich die Zielvorstellung des Täters nicht auf die Rechtswidrigkeit zu erstrecken braucht, sondern daß insoweit nach allgemeinen Regeln der bedingte Vorsatz ausreicht 10 . 5 vgl. auch Alwart, Strafwürdiges Versuchen, S. 185ff., 193; Platzgummer, Die Bewußtseinsform des Vorsatzes, S. 27 6

vgl. RGSt 55, 257, 260; BGH M D R 1975, 22 vgl. Hegler, VDB VI, S. 434f.; LK-Lackner, §263 Rn. 287; Eser IV, S. 40; Otto, Vermögensschutz, S. 212ff. 8 vgl. Mohrbotter, GA 1967, 199, 213f. 9 vgl. auch Kohlrausch-Lange, §242 Anm. I I I 2a 10 A u f die streitige systematische Einordnung des Merkmals der Rechtswidrigkeit soll hier nicht eingegangen werden; vgl. dazu Lackner, §242 Anm. 5d, bb; §263 Anm. I X 2b 7

152

3. Kap.: Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals II. §2I9c

Das unter dem vorhergehenden Gliederungspunkt Ausgeführte gilt entsprechend im Fall des §219c. Das Strafwürdigkeitsurteil wird nicht erst dadurch begründet, daß es dem Täter darauf ankommt, gerade rechtswidrige Taten zu fördern, sondern schon dadurch, daß er dies als möglich in Kauf nimmt. Das Merkmal der Rechtswidrigkeit hat lediglich insoweit einschränkende Funktion, als es die Strafbarkeit für solche Fälle ausschließen soll, in denen der Täter davon ausgeht, daß durch sein Handeln ermöglichte Schwangerschaftsabbrüche nur unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen vorgenommen werden, wie dies beim Handel mit Ärzten und Krankenhäusern der Fall sein kann 1 1 . Die Zielvorstellung des Täters braucht sich demnach nur auf die Förderung der Tat als solcher zu beziehen, während hinsichtlich deren Rechtswidrigkeit der bedingte Vorsatz genügt.

B. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale I. Kennzeichnung des Bezugsobjekts durch den Wortlaut

1. § 183a Die Frage nach dem Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals kann auch dann auftauchen, wenn sich dieses als besondere Vorsatzform auf objektive Tatbestandsmerkmale bezieht. Unproblematisch ist dies dort, wo das Gesetz bereits durch die Wortstellung zum Ausdruck bringt, auf welche Merkmale sich die Absicht des Täters beziehen muß. So gelten in §183a die Erfordernisse der Absicht bzw. Wissentlichkeit lediglich für das Merkmal des Ärgerniserregens, während bezüglich der öffentlichen Vornahme einer sexuellen Handlung nach allgemeinen Regeln der bedingte Vorsatz genügt 12 . 2. § 283c Ähnlich verhält es sich in §283c. Dort wird zunächst die Kenntnis des Täters von seiner Zahlungsunfähigkeit vorausgesetzt. Hinsichtlich der Gewährung einer inkongruenten Sicherung oder Befriedigung 13 werden keine besonderen Vorsatzanforderungen gestellt. Durch diese Handlung muß dann allerdings die absichtliche oder wissentliche Begünstigung eines Gläubigers erfolgen. Das Erfordernis der Absicht oder Wissentlichkeit könnte dann auch auf das Merkmal des Gewährens einer inkongruenten Leistung zu erstrecken sein, wenn dies mit der Begünstigung eines Gläubigers untrennbar verknüpft wäre. Wenn die Begünstigung nur durch das Gewähren einer solchen Leistung eintreten könnte, müßte sich die Zielvorstellung des Täters bzw. dessen sicheres Wissen 11 12 13

vgl. Lackner, §219c Anm. 4b vgl. BGH NJW 1969, 853; Dreher-Tröndle, §183a Rn. 6 zu diesem Merkmal Dreher-Tröndle, §283c Rn. 8

Β. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale

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notwendigerweise auch hierauf beziehen. Würde der Täter lediglich mit der Möglichkeit rechnen, daß der Gläubiger eine Leistung nicht zu beanspruchen hat, könnte er auch nicht sicher wissen, daß dieser begünstigt wird 1 4 . Für die Alternative der absichtlichen Begünstigung hätte diese Frage allerdings keine praktische Auswirkung; denn wenn es dem Täter darauf ankommt, einen Gläubiger durch die Gewährung einer inkongruenten Leistung zu begünstigen, genügt auf der intellektuellen Vorsatzebene nach allgemeinen Regeln die diesbezügliche Möglichkeitsvorstellung. Grundsätzlich stellt sich das Problem aber in beiden Fällen in derselben Weise. Die Lösung hängt davon ab, unter welchen Voraussetzungen ein Gläubiger vor den übrigen Gläubigern begünstigt ist. Hierfür ist ein Vergleich mit der Lage erforderlich, die bestanden hätte, wenn die Leistung des Schuldners nicht gewährt worden wäre 15 . Nun ist der Fall denkbar, daß mehrere Gläubiger einen durchsetzbaren Anspruch gegenüber dem Schuldner haben. Wenn ein Gläubiger noch vor Eröffnung des Konkursverfahrens vom Schuldner befriedigt wird und für die Erfüllung der Ansprüche der anderen danach keine ausreichenden Mittel mehr zur Verfügung stehen, sodaß diese auf die Konkursquote angewiesen sind, kann kein Zweifel daran bestehen, daß dieser eine Gläubiger vor den anderen begünstigt ist, obwohl er an sich die Leistung zu beanspruchen hatte. Daß der Schuldner zahlungsunfähig war und die vorhandenen Mittel nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichten, begründet noch nicht die Annahme der Inkongruenz einer Gläubigerforderung 16 . Dies gilt selbst dann, wenn die Leistung an einen Gläubiger konkursrechtlich anfechtbar ist 1 7 . Wenn aber auch bei Gewährung einer kongruenten Leistung ein Gläubiger begünstigt sein kann, besteht kein Anlaß, das Erfordernis der Absicht oder Wissentlichkeit entgegen dem Wortlaut auf die Gewährung einer inkongruenten Leistung zu erstrecken 18. Auch in der Sache wäre dies nicht begründet. Der Schuldner hat die Gewährung einer Leistung und die damit verbundene Begünstigung eines Gläubigers bereits dann zu unterlassen, wenn er lediglich mit der Möglichkeit rechnet, daß diesem ein Anspruch hierauf nicht zusteht und damit die nach der Konkursordnung vorgesehene Art der Masseverteilung hintertrieben wird 1 9 . Die qualifizierten Vorsatzanforderungen der Absicht und Wissentlichkeit in §283c erstrecken sich

