Der Pflichtverletzungstatbestand des § 299 StGB [1 ed.] 9783428556595, 9783428156597

Im November 2015 wurde § 299 StGB um zwei Regelungsvarianten ergänzt. Die neuen Tatbestandsmodalitäten sehen vor, dass s

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Der Pflichtverletzungstatbestand des § 299 StGB [1 ed.]
 9783428556595, 9783428156597

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Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften Band 72

Der Pflichtverletzungstatbestand des § 299 StGB Von Nadine Borutta

Duncker & Humblot · Berlin

NADINE BORUTTA

Der Pflichtverletzungstatbestand des § 299 StGB

Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften Herausgegeben von C l a u s K r e ß, M i c h a e l Ku bi c i e l C o r n e l iu s Ne s t l e r, F r a n k Ne u b a c h e r M a r t i n Wa ßm e r, T h o m a s We i g e n d , B e t t i n a We i ß e r Professoren an der Universität zu Köln

Band 72

Der Pflichtverletzungstatbestand des § 299 StGB Von Nadine Borutta

Duncker & Humblot · Berlin

Die Hohe Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Sommersemester 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0936-2711 ISBN 978-3-428-15659-7 (Print) ISBN 978-3-428-55659-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-85659-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit entstand im Wesentlichen während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität zu Köln. Zuvorderst möchte ich mich aufrichtig bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel, für die Freiräume bedanken, die er mir zur Abfassung dieser Arbeit während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl einräumte. Er gab nicht nur den wesentlichen Impuls bei der Suche nach einem geeigneten Thema, sondern stand mir auch – durch wertvolle Hinweise und motivierenden Zuspruch – während der Erstellung der Arbeit zur Seite. Herrn Prof. Dr. Martin Waßmer gebührt Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Darüber hinaus möchte ich den Herausgebern der „Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften“ meinen Dank für die Aufnahme des Werkes in die Schriftenreihe aussprechen. Aufgrund meiner Verbundenheit mit dem Institut macht es mich besonders stolz und glücklich, meine Dissertation in dieser Kölner Reihe publizieren zu dürfen. Die Jahre meiner Mitarbeit am Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht waren für mich in fachlicher wie persönlicher Hinsicht von großem Wert. Die familiäre Arbeitsatmosphäre und den vertrauensvollen Umgang werde ich in bester Erinnerung behalten. Dafür danke ich allen Kollegen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Besonders herausheben möchte ich Christin Armenat. Ihr danke ich für zahlreiche fachliche Diskussionen und ihre scharfsinnigen Anmerkungen. Großen Dank verdient auch Anja Wellerdick, die bereitwillig ihre Zeit für das mühevolle Korrekturlesen des Manuskripts geopfert hat. Dem Verein zur Förderung des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität zu Köln und der FAZIT-Stiftung danke ich herzlich für die Gewährung großzügiger Druckkostenzuschüsse. Gewidmet ist die Arbeit meinen lieben Großeltern, Christine und Wilhelm Borutta. Köln, im Dezember 2018

Nadine Borutta

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Gegenstand und Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1. Kapitel Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

18

A. Der Inhalt der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 I. Zweck und Bedeutung des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 II. Die inhaltliche Erweiterung des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 B. Der Hintergrund der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Die nationale Historie der Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Das zweite Korruptionsbekämpfungsgesetz (2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption (2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 a) Der erste Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 b) Die endgültige Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Die internationalen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Abkommen internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 a) Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNAC)

23

b) Das Strafrechtsübereinkommen des Europarates gegen Korruption . . . . . . . 24 2. Rechtsakte der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Die Gemeinsame Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor 25 3. Gemeinsamkeit der Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Umsetzungszwang oder Ermessensentscheidung? Die Bindungswirkung der internationalen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Unverbindliche Rechtsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Der Rahmenbeschluss 2003/568/JI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Die Voraussetzungen der Strafrechtsharmonisierung seit dem Vertrag von Lissabon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Die allgemeine Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 c) Die Bindung im konkreten Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 aa) Einwände gegen eine Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

8

Inhaltsverzeichnis bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 cc) Das Bestehen eines Vetorechts nach Art. 83 Abs. 3 AEUV . . . . . . . . . . 34 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

C. Die Bezeichnung der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Die gängige Bezeichnung als Geschäftsherrenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Die Modelle zum Unwert der Wirtschaftskorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 aa) Der Begriff des (Regelungs-)Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 bb) Die einzelnen Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 (1) Die Grundmodelle nach Heine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 (2) Die Modelle nach Vogel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Der Begriff des „Geschäftsherrenmodells“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Die Aussagekraft der Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Hinsichtlich komplexer Regelungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Hinsichtlich der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 aa) § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (1) Elemente eines wettbewerbsrechtlichen Modells . . . . . . . . . . . . . . . 43 (2) Elemente eines arbeitsstrafrechtlichen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 bb) § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (1) Elemente eines arbeitsstrafrechtlichen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (2) Elemente eines wettbewerbsrechtlichen Modells . . . . . . . . . . . . . . . 45 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Eigene Bezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

2. Kapitel Der Schutzzweck

50

A. Der Rechtsgutsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 I. Die Funktionen des Rechtsguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Die systemimmanente Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Die systemtranszendente Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Das Rechtsgut als Leitlinie der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Das kritische Potenzial des Rechtsgutsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Die Vagheit des Rechtsgutsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b) Die Bedeutung des Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3. Die Legitimation von Normen und Norminhalten ohne Rechtsgutsbezug . . . . . 58 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Inhaltsverzeichnis

9

B. Die bisherigen Ansichten zum Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Der Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Schutz von Individualinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Schutz von Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Schutz der arbeitsrechtlichen Treue- und Loyalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3. Schutz der loyalen Geschäftswahrnehmung wettbewerbstragender Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4. Die Kritik an der systematischen Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Die Auslegung des Rahmenbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Der Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Der Wortlaut des Artikel 1 und 2 Rb 2003/568/JI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 II. Die Auslegung des Pflichtverletzungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Der Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Der Einwilligungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (1) Der Zweck und die inhaltlichen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (2) Die Widersprüche unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes 72 (3) Der Einwilligungsvorbehalt unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsschutzes und dem spezifischen Unrecht der Korruption . . . . . 73 (a) Die Bedeutung der Einwilligung im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (b) Die Einwilligung im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes 76 (c) Der Unwert der Wirtschaftskorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Die Täterkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 aa) Der Täterkreis des § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (1) Die Begriffe des Angestellten und Beauftragten eines Unternehmens 79 (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 bb) Der Täterkreis des § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Die aktive Bestechung als Jedermann-Delikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 c) Handeln im geschäftlichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 d) Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 e) Stellungnahme zur grammatikalischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

10

Inhaltsverzeichnis 2. Die Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a) Die Wurzeln des Gesamttatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Der Prevention of Corruption Act und das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Die Bedeutung für den Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Die Bedeutung für den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) Stellungnahme zur historischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3. Die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Die gesamtsystematische Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Die innertatbestandliche Systematik: Der Schutzzweck des Bevorzugungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Die Ansicht der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Die Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Stellungnahme zum Schutzzweck des Bevorzugungstatbestandes . . . . . 92 c) Stellungnahme zur systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4. Der Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Die ersten Entwürfe und Begründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Die finale Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Stellungnahme zur teleologischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

D. Das Ergebnis der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 I. Vorbemerkung: Kein Schutz des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Gründe der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Weitere Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Kein Vermögensnachteil des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 aa) Anwartschaften (Expektanzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) „Kick-Back“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Der abstrakte Vermögensschutz im Lichte der Allgemeinschädlichkeit der Wirtschaftskorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Der Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Der freie und lautere Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Die Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Exkurs: Die strafrechtliche Schutzwürdigkeit des freien und lauteren Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Die Pflichtenbeziehung zum Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Abgrenzung von der arbeitsrechtlichen Treue- und Loyalitätspflicht . . . . . . 104 aa) Die Treue- und Loyalitätspflicht als strafrechtliches Schutzgut . . . . . . . 104 (1) Zivilrechtliche Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Inhaltsverzeichnis

11

(2) Strafrechtliche Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Praktische Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3. Die Relevanz der Pflichtenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Im Rahmen der passiven Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Im Rahmen der aktiven Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 III. Kontrollüberlegung: Das Ergebnis der Auslegung im Lichte des Unrechts der Wirtschaftskorruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

3. Kapitel Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und die restriktive Auslegung 111 A. Die Funktionskomponenten des § 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Der Parlamentsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Der Verweis auf außerstrafrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Die dogmatischen Formen außerstrafrechtlicher Verweisungen . . . . . . . . . . 114 b) Die Folgen der dogmatischen Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Die Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Analyse des Wortlautes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Die Tathandlung und die pflichtverletzungsbezogene Verhaltensbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Die Qualität und der Ursprung der Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Die gesetzliche Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Außerstrafrechtliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (1) Zivilrechtliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (2) Ausländische Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Konturierung durch die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Bislang vertretene Restriktionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 c) Eigener Restriktionsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4. Weitere relevante Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Die Perspektive des konkreten Normadressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Der Strafrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

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Inhaltsverzeichnis III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

4. Kapitel Das kriminalpolitische Bedürfnis A. Zivilrechtliche Vermeidbarkeit: Bedeutung und Funktion der Criminal Compliance

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I. Begriff und Bedeutung der Criminal Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Die Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Die wesentlichen Unterschiede zwischen Strafgesetzen und Compliance-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 III. Mögliche Wechselwirkungen zwischen dem Pflichtverletzungstatbestand und Criminal Compliance-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I. Anwendungsbereich neben dem Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Fälle der fehlenden Bevorzugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Relevante Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Zuwendungen zur allgemeinen „Klimapflege“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 bb) Zuwendungen für vergangene Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 cc) Präqualifikationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (1) Zweck des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (2) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (a) Die Ansicht der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (b) Die herrschende Ansicht in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (3) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Fälle der fehlenden Unlauterkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Begriffsbestimmung und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Relevante Fallgruppe: Vorteilsunabhängige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Fälle des fehlenden Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Abstrakter potenzieller Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Zu erwartender, konkretisierbarer Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 dd) Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Inhaltsverzeichnis

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b) Relevante Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 aa) Unrechtsvereinbarungen bei laufenden Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . 163 (1) Beispiele für langfristige vertragliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . 163 (2) Strafrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (a) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . 164 (b) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . 165 bb) Garantie- und Gewährleistungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 cc) Monopole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 dd) Kreditvergaben ohne Bonitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (2) Subsumtion unter §§ 263 und 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (3) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 171 ee) Die Weitergabe und Beschaffung vertraulicher Informationen . . . . . . . . 172 (1) Die Bedeutung des § 17 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (2) Subsumtion unter § 298 StGB und den Bevorzugungstatbestand . . . 172 (3) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 173 ff) Einstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 gg) Vorgetäuschte Leistungen und Scheinangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (1) Erfassung durch den Bevorzugungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (2) Subsumtion unter den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . 176 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 II. Anwendungsbereich neben der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen, §§ 299a, 299b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Regelungslücken der §§ 299a und 299b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Streichung der §§ 299a Abs. 1 Nr. 2 und 299b Abs. 1 Nr. 2 StGB-E . . . . . . 179 b) Streichung der §§ 299a Abs. 2 und 299b Abs. 2 StGB-E . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Weitere personelle Regelungslücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Anwendungsbereich neben der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerbern, § 265d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Die Regelungslücken des § 265d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 IV. Friktionen mit dem Tatbestand der Untreue, § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Dogmatischer Vergleich der Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Der Schutzzweck und die tatbestandliche Angriffsweise . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Das Erfolgsunrecht der Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Die Anforderungen an einen Vermögennachteil im Sinne des § 266 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

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Inhaltsverzeichnis bb) Vorliegen dieser Voraussetzungen in Fällen der Wirtschaftskorruption

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(1) Nachteil zu Lasten des betroffenen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) Nachteil zu Lasten eines anderen Unternehmens oder der Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (3) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 c) Weitere wesentliche dogmatische Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 aa) Der Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) Das täterschaftliche Unrecht der aktiven Bestechung . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 C. Kontrollüberlegung: Die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit der tatbestandlich normierten Angriffsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Strafwürdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Der Wettbewerb als Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Pflichtverletzungen gegenüber Unternehmen als strafwürdige Gefährdung . . . 200 II. Strafbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Darstellung der wesentlichen Erkenntnisse: Sechs abschließende Thesen . . . . . . . . . 202 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Einführung I. Gegenstand und Anlass der Untersuchung „Zu erkennen, wann es eine Gelegenheit zu ergreifen gilt, ist das Wichtigste im Leben; aber fast ebenso wichtig ist es, zu wissen, wann man auf einen Vorteil besser verzichtet“1.

Vorteile zu erkennen und Kooperationschancen zu nutzen ist insbesondere in der Wirtschaft wichtig und die Grundlage einer erfolgreichen Teilnahme am Geschäftsverkehr. Doch wenn das Streben nach dem eigenen Vorteil zur einzigen Handlungsmaxime wird und damit zu Lasten der unternehmerischen Moral geht, droht den anderen Marktteilnehmern und der freien Marktwirtschaft Gefahr. Insbesondere korruptives Verhalten ist geeignet, das freie Gleichgewicht der marktwirtschaftlichen Kräfte außer Balance zu bringen. Der schillernde, allgegenwärtige Begriff der Korruption geht auf das lateinische Wort corrumpere zurück, die lateinische Bezeichnung für den Sittenverfall, die Verdorbenheit2. Korruption ist ein unüberschaubares Phänomen. Es betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche und macht vor keiner gesellschaftlichen Schicht oder Staatsgrenze Halt. Die vorliegende Arbeit verzichtet allerdings – anders als die meisten anderen wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit der Korruption auseinandersetzen – auf die mühsame und unbefriedigende Suche nach einer Definition dieses Begriffs3. Der Zweck dieser Arbeit erfordert eine solche nicht, da der Terminus Korruption nachstehend synonym für den der Bestechung und Bestechlichkeit verwendet wird und diese Erscheinungsformen nach allen vertretenen Ansichten zum Kernbereich des Korruptionsbegriffs zählen und unbestritten von ihm erfasst sind4. Von Bedeutung für die nachstehende Arbeit ist jedoch eine Präzision des Wesens der Bestechung und Bestechlichkeit. Binding hat das „Unrechtsgeschäft“ der Parteien mit einem Kauf verglichen5. Volk hat diesen Gedanken später konkretisiert und das Unrechtsgeschäft als einen „regelwidrigen Tausch von Vorteilen“, also den Kauf einer Entscheidung, beschrieben6. Dabei wird ein Vorteil regelwidrig gegen eine 1 Diese Aussage wird Benjamin Disraeli zugeschrieben. Eine Angabe der Quelle ist nicht möglich. 2 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 462. 3 Mit „der Suche nach dem heiligen Gral“ vergleicht sie Noack, Korruption, S. 14. 4 Dazu ausführlich Andoulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 37 f. 5 Binding, Lehrbuch BT II 2, 716, 717. 6 Volk, Verhandlungen des 61. DJT, Band II/1, L 35, L 37 ff.; ders., GS Zipf, 419, 421 f.

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Einführung

Entscheidung getauscht7. Neben vertraglichen Regeln können unternehmensinterne Vorschriften ebenso verletzt werden wie allgemeingültige Rechtsregeln8. Die Regelwidrigkeit des Verhaltens kann sich demnach aus verschiedenen Rechtsquellen ergeben. Die Beantwortung der Frage, welche Qualität eine Regel aufweisen muss, damit ihre Verletzung eine Kriminalstrafe rechtfertigt, ist eine der schwierigsten Aufgaben, die das moderne Korruptionsstrafrecht der Rechtswissenschaft aufgibt. Die nachstehende Arbeit widmet sich ihr. Besonderen Anlass dazu bietet die im November 2015 in Kraft getretene Erweiterung des Anwendungsbereichs des Tatbestandes der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB. Die beiden neu eingefügten Varianten verzichten – anders als der bereits zuvor bestehende Teil der Norm – auf das Erfordernis einer Wettbewerbslage als Voraussetzung der Strafbarkeit. Stattdessen stellen sie auf eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen als Gegenleistung für den Vorteil ab9. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs dient ausweislich der Begründung des Gesetzes der Umsetzung verschiedener supra- und internationaler Vorgaben. Sie ist eine Reaktion auf eine lange währende Kritik an der deutschen Rechtslage10, welche die Strafbarkeit wegen Korruption lange Zeit von dem Vorliegen einer Wettbewerbslage abhängig gemacht hat. Seit der Erweiterung des § 299 StGB sind auch korruptive Vereinbarungen außerhalb, das heißt insbesondere im Vorfeld oder Nachgang einer wettbewerblichen Konkurrenzsituation, strafrechtlich relevant. Ob die Sanktionierung dieser Fallgruppen angemessen ist, wurde bereits im Jahr 2007 diskutiert und überwiegend abgelehnt11. Ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz aus dem Jahr 201412 und der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption aus dem Folgejahr13 haben die Diskussion zu neuem Leben erweckt14. Die Erweiterung des Tatbestandes wird – damals wie heute – stark kritisiert15. Bezweifelt wird nicht nur eine Konformität der Varianten mit dem verfassungs7

Pragal, Korruption, S. 138; ders., ZIS 2006, 63, 72. Vgl. Volk, Verhandlungen des 61. DJT, Band II/1, L 35, 38 f. 9 BT-Drucks. 18/6389. 10 Siehe dazu Annex Germany to the Report from the Commission to the Council and the European Parliament – EU-Anti-Corruption Report, Brüssel, 03. 02. 2014, COM (2014), Annex, S. 6 f. 11 BR-Drucks. 548/07; kritisch Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; Schuster/Rübenstahl, wistra 2008, 201, 206; BRAK-Stellungnahme 2/2007, S. 4 f. 12 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption, abrufbar unter: http://www.bmjv.de/Sha redDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_KorrBekG.html (Stand 01. 11. 2018). 13 BT-Drucks. 18/4350. 14 Siehe Gaede, NZWiSt 2014, 281; Kubiciel, ZIS 2014, 667; Schünemann, ZRP 2015, 68; Wolf, CCZ 2014, 29. 15 Siehe grundlegend zur aktuellen Kritik an der „Beliebigkeit in der Kriminalisierung“ Kindhäuser, ZStW 129 (2017), 382, 383 ff. 8

Einführung

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rechtlichen Bestimmtheitsgebot16, sondern auch, dass ein kriminalpolitisches Bedürfnis für ihren Erlass bestand17. Systematische Ungereimtheiten18 und eine Verletzung des Ultima-Ratio-Prinzips seien zu befürchten, heißt es19. Trotz dieser schwerwiegenden Bedenken verdient die Neuregelung eine vorurteilsfreie Analyse. Die nachstehende Arbeit hinterfragt daher objektiv und auf Grundlage einer systematisch-teleologischen Bewertung, ob die Einführung der neuen Tatbestandsvarianten tatsächlich durchgreifenden verfassungsrechtlichen und systematischen Bedenken begegnet. Sowohl die unionsrechtlichen Vorgaben als auch der historische Kontext der Regelung werden dabei in vollem Umfang gewürdigt.

II. Gang der Untersuchung Das erste Kapitel dieser Arbeit widmet sich allgemeinen Ausführungen zum Inhalt der Neuregelung, ihrem Hintergrund und ihrer Bezeichnung. Darauf aufbauend befasst sich das zweite Kapitel mit der umstrittenen Frage, welchem Schutzzweck die neu eingefügten Tatbestandsvarianten dienen. Auf eine Darstellung der bisher vertretenen Ansicht folgt eine umfassende Analyse und Auslegung der Regelung. Diese dient einer dogmatisch begründbaren Ermittlung des Schutzzwecks; wobei das Ergebnis am Ende des zweiten Kapitels ausführlich dargestellt und bewertet wird. Im darauf folgenden dritten Kapitel wird die Vereinbarkeit der Tatbestandsvarianten mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot untersucht. Es werden zunächst die Funktionskomponenten des Art. 103 Abs. 2 GG dargestellt und die Regelung wird sodann an diesen gemessen. Im Anschluss soll ein Vorschlag zu einer restriktiven Auslegung der Regelung unterbreitet werden. Dieser basiert inhaltlich auf den Erkenntnissen des zweiten Kapitels und ist eng mit dem Schutzzweck der Regelung verzahnt. Anschließend wendet sich die Arbeit der Frage zu, ob ein kriminalpolitisches Bedürfnis zur Erweiterung des § 299 StGB bestand. Überprüft werden soll, ob die neu eingefügten Varianten – unter Berücksichtig der zuvor dargelegten, restriktiven Auslegung – über einen eigenständigen, praxisrelevanten Anwendungsbereich verfügen. Diese Analyse erfordert einen Vergleich mit inhaltlich ähnlichen Vorschriften. Ermittelt wird, ob jene Tatbestände kriminalpolitisch bedenkliche Strafbarkeitslücken hinterlassen haben, die durch den Erlass der § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB geschlossen werden können.

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Siehe dazu schon BRAK-Stellungnahme Nr. 2/2007, S. 10 f. Schünemann, ZRP 2015, 68, 70. 18 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 130 f. 19 Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Schünemann spricht sogar von einem „strafrechtlichen ,Overkill‘, […] [der] nur in totalitären Staaten denkbar“ sei. Siehe ders., ZRP 68, 70. 17

1. Kapitel

Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung Im folgenden Kapitel werden der Inhalt der Neuregelung und ihr gesetzgeberischer Hintergrund dargestellt. Darauf folgt eine eingehende Analyse der Bezeichnung der Varianten als „Geschäftsherrenmodell“. Im Anschluss wird ein eigener Vorschlag für eine Betitelung unterbreitet.

A. Der Inhalt der Neuregelung I. Zweck und Bedeutung des § 299 StGB Es lassen sich drei strafrechtlich relevante Formen der Korruption unterscheiden. Neben der Bestechung und Bestechlichkeit im privatwirtschaftlichen Bereich, kennt das Strafgesetzbuch die Korruption im öffentlichen Sektor und auf politischer Ebene1. Die Amtsträgerbestechung und -bestechlichkeit ist in den §§ 331 ff. StGB2 geregelt, während § 108e StGB3 die Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern erfasst und § 299 StGB4 die Bestechung und Bestechlichkeit in der Privatwirtschaft sanktioniert. Diese Normen sind die zentralen Vorschriften des materiellen Korruptionsstrafrechts und bilden in ihrer Summe die Korruptionsdelikte „im engeren Sinne“5. Der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr wurde im Jahr 1997 durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption (KorrBekG) in

1 Das Strafrechtsübereinkommen über Korruption konkretisiert den Begriff der Bestechung durch die Nennung der Amtsträgerbestechung und -bestechlichkeit und der Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor. Es verzichtet auf eine Einbeziehung der politischen Korruption, abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/ RefE_Vertragsgesetz_Korruption_Anlage1.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Stand: 01. 11. 2018). 2 Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 332, 334, 335 StGB); Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung (§§ 331, 332 StGB). 3 Bestechlichkeit (§ 108e Abs. 1 StGB); Bestechung (§ 108e Abs. 2 StGB). 4 Bestechlichkeit (§ 299 Abs. 1 StGB); Bestechung (§ 299 Abs. 2 StGB). 5 Siehe zu diesem Begriff Grützner/Behr, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, B, Rn. 42.

A. Der Inhalt der Neuregelung

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das Kernstrafrecht aufgenommen6. Zuvor war die Regelung fast 90 Jahre in § 12 UWG a. F. geregelt, in der Praxis aber nahezu bedeutungslos7. Der Wortlaut des § 12 UWG a. F. wurde beinahe vollständig übernommen, lediglich der Strafrahmen wurde erhöht und das zwingende Antragserfordernis gestrichen8. Das Ziel der Integration der Norm in das Kernstrafrecht war es, ein der Generalprävention dienendes Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Korruption im geschäftlichen Bereich kein alleiniges Problem der Wirtschaft ist und die Annahme von Vorteilen keine gängige Geschäftspraxis darstellen darf9. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sollte nur noch bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 299 StGB von Bedeutung sein10. Obwohl Korruptionsdelikte, nicht zuletzt aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung und einer hohen Dunkelziffer, eine relativ geringe Bedeutung bei der Strafverfolgung aufweisen11, ist die Bedeutung des § 299 StGB seit der Einführung in das Strafgesetzbuch merklich gestiegen12. Wie bereits im Rahmen anderer Tatbestände13 zeigt sich, dass die Eingliederung einer Norm in das Kernstrafrecht spürbare Auswirkungen darauf hat, wieviel Beachtung ein Tatbestand findet. Neben einem deutlich gesteigerten wissenschaftlichen Interesse, kann vielfach ein gestärktes Bewusstsein innerhalb der Bevölkerung und eine erhöhte Verfolgungsbereitschaft der Strafverfolgungsbehörden verzeichnet werden14. Auch vorliegend wurde das gesetzgeberische Ziel, die Wirtschaftskorruption mehr in das Blickfeld von Öffentlichkeit und Justiz zu rücken, durch die Aufnahme des Tatbestandes in das Strafgesetzbuch in jeder Hinsicht erreicht15. Anders als noch in den 1980er oder 1990er Jahren bewerten Unternehmen und wirtschaftliche Funktionäre korruptive Vereinbarungen nicht länger als liebgewonnene und hilfreiche Geschäftspraktik, sondern ernstzunehmende Bedrohung. Dieser Umstand ist die eigentliche Errungenschaft des Tatbestandes und macht ihn – trotz der vergleichsweise geringen (und rückläufigen) Zahl an Verurteilungen16 – zu einer bedeutsamen Vorschrift des Besonderen Teils des deutschen Strafgesetzbuches. 6

Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 08. 1997, BGBl. I, S. 2038. Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298. 8 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298. 9 BT-Drucks. 13/5584, S. 15. 10 BT-Drucks. 13/5584, S. 15. 11 Für Straftaten gemäß §§ 299, 300 StGB weist die polizeiliche Kriminalstatistik die folgenden Zahlen auf: 2011, S. 55 = 888; 2012, S. 60 = 519; 2013, S. 71 = 637; 2014, S. 86 = 423; 2015, S. 102 = 404, 2016, S. 128 = 165; 2017, S. 136; zur Dunkelziffer Bannenberg, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 12 Rn. 8 f. m.w.N. 12 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298; siehe zur damaligen Kritik an der Integration in das Kernstrafrecht Möhrenschläger, JZ 1996, 822, 827 f. m.w.N. 13 Beispielsweise §§ 265b und 324 ff. StGB. 14 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, 4. Aufl., Vor §§ 298 ff. Rn. 6. 15 Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5. 16 Siehe Nachweise dazu in Fn. 30. 7

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

II. Die inhaltliche Erweiterung des § 299 StGB Der Tatbestand des § 299 besteht aus zwei Absätzen, die spiegelbildlich zueinander ausgestaltet sind. Der erste Absatz regelt die passive Bestechung, die Strafbarkeit des Bestochenen. Der zweite Absatz stellt die aktive Bestechung, die Handlung des Vorteilsgebers, unter Strafe. Beide Absätze beinhalten zwei gleichwertige Tatbestandsvarianten. § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB bestanden bereits vor der Reform des Tatbestandes. Diese Varianten stellen auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb als Gegenleistung für den Vorteil ab. Dass eine direkte Konkurrenzsituation zwischen Mitbewerbern besteht, war lange Zeit eine unerlässliche Voraussetzung der Strafbarkeit. Andere Korruptionskonstellationen wurden tatbestandlich nicht erfasst. Dies hat sich mit der Erweiterung des Tatbestandes um die § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB geändert. Wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB macht sich nicht mehr nur strafbar, wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge (Nr. 1). Strafbar macht sich seit der Erweiterung des Tatbestandes auch, wer in der gleichen Funktion, ohne die Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze (Nr. 2)17. Hinsichtlich der Strafbarkeit der aktiven Bestechung enthält § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB eine spiegelbildlich ausgestaltete Variante18. Dass die neuen Varianten keinen bestehenden Wettbewerb voraussetzen, ist die am heftigsten diskutierte und weitreichendste Folge der Reform19. Die durch die Reform umgesetzten redaktionellen Änderungen des Tatbestandes wirken sich demgegenüber nicht oder nur unwesentlich auf die Voraussetzungen der Strafbarkeit aus und werden in der nachstehenden Arbeit daher eine untergeordnete Rolle spielen20.

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BT-Drucks. 18/6389, S. 3 f. Siehe den vollständigen Gesetzeswortlaut in BT-Drucks. 18/6389, S. 3 f. 19 Vom „Herzstück“ spricht Kubiciel, ZIS 2014, 667, 667. 20 Zu den redaktionellen Änderungen des § 299 StGB im Einzelnen Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 2; zu den Änderungen des UWG BGBl. I, S. 1414. 18

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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B. Der Hintergrund der Neuregelung Welchen Hintergrund die Tatbestandsreform hat und welche erfolglosen Versuche zuvor unternommen worden sind, um die dahingehenden inter- und supranationalen Vorgaben umzusetzen, wird im Folgenden dargestellt.

I. Die nationale Historie der Reform In den vergangenen Jahren gab es mehrere gesetzgeberische Bestrebungen, den Tatbestand des § 299 StGB zu reformieren und die Strafbarkeit vom Erfordernis eines bestehenden Wettbewerbs zu lösen. Diese werden im Folgenden chronologisch dargestellt. 1. Das zweite Korruptionsbekämpfungsgesetz (2007) Eine Erweiterung des Tatbestandes wurde erstmals 2007 diskutiert. Die damalige Bundesregierung verfasste einen entsprechenden Gesetzesentwurf21. Dieser basierte auf einem unveröffentlichten Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz22. Im August 2007 wurde der Gesetzesentwurf dem Bundesrat vorgelegt. Nach § 299 Abs. 1 Nr. 2-E sollte strafbar sein, wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Pflicht gegenüber dem Unternehmen verletzt23. § 299 Abs. 2 Nr. 2-E sollte eine spiegelbildliche Regelung zur aktiven Bestechung enthalten. Obwohl der Bundesrat – trotz erster heftiger Bedenken24 – keine Einwände gegen das Gesetz äußerte25, wurde die Reform vorerst nicht umgesetzt und ist im Jahre 2009, am Ende der 16. Legislaturperiode, dem Grundsatz der Diskontinuität zum Opfer gefallen. In den Folgejahren ist der wissenschaftliche Diskurs dieser Tatbestandsreform nahezu erloschen.

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BR-Drucks. 548/07. Der Referentenentwurf des Ministeriums wurde im Herbst 2006 ausschließlich an verschiedene Interessenverbände versandt. Siehe dazu BRAK-Stellungnahme-Nr. 2/2007, S. 4 ff. 23 BR-Drucks. 548/07, S. 3 f. 24 BR-Drucks. 548/1/07. 25 BR-Drucks. 548/07 (Beschluss). 22

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

2. Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption (2015) a) Der erste Entwurf Im Jahre 2014 wurde die Diskussion um eine Erweiterung des § 299 StGB zu neuem Leben erweckt26. Auslöser war der Referentenentwurf des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption aus der Feder des Bundesministeriums für Verbraucher und Justiz27 und ein darauf basierender, erster Gesetzesentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption28. Dieser Entwurf der Bundesregierung ist nahezu wortlautidentisch mit dem Entwurf des zweiten Korruptionsbekämpfungsgesetzes aus dem Jahr 2007. Er sieht ebenfalls vor, dass eine zweite Tatbestandsvariante die vorteilsveranlasste Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen sanktioniert und die Strafbarkeit nicht länger von einem bestehenden Wettbewerb abhängig gemacht wird29. Der Entwurf wurde von der Regierung beschlossen und am 6. März 2015 dem Bundesrat vorgelegt, der hinsichtlich der neuen Tatbestandsvariante keine Bedenken geäußert hat30. b) Die endgültige Fassung Erlassen worden ist die Variante in einer anderen, von den ersten beiden Gesetzesentwürfen abweichenden, Form. Abweichend von der ersten Gesetzesfassung steht die vorteilsveranlasste Pflichtverletzung nach dem finalen Entwurf nur unter Strafe, wenn das Unternehmen nicht eingewilligt hat31. Zudem wurde der Zusatz hinzugefügt, dass eine Handlung vorgenommen oder unterlassen werden und daraus die Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen resultieren muss32. Grund für die Änderung war ein kurz vor dem Erlass erfolgter Änderungsantrag der SPD und der Fraktion der CDU und CSU, welcher in den Rechtsausschuss eingebracht wurde33. Durch die Ergänzungen sollte der Anwendungsbereich der Variante begrenzt und konkretisiert werden34.

26 27 28 29 30 31 32 33 34

Siehe nur Kubiciel, ZIS 2014, 667; Schünemann, ZRP 2015, 48; Wolf, CCZ 2014, 29. Siehe dazu Kubiciel/Spörl, KPzK 3/2014. BT-Drucks. 18/4350. BT-Drucks. 18/4350, S. 6. BR-Drucks. 25/1/15 (Beschluss). BT-Drucks. 18/6389, S. 3 f. BT-Drucks. 18/6389, S. 3 f. BT-Drucks. 18/6389, S. 7. BT-Drucks. 18/6389, S. 10.

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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II. Die internationalen Vorgaben Die Harmonisierung und Internationalisierung des (Korruptions-)Strafrechts hat in den letzten Jahren, im Zuge der fortschreitenden wirtschaftlichen Verflechtung, stetig an Bedeutung gewonnen35. Denn ein grenzenloser Handel birgt die Gefahr eines gleichsam grenzenlosen Bestechungsunwesens. Da sich ein globales Phänomen aber nicht mit einzelstaatlichen Mitteln bekämpfen lässt, setzen sich die Europäische Union und andere internationale Organisationen für eine staatenübergreifende Bekämpfung der Korruption ein. Sie ist zu einem der brisantesten Themen der internationalen Kriminalpolitik avanciert36. Verschiedene Rechtsinstrumente sollen globale Standards sichern und die Strafbarkeit der Korruption vereinheitlichen. Auch die Erweiterung des § 299 StGB basiert auf internationalen Vorgaben und Empfehlungen37. Der Umstand, dass die nationale Regelung die Strafbarkeit wegen Wirtschaftskorruption lange Zeit von einem bestehenden Wettbewerb abhängig gemacht hat, wurde im Ausland stark kritisiert und widersprach verschiedenen Vorgaben. Diese werden im Folgenden dargestellt. 1. Abkommen internationaler Organisationen a) Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNAC) Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (United Nations Convention against Corruption/UNAC)38 war der erste weltweit geltende, völkerrechtliche Vertrag, der die Bekämpfung der Korruption zum Gegenstand hatte. Die Parteien des Vertrages haben sich darauf verständigt, gegen verschiedene Formen der Amtsträgerkorruption vorzugehen und grenzüberschreitend zusammen zu arbeiten. Einige der gefassten Vertragsnormen waren sehr umstritten. Dies gilt insbesondere für Art. 21 UNAC, die Regelung zur Korruption im privatwirtschaftlichen Bereich39. 35 Jung, GA 1996, 507, 514 f.; Walther, Bestechung, S. 23 ff.; kritisch Weigend, FS Jakobs, 759, 760. 36 „In einer Welt, in der die Globalisierung des Handels auch zu einer gewaltigen Zunahme von Betrug und Korruption geführt hat, haben die internationalen Organe und Einrichtungen dem Kampf gegen die Korruption in den letzten Jahren eine zentrale Rolle eingeräumt. Der Kampf gegen die Korruption muss auf mehreren Ebenen geführt werden und muss, um effizient zu sein, mit einem globalen Konzept, auf mehreren Ebenen geführt werden“. Siehe die Begründung zur Entschließung des Europäischen Parlaments zur Mitteilung an die Kommission KOM (2003) 317, Parl. Dok. Nr. A5 – 0367/2003, S. 13. 37 Siehe schon BR-Drucks. 548/07, S. 9 ff.; BT-Drucks. 18/4350, S. 11 ff.; BT-Drucks. 18/ 6389, S. 1. 38 Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption/United Nations Convention against Corruption (UNAC), abrufbar im Original unter: https://www.unodc.org/documents/trea ties/UNCAC/Publications/Convention/08-50026_E.pdf (Stand: 01. 11. 2018); BT-Drucks. 18/ 2138, S. 9 ff. (deutsche Übersetzung). 39 BT-Drucks. 18/2138, S. 25.

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

Dieser Tatbestand normiert klassisches Korruptionsunrecht. Wie auch im Rahmen des § 299 StGB sind die jeweiligen Regelungen zur Sanktionierung der Bestechung und der Bestechlichkeit spiegelbildlich zueinander ausgestaltet und beide Parteien der Unrechtsvereinbarungen täterschaftlich zu bestrafen. Anders als § 299 StGB stellt Art. 21 UNAC allerdings nicht auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb, sondern auf die regelwidrige Verletzung einer Pflicht durch den Bestochenen ab. Diesbezüglich unterscheidet sich die Vertragsnorm grundlegend von dem nationalen Tatbestand in seiner alten (vor der Reform geltenden) Fassung. b) Das Strafrechtsübereinkommen des Europarates gegen Korruption Dieser Befund kann uneingeschränkt auf Art. 7 und 8 des Strafrechtsübereinkommens gegen Korruption (StrafÜbk) übertragen werden. Der Europarat hat das Übereinkommen im Jahr 1999 erlassen. Von Deutschland ratifiziert wurde der völkerrechtliche Vertrag allerdings erst am 10. Mai 2017. Tatsächlich in Kraft getreten ist er am 01. September 201740. Inhaltlich erhebt das Übereinkommen – anders als das Übereinkommen der Vereinten Nationen – den Anspruch, eine Vielzahl unterschiedlicher Korruptionsformen zu erfassen und ist nicht auf Amtsträgerdelikte beschränkt41. Mit der Sanktionierung von Bestechungshandlungen im privatwirtschaftlichen Verkehr beschäftigen sich Art. 7 und 842. Diese Regelungen sanktionieren – wie § 299 StGB und Art. 21 UNAC – klassisches Korruptionsunrecht und stellen auf den interessenwidrigen Tausch eines Vorteils gegen eine Regelverletzung ab. Anders als im Rahmen § 299 StGB muss die Gegenleistung jedoch nicht in einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb bestehen. Abgestellt wird, wie bereits bei Art. 21 UNAC, auf die vorteilsveranlasste Verletzung einer Pflicht. In seiner alten Fassung widersprach § 299 StGB somit auch dem Leitbild des Strafrechtsübereinkommens gegen Korruption.

40 Tabellarische Übersicht der Unterschriften und des jeweiligen Ratifikationsstandes, abrufbar unter: https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/conventions/treaty/173/signa tures (Stand: 01. 11. 2018); Formal ist das Übereinkommen bereits am 01. 07. 2002 in Kraft getreten. Gemäß Art. 32 Abs. 3 EuR-Übk tritt das Strafrechtsübereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem vierzehn Staaten […] ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein. 41 Andoulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 319. 42 Strafrechtsübereinkommen über Korruption, abrufbar unter: https://www.bmjv.de/Shared Docs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vertragsgesetz_Korruption_Anlage1.pdf?__ blob=publicationFile&v=1 (Stand: 01. 11. 2018).

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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2. Rechtsakte der Europäischen Union Auf europarechtlicher Ebene haben die Gemeinsame Maßnahme der Europäischen Union und der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor die Reform des § 299 StGB maßgeblich beeinflusst. a) Die Gemeinsame Maßnahme Die Gemeinsame Maßnahme der Europäischen Union war eines der ersten Instrumentarien auf europäischer Ebene, das sich mit der Bekämpfung von Korruption beschäftigte. In Kraft trat die Maßnahme bereits im Jahr 1999. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Europäische Union „eine Vorreiterrolle in der internationalen Korruptionsbekämpfungspolitik“ ein43. Nicht nur das Strafrechtsübereinkommen gegen Korruption, auch der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor44 gründen inhaltlich auf ihren Maßgaben45. Erklärtes Ziel der Maßnahme war es, den Verbraucher-, Wettbewerbs- und Konkurrentenschutz zu stärken. Dies ergibt sich unmittelbar aus Art. 3 Abs. 2 lit. b). Insbesondere enthielt die Gemeinsame Maßnahme den gesetzgeberischen Auftrag, die Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Bereich angemessen und wirksam zu sanktionieren. Vornehmlich adressiert war sie an Staaten, die bis zu diesem Zeitpunkt über keinen derartigen Korruptionsstraftatbestand verfügt haben46. In Art. 2 Abs. 1 traf die Gemeinsame Maßnahme darüber hinaus eine Aussage über die empfohlene Ausgestaltung eines solchen Tatbestandes. Nach diesem Artikel sollte eine Sanktion bestenfalls schon erfolgen, wenn eine Person vorteilsveranlasst durch eine Handlung oder ein Unterlassen Pflichten verletzt, zumindest aber, sofern es zu einer korruptionsbedingten Wettbewerbsverzerrung gekommen ist. Umgesetzt wurde die Maßnahme schlussendlich nur von acht Mitgliedsstaaten47. b) Der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor Durch den Vertrag von Amsterdam wurde ein neues, stärkeres und leichter zu handhabendes Instrument zur Rechtsharmonisierung geschaffen: der Rahmenbeschluss48. Dieser hat die Gemeinsame Maßnahme, deren Erfolg überschaubar und

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Walther, Bestechung, S. 31. Abl. EU L 192/54. 45 Abl. EG L 358/2. 46 Dazu zählten insbesondere Polen, Tschechien, Portugal, Spanien, Griechenland und Italien. Vgl. Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 9. 47 Tierel, Bestechlichkeit, S. 33 f. 48 Vgl. Art. 34 Abs. 2 lit. b) EUV; Abl. EG C340/17 f. (Vertrag von Amsterdam). 44

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

Wirkung unklar war, ersetzt49. Rahmenbeschlüsse gehören der Säule der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen an, die auch als dritte Säule der Europäischen Union bezeichnet wird. Diese dritte Säule wurde durch den Vertrag von Lissabon mit dem bisherigen vierten Titel des EGV zusammengeführt50. Beide Rechtsbereiche sind seither im AEUV unter der gemeinsamen Überschrift „Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts“ geregelt51. Der Rahmenbeschluss war lange Zeit das wichtigste und stärkste Instrument der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen52. Die Säule hat das Ziel, eine Rechtsangleichung in Strafsachen innerhalb der Mitgliedsstaaten zu bewirken53. Eingesetzt werden darf der Rahmenbeschluss allerdings nur, wenn die Regelung nicht durch das Gemeinschaftsrecht bewirkt werden kann54. Rahmenbeschlüsse selbst sind dem Völkerrecht zuzuordnen und stehen außerhalb der „supranationalen Entscheidungsstruktur des Gemeinschaftsrechts“55. Zur Harmonisierung der Sanktionierung der Wirtschaftskorruption und auf Initiative des Königreichs Dänemark hin, erließ der Rat im Jahre 2003 den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor56. Dieser war richtungsweisend bei der Reform des § 299 StGB. Art. 2 Abs. 1 lit. b) Rb 2003/568/JI sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sicherstellen, dass Handlungen unter Strafe stehen, bei denen jemand, der in einem Unternehmen im privaten Sektor in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist, unmittelbar oder über einen Mittelsmann, für sich oder einen Dritten, einen unbilligen Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er unter Verletzung seiner Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt. Art. 2 lit. a) Rb 2003/568/JI enthält eine entsprechende Regelung für die aktive Bestechung. Nach Art. 2 Abs. 1 Rb 2003/568/JI ist es nicht erforderlich, dass eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb als Gegenleistung für den Vorteil stattgefunden hat. Auch insofern war die nationale Hürde der Strafbarkeit bis zur Reform des Tatbe49

Schönberger, ZaöRV 2007, 1107, 1113 f.; Schroeder, EuR 2007, 349, 358 f.; dazu ausführlich auch Lemke, Richtlinien, S. 123 ff. 50 Abl. EU C 83/73 (Vertrag von Lissabon). 51 Sieber, in: ders./Satzger/v. Heintschel-Heinegg, Europäisches Strafrecht, Einführung Rn. 168. 52 Husemann, wistra 2004, 447. 53 Schönberger, ZaöRV 2007, 1107, 1108. Der Rahmenbeschluss soll allerdings – wie die anderen Rechtsakte des IV. Titels der EUV – keinen „durchregelnden Charakter“ haben. Es geht gemäß Art. 31 Abs. 2 lit. e) EUV um den Erlass von Mindestvorschriften. Art. 29 EUV spricht von einer Annäherung des Strafrechts. Die gesetzlichen Bestimmungen verdeutlichen, dass die formale Differenzierung zwischen einer Rechtsanpassung und einer Rechtsvereinheitlichung nicht entscheidend ist. Dazu Schroeder, EuR 2007, 349, 360. 54 Schönberger, ZaöRV 2007, 1107, 1114. 55 BVerfGE 113, 273, 301. 56 Abl. EU L 192/54; ausführliche Darstellung des Verfahrens bei Husemann, wistra 2004, 447, 448.

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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standes demnach zu hoch. § 299 StGB a. F. entsprach nicht den Sanktionierungsvorgaben der Europäischen Union. Daraus resultierte zunächst aber kein zwingender Handlungsbedarf. Denn den Mitgliedsstaaten wurde durch Art. 2 Abs. 3 und 4 Rb 2003/568/JI die Möglichkeit eingeräumt, die Strafbarkeit für weitere fünf Jahre von einer Wettbewerbslage abhängig zu machen57. Von dieser Einschränkungsmöglichkeit haben Deutschland, Österreich, Italien und Polen Gebrach gemacht. Diese Fünfjahresfrist ist am 22. 07. 2010 ausgelaufen, eine nach Art. 2 Abs. 5 Rb 2003/568/JI mögliche Verlängerung ausgeblieben58. 3. Gemeinsamkeit der Vorgaben Die genannten internationalen Vorgaben entsprechen sich inhaltlich weitestgehend. Sie machen die Strafbarkeit der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr einstimmig von der Verletzung einer Pflicht abhängig und verzichten auf das Erfordernis einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb. Nach Maßgabe dieses einheitlichen, internationalen Leitbildes war § 299 StGB in seiner vor der Reform geltenden Fassung mithin zu eng gefasst. Zwar entsprachen die Tathandlungen, das Tatmittel und der Täterkreis den Vorgaben der Modelltatbestände59. Zu hoch waren jedoch die Anforderungen an eine strafwürdige Unrechtsvereinbarung60. Insbesondere ließ sich das zwingende Erfordernis einer bestehenden Wettbewerbslage nicht mit den Vorgaben der internationalen Modelltatbestände vereinbaren. Diese Divergenz wurde erst durch die Einführung des § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB aufgehoben. Die neuen Varianten entsprechen den Modelltatbeständen insofern, als dass sie die vorteilsveranlasste Verletzung einer Pflicht gegenüber einem Unternehmen als strafwürdiges Unrecht klassifizieren und besagte Handlung einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gleichstellen. Der Gesetzgeber hat dem internationalen Interesse, die Strafbarkeit von dem Erfordernis einer Wettbewerbslage zu lösen, durch die tatbestandliche Erweiterung des § 299 StGB insofern Genüge getan. Denn in ihrer nunmehr geltenden Fassung entspricht die Regelung dem internationalen Leitbild der Korruptionssanktionierung nahezu vollständig.

57 Abl. EU L 192/55, Art. 2 Abs. 3 Rb 2003/568/JI wörtlich: Ein Mitgliedstaat kann erklären, dass er den Geltungsbereich von Absatz 1 auf Handlungen beschränkt, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Waren oder gewerblichen Leistungen eine Wettbewerbsverzerrung zur Folge haben oder haben können. 58 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 281; Wolf, CCZ 2014, 29, 32 f. 59 Vgl. Art. 21 der UN-Konvention; Art. 7 und 8 des Europaratsübereinkommens; Art. 2 des Rahmenbeschlusses; zu diesen Anforderungen ausführlich Walther, WiJ 2012, 236, 238 ff. 60 BGBl. I 1997, S. 2038.

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

III. Umsetzungszwang oder Ermessensentscheidung? Die Bindungswirkung der internationalen Vorgaben Dass der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit vor seiner Erweiterung nicht den internationalen Standards entsprach, wurde nun dargelegt. Umstritten und weiterhin offen ist aber, ob der Gesetzgeber aus unions- oder völkerrechtlicher Perspektive zu einer Anpassung der nationalen Regelung verpflichtet war. 1. Unverbindliche Rechtsakte Welche Rechtswirkung die Gemeinsame Maßnahme hat, wurde im EU-Vertrag nicht normiert. Nach Art. 8 Abs. 1 EU-GM genügte es allerdings, dass die Mitgliedsstaaten einen geeigneten Vorschlag zur Umsetzung unterbreiteten. Es war demnach ausreichend, dass die jeweilige Regierung ein Legislativverfahren angestrengt oder anderweitige gesetzgeberische Bemühungen gezeigt hat61. Eine weitergehende Verpflichtung der Parlamente bestand nicht62. Gleiches gilt für das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption und das Strafrechtsübereinkommen des Europarates. Es handelt sich in beiden Fällen um klassische völkerrechtliche Verträge63, die erst nach ihrer Ratifikation bindend sind64. Die Ratifikation erfolgt gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG in der Form eines Bundesgesetzes. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ist am 14. Dezember 2005 in Kraft getreten. Deutschland hat es bereits im Jahre 2003 in Mexico unterzeichnet und – neun Jahre später – ratifiziert65. Art. 21 UNAC ist nichtsdestotrotz eine fakultative Vorgabe. Die Regelung empfiehlt, dass die Schaffung eines den Anforderungen entsprechenden Straftatbestandes in Erwägung gezogen werden sollte. Die Vertragsstaaten genügen dem Übereinkommen somit bereits, sofern sie eine entsprechende Kriminalisierung überdenken66. Eine Verpflichtung zu einer Rechtsanpassung ergibt sich aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen nicht67. Letztlich muss auch das Strafrechtsübereinkommen des Europarates als unverbindlich eingestuft werden. Zwar setzt dieses voraus, dass entsprechende Maßnahmen zur Anpassung der Gesetzeslage erfolgen. Art. 37 StrafÜbk enthält allerdings eine weitgehende Vorbehaltsmöglichkeit und Art. 41 StrafÜbk sieht sogar ein

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BGHSt 52, 323, 341 f. (Fall Siemens/ENEL). Flore, corruption, S. 40 f. 63 Walther, WiJ 2012, 236, 237; ders., NZWiSt 2015, 255, 255. 64 Vgl. allgemein Art. 14 Abs. 1 lit. c) WVRK; vorliegend i.V.m. Art. 32 Abs. 1 lit. b) des EU-Übk bzw. Art. 67 Abs. 3 der UN-Konvention. 65 BT-Drucks. 18/2138. 66 Walther, Bestechung, S. 50. 67 Tierel, Bestechlichkeit, S. 38; Wollschläger, Täterkreis, S. 151. 62

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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ständiges Kündigungsrecht der Unterzeichner vor68. Allenfalls aus einem Zusammenspiel der einzelnen Artikel ergibt sich, dass einzelstaatliche Vorbehalte keine Dauerlösung darstellen sollen. So sind nach Art. 37 Abs. 4 StrafÜbk höchstens fünf Vorbehalte möglich und gemäß Art. 38 Abs. 1 StrafÜbk treten sie nach drei Jahren automatisch außer Kraft. Daneben hat das Komitee der Minister einen dringenden Appell an die Unterzeichner gerichtet, möglichst wenige Vorbehalte einzulegen oder sie – für den Fall ihrer unbedingten Notwendigkeit – zumindest zeitnah aufzuheben69. Dennoch muss eine Verbindlichkeit des Übereinkommens im Ergebnis verneint werden. Denn solange die Unterzeichner inhaltliche Vorbehalte erlassen und das Übereinkommen jederzeit aufkündigen können, kann eine rechtliche Bindung – trotz der Ratifizierung – nicht angenommen werden. 2. Der Rahmenbeschluss 2003/568/JI Es verbleibt die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber an den Rahmenbeschluss des Europarates zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor gebunden und seinetwegen zur Anpassung des nationalen Rechts verpflichtet war. Dies wird unterschiedlich bewertet. In Anbetracht des bereits in Kraft getretenen Gesetzes und der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, wird die Diskussion vorliegend auf die wesentlichen Aspekte beschränkt. a) Die Voraussetzungen der Strafrechtsharmonisierung seit dem Vertrag von Lissabon Im älteren Gemeinschaftsrecht dominierte eine wirtschaftsrechtliche Perspektive auf die europäische Staatengemeinschaft. Der Harmonisierung des Strafrechts wurde zunächst vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt. Jedoch führte die fortschreitende Integration Europas zu der Erkenntnis, dass offene Grenzen nicht nur den internationalen Handel, sondern auch eine grenzüberschreitende Kriminalität – insbesondere im wirtschaftlichen Bereich – fördern70. Man wurde sich einig, dass eine effektive Bekämpfung grenzüberschreitender strafrechtlicher Phänomene eine europäische Strafrechtsharmonisierung voraussetzt und eine Verzerrung des internationalen Wettbewerbs verhindert werden muss71. 68 Strafrechtsübereinkommen über Korruption, abrufbar unter: https://www.bmjv.de/Shared Docs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vertragsgesetz_Korruption_Anlage1.pdf?__ blob=publicationFile&v=1 (Stand: 01. 11. 2018). 69 Explanatory Report to the Criminal Law Convention on Corruption, S. 29, abrufbar unter: https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?docu mentId=09000016800cce44 (Stand: 01. 11. 2018). 70 Siehe dazu Vogel, GA 2003, 314, 320; zu den Mitteln Tiedemann, ZStW 116 (2004), 945, 949 ff.; zu den Gründen Eisele, JZ 2001, 1157, 1158. 71 Schönberger, ZaöRV 2007, 1107, 1112; kritisch Weigend, FS Jakobs, 764, 765; Schünemann merkt an, dass seit dem Lissabon Urteil „totgeschwiegen“ nicht jedoch „seriös be-

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

Das materielle Strafrecht zählt allerdings zu den Bereichen der Gesetzgebung, die traditionell in den Kernbereich der nationalen Staatsgewalt fallen72. Es entspricht geradezu dem Selbstverständnis eines souveränen Staates, die Voraussetzungen staatlichen Strafens selbst festzulegen zu wollen73. Ein solches Bedürfnis besteht erst recht, wenn das übergeordnete, anweisende Instrumentarium intransparent und demokratisch defizitär erscheint. Dieser Vorwurf haftete dem Erlassverfahren von Rahmenbeschlüssen lange Zeit an. Begründet wurden Zweifel an der Legitimation insbesondere damit, dass der Erlass ausschließlich auf einem Beschluss des Europäischen Rates gründete, obwohl dessen Mitglieder an die nationalen Parlamente rückgebunden waren, während das Europäische Parlament lediglich angehört wurde74. Dieses Verfahren war insbesondere bedenklich, da die Vorbereitungsgremien und die Sitzungen des Europäischen Rates ganz überwiegend unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und die internen Arbeitspapiere, welche die Grundlage der Verhandlungen bilden, nicht eingesehen werden können75. Durch den Erlass des Vertrages von Lissabon sollte dieses demokratische Defizit aufgehoben und die Harmonisierung des Strafrechts an höhere Voraussetzungen geknüpft werden76. Seit seinem Inkrafttreten können Gesetze nur über eine qualifizierte Mehrheit im Rat und mit der Zustimmung des Europäischen Parlamentes erlassen werden77. Gemäß Art. 83 Abs. 1 AEUV gilt zudem – auch für das Strafrecht – das ordentliche Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union. Rahmenbeschlüsse wurden abgeschafft und gemäß Art. 83 Abs. 2 AEUV durch das Rechtsangleichungsinstrument der Richtlinie ersetzt. Die beiden Absätze des Art. 83 AEUV sind nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes streng zu deuten78. Überdies wurde die Rolle der nationalen Parlamente gestärkt. Ihnen wurde eine besondere Bedeutung bei der Integration des europäischen Strafrechts zugesprochen. Gemäß Art. 69 AEUV sind sie beispielsweise für die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verantwortlich. Zudem kann jeder Mitgliedsstaat vor dem Hintergrund der besonderen Sensibilität und Grund-

stritten“ werden könne, dass eine Übertragung der gesetzgeberischen Gewalt auf den Europarat nicht mit dem Demokratievorbehalt vereinbar sei, der für das Strafrecht in besonderem Maße gelte. Siehe ders., ZRP 2015, 68, 70. 72 Schönberger, ZaöRV 2007, 1107, 1112; Tiedemann, ZStW 116 (2004), 945, 947. 73 BVerfGE 126, 267, 346 ff. 74 Baddenhausen/Pietsch, DVBl 2005, 1562, 1564. 75 Abl. L 315/51 (GO vom 01. 12. 2009); Husemann, wistra 2004, 447; Oppermann/ Classen/Nettesheim, Europarecht, § 5 Rn. 61. 76 Siehe dazu insgesamt BVerfGE 126, 267, 271 ff., 292 ff. 77 Art. 16 Abs. 3, 4 EUV, 14 Abs. 1 EUV, siehe dazu Sieber, in: ders./Satzger/v. HeintschelHeinegg, Europäisches Strafrecht, Einführung Rn. 165. 78 BVerfGE 123, 267, 359 f., 406 f.

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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rechtsrelevanz des Strafrechts ein Vetoverfahren einleiten, sofern ein Richtlinienentwurf grundlegende Aspekte der nationalen Strafrechtsordnung berührt79. b) Die allgemeine Bindung Dass die Dritte Säule der Europäischen Union seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon im Jahr 2009 nicht mehr besteht, hat nicht zur Folge, dass erlassenen Rahmenbeschlüssen die Legitimation entzogen ist80. Nach Art. 9 des Protokolls Nummer 36 des Vertrages von Lissabon gelten Rechtsakte der Union, die vor dem Inkrafttreten des Vertrages erlassen wurden, fort und verlieren ihre Geltung erst, sofern sie aufgehoben, geändert oder für nichtig erklärt worden sind. Dies trifft auf kaum einen Rahmenbeschluss zu. Die unterbliebene oder fehlerhafte Umsetzung eines Rahmenbeschlusses hatte dennoch lange Zeit keine negativen Konsequenzen. Gemäß Art. 35 EU a. F. konnte der Europäische Gerichtshof zunächst nur im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens angerufen werden, sofern Unklarheiten bei der Auslegung eines Rahmenbeschlusses herrschten. Das Gericht verfügte aber nicht über die Befugnis, eine mangelhafte Umsetzung zu rügen81. Erst seit 2014 ist die Europäische Kommission gemäß Art. 258 AEUV berechtigt, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedsstaat einzuleiten, der mit der Umsetzung eines Rahmenbeschlusses in Verzug ist oder diese ablehnt82. Nach ganz überwiegender Ansicht sind die nationalen Parlamente mithin immer noch an die Vorgaben eines Rahmenbeschlusses gebunden83. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, ohne dass es einer Ratifikation bedarf84. Auch die Rechtsprechung betont die Verbindlichkeit von Rahmenbeschlüssen. Das Bundesverfassungsgericht merkt lediglich an, dass substanzielle Handlungsfreiheiten des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung erhalten bleiben müssten85. Der Europäische Gerichtshof hat sogar entschieden, dass 79

Art. 82 Abs. 3, 83 Abs. 3 AEUV; BVerfGE 123, 267, 410 ff., 436; Meyer, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Band 2, Art. 82 Rn. 49 ff. 80 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 284. 81 Walther, Bestechung, S. 35; zur Problematik der Dauer des Verfahrens und der Möglichkeit eines Eilvorabentscheidungsverfahrens siehe Esser, StRR 2010, 133, 134. 82 Art 10 Abs. 3 Protokolls Nummer 36 des Vertrages von Lissabon. 83 BVerfGE 113, 273, 300; Hillgruber, JZ 2005, 841; Husemann, wistra 2004, 447, 451; Kahnmann, Bestechlichkeit, S. 138; Walther, Bestechung, S. 35; ders., NZWiSt 2015, 255, 256. 84 Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. b) i.V.m. Art. 29 Abs. 1 i.V.m. Art 31 Abs. 1 lit. e) EU in der Fassung des Vertrages von Nizza (Abl. EG C 80/9). Dieser ist im Jahr 2003 in Kraft getreten und hatte bis 2009 Geltung. 85 BVerfGE 113, 273, 300 ff.; Walther, WiJ 2012, 236, 237; kritisch Schünemann/Roger, ZIS 2010, 515, 516 f., die der Ansicht sind, das BVerfG habe betont, dass Rahmenbeschlüsse dem Demokratieprinzip nur genügen würden, weil die nationalen Parlamente autonom über die Umsetzung zu entscheiden hätten, sie ggf. verweigern dürften und die nationalen Gerichte nicht an die Rechtsprechung des EuGH gebunden seien. Zudem werde legislative Gewalt auf Mitglieder der Exekutive übertragen. Eine Bindung an den Rahmenbeschluss verletze daher den

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

das nationale Recht bereits vor der Umsetzung eines Rahmenbeschlusses rahmenbeschlusskonform ausgelegt werden muss86. Anders als ihre Nachfolgerin, die Richtlinie, haben Rahmenbeschlüsse aber keine unmittelbare innerstaatliche Wirkung87. Ein Einzelner kann sich weder auf einen Rahmenbeschluss berufen noch aus seiner unterbliebenen Umsetzung einen Schadensersatzanspruch ableiten88. Gegen die Bindung an Rahmenbeschlüsse kann auch nicht eingewandt werden, dass es sich bei den übrigen, in Art. 34 Abs. 2 EU (in der Fassung des Vertrages von Nizza) geregelten Handlungsformen zur Angleichung des Strafrechts, um völkerrechtliche Verträge handelt, die nur mit Zustimmung der nationalen Parlamente wirksam werden89. Die Mitgliedsstaaten müssen einem Rahmenbeschluss zwar zustimmen, die Zustimmung im Rat unterliegt aber nicht den Regelungen über den Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen90. Rahmenbeschlüsse sind mehr als ein Instrument zur Regelung eines völkervertraglichen Nebeneinanders. Sie sichern das strafrechtliche Miteinander, die rechtliche Angleichung eines hochsensiblen Rechtsbereichs. Dieser Funktion kann der Rahmenbeschluss nur gerecht werden, wenn die Mitgliedstaaten unionsrechtlich verpflichtet sind, Rahmenbeschlüsse umzusetzen. c) Die Bindung im konkreten Fall Aufgrund inhaltlicher und formaler Besonderheiten stellt sich die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber auch an den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor im Besonderen gebunden war. aa) Einwände gegen eine Bindung Der Rahmenbeschluss 2003/568/JI eröffnete den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit am Wettbewerbserfordernis festzuhalten91. Diese Vorbehaltsmöglichkeit wurde von Deutschland und Italien ausgehandelt. Die Delegation Grundsatz „nulla poene sine lege“. Siehe dazu auch Schünemann, StV 2003, 116, 120; ders., ZRP 2003, 185, 188 f.; ders., FS Achenbach, 509, 513. 86 EuGH NJW 2005, 2839, 2040 f. (Fall Pupino); zur Rechtsnatur von Rahmenbeschlüssen und ihrer unmittelbaren Wirkung Adam, EuZW 2005, 558, 559 f.; kritisch Hillgruber, der meint, der EuGH verkenne, dass das System des Art. 34 II lit. b) EU und das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 35 EU rein fakultativer Natur seien; Hillgruber, JZ 2005, 841, 842 f.; dagegen Böse, ZIS 2010, 516. 87 Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. b) EUV. 88 Schönberger, ZaöRV 2007, 1107, 1126 ff. 89 Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. d) spricht davon, dass der Rat Übereinkommen erstellen kann, deren Annahme er den Mitgliedsstaaten empfiehlt. 90 Art. 59 Abs. 2 GG findet beispielsweise keine Anwendung auf die Zustimmung zu einem Rahmenbeschluss. 91 Abl. EU L 192/55, Art. 2 Abs. 3 Rb 2003/568/JI.

B. Der Hintergrund der Neuregelung

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der Bundesrepublik hat sich dazu entschieden, von ihr Gebrauch zu machen. Die Frist ist am 23. Juli 2010 abgelaufen92. Gemäß Art. 2 Abs. 5 Rb 2003/568/JI hätte sie zwar durch einen formellen Ratsbeschluss verlängert werden können, ein solcher ist allerdings nicht mehr gefasst worden93. Dass der schlichte Fristablauf eine Umsetzungsverpflichtung begründen kann, wird in Anbetracht der seit dem Vertrag von Lissabon geltenden Voraussetzungen für Anweisungen im Strafrecht, zumindest teilweise, bezweifelt94. Der Vorbehalt des Art. 2 Abs. 3 Rb 2003/568/JI könne nicht durch das alleinige Schweigen des Europarates unwirksam werden und der schlichte Ablauf einer Frist, ohne erneute Überprüfung durch den Rat, keinen förmlichen Beschluss ersetzen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des mittlerweile geschaffenen Art. 83 AEUV. Der Europäische Rat sei nach dieser neuen Kompetenzregelung ohnehin nicht mehr alleine für den Erlass eines solchen Beschlusses zuständig. Maßgeblich müsse das Verfahren des Primärrechts sein, welches bei Ablauf der Frist im Jahre 2010 im Falle einer Strafrechtsgestaltung Geltung hatte95. Wende man dieses auf einen verlängernden Beschluss an, hätte dieser nur mit der Zustimmung des Europäischen Parlamentes erlassen werden dürfen96. Die Vorstellung, dass der Rat die strafrechtliche Rechtslage in den Mitgliedsstaaten außerhalb eines förmlichen Verfahrens gestalten konnte, ohne dass die nationalen oder gar das Europäische Parlament beteiligt waren, befremde97. bb) Stellungnahme Diese Ansicht missachtet zunächst den Wortlaut des Rahmenbeschlusses. Sie übersieht, dass es keinen Sinn ergibt, dass Art. 2 Abs. 4 Rb 2003/568/JI die genaue Geltungsdauer des Vorbehaltes bestimmt, wenn diese in jedem Fall von einem formellen Ratsbeschluss abhängig gemacht wird98. Zudem verlangt Art. 2 Abs. 5 Rb 2003/568/JI nicht nach einem formellen Beschluss des Rates, sondern nach einer Überprüfung der Erklärung durch diesen99. Der Absatz enthält darüber hinaus keine Regelung über das schlichte Ablaufen der Frist100. Art. 2 Abs. 5 Rb 2003/568/JI sieht lediglich vor, dass eine Entscheidung darüber zu treffen sei, ob der Vorbehalt 92

Abl. EU L 192/55, Art. 2 Abs. 5 Rb 2003/568/JI. Eine „Überprüfung“ im Wege von Konsultationen hat ergeben, dass eine Verlängerung der Frist ganz überwiegend nicht gewünscht wurde. Vgl. Kubiciel, ZIS 2014, 667, 668. 94 Siehe zum folgenden Absatz insgesamt Gaede, NZWiSt 2014, 281, 285; ders., Gutachten zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption, S. 4 f.; Schünemann, ZRP 2015, 68, 70; a.A. Walther, NZWiSt 2015, 255, 256. 95 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 285. 96 Schünemann, ZRP 2015, 68, 70. 97 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 285. 98 Walther, NZWiSt 2015, 255, 256. 99 Kubiciel/Spörl, KPKp, 4/2014, S. 10. 100 Walther, NZWiSt 2015, 255, 256. 93

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

„verlängert werden kann“. Nach dem eindeutigen Wortlaut war der Beschluss mithin bindend. Die gegenteilige Auffassung verkennt ferner, dass eine Einbeziehung der nationalen Parlamente gesetzlich nicht vorgesehen ist. Diese Rechtslage ändert auch der Umstand, dass die Frist nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon abgelaufen ist, nicht101. Art. 9 Protokoll Nr. 36 normiert ausdrücklich, dass angenommene Rechtsakte unverändert nach dem Inkrafttreten des Vertrages fortgelten. Würde der Rahmenbeschluss durch ein vollständiges ordentliches Gesetzgebungsverfahren ersetzt, träte die Regelung vollkommen hinter Art. 83 AEUV zurück und die Bedeutung des Art. 9 Protokoll Nr. 36 würde missachtet102. Da das Protokoll das Primärrecht nur ergänzt, nicht jedoch in ihm aufgeht, wäre die Durchführung eines vollständigen Gesetzgebungsverfahrens unverhältnismäßig und unangemessen. cc) Das Bestehen eines Vetorechts nach Art. 83 Abs. 3 AEUV Einige Autoren plädieren dafür, das in Art. 83 Abs. 3 AEUV geregelte Vetorecht auf den Rahmenbeschluss anzuwenden103. So könne das Spannungsverhältnis zwischen den gestärkten Rechten der nationalen Parlamente, dem Achtungsanspruch der nationalen Strafrechtsordnung und dem weiterhin gültigen Rahmenbeschluss ausgeglichen werden. Das Protokoll werde nicht seines Sinnes beraubt und gleichzeitig sichergestellt, dass der Respekt vor der nationalen Strafrechtsordnung und der nationalen parlamentarischen Autonomie gewahrt würde. Ein solches Vetorecht der Mitgliedsstaaten besteht, sofern eine Richtlinie oder ein Rahmenbeschluss grundlegende Aspekte der eigenen Strafrechtsordnung berührt. Dies ist der Fall, wenn nationale Strafprinzipien umgangen oder ausgehöhlt werden. Dazu zählen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot, der Grundsatz der Subsidiarität oder der Schuldgrundsatz104. Maßgeblich ist der Inhalt der konkreten Richtlinie bzw. des Rahmenbeschlusses. Bei alleinigen Bedenken hinsichtlich der Voraussetzungen des Art. 82 Abs. 1 und 2 AEUV oder Opportunitäten politischen Ursprungs darf die „Notbremse“ nicht gezogen werden105. Da diese Voraussetzungen im konkreten Fall nicht erfüllt sind, kann dahinstehen, ob die Anwendung des Art. 83 Abs. 3 AEUVauf Rahmenbeschlüsse sinnvoll ist. Die Vorgaben des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der Bestechung im privaten

101 102 103

68, 70. 104

Kubiciel/Spörl, KPKp, 4/2014, S. 11. Kubiciel, ZIS 2014, 667, 669. Siehe zum folgenden Absatz Gaede, NZWiSt 2014, 281, 286; Schünemann, ZRP 2015,

BVerfGE 123, 267, 413; Satzger, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 83 AEUV Rn. 37. Vogel/Eisele, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 83 AEUV, Rn. 98 f. 105

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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Sektor begegnen keinen tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken106. Der alleinige Umstand, dass die Vorgaben eine Aufgabe des Wettbewerbserfordernisses im Rahmen des § 299 StGB vorsehen, führt nicht dazu, dass grundlegende Aspekte der nationalen Strafrechtsordnung berührt werden. Mit dieser Reform einhergehende kriminalpolitische Vorbehalte genügen nicht, um ein Vetorecht zu begründen. d) Stellungnahme Die Harmonisierung des (Korruptions-)Strafrechts ist ein wichtiges Vorhaben in einem zusammenwachsenden Europa und dem Zeitalter der Globalisierung. Wird ein grenzenloser Handel innerhalb Europas gefördert, müssen gleichzeitig Maßnahmen eingeleitet werden, die ein ebenso grenzenloses Bestechungsunwesen verhindern. Chancen bergen Gefahren und heterogene Strafvorschriften stehen einem korruptionsfreien und fairen Wettbewerb entgegen. Ein uneinheitliches Korruptionsstrafrecht legt nicht nur eine effektive Sanktionierung lahm, es steht einheitlichen Wettbewerbsbedingungen in Europa entgegen und verzerrt die europäische Marktwirtschaft insgesamt. Es ist somit nicht nur aus unionsrechtlicher, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht zu begrüßen, dass § 299 StGB den internationalen Vorgaben und der Rechtslage in anderen Mitgliedsstaaten angepasst wurde107. Eine Rechtsverschiedenheit wie die zuvor bestehende, ist im Zeitalter der Globalisierung weder wünschenswert noch angemessen, da sie Störungen eines gemeinsamen Marktes begünstigt108. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der dargelegten Umsetzungpflicht, wie auch unter wirtschaftlichen Aspekten war es also unumgänglich, dass der deutsche Gesetzgeber den Tatbestand des § 299 StGB im Jahre 2015 reformiert und erweitert hat.

