Christus, Kosmos, Diatribe: Themen der frühen Kirche als Beiträge zu einer historischen Theologie 3110184281

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Christus, Kosmos, Diatribe: Themen der frühen Kirche als Beiträge zu einer historischen Theologie
 3110184281

Table of contents :
Vorwort VII
Zur Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon 1
1. Die Bedeutung des Tomus Leonis für den
Begriff ,strenger Chalkedonismus' 3
2. Die Rezeption Kyrills und des Tomus Leonis
in der Definitio Chalkedons 6
3. Drei in Chalkedon vorgetragene Bedenken
gegen den Tomus Leonis 12
4. Die in Chalkedon vorgetragene Antwort
auf die genannten Bedenken 19
5. Leos Apologien seines Tomus 24
6. Leos eigene Sicht auf seinen Konsens mit Kyrill 31
7. Rück- und Ausblick: Leoninische versus
Kyrillische Deutung Chalkedons 34
Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas
von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians 37
1. Die Apologie des Johannes Grammatikos für die
Synode von Chalkedon 42
2. Zwei Apologeten Chalkedons in der
Justinianischen Ära 75
Das anthropologische Modell der hypostatischen Union 103
I. Die neuplatonische „unvermischte Einigung" 108
II. Das anthropologische Paradigma im
sog. Neu chalkedonismus 117
III. Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz .. 157
IV. Das anthropologische Paradigma bei
Maximos dem Bekenner 169
Das anthropologische Modell der Hypostatischen Union
bei Maximus Confessor 197
Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus . 207
1. Der Begriff des Neuchalkedonismus 207
2. Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff
einer hypostatischen Energie 222
3. Zur monenergetischen und monotheletischen Krise
des Neuchakledonismus im 7. Jahrhundert 243
Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe 257
1. Justinians erste Schritte in Kirchenpolitik
und Theologie (518-527) 258
2. Justinian als Autokrator. Kirchenpolitik bis zum endgültigen
Bruch mit den Monophysiten (527-536) 276
3. Justinians Weg zur chalkedonischen Reichskirche
im Zeichen der restauratio imperii (536-553) 298
4. Epilog: Auf dem Höhepunkt weltlicher
Macht (553-565) 325
Christusbild versus Christologie 333
1. Die Fragestellung 335
2. Einige allgemeine Preliminarien 343
3. Von Christus als Logos und Nomos zum Pantokrator ... 346
4. Prophetenvisionen und Christusbilder 351
5. Das Bekenntnis zur Gottesmutterschaft im Bild 354
6. Der Logos am Kreuz: Die offenen Augen eines Toten ... 358
Epilog: Bemerkungen zu Ekphrasen der Apostelkirche
in Konstantinopel 362
Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites
Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie 367
Formen der Kommunikation in den Homilien
Severians von Gabala 381
1. Bemerkungen zum Terminus „Diatribe" 382
2. Der Stil der Diatribe in den Homilien Severians 394
Anhang 414
Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus 421
1. Die sog. erste Apologie des Eunomius 424
2. Eunomius' Schrift gegen Basilius von Kaisareia 435
Exkurs: Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa ... 451
Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos
und Severianos von Gabala 457
Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt 467
Eine erste Anfrage: Unterscheidung und Mischung
der Predigtstile 468
Abgrenzung der Fragestellung 471
Cyprian: Wider den „afrikanischen Barock" 472
Cyprian im Widerspruch: Kritik an seinem Stil
im 4. Jahrhundert 475
Augustinus: Von rhetorischer Ästhetik zur
inneren Wahrheit 478
Augustins De doctrina christiana 481
Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk 497
A. Der Name „Kosmas Indikopleustes" 497
B. Die CT als Sammelwerk und Produkt
verschiedener Publikationen 499
C. Zur Datierung 526
D. Verlorene Schriften 531
E. Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT 532
F. Zum Verhältnis zu Johannes Philoponos 552
Liste der Veröffentlichungen des Autors 563
Register
Wortregister 571
Personenregister 596
Sachregister 610
Zitierte Quellen 645

Citation preview

Karl-Heinz Uthemann Christus, Kosmos, Diatribe

w DE

G

Arbeiten zur Kirchengeschichte Begründet von

Karl Hollf und Hans Lietzmannf herausgegeben von

Christian Albrecht und Christoph Markschies Band 93

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Karl-Heinz Uthemann

Christus, Kosmos, Diatribe Themen der frühen Kirche als Beiträge zu einer historischen Theologie

Walter de Gruyter · Berlin · New York

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die U S - A N S I - N o r m über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-018428-1 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über h t t p : / / d n b . d d b . d e abrufbar.

© Copyright 2005 by Walter de Gruyter G m b H & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Uinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Svstemen. Printed in Germany Umschlaggcstaltung: Christopher Schncidcr, Berlin

Für Eva in Liebe und Dankbarkeit

Vorwort Die in diesem Sammelband publizierte Auswahl von Beiträgen stellt auf den ersten Blick, wie im Titel angekündigt, drei, wenn man will, vier Themen nebeneinander, handelt es sich doch um Aufsätze zur Geschichte der Christologie, der Sprache der Theologie und Predigt und des sog. biblischen Weltbildes. Hintergründig verbunden werden die Aufsätze durch den Bezug auf die Exegese der Bibel und deren Rezeption nach dem Konzil von Nikaia (325) bis zum Beginn des Mittelalters, auch wenn dieser Bezug in keinem der Artikel, sieht man von jenem über Kosmas Indikopleustes ab, ausführlich herausgearbeitet wurde. Wenn ich im Untertitel von Beiträgen zu einer historischen Theologie spreche, dann möchte ich damit auf einen umfassendere Perspektive hinweisen, die den Artikeln, vor allem jenen zur Geschichte der Christologie, gemeinsam ist. Da ich hier nirgends ausdrücklich methodische Überlegungen vortrage, um die Aussagen der uns überlieferten Texte im Blick auf das zu verorten, was eine Theologie als ein Dialog mit allen, die guten Willens sind und in ihrem Leben Gott suchen, heute m.E. leisten kann und sollte, scheint es mir nicht abwegig, an dieser Stelle kurz einiges zum im Untertitel angekündigten Anliegen zu sagen, um weiteres Fragen anzuregen. Es geht mir in den Beiträgen, insbesondere in jenen zum Bekenntnis und zur Rezeption des Konzils von Chalkedon (451), nicht darum, einfachhin Forschungsergebnisse zur Dogmengeschichte vorzutragen und neu zu bedenken, auch wenn ich diese bei meinen an die Texte gerichteten Fragen einbringe und einbringen muß. Dabei versuche ich, nebenbei gesagt, mich jedes Urteils darüber zu enthalten, wie sich diese Ergebnisse zu Aussagen verhalten, die heute ein Vertreter eines kirchlichen Lehramtes, einer bestimmten Dogmatik oder sog. Systematik mit ihnen verbindet, sofern er das aktuell für den Gläubigen Verbindliche dogmatischer Entscheidungen bedenkt. Zur Begründung einer historischen Theologie kann m.E. die Tatsache führen, daß die an der Geschichte der dogmatischen Formeln orientierte historische Forschung Wege erschließt, die in kirchlichen Gemeinschaften begangen wurden; für manchen Christen erschließt sie einen einzigen wahren Weg und viele Irr- und Holzwege; diesem wird das Anliegen und die Berechti-

VIII

Vorwort

gung einer historischen Theologie fremd sein. Die genannte historische Forschung erschließt auch Wege, die einst eingeschlagen, dann abgebrochen und darum nicht mehr beschritten wurden bzw. nicht mehr beschritten werden durften - oft genug Wege, an denen sich Gemeinden trennten. Auch diese Wege, insbesondere die Wegscheiden, wirken im Leben einer Gemeinde, sei es bewußt, sei es unbewußt, fort. Sie verknüpfen ihr Leben mit der Geschichte ihrer Vorväter und bestimmen ihr Geschick. Diese Bindung an die Geschichte hat für das Leben einer Gemeinde Konsequenzen nach außen und nach innen. Sieht sie sich selbst als in der Welt wirkendes Zeichen für das dem Menschen in Christus angebotene Heil, für die Schöpfung des neuen Menschen, dann verliert sie u.a. durch die soeben umschriebene Bindung an die Geschichte ein gutes Stück der von ihr intendierten Zeichenhaftigkeit und wird für die Mitmenschen zu einem signum ambiguum. Von dieser Last kann sie sich - wie es an sich ein jeder Mensch in Bezug auf seine eigene Geschichte vermag - befreien, um sich in Umkehr und Umdenken auf das Eigentliche zu besinnen. Diese Fähigkeit zur Emanzipation ist gewiß auch im Leben eines gereiften Menschen nur recht beschränkt zu verwirklichen. Sie entsteht in einer Gemeinschaft durch das Umdenken von einzelnen und wächst durch deren in freier Tat begründetes Bemühen, „in Christus eine neue Schöpfung" zu verwirklichen; sie wächst durch bewusste Übung, welche die Wahrnehmung schärft und so ein Bewusstsein dessen schafft, was der Läuterung bedarf. Menschliche Erkenntnis, auch jene des Historikers, ist eben keine bloße Datensammlung. Eine historische Theologie weiß um diese Zusammenhänge; sie weiß u.a. zum einen um die bestimmende Macht der Geschichte, insbesondere auch einer Geschichte des Vergessens, und zum anderen um den biblischen Aufruf zum Umdenken, um die Tatsache, daß der Mensch nicht einfachhin seiner Geschichte ausgeliefert ist. Stellt der Historiker die Frage nach den Ursachen dogmatischer Entscheidungen, dann wird er Vielfältiges zu Tage fördern, äußere, z.B. politische und soziale Faktoren, und innere, z.B. kulturbedingte Gründe, u.a. solche, die zu einer Geschichte der Mentalität anleiten. Mein Anliegen ist es, die uns im Kontext dieser Entscheidungen bezeugten Argumente der Protagonisten und der Apologeten, d.h. die im Prozess des Entstehens und im Prozeß der Rezeption wirksamen Argumente, zu erfassen und daraufhin zu befragen, warum sie für die Zeitgenossen überzeugend waren, genauer: warum eine bestimmte Bekenntnisformel wie jene von Chalkedon als innere Konsequenz der Aussagen der Bibel, der Väter und der Symbola, insbesondere jenes von Nikaia, aufgefaßt werden konnte. Den Christen und Kirchen des 4. bis 7. Jahrhunderts, deren Basis das Bekenntnis von Nikaia zum einen Wesen des einen

Vorwort

IX

Gottes - des Vaters und des Sohnes - ist, d.h. den Vorfahren aller heute noch existierenden Kirchen, war ein bestimmtes Verständnis der biblischen Botschaft schon vorgegeben, das sich in der Geschichte des Christentums bis zum Konzil von Nikaia herausgebildet und sich dabei gegen andere Interpretationen abgesetzt hatte, die auf dem Standpunkt der Anhänger von Nikaia Häresie waren und doch ebenso wie die Nikänische Orthodoxie davon ausgingen, daß der biblischen Botschaft einzig jener Monotheismus gerecht wird, den Joh. 17,3 bezeugt: „Dies ist das ewige Leben, dass sie dich, den einzigen, wahren Gott erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus." Öffneten sich Christen mit dem Prolog des Johannesevangeliums der Logostheologie und verehrten Jesus Christus als das Fleisch gewordene Wort Gottes (Joh. 1,14), dann bekannten sie sich zu ihm als das Wort, das im Urbeginn „bei Gott war und ein Gott war" (Joh. 1,1) - ein Gott, der die Menschheit in seinem Tod gerettet hat. Dies war in der Zeit, als der Prolog entstand, die Bedeutung von Joh. 1,1, insbesondere für Christen, die hier keinen Gegensatz zu jener Logostheologie sahen, die von Zeitgenossen in Kreisen der Platoniker vertreten wurde. Eine solche Sichtweise mußte nach einer Vermittlung mit jener suchen, die forderte, „über Jesus Christus so zu denken wie über Gott, wie über den Richter der Lebenden und Toten", um „über das (den Christen eröffnete) Heil nicht gering (zu) denken" (sog. Zweiter Klemensbrief). Herausgefordert sah sie sich vor allem durch die im zweiten Jahrhundert in den Gemeinden wohl gängige Auffassung, für die Noet von Smyrna mit seiner Glaubensregel einen für menschliches Denken provokativen Ausdruck schuf, indem er dem einen und einzigen Gott als Subjekt in einem paradoxen Zugleich sowohl die aus der philosophischen Tradition bekannten Gottesprädikate als auch die biblischen Aussagen über Jesus zuschrieb: „Ein einziger ist der Vater und Gott des Alls, ... leidensunfähig, doch hat er für uns gelitten; unsterblich, doch ist er gestorben. Dieser ist es, der die Passion auf sich nahm ...". Band man auf diesem Standpunkt, wie es z.B. in Rom Novatian tat, die Logostheologie ein und ging davon aus, daß nur Gott selbst den Menschen zu erlösen vermag, dann konnte Jesus Christus als das in Joh. 1,1 bezeugte Wort im Urbeginn nicht nur „bei Gott sein und ein Gott sein", sondern mußte Gott selbst sein, wie auch immer dies in menschlicher Sprache genauer zu fassen war, ohne dabei das Paradox aufzuheben. Für diese Christen bedeutete Joh. 1,1, daß das Wort im Urbeginn „bei Gott war und Gott war" - eine Auffassung, die sich im Konzil von Nikaia unter Ablehnung des arianischen Christentums durchgesetzt und die im 4. Jahrhundert im Laufe der Rezeptionsgeschichte von Nikaia zur Formel vom einen Wesen der drei göttlichen Hypostasen oder Personen geführt hat. Auf der Basis von

χ

Vorwort

Nikaia las man die Bibel so, daß man bei ihren Aussagen über Jesus Christus zwei Klassen unterschied, die ihm als dem einen Christus bzw. als dem inkarnierten Logos zukommen, nämlich Aussagen, die ihm „seiner Gottheit nach", und solchen, die ihm „seiner Menschheit nach" zukommen. Diese anti-arianische Position setzen die Protagonisten und die Apologeten Chalkedons voraus, und je nachdem, wie sie die Seele Christi einbringen und in ihrem Verhältnis zum Gott Logos bedenken, unterscheiden sie sich in ihrem Verständnis des einen Christus. An diesem Scheideweg setzen die hier publizierten Beiträge zur Geschichte der Christologie ein, genauer gesagt: Sie setzen voraus, daß alle beteiligten Kirchen im ersten Jahrhundert der Rezeption von Nikaia ihren eigenen Wege gegangen sind, die, wie das Konzil von Ephesos (431) zeigt, zu einer Entfremdung führten, die auch in der Union von 433 nicht überbrückt wurde und in Chalkedon und dessen Wirkungsgeschichte fortlebt.

Danksagung Herzlich danke ich den Herausgebern, insbesondere Herrn Prof. Dr. Christoph Markschies, für das Angebot, diese Auswahl aus meinen Aufsätzen in den „Arbeiten zur Kirchengeschichte" zu publizieren, und Herrn Dr. Albrecht Döhnert vom Verlag Walter de Gruyter, der die Drucklegung mit großem Einsatz vorbereitet und begleitet hat. Mit ruhiger Gelassenheit ertrug er es, daß sich im Gefolge meines Umzugs nach Dießen am Ammersee der Beginn verzögerte und daß dann wegen meines Umzugs nach Buchbach die Korrekturfahnen liegen blieben. Meiner Frau danke ich für ihr geduldiges Verständnis in hektischer Zeit. Buchbach in Oberbayern, Ostern 2005 Karl-Heinz Uthemann

Inhaltsverzeichnis Vorwort Zur Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon 1. Die Bedeutung des Tomus Leonis für den Begriff ,strenger Chalkedonismus' 2. Die Rezeption Kyrills und des Tomus Leonis in der Definitio Chalkedons 3. Drei in Chalkedon vorgetragene Bedenken gegen den Tomus Leonis 4. Die in Chalkedon vorgetragene Antwort auf die genannten Bedenken 5. Leos Apologien seines Tomus 6. Leos eigene Sicht auf seinen Konsens mit Kyrill 7. Rück- und Ausblick: Leoninische versus Kyrillische Deutung Chalkedons Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians 1. Die Apologie des Johannes Grammatikos für die Synode von Chalkedon 2. Zwei Apologeten Chalkedons in der Justinianischen Ära Das anthropologische Modell der hypostatischen Union

VII 1 3 6 12 19 24 31 34

37 42 75 103

I. Die neuplatonische „unvermischte Einigung" 108 II. Das anthropologische Paradigma im sog. Neu chalkedonismus 117 III. Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz .. 157 IV. Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner 169

XII

Inhaltsverzeichnis

Das anthropologische Modell der Hypostatischen Union bei Maximus Confessor

197

Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus .

207

1. Der Begriff des Neuchalkedonismus

207

2. Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff einer hypostatischen Energie

222

3. Zur monenergetischen und monotheletischen Krise des Neuchakledonismus im 7. Jahrhundert

243

Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe

257

1. Justinians erste Schritte in Kirchenpolitik und Theologie (518-527)

258

2. Justinian als Autokrator. Kirchenpolitik bis zum endgültigen Bruch mit den Monophysiten (527-536)

276

3. Justinians Weg zur chalkedonischen Reichskirche im Zeichen der restauratio imperii (536-553)

298

4. Epilog: Auf dem Höhepunkt weltlicher Macht (553-565)

325

Christusbild versus Christologie

333

1. Die Fragestellung

335

2. Einige allgemeine Preliminarien

343

3. Von Christus als Logos und Nomos zum Pantokrator ...

346

4. Prophetenvisionen und Christusbilder 5. Das Bekenntnis zur Gottesmutterschaft im Bild

351 354

6. Der Logos am Kreuz: Die offenen Augen eines Toten Epilog: Bemerkungen zu Ekphrasen der Apostelkirche in Konstantinopel

...

358 362

Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

367

Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

381

1. Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

382

2. Der Stil der Diatribe in den Homilien Severians Anhang

394 414

XIII

Inhaltsverzeichnis

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus 1. Die sog. erste Apologie des Eunomius 2. Eunomius' Schrift gegen Basilius von Kaisareia Exkurs: Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa

421

...

424 435 451

Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala

457

Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

467

Eine erste Anfrage: Unterscheidung und Mischung der Predigtstile Abgrenzung der Fragestellung Cyprian: Wider den „afrikanischen Barock" Cyprian im Widerspruch: Kritik an seinem Stil im 4. Jahrhundert Augustinus: Von rhetorischer Ästhetik zur inneren Wahrheit Augustins De doctrina christiana Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk A. Der Name „Kosmas Indikopleustes" B. Die CT als Sammelwerk und Produkt verschiedener Publikationen C. Zur Datierung D. Verlorene Schriften E. Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT F. Zum Verhältnis zu Johannes Philoponos Liste der Veröffentlichungen des Autors

468 471 472 475 478 481 497 497 499 526 531 532 552 563

Register Wortregister Personenregister Sachregister Zitierte Quellen

571 596 610 645

Zur Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon Wider den dogmenhistorischen Begriff ,strenger Chalkedonismus'

In diesem Beitrag zur Definition jener Begriffe, mit denen wir rein historisch die Rezeption von Chalkedon zu beschreiben suchen, geht es nicht um bisher unbekannte Daten und Texte, sondern um deren Bewertung im Horizont der damals unmittelbar Beteiligten, d.h. um Differenzen zwischen Christologien auf der Basis des Nicaenum, die damals für den einen trennendes Hindernis für eine kirchliche Gemeinschaft, für den anderen, wie es uns scheint, undeutlich und unbegreiflich oder gar unbedeutend waren. Der moderne Betrachter wird dazu neigen, sich der letztgenannten Position anzuschließen. Seitdem sich in der dogmenhistorischen Forschung die Einsicht durchgesetzt hat, daß die Definitio fidei des Konzils von Chalkedon (451)1 primär als eine bestimmte Rezeption der Christologie Kyrills von Alexandrien (+ 444) zu interpretieren ist2, stellt sich in einer neuen Perspektive die Frage, welche Bedeutung der Tatsache zukommt, daß das Konzil von Chalkedon den Tomus Leonis akzeptiert und dessen Formel von der Wahrung der Eigenheit beider Naturen in der einen Per1

A C O 11,1,2, 126,8-130,11; im engeren Sinn versteht man unter der Definition Chalkedons die eigentliche Formel, ebd., 129,23-130,3.

2

Entscheidend war in dieser Hinsicht A. de Halleux, La definition christologique a Chalcedoine, Revue theologique de Louvain 7 (1976) 3 - 2 3 ; 155-170. Vorbereitet wurde seine These durch die heute noch lesenswerte Arbeit von Th. Sagi-Bunic, ,Deus perfectus et homo perfectus' a concilio Ephesino (a. 431) ad Chalcedonense (a. 451), Romae - Friburgi Brisg. - Barcinone, 1965, zu der A. de Halleux, a.a.O., 20-23, anmerkt, daß zum einen der Einfluß der antiochenischen Zwei-Naturen-Lehre, insbes. die Hypothese eines Vorentwurfs Theodorets von Kyros für die Formel des Anatolios von Konstantinopel (ACO 11,1,2, 123,7-8. 18-19; 124,15-16; vgl. Anm. 5; 15) nicht beweisbar ist und daß zum anderen das Festhalten an der These von M. Richard, der Begriff der Hypostase leite sich aus dem Bekenntnis Flavians von Konstantinopel ab, die aus R.V. Sellers, The Council of Chalcedon, London, 1953 (1961) aufgegriffene Entdeckung der Rolle des Basilios von Seleukia (Anm. 67; 69) nicht zum Tragen kommen läßt. Die These von A. de Halleux wurde durch A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 1, Freiburg - Basel - Wien, 1979, 755-759; 761, akzeptiert. Doch wirkt sie sich nicht innovativ auf die Darstellung in Band 2/1, 1986, und Band 2/2, 1989, aus.

2

Zur Rezeption des Tomus Leonis

son Christi 3 in die Definitio fidei aufgenom[573]men hat 4 . Hat das Konzil Kyrill im Blick auf den Tomus Leonis interpretiert, wie man oft auf Grund der Vorgänge in der fünften Sitzung von Chalkedon 5 behauptet hat 6 ? Oder hat es den Tomus nur gutgeheißen, sofern er im Rahmen einer Kyrillischen Christologie gelesen wurde, wie es die nach Eduard Schwartz zweite 7 und die vierte Sitzung von Chalkedon nahe legen? Was bedeutet angesichts dieser Fragen genau genommen, daß Chalkedon sich auf Kyrills Christologie berufen hat?

3

Salva igitur proprietate utriusque naturae et in unam coeunte personam: Ep. 28 Ball(erini) (CPG 8922), 3, ACO 11,2,1, 27,2 (ST [C. Silva-Tarouca, S. Leonis Magni Tomus ad Flavianum Episc. Constantinopolitanum (epistula XXVIII) additis Testimoniis Patrum et eiusdem S. Leonis M. Epistula ad Leonem I imp. (epistula CLXV), Romae 1959], 54-55); griech.: A C O Π,Ι,Ι 13,11.

4

Actio 5, A C O 11,1,2,129,32-33.

5

A C O 11,1,2, 123,4-125,25, bes. 125,23-25. In der Sitzung wird keine neue Formel gefordert, sondern ein Zusatz zu jener des Anatolios (zu letzterer vgl. Anm. 2; 15).

6

Neuerdings hat diese These E. Mühlenberg, Das Dogma von Chalkedon: Ängste und Überzeugungen, in: J. van Oort - J. Roldanus (Hg.), Chalkedon: Geschichte und Aktualität, Leuven, 1997 (© 1998), 12f.; 22f., wieder aufgegriffen und zugespitzt: Kyrill sei in Chalkedon der Verlierer gewesen; seine Sicht sei ,ausgeschieden' worden. Allgemein wird heute die von E. Schwartz, ACO 11,1,3, p. XXII; XXVII; 11,3,2, p. Vif., begründete Hypothese vertreten, daß die in den griechischen und ältesten lateinischen Akten (Φ") überlieferte Reihenfolge der zweiten und dritten Sitzung (CPG 9001; 9002) umzukehren ist. Gegen sie hat E. Chrysos, Ή  διάταξις  των  συνεδριών  της  έν  Χαλκηδόνι  οικουμενικής·  συνόδου,  Kleronomia  3  (1971)  262­266,  verschiedene  Ar­ gumente  vorgetragen.  Die  meisten  der  dort  genannten  Tatsachen  lassen  sich  jedoch  auch  im  Rahmen  der  Hypothese  von  E.  Schwartz erklären. Schwerwiegend ist einzig, daß die nach E. Schwartz zweite Sitzung in den griechischen Akten der vierten actio (CPG 9003) auf den 14. Oktober datiert wird (ACO 11,1,2, 93,3-5). Sollte dies korrekt sein, dann muß die ansonsten bezeugte Angabe, diese Sitzung habe am 10. Oktober stattgefunden, auf einem sehr alten Fehler beruhen (ACO 11,1,2, 69,2; 11,3,2, 3,1, wo in a die Zahl fehlt; 105,2  Φ ΚΓ ),  der  zumindest  im  Archetyp  der  beiden jüngeren lateinischen Übersetzungen  (Φ α )  und  im  Venetus  555  (M)  die  Umdrehung  der  Reihenfolge veranlaßt haben muß. Die Tatsache, daß in ACO 11,3,2, 105,2 auch  Φ"  den  10.  Oktober  nennt,  stellt  kein  eindeutiges  Argument  gegen  die  Hypothese  von  E.  Chrysos  dar.  Die  Scholia  von  Μ  zu  ACO  11,1,2,  3,1;  69,1,  zeigen, daß man im 11. Jahrhundert in Konstantinopel - aus welchem Grunde auch immer - noch um die ursprüngliche Abfolge wußte, die u.a. auch noch von den Akten des 5. Ökumenischen Konzils bezeugt wird (ACO IV,1, 166,30). Für die Hypothese von E. Chrysos spricht auch die Frist  εως  ήμερων  πέντε  (Anm.  98).  ­  Das  Wort  προτεραίος  ist  viel  zu  unbestimmt,  um  mit  P.  Galtier,  Saint  Cyrille  d'Alexandrie  et  Saint  Leon ä Chalcedoine, in: A. Grillmeier - H. Bacht (Hg.), Das Konzil von Chalkedon, I, Würzburg, (1951) 2 1962, 354, Anm. 32, aus ACO 11,1,2, 77,38-78,3; 11,3,2, 4,8-12, ein Argument für die ursprüngliche Reihenfolge zu gewinnen. Analoges gilt trotz E. Chrysos, a.a.O., 262f„ für  πρώην  in  ACO  11,1,2,  8,11­18. 

7

Die Bedeutung des Tomus Leonis für den Begriff ,strenger Chalkedonismus'

3

1. Die Bedeutung des Tomus Leonis für den Begriff , strenger Chalkedonismus' Der Sache nach geht es um eine Umschreibung jenes Standpunkts, von dem aus man in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts im Blick auf die Rezeptionsgeschichte Chalkedons den Begriff ,strenger Chalkedonismus' (chalcedonisme stricte) 8 zu begründen gesucht hat und der, wie insbes. die im Werk von [574] Aloys Grillmeier 9 geleistete Synthese zeigt, auch im veränderten Kontext eines an Kyrill orientierten Verständnisses von Chalkedon fortlebt 10 . Streng chalkedonisch oder, um mit A. Grillmeier zu sprechen", ,genuin chalkedonisch', ist jene Christologie, die Chalkedons ,eigenen Ansatz' wahrt, ,der weder bei den Antiochenern noch bei Cyrill - trotz allen Einflusses auf die Definition von 451 - gegeben ist'. Streng chalkedonisch ist nach A. Grillmeier 12 das Festhalten an der Formel ,in zwei Naturen', die ,durch eine exakte Interpretation von Cyrills Worten gefunden werden konnte: perfectus existens in deitate et perfectus idem ipse in humanitate' 13 . Festhalten 8

Dieser Begriff fand zur Abgrenzung des erstmals von J. Lebon 1909 eingeführten Terminus ,Neuchalkedonismus' ein Heimatrecht in der Dogmengeschichte, insbes. in der Löwener Schule und bei englischen Autoren (vgl. P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553), Leiden 1979, 2-4) sowie M. Richard und A. Grillmeier. Diesen Autoren ging es vor allem um die Wahrung der antiochenischen Tradition. Ihre Ergebnisse wurden von Forschern, die wie J. Meyendorff, Christ in Eastern Christian Thought, St. Vladimir's Seminary, Crestwood N.Y., 1975, in der orthodoxen Tradition zu Hause sind, nicht akzeptiert. Die Konsequenzen sind am deutlichsten greifbar bei P.T.R. Gray. Extremer und im Blick auf die antiochenische und römische Tradition unzutreffend ist die Rekonstruktion von H.-M. Diepen. Der Sache nach geht es bei den drei letztgenannten Autoren um die Rezeption Kyrills, insbes. seiner Anathematismen (CFG 5317).

9

Jesus (Anm. 2), bes. Band 2/2.

10

Vgl. Anm. 2.

11

Das östliche und das westliche Christusbild. Zu einer Studie über den Neuchalcedonismus, Theologie und Philosophie 59 (1984), bes. 88; 95. Hier wird gegen P.T.R. Gray (Anm. 8) eine zweifache Abgrenzung des strengen Chalkedonismus vollzogen, und zwar nicht nur gegen eine neuchalkedonische, sondern auch gegen eine sog. antiochenische Rezeption von Chalkedon, der P.T.R. Gray, a.a.O., 80-89, auch Gennadios (vgl. zu Anm. 19; 34-36) und Theodoret von Kyros (insbes. CPG 6278) zuordnet, sofern diese den Begriff der Hypostase auf jenen des Prosopon reduzieren.

12

Das Werk von A. Grillmeier wird hier zitiert, sofern es für den in Anm. 8 genannten Konsens der,westlichen' Forschung repräsentativ ist.

13

Jesus (Anm. 2), Band 1, 759-764, bes. 761. Zum Zitat aus der Definitio fidei (ACO 11,1,2, 129,24-25) vgl. Kyrills Laetentur-Brief (CPG 5339), ACO 1,1,4, 18,25; 11,1,1, 110,4^5, in dem diese Formel die Worte 0göv τελειον και άνθρωτιον τέλειοι des Antiochenischen Bekenntnisses (bei Kyrill ebd., 17,10 bzw. 108,32 zitiert; bei Johannes von Antiochien, Ep. de pace [CPG 6310], ACO 1,1,4, 8,28) wiedergibt. Das hiermit angesprochene Problem des Unterschieds abstrakter und konkreter Terminologie wird in der Forschung für die Kennzeichnung Kyrillischer und antiochenischer bzw. westli-

4

Zur Rezeption des Tomus Leonis

heißt hier zugleich Aufgeben dessen, was A. Grillmeier die ,Hauptformel Kyrills' nennt 14 . Aufgegeben wird die Formel von der  μία  φύσις· T O Ü Oeoü  λ ο γ ο ύ  σ ε σ α ρ κ ω μ ε ν η  bzw.  σ ε σ α ρ κ ω μ έ ν ο υ ,  ohne  die  Einheit  in  Christus  zu gefährden: ,Die Alexandriner (sollten) ihre Mia-PhysisFormel opfern, die Antiochener jeden Verdacht auf [575] Nestorianismus beseitigen. ... ,In zwei Naturen' und nicht ,aus zwei Naturen'! So darf die Einheit in Christus nicht im Bereich der Naturen als solcher ... gesucht werden.' Und doch gibt A. Grillmeier zu: In Chalkedon wird ,die Aussage über die Einheit der Person oder Hypostase ... nur so hingesagt, ohne hervorgehoben zu werden' 15 . Die Definitio fidei Chalkedons versteht er als Zeugnis für eine ,anagogische Christologie', die von der menschlichen Wirklichkeit Christi ausgehe 16 und eine ,Neuentdeckung des humanum in Christus' leiste, mit dem sich ,die Väter des vierten Jahrhunderts' schwergetan haben 17 . Diese ,Neuentdeckung des humanum' führe zu einem symmetrischen Christusbild, d.h. zur Betonung der zwei Naturen, bleibe aber eine,Christologie von oben' 18 , d.h. eine Christologie auf der Basis des Nicaenum, und widerspreche insofern nicht der Perspektive Kyrills, auch wenn diese nicht auf die beiden Naturen - auf ,Gott und Mensch zugleich' - , sondern auf das Subjekt der Inkarnation, den Logos, konzentriert ist. Nach A. Grillmeier bewährt sich diese vor allem an der 5. Sitzung von Chalkedon orientierte Umschreibung dessen, was die Definitio fidei Chalkedons zu leisten sucht, in der unmittelbar nach Chalkedon einsetzenden Rezeptionsgeschichte. Denn bei Autoren wie Gennadios von Konstantinopel 19 , Hypatios von Ephesos20, Leontios von Byzanz21

14

15 16  17  18  19  20  21 

eher Christologie überschätzt. Zu Leo vgl. z.B. Ph.L. Barclift, The Shifting Tones of Pope Leo the Great's Christological Vocabulary, Church History 66 (1997) 221-239. So  Α.  Grillmeier,  ebd.,  769.  Diese  wohl prägnanteste Formel Kyrills, deren apolinaristische Herkunft Kyrill nicht bewußt war, findet sich vor allem in den Briefen, mit denen er die Union von 433 verteidigt (CPG 5340; 5344-5346; 5350), spielt aber bei der Verteidigung der Anathematismen (CPG 5221; 5222; 5223) keine Rolle und begegnet nach J. Liebaert, La doctrine christologique de Saint Cyrille d'Alexandrie avant la querelle nestorienne, Lille, 1951, nicht in den von ihm untersuchten Schriften vor dem Jahre 428. Ebd., 761-762. Zur Ablehnung der Formel ,aus zwei Naturen' in der Vorlage des Anatolios (ACO 11,1,2, 124,15-16: ö δέ öpo? έκ δύο φύσεων ϊχζι)  vgl. Anm.  2; 5.  Ebd.,  769.  Ebd.,  770.  Band  2/1 (Anm.  2), 193.  Vgl. S. 6 [576f.], Anm.  35­36.  Band  2/2  (Anm.  2), 24Φ­262.  Ebd.,  190­241. 

Die Bedeutung des Tomus Leonis für den Begriff,strenger Chalkedonismus'

5

und anderen 22 treffe man auf ein Verständnis Chalkedons, das dessen genuinen Ansatz im Unterschied zu einer an Kyrill orientierten Rezeption, kurz Neuchalkedonismus genannt 23 , zu wahren wisse. A. Grillmeier vertritt mit seiner Umschreibung eines strengen oder genuinen Chalkedonismus eine Position, die zwischen zwei in der Forschung vertretenen Interpretationen der Definitio fidei Chalkedons zu vermitteln sucht, nämlich zwischen einer vorrangig am Tomus Leonis orientierten Deutung Chalkedons, die offen war, um die antiochenische Tradition einzubinden 24 , und deren [576] Bestreitung durch eine Kyrillische Interpretation der Definitio fidei Chalkedons 25 , die zugleich zu einem neuen Verständnis des in Chalkedon behaupteten Konsens zwischen Leo und Kyrill 26 herausforderte 27 . Zum Tomus Leonis betont A. Grillmeier zum einen, daß Leo das Bekenntnis zu den zwei Naturen in eine ,Christologie von oben' einbindet, konstatiert aber zum anderen eine gewisse Defizienz. Leo habe einen ,letzten Schritt ... nicht getan'. Denn er habe seinen Begriff der persona nicht geklärt. Dieses gelte nicht nur für den Tomus ad Flavianum 28 , sondern auch für den sog. zweiten Tomus vom Jahre 458 29 , ja überhaupt für alle seine christologischen Aussagen 30 : ,Es ist Leo nicht

22

23 24

25 26

Ebd., 262-285. Auffallend ist die ambivalente Darstellung Theodorets. Vgl. Band 2/1 (Anm. 2), 264; 344; bes. 696. In Christusbild (Anm. 11), 88, wird er als ,echter und klarer Chalcedonier' gekennzeichnet. Zusammenfassung mit Bibliographie bei K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus, Studia Patristica, XXIX, 1997, 373-379; 383f. Vgl. Anm. 8. Ausgangspunkt für dieses Einbinden ist Kyrills Interpretation der Antiochenischen Unionsformel. Näheres vgl. unten. Z u m Problem vgl. A. de Halleux, Le dyophysisme christologique de Cyrille d'Alexandrie, in: H.C. Brennecke, E.L. Grasmück, C. Markschies (Hg.), Logos. Festschrift für L. Abramowski, Beihefte Z N W 67, Berlin - New York, 1993, 411-428. Vgl. A. de Halleux (Anm. 2); ders., Ä propos d'une lecture cyrillienne de la definition christologique de Chalcedoine, Revue theologique de Louvain 25 (1994) 445-471. Nach P. Galtier (Anm. 7), 372-377; 380f„ besteht trotz gewisser Sprachprobleme ein Konsens.

27

Vgl. A. de Halleux (Anm. 24).

28

In Jesus (Anm. 2), Band 1, 748-750, ist dies nicht so eindeutig wie in Band 2/1 gesagt.

29

Ebd., Band 2/1, 171ff., bes. 188: ,Auch im Tomus Π ... ist keine Vertiefung des Persona-Begriffs zu bemerken.' Begründet wird dies damit, daß Leo kein spekulatives Interesse hatte.

30

Ebd, 182-189. ,Leo will die Verbindung von Gottheit und Menschheit betonen. Eine Reflexion auf das Subjekt der Annahme hätte an diesem Interesse vorbeigeführt' (ebd. 186, Anm. 151). Inwiefern sich der für A. Grillmeiers Synthese wichtige Begriff der circumincessio als gegenseitige Durchdringung, oder wechselseitiges Einwohnen' für Leo (ebd., Band 1, 748) verifizieren läßt, wird nicht ausgewiesen. Der Sache nach geht es um Aussagen wie ut utraque alteri natura inesset im Kontext der Bewahrung ihrer jeweiligen Eigenheiten (et neutra in alteram a sua proprietate transiret), u m eine Predigt vom Jahre 442 zu zitieren (Tractatus 54,1, ed. A. Chavasse, C C L

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

geglückt, seinen Personbegriff so zu klären, daß aus dessen Analyse der letzte Träger von Gottheit und Menschheit in Christus explizit sichtbar werden konnte.' 31 Eindeutiger als Basil Studer 32 will A. Grillmeier in Bezug auf den Begriff der persona im sog. zweiten Tomus keinen Fortschritt gegenüber dem Tomus ad Flavianum feststellen, außer daß Leo ,durch die Kontroverse mit den Alexandrinern vorsichtiger im Gebrauch dieses Wortes wird, besonders wegen der Angriffe auf seinen' ersten Tomus 33 . Trotz der genannten Defizienz sei jedoch eine genuin chalkedonische Interpretation des Tomus Leonis möglich. So habe Gennadios von Konstantinopel seine Christologie ,aus den Voraussetzungen des Konzils selbst und des Tomus Leos ohne weitere Zuhilfenahme cyrillianischer Begriffe abgeleitet'. Insofern vertrete er in seinem Enkomion auf den Tomus Leonis (CPG 5976) 34 [577] einen ,echten Chalcedonismus' 35 , nämlich ein Verständnis der Definitio fidei, das in Bezug auf Kyrill zu unterscheiden weiß 36 .

2. Die Rezeption Kyrills und des Tomus Leonis in der Definitio Chalkedons Die Frage der Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon läßt sich nur zutreffend beantworten, wenn man zugleich die Rezeption Kyrills in Chalkedon genau analysiert. An dieser Stelle soll nur an einiges erinnert werden, was unmittelbar mit der Auseinandersetzung um den Tomus Leonis in Chalkedon zusammenhängt.

138A, Z. 27-29, S. 318), die auch A. Grillmeier, ebd., Band 2/1, 185, Anm. 150, aufgreift. Zur Sache vgl. auch die in Anm. 75; 83; 90; 120 zitierten Texte. 31 32

Ebd., Band 2/1, 189 (Hervorhebung von A. Grillmeier). Una persona in Christo. Ein augustinisches Thema bei Leo dem Großen, Augustinianum 25 (1985) 453-487, bes. 458f. B. Studer stellt ebd., 462, zum sog. zweiten Tomus zurecht fest, daß die Veränderungen gegenüber dem ersten Tomus keine ,Vertiefung der christologischen Frage in Richtung der Lehre von der hypostatischen Union' darstellen. Vgl. S. 2 7 - 2 9 [596f.].

33

Jesus (Anm. 2), Band 2/1,182.

34

Edition bei F. Diekamp, Analecta Patristica, OCA 117, Roma, 1938, 77-78.

35

Christusbild (Anm. 11), 86. Vgl. ders., Jesus (Anm. 2), Band 2/1, 194, wo es im Blick auf die Tatsache, daß Gennadios ,manche von den Alexandrinern auf Nestorianismus hin verdächtigte Ausdrücke' gebraucht, heißt: i n s g e s a m t ist der Tomus Leos im Sinn einer klaren chalcedonischen Christologie erklärt und interpretiert'.

36

Vgl. Christusbild (Anm. 11), 85-86. Differenzierter und nicht zugespitzt auf die Abgrenzung eines strengen Chalkedonismus: ders., Jesus (Anm. 2), Band 2/1, 189-196. Von einer Stellungnahme muß in diesem Beitrag abgesehen werden. Gennadios wurde nur als Beispiel genannt, um die These von A. Grillmeier zu verdeutlichen.

Die Rezeption Kyrills und des Tomus Leonis in der Definitio Chalkedons

7

Wenn das Konzil in der Einleitung zu seiner Definitio die von ihm als Autorität akzeptierten Dokumente nennt, dann beruft es sich dort, wo man eine Aussage über die Synode von Ephesos im Jahre 431 erwartet, auf ,zwei synodale Schreiben' Kyrills, um Nestorios zu widerlegen und die Fides Nicaena zu interpretieren 37 , nämlich auf den zweiten Brief an Nestorios (CPG 5304) und auf den Laetentur-Brief vom Frühjahr 433 (CPG 5339). Wenn beide Briefe in Chalkedon  συνοδικά!  έττιστολαί  genannt  werden,  dann  ist  damit  ihr  Bezug  zum  Konzil  von  Ephesos  gemeint 38 .  Im  Laetentur­Brief  hat  Kyrill  die  Antiochenische  Unionsformel  zitiert 39  und  akzeptiert 40 ,  zugleich  aber  auch  interpretiert,  indem  er  seine  eigene  Sicht  kurz  dargestellt  hat 41 .  [578]  Die  Union  mit  den  Orientalen  war  nur  deshalb möglich, weil Kyrill nicht mehr auf seinen zwölf Anathematismen aus dem dritten Brief an Nestorios (CPG 5317) beharrte. Im Laetentur-Brief werden sie nicht erwähnt, auch wenn in den zur Union führenden Verhandlungen zumindest schriftlich nichts ausdrücklich in Bezug auf sie festgelegt worden war 42 . Doch hatte Kyrill mit der Union den in seinen Anathema37

Actio 5, A C O 11,1,2,129,6-11. Vgl. ebd., 127,1-7.

38

Der Laetentur-Brief ist m.W. ursprünglich im Unterschied zu CPG 5304 und 5317 kein synodales Schreiben. Die Bezeichnung ,synodale Briefe' ist in der Vorgeschichte von Chalkedon angebahnt. Eusebios von Dorylaion nennt 448 als Norm den Laetentur-Brief neben dem zweiten Brief an Nestorios: ACO 11,1,1, 104,2-5 zu CPG 5339; vgl. ebd., 103,18-23 (zu CPG 5304). Im Libellus (CPG 5941) sagt er über sich selbst: έμμένοντά  τε  τη  πίστει  των  ... kv  Νίκαια  ...  και  πάσι,  τόΪ5  πραχθείσιν  έι>  τη  Έφεσίων  μητροπόλει  παρά  της  ...  συνόδου  κα!  τοί?  φρονει.θείσι.ΐ'  και  έκτεθείσιν  παρά  τοΰ  ...  Κυρίλλου  (ebd.,  101,1­4).  Nach  der  Verlesung  beider  Briefe  Kyrills  fordert  Eusebios  Flavian  auf,  er  solle  mit  der  Synode  diesen  zustimmen.  Flavian  antwortet  mit  seiner  professio  fidei,  die  sich  auf  beide  Briefe  Kyrills  als  Auslegung  der  Fides  Nicaena  be­ ruft  (ebd.,  113,26­114,3).  Hierzu  vgl.  man  auch  jene  Stellen,  an  denen  diese  Briefe  in  Chalkedon  ,die  kanonischen  Briefe'  Kyrills  genannt  werden. 

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Ebd.,  4­5,  A C O  1,1,4,  17,1­20.  Die  Formel  liest  man  auch  bei  Johannes  von  Antio­ chien,  Ep.  de  pace  (CPG  6310),  2 ­ 3 ,  ACO  1,1,4,  8,19­9,8,  die  dem  Laetentur­Brief  Ky­ rills  vorausging.  Ebd.,  6,  A C O  1,1,4,17,21­25.  Ebd.,  7 ­ 9 ,  ACO  1,1,4,  17,25­19,15. 

40  41  42 

Nach  Theodoret,  Ep.  Sirmondiana  (CPG  6240)  112,  hg.  v.  Y.  Azema,  Theodoret  de  Cyr.  Correspondance,  ΠΙ,  SChr  111,  Paris,  1965,  50,1­54,4,  bes.  50,8­14;  54,2­4,  habe  Kyrill  die  Anathematismen  bei  der  Union  fallen  gelassen  und  damit  die  in  Ephesos  von  den  Orientalen  erhobene  Forderung,  seine  Lehre  anzupassen  (προσαρμόττειν),  erfüllt. Er habe sie auch nach der Union nicht mehr erwähnt. Ein Widerhall findet sich in Domnos' Brief an Dioskur (CPG 6510), auf den sich A. de Halleux (Anm. 2), 165, bezieht, wenn er m.E. zurecht sagt, es habe sich nicht um eine formelle, sondern u m eine stillschweigende Ubereinkunft gehandelt. Es bestand somit kein Verbot, auf den Anathematismen zu bestehen, wie A. Grillmeier (Anm. 2), Band 1, 759, feststellt, noch eine mündliche Absprache, welche die Anathematismen gelten ließ, wie H.-M. Diepen, Les douze Anathematismes au Concile d'Ephese et jusqu'en 519, Revue Thomiste 55 (1955) 333-338, bes. 338, auf Grund von Domnos' Brief behauptet.

8

Zur Rezeption des Tomus Leonis

tismen vertretenen Standpunkt nicht aufgegeben; ja, m a n kann den Laetentur-Brief als eine Interpretation jener Anathematismen lesen, deren Inhalt durch die Antiochenische Formel angesprochen war. Indem Kyrill das Bekenntnis der Orientalen zur unvermischten Einheit beider Naturen mit eigenen Worten wiedergibt 4 3 , umschreibt er zugleich das, was er mit d e m Begriff der naturhaften bzw. hypostatischen Einung (ενωσις·  φυσική,  ενωσις  καθ'  ύττόστασιν)  im  zweiten  und  dritten  Anathematismus  ausgesagt  hatte.  Doch  vermeidet  er  diese  Begriffe,  die  ihm  bei  den  Orientalen  den  Vorwurf  eingebracht  hatten,  er  vertrete  die  Lehre  des  Apolinaris  von  Laodikeia 4 4 .  Indem  sich  Kyrill  ferner  dazu  bekennt, daß der inkarnierte Logos in beiden Naturen vollkommen ist, doch ,in einem Prosopon erkannt wird' (ώς έν  evl  προσώπω  νοούμενος) 45,  greift  er  zum  einen  die  Aussage  der  Antiochenischen  Formel über die biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen auf, mit der dort die ,Trennung'  (διαίροσις·)  der  beiden  Naturen  und  das  eine  ihnen  gemein­ same  Prosopon begründet wird 4 6 . Zum anderen interpretiert er damit [579] seinen vierten 4 7 und implizit auch seinen zwölften Anathematismus 4 8 . Indem er dabei den Terminus  διαίρεση  der  Orientalen  mit  διαφορά  wiedergibt  und  von  der  Unterscheidung  der  Naturen  spricht,  ,aus  denen  (έξ  ών)  die  ...  Einung  zustande  g e k o m m e n  ist' 49 ,  wiederholt  er  der  Sache  nach  jene Erklärung, mit der er gegenüber Nestorios den vierten Anathematismus begründet hatte 5 0 , läßt aber die Formel von ,der einen inkarnierten Hypostase des Logos' fort, mit der er gegen

43

Ep. de pace (CPG 5339), 5, ACO 1,1,4, 17,14-15. Vgl. dazu Kyrills Interpretation ebd., 9,19,1-2.6-7.

44

Vgl. zu diesen Anathematismen (Ep. tertia ad Nestorium [CPG 5317], 12, ACO 1,1,1, 40,25-30) deren Begründung ebd., 4-5, ACO 1,1,1, 35,26-36,25, ferner die Zusammenfassung ebd., 11, 40,3-8. Ep. de pace (CPG 5339), 8, ACO 1,1,4, 18,25-19,1. Zu cos, das die Formel der Antiochener aufgreift, vgl. Anm. 46. Ebd., 5, A C O 1,1,4, 17,17-20: r a s  δέ  εύαγγελικάς  και  αποστολικά?  περί  τοΰ  κυρίου  φωνάς  'ίσμεν  τους  θεολόγους  άνδρας  τάς  μεν  κοινοποιούνται  ώς  έφ'  ενός  προσώπου,  τάς  δε  διαιρούντας  ώς  επί  δύο  φύσεων,  και  τάς  μεν  θεοπρεπείς  κατά  τήν  θεότητα  τού  Χριστού,  τάς  δέ  ταπεινάς  κατά  τήν  ανθρωπότητα  αυτού  παραδίδοντας.  Zur  Bedeutung  des  ώς,  das  kein  ,als  ob'  oder  ,gleichsam  wie'  meint,  sondern  eine  objektive  Relation  (,sofern  die  φωναι  bezogen  sind'),  vgl.  H.G.  Liddell  ­  R.  Scott,  A  Greek­English  Lexi­ con,  New  edition,  Oxford  1968,  2039  (C,  Π.).  Ep.  tertia  ad  Nestorium  (CPG  5317),  12,  ACO  1,1,1,  41,1­4:  Ε'ί  τις  προσώποις  δυσίν  ήγουν  ύποστάσεσιν  τάς  τε  έν  τοις  εύαγγελικοις  και  άποστολικοΐς  συγγράμμασι  διανέμει  φωνάς  ...  και  τάς  μεν  ώς  άνθρώπω  παρά  τον  έκ  θεού  λόγον  ίδίκώς  νοουμένω  προσάπτει,  τάς  δέ  ώς θεοπρεπείς  μόνω τω  έκ θεού πατρός  λόγω, ανάθεμα  έστω.  Ebd.,  42,3­5:  Ε'ί  τις  οΰχ  ομολογεί  τόν  τοΰ  θεού  λόγον  παθόντα  σαρκι  και  έσταυρωμένον  σαρκι  και  θανάτου  γευσάμενον  σαρκί  ..., ανάθεμα  έστω.  Ep.  de  pace  (CPG  5339),  8,  ACO  1,1,4,18,26­19,1.  Ep.  tertia  ad  Nestorium  (CPG  5317),  8,  ACO  1 , 1 , 1 , 3 8 , ^ 2 3 . 

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Die Rezeption Kyrills und des Tomus Leonis in der Definitio Chalkedons

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Nestorios ,das eine Prosopon, dem alle (!) biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen zukommen' 51 , umschrieben hatte. Diese Formel war zum Zeitpunkt der Union von 433, wie die Diskussion um die Anathematismen gezeigt hatte, für die Antiochener nicht akzeptierbar. Denn sie empfanden den Begriff der ε ν ω σ ι ς · καθ'  ύ π ό σ τ α σ ι ν  als  eine  überflüssige Neuerung und sahen zurecht, daß Kyrill die Begriffe ύ π ό σ τ α σ ι ?  und  φ ύ σ ι ς  in  gleicher  Bedeutung  verwandte  und  dort,  wo  er  den  Begriff  des  Prosopon für sein eigenes Bekenntnis aufgriff, diesen als ein Synonym für ,die eine Natur oder eine Hypostase des inkarnierten Logos' verstand 52 . Auch wenn Kyrill im Laetentur-Brief das Bekenntnis des zwölften Anathematismus, daß ,der Gott Logos im Fleisch gelitten hat', nicht wiederholt, so hält er dort an seiner von Anfang an gegen Nestorios 53 vorgetragenen Begründung fest: Der Gott Logos blieb in der Inkarnation unverändert ,das, was er war', nämlich  ά π α θ ή ς :  In  diesem  Sinn  konnte  er  nicht  leiden.  Doch  eignete  er  [580]  sich  ,die  Leiden  seiner  ihm  eigenen  Sarx'  an  und  ist  darum  unser Erlöser 54 . Mit dem Stichwort ,das dem Logos eigene Fleisch'  (ή  ι δ ί α  σ α ρ ξ )  und  der  soteriologisch  moti­ vierten Begründung, der Logos habe sich in der Inkarnation die Leiden seiner Sarx zu eigen gemacht'  ( ο ι κ ε ι ο ϋ σ θ α ι ,  ί δ ι ο π ο ι ε ί σ θ α ι )  greift  Kyrill  Athanasios'  dritte  Arianerrede  (CPG  2093) 55  und  dessen  Brief  an  Epik­

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Ebd.,  38,21­22:  έιΛ  τοιγαροϋν  ττροσώπω τάς kv  rots  εύαγγελίοις·  πάσας  άναθετέον  φωνάς,  ΰποστάσει  μία  τη  τοϋ  λόγου  σ€σαρκωμέι/η.  Z u m  Letzteren  vgl.  z.B.  Theodoret  von  Kyros,  Impugnatio  anathematismorum  (CPG  6214),  zitiert  in  Kyrills  Apologie  (CPG  5222),  24,  ACO  1,1,6,  117,12­18,  zum  Erstge­ nannten  vgl.  ebd.,  19,  114,11­13;  115,1,  sowie  Kyrills Eingeständnis, daß der Begriff ungewohnt  (άσύι/ηθες)  sei,  doch  zur  Abwehr  des  Nestorios  notwendig,  da  ,die  Phy­ sis  oder  Hypostase  des  Logos,  d.h.  der  Logos  selbst,  sich  ...  mit  der  menschlichen  Natur  ...  geeint  hat  und  darum  ...  ein  und  derselbe,  Gott  und  Mensch,  in  unserer  Er­ kenntnis  und  in  seinem  Sein  ein  einziger  Christus  ist'  (ebd.,  20,115,5­16).  Vgl.  hierzu  auch  M.  Richard,  L'introduction  du  mot  ,hypostase'  dans  la  theologie  de  l'incar­ nation,  Melanges  de  science  religieuse  2  (1945)  253­258  (Opera  minora  II,  Turnhout  ­ Leuven,  1977,  n.  42).  Vgl.  ep.  ad  Monachos  (CPG  5301),  18;  20;  23­24,  ACO  1,1,1,  18,16­18,  19,1;  20,9­11;  21,34­22,9;  vgl.  ferner  zum  zweifachen  'ίδιον  ebd.,  20,  p.  2 0 , 2 ^ . 1 0  (CPG  5304,  4;  6,  A C O  1,1,1,  27,14;  28,6­7)  A.  Louth,  The  Use  of  the Term  'ίδιος  in  Alexandrian  Theolo­ gy  from  Alexander  to  Cyril,  Studia  Patristica,  XIX,  1987,  198­202.  Zu  CPG  5301  vgl.  J.  Liebaert,  L'evolution  de  la  christologie  de  Saint  Cyrille  d'Alexandrie ä partir de la controverse nestorienne, Melanges de science religieuse 27 (1970) 2 7 ^ 8 . Ep. de pace (CPG 5339), 9, ACO 1,1,4, 19,6-12. Vgl. den dritten Brief an Nestorios (CPG 5317), 6, A C O 1,1,1, 37,9-17. Vgl. Kyrills Florileg in den Gesta Ephesina: Collectio Vaticana, 54, IV, ACO 1,1,2, 39,26-40,13, bzw. Collectio Veronensis, 25, IV, ACO 1,2, 54,1-19; Collectio Casinensis, 24,80, A C O 1,3, 68,14-34 (zitiert wird Contra Arianos, 111,33, PG 26, 393 A 10 - 396 A 2).

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

tet (CPG 2095) 56 auf, dessen Wortlaut für den Abschluß der Union von 433 entscheidend war 57 . Die Tatsache, daß beide Parteien sich 433 auf Athanasios' Brief an Epiktet beriefen, ist im Blick auf die Rezeption von Chalkedon und des Tomus Leonis bemerkenswert. Denn Leo findet es 452 sinnvoll, unter Hinweis auf Kyrills in Ephesos vorgelegtes Florileg ein Exemplar dieses Briefs an Julian von Kos zu schicken 58 , und zitiert aus ihm 458 im Florileg seines Tomus ad Leonem imperatorem eine Aussage, die das zweifache ομοούσιο? Christi betont 59 und sich so an Kyrills Interpretation des Briefs in einer Apologie der Union von 433 anschließt 60 . Indem das Konzil von Chalkedon den Laetentur-Brief Kyrills zugleich mit dessen zweiten Brief an Nestorios in der Einleitung zur Definitio fidei akzeptierte und feststellte, daß beide miteinander übereinstimmen  (αρμοδίας  ούσας  [581]  έδέξατο)61,  hatte  es  eine  direkte  Stel­ lungnahme  zu  Kyrills  Anathematismen  im  dritten  Brief  an  Nestorios,  der  431  in  die  Akten  von  Ephesos  aufgenommen  worden  war 62 ,  ver­

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Ebd.,  6: σώμα ην τοϋ λόγου (PG 26,  1060 Β 6­7); ιδιοποιείται  τά τοΐι σώματος ίδια  (Β  11­ 13. C 7­8;  vgl.  Anm.  53); άνέφερεν  (C 5). Als Begründung der Soteriologie vgl. ebd. 5, 1057 BC; 6, 1060 C 5-6; 9, 1065. Erstaunlich ist, daß Kyrill in seinem Florileg (Anm. 55) nicht diese Stellen zitiert, sondern 2; 7, 1053  Β  6 ­  C  7  (vgl.  Anm.  59);  1061  A  8  ­ Β 6  (Collectio  Vaticana  54,  V­VI,  ACO  1,1,2, 40,14­31;  Veronensis,  25,  V­VI,  ACO  1,2,  54,20­36;  Casinensis,  24, 81­82,  ACO  1,3,  69,1­20).  Vgl.  Kyrills  Darstellung  (1)  in  der  ep.  ad  Acacium  Melitensem  (CPG  5340),  21,  ACO  1,1,4,  30,9­22  und  (2)  in  der  ep.  prima  ad  Succensum  (CPG  5345),  11,  ACO  1,1,6,  156,19­157,8,  zum  einen  mit  den  von  Paul  von  Emesa  am  25.  Dezember  432  und  am  1. Januar 433  in Alexandrien  gehaltenen  Ansprachen  (CPG  6365;  6366),  ACO  1,1,4,  9 ­ 14,  in  denen  die  Begriffe  οίκειοϋσθαι  τό σώμα  bzw.  τά  πάθη und  'ίδιον ποιείσθαι  σώμα  aufgegriffen  werden,  zum  anderen  z.B.  mit  der  Darstellung  Theodorets  von  Kyros,  Ep. Sirmondiana  (CPG 6240) 86,  ed. Y. Azema,  SChr  98, Paris  1964,  226,12­15,  die für einen in den Akten der Räubersynode (449) zitierten Brief von Domnos an Flavian (CPG 8938,7c) angefertigt wurde. Vgl. ferner Kyrills ep. de pace (CPG 5339), 10-11, ACO 1,1,4, 19,16-17; 20,9-13, und seine ep. ad Eulogium (CPG 5344), ACO 1,1,4, 36,3-9 (vgl. Anm. 60); 37,12. Ep. 109 Ball. (CPG 9037), ACO  Π,4,  137,33­37;  ep.  43  ST  (C.  Silva­Tarouca,  S.  Leonis  Magni  epistulae  contra  Eutychis  haeresim,  Ι­Π, Romae,  1934­1935),  38­44.  Ep.  165  Ball.  (CPG  9097),  Testimonia,  6, ACO  Π,4,  122,17­21.  Zitiert  wird  2,  1053  Β  6 ­ 10,  aus  der  im römischen Scrinium bewahrten Übersetzung: Collectio Quesneliana, ACO 1,5, 323,8-10. Das Zitat fehlt in Leos erstem Florileg vom Jahre 450 (vgl. Anm. 114). Zu beiden Florilegien vgl. M. Richard, Les florileges diphysites du V c et du VI e siecle, in: A. Grillmeier - H. Bacht (Hg.), Das Konzil (Anm. 7), 725-727. Ep. ad Eulogium (CPG 5344), ACO 1,1,4, 36,3-9. Vgl. Anm. 57. Kyrill spricht von zwei Naturen, ,aus denen der eine und einzige Sohn erkannt wird'. Actio 5, ACO 11,1,2, 129,10. In der lateinischen Übersetzung der Akten heißt es congrue habentes suscepit (ACO 11,3,2,137,9). Gesta Ephesina (CPG 8675): Collectio Vaticana, 49, ACO 1,1,2, 36,16-25; Collectio Veronensis, 17, ACO 1,2, 45,20-51,34; Collectio Casinensis, 24, 62-63, ACO 1,3, 65,1922.

Die Rezeption Kyrills und des Tomus Leonis in der Definitio Chalkedons

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mieden und implizit das Ökumenische Konzil von Ephesos (431) als einen Prozeß interpretiert, der mit der Union von 433 zum Abschluß gekommen war. Mit den beiden genannten Briefen Kyrills, die als συνοδικοί  επιστολαί  Ephesos  einbrachten,  ,verband'  das  Konzil  von  Chalkedon,  wie  es  selbst  sagt,  den  Tomus  Leonis: αις  ...  συνήρμοσεν63.  Es  kennzeichnet  so  zum  einen  seine  eigene  Diskussion  um  den  Tomus  Leonis  und  zum  anderen  die  Tatsache, daß es die ersten Worte des eigentlich dogmatischen Teils des Tomus 64 , d.h. Leos Bekenntnis zur Wahrung der Eigenheit beider Naturen in der einen Person 65 , mit einer Aussage aus Kyrills zweiten Brief an Nestorios verbunden hat. Kyrill weist dort das Mißverständnis zurück, ,der Unterschied der Naturen' werde ,wegen der Einung aufgehoben' 66 . Diese Aussage wurde in die Definitio fidei Chalkedons so eingefügt, daß sie Leos Worte begründet67. Wenn das Konzil dabei Leos Begriff der einen Person durch jenen 63

64 

Actio 5, 34, A C O 11,1,2, 129,11-16. Die lateinischen Übersetzungen geben  συι^ήρμοσει^  mit  coaptauit  wieder.  Vgl.  ACO  11,3,2,137,14  mit  dem  Apparat  zu  137,16.  Zu  dem  im  klassischen  Latein  seltenen  Wort  vgl.  H.R.  Drobner,  Person­Exegese  und  Christolo­ gie  bei  Augustinus,  Philosophia  Patrum  VIII,  Leiden,  1986,  263f.  Sieht  man  von  H.  Arens,  Die  christologische  Sprache  Leos  des Großen. Analyse des Tomus an den Patriarchen Flavian, Freiburger Theolog. Studien 122, Freiburg - Basel - Wien, 1982, 690f., ab, so stimmen die Interpreten darin überein, im Tomus nach der Einleitung einen kerygmatischen, unmittelbar gegen Eutyches gerichteten Teil (ep. 28 Ball., 2, A C O 11,2,1, 25,8 bzw. 25,13-27,2; ST [Aran. 3], 12 bzw. 16-53) von einem dogmatisch begründenden Teil zu unterscheiden, zu dessen Gliederung kein Konsens besteht. Da ebd., 5, ACO 11,2,1, 30,21; ST 152, die Beurteilung der Lehre des Eutyches in zwei Gedankengängen (5, 30,21-31,2; ST 152-176; 6, 31,3-9; ST 177-184) mit der Forderung konkreter Maßnahmen (6, 31,9-33,2; ST 185-201) beginnt, umfaßt die Begründung des kerygmatischen Teils ebd., 3 - 5 , 27,2-30,21; ST 54-151. In diesem sind m.E. drei Schritte zu unterscheiden, denen die in Chalkedon vorgetragenen Bedenken (S. 12-19 [582-588]) entsprechen: (1) 3 - 4 , 27,2-28,9; ST 54-90; (2) 4, 28,9-29,10 bzw. 12; ST 9 1 - 1 2 1 bzw. 125; (3) 4, 29,10 bzw. 5, 29,12-30,21; ST 122 bzw. 126-151. Anders unterteilt A. Grillmeier, Jesus (Anm. 2), Band 1, 739, weitgehend nach M.-J. Nicolas, La doctrine christologique de saint Leon le Grand, Revue Thomiste 51 (1951) 634-637.

65

Ep. 28 Ball., 3, A C O 11,2,1, 27,2-3; ST (Anm. 3) 54-55; griech. A C O 11,1,1, 13,11.

66

Ebd. (CPG 5304), 3, A C O 1,1,1, 27,2-3;  Π,Ι,Ι,  105,18,  wiedergegeben  in  der  Definitio  Chalkedons,  A C O  11,1,2,  129,31­32,  wobei  Kyrills  ούχ ώς  durch  ein  ούδαμοϋ  ersetzt  wurde.  Vgl.  im  Blick  auf  Anm.  67  die  Parallele  im  Laetentur­Brief  (CPG  5339),  ACO  1,1,4,  18,25­19,1;  Π,Ι,Ι,  110,4­7.  Vgl.  zu  Anm.  3—4, ferner  die  Analyse  von  A.  de  Halleux  (Anm.  2),  der  ebd.,  159f., für die erste Vorlage der Definitio fidei mit einer Abhängigkeit von Basilios von Seleukia rechnet (,sans doute', d.h. ,vielleicht'). Wenn man bedenkt, daß dieser seine Formel eis  κύριος­  ... kv  δύο  φύσεσιν  γνωρι^όμεΐΌς  (ACO  Π,Ι,Ι,  93,1­2;  117,22)  in  Chalke­ don  mit  Kyrills  zweitem  Brief  an  Nestorios  (ebd.,  92,25­93,2),  in  Konstantinopel  (448)  mit,allen  Schriften'  Kyrills,  insbes.  mit  dem  Laetentur­Brief  (ebd.,  117,16­28)  in  Zusammenhang  gebracht  hat,  dann könnte der in Anm. 66 zitierte Satz trotz stilistischer Unstimmigkeit, d.h. entgegen der Auffassung von A. de Halleux, a.a.O., 157f.; 160; 162-166, auf die erste Vorlage zurückgehen.

67 

12

Z u r R e z e p t i o n des T o m u s L e o n i s

der [582] einen Hypostase interpretierte, dann griff es auf die erstmals bei Proklos von Konstantinopel nachweisbare Formel 68 zurück, mit der dieser vermutlich das Antiochenische Bekenntnis zu den zwei Naturen und dem einen Prosopon mit Kyrills Standpunkt zu vermitteln suchte. Das Konzil von Chalkedon trug so ein Verständnis Kyrills ein, das die Einheit beider Naturen in der einen Hypostase begründete. Es schloß dabei wahrscheinlich an die Interpretation der beiden genannten synodalen Briefe Kyrills bei Basilios von Seleukia an69. Doch sah es von einer Definition des Begriffs der einen Hypostase ab70.

3. Drei in Chalkedon vorgetragene Bedenken gegen den Tomus Leonis In welchem Sinn hat das Konzil von Chalkedon den Tomus Leonis mit den beiden genannten Briefen Kyrills ,verbunden'? In der nach E. Schwartz zweiten Sitzung hatten Bischöfe Illyriens und Palästinas nach der Verlesung von Leos Brief an Flavian gegen drei seiner Aussagen Bedenken geäußert. Da das uns überlieferte Protokoll einzig die betreffenden Stellen des Tomus, nicht aber die Argumente der Bischöfe wiedergibt, kann man das, was sie am Tomus auszusetzen hatten, einzig auf Grund jener Zitate aus Kyrill erschließen, die ihnen von der Leitung des Konzils bzw. von Theodoret von Kyros entgegengehalten werden, um die Übereinstimmung zwischen Leo und Kyrill zu beweisen.

68

S e r m o de i n c a r n a t i o n e ( C P G 5822), 11, hg. v. Ch. Martin, Le M u s e o n 5 4 (1941) 4 6 , 1 0 13. N ä h e r e s vgl. d e n A p p a r a t z u m H o d e g o s des A n a s t a s i o s Sinaites ( C P G 7745), V I I , 2 , 5 8 - 6 0 ; X . l , 2 , 1 7 6 - 1 7 9 , hg. v. K.-H. U t h e m a n n , C C S G 8, 110; 157, d e r i m K o n t e x t d i e s e s T e s t i m o n i u m v o n j e n e m i m Florileg C h a l k e d o n s ( A C O 11,1,3, 1 1 5 , 2 3 - 2 5 ) u n terscheidet. D i e z u d i e s e m T e x t hier v o r g e t r a g e n e H y p o t h e s e g e h t a u f M. R i c h a r d ( A n m . 52), 2 5 9 - 2 6 2 , z u r ü c k . D e u t l i c h e r zeigt sich die v e r m i t t e l n d e P o s i t i o n u n d der Z u s a m m e n h a n g m i t d e r U n i o n von 433 bei F l a v i a n s F o r m e l έκ  δύο  φύσεων  ...  ίν  μια  ύ π ο σ τ ά σ α  και  Ιν  έιΑ  ιτροσώττω  ( A C O  Π,1,1,  1 1 4 , 9 ­ 1 0 ) .  P r o k l o s  spielt  in  C h a l k e d o n  k e i n e  Rolle,  sieht  m a n  v o m  g e n a n n t e n  F l o r i l e g  u n d  v o n  der  A d l o c u t i o  ad  i m p e r a t o ­ r e m  ( C P G  9 0 2 1 ;  vgl.  A n m .  113)  ab,  w o  der  T o m u s  ad  A r m e n i o s  ( C P G  5 8 9 7 )  g e n a n n t  w i r d  ( A C O  11,1,3,  1 1 3 , 1 5 ­ 1 7 ) ,  d e s s e n  F o r m e l  v o n  der  e i n e n  H y p o s t a s e  ( A C O  IV,2,  191,20)  j e d o c h  nicht  e i n d e u t i g  ist. 

6 9 

Vgl.  A n m .  67  z u  A.  de  H a l l e u x  ( A n m .  2),  159f. 

70 

In  d e r  B e h a u p t u n g , daß die Eigenheiten b e i d e r N a t u r e n in der e i n e n H y p o s t a s e z u s a m m e n k o m m e n , w a r eine R e z e p t i o n s g e s c h i c h t e v o r g e z e i c h n e t , die den Begriff d e r H y p o s t a s e v o n d e n N a t u r e n u n d damit v o m N a t u r h a f t e n h e r a u f z u f ü l l e n suchte. I n s t r u k t i v ist in dieser H i n s i c h t die E n t w i c k l u n g i m D e n k e n des M a x i m o s H o m o l o getes. V g l . K . - H . U t h e m a n n , in: F. H e i n z e r - C. S c h ö n b o r n , M a x i m u s Confessor, Par a d o s i s X X V I I , Fribourg/Suisse, 1982, 2 2 3 - 2 3 3 .

Drei in Chalkedon vorgetragene Bedenken gegen den Tomus Leonis

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Ihre drei Bedenken lassen sich kurz zusammenfassen: Erstens sehen sie nicht ein, wie in Leos Soteriologie, genauer genommen, in der von ihm vorgetragenen soteriologischen Begründung der Einheit beider Naturen 71 diese [583] Naturen sich nicht als zwei Subjekte gegenüberstehen. Warum sagt Leo, daß der eine Mittler ex uno sterben, ex altero nicht sterben kann? Warum sagt er, nachdem er zuvor von der natura passibilis und der natura inviolabilis gesprochen hat, ex uno und ex altero, nicht aber ex una und ex altera? Was bedeutet für Leo ,der Mensch Jesus Christus' als ,der eine Mittler zwischen Gott und den Menschen' (I Tim. 2,5)? Die Konzilsleitung zitiert als gleichwertige Aussage Kyrills aus dem zweitem Brief an Nestorios (CPG 5304) dessen Exegese von Hebr. 2,9: Es ist ,die Sarx (des Logos), die den Tod gekostet hat', nicht seine göttliche Natur 72 . Für Kyrill ist der eine Mittler der inkarnierte Logos, der als Hoherpriester seinen Leib dem Vater als Opfer darbringt. Diese Sicht der Erlösung hatte er in aller Deutlichkeit Nestorios in seinen Anathematismen entgegengesetzt 73 und auf dem Höhepunkt der nestorianischen Krise in seinem Kommentar zum Hebräerbrief betont 74 . Inwieweit die Konzilsleitung Kyrills Soteriologie aufgreifen will, ist auf Grund der Akten nicht zu sagen. Das zweite Bedenken der Illyrer und Palästinenser 75 richtet sich gegen Leos Interpretation der biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussa71

72 73

74

75

Actio 2 bzw. 3 (Anm. 7), ACO 11,1,2, 81,33-82,3. Zitiert wird aus dem dogmatischen Teil (Anm. 64): Ep. 28 Ball., 3, A C O 11,2,1, 27,4-7; ST (Anm. 3) 57-60; griech. ACO 11,1,1,13,13-16, in dem mit einigen Veränderungen Leos Sermo 21, 2, hg. v. A. Chavasse, CCSL 138, Z. 46-51, S. 87, wiedergegeben wird. A C O 11,1,2, 82,8-11, wo mit zwei unbedeutenden Varianten CPG 5304 zitiert wird (ACO 1,1,1, 27,20-23; Π,Ι,1,105,35-106,4). Vgl. bes. den 12. Anathematismus: Ep. tertia ad Nestorium (CPG 5317), 12, ACO 1,1,1, 42,3-5, sowie die Erklärung desselben, bes. ebd., 37,9-17, im Zusammenhang mit dem 10. Anathematismus: ebd., 41,21-27. Vgl. R.A. Greer, The Captain of Our Salvation. Α Study in the Patristic Exegesis of Hebrews, Tübingen, 1973, 321-355, zu Hebr. 2,9 ebd., 343-349. Zur Datierung des Kommentars (CPG 5209,3) zwischen 428 und 432 vgl. G.M. de Durand, Deux dialogues christologiques, SChr 97, Paris, 1964, 532; P.M. Parvis, The Commentary on Hebrews and the Contra Theodorum of Cyril of Alexandria, JThSt n.s. 26 (1975) 4 1 5 419. Actio 2 bzw. 3 (Anm. 7), ACO 11,1,2, 82,13-16. Zitiert wird ep. 28 Ball., 4, A C O 11,2,1, 28,12-14; ST 94-95; griech. ACO 11,1,1,14,27-15,1. Als Vorlage diente Leo sein Tractatus 54, hg. v. A. Chavasse, CCSL 138A, Z. 32-36, S. 318. In der griechischen Übersetzung wurde caro durch σώμα, nicht durch  σάρξ  wiedergegeben.  Dadurch  geht  zum  einen  die  implizite  Bezugnahme  auf  Joh.  1,14  als  Interpretation  von  Phil.  2,6­7  verloren  und  wird  zum  anderen  dem  aus  Phil.  2,6­7  entnommenen  Begriff  der  μορφή  (forma),  sofern  er  die  Knechtsgestalt  Christi  meint,  seine Fülle genommen. Leo erklärt an der zitierten Stelle die Wahrung des Göttlichen und Menschlichen in der unitas: dum in invicem sunt (4, 28,10-11; ST 91, im Griechischen parallel zu  μετά  της 

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

gen und damit gegen sein Verständnis des in diesen Aussagen bezeugten Wirkens Christi. [584] Was meint Leo, wenn er sagt, daß in der Kenose nach Phil. 2,6-7 eine jede der beiden Gestalten, die forma dei und die forma servi, jeweils das ihr Eigene wirkt, und dieses dann damit erläutert, daß der Logos das wirkt, was ihm zu eigen ist, und die Sarx bzw. der Körper das ausführt, was ihm zu eigen ist? Was versteht er unter einem Wirken in Gemeinsamkeit - cum alterius communione? Wie wird hier das Wirken des Logos von jenem der Sarx unterschieden? Werden hier beide im gleichen Sinn als Subjekte eines Handelns aufgefaßt? Werden hier Logos und Sarx gleicherweise als Naturen bekannt? Werden somit die beiden Naturen hier als selbständige Subjekte des Handelns aufgefaßt, die im Wirken eine Gemeinschaft eingehen? Oder sollten für Leo forma dei und forma servi keine Synonyma für die göttliche und die menschliche Natur sein? Die Konzilsleitung zitiert als Parallele zu Leos Aussage Kyrills Interpretation der Unionsformel von 433 aus dem Brief an Akakios von Melitene (CPG 5340) 76 . Indem sie den Satz aus seinem Kontext reißt 77 , behauptet sie, Kyrill selbst habe die Unterscheidung von drei Klassen christologischer Aussagen vertreten. Zugleich sieht sie in Leos Worten eine Aussage über drei Klassen christologischer Prädikate bzw., genauer genommen, eine Aussage über die dritte Klasse, die den Sohn Gottes als ,Gott und Mensch zugleich' erweist. War der Konzilsleitung nicht bewußt, daß Kyrill gerade in diesem Brief von der  μία  φύσις  des  inkar­ nierten  Gott  Logos  gesprochen  und  dabei  seinen  vierten  Anathematis­ mus  zitiert  hatte 78 ? 

θατέρου  κοινωνία?  wiedergegeben  mit: kv  δσω  τά  συναμφότερα  μετ'  άλλήλων  εστίν  (ACO  Π,1,1,  14,24­25),  was  das  Bedenken  gegen  die  zitierte  Stelle  nur verstärken konnte. Timotheos Ailuros, Contra definitionem synodi (CPG 5482), pars 11: Ad versus T o m u m Leonis, 12, hg. v. R.Y. Ebied - L.R. Wickham, Timothy Aelurus: Against the Definition of the Council of Chalcedon, in: C. Laga, u.a. (Hg.), After Chalcedon Studies in Theology and Church History offered to A. van Roey, Leuven, 1985, 149, übersetzt ,both things exist in what they are' und sieht hierin eine Parallele zu Nestorios'  κοινωνία.  Nach  P.  Galtier  (Anm.  7),  372,  und  A.  de  H a l l e u x  (Anm.  24),  426, hätte Kyrill Leos Formel vom gemeinsamen Wirken abgelehnt. 76

A C O 11,1,2, 82,20-22. Zitiert wird aus CPG 5340:16, A C O 1,1,4, 27,22-24.

77

Kyrill verteidigt hier die Antiochener gegen den Vorwurf, Anhänger des Nestorios zu sein. Er zitiert ihre Unionsformel und interpretiert sie mit der in Anm. 76 genannten Aussage (ebd., 15-17, 27,15-28,21). Deutlich weist er darauf hin, daß die Formel nicht seine eigene Ansicht wiedergibt (vgl. ebd., 20, 30,6-8, mit 20, 29,16-18). Denn für ihn ist das Subjekt aller christologischer  φωναί  der  eine  inkarnierte  Logos  (vgl.  ebd.,  17,28,18­19  mit  19,29,14­15,  sowie  Anm.  82),  so daß es genügt von zwei Klassen, den Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, zu sprechen (ebd., 20, 30,4-6; Anm. 82). Eine zu CPG 5340 analoge Situation liegt in Kyrills ep. ad Valerianum (CPG 5350) vor.

78

Ep. ad Acacium (CPG 5340), 12-13, ACO 1,1,4, 26,6-22.

Drei in Chalkedon vorgetragene Bedenken gegen den Tomus Leonis

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Der Sache nach geht es bei dem Zitat aus dem Brief an Akakios um ein Verständnis dieses vierten Anathematismus 79 , d.h. um die Frage, inwiefern er mit der Antiochenischen Unionsformel zu vereinbaren ist. Die beiden ersten Klassen sind jene, die den beiden Naturen entsprechen, nämlich Prädikate, die Gott geziemen  (θεοπρεπείς  φωναί),  und  solche,  die  das  Menschliche  als  solches  bezeichnen  (άνθρωποπρεπείς).  Von  diesen  unterscheidet  sich  die  dritte  Klasse  ,mittlerer  Ordnung'.  Sie  meint Prädikate, ,die den Gottessohn offenbar machen, der zugleich und im selben (Subjekt) Gott und Mensch ist'. Kyrill interpretiert so die Aussage der Antiochenischen Unionsformel, daß die biblischen Autoren nicht nur die Dihärese der christologischen Aussagen kannten, [585] sondern auch bestimmte christologische Aussagen, die sie auf ,ein (einziges) Prosopon' als deren  κοι,νόν  bezogen:  κοινοποιοϋντε? ώς  εφ'  ενός·  προσώπου80.  Wenn  die  Konzilsleitung  auf  diese  Interpretation  Ky­ rills zurückgreift, dann wohl deshalb, weil Leos Formel cum alterius communione  (μετά  της  θατέρας  κοινωνίας·) für die Illyrer und Palästinenser Anlaß war, hier einen auf eine antiochenische ,Trennung der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen auf zwei Naturen'  (διαίρεση  των  φωνών ώς  επί  δύο  φύσεων)  zu  vermuten,  die  nicht  Kyrills  Interpretation  der  Unionsformel  im  Laetentur­Brief  (CPG  5339),  vor  allem  aber,  wie  sich  am  Ende  dieser  Sitzung  von  Chalkedon  zeigen  wird 81 ,  nicht  Kyrills  dritten  Brief  an  Nestorios  (CPG  5317)  und  somit  nicht  dem  vierten  Ana­ thematismus  entsprach.  Denn  Kyrill  betont  in  diesem, daß alle biblischen Aussagen, die Hoheits- und die Niedrigkeitsaussagen, sich auf ein einziges Subjekt beziehen. Dieses ist der inkarnierte Logos, ,das eine Prosopon, die eine Hypostase (oder Natur) des inkarnierten Gott Logos' 82 . Die dritte Stelle des Tomus Leonis, die auf Bedenken stieß, besagt, daß man trotz der una persona dei et hominis in Christus, ein Zweifaches (aliud - aliud) unterscheiden müsse und daß dieses jeweils etwas in Christus begründet, das in Gott und Mensch gemeinsam ist. Das eine

79

Vgl. den in Anm. 47 zitierten Text.

80

Vgl. die Antiochenische Unionsformel (zitiert in Anm. 46) bei Johannes von Antiochien (CPG 6310), ACO 1,1,4, 9,6-7, und Kyrill (CPG 5339) A C O 1,1,4, 17,18-19; 11,1,1, 109,7. Eine gute Übersetzung von KOtwnOLäv (G.W.H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford (1961) 1968, 761:,regard, treat as like') bleibt vorläufig ein Desiderat. Vgl. S. 19 [588], Anm. 97, zu ACO 11,1,2, 82,37-83,5.

81 82

Ep. tertia ad Nestorium (vgl. die in Anm. 47 und 51 zitierten Texte, ferner zum 4. Anathematismus Kyrills Apologien gegen die Orientalen (CPG 5221), ACO 1,1,7, 43,19-24.35-36, und gegen Theodoret (CPG 5222), ACO 1,1,6,123,11-23.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

begründet die in beiden gemeinsame Schmach, das andere die in beiden gemeinsame Herrlichkeit 83 . Auffällig ist, daß nun nicht die Konzilsleitung, sondern Theodoret von Kyros eine Aussage Kyrills zitiert, um Leo zu rechtfertigen 84 . Er verweist auf eine Stelle aus den Scholia de incarnatione (CPG 5225), die auch in jenem Florileg erscheint, das Leo 450 durch Abundius von Como in Konstantinopel vorlegen ließ, um seinen Tomus zu unterbauen 85 . Doch auf Grund der Diffe[586]renzen vor allem im Umfang des Testimonium ist es unwahrscheinlich, daß Theodoret auf dem Konzil aus diesem Florileg zitiert hat. Wichtig ist, daß er mit diesem Text - vielleicht bewußt, wir wissen es nicht - auf Leos Quelle verweist, aus welcher der Gedanke der communio beider Naturen in den Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen und das Stichwort der operationes communes stammt 86 . In den Scholia de incarnatione hatte Kyrill im Winter 432/433 seinen Standpunkt in gemäßigteren Worten dargelegt, als er es im dritten Brief an Nestorios getan hatte. Dieses geschah wohl im Blick auf die gleichzeitigen Verhandlungen mit den Antiochenern 87 . Dies legt die Terminologie Kyrills nahe, insbes. die Tatsache, daß er  κοινοποιείσθαι  für das göttliche Handeln des inkarnierten Logos benutzt, sofern dies ,im Fleisch' geschieht88, und damit den für die Antiochener wichtigen 83

Actio 2 bzw. 3 (Anm. 7), ACO 11,1,2, 82,24-28. Zitiert wird ep. 28 Ball., 4, A C O 11,2,1, 29,10-12; ST (Anm. 3) 122-125; griech. ACO  Π,Ι,1,16,4­8.  84  Ebd.,  ACO  11,1,2,  82,29­33.  Auf  diesen  Vorgang  beziehen  sich  wahrscheinlich  die  Leo  vermutlich  angedichteten  Dankesworte  an  Theodoret  in  ep.  120  Ball.  (CPG  9053),  ACO  Π,4, 80,34­35;  ep.  73 ST (Anm.  58),  115­116.  85  Die  betreffende  Stelle  lautet  im  Kyrillischen  Florileg  v o m  Jahre  482,  107,  hg.  v.  R.  Hespel,  Le  florilege  cyrillien  refute  par  Severe  d'Antioche,  Louvain,  1955,  159,5­8  (wiedergegeben  in  ACO  1,5,  228,19­21):  καΐ  γενόμενον  άνθρωποι;  και  ού  μεθέντα  τό  ίδιον  (μεμένηκε  γάρ  δπερ  ην)·  νοείται  γάρ  πάντως  ώς  ετερον  εν  έτερω  τό  κατοικούν,  τουτέστιν  ή  θεία  φύσις  εν  άνθρωπότητι.  Lateinisch  in  Collectio  Palatina,  24  (25),  ACO  1,5,  2 0 3 , 2 ^ ,  dem  der  Text  in  Leos  erstem  (Anm.  59;  114)  Florileg  (18,  A C O  11,1,1,  24,35­25,1)  entspricht.  Theodorets  Text  weicht  gegen  alle  genannten,  auch  gegen  je­ nen  bei  Johannes  Grammatikos,  Apologia  concilii  Chalcedonensis  (CPG  6855),  1,1,96,  Z.  902­904,  hg.  v.  M.  Richard,  CCG  1, Turnhout­Leuven,  1977, 38,  etwas  ab:  Statt  γάρ  (namque)  liest  m a n  ein  δε,  statt  ώς  (tamqam)  ein  και  u n d  statt  έν  άνθρωπότητι  (in  humanitate,  bei  Johannes  Grammatikos  vermutlich  εν  ανθρωπινή)  ein  έν  τοις  ανθρωπινοί?.  86  Vgl.  z u m  sog.  zweiten  Tomus  S. 26  [595].  87  M.  Richard,  Le  p a p e  saint  Leon  le  Grand  et  les  ,Scholia  de  incarnatione  unigeniti'  de  saint  Cyrille  d'Alexandrie,  Recherches  de  science  religieuse  39/40  (1951/52)  116­128,  bes.  121­125  (Opera  minora  [Anm.  52], Π, n.  53).  88  Scholia  (CPG  5225)  im  Kyrillischen  Florileg,  100  (Anm.  85),  154,16­20,  u n d  in  den  Excerpta  Parisina,  2,  ACO  1,5,  221,11­14:  Και  οίκειοΐιται  μεν  ...  ό  λόγος·  τά  της  ιδίας  σαρκός  ..., κοινοποιείται  δέ  ώσπερ  τη  ίδια  σαρκΐ  της  ένούσης  αύτώ  θεοπρεποϋς  δυνάμεως  την  ενεργειαν,  ώστε  δύνασθαι  και  ζωοποιειν  τους  νεκρούς  και  ιάσθαι  τους  εν  άρρωστίαις.  In  der  in  der  Collectio  Palatina  bewahrten Übersetzung (7 [8], A C O 1,5, 189,15-18) wird Letzteres mit deus v e r b u m c o m m u n e s facit operationes wiederge-

Drei in Chalkedon vorgetragene Bedenken gegen den Tomus Leonis

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Gedanken der  κοινωνία  von  Gott  und  Mensch  im  Prosopon  Christi  ein­ bringt,  auf  den  auch  die  Unionsformel  hinweist,  wenn  sie  sagt, daß in den biblischen Aussagen ein  κοινοποιειν  u>s  εφ'  ενός  προσώπου  vollzo­ gen  wird.  Die  Scholia  hatte  Kyrill  433  nach  Rom  geschickt.  Er ließ ihnen jene lateinische Übersetzung beilegen, die uns in der Collectio Palatina erhalten geblieben ist. An manchen Stellen wird dort eine diphysitische Interpretation angeregt, die dem griechischen Original nicht entspricht 89 . In dem von Theodoret zitierten Text geht Kyrill von der Unveränderlichkeit der göttlichen Natur aus und beschreibt die ,göttliche Natur im Menschlichen' als ,das, was einwohnt'  (τό  κατοικούν),  und  darum  als  etwas,  das  in  einem  anderen  besteht  und  doch  nicht  mit  diesem  iden­ tisch  ist  ( e T e p o v  e v  έτερω)90.  Wenn  Theodoret  diese  Stelle  zitiert,  dann  will  er  zeigen, daß Kyrill wie Leo [587] von humanitas und divinitas als aliud und aliud sprechen kann. Von dem einen aliud leitet sich die Schmach Christi her, durch das andere aliud wird die Herrlichkeit Christi begründet. Wieso Leo aber die Schmach bzw. die Herrlichkeit Christi als communis in utroque bezeichnen kann, scheint ihm keine Frage zu sein. Denn in seiner Christologie ist ,die eine Person von Gott und Mensch' eine eindeutige Umschreibung des Namens ,Christus', von dem jeweils beides, Göttliches und Menschliches, gemeinsam ausgesagt werden, nämlich als gemeinsam in jedem von beiden, in Gott und Mensch. Doch das Subjekt der Aussage ist bei Kyrill nicht Christus, wie ihn Theodoret definiert, sondern ,der inkarnierte Gott Logos'. Und aus der Sicht einer Kyrillischen Christologie stellt sich die Frage, ob das communis in utroque des Tomus Leonis der hypostatischen Einung Kyrills und dessen Sicht der Herrlichkeit und der Schmach, der Wunder und des Leidens des inkarnierten Logos genügt. Im Tomus Leonis meint communis in utroque wie in der Christologie Theodorets etwas Gott und Mensch Gemeinsames. Insofern ist es auf die una persona bezogen, deren unitas, wie Leo im folgenden mit Worten Augustins das

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geben. Vgl. ferner u.a. im Kyrillischen Florileg, 111, 161,2-7 (lat. 33 [34], ACO 1,5, 210,15-19). Vgl. auch M. Richard (Anm. 87), 128: ,cette version latine s'ecarte de temps en temps du texte grec, toujours dans le sens du diphysisme'. Vgl. z.B. die in Anm. 90 genannte Lesart. Im Folgenden interpretiert Kyrill das 'έτερον ev  έτέρω.  Die  Andersheit  (ή έτερότης ev τούτοις)  ,bedeutet  einzig  die  Differenz  der  Natur  des  Logos  und  der  άνθρωττότης'  (Kyrill.  Florileg,  107  [Anm.  85],  159,9­13;  ACO  1,5,  228,22­25).  Der  im  Florileg  Leos  überlieferte Text weicht davon ab und entspricht der Übersetzung in der Collectio Palatina, die vor allem statt  ή  έτερότη^ ev  τούτου  ein  diversitas  naturarum  als  grammatikalisches  Subjekt einträgt.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

zuvor Gesagte zusammenfaßt, in utraque natura erkannt wird 91 . Doch bedeutet communis in utroque Eindeutigeres als jener Satz, mit dem Leo seine christologische Reflexion gegen Eutyches abschließt: In Christus ist die Menschheit nicht ohne die Gottheit und die Gottheit nicht ohne die Menschheit 92 ? Die Formel ist einfach: Das eine ist nicht ohne das andere, und insofern ist beides gemeinsam. Dies gilt für alle Aussagen über Christus, somit auch für seine Taten, in denen beide Naturen das wirken, was ihnen zu eigen ist, und doch zusammenwirken - cum alterius communione. Das zweite und das dritte Bedenken der Illyrer und Palästinenser zielen der Sache nach auf ein und dasselbe Problem. Die Frage nach dem Wirken oder den Heilstaten Christi, nach den actiones communes, wie Leo im sog. zweiten Tomus im Anschluß an die lateinische Übersetzung der Scholia de incarnatione sagt93, läßt sich nicht von der Frage nach dem Subjekt der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen trennen. Sie zielt auf Leos Personbegriff und deren Quelle in Augustins Werk 94 . [588] Die drei Bedenken der Illyrer und Palästinenser treffen wesentliche Aussagen des dogmatischen Teils des Tomus Leonis 95 . Wie die Antworten der Konzilsleitung und der Beitrag Theodorets zeigen, geht es letztlich um die Frage, inwiefern sich der Tomus Leonis mit Kyrills Standpunkt, mit dessen bei der Union von 433 vorausgesetzten Interpretation bestimmter Anathematismen, vereinbaren läßt. Die Diskussion des Tomus Leonis in der dritten Sitzung des Konzils von Chalkedon scheint weniger befriedigend verlaufen zu sein, als 91

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Ep. 28 Ball., 5, ACO 11,2,1, 29,13-14; ST (Anm. 3) 126-131; griech. ACO 11,1,1, 16,8-9. Als Vorlage diente Leo Augustinus, Contra sermonem Arianorum, 8, PL 42, 688,3750. Zu diesem Text vgl. H.R. Drobner (Anm. 63), 243f. In der Definitio fidei Chalkedons wird wie bei Basilios von Seleukia (Anm. 67; 69) ,der eine Herr ... in beiden Naturen erkannt'. ,Der eine Herr' heißt für Theodoret,Christus', für Kyrill ,der inkarnierte Logos'. Leos Sprachgebrauch ist ambivalent: Vgl. bes. ep. 28 Ball., 5, 30,6-7; ST 140-141; griech. 16,24^-26, zu Matth. 16,16, mit der in Antiochien üblichen Interpretation z.B. bei Paul von Emesa (CPG 6365; 6366: Anm. 57): ACO 1,1,4, 11,7-10; 13,18-19. Vgl. auch Anm. 158. Ep. 28 Ball., 5, ACOiV Vi, 2, 1, 32,1-2; ST 176; griech. ACO 11,1,1, 18,22-23. Vgl. auch ebd., 30,8-9; ST 142; griech. 16,26-28. Vgl. Anm. 88; 141. Zu dem von Augustinus seit 411 in der Christologie vertretenen Begriff der una persona vgl. H.R. Drobner (Anm. 63). Leo benutzt wichtige Texte Augustins nicht nur im ersten (Anm. 91) und zweiten Tomus (Anm. 159-160), sondern zitiert solche auch in seinen beiden Florilegien (Anm. 59): (1) in jenem vom Jahr 450 (Anm. 114): 13-15, ACO Π,Ι,Ι, 23,30-24,22; (2) ep. 165 Ball., Testimonia, 21-26, ACO Π,4, 127,16129,5. Vgl. zum Aufbau des Tomus Anm. 64. Die drei Bedenken entsprechen den drei Gedankengängen des dogmatischen Teils.

Die in Chalkedon vorgetragene Antwort auf die genannten Bedenken

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die Feststellung der Akten vermuten läßt, kein Bischof zweifele nun noch an der Übereinstimmung des Tomus mit der Lehre Kyrills 96 . Denn Attikos von Nikopolis bittet - vermutlich namens des illyrischen Episkopats - um einige Tage Bedenkzeit, wobei er auf Kyrills dritten Brief an Nestorios mit den Anathematismen verweist 97 . Das Konzil wird daraufhin vertagt, um einer von Anatolios ausgewählten Gruppe von theologisch versierten Bischöfen ,bis zu fünf Tagen' die Möglichkeit zur Diskussion zu geben 98 .

4. Die in Chalkedon vorgetragene Antwort auf die genannten Bedenken Was läßt sich nun auf Grund der Akten der vierten Sitzung über die Diskussion dieser Bischöfe feststellen? Greifbar wird sie im Votum des Episkopats Illyriens und in jenem, das ein Teil der Bischöfe Palästinas gemeinsam vorlegte. Die Illyrer erklären, daß ihre ursprünglichen Bedenken gegen den Tomus durch die römischen Legaten auf der durch Anatolios organisierten Zusammenkunft  (σύνοδο?) ausgeräumt worden seien 99 . Sie betonen, daß sie nun trotz der nicht eindeutigen Formulierungen des Tomus von Leos Rechtgläubigkeit überzeugt sind:  όρθοδοξότατον  είναι  τον  ...  Λέοντα 100 .  Die  Legaten hätten nämlich zwei Aussagen verurteilt, und beiden Anathematismen könnten sie sich anschließen. [589] Das erste Anathem richtet sich gegen jeden, der ,die Sarx unseres Herrn und Gottes und Retters Jesu Christi ... von der Gottheit trennt'. Worauf es den Illyrern bei dieser Abwehr einer nestorianischen Interpretation des Tomus ankam, verdeutlicht der Zusatz zur Formel ,Sarx unseres ... Gottes'. Denn dort heißt es:,unser Herr und Gott und Retter Jesus Christus' hat diese Sarx mit sich selbst geeint, und zwar vom ersten Moment an, als die Sarx im Schoß Mariens empfangen wurde 101 . Das Anathem ist nichts anderes als eine freie Wiedergabe von Kyrills 96 97 98

Actio 2 bzw. 3 (Anm. 7), ACO 11,1,2, 82,34-36. Ebd., 82,37 - 83,5. Ebd., 83,7-18. Vgl. actio 4, ebd., 93,6-14. Die Synode wurde nicht um fünf Tage, sondern  'έως  πέντε  ήμερων  vertagt  (usque  ad  dies  quinque:  ACO  11,3,2,  16,22­23;  105,4).  Diese  Angabe begünstigt die These von E. Chrysos (Anm. 7), der sie jedoch (a.a.O., 264) anders versteht und darum mit einer verfrühten Einberufung rechnet, der bei E. Schwartz eine Fristverlängerung entspricht. 99 Actio 4, ACO 11,1,2, 102,29-35. 100 Von den römischen Legaten wird gesagt:  σαφηνισάΐ'τωΐ'  ήμΐι;  α  ή  φράσις·  διίσταΐ'  ήιΐττετο  (ebd.  102,32).  101  Ebd.,  102,36­38. 

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

ενωσις καθ'  ύπόστασιυ  im  zweiten  Brief  an  Nestorios,  vermeidet  aber  die Begriffe  Hypostase  und  Logos 102 .  Inwiefern  konnten  die  Legaten  sich für diese Aussage auf den Tomus berufen? Obwohl Leo in seiner Abwehr des Eutyches primär an der Wahrung der Eigenheit der Naturen interessiert war, hat er im Tomus auch von der untrennbaren Eigenheit der Naturen in Christus gesprochen 103 . Doch war diese Aussage im Kontext nicht gegen Nestorios gerichtet, ja, ,untrennbar' verschwimmt hier mit der Bedeutung von ,unvermischt', da Leo fortfährt: ,So wissen wir, daß der Logos nicht das ist, was die Sarx ist'. Konnten Anhänger Kyrills hierin ein Bekenntnis zur  αδιαίρετο?  ενωσις  sehen?  Konnte  ihnen  dieses  ,untrennbar'  ge­ nügen, wenn die Frage nach der Begründung, d.h. nach Leos Begriff der persona, nicht geklärt war? Man vergleiche zu dieser Frage Kyrills Mißtrauen gegen den Gebrauch des Terminus  αδιαίρετος  bei  den  Ori­ entalen 104 .  Man  vergleiche  die  Kritik  des  Timotheos  Ailuros,  der  gerade  in  der  soeben  zitierten  Aussage  des  Tomus bestätigt sah, daß Leo ,der neue Nestorios ist, ,selbst wenn er  άδιαίρετος  und  εν  πρόσωπου  zehn­ tausend  Mal  sagen  sollte,  um  den  einfachen (Gläubigen) zu täuschen' 105 . Das Anathem der römischen Legaten ist in der dynamischen, heilsgeschichtlichen Perspektive Kyrills formuliert. Es betont den Vollzug der Einung  (ό κύριος  και  θεός  και  σωτήρ ήμών  ... ήνωσεν έαυτω). Für diese Sichtweise gibt es im Tomus Leonis Anknüpfungspunkte, sofern man z.B. die Redeweise suscipere humanam naturam von ihrer Quelle, d.h. von Augustinus her 106 , interpretiert und sieht, daß Leo im kerygmatischen Teil des Tomus zugleich Kyrill - wahrscheinlich dessen zweiten Brief an Nestorios oder die Scholia de incarnatione - aufgreift, indem er dieses suscipere durch ein suam [590] facere erläutert: In Christus hat sich Gottes eingeborener Sohn unsere Natur zu eigen gemacht 107 . Mit 102 Vgl. ebd., A C O 11,1,1, 105,14-15.25-30. 103 Ep. 28 Ball., 5, A C O 11,2,1, 30,19; ST (Anm. 3) 150: Ut agnosceretur in eo proprietas divinae humanaeque naturae individua permanere. Griech. ACO 11,1,1, 17,10-11: δπω? äv iv  αύτω  μεμενηκέναι  γνωσθή ή ίδιότη?  τη?  τε  θεία;  και  ττρ  ανθρωπινή?  φύσεως  αδιαίρετος·.  Vgl.  auch  ebd.,  31,2­3;  ST  156;  griech.  17,19­20,  zu  solvere  Iesum  (I  Joh.  4,2­3)  als  humanam  ab  eo  separare  naturam.  104  Vgl.  z.B.  ep.  secunda  ad  Successum  (CPG  5346),  ACO  1,1,6,  162,18­22.  105  Contra  definitionem  synodi  (CPG  5482),  pars  II,  21  (Anm.  75),  154.  Vgl.  ebd.,  26,  157,  zu  dem  in  Anm.  92  zuerst  zitierten  Text  des  Tomus.  106  Vgl.  H.R.  Drobner  (Anm.  63),  48­51.  107  Ep.  28  Ball.,  2,  A C O  11,2,1,  25,21­23;  ST  27:  Non  ...  nisi  naturam  nostram  ille  (seil,  unigenitus)  suseiperet  et  suam  faceret.  Griech.  ACO  11,1,1,  12,1­2:  εί  μή τήν  ήμετέραν  αυτός  φύσιν  άνελαβεν  και  οίκείαν  είργάσατο.  Zu  suscipere  und  suam  facere  vgl.  die  bei  H.  Arens  (Anm.  64),  227,  genannten  Stellen  aus  Leos  Predigten  und  Briefen.  Zu  Kyrills  Scholia  (CPG  5225)  bzw.  ep.  secunda  ad  Nestorium  (CPG  5304: 

Die in Chalkedon vorgetragene Antwort auf die genannten Bedenken

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diesen Worten trifft Leo auf die volle Zustimmung des Timotheos Ailuros: ,Du hast hier wunderbar das Geheimnis der Inkarnation und Oikonomie von (Gottes) eingeborenem Sohn dargestellt und die Würde seiner göttlichen Transzendenz gesehen' 108 . Das zweite Anathem der römischen Legaten interpretiert den Tomus im Blick auf Kyrills Verständnis der Union von 433, sofern es jeden ausschließt, ,der sagt, daß die (biblischen) Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen (τά  θεοπρεπή  και  τά  άνθρωποπρεπή)  nicht  ­  unvermischbar  und  unwandelbar  und  untrennbar  ­  ihm zugehören':  μή  αύτοΰ  elyai 109 ,  nämlich ihm, ,dem Herrn und Gott und Retter Jesus Christus'. Mit anderen Worten, alle biblischen Aussagen über Christus beziehen sich auf ein und dasselbe Subjekt, nicht nur jene Aussagen, in denen Göttliches und Menschliches zugleich behauptet wird. Dies ist aus der Sicht Kyrills viel entscheidender als die Frage, wieviel Klassen christologischer Aussagen man in der Bibel unterscheiden kann, mit der Kyrill seine Interpretation der  διαίρεσι?  der  Antiochener  als  eine  in  der  Einung  gewahrte  Unterscheidung begründet hat 110 . Die Palästinenser sagen in ihrem Votum der Sache nach dasselbe wie die Illyrer. Als der Tomus im Konzil verlesen wurde, hätten sie ihn zwar größtenteils, doch nicht in jeder Hinsicht akzeptiert  (τοις  πλείουσι  ορθώς  έχουσί).  Denn  gewisse  Worte  schienen  ihnen  eine  Trennung  in  Christus  anzuzeigen 111 .  Inzwischen  haben  sie  eingesehen, daß eine solche Interpretation des Tomus eine Frage der subjektiven Einstellung ist: Man könne die betreffenden Stellen des Tomus im Sinn einer Trennungs-Christologie verstehen, wenn man sie so verstehen will  (τοις  οϋτω  φρονεϊν  έθέλουσί).  Der  Tomus  ist  seinem  Wortlaut  nach  nicht  so  eindeutig, daß er nicht mißverstanden werden kann. Doch, so sagen die Palästinenser, sofern sie das Verb  έθέλειν  gebrauchen:  Eine  solche  In­ terpretation  wird  der  Intention  des  Tomus  nicht  gerecht,  da  sie bewußt ein anderes oder offeneres Verständnis ausschließt. Zur Begründung dafür, [591] daß der Tomus keine Trennungs-Christologie begünstigt, verweisen sie auf eine Erklärung der römischen Legaten. Darin lehnten

Anm. 176-177) vgl. auch Athanasios, bes. dessen Ep. ad Epictetum (CPG 2095). Z u m kerygmatischen Teil des Tomus vgl. Anm. 64. 108 Contra definitionem synodi (Anm. 105), 2 (Anm. 75), 144, zu ep. 28 Ball., 1-2, ACO 11,2,1, 25,1-24; ST 7 - 2 9 ; griech. ACO 11,1,1,11,7-12,5. 109 Actio 4, A C O 11,1,2, 102,38-39. Der Text scheint sich mit seiner Zweiteilung von göttlichen und menschlichen Aussagen unmittelbar am Wortlaut des vierten Anathematismus (CPG 5317: ACO 1,1,1, 41,1-4; zitiert in Anm. 47) zu orientieren, den Kyrill der Sache nach nie aufgegeben hat (Anm. 77; 82). 110 Vgl. S. 14f. [584f.]. 111 Actio 4, A C O  Π,1,2,  103,21­23:  Tives  ...  λέξεις  ώς  μερισμού  τίνα  και  χωρισμού  τοις  οϋτω φρονειν  έθέλουσι  έμφαίνουσαι. 

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

diese jede Trennung bezüglich des Subjekts der Christologie ab und vertraten die Auffassung, daß ,ein und derselbe Herr (und Retter Jesus Christus) der Gottessohn ist' 112 . So lasen die Legaten den Tomus; so dürfte auch die Kommission, die während der fünften Sitzung in der Kapelle der hl. Euphemia die Definitio fidei redigierte, den Tomus verstanden haben 113 . Inwiefern konnten sich die römischen Legaten für ihre Anathemata auf Leo selbst berufen? Bei der Vorbereitung der Konstantinopeler Synode vom Jahre 450, auf der erstmals der Tomus Leonis öffentlich verlesen wurde 114 , hatte Leo u.a. in Briefen an Kaiser Theodosios und dessen Schwester Pulcheria darauf hingewiesen, daß sein Tomus mit dem Zeugnis der Väter, insbes. mit Kyrills zweitem Brief an Nestorios (CPG 5304), übereinstimme. Zugleich erwähnt er gegenüber Theodosios Kyrills Florileg in den Gesta Ephesina 115 . Ferner hatte Leo seinen Legaten unter Leitung des Abundius von Como für diese Synode den Text des 112 Ebd., 103,26-27. 113 Actio 5, ebd., 125,26-126,6. Auffällig ist, daß die Palästinenser, die das Votum unterschrieben hatten, in der Kommission nicht vertreten sind. Roms Interessen wurden nicht nur von den Legaten, sondern auch von Julian von Kos gewahrt, der 448 die Formel  δύο φύσεις  kv έιΛ  προσώπω  benutzte  (ACO  11,1,1,  121,9).  Will  man  die  Arbeit  der  Kommission  bzw.  die  Auffassung  der römischen Legaten beurteilen, so kann Leos schon früh manipulierte ep. 35 Ball. (CPG 8929); ep. 6 ST (Aran. 58), nicht herangezogen werden, da Julian zu diesem Zeitpunkt noch keine Abschrift derselben besaß. Vgl. E. Schwartz und C. Silva-Tarouca, Nuovi studi sulle antiche lettere dei Papi, Gregorianum 13 (1931) 388, zu Leos ep. 113 (CPG 9046), ACO 11,4, 66,32-35 vom Jahre 453. - Akzeptiert man die hier vorgetragene Interpretation, dann spiegelt die im Anhang an die Akten von Chalkedon überlieferte Adlocutio ad Marcianum (CPG 9021), ACO 11,1,3, 110-116, eine Apologie des Tomus Leonis, nicht den Standpunkt des Konzils wider, sondern eher jenen, den man bei Theodoret von Kyros voraussetzen darf, aus dessen Eranistes (CPG 6217) das zur Adlocutio gehörige Florileg (ebd., 114—116) geschöpft hat, sieht man von jenem Testimonium des Proklos (ebd., 115,2325) ab, das jenem aus CPG 5822 (Anm. 68) sehr ähnlich ist. Vgl. M. Richard (Anm. 59), 725; ferner E. Schwartz, ACO 11,1,3, p. ΧΠΙ-XV, der die Adlocutio für eine Fälschung hält. Gegen diese Hypothese spricht nicht ep. 120 Ball. (CPG 9053), ACO Π,4, 80,35-36; ep. 73 ST [Anm. 58], 116-117, da dieser Brief vermutlich unecht ist. Nach P. Galtier (Anm. 7), 347f., bes. Anm. 3, gehört die Adlocutio entgegen der Auffassung von Rusticus zur vierten Sitzung von Chalkedon. 114 Der Tomus war für diese Synode um ein Florileg (ACO Π,Ι,Ι, 20-25) erweitert und in Konstantinopel samt dem nur im Griechischen erhaltenen Florileg übersetzt worden. Ein im Syrischen bewahrtes Fragment der Akten dieser Synode wurde von P. Mouterde, Fragment d'actes d'un Synode tenu ä Constantinople en 450, Melanges de l'Universite Saint-Joseph, Beyrouth 15 (1930/31) 35-50, herausgegeben. 115 Ep. 69 Ball. (CPG 8968), ACO Π,4,30,32-31,7 (ep. 19 ST [Anm. 58], 20-38); ep. 70 Ball. (CPG 8969), ACO Π,4, 29,34-30,5 (ep. 20 ST, 21-31). Vgl. ferner ep. 67 Ball, an Ravennius von Arles: Collectio Arelatensis, 14, hg. v. W. Gundlach, MGH, Epistulae ΙΠ, 1, Berolini (1892) 2 1957, 21f., bei C. Silva-Tarouca (Anm. 58), 12-14, S. 89. - Zum Florileg Kyrills in den Gesta Ephesina vgl. Anm. 55, zu CPG 5304 im zweiten Florileg Leos vgl. Anm. 176.

Die in Chalkedon vorgetragene Antwort auf die genannten Bedenken

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Tomus nicht nur mit einem Florileg, in dem er aus Kyrills Scho[592]lia de incarnatione zitiert 116 , sondern auch mit Erläuterungen (instructiones) zum Text auf den Weg mitgegeben 117 . Diese schienen Leo wegen bestimmter Formulierungen des Tomus angebracht 118 . Was er konkret meint, liest man in jenem Brief, den er im Juni 451 zur Vorbereitung auf das vom Kaiser einberufene Konzil an seinen Legaten Paschasinus geschickt hat. Er legte diesem Brief den Tomus mit einem Florileg bei. Der Tomus, so schreibt er, müsse besonders aufmerksam gelesen werden 119 . Er schließe ein Bekenntnis zu ,der einen Natur des inkarnierten Gott Logos' aus, weil ,im Gott Logos eine jede der beiden substantiae in der einen Person bleibt'. In dieser Einung (unitio) sei jede ,Trennung der Gottheit' (deitatis divisio), d.h. die dem Nestorios unterstellte Lehre von zwei Söhnen, ausgeschlossen: In der Inkarnation wird die Trinität nicht zu einer Tetrade erweitert und ist die menschliche Wirklichkeit Christi somit ,in Deo Verbo' 120 . Wie Leo hier formuliert, zeigt, daß er den einleitenden Satz zum dogmatischen Teil des Tomus, den später die Definitio fidei Chalkedons aufgegriffen hat 121 , interpretieren will: Weil die beiden Naturen in der unitas personae zusammenkommen 1 2 2 , ist die vom Logos vollzogene susceptio eine unitio im Logos - in Deo Verbo - ohne jede divisio. Im Unterschied zum Tomus formuliert Leo nun gegen Eutyches und Nestorios zugleich und betont die Wahrung der Naturen inseparabiliter in unitate personae 123 . Mit dieser Begründung der untrennbaren Einheit der Person greift Leo Augustins Christologie auf und erläutert, was er im Tomus aus Augustins Schrift Contra sermonem Arianorum übernommen hatte 124 . Der Sache nach zeigt er hier, warum er im Tomus gesagt hat, daß sowohl die Schmach des Kreuzes, als auch die Herrlichkeit der Auferstehung in Gott und Mensch gemeinsam sind - in utroque communis. Im Tomus fehlte jedoch eine 116 Testimonia, 16-18, A C O 11,1,1, 24,23-25,6. Vgl. Anm. 85; 90; 173. 117 Ep. 69 Ball. (CPG 8968), ACO Π,4, 31,21-25; ep. 19 ST (Anm. 58), 56-62. 118 Ep. 70 Ball. (CPG 8969), ACO Π,4,30,7-13; ep. 20 ST, 34-41: et remotis circumlocutionibus quibus obscurari Veritas solet. 119 Ep. 88 Ball. (CPG 8988), ACO Π,4, 46,8-10; ep. 30 ST, 8-11: epistulam ... diligentius tibi recensendam cognoscendamque direxi. 120 Ebd., A C O Π,4 46,15-22.28-30; ep. 30 ST, 18-28; 36-39. Mit ,in Deo Verbo' wird die Perspektive des in Anm. 90 zitierten Texts zur Einwohnung umgekehrt. Vgl. auch Anm. 30; 75. 121 Vgl. zu Anm. 3^4. 122 Ebd., ACO 11,4, 46,21-22; ep. 30 ST, 26-28: quoniam in unitatem personae deitas atque humanitas... convenit. 123 Vgl. den nur wenige Tage zuvor an Pulcheria gesandten Brief 84 Ball. (CPG 8984), A C O Π,4, 44,1-3; ep. 27 ST, 31-34: cum unitione utriusque essentiae ... maneant inseparabiliter in unitate personae. 124 Vgl. Anm. 91. - Z u m zweiten Tomus vgl. Anm. 159-160.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

eindeutige Begründung aus der Untrennbarkeit der Naturen in Deo Verbo (incarnato). Der Brief an Paschasinus verdeutlicht, wie Leo seinen Tomus verstanden hat. Doch inwiefern stimmt Augustins Christologie mit Kyrills Sicht der Inkarnation überein? Haben sich in Chalkedon die Legaten Leos und die Illy[593]rer und Palästinenser gegenseitig richtig verstanden? Ist die unitas personae als Resultat einer unitio in Deo Verbo dasselbe, was Kyrill unter ενωσις καθ'  ύττόστασιν  versteht?  Eines  ist  auf  jeden  Fall  deutlich:  Von  beiden  Parteien  wird  der  Tomus  Leonis  auf  Kyrill  hin  interpretiert.  Weil  trotz  undeutlicher  Formulierungen  ein  Konsens  mit  Kyrills  ,synodalen  Briefen'  nicht auszuschließen war, hat man den Tomus in Chalkedon rezipiert.

5. Leos Apologien seines Tomus Das Konzil von Chalkedon stieß nicht nur in Ägypten, sondern auch in Palästina unmittelbar auf heftigen Widerstand 125 , nicht zuletzt deshalb, weil es in seiner Definitio fidei den Tomus Leonis approbiert hatte. Hier sollen nur einige Beobachtungen dazu vorgetragen werden, wie Leo selbst in diesen Auseinandersetzungen seinen Tomus verteidigt und interpretiert hat126. Sie konzentrieren sich auf sein Schreiben nach Palästina vom Jahre 453127 und dessen Überarbeitung im sog. zweiten Tomus, den an Kaiser Leon I. adressierten Brief vom 17. August 458128. Leo geht in beiden Schreiben auf die drei in Chalkedon geäußerten Bedenken gegen seinen Tomus ein129.

125 Vgl. A. Grillmeier, Jesus (Anm. 2), Band 2/1, 113-125. 126 Zu Leos Verständnis des Tomus, bes. zu seiner Rezeption Augustins und Kyrills, ist auch seine ep. 35 Ball. (CPG 8929); ep. 6 ST, heranzuziehen (vgl. Anm. 113). Die in der griechischen Übersetzung bezeugten Manipulationen (E. Schwartz, ACO 11,1,1, p. XII; 11,4, p. XXI) gehören zur Rezeptionsgeschichte des Tomus. 127 Ep. 124 Ball. (CPG 9057), ACO Π,4,159-163. In der Einleitung (159,10-12) betont Leo, daß der Tomus sich selbst genügt und keiner Korrektur oder Erläuterung bedürfe. 128 Ep. 165 Ball. (CPG 9097), ACO Π,4, 113-119; ST (Anm. 3), S. 4 ^ 5 8 (im folgenden nach Zeilenangabe zitiert); wieder hg. von E. Schwartz, Codex Vaticanus gr. 1431, eine antichalkedonische Sammlung aus der Zeit Kaiser Zenos, AAM 32,6, München, 1927, 63-71. Zu diesem Brief gehört Leos zweites Florileg (Anm. 59): ACO 11,4, 119131; wieder hg. in Codex Vaticanus gr. 1431, 71-85. Griechisch ist der zweite Tomus ohne Florileg in der genannten Collectio des Vaticanus gr. 1431 erhalten geblieben (hg. v. E. Schwartz, a.a.O., 56-62). Im zweiten Tomus wird weitgehend (ACO 11,4, 113,16-118,7; ST 14-143) der in Anm. 127 genannte Brief 124 Ball, überarbeitet wiedergegeben (ACO 11,4, 159,20-162,33). 129 Vgl. die folgende Darstellung mit S. 12-19 [582-588] und Anm. 64.

Leos Apologien seines Tomus

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5.1. Von der soteriologischen Begründung der beiden Naturen zu den actiones communes In einem ersten Schritt greift Leo einen Text auf, der aus einer Predigt stammt, die er am 5. April 453 auf die Passion Christi gehalten hat 130 . In ihm geht es zunächst um die Begründung des Heils im Opfer Christi am Kreuz, [594] sodann um die una persona von Gott und Mensch und die actiones communes von Logos und Sarx. Der Menschen Heil wird durch das Blut Christi, des einzig unschuldigen Menschen, begründet 131 . Denn als einziger Mensch schuldete dieser auf Grund dessen, daß er nicht gesündigt hatte, nichts dem Teufel und dem Tod 132 . Diese Aussage, die der Sache nach schon im Tomus ad Flavianum begegnet 133 , ist für Leos Soteriologie wesentlich, wird hier aber nicht weiter entfaltet: Der Teufel hat zurecht seine Herrschaft über die Menschen verloren, weil er sich an dem einzigen Unschuldigen vergriffen hat, auf den er kein Recht besaß. Zur Erlösung des Menschen ist ein Zweifaches notwendig: göttliche Macht und menschliche Demut (potentia divina et humilitas humana) 134 . Die Unschuld des Menschen Jesus Christus, des einen Mittlers zwischen Gott und Mensch (I Tim. 2,5)135, ist im Blick auf die Erlösung des Menschen durch Gottes Gerechtigkeit gefordert. Denn der Teufel besitzt einen gerechten Schuldtitel, einen Anspruch auf den sündigen Menschen. Diesen erkennt Gott an und bindet so seine Macht an Gerechtigkeit.

130 In ep. 124 Ball., ACO 11,4, 160,26-161,23, benutzt Leo den Text von Tractatus 64,3-4, hg. v. A. Chavasse, CCSL 138A, 55-111, S. 391-393. Diesem entspricht in ep. 165 Ball., ACO Π,4, 115,8-116,13; ST 55-93; griech., 58,27-59,34. - Zum Verständnis Leos wäre im folgenden u.a. auch der Tractatus 54 (Anm. 30; 75) heranzuziehen. 131 Ep. 124 Ball., ACO 11,4, 161,2^4; ep. 165 Ball., ACO Π,4, 115,25-27; ST 71-72: Fides ... in illo adquirit salutem, in quo solo homo se invenit innocentem (griech., 59,8-10). Die Worte solo und homo fehlen in Tractatus 64,3,80. Zur Soteriologie Leos vgl. J.-P. Jossua, Le salut. Incarnation ou mystere pascal, Paris, 1968; H. Arens (Anm. 64), 229236. 132 Leo faßt die im Tractatus 64,2 (Anm. 130), S. 390f„ dargestellte Begründung, daß Gott ad dominationem diaboli destruendam magis uteretur iustitia rationis quam potestate virtutis (Z. 39-40), in ep. 124 Ball., ACO Π,4, 160,25-26; ep. 165 Ball., ACO 11,4, 115,7-8; ST 53-54; griech., 58,25-26, einleitend aus diesem Tractatus zusammen. Dort nennt er den Tod. Den Teufel fügt er in ep. 165 in den ersten Satz seiner Vorlage (Anm. 130) ein: diaboli vincla. 133 Ep. 28 Ball., 2-3, ACO 11,2,1, 25,20-22; 27,9-11.17-24; ST (Anm. 3) 26-28; 65-67, bes. 77-84; griech. ACO 11,1,1, 11,29-12,2; 13,19-22; 14,2-12. 134 Vgl. ep. 124 Ball., ACO Π,4,163,10-12. 135 Daß der Mittler der Mensch lesus Christus ist, betont Augustinus. Vgl. die von H.R. Drobner (Anm. 63), 258f., zitierten Texte. Zum Verständnis ist dessen Gnaden- und Prädestinationslehre zu beachten. Vgl. Anm. 161.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

Zugleich wird der Tod Christi am Kreuz von Leo als Opfer angesprochen, das Christus als der Hohepriester des Hebräerbriefs darbringt136. Fragt man im Blick auf Kyrills Exegese, die im inkarnierten Logos den Hohenpriester erkennt, der das Opfer darbringt 137 , wer nach Leo der Hohepriester ist, dann lautet die Antwort Leos: Christus138. Meint Leo hier den Menschen Jesus Christus als den einen Mittler (I Tim. 2,5), der zugleich auf Grund der unitas personae Gottes Sohn ist? Oder meint er den Sohn Gottes, der eines Wesens mit dem Vater ist und zugleich auf Grund der unitas personae Menschensohn [595] ist? Will er letzteres deutlich machen, wenn er 458 im zweiten Tomus zur Bezeichnung Christi als wahrer Priester (verus pontifex) ein et aeternus hinzufügt 139 ? Sollte er so einen Ausgleich mit Kyrill suchen? Dies ist unwahrscheinlich. Denn der Zusatz et aeternus ist nichts anderes als Hinweis auf Hebr. 5,6: ,Du bist Priester in Ewigkeit nach der Weise Melchisedeks'. Mit diesem et aeternus bringt Leo nur deutlicher den Hebräerbrief ein und damit den Gedanken, daß der Hohepriester Christus als Mensch für Menschen eintritt. Potentia divina et humilitas humana zeigen sich in den Werken Christi, genauer gesagt, beides zugleich zeigt sich in Christi actiones communes. In ihnen erkennt der Gläubige die potentia Verbi und die Veritas carnis140. Leo interpretiert hier den aus der lateinischen Übersetzung der Scholia de incarnatione Kyrills übernommenen Begriff der operationes communes 141 . Wie versteht Leo das Subjekt dieser actiones communes? Im zweiten Tomus vom Jahre 458 liegt eine zweifache handschriftliche Überlieferung vor. Das grammatikalische Subjekt der actiones communes kann zum einen ,die eine Person des Logos und der Sarx' sein (una persona, quae ... communes habeat actiones). Zum andern könnten ,der Logos und die Sarx' dieses Subjekt sein (quae ... communes habeant actiones)142. Denn diese von zwei Sammlungen der Briefe Leos bezeugte 136 Ep. 124 Ball., A C O 11,4, 160,32-36; ep. 165 Ball., ACO 11,4, 115,14-18; ST 61-63; griech., 58,34-38. 137 Vgl. z u A n m . 72-74. 138 Leo zitiert Eph. 5,2 in d e m in Anm. 136 genannten Text, ohne ausdrücklich das Subjekt der Aussage, Christus, anzuführen. Z u Kyrill vgl. bes. ep. tertia ad Nestoriu m (CPG 5317), 9; 12, A C O 1,1,1, 39,1-2; 41,21-27. 139 Vgl. ep. 165 Ball., ACO Π,4,115,17-18; ST 63; griech., 58,37, mit ep. 124 Ball., A C O 11,4,160,35-36, sowie Tractatus 64,3,67-69. 140 Ep. 124 Ball., A C O 11,4, 161,8-23; ep. 165 Ball., ACO 11,4, 115,31-116,13; ST 77-93); griech., 59,16-34. 141 Vgl. A n m . 88. 142 Ep. 165 Ball., A C O 11,4, 115,30-31; ST 76-77): Licet ergo in u n o d o m i n o ... Verbi et carnis u n a persona sit, quae inseparabiliter atque indivise c o m m u n e s habeat (habeant: Collectio Ratisbonensis et Hadriana) actiones; griech., 59,14-16: Τοιγαροΰν ei

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lectio difficilior, der Carlo Silva-Tarouca den Vorzug gibt, widerspricht nicht dem Sprachgebrauch Leos, der nach Verbum et caro mit einem neutralen unum et alterum bzw. aliud et aliud fortfahren kann. Diese Lesart entspricht auch dem, was Leo ursprünglich 453 in seiner Predigt und im Schreiben an die Palästinenser gesagt hatte. Dort hatte er zwei Aussagen nebeneinander gestellt: In Christus ist zum einen una persona Verbi et carnis, und zum anderen besitzt in Christus eine jede der beiden Wesen (utraque essentia) actiones communes 143 . Doch wie ist die Tatsache zu werten, daß Leo 458 die Adverbien inseparabiliter atque indivise hinzugefügt hat? Wer oder was besitzt ,untrennbar gemeinsame actiones'? Oder ist gemeint, daß die communio im Wirken untrennbar ist? Im unmittelbaren Kontext, d.h. in jenem Text, den Leo in einem ersten Schritt aus einer eigenen Predigt übernommen hat, findet sich keine Aussage, die eine eindeutige Antwort zuläßt. [596]

5.2. Eine Wiederholung des Arguments Nun wiederholt Leo in einem zweiten Schritt die bisher vorgetragenen Gedanken. Zunächst geht er auf seine Aussage über die actiones communes ein.

5.2.1. Actiones unius personae Zwischen beiden Naturen bestand, so erklärt Leo, nach der Empfängnis im Schöße der Jungfrau zu keinem einzigen Zeitpunkt eine Trennung, und alles Wirken nach dieser Empfängnis war nichts anderes als Wirken der einen Person (unius personae actiones)144. Beide Aussagen gehören für Leo offensichtlich zusammen: Die göttliche und die menschliche Natur sind in der Inkarnation ungetrennt, und alles Wirken Christi ist actio unius personae. Obwohl beides gilt, sollen wir dennoch, so fährt er fort, bei dem, ,was untrennbar geworden ist' (quae inseparabiliter facta sunt), unterscheiden, ,was welcher Natur zukommt'. Dieses können wir, indem wir auf die Werke Christi, d.h. auf die biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, achten145. Leos Perκαί  τά  μάλιστα  ...  τοϋ  τε  λόγου  καΐ  της  σαρκός  εν  ύπάρχει  πρόσωπον,  όπερ  άχωρίστως  καΐ  αδιαιρέτως  κοινά? έχει  τάς  πράξεις.  143  Ερ.  124 Ball.,  A C O  Π,4,161,7­8;  Tractatus  64,4  (Anm.  130), 89­90,  S. 392.  144  Ερ.  124  Ball.,  ACO  11,4,161,23­26;  ep.  165  Ball.,  A C O  Π,4,  116,13­15  (Silva­Tarouca,  94­96);  griech.,  59,34­37.  145  Ep.  124  Ball.,  ACO  11,4,  161,26­27;  ep.  165  Ball.,  ACO  Π,4,  116,16­17;  ST  96­97;  griech.,  59,37­39. 

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

spektive ist somit das Resultat der Inkarnation. Er schaut wie die Antiochener in ihrer Unionsformel von 433 auf die Heilstaten oder Werke (opera) Christi. An ihnen entdeckt er das, was die Adverbien ,untrennbar' und ,unvermischt' aussagen sollen. Sofern die eine Person Christi una persona Verbi et carnis ist - nämlich Gott und Mensch zugleich - , sind ihre actiones dem Gott Logos und der Sarx gemeinsam und zugleich actiones unius personae, nicht solche zweier Söhne, sondern des einen, der Gottes- und Menschensohn zugleich ist. Der Sache nach geht Leo hier über sein im Tomus ad Flavianum vorgetragenes Verständnis der operationes communes aus Kyrills Scholia de incarnatione nicht hinaus, auch wenn er von actiones unius personae spricht und wahrscheinlich - mehr wird man m.E. nicht sagen können - im ersten Schritt seiner Darstellung seine ursprüngliche Aussage utraque essentia communes habeat actiones im zweiten Tomus (458) zu einer Aussage über actiones communes der einen Person verändert hat. Wie die Heilstaten der einen Person zu verstehen sind, hängt entscheidend daran, was Leo unter una persona versteht. Dies gilt umso mehr, sollte er diese als actiones communes gekennzeichnet haben. Haben das zweite und dritte der in Chalkedon gegen den Tomus vorgetragenen Bedenken im zweiten Tomus aus der Sicht einer Kyrillischen Christologie noch keine befriedigende Antwort gefunden? Wenn Leo im folgenden darstellt, wie der Gläubige aus den Werken Christi, der einen Person, die untrennbar Gott und Mensch ist, beide Naturen [597] unvermischt erkennt, dann vermeidet er Formulierungen, die dazu anleiten könnten, die beiden Naturen als irgendwie selbständige Subjekte des Handelns aufzufassen. Dabei korrigiert er, ohne es ausdrücklich zu sagen, Formulierungen seines Tomus ad Flavianum, die, wie z.B. die Kritik des Timotheos Ailuros zeigt, zum Vorwurf beitrugen, Leo vertrete dort die Lehre des Nestorios, da er die biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen auf zwei konkrete Subjekte verteile, nämlich stets zwischen ,dieser' und ,jener' unterscheide, wie z.B. zwischen ,dem, den Herodes ermorden wollte' und ,jenem, den die Magier angebetet haben' 146 . Allgemein bemüht sich Leo 458 darum, alles zu vermeiden, was in den Begriff der beiden Naturen eine nestorianische Interpretation eintragen könnte. Wenn er z.B. im ersten Tomus fragt:,Welche Natur hing 146 Ep. 28 Ball., 4, ACO 11,2,1, 28,23-24; ST (Anm. 3) 107-108; griech., ACO 11,1,1, 15,1213. Dieser Vorwurf zielt vor allem auf die aus einer gegen die Arianer gerichteten Predigt des Gaudentius von Brescia übernommenen Gegensätze zwischen Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen (ebd. 28,20-29,5; ST 103-115; griech., 15,8-22), die noch ganz der antiarianischen Exegese verpflichtet war, in der die Einheit des Prosopon noch nicht hinreichend bedacht war.

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von Nägeln durchbohrt am Kreuzesholz?'147, dann antwortet ihm Timotheos Ailuros: ,Der inkarnierte Gott Logos hing am Kreuz ... und wurde von Nägeln durchbohrt' 148 . Während Leo im Brief an die Palästinenser 453 die Frage des Tomus wiederholt 149 , schreibt er 458: ,In welcher Gestalt - in der Gestalt Gottes oder in jener des Knechts (Phil. 2,6-7) - hing Christus, der Herr der Herrlichkeit (I Kor. 2,8), am Holz des Kreuzes?' 150 .

5.2.2. Veritas mediatoris hominis Iesu Christi Nachdem Leo in einem zweiten Durchgang den aus einer Predigt übernommenen Text zum Verhältnis der actiones communes zur una persona Verbi et carnis mit anderen Worten wiederholt und auf die biblischen Aussagen angewandt hat151, geht er auf die soteriologische Begründung für die Zwei-Naturen-Lehre ein. Er erläutert in einer Auslegung von Phil. 2,6-11, was er eingangs152 mit den Worten der genannten Predigt vorgetragen und die Veritas mediatoris genannt hatte. [598] Zunächst wiederholt er seine Auffassung von der einen Person Christi und deren Wirken: Wegen der untrennbaren Einheit der Person ist Christus als ein und derselbe Gott und Mensch, so daß in der Inkarnation ,Göttliches nicht ohne den Menschen und Menschliches nicht ohne Gott gewirkt wird' 153 . Sodann betont er als Konsequenz (ergo), daß Christus vom Vater empfangen hat, was er als Mensch nicht besaß, was ihm aber als Gottessohn in der Einheit mit dem Vater zukam 154 . Was diese Unterscheidung secundum hominem und secundum potentiam

147 Ebd., 5, 31,9-10; ST 164; griech. 18,1-2. Vgl. hiermit ep. secunda ad Nestorium (CPG 5304), 5, ACO 1,1, 27,14-16; 11,1,1, 105,30-32, im zweiten Florileg Leos, 27, ACO 11,4, 129,30-31 (Anm. 176). - Vgl. zu Anm. 115. 148 Contra definitionem synodi (CPG 5482), pars II, 25 (Anm. 75), 156. Vgl. ebd., 18,151f. zu ep. 28 Ball., 4,29,7-8; ST 119; griech., 15,26-16,1. 149 Ep. 124 Ball., ACO 11,4, 161,30-31: Dicant ..., quae substantia salvatoris adfixa sit ligno. 150 Ep. 165 Ball., ACO 11,4,116,18-19; ST 100; griech.; 59,40-60,1. 151 Ep. 124 Ball., ACO 11,4, 161,23-28; ep. 165 Ball., ACO 11,4, 116,13-24; ST 94-104; griech., 59,34-60,6. 152 Vgl. ep. 124 Ball., ACO Π,4, 160,23 mit ebd., 161,34-37; ep. 165 Ball., ACO Π,4, 115,6; ST 52, mit ebd., 116,25-29; ST 105-109; griech.: 58,24 mit 60,7-13. 153 Ep. 124 Ball., ACO 11,4, 162,4-18; ep. 165, ACO Π,4, 117,8-21; ST 113-125; griech., 60,23-38. 154 Ep. 124 Ball., ACO 11,4,162,19-22; ep. 165 Ball., ACO Π,4, 117,21-24; ST 126-128; griech., 60,38-41.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

deitatis 155 bedeutet, zeigt sich darin, wie Leo nun die Kenose nach Phil. 2,6-11 als Vollzug der Erlösung beschreibt: Die Menschen konnten nur erlöst werden, wenn es einen Menschen gab, der nicht gesündigt hatte und der dennoch auf Grund seiner menschlichen Natur sterblich war und tatsächlich starb, obwohl Teufel und Tod kein Recht auf diesen Menschen hatten. Mit seinem unschuldigen Blut setzte er den Teufel ins Unrecht und tilgte den gegen die Sünder zeugenden, tödlichen Schuldbrief 156 . Leo begründet so ausführlicher, was eingangs schon gesagt war. Wenn er im zweiten Tomus durchaus im Blick auf Gethsemane 5 7 hinzufügt, daß Christus als Mensch ,kam, um den Willen dessen zu erfüllen, der ihn gesandt hat' (Joh. 6,38) 158 , dann argumentiert er so, wie es Augustinus in seiner Schrift Contra sermonem Arianorum getan hat, um den erlösenden Gehorsam jenes Menschen aufzuweisen, der als Mittler Gott und Mensch, una persona, ist159. Wahrscheinlich ist die genannte Schrift Augustins hier Leos Quelle gewesen 160 . Unsere Erlösung gründet nicht nur in Gottes Macht und in der göttlichen Natur Christi, die in der Auferstehung den Tod überwindet und so der menschlichen Natur unver[599]gängliches Leben schenkt, sondern auch im Gehorsam eines Menschen und insofern in dessen humilitas. Dies ist für Leo die Veritas mediatoris. Darum betont er mit I Tim. 2,5, daß der eine Mittler zwischen Gott und Mensch der Mensch Jesus Christus ist.

155 Vgl. S. 25f. [594f.] zu potentia divina et humilitas humana. 156 Ep. 124 Ball., ACO 11,4, 162,22-33 (kürzer als ep. 165: vgl. Anm. 158), bes. 28-30; ep. 165 Ball., A C O 11,4, 117,25-118,7, bes. 118,2-4; ST 129-143, bes. 138-140; griech., 61,118, bes. 11-14. - E. Mühlenberg (Anm. 6), 15f.; 18, betont einseitig das Motiv der Täuschung des Teufels: ,die menschliche Natur ist notwendig, damit der Teufel sich täuschen läßt ... Augustin und Leo haben Mühe, den Gedanken der Täuschung durch Gott fernzuhalten'. Vgl. hierzu J.-P. Jossua (Anm. 131). 157 Ep. 165 Ball., ACO 11,4, 117,28-29; ST 132; griech., 61,4-5, zitiert Leo Matth. 26,38. 158 Ebd., A C O 117,26-29; ST 129-132; griech., 61,1-5. Dieser Text fehlt in ep. 124 Ball., A C O 0,4, 162,22. ,Secundum formam servi' entspricht dem zu Anm. 154-155 zitierten ,secundum hominem'. Zu dem, was im folgenden gesagt wird, ist zu beachten, daß das Subjekt der Aussage von Phil. 2,6-11 und darum der Kenose für Leo ,Christus' ist. Damit stimmt er mit Theodoret von Kyros gegen Kyrill überein, für den das Subjekt der Kenose der Logos ist (Anm. 162). 159 Ebd., 7, PL 42, 687,38-688,30, bes. 688,22-24. Vgl. H.R. Drobner (Anm. 63), 243. 160 Auf den in Anm. 159 zitierten Text folgt jener, den Leo im Tomus ad Flavianum aufgegriffen hat. Vgl. Anm. 91. In ep. 35 Ball. (CPG 8929), A C O 11,4, 8,6-7; ep. 6 ST (Anm. 58), 82-84, benutzt Leo wohl dieselbe Schrift: 8, PL 42, 688,36-37 (ut ipsa assumptione crearetur).

Leos eigene Sicht auf seinen Konsens mit Kyrill

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Im Unterschied zu Augustinus 161 sucht Leo nicht nach einer Begründung, warum Christus zum einen als Mensch der einzige Gerechte ist und zum anderen als ,ein und derselbe' Gottes- und Menschensohn zugleich ist. Er fragt nicht, ob und warum ein Zusammenhang zwischen beiden Aussagen besteht.