14 so im Ergebnis Vormbaum, G A 1981, 101, 122; Dreher-Tröndle, §283c Rn. 10; Böhle-Stamschräder 10, Anm. 5, 6 zu §241 K O aF; BGH G A 1959, 341 15 Lackner, §283c Anm. 4 16 Anders verhält es sich nur dann, wenn der Schuldner zur Stellung des Konkursantrages verpflichtet ist (RGSt 48,18,20), was nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung der Fall ist, vgl. dazu Böhle-Stamschräder, §103 KO, Anm. 3 17 BGHSt 8, 55, 56; Sch-Sch-Stree, §283c Rn. 8 18 Sch-Sch-Stree, §283c Rn. 16 19 vgl. auch OLG Karlsruhe, Die Justiz 1977, 17, 18; zum Strafgrund des §283c Maurach-Schroeder, BT 1, S. 379

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3. Kap.: Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals

somit nur auf die Begünstigung eines Gläubigers, während hinsichtlich der Inkongruenz der Leistung der bedingte Vorsatz ausreicht.

II. Durch Auslegung zu ermittelndes Bezugsobjekt

1. §344 In Fällen, in denen der Gesetzeswortlaut keinen ausdrücklichen Hinweis auf das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals gibt, ist dies durch Auslegung zu ermitteln. § 344 stellt das absichtliche oder wissentliche Verfolgen eines Unschuldigen bzw. einer Person, die aus sonstigen Gründen nicht verfolgt werden darf, unter Strafe. Entsprechend den vorhergehenden Überlegungen könnte man erwägen, die qualifizierten Vorsatzerfordernisse auf die Verfolgungstätigkeit zu beschränken und im übrigen den bedingten Vorsatz ausreichen zu lassen20. Hier ist allerdings zu bedenken, daß der Tatbestand sich auf Personen bezieht, die zur Mitwirkung an einem Strafverfahren berufen sind, deren Aufgabe also die strafrechtliche Verfolgung bestimmter Vorgänge ist. Wenn das Verfahren sich noch im Stadium des Verdachts befindet, steht gerade noch nicht fest, ob der Verfolgte schuldig ist oder nicht. Die Verfolgungstätigkeit als solche kann also noch keinen Anknüpfungspunkt für die Strafbarkeit bilden. Strafwürdig wird das Verhalten vielmehr erst dann, wenn es dem Täter gerade darauf ankommt, jemanden zu verfolgen, den er nicht verfolgen darf, bzw wenn es dies sicher weiß. Daher ergibt sich aus der Natur des Delikts, daß sich die Merkmale der Absicht und Wissentlichkeit auf den gesamten objektiven Tatbestand beziehen müssen und insoweit der bedingte Vorsatz nicht ausreichen kann.

2. §258 In §258 müssen sich Absicht und Wissentlichkeit zunächst auf die Tathandlung und den daraus entstehenden Vereitelungserfolg beziehen21. Weiter stellt sich die Frage, ob dies auch für das Merkmal der rechtswidrigen Vortat gilt. Zu §257 aF, der denjenigen mit Strafe bedrohte, der „nach Begehung eines Vergehens oder Verbrechens dem Täter ... wissentlich Beistand leistete, um ihn der Bestrafung zu entziehen", war anerkannt, daß sich das Merkmal „wissentlich" nur auf das Beistandleisten zu beziehen brauchte, während hinsichtlich der 20 vgl. auch Mohrbotter, JZ 1969, 491, 495; Less, JR 1951, 193, 194; Wagner, Amtsverbrechen, S. 186 löst diesen Fall über den objektiven Tatbestand, indem er das Merkmal „unschuldig" im Sinne von fehlendem Tatverdacht interpretiert. Allerdings sind auch Fälle denkbar, in denen zwar objektiv ein Verdacht besteht, der Verfolger aber weiß, daß dieser Verdacht nicht begründet ist. Auch dann muß er von §344 erfaßt werden können, was nach der Lösung Wagners nicht möglich wäre. 21 vgl. Beling V D B VII, S. 32; Momberg, ZRP 1982, 70, 71