C. Die Bezeichnung der Neuregelung Nahezu jede wissenschaftliche Arbeit, die sich mit der Wirtschaftskorruption auseinandersetzt, stellt verschiedene Regelungsmodelle zu ihrer Sanktionierung gegenüber109. Eine fundierte kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff des Regelungsmodells und der Systematisierungsmethode findet jedoch zumeist nicht

106

Gaede, NZWiSt 2014, 281, 286; a.A. Schünemann, ZRP 2015, 68, 70. Lange Zeit war das Wettbewerbserfordernis des deutschen Korruptionsstrafrechts im internationalen Vergleich eine absolute Sonderkonstellation. Siehe dazu ausführlich Weber, FS Vogel, 394, 404. 108 Dazu schon Rasch, Bestechungsunwesen, S. 276 ff. 109 Die Systematisierung korruptionsstrafrechtlicher Tatbestände anhand von Modellen geht auf Heine und Vogel zurück. Siehe dazu Heine, ZBJV 2002, 533; Vogel, FS Weber, 395. 107

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

statt110. Diese Arbeit nimmt eine solche vor. Anlass dazu geben insbesondere die gängigen Bezeichnungen der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB als „Wettbewerbs-“111 und „Geschäftsherrenmodell“112.

I. Die gängige Bezeichnung als Geschäftsherrenmodell Der Wortlaut der Varianten enthält den Begriff des Geschäftsherrn nicht. Daher stellt sich einerseits die Frage, was unter einem Modell im rechtlichen Sinne zu verstehen ist und andererseits gilt es zu ergründen, woher die Bezeichnung der Varianten als Geschäftsherrenmodell im Besonderen rührt. 1. Begriffsbestimmungen a) Die Modelle zum Unwert der Wirtschaftskorruption Die Systematisierung von korruptionsstrafrechtlichen Tatbeständen anhand von Modellen geht auf Heine und Vogel zurück113. Im Folgenden werden die von ihnen entwickelten Modelle zur Sanktionierung der Wirtschaftskorruption dargestellt. aa) Der Begriff des (Regelungs-)Modells Der Begriff des Modells ist kein juristischer Terminus im engeren Sinne. Dem Strafgesetzbuch selbst ist er vollkommen fremd. Im Zusammenhang mit der Wirtschaftskorruption wurde er insbesondere von Heine und Vogel geprägt. Heine definiert ihn allerdings nicht. Er weist lediglich auf den Nutzen der Modelle für eine rationale Kriminalpolitik hin114. Vogel setzt sich demgegenüber intensiver mit dem Begriff auseinander. Er versteht unter einem (Regelungs-)Modell das Idealbild einer strafrechtlichen Regelung, welche geeignet sein soll, typische Sachverhalte idealtypisch zu erfassen115. Anders als das positive Recht seien Modelle frei von systematischen oder teleologischen Widersprüchen. Sie seien allgemeiner formuliert als Normen des Besonderen, jedoch 110 Siehe nur Vasilikou, Zuwendungen, S. 41 ff.; siehe zur Kritik an den einzelnen Modellen, Wollschläger, Täterkreis, S. 145 ff.; zumindest im Ansatz kritisch hinsichtlich der Systematisierung Walther, Bestechung, S. 22; Sprafke, Korruption, 90 f. 111 Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 117. 112 Siehe nur BT-Drucks. 18/6389, S. 10; Fischer, StGB, § 299 Rn. 1; Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 156; Kubiciel, ZIS 2014, 667; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193; Zöller, GA 2009, 137. 113 Heine, ZBJV 2002, 533; Vogel, FS Weber, 395. 114 Heine, ZBJV 2002, 533, 538. 115 Siehe zum nahstehenden Absatz Vogel, FS Weber, 395, 398.

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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konkreter als die Deliktstypen des Allgemeinen Teils. Ein realer Lebenssachverhalt könne durchaus unter mehrere Modelle subsumiert werden. bb) Die einzelnen Modelle Heine systematisierte korruptionsstrafrechtliche Tatbestände erstmalig anhand von strafrechtstheoretischen Modellen. Er entwickelte drei Grundmodelle, die insbesondere dem Rechtsvergleich dienen sollten116. Vogel hat diesen Ansatz einige Jahre später aufgegriffen, weiterentwickelt und um drei Modelle ergänzt117. Insgesamt existieren seither sechs Modelle, die sich mit dem Idealbild einer Norm zur Sanktionierung der Wirtschaftskorruption und ihrem spezifischen Unwert beschäftigen. (1) Die Grundmodelle nach Heine Das erste Grundmodell Heines fokussiert den Vermögensschutz118. Vogel hat dieses Modell später als das vermögensstrafrechtliche Modell bezeichnet119. Diesem Modell zur Folge entspricht der Unwert der Wirtschaftskorruption dem Unwert einer ungetreuen Geschäftsbesorgung. Täter einer passiven Bestechung kann nur sein, wer eine Vermögensbetreuungspflicht hat. Letzteres wird zumeist nur auf Angestellte in leitender Funktion zutreffen120. Zudem muss ein tatbestandlicher Erfolg in Form eines Vermögensschadens eingetreten sein121. Beispielweise bei Konstellationen des „Kick-Backs“, bei denen Schmiergelder auf den Endpreis aufgeschlagen und zu Lasten des Unternehmens einkalkuliert werden122, erscheint der Schutz des Vermögens vor Angriffen durch Korruption sinnvoll123. Nach diesem Modell ergibt sich die Regelwidrigkeit der Austauschbeziehung aus der finanziellen Schädigung des Geschäftsherrn124. Er selbst kann sich folglich nicht wegen Korruption strafbar machen und seine Einwilligung führt zum Ausschluss der Rechtswidrigkeit125. Das zweite Grundmodell stellt die arbeitsvertraglichen Pflichten in den Vordergrund126. Vogel bezeichnet es als das arbeitsstrafrechtliche Regelungsmodell127. Eine 116 117 118 119

69. 120

Heine, ZBJV 2002, 533, 538 ff. Vogel, FS Weber, 395, 400 ff. Heine, ZBJV 2002, 533, 538 f. Vogel, FS Weber, 395, 405 f.; vom „Untreuemodell“ spricht Schünemann, ZPR 2015 68,

Heine, ZBJV 2002, 533, 539. Heine, ZBJV 2002, 533, 539; Vogel, FS Weber, 395, 406; Wollschläger, Täterkreis, S. 143. 122 Siehe dazu auch 2. Kapitel D. I. 2. a) bb). 123 Walther, Bestechung, S. 19. 124 Wollschläger, Täterkreis, S. 143. 125 Vogel, FS Weber, 395, 405. 126 Heine, ZBJV 2002, 533, 539. 121

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

Norm, die auf diesem Modell basiert, dient dem Schutz individueller Interessen128. Der Unwert der Wirtschaftskorruption ergibt sich nach dem arbeitsstrafrechtlichen Regelungsmodell aus der Verletzung der Loyalitätspflicht gegenüber dem Geschäftsherrn. Ein Arbeitnehmer, der sachwidrige Vorteile annimmt, verstößt gegen die arbeitsrechtliche Pflicht zur Treue129 und verletzt auf diese Weise das Interesse des Prinzipals an einer unbeeinflussten Erfüllung der übertragenen betrieblichen Aufgaben. Täter der passiven Korruption können alle loyalitätspflichtigen Agenten des Prinzipals sein130. Die Bestechung eines Mitbewerbers ist hingegen nicht strafbar131. Die Einwilligung des Geschäftsherrn führt zu einem Ausschluss der Strafbarkeit132, der Eintritt eines tatbestandlichen Erfolges wird nicht vorausgesetzt. Das dritte von Heine beschriebene Grundmodell wird von Vogel als das wettbewerbsstrafrechtliche Regelungsmodell bezeichnet133. Ein auf diesem Modell basierender Tatbestand muss einen direkten Bezug zum Wettbewerb aufweisen und seinem Schutz dienen. Der Wettbewerb soll davor geschützt werden, dass sachwidrige Kriterien Entscheidungen beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen leiten. Der leistungsstärkste Wettbewerber soll sich am Markt und innerhalb einer konkreten Konkurrenzsituation durchsetzen können. Es ist nicht erforderlich, dass ein kausaler Vermögensschaden entsteht oder eine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber verletzt wird. Wegen Bestechlichkeit kann sich jeder am Wirtschaftsleben Teilnehmende strafbar machen. Dazu zählen neben dem Geschäftsherrn auch Verbraucher134. Wie ein idealtypischer Tatbestand aussehen könnte, der vollends einem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell entspricht, hat Lampe im Rahmen der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Jahr 1976 aufzuzeigen versucht. Nach diesem Vorschlag macht sich wegen Bestechlichkeit strafbar „wer dem Angehörigen eines Wirtschaftsbetriebes einen unlauteren Vermögensvorteil als Gegenleistung dafür [anbietet,] verspricht oder gewährt, daß er ihm oder einem Dritten im geschäftlichen Verkehr mit Waren oder wirtschaftlichen Leistungen einen Vorzug im Wettbewerb verschafft hat oder künftig verschaffen werde“135. Der zweite Absatz enthält eine spiegelbildlich ausgestaltete Variante über die passive Bestechung.

127 128 129 130 131 132 133

404. 134 135

Vogel, FS Weber, 395, 402. Siehe dazu auch Wollschläger, Täterkreis, S. 135. Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 722. Vogel, FS Weber, 395, 403. Heine, ZBJV 2002, 533, 540. Heine, ZBJV 2002, 533, 541. Siehe zu dem nachstehenden Absatz Heine, ZBJV 2002, 533, 542; Vogel, FS Weber, 395, Walther, Bestechung, S. 17. Lampe, Tagungsberichte, Band XI, Anlage 1, S. 54.

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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(2) Die Modelle nach Vogel Vogel hat drei weitere Modelle entwickelt. Nach dem Einheitsmodell haben die Korruption durch Amtsträger und die Korruption in der Privatwirtschaft einen identischen Unrechtskern und sind in einem einheitlichen Tatbestand zu erfassen136. Die Regelwidrigkeit des Austausches ist in beiden Konstellationen gleich137. Auf eine Pflichtwidrigkeit kommt es nicht an. Täter einer passiven Bestechung im geschäftlichen Verkehr kann jeder Teilnehmer des Wirtschaftslebens sein, der korrumpierbar ist138. Welches Rechtsgut ein solcher Grundtatbestand schützt, wird unterschiedlich bewertet. Einige Autoren meinen, dass „die Lauterkeit und Redlichkeit des beruflichen Verhaltens“ 139 geschützt sei, andere stellen wiederum auf die berufliche Stellung als Arbeitnehmer oder auf eine Verletzung des „Treue- und Vertrauensverhältnisses zwischen dem Agenten und seinem Prinzipal“140 ab. Ferner gibt es nach Vogel ein steuerstrafrechtliches und ein rechnungslegungsstrafrechtliches Modell141. Ersteres folgt dem Grundgedanken, dass steuerstrafrechtliche Sanktionen den Anreiz für Korruption nehmen sollen. Es bezweckt eine indirekte Unterbindung und Sanktionierung der Korruption durch steuerrechtliche Maßregelungen und Sanktionen142. Dies beträfe beispielsweise den Tatbestand der Steuerverkürzung. Denn erhaltene Schmiergelder müssen nach dem geltenden Recht grundsätzlich als Einkünfte deklariert und versteuert werden. Naturgemäß unterbleibt eine solche Offenlegung aber in aller Regel143. Eine gleichsam indirekte Unterbindung und Sanktionierung der Korruption verfolgt auch das rechnungslegungsstrafrechtliche Modell144. Dieses geht davon aus, dass die Gefahr der Korruption insbesondere aus der Intransparenz von Geschäftsvorgängen und ihrer Dokumentation erwächst. Durch erhöhte Anforderungen an die Dokumentation geschäftlicher Vorgänge sollen korrupte Geschäftspraktiken verhindert oder zumindest erschwert werden. Beispielsweise soll eine offene und vollständige Buchführung dazu führen, dass ein wahrheitsgemäßes Bild der finanziellen Verhältnisse des Unternehmens wiedergegeben wird.

136

Vogel, FS Weber, 395, 400; zur Vereinigung der Bestechungstatbestände auch Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 475 ff.; zur Diskussion in Deutschland Bannenberg, Korruption, S. 14; Jähnke, Verhandlungen des 61. DJT, Band II/2, L 87, L 89 f.; Volk, Verhandlungen des 61. DJT, Band II/1, L 35, L 38 f. 137 Wollschläger, Täterkreis, S. 139. 138 Vogel, FS Weber, 395, 400. 139 Jähnke, Verhandlungen des 61. DJT, Band II/2, L 87, L 89. 140 Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 477. 141 Vogel, FS Weber, 395, 407 ff. 142 Siehe auch Kindhäuser ZIS 2011, 462, 466. 143 Kindhäuser ZIS 2011, 462, 466. 144 Vogel, FS Weber, 395, 407 f.

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

b) Der Begriff des „Geschäftsherrenmodells“ Rönnau und Golombek haben die Regelungskonzeption des § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB in einem Aufsatz aus dem Jahr 2007 erstmalig als Geschäftsherrenmodell145 bezeichnet. Obwohl der Gesetzeswortlaut den Begriff des Geschäftsherrn nicht enthält, hat sich diese Bezeichnung im wissenschaftlichen Diskurs durchgesetzt und wurde schließlich sogar im Gesetzgebungsentwurf verwendet146. Inhaltlich und hinsichtlich des Schutzgutes entspricht das Geschäftsherrenmodell dem arbeitsstrafrechtlichen Regelungsmodell. Insofern steht der Begriff in einem engen Zusammenhang mit der beschriebenen Systematisierung Heines und Vogels147. Der Terminus lehnt an die so genannte principal-agent-theory an. Diese Theorie wurde Mitte der 1970er entwickelt148 und ist seither ein elementarer Bestandteil der Institutionenökonomie149, einer Forschungsrichtung der Volkswirtschaftslehre, die nach Erklärungsansätzen zur Entstehung, Wandlungsfähigkeit, Funktions- und Wirkweise von Institutionen sucht150. Die principal-agent-theory setzt sich mit Problemen auseinander, die aus der Delegation von Aufgaben erwachsen151. Sie untersucht Handlungen von Personen und Institutionen im Rahmen einer Hierarchie152. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Beziehung des Agenten (Auftragnehmer) zu seinem Prinzipal (Auftraggeber). Innerhalb dieser „Agency-Beziehung“153 ergeben sich besondere Probleme aus der Informationsasymmetrie. Die principal-agent-theory geht davon aus, dass die Delegation von Aufgaben zu einer Ungleichverteilung von Information führt, da der Agent über spezielles Wissen und besondere Kenntnisse in einem Unternehmensbereich verfügt, die dem Prinzipal fehlen154. Die Wissensvorsprünge kann er zu Lasten oder zu Gunsten seines Prinzipals einsetzen155. Dem Agent obliegt eine Abwägungsentscheidung156. Die principal-agent-theory unterstellt in diesem Zusammenhang, dass es typischerweise 145

Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193. BT-Drucks. 18/6389, S. 10 f. 147 Die Begriffe werden synonym verwendet. Siehe bspw. Walther, Bestechung, S. 18; Wolf, CCZ 2014, 29, 31. 148 Ross, The American Economic Review 1973, 134; Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 1976, 305. 149 Meinhövel, WiST 2004, 470. 150 Zur Geschichte der Institutionenökonomie Horsch/Meinhövel/Paul, Institutionenökonomie, S. 8 ff.; zum Begriff der Institution Homann/Suchanek, Ökonomik, 100 ff. 151 Richter/Furubotn, Neue Institutionsökonomie, S. 173. 152 Arrow, in: Handbook of Mathematical Economics, 1183. 153 Ross, The American Economic Review 1973, 134. 154 Groenendijk, Crime, Law & Science 1997, 207, 208. 155 Homann/Suchanek, Ökonomik, 92 f.; Klitgaard, Controlling, S. 71 ff.; Meinhövel, WiST 2004, 470, 471. 156 Graeff, in: Korruption, 55, 67. 146

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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nicht zu den ureigenen Maximen des Agenten gehört, bestmöglich die Interessen seines Prinzipals zu wahren157. Die Ursache dafür liegt in der Inkongruenz der Nutzenfunktion für die Parteien158. Während der Auftraggeber seine Gewinne zu maximieren versucht, ist der Agent darauf bedacht, seinen persönlichen Vorteil zu optimieren. Besonders attraktiv ist für ihn der Erhalt eines eigenen finanziellen Bonus. Lässt sich der Agent von einem Dritten bestechen und nutzt er den Wissensvorsprung gegenüber dem Prinzipal aus, kommt es zu einem Interessenkonflikt, dem „Agency-Problem“159. Die principal-agent-theory beschäftigt sich mit der Frage, wie dieses Problem zu Gunsten des Prinzipals gelöst oder gemindert werden kann. Die angestellten rechtlichen und monetären Überlegungen münden schließlich in einer Vertragstheorie160. Das Ziel dieser Theorie ist, die formalen Regelungen innerhalb der „Agency-Beziehung“ so auszuformen, dass der Agent die Interessen des Unternehmens (trotz aller Versuchungen) wahrt161. Während das arbeitsstrafrechtliche Regelungsmodell Aussagen über den strafrechtlichen Unwert der Korruption und Fragen der Sanktionierung trifft, beschäftigt sich die principal-agent-theory also schwerpunktmäßig mit der Frage, wie Korruption in einem Unternehmen vermieden werden kann. 2. Die Aussagekraft der Modelle Die Regelungsmodelle dienen, laut Vogel, dem Rechtsvergleich, erleichtern kriminalpolitische Beratungen und die strafrechtsdogmatische Analyse eines Tatbestandes162. Die Bezeichnung der Tatbestandsvarianten des § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB als Geschäftsherrenmodell ist allerdings nur überzeugend, wenn die Regelungen inhaltlich ein arbeitsstrafrechtliches Modell zugrunde legen163. Welchem Schutzzweck die Varianten dienen, wird erst in dem folgenden Kapitel ermittelt. Zunächst soll die vorgelagerte Frage aufgeworfen werden, ob die Systematisierung von strafrechtlichen Tatbeständen anhand von Modellen überhaupt sinnvoll ist und eine unvoreingenommene Gesetzesanalyse und Auslegung gestattet.

157

Richter/Furubotn, Neue Institutionsökonomie, S. 174. Kahnmann, Bestechlichkeit, S. 285. 159 Ross, The American Economic Review 1973, 134. 160 Graeff, in: Korruption, 55, 67. 161 Graeff, in: Korruption, 55, 67. 162 Vogel, FS Weber, 395, 398 . 163 Bejahend Wollschläger, Täterkreis, S. 137; bejahend im Bezug auf den Rahmenbeschluss 2003/568/JI Wolf, CCZ 2014, 29, 31. 158

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

a) Hinsichtlich komplexer Regelungssysteme Nahezu alle der beschriebenen Regelungsmodelle sind in Tatbeständen des Besonderen Teils wiederzuerkennen164. Die Verletzung der Buchführungspflicht nach § 283b StGB und §§ 331 ff. HGB des Nebenstrafrechts entsprechen beispielsweise einem rechnungslegungsstrafrechtlichen Modell. Die Tatbestände verpflichten dazu, Handelsbücher ordnungsgemäß zu führen und Bilanzen transparent zu erstellen165. Art. 8 Abs. 2 des Übereinkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (OECD-BestÜbk) legt einen ganz ähnlichen Ansatz zugrunde. Auch dieser Tatbestand sieht vor, dass unrichtige oder lückenhafte Geschäftsbuchsangaben, Konten oder Abschlüsse sanktioniert werden sollen. § 370 Abgabenordnung (AO) entspricht einem steuerstrafrechtlichen Regelungsmodell. Schmiergelder sind Betriebseinkünfte166. Führt der Bestochene die erhaltenen (Schmier-)Gelder nicht ordnungsgemäß ab, macht er sich gemäß § 370 AO wegen Steuerhinterziehung strafbar. Die Wirtschaftskorruption wird nach beiden Modellen indirekt sanktioniert. Beide Modelle tragen dem Umstand Rechnung, dass die Korruption aus kriminologischer Sicht ein „heimliches Geschäft“ ist167. Sowohl § 283b StGB als auch § 370 AO sanktionieren diese Geheimhaltung, nicht jedoch das Unrecht der Vereinbarung selbst. Die Untreue nach § 266 StGB entspricht einem vermögensstrafrechtlichen Modell. Sie verlangt nach einem kausalen Vermögensnachteil als tatbestandlichem Erfolg168. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes werden gezahlte Schmiergelder aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Preis der Ware oder Leistung umgelegt, woraus ein Vermögensnachteil des Geschäftsherrn resultiert169. Die jeweils ersten Tatbestandsvarianten des § 299 StGB verlangen nach einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb als Gegenleistung für den gewährten Vorteil. Es liegt daher nahe, sie einem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell zuzuordnen. Die neu eingefügten Tatbestandsvarianten stellen auf eine vorteilsveranlasste Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen ab und weisen daher Übereinstimmungen mit einem arbeitsstrafrechtlichen Modell auf.

164

Eine Ausnahme gilt im Hinblick auf das Einheitsmodell. Radtke/Petermann, in: MüKo, StGB, Band 5, § 283 Rn. 1 ff. 166 Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 74 f. 167 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466. 168 Zum Nachteilsbegriff der Untreue Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 201 ff. 169 BGHSt 38, 186, 190 ff.; 47, 83, 88; kritisch Bernsmann, StV 2005, 576, 577; Kindhäuser, in: NK StGB, Band 3, § 266, Rn. 114; zur Problematik der Schadensbezifferung OLG Hamm, NStZ-RR 2006, 13, 14; 2. Kapitel D. I. 2. a) bb). 165

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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b) Hinsichtlich der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB Es schließt sich die Frage an, welchen Aussagegehalt die abstrakte Modellsystematisierung bei einer Analyse der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB hat. aa) § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB Die bereits vor der Reform bestehende Tatbestandsvariante des § 299 StGB wird in Wissenschaft und Praxis als so genanntes Wettbewerbsmodell170 bezeichnet. Es stellt sich die Frage, ob diese Bezeichnung geeignet ist, den Inhalt der Regelung abzubilden. Letzteres kann nur bejaht werden, wenn die Variante dem wettbewerbsstrafrechtlichen Regelungsmodell Vogels inhaltlich entspricht. (1) Elemente eines wettbewerbsrechtlichen Modells Dass die jeweils ersten Varianten des Tatbestandes einige Gemeinsamkeiten mit einem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell aufweisen, verdeutlicht bereits der Wortlaut der Norm. Neben dem Umstand, dass § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB als abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestaltet sind171 und – wie im wettbewerbsstrafrechtlichen Modell vorgesehen172 – somit weder den Eintritt eines Erfolges noch der Schaffung einer konkreten Gefahr voraussetzen, stellen die Varianten zudem auf das Bestehen einer Wettbewerbslage ab. Die Regelungen erfassen nur Unrechtsvereinbarungen, deren Gegenleistung eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb ist und entsprechen auch insofern den Prinzipien eines wettbewerbsstrafrechtlichen Regelungsmodells. (2) Elemente eines arbeitsstrafrechtlichen Modells Die Varianten enthalten jedoch gleichsam Elemente, die einem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell widersprechen. Im Rahmen eines vollkommenen wettbewerbsstrafrechtlichen Modells dürfte der Kreis möglicher Täter nicht auf Angestellte oder Beauftragte beschränkt sein, da auch Verbraucher und der Geschäftsherr – kurz: alle am Wettbewerb beteiligten Personen – das Rechtsgut abstrakt gefährden können. Gemessen an diesem Modell in seiner Reinform wäre selbst der einst von Lampe entwickelte idealtypische Tatbestand zu eng173. Dass die Bestechlichkeit als Sonderdelikt ausgestaltet ist und nur von Angestellten oder Beauftragten des Unter170 Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 117; Zöller, GA 2009, 137, 140 ff.; Lorenz/Krause, CCZ 2017, 74, 74. 171 Zumindest nach der ganz herrschender Ansicht handelt sich es sich bei § 299 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt Fischer, StGB, § 299 Rn. 3; Heine/Eisele, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 299 Rn. 2; a.A. Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 7. 172 1. Kapitel C. 1. a) bb) (1). 173 Der Bestochene muss danach ein „Angehöriger eines Wirtschaftsbetriebes“ sein. Lampe, Tagungsberichte, Band XI, Anlage 1, S. 54; Siehe dazu auch 1. Kapitel C. I. 1. a) bb) (1).

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

nehmens begangen werden kann, entspricht vielmehr einem arbeitsstrafrechtlichen Modell. Nicht mit dem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell zu vereinbaren ist weiter, dass nur Bevorzugungen tatbestandsrelevant sind, die im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen erfolgt sind. Ein Tatbestand, der dem ausschließlichen Schutz des Wettbewerbs dient, müsste alle denkbaren Austauschbeziehungen innerhalb des Wettbewerbs erfassen174. Dem Modell widerspricht außerdem, dass der Geschäftsherr nach § 301 StGB als möglicher Verletzter antragsbefugt ist. Ausgehend von einem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell, wäre die Regelung obsolet und widersprüchlich, da der Geschäftsherr nicht vom Schutz des Wettbewerbs erfasst ist. Der Geschäftsherr kann nur im Rahmen eines arbeitsstrafrechtlichen oder vermögensstrafrechtlichen Modells Verletzter sein175. Entspräche § 299 StGB vollends einem wettbewerbsstrafrechtlichen Modell, müsste die Norm als Offizialdelikt ausgestaltet sein. Zudem wäre der Einwilligung des Geschäftsherrn keine Bedeutung beizumessen. Nach einer vordringlichen Auffassung in der Wissenschaft, der sich die Arbeit an einer späteren Stelle noch ausführlicher widmen wird176, führt das Einverständnis des Geschäftsherrn allerdings zum Entfallen der Unlauterkeit und schließt eine Strafbarkeit des Bestochenen aus177. bb) § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB Die zweite neu eingefügte Tatbestandsvariante wird in der wissenschaftlichen Diskussion als Geschäftsherrenmodell178 bezeichnet. Als geeignet kann diese Bezeichnung erneut nur befunden werden, wenn die Regelung inhaltlich dem arbeitsstrafrechtlichen Modell entspricht. (1) Elemente eines arbeitsstrafrechtlichen Modells Die zweiten Varianten enthalten Elemente, die inhaltlich einem arbeitsstrafrechtlichen Modell entsprechen. Sie verlangen beispielsweise nicht nach dem Eintritt eines tatbestandlichen Erfolges oder dem Vorliegen einer konkreten Gefahr, setzen aber eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen als Gegenleistung für den 174

Sprafke, Korruption, S. 93. Sprafke, Korruption, S. 93. 176 Siehe 4. Kapitel B. I. 2. b) aa). 177 LG Frankfurt, NStZ-RR 2015, 215, 216; Harder, GRUR 1967, 182, 184 f.; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 19a; Hirschenkrämer, WRP 1965, 130, 131 ff.; Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 395 f.; Odenthal, wistra 2005, 170, 172; Rengier, FS Tiedemann, 837, 845; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 50 ff.; Rosenau, in: Satzger/ Schluckebier/Widmaier, § 299 Rn. 25; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 48 f.; Walther, Bestechung, S. 105 f.; Winkelbauer, FS Weber, 385, 391; Wollschläger, Täterkreis, S. 80, 95; a.A. RGSt 48, 291, 294 f. (Korkengeldentscheidung); BGH NJW 2006 3290, 3298; Andoulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 429; Höltkemeier, Sponsoring, S. 163 f.; Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 28; Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. 178 Siehe nur Fischer, StGB, § 299 Rn. 1; Kubiciel, ZIS 2014, 667; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193; Zöller, GA 2009, 137. 175

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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gewährten Vorteil voraus. Zudem deutet der Umstand, dass die Einwilligung des Unternehmens zu einem Ausschluss der Strafbarkeit führt, zunächst eine inhaltliche Entsprechung mit dem Modell an179. Allerdings enthalten die Varianten auch Elemente eines wettbewerbsstrafrechtlichen Modells und stellen jedenfalls keine konsequente und vollkommene Umsetzung eines arbeitsstrafrechtlichen Modells dar. (2) Elemente eines wettbewerbsrechtlichen Modells Ein Tatbestand, der vollends einem arbeitsstrafrechtlichen Regelungsmodell entspricht, müsste die korruptive Verletzung sämtlicher arbeitsrechtlicher Pflichten sanktionieren. § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB erfassen aber nur Pflichtverletzungen, die in einem Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen. Die Pflicht muss also – um tatbestandsrelevant zu sein – einen Außenbezug aufweisen. Die Verletzung rein interner Pflichten ist demgegenüber bedeutungslos. Dieser Umstand widerspricht einem arbeitsstrafrechtlichen Modell. Denn die Variante schließt Innenregeln aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, obwohl ihre Verletzung die Loyalität in erheblichem Maße erschüttert und ein Tatbestand, der streng auf dem arbeitsstrafrechtlichen Modell basiert, jede Form der (geplanten) Vorteilsannahme erfassen und sanktionieren müsste. Die Beschränkung des § 299 StGB auf die Verletzung von Pflichten, die in einem Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen, spricht vielmehr für einen Schutz des Wettbewerbs180. Für diesen Schutzzweck spricht ferner die Beschränkung des Täterkreises der passiven Bestechung in § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr können sich nur Angestellte oder Beauftragte des Unternehmens, das heißt nur Arbeitnehmer, die einen eigenständigen Entscheidungsspielraum haben, strafbar machen181. Alle anderen Arbeitnehmer handeln nicht tatbestandsmäßig, wenn sie sich bestechen lassen182. Unter dem Gesichtspunkt des Loyalitätsschutzes ergibt diese Einschränkung keinen Sinn. Denn die arbeitsrechtliche Pflicht zur Treue und Loyalität besteht unabhängig von der Einflussnahmemöglichkeit des jeweiligen Mitarbeiters183.

179

Vogel, FS Weber, 395, 403. Deutlich näher am arbeitsstrafrechtlichen Modell und insofern konsequenter ist Art. 328b des StGB der Niederlande. Danach macht sich bereits strafbar, wer ein Versprechen oder Geschenk annimmt und dies seinem Arbeit- oder Auftraggeber verschweigt. Vollständige Übersetzung und Bewertung bei Gruner, WRP 1968, 172, 173. 181 Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 4 f. 182 BayObLG wistra 1996, 28, 30; Bürger, wistra 2003, 130, 131. 183 Konsequenter ist die gesetzliche Regelung Finnlands. Potenzieller Täter einer passiven Bestechung ist nach dieser Norm jeder Angestellte eines Gewerbetreibenden, Mitglieder eines Aufsichtsrates oder Vorstandes oder Beauftragte eines Gewerbetreibenden. Kapitel 30, §§ 7 und 8 des finnisches StGB; vollständige Übersetzung in Cornils/Fräde/Matikkala, Das finnische Strafgesetz, S. 264 f. 180

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

Unstreitig nicht loyalitätspflichtig sind demgegenüber außerhalb des Unternehmens stehende Personen. Es ist daher nicht möglich, dass Dritte derartige Pflichten verletzen. Auch die täterschaftliche Bestrafung des Bestechenden nach § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB lässt sich daher nicht mit dem Schutz von arbeitsrechtlichen Loyalitätsinteressen begründen. Nach dem arbeitsstrafrechtlichen Modell könnte ein Bestechender, der außerhalb des Unternehmens steht, ausschließlich als Teilnehmer bestraft werden184. c) Stellungnahme Bei der Analyse komplexer Regelungssysteme bieten die Modelle keinen Mehrwert. Jedes Regelungsmodell passt auf einen der Tatbestände des Besonderen Teils und der strafrechtlichen Nebengesetze. Dass ein Sachverhalt unter Umständen von mehreren Modellen erfasst werden kann, hat Vogel selbst angemerkt185. Wenn allerdings nahezu jedes Regelungsmodell in der Gesetzeswirklichkeit abgebildet ist, verleitet dieser Umstand zu der weiterführenden Erkenntnis, dass es weder einen „idealtypischen Sachverhalt“ noch eine „idealtypische Regelung“ gibt186. Es lässt sich kein „Königsweg“187 ausmachen, um alle Fälle der Wirtschaftskorruption zu sanktionieren. Der komplexe Unrechtskern der Wirtschaftskorruption lässt sich nicht mit Hilfe des einen oder anderen Modells entkleiden und in einem idealtypischen Tatbestand erfassen. Die Erscheinungsformen der Wirtschaftskorruption sind naturgemäß vielseitig. Erst durch das Zusammenspiel eines pluralistischen Normensystems kann diesem Umstand Rechnung getragen werden. Weiter generieren die Modelle keinen Mehrwert bei der Analyse einzelner Tatbestände. Sie veranschaulichen mögliche Kernaspekte eines Gesetzes oder seines Schutzzwecks und komprimieren den Aussagegehalt einer Norm auf einen verkleinernden Maßstab. Diese Vorgehensweise mag einen flüchtigen Rechtsvergleich erleichtern, wird dem Bezugsobjekt bei näherem Hinsehen jedoch nicht gerecht. Insbesondere sind die Modelle nicht geeignet, um systematische Brüche, telelogische Widersprüche oder Strafbarkeitslücken aufzuzeigen188. Sie sind insofern zwar ideal, aber (aus diesem Grund) nicht mit einem real existierenden Gesetz vergleichbar. Denn Gesetze entsprechen keinem abstrakten wissenschaftlichen Idealtypus189. Sie sind ein Akt der realen Gesetzgebung, das Ergebnis eines demokratischen Verfahrens, an dessen Ende oftmals ein Kompromiss und nicht das „ideale Recht“ steht. Strafgesetze erlangen ihre Legitimation nicht durch ihre absolute Richtigkeit, sondern den Umstand, dass sie das Ergebnis einer demokratischen 184 185 186 187 188 189

Walther, Bestechung, S. 19. Vogel, FS Weber, 395, 398. Vogel, FS Weber, 395, 398. Sprafke, Korruption, S. 90. Vogel, FS Weber, 395, 398. Walther, Bestechung, S. 22.

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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Mehrheitsentscheidung sind190. „Demokratische Verfahren wollen und sollen keine Idealzustände abbilden, sondern in politischer Auseinandersetzung Entscheidungen herstellen“191. Daher können Regelungsmodelle dem Gesetzgeber allenfalls im Stadion der kriminalpolitischen Beratung und auf einem hohen Abstraktionsniveau als Orientierungshilfe dienen. Sie sind jedoch nie das Ergebnis seiner Entscheidung. Im konkreten Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Gesetzgeber bei der Entscheidungsfindung an den beschriebenen Modellen orientiert hat192. Abweichungen von diesen sind jedoch jederzeit legitim, können sogar notwendig sein und der Gesetzgeber ist zu keiner Zeit an die Vorgaben eines Modells gebunden. Spätestens wenn ein Gesetz beschlossen und in Kraft getreten ist, sind alle diese Erwägungen ohnehin irrelevant. Ab diesem Zeitpunkt ist alleine entscheidend, wie die Norm praktisch anzuwenden und auszulegen ist, welchen Anwendungsbereich sie hat und ob sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. Auf diese Fragen, geben die Modelle jedoch keine Antwort. Ein Gesetz muss zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens als selbstständiges Produkt des Gesetzgebungsverfahrens angesehen, objektiv ausgelegt und als eigenständiger Bestandteil eines komplexen Gesamtsystems behandelt werden193. Eine idealtypische Regelung ist – wie Vogel selbst festgestellt hat – in der gesetzgeberischen Lebenswirklichkeit und dem juristischen Alltag weder normativ wünschenswert noch ist es möglich sie zu formulieren194. Idealtypische Regelungen können den Anforderungen der juristischen Praxis nicht gerecht werden, da Gesetze nicht nur den einen oder anderen Teilaspekt eines Unwertes abbilden (dürfen). Tatbestände enthalten vielleicht Elemente eines Modells. Ein Modell wird der Komplexität eines Gesetzes aber nie gerecht. Die idealtypischen Modelle leisten daher keine Hilfe bei der Auslegung und Anwendung realer Gesetze. Sie verstellen den Blick, verführen zu der Übertragung vorformulierter Inhalte und stehen einer dogmatisch fundierten, unvoreingenommenen wissenschaftlichen Tatbestandsanalyse im Wege. Die dargestellten Regelungsmodelle sind rein deskriptiver Natur. Sie haben keinen normativen Wert. Zeigt ein strafrechtlicher Tatbestand Übereinstimmungen mit einem Modell, beweist dies insofern keinesfalls eine inhaltliche Identität. Es wird allenfalls eine (von vielen) normativen Deutungsmöglichkeiten aufgezeigt. Ein Vergleich der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB mit den namensgebenden Modellen macht dies besonders deutlich. Die Varianten entsprechen nicht dem einen oder anderen Modell, sondern enthalten sowohl Elemente eines wettbewerbsstraf190

Dazu auch Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 355. Gärditz, Der Staat 2010, 331, 344 f. 192 Die Fraktion der CDU und CSU verwendet den Begriff des Geschäftsherrenmodells, setzt sich jedoch inhaltlich nicht mit ihm auseinander. Siehe BT-Drucks. 18/6389, S. 10. 193 Passend erscheint in diesem Zusammenhang die Metapher eines Schiffes, welches sich „auf freier See den eigenen Kurs sucht“. So verwendet von Radbruch, Rechtsphilosophie, 206 ff.; zur objektiven Auslegung im Allgemeinen siehe Schwalm, FS Heinitz, 47 ff. 194 Vogel, FS Weber, 395, 398 f. 191

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Kap. 1: Inhalt, Hintergrund und Bezeichnung der Neuregelung

rechtlichen als auch eines arbeitsstrafrechtlichen Modells195. Dies ist sogar die Regel, keine Ausnahme, wie ein Blick in das Ausland zeigt. Beispielsweise orientierte sich Österreich an § 12 UWG a. F. bei der Schaffung des § 10 UWG-A196. Diese Norm ist eine der zentralen Vorschriften zur Sanktionierung von Bestechungshandlungen im privatwirtschaftlichen Bereich. Der Tatbestand dient insbesondere dem Schutz eines freien und lauteren Wettbewerbs197. Der Geschäftsherr soll nicht vom Schutzbereich erfasst sein198. In Anbetracht des Schutzzwecks, der systematischen Verortung und dem historischen Ursprung der Regelung müsste der Tatbestand als Wettbewerbsmodell bezeichnet werden. Die Tat stellt aber gemäß § 10 Abs. 4 UWG-A ein absolutes Antragsdelikt dar. Sie kann demnach nicht aufgrund eines öffentlichen Interesses verfolgt werden. Am Schutz eines Guts der Allgemeinheit muss aber ein öffentliches Interesse bestehen können. Gleichsam unpassend ist die Zuordnung des britischen Prevention of Corruption Acts aus dem Jahr 1906, der weltweit ältesten Vorschrift zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr199. Die Regelung wird gemeinhin dem arbeitsstrafrechtlichen Modell zugeordnet, obwohl sie ursprünglich geschaffen worden ist, um Wettbewerbsverzerrungen durch unlautere Zuwendungen zu verhindern200. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bezeichnungen der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB als Geschäftsherren- und Wettbewerbsmodell nicht nur irreführend, sondern auch unzutreffend sind. Der vergangene wissenschaftliche Diskurs um die Erweiterung des Tatbestands wurde bedauerlicherweise von einer analytischen Gegenüberstellung vermeintlich verschiedener Systeme geprägt und auf diese Weise gelähmt. Tatsächlich folgt aus dem Umstand, dass viele Rechtsordnungen im Rahmen der Korruptionssanktionierung auf die pflichtwidrige Handlung gegenüber einem Unternehmen abstellen nicht, dass die zugrundeliegenden Tatbestände vollends einem arbeitsstrafrechtlichen Modell entsprechen (sollen). Reale Gesetze können weder an abstrakten idealtypischen Modellen gemessen noch nach ihnen benannt werden. Keines der Modelle kann den Unwert der Wirtschaftskorruption vollständig abbilden, kein Modell den komplexen Aussagegehalt eines realen Gesetzes erklären. Der Inhalt eines Gesetzes ergibt sich aus seinem Regelungszusammenhang und es gibt keinen „genuinen Inhalt der strafrechtlichen Normen“201. Die dargelegte Systematisierung vermittelt bestenfalls unterkomplexe Scheinerkenntnisse. Dadurch leistet sie einer naiven, voreiligen Katalogisierung von Strafnormen Vorschub, die letztlich dazu führt, dass nicht mehr über die normativ-reale Ausgestaltung eines Gesetzes, sondern seine (erkenntnis195 Braasch, Korruption, S. 361, 367; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 79. 196 BGBl. Nr. 188/1984 für die Republik Österreich, S. 2311 f. 197 Überhoven, in: Eser/ders./Huber, 379, 403. 198 OGH GRUR Int 1978, 51, 52. 199 Siehe dazu Schünemann, FS Achenbach, 509, 514. 200 Sullivan, in: Heine/Huber/Rose, 65, 66. 201 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 1.

C. Die Bezeichnung der Neuregelung

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theoretisch zweifelhafte) Übereinstimmung mit einem Modell diskutiert wird. Aus diesem Grund wird vorliegend nicht nur die Bezeichnung der Tatbestandsvarianten als Wettbewerbs- und Geschäftsherrenmodell abgelehnt, sondern in Gänze auf die Systematisierung von korruptionsstrafrechtlichen Tatbeständen anhand von Modellen verzichtet.

II. Eigene Bezeichnung Die Bezeichnung einer gesetzlichen Regelung sollte neutral sein, um eine Voreingenommenheit zu vermeiden. Gleichzeitig sollte sie geeignet sein, den Wortlaut einer Norm abzubilden. Denn dieser muss ihr primärer Bezugspunkt sein. Hinsichtlich der Tatbestandsvarianten des § 299 StGB sollte die Bezeichnung zudem den wesentlichen Unterschied der Varianten und ihre jeweiligen Charakteristika berücksichtigen. Die beiden Varianten haben viele Gemeinsamkeiten. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal der Varianten liegt in der jeweiligen Gegenleistung für den gewährten Vorteil. Im Rahmen der ersten Variante ist die Gegenleistung eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb. Diese Variante des Tatbestandes wird daher nachstehend als Bevorzugungstatbestand bezeichnet. Die zweite Variante erfasst die Gegenleistung der Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen. Sie wird im Folgenden als Pflichtverletzungstatbestand beschrieben202. Wird im Rahmen dieser Arbeit von dem Pflichtverletzungstatbestand gesprochen, ist sowohl § 299 Abs. 1 Nr. 2 als auch Abs. 2 Nr. 2 StGB gemeint, da das Gesagte aufgrund der spiegelbildlichen Ausgestaltung meist für beide Varianten gilt. Divergieren die Aussagen zur aktiven und passiven Bestechung, wird dies sprachlich hervorgehoben.

202 Dannecker und Schröder bezeichnen die Neuregelung als „Pflichtwidrigkeitsvariante“. Dies., ZRP 2015, 48, 49.

2. Kapitel

Der Schutzzweck Ohne die Klärung der Frage, welchem Zweck ein Straftatbestand dient, ist eine wissenschaftliche Diskussion über seine Reichweite und Legitimation nicht möglich. Die Arbeit widmet sich daher in dem folgenden Kapitel der Frage, welchen Schutzzweck der Pflichtverletzungstatbestand verfolgt.

A. Der Rechtsgutsbegriff Die grundlegende Frage, ob ein Tatbestand des Besonderen Teils gerechtfertigt ist, wird meist in Verbindung mit der Suche nach dem Rechtsgut gestellt. Dieser Begriff beschäftigt die Rechtswissenschaft seit fast einhundertfünfzig Jahren1. Es gilt zu klären, welche Funktion Rechtsgüter haben, was materiell unter dem Terminus zu verstehen ist und welche Rolle sie für die Legitimation eines Straftatbestandes spielen.

I. Die Funktionen des Rechtsguts Rechtsgüter haben im Wesentlichen zwei zu unterscheidende Funktionen: eine systemtranszendente und eine systemimmanente2. 1. Die systemimmanente Funktion Rechtsgütern soll zunächst eine entscheidende Bedeutung bei der Auslegung von Strafgesetzen zukommen3. Diese systemimmanente Funktion ist in der Rechtswissenschaft ganz überwiegend anerkannt. Eine Rechtsgüterlehre, die diese Funktion als 1 Erstmalig wurde der Begriff im Jahr 1872 von Binding verwendet. Binding, Normen, Band 1, 1. Aufl., S. 188 f.; Jakobs hat den Begriff des Strafrechtsgutes entwickelt. Er stellt auf die „Enttäuschungsfestigkeit der wesentlichen normativen Erwartungen […] als das vom Strafrecht zu schützende Gut“ ab. Jacobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 2. 2 Siehe zu dieser Differenzierung Hassemer, Theorie, S. 19 ff., 41 ff.; Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 349 f. 3 Blei, Strafrecht AT, § 24 II und III; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 26 I; Otto, AT, § 1 Rn. 41.

A. Der Rechtsgutsbegriff

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besonders wertvoll erachtet, verfolgt ein vornehmlich systematisches Erkenntnisinteresse4. Rechtsgüter werden nach diesem Verständnis durch Straftatbestände geschaffen. Der Begriff orientiert sich ausschließlich am geschriebenen Recht5. Daher ist das kritische Potenzial dieser Lehre überaus begrenzt. Ausgehend von einer rein systemimmanenten Funktion von Rechtsgütern ist es nicht möglich, kritisch zu hinterfragen, ob die Entscheidung des Gesetzgebers ein bestimmtes Gut unter den Schutz des Strafrechts zu stellen, legitim ist6. Eine systemimmanente Rechtsgüterlehre unterwirft sich vielmehr einem bestehenden gesetzlichen System verschiedener Rechtsgüter und misst Gesetze an diesem. 2. Die systemtranszendente Funktion Nach weit verbreiteter Ansicht haben Rechtsgüter jedoch eine „Doppelfunktion“7. Ihnen soll – neben ihrer Systematisierungsfunktion – eine entscheidende Bedeutung bei der Überprüfung der Legitimation einer Strafnorm zukommen8. Nach der systemtranszendenten Rechtsgüterlehre dienen Rechtsgüter dem Gesetzgeber als Maßstab bei der Beurteilung der Frage, welche Handlungen sanktioniert werden dürfen und welches Verhalten straflos bleiben muss. Dient eine Strafnorm nicht dem Schutz eines Rechtsgutes, ist sie falsifiziert. Vertreter dieser Rechtsgüterlehre messen Gesetze nicht an einem vom Gesetzgeber geschaffenen und übergeordneten Rechtsgütersystem. Sie hinterfragen, ob ein Gesetz einem schützenswerten Rechtsgut dient. Dazu ist diese Lehre in der Lage, da Rechtsgüter ihrem Grundverständnis nach vorrechtliche Institutionen sind, also losgelöst von Gesetzen bestehen und nicht erst durch diese erschaffen werden9. Im Zentrum dieses Rechtsgutsverständnisses steht die Frage, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit aus einem sozialen Interesse ein Rechtsgut wird. Ihre Beantwortung ist der elementare Forschungsgegenstand dieser Rechtsgüterlehre. Sie setzt sich insbesondere mit Erkenntnissen der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften, den Staatszielen und der Anschauung innerhalb der Gesellschaft auseinander10.

4

Hassemer, Theorie, S. 20. Grünhut, ZStW 47 (1927), 74, 86; Schwinge, Begriffsbildung, S. 21 ff. 6 Hassemer, Theorie, S. 23 f. 7 Suhr, JA 1990, 303, 303. 8 Martins, ZStW 125 (2013), 234, 234; Otto, AT, § 1 Rn. 32 ff.; Roxin, AT I, § 2 Rn. 9; ders., JuS 1966, 377, 381; Schünemann, ZIS 2016, 654, 658 f. 9 Otto, AT, § 1 Rn. 36. 10 Ein erster Versuch findet sich bei Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 330 ff.; Suhr, JA 1990, 303, 304. 5

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Kap. 2: Der Schutzzweck

II. Kritische Würdigung Ob der Rechtsgutsbegriff geeignet ist, diesen Funktionen gerecht zu werden, wird im Folgenden kritisch hinterfragt. 1. Das Rechtsgut als Leitlinie der Auslegung Die systemimmanente Rechtsgüterlehre verkennt, dass Gesetze nicht dem eindimensionalen Schutz eines bestimmten Gutes dienen, sondern ihre Aufgabe darin besteht, eine Vielzahl widerstreitender Interessen in einen Ausgleich zu bringen und gegeneinander abzuwägen11. Anders als dieser Ansatz suggeriert, garantiert das Strafrecht nicht den Bestand eines bestimmten Objektes, einer Institution oder Person12. Es schützt ein Gut nur unter Berücksichtigung der konkreten Art der Beeinträchtigung und ihres sozialen Zusammenhangs. In dem Erlass einer Norm manifestiert sich somit nicht die allgemeingültige Entscheidung des Gesetzgebers ein Objekt bedingungslos und allumfassend vor Gefahren zu bewahren13. Bereits der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit würde einen derartigen Schutz verbieten. Vor seinem Hintergrund sanktionieren strafrechtliche Tatbestände immer nur bestimmte Angriffe auf ein Gut, während zahlreiche andere Ereignisse strafrechtlich irrelevant sind14. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Strafe legitim ist, muss daher die konkrete Angriffsweise berücksichtigt werden15. Diese Komplexität des strafrechtlichen Schutzumfangs bildet die systemimmanente Rechtsgutskonzeption nicht ab16. Ihr Lösungsansatz versagt zudem, wenn nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, welches Gut geschützt wird. Im Rahmen zahlreicher Tatbestände gibt es eine Vielzahl möglicher geschützter Rechtsgüter17. Eine Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks ist in diesen Fällen nur möglich, wenn das Gesetz als objektives Produkt der Gesetzgebung verstanden und zur Grundlage der Auslegung wird18. Die systemimmanente Rechtsgutskonzeption macht aber den vermeintlichen Willen des Gesetzgebers, den sie im Rechtsgut zu erkennen glaubt, zur Grundlage der Auslegung19. Sie verkennt damit, dass die objektive Schutzrichtung eines Strafgesetzes 11

Amelung, ZStW 87 (1975), 133, 141; Kindhäuser, Gefährdung, S. 150; Kubiciel, Wissenschaft, S. 52. 12 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 4; Listz, ZStW 6 (1886), 663, 676. 13 Jakobs, FS Geilen, 63, 76; Welzel, ZStW 58 (1939), 491, 516. 14 Otto, AT, § 1 Rn. 42; Beispiele bei Bockelmann, ZStW 74 (1962), 305, 313. 15 Stächelin, Strafgesetzgebung, S. 50 ff., 90 ff. 16 Kubiciel, Wissenschaft, S. 53. 17 Kubiciel, Wissenschaft, S. 55. 18 Kubiciel, Wissenschaft, S. 55; mit kritischem Verweis auf Honig, Einwilligung, S. 94, 109; siehe zur objektiven Auslegung Schwalm, FS Heinitz, 47; Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, § 7 Rn. 75. 19 Blei, Strafrecht AT, § 24 III.

A. Der Rechtsgutsbegriff

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nicht zwangsläufig indentisch ist mit dem Rechtsgut, das den historischen Gesetzgeber ursprünglich zu seinem Erlass bewegt hat20. 2. Das kritische Potenzial des Rechtsgutsbegriffs Ferner gilt es zu hinterfragen, ob der Rechtsgutsbegriff ein kritisches Potenzial gegenüber dem Gesetzgeber entfalten kann. Berechtigte Zweifel daran lassen neben der Vagheit des Begriffes auch die Bedeutung des Verfassungsrechtes zu. a) Die Vagheit des Rechtsgutsbegriffes Ein säkularer Staat verfolgt mit dem Einsatz einer Strafe alleine gesellschaftliche Zwecke21. Es muss eine soziale Notwendigkeit feststellbar sein, die den Erlass eines Strafgesetzes rechtfertigt22. In ihrer Gesamtheit dienen Strafnormen der Sicherung elementarer Verhaltensregeln und schützen auf diese Weise die Freiheit des Einzelnen23. Das Strafrecht gewährleistet, dass die Mitglieder einer Gesellschaft frei und gewaltfrei zusammenleben können und garantiert die Ausübung und Wahrnehmung verfassungsrechtlich garantierter Rechte24. Doch es erschöpft sich nicht in diesem Schutz. Das Strafrecht erhält und schafft die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die dem Einzelnen die Ausübung seiner Freiheit möglich machen und schützt die gesellschaftliche Vorstellung davon, was unter einem guten Leben in sozialer, ökonomischer und politischer Hinsicht zu verstehen ist25. Die Frage danach, woher der Staat das Recht nimmt, Bürger für ein bestimmtes Verhalten zu strafen, zählt zu den ältesten der Rechtswissenschaft und -philosophie26. Die Suche nach Antworten ist älter als der Begriff des Rechtsgutes selbst. Feuerbach hat sich bereits Ende des 18. Jahrhunderts mit ihr auseinandergesetzt27. Seiner Auffassung nach darf der Staat strafen, weil er das Recht hat, die Freiheit der Bürger zu schützen28. Zwang dürfe er nur anwenden, wenn Rechtsverletzungen erfolgt seien29. Welche inhaltlichen Anforderungen an strafrechtliche Normen gestellt 20

Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht AT, § 7 Rn. 78. Hassemer/Neumann, in: NK, StGB, Band 1, Vor § 1 Rn. 105. 22 Hassemer/Neumann, in: NK, StGB, Band 1, Vor § 1 Rn. 105; zur problematischen Legitimation des Völkerstrafrechts Neubacher, NJW 2006, 966, 969. 23 Braum, Strafgesetzlichkeit, S. 65 ff. 24 Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 19; Roxin, AT I, § 2 Rn. 7 ff.; ders., JuS 1966, 377, 381 ff.; Rudolphi, FS Honig, 151, 159. 25 Siehe Kubiciel, Wissenschaft, S. 67 unter Verweis auf Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 26; Isensee, Handbuch des Staatsrechts, IV, § 73 Rn. 26. 26 Sie wird auch unter dem Stichwort „materieller Verbrechensbegriff“ diskutiert. Siehe dazu Zipf, Kriminalpolitik, 106 ff. 27 Feuerbach, Revision, Band 1, S. 31. 28 Feuerbach, Revision, Band 1, S. 31. 29 Feuerbach, Revision, Band 1, S. 65. 21

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Kap. 2: Der Schutzzweck

werden müssen, damit sie legitim sind, lässt Feuerbach allerdings ebenso offen wie Birnbaum einige Jahre später30. Letzterer definiert zwar den Begriff des Gutes als etwas, das dem Menschen entweder von Natur aus gegeben oder durch seine gesellschaftliche Entwicklung geschaffen worden ist31. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wann die Verletzung strafwürdig ist32. Mit Binding wurde die Frage nach dem materiellen Begriff des Verbrechens zum Gegenstand der Rechtsgüterlehre. Abschließend beantwortet werden konnte sie indes nicht. Binding definiert das Rechtsgut als ein Gut, das der Gesetzgeber als für die Gemeinschaft wertvoll anerkennt33. Damit konkretisiert er, wann eine Gutsverletzung zu einem strafwürdigen Verbrechen wird. Isoliert betrachtet kann gegen diese Definition nichts eingewendet werden. Stark vereinfacht lautete Bindings These: „Ein Gut ist ein positiv bewerteter Sachverhalt“34. Betrachtet man den Begriff rein formal, handelt es sich bei einem Rechtsgut um einen Sachverhalt, der den Schutz der Rechtsordnung genießt35. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, ob Rechtsgüter greifbare, gegenständliche Objekte sein müssen oder auch Gefühle und Ideen erfasst sind. Unklar ist zudem, wann ein Gut rechtlich schützenswert ist und wer diese Bewertung vornimmt36. Will die Rechtsgüterlehre eine kritische Position gegenüber dem Gesetzgeber einnehmen, reicht die beschriebene formelle Definition mithin nicht aus37. Wie Binding selbst erkennt, rechtfertigt sich ein Verbot ansonsten durch seine Existenz38. Der Rechtsgutsbegriff muss materiell angereichert werden. Insbesondere müssen greifbare Merkmale benannt werden, die Rechtsgüter von sonstigen Schutzobjekten unterscheiden39. Eine solche materielle Konturierung des Rechtsgutsbegriffes ist aber bis heute nicht überzeugend gelungen40. Weder die im 20. Jahrhundert entwickelte Interes-

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Kubiciel, Wissenschaft, S. 61. Birnbaum, ACrim N.f. 1834, 149, 177. 32 Kubiciel, Wissenschaft, S. 63. 33 Binding, Normen Band 1, S. 340, 353 f. 34 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 12. 35 Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 7; Stuckenberg, GA 2011, 653, 656. 36 Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 155 f., 158 f.; Jäger, Strafgesetzgebung, S. 9 ff.; Stratenwerth, FS Lenckner, 377, 383, 388; Wohlers, in: Hefendehl/von Hirsch/ders., 281, 282. 37 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 620; Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 12. 38 „Dass des Gesetzgebers Wertung der Handlung aber wirklich die richtige war, ergiebt [sic] sich aus Verbot und Gebot gar nicht.“ Binding, Normen, Band 2, S. 156. 39 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 620 f., 622 ff. 40 Frisch, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, 215, 216 ff.; ders., FS Stree/Wessels, 69, 71 ff.; Gärditz, Der Staat 2011, 331, 334 f.; Kubiciel, Wissenschaft, S. 65 ff.; Stratenwerth, FS Lenckner, 377, 388 ff.; Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 357 ff.; auch Martins und Schünemann gelingt letztlich keine zufriedenstellende Konturierung. Siehe Martins, ZStW 125 (2013), 234, 252 f.; Schünemann, ZIS 2016, 654, 662. 31

A. Der Rechtsgutsbegriff

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sentheorie41 noch die Wertelehre42 sind im Stande, dem Begriff eine materielle Substanz zu verleihen, die ausreichend gehaltvoll ist, um die Legitimation einer Kriminalstrafe fundiert zu hinterfragen43. So kann die Rechtsgüterlehre zwar feststellen, dass § 242 StGB das Eigentum schützt. Trotz einer kaum zu überblickenden Zahl an Definitionsvorschlägen44 ist es aber keiner der gängigen Rechtsgütertheorien möglich, eine verbindliche Aussage darüber zu treffen, ob die konkrete Eigentumsposition einer Person oder das Eigentum als Institution strafrechtlich schützenswert ist45. Verwunderung löst dieser ernüchternde Befund bei näherer Betrachtung jedoch nicht aus. Die Aufgabe, den Begriff des Rechtsgutes klar zu definieren, ist in Anbetracht der verschiedenen strafrechtlichen Deliktstypen nicht nur höchst schwierig, sie ist schlicht „nicht lösbar“46. Der Rechtsgutsbegriff kann nicht ausreichend konkretisiert werden, um die Reichweite des strafrechtlichen Freiheitsschutzes fundiert zu hinterfragen47. Die Bestimmung eines festen, schützenswerten Güterbestandes, anhand dessen eine objektive Grenze der Strafwürdigkeit gezogen werden kann, ist nicht möglich48. Es gibt keinen „wahren Rechtsgutsbegriff“49. Das Verständnis von ihm ist abhängig von dem verfolgten Zweck und daher relativ50. Zudem wäre eine absolute Begriffsbestimmung auch unter legislatorischen Gesichtspunkten nicht wünschenswert, da sie einen flexiblen Umgang mit Werteverschiebungen innerhalb der Gesellschaft hindern würde51. Die Wissenschaft muss erkennen, dass die „Vorstellungen vom idealen Katalog [der Rechtsgüter] einem ständigen Wandel unterworfen“ sind52. Interessen werden nicht von der Rechtsordnung, sondern vom Leben erzeugt53. 41 Die Interessentheorie definiert Rechtsgüter als rechtlich geschützte Interessen. Sie wurde zuvor unabhängig vom Rechtsgüterbegriff vertreten. Siehe Hefendehl, Rechtsgüter, S. 52 ff.; Listz, ZStW 3 (1883), 1, 21, 33 ff.; ders., Lehrbuch, § 2 I; Merkel, Lehrbuch, S. 10 f.; unabhängig davon, ob sie auf den allgemeinen Zweck des Strafrechts oder die Definition von Rechtsgütern abstellt, trifft sie keine Aussage darüber, welche konkreten Interessenbeeinträchtigungen sanktioniert werden sollen. Siehe zur dieser Kritik Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 98 ff.; Kubiciel, Wissenschaft, S. 77 f. 42 Zur Wertelehre Rudolphi, FS Honig, 151, 166 f.; Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 9 ff.; kritisch Amelung, Rechtsgüterschutz, 314 f.; Kubiciel, Wissenschaft, S. 73 ff., 77 f. 43 Kudlich gelingt es allenfalls, die sich aus der Konturlosigkeit erwachsenden Bedenken zu entschärfen. Er formuliert jedoch keine Begriffsbestimmung, die geeignet wäre, selbige zu erübrigen. Siehe ders., ZStW 127 (2015), 635, 652 f. 44 Einen anschaulichen Überblick gibt Roxin, AT I, § 2 Rn. 3. 45 Suhr, JA 1990, 303, 304. 46 Stratenwerth, FS Lenckner, 377, 388. 47 Frisch, FS Stree/Wessels, 69, 71 ff. 48 Nach Kudlich ist sie überdies nicht nötig, ders., ZStW 127 (2015), 635, 642 ff. 49 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 621. 50 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 621. 51 Frisch, FS Stree/Wessels, 69, 73 f. 52 Hassemer, Theorie, S. 20.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Mag der Rechtsgüterbegriff einen gewissen Wert bei der Auslegung einer Strafnorm haben54, wird er seiner systemtranszendenten Funktion jedenfalls nicht gerecht. Eine kritische Funktion hat allenfalls der hinter dem Begriff stehende Wertemaßstab, der seinerseits auf einer gesellschaftswissenschaftlichen Theorie basiert, die darüber Aufschluss zu geben versucht, welche Güter schützenswert sein sollten. b) Die Bedeutung des Verfassungsrechts Aus dem Befund der Unzulänglichkeit des Begriffsverständnisses müssen Konsequenzen gezogen werden. Dennoch wäre es verfehlt, die Rechtsgüterlehre vollends zu verwerfen55. Der Umstand, dass dieses Konzept seit Jahrzehnten in der Rechtswissenschaft präsent ist, lässt auf eine grundsätzliche Sinnhaftigkeit des Ansatzes schließen56. Ganz offensichtlich sucht die Rechtsgüterlehre nach Antworten auf bedeutsame Fragen. Daher gilt es, die hinter dem Begriff stehende Idee, die Kernfrage, herauszuarbeiten und mit rechtlich fassbaren Kriterien zu beantworten57. Unternimmt man diesen Versuch, wird deutlich, dass die Rechtsgüterlehre – auch wenn sie als „systemimmanent“ verstanden wird – versucht, das Unrecht strafrechtlicher Delikte auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen58. Ihr Anliegen ist, einen Leitgedanken zu entwickeln, „mit dem man den Gesetzgeber zumindest theoretisch in Argumentationsnot bringen“59 könnte. Da jedoch niemand weiß, was unter einem Rechtsgut zu verstehen ist, kann auf der Grundlage dieser Lehre kein systemkritischer Leitgedanke entwickelt werden60. Insofern bedingen die dargelegten begrifflichen Defizite die normative Untauglichkeit des Ansatzes. Doch wie schwer wiegt dieser Umstand? Selbst wenn die Strafrechtswissenschaft eine Norm einstimmig kritisiert, ist unbestritten, dass sie ihre Gültigkeit behält, bis das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit festgestellt hat61. Warum es eines darüber hinausgehenden wissenschaftlichen Begrenzungsansatzes bedürfen sollte, erschließt sich nicht62. Die Verfassung enthält einen umfassenden Katalog von Rechten und Werten, die wegen ihrer herausragenden Bedeutung besonders schützenswert sind63. In der Bundesrepublik Deutschland steht ihre Weisheit über der des 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63

Liszt, Strafrecht, § 2 I. Dazu auch Kudlich, ZStW 127 (2015), 635, 638 f. Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 394 f.; Jakobs, 1. Buch, AT, 2. Abschn. Rn. 24. Kudlich, ZStW 127 (2015), 635, 637. Kudlich, ZStW 127 (2015), 635, 641. Montenbruck, Abwägung, S. 76 ff. Lagodny, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, 83, 87. Gärditz, Der Staat 2011, 331, 334 f. Prittwitz, ZStW 129 (2017), 390, 391 f. Sehr instuktiv Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 351 ff. Appel, Verfassung, S. 389 f., 594 ff.