6. Leos eigene Sicht auf seinen Konsens mit Kyrill Für Kyrill gründet unsere Erlösung darin, daß der Logos sich die Sarx zu eigen gemacht und in dieser gelitten hat. Für Kyrill ist Jesus der Emmanuel: In Jesus begegnet uns Gott. Als der inkarnierte Logos ist er der eine Mittler zwischen Gott und Mensch (I Tim. 2,5), der aus Liebe alles, was wir an der Kenose für Gottes unwürdig halten, um des Menschen willen aus freien Stücken selbst getan und gelitten hat 162 . Der Logos ist für Kyrill das Subjekt der Kenose; der Logos hat sich bis in den Tod alles Menschliche außer der Sünde (Hebr. 4,15) angeeignet. Der Logos hat als Hoherpriester sein eigenes Fleisch am Kreuz geopfert 163 . Auch wenn Leo seine Übereinstimmung mit Kyrill betont, genauer gesagt, auch wenn er keinen Widerspruch zu dem in Chalkedon rezipierten zweiten Brief an Nestorios und zu den Scholia de incarnatione entdeckt, die bei ihm statt des Laetentur-Briefs genannt werden, um die Union von 433 einzubringen, so trennt ihn und Kyrill die soteriologische Theorie und damit die soteriologische Begründung der Christologie. Im Blick auf die von Athanasios geprägte Sicht Kyrills erscheinen der Brief nach Palästina und der zweite Tomus gegenüber dem Tomus ad Flavianum sogar als Rückschritt. Denn in [600] dessen kerygmati161 Zurecht betont diesen Unterschied B. Studer (Anm. 32), 486, und bezieht sich dabei auf Augustins ,letztes Werk über die Gnade': De dono perseverantiae. Vgl. zu diesem H.R. Drobner (Anm. 63), 247f. 162 Vgl. z.B. Apologia ΧΠ anathematismorum contra Theodoretum (CPG 5222), ACO 1,1,6, 139,16-24. Hierhin gehören die vielen Stellen, an denen Kyrill betont, daß der Logos das Subjekt der Kenose (Phil. 2,6-11) ist, so daß in ihr - im Menschlichen, das sich der Logos zu eigen gemacht, d.h. angenommen hat - Gott selbst begegnet. Darum betont Kyrill, daß in der Inkarnation der Logos Menschliches (το άνθρώττινοί')  an­ genommen  hat  und  Christus  als  ,Gott  und  Mensch  zugleich',  wie  er  mit  den  Antio­ chenern  bekennt,  nicht  einen  Menschen  meint,  den  man  (als  Glaubender) ,für sich' (ίδικώς·) betrachten  kann,  als  ob  er je  im  voraus zur Inkarnation  existiert hätte. Wenn Christus als Mensch weinte, dann ist es der Logos, der sich diese Tränen zu eigen gemacht hat, ,um deine Tränen zu tilgen' (a.a.O., 139,18). Insofern ist für Kyrill das christologische Bekenntnis untrennbar von der sog. physischen oder mystischen Erlösungstheorie. 163 Vgl. z.B. ep. tertia ad Nestorium (CPG 5317), 9, ACO 1,1,1, 38,23-39,14, bes. 39,5-6. Vgl. zu Anm. 72-74; 137.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

sehen Teil schien Leo für die Perspektive Kyrills offen zu sein. Wie oben schon gesagt wurde, hieß es dort: ,Wir hätten den Urheber der Sünde und des Todes nicht überwinden können, hätte nicht jener, den weder die Sünde verderben, noch der Tod festhalten konnte, unsere Natur angenommen und sich zu eigen gemacht' 164 . Diese Beobachtung ist umso erstaunlicher, als Leo wegen des Widerstands gegen Chalkedon und seinen Tomus ad Flavianum seinem Vertrauensmann Julian von Kos im November 452, wie schon gesagt wurde, ein Exemplar von Athanasios' Brief an Epiktet (CPG 2095) geschickt und auf Kyrills Florileg in den Akten von Ephesos hingewiesen 165 , ja ihm im März 453 geschrieben hat, daß sein Tomus mit den Schriften von Athanasios, Theophilos und Kyrill übereinstimme 166 . Diesen Konsens hat Leo wiederum im März 454 - nun aber einzig im Blick auf Alexandrien - in Briefen an Kaiser Leon I. 167 und an Patriarch Proterios 168 betont. Wenn Gegenteiliges behauptet werde, so fügt er hinzu, dann geschehe dies auf Grund einer bewußt mit,einigen Worten oder Silben' manipulierenden Übersetzung des Tomus, die man in Alexandrien in Umlauf gebracht habe, um zu zeigen, daß er ein Anhänger des Nestorios sei (receptor Nestoriani erroris) 169 . In der handschriftlichen Überlieferung, einschließlich der in Alexandrien Ende der 80er Jahre des 5. Jahrhunderts von Anhängern des Henotikon benutzten Übersetzung 170 , findet man keinen Hinweis auf eine solche Übersetzung, der es auch gar nicht bedurfte, um den Eindruck zu wecken, der Autor neige zum Trennen der Naturen. Das Votum der Illyrer und Palästinenser in der vierten Sitzung von Chalkedon ist in dieser Beziehung ebenso deutlich wie der im Jahre 497 verfaßte Libellus der Apokrisiare Alexandriens in Konstantinopel, den diese dort den Legaten von Papst Anastasius II. übergeben haben. Sie berufen sich auf einen Diakon aus Thessaloniki, dem in Rom der Tomus so erklärt wurde, daß er im Unterschied zu der ihnen bekannten Übersetzung mit der Fides Nicaena übereinstimmt. Insofern enthalte die Übersetzung Fehler, die sie sich damit erklären, daß Leos ,Schreiben an das Konzil von Chalkedon' von Nestorianae haereseos sectatores übersetzt worden seien, die 164 165 166 167 168 169

Vgl. Anm. 107. Vgl. Anm. 58. Ep. 117 Ball. (CPG 9050), ACO 11,4, 69,39-70,2; ep. 47 ST (Anm. 58), 50-54. Ep. 130 Ball. (CPG 9063), ACO Π,4,84,1; ep. 54 ST, 33-34. Ep. 129 Ball. (CPG 9062), ACO Π,4, 85,15-17.23-24; ep. 55 ST, 40-42.50-52. Ep. 129 Ball. (CPG 9062), ACO Π,4, 85,18-21 (ep. 55 ST, 44-^7); ep. 130 Ball. (CPG 9063), ACO 11,4, 84,13-16 (ep. 54 ST, 48-52). Vgl. auch ep. 131 Ball, an Julian von Kos (CPG 9064), ACO Π,4, 87,5-8; ep. 56 ST, 9-13. 170 Vgl. auch E. Schwartz, Codex Vaticanus gr. 1431 (Anm. 128), 9; 136; ders., ACO 11,1,2, p. VI; ferner ders., ACO Π,Ι,Ι, p. Xlf.;  ΧΙΠΙί. 

Leos eigene Sicht auf seinen Konsens mit Kyrill

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wie Theodoret von Kyros an diesem Konzil teilgenommen haben 171 . [601] Was meint Leo, wenn er von einem Konsens mit Athanasios, Theophilos und Kyrill spricht? Beachtet man, was er aus deren Schriften, insbes. aus Athanasios' Brief an Epiktet 172 und Kyrills Scholia de incarnatione 173 zitiert, dann wird deutlich, worin er die für ihn wichtige Übereinstimmung erkennt: Auch Kyrill lehrt die unvermischte Wahrung der Naturen, vor allem die Vollkommenheit der menschlichen Natur Christi. Leo ist es nicht wichtig, in seinen Florilegien die Übereinstimmung seines von Augustinus geerbten Begriffs der einen Person mit Kyrills Interpretation der Antiochenischen Formel aufzuweisen und dabei die Scholia de incarnatione als Quelle seiner Auffassung der actiones communes einzubringen. Dies ist umso erstaunlicher, als er 453 in seinem Brief an die Palästinenser und 458 in seinem zweiten Tomus seine Auffassung über Person und Wirken Christi verteidigt hat, die in Chalkedon auf Kritik gestoßen war. Sah Leo ähnlich wie die Antiochener bei der Union von 433 nicht die Bedeutung, die Athanasios' Brief an Epiktet für Kyrill besaß? Sah er nicht, daß es Kyrill um den soteriologisch begründeten Gedanken ging, der Logos habe sich in der Inkarnation den Körper so zu eigen gemacht, daß es der ihm eigene Körper war, der litt174. Dieser Gedanke wird doch nicht nur in den Scholia de incarnatione betont 175 , sondern auch im zweiten Brief an Nestorios, den Leo im Florileg zum zweiten Tomus fast vollständig zitiert hat 176 . Dort hieß es, daß der Logos sich Empfängnis und Geburt bzw. den Körper zu eigen gemacht hat 177 . 171 Libellus (CPG 9161), Collectio Avellana, 102,3-8, CSEL 35, 469,10-470,28. Vgl. E. Schwartz, A C O Π,Ι,Ι p. XV. 172 Zu dem Zitat aus dieser Schrift im zweiten Florileg Leos vgl. Anm. 59. 173 Zu den Zitaten im ersten Florileg vom Jahre 450 vgl. Anm. 116, zu jenen im zweiten Florileg: Testimonia 28-30, ACO 11,4,131,1-17. In beiden Florilegien zitiert Leo aus der in der Collectio Palatina bewahrten Übersetzung. Vgl. M. Richard (Anm. 87). Die in Anm. 90 genannte Tatsache hat bisher noch keine befriedigende Antwort gefunden. Denn die Hypothese von E. Schwartz ist m.E. von M. Richard nicht widerlegt worden. 174 Vgl. Anm. 56. Die Leo zugängliche lateinische Übersetzung wird in der Collectio Quesneliana, ACO 1,5, 321-334, überliefert. 175 Vgl. Anm. 107. 176 Ebd., Testimonia, 27, A C O 11,4, 129,6-130,29. Zitiert wird aus CPG 5304: 3 - 6 , ACO 1,1,1, 26,20-28,22; Π,Ι,Ι,105,7-106,25. Der Text Leos entspricht jenem in der Collectio Quesneliana. 177 A C O Π,4,129,29: carnis suae nativitatem suam faciens (της  ιδίας  σαρκός  τήν  γέννησιν  οίκειούμενο?:  A C O  1,1,1,  27,14;  11,1,1,  105,29­30);  11,4,  130,22:  et  corpus  nostrum  proprie  suum  fecisse  (ίδιόν  Τΐ  σώμα  το  ήμώι/  έττοίήσατο:  A C O  1,1,1,  28,15;  11,1,1,  106,18­19).  Vgl.  auch  zu  Hebr.  2,9  (Anm.  72­74)  A C O  Π,4  130,5:  corpus  ipsius  proprium  (το  'ίδιον αύτοϋ  σώμα:  ACO  1,1,1,  27,20;  Π,Ι,Ι,  105,35­106,1). 

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

Leo sah nichts Trennendes, wenn er Christus, den Erlöser und Mittler, in der Perspektive von Phil. 2,6-7 bedachte und die Kenose nicht, wie es Kyrill tat, von Joh. 1,14 her verstand. So bekennt er 454 gegenüber Juvenal von Jerusalem: ,Es ist ein und derselbe, der in der Gestalt Gottes die Wunder wirkt und in der Gestalt des Knechts' leidet178. Was unterscheidet diese Aussage von [602] dem an Kyrills vierten Anathematismus 179 orientierten Bekenntnis des Henotikon: ,Des einen eingeborenen Sohnes Gottes sind die Wunder und die Leiden'180? Wenn man genau hinschaut, so ist es die vorausgesetzte soteriologische Begründung und damit eine jeweils andere Sicht der Gestalt des Knechts. Leo betont das Handeln des Knechts, seinen Gehorsam bis zum Tod, der die Menschen erlöst hat. Denn als Unschuldiger ist er gestorben, wie es Gottes Gerechtigkeit gegenüber dem Anspruch des Teufels forderte 181 .

7. Rück- und Ausblick: Leoninische versus Kyrillische Deutung Chalkedons Überschaut man die Rezeption von Leos Tomus ad Flavianum in Chalkedon und Leos Bemühen nach Chalkedon, seinen Tomus gegen die in Chalkedon vorgetragenen Bedenken zu verteidigen, dann zeigt sich, daß Chalkedon und Leo die Aussagen des Tomus an Kyrill messen und von ihm her verstehen. Leo ist vom Konsens mit Kyrill überzeugt. Gemeint ist jener Kyrill, der im Konzil von Ephesos (431), das mit der Union von 433 seinen Abschluß fand, von der byzantinischen Reichskirche mit Chalkedon rezipiert worden war. Chalkedon griff jene Interpretation der Antiochenischen Unionsformel und des LaetenturBriefs von Kyrill auf, welche die Begriffe ,Natur' und ,Hypostase' auch im christologischen Bekenntnis nicht mehr ununterschieden benutzte und das eine Prosopon als die eine Hypostase den beiden Naturen 178 Ep. 139 Ball. (CPG 9070), ACO Π,4 92,24-26; ep. 53 ST (Anm. 58), 46-47; griech., ACO 11,1,2, 64,37-65,1. 179 Vgl. Anm. 47. 180 Henotikon (CPG 5999), hg. v. E. Schwartz, Codex Vaticanus gr. 1431 (Anm. 128), 54,4-5; 56,2-3; in des Evagrios Scholastikos Kirchengeschichte (CPG 7500), 111,14, hg. v. J. Bidez - L. Parmentier, The Ecclesiastical History of Evagrius, (London, 1898) Amsterdam, 1964, 113, 9. Diese Formel wird ohne Hinweise auf das Henotikon für die Kyrillische Rezeption Chalkedons (Anm. 185) im 6. Jahrhundert, bes. für Justinian, kennzeichnend. Vgl. K.-H. Uthemann, Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe, Augustinianum 39 (1999). 181 Ep. 139 Ball. (Anm. 178) 93,1-8; ep. 53 ST, 56-64, griech., 65,7-16. Vgl. auch ep. 164 Ball. (CPG 9096), ACO 11,4,111,19-24; ep. 69 ST 55,61.

Rück- und Ausblick: Leoninische versus Kyrillische Deutung Chalkedons

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entgegensetzte, um das Anliegen Kyrills zu wahren, der Nestorios, nicht die Antiochener ausschließen wollte 182 . Diese Interpretation von Kyrills Laetentur-Brief ist für die Rezeption des Tomus Leonis in Chalkedon entscheidend, klingt aber bei Leo selbst nirgends an: Der Begriff der Hypostase blieb ihm fremd, da er ihm als Lateiner im Bekenntnis sowohl zur Trinität, als auch zur Inkarnation unübersetzbar war. Dieses war der weiteren Rezeptionsgeschichte Chalkedons im Westen vorbehalten 183 . [603] Will man als Historiker eine genuinen oder strengen Chalkedonismus von anderen Formen unterscheiden, wie man die Definitio fidei Chalkedons verstanden hat, dann muß man die Frage klären, wie Chalkedon Kyrill verstanden und ihm den Tomus Leonis zugeordnet hat: συνήρμοσεν, wie das Konzil sagt;  coaptavit, wie die lateinischen Akten übersetzen 184 . Wie fruchtbar sich eine solche Erkenntnis auf die mit Chalkedon eröffneten Auseinandersetzungen im 5. bis 7. Jahrhundert anwenden läßt, ist eine andere Frage. Anhand der uns überlieferten Texte dieser Zeit läßt sich, sieht man von jenen Zeugnissen ab, die einfachhin die Definitio fidei Chalkedons wiederholen oder konservieren wollen, der Begriff,strenger Chalkedonismus' nicht verifizieren. In die Rezeptionsgeschichte Chalkedons gehören auch Leos nach Chalkedon verfaßte Predigten und Briefe, insbes. sein zweiter Tomus. Es lassen sich m.E. zwei sehr verschiedene Ansätze aufweisen, wie man die Definitio fidei Chalkedons verstanden hat, d.h. wie man die Frage nach dem Subjekt des Heilswirkens Christi und damit die Frage nach dem Subjekt der biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen beantwortet hat. Man könnte von einer Kyrillischen und von einer Leoninischen Deutung sprechen 185 , je nachdem, ob betont wird, daß der Gott Logos, die eine Hypostase aus der Trinität, Fleisch wird, Wunder wirkt und leidet, oder ob man betont, daß Christus, Gott und Mensch in einer Person, in seiner göttlichen Natur Wunder wirkt und in seiner menschlichen Natur am Kreuz stirbt. Die unitas personae zeigt sich in jenen 182 Vgl. zu Anm. 68-69, ferner Anm. 52. 183 Gemeint ist die Einführung des Terminus subsistentia in die Christologie. In unserem Zusammenhang ist das Zeugnis der Skythischen Mönche beachtenswert, die den Begriff der una persona nur mit dem Vorbehalt akzeptierten, daß die Hypostase des inkarnierten Logos konnotiert wurde. 184 Vgl. Anm. 63. 185 Zu bei den Ansätzen vgl. K.-H. Uthemann (Anm. 23), 381-383. Es ist m.E. nicht sinnvoll, die Leoninische Rezeption auch eine Antiochenische zu nennen. Denn, wie die Geschichte zeigt, geht es bei diesem Ansatz um die Wahrung des Tomus Leonis und nicht um die Wahrung einer Zwei-Naturen-lehre der Orientalen. Dies gilt auch dann, wenn man die Antiochenische Unionsformel und deren Interpretation bei Kyrill als Aussage über drei Klassen christologischer Prädikation betont. Ein Beispiel dieser Form der Rezeption Chalkedons bietet Anastasios Sinaites.

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Zur Rezeption des Tomus Leonis

biblischen Aussagen, in denen Hoheit und Niedrigkeit zugleich begegnen, d.h. in dem, was oben die dritte Klasse christologischer Prädikation genannt wurde: Suscepta est a maiestate humilitas 186 . Darum sind für diese ,Christologie von oben' die Schmach des Kreuzes und die Herrlichkeit der Auferstehung etwas in der göttlichen und in der menschlichen Natur Gemeinsames 187 . Insofern gilt, wie der Tomus Leonis mit Worten Augustins sagt: ,Die Einheit der Person ist in jeder der beiden Naturen zu erkennen'; sie ist der Grund, warum Hoheit und Niedrigkeit zugleich ausgesagt werden können, warum ,der Sohn Gottes der Gekreuzigte genannt wird' 188 . Durch diese Rezeption Augustins gewinnt der Tomus eine größere Offenheit für eine Kyrillische Deutung Chalkedons. Es ist wohl nicht von ungefähr, daß deren Vertreter im 6. Jahrhundert zum einen betonten, daß Leo die ökumeni[604]sche Synode von Ephesos und damit Kyrills dritten Brief an Nestorios samt der zwölf Anathematismen anerkannt habe. Sie zitierten als Beweis Leos Brief vom Juli 451 an das zunächst nach Nikaia einberufene Konzil189. Zum anderen griffen sie nicht Leos Aussagen über die unitas personae, sondern einen Satz des Tomus Leonis auf, den m.W. Leo selbst nie betont und den Timotheos Ailuros in seiner Kritik des Tomus übergangen hat: ,Der unsterbliche Gott hat es nicht von sich gewiesen, sterblicher Mensch zu sein'190.

186 Ep. 28 Ball., 3, ACO 11,2,1, 27,3; ST 56; griech., ACO 11,1,1, 13,12. 187 Ep. 28 Ball., zitiert in Anm. 83: in utroque communis est contumelia, communis est gloria. 188 Vgl. Anm. 91 189 Ep. 93 Ball. (CPG 8993), ACO Π,4, 52,25-27 bzw. 25-30; ep. 34 ST (Anm. 58), 4 3 ^ 5 bzw. 43-50; griech., ACO Π,Ι,Ι, 32,11-13 bzw. 11-17. Dieser Brief soll auf der nur in den griechischen Akten von Chalkedon bezeugten 16. Sitzung (CPG 9020) verlesen worden sein. Vgl. hierzu die kritischen Bemerkungen von E. Chrysos (Anm. 7), 275281. Zitiert wird dieser Brief z.B. von Justinian in CPG 6881, hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale, Scritti teologici ed ecclesiastici di Giustiniano, Milano, 1977, 131, und CPG 6882, 54, hg. v. E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Iustinians, AAM, NF 18, München, 1939, 61,33-36, nicht aber im Edikt vom Juni 551 (CPG 6885), in dem die Anathematismen Kyrills in den Hintergrund treten; ferner zitiert bei Leontios von Jerusalem, Contra Monophysitas (CPG 6917), PG 86,2, 1844 CD. 190 Ep. 28 Ball., 4, ACO 11,2,1, 28,5-6; ST 88; griech., ACO Π,Ι,Ι, 14,18-19. Zitiert z.B. von Innozenz von Maroneia (CPG 6847),7, ACO IV,2, 69,31-32; im Libellus fidei der Skythen, XIII 26, hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, 329-339, S. 21; von Papst Johannes II. (533-535), ep. ad Senatores (CPG 9317), 24, ACO IV,2, 209,4-5.

Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians Wenn es in diesem Beitrag um Definitionen und Paradigmen geht, die in den ersten 100 Jahren der Rezeptionsgeschichte von Chalkedon 1 eine Rolle, ja seit dem Beginn des 6. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle gespielt haben, dann sind alle Begriffe und Denkmodelle, die hier genannt werden können, nicht erst nach Chalkedon entwickelt worden. Vielmehr griff man auf historisch Vorgegebenes zurück und instrumentalisierte dies im Blick auf sein Beweisziel, d.h. im Blick auf eine Begründung jener Unterscheidung von zwei Naturen und einer [55] Hypostase oder Person, wie sie Chalkedon in seiner D e f i n i t i o f i d e i gelehrt hatte. Denn immer vorrangiger ging es seit dem Beginn des 6. Jahrhunderts um Beweise, genauer um die Prämissen und ihre Konse-

1

In diesem Beitrag wird davon abgesehen, die verschiedenen Ansätze in der historischen Forschung über Chalkedon und dessen Rezeptionsgeschichte zu erörtern. Es sei nur erwähnt, daß man z.B eine antiochenische, eine Leoninische und eine Kyrillische Deutung Chalkedons und vor allem für die in diesem Beitrag relevante Rezeption des 6. Jahrhunderts einen sog. strengen von einem Neuchalkedonismus zu unterscheiden sucht oder, sofern man Chalkedon als eine im Wesentlichen Kyrillische Synode begreift, den Terminus „Neu-Kyrillische Interpretation" einführt. Daß im Blick auf das 6. und 7. Jahrhundert ein Paradigmenwechsel für die Forschung angesagt ist, habe ich in: Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus. Ein Beitrag zum eigentlichen Anliegen des Neuchalkedonismus (Studia Patristica, Oxforder Kongreß 1995: Beitrag Nr. 5 = S. 207-255) schon vorgeschlagen. Dabei setze ich mit der Analyse von A. de Halleux, La definition christologique ä Chalcedoine, Revue theologique de Louvain 7 (1976) 3-23; 155-170, voraus, daß die Definitio fidei von Chalkedon ihrer Intention nach als Rezeption der Christologie Kyrills von Alexandrien auf der Basis der Union von 433 zu verstehen ist, doch mit der eindeutigen Unterscheidung von Natur und Hypostase, in die der Leoninische Anteil der Formel (vgl. S. 40f. [57f.] mit Anm. 14-17) eingebunden ist, etwas Eigenes darstellt, das unterschiedlich rezipiert werden konnte und wurde, je nachdem ob man die Hypostase zum zentralen Begriff seiner Christologie machte, d.h. ihn auffüllte (Kyrillische oder byzantinische Deutung Chalkedons), oder nicht, d.h. ihn im Rahmen von Leos Begriff  persona einzig als rein formale Verteidigung der Trinität verstand: Christus ist die  persona des inkarnierten Logos und nicht ein viertes Subjekt der Verehrung (sog. Leoninische Deutung). Angemerkt sei, daß sich Unterschiede in der Interpretation von Chalkedon in Ost und West letztlich aus einer je anderen Soteriologie ergeben.

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

quenzen 2 , wenn man sich um die wahre Christologie und damit, wie man überzeugt war, um den einzig das Heil sicher stellenden Glauben an Christus stritt. Das Ringen der Reichskirche um Chalkedon mit dem Ziel, ihre Einheit zu bewahren oder, wie man angesichts der heftigen Ablehnung Chalkedons vor allem in Syrien und Ägypten besser sagen sollte: mit dem Ziel, zur Einheit zurückzufinden, hatte bis zum Beginn des 6. Jahrhunderts gezeigt, daß alle gewissermaßen traditionellen Strategien keinen Erfolg hatten 3 . Nichts hatte jene, die das Konzil von Chalkedon als Revision der Synode von Ephesos (431) und damit als Sieg des Nestorianismus über die Christologie Kyrills von Alexandrien ablehnten, überzeugen können, obwohl sie die Verurteilung des Eutyches im allgemeinen akzeptierten und insofern die Räubersynode von Ephesos (449) nicht verteidigen wollten. Weder die Begründung des chalkedonischen Bekenntnisses der zwei Naturen aus der F i d e s N i c a e n a , d.h. die Reduktion der beiden Naturen auf das „homoousios mit dem Vater" und das Bekenntnis zur Fleisch- und Menschwerdung 4 , noch ein Rückzug auf eine Interpretation, die in Chalkedon einzig eine Verurteilung und Abwehr der Lehre des Eutyches sah, und darum die Möglichkeit eröffnete, Chalkedon als [56] Ergänzung des Konzils von Ephesos (431) und deshalb dialektisch als die Mitte zwischen Nestorios und Eutyches zu interpretieren 5 , noch 2

Vgl. unten S. 56f. [74f.] mit Anm. 76; S. 86 [106] mit Anm. 166-168.

3

Einen Eindruck vermittelt A. Grillmeier, Jesus Christus im Glauben der Kirche, Band 2/1, Freiburg-Basel-Wien 1986, 107-130; 221-358; ebd., Band 2/4, 1990, 7 - 3 5 . Zur Darstellung A. Grillmeiers ist darauf hinzuweisen, daß er die in Anm. 1 genannte Analyse von A. de Halleux akzeptiert (ebd., Band I, 1979, 753-764) und damit gegenüber früheren Darstellungen eine nicht unwichtige Veränderung seines Standpunkts vornimmt, ohne aber für die Rezeptionsgeschichte Chalkedons Konsequenzen zu ziehen.

4

Zur Reduktion auf den Glauben von Nikaia, u m Chalkedon implizit außer Kraft zu setzen vgl. A. Grillmeier (Anm. 3), insbes. zum Codex Encyclius, zum Henotikon, zu Timotheos Ailuros. Im Bekenntnis Nikaias zur „Fleisch- oder Menschwerdung", (σαρκωθεις ή ε^ανθρωπήσας) sah man das ομοούσιος ήμΐι> von Chalkedon vorgebildet. - Indem man die zwei Naturen-Lehre als gleichwertig mit dem zweifachen homoousios von Chalkedon interpretierte, glaubten Verteidiger Chalkedons eine Basis für einen Dialog mit den Gegnern Chalkedons gefunden zu haben, ohne aber deren Reduktion zu akzeptieren. Hatte nicht Chalkedon selbst in der Einleitung zur Definitio fidei diesen Weg vorgezeichnet? Vgl. z.B. das Kyrillische Florileg von 482 (hg. v. R. Hespel, Le florilege Cyrillien refute par Severe d'Antioche, Bibliotheque du Museon 37, Louvain 1955).

5

Vgl. z.B. das unten auf S. 43 [61] zur Synode von Klein-Alexandrien Gesagte. - Ohne Reduktion Chalkedons auf eine formale Verurteilung des Eutyches und des Nestorios wird die dialektische Interpretation, die in der Einleitung zur Definitio fidei Chalkedons schon angelegt war (ACO 11,1,2, 129,16-22), Allgemeingut der Apologien Chalkedons. Sie findet sich z.B. in der Einleitung zum Florilegium Cyrillianum vom Jahre 482 (Anm. 4), 105,29-106,5; 107,3-11. Zur Berufung auf Ephesos (431) ist anzumer-

Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

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der Rückgriff auf vorchalkedonische Väteraussagen 6 , selbst nicht die Berufung auf Kyrill von Alexandrien, sei es auf den Kyrill der Union von 433, sei es mehr oder weniger auf den ganzen Kyrill 7 , hatte bei den Nicht-Chalkedonikern zur Akzeptanz der christologischen Unterscheidung von Natur und Hypostase im Sinn von Chalkedon und damit zum Bekenntnis des „in zwei Naturen unvermischt und ungetrennt erkannten einen Herrn" geführt. In diesen Strategien zeigen sich recht unterschiedliche Rezeptionen von Chalkedon, mag auch die Unterscheidung der zwei Naturen und der einen Hypostase das Verbindende sein. Konnte man als Chalkedoniker den ganzen Kyrill akzeptieren oder wie z.B. Hypatios von Ephesos 8 nur den, der auch Chalkedons Segen empfangen hatte 9 , und darum vor allem nicht den 3. Brief an Nestorios (CPG 5317) mit den 12 Anathematismen, bei dem man darüber stritt, ob er in Ephesos [57] (431) sanktioniert worden war 10 ? Berief man sich auf den Kyrill der Union von 433, dann konnte man diesen eng fassen und die zwei Briefe an Sukkensos (CPG 5345-46) und jenen an Eulogios (CPG 5344) als private Interpretationen Kyrills ausschließen oder zumindest von bestimmten Sätzen behaupten, es handele sich um verfälschende Interpolationen 11 . Akzeptierte man das ganze Corpus der Schriften Kyrills,

6

ken, daß es dabei u m die Kyrill-Rezeption dieses Konzils ging, konkret vor allem darum, ob es den dritten Brief an Nestorios mit den zwölf Anathematismen (CPG 5317) akzeptiert oder abgelehnt hatte, wie es M. Richard, Le Neochalcedonisme, in: Opera minora, Π, Turnhout-Leuven 1977, η. 56 (= Melanges de science religieuse 3 [1946]), 158, behauptet hat. Weder das eine noch das andere ist der Fall. Richards These beruht auf einem Mißverständnis der Konzilsakten. Vgl. H.-M. Diepen, Les douze Anathematismes au concile d'Ephese et jusqu'en 519, Revue Thomiste 55 (1955) 333-338. Vgl. außer dem in Anm. 4 genannten Florileg vor allem M. Richard, Les florileges diphysites du V e et du Vie siecle, in: A. Grillmeier - H. Bacht (Hg.), Das Konzil von Chalkedon, Band I, Würzburg (1951) 2 1962, 721-748.

7

Vgl. Anm. 5, ferner das im folgenden Gesagte. „Der ganze Kyrill" inklusiv der 12 Anathematismen (CPG 5317) ist selbst für die Neuchalkedoniker kein gemeinsamer Nenner.

8

Vgl. die Dokumentation des Innozenz von Maroneia über das Religionsgespräch des Jahres 532 (CPG 6846: ACO IV,2, 175,33-38). Zur monophysitischen Dokumentation und zur Literatur vgl. A. Grillmeier (Anm. 3), Band 2/2, 1989, 244-262.

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Chalkedon nennt in der Einleitung zur  Definitio  fidei (ACO 11,1,2, 129,6-11) als Grundlage die zwei synodalen Briefe Kyrills, nämlich den zweiten an Nestorios (CPG 5304) und den Laetentur-Brief (CPG 5339), mit dem die Union von 433 zustandekam. Vgl. Anm. 5; zu Hypatios' Stellung zu CPG 5317 vgl. ACO IV,2, 173,19-174,13; 175,38. Zur Abwehr eines eigentlichen Theopaschismus bei Kyrill vgl. ACO IV,2, 178,35-36 (zu CPG 5346: Anm. 11). So z.B. Hypatios im Blick auf CPG 5344 (ACO IV,2, 177,25-178,22), als sich die Monophysiten auf CPG 5344 und 5346 beriefen (ebd., 177,18-24). In der nachchalkedonischen Kontroverse nehmen die Aussagen Kyrills zur Union von 433 einen breiten Raum ein, da die Chalkedoniker in ihnen die Definitio fidei Chalkedons vorgezeich-

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

dann ging es darum zu zeigen, daß Kyrill den Unterschied der zwei Naturen und keinen Theopaschismus im strengen Sinn des Wortes als ob die göttliche Natur selbst und darum der Logos in seiner Gottheit leidensfähig sei - gelehrt habe. Dies war z.B. das Anliegen des um 482 in Alexandrien publizierten F l o r i l e g i u m C y r i l l i a n u m 1 2 , das Severos von Antiochien zwischen 508 und 511 i m P h i l a l e t h e s (CPG 7023), Kyrill dem Wahrheitsliebenden gewidmet, widerlegt hat. Immerhin wurde dort auch der 3. Brief an Nestorios zitiert, wenn auch nur ein Mal und obendrein nicht mit einer seiner umstrittenen Aussagen 13 . Als Prooemium konnte man, wie es im genannten Florileg geschah, alle Sätze des Symbols von Chalkedon mit Aussagen Kyrills belegen, ohne selbstverständlich darauf aufmerksam zu machen, daß es nicht wirklich gelang, für die eigentlich Leoninischen Formeln des Symbols, echte Parallelen zu nennen, nämlich für die zwei Formeln: (1) σωζόμενης  δέ  μάλλον της  ιδιότητος  έκατέρας  φύσεως14  [58]  (2)  και  εις  εν  πρόσωπον  συντρεχούσης,  im  Florileg  jedoch  als  συν­ τρεχουσών  wiedergegeben 15 ,  um  so  diese  Aussage  nicht  auf  die  Eigen­ heit  einer  jeden  der  beiden  Naturen,  sondern  auf  die  Naturen  selbst  zu  beziehen.  Auch für die eigentliche Formel Chalkedons ev δύο φύσεσιν  γνωριζόμενος16 

12 

13 

net  sahen.  Forscher  wie  Ch.  Moeller  und  P.T.R.  Gray  sehen  in  ihnen  schon  die  Kyril­ lische  Neu­Interpretation  Chalkedons  im  6. Jahrhundert  angelegt.  Vgl.  den  Titel  dieses  in  Anm.  4  genannten  Florilegs:  111,  17­21:  Κυρίλου  ...  χρήσεις  ...  έν  a l s  ΐέστιν  εύρείν  των  δύο  φύσεων  τό  διάφορον,  και  τον  θεόν  Λόγον  απαθή  και  άθάνατον,  τόν δέ  ναόν παθητόν  και  θνητον παρ' αύτοϋ  κηρυττόμενον.  A.a.O.  (Anm.  4),  113,  15­22.  Man muß unterscheiden, ob die Anathematismen als dogmatische Autorität oder nur als (philologischer) Beweis, um die Bedeutung bestimmter Begriffe Kyrills zu klären, zitiert werden.

14

Ebd., 110,9-13. - Das Griechische (ACO 11,1,2, 129,32-33) lautet: „wobei die Eigenart einer jeden der beiden Naturen gewahrt wird". Im Tomus Leonis, hg. v. C. SilvaTarouca, S. Leonis Magni Tomus ad Flavianum episc. Constantinopolitanum (epistula XXVIII) additis testimoniis Patrum et eiusdem S. Leonis M. epistula ad Leonem I imp. (epistula CLXV), Romae 1959, Z. 54:  Salva  igitur  proprietate  utriusque  naturae. Zu Quellen und Interpretation vgl. H. Arens, Die christologische Sprache Leos des Großen. Analyse des Tomus an den Patriarchen Flavian, Freiburger Theologische Studien 122, Freiburg - Basel - Wien 1982.

15

Florilegium (Anm. 4), 109,29-110,8. - Das Griechische (ACO 11,1,2, 129,30) lautet: „und (wobei die Eigenart einer jeden der beiden Naturen) zu einer Person zusammenkommt". Tomus Leonis (Anm. 14), Z. 55:  et  in  unam  coeunte  personam. Zur genannten Lesart vgl. ebd., 107,27; 110,1 0  (συντρεχοϋσων  ist  zu  verbessern).  In  der  in­ direkten Überlieferung des zitierten Prooemiums, wie sie in der Doctrina Patrum (CPG 7781), 24, XII, hg. v. F. Diekamp, 171,16 vorliegt, ist die ursprüngliche Lesart bezeugt. Zur Bedeutung vgl. S. 54 [73] mit Anm. 65.

16

Florilegium (Anm. 4),100,12-14.21-23. - Das Griechische (ACO 11,1,2, 129,30-31) lautet: (Der eine Herr Jesus Christus wird) „in zwei Naturen erkannt".

Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

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konnten die Verfasser des Florilegs, wie zu erwarten, keinen echten Beleg aus Kyrill beibringen, obwohl, wie ein eingehendes Studium Chalkedons zeigt, auch diese Formel aus Kyrillischem Geist geboren ist17. Die Kontroversen mit den Nicht-Chalkedonikern mußten die Anhänger des Konzils auf die Unterschiede in den eigenen Reihen aufmerksam machen, und es konnte sehr wohl sein, daß man, wenn man die Nestorianer oder die Monophysiten angriff, zugleich auch Theologen meinen konnte, die formal auf dem Boden der chalkedonischen Zwei-Naturen-Lehre standen, mit dieser aber ein anderes Christusbild verbanden. So konnten z.B. die Skythischen Mönche in den Akoimeten Nestorianer erkennen oder ihr Führer, Johannes Maxentius, den päpstlichen Apokrisiar Dioskur als Nestorianer verdächtigen 18 , und sofern man in der Lehre Julians von Halikarnaß nichts anderes als eine Konsequenz eines realen Monophysitismus sehen wollte, konnte man bei der Argumentation gegen diesen auch jene Chalkedoniker meinen, die sich für Julians Lehre über die Folgen der Ursünde begeistert hatten 19 . Es [59] dürfte deutlich sein, daß auch dieses Moment der Kontroversen, daß sich nämlich Chalkedoniker untereinander als Nestorianer und Eutychianer verdächtigten, notwendigerweise dahin drängte, die Prämissen und Begriffe zu klären, mit denen man argumentierte. Diese innerchalkedonischen Spannungen, die in den Quellen meist nicht offen ausgetragen werden, haben in der Forschung Anlaß zu manchen Spekulationen geboten, insbesondere bei der Deutung des Leontios von Byzanz 20 . 17

Basilios von Seleukia hatte diese Formel schon 448 auf der Basis Kyrillischer Christologie vorgetragen. Zu seiner Position in Chalkedon vgl. M. van Parys, L'evolution de la doctrine christologique de Basile de Seleucie, Irenikon 44 (1971) 493-514. Wünschenswert wäre eine Publikation zur Kontinuität in Basilios' Denken.

18 19

Zu Einzelheiten vgl. A. Grillmeier (Anm. 8), 333ff. So z.B. Leontios von Byzanz im sog. zweiten Buch von Contra Eutychianos et Nestorianos (= CNE; CPG 6813). Vgl. unten. Zu diesen Chalkedonikern zählt auch Leontios von Arabissos; vgl. K.-H. Uthemann, Die Lazarus-Predigt des Leontios von Arabissos (BHG 2219u). Einleitung, Edition und Übersetzung, Byzantion 59 (1989) 2 9 1 353.

20

Es geht vor allem (1) um die Deutung der Rolle jener „Spitzenphilosophen" (ΆκροφιΛόσοφοι;  lectio  varians:  Σαπροφιλόσοφοι.),  die  in  der  Einleitung  zu  CNE  (Anm.  19),  I,  PG  86,1,1273  genannt  werden,  und  (2)  u m  die  einleitend  zu  C N E  ΙΠ  in  1357  C  ­  1360  D  genannten  Chalkedonikern,  die  Diodor  von  Tarsos  und  Theodor  von  Mop­ suestia  verteidigen  und  zu  denen  Leontios  in  seiner  Jugend gehörte. So hält ihn z.B. A. Grillmeier (Anm. 8), 190-241 (abhängig von B.E. Daley [vgl. Anm. 79]), für einen strengen Chalkedoniker, andere für einen Neuchalkedoniker (so der Sache nach St. Otto, Person und Subsistenz. Die philosophische Anthropologie des Leontios von Byzanz, München 1968; F. Heinzer, Gottes Sohn als Mensch, Paradosis XXVI, Freiburg/Schweiz 1980, 70-116), andere für einen der Origenisten Palästinas, was von M. Richard, Leonce de Byzance etait-il origeniste?, in: Opera minora, II (Anm. 5), n. 57 (= Revue des Etudes Byzantines 5 [1947] 31-66) angeregt, dann von J. Meyendorff,

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

Mit der Ära Kaiser Justinians ist diesem Beitrag eine Grenze gesetzt. Darum beschränke ich mich auf drei Autoren: Johannes Grammatikos von Kaisareia, Leontios von Byzanz und Leontios von Jerusalem, und damit auf die für das Thema wichtigsten erhaltenen Quellen. Ersterer hat die entscheidenden terminologischen Weichen gestellt und ist in dieser Hinsicht bisher in der Forschung zu kurz gekommen. Leontios von Byzanz bringt der Sache nach, sieht man vom Detail ab, nichts wesentlich Neues, gibt dem Ganzen aber insbes. durch die Einführung der Kategorie der Relation eine stärkere innere Kohärenz. Leontios von Jerusalem zieht Konsequenzen, die deutlich auf Neues vorausweisen. Ihm geht es um die Vergöttlichung des Menschen, und seine Christologie ist der erste Schritt in jene Richtung, die zu Beginn des 7. Jahrhun[60]derts als reichskirchlicher Monenergismus und dann als Monotheletismus auftritt. Alle drei sind Zeugen für einen neuen Stil theologischer Argumentation, den man als frühbyzantinischen Vorläufer mittelalterlicher Scholastik kennzeichnen kann. Die Apologie Chalkedons betreiben sie mit den Mitteln der Logik und Kategorienlehre, mit dem Ausweis der Konsistenz einer Beweisführung im Ausgang von präzisen Definitionen, mit Dilemmata und Aporien, wenn es sein muß, mit der logischen reductio ad absurdum des Gegners. Auf dem Hintergrund spielt der Einfluß der Schulphilosophie des Ammonios Hermeiou, der seit ca. 480 bis ins dritte Jahrzehnt des 6. Jahrhunderts in Alexandrien lehrte.

1. Die Apologie des Johannes Grammatikos für die Synode von Chalkedon Von den uns erhalten gebliebenen Quellen ist die Apologie des Konzils von Chalkedon aus der Feder des Johannes Grammatikos von Kaisareia 21 die kurz vor 518 entstanden ist, die erste ausführliche Schrift, die Christ in Christian Eastern Thought, St. Vladimir's Seminary Press 1975, 61-68, insbes. aber von D.B. Evans, Leontius of Byzantium: An Origenist Christology, Washington D.C. 1970, wenn auch mit je anderen Argumenten, ausgeweitet und u.a. von P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553), Studies in the History of Christian Thought XX, Leiden 1979, 91-94, 99-103 aufgegriffen wurde. Zur Kritik bes. die Rezension von A. de Halleux zu D.B. Evans in: Revue d'histoire ecclesiastique 66 (1971) 977-985 sowie B.E. Daley, The Origenism of Leontius of Byzantium, JThSt n.s. 27 (1986) 333-369, bes. 343-355. Zu beiden ergänzend vgl. Anm. 150; 185. 21

CPG 6855: hg. v. M. Richard, Johannis Caesariensis presbyteri et grammatici opera quae supersunt, CCSG 1, Turnhout 1977, 6-58. Zur Person des Johannes vgl. R.A. Kaster, Guardians of Language: The Grammarian and Society in Late Antiquity, Berkeley - Los Angeles - London 1988, 298f.

Die Apologie des Johannes Grammatikos für die Synode von Chalkedon

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sich um eine begründete Unterscheidung der Begriffe Natur und Hypostase in der Christologie bemüht und dabei die leib-seelische Konstitution des individuellen Menschen als Paradigma oder Denkmodell argumentativ einbringt 22 . Ob diese Apologie in einem Zusammenhang steht mit der Synode, die irgendwann zwischen 514 und 518 in Alexandria Scabiosa oder Klei n-Alexand ri en, einem Suffragansitz von Anazarbos in Kilikien, gehalten wurde, mag hier dahingestellt sein 23 . Eines ist jedoch deutlich: Sofern man es bei der Kürze, in der uns die Argu[61]mente der Synode von Klein-Alexandrien überliefert sind, beurteilen kann, vertreten beide Texte ähnliche, teils identische Standpunkte.

1.1 Die chalkedonische Formel als dialektische Aussage Wie die bei M. Richard leider nicht edierte Einleitung zur Apologie zeigt 24 , wird dort die dogmatische Verbindlichkeit von Chalkedon zumindest in einem Punkt auf ähnliche Weise wie auf der Synode von Klein-Alexandrien beurteilt: Denn es heißt dort, die Synode von Chalkedon stelle keine dogmatische Neuerung (νεωτέρων  δογμάτων  καινο­ τομία)  dar,  wie  die  Monophysiten  behaupten,  weil  sie  mit  jenen  von  Nikaia  (325)  und  Konstantinopel  (381) übereinstimme und nicht nur Eutyches, sondern auch Nestorios verurteilt habe. Dies vergleiche man mit den Aussagen von Klein-Alexandrien. Diese Synode lehrte, das Konzil von Chalkedon sei nur verbindlich, sofern es Eutyches und Nestorios verurteilt habe, nicht aber bezüglich der inhaltlichen Formulierungen seines Symbols oder irgendwelcher Interpretationen 25 . Dies impliziert eine Um- oder Abwertung des Konzils von Ephesos (431). Johannes verschweigt diese Synode, wie andere Autoren, die damals die Autorität Alexandriens verteidigten, das erste Konzil von Konstantinopel verschweigen. Ob die Synode von Klein-Alexandrien deutlicher war, bleibt unklar, auch wenn Philoxenos von Mabbug den 22

Vgl. unten, insbes. Anm. 79.

23

Maron, ein Lektor aus Anazarbos, hatte über diese Synode an Philoxenos von Mabbug berichtet, dessen Antwort noch erhalten ist. Textausgabe: J. Lebon, Textes inedits de Philoxene de Mabboug, Le Museon 43 (1930) 39ff. (franz. Übers. 58-80). Zur Kontroverse vgl. A. de Halleux, Philoxene de Mabboug. Sa vie, ses ecrits, sa theologie, Louvain 1963, 211-214, der meinte, die im Brief des Philoxenos (a.a.O., 79,21-22; 80,9-10) erwähnte Apologie Chalkedons sei nicht jene des Johannes. Ihm widersprach M. Richard (Anm. 21),  VI­ΧΠ.  A.  de  Halleux  hat  seine  Auffassung  wiederholt  in:  Le  „Synode  neochalcedonien"  d'Alexandrette  (ca  515)  et  l'„Apologie  pour  Chal­ cedoine"  de  Jean  le  Grammairien,  Revue  d'histoire  ecclesiastique  72  (1977)  593­600.  Zu  Anazarbos  vgl.  R.A.  Kaster  (Anm.  21),  3­7. 

24 

Man  liest  sie  in  der  Doctrina  Patrum  (CPG  7781),  24,  XI  (Anm.  15),  166­168. 

25 

A.a.O.  (Anm.  23),  60,  15­16. 

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

Brief dieser Synode an Kaiser Anastasios I. so interpretiert, als ob er behauptet hätte, Nestorios sei in Ephesos nicht verurteilt worden 26 . War dies der Fall, dann bekommt die Aussage, er sei mit Eutyches in Chalkedon anathematisiert worden, ein deutliches Profil. Wenn Chalkedon sowohl die Ketzerei des Eutyches als auch jene des Nestorios abwehren wollte, dann konnte man die Formel von den zwei Naturen und der einen Hypostase als dialektische Aussage auffassen, die sowohl eine mia physis  (μία  φύσις)  ablehnte  und  sich  damit  gegen  Eutyches  wandte,  als  auch  dyo  hypostaseis  (δύο υποστάσεις)  aus­ schloß, um sich gegen Nestorios abzugrenzen. Wenn dies so war, dann ließ sich erklären, warum Chalkedon die Begriffe  φύσις  und  ύπόστασις  nicht  bedeutungsgleich  gebrauchte,  wie  es  aus  dieser  Sicht  einer  dia­ lektischen  [62]  Konstruktion  die  beiden  anderen  Positionen  taten  und  damit  an  den  Voraussetzungen spätantiker und frühbyzantinischer Schulphilosophie unflexibel festhielten 27 . Die dialektische Interpretation der D e f i n i t i o f i d e i Chalkedons zwang, wenn man die überlieferte Kategorienlehre des Aristoteles nicht aufgeben konnte, im Blick auf die „erste Substanz" oder das individuell Seiende zu unterscheiden: Natur und Hypostase konnten keine gleichwertigen Subjekte der Prädikation sein, wenn man die chalkedonische Formel wahren wollte. Oder sollte es in der Sprache der Christologie nur ein einziges letztes Subjekt geben, über das Aussagen gemacht werden können, das aber selbst nicht mehr über ein anderes Subjekt prädiziert werden kann, nämlich die Hypostase des inkarnierten Logos? Verstand man Chalkedon primär als eine dialektische Verurteilung von Nestorios und Eutyches, dann konnte man ähnlich wie der E n c y c l i u s des Basiliskos oder Flavian II. von Antiochien (498-512) das eigentliche Symbol von Chalkedon und auch den Tomus Leonis für unverbindlich halten, was die Synode von Alexandria Scabiosa ausdrücklich sagt 28 . Doch Johannes Grammatikos kann, da er um eine Begründung der Unterscheidung von Natur und Hypostase bemüht war, nicht so weit gegangen sein, wenn auch auffällt, daß er nirgends in den erhaltenen Fragmenten das eigentliche Symbol von Chalkedon und den Tomus Leonis zitiert. Marcel Richard sagt dazu: „la ferveur chalcedonienne de son auteur etait extremement prudente" 2 9 . Daß weder er 26 27

28 29

Ebd., 71,11-12. Beide Positionen argumentieren mit dem Slogan, Natur und Hypostase seien der Sache nach identische Begriffe (vgl. z.B. S. 57 [75] zu Anm. 77; S. 61 [80] zu Anm. 92). Z u m Hintergrund vgl. H. Dörrie, „Hypostasis". Wort- und Bedeutungsgeschichte, in: ders., Platonica minora, München 1976,13-69. Zur Sache vgl. unten. A.a.O. (Anm. 23), 60,11-16. Zu den genannten Parallelen vgl. teils J. Lebon, ebd., 60, Anm. 5, teils A. Grillmeier (Anm. 3). A.a.O. (Anm. 21), XI.

Die Apologie des Johannes Grammatikos für die Synode von Chalkedon

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noch Klein-Alexandrien eine implizite Bezugnahme auf das Symbol vermeiden können, zeigt schon das Folgende, nämlich die Apologie Chalkedons mittels des zweifachen ομοούσιος· des Inkarnierten.

1.2 Der Ansatz beim zweifachen ομοούσιο? Beiden Texten dient das zweifache homooüsios (ομοούσιος) des Symbols von Chalkedon als Ausgangspunkt ihrer Argumentation, auch wenn sie sich dabei nicht auf den Text dieses Bekenntnisses [63] berufen 30 . Dies schien auch gar nicht nötig. Denn man konnte sagen, daß das zweifache homooüsios Inhalt der F i d e s N i c a e n a war. Denn Nikaia hatte sich sowohl zum ομοούσιος τω πατρί  als  auch  zu  „Christus,  ...  der  inkarniert  wurde,  der  Mensch  wurde,  der  gelitten  hat"  (εις  Χριστόν  ...  σαρκωθέντα,  ένανθρωπήσαντα,  παθόντα)  u n d  d a m i t  z u m  ομοούσιος 

ήμίν  bekannt.  Wenn  nun  Chalkedon  eine  dialektische  Verteidigung  des  wahren  Glaubens  gegen  Eutyches'  Vermischung  (σύγχυσις)  und  Nesto­ rios'  Trennung  (διαίρεσις)  war,  dann  konnte  man  es  auch  als  eine  dia­ lektische  Verteidigung  des  zweifachen homooüsios auffassen, nämlich a s y n c h y t o s  (άσυγχύτως)  und  a d i h a i r e t o s  (αδιαιρέτως)  zugleich.  Und  obendrein  bot  dieser  Ansatz  auf  den  ersten  Blick  eine  gemeinsame  Basis für ein Gespräch mit den Akephalen 31 . Die Betonung des zweifachen homooüsios schien es zu rechtfertigen, statt wie bisher von „Natur"  (φύσις)  nun  von  Usie  (ουσία),  d.h.  „Sein"  oder  „Wesen",  zu  sprechen  bzw.  beide  Begriffe  gleichzusetzen  und  damit  die  von  den  Kappadokiern für die Lehre von der Trinität gebrauchten Definitionen von Usie und Hypostasis in die Christologie einzutragen. Dabei berief man sich vor allem auf Gregor von Nazianz und dessen Unterscheidung von  άλλος  και  άλλος gegenüber  άλλο  και  άλλο,  also  von  „ein  anderer  und  ein  anderer" gegenüber „ein anderes und ein anderes". Hatte Gregor nicht gesagt, daß ersteres in der Trinität, letzteres (also „ein anderes und ein anderes") in der Christologie gelte? Hatte er für die Christologie nicht eine Umkehrung der trinitarischen Terminologie gefordert? Dort nämlich sei es „umgekehrt" oder

30

31

Zur Synode von Klein-Alexandrien vgl. a.a.O. (Anm. 23), 60,6-8; zu Johannes Grammatikos vgl. ders., Apologia (Anm. 21), 1,2, Z. 77-79, S. 51; ferner ebd., 1,1, Z. 16-27.47-50, S. 14f.; 1,2, Z. 28-32, S. 49f. Vgl. das zu S. 38 [55] mit Anm. 4 Gesagte. Zur Vorgeschichte des zweifachen  homooüsios vgl. B. Studer, Consubstantialis Patri Consubstantialis Matri. Une antithese christologique chez Leon le Grand, Revue des Etudes Augustiniennes 18 (1972) 8 7 115, der ausführlich auf Quellen und Ort der theologischen Diskussion vor Leo eingeht.

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

„das Gegenteil": e m p a l i n ( έ μ π α λ ι ν ) 3 2 - ein Stichwort, das uns in allen chalkedonischen Apologien begegnet, um die christologische Unterscheidung von Natur und Hypostase an die inzwischen für die Trinität rezipierte Terminologie zu binden. Für die Monophysiten galt ja - und Severos von Antiochien hat dies gegen den Grammatiker stark betont der genannte [64] Unterschied nur für die t h e o l o g i a , wobei sie meistens konsequent einzig von Usie und Hypostase sprachen und den Terminus „Natur" vermieden, um diesen für die o i k o n o m i a oder „Inkarnation der einen Natur des Gott Logos" zu reservieren. Theologie und Christologie benützen, so betonten sie, zwei verschiedene Sprachen. Doch zurück zur Vermittlung einer einzigen Sprache für beide durch das zweifache homoousios von Chalkedon. Der Mensch neigt dazu, das, was er in seiner Sprache nicht durch Worte unterscheidet, auch in seinem Denken unscharf zu fassen, wenn nicht gar dazu, es überhaupt nicht zu verstehen. Noch schwieriger wird es, wenn Worte mit Inhalten befrachtet werden, die im Horizont der Alltagserfahrung nicht leicht zu vermitteln sind. War Christus zweifach homoousios, nämlich „eines Wesens mit dem Vater" und „wesensgleich mit uns Menschen", dann konnte man den Unterschied, der im Gebrauch des einen und selben Wortes homoousios eigentlich nicht aufgehoben werden sollte, leicht verwischen: Wer hört heute schon einen Unterschied, wenn es umgekehrt heißt, Christus sei „wesensgleich mit dem Vater" und „eines Wesens mit uns Menschen"? Dieser Unterschied mußte geradezu notwendigerweise unscharf werden, wenn man ihn nun, wie es Johannes Grammatikos durchaus im Gefolge des Symbols von Chalkedon tat, auch mit den sprachlichen Abstrakta  θ ε ό τ η ς  und  άνθρωττότης·  aus­ drückte und ein „gemäß seiner Gottheit"  ( κ α τ ά  τ η ν  θ ε ό τ η τ α )  von  einem  „gemäß seiner Menschheit"  ( κ α τ ά  τ η ν  α ν θ ρ ω π ό τ η τ α )  unterschied.  Das  zweifache  homoousios  wird  so  zu  einer  Aussage darüber, daß Christus „in Gottheit und in Menschheit vollkommen" ist  ( τ έ λ ε ι ο ?  έ ν  θ ε ό τ η τ ι  και  τ έ λ ε ι ο ?  ε ν  ά ν θ ρ ω τ τ ό τ η τ ι ) 3 3 . 

32 

Apologia  (Anm.  21),  1,2,  Ζ.  240­245,  S.  57.  Vgl.  Gregor  von  Nazianz,  Epistula  101,4,  PG  37,180  A  11­13.16  ­  Β  3  (hg.  v.  P.  Gallay,  SChr  208,  44).  Zum  empalin  der  trinitari­ schen  und  christologischen  Terminologie  vgl.  L.  Abramowski,  Drei  christologische  Untersuchungen,  Berlin  ­  New  York  1981,  81­83  (zu  Tertullian);  89  (zu  Ambrosius  und  dem  Symbolum  Quicumque). 

33 

Dies  entspricht  der  Kyrillischen  Christologie  und  konnte  auch  von  Monophysiten  akzeptiert  werden.  Kyrill  hat  im  Laetentur­Brief  (CPG  5339;  vgl.  Anm.  9)  in  der  Uni­ onsformel  des  Johannes  von  Antiochien  (CPG  6310)  die  Aussage  „vollkommener  Gott  und  vollkommener  Mensch"  (θεοί­· τελαον  και  άνθρωπον  τέλειου  A C O  1,1,4,  8,28  =  17,10)  als  ein  τέλειος·  ων έν  θεότητι  και  τέλειο?  ό  αύτος  εν άνθρωττότητι  wiedergege­ ben  (ebd.,  18,25).  Zur  Bedeutung  vgl.  Th.  Sagi­Bunic,  „Deus  perfectus  et  homo  per­ fectus"  a  concilio  Ephesino  (a.  431)  ad  Chalcedonense  (a.  451),  Romae  ­  Friburgi  Brisg.  ­  Barcinone  1965. 

Die Apologie des Johannes Grammatikos für die Synode von Chalkedon

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So kann die Tatsache leicht in Vergessenheit geraten, daß die e i n e Usie des e i n e n Gottes eine Einheit ist, die anders ist als jene des e i n e n Wesens, das alle Menschen kennzeichnet. Was hörte man, als man nun die Usie gut kappadokisch jeweils als koinon (KOLVOV)34, als das Gemeinsame der Gottheit bzw. als das Gemeinsame der Menschheit definierte und gegen die Hypostasen, nämlich Vater, Sohn und Geist [65] bzw. Petrus, Johannes und „jeden anderen beliebigen Menschen" abhob? Als koinon war das, was den, der zweifach homoousios war, kennzeichnete, kein ομοούσιο?, sondern ein  όμοούσιον,  weshalb  Johannes  Gramma­ tikos über die  ομοούσια  oder  consubstantialia  in  Christus  nachdenken  konnte  und  nicht,  wie  J.  Lebon  an  einer  Stelle  aus  Versehen übersetzt, über die c o n s u b s t a n t i a l e s oder  ομοούσιοι35. Gewiß ist J. Lebon ein sehr genauer Ubersetzer; um so auffälliger ist m.E. sein Flüchtigkeitsfehler, der ein Sachproblem signalisiert. Wer sollte nicht gegen einen solchen Fehler gefeit sein, wenn vom homoousios auf ein homoousion, nämlich das koinon, geschlossen wird?

1.3 Das Verständnis der Usien in zwei Perspektiven: άσυγχύτω? und  αδιαιρέτως·  Angesichts  des  beschriebenen  Sprachgebrauchs  wundert  es  nicht, daß die Gegner fragen 36 , warum sich nicht die ganze Trinität, nämlich Vater, Sohn und Geist, in der ganzen Menschheit, d.h. im ganzen g e n u s h u m a n u m , inkarniert habe. Die Antwort des Johannes 37 läuft auf eine breite Darstellung des  τέλειος έν  θεότηπ  και  τέλειος  έν  άνθρωπότητι  hinaus.  Jede göttliche Hypostase ist vollkommen Gott, und in Christus, „den wir als vollkommenen Menschen bekennen", ist „die ganze Usie der Menschheit" verwirklicht. Denn er „nahm eine Sarx an, die von einer rationalen und vernünftigen Seele belebt ist." So ist Apolinarios abgewehrt, aber auch der lästige Frager. Denn die Annahme „der ganzen Menschheit" bedeutet nicht die Annahme aller Individuen, die durch ihre Idiomata, nämlich durch die ihnen unverwechselbar zu34

Z u m Folgenden vgl. Apologia (Anm. 21), 1,1, Z. 35-40, S. 7.

35

Apologia (Aran. 21), 1,1,  Ζ.  137­139,  S.  10,  nach  J.  Lebon:  Q u o m o d o  autem  Christum  et  Patri  consubstantialem  et  nobis  consubstantialem  statuunt,  et  duos  quidem  con­ substantiales  (!)  confiteri  non  cessant,  duas  autem  substantias  negant?  Nach  A.  Van  Roey  steht  im  Syrischen  hier  das Äquivalent von  ομοούσια.  Vgl.  A.  Grillmeier  (Anm.  8),  58,  Anm.  99. 

36 

Ebd.,  1,1, Z.  72­75,  S.  8. 

37 

Ebd.,  1,1,  Z.  80­110,  S.  8 ­ 9  (=  1,2,  Z.  40­69,  S.  50­51);  Z.  121­126,  S.  10.  Zur  Interpreta­ tion,  insbes.  des  Perfekts  vgl.  das  zum  Terminus  αποτέλεσμα  auf  S.  54  [72]  zu  Anm.  60  sowie  S.  67  [86],  Anm.  104,  Gesagte. 

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

kommenden Eigenheiten oder Qualitäten  (ποιότητες  χαρακτηριστικοί  των  προσώπων)  wie Größe, Hautfarbe usw. unterschieden sind. Als Beweis wird Brief 214 des Basilios von Kaisareia zitiert 38 , der für die künftige [66] Diskussion zusammen mit Brief 236 zum Standardrepertoire gehört. Denn bei Basilios heißt es: „Wie sich das  κοινόν  zum  'ίδιον  verhält, so verhält sich die Usie zur Hypostase" - eine Unterscheidung, über deren Vorgeschichte und damit Bedeutung manche Vermutung angestellt wurde 39 , die für ein monotheistisches Verständnis der kappadokischen Trinitätslehre wichtig ist, doch nicht, wenn es darum geht, den Grammatiker und seine Nachfolger zu verstehen. Diese konzentrieren sich auf die Christologie und tragen die allgemeingültige Relation vom  κοινόν  zum  'ίδιον  in  die  chalkedonische  Unterscheidung  von  φύσις·  und  ύπόστασις·  ein.  Wie  geschieht  dies  konkret  im  genannten  Text  des  Johannes  Grammatikos?  Das  Subjekt  der  Aussage  ist  bei  ihm  Christus,  nicht  der  Logos.  Die  Annahme  der  άνθρωπότης,  des  Mensch­ seins,  das  allen  Menschen  gemeinsam  ist,  wird  hier  im  Status  der  Voll­ endung  gesehen  und  darum  mit  dem  Perfekt  (προσείληφεν)  ausgesagt.  Die  Konsequenz  des  Johannes heißt, frei formuliert: „In Christus" sind göttliche und menschliche Usie vollkommen vorhanden, und zwar wie zwei symmetrisch angeordnete Realitäten in ihrer Mitte vorhanden sind. Doch ist auf Folgendes zu achten. Trotz ihres Status als  κοινόν  sind  beide  Usien  etwas  Individuelles.  Dies  ist  kein  Paradox,  sondern  nur  ein  Wechsel  der  Perspektive  oder  Sichtweise.  Geht  es  um  die  unvermischte  Wahrung  der  Naturen,  d.h.  um  das  άσυγχύτως·  der  beiden  Pole  „So­ wohl  wahrer  Gott"  ­  „Als  auch  wahrer  Mensch",  dann  argumentiert  Johannes  mit  dem  zweifachen  όμοούσιον  oder  κοινόν.  Wechselt  er  die  Perspektive  zum  άδιαρέτως,  um  die  Einung  der  beiden  Naturen  zu  bedenken,  dann  werden  diese  als  individuelle  Usien  gedacht,  die  ge­ eint  sind 40 . Daß Gottes Usie absoluter Einzelfall ist, nämlich die Usie

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Epistula 214, 4,9-11, hg. v. Y. Courtonne, Saint Basile. Lettres,  Π, Paris  1961,  205  (PG  32,  789  A  15­B  2);  zitiert  in  Apologia,  1,1, Ζ.  114­116,  S. 9,  wo  epist.  214,  4.8­9  (789  A  12­14)  vorausgesetzt  wird:  Vgl.  1,2,  Z.  21­22,  S.  49.  Zu  Basilius  vgl.  A.  de  Halleux,  „Hypostase"  et  „Personne"  dans  la  formation  du  dogme  trinitaire  (ca  315­381),  Re­ vue  d'histoire  ecclesiastique  79 (1984)  318­330.  39  Wichtige Hinweise  bei R.M. Hübner, Gregor von Nyssa als Verfasser der sog. Ep. 38 des Basilius, in: Epektasis. Melanges patristiques offerts au Cardinal Jean Danielou, publies par J. Fontaine et Ch. Kannengiesser, Paris 1972, 4 6 3 ^ 9 0 (zu CPG 3196); A. de Halleux (Anm. 38), 313-369; 625-670. 40 Zum Verständnis beider Perspektiven und ihres Wechsels, wodurch Erkenntnis(Chalkedons  iv  δύο  φύσεσιν  γΐ'ωριζόμενος)  und  Seins­Ordnung  (die  Inkarnation  als  Werden  im  Sinn  von  Joh.  1,14)  unterschieden  und  miteinander  vermittelt  werden,  muß man über das Kappadokische Verständnis von  κοινοί'  und  'ίδιον  hinausgehen  und jenes  des Ammonios  Hermeiou  und  seiner  Schule  (vgl.  S. 42  [60]) bedenken, für den die zweite Substanz (im Unterschied zu Alexander von Aphrodisias) kein (no-

Die Apologie des Johannes Grammatikos für die Synode von Chalkedon

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des einen Gottes, [67] ist für den Grammatiker im Blick auf die Christologie kein Problem, wohl aber, daß die menschliche Usie, die Sarx des Logos, individuell ist, ohne dadurch Hypostase zu sein. Denn wer sie in ihrer Individualität als eine Hypostase auffasst, würde in seiner Sicht eine Trennungschristologie im Sinn des Nestorios vertreten. Die erste Perspektive ist gegen Eutyches gerichtet und betont die „unvermischte Einheit"  (άσΰγχυτος  ενωσις).  Die  zweite  grenzt  gegen  Nestorios  ab,  indem  sie  die  heilsgeschichtlich­dynamische  Sicht  betont,  daß es der Logos ist, der sich inkarniert und so als Schöpfer in der Empfängnis durch Maria „den neuen Menschen" schafft. Dies ist die Perspektive, die Kyrill von Alexandrien betont hat: Der Logos ist das Subjekt der Inkarnation. Er eint mit sich selbst die Sarx, die er in der Jungfrau in die Existenz setzt und so „untrennbar"  (αδιαιρέτως)  mit  sich  eint.  In  dieser  Einung  ist  und  bleibt  die  Sarx,  also  die  menschliche  Existenz  Jesu  Christi,  besser  des  Logos,  eine  individuelle  Usie,  eine  einmalige  Sarx.  Sie  ist  Individuum,  und  doch  ist  sie  kein  Individuum,  wie  ein  jeder  von  uns  ein  Individuum  ist.  Denn  diese  menschliche  Exi­ stenz  ist  kein  Mensch  „wie  du  und  ich",  kein  φιλός· άνθρωπος.  In  zwei  Zitaten  bei  Severos  von  Antiochien  benutzt  der  Grammati­ ker  zur  Wiedergabe  der  Einung  den  Terminus  i n d i v i d u a e  s u b s t a n ­ t i a e  bzw.  n a t u r a e :  „In  zwei  Usien,  die  geeint  sind  und  individuell,  erkenne  ich  den  einen  Christus." 41  Dies  ist  in  aller Prägnanz eine Formel für das symmetrische oder zweipolige Christusbild von Chalkedon, ausgesagt mit den Worten, welche die Formel des Symbols von

minalistisch zu interpretierender) abstrakter Begriff ist, sondern dem Sein nach v o r allen Individuen (Aristoteles' ersten Substanzen) existiert. Vgl. K. Kremer, Die Anschauung der Ammonius (Hermeiou)-Schule über den Wirklichkeitscharakter der Intelligiblen. Über einen Beitrag der Spätantike zur platonisch-aristotelischen Metaphysik, Philosophisches Jahrbuch 69 (1961-62) 46-63. Es geht also bei den genannten Perspektiven nicht u m den Gegensatz von abstrakter  versus konkreter Betrachtung (so A. Grillmeier [Anm. 8], 60), auch nicht um ein unvermitteltes Zugleich, d.h. Nebeneinander, beider Perspektiven. Das Gemeinsame (KOLVÖV) bedarf der Einzelsubstanzen nicht, um zu existieren  ("ίνα συστη),  sondern  einzig,  um über sie ausgesagt zu werden (  'ίνα  κατ'  έκΐίνων  ρηθη).  Vgl.  Ammonios,  In  Aristotelis  Categorias  Commentarius,  ed.  A.  Busse,  CAG  IV,4,  Berolini  1895,  40,19­21.  Insofern  ist  „die  wirklich  erste  Usie"  die  allgemeine  (ή  καθόλου:  ebd.,  36,17­18),  und  zwar  ist  sie  dies  ihrer  Natur  nach  (κατά  φύσι,ν 40,4­5).  Zur Prädikation über ein Subjekt vgl. Anm. 100. 41

Apologia (Anm. 23), 1,1, Z. 66-67, S. 8. Ferner: Dico ... duas naturas individuas et unitas (1,1, Z. 4 1 3 ^ 1 4 , S. 20). - Die Individualität der Menschheit Christi (in der Perspektive der Einung) ist m.W. in allen chalkedonischen Texten selbstverständlich (vgl. auch F. Heinzer [Anm. 20], 73ff.; 109). So ist dies pace  Α.  Grillmeier  (Anm.  23),  295,  bei  Leontios  von  Jerusalem  (PG  86,1,  1485  C ­ D )  nichts  Neues  und  entgegen  dem  ebd.,  203  (mit  S.  200)  Gesagten,  bei  Leontios  von  Byzanz  kein  Fortschritt über Johannes Grammatikos (und über CNE [Anm. 19]) hinaus.

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

C h a l k e d o n g e b r a u c h t : e t ? κύριο? 'Ιησούς  Χ ρ ι σ τ ό ?  ...  ) die  Naturen  (im  Sinn  der  chalkedonischen  Definitio  fidei)  erkannt  wer­ den".  „In  den  Naturen"  wird  so  das  Prosopon  (Christi)  „sichtbar" (wörtlich: „bestimmt",  αφορίζεται).  Vgl.  Epilysis,  PG  86,2,  1928  Α  als  Vorspann  zur  Frage  der  Einmaligkeit  Christi  (BC).  Die  menschliche  Natur  Christi  subsistiert  als  vollkomme­ ne  im  Logos:  Leontios schließt in seiner Darstellung seiner Auffassung der  prodiaplasis (Anm. 156) in 1944 C 4 die Aussage  έν τω Λόγω  ύττοστήναι  nicht  aus,  auch  wenn  er  sie  in  seiner  Antwort  nicht  wiederholt.  Nach  B.E.  Daley,  The  Origenism  (Anm.  20),  360  mit  Anm.  1,  gibt  diese  Aussage  nicht  seine  eigene  Auffassung  wieder,  auch  wenn  er  ihre  Orthodoxie  nicht  bestreite.  Warum?  Weil  sonst  auch  der  Begriff  enhypostaton  etwas  anderes  bedeutet,  als  in  den  in  Anm.  124  und  150  zitierten  Stellen  be­ hauptet  wird?  161  Die  wichtigsten  Stellen  sind  CNE  1,5,  PG  86,1,  1289  BC;  1,7,  1301  Β;  Π,  1320  Β  und  vor  allem  Epilysis,  PG  86,2,  1941  A,  auf  welche  sich  die  folgende  Darstellung  bezieht.  ­ Kennzeichnend  ist  der Schlußsatz der Epilysis, 1945 C 14 - D 6: „Da es nun ein und

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zen" gemeinsam ist (κοινά  του  ολου)  und  darum  einer  jeden  Natur  ge­ meinsam  (κοινά  [105]  θατέρου),  ist  dies  einzig  auf  Grund  der  „in  einer  jeden  der  beiden  Naturen  bewahrten  unvermischten  Eigenheit  ein  und  desselben  (Subjekts)",  des  „Einen"  (et?),  dem  alles  Gemeinsame  „we­ gen  der  seinshaften  Einung"  (δια  την  ουσιώδη  ένωσιν)162  zu  eigen  ist.  Unter  dem  Gemeinsamen  versteht  er  mit  der  antiochenischen  Traditi­ on,  wie  sie  in  der  Union  von  433  die  Zustimmung  Kyrills  gefunden  hat,  und  mit  dem  Tomus  Leonis  jene  Aussagen  der  Bibel  und  Uberliefe­ rung,  in  denen  Hoheit  und  Niedrigkeit, Göttliches und Menschliches, zugleich ausgesagt werden und die sich so von Aussagen unterscheiden, in denen einzig ein göttliches oder einzig ein menschliches Prädikat erscheint. Der Tomus Leonis nennt als Beispiele die communis contumelia und die communis gloria. Es wird hier bei Leontios deutlich, daß die Perspektive der  αδιαίρετο?  ενωσις  als Begründung eingebracht wird, während die Perspektive der  άσύγχυτος  ενωσις  das  Aus­ sageziel gegenüber dem Einwand des Gegners, eines Monophysiten, bestimmt. Indem Leontios beide Perspektiven vermittelt, stellt er fest, es gebe keine Einung die „mehr eins"  (ένικωτέρα)  ist,  es  gebe  keine,  die  „reicher"  (πλουσιωτέρα)  ist163.  Hier künden sich Aussagen an, wie sie nach Leontios öfter begegnen. „Je mehr" Gott geeint, „desto mehr" ist die menschliche Natur in dem, was ihr eigen ist, verwirklicht (Maximos der Bekenner). Der Reichtum, den die menschliche Natur in der Einung

derselbe ist, wird alles wie über einen  (ώ? καθ' evös) ausgesagt und darum über eine Hypostase und (ein) Prosopon (ausgesagt). Da aber alles nicht unter derselben Rücksicht ausgesagt wird, sondern unter zwei verschiedenen Rücksichten  (κατ' αλλο  και  άλλο  [ein  Nachklang  der  Formel  Gregors  von  Nazianz:  Anm.  32]),  deshalb  wird  dies  (was  ausgesagt  wird)  nicht  wie über eine einfache Natur ausgesagt, sondern über verschiedene Naturen, die sowohl zusammen bestehen als auch in der Einung ihre naturhafte Eigenheit bewahren." 162 Leontios gebraucht, wenn er von der Einung spricht, vor allem Termini, die zum Wortfeld der Usie gehören. Nur einmal spricht er von der  ενωσις  καθ'  υπόσταση  (CNE  Π, PG  86,1,  1384  D),  sonst  allgemein  von  der κατ' ούσίαν oder  ουσιώδης  evoxjig.  In  der  Einleitung  zu  seinem  Florileg  im  Anhang  zu  CNE  I  sucht  er gewissermaßen nach einem Mittelweg, wenn er sagt, die Väter hätten  ή  κατ'  ούσίαν  υποστατική  ενωσίϊ  gelehrt.  163  PG  86,2,  1941 Β  1­3  (zitiert  in  Anm.  143).  Hier schließt sich sachlich eine Darstellung seiner Soteriologie an, wie er sie (im Verständnis der sog. physischen Erlösungstheorie [vgl. Anm. 97]) bes. gegen Theodor von Mopsuestia entwickelt hat, der die in Christus geschehene Erlösung leugne, weil er sie auf einen Menschen gründe: Denn wer kann retten, der selbst gerettet wird? Wenn Christus nicht der inkarnierte Gott Logos ist, sondern als Mittler zur Trinität ein viertes Subjekt der Anbetung (vgl. Anm. 1), dann ist der Mensch durch ihn nicht erlöst. Vgl. CNE  ΙΠ,  1385  CD;  ferner  ebd.,  1373  A.  Zu ergänzen sind diese Aussagen durch die Beschreibung der Heilserfahrung in CNE  Π, in  denen  er betont, daß der Logos den ganzen Menschen, insbes. seine Sarx angenommen habe.

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

oder Vergöttlichung (θεωσι,ς) erwirbt, ist das große Thema des Leontios von Jerusalem 164 . [106]

2.2 Leontios von Jerusalem Was bringt Leontios von Jerusalem 165 an Neuem?

2.2.1 Leontios' Beurteilung von Chalkedon im Rahmen grundsätzlicher Überlegungen In Leontios' Schrift  Aporiae  contra  Monophysitas (CPG 6917) ist seine eigene Position auf Grund des genus literarium des erhaltenen Fragments kaum zu erkennen. Denn er zählt einzig Aporien auf, die sich für ihn auf Grund der gegnerischen Voraussetzungen ergeben. Sofern dies heißt, daß es dabei um sein Verständnis der Gegenposition geht, kann man auch aus diesem Text einiges für unsere Frage gewinnen. Doch wichtiger ist seine Schrift  contra  Nestorianos (CN: CPG 6918). Denn hier prüft er die Prämissen 166 der gegnerischen Argumente und das, was sich aus ihnen schließen oder nicht schließen läßt (τό  συμπέρασμα  του  συλλογισμοί))167.  So  kann  er  empfehlen,  sich  auf  die  nicht  bewiesenen  Axiome  oder  ersten Sätze der Gegner zu konzentrieren und nicht auf ihre sekundären Ableitungen 168 . [107]

164 Der Sache nach vertritt Leontios im Schlußwort der Epilysis (1945 CD) die Theorie der Hypostase als Trägerin einer zusammengesetzten Idiomenansammlung, womit er auf den Jerusalemer Leontios vorausweist. 165 Ch. Moeller, Textes ,monophysites' de Leonce de Jerusalem, Ephemerides Theologicae Lovanienses 27 (1951) 4 6 7 ^ 8 2 ; P.T.R. Gray (Anm. 20), 122-141; ders., Leontius of Jerusalem's Case for a ,Synthetic' Union in Christ, in: Studia Patristica XVIII,1 (1985) 151-154; L. Abramowski, Ein nestorianischer Traktat bei Leontius von Jerusalem, in: III e Symposium Syriacum 1980, hg. v. R. Lavenant, Orientalia Christiana Analecta 221, Roma 1983, 43-55; zu St. Otto (Anm. 20), 87-150 vgl. Anm. 120; ihm folgt die Darstellung von F. Heinzer (Anm. 20). Die Darstellung von A. Grillmeier (Anm. 8), 291-332.529-531, zeigt deutlich die Absicht, den Jerusalemer gegen Leontios von Byzanz aufzuwerten sowie bei letzterem eindeutig, bei ersterem für den Leser unentscheidbar das Vorhandensein einer Enhypostasie-Theorie im eigentlichen Sinn zu widerlegen (vgl. Anm. 118). Verzichten kann man auf A. Basdekis, Die Christologie des Leontius von Jerusalem. Seine Logoslehre, Diss. Münster i.W. 1973. 166 Z.B. CN I, 5 , 1 4 1 7  Β  14 ­  D  5;  I,  6 , 1 4 2 0  C  5 ­ 8 .  167  Man  vgl.  sein  Vorgehen  beim  ersten  Einwand  CN  I,  1,  1401  Β  ­  1413  C,  bes.  1412  Β  7  ­ D l ;  ferner  z.B.  C N  I,  16,  1461  A  11 ­  Β  3.  168  CN  I,  4,  1416  C  5­15.  Zum  Zusammenhang  ist  auch  CN  Π,  47, über die „neuere Art der Einung der Naturen" in der Christologie zu beachten. Diese Rede oder Aussage (ό  λόγο;)  ist  weder  auf  paradoxale  Weise zugänglich zu machen, noch durch Syllo-

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In der Einleitung zu seinem Florileg im Anhang der gegen die Monophysiten gerichteten Schrift vertritt er in Bezug auf die Bekenntnisformeln eine hermeneutische Position, die wir in Ansätzen schon bei Johannes Grammatikos und vor allem bei Leontios von Byzanz kennengelernt haben; doch weiß der Jerusalemer Mönch sie markanter vorzutragen. Neu ist dabei der Gedanke, daß eine dogmatische Entwicklung notwendig ist 169 . Alles Neue ist in Glaubensfragen zunächst ein Skandal 170 , und doch notwendig, um die Orthodoxie zu wahren, um Mißverständnisse abzuweisen, wenn die alten Formeln nicht mehr genügen. Der Wortlaut der Bibel, aber auch jener der Schriften von Christen, die früher lebten, reicht nicht aus, um die Orthodoxie zu verteidigen 171 . Beim Studium dieser Quellen muß man auf die gemeinte Bedeutung achten, die δύναμις  της  εννοίας172.  Nach  Leontios  ist  Chalkedon  mit  dem  Bekenntnis  zur  „hypostati­ schen  Union  des  einen  Christus" über Kyrill hinausgegangen und hat auf diese Weise gegen Eutyches korrigiert 173 . Denn Kyrill habe nur das

gismen beweisbar. Denn „was selten geschieht, können allgemeine Ideen, was übernatürlich ist, können Einsichten aus der Natur nicht fassen" (1600 A 12 -  Β  2).  169  Neue  Formeln können notwendig werden, wenn die alten trotz ihrer rechtgläubigen Bedeutung  (ευσεβής  σημασία)  nicht  mehr  ausreichen,  die ursprüngliche Orthodoxie (ή  ανέκαθεν  και  έξ  άρχής  όμολογουμενη  ορθοδοξία)  zu  sichern.  So  wie  es  wegen  der  Nestorianer  notwendig  gewesen  sei,  die  μία  φύσι,ς­Formel  Kyrills einzuführen, sei es wegen der Eutychianer notwendig, eine Formel zu finden, die jede  σύγχυσις  in  der  „einen  Natur" ausschließt (1808 C 1-1809 A 6; D 12-1812 A 3). Korrigiert Kyrills Christologie Nestorios, dann kann „die Prämisse der Zwei-Naturen-Formel" (1808 D 10:  τό  λήμμα  τής  των  δύο  φύσεων  φωνής)  die  Naturen  nicht  mehr  als  Hypostasen  auf­ fassen  (1808  C  13  ­  D  1).  Zum  anderen  bedarf  es  einer  Korrektur  des  Eutyches.  An  dieser  Stelle  wird  die  im  Vergleich  zu  den  bisher  dargestellten  Christologien  neue  Perspektive  des  Jerusalemer  Leontios  deutlich.  Chalkedon  korrigiert  nicht  durch  die  Zwei­Naturen­Formel,  sondern  durch  die  hypostatische  Union  beider  Naturen  (Anm.  173).  170  Ebd.,  1808  A  9 ­ 1 1 .  171  Leontios'  Standpunkt  wird  besonders  deutlich,  wenn  er  darauf  hinweist, daß, wer sich an Worte klammert, die Formel vom trinitarischen  ομοούσιος  oder  συναίδιος  weder  in  der  Bibel  noch  in  den  Schriften  von  Christen,  die  vor  dem  arianischen  Streit  lebten,  finden  wird.  Denn wörtlich  (αύτολεξεί)  liest  man  diese  dort  nicht  (1805  D  5 ­ 10).  Was  er  davor  sagt  (C  2  ­  D  5),  stellt  diese  Aussage  in  einen  breiteren  Rahmen,  in  dem  u.a.  das Übersetzungsproblem auch im Blick auf die Bibel angeschnitten wird. 172 Ebd., 1808 A 2. 173 Ebd., 1809 A 6 -  Β  13.  Chalkedon  betone  die  hypostatische  Union  und  damit  sowohl,  wessen  Prosopon  man  erkenne  (B  10 muß es m.E. heißen:  τίνος  προσώπου    γινώσκει,ν nämlich  απασι  βοΰλεται),  als  auch  die  Einung  der  naturhaften  Dyade  und  die  hypostatische  Monade.  Denn  wenn  Leontios  ein begründendes  κατ'  άμφοίν  θείσα  (seil,  αύτη)  τό  δνομα einführt, dann meint er das  εις  και  ό  αύτός  ...  έν  δύο  φύσεσιν  ...  γνωρι,ζόμενος  der  chalkedonischen  Formel.  Ich  habe  hier  vorausgesetzt, 

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[108] Zweifache der Verbundenen und das Singuläre der Verbindung gelehrt (συμπλοκή lautet das Stichwort), nicht aber die Einung und Ganzheit der Geeinten in der Hypostase 174 . Nur wenn man die hypostatische Union in Kyrills Christologie einbringt, kann man ihre Identität mit der Christologie von Chalkedon 175 und Papst Leo behaupten, wobei deutlich ist, daß er mit dem Namen Leos eine Christologie verbindet, die eher dem sog. Zweiten Tomus Leos enstpricht 176 . Die Betonung der hypostatischen Union als Prüfstein der Orthodoxie 177 führt dazu, daß bei ihm die chalkedonische Symmetrie oder Zweipoligkeit verblaßt und die göttliche Hypostase des Logos in allen Aussagen und damit im Christusbild in den Vordergrund tritt. [109]

daß 1809 Β 6 - 1 3 sich auf Chalkedon bezieht. Dann muß man statt des ersten ούτε (B 6) ein αύτη als ursprüngliche Lesart annehmen: αύτη δε  ιδίως  κτλ.  174  Indem  Kyrills  Formel  von  der  μία  φΰσι?  του  Θεού Λόγου  σεσαρκωμενη  besagt, daß die Natur inkarniert ist, entspreche sie den zwei Naturen von Chalkedon; indem sie die „Einsheit" oder Monas betont, stimmt sie mit dem Bekenntnis Chalkedons zur „hypostatischen Union des einen Christus" überein. Doch „verschwieg" Kyrills Formel „die Einung und die Ganzheit der Geeinten (oder Christus) und begnügte sich mit dem Gedanken (ewoia) der Monade und der Verbindung  (συμπλοκή)"  (ebd.,  1809  Β  1­4),  sofern  (ώς  beim  Partizip heißt nicht notwendigerweise „als o b " im Sinn reiner Subjektivität) sie das Zweifache der Verbundenen und das Singuläre des Resultats ihrer Verbindung  (σύμπλεγμα)  anzeigt.  Das  Wort  σύμπλεγμα  entspricht  m.E.  in  sei­ ner  Absetzung  gegen  συμπλοκή  und  συμπλακέντες  dem,  was  im  christologischen  Sprachgebrauch  oft  αποτέλεσμα  genannt  wird.  175  Leontios  will  die  Kyrillische  und  die  Chalkedonische  Formel  nur  insofern  als  gleichwertige  annehmen  (ebd.,  1805  Β  4­5),  als  sie  in  ihrer  Bedeutung  identisch  sind  (ταύτόν  τη  δυνάμει:  1805  Β  5­10).  ­  Was heißt dies in Bezug auf die antiochenischen Christologien? Leontios sagt von den Anhängern und Vorgängern des Nestorios, wobei er die Orientalen der Union von 433 nicht ausschließt: Auch wenn sie die zwei Naturen als „ungetrennt geeinte" wie bei der genannten Union bekannt haben, so wäre es trügerisch zu meinen, man könne bei ihnen „die ursprüngliche Orthodoxie" finden. Denn sie lehren nicht die hypostatische Union, ja nicht einmal eine (seinshafte) Verbindung  (συμπλοκή)  der  Naturen  (1809  D  2­11,  bes.  D  6 ­ 7 :  καθ'  ύπόστασίν  γαρ,  ού  κατά  την  των  φύσεων  αύτών  συμπλοκή).  Zu  έξ  άρχή?  ορθοδοξία?  vgl.  1809  D  14­1812  Α  1  (Anm.  169).  176  Ebd.,  1813  A  1  ­  D  10,  bes.  A  1­7.  Man  beachte, daß der Ausgangspunkt Kyrills Christologie ist, um Leo und Chalkedon zu beurteilen. Sofern Leontios über Leo spricht, hat er eine Christologie vor Augen, die nicht nur Eutyches abwehrt, sondern zugleich gegen Nestorios Kyrill akzeptiert und die hypostatische Union verteidigt. Vgl. 1844 C D (zitiert Leo, Epistula 34, hg. v. C. Silva-Tarouca, S. Leonis Magni Epistulae contra Eutychis haeresim, Pars prima, Rom 1934, 84, Z. 43-50); 1876 D - 1877 B; 1 8 8 1 B . 177 Ebd., 1 8 1 2 C l a . i . - D 1 3 .

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2.2.2 Betonung der Vergöttlichung in Rahmen einer Apologie Chalkedons Betrachtet man nun das, was Leontios von Jerusalem zur Verteidigung von Chalkedon im seinem Buch gegen die Nestorianer vorträgt, dann sind die meisten christologischen Termini, im gewissen Sinn selbst die Denkform im Vergleich zu Johannes Grammatikos und Leontios von Byzanz nichts Neues, und doch verschieben sich die Akzente. Was früher vereinzelt gesagt wurde, wird nun zum Mittelpunkt einer Christologie, welche die Vergöttlichung des neuen Menschen betont. Was jedoch an Details neu ist, scheint Leontios weitgehend seinen direkten Vorlagen und Quellen zu verdanken und nicht eigener Kreativität 178 . Auf Grund seiner Beurteilung dessen, was in Chalkedon neu ist, betont Leontios die hypostatische Union und darum die heilsgeschichtlich-dynamische Perspektive. Sofern es in der gegen Eutyches gerichteten Perspektive der  άσύγχυτος  ενωσις·  um  die  Wahrung  des  Abstands  zwischen  Gott  und  Mensch  geht,  hebt  er  nicht  die  Lehre  von  den  zwei  Naturen  hervor,  sondern  die  der  Idiomata.  Dabei  geht  es  bei  ihm  bei  aller  Wahrung  der  dem  Wesen  Gottes  bzw.  des  Menschen  ei­ genen  Charakteristika  vor  allem  um  die  ihm  in  der  Tradition  vorgege­ bene  Lehre über die „gemeinsamen Idiome" 1 7 9 . Zum Unglück ist das 8. Buch seiner Schrift gegen die Nestorianer, in dem er sich ausführlich mit dem Thema der hypostatischen Union auseinandergesetzt hat, verlorengegangen, so daß wir darauf angewiesen sind, aus den übrigen sieben Büchern jene Stellen zu sammeln, an denen er in anderem Zusammenhang auf die  ενωσις  καθ' ύττόστασιν  zu  sprechen  gekommen  war.  Wie  wenig  sich  seine  christologische  Denkform  im  prinzipiellen  Ansatz  von  jener  der  beiden  zuvor  besprochenen  Autoren  unterschei­ det  [110]  und  dann  doch  in  der Durchführung des Gedankens durch 178 Eine eingehende Analyse der Inkohärenzen fehlt. Sicher ist Leontios kein Musterbeispiel für guten und klaren Stil. Manches läßt daran denken, daß er in CN nicht nur in den Aporien, mit denen er die Kapitel einleitet, verschiedene (!) Quellen verwendet, sondern auch in seinen Antworten solche ausschreibt oder benutzt. Warum beginnt z.B. in CN I, 32 eine Reihe von Aporien, die an den „Ägypter", Kyrill, adressiert sind? W a r u m tritt der Titel  κυριακός·  άνθρωπος  nicht durchgängig, sondern „abschnittsweise" auf? Ist dieser zu seiner Zeit nicht mehr übliche Titel etwas, was ihm in die Feder flöß, weil es in einer seiner Vorlagen stand? Oder handelt es sich in beiden genannten Fällen um eine augenblickliche Laune eines frei schaffenden theologischen Schriftstellers? Wie korrupt ist eigentlich die handschriftliche Überlieferung, die auf einen codex unicus zurückgeht? Was ist bei ihm mit der Sprachentwicklung noch zu rechtfertigen, was nicht? Diese offenen Fragen relativieren eine jede Interpretation. 179 Vgl. Anm. 164.

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Definitionen und Paradigmen in der Rezeption

die Betonung der Vergöttlichung zu N e u e m gelangt, zeigt sich selbst bei so grundsätzlichen Überlegungen wie den Definitionen, die er den „Kanon der O r t h o d o x i e " nennt, der „durch die Väter überliefert worden ist" 1 8 0 . Hier konfrontiert er uns mit dem Begriff der „gemeinsamen Hypostase" (κοινή  ύπόστασις),  die  im  Gegensatz  zu  einer  ιδική  ύπόστασις·  definiert  wird. Übersetzen wir letztere vorläufig als „eigene", nämliche nicht gemeinsame Hypostase. Im Kontext antwortet Leontios auf eine Objektion eines Nestorianers, die das anthropologische Paradigma aufgreift: „Der Mensch ist zwei Naturen, doch eine Hypostase." Also sei es „möglich, daß in einer Hypostase zwei Naturen sind" 1 8 1 . Daraus leitet der Nestorianer Aporien ab, die hier nicht weiter interessieren. Leontios akzeptiert das Paradigma, auch wenn er es im Blick auf ein monophysitisches Mißverständnis, das man ihm unterschieben könnte, differenziert 1 8 2 . Der individuelle Mensch ist e i n e Hypostase, von jeder anderen Hypostase geschieden. Doch gilt diese Formel nicht für den κυριακός  άνθρωπος.  D e n n  dieser  ist  keinen  Augenblick  seiner  Existenz  von  der  Hypostase  des  Logos  geschieden  und  besitzt  darum  keine  „ei­ gene  H y p o s t a s e "  (ιδική  oder  ιδιάζουσα),  in  (!)  der  er  subsistiert,  sondern  existiert  in  der  Hypostase  des  Logos 1 8 3 .  Diese  ist  darum  als  e i n e  Hypo­ stase  die  beiden  gemeinsame  Hypostase  (κοινή  ύττόστασις).  Sie  ist  die  göttliche Hypostase des Logos, die „die Natur des  κυριακός  άνθρωπος"  erschafft  und  mit  ihrer  eigenen göttlichen Natur (unvermischt) eint. Insofern ist sie zugleich die Hypostase der Sarx Christi oder m.a.W. die beiden, d e m Logos und der Sarx, gemeinsame Hypostase 1 8 4 . [111] Dieser Begriff der gemeinsamen Hypostase impliziert den Sachverhalt, den die Enhypostasie-Theorie zu begründen sucht. Tatsächlich begegnet diese auch beim Jerusalemer Leontios, und dies obwohl der Begriff des  καθ'  έαυτό  elvai  bei  ihm  keine  Rolle  spielt.  Die  Sarx  Christi  existiert  so  wie  die göttliche Natur in der Hypostase des Logos, niemals

180 C N  Π,  1 4 , 1 5 6 8  C  9 ­ 1 0 .  181  C N  Π,  14,  1565  A  10­12. Daß menschliche Natur hier nicht die ganze Menschheit meint, hat F. Heinzer (Anm. 20), 110-112, gegen J. Meyendorff aufgewiesen. 182 Ebd., C 2 - D 10. 183 Ebd., 1565 D 10-1568 A 7. Man vgl. damit das von Leontios v. Byzanz zur  prodiaplasis  Gesagte (Anm. 156), die hier im Kontext (1568  Β  8 ­ 9 ) ausdrücklich abgelehnt wird. 184 Ebd., 1568 A 8 - 1 5 . Im Wort  συνάψασα  ist  wie  in  συνάφεια  das  Moment  der  Unver­ mischtheit  konnotiert  (vgl.  dazu  L.  Abramowski  [Anm.  32],  63ff.).  Was  Leontios  ge­ nau  mit  έαυττ]  bei  δημιουργήσασα  meint,  ob „für sich" oder „durch sich selbst" im Sinn der Unmittelbarkeit, wird hier nicht deutlich. Für letzteres könnte seine Auffassung vom Logos als  αύτοενέργεια  (vgl.  zu  Anm.205)  sprechen.  ­  Zur  κοινή  ύπόστασι?  beim  Byzantiner  vgl.  S.  82­84  [102­104],  bes.  Anm.  157;  159. 

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Zwei Apologeten Chalkedons in der Justinianischen Ära

außerhalb

desselben 185 :

Nur

insofern

ist ihre

Existenz

auch

ein

ύττοστήναι.

Erstaunlich ist nun die These des Leontios, diese Enhypostasie schließe nicht aus, daß man zwischen einer je „eigenen Hypostase" des Logos und der Sarx zum einen und einer „gemeinsamen" zum anderen unterscheiden könne. Und damit sagt er etwas, was Johannes Grammatikos und Leontios von Byzanz wegen der Abwehr jenes häresiologischen Konstrukts, das man für „den Nestorianismus" hielt, nicht gewagt hätten, zumindest nicht auf der Basis ihres Begriffs der Hypostase. Die Sarx Christi, der Mensch Jesus Christus, besitzt eine  ι δ ι κ ή  ύ π ό σ τ α σ ι ς ·  in  Bezug  auf  alle  individuellen  Menschen  und  (auch  dies  ist  neu  im  Vergleich  zu  den  α φ ο ρ ι σ τ ι κ ά  ι δ ι ώ μ α τ α  des  Leontios  von  Byzanz)  in  Bezug  auf  Vater  und  Geist 186 .  Sie  ist  also  ein  Individuum,  dem  Selbstand  zukommt.  Insofern  scheint  sie  sich  nicht  von  einem  Men­ schen  „wie  du  und  ich"  zu  unterscheiden,  der  dem  Menschen  Jesus  Christus gegenüber nichts anderes ist als eine  ι δ ι κ ή  ύ π ό σ τ α σ ι ς  ­  ein  [112]  Individuum  mit  dem  ihm  eigenen  Selbstand.  Und  doch  ist  sie  zugleich  kein  „Mensch  wie  du  und  ich".  Denn  sie  steht  in  einem  be­ sonderen  Bezug  zum  Logos,  auf  Grund  dessen  sie  eine  κ ο ι ν ή  ύ π ό σ τ α σ ι ς ­ hat  ­  die  e i n e  Hypostase  des  Logos.  Denn  letztere  ist  eine  ι δ ι κ ή  ύ π ό σ τ α σ ι ς ·  in  Bezug  auf  Vater  und  Geist  s o w i e  in  Bezug  auf  alle  Men­ schen,  ausgenommen  jedoch  den,  der  aus  Maria  geboren  ist.  Relational  grenzt  sie  sich  als  ι δ ι κ ή  ύ π ό σ τ α σ ι ς  von  denselben  Hypostasen  ab,  von 

185  Ebd.,  1568  Β  5­7:  Πώς  ούν  ύπόστασις  τοϋ  μή  ύποστάντος  ποτέ  έκτος  αύτής  της  τοΐι  θείου  Λόγου  υποστάσεως  συναριθμηθήσεται;  ­  Vgl.  C N  Π,  13,  1560  Α  ­  1565  Α,  wo  die  beiden  Naturen  des  inkarnierten  Logos  in  ihrer  Enhypostasie  verteidigt  werden.  Nach  D.B.  Evans  (Anm.  20),  139­143,  ist  der  Gegner  Leontios  von  Byzanz,  dessen  Enhypostasielehre  implizit  als  origenistisch  gekennzeichnet  werde  (vgl.  Anm.  150).  D.B.  Evans  hat  nicht  beachtet, daß in der Einleitung von C N  Π,  13  ein  Dialog  vorliegt  und daß in 1560  Β  1 ­ 8  der  Jerusalemer  seine  eigene  Meinung  wiedergibt.  Darum  ist  diesem,  um  ihn  gegen  den  Byzantiner  abzugrenzen,  nicht  die  Auffassung  zu  unter­ legen:  ,,ένυπόστατος  simply  means  existing"  (ebd.,  140).  ­  Zur  zitierten  Fragestellung  in  1568  Β  5 ­ 7  ist  auf  die  paradoxale  Formulierung  von  CN  I,  52,  1524  Β  2ff.  hinzu­ weisen,  die  den Abschluß der Synthesis-Theorie bildet. Die Kategorie des Quantitativen („mehr" und „weniger") gilt für die Inkarnation als Synthesis nicht; der Logos wird durch diese nicht „mehr" (und der Mensch nicht „weniger"), so daß auch in dieser Hinsicht kein tertium quid aus den „Teilen" entsteht. Uber Christus kann sowohl der Logos als „Teil" der Synthesis als auch „das Ganze" ausgesagt werden (C 7). Konsequenterweise muß über ihn auch seine individuelle menschliche Natur ausgesagt werden können. Im Hintergrund steht Aristoteles, Cat., 5, 3 b 3 3 - 4 a 9: Die Usie läßt kein mehr oder weniger zu. 186 C N II, 14, 1568 C 4 - 8 :  αυτήν  ...  την  έκ  της  άγιας  παρθένου  σάρκα  τήν  μέν  φϋσιν  ...  κοινήν εχειν  προς  πάντας  τοίις  έξ  'Αδάμ,  την  δε  ύπόστασιν  ίδι,κήν πρός  τε  ήμάς  και  τόν  Πατέρα  και  το  Πνεύμα,  προς  δε  τον  Λόγον  μόνον κοινήν. 

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D e f i n i t i o n e n u n d P a r a d i g m e n in der R e z e p t i o n

denen sich auch die Sarx Christi abgrenzt 187 . Diese relationale Abgrenzung der „gemeinsamen Hypostase", die dieser zukommt, sofern sie zweifach eine je „eigene Hypostase" ist, formuliert die „Richtschnur der Rechtgläubigkeit". Um dieses Bekenntnis zum Menschen Jesus als einem Individuum, ja einer Hypostase „wie du und ich" nicht verkehrt, nämlich aus moderner Sehweise, zu beurteilen, muß man den Kontext betrachten. Denn jener Selbstand der Sarx Christi wird wie jede andere „Substantialität" bei Leontios nur durch charakteristische Idiomata definiert und kann nur im Zusammenhang mit dem Begriff der gemeinsamen Hypostase bzw. Enhypostasie gewertet werden. Selbstverständlich ist der Terminus  ιδική  ύπόστασις  statt  „individueller  Natur"  (φύσις  ιδική)  auf­ fällig. Da er jedoch nichts über ein „An und für sich Sein" aussagt und ihm im Vergleich zur  ύπόστασις  κοινή,  die  jene  des  Logos  nach  der  Inkarnation  ist,  eine  gewisse Äquivozität oder Unschärfe eignet, zeigt er keine Offenheit für die menschliche Individualität Jesu Christi im Sinn der Synoptiker 188 . Bei Leontios rückt der Mensch Jesus nicht allen Menschen [113] näher, sondern ist und bleibt der vergöttlichte Mensch im Abstand zu jedem Menschen „wie du und ich". Leontios denkt in seiner Christologie von den Idiomata her und versucht Christus durch die Fülle der Idiomata zu beschreiben, durch den größeren Reichtum, den die göttliche Hypostase durch ihre Inkarnation gewinnt, da sie so eine „gemeinsame Hypostase"  (κοινή  ύπόστασις)  wird,  die  aus  zwei  Naturen  sowie  naturhaften  und  dem  Prosopon  zugeordneten  Eigenheiten  (φυσικά  και  προσωπικά  ιδιώματα) 

187  Ebd.,  1568  Β  13  ­  C  4.  Vgl.  St.  O t t o  ( A n m .  20),  1 2 5 ­ 1 2 7 .  M a x i m o s  der  B e k e n n e r  schließt hier ( u n d an d e r Epilysis, 1917 C, s o w i e C N E I,  2, 1288 C, des B y z a n t i n e r s ) an. V g l . F. H e i n z e r ( A n m . 20), 9 7 - 1 0 8 . Z u m implizierten P a r a d o x ( M a x i m o s , E p i s t u l a 13, P G 91, 5 1 7 C ) d e r in der I n k a r n a t i o n v o l l z o g e n e n h y p o s t a t i s c h e n S y n t h e s i s ( A n m . 185) vgl. H . U . v o n Balthasar, K o s m i s c h e Liturgie, E i n s i e d e l n 2 1961, 244f. 188 Es w ä r e v e r k e h r t , e t w a s J e s u a n i s c h e s , eine B e s c h r e i b u n g echt m e n s c h l i c h e r Individualität in B e z u g auf a n d e r e M e n s c h e n z u erwarten. D e n n d a r u m g e h t es g e r a d e n i c h t b e i m B e g r i f f  ύπόστασις  ιδική trpös  ήμας·,  definiert  d u r c h  I d i o m a t a .  V i e l m e h r  g e h t  es  L e o n t i o s  g e r a d e  d a r u m ,  d e n  M e n s c h e n  J e s u s ,  g e n a u e r  ό  e m  Χρίστου  λεγόμενος  άνθρωπο?,  v o n  u n s  allen  d a d u r c h  z u  u n t e r s c h e i d e n , d a ß er k e i n e  ιδιάζουσα  ύττόστασις  besitzt  w i e  alle  M e n s c h e n ,  s o n d e r n  seine  H y p o s t a s e  „ d i e  g e m e i n s a m e "  ist, n ä m l i c h d i e des L o g o s (vgl. V , 29, 1749  Β  9  ­  C  2).  A u c h  C N  I,  20,  1485  C  14  ­  D  10,  w o  g e s a g t  w i r d ,  d e r  L o g o s  h a b e  eine  individuelle  m e n s c h l i c h e  N a t u r  (φύσις  ιδική  τις·)  „in  s e i n e  e i g e n e  H y p o s t a s e "  a u f g e n o m m e n  (vgl.  A n m .  192), enthält k e i n e n Z u g a n g z u r I n d i v i d u a l i t ä t des M e n s c h e n Jesus. Die U n t e r s c h e i d u n g v o n E i g e n h e i t e n , die d i e N a t u r e n , u n d s o l c h e n , die das P r o s o p o n k e n n z e i c h n e n ( C N  Π,  14,  1568  Β  1 ­ 5 :  A n m .  189),  w i r d  bei  L e o n t i o s  nicht  fruchtbar,  da  ihn  letztlich  n u r  die  „ n a t u r h a f t e n  E i g e n h e i t e n "  interessieren. 

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bestehe 189 . Die Aussage vom größeren Reichtum an Idiomata ist nichts anderes als der „Kanon der Orthodoxie" in einer Metapher, die an eine Aussage des Leontios von Byzanz 190 erinnert. Die Idiomata der Sarx Christi sind göttlich, da sie eine Bindung an die göttliche Natur haben. Wenn sein nestorianischer Gegner Leontios vorhält, daß man in der Christologie von zwei Hypostasen sprechen müsse, da die Idiomata des Logos und der Sarx nicht identisch sind 191 , dann setzt Leontios Idiomata der Sarx Christi dagegen, die keinem anderen Menschen zukommen, nämlich dem Göttlichen angemessene Idiomata (θεοπρεπή  ιδιώματα)  wie  die sündenlose Geburt, sündenfreies Leben, dauerndes Streben nach dem Guten, Wundermacht, Kenntnis, die jede Weisheit übertrifft, usw. Und warum? Alle Idiomata der Sarx Christi, sagt Leontios, werden von einem umfassenderen Idioma (καθολικώτερον)  umgriffen.  Der  Komparativ  „umfassender"  bezieht  sich  auf  die  Sarx  (αυτής·),  d.h.  auf  die  naturhaften  Idiomata  der  Sarx.  Deren  Ursache  (oder  wie  immer  man  a m o s übersetzen will) ist das umfassendere Idioma 192 . Denn, so begründet Leontios, die Sarx Christi besteht nie[114]mals ohne Gott  (άθεεί)  rein  als  solche;  sie  ist  also,  wie  man  im gängigeren Sprachgebrauch der altkirchlichen Theologie sagen

189 C N  Π,  14,  1568  Β  1­5.  Eine  κοινή  ύπόστασις  unterscheidet  sich  von  einer  ιδική  da­ durch, daß sie einen größeren Reichtum an Idiomata besitzt. Sie ist vielfältiger (ποικιλωτέρα)  und  unterscheidet  sich  dadurch  „auf  eine  reichere  Weise"  (περισσότεροι/).  190  Vgl.  Anm.  143;  ferner  B.E.  Daley  (Anm.  79).  Zum  Terminus  „Kanon  der  Orthodoxie"  vgl.  Anm.  180  und  A.  Grillmeier  (Anm.  8),  303ff.  191  C N  Π, 2 1 , 1 5 8 1  C  2­12.  192  Ebd.,  1581  C  12­15.  Leontios  spricht  von  der  Addition  der  hypostatischen  Idiomata  der  Sarx  zu  jenen  des  Logos  (CN  I,  28,  1493  C  14  ­  D  10),  von  der  Vermehrung  (πλεονασμός·)  hypostatischer  Idiomata  (CN  I,  29,  1496  A  5 ­ 6 )  oder  von  den  Idiomata  als  Elementen  (στοιχεία)  der  Hypostase,  die  bei  der  Einung  hinzukommen  (CN  I,  42,  1501  D  4 ­ 9 ;  vgl.  auch  den  Begriff  ιδίωμα  έπίκτητον  in  CN  I,  50,1513  A  15).  Leontios  kann  auch  sagen, daß durch die hypostatische Union ein „zusammengesetzteres Idioma"  (συνθετότεροι;  ιδίωμα)  der  Hypostase  des  Logos  entsteht,  da  der  Logos  „in  seine  eigene  Hypostase"  eine  individuelle  menschliche  Natur  (φύσις  ιδική  TLS­:  vgl.  Anm.  188)  aufgenommen  habe  (CN  l,  20,  1485  C  14  ­  D  10;  vgl.  hiermit  auch  CN  I,  52,  1517  D  8­12).  Er  glaubt  so,  jede  monophysitische  Natursynthese  (hier  als  φύσις  σύνθετο?  gekennzeichnet)  und  nestorianische  Hypostasensynthese  (hier  als  ύπόστα­ σις  σύνθετος  beschrieben) ausschließen zu können. Daß dies so zu verstehen ist und nicht anders, kann man den benutzten Termini  φύσις  σύνθετος  und  ύπόστασις  σύνθετος  als  solchen,  wie  sie  im  Kontext  gebraucht  werden,  nicht  ansehen,  sondern  nur  aus  ihrer  argumentativen Auffüllung erkennen, d.h. nur aus ihrer Funktion ableiten, die sie innerhalb eines Arguments erfüllen. Denn die Terminologie ist nicht konsequent. So kann Leontios z.B. wenig später den Terminus  σύνθετος  ϋπόστασις  zur  Beschreibung  seiner  eigenen  Position  gebrauchen  (CN  I,  24,  1492  Β  7­15).  Auch  diese  Tatsache könnte ein Reflex unterschiedlicher Quellen des Leontios sein.

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kann, nicht Realität eines  ψιλός  άνθρωπος193. Für Leontios sind die Idiomata der Sarx Christi göttlich. Sie sind für ihn wie alle Idiomata ein Definiens der Hypostase. Idiomata können aber nur göttlich sein, wenn sie, wie gesagt, eine Bindung an die göttliche Natur haben. Die Vermittlung leistet die göttliche Hypostase des Logos194, genauer die hypostatische Union195. Denn durch diese empfängt die menschliche Natur Christi den Reichtum der Vergöttlichung. Sie empfängt ihn „unmittelbar" durch die hypostatische Union aus ihrem Zusammenwachsen mit Gott  (εκ  της·  προς  θεόν  συμφυΐας)196.  Nicht  erst  nach  der  Auferstehung  ist  die  Sarx  Christi  so  vergöttlicht, daß nichts an ihr „ohne Gott" ist, sondern schon in der Geburt. Begründet wird diese Vergöttlichung soteriologisch im Sinn einer physischen Erlösungslehre. Sie ist Voraussetzung für die Erneuerung des Menschengeschlechts  (άνανέωσις)  bzw. für dessen Vergöttlichung (θεωσις).  [115] 

2.2.3 Betonung  der Vergöttlichung im Christusbild: Wunder und Sündenfreiheit Die Idee der Vergöttlichung der Sarx beherrscht das Christusbild des Leontios. Ihm geht es nicht darum, die Eigenart der göttlichen und menschlichen Natur zu wahren, sondern, „was aus der Menschheit vergöttlicht" und „was" an Göttlichem „inkarniert wurde" 197 . Darum

193 Der Satz ist schwierig: 1581 C 15 - D 2 ö έστι  αυτό τούτο τό  μή άθεει  αυτήν  και  τη  καθ'  αυτήν  φύσιν  αυτής  ψιλή  ύποστήναι  αυτήν  ττώττοτε. Die lateinische Übersetzung ist hier sehr frei, trifft aber m.E. den Sinn. Man könnte  δ  έστι  κτλ.  als  Relativsatz  auf  καθολικώτερον  ιδίωμα  beziehen.  Doch  m.E. erklärt ö έστι  im  Sinn  von  „d.h."  den  ge­ samten  vorhergehenden  Sachverhalt.  194  Ebd.,  1581 D  8­1584 A  9. Der  Text muß anders als in Migne ediert werden. Es werden nämlich zunächst zwei Bedingungen genannt (1-2) und nach einer Parenthese wird eine erste Konsequenz (3) gezogen, daß nämlich diese Hypostase, um die es hier geht, „nicht ohne göttliche Natur sein kann", um dann mittels einer weiteren Prämisse (4) zur Aussage zu kommen, daß (5) es sich nur um eine göttliche Hypostase handeln könne. Das Subjekt von  προσμαρτυρει  ist  dasselbe  wie  in  (4), nämlich die  φύσις  θεία.  In  1584  A  9­16  wird  dann  „bewiesen", daß es sich nur um die eine Hypostase des Logos handeln kann. 195 Denn dies ist der letzte und eigentliche Grund:  καθ' ϋπόστασιν  αύτοϋ ενωθεισών  άμφω  τώδε  των φύσεων έν  Χριστώ  (1584 Α  15­16).  196  CN  I,  18,  1468 Β 6 ­  C 4. Es dürfte kein Zufall sein, daß die hypostatische Union hier als συνανακρατική bezeichnet  wird.  197  CN  IV, 37,1712  A 9 ­  Β 12. Vgl. auch  Anm.  198. 

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will er innerhalb der hypostatischen Union auch einer evcuaig  φυσική  ein Recht einräumen 198 . Denn die Natur des Logos, seine Gottheit, eigne sich die Sarx durch die Hypostase an, selbstverständlich ohne das Naturhafte der Sarx aufzuheben. Vergöttlichung heißt dann, daß die Gottheit die menschliche Natur zur Würde göttlicher  φυσικά  ιδιώματα  erhebe199.  Entsprechendes  wird  im  Blick  auf  die  Wunder über das Zusammenwirken der göttlichen und menschlichen Energien gesagt200. Die Wunder Christi sind Wirkungen oder Taten des „Zusammengesetzten", die weder ein nicht-inkarnierter Gott, noch ein nicht-vergöttlichter Mensch ausführen kann201. Sie sind schöpferische Wirkungen des Logos, dessen Inkarnation selbst ein solches Wunder ist und der als Inkarnierter diese Wunder wirkt. Einerseits wirkt der Logos bei Leontios in überlegener [116] und insofern eigenständiger Weise, d.h. in einer Weise, die der Sarx niemals zuerkannt wird. Anderseits wirkt er dabei mit seiner göttlichen Natur, d.h. sofern er Gott ist. Bei der österlichen Auferstehung wirkt er auf seinen toten Körper ein202 und erweist sich so in seiner Gottessohnschaft, in seiner ihm eigenen schöpferische Kraft203. Darum ist die Auferstehung das Zeichen seiner Gottheit204. Sie

198 CN I, 50, 1512 C - 1513 Β; I, 52,  1520 C. Zur  φυσική σύνθεσις  in  Christus  vgl.  z.B.  CN  I,  14, 1457 B. Die Gründe werden an den betreffenden Stellen nicht eindeutig faßbar. Doch der Zusammenhang mit seiner Auffassung der Vergöttlichung dürfte zu sichern sein. Denn diese beschreibt er als eine Wirkung des Logos als solchen  (καθ'  αυτόν)  in  der  Sarx  Christi  „durch  seine  naturhafte  Verbindung  (συμπλοκή)  mit  die­ ser"  (CN VI, 8, 1757 A  12­15). Dabei  ist der  Logos  der  Wirkende,  dessen  Wirken  sich  aus  dem,  was  gewirkt  wird,  aufweisen lasse  (B 3­5). Verglichen  wird  dieses  Wirken  mit  jenem  der  Seele  im Körper, sofern diese dem individuellen Menschen Leben spendet, und mit dem Feuer im glühenden Eisen, sofern dieses das Stück Metall durchglüht (A 15 -  Β 3). Es geht  um  ein  Zusammenwirken  der  Naturen,  d.h.  darum,  daß in der hypostatischen Union für Leontios auch eine  ενωσις  φυσική  zustande­ kommt.  Deutlich  wird  dies bes. in  der  in Anm.  199 zitierten  Stelle.  199  CN  V, 25, 1748 A  1­15. Aneignung heißt  οίκείωσις,  ein  Begriff  Kyrillischer  Christolo­ gie,  der  deren  Anliegen  gut  zur  Geltung  bringt.  Trotz  der Einschränkung mit  όμως·  A 9­10,  ist  eines  deutlich:  Es  handelt  sich  um  ein  „Geschehen"  auf  der  Ebene  der  Naturen,  ohne daß die Einung des Prosopon den Unterschied der Naturen aufliebt. 200 In CN I, 11, 1445 A 1-1448  Β  6  vertritt  Leontios  sowohl  anthropologisch  als  auch  christologisch  ein  Zusammenwirken  zweier  naturhafter  Energien,  zumindest für einige Fälle, insbes. für die Wunder (1448 A 2-14), betont aber zugleich die Hypostase als Subjekt des Wirkens. 201 Ebd., 1448 A 2-5; vgl. auch A 14 -  Β 2.  202  CN  V, 2, 1724 D ­  1725 D.  203  CN  I,  14,  1457 C  12­13:  ίδιωτάτη  τής  θεία;  φύσεως  ενέργεια.  Beim  Ausdruck  ενεργών  τήν  ιδίως  θείαν  ένέργειαν  ist  zu  beachten, daß  ιδίως  nicht  das  hypostatisch,  sondern  das naturhaft Eigene  meint.  204  Vgl. CN  V, 3,1728  A 10 ­  C 12. 

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ist seine αΰτοενεργεια, da er sich selbst auferweckt 2 0 5 . Analoges gilt für alle Wunder Christi, mag er sich dabei auch seines Körpers auf menschliche Weise bedienen 2 0 6 . Die Sündenfreiheit wie alles für den Menschen Übernatürliche wird in Christus durch die hypostatischen Union verwirklicht. In ihr geht Gott über die Gesetze seiner ersten Schöpfung hinaus. Fragt ihn der Nestorianer nach „Zeichen für die seinshafte Einung des Logos (mit der Sarx)" 207 , dann verweist er zunächst auf die Auferstehung Christi, zweitens aber auf seine Sündenfreiheit 2 0 8 . Sowohl Sünde als auch Gerechtigkeit stammen aus dem Wahlvermögen des Menschen  (εφ'  ήμίν)  und  damit  aus  seiner  naturhaften  Freiheit  (τό  κατά  φυσιν  αυτεξούσιοι1),  die Sündenlosigkeit Christi jedoch gründet nach dem Zeugnis der Schrift im hl. Geist. Wenn dem aber so ist 209 , dann ist „durch den Geist die göttliche Natur in Christus" 2 1 0 , was aber heißt, daß der Logos selbst und nicht ein anderer, nämlich nicht die Hypostase des Geistes, Ursache seiner Sündenlosigkeit ist 211 . Die Sündenfreiheit Christi ist im Vergleich [117] zu der dem Menschen möglichen etwas, was „über die Natur" des Menschen hinausgeht  (ύπέρ  φύσιν).  Denn  im  Menschen  ist  sie  immer  nur  „teilwei­ se"  (μερικώς),  in  Christus  aber uneingeschränkt  (παντελώς).  Im  Men­ schen  wird  sie  dadurch  gewirkt, daß dieser sich durch seine Vernunft, den  ήγεμονικός  λόγος  leiten läßt, in Christus aber wird sie durch den göttlichen Logos verwirklicht, indem dieser auf dessen menschlichen Logos einwirkt 2 1 2 . Es wäre sicher verkehrt anzunehmen, Leontios sehe hier im Wirken des menschlichen Logos eine Analogie für das Wirken des göttlichen oder vertrete gar ein vitalistisches Konzept der Logoshegemo205 C N I, 19, 1476  Β  8 ­  C  14.  206  C N  1,14,  1457  D  7­11.  207  C N  I,  19,  1472  Β  13­14.  Die  Antwort  des  Leontios  beginnt  m.E.  erst  mit  Ούκοίν  πρώτον κτλ.  (C  7).  208  Ebd.,  1472  D  4­1473  A  2;  1484  C  2­1485  A  8.  Dabei  greift  er  mit  Hebr.  9,14  und  I  Tim.  3,16  das  Wirken  des  hl.  Geistes  auf  (1472  D  6­11).  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich, daß er dies tat, weil ihn sein Gegner schon auf den Geist gewiesen hatte (1484 D 7 - 8 mit 1472  Β  12  ­  C  1;  D  4­5).  Doch  zum  Tragen  kommt  dieser  Ansatz  nicht,  sondern  wird  von  Leontios  in  seine  Sicht  der  hypostatischen  Union  eingebunden.  209  Man  beachte, daß Ei öirep -  άγιου  (1484  D  9­13)  nichts  anderes  ist  als  die  Aussage  El  ­  αυτεξούσιου  (1484  D  21484  D  2­8).  210  Ebd.,  1484  D  13­14.  211  Ebd.,  1485  A  8.  Zu  A.  Grillmeier  (Anm.  8),  319f.  ist  zu  beachten, daß Leontios mit Ε'ίτε  ... ί'ίτζ  ...  zwei Begründungen einführt, wie man im Sprachgebrauch des trinitarischen Dogmas das ev  ττνεύματι  von  1 Tim.  3,16  aussagen könne. Auch der Verweis auf CN V,19, 1741  Β führt m.E. nicht zur Aussage: „Jesus (!) ... empfängt... das ungeschaffene Pneuma selbst." 212 Ebd., 1485 A 1-6. Vgl. 1484 D 2 - 8 und D 9-13. Leontios sagt auch, daß der göttliche Logos dieselbe Wirkung in anderen mit einem  logos  hegemonikos begabten Wesen hervorbringen kann, doch führt er dies nicht aus.

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nie 213 . Um was es ihm geht, ist einzig der Ausweis der Sündenfreiheit Christi als etwas für den Menschen Ubernatürliches (υπέρ  φύσιν)  und  doch  im  „Menschen  Jesus"  durch  die  hypostatische  Union  Verwirk­ lichtes. 

2.2.4  Ein  neues  christologisches  Paradigma:  Das glühende Eisen Zwar gebraucht Leontios noch das anthropologische Paradigma, doch bevorzugt er ein anderes, nämlich den Vergleich mit dem glühenden Eisen, den schon Origenes 214 und andere Väter, z.B. Theodoret von Kyros 215 und Kyrill von Alexandrien 216 , sodann im 6. Jahrhundert Severos von Antiochien 217 benutzt hatten und der in den auf Leontios folgenden hundert Jahren einen immensen Anklang finden sollte 218 . Er [118] gebraucht dieses Paradigma vor allem, wenn es ihm um die Vergöttlichung der Sarx geht, z.B. wenn er zeigen will, daß die individuelle menschliche Natur Christi nicht vor der hypostatischen Union existierte, sondern zugleich 219 mit ihr als  φύσις ένυπόστατος·  in  die  Existenz  trat  (αμα  τς  φΰναι  και  ύποστήναι),  so daß wir sie in der einzig präexistenten Hypostase, d.h. im Logos, erkennen. Denn in dieser Hypostase verband sich der Logos die Idiomata der menschlichen Natur und zeigte sich so als e i n e Person, bereichert durch die Annahme der radikal erneuten Natur  (καινότερα  φύσις)220.  Wie führt Leontios den Vergleich mit dem glühenden Eisen aus, um zu zeigen, daß eine Präexistenz des Menschen Jesus vor der Einung nicht dem wahren „Kanon der Orthodoxie" entspricht?

213 Daß ihm eine vitalistische Deutung der Logoshegemonie fern lag, zeigt CN I, 16, 1460 D - 1464 B. 214 De principiis, 11,6,6 (GCS 22), 145. 215 Eranistes (CPG 6217), II, PG 83, 156  Β  ­  157  Α;  hg.  v.  G.H.  Ettlinger,  144,14­145,7.  ­ Vgl.  auch  Nestorius,  Liber  Heraclidis  (CPG  5751),  hg.  v.  P.  Bedjan,  234f.  (franz. Übersetzung F. Nau, 141). 216 Z.B. im Blick auf den brennenden Dornbusch (Ex. 3,2-3): Quod unus sit Christus (CPG 5228), hg. v. G.M. de Durand, SChr 97, 378,16ff„ im Blick auf die glühende Kohle von Is. 6,6-7: Scholia (CPG 5225), 9, A C O 1,5,1, 221,17-31 (PG 75, 1377 D 1380 D). Vgl. auch In Lucam (CPG 5207, 3), PG 72, 610 C; 909 B; Epistula paschalis 17 (CPG 5240), PG 77, 781 C; R.M. Siddals (Anm. 224). 217 Philalethes (CPG 7023), hg. v. R. Hespel (CSCO 134), 265-267; Apologia Philalethis, c. 101, hg. v. dems. (CSCO 319), 32ff.; vgl. A. Grillmeier (Anm. 8), 40f.; 85-96. 218 Vgl. z.B. die im Apparat des Hodegos (Anm. 79),  ΧΠΙ,1,33­36,  S.  212,  genannten  Quellen.  Zu  Anastasios  I.  von  Antiochien  vgl.  auch  K.­H.  Uthemann,  Der  Neuchal­ kedonismus  (Anm.  1),  400.  219  Vgl.  Anm.  156;  183.  220  C N  Π, 7 , 1 5 5 2  D  1­1553  A  1., 

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Der Klumpen Eisen existiert schon221, bevor er in den Ofen geschoben wird. Dort erst geht er eine Einung mit dem Feuer ein, dessen Natur - wie Leontios sagt - ihm zuwächst  (φύσις έπιγενναται).  Diese  φύσις  des  Feuers  habe  weder  zuvor  noch  irgendwann  einmal für sich selbst existiert, sondern existiere nur im Klumpen Eisen222. Wird das glühende Eisen aus den Ofen genommen, dann existiert die Natur des Feuers außerhalb des Ofens, und doch ist dadurch im Ofen das Feuer nicht weniger geworden. Das Feuer existiert nun außerhalb des Ofens und besitzt seine Hypostase in dem, was man als glühendes Eisen sieht. Entscheidend ist, wie eine Parallelstelle zeigt223, daß hier für Leontios weder eine neue  φύσις  noch  eine  neue  ύττόστασις  entsteht.  Um  dies  zu  verdeutlichen,  weitet  er  das Bild  ein wenig  aus. Im  Ofen wird  das  Eisen  durch  brennende  Kohle  zum Glühen gebracht. Die Stücke Kohle und Eisen sind in gleicher Weise Hypostasen. Indem das Eisen zum Glühen kommt, wird die  φύσις  des  Feuers  mit  der  φύσις  des  Eisens  zu  einer  Synthese  verbunden.  Dadurch  wurde  sie  zusammen  mit  der  Natur  des  Eisens  e i n e  Hypostase  (συι/υττόστατος)224.  Die  christologische  Kon­ se[119]quenz,  die  hierdurch  veranschaulicht  werden  soll, heißt nun: Die Synthesis in Christus bewirkt auch keine neue Natur und keine neue Hypostase, wohl aber eine Bereicherung der menschlichen Natur Christi „durch die ganze göttliche Natur" 225 . Was entspricht nun im Vergleich der göttlichen, was der menschlichen Natur? Folgt man der an zweiter Stelle zitierten Aussage, dann dürfte man im Feuer ein Bild der göttlichen Natur sehen. Folgt man jedoch der zuerst zitierten, dann kann dies eigentlich nicht der Fall sein. Denn dort wird dem Feuer Präxistenz und „An und für sich Sein" vor der Synthesis abgesprochen. Dies scheint einen Vergleich mit der menschlichen Natur Christi zu eröffnen. Doch andererseits wird eben221 Zum Folgenden vgl. CN II, 7,1553 A 2-9. 222 Im Text steht nur tv  αύτη. Dieses  bezeichnet jedoch  wegen  des  αύτη  vor  έπιγενναται,  das  sich  auf  den  Eisenklumpen  (ή μάζη  τοϋ σιδήρου)  bezieht,  nur  diesen  und  nicht  ή  κάμινος.  223  CN  I, 49,1512  A  1 1 ­ Β  3.  224  Entscheidend für den Gedankengang scheint mir das Wort  συνυπόστατος, während die Aussage, die Natur des Feuers sei  καθ'  έαυτήν  ανυπόστατος,  hier,  sofern  es  um  ein  Paradigma  geht,  nicht  stimmig  zu  sein  scheint.  Auch  die  Berufung  auf  Johannes  Philoponos  bei  A.  Grillmeier  (Anm.  8),  307,  Anm.  81,  d.h.  auf  die  These,  Feuer  sei  nichts  Substantielles,  sondern  nur  eine  Eigenschaft,  scheint  mir  das  ανυπόστατος  nicht  retten  zu können. Auf Grund dessen, das es sich hier um ein Paradigma handelt, möchte ich ένυπόστατος  lesen. Doch  was heißt „an sich enhypostatisch"? Einen guten Sinn ergäbe  ένυπόστατος  και  ού καθ' έαυτήν  ουσα. Vgl. CN  I, 6,  1425 A  15 ­  Β 3.  ­  Zum Verständnis des Paradigmas ist anregend R.M. Siddals, Oneness and Difference in the Christology of Cyril of Alexandria, Studia Patristica XVIII,1 (1985) 207211, ferner die bei Ammonios (Anm. 40), 46,14-17, überlieferte Auffassung. 225 CN I, 49,1512  Β 3­8. 

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dort gesagt, daß das Feuer im Ofen keine Minderung erfährt, wenn das glühende Eisen aus diesem herausgenommen wird. Dies aber erinnert an ein Bildwort des Pseudo-Dionysios, das Leontios von Byzanz aufgegriffen hatte, als er wie in einem Anhang zu seinen langen Ausführungen über das anthropologische Paradigma zusammen mit anderen Vergleichen die brennende Fackel einführte, um die christologische Idiomenkommunikation zu veranschaulichen 226 . Es geht ihm dabei um die Wahrung der Naturen und ihrer Eigenheiten. Die Frage des quid pro quo, d.h. die Frage, was im Vergleich für was steht, spielt dabei keine Rolle. Bei Leontios von Jerusalem liegt die Sache jedoch anders. Es geht ihm um die Bereicherung der menschlichen Natur durch die göttliche, wie sie auf Grund der hypostatischen Union gegeben ist. Es geht ihm m.a.W. um die Vergöttlichung der menschlichen Natur Christi, wobei ihm die hypostatische Einung die Garantie gegen monophysitische [120]Vermischung zu einer einzigen gott-menschlichen Natur bietet. Denn das glühende Eisen unterscheidet sich in dieser Hinsicht von den im Feuer geschmolzenen Legierungen wie z.B. jene, die man aus Silber und Blei227 oder wie jene des Elektrons aus Gold und Silber herstellen kann228. Die beiden Naturen bleiben nämlich unvermischt und ungetrennt bewahrt, und doch glüht das Eisen: „Wenn das Eisen mit Feuer geeint wurde und glüht, dann wird es auch Feuer genannt" 229 . Es gewinnt dann „die naturhafte Würde des Feuers"230. Der Vergleich soll für Leontios die Aufnahme einer individuellen menschlichen Natur „in die Hypostase des Logos" veranschaulichen. Doch dann irritiert, daß er nicht nur an der Stelle, die zuerst zitiert wurde, sondern auch an einer anderen 231 damit beginnt, daß das im Ofen „glühend gemachte Eisen" jene Hypostase ist, die aufnimmt. Denn es nehme eine  φύσις­,  doch  kein  konkretes  brennendes Stück in sich auf. Ausschließen will Leontios an dieser Stelle, daß man Christus als eine Synthese aus Hypostasen auffaßt, wie es seiner Meinung nach

226 CNE 1,7, 1304 Β 9-1305 A 15; von 1304 D 13 an nimmt er mit dem Bild von den Fackeln (oder Lampen) ausdrücklich Bezug auf Ps.-Dionysios, De divinis nominibus, 2,4, PG 3, 641 A 11 - C 10, der hier vom Timaios-Kommentar des Proklos Diadochos abhängig ist (hg. v. E. Diehl, Prodi Diadochi in Piatonis Timaeum commentaria, Π, Amsterdam 1965, 254,13-31), der im Kontext über die „Gemeinschaft von Identität und Andersheit" als άσύγχυτος  evoms  (vgl. Anm. 88) der  Weltseele  handelt.  227  CN  I, 51,  1516  D.  Zum  Problem,  warum  die  „Inexistenz"  des  Feuers  im  Eisen  keine  andere  Usie hervorbringt  vgl. CN  VII, 5,1768d  A 2­12.  228  Aporiae  contra  Monophysitas,  PG  86,2,1816 Β 3­4.  229  CNI,  8,1436  C  1 4 ­ D l .  230  CN  I, 19, 1481 A 6­10.  231  CN  1,19,1485 C 8 ­  D 2. 

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die Nestorianer tun. Gegen eine solche Synthese stellt er den Vergleich: „Wie das glühende Eisen eine individuelle Natur (nämlich die des Feuers) aufgenommen hat, so (hat) auch der (inkarnierte) Logos (eine individuelle Natur angenommen und keine Hypostase)." Soweit scheint die Sache begreiflich. Doch nun erscheint im Text zwischen den beiden Gliedern des Vergleichs eine Parenthese: „Denn auf dieselbe Weise (ωσαύτως) erfährt die Hypostase des Feuers im Ofen keinen Mangel, auch dann nicht, wenn das Eisen zum Glühen gebracht wurde" - und sinnvollerweise ist dann, wie es Leontios von Byzanz mit dem aus Ps.Dionysios entlehnten Bild tat, hinzuzufügen: „und aus dem Ofen herausgenommen wurde". Denn dann wird erst für die Anschauung deutlich, daß das Feuer dadurch keine Minderung erfahren hat. Die Parenthese weist auf einen Zusammenhang, in dem es um die Wahrung der naturhaften Eigenheiten von Eisen und Feuer geht. Dann aber erwartet man, insbesondere dann, wenn ωσαύτως- stimmig gebraucht sein sollte, bei der Aussage über das Eisen einen Zusatz wie „ohne dabei etwas von seiner eigenen Natur aufzugeben". So hatte Leontios von Byzanz die Analogie benutzt, und so gebraucht sie der Jerusalemer [121] Leontios an anderer Stelle232: Die Einung des Feuers mit Eisen ist eine Einung zweier Naturen, deren Ergebnis „glühendes Eisen" ist233. Sobald jedoch das Paradigma vom „glühenden Eisen" nicht mehr die Zweiheit der Naturen, sondern die hypostatische Union, das „Gemeinsam in einer Hypostase Sein"  (συνυπόστατον  είναι)  veranschauli­ chen  soll,  dann  liegt  es  nahe,  das  Wirken  des  Feuers,  sein  Brennen  und  Glühen  (πύρωσι,ς·)  mit  dem  Wirken  des  Logos  zu  vergleichen:  „Es  be­

232  Vgl. außer den bisher genannten Texten und Anm. 233: CN  Π, 28,  1588 C 5­7  (wo  die  Antwort  eine  rhetorische  Frage  ist  und  darum heißen muß:  Ά ρ α  ουν  ... σώματι;);  Π,  31, 1589 BC (auch  diese Antwort  ist im ersten  Teil eine rhetorische  Frage).  233  CN  I,  22,  1488  C  12 ­  D  5.  Der  Zusatz  δύο  τε  φύσεις  ώσαύτως  interpretiert  m.E.  die  Aussage  „nichts  anderes  als glühendes Eisen". Leontios unterscheidet im Kontext mehrere Arten von „naturhafter Einung"; eine von ihnen ist jene, die man als hypostatische Union definiert  (ή καθ' ύττόστασιν  μίαν  πλειόνων  φύσεων  συνδρομή  και  ei?  φύσιν  μιαν).  Als  Beispiel  nennt  er  das glühende Eisen. Dies ist m.W. die einzige Stelle, an der er die Einung von Leib und Seele im individuellen Menschen nicht als Paradigma einer hypostatischen Union, sondern einer anderen Art naturhafter Einung beurteilt, nämlich jener die eine „neue" oder andere Natur hervorbringt (1489 A 1 4). Dies wäre eine monophysitische Deutung des anthropologischen Paradigmas. Wie ist diese Inkohärenz zu erklären? Man muß bedenken, daß Leontios Inkarnation sowohl als naturhafte als auch als hypostatische Synthese denken möchte (CN I, 50, 1512 C 5-7). Sollte das Paradigma eine doppelte veranschaulichende Funktion besitzen? Durch die Synthese von Leib und Seele entstehen „neue naturhafte Eigenheiten" (CN I, 51, 1517 C 4-8). Inwiefern können diese ein Paradigma für die „idiomatische Bereicherung im Inkarnierten" sein? Doch ein neues naturhaftes Idioma in Christus (neben göttlichen und menschlichen naturhaften Idiomata) bestreitet Leontios (ebd., 1517 C 8 - D 1). Weist die genannte Inkohärenz also auf verschiedene Quellen?

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wirkt in der Sarx der Logos allein für sich selbst die Vergöttlichung (der Sarx), vorrangig als Gott, doch durch seine naturhafte Einung mit der Sarx, auf eine Weise, in der (auch) ... das Feuer im Eisen, sofern dieses ein glühender Metallklumpen ist, das Durchglühen des Eisens (πύρωσις) bewirkt" 2 3 4 . Das Wirken (evepyelv) des Logos wird hier durch das Wirken des Feuers veranschaulicht. Das Göttliche ist das Feuer, welches das Menschliche durchglüht und so das Menschliche oder Sichtbare göttliche Wärme ausstrahlen läßt. Zusammenfassend kann man also festhalten: Das Paradigma des glühenden Eisens diente ursprünglich wie bei Leontios von Byzanz auch in der oder den Quellen des Jerusalemer Mönchs dazu, die Perspektive der Wahrung der Naturen zu verdeutlichen, nicht aber jene der Einung. [122] Ursprünglich geht es im Vergleich darum, daß das glühende Eisen Eisen bleibt und daß das Feuer sich nicht verändert, wenn das glühende Eisen aus dem Ofen genommen wird. Keines der beiden Elemente wird dabei mit der einen Hypostase Chalkedons in Verbindung gebracht. Darauf kommt es ursprünglich gar nicht an. Deutlich wird dies, sobald das Paradigma ausführlich dargestellt, genauer als eine Handlung in drei Akten erzählt wird. Ein Stück kaltes Eisen wird in den Ofen geschoben und auf glühende Kohle gelegt. Nachdem es selbst glüht, wird es aus dem Ofen genommen, und wir können beobachten, daß die Kohle weiter glüht und daß das Feuer im Ofen nicht weniger geworden ist. In diese Erzählung kann sich dann wie zufällig das Wort  ένυπόστατος·  einschleichen:  ένυπόστατος·  ist  das  Feuer  in glühender Kohle, in glühendem Eisen. Deutlich ist bei dieser Erzählung, daß nicht das Eisen im Feuer aufgenommen wird; eher nimmt das Eisen Feuer auf. Doch darum geht es, wie gesagt, bei diesem Vergleich nicht, sondern einzig um die Wahrung der Naturen von Eisen und Feuer in der Einung. Leontios hat seine Vorlage nicht geschickt genug manipuliert, als er mit dem Paradigma vom glühenden Metallklumpen seine Auffassung der Vergöttlichung zu veranschaulichen suchte. Bei ihm und seinen Nachfolgern (bis Pyrrhos in der Diskussion mit Maximos dem Bekenner) richtet sich die Aufmerksamkeit auf das Feuer und seine Wirkung. Das Brennen und Glühen wird mit dem Wirken des Logos verglichen. Leontios geht es darum, sagen zu können: „Wenn das Eisen mit Feuer geeint wurde und glüht, dann wird es auch Feuer genannt", dann gewinnt es „die naturhafte Würde des Feuers." Das Göttliche ist das Feuer, welches das Menschliche durchglüht und so das Menschliche oder Sichtbare göttliche Wärme ausstrahlen läßt. „Der Logos ... hat seiner

234 CN VI, 8,1757 A 12 - Β 3.

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eigenen Hypostase die menschliche Natur ,enhypostasiert' (ένυττεστησεν)" 235 . Gott ist der Sarx συνυπόστατος  geworden 236 .  Dies  ist gewissermaßen das letzte Wort einer Christologie von oben auf chalkedonischer Grundlage in der Zeit Kaiser Justinians.

235 C N V,28, 1748 D 11-14; vgl. auch den wohl korrupt überlieferten Satz VH,6, 1768 d C 5 - 6 :  ή  ττρόσθεσι?  της·  σαρκός·  αύτω  (seil,  τω  λόγω)  προσείληπται,  ένυποστασα  τω άπαθει  αύτω ή τταθητη  (σαρξ).  236  CN  νΠ,2,  1761  Β  1­6:  (Ό  Χριστός)  els  της  άνθρωττότητος  έν  μια  καΐ  τη  αύτη  αύτοϋ  ύττοστάσει·  ...  το  δέ  ληφθέν  ...  φύσις  τη  φύσει  τοΰ  λόγου  έν  τη  ιδία  αύτού  ύττοστάσει  συνυττοστασα. 