Β. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale

155

begangenen Vortat der bedingte Vorsatz genügte 22 . Nach der Neufassung, die auf §447 des E 1962 zurückgeht, sollte das frühere Recht insoweit abgeändert werden, als die Tat erst mit Eintritt des Vereitelungserfolges vollendet sein sollte. Was die Begehung der Vortat angeht, war dagegen keine Änderung vorgesehen. Absicht und Wissentlichkeit sollten nur auf den Vereitelungserfolg bezogen werden 23 . Diese Lösung wird mit der Begründung angezweifelt, daß es bei allen Handlungen, die Grundlage des justiziellen Systems seien, wie Strafverfolgung und Strafverteidigung, einen Freiraum für Fehlentscheidungen und deren Korrektur geben müsse. Dieser Freiraum müsse durch gesteigerte Vorsatzanforderungen geschaffen werden. Ebenso wie nach §344 der Staatsanwalt nur strafbar sei, wenn er bezüglich der Unschuld des Verfolgten absichtlich oder wissentlich handle, dürfe auch der Anwalt, der den Angeklagten verteidige, nur dann nach §258 strafbar sein, wenn er hinsichtlich der Begehung der Vortat durch den Angeklagten absichtlich oder wissentlich handle 24 . Die Parallele zu §344 ist allerdings vom Ansatz her nicht überzeugend. Während im Rahmen des §344 die Verfolgungstätigkeit als solche eine völlig rechtmäßige, in den Aufgabenbereich des Täters fallende Handlung darstellt, ist dies bei der Vereitelung des staatlichen Strafanspruchs in § 258 nicht der Fall. Die Handlung richtet sich gegen die staatliche Rechtspflege, indem sie die gesetzmäßige Bestrafung des Täters verhindert. Inwieweit die Voraussetzungen der Bestrafung vorliegen, haben die dafür zuständigen Organe zu beurteilen. Die Strafwürdigkeit des Täterhandelns wird also hier im Gegensatz zu §344 grundsätzlich schon durch die Vereitelung selbst begründet, und zwar auch dann, wenn es dem Täter gleichgültig ist, ob eine Vortat begangen wurde und er dies lediglich in Kauf nimmt 2 5 . Das Erfordernis der rechtswidrigen Vortat hat lediglich strafbarkeitsbegrenzende Funktion. Die Strafbarkeit wird davon abhängig gemacht, daß der staatliche Strafanspruch tatsächlich bestand. Wenn der Täter hiermit rechnet, hat er Handlungen, die auf dessen Vereitelung zielen, zu unterlassen. Eine dem §344 vergleichbare Konstellation ergibt sich zwar bei der Tätigkeit des Strafverteidigers, der von seiner Aufgabe her bestrebt sein wird, strafrechtliche Maßnahmen gegen seinen Mandanten zu verhindern. Auch hier kann also die Vereitelungshandlung allein die Strafwürdigkeit noch nicht begründen, solange er dieses Ziel mit prozeßkonformen Mitteln verfolgt. Dies gilt aber in den Fällen absichtlicher oder wissentlicher Vereitelung gleichermaßen. Der Anwalt kann etwa trotz Kenntnis der Begehung der Vortat durch den

22

vgl. Lackner-Maaßen, 8. Aufl., §257 Anm. 4; BGH L M Nr. 2 zu §346; BGHSt 15,

18, 21 23 24 25

vgl. E 1962, 630f.; BT-Dr 7/550, S. 249f.; Lackner, §258 Anm. 5 Müller, StVert 1981, 90, 92 vgl. BGHSt 4, 222f.

156

3. Kap.: Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals

Mandanten auf dessen Freispruch hinwirken 26 . Der Ausschluß der Strafbarkeit in diesen Fällen läßt sich also nicht durch eine Erstreckung der qualifizierten Vorsatzanforderungen auf die Begehung der rechtswidrigen Vortat erreichen, sondern nur aus der prozessualen Funktion des Verteidigers erklären 27 . Auch diese Fallgruppe bietet somit keinen Anlaß, von dem oben gefundenen Ergebnis abzuweichen.

3. §§ 87, 88, 89, 90a III, 90b I Streitig ist das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals schließlich in den §§ 87,88, 89, 90a I I I , 90b I. §87 fordert ein absichtliches oder wissentliches Sich-Einsetzen für verfassungsfeindliche Bestrebungen, während die übrigen Tatbestände auf ein absichtliches Sich-Einsetzen beschränkt sind. Hier stellt sich das Problem, ob die qualifizierten Vorsatzanforderungen sich auch auf das Ziel der Bestrebungen selbst erstrecken müssen. Von großer praktischer Bedeutung dürfte diese Frage allerdings nicht sein. Dies ergibt sich daraus, daß es sich bei dem Merkmal des „Sich-Einsetzens" um einen finalen Begriff handelt, dem das Absichtsmoment im Sinne zielgerichteten Handelns bereits immanent ist, der also ein bewußtes und gewolltes Unterstützen von bestimmten Bestrebungen fordert 28 . Auch das Merkmal „Bestrebungen" enthält eine finale Komponente. Bestrebungen setzen, wie sich aus der Definition des §92 I I I Nr. 1 ergibt, Träger voraus, die auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten, und zwar im Sinne eines zielgerichteten und zweckbetonten Verhaltens 29 . Wenn der Täter sich nun bewußt und gewollt für Bestrebungen einsetzt, die sich von ihrer Zielsetzung her gegen den Bestand der Bundesrepublik richten, so wird er in aller Regel deren Zielrichtung teilen. Notwendig ist dies jedoch nicht. Vielmehr handelt es sich bei der Zielrichtung der Bestrebungen um ein außerhalb der Täterperson liegendes Merkmal, das unabhängig vom Täterwillen ist. Die Bestrebungen können sich in ihrer Zielgerichtetheit von dem Willen eines einzelnen Mitgliedes lösen, sodaß dieses sich nicht notwendigerweise mit deren Zielen zu identifizieren braucht 30 . So ist etwa der Fall des bezahlten Sabotageagenten denkbar, der um des Entgelts willen die Richtung der Bestrebungen gegen die Bundesrepublik lediglich in Kauf nimmt, ohne daß es ihm hierauf ankommt.

26

vgl. BGHSt 2, 375 Diese Frage kann hier nicht behandelt werden; vgl. dazu die Nachweise bei Lackner, §258 Anm. 2d; Dreher-Tröndle, §258 Rn. 7 28 vgl. Lackner, §92 Anm. 2; Schroeder, Der Schutz von Staat und Verfassung, S. 304; Schudt, Subjektive Unrechtselemente, S. 36ff., 63 29 LK-Willms, §92 Rn. 5, 6 30 vgl. Ruhrmann, NJW 1960, 992, 994f. 27