A. Der Rechtsgutsbegriff

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Gesetzgebers64. Gesetzgeberische Entscheidungen sind daher uneingeschränkt an den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu messen. Insbesondere ergibt sich aus ihnen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dogmengeschichtlich wurde dieser Ansatz zeitgleich mit der Rechtsgüterlehre (wenn auch unabhängig von ihr) entwickelt65. Wendet man den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der ihm heute beigemessenen Bedeutung auf Strafgesetze an, entfaltet er im Wesentlichen jene Schutzfunktion, welche auch die Rechtsgüterlehre für sich in Anspruch nimmt. Daher mag der Rechtsgutsbegriff zu einer Zeit eine Daseinsberechtigung gehabt haben, in welcher der Gesetzgeber nicht den heutigen verfassungsrechtlichen Limitationsprinzipien unterworfen war. In einem demokratisch legitimierten (Grund-)Rechtsstaat hat der Begriff jedoch an Bedeutung verloren66. Selbst wenn man versucht, den materiellen Gehalt des Rechtsgutbegriffes aus dem Verfassungsrecht abzuleiten, verklammert er allenfalls verfassungsrechtliche Fragestellungen und hat keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn67. Stellt man umgekehrt fest, dass der Begriff des Rechtsgutes vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu eng ist, müsste er verworfen werden68. Es erscheint daher sachgerecht, die Legitimation eines Strafgesetzes losgelöst vom Begriff des Rechtsguts zu untersuchen. Unternimmt man diesen Versuch, gelangt man zu der Erkenntnis, dass strafrechtliche Handlungsverbote die Rahmenbedingungen sichern, die notwendig sind, damit sich das Leben des Einzelnen und das der Gesellschaft im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten bewegen kann69. Daraus folgt, dass jede Strafe legitim ist, die dem Schutz solcher unverzichtbarer Freiheiten dient und verhältnismäßig ist70. Die These, dass sich die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen eines Strafgesetzes auf ein Rechtsgut beziehen müsse, ist unzutreffend71. In keinem Rechtsgebiet wird ein solcher Zusammenhang vorausgesetzt. Warum der Gesetzgeber bei dem Erlass eines Strafgesetzes an besondere Anforderungen gebunden sein sollte und ein „qualifiziertes Ziel“ verfolgen muss, konnten die Vertreter der Rechtsgüterlehre bisher nicht feh-

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Prittwitz, ZStW 129 (2017), 390, 395. Kudlich, ZStW 127 (2015), 635, 649. 66 Appel, Verfassung, S. 390, 597; a.A. Kudlich, ZStW 127 (2015), 635, 650, 652 f.; Kühl, FS Heinz, 766, 767 ff.; Martins, ZStW 125 (2013), 234, 245 ff. 67 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 624 ff.; ders., FS Neumann, 547, 557; zu der These, dass der Rechtsgüterbegriff ein ungeschriebener verfassungsrechtlicher Grundsatz sei Schünemann, ZIS 2016, 654, 658 f.; kritisch Engländer, FS Neumann, 547, 557 f.; Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 353 ff. 68 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 626. 69 Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 13 f. 70 Ähnlich, obwohl am Begriff Rechtsgut festgehalten wird, Rudolphi, FS Honig, 151, 163 f.; so letztendlich auch Roxin, AT I, § 2 Rn. 7. 71 Engländer, FS Neumann, 547, 558; Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 354; anders Greco, ZIS 2008, 234, 238; Hefendehl, GA 2007, 1, 2; Roxin, GA 2013, 433, 450. 65

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Kap. 2: Der Schutzzweck

lerfrei und schlüssig begründen72. Jedenfalls lassen sich aus dem Rechtsgutsbegriff keine tragfähigen kriminalpolitischen Erkenntnisse ableiten, die sich nicht bereits aus den Grundrechten ergeben73. Auch das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass die Entscheidung darüber, welche Güter strafrechtlich geschützt werden sollen, in erster Linie dem Gesetzgeber obliege74. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle beschränke sich darauf, dass die geschriebenen und ungeschriebenen Grundsätze der Verfassung eingehalten würden. Das Bundesverfassungsgericht trete dem Gesetzgeber nur entgegen, sofern dieser eine Entscheidung treffe, die sich nicht sachlich begründen lasse und deren Aufrechterhaltung willkürlich erscheine75. Ausgeschlossen werden müsse insbesondere ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip und eine evidente Unangemessenheit76. Dass sich aus der Rechtsgüterlehre „darüber hinausgehende, strengere Anforderungen hinsichtlich der […] Zwecke [ergeben]“, verneint das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich77. 3. Die Legitimation von Normen und Norminhalten ohne Rechtsgutsbezug Die Verletzung eines konkret beschreibbaren Rechtsgutes ist Strafgesetzen und Tatbestandsmerkmalen keineswegs immanent. Sucht man die Erklärung für den Inhalt und die Legitimation einer Norm ausschließlich in dem Schutz von Rechtsgütern, lassen sich Tatbestände oder -modalitäten, die keinen derartigen Bezug aufweisen, nicht erklären78. Dies betrifft unter anderem Normen, die dem Schutz und der Achtung des sozialen Friedens dienen79. Neben der Erregung öffentlichen Ärgernisses gemäß § 183a StGB trifft dies beispielsweise auf das Verbot der Tierquälerei nach § 17 TierschutzG oder

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Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 354. Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 26 I; Lagodny geht noch weiter. Er ist der Auffassung, dass sich das Strafrecht „in nahezu genialer Weiser einer verfassungsrechtlichen Kontrolle [entzieht]“. Siehe ders., Strafrecht, S. 536; a.A. Kudlich, ZStW 127 (2015), 635, 650, 652 f. 74 BVerfGE 39, 1, 44 ff.; 50, 142, 162; 120, 224, 240. 75 BVerfGE 3, 58, 155 f.; 17, 319, 330; 21, 12, 26 f.; 50, 142, 162; 90, 145, 195 f., 198; 120, 224, 250. 76 BVerfGE 54, 100, 108; 90, 145, 172 f; 92, 277, 326; 120, 224, 240; Siehe zum Subsidiaritätsprinzip auch Amelung, JZ 1982, 617, 618 f.; Roos, Entkriminalisierungstendenzen, S. 215 ff.; Roxin, Jus 1966, 377, 382; Zipf, Kriminalpolitik, S. 52 f. 77 BVerfGE 120, 224, 241; kritisch Ellbogen, ZRP 2006, 190; Greco, ZIS 2008, 234; Hassemer, BVerfGE 120, 255 ff. (Sondervotum); Hörnle, NJW 2008, 2085; Noltenius, ZJS 2009, 15; Roxin, StV 2009, 544; Schünemann, ZIS 2016, 654, 660 ff. 78 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 16. 79 Amelung, Rechtsgüterschutz, S. 344 ff. 73

A. Der Rechtsgutsbegriff

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die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole gemäß § 90a StGB zu80. All diese Normen dienen nicht dem Schutz eines dinglichen, vom Staat trennbaren Gutes81. Daher ist die Rechtsgüterlehre nur sehr bedingt auf sie anwendbar82. Theoretisch könnte dem Dogma Genüge getan werden, indem irgendein reales Gut ausgemacht wird, das ebenfalls betroffen und vom Schutz erfasst ist83. Ein solcher Angriff lässt sich im Hinblick auf alle genannten Normen konstruieren, auch wenn er allenfalls symbolisch, die Gefahr extrem abstrakt und die Legitimation der Strafe weiterhin fragwürdig wäre84. Diese Überlegung zeigt, dass Rechtsgüter keine vorfindlichen Substanzen, sondern normative Entscheidungen des Gesetzgebers sind, die sich auch nachträglich verdinglichen lassen85. Daher entfaltet die Lehre selbst im Hinblick auf jene Tatbestände, die sie glaubt, als eindeutig unzulässig deklarieren zu können, im Ergebnis kein kritisches Potenzial86. Weitere Defizite des Dogmas zeigen sich bei seiner Anwendung auf Sonderdelikte, zu denen auch die Bestechlichkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB zählt87. Üblicherweise formulieren Straftatbestände die Erwartung, dass ein bestimmtes Verhalten unterlassen werden soll. Von diesem Grundsatz machen Sonderdelikte eine Ausnahme. Sie sanktionieren die (aktive) Verletzung einer Sonderpflicht, die sich aus einer besonderen institutionellen Zuständigkeit ergibt88. Sonderdelikte artikulieren demnach Verhaltenserwartungen. Wird der Täter diesen Erwartungen nicht gerecht, beeinträchtigt er aber nicht den Güterbestand, sondern enttäuscht lediglich das Vorstellungsbild der Gesellschaft. Sonderdelikte haben somit nicht die Verletzung eines Rechtsgutes, sondern die Enttäuschung einer gesellschaftlichen Rollenerwartung vor Augen89. Wird der Rechtsgutsbegriff im Zusammenhang mit Sonderdelikten verwendet, ist darunter allenfalls die Funktionseinheit zu verstehen, in die der Täter eingegliedert ist90. Die These, dass Normen und Norminhalte, die keinen Rechtsgutsbezug haben, nicht legitimiert sind, erscheint vor diesem Hintergrund nur schwer haltbar91. 80 Weitere Beispiele bei Hassemer, Theorie, S. 169 ff.; Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 20; Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 19; Stuckenberg, GA 2011, 653, 659 Fn. 54. 81 Frisch, FS Stree/Wessels, 69, 72; Hassemer, Theorie, S. 172 ff. 82 Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 617. 83 Frisch, FS Stree/Wessels, 69, 72. 84 Beispielsweise ließe sich vorbringen, § 90a StGB schütze nicht nur staatliche Symbole und den öffentlichen Frieden, sondern auch Leib und Leben des Einzelnen oder die Religionsfreiheit. Vgl. Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 19. 85 Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 360. 86 Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 361 f. 87 Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 3 m.w.N. 88 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 17. 89 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 17. 90 Jakobs, AT, 1. Buch, 2. Abschn. Rn. 17. 91 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT, § 2 Rn. 8; a.A. Hassemer, in Hefendehl/von Hirsch/ Wohlers, 57, 58 f.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

III. Stellungnahme Die Rechtsgüterlehre geht davon aus, dass nur Rechtsgüter den Schutz des Strafrechts verdienen. Begrifflich legt sie damit die Prämisse zugrunde, dass nicht jedes Schutzobjekt eines Strafgesetzes ein Rechtsgut darstellt und es Strafnormen geben kann, die nicht dem Schutz eines Rechtsgutes dienen92. Die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes ist überaus begrenzt. Da der Rechtsgutsbegriff materiell konturlos ist, lässt sich im Hinblick auf jeden erdenklichen Tatbestand ein Rechtsgut benennen, das – wenn auch nur völlig abstrakt – von seinem Schutz erfasst wird. Da das Dogma zudem über keine normative Geltung verfügt, kann es die demokratisch legitimierte Entscheidungsgewalt des Gesetzgebers nicht begrenzen93. Streicht man die normative Ebene der Rechtsgüterlehre, verbleibt ihr formeller Aspekt. Danach entspricht das Rechtsgut einer Norm ihrer Ratio, dem Zweck94. Dieser ist gleichzeitig der Ausgangs- und Bezugspunkt einer jeden Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Bestimmung des Rechtsgutes entspricht damit der Zweckbestimmung eines Gesetzes und die Rechtsgüterlehre ist nichts anderes als eine besondere Form der Verhältnismäßigkeitsprüfung95. Unabhängig davon, ob man Gesetze an der Verfassung oder der Rechtsgüterlehre misst, steht die Bestimmung des Zwecks am Anfang jeder Gesetzesanalyse96. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten ist es zwar denkbar, Rechtsgüter zum Maßstab der Zweckbestimmung zu ernennen97. Diese Vorgehensweise verengt den Kreis legitimer Strafziele aber in verfassungsrechtlich unzulässiger Art und Weise98. Zudem missachtet sie die Steuerungsfunktion des Rechts. Strafnormen sind nicht an eine vordefinierte Wirklichkeit gebunden, sondern ein Mittel, um die Wirklichkeit zu beeinflussen und kriminalpolitisch zu bewerten99. Legitim ist daher nicht nur der Schutz anerkannter, vorfindlicher Rechtsgüter, sondern der Schutz aller Ziele, die vor der Verfassung Bestand haben und sich innerhalb ihrer geschriebenen und ungeschriebenen Grenzen bewegen100. Diese Grenzen sind weit und die Schwelle der Verfassungswidrigkeit einer strafrechtlichen Norm ist zweifelsohne beachtlich101. Dies ist jedoch kein Fehler, der 92

Engländer, ZStW 127 (2015), 616, 617. Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 354 f.; zur personalen Rechtsgutslehre Engländer, FS Neumann, 547, 552 ff. 94 BVerfGE 120, 224, 241. 95 Hassemer, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, 57, 60. 96 Hoven, DRiZ 2017, 280, 282. 97 Hassemer, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, 57, 60; Müller-Dietz, Strafe, S. 16. 98 Appel, Verfassung, S. 199 ff.; Stuckenberg, GA 2011, 653, 656. 99 Lepsius, Begriffsbildung, S. 276 f. 100 BVerfGE 90, 145, 175,181. 101 Dazu auch Hoven, DRiZ 2017, 280, 281; zur Kritik an der Leistungsfähigkeit der Verhältnismäßigkeitsprüfung als Begrenzungsprinzip des Strafrechts Bunzel, in: Hefendehl/ von Hirsch/Wohlers, 96, 104; Hassemer, in: von Hirsch/Seelmann/Wohlers, 121, 124 ff.; Neumann, in: von Hirsch/Seelmann/Wohlers, 128, 135 f. 93

A. Der Rechtsgutsbegriff

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durch die Rechtsgüterlehre zu korrigieren wäre, sondern eine gewollte Folge der Verfassung, die dem Gesetzgeber bewusst einen weiten Gestaltungsspielraum zubilligt102. Daraus folgt nicht, dass ein legislatorischer Freibrief erteilt und die Bedeutung der Rechtswissenschaft nivelliert würde103. Es ist und bleibt die notwendige und wichtige Aufgabe der (Straf-)Rechtswissenschaft, in einen Argumentationsaustausch mit dem Gesetzgeber zu treten, ihm neue Ziele aufzuzeigen und gewählte kritisch zu hinterfragen104. Dabei muss sich die Rechtswissenschaft allerdings von der Vorstellung lösen, dass der Gesetzgeber an den Schutz von Rechtsgütern gebunden wäre105. Eine solche Bindung würde den verfassungsrechtlichen Entscheidungsspielraum des demokratisch legitimierten Gesetzgebers und das Demokratieprinzip unterlaufen106. Es gilt zu akzeptieren, dass nicht jede Entscheidung, die kriminalpolitisch wünschenswert wäre, verfassungsrechtlich geboten ist und eine Entscheidung verfassungsrechtlich zulässig sein kann, obwohl sie kriminalpolitisch fragwürdig erscheinen mag. Das Misstrauen gegenüber Entscheidungen des Gesetzgebers107 darf nicht den Blick dafür verstellen, dass die Demokratie die Staatsform ist, die am besten dazu geeignet ist, unsere gesellschaftliche und individuelle Freiheit zu sichern108. Es gehört zu ihren notwendigen Funktionsbedingungen, keinen Anspruch darauf zu erheben, die objektive Wahrheit zu kennen109. Ihr höchstes Gut ist die Anerkennung der Pluralität von Werten, Interessen und Meinungen. Bereits der Gedanke, dass es eine absolute Wahrheit gibt, die jeder Bürger gegen sich gelten lassen muss, trägt „die Wurzel des Totalitären in sich“110. Die demokratische Rechtserzeugung zeichnet sich dadurch aus, dass sie keine absoluten Werte und Güter kennt. Dieser Wertrelativismus ist allerdings nicht gleichzusetzen mit einem Wertnihilismus111. Welche Werte schützenswert sind, kann wissenschaftlich schlicht nicht allgemeingültig begründet werden. Der Eigenwert der Demokratie besteht gerade darin, dass sie Werte erschafft, indem sie den Gedanken der individuellen Freiheit in die Form eines abstrakt-generellen Gesetzes gießt112. Sofern dieser Wertschöpfung verfassungsrechtlich eine schärfere Kontur verliehen werden soll, wäre der einzig 102

Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 355 f. Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 13. 104 Hoven, DRiZ 2017, 280, 281. 105 Stuckenberg, GA 2011, 653, 659. 106 Sternberg-Lieben, in: Hefendehl/von Hirsch/Wohlers, 65, 78 ff.; Stuckenberg, GA 2011, 653, 658 f.; a.A. Noltenius, ZJS 2009, 15, 20 f. 107 Siehe zu der Kritik an einer vermeintlich zu extensiven Ausweitung der Kriminalisierung Hoven, DRiZ 2017, 280; Kindhäuser, ZStW 129 (2017), 382. 108 Gärditz, Der Staat 2010, 331, 342 ff. 109 Grimm, Politische Parteien, in: Benda/Maihofer/Vogel, § 14, Rn. 10; Kelsen, Demokratie, S. 100 ff.; Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349, 355. 110 Gärditz, Der Staat 2010, 331, 343. 111 Dreier, in: Walter/Zeleny, 13, 20 f. 112 Gärditz, Der Staat 2010, 331, 345. 103

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Kap. 2: Der Schutzzweck

gangbare, weil rechtlich fassbare Weg, „die Errichtung einer (längst überfälligen) strafrechtsspezifischen Grundrechtsdogmatik“113.

B. Die bisherigen Ansichten zum Schutzzweck Die strafrechtliche Sanktionierung der privatwirtschaftlichen Korruption kann im Wesentlichen unter zwei unterschiedlichen Schutzgesichtspunkten erfolgen114. Denkbar ist, dass die individuellen Interessen des Unternehmens oder der Wettbewerb als Kollektiv vor Verzerrungen und Unlauterkeit geschützt werden soll. Dieses Bild zeichnet sich auch bei der Darstellung der Ansichten ab, die im Hinblick auf den Schutzzweck des Pflichtverletzungstatbestandes vertreten werden.

I. Der Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs Hinsichtlich der Entwurfsfassung115 des Pflichtverletzungstatbestandes wurde vereinzelt die Ansicht vertreten, dass die Norm dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs dient. Wolf deutet dieses Regelungsverständnis in einem Aufsatz aus dem Jahr 2014 zumindest an116. Er begründet seine Auffassung insbesondere mit systematischen Erwägungen117. Kubiciel teilt diese Ansicht, begründet sie allerdings ausführlicher118. Die Variante verlagere „den Schutz des Wettbewerbs in das Um- und Vorfeld konkreter Wettbewerbslagen“. Dieses Verständnis entspreche der Zielsetzung des Rahmenbeschlusses119, vermeide „innertatbestandliche Friktionen“ und „systematische Spannungen zu § 266 StGB“. Dieses Normverständnis biete zudem einen geeigneten Anknüpfungspunkt für eine einschränkende Auslegung des Tatbestandes und ermögliche eine sachgerechte Abgrenzung strafrechtlich relevanter Pflichtverletzungen und solcher, die nicht strafwürdig seien. Tatbestandsmäßig könne nur eine Pflichtverletzung sein, die das Ziel habe, den Leistungswettbewerb zu schützen.

113 Stuckenberg, GA 2011, 653, 661; unter Verweis auf Gärditz, Der Staat 2011, 331, 359 ff.; Hörnle, Verhalten, S. 43 ff., 467 ff.; zum Begriff des Strafverfassungsrechts Jahn, GS Vogel, 63, 65; kritisch diesbezüglich Prittwitz, ZStW 129 (2017), 390, 394 f. 114 Andoulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 100. 115 Siehe dazu BT-Drucks. 18/4350. 116 Wolf, CCZ 2014, 29, 34. 117 Wolf, CCZ 2014, 29, 34. 118 Siehe zum folgenden Absatz zu § 299-E StGB Kubiciel, ZIS 2014, 667, 671; ders./Spörl, KPKp 4/2014, S. 16 ff. 119 So im Ansatz zu § 299-E StGB auch Gaede, NZWiSt 2014, 280, 288, der allerdings nur von „überindividuellen Aspekten“ spricht.

B. Die bisherigen Ansichten zum Schutzzweck

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Wohingegen die Verletzung rein interner Pflichten straflos bleiben müsse. Dies ergebe sich bereits aus dem Zweck des Rahmenbeschlusses. Andere Autoren haben sich dieser Meinung angeschlossen120. So sind auch Dannecker und Schröder der Ansicht, dass der Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal Wettbewerb nicht zwangsläufig zur Folge habe, dass Pflichtverletzungen erfasst würden, denen jeglicher Wettbewerbsbezug fehle. Geschützt seien vielmehr nur Pflichten, „deren Verletzung geeignet ist, den Leistungswettbewerb zu beeinträchtigen“121. Die Pflicht müsse daher ihrem Wesen nach dem Schutz des Wettbewerbs dienen122. Mit dem Entwurf sei „keine grundlegende Neuausrichtung des Gesetzeszwecks“ verbunden123. Erfasst würden insbesondere Korruptionskonstellationen im Vorfeld eines bestehenden Wettbewerbs124. Die Variante sei im Rahmen von „Pflichtverletzungen [anzuwenden], die zumindest abstrakt geeignet sind, den Wettbewerb als Institution zu gefährden und nicht bereits eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb zum Gegenstand haben“125. Erlassen wurde der Pflichtverletzungstatbestand allerdings in einer geänderten Fassung126. Es stellt sich die Frage, ob dieses wettbewerbsschützende Tatbestandsverständnis trotz der inhaltlichen Änderungen weiterhin vertreten wurde127. Eindeutige Stellungnahmen gibt es zu dieser Frage nicht. Dannecker und Schröder waren allerdings schon vor der Einfügung der Einwilligungsmöglichkeit der Ansicht, dass der strafrechtliche Schutz seine „Grenze im Willen des Geschäftsherrn“ finde128. Erlasse dieser keine Regelung oder hebe er diese auf, sei die Pflichtverletzung tatbestandslos129. Seine Möglichkeit zur Einwilligung scheint aus ihrer Sicht einem Wettbewerbsschutz zumindest nicht im Wege zu stehen. Passarge spricht, nachdem der Tatbestand in Kraft getreten ist, weiter abstrakt davon, dass dieser den Wettbewerb schütze, ohne dass er diese Aussage erkennbar nur auf den Bevorzugungstatbestand bezieht130.

120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130

Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49 f.; Hoven, NStZ 2015, 553, 559 f. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50. Hoven, NStZ 2015, 553, 559. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50. BT-Drucks. 18/6389, S. 3 f.; dazu auch 1. Kapitel B. I. 2. b). Hoven, NStZ 2015, 553, 560. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50. Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50. Passarge, DStR 2016, 482, 484.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

II. Schutz von Individualinteressen Schünemann ist der Ansicht, dass ein Tatbestand, der die Bestechung und Bestechlichkeit in der Privatwirtschaft sanktioniere, nicht dem Schutz eines Kollektivgutes dienen könne, da es im Rahmen der Sanktionierung der Wirtschaftskorruption stets um den Schutz individueller Unternehmensinteressen gehe131. Dass der Pflichtverletzungstatbestand ihrem Schutz dient, entspricht der wohl herrschenden Meinung. 1. Schutz von Vermögensinteressen Bereits bei der Diskussion des Gesetzesentwurfes wurde die Auffassung vertreten, der Entwurf schütze die finanziellen Interessen des Geschäftsherrn132. Krack ist der Überzeugung, dass als Schutzobjekt des Pflichtverletzungstatbestandes nur individuelle Interessen des Geschäftsherrn in Betracht kämen133. Die korrupte Verknüpfung von Vorteilen mit Pflichtverletzungen gegenüber dem Unternehmen könne nur Unternehmensinteressen verletzen. Insbesondere würden die Vermögensinteressen des Unternehmens gefährdet134. Daneben sei auch der Schutz von Geschäftsgeheimnissen bezweckt, dieser Aspekt diene letztlich allerdings ebenfalls dem Schutz des Vermögens135. Momsen und Laudien vertreten dies auch im Hinblick auf die endgültige Fassung des Gesetzes136. Mit der Einführung der neuen Varianten habe sich der Gesetzgeber unwiderruflich „vom originären wettbewerbsrechtlichen Ursprung“137 des Tatbestandes losgesagt. Die Anwendungsbereiche der Untreue und der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr seien insofern identisch138. Dass Pflichtverletzungen von § 299 StGB erfasst seien, die unterhalb der Strafbarkeitsschwelle der Untreue lägen, schließe eine Konkurrenz der Tatbestände allerdings aus139.

131 Schünemann, FS Achenbach, 509, 517; an anderer Stelle spricht Schünemann dem Pflichtverletzungstatbestand ab, überhaupt einem schützenswerten Interesse zu dienen; ders., ZRP 2015, 68, 69. 132 Krack, FS Samson, 377, 380. 133 Krack, FS Samson, 377, 380. 134 Krack, FS Samson, 377, 380. 135 Krack, FS Samson, 377, 380. 136 Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 7. 137 Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 7. 138 Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 7. 139 Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 7.

B. Die bisherigen Ansichten zum Schutzzweck

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2. Schutz der arbeitsrechtlichen Treue- und Loyalitätspflicht Die ganz überwiegende Ansicht in der Wissenschaft geht davon aus, dass der Pflichtverletzungstatbestand dem Schutz der arbeitsrechtlichen Treue- und Loyalitätspflicht dient140. Teilweise werden die Interessen der Mitbewerber oder der Verbraucher und Kunden als „mittelbar geschützt“ erachtet141. Die Regelung diene dem Individualschutz. Da sie auf das Erfordernis einer Vermögensbetreuungspflicht und eines Vermögensnachteils verzichte, könne aber nicht der Schutz des Vermögens bezweckt sein142. Gestützt wird dieses Verständnis der Ratio nahezu einhellig und ausschließlich auf die Begründung des Referentenentwurfes143 und die darauf folgenden Gesetzesbegründungen144, die davon sprechen, die Regelung diene dem „Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen“145. 3. Schutz der loyalen Geschäftswahrnehmung wettbewerbstragender Unternehmen Gaede kombiniert Aspekte des Wettbewerbs- und des Loyalitätsschutzes miteinander. Er vertritt einen modifizierten Ansatz und ist der Ansicht, dass der Pflichtverletzungstatbestand dem Schutz der „loyalen Geschäftswahrnehmung für wettbewerbstragende Unternehmen“ diene146. Gegen einen alleinigen Schutz der Loyalitätsbeziehung spreche, dass der Tatbestand auf Unternehmen als Wirtschaftseinheiten des Wettbewerbs beschränkt sei147. Der Gesetzgeber habe zudem im Hinblick auf einen zu weitgehenden Schutz der Loyalität Bedenken geäußert und den Tatbestand insoweit begrenzt148. Zudem diene der Rahmenbeschluss, auf dem die Reform primär beruhe, dem Schutz des Wettbewerbs149.

140 Stellungnahme DAV 46/2014, S. 6; Gaede, Gutachten zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption, S. 10; Grützner/Behr, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, B, Rn. 359; Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 326; Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3534; Sprafke, Korruption, S. 110; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 5; Walther, Bestechung, S. 190; Wollschläger, Täterkreis, S. 146. 141 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 5. 142 Wollschläger, Täterkreis, S. 136. 143 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption, S. 21. 144 BR-Drucks. 548/07, S. 23; BT-Drucks. 18/4350, S. 21; BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 145 BT-Drucks. 18/4350, S. 21; BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 146 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 13. 147 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 13. 148 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 13. 149 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 13.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

4. Die Kritik an der systematischen Verordnung Auf dem individualschützenden Verständnis der gesetzlichen Regelung fußt eine scharfe Kritik an ihrer innertatbestandlichen und gesamtsystematischen Verortung150. Aufgrund des untreueähnlichen Charakters passe der Pflichtverletzungstatbestand weder in den Abschnitt der Straftaten gegen den Wettbewerb noch könne er ohne systematische Brüche in den Tatbestand des § 299 StGB eingefügt werden. Im Zuge dieser Kritik wurde bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung der Vorschlag unterbreitet, die Regelung in anderen Abschnitten des Strafgesetzbuches, namentlich im Nahbereich der Vermögensdelikte, zu verorten151. Dabei wurde insbesondere auf die §§ 266a und 266b StGB verwiesen, die ebenfalls nachträglich eingefügt worden seien, wobei ihre inhaltliche Zusammengehörigkeit zum Tatbestand der Untreue durch Kleinbuchstaben kenntlich gemacht worden sei. Stanizek spricht sich zwar gegen eine Einordnung der Regelung als Vermögensdelikt aus, plädiert aber ebenfalls für eine andere systematische Verortung152. Sie schlägt vor, den Pflichtverletzungstatbestand im 25. Abschnitt als § 291a StGB einzufügen153. Dieser Abschnitt erfasse alle Tatbestände, die kein einheitliches Schutzobjekt hätten und in keinen anderen Teil des Strafgesetzbuches passten154. Da die Pflichtverletzung aus Eigennutz begangen werde, sei die Regelung mit dem Wuchertatbestand vergleichbar155.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks Welchem Interesse der Pflichtverletzungstatbestand tatsächlich dient, gilt es im Folgenden zu hinterfragen. Der Schutzzweck der Norm wird im Wege der Auslegung ermittelt. Ihre Grundlage bilden der Rahmenbeschluss der Europäischen Union und die gesetzliche Regelung. Um eine zirkelschlüssige Argumentation ausschließen zu können, werden jedoch nur Merkmale und Kriterien eine Rolle spielen, die ohne einen Rückgriff auf den Strafzweck angewendet werden können156.

150 Kahnmann, Bestechlichkeit, S. 274; Krack, FS Samson, 377, 380; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; ders., StV 2009, 302, 306; Tierel, Bestechlichkeit, S. 58 f.; siehe zur Diskussion hinsichtlich der §§ 299a und b StGB Kubiciel, KPzK 4/2015, S. 17 f. m.w.N. 151 Kahnmann, Bestechlichkeit, S. 274; Tierel, Bestechlichkeit, S. 59. 152 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 131. 153 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 131. 154 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 131. 155 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 131. 156 Hefendehl, Rechtsgüter, S. 25.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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I. Die Auslegung des Rahmenbeschlusses Die Vorgaben des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor waren Anlass und Grundlage der Reform157. Die Schutzrichtung, die der Rahmenbeschluss vor Augen hatte, ist für den Pflichtverletzungstatbestand damit von zentraler Bedeutung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der PupinoEntscheidung des Europäischen Gerichtshofes158, in der das Gericht klarstellt, dass die Auslegung eines nationalen Gesetzes so eng wie möglich am zugrundeliegenden Rahmenbeschluss zu erfolgen hat. 1. Der Telos Ausweislich der Begründung des Rahmenbeschlusses hat die zunehmende globale Vernetzung der Märkte dazu geführt, dass die Wirtschaftskorruption zu einem weltweiten Problem geworden ist, das nur durch überstaatliche gesetzliche Initiativen gelöst werden kann159. Die Bekämpfung der Korruption sei in Anbetracht der vielseitigen Probleme, die sie verursacht, von zentraler Bedeutung160. Korruption gefährde nicht nur die Rechtstreue, sondern verzerre auch den Wettbewerb und hemme die ökonomische Entwicklung161. Das Ziel des Rahmenbeschlusses bestand darin, dieser Entwicklung durch wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen entgegenzuwirken. Sichergestellt werden sollte, dass die Bestechung und Bestechlichkeit innerhalb der Privatwirtschaft in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in angemessener Weise sanktioniert wird162. 2. Der Wortlaut des Artikel 1 und 2 Rb 2003/568/JI Nach dem ersten Artikel des Rahmenbeschlusses ist der Begriff der Pflichtverletzung nach dem Recht des jeweiligen Einzelstaates zu verstehen. Der Begriff selbst wird durch den Rahmenbeschluss nicht näher konkretisiert. Er legt aber Mindestanforderungen dahingehend fest, welche Arten von Pflichtverletzungen zu einer Strafbarkeit führen sollen. Danach soll jegliches treuwidrige Verhalten erfasst werden, durch das eine gesetzliche Pflicht oder eine berufliche Vorschrift oder Weisung verletzt wird, die für den geschäftlichen Aufgabenbereich einer Person gilt, die für ein Unternehmen im privaten Sektor in leitender oder sonstiger Stellung tätig ist.

157 158 159 160 161 162

Siehe dazu schon 1. Kapitel B. II. 2. b). EuGH NJW 2005, 2839; mit Anmerkung Herrmann, EuZW 2005, 433. Abl. EU L 192/54. Abl. EU L 192/54. Abl. EU L 192/54. Abl. EU L 192/55.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Nach der modellartigen Tatbestandsformulierung des Art. 2 Abs. 1 lit. a Rb 2003/ 568/JI haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass eine solche Person sanktioniert wird, sofern sie vorteilsveranlasst unter Verletzung ihrer Pflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt. Art. 2 Abs. 1 lit. b Rb 2003/568/JI sieht unter den gleichen Voraussetzungen eine Strafbarkeit der aktiven Bestechung vor.

3. Bewertung Der Erlass des Rahmenbeschlusses wird mit dem Schutz des Wettbewerbs vor Verzerrungen durch Korruption begründet. Darauf lässt insbesondere der neunte Erwägungsgrund für den Erlass des Beschlusses schließen163. Der Schutz von Vermögens- oder Loyalitätsinteressen des von der Korruption betroffenen Unternehmens bleibt hingegen – anders als in der Gemeinsamen Maßnahme der Europäischen Union vom 31. 12. 1998164 – unerwähnt. Letztere beschränkte die Strafbarkeit auf Verhaltensweisen, die sich nachteilig auf das Eigentum auswirken165. Aus dem Umstand, dass die Gemeinsame Maßnahme aufgehoben wurde und der nachfolgende Rahmenbeschluss keine ähnliche Beschränkung enthält, kann geschlossen werden, dass letzterer zumindest nicht den Schutz des Vermögens vor Augen hat. Es erscheint nur schwer vertretbar, die supranationalen Vorgaben so zu verstehen, als müsse die Pflichtverletzung einen Vermögensnachteil oder eine Verletzung anderer individueller Interessen zur Folge haben. Gegen einen Schutz des Wettbewerbs als Kollektivinteresse spricht wiederum, dass der Modelltatbestand des Rahmenbeschlusses auf die Treuwidrigkeit des jeweiligen Verhaltens abstellt. Daraus könnte gefolgert werden, dass der Rahmenbeschluss den Schutz von Loyalitätsinteressen bezweckt. Gegen diese Bewertung spricht aber der Täterkreis der passiven Bestechung. Art. 2 Abs. 1 Rb 2003/568/JI sieht nur die Sanktionierung von Personen vor, die in leitender oder sonstiger Stellung tätig sind. Loyalitätsinteressen bestehen jedoch gegenüber jedem Arbeitnehmer. Diese Begrenzung des Täterkreises spricht für einen Schutz des Wettbewerbs. Nur Personen, die eine leitende Tätigkeit ausüben, sind in der Lage, Einfluss auf die Abläufe innerhalb des Unternehmens zu nehmen. Nur solche Mitarbeiter verfügen über einen eigenständigen Entscheidungsspielraum und nehmen durch ihre betrieblichen Handlungen Einfluss auf nach außen relevante Geschäftsvorgänge und den Wettbewerb. Zum anderen stellt Art. 1 Rb 2003/568/JI hinsichtlich der Mindestanforderungen der Sanktionierung neben betrieblichen Weisungen auch ausdrücklich auf gesetzlich vorgeschriebene Pflichten ab. Damit wird die Verletzung von Außenregeln aus163

Kubiciel, ZIS 2014, 667, 670; zustimmend Jäckle, BB-Standpunkte vom 16. 03. 2015, abrufbar unter: http://betriebs-berater.ruw.de/bb-standpunkte/standpunkte/Geschaeftsherrenmo dell-bei–299-StGB–Ja-oder-Nein-26394 (Stand: 01. 11. 2018). 164 Abl. EG L 358/2. 165 Art. 2 Nr. 2 S. 2, Art. 3 Nr. 2 S. 2 sahen eine solche Beschränkung vor.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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drücklich in den Radius der Strafbarkeit einbezogen166. Der begrenzte Täterkreis der passiven Bestechung und die Einbeziehung der Verletzung von Außenregeln in den Anwendungsbereich der gewünschten Norm sprechen also gegen den beabsichtigten Schutz individueller Unternehmensinteressen. Dass Art. 2 Abs. 3 Rb 2003/568/JI die befristete Möglichkeit vorsieht, die Strafbarkeit auf Handlungen zu beschränken, die eine Verzerrung des Wettbewerbs zur Folge haben, steht diesem Verständnis nicht entgegen167. Zwar könnte man aus diesem Umstand folgern, dass der Rahmenbeschluss im Grundsatz nicht den Schutz des Wettbewerbs bezweckt. Dieser Schluss greift jedoch im Ergebnis zu kurz. Richtig ist, dass die Strafbarkeit der Wirtschaftskorruption langfristig nicht von einer kausalen Verzerrung des Wettbewerbs oder seiner Gefährdung abhängig gemacht werden sollte. Dennoch weisen der Wortlaut des Rahmenbeschlusses und sein wettbewerbsschützender Zweck darauf hin, dass die Pflichtverletzung eine gewisse Wettbewerbsrelevanz haben muss. Gegen diese Interpretation des Rahmenbeschlusses kann nicht der Einwand erhoben werden, sie lasse eine Reform des § 299 StGB obsolet werden. Eine Norm, die auf eine – wie auch immer geartete – wettbewerbsrelevante Pflichtverletzung als Gegenleistung für den Vorteil abstellt, unterscheidet sich in ihrem Anwendungsbereich maßgeblich und grundsätzlich von einer Regelung, die eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb voraussetzt. Im Ergebnis sprechen die besseren Argumente dafür, dass der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor den abstrakten Schutz des internationalen Wettbewerbs bezweckt und nicht den Schutz individueller Unternehmensinteressen vor Augen hat.

II. Die Auslegung des Pflichtverletzungstatbestandes Vor dem Hintergrund des Wettbewerbsschutzes der europarechtlichen Vorgabe gilt es zu ermitteln, welchem Schutzzweck der Pflichtverletzungstatbestand dient. Die methodische Ermittlung erfolgt erneut im Wege der Auslegung. 1. Der Wortlaut Zunächst gilt es, den Wortlaut der gesetzlichen Regelung im Hinblick auf seine Schutzzweckrelevanz zu analysieren und einer umfassenden Bewertung zu unter-

166 So argumentiert auch Pragal im Hinblick auf die Gemeinsame Maßnahme der EU und das Anti-Korruptionsabkommen des Europarates. Siehe ders., ZIS 2006, 63, 72 f. 167 A.A. Wollschläger, Täterkreis, S. 150, der eine wettbewerbsbezogene Interpretation des Rahmenbeschlusses in Anbetracht des Art. 2 Abs. 3 Rb 2003/568/JI für nur „schwer vertretbar“ hält.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

ziehen168. Wird die Annahme eines bestimmten Schutzzwecks nicht von dem Wortlaut einer Norm getragen, ist der „Pfad der Gesetzlichkeit verlassen“169. a) Der Einwilligungsvorbehalt In seiner endgültigen Fassung sieht der Pflichtverletzungstatbestand die Möglichkeit einer strafbefreienden Einwilligung vor. Dieser Umstand stellt die Ansicht, § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB schütze den Wettbewerb, auf die Probe. Der Hintergrund des Strafausschließungsgrundes und seine dogmatische Einordnung sind für die methodische Ermittlung des Schutzzwecks der Norm daher von besonderer Bedeutung. aa) Hintergrund Die Billigung des Unternehmens führt im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes zum Ausschluss der Strafbarkeit. Der Terminus der Einwilligung ist dogmatisch allerdings unpassend. Eine Einwilligung lässt die Rechtswidrigkeit entfallen. Die Zustimmung des Unternehmens führt im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes aber zu einem Ausschluss des Tatbestandes170. Richtigerweise hätte der Gesetzgeber daher den Begriff des Einverständnisses verwenden müssen171. Trotz dieser sprachlichen Ungenauigkeit wird der Gesetzeswortlaut im weiteren Gang der Darstellung aufgegriffen und der Begriff der Einwilligung verwendet172. In der ursprünglichen Fassung des Entwurfes war zunächst nicht vorgesehen, dass die Zustimmung des Unternehmens strafbefreiend wirkt173. Eingefügt wurde der Einwilligungsvorbehalt auf Anraten des Rechtsausschusses. Wirksam ist die Einwilligung nur, sofern das Unternehmen der Annahme des Vorteils, der Verletzung einer Pflicht und der inhaltlichen Verknüpfung zustimmt174. Eine nachträgliche Genehmigung ist nicht ausreichend175. Ausweislich der Gesetzesbegründung hat die Einwilligungsmöglichkeit den Zweck, den tatbestandlichen Anwendungsbereich auf „relevante Korruptionsfälle“

168

Eine kurze aber übersichtliche Darstellung aller Tatbestandsmerkmale gelingt Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 391 ff. 169 Hassemer/Kargi, in: NK, Band 1, § 1 Rn. 106b. 170 Der Gesetzgeber spricht vom „Tatbestandsmerkmal“ der Einwilligung, nicht von einem Rechtfertigungsgrund. BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 171 Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 397; Krack, ZIS 2016, 83, 86; Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 67; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53 f. 172 Krack, ZIS 2016, 83, 86. 173 Vgl. BT-Drucks. 18/4350. 174 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 175 BT-Drucks. 18/6389, S. 15; kritisch Krack, ZIS 2016, 80, 85 f.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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zu beschränken und die Rechtssicherheit zu erhöhen176. Zudem soll sie verhindern, dass Unternehmen von dem Erlass umfangreicher Compliance-Vorschriften absehen, weil diese zu einer Strafbarkeit der eigenen Angestellten und Beauftragten führen177. Im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes gehört die Einwilligungsmöglichkeit nicht zum gesetzlichen Tatbestand. Das Wissen des Unternehmens um die Zuwendung soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers (weiterhin) im Rahmen des Tatbestandmerkmals der Unlauterkeit von Bedeutung sein178. bb) Bewertung Im Folgenden wird zunächst untersucht, ob die Einwilligung ihren gesetzgeberischen Zweck erreicht. Sodann wird analysiert, welchen Rückschluss ihre Existenz auf den Schutzzweck des Pflichtverletzungstatbestandes zulässt. Da kollektive Rechtsgüter grundsätzlich nicht der Dispositionsbefugnis des Einzelnen unterliegen179, lässt der Umstand, dass die Einwilligung zum Ausschluss der Strafbarkeit führt, den Schluss zu, dass die Regelung dem Individualschutz dient. Bei näherer Betrachtung wirft diese Bewertung im Rahmen des Korruptionsstrafrechts aber zahlreiche Widersprüche auf, die es aufzuzeigen gilt. (1) Der Zweck und die inhaltlichen Anforderungen Ihrem gesetzgeberischen Zweck wird die Einwilligung nur bedingt gerecht180. Zum einen ändert sie für sich genommen nichts an dem Umstand, dass Unternehmen durch die Festlegung bestimmter Pflichten – zumindest in Teilen – Einfluss auf die Reichweite der Strafbarkeit nehmen können181. Dieses Problem wird nur verstärkt, wenn man annimmt, dass der Einwilligungsvorbehalt den Schutz von individuellen Loyalitätsinteressen des Unternehmens belegt182. Denn unter diesem Schutzgesichtspunkt würde auch die Verletzung solcher Pflichten zu einer Strafbarkeit führen, die dem alleinigen Schutz von Unternehmensinteressen dienen. Diese Art von Pflichten kann das jeweilige Unternehmen aber uneingeschränkt selbst festlegen, ohne dass es an begrenzende, äußere Wertmaßstäbe gebunden oder einer externen Kontrolle unterworfen wäre.

176

BT-Drucks. 18/6389, S. 10, 15. BT-Drucks. 18/6389, S. 10; siehe zu der praktischen Vereinbarkeit der Einwilligung mit unternehmensinternen Maßnahmen und Schutzpflichten Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 330. 178 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 179 Siehe nur Lenckner/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, Vor §§ 32 ff. Rn. 37; Beckert, JA 2013, 507, 509. 180 So im Ergebnis auch Dann, NJW 2016, 203, 205. 181 Zu den dahingehenden Bedenken BT-Drucks. 18/6389, S. 10. 182 So beispielsweise Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 53e. 177

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Zum anderen trägt die Einwilligungsmöglichkeit nur einseitig, auf der Geberseite, zu einer erhöhten Rechtssicherheit bei183. Zwar weiß der Zuwendende meist nicht, ob eine wirksame Erteilung durch das Unternehmen erteilt worden ist. Konnte er aber die Umstände, die zu einer Unwirksamkeit führen, nicht erkennen, fehlt es am Tatbestandsvorsatz. Der Zuwendende macht sich daher nur strafbar, wenn er zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass das Unternehmen der Zuwendung nicht wirksam zugestimmt hat. Auf der Nehmerseite erhöht die Einwilligungsmöglichkeit die Rechtssicherheit hingegen nur bedingt. Zwar kann der Angestellte oder Beauftragte sich im Zweifel mit einem Vorgesetzten abstimmen184. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aber nicht zweifelsfrei, unter welchen objektiven und subjektiven Voraussetzungen die Einwilligung im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes tatsächlich wirksam ist. Inhaltich setzt sie jedenfalls die Kenntnis der vollständigen Sachlage und das Nichtvorliegen von Willensmängeln voraus185. Ihre Voraussetzungen sind insofern recht eng. So besteht zwar nicht die Gefahr, dass Unternehmen Generaleinwilligungen erteilen, um eine Strafbarkeit der eigenen Angestellten und Beauftragten zu verhindern und die Regelung in der Praxis unterlaufen wird186. Unklar ist jedoch, wer im Unternehmen befugt ist, die Einwilligung zu erteilen187. Zu verlangen ist jedenfalls, dass die entsprechende Stelle über die interne Dispositionsbefugnis im Hinblick auf die Bestandteile der Unrechtsvereinbarung verfügt188. Unter Praktikabilitätsgesichtspunkten erscheint es sachgerecht, die Einwilligung des unmittelbaren Vorgesetzten ausreichen zu lassen189. Nicht näher bestimmt wird durch den Vorbehalt jedoch, worin das Unrecht der Vereinbarung im Falle des Pflichtverletzungstatbestandes liegt. Die fakultative Möglichkeit des Strafausschlusses trägt daher im Ergebnis nicht dazu bei, dass die Voraussetzungen der Strafbarkeit für den Angestellten oder Beauftragten vorhersehbarer werden und die Rechtssicherheit auf diese Weise erhöht wird190. (2) Die Widersprüche unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes Die Begründung des Gesetzes stützt den Einwilligungsvorbehalt auf den Schutz des Geschäftsherrn an einer „loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten“191. Dieser Teil der Gesetzesbegründung 183

Walther, BB 2916, 95, 98. Wolfram/Peukert, NZWiSt 2017, 209, 211. 185 So schon BGHSt 4, 88, 90; bei vollständiger Sachaufklärung gehen Willensmängel zu Lasten des Unternehmens. Siehe dazu Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 329. 186 Walther, BB 2916, 95, 98. 187 Diesen Umstand kritisieren Lorenz/Krause, CCZ 2017, 74, 76 f. 188 Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 329. 189 Lorenz/Krause, CCZ 2017, 74, 77. 190 Zu den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots siehe BVerfGE 126, 170, 194 ff. 191 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 184

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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könnte als Beleg für den Individualschutz der Norm verstanden werden, der sich in der Einwilligungsmöglichkeit manifestiert. Setzt man dies voraus, ist inhaltlich allerdings unklar, warum die Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen begangen werden muss. Sofern die Einwilligungsmöglichkeit den disponiblen Charakter der Norm unterstreicht, müsste auch die Verletzung interner Compliance-Vorschriften tatbestandlich erfasst sein, da ein Verstoß gegen interne Vorschriften ebenso geeignet wäre, individuelle Loyalitätsinteressen des Unternehmens zu tangieren. Letztere sind jedoch – ganz ausdrücklich – aus dem tatbestandlichen Anwendungsbereich ausgeklammert192. Auch der Umstand, dass die Einwilligung im Rahmen der aktiven Bestechung zum Tatbestandsausschluss führt, spricht gegen einen Individualschutz. Die Bestechung nach § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist ein klassisches Jedermannsdelikt. Die Loyalitätsbeziehung besteht aber nur zwischen dem Unternehmen und seinen Angestellten oder Beauftragten. Nur innerhalb dieser Beziehung, nicht jedoch von einem außenstehenden Dritten, können Loyalitätsinteressen verletzt werden. Unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes hätte die Einwilligungsmöglichkeit somit nur im ersten Absatz des § 299 StGB eingefügt werden dürfen. (3) Der Einwilligungsvorbehalt unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsschutzes und dem spezifischen Unrecht der Korruption Im Folgenden wird der Einwilligungsvorbehalt im Lichte des Wettbewerbsschutzes und des Unrechts der Korruption bewertet. (a) Die Bedeutung der Einwilligung im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes Die Möglichkeit einer strafbefreienden Einwilligung steht im Korruptionsstrafrecht nicht im Widerspruch zum Kollektivschutzcharakter einer Norm. Dies legt schon die Historie des § 299 StGB und ein Vergleich mit der Rechtslage in Großbritannien nah. Denn nach dem englischen Prevention of Corruption Act193 sind ebenfalls nur Zuwendungen strafbar, die ohne das Wissen des Prinzipals erfolgt sind194, obwohl diese Regelung ursprünglich zum Schutz des Wettbewerbs erlassen wurde195. Die Einwilligungsmöglichkeit scheint den Wettbewerbsschutz eines Tatbestandes also nicht grundsätzlich auszuschließen.

192

BT-Drucks. 18/4350, S. 21. Siehe zum Prevention of Corruption Act von 1906 Huber, in: Eser/Überhofen/ders., S. 94 ff. 194 Lampe, FS Stree/Wessels, 449, 462 f.; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 29. 195 Sullivan, in: Heine/Huber/Rose, S. 65 ff. 193

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Von besonderer Bedeutung ist die Regelung Großbritanniens außerdem, da der nationale Tatbestand – genauer: das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit – historisch auf das englische Tatbestandsmerkmal corruptly zurückgeht196. Dieser hinstorischen Verbindung sollte Bedeutung beigemessen werden. Daher erscheint es in der Sache konsequent, dass die herrschende Meinung „entschleierte Schmiergeldzahlungen“197 (Zuwendungen, die mit dem Wissen des Prinzipals gewährt werden) nicht als unlauter im Sinne des § 299 StGB bewertet198. Denn richtigerweise kann eine Bevorzugung nur als unlauter (im strafrechtlichen Sinn) bezeichnet werden, wenn der Handelnde die Erreichung persönlicher Vorteile interessenwidrig mit seinen geschäftlichen Obliegenheiten verknüpft199. Der Bevorzugungstatbestand schützt die Erwartung des Unternehmens, dass die eigenen Angestellten und Beauftragten Entscheidungen aufgrund sachlicher Erwägungen und im betrieblichen Interesse, nicht aufgrund eines persönlichen Nutzens treffen. Dieser Schutz umfasst insbesondere die „Beeinflussung der Kommunikationsebene zwischen Agent und Prinzipal“200. Nur wenn individuelle Interessen des Handelnden vorteilsmotiviert zur Grundlage betrieblicher Entscheidungen werden, besteht die abstrakte Möglichkeit, dass der lautere Wettbewerb gefährdet wird201. Dies ist nur denkbar, wenn eine Zuwendung hinter dem Rücken des Unternehmens gewährt wird202. Hat das Unternehmen hingegen Kenntnis von der Zuwendung, ist die Gefahr einer unlauteren Verknüpfung von Interessen nahezu ausgeschlossen. Die Zustimmung des Unternehmens führt dazu, dass die Entscheidung des Angestellten zwangsläufig wettbewerbskonform wird, eine unlautere Gefährdung des Wettbewerbs mithin ausgeschlossen ist203. Denn zum einen wird das Verhältnis von Preis und Leistung nie gänzlich aus dem Blick geraten und zum anderen wird die Kommunikationsebene zwischen dem Unter196

RGSt 48, 291, 291; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298. Geprägt wurde dieser Begriff von Wassermann, GRUR 1931, 549, 553; ausführlich zu entschleierten Schmiergeldern Dann, FS Wessing, 283, 284 ff.; Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 394 f. 198 LG Frankfurt, NStZ-RR 2015, 215, 216; Harder, GRUR 1967, 182, 184 f.; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 19a; Hirschenkrämer, WRP 1965, 130, 131 ff.; Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 395 f.; Odenthal, wistra 2005, 170, 172; Rengier, FS Tiedemann, 837, 845; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 50 ff.; Rosenau, in: Satzger/ Schluckebier/Widmaier, § 299 Rn. 25; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 48 f.; Walther, Bestechung, S. 105 f.; Winkelbauer, FS Weber, 385, 391; Wollschläger, Täterkreis, S. 80, 95; a.A. RGSt 48, 291, 294 f. (Korkengeldentscheidung); BGH NJW 2006 3290, 3298; Andoulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 429; Höltkemeier, Sponsoring, S. 163 f.; Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 28; Nepomuck/Groß, wistra 2012, 132, 133. 199 Winkelbauer, FS Weber, 385, 391. 200 LG Frankfurt, NStZ-RR 2015, 215, 216. 201 LG Frankfurt, NStZ-RR 2015, 215, 216; Odenthal, wistra 2005, 170, 172. 202 Erb, FS Geppert, 97, 99. 203 Rengier, FS Tiedemann, 837, 842; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 48; Samson, FS Sootak, 225, 236. 197

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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nehmen und dem Agenten nicht in unlauterer Weise durch einen Dritten beeinflusst204. Ob im Innenverhältnis eine Einwilligung vorliegt, ist somit nicht nur für die Interessen des jeweiligen Unternehmens, sondern auch für die potenziell wettbewerbsverzerrende Wirkung der Unrechtsvereinbarung von entscheidender Bedeutung205. Für diese Betrachtung spricht neben systematischen Erwägungen auch die Praktikabilität. Letzteres gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Geschäftsherr weder nach dem Bevorzugungstatbestand noch nach dem Pflichtverletzungstatbestand strafbar machen kann206. Diese Entscheidung hat der Gesetzgeber ganz bewusst, aus Achtung vor dem verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Privatautonomie, getroffen207. Das Prinzip der Privatautonomie bildet die Grundlage unseres wirtschaftlichen Zusammenlebens208. Es normiert, dass jede Person grundsätzlich frei darüber entscheiden darf, welche Rechtsgeschäfte sie eingehen möchte. Es steht jedem Menschen frei, im Rahmen privatrechtlicher Geschäfte subjektive Interessen zu verfolgen, objektiv nachteilige Geschäfte einzugehen, unsachliche Vorteile entgegen zu nehmen oder Mitbewerber zu benachteiligen209. Für einen Geschäftsinhaber ist diese privatrechtliche Freiheit von besonderer Relevanz. Denn das wirtschaftliche Handeln eines Geschäftsinhabers dient naturgemäß der Erreichung persönlicher Vorteile und der Umsetzung individueller unternehmerischer Konzepte. Diesem Umstand trägt § 299 StGB Rechnung, indem er den Personenkreis aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandandes ausschließt210. Aus der Straffreiheit folgt, dass ein Geschäftsinhaber eine Sanktionierung seiner Angestellten und Beauftragten in der Praxis verhindern kann, indem er einen Vorteil zunächst selbst entgegennimmt und ihn anschließend intern weiterleitet211. Aus wirtschaftlicher Sicht macht es keinen Unterschied, ob ein Mitarbeiter eine Sonderzuwendung von einem Geschäftspartner oder seinem Geschäftsherr erhält212. Alleine die letzte Variante unter Strafe zu stellen, erscheint unbillig und willkürlich213. 204 Dann, FS Wessing, 283, 284; Erb, FS Geppert, 97, 99; Hirschkrämer, WRP 1965, 130, 131; Wollschläger, Täterkreis, S. 54, 80. 205 Erb, FS Geppert, 97, 99. 206 Siehe nur Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299, Rn. 4 ff. m.w.N. 207 Siehe dazu Bürger, wistra 2003, 130, 134 f.; Park, wistra 2010, 321, 322. 208 Zum Spannungsverhältnis von Privatautonomie und § 299 StGB siehe Grützner/ Momsen, CCZ 2017, 155, 157. 209 Odenthal, wistra 2005, 170, 172. 210 Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 395 f. 211 Winkelbauer, FS Weber, 385, 393. 212 Erb, FS Geppert, 97, 100; Hirschkrämer, WRP 1965, 130, 131; Rengier, FS Tiedemann, 837, 845. 213 Harder, GRUR 1967, 182, 184; Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467; Rengier, FS Tiedemann, 837, 845; Rönnau, StV 2009, 302, 305; Winkelbauer, FS Weber, 385, 392 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 80.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Es ist nicht verständlich, warum die Annahme eines Vorteils durch den Geschäftsherrn keinen strafwürdigen Wettbewerbsverstoß darstellt, aber etwas anderes gelten soll, wenn ein Angestellter einen Vorteil mit Wissen oder auf Anweisung seines Geschäftsherrn fordert oder annimmt214. Der Geschäftsherr würde sich in diesen Fällen sogar wegen einer Teilnahme an der Angestelltenbestechlichkeit strafbar machen. Die Anerkennung einer Einwilligung trägt somit auch der gesetzgeberischen Entscheidung Rechnung, dass der Geschäftsherr straffrei sein soll. Diese würde anderenfalls konterkariert215. Der Geschäftsinhaber ist in einer arbeitsteiligen Wirtschaft aber darauf angewiesen, dass andere in seinem Namen und Interesse Verträge schließen können. Werden Angestellte und Beauftragte bestraft, sofern sie im Rahmen dieser Tätigkeit auf sein Anraten oder mit seinem Wissen Prämien oder Zusatzleistungen erhalten, wird die verfassungsrechtlich garantierte Vertragsfreiheit des Prinzipals mittelbar und unmittelbar in unzulässiger Weise beeinträchtigt. (b) Die Einwilligung im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes Im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes ist die Unlauterkeit kein Merkmal des objektiven Tatbestandes und scheidet als Anknüpfungspunkt für die Relevanz der Zustimmung aus. Der Umstand, dass der Pflichtverletzungstatbestand einen gesonderten Einwilligungsvorbehalt vorsieht, ist daher konsequent. Das Merkmal normiert zudem etwas, was schon aus anderen Gründen feststeht. Denn weiß das Unternehmen von der Vereinbarung und der Zuwendung, liegt keine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen vor216. Bereits begrifflich setzt die Pflichtverletzung eine Zuwiderhandlung voraus, an der es fehlt, sofern der Berechtigte der Handlung oder dem Unterlassen zugestimmt hat. Im Übrigen gilt das im Hinblick auf den Bevorzugungstatbestand Gesagte. Offengelegte Zahlungen beeinträchtigen weder die Kommunikationsbeziehung zum Prinzipal noch sind sie geeignet, den Wettbewerb abstrakt zu gefährden217. Ein Angestellter, der das Unternehmen über die Zuwendung in Kenntnis setzt, kommt meist nur der betrieblichen Verpflichtung nach, die ihm gegenüber dem Vertragspartner und dem Unternehmen obliegt. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsschutzes ist es nur folgerichtig, dass nur Handlungen strafrechtlich erfasst werden, die den Makel der Unlauterkeit tragen. Dies gilt aber – wie dargelegt – nur für Entscheidungen, bei denen persönliche Vorteile und betriebliche Pflichten interessenwidrig verknüpft werden. Die Gefahr einer solchen Verknüpfung besteht nur im Rahmen heimlicher Zuwendungen218. 214

Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468. Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468. 216 Schlüter, Bestechung, S. 50 f.; Walther, BB 2016, 95, 98; siehe zur Bewertung (unternehmerisch erwünschter) Kopplungsgeschäfte Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 162. 217 Dann, FS Wessing, 283, 284. 218 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3). 215

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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(c) Der Unwert der Wirtschaftskorruption Unabhängig von den jeweiligen Merkmalen des Tatbestandes spricht die Tatsache, dass die Zustimmung des Unternehmens innerhalb beider Varianten des § 299 StGB zur Straflosigkeit führt, für den Schutz des Wettbewerbs. Der Wettbewerb soll vor dem spezifischen Unrecht der Wirtschaftskorruption geschützt werden, das aus einer „wettbewerbswidrigen/marktregelwidrigen Beeinflussung der innerbetrieblichen Willensbildung“219 erwächst. Diese Willensbildung kann nur durch heimliche Zuwendungen in unlauterer Weise beeinflusst werden. Nur verdeckte Vorteilsgewährungen sind geeignet, die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des Unternehmens und den freien und lauteren Wettbewerb zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund ist die Einwilligung im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes nach dem Willen des Gesetzgebers kein Rechtfertigungsgrund, sondern ein Tatbestandsmerkmal im Sinne eines Einverständnisses220. Letzteres setzt nicht die Disponibilität des Schutzgutes voraus, sondern ergibt sich aus dem spezifischen Unwert der tatbestandlich normierten Angriffsweise. Im Rahmen der Korruption resultiert dieses Unrecht aus dem Umstand, dass sich der Bestochene „zum Diener zweier Herren macht“221. Aus kriminologischer Sicht ist die Korruption ein heimliches Delikt222. Weiß das Unternehmen von der Zuwendung, besteht nicht die Gefahr, dass es zu einem derartigen Interessenwiderspruch kommt. Die Heimlichkeit der Zuwendung hängt somit untrennbar mit der Gefahr für den Wettbewerb zusammen, obwohl sie selbst kein Tatbestandsmerkmal des § 299 StGB ist223. Diese Erkenntnis gründet auf der Einsicht, dass der Wettbewerb kein feststehendes, überindividuelles Gefüge darstellt. Er ist die Summe vieler Handlungen, der Interaktion von Unternehmen, die ihrerseits von einem Geschäftsherrn geführt und geleitet werden. Billigt ein Geschäftsherr ein bestimmtes Verhalten, nimmt es zwar Einfluss auf den Wettbewerb, es besteht aber nicht die Gefahr einer unlauteren, unsachgemäßen Verzerrung. Dies muss umso mehr gelten, da offene Zusatzleistungen sogar geeignet sind, den Wettbewerb zu fördern. Sie schaffen Zusatzanreize, die dazu motivieren, die bestehenden betrieblichen Pflichten – das Vermögen des Unternehmens zu mehren und in seinem Interesse Verträge zu schließen – bestmöglich zu erfüllen224. Dabei werden weder wirtschaftliche Interessen der Mitbewerber noch solche des Unternehmens konterkariert225. Offene Zuwendungen enthalten kein strafrechtsrelevantes Unrecht. Ein solches Unrecht liegt erst vor, wenn die entschleierte Zahlung derart unver219

LG Frankfurt, NStZ-RR 2015, 215, 216. BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 221 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. 222 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466. 223 Die Heimlichkeit hat jedoch „zweifellos einen Indizwert“ bei der Beantwortung der Frage, ob der Wettbewerb gefährdet werden kann. Odenthal, wistra 2005, 170, 172. 224 Steinbeck, GRUR 2005, 15, 18 f.; Winkelbauer, FS Weber, 385, 391. 225 Dann, FS Wessing, 283, 286. 220

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Kap. 2: Der Schutzzweck

hältnismäßig ist, dass Interessen der Erwerber verletzt werden können, weil die Zuwendung geeignet ist, die Objektivität des Bevorteilten mehr als üblich zu beeinträchtigen226. In allen anderen Fällen fördern Incentives und Verkaufsprämien den Wettbewerb227. Eine strafrechtsrelevante Bestechung im geschäftlichen Verkehr setzt daher voraus, dass das Unternehmen nichts von ihr weiß228. Dies hat sogar ein Ausschussberichterstatter des Bundestages in der abschließenden Lesung bestätigt229. Alle anderen Leistungen, die dem Angestellten gewährt werden, erfüllen weder das typische Tatbild der Wirtschaftskorruption noch das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit oder der Pflichtverletzung. Dies wird – im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes – durch den Einwilligungsvorbehalt verdeutlicht. Leider hat der Gesetzgeber die sich im Zuge der Reform ergebende Chance vertan, dies auch für den Bevorzugungstatbestand abschließend gesetzlich zu regeln. Da die Möglichkeit der Einwilligung aber auch gewohnheitsrechtlich anerkannt ist, hat die gesetzliche Regelung innerhalb des Pflichtverletzungstatbestandes ohnehin nur eine klarstellende Funktion230. cc) Stellungnahme Die Möglichkeit der strafbefreienden Einwilligung im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes resultiert nicht aus dem Individualschutz der Norm, sondern aus dem spezifischen Unwert der Wirtschaftskorruption und den Besonderheiten des Wettbewerbsschutzes. Der Einwilligungsvorbehalt trägt dem Umstand Rechnung, dass eine offengelegte Zuwendung kein korruptionsstrafrechtliches Unrecht beinhaltet und den Wettbewerb nicht gefährdet. Eine wettbewerbswidrige, unlautere Beeinflussung im Sinne des § 299 StGB ist nur gegeben, wenn die Zuwendung ohne die Einwilligung des Unternehmens erfolgt. Entschleierte Geldzahlungen sind sogar geeignet, den Wettbewerb zu fördern. Der Einwilligungsvorbehalt spricht somit keineswegs gegen den wettbewerbsschützenden Charakter der Norm, sondern für ihn. Mag der Korkengeldfall des Reichsgerichtes231 in der Praxis noch als maßgeblich empfunden werden, gibt die Reform des § 299 StGB einen begründeten Anlass dazu, auf eine ganzheitliche Änderung der Rechtsprechung zu vertrauen. Bedauerlich ist

226

Steinbeck, GRUR 2005, 15, 18. Erb, FS Geppert, 97, 100; Walther, Bestechung, S. 105. 228 Winkelbauer, FS Weber, 385, 393; Schon zu § 12 UWG a.F. Lampe, FS Stree/Wessels, 449, 462 ff. 229 Grindel, BT-Plenarprotokoll 18/130, S. 12700 D. 230 Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 329; anders Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 397; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 45. 231 Siehe dazu schon 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3) (a). 227

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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bloß, dass der Gesetzgeber die Chance vertan hat, die Rechtslage auch im Hinblick auf den Bevorzugungstatbestand abschließend gesetzlich zu regeln232. b) Die Täterkreise aa) Der Täterkreis des § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB (1) Die Begriffe des Angestellten und Beauftragten eines Unternehmens Wegen einer Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB können sich nur Angestellte und Beauftragte eines Unternehmens strafbar machen. Dies gilt sowohl für den Bevorzugungs- als auch für den Pflichtverletzungstatbestand. Die passive Bestechung ist demnach ein Sonderdelikt233. Sind Personen an der Bestechlichkeit beteiligt, die nicht zu diesem Personenkreis zählen, verbleibt alleine eine Strafbarkeit wegen Anstiftung oder Beihilfe234. Angestellter im Sinne des § 299 Abs. 1 StGB ist, „wer in einem Dienst-, Werksoder Auftragsverhältnis zum Geschäftsherrn steht, den Weisungen des Geschäftsherrn unterworfen ist und im Rahmen seiner Tätigkeit Einfluss auf die geschäftliche Betätigung des Betriebes nehmen kann“235. Beauftragter ist, wer über eine eigenständige Entscheidungskompetenz verfügt und Maßnahmen des Unternehmens, die den Austausch von Waren oder anderen Leistungen betreffen, unmittelbar oder mittelbar beeinflussen kann236. Korruptionskonstellationen an denen ein Mitarbeiter beteiligt ist, der untergeordnete Hilfstätigkeiten ausübt, sind strafrechtlich irrelevant. Der Geschäftsinhaber selbst ist weder Angestellter noch Beauftragter des Unternehmens237. (2) Bewertung Es stellt sich erneut die Frage, welche Rückschlüsse der Täterkreis des § 299 Abs. 1 StGB auf den Schutzzweck der Norm zulässt. Grundsätzlich kommen nur Personen als Täter einer Strafnorm in Frage, die in der Lage sind, auf das Schutzgut einzuwirken. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Loyalitätsinteressen lässt sich die dahingehende Begrenzung des Pflichtverletzungstatbestandes „nach oben hin“ nicht erklären. Denn Loyalitätsinteressen bestehen ihrem Wesen nach ohne

232 Skeptisch hinsichtlich einer möglichen Übertragbarkeit des Einwilligungsvorbehaltes bei der praktischen Anwendung des Bevorzugungstatbestandes ist Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 397. 233 Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 3. 234 Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 3, 40. 235 Gaede, in: WSS, § 299, Rn. 28 m.w.N. 236 BGH NJW 2012, 2530, 2533; Rogall, in: SK-StGB, Band V, § 299 Rn. 26. 237 RGSt 68, 268, 270; BGH NStZ 2012, 35, 38; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 7a f.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Einschränkung gegenüber allen Arbeitnehmern und sonstigen zur Loyalität verpflichteten Personen238. Dass sich nur Mitarbeiter nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar machen können, die über einen eigenständigen Entscheidungsspielraum verfügen und Einfluss auf Entscheidungen nehmen können, die den Warenaustausch oder Dienstleistungen betreffen, spricht vielmehr für den Schutz des Wettbewerbs239. Denn nur Angestellte oder Beauftragte können durch die Verletzung der ihnen obliegenden Pflichten Einfluss auf die gesamtwirtschaftlichen Abläufe eines Unternehmens nehmen und sind in der Lage, die Redlichkeit des Wettbewerbs zu gefährden. Nur ihre Entscheidungen sind über die Grenzen des Unternehmens hinaus von Bedeutung, haben eine Außenwirkung und sind potenziell relevant für den Wettbewerb und seine Lauterkeit. Die Notwendigkeit dieser Relevanz wird durch den Täterkreis der passiven Bestechung indiziert. bb) Der Täterkreis des § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB (1) Die aktive Bestechung als Jedermann-Delikt Anders als die passive Bestechung ist die aktive Bestechung nach § 299 Abs. 2 StGB ein Jedermann Delikt. Grundsätzlich kann jede natürliche Person zum Täter einer aktiven Bestechung werden240. Aus praktischer Sicht kommen insbesondere Mitbewerber oder für einen Mitbewerber handelnde Personen in Frage241. Ob eine Strafbarkeit wegen Täterschaft oder Teilnahme gegeben ist, wird nach den allgemeinen Grundsätzen beurteilt. (2) Bewertung Der Umstand, dass der Täterkreis der aktiven Bestechung gesetzlich nicht beschränkt ist, spricht ebenfalls gegen den Schutz der Loyalität und für einen Wettbewerbsschutz des Pflichtverletzungstatbestandes. Denn Loyalitätsinteressen können nur von Personen verletzt werden, die eine dahingehende Pflicht gegenüber dem Unternehmen trifft. Eine völlig außerhalb des Unternehmens stehende Person ist aber kein Teil des arbeitsrechtlichen Pflichten- und Loyalitätskreises. Würde die Norm individuelle Interessen schützen, dürften Dritte nur wegen Anstiftung im Sinne des § 26 StGB strafbar sein. In Folge dessen hätte der Gesetzgeber auf die Schaffung des § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB verzichten müssen. Sprach die Einschränkung des Täterkreises im Rahmen des ersten Absatzes gegen einen Schutz der Loyalität, ist es die Weite des selbigen, die im Rahmen des zweiten Absatzes einen Schutz von Loyalitätsinteressen als fernliegend erscheinen lässt. 238 239 240 241

Siehe zum Pflichtenkreis auch Wollschläger, Täterkreis, S. 136. Zum Bevorzugungstatbestand Brank/Worstry, WRP 2008. Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 32. Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 25.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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c) Handeln im geschäftlichen Verkehr aa) Darstellung Die Tathandlung muss im geschäftlichen Verkehr vollzogen worden sein. Durch dieses Tatbestandsmerkmal, das gleichermaßen für den Bevorzugungs- wie für den Pflichtverletzungstatbestand gilt, werden Tätigkeiten aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen, die privat oder hoheitlich erfolgen oder betriebsinterne Vorgänge betreffen242. Freiberufliche, gemeinnützige oder wissenschaftliche Tätigkeiten sind erfasst, sofern sie sich im Wettbewerb abspielen und seinem Zwecke dienen243. Der Angestellte oder Beauftragte muss demnach in seiner Funktion als Zugehöriger des Unternehmens bestochen werden und in dieser Funktion handeln. Das Tatbestandsmerkmal stellt sicher, dass die Korruption in einem direkten Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit des Unternehmens steht244. Die korruptive Handlung muss – mit anderen Worten – eine „Wettbewerbshandlung“245 sein. bb) Bewertung Dass der Pflichtverletzungstatbestand nur Wettbewerbshandlungen erfasst, spricht entschieden für den Schutz des selbigen. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes arbeitsrechtlicher Loyalitätsinteressen ergibt dieses Tatbestandsmerkmal keinen Sinn. Denn solche Interessen könnten auch durch eine Bestechung im privaten Bereich oder vorteilsveranlasste Pflichtverletzung im Rahmen rein betriebsinterner Vorgänge verletzt werden. Missachtet ein Angestellter beispielsweise die Pflicht zur Kontrolle von Produktionsprozessen, die der Vorbereitung des anschließenden Vertriebs dienen, fände diese Handlung zwar nicht im geschäftlichen Verkehr statt, würde aber Loyalitätsinteressen verletzen246. Aus diesem Grund kennt auch der Tatbestand der Untreue, der dem Schutz einer individuellen, vermögensbezogenen „Erwartungssicherheit“247 dient, keine vergleichbare Einschränkung. d) Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen Das letzte schutzzweckrelevante Merkmal des Pflichtverletzungstatbestandes ist die Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen. Diese muss im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen durch eine vorgenommene oder 242 BGHSt 10, 358, 366; Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 47 ff.; Fischer, StGB, § 299 Rn. 20. 243 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 9. 244 RGSt 47, 183, 185 f.; 72, 132 f.; Gaede, in: WSS, § 299 Rn. 39. 245 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 47. 246 Beispiel übernommen von Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 47. 247 Siehe nur Fischer, StGB, § 266 Rn. 2.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

unterlassene Handlung erfolgt sein. Dieses Tatbestandsmerkmal ist der Mittelpunkt der Neuregelung. Wie der Begriff der Pflichtverletzung im Einzelnen verstanden und eingeschränkt werden kann, „ist bislang weitgehend unklar“248. Für diese Frage ist der Schutzzweck der Regelung von maßgeblicher Bedeutung. Aus diesem Grund wird sich die Arbeit ihrer Beantwortung erst im folgenden Kapitel widmen. Relevant für die Ermittlung des Schutzzwecks ist im Rahmen dieses Merkmals jedoch zweierlei: zum einen die gesetzliche Beschränkung möglicher Pflichtverletzungen auf solche, die in einem Zusammenhang mit dem Waren- und Dienstleistungsaustausch stehen und zum anderen der Umstand, dass die Pflicht gegenüber einem Unternehmen verletzt werden muss. Der Begriff des Bezuges umfasst alle geschäftlichen Handlungen, die „auf die Erlangung oder den Absatz von Waren oder Leistungen“ gerichtet sind249. Die Verletzung rein interner Pflichten ist tatbestandlich irrelevant. Da diese jedoch ebenfalls geeignet sind, Loyalitäts- oder Vermögensinteressen des Unternehmens zu verletzen, lässt sich die gesetzliche Beschränkung des Kreises möglicher Pflichtverletzungen erneut nur unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsschutzes erklären250. Diese Bewertung unterstützt auch der Umstand, dass die gesetzliche Regelung nicht von einer individuellen Person (z. B. einem Vorgesetzten, Abteilungsleiter oder Auftraggeber) als Adressat der Pflichtverletzung, sondern von einem Unternehmen spricht. Dieser Begriff beschreibt eine klassische Funktionseinheit des Wettbewerbs251. Ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung ist deutlich größer als die einer Einzelperson252. Zwar hegen Unternehmen auch ein schützenswertes Interesse an der Loyalität ihrer Mitarbeiter, sie sind aber in erster Linie Träger eines marktwirtschaftlichen Kollektivinteresses. e) Stellungnahme zur grammatikalischen Auslegung Der Wortlaut des Pflichtverletzungstatbestandes legt einen Schutz des Wettbewerbs nahe. Keines der schutzzweckrelevanten Tatbestandsmerkmale lässt den begründeten Schluss zu, dass die Regelung dem Schutz individueller Unternehmensinteressen, namentlich dem Schutz von Loyalitätsinteressen, dient. Die grammatikalische Auslegung stützt also das Ergebnis der Analyse des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor253. 248

Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 61. BGHSt 10, 269, 270; Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 26. 250 Jäckle, BB- Standpunkte vom 16. 03. 2015, abrufbar unter: http://betriebs-berater.ruw.de/ bb-standpunkte/standpunkte/Geschaeftsherrenmodell-bei–299-StGB-Ja-oder-Nein-26394 (Stand: 01. 11. 2018). 251 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 13. 252 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 13. 253 Siehe dazu 2. Kapitel C. I. 3. 249

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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2. Die Historie Im Folgenden wird die Historie des Tatbestandes dargestellt und im Hinblick auf ihre Relevanz für den Schutzzweck des Pflichtverletzungstatbestandes analysiert. Dabei wird zunächst die historische Entwicklung des Gesamttatbestandes untersucht und bewertet. Im Anschluss daran erfolgt eine Analyse des historischen Hintergrundes des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung. a) Die Wurzeln des Gesamttatbestandes aa) Darstellung Der Pflichtverletzungstatbestand wurde in den bestehenden Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr eingefügt. Letzterer hat seine Wurzeln in § 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) alte Fassung254. Die neue Variante reiht sich in eine Normengeschichte ein, deren eindeutiger Wettbewerbsbezug nicht geleugnet werden kann. Die historische Entwicklung des Gesamttatbestandes wird im Folgenden anhand der wesentlichen Eckpfeiler dargestellt. Das UWG enthielt in der Fassung von 1896 zunächst keinen Tatbestand zur Sanktionierung der Angestelltenbestechung255. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich die Wirtschaftslandschaft in Deutschland. Im Zuge der deutschen Einigung und des wirtschaftlichen Aufschwungs stieg die Zahl der Großbetriebe kontinuierlich256. Viele Betriebsinhaber konnten die anfallenden Aufgaben nicht mehr selbst erledigen und mussten sich durch Vertrauenspersonen (Angestellte und Beauftragte) vertreten lassen und Aufgaben delegieren257. Diese zunehmende Verzweigung von Unternehmensstrukturen und der steigende Konkurrenzdruck boten den Nährboden für ein wachsendes Bestechungsunwesen in der Privatwirtschaft. Die korrupten Strukturen hatten in einigen Wirtschaftszweigen zeitweise derart Überhand genommen, dass ein Warenabsatz ohne gesonderte Schmiergeldzahlungen an die Angestellten nicht mehr möglich war258. Diese Entwicklung führte dazu, dass das kriminalpolitische Bedürfnis entstand, die Ange-

254 Siehe zur Entstehungsgeschichte des § 299 StGB Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298. 255 Hirschenkrämer, Bestechung, S. 9; Tiedemann, FS Müller-Dietz, 905, 905; siehe dazu und zur Zeit vor der Einführung des UWG ausführlich Ulbricht, Bestechung, S. 5 ff. 256 Siehe ausführlich zu dieser Entwicklung Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 97; Kahmann, Bestechlichkeit, S. 158 ff.; Ulbricht, Bestechung, S. 11 ff. 257 Hirschenkrämer, Bestechung, S. 10. 258 Dazu ausführlich Herzberg, Bestechung, S. 15; Hirschenkrämer, Bestechung, S. 10; von einem „Krebsschaden des Handelsverkehrs“ spricht Dosenheimer, DJZ 1908, 1160, 1160.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

stelltenbestechung gezielt zu sanktionieren, um einen freien und lauteren Wettbewerb zu gewährleisten259. Der Reichstag setzte sich daher im Jahre 1905 erstmalig mit der Schaffung einer entsprechenden Sanktionsnorm auseinander260. Vier Jahre später trat § 12 UWG a.F. in Kraft261. In der Praxis war der Tatbestand trotz allem lange Zeit nahezu bedeutungslos. Er fristete ein „Schattendasein“262. Um das Bewusstsein der Bevölkerung dafür zu stärken, dass Korruptionsstrukturen in der privaten Wirtschaft strafwürdiges Unrecht darstellen, wurde die Regelung im Jahre 1997 durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz in das Kernstrafrecht integriert263. Der Abschnitt der Straftaten gegen den Wettbewerb wurde geschaffen und mit ihm § 299 StGB, eine der zentralen Normen des Korruptionsstrafrechts264. Eine inhaltliche Änderung der Vorschrift wurde mit ihrer neuen systematischen Anordnung jedoch nicht bezweckt265. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers, trotz der Implementierung der Regelung in das Kernstrafrecht, eine Rolle bei der Auslegung des § 299 StGB spielen266. Den bedeutsamen Wurzeln des Tatbestandes sollte auf diese Weise Rechnung getragen werden267. bb) Bewertung Die Geschichte des § 299 StGB ist eine wettbewerbsrechtliche. Dieser Bezug liegt auf der Hand. Der Umstand, dass der Pflichtverletzungstatbestand in eine Norm intergiert wurde, die solch eine eindeutige geschichtliche Prägung hat, spricht für den Wettbewerbsschutz der neuen Varianten und eine Relevanz des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Rahmen ihrer Auslegung. Die historische Auslegung des Gesamttatbestandes unterstützt somit das Ergebnis der grammatikalischen Auslegung. Sie enthält demgegenüber keinen Hinweis darauf, dass der Pflichtverletzungstatbestand Loyalitätsinteressen schützt.