Das anthropologische Modell der hypostatischen Union Ein Beitrag zu den philosophischen Voraussetzungen und zur innerchalkedonischen Transformation eines Paradigmas

Seit T.S. Kuhn 1 ist es in der Wissenschaftsgeschichte eine geradezu selbstverständliche Fragestellung geworden, nach dem Paradigmenwechsel - bzw. nach den Transformationen eines Paradigmas - in der historischen „Entwicklung" einer Disziplin zu fragen. Hatte auch die Christologie als ein denkerisches Unternehmen des Menschen in ihrer Entwicklung auf Chalkedon hin und über Chalkedon hinaus ein bestimmtes Paradigma, dessen Transformationen wir heute noch verfolgen können? Ich möchte nur an das neuplatonische Kernwort  άσύγ­ χυτος­  ενωσις,  „unvermischte  Einigung",  erinnern,  dem  durchaus  der  Gedanke  einer  „untrennbaren  Einigung  wesensverschiedener  Wirk­ lichkeiten",  welche  in  der  Einigung  „bleiben,  was  sie  waren",  ent­ spricht.  Damit  sind  schon  zwei  Akzente  christologischen  Denkens  an­ geklungen:  άσύγχυτως,  d.h.  Wahrung  der  Naturen,  und  αδιαιρέτως,  d.h.  Einheit  der  Christusgestalt  und  Betonung  seines  „Gott­seins".  Für diese mit welchem Akzent auch immer gedeutete Einigung in Christus findet sich seit dem Beginn des Ringens um die eigentliche christologische Frage 2 in den Quellen ein Exempel oder Bild  (είκών), 



Die  Struktur  wissenschaftlicher  Revolutionen,  stw  25,  Frankfurt  2 1973;  ders.,  Die  Entstehung  des  Neuen.  Studien  zur  Struktur  der  Wissenschaftsgeschichte,  stw  236,  Frankfurt  1977. 



Schon  in  der  Auseinandersetzung  um  Paul  von  Samosata  greift  man  auf  das  anthro­ pologische  Paradigma zurück. Vgl. die Fragmente 30 und 36, hg. v. H. Riedmatten, Les actes du proces de Paul de Samosate, Paradosis 6, Fribourg en Suisse 1952, 154f.; 156f. Ob das Paradigma auch in der arianischen Argumentation gegen die Existenz einer Seele Christi (vgl. A. Grillmeier, Die theologische und sprachliche Vorbereitung der christologischen Formel von Chalkedon, in: Das Konzil von Chalkedon, hg. v. A. Grillmeier und H. Bacht. Bd. I, Würzburg 2 1962, 68 -77; ders., Christ in Christian Tradition, London 1965, 183-192) eine Rolle spielte, ist nicht klar; immerhin überlieferte die Doctrina Patrum, hg. v. F. Diekamp, Doctrina Patrum de incarnatione Verbi. Ein griechisches Florilegium aus der Wende des siebenten und achten Jahr-

104

Das anthropologische Modell

[216] mit einem neuzeitlichen Begriff könnte man sagen: ein Modell, sofern nämlich das tertium comparationis die Strukturähnlichkeit ist. Die Quellen sprechen vom Paradigma des Menschen 3 . Die seinshafte Konstitution des Menschen lieferte nicht erst seit Apollinarios von Laodikeia ein Paradigma der christologischen Reflexion 4 , dessen Geschichte trotz vieler Einzeluntersuchungen 5 noch nicht geschrieben ist. Der Mensch als Wesen der Gegensätze und ihrer Mitte, als die Einigung geistiger und nichtgeistiger, leibhafter Natur, als eine Wirklichkeit zweier Wirklichkeiten, nämlich zweier  εναντία  πράγματα,  stellt  bei  fast  allen  christologischen  Traktaten  und  Positionen  der Spätantike das Modell für die prinzipielle Klärung und Begründung der christologischen Formeln 6 . [217] Im folgenden beschränke ich mich auf die innerchalkedonische Tradition und ihre unmittelbaren geistesgeschichtlichen Voraussetzungen 7 . hunderte, Münster i.W. 1907, c. 9, XV, 65, ein Zitat eines Arianers der zweiten Generation, Lukios von Alexandrien, welches eine solche Argumentation voraussetzt. 3 4 



6

7

To  τοϋ  άνθρωπου  παράδειγμα  bzw.  τό  κατά  τον  άνθρωποι­1  παράδειγμα  bzw.  το  της·  κατασκευής  και  συνθέσεως­  τοϋ άνθρωπου  παράδειγμα.  Vgl.  Anm.  2,  ferner  die  Auswahl  von  Quellen  seit  der  Zeit  des  Apollinarios,  welche  ich  im  apparatus  fontium  zu  Anastasii  Sinaitae  Vitae  Dux,  CCSG  8,  Turnhout­ Leuven  1980,  273­275;  277f.  (zu  XVffl,  1­2.  65­66),  zusammengestellt  habe.  Vgl.  R.  Arnou,  Nestorianisme  et  Neoplatonisme.  L'unite  du  Christ  et  l'union  des  ,Intelligibles',  Gregorianum  17,  1936,  116­131;  E.L.  Fortin,  The  Definitio  Fidei  of  Chalcedon  and  its  Philosophical  Sources,  StPat  5,  1962,  489^198;  ders.,  Christianisme  et  culture  philosophique  au  cinquieme  siecle.  La  querelle  de l'äme humaine en Occident, Paris 1959, l l l f f . ; E. Mühlenberg, Apollinaris von Laodicea, Göttingen, 1969, 18-25; 149-180; R.A. (Jr.) Norris, Manhood and Christ.  Α  Study  in  the  Christology  of  Theodore  of  Mopsuestia,  Oxford  1963,  95­122;  151­153;  216;  228­234;  ders.,  Christo­ logical  Models  in  Cyril  of  Alexandria,  StPat  12,  2,  1975,  255­268;  L.I.  Scipioni,  Ricer­ che  sulla  cristologia  del  ,Libro  di  Eraclide'  di  Nestorio.  La  formulazione  teologica  e  il  suo  contesto  filosofico,  Paradosis  11,  Friburgo  Suizzera,  1956;  E.  Schiltz,  La  compa­ raison  du  Symbole  ,Quicumque  vult',  EphThLov  24,  1948,  440­454;  zu  Leontios  von  Byzanz  und  von  Jerusalem  vgl.  man  die  unten  zitierten  Werke  von  St.  Otto  (Anm.  15)  und  D.B.  Evans  (Anm.  13). Vollständigkeit ist bei dieser Zusammenstellung nicht beabsichtigt. „... tous ou presque tous l'avaient exploite": M. Richard, Le traite ,De Sectis' et Leonce de Byzance, R H E 40, 1939, 706. Von den im Quellenapparat zu X V m , 6 5 - 6 6 der in Anm. 4 genannten Edition des Hodegos zusammengestellten loci zu einer Geschichte der Kritik am anthropologischen Paradigma dürfte die Refutatio des Eutherios von Tyana (hg. v. M. Tetz, Eine Antologie des Eutherius von Tyana, PTS 1, Berlin 1964, bes. 43,22^46,21) von besonderem Interesse sein, ferner die Schrift De Sectis, VII, PG 86, 1, 1245 A 11-1249 D 2, bzw. für die Spätzeit ein  ineditum, welches sich im Codex Monacensis gr. 66, ff. 33 v -34 v , im Kontext von Werken des Theodor Abucara findet. Zur monophysitischen Tradition vgl. man J. Lebon, La christologie du monophysisme Syrien, in: Das Konzil von Chalkedon (Anm. 2), I, 447^150, zur nestorianischen die in Anm. 5 genannten Werke von R. Arnou und L.I. Scipioni, wozu man aber auch die kritischen Äußerungen aus diesem Lager beachten sollte: Vgl. den Quellen-

In der chalkedonischen Tradition

105

Das Paradigma der Leib-Seele-Einheit oder, wie ein Autor des 7. Jahrhunderts, Anastasios Sinaites, sagt, „das Paradigma der Konstitution des Menschen" 8 , dient der Frage der  άρχαί,  d.h.  der  prinzipiellen  Bestimmung  von Identität und Differenz in Christus oder, anders gesagt, der christologischen Axiomatik. Doch sei hier gleich angemerkt, daß man in der innerchalkedonischen Tradition bei der Abwehr besonders apollinaristischer und monophysitischer Deutungen des Modells zwar auch den trennenden Unterschied in der Axiomatik aufzuweisen suchte9, doch zumeist einfach betonte, daß es sich nur um einen Vergleich handeln könne: nur um eine Strukturähnlichkeit, nicht um eine Strukturgleichheit. Der schon erwähnte Anastasios Sinaites formuliert konzis: ύποδείγματι,  άλλ' ούκ ίσότητι  em  Χρίστου νοητεον τον  άνθρωποι'10,  während er andererseits für die Nichtwidersprüchlichkeit der chalkedonischen Formel folgendermaßen argumentiert: „Es ist möglich, die zwei Naturen recht zu interpretieren; denn es ist möglich, daß aus zwei Naturen eine Hypostase konstituiert wird  (συντεθήναι),  wie nämlich der Mensch (als eine Hypostase aus zwei Naturen) zusammengesetzt ist"11. Welche Bedeutung hat das anthropologische Paradigma in der [218] Geschichte des sog. Neuchalkedonismus 12 , in der monenergetischen und monotheletischen Krise, d.h. genauer: in der innerchalkedonischen Problematik, die zu dieser Krise führte, und schließlich bei Maximos den Bekenner? Die Transformation der Christologie des Leontios von Byzanz - sei er als Origenist13, sei er als strenger Chalkedoniker14, sei er als Neuchalkedoniker 15 verstanden worden - bei Maximos apparat zum Hodegos (Anm. 4), XVIII, 65-66, ferner die Objektionen, gegen die sich Leontios von Jerusalem im Adversus Nestorianos,  Ι­Π,  PG  86,  1,  1400­1601  passim  (vgl.  S. 146ff. [259ff.]), zur  Wehr  setzen muß. 8 Vgl. Hodegos (Anm. 4), XVIII, 1-2, ferner oben Anm. 3. 9 Vgl. dazu besonders Johannes von Kaisareia (unten S. 146ff. [232ff.]; Κ.Ή.  Uthemann,  in BZ 73 [1980] 72), Leontios  von  Byzanz  (unten  S. 127f. [240f.; 246ff.]), Leontios  von Je­ rusalem  (S. 149f.; 153ff. [263f.; 267ff.]) und  Maximos den Bekenner  (S. 179ff. [295ff.]).  10  Hodegos  (Anm. 4), XVIII,  65­66.  11  Ebd. X.2, 3, 53­55; vgl.  ebd. I, 3,54­60; II,  5,14­18.  12  Eine  gute  Zusammenfassung  der  Forschungsgeschichte  bis  zum  Konsens,  den  A.  Grillmeier,  Der  Neu­Chalkedonismus.  Um  die  Berechtigung  eines  neuen  Kapitels  in  der  Dogmengeschichte,  Historisches  Jahrbuch  77,  1958,  151­166,  zu umreißen suchte, gibt S. Helmer, Der Neuchalkedonismus. Geschichte, Berechtigung und Bedeutung eines dogmengeschichtlichen Begriffes, Diss. Bonn 1962. 13 So versteht ihn D.B. Evans, Leontius of Byzantium. An Origenist Christology, Dumbarton Oaks Studies 13, Washington 1970. 14 Dies ist die nach dem Aufkommen des Begriffs eines sog. Neuchalkedonismus (vgl. Anm. 12) gängig gewordene Einordnung des Leontios. Kennzeichnend für diese These ist die prägnante Formulierung von M. Richard: „II est demeure, presque seul, fidele jusqu'au bout au chalcedonisme le plus strict et pour cela fait figure assez etrange au milieu des theologiens de son temps" (Leonce de Byzance, etait-il orige-

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Das anthropologische Modell

dem Homologeten und damit zugleich die Transformation des anthropologischen Paradigmas wurde oft genug schon untersucht und scheint hinlänglich bestimmt zu sein, - hatte doch Identität und Differenz beider christlicher Denker immer schon die Aufmerksamkeit der Dogmengeschichtler gefesselt 16 . Ti vea? Was sollte also hier noch Neues zu sagen sein? Sollte es gelingen, einerseits Anthropologie und Christologie des [219] Leontios von Byzanz von einem im gewissen Sinn neuen, da angemesseneren Standpunkt aus zu bestimmen, anderseits die innerchalkedonische Problematik gerade anhand des anthropologischen Paradigmas zu verdeutlichen und zu zeigen, wie diese zur Frage nach Einheit und Zweiheit des Wirkens und Wollens in Christus führte 17 , könnten dann nicht drittens auch für die Deutung des Christusverständnisses bei Maximos dem Bekenner neue Gesichtspunkte geltend gemacht werden, welche bisherige Forschungsergebnisse korrigieren oder gar in Frage stellen? Damit ist der Gang der Untersuchung umrissen; vorausgeschickt wird eine Skizze der neuplatonischen Anthropologie und ihres Kernwortes von der  άσύγχυτος·  ενιοσις­.  Von  Ammoni­ os 18  und  Plotin über Porphyrios zu Proklos, so sollte es eigentlich niste?, REB 5, 1947, 65). Eine zusammenfassende Darstellung der sog. Leontios-Frage seit F. Loots' „klassischer Arbeit" (Ch. Moeller, Un representant de la christologie neochalcedonienne au debut du sixieme siecle en Orient: Nephalius d'Alexandrie, RHE 40, 1944, 77, Anm. 3) über „Leontios von Byzanz und die gleichnamigen Schriftsteller der griechischen Kirche" (TU, ΙΠ Heft 1-2), Leipzig 1887, findet sich bei S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (Anm. 12), 31-41, der sich selbst eindeutig der Richard'schen These anschließt: Leontios gehört zu den „origenistischen diphysitischen Theologen" (a.a.O., 40; vgl. ebd., 183). 15

16

Unter der Voraussetzung, daß man zwischen konfessioneller Formelsprache und axiomatischer Christologie (vgl. S. 123ff. [236ff.]) unterscheidet, stellt sich die Leontios-Frage unter einem neuen Gesichtspunkt. So sucht St. Otto, Person und Subsistenz. Die philosophische Anthropologie des Leontios von Byzanz, München 1968, eine Lösung „in jene(r) Richtung, in der auch Friedrich Loofs vor nunmehr acht Jahrzehnten eine Antwort auf die Leontiosfrage suchte" (a.a.O., 15). Versteht man die Epilysis als Apologie der Schrift Contra Nestorianos et Eutychianos, dann wird man Leontios endgültig nicht mehr als strengen Chalkedoniker begreifen können, was auch immer man mit dem Begriff eines „chalcedonisme le plus strict" assoziieren mag. Vgl. V. Grumel, L'union hypostatique et la comparaison de l'äme et du corps chez Leonce de Byzance et saint Maxime le Confesseur, Echos d'Orient 25, 1926, 3 9 3 ^ 0 6 ; H.U. von Balthasar, Kosmische Liturgie. Das Weltbild Maximus' des Bekenners, Einsiedeln 2 1961, 234-243; L. Thunberg, Microcosm and Mediator. The Theological Anthropology of Maximus the Confessor, Acta Seminarii Neotestamentici Upsaliensis 25, Lund 1965, 104; 112.

17

Diese These, wenn auch ohne Berücksichtigung des anthropologischen Modells, suchte m.W. zum ersten Mal W. Eiert zu begründen. Vgl. unten S. 157 [271],

18

Zu den gut erforschten Wurzeln der neuplatonischen Deutung des Problems des „Einen und Vielen" der spätplatonischen Dialoge müßte man einige pointierte Aussagen des Klemens von Alexandrien berücksichtigen, welche den Rahmen des mit-

Vor Chalkedon

107

aufgewiesen werden; doch beschränke ich mich hier 19 auf einige Bemerkungen zu Porphyrios und seiner Wirkungsgeschichte. Anhand von Nemesios von Emesa soll die Rezeption des neuplatonischen Strukturmodells im christologischen Denken verdeutlicht werden 20 , deren Geschichte noch zu [220] schreiben ist. Ist nicht die chalkedonische Formel selbst u.a. im Hinblick auf dieses Strukturmodell formuliert worden? Die Schwierigkeiten, unter denen sie zustandegekommen ist, sind bekannt 21 ; als Stichworte wären hier zu nennen: die Kyrillische Christologie des Basilios von Seleukia einerseits 22 , die Argumentation für die Zwei-Naturen-Lehre mittels des anthropologischen Paradigmas telplatonischen Denkens der Transzendenz (vgl. H. Dörrie, Die Frage nach dem Transzendenten im Mittelplatonismus, in: Les sources de Plotin, Entretiens Sur l'antiquite classique. Fondation Hardt 5, Vandoeuvres-Geneve I960, 191-223; H.J. Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik. Untersuchungen zur Geschichte des Piatonismus zwischen Piaton und Plotin, Amsterdam 1964) aufbrechen, ohne deshalb vorschnell den Schlußfolgerungen von R.E. Witt, The Hellenism of Clement of Alexandria, Classical Quarterly 25, 1931, 195; S. Lilla, Clement of Alexandria, Oxford 1971, 5, Anm. 2; R. Hoffmann, Die Einheit von Theorie und Praxis bei Klemens von Alexandrien, in: Die Antike im Umbruch, hg. v. St. Otto, München 1974, 41, zu folgen. 19

Wünschenswert ist eine Untersuchung zur „anthropologischen Metaphysik" Plotins (vgl. R. Beutler und W. Theiler, Plotins Schriften, Π b [Philosophische Bibliothek, 212 b], Hamburg 1962, 437) und von Proklos Diadochos.

20

Obwohl damit ein Ansatz vor Chalkedon gewählt wurde, dürfte sich zeigen, daß die eigentliche Wirkungsgeschichte desselben erst nach Chalkedon zum Tragen kommt, wobei die vorliegende Untersuchung die unmittelbar auf Chalkedon folgenden Jahrzehnte ausläßt und sich auf den sog. Neuchalkedonismus beschränkt. Eine wichtige, von Neuchalkedonikern gegen Severos von Antiochien besonders betonte Prämisse, nämlich die Identität von innertrinitarischer und christologischer Terminologie, von  θεολογία  und  οικονομία, ermöglichte die Rezeption des neuplatonischen Strukturmodells, ohne daß zunächst die damit verbundenen Probleme ansichtig wurden (vgl. Leontios von Byzanz, Epilysis,  ΙΠ,  PG  86,  2,  1921  Β  8 ­ 1 9 2 5  Β  9  mit  S.  129  [242],  Anm.  76;  ferner  zu  Johannes  Grammatikos  S.  119  [232],  Anm.  15; schließlich S. 171 [286], Anm. 10, sowie Pyrrhos' Einwand gegen Maximos den Bekenner in dessen Disputatio, PG 9 1 , 3 4 8 C 8 - 9 ; unten S. 196 [312]). Die kappadokische Deutung der Fides Nicaena möchte bei ihrer Unterscheidung von  κοινόν  und  'ίδιοι;  eher  einer  stoischen  Metaphysik  verpflichtet  gewesen  sein,  doch  der Einfluß der dialektischen und insofern paradox formulierten Idee eines „Zugleich" von Identität und Differenz, wie sie sich aus der spätplatonischen  κοινωνία  των  μεγίστων  γενών  (Soph.  254  b  6f.)  herleitet  (vgl.  S.  110f.  [223f.]),  ist  besonders  bei  den  beiden  Gregorioi unübersehbar. Zu Basilios vgl. man H. Dehnhard, Das Problem der Abhängigkeit des Basilius von Plotin, PTS 3, Berlin 1964.

21

Man vgl. besonders den Verlauf der 5. Sitzung des Konzils (ACO  Π,  1,  2,  121­130),  ferner  den vorzüglichen Überblick über die Forschungsgeschichte zu diesem Problem bei A. de Halleux, La definition christologique ä Chalcedoine, RevTL 7, 1976, 3 - 2 3 ; 155-170.

22

Vgl. A. de Halleux (Anm. 21); M. van Parys, L'evolution de la doctrine christologique de Basile de Seleucie, Irenikon 44, 1971, 493-514; K.-H. Uthemann, Syllogistik im Dienst der Orthodoxie. Zwei unedierte Texte byzantinischer Kontroverstheologie des 6. Jahrhunderts, JOB 30,1981, 103f„ Anm. 2.

108

Das anthropologische Modell

bei Theodor von Mopsuestia 23 und Theodoret von Kyros 24 sowie in der westlichen [221] Tradition, z.B. bei Papst Leo d. Gr. in seinem den Tomus ad Flavianum erläuternden Schreiben an Julian von Kos 25 . Diese Bemerkung sowie die Skizze neuplatonischer Anthropologie und ihrer Rezeption als Paradigma müssen hier genügen, um die historischen Voraussetzungen der chalkedonischen Formel zu verdeutlichen, um deren tieferes und das heißt jeweils anderes Verständnis 26 sich die „orthodoxen" Denker des 6. und 7. Jahrhunderts bemühten, indem sie das anthropologische Paradigma geltend machten.

I. Die neuplatonische „unvermischte Einigung" Die Formel der  άσύγχυτος·  ενωσις dürfte sozusagen die Kurzformel der „Philosophie" des in der pythagoräischen Tradition stehenden Alexandriners Ammonios, den man später Sakkas nannte 27 , gewesen sein 28 . Was war mit ihr gemeint? 23

De incarnatione, lib. VIII, c. 62, Fragm., hg. v. H.B. Swete, Theodori Episcopi Mopsuesteni in Epistolas B. Pauli Commentarii. The Latin Version with the Greek Fragments, II, Cambridge 1882, 298-300 (bes. 299,9ff.); retroversio graeca: M. Richard, La tradition des fragments du traite  Περί  της  ενανθρωπήσεως  de  Theodore  de  Mopsueste,  Le  Museon  56,  1943,  64f.;  vgl.  ders.,  L'introduction  du  mot  „Hypostase"  dans  la  theologie  d'incarnation,  MSR  2,  1945,  22­29.  Theodor  von  Mopsuestia,  Ad­ versus  Apollinarem,  lib.  IV,  Fragm.,  hg.  v.  H.B.  Swete,  a.a.O.,  318f.,  aus  Facundus  von  Hermiane,  Pro  defensione  trium  capitulorum  libri,  IX,  c.  IV,  25­65,  hg.  v.  I.­M.  Clement  et  R.  Vander  Plaetse,  CCSL  90A,  Turnholti  1974,  289f.;  vgl.  R.  Arnou  (Anm.  5),  117;  R.A.  Norris,  Manhood  (Anm.  5),  151­153;  228­234. 

24 

Eranistes,  hg.  v.  G.H.  Ettlinger,  Theodoret  of  Cyrus,  Eranistes.  Critical  Text  and  Prolegomena,  Oxford  1975,  II,  114,22ff.;  137,26ff.;  139,24ff.;  ders.,  De  incarnatione  domini,  32,  PG  75,  1473  A  5 ­ B  12;  ders.,  Expositio  rectae  confessionis  (Ps.  Iustinus),  11,  PG  6 , 1 2 2 5  Β  11­1228  C  11;  ders.,  Epistulae,  21,  hg.v.  Y.  Azema,  Theodoret  de  Cyr.  Correspondance,  Π,  SChr  98,  Paris­Lyon  1964,  74,26­28;  76,1­16;  ders.  bei  Kyrill  von  Alexandrien,  Apologia  ΧΠ  capitulorum  contra  Theodoretum  Cyrensem,  3,  hg.  v.  E.  Schwartz,  A C O  1,1,6,  117,18­118,2  (PG  76,  404  C  1 ­ D  2).  Ep.  35  (JK  429):  Ep.  5  der  Collectio  Grimanica,  hg.  v.  E.  Schwartz,  ACO  Π, 4,  7,  15­23.  Wenn  hier  diese  Grundeinsicht  in  die  Geschichtlichkeit  des  Verstehens  betont  wird,  so  folgt  daraus  nicht  die  von  H.­G.  Gadamer,  Wahrheit  und  Methode, Tübingen 2 1965, 261, geäußerte These, die Geschichte gehöre nicht uns, sondern wir gehörten der Geschichte (vgl. auch ebd., 439), obwohl dem Satz: „In unserem Verhalten zur Vergangenheit ... ist jedenfalls nicht Abstandnahme und Freiheit vom Überlieferten das eigentliche Anliegen" (ebd., 266) zuzustimmen ist.

25  26 

27

Vgl. H. Dörrie, Ammonios, der Lehrer Plotins, Hermes 83,1955, 466f.

28

Die These von H. Dörrie, a.a.O., 439ff.; 459ff., daß sich bei Ammonios „die Züge des pythagoreischen Wundermanns und des Ekstatikers" verbinden, hat mit gewissen Einschränkungen E.-R. Dodds, Numenius and Ammonios, in: Les sources de Plotin, Entretiens (Anm. 18), 24-32, bestätigt. Das sog. Ammonios-Problem spitzt sich, wie H. Dörrie, ebd., 42f., in der Diskussion es formulierte, auf die Frage zu, ob man Ammonios die Lehre von der Einigung  (ενωσις)  absprechen  oder  doch  das  Zeugnis 

Die neuplatonische „unvermischte Einigung"

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Porphyrios, unsere einzige Quelle zu Ammonios, der selbst nie etwas geschrieben hat und dessen religiös-asketischen, ja theurgischen „Ansatz" seine Schüler so verschieden aufnahmen 29 , bringt dessen €Vü)[222]ai5-Formel im Zusammenhang mit dem Problem der psychosomatischen Einigung 30 . Seele und Leib als eine „unvermischte Einigung" - diese Formel war bedingt und möglich geworden durch einen Wandel im Seelenbegriff des Piatonismus. Die Seele wird im Mittelplatonismus als „noetische Usie"  (ούσία  νοητή)  und  selbst,  nicht  nur  ihr  Erkenntnisgegenstand,  die  Ideen  oder  νοητά,  als  transzendente  Wirk­ lichkeit  interpretiert.  Nach  Piaton  ist  die  Seele  zwar  auf  den  Nus  bezo­ gen 31 ,  doch primär als Mischung (Vermittlung) und als Ursache des Naturgeschehens verstanden; sie ist keine „Geistsubstanz", nicht „unteilbar" und transzendent gegenüber der Körperwelt 32 . Der Bruch zeigt sich im Didaskalikos des Albinos. Einerseits findet sich hier die Aussage, daß - gilt doch das Prinzip: „Gleiches wird durch Gleiches er-

des Nemesios von Emesa (vgl. S. 112f. [225f.]) ernstnehmen soll. Die Gründe, welche dafür sprechen, das neuplatonische Axiom der  άσύγχυτος  ενωσις  auf  Ammonios  zu­ rückzuführen, hat H. Dörrie, Ammonios (Anm. 27), 448ff., zusammengestellt; er spricht geradezu vom „Ammonios-Axiom". Die Rekonstruktion der Quelle, nämlich des Porphyrios' Untersuchungen zu gewissen psychologischen Fragen, welche Nemesios benutzt hatte, findet sich bei H. Dörrie, Porphyrios' „Symmikta Zetemata". Ihre Stellung in System und Geschichte des Neuplatonismus, Zetemata Heft 20, München 1959. 29

Vgl. H. Dörrie, Ammonios (Anm. 27), 441f.

30

Nemesios von Emesa, De natura hominis, 3, hg. v. C.F. Matthaei, (Halle 1802) Hildesheim 1967, 129,9ft (PG 40 [Text der Oxforder Ausgabe von 1671], 593  Β  6ff.);  vgl.  dazu  S.  112f.  [225f.].  Das  3.  Kapitel  edierte  auch  R.  Arnou,  De  Platonismo  Patrum,  Textus  et  documenta.  Series  theologica  Universitatis  Pontif.  Gregorianae  21,  Rom  1935,  50­58;  ferner  findet  sich  der  Text  dieses  Kapitels,  sofern  er  auf  Porphyrios  zu­ rückgeht, bei H. Dörrie, Porphyrios' (Anm. 28), 39-99. Die mittelalterlichen Übersetzungen des Alfanus von Salerno und des Burgundius von Pisa wurden von C.J. Burkard herausgegeben, erstere in Leipzig bei Teubner 1917, letztere im Schulprog r a m m von Meidling bei Wien 1891.1892.1896.1901.1902. Sie wurde neu kritisch ediert und ausführlich kommentiert von G. Verbeke und J.R. Moncho, Nemesius d'Emese, De natura hominis. Traduction de Burgundio de Pise, Corpus Latinum Commentariorum in Aristotelem Graecorum, Suppl. I, Leiden 1975. Z.B. Tim. 30 b 4 - 5 :  Δια  δή  τον  λογισμόν  τόνδε  νοϋν  μεν  έν  ψυχη,  ψυχήν  δ'  έν  σώματι  συνιστάς  το  πάν  συνετεκταίνετο.  Tim.  35  a  1 ­ b  3:  Της­  αμέριστου  καΐ  άεί  κατά  ταύτά  έχούσης  ουσίας  και  της  αν  περί  τά  σώματα  γιγνομένης  μεριστής  τρίτον  έξ άμφοΐν έν  μέσω συνεκεράσατο  ουσίας  είδος,  της  τε  ταύτοϋ  φύσεως  [αυ πέρι]  και  της  τοϋ ετέρου,  και  κατά  ταύτά  συνέστησεν  έν  μέσω  τοϋ  τε  άμεροϋς  αύτών  και  τοϋ  κατά  τά  σώματα  μεριστοΐτ  και  τρία  λαβών  αυτά  οντά  συνεκεράσατο  είς  μίαν  πάντα  ίδέαν,  την  θατέρου  φύσιν  δύσμεικτον  οΰσαν  εις  ταύτόν  συναρμόττων  βίςι.  Μειγνΰς  δέ  μετά  της  ούσίας  και  έκ  τριών  ποιησάμενος  έν,  πάλιν ολον  τοϋτο  μοίρας  οσας  προσήκεν  διένειμεν,  έκάστην  δέ  έκ  τε  ταύτοϋ  και  θατέρου  και  της  ούσίας  μεμειγνένην. 

31 32 

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Das anthropologische Modell

kannt" 3 3 - die Seele, sofern und weil wir jedes Seiende durch sie erkennen, alle Seinsprinzipien  (τάς  απάντων  των  δντων  αρχάς·)  in  sich  haben  muß 34 . [223] Insofern ist sie selbst von noetischem Wesen: „eine unteilbare noetische Usie"  (νοητή  ούσία  αμέριστος).  Zugleich  ist  sie  aber  auch  „eine  andere,  und  zwar  im  Hinblick  auf  die Körperwelt teilbare (Usie)" 35 ; d.h. sie besteht aus zwei Usien, „denn jede der beiden Usien kann sie im ,Denken' erreichen" 36 . Hier ist im eigentlichen Sinn kein Gegensatz zum Körper ausgesagt. Doch etwas später findet sich eine Aussage über die Seele, welche die Transzendenz ihres geistigen Seins betont; hier also zeigt sich der Bruch bei Albinos. Sie und der Leib sind „im Gegensatz" zueinander; die Seele ist „unkörperliche ... geistige ... einfache Usie" 3 7 . Nebenbei bemerkt, die Betonung der Transzendenz der Seele gegenüber der Körperwelt und körperlichen Realität bedingte bei Plotin eine Transformation der bisherigen Auslegung vom Timaios 35 a 1-7 3 8 . Das „Axiom des Ammonios" 3 9 konnte auf der Basis der Dialektik, wie sie Piaton in wissenschaftstheoretischer und systematischer Absicht in seinen Spätwerken, besonders im Sophistes 253 d Iff. dargelegt hatte, als allgemeingültig für den Bereich des Noetischen ausgewiesen werden: Die in der „unvermischten Einigung"  (άσύγχυτος  ενωσις)  bzw.  in  der  „untrennbaren 40  Unterscheidung"  (διάκρισις  άδιαίρετος)  er­ kannte  Realdistinktion  wurde  nicht  nur  als  anthropologische,  sondern  als  universal­dialektische  oder  paradoxale  Formel 41 für den [224] Be33 

34 

Τώ  όμοίω το  ομοιον  γνωρίζεται.  Diese  Einsicht  des  Empedokles  (Fragm.  109)  wird  von  Piaton  (z.B.  Tim.  45  c  4)  und  Aristoteles  (z.B.  De  an.  404  b  13;  vgl.  H.  Bonitz,  Index  Ari­ stotelicus,  Graz  2 1955,  510)  rezipiert  und  Allgemeinplatz.  Didaskalikos,  14,  hg.  v.  C.F.  Hermann,  Leipzig  1927,  169,16­26:  Έπε!  γαρ  έκαστα  τών  όντων  κρίνομεν  τη  ψυχή,  τάς  άπάντων  τών  όντων  αρχάς  είκότως  έγκατέταξεν  αύτη  ...  ή  γάρ τω όμοίω  τό  ομοιον  γνωρίζεται,  cos τοις  Πυθαγορείοις  αρέσκει. 

35 

Zu  άλλη  περ!  τά  σώματα  μεριστή  vgl.  Anm.  32:  Tim.  35  a  2 ­ 3  (κα!  της­  ab  περ!  τά  σώματα  γιγνομένης  μεριστής). 

36 

Didaskalikos,  14  (Anm.  34),  169,20:  λέγων  ούν  εΐναί  τίνα  νοητήν  ούσίαν  άμέριστον,  κα!  άλλην  περ!  τά  σώματα  μεριστήν  ύπεστήσατο  έμφαίνων  ότι  έκατέρας  τών  ουσιών  έφάπτεσθαι  δύναται  τη  νοήσει.  Ebd.,  25,  177,19ff.:  ασώματο;  γάρ  έστιν  ούσία  αμετάβλητος  κατά  τήν  ύπόστασιν  κα!  νοητή  κα!  άειδής  κα!  μονοειδής·  ούκοϋν  άσύνθετος  άδιάλυτος  άσκέδαστος·  τό  δέ  σώμα  πάν τουναντίον.  Z u m  Begriff  der  Seele  als  Geist­Usie  vgl.  die  in  der  Doxographie  auf  Piaton zurückgeführte E)efinition:  (τήν  ψυχήν  είναι)  ούσίαν  νοητήν  έξ  εαυτής  κινητήν  κατά  αριθμόν  έναρμόνιον  (κινουμένην)  z.B.  bei  Nemesios  von  Emesa,  De  natura  homi­ nis  (Anm.  30),  2,  68,8­9  (PG  40,  537  A  5 ­ 6 ,  welche  nach  H. Dörrie, Porphyrios' (Anm. 28), 166, auf Xenokrates (Fragm. 64 Heinze) zurückgeht. Vgl. H.-R. Schwyzer, Zu Plotins Interpretation von Piatons Timaeus 35 A, Rhein. Museum 84,1935, 360-368. Vgl. H. Dörrie, Ammonios (Anm. 27), 449f. Das Verbaladjektiv sagt hier nicht faktische Ungetrenntheit der geeinten Wirklichkeiten aus, sondern die Unmöglichkeit ihrer Dihairesis.

37 

38 39 40

Die neuplatonische „unvermischte Einigung"

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reich des Intelligiblen aus der platonischen  κοινωνία  βιδών  entwickelt42,  deren  „Topos"  nachplatonisch  der  Nus  ist43.  Als  anthropologische  Formel  wurde  sie  an  der  Frage  nach  dem  Wie  der  Einigung  von  Seele  und  Leib ­  einer  nach  H. Dörrie bis zum Neuplatonismus unbekannten Schulfrage 44 - und in der endgültigen Überwindung der stoischen Mischungslehre 45 in der Schule Plotins entworfen 46 und von Porphyrios ausgebaut. In den „Symmikta Zetemata" des Porphyrios, deren Fragmente H. Dörrie kritisch untersucht hat47, finden sich mindestens 48 drei „Untersuchungen" über die Seele: 1. Vom Wesen der Seele49: Sie wird als „unkörperliches Sein" (άσώματος· και  ουσιώδη?)  definiert 50 .  2.  Vom Verhältnis der Seele zum Leib: Die uns zumeist interessierende „Untersuchung", deren Text „mit großer Sicherheit zu rekonstruieren ist"51, und zwar aus Nemesios von Emesa52. [225]

41

Vgl. W. Beierwaltes, Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, Philos. Abh. 24, Frankfurt a.M. 1965, 31ff. 42 Vgl. Piaton, Soph. 254 c 4ff. Zum „problemgeschichtlichen Horizont" dieses Gedankens vgl. W. Beierwaltes, Proklos (Anm. 41), 42-48. 43 Vgl. H. J. Krämer, Der Ursprung (Anm. 18). 44 Porphyrios' (Anm. 28), 13-15. 45 Eine übersichtliche Zusammenstellung derselben und der mittelplatonischen Kritik an derselben bei H. Dörrie, a.a.O., 24-35, eine solche, die auch die alexandrinischen Aristoteleskommentaren berücksichtigt,bei H.A. Wolfson, The Philosophy of the Church Fathers. Faith, Trinity, Incarnation, Cambridge, Mass.-London 31970, 374-385. 46 Bekannt ist das Beispiel, das Porphyrios in der Vita Plotins zur Veranschaulichung der Lehrdiskussionen seines Meisters wählt: Porphyrios habe drei Tage lang Plotin und seine Schule mit der Frage gequält  „Πώς  ή  ψυχή  σύνεστι  τω  σώματι;"(1­^.  ν.  Ρ.  Henry  und  H.­R.  Schwyzer,  in:  Plotini  Opera,  I,  Paris­Bruxelles  1951,  13,10­17).  H.  Dörrie, Porphyrios' (Anm. 28), 18, Anm. 1, meint, Plotins Schriften IV 3 (27) und folgende seien nach dieser Diskussion verfaßt worden. Ferner sei auf Enn. VI 9, 1, lOff. verwiesen. 47 Porphyrios' (Anm. 28). 48 Zwei weitere, nämlich über die Unsterblichkeit der Seele und über die sinnliche Wahrnehmung, hat H. Dörrie, a.a.O., 152-158, wahrscheinlich gemacht. 49 Einiges aus diesem Zetema läßt sich aus Nemesios, De natura hominis (Anm. 30), 2, 67,1-125,7 (PG 40, 536 Β 1­589 C 6) zurückgewinnen, vgl. H. Dörrie, a.a.O., 111-151. 50 Zur Bestimmung von  ασώματος·  vgl.  H. Dörrie, a.a.O., 179-187. Das  ουσιώδης·  richtet  sich  gegen  den  Peripatos;  man  vgl. auch  die Fragmente  der  Porphyrianischen  Schrift  wider  den  Peripatetiker  Boethos  von  Sidon  bei  Eusebios  von  Kaisareia,  Praeparatio  evangelica,  XI,28;  XIV,10,3;  XV,11.16,  hg.  v.  K.  Mras,  GCS,  43,  2, Berlin  1956,  63­65;  287; 374f.; 380f.  51  H. Dörrie, a.a.O., 10. 52 Ebd., 39-99. Ein paralleles Exzerpt aus diesem Zetema wies H. Dörrie in den Solutiones ad Chosroem regem des Priskian, hg. v. I. Bywater, Supplementum Aristotelicum I, 2, Berolini 1886, 50,25-52,22, nach.

112

Das anthropologische Modell

3. Von den Seelenteilen: Hier wird nur eine Konsequenz des Axioms von der „unvermischten Einigung" vorgetragen 53 . Unser Interesse richtet sich primär auf die zweite „Untersuchung", die περί  τη?  ενώσεως  της  ψυχής  και  του  σώματος  handelt 54 .  Was  ist  ihr  Inhalt  und  warum  hat  Nemesios  von  Emesa  gerade  diesen  Text  aufge­ griffen?  Die  Aporie  der  Problematik  wird  von  Porphyrios  so  formuliert:  Alles,  was  zu  einem  konkret­existierendem  Seienden  sich  verbindet  (τά  συνιόντα  εις  μιας  ούσίας  ύπόστασιν),  einigt  sich  (ένοΰται)  und  wird  so  etwas  anderes,  als  es  vorher  war 55 .  Bleibt  also  der  Leib  in  der  Einigung  mit  der  Seele  noch  Leib?  Und  wahrt  die  Seele  dabei,  ohne  ihres  Eigen­ seins  verlustig  zu  gehen,  ihr  Wesen?  D.h.  bleibt  die  Seele  in  der  Eini­ gung  eine  geistige  Usie  (άσώματος  καΐ  ουσιώδης),  und  zwar  ihrem  ei­ gentlichen  Selbst  oder  Sein  nach  (καθ'  αύτη ν)56?  Es  geht  also  um  das  Leitmotiv  der  „Bewahrung  des  Wesens"  (σώ£ειν την  ούσίαν  άσύγχυτον),  wozu  sich  die  Modelle  der  stoischen  Mischungslehre  als  untauglich  erweisen 57 .  Die Klärung liefert das „Axiom des Ammonios" 5 8 . Die Intelligibilia oder geistigen Wirklichkeiten sind auf Grund ihrer Natur  (φύσις)  zu  einer  echten  Einigung  (ενωσις)  ohne Veränderung  (άλλοίωσις)  ihrer  Usie fähig; als „geeinte"  (ένούμενα)  bleiben  sie  „unvermischt" 5 9 .  Dies  gilt  auch für die Seele als „Geistsubstanz"  (ουσία  νοητή)60;  „unvermischt  ist  die  [226]  Seele  dem  Leib  geeint"  (άσυγχύτως  ήνωται  τω  σώματι  ή  ψυχή).  Die  Einigung  (ενωσις)  wird  bewiesen  durch  die  „Mitbetroffen­ heit  und Leidensfähigkeit"  (συμπάθεια)  der  Seele 61 ; daß sich diese Einigung ohne Vermischung  (άσυγχύτως)  vollzieht,  beweist  die  „Tren­ nung"  (χωρισμός)  der  Seele  vom  Leib  im  Schlaf  und  die  Traummantik 

H. Dörrie, a.a.O., 10f.; 104-110. Nemesios, De natura hominis (Anm. 30), 3, 140,5-6 (PG 40, 604 A 14-16). Nach H. Dörrie, a.a.O., 17, soll es sich hier um den Titel des porphyrianischen Zetema handeln. Doch dürfte diese Auffassung aus dem Text nicht zu erheben sein. Vielmehr handelt es sich hier um einen zusammenfassenden Hinweis des Nemesios. Der Sache nach dürfte freilich der Titel des Porphyrios ähnlich gelautet haben. 55 Ebd., 126,4-6 (592 A 8-12); vgl. H. Dörrie, a.a.O., 42. 56 Ebd., 126,7-127,3 (592 A 12-B12); vgl. H. Dörrie, a.a.O., 43f. - Zur Vorstellung der ψυχή καθ' έαυτήι; γενομεινη verweist  Η. Dörrie auf die von ihm a.a.O., 198-225, untersuchten Deutungen von Piaton, Phaidon 64 c; 79 d (vgl. Nemesios, a.a.O., 32,2-133,2 [597 A 2-6]); 81 c und der Traummantik (vgl. Nemesios, a.a.O., 131,7-132,2 [596  Β  3 ­ 597  A  2]; Η. Dörrie, a.a.O., 64-68). Vgl. unten den Text zu Anm. 63; 67. 57 Nemesios, a.a.O., 127,3-129,4 (592  Β 2­593  A  15); vgl. Η. Dörrie, a.a.O., 45-49. 58 Nemesios, a.a.O., 129,9-10 (593 Β  6­8).  59  Ebd.,  129,10­130,4  (bzw.  130,7)  (593 Β 8­596  A 4 bzw.  A  8);  vgl.  Η. Dörrie, a.a.O., 5459. 60 Nemesios, a.a.O., 130,7-131,1 (596 A 8-12). Vgl. S. 109 [222]; H. Dörrie, a.a.O., 59-61. 61  Συμπαθεί  γάρ ολον έαυτω το ζωον ώς 'έν φv. Vgl. dazu den Text zu Anm. 71; 84-88.

53  54

Die neuplatonische „unvermischte Einigung"

113

bzw. die Ideenschau, in welcher sich die Seele vom Leib trennt und zu sich selbst kommt: κ α θ ' έ α υ τ ή ν  γ ί ν ε τ α ι 6 2 .  Wie  alles,  was  unvermischbar  ist  ( ά σ ύ γ χ υ τ ο ν ) ,  wahrt  sie  ihr  eigenes  Eins­Sein  ( τ ό  κ α θ '  έ α υ τ ή ν  ε ν ) , heißt es im Referat des Nemesios zur Einigungsformel des Ammonios, d.h. im Exzerpt aus der „Untersuchung" des Porphyrios 63 . In einem eigentlichen Zitat aus eben diesem Text findet sich bei Nemesios die gleiche Aussage in Bezug auf die  συμπλήρωσις64,  d.h.  in  Bezug  auf  die  Auf­ nahme  einer  Usie  als  Teil65  in  die  Ganzheit/Einheit  einer  andersartigen  Usie66,  wobei  die  aufgenommene  Usie  ihre  Physis  nicht ändert: „Sie wird ein Eines mit dem anderen und wahrt doch ihr eigenes Eins-Sein ( τ ό  κ α θ '  έ α υ τ ή ν  ε ν ) " 6 7 .  Im  Referat  des  Nemesios  zur  Einigungsformel  des  Ammonios,  also  im  Exzerpt,  ist  das  Subjekt  der  genannten  Aussage  die  Seele,  im  Zitat  aus  Porphyrios  ist  dies  nicht  klar68,  erst  mit  dem  folgenden  Satz,  der  an  beiden  Stellen  sachlich übereinkommt, ist der Bezug der Aussage deutlich: Die Seele verändert sich nicht 69 , [227] sondern - unwandelbar bleibend  ( α τ ρ ε π τ ο ς )  ­  wandelt  sie  jenes  auf  Grund  ihrer  Gegenwart,  d.h.  indem  sie  wirkend  Gegenwart  wird,  zur  „Wirk­ lichkeit"  ihrer  selbst  ( ε ι ς  τ η ν  ε α υ τ ή ς  ε ν έ ρ γ ε ι , α ν ) 7 0 .  Für Plotin und Porphyrios Schloß die „energetische" Parusie oder Gegenwart der Seele im Leib aus, daß sie durch das körperliche Leiden in Mitleidenschaft gezogen wurde: Sie ist und bleibt im eigentlichen

62

Nemesios, a.a.O., 131,1-133,2 (596 A 11-597 A 6); vgl.  Η. Dörrie, a.a.O., 62-68.

63

Nemesios, 133,2-4 (597 A 6-9); vgl. H. Dörrie, a.a.O., 69f.

64

Leontios von Byzanz gebraucht diesen Terminus für die Aufnahme der Naturen in die Hypostase (CNE, I, 4, 1289 A 12-14). Vgl. S. 128 [241], Anm. 73. Nemesios, a.a.O., 140,1 (604-A 8-9):  και  είναι  μέρος  ουσίας. 

65 66 

Im  Unterschied  zur  Diskussion  um  z.B.  des  Leontios  von  Byzanz  und  Maximos  des  Bekenners  Enhypostasiebegriff  (vgl.  S.  118  mit  Anm.  10;  131­133  [231f.;  244­246])  kann  hier  nicht  die  Frage  entstehen,  ob  zwei  Usien  ­  oder  nur  eine  ­  in  eine  andere  „Wirklichkeit",  d.h.  in  eine  Hypostase,  aufgenommen  werden.  Denn  hier  bringt  die  aufgenommene  Usie  die  aufnehmende  zu  ihrer „Erfüllung":  μετά  τό  συμττληροΰν  άλλη!­·  ούσίαν,  ev  τε  συν  αλλω  (!)  γενομενηυ,  wobei  das  Ammonios­Axiom bezüglich der geeinten Usien aber gewahrt bleibt.

67

Nemesios, a.a.O., 139,6-140,3 (604 A 7-12); vgl. H. Dörrie, a.a.O., 70-72.

68

Nemesios behauptet zum gesamten Zitat, daß es sich auf die Einigung von Leib und Seele beziehe (a.a.O., 140,5-6 [604 A 14-16]). Inwiefern aber kann der Körper bei Porphyrios als Usie aufgefaßt werden? Inwiefern „ergänzt" bei einem Neuplatoniker die Seele den Leib?

69

H. Dörrie, a.a.O., 72, verweist auf die Sinngleichheit von  τρέττεσθαι  mit  πάσχειν  als  mögliche Aussagespitze und ferner auf Porphyrios, Sententiae ad intelligibilia ducentes, 21 (in der Ausgabe von B. Mommert, Leipzig 1907; ich zitiere im folgenden stets die Edition von E. Lamberz, Leipzig 1975), 13,4ff. Im Zusammenhang meint τρέπεσθαι. zunächst „sich verändern, sich wandeln", was nach Sententiae, 18, 8,8ff., das  π ά σ χ ε ι  der körperlichen Realitäten kennzeichnet. Nemesios, a.a.O., 140,4-5 (604 A 12-14); vgl. H. Dörrie, a.a.O., 72f.

70

114

Das anthropologische Modell

Sinn leidensunfähig  (άπαθής)71.  Sie  beherrscht  den  Leib,  ohne  be­ herrscht  zu  werden 72 .  Nur  in  ihrer  „energetischen"  Gegenwart  ist  die  Seele  im  Leib 73 ;  sie  ist,  da  selbst  nicht örtlich umschrieben („ortlos"), nur im Sinne eines übertragenen Sprachgebrauchs  (καταχρηστικώς)  an  einem  Ort,  und  dies  auf  Grund  ihrer  Energeia,  Parusia  oder  Relation 74 :  „Wie  Gott  in  uns" 7 5 .  Auf  Grund  dieser  Parusie  gibt  es  sogar  ein  Gebundenwerden  der  Seele  durch  den  Leib 76 .  Diese  Bindung  formuliert  Porphyrios  anderswo,  d.h.  in  seinem  „Aufbruch  zu  den  geistigen  Wirklichkeiten"  (ΆφορμαΙ  προς  τά  νοητά),  offenbar  im  Nachklang  existentieller  Erfahrung 77  [228]  so:  „Was  die  Natur  verband, löst die Natur; und was die Seele gebunden hat, das löst sie selbst. Die Natur hat den Leib an die Seele gebunden, die Seele sich selbst an den Leib. Also vollzieht die Natur die Lösung des Leibes von der Seele, die Seele aber befreit sich selbst aus dem Körper" 7 8 . Daß Nemesios mit Porphyrios konform geht, wenn er diese Bindung der Seele an den Leib - ihre relationale Neigung  (ροπή)  zu  ihm 79  ­  mit  jener  Bindung  vergleicht,  welche  der  Liebhaber  durch  die  Geliebte erfährt 80 , wurde von H. Dörrie in Frage gestellt 81 , doch ist m.E. nicht auszuschließen. Im Zusammenhang des porphyrianischen Denkens würde der Topos die Flüchtigkeit, vielleicht auch die Freiwillig71

Plotin, Enn.  ΙΠ  6  (26),  bes.  6,  1­5.9.  Vgl.  R.  Beutler  und  W.  Theiler,  Plotins  Schriften,  Band  IIb,  Philosophische  Bibliothek  212b,  Hamburg  1962,  436f., über den Zusammenhang mit den Abhandlungen über die Seele (En. IV 3.4 [27.28]); Porphyrios, Sententiae (Anm. 69), 18, 8,12; 21, 12,Iff. (bes. 3f.); vgl. auch 7, 3 , 4 - 5 (unten Anm. 76). Z u m folgenden (Nemesios, a.a.O., 133,6-134,11 [597  Β  1 ­ 6 0 0  A  3]), nämlich zum Bild von der Sonne, welche durch ihre Gegenwart die Luft zu einer lichten  (φωτοειδτρ)  macht  und  eine  άσύγχυτος  ένωσι?  von  Luft  und  Licht  wirkt,  vgl.  man  die  bei  H. Dörrie, Porphyrios' (Anm. 28),  74r-77, genannten Gedanken Plotins.

72

Nemesios, a.a.O., 134,11-135,1 (600 A 3-4).

73 74

Ebd., 1 3 5 , 9 - 1 3 6 , 1 (600 A 14-B 5); vgl. H. Dörrie, a.a.O., 87-93. Nemesios, a.a.O., 136,1-137,4 (600  Β  5­601  A  6);  vgl.  Η. Dörrie, a.a.O., 94-99; vgl. auch Porphyrios, Sententiae (Anm. 69), 1-4, 1,1-2,9; 42, 53,6ff. Nemesios, a.a.O., 135,11 (600  Β  1):  tos  λέγεται  ό  θεός  έν  ήμΐν.  Vgl.  Sententiae  (Anm.  69),  21,  9ff. 

75 76  77 

78 79 80 81 

Nemesios,  a.a.O.,  135,11­13  (600  Β  1­3):  Κα!  γαρ  τη  σχέσει  και  τη  πρός  τι  ροπή  και  διαθέσει  δεδέσθαι  φαμεν υπό του σώματος  την ψυχήν.  Z u m  biographisch­existentiellen  Moment  vgl.  Porphyrios,  Vita  Plotini  (Anm.  46),  11,11­15. Daß die Seele völlig frei ist, im Körper zu bleiben oder ihn zu verlassen, daß der Leib ihre Anwesenheit nicht erzwingen kann, ist ein dem Porphyrios eigener Gedanke. Vgl. Sententiae (Anm. 69), 27, 16,1-3:  Ουδέν  [πρός]  τό  άσώματον  τό  καθ'  αΰτό  ή  τοϋ  σώματος  εμποδίζει  ύπόστασις  προς  το  μή  είναι  όπου  βούλεται  και  ώς  θέλει.  Vgl.  auch  Sententiae,  7,  3,4r­5;  8  (folgende  Anm.  und Übersetzung); 2 8 - 2 9 , 1 7 , I f f . Sententiae (Anm. 69), 8, 3,6-4,2. Z u m platonischen Hintergrund vgl. H. Dörrie, Porphyrios' (Anm. 28), 88f. Nemesios, a.a.O., 135,11-14 (600  Β  1­4).  Porphyrios'  (Anm.  28),  89­93. 

Die neuplatonische „unvermischte Einigung"

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keit der erotischen Beziehung meinen. Für Nemesios selbst dürfte hier schon die Christologie seiner Zeit, wenn auch in einer Transposition von ερως· und  άγάττη,  zum  Tragen  kommen;  denn  in  der  antiocheni­ schen  Christologie  wurde  die  Einheit  Christi  mit  Gott  gern  mit  der  Beziehung  von  Liebenden  verglichen,  welche  in  ihrer  Liebe,  im  Geist  geeint  sind.  Daß hier der Ausgriff auf die Christologie keine fragwürdige Interpretationsleistung ist, sondern der eigentlichen Intention des Nemesios entspricht, wird in den auf sein Referat folgenden Ausführungen offenbar 82 . Die Argumentation im Sinn der Einigungsformel des Ammonios gilt eigentlich im vollen Sinn, sagt Nemesios, nur für die christologische Einigung 83 und in defizienter Form für die Anthropologie, für die psychosomatische Einigung. Denn für die Psychologie bestreitet Nemesios die Geltung des neuplatonischen Apathie-Dogmas 84 . Da es das unkörperliche Sein  (άσώματον)  kennzeichnen  sollte,  galt  es für die Neuplatoniker auch für die Seele. Nemesios stellt sich dem ent[229]gegen; da die Seele „Eines und Vieles" ist85, „scheint sie wegen ihrer Verbindung 86 mit dem Leib auch irgendwie mitzuleiden  (συμπάσχειν)873  und  bald  (den Körper) zu beherrschen, bald beherrscht zu werden" 87 . Nicht nur der Leib, sondern auch die Seele ist „schwach":  άσθενής88. 

82  Nemesios,  a.a.O.,  137,4ff. (601 A  6ff.): Άρμόσειε  δ' αν  ούτος  ό  λόγο?.  83  Ebd.,  137,5­6  (601  Α  8­9):  τη  προς  τον  άνθρωποι*  ενώσει  του  θεοΰ  λόγου.  Vgl.  Α.  Grill­ meier,  Vorbereitung  (Anm.  2),  158f.;  ders.,  Christ  (Anm.  2),  299­302.  Die  ebd.,  326f„  vorgetragene  Bewertung  der  Christologie  des  Nemesios d ü r f t e nicht stimmig sein. Denn Nemesios lehnt den christologischen  τρόπος  της  ενώσεως  κατ'  εΰδοκίαν  ab  (a.a.O.,  144,2­7  [608  A  3­9]),  w a s  auch  von  Α.  Grillmeier,  ebd.,  301,  A n m .  1,  zurecht  vermerkt  ist.  84  Z u  diesem  Dogma  vgl.  S. 113f.  [227].  85  A.a.O.,  137,8  (601 A  11): των  πεπληθυσμένων  οΰσα.  Vgl.  ebd.,  2,  112,8­115,  4  (580  A  4 ­ 581  A  7).  M a n  beachte, daß dies die einzige These im Kapitel ist, die Nemesios ohne einschränkende Bemerkungen billigt. - Vgl. Porphyrios, Sententiae (Anm. 69), 37, 42,13ff. 86 Mit  οίκειότης  ist  m.E.  „die  Bindung  der  Seele  durch  den  Leib"  aus  d e m  Referat über A m m o n i o s (aus Porphyrios: Vgl. a.a.O., 3, 135,12-13 [600  Β 2­3])  aufgegriffen.  Denn  „vervielfältigt" ist die Seele in ihrer Verbindung mit der Körperwelt. M a n könnte unter  οίκειότης  aber  auch  die Eigentümlichkeit ihrer Usie verstehen; d e m steht aber die Betonung ihrer Unkörperlichkeit entgegen (vgl. ebd., 2. 124,5-6 [589  Β  1­2];  3,  140,7  [604  Β  1­2]). Vgl.  auch  S.  111  [224]  zu  Porphyrios'  Zetema über das Wesen der Seele. 87a Vgl. Anm. 61 mit Anm. 71. 87 Nemesios, a.a.O., 3, 137,8-10 (601 A 11-13). Man vgl. den Widerspruch z u m Referat über A m m o n i o s (aus Porphyrios), ebd., 134,10-135,1 (600 A 3-4):  ού  γάρ  κρατείται  ύπό τοϋ σώματος,  αλλ'  αύτη  κρατεί  το  σώμα.  88  Der  Gott­Logos  hat  nicht  teil  an  deren Schwäche:  της  εκείνων  ασθενείας  (138,1  [601  A  15­B  1]). 

116

Das anthropologische Modell

Ist deshalb, weil die Seele gegenüber der körperlichen Realität nicht selbstmächtig ist, weil sie durch die Not und Betroffenheit des Leibes mitbetroffen ist und für sie das neuplatonische Apathie-Dogma nicht gilt, die Formel der „unvermischten Einigung"  (άσύγχυτος  εωσις) für die Anthropologie ungültig geworden? Gilt sie nur mehr für die Christologie? Nach dem wörtlichen Zitat aus den „Symmikta Zetemata" des Porphyrios 89 meint Nemesios diese Frage beantworten zu können: Sofern die Seele unkörperlich  (ασώματο?)  ist,  gilt für sie das „Axiom des Ammonios"; doch in einer eminenten Weise gilt es für den Gott-Logos, der im eigentlichen Sinn  ασώματος  ist90,  und für seine „Einigung mit dem Menschen" 9 1 . Als „unvermischte Einigung" kann man nämlich die Einigung zweier Naturen, der sterblichen Natur und des θείον92,  denken,  ohne  sie  dem Gelächter der Nichtchristen auszusetzen 93 . Eine antiochenische Christologie schließt Nemesios, nebenbei bemerkt, damit nicht aus; er nennt mit dem Modell der  άσύγχυτος­ ενωσις  nur  [230]  die  Bedingung,  unter  welcher  jene gültig ist: nämlich, sofern sie in der christologischen Einigung „absolut" - d.h.  άσυγχύτω?  ­ die  Transzendenz  Gottes,  seine  Physis,  wahrt 94 . 

89 

Nemesios,  a.a.O.,  139,4­140,5  (604  A  3­13). 

90 

Ebd.,  140,6­141,1  (604  Β  1 ^ ) ;  vgl.  ebd.,  143,7ff.  (605  Β  6ff.). 

91 

Ebd.,  141,1­3  (604  Β  4­6). 

92 

Statt  vom  θείον  kann  Nemesios  auch  von  der göttlichen Natur sprechen:  κατά  την  οίκείαι­  του  θεοϋ φύσι,ι εναντίων  συμφωνία.  CNE, ΙΠ, 41, 1380 Β 1­9: „Und  warum  muss  man über die seinshafte Einigung  (ή κατ'  ούσίαν  και  ούσιώδης  ένωσις  als  Gegensatz  zur  nestorianischen  ένωσις  σχετική  bzw.  γνωμική  [1380  C  1.  D  6­7])  sagen:  ,die  eine  Hypostase  der  zwei  Naturen,  im  Ver­ gleich  zu  denen  es  nichts  gibt,  was  geeinter  oder  mehr  zusammengewachsen  ist'  (Epilysis,  VII,  1941 Β 1­3; Gregorios  von  Nazianz,  Or. 34,  8,  PG  36, 249 A  9­10)?  Zu­ nächst einmal ist es wert zu bedenken, daß unser Streitpunkt nicht die sprachlichen Ausdrücke  (λέξεις)  sind,  sondern  die  Weise  (τρόπος)  des  ganzen  Christusgeheimnis­ ses  (CNE,  I,  7,  1297 C  5­13;  Epilysis,  VII,  1940  Β 12­14;  1944 C  13­D  1).  Diese  Weise  (so übersetzt, wurde das sich auf  μυστήριοι· beziehende Τοϋτο zu  Τούτον,  seil,  τρόπον,  verbessert)  darf  man  nicht  einfach auf  Grund  dieser  oder jener  Lesarten  (λέξεις)  oder  auf  Grund  einiger  Worte  (ρήματα) für annehmbar oder verwerflich halten, sondern auf Grund der ersten Prinzipien". - Vgl. CNE, I, 7, 1304 A 11-14;  ΠΙ,  38,  1376  D  7 ­ 1377 A 2.  Vgl.  CNE,  ΙΠ,  41,  1380  Β 9­13:  Den  Wortlaut  (λέξεις),  auch  jenen  der  Schrift,  kann  jede Häresie sich zu eigen machen, indem sie diesen auf den eigenen Skopos hin auslegt; das kontroverse Verständnis gründet in den  πρώται  άρχαί.  „Denn  wegen  dieser  lebt jede Häresie mit jeder anderen Position in Uneinigkeit". Vgl. auch K.-H. Uthemann, Die „Philosophischen Kapitel" des Anastasius I. von Antiochien (559-598), OCP 46,1980,306-366. Ό  τρόπος  δηλαδή της  ενώσεως, ουσιωδώς αλλ' ού σχετικώς  γενονώς. 

126

Das anthropologische Modell

kommenen [239] Menschheit das ist, was in uns ,der innere Mensch' wie der Apostel sagt - ist, nämlich ,zusammen subsistierend und nach der Einigung in die Definition des Ganzen voll eingehend' 54 , wie es auch die den Paul von Samosata brandmarkenden Väter darlegten" 55 . Christologische Aussagen sind für Leontios von Byzanz offenbar axiomatisch zu interpretieren. Die christologische Axiomatik aber scheint für ihn aus der Strukturähnlichkeit des anthropologischen Paradigmas begründbar zu sein56. Nicht die Formelsprache an sich, z.B. die Kyrillische Ein-Naturen-Terminologie, ist entscheidend, sondern ihre Vereinbarkeit mit und Begründbarkeit aus den Axiomen, welche die chalkedonische Zwei-Naturen-Ideologie bestimmen 57 . Solange christologische Texte noch, wenn auch mehr oder weniger mittelbar, auf den ursprünglichen Ort, an dem ihre Begriffssprache (z.B. jene der  άσύγχυτος· ενωσις)  gewonnen  wurde, zurückgreifen, muß es auch die historische und die dogmengeschichtliche Forschung tun. Daß sich das eigentlich Gemeinte von seinem Paradigma und Modell lösen kann und tatsächlich löst, aber auch auf die Deutung seines Paradigmas, d.h. der Strukturähnlichkeit, zurückwirken kann und tatsächlich zurückwirkt, daß schließlich das Paradigma - z.B. im Rahmen eines einseitig aristotelisch-scholastischen Denkens - unbrauchbar werden kann, da es zu Mißverständnissen führt, ja nicht mehr verstanden werden kann, daß es letztendlich selbst dem modernen Forscher auf Grund seines eigenen Vorverständnisses unzugänglich bleiben kann, dies alles sind Tatsachen, deren Beobachtung gerade der Erforschung der Christologie des 6. und 7. Jahrhunderts gut tut. [240]

54  Συνυφεστώς  και  eis  του τοϋ δλου οροί» συντελώι» μετά τήν ενωσιΐΛ  55  CNE,  ΙΠ,  41,  1380  Β  13­C  7. Zu  Paul  von  Samosata  bzw.  Malchio's  Einwand  gegen  diesen  vgl. S. 103 [215], Anm.  2.  56  Leontios  betont, daß die Konstitution des Menschen nur Paradigma sein kann. Das Urbild, der Prototyp, ist die Hypostatische Union in Christus (CNE, I, 5, 1289 C 1214; vgl. I, 2,1280 C 8-D 3). 57 Man vgl. seine Stellungnahme zur „monophysitischen" Terminologie in CNE, I, 1, 1277 A Iff.; I, 5, 1289 Β Iff.; Epilysis, IV, 1925 Β lOff. Es dürfte auf Grund dessen, daß Leontios die Formel- und Begriffssprache in ihrer eigentlichen Bedeutung nimmt und im Rekurs auf die Axiomatik versteht (vgl. auch Epilysis, ΙΠ, 1924 D 3­1925 Β 9),  klar  sein,  warum  der  consensus  bisheriger  Dogmengeschichte  dahin  ging,  ihn  als  ei­ nen  strengen  Diphysiten  im  Unterschied  zu  den  Vertretern  des  sog.  Neuchalkedo­ nismus  zu  begreifen  (vgl. S. 105f. [218], Anm.  14; 15). 

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

127

b. Die Funktion des anthropologischen Paradigmas in der Axiomatik α. Grundlegung Die Grundschrift des Leontios von Byzanz stützt sich entscheidend zur Begründung ihrer Theorie einer „Zweistufenindividuation" 5 8 u n d ihrer Relationentheorie auf das anthropologische Paradigma 59 . Als übernommenes Traditionsgut 60 verteidigt es Leontios einerseits gegen die Nestorianer 61 , die es als Modell deshalb ablehnen, weil sie nur eine naturhafte Konkretion von Seele und Leib - wie Form u n d Materie kennen. Die seinshafte Konstitution des Menschen ist für sie der Modellfall einer naturhaften Synthese, damit des Monophysitismus; und sie betonen: Zwischen Christus u n d dem Menschen, dem του  άνθρωποι)  κραμα,  besteht  der  Konstitution  nach  nur Strukturunähnlichkeit 62 . Anderseits verteidigt Leontios das Paradigma gegen die Monophysiten, denen dieses, wie er sagt, „lieb ist". Aus seiner Sicht überschätzen sie, was es leisten kann und gebrauchen es als ein  εναργές  άπεικόνισμα.  Sie  verstehen  die  menschliche  Konstitution  nicht  nur  als  Paradigma,  son­ dern  als  Urbild  der  von  ihnen  vertretenen  „Vermischung  (der  Natu­ ren)",  als πρωτοτύπου  συγχύσεως 63 .  Letzteres,  d.h. die „Vermischung",  be­ streitet  Leontios  energisch.  Seele  und  Leib  haben  zwar  eine  „gemein­ same  Hypostase",  doch  auch  je  eine  eigene  individuelle  Natur 64 ,  die  ihren  je verschiedenen  Wesensgrund  (λόγος  τοϋ  είναι)  auch  im  Kompo­ situm  Mensch  (κοινός  άνθρωπος) durchhält 65 , [241] sofern beide, Seele 58

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63  64  65 

Diesen terminus hat St. Otto, Person (S. 106 [218], Anm. 15), geprägt. Man sollte sich hüten, ihn im Ansatz mit Begriffsinhalten zu überfrachten, die erst in der Wirkungsgeschichte dieses Denkens einer gestuften Subsistenz und Individuation zur Geltung kamen. Vgl. dazu S. 118 [231], Anm. 8. Beide theoretischen Aussagen, jene der gestuften Subsistenz und Individuation (vgl. unten zu CNE, I, 1, 1276 D 5-1280  Β  10)  sowie  jene über die einenden und unterscheidenden Relationen (vgl. unten zu CNE, I, 4, 1285 C 1-1289 Β  1),  und  ihre  An­ wendung  auf  den  τρόπος  της  ενώσεως  (CNE,  I, 7, 1297 C 5­1305 D 2; zu  Epilysis,  VII  vgl.  S. 125 [238], Anm.  50; 143  [256], Anm.  172) begründet Leontios durch den Rückgriff auf die Anthropologie. CNE, I, 2,1280 C 11-15. Zum Vergleich könnte man die in der auf S. 104 [216], Anm. 4, genannte Edition des Hodegos zu XVIII, 65-66 angeführten Quellen, ferner auch Leontios von Jerusalem, Adversus Nestorianos,  Ι­Π, PG 86,1,  1400­1601,  heranziehen.  „Wenn  der  Mensch  auch  aus  zwei  artverschiedenen  Wirklichkeiten  konstituiert  ist,  so  existiert  doch  keine  von  beiden  ohne  die  andere  ...  Der  Mensch  ist  aus  unvoll­ kommenen  Teilen  konstituiert".  Zwischen  der  Konstitution  des  Menschen  und  der  Konstitution  Christi  besteht  keine Ähnlichkeit (CNE, I, 2, 1280 Β 11­C  6).  CNE, I, 2,1280 C 8­11. Vgl. S. 126 [239], Anm. 56.  CNE  I, 2, 1280 Β 9­10: ώι> κοινή μεν ή φύσις  και ό λόγος  διάφορος.  CNE, I, 2,1281 Α  3­4.9­11. 

128

Das anthropologische Modell

und Leib, ihre Idiomata bzw. ihre „Bestimmtheit" bewahren 66 . Insofern ist die Konstitution des Menschen Paradigma der „unvermischten Einigung". Doch es gibt noch eine andere Seite; und diese rechtfertigt eine monophysitische Formel für den Menschen; sie gründet darin, daß die Natur in Bezug steht zum Eidos67. Wir werden bald darauf zurückkommen. Daß die Seele unsterblich ist, offenbart ihr Wesenssein: to cluai ούσιαν  άσώματον  αύτοκίνητον68.  Diese selbstmächtige „Geistsubstanz" ist eine vollkommene Usie im Hinblick auf ihren  λόγος  της  ύπάρξεως69,  die  ohne  den Körper gedacht, d.h. verstanden werden kann 70 . Ebenso bleibt in der Einigung die „Bestimmtheit" (öpo?) des Leibes erhalten, nämliche seine dreidimensional ausgedehnte Wirklichkeit 71 bzw. seine Funktionalität als Organon 72 . Seele und Leib sind entgegen der nestorianischen (und monophysitischen) Voraussetzung keine unvollkommenen Teile; man kann sie aber im Hinblick auf die Hypostase des Ganzen  (τό δλον), in  dem  sie Teile sind,  so  bezeichnen 73 .  Widerspruchsfrei 7 4  denkbar  ist  dies  nur  auf  Grund  der  von  Leontios  aus  der  Tradition  hergeleiteten  und präzisierten Axiomatik, nämlich auf Grund seiner durch die Lektüre von Ps. Dionysios Areopagites 75 inspi-

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CNE, I, 2, 1281 A 4-9. Zum Körper vergleiche die folgenden Ausführungen. - Nach CNE, I, 3, 1284 B-1285  Β ist  die  Seele  nicht  auf  Grund  ihrer  Existenz  im Körper leidensfähig und „endlich umschrieben"  (περίγραπτος),  sondern  auf  Grund  ihrer  Natur  (δι.ά  τό  πεφυκέναι  πάσχειν  και  χωρίς  σώματος  [1284  C  12­13];  Πάσχει  δε  παθητικά?  δυνάμεις  έχουσα  [D  1­2]) bzw.  auf  Grund  ihres  Soseins  (περιγέγραπται  μεν  τω  λόγω  της  υπάρξεως  [1285 Α 4; vgl. I, 7, 1304 Β 2­3]).  CNE, I, 5,1289 D 5ff.  CNE,  I, 2, 1281 Β 12­13; vgl. A 5­6.  CNE,  I, 2,1281 D 3. C  14­15.  CNE,  I,  2,  1281  D  3­4.  ­  Alle  „Geistsubstanzen"  (αί  λογικαί  πάσαι  ούσίαι) gehören zwar nicht dem Bereich des Vergänglichen an; doch, sofern sie Geschöpfe sind, eignet ihnen „Bewegung"  (έν κινήσει  θεωρούνται), nämlich im Bereich des Sittlichen, der άρετή  (1284 A 4­10).  CNE, I, 2,1281 C 1­2.  CNE, I, 2,1281 C 2­3: σώμα φυσικον όργανικον  δυνάμει  ζωήν  έχον.  CNE,  I, 2,  1281 C  4­7;  vgl.  I, 4,  1289  Α  12­14:  „Ich  nenne  diese  (d.h.  den  Logos  und  die  menschliche Realität Christi) nicht Teile, als ob sie unvollkommen wären, sondern weil sie das Prosopon der Christus-Hypostase konstituieren'  (ώς  συμπληρωτικά  του  προσώπου  της  κατά  Χριστόν  υποστάσεως).  In  der Trinität besteht keine συμπλήρωσις  (ebd.,  1289  Β  9­11).  Vgl.  zum  Terminus  συμπλήραχπς  S.  113  [226]  zu  Anm.  64­67.  Vgl. CNE,  I, Prooem.,  1276 Β 6­7.  Leontios  zitiert  den  Areopagiten  in  CNE,  I, 4,  1288 Β 14­C  1 (De  divinis  nominibus,  II,  10, PG  3, 648 C  7) und  CNE,  I, 7,  1304 D  12­1305 A  6 (De  divinis  nominibus,  Π, 4,  PG 3, 641 A  11­C  10; vgl.  Anastasios  Sinaites,  Viae Dux  [S. 104  [216], Anm.  4], XXIV,  24­33. 52­55). Die letztgenannte  Stelle aus Ps. Dionysios  (bes.  641 Β 2­3) könnte auch die Formulierung von CNE, I, 7, 1301 D 9-10; 1304 A 1-2, beeinflußt haben; doch vgl. auch Gregorios von Nyssa, Ad Petrum fratrem de differentia essentiae et hy-

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

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rierten Theorie unter[242]scheidender und einender Relationen, welche, sofern diese Bezüge entweder naturhaft-eidetischer oder hypostatischer Art sind 76 , in der seit Johannes Grammatikos faßbaren Theorie einer zweistufigen Individuation gründet 77 . Die Theorie der „entsprechend ihrer unterscheidenden und einenden Funktion" (κατά  την  διάκρισίν  τε  και  ενωσιν)  „wechselseitig­gegen­ läufigen" Relationen 78 läßt sich am anthropologischen Paradigma ausweisen. Seele und Leib sind auf Grund ihrer naturhaft-eidetischen 79 Relation unterschieden, finden aber - als zwei enhypostatische Naturen 80 - ihre Einheit (und ihre Identität im Prosopon) 81 auf Grund einer einigenden Relation, welche aber zugleich diese Seele von allen Seelen und diesen Leib von allen menschlichen Körpern unterscheidet. Diese Einigung und Unterscheidung gründet im  λόγος  της  ύπο­ στά[243]σεω? 82 .  Die  „hypostasierende"  Relation  des  Menschen,  „der  aus  Seele  und  Leib  konstituiert  ist" 83  und  sich  so  auf  Grund  einer  eide­

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postaseos  (Ps.  Basilios,  Ep.  38),  hg.  v.  Y.  Courtonne,  Saint  Basile,  Lettres,  I,  Paris  1957,  87.  CNE  I,  4,  1285  D  9 ­ 1 2 8 8  A  7:  „Es  gibt  eine  κοινωνία  σχέσεων  der  artverschiedenen  Wirklichkeiten  zu  den  artgleichen  Wirklichkeiten,  welche gegenläufig oder k o r r e l a tiv' ist  (έτταλλάττουσα).  Denn  in  jenen  Relationen,  in  denen  die  ομοειδή  mit  den  ετεροειδή  in  Gemeinschaft  stehen,  sind  sie  voneinander,  d.h.  von  den  ihnen  artglei­ chen  Wirklichkeiten  (ομοειδή),  geschieden,  und  in  jenen  Relationen,  in  denen  sie  (seil,  die  ομοειδή)  von  den  ετεροειδή  geschieden  sind,  sind  sie  untereinander  ver­ bunden.  Denn  die  artgleichen  Wirklichkeiten  unterscheiden  sich  untereinander  auf  Grund  der  Zahl  (d.h.  auf  Grund  der  Tatsache, daß sie abzählbare Individuen sind, die zur selben Art gehören), auf Grund ihres „spezifischen Wesens" (opos) aber sind sie miteinander verbunden und unterscheiden sich von den andersartigen Wirklichkeiten  (ετεροειδή)".  In  der  Theologie  und Ökonomie ergeben sich entsprechende gegenläufige Natur- und Hypostaserelationen (CNE, I, 4, 1288 A 10-1289  Β  1;  vgl.  St.  Otto,  Person  [S.  106  [218],  Anm.  15],  34­38;  D.B.  Evans,  Leontius  [S.  105  [218],  Anm.  13],  69­83),  die  sich  durch  das  anthropologische  Modell  verdeutlichen  (σαφηνίσαι)  lassen  (1288  C  15­1289  A  2).  Leib  und  Seele  unterscheiden  sich  auf  Grund  der  An­ dersheit  ihrer  Natur,  sind  aber  geeint  auf  Grund  ihrer  Hypostase, nämlich der Hypostase des  άνθρωπος  έκ ψυχής  καί  σώματος  συνεστώς.  Zu  Johannes  Grammatikos  vgl.  S.  118f.  [231f.];  zur  Theorie  einer  gestuften  Subsistenz  und  Individuation  vgl.  S.  132ff.  [245ff.]. 

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CNE,  I,  4 , 1 2 8 9  A  7 ­ 8 ;  vgl.  I,  7 , 1 3 0 1  D  10­1304  A  4.  Die  Unterscheidung gründet in der Andersartigkeit der Natur: CNE, I, 4, 1288 D 8 - 9 . Nach CNE, I, 5, 1289 D 5ff„ konstituiert diese Relation das Eidos „Mensch" (vgl. S. 134 [247]).

80

Vgl. S. 131 [244], bes. Anm. 92-94; 143 [256f.], Anm. 174-175; 147f. [261] zu Anm. 24; 149 [263] zu Anm. 35; 37.

81

Vgl. CNE, I, 5 , 1 2 9 3  Β  8­9. 

82 

CNE,  I,  4,  1288  D  10­11  mit  D  7­8.  Vgl.  zu  Maximos  den  Bekenner  S.  179  [294f.],  Anm.  44;  184f.  [ 300f.];  195  [311],  Anm.  136.  CNE,  I,  4,  1288  D  2 ­ 3 . 

83 

130

Das anthropologische Modell

tischen Naturrelation 84 vom Seele- und Leibsein als solchem unterscheidet, stellt gerade wegen dieser unterscheidenden Beziehung eine zweite einende Relation dar85. ß. Christologische Konsequenz In der Formulierung der christologischen Konsequenz dieser Relationstheorie stehen wir, wenn wir den Ausführungen von D.B. Evans folgen, vor einer eigentümlichen „Aporie", die sich letztlich nur im Rückgang auf die Basis dieser Theorie, d.h. auf die Theorie der gestuften Subsistenz und Individuation, lösen läßt. Die vorgetragene Relationentheorie sollte dem nestorianischen Einwand begegnen, daß es, wenn der Logos und die menschliche Realität Christi, die Sarx, vollkommen sind und in der Einigung unvermischt und ungewandelt blieben, was sie ihrem Wesensgrund nach vor der Einigung waren, - daß es dann keinen hinreichenden Grund gibt, sie nicht als zwei Hypostasen zu denken 86 . Um so erstaunlicher ist es, daß Leontios selbst in seiner christologischen Schlußbemerkung zur Darstellung der grundlegenden Relationen, wie D.B. Evans meint 87 , von zwei Hypostasen Christi spricht: Christus, „der wegen seiner Teile die Extreme (ακρα) vermittelt", ist „ganz Hypostase in Bezug auf den Vater" und „ganz Hypostase in Bezug auf uns", das eine „wegen seiner Gottheit", das andere „wegen seiner Menschheit". Ob man hier wirklich die Rede von zwei Hypostasen findet, wage ich mit V. Grumel zu bezweifeln 88 . Denn gewiß ist die eine Hypostase Christi als Hypostase unterschieden vom Vater und von allen Menschen und „vermittelt die Extreme", nämlich zum Vater „wegen ihrer Gottheit", zu uns „wegen ihrer Menschheit". So könnte man durchaus den Text wörtlich verstehen, ohne hier eine Aussage über [244] zwei Hypostasen zu finden. Wenn hier aber nun tatsächlich eine Aussage über zwei Hypostasen vorliegt? Sollte Leontios hier seinen Gegnern in der Formulierung entgegengekommen

84

CNE, I, 5 , 1 2 8 9 D 5ff. (vgl. Anm. 79).

85

CNE, I, 4 , 1 2 8 8 D 13-1289 A 2.

86

CNE, I, 4, 1285 C 1-5. Die Details in der Begründung dieser Position (1285 C 1 4 - D 7; 1288 Β 1—4) können hier vernachlässigt werden.

87

Leontius (S. 105 [218], Anm. 13), 139f. ( zu dem im folgenden hier zitierten Text aus C N E I, 4, 1289 A 3-11, bes. 3 - 6 : "Ωστε καΐ  ό  Χριστός  προς  ήμάς  και  προς  τόν  πατέρα,  ώς  'όλος  ών  εκ  μερών,  διά  τά  έαυτοϋ  μέρη  μεσιτεύει  τοις­  άκροι.?,  'όλως  μεν  ΰπόστασις  προς    ήμάς,  μετά  της  θεότητος  διά  την  ανθρωπότητα.  Das  als  Zusatz  geschriebene  Homoioteleuton  entspricht,  wie  D.B.  Evans  (S.  105  [218],  Anm.  13),  140,  Anm.  20,  mitgeteilt  hat  der  handschriftlichen Überlieferung. L'union (S. 106 [218], Anm. 16), 396f., zu 1285 A 3 - 6 nach Migne.

88

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sein 89 ? Sollte man ihn hier entgegen seinen eigenen hermeneutischen Forderungen nicht axiomatisch deuten dürfen? Dies scheint unwahrscheinlich; und auch D.B. Evans gibt zu, daß hier die eigentliche Intention des Leontios zum Ausdruck kommt 90 . D.B. Evans glaubte im Ausgang von dieser Aussage, die von Leontios im vierten Kapitel der sog. Grundschrift vorgetragene Enhypostasielehre werde in der Schrift Adversus Nestorianos des Jerusalemer Mönchs Leontios angegriffen und widerlegt 91 . Dem stehe nicht entgegen, daß der Jerusalemer detailliertere Kenntnisse dieser Lehre besitzt, die nicht aus der Grundschrift selbst zu entnehmen sind, wie z.B. das Argument, beide Naturen Christi seien enhypostatische Naturen 92 . Angemerkt sei hier, daß in der Forschungsgeschichte bisher, abgesehen von M. Richard 93 und St. Otto 94 , niemand ausdrücklich beide Naturen Christi als „enhypostasiert" aufgefaßt hat, sondern - ebenso wie dem menschlichen Leib 95 - schrieb man dies nur der Sarx Christi zu 96 . Was gemeint ist, drückt V. Grumel so aus: „II n'y a pas seulement concours de deux natures, mais prise de possession hypostatique de l'une par l'autre" 97 . Die Anfrage an Leontios von Jerusalem, ob er tatsächlich in Adversus Nestorianos II, 13 seinen Namensvetter aus Byzanz, der sich [245] hier gerade deutlich als Origenist erweise (und wohl mit dem Leontios der 89 90 91 92 93

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Was bei Leontios von Byzanz m.E. nicht sehr wahrscheinlich ist. Vgl. S. 125 [238]; 126 [239], Anm. 57. Leontius (S. 105 [218], Anm. 13), 81-83; 132ff. Und zwar in Adversus Nestorianos, II, 13, PG 86, 1, 1560 A-1565 A; vgl. D.B. Evans, Leontius, 139-143. Ebd., 137-139 (zitiert auf S. 143 [256], Anm. 174); 142, Anm. 34 (zu 1560 A 7 - 8 . 15-B 3);. Vgl. auch S. 129 [242], Leonce et Pamphile, RevScPhilTheol 27, 1938, 32f. (Zusatz zur Erstveröffentlichung: „Enhypostasie" ist ein dogmengeschichtlicher Fachterminus, der wohl auf F. Loofs zurückgeht, und kein Begriff der Quellen. Ob er sich als Kurzformel für bestimmte Sachverhalte in den Quellen, wie sie in diesem Beitrag vorgestellt werden, bewähren wird, muß die künftige Auseinandersetzung zeigen). Person (S. 106 [218], Anm. 15), 38; 53-54; passim, ohne aber je ausdrücklich auf die allgemein rezipierte These einzugehen, nur die menschliche Realität Christi, seine Sarx, bzw. nur der Leib sei eine enhypostatische Natur. Vgl. V. Grumel, L'union (S. 106 [218], Anm. 16), 395, Anm. 8.

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Vgl. die überspitzte Darstellung dieses „consensus" der Forschung bei D.B. Evans, Leontius, 132-134, ferner S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (S. 105 [218], Anm. 12), 35f.; 213 (vgl. unten S. 145f. [259], Anm. 7), schließlich mit Bezug auf H.A. Wolfson (S. 111 [224], Anm. 45) U956, 414, auch L. Thunberg, Microcosm (S. 106 [218], Anm. 16), 105, Anm. 6. H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie (S. 106 [218], Anm. 16), 237 (vgl. ebd., 228; 245), sieht im  έΐ'υπόστατοί'  des  Leontios  eine  „mittlere  Seinsstufe  zwi­ schen  Natursein  und  hypostatischem  Sein".  ­  Vgl.  lohannes  Grammatikos  (S.  118  [231],  Anm.  10);  Maximos,  Ep.  15,  PG  91,  557  C  8ff„  bes.  D  8. 

97 

Leonce  de  Byzance,  DThC  IX,  412. 

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Saba-Vita identisch sei), widerlegt, stellen wir zunächst zurück. Statt dessen wenden wir uns der Enhypostasie-Lehre des Leontios von Byzanz zu. Läßt sie, um es wiederum mit V. Grumel zu formulieren, „ein ontologisches Übergewicht des Logos in der Konstitution der einen Hypostase Christi" vermissen 98 , so daß hier eine bestimmte Transformation christologischen (vielleicht auch anthropologischen) Denkens vorliegt, welche möglicherweise einen Einspruch des Jerusalemer Mönchs oder einer mehr Kyrillischen Christologie „von oben" (oder moderner Forscher) verständlich macht? γ. Gestufte Subsistenz und Individuation Das in allen Christologien des 6. und 7. Jahrhunderts geradezu als Gemeinplatz wirkende Axiom: Ούκ εστί  φύσις  άνυπόστατος·  (Die  Natur  kann  nur  in  der  Weise  eines  Selbstandes  existieren)99,  ist  wegen  seiner  Interpretationsschwierigkeiten  zutiefst  ein  „Problem"  (πρόβλημα),  wie  Leontios  von  Byzanz  zu  recht  sagt100.  Es  ist  nicht  unwahr;  doch muß man, nimmt man es als Prämisse  (πρότασις·),  den  richtigen Schluß ziehen: Aus „Nicht ohne einen Selbstand existieren"  (μή  άνυπόστατον  είναι)  folgt nicht  „Als  Selbstand  existieren"  (τό  ύπόστασιν  είναι)101.  An­ ders ausgedrückt: Man muß unterscheiden. Die Physis kann zwar nicht ohne Hypostasis sein; aber sie ist deshalb noch keine Hypostasis. Das Hypostasis-Sein impliziert Natur-Sein, aber nicht vice versa102, d.h. eine logische Inversion  (αντιστροφή)  ist  nicht möglich. Warum? Eine Reihe von Definitionen, welche die Hypostase der Natur bzw. dem Enhypostatischen entgegensetzen, führen zu einer Theorie gestufter Subsistenz und damit gestufter Individuation; es eröffnet sich die Denkmöglichkeit einer Einigung zweier „konkreter" 103 , darum individueller Naturen mit eigener Existenz bzw. „Subsistenz"  (ύπαρξι?)104  [246] in  der  sie  einigenden  absoluten  (d.h.  absolut,  radikal für sich seienden) Sub98 99

100 101 102 

103  104 

L'union (S. 106 [218], Anm. 16), 399. „Selbstand" bzw. „Subsistenz" sind hier zunächst in einem weiten Sprachgebrauch z u verstehen, wie er schon bei Johannes Grammatikos begegnete. Vgl. S. 117f. [230f.], A n m . 4; 8. CNE, I, 1, 1276 D 11. Vgl. die Quellenangaben im Apparat der Edition von Anastasios Sinaites, Viae Dux (S. 104 [216], Anm. 4), VI, 2, 16-17; ferner ebd., X, 4, 6-7. CNE, I, 1, 1277 D 11-13:  Ό  τοίνυν  λέγων  „Ούκ  έστιν  φύσις  ανυπόστατος·",  αληθές  μέν  λέγει,  ου μην  ορθώς  συμπεραίνει,  τό  μή άνυπόστατον  συνάγων  εις  τό  ύπόστασιν  ειναί.  CNE,  I,  1,  1280  Α  1­5:  'Ανυπόστατος  μεν  οΰν  φύσις,  τουτέστιν  ουσία,  ούκ  αν  εϊη  ποτέ.  Ού  μην  ή  φύσις  ύπόστασις, ÖTL μηδέ  αντιστρέφει·  ή  μέν  γάρ  ύπόστασις  και  φύσις,  ή  δε  φύσις  ούκέτι  κα'ι  ύπόστασις.  Das  Wort  „konkret"  ist hier  im  modernen  deutschen  Sprachgebrauch  verwandt.  Vgl.  bes.  CNE,  I,  7,  1304  Β 2­3;  ferner  CNE,  I,  1,  1280  A  5­6:  ή  μέν  γάρ  φύσις  τόν  τού  ειναί  λόγον  έπιδέχεται  (vgl.  Anm.  108). 

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sistenz der Hypostase. Der (relative) Naturenselbstand wird begründet im (absoluten) Hypostasenselbstand 105 . Das  ένυπόστατον  offenbart  die  Usie106,  „das  Nicht­Akzidenz­Sein  dessen,  was  in  einem  anderen  sein  Sein  hat" 107  und  nicht  absolutes,  reines Für-sich-sein setzt 108 . Enhypostatisch im Unterschied zu hypostatisch ist ein selbständig Seiendes in einem absolut selbständig, rein für sich selbst Seienden. 8. Vermittlung mit der Onto-Logik des Eidos Daneben steht zunächst in aller Unvermitteltheit ein zweiter Begriff der Individualität, nämlich der numerische Einzelfall eines Allgemeinen 109 . Hier liegt die Identität in der Natur, die Differenz und Individuation in der Anwendung des Zahlprinzips 110 . Hier kennzeichnet die Natur im Unterschied zur Hypostase, welche den „logischen Ort" des Einzelseienden angibt, den „logischen Ort" des Eidetischen 111 . Und dies hat für Leontios' Hypostasendefinition eine Konsequenz: Sie muß zweifach definiert werden - und damit wird der zunächst unvermittelt scheinende zweite Begriff der Individualität vermittelt [247] und (entgegen einem aristotelisch-scholastischem Vorverständnis heutiger Forscher) erst gedeutet. Bei Seienden, die ihrer „konkreten" Natur nach und insofern ihrem Eidos nach identisch sind, nämlich wesensgleiche Wirklichkeiten sind, ist die Hypostase diakritisches Prinzip; 105 Entscheidend ist, daß Leontios durch eine Unterscheidung zwischen „Seins- oder Wesensgrund", der stets im „konkreten" Sinn verstanden wird, und „Grund des Für-sich-selbst-seins" (1280 A 5 - 7 ) den rechten Gebrauch des Axioms, daß eine Natur nur in der Weise eines Selbstandes existiert, zu wahren sucht. Da „Natur" hier nicht als eine abstrakte Wesenheit verstanden wird (vgl. auch S. 133f. [246f.]), sondern als eine individuelle und existente bzw. „selb-ständige", wird offenbar eine zweifache Art von Subsistenz und Individuation unterschieden. Die Kritik von D.B. Evans, BZ 67, 1974,159f.; 165f., scheint mir nur insofern berechtigt, als man hier noch nicht den mittelalterlichen Subsistenz- und den neuzeitlichen Personbegriff eintragen kann. Doch der Weg dazuhin ist hier - und schon bei Johannes Grammatikos eröffnet, sobald sich diese Sicht des „Für-sich-selbst-seins" mit der plotinischen und augustinischen „Philosophie der Subjektivität" verbindet. 106 CNE, I, 1 , 1 2 7 7 D 2. 107 CNE, 1,1,1277 D 4 - 6 . 108 CNE, I, 1, 1277 D 6:  ούκ  έν  έαυτω  θεωρείται.  Dies  ist  aus  dem  Gegensatz  zur  ύιτόστασις  zu  interpretieren;  ϋπόστασις  besagt  aber  nicht  nur  „Wesens­Sein"  schlechthin  (1280  A  5 ­ 6 ;  vgl.  Anm.  104),  sondern  absolutes Für-sich-selbst-sein (CNE I, 1, 1280 A 6-7:  τόν  τοϋ  καθ'  εαυτό  είναι  seil,  λόγον;  vgl.  Epilysis,  VII,  1945  A  6­10).  Vgl.  hierzu  Johannes  Grammatikos  (S.  119  [232],  Anm.  13­14),  Anastasios  I.  von  An­ tiochien  (S.  165  [280],  Anm.  71)  und  Maximos  den  Bekenner  (S.  177  [292],  Anm.  35).  109  CNE,  1,1,  1280  A  7 ­ 1 5 .  110  CNE,  I,  1,  1280  A  12­13:  τά  κατά  φύσιν  μεν  ταύτά,  αριθμώ δέ  διαφέροντα.  111  CNE,  I,  1,  1280  Α  7 ­ 8 :  και  ή  μεν  (φύσις)  είδους  λόγον  επέχει,  ή δέ  (ύιτόστασις)  τοϋ  τινός  έστιν  δηλωτική  (1277  D  1­2). 

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hier ist sie mit dem zählbaren Einzelseienden identisch. Bei jenen Seienden jedoch, deren ontische Konstitution eine Synthese aus verschiedenen Naturen, d.h. aus wesensverschiedenen Wirklichkeiten, bildet, ist die Hypostase Einigungsprinzip 112 und darin letztes Individuationsprinzip zugleich 113 . Jene wesensverschiedenen Wirklichkeiten wie Seele und Leib 114 gewinnen in der „gemeinsamen Hypostase" Teilhabe, κοινωνία,  am  Sein 115 :  Nicht  sofern  sie  als für sich Seiende verstanden werden (d.h. nach dem, was sie an und für sich sind), sondern in ihrer Synthese 116 . In ihrer Synthese gewinnen sie teil am Sein; in der Hypostase werden sie nicht nur geeint, sondern finden ihren „logischen Ort" als Einzelseiendes, von dem das Eidos ausgesagt wird 117 . Insofern kann die Synthese von Leib und Seele Natur genannt werden, sofern sie am Eidetischen teilhat 118 , nämlich eine Natur, „wobei wir von der Relation der Teile", d.h. von Seele und Leib, „absehen"; denn diese wahrt auch in der Einigung die Verschiedenheit der Naturen 119 . Insofern fällt der Mensch als hypostatische Synthese zweier wesensverschiedener Naturen, soweit nämlich davon abgesehen wird und nur sein Menschsein als Teilhabe am Eidos Mensch betrachtet wird, auch unter das Prinzip der Individuation wesensgleicher Wirklichkeiten 120 : Der individuelle Mensch ist Einzelfall seiner Spezies. Das ist der Unterschied zur Hypostatischen Synthese Christi: Christus nimmt als Hypostase an keinem Eidos teil 121 . Was dies zum Verständnis des hypostatischen Seins Christi austragen könnte, sieht Leontios noch nicht; er sieht nur [248] den Unterschied zum anthropologischen Paradigma 122 . 112 CNE, I, 1, 1280 A 13-B 7. 113 CNE, I, 7 , 1 3 0 1 D 10-1304 A 4 (vgl. S. 136ff. [250ff.]; zitiert in Anm. 131). 114 CNE, I, 1 , 1 2 8 0  Β  8.  115  CNE,  I,  1,  1280  A  14­15:  ή  τοϋ  είναι  κοινωνία-,  1280  Β  1:  κοινωνοϋντα  τοΐι  είναι;  vgl.  CNE,  1 , 5 , 1 2 9 2  Β  12:  μετέχειν.  116  CNE,  1 , 1 , 1 2 8 0  Β  1­7.  117  Die  zuvor  gedeuteten  Aussagen  von  CNE,  I,  1,  stehen  in  innerem  Bezug  zur  Eidos­ spekulation  in  CNE,  I,  5 , 1 2 8 9  A  5ff.  118  Vgl.  CNE,  I,  1,  1280  A  7  (είδους  λόγον  έττέχει  [Anm.  I l l ] )  mit  CNE,  I,  5,  1289  D  1 3 ­ 1292  A  1.3­6.  119  CNE,  I,  5 , 1 2 8 9  D  5 ­ 7 ;  1292  Β  5­θ.  120  CNE,  I,  5 , 1 2 9 2  A  3­9.  121  CNE,  I,  5 , 1 2 9 2  A  9 ­ B  5;  vgl.  Epilysis,  V,  1298  Β  Iff.  122  CNE,  I,  5,  1292  Β  5 ­ 8 .  Im Anschluß daran  (Β  9 ­ C  1)  unterscheidet  Leontios  drei  Weisen,  in  denen  man  von  „einer  Natur",  d.h.  von  einer  einzigen  bzw.  ein  und  der­ selben  Natur,  sprechen  kann:  „Eine  Natur"  kann  etwas  sein,  weil  es  ein  Eidos  ist,  oder,  weil  es  am  selben  Eidos  teilhat  (vgl.  Anm.  118),  oder,  weil  sich  nach  dem  Ge­ setz  der  „Mischung"  (σύγχυσις·)  aus  eidetisch  und  verschiedenen  Wirklichkeiten  (έξ  ετεροειδών)  ein  „neues  Eidos"  bzw.  ein  in  Bezug  auf  die  gemischten  Eide  verschie­ denes  Eidos,  ein  ετεροειδές,  ergibt.  Vgl.  S.  136f.  [250]  sowie  zu  Leontios  v.  Jerusalem  S.  152ff.  [266ff.]. 

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Einem Mißverständnis des Wortes „logisch" bei der Bestimmung von Eidos und dem Eidos zugeordneter Individualität ist hier vorzubeugen. Das Eidos als Universales wird zwar vom Partikularen und Individuellem ausgesagt, doch nimmt das Partikulare und Individuelle, wie Leontios in Ubereinstimmung mit den neuplatonischen Aristoteleskommentaren sagt, seinem Sein nach am „Allgemeinen" teil123. Diese Teilhabe erlaubt es erst, im eigentlichen Sinn  (κυρίως)  von  „einer  Natur"  zu  sprechen;  die  wesensgleichen  Wirklichkeiten,  d.h.  jene,  die  einen  gemeinsamen  Seinsgrund  haben  (ων  ό  λόγος  του  είναι  κοινός),  sind  „einer  Natur"  ­  und  werden  von „einer  Natur"  ausgesagt 124 .  Es sei  von  hier  aus  ein  Schritt über den Text des Leontios hinausgegangen. Leontios sieht den Unterschied zwischen christologischer und anthropologischer Synthese in der Unmöglichkeit bzw. Tatsächlichkeit, daß ein Eidos existiert. Seele und Leib konstituieren ein Wesen, das einen mit anderen Wesen des gleichen Eidos gemeinsamen Seinsgrund hat  (ών ό λόγος  του είναι  κοινός). Diesen  gemeinsamen  Seinsgrund  sollte  man  mitbedenken,  wenn  man  jene  Aussagen  des  Leontios  ins  Auge  faßt, daß „die menschliche Seele die Verbindung mit ihrem eigenen Körper nicht ohne die göttliche Dynamis naturhaft erleiden" könne125. Insbesondere dann, wenn er an derselben Stelle mit dem Hinweis auf die Mischung der Elemente fortfährt, aus welcher die Welt in ihrer Konstitution hervorgeht; auch sie „geschieht nicht nur durch die Natur ..., sondern vielmehr durch einen göttlichen Grund, der mächtiger ist als die Natur" 126 . Ist dies etwas wesentlich anderes als eine Aussage über die Schöpferkraft Gottes, welche diese Synthesen in der Schöpfungstat hervorbrachte? Soll hier gesagt sein, die Seele sei gewissermaßen „wider ihre Natur" im Leib? Und wenn, obwohl m.E. [249] die Frage unentscheidbar ist, mit einem Ja geantwortet wird: Auch dies könnte man noch sehr gut innerhalb einer platonisierenden Anthropologie verstehen; daß sie nicht nur platonisierend, sondern evagrianisch ist, scheint mir aus dieser Stelle nicht einsichtig zu werden. ε. Einende und  diakritische  Seinsrelationen  Das Schlußkapitel der sog. Grundschrift (CNE, I, 7), in dem es um den Kern der ganzen Auseinandersetzung geht127, nämlich um den Modus

123 CNE, I, 5, 1289 D 11-12:  τά  μει>  επί  μέρους·  κοινωνεί  τοις  καθ'  δλου,  τά  δε  καθ'  δλου  κατηγορείται  κατά  των  έπι  μέρους.  124  CNE,  1,1,1280  Α  10­12.  125  Epilysis,  VII,  1940 Β 3­7.  126  Ebd.,  Β 8­12.  127  1297 C  5: ό πας  κεκίνηται  πόλεμος. 

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der Einigung  (τρόπο?  της­ ενώσεως)  und  damit  um  ihr  „Ergebnis",  d.h.  um  das  Sein  des  Konstituierten  als  solchem  (τό  αποτέλεσμα)128, bestätigt die vorgelegte Deutung für das „synthetisch Seiende", wie es z.B. in der anthropologischen und christologischen Synthese konstitutiert wird. Die gestufte Subsistenz und Individuation dieser Synthese begründet die Möglichkeit einer Theorie einender und unterscheidender Relationen. Es ließe sich zwar eine allgemeine Relationstheorie aufstellen, welche die Konstitution aller Seienden „systematisiert"; doch Leontios beschränkt sich hier ausdrücklich auf das „synthetisch Seiende" 129 . Da diese Deutung offenbar nicht so eindeutig ist, wie es ein Blick in die Leontios-Literatur zeigt, bedarf sie einer ausführlicheren Begründung. Es geht um den Modus der Einigung und damit um die konstituierte Einheit Christi. Diese ist nicht nur nestorianische Wirk- oder Willenseinheit, sondern seinshafte Einigung und - als „Ergebnis"  (τό  άπο­ τέ[250]λεσμα)  ­  seinshafte  Einheit 130 .  Zwei Möglichkeiten gibt es für eine solche 131 : Die  άσύγχυτος  ένωσις  der  durch  Ps.  Dionysios  vom  Areo­ pag  and  andere Väter vermittelten neuplatonischen Tradition 132 und eine solche, welche die geeinten termini oder extrema  (άκρα)  aufhebt  und  so  vermischt.  Dieses  nach  Leontios  der  monophysitischen  Auffas­ sung  zugrundeliegende  Modell  wird  abgelehnt.  Denn  ihr  Ergebnis  ist  ein  „andersartiges  Eidos"  (έτεροΐου  είδος),  wie  es  eben  aus  einer  „Ver­ mischung"  (μίξις·)  hervorgeht:  Schlechthin  ein  „etwas  anderes"  (έτερον  TL)  in  Bezug  auf  die  in  ihm  geeinten  Wirklichkeiten,  eine  σύγχυσις,  die  128  1297  C 10­11;  vgl. ebd.,  1305 C 9.  129  Im  ersten  Ansatz  zielt  Leontios  eine  universal­ontologische  Relationentheorie  an:  „Alle  Seienden  sind  miteinander  verbunden  auf  Grund  ihrer  universalen  (καθ' όλου,  d.h.  eidetischen  [CNE,  I,  5,  1289  D  11­12])  Gemeinsamkeiten  (κοινότησι;  vgl.  Johan­ nes  von  Kaisareia,  S.  121­123  [234­236])  und  anderseits  sind  sie  voneinander  unter­ schieden  auf  Grund  ihrer  eidos­konstitutiven  Differenzen"  (1301  D  5­7).  Die  Modi  der  „Einigungen"  und  „Unterscheidungen"  sind  durch  eine  zweifache  Struktur  ge­ kennzeichnet  (D  10­11;  dazu  S.  137f.  [251f.]),  welche  Leontios  im  folgenden  be­ stimmt.  Er  konstatiert, daß es Fälle gibt, in denen „Einigung und Unterscheidung" oder, wie er sagt, „die zwiefache Relation" schlechthin einfach ist, und solche, in denen diese Relation synthetischer Natur ist. Nur letztere untersucht er hier, sofern sie ihm die für die anthropologische und christologische Synthese und deren τρόπος  τη?  ενώσεως grundlegende  Struktur  angibt  (1304  A  2ff.).  Alle  Seienden  sind  zwar  durch  einende  und  diakritische  Relationen  gekennzeichnet,  aber  nicht  alle  relationalen  Verhältnisse untersucht Leontios im folgenden. 130 Ebd., 1297 D 3-5; 1300 A 8-10. Β 11­C  1; 1301 D  1­5;  1304 Β 1­2;  1305 C 4­5.  131  Ebd.,  1304  Β  1-4:  Των τοίνυν ουσιωδώς  υπαρχόντων  και  κατ'  ούσίαν  ήνωμενων,  τά  μέν  καν τη ενώσει  σώζει  τόν ίδιον της­ υπάρξεως λόγον, τά δε συγχείταί  και  Εξαφανίζει  τήν  ακρότητα τών ηνωμένων λυμαινόμενα. Vgl. Anm.  104.  132  Leontios  beruft  sich für die paradoxe oder dialektische Formulierung des „unterschieden geeint und geeint unterschieden" ausdrücklich auf die Väter (1301 D 8-10). Vgl. dazu S. 128 [241], Anm. 75.

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weder den Wesensgrund der Naturen wahrt (was der übliche Vorwurf gegen die monophysitische Deutung ist), noch „das, was dieser Hypostase eigentümlich ist"(!)133. Die „unvermischte Einigung"  (άσύγχυτος  ενωσις)  wahrt  also  nicht  nur  den  jeweiligen  λόγο?  της  ύπάρξεως  der  geeinten  Wirklichkeiten134,  sondern  auch  das,  was  der  synthetischen  Hypostase  als  solcher  zu  ei­ gen  ist.  Diese  Aussage gründet in einer allgemeinen Relationstheorie, die, wie gesagt, Leontios nicht voll ausführt. Am Verständnis derselben hängt alles, auch, ob man mit F. Loofs eine Konjektur im Text für notwendig hält oder nicht135; hier trennen sich die Geister. Verfolgen wir zunächst den Gedankengang des Leontios und beurteilen wir dann jene Deutungen, welche glauben, ohne die Loofs'sche Konjektur auskommen zu können. Für alle Seienden gilt, daß sie entsprechend der arbor Porphyriana in den generischen Gemeinsamkeiten (TOLLS  καθ' δλου κοίνότησι)  mitein­ ander  in  Verbindung  stehen, daß aber durch die differentia specifica (ταϊ? ειδοποιοί?  διαφοραΐς) ihre Dihairesis begründet wird. Dabei findet keine Vermischung des Unterschiedenen auf Grund der [251] Einigung noch eine Trennung  (χωρισμός·)  der  geeinten  Wirklichkeiten  durch  die  Unterscheidungen  statt136. Dies läßt sich paradox - im Rückgriff auf die Väter - formulieren: „In der Unterscheidung geeint, in der Einigung unterschieden" 137 . Soweit dürften trotz einzelner Differenzen, die hier vernachlässigt werden können, alle Interpretationen übereinkommen. Leontios fährt dann damit fort, daß er behauptet, die Einigungen und die Unterscheidungen besitzen einen zweifachen  λόγος138.  Und  etwas  133  Ebd.,  1305  Β  1­C  3  (οΰτε  τό  ιδιάζον  της  υποστάσεως,  ούτε  το  κοινόν  της  φύσεως  φυλάξασα). ­  Vgl. S. 134  [248], Anm.  122.  134  Vgl.  dazu  St. Otto,  Person  (S. 106  [218], Anm.  15), 43f.; Anastasios  Sinaites,  Viae  Dux  (S.  104  [216],  Anm.  4),  XI,  15­16  (Quellenapparat)  sowie  den  dortigen  Index  Verbo­ rum  Graecorum.  135  CNE,  I,  7,  1301 D  11­1304 Β 4: Τών δε  ενώσεων  και  των  διακρίσεων διττός­ ό λόγος.  Τά  μέν  γάρ  ήνωται  τοις· ε'ίδεσι,  διήρηται  δέ  ταΐς  ϋττοστάσεσι·  τά  δε  διήρηται  τοις  εϊδεσιν,  ήνωται  δε  [Α  1] ταΐς  ύποστάσεσι·  και  των  ηνωμένων  μεν  τοις  ε'ίδεσι,  [Α 2]  διηρημένων  δε  ταΐς  ύττοστάσεσι,  ,  τά  μέν  άπλήν  έχει  την  ένωσίν  τε  και  διάκρισιν,  τά  δέ  σύν[Α  4]θετον.  Περι  μέν  ούν  των  άπλήν  εχόντων την διττήν σχέσιν  τά  νϋν  λέγειν  άφείσθω  ...  [Α  8]  ...  Περι  δέ  των  κατά  σύνθεσιν  ήγουν  συμπλοκήν  ή  κράσιν  ή  ένωσιν  ή  δ  πως  [Α  10]  ποτέ  φίλον  καλεΐν,  τάς  ουσιώδεις  τών  ετεροειδών  σχέσεις  [Α  11] λεκτέον  ήμΐν  ...  [Β 1­4: Anm.  131]  . Der  Zu­ satz  in  1304  A  2  ist  die  genannte  Konjektur  von  F.  Loofs,  Leontius  (S.  105f.  [218],  Anm.  14), 67.  136  Vgl.  ebd.,  1301 D 5 dff., in  Anm.  129. ­  Wie D.B.  Evans,  Leontius  (S.  105  [218],  Anm.  13), 29, Anm.  26, mitteilt,  ist nach  1301 D 8 ένώσεσι  in  der  Edition  von  J.­P. Migne  zu  ergänzen: το διακεκριμένον  συγχέουσιν, ούδέ ταΐς  διακρίσεσι.  137  Ebd.,  1301 D 8­10. Vgl. Anm.  132.  138  Ebd.,  1301 D  10­11  (zitiert  in Anm.  135). 

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weiter im Text spricht er von einer zweifachen Relation139. Ist jeweils dasselbe gemeint? Das hängt von der Deutung der beiden Sätze ab, die offenbar den zweifachen  λόγος  auslegen:  (1)  Eidetische  Einheit  setzt  hypostatische  Unterscheidung,  (2)  eidetische  Unterscheidung  setzt  hypostatische  Einigung140.  Welche  Seiende  bzw.  welche  Einigungsmodi  und  durch  sie  konstituierte  Seiende  sind  hiermit  gemeint?  Der  indivi­ duelle  Mensch  als  Einzelfall  des  Eidos  Mensch  ist  ein  Beispiel für den ersten Fall (1): Eidetische Gemeinsamkeit mit allen Menschen setzt zugleich eine hypostatische Unterschiedenheit zu allen Menschen. Der individuelle Mensch als Einigung von Leib und Seele, als hypostatische Union wesensverschiedener Naturen, scheint aber auf den ersten Blick nicht der zweite gemeinte Fall zu sein. Denn inwiefern kann man Seele und Leib in die eidetische Dihairesis der arbor Porphyriana, welche doch der Ausgangspunkt dieser Überlegungen war, einordnen? Dies ist doch genau das offen gebliebene Problem des Leontios, dem wir oben schon begegnet sind141. Die Physis hat an der Struktur des Eidos teil; die Physis der menschlichen Seele und des menschlichen Leibes begründet trotz ihrer Unwandelbarkeit in ihrem Wesensgrund jeweils als Teil des einen Menschen die eidetische Gemeinsamkeit des Menschseins142. „Das, was sich auf Grund der Eide unterscheidet, [252] auf Grund der Hypostasen aber geeint ist"143, also Fall (2), ist doch präzis der Fall der „unvermischten Einigung"  (άσυγχυτος· ενωσις),  also  der  individuelle  Mensch  als  hypostatische  Union  wesensverschiedener  Naturen.  Nun  gibt  es Seiende,  „welche  ein einfaches Verhältnis von Einigung und Unterscheidung haben, und solche, welche ein zusammengesetztes (σύνθετος) Verhältnis haben. Über jene, welche die zweifache Relation 139 140 141 142

Ebd., 1304 A 4-5 (zitiert in Anm. 135). Ebd., 1301 D 11-1304 A 1 (zitiert in Anm. 135). Vgl. S. 134 [247f.]. CNE, I, 5, 1289 D 5-7; 1292 Β 5­8  (genannt  in  Anm. 119; 122). D.B. Evans,  Leontius  (S.  105  [218], Anm.  13), 31f., sucht  die Lösung in einem Vergleich mit Epilysis, VII, 1936 D Iff.: Leontios bringt 1937 A 3-4, deutlicher 1940 Β 12­13  die  Unterscheidung  zwi­ schen  (I) λόγος της  φύσεως  (D.B. Evans  spricht  stets vom τρόπος  της  φύσεως!)  und  (Π)  τρόπος  της  ενώσεως  (vgl. S. 125 [238],  Anm.  50; S. 127 [240],  Anm.  59). Im  ersten  Fall  (I)  seien  „die  Seienden  in  sich  selbst"  (=  unser  erster  Fall  [1]),  im  zweiten  Fall  (II)  „dieselben  Seienden  in  ihren  unvermischten  Einigungen"  (= [2])  gemeint.  Der  Sache  nach  ist  die  Deutung  von  D.B. Evans  bis zu  diesem  Punkt  mit  der  hier  vorgelegten  identisch;  Fall  (2)  betrifft  die  „unvermischte  Einigung"  (άσύγχυτος  ενωσις).  Der  Rückgriff auf die Unterscheidung von „naturhaftem Seins- und Wesensgrund" und „Einigungsmodus" ist aber zur Deutung von CNE I, 7, 1301 D 11-1304 A 1 (zitiert in Anm. 135), nicht notwendig, ja deckt sich auch nicht mit der dort vorgetragenen Unterscheidung. Denn gerade im Fall (2) soll ja der naturhafte Wesensgrund gewahrt werden (ebd., 1304 Β 2­3, zitiert  in Anm.  131). 

143  CNE  I, 7, 1301 D  13­1304 A  1 (zitiert  in Anm.  135). 

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in einem einfachen Verhältnis haben", soll hier nichts weiter gesagt werden; wohl aber soll hier „über jene, welche die wesenhaften Relationen der ihrem Eidos nach verschiedenen Wirklichkeiten in einem synthetischen Verhältnis besitzen", gesprochen werden 144 . Und bezogen ist dieser Satz in der handschriftlichen Uberlieferung auf unseren Fall (1), gibt also zwei Unterfälle an. Hier hat F. Loofs seine Konjektur einzubringen versucht. Der zitierte Satz bezieht sich nicht nur auf Fall (1), sondern auch auf Fall (2), der in der handschriftlichen Uberlieferung auf Grund eines Kopistenfehlers ausgefallen ist145. Anders ausgedrückt: Leontios spricht im folgenden nicht nur über den Fall, daß etwas eidetisch geeint, hypostatisch aber verschieden ist, d.h. daß etwas der Einzelfall eines Eidos ist, sondern er spricht auch über jenen Fall, in dem eine hypostatische Union wesensverschiedener Wirklichkeiten gegeben ist. Im ersten Fall liegt dann ein einfaches Verhältnis von Einigung und Unterscheidung, im zweiten ein synthetisches vor. Dieser zweite Fall soll offenbar weiter diskutiert werden, nämlich jener, in dem „wesenhafte Relationen von ihrem Eidos nach verschiedenen Wirklichkeiten in einem synthetischen Verhältnis" auftreten. Gegen diese auf den ersten Blick durchaus konsistente Deutung könnte man einwenden: Der Fall der Seienden, die eidetisch geeint, [253] hypostatisch aber unterschieden sind (1), könne doch auch als ein Fall mit zwei Unterfällen verstanden werden. Denn es gäbe doch, wie in CNE I, 5 deutlich werde, den Fall eines einfachen Verhältnisses von Eidos und Hypostasis sowie den Fall eines synthetischen Verhältnisses, d.h. den Fall, wo das Eidos selbst auf einer Synthese wesensverschiedener Naturen beruht. Und genau dieser Fall werde gegen die Monophysiten im weiteren von Leontios untersucht. Dann aber fragt es sich, warum Leontios zuvor den zweifachen  λόγο?  unterscheidet,  wel­ cher  den  Modi  der  Einigungen  und  Unterscheidungen  eignet 146 ?  J.P.  Junglas  meint,  Leontios  wolle  hier  sagen,  die  Hypostasen  haben  ent­ weder  eine  einfache  oder  eine  synthetische  „Einigung  und  Unterschei­ dung"  (ενωσί?  τ€  και  διάκρισις).  Erstere  sei  jene  aus  einfachen  Teilen, nämlich die Konstitution des Körpers aus den vier Elementen, welche „erste und einfache Körper" 1 4 7 sind. Die „zusammengesetzte Einigung"  (σύνθετος  ενωσις·)  dagegen  sei jene  des  Menschen  aus Leib und  Seele 148 .  Nun  steht  aber  nirgends  im  Text  die Prämisse, die Hypostasen hätten jene einfache oder 144 Ebd., 1304 A 2 - 1 1 (zitiert in Anm. 135). 145 Vgl. S. 137 [251], Anm. 135. 146 Ebd., 1301 D 10-1304 A 1 (zitiert in Anm. 135). 147 Hier verweist J.P. Junglas, Leontius von Byzanz. Studien zu seinen Schriften, Quellen und Anschauungen, Paderborn 1908, auf CNE, I, 7, 1296 D 8, wo sich aber diese „Definition" der Elemente nicht findet. 148 J.P. Junglas, a.a.O., 89-92.

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zusammengesetzte Einigung und Unterscheidung. Der Interpret überspringt die eigentliche Problematik des Textes, daß in 1304 A 1-2 als Bezugspunkt der Aussage über eine einfache bzw. synthetische zweifache Relation (διττή  σχεσις)  nur  der  eine  Fall  des  Zugleich  von  Einigung  und  Unter­ schiedenheit  genannt  wird, nämlich jener der eidetischen Identität bei hypostatischer Diversität 149 . Daß nur der eine Fall genannt wird, sieht D.B. Evans sehr deutlich. Er übersetzt unsere Stelle (1304 A 1-4) folgendermaßen: „Ferner, von den Seienden (I), welche den Spezies nach geeint, den Hypostasen nach aber unterschieden sind, besitzen (A) einige ihre Einigung und Unterscheidung als eine einfache, während andere (B) sie als eine zusammengesetzte besitzen" 150 . In der Aussage Α sei „ein Seiendes, in dem das Wesen oder die Usie ununterscheidbar von der Existenz oder Hypostase ist", gemeint, in der Aussage Β ein Seiendes, in dem Usie und Hypostase  unterscheidbar sind 151 . Dies wird den Leser, der bisher dieser Darstellung folgte, verblüffen. Offenbar muß die in (I) genannte Unterscheidung nicht mit der in Α genannten UnUnterscheidbarkeit konkurrieren. D.B. Evans nimmt auf Leontios' Ausführungen in CNE I, 4,1288 Α 10ff„ Bezug, wobei ihm der Satz Β 11-13 den Schlüssel liefert: „The Trinity is by nature precisely that in which any one of those (hypostases) which are seen in the [254] Trinity might be". D.h. innertrinitarisch gelte, daß Natur eins ist mit Existenz oder Hypostase 152 ; so wahre Leontios die numerische Einheit der göttlichen Natur im kappadokischen Sinn 153 . Die damit angeschnittene Frage, „Jungnizäner" oder nicht 154 , kann hier nicht diskutiert werden. Sie impliziert, ob so oder so beantwortet, stets eine klare Entscheidung gegen die von D.B. Evans behauptete innertrinitarische Unterscheidbarkeit von Natur und Hypostase! Sollte ferner Leontios, wenn er von Eidos spricht, einen so weiten Naturbegriff mitmeinen, daß er den gewissermaßen singulären Fall der einen Physis Gottes darunter subsummieren kann? Dies ist doch unwahrscheinlich, sagt er doch z.B.: „Da es offenbar kein Eidos von (mehreren) Christus(sen) gibt, wie es ein Eidos von Menschen gibt ..," 155 . Daß D.B. Evans sich nun gerade anhand des Wortlauts von CNE I, 7, 1304 A 8-11, fragt, ob seine Interpretation überhaupt stimmen könne, sie aber dennoch nicht weiter in Frage stellt156, gründet in jenen Prinzip, welches er aus der Epilysis des Leontios 157 für die 149 Der zitierte Text wird in Anm. 135 wiedergegeben. Zum von J.P. Junglas genannten Beispiel für die άπλή ewiKTLs verweise ich im Zusammenhang auf 1304 Β 10-12. Es handelt sich offenbar nicht um einen Fall der von Leontios ausgeklammerten „einfachen Einigung und Unterscheidung", sondern um jenen einer „synthetischen zweifachen Relation". 150 Leontius (S. 105 [218], Anm. 13), 33. Zitiert wird CNE I, 7 , 1 3 0 4 A 1 - 4 , in Anm. 135. 151 Ebd., 34. 152 Ebd., 34-36. 153 Ebd., 35, Anm. 46. 154 Vgl. S. 121 [234f.], Anm. 29; 30. 155 CNE, I, 5 , 1 2 9 2 A 10-11. 156 A.a.O., 36. 157 VII, 1936 D Iff.

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Deutung der Grundschrift übernommen hat; wir sind ihm schon begegnet 1 5 8 . Er führt dieses Prinzip als Deus ex machina ein, sofern es sich hier um die erste Anwendung desselben handele: „that the modes of nature of beings determine their modes of union" 1 5 9 . Die zweifache Relation  (διττή  σχεσις)  sei  dabei  mit  dem  τρόπος  τη?  φύσεως  (!)  identisch 160 .  Verdeutlichen  wir,  auf  was  dieses  Prinzip  zielt.  Die  in  der Begründung für den zweifachen  λόγος·161  genannte  Struktur  deutet  D.B.  Evans  als  zwei  Ding­  (oder  Seins­)  Klassen,  welche  er  in  dem  Prinzip  der  Epilysis  wieder­ findet:  „that  things  united  as  ousia  but  distinguished  as  hypostasis  cor­ respond  to  things  in  their  mode  of  nature,  and  things  united  as  hypostasis  and  distinguished  as  ousia  correspond  to  things  in  their  mode  of  union".  Klasse  I  meine  „beings  in  themselves",  Klasse  II  „beings  in  their  unions  and  combinations" 1 6 2 .  Was  ist  das  Interpretationsziel  von  D.B.  Evans?  Grei­ fen  wir  auf  die  oben  mit  Α  und  Β  bezeichneten  Subklassen  von  I zurück. Seiende der Subklasse B, d.h. solche, die ihre zweifache Relation, nach D.B. Evans identisch mit dem „Modus der Natur"  (τρόπος  της  φύσεως),  als  eine  zusammengesetzte  besitzen,  haben  auch  einen  zusammengesetzten,  d.h.  synthetischen  Modus  der  Einigung:  Sie  sind  „notwendig  geeint  mit  einem  Seienden  von  anderer  Art".  Gilt  dieser  Satz  auch  in  seiner  Umkehrung?  In  Christus  sind  Logos  und  Sarx gegenwärtig in ihrem Modus der Einigung. Würde die Umkehrung des Satzes gelten, müßte der Logos zur Subklasse  Β  gehören, d.h. Wesen und Existenz müßten bei ihm unterschieden sein. Dies widerspricht aber - so stets D.B. Evans - obiger Exegese; der Logos gehört [255] ja zur Subklasse A. Also, sagt D.B. Evans, unterscheiden sich  Α  und  Β  auch  insofern,  als  die  Seienden  von  Α  auf  Grund  eines  freien  Willensent­ schlusses,  jene  von  Β  auf  Grund  einer  Notwendigkeit  ihre  Einigung  einge­ hen.  Dabei gäbe es bei  Β  abermals  zwei  Unterklassen,  jene,  welche  auf  Grund  einer  „natural  inclination",  und  jene,  welche  auf  Grund  eines göttlichen Dekrets ihre Einigung eingehen 163 . Nun gelte aber, daß Seiende von A nur mit solchen von A, Seiende von  Β  nur  mit  solchen  von  Β  eine  Einigung  eingehen können. Wie kann sich dann aber der Logos (A) mit der Sarx (B) verbinden? Es bedarf eines Wesens, das mit beiden geeint ist, mit Logos und Sarx: D.h. es bedarf des evagrianischen Nus 164 . Jesus Christus ist der eine Nus, der mit Logos und Sarx verbunden ist.

Logos und Sarx sind also in D.B. Evans' Deutung des Leontios als Seiende der Subklassen von I jeweils Hypostasen (in ihrem je eigenen Eidos). Deshalb sah D.B. Evans in CNE I, 4,1289 A 3-6, ein Zeugnis dafür, daß Leontios zwei Hypostasen in Christus lehrt165. Inwiefern der evagrianische Nus 158 Vgl. S. 138 [251f.], Anm. 142. 159 A.a.O., 36f. 160 Ebd., 37: „beings which have their twofold relation - that is, of course, their mode of nature". Zu  τρόπος­  τη?  φύσεως  vgl.  S.  138  [251f.],  Anm.  142.  161  CNE,  I,  7,  1301  D  11­1304  A  1.  162  A.a.O.,  32.  163  Ebd.,  37;  vgl.  ebd.,  67.  164  Ebd.,  40f.;  67.  165  Vgl.  S.  130f.  [243f.],  wo  CNE  I, 4 , 1 2 8 9  A  3­6,  in  Anm.  87  zitiert  wird. 

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eine seinshafte Einheit mit der Sarx einzugehen vermag, möchte ich hier einfach dahingestellt sein lassen, wenn es auch für D.B. Evans gewiß scheint, daß die Logos-Sarx-Einigung in Christus, dem Nus, keine hypostatische, wohl aber eine seinshafte (ενωσις κατ' ούσίαν)  ist.  Um  diese  nicht  monophysitisch  zu  interpretieren,  unterscheide  Leontios  in  der  Klasse  I  (sie!) 166  zwei  weitere  Unterklassen, nämlich Klasse 1, deren Seiende ihre „Seinsdefinition" (definition of their being) in der Einigung durchhalten, und Klasse 2, welche diese nicht durchhalten 1 6 7 . „Why do beings of class 1 preserve the definitions of their being even in their unions? Why do they not, as beings of class 2, combine to form new and different ousiai and hypostases? Because they are united to one another not by nature but only by divine decree" 1 6 8 . Diese Aussage betrifft auch das Verhältnis von Seele und Körper; und so sieht D.B. Evans in dieser Gestaltung des anthropologischen Paradigmas den heimlichen Origenismus des Leontios 1 6 9 : „if the soul of Leontius' anthropology is the  nous of Evagrius' cosmology; and if, further, one of Evagrius'  noes is Jesus Christ; then it is not at least highly probable that one of the souls of Leontius' anthropology is Jesus Christ" 1 7 0 .

Nun ist es wohl endgültig klar, warum die Loofs'sche Konjektur nicht gelten darf; sie gilt nicht, weil eine konsistente Deutung des Leon[256]tios von Byzanz als Krypto-Origenist möglich ist. Leontios vertritt also in dieser Sicht gar keine hypostatische Einigung zweier Naturen. Dies und die ganze Axiomatik des anthropologischen Paradigmas hätten wir nur hineingelesen, weil unser Vorverständnis „brav chalkedonisch" war. Nun sollte man das durch einen palästinensischen Scholiasten und durch einen unmittelbaren Bezug auf Evagrios Pontikos im Text des Leontios angezeigte Problem eines KryptoOrigenismus 171 nicht allzu leicht herunterspielen; man sollte die Schriften des Leontios nochmals aufmerksamer auf seine LogosAussagen hin lesen. Warum lehnt er eigentlich in der Epilysis das Argument ab, daß, weil „die Menschheit des Herrn" nicht vor der Einigung existiert habe und nicht „vollkommene Menschheit" gewesen sei, sondern „im Logos subsistiert habe", daß also deshalb „eine Hypostase aus beiden" entstanden sei? Denn als falsch an dem Argument kennzeichnet er genau die Tatsache, daß „deshalb eine Hypostase aus beiden" entstanden sei. Und er stellt schlicht eine Gegenbehauptung auf: 166 Diese Deutung ergibt sich mit einer gewissen Zwangsläufigkeit, wenn man die Loofs'sche Konjektur (vgl. Anm. 135) ablehnt, wie es D.B. Evans, a.a.O., 33f., Anm. 40, tut. 167 A.a.O., 4 2 - 4 5 (mit Bezug auf CNE, I, 7, 1304 Β 1^1). 168 Ebd., 55, zu Epilysis, VII, 1940 A 10-B 12. 169 Ebd., 99ff. 170 Ebd., 100. 171 Die entsprechenden Daten sind bei D.B. Evans, a.a.O., 84ff.; 147ff., nochmals übersichtlich zusammengestellt worden.

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„Der Modus selbst der Einigung hat den einen Christus hervorgebracht" 172 . Konnte man im Origenismus die Theorie einer gestuften Subsistenz und Individuation annehmen? So wie D.B. Evans ihn deutet, offenbar nicht: Zwei Hypostasen, Logos und Sarx, sind mit dem Nus Jesus Christus verbunden. Anderseits - und hier greifen wir auf die Deutung, welche D.B. Evans dem Kapitel 11,13 der Schrift Adversus Nestorianos des Leontios von Jerusalem gibt, vor 173 - , sollen beide Hypostasen doch wieder als enhypostatische Naturen vom Byzantiner Leontios verstanden worden sein 174 , [257] offenbar enhypostasiert im Nus Jesus Christus. Die Antwort des Jerusalemer Leontios bezichtige genau diese Sicht zweier enhypostatischer Naturen des Origenismus 175 . Sollte dem so sein, so konnte also durchaus die chalkedonisch formulierte Theorie einer gestuften Subsistenz und Individuation in origenistischen Kreisen rezipiert werden. Wir müßten also nicht auf Grund eines „brav chalkedonischen" Vorverständnisses diese und die entsprechende Deutung des anthropologischen Paradigmas in den Text des Leontios von Byzanz hineingetragen haben 176 . Es müßte also die

172 Epilysis, VII, 1944 C 1 - D 1. Leontios bestreitet die mit dem Argument behauptete Notwendigkeit, als ob eine Einung von „Gott und einem vollkommenen Menschen" anders nicht möglich wäre (C 9-11): Ού  τοίνυν  δια  τό  αδύνατον,  αλλά  διά  το    πρέττειν  ψιλήν  ποτε  και  άνευ  θεότητος  είναι  του  κυρίου  την  ανθρωπότητα  την  προδιάπλασιν  έκβάλλομεν  (D  1­3).  173  Vgl.  S.  147f.  [261];  D.B.  Evans,  a.a.O.,  139­143.  174  Vgl.  die  Zusammenfassung  bei  D.B.  Evans,  a.a.O.,  143. ­  „To  Leontius'  own  evidence  that  he  holds  both  of  the  natures  of Jesus  Christ  as  enhypostasized"  (ebd.,  139).  Diese  These  findet  sich,  wie  S.  131  [244]  gesagt,  nicht wörtlich bei Leontios; sie läßt sich also nur als Implikation anderer Aussagen geltend machen. Für D.B. Evans ist es im (Krypto-)Origenismus des Leontios begründet, daß sowohl Logos als auch Sarx enhypostasierte Naturen sind. „Jesus Christus ist der einzige nicht gefallene  Nus der geistigen Schöpfung, der ... Fleisch annahm ... und Mensch wurde,  ohne  die  Verbindung  (union)  mit  Gott,  in  der  er  von  Anfang  an  verblieben  war,  zu  verlieren. In Jesus Christus sind Gott und Fleisch nicht  miteinander geeint, sondern eine jede mit dem Nus Jesus Christus und nur  in  ihm miteinander. ... Leontius kann nicht sagen, daß Jesus Christus Gott  ist, denn er glaubt, daß  beide Naturen Christi enhypostasiert sind" (ebd., 137f.). Wie mag D.B. Evans damit z.B. die Aussagen über die Idiomenkommunikation, an der Leontios als Konsequenz seiner Axiomatik festhält (CNE, I, 5, 1289 C 6-12), zusammenbringen? 175 So deutet D.B. Evans, a.a.O., 141f., die Aussage in Adversus Nestorianos, II, 13, PG 86, 1, 1560 C 2f., als These des Leontios von Jerusalem; in Wirklichkeit sprechen hier die Gegner desselben (vgl. S. 148f. [262f.]). 176 St. Otto, BZ 66, 1973, 97, betont m.E. zu Recht, daß gerade die Theorie der gestuften Subsistenz und Individuation („Zweistufenindividuation") anzeigt, „wie realistisch Leontios Leib und Geist oder Fleisch und Wort aneinander bindet: die Individuation der materiellen Usie ist Voraussetzung und Bedingung für die höhere Individuation ... durch die Subsistenz des Nus - oder die ,Person'". Evagrios vermag eine darin implizierte konstitutive Leib-Seele-Einheit nicht zu denken. Dies bleibt die Crux für

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Das anthropologische Modell

Axiomatik einer hypostatischen Einigung wesensverschiedener Naturen auch hier in einem Krypto-Origenismus vertretbar sein. Damit sind wir aber wieder bei der Frage der Loofs'schen Konjektur. Es heißt dort zwar nicht „wesensverschiedene Naturen", sondern „unterschiedene Eide", ebenso wie im zuvor von Leontios beschriebenen „zweifachen  λόγο?  der  Einigungen  und  Unterscheidungen" 1 7 7 .  D.B.  Evans  hatte  sie  nicht  zugelassen,  weil  ihm  nur  der  Fall  unterschiedener  Hypostasen  die  hinreichende  Basis  eines  origenistischen  Systems  zu  bieten  schien.  Diese  Basis für die komplizierte Analyse der Klasse von Seienden ist aber, wie gerade angedeutet, weder notwendig, noch hinreichend, um eine Axiomatik als origenistisch auszuweisen. Die Loofs'sche Konjektur bleibt also nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Blick m.E. sinnvoll, da sie eine konsistente Deutung des Textes erlaubt. Es geht hier um das synthetische Verhältnis von Einigung und Unterscheidung wesensverschiedener Wirklichkeiten in ihrer seinshaften Einigung 178 . Wo dabei ein „andersartiges Eidos" auf Grund einer „Vermischung" auftritt, wird nicht nur die Eigenart der vermittelten Extreme, ihr Wesens- und Daseins-[258] grund, vernichtet, sondern auch das  ιδιάζον  της·  ύποστάσεω?179,  die  einende  und  darin  wieder  unterscheidende  Funktion  der  Hypostase  in  einem  synthetischen Verhältnis von  'ένωσίς  τε  καΐ  διάκρισι?.  Leontios  sagt  dies  mit ausdrücklichem Bezug auf das anthropologische Paradigma. Es liegt hier eine  σχέσις  vor,  d.h.  die  genannte  zwiefache, nämlich einigende und unterscheidende Relation in einem synthetischen Verhältnis, die ein Konkretes konstituiert, Prosopon oder Hypostasis oder Individuum oder Subjekt oder sonstwie genannt 180 , welches in der individuellen 181 Identität seiner konstituierten Einheit 182 die Differenz des Wesens- und Daseinsgrundes wahrt, d.h. die Unterschiedenheit der beiden  έτεροοΰσια.  Dies  wiederholt  nur  die  Unterscheidung  gestufter  Subsistenz  und  Individuation, nämlich die Differenz von Naturselbstand und Für-sich-Sein der (Person-) Hypostase.

die Leontios-Deutung, welche die durch den Scholiasten gegebenen Hinweise und das Zitat aus Evagrios betont einbringen möchte. 177 CNE, I, 7 , 1 3 0 1 D 10-11. 178 Zu „seinshafter Einigung" vgl. CNE, I, 7 , 1 3 0 4  Β  1­2.  179  CNE,  I,  7 , 1 3 0 4  Β  Iff.,  besonders  1305  Β  1­11.  180  Vgl.  CNE,  1,  7 , 1 3 0 4  Β  4 ­ 6  mit  1305  C  9­12.  181  CNE,  I,  7 , 1 3 0 4  Β  7: ev dvai  τφ αριθμώ άποδείκνυσι  (seil,  ή σχέσις).  182  1304  Β  8­9:  iv  τω ταύτώ  τή?  ένότητο?. 

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

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3. Leontios von Jerusalem In der dogmengeschichtlichen Forschung ist die Beurteilung des Verhältnisses der beiden Leontioi des 6. Jahrhunderts, des sog. Byzantiners und des Mönches aus Jerusalem, zueinander sehr unterschiedlich ausgefallen. Jene These, welche in der Schrift des Jerusalemer gegen die Nestorianer nichts anderes als eine erweiterte und paraphrasierte Grundschrift des Byzantiners sah, wurde von St. Otto geradezu ex mente ihres Urhebers, F. Loofs, neuerdings wieder vorgetragen 1 , wenn auch unter einem anderen Blickwinkel. St. Otto interessierte sich vor allem für die Axiomatik beider Autoren. Dabei hat er sich besonders auf die Interpretation der von M. Richard 2 bestrittenen Argumente der Loofs'schen Hypothese beschränkt und keine Deutung des Gesamtwerkes vorgelegt. Letzteres ist fürwahr nicht verwunderlich: So hat Ch. Moeller einmal bemerkt, daß des Leontios von Jerusalem Schrift Adversus Nestorianos eigentlich nur eine Lesung für die Fastenzeit sei 3 . In der Forschungsgeschichte, welche immer deutlicher [259] den Begriff eines sog. Neuchalkedonismus 4 herausstellte, wurde der Unterschied zwischen beiden Leontioi stark forciert 5 ; der Jerusalemer Leontios erscheint als der typische Vertreter jener Vermittlungschristologie, welche Kaiser Justinian pflegte 6 . „Die Erklärung der gottmenschlichen Synthesis - freilich ganz in dem neuchalkedonischen Schema von der In-Existenz der menschlichen Natur in der göttlichen Hypostase - ist das geheime Thema, das Leontios in seinen beiden Abhandlungen verfolgt". So faßt S. Helmer die Sicht dieser Forschungsrichtung zusammen 7 . Bei Ch. Moeller wird ihm bezüglich seiner Idiomentheorie 8 vor-

1 2

Person (S. 106 [218], Anm. 15), 87-150. Leonce de Jerusalem et Leonce de Byzance, MSR 1, 1944, 35-88.

3

Le chalcedonisme et le neo-chalcedonisme en Orient de 451 a la fin du Vl c siecle, in: Das Konzil von Chalkedon (S. 103 [215], Anm. 2), 639. Vgl. außer dem vorgenannten Artikel besonders die auf S. 105 [218], Anm. 12, angeführten Arbeiten von A. Grillmeier und S. Helmer. Vgl. S. 105 [218], Anm. 14; ferner S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (ebd., Anm. 12), 202-215; Ch. Moeller, Le chalcedonisme (Anm. 3), 686f.; 701-704. Ch. Moeller, Le chalcedonisme (Anm. 3), 686: „Son enthusiasme, peut-etre un peu factice, pour  YUnus  de  Trinitate, suggere qu'il etait un partisan de la politique religieuse de Justinien." Z u m Gebrauch der Formel „unus ex trinitate" bei Kaiser Justinian vgl. man Facundus von Hermiane, Pro defensionse (S. 108 [220], Anm. 23), I, c. 1,4-13, 4-7; zur Geschichte derselben vgl. E. Schwartz, ACO IV, 2, V-ΧΠ. XVI; Ch. Moeller, a.a.O., 653-655; Anastasios Sinaites, Viae Dux (S. 104 [216], Anm. 4), XV, 2 9 30. Der Neuchalkedonismus (S. 105 [218], Anm. 12), 207. Wie das dieser Sicht zugrunde liegende Enhypostasie-Verständnis eine sachgerechte Deutung der Texte verhindern

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Das anthropologische Modell

geworfen, hier vertrete er doch wohl „zumindest einen VerbalMonophysitismus oder einen Nestorianismus ..., je nachdem ob (er) ... ein Amalgam oder ein äußerliches Nebeneinander (meine)" 9 ; und eine Seite weiter: Dieser Theorie „scheint doch tatsächlich ein unbewußter Monophysitismus zu sein" 10 . Die Unausgewogenheit der Urteile dürfte mit diesem Andeutungen gezeigt sein. Seit Johannes Grammatikos und seinen Mitstreitern ist jenes Axiom in der neuchalkedonischen Tradition heimisch, das Leontios von Jerusalem als Vermutung formuliert: „Jede ,Synthese der Hypostase nach' ist eine solche aus nicht-wesensgleichen Wirklichkeiten, nie 11 aber aus wesensgleichen ... Deshalb ist auf Grund der (zwischen Logos und Sarx) bestehenden Wesensverschiedenheit (wörtlich: ,Nicht-Naturgleich[260]heit') 12 zu vermuten, daß ihre Einigung nur 13 eine solche ,der Hypostase nach' ist" 14 . Gegen die Instanz des nestorianischen Gegners, eine jede Einigung, auch jene, welche nur „der Hypostase nach" bestehen soll, hebe die Transzendenz Gottes auf, d.h. „die Differenz von Ungeschaffenem und Geschaffenem", bringt Leontios das zuvor mit seinem Gegner schon öfter diskutierte 15 anthropologische Paradigma 16 ins Spiel: Den Menschen als eine hypostatische Einigung aus sterblicher und unsterblicher Natur. Und er möchte den nestorianischen Rekurs auf die Absolutheit der Differenz zwischen „Ungeschaffensein" und kann, zeigt die Bemerkung von S. Helmer, a.a.O., 213, zu Adversus Nestorianos, II, 13, PG 1560 Α-D (sie!). Denn im Gegensatz zu Leontios von Byzanz bezeichne der Ausdruck  ένυττόστατος  nicht  die  Existenz  einer  Natur  in  einer  anderen  Hypostase,  sondern  bedeute  „hypostasiert  sein",  auch  in  der  eigenen  Hypostase.  Diese  Formu­ lierung  trifft  nicht  das  Problem.  Denn  es  geht  stets  um  die  der  Natur  eigene  Hypo­ stase.  Vgl.  dazu  S.  130f.  [243f.].  8 

Vgl.  unten  S.  151f.  [265f.]  mit  Anm.  66. 