Β. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale

157

Vom Schutzzweck der hier in Frage stehenden Vorschriften her könnte man argumentieren, daß der Grad der Gefahrdung der geschützten Rechtsgüter nicht von der inneren Einstellung des Täters gegenüber der Zielrichtung der Bestrebungen, die diese Rechtsgüter bedrohen, abhängt. Demnach wäre die Strafwürdigkeit schon dadurch begründet, daß der Täter Bestrebungen unter Inkaufnahme ihrer verfassungsfeindlichen Zielsetzung unterstützt. Nicht erforderlich wäre, daß er dies gerade wegen dieser Zielsetzung tut. Dieses Ergebnis ließe sich dadurch erreichen, daß man das Absichtsmerkmal lediglich auf das „Sich-Einsetzen" bezieht und im übrigen den bedingten Vorsatz ausreichen läßt 3 1 . Das Absichtsmerkmal wäre dann allerdings tautologisch, da es schon im Begriff des Sich-Einsetzens selbst steckt. Das Merkmal „wissentlich" auch auf das „Sich-Einsetzen" zu beziehen, wäre dagegen sinnlos, da der Täter, der sich für etwas einsetzt, dies notwendigerweise auch weiß. Es kann sich daher nur auf die Zielrichtung der Bestrebungen erstrecken, die der Täter danach erkennen muß 3 2 . Die oben genannte Lösung hätte also zur Folge, daß die Merkmale „absichtlich" und „wissentlich" in §87 verschiedene Bezugsobjekte hätten. Eine weitere Konsequenz wäre, daß in §87 die Anforderungen an das intellektuelle Vorsatzelement hinsichtlich der Zielrichtung der Bestrebungen gegenüber den anderen Vorschriften verschärft würden. Obwohl §87 also absichtliches oder wissentliches Handeln mit Strafe bedroht, während die übrigen hier in Frage stehenden Tatbestände auf absichtliches Handeln beschränkt sind, würden damit im Ergebnis in §87 strengere Anforderungen an die Strafbarkeit gestellt. Das erscheint aus systematischen Gesichtspunkten befremdlich. Danach läge es näher, in §87 bezüglich der Zielrichtung der Bestrebungen sicheres Wissen genügen zu lassen, während es in den übrigen Vorschriften dem Täter hierauf ankommen muß 3 3 . Im folgenden soll untersucht werden, ob sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften klären läßt, worin der Gesetzgeber die maßgebliche strafbegründende Zielrichtung des Täterhandelns gesehen hat. Die genannten Tatbestände wurden durch das 8. StÄG von 1968 34 in das Strafgesetzbuch eingefügt. Das Merkmal „Sich-Einsetzen" taucht in den Gesetzesberatungen zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Erörterung des §95 I I I des Regierungsentwurfs von 1966 zu einem 8. StÄG 3 5 auf. Die Vorschriften der §§ 95 I I I , 95a I I I dieses

31

so Lackner, §92 Anm. 2a; SK-Rudolphi, §92 Rn. 11; Schroeder, Der Schutz von Staat und Verfassung, S. 304 32 Dreher-Tröndle, §87 Rn. 13; Lackner, §92 Anm. 2a 33 so LK-Willms, §87 Rn. 16, §88 Rn. 3, §92 Rn. 7; Sch-Sch-Stree, §88 Rn. 22; Preisendanz, §88 Rn. 4; Krauth-Kurfess-Wulf, JZ 1968, 577, 582 34 35

BGBl I, S. 741, 746 BT-Dr V/898

158

3. Kap.: Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals

Entwurfs, die die Verunglimpfung des Staates bzw. von Verfassungsorganen betrafen 36 , hatten eine Strafschärfung für den Fall vorgesehen, daß der Täter durch die Tat Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik verfolgte oder sich absichtlich oder wissentlich in ihren Dienst stellte 37 . Diese Formulierung wurde ersetzt durch das Merkmal „sich-einsetzen", um bei der Tätigkeitsbeschreibung auf das herausgehobene, funktionärsmäßige Tätigwerden abzustellen und den Täter ohne eigene Initiative von der Strafbarkeit auszunehmen 3 8 . Das Merkmal des „absichtlichen Sich-Einsetzens" sollte dem des „Verfolgens" im Regierungsentwurf entsprechen 39. Der ideologisch uninteressierte Täter wurde dagegen nicht als Absichtstäter im Sinne dieser Vorschrift angesehen. Dies ergibt sich auch daraus, daß man gegenüber dem Regierungsentwurf eine ausdrückliche Einschränkung vornahm, indem man den Tatbestand auf das absichtliche Sich-Einsetzen beschränkte und auf die Worte „oder wissentlich" verzichtete 40 . Auch in den Beratungen zu §87 war man im Sonderausschuß für die Strafrechtsreform der Auffassung, daß bei Beschränkung auf absichtliches SichEinsetzen derjenige Täter nicht strafbar sei, der lediglich um finanzieller Vorteile willen tätig werde 41 . Die Begriffe „absichtlich oder wissentlich" sollten nebeneinander verwendet werden, damit unmißverständlich zum Ausdruck komme, daß sowohl derjenige erfaßt werde, dem es auf den Zweck der Bestrebungen ankomme, als auch derjenige, der keine innere Verbindung zu seinem Auftrag habe, aber genau wisse, welchen Zwecken seine Handlung diene 42 . §88 ist zunächst im Vergleich mit §90 in der Fassung des 1. StÄG von 1951 zu sehen. Die Vorschrift bedrohte denjenigen mit Strafe, der durch Streik, Aussperrung und sonstige Störhandlungen bestimmte Anlagen in der Absicht außer Tätigkeit setzte, den Bestand der Bundesrepublik zu beeinträchtigen oder eine dahingehende Bestrebung zu fördern. Bei der letzteren Alternative war unklar, ob es dem Täter auf die verfassungsfeindliche Zielrichtung ankommen müsse. Die Rechtsprechung hatte dies schließlich bejaht 43 , nachdem die Entscheidung BGHSt 9,142 zuvor den unbedingten Vorsatz hatte ausreichen lassen. Dieses Urteil war auf Kritik gestoßen. So war eingewandt worden, bei einer so weiten Auslegung seien auch arbeitsrechtlich zulässige Kampfmaßnahmen tatbestandsmäßig, wenn der Täter die Vorstellung habe, daß andere dies

36 37 38 39 40 41 42 43

vgl. die heutigen §§90a III, 90b I vgl. BT-Dr V/898, S. 5 Prot V, S. 974 Prot V, S. 966 Prot V, S. 974 vgl. Prot V, S. 1614, 1726; BT-Dr V/2860, S. lOlf. Prot V, S. 1614 BGHSt 18, 246