259 Siehe zu weiteren Faktoren (wie der Expansion von Massenmedien und der fortschreitenden Demokratisierung der Gesellschaft) Bösch, Historische Zeitschrift, Band 48, 175, 176. 260 Zunächst wurde die Forderung nach einem Gesetz ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung abgelehnt. Siehe Reichstag, Sten. Bericht, XI. Legislaturperiode 1. Session, 173. Sitzung, S. 5635D, 5636 A. 261 RT-Drucks. 1909 Nr. 1390, S. 8447 ff., 8464 f.; RGBl. 1909, 499, 502. 262 Rönnau, StV 2009, 302, 302. 263 BT-Drucks. 13/5584, S. 15. 264 BGBl. I 1997, S. 2038. 265 Zöller, GA 2009, 137, 140. 266 BT-Drucks. 13/5584, S. 15. 267 BT-Drucks. 13/5584, S. 15.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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b) Der Prevention of Corruption Act und das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung Davon zu trennen ist die Frage, welchen Schluss die historische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung auf den Schutzzweck zulässt. Zur Beantwortung dieser Frage bietet sich ein historischer Blick auf den Prevention of Corruption Act („Act for the better Prevention of Corruption“) an. Dieser stammt, wie § 12 UWG a. F., aus dem frühen 20. Jahrhundert und ist am 01. 01. 1907 in England in Kraft getreten268. aa) Die Bedeutung für den Bevorzugungstatbestand Der Corruption Act sanktioniert das Anbieten oder Fordern einer Zuwendung durch einen Agenten, sofern die Handlung corruptly erfolgt269. Viele Staaten weltweit haben die englische Regelung als vorbildlich empfunden und die nationalen Korruptionstatbestände ihr nachgebildet270. Auch der Reichsgesetzgeber hat den Corruption Act bei der Ausgestaltung des § 12 UWG a. F. berücksichtigt271. Er wollte eine gesetzliche Regelung schaffen, die das Schmiergeldunwesen in der Privatwirtschaft effektiv und flächendeckend bekämpft, gleichzeitig aber so begrenzt ist, dass die Gewährung harmloser Zuwendungen tatbestandlich nicht erfasst wird272. Anhand welchen Merkmals strafwürdiges Unrecht von sozialüblichen Vorteilen abzugrenzen war, wurde allerdings uneinheitlich beurteilt. Vertreter der Reichsregierung schlugen – in Anlehnung an den englischen Begriff corruptly – vor, auf ein „pflichtwidriges Verhalten des Angestellten oder Beauftragten gegen seinen Geschäftsherrn“ abzustellen273. Durchsetzen konnte sich dieses Kriterium im Ergebnis jedoch nicht. Die Reichstagskommission brachte den Einwand vor, der englische Begriff corruptly bringe „das Moment der Unlauterkeit“ zum Ausdruck274. Aus 268

Siehe zur Rechtslage in Großbritannien bis 1907 Rasch, Bestechungswesens, S. 220 f.; Fennell/Thomas, International Journal of the Sociology of Law 1983, 167, 172 f., 174 ff. 269 Siehe den vollständigen Originaltext des Prevention of Corruption Act bei Crew, The law, S. 67 f.; siehe die deutsche Übersetzung bei Rasch, Bestechungswesen, S. 222 f.; zur Diskussion um die Fassung des Gesetzes siehe Fennell/Thomas, International Journal of the Sociology of Law 1983, 167, 183 ff. 270 Siehe dazu Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 100 ff.; siehe zur langen Tradition der Korruptionsbekämpfung in Großbritannien Bösch, Historische Zeitschrift, Band 48, 175, 177 ff. 271 RG-Drucks. Nr. 1390, S. 8449, 8464 f. 272 Zu weit gefasst war der Vorschlag der Redaktionskommission nach dem bestraft werden sollte, „wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs […] Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, um bei dem Bezuge von Waren oder gewerblichen Leistungen eine Bevorzugung zu erlangen“. RT-Drucks. Nr. 1390, S. 8448 f.; Ulbricht, Bestechung, S. 11 ff. 273 RT-Drucks. Nr. 1390, S. 8449 f.; Pfeiffer, FS Gamm, 129, 130; diesen Vorschlag unterbreitete auch Kiep, DJZ 1908, 1336, 1336. 274 RT-Drucks. Nr. 1390, S. 8464.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

diesem Grund forderte die Kommission, dass die nationale Regelung hinsichtlich der Strafwürdigkeit auf ein unlauteres Verhalten gegenüber den Mitbewerbern abstellt275. Inhaltlich wies die Kommission darauf hin, dass das Verhalten nicht zwangsläufig gegenüber dem Geschäftsherrn unlauter sein müsse. Es genüge, wenn es „den Stempel der Unlauterkeit“ gegenüber den Mitbewerbern trage276. Tatsächlich liegt dem Begriffsverständnis der Kommission, auf welchem die Fassung des § 12 UWG a. F. und die des Bevorzugungstatbestandes basiert, ein Übersetzungs- und Verständnisfehler zugrunde277. Corruptly im Sinne des englischen Rechts handelt ein Agent, der bei der Erfüllung seiner Aufgaben wegen einer Zuwendung die Pflicht zur Treue und Loyalität verletzt278. Strafbegründend wirkt somit nicht die Unlauterkeit des Verhaltens gegenüber den Mitbewerbern, sondern eine pflichtwidrige Handlung gegenüber dem Unternehmen279. Diesem Umstand trug einzig der Gesetzesvorschlag der Reichsregierung Rechnung. Der Übersetzungsfehler hat dazu geführt, dass die Unlauterkeit der Handlung zum Tatbestandsmerkmal des § 12 UWG a. F. wurde. Der Gesetzgeber hat sich nicht gegen das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung entschieden, weil er den Schutzzweck des Bestechungstatbestandes von dem der Untreue oder des Betruges abgrenzen wollte280. Vertreter der Reichsjustiz haben sogar während des Gesetzgebungsverfahrens darauf hingewiesen, dass die Tatbestände des Betruges und der Untreue – unabhängig davon, ob auf das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung abgestellt werde – nicht auf Korruptionskonstellationen anwendbar seien281. bb) Die Bedeutung für den Pflichtverletzungstatbestand Welche Bedeutung dieser historische Hintergrund für den Pflichtverletzungstatbestand und seinen gegenwärtigen Schutzweck hat, erschließt sich jedoch erst auf den zweiten Blick. Viele Staaten weltweit haben die gesetzliche Konzeption des englischen Rechts übernommen. Aus diesem Grund stellen die meisten ausländischen Regelungen

275

RT-Drucks. Nr. 1390, S. 8464 f.; RGSt 48, 291, 294 f. Die Mehrheit der Kommission verstand das Gesetz als Konkurrenzdelikt. Es wurde betont, das sich der Unwert der Handlung nicht in der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens gegenüber dem Geschäftsherrn erschöpfe. RT-Drucks. Nr. 1390, S. 8465. 277 Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 103; a.A. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Auflage 1983, § 12 UWG Rn. 12. 278 Siehe die Originaldefinition nach Murray bei Crew, The law, S. 73 f. 279 Crew, The law, S. 73 ff.; Rasch, Bestechungsunwesen, S. 224; Sullivan, in: Heine/ Huber/Rose, 65, 66. 280 Schünemann deutet an, dass solche Erwägungen eine Rolle bei der Ausgestaltung des Tatbestandes gespielt haben. Schünemann, ZRP 2015, 68, 69. 281 RT-Drucks. Nr. 1390, S. 8450 f. 276

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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schon seit langer Zeit auf eine Pflichtverletzung bzw. einen Treuebruch ab282. Der Pflichtverletzungstatbestand beruht seinerseits auf internationalen Bestrebungen, die darauf abzielen, das welt- und europaweite Korruptionsstrafrecht stärker anzugleichen283. Der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung284. Er verpflichtete Deutschland dazu, eine Norm zu schaffen, die konzeptionell dem Corruption Act entspricht285. Es spricht viel dafür, dass das historische Regelungskonzept des Corruption Act und sein Schutzzweck Rückschlüsse auf den Pflichtverletzungstatbestand zulassen. Welchem Schutzzweck die englische Regelung dient, ist allerdings nicht ganz klar. Es gibt Stimmen, die annehmen, die Regelung schütze individuelle Interessen des Geschäftsherrn286. Dafür spricht, dass eine korrupte Vereinbarung nur dann strafbar ist, wenn durch sie Treue- und Loyalitätspflichten gegenüber dem Prinzipal verletzt worden sind287. Erlassen worden ist der Corruption Act aber, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern288. Die Regelung kann somit durchaus wettbewerbsschützend interpretiert werden289. Nach diesem Normverständnis würde sich zwar der Unwert der Handlung aus der treuwidrigen Missachtung der Interessen des Geschäftsherrn ergeben, die Norm aber dem Schutz des Wettbewerbs dienen. Diese Aspekte schließen sich nicht aus, sie sind miteinander verwoben. Denn es kann nicht beurteilt werden, ob die Gefahr einer Verzerrung des Wettbewerbs gegeben ist, wenn nicht zuvor bestimmt wurde, welchen Willen der Geschäftsherr hatte290. c) Stellungnahme zur historischen Auslegung Die historische Auslegung stützt die Ergebnisse der grammatikalischen Auslegung und der Bewertung des Rahmenbeschlusses. Sie spricht für einen wettbewerbsschützenden Charakter des Pflichtverletzungstatbestandes. Diese Folgerung ergibt sich eindeutig aus der wettbewerbsrechtlichen Historie des § 299 StGB als Gesamttatbestand. Das Ergebnis der historischen Analyse des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung ist etwas spekulativer, doch nicht weniger schlüssig. Vieles spricht dafür, dass der Bruch der Treue maßgeblich ist für den Unwert der Handlung, der Prevention of Corruption Act im Ergebnis jedoch dem Schutz des Wettbewerbs 282

Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 100 ff. BR-Drucks. 548/07, S. 9 ff.; BT-Drucks. 18/4350, S. 11 ff.; BT-Drucks. 18/6389, S. 1. 284 Siehe dazu schon 1. Kapitel B. II. 2. b); 1. Kapitel B. III. 2. 285 Vgl. Abl. EU L 192/55, Art. 2 Abs. 1 Rb 2003/568/JI. 286 Androulakis, Korruptionsbekämpfung, S. 100 f.; Rasch, Bestechungsunwesen, S. 224. 287 Sullivan, in: Heine/Huber/Rose, 60, 61 f. unter Verweis auf den Law Commission Report No. 246 para 5.4. 288 Fennell/Thomas, International Journal of the Sociology of Law 1983, 167, 180 ff.; Sullivan, in: Heine/Huber/Rose, 60, 62, 65. 289 Heine, in: ders./Huber/Rose, 608, 616 f.; a.A. Rasch, Bestechungsunwesen, S. 224. 290 Siehe dazu ausführlich 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3). 283

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Kap. 2: Der Schutzzweck

dient. Dass sich diese beiden Aspekte keinesfalls ausschließen, wird am Ende dieses Kapitels ausführlich dargelegt291. 3. Die Systematik Die systematische Stellung gibt ebenfalls Aufschluss über den Schutzzweck eines Gesetzes. Im Folgenden werden die gesamtsystematische und die innertatbestandliche Verortung des Pflichtverletzungstatbestandes einer eingehenden Analyse unterzogen. a) Die gesamtsystematische Verordnung Der Pflichtverletzungstatbestand ist innerhalb des Tatbestandes der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verortet und damit Bestandteil des 26. Abschnitts des Strafgesetzbuches. Dieser Abschnitt wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Jahr 1997 geschaffen und erfasst alle Straftaten gegen den Wettbewerb292. Der Gesetzgeber wollte mit seiner Einführung verdeutlichen, dass „der Schutz des Wettbewerbs für eine funktionierende soziale Marktwirtschaft so bedeutend [ist], daß durch Straftatbestände im Strafgesetzbuch zum Schutz dieses Rechtsguts beigetragen werden sollte“293. Alle Tatbestände dieses Abschnitts verfolgen das gemeinsame Ziel, den wirtschaftlichen Leistungswettbewerb vor strafwürdigen Einflüssen zu schützen294. Er soll insbesondere aufgrund seiner Bedeutsamkeit für die Gesellschaft, die wirtschaftliche Entwicklung und den Einzelnen gesichert werden295. Die unternehmerische Handlungsfreiheit wird ebenso geschützt, wie der Wettbewerb in seiner institutionellen Bedeutung und Funktionsfähigkeit296. Diesen beiden Grundfunktionen trägt auch die Systematik des 26. Abschnitts Rechnung. Während § 298 StGB die institutionelle Verteilungs- und Steuerungsfähigkeit des Wettbewerbs sichert, dient § 299 StGB dem Schutz seiner Lauterkeit297.

291

2. Kapitel D. II., III. Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 08. 1997, BGBl. I, S. 2038. 293 BT-Drucks. 13/5584, S. 12. 294 BT-Drucks. 13/5584, S. 9; Dannecker, in: NK StGB, Band 3, Vor §§ 298 ff. Rn. 1, 15 f.; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor §§ 298 ff. Rn. 1. 295 Siehe dazu ausführlich und instruktiv Möschel, FS Pfeiffer, 707, 708 ff. 296 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, Vor §§ 298 ff. Rn. 5. 297 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 2. 292

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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b) Die innertatbestandliche Systematik: Der Schutzzweck des Bevorzugungstatbestandes Über den Schutzzweck einer Tatbestandsvariante gibt nicht nur ihre gesamtsystematische Verortung, sondern auch der innertatbestandliche Regelungszusammenhang Aufschluss. Die Frage danach, welchem Zweck der Bevorzugungstatbestand dient, spielt im Rahmen der systematischen Auslegung daher eine entscheidende Rolle. In Anbetracht der gesamtsystematischen Verortung und Funktion des § 299 StGB verwundert es fast, dass dieser Zweck durchaus umstritten ist298. Im Folgenden werden die Ansicht der Rechtsprechung und der herrschenden Literatur dargestellt. Diese decken sich in ihrer Kernaussage weitestgehend und bilden den Maßstab der weiteren Analyse. Eine vollständige Auflistung aller zu dieser Thematik vertretenen Auffassungen und Nuancierungen würde den Rahmen der Arbeit sprengen. An den relevanten Stellen wird daher innerhalb der Fußnoten auf andere Werke und weiterführende Literatur verwiesen. aa) Die Ansicht der Rechtsprechung Zunächst wird die Ansicht des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes im Bezug auf den Schutzumfang des § 12 UWG a. F. dargestellt. Diese ist relevant, da sie den Grundstein für die spätere Rechtsprechung zum Schutzzweck des Bevorzugungstatbestandes gelegt hat. Das Reichsgericht verfolgte zunächst im Hinblick auf den Schutzzweck des § 12 UWG a. F. keine klare Linie. Von zentraler Bedeutung war die Frage, ob die Norm nur dem Schutz der Mitbewerber oder auch dem des Geschäftsherrn dient und wie das Tatbestandsmerkmal des unlauteren Verhaltens in diesem Lichte auszulegen ist. In einigen Entscheidungen heißt es, bei der Beantwortung dieser Frage komme es weniger auf die Beziehung zum Geschäftsherrn und mehr auf die zu den Mitbewerbern an299. Diese Aussage impliziert, dass der Prinzipal nicht per se aus dem Schutzbereich der Norm ausgeschlossen wurde300. Vollkommen anders urteilte das Reichsgericht jedoch in der wohl bekanntesten Entscheidung zur Angestelltenbestechung – dem sogenannten „Korkengeldfall“301. In diesem Urteil klammerte das Reichsgericht den Geschäftsherrn explizit aus dem Schutzbereich des § 12 UWG a. F. aus302. Unlauter im Sinne der Norm sei ein Verhalten nur, wenn es gegen Treu und Glauben nach Maßgabe des Wettbewerbsverhältnisses verstoße303. Die Billigung 298 299 300 301 302 303

Walther, Bestechlichkeit, S. 59. RGSt 47, 183, 185; 58, 429, 429. Hinweis in RGSt 76, 335, 336 f. RGSt 49, 291. RGSt 49, 291. RGSt 49, 291, 295.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

und Kenntnis des Geschäftsherrn sei irrelevant304. In späteren Entscheidungen wird diese Rechtsprechung dann ausdrücklich revidiert305. Es heißt, der Geschäftsherr, Geschäftsbetriebe an sich und die Interessen der Allgemeinheit würden durch § 12 UWG a. F. geschützt306. Der Bundesgerichtshof setze sich weniger mit der Frage auseinander, ob die Mitbewerber oder der Geschäftsherr geschützt sind. In den Entscheidungen wird – unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte der Norm – zunehmend auf den Wettbewerbsschutz der Regelung abgestellt307. Es heißt § 12 UWG a. F. diene dem Schutz „der Ordnung des freien Wettbewerbs“ und schütze „die Gleichheit der Aussichten der Wettbewerber“308. Geschützt werde „nicht nur der redliche Wettbewerb, sondern im öffentlichen Interesse der Wettbewerb überhaupt“309. Der Geschäftsherr wird in diesen Schutzbereich einbezogen. Er sei Träger des Rechtsgutes, sofern „die verbotene Handlung ihm gegenüber pflichtwidrig“ sei310. Daraus folge auch seine Antragsberechtigung nach § 22 UWG a. F.311. Die Implementierung der Angestelltenbestechung in das Kernstrafrecht hat nichts an dem Normverständnis des Bundesgerichtshofes geändert312. Nach Ansicht der Rechtsprechung schützt § 299 StGB den Wettbewerb vor „strafwürdige[n] Störungen des Wettbewerbs“ und der „abstrakte[n] Gefahr sachwidriger Entscheidungen“313. Bis heute vertritt der Bundesgerichtshof diese wettbewerbsschützende Rechtsprechungslinie314. bb) Die Ansichten in der Literatur In der Wissenschaft sorgt die Frage, welchem Schutzzweck der Bevorzugungstatbestand dient, seit 20 Jahren für Diskussionen315. Die meisten Ansichten unterscheiden sich jedoch eher in Nuancen als im Kern. Weitgehende Einigkeit besteht 304

RGSt 49, 291, 295; so auch in RGSt 66, 81, 83. RGSt 50, 118, 118; 76, 335, 336. 306 RGSt 50, 118, 118; 76, 335, 336. 307 BGHSt 2, 396, 402; 10, 358, 367. 308 BGHSt 2, 396, 402. 309 BGHSt 10, 358, 367. 310 BGHSt 31, 207, 210. 311 BGHSt 31, 207, 210. 312 BGHSt 49, 214, 229. 313 BGH NJW 2006, 3290, 3298; NStZ-RR 2015, 278, 279. 314 Im Fall Siemens ging der Senat ganz selbstverständlich davon aus, dass der Bevorzugungstatbestand dem Schutz des Wettbewerbs dient und setzte sich lediglich mit der Frage auseinander, ob auch der ausländische Wettbewerb vom Schutz erfasst wird. Siehe BGHSt 52, 323, 340 ff. 315 Eine ausführliche Darstellung der vertretenen Meinungen erfolgt bei Pragal, Korruption, S. 107 ff.; Sprafke, Korruption, S. 99 ff.; sehr instruktiv: Wollschläger, Täterkreis, S. 8 ff. 305

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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dahingehend, dass der Tatbestand jedenfalls auch dem Schutz eines freien und lauteren Wettbewerbs dient316. Für Diskussionspotenzial sorgt jedoch der Umstand, dass der Wettbewerb nach der herrschenden Ansicht nicht das alleinige Schutzgut der Regelung sein soll317. Daneben sollen die Mitbewerber in ihrem Interesse an Chancengleichheit und bzw. oder im Hinblick auf ihr Vermögen vom Schutzbereich erfasst sein318. Zudem sollen Verbraucher vor korruptionsbedingten Preiserhöhungen und Qualitätseinbußen319 und der Geschäftsherr im Hinblick auf Loyalitäts- und Vermögensinteressen geschützt werden320. Sofern sich ein Angestellter aufgrund einer persönlichen Bevorteilung gegen das objektiv beste Angebot entscheide, verletze er nicht nur die Grundsätze eines lauteren Wettbewerbs, sondern auch die Treuepflicht gegenüber dem Unternehmen321. Der Umstand, dass der Bevorzugungstatbestand auf die Unlauterkeit und nicht auf die Pflichtwidrigkeit abstelle, schließe nicht aus, dass auch der Geschäftsherr vom Schutzbereich der Regelung erfasst sei322. Die Tathandlung weise vielmehr „ein Element der Treuepflichtverletzung auf, das überwiegend aus dem Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit“ abgeleitet werde323. Die Folge dessen sei, dass er nach § 301 StGB einen Strafantrag stellen könne324. Zudem erkläre dies, warum der Geschäftsherr selbst kein tauglicher Täter des § 299 StGB sein könne325. 316 Bürger, wistra 2003, 130, 133; Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 9; Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 2; Pelz, ZIS 2008, 333, 334; Pfeiffer, FS Gamm, 129, 130 (zu § 12 UWG); Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 1; Ulbricht, Bestechung, S. 35 f.; Wittig, wistra 1998, 7, 10; Wollschläger, Täterkreis, S. 21 ff.; Zöller, GA 2009, 137, 140; a.A. Schutz des Vermögens: Heinrich, in: Arzt/Weber/ders./Hilgendorf, § 49 Rn. 52; Marach/ Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT 2, § 68 Rn. 2; Ransiek, StV 1996, 446, 453; vorrangiger Schutz der Mitbewerber: Pfeiffer, FS Gamm, 130, 131; Schutz der Beziehung zwischen Geschäftsherrn und Angestelltem/Beauftragtem: Jaques, Bestechungstatbestände, S. 116; Szebrowski, Kick-Back, S. 170; Schutz der Nichtkäuflichkeit von Entscheidungsmacht: Pragal, Korruption, S. 146; ders., ZIS 2006, 63, 75. 317 Insbesondere in jüngeren Publikationen wird ein alleiniger oder zumindest vorrangiger Schutz des Wettbewerbs befürwortet Kahnmann, Bestechlichkeit, S. 169 ff.; Tierel, Bestechlichkeit, S. 20 ff.; Vormbaum, FS Schröder, 649, 650 ff.; Walther, Bestechlichkeit, S. 62 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 12 ff.; ders., StV 2010, 385, 386. 318 Fischer, StGB, § 299 Rn. 2; Heger, in: Lackner/Kühl, § 299 Rn. 1; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 2; Pfeiffer, FS Gamm, 129, 130 (zu § 12 UWG); Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 1. 319 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 14; Heger, in: /Kühl, StGB, § 299 Rn. 1; Pfeiffer, FS Gamm, 129, 130; Tiedemann, LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 4; Ulbricht, Bestechung, S. 37 f. 320 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 13; Fischer, StGB, § 299 Rn. 2; Pfeiffer, FS Gamm, 129, 130; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 2; Wolters, JuS 1998, 1100, 1103. 321 Ulbricht, Bestechung, S. 37. 322 Pfeiffer, FS Gamm, 129, 130; Ulbricht, Bestechung, S. 36 f.; a.A. Bürger, wistra 2003, 130, 133 f. 323 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 13. 324 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 13; Schmidt, wistra 2011, 321, 323.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Diese Multivalenz des Schutzzwecks ist innerhalb der Wissenschaft weitaus weniger umstritten als die Frage, in welchem Verhältnis die Aspekte zueinander und zum Schutz des Wettbewerbs stehen. Ob die Interessen des Prinzipals gleichrangig326, „mittelbar“327 oder „nachrangig“328 gegenüber dem Wettbewerb geschützt werden, wird ebenso unterschiedlich beurteilt, wie die Frage, in welcher Hierarchie der Schutz der Mitbewerber329 und der Verbraucher zu seinem Schutz steht330. cc) Stellungnahme zum Schutzzweck des Bevorzugungstatbestandes In Anbetracht der Historie des Gesetzes, der systematischen Verortung, des Wortlauts und Telos’ kann kaum serös bestritten werden, dass der Bevorzugungstatbestand dem Schutz des Wettbewerbs dient331. Der Handelnde muss im Rahmen der ersten Tatbestandsalternative eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb als Gegenleistung für den Vorteil gewähren. Der Tatbestand fordert schon dem Wortlaut nach das Bestehen eines Wettbewerbs. Entscheidend für die Strafbarkeit ist, dass ein Angestellter oder Beauftragter seine Entscheidung nicht aufgrund objektiver, nachvollziehbarer Kriterien, sondern infolge eines individuellen Vorteils trifft und das Leistungsprinzip der Wirtschaft dadurch in Frage stellt332. Dieser Befund wird durch die Geschichte des Tatbestandes und die Wurzeln im Lauterkeitsrecht bestätigt333. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber klargestellt hat, dass mit der Übernahme in das Kernstrafrecht keine inhaltlichen Änderungen der Vorschrift einhergehen sollte und er den Wettbewerbsschutz ausdrücklich als Ziel des Gesetzes benannt hat334. Schließlich lässt auch die systematische Verortung im Abschnitt der Straftaten gegen den Wettbewerb keinen anderen Schluss zu. An diese Erkenntnis schließt sich jedoch die Frage an, ob der Bevorzugungstatbestand auch andere Interessen erfasst und in welchem Verhältnis diese zum Schutz des Wettbewerbs stehen. Der Wettbewerb ist – anders als das Leben, die 325

Zur Kritik an der Straflosigkeit des Geschäftsherrn Bürger, wistra 2003, 130, 132 ff. Heger, in: Lackner/Kühl, § 299 Rn. 1; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 2; Rogall, in: SK-StGB, Band V, § 299 Rn. 13. 327 Fischer, StGB, § 299 Rn. 2; Schmidt, wistra 2011, 321, 323. 328 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 13; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 1. 329 Gleichrangig: Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 1; Mittelbar: Fischer, StGB, § 299 Rn. 2. 330 Unmittelbar: Heine/Eisele, Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 2; Mittelbar: Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 14; Schmidl, wistra 2006, 286, 287; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 4. 331 Walther, Bestechung, S. 61; Wollschläger, Täterkreis, S. 16. 332 Wollschläger, Täterkreis, S. 15. 333 Siehe dazu 2. Kapitel C. II. 2. a). 334 BT-Drucks. 13/5584, S. 12, 15; Bestätigung in BT-Drucks. 14/8998, S. 9. 326

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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körperliche Unversehrtheit oder das Vermögen – ein konkretisierungsbedürftiges, kollektives und heterogenes Schutzgut. Seine Gefährdung tangiert – zumindest potenziell – individuelle Interessen der Marktteilnehmer und der Allgemeinheit. Dies ist insbesondere naheliegend, wenn man sich vor Augen führt, dass die korrupte betriebliche Handlung der Gefährdung des Wettbewerbs zeitlich vorgelagert ist und diese bedingt335. Ohne Einzelinteressen würde es an einem schützenswerten Kollektivinteresse fehlen. Dennoch erschöpft sich die Bedeutung des Wettbewerbs als gesellschaftliche und wirtschaftliche Institution nicht in der Bündelung von Einzelinteressen. Sie ist eine eigenständige336. Diesem Umstand trägt auch das Lauterkeitsrecht Rechnung. Dieses gibt zudem Aufschluss über das Rangverhältnis der Schutzaspekte. Nach § 1 UWG337 werden die Interessen der Mitbewerber, des Geschäftsherrn und der Verbraucher nämlich gleichrangig geschützt338. Die Kombination dieser verschiedenen Schutzgesichtspunkte entspricht der Gesamtkonzeption des UWG und ist keine Neuschöpfung des § 299 StGB. Da das Lauterkeitsrecht nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin für die Auslegung des Tatbestandes von Bedeutung sein soll, sind die Interessen der Allgemeinheit und der Teilnehmer am Markt richtigerweise gleichberechtigt neben dem Wettbewerb geschützt339. In diesem Kontext ergibt schließlich auch die Ausgestaltung des Tatbestandes als relatives Antragsdelikt Sinn340. c) Stellungnahme zur systematischen Auslegung Die systematische Auslegung des Pflichtverletzungstatbestandes stützt das Ergebnis der grammatikalischen und historischen Auslegung und spricht für einen wettbewerbsschützenden Charakter der Regelung. Die Auslegung der innertatbestandlichen Systematik lässt erstmalig den begründeten Schluss zu, dass der Pflichtverletzungstatbestand nicht nur dem Wettbewerbsschutz, sondern auch dem Schutz individueller Interessen dienen könnte. Dieser Schutzaspekt resultiert allerdings nicht aus dem grundsätzlichen Charakter der Norm, sondern erwächst aus der Konzeption des Lauterkeitsrechts und ist dem strafrechtlichen Wettbewerbsschutz immanent.

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Sprafke, Korruption, S. 103 f. Rogall, in: SK-StGB, Band V, § 299 Rn. 14. 337 § 1 UWG: Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. 338 Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, § 1 UWG Rn. 45; Sosnitza, in: MüKo, UWG, Band 1, § 1 Rn. 38. 339 Rogall, in: SK-StGB, Band V, § 299 Rn. 14; a.A. Wollschläger, Täterkreis, S. 26 (reflexartiger Schutz). 340 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 101. 336

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Kap. 2: Der Schutzzweck

4. Der Telos Maßgeblich für die Ermittlung des Schutzzwecks einer Strafnorm ist, neben dem Wortlaut, der Historie und der Systematik, auch ihr Telos. Die Reform des § 299 StGB war mehrfach Gegenstand verschiedener Gesetzesbegründungen. Ihr Inhalt wird im Folgenden dargestellt und analysiert. a) Die ersten Entwürfe und Begründungen Die erste Gesetzesbegründung, die eine Erweiterung des § 299 StGB vorsah, wurde am 10. August 2007 veröffentlicht. Als Ziel der Reform wird die „Erhaltung und der Schutz des freien und fairen internationalen Wettbewerbs“341 benannt. Damit die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen am Weltmarkt angeglichen werden könnten, seien eine internationale Zusammenarbeit und koordinierte Maßnahmen erforderlich342. Die Reform des § 299 StGB beruhe auf internationalen und supranationalen Vorgaben und Empfehlungen, die diesem Umstand Rechnung trügen343. Schon vor der geplanten Reform habe der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nicht nur dem Schutz eines funktionsfähigen Leistungswettbewerbs, sondern auch dem des Geschäftsherrn gedient344. Durch die tatbestandliche Erweiterung werde der „Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an einer loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich […] erweitert“345. Ausreichend zur Erfüllung des Tatbestandes sei nicht die Verletzung einer jeden Pflicht, die aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Angestellten oder Beauftragten und dem Unternehmen erwachse346. Es müsse sich um eine Pflicht handeln, die in einem Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehe347. Die Handlung könne zudem auch als Untreue strafbar sein. Der Tatbestand hätte aber dennoch eine andere Schutzrichtung als die Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr348. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz aus dem Jahr 2014 und eine darauf basierende Gesetzesbegründung, die im März 2015 verfasst wurde, greifen diese Ausführungen zum Schutzzweck des Pflichtverletzungstatbestandes wortwörtlich auf349. Zudem weist die Gesetzesbegründung explizit darauf hin, dass „rein innerbetriebliche Störungen“, wie der 341 342 343 344 345 346 347 348 349

BR-Drucks. 548/07, S. 9. BR-Drucks. 548/07, S. 9. BR-Drucks. 548/07, S. 9 ff.; Referentenentwurf, S. 1; BT-Drucks. 18/4350, S. 1. BR-Drucks. 548/07, S. 23. BR-Drucks. 548/07, S. 23. BR-Drucks. 548/07, S. 24. BR-Drucks. 548/07, S. 24. BR-Drucks. 548/07, S. 24. Referentenentwurf, S. 21 f.; BT-Drucks. 18/4350, S. 21.

C. Die Ermittlung des tatsächlichen Schutzzwecks

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Verstoß gegen betriebsinterne Compliance-Regelungen, nicht zu einer Strafbarkeit führen solle, da die verletzte Pflicht im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen müsse350. b) Die finale Begründung In Abweichung zu der zunächst geplanten Gesetzesfassung, sieht die finale Fassung des Gesetzes eine Einwilligungsmöglichkeit des Unternehmens vor und enthält den Zusatz, dass die Pflichtverletzung durch eine vorgenommene oder unterlassene Handlung erfolgt sein muss351. Die finale Gesetzesbegründung verhält sich nur zu diesen Abweichungen352. Bemerkenswert ist der Verweis auf den Schutzzweck der Regelung im Rahmen der Erläuterungen zu der neu eingefügten Einwilligungsmöglichkeit. Denn trotz eines Verweises auf die vorangegangene Begründung ist nicht länger die Rede davon, dass der bestehende Schutz nur erweitert werde353. Es heißt, der Pflichtverletzungstatbestand diene dem Schutz des Geschäftsherrn und seinem Interesse an einer „loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch die Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen“354. Offen bleibt aber, ob die Loyalität um ihrer selbst Willen oder vor dem Hintergrund eines erweiterten, umfassenden Wettbewerbsschutzes geschützt werden soll. c) Stellungnahme zur teleologischen Auslegung Die jüngste Gesetzesbegründung ist in zweierlei Hinsicht widersprüchlich. Zunächst spricht der (mit der zentralen Aussage einhergehende) Verweis auf die frühere Begründung dagegen, dass der Gesetzgeber einen inhaltlich neuen Aspekt vorbringen wollte. Es scheint vielmehr so, als habe er die vorangegangene Begründung inhaltlich aufgreifen wollen, dabei jedoch eine ungenaue Formulierung gewählt, die zunächst den Anschein erweckt, als habe er seine Regelungsintention geändert. Anders als bisher interpretiert355, belegt die Aussage jedenfalls nicht, dass der Pflichtverletzungstatbestand dem reinen Individualschutz dient. Gegen diese Bewertung spricht auch, dass die Begründung ausdrücklich darauf hinweist, dass die Verletzung von Compliance-Vorschriften nicht zur Tatbestandsverwirklichung ausreichen soll356. Aus einem Umkehrschluss dieser Aussage ergibt 350

BT-Drucks. 18/4350, S. 21. BT-Drucks. 18/6389, S. 3 f. 352 BT-Drucks. 18/6389, S. 11; im Übrigen verweist sie auf die vorangegangene Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/4350, S. 21). 353 BT-Drucks. 18/4350, S. 21. 354 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 355 Siehe nur Krack, ZIS 2016, 80, 86 f. 356 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 351

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Kap. 2: Der Schutzzweck

sich, dass nur solche Pflichten tatbestandsrelevant sind, die einen Außenbezug aufweisen. Diese Einschränkung ergibt nur vor dem Hintergrund des Wettbewerbsschutzes Sinn, da Loyalitätsinteressen durch jedwede Pflichtverletzung beeinträchtigt werden können357. Gleichsam unerklärlich wäre auch der ausdrückliche Hinweis des Gesetzgebers darauf, dass die Untreue und der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr unterschiedliche Schutzrichtungen aufweisen. Würde der Pflichtverletzungstatbestand dem Schutz individueller Treueinteressen dienen, wäre die Schutzrichtung der Delikte nahezu identisch. Schließlich spricht der Gesetzgeber davon, dass die Reform der Umsetzung internationaler Vorgaben und dem Schutz des internationalen Wettbewerbs diene358. Insbesondere der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Korruption im privaten Sektor schützt aber vor Verzerrungen des Wettbewerbs, nicht vor Verletzungen einer (irgendwie gearteten) Loyalitätspflicht359. Die Gesetzesbegründung ist daher anders zu interpretieren als bisher360. Bereits vor der Reform hat der Tatbestand des § 299 StGB auch dem Schutz des Unternehmens gedient361. Dieser Umstand folgt aber aus dem wettbewerbsschützenden Charakter des Gesamttatbestandes. Er ist dem Lauterkeitsrecht immanent. Um einen möglichst umfassenden Schutz des internationalen Wettbewerbs zu erreichen, baut der Pflichtverletzungstatbestand diesen Schutzaspekt aus.

D. Das Ergebnis der Auslegung I. Vorbemerkung: Kein Schutz des Vermögens 1. Gründe der Auslegung Der Schutz finanzieller Interessen der Mitbewerber oder des Geschäftsherrn findet weder im Wortlaut noch in der Historie, dem Telos oder der Systematik eine Stütze. Aus dem alleinigen Umstand, dass sowohl die Untreue als auch der Pflichtverletzungstatbestand auf die Verletzung einer Pflicht gegenüber dem Berechtigten abstellen, kann nicht geschlussfolgert werden, dass beide Normen einen ähnlichen Schutzzweck aufweisen. Der Charakter der Untreue (als ein das Vermögen schützendes Delikt) resultiert nicht nur aus dem Erfordernis der Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht, sondern auch aus der systematischen Verortung und dem Erfordernis eines Vermögensnachteils. 357

Siehe zum Begriff der Treue- und Loyalitätspflicht 2. Kapitel II. 2. b) aa) (1). BR-Drucks. 548/07, S. 9 ff.; Referentenentwurf, S. 1; BT-Drucks. 18/4350, S. 1. 359 Siehe dazu bereits 2. Kapitel C. I.; Abl. EU L 192/54 (9. Erwägungsgrund). 360 Unzutreffend insofern Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 7; Krack, FS Samson, 377, 379. 361 2. Kapitel C. II. 3. b). 358

D. Das Ergebnis der Auslegung

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Im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes fehlt es bereits grammatikalisch an dem Erfordernis einer Vermögensgefährdung oder eines Nachteils. Die systematische Verortung spricht eindeutig für den Wettbewerbsschutz. Hätte der Gesetzgeber das Vermögen schützen wollen, wäre die Regelung im Nahbereich der Untreue oder des Betruges eingefügt worden. Der Gesetzgeber hat in der Vergangenheit einige Neuregelungen im 22. Abschnitt verortet und den inhaltlichen Bezug zu den bestehenden Normen durch Kleinbuchstaben hervorgehoben362. Zudem lassen schließlich auch die supranationalen Vorgaben, auf denen die Reform basiert, den Aspekt des Vermögensschutzes außer Acht363. 2. Weitere Gründe Unabhängig von diesen Erwägungen sprechen auch dogmatische und kriminalpolitische Erwägungen gegen ein vermögenschützendes Normverständnis. a) Kein Vermögensnachteil des Unternehmens Ein Vermögensnachteil zu Lasten des Unternehmens lässt sich bei Korruptionskonstellationen auf zweierlei Arten begründen: durch den Verlust einer erwarteten Vermögensmehrung oder die Umlegung der gezahlten Schmiergelder auf das Unternehmen im Rahmen einer vertraglichen Austauschbeziehung. aa) Anwartschaften (Expektanzen) Das Strafrecht schützt das Vermögen grundsätzlich nur in seinem gegenwärtigen Bestand364. Erwartete Vermögensmehrungen, so genannte Expektanzen, werden in den Schutz nur einbezogen, wenn sie so konkret sind, dass das Vermögen nach der Verkehrsanschauung bereits einen messbaren Wertzuwachs erhalten hat365. Wird eine bloß theoretisch mögliche Erwerbsaussicht torpediert, ist dieser Umstand strafrechtlich irrelevant366. Wendet man diese Grundsätze auf Fallgruppen an, die der Pflichtverletzungstatbestand regelt, gelangt man zu folgender Erkenntnis: In der Praxis wird die Pflichtverletzung zumeist darauf abzielen, die Qualität der Waren oder Dienstleis362 Sowohl § 263a als auch §§ 264a, 265a, 265b, 266a, 266b StGB sind nachträglich in das Strafgesetzbuch eingefügt und aufgrund inhaltlicher Gemeinsamkeiten in dem Nahbereich der Untreue und des Betruges verortet worden. 363 Unzutreffend Momsen/Laudien, in: Beck OK StGB, § 299 Rn. 7. 364 Fischer, StGB, § 263 Rn. 3. 365 BGHSt 2, 364, 367; 17, 147, 148; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 9/I, § 266 Rn. 135; ausführlich zu dem Meinungsstand in Rechtsprechung und Wissenschaft Hefendehl, in: MüKo, StGB, Band 5, § 263 Rn. 382 ff. 366 BayObLG NJW 1994, 208, 208.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

tungen eines Unternehmens negativ zu beeinflussen. Es besteht die Möglichkeit, dass das von der Korruption betroffene Unternehmen in seiner Stellung am Markt und in seiner Konkurrenzfähigkeit geschwächt wird und die Umsätze rückläufig sind. Die Erwartung des Unternehmens künftig eine bestimmte Anzahl von Geschäftsabschlüssen zu erzielen, wird möglicherweise enttäuscht. Zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung waren die Erwerbsaussichten aber nicht derart konkret, als dass ihre Vereitelung einen strafrechtlichen Vermögensnachteil begründen könnte367. Unbestimmte Umsatz- und Gewinnerwartungen sind nicht mehr als Hoffnungen, die keinen eigenständigen Vermögenswert haben368. Eine Ausnahme kann gelten, wenn das Angebot des betroffenen Unternehmens objektiv derart überragend war, dass die potenziellen Vertragspartner es faktisch hätten annehmen müssen369. Zumindest in Fällen der Amtsträgerkorruption lässt sich auf diese Weise ein Vermögensnachteil begründen, da die öffentliche Hand vergaberechtlich dazu verpflichtet ist, dem objektiv wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag zu erteilen370. Maßgeblich ist das Verhältnis von Kosten und Leistung unter besonderer Berücksichtigung des angewendeten Mittels und zu erreichenden Zwecks371. Diese Grundsätze lassen sich jedoch nicht auf privatwirtschaftliche Sachverhalte übertragen. Die freie Marktwirtschaft wird durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägt372. Aus diesem ergibt sich, dass es keine Verpflichtung dazu geben darf, das objektiv beste Angebot annehmen zu müssen. Es ist, anders als bei öffentlichen Ausschreibungen, im Rahmen privatwirtschaftlicher Entscheidungen zulässig, sich von subjektiven Eindrücken und Vorlieben leiten zu lassen. Die Frage, ob einem Unternehmen ein Vermögensnachteil entstanden ist, darf in Konstellationen des Pflichtverletzungstatbestandes somit nicht anhand objektiver Kriterien beurteilt werden. bb) „Kick-Back“ Es gibt Stimmen in der Literatur, die der Auffassung sind, der Bevorzugungstatbestand schütze das Vermögen373. Legt man diese Auffassung zugrunde, ließe sich ein Vermögensnachteil zu Lasten des Unternehmens wie folgt begründen374 : In Fällen der unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb schließt der Bestechende zumeist 367

Siehe zu dem Bevorzugungstatbestand und einem Vermögensnachteil der Mitbewerber Wollschläger, Täterkreis, S. 16 f. 368 OLG Düsseldorf, NJW 1993, 2694, 2695; BGH NStZ 1996, 191, 191. 369 Pragal, ZIS 2006, 63, 66. 370 Siehe dazu ausführlich Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Band 2, § 97 Rn. 313 ff.; Opitz, NZBau 2001, 12. 371 BT-Druck. 13/9340, S. 48. 372 Siehe dazu schon 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3) (a). 373 Heinrich, in: Arzt/Weber/ders./Hilgendorf, § 49 Rn. 52; zumindest im Ansatz auch Ransiek, StV 1996, 446, 453. 374 Siehe dazu auch Szebrowski, Kick-Back, S. 133 ff.; Wollschläger, Täterkreis, S. 17.

D. Das Ergebnis der Auslegung

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einen Vertrag mit dem von der Korruption betroffenen Unternehmen. Der Bestechende wird durch diesen Vertrag unlauter bevorzugt, da er Waren oder Leistungen an das Unternehmen veräußern kann. Aus seiner Sicht war das gezahlte Schmiergeld „gut investiert“. Dennoch kalkuliert der Vorteilsgeber das gezahlte Geld nicht selten in das Angebot ein und schlägt es letztlich auf den vom Unternehmen zu zahlenden Preis auf375. Das Unternehmen hat ein höheres Entgelt zu entrichten und refinanziert die Schmiergelder („Kick-back“376). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt in solchen und ähnlichen Fällen „regelmäßig“ ein Vermögennachteil auf Seiten des Unternehmens vor377. Aus der Perspektive des Vertragspartners ist das abgeschlossene Geschäft wirtschaftlich nachteilig, weil der Wert der erbrachten Leistung nicht dem der Gegenleistung entspricht378. Schwierigkeiten bereitet allenfalls die konkrete Bezifferung des Nachteils379. Dennoch werden diese Fallkonstellationen zunächst vom spezielleren Tatbestand der Untreue erfasst380. Es bedarf daher keiner Lösung über den Bevorzugungstatbestand und § 299 StGB381. Doch unabhängig von diesen systematischen und dogmatischen Bedenken sind die angestellten Überlegungen ohnehin nicht auf den Pflichtverletzungstatbestand übertragbar. Denn der Bestechende strebt in derartigen Fällen keine Bevorzugung durch eine vertragliche Austauschbeziehung, sondern eine Benachteiligung des Unternehmens an. Wird aber kein Vertrag zwischen dem Vorteilsgeber und dem betroffenen Unternehmen geschlossen, fehlt eine Grundlage, um gezahlte Schmiergelder umzulegen. In Konstellationen des Pflichtverletzungstatbestandes zielt die Unrechtsvereinbarung darauf ab, dem Unternehmen zu schaden. Die Motivation für die Bestechung ergibt sich daraus, dass sich der Bestechende von der Schlechterstellung einen persönlichen Vorteil verspricht. Dies gilt insbesondere für Konkurrenten. Eine Refinanzierung der gezahlten Schmiergelder wäre nur über eine allgemeine Preiserhöhung der Waren möglich, die für das von der Korruption betroffene Unternehmen irrelevant wäre. Betroffen von möglichen Preissteigerungen

375 Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 272; Kindhäuser, in: NK, StGB, Band 3, § 266 Rn. 114. 376 Zum Begriff Bannenberg, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 12 Rn. 26; Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 272; Grützner/Jacob, Compliance A-Z („Kick-back“); Rößler, NJW 2008, 554, 555. 377 BGHSt. 49, 317, 332 f.; 50, 299, 314 f.; kritisch Kindhäuser, in: NK, StGB, Band 3, § 266 Rn. 114. 378 BGHSt 49, 317, 332 ff.; 50, 299, 314 f. 379 Zu den Problemen der Annahme eines Nachteils Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 64; Szebrowski, Kick-Back, S. 30 ff.; zu den Anforderungen an die Bezifferung BVerfGE 126, 170, 211 f. 380 Zur Diskussion um etwaige Friktionen des Pflichtverletzungstatbestandes mit dem Tatbestand der Untreue siehe 4. Kapitel IV. 381 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 466.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

wären Verbraucher und Endabnehmer. Ein möglicher finanzieller Nachteil zu ihren Lasten ist jedoch (erst recht) zu diffus, als dass er strafrechtlich geschützt wäre. b) Der abstrakte Vermögensschutz im Lichte der Allgemeinschädlichkeit der Wirtschaftskorruption Lässt sich kein kausaler Vermögensnachteil zu Lasten des Unternehmens begründen, verbleibt die Möglichkeit, den Pflichtverletzungstatbestand als abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt zu interpretieren382. Dieses Normverständnis würde den Nachweis eines Schadens und seine genaue Bezifferung entbehrlich machen. Zudem hätte es den Vorzug, dass sich der Anwendungsbereich des Pflichtverletzungstatbestandes klar von dem der Untreue und des Betruges abheben würde383. Anders als diese Erfolgsdelikte würde der Pflichtverletzungstatbestand Handlungen im Vorfeldbereich einer Vermögensschädigung erfassen. Dass die Strafbarkeitsvoraussetzungen im Bereich der Vermögensdelikte gesenkt würden, spricht nicht gegen diese Bewertung384. Vergleichsweise niedrige tatbestandliche Voraussetzungen sind einem effektiven strafrechtlichen Vorfeldschutz immanent. Ob die abstrakte Gefährdung des Vermögens geeignet ist, um eine strafrechtliche Sanktion zu rechtfertigen, ist eine andere, davon zu trennende Frage. Dies wird teilweise verneint385. Die geübte Kritik kann im Ergebnis jedoch nicht überzeugen. Der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 StGB dient ebenfalls dem abstrakten Schutz zivilrechtlicher Ansprüche, ohne dass dies kritisiert würde386. Trotzdem sprechen gewichtige Argumente gegen einen abstrakten Schutz des Vermögens durch den Pflichtverletzungstatbestand. Diese ergeben sich aus der Allgemeinschädlichkeit der Wirtschaftskorruption. Menschen können als vergesellschaftete Wesen ihre individuellen Interessen nur verwirklichen und wahren, wenn die gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen dies zulassen387. Ein rein vermögensschützendes Verständnis einer Korruptionssanktionsnorm ist zu eindimensional, als dass es die Folgen der Korruption und die Pluralität ihrer Gefahren ausreichend repräsentieren könnte. Korrupte Strukturen gefährden nicht nur das Vermögen des Unternehmens, der Mitbewerber und der Verbraucher. Korruption gefährdet auch die technische Entwicklung, Arbeitsplätze, 382 Dies vertreten im Bezug auf den Bevorzugungstatbestand Marach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT 2, § 68 Rn. 2; Zöller, GA 2009, 137, 146. 383 Die möglichen Überschneidungen mit dem Tatbestand der Untreue rügt Tierel, Bestechlichkeit, S. 61. 384 Rönnau/Golombek kritisieren, dass die Strafbarkeitsvoraussetzungen der Untreue durch den Vorfeldschutz unterlaufen würden. Siehe dies., ZRP 2007, 193, 194 f. 385 Beispielsweise von Szebrowski, Kick Back, S. 163. 386 Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 142 Rn. 1a m.w.N. 387 Hassemer/Neumann, in: NK StGB, Band , Vor § 1 Rn. 138.

D. Das Ergebnis der Auslegung

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den nationalen und internationalen Handel und die Geschäftsmoral388. Sie beeinträchtigt das schützenswerte Interesse der Allgemeinheit an einer intakten Wettbewerbsordnung und einer freien Marktwirtschaft389. Die Allgemeinschädlichkeit der Wirtschaftskorruption lässt sich nicht in der abstrakten Gefährdung des Vermögens Einzelner ausdrücken. Ein Tatbestand, der alleine auf den abstrakten Schutz des Vermögens abstellt, wird dem vielschichtigen Handlungsunwert der Korruption daher nicht gerecht.

II. Der Schutzzweck Im Folgenden wird das Ergebnis der Auslegung dargestellt. 1. Der freie und lautere Wettbewerb a) Die Gründe Der Pflichtverletzungstatbestand dient dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs. Dies legen insbesondere der Täterkreis und der Adressatenkreis der Pflichtverletzung nah. So ergibt die Begrenzung des Täterkreises der Bestechlichkeit auf Angestellte und Beauftragte nur unter diesem Gesichtspunkt Sinn. Gleiches gilt für die täterschaftliche Bestrafung des Bestechenden. § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB belegt, dass das Unrecht der aktiven Bestechung ein selbstständiges, von der passiven Bestechung unabhängiges, ist. Da den Bestechenden in aller Regel keine Loyalitätspflicht gegenüber dem Unternehmen trifft, die verletzt werden könnte, kann seine täterschaftliche Bestrafung unter diesem Schutzgesichtspunkt nicht erklärt werden390. Der Zuwendende dürfte nach den allgemeinen Regeln nur als Teilnehmer der Haupttat bestraft werden391. Der Adressat der verletzten Pflicht ist ferner das Unternehmen. Im Zentrum des Tatbestandes steht nicht der Willen einer natürlichen Person, sondern der „wettbewerbliche Idealwille“392. Diesen verkörpert das Unternehmen als Funktionseinheit des Wettbewerbs. Daher sind nur Tathandlungen und Pflichtverletzungen relevant, die im geschäftlichen Verkehr erfolgen bzw. in einem Zusammengang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen. Unter dem Gesichtspunkt des Loyalitätsschutzes wären diese Einschränkungen überflüssig. Im Rahmen des 388 Siehe zu den immateriellen Schäden die durch Korruption entstehen Bannenberg, in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 12 Rn. 28 m.w.N. 389 Wollschläger, Täterkreis, S. 160 f. 390 Siehe zu dieser Kritik Kindhäuser ZIS 2011, 461, 467; Vogel, FS Weber, 395, 409 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 146 f. 391 Kindhäuser ZIS 2011, 461, 467; Vogel, FS Weber, 395, 409 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 147. 392 So schon Hirschenkrämer, Bestechung, S. 42.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Wettbewerbsschutzes erscheinen sie notwendig und sinnvoll, da nur durch die Verletzung von Außenregeln potenziell Kollektivinteressen beeinträchtigt werden können. Die Möglichkeit einer strafbefreienden Einwilligung steht diesem Normverständnis keineswegs entgegen393. Dogmatisch handelt es sich um ein tatbestandsausschließendes Einverständnis. Es stützt das wettbewerbsschützende Verständnis der Norm in zweierlei Hinsicht: Erstens ergibt sich die Möglichkeit der Einwilligung aus der spezifischen Unrechtsvereinbarung des Pflichtverletzungstatbestandes, nicht aus dem individualschützenden Charakter der Norm. Sie trägt schlicht dem Umstand Rechnung, dass es an der Verletzung einer Pflicht gegenüber dem Unternehmen fehlt, wenn dieses von der Zuwiderhandlung weiß. Zweitens besteht eine abstrakte Gefahr der Beeinflussung des lauteren Wettbewerbs nur bei verdeckten Bevorteilungen. Werden Zusatzleistungen offengelegt, fehlt es an einem strafwürdigen Korruptionsunrecht. Diese Deutung des Wortlautes wird durch die eindeutige systematische Verortung der Regelung, die historischen Wurzeln des Gesamttatbestandes, den Hintergrund des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung, die Gesetzesbegründungen und die Maßgaben und Zielsetzung der internationalen Vorgaben untermauert. b) Exkurs: Die strafrechtliche Schutzwürdigkeit des freien und lauteren Wettbewerbs Der Gesetzgeber hat sich mit der Schaffung des 26. Abschnittes des Strafgesetzbuches dazu entschieden, den freien und lauteren Wettbewerb unter den Schutz des Strafrechts zu stellen. Ob der Wettbewerb diesen Schutz verdient, wird in der Wissenschaft mitunter in Zweifel gezogen394. Daran verwundert zunächst, dass diese Bedenken im Rahmen seines fast 100jährigen Bestehens nie gegenüber § 12 UWG a. F. erhoben worden sind395. Zudem sind die geäußerten Zweifel auch in der Sache unberechtigt. Die Kritiker verkennen die überragende Bedeutung des freien Leistungswettbewerbs für das soziale und wirtschaftliche Miteinander, die Entwicklung einer Gesellschaft und der in ihr lebenden Menschen. Aus institutioneller Perspektive ist der freie Wettbewerb die Grundlage der nationalen Wirtschaftsverfassung. Dass die Verfassung keine bestimmte Ordnung vorsieht, ist unschädlich396. Das Wettbewerbs- und Leistungsprinzip bilden die grundlegenden volkswirtschaftlichen Charakteristika und Leitlinien dieser markt393

Siehe dazu 2. Kapitel C. II. 1. a) bb). Lüderssen, StV 1997, 318, 320 f.; Wohlers, Deliktstypen, S. 225 f. 395 Tierel, Bestechlichkeit, S. 21. 396 Auch das UWG schützt den Wettbewerb neutral und unabhängig von der konkreten Ordnung vor unlauteren Einflüssen. Dazu Koenigs, NJW 1961, 1041, 1042. 394

D. Das Ergebnis der Auslegung

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wirtschaftlichen Ordnung397. Angriffe auf diese Prinzipien sind daher in hohem Maße sozialschädlich398. Dies gilt insbesondere für korrupte Strukturen in der Privatwirtschaft. Denn diese gefährden eine freiheitssichernde und leistungsfähige Ökonomie in besonders hohem Maße399. Richtigerweise verlangen Teile der Wissenschaft, dass Allgemeininteressen nicht nur aufgrund ihrer institutionellen Bedeutung geschützt werden, sondern auf subjektive Belange rückführbar sind400. Letzteres gilt uneingeschränkt für den Wettbewerb, der keineswegs um seiner selbst Willen geschützt wird401. Zwar erschöpft sich der Unwert der Handlung nicht in der abstrakten Gefährdung individueller Vermögenswerte402. Der lautere Wettbewerb bildet aber die Grundlage für die wirtschaftliche Verwirklichung des Einzelnen und ist daher besonders schützenswert. Denn nur innerhalb einer intakten und funktionierenden Wirtschaft ist es einer Person möglich, ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern. Die ergibt sich nicht zuletzt aus dem Lauterkeitsrecht und § 1 S. 1 UWG403. 2. Die Pflichtenbeziehung zum Unternehmen Im Rahmen des Wettbewerbsschutzes spielt die Pflichtenbeziehung zwischen dem Unternehmen und dem Angestellten oder Beauftragten eine zentrale Rolle. Was unter dem Begriff zu verstehen ist, wird im Folgenden dargestellt. a) Begriffsbestimmung Aus ökonomischer Sicht ist es Unternehmen erst durch die Delegation von Aufgaben möglich, am Wettbewerb teilzunehmen und mit anderen in Konkurrenz zu treten. Unternehmen sind als Funktionseinheiten des Wettbewerbs in einer arbeitsteiligen Wirtschaft darauf angewiesen, Pflichten an Mitarbeiter übertragen zu können. Zwischen dem Unternehmen und dem jeweiligen Mitarbeiter entsteht eine Pflichtenbeziehung. Der objektive Radius dieser Beziehung ergibt sich insbesondere aus dem Arbeitsvertrag404. Dieser gibt Auskunft über die konkreten Aufgaben und den Verantwortungsbereich des Mitarbeiters. 397

Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.2. Wollschläger, Täterkreis, S. 22. 399 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 1. 400 Weigend, FS Triffterer, 695, 711; Hassemer, ZPR 1992, 378, 383; ders./Neumann, in: NK StGB, Band 1, Vor § 1 Rn. 138. 401 Wollschläger, Täterkreis, S. 24. 402 Siehe dazu schon 2. Kapitel D. I. 2. b). 403 § 1 S. 1 UWG: Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. 404 Siehe dazu auch Klappstein, in: NK BGB, § 611 Rn. 85 f. 398

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Besonders schutzwürdig ist die Pflichtenbeziehung zu Mitarbeitern, die über einen eigenständigen Entscheidungsspielraum verfügen und in besonderem Maße Einfluss auf die Betriebsabläufe und die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb nehmen können. Eine solche besondere Machtstellung haben insbesondere Angestellte und Beauftragte. Diesem Umstand trägt der Pflichtverletzungstatbestand Rechnung. Er sanktioniert den vorteilsveranlassten Missbrauch der übertragenen Macht und schützt die Integrität der Pflichtenbeziehung. b) Abgrenzung von der arbeitsrechtlichen Treue- und Loyalitätspflicht Die herrschende Meinung erblickt den Schutzzweck des Pflichtverletzungstatbestandes im Schutz einer arbeitsrechtlichen Loyalitäts- oder Treuepflicht405. Im Folgenden werden die inhaltlichen Unterschiede zwischen der Pflichtenbeziehung und der arbeitsrechtlichen Loyalitätspflicht dargestellt. Erläutert wird zudem, warum letztere sowohl aus theoretischen als auch praktischen Gründen ein ungeeigneter strafrechtlicher Schutzzweck wäre. aa) Die Treue- und Loyalitätspflicht als strafrechtliches Schutzgut (1) Zivilrechtliche Begriffsbestimmung Bis in die Siebziger Jahre entsprach es der einhelligen Auffassung, dass Arbeitnehmer eine besondere Treuepflicht gegenüber ihren Arbeitgeber trifft406. Abgeleitet wurde diese besondere Verpflichtung des Arbeitnehmers aus der Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses407. Dieses wurde seiner Zeit nicht als Schuldverhältnis, sondern als „personenrechtlicher Vertrag“ verstanden408. Dogmatisch zutreffend ist, dass aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben nicht nur allgemeine Pflichten erwachsen, sondern der Grundsatz auch den Besonderheiten des jeweiligen Schuldverhältnisses Rechnung trägt409. Problematisch ist, dass dies nicht mit der besonderen arbeitsrechtlichen Leistungspflicht, sondern der Art des Schuldverhältnisses begründet wurde410. Anders als damals vertreten, korrespondiert die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht mit einer besonderen Treuepflicht des Arbeitnehmers, sondern mit der Verpflichtung zur organisatorischen Unterordnung411.

405

2. Kapitel B. II. 2. BAG NJW 1960, 1589, 1590; DB 1968, 1361, 1361; BB 1970, 214, 215. 407 Begründet wurde diese Lehre von Gierke, Deutsches Privatrecht, Band III, 590 ff. 408 Siehe dazu ausführlich Richardi/Fischinger, in: Staudinger, Vorbemerkung zu §§ 611 ff. Rn. 160 ff. 409 Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611 ff. Rn. 1166 m.w.N. 410 Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611 ff. Rn. 1166. 411 Richardi/Fischinger, in: Staudinger, § 611 ff. Rn. 1166. 406

D. Das Ergebnis der Auslegung

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Aus diesem Grund wird die Existenz einer besonderen arbeitsrechtlichen Treueund Loyalitätspflicht in der heutigen zivilrechtlichen Literatur richtigerweise verneint412. Derartige Nebenpflichten treffen den Arbeitnehmer nur nach Maßgabe der Generalklauseln der § 242 und § 241 Abs. 2 BGB. Aus dem geschlossenen Arbeitsvertrag ergibt sich keine darüber hinausgehende Pflicht413. (2) Strafrechtliche Konkretisierung Legitim ist der Schutz aller Ziele, die sich innerhalb der geschriebenen und ungeschrieben Grenzen der Verfassung bewegen414. Der Gesetzgeber hat eine weite Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung der Frage, welche Interessen er strafrechtlich schützen möchte. Die Feststellung einer strafrechtlichen Pflichtverletzung setzt aber voraus, dass es auf der Primärebene zu einem Rechtsverstoß gekommen ist415. Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung eines strafrechtlichen Tatbestandes zwar nicht an die Wertungen des Zivilrechts gebunden, es wäre ihm jedoch untersagt, eine Verhaltensweise zu sanktionieren, die zivilrechtlich gestattet ist. Die Verletzung einer im Bürgerlichen Recht nicht anerkannten Pflicht darf keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen416. Selbst wenn der Gesetzgeber vorliegend gegen diesen Grundsatz verstoßen hätte, erscheint eine Konkretisierung und Eingrenzung des Schutzzwecks überaus schwierig. Während die Pflichtenbeziehung anhand objektiver Kriterien, dem Gesetz oder dem Arbeitsvertrag und den darin enthaltenen Tätigkeitsbeschreibungen konkretisiert und ermittelt werden kann, beschreibt der Begriff der Loyalitätsbeziehung eine emotionale, subjektive Beziehung, deren einziges rechtliches Fundament schuldrechtliche Generalklauseln sind417. Was konkret unter einer arbeitsrechtlichen Loyalitätspflicht zu verstehen ist und wann dahingehende Interessen des Unternehmens in strafwürdiger Weise beeinträchtigt werden, bleibt indes unklar. Während die Pflichtenbeziehung wirtschaftliche und wettbewerbsrelevante Interessen des Unternehmens betrifft, tangiert die Gefährdung der Loyalitätsbeziehung überwiegend persönliche. Ob sozialpsychologische Feststellungen geeignet sind eine strafrechtliche Sanktionierung zu legitimieren, darf aber bezweifelt werden. bb) Praktische Folgen Der Schutz der Loyalitätsbeziehung hätte zudem zahlreiche praktische Probleme zur Folge. Zunächst fällt es schwer unter diesem Gesichtspunkt zu begründen, warum 412

Preis, in: ErfK, § 611a Rn. 707. Klappstein, in: NK BGB, § 611 Rn. 85 f.; Preis, in: ErfK, § 611a Rn. 707. 414 BVerfGE 90, 145, 175, 181; siehe dazu auch 2. Kapitel A. II. 2. b), III. 415 Dierlamm, in: MüKo StGB, Band 5, § 266 Rn. 173. 416 Dierlamm, in: MüKo StGB, Band 5, § 266 Rn. 173. 417 Siehe zum weiten Begriff der Illoyalität im Rahmen des § 242 BGB Krebs, in: NK BGB, § 242 Rn. 5. 413

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Unrechtsvereinbarungen, von denen das Unternehmen keine Kenntnis erlangt, sanktioniert werden. Denn Absprachen, die verdeckt bleiben, sind nicht geeignet, die Loyalitätsbeziehung zu verletzen. Gleiches gilt für Konstellationen, in denen es (von vornherein) an einer (intakten) derartigen Beziehung fehlt. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen das Unternehmen ohnehin nicht mehr auf die Loyalität seines Angestellten oder Beauftragten vertraut hat. Werden Sachverhalte dieser Art sanktioniert, kann die Strafe nicht unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung des Schutzzwecks legitimiert werden. Werden Konstellationen dieser Art aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeklammert, entstehen Strafbarkeitslücken, die vor dem Hintergrund der Allgemeinschädlichkeit der Tat als kriminalpolitisch nicht hinnehmbar erscheinen. Unabhängig von diesen Überlegungen ist es zudem nicht möglich, über den Loyalitätsschutz die praktisch relevanten Fallgruppen und die Beweggründe vorteilsveranlasster Pflichtverletzungen abzubilden. Der Bestechende verfolgt mit der Bestechung in aller Regel ein ökonomisches Interesse. Aus seiner Perspektive ergibt die Bestechung nur Sinn, wenn er – mit einiger Wahrscheinlichkeit, zumindest mittelbar – einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten wird. Dieser Vorteil ist die Kehrseite des unlauteren Nachteils, der dem betroffenen Unternehmen entstanden ist. Diese Wechselwirkung wäre beispielsweise gegeben, wenn der Bestechende ein Konkurrent des Unternehmens ist. Wirkt sich die verletzte Pflicht nachteilig auf die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb aus, kann der Bestechende davon profitieren. Ein dahingehendes Interesse des Konkurrenten ist nachvollziehbar und begründbar. Welches Interesse der Bestechende an der Verletzung einer diffusen arbeitsrechtlichen Loyalitätspflicht haben sollte, die zivilrechtlich (regelmäßig) zu einer verhaltensbedingten Kündigung des bestochenen Angestellten führt und Herausgabeansprüche des Unternehmens begründet418, ist demgegenüber unklar419. 3. Die Relevanz der Pflichtenbeziehung Abschließend soll dargestellt werden, welche Relevanz die Pflichtenbeziehung im Rahmen des Wettbewerbsschutzes hat. Diese ergibt sich aus der notwendigen Differenzierung zwischen dem Schutzzweck des Pflichtverletzungstatbestandes einerseits und der tatbestandlich erfassten Angriffsweise andererseits420.

418 Müller-Glöge, in: MüKo, BGB, Band 4, § 611 Rn. 1119; Preis, in: ErfK, § 611a Rn. 722 f. 419 Sprafke, Korruption, S. 186. 420 Otto, AT, § 1 Rn. 42.

D. Das Ergebnis der Auslegung

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a) Im Rahmen der passiven Bestechung Strafgesetze schützen Güter und Interessen nicht allumfassend, vor jedweden Gefahren, sondern nur vor denjenigen Angriffen, die tatbestandlich normiert sind421. Dabei handelt es sich um besonders sozialschädliche, strafwürdige Beeinträchtigungen des Schutzbereiches der jeweiligen Strafnorm422. Auch der Pflichtverletzungstatbestand schützt den Wettbewerb nicht vor jedweden Gefahren, die durch Wirtschaftskorruption entstehen, sondern nur vor solchen, die sich aus der Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen ergeben. Durch § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB wird der Wettbewerb vor abstrakten Gefahren geschützt, die dadurch entstehen, dass Angestellte oder Beauftragte ihre Pflichtenstellung im Unternehmen interessenwidrig missbrauchen, um persönliche Vorteile zu erhalten. Weil der Agent seine Pflichten in der Organisation (dem Unternehmen) nicht mehr sachgerecht erfüllt, entsteht eine abstrakte Gefahr für den lauteren Wettbewerb423. Sanktioniert wird nicht die Verletzung arbeitsrechtlicher oder sonstiger zivilrechtlicher Pflichten424. Der Interessenwiderspruch im Verhältnis zu dem betroffenen Unternehmen ist der abstrakten Gefährdung des Wettbewerbs denklogisch vorgelagert, da der korruptionsbedingte Missbrauch der Pflichtenstellung die Ursache der Wettbewerbsgefährdung ist425. Der Zusammenhang zwischen der Beeinträchtigung individueller Interessen und der Gefährdung des Wettbewerbs ist keineswegs eine Eigenheit des Pflichtverletzungstatbestandes. Fordert man, dass sich kollektive Interessen (zumindest mittelbar) auf individuelle Interessen zurückführen lassen426, folgt daraus, dass ihre Beeinträchtigung vor- oder mit der Gefährdung der kollektiven Interessen einhergeht. Im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes gilt selbiges für die Beeinträchtigung der Chancengleichheit der Mitbewerber. Erst aus der Beeinträchtigung dieser individuellen Belange entsteht eine abstrakte Gefahr für den freien und lauteren Wettbewerb, erst der Umstand, dass die Marktteilnehmer ein schutzwürdiges, individuelles Interesse an einem freien und lauteren Wettbewerb haben, klassifiziert seinen Schutz zu einem legitimen strafrechtlichen Zweck.