Le  chalcedonisme  (Anm.  3),  702f. 

10 

Ebd.,  704. 

11  12

ουδεμία heißt wörtlich: „keine Synthese der Hypostase nach". Mit dem Terminus  άινομοφυΐα  ist  die  Differenz  von  Ungeschaffen­  und  Geschaffen­ sein  gemeint.  Das  „nur"  liegt  im  Zusammenhang begründet, sofern seit Adv. Nest., I, 22, die Eigenart echter, seinshafter Einigung zur Diskussion steht, welche, gegen severianisches Mißverständnis abgegrenzt, nur eine solche der Hypostase ist. Zur  ουσιώδη?  συμπλοκή τοϋ  λόγου vgl.  bes.  Adv.  Nest.,  I,  19,  1476  D.  Adv.  Nest.,  I,  2 6 , 1 4 9 3  A  3­7.  Ebd.,  I,  12.14.16.17.19.22,  PG  86,1,  1448;  1452;  1460;  1464;  1472;  1488.  Weitere  wichtige  loci  sind:  I,  48,  1509  C  4­11;  I,  51,  1513  C  7­14.  D  9­1516  A  14;  1517  Β  3.  C  4 ­ 8 ;  II,  1,  1528  Β  6 ­ 7 ;  II,  11,  1556  Β  6­11,  und  die  im  folgenden  diskutierten. 

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Daß es sich nur u m eine Paradigma (im Sinn der Strukturähnlichkeit) handelt, sagt der Jerusalemer Mönch: I, 19, 1473 A 14-B 3; I, 50, 1512 C 3ff.; ferner I, 14, 1456  Β  lOff.,  Contra  Monophysitas  45,  PG  86,2  1796  CD.  Die  These  von  S.  Helmer,  Der  Neuchalkedo­ nismus  (S.  105  [218],  Anm.  12), 211,  Leontios  habe  das  Paradigma grundsätzlich disqualifiziert, wurde schon auf S. 123 [236] zitiert. Vgl. dazu unten S. 152-155 [266-269],

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

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„Geschaffensein" bzw. auf die Unvergleichlichkeit dieser Differenz nicht gelten lassen. Denn, so argumentiert er zugunsten des Paradigmas, gerade die Betonung der natur- oder seinshaften Gleichheit (ή  έττίτασις  της  όμοιότητος)  fordere  (das  Prinzip  des)  ,der  Hypostase  nach',  und  zwar  als  Moment  der  Differenz  oder  Unterscheidung,  wie  es  ja  das  Paradigma  zeige.  Der  Leib  ist  hypostatisch  geeint  mit  der  ihm  ungleichen  (ανόμοιος)  Seele;  er  ist  ,der  Hypostase  nach'  unterschieden  von  dem  ihm  der  Natur  nach  gleichen  (δμοιον),  d.h.  von jedem  anderen Körper 17 . Aber nicht nur die Betonung der Hypostase, des Subsistenzgrundes 18 , als einigendes und unterscheidendes Prinzip, sondern auch die Theorie einer gestuften Subsistenz und Individuation gilt ihm als Axiom: [261] Was in die Hypostasis aufgenommen wird, ist eine individuierte Natur  ( Φ Ύ Σ Ι Σ  ΙΔΙΚΉ  TLS)  oder  Usie 19 .  Im Kapitel  11,13 der Schrift  gegen  die Nestorianer  geht  es um  den  axio­ matischen  Gemeinplatz  einer  jeden  Christologie  dieser  Zeit,  von  dem  wir  schon  gesprochen  haben 20 .  „Es  gibt  keine  Natur,  die  nicht  in  einem  Selbstand  existiert":  Ούκ εστι  φύσις  ανυπόστατος.  D.B.  Evans  sah  in  dem  Gegner  des  Leontios  seinen  Namensvetter,  den  Byzantiner,  der  hier  in  der  Antwort  des  Jerusalemer Mönches als Origenist gekennzeichnet werde 21 . In der Deutung von D.B. Evans beginnt offensichtlich die Antwort des Leontios von Jerusalem mit 1560 C 2. Doch m.E. beginnt dort die These des eigentlichen Gegners, den Leontios zu widerlegen sucht. Wie Leontios von Byzanz vertritt die erstgenannte Position 22 nicht nur die Prämisse: „Das Wesen existiert stets im Selbstand; es gibt keine Natur, welche ohne Selbstand existiert", sondern auch die Begründung derselben und damit ihr rechtes Verständnis in einer Unterscheidung zwischen „enhypostatischer Natur" und „Hypostase". Denn, „wenn etwas enhypostatisch ist, so ist es noch lange nicht eine Hypostase" 2 3 . Und es wird für die Christologie ausdrücklich die 17

Adv. Nest., I, 2 7 , 1 4 9 3 A 9 - C 8; vgl. ebd., II, 1 , 1 5 3 2 C 6 - D 12.

18

Vgl. die „eigentliche" Definition der Hypostase, nämlich die 12. in  Π,  1,  welche  auf  das  Für-sich-selbst-Sein abhebt: 1529 D Ar­Υλ. Vgl. St. Otto, Person  (S.  106  [218], Anm.  15),  114f.  Adv.  Nest.,  I,  20,  1485  D  1 ­ 2  (vgl.  zu  Anm.  60);  II,  7,  1552  D  4;  ferner  die  auf  S.  156  [270],  Anm.  99,  genannten  Stellen.  Zugleich  in  Abgrenzung  gegen  den  Tritheismus  der  Zeit:  Π, 6,  1548  C  7­1549  C  13  (vgl.  St.  Otto,  Person,  118f.).  Wichtig  ist  hier  die  10.  Definition  von  Hypostasis  in  II,  1,  1529  C  4­8.  D.B.  Evans  scheint  sich  in  BZ  67,  1974,  164,  der  vorgelegten  Deutung anzuschließen. Schließlich sei auf einen weniger strikten Sprachgebrauch bei Leontios hingewiesen: Adv. Nest.,  Π,  5,  1540  C  9­15;  II,  10,  1556  A  8 ­ 1 2 ;  Contra  Monophysitas,  5 8 , 1 8 0 1  Β  4 ­ 6 .  Vgl.  S.  118;  132  [231;  245], 

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20  21  22 

Leontios  (S.  105  [218],  Anm.  13),  139­143.  Diese  Auffassung  wiederholte  er  in  seiner  Rezension  zu  St.  Otto:  BZ  67,  1974,  165.  Adv.  Nest.,  Π,  13,1560  A  4 ­ C  1. 

23 

Ebd.,  1560  A  8 ­ 9 :  ούκ ε'ί  TL ένυπόστατοι;,  τοϋτο  και  ύττόστασις.  Vgl.  ebd.,  Β  10­11  C  1. 

148

Das anthropologische Modell

Schlußfolgerung gezogen, man solle von „zwei enhypostatischen Naturen in einer Hypostase" sprechen 24 . Lehnt Leontios von Jerusalem diese Konzeption ab? Nach D.B. Evans ja25, meines Erachtens nein. Dies zeigt eine Analyse des folgenden Textes, in dem zwei sich ausschließende Antworten folgen: Die erste ist m.E. die eigentliche Gegenthese nestorianisierender Provenienz 26 , die zweite die Lösung des Leontios27. [262] Die erste Antwort - jene, welche D.B. Evans als die Antwort des Leontios ausgibt - stellt offenbar nicht die Prämisse „Ούκ εστι  φύσις  ανυπόστατος·"  in  Frage,  sondern  ihre Begründung, die Unterscheidbarkeit von Natur und Hypostase (und damit die Theorie einer gestuften Subsistenz und Individuation und jede auf diese Theorie gegründete Axiomatik). Die erste Formulierung: „Wo es eine enhypostatische Natur gibt, muß es auch eine Hypostase geben"28, schließt, wie es auch ihre Erklärung zeigt29, die genannte Unterscheidbarkeit noch nicht eindeutig aus. Dies täte sie nur, wenn sie auf die Aussage hinausliefe: „Wenn etwas enhypostatische Natur ist, so ist es zugleich auch Hypostase". Doch daß diese Unterscheidbarkeit bestritten werden soll, ist wegen der Aufforderung an den Diskussionspartner klar, er solle zeigen, „daß etwas sich zwar der Natur nach, nicht aber auf Grund seiner Hypostase unterscheide" 30 . Es folgt eine Formulierung der bestrittenen These, die offenbar nicht aus der Ökonomie, sondern aus der Trinitätslehre  (θεολογία)  stammt:  „Wenn  etwas  eine  Hypostase  ist,  und  zwar  eine  ,im  Wesen  selbst  seiende' 31 ,  nicht  aber  eine  wesensverschiedene,  dann"  ergebe  sich  eine  Konsequenz für die Christologie, die ähnlich lautet wie jene der zitierten, im Text zuerst genannten Position. Denn „dann gibt es auch eine enhypostatische Physis, nicht aber eine Natur ,in einer anderen Hypostasis'  (έτεροϋπόστατος)"32.  Es wird  nun  aber  im  folgenden  auf  diese  These  gar  nicht  eingegangen,  sondern  nur  an  sie  angeknüpft. Sie bringt nämlich zwei Stichworte, mit denen die zweite 24

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Ebd., 1560  Β  2­3:  ενδέχεται  δηλονότι  και  φύσεις  λέγειν  ένυποστάτους  δυο  έν  μίά  ύποστάσει,  u n d  z w a r  in  Entsprechung  zur  trinitarischen  Aussage:  τρεις  υποστάσεις  ένούσιοι  έν  μια  ούσία  (Β 1­2).  Leontius  (S.  105  [218], Anm.  13),  141.  Adv.  Nest.,  II,  13,  1560  C  2 ­ D  13.  Ob  in  diese  Position  die  vorhergehende tatsächlich als eine origenistische Auffassung gebrandmarkt w e r d e n soll (C 3-4), ist bei dieser Art der Polemik k a u m zu entscheiden. Ebd., 1561 A 1-1565 A 8. Ebd., 1560 C 12-13: ανάγκη,  ένθα  έστιν  ένυττόστατος  φύσις­, και  ύπόστασιν  είναι.  Ebd.,  1560  C  13­14: οϋτε  γάρ  ένδέχεται  νοήσαι  φύσιν ένυπόστατον  άνευ  υποστάσεως.  Ebd.,  1560  C  15­D  2. In  diesem  Satz  ist  m.E.  eine  Konjektur unumgänglich; nach C 15 και m u ß  μή eingefügt werden. Ebd., 1560 D 5: ένούσιος.  Vgl.  Anm.  24.  Ebd.,  1560 D  4­6.  Z u r  ersten  Position  vgl.  Anm.  23. 

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

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Position nunmehr axiomatisch die Gegenthese und damit die Bestreitung der Unterscheidbarkeit von Natur und Hypostase formulieren kann. „Wenn etwas verschieden ist, so ist es auch hypostatisch verschieden" 33 . Dieser Satz gilt, wenn er überhaupt gelten sollte, in der Ökonomie (und im anthropologischen Paradigma), d.h. dort, wo es um die Einigung wesensverschiedener Wirklichkeiten geht. Die Konsequenzen werden sofort gezogen: „Wenn also die Naturen sich voneinander unterscheiden, dann unterscheiden sie sich der Natur nach; doch unterscheiden sie sich dann auch ,der Hypostase nach' ..."34. Die dritte Position - jene [263] des Leontios von Jerusalem - übernimmt zunächst voll die erste Position35. Als Erklärung fügt sie hinzu, daß die Notwendigkeit, ein bestimmtes Etwas (τι) zu sein, nicht bedeutet, daß dieses Etwas für sich existiert  (ιδία  είναι)36.  Die  zwei  Na­ turen  in  Christus können auf Grund der Einigung nicht getrennt für sich existieren  (ιδία  άπ'  αλλήλων  είναι).  Deshalb  kann  keine  von  ihnen  „hypostatisch  verschieden"  (έτεροϋττόστατο?)  sein;  vielmehr müssen sie enhypostatische Naturen sein. Es ist einfach für das Denken unumgänglich, „das Enhypostatische beider in ein und derselben Hypostase zu denken" 37 . Danach nimmt Leontios von Jerusalem ausdrücklich Bezug auf die letzten Zeilen der zweiten Position: „Deshalb anerkennen wir auch das, was am Schluß Eures Argumentes von Euch gesagt wurde38, daß es nämlich unmöglich ist, in Bezug auf ein und dieselbe Hypostase eine hypostatische Differenz auszusagen" 39 . Und im folgenden setzt er sich mit der Behauptung der zweiten Position auseinander 40 , die naturhafte Differenz setze auch unmittelbar und ununterscheidbar eine hypostatische Differenz 41 . Die Analyse von 11,13 wird durch das folgende Kapitel bestätigt. Meines Erachtens stammt das Argument, zu welchem Leontios dort Stellung nimmt, aus derselben Quelle wie jenes von 11,13. Gegen das im Sinn der chalkedonischen Formel gedeutete anthropologische Para-

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Ebd., 1560 D 7-8: έπείπερ  ε'ί TL έτεροούσιον,  τοΰτο  πάντως  και  έτερούπόστατον.  Ebd.,  1560  D  8­10:  Εί  τοίνυν  διαφέρουσα  αί  φύσει;  αλλήλων,  κατά  φύσιν  διαφέρουσι  δηλονότι  και  καθ'  ύπόστασιν.  Ebd.,  1561  Β  8­13:  ...  ύφίστασθαι  ...  κατά  την  αυτήν  και  μίαν  ύπόστασιν,  έκατέρα?  ένυποστάτου  οΰση?.  Vgl.  auch  ebd.,  C  8­9:  έν  μιά  και  τή  αύτη  ύποστάσει.  νοεΐσθαι  άμφοιν  αύτών  τό  ένυπόστατον  δει.  Ebd.,  1561 Β  13­14.  Ebd.,  1561 C  2­9,  teils  zitiert  in  Anm.  35.  Gemeint  ist  ebd.,  1560  D  11­13.  Ebd.,  1561 C  9­12.  Nämlich mit ebd., 1560 D 9-11. Ebd., 1561 D 9ff.; vgl. ebd., C 10-11; 1564 Β 2­5. 

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Das anthropologische Modell

digma 42 nimmt der Nestorianer Stellung43 und veranlaßt Leontios44 mit ausdrücklichem Verweis auf seine antimonophysitischen Ausführungen45 zunächst die je verschiedene Rücksicht und Begründung 46 , nach welcher der Mensch [264] sowohl „eine Natur" als auch „zwei Naturen" sein kann47, herauszustellen und sodann unter dieser Voraussetzung zu zeigen, daß die menschliche Natur in Christus 48 - als die „eine", allen Menschen gemeinsame - keine nur ihr zukommende (ιδική)49,  sondern  eine  „gemeinsame  Hypostasis"  (κοινή  ύπόστασις)50,  nämlich die Logoshypostase 51 , hat, in der sie, d.h. diese menschliche Natur, ihre eigene Individualität 52 sowohl gegenüber dem Vater und dem Geist als auch gegenüber allen Menschen gewinnt 53 . Mit der Unterscheidung von „gemeinsamer Natur"  (κοινήν  την  φύσιν),  auf  Grund  derer  der  Logos  Gott  und  die  „Caro  assumpta"  Mensch  ist,  und  „ge­ meinsamer  Hypostase",  in  welcher  nur  Logos  und  Sarx  Christi  mitein­ ander übereinkommen, sowie drittens einer „individuellen Hypostase" (υπόσταση  ιδική),  welche  einerseits  dem  Logos  eignet,  indem  er  sich  seiner  Hypostase  nach  von  Vater  und  Geist  sowie  von  allen  Menschen  außer von der „Caro assumpta" 54 unterscheidet und insofern auf diese 42 43 44 45

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Adv. Nest., II, 14, 1565 A 10-13. Ebd., 1565 A 13-C 1. Wir haben also wieder drei Positionen wie in Adv. Nest., II, 13. Ebd., 1565 C 3-4: ev  τοις  προς  τους  λέγοντας  αύτοΰ  μίαν  είναι  μόνην  την  φύσιν  άπεδείξαμεν  συν  θεώ. Vielleicht  handelt  es  sich  n u r  u m  einen  Verweis  auf  Adv.  Nest.,  I, 22;  doch  im  allgemeinen  deutet  m a n  diese  Stelle  als  einen  Hinweis  auf  Contra  Mo­ nophysitas.  Vgl.  z.B. M.  Richard,  Leonce  (S. 145  [258], Anm.  2),  53­59.  Vgl.  Leontios  von  Byzanz,  CNE,  I, 5,  1289  Β 2­1293  Β 9; zu  der  dort  angeschnittenen  Eidos­Problematik  vgl.  S. 133ff. [246ff.].  Adv.  Nest.,  II,  14,1565  C 3ff.  Ebd.,  1565 C  8­9.  Ebd., 1565 D  12­1568 A 3 (ούδεμίαν ϊσμεν αύτοΰ μόνου, d.h. des angenommenen  Menschen).  Ebd.,  1568 A  8­B  1.  Ebd.,  1568  A  4­5:  εν  τη  τοϋ  λόγου  ΰποστάσει  ΰφεστηκέναι  (!)  το  άνθρώττινόν  φαμεν  τοϋ  σωτήρος ίξ αρχής·.  Gemeint  ist  dasselbe  wie  ebd.,  A  11­14  (vgl.  A n m .  50):  την  δέ  τοϋ  κυρίακοϋ  άνθρωπου  φύσιν  δημιουργήσασα  εαυτή  ... αμα τω  και  τής  φύσεως·  της σαρκός είναι  ύπόστασις.  Vgl.  auch  ebd.,  A  8 ­ 9  (προϋπήρξε  ... της  ουσίας  τοϋ  ανθρώπου)  sowie  S.  156  [270],  Anm.  97.  Oft wird  diese  Aussage  durch  den  Verweis  auf  Ps.  Athanasios,  Ad  Iovianum,  PG  28,  532  A  12 ­  Β  1 (αμα  σάρξ,  αμα  θεός  λόγος  κτλ.),  abgedeckt.  Vgl.  den  A p p a r a t  zur  Edition  von  Anastasios  Sinaites,  Viae  d u x  (S.  156  [216],  Anm.  4),  Π,  5,13­14;  XXII, 4,  87­88.  Adv.  Nest.,  II,  14,  1568  C  7.  Die  Formulierung  mit  ύπόστασις  ιδική  der  Sarx nähert sich stark der nestorianischen Position. Doch will der Autor offenbar nicht seine zuvor (1568 A 2-5) aufgestellte These dadurch in Frage gestellt sehen. Ebd., 1568  Β 13­C  10; vgl.  St.  Otto,  Person  (S. 106  [218], A n m .  15),  125­130.  Inwiefern  der  Autor  nach  St.  Otto,  a.a.O.,  126,  hierbei „ausdrücklich" auf „die A u s f ü h r u n g e n der Grundschrift 1289 D " verweist, ist mir aus dem Text nicht ersichtlich.

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

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von ihm Unterschiedenen bezogen ist, und anderseits, wie schon gesagt, der „Caro assumpta", welche so ihre Individualität gegenüber dem Vater und Geist als auch allen anderen Menschen gegenüber gewinnt, begründet Leontios eine Relationentheorie, die er selbst als die Richtschnur der Orthodoxie (κανών της  ορθοδοξία?)55  bezeichnet.  Naturhaft  und  hypostatisch begründete Relationen der Gemeinsamkeit oder Einigung, naturhaft und hypostatisch begründete Relationen der Unterscheidung, deren Gefüge entscheidend an der Differenz von „individueller" und „gemeinsamer" Hypostase festgemacht ist, bestimmen die Struktur dieses Kanons. Verblüffend ist zunächst, daß der Begriff [265] einer „individuellen Natur"  (φύσις  ιδική  τις)  fehlt56.  Deshalb gerät der Begriff der Hypostase in ein gewisses Zwielicht: „Individuelle" Hypostase kann im Sinn der gestuften Subsistenz und Individuation sowohl relativer Naturselbstand als auch absoluter, insofern für-sich-seiender Personselbstand bedeuten 57 , so daß es scheint, der Jerusalemer Leontios lege im Unterschied zum Byzantiner genau dieses Moment nicht der Begründung seiner Relationentheorie zugrunde, sondern jenes, welches sich prägnant in seinem Begriff der „gemeinsamen" Hypostase ansagt: Die idiomatische Bestimmung der Hypostase 58 . Diese läßt, und zwar gerade auf der Ebene dieser idiomatischen Bestimmungen, ein Mehr oder Weniger an Reichhaltigkeit hypostatischer Eigenarten zu  (ποικιλωτερα  συνεστηκεν)59. Gewiß gibt es „einfache Idiomata", aber eine jede Hypostase ist selbst schon durch eine Synthese solcher „einfacher" hypostatischer Eigenarten bestimmt, durch ein „synthetisches Idiom"  (σύνθετον  ιδίωμα);  dies  gilt  schon  bei  den  „einfachen",  d.h.  innertrinitarischen  Hypostasen.  Gerade  den  in  einer  gestuften  Subsistenz  und  Individuation gründenden Befund, daß „der Logos aus unserer Natur nur eine  φύσις  ιδική  τις  in  seine  Hypo­ stase  aufgenommen  hat" 60 , erklärt Leontios mit einer sozusagen reichhaltigeren idiomatischen Synthese: „Es entstand ein synthetischeres Idiom der Hypostase des Logos"61. Wobei er, nebenbei bemerkt, den

54 55  56  57  58  59  60  61 

Ebd., 1568 C 2-3: ό μεν έκ της  αγίας  παρθένου άνθρωπος. Dem  entspricht  ebd.,  C 4­5: ή  έκ της  Θεοτόκου ληφθείσα  τω λόγω σάρξ.  Ebd.,  1568 C 9.  Vgl. S. 150 [264] mit S. 118f.; 132f. [231f.; 245f.].  Vgl.  S. 147 [260f.], Anm.  18; 19.  Vgl.  die  11. Definition in Adv.  Nest., II, 1,1529 C 8 ­ D 4.  Adv.  Nest., II,  14,1568 A  14­B 5 (vgl. Anm. 50; 51).  Adv.  Nest., I, 20,1485 C  15­D 2; vgl. S. 147 [261], Anm.  19.  Ebd.,  1485 D  6­7. Die von  Ch.  Moeller,  Le chalcedonisme  (S. 145  [258],  Anm.  3),  702,  Anm. 22, für den Migne-Text vorgeschlagene Konjektur, statt αλλ' άσυνθετώτερον ein άλλα  συνθετώτερον  zu  lesen,  ist  zutreffend, auch  wenn  sie  durch  die älteste Handschrift, den Cod. Venetus Marcianus gr. 67, f. 324r, wie S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (S. 105

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Das anthropologische Modell

Begriff der „synthetischen Hypostase" ebenso ablehnt wie jenen der „synthetischen Natur". Letztere, sagt er entsprechend unseren Erwartungen, hebe das Axiom der „unvermischten Einigung" auf, erstere aber lehnt er ab, weil sie - erstaunlicherweise - eine Einigung „aus Hypostasen" bedeute, also einen Nestorianismus impliziere 62 . An anderer Stelle argumentiert er analog [266] für das in der Inkarnation „hinzuerworbene" Idiom des Logos. Darin gründe gerade die hypostatische Union im Unterschied zur Einigung aus Hypostasen. „Sie ist nämlich eine Einigung der Hypostase des Logos selbst" 63 . Die Idiomensynthese will also nicht die gestufte Subsistenz und Individuation leugnen, sondern gerade gegen nestorianischen Unverstand schützen. Daß aber die Art, wie Leontios auf der Idiomensynthese aufbauend oben seine Relationentheorie formulierte 64 , faktisch die anderswo betonte gestufte Subsistenz und Individuation übersprang und sie ihrer eigentlich begründenden Funktion enthob, hat Leontios selbst offenbar nicht gemerkt. Daß er dies nicht wollte, wurde schon bemerkt 65 . Abgesehen von der in Adversus Nestorianos II, 14 zur Sprache kommenden Theorie der Idiomensynthese 66 , finden sich hier zwei Aussagen, welche m.E. eine weitere Transformation der christologischen Sicht und ihres anthropologischen Paradigmas anzeigen. Es handelt sich einerseits um die Redeweise von einem „neueren Eidos"  (εΐδος  καινότεροι),  anderseits  um  die schöpferisch-einigende Dynamik der Logoshypostase; beide Aussagen dürften nicht unabhängig voneinander sein. Zunächst zur ersten vom  είδος  καινότεροι.  Die  christologische  Zwei­Naturen­lehre  impliziert, daß die menschliche Natur in Christus

62

63

[218], Anm. 12), 216, Anm. 590, mitteilt, nicht bestätigt wird. Z u m Gedankengang, der im vorliegenden Abschnitt vorgetragen wurde, vgl. man Adv. Nest., I, 20,1485  Β  4 ­ D  10 und I, 29,1496  A  5­6,  wo  Leontios folgert, daß die Vermehrung der hypostatischen Idiomata aus einer „einfachen Hypostase" keine „synthetische Hypostase" entstehen läßt. Adv. Nest., I, 20, 1485 D 5-6.9-10:  οΰτε  ύιτόστασις  σύνθετος­,  δτι  ούκ  έξ  υποστάσεων  ...  ούδέ  σύνθετον,  ούδέ  τρειττην  δείκνυσιν  οϋτε  την  φύσιν  οϋτε  την  ύττόστασιν  αύτοϋ  (seil,  τοίι  λόγου).  Vgl.  auch  die  Argumentation  in  Π,  24,  1585  A  14  ­D  5,  besonders  den  Hinweis  des  Leontios, daß er die Deutung Christi als eine „eine synthetische Hypostase", die „aus Naturen" zusammengesetzt ist, nur gelten läßt, sofern sie mit seiner Theorie der Idiomensynthese (C 2 - 5 ) übereinkommt. Zugleich wird aber auch hier deutlich, daß für Leontios seine Theorie der Idiomensynthese eine anti-nestorianische Spitze hat und deshalb nur so interpretiert werden darf. Hypostatische Idiome, die an  sich  zu einer  ιδική  ύπόστασις gehören, können nur in einer „gemeinsamen Hypostase" (und d.h.  in einer Hypostase) eine Synthese eingehen. Warum dies möglich ist? Weil eine Vielheit hypostatischer Idiome grundsätzlich nicht eine entsprechende Vielheit von Hypostasen impliziert, was Leontios an den „einfachen Hypostasen" der Trinität aufweist. Adv. Nest., I, 5 0 , 1 5 1 3 A 6 - B 2; vgl. ebd., I, 4 2 , 1 5 0 1 D 2-13.

64

Vgl. auch ebd., I, 2 8 , 1 4 9 3 C 10-D 10.

65

Vgl. Anm. 62.

66

1568 A 14-B 5 (Anm. 59). Vgl. auch ebd.,  Π, 7 , 1 5 5 2  D  1­1553  A  9. 

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

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als eine bestimmte, somit einzige gezählt wird, „als ob die Synthese der beiden in (Christus seienden) Naturen Ursache für ein  καινότεροι·'  είδος  gewesen  ist"67.  Leontios  behauptet  hier  nicht, daß ein „gewissermaßen neues" Eidos entstanden sei68. Vielmehr vergleicht er nur 69 die Synthese von Seele [267] und Leib zu einer einzigen Menschennatur in Christus mit der synthetischen Ursächlichkeit eines „neuen Eidos". Warum aber kann Leontios diesen Vergleich einführen? Seine nestorianischen bzw. „nestorianisierenden" Gegner hatten gefragt, inwiefern sich die chalkedonische Position eigentlich von der monophysitischen unterscheide, wenn das anthropologische Paradigma im Sinn einer naturhaften Einheit zu deuten sei. Diese Argumentation steht im Rahmen einer Spekulation über das Verhältnis des „Ganzen" zu seinen Teilen et vice versa. Bedeutet das Ganze „etwas anderes" als seine Teile? In Adversus Nestorianos I, 21 war der Fall diskutiert worden70, daß ein Ganzes nicht „etwas anderes" im Vergleich mit seinen Teilen bedeutet, und zwar 1. „wegen der Übermächtigkeit eines seiner Teile in der Synthese" (d.h. das Ganze benennt sich nach diesem Teil, ist eigentlich die Realität dieses Teils) oder 2., weil kein „anderes Eidos"  (ετερόν  τι  εΐδος)  in  einer  Synthese  von  Teilen  ein  und  desselben  Genus  entsteht,  obwohl  diese  Teile  ihrem  Eidos  nach  ungleich  sind  (wie  z.B.  die  geraden  und  ungeraden  Zahlen)71.  Der  „Nestorianer"  in­ sistiert  in  I,  22, daß die eine menschliche Natur doch ein  ετερόν  τι,  nämlich eine  φύσις  τις  μία,  „im  Vergleich  zu  den  in  ihr  geeinten"  Na­ turen  von  Seele  und  Leib  sei; „anzeigen"  tue  dies  deren  naturhafte  Ei­ nigung.  Das  kann  Leontios  nicht  bestreiten.  Der  Mensch  ist  als  animal  rationale  (ζφον  Χογικόν  θνητοί/)72  „etwas  anderes"  als  seine  Seele  bzw.  sein  Leib, je für sich betrachtet. In seiner Antwort, die vier Möglichkeiten einer naturhaften Einigung unterscheidet 73 , bezeichnet er die Natur des Menschen deshalb als eine „gewissermaßen neue Natur" (καινότερα  φύσις)74.  Ist  diese  aber  ein ετερόν  τι,  ein  „anderes"  Eidos?  In  67  Ebd.,  1565  C  8­12:  ...  ώς  είδους  καινοτερου  γενομένης  αιτίας  της  συνθέσεως  των  έν  αύτω  φύσεων.  68  Insofern ist die Interpretation  von St. Otto, Person  (S. 106 [218], Anm.  15), 114, stimmig.  69  Die Partikel  cos ist hier  durchaus  im  Sinn einer  rein  subjektiven Einschätzung - eines „Als-ob" - und somit im Sinn eines Vergleichs zu verstehen. 70 1488 A 5-14. 71 Ebd., A 14-B 13. Vgl. die abweichende Interpretation bei St. Otto, Person (S. 106 [218], Anm. 15), 105f. 72 Vgl. zu dieser geläufigen Definition den Quellenapparat von Anastasios Sinaites, Viae Dux (S. 104 [216], Anm. 4), Π,  1,35­36.  73  Vgl.  auch  St.  Otto,  Person,  107.  In  1489  A  12­13  ist  m.E.  nicht  jede  Synthese  von  Idiomen  ausgeschlossen,  sondern  nur  die  Synthese  akzidenteller  Eigenschaften.  ­ Vgl. auch  Adv.  Nest.  I, 50,1512 B­1513 B.  74  Adv.  Nest., I, 22, 1489 A  1­4; vgl. ebd.,  1488 D 1. 

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Das anthropologische Modell

gewisser Hinsicht kann man sie „etwas anderes" nennen, nämlich sofern man die menschliche Natur als jene des vernunftbegabten Sinnenwesens (animal rationale) oder als eine Ganzheit  (όλότης)  mit  der  Seele  bzw.  mit  dem  Leib  des  Menschen  vergleicht 75 .  Nicht  nur  in  der  Schrift  gegen  [268]  die  Monophysiten 76 ,  sondern  auch  in  Adv.  Nestori­ anos  1,51  und  1,52  geht  Leontios  dieser  Fragestellung  nach.  „Das  Ganze  ist  vollkommener  als  seine  Teile":  Diese Prämisse seiner Gegner lehnt Leontios dort als anthropologisches Axiom ab77. Es gelte nicht bei einer άσύγχυτος  ενωσις·78,  sondern  nur,  wenn  bei  der  Synthese  „etwas  ande­ res"  oder  ein  anderes  Eidos  (ετερόν  τι  είδος)  entsteht 79 .  Das  Prinzip  der  Gegner:  „Jede  Synthese führt ... für das Ganze ein im Vergleich zu den Eide der Teile verschiedenes (und darum andersartiges) Eidos ein" 80 , d.h. jede Synthese bedinge und begründe die Wesensverschiedenheit des Ganzen im Hinblick auf seine Teile81, lehnt er ab, ohne aber die Redeweise von einer „gewissermaßen neuen Natur"  (καινότερα  φύσις)  zu  unterlassen.  Was  versteht  er hier  aber  unter  diesem  Begriff?  Das „gewissermaßen Neue" ist nach Adversus Nestorianos darin zu sehen, daß „auf Grund der (anthropologischen) Synthese im Vergleich zur Seele und zum Leib (im Menschen) 82 gewisse ,sozusagen neue' 83 naturhafte Eigenschaften" auftreten 84 . Oder, wie er es gegen die Monophysiten formuliert: „Jede Einigung zu einer gewissermaßen neuen Natur'  (καινότερα  φύσις)  ...  zeigt, daß diese Natur etwas besitzt, was keine der geeinten Naturen als solche für sich schon besitzt" 85 . Im Zusammenhang geht es hier um das Wirken Christi; die Frage der Energien kündigt sich unüberhörbar an. Ein „neues Eidos", welches dem Axiom der „unvermischten Einigung" widerspräche, kann Leontios den Monophysiten nicht zugestehen 86 . Wie wirken bei Wundern Christi wie z.B. beim Wandeln auf dem Meere die beiden Naturen zusammen  (συνεργεΐν)87?  75 

Vgl.  Contra  Monophysitas,  21,  PG  86,  2 , 1 7 8 1  D  11­13. 

76  77 

Ebd.,  4,  1772  AB;  St.  Otto,  Person  (S.  106  [218],  Anm.  15),  140ff.  Adv.  Nest.,  I,  51,  1513  C  7 ­ 9 .  D  9­11;  1517  C  4 ­ 8 . 

78 

Ebd.,  1516  C  12­D  1. 

79  80 

Ebd.,  1517  Β  7­10.  Ebd., 1,52,1521D12­14:...  πάσα σϋνθεσι? 'έτερον...  παρά των μερών είδη έπασάγβ  τω ολω άδο?. 

81  82 

Ebd.,  1524  C  12­13.  Im  Argument  von Adv.  Nest., I, 51  (Text: Anm.  84), heißt es: ό άνθρωπος·  ...  προΐσχεταί. 

83 

Ebd.,  1517  C  7:  καινοτέρα?  τινά?  ιδιότητα?  φυσικά;. 

84 

I,  51,  1517  C  4­8:  ό  άνθρωπος  ...  em  τη  συνθέσει  καινότερα?  τινά?  παρά  ψυχήν  τε  και  σώμα  ιδιότητα?  φυσικά?  προίσχεται.  Christologisch  gewendet,  spricht  Leontios  von  einem  τι  καινότερον  ιδίωμα  φύσεω?,  „neu"  im  Vergleich  zu  den göttlichen und menschlichen Idiomen (ebd., 1517 C 9-11). Contra Monophysitas, 6 , 1 7 7 2 C 8-11. Ebd., 1772 D 4: ού φύσεω?  w  ιδίωμα  συνθέτου.  Vgl.  ebd.,  1773  A  2 ­ 3 .  Ebd.,  1773  A  12­15;  vgl.  ebd.,  1772  D  2­3. 

85 86 87 

Das anthropologische Paradigma im sog. Neuchalkedonismus

155

Das anthropologische Paradigma scheint hier dem Leon[269]tios die Lösung sinnvoll zu verdeutlichen, wenn man nur von „der Notwendigkeit einer naturhaften Einigung" 88 , welche dem Zusammenwirken von Leib und Seele im Menschen eignet 89 , absieht. Seele und Leib offenbaren in ihrem Zusammenwirken, daß hier zwei Naturen und deren Energien, und zwar unvermischt 90 , gegeben sind; und dies erweist sich, so fährt Leontios unbeholfen und mißverständlich fort, „aus ein und derselben Natur des Menschen" 9 1 . Entscheidend ist, daß diese eine „gewissermaßen neue" Natur des Menschen im Unterschied zu dem neuen Eidos einer „synthetischen Natur" dem Axiom der „unvermischten Einigung" gehorcht und doch im Vergleich mit dem, was in ihr unvermischt gewahrt wird, „etwas anderes", „etwas gewissermaßen Neues" besitzt 92 . Vieles bleibt offen und unbedacht, wenn Christus ein τι  καινότερον  ιδίωμα φύσεως  zugeschrieben  wird 93 .  Wie bei Leontios von Byzanz  ist es das Problem  des Eidos  Mensch, über den Byzantiner hinaus ist es das Problem des Wirkens Christi, zwei Probleme also, die dahin drängen, die Axiomatik der hypostatischen Union wesensverschiedener Naturen, in welcher die Strukturähnlichkeit der christologischen und anthropologischen Synthese gründet, zu transformieren. Daß der Begriff der „gewissermaßen neuen Natur" beide Leontioi eindeutig scheide, ist m.E., sollte man nicht nur der terminologischen Ebene verhaftet sein, nicht einsichtig zu machen. Man lese nur CNE 1,5 nach94. Damit möchte ich selbstverständlich nicht behaupten, beide Lösungsangebote oder sogar beide christlichen Denker seien identisch. [270] Ein zweites Moment zur Transformation der Axiomatik liegt in dem Zug der neuchalkedonischen Christologie, die Schau der Logosherrschaft Kyrills und seiner Christologie „von oben" zu rezipieren, 88

Ebd., 1772 D 13-14: ούτε κατά φυσικής ενώσεως ανάγκην ώς ψυχή eis σώμα ανθρώπου γέγονεν. Schon der Vergleich von Leib und Seele mit Flöte und Flötenspieler (1772 C 14^15) sollte davor warnen, hier eine aristotelisierende Deutung des anthropologischen Paradigmas einzutragen. Man vgl. dazu auch St. Otto, Person (S. 106 [218], Anm. 15), 142f. Von einer Disqualifizierung des Paradigmas scheint mir hier pace S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (S. 105 [218], Anm. 12), 211 (zitiert S. 123 [236]), nicht die Rede zu sein. Auch D.B. Evans bringt in seiner Rezension zu St. Otto in BZ 67,1974,165, zu dieser Stelle keine Klärung. 89 Contra Monophysitas, 6,1772 C 10-14. 90 Vgl. Anm. 86. 91 Contra Monophysitas, 6, 1773 A  2-4:  δείκνυσι  ...  δυο φύσεων  ίδικάς  ενεργείας·  εκ τής  αυτής· μίας φύσεως αύτοΰ (seil, τοΰ άνθρωπου).  92  Im  gewissen  Sinn  hat  die  moderne  Forschung  schon  recht,  hier  eine  gewisse Annäherung an den Monophysitismus zu sehen, von dem sich aber die Aussagen, sofern sie auf die unvermischte Wahrung der Naturen und Energien setzen, eindeutig abgrenzen. 93 Adv. Nest., I, 51, 1517 C 9-13: EL ουν και τοΰ λόγου και τής  σαρκός συντεθείσης  εστίν  αληθώς TL ίδείν  καινότερον  ιδίωμα  φύσεως  και έν  Χριστώ  παρά τά  θεία  καΐ  ανθρώπινα  ,  δεόντως αν καθ' ύμάς κρεΐττον των μερών και το κατ' αύτόν αποτέλεσμα έροϋμεν.  94  1289  Β 2­1293  Β 10. Vgl.  auch S.  134f.  [247f.]. 

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Das anthropologische Modell

d.h. in dem doch zunächst mehr zweipoligen Denken der chalkedonischen Tradition, welche stets das „Sowohl Mensch-Ais auch Gott" akzentuierte und den Begriff der „einen Hypostase" erst gewinnen mußte, zu integrieren. Entscheidendes leistete bei letzterem das anthropologische Paradigma. Doch die Rezeption der Logoshegemonie sollte im Gegenzug nicht ohne Auswirkung auf die Deutung des anthropologischen Paradigmas bleiben. Einen Ansatz finden wir bei Leontios von Jerusalem. Wir hatten bei der Interpretation des anthropologischen Paradigmas in Adversus Nestorianos 11,14 angesetzt 95 und dort schon das Stichwort fallen lassen: Wie steht es in der Christologie des Leontios mit der schöpferisch-einigenden Dynamik der Logoshypostase? In Adversus Nestorianos 11,14 wird vom individuellen Menschen, der Christus ist96, gesagt, daß ihn, „der nie von der Hypostase des Logos getrennt ist"97, der Logos für sich schuf, ihn mit seiner göttlichen Natur (!) verband 98 . Anderswo heißt es, der Logos habe aus der menschlichen Natur eine „individuelle Natur"^üais  ιδική  τι?)  in  seine  eigene  Hypostase  aufgenommen 99 .  Die  Initiative  liegt  beim  Logos. Daß die Initiative der Menschwerdung „bei Gott" liegt, dürfte selbstverständlich sein. Daß „der Logos Fleisch geworden ist"100, ist biblische Lehre. Daß auf dem Standpunkt einer Christologie „von oben" die Hypostase der einende und unterscheidende Grund für Wirken und Wollen Christi ist bzw. sein könnte, ist hier bei Leontios von Jerusalem noch nicht gesagt101. Doch das Thema der Vergottung ist schon lange und auch bei ihm [271] angeschlagen. Mit der Frage der „gewissermaßen neuen Natur"  (καινότερα  φύσις),  wo  unausgesprochen  des  Areopagiten  Brief  an  Gaius  mitschwingen dürfte 102 , ist der Weg zu einer entsprechenden Transformation der Christologie und ihres Paradigmas eröffnet worden.

95 96 97 98  99  100  101 

102

Ebd., 1565 C 3ff. Vgl. S. 149f. [263f.], zum Zusammenhang bes. Anm. 51. Ebd., 1565 D 15-1568 A 1.11. Ebd., 1568 A 1-2:  τοϋ  κυρίακου  (ανθρώπου)  τοϋ  της  τοΰ  λόγου  υποστάσεως  μή  διακεκριμένου ποτέ. Vgl. auch  S. 150 [264], Anm.  51.  Ebd.,  1568 A  11­14 (zitiert  in Anm.  51).  Adv.  Nest.,  I, 20, 1485 C  15­D  2; I, 29,  1496 A  11­12; I, 42,  1501 D 2­3; I, 52,  1524 Β 4 ­ 6. Vgl. auch S. 147 [261], Anm.  19.  Joh.,  1,14.  Doch  in  Adv.  Nest.,  I,  19,  wo  es zunächst um den vitalen Einfluß der Seele auf den Leib geht (1472 Β 2­3,  und  zwar  im  Hinblick  auf  die  paradigmatische  Funktion;  vgl.  1473  A  15­B  3)  und  anderseits  um  die  Frage  der Leidensunfähigkeit und Unvergänglichkeit  (απάθεια  κα'ι  άφθαρσία)  des Körpers Christi nach seiner Auferstehung (1472  Β 3ff.), kommt  Leontios  in  der  Abfolge seiner  Antwort  auf  die  Frage  der  Frei­ heit  und Sündenlosigkeit Christi zu sprechen (1484 C 3-1485 A 8) und er vergleicht die Logoshegemonie in der Seele des Menschen mit der Hegemonie des göttlichen Logos. Zur Deutung ist zu vergleichen: Ebd., 1,16,1460 D 6-1464 C 4. Ep. 4, PG 3,1072 A 9-11. Β 4. C 4­5. 

Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz

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III. Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz Logos-Hegemonie und anthropologisches Paradigma In der Spätphase des sog. Neuchalkedonismus 1 kündigt sich jene Krise an, welche in der Mitte des 7. Jahrhunderts die chalkedonische Reichskirche in zwei Lager spalten sollte. Bei jenen Autoren, die seit W. Elerts Hinweis auf den innerchalkedonischen Ursprung der monenergetischen Krise2 diese Zusammenhänge zu klären suchten, zeigt sich ein auffälliger „Widerspruch" der Thesen. Die eine Seite, und hier sei als Zeuge Ch. Moeller genannt, behauptet: „Monenergismus und Monotheletismus stammen nicht von extremen Monophysitismus ab, sondern vom Neuchalkedonismus" 3 . Die andere Seite weist darauf hin, daß Maximos der Bekenner auf der Basis der neuchalkedonischen Christologie diese Häresien überwunden habe. S. Helmer drückt dies so aus: „... die neuchalkedonische Theologie (konnte) zumindest auch Basis für die Abwehr des Monergismus und Monotheletismus sein"4 . Die äußeren Ereignisse dieser Krise sind öfter ausführlich untersucht worden 5 . Bestimmend für diese Darstellungen war die Voraussetzung, daß Konstantinopel, d.h. Patriarch und Kaiser, in rein politischer Absicht eine Union mit den Monophysiten anstrebten und deshalb eine Formel suchten, welche „vertretbar" war, welche - wie es in [272] der neuesten Untersuchung heißt 6 - „die Empfindlichkeit der Chalkedonier" (aber auch jene der Monophysiten!) berücksichtigte und Gefühle schonte. Deshalb könne man es dem Patriarchen Sergios (610638) „nicht verübeln, daß er sein ganzes taktisches Geschick anwandte, um den Papst (Honorius) für eine Unionsbewegung zu gewinnen, die er für wichtiger hielt als die den Glauben der Massen nicht berührenden terminologischen Streitigkeiten der Dogmatiker" 7 . 1 2 3

4 5

6 7

Vgl. S. 105 [218], Anm. 12. Der Ausgang der Altkirchlichen Christologie, Berlin 1957, 203ff. Le chalcedonisme (S. 145 [258], Anm. 3), 695, Anm. 167. Weniger klar drückt sich J. Temus, Das Seelen- und Bewußtseinsleben Jesus, in: Das Konzil von Chalkedon (S. 103 [215], Anm. 2), ΠΙ, 1954, lOOff., aus. Der Neuchalkedonismus (S. 105 [218], Anm. 12), 217. Wie er das einschränkende „auch" versteht, führt er nicht aus. G. Owsepian, Die Entstehungsgeschichte des Monotheletismus, Diss. Leipzig 1897; V. Grumel, Recherches sur l'histoire du monothelisme, Echos d'Orient 27, 1928, 6 16; 257-277; 28, 1929, 19-34; 158-166; 272-282; 29, 1930, 16-28. Unter dem Gesichtspunkt einer Konstantinopolitanischen Patriarchengeschichte: J.L. van Dieten, Geschichte der Patriarchen von Sergios I. bis Johannes VI. (610-715), Enzyklopädie der Byzantinistik 24, 4, Amsterdam 1972. J.L. van Dieten, Geschichte (Anm. 5), 43. Ebd.; vgl. ebd., 52f.

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Wenn in diesen Untersuchungen die Frage nach der geistesgeschichtlichen Herkunft des Monenergismus und Monotheletismus gestellt wird, so wird sie im allgemeinen beantwortet, wie sie die chalkedonischen Quellen dieser Untersuchungen beantwortet hatten: Es handelt sich hier um Sprößlinge des Monophysitismus severianischer Prägung 8 , wobei man ganz dem Denkmodell des „Ketzerstammbaums" 9 verhaftet bleibt. Daß es sich um innerchalkedonische „Häresien" handelt, ist zwar im Anschluß an W. Eiert, wie gesagt, neuerdings aufgegriffen worden10; zum inneren Verständnis dieser Bewegungen liegen m.W. jedoch noch keine Untersuchungen vor. Die rein politische Deutung könnte bei der These einer Ableitung aus der in der Reichskirche vertretenen chalkedonischen Christologie noch nachwirken, ja beibehalten werden. Warum sollte man bei einem Politiker nach einem inneren Begründungszusammenhang seiner Aussagen fragen? Dem Politiker kann man es in einer Interpretation anlasten, Glaubensüberzeugungen und Argumente zu „opfern" oder zu „manipulieren".

1. Theodor von Pharan zur Energeia der Hypostase Theodor von Pharan, wahrscheinlich der Initiator des Monenergis[273]mus11, dürfte nach einer bisher unwiderlegten Vermutung von W. Eiert mit Theodor von Raithu, einem Chalkedoniker, „dessen Orthodoxie nie angezweifelt wurde", identisch sein12. In dessen Schrift 8

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10

11 12

Diese Darstellung der byzantinischen Quellen seit Theophanes, Chronographia, hg. v. C. De Boor, Lipsiae 1883, 329,21ff., geht, wie J.L. Van Dieten (Anm. 5), 179ff„ nachgewiesen hat, auf den sog. Sermo ΠΙ des Anastasios Sinaites, PG 89, 1152-1180 (kritische Edition: CCSG 12, 1985, 53-83) zurück. Näheres zur Auseinandersetzung mit R. Bracke, Ad Sancti Maximi Vitam. Studie van de biografische documenten en de levensbeschrijvingen betreffende Maximus Confessor (ca. 580-662), Diss. Leuven 1980, bei K.-H. Uthemann, Die dem Anastasios Sinaites zugeschriebene Synopsis de haeresibus et synodis, AHC 14,1982,69-71. Vgl. die fruchtbare Kritik an diesem Modell für die Frühzeit der Kirchengeschichte bei W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, Beiträge zur historischen Theologie 10, Tübingen 21964. Vgl. die neueren Beobachtungen zu den Harmasiten in Alexandrien bei M. Richard, Anastase le Sinaite, l'Hodegos et le monothelisme, REB 16, 1958, 30-32. In den Quellen des 7. und 8. Jahrhunderts werden diese m.W. fünfmal erwähnt (vgl. Anastasios Sinaites, Viae Dux [S. 104 [216], Anm. 4], Xffl,6,17-20. 9,91; Doctrina Patrum (S. 103 [216], Anm. 2), 271, 13-16, vgl. ebd., S. LXXIXf.; CCSG 12 [Anm. 8]: X, 1,4445.5,8). W. Eiert, Der Ausgang (Anm. 2), 185-190; 207f.; vgl. A. Amann, Theodore de Pharan, DThC XV, 1946, 282. W. Eiert, a.a.O., 203-212; 217-220.

Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz

159

über theologische Propädeutik, Praeparatio oder Προπαρασκευή genannt 13 , die der spätere Bischof von Pharan noch als Presbyter von Raithu verfaßte, habe Maximos Homologetes „den monenergetischen Gifttropfen" entdeckt 14 , nämlich die Bindung der Energeia an die Hypostase statt an die Natur. Gewiß war dieser Gifttropfen nur schwer zu entdecken. Denn er wurde z.B. von einem Dyotheleten, wie es der Kompilator der Doctrina Patrum 15 war, unbesehen übernommen 1 6 . Maximos kennzeichnet im Brief an Marinos von Zypern 17 die betreffenden Aussagen jener Einführungsschrift über den Begriff des Prosopon und der Hypostase 18 dahingehend, daß der Autor genau deren Definitionen seiner eigenen Uberzeugung angepaßt habe, nämlich der Uberzeugung, die Energie sei der Hypostase zuzuordnen 19 , genauer: Sie sei vom Prosopon als Prosopon auszusagen 20 . Dem mag in der Praeparatio durchaus die Definition des Prosopon als jenes, „was durch seine eigenen ενεργήματα und Idiomata seine deutliche und von allen Wirklichkeiten, welche mit ihm gleicher Natur sind, abgegrenzte Erscheinung erwirbt" 21 , entsprechen. Statt von Energemata und Idiomata kann der Autor durchaus auch von Energien und Pro[274]prietäten (ένέργει,αί  τε  και  ιδιότητες)  sprechen 22 .  Durch  die  Energeia  wird  das  Individuum  (erst)  erkannt;  deshalb  werde  „das,  was  selbst  das  Wirkende  ist",  Prosopon  genannt.  Dieser  Name  gelte  nicht  nur für die sinnliche Anschauung, sondern auch für die geistige Erkenntnis 23 . In

13 14 15

Hg. v. F. Diekamp, Analecta Patristica, OCA 117, Roma 1938,173 bzw. 185-222 (CPG 7600). Vgl. S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (S. 105 [218], Anm. 12), 232-235. W. Eiert, a.a.O., 208; vgl. Maximos der Bekenner, Opusc. 10, PG 91, 136 C lOff. Hg. v. F. Diekamp (S. 103 [216], Anm. 2).

16 17

Ebd., c. 6, X V n , 41,2-23 (Praeparatio [Anm. 13], 204,10-206, 11). Opusc. 10, P G 9 1 , 1 3 3 A-137 C.

18 19

Ebd., 136 C 12-13. Ebd., 136 C 1 3 - D 3:  ώς  έν  εισαγωγή?  τρόπω  ....  ·  έν  δέ  τω  περι  προσώπου  και  υποστάσεως  λόγω  ... έαυτω φαίνεται  στοιχήσας πως ύποστατικήν  λέγοντι  τήν  ένέργειαν.  Ebd.,  136  D  8­10:  τω  προσώπω  δεδωκώς  ώς  προσώπω  την  χαρακτηρίζουσαν  την  φύσιν  ένεργειαν.  Praeparatio  (Anm.  13),  206,5­7.  Gegen  die  Behauptung  von  W.  Eiert,  Der  Ausgang  (Anm.  2),  209,  und  J.  Ternus,  Das  Seelenleben  (Anm.  3),  104,  Anm.  15,  in  der  Hypo­ stasendefinition  der  Praeparatio,  205,15­17,  liege  der  erste  Satz  vor,  in  d e m  die  Energie  auf  die  Hypostase  bezogen  sei,  ist  m.E.  geltend  zu  machen, daß hier  ενερ­ γεία  deutend  zu  πράγματι  tritt  und  nur  den  Wirklichkeitscharakter  des  Subsistierens  im  έν  ύποκείμενον  aussagt.  Im  Sinn  einer  υποστατική  ενέργεια  kann  dieser  Satz  ei­ gentlich  nicht  verstanden  werden.  Praeparatio  (Anm.  13),  206,15­16. 

20  21 

22  23 

Ebd.,  206,10­13;  vgl.  auch  ebd.,  213,28­214,  4. Auffällig ist, daß sich das Interesse des Autors schon im ersten Teil seiner Einleitungsschrift auf die Bestimmung der hypostatischen Einigung richtet (191,14ff.), wobei die Wirkung der Logoshypostase akzentuiert wird (192,9-25).

160

Das anthropologische Modell

diesen Aussagen konnte durchaus der Ausgangspunkt für einen innerchalkedonischen Monenergismus, für die These einer  μία  ενέργεια  ύποστατική,  liegen.  Hier  lag  ein  Angebot  an  die  sog.  neuchalkedonische  Christologie  vor,  deren  Anliegen  es  doch  offenbar  war,  neben  dem  zweipoligen  „Sowohl  Mensch­Ais  auch  Gott"  die  Funktion  der  einen  Hypostase  zur  Geltung  zu  bringen.  Theodor  von  Pharan,  der  dem  alexandrinischen  Patriarchen  und  Augustalios  (Vize­Kaiser)  Kyros  633  zur  Union  mit  den  Monophysiten  verholfen  hatte 24 ,  war,  wie  es  der  Bericht  des  Maximos über das Schreiben des Patriarchen Sergios nach Armenien an Paul den Einäugigen 25 zeigt 26 , Bischof der chalkedonischen Reichskirche und für seine Zeit gewiß eine Autorität in theologicis. Das entscheidende Kapitel in der Unionsformel von 633 ist das 7. Anathem 27 und damit die Frage, wie die Formel von der einen  (μία)  bzw.  von  der  „gewissen  neuen  gottmenschlichen  Energie"  (καινή  τις  θεανδρική  ενέργεια)  des  Ps.  Dionysios  vom  Areopag 28  auf  der  Basis  der  Formel  von  Chalkedon  interpretierbar  ist,  d.h  eigentlich  genauer  auf  der  Basis  einer  neuchalkedonischen  Vermittlungschristologie  und  da­ mit  aus  der  Sicht  der  alexandrinischen  Logoshegemonie 29 . Daß diese Basis auch jene des Theodor von Pharan ist, hat W. Eiert auf Grund [275] der Fragmente 30 hinreichend gezeigt 31 . Die Menschheit Christi ist nur Organ; die Energie ist in allem, was von Christus gesagt werden kann, die eine Energie der Gottheit des Logos 32 . Ganz  ex  mente  Cyrilli ist der Logos der Bewegende; der menschliche Leib, die menschliche Seele und ihre Vernunft werden von ihm bewegt: Alles, was vom Herrn im 24

W. Eiert, Der Ausgang (S. 157 [271], Anm. 2), 186; 187f.; 228f.

25

V. Grumel, Les Regestes des actes du Patriarcat de Constantinople, Vol. I, Fase. I, Paris 2 1972, Nr. 282. Vgl. J.L. Van Dieten, Geschichte (S. 157 [271], Anm. 5), 28f. Disputatio cum Pyrrho, PG 91, 332  Β  lOff.,  bezeichnet  Georg  Arsas  als Anhänger Pauls des Schwarzen ( t ca. 584) und Paul den Einäugigen als Severianer, ordnet aber Theodor von Pharan keiner häretischen Gruppe zu. Vgl. auch W. Eiert, Der Ausgang (S. 157 [271], Anm. 2), 187f.; 220f. Mansi, XI, 565 C-E.

26

27 28 29  30 31 32

Ep. 4, PG 3, 1072 C 4—5. Vgl. Sophronios' Stellungnahme gegen die  μία­Lesart:  Syn­ odica,  Mansi,  XI,  488  D  6 ­ 1 1  (PG  87,  3,  3177  BC).  Der  Areopagit  selbst  ist  m.E.  nur  in  einem  solchen  Kontext  verstehbar.  Dies heißt aber zugleich, daß sein konfessioneller Standpunkt für uns unbestimmbar bleibt. Zusammenstellung derselben bei W. Eiert, Der Ausgang (S. 157 [271], Anm. 2), 222, Anm. 1, und in CPG 7601-7602. W. Eiert, Der Ausgang (S. 157 [271], Anm. 2), 222-225. Vgl. bes. Fragment 11, Mansi, XI, 572 A 5 - 8 (Mansi, X, 961 D 4-7); dazu Pp. Martin I. in Mansi, X, 964 AB. - J. Ternus, Das Seelenleben (S. 157 [271], Anm. 3), 102-105, deutet diese Logoshegemonie als einen psychologischen Monophysitismus. Der Logos erscheint so als „dynamisch-vitales Subjekt aller menschlichen Erfahrung und Betätigung Christi". Vgl. unten S. 167f.; 174f. [282f.; 289f.], bes. 193f. [308-310],

Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz

161

NT berichtet wird, „geht hervor und quillt sozusagen heraus 33 aus der Weisheit, Güte und Kraft des Logos"34. Daß Theodor von Pharan dabei in seiner Interpretatio Patrum testimoniorum auch den vierten ps.dionysianischen Brief an Gaius35 in diesem Sinn deutete, ist zwar wahrscheinlich, aber trotz der Argumente von W. Eiert nicht gesichert36.

2. Die Offenheit des sog. Neuchalkedonismus für eine hypostatische Energie Christi Theodor von Pharan steht bei den Chalkedonikern nicht allein, wenn er das Wirken von der Hypostase aussagt. Gegner wie Sophronios von Jerusalem, betonen zwar im Sinn des „agit enim utraque forma" Leos d. Gr.37, daß jede der Naturen entsprechend ihrer naturhaften Eigenart wirke38. Anderseits sagt Sophronios, Ansatz und Grundanliegen der chalkedonischen Formel aufgreifend, daß es „ein und derselbe Christus und Sohn" sei39, das heißt doch die eine Hypostase, die wirkt, was beiden Naturen gemäß ist, das Göttliche und das Menschliche40, Wunder und [276] Passion, kurz das, was das NT als Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen überliefert 41 . Die chalkedonische Formel der  άσύγχυτος·  και  αδιαίρετο?  ενωσις·  gilt für die Naturen und für die Energien42. Sie muß für letztere gelten, weil die Naturen aus den Energien erkannt werden 43 . Die Aufhebung der Differenzen im Bereich der naturhaften (!) Energien bedeutet die Aufhebung der Differenzen im Bereich der Usien. Doch gehen diese Energien „aus ein und demselben Christus und Sohn, d.h. aus seiner einen synthetischen und singulären Hypostase" hervor 44 , wenn es auch so ist, daß „der inkarnierte Logos ... (sie) entsprechend seinen Naturen aus sich selbst naturhaft hervorbringt

33  34  35  36 

αρχόμενα  και  οίον ειπείν  πηγάζοντα.  Fragment  3, Mansi, 568 D  (Mansi,  X, 960 BC).  Ep. 4, PG 3, 1072 AC, bes. C 4­5  (vgl. Anm.  28).  W.  Eiert,  Der  Ausgang  (S.  157  [271],  Anm.  2),  225­227.  Es muß ebd. nicht Mansi X, 986 heißen, sondern X, 968 BC. 37 Tomus ad Flavianum, hg. v. E. Schwartz, ACO 11,1,1, 14,27; hg. v. C. Silva-Tarouca, S. Leonis Magni Tomus ad Flavianum episc. Constaninopolitanum, Romae 1959, Nr. 94, S. 26. Vgl. Sophronios, Synodica, Mansi, XI, 480 D 5ff. (PG 87, 3; 3168 D-3169A). 38 Synodica, Mansi, XI, 481 A 3-1 (PG 87, 3, 3169 A). 39 Ebd., 481 A 4-5.B 8-9; 488 A 6.12-13 (3169 BC; 3176 CD). 40 Ebd., 480 C 5ff. (3168 C). 41 Ebd., 481 A 5-7 (3169 B); vgl. 484 A 5-9 (3172 BC). 42 Ebd., 481 C 8-D 2 (3169 CD). 43 Ebd., 481 Ε 12­484 A 5 (3172 Β).  44  Ebd., 484 A 5­10 (3172 BC). 

162

Das anthropologische Modell

(προβαλλόμενος·)"45.  Hier  zeigt  sich  die  Freiheit  des  Logos;  auch  das  Menschliche,  insbesondere  die  Passion,  wirkte  er  freiwillig 46 .  Er  blieb  darin  der  „Herr  und  Gebieter"  (πρυτάνι?)47.  Die  alexandrinische  Logos­ hegemonie  hatte über die Vermittlungschristologie des 6. Jahrhunderts volles Heimatrecht im chalkedonischen Denken gewonnen; Sophronios wiederholte sie einfach. Daß auch er bei aller Betonung der zwei Naturen und naturhaften Energien das Wirken Christi entscheidend an die Hypostase band, scheint ihm keine Schwierigkeiten zu machen. Er stößt sich mehr an der Bekenntnisformel der Gegner: An deren Formel von der einen theandrischen Energie 48 . Die Offenheit des Neuchalkedonismus des 6. Jahrhunderts für die eine hypostatische Energie des Theodor von Pharan zeigt sich besonders deutlich bei Anastasios I. von Antiochien (559-598) 49 . Seit dem Tomus [277] Leonis einerseits 50 und der Unionsformel von 433 anderseits 51 , d.h. seitdem die Frage nach den Arten der neutestamentlichen Christusaussagen  (φωναί), nämlich nach der Unterscheidung von Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen bzw. nach einer dritten Klasse vermittelnder Aussagen, gestellt war 52 , war auch die Frage nach dem Subjekt dieser Aussagen und damit die Frage nach dem Wirken Christi gestellt. In diesem Sinn ist es gewiß nichts Besonderes, wenn diese Fra-

45

Ebd., 484 A 10-12 (3172 C). Vgl. ebd., 488 A 4 - B 3 (3176 CD).

46

Ebd., 484 C 6 ^ 8 5 C 3 (3172 D-3176 A); 489 A 1 2 - D 1 (3177 D-3180 C).

47

Ebd., 485  Β  5 ­ 7  (3173  D).  In  der  „Freiwilligkeit",  mit  welcher  der  Logos  alles  Menschliche,  insbesondere  die  Passion  wirkte (gewiß nicht nur  εκουσίως·,  sondern  auch  φυσικώς:  485  Β  3 ^  [3173  D]),  sieht  Sophronios  das „Übermenschliche" des Wirkens Christi, wie es Ps. Dionysios Areopagites in der Ep. 4, PG 3, 1072  Β  6,  aus­ sagt, begründet: Ebd., 485  Β  8 ­ 1 2  (3173  D);  vgl.  ebd.,  485  Ε  8 ­ 4 8 8  A  1  (3176  C). 

48 

Die  καινή  τι?  θεανδρική  ενέργεια  des  Ps.  Dionysios,  Ep.  4,  1072  C  4 ­ 5 ,  vermittelt  er  mit  der  Aussage  Kyrills  von  Alexandrien über die drei Arten christologischer Aussagen des N T in der Epistula ad Acacium Melitenum (ep. 40), hg. v. E. Schwartz, A C O 1,1,4, 27,22f. (PG 77,196 A 15-B 2): Vgl. a.a.O., 488 D 3 - 5 (3177 B). Näheres, insbes. zur Wirkungsgeschichte, vgl. den Apparat in der Edition von Anastasios Sinaites, Viae Dux (S. 104 [216], Anm. 4), 1,2, 76-124;  ΧΙΠ,5,  110­120,  der  jedoch  kein  Ver­ treter  des  sog.  Neuchalkedonismus  gewesen  ist.  Zur  Christologie  des  Anastasios  liegen  zwei  Untersuchungen  vor,  die  aber für unsere Fragestellung nur wenig beitragen: S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (S. 105 [218], Anm. 12), 219-224; G. Weiss, Studia Anastasiana I. Studien zum Leben, zu den Schriften und zur Theologie des Patriarchen Anastasius I. von Antiochien (559-598), Miscellanea Byzantina Monacensia 4, München 1965, 181-210.

49 

50

Vgl. Anm. 37.

51

Vgl. Kyrill von Alexandrien, Ad Iohannem Antiochenum (ep. 39), hg. v. E. Schwartz, A C O 1,1,4, 17,17-19 (PG 77,177 A 13-B 1), der den Wortlaut des Johannes (ACO 1,1,4, 9,5-7 [PG 77,172 D 11-173 A 4]) wiederholt. Vgl. dazu den Quellenapparat zu Anastasios Sinaites, Viae Dux (S. 104 [216], Anm. 4), X.l,2,1-5. Vgl. Anm. 48 und den in Anm. 51 genannten Quellenapparat.

52

Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz

163

ge nach der Energeia Christi von Anastasios in verschiedenen Werken angeschnitten wird 53 . Um das Wirken Christi zu bestimmen, geht der Antiochener vom anthropologischen Paradigma aus, welches er öfter anführt und als Bild (εϊκών) sowie bestmöglichen Vergleich für die christologische Synthese akzeptiert 54 . Er unterscheidet das Wirken der Seele als solcher erstens von jenem Wirken, bei dem diese den Leib (als Organ) 55 benutzt, zweitens von jenem Wirken, in dem der beseelte Leib sich äußert, und drittens vom bisher Genannten das eine Ergebnis der Energeia (της  ενεργείας  αποτέλεσμα  εν),  welches  der  konkrete,  aus  Seele  und  Leib  konstituierte  Mensch  erwirkt 56 .  Angewandt  auf  den  mensch­ gewor[278]denen  Logos 57 ,  gibt  dies  die  dreifache  Unterscheidung göttlicher und menschlicher Energie sowie (aus diesen beiden unterschiedenen Energien) „das eine Wirken und die eine Tat des einen Christus" (τό  αποτέλεσμα  εν  καΐ  τοΰ  ενός­  Χρίστου).  Dabei  betont  Anastasios, daß dieses eine Resultat aus den Energien vergleichbar ist mit der aus den Naturen konstituierten „einen untrennbaren und unvermischbaren H y p o s t a s e "  (μία  ύπόστασις·  αδιαίρετος  τε  και  άσύγχυτος·) 58 . 

53 

Vgl.  Capita  philosophica  (CPG  6945),  65;  68­72,  hg.  vom  Verf.,  OCP  46,  1981,  352f.;  Apologia  tomi  Leonis  (CPG  6952),  Fragm.,  Mansi,  XI,  435  Ε­B;  De  operationibus,  Fragm.  I; II  (CPG  6953),  in:  Doctrina  (= S.  103  [216],  Anm.  2),  c.  12,1,  78­80;  c.  21,  V n i ,  135,23­136,6;  Contra  Iohannis  Philoponi  ,Diaetetem'  (CPG  6956),  Fragmente  bei  Ma­ ximos  dem  Bekenner,  Opusc.  20,  PG  91,  229  C;  232  BC;  Orationes  dogmaticae  (CPG  6944),  hg.  v.  J.­B.  Pitra,  Anastasiana,  Romae  1866,  1,9;  26,  S.  64;  73;  11,2­4,  S.  76­77;  111,24, S.  89. 

54 

Orationes  dogmaticae  (Anm.  53),  ΙΠ,6;  8,  S.  81,24­29;  82,  21ff.;  IV,3,  S.  91,11;  Dialogue  cum  tritheita  (CPG  6958),  hg.  v.  St.N.  Sakkos,  'Αναστασίου  Α '  Αντιοχείας  άπαντα  τα  σωζόμενα  γνήσια  έργα,  Thessaloniki  1976,  98,37ff.;  114,4ff.  (vgl.  dazu  die  Edition  des  Verf.s  in  Traditio  37,  1981,  101);  Contra  Iohannis  Philoponi  ,Diaetetem'  (Anm.  53),  Fragment  in  der  Doctrina  (S.  103  [216],  Anm.  2),  c. 29,1­ΠΙ,  204­205. 

55 

Orationes  dogmaticae  (Anm.  53),  111,23,  S.  88,  wo  das  όργανον  als  όχημα  της  θείας  φύσεως  bezeichnet  wird.  Der  Hintergrund  ist  die  Lehre  vom  Seelenwagen. 

56 

De  operationibus,  Fragm.  I  (Anm.  53),  79,9­18.  ­  In  der  Oratio  dogmatica,  II,  4,  S.  77,  findet  sich  eine  Analyse  des  Energeia­Begriffs  als  Begriff  einer  naturhaften  Potenz  die  durch  das  Ziel  (άποτέλεσμα),  welches  die Wirkursächlichkeit leitet, und durch deren „Bewegung" realisiert wird. Vgl. dazu auch Oratio dogmatica,  ΙΠ,8,  S.  82,24:  Das  Resultat  (αποτέλεσμα)  der  Naturensynthese  (vgl.  ebd.,  ΙΠ,9,  S.  83,5­8)  wahrt  die  Eigenart  der  Naturen.  De  operationibus,  Fragm.  I  (Anm.  53),  79,18­19:  τον αύτόν  τρόπον  και  em  τοΰ  σωτήρος  ήμών τοΰ  ένανθρωπήσαντος  θεοΰ λόγου νοοϋμεν. 

57  58 

Ebd.,  79,19­80,3.  S.  Helmer,  Der  Neuchalkedonismus  (S.  105  [218],  Anm.  12),  220:  „Sein  Denken müht sich um das Problem, wie die  Struktur und die  Wirksamkeit der einen zusammengesetzten Hypostase unter Bewahrung der natürlichen göttlichen und menschlichen Eigentümlichkeiten zu denken sei".

164

Das anthropologische Modell

Die Hypostase gewinnt als Subjekt einender und unterscheidender Relationen 59 eine inhaltliche Auffüllung: Ihr entspricht der Struktur nach das α π ο τ έ λ ε σ μ α ev aus den Energien. Das konkrete Wirken Christi, das Resultat seiner naturhaften Energien, ist das, was der Gläubige im Blick auf das Neue Testament an Christus sieht, sozusagen seine „Persönlichkeit", welche sich in Taten - Wunder und Passion - dargestellt hat. Und Anastasios ist jemand, der im Vergleich zu seinen Zeitgenossen auffällig oft zum Bibeltext greift60. So wenig wie die menschliche Realität des Herrn, seine Sarx, jemals für sich (καθ' έ α υ τ ή ν ) subsistiert, so wenig wirkt sie für sich  ( ι δ ί α  και  α ν ά  μ έ ρ ο ς ) 6 1 .  So vertritt  Anastasios  auf  Grund  der  hypostatisch begründeten Einigung und auf Grund des gemeinsamen Ziels der Ener[279]gien 62 ( κ ο ι ν ω ν ί α  τ ο ΰ  σ υ μ π ε ρ ά σ μ α τ ο ς )  das Bekenntnis  zur  „einen  Energie" !  Zugleich  wird  die  Hypostase  im  christologischen  Denken  des  Ana­ stasios  zu  einem übermächtig wirkenden Prinzip. Ganz im Zuge des Gedankens der Vergottung  (θεωσις·)  wird  im  Fragment  aus  der  Schrift  an  einem  Grammatiker  Sergios63  gesagt,  die  menschliche  Natur  werde  in  Christus  von  der göttlichen verdeckt, so daß es schwierig sei, sie überhaupt zu unterscheiden 64 . Denn sie werde im Hinblick auf die aufnehmende göttliche Natur verwandelt (!)65. Die menschliche Natur wird in der Einigung „so sehr überwältigt, daß sie nicht mehr die Na59

Anastasios vertritt in De operationibus, Fragm.  Π  (Anm.  53),  134­136,  eine  in  einer  nicht ausdrücklich formulierten Theorie gestufter Subsistenz und Individuation (134,18-20; 135,23-24) begründete Theorie der naturhaften Einigung und hypostatischen Unterscheidung, welche Christus in seiner Beziehung zu Gott Vater und zu den menschlichen Individuen kennzeichnet (134, 20-135, 1). Durch die Abwehr des tritheistischen Begriffs der  ούσία  ιδική  (vgl.  Oratio  dogmatica,  1,16­19;  22,  S.  68­71)  scheint  bei  ihm  die  terminologisch  klare  Ausarbeitung  einer  gestuften  Individuation  zu  kurz  zu  kommen;  dies  zeigt  sich  besonders  in  Oratio  ΠΙ,  12­14;  17­18,  S.  84­86.  Der  Sache  nach  findet  sich  die  Theorie  der  gestuften  Individuation  in  seinem  Streit­ gespräch mit einem Tritheiten (Anm. 54), 97,9ff.; 101,8ff. 60 Vgl. dazu G. Weiss, Studia (Anm. 49), 132-138. 61 De operationibus, Fragm. II (Anm. 53), 135,23-24; 136,1-6. Vgl. hierzu unten Anm. 71. 62 Contra „Diaetetem" (Anm. 53), Fragment bei Maximos dem Bekenner, Opusc. 20, PG 91, 232 C 8-9; D 6-7. Die Begründung der Gegner  (και  ήμεΐϊ  φαμέν:  232  C  1)  ak­ zeptiert  er,  „weil  nichts Göttliches und Menschliches getrennt verwirklicht wird" (232 A 8-9; Β 14­15).  63  Dieses  Fragment  findet  sich  in  der  Doctrina  (S.  103  [216],  Anm.  2),  c.  20,  VI,125f.,  ohne  jene  einleitenden Sätze, die von anderen Florilegien bezeugt werden und von G. Weiss, Studia (Anm. 49), 128, ediert wurden. Leider fehlt der entsprechende Hinweis in CPG 6957. 64 Ebd., 125,14.17. 65 Im Text fehlt ein Substantiv; es ist sinngemäß zu ergänzen:  μεταποιηθείσης  ττρός  την  προσλαβοϋσαι/  (125,15).  Der  Kontext  legt  ein  φύσιι;  nahe;  doch würde man hier statt dessen eine Aussage über die Hypostase des Logos erwarten (vgl. 126,6).

Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz

165

tur eines Menschen  (φύσις  άνθρωπου)  zu  sein  scheint" 66 .  Sie  wird  ver­ göttlicht; doch, so fügt Anastasios schnell hinzu, wahrt sie ihren wesenhaften Unterschied 67 . In den Dogmatischen Reden 68 und im Streitgespräch mit einem Tritheiten 69 klingt manches nüchterner, wenn auch undifferenziert, mißverständlich und biblizistisch. Eine dynamische Christologie „von oben" kommt aber auch hier zum Tragen. Der Logos „macht sich die menschliche Realität (Sarx) zu eigen und einigt sich mit ihr auf jene Weise, wie die Seele sich mit dem Leib verbindet" 70 . So formuliert, kann das Paradigma gefährlich werden: Für die Versuche, den Hypostasenbegriff inhaltlich - z.B. vom integrierenden Moment her, welches naturhafte Wirkvermögen und deren Wirken erst zur einen Wirklichkeit eines wirkenden Subjekts zusammenbindet  (άποτέλεσμα  e'i>!)  und  diese  Wirklichkeit  so  als für-sich-seiende abgrenzt - zu füllen, besteht nun [280] die Gefahr, das entscheidende Für-sich-sein der personalen Subsistenz zu verfehlen 71 . Maximos der Bekenner meinte zwar, Anastasios habe bei diesem Versuch einer inhaltlichen Füllung des chalkedonischen Hypostasenbegriffs weder eine wesenhafte 72 noch eine hypostatische  μία  ενέργεια  vertreten 73 .  Doch  eine  Bindung  des  „einen  Resultats"  (αποτέλεσμα  ev)  der  naturhaften  Energien  an  die  Hypostase  des  Menschen  bzw.  des  Logos  hat  er  vollzogen,  und  zwar  vor  jeder  monenergetischen  Krise.  Ein  systematischer  Denker  war  Anastasios  nicht;  dem  Zugleich  mo­ nophysitischer  und  dyophysitischer  Formel  nicht  abhold,  mochte  er  vermeinen,  mit  der  „energetischen" Füllung des Hypostasebegriffs eine Vermittlung der Standpunkte zu leisten733. 66 67 68 69 70 71

Ebd., 126,5-7. Ebd., 126, 7-9. CPG 6944; vgl. Anm. 53. CPG 6958; vgl. Anm. 54. Oratio dogmatica, IV,3, S. 91,10-11. Im Tritheitendialog (Anm. 54) definiert Anastasios die Hypostase ausdrücklich als το  καθ'  αυτό  θεωρούμενον  (ebd.,  101,23f.; vgl.  ebd.,  116,3).  Vgl.  hierzu  S.  164  [278]  zu  Anm.  61,  ferner lohannes  Grammatikos  (S. 119  [232], Anm.  13­14)  und  Leontios  von  Byzanz  (S. 133 [246], Anm.  108).  72  In  der  Terminologie  des  Maximos  liefe  eine  solche  auf  ein  eigentlich  monophysiti­ sches Verständnis hinaus, während die Behauptung einer hypostatischen Energie für ihn einen impliziten Nestorianismus bedeutet. 73 Opusc. 20, PG 91, 232 C 12-D 6. 73a Die zu wahrende Einheit der Christusgestalt, des Gottmenschen, dürfte auch das Anliegen in seiner Apologie für den Tomus Leonis (CPG 6952) gewesen sein: Eis  γαρ  ήν  και  εστί  κα'ι  διαφόρων  ενεργών  διά  των  διαφόρων  αύτοϋ  φύσεων,  auch  wenn  er  be­ tont, daß in Entsprechung zu den Usien an zwei Energien festzuhalten ist. Vgl. Mansi, XI, 437 A 4-5. Β 5­7. 

166

Das anthropologische Modell

3. Das anthropologische Paradigma im Schreiben des Sergios an Honorius Die alexandrinische Union von 633 zwischen der chalkedonischen Reichskirche und den Theodosianern, d.h. der monophysitischen Kirche Ägyptens, stößt, kaum zustandegekommen, auf heftigsten Widerstand, und so findet schon Ende 633 die erste Kontaktnahme in dieser Frage zwischen dem Patriarchen Sergios von Konstantinopel und dem Papst Honorius statt; ersterer schreibt einen Brief nach Rom 74 . Das Antwortschreiben sollte Papst Honorius den Ruf eines Ketzers einbringen. Im Schreiben des Sergios findet sich nun an entscheidender Stelle das anthropologische Paradigma. Um jeden Streit zu vermeiden, solle man - und so habe er auch [281] schon an den Patriarchen Kyros von Alexandrien geschrieben 75 die Formeln „eine Energeia" bzw. „zwei Energeiai" besser vermeiden 76 und statt dessen in Anschluß an die Tradition der Symbola ökumenischer Synoden für das Bekenntnis eintreten: „Ein und derselbe 77 eingeborene Sohn, unser Herr Jesus Christus, der wahre Gott, wirkt sowohl das Göttliche als auch das Menschliche, und jede gott- und menschgemäße 78 Energie geht aus ein und demselben fleischgewordenen 79 Wort

74

75

76 77 

78 

Mansi, XI, 529 A-537 B. Vgl. V. Grumel, Regestes (S. 160 [274], Anm. 25), Nr. 291. Der uns im folgenden interessierende Abschnitt aus diesem Brief dürfte de facto mit der Aussage der sog. Psephos des Sergios vom Sommer 633 (vgl. V. Grumel, a.a.O., Nr. 287) identisch sein. Mansi, XI, 533 C 12-13. Gemeint ist der Brief, welchen die Akten der Synode von 649 überliefern: Mansi, X, 972 C-976 Β; V. Grumel, Regestes (S. 160 [274], Anm. 25), Nr. 290. - Der Zusammenhang zeigt, daß es sich beim Vorschlag, weder die Formel von der „einen Energie" noch jene von den „zwei Energien" zu gebrauchen und statt dessen von dem einen Christus zu sprechen, der alles wirkt, was das NT überliefert, nur u m eine pastorale (oder taktische?) Rücksichtnahme auf jene handelt, welche in der Bekenntnisformel von der „einen Energie" die Aufhebung des Glaubens von Chalkedon sehen (Mansi, XI, 533 D 8-13), bzw. auf jene, welche an der „ZweiEnergien-Formel" Anstoß nehmen, weil sie von keinem Vater benutzt wurde (!) und den Eindruck erweckt, man bekenne zwei sich widerstreitende Willen in Christus und damit in letzter Konsequenz zwei Subjekte, die sich Widersprechendes wollen (ebd., 533 Ε 1-10). Auf die letztgenannte Argumentation, welche das dyoenergetische Bekenntnis als Konsequenz und Ausdruck eines nestorianischen Christusglaubens auszuweisen sucht, werden wir im folgenden noch ausführlich zu sprechen kommen. Mansi, XI, 533 C 12-13: ... μηκέτι τοϋ  λοιποί)  tlvi  συγχωρεί^  μίαν  ή  δύο  προφέρεις  ενεργείας  έιτί  Χρίστου  τοϋ θεοΰ ήμώυ.  Vgl.  das  Bekenntnis  von  Chalkedon  (actio  V,  hg.  v.  E.  Schwartz,  Π,  1,2,  129,23.30),  welches  damit bewußt das Symbol von Nikaia (ebd., S. 127,11) bzw. das sog. Constantinopolitanum (ebd., S. 128, 3) aufgreift. Vgl. auch Sophronios von Jerusalem (S. 161 [275], Anm. 39). θεοπρεπής­  ­άνθρωποπρεπής. 

Die Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz

167

Gottes ungeschieden hervor und ist auf ein und denselben (als Prinzip oder Ursache) zurückzuführen" 80 . Denn die menschliche Realität Christi, [282] die Sarx 81 , vollziehe ihre naturhafte Eigenbewegung nie aus einem eigenen Antrieb, der im Widerspruch stände zum Willen des Logos 82 . Und Sergios erläutert (και  σαφώς  ειπείν)  dies  damit, daß, wie der menschliche Leib unter der Leitung der Geistseele steht (ήγεμονεΰεται),  so  die  menschliche Realität Christi unter jener der Gottheit des Logos: Sie ist eine „gottbewegte"  (θεοκίνητο?)83  Wirklich­ keit 84 .  Andernfalls wären in Christus zwei sich widersprechende Willen möglich. Doch in einem und demselben Subjekt  (ύποκείμενον)  ist  dies  ­ zwei  sich  widersprechende  Willen  ­ unmöglich, zumindest zwei simultane Willen, die sich im Hinblick auf dasselbe widersprechen. Möglich wäre dies nur in zwei Subjekten; diese können sich Widersprechendes zugleich wollen 85 . Die Aussage von zwei Willen Christi läuft für Sergios auf einen impliziten Nestorianismus hinaus. In Christus gibt es den Logos, der das Heil der Menschen und deshalb die Passion will. Gibt es aber auch eine menschliche Realität, die

79

Es heißt hier  σεσαρκωμενου  Λόγου.  Auch  Kyrill  von  Alexandrien  konnte  so  vom  inkarnierten  Logos  sprechen,  obwohl  die  Formel  der  „einen  fleischgewordenen  Na­ tur  des  Logos"  die  ihm geläufigere ist. Vgl. dazu A. Grillmeier, Die Vorbereitung (S. 103 [215], Anm. 2), 170, Anm. 15; 180f.; J. Lebon, La christologie (S. 104 [217], Anm. 7), 483-486.

80

Mansi, XI, 533 D 2-8. Indem hier die Energien Christi an die Hypostase des Logos gebunden werden, ist auf den ersten Blick implizit der Zusammenhang der Energien mit dem naturhaften Sein Christi geleugnet. Im Folgenden betont Sergios zwar die φυσική  κίι^ησις  der  menschlichen Realität Christi; die entscheidende Frage ist aber, ob er sie so im Rahmen der Logoshegemonie Kyrillischer Prägung wahren kann. Für die Dyotheleten wie Maximos den Bekenner oder den Kompilator der Doctrina (S. 103 [216], Anm. 2), c. 14-15, S. 87-104, „gehen die Energien aus der Usie hervor" (ebd., 90,3-4). Was bedeutet es aber für sie, daß es „ein und derselbe Christus" ist, der wirkt? Ansätze  zu einer universal-ontologischen Verknüpfung von Usie und Energie finden sich vor dem Ausbruch der monenergetischen Krise vor allem in Väteraussagen über das Wirken Gottes ad extra, welche den strengen Monotheismus zu wahren suchten. Man vgl. auch Anastasios von Antiochien, Orationes dogmaticae (S. 163 [277], Anm. 53), 1,9, S. 64,30-32; 11,2.4, S. 76,31-32. 77,14ff.; 111,24, S. 89,4-5. Bei Sergios in der traditionellen anti-apollinaristischen Formulierung:  ή  uoepto?  έψυχωμενη  τοΰ  κυρίου σαρξ  (536  A  2­3).  Mansi,  XI,  536  A  2­7:  μηδέποτε  ...  κεχωρίσμένως  και  έξ  οικείας­  όρμής­  εναντίων  τω  νεύματι  τοϋ  ήυωμέι/ου  αύτη  καθ'  ύπόστασιν  θεοϋ  λόγου  την  φυσικήν  αύτής  ττοιήσασθαι  κίννριν,  αλλ' οπότε  και  οίαν και  όση^  αύτό?  ό θεός λόγο?  ήβούλετο. 

81 82 

83 

Vgl.  P.  Parente,  Uso  e  significato  dei  termine  θεοκίνητο?  nella  controversia  montheli­ tica,  REB  11,1953,  241­251. 

84 

Mansi,  XI,  536  A  7 ­ 1 3 . 

85 

Ebd.,  533  Ε  9 ­ 5 3 6  A  1. 

168

Das anthropologische Modell

sich gegen das Leiden sträubt? Für Sergios offenbar nicht 86 . Auch in Gethsemane gab es keinen Widerspruch zwischen dem göttlichen und dem menschlichen Wollen: Es gab auch dort nur einen Willen Christi. Ist [283] das nicht die schlichte Konsequenz einer Christologie „von oben", der Logoshegemonie? Und dies bei einem vollen Ja zu Chalkedon 87 . Und so vollzieht die menschliche Realität Christi, die Sarx, ihre eigene naturhafte Bewegung 88 , doch nie im Widerspruch zum „Wink" (νεϋμα) des Logos. Das Problem des sich gegen das Leiden sträubenden und es doch bejahenden menschlichen Willens Christi und seiner voll menschlichen Freiheit, die sich in diesem Ja verwirklicht, wird in dieser Christologie übersprungen, und zwar wird es übersprungen durch den Rekurs auf die Logoshegemonie alexandrinischer Provenienz, durch den Rekurs auf eine letzte, in der Hypostase begründeten Subjekteinheit und auf das anthropologische Paradigma. Wie die Seele des Menschen durch den Körper wirkt, so wirkt die Gottheit Christi das Heil διά  του  περί  αυτήν  σώματος.  Das  Leiden  ist  Sache  der  Sarx,  die  Energie  aber  stammt  von  Gott 89 .  Es  ist  offenbar, daß, wenn man nicht auf der Ebene der Bekenntnisformeln bleibt, ein wirklicher Gegensatz z.B. zwischen Sergios und Sophronios nicht feststellbar ist. Wie fällt aber ein Vergleich der Sicht des Sergios mit jener des Maximos aus? Vermag der Bekenner eine annehmbare Exegese des Ölberggeschehens vorzulegen? Vermag er die menschliche Freiheit Christi zu wahren? Vermag er das Anliegen des Sergios zu verstehen und zu verdeutlichen? In welcher Hinsicht unterscheidet er sich von der Position des Sergios?

86

87 

Ebd., 533  Ε  4 ­ 8 .  Die Möglichkeit eines menschlichen Willens Christi, der sich gegen das Leiden sträuben könnte oder gar Einspruch erheben würde, wird von Sergios nur als ein „Gedankenexperiment" („gleichsam als ob":  ώς) eingeführt. Eine solche Hypothese scheitert für ihn an der Subjekteinheit Christi (ev  καΐ  τό  αύτό  ύποκείμεΐΌΐ^).  Das  neutestamentliche  Christusbild  zeigt  nach  Sergios  nie  einen  Wi­ derspruch  oder  Einspruch  des  Menschen  Jesus  gegen  den  Willen  des  Vaters,  auch  nicht  in  Gethsemane.  Damit  steht  Sergios  in  der  seit  dem  4.  Jahrhundert  in  der  anti­ arianischen  Exegese begründeten Tradition. Erst Maximos verbindet mit dieser Argumentation eine positive Wertung des menschlichen Willens Christi: Keinen Widerspruch zum Willen des Vaters zeigt der menschliche Willen Christi, da Christus den göttlichen Heilswillen in der Todesangst ohne Zögern  (εύθύς)  akzeptiert.  Vgl.  S.  174f.;  196  [289f.;  312],  Mansi,  XI,  533  D  12­13. 

88 

Ebd.,  536  A  5 ­ 6 . 

89 

Ebd.,  536  Β  5 ­ 8 . 

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

169

IV. Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner Das anthropologische Paradigma konnte, wie das Beispiel des Sergios zeigt, als Modell für eine Bindung der Energeia Christi und damit des Willens Christi an die Logos-Hypostase geltend gemacht werden, ohne daß die chalkedonische Zwei-Naturen-Lehre angetastet schien. Gegen jenen Monophysitismus, wie man sich ihn in der chalkedonischen Reichskirche im gewissen Sinn zurechtgelegt hatte 1 , schien axiomatisch die „unvermischte Einigung" der Naturen [284] durchhaltbar, wenn man Wirken und Wollen in der Hypostase als dem Grund letzter Subjekteinheit begründet sah. Dieselben christologischen Aussagen wie im Brief des Patriarchen Sergios an Papst Honorius 2 finden wir auch in anderen monenergetischen und monotheletischen Quellen, z.B. im Brief Pauls von Konstantinopel an Papst Theodor I.3: Menschwerdung, Entäußerung, Leiden des Gottmenschen waren freiwillige Tat des göttlichen Logos; in ihnen findet sich nirgends ein Widerspruch zum Willen des Vaters 4 . Menschlicher Verstand und menschliche Vernunft Christi 5 werden auf Grund der hypostatischen Einigung nicht aufgehoben, sondern durch diese „bereichert". Denn die seelische Realität Christi „hat auf Grund dessen, 1

Diese Arbeit beschränkte sich im Ansatz bewußt auf eine Untersuchung der innerchalkedonischen Tradition (vgl. S. 104 [217]). In ihr bildete sich ein bestimmter Begriff der beiden Gegenpositionen, des Monophysitismus und des Nestorianismus, heraus. Leontios von Byzanz z.B. sah in ihnen wie der Abbas Nonnos 'Eucumoδοκήται,  in  seiner  eigenen  Position  aber  die  wahre  Vermittlung  der Widersprüche (vgl. S. 124ff. [237ff.]). Andere wir z.B. Theodor von Raithu betonten ebenfalls den Widerspruch, der zwischen beiden Häresien herrsche, und sahen in der chalkedonische Orthodoxie jene Gruppe, die „in der Mitte von beiden daherschreitet, indem sie auf dem königlichen Wege wandelt und sich weder dem zuneigt, was rechts als Meinung vertreten wird, noch dem, was links verkündet wird" (Praeparatio [S. 159 [273], Anm. 13], 190,15-17; vgl. ebd., 197,24-25; 198,9.22-23). Dabei wird öfter im Sinn der „Ketzergenealogien" dieser Gegensatz „der sich Widersprechenden" in Parallele gesetzt zum „Widerspruch", der zwischen Sabellianismus und Arianismus herrsche (vgl. den Quellenapparat zu Anastasios Sinaites, Viae Dux [S. 104 [216], Anm. 4], VTII, 5, 92-112). Doch in der Axiomatik beider Häresien (z.B. in der These von der Austauschbarkeit oder logischen Inversion der Begriffe von Natur und Hypostase) finden die Chalkedoniker im allgemeinen, wie es schon Leontios von Byzanz konstatierte, einen grundlegenden Konsens (vgl. Anastasios Sinaites, a.a.O., IX, 1, 3-10).

2

Vgl. S. 166 [280], Anm. 74.

3

Mansi, X, 1020 C-1025 E. Vgl. V. Grumel, Regestes (S. 160 [274], Anm. 25), Nr. 300.

4

Man vgl. zum Verständnis die augustinische Problematik höchster Freiheit als non posse peccare. Auch hier wird jeder Apollinarismus theoretisch a limine ausgeschlossen:  λογικώς·  τε  και  νοερώ?  έψυχωμένη  σάρξ  (Mansi,  Χ,  1024  D  6­7). 

5

170

Das anthropologische Modell

daß der Logos sie mit sich selbst hypostatisch einigte, einen göttlichen und von diesem nicht unterschiedenen 6 Willen erwor[285]ben, da sie vom Logos ganz und gar geführt und bewegt wurde ..., wobei sie ihre eigene naturhafte Bewegung vollzog ..., wann immer ... der Logos es wollte" 7 . Die zum freien Gehorsam gegenüber Gott Vater erforderliche Freiheit besitzt nur der Logos, und doch soll die seelische Realität Christi Verstand und Vernunft besitzen. 1. Die Unterscheidung eines naturhaften und gnomischen Willens Dagegen nimmt Maximos der Bekenner Stellung: Ist die menschliche Natur Christi vernunftbegabt, dann ist ihr auch Freiheit und Willen zu eigen. Dann ist sie αυτεξούσιο? und  φύσει  θελητική8.  Doch  ­  und  das  ist  und  bleibt  das  Problem,  welches  die  Monothe­ leten  ihm  entgegenhalten  konnten  und  hielten  ­  wie  unterscheidet  sich  diese  Position  trotz  aller  Betonung  der  Kyrillischen  Tradition  vom  Nestorianismus?  Denn,  was  fehlt  eigentlich  dieser  so  bestimmten  menschlichen Realität Christi, seiner Sarx, daß sie nicht Hypostasis ist? Warum soll dieser Mensch Jesus, wenn ihm schon volle menschliche Freiheit und ein echter menschlicher Wille eignet, nicht „Subjekt" sein, nämlich ein vollmenschliches Subjekt im Gegenüber zum göttlichen Subjekt, dem Logos? Gerade dies und den darin implizierten Nestoria-

6

Den Terminus  άδιάφορον  θέλημα übersetze ich als Negation eines  διάφορου  θέλημα,  nämlich eines vom göttlichen Willen unterschiedenen menschlichen Willens (vgl. 1024 Ε 10). Das Wort dürfte auch gewählt sein, weil gewiß das Problem der „Indifferenz", d.h. der in der höchsten menschlichen Freiheit liegenden Hingabe an den göttlichen Willen, mit angesprochen ist. Überhaupt legt es der Kontext nahe, daß hier nicht eine Ebene des freiheitlichen Wollens gemeint ist, die unter der Ebene der menschlichen Sittlichkeit bleibt, wie es F.-M. Lethel, Theologie de l'agonie du Christ, Theologie Historique 52, Paris 1979, zumindest im Hinblick auf die Psephos des Sergios (vgl. S. 166 [280], Anm. 74) den Monenergeten und Monotheleten zum Vorwurf macht. Erst Maximos der Bekenner habe, so F.-M. Lethel, diese Ebene der vollen menschlichen Sittlichkeit gewahrt, indem er in der Gethsemane-Szene die positive Hingabe an den Willen des Vaters, das Ja Christi zur Passion, als Tat des menschlichen Willens erkannte. Vgl. dazu S. 174f.; 196 [289f.; 312],

7

Mansi, X, 1024 D 7-E 2. Wenn auch die Ebene voller menschlicher Sittlichkeit gesehen ist, so bleibt die Frage dennoch offen, ob diese auch gewahrt wird, ob die Konzeption einer alexandrinischen Logoshegemonie, die dem Denkmodell einer vitalistisch verstandenen Dynamik verhaftet bleibt, der „gottbewegten" menschlichen Realität Christi eine eigene freiheitliche, „personale" (modern verstanden) Selbstmächtigkeit zubilligen kann oder nicht. Man vgl. z.B. aus der Disputatio cum Pyrrho, PG 91, 301 C 4—6: Et  οΰν  κατά  φύσιν  πρόσεστι  T O I ?  βοεροί?  ή αυτεξούσιο?  κίι^ησι?,  άρα  παν  νοερόν  και  φύσει  θελητικόν.  Die  vernünftige Natur unterliegt nicht dem Zwang, sondern ist frei, und dies schon auf Grund ihrer  δύναμις  φυσική,  welche  Maximos  terminologisch  als θέλησυ  festlegt.  Vgl.  z.B. Disputatio,  293 Β 6­296 A 3; 301 A 4­304 D 5; 324 D 1­9; Opusc.  1, PG 91,12 C 8­9. 

8

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

171

nismus wollte Sergios nicht gelten lassen83. Wie läuft die Behauptung zweier naturhafter Willen nicht auf die  ταύτοβουλία  und  ταύτοπραξία  des  Nestorios  hinaus?  Besteht  eine  Einheit  nur  in  der  gemeinsamen  Zielrichtung  des  Wollens,  nur  im  θελητόν  und  θεληθέν  (αποτέλεσμα),  nur  darin, daß der Mensch Jesus und der Logos als Gott dasselbe wollen und tun 9 ? [286] Die zwei der göttlichen und der menschlichen Natur zugeordneten Willen wollen zwar beide10 dasselbe11, sagt Maximos, aber nicht auf Grund einer geistigen Gemeinschaft oder eines gemeinsamen Zieles12, sondern auf Grund der Hypostatischen Union 13 . Derentwegen ist in Christus ein Widerspruch zwischen seinen beiden naturhaften Willen14 nicht möglich15, und zwar nicht möglich, weil ein gnomischer Wille in

8a 9

Vgl. S. 167 [282], Opusc. 2, 44 C 6-45  Β 6; vgl.  Opusc.  1, 25 A  7­29  C  9; Opusc.  16,  185  D  5­188  D  11  mit  ebd.,  192  Β 13­D  13 (Näheres zu Opusc. 16 unten auf S. 173-178; 189-191 [288293; 305-307]). Zum monenergetischen Problem des αποτέλεσμα  vgl.  z.B.  Disputatio,  341 Β Iff.; ferner Anm.  12 zu Disputatio,  292 C 2ff.  10  Pyrrhos  stellt  das Problem  in  aller Schärfe: 'Αδύνατον  TOLS  θελήμασι  μή  συνει,σάγεσθαι,  του?  θέλοντας  (vgl.  auch  zu  Sergios  oben  S. 167f.  [282f.]). Maximos'  Antwort möchte für θεολογία  und  οικονομία  dieselbe  Terminologie  wahren  (289 C  13­292 A  2; vgl.  zu  diesem  den  sog.  Neuchalkedonismus  und  den  Monophysitismus  zumindest  seit  Se­ veros  von  Antiochien  trennenden  Problem  auch  Disputatio,  348  C  7ff.;  oben  S.  107  [219],  Anm.  20, und  H.U.  von  Balthasar,  Kosmische  Liturgie  [S.  106  [218],  Anm.  16],  210f.). Dem  angeschnittenen  Problem  stellt  er  sich  nicht  (vgl.  auch  Disputatio,  313 C  3­6).  Doch  ebd., 305 A  12­B 3, zeigt  er, daß unter Pyrrhos' Voraussetzung prinzipiell (εϊπερ  ταΐς  οίκείαις  άρχαΐ?: A 3) nur  eine  relationale  Einigung  gedacht  werden  kann  und  man  so beim  Nestorianismus  landet. Hier  treffen sich in der Beurteilung  die  Positio­ nen der Monenergeten bzw. Monotheleten  (vgl. Sergios) und  der  Dyotheleten. 

11  Pyrrhos  argumentiert  ganz  im  Sinn  des  Sergios:  'Αδύνατον  έστιν  έν  ένί  προσώπω  δύο  άλλήλοις· συνυπάρξαι  θελήματα  άνευ έναντιώσεως  (292 Α 3­4). Auch  Maximos schließt jede έναντίωσις  in  den zwei  naturhaften Willen Christi  aus  (292 A 5­B 5).  12  Zur  Gemeinschaft  im θελητόν  vgl. Disputatio,  292 C 2­D 2; 293 A  13­B 2.  13  Disputatio,  296 C  15ff.; 308 D  6ff.. In  Bezug  auf  das  Wirken  Christi  vgl.  Ambigua  ad  Thomam,  4, PG  91,  1044A  Iff.; D  1­1045 A 2; in Bezug  auf  Wollen  und  Wirken  Chri­ sti, dessen  „Name  ... schon  eine synthetische  Hypostase  anzeigt",  vgl. Opusc.  24, 268  A  7­269 D 5. Vgl. auch  W. Eiert, Der  Ausgang  (S. 157 [271], Anm. 2), 250f.  14  Mit  W.  Eiert,  Der  Ausgang  (S.  157  [271],  Anm.  2), 250,  ist zunächst daran festzuhalten, daß hier „Wille" als ein naturhaftes Willensvermögen zu verstehen ist; gerade in der Abhebung von naturhaftem und gnomischen Willen (vgl. S. 173f. [288]) wird dies deutlich. Anderseits, wenn Maximos in der Deutung der Ölbergszene von einem „menschlichen Willen" Christi spricht (vgl. S. 174f. [289f.]), scheint er diese Begriffsbestimmung aufzubrechen: Der menschliche Wille Christi ist hier nicht nur naturhafte Dynamis, sondern als bewußtes menschliches Ja zum Willen des Vaters freier Willensvollzug, sollte dieses Ja in seiner Spontaneität  (εύθύ?) eine  (im  heutigen  Sprachgebrauch) „persönliche Entscheidung" sein. 15 Vgl. Anm. 11.

172

Das anthropologische Modell

Christus ausgeschlossen ist16. Ein gnomischer Wille ist ein [287] Wille, der zur Entscheidungs- und Wahlfreiheit befähigt ist oder, richtiger gesagt, nicht befähigt ist, sondern mit dieser Wahlfreiheit belastet ist und nur in defizienter Weise frei sein kann. Diese Wahlfreiheit kennzeichnet nicht die eigentliche Natur des Menschen, sondern nur ihren Existenzmodus  (τρόπος  της  ύπάρξεως),  nur  ihre nachadamitische 17  „exi­ stentiale  Verfassung"  und  deren  konkrete Aktualität: Diesen  τρόπος  της  κατά  σάρκα  ύπάρξεως,  nicht  die  menschliche  Natur  an  sich  (ό  λόγος  της  φύσεως)  hat  Christus  erneuert173.  Diese  Freiheit  kann  nicht  der  Mo­ dus  der  Freiheit  Christi  sein;  er  ist  Gott.  Und  dem,  was  auf göttliche Weise subsistiert, eignet naturhaft die Ausrichtung auf das Gute18. Für Christus gibt es in dieser Hinsicht keine Wahlfreiheit 19 , keine Wider16

Disputatio, 308  Β  1 ­ A  14. Hätte Christus einen gnomischen Willen, w ä r e er nur ein Mensch, nicht mehr (ebd., 308 C 13-D 4), unwissend (vgl. Opusc. 19, 216  Β  1 ­ 4  mit  der  A n t w o r t  des  Maximos  ebd.,  217  C  Iff.,  bes.  221  Β 5 ­ C  10),  zweifelnd,  in  Wider­ sprüchen lebend. Die Tatsache, daß dem Menschen ein gnomischer Wille eignet, betrifft nicht seine Natur  (λόγος  φύσεως),  die  ja  auch  in  Christus  gewahrt  ist,  sondern  n u r  seine  konkrete  Existenz­  u n d  Lehensweise:  γνώμη  ...  τρόπος  ουσα  χρήσεως  (Disputatio,  308  D  6­11).  Vgl.  zur  weiteren Begründung die in diesem Beitrag folgenden A u s f ü h r u n g e n , ferner z u m Begriff des gnomischen Willens auch H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie (S. 106 [218], Anm. 16), 262-269; P. Sherwood, St. Maximus the Confessor, The Ascetic Life. The Four Centuries on Charity, Ancient Christian Writers 21, London 1955, 58ff.; J. Ternus, Das Seelenleben (S. 157 [271], A n m . 3), 108-110, der u.a. schreibt: „In einem Punkt aber ist auch die Christologie des Maximos Homologetes nicht zur vollen Klarheit gekommen, gerade in d e m Punkt, der das Herz der soteriologisch so bedeutsamen Zwei-Willen-Lehre betraf: im Verhältnis von Wille (beziehungsweise Freiheit) u n d Person". 17 Vgl. die A b h a n d l u n g über die  προαίρεσις  in  den  Quaestiones  ad  Thalassium,  42,  PG  90,  405 B­409  A,  auf  welche  Maximos  der  Bekenner  in  seinem  Schreiben  an  Marinos  von  Z y p e r n  (Opusc.  1,  29  C  12ff.)  verweist.  Ferner  vgl.  z.B.  Disputatio,  325  A  7­14:  Der  Logos  hat  die  θέλησις,  auf  Grund  derer  A d a m sündigte, angenommen, nicht aber ihren konkreten Existenzmodus  (τρόπος).  17a  Disputatio,  320 Β 9 ­ C  14; vgl.  Ambigua  ad  Thomam,  5,  1052  A  4­7.  ­  Unbefriedigend  bleibt  in  diesem  Z u s a m m e n h a n g  die  von  Ps.  Dionysios,  Ep.  4,  PG  3,  1072  Β 5­6,  aus­ gehende,  vor  Maximos  schon  traditionell  gewordene  Antwort  (Sophronios,  Paul  II.  von  Konstantinopel;  vgl.  Anastasios  Sinaites,  Viae  Dux  [S.  104  [216],  Anm.  4],  ΧΙΠ,  4,  11­14)  in  der  Disputatio  cum  Pyrrho:  Der  Herr dürstet, hungert usw. wahrhaft, aber nicht auf rein menschliche Weise, sondern auf übermenschliche, nämlich freiwillig, sofern es nämlich der Logos bzw. Gott will (297 D 8-13). 18 Disputatio, 308 D 12-309 A 14. Vgl. ebd., 316 C 5 - D 9: Die Vergöttlichung  (θέωσι,ς)  des  „Willens  Christi"  widerspricht  nicht  der  Lehre  von  den  zwei  naturhaften  Willen.  19  Opusc.  1, 33  A  2­7:  αληθώς  είδότες  ώς  ή προαίρεσις των  έπ'  άμφω,  τά  καλά  τε  λέγω  και  τα  κακά,  κινεϊσθαι.  δυναμένων  ε σ τ ί ν  δπερ  έπΐ  Χρίστου  της  όντως  ουσίας  τών  αγαθών  και  πηγής  ... πάσης  ασεβείας  πληρέστατον.  Der  Terminus  „gnomischer  Wille"  ist  mit  d e m  Begriff  θέλημα  προαιρετικόν  bzw.  εξουσιαστικού  identisch,  wobei  letzterer  auch  eine  u m f a s s e n d e r e  Bedeutung  haben  kann.  Eine  Wahlfreiheit  ­ gewiß analog verstanden - bestreitet Maximos weder für Gott noch für die Engel u n d Menschen, wohl aber für Christus. Eine Wahlfreiheit im engeren Sinn ist d e m Menschen nach A d a m zu eigen (Anm. 17), nicht aber der Seele Christi oder gar der Hypostase, die Christus ist:

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

173

sprüchlichkeit  (έναντίωσις)  ­  wie  Sergios  sagte  kein  posse  peccare  et  posse non  peccare.  [288]  Gerade  die  Unterscheidung  von  naturhaftem  und  gnomischem  Willen,  von  appetitus  naturalis,  der für die Natur selbst konstitutiv ist (προ?  σύστασιν  έαυτοΰ)20,  und selbstmächtiger Wahlfreiheit, die „im eigentlichen Sinn Prosopon und Hypostase kennzeichnet" 21 , schien es Maximos zu gewährleisten, nicht einem impliziten Nestorianismus zu verfallen. Denn betonte man die vollmenschliche Freiheit Christi und begründete diese in seiner Natur, so schien der Einwand der Monenergeten und Monotheleten nur allzu berechtigt, daß dies auf die Position der Nestorianer hinauslaufe 223 , d.h. daß Christus als freies Subjekt (im Sinne einer Hypostase) mit dem Logos nicht wirklich seinshaft, sondern nur in der geistigen Gemeinschaft auf Grund eines gemeinsam Gewollten, nämlich nur auf Grund seiner „Liebe zum Vater" geeint ist. Das ist aber, so argumentiert man traditionell gegen den Nestorianismus, eine Gemeinschaft, die jedem „bloßen Menschen"  (ψιλός  άνθρωπος) möglich ist. Im Grunde sei so keine „Einigungschristologie" ,

Disputatio, 312 D 6-313 A 8; 329 D 2-12. - Vgl. auch in Opusc. 1, 28 D 1-32 Β 5,  ins­ bes.  32  A  6­12:  „Das  Menschliche  Gottes  (sie!)  wurde  nicht  wie  wir  κατά  προαίρεση  bewegt  ...,  sondern,  da  es  unmittelbar  auf  Grund  seiner  Einigung  mit  dem  Logos  sein  Sein  empfing,  hatte  es  eine nicht-zwiespältige, nämlich eine stetige und fest ausgerichtete Bewegung  (αδίστακτου,  μάλλον δέ στάσιμον  ... κίνησιν), d.h. jene,  die  ihr  auf  Grund  ihres  Naturstrebens, nämlich auf Grund ihrer  θέληση,  eignet".  ­  H.U.  v.  Balthasar,  Kosmische  Liturgie  (S.  106  [218],  Anm.  16),  226:  „Freiheit  ist  nicht  iden­ tisch  mit Wählenkönnen zwischen Gut und Böse; ... Christi Freiheit zeigt Maximos das Fehlerhafte jenes Freiheitsbegriffs - so wie das Freiwerden durch Christus es Augustinus zeigte. Freie Selbstbestimmung zu jedem Guten im Befolgen des Gesetzes seiner Gottabbildlichkeit, im Gehorsam an die Flußrichtung der eigenen Natur auf Gott hin: darin muß sich für Maximos die personale Freiheit des Geschöpfs darleben". Vgl. P. Sherwood, St. Maximus (Anm. 16), 55-58. 20 Opusc. 16, 192 Β 4­9.  Zur  Definition  des  φυσικού  θέλημα  als  δύναμη  του  κατά  φύσιν  ούτος­ ορεκτική  vgl.  ebd.,  185 D  7­8.  (Hinweis:  In  der Erstveröffentlichung ist bei der Numerierung der Fußnoten 20-22k ein Fehler unterlaufen, der einem jeden verständlich ist, der die Arbeitsweise im „Zeitalter der Schreibmaschine" kennt). 21 Ebd., Β 2­3.13­15: To δέ  (γνωμικού θέλημα) αυθαίρετο?  όρμή καθέστηκε  τάς· έφ'  έκάτερα  ποιούμενη  παρεκτροπάς,  και ού φύσεως  υπάρχον  άφοριστικόν,  αλλά  προσώπου  κυρίω;  και  ύποστάσεως.  Worin  liegt  der  Unterschied  der Selbstmächtigkeit, welche das αύτεξοϋσιον  des  naturhaften  Geistwillens  kennzeichnet,  und  der Selbstmächtigkeit der Wahlfreiheit, welche in der nachadamitischen Verfassung des Menschen gründet (vgl. S. 172 [287])? 22a Vgl. S. 167 [282]. (Hinweis: In der Erstveröffentlichung hieß es: „daß sich hier der heimliche Nestorianismus der chalkedonischen Tradition offenbare". Selbstverständlich kann hier nicht von „der chalkedonischen Tradition" gesprochen werden, sondern nur von einer bestimmten, nämlich jener, gegen die sich die Monenergeten selbst als Vertreter der Reichskirche und Anhänger Chalkedons abgrenzten und so ein für die Geschichte der Rezeption von Chalkedon innerhalb der Reichskirche kennzeichnendes Thema aufgriffen, nämlich den Vorwurf des Krypto-Nestorianismus).

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Das anthropologische Modell

sondern nur eine „Trennungschristologie"  (διαίρεσις) möglich, also eine Christologie, welche von zwei Subjekten des Wirkens und Wollens ausgeht. Angewandt auf die Frage nach dem „Willen Christi", argumentierte man damit, daß diese Konzeption zweier Subjekte sich nur ausweisen lasse, wenn ein Widerspruch  (έναντίωσις)  im  Gewollten  aufweisbar sei; ein  solcher  Widerspruch  ­  so z.B. Sergios ­  findet sich  in  Christus  nicht22b. Oder  [289] man  unterscheidet  den  Begriff  des  „Wider­ spruchs"  wie  Maximos,  um  so  die  Distinktion  von  naturhaftem  und  gnomischem  Willen  einzubringen  und  doch  nur  bei  der  These  des  Ser­ gios  zu  landen  (!):  „Zwei  sich  widersprechende  Willen"  bedeutet  ent­ weder  nur  einen  im  Wesens­Sein begründeten Unterschied  (κατ'  ούσίαν  διαφορά)  oder  einen  eigentlichen  Widerspruch  (άντικείμενον),  einen  Aufruhr  gegen  die  Natur  (φύσεως· στασιαστικόν).  Ersteres  ist  eigentlich  keine  wirkliche  έναντίωσις·  und in einem  Subjekt  (ύποκείμενον), in  einer  Hypostase möglich; letzteres aber ist tatsächlich ein „Widerspruch". Doch ist dieser nur zwischen verschiedenen vernunftbegabten Hypostasen  (επί  τε  των  φύσει  καΐ  ύποστάσει  διηρημένων  λογικών) möglich,

sofern diesen Wahlfreiheit zukommt  (γνωμικοί  όντες).  Die Möglichkeit des  άντικείμενον gründet in der Möglichkeit, daß die Entscheidung wider die Ordnung der Vernunft fallen kann22c; d.h. sie gründet darin, daß ein vernunftbegabtes Subjekt einen gnomischen Willen hat. Christus hat diesen nicht; denn er ist ein Subjekt, eine Hypostase. Auf Grund seiner hypostatischen Einigung kann es keinen eigentlichen Widerspruch  (έναντίωσις),  da  keinen  gnomischen  Willen,  in ihm  geben22d.  Diesen  Widerspruch  gab  es für Maximos auch in Gethsemane nicht. Denn sollte es ihn nur einmal im irdischen Leben Christi gegeben haben? Daß sich die menschliche Realität Christi, seine Sarx, auf Grund ihrer menschlichen Schwäche gegen das Leiden sträubt, bedeutet keine έναντίωσις  des  Wollens.  Vielmehr  sei  dieses Sträuben nur die vom Logos frei gewählte Demonstration der Schwäche seiner menschlichen N a t u r  (φυσική?  εκουσίως  ... πρόσδειξις  άσθενείας).  D e r  Logos  wollte  u n s 

so  zeigen, daß er wirklich die Natur seiner Sarx angenommen habe. Doch der eigentliche Skopos des Ölberggeschehens 22e liegt in der höchstmöglichen Gemeinsamkeit und Einigung  (άκρα  ...  συμφυία  καΐ  22b  Vgl.  S. 1671.  [282f.],  bes.  zu  Anm.  85;  ferner  S.  171  [286],  Anm.  11  (mit  Anm.  10)  zu  Pyrrhos.  22c  Opusc.  16,  193  A  8­10:  To  ...  αντικείμενοι  γνώμης  παραλόγων  δηλαδή  κινούμενης·  ...  έργου  καθέστηκε.  22d  Vgl.  zu  dieser  Unterscheidung  von  zwei  Willensbegriffen  die  konzise  Darstellung  dieses  Problems  bei  Maximos,  Opusc.  16,  192 C  2­196  C  2.  22e  Ebd.,  197 A  4­8:  Παρίστησι  δε  πάλιν εύθύςτψ  κατά  τοΰ θανάτου  μεγίστην  όρμήν  και  την  άκραν  του  κατ'  αύτόν  άνθρωττικοΐι  προς  τό  οικείοι1  αύτοϋ  και  πατρικού  θέλημα  συμφιίαν  και  ενωσιν  τω έιτικρΐναι  τοΰτο  και  φάσκειν  „Μη τό  εμού,  αλλά  τό  σον  γενεσθω". 

Das  anthropologische Paradigma  bei Maximos  dem  Bekenner 

175 

ενωσι,?),  welche  „sein  menschlicher  Wille"(!)  unmittelbar  in  der  Todes­ angst  selbst  mit  dem  göttlichen,  nδmlich  „mit  dem  ihm,  dem  Logos,  und  dem  Vater  gemeinsamen  Willen"  besitzt 22 '.  [290]  Was  bedeutet  hier  „menschlicher  Wille"?  Das  naturhafte  Vermögen  des  vernunftbegabten  menschlichen  Wesens,  welches  ihn  als  ein  Wesen  möglicher  und  wirklicher  Freiheit  konstituiert  und  auch  den  Vollzug  der  Entscheidungs­  und  Wahlfreiheit  trδgt?  Wie  auf  Grund  des  Φlberg­ geschehens  eigentlich  klar  sein  müßte,  wδre  dieser  „menschliche  Wille"  Christi  als  bewußte  Aktualitδt  des  Menschen  Jesus  zu  denken,  nicht  als  eine  naturhafte  „Potenz"  und  deshalb  nicht  als  ein  vorbewußter  aprio­ rischer  appetitus  naturalis.  Wie  weit  Maximos  dies  bedacht  hat,  mag  hier  offen  bleiben.  Entscheidend  ist,  daß  er  für  diesen  „menschlichen  Willen"  Christi  die  den  Menschen  und  sein  Wollen  kennzeichnende  Wahlfreiheit  ausschließt.  Auch  das Ja,  welches  Christus  zum  Willen  des  Vaters  in  Gethsemane  sprach,  darf  nicht  als  ein  rein  menschliches  Ja  verstanden  werden:  μή  του  καθ'  ήμάς,  άλλα  του  κατά  τον  σωτήρα  νοου­ μένου  άνθρωπου.  Es  zeigt  aber  „die  höchste  Konvergenz 22 s  des  mensch­ lichen  (!)  zu  seinem  (!)  göttlichen  und  vδterlichen  Willen"2211.  In  einer  Situation  menschlicher  Wahlfreiheit  war  Christus  hier  offenbar  nicht.  Diese  Wahlfreiheit  kennzeichnet,  wie  gesagt,  nicht  die  eigentliche  Natur  des  Menschen,  sondern  nur  ihren  faktischen  Modus  (τρόπος),  d.h.  nur  die  nachadamitische  existentiale  Verfassung  seiner  Natur.  Diesen  Modus  existentialer  Faktizitδt,  nicht  die  menschliche  Natur  an  sich hat  Christus  erneuert 22 .  22t  Ebd.,  196 C  5­197 A  10. Weitere Aussagen  zu  Gethsemane  liegen z.B.  vor  in  Opusc.  3, 48 Β 7­49 A 4; 6, 65 A 9­69 A  15 (Vgl. dazu  bes. F.­M. Lethel, Theologie  [Anm. 6]);  7, 80 C 6­81 A  14; 24, 268 Β 3­C 5; Disputatio,  297 Β 9­C 2.  22g  Vgl.  auch  Opusc.  6, 65 Β  11­C  2, bes. Β  14: Και e'i  συμφυία?  εντελούς  και  συννεύσεως·.  Vgl. Gregorios v. Nazianz, Oratio 30,12, PG 36,117 C Iff.  22h  Opusc.  6,  68  A  1­5:  ...  την  ακραν  τοΰ  άνθρωττικοϋ  προς  το  θείον  αύτοϋ  θέλημα  και  πατρικόν  ... σύννευσιν. Vgl. Opusc.  3, 48 C 6­D 6: Der  Antrieb  (ή όρμή) des  menschli­ chen  Willens  ist  in  der  συμφυία  mit  dem  göttlichen  Willen  bzw.  „durch  seinen  (!)  göttlichen  Willen"  (D  5)  bestimmt  und  geprδgt  (τυπουμένη).  Was  mag  der  ebenda  folgende  Satz  bedeuten:  „Denn  nichts  Natürliches  steht  irgendwie  im  Widerspruch  zu  Gott,  οπόταν  οΰτε  γνωμικοί/'  (D  6­7)?  ­  Auffδllig  ist,  dass  auch  nach  640  n.  Chr.  eine  ausführliche  Exegese  der  Versuchungen  Christi  im Werk  des  Maximos  des  Be­ kenners  fehlt. War  dieser  Christus,  dem  die Wahlfreiheit, wie sie die menschliche  Exi­ stenz  kennzeichnet,  abgeht,  versuchbar?  Maximos  dürfte  m.E.  darauf  geantwortet  haben,  daß Christus  zutiefst  nicht  versuchbar  war  (vgl.  jedoch  den  auf  S.  189  [305],  Anm.  105, zitierten Text).  Die Versuchung  dürfte analog  dazu,  wie  die  Sarx  in  ihrer  Schwδche  vor  dem  Leiden  zurückschreckte  (vgl.  S.  174  [289]),  auch  nur  eine  vom  Logos  frei  gewδhlte  Demonstration  dessen  gewesen  sein,  daß  der  Logos  wirklich  unsere  „geistbeseelte  Sarx"  angenommen  hat.  Maximos  verbleibt  insofern  in  jener  Tradition,  die mit der  anti­arianischen  Exegese begründet  wurde,  auch wenn  er  aus­ drücklich von einem menschlichen Willen Christi  spricht.  22  Vgl. S. 172 [287], 

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Das anthropologische Modell

Im Fehlen der Wahlfreiheit, sozusagen im non posse peccare, [291] zeigt sich die Aufnahme der menschlichen Natur Christi durch den Logos, die hypostatische Einigung, an23. Jede Deutung, welche über diese im Menschlichen gegebene Anzeige für die hypostatische Union hinaus mehr sagen will, d.h. im Wollen und Wirken Christi ein nur mehr von der Einheit und Singularität der Hypostase Christi geprägtes Wirken und Wollen, nur mehr ein ε ν ι κ ώ ? bzw.  μ ο ν α δ ι κ ώ ς ,  nicht  ein  24 δυϊκώς·  Wollen  und  Wirken  annimmt,  lehnt  Maximos  ab .  Es  bleibt  ein  25 Paradox .  Denn für Christi Wirken und Wollen gilt:  ού  μ ο ν α δ ι κ ώ ς ,  e t ?  ών  ό  α υ τ ό ? 2 6 .  Und  doch  hatte  Maximos früher einmal gesagt, der Logos, die Hypostase wirke  μ ο ν α δ ι κ ώ ν ,  d.h.  έ ν ο ε ι δ ώ ς .  Denn  nichts  sei  mehr  „einshaft"  ( έ ν ι κ ό ν )  als  der,  der  das  Eine  (τό  ε ν )  selbst  ist,  wie  auch  nichts für das, was ihm zugehört, mehr einigend  (ενικός)  und  bewah­ rend  ( σ ω σ τ ι κ ό ? )  sei als er selbst,  das  Eine27.  Wahrung  der  chalkedonischen  Zweiheit  in  der  einen  Synthese  „von  oben", Sündenfreiheit Christi und ihr zugehöriger Freiheitsmodus, Ausschluß jeden Nestorianismus in einer letzten Subjekteinheit, das wollten doch, wie wir sahen, auch die Monenergeten und Monotheleten. Ist das Paradox hier eine gute Antwort? Bei der Begründung dieses Paradox sagt Maximos, Christus sei „nicht etwas anderes im Vergleich mit seinen Naturen" 28 ; wir müssen noch darauf zurückkommen. Doch ein Gedanke drängt sich auf. Ist die Hypostase Christi, des inkarnierten Logos, dann, wenn Christus „nicht etwas anderes als seine Naturen ist", nicht ein inhaltsleerer letzter Freiheitspunkt, metaphysische Subsistenz, die sich in der Ebene der Natur zwar anzeigt, grundsätzlich aber nicht ein anderes Etwas  ( έ τ ε ρ ο ν  τ ι )  ­  eine  andere  Natur  ­  ist,  also  „nicht  etwas  anderes"  ist?  Die  Unterscheidung  von  naturhaftem Willensvermögen, nämlich von naturhafter Dynamik der vernünftigen Seele, welche das Streben, Suchen, Wollen und Wählen des Menschen trägt29, und gnomischem 23

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Disputatio, 300 A 2-4: 'ίνα  και  ή φύσις  δια  τοΰ  λόγου  πιστωθη,  καϊ  ή οικονομία  διά  τοϋ  τρόπου  (seil,  τοΰ  υπέρ  φύσιν).  Vgl.  Opusc.  16,  196  Β  6­10;  Ambigua  ad  Thomam,  5,  1052 Β 7­9; 1053 Β 11­14; 1056 D 1­3.  Disputatio,  289 Β Iff.; 340 A  13­C  12.  Ep.  19 (an Pyrrhos),  PG  91, 593 A  12 (vgl. ebd., 592 C 5ff.); Disputatio,  345 D  1­348 A  2;  Vgl.  Ep.  13,  517  C  10;  Ambigua  ad  Thomam,  4,  1044  C  8­D  1.  Vgl.  S.  181  [296],  Anm.  51.  Disputatio,  289 Β 3.  Ambigua  ad  Thomam,  4,1044 D 6­1045 A 2; vgl.  ebd., 5, 1052 C 9­12.  Disputatio,  289 Β 4­5; vgl. dazu  unten  S. 179 [294], Anm. 43; 194 [310],  Ebd.,  293 Β 13­296 A 3. Man beachte, daß Pyrrhos in seiner Antwort (ebd., 296 A 8-B 5) diese Naturdynamik gar nicht bestreitet, sondern nach einem ev  τι  σύνθετοι',  nach  einem  „einen  synthetischen  Willen",  weiter  fragt  und  ein  „Sowohl  zwei  naturhafte  Willen" ­  „Als  auch  ein  hypostatischer  Wille"  zu  behaupten  sucht. Läßt sich die hy-

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

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[292] Willen, d.h. dem frei wählenden, entscheidenden Willen, fand Maximos bei einem Mönch, dessen Namen er uns nicht überliefert 30 . Ob diese Unterscheidung tatsächlich eine Lösung anbieten konnte, ob insbesondere eine freie Selbstmächtigkeit der geistigen Natur des Menschen 31 ohne eine Entscheidungsfreiheit letztlich verstehbar ist bzw. noch als menschliche Freiheit gekennzeichnet werden kann (was ja auch heißt, auf uns hin vermittelt werden kann), steht hier nicht zur Entscheidung an. Unbestritten bleibt auch für Maximos, daß die LogosHypostase sozusagen die Initiative hat; dies steht vom Anfang bis zum Ende des Streites fest. Man vergleiche nur sein Schreiben an Pyrrhos 32 und jenes an Stephan von Dor 33 . Und doch bleibt der Begriff der Hypostase, wie angedeutet, inhaltsleer, formal, ein Konvergenzpunkt einender und darin zugleich diakritischer „Wirklichkeit" für die Naturen, der nicht definiert, sondern nur angezeigt werden kann 34 . Das Für-sichsein der Hypostase 35 - ihre Individualität als Einmaligkeit 36 - scheint für Maximos zu bedingen, daß sie sich als solche einer Definition, welche mit wesenhaften Momenten arbeiten muß 37 , [293] entzieht. Inwie-

30

postatische Synthese als „ein etwas, das zusammengesetzt ist," überhaupt kennzeichnen? Nein, sagt Maximos. Sie gehört nicht zu jenen Synthesen, die „in  etzvas  anderem und nicht im eigenen  λόγος" sind und erkannt werden (ebd., 296 Β 6 - 9 ; vgl. S. 194 [310]). Opusc. 1 6 , 1 8 5 D 1-7; 192 Β 1-3. D 8; 196 A 11-14.

31

Vgl. dazu die Begriffsanalysen in Opusc. 1 , 1 2 C-28 A; 1 5 , 1 5 7 A 1 - B 14.

32

Ep. 19, 589 C-597 B, bes. 592 D 10-593 A 6.

33 34

Opusc. 15, 153 C-184 C, bes. 157 Β Iff. Das traditionelle Moment der Hypostasendefinition: τοϋ TLVÖS έστί  δηλωτική  (264  Β  3 ­ 4 )  wird  bei  Maximos  in  seiner  Bedeutsamkeit  gegen  jede  Logoshegemonie,  welche  den  Begriff  der  Hypostase  mit  einer  (letztlich  nur  naturhaft  denkbaren)  Dynamik  füllen und so die chalkedonische Formel geradezu veranschaulichen möchte, betont. Die folgenden Ausführungen möchten diesen Gesichtspunkt miterhellen. Einen guten Eindruck, wie Maximos die traditionelle neuchalkedonische Christologie verarbeitet hat, gibt z.B. Ep. 15, 549 B-572 B, bes. 557 A 9ff. Die Hypostase ist durch das „Für-sich-selbst-Konstituiert-sein" (557 D 12) unterschieden vom enhypostatischen Sein (vgl. auch Opusc. 16, 205 AB). Einen gelungenen Überblick vermittelt H.U. von Balthasar, Kosmische Liturgie (S. 106 [218], Anm. 16), 219-224; 2 2 7 230; 233f. Näheres zu anderen neuchalkedonischen Quellen vgl. unten zu Anm. 41 sowie auf S. 133 [246], Anm. 108.

35

36

Zur relativen Einmaligkeit der Hypostase als Einzelfall eines Eidos und zur absoluten Singularität Christi vgl. S. 180-184 [296-299],

37

Die traditionelle Aussage, daß die Definition die Wirklichkeit der Usie widerspiegelt (vgl. Quellenapparat zu Anastasios Sinaites, Viae Dux [S. 104 [216], Anm. 4], II, 1,2729), findet sich bei Maximos öfter (vgl. z.B. In Porphyrium, hg. v. M. Roueche, Byzantine Philosophical Texts of the Seventh Century, JOB 23, 1974, 70, 3). In Opusc. 16, 201 A 1 4 - B 2, verbindet Maximos diese Aussage mit dem Problem der „wesenhaften Dynamis" oder „seinshaften Energie" (B 6 - 7 ; 204 Β 1 1 - C 1). Vgl. hierzu Disputatio, 345 D 2-3; Anastasios Sinaites, a.a.O., II, 4, 74-187.

178

Das anthropologische Modell

weit ihm diese neue Dimension der „Existenz" 38 positiv bewußt und für sein anthropologisches und christologisches Verständnis fruchtbar wird, haben wir im folgenden zu fragen. 2. Die Subsistenz der „Person" in einer freien und in einer naturhaften Synthese: Zur Transformation des Paradigmas um 640 n. Chr. Das sich grundsätzlich einer wesenhaften Bestimmung entziehende Für-sich-sein kennzeichnet die Hypostase als solche; eine „eine zusammengesetzte Hypostase"  (μία ύπόστασι,ς  σύνθετο?) jedoch  impliziert  die  Synthese  von  (individuellen)  Naturen,  d.h.  die  Setzung  von  natur­ haften  Extremen  (άκρα)39,  welche  im  terminus  medius,  in  der  Vermitt­ lung, bewahrt  werden 40 .  Soweit  steht Maximos  in  der  Tradition  des  sog.  Neuchalkedonismus.  Seit  Johannes  Grammatikos,  dem  Presbyter  von  Kaisareia  in  Kappadokien 41 ,  ging  es  um  mehr  oder  weniger  konse­ quente  Versuche,  das Für-sich-sein als das entscheidende Bestimmungsmoment der Hypostase zur Geltung zu bringen. Läßt sich dieses Für-sich-sein aber mit dem Anliegen der Kyrillischen [294] Christologie „von oben" zuinnerst vermitteln oder können beide Sichten, Für-sichsein und vergottende Dynamik der Logos-Hypostase nur in einem Zugleich gesagt werden, das für das Denken des Menschen letztlich immer wieder in eine Unvermitteltheit auseinanderbrechen wird und nur als Zugleich behauptet, d.h. als paradoxe Einheit - in einem unaufhebbaren Sinn von Paradoxon -„gedacht" werden kann? Inwiefern und in welchem Sinn leistet die Hypostase die Vermittlung des Zugleich

38

H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie (S. 106 [218], Anm. 16) hat diesen Terminus, angeregt durch die Unterscheidung von  λόγος  της  φύσεως  und  τρόττος  της  ύττάρξεως  (Existenzmodus),  im  Werk  des  Maximos  (vgl.  S.  172  [287],  bes.  zu  Anm.  17a)  stark  herausgearbeitet,  zugleich  aber  ein  personalistisches  Moment  in  diesen  eingetragen.  „Existenz"  soll hier  in  einem  weiteren  Sinn  als nicht  wesenhaft bestimmbare  Dimen­ sion  verstanden  werden,  wobei  die  Frage  ansteht,  ob  diese  letztlich  als  konkret  be­ gründender Grund aller Natursynthesen zu begreifen ist oder nicht. Vgl. auch P. Sherwood, The Earlier Ambigua of S. Maximus the Confessor and his Refutation of Origenism, Studia Anselmiana 36, Romae 1955,155ff. 39 Die durch H.U. von Balthasar üblich gewordene Übersetzung mit „Pol" für  άκροι»  scheint  mir  nicht  angebracht.  Die Terminologie  stammt  m.E.  aus  der  Syllogistik  und  meint  die Extreme, welche im terminus medius zu vermitteln  und  zu bewahren  sind.  40  Hier trägt Maximos in einer dialektischen Formulierung das Axiom der  άσύγχυτος  ενωσις­  ein:  Soweit  als  die  naturhaften  Unterschiede  in  der  Einigung  gewahrt  wer­ den,  soweit  vollzieht  sich  die  Einigung  (Opusc.  8,  97  A  2­4),  d.h.  je  deutlicher  das  Wesen  oder  der  Seinsgrund  der  geeinten  Wirklichkeiten  sich  in  der  Einigung  durch­ hält, desto intensiver ist der Modus der Einigung. Vgl. Ep. 12, 493 A 11-B 2; Ep. 15, 560 A 4-7. 41 Vgl. S. 118f. [231f.], bes. Anm. 10-13; 177 [292], Anm. 35.

D a s a n t h r o p o l o g i s c h e P a r a d i g m a bei M a x i m o s d e m B e k e n n e r

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von „Sowohl Mensch - Als auch Gott" bzw. von „Sowohl Geistsubstanz - Als auch leibhafte Existenz"? In der öffentlichen Diskussion mit Pyrrhos sagt Maximos: „Negiert man die Extreme, dann gibt es nichts Mittleres (und Vermittelndes)" 42 . Nur so wahrt die hypostatische Mitte ihre Mitte, nämlich in der Wahrung des Axioms der „unvermischten Einigung". Würden beide Extreme im Naturhaften selbst - in der Dimension des Wesenhaften eine Einigung oder Synthese eingehen, dann würden sie „etwas anderes"  (ετερόν  τι)  werden,  eine  neue  Natur  bzw.  eine  neue  Energie 43 .  Die­ se  einende  und  darin  unterscheidende  Vermittlungsfunktion  ist,  wie  Maximos  in  seinem  Brief  vom  Jahresende  641  an  den  Cubicularius  Jo­ hannes  schreibt,  der  λόγος  der  Hypostase,  d.h.  das,  was  sie  als  solche  im  Unterschied  zum  λόγος  φύσεως  kennzeichnet  und  somit  ­  im  heuti­ gen  Sprachgebrauch  ­  ihre  Struktur 44 .  [295]  Und  ebendort  leitet  Maximos  zum  Gebrauch  des  anthropologi­ schen  Paradigmas  bei  Kyrill  von  Alexandrien über 45 . Weder hier, noch

42

D i s p u t a t i o , 3 4 8 A 6 - 7 :  άποφάσει  τών  άκρων  ούδέν  έστι  μέσον  e m  Χριστοί).  Vgl.  d i e  A u s s a g e  in  P y r r h o s '  T o m u s  d o g m a t i c u s ,  w e l c h e  die  L a t e r a n s y n o d e  v o n  6 4 9 überliefert ( M a n s i , X, 9 8 8 D 1 - E 4; V. G r u m e l , Les R e g e s t e s [S. 160 [274], A n m . 25], Nr. 298), z u r  καινή  τ ι ?  ( b z w .  μία)  θεανδρική  ενέργεια  des  Ps.  D i o n y s i o s  (ep.  4,  P G  3,  1072  C  4r-5;  vgl.  S.  160  [274],  A n m .  2 8  ):  τη  γαρ  άποφάσει  των  άκρων,  μίαν  φησιν  ό  θειος  διδάσκαλος  κατάφασιν  ποιησάμενος,  και  ταύτην  μοναδικώς  έκφωνήσας,  τί  άλλο  γε  ή  μίαν  όμολογεΐν  ένέργειαν  ώς  ενός  τοΰ  Χριστού,  ...  παρέδωκεν; 

4 3 

D i s p u t a t i o ,  3 4 8  Α  7 ­ 1 0 ;  vgl.  ebd.,  2 8 9  Β  4 ­ C  8.  D i e s e s  A r g u m e n t  ist  u n s  in  der  n e u ­ c h a l k e d o n i s c h e n  K o n t r o v e r s t h e o l o g i e  schon  b e g e g n e t  (vgl.  S.  152ff.  [266ff.).  U n s  in­ teressiert,  ob  es  i m  D e n k e n  des  M a x i m o s  e i n e n  n e u e n  S t e l l e n w e r t erhält. D i e in der F o r m e l s p r a c h e d e s M a x i m o s auffällige E r g ä n z u n g des n e u c h a l k e d o n i s c h e n Z u g l e i c h v o n „in z w e i N a t u r e n " u n d „ a u s z w e i N a t u r e n " d u r c h ein „ w e l c h e er selbst der N a t u r n a c h  ist" (z.B. O p u s c . 6, 68 A 8 - 1 0 : ...  την  φυσικήν  διαφοράν  ...  των  έξ  ων  και  εν  a l s  τε  καΐ  άπερ  ην  ό  αύτός  κατά  φύσιν.  Vgl.  O p u s c .  7,  8 4  C  1 3 ­ D  2;  15,  169  A  1 5 ­ B  2;  Disputatio,  3 4 5  Β  6 ­ 8 ;  Ep.  12,  5 0 0  C  1 ­ 1 0 ;  E p .  15,  5 7 2  D  2 ­ 5 7 3  A 6 )  b z w .  d u r c h  ein  „ d e r e n  H y p o s t a s e  er  i s t "  (z.B.  O p u s c .  6,  68  D  1 ­ 2 :  Διό  και  άμφω  τάς  έξ  ών  και  εν  αΐς  και  ών  ΰπόστασις  ήν.  Vgl.  O p u s c .  8,  96  A  8 ­ 1 1 ) k ö n n t e s c h o n ein H i n w e i s sein, d a ß M a x i m o s die h y p o s t a t i s c h e S y n t h e s e d a d u r c h k e n n z e i c h n e t , d a ß sie „ n i c h t e t w a s a n d e r e s n e b e n d e n N a t u r e n ist". W i e m a g er dies v e r s t e h e n ?