Β. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale

159

zur Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik ausnutzten 44 . Dasselbe Argument spielte auch in den Reformberatungen eine große Rolle. Der SPDEntwurf vom 08.12.196545 und der Alternativentwurf 46 wollten die Vorschrift völlig streichen, weil hierdurch das Recht zu Streik und Aussperrung unmöglich gemacht würde. Der E 1962 hatte in §370 auf der subjektiven Tatseite darauf abgestellt, daß der Täter Bestrebungen gegen die Bundesrepublik oder Verfassungsgrundsätze verfolge oder sich absichtlich oder wissentlich in ihren Dienst stelle 47 . In ausdrücklichem Gegensatz dazu hatte der Regierungsentwurf vom 05.12.1966 in §92 die Strafbarkeit darauf beschränkt, daß sich der Täter absichtlich in den Dienst solcher Bestrebungen stelle. Zur Begründung wurde ausgeführt, hierdurch solle verhindert werden, daß der verfassungstreue Streikwillige durch Versuche verfassungsfeindlicher Elemente, den Lohnstreik zu verfassungsfeindlichen Zielen auszunützen, daran gehindert werde, von seinem Streikrecht Gebrauch zu machen 48 . Der Sonderausschuß hatte in einer Formulierungshilfe vom 20.02. 1967 zwei Varianten des subjektiven Tatbestands zur Grundlage der weiteren Beratungen gemacht. In der ersten Variante war vorgesehen, daß der Täter sich absichtlich oder wissentlich in den Dienst verfassungsfeindlicher Bestrebungen stellt, während die zweite Variante insoweit auf absichtliches Handeln beschränkt war 4 9 . Was die Strafwürdigkeit betrifft, war man zunächst der Auffassung, daß auch der Täter erfaßt werden müsse, dem es nicht auf die Zielrichtung der Bestrebungen gegen die Bundesrepublik ankomme, woraufhin man sich für die erste Variante aussprach 50. I m Verlauf der weiteren Beratungen kam man aber zum Ergebnis, daß der Tatbestand auf absichtliches Handeln beschränkt werden müsse, um klarzustellen, daß Streikmaßnahmen nicht gemeint seien. Diese würden zwar nicht mehr ausdrücklich als Tatmittel genannt, könnten aber weiterhin begrifflich Störhandlungen im Sinne dieser Vorschrift sein. Allerdings könnten in die Form eines Streiks gekleidete Störhandlungen nicht generell vom Tatbestand ausgeschlossen werden, wenn man diesen nicht zu einem stumpfen Schwert machen wolle. Daher sollte durch das Erfordernis des absichtlichen Sich-Einsetzens darauf abgestellt werden, daß es dem Täter auf die verfassungsfeindlichen Ziele ankommen müsse. Sei dies nicht der Fall, solle die Strafbarkeit nur unter den

44

vgl. Copie, Grundgesetz und Politisches Strafrecht, S. 209f.; Houy, Verfassungsschutz, S. 133f., 139f., 177; Baumann, JZ 1966, 329, 331 45 BT-Dr V/102, S. 5 46 AE, Politisches Strafrecht, S. 43; ebenso Backes, Rechtsstaatsgefahrdungsdelikte und Grundgesetz, S. 176 47 48 49 50

E 1962, S. 560 BT-Dr V/898, S. 24 Prot V, S. 969 Prot V, S. 1169

160

3. Kap.: Das Bezugsobjekt des Absichtsmerkmals

Voraussetzungen der §§ 316b, 317 eintreten 51 . Das Absichtsmerkmal diente somit als Korrektiv auf der subjektiven Tatbestandsseite, weil der objektive Tatbestand, indem er auch rechtmäßige Streikmaßnahmen erfassen konnte, als zu weit empfunden wurde 52 . Das Merkmal des absichtlichen Sich-Einsetzens bei §89 war bereits in §91 des SPD-Entwurfs 53 vorgesehen, und zwar in der Form, daß der Täter absichtlich Bestrebungen gegen die Bundesrepublik verfolgen mußte. Der Regierungsentwurf hatte diese Beschränkung abgelehnt, da der Täter auch dann strafwürdig sei, wenn er sich wissentlich zum Diener solcher Bestrebungen mache 54 . Der Sonderausschuß übernahm die einschränkende Formulierung des SPD-Eütwurfs 55 . Nach all dem läßt sich feststellen, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers die qualifizierten Vorsatzerfordernisse auch auf die Zielrichtung der Bestrebungen zu erstrecken sind, und daß hierbei die Differenzierung zwischen §87 und den übrigen Vorschriften ganz bewußt vorgenommen wurde. So wurde im Sonderausschuß bei §87 eine Beschränkung auf absichtliches Handeln im Gegensatz zu § 88 gerade deswegen abgelehnt, weil die Gefährlichkeit der in § 87 erfaßten Agenten darin bestehe, daß sie in der Regel ohne Rücksicht auf ihre politische Überzeugung tätig würden 56 . Demgegenüber hat der Gesetzgeber bei §88 nur das absichtliche Handeln erfassen wollen und im übrigen die Strafbarkeit nach §§316b, 317 als ausreichend angesehen, deren Schutzgegenstände sich mit denen des §88 weitgehend decken, und die sich nur dadurch unterscheiden, daß §88 keine Substanzeinwirkungen erfordert 57 . Das kriminalpolitische Argument, es sei unerträglich, daß der lediglich gegen Entgelt handelnde Täter bei dieser Auslegung von §88 nicht erfaßt werde 58 , ist nicht geeignet, ein vom Gesetzgeber ausdrücklich gewolltes Ergebnis, das auch in der jeweiligen Tatbestandsformulierung zum Ausdruck gekommen ist, zu korrigieren 59 . In den §§ 88, 89, 90a I I I und 90b I ist das Absichtsmerkmal somit auch auf die Zielrichtung der vom Täter geförderten Bestrebungen zu beziehen.