421 Ein uneingeschränkter Schutz eines bestimmten Gutes würde gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Stächelin, Strafgesetzgebung, S. 50 ff., 90 ff. 422 Siehe dazu Wollschläger, Täterkreis, S. 22 f. 423 Bottke, ZRP 1998, 215, 215 ff.; Sprafke, Korruption, S. 5. 424 Siehe zu dem allgemeinen Lehrsatz, dass eine strafrechtliche Sanktionierung nicht mit der Verletzung zivilrechtlicher Vertragspflichten gerechtfertigt werden kann Roxin, AT I, § 2 Rn. 97 f.; zur Korruption Kindhäuser ZIS 2011, 461, 467. 425 Siehe dazu auch Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 468. Dieser geht ebenfalls davon aus, dass die Korruption als Angriffsform auf den Wettbewerb voraussetzt, dass es im Innenverhältnis zu einem Interessenwiderspruch gekommen ist. 426 Hassemer, ZPR 1992, 378, 383; ders./Neumann, in: NK StGB, Band 1, Vor § 1 Rn. 138; Weigend, FS Triffterer, 695, 711.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

Durch die Relevanz der Beeinträchtigung der Pflichtenbeziehung wird der Zugehörigkeit des Angestellten oder Beauftragten zum Unternehmen und seiner Verpflichtung diesem gegenüber in besonderem Maße Rechnung getragen427. Im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes werden Entscheidungen zum Schutz der Mitbewerber verworfen, sofern ein Vorteil mitgewirkt hat. Dies gilt selbst dann, wenn sie im Übrigen auf sachlichen Erwägungen basieren428. Diese Wertung verkennt, dass ein Angestellter für sein Unternehmen und nicht für die Mitbewerber tätig ist. Es ist vollkommen sachfremd einen Agenten den Anforderungen eines lauteren Wettbewerbs zu unterwerfen, obwohl er bei dem Bezug von Waren und Dienstleistungen die Interessen des eigenen Unternehmens zu verfolgen hat und diese – naturgemäß – nicht identisch mit den Interessen der Mitbewerber sind429. b) Im Rahmen der aktiven Bestechung Gegenüber dem Schutz der Loyalitätsbeziehung wurde der Einwand erhoben, dass diese nur im Verhältnis des Unternehmens zum Angestellten oder Beauftragten besteht und die täterschaftliche Bestrafung des Bestechenden daher nicht rechtfertigen kann430. Dieses Argument kann im Rahmen der Angriffsweise der Beeinträchtigung der Pflichtenbeziehung nicht erhoben werden, da sich die besondere Sozialschädlichkeit der aktiven Bestechung nicht aus der Verletzung der Pflichtenbeziehung ergibt. § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB schützt den Wettbewerb vor abstrakten Gefahren, die dadurch entstehen, dass Mitbewerber oder sonstige Dritte in verwerflicher, unlauterer Weise in den Pflichtenkreis eines fremden Unternehmens eindringen, um auf dessen Kosten einen wettbewerblichen oder persönlichen Vorteil zu erlangen431. Die Verwerflichkeit des Verhaltens resultiert aus der Verknüpfung der eigenen Besserstellung im Wettbewerb mit dem Eingriff in eine fremde Pflichtenbeziehung und der Veranlassung zum Machtmissbrauch432. Das Unrecht der Bestechung bezieht sich zwar auf das der Bestechlichkeit, ist aber dennoch ein selbstständiges. Weiß das Unternehmen von der geleisteten oder versprochenen Zuwendung oder dem pflichtwidrigen Verhalten, besteht kein Grund zur Strafe, da das Verhalten des Mitbewerbers nicht verwerflich ist433. Daher ist es folgerichtig, dass die Einwilligung des Unternehmens auch im Rahmen der aktiven Bestechung zum Ausschluss des Tatbestandes führt. 427 Hirschenkrämer hat schon in den 60er Jahren gefordert, das Tatbestandsmerkmal des unlauteren Verhaltens durch das Erfordernis des pflichtwidrigen Verhaltens zu ersetzen. Siehe ders., Bestechung, S. 42 f. 428 Hirschenkrämer, Bestechung, S. 42 f. 429 Hirschenkrämer, Bestechung, S. 43. 430 2. Kapitel C. II. 1. b) aa). 431 In Anlehnung an Hirschenkrämer, Bestechung, S. 43. 432 Siehe dazu allgemein Bottke, ZRP 1998, 215, 215; Sprafke, Korruption, S. 5. 433 Hirschenkrämer, Bestechung, S. 43.

D. Das Ergebnis der Auslegung

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III. Kontrollüberlegung: Das Ergebnis der Auslegung im Lichte des Unrechts der Wirtschaftskorruption Der Pflichtverletzungstatbestand muss als wettbewerbsschützendes Bestechungsdelikt begriffen werden. § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB schützt den Wettbewerb vor abstrakten Gefahren, die entstehen, weil Angestellte oder Beauftragte ihre Pflichtenstellung im Unternehmen interessenwidrig missbrauchen, um persönliche Vorteile zu erhalten. § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfasst Gefahren, die geschaffen werden, weil ein Mitbewerber oder sonstiger Dritter in unlauterer, verwerflicher Weise in den Pflichtenkreis eines fremden Unternehmens eindringt, um auf dessen Kosten einen Vorteil zu erhalten. Der Tatbestand weist die klassischen Unrechtsmerkmale der aktiven und passiven Wirtschaftskorruption auf: den interessenwidrigen Missbrauch übertragener Entscheidungsmacht zur Erreichung eines persönlichen Vorteils in der Erwartung, der Allgemeinheit oder einem Unternehmen einen Nachteil zuzufügen434. Der Unwert der Handlung erwächst nicht aus der Beeinträchtigung einer diffusen Loyalitätsbeziehung, sondern aus der abstrakten Gefährdung des Wettbewerbs. Seine Funktionsfähigkeit und Schutzwürdigkeit sind von der Konkurrenzmöglichkeit mehrerer Anbieter abhängig435. Unternehmen sind in einer modernen und arbeitsteiligen Wirtschaft nur konkurrenzfähig, sofern sie sich hierarchisch organisieren und Aufgaben und Verantwortung delegiert werden können. Wird die übertragene Macht aufgrund persönlicher Vorteile missbraucht, wird das Unternehmen unlauter in seiner wettbewerblichen Stellung benachteiligt. Es folgt eine Beeinträchtigung der Entwicklungs- und Leistungsfähigkeit der Marktwirtschaft insgesamt. Die vorteilsveranlasste Pflichtverletzung eines Angestellten oder Beauftragten ist demnach geeignet, die Entwicklungs- und Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und die Lauterkeit des Wettbewerbs zu gefährden436. Diese Gefährdungsmöglichkeit besteht, weil das Unternehmen dem Bestochenen zuvor eine besondere Pflichtenstellung eingeräumt hat437.

434 Ähnlich Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 463; Bundeskriminalamt, Bundeslagebild Korruption 2015, S. 3. 435 Kindhäuser, ZIS 2011, 461, 467. 436 Dies gilt auch, weil die Möglichkeit der Delegation von Aufgaben und Verantwortung eine notwendige Voraussetzung der Weiterentwicklung der Wirtschaft ist. Homann, Korruptionsbekämpfung, S. 32 ff.; dazu Pragal, Korruption, S. 115 ff.; Lüderssen, FS Tiedemann, 889, 895. 437 Insofern besteht auch eine Vergleichbarkeit zum Tatbestand der Untreue. Das Vermögen wird vor Verletzungen geschützt, die darauf beruhen, dass die interne Pflichtenbeziehung missachtet wird.

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Kap. 2: Der Schutzzweck

IV. Fazit Der Pflichtverletzungstatbestand sanktioniert, ebenso wie der Bevorzugungstatbestand, die sachwidrige Verknüpfung übertragener Entscheidungsbefugnisse mit einem persönlichen Vorteil. Er stellt auf der Folgenseite lediglich nicht auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb, sondern die interessenwidrige und vorteilsveranlasste Verletzung einer Pflicht ab. Die gesetzliche Regelung ist sowohl gesamtsystematisch als auch innertatbestandlich systemkonform in das Strafgesetzbuch integriert worden. Der dargelegte Schutzzweck folgt der Historie des § 299 StGB und den Wurzeln des Tatbestandes im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsschutzes erscheint es möglich, die Regelung einem eigenständigen, sinnvollen Anwendungsbereich zuzuführen und ihren Anwendungsbereich zu reduzieren. Anhand welcher Kriterien eine derartige Auslegung zu erfolgen hat und wie das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung zu begrenzen ist, wird im folgenden Kapitel ermittelt.

3. Kapitel

Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und die restriktive Auslegung Das folgende Kapitel widmet sich der viel diskutierten Frage, ob der Pflichtverletzungstatbestand den Anforderungen gerecht wird, die das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot an Strafgesetze stellt. Es werden die Funktionskomponenten des Art. 103 Abs. 2 GG dargestellt und die Regelung wird an ihnen gemessen. Es folgt die Unterbreitung eines Vorschlages für eine restriktive Auslegung der Varianten. Der vorgestellte Ansatz basiert auf den Erkenntnissen des zweiten Kapitels und ist eng mit dem Schutzzweck der Regelung verzahnt.

A. Die Funktionskomponenten des § 103 Abs. 2 GG Gemäß Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 StGB kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Aus diesem Satz ergeben sich mehrere Axiome des Strafrechts, insbesondere das Bestimmtheitsgebot1. Dieses enthält einen strengen Gesetzesvorbehalt, der rechtsstaatlich eine Doppelfunktion erfüllt2. Der Vorbehalt stellt einerseits sicher, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber und nicht die Judikative über die Voraussetzungen einer strafrechtlichen Sanktion entscheidet3. Denn nur die gewählten Vertreter des Volkes sollen darüber befinden dürfen, wann und in welchem Umfang grundrechtintensive, freiheitsverkürzende Maßnahmen in Form einer strafrechtlichen Sanktion erfolgen4. In dieser staatsorganisationsrechtlichen Funktion sichert das Bestimmtheitsgebot den Grundsatz der Gewaltenteilung und das Demokratieprinzip. Zugleich hat der Gesetzesvorbehalt im Hinblick auf die Adressaten der Norm eine „freiheitsgewährleistende Funktion“5. Art 103 Abs. 2 GG verpflichtet den Gesetz1

Aus diesem Gebot folgen das Gebot der Tatbestands- und Strafandrohungsbestimmtheit sowie das Rückwirkungs- und das Analogieverbot. Siehe dazu Radtke/Hagemeier, in: Beck OK GG, Art. 103 Rn. 18. 2 BVerfGE 47, 109, 120; 75, 329, 341; 78, 374, 382; 87, 209, 224; 126, 170, 194 f. 3 BVerfGE 75, 329, 341; 126, 170, 194 f. 4 BVerfGE 126, 170, 194 f. 5 BVerfGE 75, 329, 341; 126, 170, 195.

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

geber dazu, Straftatbestände möglichst bestimmt zu formulieren, damit der potenzielle Adressat der Strafnorm ihnen entnehmen kann, welches abstrakte Verhalten sanktioniert wird und er sein Handeln danach richten kann6. Im Ideal- und Regelfall soll der Wortlaut einer Norm so präzise gefasst sein, dass sich die Voraussetzungen der Sanktion unmittelbar aus ihm ergeben7. Da es sich bei Strafgesetzen allerdings um abstrakt-generelle Regelungen handelt und die Leistungsfähigkeit der Sprache naturgemäß begrenzt ist, kann es im Einzelfall schwierig sein, einen klaren und unmissverständlichen Tatbestand zu formulieren8. Ist ein Gesetz zu eng oder kasuistisch gefasst, besteht die Gefahr, dass es den Umständen des Einzelfalls, der Vielseitigkeit und dem Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht gerecht werden kann9. Daher kann die Verwendung von Generalklauseln oder ausfüllungsbedürftigen Begriffen auch im Strafrecht zulässig sein10. In Grenzfällen ist ausreichend, dass der Normadressat zumindest das Risiko einer Sanktionierung hätte erkennen können11 und sich der Anwendungsbereich der Norm durch ihre Auslegung ermitteln lässt12. Im Übrigen ist den Anforderungen Genüge getan, sofern sachgerechte und angemessene Ergebnisse durch die Vorschriften zu den Irrtümern erreicht werden können13. Die Frage, wann eine Norm so unbestimmt ist, dass sie den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nicht mehr gerecht wird, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden14. Über sie muss im Einzelfall, unter besonderer Berücksichtigung der tatbestandlichen Besonderheiten, des Adressatenkreises, des Zwecks der Norm und der Höhe des Strafmaßes entschieden werden15. Grundsätzlich gilt, dass das Bundesverfassungsgericht einen großzügigen Maßstab bei der Beurteilung der Bestimmtheit eines Strafgesetzes anlegt16. Solange die gesetzliche Regelung durch eine konkretisierende Auslegung, die auf feststehenden Kriterien beruht, auf den vorgesehenen Anwendungsbereich zurückgeführt werden kann, soll sogar unschädlich sein, dass diese Sachverhalte erfasst, die nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nicht sanktioniert werden sollten17. Die bloße Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion oder restriktiven Auslegung führt jedenfalls nicht zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes. Die Judikative ist verfassungsrechtlich vielmehr dazu ange6

BVerfGE 28, 175, 183; 41, 314, 319; 47, 109, 121; 75, 329, 341, 87, 209, 224. BVerfGE 75, 329, 341; 126, 170, 195. 8 BVerfGE 126, 170, 195 f. 9 BVerfGE 47, 109, 121; 48, 48, 56; 75, 329, 342. 10 BVerfGE 47, 109, 120 f.; 48, 48, 56; 75, 329, 341; 126, 170, 196. 11 BVerfGE 47, 109, 121. 12 BVerfGE 75, 329, 341. 13 BVerfGE 75, 329, 343; BGHSt 30, 285, 288. 14 BVerfGE 28, 175, 183; 126, 170, 196. 15 BVerfGE 28, 175, 183; 126, 170, 196. 16 Radtke/Hagemeier, in: BeckOK GG, Art. 103 Rn. 24. 17 BVerfGE 87, 209, 224; 126, 170, 196 f. 7

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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halten, offene Strafgesetze einschränkend auszulegen, um Unklarheiten zu vermeiden. Art. 103 Abs. 2 GG enthält insofern ein an die Rechtsprechung adressiertes Präzisierungsgebot, welches das an den Gesetzgeber adressierte Konkretisierungsgebot ergänzt18. Verfassungswidrig ist die Auslegung eines Strafgesetzes erst, wenn das Gericht über den Wortlaut der Norm hinausgeht, statt ihn zu konkretisieren19 oder die gewählten Kriterien zur Konkretisierung evident ungeeignet sind20.

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes Ob der Pflichtverletzungstatbestand den dargestellten Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes gerecht wird, wurde bereits hinsichtlich der Entwurfsfassung des Gesetzes bezweifelt21. Die Kritik bezieht sich sowohl auf die Wahrung des Parlamentsvorbehaltes als auch auf die Vorhersehbarkeit der Sanktionierung. Dreh- und Angelpunkt der Bedenken ist das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung, aber auch der internationale Schutzbereich der Regelung.

I. Der Parlamentsvorbehalt 1. Problemdarstellung Das zentrale Tatbestandselement der Neuregelung ist die Pflichtverletzung gegenüber einem Unternehmen. Bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein Angestellter nach dem Pflichtverletzungstatbestand strafbar gemacht hat, spielen privatrechtliche Vereinbarungen eine besondere Rolle und werden inzident relevant. In diesem Umstand wird vielfach ein Verstoß gegen den strengen, strafrechtsspezifischen Gesetzesvorbehalt des Bestimmtheitsgebotes gesehen22. Bedingt durch die asymmetrische Kräfteverteilung der Parteien eines Arbeitsvertrages sei der Arbeitnehmer den Vorgaben des Arbeitgebers ausgeliefert23. Letzterer könne „nahezu willkürlich“24 den Pflichtenkreis des Angestellten und damit die Voraussetzungen der 18

BVerfGE 126, 170, 198. BVerfGE 71, 108, 115 f.; 82, 236, 269. 20 BVerfGE 26, 41, 43; 126, 170, 200. 21 BRAK-Stellungnahme 2/2007, S. 10 f.; Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 645; Rönnau/ Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Rönnau, StV 2009, 302, 307; Sprafke, Korruption, S. 186 f.; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 133 ff.; Tierel, Bestechlichkeit, S. 51 ff.; Wollschläger, Täterkreis, S. 153 f.; siehe zur Kritik an der in Kraft getretenen Fassung Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 327; Lorenz/Krause, CCZ 2017, 74, 75. 22 3. Kapitel A. 23 Walther, Bestechung, S. 259. 24 Rönnau, StV 2009, 302, 307; ders., in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2, Rn. 102. 19

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

Strafbarkeit festlegen25. Der Gesetzgeber delegiere die Pflicht zur Konkretisierung und Ausgestaltung der Strafbarkeitsvoraussetzungen auf den Arbeitgeber und die Judikative26. Arbeitnehmer seien in Anbetracht der Weite des Tatbestandes und ausgeweiteter Compliance-Vorschriften einem erheblichen, nicht kalkulierbaren strafrechtlichen Haftungsrisiko ausgesetzt27. Daraus erwachse nicht nur ein individuelles, sondern auch ein kriminalpolitisches Problem. Es sei zu befürchten, dass Unternehmen von strengen Compliance-Richtlinien absähen, um zu verhindern, dass die Mitarbeiter durch die Regelungen eingeschüchtert oder konkurrierende Unternehmen zu vermehrten Strafanzeigen veranlasst würden28. Compliance-Berater rieten Unternehmen im Hinblick auf die Reform des § 299 StGB daher von schärferen Vorschriften und Richtlinien ab29, womit der Korruptionsprävention ein „Bärendienst“30 erwiesen werde. Unter dem Gesichtspunkt des Parlamentsvorbehaltes könnte zudem die inzidente Relevanz ausländischer Regelungen problematisch sein. Da der Pflichtverletzungstatbestand nicht auf deutsche Unternehmen und ihre Angestellten und Beauftragten beschränkt ist, sind Sachverhalte denkbar, in denen (bei der Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung) eine Berücksichtigung ausländischen Rechts erforderlich wird. Dies betrifft insbesondere Konstellationen, in denen sich ein ausländischer Angestellter bestechen lässt. In solchen Fällen muss ein Pflichtverstoß gegen ausländische Gesetze oder arbeitsvertragliche Bestimmungen geprüft werden31. Das ist problematisch, da der Pflichtverletzungstatbestand zwar seinerseits in formeller Hinsicht auf dem Willen des parlamentarischen Gesetzgebers basiert, dies jedoch materiell nicht für die ausfüllende, ausländische Regelung gilt32.

2. Der Verweis auf außerstrafrechtliche Regelungen a) Die dogmatischen Formen außerstrafrechtlicher Verweisungen Grundsätzlich ist es dem Gesetzgeber auch im Bereich des Strafrechts gestattet, auf Regelungen anderer Rechtsgebiete zu verweisen33. Er ist nicht dazu verpflichtet, 25 Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 327; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 132; Zöller, GA 2009, 137, 145. 26 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 284; Rönnau, StV 2009, 302, 307; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 132; Wollschläger, Täterkreis, S. 153 f.; Zöller, GA 2009, 137, 145. 27 Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3534; Zöller, GA 2009, 137, 145. 28 Rönnau, StV 2009, 302, 307. 29 Zöller, GA 2009, 137, 145 Fn. 61. 30 Rönnau, StV 2009, 302, 307. 31 Mosiek, StV 2008, 94, 96. 32 Radtke, GmbHR 2008, 729, 735. 33 Allerdings setzt Art. 104 Abs. 1 GG bei freiheitsentziehenden Maßnahmen voraus, dass diese auf der Grundlage eines förmlichen Gesetzes erfolgt sind. Siehe dazu Hoven, NStZ 2016, 377, 379 m.w.N.

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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den vollständigen Tatbestand in dem jeweiligen Normtext zu umschreiben34. Insbesondere dort, wo verschiedene Rechtsgebiete miteinander verzahnt sind oder die Regelungsmaterie inhaltlich komplex ist, kann es aus der Sicht des Gesetzgebers sinnvoll sein, auf bestehende Spezialregelungen zu verweisen35. Dogmatisch handelt es sich bei einem Verweis auf außerstrafrechtliche Regelungen entweder um ein normatives Tatbestandsmerkmal oder ein Blankettstrafgesetz36. Die Abgrenzung kann in der Praxis durchaus schwierig sein, da beide Verweise inhaltlich ein Einfallstor für außerstrafrechtliche Bewertungen sind37. Unterschiede ergeben sich jedoch, wenn hinterfragt wird, ob das Tatbestandsmerkmal lediglich an eine außerstrafrechtliche Bewertung knüpft oder ein bestimmtes Verhalten ohne gesonderten Wertungsakt zu einem strafrechtlichen relevanten Sachverhalt umgestaltet38. Den Ausgangspunkt dieser Bewertung bilden die Bedeutung und Funktion der ausfüllenden Regelung. Erscheint der strafrechtliche Tatbestand unvollständig, weil er lediglich eine Aussage über die Rechtsfolge und wesentlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit trifft, im Übrigen jedoch auf ein anderes Gesetz verweist, handelt es sich um ein Blankettstrafgesetz. In diesen Fällen ergibt sich der vollständige strafrechtliche Tatbestand erst, wenn das ausfüllende außerstrafrechtliche Gesetz hinzugezogen wird39. Dieses komplementiert den strafrechtlichen Unwerttatbestand und wird zu einem festen Bestandteil des selbigen40. Demgegenüber sind normative Tatbestandsmerkmale Begriffe, deren Inhalt unter Zuhilfenahme außerstrafrechtlicher oder nichtgesetzlicher Wertungen ausgefüllt wird41. Die außerstrafrechtliche Regelung fungiert als Auslegungshilfe für den Tatbestand, wird jedoch nicht zu seinem Bestandteil42. Der Strafrichter ist demnach nicht an die außerstrafrechtliche Regelung gebunden43. Normative Tatbestandsmerkmale spielen insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht eine große Rolle, da zivilrechtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte in diesem Bereich häufig relevant für eine strafrechtliche Bewertung sind44. Schuldrechtliche und dingliche Vereinbarungen der Parteien sind unter anderem bei der Beurteilung der Frage von Bedeutung, ob eine Sache fremd oder die Zueignung rechtwidrig im Sinne des § 242 34

BVerfG NJW 2016, 3648, 3550. Hoven, NStZ 2016, 377, 379; kritisch Hellmann, FS Krey, 169, 181 ff. 36 Petzsche, NZWiSt 2015, 210, 212; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 239. 37 Siehe dazu Remmert, in: Maunz/Düring, GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 110 ff., 115 f.; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 239. 38 Dannecker, in: LK, StGB, Band 1, § 1 Rn. 149. 39 Hecker, Europäisches Strafrecht, § 7 Rn. 76; Petzsche, NZWiSt 2015, 210, 214. 40 Böse, FS Krey, 7, 19; Satzger, Europäisches Strafrecht, § 9 Rn. 66. 41 Kudlich, in: BeckOK StGB, § 15 Rn. 12. 42 Böse, FS Krey, 7, 12 f.; Hoyer, ZStW 121 (2009), 860, 869 ff.; Schünemann, FS Lackner, 367, 380. 43 Hoyer, ZStW 121 (2009), 860, 869 ff.; Schünemann, FS Lackner, 367, 380. 44 Schlüchter, NStZ 1984, 300, 301; Tiedemann, Tatbestandsfunktionen, S. 95; ders., Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 238 ff. 35

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

StGB ist. Ferner sind individuelle Absprachen im Rahmen des Untreuetatbestandes zu berücksichtigen. Ohne ihre Berücksichtigung kann strafrechtlich nicht beurteilt werden, ob eine Vermögensbetreuungspflicht vorlag und diese verletzt oder missbraucht wurde45. Gleiches gilt für die Prüfung einer Garantenpflicht im Sinne des § 13 StGB oder Feststellungen zu einer objektiven Sorgfaltspflichtverletzung im Rahmen des § 15 StGB. Erstere kann sich aus einem zivilrechtlichen Vertrag ergeben, wenn aus dem Vertrag ein besonderes Vertrauensverhältnis oder eine besondere Verantwortung resultiert46. Dies wäre beispielsweise im Falle einer betrieblichen Organisations- oder Verkehrssicherungspflicht anzunehmen47. Bei der Beurteilung der Frage, ob jemand gegen eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht verstoßen hat, muss häufig auf spezielle berufs- oder sportrechtliche Verhaltensvorschriften abgestellt werden, die einen privatrechtlichen Bezug oder Charakter haben48. Weist ein Sachverhalt zusätzlich einen Auslandsbezug auf, ist bei der Prüfung zudem auf ausländisches, außerstrafrechtliches Recht abzustellen49. Die Thematik der inzidenten Prüfung ausländischen Rechts im Rahmen nationaler Straftatbeständen wird unter dem Oberbegriff Fremdrechtsanwendung diskutiert50. Relevant wird eine Fremdrechtsanwendung, wenn zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Vorfragen geklärt werden müssen, bevor eine Prüfung der §§ 3 ff. StGB erfolgen kann51. Dies gilt beispielsweise bei § 288 StGB im Fall einer Pfändung im Ausland52, der Prüfung einer ordnungsgemäßen Gründung einer Auslandsgesellschaft, eines Vermögensschadens im Sinne des § 263 StGB53, einer objektiven Sorgfaltspflichtverletzung im Rahmen von Fahrlässigkeitsdelikten54 oder einer Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 334 StGB in Verbindung mit Art. 2 § 1 IntBestG55. b) Die Folgen der dogmatischen Zuordnung Enthält ein strafrechtlicher Tatbestand einen außerstrafrechtlichen Verweis, ist die dogmatische Zuordnung kein abstraktes dogmatisches Gedankenspiel, sondern eine notwendige Voraussetzung der weiteren Analyse des Tatbestandes. Die Zuordnung 45

Walther, Bestechung, S. 262 f. BGHSt 39, 392, 399; 46, 196, 203; BGH NStZ 2010, 502, 502. 47 Burchard, in: WSS, § 13 Rn. 15 ff. 48 Siehe zahlreiche Beispiele und Nachweise bei Kühl, in: Lackner/Kühl, § 15 Rn. 39. 49 Siehe zur zunehmenden Bedeutung ausländischer Regelungen im Wirtschaftsstrafrecht Kraatz, JR 2011, 58, 59 f.; Mosiek, StV 2008, 94, 95 ff. 50 Ambos, in: MüKo, StGB, Band 1, § 7 Rn. 8; Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbemerkung zu §§ 3 – 9 Rn. 40 ff.; Walther, Bestechung, S. 263. 51 Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbemerkung zu §§3 – 9 Rn. 41. 52 OLG Schleswig NJW 1989, 3105, 3105. 53 BGH NStZ 2010, 632, 633 f.; Ladiges, wistra 2012, 170, 172 f. 54 BayObLG NJW 1972, 1722, 1723; Satzger, in: ders./Schluckebier/Widmaier, § 5 Rn. 7. 55 Walther, Bestechung, S. 263. 46

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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hat zunächst Einfluss darauf, wie sich eine Änderung der außerstrafrechtlichen Regelung auf den verweisenden Tatbestand auswirkt. Handelt es sich bei dem verweisenden Merkmal um ein normatives Tatbestandsmerkmal, geht mit ihr formell keine Änderung der Strafnorm einher56. Würden beispielsweise die zivilrechtlichen Vorschriften über den Eigentumserwerb nach §§ 929 ff. BGB einer Reform unterzogen, hätte dies nicht zur Folge, dass das Tatbestandsmerkmal „fremd“ im Rahmen des § 242 StGB eine grundsätzlich andere Bedeutung erhielte57. Alleine eine vollständige Abschaffung des Eigentums würde dazu führen, dass der strafrechtliche Eigentumsschutz obsolet würde58. Im Falle eines Blankettstrafgesetzes wird eine Änderung der ausfüllenden Norm hingegen wie eine Änderung des Straftatbestandes behandelt59. Darüber hinaus wirkt sich die Zuordnung darauf aus, welche Irrtumsvorschriften Anwendung finden. Im Falle eines normativen Tatbestandsmerkmals findet § 16 Abs. 1 StGB Anwendung. Ist der Handelnde nicht in der Lage, die Voraussetzungen der außerstrafrechtlichen Regelung zumindest laienhaft zu erfassen, scheitert eine Strafbarkeit am fehlenden Vorsatz60. Anders verhält es sich im Rahmen eines Blankettstrafgesetzes. Zwar gehört die Bezugsnorm zum Tatbestand des Blankettstrafgesetzes, irrt der Handelnde allerdings über die tatsächlichen Voraussetzungen des ausfüllenden Gesetzes, wird dies als Problem des Unrechtsbewusstseins behandelt und § 17 StGB angewendet61. Ein Ausschluss der Strafbarkeit kann demnach nur angenommen werden, sofern der Irrtum unvermeidbar war62. Am weitreichendsten sind die Folgen aber im Hinblick auf die Maßgaben des Art. 103 Abs. 2 GG. Zwar sind Blankettstrafgesetze nicht per se unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot63. Die Implementierung eines außerstrafrechtlichen Gesetzes wirft aber Fragen auf, die sich bei einem normativen Tatbestandsmerkmal nicht stellen. Dies gilt in besonderer Weise für Blankettstrafgesetze, die dynamische Verweisungen enthalten64. Diese müssen von statischen Verweisungen unterschieden werden. Letztere sind im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot unbedenklich, da sie nicht nur das Bezugsgesetz nennen, sondern zusätzlich angeben, in welcher Fassung dieses gilt65. Der 56

BGH NJW 2014, 1029, 1029. Schmitz, in: MüKo, StGB, Band 2, § 2 Rn. 41. 58 Schmitz, in: MüKo, StGB, Band 2, § 2 Rn. 41. 59 Schmitz, in: MüKo, StGB, Band 2, § 2 Rn. 39. 60 Hohmann, ZIS 2007, 38, 41; Roxin, AT I, § 12 Rn. 111. 61 BGHSt 3, 400, 403; Hohmann, ZIS 2007, 38, 41; Roxin, AT I, § 12 Rn. 111. 62 Hohmann, ZIS 2007, 38, 41; zu den Voraussetzungen der Unvermeidbarkeit Neumann, in: NK, StGB, Band 1, § 17 Rn. 101 f. 63 BVerfG NJW 2016, 3648, 3650. 64 Dannecker, in: LK, StGB, Band 1, § 1 Rn. 158; Hassemer/Kargl, in: NK StGB, § 1 Rn. 22; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 250. 65 Hoven, NStZ 2016, 377, 379. 57

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

Gesetzgeber hat die Entscheidung über die Voraussetzungen der Strafbarkeit mithin selbst getroffen und sich den Inhalt des ausfüllenden Gesetzes in der konkreten Fassung „zu eigen“ gemacht66. Demgegenüber nehmen dynamische Verweisungen auf eine außerstrafrechtliche Vorschrift in ihrer jeweils gültigen Fassung Bezug. Die Voraussetzungen der Sanktionierung ändern sich, sofern das Bezugsgesetz reformiert wird. Dieser Umstand ist vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG in zweierlei Hinsicht bedenklich. Erstens bergen dynamische Verweisungen die Gefahr, dass der Normgeber des ausfüllenden Gesetzes über die Voraussetzungen der Strafbarkeit entscheiden kann und der Gesetzgeber die Entscheidung über die Voraussetzungen der Strafbarkeit faktisch Unbefugten überlässt67. Zweitens wird die Vorhersehbarkeit der Strafbarkeitsvoraussetzungen möglicherweise erschwert, weil denkbar ist, dass der Normadressat die ausfüllende Norm nur schwer auffinden kann oder sie ständigen Änderungen unterliegt68. Derartige Probleme ergeben sich bei normativen Tatbestandsmerkmalen nicht. Sie sind vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes unbedenklich. Zunächst muss die ausfüllende Norm nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes genügen69, da sie kein Teil des strafrechtlichen Tatbestandes wird70. Zudem hat der Gesetzgeber eine abschließende Aussage über die Voraussetzungen der Strafbarkeit getroffen. Es ergeben sich mithin keine Probleme im Hinblick auf den Parlamentsvorbehalt, da die außerstrafrechtliche Regelung lediglich dazu dient, das normative Tatbestandsmerkmal zu konkretisieren71. Dies ist selbst dann unproblematisch, wenn im Rahmen der Auslegung auf ausländisches, außerstrafrechtliches Rechts abzustellen ist72. c) Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung Dass individuelle Vereinbarungen eine Rolle bei der Beurteilung der Frage spielen, ob sich ein bestimmtes Verhalten als strafbar erweist, ist keine Einzeler66

BVerfGE 26, 338, 366 f.; 47, 285, 312; Hoven, NStZ 2016, 377, 379; Petzsche, NZWiSt 2015, 210, 212. 67 BVerfG NJW 2016, 3648, 3650; Niehaus, wistra 2004, 206, 208; Pollähne, StV 2003, 563, 564. 68 Hellmann, FS Krey, 169, 170 f., 181 ff.; Niehaus, wistra 2004, 206, 208; Satzger, Europäisches Strafrecht, § 9 Rn. 71. 69 Böse, FS Krey, 7, 19; Enderle, Blankettstrafgesetze, S. 128. 70 BVerfG NJW1968, 1515, 1515; 1987, 3175, 3175; 2016, 3648, 3651; Böse, FS Krey, 7, 19; Satzger, Europäisches Strafrecht, § 9 Rn. 66. 71 BVerfG NJW 2016, 3648, 3651; siehe zur Reduktion normativer Tatbestandsmerkmale auf ein „Minimum“ Schlüchter, NStZ 1984, 300, 301 f. 72 Ambos, in: MüKo, StGB, Band 1, § 7 Rn. 8; Dannecker, in: LK, StGB, Band 1, § 1 Rn. 149; Radtke, GmbHR 2008, 729, 735; Ransiek/Hüls, ZGR 2009, 157, 177; zur unzulässigen Ausfüllung von Blankett-Normen durch ausländisches Recht siehe BGHSt 21, 277, 279; Schuster/Rübenstahl, wistra 2008, 201, 203.

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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scheinung des Pflichtverletzungstatbestandes73. Unter welchen Voraussetzungen das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung mit den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist und welche Anforderungen vor diesem Hintergrund an die Quellen der Pflichten zu stellen sind, hängt aber davon ab, ob es sich bei dem Verweis um ein normatives Tatbestandsmerkmal oder ein Blankettstrafgesetz handelt74. Das Strafrecht ist eine Sekundärrechtsmaterie. Es gestaltet – anders als das Verwaltungsrecht oder das Bürgerliche Recht – keine bestimmte Ordnung, sondern setzt ihren Bestand voraus75. Die Abhängigkeit des Strafrechts von einem unabhängigen Bezugspunkt im Allgemeinen spiegelt sich in der Analyse des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung im Besonderen. Ob eine Person durch eine bestimmte Verhaltensweise eine strafrechtliche Pflicht verletzt hat, kann nur unter Zugrundelegung einer außerstrafrechtlichen Bewertung beantwortet werden76. Der materielle Gehalt der erfassten Pflicht kann sich naturgemäß nicht aus dem Strafrecht selbst ergeben. Er setzt die Verzahnung mit einem anderen außerstrafrechtlichen Lebensbereich (insbesondere dem Zivil- und Wirtschaftsrecht) voraus77. Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung ist (zivilrechts-)akzessorisch auszulegen78. Das Tatbestandsmerkmal wird demnach grundsätzlich nicht strafrechtsautonom, sondern unter Zuhilfenahme außerstrafrechtlicher Vereinbarungen und Regelungen bestimmt79. Dies gilt nicht nur im Rahmen des § 299 StGB, sondern auch im Hinblick auf die Untreue und die Amtsträgerbestechung. Bei der Prüfung einer Vermögensbetreuungspflichtverletzung muss ebenfalls auf die individuelle Abrede der Parteien abgestellt werden und das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung im Sinne der §§ 332, 334 StGB ist von dem jeweiligen Pflichtenkreis des Amtsträgers abhängig. Da akzessorische Tatbestandsmerkmale allerdings sowohl die Qualität eines normativen Tatbestandsmerkmals als auch die eines Blanketts haben können, ist die Ausgangsfrage weiter offen. Wendet man aber die dargelegten Kriterien der Abgrenzung auf das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung im Rahmen des § 299 StGB an, muss der Terminus als normatives Merkmal eingeordnet werden. Die möglicherweise inzident 73

Walther, Bestechung, S. 259. Kritisch Walther, Bestechung, S. 264 f. 75 Appel, Verfassung, S. 431 ff.; Bierling, Prinzipienlehre, Band 1, S. 133 ff.; Kelsen, Rechtslehre, S. 113 f. 76 Die Gesetzesbegründung verweist gleichsam darauf, dass sich die relevanten Pflichten „insbesondere aus Gesetz oder Vertrag ergeben“. BT-Drucks. 16/6558, S. 14. Gleiches gilt für den Rahmenbeschluss. In diesem heißt es, dass eine „gesetzlich vorgeschriebene Pflicht bzw. eine berufliche Weisung“ verletzt werden müsste. Abl. EU L 192/55, Art. 1 Rb 2003/568/JI; a.A. Sprakfe, Korruption, S. 185 f. 77 BVerfGE 126, 170, 204; Ransiek, ZStW 116 (2004), 634, 640 ff.; ders./Hüls, ZGR 2009, 157, 161; Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 904 f. 78 BVerfGE 126, 170, 204; Beulke, FS Eisenberg, 2009, 245, 250 f.; Hohmann, ZIS 2007, 38, 40 ff.; Rönnau, ZStW 118 (2006), 887, 904 f., Walther, Bestechung, S. 242. 79 Walther, Bestechung, S. 241 f.; Lüderssen, FS Eser, 163, 164 ff. 74

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

relevanten zivilrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Wertungen werden nicht in die strafrechtliche Regelung implementiert, sondern unterstützen lediglich die Auslegung des Tatbestandsmerkmals80. Diese Bewertung entspricht der herrschenden Meinung im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung im Rahmen der Untreue81 und der Dienstpflichtverletzung im Rahmen der Amtsträgerkorruption82. Aufgrund der dogmatischen und begrifflichen Nähe dieser Tatbestandsmerkmale erscheint eine andere Bewertung im Hinblick auf § 299 StGB nur schwer vertretbar83. 4. Zwischenfazit Es ist das Ziel eines jeden Unternehmers möglichst erfolgreich am Geschäftsleben teilzunehmen. Sieht sich ein Angestellter oder Beauftragter mit einem besonders ausufernden, willkürlich erscheinenden Pflichtenkreis konfrontiert, kann dies seine Produktivität und eine effiziente Aufgabenerfüllung beeinträchtigen. Abnormale Arbeitsnormen wirken sich daher – zumindest tendenziell – negativ auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens aus. Unter betriebswirtschaftlichen, monetären Gesichtspunkten erscheint es insofern nicht wahrscheinlich, dass ein Unternehmer den Pflichtenkreis seiner Angestellten und Beauftragten willkürlich erweitert84. Unabhängig von diesen faktischen Überlegungen ergeben sich aus dem Umstand, dass privatrechtliche und ausländische Regelungen bei der Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung zu berücksichtigen sind, auch keine rechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Wahrung des Parlamentsvorbehaltes nach Art. 103 Abs. 2 GG. Es handelt sich bei dem verweisenden Merkmal um ein normatives Tatbestandsmerkmal, welches durch die außerstrafrechtlichen Regelungen lediglich konkretisiert wird. Die Entscheidung über die wesentlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Allein die finale Auslegung der Norm obliegt der Judikative. Zu dieser sind Richter verfassungsrechtlich gemäß Art. 92 GG berufen85.

80 81 82 83 84 85

Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357. BVerfGE 126, 170, 204; Dierlamm, in: MüKo StGB, Band 5, § 266 Rn. 173. Sowoda, in: LK StGB, Band 13, § 332 Rn. 26. Walther, Bestechung, S. 243. Siehe zu den dahingehenden Bedenken 3. Kapitel B. I. 1. Siehe dazu ausführlich Hömig, in: ders./Wolff, Art. 92 Rn. 1 ff.

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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II. Die Vorhersehbarkeit Es gilt zu untersuchen, ob der Pflichtverletzungstatbestand auch der freiheitsschützenden Funktionskomponente des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes genügt. 1. Problemdarstellung Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes muss der potenzielle Adressat einer Strafnorm dem Wortlaut zumindest das Risiko einer Strafbarkeit entnehmen können und der Anwendungsbereich der Regelung muss sich wenigstens durch eine einschränkende Auslegung ermitteln lassen86. Dass der Pflichtverletzungstatbestand diese Voraussetzungen wahrt, wird vielfach bezweifelt. Verwiesen wird insbesondere auf den Tatbestand der Untreue und die Schwierigkeiten bei der Restriktion des Merkmals der Vermögensbetreuungspflicht87. Verglichen mit der Untreue sei der Pflichtverletzungstatbestand noch offener formuliert und dehne die Strafbarkeit erheblich weiter aus, heißt es88. Insbesondere verlange § 299 StGB nicht nach einem Vermögensbezug der verletzten Pflicht und lasse „die abstrakte Gefährdung diffuser Interessen des Geschäftsinhabers“89 ausreichen. In Anbetracht dessen sei kaum vorstellbar, dass sich Kriterien entwickeln ließen, die geeignet seien, um das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung im Rahmen des § 299 StGB hinreichend zu konkretisieren90. So setze der Wortlaut nicht einmal die finale Verletzung der Pflicht voraus91. Daher könne man nicht einmal – wie im Rahmen der Untreue – auf eine gravierende Pflichtverletzung abstellen92. Dass der Pflichtverletzungstatbestand seinem Wortlaut nach nur die Verletzung von Pflichten sanktioniere, die in einem Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen, sei kein hinreichendes Einschränkungsmerkmal, da die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten dadurch nicht ausgeschlossen

86

BVerfGE 87, 209, 223 f.; 92, 1, 12. Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; zur Bestimmtheit der Untreue und den dahingehenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts siehe Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 4 ff. 88 Rönnau, StV 2009, 302, 307; ders., in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2, Rn. 102. 89 Rönnau, StV 2009, 302, 307; ders., in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2, Rn. 102. 90 Krack, FS Samson, 377, 380 ff.; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Rönnau, StV 2009, 302, 307; Sprafke, Korruption, S. 181; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 133; Wollschläger, Täterkreis, S. 153 f. 91 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 133. 92 Wollschläger, Täterkreis, S. 153; unter Verweis auf BGHSt 47, 187, 197; Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 175 f. 87

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

werde93. Bereits im Hinblick auf die Untreue sei weitgehend unklar, ob die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht eine strafrechtliche Sanktion rechtfertigen könne94. 2. Analyse des Wortlautes Ob die geäußerte Kritik berechtigt ist, wird im Folgenden hinterfragt. Dazu wird zunächst anhand der Tatbestandsmerkmale des Gesetzes überprüft, ob sich die Voraussetzungen der Strafe unmittelbar aus der Norm selbst ergeben. a) Die Tathandlung und die pflichtverletzungsbezogene Verhaltensbeschreibung Im Hinblick auf die Entwurfsfassung des Gesetzes95 wurde kritisiert, dass der Wortlaut bezüglich der Begehung der Pflichtverletzung kein konkretisierendes Tätigkeitswort enthalte96. Zum Vergleich wurde auf die Wegnahme im Rahmen des Diebstahls und die Täuschung im Rahmen des Betruges verwiesen97. Die geäußerte Kritik überzeugt schon in dogmatischer Hinsicht nicht, da es sich bei der Wegnahme im Rahmen des § 242 StGB und der Täuschung im Rahmen des Betruges um Tathandlungen handelt98. Der Entwurfsfassung ermangelte es jedoch nicht an einer solchen. Denn die Tathandlung der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr war (und ist) das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder die Annahme eines Vorteils99. Diese Tathandlungen beziehen sich auch auf den Pflichtverletzungstatbestand100. Unabhängig davon kann der Einwand gegenüber der finalen Gesetzesfassung ohnehin nicht erhoben werden. Diese sieht – wie der maßgebliche Rahmenbeschluss101 – vor, dass die Pflicht durch eine Handlung oder ein Unterlassen verletzt wurde und enthält damit, neben der Tathandlung, eine zusätzliche, pflichtverletzungsbezogene Tätigkeitsbeschreibung. Der Gesetzgeber hat diese in den Tatbestand integriert, um den Bestimmtheitsanforderungen Rechnung zu tragen102. 93 Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Rönnau, StV 2009, 302, 307; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 132; Tierel, Bestechlichkeit, S. 54; Zöller, GA 2009, 137, 145. 94 Wollschläger, Täterkreis, S. 153. 95 BT-Drucks. 18/4350, S. 6. 96 BRAK-Stellungnahme 2/2007, S. 11; Tierel, Bestechlichkeit 51; Walther, Bestechung, S. 243 f. 97 BRAK-Stellungnahme 2/2007, S. 11; Tierel, Bestechlichkeit 51. 98 Heger/Petzsche, in: WSS, § 263 Rn. 20; Schmitz, in: MüKo, StGB, Band 4, § 242 Rn. 49. 99 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 10. 100 BT-Drucks. 18/4350, S. 6. 101 Abl. EU L 192/55, Art. 2 Abs. 1 Rb 2003/568/JI. 102 BT-Drucks. 18/6389 S. 3 f., 10.

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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b) Die Qualität und der Ursprung der Pflichten Es stellt sich die Frage, ob der Adressat der Norm dem Wortlaut entnehmen kann, welche konkrete Pflichtverletzung nicht mit einer Zuwendung verknüpft werden darf103. aa) Die gesetzliche Beschränkung Der Wortlaut des § 299 StGB schränkt den Kreis möglicher tatbestandsrelevanter Pflichten in zweierlei Hinsicht ein. Erstens wird nur die vorteilsveranlasste Verletzung von Pflichten sanktioniert, die gegenüber dem Unternehmen bestehen. Die Unternehmensbezogenheit stellt klar, von welcher Seite die Pflicht auferlegt worden sein muss und schließt die Verletzung rein öffentlicher Interessen aus dem Anwendungsbereich der Norm aus104. Da die Pflichten eines Angestellten oder Beauftragten jedoch in den seltensten Fällen öffentlichen Interessen dienen, ist diese Einschränkung isoliert betrachtet nahezu fruchtlos. Zweitens muss die verletzte Pflicht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen105. Diese Begrenzung des Tatbestandes schränkt den Anwendungsbereich der Vorschrift wiederum in zweierlei Hinsicht ein. Zunächst wird die Verknüpfung eines Vorteils mit „rein innerbetrieblichen Störungen“106 aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Pflichten, die sich alleine auf die internen Abläufe innerhalb des Unternehmens beziehen, fehlt es an einem Waren- oder Dienstleistungsbezug; kurz: einem wirtschaftlichen Außenbezug. Dies betrifft die Verletzung nachrangiger arbeitsrechtlicher Pflichten ebenso wie die Missachtung von Produktionsvorgaben107 oder Compliance-Richtlinien, die sich ausschließlich auf interne Abläufe beziehen108. Aus dem Anwendungsbereich der Norm scheiden zudem Fälle aus, in denen ein Angestellter in Folge einer Zuwendung Geheimnisse verraten oder sich der Sabotage schuldig gemacht hat, da es auch in diesen Konstellationen an einem Bezugsvorgang fehlt109. Der Wortlaut äußert sich allerdings weder dazu, welchen Ursprung die Pflicht haben muss noch verhält er sich zu ihrer konkreten Bedeutung110. Trotz der ge103

Walther, Bestechung, S. 244. Walther, Bestechung, S. 252. 105 Siehe zu den Voraussetzungen im Einzelnen Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 30 ff. 106 BT-Drucks. 18/4250, S. 21. 107 Krack, FS Samson, 377, 383. 108 Dannecker, in: NK, StGB, Band 3, § 299 Rn. 108; a.A. Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194. 109 Walther, Bestechung, S. 252; obwohl das Merkmal des Bezuges grundsätzlich weit zu verstehen ist und alle wirtschaftlichen Vorgänge im Rahmen des Warenaustausches erfasst. Dazu BGH GRUR 1958, 25, 26; kritisch Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194. 110 Krack, FS Samson, 377, 383. 104

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

setzlichen Beschränkung ist der Kreis tatbestandsrelevanter Pflichten demnach relativ weit. Die gesetzliche Begrenzung ist bei Lichte betrachtet vornehmlich quantitativer, weniger qualitativer Natur. Daher hat Tiedemann – unter Verweis auf die griechische Regelung – den Vorschlag unterbreitet, die Quellen tatbestandsrelevanter Pflichten abschließend aufzuzählen111. Im griechischen Recht können sich die Pflichten aus gesetzlichen Vorschriften, dem geschlossenen Arbeitsvertrag, innerbetrieblichen Anweisungen, einem Auftrag oder der betrieblichen Stellung ergeben112. Damit werden nahezu alle denkbaren Quellen möglicher Pflichten gesetzlich genannt. Ob eine solche Aufzählung zu einer nennenswerten qualitativen Begrenzung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches führt, darf bezweifelt werden. bb) Außerstrafrechtliche Pflichten Unabhängig von möglichen Optimierungsmöglichkeiten steht vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes fest, dass es begrüßenswert ist, dass der Tatbestand überhaupt eine gesetzliche Begrenzung enthält113. Davon zu trennen ist die Frage, ob diese aus Sicht des Normadressaten ausreichend ist oder eine darüber hinausgehende, qualitative Begrenzung erforderlich wäre. Das Bedürfnis nach einer weitergehenden Restriktion könnte sich insbesondere vor dem Hintergrund der inzidenten Relevanz außerstrafrechtlicher und ausländischer Rechtsquellen ergeben. (1) Zivilrechtliche Pflichten Der Pflichtverletzungstatbestand sieht keine Begrenzung im Hinblick auf den Ursprung der verletzten Pflicht vor. Es ist denkbar, dass sich diese aus dem Gesetz, vertraglichen Vereinbarungen, mündlichen Absprachen oder gar einseitigen Anweisungen ergibt. Insbesondere im Arbeitsrecht spielen all diese Rechtsquellen eine Rolle114. Einen durchschnittlichen Angestellten trifft nicht nur die Pflicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung gemäß § 611a BGB. Er hat zahlreiche weitere Verhaltensvorschriften zu achten, die sich ihrerseits aus dem Gesetz, dem Arbeitsvertrag, individuellen Weisungen des Arbeitgebers oder betrieblichen Anordnungen ergeben können. Der Normadressat ist mit einem äußerst vielseitigen Katalog möglicher Pflichten konfrontiert, die im Rahmen der Auslegung und Bewertung des Tatbestandes eine inzidente Rolle spielen können. Die tatbestandliche Weite eröffnet insofern einen im Einzelfall nur schwer überschaubaren Kreis möglicher relevanter Pflichten. Dies gilt insbesondere im Bezug auf den Adressatenkreis der aktiven Bestechung. Der Zuwendende hat als Außenstehender des Unternehmens keine 111

Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 46. Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 30. 113 Siehe zu der Frage, ob die Einschränkung der Pflichten sogar zu weit geht Krack, FS Samson, 377, 383 ff. 114 Siehe zu den Rechtsquellen im Arbeitsrecht Preis, in: ErfK, § 611a Rn. 200 ff. 112

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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Kenntnis von unternehmensinternen Absprachen, weiß nicht um einseitige Anweisungen und ist keine Partei des Arbeitsvertrages. Die mit dieser Unkenntnis verbundenen Unsicherheiten drängen sich auf. Dieses Problemfeld wird dadurch verstärkt, dass die außerstrafrechtlichen Regelungen ihrerseits sehr unterbestimmt sein können. Zwar müssen die Quellen der jeweiligen Pflicht nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes genügen115, die Bewertung zivilrechtlicher Generalklauseln oder gewohnheitsrechtlich anerkannter Rechtsfolgen kann jedoch für den Normadressaten im Einzelfall mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein116. Dies veranschaulicht das folgende Beispiel Walthers117: Der Geschäftsführer der X-GmbH (G) hat ein riskantes (nach den internen Verfahrensregeln jedoch zulässiges) Geschäft im Namen der GmbH getätigt und von dem Vertragspartner dafür einen persönlichen Vorteil erhalten. Das Geschäft geht schief und führt zu großen Verlusten auf Seiten der X-GmbH. Im Rahmen einer möglichen Pflichtverletzung nach § 299 StGB muss auf § 43 Abs. 1 HGB abgestellt und danach gefragt werden, ob G die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes missachtet hat. Der Adressat der Norm (G) muss diese rechtliche Bewertung ex ante einschätzen können, um vorherzusehen, ob er sich möglicherweise nach § 299 StGB strafbar machen wird. Zwar würde die Rechtsprechung dies im Zweifel verneinen, da im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen ein weiter Ermessens- und Handlungsspielraum gewährt wird118. Das Problem wird aus der Sicht eines potenziellen Adressaten dadurch allerdings nicht vollends gelöst, sondern allenfalls abgemildert119. (2) Ausländische Pflichten Besonders evident wird die dargestellte Problematik der Weite des normativen Tatbestandsmerkmals, sofern sich die Pflicht nicht nur aus außerstrafrechtlichem, sondern aus ausländischem Recht ergibt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es sich bei dem von der Korruption betroffenen Unternehmen um eine EU-Auslandsgesellschaft handelt oder der Bestochene bei einem ausländischen Unternehmen angestellt ist120. Als EU-Auslandsgesellschaften werden Unternehmen bezeichnet, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union gegründet wurden, ihre unternehmerische Tätigkeit auf einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union ausdehnen und in diesem einen Verwaltungssitz errichten121. In solchen Fällen stellt sich die Frage, 115 116 117 118 119 120 121

Siehe dazu 3. Kapitel A. Walther, Bestechung, S. 245. Vgl. Walther, Bestechung, S. 246 f. BGHSt 47, 187, 195; 50, 331, 336; BGH NJW 2006, 453, 454. Walther, Bestechung, S. 247. Siehe dazu ausführlich Walther, Bestechung, S. 248 ff. EuGH NJW 2003, 3331, 3333.

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

welches Recht die Gesellschaft gegen sich gelten lassen muss. Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof abschließend beantwortet. EU-Auslandsgesellschaften müssen das Recht gegen sich gelten lassen, welches in ihrem Gründungsstaat gilt122. Dies betrifft in Deutschland insbesondere die so genannte private limited company. Diese englische Gesellschaftsform erfreut sich in Deutschland überaus großer Beliebtheit123. Dies liegt neben der vergleichsweise niedrigen sprachlichen Barriere insbesondere an der unbürokratischen Gründung124. Auf limited companies findet das englische Recht Anwendung. Dies gilt sogar für Gesellschaften, die ausschließlich in Deutschland werbend tätig sind125. Wäre ein Angestellter einer private limited company in einen Korruptionssachverhalt verwickelt, müsste das englische Recht bei der Prüfung der Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Fälle, in denen der Adressat der Bestechung bei einem ausländischen Unternehmen angestellt ist. Auch in diesen Konstellationen muss das Heimatrecht des ausländischen Unternehmens bei der Subsumtion berücksichtigt werden126. Aus Sicht des Normadressaten müssen die relevanten ausländischen Regelungen allerdings nicht nur auffind-, sondern auch auslegbar sein127. Beides wird im Hinblick auf den Pflichtverletzungstatbestand in Zweifel gezogen. Ein deutscher Manager, der einem ausländischen Geschäftspartner eine Zuwendung gewähren wolle, habe enorme Probleme, den jeweiligen Pflichtenkreis des anderen zu überblicken. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die jeweilige Pflicht des ausländischen Angestellten auch aus innerbetrieblichen Weisungen, dem Gewohnheitsrecht oder dem Arbeitsvertrag ergeben könne. Selbst wenn er die Quellen ausfindig machen könne, müsse bezweifelt werden, dass er ihren Inhalt richtig erfassen und einordnen könne. Verstärkt werde die dargestellte Problematik dadurch, dass die Ermittlung und Bewertung ausländischer Gesetze für die nationalen Behörden mit großem Aufwand und „fast zwangsläufig“128 mit Unsicherheiten verbunden sei. So gehöre es in anderen Kulturkreisen zur gängigen Geschäftspraxis und dem guten Ton, besondere Zusatzzahlungen zu gewähren129. Wie solche Vereinbarungen nach Maßgabe des

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EuGH NJW 2003, 3331, 3333. Zum „Limited-Boom“ in Deutschland und den Konsequenzen des „Brexit“ siehe Seeger, DStR 2016, 1817, 1818. 124 Zu den Voraussetzungen der Gründung siehe Just, Limited, Rn. 29 ff. 125 BGH NJW 2005, 1648; 1649; siehe zu Fragen des Missbrauchs EuZW 1999, 216. 126 Walther, Bestechung, S. 249. 127 Siehe zum folgenden Absatz insgesamt Walther, Bestechung, S. 249. 128 Wollschläger, Täterkreis, S. 154. 129 Tierel, Bestechlichkeit, S. 57. 123

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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nationalen Strafrechtes ex post beurteilt werden sollten, sei auch aus Sicht der Judikative und Exekutive unklar130. c) Zwischenfazit Dass die Berücksichtigung und Auslegung ausländischer außerstrafrechtlicher Regelungen auf der Seite der nationalen Behörden mit einem großen Ermittlungsaufwand verbunden sein kann, ist vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes irrelevant und keine rechtliche Kategorie desselbigen131. Die Fremdrechtsanwendung gehört zu den gängigen Anforderungen, die an die nationalen Behörden gestellt werden. Die inzidente Relevanz ausländischen Rechts ist den nationalen Behörden in der Sache zumutbar. Dies gilt in besonderem Maße im Hinblick auf den Pflichtverletzungstatbestand, da der Begriff der Pflichtverletzung nach Maßgabe des nationalen Rechts zu verstehen ist. Dies sieht der Rahmenbeschluss, auf welchem die Regelung basiert, ausdrücklich vor132. Die Prüfung der deutschen Behörden beschränkt sich demnach auf die Frage, ob der ausländische Angestellte eine Pflichtverletzung begangen hat, die nach deutschem Recht relevant wäre. Die Behörden sind hingegen nicht dazu verpflichtet, die Verletzung ausländischen Rechts zu prüfen. Im Hinblick auf den Normadressaten und vor dem Hintergrund der Unüberschaubarkeit möglicherweise relevanter außerstrafrechtlicher Pflichten ist die gesetzliche Beschränkung auf Pflichten, die gegenüber dem Unternehmen bestehen und in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen, allerdings unzureichend. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit ergebene sich nicht in hinreichender Weise aus dem Gesetzeswortlaut. 3. Konturierung durch die Auslegung Dieser ernüchternde Befund mündet allerdings nicht zwangsläufig in der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sollen die Bestimmtheitsanforderungen ausdrücklich nicht „übersteigert“133 werden. Strafgesetze müssen als abstrakt generelle Regelungen ihrem Wesen nach auf eine Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte anwendbar sein. Aus diesem Grund sind Unklarheiten im Einzelfall unvermeidbar134. Entscheidend ist, dass sie sich im Zweifel durch die Auslegung des Gesetzes ausräumen lassen und der genaue Anwendungsbereich der Strafnorm konkretisiert werden kann. Das Bun130 Tierel, Bestechlichkeit, S. 57, 70 f. Er schlägt vor, eine Regelung zu erlassen, die den spezifischen ausländischen Gepflogenheiten Rechnung trägt. 131 Siehe zu den beiden Funktionseinheiten des Bestimmtheitsgebotes 3. Kapitel A. 132 Abl. EU L 192/55, Art. 1 Rb 2003/568/JI. 133 BVerfGE 45, 363, 371; 75, 329, 342 f.; BGHSt 18, 359, 362; 27, 318, 321. 134 BVerfGE 126, 170, 196.

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

desverfassungsgericht legt bei der Frage, ob eine Strafnorm durch die Judikative hinreichend restriktiv ausgelegt werden kann, einen großzügigen Maßstab an135. Beispielsweise genügt der Tatbestand der Beleidigung den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes, obwohl die Voraussetzungen der Strafbarkeit im Gesetz nur rudimentär geregelt sind136. Selbiges gilt für den Tatbestand der Untreue137. Der Wortlaut des Pflichtverletzungstatbestandes wurde bereits im Rahmen der Darstellung der gesetzlichen Einschränkungen des Tatbestandes analysiert138. Interessant für eine konkretisierende, restriktive Auslegung sind insbesondere systematische, historische und telelogische Aspekte und die europarechtlichen Vorgaben. Bezugspunkt der Restriktion ist das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung, das Zentrum der Neuregelung139. a) Die Auslegung Die systematische Stellung einer Strafnorm ist neben dem Wortlaut besonders bedeutsam bei der Konkretisierung eines Tatbestandes. Systematische Zusammenhänge können aus Sicht des Normadressaten über grammatikalische Unklarheiten hinweghelfen, da sich der innertatbestandliche und gesamtsystematische Kontext eines Strafgesetzes – anders als die Historie oder der Telos – unmittelbar aus dem Gesetz ergeben140. Der Pflichtverletzungstatbestand ist gesamtsystematisch im 26. Abschnitt der Straftaten gegen den Wettbewerb verortet. Aus Sicht des Normadressaten liegt die Vermutung nahe, dass die Pflichtverletzung zu einer abstrakten Gefahr für den Wettbewerb führen muss. Diese Vermutung wird durch die innertatbestandliche Systematik gestützt, da die ersten Varianten des § 299 StGB dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs dienen141. Dies ergibt sich bereits aus ihrem Wortlaut, der nach einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb verlangt. Der historische Hintergrund des § 299 StGB142 und des Begriffes der Pflichtverletzung143, der Telos der Regelung144 und die maßgeblichen internationalen 135

Radtke/Hagemeier, in: BeckOK GG, Art. 103 Rn. 24. BGHSt 36, 145, 148 f.; Ignor, Beleidigung, S. 153 ff. 137 BVerfGE 126, 170, 200 ff. 138 2. Kapitel C. II. 1. 139 Rönnau und Golombek meinen, der Gesamttatbestand sei einer restriktiven Auslegung zu unterziehen. Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194. Tatsächlich ist der Dreh- und Angelpunkt der tatbestandlichen Unterbestimmtheit jedoch das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung. 140 Siehe dazu ausführlich Simon, Gesetzesauslegung, S. 430 ff. 141 2. Kapitel C. II. 3. b). 142 2. Kapitel C. II. 2. a). 143 2. Kapitel C. II. 2. b). 136

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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Vorgaben145 wurden im Rahmen der Ermittlung des Schutzzweckes der Norm eingehend analysiert. Auf diese Darstellung kann, obwohl sie unter einem anderen Gesichtspunkt erfolgt ist, verwiesen werden. Die Gesetzesauslegung hat unter allen Gesichtspunkten ergeben, dass die Regelung dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs dient. b) Bislang vertretene Restriktionsansätze Trotz der inhaltlich eindeutigen systematischen Verortung und dem ermittelten Wettbewerbsbezug gibt es Stimmen, die eine Restriktion des Tatbestandsmerkmals der Pflichtverletzung durch eine analoge Anwendung der Voraussetzungen der Untreue erreichen wollen. Teilweise wird das Erfordernis eines Vermögensbezuges der verletzten Pflicht146, an einigen Stellen sogar das eines Schadenseintritts in den Tatbestand gelesen147. Vogel ist der Ansicht, dass eine Vermögensbetreuungspflicht in aller Regel vorliege, da es in der Praxis keinen Sinn ergebe, einen Angestellten zu bestechen, den keine Vermögensbetreuungspflicht treffe148. Dem kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass das Argument Vogels schon inhaltlich nicht zutreffend ist, geht dieser vermögensbezogene Restriktionsansatz deutlich über die äußeren Grenzen des Wortlautes hinaus149 und wird weder durch die Systematik noch vom Schutzzweck der Regelung gestützt150. Würde man die Voraussetzungen der Untreue analog auf den Pflichtverletzungstatbestand anwenden, verbliebe für diesen kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich151. Überdies kann der spezifische Unwert der Wirtschaftskorruption nicht über die bloße Gefährdung des Vermögens abgebildet werden. Das zentrale Element des Korruptionsunrechtes ist der Missbrauch von Macht152. Dieses Element wird von zahlreichen Stimmen in den Fokus der Restriktion gerückt153. So fordert Krack, dass in der Pflichtverletzung ein besonderes Element des Machtmissbrauches deutlich werde154. Die Strafbarkeit müsse auf Konstella144

2. Kapitel C. II. 4. c). 2. Kapitel I. 146 Dannecker, in: NK, StGB, Band 3, § 299 Rn. 116; Kretschmer, StraFo, 2008, 496, 501; Zöller, GA 2009, 137, 146; Stanitzek ist zwar der Auffassung, dass die Vorschrift ein „Untreueelement“ enthalte, eine analoge Anwendung der Voraussetzungen der Untreue lehnt sie aber ab. Siehe dies., Criminal Compliance, S. 135, 147 Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 645; Dannecker, in: NK, StGB, Band 3, § 299 Rn. 116. 148 Dazu Vogel, FS Weber, 395, 406. 149 Rönnau, StV 2009, 302, 307. 150 Stanitzek, Criminal Compliance, S. 133; Wollschläger, Täterkreis, S. 154. 151 Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 645; Dannecker, in: NK, StGB, Band 3, § 299 Rn. 116. 152 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3); 2. Kapitel D. III. 153 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 288 f.; Krack, FS Samson, 377, 387; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 135 f. 154 Krack, FS Samson, 377, 387. 145

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

tionen beschränkt werden, bei denen der Bestochene die ihm vom Unternehmen übertragenen Entscheidungsbefugnisse missbrauche155. Nicht erfasst werden sollen Fälle, in denen der Handelnde lediglich eine physische Einwirkungsmöglichkeit ausnutze156. Zudem müsse ein funktionaler Zusammenhang zwischen der verletzten Pflicht und dem Warenbezug oder der Dienstleistung bestehen157. Sie dürfte nicht alleine bei Gelegenheit des Warenbezuges erfolgt sein158. Die Pflicht müsse vielmehr eine zum Warenbezug gehörende Sachentscheidung betreffen159. Stanitzek verfolgt einen ganz ähnlichen Ansatz. Sie meint, strafbar sei nur derjenige, der über Entscheidungsbefugnis verfüge und „wesentliche Pflichten“ verletze160. Als Täter komme nur eine Person in Frage, die über eine eigenständige Entscheidungsmacht verfüge161. Dies ergebe sich bereits aus den europarechtlichen Vorgaben162. Der Rahmenbeschluss sehe ebenfalls vor, dass der Täter in „leitender oder sonstiger Stellung“ tätig sei163. Auch Gaede stützt seine Auffassung auf diesen Verweis. Er stellt zunächst klar, dass mit der Korruptionsbekämpfung überindividuelle Interessen geschützt werden sollen164. Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung schränkt er sodann – unter Verweis auf den Rahmenbeschluss – in zweierlei Hinsicht ein165: Erstens soll nur die Verletzung von Pflichten tatbestandsmäßig sein, die einer Person nach ihrem „geschäftlichen Aufgabenbereich auf Basis einer klar erkennbaren Grundlage“ obliege166. Nicht erfasst werden sollen Handlungen, die den allgemeinen Berufsvorgang betreffen167. Zweitens fordert er, dass die Pflicht „wirtschaftlich bedeutsam“168 sei, da nur die Verletzung einer solchen Pflicht geeignet sei, die überindividuelle Schutzrichtung der Korruption zu berühren. Die Pflicht müsse zwar nicht auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet sein, dürfe allerdings keinem rein ideellen Zweck dienen169 . All diese Ansätze berücksichtigen den besonderen Unwert der Korruption. Sie lassen jedoch die systematische, wettbewerbsstrafrechtliche Verortung des Pflichtverletzungstatbestandes und den Schutzzweck der Regelung außer Acht. 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169

Krack, FS Samson, 377, 387. Krack, FS Samson, 377, 387. Krack, FS Samson, 377, 387. Krack, FS Samson, 377, 386 f. Krack, FS Samson, 377, 386 f. Stanitzek, Criminal Compliance, S. 135. Stanitzek, Criminal Compliance, S. 135. Stanitzek, Criminal Compliance, S. 135 f. Stanitzek, Criminal Compliance, S. 135 f. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 288. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 288. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 288. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 288. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 289. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 289.