44

M i t B e z u g a u f die A u s s a g e des G r e g o r i o s v o n N a z i a n z :  "Εν  εξ  άμφοίν  και  δι'  ένός  αμφότερα  a r g u m e n t i e r t  M a x i m o s  (Ep.  12,  4 9 3  D  1 ­ 8 ) :  „ W i e n ä m l i c h , E i n e s a u s beid e n ' , d.h. aus z w e i N a t u r e n d a s Eine  (τό  εν)  w i e  ein  G a n z e s  a u s  s e i n e n  T e i l e n g e m ä ß d e m  λόγος  d e r  H y p o s t a s e  (entsteht  u n d  ist  u n d  eins  ist),  so  (sind  u n d  w e r d e n )  a u c h  v e r m i t t e l t  d u r c h  d a s '  h y p o s t a t i s c h  ,Eine'  als  e i n e m  G a n z e n  , b e i d e '  T e i l e  auf  G r u n d  ihres  n a t u r h a f t e n  λόγος,  d.h.  die  beiden  (Wirklichkeiten  geeint  u n d  b e w a h r t ) " .  Z u  d i e s e m  G e d a n k e n  vgl.  d a s  t a n t u m ­ q u a n t u m ­ G e s e t z  ebd.,  4 9 3  A  1 1 ­ B  2  ( A n m .  40),  sowie  die  A u s s a g e ü b e r die „unvermischte E i n i g u n g " in 493  Β  5 ­ C  15  s o w i e  4 6 8  C  Iff. 

4 5 

I m  Z i t a t  a u s  Kyrill  v o n  A l e x a n d r i e n ,  Ep.  2  ad  S u c c e s s u m  D i o c a e s a r e a e  (ep.  46),  A C O  I,  1,  6,  1 6 2 , 8 ­ 9  (PG  77,  2 4 5  A  1 5 ­ B  2),  ist  der  A k z e n t  einseitig  auf  die  Einheit  v e r s c h o ­ b e n :  „ S o d a ß die z w e i (seil. S e e l e u n d Leib) nicht m e h r z w e i sind, s o n d e r n d u r c h die z w e i d a s e i n e L e b e w e s e n gebildet w i r d " . M a x i m o s h e b t sofort u n d g e w i ß z u r e c h t

180

Das anthropologische Modell

im Kontext des Briefes (641), noch in der Disputation mit Pyrrhos im Jahre 645 bejaht bzw. übernimmt Maximos das anthropologische Paradigma für seine Christologie. Im Brief an den kaiserlichen Kammerherrn Johannes setzt sich Maximos mit der Lehre des Severos von Antiochien auseinander. Auf das Paradigma kommt er im Zusammenhang mit Severos' These von der Wahrung der Differenz des Göttlichen und Menschlichen in der „einen inkarnierten Natur des Logos", welche Severos als „synthetische Natur" (σύνθετος  φύσις)  gekennzeich­ net  hat,  zu  sprechen.  Die  Differenz hält sich für Severos in dieser synthetischen Natur durch, „wie sich eine naturhafte Qualität in einer Synthese durchhält"  (ώς  ev  ποιότητα  φυσική)46.  Maximos  bestimmt  zu­ nächst christologische und anthropologische Einigung im gleichlautenden Sinn als hypostatische (nicht naturhafte), welche die naturhafte Differenz von Gottheit und Menschheit Christi bzw. von Seele und Leib und somit ihr jeweiliges Wesens-Sein  (ό  του  el να ι  λόγο?)  wahrt 47 .  Dann  zielt  er  den  Unterschied  zwischen  severianischer  σύνθετος·  φύσις  und  neuchalkedonischer  σύνθετος  ύπόστασις  an; und  hier  zeigt  sich für Maximos ein wesentlicher Unterschied zwischer Christologie und Anthropologie 48 . [296] Christus ist eine absolute Singularität und damit Individuum in eine absoluten Für-sich-sein, d.h. in einem durch kein Wesens- oder Naturmoment relativierten Nicht-Gemeinsam-Sein 49 . Letztlich besteht in Christus eine Wesensverschiedenheit, welche mit jener von Seele und Leib nicht vergleichbar ist und somit das anthropologische Paradigma aufbricht: „Was seiner Natur nach eine Synthese ist, könnte dem, was seiner Natur nach einfach ist, niemals natur- und wesensgleich sein"50. Zwischen zusammengesetzter und schlechthin einfacher Natur gibt es nichts naturhaft Gemeinsames. „Christus" kann deshalb - so Maximos - , hervor, daß Kyrill niemals die bleibende Wesensverschiedenheit der beiden Naturen aufheben wollte (Ep. 12, 496 A 6-C 12). 46 Ep. 12, 485  Β  9­10:  μόνη  ποιότητι  λέγοντες  την  δι,αφοράν  σώζεσθαι,  τών  πραγμάτων  χωρί?. Vgl. J. Lebon, La christologie  (S. 104 [217], Anm.  7), 538ff.  47  Ep.  12, 488 A  2­13.  48  Und  hier  meinten  z.B. V.  Grumel,  L'union  (S. 106  [218],  Anm.  16), 401­403,  und  mit  Einschränkungen H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie (S. 106 [218], Anm. 16), 234; 237-240, gefolgt von L. Thunberg, Microcosm (S. 106 [218], Anm. 16), HOf. (dessen dortige Angaben über Leontios von Byzanz, insbesondere über die anthropologische Synthese als die Einheit zweier Hypostasen, in der Quelle nicht zu verifizieren sind), überwindet Maximos die platonische bzw. origenistisch eingefärbte Axiomatik des Leontios von Byzanz. Doch vgl. man zu dieser These das auf S. 133ff, [246ff.] Gesagte, nämlich Leontios' Aussagen zum Eidos „Mensch" und seine Stellungnahme zur severianischen „synthetischen Natur" mit den folgenden Aussagen des Maximos. Im Ansatz stimmen beide überein. 49 Ep. 12, 488 A 13-B 8. 50 Ebd., 489 Β 9­11. 

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

181

sofern die Hypostase des Logos dem Vater wesensgleich und ihrer Natur nach absolut einfach ist, keine naturhafte, sondern nur eine hypostatische Synthese sein. Ist eine solche in Christus irgendwie analog oder nur als Paradox zu verstehen 51 ? Christus ist ja die absolute, undefinierbare Singularität 52 , für welches die Hypothese nicht gelten kann, „ein zusammengesetztes Sein zu haben, welches wie ein Eidos von (der zusammengesetzten Hypostase) ausgesagt wird" 53 . Christus hat kein „zusammengesetztes Sein". Er hat ja kein „neues Sein", keine „neue synthetische Natur" im Vergleich zu den in ihm gewahrten Extremen des Gott-seins und Mensch-seins. Er ist im Vergleich zu diesen nicht „etwas anderes" 533 . Zwischen der Gemeinsamkeit, welche die Teilhabe an einem Eidos bedeutet, und der Tatsache, daß das naturhafte oder Wesens-Sein  (λόγος  τοΰ  et ναι)  synthetisch  ist,  scheint für Maximos ein innerer Zusammenhang zu bestehen. Dieser läßt sich aus der Deutung des anthropologischen Paradigmas erheben. Maximos grenzt die hypostatische Synthese in Christus vom anthropologischen Modell durch negative Bestimmungen ab, welche zeigen, daß bei Maximos in der Zeit der monenergetischen und monotheletischen Krise - und auf diese Zeit haben wir uns vorläufig beschränkt - [297] der Paradigmacharakter der Anthropologie eigentlich negiert wird. Sie liefert ihm nur mehr formalontologische Strukturen, die keinen inhaltlich bestimmten Vergleich zulassen. Die hypostatische Synthese des Menschen ist „denkbar", wenn man die naturhafte Synthese, welche mit dem Eidos Mensch umschrieben wird, mit-denkt. Als Synthese bedarf sie der Vermittlung, die das unvermittelte, nur behauptete Zugleich der Momente in ihrem inneren Verwiesensein aufweist, soll sie sich dem Denken und Verstehen nicht entziehen. Sonst verbleibt die Synthese - und das mag ja im Falle der Synthese Christi der einzige gangbare Wege sein - im Bereich des als Paradox behaupteten Zugleich. Der individuelle Mensch ist für Maximos eine Hypostase zweier wesensverschiedener Wirklichkeiten 54 . Leib und Seele bleiben eine άσύγχυτος·  ενωσις.  Sie  bilden  in  diesem  Sinn  keine  naturhafte  Einheit,  keine  μία  φύσις,  „als  ob  die  Usie  von Körper und Seele identisch wä51

Vgl. zu Anm. 25. - Ep. 13, 517 C 8-12: Christus „ist eine zusammengesetzte Hypostase, die eine ihrem Eidos nach zusammengesetzte Natur, die von ihr ausgesagt wird, nicht besitzt. Dies ist ein Paradox: Eine zusammengesetzte Hypostase ohne die (entsprechende) dem Eidos nach von ihr ausgesagte zusammengesetzte Natur zu erkennen." 52 Vgl. zu Anm. 49. 53 Ep. 12, 489 C 13-D 2; vgl. ebd., D 10-492 A 7. 53a Vgl. Anm. 43. 54 Vgl. Ep. 12, 488 A 2-13. C 1-5: ... "Εν δέ τη ύττοστάσει  έπί  τε  Χρίστου και  τοίι  καθ'  ήμας  άνθρωπου κτλ. 

182

Das anthropologische Modell

ren"54a

Doch ist der Mensch als solche Hypostase nicht absolutes Fürsich-sein, sondern nur der Einzelfall eines Eidos. Im Hinblick auf seine Teilhabe an einem Eidos „Mensch" ist der Mensch „eine Natur"  (μία  φύσις·)  bzw.  genauer,  um  ein  einseitig  „logisches" Verständnis abzuwehren, der Mensch ist jene „eine Natur", welche in der Gemeinsamkeit eines Eidos vorausgesetzt wird54b, nämlich eine synthetische, nicht eine einfache 55 naturhafte Einheit56. Eine solche „zusammengesetzte Natur"  (σύνθετος  φύσις)  ist, wie  die  folgenden Ausführungen zeigen, eine „konkrete" 57 , individuelle Natur. Denn sie wird dreifach gekennzeichnet. 1. Ihre Synthese beruht auf einer naturhaften Notwendigkeit. Ihre Teile „umfassen sich gegenseitig auf Grund einer Notwendigkeit  (εξ  άνάγκης)"58  bzw.  sie  sind  ohne  jede  Entscheidung  und  Wahl  ihrerseits  (άπροαιρέτως),  ohne  jedes  willentliche  Moment  (άκουσίως)  miteinander  verbunden 59 .  Sie  sind  auf  Grund  ihres  Wesens  aufeinander  an­ ge[298]wiesen  und  so auf  die Synthese hin  angelegt60.  2.  Eine  zusammengesetzte  Natur  besitzt  ihre  Teile  in Simultanität. Sie selbst ist mit ihren Teilen, diese sind mit ihr im Entstehen simultan61. 3. Eine synthetische Natur ist auf die Vollendung des Kosmos hin angelegt:  εις· σύμπληρωσιν  της· του παντός  διακοσμήσεως·62.  Hierin dürfte vor allem das eidetische Moment zur Geltung kommen. Denn die synthetische Natur besitzt, besser empfängt ihren „Ort" aus der Ordnung des Ganzen. Im Hinblick auf die Vollendung und Vollkommenheit des Kosmos unterscheidet sich die „konkrete" synthetische Natur in einer konstitutiven Differenz  (συστατική  διαφορά)  von  allen  anderen  Eide  und  kommt  zugleich  darin  mit  allen  Individuen,  welche  „unter  dersel­ ben  Natur  als  Eidos  existieren  und  von  ihr umfaßt werden", überein 63 . Sie ist in ihrem Wesenssein und in ihrer Individualität auf die Vollen-

54a 54b  55  56  57 

58  59  60  61  62  63 

Ebd., 488 Β 10­11: ώς της­ αυτής  τη ψυχη ουσίας  οντος  του  σώματος.  Ebd.,  488 Β 11­14:  (μίαι^ φύσιν) τηι> ώς έν  εϊδει.  Ebd., 488 Α  14.  Ebd., 488 D 7ff.  Im  Sinn  des modernen  Sprachgebrauchs.  Zum  folgenden vgl. man  V. Grumel,  L'union  (S.  106  [218],  Aran.  16), 401; 403; H.U.  v. Balthasar,  Kosmische  Liturgie  (S.  106  [218],  Anm.  16), 239ff.; P. Sherwood,  St. Maximus  (S. 172 [287], Anm.  16), 51 ff.  Ep.  12, 488 D 5­7.  Ep.  13, 516 D  14­517 A 2; 528 C  11­13. Vgl. Ep.  12, 488 D 8­10.  Diese anti­origenistische  Aussage  wird  in Ep.  12, 488 D  15­489 A 9, kurz  angerissen.  Ep.  12, 488 C  15­D 2;. Vgl. Ep.  13, 517 A 3­6; 528 C  13­14.  Ep.  12, 488 D 3­6. Vgl. Ep.  13, 517 A 7­9; 528 C  14­D 1.  Ep.  12, 488 Β 11­14. 

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

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dung der Schöpfung angelegt; diese συμττλήρωσις ist eine κατ' είδος,  wie  Maximos  anderswo  sagt 64 .  Alle  drei  genannten  Momente  kennzeichnen  die  „synthetische  Na­ tur"  als  ein Geschöpf Gottes 65 . Ihre Struktur ist jene des geschaffenen Seienden: „Jede synthetische Natur - sagt Maximos an einer anderen Stelle - entsteht in der Simultaneität ihrer Teile und ohne ihren Willen. Denn sie existiert als eine geschaffene. Und sie ist durch den Raum und ihren eigenen Kosmos umschrieben und umgreift viele Individuen" 6 6 . Diese Bestimmungen kennzeichnen den Menschen. Sie gründen in der Einigung von Seele und Leib 67 , welche insofern nicht nur hypostatische Einigung, sondern auch naturhafte ist. Es gilt nicht, so drückt es Maximos aus, daß eine jede synthetische Hypostase  (σύνθετος  ύπόστασις)  „auf  Grund  ihrer  selbst",  sozusagen  auf  Grund  ihres  hy­ postatischen Für-sich-selbst-seins als solchem, zusammengesetzt (σύνθετος)  ist.  Denn  jene,  welche  nicht  absolut  singular  ist,  sondern  irgendeinem  [299]  Eidos zugehört 68 , ist nur 69 auf Grund ihrer synthetischen Natur und auf Grund dessen, daß diese Natur, „wann immer sie eine synthetische ist, auch das prädizierte Eidos enthält, unter welches sie fällt", zusammengesetzt , nämlich eine  σύνθετος  ΰπόστασις.  Und  Maximos  gebraucht  einen  Vergleich:  Wie  wenn  das  individuelle  Ein­ zelne  zwar  das  Ganze  (δλον  τό  καθ'  δλου)  oder  Gemeinsame  und  Gat­ tungshafte enthält, doch es selbst diesem Gattungshaften nichts, seil, nicht „etwas", mitteilt 70 . Nur die Christus-Hypostase ist eine rein hypostatische Synthese, die alle drei die naturhafte Synthese kennzeichnenden Momente negiert 71 . Sie ist „die freie Synthese" 7 2 ; der Logos 64

Ep. 13, 529 D 3. Vgl. zum Begriff der  συμπλήρωση  S.  113  [226],  Anm.  64­67. 

65 

Ep.  12,  488  D  2.  4r-5.  Vgl.  Ep.  13,  529  A  13­B  6;  ferner  Ep.  12,  492  C  6:  ÖL' ήι/πνα  την  αίτίαν.  Opusc.  5,  64  D  4 ­ 6 5  A  1.  Ep.  12,  488  D  7 ­ 1 3 .  Ebd.,  489  D  4 ­ 5 :  την ύπό TL τελούσαν είδος.  Vgl.  ebd.,  492  A  2 ­ 7 . 

66  67  68  69 

70 71  72 

Dieses  „nur"  ist  m.E.  auf  Grund  des  Gedankengangs  anzunehmen.  Die  Hypostase  des  individuellen  Menschen  ist  nicht  deshalb  schon  zusammengesetzt,  weil  sie  Hy­ postase  ist.  Dieser  Fall  gilt  nur für Christus; er ist auf Grund seines hypostatischen Seins absolut für-sich-selbst-seiend: Im Hinblick auf den Vater und Geist sowie im Hinblick auf die Menschen. Und darum ist er auf Grund seines Für-sich-selbst-seins vermittelnde Synthese zwischen den naturhaften Extremen. Der individuelle Mensch ist auf Grund seines Für-sich-selbst-seins in der eidetischen Gemeinsamkeit Hypostase; doch zusammengesetzte Hypostase ist er, das scheint Maximos sagen zu wollen, auf Grund dessen, daß seine Natur eine Synthese ist. Ep. 12, 489 D 3-10. Vgl. Ep. 13, 525 D 2-528  Β  9,  ferner  S.  194  [310],  Ep.  12,  489  A  11­B  11.  D  lOff.  Vgl.  Ep.  13,  517  A  9 ­ C  12;  528  C  7 ­ 5 2 9  A  8;  C  11­532  C  3,  ferner  S.  177  [292],  Anm.  36.  Als  „die  freie  Synthese"  hat  H.U.  v.  Balthasar,  Kosmische  Liturgie  (S.  106  [218],  Anm.  16),  239,  die  christologische  Sicht  des  Maximos  im  Unterschied  zur  anthropo

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Das anthropologische Modell

wählte frei seine Kenose73. „Er, der seiner Natur nach einfach und unkörperlich ist, wurde freiwillig seiner Hypostase nach zusammengesetzt und leibhafte Existenz (καθ' ύπόστασιν σύνθετος· και  ενσώματος·)"74.  3. Das  anthropologische  Paradigma  in frühen Schriften und sein Verlust in der monenergetischen Krise Im wesentlichen hatte Maximos schon um 633/475 dieselbe Antwort in der Auseinandersetzung mit Severianern gegeben76; doch mit einem kleinen Unterschied: Nirgends finden wir dort das ursprüngliche Paradigma der Konstitution des Menschen, wie es Maximos im Brief an den Cubicularius Johannes (641) aufgegriffen hatte - und wir [300] können sagen: wieder aufgegriffen hatte. Legen wir den Datierungsversuch von P. Sherwood zugrunde, so ist es auffällig, daß mit dem Aufkommen der monenergetischen Krise das anthropologische Paradigma in seiner ursprünglichen Form in den Schriften des Maximos Confessor nicht mehr auftaucht. Wir finden es in einer Terminologie, die stark an die Leontioi oder sehr wahrscheinlicher richtiger - einfach an die sog. neuchalkedonische Tradition erinnert, im Schreiben an den Diakon Kosmas von Alexandrien. Ob jene Aussagen des Briefes, welche knapp auf den Göttliches und Menschliches wirkenden Christus eingehen 77 , schon auf den Beginn der monenergetischen Krise hindeuten, ist m.E. unwahrscheinlich, zumindest nicht beweisbar 78 . Das anthropologische Paradigma findet sich in einem Zusammenhang, in dem es Maximos um die Bestimmung von naturhafter Identität und Differenz sowie personhafter, hypostatischer Einheit und Verschiedenheit geht79, wie sie in der chalkedonischen Tradition kanonisch geworden war. Der Vergleich wird ohne jede Einschränkung eingeführt: „Wirklichkeiten, welche gemäß ein und derselben Hypostase bzw. Person geeint sind, d.h. einer einzigen Hypostase zugehören und zur Vollständigkeit eines einzigen Prosopon

73 74  75  76 

77 78  79

logischen treffend gekennzeichnet. Vgl. hierzu Leontios von Byzanz (S. 143 [256], Anm. 172). Ep. 13, 517 Β 13­15.  Ebd., 529 Β 6­14. Zu  „einfach" vgl. auch  Ep.  12, 489 Β 9­11.  So nach  P. Sherwood,  An  Annotated  Date­List  of  the  Works  of  Maximus  the  Confes­ sor,  Studia  Anselmiana  30, Romae  1952, 39f.  Ep.  13,  509B;  533A.  In  den  Anmerkungen  zu  den  vorhergehenden Ausführungen, welche sich überwiegend an der Epistula 12 orientierten, wurde schon auf diese Quelle verwiesen. Ep. 15, 573 Β 2­9.  So im  Grunde  auch  P.  Sherwood,  Date­List  (Anm.  75), 40,  der  aber  dennoch für eine Datierung nach 640 plädiert. Ep. 15, 549 A 15-553 C 5. Vgl. ebd., 556 D 6-557 C 7; 572 C 1-13.

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

185

beitragen, unterscheiden sich auf Grund ihres Wesens bzw. auf Grund ihrer Natur, wie es zutrifft in Bezug auf die menschliche Seele und den Leib ... Denn diese sind nicht miteinander wesensgleich" 80 . Ferner gilt das Paradigma als Vergleich für die durch charakterisierende Eigenarten (Idiomata) bestimmte hypostatische Identität, welche die einzelnen menschlichen Individuen voneinander abgrenzt und unterscheidet 81 , wobei zugleich die Wahrung der wesenhaften Differenz von Seele und Leib in der Hypostase, die  άσύγχυτος· ενωσις,  betont  wird 82 .  Das  Eidos­ Problem  wird  hier  nur  anti­origenistisch,  ohne  weitere Präzisierung gefaßt und gewinnt keine axiomatische Bedeutung für eine grundsätzliche Unterscheidung von Christologie und Anthropologie: Die Synthese von Seele und Leib konstituiert den [301] individuellen Menschen, d.h. Seele und Leib erhalten eine „gegenseitige Identität"  (άμφω  άλλήλοις  ταύτόν)  auf  Grund  der  „Struktur"  (τω λόγω), welche  der  „einen  Hypostase"  eignet,  die  sich  aus  Leib  und  Seele  aufbaut,  so daß beide vor der Synthese zu einem Eidos gar nicht getrennt als solche subsistieren. D.h. die Identität beider gründet in ihrer Bezogenheit aufeinander in der Hypostase. Erst und nur so sind beide individuell existierende Wirklichkeit. Die Synthese von Leib und Seele zum Individuum in der Hypostase und die Synthese zum Eidos Mensch vollziehen sich simultan, im Zugleich  (αμα)83.  Diese  Formel  hatte  Maximos  wenige  Jahre  zuvor  in  den  „Earlier  Ambigua"  gegen  den  Origenismus  seiner  Zeit  begründet 84 . Und wenn dem so ist, sagt Maximos im Brief an Kosmas, dann ist die Inkarnationslehre einsichtig und ohne jedes Rätsel85. Der Mensch als „Mischung der Gegensätze"  (μΐξις  των  εναντίων)86  und  Christus  als  der  hypostatisch  die  Extreme  (ακρα)  Vermittelnde 87  und  in  der höchstmöglichen personhaften Identität Einigende 88 werden hier als analoge Fälle (!) der hypostatischen Synthese betrachtet.

80 81 82 83 84 85

Ebd., 552 A 5-12. Ebd., 552 C 13-D 8. Ebd., 552 D 13-553 A 8. Ebd., 552 D 6-12. Vgl. ebd., 553 A 12-B 2. A m b i g u a ad Iohannem, 1100 C 4-1101 C 14; 1324 C Iff. Ep. 15, 553 C 2-5:  σαφής  έντεϋθεί'  (seil.  Εί  κτλ.  [A  12ff.]) ήμΐν  και  μηδέν  έχων  γριφώδες  ό περί  τής  σαρκώσεως  ...  λόγος.  86  Ambigua  ad  Thomam,  Prooem.,  1032 Β 1­2. Vgl.  auch  Opusc.  17, 212  D  1­5.  87  Ep.  15, 553 D  15­556  A  8.  88  Ebd.,  556  Β 5­7:  έι> τη  προς  άλληλα  κατ'  άκρον  προσωπική  ταύτότητι  ...  ένιζόμενον  (vgl.  Leontios  v.  Byzanz,  CNE,  I,  5,  1293  Β  5­10).  Die  personhafte Identität w a h r t nach d e m tantum-quantum-Gesetz (vgl. S. 178 [293], Anm. 40) die Unterschiedenheit in den Dimensionen des N a t u r h a f t e n (Ep. 15, 560 A 4-7).

186

Das anthropologische Modell

In einem sehr frühen Text, den P. Sherwood „vielleicht auf 626/7" datieren möchte 89 , finden wir, die wir die Geschichte des anthropologischen Paradigmas etwas verfolgt haben, einen völlig ungeschützten und undifferenzierten Gebrauch desselben: „Beim Menschen gibt es eine Identität der Person, eine Verschiedenheit der Usien ... Auf gleiche Weise auch bei Christus eine Identität der Person, eine Verschiedenheit der Usien..."». [302] In der bisherigen Forschung hat man an das Corpus der Schriften des Maximos in mancher Hinsicht die Frage nach einer historisch bedingten Entwicklung im Denken ihres Verfassers gestellt 91 . Eigentümlicherweise hat man aber, wenn man den Gegensatz zwischen der vor der monenergetischen Krise liegenden Deutung des anthropologischen Paradigmas und den eingangs interpretierten Aussagen aus den Jahren

89 90

Date-List (Anm. 75), 27. Opusc. 13,145 Β 12-C 2. Vgl. Opusc. 18, 213 A 11-12. - Die Definitiones Variae (Opusc. 14,149 B-153 B) werden von P. Sherwood, Date-List (Anm. 75), 42f., als die uns heute vorliegende Sammlung, d.h. mit den am Ende stehenden Definitionen von naturhaftem und gnomischem Willen, auf ca. 640 n. Chr. datiert. Sollte Maximos selbst der Verfasser der gesamten vorliegenden Sammlung gewesen sein, dann wird man an dieser Datierung nicht umhinkommen. Man muß aber damit rechnen, daß er, wenn überhaupt, nur die vor dem Jahre 633 mit den Monophysiten (und Nestorianern) kontroversen Begriffe zusammengetragen hat. Die Zeilen 153 A 9 - B 1 könnte auch eine vom Werk des Maximos angeregte Interpolation sein. Im selben Zusammenhang wie im Brief an Kosmas den Diakon findet sich in den Definitiones ein Hinweis auf das anthropologische Paradigma (a.a.O., 152 A 11-12; den Gegensatz, den L. Thunberg, Microcosm [S. 106 [218], Anm.16], U l f . , zur Enhypostasie-These des Leontios von Byzanz konstruiert, ist m.E. nicht überzeugend). - Die Seelenlehre des Maximos der vor-monenergetischen Zeit steht durchaus in der platonisierenden Tradition des Nemesios von Emesa (vgl. S. 115f. [228ff.]). Besonders deutlich wird dies in seiner Schrift über die Unkörperlichkeit der Seele (Ep. 6, 424 C-433 A). An einer anderen Stelle weist er im Hinblick auf die Unsterblichkeit der Seele nach, daß sie  αύθυττόστατοϊ  ist  (Ep.  7,  436  D  2­437  Β  11),  was  aber  hier  nicht  viel  mehr  sagen  will,  als daß die Seele eine Usie ist (ebd., 437  Β  2­3:  Ει  δε  αύθυπόστατος  ούκ  'έατιν,  ούδε  οϋσία  έστί  δηλονότι),  womit  Maximos  u.a.  die  aristotelische  Sicht zurückweisen möchte (ebd., 437  Β  9). 

91 

Am  bekanntesten  ist  die  Kontroverse  um  den  Origenismus  des  Maximos, ausgelöst durch M. Viller, Aux sources de la spiritualite de S. Maxime. Les ceuvres d'Evagre le Pontique, RAM 11,1930,156-184; 239-268, und die erste Auflage aus dem Jahre 1941 von H.U. v. Balthasars Werk. In dieser Kontroverse brachte P. Sherwood, The Earlier Ambigua (S. 178 [293], Anm. 38), die Klärung. Vgl. auch P. Sherwood, Maximus and Origenism, in: Berichte zum XI. Internationalen Byzantinisten-Kongreß München 1958,  ΠΙ/1, München 1958. Man könnte hier an Maximos' Retractatio seiner Aussage über den gnomischen Willen erinnern, ferner seiner Behauptung „einer Energie", von der er in den Ambigua ad Iohannem, 1076 C 10-11, gesprochen hatte (vgl. Opusc. 1, 34  Α  10ff.), schließlich seines ersten Schreibens an Pyrrhos, den späteren Patriarchen. Die Date-List von P. Sherwood (Anm. 75) ist das Ergebnis solcher Beobachtungen, das wie jedes Resultat der historischen Forschung nur ein vorläufiges sein wird.

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

187

641 bzw. 645 sah, nicht nach den historischen Bedingungen für diesen Gegensatz im Denken des Maximos gefragt, nicht jene Motive aufzuspüren gesucht, welche den Anlaß zu einer Transformation des Paradigmas gaben. Den Gegensatz in Gebrauch und Deutung des Paradigmas hat man gesehen; man hat ihn zugleich zu einem Gegensatz zwischen Leontios von Byzanz und der reifen Lösung des Ma[303]ximos hochstilisiert 92 bzw. man hat ihn damit zu erklären gesucht, „daß Maximos nicht immer seine eigene Position im Kopf hatte, zumindest aber nicht immer sich ihrer Implikationen bewußt war" 93 . Statt Inkonsistenz möchte ich die historisch bedingte Entwicklung des Denkens (und seiner Axiomatik) aufweisen. Von einem gewissermaßen unreflexen, in der Tradition stehenden Gebrauch des Paradigmas über den Verlust desselben und den Ersatz durch ein anderes Paradigma zur „Wiedergewinnung" des anthropologischen Modells, wobei sich das tertium comparationis schließlich auf ein rein formalontologisches Moment reduziert. Der Mensch ist eine hypostatisch, d.h. im Fürsich-selbst-sein, begründete Synthese oder Einigung: Soweit gilt der Vergleich. Fragt man nach dem eigentlichen Wie dieser Einigung, so gilt er nicht. Denn der Mensch ist eine solche Synthese oder Einigung wesensverschiedener Wirklichkeiten, die miteinander in einer naturhaften Synthese „wie in einem Eidos" zusammenkommen; insoweit also gilt der Vergleich - trotz aller  άσύγχυτος ενωσι,ς  ­  nicht:  Die  Momente  dieser  naturhaften  Synthese  sind  nur  Negativbestimmungen  der  absolut  freien  Synthese  in  Christus;  in  ihr  gelten  diese  Momente  nicht.  Insofern  kann  das  Paradigma  zur  Deutung  der  christologischen  Synthese  verwandt  werden;  in  der  Negation  liegt  die Möglichkeit der Bestimmung, wenn auch über den Weg der maior dissimilitudo, die bei Maximos - das mag jetzt gesagt sein - in seiner Redeweise von der paradoxen Einigung gemeint ist, und zwar im Unterschied zum radikalen Paradoxon, welches jedes Verstehen aufhebt und vernichtet. Die monenergetische Krise scheint bei Maximos zunächst zum Verlust des anthropologischen Paradigmas geführt zu haben. War dies 92

93

Indem man einen Gegensatz zwischen des Maximos' These von der Notwendigkeit, welche die naturhafte Synthese kennzeichnet (vgl. S. 182 [297f.]), und Aussagen des Leontios, die diese Notwendigkeit auf Grund eines Krypto-Origenismus (vgl. S. 142 [255f.]) leugnen würde (vgl. dazu S. 141f. [254f.]), konstruierte. Vgl. S. 180 [295], Aran. 48. P. Sherwood, St. Maximus (S. 172 [287], Anm. 16), 52. Diese These möchte L. Thunberg, Microcosm (S. 106 [218], Anm. 16), 106-110, einer Prüfung unterziehen. Doch bestätigt er nur im folgenden (a.a.O., 110-112) den schon vor ihm in der Forschung behaupteten Gegensatz. Sein Versuch, einen Ausgleich des Gegensatzes mittels des Gedankens der  περι,χώρησις· einsichtig  zu  machen, überzeugt mich nicht. Denn abgesehen davon, daß hier wieder eine „unhistorische" Deutung vorliegt, welche das Gesamtcorpus als einen Text betrachtet, ist der Begriff der  περιχώρησις  bei  Maximos  nicht  zur  Interpretation  des anthropologischen  Paradigmas  verwandt  worden. 

188

Das anthropologische Modell

eine unmittelbare Reaktion auf den Vergleich, welchen der Patriarch Sergios in seinem Brief an Papst Honorius anstellte 94 ? Wir wissen es [304] nicht. Maximos, der gewiß auf dem Boden einer Christologie „von oben" stand, sucht jede inhaltliche Bestimmung der Logoshegemonie auszuschließen; sie ist nicht als naturhafte, nicht als dynamischenergetische zu bestimmen 95 . Die Hypostase begründet die Einigung der Naturen und der naturhaften Energien und „Willen", ist aber, wie wir sehen werden, selbst nicht wieder etwas Naturhaftes. An die Stelle des anthropologischen Paradigmas tritt ein anderes, das ihm durch Pyrrhos vermittelt wurde. Dieses ist, wie Maximos sagt, Pyrrhos' „wunderbarer und dem Geheimnis der göttlichen Inkarnation angemessener Vergleich des im Feuer glühenden Schwertes" 9 6 . Seitdem Maximos diesen Vergleich bei Pyrrhos gelesen hat, benutzt er ihn oft. Er nimmt weitgehend die Funktion des anthropologischen Paradigmas ein. Insbesondere dient er dazu, die Vergottung (θεωσις-) bzw. das Ineinander (περιχώρησις·)97 der Naturen und Energien sowie die gegenseitige Austauschbarkeit der Idiome  (άντίδοσις)98  zu  veranschauli­ chen 99 .  Dieser  Vergleich  kam  dem religiösem Anliegen einer Christologie „von oben" entgegen, wahrte aber eindeutig das Axiom der  άσύγχυτος  ενωσις·  der  Naturen.  Er  vermied  das  Problem,  welches  sich  im  anthropologischen  Paradigma  auf  Grund  der  „Logoshegemo­ nie"  der  Vernunftseele  ergab  bzw.  sich  auf  Grund  der  inhaltlichen  Un­ bestimmtheit  des  Hypostase­Begriffs  stellte.  Denn  wie  leistete  [305]  94 

Vgl.  S.  167  [282], 

95 

Inwiefern  dies für die menschliche Hypostasis als ein Für-sich-selbst-sein auch gilt oder nicht, fragt Maximos nicht. Hier betont er nur jene Momente der naturhaften Synthese, die nicht für die freie Synthese göttlicher und menschlicher Natur gelten können. In der als Paradox verstandenen Christologie verliert das Paradigma seine Funktion. Ep. 19, 593  Β  6­9. 

96 97 

98  99 

Vgl.  Opusc.  7,  88  A  3;  16,  208  A  13­14;  20,  232  A  11;  Disputatio,  337  D  1; 345  D  11­12;  L.  Thunberg,  Microcosm  (S.  106  [218],  Anm.  16),  23­37;  47f.;  63f.;  457f.;  462,  hat  diese  Idee  der  περίχώρησίς·  bei  Maximos  besonders  herausgearbeitet  (vgl.  hierzu  auch  Anm.  93).  Opusc.  1 6 , 1 8 9  D  9­10.  Opusc.  4,  60  Β  10­C  1;  8,  101  C  3 ­ 1 0  (im  folgenden,  101  C  10­104  A  6,  sowie  in  Disputatio,  344  D  2 ­ 3 4 5  A  13,  vergleicht  Maximos  im Anschluß an Kyrill von Alexandrien die Funktion der Sarx Christi mit der opyaiOy-Funktion des menschlichen Körpers im Wirken [vgl. auch Opusc. 5, 64  Β  8 ­ C  5]);  16,  189  C  8 ­ 1 9 2  A  5;  Disputatio,  337  D  3 ­ 3 4 0  A  8;  341  Β  4r­10.  Vgl.  auch  Ambigua  ad  loh.,  1060  A  1 ­ 1 3 ;  Opusc.  20,  236  A  7­13;  Disputatio,  316  C  l l f f .  Bei  der  Auslegung  des  Vergleichs  betont  Maximos  die  beiden  naturhaften  Wirkungen  des glühenden Schwertes: Es schneidet und glüht. Die einheitliche Wirkung „verrät ... noch die Doppelheit der Ursache ... Im einzigen Hieb mit einem glühenden Schwert kann ich an der Wunde noch unterscheiden, was Wirkung des Schneidens, was die des Brennens ist" (H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie [S. 106 [218], Anm. 16)], 259).

D a s a n t h r o p o l o g i s c h e P a r a d i g m a bei M a x i m o s d e m B e k e n n e r

189

eigentlich in der Synthese von Leib und Seele der  λόγος  der  „einen  Hypostase" 1 0 0  Einigung  und  Unterscheidung  zugleich?  Und  war  dieser  Hypostase­Begriff  nicht  auf  der  Seite  der  „Geistsubstanz"  verankert?  War  diese,  wenn  sie  den  Leib  als  Organon  benutzte  (oder,  wenn  man  eher  „entelechial"  dachte,  ihn  als  Organon  konstituierte),  dabei  in  der  Funktion  der  Hypostase?  Finden  sich  im  Werk  des  Maximos  aus  der  Zeit  der  monenergeti­ schen  Krise  Hinweise,  welche  es verständlich machen, warum er das anthropologische Paradigma vermeidet? Gibt es vielleicht Hinweise, daß seine Gegner das Paradigma in einem bestimmten Verständnis gebrauchten, welches Maximos ablehnte und zu entschärfen suchte? Drei Stellen 101 sind hier aufschlußreich. An der ersten wendet sich Maximos gegen ein bestimmtes Argument zugunsten der „einen hypostatischen Energie" Christi  (μία  ενεργεία  υποστατική).  Einerseits  sei  das  Wirken  an  das  Individuum  (άτομον)  gebunden 102 ,  anderseits  ver­ mittelt  und  vereinigt  dieses  als  eine  „zusammengesetzte  Hypostase"  (σύνθετο?  ύπόστασις) gegensätzliche Bestimmungen, sofern sie wesensverschiedene, d.h. gegensätzliche Naturen einigt 103 . Der Energeia eignet - ist sie doch an diese „zusammengesetzte Hypostase" gebunden derselbe die Gegensätze der Naturen vermittelnde Charakter 104 . Als Schlagwort formuliert: „Wie die Hypostasen, so auch die Energien" 105 . Die folgende Aufzählung der gegensätzlichen Bestimmungen zeigt, daß man dabei auch an das anthropologische Paradigma gedacht haben könnte; eindeutig ist dies zwar nicht. Denn die genannten Bestimmungen könnten einfachhin den Gegensatz des Menschlichen und Göttlichen kennzeichnen und nur die christologische Synthese meinen. Anderseits könnten die beiden ersten Gegensätze von „sterblichunsterblich" sowie „sichtbar-unsichtbar" auch als die Gegensätze der naturhaften Idiomata des Leibes und der Seele aufgefaßt 100

V g l . S. 1 7 9 [ 2 9 4 ] , A r a n . 4 4 ; 1 8 5 [300f.].

101

V g l . f e r n e r O p u s c . 5, 6 4 Β 8 - C 5 ; 8 , 1 0 1 C 1 0 - 1 0 4 A 6 ( A n m . 9 9 ) .

102

O p u s c . 1 6 , 1 9 7 C 9 - 1 1 : ... τη προς το ατομον, cos αϋτοί  φασιν,  αποσκοπήσει,  κ ώ  αναφορά.  M a x i m o s  s e t z t  d a g e g e n , d a ß alles N a t u r h a f t e , a l s o a u c h d i e E n e r g i e , s i c h p r i m ä r (προηγουμένως)  n i c h t  a u f  d a s  I n d i v i d u u m ,  s o n d e r n  a u f  d i e  N a t u r  u n d  U s i e  b e z i e h e . 

1 0 3  E b d . ,  2 0 0  A  5 ­ 9 :  σύνθετοι»  δε  την  ύπόστασίν  όμολογοΰσι  προς  ήν  αναφέρεται,  και  των  εναντίων  και  αντικειμένων  δ ε κ τ ι κ ή ν  θνητήν  γάρ  και  άθάνατον,  όρατήν  και  άόρατον,  περιγραπτήν  και  άπερίγραπτον,  ύπο  αρχήν  και  άναρχον.  1 0 4  E b d . ,  2 0 0  Α  9 ­ 1 0  ( a u f  d e n  in  A n m .  1 0 3  z i t i e r t e n  T e x t  folgt):  έσται  τοΰτο  κατά  το  είκος  κ α ΐ ή  ενέργεια.  1 0 5  So f a ß t M a x i m o s e b d . , 2 0 4 C 5 - 6 , d i e A r g u m e n t a t i o n z u s a m m e n . Z u m

Zusammen-

h a n g m i t d e m W i l l e n s p r o b l e m v g l . e b d . , 2 0 9 A 7 - D 1, w o i m H i n b l i c k a u f d e n A u f w e i s v o n  δύο  ούσιώδη  θελήματα  d i e  A u s s a g e ü b e r V e r s u c h u n g e n C h r i s t i (vgl. S. 1 7 5 [ 2 9 0 ] , A n m . 2 2 h ) h e r v o r z u h e b e n ist:  κατά  πάντα  ομοίου  ήμΐν  και  ομοίως·  κατά  θέλησιν  π ε π ε ι ρ α μ έ ν ο ι  χωρίς  μόνη?  της  αμαρτία?  ( 2 0 9  Β  9 ­ 1 1 ) . 

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Das anthropologische Modell

wer[306]den 106 . Im Folgenden findet sich vielleicht noch eine Formel, welche auf das anthropologische Paradigma deuten könnte. Maximos betont dort, wenn auch im Zusammenhang mit der Menschwerdung des Logos, daß der Mensch (ό άνθρωπο?) nicht  ohne  naturhafte  Energeia  wirkt 107 .  Die  Gegner  hatten  ihm  zugestanden, daß die menschliche Realität in Christus „nicht ohne die Möglichkeit zum Wirken" ist108, und Maximos seinen Gegnern, daß zwischen „Energeia" und dem, der wirkt, eine wechselseitige „angemessene" Beziehung besteht 109 . Nimmt man beides zusammen, meint Maximos, dann kann man nicht mehr von einer einzigen Energeia des Wirkenden in Christus sprechen 110 . Dies führe nämlich zumindest auf der Basis von Chalkedon (!) zum Widerspruch. „Denn der Subsistierende (d.h. hier der Wirkende) 111 hätte dann (wenn er nur  ein Wirken hätte, obwohl er selbst seiner Natur nach zweifach  [διπλούς]  ist)  auch  nur  eine  Natur,  selbst  wenn  er  seiner  Hypostase  nach  zusammengesetzt  ist" 112 .  Diese  Formel  „Eine  Natur  ­  eine  synthetische  Hypostase"  ist  uns  aber  oben  schon  begeg­ net 113 .  Sie  ist  die  zu  dieser  Zeit  (ca.  643  n.  Chr.)  von  Maximos  vertretene  anthropologische  Formel.  Sollte  Maximos  hier  nicht  einfachhin  nur  die  Konstruktion  eines  Widerspruchs  gesucht  haben,  sondern  eine  Diffe­ renz  zwischen  christologischer  und  anthropologischer  Synthese  mit­ gemeint  haben?  Wenn  seine  Gegner  von  letzterer  ausgegangen  sein  sollten,  war  dies  eigentlich  recht  sinnvoll.  Doch  im  Text  steht hierüber nichts Ausdrückliches. Die Diskussion bleibt rein in der formalen Begrifflichkeit und innerhalb der Christologie; in diesem Bereich diskutiert Maximos auch im folgenden das Verständnis der „angemessenen" wechselseitigen Beziehung von Energeia und dem Subjekt des Wirkens. Im gewissen Sinn kann er schon zugeben, daß die Energeia auf den Wirkenden zurückgeführt wird wie die Natur auf den Subsistieren[307]den 114 . Doch setzt der naturhafte Unterschied in den Energien 106 E b d . , 2 0 0 A 7 - 9 . 107 Ebd., 2 0 0 C 3. 108 E b d . , 2 0 0 C 8 - 1 1 :  Εί.  γάρ  ούκ  άνέργητον  λέγουσι  το  καθ'  ήμας  τον  λόγον,  δήλοι;  ώς  έμφυτον  καΐ  άνθρωπίνην  ένέργειαν  'έχοντα  τούτον  φασι.  Ein  s o l c h e s  W i r k e n  ist für M a x i m o s „ n i c h t o h n e eine n a t u r h a f t e ,Energie' m ö g l i c h " (ebd., 1 1 - 1 3 ) . 109 Ebd., 2 0 0 A 1 5 - B 1:  προσφυώς  γάρ  εχειν  τη  οικεία  ενεργεία  τον  ενεργούντα,  κακείνην  τούτω,  πάσα  ανάγκη.  110  Ebd.,  2 0 0  C  1 3 ­ 1 5 :  ούδέ  μίαν  μόνον  ...  την  έμφυτον  εχει,ν  ένέργειαν  τον  ενεργούντα.  111  Es  e n t s p r i c h t  τον  ύφεστώτα  v o n  2 0 0  D  l(zitiert  in  A n m .  112)  d e m  τον  ενεργούντα  v o n  2 0 0  C  15  (zitiert  in  A n m .  110).  112  E b d . ,  2 0 0  C  1 5 ­ D  2:  έπεί  και  φύσίν  μίαν  πάντως  τον  ύφεστώτα,  καν  σύνθετος  rj  τήν  ύπόστασιν.  113  V g l .  S.  181f.  [297], 

Das anthropologische Paradigma bei Maximos d e m Bekenner

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noch lange keinen Unterschied der Subjekte des Wirkens. So behauptet Maximos, daß in Christus zwei verschiedene „seinshafte" Energien, doch keine zwei verschiedenen Wirkenden existieren115. Wäre dem nicht so, dann hätte der Nestorianismus recht, in dessen Ecke er seine monenergetischen Gegner künstlich hineinzudrängen sucht, während er selbst versucht, dem Vorwurf des Nestorianismus zu entgehen, indem er den Begriff des  ένυπόστατον einführt und damit die für Neuchalkedoniker grundlegende Einsicht, daß, was in Christus als (menschliche) Natur existiert, keine Hypostase, wohl aber ein ένυπόστατον  ist116.  Die  zweite,  etwas fündigere Stelle findet sich im „Protokoll" der Diskussion mit Pyrrhos. Maximos eröffnet den zweiten Teil der Diskussion mit einem Argument für die „eine Energie", welches er in den Schriften des Pyrrhos gelesen hatte117. Dabei deutet er diese „eine Energie" im Sinn des Pyrrhos als hypostatische 118 . Dieser erläutert in seiner Antwort seine eigene Position mittels des anthropologischen Paradigmas, indem er aber zugleich angreift: Wenn man zwei naturhafte Energien und nicht eine personhafte zulassen möchte, dann müßte man auch beim Menschen zwei Energien auf Grund der wesenhaften Differenz von Seele und Leib annehmen 119 . Anders ausgedrückt: Wie beim 114 Opusc. 16, 200 D 2-6: ...  "Η  τε  γάρ  ενέργεια  προς  τον  ενεργούντα,  και  προς·  τόν  ύφεστώτα  πάλιν  ή  φύσις·  ανάγεται.  Vgl.  H.U.  ν.  Balthasar,  Kosmische  Liturgie  (S.  106  [218], A n m .  16),  220.  115  Opusc.  16,  200  D  6­201  Β 6.  Das  Argument  richtet  sich  (1)  gegen  die  These  der  Geg­ ner:  Διά  την  ένωσιν  και  τό  μοναδικόν  τοϋ  προσώπου  μίαν  τοϋ  ενεργούντος  φασι  την  ένέργειαν  (200  D  7­8),  u n d  (2)  gegen  die Begründung dieser These:  ή  τούτων  (seil,  των  φυσικών  ενεργειών)  φυσική  διαφορά  δύο τούς  ενεργούντα?  ποιεί  (201 Α  2­3).  116  Ebd.,  201  C  1­205  C  3.  Vgl.  insbes.  ebd.,  205  A  13­B  2.6­8:  κατά  τήν  τών  άγιων  παράδοσιν,  καθ'  ην  τό  μη  άνυπόστατον  οϋχ  ύπόστασιν  είναι  τήν  φύσιν  ποιεί,  άλλ'  ένυπόστατον,  ϊνα  μή  ώς  συμβεβηκός  έπινοία  μόνη  λαμβάνηται,  άλλ'  ώς  είδος·  πραγματικώς  θεωρήται.  ... τό  ένυπόστατον  δηλοΐ  τό  ένύπαρκτον  ένύπαρκτον  δε  έστι  τό  ουσιώδους  κα'ι  φυσικής  μετεχον  υπάρξεως.  Zur  Relation  von  φύσις  /  ούκ  άνυπόστατον  /  ένυπόστατον,  welches  ein  ένύπαρκτον  offenbart,  setzt  Maximos  die  Relation  von  ενέργεια  /  ούκ  άνενέργητον  (άνέργητον)  /  ένεργητικόν,  welches  ein  ένδύναμον  anzeigt,  in  Parallele.  Die  Ebene  dieser  Relationen  ist grundsätzlich noch nicht jene der Hypostase bzw. des Wirkenden (205 A 1 - C 3). Man kann sich dabei fragen, ob hier der Begriff „ N a t u r " - als konkrete, individuelle Wirklichkeit - nicht seines eigentlichen Gehaltes verlustig geht u n d nur mehr als Wirkvermögen gedacht wird:  τό  ούσιώδη  και  φυσικήν  έχον  δύναμιν  (205 Β  10­11).  117  Disputatio,  333 D  8­9.  118  Ebd.,  333  D  9­12.  Die  Konsequenz,  welche  er  daraus  zieht  (ebd.,  333  D  12­336  A  2),  ist für diese theologische Diskussion u n d jene der damaligen Zeit typisch. Wenn nämlich die Energie Christi eine hypostatische ist, d a n n ist sie als solche verschieden von jener des Vaters u n d der Mutter Christi. Denn Christus ist als Hypostase mit diesen nicht identisch. Vgl. auch Opusc. 9,117 A 8-B 2. 119 Ebd., 336  Β 3­7.  Was  folgt, überzieht u n d macht Maximos die Antwort leicht. - Ein Widerhall dieses Punktes der Disputation könnte in Opusc. 9,113  Β 9 ­ C  2,  vorliegen. 

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Das anthropologische Modell

Menschen  ein Wirken anzunehmen ist, sofern das Wirken des Menschen ein Wirken des ganzen Menschen ist (ώς δλου)120,  letztlich  des  als  Person  wirkenden  Menschen,  so  auch  bei  Christus.  Diese  Deutung  wird bestätigt durch unsere dritte Stelle. Sie befindet sich in einem Brief des Maximos des Bekenners nach Sizilien aus den Jahren 646/648. Dort berichtet er, daß [308] „die Energeia der Hypostase", von welcher seine Gegner reden, von diesen als die Energie des Ganzen, des  δλον,  bezeichnet  wird 121  und daß auf Grund dieser hypostatischen Energie „Christus seine Verwandtschaft  (τό  συγγενές)  mit  uns,  wie  sie  sagen,  bewahre" 122 .  Was  meint  hier  τό  συγγενές?  Mei­ nes  Erachtens  nicht  das,  was  man  auf  den  ersten  Blick  vermuten  möchte, nämlich die vollmenschliche Wirklichkeit Christi 123 . Denn sollten die Gegner tatsächlich Christus eine vollmenschliche hypostatische Energie zugestanden haben? Maximos möchte dies insinuieren 124 . Vielmehr dürfte im Zitat mit dem  συγγενές  das  anthropologische  Para­ digma  gemeint  sein;  die  Fortsetzung  der  Aussage  bei  Maximos  macht  dies  wahrscheinlich.  Sowohl  Christi  Leiden  als  auch  Christi  Wunder,  so  sagen  die  Gegner,  vollzieht  der  Logos  „entsprechend  seiner  hypostati­ schen  Energie  in  freier  Tat  (εκουσίως)"125.  Darin  wahrt  Christus  seine  Verwandtschaft  mit  dem  Menschen  (τό  συγγενές).  Auch  der  Mensch 

120  Disputatio,  333  D  9­10.  121  Maximos führt diesen Terminus als jenen seiner Gegner ein:  ή  ώς  έκείνοις  φίλοι;  καλεϊν  (Opusc.  9,  117  A  2).  122  Opusc.  9 , 1 1 7  A  4­5.  123  Der  Terminus  συγγενές  verweist zunächst auf die volle Menschlichkeit Christi, das chalkedonische  ομοούσιο?  ήμϊν,  weshalb  die  Konsequenz  einer  physischen  und  einer  hypostatischen  menschlichen  (!)  Energie  Christi,  die  Maximos  zieht  (ebd.,  116  C  7­9),  nicht  abwegig  scheint.  Christus  habe  nicht  nur  ein  naturhaftes  menschliches  Frei­ heitsvermögen (vgl. die chalkedonische Basis seiner Gegner), sondern dieses auch zur konkreten menschlichen Tat aktualisiert, und zwar auf Grund einer hypostatischen, vielleicht schon personal verstandenen Freiheit. H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie (S. 106 [218], Anm. 16), 224, geht gewiß zu weit, wenn er bei den Monotheleten ein „existentielles" Freiheitsverständnis voraussetzt (vgl. auch a.a.O., 260) und für Maximos selbst ein gewissermaßen personalistisches: „Diese Freiheit, antwortet Maximos, ist in ihrer Wurzel eine Freiheit der Natur selbst; erst ihre Verwirklichung, ihre «Befreiung' durch Aneignung ist das Werk der Person, in dem auch diese zu sich selbst gelangt". 124 Ebd., 116 C 4-13. Die Gegner interpretieren Maximos' Lehre so, als ob er drei Energien und drei Willen  (θελήσεις)  vertrete  (ebd.,  113  Β  11­C  2).  Sie  selbst  aber  scheinen  zwei  naturhafte  und  eine  hypostatische  Energie  anzunehmen.  In  seiner  Polemik  (ebd.,  116  A  9ff.)  will  Maximos  sie  letztlich  auf  die  Behauptung  einer  άνθρωπική  υποστατική  ενέργεια  in  Christus  festlegen.  125  Ebd.,  117  A  5 ­ 8 :  καθ'  ην  (seil,  κατά  τήν  της  υποστάσεως  ένέργειαν)  εκουσίως,  οϋ  τήν  πειραν  μόνον  προσιέμενον  των  παθημάτων,  άλλά  και  τήν  δύναμιν  των  θαυμάτων  έπιδεικνΰμενον,  τοΰτον  (seil,  τον  Χριστόν)  είκότως  έπιγιγνώσκουσιν.  Diese  These  be­ hauptet  aber  etwas,  was  nicht möglich ist:  δπερ  άδύνατον. 

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

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lebt und handelt auf Grund einer hypostatischen Energeia, sofern er als ganzheitliches Wesen (als  δλον)  lebt  und  handelt.  Das  tertium  compa­ rationis  verweist  hier  auf  das  anthropologische  Paradigma.  Was  hier  unter  hypostatischer  Energeia  verstanden  wurde,  ist  nicht  mehr  eindeutig  erhebbar.  Der  anthropologische  Vergleich  bei  Sergios  war  letztlich  vitalistisch,  dynamistisch  verstanden  und  meinte  die  seeli­ sche  und  damit  naturhafte Überformung und Durchformung alles menschlichen Handelns, nicht dessen letzten Rückbezug auf ein [309] für sich seiendes Subjekt, die Person. Die alexandrinische Logoshegemonie, die ja die Vergottung Christi  (θεωσις) verständlich machen wollte, war dieser dynamistischen Sicht und ihrer Analogie in der natürlichen, belebenden Bewegung der Seele gegenüber offen. Christus war die „eine inkarnierte Natur des Logos", gewiß des Logos, aber dieser Logos war Gott; Christus war Gott und „gottbewegt" 126 . 4. Die Personsubsistenz als Begründung freier Selbstmächtigheit: Eine recapitulatio zur „Wiedergewinnung" des Paradigmas Mußte eine Christologie „von oben", wie sie im 7. Jahrhundert von allen Chalkedonikern vertreten wurde (von den Monenergeten und Monotheleten ebenso wie von Maximos dem Bekenner und seinen Anhängern), mit einer gewissen Notwendigkeit dynamistisch in Kategorien naturhafter Bewegung gedacht werden? Im Hinblick auf das anthropologische Paradigma lautet diese Frage so: Mußte der Rückbezug des Wirkens, Handelns und Wollens auf die für sich seiende Hypostase des Menschen, auf die Person, als ein naturhaft-dynamischer Einfluß des vitalen und/oder geistigen Prinzips „Seele" verstanden werden oder konnte er nicht ganz anders verstanden werden? Konnte er nicht so verstanden werden, daß die Person als hypostatischer Freiheitspunkt von solcher Art ist, daß er die naturhafte Vernunftbewegung des Menschen, von der ja auch die Monenergeten und Monotheleten sprechen, erst in ihrer freien Selbstmächtigkeit begründet? Daß die Person, gedacht als die Begründung freier Selbstmächtigkeit, selbst nicht der Dimension des Begründeten angehören kann, sondern ganz im Sinn des platonischen Hypothesendenkens „jenseits des Begründeten" zu suchen ist? Daß sie somit metaphysischer Art ist, sofern sie als für-sich-selbst-seiende Subsistenz etwas in der Dimension des WesensSeins nicht weiter Begründbares und doch für diese Dimension Letztbegründendes ist, nämlich ein  άνυττόθετον?  Hier,  an  diesem  Punkt  „jen­ seits  der  Usie",  an  dem  sich  nebenbei  bemerkt  die  Denkbewegung  des  metaphysischen  und  transzendentalen  Argumentes  ihrer  Struktur,  126  Vgl. S. 167 [282f.]. 

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Das anthropologische Modell

nicht ihrer Aussageabsicht nach treffen, läßt sich die menschliche Person oder Hypostase nicht einfachhin „orten". Dies hatte Maximos, wie wir oben feststellten, klar gesehen127. Denn die menschliche Hypostase ist ja [310] nie reines Für-sich-selbst-sein, sondern stets auch InGemeinschaft-sein oder synthetische Natur. In seinem Brief nach Sizilien referiert Maximos im Anschluß an das oben diskutierte Argument für die hypostatische Energie des  δλον,  wel­ ches  Christus  ist, daß seine Gegner ihn nach der inhaltlichen Füllung des Hypostasebegriffs fragen: „Was können wir dem Ganzen zuschreiben, wenn wir ihm als dem einen Ganzen, welches wegen der (hypostatischen) Einigung zustande gekommen ist, die eine Energie absprechen?" 128 . Für Maximos ist die Frage sinnlos; diejenigen, welche sie stellen, wissen nicht, was sie eigentlich sagen129. Sie würden bei ihrer Frage voraussetzen, daß das Ganze „etwas anderes"  (άλλο τι)  als  seine  Teile  ist130,  aus  denen  und  in  denen131  es besteht, nämlich „etwas neben d e n Teilen":  άλλο  τι  παρά  τά  μέρη.  Z w e i t e n s w ü r d e n sie b e h a u p t e n ,

aber nicht beweisen, daß man dem Ganzen als Ganzem „etwas anderes"  (άλλο  τι)  als  das,  was  naturhaft  in  seinen  Teilen  schon  existiert,  zuschreiben müsse. Dieses „etwas anderes" als die in den Teilen existierenden „wesenhaften Energien"  ( ο ύ σ ι ώ δ ε ι ς  έ ν ε ρ γ ε ι α ι )  sei  dann  die  „eine  hypostatische  Energie"  ( μ ί α  ε ν ε ρ γ ε ί α ,  seil,  ύ π ο σ τ α τ ι κ ή ) 1 3 2 .  Bewei­ sen,  meint  Maximos,  kann  man  die These nicht. Denn  das  Ganze  besitzt  keine  andere  naturhafte  Existenz,  nicht  „etwas  anderes"  als  seine  Tei­ le133,  also  auch  keine  andere  naturhafte  Energie  bzw.  keinen  anderen  appetitus  naturalis  ( δ ύ ν α μ ι ς  φ υ σ ι κ ή )  als  jene  φ υ σ ι κ ή  ε ν ε ρ γ ε ί α  bzw.  134 φ υ σ ι κ ή  θ έ λ η σ ι ς ,  welche  den  Teilen  eignet .  Das  Ganze  ist  zwar  nicht  identisch  mit  seinen  Teilen,  doch  im  Vergleich  zu  diesen  ist  es  keine  „neue  Natur".  Oder,  wie  er  es  gegen  die  Monophysiten  in  traditioneller  Termino­ logie  gesagt  hat,  im  synthetischen  Ganzen  wahren  die  Teile  ihre  natur­

127  Vgl. S. 178­184  [293­299], bes.  181f. [297],  128  Opusc.  9,  117 C  1­2: Kai  τί  τω δλω παρεχομεν,  φασίν,  ei  μή την  μίαν ώς ένι  τω ολω διά  την ενωσιν διδοΰμεν  ένέργειαν;  129  Ebd.,  117 C  3 ^ .  130  Vgl.  auch  S. 179 [294],  131  Vgl.  zu  diesem  neuchalkedonischen  Zugleich  der  Bekenntnisformeln  S.  179  [294],  Anm.  43.  132  Opusc.  9,  117  C  6­11  (υποστατική  habe  ich  dem  Zusammenhang  entsprechend  hin­ zugefügt). 133 So muß man wohl im Zusammenhang die konzise Formel  μή  έτέραν  κατά  φΰσιν  υπαρξιν  (117 D 2) übersetzen. Vgl. Disputatio, 289 Β 4­5.  134  Opusc.  9, 117 C 11­D  11. 

Das anthropologische Paradigma bei Maximos dem Bekenner

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hafte Verschiedenheit 135 , während das Ganze als Ganzes nur die Rück[311]sicht der hypostatischen Identität 136 der Teile faßt137. Dies gilt insbesondere für die singuläre Hypostase Christi138, die gerade als Ganzes zwar unterschieden ist von ihren Teilen, aber nicht abtrennbar, „weg-teilbar" von ihnen, den Extremen 139 , deren Vermittlung sie ist. Über die menschliche Hypostase, die ja gerade nicht singular und deshalb nicht absolut, nämlich radikal „für sich selbst" (καθ'  εαυτό)  ist,  findet  sich  bei  Maximos  keine  analoge  Aussage;  eigentlich müßte auch sie nicht „weg-teilbar" sein, da sie die hypostatische Identität ihrer Teile begründet. Und doch sollte ihr Nicht-nur-Für-sich-selbst-sein, die Tatsache, daß sie immer nur in einer „synthetischen Natur" „für sich selbst" ist, sich in ihrem Verhältnis zu ihren Teilen  anzeigen (als Moment des „Außer-sich-seins", was einer „einfachen Natur" gewiß nicht zukommt). Wenn die Hypostase als Identitätspunkt des Seins und Wirkens nicht „etwas anderes" im Vergleich zu den wesenhaften, „unvermischt geeinten" Teilen des ganzen Menschen bzw. Christi ist, dann entzieht sie sich jeder am Wesenhaften orientierten Bestimmung und hebt sich so scharf gegen jedes vitalistische, dynamistische Verständnis der menschlichen „Geistsubstanz" als Hypostase bzw. der „Gottbewegtheit" Christi ab. Der formalontologische Hypostasenbegriff des Maximos ist nicht eigentlich neu. Wir fanden ihn schon bei Leontios von Byzanz, dem deshalb die Kritik entgegenhielt, man vermisse bei ihm den ontologischen Vorrang, die bestimmende Vormacht des Logos 140 . Doch eine reflexe Auseinandersetzung mit der alexandrinischen Idee der Logoshegemonie hat Leontios nicht geleistet. Ja, die „Leere" seines zwischen den gewissermaßen gleichwertigen Polen „Sowohl Mensch - Als auch Gott" vermittelnden Hypostase-Begriffs wurde in der Folge gerade so nicht in der neuchalkedonischen Christologie aufgenommen.

135 Ep. 13, 521 A 9 - 1 5  (ώς  εν  όλω  μερών).  Maximos  fragt  hier  nicht  weiter,  ob  es  auch  andere  „Ganzheiten"  gibt,  welche  nicht  dem  Strukturmodell  der  άσύγχυτος  ένωσις  entsprechen.  Vgl.  ebd.,  521  C  4:  Πάσα  όλότης,  και  μάλιστα  κατά  σϋνθεσιν  κτλ.  136  Ebd.,  521  Α  1 5 ­ Β  1: κατά  τον  τής  υποστατικής·  ταυτότητος  λόγον.  Vgl.  S.  129  [242f.]  zu  Anm.  82;  184f.  [294],  Anm.  44.  137  Ebd.,  521  A  15­B  6.  C  3 ­ 5 . 1 1 ­ 1 4 .  138  Ebd.,  521  Β  7:  Μοναδική  ... του  Χριστοί) ή  ύπόστασις.  139  Ebd.,  521  Β  7 ­ C  3  (nach  dem  in  Anm.  138  zitierten  Text  folgt  unmittelbar):  ώς  όλον  μηδενι  λόγω  κατά  τήν  χαρακτηριστικής  αύτής  ιδιότητα  τοις  άκροις  έπιμεριζομένη  καθ'  ην αυτών αφορίζεται.  ... οΐς  μερεσι  τον τής  διαφοράς  ό Χριστός  επιδεχόμενος  λόγον,  της  οικείας  ούκ έξίσταται  μοναδικής  υποστάσεως.  140  Vgl.  auf  S.  132  [245],  Anm.  98,  das  Urteil  von  V.  Grumel,  L'union,  399. 

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Das anthropologische Modell

Maximos hat sich reflex mit der dynamistischen Konzeption einer Christologie „von oben" auseinandergesetzt, ohne das in einer religiösen Sehnsucht des Menschen begründete Anliegen des „Ansatzes von oben" aufzugeben, und so einen formalontologischen Begriff der [312] Hypostasis erst begründet; in diesem Sinn ist sein Begriff neu. Gewiß ist das Anliegen des Maximos primär ein christologisches. Er ist auf die Wahrung dessen bedacht, was ihm das traditionelle Bekenntnis der Reichskirche und damit die chalkedonische Formel scheint. Hier liegt seine eigentliche Motivation. Und doch hat er auch Bedeutendes für die Anthropologie und für die Entdeckung einer Letztbegründung im Person· und Subjekt-sein geleistet. Nur eine Voraussetzung der chalkedonischen Tradition, die bisher im sog. Neuchalkedonismus nicht in Frage gestellt war, nämlich die Identität innertrinitarischer und ökonomischer Terminologie, ließ sich eigentlich nicht mehr durchhalten, wenn diese formalontologische Begründung des Begriffs der Hypostase im Ausgang vom anthropologischen Paradigma gelten sollte. Sollten Wirken und Wollen - trotz, nein wegen der Wahrung ihres Zusammenhangs mit der Natur, mit dem Wesens-Sein in der „unvermischten Einigung" - ihren letztbegründenden Punkt nicht in einer „neuen Natur", sondern in der Hypostase gewinnen, dann war diese Aussage für die  θεολογία  im  eigentlichen  Sinn  nicht gültig. Hier war Wirken und Wollen nur an die numerisch eine Physis Gottes zu binden, wollte man den Monotheismus nicht in Frage stellen. Und Wirken und Wollen dieser einen Physis war gewiß auch nicht in Analogie zu einem „Naturstreben" oder „Wirkvermögen" zu denken, wie es die Lösung der zwei naturhaften Energien und „Willen" (im Ausgang vom anthropologischen Paradigma) anzunehmen scheint, mag Maximos selbst auch mit seiner Rede vom „menschlichen Willen" Christi, der in Gethsemane zum göttlichen Willen sein Ja sprach, diesen Standpunkt selbst in Frage gestellt, wenn auch nicht aufgegeben haben 141 . Und so ist es nicht von ungefähr, daß Pyrrhos die Nichtidentität der Begriffe in der  θεολογία  und  οικονομία  betont142,  Ma­ ximos  aber bewußt stets auf der Basis einer identischen Terminologie für Natur und Hypostasis in der Trinitätslehre und in der Christologie argumentiert.

141 Vgl. S. 174£. [289f.] m i t S . 176f. [291f.]. 142 Disputatio, 348 C 8-9.

Das anthropologische Modell der Hypostatischen Union bei Maximus Confessor Zur innerchalkedonischen Transformation eines Paradigmas

Meine These lautet, daß sich bei Maximus Confessor ein „Fortgang", wenn man will ein Fortschritt im Gebrauch des anthropologischen Paradigmas der Christologie feststellen läßt: von einem unreflexen, in der Tradition des sogenannten Neuchalkedonismus stehenden Gebrauch zu einem vorläufigen Verlust des Paradigmas in der monenergetischen Krise und zu seiner Ersetzung durch ein anderes Paradigma, welches er von Pyrrhos übernimmt, schließlich zur „Wiedergewinnung" und Transformation des Paradigmas um 640 n. Chr., wobei er gegen jede vitalistisch-dynamistische Deutung der Logoshegemonie (die letztlich einem rein naturalistischen Denkmodell verhaftet bleibt) einen negativ bestimmten, formalontologischen Begriff der Hypostase zur Geltung brachte. Mit dieser These sind nicht nur eine Reihe von Interpretationsfragen hinsichtlich bestimmter Texte des Maximus verbunden, sondern auch eine Fülle von Vorfragen, welche hier gar nicht entwickelt, sondern nur auswahlsweise angedeutet werden können 1 . Seit T.S. Kuhn 2 ist es in der Wissenschaftsgeschichte eine geradezu selbstverständliche Fragestellung geworden, nach dem Paradigma[224]Wechsel bzw. nach den Transformationen eines Paradigmas in der historischen „Entwicklung" einer Disziplin zu fragen. Hatte auch die Christologie als ein denkerisches Unternehmen des Menschen in ihrer „Entwicklung" auf Chalkedon hin und über Chalkedon hinaus ein 1

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Ein ausführlicher Beitrag zu den philosophischen Voraussetzungen und zu den innerchalkedonischen Transformationen des anthropologischen Modells der Hypostatischen Union erscheint 1982 in Kleronomia (= Beitrag auf S. 103-196). Das vorliegende Referat skizziert nur einen Zugang zur Fragestellung und möchte, indem es eine Beobachtung zu Maximus' Stellungnahme aus der vorgenannten Darstellung aufgreift, ohne sie hier ausführlich zu begründen, eine Anregung zum spekulativen Verständnis des formalontologischen Personbegriffs bieten. Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, stw 25, Frankfurt, 21973; ders., Die Entstehung des Neuen. Studien zur Struktur der Wissenschaftsgeschichte, stw 236, Frankfurt 1977.

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Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

bestimmtes Paradigma, dessen Gestaltwandel wir heute noch verfolgen können? Ich möchte hier zunächst nur den neuplatonischen Grundbegriff der „unvermischten Einigung"  (άσύγχυτος  ενωσι,ς) nennen,  dem  durchaus  der  Gedanke  einer  „untrennbaren  Einigung  wesensver­ schiedener  Wirklichkeiten",  welche  in  der  Einigung  „bleiben,  was  sie  (vor  ihrer  Einigung)  waren",  d.h.  das  αδιαίρετοι;  der  έτεροούσια  in  der  άσύγχυτος­  ενωσις  entspricht,  sofern  eine  Ontologie  der  Einigung  die  paradoxale  Redeweise  des  „Zugleich  unvermischbar  und  untrennbar"  zu  vermitteln  sucht.  Werden  diese  Einigungsformeln  christologisch  gewandt,  dann kündigen sich in ihnen zwei Akzente bzw. Denkweisen an: άσυγχύτω?,  d.h.  Wahrung  der  Naturen,  und  αδιαιρέτως,  d.h.  Einheit  der  Christusgestalt  und  Betonung  seines  „Gott­seins".  Seit  dem  Beginn  des  Ringens  um  die  eigentliche  christologische  Frage 3  findet  sich für die mit welchem Akzent auch immer gedeutete Einigung göttlichen und menschlichen Seins in Christus in den Quellen ein Exempel oder Bild (είκών);  modern  gesprochen, dürfte man den Begriff des Modells einführen, sofern nämlich das tertium comparationis die Strukturähnlichkeit ist4. Die Quellen sprechen vom Paradigma des Menschen 5 . Die [225] seinshafte Konstitution des Menschen als des Wesens der Gegensätze und ihrer Mitte, als der Ort der Einigung geistiger und nichtgeistiger, leibhafter Natur, d.h. zweier  εναντία  πράγματα,  stellt  bei  fast  allen  christologischen  Traktaten  und  Positionen  der Spätantike  das Modell für die prinzipielle Klärung und Begründung der christologischen Bekenntnisformeln 6 , für die axiomatische Bestimmung von Identität und Differenz in Christus 7 dar. 3

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Vgl. zur Auseinandersetzung um Paul von Samosata die Fragmente 30 und 36, ed.h. de Riedmatten, Les actes du proces de Paul de Samosate, Paradosis 6, Fribourg en Suisse 1952, 154f.l56f. - Zur arianischen Argumentation gegen die Existenz der menschlichen Seele Christi (dazu A. Grillmeier, Die theologische und sprachliche Vorbereitung der christologischen Formel von Chalkedon, in: Das Konzil von Chalkedon, hg. von A. Grillmeier und H. Bacht, Bd. I, Würzburg 21962, 68-77; ders., Christ in Christian Tradition, London 1965, 183-192) vgl. Lukios von Alexandrien in F. Diekamp, Doctrina Patrum de incarnatione Verbi. Ein griechisches Florilegium aus der Wende des siebenten und achten Jahrhunderts, Münster i.W. 1907, c. 9, XV, 65. Konzis heißt es z.B. im Hodegos, XVIII, 65-66 (K.-H. Uthemann [ed.], Anastasii Sinaitae Viae Dux [CCSG 8], Turnhout - Leuven 1981):  ύποδείγματι, αλλ' ουκ  ίσότητι  έπί  Χρίστου νοτ\τέον τόν ανθρωπον.  Eine  Auswahl  von  Quellen  habe  ich im  apparatus  fontium  der  in  Anm.  4  genannten  Edition  des Hodegos  zu  XVIII,  1­2. 65­66,  S. 273­275.277f.  zusammengestellt.  Einige  wichtigere  Einzeluntersuchungen  zur Geschichte  des  anthropologischen  Paradigmas  der  christologischen  Reflexion  werden  in  Anm.  5  des  oben  in  Anm.  1  genannten  Beitrags aufgeführt. M. Richard, Le traite „De Sectis" et Leonce de Byzance, RHE 40 (1939) 706. Vgl. zu Johannes von Kaisareia, Apologia, I, 2, 162-169 (ed. M. Richard, Iohannis Caesariensis Presbyteri et Grammatici Opera quae supersunt [CCSG 1], Turnhout-

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

199

Welche Bedeutung hat das anthropologische Paradigma in der Geschichte des sogenannten Neuchalkedonismus 8 , ferner in der monenergetischen und monotheletischen Krise, d.h. genauer: in der innerchalkedonischen Problematik, welche zu dieser Krise führte 9 , und schließlich bei Maximus Confessor? Wird man von dieser Frage aus überhaupt an die eigentliche Fragestellung einer Christologie herantreten können? Letzteres könnte man sich klar machen, wenn man im Ausgang vom sogenannten Ammonios-Axiom der „unvermischten Einigung" 10 die neuplatonische Antwort auf die Frage nach der Relation der Seele zu ihrem Leibe zu erheben sucht, wenn man weiterhin sieht, wie die formale Grundstruktur des Ammonios-Axioms mit der Dialektik des späten Piaton, mit der Frage nach der Bezüglichkeit des Einen und Vielen, in [226] eins gedacht und mit der Frage nach dem begründenden Grund zusammengedacht wird - ich meine Proklos Diadochos11, dessen Einfluß auf Ps. Dionysios vom Areopag von nicht zu unterschätzender Bedeutung für unser Thema der Transformation des anthropologischen Modells seit Leontios von Byzanz ist12 -, wenn man drittens die Rezeption dieses neuplatonischen Strukturmodells im

8

9

10

11 12

Leuven 1977) den Hinweis in Byzantinische Zeitschrift 73 (1980) 72; vgl. ferner Leontios von Byzanz, CNE, I, Prooem., PG 86, 1, 1276 C 14-D 1; ΙΠ, 41, 1380 Β 1-13; Leontios Scholastikos, De Sectis, actio VH, PG 86, 1, 1240 Äff., bes. 1248 D.1249 D; Maximus Confessor, Pyrr. 301 C 2-3. 305 A 3. Eine gute Zusammenfassung der Forschungsgeschichte bis zum Konsens, den A. Grillmeier, Der Neu-Chalkedonismus. Um die Berechtigung eines neuen Kapitels in der Dogmengeschichte, Historisches Jahrbuch 77 (1958) 151-166 zu umreißen suchte, gibt S. Helmer, Der Neuchalkedonismus. Geschichte, Berechtigung und Bedeutung eines dogmengeschichtlichen Begriffes, Diss. Bonn 1962. Zu dieser von W. Eiert, Der Ausgang der altkirchlichen Christologie, Berlin 1957, 203ff. (zu Theodor von Pharan ebd. 185-190. 207f.) angeregten Sicht vgl. auch die in Anm. 1 genannte Arbeit. Die Gründe, welche dafür sprechen, das neuplatonische Axiom der „unvermischten Einigung" auf Ammonios, den man später Sakkas nannte, zurückzufahren, hat H. Dörrie, Ammonios, der Lehrer Plotins, Hermes 83 (1955) 448ff. zusammengestellt; er hat ebd. das Schlagwort vom „Ammonios-Axiom" geprägt. Die Rekonstruktion der Quelle, nämlich des Porphyrios Untersuchungen zu gewissen psychologischen Fragen, findet sich bei H. Dörrie, Porphyrios' „Symmikta Zetemata". Ihre Stellung in System und Geschichte des Neuplatonismus, Zetemata 20, München 1959. Vgl. W. Beierwaltes, Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, Philosophische Abhandlungen 24, Frankfurt a. M. 1965, 31 ff . bes. 42-48. Vgl. den in Anm. 1 genannten Beitrag; ferner CNE, I, 4, PG 86, 1, 1288 Β 14-C 1 (= De divinis nominibus, Π, 10, PG 3, 648 C 7) und CNE, I, 7,1304 D 12-1305 A 6 (= De divinis nominibus, Π, 4, PG 3, 641 A 11-C 10; vgl. Anastasios Sinaites, Viae Dux (Anm. 4), XXIV, 24-33.52-55). Die letztgenannte Stelle aus Ps. Dionysios (bes. 641 Β 2-3) könnte auch die Formulierung von CNE, I, 7, 1301 D 9-10. 1304 A 1-2 beeinflußt haben; doch vgl. auch Gregorios von Nyssa, Ad Petrum fratrem de differentia essentiae et hypostaseos (Ps. Basilius, Ep. 38), hg. v. Y. Courtonne, Saint Basile. Lettres, I, Paris 1957, 87.

200

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

christologischen Denken bedenkt - Nemesios von Emesa dürfte hier zu nennen sein 13 , doch steht er nicht allein - wenn man viertens nicht umhin kann, in der Vorgeschichte der chalkedonischen Formel selbst das anthropologische Paradigma wirksam zu sehen - selbst bei Papst Leo dem Großen 1 4 -, wenn man schließlich als entscheidendes Strukturmodell der sogenannten neuchalkedonischen Christologie jene Anthropologie erkennt, welche den Menschen als eine hypostatische Einigung zweier wesensverschiedener Naturen denkt und von diesem Modell aus ihre christologische Axiomatik zu verdeutlichen sucht. Hier ist nicht die Zeit gegeben, sich jene Transformationen des Paradigmas vor Augen zu führen, welche in der Geschichte der neuchalkedonischen Vermittlungschristologie zu einer immer deutlicheren Rezeption der alexandrinischen Logoshegemonie und Vergottungsidee führten 15 . Gewiß kam darin eine tiefe religiöse Sehnsucht des Menschen zum Tragen, zugleich aber auch ein Versuch, den gewissermaßen [227] inhaltslosen Hypostasenbegriff der chalkedonischen Formel zu füllen und verständlich zu machen; das zweipolige „Sowohl Mensch - Als auch Gott" von Chalkedon schien so in der Dynamik der LogosHypostase vermittelbar. Es ist nicht von ungefähr, daß sich von hier aus eine Bereitschaft für eine Christologie der „einen hypostatischen Energie" im Ausklang des sogenannten Neuchalkedonismus ergab 16 . Ich überspringe hier die genauere Darstellung des monenergetischen Standpunkts, den z.B. Sergios mittels des anthropologischen Paradigmas - als Modell für die Logoshegemonie - zu begründen suchte. Ich übergehe hier auch den Einspruch des Maximus im einzelnen, insbesondere auch seine für unseren Zusammenhang nicht unerhebliche

13

Nemesios von Emesa, De natura hominis, 3, ed. C.F. Matthaei, (Halle 1802) Hildesheim 1967, 137, 4ff. (PG 40 [Text der Oxforder Ausgabe von 1671], 601A 6ff.).

14

Ep. ad Iulianum Coensem, ep. 35 (JK 429) = ep. 5 in Collectione Grimanica, ed. E. Schwartz, A C O Π, 4, p. 7, 15-23. In diesem Brief erläutert Leo seinen Tomus ad Flavianum.

15

Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die Christologie des Anastasios I. von Antiochien; vgl. S. Helmer, Der Neuchalkedonismus (Anm, 8), 219-224; G. Weiss, Studia Anastasiana I, Studien zum Leben, zu den Schriften und zur Theologie des Patriarchen Anastasius I. von Antiochien (559-598), Miscellanea Byzantina Monacensia 4, München 1965, 181-210. Zur Bedeutung des anthropologischen Paradigmas in diesem Zusammenhang vgl. den in Anm. 1 genannten Beitrag. An W. Elerts Deutung der Propädeutik des Theodor von Raithu (hg. v. F. Diekamp, Analecta Patristica [OCA 117], Roma 1938, 173/185-222) ist, abgesehen von einer unwesentlichen Korrektur, festzuhalten. Zu berichtigen ist seine Aussage a.a.O. [Anm. 9] 209), bei Theodor liege 205, 15-17 „der erste Satz" vor, „in dem die Energie auf die Hypostase bezogen ist". Denn hier wird nur der Wirklichkeitscharakter des Subsistierens im „einen Subjekt", doch kein hypostatisches Wirken ausgesagt.

16

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

201

These, daß Christus keine menschliche Wahl- und Entscheidungsfreiheit zukommt 17 . Im Fehlen der Wahlfreiheit, sozusagen im  non  posse  peccare, zeigt sich für Maximus die Aufnahme der menschlichen Natur Christi durch den Logos, die hypostatische Einigung, an18. Sie zeigt sich an, wie überhaupt die Hypostase selbst als Konvergenzpunkt einender und darin zugleich diakritischer „Wirklichkeit" für die Naturen sich nur anzeigt bzw. nur angezeigt werden kann 19 . Das Für-sich-selbst-Sein der Hypostase20 - ihre Individualität als Einmaligkeit 21 - scheint für Maximus zu bedingen, daß sie sich als solche einer Definition, welche mit wesenhaften Momenten arbeiten muß 22 , entzieht. Dies gilt auch für [228] die „zusammengesetzte oder synthetische Hypostase"; eine solche impliziert, ja ist die Synthese von (individuellen) Naturen, d.h. die Setzung von naturhaften Extremen  (άρκα),  welche  im  terminus  medius,  in  der  Vermittlung,  bewahrt  werden 23 .  In  der  Diskussion  mit  Pyrrhos  sagt  Maximus:  „Negiert  man  die  Extreme,  dann  gibt  es nichts  Mittleres  (und  Vermittelndes)" 24 . Würden die Extreme in der Dimension ihres Wesensseins nicht gewahrt, würden sie ebenda im Naturhaften selbst eine Einigung oder Synthese eingehen, dann würden sie „etwas anderes" werden, eine neue Natur bzw. eine neue Energie 25 . Die einende und 17

Vgl. den in Anm. 1 angekündigten Artikel.

18

Pyrr., 300 A 1-4; vgl. opusc., 16, 196  Β  6­10;  Amb.  Th.,  5,  1052  Β  7 ­ 9 .  1053  Β  11­14.  1056  D  1­3.  Maximus  hebt  so  das  traditionelle  Moment  der  Hypostasendefinition:  τοϋ tivös  έστι  δηλωτική  (opusc.  23,  264  Β  3 ^ )  in  seiner  Bedeutung für den Unterschied von Natur und Hypostase, von Wesens-Sein und Existenzmodus  (τρόπος),  hervor.  Vgl.  ep.  15,  557  A  9ff.  Die  Hypostase  ist  durch  das „Für-sich-selbst-Konstituiertsein" (D 12) unterschieden vom enhypostatisch Seienden (vgl. auch opusc., 16, 205 AB). Zur relativen Einmaligkeit der Hypostase als Einzelfall eines Eidos und zur absoluten Singularität Christi vgl. unten S. 203f. [229f.].

19 

20  21 22

23 

24 25

Vgl. z.B. In Porphyrium, ed. M. Roueche, Byzantine Philosophical Texts of the Seventh Century, JOB 23 (1974) 70, 3 (eine Auswahl von Quellen zu dieser Aussage findet sich im Hodegos [Anm. 4], II, 1, 27-29). In opusc. 16, 201 A 14-B 2 verbindet Maximus den Gedanken, daß die Definition die Wirklichkeit des Wesens widerspiegelt, mit dem Problem der „wesenhaften Dynamis" oder „seinshaften Energie" (B 6 7. 204  Β  1 1 ­ C  1;  vgl.  Pyrr.  345  D  2­3;  Hodegos,  a.a.O.,  Π, 4,  74­187).  Konzis  wird  dieser  Gedanke  in  der  dialektischen  Formulierung  des  Axioms  der  „unvermischten  Einigung"  wiedergegeben:  Je  deutlicher  sich  das  Wesen  der  geein­ ten  Wirklichkeiten  in  der  Einigung durchhält, desto intensiver ist der Modus der Einigung (vgl. opusc., 8, 97 A2-4; ep. 12, 493 A 11-B 2; ep. 15, 560 A 4-7). 348 A 6 - 7 ; vgl. dazu das Fragment aus Pyrrhos' Tomus in Mansi, X, 988 D 1 - E 4. Pyrr., 348 A 7-10; vgl. ebd., 289  Β  4 ­ C  8.  Zu  diesem  in  der  neuchalkedonischen  Kontrovers­  und  Vermittlungstheologie  begegnenden  Argument  vgl.  den  in  Anm.  1  genannten  Beitrag.  Die  in  der  Formelsprache  des  Maximus auffällige Ergänzung des neuchalkedonischen Zugleich von „in zwei Naturen" und „aus zwei Naturen" durch ein „welche er selbst der Natur nach ist" (opusc., 6, 68 A 8 - 1 0 ; 7, 84 C 1 3 - D 2;

202

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

zugleich unterscheidende Vermittlungsfunktion der Hypostase ist, wie Maximus am Jahresende 641 an den Cubicularius Johannes schreibt, die eigentliche Struktur des hypostatischen Seins, d.h. ihr  λόγος  im  Unterschied  zum  λόγος  φύσεως26.  Und  eben  in  diesem  Brief  setzt  sich  Maximus  mit  dem  Gebrauch  des  anthropologischen  Paradigmas  in  Kyrills  zweitem  Brief  an  Sukken­ sos  auseinander 27 .  Hier  begegnen  wir  der für Maximus typischen Transformation dieses Topos, welche er in der Auseinandersetzung mit der severianischen Sicht der „einen inkarnierten Natur des Logos" erarbeitet. Diese hatte Severos als „synthetische Natur" gekennzeichnet, in welcher sich die Differenz des Göttlichen und des Menschlichen durchhält, wie sich Qualitätsunterschiede in naturhaften Synthesen durchhalten  (ώς  έν  ποιότητι  φυσική)28.  Maximus  fragt  nach  dem  Unter­ schied  zwi[229]schen  severianischer  φύσις  σύνθετος  und  neuchalkedo­ nischer  ύττόστασις  σύνθετος.  Der  Begriff  der  „naturhaften  Synthese"  kennzeichne  alles,  was  als  Eidos  existiert,  doch  jener  der  „hypostati­ schen  Synthese"  sei  auf  diesen  Bereich  eidetischen  Seins  nicht  festge­ legt.  Hier  zeigt  sich für Maximus ein wesentlicher Unterschied zwischen Christologie und Anthropologie. Zwischen der Gemeinsamkeit, welche die Teilhabe an einem Eidos bedeutet, und der Tatsache, daß das naturhafte oder Wesens-Sein  (ό  του  είναι  λόγος)  synthetisch  ist,  besteht  ein  innerer  Zusammenhang,  der  sich  am  anthropologischen  Paradigma  erheben läßt, für die christologische Synthese aber auszuschließen ist29.

26

15, 169 A 15-B 2; Pyrr., 345  Β  6 ­ 8 ;  ep.  12,  500  C  1­10;  ep.  15,  572  D  2 ­ 5 7 3  A  6)  bzw.  durch  ein  „deren  Hypostase  er  ist"  (opusc.,  6,  68  D  1­2;  8,  96  A  8 ­ 1 1 dürfte als Hinweis zu verstehen sein, daß die hypostatische Synthese „nicht  etwas  anderes neben den Naturen ist"). Ep. 12, 493 D 1 - 8 . Z u m tantum-quantum-Gesetz (493 A 11-B 2) vgl. Anm. 23.

27

Kyrill von Alexandrien, Ep. 46, ACO I, 1, 6, S. 162, 8 - 9 (PG 77, 245  Α  11­B  2).  Maxi­ mus  betont, daß Kyrill niemals die bleibende Wesensverschiedenheit der beiden Naturen aufheben wollte (ep. 12, 496 A 6 - C 12).

28

Ep. 12, 485  Β  9­10:  μόνη  ποιότητι  λέγοντες  την  διαφοράν  σωζεσθαι,  των  πραγμάτων  χωρίς.  Vgl.  J.  Lebon,  La  christologie  du  monophysisme  Syrien,  in:  Das  Konzil  von  Chalkedon  (Anm.  3),  538ff. 

29 

Bei  dieser  im  folgenden  knapp  dargestellten  These  vermeinten  einige  Forscher  wie  V.  Grumel,  L'union  hypostatique  et  la  comparaison  de l'äme et du corps chez Leonce de Byzance et saint Maxime le Confesseur, EO 25 (1926) 4 0 1 ^ 0 3 und mit Einschränkungen H.U. von Balthasar, Kosmische Liturgie, Einsiedeln 2 1961, 234, 2 3 7 240, gefolgt von L. Thunberg, Microcosm and Mediator. The Theological Anthropology of Maximus the Confessor, Acta Seminarii Neotestamentici Upsaliensis 25, Lund 1965, llOf. (dessen dortige Angaben über Leontios von Byzanz, insbes. über die anthropologische Synthese als die Einheit zweier Hypostasen, in der Quelle nicht zu verifizieren sind), die Überwindung der platonischen bzw. origenistisch eingefärbten Axiomatik des Leontios von Byzanz zu entdecken. Im Ansatz, wenn auch nicht in der Ausführlichkeit der Begründung stimmen des Leontios' Aussagen zum Eidos

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

203

Der individuelle Mensch ist eine Hypostase zweier wesensverschiedener Wirklichkeiten 30 , doch ist er als solche Hypostase nicht unter jeder Rücksicht „für sich selbst" oder absolute Einmaligkeit, sondern nur der Einzelfall eines Eidos. Im Hinblick auf seine Teilhabe am einen Eidos „Mensch" ist der Mensch „eine Natur"  (μία  φύσις·)  bzw.  genauer,  um  ein  einseitig  „logisches" Verständnis abzuwehren: der Mensch ist jene „eine Natur", welche in der Gemeinsamkeit eines Eidos vorausgesetzt wird 31 , nämlich eine synthetische Natur, nicht eine einfache32 naturhafte Einheit33. Gerade als leib-seelische Einheit ist der Mensch eine synthetische Natur und als solche durch drei Momente gekennzeichnet 34 : durch die naturhafte Notwendigkeit der Synthese35, durch die [230] Simultaneität von Teil und Ganzem im Entstehen 36 und durch die Tatsache, daß eine synthetische Natur auf die Vollendung des Kosmos angelegt ist37. Gerade im zuletzt genannten Moment gründet die Dimension des Eidetischen; denn die „konkrete" naturhafte Synthese unterscheidet sich in einer konstitutiven Differenz  (συστατική  διαφορά)  von  den  ε'ίδη  aller  anderen  synthetischen  Naturen  und  kommt  zugleich  darin  mit  allen  Individuen,  welche  „unter  derselben  Natur  als  Eidos  existieren  und  von  ihr umfaßt werden", überein 38 . Der Mensch als Einigung von Seele und Leib ist also hypostatische Union und naturhafte Synthese zugleich; nur die Christus-Hypostase ist eine rein hypostatische Synthese, die alle drei Momente, welche die naturhafte Synthese kennzeichnen, ausschließt39. In diesem Sinn ist sie, wie H.U. von Balthasar sagte40, die freie Synthese; der präexistente Logos, „der seiner Natur nach einfach und unkörperlich ist, wurde frei-

30 31  32  33  34  35 

36  37  38  39 

40 

„Mensch" und zur severianischen „synthetischen Natur" mit den folgenden Ausführungen des Maximus überein (Näheres in dem in Anm. 1 genannten Beitrag). Ep. 12, 488 A 2-13. C 1-5. Zur bleibenden Differenz des Wesen-Seins von Seele und Leib vgl. ebd., 488 Β 10­11. In diesem Sinn bilden Seele und  Leib keine naturhafte Einheit.  Ebd., 488 Β 11­14:  (μίαν φύσι,ν) την ώς ev  είδα.  Ebd., 488 A  14.  Ebd., 488 D 7ff.  Ebd., 488 D7­13; vgl. zum  folgenden Text auch  opusc., 5, 64 D 4­65 A 1.  Ep.  12, 488 D 5­7; vgl.  ep.  13, 516 D  14­517 A 2. 528 C  11­13.  Seele und  Leib  sind  auf  Grund  ihres  Wesens  aufeinander  angewiesen,  auf  die  Synthese  hin  angelegt;  diese  antiorigenistische  Aussage  wird  in ep.  12, 488 D  15^89  A 9 kurz  angerissen.  Ep.  12, 488 C  15­D 2; vgl. ep.  13, 517 A3­6. 528 C  13­14.  Ep.  12,488 D 3­6; vgl.  ep.  13, 517 A 7­9. 528 C 14­D 1.  Ep.  12, 488 Β 11­14; vgl. ep.  13, 529 D 3.  Ep.  12, 489 A  11­B  11. D  lOff.; vgl.  ep.  13, 517 A 9­C  12. 528 C 7­529  A 8. C  11­532  C  3. Zur  Deutung  des  Abschnitts  489 D 3­10 in  ep.  12 (vgl. ep.  13, 525 D 2­528  Β 9) vgl.  den  in Anm.  1 genannten  Beitrag.  Kosmische  Liturgie  (Anm. 29), 239. 

204

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

willig seiner Hypostase nach zusammengesetzt und leibhafte Existenz" 41 . Christus ist Individuum in einem absoluten Für-sich-selbst-Sein, d.h. in einem Nicht-Gemeinsam-Sein, welches durch kein Wesens- oder Naturmoment relativiert ist42; auf Grund seiner Singularität kann Christus kein „zusammengesetzes Sein haben, welches wie ein Eidos (von der zusammengesetzten Hypostase) ausgesagt wird" 43 . Im wesentlichen hatte Maximus schon um 633/63444 dieselbe Antwort in den Auseinandersetzungen mit Severianern gegeben 45 , doch nirgends finden wir dort das Paradigma der Konstitution des Menschen, wie es Maximus im Brief an den Cubicularius Johannes (641) aufgreift - und wir können sagen: wieder aufgegriffen hat. Denn in frühen Schriften, [231] welche der monenergetischen Krise vorausliegen, findet sich das anthropologische Paradigma in einer Terminologie, die stark an die neuchalkedonische Tradition erinnert; so benutzt es Maximus im Schreiben an Kosmas von Alexandrien 46 , um naturhafte Identität und Differenz sowie personhafte, hypostatische Einheit und Verschiedenheit zu bestimmen 47 . Das Eidos-Problem wird nur antiorigenistisch, ohne weitere Präzisierung gefaßt und gewinnt keine axiomatische Bedeutung für die Unterscheidung von Christologie und Anthropologie 48 . Und wenn sich die Identität und Differenz so im Rückgriff auf das Paradigma klären lassen, dann, so sagt Maximus im Brief an Kosmas, ist die Inkarnationslehre einsichtig und ohne jedes Rätsel 49 . Der Mensch als „Mischung der Gegensätze" (μΐξι,ς των εναντίων)50  und  Christus  als  der  hypostatisch  die  Extreme  (άρκα)  Ver­ mittelnde 51  und  in  der höchstmöglichen personhaften Identität Eini-

41

Ep. 13, 529  Β  6­14;  zu  „einfach"  vgl.  auch  ep.  12,  489  Β  9 ­ 1 1 . 

42 

Ep.  12,  488  A  13­B  8. 

43  44 

Ebd.,  489  C  1 3 ­ D  2;  vgl.  D  3 ­ 4 9 2  A  7.  So  nach  P.  Sherwood,  An  Annotated  Date­List  of  the  Works  of  Maximus  the  Confes­ sor,  Studia  Anselmiana  30,  Romae  1952,  39f. 

45 

Ep.  13,  509  B­533  A;  in  den  Anmerkungen  zu  den Ausführungen, welche sich an der ep. 12 orientierten, wurde schon auf diese Quelle verwiesen.

46

Ob jene Aussagen der ep. 15, welche auf den Göttliches und Menschliches wirkenden Christus eingehen (573  Β  2­9),  schon  auf  den  Beginn  der  monenergetischen  Kri­ se  hindeuten,  ist  m.E.  unwahrscheinlich,  zumindest  nicht  beweisbar.  So  urteilt  im  Grunde  auch  P.  Sherwood,  Date­List  (Anm.  44),  40,  der  aber  dennoch für eine Datierung nach 640 plädiert. Ep. 15, 549 A 15-553 C 5; vgl. 556 D 6 - 5 5 7 C 7. 572 C 1-13.

47 48

Ebd., 552 D 6-12; vgl. 553 A 12-B 2; Amb. Io., 1100 C 4-1101 C 1 4 . 1 3 2 4 C Iff.

49 50 

Ep. 15, 553 C 2-5:  σαφή?  εντεύθεν  (seil.  Ei  κτλ.  A  12ff.)  ήμΐν  και  μηδέν  έχων  γριφώδες  ό  ττερί  της  σαρκώσεως  ...  λόγος.  Amb.  Th.,  Prooem.,  1032  Β  1­2;  vgl.  opusc.,  17,  212  D  1­5. 

51 

Ep.  15,  553  D  15­556  A  8. 

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

205

gende 52 werden hier als analoge Fälle der hypostatischen Synthese betrachtet, während Maximus später die freie Synthese Christi als Paradoxon kennzeichnet 53 . In der bisherigen Forschung hat man an das Corpus der Schriften des Maximus in mancher Hinsicht die Frage nach einer historisch bedingten Entwicklung im Denken ihres Verfassers gestellt; doch hat man, wenn man den Gegensatz zwischen der vor der monenergetischen Krise liegenden Deutung des anthropologischen Paradigmas und dem rein negativ bestimmten Gebrauch in den Spätschriften 54 sah, nicht [232] nach den historischen Bedingungen für diesen Gegensatz im Denken des Maximus gefragt 55 . Die monenergetische Krise scheint bei 52

Ebd., 556 Β 5 - 7 :  kv τη irpö? αλληλα κατ' αρκον προσωπική  ταύτότητα  ...  ένιζόμει­Όν  (vgl.  Leontios  von  Byzanz,  CNE,  I,  5,  1293  Β  5­10).  Die  personhafte Identität wahrt nach dem tantum-quantum-Gesetz (vgl. Anm. 23) die Unterschiedenheit im Wesens-Sein (560 A 4-7).

53

„(Christus) ist eine zusammengesetzte Hypostase, welche keine ihrem Eidos nach zusammengesetzte Natur, die von ihr ausgesagt wird, besitzt. Dies ist ein Paradoxon, eine zusammengesetzte Hypostase zu erkennen ohne die (entsprechende) dem Eidos nach von ihr ausgesagte zusammengesetzte Natur." ep. 13, 517 C 8 - 1 2 . Vgl. ep. 19, 593 A 12 (592 C 5ff.); Pyrr., 345 D 1 348 A 2; Amb. Th., 4 , 1 0 4 4 C 8 - D 1.

54

Eine ausführlichere Kommentierung dieser Texte sowie jener, die Hinweise geben könnten, warum Maximus mit dem Beginn der monenergetischen Krise das anthropologische Paradigma vermeidet und durch Pyrrhos' „wunderbaren und dem Geheimnis der göttlichen Inkarnation angemessenen Vergleich des im Feuer glühenden Schwertes" (ep. 19, 593  Β  6 ­ 9 )  ersetzt, möchte ich in dem in Anm. 1 genannten Beitrag vorlegen.

55

Wenn man historische Motive aufzusparen suchte, welche Anlaß zu einer Transformation des Paradigmas gewesen sein könnten, dann verwies man allzu schnell auf den sog. Krypto-Origenismus der Christologie eines Leontios von Byzanz, welchen Maximus zu entschärfen suchte (vgl. Anm. 29). Daß Maximus jeder Gnosis evagrianischer Prägung (vgl. St. Otto, Die Antike im Umbruch, München 1974, 65-81) den spekulativen Boden zu entziehen suchte (vgl. P. Sherwood, The Earlier Ambigua of S. Maximus the Confessor und his Refutation of Origenism, Studia Anselmiana 36, Romae 1955; ders., Maximus and Origenism, in: Berichte zum XI. Internationalen Byzantinisten-Kongreß München 1958,  ΙΠ/1, München 1958), insbes. auch jede anthropologische Begründung, dürfte gesichert sein; doch scheint mir diese Motivation nicht hinlänglich die Transformation des Hypostasenbegriffs zu einem rein formalontologischen, der die Vermittlung wesensverschiedener Naturen leistet, ohne selbst definierbar (z.B. im Sinn einer ontologischen Schicht), sondern nur „anzeigbar" zu sein (vgl. S. 201;206 [227; 233]), zu erklären, obwohl sie gut die Betonung jener drei Momente einer jeden naturhaften Synthese (vgl. S. 203 [229f.]) verständlich macht. Diese Momente sind nur Negativbestimmungen der absolut freien Synthese in Christus; in der Negation liegt die Möglichkeit der Bestimmung, wenn auch über den Weg der maior  dissimilitude), die Maximus meint, wenn er von der paradoxalen Einigung in der freien Synthese spricht (vgl. Anm. 53). Der anthropologische Vergleich gilt, sofern der individuelle Mensch eine hypostatisch, d.h. im Für-sich-selbst-Sein, begründete Synthese ist, in welcher sich die wesenhafte Differenz von Seele und Leib durchhält (Anm. 30) und das Für-sich-selbst-Sein dieses Menschen nur „anzeigbar" ist; er gilt nicht, wenn man den naturhaften Modus dieser Synthese betrachtet (Anm. 31; 33).

206

Das anthropologische Modell bei Maximus Confessor

Maximus zum Verlust des anthropologischen Paradigmas geführt zu haben. War dies eine Reaktion auf die Deutung desselben bei Sergios 56 ? Wir wissen es nicht. Maximus, der gewiß auf dem Boden einer Christologie „von oben" stand, sucht jede inhaltliche Bestimmung der Logoshegemonie auszuschließen; sie ist nicht als naturhafte, nicht als dynamisch-energetische zu bestimmen. Die Hypostase begründet die Einigung der Naturen und der naturhaften Energien und „Willen", ist aber selbst nicht wieder etwas Naturhaftes. Gerade gegen den Gebrauch des anthropologischen Paradigmas bei seinen Gegnern sucht Maximus dies herauszuarbeiten 57 . [233] Es ging hierbei um die Möglichkeit „einer hypostatischen Energie" bzw. „eines hypostatischen Willens" Christi. Im Hinblick auf das anthropologische Paradigma lautete die entscheidende Frage: Mußte der Rückbezug des Wirkens, Handelns und Wollens auf die „für sich seiende" Hypostase des Menschen, auf die Person, als ein naturhaft-dynamischer Einfluß des vitalen bzw. geistigen Prinzips „Seele" verstanden werden oder konnte er nicht anders verstanden werden? Konnte er nicht so verstanden werden, daß die Person - als hypostatischer Freiheitspunkt - von metaphysischer Art ist, d.h. von solcher Art, daß sie die naturhafte Vernunftbewegung des Menschen, von der ja auch die Monenergeten und Monotheleten sprechen, erst in ihrer freien Selbstmächtigkeit begründet? Die Person kann dann aber, gedacht als die Begründung freier Selbstmächtigkeit, selbst nicht der Dimension des Begründeten angehören, sondern ist ganz im Sinn des platonischen Hypothesen-Denkens „jenseits des Begründeten" zu suchen. Als Für-sich-selbst-seiende Subsistenz wäre Person etwas in der Dimension des Wesens-Seins nicht weiter Begründbares und doch für diese Dimension Letztbegründendes, ein  άνυττόθετον;  hier,  an  diesem  Punkt  „jenseits  der  Usie",  an  dem  sich,  nebenbei  bemerkt,  die  Denkbewegung  des  metaphysischen  und  transzendentalen  Arguments  ihrer  Struktur,  nicht  ihrer  Aussageabsicht  nach  treffen, läßt sich die  menschliche Person oder Hypostase nicht „orten"; dies hatte Maximus, wie wir oben sahen, klar erkannt. Denn die menschliche Hypostase ist ja nie reines Für-sich-selbst-Sein, sondern stets auch In-Gemeinschaft-Sein oder synthetische Natur oder, sagen wir, Gattungswesen, das seine Welt und Geschichte ist.

56

57

Mansi, XI, 536 A 7 - 1 3 ; vgl. zu diesem Schreiben V. Grumel, Les regestes des actes du Patriarcat de Constantinople, Vol. I, Fase. 1, Paris 2 1972, n. 291. Der zitierte Abschnitt dürfte aus der sog. Psephos des Sergios vom Sommer 633 (vgl. V. Grumel, a.a.O., n. 287) stammen. Vgl. opusc., 9,116 C-117 D; 16,197 C-205 C; Pyrr., 333 D-336 B; ferner opusc., 5, 64 Β 8 - C 5; 8, 101 C 10-104 A 6. Eine Deutung dieser Texte findet sich in dem in Anm. 1 genannten Beitrag.

Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus Ein Beitrag zum eigentlichen Anliegen des Neuchalkedonismus

Seitdem Joseph Lebon 1909 zum ersten Mal den Terminus „Neuchalkedonismus" gebraucht hat 1 , scheint sich dieser für die dogmengeschichtliche Forschung durchgesetzt zu haben, und zwar trotz kritischer Einwände, die von einem an Kyrill von Alexandrien orientierten Verständnis der  Definitio  fidei des Konzils von Chalkedon (451) ausgehen.

1. Der Begriff des Neuchalkedonismus Wider den Konsens der Forschung Soll ein dogmenhistorischer Begriff wie „Neuchalkedonismus" sinnvoll sein, dann muß er eine Abgrenzung zwischen zwei Interpretationen der Christologie von Chalkedon begründen, deren eine die zumindest zeitlich gesehen ursprünglichere darstellt, gegen die sich eine jüngere abhebt, die eine in bestimmter Hinsicht neue Rezeption von Chalkedon bietet. In diesem Sinn hat sich in der Forschung ein Konsens herausgebildet, einen sog. strengen Chalkedonismus gegen eine neuchalkedonische Christologie abzugrenzen 2 . Dabei haben die Löwener Schule, ins1

Le monophysisme severien. Etude historique, litteraire et theologique Sur la resistance monophysite au concile de Chalcedoine jusqu'ä la constitution de l'Hglise Jacobite, Louvain 1909, 409, Anm. 2; 411f.; 521f., wo er die Christologie des Severos von Antiochien als „pre-chalcedonienne" abgrenzt.

2

Grundlegend waren zwei Publikationen: M. Richard, Le Neo-chalcedonisme, Melanges de science religieuse 3 (1946) 156-161 (Nachdruck: Opera Minora Π, Turnhout - Leuven 1977, Nr. 56) und Ch. Moeller, Le chalcedonisme et le neochalcedonisme en Orient de 451 ä la fin du VI e siecle, in: A. Grillmeier - H. Bacht (Hgg.), Das Konzil von Chalkedon, I, Würzburg (1951) 2 1962, 637-720. Letzterer unterschied noch eine antiochenische Verteidigung Chalkedons. Diesen Begriff hat P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553), Studies in the History of Christian Thought 20, Leiden 1979, 80-89, aufgegriffen, um durch ihn den Terminus „strenger Chalkedonismus" zu ersetzen, wozu A. Grillmeier, Das östliche und das westliche Christus-

208

Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

bes. Charles Moeller, und in ihrem Gefolge Alois Grillmeier im Unterschied zur englischen Schule, insbes. zu Robert Viktor Seilers 3 , versucht, die streng chalkedonische Interpretation möglichst eindeutig von einer antiochenischen zu unterscheiden 4 . Bei diesen Abgrenzungen spielen [374] in der Forschung deutlich gewisse Sympathien und Antipathien mit, sofern es um ein soteriologisches Verständnis des Menschen Jesus Christus (I Tim. 2,5) geht, und zumindest bei einigen Forschern zeigt sich der Einfluß einer eher dogmatisch als historisch begründeten Theorie der Dogmengeschichte. Letzteres gilt vor allem, doch nicht nur, für die innerkatholische Auseinandersetzung mit Autoren, die Chalkedon als eine eindeutige Vorentscheidung in der DreiKapitel-Frage interpretieren 5 und darum die Unterscheidung von strengem Chalkedonismus und Neuchalkedonismus verwerfen. In dieser Hinsicht stimmen diese Autoren mit Patrick Gray überein, sofern dieser im Gefolge von John Meyendorff die Christologie Chalkedons und jene, die Kyrill von Alexandrien seit der Union von 433 vertreten hat, als deckungsgleich betrachtet und darum dem Begriff des Neuchalkedonismus, den er zwar weiterhin benutzt, keinen präzisen Inhalt geben kann 6 . Zum anderen ist Patrick Gray m.W. der einzige, der bisher deutlich darauf hingewiesen hat, daß die mit dem Begriff des Neuchalkedonismus verbundene historische Forschung durch Vorurbild. Zu einer Studie über den Neuchalcedonismus, TheoPhil 59 (1984) 84-96, kritisch Stellung nimmt und den Konsens in der Forschung kurz darstellt. 3

The Council of Chalcedon, London 1953. Zum Unterschied beider „Schulen" im Vergleich zur „Eastern Orthodox school" (vgl. Anm. 6): P.T.R. Gray (Anm. 2), 2 - 4 .

4

Entscheidend geht es dabei u m ein Verständnis des Tomus Leonis. Autoren der englischen Schule (Anm. 3) sehen in ihm eine zwischen antiochenischer und alexandrinischer Christologie vermittelnde Position, auch wenn erstere dabei eine größere Rolle spiele. In Chalkedon erkennen sie eine analoge Vermittlung, nur daß der Einfluß Alexandriens hier eindeutiger ist. Neuchalkedonismus bedeutet dann eine Verstärkung dieser Richtung, eine Art von gemäßigtem Monophysitismus. Vgl. u.a. J.N.D. Kelly, Early Christian Doctrines, London 1960, 343.

5

Gemeint sind H.-M. Diepen, Les Trois Chapitres au concile de Chalcedoine. Une etude de la christologie de l'Anatolie ancienne, Oosterhout 1953 (vgl. auch dens., L'assumptus homo ä Chalcedoine, Revue Thomiste 51 (1951) 573-608) und ihm folgende Autoren wie z.B. J.-M. Alonso, En torno al „neocedonismo", Verdad y Vida 14 (1956) 393^124. Vgl. bes. P.(T.R.) Gray, Neo-Chalcedonism and the Tradition: From Patristic to Byzantine Theology, Byzant. Forschungen 16 (1982) 61-70. In dem in Anm.  2 genannten Werk (S. 2f.) vergleicht er seine Deutung mit jener der „Eastern Orthodox school", insbes. mit J. Meyendorff, Christ in Eastern Christian Thought, Washington and Cleveland 1969, und spricht u.a. von deren „adequate sensitivity to the Cyrillianism of Chalcedon, and to the authentically Chalcedonian character of NeoChalcedonism". Diese Position soll sich eindeutig von der in Anm. 4 genannten unterscheiden. - Vgl. auch Anm. 29.

6

Der Begriff des Neuchalkedonismus

209

teile belastet ist, auch wenn er meinte, es seien einzig „the assumptions made by most Western scholars" 7 . Geht man einmal vom Konsens der Forschung aus, gewisse Quellen als neuchalkedonisch einzustufen und von anderen streng chalkedonischen zu unterscheiden, und fragt nach den Kennzeichen neuchalkedonischer Christologie, so steht man vor der erstaunlichen Tatsache, daß die in der Forschung genannten Kriterien sich nur vereinzelt an den sog. neuchalkedonischen Quellen, teils aber auch an den sog. streng chalkedonischen Texten verifizieren lassen.

1.1 Nicht verifizierbare Kennzeichnungen des Neuchalkedonismus Marcel Richard hatte als Kriterium den Gebrauch der Hauptformel Kyrills von Alexandrien  μία  φύσις  του  θεοϋ  λόγου  σεσαρκωμενη  und  die  aus  dem  12.  Anathematismus  abgeleiteten  theopaschitischen  Formeln  genannt,  die  jeder  strenge  Chalkedoniker  ablehne 8  ­  eine  Auffassung,  die  sich  in  der  Forschung  durchgesetzt  hat 9 ,  und  zwar  in  einer  Zuspit­ zung,  die  auf  Charles  Moel[375]ler zurückgeht. Für die Neuchalkedoniker sei es eine „wesentliche Bedingung" für ein orthodoxes Bekenntnis - „une condition essentielle d'une proposition correcte de la foi" 10 - , die chalkedonische und die Kyrillische Formel zugleich zu gebrauchen. Damit wird ein paradoxales Zugleich zweier christologischer Sprachen zur Bedingung orthodoxer Christologie erklärt. Eine ausführliche Erörterung der Probleme kann hier nicht geboten werden. Ich fasse kurz zusammen, was ich andernorts zu publizieren hoffe 11 . Es ist gewiß, daß Chalkedon die Anathematismen Kyrills in den ersten fünf Verhandlungen vermieden, wenn auch nicht abgelehnt hat 12 . Sieht man von (den Skythischen Mönchen 13 und) Kaiser Justinian

7

P.T.R. Gray (Anm. 2), 5.

8 9

M. Richard (Anm. 2), 159. Nachweis bei S. Helmer, Der Neuchalkedonismus. Geschichte, Berechtigung und Bedeutung eines dogmengeschichtlichen Begriffs, Diss. Bonn 1962, der diese These selbst übernimmt: vgl. a.a.O., 89; 166. Ch. Moeller (Anm. 2), 666; 673; zu Justinian und Ephram von Amid als Hauptzeugen, ebd., 680f. Letzteres übernommen von S. Helmer (Anm. 9), 192; 197f. Im folgenden greife ich nur einige Gesichtspunkte auf (Der hier in der Erstveröffentlichung angekündigte umfassendere Beitrag wurde bisher nicht für eine Publikation vorbereitet). Die These von der Ablehnung durch Chalkedon (M. Richard [Anm. 2], 158) beruht auf einem Mißverständnis der Konzilsakten. Vgl. H.-M. Diepen, Les douze Anathema tismes au concile d'Ephese et jusqu'en 519, Revue Thomiste 55 (1955) 333-338.

10 11

12

210

Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

ab, bei Johannes von Skythopolis bleibt die Frage offen 14 , dann muß man konstatieren, daß in den Quellen, die im Konsens der Forschung als neuchalkedonisch eingestuft werden, vermieden wird, sich auf die Anathematismen als Autorität zu berufen, und zwar auch im Blick auf die theopaschitischen Aussagen. Um so merkwürdiger ist die Auffassung von Kaiser Justinian, die Anathematismen seien von Papst Leo I. als integraler, definierter Bestandteil des Konzils von Ephesos (431) bezeichnet worden:  sanctus  Leo  confirmans  ea  quae  in  Epheso  acta  sunt  ...  definita  vocat  duodecim  capitula  sancti  Cyrillz15. Daß man versucht hat, die Anathematismen [376] in diesem Sinn aufzuwerten, zeigen die Akten der Lateransynode von 649, welche sie nach den Bekenntnissen von Nikaia (325) und Konstantinopel I (381) als analoges Zeugnis für Ephesos (431) zitieren 16 , wobei die lateinischen Akten sie sogar  Symbolum  apud  Ephesum  duocentorum  patrum nennen 17 . Die Absicht ist deutlich. Ephesos war in Chalkedon als Basis der  Definitio  fidei genannt worden 18 . Es geht 649 darum, die Anathematismen als ein wesentliches 13

Wenn diese hier genannt werden, dann deshalb, weil sie z.B. bei A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/2, Freiburg - Basel - Wien 1989, 333ff., als Vertreter einer „neuchalkedonischen Einstellung" beurteilt werden (ebd., 339, Anm. 24). Ihr Anliegen war, Chalkedon gegen eine ihrer Meinung nach nestorianisierende Interpretation zu verteidigen. Das Prosopon der  Definitio  fidei Chalkedons war für sie nur dann nicht im Sinn des nestorianischen  einen Prosopon der Herrlichkeit umzudeuten, wenn es als der göttliche Logos selbst, der  unus  ex  trinitate, nämlich als dessen Hypostase verstanden wurde. Damit ist das Problem der hypostatischen Union gestellt, doch etwas inhaltlich Neues im Sinn der Auffüllung des Hypostase-Begriffs nicht geleistet, mag man auch aus späterer Sicht an der ein oder anderen Stelle Ansätze z.B. zu einer Enhypostasietheorie entdecken (vgl. zu diesem von der dogmenhistorischen Forschung, angeregt von F. Loofs, eingeführten, wenn auch u.a. von A. Grillmeier abgelehnten Terminus K.-H. Uthemann, Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians [= 37-102], 55; 71-75; 78-82; 90-92 [73; 90-94; 97-101; lllf.]).Wichtige Texte: Johannes Maxentius, Responsio adversus Hormisdam, 1,8, XXVI-XXVII, 3 4 8 380, hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, Turnhout 1978,134f.; ders., Dialogus contra Nestorianos, I, IX, 353-392, ebd., 64f.; II, XXI, 1001-1020, ebd., 105f.; Libellus fidei (Scytharum), IX (14), 177-188, ebd., 14. - Kyrills Anathematismen bei den Skythischen Mönchen: Libellus fidei, VIII (12); ΧΠ (23); ΧΙΠ (26), 153-157.299-303.335-339, ebd., 13.19.21; Ep. ad episcopos, 5; 8, 72-76; 136-139, ebd., 160; 162; Disputatio XII Capitulorum, ebd., 195-213. Vgl. Auch Dionysius Exiguus zu seiner Übersetzung von CPG 5317, hg. v. F. Glorie, CCSL 85, Turnhout 1972, 59,12-16; vgl. A C O I,V,2, 235.

14

Wie Photios, Bibl., cod. 107, es darstellt, wirft Basilios Kilix dem Johannes vor, er stütze sich einzig auf die Anathematismen, insbes. den zwölften (88 b 8 - 1 1 , hg. v. R. Henry, Photius. Bibliotheque, II, Paris 1960, 78).

15

Edikt von 543/4 (CPG 6881), hg. v. E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, Sitzungsberichte der Bayer. Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Abt. 1940,2, München 1940, 73. Hg. v. R. Riedinger, ACO ser. Π, vol. I, 218,36-222,8.

16 17

Ebd., 219,36.

18

Actio 5, n. 31, hg. v. E. Schwartz, ACO, 11,1,2,127,1^.

Der Begriff des Neuchalkedonismus

211

Moment zum Verständnis der Zwei-Naturen-Lehre Chalkedons bzw. des christologischen Bekenntnisses der Kirche auszuweisen. Dies aber verknüpft Chalkedon fast notwendig mit dem sog. Drei-Kapitel-Streit, wenn man keine Unterscheidung zwischen den eigentlich dogmatischen und darum verbindlichen Sitzungen von Chalkedon und jenen, in denen es „nur" um Personen gegangen sei, machen will. Denn wie konnte Chalkedon, wenn dem so war, den Ibas von Edessa trotz seines Briefes an den Perser Mari (CPG 6500) mit seinem Angriff auf Kyrills Anathematismen 1 9 wieder in die Kirchengemeinschaft aufnehmen? Und hatte nicht der römische Legat in Chalkedon, Paschasinus, diesen Brief des Ibas als rechtgläubig bezeichnet 20 ? Dies alles aber sind Fragen, die nicht den gemeinsamen Nenner der im Konsens der Forschung neuchalkedonischen Quellen ausmachen. Und zur Begründung des rechten Gebrauchs theopaschitischer Formeln bedurfte es nicht der Autorität des 12. Anathematismus. Befragt man die Quellen nach der Forderung, beide christologische Sprachen, jene Chalkedons und jene Kyrills, zugleich zu gebrauchen, und zwar als dialektische Abgrenzung einerseits gegen Eutyches und anderseits gegen Nestorios, um auf diese Weise ein orthodoxes Bekenntnis zu Christus zu gewährleisten, so sieht man zwar, daß man allgemein davon überzeugt ist, die Kyrillische Hauptformel sei im Sinn der Zwei-Naturen-Lehre Chalkedons zu interpretieren und insofern rechtgläubig, doch die Aussage, ihr Gebrauch sei „condition essentielle d'une proposition correcte de la foi", läßt sich nicht verifizieren, sieht man von einem Ansatz bei Theodor von Ra'ithu ab. Dies gilt sowohl für Quellen, die vor, als auch für solche, die nach dem 5. Ökumenischen Konzil von 553 entstanden sind, dessen 8. Anathematismus die Kyrillische Formel für rechtgläubig erklärte 21 . Dies gilt für (die Skythischen Mönche 22 und) Kaiser Justi[377]nian, Ephräm von Amid 23 , das Vorwort, das Leontios von Jerusalem seinem anti-monophysitischem Florileg

19

Chalkedon, actio 11, n. 138, ebd., II, 1,3, 32,24-29; 33,11-12.

20

Ebd., n. 161, 39,26-27:  άυαγνωσθείσης­  γάρ  της  επιστολής  αύτοϋ  έπέγνωμευ  αυτόν  υπάρχει  ορθόδοξοι··.  Hg.  ν. J.  Straub,  A C O  IV,1,  242,12­16.  ­  Zu  Theodor  von  Raithu  vgl.  Anm.  202. 

21  22 

23 

Dies  scheint  auch  die  Summe  von  A.  Grillmeier  (Anm.  13),  344­349,  trotz  des  ebd.,  337  mit  Anm.  16,  Gesagten  zu  sein,  auch  wenn  er  ebd.,  347,  nur  ein ausdrückliches Fordern des simultanen Gebrauchs ausschließt. Die wichtigsten Texte: Johannes Maxentius, Capitula, 1,1-6, hg. v. F. Glorie, CCSL 85A , Turnhout 1978, 29; Libellus fidei (Scytharum), Vin,13, 164-168, ebd., 13; Epistula ad episcopos,  Π,3,  3 3 ­ 5 2 ,  ebd.,  158f.  (mit  Berufung  auf  CPG  5346).  Z u m  Zusammenhang  vgl.  Anm.  13.  Dies  gilt  insbes. für den als Beleg von Ch. Moeller und S. Helmer (Anm. 10) zitierten Beleg: Photios, Bibl., cod. 228, 248 b 32 - 249 a 3, hg. v. R. Henry (Anm. 14) IV, Paris 1965, 124f. - So jetzt auch A. Grillmeier (Anm. 13), 455; 472.

212

Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

vorausschickt 2 4 , aber auch für Johannes Grammatikos 2 5 , von dem Patrick Gray gesagt hat, er sei der einzige, der s.W. für eine solche Kennzeichnung des Neuchalkedonismus genannt werden könne 2 6 . Angemerkt sei, daß man für die These, den Neuchalkedonismus kennzeichne die Forderung eines Zugleich zweier christologischer Sprachen, keine breitere Basis gewinnt, wenn man jene Texte anführt, in denen ein Zugleich von  in  duabus und  ex  duabus begegnet. Auch wenn  ex  duabus in Chalkedon abgelehnt wurde, konnte sie zugleich mit  in  duabus auch von Chalkedonikern wie Hypatios von Ephesos oder dem Mönch Eusthatios benutzt werden, die im Konsens der Forschung zu den strengen Chalkedonikern gerechnet werden. Ein Zugleich beider Formeln impliziert an sich kein Paradoxon, insbes. dann, wenn beide zwei verschiedene Perspektiven kennzeichnen, die in der Diskussion um Chalkedon wohl unterschieden wurden. Geht es um die Abwehr des Eutyches und damit um die Wahrung der beiden Naturen, d.h. um die  άσύγχυτο?  ενωσι?,  dann  betont  man, daß der eine Herr in seinen zwei Naturen erkannt wird:  in  duabus  -  ev  δύο  φύσεσιν γνωριζόμενος, wie die Definitio fidei von Chalkedon  sagt. Geht es aber  um  die heilsgeschichtliche  Perspektive  der Geburt  des  Herrn,  in der  die  Ei­ nung  der  Naturen,  die  αδιαίρετος· 'ένωσις, zustandekommt,  dann  bedenkt  man  das ex duabus.  Dabei ist zu beachten, daß Chalkedon  ex duabus nicht in jeder Hinsicht abgelehnt hat. Denn, wie die Stellungnahme des Konzils zum Bekenntnis Flavians zeigt, konnte es das  ex  duabus, sofern es um die Einung der Naturen ging, durchaus akzeptieren - eine Tatsache, die Hypatios von Ephesos, im Konsens der Forschung ein strenger Chalkedoniker - im Religionsgespräch von 532 betont hat. Man wird den Neuchalkedonismus auch nicht als eine Vermittlungstheologie im Sinn einer irenischen Bewegung begreifen können. Zu eindeutig lehnen ihre Vertreter die Christologie eines Severos von Antiochien ab. Ihre Basis ist und bleibt Chalkedon, und dadurch unterscheiden sich schon die ersten Neuchalkedoniker - Nephalios, Johannes Grammatikos, Johannes von Skythopolis - eindeutig von allen Anhängern des Henotikons (CPG 5999), das zu ihrer Zeit noch eine bedeutende Rolle gespielt hat. Dies hat m.W. erstmals Siegfried Helmer an zwei Stellen 27 deutlich gesehen, auch wenn diese Einsicht im Ganzen bei ihm nicht zum Tragen kommt.

24

CPG 6917: PG 86,2, 1804 D - 1817 B. Ausführliche Analyse in K.-H. Uthemann (Anm. 13), 87f. [107f.].

25

CPG 6855: 1,1, 38-39, hg. v. M. Richard,CCSG 1, Turnhout - Leuven 1977, 18, mit ebd., 31, a.a.O., 15, d.h. jene Stellen, auf die sich Ch. Moeller, Un representant de la christologie neochalcedonienne au debut du sixieme siecle en O r i e n t : Nephalius d'Alexandrie, RHE 40 (1944/45) 125; ders. (Anm. 2),  672t, beruft. P.T.R. Gray (Anm. 2), 171. Dazu K.-H. Uthemann (Anm. 13), 43f.; 5 5 - 5 7 [61f.; 73-75],

26 27

S. Helmer (Anm.9), 182; 195. Ausgewogen beurteilt das Henotikon H. Ch. Brennecke, Chalkedonense und Henotikon, in: J. van Oort - J. Roldanus, Chalkedon: Geschichte und Aktualität, Leuven 1997 (© 1998), 24-53, bes. 40-47.

Der Begriff des Neuchalkedonismus

213

1.2 Zu einer positiven Kennzeichnung des eigentlichen Anliegens neuchalkedonischer Christologie Eine allgemeine Vorbemerkung scheint hier angebracht. Wenn die Kriterien, die in der Forschung genannt werden, um neuchalkedonische Quellen von anderen abzugrenzen, sich einer eindeutigen historischen Verifikation entziehen, dann heißt dies, daß man entweder den Begriff aufzugeben oder mit einem anderen Inhalt zu füllen hat. Sollte letzteres durchführbar sein, dann wird man wahrscheinlich die eine oder andere Quelle - gegen den bisherigen Konsens der Forschung anders einordnen müssen. Sollten sich neben den auf Grund einer anderen Kennzeichnung als neuchalkedonisch beurteilten Quellen keine oder zumindest keine bedeutenden zeitgenössischen Texte finden lassen, die sich bei ihrer Rezeption von Chalkedon weigern, über eine Wiederholung der  Definitio  fidei und ihrer Begriffe hinauszugehen und in diesem Sinn „streng chalkedonisch" sind, dann wird der Begriff Neuchalkedonismus im selben Sinn nicht überflüssig, wie man den Begriff Jungnikänismus nicht deshalb aufgeben wird, weil sich die kappadokische Trinitätslehre im Ausgang des 4. Jahrhunderts praktisch durchgesetzt hat. Sollten sich unterschiedliche Rezeptionen Chalkedons nachweisen lassen, die inhaltlich über Chalkedon hinausgehen, [378] dann wird man nur jene als Neuchalkedonismus oder Neuchalkedonismen bezeichnen, die zu Neuem gelangen, indem sie in jener christologischen Tradition stehen, aus deren Geist die  Definitio  fidei  Chalkedons formuliert wurde, d.h. indem sie sich in die von Chalkedon akzeptierte Kyrillische Christologie 28 einordnen und auf deren Basis zu Neuem fortschreiten 29 . 28

29

Vgl. neben der beachtlichen Dissertation von Th. Sagi-Bunic, „Deus perfectus et homo perfectus" a concilio Ephesino (a. 431) ad Chalcedonense (a. 451), RomaeFriburgi Brisg.-Barcinone 1965, insbes. A. de Halleux, La definition christologique ä Chalcedoine, Revue theologique de Louvain 7 (1976), 3 - 2 3 ; 155-170, dessen Analyse A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 1, Freiburg-BaselWien 1979, 751-764, übernommen hat, ohne aber für die Gesamtdarstellung Konsequenzen zu ziehen. Darum sollte man am Terminus „Neuchalkedonismus" festhalten und nicht, wie es z.B. P.T.R. Gray (Anm. 2), 7-16; 166f.; ders. (Anm. 6) tut, von „Neu-Cyrillianismus", besser: „Neukyrillischer Christologie" sprechen, wobei gemeint ist, daß diese im Prinzip so konservativ ist wie die monophysitische, doch „neu", sofern sie nicht am Wortlaut hängt, sondern nach der Intention Kyrills fragt. Insofern wäre der Begriff „Neuchalkedonismus" „a somewhat misleading term"([Anm. 2], 104). Doch bedenkt Patrick Gray nicht hinreichend: Ging es wirklich um Kyrill als Autorität, dann hätte man insbes. seine Hauptformel von „der einen Natur" und seine Anathematismen (CPG 5317) als Bedingung chalkedonischer Orthodoxie eingebracht, auch wenn man bereit war, nicht einzig auf deren wörtlichen Wiedergabe zu beharren, sofern nur deren Intention akzeptiert wurde. Es reicht nicht, auf die gewiß interessanten Texte

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

Den im Konsens der Forschung als Neuchalkedoniker bezeichneten Autoren ging es vorrangig um ein Verständnis der Funktion der  einen  Hypostase im Blick auf die Wahrung der beiden Naturen, d.h. um eine konkrete Auffüllung des Begriffs der Hypostase. Dies heißt zugleich, daß ihnen am Verständnis der Einung beider Naturen lag. Diese suchten sie von der Hypostase des inkarnierten Logos her zu denken oder gar für die religiöse Anschauung zu vertiefen, indem sie diese Hypostase als das  eine Subjekt der Einung betonten. Die Einung aber sahen sie wie Chalkedon in der heilsgeschichtlich-dynamischen Perspektive Kyrillischer Christologie und Soteriologie. Auch dieses hat Siegfried Helmer an einer Stelle gesagt, ohne jedoch die Konsequenzen zu ziehen: „Meines Erachtens ist ... die Beantwortung der Frage nach der hypostatischen [379] Einheit der Person Christi auf dem Boden der diphysitisch-chalkedonischen Terminologie das theologische Anliegen und die originelle Leistung der neuchalkedonischen Theologen" 3 0 . 1.2.1 Die Offenheit der  Definitio  fidei von Chalkedon für eine Kyrillische und eine Leoninische Rezeption In ihrer Christologie distanzieren sich die Neuchalkedoniker von einem betont symmetrischen Christusbild, das man mit der  Definitio  fidei von Chalkedon und dem Tomus Leonis begründen konnte und begründet

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zu rekurrieren, in denen Neuchalkedoniker den Vorrang der „gemeinten Sache" vor den Formeln  (φωναί)  betonen.  Ferner  ist  zu  bedenken:  Wollte  man  den  Monophysi­ ten  den  Anspruch  auf  Kyrill  streitig  machen,  dann  kam  man,  wie  es  ja  schon  das  Ky­ rillische  Florileg  vom  Jahre  482  (hg.  v.  R.  Hespel,  Le  Florilege  Cyrillien  refute  par  Severe  d'Antioche,  Bibliotheque  du  Museon  37,  Louvain  1955)  zeigt,  nicht  umhin,  Kyrill  als  Zeugen für die  Definitio  fidei von Chalkedon zu interpretieren. Insofern spielten seine Aussagen im Väterargument notwendigerweise eine entscheidende Rolle. Doch dabei (nicht aber, wenn es um eine rein „philologische" Analyse des Sprachgebrauchs von Kyrill ging) sahen die Neuchalkedoniker vom „ganzen Kyrill" als Autorität ab und hielten mit Chalkedon (actio 5, n. 34, A C O 11,1,2, 129,8-10) einzig an den sog. synodalen Briefen und ihrem Kontext fest, d.h. an der Verurteilung des Nestorios (CPG 5304) und an der Union von 433 (CPG 5339). Wird dieser Befund akzeptiert, dann kann man die in Anm. 6 zitierte Formel insofern gelten lassen, als man auch „das N e u e " mit dem der Neuchalkedonismus über Chalkedon hinausgeht, anzugeben weiß. Dazu vgl. das im folgenden Gesagte. - Der in Oxford vorgeschlagene Terminus „Rekyrillisierung" ist m.E. unglücklich. Denn er insinuiert mit der Silbe „Re", daß man nach Chalkedons Absage an den „ganzen Kyrill" bewußt zu einem früher (wohl in Ephesos [431]) integraler akzeptierten Kyrill zurück wollte. Ansonsten trifft auch gegen diesen Terminus das zuvor Gesagte zu. S. Helmer (Anm. 9), 69. Die Aussage richtet sich im Kontext gegen die an sich negative Beurteilung des Neuchalkedonismus bei A. Grillmeier als Vermittlungstheologie. Vgl. insbes. dessen Beitrag: Der Neu-Chalkedonismus. U m die Berechtigung eines neuen Kapitels in der Dogmengeschichte, Historisches Jahrbuch 77 (1958) 1 5 1 166.

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hat. Die Monophysiten sahen in der Symmetrie der Naturen vor allem die Trennung in zwei eigenständig Seiende und Handelnde, Gott und Mensch. Sie entdeckten in der Symmetrie nur das häresiologische Konstrukt eines Nestorianismus, wie dieses nach Ephesos (431) gängig geworden war. Die Neuchalkedoniker betonten in der  Definitio  fidei von Chalkedon auf Grund des Kontextes den Logos als Subjekt der ewigen und der zeitlichen Geburt und damit als Subjekt der Einung beider Naturen. Es ging nicht um die Ablehnung der Symmetrie, sondern um die Bestreitung einer vorrangig oder gar ausschließlich symmetrischen Christologie, für die der Begriff der Hypostase oder  persona nur eine formale Mitte, die Einheit, doch nicht die Einung kennzeichnet. Die  Definitio  fidei von Chalkedon war für zwei Interpretationen offen. Sie war - dies dürfte inzwischen ein Konsens der Forschung sein aus Kyrillischem Geist geboren, ohne Kyrills christologische Sprache zur Norm zu erheben: Die Vermeidung der Kyrillischen Hauptformel war zu eindeutig. Die  Definitio  fidei konnte auch von Orientalen wie Theodoret von Kyros im Ausgang von der Union von 433 akzeptiert werden, wobei man in dieser Sicht den Tomus Leonis als integrales Moment der  Definitio  fidei auffaßte und in ihm ein betont symmetrisches Christusbild entdeckte. Doch ein Neuchalkedoniker las den Tomus Leonis ebenso wie die Aussagen Kyrills zur Union von 433 über die  divisio  vocum, d.h. über die Beziehung der christologischen Niedrigkeits- und Hoheitsaussagen des Neuen Testaments (und der Väter) zu den beiden Naturen, ganz anders als diese Orientalen. Es ging dabei um das Verständnis der  communes  actiones, d.h. des  agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione im Tomus Leonis, und um jene christologischen Aussagen des Neuen Testaments,  voces oder  φωναί  εύαγγελικαί,  bei  denen  das Göttliche und das Menschliche nicht je für sich, sondern κοινώς· ­  communiter  ­  ausgesagt  werden,  d.h.  um  jene,  wie  Kyrill  sagte,  mittlere,  dritte  Klasse  von  Aussagen 31 ,  auf  deren  Akzeptans  [380]  durch  31 

Da  dieser  Text  (CPG  5340)  und  seine  Parallelen für das Verständnis des Folgenden wichtig sind, gebe ich sie hier ausführlicher wieder. Ausgangspunkt ist der  Laetentur-Brief (CPG 5339):  τάς  δέ  ...  φωνάς  ϊσμεν  ...  τάς  μέν  κοινοποιούντας  COS  έφ'  ένός  προσώπου,  τάς  δέ  διαιρούνται  ώς  έπι  δύο  φύσεων,  και  τάς  μεν  θεοπρεπείς  κατά  την  θεότητα  τού  Χριστού,  τάς  δέ  ταπεινός  κατά  την  ανθρωπότητα  (ACO  1,1,4,  17,17­20).  Kyrill  hat  diese  Stelle  einige  Male  interpretiert.  Die  beiden  wichtigsten  Texte  sind  folgende:  (1)  CPG  5340:  διαιρεισθαι  δέ  μόνας  ...  τάς  φωνάς  πρεπειν  τε  φασιν  ...  αϊ  μέν  γάρ  εϊσι  των  φωνών  οτι  μάλιστα  θεοπρεπεις,  άί  δέ  ούτω  πάλιν  άνθρωποπρεπείς,  άί  δέ  μεσην  τινά  τάξιν  έπέχουσιν.  Von  letzteren  wird  gesagt:  κοινοποιηθείσας­  τρόπον  τινά  και  οίον  έπ'  άμφω  βλεπούσας,  θεότητά  τε  κα'ι  άνθρωπότητα  λέγω  (ACO  1,1,4,  27,17­24).  (2)  CPG  5344:  οί  δέ  έκ  της­  'Ανατολής  ...  τάς  ...  φωνάς  διαιρούσι  μόνον.  Διαιρούσι  δέ  κατά  τούτον  τόν τρόπον,  ώς  τάς  μέν θεοπρεπεις  είναι  λέγειν,  τάς  δέ  άνθρωπίνας,  τάς  δε  κοινοποιηθείσας  ώς  έχούσας  όμού  κα'ι  τό  θεοπρεπές  καΐ  τό  άνθρώπινον  ...  έτερον  δέ  έστι  τό  φωνών είδέναι  διαφοράν  και  έτερον  τό  μερίζειν προσώποις  (ACO  1,1,4,  36,22­37,2). 

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die Orientalen für ihn die Union von 433 gründete. Wie schon der Protest der Illyrer und der Palästinenser in Chalkedon 32 zeigte, den Leo durch seinen sog. zweiten Tomus zu entkräften suchte 33 , war mit Bezug auf die  actiones  communes in Chalkedon etwas offen geblieben. Je nachdem, was man betonte - die Wahrung der Naturen oder die hypostatische Einung derselben - führte die chalkedonische Formel zu einem unterschiedlichen Christusbild. Dabei zeigt sich, daß letztlich die Begründung des Unterschieds in einer jeweils anderen Soteriologie liegt. Um die Darstellung terminologisch zu vereinfachen, bezeichne ich im folgenden die beiden Interpretationen, für welche die  Definitio  fidei  von Chalkedon offen war, als Kyrillischen und als Leoninische Deutung von Chalkedon, wobei „Leoninisch" jene Apologie des  agit  enim  utraque  forma und der Soteriologie einschließt, die Leo in seinem sog. zweiten Tomus vorgetragen hat. Angemerkt sei, daß im ersten Tomus die Soteriologie vernachlässigt wurde. Wenn dort durch das Zitat von I Tim. 2,5 die Mittlerschaft des Menschen Jesus betont wurde, dann konnte man dies als eine biblische Begründung auffassen, die selbstverständlich jeder in seiner Auffassung des Heilswerks Christi gewahrt sah. Man mußte also nicht annehmen, daß durch das Zitat von I Tim. 2,5 der Mensch -  homo - als ein Subjekt selbständigen Handelns gegenüber Gott betont werden sollte, um ihm als solchem eine Rolle im Heilswerk zuzuweisen. Mit anderen Worten, Neuchalkedoniker mußten an der unentfalteten soteriologischen Aussage des Tomus Leonis keinen Anstoß nehmen, und dies um so mehr, als man sagen konnte, daß die päpstlichen Legaten in Chalkedon einen Einwand gegen Leos Kontext von I Tim. 2,5, der von Kyrillischer Soteriologie aus begründet worden war 34 , entkräftet hatten 35 . Wie sie ihn entkräftet [381] haben, ist leider in den Akten nicht gesagt. Zum anderen mußten die Neuchalkedoniker das  agit  enim  utraque  forma nicht im Sinn eines betont symmetrischen Christusbildes lesen; was sie auch de facto, wie die Quellen

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A C O 11,1,2, 82,13-16. Die Anwort der Konzilsleitung aus Kyrill (CPG 5340: ACO 1,1,4, 27,22-24) ist sachgemäß, sofern auf „die mittlere Ordnung" von christologischen Aussagen abgehoben wird. Z u m Zusammenhang zwischen dem Tomus (Epistula 28) und dem zuvor genannten Protest einerseits sowie anderseits dem sog. zweiten Tomus, dem Brief an Kaiser Leo (Epistula 165), und diesem vorausgehenden Schreiben Leos vgl. Κ . Ή . Uthemann, Zur Rezeption des Tomus Leonis (= 1-36), 12-34 [582-602]. A C O 11,1,2, 81,33-82,3. Die Antwort der Konzilsleitung trifft im Unterschied zum sog. zweiten Tomus Leos nicht die Frage nach dem einen Subjekt der Heilsmittlerschaft. A C O 11,1,2, 103, 21-28.