51 52 53 54 55

Prot V, S. 1729, 1905 vgl. Woesner, NJW 1968, 2131; Roos, Entkriminalisierungstendenzen, S. 81 BT-Dr V/102 BT-Dr V/898, S. 25

Prot V, S. 969 Prot V, S. 1904 57 vgl. LK-Willms, §88 Rn. 2 58 so Lackner, §92 Anm. 2a 59 vgl. dazu grundsätzlich F.Müller, Juristische Methodik, S. 163; Larenz, Methodenlehre, S. 320, 329f. 56

Β. Auf den objektiven Tatbestand bezogene Absichtsmerkmale

161

4. Ergebnis Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß es eine Frage der Auslegung des jeweiligen Tatbestandes ist, ob sich die Absicht des Täters lediglich auf einen bestimmten Erfolg oder darüber hinaus auf weitere Umstände erstrecken muß. Hierbei kommt es darauf an, ob ein bestimmter Umstand nach der Vorstellung des Gesetzgebers typischerweise den Anreiz zur Tatbegehung schafft und die Strafwürdigkeit des jeweiligen Deliktstypus gerade dadurch begründet wird, oder ob die Strafbarkeit eines lediglich erfolgsmotivierten Verhaltens noch von weiteren Umständen abhängig gemacht wird, die den Täter typischerweise nicht zu seinem Handeln motivieren, sondern ihm eher Anlaß geben sollen, davon Abstand zu nehmen 60 . Als Auslegungsgesichtspunkt kommt auch hier der bereits in anderem Zusammenhang entwickelte Grundsatz in Betracht, wonach der Tatbestand dort auf zielgerichtetes Handeln auch im Hinblick auf einzelne Tatbestandsmerkmale beschränkt ist, wo dies erforderlich ist, um der Gefahr einer zu weiten Ausdehnung des Tatbestands auch auf rechtmäßige Handlungen zu begegnen.

60

vgl. Platzgummer, Die Bewußtseinsform des Vorsatzes, S.27

11 Gehrig

Zusammenfassung ι.

Über die Bedeutung des Begriffs „Absicht" bestand etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts auch im Grundsätzlichen keine Klarheit. In den Partikulargesetzbüchern wurde er in der Regel gleichbedeutend mit dem Begriff „Vorsatz" verwendet. Soweit in der Literatur Unterscheidungen zwischen „Vorsatz" und „Absicht" vorgenommen wurden, sah man die „Absicht" nicht als eine spezielle Vorsatzart an, sondern gab ihr vielfach eine andere Bedeutung1. M i t Rücksicht auf die Unklarheit über den Inhalt der Begriffe „Vorsatz" und „Absicht" wollte sich der Gesetzgeber des Preußischen StGB von 1851 ebenso wie der Gesetzgeber des RStGB von 1871 nicht auf eine bestimmte Definition festlegen, um die Weiterentwicklung der Begriffe in Wissenschaft und Rechtsprechung nicht zu behindern 2 . In der Dogmatik setzte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwar die Ansicht durch, das charakteristische Merkmal der „Absicht" sei die Richtung des Willens auf den Erfolg 3 . Versuche verschiedener Reformentwürfe, diese Definition gesetzlich festzulegen, hatten jedoch keinen Erfolg 4 , so daß die Bedeutung des Absichtsbegriffs im Strafgesetzbuch nach wie vor offen ist.

II. Bisherige Ansätze in der Literatur, die eine Systematisierung der Auslegung des Absichtsbegriffs versucht haben, leiten die Lösung weitgehend aus der Deliktsstruktur von Tatbeständen ab, ohne alle ein Absichtsmerkmal beinhaltenden Vorschriften in die Untersuchung einzubeziehen5. Die eigene Lösung teilt die in Betracht kommenden Vorschriften zunächst in Deliktsgruppen ein und untersucht innerhalb der jeweiligen Gruppen die einzelnen Tatbestände.

1.

Bei den unvollkommen zweiaktigen Delikten bezeichnet „Absicht" den auf die Vornahme des zweiten Teilaktes gerichteten Handlungswillen. Für diesen ist 1 2 3 4 5

S.18ff. S.23 S.24 S.25f. S.29ff.

Zusammenfassung

163

es in entsprechender Anwendung der zum Tatentschluß beim Versuch sowie der Verabredung eines Verbrechens anerkannten Grundsätze erforderlich und ausreichend, daß der Täter zum Zeitpunkt der Begehung der objektiven Tathandlung zur Durchführung des zweiten Teilaktes entschlossen ist, auch wenn er dies noch von einer objektiven, außerhalb seines Einflußbereichs liegenden Bedingung abhängig macht 6 . Als Beispiele sind die §244 I Nr. 2,250 I Nr. 2 7 , 124, 96 8 , 316a, 316c I Nr. I 9 , sowie bestimmte Fallkonstellationen der §263, 242 10 zu nennen.

2. Was die erfolgskupierten Delikte angeht, vermag die in der Literatur verschiedentlich vertretene These, diese seien als „materielle Versuchstatbestände" zu verstehen, so daß ebenso wie beim Versuch der bedingte Vorsatz hinsichtlich des überschießenden Erfolgs ausreiche, nicht zu überzeugen. Diese Parallele trifft zum Teil schon im Ansatzpunkt nicht zu. Im übrigen ist eine Gleichbehandlung der subjektiven Anforderungen beim Versuch und bei den erfolgskupierten Delikten nicht ohne weiteres möglich 11 . Die Lösung muß sich daher an der Auslegung einzelner Tatbestände orientieren, wobei allerdings die vergleichbare Struktur bestimmter Vorschriften bei der Auslegung berücksichtigt werden kann, sofern Besonderheiten der einzelnen Norm nicht entgegenstehen 12 .

a) 13

Für die Tatbestände der §263 , 265 14 , 265a 15 , 253, 259 16 ,174 II, 176 V 1 7 ist kennzeichnend, daß sich das Absichtsmerkmal auf einen außerhalb des objektiven Tatbestands liegenden Umstand bezieht, der für die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts ohne Bedeutung ist. Der Unwert der Tat wird dadurch begründet, daß der Täter die Tathandlung um bestimmter Zwecke willen vornimmt. Das Absichtsmerkmal hat also strafbarkeitseinschränkende Funktion, indem es die Strafbarkeit vom Vorliegen einer bestimmten Zielrich-