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

131

Deutlich überzeugender ist der Ansatz Kubiciels170. Kubiciel stützt die Restriktion auf den wettbewerbsschützenden Charakter der Vorschrift171. Die Regelung schütze den Wettbewerb vor Gefahren im „Vorfeld konkreter Wettbewerbslagen“172. Tatbestandsmäßig sei nur die Verletzung von Pflichten, „die ausschließlich oder jedenfalls primär dem Ziel dienen, den Leistungswettbewerb zu schützen“, nicht jedoch ein Verstoß gegen eine beliebige arbeitsrechtliche Pflicht oder Loyalitätsinteressen des Geschäftsherrn173. Diese Einschränkung begründet er insbesondere mit systematischen Erwägungen und den Vorgaben des Rahmenbeschlusses174. Dieser solle den internationalen Wettbewerb vor Gefahren schützen, die durch Korruption entstünden175. Zudem verweist er auf die allgemeine Methodik der objektiven Zurechnung176. Im Rahmen dieser sei anerkannt, dass die Restriktion eines strafrechtlichen Tatbestandes durch die Begrenzung der relevanten außerstrafrechtlichen Normen erreicht werde177. Dieser Grundsatz gewinne im Wirtschaftsstrafrecht zunehmend an Bedeutung178. Dannecker und Schröder haben sich Kubiciel unter Verweis auf die Gesetzessystematik angeschlossen179. Sie verweisen darauf, dass aus dem Umstand, dass der Wortlaut keine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb fordere, nicht folge, dass „gänzlich wettbewerbsferne Pflichtverletzungen“ tatbestandlich erfasst seien180. Der Pflichtverletzungstatbestand sanktioniere nur die Verletzung von Pflichten, die abstrakt geeignet seien, „den Wettbewerb als Institution zu gefährden und nicht bereits eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb zum Gegenstand“ hätten181. c) Eigener Restriktionsansatz Der Pflichtverletzungstatbestand bedarf einer konkretisierenden Auslegung. Insbesondere ist der Begriff der Pflichtverletzung auslegungsbedürftig. Vor dem Hintergrund der dynamischen Regelungsmaterie ist dieser Umstand sogar zu begrüßen. Korruption ist ein strafrechtliches Phänomen, das die unterschiedlichsten Handlungs- und Angriffsformen erfasst. Wäre das Gesetz starr und eng formuliert, 170

Kubiciel, ZIS 2014, 637, 671 f. Kubiciel, ZIS 2014, 637, 671 f. 172 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 671; kritisch Walther, Bestechung, S. 253 f. 173 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 671. 174 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 671. 175 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 671; 2. Kapitel C. I. 176 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 672. 177 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 672. 178 Kubiciel, ZIS 2014, 637, 672 m.w.N. 179 Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49 f. 180 Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49. 181 Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 50; siehe zur abstrakten Wettbewerbslage auch Tiedemann, in: LK, StGB, § 299 Rn. 46. 171

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

bestünde die Gefahr, dass es dem wirtschaftlichen Wandel und den Besonderheiten der Regelungsmaterie nicht gerecht werden könnte. Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung ist allerdings nicht nur konkretisierungsbedürftig, es ist auch konkretisierungsfähig und kann durch eine schutzzweckbezogene Auslegung sinnvoll begrenzt werden. Es ist einerseits im Lichte des Unwertes der Korruption und andererseits unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm restriktiv auszulegen. Der inhaltliche Ansatz Kubiciels wird daher um das Element des Machtmissbrauchs angereichert. Kombiniert man diese Aspekte, erfasst der Tatbestand nur Pflichtverletzungen, die (1) durch den Missbrauch übertragener Entscheidungsmacht erfolgt sind und (2) eine abstrakte Gefahr für den Wettbewerb bergen. Ersteres kann nur angenommen werden, sofern der Angestellte oder Beauftragte die Entscheidungsmacht, die ihm von dem Unternehmen übertragen worden ist, bei der Begehung der konkreten Pflichtverletzung missbraucht hat182. Nicht erfasst werden Sachverhalte, in denen der Handelnde lediglich eine faktische Einwirkungsmöglichkeit ausgenutzt hat. Dies wäre beispielsweise bei einer vorteilsveranlassten Sachbeschädigung der Fall. Diese Einschränkung ist für sich genommen jedoch nicht ausreichend, da sie nicht an den Schutzzweck der Norm und ihre systematische Verortung gebunden ist. Die Notwendigkeit einer solchen Rückkopplung ergibt sich aus dem Gedanken der objektiven Zurechnung183. Ein tatbestandlicher Erfolg ist nur zurechenbar, wenn der Täter durch seine Handlung eine strafrechtlich relevante Gefahr geschaffen oder erhöht hat und sich diese Gefahr im tatbestandlichen Erfolg niedergeschlagen hat184. Verneint wird die Zurechenbarkeit unter anderem, sofern der eingetretene Erfolg nicht im Schutzbereich des konkreten Strafgesetzes liegt. In diesen Fällen ermangelt es an der Schaffung einer – im Sinne der Strafnorm – relevanten Gefahr185. Dieser Rechtsgedanke lässt sich auf Gefährdungsdelikte übertragen. Gefährdungsdelikte schützen nur vor bestimmten strafwürdigen Gefahren186. Die Auslegung hat ergeben, dass der Pflichtverletzungstatbestand dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs dient. Kubiciel fordert daher richtigerweise, dass die Pflicht einen inhaltlichen Bezug zum Wettbewerb aufweisen und ihre Verletzung geeignet sein muss, diesen abstrakt zu gefährden187. Untersagt der Geschäftsführer einer Bäckerei (G) seinen Mitarbeitern, Brötchen zu verzehren und verspricht sein Kon182

2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3); 2. Kapitel D. III.; zur Untreue Saliger, HRRS 2006, 10, 18. Siehe zur objektiven Zurechnung im Allgemeinen Roxin, AT I, § 11 Rn. 44 ff. 184 Statt vieler Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 251. 185 Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn. 254 ff.; Roxin begreift die Thematik des Schutzzweckzusammenhangs als dritte, eigenständige Kategorie innerhalb der objektiven Zurechnung. Vgl. Roxin, AT I, § 11 Rn. 84 ff. 186 Siehe zum Schutzgedanken des Bevorzugungstatbestandes und seiner teleologischen Reduktion Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 8 f. 187 2. Kapitel B. I; 3. Kapitel B. II. 3. b). 183

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

133

kurrent (K) dem Angestellten (A) 300 E, sofern dieser sich dem Verzehrverbot widersetzt, betrifft die beabsichtigte Unrechtsvereinbarung keine wettbewerbsrelevante Pflicht. Die durch die Pflichtverletzung geschaffene Gefahr ist im Hinblick auf § 299 StGB irrelevant, da sie lediglich das allgemein Vertrauen in die Loyalität eines Angestellten tangiert. Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn der Vorteilsgeber die Zuwendung daran geknüpft hätte, dass der Bäcker die Brötchen durch die Zugabe bestimmter Stoffe ungenießbar macht. In diesem Fall würde die Bäckerei nachteilig in ihrer Stellung im Wettbewerb beeinträchtigt. Diese Pflicht muss, um tatbestandlich relevant zu sein, eine geschäftliche Handlung betreffen. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist darunter jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt, zu verstehen. Eine geschäftliche Handlung im wettbewerbsrechtlichen Sinne ist demnach zwar nicht an das Vorhandensein einer konkreten Konkurrenzsituation gebunden, betrifft aber die Stellung eines Unternehmens im Wettbewerb188. Im Ergebnis sind daher nur Sachverhalte relevant, die sowohl ein Missbrauchselement als auch eine Wettbewerbsrelevanz vereinen. Der Angestellte oder Beauftragte muss den Wettbewerb abstrakt gefährden, indem er sich nicht von sachlichen, wirtschaftlichen Erwägungen und den Interessen des Unternehmens, sondern seiner eigenen persönlichen Vorteilsaussicht leiten lässt. Erst die Stellung, die ihm das Unternehmen eingeräumt hat, ermöglicht es dem Angestellten, den Wettbewerb zu gefährden189. Das Unternehmen hat ihm diese Macht als Funktionseinheit des Wettbewerbs übertragen, weil es Entscheidungen nicht selbst treffen kann und auf eine Machtdelegation an natürliche Personen angewiesen ist190. Zwischen dieser übertragenen internen Macht und der wettbewerbsrelevanten Pflichtverletzung muss ein funktionaler Zusammenhang bestehen191. Tatbestandlich erfasst werden nur sachwidrige, eindeutig auf dem Vorteil beruhende, das Unternehmen und den Wettbewerb gefährdende, sachwidrige Entscheidungen, die der Handelnde treffen konnte, weil das Unternehmen ihm einen eigenständigen Handlungsspielraum eingeräumt hat, den er bewusst und vorteilsveranlasst ausgenutzt hat. Nur die Verletzung einer solchen Pflicht rechtfertigt eine strafrechtliche Sanktionierung192. Aus der Verletzung von Nebenpflichten oder 188

Siehe zum Wettbewerbsbegriff des UWG Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.7. 189 Vgl. zur Untreue Kubiciel, NStZ 2005, 353, 358. 190 Vgl. zur Untreue Kubiciel, NStZ 2005, 353, 358. 191 Vgl. ebenfalls zur Untreue Saliger, HRRS 2006, 10, 18. 192 Siehe allgemein zur verfassungskonformen Auslegung und einer Reduktion auf das „Mindestgemeinsame“ Schlüchter, NStZ 1984, 300, 302 f.

134

Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

Pflichten, die keinen Bezug zum Schutzgut aufweisen, erwächst keine – im Sinne des Pflichtverletzungstatbestandes – relevante Gefahr. Diese tatbestandliche Restriktion ist auch auf § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB anwendbar, da der Adressat der aktiven Bestechung notwendigerweise ein Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens sein muss. 4. Weitere relevante Aspekte a) Die Perspektive des konkreten Normadressaten Nach dem Willen des Bundesverfassungsgerichts ist im Rahmen der konkretisierenden Auslegung auf die Perspektive des jeweiligen Normadressaten abzustellen193. Der potenzielle Adressat der Norm muss durch die Auslegung der Norm zumindest das Risiko einer möglichen Sanktionierung erkennen können194. Die Anforderungen an die Bestimmtheit sind milder zu bewerten, sofern der in Rede stehende Tatbestand dem „Expertenstrafrecht“195 zugeordnet werden kann196. Dabei handelt es sich um Strafgesetze, deren Adressatenkreis über besonderes, überdurchschnittliches Fachwissen verfügt. Insbesondere im Wirtschafts- und im Umweltstrafrecht kommen solche Regelungen relativ häufig vor, da vergleichsweise viele Tatbestände nur an Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe gerichtet sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist es aufgrund der besonderen Expertise dieser Personen gerechtfertigt, ihnen eine gegenüber dem durchschnittlichen Bürger erhöhte Informationspflicht aufzuerlegen197. Die passive Bestechung nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist an Angestellte und Beauftragte eines Unternehmens adressiert. Angehörige dieser Personengruppe verfügen als Entscheidungsträger eines Unternehmens in aller Regel über besondere wirtschaftliche und interne Kenntnisse, die ihnen das begriffliche Verständnis der Norm erleichtern198. Angestellte und Beauftragte sind in ihrem beruflichen Alltag dazu verpflichtet, pflichtgerecht zu handeln. Es darf somit unterstellt werden, dass sie mit den betrieblichen Regelungen des Unternehmens in besonderer Weise vertraut sind und ihren jeweiligen Pflichtenkreis kennen. Dies gilt gleichsam für vertragliche wie gesetzliche Pflichten. Den Inhalt des Arbeitsvertrages können sie sogar mitgestalten199. Zudem ist davon auszugehen, dass Angestellte und Beauftragte mit den gesetzlichen Grundlagen ihrer Tätigkeit und den sich daraus ergebenden 193

BVerfGE 71, 108, 115. BVerfGE 87, 209, 223 f.; 92, 1, 12. 195 Petzsche, NZWiSt 2015, 210, 213; Satzger, Internationales Strafrecht, § 9 Rn. 67. 196 BVerfGE 26, 186, 204; 48, 48, 57 f.; Radtke/Hagemeier, in: BeckOK GG, Art. 103 Rn. 25. 197 BVerfG NJW 1993, 1909, 1910; Schröder, NStZ 2006, 669, 673. 198 A.A. Walther, Bestechung, S. 257. 199 Sprafke, Korruption, S. 187. 194

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

135

Pflichten vertraut sind. Aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen und ihres Sachverstandes sollten sie auch einschätzen können, welche Folgen die Verletzung einer bestimmten Pflicht haben wird. Sie sollten beurteilen können, ob ihre Verletzung die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb potenziell gefährdet. Im Hinblick auf die passive Bestechung ist die Norm damit hinreichend bestimmt. Angestellte und Beauftragte eines Unternehmens können erkennen, dass die Verknüpfung eines Vorteils mit einer Pflichtverletzung das Risiko einer Strafbarkeit birgt, sofern das Unternehmen nicht eingewilligt hat. Es stellt sich aber die Frage, ob dies auch für die aktive Bestechung gilt. § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist nicht auf Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe beschränkt und kann grundsätzlich von jedermann begangen werden. Gegen eine hinreichende Auslegbarkeit des Begriffes der Pflichtverletzung und Vorhersehbarkeit der Strafbarkeitsvoraussetzungen könnte sprechen, dass von einem außerhalb des Unternehmens stehenden Dritten nicht erwartet werden kann, dass dieser um die Pflichten weiß, die den jeweiligen Angestellten treffen200. Dies könnte insbesondere gelten, da sich die Pflicht auch aus einer einseitigen, mündlichen Vereinbarung oder ausländischen Regelungen ergeben kann, ein außenstehender Dritter auf diese Quellen jedoch meist keinen Zugriff hat oder sprachliche Barrieren eine inhaltliche Bewertung erschweren. Diese Einwände überzeugen aus dogmatischen und tatsächlichen Gründen im Ergebnis aber nicht. Der Tatbestand erfordert eine Handlung im geschäftlichen Verkehr. Die Tathandlung muss der Förderung eines geschäftlichen Zwecks sowie der Erreichung eines wirtschaftlichen Ziels dienen und Ausfluss der „Teilnahme am Wettbewerb“ sein201. Dient die Zuwendung der Erreichung hoheitlicher oder privater Ziele, ist § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht erfüllt. Der Täterkreis der aktiven Bestechung ist demnach – zumindest faktisch – auf Personen begrenzt, die wirtschaftliche Ziele verfolgen und im Rahmen dieser Zweckbindung Zuwendungen an fremde Angestellte oder Beauftragte tätigen. Aus tatsächlichen Gründen geht der Vergleich mit einem beliebigen, außenstehenden Dritten demnach fehl. Zudem greift § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB nur, sofern eine Unrechtsvereinbarung beabsichtigt oder getroffen wurde und der Geber Vorsatz im Hinblick auf die Pflichtverletzung hat. Erfolgt die Zuwendung, ohne dass der Geber von der Verletzung einer Pflicht weiß, scheitert die Strafbarkeit gleich in mehrfacher Hinsicht202. Objektiv fehlt es an einer Unrechtsvereinbarung, subjektiv mangelt es an einem Vorsatz im Hinblick auf die verletzte Pflicht, sodass § 16 Abs. 1 StGB eingreift203. Beides ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm. Gewährt der Geschäftsmann G dem ausländischen Angestellten A somit einen Vorteil und verletzt 200

Walther, Bestechung, S. 257. Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 9 m.w.N. 202 Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 330. 203 Die allgemeinen Irrtumsregeln führen in solchen „Grenzfällen“ somit zu angemessenen Ergebnissen. Vgl. BVerfGE 75, 329, 343; BGHSt 30, 285, 288. 201

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Kap. 3: Das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot

dieser unabhängig von der Zuwendung oder ohne Wissen des G eine Pflicht, macht sich G nicht nach § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB strafbar. Zwar können die tatsächlichen Umstände nahe legen, dass die Parteien eine Unrechtsvereinbarung getroffen haben und der Geber die Pflicht kannte, Schlüsse dieser Art sollten allerdings restriktiv gehandhabt werden204. Die dahingehende Rechtsprechung zu den §§ 331 ff. StGB kann nur mit großer Zurückhaltung auf den Pflichtverletzungstatbestand übertragen werden, da die Pflichtverletzung – anders als im Rahmen der Amtsträgerbestechung205 – positiv festgestellt werden muss. § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB richtet sich demnach erkennbar nur an Personen, die geschäftliche Handlungen vornehmen und im Rahmen dieser Handlungen die vorsätzliche Verknüpfung eines Vorteils mit einer Pflichtverletzung vereinbaren möchten. Im geschäftlichen Verkehr handelnde Personen setzen sich aber erkennbar dem Risiko einer Sanktionierung aus, sofern sie einem fremden Angestellten oder Beauftragten eine Zuwendung gewähren, damit dieser eine bestimmte Handlung vornimmt oder unterlässt, wenn das Unternehmen keine Kenntnisse von der Bevorteilung hat. b) Der Strafrahmen Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steigen die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Tatbestandes in Abhängigkeit zur Höhe der Strafandrohung206. Sieht eine Norm eine hohe Strafe vor, ist der Gesetzgeber dazu verpflichtet, den Tatbestand besonders präzise zu fassen und die Voraussetzungen der Strafe genau zu bestimmen207. Aus diesem Umstand ergeben sich jedoch keine besonderen Anforderungen im Hinblick auf die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes. Der Strafrahmen des § 299 StGB reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren. Es handelt sich somit um ein Vergehen im Sinne des § 12 Abs. 2 StGB. Zudem ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht obligatorisch und die maximale Freiheitsstrafe von drei Jahren als eher gering zu bewerten.

204

Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 330 f. Im Rahmen der Amtsträgerkorruption genügt es, dass die Zuwendung zur allgemeinen Klimapflege gewährt wurde. Eine Dienstpflichtverletzung muss nicht positiv festgestellt werden. Siehe dazu BGH NStZ-RR 2007, 309, 310; KG Berlin CCZ 2009, 35, 36; zur Klimapflege im Rahmen der Abgeordnetenbestechung nach § 108 n. F. siehe Becker, NStZ 2015, 454, 455. 206 BVerfGE 75, 329, 342. 207 BVerfGE 75, 329, 342. 205

B. Die Bestimmtheit des Pflichtverletzungstatbestandes

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III. Fazit Der Pflichtverletzungstatbestand genügt dem strengen Gesetzesvorbehalt des Art. 103 Abs. 2 GG. Bei dem Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung handelt es sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal, welches durch außerstrafrechtliche Regelungen zu konkretisieren ist. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit sind aus der Perspektive des Normadressaten in ausreichender Weise vorhersehbar. Zwar ist das Gesetz selbst offen formuliert, mögliche Unklarheiten lassen sich jedoch durch eine schutzzweckbezogene, restriktive Auslegung ausräumen. Das Risiko einer Strafbarkeit ist für den Adressatenkreis der Norm erkenn- und vorhersehbar. Der Pflichtverletzungstatbestand verstößt damit nicht gegen die Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes208.

208

A.A. Stanitzek, Compliance, S. 135.

4. Kapitel

Das kriminalpolitische Bedürfnis Die Einführung eines neuen (wirtschafts-)strafrechtlichen Tatbestandes löst innerhalb der Wissenschaft zumeist eine Welle der Empörung aus1. Oftmals werden junge Strafnormen nicht nur mit Argwohn betrachtet, sondern – scheinbar reflexartig – als überflüssig und unverhältnismäßig bewertet2. Ob eine solch abwehrende Haltung in der Sache berechtigt ist, hängt letztlich vom Einzelfall ab. Gänzlich neu ist diese wissenschaftliche „Grundskepsis“ gegenüber der Expansion des Strafrechts und neuen Strafvorschriften jedenfalls nicht3. So wurde bereits vor der Einführung des § 299 StGB die Frage aufgeworfen, ob es einer strafrechtlichen Regelung der Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bedurft hätte, wenn der Anwendungsbereich der Untreuevorschrift bereits Anfang des 20. Jahrhunderts so weitgehend gewesen wäre, wie er heute ist4. Ähnliche Überlegungen wurden auch im Hinblick auf den Pflichtverletzungstatbestand angestellt. Vor seiner Einführung wurden vielfach Zweifel daran geäußert, dass ein kriminalpolitisches Bedürfnis zur Reformierung und Erweiterung des § 299 StGB verzeichnet werden konnte5. Grundsätzlich ist der Erlass einer strafrechtlichen Regelung nur angezeigt, wenn es an einer anderweitigen Vermeid- oder Sanktionierbarkeit des tatbestandlich geregelten Verhaltens fehlt. Im Hinblick auf den Pflichtverletzungstatbestand stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit Pflichtverletzungen gegenüber dem Unternehmen mittels unternehmensinterner Criminal Compliance-Richtlinien vermieden werden können. Im folgenden Kapitel wird daher zunächst die Bedeutung derartiger Richtlinien aufgezeigt und ihre Vergleichbarkeit mit Strafgesetzen kritisch hinterfragt. Im Anschluss wird der eigenständige Anwendungsbereich der Neuregelung nachgezeichnet. Es muss überprüft werden, ob die erfassten Sachverhaltskonstellationen möglicherweise durch andere Straftatbestände erfasst werden und welche 1

Hoven, DRiZ 2017, 280, 281. Zum Diskurs um (vermeintlich) entbehrliche Tatbestände Hoven, DRiZ 2017, 280. 3 Zur Kritik an einer Ausweitung der Kriminalisierung Gärditz, Der Staat 2010, 331, 332 f.; Heinrich, KriPoZ 2017, 4, 5; zur Kritik an einer Überkriminalisierung im wirtschaftsstrafrechtlichen Bereich Kindhäuser, ZStW 129 (2017), 382, 384 ff. 4 Siehe zu diesen Überlegungen und zur alten Gesetzesfassung des § 266 StGB Lampe, Tagungsberichte, Band XI, Anlage 1, S. 69, Fn. 88. 5 Siehe nur Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; Schünemann, ZRP 2015, 68, 69 f.; zur aktuellen Einschätzung einer Entbehrlichkeit Hoven, DRiZ 2017, 280, 281. 2

A. Zivilrechtliche Vermeidbarkeit

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etwaigen Regelungslücken der Pflichtverletzungstatbestand schließen kann. Aus einer möglichen Neusanktionierung bestimmter Sachverhalte ergibt sich sodann die Frage, ob eine Strafbedürftigkeit und Strafwürdigkeit des untersagten Verhaltens gegeben ist oder die Rechtsfolgen des Pflichtverletzungstatbestandes möglicherweise unverhältnismäßig sind.

A. Zivilrechtliche Vermeidbarkeit: Bedeutung und Funktion der Criminal Compliance Criminal Compliance und Korruptionsprävention sind in der Privatwirtschaft in den vergangenen Jahren zu echten Führungsaufgaben avanciert6. In immer mehr Unternehmen werden Regelwerke geschaffen, die Aussagen über den internen Umgang mit korrupten Handlungen und Pflichtverletzungen gegenüber dem Unternehmen treffen. Ransiek hat bereits im Zuge der Einführung des § 299 StGB die These aufgestellt, dass solche Richtlinien eine effektivere Korruptionsverhinderung gewährleisten als ein strafrechtlicher Tatbestand7. Im Zuge der Reformierung und Erweiterung der Norm stellt sich erneut die Frage, welche Rolle die interne Selbstregulierung wirtschaftlicher Unternehmen bei der Schaffung einer Strafnorm spielt. Insbesondere gilt es zu überprüfen, ob Criminal Compliance-Richtlinien eine externe strafrechtliche Regelung ersetzen können.

I. Begriff und Bedeutung der Criminal Compliance 1. Der Begriff Gehörten Schmiergelder und andere Zuwendungen in vielen Branchen lange Zeit zum guten Ton oder wurden zumindest als hinzunehmendes Übel akzeptiert, hat spätestens die Korruptionsaffäre um die Siemens-AG8 im Jahr 2006 zu einem Bewusstseinswandel innerhalb der Privatwirtschaft geführt. Dieser medial viel beachtete Skandal hat eindrucksvoll gezeigt, welche weitreichenden Konsequenzen einem Unternehmen drohen, wenn Mitarbeiter verdächtigt werden, sich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit wegen eines Korruptionsdeliktes oder einer Steuerhinterziehung strafbar gemacht zu haben9.

6

Zimmermann, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, A, Rn. 3 f. Ransiek, StV 1996, 446, 453. 8 BGH NStZ 2009, 95. 9 Alexander/Winkelbauer, in: Müller-Gugenberger, § 31 Rn. 1; Pietzke, CCZ 2010, 45, 49 f.; ausführlich zum Verfahrensgang und den nationalen und internationalen Unternehmenssanktionen im Fall Siemens Eidam, in: ders., Kap. 14 Rn. 10 f. 7

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Im juristischen Bereich hat diese Entwicklung dazu geführt, dass der Terminus Compliance zu einer allgegenwärtigen, festen Größe des nationalen Wirtschaftsstrafrechts geworden ist10. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Englischen und leitet sich aus dem Wort to comply ab, das mit einhalten oder befolgen übersetzt werden kann. Wissenschaftlich ist er originär dem Bereich der Humanmedizin zuzuordnen11. Dort bezeichnet er die „Therapietreue“12 des Patienten, also die Einhaltung und Achtung ärztlicher Vorgaben durch diesen. Übertragen auf das Recht und Unternehmen versteht man unter Compliance die Pflicht zu rechtskonformem Handeln13. Criminal Compliance bezieht sich inhaltlich auf den besonderen Bereich zu achtender strafrechtlicher Vorschriften14. 2. Die Bedeutung Dass nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen an Recht und Gesetz gebunden sind, ist freilich eine Selbstverständlichkeit und keine Erkenntnis, die der Compliance-Diskurs der vergangenen Jahre gebracht hat15. Der materielle Gehalt des Begriffs Compliance geht mithin über diese Einsicht hinaus. Nach der Definition des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK)16 hat „der Vorstand […] für die Erhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hin“17. Im Bereich der Compliance geht es somit nicht nur um die Pflicht zur Rechtstreue, sondern immer auch um die Zuordnung von Verantwortung. Anders gewendet sind Unternehmen nicht nur selbst an Recht und Gesetz gebunden, sie sind darüber hinaus gehalten, interne Maßnahmen zu ergreifen, die dazu beitragen, dass die Unternehmensangehörigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keine gesetzlichen Vorschriften missachten18. Verletzt das Unternehmen diese ihm obliegende Pflicht, drohen Geldbußen nach §§ 130, 30 OWiG, der Verfall von Vermögenswerten, Schadens10

Rotsch, in: Criminal Compliance, 3, 3; zur US-amerikanischen Geschichte und Entwicklung der Criminal Compliance Eidam, in: ders., Kap. 14 Rn. 14 ff. 11 Eidam, in: ders., Kap. 14 Rn. 30; Michalke, StV 2011, 24, 245. 12 Alexander/Winkelbauer, in: Müller-Gugenberger, § 31 Rn. 4; Rotsch, in: Achenbach/ Ransiek/Rönnau, 1. Teil, Kap. 4 Rn. 2. 13 Siehe nur Bock, ZIS 2009, 68, 68. 14 Rotsch, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, 1. Teil, Kap. 4 Rn. 4. 15 Schneider spricht in diesem Zusammenhang von einer „Binsenweisheit“, ZIP 2003, 645. 16 Der Deutschen Corporate Governance Kodex beinhaltet einen an Unternehmen gerichteten „code of best practice“, der dazu beitragen soll, dass die rechtlichen Regelungen, die für deutsche Unternehmen gelten, transparenter werden, um das Vertrauen in die Führung deutscher Unternehmen zu stärken. Dazu Kreitner, in: Küttner Personalbuch, Compliance Rn. 2. 17 Deutscher Corporate Governance Kodex vom 07. 02. 2017, S. 6 Nr. 4.1.3., abrufbar unter: http://www.dcgk.de//files/dcgk/usercontent/de/download/kodex/170424_Kodex.pdf (Stand: 01. 11. 2018). 18 Zimmermann, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, A, Rn. 1.

A. Zivilrechtliche Vermeidbarkeit

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ersatzansprüche, Haftungsprozesse oder ein Eintrag in das im Jahr 2017 geschaffene Wettbewerbsregister19. Letzteres gibt öffentlichen Auftraggebern Auskunft darüber, aus welchen Unternehmen heraus Gesetzesverstöße begangen worden sind, damit diese von öffentlichen Auftragsvergaben ausgeschlossen werden können20. Compliance-Programme können somit als der interne Versuch eines Unternehmens bezeichnet werden, ein System zu erschaffen, das Haftungsrisiken entgegenwirkt21. Einerseits sollen derartige Programme sicherstellen, dass die Mitarbeiter gesetzestreu handeln und vor strafrechtlichen Sanktionen geschützt werden22. Andererseits geht es darum, das Unternehmen vor den empfindlichen Konsequenzen zu schützen, die drohen, sofern es zu einem Gesetzesverstoß kommt23. Trotz der praktischen Bedeutung dieser Haftungsvermeidung besteht gegenwärtig keine direkte und allgemeingültige Rechtspflicht zur Errichtung eines ComplianceProgramms. Allerdings setzen zahlreiche gesetzliche Vorschriften die Existenz eines derartigen Programms zumindest mittelbar voraus24. Dies wiederum hat zur Folge, dass Unternehmen, die kein internes Compliance-System installiert haben, ihrer „Legalitätspflicht“ vielfach nur schwerlich gerecht werden können und insofern zumindest von einer faktischen Verpflichtung gesprochen werden sollte25. Wie ein Compliance-System ausgestaltet sein muss und welchen Aufwand ein Unternehmen bei der Installation und Durchführung zu betreiben hat, hängt vom Einzelfall ab26. Vielfach setzt die Installation eines funktionierenden ComplianceProgramms eine vorangegangene unternehmensspezifische Risikoanalyse voraus27. Im Rahmen einer solchen Analyse sind insbesondere die Größe des Unternehmens, die Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter, die Branche und ihr jeweiliges „Ge-

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Zimmer/Stetter, BB 2006, 1445, 1448 f. Dazu ausführlich Kubiciel/Dust, jurisPR-StrafR 09/2017 Anm. 1; Neun, NZKart 2017, 181; Seeliger/Gürer, BB 2017, 1731. 21 Hauschka, Corporate Compliance, § 1 Rn. 2; Rotsch, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, 1. Teil, Kap. 4 Rn. 7; zu weiteren möglichen Funktionen eines Compliance-Systems wie der Qualitätssicherung oder einer positiven Außenwirkung Alexander/Winkelbauer, in: MüllerGugenberger, § 31 Rn. 7. 22 Rotsch, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau 1. Teil, Kap. 4 Rn. 7. 23 Zimmer/Stetter, BB 2006, 1445, 1448 f. 24 Aus einigen gesetzlichen Vorschriften lässt sich mittelbar eine Verpflichtung zu Einrichtung eines Compliance-Programms entnehmen. Mangelt es an einem solchen System, kann dieser Umstand als Fehlverhalten bewertet werden. Entsteht dem Unternehmen ein Nachteil, kann der Geschäftsführer zum Schadensersatz gemäß § 43 GmbHG verpflichtet sein. Dies wiederum kann dazu führen, dass das Unternehmen eine Geldbuße nach § 30 OWiG zahlen muss. Vgl. LG München NZWiSt 2014, 183. 25 Alexander/Winkelbauer, in: Müller-Gugenberger, § 31 Rn. 17; Rotsch, in: Achenbach/ Ransiek/Rönnau, Kap. 4 Rn. 50. 26 Zimmermann, in: Momsen/Grützner, Kapitel 9, A, Rn. 1. 27 Deister/Geier, CCZ 2011, 12, 16; dies., CCZ 2011, 81, 87. 20

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

fahrpotenzial“ bedeutsam28. Welche Maßnahmen zu treffen sind, hängt von der Anzahl und Intensität der unternehmensspezifischen Gefahrenquellen ab29. Eine allgemeingültige Aussage ist daher nicht möglich. Gesagt werden kann jedoch, dass die Basis eines Compliance-Systems ein Katalog verbindlicher interner Verhaltensrichtlinien bilden sollte, an dem die Mitarbeiter ihre Handlungen ausrichten können30. Da im Bereich der Criminal Compliance die Vermeidung von Korruption eine zentrale Rolle spielt, verfügen zahlreiche Unternehmen über einen Katalog interner Criminal Compliance-Richtlinien, die eine spezifische Aussage über den Umgang mit der Forderung oder Gewährung persönlicher Vorteile treffen31. Solche „Antikorruptions-Richtlinien“32 sind zumeist auf die branchenspezifischen Besonderheiten des Unternehmens zugeschnitten und orientieren sich inhaltlich an den Vorgaben des Strafrechts und internationalen Empfehlungen33. Dass es auf unternehmerischer Seite bereits gegenwärtig zahlreiche Regelungen gibt, die in ihrem grundsätzlichen Aussagegehalt dem Pflichtverletzungstatbestand entsprechen, ist daher nicht ausgeschlossen.

II. Die wesentlichen Unterschiede zwischen Strafgesetzen und Compliance-Richtlinien Die Existenz von Criminal Compliance-Richtlinien macht zunächst deutlich, dass eine normative Orientierung im privatwirtschaftlichen Bereich auch abseits der demokratisch-politischen Willensbildung gewünscht ist. Unbestritten vermitteln Compliance-Richtlinien aus praktischer Sicht vielfach ein unmittelbares Gefühl der Bindung und Identifikation. Sie bilden die Lebensrealität und möglichen Probleme eines wirtschaftlichen Akteurs näher und authentischer ab als abstrakte Strafgesetze und können unter faktischen Gesichtspunkten die bessere „normative Richtschnur“ 28

Eidam, in: ders., Kap. 14 Rn. 68 ff.; Hauschka, NJW 2004, 257, 259. Zu möglichen Maßnahmen Alexander/Winkelbauer, in: Müller-Gugenberger, § 31 Rn. 24 ff. 30 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 1; zur Ausgestaltung und Wirkweise von unternehmensinternen Richtlinien Theile, ZIS 2008, 406; Wolfram/Peukert, NZWiSt 2017, 209, 209. 31 Beispiele für Antikorruption-Richtlinien finden sich in dem VDMA Leitfaden zur Korruptionsprävention, abrufbar unter: https://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/ Wirtschaft/VDMA_Leitfaden_Korruptionspraevention_2011_09_final.pdf (Stand 01. 11. 2018), der Daimler-Richtlinie für integres Verhalten, abrufbar unter: https://www.daimler.com/doku mente/nachhaltigkeit/integritaet/daimlerrichtliniefuerintegresverhalten.pdf oder den Siemens Business Conduct Guidelines, abrufbar unter: https://www.siemens.com/about/sustainability/ pool/crframework/business_conduct_guidelines_d.pdf (Stand: 01. 11. 2018). 32 Eidam, in: ders., Kap. 14 Rn. 85. 33 Beispielsweise an dem OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, abrufbar unter: http://www.anti korruption.brandenburg.de/media_fast/4055/Uebereinkommen_Bek_Bestechung_1997.pdf (Stand: 01. 11. 2018). 29

A. Zivilrechtliche Vermeidbarkeit

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sein34. Offen ist jedoch, ob unternehmensinterne Richtlinien „Recht“ im eigentlichen Sinne sind. Diese vornehmlich abstrakt-theoretische Frage stellt sich insbesondere bei einem unmittelbaren Vergleich interner Richtlinien mit abstrakt-generellen Strafgesetzen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Richtlinien und strafrechtlichen Normen besteht zunächst im Hinblick auf ihre Natur und Zwecksetzung. Interne Richtlinien dienen vornehmlich der Erreichung privatwirtschaftlicher Unternehmensinteressen. Einen rechtlichen Charakter weisen sie allenfalls unter bestimmten Voraussetzungen auf35. Insbesondere muss ein direkter und unmittelbarer Bezug zu einem Straftatbestand bestehen. Der Wortlaut einer Strafnorm muss unmittelbarer Gegenstand der internen Richtlinie sein, weil der Gesetzestext übernommen wurde36. Die Richtlinie muss markieren, wo die Grenze zwischen Recht und Unrecht verläuft und gleichzeitig feststehende Kontrollinstanzen vorsehen, die eine Einhaltung überprüfen37. Nur unter diesen Voraussetzungen kann ein normativer Charakter angenommen werden. Alleine aus diesem folgt jedoch nicht, dass die Regelung selbst zu Recht wird. Die Implementierung eines Normtextes dient allenfalls der Achtung eines Gesetzes. Die Kommunikation über strafrechtliche Vorschriften soll angeregt, das externe Recht zu etwas Internem und das Bewusstsein für rechtliche Wertungen erhöht werden38. Compliance-Richtlinien verklammern eine externe Fremdregulierung mit einer privatwirtschaftlichen Selbstregulierung39. Sie ersetzen letztere jedoch keinesfalls, sondern sind allenfalls eine Reaktion auf sie40. Zudem dienen Strafnormen der repressiven Sanktionierung eines gesetzeswidrigen Verhaltens, während Criminal Compliance-Richtlinien aus wirtschaftlichen Motiven versuchen, ein solches zu verhindern. Prävention kann Repression jedoch nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die Implementierung eines Compliance-Programmes gesetzlich nicht vorgeschrieben ist und seine Existenz daher nicht flächendeckend vorausgesetzt werden kann. Regelungsdefizite bestehen insbesondere innerhalb kleiner und mittelständischer Unternehmen, die zwar nicht weniger korruptionsanfällig sind als Großkonzerne, jedoch oftmals nicht über hinreichende finanzielle und personelle Mittel verfügen, um Compliance-Programme zu installieren. Zudem fehlt es an einer Einheitlichkeit der existierenden Programme. Es gibt keine verbindlichen Mindeststandards im Hinblick auf den Inhalt und die Form 34

Bussmann, MSchKrim 86 (2003), 89, 103; Theile, wistra 2012, 285, 290. Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 1. 36 Bussmann, MSchKrim 86 (2003), 89, 100; ders., MSchKrim 90 (2007), 260, 271; Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 3. 37 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 3. 38 Bussmann, MSchKrim 86 (2003), 89, 100; Pieth, FS Lüderssen, 317, 324 f. 39 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 4, 8. 40 Theile, wistra 2012, 285, 290; von einer „katalytischen Funktion“ des Strafrechts spricht Pieth, FS Lüderssen, 317, 325. 35

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

interner Richtlinien41. Zwar orientieren sich die Regelungen oftmals an den geltenden Strafgesetzen, sie sind jedoch letztendlich auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens abgestimmt und referieren nicht selten auch zu ethischen Themen oder der allgemeinen Unternehmensphilosophie42. Neben einer Unter- ist also auch eine Überregulierung denkbar43. Da jedoch nicht nur einheitliche Prüfmaßstäbe fehlen, sondern grundsätzlich nicht vorgesehen ist, dass Compliance-Programme einer verdachtsunabhängigen, externen Kontrolle unterzogen werden, bleiben Regulierungsmissstände zumeist unentdeckt44. Allenfalls kommt es im Falle eines Strafverfahrens zu einer aspektorientierten Inhaltskontrolle durch das Gericht oder die Staatanwaltschaft. Eine flächendeckende Vergleichbarkeit und Fairness der Regelungen kann jedoch nicht gewährleistet werden. Ein Umstand, der nicht selten dazu führt, dass ein Unternehmen die Verantwortung gezielt „von oben herab“ an einzelne Geschäftsbereiche und Mitarbeiter delegiert, anstatt sie selbst zu tragen45. Neben diesen Aspekten divergieren auch die Folgen eines Verstoßes und die Legitimation der Regelungen. Während die Nichtbeachtung von ComplianceRichtlinien allenfalls zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen (wie einer Abmahnung oder Kündigung) führt46, bringt eine Kriminalstrafe die sozialethische Missbilligung der erfolgten Handlung durch die Rechtsgemeinschaft zum Ausdruck und ist das schärfste Schwert des Staates47. Da das Gesetzlichkeitsprinzip vorsieht, dass allein der demokratisch legitimierte Gesetzgeber darüber entscheiden darf, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz der Kriminalstrafe gerechtfertigt ist, wäre eine strafrechtliche Rechtsetzung durch Private verfassungswidrig48. Somit kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich ein direkter Vergleich der dargestellten Instrumentarien, wie Ransiek ihn einst vollzog, verbietet. Interne Richtlinien können als Komplementärmaterie strafrechtliche Risiken identifizieren, ein Bewusstsein für Sanktionen schaffen und im Vorfeld eine unbestimmte Zahl an Straftaten verhindern49. Das Bedürfnis zum Erlass einer strafrechtlichen Vorschrift kann jedoch nicht unter Verweis auf ihre Existenz verneint werden. Allenfalls greifen die Elemente der Korruptionsbekämpfung ineinander und ergänzen sich wechselseitig.

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Siehe zu den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG 3. Kapitel A. Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 30. 43 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 30, 32. 44 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 33. 45 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 29. 46 Zu möglichen arbeitsrechtlichen Sanktionen Zimmer/Stetter, BB 2006, 1445, 1449 ff. 47 Siehe dazu nur Günther, FS Lüderssen, 205, 205; Hörnle/v. Hirsch, GA 1995, 261, 265 f.; Kühl, FS Eser, 149, 153; Weigend, in: LK, StGB, Band 1, Einl. Rn. 1. 48 Krause, StraFo 2011, 437, 443; zum Gesetzlichkeitsprinzip Roxin, AT I, § 5 Rn. 20. 49 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 10. 42

A. Zivilrechtliche Vermeidbarkeit

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Davon getrennt werden muss die Frage, ob der Einsatz des Strafrechts im konkreten Fall verhältnismäßig ist. Ihr widmet sich die Arbeit an anderer Stelle50.

III. Mögliche Wechselwirkungen zwischen dem Pflichtverletzungstatbestand und Criminal Compliance-Richtlinien Obwohl sich ein unmittelbarer Vergleich der dargestellten Instrumentarien verbietet, lässt sich ihre praktische Wechselwirkung nicht leugnen. Sie ist vielmehr die logische Konsequenz der engen inhaltlichen Verknüpfung. Es ist zu erwarten, dass auch der Pflichtverletzungstatbestand Einfluss auf bestehende oder geplante unternehmensinterne Antikorruptionsrichtlinien nimmt. Diese möglichen Auswirkungen wurden in der wissenschaftlichen Diskussion mitunter als negativ prognostiziert. Tierel ist beispielsweise der Ansicht, die Neuregelung berge die Gefahr, dass sich Unternehmen nicht länger in der Verpflichtung sähen, interne Maßnahmen zur Prävention vor Korruption zu ergreifen51. Der Pflichtverletzungstatbestand erwecke den Eindruck, als schütze er die Unternehmen umfassend und hinreichend vor Korruption52. Diese Begründung überzeugt jedoch in der Sache nicht, da ihr ein fehlerhaftes Verständnis der Ziel- und Zwecksetzung der Criminal Compliance zugrunde liegt. Wie dargelegt, soll eine Strafbarkeit der Mitarbeiter und eine damit zusammenhängende Haftung des Unternehmens vermieden oder begrenzt werden. Wird der Anwendungsbereich eines Strafgesetzes erweitert, ist nicht zu erwarten, dass Unternehmen von Compliance-Maßnahmen absehen, weil sie sich hinreichend durch das Strafrecht geschützt fühlen. Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Haftungsvermeidung erscheint vielmehr Gegenteiliges plausibel. Vermeintlich zutreffend wurde einiger Orts die Vermutung angestellt, die Reform des § 299 StGB führe dazu, dass sich Unternehmen in Zukunft bei der Formulierung ihrer Richtlinien zurückhielten, um eine strafbarkeitskonstituierende Wirkung interner Richtlinien53 und eine damit zusammenhängende Strafbarkeit der Mitarbeiter nach Möglichkeit zu verhindern54. Auch dieser Einwand kann aber nicht überzeugen, da eine besonders milde Compliance-Politik aus Sicht des Unternehmens keinen nachhaltigen Vorteil generiert55. So haben Compliance-Richtlinien ex-ante das Ziel, strafrechtlich relevante Handlungen der Mitarbeiter zu vermeiden. Die Mitarbeiter müssen daher möglichst umfassend über die rechtlichen Rahmenbedingungen auf50

4. Kapitel D. Tierel, Bestechlichkeit, S. 81. 52 Tierel, Bestechlichkeit, S. 81. 53 Siehe dazu ausführlich Knierim, CCZ 2008, 37, 38; Michalke, StV 2011, 245, 247 ff.; Rotsch, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Kap. 4 Rn. 43; Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 12 ff. 54 Rönnau, StV 2009, 302, 307; Lorenz/Krause, CCZ 2017, 74, 75 f. 55 Wolfram/Peukert, NZWiSt 2017, 209, 209 ff. 51

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

geklärt werden. Besonders milde oder unbestimmt formulierte Compliance-Richtlinien, die sich nicht an den gesetzlichen Rahmenbedingungen orientieren, sind dazu nicht geeignet56. Selbiges gilt bei einer ex-post Betrachtung, wenn ein Unternehmensangehöriger gegen eine strafrechtliche Vorschrift verstoßen hat. In einem solchen Fall fungieren die internen Richtlinien als Auslegungshilfe57. Sie entscheiden jedoch nicht darüber, ob eine Pflichtverletzung im tatbestandlichen Sinne gegeben ist. Dem Unternehmen ist es also nicht möglich, die strafrechtliche Haftung einer ihm angehörigen Einzelperson durch besonders milde Compliance-Richtlinien zu verhindern. Hingegen besteht ein bedeutendes Interesse an der Vermeidung oder Begrenzung der eigenen Haftung. Diese gelingt allerdings nur unter Verweis auf taugliche unternehmensinterne Richtlinien, die gewissen Standards genügen und einer gerichtlichen Inhaltskontrolle standhalten58. Kann sich das Unternehmen auf umfangreiche und strenge Vorgaben berufen, wirkt sich dies positiv aus. Besonders milde Compliance-Richtlinien können hingegen als unterreguliert eingestuft werden und nicht berücksichtigungsfähig sein. Sie erschweren zudem die arbeitsrechtliche Aufarbeitung und Bewertung eines möglichen Fehlverhaltens und verstoßen gegen die Verpflichtung zur Schaffung einer geeigneten Organisationsstruktur aus § 130 OWiG59. Aus der Perspektive des Unternehmens ist insofern kein Grund ersichtlich, der dafür sprechen könnte, Compliance-Richtlinien abzuschwächen oder von ihrem Erlass abzusehen. Daran ändert die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes nichts. Tatsächlich ist zu erwarten, dass interne Vorschriften – bei Bedarf – an die neue Gesetzeslage angepasst werden. An dieser Stelle sei jedoch der Hinweis erlaubt, dass eine derartige Anpassung in der Praxis in vielen Fällen nicht (mehr) notwendig sein wird, da nahezu alle ausländischen Rechtsordnungen60 und internationalen Empfehlungen61 im Bereich der Korruptionssanktionierung bereits seit Jahren auf eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen abstellen. Diese Regelungen haben in der Vergangenheit – trotz ihrer Unverbindlichkeit – vielfach Berücksichtig bei der Ausgestaltung interner Regelwerke gefunden, da Compliance nicht nur als rechts-, sondern als regelkonformes Handeln verstanden werden kann62. Dies gilt erst recht für Unternehmen, die grenzüberschreitenden Handel betreiben und sogar dazu verpflichtet sind, ausländische Rechtsordnungen zu achten. 56 Zu den inhaltlichen Anforderungen an Compliance-Richtlinien Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 33 ff. 57 4. Kapitel A. II. 58 Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 33. 59 Wolfram/Peukert, NZWiSt 2017, 209, 210 f. 60 Siehe dazu ausführlich Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 9 ff. 61 1. Kapitel B. II. 62 Rotsch, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, 1. Teil, Kap. 4 Rn. 4; ders., in: ders., § 1 Rn. 7, § 2 Rn. 20 ff.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nicht zu erwarten ist, dass die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes zu flächendenkenden, wesentlichen Änderungen im Bereich der Criminal Compliance führen wird. Dies liegt einerseits an der haftungsbeschränkenden Zielsetzung und andererseits an der bereits gegenwärtigen Ausgestaltung der Regelungen. Umgekehrt kann Criminal Compliance-Richtlinien eine Indizwirkung bei der Anwendung und Auslegung des Pflichtverletzungstatbestandes zukommen. Dies gilt jedoch nur, sofern erstere den spezifischen Anforderungen des Strafrechts genügen63. Die dargestellte Wechselwirkung ist, entgegen der eingangs aufgeführten Bedenken, demnach als durchweg positiv zu bewerten. Sie trägt der wirtschaftlich motivierten, normativen Selbstorganisation der Privatwirtschaft Rechnung, eröffnet dem Staat jedoch gleichzeitig die Möglichkeit, sich im Einzelfall über sie hinwegzusetzen64.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken Der Pflichtverletzungstatbestand ist geschaffen worden, damit korruptive Unrechtsvereinbarungen unabhängig von dem Bestehen einer konkreten Konkurrenzsituation sanktioniert werden können65. Ein kriminalpolitisches Bedürfnis zur Erweiterung des § 299 StGB kann jedoch nur bejaht werden, wenn eine anderweitige Sanktionierbarkeit der erfassten Fallgruppen verneint werden muss. Im Umkehrschluss gilt es zu überprüfen, ob vor der Erweiterung des Tatbestandes Regelungslücken bestanden haben, die der Pflichtverletzungstatbestand zu schließen vermag. Die folgende Analyse basiert auf einer vergleichenden Gegenüberstellung der Neuregelung mit Strafnormen, die potenziell einen ähnlichen Anwendungsbereich aufweisen. Zu diesen zählen neben dem Bevorzugungstatbestand des § 299 StGB, die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach §§ 299a und b StGB, die Manipulation berufssportlicher Wettbewerber gemäß § 265d StGB und der Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB66.

I. Anwendungsbereich neben dem Bevorzugungstatbestand Zunächst stellt sich die Frage, welche innertatbestandlichen Strafbarkeitslücken die Neuregelung schließen kann, weil sie auf das Erfordernis einer Bevorzugung im Wettbewerb verzichtet.

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Siehe beispielsweise zum FSA-Kodex Kuhlen, FS Hassemer, 875, 885 ff. Theile, in: Rotsch, § 34 Rn. 36. BR-Drucks. 548/07, S. 23 f.; BT-Drucks. 18/4350, S. 21. Siehe schon zu § 12 UWG a.F. und § 266 StGB Freytag, Untreue, S. 26.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

1. Fälle der fehlenden Bevorzugung Potenziell kann der Pflichtverletzungstatbestand zunächst Fallgruppen erfassen, bei denen es an einer Bevorzugung fehlt. a) Begriffsbestimmung Voraussetzung einer Bevorzugung gemäß § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB ist, dass eine sachwidrige Entscheidung zwischen mindestens zwei konkurrierenden Mitbewerbern getroffen wurde67. Die Bevorzugung selbst wird als angestrebte, anspruchsunabhängige Besserstellung einer Person definiert68. Sie muss inhaltlich festgelegt und ihr Gegenstand in groben Umrissen bestimmbar sein69. Die Kehrseite einer Bevorzugung ist die Benachteiligung eines anderen70. Sie geht zwingend mit ihr einher. Im Hinblick auf den Adressatenkreis der Bevorzugung sieht die Norm keine Beschränkungen vor. In Frage kommen der Geber des Vorteils oder ein beliebiger Dritter, beispielsweise der Geschäftsherr des Vorteilsempfängers71. Da es sich bei § 299 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, setzt die Regelung zudem weder den Eintritt eines Schadens noch eines Bevorzugungserfolges voraus72. Das Tatbestandsmerkmal wird vornehmlich subjektiviert ausgelegt73. Eine Bevorzugung liegt bereits vor, wenn der Täter die Handlung für geeignet erachtet hat, um seine eigene Besserstellung (oder die eines Dritten) zu erwirken74. Selbiges gilt im Hinblick auf die Benachteiligung. Ausreichend ist auch insofern, dass die Herbeiführung eines Nachteils durch den Handelnden angestrebt wurde und dieser Umstand in der Unrechtsvereinbarung erkennbar wird75. b) Relevante Fallgruppen Diese Voraussetzungen sind in einigen Korruptionskonstellationen, die grundsätzlich unter den Bevorzugungstatbestand des § 299 StGB subsumiert werden könnten, nicht erfüllt.

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BGH NJW 2006, 3290, 3298; Fischer, StGB, § 299 Rn. 23. Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 Rn. 18; Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 25. 69 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 79. 70 Sprafke, Korruption, S. 145. 71 RGSt 66, 81, 83; Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 25. 72 BGH NJW 2006, 3290, 3298; NStZ-RR 2015, 278, 279. 73 Fomferek, wistra 2017, 174, 174. 74 BGHSt 10, 358, 367; 49, 214, 228. 75 Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299 Rn. 23. 68

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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aa) Zuwendungen zur allgemeinen „Klimapflege“ Dies betrifft zunächst Vorteilsgewährungen, die der Sicherung des allgemeinen Wohlwollens einer Person – der so genannten „Klimapflege“ – dienen. Sie werden nicht von den ersten Varianten des § 299 StGB erfasst, da es an einer hinreichenden Bestimmbarkeit des Gegenstandes der Bevorzugung fehlt76. Eine Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand scheitert jedoch gleichsam. Zwar setzt dieser keine Bevorzugung voraus, er verlangt jedoch, dass der Täter die Gewährung des Vorteils inhaltlich mit einer künftigen Handlung oder einem Unterlassen verknüpft hat77. Diese Gegenleistung für den Vorteil muss – wie auch die Bevorzugung im Rahmen der ersten Varianten – bestimmbar sein und unmittelbar in einer Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen münden. Daher erfasst die Neuregelung weder die bloße Entgegennahme einer Zuwendung noch ihr alleiniges Verschweigen78. Gleiches gilt für Vorteilsgewährungen zur allgemeinen „Klimapflege“. Diese werden naturgemäß ohne eine konkrete Gegenleistung gewährt. Zwar ist denkbar, dass die alleinige Entgegennahme eines persönlichen Vorteils durch Compliance-Richtlinien untersagt wird und somit eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen vorliegt. Der alleinige Umstand, dass eine Pflicht verletzt wurde, begründet jedoch keine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB79. Die Regelung setzt vielmehr zwingend voraus, dass die Zuwendung mit einer künftigen Pflichtverletzung in korruptiver Art und Weise verknüpft wurde. Daran fehlt es bei der alleinigen Annahme eines Vorteils80. Die Pflichtverletzung, welche durch die Annahme einer Zuwendung begründet wurde, kann nicht zeitgleich die Gegenleistung für die verletzte Pflicht darstellen81. Demnach ist die Gewährung von Zuwendungen zur Sicherung des allgemeinen Wohlwollens auch nach der tatbestandlichen Erweiterung des § 299 StGB und der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes straflos82. bb) Zuwendungen für vergangene Leistungen Der Bevorzugungstatbestand erfasst keine Vorteilsgewährungen für Leistungen, die in der Vergangenheit liegen83. Begründet wird dies damit, dass die Interessen der Mitbewerber durch eine derartige Zuwendung nicht beeinträchtigt werden können, 76 Zu §§ 331, 332 StGB BGHSt 32, 290, 291; NStZ 2005, 214, 215; zu § 299 StGB BGH wistra 2010, 447, 448 f.; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 39. 77 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 78 BT-Drucks. 18/4350, S. 21; 18/6389, S. 15; Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 328 f. 79 BT-Drucks. 18/4350, S. 21; 18/6389, S. 15. 80 BT-Drucks. 18/4350, S. 21; 18/6389, S. 10, 15. 81 BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 82 Kienle/Kappe, NJW 2007, 3530, 3534. 83 RGSt 66, 81, 84; 68, 70, 76; BGH NJW 1968, 1572, 1574.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

weil nicht die Gefahr besteht, dass eine anstehende Entscheidung sachwidrig beeinflusst wird84. In der Praxis folgt aus diesem Umstand, dass ein Verdächtiger einer Bestrafung nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB entgehen kann, indem er behauptet, der Bezugspunkt der Zuwendung liege zeitlich vor der Vorteilsgewährung und damit in der Vergangenheit. Der Nachweis, dass es überhaupt zu der Gewährung eines Vorteils gekommen ist und eine Unrechtsvereinbarung getroffen wurde, ist in der Praxis oftmals mit einem großen Ermittlungsaufwand und Beweisschwierigkeiten verbunden85. Jemandem, der Gegenteiliges behauptet, zu beweisen, dass der Bezugspunkt der Gegenleistung in einem künftigen Ereignis bestand, dürfte in vielen Fällen nahezu unmöglich sein. Dieses praktische Problem kann, zumindest in Teilen, mit Hilfe des Pflichtverletzungstatbestandes gelöst werden. Zwar macht die Neureglung den Nachweis einer Unrechtsvereinbarung nicht entbehrlich86. Sie setzt aber nicht zwingend voraus, dass die Handlung oder das Unterlassen in der Zukunft erfolgt sind87. Zumindest ergibt sich eine derartige Eingrenzung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches weder aus dem Wortlaut der Norm noch erwächst sie aus dem spezifischen Unrecht der Tatbestandsvariante. Letzteres basiert nämlich, anders als im Rahmen der Bevorzugungstatbestandes, nicht auf der möglichen sachwidrigen Beeinflussung einer anstehenden Entscheidung und der damit verbundenen möglichen Benachteiligung eines Mitbewerber. Es erwächst aus der internen korruptiven Schädigung eines Unternehmens zum Nachteil der Lauterkeit des gesamtwirtschaftlichen Wettbewerbs88. Dieses Unrecht setzt jedoch weder perspektivisch noch begrifflich eine chronologisch zuvor gewährte Zuwendung voraus. Die Handlung oder das Unterlassen können auch vor einer solchen erfolgt sein. Sofern die vergangene Leistung eine Pflichtverletzung im tatbestandlichen Sinne darstellt und die übrigen Voraussetzungen der Variante gegeben sind, ist kein Grund ersichtlich, der gegen eine prinzipielle Erfassung einer nachträglicher Vergütungen durch den Pflichtverletzungstatbestand spricht. cc) Präqualifikationsverfahren Bei Unrechtsvereinbarungen, die sich auf Entscheidungen innerhalb eines Präqualifikationsverfahrens beziehen, ist umstritten, ob es zu einer Bevorzugung im Wettbewerb kommen kann.

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Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 Rn. 18 m.w.N. Kienle/Kappe, NJW 2007, 3530, 3532 ff. 86 Kienle/Kappe, NJW 2007, 3530, 3534. 87 A.A. Bannenberg, in: Dölling/Duttge/König/Rössner, § 299 Rn. 12; Heuking/von Coelln, BB 2016, 323, 328 f. 88 2. Kapitel D. III. 85

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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(1) Zweck des Verfahrens Vergabeverfahren sind oftmals zweistufig aufgebaut89. Die erste Stufe wird zumeist als Zulassungs- oder Präqualifikationsverfahren bezeichnet. Diese unternehmensinternen Verfahren dienen der vereinfachten Durchführung späterer Vergabeverfahren und sind diesen zeitlich vorgelagert90. Konkret müssen sich Anbieter, die an einer späteren Ausschreibung teilnehmen wollen, zuvor im Rahmen eines Zulassungsverfahrens qualifiziert haben und gelistet worden sein. Im Rahmen dieser ersten Stufe wird sichergestellt, dass Anbieter, die ohnehin nicht in der Lage sind, die gewünschten Produkte in der vorgesehenen Qualität oder der erforderlichen Stückzahl zu liefern, nicht an einem Vergabeverfahren des jeweiligen Auftraggebers teilnehmen können. Der Zweck eines Zulassungsverfahrens ist demnach nicht die Eingrenzung des Kreises potenzieller Anbieter91, sondern die Aussonderung derer, die von vornherein ungeeignet sind92. Ob die gelisteten Anbieter tatsächlich an einem Vergabeverfahren teilnehmen werden oder einen Zuschlag erhalten, ist bei der Durchführung des Zulassungsverfahrens vollkommen offen. Auch die Anzahl möglicher Listungen ist in aller Regel nicht begrenzt93. Allerdings ist es in einigen Branchen nicht unüblich, dass gelistete Unternehmen mit der Aufnahme in den Kreis potenzieller Zulieferer werben oder diese im Rahmen anderer Verfahren als Referenz angeben. Insofern können Unternehmen durchaus ein wirtschaftliches Interesse daran haben, bei einem Zulassungsverfahren berücksichtigt zu werden, auch wenn sie (noch) keinen Vertragsabschluss anstreben. (2) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand Aus korruptionsstrafrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, wie Fälle zu beurteilen sind, bei denen im Rahmen eines derartigen Zulassungsverfahrens persönliche Vorteile gewährt worden sind. (a) Die Ansicht der Rechtsprechung Der Bundesgerichtshof hatte im Jahr 2004 über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn 240.000 E dafür erhalten hatte, dass er Produkte des K-Konzerns bei internen Zulassungsverfahren beworben und deren Erprobung gefördert hat94. Der 2. Strafsenat bejahte in dieser Sachverhaltskonstellation das Vorliegen einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb und begründete dies mit der 89

Sprafke, Korruption, S. 158. BGH NJW 2004, 3129, 3133; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58; Krehl, StV 2005, 325, 328; Sprafke, Korruption, S. 158. 91 BGH NJW 2004, 3129, 3133. 92 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58; Krehl, StV 2005, 325, 328. 93 Krehl, StV 2005, 325, 328. 94 BGH NJW 2004, 3129. 90

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

ergangenen „sachfremde[n] Entscheidung zwischen zumindest zwei Bewerbern“95. Durch die Bevorzugung des Bahnmitarbeiters habe sich die Wettbewerbssituation des K-Konzerns nicht nur gegenüber noch nicht zugelassenen Konkurrenten verbessert, sondern auch gegenüber solchen, die selbst über eine Zulassung verfügten96. Zwar folge aus der Zulassung noch keine Bevorzugung im Rahmen eines späteren Vergabeverfahrens. Ausreichend sei jedoch, dass denkbar sei, dass der Zuschlag dem Unternehmen erteilt werde, welches im Vorfeld unlautere Mittel eingesetzt habe97. Dass sich daraus eine Benachteiligung der Konkurrenten ergebe, sei offensichtlich98. Obwohl das Zulassungsverfahren in organisatorischer Hinsicht selbstständig sei, liege eine untrennbare Verflechtung mit dem nachgeschalteten Vergabeverfahren vor und eine unabhängige Bewertung des ersteren sei nicht möglich99. (b) Die herrschende Ansicht in der Literatur In der Literatur wir das Vorliegen einer Bevorzugung im Wettbewerb in derartigen Konstellationen hingegen überwiegend verneint100, eine Bevorzugung bereits begrifflich abgelehnt101. Begründet wird diese Auffassung insbesondere mit der unbegrenzten Anzahl möglicher Zulassungen einerseits und dem Erklärungswert der Zulassung andererseits102. Letzterer beschränke sich auf die Feststellung, dass das jeweilige Produkt aufgrund seiner technischen und wirtschaftlichen Eigenschaften grundsätzlich verwendbar sei103. Diese Feststellung sei – sofern sie zutreffe – nicht geeignet, Mitbewerber zu benachteiligen104. Bereits zugelassenen Unternehmen könne ihre gesicherte Rechtsposition nicht entzogen werden, weswegen es allenfalls zu einer Gleichstellung komme105. Eine Besserstellung sei nur gegenüber Konkurrenten denkbar, deren Produkte noch nicht zugelassen seien, da es diesen verwehrt sei, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen106. Eine Bevorzugung im tatbestandlichen Sinne könne aber weder in dem Umstand erblickt werden, dass ein Zulassungsverfahren trotz (oder wegen) der Zuwendung in Gang komme noch ergebe sich aus der Zulassung eine Bevorzugung im Rahmen des nachgelagerten Vergabever95

BGH NJW 2004, 3129, 3133. BGH NJW 2004, 3129, 3133. 97 BGH NJW 2004, 3129, 3133. 98 BGH NJW 2004, 3129, 3133. 99 BGH NJW 2004, 3129, 3133. 100 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58 f.; Krehl, StV 2005, 325, 328; a.A. Sprafke, Korruption, S. 160 f. 101 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58 f.; Krehl, StV 2005, 325, 328. 102 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58 f.; Krehl, StV 2005, 325, 328. 103 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58; Krehl, StV 2005, 325, 328. 104 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 58; Krehl, StV 2005, 325, 328. 105 Klengel und Rübenstahl weisen in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass „das Erreichen der Startlinie […] keine messbare Besserstellung im Wettlauf zwischen Start und Ziel“ ist. Siehe dies., HRRS 2007, 52, 58 f.; Krehl, StV 2005, 325, 328. 106 Krehl, StV 2005, 325, 328. 96

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fahrens107. Dies soll zumindest gelten, sofern letzteres seinerseits beanstandungslos verläuft108. Darüber hinaus scheitere eine Strafbarkeit jedenfalls am fehlenden Wettbewerb109. Zwar gehöre das Zulassungsverfahren zum geschäftlichen Bereich des Unternehmens, es sei jedoch kein Bestandteil des Wettbewerbs110. Stelle man, wie der Bundesgerichtshof, auf die hypothetische Relevanz einer nicht näher bestimmten, zukünftigen Handlung ab, sei die Erlangung jeder Position durch eine Zuwendung eine Bevorzugung im Wettbewerb111. Damit entwerte die Rechtsprechung die tatbestandsbegrenzende Funktion des Merkmals Wettbewerb in unzulässiger Weise112. (c) Stellungnahme Gemein ist den Ansichten, dass sie eine Bevorzugung im Wettbewerb im Hinblick auf das Zulassungsverfahren verneinen. Die Rechtsprechung hilft über diesen Mangel hinweg, indem sie sich eines Kunstgriffes bedient und von einer untrennbaren Verzahnung der beiden Verfahren ausgeht. Die vorgenommene Gesamtbetrachtung erscheint jedoch ergebnisorientiert und ist in der Sache abzulehnen. Das Zulassungsverfahren ist weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht untrennbar mit einem späteren Vergabeverfahren verbunden. Ersteres wird eigenständig und nach eigenen Regeln durchgeführt. Daher ist der herrschenden Ansicht im Ergebnis zuzustimmen. Ist das Zulassungsverfahren mangelfrei verlaufen, kann in der bloßen Listung eines Produktes keine Bevorzugung im Sinne des § 299 StGB erblickt werden. Unabhängig von einem geleisteten Vorteil fehlt es an einer (auf der Zulassung beruhenden) Benachteiligung eines Konkurrenten. Die Rechtsposition und Handlungsoptionen der Konkurrenten bleiben vielmehr gleich. Während die Position bereits zugelassener Anbieter ohnehin nicht entziehbar ist, können sich noch nicht zugelassene Konkurrenten weiterhin uneingeschränkt um ihre eigene Zulassung bemühen. Da es keine numerische Begrenzung möglicher Zulassungen gibt, beruht eine Nichtzulassung nicht auf der Besserstellung eines Konkurrenten, sondern auf der etwaigen Unzulänglichkeit des angebotenen Produktes. Ist das Zulassungsverfahren fehlerhaft abgelaufen und das zugelassene Produkt nicht wettbewerbsfähig, stellt sich die Frage, ob dies zu einer anderen Bewertung führt. Insbesondere erscheint eine Benachteiligung der rechtmäßig zugelassenen Konkurrenten möglich. Eine solche könnte sich einerseits aus der Listung und an107

Krehl, StV 2005, 325, 328. Krehl, StV 2005, 325, 328. 109 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59. 110 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59. 111 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59. 112 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59; siehe ausführlich zum Begriff des Wettbewerbs und der Problematik einer begrifflichen Verwässerung 4. Kapitel B. I. 3. a). 108

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

dererseits aus einer möglichen Bevorzugung im Rahmen eines späteren Vergabeverfahrens ergeben. Ersteres scheidet jedoch aus, da die alleinige Listung zu keiner wettbewerbsrelevanten Benachteiligung der anderen zugelassenen Anbieter führt. Diese Bewertung fällt nur anders aus, wenn das wettbewerbsunfähige Produkt im Rahmen eines Vergabeverfahrens den Zuschlag erhält. In diesem Fall wäre eine strafrechtlich relevante, sachwidrige Bevorzugung im Wettbewerb gegeben. Diese bezöge sich allerdings ausschließlich auf das nachgelagerte Vergabeverfahren. Somit ist es zwar vorstellbar, dass der Anbieter des wettbewerbsunfähigen Produktes den Zuschlag erhält. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass eine strafrechtlich relevante Bevorzugung im Wettbewerb im Rahmen des zuvor durchgeführten Zulassungsverfahrens ausgeschlossen ist. (3) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Die Zulassung eines wettbewerbsunfähigen Produktes im Rahmen eines Zulassungsverfahrens stellt in aller Regel eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen dar, da der Zweck des Verfahrens durch die Handlung konterkariert wird113. Dieser Umstand alleine genügt jedoch nicht für eine Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand. Die verletzte Pflicht muss darüber hinaus in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen stehen und bei diesem verletzt worden sein114. In sachlicher Hinsicht ist vorauszusetzen, dass ein Bezug zu einem wirtschaftlichen Erwerbsgeschäft besteht115. Daran fehlt es im Rahmen eines Zulassungsverfahrens. Letzteres dient der Filterung ungeeigneter Bewerber und der Vorbereitung eines späteren Vergabeverfahrens. Der sachliche Bezug zu dem künftigen Erwerbsgeschäft ist insofern abstrakt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Verfahren weder an eine bestimmte Ausschreibung gekoppelt ist noch die spätere Teilnahme an einer solchen voraussetzt116. Neben diesem sachlichen Bezug legen die Worte bei dem zudem die Notwendigkeit eines engen zeitlichen Zusammenhangs mit dem Erwerbsgeschäft nahe117. Dass irgendwann in der Zukunft ein nicht näher bestimmtes Vergabeverfahren stattfinden wird, genügt nicht118. Damit können im Ergebnis nur Manipulationen 113

Siehe dazu 4. Kapitel B. I. 1. b) cc) (1). Diese Frage wurde bereits im Hinblick auf den Bevorzugungstatbestand aufgeworfen. Siehe dazu Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59; Krehl, StV 2005, 325, 328. 115 Siehe dazu auch 2. Kapitel C. II 1. d). 116 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59. 117 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59; Krehl, StV 2005, 325, 328. 118 Die gegenteilige Auslegung des BGH verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG. Eine Rechtfertigung dieses extensiven Begriffsverständnisses unter Verweis auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte ist ausgeschlossen, da diese nicht an die strafrechtlichen Schranken gebunden sind. Siehe dazu Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59; Krehl, StV 2005, 325, 328. 114

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eines Zulassungsverfahrens tatbestandsrelevant sein, die in einem inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Abwicklung des späteren Vergabeverfahrens stehen. Alle übrigen Unrechtsvereinbarungen erfasst der Pflichtverletzungstatbestand nicht. 2. Fälle der fehlenden Unlauterkeit Neben Fällen der fehlenden Bevorzugung ist grundsätzlich denkbar, dass der Pflichtverletzungstatbestand Konstellationen erfasst, bei denen die Strafbarkeit nach den ersten Varianten des § 299 StGB an der Unlauterkeit scheitert. a) Begriffsbestimmung und Bedeutung Durch das Merkmal der Unlauterkeit wird der Anwendungsbereich des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB auf Bevorzugungen beschränkt, die wettbewerbswidrig sind119. Der Begriff ist nicht gleichbedeutend ist mit dem der Pflichtwidrigkeit120. Er ist inhaltlich weiter121. Vielfach wird eine Bevorzugung bereits als unlauter bewertet, wenn die abstrakte Gefahr besteht, dass die Entscheidung nicht ausschließlich auf sachgerechten, objektiven Kriterien (wie dem Preis oder der Qualität der Leistung) beruht, sondern sachfremde, individuelle Neben- oder Nichtleistungskriterien entscheidend waren122. Eine derartige Gefahr soll wiederum das bloße in Aussicht stellen eines Vorteils begründen123. Dann hätte das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit jedoch keinen eigenständigen Aussagegehalt neben dem Merkmal der Bevorzugung, da es lediglich die unsachgemäße Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung beschreiben würde124. Ein derartiges Begriffsverständnis ist in Anbetracht der historischen Wurzeln des Tatbestandes im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht nachvollziehbar. Es ist kein Grund ersichtlich, der dafür spräche, dass der Unlauterkeit keine strafbegründende Bedeutung und eigenständige Aussage zukäme125. In dogmatischer 119 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 80; Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142, 150. 120 Altschüler, Bekämpfung, S. 67 f.; Schlüter, Bestechung, S. 50 f.; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 40; Wollschläger, Täterkreis, S. 15 f.; a.A. Heinrich, in: Arzt/Weber/ ders./Hilgendorf, § 49 Rn. 59; v. Tippelskirch, GA 2012, 574, 581 ff. 121 „Alles Pflichtwidrige ist unlauter, nicht aber alles Unlautere pflichtwidrig“. Altschüler, Bekämpfung, S. 67; Schlüter, Bestechung, S. 51; Freytag, Untreue, S. 35. 122 BGHSt 2, 397, 401; BGH NJW 2006, 3290, 3298; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 Rn. 19; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299 Rn. 24. 123 RGSt 66, 16, 17; BGHSt 2, 396, 401; Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 68; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 42. 124 Fischer, StGB, § 299 Rn. 29; Otto, BT, § 61 Rn. 159; Park, wistra 2010, 321, 322; Pfaffendorf, NZWiSt 2016, 8, 11; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 42. 125 v. Tippelskirch, GA 2012, 574, 574 f.