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belegen, nicht taten 36 . Der Tomus Leonis war in diesem Sinn offen für eine Kyrillische Deutung. Die Kyrillische Deutung Chalkedons Die Perspektive der Kyrillischen Christologie betont den Logos als Subjekt der Inkarnation, sein Werden im Sinn von Joh. 1,14, und kennzeichnet das Erlösungswerk als Tat des Logos, der in der Jungfrau „den neuen Menschen" als ihm eigene Wirklichkeit erschuf. Damit zeigt sich diese Christologie letztlich jener physischen Erlösungstheorie 37 verpflichtet, deren religiöse Tiefe Athanasios in seinem  De  incarnatione  Verbi (CPG 2091) eindrucksvoll dargestellt hat. Sofern der Logos in der Inkarnation blieb, was er war, und wurde, was er nicht war, ging es für die Neuchalkedoniker nicht nur um die untrennbare Einung, sondern zugleich um die Wahrung der Naturen. Mit dieser war auch für sie eine gewisse Symmetrie christologischer Prädikation nicht ausgeschlossen, sofern man unterscheiden mußte, was „der Gottheit nach" und was „der Menschheit nach" von Christus, dem inkarnierten Logos, ausgesagt wird und sofern man beides symmetrisch als Antithesen einander gegenüberstellen konnte. Doch kann es eine Theorie christologischer Prädikation nicht bei d i e s e r F r a g e s t e l l u n g d e s κατά  TL ­  κατά  θεότητα  και  κατά  ανθρωπότητα  ­

belassen,  wenn  sie  in  einem  Zusammenhang  steht,  der  die  Einung  der  Naturen  betont.  In  diesem  Fall muß sie sich auch Rechenschaft geben, wie das Subjekt der Aussagen, nämlich das  κατά  τίνος  beschaffen  ist.  Aussagen  werden über etwas,  καθ' ύττοκειμενου,  gemacht.  Dies  ist  in  der  Kyrillischen  Deutung  Chalkedons zunächst der inkarnierte Logos. Er ist für die Prädikation das Subjekt „an sich"  (καθ' έαυτό).  Darf  aber  auch  die  vom  Logos  angenommene  individuelle  menschliche  Natur  Christi  als  Subjekt  von  Aussagen  fungieren,  dann  kann  diese  nicht  „an  und für sich" Subjekt sein, sondern nur als nicht selbständiges Subjekt:  ούκ  ίδικώς,  ούκ  Ιδιοϋποστάτω?,  ούκ  ανά  μερο?  u s w . ,  w i e  m a n  in  A b w e h r  d e s 

Konstrukts  eines  Nestorianismus  sagt  und  damit  den  ersten  Schritt  in  die  Richtung  einer  Enhypostasie­Theorie  getan  hat.  [382] 

36  37 

Vgl.  die  unten  ab  S.  226  [389]  zitierten  Texte.  Vgl.  die Einführung bei R.M. Hübner, Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa. Untersuchungen zum Ursprung der ,physischen' Erlösungslehre, Philosophie Patrum 2, Leiden 1974, ferner dessen Einwände gegen E. Mühlenbergs Interpretation dieser Soteriologie bei Apolinarios: Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes (zu einer neuen Interpretation der Christologie des Apollinaris von Laodicea), Kleronomia 4 (1972), 131-161.

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Die Leoninische Deutung Chalkedons In der Leoninischen Deutung war die Wahrung der Naturen, man kann auch sagen, die Wahrung der Transzendenz Gottes, gewiß vorrangig. Und gerade darum konnte man in ihrem Rahmen das Menschliche an Jesus herausstellen und „den Menschen Jesus Christus als Mittler zwischen Gott und den Menschen" im Sinn von I Tim. 2,5 betonen, d.h. um mit Worten Leos zu sprechen - den einzigen Unschuldigen, der durch seinen widerrechtlichen Tod den Rechtsanspruch des Todes zerbricht und dem Menschen eine neue Zukunft mit Gott eröffnet. Ob nun die Heilsbedeutung des Menschen Jesus mit diesen Gedanken Leos 38 angesprochen wird oder mit anderen Kategorien, stets wird bei betonter Symmetrie der Mensch Jesus Christus im Gegenüber zu Gott konzipiert. Gewiß wird er dabei nicht als ein Mensch „wie du und ich" - als  ψιλός·  άνθρωπος  ­ aufgefaßt, und doch könnte man eine solche Sicht des Gegenübers von Gott und dem Mensch Jesus Christus verdächtigen, einen Nestorianismus (im Sinn des häresiologischen Konstrukts zweier selbständiger Subjekte) zu vertreten, als ob neben der Trinität ein viertes Subjekt der Verehrung eingeführt würde. Gegen diesen Allgemeinplatz anti-nestorianischer Polemik rekurriert Leo mit Augustinus auf die  unitas  personae, wodurch ausgeschlossen sei, daß die Trinität zur Tetrade erweitert werde 39 . Der Sache nach heißt dies nichts anderes als, daß Jesus Christus der inkarnierte Logos ist. Aufgefüllt wird dies bei Leo durch die Aussage über die Eigenheiten der beiden Naturen, die „zu einer Person zusammengehen" 4 0 . Wie 38

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So im sog. zweiten Tomus, hg. v. C. Silva-Tarouca, S. Leonis Magni Tomus ad Flavianum episc. Constantinopolitanum (epistula XXVIII) additis testimoniis Patrum et eiusdem S. Leonis M. epistula ad Leonem I imp. (epistula CLXV) (Romae, 1959), Z. 50-54. Eine ausführlichere Darstellung der Soteriologie Leos findet man bei H. Arens, Die christologische Sprache Leos des Großen. Analyse des Tomus an den Patriarchen Flavian, Freiburger Theologische Studien 122, Freiburg-Basel-Wien 1982, 229-236. Tomus, hg. v. C. Silva-Tarouca (Anm. 38), Z. 55; 126. In Z. 126-132 gibt Leo mit kleinen Veränderungen den Wortlaut von Augustins Contra sermonem Arianorum liber unus, 8, PL 42, 688 wieder. Zu den Einzelheiten vgl. H. Arens (= Anm. 38), 5 1 6 529. Eine Durchsicht der christologischen Aussagen Augustins zeigt die Bedeutung des Begriffs der  (una)  persona als Abwehr eines vierten Subjekts der Verehrung. Ansonsten hatte Prosper von Aquitanien bei seiner Vorlage für den Text des Tomus vor allem aus Leos Predigten geschöpft (ausführliche Diskussion dieser Quellen bei H. Arens), die eine auffällige Abhängigkeit von Augustinus zeigen. Vgl. B. Studer, Die Einflüsse der Exegese Augustins auf die Predigten Leos des Großen, in: Forma Futuri: Studi in onore del Cardinale Michele Pellegrino, Torino 1975, 915-930. Tomus, ebd., Z. 54-55: Salva igitur proprietate utriusque naturae, et in unam coeunte personam - jener absolute Ablativ, der den einzigen Anteil Leos an der chalkedonischen Formel darstellt, hat in der Rezeption durch die Griechen seine immanente Schwierigkeit gezeigt. Das  coeunte meint die  proprietas  utriusque  naturae. Chalkedon gibt dies korrekt wieder:  συντρεχούσης,  obwohl  die  handschriftliche  Bezeugung 

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der Zusammenhang [383] im Tomus Leonis zeigt, handelt es sich hierbei um das Zugleich von Niedrigkeits- und Hoheitsaussagen:  Suscepta  est  a  maiestate  humilitas,  a  virtute  infirmitas41, was letztlich auf die Frage der  actiones  communes hinausläuft. Bei Leo und in Chalkedon, dessen Definitio diesen Gedanken Leos so aufgenommen hat, daß Kyrills Hauptformel im Blick auf den Begriff der  persona oder Hypostase interpretiert werden muß, bleibt ungesagt, wie die  persona zu denken ist, damit sie die Symmetrie der Naturen in eine Einheit einbindet, es sei denn, man begnügt sich mit dem Hinweis, daß durch die Symmetrie der Naturen kein viertes Subjekt der Verehrung eingeführt wird, da der Logos im Sinn einer formalen Einheit -  unitas  personae - Subjekt beider ist. Sofern die Einung als solche nicht bedacht wird, ist es im Rahmen einer Leoninischen Deutung von Chalkedon nicht notwendig, in der Prädikationstheorie jenen Schritt zu vollziehen, der zur neuchalkedonischen Enhypostasie-Theorie geführt hat. Im Prinzip reicht das κατά  τι  und  damit  die  Wahrung  der  Naturen,  auch  wenn  diese Prädikationstheorie in Schwierigkeiten zu geraten scheint, wenn es um die  actiones  communes geht, in denen Göttliches und Menschliches zugleich in Erscheinung treten. Für die Leoninische Deutung reicht es aus, sich auf die Identität des einen Subjekts, d.h. die  unitas  personae, zu berufen. Weil Göttliches und Menschliches über dasselbe Subjekt ausgesagt werden, ist ein formaler Widerspruch vermieden, wenn dieses Subjekt nichts anderes ist als die Eigenheiten beider Naturen bzw. beide Naturen. Wird die Einung der Naturen auch im Blick auf eine Differenzierung des Subjekts der Prädikation, d.h. des  κατά  τί νος,  gedacht,  dann  ist  die  Leoninische  Deutung  Chalkedons  offen für jene Überlegungen, die in die Richtung einer Enhypostasie-Theorie weisen. Darum können die Vertreter einer Kyrillischen Deutung von Chalkedon den Tomus Leonis zurecht verteidigen 42 .

41  42 

auch  συντρεχουσών  kennt  und  damit  auf  die  zwei  Naturen  bezieht,  die  zur  einen  Person  „zusammenkommen",  eine  Lesart,  die  z.B.  auch  das  Kyrillische  Florileg  von  482  bezeugt  (hg.  v.  R.  Hespel  [Anm.  29],  107,27;  110,10).  Vgl.  ferner  Tomus,  Z.  122:  Quamvis  ...  in  domino  Iesu  Christo  dei  et  hominis  una  persona  sit.  Tomus,  ebd.,  Z.  56.  Die  Kyrillische  Deutung schließt ein symmetrisches Christusbild dann nicht aus, wenn es in ihrem Rahmen um die Wahrung der Naturen bzw. das  κατά  τι  der Prädikation geht, so daß m.E. der sich neuerdings herausbildende Konsens nicht begründet ist, der mit B.E. Daley und A. Grillmeier Leontios von Byzanz als einen „strengen Chalkedoniker" interpretiert. Denn die Symmetrie als solche, die sich auf Grund dessen ergibt, daß ein Autor über die christologische Prädikation oder Aussagenlogik handelt, ist kein hinreichendes Kriterium, um unterschiedliche Rezeptionen von Chalkedon zu unterscheiden. Erst in der Epilysis geht Leontios expressis verbis auf

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1.2.2 Die Kyrillische Deutung Chalkedons als Neuchalkedonismus Chalkedon ist aus Kyrillischem Geist geboren, und doch soll eine Kyrillische Deutung Chalkedons als Neuchalkedonismus bezeichnet werden können? Dies ist nur sinnvoll, wenn diese Rezeption Chalkedons über das Verständnis der  Definitio [384]  fidei, das wir für die Väter von Chalkedon aufweisen können, hinausgeht und dabei doch der Intention Kyrillischer Christologie und Soteriologie entspricht. Die  Definitio  fidei von Chalkedon kann, so wurde gesagt, sowohl von Leo als auch von einem Anhänger Kyrills akzeptiert werden, für den die Hauptformel Kyrills nicht die einzig mögliche, normative Sprachregelung in der Christologie ist. Als typischer Vertreter dieser Richtung ist z.B. schon einer der Teilnehmer von Chalkedon zu nennen, nämlich Basilios von Seleukia 43 . Chalkedon hat sowohl die Wahrung der Naturen  (άσύχυτος  ενωσις)  als  auch  die  Einung  der  Naturen  (αδιαίρετος  ενωσις)  gelehrt  und  geht,  auch  wenn  es  aus  der  heilsge­ schichtlich­dynamischen  Perspektive  Kyrillischer  Christologie  be­ trachtet  wird,  nicht darüber hinaus, beides zugleich zu definieren, ohne aber zu erklären, wie die Einung der Naturen so zu verstehen ist, daß die Wahrung der Naturen aus der Einung folgt. Chalkedon weist zwar eindeutig in die Richtung, daß die Einung von der einen Hypostase her zu denken ist. Doch mit dem aus Leo übernommenen Begriff „der Eigenheiten einer jeden Natur", der  ιδιότητες,  weist  Chalkedon  nur  eine  Richtung  an,  mehr  aber  nicht.  Sofern  sich  zeigen läßt, daß die im Konsens der Forschung als Neuchalkedoniker bezeichneten Autoren seit Johannes Grammatikos sich darum bemühen, den chalkedonischen Begriff der einen Hypostase so zu denken, daß die hypostatische Einung der beiden Naturen deren Wahrung begründet und dabei die sog. Enhypostasie-Theorie, später in deren Rahmen eine Theorie der θεοκίνησις· als Erklärung der θέωσις  der  Sarx  Christi, schließlich eine Theorie einer hypostatischen Energie und eines hypostatischen Willens entwickeln, und zwar letzteres als Interpretation der  actiones  communes oder der dritten, mittleren Klasse christologischer Aussagen, von denen Kyrill bei der Union von 433 sprach, dann wird man m.E. die Berechtigung des dogmengeschichtli-

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das  κατά  tlvos  ein.  Z u m  angesprochenen  Unterschied  in  der  Soteriologie,  der  die  Leoninische  und  die  Kyrillische  Deutung  Chalkedons  kennzeichnet,  vgl.  man  das,  was  Leontios  in  polemischer  Absicht  gegen  Theodor  von  Mopsuestia vorträgt (CNE ΙΠ,  PG  86,1,  1373  A;  1385  CD).  Wichtig  ist  dies  im  Blick  auf  das  unten  S.  222f.  [385f.]  Gesagte.  Vgl.  M.  van  Parys,  L'evolution  de  la  doctrine  christologique  de  Basile  de  Seleucie,  Irenikon  44  (1971),  493­514,  auch  wenn  dieser  die  im  Blick  auf  Kyrill  vorhandene  Kontinuität bei Basilios unterschätzt.

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chen Begriffs „Neuchalkedonismus" nicht mehr in Frage stellen können. D e n n in diesen Quellen vollzieht sich eine Rezeption von Chalkedon, die in dem, was die  Definitio  fidei von Chalkedon sagt, nicht festgelegt ist, sondern erst erarbeitet werden muß, und zwar über Kyrill hinaus, wobei die heilsgeschichtlich-dynamische Perspektive Kyrillischer Christologie mit ihrer Soteriologie einzig die Richtung weist. Der historische Beweis kann hier mit Einzelanalysen der Quellen nicht geboten werden. Entscheidende Stichworte sind schon gefallen: Die Enhypostasie-Theorie und ihre Wurzel in einer Prädikationstheorie, die beide, sofern es um die Perspektive der Einung der Naturen geht, schon seit Johannes Grammatikos davon ausgehen, daß die menschliche Natur Christi eine individuelle ist. Damit hängt die Definition der Hypostase als besondere Weise des Selbstandes, nämlich als ein „Für-sich-selbst-Sein" (τό καθ'  εαυτό  είναι)  zusammen. Unübersehbar ist in diesem Zusammenhang die Berufung auf eine neuplatonische Anthropologie, wie sie des Porphyrios' Symmikta Zetemata bezeugen (Anm. 45). Schon von Johannes Grammatikos, des ersten uns direkt auf Grund eines relativ umfangreichen Textes greifbaren Neuchalkedonikers, wird deutlich die Grenze dieses Paradigmas erkannt. Denn der Mensch ist stets Einzelfall eines Eidos, Christus jedoch ist einmalig. Die eidetische Usie des Menschen, die jeden Menschen einem allgemeinen Begriff menschlicher Natur unterordnet, dessen Inhalt durch die leib-seelische Konstitution festgelegt ist, kann keine paradigmatische Funktion haben. Denn Christus ist, um mit Johannes Grammatikos zu sprechen, eine  σύνθετος· ΰπόστασις·  ohne  jede  eidetische  oder  naturhafte  Synthesis.  Die  Bedeutung  dieser  Einsicht  soll  erst  in  Texten  von  Maximos  dem  Bekenner  voll  zum  Tragen  kommen.  Doch  war  diese  Einsicht  selbst  von  Anfang  an  bei  den  Neuchalkedonikern  als  Kritik  an  den  Monophysi­ ten  vorhanden,  sofern  letztere  das  anthropologische  Paradigma  zur  Be­ gründung ihres Verständnisses der christologischen Synthesis als einer  μία  φύσις σύνθετος  gebrauchten.  Ging  man  zur  Unterscheidung  von  Usie  und  Natur  versus  Hypostase  von  den  Kappadokiern  aus,  so  zeigt  sich  schon  bald  der Einfluß der alexandrinischen Aristoteleskommentare mit ihrem durchaus platonischen Wirklichkeitsbegriff. Insbesondere bei Leontios von Byzanz scheint er unbestreitbar, wird aber auch bei anderen wie z.B. Anastasios I. von Antiochien, Theodor von Ra'ithu bis hin zu fast Unbekannten wie einem Probos von Chalkedon greifbar. Die Einzelheiten interessieren hier nur, sofern sie zeigen, wie sich in dieser neuchalkedonischen Christologie das Problem der einen hypostatischen Energie Christi anbahnt. [385]

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2. Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff einer hypostatischen Energie Alles, was der individuellen menschlichen Natur Christi zu eigen ist, besitzt sie „einzig im Logos" 44 , sofern sie in ihm existiert. Diese Enhypostasie 45 scheint schon bald mit der Frage nach dem Wirken Christi verbunden worden zu sein.

2.1 Leontios von Byzanz als Vertreter einer ενεργεία  του λόγου  im  Rahmen  einer  Enhypostasie­Theorie?  In  der  Schrift  des  Leontios  von  Byzanz  gegen  Chalkedoniker,  die  ­ ähnlich wie Kaiser Justinian in seinen letzten Jahren - dem Aphthartodoketismus anhängen, begegnet die von diesen vertretene Auffassung, die hypostatische Union als die neue Schöpfung im Schoß der Jungfrau sei die Wirkung der  ενέργεια  des  Logos  (εκ  της  τοΰ  λόγου  ενεργείας)46,  die  ihm  als  Hypostase  und  nicht  als  ein  Wirken  in  der  Gemeinschaft  mit  Vater  und  Geist  zukommt.  Es  geht  dabei  um  die Begründung für die  άφθαρσία,  die Unvergänglichkeit, die dem Körper Christi vom ersten Moment seiner Existenz an zukommen soll. Interessant ist nun die Antwort des Leontios, sofern sie über das unmittelbar Anstehende hinausgeht. Denn nachdem er gezeigt hat, daß für den Begriff einer  ενεργεία  τοϋ  λόγου bei  der Schöpfung des Körpers in der Jungfrau kein Raum ist, kommt er auf die Sündenfreiheit und Heiligkeit des Menschen Jesus Christus zu sprechen, die er als „die völlige Einung und Mischung mit dem (Logos), der (den individuellen

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So Johannes Grammatikos, Apologia (CPG 6855), 1,2: IV,3, 185-186, hg. v. M. Richard (Anm. 25), 55. Z u m Kontext vgl. K.-H. Uthemann (Anm. 13), 62; 73f. [81; 93],

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Die Enhypostasie-Theorie (vgl. auch Anm. 13; 52) wurzelt in einer Prädikationstheorie. Beide Theorien gehen davon aus, daß die menschliche Natur Christi eine individuelle ist (vgl. im Ausgang zu dem in Anm. 44 zitierten Text K.-H. Uthemann [Anm. 13], 63-70; 84; 9 0 - 9 2 [82-89; 104; 111-113]). Damit hängt die Definition der Hypostase als besondere Weise des Selbstandes, nämlich als ein „Für-sich-selbst-Sein" (tö καθ' έαυτό  είναι),  zusammen. Unübersehbar ist in diesem Zusammenhang die Berufung auf eine neuplatonische Anthropologie, wie sie des Porpyrios' Symmikta Zetemata bezeugen: Ging es dort um den Menschen als eine  άσύγχυτοϊ  eiWLS  von  in­ dividueller  Seele  und  individuellen Körper, so wird diese Anthropologie um die Perspektive der Einung der Naturen zu einer einzigen Hypostase bereichert und also solche zu einem wichtigen, bei manchem Autor zum einzigen oder vorherrschenden Paradigma der Christologie. Vgl. K.-H. Uthemann, Das anthropologische Modell der hypostatischen Union, Kleronomia 14 (1982), 215-312 (= 103-196).

46

PG 86,1,1352 D.

Der Neuchalkedonismus auf dem Weg z u m Begriff

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Menschen 47 mit Leib und Seele48) angenommen hat," und als die Verwirklichung der Gottessohnschaft umschreibt. [386] Und nun scheint eine Tautologie zu folgen. Denn diese so umschriebene Sündenfreiheit ist gewirkt durch die Einung mit dem Logos: ή τοϋ  λόγου  συμφυή?  ένωσις  κατειργάσατο49.  Und  Leontios fügt hinzu: Diese Einung kommt nicht einfachhin aus der puren Energie des Logos, sondern auf Grund der seinshaften Mischung des Logos (mit der angenommenen menschlichen Natur) zustande 50 . Darf man dies so nehmen, wie es im Text steht, dann bestreitet er zumindest im Hinblick auf die Sündenfreiheit Christi nicht die Existenz einer  ενεργεία  τοϋ  λόγου.  Denn  er schließt einzig aus, daß die ψιλή ενέργεια  του λόγου diese Sündenfreiheit erklärt. Darf man deshalb folgern, daß nur jene  ενέργεια  τοϋ  λόγου,  die  im  Rahmen  der  seinshaften  Einung  (ουσιώδης­  ένωσις·)51  gedacht  wird,  die  Sündenfreiheit Christi erklärt? Doch wie unterscheidet sich diese von der Einung mit dem Logos? Wollte Leontios wirklich die Einung mit dem Begriff einer  ενέργεια  τοϋ  λόγου  in  Zusammenhang  bringen  oder  gar  durch  diesen  interpretieren?  Die  Fragen  bleiben  offen.  Denn  hier  endet  der  Dialog  mit  jenen  Chalkedonikern,  die  dem  Aphthartodoke­ tismus  huldigen  und  offensichtlich unter  Wahrung  der  beiden  Naturen  auf  Grund  der  ένέργεια  τοϋ  λόγου  eine  extreme Vergöttlichung des Körpers Christi bekannten.

2.2 Vergöttlichung und schöpferische Energie des Logos bei Leontios von Jerusalem Eine ausführlichere Darstellung verdient in diesem Zusammenhang Leontios von Jerusalem 52 , und zwar sowohl wegen seiner Aussagen 47 48 49

Zur Individualität der Sarx Christi vgl. das in Anm. 45 Gesagte. Vgl. PG 86,1,1325 AB. Ebd., 1353 A 8-14:  την  δε  άναμαρτασίαν  και  την  όλην  αγιότητα,  την  τε  όλικήν  προς  δλον  τόν  είληφότα  ένωσιν  και  ανάκρασιν,  και  το  ενα  τε  είναι  καΐ  χρηματίζειν  υίόν  και  δλης  της  υίικής  ιδιότητος  τους  χαρακτήρας  φανωτάτους  έπιφαίνεσθαι  ή  τοϋ  λόγου  συμφυής  ενωσις  κατειργάσατο,  ών  αναφαίρετος  ή  μακαριστής,  επειδή  και  ή  ενωσις  αδιαίρετος.  50  Ebd.,  1353  Β  1­3:  τήν  δέ  ενωσι.ν  ουκ  έκ  τής  τοϋ  λόγου  ψιλής  ενεργείας,  άλλ'    αύτοϋ  τοϋ  λόγου ουσιώδους  άνακράσεως.  51  Dies  ist  der  normale  Terminus  des  Leontios für die hypostatische Union; nur ein einziges Mal spricht er von  ενωσίς  καθ'  ύπόστασιν.  52  St.  Otto,  Person  u n d  Subsistenz, München 1968, 87-150; P.T.R. Gray (Anm. 2), 122141, d a z u ergänzend L. Abramowski, Ein nestorianischer Traktat bei Leontius von Jersualem, in: IIIC Symposium Syriacum 1980, hg. v. R. Lavenant, Orientalia Christiana Analecta 221, Roma 1983, 43-55; angemerkt sei, daß eine eingehendere Analyse m.E. auf zumindest drei nestorianische Quellen schließen kann, mit denen sich Leon-

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

über die Vergöttlichung der Sarx Christi und wegen des bei ihm überwiegend gebrauchten [387] christologischen Paradigmas, nämlich des schon seit Origenes bezeugten 53 Vergleichs mit dem vom Feuer durchglühten Erz 54 , als auch wegen des Vorwurfs eines unbewußten Monophysitismus, den man gegen ihn erhoben hat 55 . Denn die dabei anzuschneidenden Fragen stehen im Zusammenhang mit seiner Auffassung der Idiomata Christi und führen, um mit einem Terminus Leos zu sprechen, zum Problem der  actiones  communes.  Wie eine Bestätigung der soeben aus Leontios von Byzanz angeführten innerchalkedonischen Diskussion liest sich z.B. des Jerusalemer Antwort auf den Einwand eines nestorianischen Gegners gegen den Gebrauch des anthropologischen Paradigmas in der Christologie, in dem dieser „die dem Logos eigenen Energien" mit dem Wirken der Seele im Körper verglichen und insbes. mit dem Schlaf argumentiert hatte 56 . Es geht um das Problem des Zusammenwirkens von Seele und Körper, inkarniertem Logos und Sarx Christi. Die Allgemeinplätze, die Leontios in seiner Antwort anführt, seien uns hier geschenkt. Uns interessiert der abschließende Gedanke 57 . In den Wundern Christi - Leontios nennt die Heilung des Blindgeborenen (Joh. 9) - ist die schöpferische Kraft Gottes am Werk. Sie ist „die die göttliche Natur im eigentlichsten Sinn kennzeichnende Energie" 58 . Doch wirkt sie in Christi Wundern nicht unmittelbar, sondern durch dessen Körper, sofern Christus mit seinen Fingern einen Teig aus Erde machte und diesen auf die Augen

tios auseinandersetzt. Die Darstellung von A. Grillmeier (Anm. 13), 291-332, zeigt zu deutlich die Absicht, den Jerusalemer gegen Leontios von Byzanz aufzuwerten sowie bei letzterem eindeutig, bei ersterem für den Leser unentscheidbar das Vorhandensein einer Enhypostasie-Theorie im eigentlichen Sinn zu widerlegen. Zum Jerusalemer Leontios vgl. bes. ebd., 301, zur Antwort auf jenen Einwand eines Nestorianers, den D.B. Evans, Leontius of Byzantium. An Origenist Christology, Dumbarton Oaks Studies 13, Dumbarton Oaks 1970, 139-143, zu Unrecht dem Leontios von Byzanz zuschrieb, um dessen Origenismus zu beweisen. Zur Rechtfertigung der Enhypostasie-Theorie vgl. K.-H. Uthemann (Anm. 13). - Verzichten kann man auf A. Basdekis, Die Christologie des Leontius von Jerusalem. Seine Logoslehre, Diss. Münster i.W. 1973; vgl. zu diesem auch Anm. 55. 53

De principiis, 11,6,6. Vgl. unten zu Ephram (Anm. 92), Anastasios I. von Antiochien (unten S. 239f. [400] mit Anm. 125-129), insbes. zu Maximos dem Bekenner (unten S. 246 [406f.] mit Anm. 164-166).

54

Ausführlich in K.-H. Uthemann (Anm. 13), 97-102 [117-122], dargestellt.

55

Ch. Moeller, Textes ,monophysites' de Leonce de Jerusalem, Ephemerides Theologicae Lovanienses 27 (1951) 4 6 7 ^ 8 2 , insbes. zur Lehre vom „zusammengesetzten Idio m " (474f.), deren Bedeutung A. Basdekis (Anm. 52) nicht erfaßt hat, weshalb er PG 86,1, 1485 D am Mignetext mit  άσυνθετώτερον  ιδίωμα festhält.

56

CN1,14, PG 86,1, 1452 D - 1 4 5 3 A.

57

Ebd., 1457 C - 1 4 6 0 A.

58

Ebd., 1457 C 11-12:  ίδικωτάτη  της  0eias  φύσεως  ενεργεία. 

Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff

225

des Blindgeborenen legte. Nun kommen zwei Aussagen, deren Spannung Leontios wohl nicht empfunden hat. Die erste lautet: Gott kann dies nur, sofern er κατά  φύσιν  mit  seiner  Sarx  verbunden  ist59.  Die  zweite:  Da  dies  allein  Gott  kann,  „haben  wir  erkannt, daß der Gott Logos durch seine Sarx das wirkt, was er zur Anzeige seiner eigenen Synthesis (wirkt)"60. Leontios schreibt also dem Logos eine ihm eigene schöpferische Energie zu, mit der er durch seine Sarx die Wunder wirkt. Für ihn scheint dies in der Idee der Vergöttlichung der Sarx, die er als einen Einfluß  κατά  ψΰσιν  betrachtet61,  mitgesetzt,  also  nur  die  andere  Seite der  Medaille  zu  sein.  [388]  Angelegt  ist  dieser  Gedanke  in  der  Weise,  wie  er  den  chalkedoni­ schen  Begriff  der  μία  ύπόστασις· auffüllt und im Rahmen der Enhypostasie-Theorie der Hypostase des Logos einen schöpferischen Akt zuschreibt, nämlich die Erschaffung der individuellen menschlichen Natur im Schoß der Jungfrau. Dies wird z.B. sehr deutlich in einem Text gesagt, in dem uns Leontios „den Kanon der Rechtgläubigkeit" 62 vorstellt. Die individuelle menschliche Natur Christi existiert in der Hypostase des Logos63, die als eine Hypostase die beiden Naturen gemeinsame ist, die  κοινή ύπόστασις.  Diese  erschafft sich  die  menschliche  Natur  (δημιουργήσασα  εαυτή)  und  eint  sie  mit  ihrer  eigenen göttlichen Natur 64 . Auch wenn Leontios die individuelle menschliche Natur Christi auf Grund ihrer Idiomata als  ιδική  ύπόστασις·  beschreiben  kann65,  so  ist  sie  dies  doch  nur  auf  Grund  ihrer  Existenz  in  der  ιδική  ύπόστασις  des  Logos,  die  insofern  eine  gemeinsame,  eine  κοινή  υπόσταση  ist66.  Auf  Grund  dieser  Enhypostasie  sind  die  Idiomata  der  Sarx  Christi göttlich, wohl besser gesagt, vergöttlicht, da sie so67 eine

59 60

Ebd., 1457 D 14-1460 A l . Ebd., 1460 A 1-7. Zitiert bei F. Winkelmann, Die Quellen zur Erforschung des monenergetisch-monotheletischen Streites, Klio 69 (1987) Text Nr. 4 (= W 4). 61 Vgl. z.B. das, was Leontios zum „Kanon der Orthodoxie" (Anm. 62) im folgenden sagt. 62 CN 11,14,1568 C 9-10. 63 Ebd., 1565 D 10 - 1568 A 7. 64 Ebd., 1568 A 11-13:  τήν  δέ  τοΰ  κυριακοΰ  άνθρωπου  φύσιν  δημιουργήσασα  έαυτή  και  περιπτυξαμένη  και συνάψασα  τή ιδία £ν αύτη  φύσει.  65  Als ιδική ΰπόστασις  kennzeichnet  Leontios  die  menschliche  Natur  Christi  durch  jene  Idiomata,  durch  die  sie  sich  in  Bezug  auf  alle  anderen  individuellen  Menschen  und  in  Bezug  auf  die  Hypostasen  von  Vater  und  Geist  unterscheidet.  Insofern  ist  das  Schema  von  St. Otto,  a.a.O.  (Anm. 52), 129, zu  korrigieren.  66  Zum  Zusammenhang  ist  zu  beachten, daß Leontios zur Darstellung der Enhypostasie-Theorie die Hypostase nicht wie Leontios von Byzanz durch ihr „Für sich selbst Sein"  (καθ' έαυτό είναι)  definiert, sondern  einzig  durch  die  Idiomata.  67  CN  11,21,  1581  C  2  ­  1584  A  9.  Analyse  mit  Korrektur  des  Mignetextes  bei  K.­H.  Uthemann  (Anm.  13), 93f. [113f.]. 

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

Bindung an die göttliche Natur haben. Durch die Einung mit dem Logos empfängt die menschliche Natur Christi den Reichtum der Vergöttlichung unmittelbar, da sie mit Gott zusammenwächst 68 . Insbesondere die Sündenfreiheit Christi gründet in diesem Zusammenwachsen: Der Logos selbst ist die Ursache der Sündenlosigkeit Christi 69 . Dieser wirkt auf die menschliche Vernunft Christi ein, und insofern ist sein Wirken mit jenem des  λόγος ήγεμουικός  im  Menschen  zu  vergleichen 70 .  So  wird  von  Leontios  das  schon erwähnte Paradigma des glühenden Eisens nicht nur zur Veranschaulichung der Wahrung beider Naturen, sondern auch von deren Einung, des  συνυπόστατον  είναι,  ge­ braucht.  Dabei  liegt  es  nahe,  das  Wirken  des  Feuers,  sein  Brennen  und  Glühen  (ττύρωσι?)  mit  dem  Wirken  des  Logos  zu  vergleichen:  „Es  be­ wirkt  in  der  Sarx  der  Logos  allein für sich selbst die Vergöttlichung (der Sarx) - vorrangig als Gott, doch  durch seine naturhafte [389] Einung mit der Sarx - auf eine Weise, in der (auch) ... das Feuer im Eisen, sofern dieses ein glühender Metallklumpen ist, das Durchglühen des Eisens  (ιτύρωσις)  bewirkt" 7 1 .  Das  Wirken  (evepyelv)  des  Logos  wird  hier  durch  das  Wirken  des  Feuers  veranschaulicht.  Das Göttliche ist das Feuer, welches das Menschliche durchglüht und so das Menschliche oder Sichtbare Göttliches ausstrahlen läßt.

2.3 Kaiser Justinian auf dem Weg zur  μία evepyeia  ύττοστατική  Alles  bisher  Gesagte  findet  seine  Widerspiegelung  bei  Kaiser  Justinian,  dem  die  soteriologische Begründung durch die physische Erlösungstheorie ein besonderes Anliegen ist. 2.3.1 Zur Rezeption von Leos Formel  agit  enim  utraque  forma  bei Justinian Das 6. Ökumenische Konzil zitiert zwei Texte Justinians, in denen er zur Frage der Energien Christi Stellung nimmt. Im ersten 72 verteidigt er 68 69  70  71 72 

C N 1,18, 1468  Β  6  ­  C  4.  Es dürfte kein Zufall sein, daß die hypostatische Union hier als συνανακρατική  bezeichnet  wird.  C N  I,  19,1472  D  4  ­  1485  A  8,  insbes.  1485  A  8.  Ebd.,  1485  A  1­6; vgl.  1484  D  2­14. Daß Leontios eine vitalistische Deutung der Logoshegemonie (so A. Grillmeier [Anm. 13], 317) fernlag, zeigt CN 1,16,1460 D - 1 4 6 4 B. C N V I , 8 , 1 7 5 7 A 12 -  Β  3.  Dieser  Text  stammt  aus  einer  Abhandlung  gegen  Nestorianer  und  Monophysiten,  die  in  der  Clavis  (CPG)  nicht erwähnt wird (jetzt: CPG.Suppl. 6895; vgl. Index zitierter Quellen). Ausgaben: hg. v. R. Riedinger, A C O ser.  Π, vol.  Π,  actio  10,42,  350,6­ 352,8;  hg.  v.  M.  Amelotti  ­  L.  Migliardi  Zingale,  Scritti  teologici  ed  ecclesiastici  di 

Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff

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das  agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione des Tomus Leonis gegen den Einwand, daß man nicht von mehreren Energien der Gottheit und der Menschheit Christi sprechen könne, sondern nur von der μία evepyeia  του Χρίστου. Justinian  entgegnet,  wie  die Väter Leiden und Leidlosigkeit von ein und demselben Subjekt ausgesagt haben, so lehrten sie auch, verschiedene Energien ein und desselben zu bekennen. Wie er dies versteht, zeigt ein Zitat aus Athanasios 73 : Der inkarnierte Logos wirkt sowohl das, was er als Gott göttlich durch seinen Körper als Organ verwirklicht, als auch das, was er auf menschliche Weise spricht und leidet. Beides ist  έξ  ένος,  aus  einem  einzigen  handelnden  Subjekt  hervorgegangen.  Im  zweiten  Text 74  gebraucht  Justinian  das  agit  enim  utraque  forma  des  Tomus  Leonis,  um  zu  zeigen, daß auf Grund der Subjekteinheit die theopaschitischen Aussagen berechtigt sind. Denn derselbe leidet und leidet nicht 75 . [390] In beiden Texten, vor allem aber im zweiten, geht es um die Lehre Kyrills, die in der Linie des zitierten Athanasios-Textes liegt. Aus ihr leitet Justinian ab, daß die Energien beider Naturen auf die eine Hypostase bezogen sind 76 . Dabei spricht er nicht von zwei Energien, wohl aber von göttlichen und von menschlichen Energien, durch die der inkarnierte Logos uns seine Existenz in zwei Naturen erkennen läßt77. Giustiano, Florentina Studiorum Universitas. Legum Iustiniani Imperatoris V o c a b u l a r i u m Subsidia III, Milano 1977 (im folgenden zitiert: M. Amelotti), 3 7 40. 73

Oratio  ΠΙ contra  Arianos  (CPG  2093),  35,  PG  26,  397  Β  6 ­  C  1. 

74 

CPG  6879,  wo  nur  der  aus  dem  Thesaurus  des  Niketas  Choniates  stammende  Text,  nicht  aber jener  des  6. Ökumenischen Konzils (hg. v. R. Riedinger, A C O ser. II, vol. II actio 10, 43-44, 352,11-356,15) vermeldet ist (jetzt CPG.Suppl.). Beide Quellen, doch auf der Basis älterer Editionen, sind auch bei M. Amelotti (Anm. 72), 57-63, wiedergegeben.

75

Vgl. auch CPG 6878: PG 86,1, 1116  Β  1­5;  hg.  v.  E.  Schwartz,  Drei  dogmatische  Schriften  Justinians,  Α A M,  NF  18, (München 1939, Nachdruck:) Milano 1973, 11,2629: Leiden und Leidlosigkeit gehören  einer Hypostase.

76

CPG 6879: A C O (Anm. 74), 356,5-6; M. Amelotti (Anm. 72), 60,13-15; PG 86,1, 1149 A 1-3. Ebd.: ACO, 356,9-11; M. Amelotti, 60,16-18; PG 86,1,1149 A 3 - 8 . - Wie insbes. die Berufung in beiden Texten auf eine Stelle zeigt, an der Kyrill eine  μία  φυσική  ενέργεια  Gottes  und  des Geschöpfes ablehnt (Thesaurus [CPG 5215], 32, PG 75, 453  Β  13 ­  C  3),  wird  in  diesen  Texten  die Begründung einer  μία  ενέργεια  φυσική  bestritten,  wie  sie  Severos  von  Antiochien  vorgetragen  hat  (vgl.  A.  Grillmeier  [Anm.  13],120,  Anm.  289;  131;  145f.;  169ff.;  177ff.).  Beide  Texte  lassen  als  Fragmente  keinen  Rückschluß auf die Gesamtaussage zu. Angesichts der Tatsache, daß Kyrill in seiner Christologie im Blick auf die Wunder dennoch von der einen Energie sprechen konnte, muß man annehmen, daß Justinian gerade im Blick auf die Subjekteinheit des Wirkenden auch dazu Stellung bezogen hat. Ob er es im Sinn der Monenergeten tat, die Leos  agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione als eine Aussage interpretierten, die mit Kyrills  μία  ενέργεια übereinstimmt (zu Kyrill vgl. zu Anm. 81; 85;

77

228

Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

2.3.2 Der Begriff einer hypostatischen Energie bei Justinian In einem syrisch bewahrten Auszug aus einem Religionsgespräch, das Justinian mit einem nestorianischen Bischof von Nisibis geführt hat 78 , sagt Justinian in einem Kontext, der vom Gedanken der Enhypostasie beherrscht ist 79 , daß die in die Hypostase des Logos aufgenommene individuelle menschliche Natur nicht getrennt von ihrer Hypostase mit einer eigenen hypostatischen Tätigkeit und Energie erkannt worden sei. Einzig dem Sohn, der sie angenommen hat, komme die Kraft zum Wirken und der Wille zum Leiten zu, so daß jede hypostatische Energie in der Oikonomia vollkommen war. Was Justinian [391] hier bezüglich der menschlichen Natur Christi sagt, wird in der Enhypostasie begründet. Wenn hier nicht vom Sein, sondern vom Erkennen gesprochen wird, dann deshalb, weil hier unmittelbar auf die  divisio  vocum Bezug genommen wird, d.h. auf die Relation der Niedrigkeits- und Hoheitsaussagen des Neuen Testaments und der Tradition zu den Naturen und zum einen Subjekt. Die göttlichen und die menschlichen Energien, nicht die göttliche und die menschliche Energie, werden an die Hypostase des Logos gebunden. Dabei werden die Energien - entsprechend dem Bezug auf die  divisio  vocum - nicht als Potenz zum Handeln begriffen, sondern als in sich abgeschlossene Handlung oder Tätigkeit, als Resultat (αποτέλεσμα) im Bereich des Wirkens. Dabei geht es in der Diskussion - gewissermaßen im Ausgang vom Bericht des Neuen Testaments - nicht nur um das Erkennen der zwei Naturen, sondern um das Erkennen der einen Hy-

78  79 

185), welche die beiden Naturen wahrte (vgl. Sergios: CPG 7605 in Akten von 649, secr. 3, hg. ders., A C O ser. II, vol. I, 136,34-138,12; CPG 7604 in Akten von 680/81, actio 12, hg. v. R. Riedinger, ACO ser. II, vol. II, 530,6-7; CPG 7606 ebd., 546,12-15; Makarios von Antiochien, ebd., actio 2, 32,28-29), läßt sich auf Grund der Fragmente nicht entscheiden. Eines ist m.E. aber unwahrscheinlich, nämlich daß Justinian im Kontext über zwei naturhafte Energien, die göttliche und die menschliche, gesprochen hat. Das 6. Ökumenische Konzil hätte sich ein solches Plädoyer aus seiner Feder, wie wir es vereinzelt bei Neuchalkedonikern seiner Zeit finden, nicht entgehen lassen. Wichtig ist bei beiden Texten für den vorliegenden Zusammenhang, daß in ihnen die Energien nicht nur an die Naturen, sondern auch an das Subjekt derselben, die  μία  σύνθετος  ύποστασις·  gebunden  werden,  wie  auch  immer  dies  zu  verstehen  ist.  ­  Aussagen  von  zwei  den  beiden  Naturen  entsprechenden  Energien  bei  Neuchalke­ donikern:  Vgl.  Johannes  von  Skythopolis  (CPG  6850)  in  den  Akten  von  680/81,  actio  10,  ebd.,  367,1­368,14,  bes.  368,12­14,  wiederholt  in  der  Doctrina  Patrum  (CPG  7781)  13,  ΧΙΠ,  hg.  v.  F.  Diekamp,  85,1­86,9;  ferner  Anastasios  I.  von  Antiochien  (unten  zu  Anm.  107­108)  und  Ephram  von  Amid  (unten  zu  Anm.  93)  sowie  Ammonios  (CPG  5502),  Fragment  81  mit  Fragm.  266.  Hg.  v.  A.  Guillaumont,  Justinien  et  l'Eglise  de  Perse,  Dumbarton  Oaks  Papers  2 3 ­ 2 4  (1969­70)  39­66;  Wiedergabe  dieses  Textes  bei  M.  Amelotti  (Anm.  72),  179­192.  Vgl.  zur  Enhypostasie  bei  Justinian  auch  PG  86,1,  999  A;  1015  B;  1067  A,  bes.  die  Begründung in 1011 AB; 1133 A.

Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff

229

postase, nämlich ihrer Eigenart, die sie in ihrem Selbstand von anderen Hypostasen unterscheidet.

2.4 Weitere Zeugnisse aus der Zeit Justinians In den monenergetischen und monotheletischen Streitigkeiten des 7. Jahrhunderts spielt ein Libellus bzw. Logos des Patriarchen Menas von Konstantinopel (sedit 536-552), den dieser an Papst Vigilius (sedit 5 3 7 555) gerichtet hatte, eine Rolle. Es handelt sich um eine Abhandlung über den einen Willen und die eine Energie Christi 80 . Aus Sergios' Briefen an Kyros (CPG 7604) und an Papst Honorius (CPG 7606) können wir entnehmen, daß Menas sich an Kyrills Aussage über „die eine lebensspendende Energie Christi unseres wahren Gottes" anschloß 81 ; mehr wissen wir nicht über dieses Dokument, dessen Echtheit m.E. nicht bestritten werden kann 82 . [392] Auf jeden Fall sahen die Mon80

F. Winkelmann (Anm. 60) Text Nr. 1 (= W 1). Dieses Dokument wird als Logos in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils erwähnt: (1) in Briefen des Sergios (la) CPG 7604 (W 20): Akten von 680/81(Anm. 77), 528,15-19; (lb) CPG 7606 (W 43): ebd. (Anm.  77), 536,7-11; 546,3-5; (2) in der Verhandlung des Konzils selbst: ebd., 532,2.5.8.11.; actio 14, 638,11; 644,15; 654,12; vgl. auch ebd., 646,15. Maximos der Bekenner nennt in der Disputatio cum Pyrrho (CPG 7698; W 92) dieses Dokument ebenso wie dessen beide syrisch überlieferten Fragmente (S. Brock, O L A 18, 1985, 37f.) einen Libellus: PG 91, 328 A; 332 Β 12 - 333 A 13, und behauptet, Sergios habe diesen Text via Bischof Sergios von Arsinoe an Theodor von Pharan (W 10) geschickt προτρειτόμενος  αυτόν  περί  της  ev  τω  λιβέλλω  μιας  ενεργείας  και  ένός  θελήματος  (vgl.  Anm.  209).  Ferner  habe  er,  nachdem  er  eine  Antwort  des  Theodor  erhalten  habe  (W  11),  diesen  Libellus  an  Paulos  Monophthalmos  von  Zypern  (W  13)  und  an  Kyros  von  Phasis  (vgl.  oben  CPG  7604;  W  20)  gesandt.  Unklar  ist  m.E.,  ob  er  ihn  auch  dem  Georg  Arsas  mit  jenem  Brief,  der  Johannes  dem  Barmherzigen,  Patriarch  von  Alexandrien,  in  die Hände fiel (W 9), zukommen ließ (PG 91, 333 A 1-6).

81

CPG 7604 (W 20; = Anm. 80): 528,12-15:  τον  δμοι,ον  τρόπον.  Dazu  beachte  man, daß Menas seinen Ausführungen ein Florileg hinzugefügt hatte (CPG 7604: 528,21-23; CPG 7606 [W 43; Anm. 80], 536,9-11). - Vgl. auch Anm. 85.

82

Maximos der Bekenner bestreitet gegenüber Pyrrhos (CPG 7698), daß dieser Libellus Papst Vigilius überreicht und so publiziert worden sei, wobei er sich zu Unrecht auf Sergios beruft (Zu PG 91,327 C - 328 D vgl. CPG 7606 [Anm. 77], 536,8-9, wo es ausdrücklich heißt:  ττροσφωνηθέντα  κα!  έπιδοθεντα  τταρ' αύτοίι  [seil.  Menas]  ένταϋθα  [d.h.  in  Konstantinopel]  τταρόντι  Βι,γιλλίω.  Wahrscheinlich  hatte  sich  Pyrrhos  in  seinem  nur  fragmentarisch  erhaltenen  Brief  an  Papst  Johannes  IV.  [CPG  7616  =  W  70]  auf  diese  Aussage  der  Sergios  berufen).  Dieser  Logos  des  Menas  fand  sich  im  ersten  der  zwei Pergamentbände mit den Akten des 5. Ökumenischen Konzils, die auf der 6. Ökumenischen Synode in der 3. Sitzung verlesen wurden, und zwar gleich bei den ersten, wohl vorbereitenden Dokumenten. Seine Echtheit wurde ebenso wie jene der Briefe des Vigilius an Justinian und Theodora (CPG 9336: vgl. Anm. 83), die sich im zweiten der genannten Bände befanden, durch die römischen Legaten bestritten (actio 3, 40,21-44,5). Das Konzil selbst Schloß sich in seiner 12. Sitzung der Behauptung an, es handele sich um Fälschungen (im Blick auf Menas in CPG 7604: ebd., 532,1-12;

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energeten und Monotheleten seit Sergios in den Aussagen des Menas eine Bestätigung ihrer Auffassung. Daß die Formel des ev θέλημα und der  μία  ενεργεία  im  Libellus  des  Menas,  wie  auch  immer  sie  verstanden  und begründet wurde, für seine Zeitgenossen im chalkedonischen Lager nicht ganz ungewöhnlich war, läßt sich zum einen auf Grund von Aussagen von Papst Vigilius und Menas' Vorgänger Anthimos von Trapezunt belegen, zum anderen im Werk des Anastasios I. von Antiochien aufweisen, wobei, was schon bei einem seiner Vorgänger, Ephräm von Amid, anklingt, bei ihm deutlich gesagt wird und uns verstehen läßt, warum die neuchalkedonische Christologie für einen von der einen Hypostase her begründeten Monenergismus und Monotheletismus offen war. Papst Vigilius (537-555) bekannte sich in Briefen an Justinian und Theodora dazu, daß Christus  „eine Hypostase und  eine Person und  eine  Energie" sei83, um sich so gegen Theodor von Mopsuestia und damit gegen die in der Häresiologie seiner Zeit dem Nestorianismus zugeschriebene Lehre von den zwei Hypostasen abzugrenzen. In einer feierlichen Ansprache an Justinian bekannte sich Anthimos, vom Juni 535 bis März 536 Patriarch von Konstantinopel 84 , dazu, daß der Seele Christi auf Grund der hypostatischen Einung ebenso wenig wie der Gottheit ein Nichtwissen zuzuschreiben sei. Denn wenn der inkarnierte Logos  μία  ύττόστασις·  και  εν  θέλημα  και  μία  ενέργεια  sei,  dann  gelte  auch  μία  σοφία  και  μία  γνώσις  του  συναμφοτέρου,  d.h.  dann  gibt  es  nur  eine  einzige, nämlich göttliche Erkenntnis des Inkarnierten. Anthimos beruft sich auf Aussagen Kyrills zur  μία  ενέργεια,  die  der  im  Blick  auf  die  Vigiliusbriefe:  ebd.,  532,  17­23),  und  suchte  dies  in  der  14.  Sitzung  zu  beweisen  (ebd.,  638,1­654,16),  ohne  aber  die  historische  Forschung überzeugen zu können. Vgl. R. Riedinger, ACO ser.  Π,  vol.  Π, XVI­XVII;  ferner  V.  Grumel,  Les  regestes  des  actes  du  Patriarcat  de  Constantinople,  I,  Fase.  I,  Paris  z1972,  n.  243;  F.  Winkelmann  (Anm. 80): „sicher  echt".  83  CPG  9336:  hg.  v.  J.  Straub,  ACO  IV,1,  187,23­188,21,  insbes.  187,28­32;  188,11­15;  zitiert  auf  der  6. Ökumenischen Synode, ACO ser.  Π, vol.  Π, actio  3,  42,17­20;  actio  14, 644,21­646,3.  Vgl. zur Authentizität Anm. 82. 84 Anthimos steht im Verdacht, ein Monophysit gewesen zu sein. In Synodalschreiben an Monophysiten, nämlich an Severos von Antiochien und Theodosios von Alexandrien (CPG 7087; 7088; vgl. V. Grumel [Anm. 82], n. 230-231), teilt er den Beginn seines Patriarchats mit und verschweigt dabei Chalkedon. In seiner Synodika an Ephräm von Amid (vgl. bei Photios, Bibl., cod. 228, 247 a 12-14, hg. v. R. Henry [Anm. 14], IV, Paris 1965, 119, Ephräms Antwort [CPG 6908]; V. Grumel, a.a.O., n. 229) dürfte er dies nicht getan haben. Mit E. Honigmann, Patristic Studies, Studi e Testi 173, Cittä del Vaticano 1953, 186, kann man vermuten, daß Anthimos die  Definitio  fidei von Chalkedon  nur als eine dialektisch zu interpretierende Verurteilung des Eutyches und Nestorios, nicht aber als eine positive Lehraussage aufgefaßt hatte. Damit fiel er auf eine Position zurück, wie sie im Anfang des 6. Jahrhunderts auch bei Chalkedonikem nicht ungewöhnlich war (vgl. K.-H. Uthemann [Anm. 13], 38f., Anm. 5; 44 [56, Anm. 5; 61f.]).

Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff

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Inkarnierte durch göttliches und menschliches Handeln zeigt 85 . Er interpretiert diese als Zeugnisse für die gottgemäße (θεοπρεπής)  eine Energie des Einen, der zugleich aus zwei Wirklichkeiten besteht 86 . [393] Mehrmals hat Ephram von Amid, 526-545 Patriarch von Antiochien, den Tomus Leonis, insbes. die Aussage  Agit  enim  utraque  natura  etc., gegen den Vorwurf, Papst Leo vertrete hier eine nestorianische Christologie, verteidigt, indem er das eine Subjekt „der unterschiedenen naturhaften Energie" betonte 87 : „Ein und derselbe verwirklichte alles, das Göttliche und das Menschliche", d.h. „das, was der Gottheit, und das, was der Menschheit eigen ist", „auf Grund der hypostatischen Union" und darum „nicht getrennt" 88 , sondern „in der Einung der Naturen", was Leo bekannt habe, als er sagte:  cum  alterius  communione89. Was bedeutet „die Einung der Naturen" in der Hypostase - bei aller „Wahrung der Naturen" 90 - konkret, d.h. im „Resultat der Ei85

Vgl. u.a. In loh. (CPG 5208), IV, PG 73, 577 C 3-15: ...  μίαν  και  συγγενή  δι'  άμφοιν  έπιδακνϋ?  την eveργειαν.  ­  Vgl.  auch  Anm.  81;  185. 

86 

CPG  7086:  zitiert  unter  den  Testimonia  haereticorum  des  6. Ökumenischen Konzils, actio 10, A C O  Π,  ser.  Π,  vol.  I,  371,18­372,21,  und  wiederholt  in  actio  11,  508,20­24;  512,1­15.  Zwei  neue  Fragmente  in  syrischer Übersetzung, von denen das zweite teils mit dem zweiten im Griechischen überlieferten Zitat (372,2-5) übereinstimmt: hg. v. A. Van Roey - P. Allen, Monophysite Texts of the Sixth Century, Orientalia Lovaniensia Analecta 56, Leuven 1994, 63-65. Vgl. V. Grumel (Anm. 82), n. 228; E. Honigmann (Anm. 84), 185-193; A. Grillmeier (Anm. 13), 379; 383ff. Diese Ansprache sollte man m.E. nicht als ein offenes Bekenntnis zum Monophysitismus interpretieren, obwohl die überspitzte Konsequenz aus dem Begriff der  μία  ύπόστασις für ein monophysitisches Verständnis offen ist, sofern nicht ausdrücklich von zwei Naturen gesprochen und die Kyrillische Hauptformel als Interpretament der  μία  ύπόστασις  eingeführt wird. Man vgl. auch Stephan II. von Hierapolis (CPG 7005): A. Grillmeier (Anm. 13), 398, Anm. 263; K.-H. Uthemann, Stephan II. von Hierapolis, BBKL X (1995), Sp. 1348-1350. (1) Brief an Zenobios (CPG 6908): ... eva  και  τόν  αύτον ομολογεί  υίόν,  και  του  αύτοϋ  και  evos  ώσπερ  εκατεραν  μορφήν,  οϋτω  και  την  διάφορον  φυσικήν  ένεργειαν  (Photios,  Bibl.,  cod.  228,  246  a 24­28,  hg.  v.  R.  Henry,  IV  [Anm.  84],  117).  D e m  entspricht  εφ' evös  και  τοϋ  αύτοϋ  προσώπου  διάφορον  φυσικήν  ένέργειαν  θεωρείσθαι  (epistula  ad  monachos,  ebd.,  248  a  31­32,  123).  (2)  In  einem  Brief  an Mönche seines Patriarchats, die einen Theopaschismus vertraten (CPG 6908): Photios, Bibl., cod. 229, 261 b 3 - 2 1 (zum  utraque des Tomus); 263 b 16 - 264 a 30; b 29 - 265 a 37, a.a.O., 165-172. (3) In seiner Apologie des Konzils von Chalkedon: (a) CPG 6902: im Lemma erscheint auch der Tomus, vgl. Anm. 90; (b) CPG 6908: Photios, Bibl., cod. 229, 257 b 3 - 258 b 15, a.a.O., 149-152; 260 b 30-33, a.a.O., 159.

87

88

Apologie Chalkedons (Anm. 87) bei Photios, 257 b 3 - 7 , a.a.O., 149; vgl. auch ebd., 258 a 33-39, a.a.O. 152.

89 90

Ad monachos Orientales (Anm. 87) bei Photios, 264 a 20-22, a.a.O., 168. In CPG 6902 (Anm. 87), zwei Zitaten in den Testimonia patrum des 6. Ökum. Konzils, geht es im Kontext des ersten Zitats (Testimonia, 45; vgl. Anm. 93) u m die Wahrung der menschlichen Natur und im zweiten Zitat (ebd., 56) um eine Ableitung der zwei Naturen aus den zwei Willen Jesu, die sich in Gethsemani zeigen, d.h. aus dem zum Leiden bereiten (d.h. göttlichen!) und aus dem menschlich schwachen (ACO

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

nung" oder αποτέλεσμα91? Ohne Sünde wirkt Christus, weil sich „das Feuer seiner Gottheit" als Energie mit seiner Sarx mischt92; er [394] wandelt auf dem Meer (Matth. 12,25-26), weil seine Gottheit „durch die Sarx" wirkt, weil der inkarnierte Logos „diese so geartete Energie" (την τοιαύτην ενέργειαν) gewirkt und auf diese Weise verwirklicht hat (ένηργηκέναι). Wer dies bekennt, sagt, daß etwas mit der menschlichen Natur und daß etwas wegen der göttlichen Natur geschehen ist, so daß er zwei Energien bekennt 93 . Wie verhalten sich nun diese zwei Energien zur zuvor genannten τοιαύτη ενέργεια im Singular, die Ephräm abschließend als eine Anzeige der hypostatischen Union interpretiert 94 ? Die uns erhaltenen Fragmente Ephräms geben keine Antwort, doch drängt diese Frage zu jener Begriffsbestimmung, der wir bei Anastasios I. von Antiochien begegnen 95 . 2.5 Die Lehre von der einen Energie bei Anastasios I. von Antiochien Bei Anastasios I. von Antiochien (sedit 559-570 und 593-598)96, einem Neuchalkedoniker der zweiten Generation, herrschen zwei Themen vor. Zum einen bestreitet er den durch die Tritheiten seit 557 in Theologie und Oikonomie eingeführten Begriff der individuellen Usie oder ser. II, vol. Π, 360,13-362,2). - Auch CPG 6903 (vgl. Anm. 95) und 6904 stammen wahrscheinlich aus dieser Apologie. Zu CPG 6904 ist zu beachten, daß Ephräm sich in seiner Apologie auf den Liber contra Grammaticum des Severos von Antiochien (CPG 7024) bezieht und aus diesem des Johannes Grammatikos Apologie Chalkedons (CPG 6855: 1,1, 815-822, hg. v. M. Richard [Anm. 14], 34) zitiert, nämlich im Zitat des 6. Ökumen. Konzils (CPG 6902: a.a.O., 46, 360,3-9), was der Hg. der Akten übersehen hat. 91 Vgl. in CPG 6908 Ephräms Apologie von Kyrills zweiten Brief an Sukkensos (CPG 5346): Photios, Bibl., cod. 229, 251 b 22-27, a.a.O., 133, wo er zwischen Aussagen unterscheidet, die sich auf das Prosopon und so auf den konkret existierenden inkarnierten Logos (ό άποτελεσθεις  εις)  beziehen,  und  jenen,  welche  die  zwei  Naturen  meinen,  „aus  denen  der  eine Christus  konkret  konstituiert  wurde  (άττετελέσθη)".  92  CPG  6905:  zitiert  von  Anastasios  Sinaites  im  Florilegium  adversus  Monotheletas  (CPG  7771),  2,  93­117,  hg.  v.  K.­H.  Uthemann,  CCSG  12,  Turnhout  ­  Leuven  1985,  93.  Als  Vergleich  bringt Ephräm von Amid den brennenden Dornbusch (Ex. 3,2-3) und die drei Jünglinge im Feuerofen (Dan. 3,19-95). 93 CPG 6902: Testimonia, 45 (Anm. 90), 358,1-12, bes. 9-14. Das  και  ei/ταϋθα  in  Z.  12­14  weist  darauf, daß im Kontext noch andere Beispiele, nicht nur das Meerwandeln, behandelt wurden. 94 Ebd., Z. 15-17. Der griech. Text der Edition ist zu verbessern. Der Sinn dürfte nämlich klar sein: Es geht um die Wahrung der Sarx „in ihren Idiomata". 95 Vielleicht hatte Ephräm hierzu schon bedeutendere Vorleistungen erbracht. Vermuten läßt dies CPG 6903, ein Zitat bei Anastasios Sinaites (Anm. 92), 2, 70-92, a.a.O., 92f., das wahrscheinlich aus der Apologie Chalkedons stammt (vgl. Anm. 87; 90). 96 Vgl. K.-H. Uthemann (Anm. 45), 161-165 [276-280], zum Energieproblem im Ausgang vom anthropologischen Paradigma. Literatur zu Anastasios ebd., 276, Anm. 49.

Der Neuchalkedonismus auf dem Weg zum Begriff

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Physis, der mit den von ihnen benutzten Termini wie  ούσία  bzw.  φύσις  ιδική  oder  μερική  gemeint  ist  und  von  ihm  stets  als  schlichter  Unsinn  abgewiesen  wird,  sofern  dieser  Begriff  mit  jenem  der  Hypostase  gleichgesetzt  werde 97 .  Zum  anderen  richtet  sich  seine  Aufmerksamkeit  auf  den  Begriff  der  Energie,  insbes.,  doch  nicht ausschließlich, auf das Thema der Energien des inkarnierten Logos. Dabei stehen beide Themen bei ihm nicht unvermittelt nebeneinander. Er will an der Kappadokischen Terminologie als einer präzisen Sprache  (κυριολογείν)  in Trinitätslehre und Christologie festhalten, d.h. an der Usie als dem Gemeinsamen  (κοινόν)  und  an  der  Hypostase  als  der  charakteristischen  Kennzeichnung  des  Einzelnen,  kurz  ιδικόν  ge­ nannt.  Die  Usie  ist  darum für ihn immer nur etwas, das von mehreren, den  ομοούσιοι  oder  ομοούσια,  ausgesagt  werden  kann.  Will  man  sie  erkennen,  dann muß man von der  ενεργεία  [395]  ausgehen.  Denn  Sei­ ende,  die  eine  Energie  haben, gehören zur selben  einen Usie. Und zugleich gelte die Umkehrung:  ών  ή  ούσία  μία,  μία  πάντως  και  ή  ενέρ­ γεια98.  Dies  ist für Anastasios ein Axiom des Denkens,  αξίωμα99.  In  die­ sem  Sinn  sind  Usie  und  Energie  untrennbar.  2.5.1  Die  Analyse  des  Begriffs  der  ενεργεία  Anastasios  legt  in  unterschiedlichem  Zusammenhang  eine  bestimmte  Analyse  des  Begriffs  der  ενέργεια  vor 100 ,  wobei  er  sich  offensichtlich  97 

Vgl. außer dem Dialog mit einem Tritheiten (CPG 6958), hg. v. K.-H. Uthemann, Traditio 37 (1981) 73-108, auch die Orationes dogmaticae (CPG 6944), hg. v. J.-B. Pitra, Anastasiana, Romae 1866,  Ι,χνί;  ΙΠ,χνίί;  ferner  die  Definitionensammlung  (CPG  6945),  hg.  v.  K.­H.  Uthemann,  Orientalia  Christiana  Periodica  46  (1980)  3 0 6 ­ 366,  bes.  348­350. 

98 

Orationes  dogmaticae  (Anm.  97),  I,ix,  64,30­32.  Der  Sache  nach  geht  es  um  einen  in  der  Kontroverse  mit  Eunomios  von  Kyzikos  (vgl.  den  Beitrag  auf  S.  4 2 1 ^ 5 6 )  ent­ wickelten  Gemeinplatz nikänischer Orthodoxie. Anastasios hätte auch sagen können: &v  ή ούσία  ή  αύτη, αυτών -πάντως  και  ή ενέργεια  ή  αύτη.  Ebd.,  ΙΠ,χχίν,  89,4­5;  D e  operationibus  (CPG  6953),  Fragm.  im  Florileg  des  Vaticanus  gr.  1455,  74,  hg.  v.  R.  Riedinger,  ACO  ser.  Π,  vol.  I,  435,14­16.  Vgl.  auch  Orationes  dogm.,  Ι,χχ,  70;  xxiv,  72,  4  a.i.;  xxvi,  73,  22­23;  Scholion  des  Anastasios  in  der  Doctrina  Patrum  (CPG  7781),  14,  hg.  v.  F.  Diekamp,  89,15­19,  das  sich  auch  im  dyotheletischen  Florileg  des  Codex  Ochridensis  86  (Katalog  84)  findet.  Aus  diesem  wurde  es  von  G.  Weiss,  Studia  Anastasiana  I,  Miscellanea  Byzantina  Monacensia,  4,  München 1965, 123, herausgegeben.

99 

100 So in Orationes dogm. (Anm. 97),  Π,ίν,  77,14­19,  zur  Wahrung  der  Transzendenz  von  Gottes  Usie  und  Energie  gegen  die  These  einer  Immanenz  seiner  Energie  in  der  materiellen  (II,vii,  78) Schöpfung (II,ii, 76,21-34), ferner in De operationibus (Anm. 99), zitiert in der Doctrina Patrum (Anm. 99), 13, I, 78,17-79,12, mit einer Anwendung auf das anthropologische Paradigma der Christologie (ebd., 79,12-18) und auf das Wirken Christi selbst (ebd., 79,19-80,3). Zur Durchführung vgl. das im folgenden Gesagte.

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

dem konkreten Sprachgebrauch anschließen will. Als Begriff meine ενεργεία zunächst eine δύναμις,  auf  Grund  derer  ein ένεργεΐν  zustande­ kommt.  Sodann  kann  sie  die  Relation  des  Wirkenden  zu  dem,  was  er  bewirkt,  bezeichnen  und  drittens  das  Resultat  des  Wirkens,  τό  άπο­ τελούμενον  oder  τό  αποτέλεσμα,  bedeuten.  Diese Analyse  orientiert  sich  am  Vorgang  menschlichen  Schaffens  von Gegenständen. Anastasios nennt u.a. das Weben, den Haus- und Schiffsbau101. Sofern dem Verfertigen eines Gegenstandes die Tätigkeit von Nus und Logos vorausliegt, kann er auch die leitende Idee des Nus und deren sprachliche Formulierung eine Energie nennen 102 . Im Menschen selbst unterscheidet er je eine Energie der geistigen Seele und des Körpers sowie das, was der aus Seele und Körper bestehende Mensch als  κοινόν  aus  beiden  Energien  hervorbringt, nämlich das konkrete Resultat des Wirkens,  τό  άποτελεσμα103.  Diese  Beschrei­ bung  menschlichen  Wirkens  dient  ihm  als  Paradigma für das Wirken des inkarnierten Logos. Dieser wirkt göttliche Energien (im Plural!) wie die Jungfrauengeburt und die Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit von Kana (Joh. 2) und menschliche Energien wie z.B. alles, was er tut, um als Mensch Nahrung aufzunehmen. Diese letztgenannte Unterscheidung von göttlichen und menschlichen Energien zielt, wie [396] die von Anastasios genannten Beispiele zeigen, auf den Begriff der ενεργεία  als  αποτέλεσμα.  Diese  Energie  bindet  er  an  die  Hypostase.  Er  sagt:  „Doch  wie  wir,  da  wir  dies  (d.h.  die  genannten göttlichen und menschlichen Energien des inkarnierten Logos) ebenso wie auch die Naturen, aus denen die Energien hervorgehen, erkennen und diese (dabei) miteinander vereinen  (ένοΰν),  aus  den  Naturen,  die  zusammenkommen,  die  eine  (einzi­ ge)  Hypostase,  die  untrennbar  und  unvermischbar  ist,  erkannt  haben,  so  erkennen  wir  auch  aus  den  verschiedenen  Energien  das  eine  (einzi­ ge)  αποτέλεσμα,  und  zwar  jenes  des  einen  Christus" 104 .Es  geht  um  das  chalkedonische  εΐς· και  αυτός  έν  δύο φύσεσιν  γνωρ^όμενος,  um  die  zwei  Naturen,  von  deren  Eigenheiten  die Definitio fidei  bekennt, daß sie „in einer Hypostase zusammenkommen". Dies „haben wir erkannt" (έθεωρήσαμεν),  sagt  Anastasios;  „aus  den  Naturen"  haben  wir  dies  er­ 101  Orationes  dogm.  (Anm.  97),  II,ii,  76,23­24;  De  operationibus  in  der  Doctrina  Patrum  (Anm.  100),  79,6­7.  102  De  operationibus  in  der  Doctrina  Patrum  (Anm.  100),  78,22­79,2.  103  Ebd.,  79,9­12.16­18.  104  Ebd.,  79,28­80,3:  Άλλά  ταϋτα  θεωρήσαντες  ώσπερ  και  Tag  φύσεΐ5,  όθεν  προίασιν  αί  ένέργειαι,  και  ένώσαντε? αντας  άλλήλαις,  ώσπερ  εκ  των  συνελθουσών  φύσεων  μίαν  έθεωρήσαμεν  ύπόστασιν  άδιαίρετόν  τε  και  άσύγχυτον,  οϋτω  και  έκ  τώι  τούτοις·  έι>ιαίαν  περιχώρησιν dürfte von Maximos stammen, sofern es sich um einen für diesen wichtigen Begriff handelt (vgl. mit Lit. K.-H. Uthemann [Anm. 45], 188 [304]), auch wenn der Begriff schon eine längere Vorgeschichte besitzt (F. Heinzer, Gottes Sohn als Mensch. Die Struktur des Menschseins Christi bei Maximus Confessor, Paradosis 26, Freiburg/Schweiz 1980, 123f.). Sachlich bringt der Zusatz nichts Neues ein. 134 Ebd., 232 A 13. 135 Ebd., 232  Β  7 ­  Β  12;  vgl.  auch  C  5 ­ 6 .  136  Ebd.,  232  D  1 5 ­ 2 3 3  A  3.  137  Ebd.,  229  C  13­14.  138  Ebd.,  232  Β  12­13.  139  Ebd.,  232  C  1 ­ 5 .  140  Ebd.,  232  C  6­12. 

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

συμπέρασμα genannt, das, wie Maximos hinzufügt, zuvor als έργον και πραξις definiert worden ist141. Auch beim Referat des dreifachen Energiebegriffs von Anastasios, bei dem im Unterschied zu den oben schon zitierten Stellen, der Begriff der  κίνησις·  gebraucht  wird 142 ,  geht  es  Maximos  nur  darum,  eine  mo­ nophysitische  Interpretation auszuschließen: Anastasios habe die  μία  ενέργεια  nicht  als  eine  wesenhafte  (ουσιώδη?)  gedacht 143 .  Zum  anderen  will  er  auch  die  These  abwehren,  Anastasios  habe  ei­ ne  μία  ύττοστατική  ενέργεια  gelehrt,  als  ob  „das  Ganze"  (τό  σύνολον)  als  eine selbständige Wirklichkeit sowohl Gott als auch allen Menschen gegenüberstände 144 . Diese Deutung der Begriffs einer hypostatischen Energie Christi im Sinn eines Nestorianismus, ist bei Maximos ein Allgemeinplatz. Und wenn er sagt, Anastasios habe einen nestorianischen χωρισμός  vermieden  und  die  untrennbare  hypostatische  Einung  der  Naturen  betont,  dann  hat  er  zwar  nicht  [403]  unrecht,  trifft  aber  das  Problem  nicht,  das  Anastasios  mit  dem  αποτέλεσμα  als  μία  ενέργεια  zur  Diskussion  stellt.  Maximos  geht  auf  die  Frage  des  einen  Wirkenden  nicht  ein,  obwohl  ein  Zitat  zeigt, daß es um diesen als Subjekt des Wirkens ging 145 . Alle für uns wahrnehmbaren Lebensäußerungen des inkarnierten Logos, kurz das konkrete  αποτέλεσμα,  ist für Anastasios Anzeige (ένδεικτικόν  ...  καΐ  δηλωτικόν)146  zweier  Naturen  bzw.  ­  seinem  Axiom  entsprechend 147  ­  Anzeige  zweier  naturhafter  Energien.  Dies  vorausge­ setzt,  geht  es  beim  αποτέλεσμα  als  μία  ενέργεια  um  etwas  anderes,  nämlich um das Zugleich von Göttlichem und Menschlichem im konkreten Vollzug der Oikonomia, im Handeln des einen inkarnierten Logos, der ein Ganzes  (συνόλον)  ist.  Deutlicher  ist  Anastasios  wohl  nicht  gewesen,  und  ob  er  in  seiner  Auseinandersetzung  mit  dem  Diaitetes  der  Hypostase  des  Logos  eine  141  Ebd.,  232  D  7 ­ 8 .  Zu  συμπέρασμα  vgl.  G.W.H.  Lampe,  A  Patristic  Lexicon  (Oxford,  [1961]  1968),  1287.  142  Ebd.,  232  D  15  ­  233  A  3  (Anm.  135).  Zu  den  Parallelen  bei  Anastasios  vgl.  Anm.  100.  143  Ebd.,  232  C  12  ­  D  2.  8 ­ 9 ;  vgl.  auch  233  A  2 ­ 1 1  sowie  das  Referat  229  C  11 ­  232  A  3.  144  Ebd.,  232  D  2 ­ 6 .  9 ­ 1 0 .  13­14;  vgl.  auch  233  A  2 ­ 1  1.  Unter  τά  ακρα  sind  Gottheit  und  Menschheit  zu  verstehen.  145  Vgl.  oben  S.  241  [401]  die Übersetzung von 232 A 7 - 1 0 (Anm. 133). „Nichts Göttliches und Menschliches wird getrennt verwirklicht" meint wohl dasselbe wie die Apologie des Tomus Leonis, wenn diese feststellt, man könne beides nicht angemessen auf Gott und die menschliche Natur Christi verteilen. Vgl. Anm. 112. 146 T o m u s (Anm. 130), 229 C 12 - D 1, wobei  και  in  C  13  (και  το  έζ  αυτών  αποτέλεσμα)  ein  και  explicativum  ist.  Maximos  interpretiert  das  αποτέλεσμα  des  Anastasios  als  „untrennbare  Einheit"  (nicht  Einung)  „der  naturhaften  Energien".  D a r u m  ist  ενδεικτικής  K^.unmittelbar  auf  diese  ένωσις,  mittelbar  auf t ö  αποτέλεσμα  bezogen.  147  Vgl.  oben  S.  233  [395f.]  mit  Anm.  99. 

Zur monenergetischen und monotheletischen Krise

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Energie im Unterschied zur Energie der Trinität zugeschrieben hat, bleibt unentscheidbar, doch unwahrscheinlich. In späteren Schriften, die von der Abwehr des Tritheismus geprägt sind, hat er eine eigene hypostatische Energie des Logos gewiß nicht gelehrt, auch wenn sich bei ihm eine Tendenz zeigt, das Zugleich von Göttlichem und Menschlichem im Wirken und Wollen Christi durch den Bezug des Gewirkten und Gewollten - kurz des αποτέλεσμα - auf den einen Wirkenden und Wollenden, den inkarnierten Logos, als ein konkretes Eines auszuweisen.

3. Zur monenergetischen und monotheletischen Krise des Neuchalkedonismus im 7. Jahrhundert Ob die Monenergeten und Monotheleten mehr sagen wollten, wenn sie oder vielleicht auch nur einige von ihnen den Terminus der einen hypostatischen Energie und des einen hypostatischen Willens - offensichtlich unter Beibehaltung einer einzigen Terminologie für das Bekenntnis zur Trinität und zur Inkarnation - einführten, ist, soviel ich sehe, kaum entscheidbar. Interessant ist die Schlußbemerkung des Maximos zur  μία  ενέργεια  des  Anastasios.  Wie  es  scheint  habe  er, nämlich Maximos, schon früher geschrieben, daß alle als Autoritäten anerkannten Väter sowohl  eine  Energie als auch  zwei Energien gelehrt haben:  Eine Energie, sofern sie auf die Einung der [404] naturhaften Energien und der Naturen geschaut haben,  zwei Energien aber, sofern sie auf den Unterschied (von Göttlichem und Menschlichem) geachtet haben 148 .

3.1 Maximos der Bekenner im Kreuzfeuer Was meint Maximos mit dem Hinweis auf etwas, was er schon früher geschrieben habe  (ώς ήδη φαίνομαι  γεγραφώς)?  3.1.1  Maximos'  Brief  an Pyrrhos  vom  Sommer  633  So  wie  Maximos  kurz  nach  der  Union  von  Alexandrien  im  Juni  633 149  und  nach  dem Erlaß der Psephos durch Sergios im August desselben

148 Tomus (Anm. 130), 233 A 12 -  Β 3.  149  Epistula  19 (CPG  7699;  W  [Anm. 60] 42), PG  91, 592 C 2-4.  Zur Union  von  Alexandrien  vgl. CPG 7613 (W 27). 

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Jahres150 auf einen Brief des Pyrrhos, des späteren Patriarchen von Konstantinopel (sedit 638-641 und 654), geantwortet und die Lehre der Väter über die Energien Christi dargestellt hat, kann man m.E. nicht umhin, diesen Hinweis ernstzunehmen, er habe schon früher die Unterscheidung von „einer Energie" und von „zwei Energien" so vertreten, wie er sie zur Verteidigung des Anastasios vorträgt. Er könnte mit dem Hinweis auf früher Geschriebenes durchaus diesen Brief an Pyrrhos gemeint haben, in dem er sich stark an die Psephos angelehnt hat151. Damals stieß Maximos sich offenbar nicht an der Behauptung der Psephos, man könne nicht von zwei Willen Christi sprechen, nämlich von dem Heilswillen des Logos und von dem Willen des Menschen Jesus, der (in Gethsemani) jenem des Logos widerstrebte. Denn dies impliziere zwei sich selbständig gegenüberstehende Subjekte des Wollens152 und schließe die der hypostatischen Union eigene  θεοκίνησις,  „Gottbewegtheit  der  Sarx  Christi",  aus153.  Die  in  der  θεοκίνησις­  impli­ zierte  Lehre  von  der Vergöttlichung der [405] menschlichen Natur Christi ist ebenso wie der Gebrauch des Terminus  θεοκίνησι?  selbst,  wie  Pietro  Parente  in  einem  nicht  hinreichend  beachteten  Artikel  nachge­ wiesen  hat154,  eine Überzeugung, die den reichskirchlichen Monenergeten und Monotheleten wie Sergios und Kyros und ihren Gegnern wie Sophronios und Maximos gemeinsam war. Darum wundert es nicht, wenn Maximos im Sommer 633 zur θεοκίνησις· des Logos keine  Stellung  bezieht.  Was  Maximos  im  einzelnen ausführt, liest sich wie ein Kommentar zu jener Lehre, an der die Psephos festhalten will. Der inkarnierte Logos wirkte alles Göttliche fleischlich, nämlich durch die Sarx, die er als sein Organ benutzte 155 . Alles Menschliche aber wirkte er göttlich, da er 150 Ebd., 592 Β 13­14.  Die  genannte  Psephos  (W 36)  ist  nur  im  Bericht  des  Sergios überliefert, den dieser in seinem Brief an Papst Honorius (CPG 7606; W [Anm. 60] 43; hg. v. R. Riedinger, ACO ser.  Π,  vol.  Π,  534,1­546,25)  festgehalten  hat:  Den  Inhalt  der  Psephos  beschreibt  er  ebd.,  542,2­544,8  und  seine  Motivation  gibt  er  ebd.,  540,19­ 542,2 und  544,9­18  wieder.  151  Epistula  19 (Anm.  149), 592 C 5­7. Vgl.  in  der  Beschreibung  der  Psephos  (Anm.  150),  542,4­7.  Zum  Verbot  sowohl  der  Formel  von  der  einen  Energie,  als  auch  jener  der  zwei  Energien  vgl. ebd., 542,7­9; 544,11­14; die μία ενέργεια  wird  von  einigen Vätern gelehrt; ebd., 542,11-12; 544,14-15:  δύο  evepeLaiwerden  von  keinem  anerkannten  Vater,  wohl  aber  von  einigen  Zeitgenossen  (ebd., 544,15)  gelehrt.  152  Psephos  (Anm.  150),  542,12­16.  153  Ebd., 542,16­544,8,  bes. 544,2­3: ύπό τη? αύτοΰ τοϋ λόγου θεότητος  ... θεοκίνητον ηΐΛ  154  Uso  e  significato  del  termine  θεοκίνητο?  nella  controversia  monotelitica,  Revue  des  Etudes  Byzantines  11 (1953)  241­251.  155  Epistula  19  (Anm.  149),  593  A  3­4:  Der  Organongedanke  ist  durch  δια  mit  Genitiv  wiedergegeben. Wenn  es hier heißt „durch die Sarx, die (dabei) ihrer naturhaften Ener-

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mit seinem göttlichen Willen (κατά  θέλησιν  εξουσιαστικών)  die  Erfah­ rung  menschlichen  Leids  zugelassen  habe 156 .  Uber  eine  vollmenschliche  freie  Hingabe  an  den  Willen  des  Vaters  fehlt  hier  jedes  Wort.  Weder  wirkte  der  Inkarnierte  alles Göttliche göttlich, noch alles Menschliche menschlich. So gab es kein Wunder ohne  πάθος,  kein  Leiden  ohne  Wunder 157 .  Denn  beides  ­  dies  ist nun wörtlich die Psephos - geht „aus ein und demselben inkarnierten Gott Logos hervor" 158 . Wie Maximos kommentiert, heißt dies, daß der Inkarnierte durch beides, Göttliches und Menschliches, die Realität der Naturen glaubwürdig zu erkennen gibt 159 . Nun folgt eine Begründung und ein Vergleich, d.h. ein Paradigma. Begründet wird mit dem Begriff des  αποτέλεσμα  oder  άποτελούμενον,  der  hier  die  inkarnierte  Hypostase  des  Logos  meint  und  diese  als  Resultat  der  Einung  kennzeichnet,  die  κατά  σύνοδον  φυσικήν  zustandekommt 160  ­  κατά  σύνοδον  φυσικήν  entspricht  der  Auffassung  von  der Vergöttlichung der Sarx Christi, die wir vor allem bei Leontios von Jerusalem und Anastasios von Antiochien kennengelernt haben. Dieses  αποτέλεσμα  wahrt  mit  den  Naturen  die für diese konstitutiven Potenzen  (δυνάμεις)161,  auf  Grund  derer  sich  die  Naturen  wirkend  ak­ tualisieren. Später wird der Begriff einer geistigen  δύναμις  φυσική  bei  Maximos  die  entscheidende Begründung zweier Energien und [406] Willen Christi liefern 162 , und so könnte man versucht sein zu sagen, daß hier die Lehre der Psephos aufgebrochen wird. Doch unmittelbar im Kontext des Briefes an Pyrrhos ist dies nicht so eindeutig, sofern diese δυνάμεις  als  Potenzen  zur  Konstitution  des  αποτέλεσμα,  d.h.  des  Re­ sultats  eines  jeden  Wirkens  des  Inkarnierten,  beschrieben  werden:  εις 

gie  nicht  verlustig  ging",dann muß man beachten, daß Maximos 593 A 9 „die naturhafte Energie der Sarx" mit dem Begriff  πόθο?  gleichsetzt,  wie  es  die  Psephos  (Anm.  150),  S.  544,4­7,  unter  Berufung  auf  Gregor  von  Nyssa,  Adversus  Eunonium  (CPG  3135),  3  (4)  8,  hg.  v.  W.  Jaeger,  Π,  136,19­24  (PG  45,  713  Α)  tut,  und  zwar  wie  bei  Gregor  mit  der  Absicht,  die ενέργεια  einzig  der  θεότης·  zuzuweisen.  156  Ebd.,  593  A  2­5.  157  Ebd.,  593  A  5­9.  Zu  τιάθος vgl.  Anm.  155.  158  Psephos  (Anm.  150),  542,5­7;  Epistula  19  (Anm.  149),  593  A  11­13.  159  Epistula  19  (Anm.  149),  593  A  13  ­  Β  1:  δι'  αμφοτέρων  πιστουμένου  πραγματικών  τήν  των  έξ  ων  και  απερ  ύιτήρχεν  άλήθειαν.  Zu  den  Formeln  εξ  ων  und  αττερ  vgl.  S.  249f.  [409f.]  mit  Anm.  181.  160  Ebd.,  593  Β  1­2.  161  Ebd.,  593  Β  3 ­ 5 .  162  F.  Heinzer,  Anmerkungen  zum  Willensbegriff  Maximus'  Confessor,  Freiburger  Zeitschrift für Philosophie und Theologie 28 (1981) 372-392.

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ενός·  έργου  συμπλήρωσα163,  was  dem Verständnis der  μία  ενεργεία  des  Anastasios  und  seiner  Analyse  des  Energiebegriffs  entspricht.  Während sich die Psephos auf das anthropologische Paradigma beruft 164 , erläutert Maximos anhand des Vergleichs mit einem glühenden Schwert, ein Vergleich, den Pyrrhos in seinem Brief oder Tomus, auf den Maximos antwortet, gebraucht hatte. Feuer und Eisen haben beim glühenden Schwert eine hypostatische Einheit gebildet, ohne daß eines von beiden seine naturhafte  δύναμις  wegen  bzw.  nach  der  Einung  ver­ loren  habe  oder  getrennt  vom  Ganzen  besitze 165 .  Darum  ist  das  Wirken  des glühenden Schwertes sowohl ein „brennendes Schneiden" als auch ein „schneidendes Brennen", beides zugleich im  άποτέλεσμα166  und,  so  darf  man  im  Blick  auf  die  im  Sommer  633 eröffnete Diskussion hinzufügen, auch wenn man dabei über den Text hinausgeht: Das Wirken des glühenden Schwertes ist beides zugleich im Vollzug des Wirkens. 3.1.2 Maximos' Apologie seiner früheren Lehre: Korrektur an der neuchalkedonischen Basis Auf dem Höhepunkt der monotheletischen Krise, kurz vor der Lateransynode von 649, wird Maximos u.a. wegen dieses Briefes angegriffen, wie wir [407] seiner nach Sizilien gesandten Apologie entnehmen können 167 . Er wehrt sich mit dem Hinweis, er habe dort wie die Väter 163 Epistula 19 (Anm. 149), 593  Β  5­6.  Vgl.  auch  das  im  folgenden  zum  Paradigma  Ge­ sagte.  Zu  συμπλήρωσις·  vgl.  Anm.  114.  164  A.a.O.  (Anm.  150),  542,21­544,1.  Zu  diesem  Paradigma  vgl.  K.­H.  Uthemann  (Anm.  13),  5 7 ­ 6 2  [76­80];  ders.  (Anm.  45).  165  Epistula  19  (Anm.  149),  593  Β  6  ­  C  1.  Mit  „getrennt  vom  Ganzen"  habe  ich  ange­ sichts  des  Stils  von  Maximos bewußt verkürzend  και  της­  τοϋ  συγκειμένου  καΙ  συνυφεστώτο?  κεχωρισμένην  als  explicativum  von  αφετον ταύτην  wiedergegeben,  ohne  entscheiden  zu  wollen,  worauf  sich  τη?  bezieht.  Sollte  hier  kein  ενεργεία?  im  Text  verlorengegangen  sein,  dann  unterstellt  es  eine  δΰναμι?  des  Ganzen  im  Unterschied  zur  zuvor  genannten  κατά  φΰσιν  δύναμις  von  Feuer  und  Eisen.  Vgl.  zur  Stelle  und  zur  Tatsache, daß Maximos eine längere Zeit das anthropologische Paradigma nicht und stattt dessen jenes des glühenden Eisens gebraucht hat, K.-H. Uthemann, Das anthropologische M. (Anm. 45), 184-196 [299-312], bes. 188f. [304]. Damit ist zu verbinden F. Heinzer, (Anm. 133),  122L  166 Ebd., 593  Β  9­10.  ­  Im abschließenden Teil seines Briefes bittet Maximos nach einer langen captatio benevolentiae (593 C 13 - 596  Β  1)  Pyrrhos,  ihm  den  Begriff  der  ενέργεια  und  den  Unterschied  zu  ενέργημα, schließlich die Differenz zwischen diesen beiden und jenem von  έργον  und  πραξις  zu erläutern (596  Β  3­5).  Denn  noch  verstehe  er  nicht,  was  mit  μία  ενέργεια  gemeint  sei  (B  7­9).  Wahrscheinlich  hatte  Phyrros  diese  Begriffe  in  seinem  Brief  argumentativ  eingesetzt.  167  Opuscuslum  9  (CPG  7697,9;  W  [Anm.  60]  102):  PG  91,  112  C  ­  132  D,  bes.  129  A  10;  C  lOff.  Trotz  der  Beschreibung,  die  Maximos  vom  Brief  an  Pyrrhos  ebd.,  132  A  1 ­  Β  4,  gibt  und  die  weder  Ton  noch  Inhalt  der  Epistula  19  (Anm.  149)  trifft, dürfte die Hypothese stimmig sein. Denn die Zusammenfassung des Schreibens von Pyrrhos

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keine  μία  ενεργεία  gelehrt,  die  auf  eine  μία  φύσις hinausläuft 168 . Vielmehr habe er, positiv gesagt, „zwei naturhafte Energien ein und desselben Christus, (unseres) Gottes," vertreten169. Doch seine Zeitgenossen, die ihn angriffen, haben diesen und einen anderen, an den Presbyter Marinos gerichteten Brief anders verstanden. Denn ihrer Meinung nach hatte Maximos in diesen Briefen sich sowohl zu zwei naturhaften Energien als auch zu einer hypostatischen Energie, das hieß polemisch, zu drei Energien und entsprechend zu drei Willen bekannt 170 . Die Apologie des Anastasios, von der wir ausgingen, war an den Presbyter Marinos gerichtet und könnte durchaus gemeint gewesen sein, auch wenn Maximos behauptet, ein Brief an Marinos dieses Inhalts könne nur eine Fälschung sein171. Die ausführliche Widerlegung der These von den zwei naturhaften und der einen hypostatischen Energie, die Maximos den Sizilianern vorträgt, liest sich wie ein Kompendium der Hauptargumente, die in diesem Streit vorgetragen wurden, und zeigt einerseits die neuchalkedonische Basis beider Auffassungen, anderseits die Korrekturen, die Maximos an dieser angebracht hat. Nur die wichtigsten Punkte seien im folgenden genannt, wobei polemische Überspitzungen vernachlässigt werden. Maximos bestreitet zunächst, daß es eine dem inkarnierten Logos172 eigene hypostatische Energie gibt, nämlich eine dritte neben den beiden naturhaften Energien. (1) Geht man vom Verhältnis des Logos zum Vater aus, dann muß eine zweifache göttliche Energie, eine naturhafte und eine hypostatische, entweder auf einen Tritheismus hinauslaufen (Maximos selbst spricht unbestimmter von Polytheismus) oder auf die Irrlehre des Sabellios. Denn entweder sind Vater und Sohn eindeutig unterschieden (διαφόρου?  πάντως),  oder  beide  sind  dies  nicht.  Im  ersten  Fall könne man die Identität von Vater und Sohn im Wirken nicht mehr erklären und gebe die (eine, beiden gemeinsame) naturhafte Energie auf (Vorwurf des Polytheismus). Im zweiten könne man das Wirken des Vaters und des Sohnes nicht mehr unterscheiden und müsse die Menschwerdung und die Passion (wie Sabellios) auch vom Vater zugleich aussa-

168 169  170  171  172 

(129 C 10- 14) entspricht der Situation von Epistula 19, so daß, was abweicht, als Schönfärberei zu betrachten ist. - Zum Widerstand gegen Maximos vgl. man auch die syrische Vita, hg. v. S. Brock, An Early Syriac Life of Maximus the Confessor, Analecta Bollandiana 91 (1973) 299-346 (W 172). Ebd., 132 Β 9­12.  Ebd.,  132 Β 5­8.  Ebd.,  113 Β 9 ­ C  2; 129 Β 4­6.  Ebd.,  129 A 9 mit  Β 1­4.10­15.  Ebd.,  116 A 6. 

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gen, sofern man dann die hypostatische Energie des Sohnes als [408] ein  tertium  quid aus naturhaften und hypostatischen Idiomata auffassen müsse, die dem Vater und dem Sohne neben der göttlichen Energie zukomme 173 . (2) Verstehe man unter der hypostatischen Energie des Inkarnierten die Energie des konkreten Ganzen (τό  δλον),  und  zwar,  wie  Maximos  erläutert, im Sinn der Energie der Hypostase, und führe auf diese unter Wahrung der menschlichen Natur Christi sowohl die Erfahrung des Leidens als auch die Wunder zurück, dann ergebe sich das Problem, wie  eine Natur bzw.  eine Energie oder  ein Wille  (θέλησις)  zugleich göttlich und menschlich sein können 174 . Hier geht es um den Monophysitismus-Verdacht. Nur wenn jede naturhafte Synthesis im Verständnis des Ganzen  (τό  δλον)  ausgeschlossen  ist,  kann  nach  Maximos  von  der  einen  Energie  und  dem  einen  Willen  gesprochen  werden.  Doch  die  Gegner  protestieren.  Wie  kann  man  von  der  hypostati­ schen  Einung  des  inkarnierten  Logos  sprechen,  wenn  man  nur  rein  formale,  in  diesem  Sinn  leere  Begriffe  verwenden  kann?  Wo  bleibt  die  religiöse Bedeutung von Chalkedon? Maximos zitiert die Gegner. Sie sagen: To  δλον,  d.h.  die  Synthesis  in  der  Hypostase, muß doch einen inhaltlichen Sinn haben! TL  τω  δλω  παρέχομεν;  ­  „Was  teilen  wir  dem  Ganzen  zu,  wenn  wir  ihm  als  dem  einen  Ganzen  nicht  ...  die  μία  ενεργεία  zuschreiben dürfen? Wenn die  ενωσις­  nicht  eine  solche  μία  ενέργεια begründet?" 1 7 5 . Hier wird das eigentliche Anliegen der Monenergeten deutlich; sie wollen mit dem Begriff der  ένωσις·  und  darum  der  μία  ύπόστασις·  mehr  als  nur  einen  formalen,  unanschaulichen  Sinn  verbinden.  Damit  stehen  sie  in  der  Wirkungsgeschichte  des  Neuchal­ kedonismus  und  seines  Ringens  um  das Auffüllen des chalkedonischen Hypostasebegriffs. Maximos antwortet ihnen: Wer so fragt, denkt das Ganze als ein Etwas, nämlich als etwas neben den Teilen, als ein  άλλο TL,  das  sich  von  173  Ebd.,  116  A  9  ­  C  3,  bes.  ab  A  16.  Darauf  folgt,  wie  man  im  Schema häresiologischer Zuordnung erwarten kann, der Arianismus-Verdacht, sofern unterstellt wird, die Gegner müßten, wenn sie den Vorwurf des Polytheismus und Sabellianismus vermeiden wollen, die hypostatische Energie des Inkarnierten als eine geschöpfliche, d.h. menschliche, interpretieren. 174 Ebd., 117 A 1 -  Β  5.  Vgl.  A  3—4:  τη  του  δλου,  τουτέστιν,  τη  της  υποστάσεως  ενεργεία.  Zu  θέλησις  vgl.  F.  Heinzer  (Anm.  162);  J.D.  Madden,  The  Authenticity  of  Early  Defi­ nitions  of  Will  (thelesis),  in:  Maximus  Confessor,  hg.  v.  F.  Heinzer  ­  Ch. Schönborn, Paradosis 27, Freiburg 1982, 61-79 (zu korrigieren durch die in Anm. 97 genannte Edition der Definitionensammlung CPG 6945 bzw. durch die in der Einleitung zu dieser Edition genannten Definitiones Patmenses). - Selbstverständlich bleibt auch das Problem der einen Terminologie für Trinitäts- und Inkarnationslehre bestehen, mit dem Maximos seine Aporien eröffnete. Er wiederholt dies hier nicht. 175 Ebd., 117 C 1 - 2 .

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dem, was den Teilen naturhaft zukommt, unterscheidet 176 . Die Gegner wollen dem Ganzen als Ganzen die  μία  ενεργεία  zuschreiben:  τω  ολω  προσάπτειν ώς  δλω  φημί  δή  την  μίαν  ενεργειαν177.  Sie  wollen  ihm  eine  selbständige, [409] eigene, gewissermaßen dritte Energie neben den Energien der Teile anhängen 178 . Sie verbinden die  θεοκίνησις  oder  θέωσις  der  Sarx Christi  mit dem  Wirken  der  inkarnierten  Hypostase  des  Logos,  die  als  ein Ganzes  wirkt  und  dabei Göttliches und Menschliches zugleich anzeigt, d.h. im konkreten Wirken die Eigenart beider Naturen wahrt. Sie glauben, so die eigentliche Intention Chalkedons und des Tomus Leonis erfaßt zu haben und so mit den Niedrigkeits- und Hoheitsaussagen des Neuen Testaments und der Väter, in denen die Eigenart beider Naturen zugleich aufscheint, dem chalkedonischen Begriff der einen Hypostase eine religiöse Aussagekraft verliehen zu haben. Doch für Maximos führen sie damit ein  άλλο TL ein,  die eine  Natur  und  das eine Wirken  eines  Mischwesens,  m.a.W.  die  monophysitische  Ketzerei.  Durch  die  Art,  wie  die  Monenergeten  und  Monotheleten  die  Vergöttlichung der Sarx Christi denken, ist nach Maximos die vollmenschliche Wirklichkeit Christi, insbes. seine freie menschliche Hingabe an den Willen des Vaters in Gethsemani179, nicht gewahrt. Ob seine eigene These vom menschlichen Willen Christi als einer naturhaften  δύναμις  des  Menschen  mit  ihrer  vom Schöpfer ursprünglich intendierten, nicht durch den Fall Adams belasteten Freiheit, eine Antwort ist, die der soteriologischen Bedeutung des Menschen Jesus Christus in einer Leoninischen Christologie voll gerecht wird, kann hier nicht diskutiert werden. Wichtig ist hier einzig die Konsequenz 180 : Man kann die eine Hypostase des Inkarnierten nur als formale Subsistenz, als „Für sich selbst Sein" denken; alles Inhaltliche, alles Washafte (und allein solches läßt sich inhaltlich und nicht nur formal definieren) kommt einzig den Naturen zu. Die Hypostase ist nichts neben den zwei Naturen, kein  άλλο TL, sondern  sie ist, wenn  man  schon  von  einem 

176  177  178  179 

Ebd.,  117 C 3­8.  Ebd.,  117 C 8­9.  Ebd.,  117 Β 11: διηρημένωϊ.  Wichtig  ist für dieses Thema (vgl. zu Anm. 152-153) F.-M. Lethel, Theologie de l'agonie du Christ. La liberte humaine du Fils de Dieu et son importance soteriologique mises en lumiere par saint Maxime le Confesseur, Theologie Historique 52, Paris, 1979; ders., La priere de Jesus ä Gethsemani dans la controverse monothelite, in: Maximus Confessor (Anm. 174), 207-214. Vgl. aber Anm. 191. 180 Vgl. dazu K.-H. Uthemann (Anm. 45) 193-196 [309-312]; ders., in: Maximus Confessor (Anm. 174), 223-234 (197-206).

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Etwas sprechen will, nichts anderes als die zwei Naturen in der ihnen je eigenen Weise der Existenz181. [410] Alles Naturhafte, also alles, was die Antithese von göttlichem und geschöpflichem Sein kennzeichnet, sagen wir vom Ganzen, d.h. von der inkarnierten Hypostase des Logos, die Christus ist, κατά  φύσιν  aus  und  nicht,  so muß man hinzufügen,  καθ' ύττόστασιν182.  In  dieser  Weise  muß man nach Maximos das  agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione des Tomus Leonis 183 verstehen sowie die Aussagen des Gregor von Nazianz über die Vergöttlichung 184 , jene des Kyrill über die  μία  ενέργεια  in  seinem  Johanneskommentar 185 ,  die  Rede  von  κατά  θεόν  τά  θεία  δράσαντα  i m  K o n t e x t  d e r  καινή  τις·  θεανδρική  ε ν έ ρ γ ε ι α  d e s  A r e o p a ­

giten186  und  die  divisio  vocum,  wie  sie  in  der  Union  von  433  durch  Kyrill  als  Dreiteilung  in  rein göttliche, rein menschliche und gott-menschliche Aussagen festgehalten wurde 187 . Mit anderen Worten, in dieser Weise

181 Diese kommt ihnen in der Hypostase zu. Darum fragt Maximos in seiner Apologie an die Adresse der Sizilianer, wie seine Gegner für „das Ganze"  (τό  δλον),  d.h. für die Hypostase des Inkarnierten als eine  σύνθετος  oder  κοινή ύπόστασις,  die  Existenz  (ΰπαρξις) von  etwas beweisen  wollen,  das nicht  die Teile  des  Ganzen  ist  (Opusculum  9  [Anm.  167],  117 C  9 ­  D  11. Vgl.  dazu  die Grundbegriffe  bei J.M.  Garrigues,  La  per­ sonne  compose  du  Christ  d'apres  saint  Maxime  le  Confesseur,  Revue  Thomiste  74  (1974)  181­204,  bes.  197­200; ausführlicher F. Heinzer [Anm. 133]). Für Maximos ist das Ganze nichts anderes als das, woraus, worin und als was es besteht  (έξ  ώΐ' και έν  ols  και  απερ  εστίν  bzw.  αί  φύσει?  έξ  ών και  εν αΐς  και  αϊ  εστίν),  um  mit  seiner üblichen stereotypen Formel zu sprechen (ebd., 121  Β  1­6; C  6­7;  D  11 ­  12. Vgl.  P.  Piret,  Christologie  et  theologie  trinitaire  chez  Maxime  le  Confesseur,  d'apres  sa  formule  des  natures  "desquelles,  en  lesquelles  et  lesquelles  est  le  Christ",  in:  Maximus  Con­ fessor  [Anm.  174],  215­222),  die  zum  einen ausschließt, daß Chalkedons  έν  δύο  φύσεσιν  gegen  eine  dynamische  Sichtweise  (εκ  δύο  φύσεων)  ausgespielt  wird,  und  zum  anderen  mit  απερ  έστίν  bzw.  αί  έστιν  betont, daß das Ganze, sofern es um das geht,  was es ist, nichts anderes als das ist, was seine Teile ihrer Natur nach sind (vgl. zu Anm. 176). Nur so scheint ihm die Transzendenz Gottes gewahrt (J.M. Garrigues [Anm. 181], 196, Anm. 71); nur unter dieser Voraussetzung darf man von einer Vergöttlichung sprechen. Göttliches beziehen wir deshalb in der Christologie auf die Gottheit, Menschliches auf die Menschheit, also auf die Naturen und nicht auf die Hypostase. Dies ist die Perspektive der Unterscheidung oder Wahrung der Naturen. Geht es umgekehrt  (έμτταλιν)  um  die  Einung,  dann  gilt  ein  Austausch  (άντίδοσις·),  d.h.  die  sog.  Idiomenkommunikation  als  Eigenart  christologischer Prädikation. Die naturhaften Idiome der Gottheit können von der Menschheit und umgekehrt jene der Menschheit von der Gottheit ausgesagt werden: Ebd., 117 D 12 - 120 A 7. 182 Opusculum 9 (Anm. 167), 120 Β  2­8.  183  Ebd.,  117 Β  9­10.  184  Ebd.,  120 A  8­10.  185  Ebd.,  124 C  12 ­  D 5. Vgl.  zur zitierten Stelle Anm.  85.  186  Ebd.,  120  A  10­15.  Vgl.  dazu  E.  Bellini,  Maxime  interprete  de  Pseudo­Denys  l'Areopagite.  Analyse  de l'Ambiguum  ad  Thomam  5,  in:  Maximus  Confessor  (Anm.  174),  37­49.  187  Ebd.,  121 Β 7­13. C  2; zitiert nach  CPG 5340. Vgl.  Anm.  31. 

Zur monenergetischen und monotheletischen Krise

251

muß man alle für die Monenergeten und Monotheleten wichtigen Väteraussagen interpretieren. Schließlich bestreitet Maximos die Berechtigung, vom  ά τ τ ο τ έ λ ε σ μ α  aus  die  gegnerische  Auffassung  zu begründen. Er nennt zwei Argumente 188 , wobei das zweite und entscheidende nur Gesagtes wiederholt. Denn wenn Maximos in diesem zeigen will, daß wir nur die naturhaften Idiomata des Inkarnierten, d.h. seine naturhaften  θ ε λ ή σ ε ι ς  και  ένέργειαι  ( i m  P l u r a l )  b z w .  s e i n e  n a t u r h a f t e  θελησι,ς  και  ενεργεία  (im 

Singular),  erkennen,  sofern  er  als  Gott  in göttlicher Freiheit  ( ε κ ο υ σ ί ω ς )  Wunder  wirkte  und  als  Mensch  in  menschlicher  Freiheit  ( ε κ ο υ σ ί ω ς · )  litt,  und daß wir darum kein drittes  α π ο τ έ λ ε σ μ α  wahr[411]nehmen 189 ,  dann  ist  dies  nichts  anderes  als  eine  Wiederholung  des  Monophysitismus­ Verdachts  gegen  den  Begriff  einer  hypostatischen  Energie  des  Ganzen.  Das  Ganze,  der  eine  Christus  ist  nichts  anderes  als  das,  woraus,  worin  u n d  w a s  e r  i s t :  έ ξ  ών,  έ ν  ο ί ς  τ ε  και  ά π ε ρ  ε σ τ ί ν 1 9 0 . 

Maximos  vollzieht  so  eine  Neubestimmung  des  chalkedonischen  Hypostasebegriffs,  die  man  als  Korrektur  der  insbes.  mit  Leontios  von  Jerusalem  und  Anastasios  von  Antiochien  eingeleiteten  Entwicklung  begreifen  kann,  die  Hypostase  des  Inkarnierten über die Idee der θ έ ω σ ι ς  und  θ ε ο κ ί ν η σ ι ς  mit  dem  konkreten  Wirken  und  Wollen  Christi  in  Zusammenhang  zu  bringen  und  ihr  so  einen religiös greifbaren Inhalt zu geben. Sofern Maximos diese Korrektur auf der Basis der Enhypostasie-Theorie vollzieht und trotz Betonung der menschlichen Freiheit Christi in Gethsemani an der physischen Erlösungstheorie festhält 191 , bleibt er im Rahmen dessen, wie die Neuchalkedoniker des

188 Das erste Argument (ebd., 120  Β  9  ­  C  5) ließe ein Gespräch mit den Monenergeten zu. Denn schauen wir, sagt Maximos, auf die konkreten Heilstaten Christi, d.h. auf das  αποτέλεσμα  seiner  zwei  naturhaften  Energien,  dann  sind  diese  viele.  Damit  sagt  er  nur,  was  die  Monenergeten  selbst  gesagt  haben.  Doch  gegen  sie fügt er hinzu: Weil es viele im Neuen Testament berichtete Heilstaten sind, ist der Terminus  μία  ενέργεια inadäquat. Maximos bestreitet also nicht, daß man jedes Werk, jede Tat Christi ein  έν  αποτέλεσμα  und  insofern  eine  μία  ενέργεια  nennen  kann,  und  er  ak­ zeptiert  insofern  auch  hier  die  Analyse  des  Energiebegriffs,  die  Anastasios  von  Anti­ ochien  vorgetragen  hat.  Doch  es  liegt  ihm  daran,  so läßt sich vermuten, den Terminus  μία  ενέργεια  im  kirchlichen  Sprachgebrauch  zu  eliminieren,  u m  einerseits  ein  monophysitisches Mißverständnis und andererseits das für einfache Gemüter sicher schwer nachvollziehbare Zugleich der zwei Formeln „die eine Energie als  απο­ τέλεσμα"  und  „die  zwei  physischen  Energien"  zu  vermeiden,  und  darum  weist  er  auf  die  Vielheit  der  Werke  und  Taten  Christi,  die  jedoch  die  Monenergeten  durch  den  Terminus  nicht  bestreiten  wollten.  189  Ebd.,  120  C  7  ­  121  A  15;  zur göttlichen und menschlichen Freiheit ebd., 128 C 10 129 A 2. 190 Ebd., 121 D i l - 12; vgl. das in Anm. 181 zu dieser Formel Gesagte. 191 Hierbei spielt m.E. die Furcht vor einem Abgleiten in den Nestorianismus, wie ihn die Häresiologen definiert hatten, eine nicht unerhebliche Rolle. Dieselbe Furcht

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Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus

6. Jahrhunderts Chalkedons  μία  ύττόστασις auffüllten. formale Definition der Hypostase als Existenzweise bringt ihn auch dort, wo es ihm nicht um die Theorie Prädikation geht, in die Nähe zu einer betont, wenn schließlich symmetrischen Christologie.

Doch seine rein und Subsistenz christologischer auch nicht aus-

3.2 Zur Rolle des Theodor von Pharan - eine Bestätigung der These vom neuchalkedonischen Ursprung des Monenergetismus 192 Stephan von Dor hat in seinem auf der Lateransynode des Jahres 649 verlesenen Libellus Theodor von Pharan als den Urheber der neuen Häresie bezeichnet193, und Maximos hat behauptet, dieser Theodor habe in einer Art Isagoge zu den christologischen Grundbegriffen, die sich in der Ekthesis des Kaisers Heraklios niedergeschlagen habe, im Kapitel über die Begriffe des Prosopon und der Hypostasis eine ενεργεία  ύποστατική  gelehrt.  Denn  er  habe  dem  Prosopon  als  solchem  jene  Energie  zugeschrieben,  welche  die  Natur  kennzeichne,  sofern  er  nicht hinlänglich zwischen dem unterscheide, was als Energie einer Natur an sich zukommt, und der Weise  (τρόπος),  wie  diese  durch  Per­ sonen  verwirklicht  wird194.  Nach  einer  bisher  nicht  widerlegten  Vermutung  von  Werner  Eiert  ist  dieser  Theodor  von  Pharan  mit  Theodor  von  Ra'ithu  identisch195.  Nun  findet  sich tatsächlich in der unter dem Namen des zuletzt Genannten überlieferten christologischen Einführungsschrift, der  Προ­ παρασκευή196,  wie  schon  W.  Eiert  gesehen  hatte,  [412]  die Definition  des  Prosopon  als  „das,  was  durch  seine  eigenen  ενεργήματα  und  Idiomata  seine  deutliche  von  allen  Seienden,  die  mit  ihm  gleicher  Natur  sind, 

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dürfte eines der Motive gewesen sein, für den Menschen Jesus Christus nur eine naturhafte „Freiheit", nur eine  δύναμί?  der  geistigen  Natur,  zuzulassen  und  jede  Wahlfreiheit als inneres  Moment  einer  Entscheidung für Gott auszuschließen. In den Studia Patristica war der Abschnitt zu Theodor von Pharan bzw. Raithu als abschließende Bemerkung gefaßt. Beachtet man dort die Fußnoten, dann ist er in allem mit dem hier publizierten Text identisch. Libellus (W [Anm. 60] 82; nach Ende 642) in den Akten der Lateransynode (649), secr. 2, ACO ser.  Π, vol.  I,  38,11­46,36,  bes.  38,26.  Vgl.  auch  secr.  3,  ebd.,  118,10­12;  K.­H. Uthemann,  Stephan  von Dor,  in: BBKL X (1995), Sp.  1337­1340.  Opusculum  10 (CPG  7697,  10; W  [Anm.  60] 93; nach  638,  um  646),  PG  91,  136  C  10  ­ 137 A 8.  A.a.O.  (Anm.  125),  185­190;  207­208  im  Ausgang  von  ders.,  Theodor  von  Pharan  und  Theodor  von  Ra'ithu, Theol. Literaturzeitung  76 (1951)  67­76.  Praeparatio  (CPG  7600):  hg.  v.  F.  Diekamp,  Analecta  Patristica,  Orientalia  Christiana  Analecta  117, Roma  1938,173­227; vgl. K.­H. Uthemann  (Anm. 45), 158­161 [272­275]. 

Z u r monenergetischen und monotheletischen Krise

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abgegrenzte Erscheinung erwirbt" 197 . Das Prosopon, so begründet Theodor, unterscheiden wir nach der  ενεργεία,  „die  wir  in  Bezug  auf  ein  Individuum  erkennen,  und  nennen  es  darum  das  Wirkende  (αυτό  τό  ενεργούν)"198.  Und  er fügt hinzu, daß Prosopon und Hypostase dasselbe bedeuten und sich wenig oder gar nicht unterscheiden 199 . Daß die Zielrichtung dieser Aussagen anti-nestorianisch ist, zeigt nicht nur der Kontext, sondern auch die Betonung der  διαίρεσις  in  einer Erläuterung der Definition des Prosopon: Ein Prosopon ist, „was durch eigene Energien und Eigenheiten  (ιδιότητες)  von  den  ομοούσια  getrennt  ist" 200 .  Mit  anderen  Worten,  die  Definition  des  Prosopon  ist  in  der  Praeparatio  so  gehalten, daß sie der Widerlegung der Lehre von den zwei Prosopa, wie man sie den Nestorianern unterstellt, dienen kann. Ansonsten ist die Praeparatio ein Produkt neuchalkedonischer Christologie mit einer auffälligen Offenheit für Kyrills Hauptformel  μία  φύσις  του  θεοΰ  λόγου  σεσαρκωμένη,  die  Theodor  durch  die  sog.  Enhy­ postasie­Theorie  rechtfertigt 201  und  offensichtlich  in  ihrer Äquivalenz mit der  μία  ύπόστασις  Chalkedons  als  notwendige Ergänzung für ein rechtgläubiges Bekenntnis der chalkedonischen zwei Naturen hält 202 . Dabei ist anzumerken, daß er zugleich eine eindeutige Abgrenzung gegen deren Verständnis bei Severos von Antiochien verlangt 203 . Einzelheiten wie Berührungspunkte mit anderen Neuchalkedonikern interessieren hier nur, sofern sie zeigen, daß es Theodor ebenfalls um die Auffüllung des chalkedonischen Hypostasebegriffs ging, d.h. um ein konkretes Verständnis dessen, was man mit dem Terminus Enhypostasie bezeichnen kann. So betont er, daß Chalkedons Aussage, Christus werde „in zwei Naturen erkannt", nicht nur meine, was einer 197 Ebd., 2 0 6 , 5 - 7 , nicht aber 205,15-17, wie m a n in der Literatur, abhängig v o n einer A u s s a g e W. Elerts (Anm. 125, 209), lesen kann, da ενεργεία an dieser Stelle πράγματι erläutert: Die Akzidentien existieren „wirklich, d.h. aktual" in der Hypostase. Ein Z u s a m m e n h a n g v o n Hypostase und Wirken ist damit nicht insinuiert. 198 Ebd., 2 0 6 , 1 0 - 1 1 : ή ouv διά  της  ενεργείας  έγγινομένη  τινός  ήμΐν γνώσις  πρόσωπον τοϋτο αύτό  τό ένεργοϋν  καλεϊν ήμας  έκδιδάσκει.  199  Ebd.,  2 0 6 , 1 8 ­ 1 9 .  200  Ebd.,  2 0 6 , 1 5 ­ 1 7 .  201  Ebd.,  1 9 2 , 9 ­ 1 2 . 1 8 ­ 2 2 ;  vgl.  ebd.,  199,23­200,10.  Zusatz  zur Erstveröffentlichung: Der Sache nach geht es bei dem, was in diesem und anderen Beiträgen Enhypostasie genannt wird, u m die Existenzweise der Menschheit Christi:  ή έν  Χριστώ  άνθρωπότης  ...  έν  τω  προσλαβομενω  αύτήν  θεώ  λόγω  τό  είναι  τε  καΐ  ύποστήναι  λαχοϋσα  (ebd.,  192,18—  20),  u n d  damit  u m  den Ausschluß ihrer Präexistenz zur hypostatischen Union. Gegen Nestorios gewandt, kann Theodor v o n dieser Einung sagen:  σημαίνει  τό  μή  πρότερον  διαπεπλάσθαι  την  ανθρωπότητα  ...  άλλ'  δτι  κατ'  αύτό  τό  ϋφίστασθαι  τήν  πρώτην άρχήν  ήνωτο τη θεότητι  (ebd.,  191,20­23).  202  Ebd.,  192,25­28.  203  D a r u m  grenzt  er  ebd.,  196,5­25,  Kyrills  Formel  gegen  jenes Verständnis ab, das Monophysiten mit ihr verbinden.

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D e r N e u c h a l k e d o n i s m u s als Vorbereitung des M o n o t h e l e t i s m u s

jeden der beiden Naturen zukommt, sondern auch, was eine jede der anderen mitteilt bzw. was beide jeweils vom Zusammengesetzten her empfangen. Es geht ihm dabei um das Produkt der Einung, um das, was dem Geeinten gemeinsam ist204: Das Zusammenkommen in einem Subjekt ( ή ε ν τ ι ν ι  κ ο ι ν ω ν ί α )  bewahrt  zwar  von  allem  und  jedem,  was  in  dieser  κ ο ι ν ω ν ί α  zusammenkommt,  „etwas  Eigenes"  ( ϊ δ ι ό ν  τ ι ) 2 0 5 .  Doch  die  beiden  Naturen  mischen  sich  und  durchdringen  einander  gegen­ seitig  ( κ ι ρ ν ώ ν τ α ι  και  π ε ρ ι χ ω ρ ο ϋ σ ι ν  ε ι ς  ά λ λ η λ α ? )  auf  Grund  der  Einung  und  damit  der  Subjekteinheit  in  der  μ ί α  ύ τ τ ό σ τ α σ ι , ς 2 0 6 .  Dabei  versteht  Theodor  Natur  als  Prinzip  oder  Ursache  „seinshafter  Bewegung  und  Ruhe"  und  unterscheidet  so  den  Begriff  Natur  von  dem,  was  in  diesem  Beitrag  α π ο τ έ λ ε σ μ α  und  von  ihm  „die  Bewegung  und  Ruhe  der  Dinge"  genannt  wird 207 .  Er  unterscheidet  dies,  ohne daß das Stichwort der θ ε ο κ ί ν η σ ι ς fällt. Man kann nicht sagen, daß hier des Anastasios I. von Antiochien Sicht der Energien Christi vorliegt. Doch einzelne Elemente dieser neuchalkedonischen Christologie weisen in die Richtung, die bei Anastasios deutlicher zu fassen ist208. Anders steht es mit jenen Texten des Theodor von Pharan, auf die sich die Lateransynode des Jahres 649 und das 6. Ökumenische Konzil von 680/1 bezogen 209 . Hier müßte man als Parallelen alle jene Texte von Monenergeten und Monotheleten nennen, in denen das konkrete Wir204 Ebd., 194,1-9. 205 Ebd., 194,10-13. 206 Ebd., 194,13-28. 207 Ebd., 2 0 2 , 2 2 - 2 0 3 , 1 :  ού  ...  την  κίνησα  αυτήν  και  τήν  ήρεμίαν  των  πραγμάτων  φύσιν  είρήκαμεν,  άλλά  τήν  αρχήν,  τουτέστιν  τήν  αίτίαν,  καθ'  ήν  ...  ούσιωδώ5  αί  ούσίαι  κινούνται  και  ήρεμοϋσι.  208  D e r  Hg.  der  Praeparatio,  F.  D i e k a m p  (Anm.  196),  174f.,  hat  vermutet,  der  H i n w e i s  auf  „weiter  unten  folgende  A b h a n d l u n g e n "  (υπογεγραμμένοι  λόγοι),  zu  deren  Ver­ ständnis die Praeparatio dienen soll (ebd., 200,19-22), könnte die in der handschriftlichen Überlieferung auf die Praeparatio folgenden Orationes d o g m a t i c a e des A n a stasios I. v o n Antiochien (Anm. 97) meinen, so daß die Praeparatio, wie schon G. Tilmann, der erste H g . ihrer lateinischen Ubersetzung (1556), a n n a h m , als „eine V o r b e r e i t u n g u n d E i n ü b u n g des Lesers für diese A b h a n d l u n g e n " aufzufassen wäre. Dies w ü r d e ebenso w i e die hier vorgetragene Interpretation der Praeparatio auch d a n n gelten, w e n n der letzte Abschnitt der Collectio definitionum über „rein philosophische D e f i n i t i o n e n " im Unterschied zur kirchlichen Uberlieferung (ebd., 2 1 6 , 3 222,7), der nicht v o n allen Handschriften überliefert wird, nicht v o n T h e o d o r stamm e n sollte. 209 D a s praktisch identische Dossier beider S y n o d e n zitiert aus zwei Schriften, aus einer A b h a n d l u n g , die an Sergios von Arsinoe i m F a j u m adressiert ist ( C P G 7601), von d e m M a x i m o s , w i e in A n m . 80 vermerkt, berichtet, er habe d e m Patriarchen von Konstantinopel bei der Vorbereitung der Ekthesis gedient, i n d e m er an T h e o d o r einen Brief u n d den Libellus des M e n a s überbracht habe (CPG 7698: P G 91, 332 BC), und aus e i n e m Traktat „über die Interpretation von Z e u g n i s s e n der V ä t e r " (CPG 7602).

Zur monenergetischen und monotheletischen Krise

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ken und Wollen Christi, also das jeweilige αποτέλεσμα, auf die Hypostase des Logos bezogen werden 210 . In diesen Vortrag wollte ich zeigen, wie die neuchalkedonische Christologie den Monotheletismus vorbereitet und wie sich darin das Anliegen dieser Christologie zeigt, den chalkedonischen Hypostasebegriff aufzufüllen, von ihm her und auf ihn hin die Einung der Naturen als Vergöttlichung zu denken, die das ganze konkrete Wirken und Wollen Christi in seiner Einmaligkeit anschaulich vor Augen stellt, nämlich den inkarnierten Logos, wie er für eine „Christologie von oben" im Neuen Testament wirkend und wollend begegnet. Die hier vorgeschlagene Definition des Neuchalkedonismus als Deutung Chalkedons aus der Intention Kyrillischer Christologie und Soteriologie setzt voraus, d a ß in der chalkedonischen Definitio fidei die eine H y p o s t a s e , zu

der die Eigenarten der beiden Naturen so zusammenkommen, daß der eine Christus in beiden erkannt wird, nur Zitat aus dem Tomus Leonis ist, - ein Zitat, das die Konzilsväter im Geist Kyrills verstanden und das einzig der Abwehr des Eutyches und des Nestorios dienen sollte. Wurde dieses Zitat im Rahmen einer [413] betont physischen Erlösungstheorie auf die sog. Enhypostasie-Theorie hin ausgelegt, dann war dies etwas Neues; erst recht war es etwas Neues, wenn der Gedanke der Enhypostasie mit dem Begriff der Energie des Logos verbunden oder durch diesen interpretiert wurde; es war etwas Neues, wenn im Blick auf die actiones communes das konkrete Wirken und Wollen Christi auf die Hypostase des Inkarnierten bezogen und so von dem einen Subjekt her begriffen wurden. Diese Rezeption unterscheidet sich von jener, die das Zitat vorrangig so las, wie es auch im Tomus Leonis und seiner Apologie im sog. zweiten Tomus verstanden wurde. Nur sollte man diese Rezeption nicht eine streng chalkedonische im Unterschied zu einer neuchalkedonischen nennen.

210 W. Eiert (Anm. 125), 221-227: „Theodor v. Pharan ... bewegt sich ... in der gleichen Richtung wie ... die gesamte östliche Orthodoxie des Justinianischen Zeitalters" (224).

Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe

Wie Kaiser Justinian (527-565) auf dem Mosaik der Nordwand in der Apsis von San Vitale in Ravenna dem Betrachter als die im Bild verwirklichte Idee des byzantinischen Herrschers entgegentritt, so begegnet er den Zeitgenossen und der Nachwelt in allem, was er schriftlich hinterlassen hat, als Kaiser in dem ihm von Gott bestimmten Auftrag. Dieses gilt nicht nur für seine Gesetze, sondern auch für seine theologischen Schriften, die immer auf seine Tätigkeit als Gesetzgeber hingeordnet bleiben. Wie ihn das Mosaik von San Vitale darstellt, durch Nimbus und Diadem, den Symbolen einer im Transzendenten begründeten Wirklichkeit, von seinem Hofstaat abgehoben und insofern allem Menschlichen entrückt, handelt er für die Menschen vor Gott und repräsentiert die Einheit von Römischem Reich und Oikumene. In seinen theologischen Schriften begegnet der Kaiser in seiner Sorge für den inneren Frieden des Reichs. Als Kaiser bemüht er sich um die Gemeinschaft der Kirchen und „den richtigen Glauben", die Orthodoxie, die für alle Menschen Heil und Rettung bedeutet und so in der Wertordnung für den Kaiser an erster Stelle steht: ,,Πρώτην  είναι  σωτηρίαν  απασιν  άνθρωποι?  ήγούμεθα  την  της  ορθής  πίστεως  όμολογίαν"  (CPG  6878).  Zwei  Dimensionen  verbinden  sich  im  Streben  nach  kirchlicher  Einheit:  Die  Propagierung  der  Reichsidee  und  die  reale  Politik.  Justi­ nians  theologische  Schriften  dienen  seinem  Willen,  expansiv  die  Re­ stauration  des  Imperium  zu  verwirklichen.  In  ihnen  ist  kein  individu­ elles  Bekenntnis  intendiert,  und  dennoch  entdeckt  man  in  ihnen ähnlich wie beim Mosaik von San Vitale, das kein Porträt sein will und doch individuelle Züge bietet, an bestimmten Formeln Justinian mit seiner Individualität und persönlichen Geschichte. Justinian, der ursprünglich Petrus Sabbatius hieß und um 483 in dem Dorf Tauresium in der Gegend von Naissus in der Provinz Dacia mediterranea geboren wurde, betrat, als sein Onkel mütterlicherseits 518 zum Kaiser gewählt wurde, mit 35 Jahren die politische [6] Weltbühne. Kaiser Justin I. (518-527) hat seinem Neffen viel Einfluß auf die Reichspolitik zugestanden. Mit gehäßigem Unterton behauptet Prokop

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Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe

v o n K a i s a r e i a in s e i n e n A n e k d o t a (VI 19), J u s t i n i a n h a b e u n t e r J u s t i n „ s c h o n d i e g e s a m t e R e g i e r u n g in H ä n d e n g e h a b t " . D i e s e E i n s c h ä t z u n g w i r d h e u t e w e i t g e h e n d v o n d e n H i s t o r i k e r n geteilt.

Ausgesuchte allgemeine Bibliographie: H. Alivasitos, Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I. (NSGTK 17), 1913, Nachdruck Aalen 1973; M. Amelotti, Giustiniano tra teologia e diritto, in: L'imperatore Giustiniano, Milano 1978, 133-160; J. Barker, Justinian and the Later Roman Empire, Madison 1966; R. Browning, Justinian and Theodora, London 1971; C. Capizzi, Potere e ideologia imperiale da Zenone a Giustiniano (474-527), in: L'imperatore Giustiniano, Milano 1978, 3-35; P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553) (Studies in the History of Christian Thought, 20), Leiden 1979; ders., Justinian, Kaiser, in: TRE 17 (1988) 4 7 8 ^ 8 6 (mit ausführlicher Bibliographie); Α. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/2, Freiburg - Basel - Wien 1989, 333-499; S. Helmer, Der Neuchalkedonismus, Diss. Bonn 1962, 128-144; H. Hunger, Kaiser Justinian I. (527-565), Wien 1965; L. Perrone, La chiesa di Palestina e le controversie cristologiche. Dal concilio di Efeso (431) al secondo concilio di Costantinopoli (553) (Testi e ricerche di Scienze religiose 18), Brescia 1980; W. Pewesin, Imperium, Ecclesia universalis, Rom. Der Kampf der afrikanischen Kirche um die Mitte des 6. Jahrhunderts, Stuttgart 1936; B. Rubin, Das Zeitalter Justinians, I-II, Berlin 1960. 1995; E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: Gesammelte Schriften IV, Berlin 1960, 276-328 (aus: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Abt., N.F. 1940, 32-72); E. Stein, Histoire du Bas-Empire, II (Paris 1949) publie par J.-R. Palanque, II, Amsterdam 1968.

1. Justinians erste Schritte in Kirchenpolitik und Theologie (518-527) A l s K a i s e r A n a s t a s i o s I. ( 4 9 1 - 5 1 8 ) in d e r N a c h t v o m 8. a u f d e n 9. Juli 5 1 8 starb, w u r d e s c h o n a m 9. Juli d e r K o m m a n d e u r d e r P a l a s t w a c h e Justin im N a m e n von Heer, Senat und D e m e n z u m Kaiser gewählt und der Kandidat des Anastasios übergangen. Diese W a h l w a r vor allem e i n e R e a k t i o n a u f die s c h w e l e n d e U n z u f r i e d e n h e i t d e r B e v ö l k e r u n g von Konstantinopel. W o h l hinterließ Anastasios eine gefüllte Staatskasse, d o c h h a t t e s e i n e W i r t s c h a f t s - u n d S t e u e r p o l i t i k z u h ä u f i g e n U n r u hen geführt. H i n z u k a m seine Religionspolitik, seine offen zur Schau g e t r a g e n e B e g ü n s t i g u n g d e r M o n o p h y s i t e n . I m J a h r e 5 1 1 k a m es in K o n s t a n t i n o p e l z u m A u f r u h r w e g e n d e s in d e r L i t u r g i e g e s u n g e n e n

Justinians erste Schritte in Kirchenpolitik und Theologie (518-527)

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Trishagion. Die in Konstantinopel weilenden Mönche aus den Patriarchaten Antiochien und Jerusalem [7] fügten dem  άγιος  ό  θεός,  άγιος  ισχυρός,  άγιος  άθάνατος  die  Worte  „der für uns gekreuzigt wurde" hinzu. Mit diesem  ό  σταυρωθείς  δι'  ήμας  bezogen  sie  die  dreimalige  Anrufung  nicht  mehr  auf  die Trinität, sondern auf den inkarnierten Logos und schrieben somit Gott das Leiden am Kreuz zu. Der Protest der Konstantinopler Mönche führte zu Prügeleien und schließlich zum Sturz des Patriarchen Makedonios II. (495-511) und zu Unruhe in der Bevölkerung. Diese Unzufriedenheit erlaubte es 513 Vitalian, dem militärischen Befehlshaber von Thrakien, als Vorkämpfer für die chalkedonische Orthodoxie einen Aufstand gegen den Kaiser anzuführen und in den folgenden Jahren drei Mal mit Heer und Flotte Konstantinopel anzugreifen.

1.1 Eine neue Politik: Konstantinopel im Juli 518 In der Woche nach der Wahl von Justin zeigte es sich, wie gespannt damals die kirchliche Situation in Konstantinopel gewesen ist. Als am Sonntag, dem 15. Juli, der seit dem 17. April 518 amtierende Patriarch Johannes II. Kappadox zum Gottesdienst in die Hagia Sophia einzog, begann das Volk mit lauten Zurufen vom Patriarchen die Aufnahme der kirchlichen Gemeinschaft  (κοινωνία)  mit  Rom,  die  Exkommunikati­ on  des führenden Kopfs der Monophysiten, Severos, seit 512 Patriarch von Antiochien, und ein offenes Bekenntnis zum Konzil von Chalkedon zu fordern. Dieses geschah alles mit dem deutlichen Hinweis: „Es siege der Glaube des Kaisers". Der Patriarch stieg auf den Ambo, um das Volk zu beruhigen, das die Kirchentüren geschlossen hielt, um seinen Rückzug zu verhindern und eine Entscheidung zu erzwingen. Er rief dem Volk zu: „Niemand wagt ein Anathem gegen Chalkedon". Doch das Volk forderte mehr: Der Patriarch sollte für den folgenden Tag eine Liturgiefeier zur Erinnerung an das Konzil von Chalkedon halten. Nachdem dieses zögernd unter Hinweis auf den Willen des Kaisers zugestanden war, setzte das Volk einen Bannfluch gegen Severos von Antiochien durch. Am nächsten Tag wiederholte sich die Szene beim Einzug des Patriarchen in die Hagia Sophia. Das Volk erzwang nun, daß die Namen der von Anastasios abgesetzten Patriarchen Euphemios ( 4 8 9 ^ 9 5 ) und Makedonios (495-511), die in den Augen der Konstantinopler Märtyrer für das Bekenntnis von Chalkedon waren, sowie Papst Leo I. (440-^61) in die Diptychen aufgenommen wurden. [8] Am 20. Juli 518 sanktionierte die Konstantinopler  Synodos  endemusa  das Geschehen. Mit dem Anathem gegen Severos verband sie seine

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Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe

Absetzung als Patriarch von Antiochien. Sie bat Johannes II. Kappadox ihre Beschlüsse dem Kaiser vorzulegen. Was wie eine spontane Aktion der Bevölkerung begann, paßt so in das kirchenpolitische Konzept des neuen Kaisers, daß man wohl vermuten darf, daß die Ereignisse vom Juli 518 von jenen Leuten gesteuert waren, die auf ein Ende der Ära des Anastasios hingearbeitet hatten. Quellen: (1) Zum 15.-16. Juli 518: Collectio Sabbaitica 5,27, ACO III 71,30 - 76,25, bes. 71,37 - 72,2; (2) zum 20. Juli: Collectio Sabbaitica 5,25, ACO III, 62,18 66,43. Literatur:  A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/1, Freiburg - Basel - Wien 1986, 359-380. Zur weiteren Geschichte des „Chalkedon-Festes" vgl. S. Salaville, La fete du concile de Chalcedoine dans le rite byzantin, in: A. Grillmeier - H. Bacht (Hg.), Das Konzil von Chalkedon II, Würzburg 1953, 677-695. Zum politischen Hintergrund vgl. E. Stein (siehe Bibl.) II, 219-273; A.A. Vasiliev, Justin the First. An Introduction to the Epoch of Justinian the Great, Cambridge, Mass. 1950.

1.2 Das Ende des Akakianischen Schisma Am 7. September 518 ergreift Konstantinopel die Initiative, um das 515 mit dem Scheitern der Synode von Heraklea abgebrochene Unternehmen wieder in Gang zu bringen und die Kirchengemeinschaft mit Rom herzustellen, die seit der Veröffentlichung des Henotikon von Kaiser Zenon (CPG 5999) von Seiten Roms aufgehoben worden war. Drei Briefe wurden an diesem Tage an Papst Hormisda (514-523) ausgefertigt, um diesen um eine Gesandtschaft zu bitten (Collectio Avellana 143; 146-147). Kaiser Justin versteht sein Schreiben als einen Begleitbrief zum Schreiben des Patriarchen, in dem dieser sich zur Synode von Chalkedon bekennt und darauf hinweist, daß die Namen von Papst Leo I. und Hormisda wieder in die Konstantinopler Diptychen aufgenommen worden sind. Einzig Justinian spricht das eigentliche Problem an, wenn er schreibt, daß „über den Namen des Akakios", des früheren Patriarchen von Konstantinopel (472-488), kein Konsens bestehe. Er bittet den Papst, selbst nach Konstantinopel zu kommen. Mit dem Hinweis, er kenne den Standpunkt, den Hormisda und seine Vorgänger in ihren Briefen vorgetragen haben, kündet er vorsichtig an, daß die sog.  Formula  Hormisdae, an der die Verhandlungen unter Kaiser Anastasios geschei[9]tert waren, für den neuen Kaiser kein prinzipielles Hindernis darstellen.

Justinians erste Schritte in Kirchenpolitik und Theologie (518-527)

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Ende März 519 treffen die römischen Legaten in Konstantinopel ein. Sie überbringen die Antwort Hormisdas, die andeutet, daß er Justinians Hinweis verstanden hat (CA 148,1). Der Auftrag der Legaten ist im Blick auf die genannte  Formula  Hormisdae streng umrissen: Sie dürfen die Kirchengemeinschaft einzig aufnehmen, wenn Akakios und, sofern durchsetzbar, seine Nachfolger anathematisiert, auf jeden Fall aber alle diese Patriarchen aus den Diptychen gestrichen werden. Dieses geschieht am 28. März 519, ohne im Anathem einen der Nachfolger des Akakios beim Namen zu nennen. So kann Kaiser Justin zu Ostern, am 31. März, das Ende des Schismas verkündigen. Quellen: (1) Collectio Avellana (= CA) 143 (CPG 9207; CPL 1620); 146 (CPG 9208); 147 (CPG 6865; 9209), hg. v. O. Günther, CSEL 35,2, 587,16 - 588,9; 591,5 593,22; (2) Auftrag der Legaten (CPG 9221; CPL 1683; Jaffe 805): CA 158, 605,9 607,9; (3) Antwort des Papstes (CPG 9213-9215; CPL 1683; Jaffe 804; 806; 808): CA 148-150, 593,24 - 599,30; (4) zum 28. März 519: CA 159, 607,11 - 610,12. Dieser an Papst Hormisda adressierte  libellus des Patriarchen Johannes II. Kappadox wird in der Literatur die Formula  Hormisdae genannt. Gemeint sind dabei die entscheidenden Sätze CA 159, 3-6, 608,15 - 609,26, die Hormisda schon 515 seinen Gesandten für die von Kaiser Anastasios angeregte Synode von Herkalea mitgegeben hatte (CA 116b, 520,28 - 522,3: CPG 9173-9174; CPL 1683-1684). Weitere Exemplare der Hormisda-Formel nennt O. Günther in CSEL 35,2, 800. Im Jahre 536 wird die Formel im wesentlichen wieder aufgegriffen: CA 89-90, 338,14 - 342,21 (siehe 2.4.2). Literatur: E. Schwartz, Publizistische Sammlungen zum Acacianischen Schisma (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., N.F., Heft 10, 1934), München 1934; J. Speigl, Die Synode von Heraklea 515, Annuarium Historiae Conciliorum 12 (1980) 47-61; D. Wyrwa, Drei Etappen der Rezeptionsgeschichte des Konzils von Chalkedon im Westen, in: Chalkedon: Geschichte und Aktualität, hg. v. J. van Oort - J. Roldanus, Leuven 1997 (© 1998), 147-189.