6

S.33ÎT. S.36 8 S.39 9 S.40 10 S.61 11 S.41ff. 12 S.44 13 S.45 14 S.47 15 S.49 16 S.50 17 S. 59 7

11*

164

Zusammenfassung

tung des Täterhandelns abhängig macht. Ebenso verhält es sich bei der Zueignungsabsicht des §242, soweit die Aneignungskomponente betroffen ist 1 8 . Schwieriger ist die Frage bei der Enteignungskomponente zu lösen. Insoweit wird zwar allgemein angenommen, daß der bedingte Vorsatz genüge. Die Begründungen hierfür sind allerdings uneinheitlich. Versuche, die Lösung aus der Parallele zum Versuchsdelikt bzw. zum Betrugstatbestand 19 oder aus dem Gedanken der Gefahrdung der Eigentümerposition 20 abzuleiten, können nicht überzeugen. Die Begründung kann vielmehr nur in einer sachgerechten Abgrenzung des Diebstahls zu den Fällen der Gebrauchsanmaßung gefunden werden. Dabei erscheint es angemessen, denjenigen Täter, der mit der Möglichkeit des endgültigen Sachverlusts für den Eigentümer rechnet und sich damit abfindet, wegen Diebstahls zu bestrafen 21.

aa) In den Fällen, in denen das Absichtsmerkmal zielgerichtetes Handeln verlangt, reicht es aus, wenn es sich auf ein Zwischenziel des Täters bezieht. Auf die dahinterstehende Motivation kommt es nicht an 2 2 . Das gilt auch für die Vorschrift des §252. Die Besitzerhaltung braucht nicht Hauptzweck oder Endziel des Täters zu sein, so daß auch derjenige erfaßt wird, der den Besitz der Beute zu dem Zweck verteidigt, diese hinterher als Beweismittel vernichten zu können 23 .

bb) Bei der Frage, ob der Täter einen bestimmten Erfolg zielgerichtet anstrebt, oder ob er dessen Eintritt lediglich als sichere Nebenfolge vorhergesehen hat, kommt es darauf an, ob die Aussicht auf den Erfolg zumindest mit ursächlich für die Bildung des Handlungsentschlusses war. Dies kann einmal damit bejaht werden, daß ein Erfolg ein notwendiges Zwischenziel auf dem Weg zu dem vom Täter letztlich verfolgten Endziel darstellt, da er dann den Zwischenerfolg notwendigerweise mit erstreben muß. Im übrigen ist anhand des konkreten Sachverhalts aufgrund einer hypothetischen Prüfung darauf abzustellen, ob die Aussicht auf den Erfolg hinweg gedacht werden kann, ohne daß der Tatentschluß entfallen wäre. Die von der Rechtsprechung verwendeten Kriterien, ob der Eintritt des Erfolgs dem Täter erwünscht war oder ob er diesem gleichgültig gegenüberstand, sind demgegenüber für die Abgrenzung ungeeignet24. 18 19 20 21 22 23 24

S.51 S.55 S.56 S. 58f. S. 63ff. S.68 S. 73ff.

Zusammenfassung

b) In Tatbeständen, in denen der Gesetzgeber die Strafbarkeitsgrenze vorverlegt, indem er die eigentliche Rechtsgutsverletzung nicht abwartet, sondern eine darauf gerichtete „Absicht" genügen läßt, ist die Erwägung maßgebend, daß zwischen direktem Vorsatz ersten und zweiten Grades eine Abstufung im Unrechts- und Schuldgehalt im Regelfall nicht möglich ist, so daß eine wertende Betrachtung grundsätzlich deren Gleichstellung erfordert 25 . Es muß daher ausreichen, wenn der Täter die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts als sichere Nebenfolge vorhersieht. Das gilt für die Tatbestände der §267 26 , 164 27 , 274 28 , 288 29 , 289 30 . aa) Kann sich die überschießende Innentendenz auch auf das Handeln eines E)ritten beziehen, so genügt die sichere Kenntnis der Absicht des Dritten zur Rechtsgutsverletzung. Ebenso wie beim unvollkommen zweiaktigen Delikt die Absicht des Täters zur Vornahme der rechtsgutsverletzenden Handlung den Bezug zum geschützten Rechtsgut herstellt, wird dieser Bezug durch die Kenntnis der Absicht des Dritten bewirkt. Bei §267 ist es demnach ausreichend, wenn der Fälscher die Absicht des Dritten, für den er die Urkunde herstellt bzw. verfälscht, zur Täuschung im Rechtsverkehr kennt. Da es sich bei der Herstellung der Urkunde für den Dritten um eine täterschaftlich verselbständigte Gehilfenhandlung handelt, ergibt sich allerdings aus einer entsprechenden Anwendung der agent-provocateur-Regeln, daß der Fälscher zumindest noch bedingten Vorsatz bezüglich einer tatsächlich eintretenden Täuschung des Rechtsverkehrs haben muß 3 1 . Die zu § 267 entwickelten Grundsätze gelten in der Sache auch für die §146 32 ,131 1 Nr. 4,184 I I I Nr. 8 3 3 , 311 b 3 4 und 86 3 5 , wo die Kenntnis der Absicht des Dritten durch die Absicht des Ermöglichens oder des Vorbereitens erfaßt wird. bb) Die Einbeziehung des bedingten Vorsatzes ist in Anbetracht dessen typischerweise gegenüber dem direkten Vorsatz geringeren Unrechtsgehalts sachlich 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

S.84 S. 79ff. S. 102 S. 104 S. 105 S. 106ff. S.88 S. 92ff. S.95 S.96 S. 98ff.