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Hinsicht verbietet das Verbot der Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen126 sogar ein solch sinnentleertes Verständnis eines normativen Tatbestandsmerkmals127. Die Tatsache, dass ein Vorteil angenommen wurde, kann demnach nicht zugleich die Annahme begründen, dass eine sachwidrige Entscheidung getroffen wurde128. Selbiges gilt umgekehrt. Die eigenständige Aufgabe des Tatbestandsmerkmals besteht darin, qualitativ zu bewerten, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Vorteil die Entscheidung sachwidrig beeinflusst hat129. Sofern ein Anbieter besonders gute Angebote macht oder mit innovativen Verkaufskonzepten oder Prämien wirbt, kann dies zwar zu einer Verdrängung und Benachteiligung der Konkurrenten führen130. Vor solchen lauteren, wettbewerbskonformen Anreizen schützt der Tatbestand des § 299 StGB jedoch nicht131. Das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit dient also der Abgrenzung zulässiger Verkaufsförderungen von strafwürdigen Beeinflussungen132. Dieses Verständnis wird durch eine systematische Betrachtung aktueller gesetzgeberischer Entwicklungen bekräftig133. Hier sei insbesondere die Gesetzesbegründung zum Tatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen genannt134. Aus dieser ergibt sich, dass das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der Strafwürdigkeit eines Verhaltens spielen soll135. Die ähnliche Ausgestaltung der Tatbestände lässt den Schluss zu, dass diese Bewertung inhaltlich auch auf die Norm der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr übertragbar ist. b) Relevante Fallgruppe: Vorteilsunabhängige Entscheidungen aa) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand Dass es an der Unlauterkeit einer Bevorzugung fehlt, wenn das Unternehmen in die Entgegennahme des Vorteils und die Bevorzugung eingewilligt hat, wurde bereits dargelegt136. Daneben wird unterschiedlich beurteilt, ob eine Bevorzugung unlauter sein kann, wenn die Entscheidung unabhängig von dem gewährten Vorteil getroffen 126

Zur Untreue BVerfGE 126, 170, 197; NJW 2013, 365, 366 f. Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 68; v. Tippelskirch, GA 2012, 574, 574 ff. 128 Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 835. 129 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 81; Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 68; Park, wistra 2010, 321, 322; Wollschläger, Täterkreis, S. 26 ff. 130 RGSt 66, 16, 17; Bach, wistra 2008, 47, 48 ff. 131 Gaede, in: WWS, § 299 Rn. 68. 132 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 81. 133 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 42. 134 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 Rn. 42. 135 BT-Drucks. 18/6446, S. 11 f. 136 Siehe dazu ausführlich 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3). 127

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worden ist oder sich im Nachhinein herausstellt, dass sie auch unter objektiven Gesichtspunkten in der Sache richtig war137. Über die zuletzt genannte Fallvariation hatte bereits das Reichsgericht zu entscheiden. Dieses war der Ansicht, dass es an einer Unlauterkeit fehle, sofern die Entscheidung vor der Gewährung des Vorteils feststand138. Von dieser Rechtsprechungslinie ist der Bundesgerichtshof im Jahr 2006 allerdings abgewichen139. In der viel diskutierten Allianz-Arena Entscheidung stellte das Gericht fest, dass die abstrakte Gefahr einer wettbewerbsschädlichen Entscheidung selbst dann gegeben sei, wenn eine Bevorzugung der objektiv besten Leistung vorliege140. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts141 und des Europäischen Gerichtshofes142 zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen abstrakter Gefährdungsdelikten ist dieses Urteil jedoch überaus bedenklich143. Insbesondere fehlt eine deutliche inhaltliche Differenzierung zwischen den Handlungsmaximen, die innerhalb der Privatwirtschaft gelten und denen des öffentlichen Sektors144. Anders als es die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vermuten lässt, können die engen Maßstäbe, die für Entscheidungsträger der öffentlichen Verwaltung gelten, nicht auf die Privatwirtschaft übertragen werden. Sofern eine Zuwendung keinen Einfluss auf eine Auswahlentscheidung genommen hat, weil ihr Ergebnis bereits vor der Bevorteilung feststand oder unabhängig von ihr getroffen wurde, ist nicht zu befürchten, dass ein Mitbewerber in unlauterer Weise benachteiligt wird145. Hat sich der Ausschreibende unabhängig von einem persönlichen Vorteil für ein Unternehmen entschieden, resultiert aus dieser wettbewerbskonformen Besserstellung keine Gefahr für den lauteren Wettbewerb im Sinne des Bevorzugungstatbestandes146. Der Umstand, dass vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses – zumindest faktisch – noch die Möglichkeit besteht, auf einen anderen 137 Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 8 f.; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 43; ders., Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 833 ff.; a.A. Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 28. 138 RG GRUR 1915, 103. 139 BGH NJW 2006, 3290, 3298. 140 BGH NJW 2006, 3290, 3298; ablehnend Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 8 f.; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 56 f. 141 BVerfG JZ 2004, 1121, 1122. 142 EuGH wistra 1996, 57, 59. 143 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 43; ders., Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 835 f. 144 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 43; ders., Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 835. 145 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 43; Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 8. 146 Siehe zu einer telelogischen Reduktion des Tatbestandes Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 9; unter Zugrundelegung eines objektivierten Wettbewerbsbegriffes bedarf es einer solchen Reduktion des Tatbestandes nicht, da derartige Fallkonstellationen ohnehin nicht unter das Tatbestandsmerkmal Wettbewerb subsumierbar wären. Siehe zum objektiven Wettbewerbsbegriff 4. Kapitel B. I. 3. a) dd).

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Anbieter auszuweichen, ändert diese Bewertung nicht147. Da die unlautere Benachteiligung eines Mitbewerbers ausgeschlossen werden kann, hat ein Freispruch des Vorteilsnehmers zu erfolgen. Das anderslautende Urteil des Bundesgerichtshofes verstößt gegen das Analogieverbot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz148. bb) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Eine Erfassung der dargelegten Fallkonstellationen durch den Pflichtverletzungstatbestand kann in Teilen bejaht werden. Verneint werden muss sie zunächst in aller Regel, sofern dem objektiv wirtschaftlichsten Angebot der Zuschlag erteilt wurde. Im Rahmen dieser Fälle verletzt der Angestellte zumeist keine Pflicht gegenüber seinem Unternehmen. Es verbleibt die alleinige Annahme des Vorteils durch ihn. Diese Handlung ist jedoch isoliert betrachtet tatbestandlich selbst dann irrelevant, wenn sie explizit durch Compliance-Richtlinien untersagt wird149. Eine Strafbarkeit dieser Fallvariation scheitert insofern im Allgemeinen auf der Ebene des Tatbestandes in Ermangelung einer tatbestandsrelevanten Pflichtverletzung. Stand die Begehung der Pflichtverletzung in zeitlicher Hinsicht vor der Gewährung des Vorteils fest, muss differenziert werden. Verletzt der Angestellte oder Beauftragte eine Pflicht, weil er beabsichtigt, im Nachhinein dafür einen Vorteil zu fordern, kann dieses Verhalten durchaus tatbestandsrelevant sein150. Wie dargelegt, ergeben sich – anders als im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes151 – keine grundsätzlichen Bedenken im Hinblick auf die Schaffung einer wettbewerbsrelevanten Gefahr. Diese resultiert im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes nicht aus der unlauteren Beeinflussung einer direkten Konkurrenzsituation, sondern aus der korruptiven Manipulation des Wettbewerbsgleichgewichtes durch die Schädigung eines Unternehmens von innen heraus. Dieses Unrecht erfordert jedoch nicht den Ausschluss von Vorteilsgewährungen, die nach der Pflichtverletzung erfolgt sind. Anders sind lediglich Fälle zu beurteilen, in denen der Angestellte den Entschluss zur Verletzung der Pflicht vor und unabhängig von der später gewährten Zuwendung getroffen hat. In dieser Konstellation scheitert eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB, da es an einer korruptiven Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung fehlt.

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Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 57; anders als Klengel und Rübenstahl meinen, ist der Grund dafür jedoch nicht die maßgebliche Sicht des Bestochenen, sondern der Schutzzweck des Bevorzugungstatbestandes. Die Regelung bezweckt nicht den Schutz abstrakt möglicher künftiger Konkurrenzsituationen, sondern sie schützt konkrete Wettbewerbsverhältnisse. Siehe dazu 4. Kapitel B. I. 3. a) dd). 148 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 43. 149 Siehe dazu schon 4. Kapitel B. I. 1. b) aa). 150 4. Kapitel B. I. b) bb). 151 Zutreffend im Hinblick auf den Bevorzugungstatbestand Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 8 f.; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 56 f.

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3. Fälle des fehlenden Wettbewerbs Der Bevorzugungstatbestand sanktioniert nur unlautere Bevorzugungen, die im inländischen oder ausländischen Wettbewerb erfolgt sind. Dieses Erfordernis bildet die wohl größte Hürde der Tatbestandsvariante. Das wichtigste kriminalpolitische Ziel des Pflichtverletzungstatbestandes ist, die sich aus diesem Umstand ergebenden Strafbarkeitslücken zu schließen152. Ob die Regelung dieser Aufgabe vollends gerecht wird, soll im Folgenden kritisch hinterfragt werden. a) Begriffsbestimmung Der Begriff des Wettbewerbs ist – rein terminologisch betrachtet – zunächst eine eingedeutschte Form des Wortes Konkurrenz. Dieses Wort stammt aus dem Lateinischen und leitete sich von dem Begriff concurrere ab, was mit zusammenlaufen oder -stoßen übersetzt werden kann153. Nicht nur begrifflich, auch faktisch ist das Bestehen von Konkurrenz die Grundvoraussetzung für die Entstehung eines wie auch immer gearteten Wettbewerbs. Mindestens zwei Personen müssen bei dem Versuch, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, „zusammenstoßen“154. Betrachtet man das Phänomen aus einer privatwirtschaftlichen Perspektive, zielt der Wettbewerb unstreitig auf die Erreichung wirtschaftlicher Erfolge durch Vertragsabschlüsse oder andere Kooperationen ab155. Unterschiedlich beurteilt wird hingegen, welche Anforderungen an ein wirtschaftliches Konkurrenzverhältnis zu stellen sind, damit es unter den Schutzrahmen des Bevorzugungstatbestandes fällt und wie konkret der „Zusammenstoß“ zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung sein muss. Insofern ist die Reichweite des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB unklar. aa) Abstrakter potenzieller Wettbewerb Denkbare wäre zunächst, dass der Bevorzugungstatbestand die Lauterkeit innerhalb abstrakter, potenzieller Wettbewerbsverhältnisse schützt. Dieses Verständnis des Schutzrahmens entspräche dem des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Letzteres schützt Unternehmen unabhängig von einem erfolgten Markteintritt vor wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und lässt die abstrakte Möglichkeit eines Wettbewerbsverhältnisses genügen156.

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BT-Drucks. 18/4350, S. 21. Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.1. 154 Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.1. 155 BGH wistra 2003, 385, 386; NJW 2006, 3290, 3298; Köhler, in: ders./Bornkamm/ Ferddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.6. 156 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Band 1, § 1 Rn. 42, 110. 153

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Dieses kartellrechtliche Verständnis lässt sich jedoch weder auf das Wettbewerbsnoch auf das Strafrecht übertragen157. Ließe man die abstrakte Möglichkeit eines zukünftigen Konkurrenzverhältnisses zur Tatbestandsvollendung des § 299 StGB ausreichen, würde der Begriff des Wettbewerbs in seiner begrenzenden Funktion entwertet und inhaltlich dem geschäftlichen Verkehr gleichgestellt158. Eine unzulässige Verschleifung der Tatbestandsmerkmale wäre die Folge159. Diese Aufhebung der jeweiligen Eigenständigkeit widerspräche nicht nur der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, sondern auch dem Zweck des Bevorzugungstatbestandes, seinem Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers160. bb) Zu erwartender, konkretisierbarer Wettbewerb Mehrheitlich wird der strafrechtliche Wettbewerbsschutz als Schutz eines konkreten Marktteilnehmers aufgefasst161. Unter Zugrundelegung dieses Schutzverständnisses wird darauf abgestellt, ob es in Zukunft zu einem konkreten Wettbewerbsverhältnis kommen könnte162. Die Anforderungen an das Konkurrenzverhältnis sind vergleichsweise gering. Es genügt, dass ein Wettbewerb zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung objektiv vorstellbar ist163. Bejaht werden kann dies bereits, sofern die objektive Möglichkeit einer Konkurrenzsituation besteht, das heißt zum Zeitpunkt der Tathandlung wenigstens ein Mitbewerber auf dem relevanten Markt tätig ist164. Im Übrigen wird auf die Vorstellung des Täters abgestellt165. Dieser muss von einer künftigen Wettbewerbssituation ausgehen, wobei nicht erforderlich sein soll, dass zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung ein konkreter Mitbewerber feststand oder er sich einen solchen vorgestellt hat166. Begründet wird dieses subjektivierte Verständnis des Tatbestandsmerkmals insbesondere mit der Rechtsnatur des § 299 StGB. Im Rahmen abstrakter Gefähr157 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 74 f.; Gercke/Wollschläger, wistra 5, 6; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 56; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 37 f.; a.A. Büchler, Wettbewerbsverhältnis, S. 22 ff. 158 Hefermehl, FG Kummer, 345, 357; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 56. 159 BVerfGE 126, 170, 197; NJW 2013, 365, 366 f. 160 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 56; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 37. 161 Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 6; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, Vor § 298 Rn. 2. 162 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 73 f.; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299 Rn. 23. 163 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 164 BGH NJW 1968, 1572, 1573; Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 74. 165 BGH NJW 2003, 2996, 2997; Fischer, StGB, § 299 Rn. 24; Heine/Eisele, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 299 Rn. 23. 166 RGSt 66, 16, 18; BGHSt 10, 358, 367 f.; 49, 214, 228; Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 74 f.; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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dungsdelikte werde die Vollendungsstrafbarkeit in den Bereich des Stadiums eines Versuchs vorverlagert167. In dieser Sphäre sei die Sicht des Täters maßgeblich, weshalb bei Gefährdungsdelikten unter dogmatischen Gesichtspunkten nicht anderes gelten dürfe168. Darüber hinaus sei es nicht mit dem Bestimmtheitsgebot und dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit vereinbar, auf die Sichtweise einer anderen Person, also eines Mitbewerbers oder Dritten, abzustellen169. cc) Stellungnahme Das Tatbestandsmerkmal „im Wettbewerb“ soll den Anwendungsbereich des Bevorzugungstatbestandes normativ begrenzen. Dieser Aufgabe kann es nur gerecht werden, wenn es inhaltlich eine eigenständige Bedeutung hat, die über ein Handeln im geschäftlichen Verkehr hinausgeht170. Der Schutz eines bloß potenziellen Wettbewerbs ist daher abzulehnen und der herrschenden Meinung im Grunde zuzustimmen. Insbesondere innerhalb der Rechtsprechung ist jedoch zunehmend der Trend erkennbar, die objektiven Voraussetzungen an das Wettbewerbsverhältnis und seine Konkretheit zu relativieren171. Dieser Prozess wird anhand von Entscheidungen deutlich, die bei Lichte betrachtet, kaum noch mit dem Wortlaut und dem Zweck der Vorschrift zu vereinbaren sind172. Zeichnet man die Entwicklung perspektivisch weiter, könnte ein Absenken der objektiven Anforderungen, die an den Wettbewerb gestellt werden, dazu führen, dass jedwedes denkbare künftige Konkurrenzverhältnis tatbestandlich erfasst wäre. Es würde ein potenzieller Wettbewerb geschützt, der lediglich in das Gewand der Konkretheit gekleidet wäre173. Vor der Reform des § 299 StGB lagen die Gründe für die extensive Auslegung des Wettbewerbsbegriffes sicherlich in dem Bedürfnis, strafwürdige Korruptionskonstellationen unabhängig davon sanktionieren zu können, ob sie in einem Zusammenhang mit einem konkreten Wettbewerbsverhältnis standen174. Die Notwendigkeit eines derartigen Begriffsverständnisses ist nunmehr jedoch entfallen175. Die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes bietet die Chance, das Tatbestands167

RGSt 37, 172, 172 (zu § 333 StGB); BGHSt 10, 358, 367; Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 75; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 168 BGHSt 10, 358, 367; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 55. 169 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 55. 170 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59. 171 BGH NJW 2004, 3129, 3132 f.; 2006, 3290, 3298, NStZ-RR 2015, 278; siehe zu dieser Kritik Bürger, NZWiSt 2016, 64, 74 f.; Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59; Kubiciel, KPzK 3/2016, 1, 3. 172 BGH NJW 2004, 3129, 3132 f.; 2006, 3290, 3298. 173 Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 59. 174 Kubiciel, KPzK 3/2016, 1, 3. 175 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 83; ders., KPzK 3/2016, 1, 3.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

merkmal des Wettbewerbs begrifflich zu entlasten. Der Begriff kann neu interpretiert und der Anwendungsbereich der ersten Varianten auf das Wesentliche reduziert werden176. dd) Eigene Ansicht Bei der begrifflichen Reduktion des Wettbewerbsbegriffs kann eine frühere Theorie zu § 12 UWG a.F. fruchtbar gemacht werden177. Nach der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes ist zu fordern, dass der Handelnde in unlauterer Weise in ein objektiv bestehendes Wettbewerbsverhältnis eingreift178. Der Bevorzugungstatbestand ist unter Zugrundelegung dieses restriktiven Begriffsverständnisses nur anwendbar, sofern zum Zeitpunkt der Tathandlung bereits eine konkrete Konkurrenzsituation bestand oder sich eine solche zumindest anhand objektiver Kriterien bestimmen lässt. Subjektiv ist lediglich vorauszusetzen, dass der Täter diesbezüglich mit Vorsatz handelt. Die alleinige subjektive Annahme einer Konkurrenzsituation genügt hingegen nicht zur Bejahung des objektiven Tatbestandsmerkmals. Diese Auslegung entspricht nicht nur dem Wettbewerbsrecht, sondern auch dem Wortlaut des § 299 StGB und seiner innertatbestandlichen Systematik. Dem Wettbewerbsrecht soll bei der Klärung von Auslegungsfragen im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale des § 299 StGB eine besondere Bedeutung zukommen179. Somit ist die wettbewerbsrechtliche Definition des Mitbewerbers für das Strafrecht und die Reichweite des § 299 StGB besonders relevant. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind Mitbewerber allerdings ausdrücklich nur Unternehmen, die „mit einem oder mehreren Unternehmern […] in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis“ stehen. Es ist kein Grund ersichtlich, der eine abweichende Begriffsbestimmung im Rahmen des § 299 StGB angemessen erscheinen lässt180. Dass bereits die bloße subjektive Denkbarkeit eines Konkurrenzverhältnisses zur Annahme eines Wettbewerbs genügt, ergibt sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut des Tatbestandes. Gegenteiliges ist der Fall. Der Bevorzugungstatbestand setzt ausdrücklich voraus, dass die Handlung im Wettbewerb erfolgt ist; wobei das Wort „im“ nahelegt, dass ein konkretes Wettbewerbsverhältnis erforderlich ist181. Auf selbiges deutet auch die innertatbestandliche Systematik hin. Der Pflichtverletzungstatbestand sanktioniert korruptive Angriffe, die sich negativ auf die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb auswirken können. Er erfasst Korrup176

Kubiciel, KPzK 3/2016, 1, 3. Rosenthal/Leffmann, UWG, § 12 Rn. 33. 178 Rosenthal/Leffmann, UWG, § 12 Rn. 33; zumindest tendenziell auch Fischer, StGB, § 299 Rn. 24. 179 BT-Drucks. 13/5584, S. 15. 180 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 37. 181 Rosenthal/Leffmann, UWG, § 12 Rn. 33. 177

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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tionskonstellationen im Vorfeldbereich einer unlauteren Bevorzugung und Korruptionstaten innerhalb abstrakter Wettbewerbssituationen. Unter systematischen Gesichtspunkten erscheint es daher nur sachgerecht, den Bevorzugungstatbestand als Instrument zum Schutz konkreter Konkurrenzsituationen zu betrachten und seinen Anwendungsbereich auf solche zu beschränken182. b) Relevante Fallgruppen Im Folgenden werden Fallgruppen dargestellt, im Rahmen derer das Vorliegen der dargelegten Voraussetzungen zweifelhaft ist. aa) Unrechtsvereinbarungen bei laufenden Geschäftsbeziehungen Bei andauernden und langfristigen Geschäftsbeziehungen ist es üblich, dass die grundlegenden Bedingungen der künftigen Zusammenarbeit im Vorfeld vertraglich festgelegt werden. Es stellt sich die Frage, wie korruptive Unrechtsvereinbarungen im Laufe andauernder Lieferbeziehungen strafrechtlich zu bewerten sind und welche Alternative des § 299 StGB auf sie Anwendung findet. (1) Beispiele für langfristige vertragliche Vereinbarungen Es gibt zahlreiche Vertragstypen, die Aussagen über die Ausgestaltung und Abwicklung langfristiger Geschäftsbeziehungen treffen. Eine Einzeldarstellung der möglichen Vertragsarten würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Daher sind die folgenden Ausführungen auf eine inhaltliche Darstellung zweier exemplarischer Beispiele beschränkt, wobei die anschließende Bewertung grundsätzlich auf andere Sachverhaltskonstellationen übertragbar ist. Dargelegt werden Generalunternehmer- und Rahmenverträge. Diese Vertragstypen dienen als übergeordnete, langfristige Verträge der vereinfachten Umsetzung umfangreicher Projekte183. Generalunternehmerverträge erreichen dies durch die Regelung langfristiger vertraglicher Zuständigkeiten. Oftmals treffen sie Aussagen über sogenannte Nachauftragsentscheidungen und legen fest, wer in Zukunft für möglicherweise anfallende Nachbesserungs- und Wartungsarbeiten zuständig sein soll184. Zumeist entfällt diese Zuständigkeit auf denjenigen, der den Zuschlag für das ausgeschriebene Projekt erhalten hat. Das betreffende Unternehmen ist dann nicht nur zur Erbringung der Hauptleistung verpflichtet, sondern muss darüber hinaus Arbeiten erledigen, die mit der Instandhaltung des Werkes oder der Ware zusammenhängen185. Welche konkreten Arbeiten anfallen werden, ist zum Zeitpunkt des 182 183 184 185

Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 46. Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 52 f. Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 52 f. Sprafke, Korruption, S. 163.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Vertragsschlusses aber noch nicht absehbar. Fest steht bloß, dass keine gesonderte Entscheidung über die Zuständigkeit getroffen werden soll186. Ein ganz ähnliches Anliegen verfolgen Rahmenverträge. Auch sie dienen der Vereinfachung langfristiger Lieferbeziehungen187. Anders als Bezugs- und Sukzessivlieferungsverträge sind Rahmenverträge allerdings zweistufig aufgebaut188. Der Rahmenvertrag selbst bildet die Basis der Geschäftsbeziehung und kann als Grundvertrag bezeichnet werden189. Er regelt das „Wie“ der Leistung, die Vertragsund Lieferbedingungen, begründet jedoch keine eigenständige Zahlungs- oder Leistungsverpflichtung. Seinem Wesen nach ist er vielmehr ein übergeordnetes Dauerschuldverhältnis, welches auf den Abschluss wiederkehrender Einzelverträge gerichtet ist190. Letztere bilden die zweite Ebene der Vertragsbeziehung. Einige Rahmenverträge enthalten diesbezügliche Abschlussverpflichtungsklauseln191, die vorsehen, dass der Lieferant ein Angebot des Vertragspartners anzunehmen hat, sofern sich dieses inhaltlich innerhalb der Bedingungen des Rahmenvertrages bewegt192. Bekannte Beispiele für Rahmenverträge sind etwa Mitgliedschaften in Shopping- oder Buch-Clubs wie Westwing oder Weltbild. (2) Strafrechtliche Bewertung Es stellt sich die Frage, wie mit Korruptionskonstellationen umzugehen ist, deren Bezugspunkt eine andauernde und langfristige Geschäftsbeziehung ist. (a) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand Sofern der unmittelbare Bezugspunkt der Unrechtsvereinbarung der Abschluss des Generalvertrages ist, scheidet eine Strafbarkeit nach dem Bevorzugungstatbestand aus, da kein sachlicher oder zeitlicher Zusammenhang mit dem Bezug einer Ware oder Dienstleistung besteht193. Der Generalvertrag selbst begründet weder eine Leistungspflicht noch betrifft er ein konkretes Erwerbsgeschäft. Ein derartiger Zusammenhang wäre allenfalls anzunehmen, sofern die Unrechtsvereinbarung nach dem Vertragsschluss erfolgt. Dann scheitert eine Strafbarkeit allerdings, da der Vorteilsgeber nicht in unlauterer Weise in ein bestehendes,

186

Sprafke, Korruption, S. 163. Saxinger, Zulieferverträge S. 105 ff. 188 Muhl/Lüthge, GWR 2016, 26, 26; Schürnbrand, in: MüKo, BGB, Band 3a, § 510 Rn. 12. 189 Schürnbrand, in: MüKo, BGB, Band 3a, § 510 Rn. 12. 190 Hoffbauer, Rahmenvertrag, S. 44 ff.; Muhl/Lüthge, GWR 2016, 26, 26; Schürnbrand, in: MüKo, BGB, Band 3a, § 510 Rn. 12. 191 Ob der Rahmenvertrag eine Abschlussverpflichtung enthält, muss im Zweifelsfall durch die Auslegung ermittelt werden. Hoffbauer, Rahmenvertrag, S. 70 ff. 192 Hoffbauer, Rahmenvertrag, S. 83 ff.; Saxinger, Zulieferverträge S. 163 f. 193 Siehe zu diesem Erfordernis auch 2. Kapitel C. II. 1. d). 187

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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konkretisierbares Wettbewerbsverhältnis eingegriffen hat194. Ist der jeweilige Langzeitvertrag geschlossen, steht fest, wer für die Ausführung der künftigen Einzelaufträge zuständig sein wird. Dass es zu einer erneuten Konkurrenzsituation kommen wird, ist somit sowohl aus der Perspektive des Vorteilsempfängers als auch aus Sicht eines objektiven Dritten nicht nur unwahrscheinlich, sondern reine Spekulation195. Ein Konkurrenzverhältnis um die Einzelaufträge ist demnach zwar möglich, sofern es weitere Mitbewerber am Markt gibt. Das in Rede stehende Verhältnis wäre jedoch rein potenzieller Natur und in jeder Hinsicht abstrakt. Nach dem hiesigen Verständnis des Wettbewerbsbegriffes reicht dies nicht aus, um eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB zu begründen196. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht, wenn der Grundvertrag den Auftraggeber nicht rechtsverbindlich dazu verpflichtet, die Folgeaufträge an ein bestimmtes Unternehmen zu vergeben197. Der Umstand, dass es möglicherweise in Zukunft zu einer Konkurrenzsituation um einen nicht näher bestimmbaren Auftrag kommen könnte, führt ebenfalls nicht zur Tatbestandsvollendung198. Allenfalls eine kumulative Betrachtung des Grundvertrages und der Einzelaufträge ließe den Schluss zu, dass die Konkurrenz um den Hauptvertrag auf die späteren Aufträge ausstrahlt199. Eine solch undifferenzierte Betrachtung ist aber mangels tatsächlicher und rechtlicher Identität im Ergebnis abzulehnen200. (b) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Sofern sich die Unrechtsvereinbarung auf den Abschluss eines langfristigen Grundvertrages bezieht, scheitert eine strafrechtliche Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand201. Zwar verzichtet dieser auf das Erfordernis einer Bevorzugung im Wettbewerb. Er setzt jedoch – wie der Bevorzugungstatbestand – voraus, dass ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen besteht, an dem es, wie dargelegt, fehlt. Anders fällt die Bewertung im Hinblick auf Unrechtsvereinbarungen aus, die nach dem Abschluss des Grundvertrages getroffen werden. Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen ist nicht nur erfüllt, wenn der An194

Siehe dazu ausführlich 4. Kapitel B. I. 3. a) dd). Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 57. 196 Dazu ausfürhrlich 4. Kapitel B. I. 3. a) dd). 197 Anders LG München I, Urt. v. 23. 05. 2005 – 4 KLs 571 Js 50602/03 (unveröffentlicht); auszugsweise besprochen von Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 56 f. 198 Es fehlt daher – sofern man die hiesigen Grundsätze anwendet – auch im Rahmen von Präqualifikationsverfahren am Vorliegen von Wettbewerb. Siehe zum Präqualifikationsverfahren und der fehlenden Bevorzugung 4. Kapitel B. I. 1. b) cc). 199 Siehe dazu BGH NJW 2004, 3129, 3133. 200 Insofern sind die Erwägungen zum Präqualifikationsverfahren übertragbar. Siehe dazu 4. Kapitel B. I. b) cc) (2). 201 Dies galt schon für den Bevorzugungstatbestand. Siehe dazu 4. Kapitel B. I. 3. b) aa) (2) (a). 195

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

gestellte oder Beauftragte eine sachwidrige Entscheidung im Rahmen eines Auswahlerwerbsgeschäftes getroffen hat. Der zeitliche Anwendungsbereich der zweiten Varianten ist flexibler als der des Bevorzugungstatbestandes. Dieser Umstand führt dazu, dass die in Rede stehende Handlung auch von tatbestandlicher Relevanz sein kann, wenn sie die Durchführung oder Abwicklung eines bereits geschlossenen Vertrages betrifft. Der Pflichtverletzungstatbestand ist insofern geeignet, alle denkbaren korruptiven Unrechtsvereinbarungen zu sanktionieren, die sich auf die Durchführung eines Vertrages beziehen. Dies betrifft neben langfristigen Verträgen, die auf eine andauernde oder wiederkehrende Leistung gerichtet sind, auch kurzlebigere Vertragsbeziehungen. Vorstellbare Pflichtverletzungen bestünden beispielsweise in dem Unterlassen von Leistungs- und Qualitätskontrollen, der Abnahme eines überteuerten oder mangelhaften Werkes oder der Nichtanzeige von Nebenpflichtverletzungen oder sonstigem Fehlverhalten202. Daneben wäre auch das folgende Beispiel erfasst: K ist Angestellter der X-GmbH. Diese führt ein aufwendiges Bauprojekt durch und schließt einen Rahmenvertrag mit dem Bauunternehmen G. Durch den Vertrag wird G dazu verpflichtet, den Rohbau und das Dach zu errichten und alle notwendigen Ausbesserungen durchzuführen. U, ein Funktionär der Baugesellschaft, freut sich über den Zuschlag, ist jedoch nicht willens, die Folgeaufträge in der vereinbarten Qualität zu erbringen. Insbesondere sieht er keine Notwendigkeit, die Arbeiten durch ausgebildetes Fachpersonal ausführen zu lassen. Er zahlt K, der damit beauftragt ist, die ordnungsgemäße Vertragsabwicklung zu überprüfen, kurzer Hand 2000 E, damit dieser seine Überwachungs- und Kontrollpflicht verletzt und über die mangelhafte Ausführung der Arbeiten hinwegsieht. bb) Garantie- und Gewährleistungsfälle Wie bereits angedeutet, ist die obige rechtliche Bewertung auf andere Vertragsarten und Sachverhaltskonstellationen übertragbar. Praktisch relevant sind insbesondere Korruptionstaten, deren Gegenstand die Abwicklung von Gewährleistungsfällen ist. Darunter fallen sämtliche Sachverhalte der Abwicklung einer gesetzlichen Mängelgewähr oder vertraglichen Garantievereinbarung. Welches Korruptionspotenzial in diesen Fallkonstellationen steckt, lässt sich besonders deutlich am Beispiel einer Garantie darstellen. Unter einer Garantie versteht man die Erklärung einer Partei, für das Vorhandensein einer bestimmten Produkteigenschaft bedingungslos und verschuldensunabhängig einzustehen203. In der Sache muss diese Zusicherung unbedingt erfolgen. Der Garantiegeber prüft im Rahmen eines Garantiefalles zumeist lediglich, ob die Ursache des Mangels von der Garantie erfasst wird. Diese Prüfung setzt ihrer Natur nach eine Begutachtung des 202

Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 46. BGH NJW 2007, 1346, 1348 f.; Büdenbender, in: NK BGB, Band 3, § 443, Rn. 3; Westermann, in: MüKo, BGB, Band 3, § 443 Rn. 11. 203

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Produktes in dem fehlerhaften Zustand voraus. Die Kosten einer eigenmächtig durchgeführten externen Reparatur werden aus diesem Grund in aller Regel nicht ersetzt. Selbiges gilt, sofern die Begutachtung ergibt, dass der Mangel nicht auf einer fehlerhaften Eigenschaft des Produktes, sondern der grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Einwirkung einer Person beruht. Wie manipulierbar und korruptionsanfällig eine solche interne Produktprüfung sein kann, verdeutlicht das folgende Beispiel: Der Autohändler V räumt eine Garantiezeit von zwei Jahren ein. Anfallende Reparaturkosten werden übernommen, sofern eine interne Begutachtung ergeben hat, dass der Anlass der Reparatur nicht auf einem grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhalten des Käufers beruht. Darüber hinaus muss die Reparatur von der hauseigenen Werkstatt der V durchgeführt werden. A hat einen Neuwagen bei V erworben. Da er das Auto nicht hinreichend schonend eingefahren hat, hat der Motor schweren Schaden genommen. A weiß um seinen Fehler. Dennoch möchte er die Kosten der anstehenden Reparatur keinesfalls tragen. Der Werkstattleiter W begutachtet das Auto und erkennt sofort, dass der Mangel auf einem Fehlverhalten des Käufers beruht. A bietet dem W 300 E damit er den Schaden pflichtwidrig als Garantiefall bewertet. W nimmt das Geld dankend an und tauscht den Motor auf Kosten des Unternehmens aus. Fälle dieser Art werden nicht vom Bevorzugungstatbestand erfasst, da kein konkretisierbares, objektives Konkurrenzverhältnis um den Reparaturauftrag vorliegt. Es widerspricht schlicht dem Interesse des Garantienehmers anderweitige Angebote einzuholen, sofern die Ausbesserung durch den Vertragspartner (im Falle einer Anerkennung als Garantiefall) kostenlos erfolgt. Der Pflichtverletzungstatbestand schließt diese Strafbarkeitslücke. Er ist geeignet, sämtliche Pflichtverletzungen zu sanktionieren, die Gewährleistungsarbeiten betreffen. Dies gilt auch für Fallkonstellationen, in denen die Abwicklung oder Prüfung durch einen Konkurrenten des Unternehmens manipuliert wird. Auch die praktische Relevanz dieser Fallvariation sollte nicht unterschätzt werden. Ein konkurrierendes Unternehmen kann ein enormes wirtschaftliches Interesse daran haben, den Ruf eines Mitbewerbers zu schädigen, indem es einem fremden Angestellten Geld zahlt, damit dieser Gewährleistungsfälle pflichtwidrig nachteilig oder bevorzugt behandelt, Fehler übersieht oder falsche Angaben macht. cc) Monopole Zudem schließt der Pflichtverletzungstatbestand Strafbarkeitslücken, die sich daraus ergeben, dass die ersten Varianten des § 299 StGB keine Korruptionstaten erfassen, an denen ein Monopolist beteiligt ist204. Wann ein Monopol im korruptionsstrafrechtlichen Sinne vorliegt, ist weitgehend ungeklärt. Wettbewerbsrechtlich

204

Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 46.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

beschreibt der Begriff Monopol das Gegenteil eines Konkurrenzverhältnisses205. Kennzeichnend ist, dass ein Unternehmen aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Umstände keinen Mitbewerber hat, der vergleichbare Waren oder Dienstleistungen anbieten206. Eine Bestimmung der Vergleichbarkeit kann nach kartellrechtlichen Grundsätzen erfolgen. Entscheidend ist, ob ein anderes Unternehmen Erzeugnisse oder Leistungen anbietet, die dem in Rede stehenden Angebot derart ähnlich sind, dass ein potenzieller Interessent eine grundsätzliche Austauschbarkeit der Offerten annehmen würde207. Gibt es auf dem Markt kein derartiges Produkt, verfügt das anbietende Unternehmen über ein Vollmonopol208. Gründe für eine solch exklusive Stellung am Markt können neben einem besonders ausgeprägten wirtschaftlichen Erfolg, auch eine gesetzliche Zuweisung209, Unternehmenszusammenschlüsse210 oder natürliche Umstände sein, die einen Markteintritt anderer besonders erschweren211. Innerhalb einer freien Marktwirtschaft bilden Vollmonopole – auch wenn sie keine reinen straftheoretischen Gedankenspiele sind – allerdings eine Ausnahme. Deutlich häufiger fehlt es an einer Austauschbarkeit eines Produktes, weil ein Unternehmen keinem nennenswerten Wettbewerb ausgesetzt ist (Quasi-Monopol212) oder eine Ausschreibung so ausgestaltet wird, dass von vornherein nur ein Unternehmer in der Lage ist, die gestellten Anforderungen zu erfüllen (de facto-Monopol213). In dem zuerst genannten Fall hat das Unternehmen zwar keine exklusive, aber eine besonders exponierte Stellung am Markt. Diese führt dazu, dass es Entscheidungen frei treffen kann, ohne Rücksicht auf Mitbewerber, Vertragspartner oder Abnehmer nehmen zu müssen214. Ob ein Quasi-Monopol vorliegt, muss im Wege einer Gesamtbetrachtung ermittelt werden, bei der auch die Marktanteile des jeweiligen Unternehmens eine zentrale Rolle spielen215. Die zweite Konstellation beschreibt die Erscheinungsform des faktischen Monopols. Ein solches liegt vor, wenn zwar mehrere Unternehmen ein vergleichbares Produkt anbieten, eine Austauschbarkeit jedoch im Einzelfall ausscheidet, da nur ein Unternehmen in der Lage ist, die gewünschte Leistung zu den geforderten Bedingungen zu erbringen216. Denkbare Nadelöhre können die gewünschte Qualität, das 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216

Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.6. Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 7. BGH NJW 1977, 675, 676; GRUR 1988, 323, 324 f. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Band 2, § 36 Rn. 142 ff. BGH NJW 1965, 500, 501 f. EuGH EuZW 1998, 299, 300 f. BGH NVwZ 2006, 962, 963. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Band 2, § 36 Rn. 145 ff. Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 7. BGH DB 1982, 2073, 2074. Thomas, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Band 2, § 36 Rn. 146 f. Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 7.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Material, die benötigte Stückzahl oder der angegebene Liefertermin oder -ort sein217. Stetig steigende Qualitätsanforderungen, ein zunehmender globaler Wettbewerb und eine unaufhaltsam fortschreitende Digitalisierung erfordern auf Seiten der Unternehmen ein besonderes Maß an Spezialisierung. Es verwundert mithin nicht, dass faktische Monopole die praktisch bedeutsamste Erscheinungsform des Monopols sind. Besonders häufig kommen sie auf Märken innovativer Entwicklung vor. Dies betrifft neben der Automobil- oder Softwareentwicklung, auch die wissenschaftliche und medizinische Forschung, den Pharmasektor oder die Automatisierungstechnik. Es sei die Prognose erlaubt, dass faktische Monopole auf diesen Märken auch in Zukunft weiter zunehmen werden. Da ein eingeschränkter Wettbewerb aber keinesfalls dazu führt, dass eine Ausschreibung weniger korruptionsanfällig ist, darf die praktische Bedeutung des Pflichtverletzungstatbestandes erneut nicht unterschätzt werden. dd) Kreditvergaben ohne Bonitätsprüfung Ebenfalls zweifelhaft ist das Vorliegen einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb, wenn der Gegenstand der Unrechtsvereinbarung die Vergabe eines Kredites ist. (1) Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand Der Bevorzugungstatbestand erfasst derartige Fallkonstellationen nicht. Eine im Jahr 2000 ergangene anderslautende Entscheidung des Landgerichts Bochum ist nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar218. Das Gericht hat seinerzeit die Strafbarkeit des Leiters einer Immobilienfinanzierungsabteilung bejaht, der sich von einem Kreditinteressenten persönliche Vorteile gewähren ließ219. Diese Entscheidung verkennt, dass in einem solchem Fall keine Bevorzugung im Wettbewerb erfolgt220. Der potenzielle Kreditnehmer (K) steht in keinem Konkurrenzverhältnis mit anderen Kunden der Bank221. Eine tatbestandsrelevante Bevorzugung seiner Person ließe sich allenfalls bejahen, wenn die Konditionen seines Kredites günstiger wären als üblich und diese Besserstellung des K zu Lasten eines 217

Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 7. LG Bochum, Haftbeschwerde-Entscheidung vom 14. 02. 2000 – 12 Qs 3/2000 (unveröffentlicht), mitgeteilt bei Tiedemann, FS Müller-Dietz, 905, 917; ders., in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 219 LG Bochum, Haftbeschwerde-Entscheidung vom 14. 02. 2000 – 12 Qs 3/2000 (unveröffentlicht), mitgeteilt bei Tiedemann, FS Müller-Dietz, 905, 917; ders., in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 220 Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 71; Fischer, StGB, § 299 Rn. 25; Gercke/ Wollschläger, wistra 2008, 5, 7; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38; a.A. Pragal Korruption, S. 182 ff. 221 Rosenthal/Leffmann, UWG, § 12 Rn. 33; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 218

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

anderen Kreditnehmers ginge222. Doch auch in diesem Fall würde eine Strafbarkeit nach dem Bevorzugungstatbestand im Ergebnis ausscheiden, da die Bevorzugung jedenfalls nicht im Wettbewerb erfolgt wäre223. Ein Wettbewerbsverhältnis setzt voraus, dass mindestens zwei Bewerber miteinander konkurrieren. Im Falle einer Kreditgewährung ist dies nicht gegeben. Zwar sind zumeist auch andere Kunden der Bank an einem Kredit interessiert, sodass es andere Bewerber gibt. Da Banken jedoch über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um einer Vielzahl von Interessenten unabhängig voneinander einen Kredit zu gewähren, muss keine vergleichende Auswahlentscheidung getroffen werden224. Die Bank prüft vielmehr gesondert die Bonität jedes Interessenten225. Das Landgericht Bochum stützt seine gegenteilige Entscheidung auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1991226. In diesem entschied der Bundesgerichtshof, dass das Vorliegen einer Wettbewerbslage nicht von der Benachteiligung eines bestimmten Mitbewerbers abhinge227. Überhaupt sei unerheblich, ob zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung ein Mitbewerber vorhanden wäre. Entscheidend sei, dass dem Bestechenden eine monopolähnliche Stellung verschafft worden sei und dies zu einer Benachteiligung potenzieller Mitbewerber geführt habe228. Konkret hatte der Bundesgerichtshof über die Bestechung eines Kirchenamtsrates durch einen Grundstücksmakler zu entscheiden, der Erbbaurechte an Baugrundstücken der Kirche erwerben wollte229. Durch die Zahlung einer Zuwendung hat er erreicht, dass keine anderen Makler und Baufirmen, die an Baugrundstücken interessiert waren, bei der Entscheidung berücksichtigt wurden230. Diesen Personenkreis bezeichnete der Bundesgerichtshof als mögliche Mitbewerber231. Die Aussage, dass das Vorhandensein von Mitbewerbern irrelevant sei232, darf aber nicht so verstanden werden, als seien Mitbewerber insgesamt überflüssig. Der Bundesgerichtshof wollte vielmehr betonen, dass es im Rahmen der Bewertung nicht auf die objektiven Umstände, sondern die ex-ante Vorstellung des Täters ankommt233. 222

Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 71; Fischer, StGB, § 299 Rn. 25; Gercke/ Wollschläger, wistra 2008, 5, 7; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38; a.A. Pragal Korruption, S. 182 ff. 224 Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 7; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 225 Rosenthal/Leffmann, UWG, § 12 Rn. 33; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 38. 226 BGH NJW 1991, 367. 227 BGH NJW 1991, 367, 370. 228 BGH NJW 1991, 367, 370. 229 BGH NJW 1991, 367, 367. 230 BGH NJW 1991, 367, 367. 231 BGH NJW 1991, 367, 370. 232 BGH NJW 1991, 367, 370. 233 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 38. 223

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Diesen Umstand verkennt das Landgericht ebenso wie die Tatsache, dass die Interessenlage innerhalb der zu entscheidenden Sachverhalte nicht vergleichbar ist234. Während es im Fall der Kirchenstiftung um knappe Ressourcen ging, sind Kredite naturgemäß nicht limitiert235. (2) Subsumtion unter §§ 263 und 266 StGB Korruptionskonstellationen, bei denen die Entscheidung über die Gewährung eines Kredites oder seine Konditionen im Vordergrund steht, sind in der Praxis durchaus bedeutsam236. Umso bedauerlicher war, dass eine Sanktionierung vor der Erweiterung des § 299 StGB nur erreicht werden konnte, wenn hilfsweise unter die Tatbestände der Untreue oder des Betruges subsumiert wurde237. Besondere Probleme bereitete dabei das Erfordernis eines kausalen Vermögensschadens seitens der Bank und der Umstand, dass eine Tatbestandsvollendung ausscheiden musste, sofern eine Auszahlung des Geldes unterblieben ist. Ein möglicher Grund dafür konnte die Entlassung des Bankangestellten wegen eines anderweitigen Fehlverhaltens oder die Entdeckung der Zuwiderhandlung sein. Da eine Strafbarkeit wegen einer versuchten Untreue gesetzlich aber nicht vorgesehen ist, verblieb nur die Sanktionierung wegen eines versuchten Betruges; wobei dieser Tatbestand allenfalls auf den Bankangestellten angewendet werden konnte und eine täterschaftliche Bestrafung des Kunden ausscheiden musste. (3) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Durch die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes wird diese Hilfssubsumtion obsolet. Nunmehr kann das spezifische Unrecht der wechselseitigen Vereinbarung der Kreditparteien erstmalig strafrechtlich abgebildet werden. Die vorteilsveranlasste Gewährung oder Zusage eines Kredites, ohne Prüfung der Bonität oder zu günstigeren Konditionen, ist als korruptive Pflichtverletzung gegenüber der Bank, die im Zusammenhang mit der Gewährung einer Dienstleistung erfolgt ist, tatbestandlich erfasst. Zudem ist die pflichtwidrige Gewährung eines Kredites potenziell geeignet, die wettbewerbliche Stellung des Kreditgebers zu beeinträchtigen. Der Umstand, dass die dargelegten Sachverhalte durch die Reform des § 299 StGB auch formal als strafwürdige Korruptionstaten klassifiziert werden können, zählt zu den wesentlichen Verdiensten des Pflichtverletzungstatbestandes.

234 235 236 237

Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 38. Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 38. Pragal, Korruption, S. 181. Fischer, StGB, § 299 Rn. 25; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 830.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

ee) Die Weitergabe und Beschaffung vertraulicher Informationen (1) Die Bedeutung des § 17 UWG Wettbewerbsrechtlich wird die Weitergabe oder Beschaffung vertraulicher geschäftlicher Informationen mittels § 17 UWG sanktioniert. Die Regelung schützt sowohl individuelle Interessen des Unternehmens als auch das Kollektivinteresse der Allgemeinheit an einem lauteren Wettbewerb238. Inhaltlich werden neben dem aktiven Verrat eines Geheimnisses, auch die Wirtschaftsspionage oder die Verwertung und Verbreitung eines unerlaubt erlangten Betriebsgeheimnisses untersagt239. Trotz dieser Regelungsweite stellt sich die Frage nach einer korruptionsstrafrechtlichen Erfassung derartiger Fallkonstellationen. Der Grund dafür ist, dass § 17 UWG zwar eine umfassende Aussage über die Sanktionierung der einzelnen Zuwiderhandlungen trifft, jedoch nicht das spezifische Unrecht abbilden kann, welches mit einer etwaigen korruptiven Unrechtsvereinbarung einhergeht. (2) Subsumtion unter § 298 StGB und den Bevorzugungstatbestand Grundsätzlich werden Fälle, in denen Personen kollusiv oder korrupt im Wettbewerb zusammenwirken, von § 298 StGB oder § 299 StGB erfasst240. Das gilt auch für Konstellationen, in denen die Beschaffung oder Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen das Zentrum der Unrechtsvereinbarung bildet. Die Tatbestände wurden sogar unter anderem geschaffen, damit Fallkonstellationen, in denen ein Anbieter kollusiv mit einem Angehörigen des Ausschreibenden zusammenarbeitet, um an interne Informationen über ein Verfahren zu gelangen, strafrechtlich sanktioniert werden konnten241. Diese theoretische kriminalpolitische Funktion der Normen kann allerdings nicht darüber hinweghelfen, dass die praktische Ausgestaltung der Tatbestände zu enormen Regelungslücken in eben diesem Bereich führt. Denn § 298 StGB setzt voraus, dass ein Angebot im Hinblick auf eine Ausschreibung (Abs. 1) oder im Anschluss an einen Teilnahmewettbewerb (Abs. 2) abgegeben wurde und auf einer rechtwidrigen Absprache beruht242. Unabhängig davon, dass grundsätzlich bezweifelt werden darf, ob § 298 StGB geeignet ist, das spezifische Unrecht einer korruptiven Vereinbarung abzubilden, greift die Regelung also ohnehin nicht, wenn die Weitergabe der Informationen losgelöst von einer vorangegangenen oder aktuellen Konkurrenzsituation erfolgt ist243. 238 Dazu schon RGSt 29, 426, 427 f.; Stier/Hasselblatt, in: Götting/Nordemann, UWG, § 17 Rn. 1 m.w.N. 239 Siehe dazu Brammsen, in: MüKo, Lauterkeitsrecht, Band 2, § 17 Rn. 32 ff., 80 ff., 107 ff. 240 Tiedemann, JZ 2005, 45, 46. 241 BT-Drucks. 13/5584, S. 14; dazu ausführlich Greeve, NStZ 2002, 505. 242 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 298 Rn. 31. 243 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 298 Rn. 4 ff. m.w.N.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Diese Strafbarkeitslücke kann auch nicht durch den Bevorzugungstatbestand des § 299 StGB geschlossen werden. Die Tatbestandsvariante setzt nicht nur voraus, dass ein Wettbewerb besteht, sondern verlangt zusätzlich nach einer Bevorzugung in diesem. Durch die bloße Weitergabe einer geheimen Information wird aber keine tatbestandsrelevante Bevorzugung verursacht244. Zwar führt der Erwerb einer vertraulichen Information oftmals – zumindest mittelbar – zu einer Besserstellung im Wettbewerb, eine Bevorzugung im Sinne des § 299 StGB setzt aber eine Überlegenheit im Rahmen einer konkreten Auswahlentscheidung voraus245. Diese Voraussetzung liegt nur vor, wenn der Erwerber der Information im Folgenden den Zuschlag für einen Vertragsabschluss erhält246. Weder § 298 StGB noch der Bevorzugungstatbestand des § 299 StGB erfassen daher Korruptionstaten im Bereich des Geheimnisverrates und der Wirtschaftsspionage, die losgelöst von einer Ausschreibung erfolgt sind oder nicht zu einer Zuschlagserteilung geführt haben. (3) Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Der Pflichtverletzungstatbestand macht die Strafbarkeit einer Unrechtsvereinbarung nicht von einer konkretisierbaren Konkurrenzsituation abhängig. Er verzichtet sowohl auf das Erfordernis einer unlauteren Bevorzugung als auch auf das Wettbewerbserfordernis. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass die Neuregelung die dargelegte Strafbarkeitslücke schließen kann. Ergeben würde sich eine solche unter anderem in dem folgenden Beispiel: Die S-GmbH ist einer der führenden Hersteller von Spezialwerkzeug. Geographisch beschränkt sich ihr Tätigkeitsbereich auf den norddeutschen Raum. Die M-GmbH stellt ebenfalls Spezialwerkzeug her. Das Angebot ist grundsätzlich mit dem der S vergleichbar, anders als sie produziert die M jedoch überwiegend Kleinwerkzeuge für den Privatgebrauch. Zudem beschränkt sich ihr Tätigkeitsbereich auf Süddeutschland und Österreich. In der Vergangenheit kam es daher zu keiner konkreten Konkurrenzsituation zwischen den Unternehmen. Der Geschäftsführer der S-GmbH (G) hat von einem gemeinsamen Zulieferer erfahren, dass der Entwicklungsleiter der M (E) ein neues, besonders widerstandsfähiges Material zur Beschichtung von Werkzeugen erfunden hat. G hat ein starkes wirtschaftliches Interesse daran, die Zusammensetzung dieses Materials zu erfahren. Die M ist naturgemäß an der flächendeckenden Geheimhaltung der Formel interessiert. G kontaktiert den E und bietet ihm 12.000 E, damit er die vertraulichen Informationen, entgegen seiner Pflicht zu Geheimhaltung, preisgibt. E kann das Geld gut gebrauchen und kommt dem Angebot nach. Die pflichtwidrige Weitergabe der anvertrauten Information durch E kann unproblematisch als wettbewerbsrelevante Pflichtverletzung gegenüber dem Unter244 245 246

Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 831. Dannecker, in: NK StGB, Band 3, § 299 Rn. 69. BGHSt 49, 201, 205; 50, 299, 310.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

nehmen bewertet werden. Dennoch scheitert eine strafrechtliche Erfassung dieser Konstellation durch den Pflichtverletzungstatbestand im Ergebnis, da die pflichtwidrige Handlung nicht im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen erfolgt ist. Sofern es – wie in dem Beispiel – an einem Konkurrenzverhältnis fehlt und auch keine anderweitige wirtschaftliche Beziehung zwischen den Parteien besteht, erfolgt die Weitergabe der Information ersichtlich nicht in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit einem konkreten erwerbswirtschaftlichen Bezugsvorgang247. Dass das betroffene Unternehmen weiterhin seiner allgemeinen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht und sich die in Rede stehende Information im Rahmen dieser Tätigkeit zu Nutze machen kann, ist insofern irrelevant. ff) Einstellungsverfahren Auswahlentscheidungen im Rahmen beruflicher Bewerbungsprozesse haben weitreichende Konsequenzen für die Betroffenen. Für die Bewerber geht es nicht nur um ihre berufliche Zukunft, sondern oftmals auch um einschneidende Veränderungen im privaten Bereich. Welchen Verlauf das eigene Leben nimmt, kann von der Entscheidung eines Dritten abhängen. Bewerber können daher ein starkes Interesse daran haben, die Entscheidung zu den eigenen Gunsten zu lenken und die Entscheidungsträger wissen zumeist um ihre besondere Macht und die Abhängigkeit der Gegenseite. Aus dieser asymmetrischen Beziehung erwächst naturgemäß ein enormes Korruptionspotenzial. Im Jahr 2015 hatte das Oberlandesgericht Stuttgart über die strafrechtliche Relevanz einer korruptiven Unrechtsvereinbarung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens zu entscheiden. Konkret sollte ein Bewerber eine bevorzugte Behandlung im Rahmen eines Anstellungsverfahrens erhalten und priorisiert vermittelt werden248. Bei einer Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand stellt dieser Vorgang unproblematisch eine Bevorzugung dar. Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart scheiterte eine Strafbarkeit aber, da diese Bevorzugung nicht im Wettbewerb stattfand249. Unter Zugrundelegung eines wettbewerbsrechtlichen Verständnisses der Konkurrenz sei vorauszusetzen, dass Mitbewerber im Sinne des § 299 StGB nur Personen sein könnten, die in einem wirtschaftlichen Konkurrenzverhältnis zueinander stünden250. Daran fehle es, wenn Bewerber in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen um einen Arbeitsplatz konkurrierten; weshalb ein derartiges Verhältnis im Ergebnis tatbestandlich irrelevant sei251.

247

Walther, Bestechlichkeit, S. 120. OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 06. 2015 – 4 Ws 232/15 – juris; Anmerkung dazu von Borutta, jurisPR-StrafR 19/2016 Anm. 2; Rathgeber, ArbRAktuell 2016, 70. 249 OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 06. 2015 – 4 Ws 232/15 – Rn. 10 (juris). 250 OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 06. 2015 – 4 Ws 232/15 – Rn. 14 ff. (juris). 251 OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 06. 2015 – 4 Ws 232/15 – Rn. 19 (juris). 248

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Dieser Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Im Rahmen privater Bewerbungsprozesse fehlt es aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive an einer geschäftlichen Handlung. Zwar bieten die Personen ihre Arbeitskraft an, sie betreiben jedoch zum Zwecke dieser Eigenvermarkung kein Unternehmen252. Das Verhältnis, welches zwischen den Bewerbern besteht, ist demnach zwar von einer Konkurrenz geprägt, seinem Wesen nach jedoch durchweg privater Natur253. Daraus folgt, dass die Bevorzugung eines Bewerbers nicht im Wettbewerb erfolgt ist254. Zudem steht sie nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Bezug einer Dienstleistung255. Privatpersonen, die einem Unternehmen ihre Arbeitskraft anbieten, können nicht mit Anbietern gewerblicher Dienstleistungen gleichgesetzt werden, da sie keine vergleichbare Leistung anbieten256. Ihre Bemühungen zielen allenfalls darauf ab, in Zukunft gewerbliche Handlungen für ein Unternehmen vornehmen zu können257. Eine Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand scheitert somit gleichermaßen. Zwar kann die vorteilsveranlasste Einstellung eines unqualifizierten oder ungeeigneten Bewerbers dazu führen, dass die Stellung des betroffenen Unternehmens im Wettbewerb in unlauterer Art und Weise beeinträchtigt wird. Unabhängig von diesen Überlegungen scheitert eine Erfassung durch § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB aber am fehlenden sachlichen Zusammenhang mit dem Bezug einer Dienstleistung. Die tatbestandliche Erweiterung der Norm ändert mithin nichts daran, dass korruptive Vereinbarungen im Rahmen privatrechtlicher Bewerbungsprozesse strafrechtlich nicht erfasst werden258. gg) Vorgetäuschte Leistungen und Scheinangebote (1) Erfassung durch den Bevorzugungstatbestand An einer Bevorzugung im Wettbewerb fehlt es außerdem, wenn eine Leistung nicht erbracht wurde oder Angebote zum Schein unterbreitet worden sind. Über die strafrechtliche Relevanz einer Unrechtsvereinbarung, welche die Einreichung von Scheinrechnungen betraf, hatte der Bundesgerichtshof bereits zu entscheiden259. In dem konkreten Fall vereinbarte ein Angestellter mit verschiedenen Werkunternehmern, dass Rechnungen über Leistungen ausgestellt werden sollten, die tatsächlich nicht erbracht worden sind. Die Belege hatte er im Folgenden bei seinem Unter252 253 254 255 256 257 258 259

Bähr, in: MüKo, UWG, Band 1, § 2 Rn. 98. Bähr, in: MüKo, UWG, Band 1, § 2 Rn. 98. OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 06. 2015 – 4 Ws 232/15 – Rn. 20 ff. (juris). OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 06. 2015 – 4 Ws 232/15 – Rn. 20 ff. (juris). Anders noch RGSt 56, 249, 251. Borutta, jurisPR-StrafR 19/2016, Anm. 2. Rathgeber, ArbRAktuell 2016, 70. BGH NJW 2007, 2932; NStZ-RR 2015, 278.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

nehmen eingereicht und der angegebene Werklohn wurde durch dieses an die Rechnungssteller ausgezahlt260. Das Geld wurde schließlich zwischen den Werkunternehmen und dem Angestellten aufgeteilt261. Dem betroffenen Unternehmen ist auf diese Weise ein finanzieller Schaden im sechsstelligen Bereich entstanden262. Eine Strafbarkeit nach dem Bevorzugungstatbestand wurde durch den Bundesgerichtshof verneint, da kein Wettbewerb bestanden habe263. Dieser setze zwar nicht voraus, dass zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung feststehe, welcher konkrete Mitbewerber benachteiligt werde264. Erforderlich sei aber, dass es überhaupt einen Mitbewerber gebe, der potenziell benachteiligt werden könne265. Vorliegend fehle es an einem solchen266. Dieser rechtlichen Bewertung ist zuzustimmen. Durch die Einreichung der fiktiven Rechnungen sollte eine finanzielle Besserstellung der Beteiligten erreicht werden. Eine Werkleistung, um deren Erbringung mehrere Unternehmen hätten miteinander konkurrieren können, war zu keiner Zeit geplant, das Zustandekommen eines realen, lauteren Wettbewerbsverhältnisses somit ausgeschlossen. Dass ein Unternehmer die Scheinrechnungen erteilt hat, weil er glaubte, dies sei die Bedingung um später einen „echten“ Auftrag zu erhalten, ändert nichts an dieser Bewertung267. Spekulative, zukünftige Wettbewerbssituationen erfasst der Schutzumfang des Bevorzugungstatbestandes nicht268. (2) Subsumtion unter den Pflichtverletzungstatbestand Systematisch erfasst der Pflichtverletzungstatbestand Korruptionsvereinbarungen, die geeignet sind, künftige, abstrakte Wettbewerbsverhältnisse zu beeinträchtigen. Eine Erfassung der dargelegten Konstellationen im Speziellen scheitert aber aus tatbestandlichen Gründen. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich, dass die Verletzung der Pflicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der realen Erbringung einer Leistung stehen muss. Das Einreichen einer Scheinrechnung steht aber in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Bezug einer „echten“ Ware oder Dienstleistung. Daher erfasst der Tatbestand des § 299 StGB das kollusive Einreichen fingierter Rechnungen auch nach seiner Erweiterung nicht.

260 261 262 263 264 265

2997. 266

2997. 267 268

BGH NJW 2007, 2932, 2932. BGH NJW 2007, 2932, 2932. BGH NJW 2007, 2932, 2932. BGH NJW 2007, 2932, 2932. BGH NJW 2007, 2932, 2932. BGH NJW 2007, 2932, 2932; so schon BGH NJW 1957, 1604, 1607; NJW 2003, 2996, BGH NJW 2007, 2932, 2932; so schon BGH NJW 1957, 1604, 1607; NJW 2003, 2996, BGH NJW 2007, 2932, 2933. 4. Kapitel B. I. 3. a) dd).

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Anders zu behandeln sind Fälle, im Rahmen derer Unternehmen dazu aufgefordert werden, Angebote zu bestimmten Konditionen zum Schein abzugeben, damit ein tatsächlicher Wettbewerb verhindert, aber der Eindruck eines solchen erweckt wird. In aller Regel kann die Aufforderung zur Abgabe eines derartigen „Schutzangebotes“269 als wettbewerbsrelevante Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen bewertet werden. Insofern unterscheiden sich diese Fallkonstellationen maßgeblich von Fällen der Scheinrechnungseinreichung, da ihr Bezugspunkt eine reale künftige Leistung ist. Allein der Umstand, dass ein Wettbewerb um die Erbringung nicht erwünscht ist, führt dazu, dass eine Subsumtion unter den Bevorzugungstatbestand scheitert270. Darüber hilft der Umstand, dass die Entstehung eines Wettbewerbs grundsätzlich möglich wäre, nicht hinweg271. Unter Zugrundelegung eines restriktiven, objektiv verstandenen Wettbewerbsbegriffs darf dies nicht zur Tatbestandsvollendung ausreichend272. 4. Zwischenfazit Die voranstehenden Ausführungen verdeutlichen ebenso die Stärken der Neuregelung wie sie ihre Schwächen entkleiden. Zu den wichtigsten Verdiensten des Pflichtverletzungstatbestandes zählt, dass er den Raum für eine begriffliche Reduktion der ersten Varianten schafft, indem er auf das Erfordernis eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses verzichtet273. Insbesondere ermöglicht er eine Entlastung des Wettbewerbsbegriffs, ohne dass kriminalpolitisch bedenkliche Strafbarkeitslücken zu befürchten wären. Die Variante ist geeignet, zahlreiche Strafbarkeitslücken zu schließen, die sich aus der Struktur des Bevorzugungstatbestandes oder einer restriktiven, objektivierten Auslegung des Wettbewerbsbegriffs ergeben. Dies betriff keinesfalls nur die klassischen, hinlänglich zitierten Korruptionsfälle an denen ein Monopolist beteiligt274 oder deren Gegenstand eine Kreditvergabe ist275, sondern – viel grundsätzlicher – zahlreiche Unrechtsvereinbarungen, die unabhängig von einer konkreten Auswahlentscheidung getroffen werden. Der autonome Anwendungsbereich der Neuregelung ist nicht nur weit, sondern auch praktisch überaus relevant. Die dargelegten Fallgruppen sind insofern nicht als abschließende Auflistung, sondern beispielhafte Illustration zu verstehen.

269

Sinner, HRRS 2016, 196, 198. Zu der Frage, ob eine Unlauterkeit angenommen werden kann, sofern feststeht, dass ein bestimmtes Unternehmen den Zuschlag erhält 4. Kapitel B. I. 2. b) aa). 271 Sinner, HRRS 2016, 196, 198; anders BGH NStZ-RR 2015, 278, 279; Fomferek, wistra 2015, 174, 17. 272 Zur restriktiven Auslegung des Wettbewerbsbegriffs nach der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes Bürger, NZWiSt 2016, 64, 75; 4. Kapitel B. I. 3. a) dd). 273 Zumindest im Ansatz so auch Sinner, HRRS 2016, 196, 200. 274 4. Kapitel B. I. 3. b) cc). 275 4. Kapitel B. I. 3. b) dd). 270

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Eine deutliche Begrenzung erfährt der Anwendungsbereich aber, da die Pflichtverletzung in einem unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Bezug einer Ware oder Dienstleistung stehen muss. Ob der Pflichtverletzungstatbestand insofern sogar zu eng gefasst ist, ist letztlich eine Glaubensfrage. Allerdings sei der Hinweis erlaubt, dass es zumindest unter dem Gesichtspunkt einer möglichst umfassenden Korruptionsbekämpfung durchaus sachgerecht erscheint, von diesem Erfordernis abzusehen. Eine dahingehende Änderung des Wortlautes würde dazu führen, dass Konstellationen des vorteilsveranlassten Informationsmissbrauches oder des kollusiven Einreichens fiktiver Rechnungen als strafwürdige Korruptionstaten erfasst werden könnten. Stattdessen erscheint es sachgerechter, eine Wettbewerbsbezogenheit der verletzen Pflicht vorauszusetzen276. Eine dahingehende Modifikation des Wortlautes ist zwar aus gesetzgeberischer Sicht vorerst unwahrscheinlich. Straftheoretisch würde dieses Erfordernis jedoch nicht nur zu einer sinnvollen Erweiterung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches führen, sondern auch den Schutzzweck der Regelung sachgerechter und deutlicher hervorgeben als ein Waren- und Dienstleistungsbezug. Ob die Legislative in Zukunft von dem Mehrwert einer dahingehenden Änderung des Wortlautes überzeugt werden kann, bleibt abzuwarten.

II. Anwendungsbereich neben der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen, §§ 299a, 299b StGB 1. Einführung Der Bundesgerichtshof entschied vor nunmehr fünf Jahren, dass die Korruptionstatbestände in ihrer damaligen Fassung nicht auf niedergelassene Vertragsärzte anwendbar waren, wenn diese mit unlauteren Mitteln dazu veranlasst werden sollten, ein bestimmtes Medikament vermehrt zu verschreiben277. Mit diesem Beschluss hat 276 Der Gesetzeswortlaut würde dann wie folgt lauten: (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens 1. […] 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch eine wettbewerbsbezogene Pflicht gegenüber dem Unternehmen verletze. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens 1. […] 2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch eine wettbewerbsbezogene Pflicht gegenüber dem Unternehmen verletze.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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der Große Senat des Bundesgerichtshofes den Blick auf eine Strafbarkeitslücke gelenkt, die weit über den konkreten Sachverhalt hinausging und in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden kann278. Eine Welle des wissenschaftlichen und gesetzgeberischen Diskurses war angestoßen279. Sie mündete schließlich – über einige Umwege280 – in dem Erlass der Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß §§ 299a und 299b StGB281. Neu eingeführte strafrechtliche Tatbestände werden in aller Regel zunächst – insbesondere von Seiten der Wissenschaft – kritisch beäugt. Auch die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen umranken seit Anbeginn zahlreiche verfassungsrechtliche und tatbestandliche Fragestellungen, deren Einzeldarstellung den Umfang dieser Arbeit um ein Vielfaches sprengen würde282. Unter dem hiesigen Gesichtspunkt erscheint jedoch ein Aspekt bemerkenswert. Er betrifft die finale Fassung der Tatbestände, die – rein formell betrachtet – um ein Vielfaches enger ist als der zuvor verfasste Regierungsentwurf und die Regelungslücken, die sich aus dem Wortlaut ergeben283. Im Folgenden werden Fallgruppen dargestellt, die so ausgestaltet sind, dass eine Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand denkbar erscheint284. 2. Regelungslücken der §§ 299a und 299b StGB a) Streichung der §§ 299a Abs. 1 Nr. 2 und 299b Abs. 1 Nr. 2 StGB-E Besonders auffällig ist zunächst, dass die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nur Korruptionsvereinbarungen erfassen, deren

277

BGHSt 57, 202. Siehe dazu Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 69. 279 Siehe nur Dann, GuP 2012, 201; Dannecker, ZRP 2013, 38; Geiger, CCZ 2012, 172. 280 Siehe zu der angedachten Aufnahme eines Tatbestandes in das Sozialgesetzbuch, dem Referentenentwurf des BMJV aus dem Jahr 2014 und dem Gesetzesentwurf des Freistaates Bayern aus dem Folgejahr Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195; Kubiciel, HRRS 2013, 213, 217 f.; ders., KPKp 5/2014; ders./Tsambikakis, medstra 2015, 11, 12 f. 281 BGBl. I 2016, S. 1254. 282 Ein anschaulicher Überblick gelingt unter anderem Dann/Scholz, NJW 2016, 2077, 2078 ff. und Krüger, NZWiSt 2017, 129, 131 ff. 283 Kubiciel, KPzK 4/2015; ders., MedR 2016, 1; ders., WiJ 2016, 1. 284 Dies trifft auf Sachverhalte zu, deren Erfassung durch §§ 299a und 299b StGB an einem Tatbestandsmerkmal scheitert, welches auch im Rahmen des §§ 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB vorausgesetzt wird. Bei einer unentgeltlichen Zurverfügungstellung medizinischer Produkte zwecks Weitergabe durch den Arzt an dessen Patienten ist beispielsweise fraglich, ob der Arzt einen tatbestandsrelevanten Vorteil erhalten hat und es zu dem Abschluss einer – nicht nur gelockerten – Unrechtsvereinbarung gekommen ist. Dazu ausführlich Rönnau/Wegner, MedR 2017, 206; Visilikou/Grinblat, MRP 2016, 189, 191. 278

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Gegenleistung eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb ist285. Dies ist insbesondere bemerkenswert, weil der Regierungsentwurf eine wettbewerbsunabhängige Tatbestandsvariante vorsah (§§ 299a Abs. 1 Nr. 2 und 299b Abs. 1 Nr. 2 StGB-E)286. Diese klassifizierte die Verletzung einer „berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ als potenziell tatbestandsrelevante Gegenleistung. Ihre Streichung führt dazu, dass die Strafbarkeit nach § 299a und 299b StGB nunmehr von dem Bestehen einer Wettbewerbslage abhängig ist. Ein Umstand, der unter materiellen Gesichtspunkten zu einer kriminalpolitisch bedenklichen Strafbarkeitslücke führt287. Sie ergibt sich jedenfalls, wenn ein Wettbewerb – wie im Falle des Bevorzugungstatbestandes – nur bei Vorliegen eines objektiven Konkurrenzverhältnisses angenommen wird288. Eine derartige einheitliche Bewertung ist anzuraten, da das Korruptionsstrafrecht anderenfalls einen zweigeteilten Wettbewerbsbegriff zugrunde legen würde, was schlechterdings unvertretbar wäre289. In der Sache betrifft sie Korruptionsvereinbarungen, an denen ein (faktischer) Monopolist beteiligt ist290. Dass diese durch das Raster des Tatbestandes fallen, wurde von Seiten des Gesetzgebers offenbar billigend in Kauf genommen291. Insbesondere auf dem Gesundheitsmarkt kann dieser Umstand aber als durchaus bedauerlich bezeichnet werden, da dieser Markt in ganz besonderer Weise von kontinuierlicher Forschung und Innovation geprägt ist und (faktische) Monopole daher eine vergleichsweise große Rolle einnehmen292. Im Hinblick auf Medikamente oder medizinische Produkte sind zahlreiche Fälle denkbar, in denen es keine marktgleiche Alternative gibt293. Faktische Monopole betreffen neben neuartigen Arzneimitteln insbesondere solche, die patentiert oder besonders speziell sind294. Zudem kann neben der Wahl eines passenden Medikamentes auch die eines geeigneten Facharztes alternativlos

285

Dazu Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 73 ff. BT-Drucks. 18/6446, S. 7 f. 287 Dazu ausführlich Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 80 ff.; ders., KPzK 2/2016, 1, 5 f.; Tsambikakis, medstra 2016, 131, 136. 288 Siehe dazu 4. Kapitel B. I. 3. a) dd). 289 Kubiciel, KPzK 3/2016, 1, 4. 290 Siehe zum Bevorzugungstatbestand und faktischen Monopolen 4. Kapitel B. I. 3. b) cc); zu § 299a und 299b StGB Kubiciel, KPzK 3/2016, 1, 4; Tsambikakis, medstra 2016, 131, 136; a.A. Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz in dem der Streichung der Variante zugrundeliegenden Änderungsantrag, S. 13 f. 291 Tsambikakis, medstra 2016, 131, 132. 292 Die ihrerseits vielfach verkannt wird BT-Drucks. 18/8106, S. 16; Pragal/Handel, medstra 2015, 337, 342; Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195, 198. 293 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 81; gegenteilig Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195, 198. 294 Kubiciel, KPzK 2/2016, 1, 5. 295 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 81. 286

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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sein. Letzteres gilt insbesondere in ländlichen Regionen oder für alte und immobile Menschen295. b) Streichung der §§ 299a Abs. 2 und 299b Abs. 2 StGB-E Eine weitere, nicht weniger bedenkliche Strafbarkeitslücke ergibt sich aus der Streichung der – ebenfalls nur im Regierungsentwurf enthaltenen – zweiten Absätze (§§ 299a Abs. 2 und 299b Abs. 2 StGB-E)296. Diese sahen vor, dass korruptive Unrechtsvereinbarungen tatbestandlich erfasst werden, die Arzneimittel oder medizinische Produkte betreffen, welche direkt an einen Patienten weitergegeben werden. Ihr Wegfall hat zur Folge, dass §§ 299a und 299b StGB die Bestechung und Bestechlichkeit von Apothekern und anderen Verkäufern medizinischer Produkte nicht erfassen können297. Zumindest betrifft dies Konstellationen, in denen eine Subsumtion unter §§ 299a Nr. 2 und 299b Nr. 2 StGB ausscheiden muss, weil der Bestochene zwar die Entscheidung über die Abgabe eines Medikamentes an den Patienten trifft, aber nicht in den vorgelagerten Bezug des Produktes involviert ist298. Dass diese Strafbarkeitslücke von der Pharmaindustrie systematisch ausgenutzt werden kann, ist offensichtlich299. c) Weitere personelle Regelungslücken Während Apotheker faktisch aus dem Anwendungsbereich des § 299a StGB ausscheiden, werden andere Berufsgruppen ausdrücklich nicht erfasst. Dies betrifft nach ganz herrschender Meinung300 und dem erklärten Willen des Gesetzgebers301 zunächst Angehörige eines Gesundheitshandwerkes. Dabei handelt es sich um Personen, die einen Beruf ausüben, der zwar im Gesundheitsmarkt relevant, im Wesentlichen jedoch durch technische oder handwerkliche Arbeiten geprägt ist302. Dies betrifft Augenoptiker, Zahntechniker oder auch Hersteller von Endprothesen und Orthopädiebedarf303. Zudem werden all jene Personen vom Tatbestand ausge296

BT-Drucks. 18/6446, S. 7 f. Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369, 371; Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 83 f.; Tsambikakis, medstra 2016, 131, 132; zur strafrechtlichen Relevanz der kostenlosen Verblisterung von Arzneimitteln durch heimversorgende Apotheken Walter/Strobl, PharmR2017, 377, 383 f. 298 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 84; Tsambikakis, medstra 2016, 131, 132. 299 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 84. 300 Heil/Oeben, PharmR 2016, 217, 218; Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 74. 301 Die Gesetzesbegründung verweist auf den wortlautidentischen § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB, der diese Berufsgruppen ebenfalls nicht erfasst. Siehe BT-Drucks. 18/6446, S. 17. 302 Heil/Oeben, PharmR 2016, 217, 218. 303 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 74; zweifelnd im Hinblick auf Augenoptiker Dann/Scholz, NJW 2016, 2077, 2078. 297

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

schlossen, die einen Heilberuf ausüben, der keiner geschützten Berufsbezeichnung unterliegt und keine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Dieser Umstand führt dazu, dass Heilpraktiker als taugliche Täter einer passiven Bestechung nach § 299a StGB ausscheiden. Dogmatisch lässt sich eine derartige personelle Begrenzung des Tatbestandes erklären. Vor dem Hintergrund der praktischen Bedeutung der ausgeschlossenen Berufsgruppen verwundern sie jedoch. Gesundheitshandwerker nehmen großen Einfluss auf die Verschreibung medizinischer Produkte und arbeiten oftmals eng mit der Medizinproduktindustrie zusammen304. Und auch Heilpraktiker – von denen es in Deutschland Schätzungen zufolge immerhin zwischen 30.000 und 120.000 gibt – verordnen homöopathische Arzneimittel und andere medizinische Leistungen305. Wenngleich diese Leistungen oftmals nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden, sollte ihre – stetig zunehmende – Bedeutung auf dem deutschen Gesundheitsmarkt nicht unterschätzt werden306. Aus kriminalpolitischer Sicht ist die personelle Ungleichbehandlung dieser Berufsgruppen gegenüber anderen nicht akademischen Heilberufen wie Physiotherapeuten oder Logopäden in der Sache nicht begründbar. 2. Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Wie dargelegt, wurden die Tatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ursprünglich geschaffen, um Strafbarkeitslücken zu schließen, welche § 299 StGB a.F. hinterließ. Vor dem Hintergrund der nicht erfassten Fallgruppen stellt sich nun die Frage, ob der reformierte § 299 StGB eine strafrechtliche Erfassung der Sachverhalte ermöglicht, die durch das tatbestandliche Raster der §§ 299a und 299b StGB fallen. Unproblematisch bejaht werden kann dies im Hinblick auf Korruptionstaten, bei denen eine Strafbarkeit nach §§ 299a und 299b StGB an einer fehlenden Bevorzugung im Wettbewerb scheitert. Dies gilt jedenfalls für Unrechtsvereinbarungen, an denen ein Monopolist beteiligt ist. Es verbleiben die personellen Anwendungsdefizite des § 299a StGB. Diese betreffen neben Apothekern, Gesundheitshandwerker und Angehörige einer Berufsgruppe ohne staatliches Ausbildungserfordernis. Korruptive Unrechtsvereinbarungen dieser Berufsgruppen sind jedoch nicht zwangsläufig straflos. Die Ausgestaltung des Pflichtverletzungstatbestandes führt dazu, dass jedenfalls solche Fälle strafrechtlich erfasst werden, im Rahmen derer nicht der Inhaber einer Apotheke oder eines gesundheitshandwerklichen Betriebes, sondern einer seiner Angestellten bestochen wird307. 304 305 306

Heil/Oeben, PharmR 2016, 217, 218. Stebner, PharmR 2017, 178, 178. Stebner, PharmR 2017, 178, 178, 181 f.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

183

Aus systematischen Gründen müsste ein Rückgriff auf den Pflichtverletzungstatbestand als Auffangregelung allenfalls ausscheiden, sofern der Gesetzgeber §§ 299a und 299b StGB als abschließende Sonderreglungen ausgestaltet hätte. Dann wäre die Konsequenz der tatbestandlichen Nichterfassung einer Fallgruppe ihre Straflosigkeit308. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich diese Wertung jedoch nicht. Die §§ 299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 299b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB-E wurden gestrichen, weil der Gesetzgeber sich dagegen entschieden hat, die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten tatbestandlich zu erfassen309. Der Umstand, dass Gesundheitshandwerker und Angehörige nicht reglementierter Heilberufe vom Anwendungsbereich des § 299a StGB ausgeschlossen werden, ist eine Konsequenz aus der Struktur des Tatbestandes und seines spezifischen Schutzzwecks. In beiden Fällen ist nicht erkennbar, dass mit der Ausgestaltung des Tatbestandes die Umsetzung einer allgemeingültigen Entscheidung des Gesetzgebers dahingehend verbunden wäre, dass Korruptionstaten der nicht erfassten Berufsgruppen generell straflos sein sollen.