1.3 Das Dossier zum Akakianischen Schisma Justinian kannte, wie er gegenüber Hormisda angedeutet hat, das Dossier der Korrespondenz mit Rom. Für Rom ging es bei diesem Schisma vorrangig um Personen, vor allen um die Person des Akakios. Dieser hatte die Kirchengemeinschaft mit dem alexandrinischen Patriarchen Petros Mongos (482-490) nicht aufgekündigt und war darum von Papst Felix II. auf einer Synode im Jahre 484 [10] exkommuniziert worden. Für Rom kam hinzu, daß Akakios nach der Vertreibung des antioche-

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Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe

n i s c h e n P a t r i a r c h e n K a i a n d i o n ( 4 7 9 - 4 8 4 ) dessen N a c h f o l g e r Petros den W a l k e r , der z u m dritten M a l auf den T h r o n o s von A n t i o c h i e n z u r ü c k gekehrt w a r ( 4 8 5 - 4 9 0 ) , anerkannt hatte. Felix II. hatte 4 8 4 das v o m Kaiser Z e n o n (474^191) im Jahre 482 erlassene, von A k a k i o s verfaßte H e n o t i k o n ( C P G 5999), auf d e m die K i r c h e n g e m e i n s c h a f t z w i s c h e n A l e x a n d r i e n u n d K o n s t a n t i n o p e l b e g r ü n d e t war, nicht g e n a n n t , w o h l aber auf eine G e s i n n u n g s g e m e i n s c h a f t z w i s c h e n A k a k i o s u n d Petros M o n g o s g e s c h l o s s e n u n d A k a k i o s beschuldigt, die H ä r e s i e des Eutyches zu b e g ü n s t i g e n . A u c h die F o r m e l des H o r m i s d a geht auf das H e notikon nicht ein, s o n d e r n verurteilt A k a k i o s einzig w e g e n seiner Gem e i n s c h a f t mit Petros M o n g o s , den sie mit d e m E r z - M o n o p h y s i t e n T i m o t h e o s A i l u r o s in e i n e m A t e m z u g nennt. Quellen: (1) Brief von Papst Felix an Kaiser Zenon (CPG 9143; CPL 1606, ep. 11): CA 70, CSEL 35,1, 155,13 - 161,11; (2) Henotikon (CPG 5999): (2a) hg. v. E. Schwartz, Codex Vaticanus gr. 1431, eine antichalkedonische Sammlung aus der Zeit Kaiser Zenos (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-philol. und hist. Kl., Band 33, 6), München 1927, 52-54; (2b) in Evagrios Scholastikos (CPG 7500) III 14: hg. v. J. Bidez - L. Parmentier, Euagrius. The Ecclesiastical History, Amsterdam 21964, 111-114; (2c) lat.: Liberatus, Breviarium, 17, ACO 11,5, 127-129; (2d) syr.: Zacharias Rhetor (CPG 6995) V 8: hg. v. E.W. Brooks, Historia Ecclesiastica Zachariae Rhetori uulgo adscripta, I, CSCO 83, 227-231; 87,157-159; (3) Zitat aus Formula Hormisdae: CA 159, CSEL 35,2, 609,9-14. Literatur: E. Schwartz (siehe 1.2); A. Grillmeier (siehe 1.1) 278-358; W.H.C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement, Cambridge 1972, 174-183; H.Chr. Brennecke, Chalkedonense und Henotikon, in: Chalkedon: Geschichte und Aktualität (siehe 1.2) 24-53; D. Wyrwa (siehe 1.2).

1.3.1 Die B e d e u t u n g des H e n o t i k o n D i e s e in der F o r s c h u n g w e n i g beachtete T a t s a c h e hat ihren G r u n d . D a s H e n o t i k o n w a r offen für eine Rezeption der S y n o d e v o n C h a l k e d o n , w o l l t e aber auf k e i n e n Fall ein implizites A n a t h e m g e g e n dieses Konzil a u s s p r e c h e n , w i e e n t s p r e c h e n d e R e a k t i o n e n v o n Kaiser Z e n o n u n d Patriarch A k a k i o s s o w i e eine A u s s a g e in e i n e m Brief v o n Petros d e m W a l k e r an A k a k i o s zeigen. M i t anderen W o r t e n , mit d e m H e n o t i k o n v o l l z i e h e n K a i s e r u n d Patriarch keine kirchenpolitische W e n d e . D i e s e s gilt m.E. u n a b h ä n g i g von der Frage, ob die b e i d e n K o l a ή ev  Καλχηδόνι  ή  έν  οία  δή  ποτε  συνάδω  im  A n a t h e m  des  H e n o [ l l ] t i k o n ,  w i e  H . C h .  B r e n n e c k e  v e r m u t e t ,  eine spätere Interpolation sind, die gut zu einer

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monophysitischen Interpretation des Henotikon passen oder zum ursprünglichen Text gehören. Denn der Sache nach handelt es sich hierbei nicht um ein Anathem gegen Chalkedon, sondern gegen irgendwelche Teilnehmer an dieser oder irgendeiner anderen Synode, die eine andere Christologie vertreten. Das Henotikon betont, daß Nestorios und Eutyches zugleich auf Grund der zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) verurteilt sind. Doch legt es sich nicht fest, ob diese Bannflüche Kyrills im Konzil von Ephesos (431) oder gar von Chalkedon (451) rezipiert wurden. Das Henotikon bekennt mit dem Symbol von Nikaia (325), daß der Gott Logos Mensch geworden ist. Er ist das eine Subjekt der Inkarnation. Der inkarnierte Logos ist Jesus Christus. Damit bezieht das Henotikon, ohne es ausdrücklich zu sagen, Stellung gegen die Auffassung, der inkarnierte Logos und Jesus Christus seien jeweils „ein anderer"  (άλλος  και  άλλος·), nämlich zwei getrennte Hypostasen. Damit grenzt sich das Henotikon nicht nur gegen Nestorios ab, sondern auch gegen eine Interpretation der Definition von Chalkedon, die das dort genannte Subjekt des Bekenntnisses, „unseren Herrn Jesus Christus", nicht mit dem inkarnierten Logos identifiziert. Das Henotikon begründet diese Aussage mit einer Sicht der Einheit Christi, die sich, ohne den Tomus Leonis zu nennen, von diesem distanziert: „Wir bekennen, daß der ... Menschgewordene ... einer ist und nicht zwei. Denn wir sagen, des einen sind die Wunder u n d die Leiden, die er aus freiem Willen im Fleisch erlitten hat  (ένός  γαρ  ei ναι  φαμεν  τά  τε  θαύματα  και  τά  πάθη  κτλ.)".  In  sei­ nem  Tomus  ad  Flavianum  betont  Papst  Leo  I.  nicht  die  Einheit  des  Subjekts  im  unterschiedlichen  Wirken  Christi,  sondern  spricht  von  der  Gemeinschaft  zweier  Wirklichkeiten, nämlich der in Phil. 2,6-7 genannten göttlichen und der menschlichen Gestalt oder forma Christi, im Wirken: „Eine jede der beiden  formae wirkt in Gemeinschaft mit der anderen das, was ihr eigen ist: Der Logos, was dem Logos eigen ist; die Sarx (Joh. 1,14), was der Sarx eigen ist. Das eine von diesen glänzt durch Wunder, das andere erfährt Schmach und Unrecht". Der Logos und die Sarx werden hier als zwei Naturen aufgefaßt, die „in Gemeinschaft" jeweils etwas Eigenes wirken. Der Sache nach geht es um die christologischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen des Neuen Testaments, die sog.  φωναί  oder  voces.  Das  Henotikon  will  mit  der  Betonung  des  einen  Subjekts  beider  Klassen  von  [12]  Aussagen  zwei  Extreme  abwehren,  zum  einen  Nestorios'  Trennung  der  Naturen  als  zwei  ver­ schiedene  Subjekte  des  Handelns  bzw.  der  Hoheits­  und  Niedrigkeits­ aussagen  (διαίρεσις)  und  zum  anderen  Eutyches'  Aufhebung  des  Menschlichen  in  der göttlichen Natur  (σύγχυσις  ή φαντασία).  Doch  die  Abwehr  des  Nestorianismus  steht  deutlich  im  Vordergrund,  und  so 

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bestreitet das Henotikon die den Nestorianern unterstellte Auffassung, durch die Menschwerdung sei die Trinität um eine vierte Person, das eine Prosopon Christi, erweitert worden. Denn „Einer der Trinität, der Logos Gottes, ist Fleisch geworden". Für Akakios, den Verfasser des Henotikon, konzentriert sich das Bekenntnis zu Christus auf das eine göttliche Subjekt (ei? τη?  τριάδος­)  der  Inkarnation,  d.h.  all  dessen,  was  die  Evangelien über die Wunder und die Passion Christi berichten. Diese Sicht, die von Begriffen wie Hypostase und Natur absieht, kann man, wie es H.Ch. Brennecke tat, als „einen Rückschritt hinter das in Chalkedon theologisch Erreichte" verstehen. Doch kann man sie auch als einen Fortschritt, als einen Versuch sehen, das eigentliche Anliegen der Definition von Chalkedon zu verdeutlichen. Denn diese wollte die Christologie Kyrills von Alexandrien rezipieren und den Tomus Leonis in diese einbinden. Das Henotikon bezeugt jenes an Kyrill orientiertes Verständnis der Definition von Chalkedon, das die Union von 433 und den  Tomus  Leonis nur um des kirchlichen Friedens willen, nicht aber als adäquate Formulierung des christologischen Bekenntnisses akzeptieren konnte, wie ja schon die in Chalkedon selbst geführte Diskussion um die Rezeption des Tomus  Leonis zeigt. Durch die Unterscheidung von zwei Naturen und einer einzigen Hypostase war für die Rezeption des Konzils von Chalkedon im Geiste Kyrills und darum für eine authentische Interpretation der Definition Chalkedons ein Problem vorgezeichnet, wollte man zeigen, wie „die Eigenheit einer jeden der beiden Naturen gewahrt blieb" und doch „in einer einzigen Hypostase zusammenkam". Diese eine Hypostase mußte aus Kyrills Sicht der Inkarnation des Logos interpretiert werden. Der Begriff der einen Hypostase bedurfte einer näheren Bestimmung und Auffüllung, um so jene Aufgabe zu lösen, die Chalkedon offen gelassen hatte und die darin bestand, die una  persona Augustins und Leos, aber auch „das eine Prosopon" der antiochenischen Tradition in Kyrills Sicht zu integrieren. Der Sache nach ging es dabei um die Wahrung der beiden Naturen als [13] Begründung für zwei Klassen von Aussagen, für die Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Das Henotikon verschwieg dieses Problem und darum den Begriff der zwei Naturen, der mit dem Kyrillischen Bekenntnis zu „der einen inkarnierten Natur des Gott Logos" zumindest formal unvereinbar erscheinen mußte. Hatte Chalkedon aus Kyrillischer Sicht argumentiert, doch nicht „den ganzen Kyrill" akzeptiert? Wie ist in diesem Zusammenhang die Tatsache zu verstehen, daß das Henotikon die Rezeption der zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) betont?

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Das Henotikon bot ein Bekenntnis, das so offen formuliert war, daß es auch eine monophysitische Interpretation zuließ und dann nicht nur als Waffe gegen den Tomus Leonis, sondern auch gegen die Definition von Chalkedon gebraucht werden konnte. Und dennoch fand es auch bei den Monophysiten keine unbedingte Zustimmung, wie z.B. ein Bericht zeigt, Severos von Antiochien habe das Henotikon ein Kenotikon und Dihairetikon - eine entleerende und die Kirchen spaltende Formel - genannt. Wurde das Henotikon monophysitisch interpretiert, dann konnte es selbstverständlich jenen Kirchen nicht genügen, die mit Chalkedon und dem Tomus Leonis, wie z.B. Papst Symmachus (498-514) feststellte, in der  duarum  naturarum  traditio standen. Bischöfe des Illyricum konfrontierten ihn 512 mit dem Vorschlag eines Mittelwegs zwischen Nestorios und Eutyches, der bewußt die Frage der „zwei Naturen" aufgriff und insofern über das Henotikon hinausging. Sie akzeptieren, ohne das Henotikon anzusprechen, daß Akakios von Rom „wegen seiner Freundschaft mit den Alexandrinern" gebannt wurde, nennen ihn aber dennoch ihren Vater. Als  via  media schlagen sie zwei Formeln vor, die sie für gleichwertig halten. Sie möchten zum einen von „der (untrennbaren) Einheit zweier Naturen in ein und derselben Person Christi" sprechen, zum anderen von „der einen Person aus und in zwei Naturen", d.h. von der einen Person, die sowohl aus zwei Naturen besteht, als auch in zwei Naturen erkannt wird. Chalkedon hatte zwar die Formel εκ  δύο  φύσεων  abgelehnt,  doch  der  Sache  nach  bleiben  die  Illyrer  Chalkedon  treu.  Denn  sie  verwerfen  die  Formel  „aus  zwei  Na­ turen  eine  einzige  Natur  nach  der  Einigung"  (ex  duabus  naturis  unam  naturam  post  adunationem).  Mit  der  Bekenntnisformel  „aus  zwei  Na­ turen"  meinen  sie  jene  Wirklichkeiten,  „aus  denen  die  Einheit  [14]  be­ steht"  (ex  quibus  subsistit  unitas).  Die  Einheit  wird  hier  als  Ergebnis  ei­ ner  Synthesis aufgefaßt: Sie ist ein Resultat  (αποτέλεσμα).  Die  Einheit  der  Person  wird  nicht  wie  in  der  Formel  von  Chalkedon  durch  die  Ei­ genheiten  der  beiden  Naturen,  sondern  wie  schon  im  Kyrillischen  Flo­ rileg  vom  Jahre  482  durch  die  Naturen  selbst  konstitutiert.  Nicht  von  den  Naturen,  sondern  von  der  Einheit  selbst  sagen  sie  dabei  ein  subsistere  aus.  Was  dieses heißt, zeigt sich darin, daß sie zwar die chalkedonische Formel aufgreifen, daß Christus in zwei Naturen erkannt wird, doch ablehnen, daß dieses  in  duabus  naturis  subsistentibus geschehe, nämlich in einer getrennten Existenzweise, die auf einen Nestorianismus hinauslaufe. Dabei bleibt diese Aussage letztlich zweideutig, sofern sie das Wort  substantia sowohl für  natura als auch für  persona  gebrauchen. Auffallend ist vor allem, daß sie die Erkenntnis Christi „in zwei Naturen" auf den Christus der Herrlichkeit bzw. auf die erlösen-

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Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe

de Tat Christi einschränken: Hier zeigt sich jeweils das Zugleich von Gottheit und Menschheit. „Denn weder konnte die reine Gottheit für das Leben der Welt gekreuzigt werden, noch die bloße Menschheit, die dem Tod unterworfen ist, durch den Tod (den Teufel) täuschen." Die Antwort von Papst Symmachus ist unbefriedigend. Sie geht mit keinem Wort auf den Vorschlag der Illyrer ein, die  duarum  naturarum  traditio in einer  media  via zu wahren. Quellen: Siehe zu 1.3, ferner (1) Tomus Leonis (CPG 8922; CPL 1656, ep. 28): hg. v. C. Silva-Tarouca, S. Leonis Magni Tomus ad Flavianum episc. Constantinopolitanum (epistula XXVIII) additis testimoniis patrum et eisudem S. Leonis M. epistula ad Leonem I imp. (epistula CLXV), Romae 1959, 20-33 (zitiert Z. 9495); hg. v. E. Schwartz, ACO 11,2,1, 24-33; griech.: ACO 11,1,1, 10-20; (2) Brief der Illyrer an Papst Symmachus: hg. v. A. Thiel, Epistolae Romanorum Pontificum genuinae et quae ad eos scriptae sunt, I, Brunsbergae 1868, 709-717; (4) Antwort von Papst Symmachus (CPG 9164; CPL 1678, ep. 13): ebd., 717-722; CA 104, hg. v. O. Guenther, CSEL 35,1, 487,11 - 493,13; (4) Florileg vom Jahre 482: hg. v. R. Hespel, Le florilege cyrillien refute par Severe d'Antioche (Bibliotheque du Museon, 37), Louvain 1955. Literatur: Siehe zu 1.3, ferner (1) zur Kyrillischen und Leoninischen Rezeption von Chalkedon: K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus, Studia Patristica XXIX, 1997, bes. 379-383 (oben S. 214219); ausführlicher: ders., Christus - „Gott und Mensch" oder „menschgewordener Gott"? Von den Bedenken gegen den  Tomus  Leonis in Chalkedon zu dessen Apologie bei Papst Leo I., in Vorbereitung (teils oben S. 6-34 [577-602]). [15]

1.3.2 Die Bedeutung der Formula Hormisdae Im folgenden Jahr (513) warf sich, wie oben schon erwähnt, Vitalian, von Geburt ein Skythe, d.h. Gote, gegen Kaiser Anastasios zum Verteidiger der Zwei-Naturen-Lehre auf und forderte ein Konzil unter dem Vorsitz des Papstes. In zwei Briefen wandte sich der Kaiser im Dezember 514 bzw. Januar 515 an Papst Hormisda, um eine Synode nach Heraklea am Marmarameer einzuberufen, da in Skythien, d.h. im östlichen Illyricum, „gewisse Zweifel über die rechtgläubige Religion" zu Unruhen geführt haben. Das geplante Konzil scheiterte nicht daran, daß der dritte Angriff Vitalians auf Konstantinopel im Herbst 515 erfolglos blieb und der Kaiser nicht mehr an einem Konzil interessiert gewesen wäre, sondern daran, daß Konstantinopel nicht bereit war, die Formula  Hormisdae zu akzeptieren, die für Rom  conditio  sine  qua  non für die Wiederherstellung der Kirchengemeinschaft war. Wie der Kaiser im

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Winter 515 gegenüber dem Papst erklärte, seien die Beschlüsse von Chalkedon von ihm und seinen Vorgängern anerkannt, und er selbst habe die Alexandriner oft beschworen, ihr Anathem gegen Chalkedon und den Tomus Leonis zurückzunehmen. Doch sähe er in einer Anerkennung der  Formula  Hormisdae die Gefahr, daß diese andere  scandala  für die Kirche provozieren könnte. Darum hält er, wie die einleitende Formel der Verwunderung zeigt (miramur), das Verhalten des Papstes für unangemessen (CA 125,7-10). Rom zeigte sich jedoch diesem Argument nicht zugänglich, so daß der Kaiser schließlich resigniert feststellt, daß das Vergeben von Sünden „Anfang und Basis" (initium)  christlichen Glaubens sei; doch, wenn sich die nicht daran halten, die in der Nachfolge der Apostel stehen, dann wisse er nicht, „wo uns das magisterium eines barmherzigen Herrn und Gottes noch begegnen kann" (CA 138,1.4). Justinian kannte, wie er an Hormisda geschrieben hat, dieses Dossier. Wie Anastasios sah er, daß die Anerkennung der  Formula  Hormisdae der Preis für die kirchliche Gemeinschaft mit Rom war. Wollte der Kaiser diesen Preis zahlen, dann gefährdete er die Gemeinschaft Konstantinopels mit den Patriarchaten des Ostens, es sei denn, er war davon überzeugt, die Anerkennung des Konzils von Chalkedon in Alexandrien und Antiochien durchsetzen zu können. Die prochalkedonische Politik der neuen Herrscher richtete sich gegen Severos von Antiochien, der noch im Jahre 518 aus seinem Amt enthoben wurde und nach Ägypten floh, wo er vielen in Kon[16]kurrenz zum Patriarchen Alexandriens, Timotheos IV. (Oktober 517 - 7. Februar 535), einem gemäßigten Vertreter Kyrillischer Christologie, als der eigentliche Patriarch galt. Der erste Versuch, nach der Beilegung des Schismas mit Rom in Antiochien einen Patriarchen zu inthronisieren, der die Interessen von Kaiser und Papst durchsetzen konnte, war ein Mißgriff, wie schon der Beiname zeigt, mit dem der neue Patriarch in die Geschichte einging. Schon 521 wurde Paul der Jude von Euphrasios abgelöst. Quellen: Siehe zu 1.2, ferner (1) Briefe des Kaisers Anastasios an Hormisda vom 28.12.514 (CPG 9166) und 12.1.515 (CPG 9167): CA 109, CSEL 35,2, 501,21 502,14; CA 107, ebd. 499,10 - 500,8; (2) Brief vom Winter 515 (CPG 9175): CA 125, ebd. 537,16 - 540,12; (3) zur Reaktion Roms vgl. die Antwort von Hormisda (CPG 9179; CPL 1684: CA 112, 504,11 - 506,16), die sehr viel deutlicheren Worte des Senats (CPG 9180: CA 114, 5, 509,9-14) sowie die letzten Briefe, die der Papst am 3. bzw. 12. April 517 in dieser Angelegenheit geschrieben hat (CPG 9188-9191; 9194: CA 126-130, 540,14 - 552,4); (4) letzter Brief des Anastasios (CPG 9199): CA 138, ebd. 564,15 - 565,16 (zitiert: 564,17-20. 565, 5-9);

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(5) Brief der römischen Legaten zur Ordination von Paul von Antiochien (CPG 9241-9242): CA 216, 4, ebd. 675,10-20; CA 217, 2-4, ebd. 677,13-29. Literatur: Siehe zu 1.2, ferner C. Capizzi, Sul fallimento di un negoziato di pace ecclesiastica fra il Papa Ormisda e l'imperatore Anastasio I (515-517), Critica storica 17 (1980) 23-54; J. Speigl, Die Synode von Heraklea 515, Annuarium Historiae Conciliorum 12 (1980) 47-61; A. Grillmeier (siehe 1.1) 351-358, dessen Darstellung darunter leidet, daß er einseitig Partei für den römischen Standpunkt ergreift und die  Formula  Hormisdae über ihren Wortlaut hinaus als „das Gegenprogramm zum Henotikon" interpretiert.

1.4 Die theopaschitische Formel als eine authentische Interpretation von Chalkedon Kaum war die Einheit mit Rom wieder hergestellt, so wurden die neuen Herrscher mit der Frage einer „authentischen Interpretation" der Christologie Chalkedons konfrontiert. In Konstantinopel traten skythische Mönche auf, die mit Vitalian in Kontakt standen, der seit 518 als magister  militum  praesentalis seine Machtposition in Konstantinopel selbst ausgebaut hatte. Sie brachten Unruhe in die Stadt, da sie chalkedonisch gesinnte Bischöfe ihrer Heimat wie Paternus von Tomi auf der Krim, aber auch Konstantinopler Kleriker wie den Diakon Viktor und Mönche verdächtigten, die Zwei-Naturen-Lehre Chalkedons im Sinn des Nestorios zu interpretieren. [17]

1.4.1 Die skythischen Mönche im Widerspruch zu Roms Legaten „Auf Befehl des Kaisers und Vitalians" wurden die noch in Konstantinopel anwesenden Legaten des Papstes Hormisda genötigt, an einer Verhandlung dieser Frage teilzunehmen. Wie sie am 29. Juni 519 berichten, behaupteten die Skythen, das Bekenntnis von Chalkedon lasse sich nicht gegen die nestorianische Ketzerei abgrenzen, wenn man nicht zugleich bekenne, daß der Gott Logos selbst gekreuzigt wurde und gelitten hat:  iinus  de  trinitate  crucifixus  est. In der Auffassung der Skythen wird die Definition von Chalkedon nur dann authentisch interpretiert, wenn man den zwölften Anathematismus Kyrills, die sog. theopaschitische Formel, einbringt: „Wer nicht bekennt, daß der Gott Logos im Fleisch gelitten hat und im Fleisch gekreuzigt wurde und im Fleisch den Tod gekostet hat ..., der sei im Banne!" Für die römischen Legaten war dieses nichts anderes als Widerspruch zur Tradition (novitas): „Was nicht in den Akten der vier Synoden steht und was nicht von

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Papst Leo geschrieben wurde, akzeptieren wir nicht" (CA 217, 9). Denn zu einer authentischen Interpretation genügen „die Briefe von Papst Leo, die das Konzil von Chalkedon bestätigt hat", insbes. der Tomus ad Flavianum (CA 216, 8). Quellen: (1) CPG 9241-9242: CA 216-217, CSEL 35,2, 675,3 - 679,18; (2) zu Viktor (CPG 9254; 9264): CA 189, 3, 647,5-6; CA 224, 2-6, 685,13 - 686,12; (3) zwölfter Anathematismus Kyrills (CPG 5317): ACO 1,1,1, 42,3-5.

1.4.2 Justinian als Parteigänger der skythischen Mönche Da die skythischen Mönche bei diesen Konstantinopler Verhandlungen nicht die Zustimmung der römischen Legaten fanden, sandten sie eine Delegation zu Papst Hormisda. Mit ihrem Bericht vom 22. Juni 519 warnen die Legaten den Papst, und am selben Tag schreibt Justinian im gleichen Sinn nach Rom. Doch wenige Tage später schickt er mit Eilpost einen zweiten Brief ganz anderen Inhalts und reagiert damit auf ein Schreiben Vitalians, das nicht mehr erhalten ist. Er bittet nun Hormisda, den Mönchen schnell zu antworten und zwei derselben nach Konstantinopel zurückzuschicken, ohne die Ankunft des ersten Briefs abzuwarten. Was geschehen war, läßt sich nicht mehr sagen, auch wenn es klar ist, daß Justinian und Vitalian hier als Konkurrenten im Kampf um die Macht handelten - ein Kampf, der Vitalian im Jahr 521 das Leben kosten sollte. Die römischen Legaten beschweren sich über Vitalian, daß er ihre In[18]itiativen gegen die skythischen Mönche behindere. Die nach Rom gesandten Skythen mißtrauen Justinian; sie weigern sich, nach Konstantinopel zurückzukehren. Was sie nicht wissen, ist die Tatsache, daß Justinian von nun an die von ihnen vorgetragene Interpretation der Definition von Chalkedon vertreten wird. In einem Brief vom 15. Oktober 519 schneidet er gegenüber Hormisda das Problem an: „Gewisse Leute behaupten, daß man Christus, den Sohn Gottes, unseren Herrn, der um unseres Heiles willen gekreuzigt wurde, als ,Einen aus der Trinität' verkündigen m u ß " . Justinian will wissen, ob man dem zustimmen könne und wie dieses genauer zu verstehen sei. Die Tragweite dieser vorsichtigen Anfrage zeigt sich erst angesichts dessen, was einer der römischen Legaten mit gleichem Kurier an Hormisda über das berichtet, was inzwischen in Konstantinopel geschehen ist. Die skythischen Mönche haben unter Vorlage eines  libellusfidei behauptet, wie es der Legat verkürzt wiedergibt:  „Non  sufficit  synodus  (Chalcedonensis)  contra  Nestorium". Gemeint ist, daß die Definition von Chalkedon mit ihrer Zwei-Naturen-Lehre eine nestorianische

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Interpretation nicht eindeutig ausschließt. Chalkedon berief sich auf Papst Leos Tomus ad Flavianum und „die Synodalbriefe Kyrills", wie die Gegner der Skythen, insbes. der Diakon Viktor, betonen. Doch genügen diese den Skythen nicht, es sei denn, man füge hinzu: „unus  de  trinitate  crucifixus". Die Definition von Chalkedon sei nur eindeutig gegen Nestorios' Lehre abzugrenzen, wenn als Subjekt der Inkarnation der Gott Logos bekannt und darum „der ganze Kyrill" mit seinen gegen Nestorios gerichteten Anathematismen (CPG 5317) anerkannt wird. Nur so werde Chalkedons Definition ihrer ausdrücklichen Intention nach rezipiert, d.h. authentisch interpretiert. Daß im Jahre 519 die Frage, wie Chalkedon und Kyrill zugleich zu rezipieren sind, nicht nur wegen der skythischen Mönche brisant war, sondern vor allem wegen der Vorgänge im Patriarchat von Antiochien, zeigt der Bericht der römischen Legaten, daß dort öffentlich polemisiert wurde: „Wer Gemeinschaft mit dem apostolischen Stuhl (von Rom) hält, ist Nestorianer". Wie bedrängend diese Frage für die chalkedonische Reichskirche war, zeigt Justinians Brief vom 9. Juli 520 an Hormisda, worin er sein Unverständnis für die Haltung Roms äußert, das sich in Bezug auf Antiochien nicht mit dem zufrieden geben will, was mit dem Ende des Akakianischen Schisma erreicht worden war. Nachdrücklich fordert er (magis  magisque [19]  deposcimus), daß der Papst der theopaschitischen Formel zustimmt. Denn, so begründet er unter Hinweis auf I Petr. 4,1  (Χρίστου  παθόντος· σαρκί),  dem  locus  classicus für die theopaschitische Formel, daß Christus im orthodoxen Bekenntnis als „Einer in der Trinität mit dem Vater und dem Heiligen Geist herrscht". Quellen: (1) Brief Justinians vom 22.6.519 (CPG 6867; 9240): CA 187, hg. v. O. Günther, CSEL 35,2, 644,5 - 645,17; hg. v. M.Amelotti - L. Migliardi Zingale, Scritti teologici ed ecclesiastici di Giustiniano (Legum Iustiniani imperatoris vocabularium, Subsidia III), Milano 1977, 8; (2) Brief Justinians von Anfang Juli 519 (CPG 6869; 9253): CA 191, 648,11 - 649,5; M. Amelotti - L. Migliardi Zingale, a.a.O., 9; (3) Brief Justinians vom 15.10.519 (CPG 6868; 9263): CA 188, 2 - 3 , 645,26 - 646,12; M. Amelotti - L. Migliardi Zingale, a.a.O., 10f.; (4) Brief Justinians vom 5.7.520 (CPG 6870; 9282): CA 196, 655,3 - 656,30; M. Amelotti - M. Migliardi Zingale, a.a.O., l l f . (zitiert: 2-5, 655,6 - 656,5); (5) Brief der römischen Legaten vom 29.6.519 (CPG 9242; CPL 1620): CA 217, 677,4 - 679,18 (zitiert: 11, 679,7-12, ferner 3, 677,19-20); (6) Brief von Hormisda an Justinian vom 2.9.519 (CPG 9255; CPL 1683; Jaffe 829): CA 190, 647,12 - 648,10 (zitiert: 3, 647,22-25); (7) Brief des römischen Legaten Dioskur vom 15.10.519 (CPG 9264; CPL 1620): CA 224, 685,3 - 687,26 (zitiert: 3, 685,17; 4, 685,19 - 685,5; 7, 686,14-15; ferner 3, 685,15-16; 4, 686, 1-2); (8) Libellus der Skythen, von Johannes Maxentius (CA 224, 11, 687,19-22) verfaßt (CPL 656): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 3-10; hg. v.

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F. Glorie, Maxentii aliorumque Scytharum monachorum necnon Ioannis Tomitanae urbis episcopi opuscula, CCSL 85 A, Turnhout 1978, 5-25.

1.4.3 „Unus de trinitate": Persona und subsistentia Da die Formel „unus  de  trinitate" nicht eindeutig sei, wenn nicht der Name Christi genannt werde, bringt Justinian unter Berufung auf Zitate aus Augustinus, die er vermutlich teils dem schon genannten, von Johannes Maxentius verfaßten  libellus  fidei der Skythen entnommen hatte, den Begriff der persona ein. Die Skythen hatten in jenem  libellus gesagt, daß sie unter dem  unus  de  trinitate, der das Subjekt des Bekenntnisses zu Christus ist, eine der drei göttlichen Hypostasen (unus  de  tribus  subsistentiis  unius  deitatis)  verstanden. U m zu zeigen, daß sie sich mit diesem Bekenntnis von Nestorios unterscheiden, hatten sie Augustinus zitiert, mochte dieser auch, wie sie sagen, weniger eindeutig sein als des Proklos von Konstantinopel (434-^446) Tomus ad Armenios (CPG 5897). Sie unterschieden dabei im Hinblick auf die Definition von Chalkedon einen zweifachen Begriff von  persona. Sie lehnen jene Interpretation von Chalkedon ab, die den Begriff  persona dem Men[20]schen Jesus Christus vorbehält und den Begriff  subsistentia oder Hypostase auf den Gott Logos bezieht. Denn diese führe, wenn auch nicht offen, die Lehre des Theodor von Mopsuestia und des Nestorios von den „zwei Hypostasen oder zwei Personen" ein, als ob Christus „gleichsam etwas außerhalb der Trinität" sei. In diesem Sinn lehnen sie ein Verständnis der Einheit in Christus als eine  personalis  unitio ab und setzen ihr mit Kyrills drittem Anathematismus (CPG 5317) den Begriff eines „Zusammengehens zu einer naturhaften Einheit" (conventus  ad  unitatem  naturalem) entgegen, von dem aus sie die chalkedonische Formel von „der einen Hypostase oder Person der zwei Naturen" bzw. „in zwei geeinten Naturen" begreifen. Kyrills Hauptformel von „der einen inkarnierten Natur des Gott Logos" widerspreche darum nicht der Definition von Chalkedon, wie schon Flavian von Konstantinopel (CPG 5934) dargelegt habe. Die Skythen akzeptieren den Begriff der  persona nur, wenn er als  subsistentia aufgefaßt wird und die Hypostase des Gott Logos bedeutet, die „Fleisch geworden ist" (Joh. 1,14). Hierin stimmen für sie Kyrill und der  Tomus  Leonis überein: „Gott ist Christus geworden, nicht aber ist Christus Gott geworden, wie die Anhänger des Theodor von Mopsuestia, des Lehrers von Nestorios, sagen". „Ein und derselbe ist Gott und Mensch", und diesem „einen sind die Wunder und die Leiden zu eigen". In dieser Formel, mit der Akaki-

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os im Henotikon seine Sicht zusammengefaßt hatte, sehen die Skythen eine angemessene Interpretation des Tomus Leonis. Sie zitieren nicht Leos Aussage über das gemeinsame Wirken der göttlichen und menschlichen Natur, sondern eine Stelle, die in Zukunft immer wieder angeführt werden wird, da sie Gott als Subjekt der Menschwerdung und des Leidens bekennt:  Impassibilis  deus  non  dedignatus  est  homo  fieri  passibilis,  et  immortalis  mortis  legibus  subiacere. Denn hier zeige sich, daß Leo mit Kyrills zwölftem Anathematismus (CPG 5317), der die theopaschitische Formel sanktioniert hat, übereinstimmt. Quellen: (1) Brief Justinians an Papst Hormisda (CPG 6870; 9282): CA 196 (siehe 1.4.2) bes. 656,5-19; (2) Johannes Maxentius, Libellus fidei, bes. (a) IX, 14, 182206, hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, S. 14f.; (b) X, 17, 207-209, S. 15; XI 20, 254-263, S. 17; (c) IX 14, 177-185, S. 14; (d) VIII, 12-13, 152-168, S. 12f. mit VII, 11, 125129, S. 11.; (e) zur Übereinstimmung von Kyrill und Leo: XII 24-25, 304-321, S. 20, greift Maxentius nach dem ersten Anathematismus Kyrills (XII 23, 299-303) den Tomus Leonis (C. Silva-Tarouca Z. 88) auf; ferner XIII 26, 329-339, S. 21; (3) 3. und 12. Anathematismus Kyrills (CPG 5317): ACO 1,1,1, 40,28-30; 42,3-5; [21] (4) Libellus Flavians an Kaiser Theodosios (CPG 5934): ACO 11,1,1, 35,17-21; lat. ACO 11,3,1, 5,17-20; 11,5, 116,30-34; auch bei Innozenz von Maroneia (CPG 6846) ACO IV,2, 175,12-15; (5) Tomus Leonis (CPG 8922; CPL 1656, ep. 28): hg. v. C. Silva-Tarouca (siehe 1.31) Z. 88; hg. v. E. Schwartz, ACO 11,2,1, 28,5-6. Die gleiche Stelle zitiert Innozenz von Maroneia in seinem Bericht „über jene, die ein Bekenntnis zu Christus als  unus  ex  trinitate ablehnen" (CPG 6847), 7, ACO IV,2, 69,31-32, zur Rechtfertigung von Proklos' Tomus ad Armenios (CPG 5897). Auch er meint, daß Leo wie Proklos lehre: unius filii tarn passiones quam miracula esse (33, 74,26-27). Literatur: V. Schurr, Die Trinitätslehre des Boethius im Lichte der „skythischen Kontroversen", Paderborn 1935; B. Altaner, Zum Schrifttum der „skythischen" (gotischen) Mönche, Historisches Jahrbuch 72 (1953) 568-581, bes. 568-572; F. Glorie, CCSL 85A, S. XXXVf.; A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/2, Freiburg - Basel - Wien 1989, 333-355.

1.4.4 Justinians Formel „Christi persona in trinitate" als Absage an die Skythen? Die Formel der Skythen „Einer aus der Trinität ist gekreuzigt worden", die sie aus Proklos' Tomus ad Armenios (CPG 5897) aufgriffen, will eine authentische Interpretation Chalkedons gewährleisten. Sie richtet sich gegen jene Chalkedoniker, die ihr in den Augen der Skythen nestorianisches Bekenntnis  quasi  ex  auctoritate  synodi beweisen. Die Formel ist

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nach Johannes Maxentius nicht zweideutig, sofern sie auf Christus bezogen wird:  „Unus  est  Christus  de  trinitate,  qui  pro  nobis  passus  est  carne". Diesem Standpunkt schließt sich Justinian, wie schon gesagt, in seinem Brief vom 9. Juli 520 an. Zu dieser Tatsache ist wegen eines verbreiteten Mißverständnisses in der Forschung eine zusätzliche Bemerkung angebracht. Justinian legt nämlich die Formel  „Iesus  Christus  unus  in  trinitate" so aus, daß sie mit der Formel  „eius  persona  in  trinitate" gleichwertig ist. Nun geht E. Schwartz, gefolgt z.B. von F. Glorie und A. Grillmeier, davon aus, daß Justinian sich hier gegen die Skythen abgrenze und der Auffassung des römischen Legaten Dioskur anschließe. Denn dieser wollte, wie man der Antwort, die Maxentius auf einen Brief des Papstes Hormisda (CA 231) verfaßt hat, entnehmen könne, die Formel  „Christus  est  una  persona  ex  trinitate", nicht aber  „Christus  est  unus  ex  trinitate" zulassen. Diese Auffassung greift Maxentius als Häresie an. Denn er stellt fest, daß Dioskur damit einzig sagen wolle, „Christus hat die  persona des Gott Logos", nicht aber „Christus ist der Gott Logos", nämlich wirklich  unus  ex  trinitate. Maxentius sagt nicht, daß die Formel Dioskurs einfachhin nestorianisch ist, sondern nur, daß [22] sie dieses ist, wenn sie die Formel der Skythen ausschließen soll. Denn, wer glaubt, daß der Gott Logos Christus ist, der akzeptiert beide Formeln: „Der Gott Logos ist Christus, und Christus ist der Gott Logos". Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch des Maxentius Dialog mit einem Nestorianer, in dem der des Nestorianismus verdächtigte Chalkedoniker seine Ausgangsposition („Christus  est  unus  ex  trinitate") mit der Formel „Christus  est  una  persona  ex  trinitate" genauer faßt. Maxentius läßt diese Antwort nicht gelten, da hier ein zweifacher Personbegriff im Spiel sei. Denn er unterstellt seinem Gegner, daß für diesen Christus „das eine Prosopon ist, das aus der gnadenhaften Verbindung zweier Personen", des Gott Logos und des Menschen Jesus Christus, entstanden sei, nicht aber „eine Person aus zwei naturhaft geeinten Naturen". Mit „naturhaft geeint" will er ausschließen, daß die menschliche Wirklichkeit Christi zu irgendeinem Zeitpunkt eine eigene Existenz besaß. Denn, wie Maxentius im Dialog mit dem Nestorianer auch sagt, die menschliche Natur ist so von der Person des Gott Logos angenommen, daß „sie seine Natur geworden ist" und in ihr - „in der einen Person der Naturen des Logos und des Fleisches" (Joh. 1,14) - existiert. Der Skythe unterscheidet offensichtlich einen zweifachen Begriff, je nachdem ob jemand „eine  persona hat" und ob jemand „eine  persona  ist". Damit stimmt überein, daß, wie oben schon gesagt wurde, PersonSein für die Skythen  subsistentia bedeutet. Person im eigentlichen Sinn ist, was „in der eigenen  subsistentia bleibt". Der Terminus  subsistentia 

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gibt das Wort  ύπόστασι?  wieder:  Jede  subsistentia  ist  persona.  Doch  eine  Natur  kann  „eine  persona  haben",  ohne  „eine  persona  oder  subsistentia  zu  sein".  Interessant wäre es für uns zu erfahren, ob und wie der römische Legat bzw. der von Maxentius in seinem Dialog angegriffene Krypto-Nestorianer den Begriff  „persona" interpretiert haben und ob dabei, wie E. Schwartz vermutet hat, der Personbegriff von Papst Leo eine Rolle gespielt hat. Wie es auch mit dem Personbegriff Dioskurs bestellt gewesen sein mag, Justinian grenzt sich von diesem eindeutig ab. Denn er versteht unter  persona  in  trinitate den Gott Logos,  unus  in  trinitate. Dieser ist mit Christus identisch und hat darum „im Fleisch gelitten" (I Petr. 4,1). A m 9. September 520 schickt Justinian eine Gesandtschaft nach Rom, um „eine vollständige Antwort" des Papstes zu erhalten, ohne aber etwas zu erreichen. Hormisda weist in zwei langen an Kaiser Ju[23]stin gerichteten Schreiben vom 26. März 521 die Formel „unus  de  trinitate" zurück, schweigt aber zur Formel  „Christus  una  persona  de  trinitate". Justinian selbst erhält keine Antwort. Seine Enttäuschung hat er nicht verschwiegen:  „ignoramus,  quae  difficultas  provenerit".  Quellen: (1) Johannes Maxentius, Libellus fidei (CPL 656; siehe 1.4) III 4, 44-51, S. 7; XI 21, 262-263, S. 17; (2) ders., Responsio adversus epistulam Hormisdae (CPL 662): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 46-62; hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, 123144 (zitiert I 8, XXVI-XXVII, 348-380, CCSL 85A, S. 134f.); (3) ders., Dialog mit einem Nestorianer (CPL 661): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 14-44; hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, 51-110 (zitiert: II, XXI, 1001-1020, CCSL 85A, S. 105f.); (4) Justinians Brief an Hormisda vom 5.7.520 (CPG 6870; 9282): CA 196, 655,3 656,30; M. Amelotti - M. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) l l f . (zitiert: 6, 656,1115); (5) Justinians Brief an Hormisda vom 9.9.520 (CPG 6873; 9295): CA 235, 715,5 - 716,15; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 14; (6) Justinians Brief an Hormisda, geschrieben nach 9.9.520 (CPG 6872; 9296): CA 243, 743,1-14; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 15; (7) Hormisdas Briefe an Kaiser Justin I. (CPG 9300; 9302; CPL 1683; Jaffe 857; 860): CA 236, 716,16 - 722,18; 238, 734,1 - 738,8. Literatur: E.Schwartz, De Iohannis Maxentii libellorum codice unico, ACO IV,2, Praefatio 1, S. X; F. Glorie, CCSL 85A, S. XXXV; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 340342.

1.4.5 Der Standort Justinians - eine lateinische Christologie? Nach A. Grillmeier ergibt sich aus den Schriften der skythischen Mönche „ein Gesamtbild einer lateinischen Christologie ..., die für Justinian

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gewissermaßen zum Modell und zum Inhalt seiner weiteren Politik werden konnte". Es ist nicht zu bestreiten, daß Justinian aus dem lateinischen Sprach- und Kulturgebiet des Balkan stammt. Diese Herkunft könnte eines der Motive gewesen sein, warum ihm und seinem Onkel, Kaiser Justin, schon zu einer Zeit, in der niemand eine Restauration des Imperium im Westen vorhersehen oder anstreben konnte, eine kirchliche Gemeinschaft mit Rom so wichtig war, daß sie dafür mit der Anerkennung der  Formula  Hormisdae einen Preis zahlten, den Anastasios nicht bereit gewesen war zu zahlen. Doch daß sein Einsatz für die skythischen Mönche mit seiner Herkunft zusammenhängt, läßt sich nicht beweisen und ist m.E. eher unwahrscheinlich, wie seine erste Reaktion auf das Auftreten der Skythen nahe legt. Was ihn mit den skythischen Mönchen verbindet, ist sein Anliegen, eine authentische Interpretation Chalkedons sicher zu stellen. Unbestreitbar hat sich Justinian die Formel „Einer aus der Trinität" zu eigen gemacht, um das Subjekt seines [24] Bekenntnis zu Christus als dem inkarnierten Gott Logos in aller Deutlichkeit anzugeben. Dadurch unterschied er sich von Zeitgenossen wie Johannes Grammatikos, die dasselbe Anliegen hatten, Chalkedon und Kyrill zugleich gerecht zu werden, ohne aber die Formel „Einer aus der Trinität" zu gebrauchen. Doch warum hat Justinian sich diese Formel zu eigen gemacht? Diese Frage läßt sich nicht beantworten. Vielleicht empfand er sie als eine Konstantinopolitanische Formel, war sie doch schon von Proklos im Tomus ad Armenios (CPG 5897) und von Akakios im Henotikon (CPG 5999) benutzt worden. Die Kirchenpolitik Justinians verfolgte von Anfang an das Ziel, die Anerkennung von Chalkedon im Reich durchzusetzen. Hatte Severos von Antiochien in den Jahren 512 bis 518 über die Grenzen seines Patriarchats hinaus dafür gesorgt, daß ihm gleichgesinnte Bischöfe eingesetzt wurden, so standen die Jahre seit dem Juli 518 im Zeichen einer Gegenbewegung, die E. Honigmann als „Ausrottung der severianischen Hierarchie (518-538)" beschrieben hat. Literatur: A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 343f.; E. Honigmann, Eveques et eveches monophysites d'Asie anterieure au Vie siecle, CSCO 127, Subsidia 2, Louvain 1951; W.H.C. Frend, The Rise (siehe 1.3); zur Vertreibung der Monophysiten aus den Klöstern Palästinas vgl. L. Perrone, La chiesa di Palestina e le controversie cristologiche. Dal concilio di Efeso (431) al secondo concilio di Costantinopoli (553) (Testi e ricerche di Scienze religiose 18), Brescia 1980,186f.

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2. Justinian als Autokrator Kirchenpolitik bis zum endgültigen Bruch mit den Monophysiten (527-536) Justinian war seit April 527 offiziell Mitkaiser und wurde nach dem Tod seines Onkels (August 527) Alleinherrscher. Doch läßt sich seine Politik, vor allem die Kirchenpolitik, nicht ohne den Einfluß, den die Kaiserin Theodora ausübte, verstehen. Der byzantinische Chronist Zonaras kennzeichnet die Regierungsform bis zum Tod Theodoras (548) als eine Doppelherrschaft. Nach Evagrios Scholastikos, dem Kirchenhistoriker, vertrat Justinian die Sache der Chalkedoniker, Theodora die Interessen der Monophysiten (HE, IV 10). Mancher Zeitgenosse wird sich wohl dem Urteil Prokops von Kaisareia angeschlossen haben, der in diesem Vorgehen eine klug bedachte Strategie sah. „Denn solange sie lebten, tat keiner etwas ohne den anderen", und insbesondere im Umgang mit den Anhän[25]gern und Gegnern von Chalkedon hätten sie ihr Handeln stets aufeinander abgestimmt.

2.1 Nestorianer in Konstantinopel Ins Frühjahr 527 noch zu Lebzeiten Justins I. fällt eine Episode, die auf die Existenz religiöser Randgruppen und die Anwesenheit von aus Persien stammenden Nestorianern in Konstantinopel hinweist. Ein Lehrer der Manichäer, Photeinos, mußte „auf Geheiß der beiden Herrscher" vor dem Stadtpräfekten von Konstantinopel seine Überzeugungen in einem Disput gegen einen christlichen Theologen, Paul der Perser genannt, verteidigen. In drei Diskussionsrunden über den Ursprung der Seele, über den Gegensatz zwischen der manichäischen Auffassung zweier ewiger ungewordener Prinzipien des Guten und Bösen und der christlichen Schöpfungslehre sowie über die Bibel als gemeinsames Fundament beider Religionen, vor allem über die Bedeutung des Alten Testaments blieb Photeinos des öfteren die Antwort schuldig und verstummte. Als Ketzer war er von vornherein in einer aussichtslosen Position. Schließlich gab er sich geschlagen und schwieg. Daraufhin wurde ihm das Protokoll seiner Aussagen verlesen, das wohl mit der Wiedergabe des Disputs identisch ist (CPG 7010), die Paul der Perser in sein umfangreiches Dossier aufgenommen hat. Im Disput insistierte Paul darauf, daß die Taufe Jesu Christi den entscheidenden Einschnitt in der Heilsgeschichte bedeutet. Denn mit ihr ist das Ende des Alten Testaments und „der Beginn der Gnade" eingetreten. An dieser Stelle zeigt sich, wie schon G. Mercati bemerkt

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hat, eine Abhängigkeit von einer Sicht der Heilsgeschichte, wie sie Theodor von Mopsuestia in seiner Katastasenlehre vertreten hat. Darum dürfte Paul der Perser ein Nestorianer und, wie der Name sagt, ein Untertan des Persischen Reichs gewesen sein. Vermutlich war er und kein Konstantinopler Theologe zu diesem Disput aufgefordert worden, weil er zum einen auf Grund seiner Herkunft mit der Verteidigung der christlichen Schöpfungs- und Erlösungslehre gegen einen metaphysischen Dualismus vertraut und zum anderen in Hofkreisen Konstantinopels bekannt war. Letzteres legt es nahe, daß er auch der Verfasser eines Schulbuchs gewesen ist, einer „Einleitung in die biblische Theologie", die der Quaestor sacri palatii Junillus (bzw. Junilius) zwischen 541 und 548, wahrscheinlich aber noch, bevor 543 die Frage der Drei Kapitel akut wurde, für den in Konstantinopel weilenden Bischof Primasius von Hadrumetum übersetzt hat (CPG 7015). Der Verfasser des Handbuchs ist ein Lehrer der Schule von Nisibis gewesen, an der nach der Schließung der Schule von Edessa unter Kaiser Zenon (489) der hohe Klerus der nestorianischen Kirche Persiens im Geist der antiochenischen Exegese ausgebildet wurde. Manche Forscher haben ihn mit Paul von Basra, den späteren Metropoliten von Nisibis (554-571/3) identifiziert, dem wir noch als Gesprächspartner Justinians nach dem Frieden von 561 begegnen werden. Ob es sich aber bei dem im Frühjahr 527 in Konstantinopel weilenden Perser Paul und Paul von Basra um dieselbe Person handelt, läßt sich durch keine Quelle belegen. Doch sei angemerkt, daß Mar Aba, der spätere Katholikos der persischen Kirche (540-552) und Lehrer Pauls von Basra, in eben dieser Zeit eine Reise in den Westen unternahm, in Alexandrien, wie Kosmas Indikopleustes kurz nach 544 bezeugt, exegetische Vorlesungen im Geist Theodors von Mopsuestia hielt und danach über Konstantinopel, wo er ein Jahr lang „den wahren Glauben" gelehrt haben soll, 531/ 532 nach Persien zurückkehrte. Er soll, wie es heißt, Konstantinopel verlassen haben, um sich einem Religionsgespräch mit Justinian zu entziehen. Quellen: (1) Paul der Perser, Disput mit dem Manichäer Photeinos (CPG 7010): PG 88, 529-552; (2) Dossier von Paul dem Perser (CPG 7011-7013): PG 88, 552574; (3) desselben Einleitung zur biblischen Theologie (Instituta regularia divinae legis: CPG 7015): hg. v. H. Kihn, Theodor von Mopsuestia und Junilius Africanus als Exegeten, Freiburg 1880, 465-528; (4) Kosmas Indikopleustes, Topographia Christiana (CPG 7468): hg. v. W. Wolska-Conus, Cosmas Indicopleustes. Topographie chretienne, I-III, SChr 141, 159, 197, Paris 1968 - 1973 (zitiert: II, 2-4, SChr 141, 307-309); (6) Vie de Mara Aba, hg. v. P. Bedjan, in: Histoire de Mar-Jabalaha, de trois autres patriarches, d'un pretre et de deux

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laiques nestoriens, Paris - Leipzig 1895, 206-274, bes. 221 f.; (7) Histoire Nestorienne, hg. v. A. Scher, PO 7 , 2 , 1 5 4 - 1 7 0 , bes. 156. Literatur:

G. Mercati, Per la vita e gli scritti di „Paolo il Persiano". Appunti da

una disputa di religione sotto Giustino et Giustiniano, in: Note di letteratura biblica e cristiana antica (Studi e Testi 5), Cittä del Vaticano 1901, 180-206; P. Peeters, Observations sur la vie syriaque de Mar Aba, catholicos de l'Eglise perse (540-552), in: Studi e Testi 125, Cittä del Vaticano 1946, 6 9 - 1 1 2 (Subsidia hagiographica 27, Bruxelles 1951, 117-163); A. Vööbus, History of the School of Nisibis, C S C O 266, Subsidia 26, Louvain 1965; A. Guillaumont, Justinien et l'eglise de Perse, Dumbarton Oaks Papers 23/24 (1969/70) 3 9 - 6 6 , bes. 4 5 ^ 8 ; J.M. Fiey, Nisibe, metropole syriaque Orientale et ses suffragants des origines a nos jours, C S C O 388, [27] Louvain 1977, 51-55; W.A. Bienert, Die „Institute regularia" des Junilius (Junillus) Africanus. Ein nestorianisches K o m p e n d i u m der Bibelwissenschaft im Abendland, in: M. Tamcke, W. Schwaigert, E. Schiarb (Hg.), Syrisches Christentum weltweit. Festschrift Wolfgang H a g e (Studien zur Orientalischen Kirchengeschichte 1), Münster 1995, 307-324, bes. 3 1 4 - 3 1 8 .

In derselben Zeit verließen die Lehrer der platonischen Akademie in Athen das byzantinische Reich, um in Persien, wenn auch nur für kurze Zeit, eine neue Heimat zu finden. Kaiser Justinian hatte ihnen als Heiden 529 das Lehrrecht entzogen und die Akademie geschlossen. Damit verlor die pagane Tradition ihre letzte institutionelle Basis. Als Hort philosophischen Denkens blieb nach 529 nur mehr Alexandrien, dessen Lehrer sich als Christen verstanden und sich weitgehend, sieht man von Johannes Philoponos ab, auf das Kommentieren des Aristoteles beschränkten.

2.2 Versuch einer Annäherung: Die Collatio cum Severianis im Jahre 532 Für die Bevölkerung von Konstantinopel stand das Jahr 532 unter dem Schock des Nikaaufstands, der am 18. Januar, einem Sonntag, mit einem furchtbaren Blutbad geendet und Justinian beinahe Thron und Leben gekostet hat. Von der Öffentlichkeit unbemerkt, fand in jenem Jahr im Hormisdas-Palast ein vom Kaiser organisiertes Religionsgespräch zwischen Vertretern der chalkedonischen Reichskirche und der von ihren Sitzen vertriebenen monophysitischen Hierarchie des Patriarchats Antiochien statt, über das wir durch Berichte beider Parteien gut informiert sind. In jenem Jahr 530, in dem die Offensive Beiisars im Osten erste Erfolge brachte, die zum „ewigen Frieden" mit Persien (532) führen soll-

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ten, zeigten Unruhen gegen den antiochenischen Patriarchen Ephram (527-545), daß die Sympathien weiter Kreise, vor allem der Mönche, nicht dem Bekenntnis von Chalkedon galten. Darum startete Justinian einen Versuch, einen Prozeß der Annäherung einzuleiten und vielleicht einen modus vivendi zu finden, der zwei konkurrierende Hierarchien vermied. Ersteres mißlang, letzteres scheint nicht ohne jeden Erfolg gewesen zu sein, auch wenn dieser nur von recht kurzer Dauer gewesen ist. Zu diesem Zweck organisierte Justinian in Konstantinopel ein Religionsgespräch. Den Vertretern der Reichskirche gab der Kaiser den Auftrag, sich mit denen, „die sich mit dem Bischof Severos von [28] der Kirche getrennt haben, über das, was sie anders auffassen (ambigunt), in aller Friedfertigkeit und Geduld zu vergleichen (ut  ...  conferatis)". Da Severos der Einladung des Kaisers nicht gefolgt war, konnte die  Collatio  als Versuch eines Vergleichs nicht auf Topniveau durchgeführt werden. Justinian versicherte sich zuerst der Mitwirkung der Monophysiten. Er hatte mit den in syrischen Klöstern untergetauchten Bischöfen in zwei Schreiben Kontakt aufgenommen. Erst nachdem sie in Konstantinopel eingetroffen waren, bestimmte er die chalkedonischen Gesprächspartner unter der Leitung des Bischofs Hypatios von Ephesos. Da nur drei dieser Bischöfe zu diesem Zeitpunkt in Konstantinopel anwesend waren, dauerte es einige Tage bis zur Eröffnung der  Collatio,  die der Kaiser nutzte, um mit den Monophysiten persönlich in zwei Treffen zu verhandeln. Dabei übergaben ihm die Monophysiten eine kurze Erklärung ihres Glaubensbekenntnisses,  πληροφορία  bzw.  εκθεσις  πίστεως·  genannt.  Der  Kaiser  nahm  dieses  Dokument  nicht  offiziell  zur  Kenntnis,  sondern  sagte:  „Ich  will  es  lesen,  wenn  ich  Zeit  dazu  finde".  Doch  gab  er  es  an  Hypatios  von  Ephesos  und  den  Patriarchen  Epipha­ nios  von  Konstantinopel  (520­535)  weiter  und  legte  zugleich  die  Ver­ fahrensweise  der  Konferenz  fest,  auf  der  er  sich  selbst  durch  den  Patri­ kios  Strategios  vertreten ließ, der zu diesem Zeitpunkt die Geschäfte des  magister  officiorum wahrnahm. Dessen Vater hatte sich von einem Gegner zu einem Anhänger von Chalkedon bekehrt, wie Strategios zu Beginn der Konferenz, an die Syrer gewandt, erzählt. Der Patriarch von Konstantinopel wurde bei der  Collatio von seinen beiden Synkelloi und dem einflußreichen Presbyter Eusebios, dem Schatzmeister der Hagia Sophia, und jener von Antiochien durch seine Apokrisiare, d.h. seine in Konstantinopel anwesenden Geschäftsträger vertreten. Ferner nahm am Gespräch Leontios, der Apokrisiar der Mönche Palästinas, teil; ob er vom Kaiser dazu eingeladen war, um den Patriarchen von Jerusalem zu vertreten, ist in der Forschung umstritten. Durch diese Geschäftsordnung war vermieden, daß der Kaiser und die chalkedonische Reichskirche zum einen durch den Gang der Konferenz und zum ande-

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ren im Nachhinein zu dieser publizistisch in Schwierigkeiten gebracht werden konnten. Sollte die  Collatio aber zu einer Annäherung der Standpunkte führen, dann konnte sie Ausgangspunkt für künftige Gespräche sein. Nach dem Willen des Kaisers sollten die syrischen Bischöfe ihre Kritik an Chalkedon vortragen, und die chalkedonische Delegation [29] sollte ihnen Rede und Antwort stehen. Der Gang der Konferenz muß hier nicht im einzelnen dargestellt werden. Die Monophysiten forderten eine Antwort auf die Ekthesis, die sie dem Kaiser übergeben hatten. Hypatios sah im Angriff die beste Verteidigung. Mit seinem Versuch, die Monophysiten auf eine Verurteilung des Eutyches festzulegen und gegen die zweite Synode von Ephesos (449) und somit gegen Dioskur von Alexandrien auszuspielen, ging es ihm darum, die Syrer zum Eingeständnis zu bringen, daß die Synode von Chalkedon „zurecht einberufen worden war". So aber lief die Konferenz am zweiten Tag auf eine offene Konfrontation hinaus. Die Syrer versuchten zu Beginn dieser Sitzung mit dem Verlesen ihrer Ekthesis auf das vom Kaiser festgelegte Thema zurückzukommen. Unvermeidlich kam es so zu einer Diskussion über das von ihnen vorgelegte Florileg zu Kyrills  μία  φύσις  του  θεού  λόγου  σεσαρκωμενη.  Diese  lief  auf  die  Frage  hinaus,  wie  die  von  Kyrill  mit  den  Orientalen  433  geschlossene  Union  zu  verstehen  und  in  welchem  Umfang  Kyrill  selbst  zu  rezipieren  sei.  Hypatios ließ nur die zwei sog. Synodalbriefe Kyrills (CPG 5304; 5339), die in der Einleitung zur Definition von Chalkedon ausdrücklich genannt worden waren, als Norm gelten und wies damit den dritten Brief Kyrills an Nestorios mit seinen zwölf Anathematismen (CPG 5317) zurück, der in Chalkedon gegen den Tomus Leonis geltend gemacht, doch nicht in die Definition aufgenommen worden war. Unentscheidbar ist, ob diese durch das Florileg der Syrer angeregte Diskussion vor oder nach jener Auseinandersetzung um die Frage stattfand, ob die Synode von Chalkedon den Brief des Ibas von Edessa an den Perser Mari (CPG 6500) akzeptiert und Theodoret von Kyros trotz seiner nach 433 verfaßten Schriften gegen Kyrills Anathematismen (CPG 6214) in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen hat. Nach Hypatios hat das Konzil von Chalkedon beide Fragen „strenger geprüft, als es Kyrill getan hat". Doch will er in diesem Zusammenhang nicht Theodoret verteidigen, sondern das Konzil von Chalkedon. Wahrscheinlich stimmt der Bericht der Syrer, daß Hypatios am folgenden Tag ein patristisches Florileg vorlegen wollte. Doch nun griff Justinian ein. Das Gespräch wurde am dritten Tag nicht fortgesetzt. Vielmehr wurden die Parteien zu einer Audienz beim Kaiser geladen. Innozenz von Maroneia berichtet nichts Inhaltliches [30] über den Verlauf dieses die Konferenz abschließenden Empfangs. Er konnte deshalb

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davon absehen, weil er seinem Adressaten die Kopie eines Briefes beigelegt hat, den der Kaiser an den Patriarchen Ephräm von Antiochien geschickt hatte. Nach dem im Syrischen überlieferten Bericht ließ sich Justinian nicht auf eine Diskussion der Ekthesis und des Verlaufs der Collatio ein, sondern suchte die Meinung der monophysitischen Bischöfe zu erkunden, unter welchen Bedingungen sie „eine Union aller Patriarchen" für möglich hielten. Auf diese Frage geht der von F. Nau edierte Bericht näher ein. Der Sache nach halten die Syrer an den Bedingungen fest, die sie in ihrer Ekthesis und am ersten Tag der Konferenz genannt hatten. Sie fordern ein Anathem gegen die ZweiNaturenlehre, gegen den Tomus Leonis und gegen das, „was in Chalkedon gegen den wahren Glauben geschah", nämlich die Rezeption des Briefes, den Ibas von Edessa an den Perser Mari geschrieben hat, und die Aufnahme von Ibas und Theodoret in die kirchliche Gemeinschaft. Doch schlagen sie darüber hinaus einen ersten Schritt vor: Die  libelli der Römer, die von allen zur Zeit amtierenden Bischöfen unterschrieben wurden, sollten nicht mehr gelten. Unter „zwei Naturen" verstehen die Verfasser der Ekthesis „zwei Hypostasen", so daß sie diese Formel mit dem Namen des Nestorios verbinden. Sie selbst bekennen sich zu „der einen Natur und Hypostase des inkarnierten Gott Logos". Die hypostatische Einung, das Bekenntnis zum  Χριστός  σύνθετος schließe eine „Trennung"  (διαίρεσις)  und  darum  Chalkedons  „in  zwei  Naturen"  aus.  Dem  entspricht  bei  Innozenz  von  Maroneia  ihre  Aussage, daß die Formel „aus zwei Naturen" nichts anderes bedeute als Kyrills  μία  φύσις  θεού  λόγου  σεσαρκω­ μενη  und daß Chalkedons „in zwei Naturen" zwei Personen und zwei Hypostasen meine. Dem  Agit  enim  utraque  forma des Tomus Leonis stellt die Ekthesis die Formel der „einen Energie  (μία ενέργεια)  des  Gott  Logos"  entgegen,  die  sowohl  in  den göttlichen Taten Christi  (τά  θεοπρεπή)  als  auch  in  den  Niedrigkeitsaussagen  (τά  ταπεινά  τε  καΐ  ανθρώπινα) erkannt  wird.  Obwohl  Justinian  einsehen mußte, daß der Versuch eines Vergleichs gescheitert war, gab er sich nach dem von F. Nau edierten Bericht nicht geschlagen. Er bot eine eigene Unionsformel an. Er nannte darin sechs Bedingungen: (1) Außer Nestorios und Eutyches sollten auch Diodor von Tarsos, Theodor von Mopsuestia, Theodoret von Kyros und Ibas von [31] Edessa verurteilt werden. (2) Kyrills dritter Brief an Nestorios mit seinen zwölf Anathematismen (CPG 5317) sollte für eine authentische Interpretation der Definition von Chalkedon akzeptiert werden.

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(3) Kyrills Bekenntnisformel von der  μία  φύσις  θεού  λόγου  σεσαρκωμενη  sollte  zugleich  mit  jener  von  den  „zwei  geeinten  und  untrennbaren  Naturen"  gelten,  so daß nestorianische Ansichten eindeutig ausgeschlossen sind. (4) Die Synode von Chalkedon sollte akzeptiert werden, sofern sie Eutyches verurteilt hat. Doch sollten die Monophysiten nicht verpflichtet sein, die eigentliche Definition von Chalkedon zu übernehmen. Im Zusammenhang mit der dritten Bedingung heißt dieses, daß sie nicht den Wortlaut der Definition, wohl aber eine Interpretation derselben akzeptieren sollten, die ein nestorianisches Verständnis ausschließt. (5) Die Monophysiten sollten ihr Anathem gegen den Tomus Leonis zurücknehmen. (6) „Die  libelli der Römer" sollte nicht suspendiert werden. Mit anderen Worten, die seit 519 wieder hergestellte kirchliche Gemeinschaft mit Rom sollte nicht gefährdet werden. Daß dieser Katalog von Justinian zusammengestellt wurde, ist nicht unglaubwürdig. Denn er passt, wie sich noch zeigen wird, zu Justinians Auffassung einer authentischen Interpretation der Definition von Chalkedon und umschreibt einen Minimalkonsens, der das eigentliche Anliegen beider Parteien festhält und darum von jeder Konfession Zugeständnisse verlangt. Er fordert von beiden Gruppen ein realpolitisches Denken und darum Bereitschaft zum Kompromiß. Es wundert darum nicht, daß er bei den Syrern auf Ablehnung stieß. War eine Annäherung der Standpunkte in der Frage des Glaubensbekenntnisses ausgeschlossen, so scheint es dennoch nach Abschluß der  Collatio zu einer Art Vertrag gekommen zu sein, der für eine kurze Zeit dazu führte, daß die von ihren Sitzen vertriebenen syrischen Bischöfe aufhörten, Kleriker für jene Städte zu weihen, in denen chalkedonische Bischöfe saßen. Auch wenn der Bericht des Innozenz von Maroneia nichts zu dieser Frage berichtet, so dürften die syrischen Quellen glaubwürdig sein. Zumindest spricht die hagiographische Überlieferung zu Johannes von Telia, einem der syrischen Bischöfe, die an der  Collatio teilgenommen haben, dafür. Dieser hatte solche Weihen vorgenommen und prophezeit, daß eine [32] Zeit käme, in der diese Weihen nicht mehr stattfinden könnten. Diese Prophezeiung hat sich nach Johannes von Ephesos in den auf die  Collatio folgenden Jahren erfüllt. Was dieses konkret heißt, ist eine andere Frage. Sollte sich Justinian nach der  Collatio mit den syrischen Teilnehmern tatsächlich in der Frage der Weihen geeint haben, so war eine solche Absprache schnell durch die Ereignisse der folgenden Jahre überholt, die zum Aufbau einer monophysitischen Gegenkirche führten.

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Die Absicht des Kaisers, mit der  Collatio eine Annäherung der Standpunkte zu erreichen, war nicht nur an den Syrern gescheitert. Dieses zeigt sich vor allem bei der Diskussion der Anathematismen Kyrills. Wie Justinian berichtet worden war, hatten sich die Chalkedoniker geweigert, die sog. theopaschitische Formel „der Gott Logos hat im Fleisch gelitten" zu akzeptieren und zu bekennen, daß „die Wunder und die Leiden", d.h. die biblischen Hoheits- und die Niedrigkeitsaussagen, „ein und derselben Person" zuzuschreiben sind bzw. von dieser gewirkt wurden. Dieses führte zu einem Nachspiel. Justinian bat Hypatios von Ephesos und den Patriarchen Epiphanios von Konstantinopel zu sich und forderte von Hypatios eine Rechtfertigung. Hypatios unterscheidet in seiner Antwort zwischen der Person Christi und den Naturen: Wunder und Leiden sind von ein und derselben Person Christi auszusagen. Das Leiden vollzieht sich „im Fleisch", nicht in der Gottheit. Doch das Bekenntnis zum „Einen aus der Trinität" entspricht dem ομοούσιος τω πατρί  des  Symbols  von  Nikaia  und  gilt  der  Person  Christi  „im  Hinblick  auf  seine  Gottheit".  Hypatios  unterscheidet  die  Prädikate  (κατά  τι),  spricht  aber  nicht über das Subjekt der Aussagen (κατά TLVOS).  Mit  anderen  Worten,  er  betrachtet  die  Formel  unus  ex  trinitate  als Prädikat, das  secundum  divinitatem ausgesagt wird, nicht aber als Subjekt, über das Göttliches  secundum  divinitatem, Menschliches  secundum  humanitatem ausgesagt, wird. Als Subjekt nennt er die Person Christi. Insofern kann er sich zur theopaschitischen Formel der skythischen Mönche bekennen. Ob er aber „den Einen aus der Trinität" auch als „die eine Person und Hypostase" von Chalkedon und die Person Christi als die menschgewordene Hypostase des Gott Logos im Sinn Kyrills aufgefaßt hat, bleibt offen, auch wenn er auf Grund von Kyrills zweitem Brief an Sukkensos (CPG 5346) Chalkedons Definition als eine Aussage über „zwei in einer Person existierende Naturen" rechtfertigt, wobei es ihm primär u m die  duae  naturae  existentes bzw.  subsistentes [33] ging. Diese Undeutlichkeit wird vernachlässigt, wenn man Hypatios einfachhin als einen „strengen Chalkedoniker" kennzeichnet. Justinian scheint das, was Hypatios nicht gesagt hat, nicht bemerkt zu haben. Denn nach Innozenz' Bericht hat er dieser Darstellung des Hypatios nichts entgegengesetzt oder hinzugefügt. So wird es verständlich, warum er den Bischof von Ephesos mit dem Bischof Demetrios von Philippi im Juni 533 zu Papst Johannes II. (533-535) schickte, um Roms Anerkennung der theopaschitischen Formel sicher zu stellen. Quellen: (1) Innozenz von Maroneia, Epistula ad Thomam presbyterum Thessalonicensem de collatione cum Severianis habita (CPG 6846; 9311): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 169-184; (2) Pleriphoria sive epistula episcoporum mo-

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nophysitarum ad Justinianum imperatorem (CPG 6849, 9310) bei Ps. Zacharias Rhetor (CPG 6995) IX 15: hg. v. E.W. Brooks, Historia Ecclesiastica Zachariae rethori uulgo adscripta II, CSCO 87, Louvain 21953, 115-123 (syr.); 88, Louvain 21953, 79-84 (lat. Übers.); verbesserte Übersetzung: W.H.C. Frend, The Rise (siehe 1.3) 362-366; (3) Bericht der Severianer im Codex Harvard syr. 22, hg. v. S. Brock, The conversations with the Syrian Orthodox under Justinian (532), in: Orientalia Christiana Periodica 47 (1981) 92-113; (4) vom Standpunkt der Severianer verfaßter Bericht im Codex Britisch Library Add. 12.155, hg. v. F. Nau, Documents pour servir ä l'histoire de l'Eglise nestorienne II: Textes monophysites, PO 13 (1919) 192-196, neu übersetzt von S. Brock, a.a.O., 113-117; (5) Antwort des Severos an Kaiser Justinian: Ps. Zacharias Rhetor (CPG 6995) IX 16, a.a.O. (lat. Übers.: CSCO 88, 85,1-90,15; zitiert: 80,22; 81,3-5); (6) zur zitierten Formel des Tomus Leonis siehe 1.3.1; (7) zu den von Johannes von Telia vorgenommenen Weihen vgl. (a) Elias, Vita Johannis episcopi Teliae, hg. v. E.W. Brooks, Vitae virorum apud Monophysitas celeberrimorum, CSCO 8, Louvain 21955, 38,34-39,4; (b) Johannes von Ephesos, Vita Johannis Teliae, hg. v. E.W. Brooks, John of Ephesus, Lives of the Eastern Saints, PO 18,4 (1924; 2 1983) 524. Literatur: S. Brock, The conversations with the Syrian Orthodox under Justinian (532), in: Orientalia Christiana Periodica 47 (1981) 87-121; J. Speigl, Das Religionsgespräch mit den severiansichen Bischöfen in Konstantinopel im Jahre 532, in: Annuarium Historiae Conciliorum 16 (1984) 264-285; A. Grillmeier (siehe 1.1) 370-375; ders. (siehe 1.4.3) 244-262. - Zum Datum der Collatio E. Honigmann (siehe 1.4.5) 150; E. Stein (siehe Bibl.) II, 378. Zur Beurteilung des NikaAufstands und Prokop, Anekdota, X 15-18: A. Cameron, Circus Factions: Blues and Greens at Rome and Byzantium, Oxford 1976; G. Greatrex, The Nika Riot: A Reappraisal, in; Journal of Hellenic Studies 117 (1997) 60-86. Zur Rezeption Kyrills in Chalkedon, bes. zu CPG 5317, vgl. K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus (siehe 1.3.1). Zur Frage der Aussagenlogik vgl. ders., Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians, in: Chalkedon: Ge[34]schichte und Aktualität (siehe 1.2) bes. 83-87.

2.3. Die Wende Roms in der Frage der theopaschitischen Formel Justinian hatte am 15. März 533 zur Abwehr des Nestorianismus bzw. einer nestorianischen Interpretation der Definition von Chalkedon in einem als Edikt veröffentlichten Glaubensbekenntnis die theopaschitische Formel betont: Christus ist „der Eine aus der Trinität (et ς της τριάδο?),  der  ...  gekreuzigt  wurde".  Justinian begründet diese Formel aus der hypostatischen Union  (ή  καθ'  ύπόστασιν  ενωσι,ς),  die  eine  Tren

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nung in zwei Subjekte, in den Gott Logos und in Christus, ausschließt. In dieser Einheit liegt begründet, daß wir erkennen, daß die Wunder und die Leiden, d.h. die Hoheits- und die Niedrigkeitsaussagen der Schrift, „ein und demselben" - dem ets της-  τριάδος  ­ „gehören", d.h. über diesen auszusagen sind. Weil die Nestorianer diese Einheit des Subjekts leugnen, erweitern sie mit ihrem Bekenntnis zu Christus die Trinität zur Tetrade. Damit greift er ein in der Polemik gegen Nestorios und seine Anhänger stereotyp wiederholtes Argument auf. In seinem Brief an Papst Johannes II. vom 6. Juni 533, den er Hypatios von Ephesos mit auf den Weg gegeben hat, wiederholt Justinian diesen Gedankengang. Für seine Sicht der hypostatischen Union ist die Tatsache interessant, daß er diesen Terminus als „Einheit in einer Hypostase"  (in  una  subsistentia  unitas) übersetzt. Aus diesem Brief erfahren wir auch, daß es sich bei den bekämpften Nestorianern um Verteidiger des Konzils von Chalkedon handelt, nämlich um die Akoimeten in Konstantinopel, denen eine nestorianische Interpretation der Definition dieser Synode unterstellt wird. Sie haben sich an den Papst gewandt, um ihn für ihre Ansicht zu gewinnen. Den Schlüssel zu einem authentischen Verständnis der Definition von Chalkedon sahen sie nicht in der Rezeption der Christologie Kyrills, sondern in einem Bekenntnis zu den zwei Naturen, zu Christus als „Gott und Mensch zugleich", und damit in einer antiochenischen bzw. Leonischen Rezeption von Chalkedon. Dieses dürfte damit zusammenhängen, daß die Klostergemeinschaft der Akoimeten sich aus drei Sprach- und Kulturräumen rekrutierte, die „das ewige Gebet" in ihren Chören verwirklichten: Sie bestand aus Griechen, Lateinern und Syrern. E. Schwartz nannte ihr Kloster „die traditionelle Trutzburg der streng chalkedonischen mit Rom in enger Verbindung stehenden Fronde gegen Hof und Patriarchat [35] von Konstantinopel". Darum erstaunt es, daß Papst Johannes II. in seiner Antwort an Justinian vom 25. März 534 den Akoimeten die kirchliche Gemeinschaft aufkündigt und sich dem Kaiser und dem Patriarchen von Konstantinopel, der die Akoimeten schon 533 exkommuniziert hatte, anschließt. Zur unmittelbaren Vorgeschichte, die zu diesem Vorgehen gegen die Akoimeten geführt hat, gehört höchst wahrscheinlich die jüngste Schicht der fingierten Korrespondenz mit und über Petros den Walker (CPG 6525), mit der gegen die theopaschitische Formel polemisiert wurde. Im Jahre 533 auf 534 sahen R. Riedinger und A. Grillmeier das Schicksalsjahr der Akoimeten, das „jähe Ende" ihres Einflusses in Konstantinopel. Diese Aussage wird der Geschichte der Akoimeten nicht gerecht, deren Gemeinschaft schon vor 533 nicht mehr die Dynamik der drei ersten Generationen besaß und auch nach 533 weiter existierte, ja mit ihrer hervorragenden Bibliothek

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im Streit um die Drei Kapitel eine nicht unbedeutende Rolle spielen sollte: Facundus von Hermiane hat dort 546/548 seine Argumente  pro  defensione  trium  capitulorum zusammengestellt, und der Diakon Rusticus hat um 565 ebenda das umfangreiche Material für sein  Synodicon  gefunden. Hatte im Jahre 520 Justinian von Papst Hormisda keine Antwort erhalten, als er sich für die theopaschitische Formel einsetzte, und hatte Hormisda damals gegenüber Kaiser Justin I. und dem neuen Patriarchen von Konstantinopel, Epiphanios, deutlich zur Kenntnis gegeben, daß es genügt, sich auf die Aussagen des Konzils von Chalkedon zu beschränken, so vollzieht Papst Johannes II. mit seinem Brief vom 25. März 534 eine Wende. Wie sehr er sich der Begründung Justinians anschließt, zeigt eindrücklich sein Brief an den römischen Senat am Hof in Ravenna. Mit Zitaten aus Bibel und Väter belegt er die Rechtgläubigkeit von Justinians Sicht der theopaschitischen Formel: Christus ist „Einer aus der Trinität", nämlich eine der drei göttlichen Personen, und darum hat „Gott im Fleisch gelitten". Inzwischen hatte Rom Kyrill ein wenig aus den Übersetzungen des Dionysius Exiguus kennengelernt, und der Papst zitiert aus diesen Kyrills zwölften Anathematismus (CPG 5317). Er scheint selbst die Formel „aus zwei Naturen" nicht vermeiden zu wollen, die in Chalkedon für Rom noch Stein des Anstoßes gewesen ist: „Christus unser Herr ist, wie wir oft gesagt haben, Einer der heiligen Trinität, aus zwei Naturen zu erkennen". Der Papst will jede nestorianisierende Interpretation des Sub[36]jekts des Christusbekenntnisses - des  unus  ex  trinitate  - ausschließen. Darum lehnt er eine Präexistenz der menschlichen Wirklichkeit Christi, mit Joh. 1,14 „Fleisch" genannt, vor der hypostatischen Einung ab. Nicht im Voraus zur Einung mit der Hypostase des Gott Logos, sondern zugleich mit der Einung wurde der Mensch Jesus geschaffen. Der Sache nach ist dieses der Gedanke, daß die menschliche Natur Christi einzig „in der Hypostase des Logos existiert", und der Ausgangspunkt für den von Theologen des 6. Jahrhunderts benutzten Begriff der Enhypostasie. Selbstverständlich betont der Papst die Autorität seines Vorgängers Papst Leo I. Doch interpretiert er in seinem Brief an den Senat den Tomus ad Flavianum als Vorläufer der theopaschitischen Formel. Er zitiert eben jene Stelle, die schon Justinian angeführt hatte:  Impassibilis  deus  non  dedignatus  est  homo  fieri  passibilis.  Rom hat sich 534, als Beiisar nach dem siegreichen Feldzug gegen die Vandalen (533) zur Rückeroberung Italiens ansetzte, jener Rezeption der Synode von Chalkedon geöffnet, für die sich die skythischen Mönche und Johannes Grammatikos, Justinian, die Patriarchen Ephram

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von Antiochien und Epiphanios von Konstantinopel und die Kirche von Jerusalem je auf ihre Weise eingesetzt hatten. Eine einheitliche Interpretation der Definition von Chalkedon schien sich nun allgemein bei den Anhängern des Konzils durchgesetzt zu haben, sollte die römische Position für den ganzen Westen verbindlich sein. Quellen: (1) Brief Justinians vom 15.3.533 (CPG 9313): Codex Iustinianus, 1,1/6, hg. v. P. Krüger, Codex Iustinianus (Corpus Iuris civilis, vol. II), Berolini 1877, 7f.; hg. v. M. Amelotti-L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 32-35 (zweisprachige Ausgabe); griechisch aus dem Chronicon Paschale (CPG 7960), ed. L. Dindorf, I, Bonn 1832, 630-633, wiedergegeben in PG 92; (2) Brief Justinians vom 26.3.533 an Patriarch Epiphanios (CPG 9314): Codex Iustinianus 1,1,7, hg. v. P. Krüger, a.a.O, 8-10; (3) von Hypatios überbrachtes Schreiben Justinians an Johannes II. vom 6.6.533 (CPG 6874; 9315), zitiert in der Antwort von Johannes II. (CA 84, CSEL 35,1, 320,12-328,5; im Codex Iustinianus 1,1,8 hg. v. P. Krüger, a.a.O., 1012): CA 84, 7-21, 322,6-325,11 (wiederholt im Brief von Papst Agapet I. im März 536: CA 91, 8-22, 344,25-347,19: vgl. CPG 9320); (4) Brief von Papst Johannes II. an Justinian vom 25.3.534 (CPG 9316; CPL 1692; Jaffe 884): CA 84 (siehe unter 3); (5) Brief desselben an den Senat vom 25.3.534 (CPG 9317; CPL 1692; Jaffe 885): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 206-210; (6) Epiphanios von Konstantinopel, Exkommunikation der Akoimeten: V. Grumel, Les regestes des actes du patriarcat de Constantinople I, Paris 1972, 224a; (7) jüngste Schicht der fingierten Korrespondenz mit Petros [37] Gnapheus (CPG 6525), bes. Brief 8-10, ACO III, 18-25 (vgl. E. Schwartz, ACO III, S. XIII-XIV); (8) aus früheren Briefen Justinians bzw. Hormisdas werden zitiert: (a) CPG 6873; 9295: CA 235; (b) CPG 93009301 (CPL 1683; Jaffe 857; 861): CA 236-237. Literatur.: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: Gesammelte Schriften IV, Berlin I960, 276-328 (aus: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist, Abt., N.F. 1940, 32-72); ders., Publizistische Sammlungen (siehe 1.2); L. Perrone, La chiesa di Palestina (siehe 1.4.5); A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 355-360. Zu den Akoimeten: R. Riedinger, Akoimeten, TRE 2 (1978) 148-153 (subjektiv, sofern Zusammenfassung eigener Forschung); wichtig bleibt: ]. Pargoire, Acemetes, in: Dictionnaire d'archeologie chretienne I (1924) 307-321. Zu Begründung und Begriff der Enhypostasie: K.-H. Uthemann, Definitionen (siehe 2.2).

2.4 Auf dem Weg zum endgültigen Bruch mit den Monophysiten War ein solches Verständnis von Chalkedon, das durch das Edikt vom 15. März 533 als Reichsgesetz gelten mußte, geeignet, eine Brücke zu

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den Gegnern von Chalkedon, insbes. zu den Anhängern des Severos von Antiochien, zu schlagen, nachdem der Versuch eines Vergleichs mit der Konferenz des Jahres 532 gescheitert war? Bei den Historikern unserer Tage läßt sich für die Jahre 531 bis 536 geradezu ein Konsens nachweisen, Justinian habe in dieser Zeit zugunsten einer Einigung mit der Monophysiten zumindest keinen eindeutigen Kurs verfolgt. Kennzeichnend ist die Aussage von E. Schwartz, der für die genannten Jahre von einem „kaiserlichen Zickzackweg" spricht, der wohl auf den Einfluß der Kaiserin Theodora zurückgehe, auch wenn sich letzteres „quellenmäßig" nicht beweisen lasse. Das Chronicon Paschale (CPG 7960) berichtet, daß im November 533 Konstantinopel durch ein furchtbares Erdbeben heimgesucht wurde: Die betende Menge rief zu Christus „Nimm und verbrenne das von den Bischöfen der Synode von Chalkedon verfaßte Dekret". Sollte Justinian unter den Druck der Straße geraten sein? Sollte er um eines Kompromisses willen unsicher geworden und nicht mehr an einer authentischen Interpretation von Chalkedon interessiert gewesen sein? Im Herbst 534 verließ Severos von Antiochien seinen Zufluchtsort in Ägypten und begab sich nach Konstantinopel. Um Kaiserin Theodora begann sich ein Kreis monophysitischer Bischöfe zu sammeln, die seit 518 von ihren Sitzen verbannt waren und sich bis dahin in Klöstern versteckt gehalten hatten. Diese bewegten sich [38] nun zum Ärgernis manches Frommen öffentlich auf den Straßen Konstantinopels. Die Zeiten der chalkedonischen Restauration unter Kaiser Justin I. schienen vergessen zu sein.

2.4.1 Der Hymnus Ό Μονογενή? und das Ende einer liturgischen Gemeinschaft In eine solche Situation scheint nicht schlecht zu passen, was der Chronist Theophanes im 9. Jahrhundert zum Jahre 535/536 berichtet. Justinian habe angeordnet  (παρέδωκεν),  in  den  Kirchen  den  Hymnus  Ό  Μονογενής  Υιός  και  Λόγος  τοΰ Θεοΰ zu  singen.  Noch  heute  wird  dieses  Troparion  in  der  Vormesse  sowohl  der  by­ zantinischen  als  auch  der  jakobitischen  Liturgie  gesungen.  In  der  letzt­ genannten  wird  es  Severos  von  Antiochien  zugeschrieben.  Nach  V.  Grumel  weist  die  Tatsache, daß beide Liturgien diesen Hymnus kennen, darauf hin, daß das von Theophanes genannte Datum nicht verkehrt und der Hymnus vor dem endgültigen Bruch im Jahre 536 entstanden ist. Da sich im Bericht des Innozenz von Maroneia über das Nachspiel zur  Collatio  cum  Severianis (532), in dem Hypatios sich rechtfertigen

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mußte, kein Hinweis auf einen liturgischen Gebrauch der Formel „Einer aus der Trinität" findet, scheint der Hymnus erst nach dieser Konferenz in die Liturgie eingeführt worden zu sein. Wer ist der Verfasser des Hymnus? In der byzantinischen Überlieferung wird Justinian und nicht wie in der jakobitischen Severos genannt. Sollte Justinian den Hymnus von Severos übernommen haben? Oder sollte der Hymnus weder von dem einen noch von dem anderen verfaßt worden sein und, nachdem er noch vor dem Bruch in die Liturgie eingeführt worden war, später, als die monophysitische Kirche sich etabliert hatte und beide Konfessionen miteinander konkurrierten, Justinian bzw. Severos zugeschrieben worden sein, um ihn als Ausdruck des eigenen Bekenntnisses der anderen Konfession abzusprechen? Die Frage ist eigentlich nicht zu entscheiden, auch wenn es merkwürdig bleibt, daß der Hymnus mit dem Namen Justinians verbunden wird, der sich im Unterschied zu Severos keinen Namen als Verfasser liturgischer Poesie gemacht hat. Auf jeden Fall gibt der Hymnus gut wieder, was Justinian selbst 533 in seinem Edikt und in seiner Korrespondenz mit Rom vorgetragen hat. Der Hymnus lautet: [39] Ό Μονογενής  Υιός  και  Λόγο?  του  θεοίι  αθάνατο?  ύπαρχων,  καταδεξάμενος  δίά  την  ήμετεραν  σωτηρίαν  σαρκωθήναί  έκ  της  άγιας  Θεοτόκου  και  άεπταρθένου  Μαρίας,  άτρέπτως  ένανθρωπήσας  σταυρωθείς  τε,  Χριστέ  ό  θεός,  θανάτω  θάνατον  πατήσας,  είς  ών της  αγίας  τριάδος,  συνδοξάμενος  τω  πατρί  και  τω  άγίω  πνεύματι,  σώσον  ή μας. 

Eingeborener  Sohn und  Logos  Gottes,  du nahmst es, obwohl  du  unsterblich  bist, auf  dich,  um unseres Heiles  willen  inkarniert  zu  werden  aus  der  heiligen  Gottesgebärerin und immerwährenden Jungfrau Maria. Unwandelbar bist du doch Mensch geworden; und gekreuzigt, Christus Gott, hast du den Tod durch deinen Tod zertreten, der du Einer bist der heiligen Trinität, gemeinsam verherrlicht mit dem Vater und dem heiligen Geist, rette uns!

Alle Prädikationen sind auf den flehenden Ruf „Christus Gott, rette uns!" hingeordnet. Zugleich trennt der Anruf  Χριστέ  ό θβός  die  beiden  Kola  der  theopaschitischen  Formel:  eis  της  τριάδος  ­  σταυρωθεί?.  Dieses  entspricht  der  Art,  wie  Justinian  auch  sonst  gern  die  Formel  in  zwei  Aussagen  und  darum  weniger  provokativ  als  z.B.  die  skythischen  Mönche vorgetragen hat: „Christus ist der Eine aus der Trinität" -

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„Gott wurde für uns gekreuzigt". Der Hymnus vermeidet die kontroversen Begriffe „Natur" und „Hypostase" und spricht das religiöse Anliegen an, das Chalkedoniker und Monophysiten verband. Zugleich betont er, daß Christus als Subjekt des Bekenntnisses der erlösende Gott Logos ist, und zwar nicht nur der Christus der Herrlichkeit, sondern auch jener, der um des menschlichen Heiles willen gelitten hat. Damit aber schließt der Hymnus aus, was man damals als eine nestorianische Interpretation Chalkedons ansah, und sichert auf diese Weise ab, was Justinian stets mit der Formel vom „einen aus der Trinität" festhalten wollte. Quellen: Troparion (CPG 6891): hg. v. W. Christ-M. Paranikas, Anthologia graeca carminum christianorum, Lipsiae 1871 (Nachdruck Hildesheim 1963), 52; hg. v. M. Amelotti-L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 44; ferner in den Editionen der Chrysostomosliturgie, z.B. in jener von P. De Meester, La divine liturgie de notre pere S. Jean Chrysostome, Rome-Paris 21925, 32. Literatur: V. Grumel, L'auteur et la date de la composition du tropaire Ό Μονογενή?, in: Echos d'Orient 22 (1923) 398^118.

2.4.2 Die Affäre des Patriarchen Anthimos A m 5. Juni 535 starb Patriarch Epiphanios von Konstantinopel, [40] und Kaiser Justinian bestellte als seinen Nachfolger „einen outsider, den Bischof Anthimos von Trapezunt". Diese dem kanonischen Recht zuwiderlaufende Entscheidung wurde von den Patriarchen von Antiochien und Jerusalem ohne Widerspruch hingenommen. Anthimos hatte auf Seiten der Chalkedoniker am Religionsgespräch mit den Severianern 532 teilgenommen. Will man den Standpunkt der Kirchenpolitik Justinians nach der mit Papst Johannes II. erreichten Ubereinkunft beurteilen, dann hängt viel davon ab, wie man Justinians Haltung zu Anthimos und Anthimos' Aussagen zur Christologie interpretiert. Dieser stimmte zur Zeit seiner Inthronisation gewiß mit den Ansichten Justinians überein, wie das Fragment einer feierlichen Ansprache, die Anthimos an den Kaiser gerichtet hat, zeigt, das in den Akten der 6. Ökumenischen Synode unter den  Testimonia  haereticorum bewahrt geblieben ist (CPG 7086). Auch Patriarch Ephram von Antiochien akzeptierte damals in zwei Briefen, die an Justinian bzw. Anthimos gerichtet waren (CPG 6908), die Synodika, mit der Anthimos seine Ernennung mitteilte, fand aber das Anathem gegen Eutyches ein wenig vage formuliert.

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Schon kurze Zeit danach nahm Anthimos die kirchliche Gemeinschaft mit dem in Konstantinopel weilenden Severos von Antiochien und mit dessen Parteigänger, dem Patriarchen Theodosios von Alexandrien, auf. Die Einzelheiten kennen wir aus dem Bericht jenes monophysitischen Mönchs aus Amid, der die Kirchengeschichte des Zacharias 569 fortgesetzt hat. Dieser fügt an seinen Bericht ein Dossier hinzu. Es enthält die Korrespondenz des Anthimos mit Severos und Theodosios, der sich in dieser Zeit, durch die staatliche Gewalt gestützt, nur mit Mühe gegen Gaianos, den Bischof der Anhänger Julians von Halikarnaß, in Alexandrien behaupten konnte. Den ersten Schritt taten Anthimos und Severos bewußt ohne Kenntnis des Kaisers „in aller Heimlichkeit" (CPG 7070,7). Anthimos nennt dabei als Norm für das Bekenntnis zu Christus insbes. die Synode von Ephesos (431) mit den zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) und akzeptiert „alle Werke" Kyrills sowie das Henotikon (CPG 5999), das er, sollte es sich nicht um eine Interpolation handeln, wie die Monophysiten als eine Entscheidung gegen Chalkedon und den Tomus Leonis auffaßt. Doch nur im Schreiben an Severos, nicht aber in der Synodika an Theodosios spricht er einen Bannfluch gegen das Konzil von Chalkedon und Leos Tomus aus. Wollte [41] man die kirchliche Gemeinschaft mit Alexandrien wieder herstellen, dann konnte man das Henotikon nicht einfach übergehen. Alles hing davon ab, wie man es intepretierte. Indem Anthimos hervorhob, daß das Henotikon seiner Intention nach nicht nur eine Kritik am Tomus Leonis sein wollte, was man kaum leugnen konnte, sondern auch gegen die Definition von Chalkedon gerichtet war, wurde eine Rezeption des Henotikon für alle Anhänger von Chalkedon unannehmbar. Dieses gilt um so mehr, als Anthimos im Kontext eine Christologie vertrat, die sich mit jener des Severos von Antiochien deckte, sofern die Begriffe „naturhafte Einung" (eνωσις-  φυσική)  und  „hypostatische  Union"  (ενωσι.ς· καθ' ύπόστασιν)  ­  mit  einem  Bekenntnis  zur  μία  φύσις  θεού  λόγου  σεσαρκωμένη  ­  synonym  gebraucht  wurden.  Doch  unvermittelt  steht  in  diesen  Dokumenten  zugleich, daß „eine jede der (beiden) Naturen unvermischt  (άσυγχύτως)  in  der  unteilbaren  Ei­ nung  (ewuCR?)  erhalten  geblieben  ist".  Die  Einung  wird  als  eine  solche  „aus  zwei  Naturen"  beschrieben,  und  am  „Unterschied  (διαφορά)  der  Naturen,  die  zu  einer  Einheit  zusammengekommen  sind",  wird  fest­ gehalten.  Doch  die  Formel  „in  zwei  Naturen"  wird  nur  mit  einer  Tren­ nungs­Christologie  in  Zusammenhang  gebracht  und  darum  abgewie­ sen.  Formal  wird  mit  der  Aussage  „Wir  trennen  den  Einen  nicht  in  zwei  Naturen  (εις· δύο  φύσεις  ή έν  δύο φύσεσιν)"  nichts  gegen  die  Defi­ nition  von  Chalkedon  vorgetragen,  da  „trennen"  hier  die  nestoriani­ sche  Trennung  (διαίρεσις)  unterstellt.  Doch  der  Sache  nach  ist  dieses 

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ein Schritt hinter Chalkedon und die Union von 433 zurück, da das chalkedonische „in zwei Naturen erkannt" hier nur als  διαίρεσις  im  Gegensatz  zur διαφορά  interpretiert  wird.  Mit  der  Wahrung  des  Unterschieds  der  Naturen  wird begründet, daß „der Eine aus der Trinität" im Fleisch leidensfähig war und tatsächlich gelitten hat. Damit soll hier nur die Lehre des Julian von Halikarnaß abgewiesen werden. Sollte Anthimos im Konsens der Severianer und der Anhänger Chalkedons gegen die Gaianiten eine Chance für die Aufnahme einer kirchlichen Gemeinschaft mit Alexandrien gesehen haben? Erstaunlich ist, daß er mit seiner Interpretation des Henotikon nicht nur bereit war, den Tomus Leonis aufzugeben, sondern auch die Definition von Chalkedon. Denn damit stand er im Jahre 535 in der chalkedonischen Reichskirche allein. Zwar blieb das im Jahre 569 vom Continuator des Zacharias ver[42]öffentlichte Dossier, das vom Herbst auf den Winter 535 entstanden sein muß, zunächst geheim. Nirgends wird es in den folgenden Monaten zitiert. Doch scheint das ein oder andere durchgesickert zu sein. Eine Gruppe Konstantinopolitaner Mönche verdächtigte nämlich Anthimos der Konspiration mit den monophysitischen Bischöfen in der Umgebung der Kaiserin und verlangte von ihm ein öffentliches Bekenntnis zur Definition von Chalkedon und zum Tomus Leonis sowie einen Bannfluch sowohl gegen Nestorios und Eutyches als auch gegen Dioskur von Alexandrien. Letzteres habe auch das Konzil von Chalkedon getan (CPG 9325,2). Da Chalkedon Dioskur gewiß nicht wegen seines Glaubens anathematisiert hatte, mußte dieser Angriff mißlingen. Daraufhin wandten sich die Mönche nach Rom (CPG 9325,3) und gewannen Papst Agapet I. (535-536), als dieser Ende Februar oder Anfang März 536 im Auftrag des Königs der Goten Theodahad nach Konstantinopel kam, um Justinian zu bitten, die byzantinischen Truppen aus Sizilien wieder abzuziehen. Justinian ließ angesichts dieser Koalition Anthimos fallen und im Palast Theodoras bis zum Tod der Kaiserin (548) einen Unterschlupf finden. Als Nachfolger wurde der Konstantinopler Presbyter Menas bestellt und von Papst Agapet am 13. März 536 geweiht. Wie der Papst selbst diese in der Geschichte Konstantinopels einmalige Ordination empfand, zeigt sein Brief an den Jerusalemer Patriarchen Petros, in dem der triumphale Ton kaum zu überlesen ist. Drei Tage danach überreichten Kaiser und Patriarch dem Papst ein Glaubensbekenntnis, worin sie Chalkedon und die  Formula  Hormisdae bestätigten. Und wiederum zwei Tage später bekräftigte Papst Agapet in einem Brief an Justinian die unter seinem Vorgänger 533 erreichte Übereinstimmung in Bezug auf die theopaschitische Formel und den Ausschluß der Akoimeten. Dabei

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wies er den Kaiser darauf hin, daß dieser ein Laie sei und daß „Laien kein Lehramt (auctoritas  praedicationis)" zustehe. Mit diesem Wort, das widerspiegelt, wie manche Zeitgenossen Justinians Eingreifen in die Kirchenpolitik empfunden haben, bleibt Agapet vorläufig eine einsame Stimme. Man sollte sich hüten, Anthimos' Christologie einfachhin, wie es das 6. Ökumenische Konzil tat, als Monophysitismus zu interpretieren. E. Honigmann hat vermutet, daß Anthimos die Definition von Chalkedon nur als eine dialektisch zu interpretierende Verurteilung [43] des Eutyches und des Nestorios, nicht aber als eine positive Lehraussage aufgefaßt hat. Für Anthimos wäre also nicht der Wortlaut, sondern die Intention der Definition entscheidend gewesen. Dagegen könnte jedoch Anthimos' Synodika an Theodosios (CPG 7088) sprechen, sollte dort die Rezeption des Henotikon ursprünglich gegen Chalkedon gerichtet gewesen sein. Auf jeden Fall zeigt das oben schon zitierte Fragment einer an Justinian gerichteten Ansprache des Anthimos (CPG 7086), daß seine und Justinians christologische Auffassungen übereinstimmen, sofern beide mit demselben Argument ein Nichtwissen Christi, insbes. ein Nichtwissen des künftigen Gerichts (Mark. 13,32), ablehnen. Quellen: (1) Brief Justinians an Papst Agapet vom 14.3.536 (CPG 6875; 9320), genannt im Brief Agapets vom 18.3.536 (CPG 9323; CPL 1611; Jaffe 898): CA 91,6-23, hg. v. O. Günther, CSEL 35,1, 344,6 - 347,27; (2) an Agapet adressierter Libellus Justinians vom 16.3.536 (CPG 6876; 9321): CA 89, ebd. 338,16 - 340,21; (3) Justinian, Constitutio adversus Anthimum, Severum et alios ad Menam sive Novella 42 (CPG 6877; 9330): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 119-123; hg. v. R. Schöll - W. Kroll, Novellae (Corpus Iuris Civilis, vol. III), Berolini 1895, 263-269; (4) Anthimos von Trapezunt, Ansprache an Justinian (CPG 7086): (4a) Akten des Konzils von 680/1, 10. Sitzung (CPG 9429), hg. v. R. Riedinger, Concilium Vniversale Constantinopolitanum Tertium, ACO, series II, vol. 11,1, 370,18 - 372,21; 11. Sitzung (CPG 9430), ebd. 508,20-24; 512,1-15; (4b) zwei Fragmente in syrisch, von denen das zweite teils jenem der zuvor genannten Akten entspricht (372,2-5): hg. v. A. Van Roey - P. Allen, Monophysite Texts of the Sixth Century (Orientalia Lovaniensia Analecta, 56), Leuven 1994, 63-65; (5) Bericht des Ps. Zacharias Rhetor (IX 19, hg. v. E.W. Brooks, CSCO 88, 93,3-17) mit Dossier: (5a) Brief des Anthimos an Severos (CPG 7087): IX 21, 96,18 - 100, 19; (5b) Synodika an Theodosios (CPG 7088): IX 25, 111,5 113,34; (5c) Antwort des Severos (CPG 7070,6): IX 22, 100,21 - 105,28; (5d) Antwort des Theodosios (CPG 7149): IX 26,114,3 - 117,15; (5e) Brief des Severos an Theodosios (CPG 7070,7): IX 23, 105,30 - 107,25; (5f) dessen Antwort (CPG 7148): IX 24, 107,27 - 111,3; (5g) Brief des Severos an Orientalen (CPG 7070, 5): IX 20, 95,4 - 96,17 über die Aufnahme der kirchlichen Gemeinschaft (96,7-12);

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(6) Ephräm von Amid (CPG 6908): Photios, Bibliothek, cod. 228, 247 a 12-20, hg. v. R. Henry IV, Paris 1965, 119f.; (7) Bericht der Mönche aus Konstantinopel an die Endemusa vom Jahre 536 (CPG 9325,2): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 134-136 (zitiert: 134,27-39); (8) an Papst Agapet überreichter Libellus der Mönche in Konstantinopel (CPG 9325,3): ebd., ACO III, 136-147 (zitiert: 141,30-35); (9) Brief von Papst Agapet an Patriarch Petros von Jerusalem (CPG 9319; 9325,5; Jaffe 897): ebd. ACO III, 152-153 (zitiert: 153,16-21); (10) an Agapet überreichter Libellus des Patriarchen Menas vom 16.3.536 (CPG 6923; 9322): CA [44] 90, hg. v. O. Günther, CSEL 35,1, 340,24 - 342,21; (11) Brief von Papst Agapet an Justinian vom 18.3.536 (CPG 9323; CPL 1611; Jaffe 898): CA 91, ebd., 342,23 - 347,31 (zitiert: 343,8 - 344,5). Literatur: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3); ders., Kyrillos von Skythopolis (TU 49,2), Leipzig 1939, bes. 396-398; V. Grumel, Les regestes (siehe 2.3) 228-231; E. Honigmann, Patristic Studies (Studi e Testi 173), Cittä del Vaticano 1953, 185-193; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 379; 383-385; K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus (siehe 1.3.1) bes. 392f.

2.5 Eine Zwischenbemerkung: Justinians Edikt gegen die Agnoeten In einem syrisch überlieferten monotheletischen Florileg, das vermutlich ein Anhänger der chalkedonischen Reichskirche nach 638 aus ihm schon in syrischer Übersetzung vorliegenden Testimonia zusammengestellt hat, liest man ein Zitat aus einem Edikt Justinians gegen die Agnoeten. Dieses Edikt dürfte nicht, wie es Michael der Syrer in seiner Chronik behauptet, in den Kontext des 5. Ökumenischen Konzils (553) gehören. Denn es paßt gut in die Jahre 535/536 bis 540, ohne daß sich diese Datierung auf Grund von Quellen beweisen ließe. Die Frage, ob Christus ein Nichtwissen - im Sinn einer Niedrigkeitsaussage - zuzuschreiben ist, war nicht nur unter den Severianern aktuell, sondern auch im Lager der Chalkedoniker, wie vor allem die Erotapokriseis des Ps.Kaisarios (CPG 7482), eines Akoimeten, bestätigen. Es ging dabei um die Einheit des Bewußtseins Christi als des einen inkarnierten Logos. Für die Monophysiten ging es um die Wahrung „der einen Natur des inkarnierten Logos", für die Chalkedoniker um das Verständnis der „einen Hypostase" desselben. Unter den Monophysiten Alexandriens kam es 538 zu einer offenen Kontroverse, als der Diakon Themistios für ein Nichtwissen Christi eintrat. Er berief sich darauf, daß Christi Wirken nur als „die eine gottmenschliche Tätigkeit"  (μία  θεανδρι,κή ενέργεια)  des  Inkarnierten  zu  verstehen  sei.  Dem  halten  seine  monophysitischen  Gegner  wie  Patri­ arch  Theodosios  entgegen, daß dem inkarnierten Logos nur „die eine

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göttliche Wirksamkeit"  (μία  θεία  ενέργεια)  zu  eigen  sei  und daß er darum ein göttliches Wissen oder Bewußtsein besitze, das jedes Nichtwissen ausschliesse. Sie werfen Themistios vor, er vertrete mit seiner Auffassung ein Nebeneinander von zwei Energien oder von einem zweifachen Wissen, einem göttlichen und einem gottmenschlichen. Dieses aber bestreitet Themistios. Denn auch für ihn wäre eine solche Sicht nichts anderes als nestoriani[45]sche Häresie, eine Trennung in zwei Subjekte, den Logos und Christus. Diese Diskussion, deren Einzelheiten hier vernachlässigt werden dürfen, wirft ein Licht auf das Fragment aus Justinians Edikt gegen die Agnoeten. Denn dort heißt es: Auf Grund dessen, daß der Gott Logos, „der Eine der heiligen Trinität", inkarniert wurde, ist ihm die Seele Christi zu eigen. Sie ist seine Seele, d.h. „Seele des Logos". Darum „besaß sie das ganze Wissen des Logos". Auch Anthimos schließt in seiner Ansprache an Justinian jedes Nichtwissen der Seele Christi wegen der hypostatischen Einung mit dem Logos aus. „Wenn (Christus) die eine Hypostase und die eine Natur des inkarnierten Gott Logos ist" und ihm darum „ein Wille und ein Wirken  (ενεργεία)"  zukommt,  „dann  existiert  auch  sowohl  e i n e  Weisheit  als  auch  e i n e  Erkenntnis  von  beiden  zugleich  (τοΰ  συναμφο­ τέρου)", nämlich von Gottheit und Seele Christi. Für Anthimos ist „die eine Hypostase" von Chalkedon und des dritten Briefs Kyrills an Nestorios (CPG 5317) -  μία  ύπόστασις·  σεσαρκωμένη  ­  die  angemessene  Deu­ tung  der  monophysitischen  Formel  Kyrills.  Damit  verbindet  er  Kyrills  Lehre  von  der  μία  ενέργεια,  die  der  Inkarnierte  durch göttliches und menschliches Handeln - entsprechend den biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen - zeigt. Darum verweist er wie andere Chalkedoniker seiner Zeit auf Kyrills Kommentar zum Johannesevangelium (CPG 5208). Diese e i n e Energie ist für ihn „die e i n e gottgemäße (θεοπρεπής)  Energie"  des  e i n e n  Christus,  die  als  „ein  und  dieselbe  Energie"  das  e i n e  Wirken  von  Gott  und  Mensch  zugleich  (του  συναμ­ φοτέρου)  ist.  „Ein  Wirken  beider  zugleich"  aber  bedeutet  „ein  Be­ wußtsein", „das e i n e Wissen um alle Dinge". Energie meint hier wie in anderen Quellen des 6. Jahrhunderts einen konkreten Vollzug des Wirkens, nämlich das eine Wirken, das von „dem einen Christus" als dem einen Subjekt ausgesagt wird. Energie kann dann auch das Resultat dieses Wirkens, nämlich die Wirkung bedeuten, sofern Vollzug und Wirkung zusammengehören. So will Anthimos, wie die syrische Überlieferung des Fragments (CPG 7086) zeigt, eine nestorianische ZweiNaturen-Lehre mit „getrennten Wirkungen und Idiomata" vermeiden. Mit diesen Worten schließt er jedoch nicht „unterschiedene Wirkungen"  (διάφοροι  ένέργειαι)  dessen  aus,  der  Gott  und  Mensch  zugleich  ist 

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(ό  συναμφότερος).  Implizit  nimmt  er  hier  zum  Agit  enim  utraque  forma  von  Papst  Leo  Stellung.  Im  uns  vorliegenden  Fragment  aus  Justinians  Edikt  gegen  die  [46]  Agnoeten,  das  wegen  der  Unaufmerksamkeit  eines  Kopisten  nur  un­ vollständig bewahrt ist, fehlt leider eine Reflektion auf den Zusammenhang von hypostatischer Einung und Wirken. Wie wir auf Grund von Justinians Aussagen zum Tomus Leonis noch sehen werden, steht er Anthimos' Auffassung nicht fern, distanziert sich aber mit Worten Kyrills (CPG 5215) eindeutig von einer naturhaften Interpretation „des einen Wirkens" und damit von einer monophysitischen Position: Das Wirken ist für ihn ein Wirken der Hypostase und keine  μία  φυσική  ενέργεια.  Die  Seele  Christi  besitzt  „das  ganze  Wissen  des  Logos",  da  sie  ihm  hypostatisch  geeint  und  Organ  seines  Wirkens  (CPG  6879)  ist.  Quellen:  (1) Justinians  Edikt  gegen  die Agnoeten:  hg. v. S. Brock,  A  Monothelete  Florilegium  in  Syriac,  in:  C.  Laga,  J.A.  Munitiz,  L.  Van  Rompay  (Hg.),  After  Chalcedon.  Studies  in  theology  and  church  history  offered  to  A.  Van  Roey  (Orientalia  Lovaniensia  Analecta  18),  Leuven  1985,  38f.;  (2) Justinians  dogmati­ scher  Brief  an  Zo'ilos  (CPG  6879),  Fragment  in  den Akten  des  6. Ökumenischen Konzils, 10. Sitzung (CPG 9429), hg. v. R. Riedinger, ACO ser. II, 11,1, 352,11356,15; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 58-61 (siehe 3.1.3) mit Zitat aus CPG 5215 (32, PG 75, 453  Β  13  ­  C  3;  ACO  11,5,  147,27­29):  ebd.  ACO  354,5­8;  M. Amelotti  ­  L. Migliardi  Zingale,  58,17­21;  (3) Anthimos  (CPG  7086), siehe 2.4.2  (zitiert:  65,6­10).  Literatur:  A. Grillmeier  (siehe  1.4.3) 379­400;  A. Van  Roey ­  P. Allen,  Monophy­ site  Texts  of  the  Sixth  Century  (Orientalia  Lovaniensia  Analecta,  56),  Leuven  1994,  3­102;  B.  Lourie,  Un  autre  monothelisme:  le  cas  de Constantin  d'Apamee  au Vie  Concile  Oecumenique,  Studia  Patristica  XXIX  (1997) 290­303,  bes.  298ff.;  K.­H.  Uthemann,  Der Neuchalkedonismus  (siehe 1.3.1)  373­413. 

2.6  Der endgültige Bruch mit den Monophysiten Justinian griff im Frühjahr 536 die Propaganda auf, die sowohl von Konstantinopler Mönchen und dem neuen Patriarchen als auch von den Geschäftsträgern der Lauren und Klöster Palästinas und zufällig in der Kaiserstadt anwesenden Bischöfen des Patriarchats von Antiochien gegen die unter dem Schutz Theodoras in Konstantinopel weilenden „Erz-Monophysiten" Severos von Antiochien, Petros von Apameia und Zooras, ein Mönch aus Palästina, betrieben wurde. Er ließ nach dem Tod von Papst Agapet (22. April 536) zu, daß der vor der Synode des Menas am 2. Mai 536 gegen den gestürzten Anthimos eingeleitete Pro-

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zeß von anwesenden Jerusalemer [47] Mönchen benutzt wurde, um in der ursprünglich als Abschluß geplanten Sitzung vom 21. Mai ein Verfahren gegen die drei genannten Monophysiten in Gang zu bringen. Sie erhoben am Ende der Verhandlung eine Anklage, die an Justinian weitergeleitet wurde, da Patriarch Menas meinte: „Es gehört sich, daß nichts, was in der heiligen Kirche geschieht, gegen (des Kaisers) Willen und Befehl geschehe". In der nach dem Willen Justinians am 4. Juni 536 durchgeführten Schlußsitzung der Endemusa erreichten die Palästinenser ihr Ziel, den endgültigen Bruch mit den  Άποσχίσται  και  'Ακέφαλοι. 

Am  6.  August  536 bestätigte Justinian die Beschlüsse dieser Synode mit einer an Patriarch Menas adressierten Constitutio  (Διάταξι?),  die  als  Gesetz  unter  die  Novellen  Justinians  aufgenommen  wurde.  Justin­ ian  nennt  seine  Constitutio  einen  „kaiserlichen  Beitrag  zum Beschluß" (βασιλεία  σύμψηφος)  d e r B i s c h ö f e , zur  των  ίερεων  ψήφος·,  u m  e i n  Z u ­

sammenstimmen  der göttlichen und der menschlichen Ordnung zu einer einzigen  συμφωνία  zu  verwirklichen.  Die  entscheidende  Rechtfer­ tigung  der  ψήφο?  gegen  Severos  sieht  er  in  einer  negativen  Dialektik,  nämlich in der Abwehr der beiden sich gegenseitig widersprechenden Auffassungen des Nestorios und des Eutyches. Severos sei paradoxer Weise in beide Extreme verfallen. Justinian akzeptiert, daß eine Versöhnung mit den Monophysiten nicht erreichbar ist. Am Ende formuliert er das Bekenntnis der chalkedonischen Reichskirche mit jener Formel, die das Subjekt der Inkarnation und damit des Bekenntnisses hervorhebt: „Christus, der Eine der Trinität, der eingeborene Logos Gottes". Diese Constitutio zeigt keine Kursänderung, keinen „rätselhaft erscheinenden Umbruch" (E. Schwartz), auch kein Ende einer Krisis, wie man bei A. Grillmeier liest. Vielmehr bezeugt sie die Kontinuität in Justinians Politik und theologischem Denken. Seit der Auseinandersetzung um die von den skythischen Mönchen vertretene authentische Interpretation der Definition von Chalkedon ist für Justinian „Christus, der inkarnierte Logos" das eine Subjekt „der Wunder und Leiden", der darum „in zwei Naturen erkannt wird". Im Versuch einer Annäherung zeigte sich einzig im Kontext des Religionsgesprächs von 532 eine Kompromißbereitschaft, die an die Grenze, vielleicht auch schon über die Grenze dessen ging, was sich auf Grund dieser Interpretation Chalkedons rechtfertigen ließ. Quellen: (1) Justinians Constitutio gegen Anthimos, Severos von Antiochien, Petros von Apameia und den Mönch Zooras (CPG 6877; 9330; Novelle [48] 42): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 119-123; hg. v. R. Schöll - W. Kroll, Novellae (Corpus Iuris Civilis, vol. III), Berolini 1895, 263-269; (2) Akten

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der Synode von Konstantinopel: (2a) der 4. Sitzung vom 21.5.536 (CPG 9328), bewahrt durch die Akten der Jerusalemer Synode vom 19.9.536 (CPG 9331): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 169-181 (zitiert: 181,20-36); (2b) der 5. Sitzung vom 4.6.536 (CPG 9329): Collectio Sabbaitica, ACO III, 27119. Literatur: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3); A. Grillmeier (siehe 1.4.3) Band 2/2, 366-372; W. Blum, Justinian I. Die philosophische und christologische Fundierung kaiserlicher Herrschaft, in: St. Otto (Hg.), Die Antike im Umbruch, München 1974,109-125.

3. Justinians Weg zur chalkedonischen Reichskirche im Zeichen der restauratio  imperii (536-553) Nach dem endgültigen Bruch mit den Monophysiten sind die wichtigsten Unternehmen von Justinians Kirchenpolitik der letztlich zum Scheitern verurteilte Versuch, auch im Patriarchat von Alexandrien eine chalkedonische Hierarchie durchzusetzen (3.1), und die Verurteilung der sog. Drei Kapitel und damit der antiochenischen Christologie, um die Reichskirche auf eine eindeutige Rezeption von Chalkedon festzulegen (3.2). Mit dem zuletzt genannten Unternehmen verband sich in der Kirche Palästinas von Anfang an der Kampf gegen die Origenisten und deren mythische Denkform, ohne daß ein innerer Zusammenhang deutlich wird, sieht man einmal davon ab, daß gerade Theodor von Mopsuestia den exegetischen Methoden und den Aussagen des Origenes nicht gewogen war. In diesen Konflikt wird Justinian hineingezogen. Er sieht sich veranlaßt, den christlichen Glauben gegen die heidnischen Mythologumena eines Origenes und der Origenisten Palästinas zu verteidigen (3.3). Aus diesen Jahren sind uns umfangreichere Schriften Justinians bewahrt, die uns den Kaiser als Theologen näher bringen. Entgegen dem von E. Schwartz propagierten Urteil, er sei als Theologe ein Dilettant gewesen, erweist er sich in diesen Werken als ein guter Kenner der Probleme, der mit einfachen Formeln den Konsens in der reichskirchlichen Theologie seiner Zeit festzuhalten sucht. Daß er dabei durch Anathemata gegen Vergangenes und gegen Tote Probleme der Gegenwart lösen wollte, scheint, vom Standpunkt des modernen Betrachters aus gesehen, eine verhängnisvolle Illusion. [49] Doch unterstellt ein solches Urteil, daß dieses Vergangene zur Zeit Justinians keine Lebenskraft mehr besaß.

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3.1 Justinians Programm für Alexandrien: „Kyrills Sieg in Chalkedon" Justinian vertrat von Anfang an, wie wir gesehen haben, eine Interpretation der Definition von Chalkedon aus dem Geiste Kyrills von Alexandrien, um diese gegen eine Rezeption zu verteidigen, der er, wie es damals auch andere Anhänger von Chalkedon und nicht nur Monophysiten taten, einen Krypto-Nestorianismus unterstellte. Eine ausführliche Begründung aus seiner Feder ist uns erst aus der Zeit nach dem endgültigen Bruch mit den Monophysiten erhalten.

3.1.1 Der historische Hintergrund Im Oktober 536 versuchte Justinian aus der Einsicht, daß der Bruch mit den Monophysiten endgültig vollzogen war, nun auch die Probleme von Alexandrien zu lösen. Er ließ den Patriarchen Theodosios nach Konstantinopel bringen, absetzen, durch die Endemusa anathematisieren und zunächst in einer Festung internieren, dann aber als Schützling Theodoras in der Nähe von Konstantinopel mit Hilfe des eifrigen Jakob Burde'ana (Baradai) ungehindert eine monophysitische Hierarchie und Kirchenorganisation aufbauen. Anstelle des Theodosios (+ 566) ließ er einen Mönch des Klosters Tabennesi, Paulos, in Konstantinopel zum Patriarchen von Alexandrien weihen, mußte diesen aber schon zu Beginn des Jahres 540 wegen seiner Lebensführung und wegen des Verdachts, er sei an einem Mord beteiligt gewesen, durch eine in Gaza auf der Grenze zum Patriarchat Alexandrien tagende Kommission absetzen lassen. Außer den Patriarchen Ephram von Antiochien und Petros von Jerusalem sowie Hypatios von Ephesos gehörten zu dieser Kommission einige Personen, die in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle in der Kirchenpolitik spielen werden: Pelagius, der Apokrisiar Roms in Konstantinopel, und der schon erwähnte Presbyter Eusebios, der Schatzmeister der Hagia Sophia. In Gaza wurde als Nachfolger für Paul von Tabennesi ein Mönch aus Palästina namens Zo'ilos gewählt (540-551). Wie sein Vorgänger konnte er sich nur unter militärischem Schutz in Alexandrien halten und mußte 546 wegen eines Aufstands nach Konstantinopel flüchten, wo er 551 wegen seines Widerstands gegen die Verurteilung [50] der Drei Kapitel abgesetzt wurde. An Zo'ilos sandte Justinian vermutlich noch im Jahre 540 einen „dogmatischen Brief", von dem durch die Akten des 6. Ökumenischen Konzils ein Fragment erhalten geblieben ist. In diesem nimmt Justinian ebenso wie in einem zweiten von diesem Konzil zitierten Text, der aus

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einer „Abhandlung gegen Nestorianer und Monophysiten" stammt, zur Aussage des Tomus Leonis Stellung, daß „eine jede der beiden Gestalten (Christi) in Gemeinschaft mit der anderen wirkt" (agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione). U m diese Fragmente in ihrem Kontext verstehen zu können, ist es sinnvoll, zunächst einen dogmatischen Traktat Justinians zu lesen, den dieser 542 oder 543 an eine Gruppe von Mönchen im Enaton bei Alexandrien geschickt hat, die Zo'flos für das Bekenntnis von Chalkedon gewonnen hatte. In diesem Traktat weist er auch auf eine Abhandlung hin, die er zuvor schon an Zo'ilos geschickt hat. Ob es sich dabei um den gerade aus den Akten des 6. Ökumenischen Konzils zitierten und auch bei Niketas Choniates bewahrten „dogmatische Brief" oder um eine andere Schrift handelt, läßt sich auf Grund dessen, was Justinian mitteilt, weder beweisen noch ausschließen. Quellen: (1) Justinians dogmatischer Brief an Zo'ilos (CPG 6879): siehe 3.1.3; (2) Justinians Abhandlung „gegen Nestorianer und Monophysiten" (fehlt in CPG): siehe 3.1.3; (3) Justinians Traktat an die Mönche im Enaton, allgemein genannt „Contra Monophysitas" (CPG 6878): hg. v. E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Justinians (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., N.F. Heft 18, München 1939 (Nachdruck: Milano 1973), 7-43; M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 64; englische Übersetzung mit Verweis auf die Kapiteleinteilung von E. Schwartz: K.P. Wesche, On the Person of Christ. The Christology of Emperor Justinian, Crestwood N.Y. 1991, 27-107 (in 3.1.1 zitiert: 1, S. 7,13-21; 169, S. 36,30-34). Literatur: Zu CPG 6878: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3) bes. 290-293; P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553) (Studies in the History of Christian Thought), Leiden 1979, 154-164; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 373-378; J.L. Macdonald, The Christological Works of Justinian, Diss. Catholic University of America, Washington D.C. 1995, 24-188. Zur Datierung von CPG 6878 Μ. Richard, Leonce de Jerusalem et Leonce de Byzance, Melanges de science religieuse 1 (1944) 45 (in: Opera minora III, Turnhout 1977, 59).

3.1.2 Justinians dogmatischer Traktat an die Adresse der Mönche des Enaton In seinem Schreiben an die Mönche des Enaton will Justinian [51] aufweisen, daß die Definition von Chalkedon, nicht aber die Lehre der Monophysiten dem Bekenntnis Kyrills von Alexandrien entspricht und daß Kyrill mit der Bibel und den Vätern übereinstimmt. Die Kirche akzeptiert „alles, was Kyrill gesagt hat", die Monophysiten jedoch nur

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die Formel von der  μία  φύσις  του  θεοϋ  λόγου  σεσαρκωμένη,  die  sie  als  Bekenntnis  zu  „einer  einzigen  Natur  der  Gottheit  und  des  Fleischs"  und  damit  verkehrt  begreifen.  Sie  sehen  nicht, daß Kyrill mit dieser Formel nur Nestorios' Lehre von den zwei Söhnen ausschließen wollte, nicht aber ein Bekenntnis zu „der hypostatischen Union der beiden Naturen".

3.1.2.1 Justinians Verständnishorizont Nichts Neues unter den Apologien für Chalkedon Was Justinian zur Begründung anführt, bewegt sich in Gedankengängen, die man schon in den zu Beginn des 6. Jahrhunderts entstandenen Apologien für Chalkedon lesen kann. Er setzt von Anfang an auf jene dialektische Position, die sowohl Nestorios' Trennung des Göttlichen und Menschlichen  (διαίρεσις),  als  auch  Eutyches'  Aufhebung  des  Un­ terschieds  zwischen Göttlichem und Menschlichem  (συναίρεσις  ήγουν  σύγχυσι?) ausschließt und auf diese Weise eine Mitte sucht - eine Mitte zwischen Nestorios' Betonung der Transzendenz des Gott Logos gegenüber dem Menschen Jesus und Eutyches' Immanenz des Gott Logos in der Oikonomia  (συνουσίωσις). Wir bekennen  ein  Zweifaches, nämlich Wunder und Leiden, Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, von ein und demselben Subjekt, dem inkarnierten Logos. Damit greift Justinian zum einen fast wörtlich auf jene Aussage des Henotikon (CPG 5999) zurück, die als eine Korrektur der Leoninischen Rezeption von Chalkedon gedacht war, und interpretiert sie im Sinn der Definition von Chalkedon als Bekenntnis zur  μία  ύττόστασις·  des  inkarnierten  Logos  und  zum  Un­ terschied  (τό  διάφοροι')  der  Naturen.  Zum  anderen  unterscheidet  er  damit,  wie  es längst zur Verteidigung der zwei Naturen und der einen Hypostase in Chalkedons Definition üblich geworden war, im Sinn der Aussagenlogik zwischen dem Subjekt, „über das etwas ausgesagt wird"  (κατά  τινο?),  und  „der Rücksicht, unter der etwas vom Subjekt ausgesagt wird"  (κατά  τι).  Der  inkarnierte  Logos  wird  vom  Glaubenden  „in  dem  erkannt,  aus  dem  er  ist"  (εξ  ών εστίν,  έν αϋτόϊς  αυτόν  είναι  γνωρί£ομεν).  Die  chalke­ donische  Formel  „in  zwei  Naturen  erkannt"  impliziert  keine  [52]  nesto­ rianische  Trennung  (διαίρεσις),  sondern  „wahrt  die  unvermischte  und  untrennbare  Einung  (ένωσι?)".  Sie schließt nicht die Formel „aus zwei Naturen" aus, vielmehr gibt sie dieser ihre Eindeutigkeit. Denn sie zeige, daß das Bekenntnis zu Christus als einer „Zusammensetzung (σύνθεσις)  aus  Gottheit  und  Menschheit",  diese  nicht  als  eine  „Vermi­ schung"  (σΰγχυσις·)  der  menschlichen  Natur  mit  dem Göttlichen ver-

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stehe, durch die diese im Göttlichen aufgeht. Der eine Christus wird „in zwei Naturen erkannt, aus denen er zusammengesetzt ist (συνετέθη)". „In zwei Naturen erkannt werden" heißt „in zwei Naturen existieren", aus denen das Resultat (αποτέλεσμα) als Synthesis besteht. Christus, der inkarnierte Logos, ist dieses Resultat einer Synthesis. Damit wiederholt Justinian nur, was für die Apologeten Chalkedons seit Johannes Grammatikos selbstverständlich ist, ohne daß sich eine größere Nähe zu einer der uns erhaltenen Schriften aufweisen ließe. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1 (zitiert nach Edition von E. Schwartz: 158, S. 33,12-26 mit 16, S. 10,23-27; 1, S. 7,17-20; 5, S. 8,24-26.32-34; 7-14, S. 8,40 10,12). Zum Zusammenhang mit dem Henotikon (CPG 5999): 5, S. 8,24-25 mit 11. Anathematismus (199, S. 43,16).

3.1.2.2 Kyrill von Alexandrien und die Auffüllung des Begriffs der Hypostase Von hier aus versucht Justinian zu zeigen, daß die Monophysiten Kyrills Aussagen über die  μία  φύσις  του  Θεοΰ  λόγου  σεσαρκωμένη mißdeuten und daß Kyrill in seiner Darstellung mit dem Begriff der  μία  ύπόστασις  in  der  Definition  von  Chalkedon übereinstimme, „in der die beiden Naturen gewahrt werden"  (αί  δύο  φύσεις  ...  έν  τη  μια  ύποστάσει  ...  σώζονται).  Zur Begründung verweist Justinian auf die theopaschitische Formel. Mit ihr füllt er in einem ersten Schritt den Begriff der einen Hypostase auf: Die eine Hypostase Christi ist für ihn der Gott Logos, „der Eine der Trinität", von dem wir Leiden und Leidensunfähigkeit zugleich bekennen. Da  τό  πάθος  und  ή  απάθεια  sich  gegen­ seitig  unter  derselben Rücksicht ausschließen  (τά  άλλήλοις  εναντία)  und  darum  als Prädikate nicht von ein und derselben Natur als Subjekt ausgesagt werden können, gewinnt Justinian auf Grund der Aussagenlogik eine erste Möglichkeit, den Begriff der „einen Hypostase" von jenem der „einen Natur" abzugrenzen. Im Unterschied zu Johannes Grammatikos und anderen Verteidigern Chalkedons läßt er sich nicht auf eine Diskussion ein, die klären könnte, inwiefern auch die göttliche und die menschliche Natur und nicht nur die ei[53]ne Hypostase Subjekt christologischer Aussagen sein kann. Daneben stellt Justinian einen zweiten traditionellen Zugang zum Begriff der Hypostase: „Sie zeigt sich, wenn man zum ,Allgemeinen' (κοινόν)  die  individuellen  Eigenheiten'  (ιδιώματα) hinzufügt". Doch bleibt es undeutlich, wie Justinian diesen Begriff christologisch anwenden will. Einerseits schließt die Einzigkeit Christi eine Anwendung

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dieses Begriffs aus, auch wenn der Name Christi „nicht ohne Idiomata bekannt wird", anderseits wird dieser Name „von einem Prosopon, d.h. von einer Hypostase," ausgesagt. Doch was bedeutet dieses im Hinblick auf eine Bestimmung der Hypostase durch Idiomata? Der Kontext der Aussage ist das anthropologische Paradigma der Christologie. In einem ersten Schritt hat Justinian aufgewiesen, daß es sich um ein Paradigma handelt und darum nicht in jeder Hinsicht von dem gelten kann, zu dessen Veranschaulichung es benutzt wird. Kyrill habe das Paradigma nur gebraucht, um eine nestorianische Trennung in zwei Hypostasen zu widerlegen. Christus wird in zwei Usien erkannt und kann darum keine  μία σύνθετος φύσις  sein,  eine  Auffassung,  die  Justinian  als  ein  durch  apollinaristische Fälschungen entstandenes Mißverständnis bzw. als Lehre der Manichäer entlarvt. Zulässig ist für ihn einzig die Formel vom  Χριστός σύνθετος. So  definiert  er  Christus  im  Blick  auf  Chalkedons  Definition  als  das  Resultat  (το  άποτέλεσμα),  zu  dem  „die  beiden  Naturen  zusammengehen"  (αί  δύο φύσεις  συνελθούσαι  ... Χριστόν σύνθετον  άπετελεσαν).  Wie  Justinian  dieses  versteht,  zeigt  vor  allem  seine  Exegese  von  Phil.  2,5­7.  Wenn  Paulus  einerseits  δς  έν  μορφή θεού ύπαρχων  und  anderseits  μορφήν δούλου λαβών  sage,  dann  unterscheide  er  zwischen  der  Hyposta­ se  des  Logos,  die  in  der  Gestalt  Gottes, nämlich in der Usie des Vaters, existiert, und der Usie des Menschen. Denn hätte er wie Nestorios gedacht und von der Annahme eines schon im voraus zur Annahme existierenden Menschen, also vom  homo  assumptus, sprechen wollen, dann hätte er sagen müssen:  τον  ύπάρχοντα  έν  μορφή  δούλου  λαβών. Für Justinian verkündet Paulus, „daß die zwei Naturen in der einen Hypostase, d.h. in dem einen Prosopon Christi" erkannt werden und existieren. Im Blick auf die die menschliche Wirklichkeit Christi, die Sarx (Joh. 1,14), heißt dieses: „Sie kam in der Hypostase des Logos zum Existieren (την  υπαρξιν  εσχεν)".  Die  Konsequenz  lautet:  „Ein  und  derselbe,  in  einer  einzi[54]gen  Hypostase  existierend  (ύπαρχων),  wird  in  einer  jeden  der  beiden  Gestalten,  d.h.  Naturen,  erkannt."  Diese  Aussage  ist  nichts  anderes  als  eine  Zuspitzung  der  gegen  Nestorios  verteidigten  Gottes­ mutterschaft  Mariens:  Der  Gott  Logos  hat  sich  im Schoß Mariens eine menschliche Existenz erschaffen, die ihm selbst völlig zu eigen ist. Darum ist diese vom ersten Moment ihres Bestehens an ganz und gar die Wirklichkeit Gottes - im Logos - , nicht aber göttliche Wirklichkeit oder in Gottes Natur aufgehoben („vermischt"). Darum hat es niemals eine Zweiheit des Subjekts  (άλλος  και  άλλος)  gegeben  und  ist  die  Unter­ scheidung  zwischen  „Gott  Logos"  und  „Christus"  ausgeschlossen.  Der  Sache  nach  kommt  diese  Auffassung  Justinians  auf  den  Begriff  der  Enhypostasie  hinaus:  „Der  Logos  existiert  in  einer  Hypostase.  In 

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dieser kam die Sarx zum Existieren." In ihr schuf sich der Gott Logos eine menschliche Wirklichkeit. So wurde er Christus, der inkarnierte Logos, der in zwei Naturen existiert und in beiden erkannt wird. Dadurch wird der zunächst leere Begriff der Hypostase für die religiöse Anschauung aufgefüllt: Nicht nur in den Wundern und Hoheitsaussagen des Neuen Testaments, sondern auch in der menschlichen Gestalt und ihren menschlichen Worten und Taten wird der Gott Logos erk a n n t : έν έκατέρα  φύσει  γνωρίζεται  ε ΐ ς  και  ό  αύτός  εν  μια  ύποστάσει 

ύπαρχων.  Dieses  ist  die  konkrete  Erkenntnis  des  Namens  Christi,  der  nicht  ohne  Idiomata  oder  „individuelle  Eigenheiten"  erkannt  wird.  Doch ausdrücklich sagt Justinian Letzteres nicht. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1 (zitiert nach der Edition von E. Schwartz: 1 5 16, S. 10,12-17.23-24; 21-22, S. 11,20 - 12,9; 24, S. 12,13-14; 57, S. 16,18-30). Zur Formel „Einer der Trinität": 5, S. 8,25-26; zu apollinaristischen Fälschungen: 58-66, S. 16,31 - 17,28; 70-89, S. 18,11 - 23,28; zum Vergleich mit den Manichäern: 89-93, S. 23,28 - 24,3; 121, S. 27,24; zu cd  δύο  φύσεις  συνελθοΐισεα  ...  Χριστόν  σύνθετον  απετέλεσαν  (70,  S.  18,9­10  ):  11.  Anathematismus  199,  S.  43,13­15;  zu  Phil.  2,5­7:141,  S.  29,34  ­  30,2  mit  7­9,  S.  9,3­18;  14,  S.  10,9­11.  Literatur:  Zum  anthropologischen  Paradigma  (22­27,  S.  11,30­12,28):  K.­H.  Uthemann,  Definitionen  (siehe 2.2)  76­80  (Bibliographie). 