166

Zusammenfassung

nicht geboten. Dieses Ergebnis ergibt sich zum Teil aus der Entstehungsgeschichte der betreffenden Vorschrift, wie bei §267 36 und §164 37 ; bei anderen Tatbeständen erscheint der Ausschluß des bedingten Vorsatzes zur Herstellung übereinstimmender Auslegungsergebnisse geboten 38 .

c) Von dem Grundsatz, daß bei Delikten mit vorverlegtem Rechtsgüterschutz das Absichtsmerkmal bezüglich des überschießenden Erfolgs den gesamten direkten Vorsatz erfaßt, gibt es Ausnahmen, die im grundsätzlichen anhand des §257 entwickelt wurden.

aa) Ist die objektive Tathandlung im Blick auf das geschützte Rechtsgut neutral, so dient das Absichtsmerkmal als Korrektiv objektiv zu weit gefaßter Tatbestände, indem es die Strafbarkeit vom Willen des Täters zur Rechtsgutsverletzung abhängig macht. Auf diese Weise läßt sich die Auslegung des Absichtsbegriffs im Sinne zielgerichteten Handelns außer bei §257 39 in den §89, 125, 180a I I I , IV, 181 Nr. 2 4 0 , 100, 109d 41 und 219c 42 erklären.

bb) Bei einigen Delikten ergibt sich die Möglichkeit, sie von anderen Delikten abzugrenzen, nur anhand der subjektiven Zielsetzung des Täters, da sie sich objektiv überschneiden. In diesem Zusammenhang sind die §265, 343, 316c I Nr. 2 zu nennen 43 . Derselbe Gesichtspunkt trifft für §229 zu, wo die Entstehungsgeschichte gezeigt hat, daß durch die auf Gesundheitsbeschädigung gerichtete Willensrichtung des Täters die Vorschrift von der Tötung durch Gift abgegrenzt werden sollte 44 . Zu einer entsprechenden Auslegung der Gesundheitsbeschädigungsabsicht kommt man bei §31 la, wenn auch aus anderen Gründen 45 .

36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

S.90 S. 102f. S.94, 101, 105, 106, 109 S.llOff. S. 117ff. S. 119 S. 121 S. 122f. S. 124ÎT. S. 127

Zusammenfassung

3. Als strafrahmenmodifizierendes Merkmal dient der Absichtsbegriff als ein Fall gesetzlicher Strafzumessung der Kennzeichnung der Willensrichtung des Täters. Das gilt in Fällen, in denen eine bestimmte Absicht des Täters strafmildernde Wirkung hat, wie in §157445, ebenso wie in Fällen, in denen ihr strafschärfende Wirkung zukommt, wie in den §272 47 ,203 V 4 *, 315 I I I Nr. I 4 9 , 241a I V 5 0 , 94 1 Nr. 2 5 1 . Entsprechendes ergibt sich bei den Vorschriften der §97b I Nr. 2 5 2 und 248c I, I I I 5 3 .

III. In Fällen, in denen das Absichtsmerkmal als Form eines echten Tatbestandvorsatzes auftritt, bereitet die Auslegung keine Schwierigkeiten, wenn „absichtliches oder wissentliches" Handeln unter Strafe gestellt ist. Das Merkmal „wissentlich" schließt den bedingten Vorsatz aus, so daß mit „absichtlich" nur der zielgerichtete Wille gemeint sein kann. Probleme entstehen nur dort, wo das Absichtsmerkmal isoliert auftritt. Besonders umstritten ist insoweit §225. Die historische Auslegung spricht für eine Einbeziehung aller Vorsatzarten 54 . Dieses Ergebnis wird in der Sache durch systematische Erwägungen gestützt. I m Vergleich mit §224, der die fahrlässige Herbeiführung der schweren Körperverletzungsfolge erfaßt, kommt es darauf an, welche Vorsatzform den Übergang zur verschärften Strafe des §225 rechtfertigt. Hierbei wäre es systemfremd, den bedingten Vorsatz dem Fahrlässigkeitstatbestand zuzuordnen 55 . Der Wortlaut des §225 steht angesichts der uneinheitlichen Verwendung des Absichtsmerkmals im StGB nicht entgegen.

IV. Abschließend werden Fragen des Bezugsobjekts des Absichtsmerkmals erörtert. Der zum Handlungsziel führende Vorgang kann durch weitere Begleitumstände beschrieben sein. Der zielgerichtete Wille kann sich auch auf solche Begleitumstände beziehen, muß dies aber nicht notwendigerweise. A u f welche Merkmale er sich beziehen muß, ist danach zu beurteilen, ob ein bestimmter Umstand typischerweise den Anreiz zur Tatbegebung schafft und 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

S. 128 S. 131 ff. S. 135 S. 136 S. 137 S. 137 S. 130 S. 138 S. 142ff. S. 147

168

Zusammenfassung

gerade durch die entsprechende Zielrichtung des Täterhandelns der Deliktstypus geprägt wird. Bei den Tatbeständen der §263,253, 242 ergibt sich, daß sich die „Absicht" nicht auf die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils zu erstrecken braucht, sondern daß insoweit der bedingte Vorsatz genügt 56 . Gleiches gilt für die Rechtswidrigkeit der geförderten Taten in §219c57. Bei den Delikten, in denen sich das Absichtsmerkmal auf objektive Tatbestandsmerkmale bezieht, wird das Bezugsobjekt zum Teil durch die Fassung des Tatbestands festgelegt. I m übrigen ist es durch Auslegung zu ermitteln. Als Orientierungshilfe kann der Gesichtspunkt herangezogen werden, daß die „Absicht" sich dann auch auf einzelne Begleitumstände der Tatbestandsbeschreibung erstrecken muß, wenn beim Bezug allein auf den tatbestandlichen Erfolg die Gefahr einer zu weiten Ausdehnung des Tatbestands gegeben wäre. So muß sich bei § 344 die „Absicht" bzw. „Wissentlichkeit" nicht nur auf die Verfolgungstätigkeit, sondern auch auf das Merkmal „unschuldig" beziehen. Anders dagegen brauchen sich die qualifizierten Vorsatzanforderungen in §258 nur auf den Vereitelungserfolg zu erstrecken, während bezüglich der rechtswidrigen Vortat bedingter Vorsatz genügt 58 . In den §§88,89,90a I I I , 90b I führen die erörterten Gesichtspunkte zu dem Ergebnis, daß sich die Absicht des Täters auch auf die Zielrichtung der verfassungsfeindlichen Bestrebungen beziehen muß, was durch die historische Auslegung bestätigt wird 5 9 .

56 57 58 59

S. 151 S. 152 S. 154 S. 156ff.

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der

gestohlenen

Sache

-

Zusammenfassende Stellungnahme der gutachtlichen Äußerungen über den Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch, gefertigt im Reichsjustizamt, Berlin 1911.