III. Anwendungsbereich neben der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerbern, § 265d StGB 1. Einführung Im April 2017 wurde der 22. Abschnitt des Strafgesetzbuches um die §§ 265c ff. StGB erweitert. Im Zentrum dieser Reform stand der Erlass der Tatbestände des Wettbetruges nach § 265c StGB sowie der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe gemäß § 265d StGB. Beide Vorschriften sind korruptionsähnlich ausgestaltet310 und treffen erstmalig eine Aussage über die strafrechtliche Relevanz eines kollusiven Zusammenwirkens im Bereich des Sports311. Die Nomen dienen dem Schutz der Integrität des Sports und sollen seinen spezifischen Eigenheiten Rechnung tragen312. Auf diese Weise sollen Strafbarkeitslücken anderer Vorschriften geschlossen werden313. Beispielsweise macht der Tatbestand des Wettbetruges nach 307

Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 84. Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 84. 309 Kubiciel, in: Korruption im Gesundheitswesen, 69, 84. 310 Zu der korruptionsähnlichen Ausgestaltung der Tatbestände Kubiciel, WiJ 2016, 254, 264; kritisch im Hinblick auf § 265d StGB Krack, wistra 2017, 289, 290. 311 Zu der grundsätzlichen Kritik an der Pönalisierung Rübenstahl, JZ 2017, 264, 266 ff. 312 Referentenentwurf, S. 1, 7 ff.; Regierungsentwurf, S. 1, 7 ff.; BT-Drucks. 18/8831, S. 1, 11 ff.; dazu Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1; ders., WiJ 2016, 256, 257, 261; Rübenstahl, JZ 2017, 264, 269; Satzger, JA 2016, 1142, 1152 f.; zur Kritik an diesem Schutzgut Stellungnahme DAV 12/2016, S. 6 f. 313 BT-Drucks. 18/8831, S. 1. 314 Zu den Problemen bei der Erfassung des Wettbetruges durch § 263 StGB BGHSt 58, 102; Kubiciel, WiJ 2016, 256, 258; Schlösser, NStZ 2012, 469. 308

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

§ 265c StGB die Strafbarkeit – anders als § 263 StGB314 – nicht von dem Eintritt eines kausalen Vermögensschadens abhängig, sondern stellt auf die angestrebte Erreichung eines Vermögensvorteils ab315. 2. Die Regelungslücken des § 265d StGB Der Sanktionierung korruptiver Beeinflussungen im Sport widmet sich § 265d StGB316. Vor der Einführung dieses Tatbestandes war die korruptive Veranlassung eines Schiedsrichter, Spielers oder Trainers zur Manipulation eines sportlichen Wettkampfs nicht strafbar317. Insbesondere scheiterte eine Anwendung des § 299 StGB318. Denn korruptive Abreden im Profisport erfolgen zwar im geschäftlichen Verkehr und es findet – neben dem sportlichen – auch ein wirtschaftlicher Wettbewerb statt319. Die Unrechtsvereinbarung steht aber nicht in einem Zusammenhang mit dem Bezug einer Ware oder Dienstleistung320. Insbesondere fehlt es an einem Bezug der berufssportlichen Leistung (als Dienstleistung)321 durch den Verein oder einen anderen Akteur des sportlichen Wettbewerbs322. Im Hinblick auf die Auswahl der Austragungsstätte, die Übertragung medialer Rechte oder die zweckwidrige Verwendung von Vereinsgeldern liegt zwar ein Bezug vor, es fehlt aber an einem Dienstleistungs- oder Warengeschäft323. Daher verzichtet § 265d StGB auf das Erfordernis eines Waren- oder Dienstleistungsbezuges und stellt stattdessen darauf ab, ob die korruptive Spielmanipulation geeignet ist, den Verlauf oder das Ergebnis eines berufssportlichen Wettbewerbs zu beeinflussen324. Berufssportliche Wettbewerbe sind nach der Legaldefinition des § 265d Abs. 5 StGB inländische oder ausländische Sportveranstaltungen, die von einem internationalen oder auf Bundesebene tätigen Sportverband organisiert wurden (Nr. 1), bei der die verbindlichen Regeln dieser Organisationen geachtet werden müssen (Nr. 2) und an der mehrheitlich Sportler teilnehmen, die Einnahmen aus ihrer sportlichen Betätigung akquirieren (Nr. 3)325. 315

BT-Drucks. 18/8831, S. 7 f.; ausführlich zu den übrigen Voraussetzungen des § 265c StGB Berberich, ZfWG 2017, 347, 349; Rübenstahl, JZ 2017, 264, 269 ff. 316 BT-Drucks. 18/8831, S. 1. 317 Satzger, JA 2016, 1142, 1144. 318 A.A. Hoven/Kubiciel/Waßmer, NZWiSt 2016, 122, 122. 319 Faber, Doping, S. 108; Hoven/Kubiciel/Waßmer, NZWiSt 2016, 122, 122; Paringer, Korruption, S. 240. 320 BT-Drucks. 18/8831, S. 11; BGH NJW 1975, 1234 ff.; Paringer, Korruption S. 241 f.; Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 32a. 321 Dazu auch Faber, Doping, S. 107 f. 322 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299 Rn. 32a. 323 Pieth/Zerbes, ZIS 2016, 619, 624. 324 Satzger, JA 2016, 1142, 1150 f. 325 BT-Drucks. 18/8831, S. 8.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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Verglichen mit dem Sportwettbetrug gemäß § 265c StGB, der auf alle Bereiche des organisierten Sports anwendbar ist, kann diese tatbestandliche Begrenzung als weitgehend bezeichnet werden326. Neben unorganisierten privaten Sportveranstaltungen klammert sie Wettkämpfe der Landesliga und den Amateursport aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift aus327. Letzteres erscheint insbesondere vor dem Hintergrund des Schutzzwecks der Norm und ihrer Funktion als Auffangtatbestand folgewidrig328. Denn in Breitensportarten wie dem Fußball beeinflussen Wettkämpfe der Landes- oder Oberliga die Integrität des Sportes, also seinen Geist, seine Glaubwürdigkeit und Wertbildung, in erheblichem Maße329. Vielfach dürfte die Identifikation des Einzelnen mit erfolgreichen Amateurspielern sogar größer sein als mit international agierenden Spitzensportlern. Daneben scheint erwähnenswert, dass auch sportliche Wettkämpfe im Amateurbereich Gegenstand von Sportwetten sind330. Zwar werden diesbezügliche Abreden grundsätzlich von § 265c StGB erfasst. Die Regelung greift aber nur, sofern der Täter zumindest bedingten Vorsatz im Hinblick auf die kausale Verknüpfung der Manipulation mit einem finanziellen Vorteil hat331. Die Anforderungen des subjektiven Tatbestandes sind somit höher als die objektiven Voraussetzungen der Unrechtsvereinbarung332. In der Praxis dürfte ein entsprechender Nachweis häufig mit Beweisschwierigkeiten verbunden sein333. Daher fungiert § 265d StGB als Auffangtatbestand, sofern dieser Nachweis nicht gelingt334. Ihrer Funktion wird die Regelung aber nicht gerecht, wenn der Gegenstand der Wette ein sportlicher Amateurwettkampf ist335. Ähnlich inkonsequent erscheint das Erfordernis der Wettbewerbswidrigkeit der Manipulation im Rahmen des § 265d StGB336. Dieses Korrektiv soll Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich der Norm ausklammern, in denen Vorteile gewährt werden, die wettbewerbsimmanent (also sporttypisch) sind und die – zumindest mittelbar – der Erreichung eines sportlichen Erfolges dienen337. Erfüllt wären diese 326

Berberich, ZfWG 2107, 347, 351; Kubiciel, WiJ 2016, 254, 260. BT-Drucks. 18/8831, S. 21 f. 328 Berberich, ZfWG 2107, 347, 351; Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1; zu möglichen praktischen Auslegungsschwierigkeiten Krack, wistra 2017, 289, 296. 329 Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1; ders., WiJ 2016, 254, 260 f.; Satzger, JA 2016, 1142, 1151; so auch schon Krack, ZIS 2011, 475, 480. 330 Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1; Satzger, JA 2016, 1142, 1151. 331 BT-Drucks. 18/8831, S. 17; Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1; Satzger, JA 2016, 1142, 1151. 332 Krack, wistra 2017, 289, 294. 333 Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1. 334 Kubiciel, juris PR-StrafR 3/2016 Anm. 1; ders., WiJ 2016, 254, 260. 335 Kubiciel, juris PR-StrafR 3/201 Anm. 1; Satzger, JA 2016, 1142, 1151. 336 Berberich, ZfWG 2107, 347, 350; Satzger, JA 2016, 1142, 1151; Swoboda/Bohn, JuS 2016, 686, 689; a.A. Kubiciel, WiJ 2016, 254, 265. 337 BT-Drucks. 18/8831, S. 16. 327

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Voraussetzungen beispielsweise, wenn ein Spielausgang manipulativ herbeigeführt wird, der für beide Wettbewerbsparteien vorteilhaft ist338. Ein solcher Fall wäre gegeben, wenn ein Wettkampf punktgleich, also unentschieden, ausgeht. Der Ausschluss solcher Fälle erscheint inkonsequent, da die spezifische Organisationsstruktur des sportlichen Wettbewerbs auch durch derartige Manipulationen in korruptiver Weise ausgenutzt wird339. Denn es entscheidet – wie im Rahmen anderer, strafbarer Fälle – nicht die Leistung der Sportler, sondern die vorher getroffene Absprache über den Ausgang des Spiels340. Warum sich eine derartige Unrechtsvereinbarung nicht negativ auf die Integrität des Sportes auswirken soll, ist nicht ersichtlich. Insbesondere trägt das Argument der fehlenden Benachteiligung anderer Wettbewerber im Ergebnis nicht. Es ist durchaus denkbar, dass andere durch die Manipulation eines Unentschiedens benachteiligt werden341. Dies gilt insbesondere für Qualifikations- oder Vorrundenspiele, im Rahmen derer sich ein Unentschieden unmittelbar auf den Erfolg oder Misserfolg anderer Mannschaften ausübt342. Vor dem Hintergrund des Schutzzwecks der Norm vermag das Erfordernis der Wettbewerbswidrigkeit daher nicht zu überzeugen. 2. Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand Der Pflichtverletzungstatbestand setzt weder das Vorliegen eines berufssportlichen Wettbewerbs voraus noch stellt er auf die Wettbewerbswidrigkeit der Pflichtverletzung ab. Eine Erfassung der dargestellten Strafbarkeitslücken durch die Regelung erscheint daher möglich. Allerdings dient der Pflichtverletzungstatbestand dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs343. Ob im sportlichen Amateurbereich wirtschaftliche Konkurrenzverhältnisse bestehen, deren Lauterkeit gefährdet werden könnte, erscheint zumindest fragwürdig. Unabhängig von derartigen schutzzweckbezogenen Überlegungen scheitert eine Erfassung durch den Pflichtverletzungstatbestand aber ohnehin auf der Ebene des Tatbestandes. Denn dieser setzt den Bezug einer Ware oder Dienstleistung voraus. Bei Korruptionstaten im sportlichen Bereich fehlt es aber – wie dargelegt – an einem solchen Bezugsvorgang344. Dies gilt auch für Unrechtsvereinbarungen außerhalb berufssportlicher Wettbewerbe und bei der Gewährung sporttypischer Vorteile. Daher wird die korruptive Beeinflussung einer sportlichen Leistung oder der Kauf einer sportlich relevanten Entscheidung auch nach der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes nicht von § 299 StGB erfasst345. 338 339 340 341 342 343 344

Swoboda/Bohn, JuS 2016, 686, 689. Berberich, ZfWG 2107, 347, 350; Satzger, JA 2016, 1142, 1151. Berberich, ZfWG 2107, 347, 350; Satzger, JA 2016, 1142, 1151. Stellungnahme DAV 12/2016, S. 10; Swoboda/Bohn, JuS 2016, 686, 689. Satzger, JA 2016, 1142, 1151 f. 2. Kapitel D. IV. BT-Drucks. 18/8831, S. 11; Pieth/Zerbes, ZIS 2016, 619, 624.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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IV. Friktionen mit dem Tatbestand der Untreue, § 266 StGB Im wissenschaftlichen Diskurs wurde der Pflichtverletzungstatbestand überwiegend an den Voraussetzungen der Untreue gemessen. Es wurden systemwidrige Friktionen und Überschneidungen befürchtet346. Die folgende Darstellung fußt daher auf einer besonders umfassenden Analyse der Untreue, die in einem fundierten dogmatischen Vergleich mit dem Pflichtverletzungstatbestand mündet. 1. Dogmatischer Vergleich der Tatbestände Den Ausgangspunkt der Analyse bildet erneut die Frage, welchen kriminalpolitischen Anwendungsbereich der Pflichtverletzungstatbestand neben der Untreue hat. Dass sich ein solcher ausgemachen lässt, wurde im wissenschaftlichen Diskurs zuweilen hartnäckig bezweifelt347. Es hieß, die Untreue erfasse die Fallkonstellationen, welche unter den Pflichtverletzungstatbestand subsumiert werden könnten, in hinreichender Weise348. Da es eines strafrechtlichen „Overkill“349 nicht bedürfe, sei die Erweiterung des § 299 StGB überflüssig. Sie führe allenfalls zu tatbestandlichen Überschneidungen und Spannungen mit der Untreue350. Bedenklich sei dies insbesondere, da § 266 StGB eine allgemeingültige Aussage über die Grenze strafwürdigen Verhaltens treffe, die in dem Eintritt eines individuellen Vermögensnachteils liege. Diese Grenze unterwandere der Pflichtverletzungstatbestand351. Ob diese Bedenken berechtigt sind, wird die folgende Darstellung zeigen. Die Ausführungen beschränken sich nicht auf die einseitige Ausarbeitung vermeintlicher Gemeinsamkeiten, sondern zeigen auch auf, welche wesentlichen Unterschiede zwischen den Regelungen bestehen.

345

Pieth/Zerbes, ZIS 2016, 619, 624. Siehe nur Rönnau, StV 2009, 302, 306 ff. 347 Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; Schünemann, ZRP 2015, 68, 69 f. 348 Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; ders., StV 2009, 302, 307 f.; Schünemann, ZRP 2015, 68, 69 f. 349 Schünemann, ZRP 2015, 68, 69. 350 Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; ders., StV 2009, 302, 307 f.; Schünemann, ZRP 2015, 68, 69 f.; Tierel, Bestechlichkeit, S. 61; Zöller, GA 2009, 137, 146. 351 Hauck, wistra 2010, 255, 257; Pragal, ZIS 2006, 63, 72; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; ders., StV 2009, 302, 307 f.; Schünemann, ZRP 2015, 68, 69 f.; ausführlich dazu auch Wollschläger der allerdings – wie die h.M. – die Prämisse zugrunde legt, der Pflichtverletzungstatbestand diene dem Schutz individueller Loyalitätsinteressen. Siehe ders., Täterkreis, S. 146. 346

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

a) Der Schutzzweck und die tatbestandliche Angriffsweise Als vermeintliche Gemeinsamkeit der Regelungen wird vereinzelt der Schutzzweck benannt352. Diese Bewertung geht in der Sache jedoch fehl. Sie gründet auf der unzutreffenden Prämisse, dass der Pflichtverletzungstatbestand Individualinteressen schützt353. Wie dargelegt, dient die Regelung dem Schutz eines freien und lauteren Wettbewerbs354, während die Untreue dem Vermögenschutz verpflichtet ist355. Parallelen ergeben sich allenfalls im Hinblick auf den besonderen Unwert der tatbestandlich normierten Angriffsweise auf diese Güter. Denn die Untreue schützt das Vermögen nicht vor einer jedweder vorsätzlichen Benachteiligung, sondern nur vor solchen, die treuwidrig, „von innen heraus“356 erfolgt sind. Damit trägt die Regelung der Verletzlichkeit eines Vermögensinhabers Rechnung, der die Betreuung seines Vermögens in fremde Hände gelegt hat und in besonderer Weise auf die Redlichkeit eines Dritten angewiesen ist357. Gleiches bezweckt der Pflichtverletzungstatbestand auf der Ebene des Wettbewerbsschutzes. Der Pflichtverletzungstatbestand schützt Unternehmen vor korruptiven Angriffen, die sich aus dem treuwidrigen Verhalten eines Angestellten oder Beauftragten ergeben. Die Regelung trägt also gleichsam der besonderen internen Verletzlichkeit eines Subjektes Rechnung. Dieser Schutz bezieht sich bloß auf Unternehmen, die in einer arbeitsteiligen Wirtschaftswelt darauf angewiesen sind, Entscheidungsmacht delegieren zu können und daher besonders verletzlich werden358. Aus diesem Aspekt des Unwertes folgt, dass sich der Inhaber des Vermögens ebenso wenig wegen Untreue strafbar machen kann, wie der Inhaber eines Unternehmens tauglicher Täter einer Bestechlichkeit wäre359. Anders als in einigen Publikationen dargelegt, ist der dogmatische Bezugspunkt dieser Parallel aber nicht der Schutzzweck der Tatbestände, sondern der spezifische Unwert der normierten Angriffsweise360. 352 Tierel, Bestechlichkeit, S. 61; bereits vor der Schaffung des § 299 StGB hat Ransiek zur Diskussion gestellt, ob eine Erweiterung der Missbrauchsvariante im Rahmen der Untreue eine Alternative zur Einführung des § 299 StGB hätte sein können. Siehe dazu Ransiek, StV 1996, 446, 453. 353 Siehe zu diesen Ansichten 2. Kapitel B. II.; zum Bevorzugungstatbestand Wollschläger, Täterkreis, S. 97; zu § 12 UWG a.F. Freytag, Untreue, S. 26. 354 4. Kapitel D. IV. 355 BGHSt 43, 293, 297; BVerfGE 126, 170, 200; Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 1; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 1 m.w.N. 356 Schünemann, NStZ 2005, 473, 474. 357 Perron, GA 2009, 219, 223; Saliger, HRRS 2006, 10, 17. 358 Siehe dazu auch 2. Kapitel C. II. 1. a) bb) (3); 2. Kapitel D. III. 359 Wollschläger, Täterkreis, S. 97. 360 BGHSt 8, 254, 256 f.; 43, 293, 297; Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 1; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 1.

B. Schließung strafrechtlicher Regelungslücken

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b) Das Erfolgsunrecht der Untreue Im Übrigen erwächst das Unrecht des Pflichtverletzungstatbestandes alleine aus der Handlung und ihrer abstrakten Gefährlichkeit361, während die Untreue ein Erfolgsunrecht voraussetzt362. Der Eintritt eines kausalen Vermögensnachteils ist die notwendige Bedingung der Tatbestandsvollendung363. In diesem Erfordernis manifestiert sich einerseits der Vermögensschutz der Norm, andererseits begrenzt es den kriminalpolitischen Anwendungsbereich der Vorschrift. aa) Die Anforderungen an einen Vermögennachteil im Sinne des § 266 StGB Das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 ausführlich mit den Anforderungen an einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB auseinandergesetzt364. Im Rahmen dieser Entscheidung stellte das Gericht klar, dass von dem Begriff grundsätzlich nur Vermögennachteile erfasst sind365. Die Verletzung der Betreuungspflicht muss zu einer Minderung des zu betreuenden Vermögens geführt haben366. Ob eine nachteilige Differenz angenommen werden kann, ist im Wege eines Vergleichs der Vermögenlage vor und nach der Pflichtverletzung zu ermitteln367. Das Bundesverfassungsgericht hält ferner die genaue Bezifferung des Nachteils für dringend erforderlich368. Eine Bestimmung sei zwingend und dürfe nicht unterbleiben, weil sie im Einzelfall mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein könne369. Im Zweifel müsse die Feststellung durch einen Sachverständigen erfolgen370. Könnten Unsicherheiten nicht vollends ausgeräumt werden, müsse ein Mindestbetrag des entstandenen Nachteils geschätzt werden371. Sei dies ebenfalls nicht möglich, habe ein Freispruch zu erfolgen372.

361 Zum Strafgrund abstrakter Gefährdungsdelikte BT-Drucks. IV/650, S. 495; Berz, Tatbestandsverwirklichung, S. 113 f.; Jakobs, AT, 2. Buch, 6. Abschn. Rn. 86; zur Einordnung des Pflichtverletzungstatbestandes als abstraktes Gefährdungsdelikt Dannecker, in: NK, StGB, Band 3, § 299 Rn. 21. 362 BVerfGE 126, 170, 206; Heger, in: Lackner/Kühl, § 299 Rn. 17 f.; Perron, FS Tiedemann, 737, 739 ff. 363 BVerfGE 126, 170, 205 f.; Saliger, HRRS 2006, 10, 11 f. 364 BVerfGE 126, 170, 205 ff. 365 BVerfGE 126, 170, 205. 366 BVerfGE 126, 170, 205. 367 BVerfGE 126, 170, 205; Riemann, Vermögensgefährdung, S. 6. 368 BVerfGE 126, 170, 211, 227 f.; Kindhäuser, in: NK, StGB, Band 3, § 266 Rn. 100 ff. 369 BVerfGE 126, 170, 211 f., 228. 370 BVerfGE 126, 170, 211 f., 228. 371 BVerfGE 126, 170, 212; unter Verweis auf BGHSt 30, 388, 390; NStZ 2009, 330, 331.

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

bb) Vorliegen dieser Voraussetzungen in Fällen der Wirtschaftskorruption Der Anwendungsbereich der Untreue und des Pflichtverletzungstatbestandes entsprächen einander allenfalls, wenn privatwirtschaftliche Korruptionstaten regelmäßig mit einem bezifferbaren Vermögennachteil einhergingen. Es gilt daher zu überprüfen, ob sich ein solches Erfolgsunrecht begründen lässt. Sollte dies hinsichtlich der vom Pflichtverletzungstatbestand erfassten Fallkonstellationen zu verneinen sein, wäre die These eines deckungsgleichen Anwendungsbereiches der Vorschriften widerlegt. (1) Nachteil zu Lasten des betroffenen Unternehmens Grundsätzlich erscheint es denkbar, dass das Vermögen des betroffenen Unternehmens benachteiligt wird. Wie in einem anderen Zusammenhang dargelegt, kann ein Vermögennachteil im Falle einer Korruptionstat zwei Ursachen haben: Erstens ist es möglich, dass eine erwartete Vermögenmehrung unterbleibt. Dieser Verlust einer Expektanz kann sich aus einer Verschlechterung der Stellung am Markt oder einer unterbliebenen Kooperation ergeben373. Daneben ist denkbar, dass dem Unternehmen die gezahlten Schmiergelder im Wege eines „Kick-Backs“ heimlich auferlegt werden. Diese Refinanzierung erfolgt zumeist, indem der gezahlte Betrag im Nachhinein auf einen von dem betroffenen Unternehmen zu entrichtenden Preis aufgeschlagen wird374. Das Unternehmen erleidet dann „regelmäßig“375 ein Vermögensschaden, dessen konkrete Bezifferung in der Praxis allerdings mit Schwierigkeiten verbunden ist, weswegen eine Verurteilung nach § 266 StGB als unsicher bezeichnet werden muss376. Unabhängig davon setzt eine derartige Umlage zudem eine vertragliche Beziehung zwischen dem Bestechenden und dem Unternehmen voraus, an der es im Falle des Pflichtverletzungstatbestandes in aller Regel fehlt377. Denn die Variante erfasst Fälle, bei denen es dem Bestechenden auf eine „innere Schädigung“ des Unternehmens, nicht auf einen Vertragsschluss mit diesem ankommt. Ein Vermögensschaden lässt sich auch nicht damit begründen, dass das betroffene Unternehmen durch den korruptiven Angriff in seiner wettbewerblichen Stellung geschwächt wird. Zwar folgt aus einer treuwidrigen, wettbewerbsrelevanten Pflichtverletzung oftmals eine mittelbare Vermögenseinbuße auf Seiten des Unternehmens. In aller Regel unterbleiben aber bloß erhoffte Gewinne oder gewünschte 372

BVerfGE 126, 170, 228. Siehe zu Expektanzen auch 2. Kapitel D. I. 2. a) aa). 374 Siehe zu „Kick-Backs“ 2. Kapitel D. I. 2. a) bb). 375 BGHSt. 49, 317, 332 f.; 50, 299, 314 f.; kritisch Kindhäuser, in: NK, StGB, Band 3, § 266 Rn. 114. 376 Dierlamm, in: MüKo, StGB, Band 5, § 266 Rn. 272; zu den Problemen der Annahme eines Nachteils Klengel/Rübenstahl, HRRS 2007, 52, 64; Szebrowski, Kick-Back, S. 30 ff.; zu den Anforderungen an die Bezifferung BVerfGE 126, 170, 211 f. 377 2. Kapitel D. I. 2. a) bb). 373

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Kooperationen, die nur von der Untreue erfasst werden würden, wenn sie bei ihrer Vereitelung bereits ganz konkret und genau bezifferbar gewesen wären378. Wie schwierig eine zahlenmäßige Bestimmung solcher Vermögenszuwachserwartungen sein kann, verdeutlicht das folgende Beispiel: A ist Angestellter der J-GmbH. Er ist zuständig für den Erwerb von Produktionsmaschinen und wurde damit beauftragt, bei der X-GmbH eine Maschine des Typs H105 zu bestellen. Diese Maschine ist ganz neu auf dem Markt und gilt als besonders effizient und hochwertig. K (ein langjähriger Konkurrent des Unternehmens) hat über einen gemeinsamen Zulieferer erfahren, dass sich A für die Maschine interessiert. K, der die letzten Vergabeentscheidungen gegen die J verloren hat, möchte sich für die Zukunft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und die J in ihrer Wettbewerbsfähigkeit schwächen. Daher entscheidet er sich dazu, selbst die in Rede stehende Maschine zu erwerben. Gleichzeitig möchte er A durch eine Zahlung von 2000 E von ihrem Kauf abbringen. So geschieht es. A erwirbt eine andere Maschine, die zwar weniger Stückzahlen am Tag produzieren kann, im Übrigen aber vergleichbar ist. Bei einer Subsumtion unter den Tatbestand der Untreue wäre das Erfordernis eines kausalen und bezifferbaren Vermögensschadens seitens der J-GmbH das tatbestandliche Nadelöhr. Zwar wird das Unternehmen durch den Kauf einer anderen Maschine möglicherweise gegenüber einem Mitbewerber benachteiligt. Diese Benachteiligung und die Enttäuschung einer möglichen Gewinnerwartung ist zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung jedoch diffus und nicht messbar. Diese Überlegungen zeigen, dass sich ein Vermögensnachteil zu Lasten des Unternehmens im Rahmen des Pflichtverletzungstatbestandes in aller Regel weder über eine Umlage des gezahlten Schmiergeldes noch über eine Enttäuschung möglicher Gewinnerwartungen begründen lässt. (2) Nachteil zu Lasten eines anderen Unternehmens oder der Verbraucher Da korrupte Vereinbarungen den Wettbewerb als gesellschaftliche Institution betreffen379, ist weiter vorstellbar, dass ein Vermögensnachteil anderer Marktteilnehmer (beispielsweise Mitbewerber, Kunden oder Verbraucher) entsteht. Die Begründung eines Vermögennachteils zu Lasten der Mitbewerber fällt im Rahmen des Bevorzugungstatbestandes regelmäßig leicht. Denn die Bevorzugung einer Partei innerhalb einer konkreten Konkurrenzsituation geht regelmäßig mit der (finanziellen) Benachteiligung einer anderen einher380. Diese Überlegung lässt sich aber nicht auf den Pflichtverletzungstatbestand übertragen, da dieser Unrechtsvereinbarungen erfasst, die primär auf die Benachteiligung eines Unternehmens abzielen381. Dass ein unbeteiligtes Unternehmen einen Vermögensnachteil erleidet, 378

2. Kapitel D. I. 2. a) aa). 2. Kapitel D. III., IV. 380 Problematisch ist jedoch die Bezifferbarkeit. Siehe dazu Tierel, Bestechlichkeit, S. 62 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 163. 379

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weil ein Mitbewerber Schaden nimmt, ist aber widersprüchlich und kaum vorstellbar. Selbst wenn ein Monopolist eine Pflichtverletzung veranlasst, um die Entstehung eines Wettbewerbs zu verhindern und andere Unternehmen davon betroffen sind, lässt sich im Hinblick auf diese kein kausaler Vermögensnachteil beziffern. Der Eintritt eines bezifferbaren Nachteils wäre allenfalls denkbar, wenn sich die korruptive Schädigung negativ auf eine vertragliche Austauschbeziehung mit einem anderen Unternehmen oder einem Kunden auswirken würde. Es erscheint denkbar, dass die Stellung eines Unternehmens derart stark beeinträchtigt wird, dass vertragliche Beziehungen zum Erliegen kommen oder ausgesetzt werden. In einem solchem Fall könnte der zugrundeliegende Vertrag einen Anhaltspunkt für den Nachteil eines Geschäftspartners bieten382. Alle diese Überlegungen führen aber letztlich ins Leere. Denn jedenfalls wäre der Nachteil des Vertragspartners mittelbarer Natur. Derartige Vermögeneinbußen erfasst die Untreue aber ohnehin nicht, da sie eine Identität zwischen dem betreuten und dem benachteiligten Vermögen voraussetzt383. Da ein Angestellte oder Beauftragte allerdings weder gegenüber einem fremden Unternehmen noch gegenüber einem Kunden vermögensbetreuungspflichtig ist, scheidet eine Strafbarkeit wegen Untreue auch insofern aus. Etwaige finanzielle Einbußen anderer Marktteilnehmer sind im Rahmen einer Prüfung des § 266 StGB nicht berücksichtigungsfähig. (3) Zwischenfazit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Untreue bereits aufgrund ihrer tatbestandlichen Ausgestaltung nicht geeignet ist, die Korruptionskonstellationen zu erfassen, welche durch § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB sanktioniert werden. Insbesondere kann die Hürde eines kausalen, unmittelbaren und bezifferbaren Vermögensnachteils in den entsprechenden Fallkonstellationen in aller Regel nicht genommen werden. Zwar lässt sich aufgrund gemeinsamer Schnittstellen der Regelungen nicht ausschließen, dass es Fallgruppen gibt, in denen Tateiheit gegeben ist. Ein kriminalpolitisches Bedürfnis zum Erlass des Pflichtverletzungstatbestandes kann aber nicht unter Verweis auf die Untreue verneint werden. c) Weitere wesentliche dogmatische Unterschiede Da der Befund eindeutig ist, beschränkt sich die folgende Darstellung der darüber hinausgehenden Unterschiede auf das Wesentliche. 381

2. Kapitel D. II., III. Im Hinblick auf Kunden und Verbraucher könnten sich Vermögensnachteile aus korruptionsbedingten Preiserhöhungen oder Qualitätseinbußen ergeben. 383 OLG Hamm NJW 1973, 1809, 1810 f.; BGH NJW 1983, 461, 462; NJW 2002, 2801, 2802; Kindhäuser, in: NK StGB, Band 3, § 266 Rn. 95. 382

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aa) Der Täterkreis Entgegen anderslautender Äußerungen384 ergeben sich maßgebliche Unterschiede der Vorschriften aus ihrem jeweiligen Täterkreis. Tauglicher Täter einer Untreue kann nur eine Person sein, die dazu verpflichtet ist, fremdes Vermögen zu betreuen. Diese Pflicht beschreibt das Innenverhältnis zwischen dem Handelnden und dem Inhaber des Vermögens385. Kriminalpolitisch trägt das Erfordernis dem Umstand Rechnung, dass eine Person grundsätzlich nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, wenn sich das Vermögen eines anderen mindert. Von diesem Grundsatz macht die Untreue nur eine Ausnahme, wenn der Handelnde in einer besonderen Beziehung zu dem fremden Vermögen steht. Diese Beziehung muss so ausgestaltet sein, dass die Betreuung der Werte zu den vertraglichen Hauptpflichten der Person zählt386 und sie zur selbstständigen Disposition und Verwaltung befugt ist oder war387. Die Annahme, ein bestochener Angestellter oder Beauftragter verfüge regelmäßig über eine derartige Berechtigung, ist unzutreffend388. Üblicherweise sind Angestellte und Beauftragte ihrem Unternehmen gegenüber nur zur Erfüllung ihrer vertraglichen Hauptleistungspflicht verpflichtet. Daneben trifft sie eine allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme und Wahrung der Interessen des Vertragspartners (§§ 242, 241 Abs. 2 und § 311 Abs. 2 BGB). Diese nebenvertragliche Erfüllungsund Rücksichtnahmepflicht kann aber nicht mit einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB gleichgesetzt werden389. Beispielsweise ist ein leitender Vertriebsmitarbeiter zwar dazu verpflichtet, potenzielle Neukunden von den Produkten seines Unternehmens zu überzeugen. Lässt er sich aber von einem Mitbewerber durch die Gewährung eines Vorteils dazu bewegen, auf Fabrikationsfehler und günstigere Konkurrenzartikel aufmerksam zu machen, verletzt er keine Vermögensbetreuungsplicht gegenüber dem Unternehmen. Denn die Pflicht zur Vermögensfürsorge ist nicht die Kernaufgab des Angestellten, sondern allenfalls eine Begleiterscheinung seiner Tätigkeit. Dies ist der Regelfall. Eine Parallele zwischen den Vorschriften besteht allenfalls insofern, als dass beide Täterkreise einen eigeständigen Entscheidungsspielraum der handelnden Person voraussetzen390. Mit dieser personellen Eingrenzung trägt der Pflichtverletzungstatbestand wichtigen faktischen und dogmatischen Unrechtsaspekten der Korruption 384

Tierel, Bestechlichkeit, S. 61; Vogel, FS Weber, 395, 406. Dazu ausführlich Kindhäuser, in: NK StGB, Band 3, § 266 Rn. 31. 386 BVerfGE 126, 170, 208 f.; BGHSt 1, 186, 188 f.; 4, 170; 172; 22, 190, 191 f.; BGH NJW 2011, 2819, 2819; Vogel, FS Weber, 395, 406. 387 BGHSt 3, 289, 294; 4, 170, 172; 13, 330, 332; 41, 224, 228 f. 388 Wollschläger, Täterkreis, S. 162; anders Tierel, Bestechlichkeit, S. 61; Vogel, FS Weber, 395, 406. 389 BVerfGE 126, 170, 208 f.; BGHSt 1, 186, 188; 4, 170; 172; BGH NStZ-RR 2002, 107, 107. 390 Siehe dazu auch 2. Kapitel C. II. 1. b) aa). 385

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Rechnung: Denn das spezifische Unrecht der Korruption ergibt sich aus dem Missbrauch einer übertragenen Entscheidungsmacht391. Warum es einer Zweckbindung an das Vermögen bedürfen sollte, lässt sich sachlich nicht begründen. Zudem berücksichtigt die personelle Begrenzung der Norm den Umstand, dass es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wenig Sinn ergibt, jemanden zu bestechen, dessen Entscheidung keine Außenwirkung hat392. Damit trägt sie dem Schutzzweck der Norm Rechnung. Da ein einfacher Hilfsmitarbeiter in aller Regel ohnehin nicht über die Kompetenz verfügt wettbewerbsrelevante Entscheidungen zu treffen, kann seine korruptive Beeinflussung den Wettbewerb nicht gefährden. bb) Das täterschaftliche Unrecht der aktiven Bestechung Wesentliche Unterschiede der Normen ergeben sich ferner aus dem besonderen Unrecht einer täterschaftlichen Bestechung. Grundsätzlich macht sich eine Person wegen einer aktiven Bestechung strafbar, wenn sie jemandem Vorteile verspricht oder anbietet, damit eine bestimmte Handlung vorgenommen oder unterlassen wird. Der Bestechende unterbreitet ein korruptives Angebot und ruft in dem Adressaten möglicherweise erst den Entschluss hervor, sich bestechen zu lassen. Nach den allgemeinen Regeln über Täterschaft und Teilnahme wäre ein derartiges Verhalten als Anstiftung zu bewerten393. Diese Regeln finden auf korruptive Unrechtsvereinbarungen aber nur bedingt Anwendung394. Dies gilt insbesondere für § 26 StGB395. Der Grund dafür ist, dass bereits der Begriff der Unrechtsvereinbarung voraussetzt, dass zwei Personen miteinander interagiert haben oder eine einseitige Einwirkung stattgefunden hat. Korruptionstaten sind naturgemäß Wechselbeziehungstaten, deren spezifischer Unwert aus einem do ut des-Übereinkommen der Parteien erwächst396. Der „Verführungsgedanke“397 einer Anstiftung ist ihnen insofern immanent. Das Unrecht der aktiven Bestechung erschöpft sich jedoch nicht in ihm. Dies manifestiert sich eindeutig in den §§ 299 Abs. 2, 108b Abs. 1, 333 und 334 StGB, die ausnahmslos eine täterschaftliche Bestrafung des Bestechenden vorsehen und zum Ausdruck bringen, dass das Unrecht der aktiven Bestechung ein eigenständiges, täterschaftliches ist, das nicht von der Bestechlichkeit eines anderen abhängen soll.

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Anderenfalls entsteht keine abstrakte Gefahr für den lauteren Wettbewerb. Es kommt nicht auf eine Vermögensbetreuungspflicht an. Undifferenziert und daher im Ergebnis unzutreffend Tierel, Bestechlichkeit, S. 61; Vogel, FS Weber, 395, 406. 393 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, § 26 Rn. 1; Schulz, Bestrafung, S. 130 ff. 394 Ausführlich zu den allen Formen der Täterschaft und Teilnahme Krick, in: MüKo, StGB, Band 5, § 299 Rn. 40. 395 Tiedemann, in: LK, StGB, Band 10, § 299, Rn. 12, 47. 396 Bottke, ZRP 1998, 215, 215; Pragal, Korruption, 138; Vogel, FS Weber, 395, 395; Volk, GS Zipf, 419, 421. 397 Schulz, Bestrafung, S. 133. 392

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Diesen eigenständigen Unrechtsgehalt der aktiven Bestechung bildet die Untreue tatbestandlich nicht ab. § 266 StGB sanktioniert die einseitige Verletzung fremder Vermögensinteressen. Eine Pflichtverletzung in diesem Sinne stellt keine Gegenleistung im Rahmen eines „korruptiven Vertrages“ dar398. Der Bestechende könnte allenfalls wegen einer Anstiftung zur Untreue bestraft werden. Dogmatisch hätte dies zur Folge, dass seine Strafbarkeit von dem Vorliegen einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat abhängig wäre. Bliebe die Beeinflussung erfolglos, müsste ein Freispruch erfolgen. Eine derartige Abhängigkeit der Bestechung widerspricht nicht nur den übrigen Vorschriften des Korruptionsstrafrechts, sie führt auch zu gravierenden Strafbarkeitslücken und wird dem Strafgrund des Deliktes nicht gerecht399. Dieser ergibt sich aus dem Umstand, dass bereits das Angebot zum Abschluss einer Unrechtsvereinbarung geeignet ist, den freien und lauteren Wettbewerb abstrakt zu gefährden. Da sich das Unrecht der aktiven Bestechung derart maßgeblich von dem der Untreue und der Anstiftung unterscheidet, kann auch keine Rede davon sein, dass die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes zu einer Umgehung der Straflosigkeit einer versuchten Anstiftung zur Untreue führt und die Wertung des § 30 Abs. 1 StGB unterlaufen wird400. Der Befund, dass die Bestechung zu einer selbstständigen, strafwürdigen Gefährdung des Wettbewerbs führt, tangiert die Wertung, dass ein erfolgsloses Bestimmen zur Verursachung eines Vermögensnachteils straflos sein soll, nicht401. Der Schutzkonzeption eines abstrakten Gefährdungsdeliktes ist eine frühzeitige Vollendung inhärent402. Eine Handlung kann im Rahmen eines Erfolgsdeliktes, das dem Schutz von Individualinteressen dient, straflos sein, ohne dass damit ein Wertungswiderspruch im Hinblick auf den Anknüpfungspunkt eines Gefährdungsdeliktes einherginge. 2. Stellungnahme Die Untreue und der Pflichtverletzungstatbestand sanktionieren den Missbrauch einer übertragenen Entscheidungsmacht durch die treuwidrige Verletzung einer Pflicht403. Beide Vorschriften schützen Personen oder Unternehmen, die darauf angewiesen sind, Verantwortung delegieren zu können und auf das Pflichtbewusstsein eines anderen vertrauen müssen. Trotz dieser Gemeinsamkeit ersetzt die Untreue den Pflichtverletzungstatbestand nicht. Aufgrund ihres vermögenschützenden Charakters und ihrer tatbestandlichen 398

Bottke, ZRP 1998, 215, 215. So schon Freytag, Untreue, S. 28. 400 So Hauck, wistra 2010, 255, 257; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194 f.; Rönnau, StV 2009, 302, 308; Stanitzek, Criminal Compliance, S. 133; Tierel, Bestechlichkeit, S. 64 f. 401 So im Ergebnis auch Gaede, NZWiSt 2014, 281, 290. 402 Lüderssen, FS Tiedemann, 889, 891 f. 403 Siehe zum Pflichtverletzungstatbestand 2. Kapitel C. I. 1. a) bb) (3); 2. Kapitel D. II., III. 399

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

Ausgestaltung bildet sie die Allgemeinschädlichkeit der Korruption und ihr spezifisches Unrecht nur unzureichend ab404. Aus dogmatischer Sicht ist es unverständlich, dass die Vorschrift vor der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes in einem ähnlichen Kontext wie dieser angewendet worden ist. Ein solch pragmatischer Einsatz des § 266 StGB erfordert neben einer mühevollen Begründung des Vermögensnachteils, eine besonders extensive Auslegung der übrigen Tatbestandsmerkmale. Eine derartige Überdehnung des Wortlautes lässt sich allenfalls mit dem großen praktischen Bedürfnis erklären, korruptive Unrechtsvereinbarungen losgelöst von einer Wettbewerbssituation, einem Schadenseintritt oder einer Vermögensbetreuungspflicht sanktionieren zu können405. Durch die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes wird eine solch ergebnisorientierte Anwendungserstreckung des Untreuetatbestandes entbehrlich406. Der Schluss, dass die Existenz des § 266 StGB einer Erweiterung des § 299 StGB entgegensteht, kann dahingehend umgekehrt werden, dass die § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB helfen, Beweisschwierigkeiten im Rahmen der Untreue zu überwinden und eine begriffliche Entlastung des Nachteilsbegriffes ermöglichen407. Die Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes ist auch insofern kriminalpolitisch uneingeschränkt zu begrüßen408.

V. Zwischenfazit Die eingangs dargestellte These, der Pflichtverletzungstatbestand habe keinen eigenständigen kriminalpolitischen Anwendungsbereich, ist vollends widerlegt und sachlich nicht begründbar. Die Vorschrift löst die Strafbarkeit korruptiver Vereinbarungen in der Privatwirtschaft erstmalig von dem Erfordernis einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb und schließt auf diese Weise zahlreiche Strafbarkeitslücken. Aus kriminalpolitischer Sicht war die Schaffung einer Regelung, die eine originäre Aussage über die Strafbarkeit von Korruptionstaten außerhalb konkreter Konkurrenzsituationen trifft, notwendig und sinnvoll. Die Regelung entlastet nicht nur den Wettbewerbsbegriff des Bevorzugungstatbestandes, sondern unterstützt auch eine restriktive Auslegung des Vermögensnachteils im Rahmen der Untreue. Beide Normen müssen nicht länger überdehnt werden, damit eine umfassende Sanktionierung privatwirtschaftlicher Korruptionstaten gewährleistet ist. 404

Es verwundert, dass die Arbeitsgruppe GRECO einen extensiven und pragmatischen Einsatz der Untreue befürwortet hat. Siehe dazu den Bericht der GRECO zu Deutschland, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/47413672.pdf (Stand: 01. 11. 2018); dazu auch Vogel, FS Weber, 395, 406; Gaede, NZWiSt 2014, 281, 283. 405 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 289. 406 Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3534. 407 Gaede, NZWiSt 2014, 281, 290; Kienle/Kappel, NJW 2007, 3530, 3534; Redaktion FDStrafR 2015, 369761 (beck-online); zur Entlastung des Wettbewerbsbegriffs siehe 4. Kapitel B. I. 3. a) dd).

C. Kontrollüberlegung

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In Anbetracht dieser Ergebnisse verwundert der Nachdruck mit dem ein Bedürfnis für die Erweiterung des § 299 StGB geleugnet wurde. Es bleibt der Verdacht, dass die besondere praktische Relevanz des Pflichtverletzungstatbestandes den Gegenwind angetrieben haben könnte.

C. Kontrollüberlegung: Die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit der tatbestandlich normierten Angriffsweise Das Strafrecht weist einen „fragmentarischen Charakter“409 auf. Es enthält naturgemäß Regelungslücken und der Erlass einer Strafvorschrift lässt sich nicht alleine damit rechtfertigen, dass ein bestimmtes Verhalten strafrechtlich (noch) nicht gewürdigt wird410. Die Achtung vor den Rechten des Bürgers und der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten es, dass sich der Staat in besonderer Weise rechtfertigen muss, wenn er ein Verhalten untersagen und im Falle einer Zuwiderhandlung freiheitsverkürzend in die Rechte des Normadressaten eingreifen möchte411. Das Bundesverfassungsgericht erachtet den Einsatz des Strafrechts nur als gerechtfertigt, wenn der Schutz elementarer gemeinschaftlicher Werte ihn erfordert412. Das untersagte Verhalten muss strafwürdig sein413. Ob dies zu bejahen ist, hängt maßgeblich davon ab, wie intensiv das geschützte Gut durch die tatbestandlich normierte Angriffsweise beeinträchtigt wird und welche Bedeutung es für die Gemeinschaft hat. Daneben ist vorauszusetzen, dass eine Strafbedürftigkeit besteht414. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass sich der Gesetzgeber anderer Mittel bedienen muss, sofern diese milder, aber gleich geeignet sind, um den Konflikt 408

Gaede, NZWiSt 2014, 281, 290. Otto, AT, § 1 Rn. 49; dazu auch Zipf, Kriminalpolitik, § 3, 3. 410 Otto, AT, § 1 Rn. 49. 411 Otto, AT, § 1 Rn. 48; dazu auch Zaczyk, Der Staat 2011, 295, 296 ff. 412 BVerfGE 6, 389, 433; 27, 1, 29; 45, 187, 253. 413 Otto, AT, § 1 Rn. 49; Vorliegend werden die (etwas altmodischen) Begriffe der Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit gebraucht. Diese entsprechen inhaltlich weitgehend den (sicher gängigeren) Kategorien der Verhältnismäßigkeit, des Ultima-Ratio-Prinzips und der Subsidiarität. Auf eine trennscharfe Abgrenzung und Unterscheidung der Begriffe wird verzichtet, da alle genannten Termini im Ergebnis für die Frage stehen, wie der Erlass einer Strafnorm sozialethisch zu bewerten ist und ob er praktisch begründet werden kann. Siehe zur alternativen Terminologie der Verhältnismäßigkeit Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 22 ff.; zur Kritik am Ultima-Ratio-Prinzip als verfassungsrechtliche Begrenzung des Strafrechts Prittwitz, ZStW 129 (2017), 390, 395 ff. 414 Otto, AT, § 1 Rn. 50; Kaufmann, Tendenzen, S. 33 ff.; Roxin, Jus 1966, 377, 382; ders., AT 1, § 2, Rn. 97 ff.; (stellen begrifflich auf die Subsidiarität des Strafrechtsschutzes ab); Jäger, in: SK-StGB, Band I, Vor § 1 Rn. 24 (verneint die Angemessenheit). 409

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Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

zu lösen und einen gerechten Ausgleich zu schaffen415. Die Darstellung mündet in der Kontrollüberlegung, ob der Pflichtverletzungstatbestand diese Voraussetzungen wahrt416.

I. Strafwürdigkeit Zunächst gilt es zu überprüfen, ob das im Pflichtverletzungstatbestand normierte Verhalten eine Gefahr für den freien und lauteren Wettbewerb schafft, die hinreichend gravierend ist, als dass sie den Einsatz einer Kriminalstrafe rechtfertigen kann. Da die Regelung als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet ist – und bereits die potenzielle Möglichkeit der Beeinträchtigung einer Institution als selbstständiges Unrecht unter Strafe stellt – bedarf die Begründung der Strafwürdigkeit des Verhaltens besonderer Sorgfalt417. Fehlt es an ihr, hätten die ausgemachten Regelungslücken418 dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Sanktionierung des jeweiligen Verhaltens unverhältnismäßig ist419. 1. Der Wettbewerb als Institution Der Pflichtverletzungstatbestand dient dem Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs420. Es ist nicht möglich zu ermitteln, ob eine Verhaltensweise den Bestand oder die Funktionsfähigkeit eines Objektes gefährdet, ohne das Schutzgut begrifflich zu konturieren. Im deutschen Sprachraum ist der Begriff des Wettbewerbs nahezu gleichbedeutend mit dem der Konkurrenz421, einem Wort, das sich von dem lateinischen Begriff concurrere ableitet und mit „sich in einen Kampf einlassen“ übersetzt werden kann422. Dieses terminologische Gefüge verdeutlicht wichtige inhaltliche Zusammenhänge im Hinblick auf den Schutzgegenstand der Norm. Denn die Möglichkeit einer Konkurrenz ist eine notwenige Voraussetzung des Wettbewerbs und jede Form des Wettbewerbes geht zwingend mit einem Kampf einher. 415

BVerfGE 39, 1, 47; 63, 88, 115; 90, 145, 172 f. Kritisch insofern Gaede, NZWiSt 2014, 281, 287; Lorenz/Krause, CCZ 2017, 74, 75; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 102; Schünemann, ZPR 2015, 68, 69; Tierel, Bestechlichkeit, S. 47 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 146 ff.; Zöller, GA 2009, 137, 144. 417 Zum Schutzumfang abstrakter Gefährdungsdelikte Jakobs, AT, 1. Buch, 1. Kap., 2. Abschn. Rn. 25b. 418 Siehe zu dazu 4. Kapitel B. 419 Allgemein zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Wettbewerbsverstößen Tiedemann, FS Müller-Dietz, S. 905, 909. 420 2. Kapitel D. IV. 421 Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.1. 422 Köhler, in: ders./Bornkamm/Feddersen, UWG, Einleitung Rn. 1.1. 416

C. Kontrollüberlegung

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Dieser wirtschaftliche Kampf – das Buhlen um die Gunst möglicher Vertragspartner, das Ausnutzen von Vor- und Nachteilen – wird in direkten Konkurrenzsituationen am deutlichsten. Er beschränkt sich aber nicht auf sie. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sind allgemeine wettbewerbsrelevante Begleitumstände, wie die Verlässlichkeit der eigenen Mitarbeiter, ein funktionierender Kundenservice, das Image und die mediale Außenwirkung des Unternehmens ebenso wichtig für die wirtschaftliche Durchsetzungsfähigkeit und den Erfolg eines Unternehmens am Markt. Eine Verengung des korruptionsstrafrechtlichen Schutzes auf unlautere Verhaltensweisen innerhalb direkter Wettbewerbssituationen greift daher zu kurz423. Zudem wird sie der gesellschaftlichen Bedeutung und Dimension des Wettbewerbs nicht gerecht. Die Mitglieder einer Gesellschaft sind darauf angewiesen, Institutionen vorzufinden, die es ihnen ermöglichen, ihre sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse auszuleben und zu verwirklichen424. Der Wettbewerb verdient den Schutz des Strafrechts auch als Institution425. Er bildet die Grundlage der nationalen Wirtschaftsordnung und ist „der Motor höchster ökonomischer Leistungsfähigkeit bei größtmöglicher Freiheitssicherung“426. In dieser Eigenschaft besteht er unabhängig von konkreten Wettkämpfen einzelner Marktteilnehmer. Er ermöglicht letztere allenfalls, indem er die Grundlage freier Kooperationen schafft. Nur ein solches Verständnis des Wettbewerbs ist geeignet, Verbraucher und andere Marktteilnehmer in den Schutzgedanken einzubeziehen und bildet die soziale Komponente des Begriffs ab, die im Wettbewerbsrecht bereits seit langem anerkannt ist427. Die Aufgabe der Tatbestände des 26. Abschnitts besteht vor diesem Hintergrund nicht darin, die Lauterkeit individueller Wettbewerbssituationen zu schützen. Tatsächlich protegiert werden sollen die grundlegenden Bedingungen, die notwendig sind, damit der freie und lautere Wettbewerb als Institution Bestand haben kann. Dem Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr im Besonderen kommt die Funktion zu, lautere und ethisch vertretbare „Verhaltensstanddarts im Wettbewerb“428 zu sichern, sofern das Interesse der Allgemeinheit dies erfordert. Auch dieser Beschreibung lässt sich eine Beschränkung auf konkrete Konkurrenzsituationen nicht entnehmen.

423

Siehe zum Wettbewerbsbegriff 4. Kapitel B. I. 3. a) dd). Hassemer/Neumann, in: NK, StGB, Band 1, Vor § 1 Rn. 138. 425 Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 157. 426 Tiedemann, FS Müller-Dietz, S. 905, 910; zur gesellschaftlichen Bedeutung des Wettbewerbs weiter Wollschläger, Täterkreis, S. 21 f. 427 Sosnitza, in: MüKo, UWG, Band 1, § 1 Rn. 25 ff.; Tiedemann, FS Müller-Dietz, S. 905, 908. 424

200

Kap. 4: Das kriminalpolitische Bedürfnis

2. Pflichtverletzungen gegenüber Unternehmen als strafwürdige Gefährdung Auf der Grundlage dieses Wettbewerbsverständnisses erschließt sich sodann, warum auch korruptive Vereinbarungen außerhalb direkter Konkurrenzsituationen strafwürdige Angriffe auf das Schutzgut darstellen. Als Institution erfüllt der Wettbewerb gesamtgesellschaftliche Funktionen und ermöglicht es den Marktteilnehmern wirtschaftlich zu kooperieren. Er ist daher in seiner Gesamtheit, auch jenseits bestimmter Ausschreibungen und Vertragsschlüsse, schützenswert. Der Umstand, dass eine korruptive Unrechtsvereinbarung nicht die Gefahr birgt, die Lauterkeit einer individuellen Wettbewerbssituation zu beeinträchtigen, tangiert ihre Strafwürdigkeit nicht. Entscheidend ist alleine, dass die Vereinbarung geeignet ist, das wettbewerbliche Gesamtgefüge unlauter zu beeinflussen. Im Hinblick auf die vorteilsveranlasste Verletzung wettbewerbsrelevanter Pflichten lässt sich diese Eignung uneingeschränkt bejahen. Neben Zugangsmöglichkeiten zu einem Markt werden auch andere gesamtgesellschaftliche Interessen, wie lautere Selektionsprozesse, Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit oder die Chancengleichheit von Marktteilnehmern potenziell tangiert. Keinesfalls erschöpft sich das Unrecht der tatbestandlich normierten Zuwiderhandlungen in der Verletzung individueller, betriebswirtschaftlicher Unternehmensinteressen. Die Strafwürdigkeit des normierten Verhaltens kann daher bejaht werden.

II. Strafbedürftigkeit Offen ist lediglich, ob zivilrechtliche Instrumentarien existieren, die geeignet sind, eine strafrechtliche Sanktionierung zu ersetzen. Vor der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes wurde dies vielfach behauptet429. Die dahingehende Kritik gründet allerdings auf der unzutreffenden Prämisse, dass die Regelung dem Schutz individueller Loyalitätsinteressen dient430. Daher kann zwar der Aussage, dieses Interesse sei kein Gut, dessen Gefährdung eine strafrechtliche Sanktion rechtfertige und es bestünden hinreichende zivilrechtliche Ansprüche, um den Konflikt zu lösen431, isoliert betrachtet zugestimmt werden. Da der Pflichtverletzungstatbestand aber nicht dem Schutz dieser Interessen dient432, stehen die Argumente einer Strafbedürftigkeit im konkreten Fall nicht entgegen. 428

Grützner/Momsen, CCZ 2017, 155, 159. Gaede, NZWiSt 2014, 281, 287; Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 193, 194; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 102; Schünemann, ZPR 2015, 68, 69; Tierel, Bestechlichkeit, S. 47 f.; Wollschläger, Täterkreis, S. 146 ff.; Zöller, GA 2009, 137, 144. 430 Tierel, Bestechlichkeit, S. 46 ff.; Wollschläger, Täterkreis, S. 146. 431 Schünemann, ZPR 2015, 68, 69; Tierel, Bestechlichkeit, S. 48; Wollschläger, Täterkreis, S. 146, 152. 432 2. Kapitel D. II, III, IV. 429

C. Kontrollüberlegung

201

Zum Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs sind zivilrechtliche Instrumentarien wie Herausgabe- und Schadensersatzansprüche oder das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung433 unzureichend434. Diese Instrumentarien dienen vornehmlich der Widerherstellung eines faktischen Zustandes und der Kompensation etwaiger finanzieller Nachteile. Sie sind aber nicht geeignet, um eine allgemeinschädliche Gefährdung des Wettbewerbs zu pönalisieren. Aufgrund ihrer abweichenden Zwecksetzung stehen die zivilrechtlichen Ansprüche des Unternehmens daher allenfalls neben dem strafrechtlichen Sanktionsrecht des Staates, machen es jedoch keinesfalls entbehrlich435.

433

Zu den zivilrechtlichen Ansprüchen Preis, in: ErfK, § 611a BGB Rn. 719, 722, 723. Wolf, CCZ 2014, 29, 33 f.; a.A. Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/ders., 3. Teil, Kap. 2 Rn. 102; Gaede, NZWiSt 2014, 281, 287. 434

Darstellung der wesentlichen Erkenntnisse: Sechs abschließende Thesen – Vor der Einführung des Pflichtverletzungstatbestandes setzte die Strafbarkeit einer korruptiven Unrechtsvereinbarung das Bestehen einer Wettbewerbslage voraus. Diese Abhängigkeit wurde durch die Einführung der § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB aufgehoben. Mit der zugrundeliegenden Reform ist der Gesetzgeber seiner europarechtlichen Verpflichtung zur Überarbeitung der nationalen Rechtslage nachgekommen. Insbesondere ist der Rahmenbeschluss Rb 2003/568/ JI als verbindlich einzustufen. – Nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht ist es zu begrüßen, dass der Gesetzgeber den internationalen Vorgaben entsprochen und die nationale Rechtslage der in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angepasst hat. Dies gilt insbesondere, da eine einheitliche Gesetzeslage einen erfolgreichen, grenzüberschreitenden Handel begünstigt. – Die Bezeichnung der Neuregelung als Geschäftsherrenmodell ist irreführend. Die Systematisierung von Straftatbeständen anhand abstrakter Modelle bietet keinen Mehrwert bei der dogmatischen Analyse oder praktischen Anwendung eines realen Gesetzes. Die Bezeichnung einer strafrechtlichen Regelung sollte sich ausschließlich an ihrem Inhalt und Wortlaut orientieren. Unter Zugrundelegung dieser Prämisse sind die Varianten des § 299 StGB als Bevorzugungs- und Pflichtverletzungstatbestand zu beschreiben. – Der Pflichtverletzungstatbestand ist systemkonform in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Die Vorschrift dient nicht dem Schutz individueller Unternehmensinteressen, sondern dem Schutz eines freien und lauteren Wettbewerbs. Die neu eigefügten Varianten sanktionieren, wie der Bevorzugungstatbestand, klassisches Korruptionsunrecht. § 299 Abs. 1 Nr. 2 StGB schützt den Wettbewerb vor abstrakten Gefahren, die entstehen, weil ein Angestellter oder Beauftragter seine Pflichtenstellung interessenwidrig missbraucht hat, um persönliche Vorteile zu erhalten. § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfasst das Unrecht, das geschaffen wird, weil ein Mitbewerber oder sonstiger Dritter in unlauterer Weise in den Pflichtenkreis eines fremden Unternehmens eindringt, um auf dessen Kosten einen wettbewerblichen oder persönlichen Vorteil zu erlangen. – Der Pflichtverletzungstatbestand genügt den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes aus Art. 103 Abs. 2 GG. Das Tatbestandsmerkmal der Pflichtverletzung ist zwar ein normatives, welches durch außerstrafrechtliche Regelungen konkretisiert werden kann. Aus der Perspektive des Normadressaten sind die Voraussetzungen der Strafbarkeit aber in ausreichender

Darstellung der wesentlichen Erkenntnisse

203

Weise vorhersehbar. Mögliche Unklarheiten über den Anwendungsbereich der Regelung oder die Bedeutung eines Tatbestandsmerkmals lassen sich im Wege einer schutzzweckbezogenen, restriktiven Auslegung ausräumen. – Die Vorschrift schließt zahlreiche Strafbarkeitslücken, indem sie die Strafbarkeit korruptiver privatwirtschaftlicher Vereinbarungen erstmalig von dem Erfordernis einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb löst. Gleichzeitig wirkt die Erweiterung des § 299 StGB einer Überdehnung anderer Vorschriften zu Zwecken der Korruptionssanktionierung entgegen. Mehr noch: Sie lässt sie obsolet werden. Auf diese Weise wird einer übermäßigen Subjektivierung des Wettbewerbsbegriffs entgegengetreten und eine restriktive Auslegung des Vermögensnachteils unterstützt.

Schlusswort Die Erweiterung des § 299 StGB verdient – entgegen zahlreicher anderslautender Ansichten – uneingeschränkt Zuspruch. Zwar kann man „Bestechung und Korruption wohl niemals ganz besiegen. Aber man kann – wie in einem Teich – den Wasserstand so niedrig halten, daß den Fröschen die Lust am Quaken vergeht.“1

1

Wolfgang J. Reus, Zeit-Zeugnisse (23).

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Sachverzeichnis Apotheker 181, 182 Außenwirkung 80, 194

Korruptionsprävention 114, 139 Kreditvergabe 169, 177

Bestimmtheitsgebot 111, 113, 117 f., 128, 161 Bezifferung 99 f., 189 f. Blankettstrafgesetz 115, 117 ff.

Loyalität – Loyalitätsbeziehung 65, 73, 105 ff. – Loyalitätspflicht 38, 46, 65, 87, 96, 104 ff. – Loyalitätsschutz 65, 101, 106

Compliance – Compliance-Berater 114 – Complinace-Programm 141 ff. – Compliance-Regelungen 95 – Compliance-Richtlinien 123, 138 f., 142 ff., 158 – Compliance-Vorschriften 71, 73, 95, 114 Criminal Compliance 138 ff. Entscheidungsmacht 130, 132, 194 f. Entscheidungsspielraum 45, 68, 80, 104, 193 Expektanzen 97 Fremdrechtsanwendung

116

Gemeinsame Maßnahme 25, 28, 68 Generalunternehmerverträge 163 Gesetzesbegründung 65, 70, 72, 94 ff., 102, 156 Gesundheitshandwerker 182 f. Gesundheitswesen 147, 156, 178 f., 182 Heilpraktiker

182

Individualschutz

65, 71 ff., 78, 95

„Kick-Back“ 37, 98 f., 190 Klimapflege 149 Konkurrenzsituation 16, 20, 38, 133, 158, 160, 163, 165, 173, 191, 196, 199 Korruptionsbekämpfungsgesetz 21 f., 84

Missbrauch 104, 107, 109, 129, 132, 194 f. Monopol – Monopolist 167, 180, 182, 192 – Quasi-Monopol 168 – Vollmonopol 168 Normatives Tatbestandsmerkmal 117 ff., 125, 137

115,

Parlamentsvorbehalt 113 f., 118, 120 Pflichtenbeziehung 103 ff., 108 Präqualifikationsverfahren 150 f. Prevention of Corruption Act 48, 73, 85, 87, Principal-agent-theory 40 f. Rahmenbeschluss 25 ff., 31 ff., 63, 65 ff., 82, 87, 96, 130, 131, 202 Rahmenverträge 163 f. Rechtsgut – Rechtsgüterlehre 50 ff. – Rechtsgutsbegriff 50 ff. Referentenentwurf 21 f., 94 Regelungslücke 139, 147, 172, 179, 181, 184, 197 Restriktion 124, 128 f., 131, 134 Sonderdelikt 59, 79 Strafbedürftigkeit 139, 197, 200 Strafrechtsübereinkommen 24 f., 28 Strafwürdigkeit 55, 86, 139, 156, 197 f., 200

228

Sachverzeichnis

Ultima-Ratio-Prinzip 17 United Nations Convention against Corruption (UNAC) 23 ff. Unlauterkeit 44, 62, 71, 74, 76, 85 f., 91, 155 ff. Untreue 42, 64, 66, 81, 86, 94, 96 f., 99 f., 116, 119 ff., 128 f., 138, 147, 171, 187 ff., 195 f. Vermögen – Vermögensbetreuungspflicht 116, 121, 129, 192 f.

37, 65,

– Vermögensinteresse 64, 82, 91, 195 – Vermögensnachteil 42, 65, 68, 96 ff., 100, 187, 189, 191 f., 195 f., 203 – Vermögensschutz 37, 97, 100, 189 Vetorecht 34 f. Vorhersehbarkeit 113, 118, 121, 161 Wettbewerbslage 180, 202

16, 27, 43, 62, 131, 170,