3.1.2.3  Der  inkarnierte  Logos  als  Subjekt  der  Hoheits­  und  Niedrigkeitsaussagen  Auffällig ist, daß Justinian in dieser Schrift an die Mönche im Enaton den Tomus Leonis nicht erwähnt und daß er nur dort, wo er [55] in seinem Florileg auf Kyrills Begründung für die mit den Orientalen 433 vollzogene Union zu sprechen kommt, diesen zitiert, doch nicht interpretiert oder mit seiner eigenen und Kyrills Sicht konfrontiert, die den Gott Logos als das eine Subjekt zweier Klassen von Prädikaten, der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, betont. Kyrill hatte darauf hingewiesen, daß die Orientalen in ihrer Exegese nicht mit Nestorios übereinstimmen, da sie zwar von einer Dihärese (idwisio  vocum,  διαίρεσις  φωνών)  sprechen,  doch  nur  eine  Unterschei­ dung  (διαφορά)  meinen.  Kyrill  sieht  die  Rechtfertigung  seiner  Interpre­ tation  darin, daß die Orientalen drei Klassen solcher christologischer Aussagen der Bibel oder  φωναί  kennen. Außer der Dihärese der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, die auf die beiden Naturen bezogen sind, kennen sie Aussagen, die beides zugleich beinhalten, Göttliches und Menschliches, und insofern eine Gemeinschaft oder Gemeinsam-

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keit (communio,  κοινωνία) bedeuten.  Doch  ebenso  wie  diese  werden  die  beiden  ersten  Klassen,  die  Hoheits­  und  die  Niedrigkeitsaussagen,  „auf  ein  und  dasselbe  Subjekt  bezogen  (πλην  είρημένας  παρ'  ενός  καΐ  τοϋ  αύτοϋ)". Für Kyrill ist dieses eine Subjekt der inkarnierte Logos, für die Antiochener jedoch Christus als „Gott und Mensch zugleich". Wenn sie von diesem „Göttliches und Menschliches zugleich" aussagen, dann sprechen sie, wie es in der sog. Antiochenischen Formel heißt, über seine Person (ώς  έφ'  ενός  προσώπου).  Doch  wenn  sie Göttliches oder Menschliches von ihm aussagen, dann sprechen sie nicht über seine Person, sondern über eine der beiden Naturen (ώς επί  δύο φύσεων).  Die  Erkenntnis  von „Göttlichem und Menschlichem zugleich" begründet für die Orientalen den Namen Christus, „den gemeinsamen Namen" (τό  K O I V Ö V  όνομα).  Die  Einheit  von Göttlichem und Menschlichem im einen Prosopon ist für sie einzig eine „Gemeinsamkeit"  (κοινωνία)  im  Erkennen  des Gläubigen - im  κοινοποιεΐν ώς έφ' ενός  προσώπου  ­ ,  nicht  aber  im  Gott  Logos  selbst.  Darum  kann  sie  nicht  dessen  Sein  καθ'  ύπόστασιν betreffen.  Nun  hatte  Kyrill  in  seinem  vierten  Anathematismus,  den  Justinian  der  Sache  nach  wiederholt  zitiert,  eine  Christologie  abgelehnt,  welche  die φωναί  auf  zwei  Subjekte „verteilt",  indem  sie diese,  „sofern  sie  dem  Wesen  Gottes  entsprechen (ώς θεοπρεπεΐ?),  einzig  auf  den  Gott  Logos  bezieht",  alle  anderen Prädikate aber - d.h. die Niedrigkeitsaussagen einem Menschen zuschreibt, der „gleichsam in seiner Eigen- und Selbständigkeit  (ίδικώς)  neben  dem  Gott  Logos  [56]  gedacht  wird"  (CPG  5317).  Wie  Kyrill  selbst  die  Subjekteinheit auffaßt, zeigt sich in seiner positiven Darstellung: Wenn der inkarnierte Gott Logos auf eine einzig Gott angemessene Weise  (θεοπρεπώ?)  wie  z.B.  in  Joh.  10,30  und  14,9  über sich selbst spricht, „dann erkennen wir seine göttliche Natur". Wenn er aber sich selbst wie in Joh. 8,40 einen Menschen nennt, dann erkennen wir denselben Gott Logos, wenn auch „aus seinen menschlichen Verhältnissen". Denn er selbst ist das Subjekt der Kenose (Phil. 2,7), so daß alle  εύαγγελικαι  φωναί  auf  „das  eine  Prosopon,  die  eine  inkarnierte  Hypostase  des Logos," zu beziehen  sind.  Diese Auffassung hat  Kyrill im Brief  an Akakios von  Melitene  (CPG  5340)  wiederholt  und  im  Blick  auf  die  Antiochenische  Formel  um  eine  dritte  Klasse  von  φωναί  wie  Hebr.  13,8  und  I Kor.  8,5­6  erweitert,  „die  eine  mittlere  Ordnung  einnehmen,  indem  sie  offenbaren  (έμφανί­ £ουσαι), daß der Sohn zugleich selbst Gott und Mensch ist". Für Kyrill ist es wichtig, daß diese  φωναί  der  mittleren  Ordnung  die  Einheit  des  Subjekts  anzeigen  (έμφανί£ουσιν),  sofern göttliche und nicht-göttliche Prädikate trotz ihres Gegensatzes auf das eine Subjekt der Aussage bezogen sind  (του  ενός τ ας  θεοπρεπείς  και  μεντοι  τά?  άνθρωπίνας 

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φωΐ'άς­).  Genau  genommen führt Kyrill also keine dritte Klasse christologischer Aussagen ein, sondern kennt auch nach der Union von 433 nur Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Justinian hat diese Kontinuität im Denken Kyrills gesehen (CPG 6878: 167). Mit ihr rechtfertigt er seine eigene Darstellung von Kyrills Lehre vom Unterschied  (διαφορά)  der  Naturen,  „in  denen"  Christus  auf  Grund  menschlicher  Selbstaussagen  wie  Joh.  12,27  und göttlicher wie Joh. 10,18 „erkannt wird" - ev δύο φύσεσιν  γνωριζόμενος.  Aussagen über das Wirken Christi konfrontieren unmittelbar mit der Unterscheidung der biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Als auf dem Konzil von Chalkedon die Bischöfe Illyriens und Palästinas Kyrills Christologie gegen den Tomus Leonis geltend machten und insbes. Leos Sicht des Wirkens Christi, sein  Agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione angriffen, legte die Konzilsleitung als parallele Aussage Kyrills Interpretation der Antiochenischen Formel aus dem Brief an Akakios (CPG 5340) vor. Der Protest der Illyrer und Palästinenser ging davon aus, daß der Tomus Leonis hier nicht mit Kyrills Verständnis des einen Subjekts alles Wirkens und darum aller  φωναι  übereinstimmt, insbes. nicht mit dem vierten Anathematismus Kyrills. [57]

Justinian läßt sich nicht auf eine detaillierte Diskussion ein, bezieht aber mit der Bekenntnisformel des Henotikon (CPG 5999), ohne das Henotikon beim Namen zu nennen, Stellung. Mit Worten Kyrills (CPG 5230) sagt er ausdrücklich, daß der inkarnierte Logos das Subjekt des Wirkens ist: Er wirkt durch seinen Körper, der deshalb „göttlich und jenseits unserer menschlichen Maßstäbe" ist, ohne aber die Transzendenz der göttlichen Natur aufzuheben. Denn diese bleibt in der Inkarnation unverändert und geht keine Synthese ein, sondern wahrt ihre Einfachheit. Gottes Transzendenz wird also für Justinian durch die in der Menschwerdung vollzogene hypostatische Synthesis nicht in Frage gestellt. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1; Justinian zitiert zum einen zwei Aussagen der Antiochener, die Kyrill 433 akzeptiert hatte: (1) 163, S. 34,29 - 35,15: die sog. Antiochenische Formel (ACO 1,1,4, 17,9-20) mit einem Stück aus dem Laetentur-Brief Kyrills (CPG 5339: ACO 1,1,4, 16,21 - 17,25); (2) 165-166, S. 35,20-40: aus der zweiten in Alexandrien gehaltenen Homilie des Abgesandten der Orientalen, Paulos von Emesa (CPG 6366: ACO 1,1,4,13,16-21) mit dem Beginn der Antwort Kyrills (CPG 5247: ACO 1,1,4, 14,26 - 15,3). Zum anderen führt Justinian einen Text Kyrills an, in dem dieser die Antiochenische Formel interpretiert: 161, S. 34,6-19 aus CPG 5344: ACO 1,1,4, 36,13 - 37,2. Der Sache nach geht es in diesen Testimonien um die  εύαγγελικαί  και  άποστολι,καΙ  περί  τοΰ  κυρίου  φωναί,  von  denen  Kyrill  in  seinem  vierten  Anathematismus  handelt  (CPG  5317:  ACO 

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1,1/1/ 41,1-4). Zur Art und Weise, wie Kyrill die Dihärese der Orientalen als eine Unterscheidung  (διαφορά)  interpretiert,  „sofern  die  (Hoheits­  und  Niedrig­ keits)aussagen  auf  zwei  Naturen  bezogen  sind"  vgl.  man  den  Brief  des  Johan­ nes  von  Antiochien,  in  dem  dieser  den  Orientalen  die  Union erläutert (CPG 6346: ACO 1,1,7, 156,27-37). - Aus Kyrill werden oben zitiert (1) CPG 5317: ACO I,1,1, 38,4-22 mit 41,1-4; (2) CPG 5340: ACO 1,1,4, 27,18-28,21. - Aus CPG 6878 werden aus der Edition von E. Schwartz zitiert: (1) 167, S. 35,41 - 36,1 mit 1 1 14, S. 9,36 - 10,11; (2) zur Formel des Henotikon (CPG 5999): 5, S. 8,24-25 mit I I . Anathematismus (199, S. 43,16); (3) zu CPG 5230: 68, S. 17,37 - 18,5 (die von Justinian zitierte Aussage über das Wirken durch den Körper fehlt im ansonsten längeren Fragment im Kyrillischen Florileg vom Jahre 482: hg. v. R. Hespel, Le florilege cyrillien [siehe 1.3.1] 78, S. 141. Vgl. auch Doctrina Patrum (CPG 7781), c. 20 V, hg. v. F.Diekamp, 125). - Aus dem Tomus Leonis wird zitiert: Z. 94-95, hg. v. C. Silva-Tarouca (siehe 1.3.1). Vgl. zu Chalkedon: ACO 11,1,2, 82,12-16 mit 82,20-22 (aus CPG 5340: ACO 1,1,4, 27,22-24).

3.1.2.4 Kyrills Unterscheidung der Naturen Die Unterscheidung der Naturen ist etwas, was der Mensch nur mit seiner Vernunft erkennen kann. Denn nur so ist ihm die Gott[58]heit in d e r I n k a r n a t i o n z u g ä n g l i c h  (της  μεν  σαρκώσεως  αύτοΰ  φαινόμενης,  τ η ς 

δέ  θεότητος  αύτοϋ  μόνω  τω  νώ θεωρούμενης).  Dieses  habe  Kyrill  gemeint, 

als  er  sagte, daß die Weise der Menschwerdung „einzig mit den Augen der Seele geschaut werden" kann, oder als er von einer Erkenntnis der Naturen „rein in G e d a n k e n "  (έν  έννοίαις,  έν  θεωρία  μόνη)  sprach.  Es  sei 

einfach  ein Mißverständnis der Severianer, wenn sie unter Berufung auf diese Aussagen Kyrills ein Bekenntnis zu den zwei Naturen Christi ausschließen und so mit den Worten „Gottheit" und „Menschheit" nicht die jeweils gemeinte Wirklichkeit  (τά  κατ'  άλήθειαν  πράγματα) 

verbinden.  Quellen:  Zu  CPG  6878  siehe  3.1.1;  zitiert  werden  18,  S.  10,34  ­  11,3  (aus  CPG  5345:  ACO  1,1,6,  153,23  ­  154,3);  168,  S.  36,26­27.  Analoges  gilt für das anthropologische Paradigma: 51-52, S. 15,3-27 (aus CPG 5346: ACO 1,1,6,162,4-9).

Der Bruch mit den Monophysiten ist für Justinian eindeutig vollzogen. Er weist ihren Anspruch zurück, ihr Bekenntnis zur „einen inkarnierten Natur des Gott Logos" stehe in der Tradition Kyrills und der Väter. Nimmt man „den ganzen Kyrill" ernst, dann bezeugt dieser das in Chalkedon definierte Bekenntnis zum inkarnierten Logos, „der einen Person aus der Trinität".

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Quellen: C P G 6878: 198, S. 4 2 , 1 1 - 2 3 ; ferner 5, S. 8 , 2 5 - 2 6 mit d e m vierten A n a t h e m a t i s m u s Justinians: 199, S. 42,35.

3.1.3 „Die verschiedenen Energien der einen Hypostase" Den Aussagen der an die Mönche des Enaton adressierten Abhandlung widersprechen nicht die beiden oben schon genannten Fragmente aus Justinian in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils, in denen er Papst Leos I. Aussage  Agit  enim  utraque  forma  cum  alterius  communione verteidigt bzw. als Begründung die Formel des Henotikon zitiert und von Kyrill her interpretiert, um so, wie er es schon gegenüber den Mönchen des Enaton tat, zu begründen, daß „der eine Christus" als „die eine Hypostase" leidet und nicht leidet. Denn auf Grund der Wunder erkennen wir die Gottheit Christi, auf Grund des Leidens seine Menschheit, und doch sehen wir sowohl in den Wundern als auch in der Passion, daß das Göttliche und das Menschliche zugleich - das eine nicht ohne das andere - wirken. Denn dieses sei die Lehre Kyrills, der eine μία  φυσική  ενέργεια  ablehnt,  da  diese  den  Unterschied  der  Naturen  aufhebt  (vgl.  CPG  5215).  Da  nach  Kyrill  der  Gott  Logos  das  Subjekt  des  Wirkens  ist,  der  [59]  im  Leiden  seinen Körper und seine Seele wie ein Instrument  (όργανον)  gebraucht  und  so  Menschliches  wirkt,  im  Wunder  aber  ­  wie  in  der  Auferstehung  ­ Göttliches verwirklicht, sind für Justinian „die Energien der beiden Naturen" Energien „der einen Hypostase oder der einen Person Christi unseres Gottes". Justinian spricht nicht von zwei Energien, sondern von den göttlichen und von den menschlichen Energien, durch die der inkarnierte Logos zeigt, daß er in zwei Naturen existiert. Auf diese Aussage beschränkt sich auch Justinians Verteidigung von Leos  Agit  enim  utraque  forma in der vom 6. Ökumenischen Konzil zitierten Abhandlung gegen die Nestorianer und Akephalen: Justinian lehnt die Formel der „einen Energie der Gottheit und Menschheit" ab und bekennt sich zu „unterschiedenen Energien (der Gottheit und Menschheit) des Einen, unseres Herrn Jesus Christus". Bestritten wird in beiden Fragmenten die von Severos von Antiochien vorgetragene Begründung einer  μία φυσική ενεργεία,  wobei  Kyrill  die  entscheidende Autorität ist. Wie Justinian den Plural „Energien" genauerhin versteht und wie er Kyrills Aussagen wie jene über eine  μία  δι'  άμφοΐν  ενεργεία auffaßt, läßt sich auf Grund der Fragmente nicht sagen. Eines aber ist deutlich: Die Frage der Energien gehört für Justi-

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nian in den Kontext der Unterscheidung zwischen christologischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Dabei bleibt Justinian der Kyrillischen Sichtweise treu. Insofern dürfte A. Grillmeiers Aussage, daß Justinians Auffassung sich mit jener des Tomus Leonis decke, einer Korrektur bedürfen. Quellen: (1) Justinians dogmatischer Brief an Zo'ilos (CPG 6879): Fragment in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils, 10. Sitzung (CPG 9429), hg. v. R. Riedinger, ACO ser. II, 11,1, 352,11 - 356,15; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 58-61; Fragment aus dem Thesaurus des Niketas Choniates: PG 86,1, 1145-1150 (PG 140, 88-89); (2) Justinians Abhandlung gegen Nestorianer und Monophysiten (CPG.suppl. 6895): Fragment in den Akten des genannten Konzils, 10. Sitzung, hg. v. R. Riedinger, a.a.O., 350,6 - 352,8; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 37^10; (3) aus CPG 6878 (siehe 3.1.1) zitiert: 21, S. 11,26-29; (4) zum Zitat aus CPG 5215 (32, PG 75, 453 Β 13 - C 3; ACO 11,5,147,27-29) siehe 2.5. Literatur:

A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 379; 400f.; K.-H. Uthemann, Der Neuchal-

kedonismus (siehe 1.3.1) bes. 389f. [60]

3.2 Das Anathem gegen die antiochenische Christologie als Absicherung einer authentischen Interpretation Chalkedons Nach der 433 vollzogenen Union der Alexandriner und Antiochener hatte Kyrill auf einer Reise nach Jerusalem vernommen, daß die Orientalen nun statt Nestorios dessen Lehrer Theodor von Mopsuestia verehrten (CPG 5370). Da seiner Meinung nach zwischen den Auffassungen des Nestorios und des Theodor keine wesentlichen Unterschiede bestehen, ging er publizistisch gegen diese „Nestorianer" und damit gegen die antiochenische Christologie vor. Doch lenkte Kyrill ein, als sich im August 438 zeigte, daß das Ende der Union von 433 und somit ein neues Schisma drohte. Kyrills Schrift gegen Diodor von Tarsos und Theodor von Mopsuestia, die Schulhäupter Antiochiens (CPG 5229), fand eine Antwort in der von Theodoret von Kyros verfaßten Apologie (CPG 6220), hinter der ebenso wie bei der vor der Union von 433 erschienenen Widerlegung der zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 6214) der Patriarch Johannes von Antiochien als Auftraggeber stand. Der Verdacht, daß die Orientalen Krypto-Nestorianer seien, wurde im Streit vor und nach Chalkedon immer wieder angesprochen. Da einerseits die Gegner des Konzils von Chalkedon in der Definition dieser Synode nichts anderes sahen als die Rezeption der antiochenischen Zwei-Naturen-Lehre und andererseits manche Verteidiger von Chal-

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kedon wie z.B. die skythischen Mönche weiterhin unter Berufung auf Kyrill insbes. Theodor als Lehrer des Nestorios verketzerten, um die Definition von Chalkedon gegen eine nestorianische Interpretation zu schützen, wirkte der 438 nicht ausgetragene Streit unterschwellig fort und wurde im 6. Jahrhundert höchst aktuell, als ihn Kaiser Justinian 543 und 544 mit seinen beiden ersten Edikten gegen die Drei Kapitel aufgriff, um eine eindeutige Interpretation der Definition von Chalkedon durchzusetzen, die schließlich vom 5. Ökumenischen Konzil 553 bestätigt wurde.

3.2.1 Justinians Motiv oder Motive in westlicher Sicht Angesichts der politischen Situation im Westen, vor allem angesichts der Erfolge Totilas in Italien und der nicht gesicherten Reconquista bleibt das Vorgehen des Kaisers unbegreiflich, wie vor allem der Widerspruch des lateinischen Westens zeigt, der in der Verurteilung der Drei Kapitel einen Angriff auf das Konzil von Chalkedon sah. Denn Kyrills Christologie war dem Westen fremd [61] geblieben, und die 533 in Rom vollzogene Anerkennung der theopaschitischen Formel blieb im Westen, sieht man von den Päpsten ab, weitgehend unbeachtet. Im Vorgehen Justinians konnte man darum im Westen, wie es Zeitgenossen bezeugen, einen Versuch sehen, die Monophysiten in die kirchliche Gemeinschaft zurückzuführen, und zwar einen Versuch, der nicht auf Grund einer realistischen Einschätzung des kirchenpolitisch Möglichen unternommen wurde, sondern einzig, wie diese Zeitgenossen Justinians meinten, auf dem Hintergrund von Intrigen am Hofe Justinians zu verstehen war. Die Protagonisten sind in dieser Sicht zwei Rivalen um die Gunst des Kaisers: Pelagius, der Geschäftsträger des Papstes in Konstantinopel, und Theodor Askidas, ein aus der Neuen Laura in Palästina stammender Mönch, der 536 nach Konstantinopel gekommen war und dort die Gunst des Kaisers gewonnen hatte. Als Pelagius 540 wegen der Affäre des Paul von Tabennesi in Gaza weilte, war er von Mönchen darüber informiert worden, daß unter den Mönchen Palästinas Spekulationen die Runde machten, die sich an Origenes' Schriften orientierten. Ihm war von den Gegnern dieser Origenisten zum Beweis ein Florileg, das vor allem aus Zitaten aus Origenes Schrift Περί  άρχων  bestand, übergeben worden. Nach seiner Rückkehr aus Gaza berichtete er das Gehörte dem Kaiser und übergab ihm das Florileg, das vermutlich jener Zitatensammlung zugrunde liegt, die Justinian im Jahre 543 seinem Edikt gegen Origenes und Origenisten hinzugefügt hat. Für Zeitgenossen wie den Afrikaner Liberatus sah es

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danach aus, daß Pelagius den Kaiser dazu veranlaßt hatte, Origenes zu verurteilen. Nun war sein Konkurrent um die Gunst des Kaisers, Theodor Askidas, selbst ein Verehrer des Origenes. Er gehörte zu jener Gruppe der Origenisten, die von ihren Gegnern Isochristen genannt wurden. Wie Liberatus sagt, habe er aus „Schmerz über die Verurteilung des Origenes" auf eine Verurteilung der Drei Kapitel, insbes. des Theodor von Mopsuestia, hingewirkt. Dometian von Ankyra, des Askidas damaliger Verbündeter, nennt später in einem Brief an Papst Vigilius (CPG 6990) als Motiv, um beim Kaiser auf ein Anathem gegen den Mopsuestener anzudringen, „Rache für Origenes". Nach Liberatus hatte Askidas eigentlich zwei Motive. Als Origenist habe er des Mopsuesteners gegen Origenes und die allegorische Exegese gerichteten Schriften bekämpft, als Monophysit aber die Synode von Chalkedon. Denn diese hatte den Brief des Ibas von [62] Edessa an den Perser Mari (CPG 6500) als rechtgläubig akzeptiert und damit auch das Loblied auf Theodor von Mopsuestia gutgeheißen, das in Ibas' Schreiben zu lesen ist. Gewiß ist das zweite genannte Motiv, das den Origenisten Askidas als einen Monophysiten ausweisen will, nichts anderes als eine Konstruktion des Liberatus. Aus der Sicht dieses Afrikaners konnte ein Anathem gegen die Drei Kapitel nur den Monophysiten und ihrem Kampf gegen Chalkedon dienen. Doch die Christologie der Origenisten unterscheidet sich eindeutig von monophysitischen, aber auch chalkedonischen Auffassungen. Denn für die Origenisten ist Christus das einzige Vernunftwesen (Nus), das sich nie von Gott abgewandt hatte und darum stets mit dem Gott Logos geeint geblieben war, nämlich jene Seele Christi, von der Origenes in TTept άρχων handelt. Die Inkarnation war ein Werk der Seele Christi, nicht aber des Logos. Nun konnten zwar Aussagen über die Einung des Christus-Nus mit dem Gott Logos, auf die wir noch zurückkommen müssen, einen Außenstehenden veranlassen, eine Verwandtschaft mit dem vergöttlichten Christusbild der Monophysiten zu vermuten. Dieses gilt gerade für die sog. Isochristen, die man deshalb zumindest für Gesinnungsgenossen, wenn nicht sogar Parteigänger der Monophysiten halten konnte. Sie erwarteten, daß die erlösten Seelen im Eschaton, wenn „Gott alles in allem" sein wird (I Kor 15,28), mit Gott eine solche Einung in einer „seinshaften Gnosis" eingehen, das sie ChristusGleiche werden und wie Christus „in Gottes Sein aufgehen": Wie die Seele Christi von Gottes Feuer durchglüht, um ein Bildwort des Origenes zu gebrauchen. Für Außenstehende lag es wohl nicht allzu fern, in solchen Aussagen ein monophysitisches Christusbild zu entdecken, auch wenn für die Origenisten im Eschaton jede Form der Inkarnation - jede Leibhaftigkeit - im reinen Nus vernichtet werden sollte.

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Diese Sicht der Ursachen für den Ausbruch des Drei-Kapitel-Streits, die Justinians Vorgehen als Ergebnis von Hofintrigen und als einen von Monophysiten inspirierten Angriff auf Chalkedon interpretiert, den der Kaiser merkwürdigerweise, wie die Quellen eindeutig ausweisen, im Namen Chalkedons durchführt, dient der Rechtfertigung des Kampfs pro  defensione  trium  capitulorum. Der Kaiser erscheint in einem merkwürdigen Zwielicht: Er handelt und begründet sein Handeln als Verteidigung des Konzils von Chalkedon, doch spielt er mit seinem Handeln nur den Monophysiten in die [63] Karten, ja wird von einem Krypto-Monophysiten „aus Rache für Origenes" zum Handeln bewegt. Mit der im Westen herrschenden Auffassung über den Hintergrund und die Intention der Verurteilung der Drei Kapitel hängt eine Frage zusammen, die sich auf Grund dogmatischer Implikationen bis heute auf die Darstellungen von Kirchenhistorikern auswirkt. Denn bis heute ist ein Verständnis des Drei-Kapitel-Streits durch die Frage belastet, wie das Handeln von Papst Vigilius (537-555) zu beurteilen ist und wieweit dieser schließlich in einen Gegensatz zur Autorität eines Ökumenischen Konzils geraten ist. Quellen: (1) Liberatus, Breviarium (CPL 865), 23-24, hg. v. E. Schwartz, ACO 11,5, 138,24 - 141,11; (2) Dometian von Ankyra, Brief an Vigilius (CPG 6990): Fragment bei Facundus von Hermiane, Ad Iustinianum, IV, hg. v. J.M. Clement - R. Vander Plaetse, CCSL 90A, Turnhout 1974,126. Literatur: A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 439-441. Zu den Vorgängen nach der Union von 433: L. Abramowski, Der Streit um Diodor und Theodor zwischen den beiden ephesinischen Konzilien, Zeitschrift für Kirchengeschichte 67 (1955/6) 252-287.

3.2.2 Justinians eigenes Zeugnis über sein Motiv In einem Schreiben an das 5. Ökumenische Konzil, das vom 5. Mai bis 2. Juni 553 in Konstantinopel tagte, stellte Justinian seine Politik der Drei Kapitel dar (CPG 6887). Es sei ihm dabei um die Wiederherstellung der kirchlichen Gemeinschaft „ab Oriente usque ad Occidentem" und um die Verteidigung von Chalkedon gegen die Anhänger des Eutyches und des Nestorios gegangen. Letztere hätten versucht, über Theodor von Mopsuestia die Lehren des Nestorios durchzusetzen und über Theodoret von Kyros sowohl das Konzil von Ephesos (431) als auch Kyrills zwölf Anathematismen zu entwerten. Schließlich hätten diese Krypto-Nestorianer behauptet, der Brief des Ibas von Edessa an den Perser Mari (CPG 6500), der Theodor von Mopsuestia und Nesto-

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rios „lobt und rechtfertigt", sei vom Konzil von Chalkedon akzeptiert worden. Sie hätten dieses behauptet, um die Autorität Chalkedons zu „mißbrauchen" und dadurch, so darf man wohl hinzufügen, in Frage zu stellen. Nach diesem Dokument aus dem Jahre 553 ist es gut, einen Blick auf ein frühes Zeugnis Justinians zu werfen. Der Kaiser hatte - vermutlich vor seinem ersten Dekret (543) oder anläßlich desselben - die Bischöfe der chalkedonischen Reichskirche befragt, wie sie über die Drei Kapitel denken. In einem Schreiben an eine Gruppe von Bischöfen, vermutlich eine Synode, teilt er mit, daß er allgemein [64] Zustimmung gefunden habe, doch bei seinen Adressaten auf Widerspruch gestoßen sei (CPG 6882). Wo diese Synode zuhause ist, erfahren wir nicht und können wir auch nicht aus der captatio benevolentiae Justinians erschließen, die Bischöfe seien „aus jenem Land, in dem bisher der rechte Glaube stets untadelig gewahrt wurde". Die Bischöfe berufen sich auf einen nicht weiter vom Kaiser beim Namen genannten Lehrer (διδάσκαλο?),  der  die  von  ihnen  mit  einem  Glaubensbekenntnis  vorge­ legten  „Kapitel" verfaßt hat. In einer ersten Reaktion hatten sie sich auf die Verteidigung des Theodor von Mopsuestia beschränkt. Zumindest ist dieses dem Hinweis Justinians zu entnehmen, das er darauf schon in einem anderen Schreiben eingegangen sei. In ihrer Antwort, von Justinian als  κεφαλαιογράφιον  zitiert,  hatten  die Bischöfe auch eine Rechtfertigung des Briefes vorgetragen, den Ibas von Edessa nach 433 an den Perser Mari geschrieben hatte (CPG 6500). Sie vermuten, daß Justinian auf die Verurteilung der Drei Kapitel andringe, um den Monophysiten entgegenzukommen, und fragen, ob damit nicht die Geltung des Konzils von Chalkedon in Frage gestellt ist: „Wie sollen wir den Ägyptern", d.h. den Monophysiten, „antworten", wenn wir Theodor und den Brief des Ibas anathematisieren? Justinian bestreitet jedoch, daß es ihm darum ginge, „die Monophysiten mit solchen Manövern zu gewinnen". Denn diese lehnen die Definition von Chalkedon ab, um deren rechtes Verständnis es ihm aber gehe und mit der sich die Drei Kapitel nicht vereinbaren lassen, die von einigen Leuten mißbraucht werden, um nestorianische Auffassungen durchzusetzen, ohne den Namen des Nestorios zu nennen. Quellen: (1) Justinians Schreiben an das 5. Ökumenische Konzil (CPG 6887): hg. v. J. Straub, ACO IV,1, 8-14; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 142-148; griech. bei Georgios Monachos: hg. v. C. de Boor, II, Leipzig 1904, 633-639; übernommen v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 150-156; griech. bei Kedrenos (PG 121, 724 C - 729 C; PG 86, 1, 1035-1041); (2) Justinians Brief an ein Synode wider die Drei Kapitel (CPG 6882): hg. v.

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E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Justinians (siehe 3.1.1) 47-69; engl. Übersetzung: K.P. Wesche, On the Person of Christ (siehe 3.1.1) 115-158. Literatur: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3) bes. 301; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 442-^45. [65]

3.2.3 Justinians Argumente für eine Verurteilung der Drei Kapitel Will man Justinian verstehen, dann muß man seine Argumente daraufhin prüfen, wie er mit diesen die Definition von Chalkedon interpretiert. Dabei zeigt sich, daß der zitierte Brief (CPG 6882) mit den beiden Edikten, in denen er 544/ 545 (CPG 6881) und im Juni 551 (CPG 6885) die Drei Kapitel verurteilt, übereinstimmt und im Vergleich zu seinen früheren christologischen Aussagen nichts wesentlich Neues bietet. Ein Fortschritt von einer Position, die einfach Chalkedons Formel wiederholt, sei es im Sinn einer „früh-neuchalkedonischen Manier" Chalkedon zu verteidigen (P. Gray), sei es im Sinn eines „strengen Chalkedonismus" (A. Grillmeier), zu einer „geschlossenen Christologie", die den Neuchalkedonismus „gemäßigt" (A. Grillmeier), vielleicht aus Leontios von Jerusalem rezipiert (P. Gray), ist nicht nachzuweisen. Im Edikt vom Juni 551 (CPG 6885) gebraucht Justinian zwar öfter als sonst die Formeln et? της  τριάδος  und  είς  Χριστός  σύνθετος  und begründet dort ausführlicher und umfassender als im Brief „über die Drei Kapitel" (CPG 6882), der in die Anfangsphase der Kontroversen um die Drei Kapitel gehört. Doch argumentiert er im Edikt auf dieselbe Weise wie in seiner Schrift an die Mönche des Enaton (CPG 6878) aus Kyrills Perspektive. Vergleicht man beide Texte, dann erweist sich das Edikt als eine umsichtiger und deutlicher formulierte Darstellung. Doch neue Gedankengänge und Termini führt das Edikt nicht ein. Justinian lehnt ein jedes Bekenntnis zu Christus ab, das nicht die biblische Lehre von der Menschwerdung des Logos, wie sie „die Väter" interpretiert haben, ernstnimmt. Es ist auffällig, daß Justinian bewußter als Zeitgenossen auf die Bibel zurückgreift und sie in der Perspektive von Kyrills Christologie liest. Das Subjekt des Bekenntnisses zu Christus ist der inkarnierte Logos und somit „der Eine der Trinität"  (εις  της  τριάδος),  der  Mensch  geworden  ist  und  dennoch  in  keiner  Weise  ein  Mensch  ist  wie  die  anderen  Menschen,  die  der Erlösung bedürfen. Sonst wäre das Heil der Menschen  (ή  σωτηρία)  nicht gewährleistet: „Wie kann jemand der Retter der Menschheit sein, der selbst gerettet wurde?" Darum lehnt Justinian ein Bekenntnis zum  homo  assumptus ab, das eine Menschwerdung des Logos ausschließt, sofern es den Gott Logos und Jesus Christus als zwei Subjekte auffaßt. Denn dadurch

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werde die Trinität um ein viertes Prosopon, jenes Christi, erweitert. Der Logos ist das Subjekt der Kenose; er hat sich nach Phil. 2,6-7 „selbst entleert" und alles, was zur [66] menschlichen Wirklichkeit Christi gehört, „mit seiner eigenen Hypostase geeint und wurde nicht mit einem im voraus erschaffenen  (προδιαπλασθείς)  Menschen  geeint".  „In  seiner  eige­ nen  Hypostase  hat  er für sich ... eine menschliche Natur geschaffen (έδημιούργησεν)".  Unter  φύσις  ανθρωπινή  versteht  Justinian  hier  die  konkrete  Wirklichkeit  des  Menschen  aus Körper und Seele. Diese ist „die Sarx" nach Joh. 1,14. Der Sache nach vertritt Justinian hier wie schon in seiner Abhandlung an die Mönche im Enaton (CPG 6878) den Gedanken der Enhypostasie, ohne aber dafür einen Terminus einzuführen. Es genüge darum nicht, sich mit Theodor von Mopsuestia oder dem Brief an den Perser Mari, der nicht von Ibas geschrieben worden sei, oder mit den Adressaten von Justinians Brief „gegen die Drei Kapitel" (CPG 6882) zu Christus als der einen Person  (εν  πρόσωπον)  und  zu  seinen  beiden  Naturen  zu  bekennen.  Denn  deren  Bekenntnis  zu  Christus  als  dem  einen  Sohn  Gottes  und  „zur  einen  Person  des  Gott  Logos  und  Christi"  meine  nur  die  Ehre  der  Sohnschaft  Gottes,  die  dem  Menschen  Jesus  zuteil  wurde, nämlich eine  κοινωνία,  die  einzig  im  Na­ men  „Sohn  Gottes" begründet sei. Ihr Bekenntnis meine keine Einung der Naturen in der Hypostase des Logos. Denn sie bekennen nicht die eine Person des inkarnierten Logos als eine  καθ'  ύπόστασιν  των  δύο  φύσεων  ενωσις. 

Nur  wenn  man  die  Einung  der  Naturen  in  der  Hypostase  des  Gott  Logos  bekennt,  gelten  sowohl  die  Hoheits­  als  auch  die  Niedrigkeits­ aussagen  „von  dem  einen  inkarnierten  Gott  Logos",  der  „eine  zusam­ mengesetzte  Hypostase"  ist  (μία  σύνθετος  ύπόστασις).  Doch  das  Be­ kenntnis  Theodors  von  Mopsuestia  und  der  Nestorianer  zu  „der  einen  Person  des  Gott  Logos  und  Christi"  schreibe  die  Hoheitsaussagen  dem  Logos,  die  Niedrigkeitsaussagen  dem  Menschen  zu.  Darum  ist  ein  Be­ kenntnis  zur  „einen  Person"  nicht  eindeutig;  es muß gegen eine Einheit abgegrenzt werden, die einzig in einem Bekenntnis zu Christus als κοινόν όνομα, nämlich in der  κοινωνία von  „Gott  und  Mensch  zugleich",  begründet ist. Es muß wie bei Kyrill Hoheit und Niedrigkeit von dem einen inkarnierten Logos bekannt werden, wenn auch unter je einer a n d e r e n R ü c k s i c h t :  κατά  την  θεότητα  ­  κατά  την  άνθρωπότητα.  M i t  d e m 

Begriff  „der  einen  zusammen­gesetzten  Hypostase"  wendet  sich  Justi­ nian  nicht  nur  gegen  eine  nestorianische  Interpretation,  sondern  auch  gegen  die  Formel  „der  einen  zusammengesetzten  Natur"  der  Severia­ ner,  nicht  aber  gegen  Kyrills  μία  φύσις  τοΰ  θεού  λόγου σεσαρκωμένη,  die  man  durch[67]aus  orthodox  verstehen könne. Insofern hält er auch 551 an einem Verständnis der Definition Chalkedons fest, das dialektisch

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einem Mittelweg folgt und sowohl die nestorianische Trennung als auch die eutychianische Aufhebung ausschließt. Indem Justinian die Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen auf die eine Hypostase des inkarnierten Logos bezieht, füllt er den Begriff der Hypostase auf. Er verbindet ihn so mit der entscheidenden Formel des Henotikon, ohne aber das Henotikon zu erwähnen: ε να καΐ τον  αυτόν  κύριον  ήμών  Ίήσουν  Χριστόν  τον  του  θεού  λόγον  σαρκωθέντα  και  ενανθρωπήσαντα  και  του  αύτου  τά  re  θαύματα  και  τά  πάθη,  απερ  εκουσίως·  ύπεμεινεν  σαρκί,  όμολογοϋμεν.  „Ein  und  derselbe",  der  inkarnierte  Lo­ gos,  „leidet  und  rettet",  d.h.  er  vollzieht  Menschliches  und Göttliches, und zwar als eine hypostatische, nicht als eine naturhafte Synthesis: „Aus den zwei Naturen" ist der eine Christus zusammengesetzt  (eiς·  Χριστό?  σύνθετος).  Insofern  ist  er  Resultat  einer  Synthese  (αποτέλεσμα).  Darum  erkennt  der  Glaubende  „die  zwei  Naturen  in  der  einen  Hypo­ stase".  Der  Sache  nach  vertritt  Justinian  somit  auch  hier  den  Gedanken  der  Enhypostasie.  Dabei  sucht  er  nicht  nach  einer  Definition  des  Be­ griffs  der  Hypostase  im  Unterschied  zum  Begriff  „Natur".  Vielmehr  füllt er den Begriff konkret mit religiöser Anschauung auf: „Ein und derselbe", die Hypostase des Gott Logos, „leidet und rettet". „In ihr" existieren somit beide Naturen, aus denen Christus „zusammengesetzt" ist, d.h. die absolut einfache göttliche Natur und die aus Körper und Seele zusammengesetzte des Menschen. In dieser Synthesis der Inkarnation ist keine „zusammengesetzte Natur" entstanden, wohl aber eine „zusammengesetzte Hypostase". Die Verurteilung der Drei Kapitel soll diesen Begriff der  μία  σύνθετο?  ύπόστασις­  als  Subjekt  der  Kenose  absichern,  nicht  aber  einen  positiven  Beitrag  zum Verständnis der Person Christi liefern. Quellen: (1) Edikt Justinians gegen die Drei Kapitel vom Jahre 544/ 545 (CPG 6881): Fragmente, zusammengestellt aus Facundus von Hermiane, Ad Iustinianum (siehe 3.2.1) und Pelagius, Pro defensione trium capitulorum (Studi e Testi 57, Cittä del Vaticano 1932) auf der Basis von W. Pewesin, Imperium, Ecclesia universalis, Rom. Der Kampf der afrikanischen Kirche um die Mitte des 6. Jahrhunderts, Stuttgart 1936, 150ff., bei E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3) 321-328; Fragmente nach Facundus bei M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 130-135; (2) Justinians Brief an eine Synode (CPG 6882): siehe 3.2.2; (3) Justinians Edikt wider die Drei Kapitel vom Juni 551 (CPG 6885): hg. v. E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Justinians (siehe [68] 3.1.1) 72-111; englische Übersetzung: K.P. Wesche, On the Person of Christ (siehe 3.1.1) 163-198. Die im Text angeführten Aussagen lassen sich sowohl aus CPG 6882 als auch CPG 6885 belegen.

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Literatur: P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon (siehe 3.1.1) 154-164; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 446^159; J.L. Macdonald, The Christological Works of Justinian (siehe 3.1.1) 189-255.

3.2.4 Kyrills zwölf Anathematismen und die authentische Interpretation der Definition von Chalkedon Wollte Justinian zeigen, daß seine Interpretation der hypostatischen Einung der beiden Naturen der Definition von Chalkedon entspricht, dann ging es auch darum, welche gegen Nestorios gerichtete Aussagen Kyrills das Konzil von Chalkedon bestätigt hatte. Justinian behauptet nun sowohl in seinem Brief „über die Drei Kapitel" (CPG 6882) als auch 544/ 545 in seinem Edikt gegen die Drei Kapitel (CPG 6881), daß sowohl Papst Coelestin und die Synode von Ephesos (431), als auch Papst Leo und das Konzil von Chalkedon (451) die zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) „angenommen und bestätigt haben". Historisch stimmt dieses nicht, und zwar stimmt dieses umso weniger, als Justinian behauptet, daß die Anathematismen „als solche" und „ohne eine bestimmte Interpretation" bestätigt worden seien. Im Kontext geht es darum, ob Kyrill mit der Union von 433 seine Anathematismen zurückgenommen habe, wie es Ibas von Edessa in seinem Brief behauptetehatte, oder neu interpretiert habe, wie Justinians Adressaten annehmen. U m zu zeigen, daß „Kyrills Glaube" jener Roms ist, behauptet Justinian, Papst Leo habe in einem Brief an das Konzil von Chalkedon die Anathematismen bestätigt; und er zitiert Leos Worte: „Die Definitionen, die von Kyrill, dessen Andenken uns heilig ist, gegen Nestorios vorgetragen wurden, sollen in Geltung bleiben". Doch soviel wir wissen, hat Papst Leo niemals die Anathematismen Kyrills anerkannt, wohl aber in einem Satz, der jenem gleicht, den Justinian zitiert hat, gefordert, die Geltung der Beschlüsse von Ephesos (431) gegen Nestorios nicht in Frage zu stellen. Gewiß setzt Justinian voraus, daß die Definition von Chalkedon sich „gegen Nestorios und Eutyches" richtet. Doch scheint ihm die Gefahr eines Krypto-Nestorianismus, der sich auf die Definition Chalkedons beruft, nicht ausgeräumt, solange die Bedeutung der zwölf Anathematismen - „der ganze Kyrill" - für ein rechtes Verständnis von Chalkedon und damit für den Glauben der Kirche [69] nicht anerkannt wird. Nach Justinian führte die Bestätigung der Anathematismen Kyrills in Ephesos (431) und Chalkedon (451) dazu, daß mit Nestorios sein Lehrer Theodor von Mopsuestia und dessen Symbol (CPG 3871) verurteilt wurden. Gemeint ist die von Charisios in Ephesos (431) überreichte

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Glaubenserklärung, die in den Akten dieses Konzils nichts mit Theodor zu tun hat. Doch das Konzil von Chalkedon, welches die Glaubenserklärung des Charisios aus den Akten des Latrocinium (449) übernimmt, bezeugt nach Justinian die Verurteilung von Theodor (Ταΰτα be ev το 19 όρισθείσιν  ή  άγια  ev  Καλχηδόνι  σύνοδο?  έξέθετο).  Von  hier  aus könne man erst das Verfahren des Konzils von Chalkedon gegen Ibas von Edessa und Theodoret von Kyros begreifen. Sie seien wieder aufgenommen worden, nachdem sie die Anathematismen Kyrills anerkannt hätten. Doch stimmt dieses so? Theodoret hatte, wie Justinian weiß, in Chalkedon einem Anathem gegen Nestorios zugestimmt. Für Ibas mußte „der Beweis", daß der nach der Union von 433 verfaßte Brief an den Perser Mari (CPG 6500) nicht von ihm stammte, das entscheidende Argument liefern: Nach der Union von 433 habe Ibas nach eigener Aussage nichts mehr gegen Kyrill vorgetragen und somit implizit die Anathematismen Kyrills anerkannt. Auf jeden Fall hätten beide, Theodoret und Ibas, die Definition von Chalkedon unterschrieben. Das Anathem, auf das Justinian andringt, gelte nur dem nicht von Ibas verfaßten Brief an Mari und stelle darum nicht die Autorität des Konzils von Chalkedons in Frage, das Ibas wieder in die Kirche aufgenommen hat. Die Tatsache, daß die römischen Legaten in Chalkedon den Inhalt des Briefs als rechtgläubig akzeptierten und dabei auf keinen wesentlichen Widerspruch stießen, findet bei Justinian merkwürdigerweise keinen Widerhall. Schließlich gehe es bei dem Kapitel über Theodoret nicht um ein Anathem gegen seine Person, sondern einzig um ein Anathem gegen seine Schrift wider Kyrills Anathematismen (CPG 6214). Die ebenfalls gegen Kyrill gerichtete Schrift „Pro Diodoro et Theodora" (CPG 6220) wird nicht erwähnt. Für Justinian erschließt sich die Definition von Chalkedon, sofern es um den Ausschluß eines jeden nestorianisierenden Mißverständnisses geht, aus Kyrills Anathematismen. Dieses ist sein eindeutiger Standpunkt in den beiden Texten aus den Jahren 543 bis 545 - ein Standpunkt, der für Justinian gewiß keine Wende bedeutet. Nur die Rezeption der Anathematismen oder des „ganzen Kyrill" garantieren eine [70] authentische Interpretation der Definition Chalkedons. Sie sind auch der Maßstab, an dem er den Tomus Leonis mißt, den er in seinem Brief „gegen die Drei Kapitel" (CPG 6882) in einem kleinen Florileg zitiert, in dem er aufweisen will, daß die Väter die Menschwerdung des Gott Logos gelehrt, d.h. Christus als den inkarnierten Logos bekannt haben. Auffälligerweise zitiert er jene Stelle aus Leos Tomus ad Flavianum, welche die Skythen und Papst Johannes II. geltend gemacht hatten:  Ό  απαθή?  θεό?  ούκ  άπηξίωσε  παθητό?  είναι  άνθρωπος. 

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U m s o auffälliger ist, daß im Edikt vom Juni 551 (CPG 6885) die zwölf Anathematismen zwar genannt werden, doch in den Hintergrund treten. Uber eine Bestätigung durch Papst Leo liest man nichts mehr. Auch wenn die Anathematismen Kyrills nicht besonders betont werden, so verändert sich für Justinian nichts daran, daß für ihn einzig von Kyrill her eine authentische Interpretation von Chalkedon gewährleistet ist, die jeden Krypto-Nestorianismus vermeidet. Darum kämpft er für eine Verurteilung der Drei Kapitel, für die Anerkennung einer durch „den ganzen Kyrill" begründeten authentischen Auslegung von Chalkedon, wie sie von der 5. Ökumenischen Synode 553 in ihren Kanones umrissen wird. Quellen: Zu CPG 6881 siehe 3.2.3, zu CPG 6882 siehe 3.2.2. (1) Zu Justinians Behauptung, Leo hätte die Anathematismen Kyrills anerkannt vgl. CPG 6882: 54, S. 61,33-36; CPG 6881: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3) 321; Fragment 4, hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 131. Zu Justinians Zitat aus Leo vgl. dessen Brief 34, hg. v. C. Silva-Tarouca, Z. 43-45, S. 84; Ep. 52 bei E. Schwartz, ACO 11,4, 52,25-27; (2) zur Verurteilung des sog. Symbolum Theodori (CPG 3871) vgl. Justinian CPG 6882: 61, S. 64,1-4; CPG 6881: bei E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3) 322; Fragment 6 bei M. Amelotti - L. Migliardi Zingale 131; CPG 6885:100,30-36. Literatur: Zu CPG 3871: L. Abramowski, Der Streit (siehe 3.2.1) 257.

3.3 Wider den Mythos der Origenisten Justinian wurde nach den uns noch erhaltenen Quellen von zwei Seiten - durch den römischen Apokrisiar Pelagius (540) und einen  libellus, den ihm 542 der Jerusalemer Patriarch Petros (524-552) geschickt hat, - mit der Tatsache konfrontiert, daß unter den Mönchen Palästinas, vor allem in der Neuen Laura, eine Theologie Eingang gefunden hatte, die sich auf Origenes' Proto- und Eschatologie und deren Rezeption durch Evagrios Pontikos berief. Doch der Zusammenhang mit Evagrios war Justinian und seinen Informanten nicht bekannt. Für ihre Anhänger, die Origenisten, ging es u m eine [71] Begründung ihrer Spiritualität und Lebenspraxis. Ihre Gegner wie Justinian sahen in ihren Thesen nur eine Rezeption des paganen Mythos der Präexistenz und der Reinkarnation sowie eine Absage an die Heilsbedeutung der Menschwerdung des Gott Logos.

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3.3.1 Origenisten in Konstantinopel Es gehört wohl zur frommen Legende, daß Justinian schon 531 vom greisen Sabas, dem geistlichen Vater der Großen Laura Palästinas, wie dessen Biograph behauptet, um eine Verurteilung des Origenes gebeten wurde. Sabas war damals kurz vor seinem Tod (5. Dez. 531) in einer politischen Mission in Konstantinopel. Dabei entdeckte er in seiner Begleitung einen Origenisten, Leontios, der aus Byzanz stammte und Mönch der Neuen Laura war. Dieser habe seine origenistischen Auffassungen durch sein Eintreten für das Konzil von Chalkedon zu verbergen gesucht. Vermutlich ist dieser Leontios mit jenem Leontios zu identifizieren, der als Konstantinopler Geschäftsträger der Mönche Palästinas am Religionsgespräch des folgenden Jahres (532) und an der Endemusa gegen Anthimos und Severos (536) teilgenommen hat. Sollte er auch der Verfasser jener christologischen Abhandlungen sein, die unter dem Namen eines Leontios von Byzanz überliefert sind (CPG 6 8 1 3 6817), dann fällt auf, daß sich in seiner Verteidigung Chalkedons keine eindeutigen Hinweise auf eine origenistische Nus-Christologie finden. Über Leontios, den Origenisten der Sabas-Vita, finden die auf der Endemusa des Jahres 536 in Konstantinopel anwesenden origenistischen Mönche Theodor Askidas, der führende Kopf  (έξάρχων)  der  Neuen  Laura,  und  Dometian,  der  Hegumenos  der  Laura  des  hl.  Martyrios,  Eingang  bei  Eusebios,  dem einflußreichen Presbyter und Schatzmeister der Hagia Sophia, und als dessen Proteges beim Kaiser. Auch von ihnen heißt es, sie seien unter dem Vorwand, Chalkedon zu verteidigen, nach Konstantinopel gekommen. Beide unterschrieben zwar das Edikt, mit dem Justinian 543 im Anschluß an die Synode des Patriarchen Menas (536-552) Origenes verurteilt hat (CPG 6880). Doch setzten sie sich die kommenden Jahre energisch für die Interessen der Origenisten ein. Dieses gilt vor allem für Askidas. Denn Dometian scheint, wie es sein schon erwähnter Brief an Papst Vigilius nahelegt (CPG 6990), den Origenisten die Gefolgschaft aufgesagt zu haben und schon bald, wie Kyrill von Skythopolis berichtet, an Wassersucht gestorben zu sein. [72] Quellen: (1) Justinians Edikt gegen Origenes (CPG 6880; 9334): hg. v. E. Schwartz, ACO III, 189-214 (Synode des Menas: ebd. 207,29 - 208,2); nachgedruckt bei M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 67-119; neun Anathematismen aus CPG 6880: hg. v. H. Görgemanns - H. Karpp, Origenes. Vier Bücher von den Prinzipien, Darmstadt 1976, 822-824; (2) Liberatus, Breviarium (CPL 865), 23-24: siehe 3.2.1; (3) Kyrill von Skythopolis, Vita Sabae (CPG 7536; BHG 1608): hg. v. E. Schwartz, Kyrillos (siehe 2.4) 175f.; 188-192; (4) Dometian von Ankyra, Brief an Vigilius (CPG 6990): siehe 3.2.1.

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Literatur: D.B. Evans, Leontius of Byzantium. An Origenist Christology (Dumbarton Oaks Studies 13), Washington D.C. 1970,147-185 (berechtigte Kritik z.B. bei B. Daley, The Origenism of Leontius of Byzantium, Journal of Theological Studies n.s. 27 (1976) 333-369); Α. Grillmeier (siehe 1.4.3) 403-408; L. Perrone, La chiesa di Palestina (siehe 1.4.5) 190-193; 203-213.

3.3.2 Justinians Edikt vom Jahre 543 Zu Beginn des Jahres 543 und nicht, wie Kyrill von Skythopolis berichtet, des Jahres 542 erließ Justinian sein Edikt gegen Origenes (CPG 6880). Auffällig ist, daß der Kaiser und seine Informanten bei den Origenisten jene Origenes-Rezeption voraussetzen, die sich in den Dokumenten der ersten, im Jahre 399 entbrannten Origenistischen Kontroverse widerspiegelt. Der Brief des Hieronymus an Avitus von Vienne hat Justinian weitgehend den Leitfaden für seine Darstellung geliefert, und wohl zurecht hat man vermutet, daß die Übereinstimmung von Justinians Zitaten aus Origenes' TTepl  άρχων  mit  Hieronymus  auf  die  Mitarbeit  des  Apokrisiars  Pelagius zurückgeht, m.a.W. daß Pelagius' Kenntnis des Hieronymus die Quelle für Justinians Zitate sei, die sich so auffallend von der Ubersetzung des Rufinus unterscheiden. Doch ist Hieronymus nicht die einzige Quelle aus dem ersten Streit um den Origenismus, die im Edikt Justinians ihren Niederschlag gefunden hat. Dieses gilt z.B. für die Aussage über die Kugelgestalt des Auferstehungsleibs, die sich als solche nicht auf Origenes zurückführen läßt. Doch dürfte sie nicht, wie A. Guillaumont meint, ein erster Hinweis auf die spezifische Spekulation der Origenisten des 6. Jahrhunderts sein. Denn sie wurde schon von Theophilos von Alexandrien (CPG 2612) als These des Origenes genannt. Justinian bestreitet in seinem Edikt von 543 eine Präexistenz der Seele Christi in jener Perspektive, in der er sich bisher um eine authentische Interpretation der Definition von Chalkedon bemüht hat: Im zweiten und dritten Anathematismus lehnt er jede Präexistenz, sei es der Seele Christi, sei es des Körpers Christi, vor der In[73]karnation des Gott Logos ab. Denn eine solche stünde, wie er im Text des Edikts kurz begründet, im Gegensatz zur hypostatischen Einung. Denn diese Einung bedeutet, daß „der Eine der Trinität", die menschliche Natur bei der Inkarnation „seiner Hypostase nach mit sich selbst geeint" und nicht, wie Justinian es mit Worten des Athanasios (CPG 2095) sagt, als etwas schon Geschaffenes angenommen hat. Mit anderen Worten, Justinian weist die Präexistenz der Seele Christi mit demselben Argument zurück, mit dem er eine nestorianische Interpretation der Zwei-Naturen-

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Lehre bestreitet. Doch betont das Edikt von 543 diesen Gesichtspunkt nicht. Das eigentliche Argument liefert ihm nicht die Christologie, sondern die Anthropologie: Jede Präexistenz einer Seele, aber auch eines Körpers widerspricht den Vätern und der Bibel. Quellen: (1) Justinians Edikt vom Jahre 543 (CPG 6880; 9334): siehe 3.3.1; (2) Hieronymus' Brief an Avitus: Epistula 124, rec. I. Hilberg, Pars III, CSEL 56, 1918 (21996), 96-117; (3) Theophilos von Alexandrien, Brief aus Konstantinopel (CPG 2612): hg. v. M. Richard, Nouveaux fragments de Theophile d'Alexandrie, in: Opera Minora II, Turnhout 1977, 39. Literatur: F. Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhundert und das fünfte allgemeine Concil, Münster i.W. 1899; A. Guillaumont, Les „Kephalaia Gnostica" d'Evagre le Pontique et l'histoire de l'origenisme chez les Grecs et chez les Syriens (Patristica Sorbonensia 5), Paris 1962; F. Carcione, La politica religiosa di Giustiniano nella fase iniziale della „seconda controversia origenista" (536-543), Studi e ricerche sull'oriente cristiano 8 (1985) 3-18; G. Sfameni Gasparro, II problema delle citazioni del Peri Archon nella lettera a Mena di Giustiniano, in: Origeniana Quarta, hg. v. L. Lies, Innsbruck 1987, 5476; H. Crouzel, L'apocatastase chez Origene, in: Origeniana Quarta, 282-290, bes. 283 mit Anm. 12; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 408-421.

3.3.3 Unterwegs zum 5. Ökumenischen Konzil (547-552) Nach dem Tod des Nonnos im Februar 547, der nach Kyrill von Skythopolis die Mythologumena der Origenisten ersonnen hat und der geistige Inspirator der origenistischen Bewegung gewesen ist, wurde nach außen sichtbar, daß die Origenisten in zwei Parteien zerfielen. Jene der Laura des hl. Firmin nannten die Mönche der Neuen Laura „Christusgleiche"  (Ίσόχρι,στοι),  diese  aber  die  ersteren  „Ersterschaffe­ n e "  (Πρωτόκτίστοι)  und  „Verehrer  einer Quaternität"  (Τετραδιται).  In  diesen  Jahren  nahm  die  Macht  der  Neuen  Laura  im  Patriarchat  von  Jerusalem  auf  Grund  des  politischen  Einflusses  von  Theodor  Askidas  mehr  und  mehr  zu.  Darum  sahen  sich  die  Proto[74]ktisten  ins  Abseits  gedrängt und schlossen mit den Anti-Origenisten unter Führung der Großen Laura 551/ 552 ein Bündnis. Dabei schworen sie „dem Dogma der Präexistenz" ab. Gemeinsam zogen die neuen Verbündeten nach Konstantinopel, nachdem noch zu Lebzeiten von Patriarch Menas ( t 24. August 552) das 5. Ökumenische Konzil einberufen worden war. Die Protoktisten betonten gegenüber den Isochristen, daß zwischen Christus als Nus  (πρωτόκτιστος·  νους)  und  den Erlösten als Vernunftwesen (Noes) ein Unterschied besteht, und dieser erlaubte es ihnen ver-

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mutlich, in der Frage der Präexistenz mit den Anti-Origenisten einen Kompromiß zu schließen. Wie aber verstanden sie die nur dem Christus-Nus im Proton und Eschaton zukommende Einung mit dem Gott Logos? Wie das Schimpfwort „Tetraditen" nahe legt, vertraten sie eine Auffassung, die für die Isochristen auf den von Monophysiten und Chalkedonikern bestrittenen Nestorianismus hinauslief. Sie unterstellten den Protoktisten eine Erweiterung der Gottheit zur Tetrade: Der Gott Logos und Christus sind und bleiben in der Einung jeweils eigene Hypostasen oder Seiende  (άλλο?  και  άλλο?).  Der  auf  Grund  der  Quellen  kaum  definierbare,  doch  wohl für ihre Vertreter schwerwiegende ideologische Gegensatz zwischen Isochristen und Protoktisten führt in der Forschung zu sehr verschiedenen Auffassungen: F. Carcione betont, daß wegen der Aussagen über die Seele Christi in  Περί  άρχων  die  Ori­ genisten  eher für einen Monophysitismus offen gewesen seien als für eine nestorianische, besser adoptianische Christologie. Dieser aber ordnen Autoren wie A. Guillaumont, B. Daley und L. Perrone, aber auch Georg Hieromonachos im 7. Jahrhundert (CPG 7820) den ChristusMythos der Origenisten zu. Analoge Diskussionen scheinen schon die Origenisten des 6. Jahrhunderts gespalten zu haben, doch mit dem Unterschied, daß für Isochristen und Protoktisten das Subjekt der Inkarnation die präexistente Seele Christi, nicht der Gott Logos ist. Die Spannung zwischen beiden Polen beherrscht, was hier nicht ausgeführt werden kann, die Origenes-Rezeption des Evagrios Pontikos, die Quelle der Origenisten Palästinas, die ihnen seit 512 durch einen Flüchtling aus Edessa, den Mönch Stephan Bar Suda'fli, erschlossen worden war. Mit der Vorbereitung des 5. Ökumenischen Konzil verstärkte Justinian und die Reichskirche den Druck auf die Origenisten. Im Dezember 552 unterschrieb der Metropolit Theodor von Skythopolis, [75] der frühere Hegumenos der Neuen Laura, der auf Betreiben von Askidas Staurophylax der Kirche von Jerusalem und Metropolit geworden war, einen  libellus, in dem er in zwölf Anathematismen seinen Irrtümern abschwört. Neun von diesen greifen Justinians Bannflüche vom Jahre 543 auf. Was neu hinzugefügt wurde, verurteilt vor allem die Lehre der Isochristen, Theodors Partei. Quellen: (1) Kyrill von Skythopolis, Vita Sabae (siehe 3.3.1) 197; (2) Georg Hieromonachos, De haeresibus ad Epiphanium (CPG 7820): hg. v. M. Richard, Le traite de Georges hieromoine sur les heresies, Revue des Etudes Byzantines 28 (1970) 239-269 (Opera Minora III, Turnhout 1997, 62); (3) Theodor von Skythopolis, Libellus de erroribus Origenianis (CPG 6993): PG 86,1, 232-236.

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Literatur: F. Diekamp (siehe 3.3.2) 59-62; 125-129; A. Guillaumont (siehe 3.3.2); B. Daley (siehe 3.3.1); L. Perrone (siehe 1.4.5); F. Carcione (siehe 3.3.2).

3.3.4 Die Verurteilung des Origenismus im Jahre 553 Noch vor der ersten Sitzung, mit der die 5. Ökumenische Synode am 5. Mai 553 die Frage der Drei Kapitel anging, hatte Justinian in einem synodalen Akt den Origenismus der Isochristen in 15 Anathematismen verurteilen lassen. Später sahen byzantinische Kirchenhistoriker wie Evagrios Scholastikos und Häresiologen in diesem Geschehen einen Akt des Ökumenischen Konzils. Mit einem Begleitschreiben, das bei Georg Monachos und Kedrenos bewahrt geblieben ist, schickt Justinian eine Glaubenserklärung (έκθεσις) mit Anathematismen an die Synode. Während die Ekthesis verlorenging, sind uns die Anathematismen in einer Wiener Handschrift noch erhalten. Diese Dokumente zeigen, daß Justinian inzwischen eine detailliertere Information über den vor allem aus Evagrios Pontikos schöpfenden Mythos der Origenisten seiner Zeit besitzt. Im Mittelpunkt steht die Henade („Einsheit") der Vernunftwesen (Noes) im Proton und Eschaton: Anfang und Ende sind identisch, wobei sich von den Verheißungen des Eschaton her der Anfang erschließt. Im Anfang und Ende sind die Vernunftwesen ihrem Sein  (ουσία),  Wirken  und Vermögen nach identisch und darum weder der Zahl noch dem Namen nach unterschieden. Mit anderen Worten, sie sind im Proton und Eschaton rein immaterielle Seiende, d.h. nackte Vernunft, die durch ihre Einung mit dem Gott Logos und d.h. durch Gnosis „wesentlich" - im eigentlichen Sinn seiend - sind. Evagrios spricht von der wesenhaften Erkenntnis (ουσιώδη?  γνώσις).  In  dieser  Gnosis  existieren  sie  ohne  Namen  und  [76]  Zahlen,  d.h.  ohne  jene  Unterschiede,  welche  die Individualität in der materiellen Welt kennzeichnen. So bilden die Vernunftwesen eine Henade, in der auch Christus, d.h. jener Nus, der niemals aus dieser Henade und damit aus der Liebe und Anschauung Gottes herausgefallen ist, keine besondere Würde zukommt - wie zumindest die Isochristen lehren: In der Henade besteht kein Unterschied „weder im Wesen noch in der Erkenntnis noch im Vermögen noch im Wirken"  (ούτε  τη  ούσία  οϋτε  τη  γνώσει  ουτε  τή δυνάμει  ούτε τη  ενεργεία).  Dieser  Christus­Mythos  steht  in  den  Anathematismen  Justinians  im  Zentrum.  Dem  ewig  im  voraus  zu  allen  materiellen  Welten präexistierenden Christus, der nicht auf ewig Fleisch angenommen hat und der nicht selbst der Gott Logos ist, stellt Justinian als Subjekt der Inkarnation, der Kenose nach Phil. 2,6-7, den Gott Logos entgegen, „den Einen

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der heiligen Trinität", der selbst im eigentlichen Sinn und nicht nur im übertragenen Sprachgebrauch, wie die Origenisten meinen, Christus ist. Dieses ist der Ausgangspunkt eines von Kyrill her verstandenen Bekenntnisses zu Christus. Auffällig ist, daß Justinian dieses Argument nicht weiter ausführt. Wahrscheinlich sah er nun im Unterschied zum Edikt des Jahres 543 in der Christologie der Origenisten, genauer der Isochristen, keinen Hinweis, eine Analogie zum Nestorianismus zu vermuten. Quellen: (1) Justinians Brief an die Synode (CPG 6886; 9351): (la) bei Georg Monachos, PG 110, 780-784 (hg. v. E. de Muralto, St. Petersburg 1859); hg. v. C. de Boor, II, Leipzig 1904, 630-633; wiederholt bei M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 122-124; (lb) bei Kedrenos: PG 86,1, 989-993 (nach Mansi IX 533-537); (2) Anathematismen gegen die Origenisten (CPG 9352): hg. v. J. Straub, ACO IV,1, 248-249; hg. v. H. Görgemanns - H. Karpp, Origenes (siehe 3.3.1) 824-830. Synoptische Ausgabe der Anathematismen und des Begleitbriefs Justinians (CPG 6886) bei F. Diekamp (siehe 3.3.3) 90-96; (3) Evagrios Scholastikos (CPG 7500) IV 38: hg. v. J. Bidez - L. Parmentier, Euagrius. The Ecclesiastical History, Amsterdam 2 1964,188,14 - 189,29. Literatur: F. Diekamp (siehe 3.3.2); A. Guillaumont (siehe 3.3.2); A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 422-430.

4. Epilog: Auf dem Höhepunkt weltlicher Macht (553-565) Seit 552 verlief die byzantinische Reconquista in Italien erfolgreich. Narses vernichtete das Reich der Goten. Justinian sah seinen [77] Traum der  restauratio  imperii Wirklichkeit werden. Die Symphonie von weltlicher Herrschaft und geistlicher Gewalt im gesamten Reich schien durch das 5. Ökumenische Konzil garantiert, nachdem dieses auch von Papst Vigilius anerkannt worden war. Dessen Nachfolger Pelagius I. ( 5 5 6 - 561), der frühere Apokrisiar in Konstantinopel, stand trotz seiner vor dem Konzil veröffentlichten Schrift  Pro  defensione  trium  capitulorum  zu den dogmatischen Beschlüssen des Ökumenischen Konzils. An der Ostgrenze des Reichs herrschte Ruhe, auch wenn man dieser nicht trauen durfte. Der „Ewige Friede" mit Persien (532) hatte nicht gehalten. Seit 540 hatte Chosrau I. (531-579) den Krieg gegen Byzanz wieder eröffnet und 544 sogar Edessa belagert. Doch erkaufte sich Justinian durch Tributzahlungen den Waffenstillstand bzw. zwei Mal dessen Verlängerung und 561 selbst einen festen Friedensvertrag.

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4.1 Ein Religionsgespräch mit Paul von Nisibis Im Frieden von 561 war den Christen im persischen Reich die freie Ausübung ihrer Religion zugesichert worden. Justinian versuchte damals, wie nestorianische Quellen berichten, mit der Kirche Persiens ins Gespräch zu kommen. Er soll sich deshalb sowohl an den Leiter der Schule von Nisibis als auch an Chosrau selbst gewandt haben. Daraufhin schickte die persische Kirche eine Gesandtschaft unter Leitung des schon erwähnten Metropoliten Paul von Nisibis zu einem Religionsgespräch mit Justinian nach Konstantinopel. Von diesem ist auf syrisch ein Teil des Protokolls bewahrt geblieben. Der Text bietet einige Probleme, die hier nicht behandelt werden können. Doch die Position beider Gesprächspartner ist eindeutig zu erkennen. Justinian vertritt auch hier den Gedanken der Enhypostasie, ohne einen bestimmten Terminus einzuführen: Der Gott Logos hat sich in der Inkarnation den aus Maria geborenen Körper „in einer unteilbaren Einheit"  (αδιαίρετος  ενωσι,ς) zu  eigen  gemacht  (οίκειοΰσθαι),  so daß „die menschliche Natur in der Hypostase des Logos subsistiert  (ύποστήναι  oder  ύπάρχειν)".  Die  menschliche  Natur  bedeutet  hier  die  konkrete  Natur  eines  Individuums  und  nicht  die  abstrakte  Natur  oder  das  Eidos,  auch  wenn  Justinian für die Unterscheidung zwischen individueller Natur und Hypostase keinen eindeutigen Begriff findet. Paul von Nisibis hat die Position Justinians genau erfaßt, kann sie aber nicht akzeptieren. Die Auffassung, daß der Logos sich so in[78]karniert hat, daß seine menschliche Wirklichkeit, die „Sarx" nach Joh. 1,14, in seiner Hypostase, nicht aber in einer eigenen Hypostase subsistiert, scheitert für ihn daran, daß die Hypostase eines Geschöpfs nicht ungeschaffen sein kann. Denn „jede Hypostase wird entsprechend ihrer Natur erkannt". Die Einheit der zwei Naturen und zwei Hypostasen Christi sieht er in dem „einen Prosopon" beider Naturen und Hypostasen begründet. Den Einwand Justinians, er führe mit diesem „einen Prosopon" neben der Trinität eine vierte Person oder Hypostase ein, findet er einfach unbegreiflich. Um seinem Gesprächspartner zu zeigen, daß die Hypostase des Logos jene der menschlichen Natur Christi ist, da letztere „in ihrer göttlichen Hypostase existiert", geht Justinian auf das Wirken Christi ein. Die menschliche Natur Christi erkennen wir „nicht getrennt mit einer eigenen hypostatischen Tätigkeit und Energie. Denn einzig dem Sohn, der sie angenommen hat und der in ihr Mensch werden wollte, kommen das Vermögen und der Wille zum Handeln zu, so daß jedes hypostatische Wirken  (υποστατική  evepyeia)  in  der  Oikonomia  vollkommen  ge­ wesen  ist."  Diese  Aussage  Justinians  stimmt  mit  dem  zusammen,  was 

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er früher zum  Agit  enim  utraque  forma aus dem Tomus Leonis gesagt hatte. Was er dort „die verschiedenen göttlichen und menschlichen Energien" (im Plural!) genannt hatte, entspricht hier dem Terminus „jede hypostatische Energie". Das Wirken des inkarnierten Logos ist im konkreten Vollzug und im Resultat  (άποτελεσμα)  Wirken  der  Hyposta­ se,  d.h.  ein  hypostatisches  Wirken:  evepyeia  meint  hier  nicht  eine  Po­ tenz  zum  Handeln,  die  im  Wesen  eines  Seienden  ­  in  seiner  Natur  ­ begründet ist, sondern Wirken als Handlung im Vollzug und Resultat. In „jedem hypostatischen Wirken" des Inkarnierten erkennen wir eine göttliche und eine menschliche Natur, doch keine von beiden - dieses liegt in der Logik des Gedankens - mit einer eigenen hypostatischen Energie. Dieser Begriff ist bei Justinian neu. Doch der Gedanke, mit dem er den Begriff der „einen Hypostase" aus der Definition von Chalkedon aufzufüllen sucht, ist bei ihm nicht neu: Es ist die Hypostase des inkarnierten Logos, die im Fleisch leidet und die in ihrer göttlichen Macht Wunder wirkt und rettet. Quellen: Fragment des Protokolls der Diskussion Kaiser Justinians mit dem Metropoliten Paul von Nisibis: hg. v. A. Guillaumont, Justinien et l'eglise de Perse, Dumbarton Oaks Papers 23/24 (1969/70) 62; nachgedruckt bei  Μ.  Ame­ lotti  ­  L.  Migliardi  Zingale  (siehe  1.42)  188­192.  [79]  Literatur:  A.  Guillaumont,  a.a.O,  39­62;  A.  Grillmeier  (siehe  1.4.3)  4 8 7 ­ 4 8 9 ;  K.­H.  Uthemann,  Der  Neuchalkedonismus  (siehe  1.3.1)  190f. 

4.2 Justinians  letztes  Edikt ­  ein ungelöstes Rätsel Nach Evagrios Scholastikos hat Justinian am Ende seines Lebens „das sogenannte Edikt an die Römer" verfaßt. Darin habe er gelehrt, daß der Körper Christi „unvergänglich"  (άφθαρτοι')  gewesen  sei  und  in  keiner  Weise  jenen  Erfahrungen  ausgeliefert  war,  denen  ansonsten  jeder  menschliche Körper von Natur aus unterliegt, ohne daß der Mensch sich durch diese Erfahrungen, die er erleidet, schuldig macht. In der Sprache des 6. Jahrhunderts heißen diese Erfahrungen  τά  φυσικά  και  αδιάβλητα  πάθη.  Da  schon  Julian  von Halikarnaß diese  πάθη für den inkarnierten Logos ausgeschlossen hatte, lag es nahe, in Justinians Edikt nichts anderes als eine Anerkennung von Julians Lehre zu sehen und mit dem polemischen Terminus „Aphthartodoketismus" zu kennzeichnen. Es wird damit unterstellt, daß die Julianisten ein doketisches Christusbild haben: Christi Körper ist nur scheinbar ein Körper wie der vergängliche, den alle Menschen besitzen. Evagrios veranschaulicht in diesem Sinn für seine Leser die von ihm zitierte Auffassung Justinians:

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Daß der Körper Christi „unvergänglich" gewesen sei und ohne die natürlichen Erfahrungen, welche einen Körper in seiner „Vergänglichkeit" kennzeichnen, bedeutet, „daß der Kyrios vor seiner Passion so gegessen hat, wie er nach seiner Auferstehung aß" (Luk. 24,43; vgl. Luk. 24,30; Joh. 21,12-15). Nach Evagrios findet dieses Ende 564 oder Anfang 565 publizierte Edikt keinen Anklang beim Episkopat; es stößt vor allem auf den Widerstand des Patriarchen von Antiochien, Anastasios I. (559-570; 591598). Nur der Tod des Kaisers am 14. November 565 verhinderte dessen Verbannung. In der Chronik Michaels des Syrers, die hier vermutlich vom verlorenen Teil der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesos abhängig ist, wird das Schreiben der von Anastasios einberufenen Synode, das mit einem Florileg endet, überliefert. Diese Synodika greift, ohne Namen zu nennen, die Beweisführung des Severos von Antiochien gegen Julian von Halikarnaß auf. Wie jedoch Severos schon Julian nicht gerecht wurde, der ein echtes Leiden Christi, wenn auch als Paradox beschrieben, nicht leugnen wollte, so dürfte die Synodika auch keine adäquate Antwort auf Justinians Edikt sein. Die Nachricht, der Kaiser sei durch einen Julia[80]nisten, den Bischof von Joppe in Palästina, heute Jaffa, zum Aphthartodoketismus verleitet worden, stammt aus der Chronik Michaels des Syrers. Inwiefern diese Auskunft wahr ist, wird man nicht mehr eruieren können. Auf jeden Fall dient sie jener Interpretation von Justinians Edikt, die auch die Synode von Antiochien vertreten hat. Der Patriarch Eutychios von Konstantinopel (552-565) wurde, wie es sein Biograph Eustratios darstellt (CPG 7520), von Justinian abgesetzt, weil er sich einer Anerkennung „des Dogmas der Aphthartodoketen" widersetzt habe. Auch wenn historisch gesehen die Verbannung des Eutychios andere Gründe hatte, so dürfte Eustratios' Bericht dennoch glaubwürdige Details enthalten. Zu diesen gehört auch die kurze Formel, mit der er das neue Dogma des Kaisers umschreibt: „Der Körper des Herrn ist auf Grund seiner Einung (ενωσις) unvergänglich." Wie Justinian die körperliche  αφθαρσία  ­  im  Unterschied  zu  jener  αφθαρσία,  die Sündenlosigkeit bedeutet, - als Folge der hypostatischen Union verstanden hat, läßt sich aus den uns erhaltenen Quellen nicht mehr genauer bestimmen. Auch andere Chalkedoniker konnten sich für den Gedanken der Unverweslichkeit des Körpers Christi und einer entsprechenden „Leidlosigkeit" erwärmen, wie z.B. eine Schrift des Leontios von Byzanz „gegen die Aphthartodoketen" (CPG 6813) oder die Lazarus-Predigt des Leontios von Arabissos (BHG 2219u) beweisen. War Christi Leichnam im Grab nicht unverwest geblieben? War der menschliche Körper im Paradies vor dem Sündenfall nicht unvergäng-

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lieh? Was der Natur oder Potenz nach vergänglich ist, kann im paradiesischen Urzustand aus Gnade und in Christus auf Grund der hypostatischen Union „tatsächlich unvergänglich" (evepyeia  άφθαρτον)  sein  ­  eine  Auffassung, die Anastasios  Sinaites  im  Hodegos  (CPG  7745)  referiert.  Wie  ein Anhänger Chalkedons letzteres mit dem Bekenntnis zum Leiden und Kreuzestod Christi verbinden konnte, bleibt unbegreiflich, rechnet man nicht mit dem Paradoxalen religiöser Logik. M. van Esbroeck will zwischen dem Edikt Justinians und dem Einfluß, den die Julianisten „im Jahre 555 und wahrscheinlich schon früher" auf die armenische Kirche ausgeübt haben, einen Zusammenhang entdecken. Im Kontext geht es auch darum, das Fest der Hypapante am überlieferten 14. Februar und nicht am 2. Februar zu feiern. Mit dieser Frage verbindet sich jene, ob ein in zwei georgi[81]schen Handschriften als Homilie überlieferter Text, der Justinian als Verfasser und die Kirche von Jerusalem als Adressat nennt (CPG 6892), ursprünglich ein Brief des Kaisers Justinian aus dem Jahre 562 gewesen ist oder, wie A. de Halleux meint, ein „Amalgam" aus zwei anonymen Schriften darstellt, dem der Name Justinians angehängt wurde. Der Streit kann hier nicht entschieden werden. So muß darum auch die Frage unbeantwortet bleiben, ob 562 von Justinian in Jerusalem das Weihnachtsfest am 25. Dezember eingeführt wurde. Wie dem aber auch immer sei, der Hinweis von M. van Esbroeck auf einen Zusammenhang zwischen Armenien und dem Edikt Justinians vom Jahre 564/ 565 verdient, weiterhin verfolgt zu werden. Die bei Evagrios unterstellte Beziehung zwischen dem Edikt und Rom ist unwahrscheinlich. Auf jeden Fall kennen wir keine Reaktion von Papst Johannes III. (561574). Daß Justinian versucht haben sollte, mit den Gaianiten Alexandriens eine kirchliche Gemeinschaft herzustellen, wird man mit Gewißheit ausschließen können. Warum sollte Justinian alles bisher Erreichte wegen der Gaianiten in Frage stellen? Wie kann man mit P. Gray annehmen, daß Justinian mit einem solchen „tollkühnen Schritt" hoffte, „das monophysitische Schisma zu heilen"? Um das Edikt Justinians vom Jahre 564/5 zu begreifen, tut man m.E. gut daran, zum einen die Chronisten Johannes Malalas (CPG 7511) und Jakob von Edessa ernstzunehmen, die für das Jahr 562 ein Edikt Justinians über die Zwei-Naturen-Lehre nennen, und zum anderen ein in der Doctrina Patrum überliefertes Zitat aus einem nicht näher benannten Edikt Justinians (CPG 6890) zu bedenken, das A. Grillmeier mit dem genannten Edikt von 562 in Zusammenhang bringt. Da Justinian hier das Bekenntnis einer „wesenhaften  (ουσιώδης)  oder  naturhaften  Einung",  welche  „die  zwei  Usien  oder  Naturen  zu  einer  einzigen  Hy­ postase  eint"  gegen  eine  monophysitische  Sicht  der  „einen  Natur 

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Christi" verteidigt, scheint dieses Edikt an die Kirche von Jerusalem adressiert zu sein. Denn in Palästina bevorzugte man den Terminus ενωσις  ούσιώδης.  Angesichts  des  Zeugnisses  der  beiden  genannten  Chronisten  ist  es  unwahrscheinlich, daß Justinian mit seinem Edikt vom Jahre 564/5 das Konzil von Chalkedon in Frage gestellt hat. Insofern hat E. Schwartz recht, daß Justinian sein Leben lang „auch bei genauerem Zusehen" Anhänger dieses Konzils geblieben ist. Doch ist [82] sein Hinweis, des Kaisers „letzte Unbegreiflichkeiten" müsse man „als Sympton senilen Verfalls" ansehen, keine befriedigende Antwort. Wenn M. van Esbroeck als Motiv für das Edikt „die Angst eines alten Kaisers im Angesicht seines T o d e s " nennt und einen Zusammenhang mit Justinians Pilgerreise zum Heiligtum Michaels in Germai (Galatien) im Oktober 564 vermutet, dann löst er damit nicht das Rätsel. Justinian starb am 14. November 565 im Alter von 82 Jahren. Er hatte mit dem Willen zur  restauratio  imperii und zur Verwirklichung einer Symphonie zwischen Irdischem und Himmlischen in der Reichskirche nach H o h e m gestrebt und Bedeutendes realisiert. Für sein eigenes und seiner Zeitgenossen Bewußtsein spricht ein Wort, das ihm bei der Einweihung der Hagia Sophia 537 in den M u n d gelegt wird: ,,Νενίκηκά  σε,  Σολομών"  ­  „Ich  habe  dich  besiegt,  Salomo."  Quellen:  (1) Zum  Edikt  Justinians  vom Jahre 564/565:  (la)  Evagrios  Scholastikos  (CPG  7500),  IV 39­41,  hg. v. J. Bidez ­  L. Parmentier,  The  Ecclesiastical  History  of  Evagrius,  Amsterdam  1964,  189,17  ­  192,1;  (lb)  Eustratios  (CPG  7520):  Eustratii  Presbyteri  Vita  Eutychii  Patriarchae  Constantinopolitani,  hg.  v.  C.  Laga, CCSG 25, Turnhout ­  Leuven  1992, Z. 1013­1117,  S. 34­37;  (lc)  Chronique  de Michel  le Syrien,  hg. und übers, v. J.B. Chabot, Paris 1901: IX 34, franz.: Band II, 272-281; syrisch Band IV, 325-331; (ld) Johannes von Nikiu (CPG 7967): 94, hg. v. H. Zotenberg, Chronique de Jean, eveque de Nikiou (Notices et extraits des manuscrits de la Bibliotheque nationale, XXIV,1), Paris 1883 (21935), 399; (2) Sermo de festis (CPG 6892): georgisch, (2a) hg. v. K. Kekelidze, Monumenta Hagiographica Georgica. Pars prima, Keimena, Tomus 2, Tiflis 1946, 67-71; (2b) hg. v. I. Abuladze, Mravalthavi (Bulletin de l'Institut Marr de langue, d'histoire et de culture materielle, 14), Tiflis 1944, 302-307; (2c) übersetzt ins Latein: M. van Esbroeck, La lettre de l'empereur Justinien sur l'Annonciation et la Noel en 561, Analecta Bollandiana 86 (1968) 356-362; wiederholt bei M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 171-177; (3) Fragmentum edicti (CPG 6890), in Doctrina (CPG 7781), 21, VI, hg. v. F. Diekamp, Doctrina Patrum de Incarnatione Verbi, Münster i.W. 1907, 134; hg. v. M. Amelotti - L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 194 (ebd. 193 fälschlicherweise dem „editto sull'aftartodocetismo" zugewiesen); (4) Weitere genannten Quellen: (4a) Leontios von Byzanz, Adver-

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sus Aphthartodocetas (CPG 6813): PG 86,1, 1316 D - 1356 C; (4b) Die LazarusPredigt des Leontios von Arabissos (BHG 2219u), hg. v. K.-H. Uthemann, Byzantion 59 (1989) 291-353; (4c) Anastasios Sinaites (CPG 7745), hg. v. K.-H. Uthemann, CCSG 8, Turnhout - Leuven 1981, II 5,123-126, S. 57. Literatur: Zu (1): M. Jugie, L'empereur Justinien a-t-il ete aphthardocete?, in: Echos [83] d'Orient 31 (1932) 399-402; G. Weiss, Studia Anastasiana I (Miscellanea Byzantina Monacensia 4), München 1965, 14-22; F. Carcione, L'„Aftartodocetismo" di Giustiniano: Una mistificazione Strumentale del dissenso politico-religioso, Studi e ricerche sull'Oriente cristiano 7 (1984) 71-78; A. Grillmeier (siehe 1.4.3) 489^95; M. van Esbroeck, The Aphthartodocetic Edict of Justinian and its Armenian Background, Studia Patristica XXXIII, 1997, 578-585; ferner: Ε. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians (siehe 2.3) 277; P. van den Ven, L'accession de Jean le Scholastique au siege patriarcal de Constantinople en 565, Byzantion 35 (1965) 320-352; P. Allen, Evagrius Scholasticus the Church Historian (Spicilegium Sacrum Lovaniense, Etudes et documents, fasc. 41), Leuven 1981, 204f. Zu (2): Μ. van Esbroeck, La lettre de l'empereur Justinien sur l'Annonciation et la Noel en 561, Analecta Bollandiana 86 (1968) 351-371; ders., Encore la lettre de Justinien. Sa date: 560 et non 561, ebd. 87 (1969) 442444; ders., La lettre de Justinien pour la fete de l'Hypapante en 562, ebd. 112 (1994) 65-83; Η. Brakmann, Ein unbeachtetes Echo des Hypapante-Briefes Kaiser Justinians, Jahrbuch für Antike und Christentum 34 (1994) 104-106; A. de Halleux, Un discours heortologique de Justinien?, Analecta Bollandiana 110 (1992) 311-328.

Christusbild versus Christologie Gedanken zur Justinianischen Ära als Epochenschwelle

Es hat gute Gründe, die byzantinische Kultur als ein Syndrom von drei Traditionen zu betrachten 1 . In ihr durchdringen sich römisches Staatsund Rechtswesen und hellenistische Polis mit ihrer Formwelt, die insbesondere durch eine rhetorisch-philosophische Kultur geprägt ist. Beide verbanden sich im 4. Jahrhundert zu einer spannungsreichen Synthese, zu einer eigenwilligen historischen Gestalt, deren Eigenart sich am Konflikt zweier Freunde, Libanios (314 - nach 393 ) und Themistios (um 317 - 388), veranschaulichen läßt2. Die dritte Kraft, deren Einfluß seit der Mitte des 4. Jahrhunderts in Stadtbild und politischem Leben für alle greifbar, von manchem Zeitgenossen aber noch übergangen wird, ist das Christentum, eine Religion von Stadtmenschen, die sich längstens von ihren palästinensischen Wurzeln gelöst und auf „die Welt" eingelassen hat, deren Heil sie als endzeitliche Erneuerung der Schöpfungsordnung begreift, als ein Zukunft, die einzig „in Christus", also religiös, begründet ist. Von diesem Standpunkt aus gesehen, hat „die Welt" nur eine dienende Funktion und stellt insofern keinen eigenständigen Wert dar: Es ging den Christen einzig darum, „die Welt" im Blick auf das ewige Heil „zu gebrauchen" (uti, χρήσθαι)3, wo1

2



G. Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates, München 31963, 22, beginnt seine Darstellung mit den Worten: „Römisches Staatswesen, griechische Kultur und christlicher Glaube sind die Hauptquellen der byzantinischen Entwicklung." Zum Folgenden vgl. K.-H. Uthemann, Byzanz, Evangelisches Kirchenlexikon I, Göttingen 1986, 610-616. Vgl. G. Dagron, L'empire romain d'Orient au IVe siecle et les traditions politiques de l'hellenisme - le temoignage de Themistios, in : Travaux et Memoires 3, Paris 1968, 1-242; K.-H. Uthemann, Die Kunst der Beredsamkeit: Pagane Redner und christliche Prediger, Neues Handbuch für Literaturwissenschaft 4, Wiesbaden (inzwischen erschienen: 1997, 271-279); zu Libanios vgl. auch B. Schouler, La tradition hellenique chez Libanios, 2 Bände, Paris 1984, und zu Themistios G. Downey, Themistius and the defense of Hellenism in the fourth century, Harvard Theological Review 50 (1957) 59-274; B. Colpi, Die παιδεία  des Themistios,  Bern ­  Frankfurt a.M.  1987.  C.  Gnilka,  ΧΡΗΣΙΣ.  Die  Methode  der Kirchenväter im Umgang mit der antiken Kultur, Basel - Stuttgart 1984. Um dieses Thema umfassender zu beleuchten, wäre es wichtig, u.a. des Gregor von Nazianz innere, in seinem Lebensgefühl verwurzelte Verbundenheit mit dem Erbe der Antike darzustellen.

334

Christusbild versus Christologie

bei im Fortgang der Zeit der urchristliche, in der Erwartung der nahen Parusie begründete Vorbehalt und Abstand zur „Welt", auf Grund dessen sich die Christen als χρώμενοι τον  κόσμον  tos  μή  καταχρώμενοι  ­ tamquam  non  utantur  (I  Kor.  7,31)4  betrachteten, verblaßte und [198] seine praktische Bedeutung für „das Christentum in der Welt" verlor, auch wenn es stets Gruppen gab, denen es als Norm vor Augen stand. Daß sich dieses Christentum in der Oikumene erfolgreich ausbreiten konnte, hing mit dem religiösen Aufbruch zusammen, der in der hellenistischen Welt seit dem 2., deutlicher seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. zu konstatieren ist und im 2. Jahrhundert n. Chr. im gesamten römischen Reich - doch in Abstand zu dessen an der  salus  publica orientierten Kultformen - seinen Höhepunkt erreicht. Was das Christentum davon auf seinem Weg von kontrastreicher Vielfalt zu einigen wenigen Formen mit und ohne universalen Anspruch 5 in Dienst genommen hat, bestimmt die Art und Weise, wie es seit der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts mehr und mehr Öffentlichkeit geworden ist. Die sich eigentlich erst seit Konstantios (337-361) herausbildende Reichskirche wird durch die großen Konzilien des 5. Jahrhunderts Ephesos (431) und Chalkedon (451) - sowohl endgültig in das römische Staats- und Rechtswesen integriert, als auch, insbes. durch die nachchalkedonischen Wirren, in eine innerkirchliche Krise gestürzt. Die Überwindung dieses Konflikts, die mit dem faktischen Verzicht der Reichskirche auf eine Monopolstellung verbunden war, vollzog sich in der Ära Justinians. Diese steht auch in dieser Hinsicht am Ende eines Prozesses und legt zugleich Grundlagen für Neues, das dann nach der Veränderung der geopolitischen Lage im 7. Jahrhundert an Katholizität verliert und so, auf den eigentlich griechischen Sprachraum konzentriert, die kirchliche Lebensform des byzantinischen Reichs bis zu dessen Ende (1453) bestimmt. In dieser Justinianischen Ära gewinnt die byzantinische Kultur als Syndrom der genannten drei Traditionen jene spannungsgeladene Ein4



Gemeint ist hier nicht der  κόσμος  im  Johanneischen  Sinn  als  Stichwort für den Abstand zwischen Gott und allem, was sich der Herrschaft Gottes widersetzt, sondern die Welt als Gottes Schöpfung und des Menschen Werk. Im Umgang mit dieser Welt geht es für Christen um eine „Unterscheidung der Geister", d.h. darum, den ursprünglichen Sinn der Schöpfung zu erkennen und zu ihrer „Erneuerung in Christus" beizutragen. Ging es darum, die konkrete „Gestalt der Welt" zu beurteilen, dann konnte man auf Dekadenztheorien zurückgreifen, die im Hellenismus entwickelt worden waren, und damit den erwähnten Vorbehalt verbinden, der durch die Hoffnung auf eine Erneuerung und damit eschatologisch motiviert ist:  παράγει  γάρ  το  σχήμα  τοΰ  κόσμου τούτοι)  (I Kor.  7,31).  Zur Einführung in diese Sicht der Entwicklung des frühen Christentums bleibt, obwohl in Details überholt, grundlegend: W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, Tübingen 2 1964.

Die Fragestellung

335

heit, die für ihre künftige Geschichte grundlegend bleibt. Insofern ist das 6. Jahrhundert Epochenschwelle: Ende der Spätantike und Ankündigung der mittelbyzantinischen Zeit, sofern vor allem die Kriege an der Grenze zum persischen Reich und Festungsbau sowie die militärisch-zivile Reorganisation im Reich auf die Weltkrise des folgenden Jahrhunderts vorausweisen und zugleich die Gräzisierung des Reichs einsetzt, dessen Einfluß auf den Westen nach dem Zwischenspiel einer byzantinischen Reconquista abklingt und gebrochen bis in die Zeit der Karolinger nachklingt.

1. Die Fragestellung Wenn man wie dieser Kongreß die Frage stellt, inwiefern das 6. Jahrhundert ein Ende und damit zugleich ein Anfang ist, dann kann man [199] von allgemeinen Reflexionen universal- und ideengeschichtlicher Art nicht absehen, die oft genug bei „echten Historikern" auf Ablehnung stoßen, auch wenn sie diese zumindest in ihren Periodisierungen voraussetzen. Die Abneigung ist verständlich, sofern solche Überlegungen oft genug den behaupteten Zusammenhang nicht hinreichend „aus Daten begründen"; sie wird dann unverständlich, wenn man bedenkt, daß historische Wissenschaft nicht ohne den Begriff des Zusammenhangs, ohne die Frage nach Kontinuität und Diskontinuität auskommt 6 . Es kann hier nicht die Aufgabe sein, den historischen Aufweis zu bringen, daß die Justinianische Ära eine Epochenschwelle markiert. Hier sollen nur einige Gedanken vorgetragen werden, die darauf weisen, daß das 6. Jahrhundert, das vor allem durch die Zeit Justinians (527-565) geprägt ist, als das Ende der Spätantike interpretiert werden darf. Wenn dabei vom Christusbild und damit von der frühbyzantinischen Kunstgeschichte ausgegangen wird, dann heißt dies nicht, daß hier das Christusbild der Justinianischen Ära umfassend dargestellt werden soll, um zu zeigen, daß es in der Geschichte der christlichen Kunst eine Entwicklung zum Abschluß bringt und zugleich formal und material Neues bietet, das für die Zukunft grundlegend ist. Es soll hier somit nicht gezeigt werden, wie sich konkret das die byzantinische 6

Zur Grundlagenreflexion, die bes. im Ausgang von W. Dilthey im 20. Jahrhundert diskutiert wurde, vgl. St. Otto, Rekonstruktion der Geschichte. Zur Kritik der historischen Vernunft, 2 Bände, München 1982; 1994. Zu einer weiterführenden Kennzeichnung der Kategorie des historischen Zusammenhangs vgl. K.-H. Uthemann, Die innere Einheit von Augustins  Confessiones. Zur Autobiographie als Paradigma historischer Erkenntnis, in: T. Albertini (Hg.), Verum et factum, FS für St. Otto, Frankfurt a.M. - Berlin - Bern 1993, 97-119.

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Christusbild versus Christologie

Kultur kennzeichnende Syndrom von drei Traditionen verwirklicht, indem im 6. Jahrhundert ein Prozeß seinen Höhepunkt erreicht, in dem sich insbes. imperiale Repräsentation und deren Ikonographie, aus der paganen Mythologie und Lebenswelt stammende Vorbilder 7 mit ihrer letztlich als hellinistisch zu charakterisierenden Formensprache 8 [200] inklusiv einer ursprünglich heidnischen Welt von Symbolen und Allegorien mit Inhalten verbinden, welche die Christen dem Alten Testament, nicht selten angeregt durch jüdische Vorbilder 9 , und dem Neuen Testament entnehmen. Auch kann es hier nicht um eine umfassende Darstellung der Christologie im 6. Jahrhundert gehen, insbes. des sog. Neuchalkedonismus, obwohl zu diesem einige Bemerkungen unabdingbar sind, da sich der Konsens in der Forschung wegen historisch unhaltbarer Begründungen als brüchig erweist und ein Paradigmawechsel angeraten 7

Da durch die Konzentration auf das Christusbild des 6. Jahrhunderts die frühchristliche Kunst in diesem Beitrag nur sehr partiell angesprochen wird, soll als Beispiel der Einfluß paganer Vorbilder auf die Gestaltung einiger alttestamentlicher Szenen angeführt werden, ohne damit irgendeine Vollständigkeit zu beanspruchen. (1) Z u m Einfluß der Darstellung von Menschenopfern paganer Mythologie (wie Telephos opfert Orestes, Achill opfert bei der Bestattung des Patroklos zwölf Trojaner, Neoptolemos bzw. Achilles opfert die Polyxena, aber auch Medeas Kindermord sowie Iphigenie in Aulis) sowie der Enthauptung mit dem Schwert in römisch imperialer Kunst auf die frühchristliche Ikonographie des Isaak-Opfers, wodurch die Unterschiede zur jüdischen Darstellungsweise erklärt werden können: H.-J. Geischer, Heidnische Parallelen zum frühchristlichen Bild des Isaak-Opfers, in: JbAC 10 (1967) 127-144; (2) Helios im Sonnenwagen - Elias Himmelfahrt: F.J. Dölger, in: Antike und Christentum 6 (1940/50) 51-56; K. Wessel, Elias, RAC 4 (1959) 1159f.; M. Lawrence, Three pagan themes in Christian art, in: Μ. Meiss (Hg.), De artibus opuscula XL. Essays in Honor of Ε. Panofsky, New York 1961, 331-334; (3) Endymion - Jonas: M. Lawrence, ebd., 324-327; E. Stommel, Zum Problem der frühen Jonasdarstellungen, JbAC 1 (1958) 112-115; (4) Herakles' und Simsons Löwenkampf: Th. Klauser, Rezension von A. Ferrua, Le pitture della nuova catacomba di Via Latina, Cittä del Vaticano 1960, in: JbAC 5 (1962) 181; (5) Noa in der Arche - Danae: J. Fink, Noe der Gerechte in der frühchristlichen Kunst, Münster - Köln 1955, 7f.; (6) Erschaffung des Menschen durch Prometheus - Genesisbericht: K. Weitzmann, Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst, 3. Folge, 3 - 4 (1952/53) 115ff.

8

In diesem Kontext verdienen die Illuminationen in Handschriften besondere Beachtung, deren Vorlagen aus dem 6. Jahrhundert stammen. Vgl. H. Belting - G. Cavallo, Die Bibel des Niketas. Ein Werk der höfischen Buchkunst in Byzanz und sein antikes Vorbild, Wiesbaden 1979, 31-48.

9

Inzwischen ist deutlich, daß die Synagoge von Dura-Europos kein Einzelfall ist: Th. Klauser, Studien zur Entstehungsgeschichte der christlichen Kunst IV, JbAC 4 (1961) 145 (mit Lit. seit 1935). Vgl. auch C.O. Nordström, Some Jewish Legends in Byzantine Art, Byzantion 25/27 (1955/57) 487-508; A. Grabar, Recherches sur les sources juives de l'art paleo-chretien, in: Cahiers Archeologiques 11 (1960) 41-71; 12 (1962) 115-152; 14 (1964) 49-57; K. Weitzmann, Zur Frage des Einflusses jüdischer Bilderquellen auf die Illustrationen des Alten Testaments, in: Mullus, Festschrift für Th. Klauser, Münster i.W. 1964, 401-115.

Die Fragestellung

337

ist, sofern es u m das Anliegen und die Definition des Neuchalkedonismus im Rahmen der Rezeptionsgeschichte der Definitio fidei des Konzils von Chalkedon (451) geht 10 . Wir werden unten darauf zurückkommen. Was hier bedacht werden soll, ist die Frage: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Christusbild und der Christologie der Justinianischen Ära, in der beides - Christusbild u n d Christologie - zu einer Form gefunden hat, die ein Ende markiert und doch neu ist u n d insofern der mittel-, bzw. der gesamten byzantinischen Kultur eine bleibende Vorgabe macht? Wird im Bild dargestellt, was dem christologischen Bekenntnis von Chalkedon und seiner Interpretation durch die Anathematismen des 5. Ökumenischen Konzils (553) bzw. durch die neuchalkedonischen Schriften zugrunde- oder vorausliegt? In der Forschung, bes. aber in Abhandlungen über die Ikonen der Ostkirchen wird oft ein solcher Zusammenhang unterstellt bzw. beschrieben. Man spricht, u m nur einiges zu nennen, von der Symmetrie, von der die Immanenz und Transzendenz wahrenden Nüchternheit eines chalkedonischen Christusbildes, von der Vergöttlichung und Verklärung der Menschheit Christi, vom Logos als Träger [201] (Subjekt) und Beweger alles Menschlichen, von der gottbewegten menschlichen Natur, insbes. von der  θεοκίυησις11  im  neuchalkedonischen  Bild  Christi.  Dies  meint zunächst das innere Bild in der Seele der Gläubigen, dessen Ausdruck die Bekenntnisformel und deren begriffliche Auslegung ist, sodann auch eine gewisse Abstraktion aus Formel und Auslegung der Formel, sozusagen deren Grundaussage, ob nämlich Formel und Auslegung primär oder gar ausschließlich dadurch bestimmt sind, daß sie die Eigenart der Naturen zu wahren suchen u n d darum ein „Sowohl Mensch als auch Gott" betonen (sog. chalkedonische Symmetrie), oder ob sie Christus von der Einung im und durch den Logos, d.h. in einer heilsgeschichtlichen, dynamischen Perspektive, zu verstehen suchen (die neuchalkedonische Sicht, welche die sog. chalkedonische Symmetrie einzubinden sucht) 12 .

10

Ich habe dies an anderer Stelle zu begründen versucht: (1) Was kennzeichnet die sog. neuchalkedonische Christologie (bisher nicht publiziert); (2) Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser lustinians (vgl. Beitrag 37-102 [54-122]]); (3) Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus. Ein Beitrag zum eigentlichen Anliegen des Neuchalkedonismus (vgl. Beitrag 207-255 [373-413]]). 11 Man vgl. den wenig beachteten Beitrag von P. Parente, Uso e significato del termine θεοκίυητος  nella  controversia  monotelitica,  REB 11 (1953) 241­251,  in  dem  aufgewie­ sen  wird, daß sowohl Monotheleten als auch Dyotheleten diese Idee der  θεοκίνησις·  vertreten.  12  Vgl. die  in Anm.  10 genannten Beiträge.

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Christusbild versus Christologie

Doch darüber hinaus kann mit der Rede vom Christusbild auch etwas anderes gemeint sein, nämlich die bildliche Darstellung Christi. Bei dieser kann man wiederum das materielle Bild als Ausdruck und ein geistiges Bild unterscheiden, das im Kunstbild zur Darstellung kommt. So kann das geistige Bild durch eine bestimmtes Verhältnis von Gottheit und Menschheit bestimmt sein, so wenn man sagt, die Ikone offenbare nicht nur Gottheit und Menschheit, also die beiden Naturen, sofern sie die menschliche Gestalt darstelle und durch den Goldgrund auf die Gottheit hin transparent sei13, sondern auch „die Menschheit in göttlicher Herrlichkeit" 14 , als sei das Bild die Darstellung einer realistisch verstandenen Idiomenkommunikation, [202] z.B. jener Idiomensynthese, von der Leontios von Jerusalem 15 als typischer Vertreter des Neuchalkedonismus spricht. Hier soll von der Frage nach einer Relation zu einem inneren Christusbild im Herzen des Gläubigen in jeder Hinsicht abgesehen werden. Es soll hier einzig gefragt werden, ob sich eine Relation von der Bekenntnisformel und ihrer Auslegung zur Darstellung im Bild nachweisen läßt und, wenn ja, inwieweit diese eindeutig ist. Der Sache nach handelt es sich um eine Art Übersetzungsproblem. Ist die Sprache von Formeln, Definitionen, Theorien und Paradigmen in die Formensprache der Kunst übersetzbar? Wieweit ist sie übersetzbar? Und umgekehrt, wieweit ist die Aussage eines Bildes übersetzbar? Letzteres wird uns im Blick auf bestimmte in der byzantinischen Literatur überlieferte Beschreibungen, d.h. Ekphrasen, von Christusbildern noch beschäftigen, insbes. die Frage, inwieweit die christologischen Aussagen 13 14

15

Vgl. A. Grillmeier, Der Logos am Kreuz. Zur christologischen Symbolik der älteren Kreuzigungsdarstellung, München 1956,108 (mit Literaturangaben ebd., 108f.). L. Uspensky in: ders. und W. Lossky, Sinn der Ikonen, Ölten 1952, 36. Vgl. auch A. Grillmeier, Die Herrlichkeit Gottes auf dem Antlitz lesu Christi. Zur Bildtheologie der Väterzeit, in: ders., Mit ihm und in ihm, Freiburg - Basel - Wien 1975, 19-75. Dieselbe Sichtweise vertritt Ch. Schönborn, Die Christus-Ikone. Eine theologische Hinführung, Schaffhausen 1984 (verbesserte Auflage von: L'Icone du Christ. Fondements theologiques elabores entre le Ier et le II c concile de Nicee [325-787], Fribourg 1976, 21978). Die Bilder des Pantokrators und des verklärten Christus sind nach S. Helmer, Der Neuchalkedonismus. Geschichte, Berechtigung und Bedeutung eines dogmengeschichtlichen Begriffes, Diss. Bonn 1962, 244f., „ohne die neuchalkedonische Interpretation der Glaubensentscheidung von 451 nicht denkbar". Nach H.J. Schulz, Die „Höllenfahrt" als „Anastasis". Eine Untersuchung über Eigenart und dogmengeschichtliche Voraussetzungen byzantinischer Osterfrömmigkeit, ZkTh 81 (1959) 1-66, bes. 22-25, 41-66, leitet sich Ikonenverehrung und Osterfrömmigkeit in Byzanz aus der neuchalkedonischen Christologie ab. Diese Hinweise mögen hier genügen. Zur Idee der Idiomensynthese vgl. A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/2, Freiburg - Basel - Wien 1989, 291-328, bes. 296; 306-309; ferner die in Anm. 10 genannten Beiträge.

Die Fragestellung

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einer Ekphrasis als Wiedergabe eines Bildinhalts interpretiert werden dürfen. Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil uns beides, Bild und Text, nur aus einem geschichtlichen Abstand zugänglich ist. Was für uns - quoad nos - keine eindeutige Beziehung ist, könnte für jene Künstler, die die Bilder schufen, und für jene Theologen, die sich um ein Verständnis der Glaubensentscheidung von Chalkedon bemühten, und für ihre Zeitgenossen durchaus ein plausibler Zusammenhang sein. Für uns ist ihre Sichtweise nur zugänglich, wenn wir Texte besitzen, in denen der Bezug von Christusbild und christologischer Aussage bedacht wird. Da uns solche Zeugnisse aus dem 6. Jahrhundert fehlen, heißt dies, daß wir im Sinne einer Konjektur versuchen können, eine Antwort zu finden, indem wir spätere Texte bedenken und insbes. die christologischen Argumente der Bilderverehrer an den Einwänden der Ikonoklasten prüfen. So behauptete z.B. Patriarch Nikephoros I. (750829, sedit 806-815) 16 , daß auf der Ikone nicht nur „die sichtbare Gestalt von Christi Menschheit" dargestellt wird, „sondern auch der Logos selbst, obwohl dieser nicht so ,zugleich mit (der sichtbaren Gestalt) umschrieben' und abgebildet wird, wie er in seiner ihm eigenen Natur ist. Denn in dieser ist er unsichtbar und absolut unfassbar. Da er aber seiner Person nach einer und untrennbar ist, wird (in der verehrenden Schau auf die Ikone) auch seiner zugleich gedacht" 17 . Da im byzantinischen Glaubensverständnis der Logos „seiner Person nach" (κατά  πρόσωπον  ήγουν  ύπόστασιν)  untrennbar  ist  von  Christi  Sarx  (Joh.  1,14)  oder,  wie  es  hier heißt, von „seiner sichtbaren Gestalt"  (τό  όρώμενον  είδος),  ist  er für den gläubigen Betrachter der Ikone im spirituellen Vollzug verehrender Schau ebenso anwesend wie Christi sichtbare Gestalt, wenn auch nicht wie diese sichtbar. 16 Zu diesem vgl. P. J. Alexander, The Patriarch Nicephorus of Constantinople: ecclesiastical policy and image worship in the Byzantine Empire, Oxford 1958. 17

Antirrheticus I adversus Constantinum Copronymum, 23, PG 100, 256 A 14 -  Β  7.  Der  Terminus  περι,γράφεσθαι,  wurde  hier  mit  „umschreiben"  wiedergegeben.  Sofern  im  Text  συμττεριγράφεσθαι  („zugleich  umschreiben")  benutzt  wird,  wird  dort  ein  Be­ zug  zur  Darstellung  der  sichtbaren  Gestalt  hergestellt  und  eine  solche  Abbildbarkeit  der göttlichen Natur des Logos bestritten (zur Aussage  άπερίγραπτον  τό  θείον  siehe  unten).  Und  doch  vermittelt  die  Ikone  einen  Bezug  auf  den  Logos,  sofern  er  Mensch  geworden  ist. Bewußt wird dieser nur in einer Reflexion auf das christologische Bekenntnis, in einem actus secundus, der zum schauenden Verehren (und Anbeten) gehört. Dies drückt Nikephoros durch ein schlichtes  και  und  συν-  aus:  διά  τοΰτο  και  ή  μνήμη  αΰτοϋ  σίΛ^ισέρχεται.  Nach  Ch. Schönborn (Anm. 14), 207f v verfehlt diese Aussage die Eigenart der Christusikone. Denn „müßte man nicht ... sagen, daß (der Logos) als göttliche  Person durch die Menschwerdung auch ,umschreibbar', greifbar und sichtbar geworden ist? Ist die  Person des Gott-Menschen nicht zugleich ,unumschreibbar' und ,umschreibbar'? Das scheint Nikephoros nicht zu sehen." Vgl. hierzu Anm. 20.

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Christusbild versus Christologie

Dies ist eine äußerst kluge Antwort des Patriarchen auf die Schrift von Kaiser Konstantin V. (741-775), wenn man bedenkt, daß dieser seine christologischen Argumente gegen die Ikonenverehrung auf die Frage konzentriert hatte, ob man die eine Person Christi und somit die Einung beider Naturen überhaupt abbilden könne 18 . Es ist erstaunlich, daß Nikephoros auf diese Frage nirgends wirklich eingeht 19 , sondern [203] nur aufweist, daß die Menschheit Christi „umschrieben" und darum abgebildet werden kann 20 . Aus diesem Grunde unterstellt ihm Christoph Schönborn eine „nestorianisierende Tendenz", die sich jedoch „in den Grenzen der Orthodoxie" halte. Anderseits sieht er im Argument von Konstantin V., daß eine Christusikone nicht darstellen könne, was die eine Person Christi kennzeichnet, da in ihr die beiden Naturen untrennbar geeint sind 21 , eine Nähe zum Monophysitismus 22 , wie sie von Zeitgenossen schon behauptet worden ist23. Er selbst schließt sich der Ikonentheologie des Theodor Studites (759-826) an:24 „Wer grundsätzlich die Ikone verwirft", d.h. deren anbetende Verehrung als „Ort personaler Gegenwart" des inkarnierten Logos, „verwirft im Letzten auch das Geheimnis der Menschwerdung" 2 5 . Doch wird diese Aussage bei Christoph Schönborn so allgemein begründet, daß

18

19

20

H. Hennephof: Textus byzantinos ad iconomachiam pertinentes edidit H. Hennephof, Leiden 1969, 52-57, bes. die erste Πεϋσις des Kaisers (vgl. Anm. 21). Zum Verständnis des Kontexts vgl. S. Gero, Byzantine Iconoclasm during the Reign of Constantine V, CSCO 384, Louvain 1977, 37-52. Dies ist umso erstaunlicher, als er im Zusammenhang mit der Frage nach der Beziehung der Ähnlichkeit zwischen Ur- und Abbild sagt, daß im Bild einer Person die Identität der Person gewahrt, ja diese Person auf Grund der Relation der Ähnlichkeit in der Abbildung „geschaut wird" (Antirrheticus I [Anm. 17], 30, 280 Α: και  έν αύτω του γεγραμμένου ή  ύπόστασι?  καθοραται).  Vgl.  Ch. Schönborn (Anm. 14), 202f. Zur Kategorie der Relation vgl. M.-J. Baudinet, La relation iconique ä Byzance au IX e siecle d'apres Nicephore le Patriarche: un destin de l'aristotelisme, Les Etudes philosophiques 1 (1978) 85-106. Diese Interpretation vertritt auch Ch. Schönborn (Anm. 14), 207-209. Im Antirrheticus I (Anm. 17), 20, 237 C - 240 B, die einzige Stelle, an der Nikephoros die Frage stellt, wie die Person dessen, der Gott und Mensch ist, zugleich  απερίγραπτος  und  περίγραπτός  sein  kann,  vermeidet  er  die  Frage  nach  der  Darstellbarkeit  im  Bild. 

21 

H.  Hennephof  (Anm.  18),  53,  Nr.  146  und  149  (aus  dem  Antirrheticus  I  [Anm.  17],  20,  236  C  6 ­  D  1; 22,  248  D  13 ­  249  A  6  in  einem  Argument  gegen  eine göttliche Tetrade [vgl. Anm. 73]).

22

Ch. Schönborn (Anm. 14), 164.

23

G. Ostrogorsky, Studien zur Geschichte des Bilderstreites, Breslau 1929, 24-29.

24

Vgl. dessen Refutatio poematum Iconomachorum, 30, PG 99, 472 A - 473  Α.  Im  Ausgang  von  der  fides  Nicaena  bis  hin  zur  6. Ökumenischen Synode (680/681) zeigt Theodor, daß Christus in seiner menschlichen Gestalt im Bild dargestellt (εϊκοι>ίζεσθαι)  und  angebetet  werden  (εικονική ποίησίς  τε  καΐ  προσκύνηση)  kann.  Vgl.  die  Darstellung  bei  Ch. Schönborn (Anm. 14), 209-225.

25

Ch. Schönborn (Anm. 14), 226.

Die Fragestellung

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die christologischen Differenzen, mit denen er zuvor gegen Konstantin V. und Nikephoros argumentiert hatte, nicht mehr bedacht werden. Wie dem aber auch sei, es geht ihm darum, daß die Kunst nicht, wie es bei den Feinden des Bilderkults in Byzanz geschah 26 , „dem profanen Bereich vorbehalten" bleibt und „im religiösen Bereich ... nur dekorativ, höchstens narrativ, nicht aber eigentlich sakral sein kann". Letzteres aber sei „die ostkirchliche Ikonenkunst". Denn sie ist „bildgewordene Schau des Göttlichen im Menschen und des Menschlichen in Gott" 27 . Wohl zurecht konzentriert sich Christoph Schönborn in einer kurz gefaßten Übersicht über die Geschichte der Christologie, in der er seine Aufmerksamkeit insbes. auf die sog. Idiomenkommunikation richtet auf Maximos den Bekenner (um 580-662). Dieser habe im Blick auf die Verklärung Christi auf dem Tabor, die „das letzte Ziel der Menschwerdung" ahnen lasse, „in griechischer Sprachpräzision" die Einsicht formuliert, daß Christus selbst als der Sichtbare „Bild und Symbol seiner selbst als des Verborgenen", d.h. als des Gottessohnes, ist. Dabei bezieht sich Christoph Schönborn auf Ambigua II, eine frühe Schrift aus den Jahren 628-630 (CPG [204] 7705) 28 : In der Menschwerdung blieb der Logos unverändert  (άτρετττως)  Gott,  als  „er  aus  Liebe  zum  Men­ schen  es  auf  sich  genommen  hat, Geschöpf zu werden, ... um Typos und Symbol seiner selbst zu werden und aus sich selbst sich selbst  (εξ  έαυτοΰ  εαυτόν)  symbolhaft  zu  zeigen  und  (so)  durch  sich  selbst  als  Sichtbarer  die  ganze Schöpfung zu sich selbst zu führen, (zu sich selbst) als zu dem einen, der absolut verborgen ist  (άφανώς  πάντη  κρυπτόμενον)"29,  um  so  auf  Gottes  Unendlichkeit  (άπεψία)  zu  weisen.  Denn  diese  entziehe  sich  allem  Denken  und  Sprechen 30 .  Maximos  be­ tont, daß der inkarnierte Logos in seiner Menschheit nichts anderes als „sich selbst" gezeigt hat. Diese Aussage dürfte in der neuchalkedonischen Christologie begründet sein, die den Begriff der „einen Person oder Hypostase", den die  Definitio  fidei Chalkedons vorgegeben hat, „aufzufüllen" und ihm dabei einen vom Begriff „Natur" unterschiede-

26

Vgl. dazu A. Grabar, L'iconoclasme byzantin, Paris 1957, 143-180.

27 28

Ch. Schönborn (Anm. 14), 226f. PG 91, 1165 D - 1168 A. Zur Datierung von Ambigua  Π  (PG  91,  1061­1417)  vgl.  P.  Sherwood,  An  annotated  Date­List  of  the  Works  of  Maximus  the  Confessor,  Studia  Anselmiana  30,  Rome  1952,  31f.;  61.  Vgl.  Ch. Schönborn (Anm. 14), 135, der Typos als Bild im Sinn der Ikone auffaßt. Statt  Ε'ίδει,  wurde  von  mir  "Εδει  im  Sinn  heilsgeschichtlicher  Notwendigkeit  gelesen:  "Εδει  γαρ  αυτόν  καθ' ήμας  άτρέπτως  κτισθήναι..  Im  Blick  auf  den  bei  Johannes  Eriugena überlieferten Text muß es in PG 91, 1168 A 1 - 3 heißen:  τά  έκφανή  (nicht  TÖS έκφανείς)  διά  σαρκός  θεουργίας·  άνθρωποι?  παρέχειν  φιλανθρώπως·  μηνύματα. 

29 

30 

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Christusbild versus Christologie

nen Inhalt zu geben suchte. Maximos hatte sich, als er Ambigua II schrieb, noch nicht von jener Auffassung der Idiomenkommunikation distanziert, die bei anderen Neuchalkedonikern zum Monenergismus und Monotheletismus geführt hat31. Wenn also von Maximos Christi „menschliches Angesicht" - ein Begriff, den Christoph Schönborn in diesem Kontext eingeführt hat - auf der Grundlage eines neuchalkedonischen Verständnisses der hypostatischen Union als „Typos und Symbol" des Logos gekennzeichnet wird, dann geht es nicht um eine christologische Rechtfertigung der Christusikone. Zugleich weist der Kontext expressis verbis auf die bleibende Transzendenz des Göttlichen. Könnte ein Bild vermitteln, wenn sich Gottes Unendlichkeit allem Denken und Sprechen entzieht? Gewiß betont Maximos, daß Christus in seiner Sichtbarkeit oder menschlichen Individualität Symbol des Logos ist und diesen so vergegenwärtigt. Warum und in welcher Hinsicht wird von ihm aber nicht weiter ausgeführt. Der Ausgangspunkt der hier vorgetragenen Überlegungen war die Frage, ob zwischen Christusbild und Christologie eine Beziehung besteht, genauer gesagt, ob sich eine solche in der Zeit Justinians nachweisen läßt. Dies führte uns dazu zu fragen, inwiefern ein Bild Texte, insbes. Bekenntnisformeln wie jene von der einen Person des GottMenschen übersetzen kann. Ein Blick auf die christologische Begründung der Bilderverehrer, die eine eindeutige bildliche Darstellbarkeit annehmen, zeigte zum einen, nämlich bei Nikephoros, in der Sicht von Christoph Schönborn ein Ausweichen vor der eigentlichen Frage, die Konstantin V. gestellt hatte, bzw. in meiner Sicht eine gut begründete, wenn auch nicht weiter erläuterte Antwort, wie der gläubige Betrachter einer Ikone Christi in schauender Verehrung des Logos gedenkt. Wird zum anderen wie bei Christoph Schönborn im Gefolge von Theodor Studites das Christusbild als „ein Ort personaler Gegenwart" des Sohnes Gottes aufgefaßt, so wird zugleich für die Schau im Bild „ein gewisses Übersteigen der Materie" gefordert, d.h. eine geistige Schau. Was unterscheidet aber diese Position von jener des Nikephoros? So reduziert sich m.E. die von Christoph Schönborn vorgetragene Rechtfertigung der Christusikone als Offenbarung Gottes im menschlichen Antlitz Jesu Christi auf den Begriff des Symbolischen. [205]

31

Vgl. K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung (Anm. 10), ferner im Blick auf die Entwicklung von Maximos dem Bekenner: ders., Das anthropologische Modell der hypostatischen Union, Κληρονομιά  14 (1982)  283­312  (oben  169­196)  und  den  Beitrag in F. Heinzer  ­  Ch. Schönborn (Hgg.), Maximus Confessor. Actes du Symposium sur Maxime le Confesseur, 2-5 septembre 1980, Paradosis 27, Fribourg 1982, 223-233 (oben 197-206).

Einige allgemeine Preliminarien

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2. Einige allgemeine Preliminarien Was können wir heute auf Grund der spärlichen Reste, die uns erhalten sind, über das Christusbild der Frühzeit bis hin zu den Ikonoklasmen des 8. und 9. Jahrhunderts und damit auch über jenes der Justinianischen Ära noch ausmachen? Dürfen wir dabei den stadtrömischen, den ravennatischen und den oberitalienischen Kunstkreis in eine umfassendere byzantinische Einheit einbinden? Und eine analoge Frage stellt sich angesichts palästinensischer Zeugnisse wie z.B. der Ampulen im Domschatz zu Monza aus dem 6. Jahrhundert 32 oder des gleichzeitigen Holzkästchens mit der Kreuzigung aus dem Schatz der Kapelle Sancta Sanctorum in Rom. Dieselbe Frage stellt sich angesichts syrischer Zeugnisse wie des Rabulas-Kodex in Florenz, der im Jahre 586 fertiggestellt wurde oder angesichts von Bildern der ägyptischen Uberlieferung wie z.B. der Fresken von Bawit. Im folgenden wird hypothetisch mit jenen Autoren, auf die jeweils verwiesen wird, eine Einheit vorausgesetzt, die vielleicht, sollten neue Funde hinzukommen, einer Prüfung nicht standhält. Dies ist ein Problem einer jeden Untersuchung byzantinischer Kunstgeschichte bis zum 9. Jahrhundert. Άπερίγραπτον  τό  θείον  ­  das Göttliche läßt sich nicht im Bild darstellen, sondern nur durch konventionelle Symbole andeuten. Dies gilt nicht nur für Christus, sofern er im Sinn der  Fides  Nicaena „eines Wesens mit dem Vater"  (ομοούσιο?  τω  πατρί)  ist,  sondern  auch für jene Sicht auf seine „Wesensgleichheit mit uns", d.h. auf Chalkedons ομοούσιος  ήμίν,  die  betont, daß er eigentlich kein Mensch ist „wie du und ich", kein  ψιλός  άνθρωπος,  sondern  der vergöttlichte, der neue Mensch, den der Logos auf wunderbare Weise in der Jungfrauengeburt geschaffen und zugleich  (άμα),  d.h.  in  jenem  Augenblick,  in  dem  Maria  empfing,  angenommen  hat 33 .  Eine  jede  „Christologie  der Verklärung" 32

33

A. Grabar, Ampoules de Terre Sainte (Monza-Bobbio), Paris 1958 (Auf dem Umschlag heißt der Titel: Les ampoules usw.). Literatur zu den weiteren hier genannten Beispielen vgl. unten. Ein wichtiges Stichwort, das sich durch alle antinestorianischen Aussagen der Chalkedoniker und der Monophysiten hindurchzieht und auf einen Satz aus Ps.Athanasios' Brief an Jovinian (CPG 2253) Bezug nimmt:  αμα  σαρξ,  αμα 6eös  λόγο?  κτλ.  (PG  28,  532  A  12  ­  Β  1;  zu  Quellen,  in  denen  dieser  Satz  im  christologischen  Kontext  zitiert  wird  vgl.  den  Apparat  in  meiner  Edition  von  Anastasii  Sinaitae  Viae  Dux,  Π,5,13­14,  C C S G  8,  Turnhout  ­  Leuven  1981,  51).  Es  geht  u m  den  Allgemein­ platz  anti­nestorianischer  Polemik  in  Ost  (Ch.  Moeller,  Le  chalcedonisme  et  le  neo­ chalcedonisme  de  451 ä la fin du VI e siecle, in: A. Grillmeier - H. Bacht [Hgg.], Das Konzil von Chalkedon, I, Würzburg 2 1962, 673) und West, daß es zeitlich keinen Augenblick gab, in dem der Sarx Christi eine Präexistenz im voraus zur hypostatischen Einung mit dem Logos zukam. So heißt es prägnant bei Johannes Grammatikos:  kv  μόυω  τω  θεώ  εσχε  τα  ιδικά.  Denn  im  Logos  besitzt  Christus  alles,  was  ihm  wie  seine 

344

Christusbild versus Christologie

scheint sich bildlicher, nicht-symbolischer Darstellung zu entziehen, da das Göttliche, welches das Menschliche durchstrahlt,  α π ε ρ ί γ ρ α π τ ο ι  ist.  Seit  des  Eusebios  von  Kaisareia  Brief  an  Konstantia  (CPG  3503)34  [206]  begegnen  Texte,  die  jedes  Bild  Christi  unter  Berufung  auf  die  Verklärungschristologie ablehnen. So führt Eusebios aus, daß sich sowohl der Logos als auch die Knechtsgestalt nicht ins Bild übersetzen lassen. Der Logos als  εί,κών  Gottes  kann  nicht  in  dem  dargestellt  wer­ den,  was  seine göttliche Natur kennzeichnet  (οι  χ α ρ α κ τ ή ρ ε ς ·) ;  die  Knechtsgestalt  des  Logos  und  deren  Gewand,  „das  Fleisch"  (το  σαρ­ κίον),  ist  deshalb  nicht  bildlich faßbar, weil für den Christen ein Zweifaches gelte: Das Fleisch „wurde mit der Herrlichkeit der Gottheit vermischt  ( ά ν α κ ε κ ρ ά σ θ α ι ) ,  und  das  Sterbliche  wurde  vom  Leben  ver­ schlungen."  Damit  entziehe  sich  zum  einen  die  Himmelfahrt  und  die  gegenwärtige Existenz Christi einer Darstellung, zum anderen aber auch die Verklärung auf dem Tabor, „als der Gott-Logos, unter Menschen lebend, den in seine Worte Eingeweihten die Schau seiner Herrschaft in Vorausnahme von Zukünftigem schenkte und seine Knechtsgestalt ... verwandelte". Daran schließt Eusebios die Frage an: „Wer vermöchte all den hell leuchtenden und strahlenden Glanz mit toten und unbeseelten Farben und Bildern  ( σ κ ι ο γ ρ α φ ί α ι )  wiedergeben?"  Wenn  man  schon  den verklärten Christus vom Tabor nicht im Bild darstellen kann, dann erst recht nicht jenen, der nach seinem Sieg über den Tod die Knechtsgestalt in die Herrlichkeit  (δόξα)  Gottes  verwandelt  hat,  in Gottes  Licht,  das  sich  allen  menschlichen  Sprachen  entzieht  (φως  ά ρ ρ η τ ο ν  και  ά δ ι ή γ η τ ο ν ) . 

Fordert  man  nun  aber  ein  Bild  im  Sinn  der  historischen  Erinnerung  an  den  Menschen  Jesus  Christus  ­  Eusebios  spricht  vom  „Bild  seines  sterblichen  Fleisches"  ­ ,  dann  steht  dies,  wie  er  feststellt,  im  Wider­

menschliche  Existenz,  Sarx  genannt  (Joh.  1,14),  individuell  zu  eigen  ist.  Denn  diese  „ist  die Sarx  des Logos und  nicht  die Sarx eines anderen",  da  sie im  Logos  subsistiert  (Apologia  concilii  Chalcedonensis  [CPG  6855], hg. v. M.  Richard,  CCSG  1,  Turnhout  1977, 55). Dies  meint  der Ausschluß der  ττροδιάττλασι.?,  von  der  Leontios  von  Byzanz  sagt, daß andere Neuchalkedoniker in ihr eine Art metaphysischer Notwendigkeit sehen, er selbst aber nur eine Frage des angemessenen Gottesbildes, des  θεοττρεττές·,  entdecken  kann  (Epilysis  [CPG  6815],  PG  86,2,  1944 C  1 ­  1945 A 5; vgl.  K.­H.  Uthe­ mann,  Definitionen  (Anm.  10), 82 [102f.], Anm.  156). Vgl. auch Anm.  74.  34  H.G. Thümmel, Die Frühgeschichte der ostkirchlichen Bilderlehre, TU 139, Berlin 1992, 47-51; vgl. ebd. Dokument Nr. 13, das in einer neuen kritischen Edition vorgestellt wird, wozu insbes. der Parisinus gr. 1250 nachkollationiert wurde (ansonsten vgl. H. Hennephof [Anm. 18], Nr. 110). Hier soll die Frage, ob es sich um einen authentischen Brief Eusebs handelt, nicht behandelt werden, weil diese für den unmittelbaren Zusammenhang irrelevant ist. Zugunsten der Echtheit vgl. S. Gero, The True Image of Christ: Eusebius' Letter to Constantia Reconsidered, in: JThSt n.s. 32 (1981) 460-470.

Einige allgemeine Preliminarien

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spruch zum alttestamentlichen Bilderverbot und zur Praxis der Kirchen im gesamten römischen Reich, der οικουμένη. Bis ins 6. Jahrhundert hinein reihen sich solche bilderfeindlichen Zeugnisse aneinander 35 , und doch kommt es zur Ausbildung einer christlichen Kunst, die sich des Bildes bedient, nachdem es zunächst mal, wie Frederik van der Meer gesagt hat, bis zum 5. Jahrhundert eine „Invasion der Allegorien" gegeben hat 36 . Auffällig ist, daß man in der Auseinandersetzung mit den Juden seit Ende des 6., Beginn des 7. Jahrhunderts das alttestamentliche Bilderverbot uminterpretiert hat, wobei man auf die im Alten Testament bezeugten Gegenstände religiöser Kunst wie die eherne Schlange, die Cherubim im Allerheiligsten des Salomonischen Tempels, insbes. die in der Vision des Ezechiel genannten Bildwerke (Ez. 41,17-20) verwiesen hat. Im 5. und 6. Jahrhundert finden wir die ersten Beispiele von Bildern Christi im Kirchenraum, die sich, formal gesehen, zwar deutlich an die älteren sepulkrale Kunst der Christen anschließen und doch diese überhöhen bzw. wie in der Darstellung der Prophetenvisionen, auf die nachher noch einzugehen ist, etwas völlig Neues sind. Sie belegen die Tatsache, daß sakrale Bilder nun die allegorischen Darstellungen, wie sie die Tituli des Paulinus von Nola für die Apsiden von Basiliken bezeugen, mehr und mehr verdrängen. [207] Entsprachen die Bildprogramme der Sarkophage des 4. Jahrhunderts noch weitgehend den in den volkstümlichen christlichen Gebeten 37 bezeugten alttestamentlichen Errettungsszenen und einer gewissen Auswahl der dort genannten neutestamentlichen Wunder, so finden sich doch bei ihnen schon mehr und mehr auch andere Szenen wie z.B. die Anbetung der Magier in Bethlehem, des öfteren zusammen mit der Darstellung der drei Jünglinge aus dem Buche Daniel, die dem Bild des Nebukadnezar die göttliche Verehrung verweigerten, ferner wie auf dem Sarkophag des Junius Bassus (vom Jahre 359) der Einzug in Jerusalem, die Pilatusszene, überhaupt Szenen der Passion bis zur Ausbildung des Programms der sog. Passions- oder Via-crucisSarkophage, das den Leidensweg als Siegeszug darstellt, indem es z.B. Christus als siegreichen Feldherrn zeigt, der seinen Triumph feiert, 35

Vgl. die Zusammenstellung der Dokumente bei H.G. Thümmel (Anm. 34).

36

Maiestas Domini. Theophanies de l'Apocalypse dans l'art chretien, Studi di Antichitä Cristiana 13, Cittä del Vaticano 1938. Zu diesen sog. Paradigmengebeten vgl. K. Michel, Gebet und Bild in frühchristlicher Zeit, Leipzig 1902; Th. Klauser in: J. Märki-Boehringer, F.W. Deichmann und Th. Klauser, Früchristliche Sarkophage in Bild und Wort, in: Antike Kunst, Beih. 3, 1966, 16. Zu Jonas mit allgemeiner Einführung: W. Wischmeyer, Das Beispiel Jonas. Zur kirchengeschichtlichen Bedeutung von Denkmälern frühchristlicher Grabeskunst zwischen Theologie und Frömmigkeit, ZKG 92 (1981) 161-179.

37

346

Christusbild versus Christologie

dem ein Legionär die corona triumphalis über das Haupt hält, oder Christus im Typus des Christus Victor 38 darstellt, der das mit Edelsteinen besetzte Stabkreuz in seiner Rechten hält. Dabei kann das Programm um das Labarum mit dem Christusmonogramm konzentriert sein, das an die Standarte Konstantins in der Schlacht bei der Milvischen Brücke (311) bzw. an die vorausgegangene Vision erinnert.

3. Von Christus als Logos und Nomos zum Pantokrator Der Einfluß imperialer Repräsentation und Ikonographie auf das Christusbild Einer der prächtigsten erhaltenen Sarkophage ist der sog. Mailänder Stadttorsarkophag, der um 390 geschaffen wurde 39 . Auf der Vorderfront thront auf einer Bergspitze der lehrende Christus in jugendlicher Gestalt, Symbol des ewig jungen Logos, umgeben von seinen Aposteln, die ihm sitzend zuhören. Auf der Rückseite steht er auf demselben Berg, dargestellt als reifer Mann inmitten seiner aufrecht stehenden Apostel, und übergibt Petrus eine geöffnete Buchrolle. Diese  Traditio  legis-Szene zeigt ihn als Herrscher, der sein Gesetz erläßt. Wie auch immer der Berg zu deuten ist, als Symbol des Paradieses oder der Erde, er weist auf die kosmische, die gesamte Schöpfung umfassende Dimension von Christi Herrschaft, des Logos und des Nomos, und entspricht in dieser Hinsicht z.B. dem Firmament des Himmels als Thron Christi, wie er auf dem schon genannten Sarkophag des Junius Bassus erscheint. Die Vorderfront des Mailänder Stadttorsarkophags spiegelt die klerikale Sitzordnung in der Apside einer Bischofskirche wieder. Wird dieses Bildprogramm in eine Apsis transponiert und dort wie in dem von Papst Siricius (384-399) in Auftrag gegebenen Mosaik von Santa Pudenziana zu Rom so realisiert, daß Christus inmitten seiner Apostel vor dem himmlischen Jerusalem der Apokalypse thront, das vom Triumphkreuz von Golgotha 40 überstrahlt und durch die vier lebenden

38

Vgl. F. Gerke, Christus in der spätantiken Plastik, Berlin 1941, 35-52.

39

Vgl. ebd., 53ff., bes. 62-66.

40

Das Kreuz von Golgotha, das auf den Ampullen in Monza (6. Jahrhundert) dargestellt ist (vgl. A. Grabar [Anm. 32]) und jenem des Mosaiks in der Apsis von S. Pudenziana gleicht (unten), wurde 420 unter Theodosios Π. restauriert. Bezeugt wird es schon im 4. Jahrhundert: Vgl. Peregrinatio Aetheriae (oder Egeriae), 37, hg. v. P. Geyer, CSEL 39, 88,5-6; Vita S. Melaniae, hg. v. C. Rampolla, Santa Melania Giuniore, Senatrice Romana, in: Documenti contemporanei e note, Rom 1905, 4,36. Vgl. C. Cecchelli, II trionfo della croce, Rom 1953, 104f.; 170£.

Von Christus als Logos und Nomos zum Pantokrator

347

Wesen, die  ζώα, der Geheimen [208] Offenbarung bzw. Ezechiels 41 als Inhalt einer Vision Gottes ausgewiesen wird, dann wird der konkreten Ortsgemeinde - aus Juden und Heiden - ihr endzeitlicher Sieg verheißen, der im Triumph von Golgotha begründet wurde. In diesem Sinn ist Christus, wie auf dem Kodex zu lesen ist, den er der Gemeinde geöffnet entgegenhält: Conservator ecclesiae Pudentianae. Dabei thront er nicht mehr auf einer Kathedra, sondern auf einem Gemmenthron, dem solium  regale, seit dem 2. Jahrhundert Thronsitz des Kaisers 42 . Unter dem Einfluß der Formen imperialer Repräsentation und Ikonographie 43 wandelt sich das Bild Christi, des universalen Lehrers und Gesetzgebers, und mit guten Gründen kann man im Blick auf diese Darstellungsweise als All-Herrscher und All-Lenker - Conservator mundi - vom Bild des Pantokrators sprechen 44 , auch wenn man vor dem 10./11. Jahrhundert nicht von einem festen Bildtypus mit entsprechender Beischrift sprechen kann 45 . Wichtig ist für unsere Fragestel41 42 43

44

45

Darstellungen der vier lebenden Wesen im Kontext von Ezechiels Vision greifen sehr oft die Aussagen der Apokalypse auf. Im 4. Jahrhundert hat sich die bischöfliche Kathedra an diesen angeglichen. Vgl. H.U. Instinsky, Bischofsstuhl und Kaiserthron, München 1955, 23. Vgl. Ch. Ihm, Die Programme der christlichen Apsismalerei vom vierten Jahrhundert bis zur Mitte des achten Jahrhunderts, Forschungen zur Kunstgeschichte und Christlichen Archäologie 4, Wiesbaden 1960; zur Lit. vgl. ebd., 11. Ihre Sichtweise unterscheidet sich von jener von K. Wessel, Apsisbilder, Reallexikon für byzantinische Kunst 1 (1966) 268-293; vgl. auch K. Wessel, Christusbild, ebd., 966-1047; ders., Kaiserbild, ebd. 3 (1978), bes. 722-821. K. Wessel, Das Bild des Pantokrators, in: P. Wirth (Hg.), Polychronion, Festschrift Franz Dölger, Heidelberg 1966, 521-535 mit wichtigen Korrekturen an C. Capizzi, ΠΑΝΤΟΚΡΑΤΩΡ. Saggio d'esegesi letterario - iconografica, Orientalia Christiana Analecta 170, Rom 1964, der auch eine Darstellung der Bedeutung des Titels in frühchristlichen Texten bietet, die durch eine ihrer Quellen, H. Hommel, PANTOKRATOR, Theologia Viatorum 5 (1953/54) 322-378, durchaus vertieft werden kann. K. Wessel, Christusbild (Anm. 43), 1014: „Es ist üblich geworden, nahezu alle Darstellungen, die eine Chr[istus]-Büste mit Kodex u. Segensgestus zeigen, schlichthin als Pantokrator zu bezeichnen, ungeachtet der Tatsache, daß ikonographisch sehr verwandte C[hristusbild]er recht unterschiedliche Beischriften tragen können." Seit dem 11. Jahrhundert wurde das Bild Christi als Pantokrator mit dem aufgeschlagenen Kodex, auf dem Joh. 8,12 έγώ  «ίμι.  το  φως  τοϋ  κόσμου  zu  lesen  ist  (ebd.,  1017f.),  kanonisch.  Ihm  kam  im  Bildprogramm  des  Kirchenraums  in  der  zentralen  Kuppel  ­ als  Sinnbild  des  Himmels  (wichtige  Korrekturen  bei  J.T.  Matthews,  The  Pantocrator:  Title  and  Image,  New  York  University,  Ph.D.,  1976,  Ann  Arbor  Microfilms)  ­  der  al­ les  beherrschende  Platz  zu. Für die Vorgeschichte ist eine Ekphrase des Photios (10. Homilie) wichtig, in der er den Bildschmuck einer der Palastkirchen, der Marienkirche am Pharos (nicht in der Nea: R.J.H. Jenkins and C.A. Mango, The date and significance of the tenth Homily of Photius, DOP 9 - 1 0 [1955] 123-140) beschreibt. Erstmals wird hier für das Jahr 866 ein Pantokratorbild in der Kuppel bezeugt (B. Schellewald, Kuppelbilder, Reallexikon für byzantinische Kunst 5 [1992] 591f.). Z u m Zeugnis des Corripus über den Pantokrator in der Zentralkuppel der Apostelkirche zur Zeit von Kaiser Justin II. (565-578) vgl. ebd., 594f. sowie unten Anm. 96. Zur Be-

348

Christusbild versus Christologie

lung, daß in der Reichs[209]kirche nach der Überwindung des Arianismus der Titel des Pantokrators nicht mehr exklusiv dem Vater vorbehalten war, sondern auf Grund der Wesenseinheit der Trinität auch vom Sohn, ja selbst vom Geist gebraucht werden konnte. Doch war es noch ein weiter Weg, bis die menschliche Gestalt Christi als Bild des inkarnierten Logos mit der Beischrift ΠΑΝΤΟΚΡΑΤΩΡ dargestellt wurde. Die älteste, uns erhaltene Darstellung Christi als Pantokrator begegnet in der Münzprägung Justinians II. (685-695, wiederum 705-711) seit 69246, und A. Grabar 47 hat einen Zusammenhang mit dem 82. Kanon des Quinisextum vermutet, der verbot, Christus als Lamm darzustellen, und stattdessen vorschrieb, ihn in menschlicher Gestalt abzubilden48. Die Legende der Münzen kennzeichnet Christus nach I Tim. 6,15 als rex regnantium und den Kaiser als dessen Diener: Dominus Justinianus servus Christi49. „Entscheidend bei den Münzen Justinians II. ist die enge Verbindung von Avers und Revers, Kaiserbild und Pantokrator." 50 Die politischen Implikationen dieser Zuordnung von Pantokrator und Autokrator sind bekannt und im Zusammenhang der byzantinischen Kaiseridee oft genug dargestellt worden. Hier interessiert die Vorgeschichte dieses Christusbildes, wie es unter dem Einfluß des Kaiserbildes seine Gestalt gefunden hat, bevor es selbst wie schon

gründung des weiten Sprachgebrauchs sei (mit K. Wessel) auf die Tatsache hingewiesen, daß die mittelbyzantinische Ikonographie eine große Variabilität zeigt, wenn man die inschriftlich als Pantokrator gekennzeichneten Bilder des segnenden Christus mit anderen vergleicht, die verwandt oder gleichartig sind, und Beischriften wie Η ΧΩΡΑ ΤΩΝ ΖΩΝΤΩΝ, Ο ΕΤΕΡΓΕΤΗΣ, Ο ΕΛΕΗΜΩΝ, Η ΣΟΦΙΑ  TOT  ΘΕΟΤ  usw.  besitzen.  46  Μ.  Restle,  Kunst  und  byzantinische Münzprägung von Justinian I. bis zum Bilderstreit, Texte und Forschungen zur byzantinisch-neugriechischen Philologie 47, Athen 1964, 64; 99f.; 118-135. 47 L'empereur dans l'art byzantin. Recherches Sur l'art officiel de l'empire d'Orient, Paris 1936, 165. 48 Mansi XI,977-980 49 A. Grabar (Anm. 47) 19; M. Restle (Anm. 46), 131. 50 M. Restle (Anm. 46), 130.

Von Christus als Logos und Nomos zum Pantokrator

349

zur Zeit Justinians II. 51 wieder auf die Darstellung des Kaisers zurückwirken konnte 52 . Allgemein traut man in der Forschung den Münzprägungen keine echten Innovationen zu; man geht davon aus, daß sie Vorgegebenes aufgreifen. Im Blick auf die genannten Prägungen Justinians II. hat Klaus Wessel 53 auf das Christusbild über der [210] Chalke, d.h. über dem Bronzenen Tor des Kaiserpalastes, hingewiesen, das unter Kaiser Leon III. (717-741) entfernt und nach dem Sieg der Bilderfreunde (843) wieder angebracht worden war. Hinter dem Haupt dieses Christus erscheint wie bei den genannten Münzen kein Nimbus, sondern eine crux  gemmata, das mit Edelsteinen besetzte Triumphkreuz 54 . Diese Darstellung wird von vielen Konstantinopler Elfenbeinschnitzereien bezeugt, die nur bei der Handhaltung Christi etwas von den Münzen abweichen. Der Unterschied läßt sich leicht dadurch erklären, daß auf den Münzen nicht genügend Raum vorhanden war, um den Handgestus auf dem Christusbild der Chalke genau wiederzugeben. Marcel Restle 55 hat auf eine illuminierte Handschrift aus dem 9. Jahrhundert hingewiesen, die eine getreue Wiedergabe ihrer Vorlage aus dem 6. Jahrhundert ist, nämlich auf den Codex Vaticanus gr. 699, der die Topographie des Kosmas Indikopleustes (CPG 7468) enthält 56 . In der Darstellung des Kosmos als  βασιλεία  των  ούρανών  erscheint  im  Tonnengewölbe über dem Firmament  (στερέωμα),  d.h.  im  Himmel,  eine  Büste Christi mit dem Kopf vor dem Kreuznimbus. Diesen Christus kann man auf Grund des Zusammenhangs als All-Lenker und -Erhalter interpretieren, und insofern liegt hier ein Pantokratorbild des 6. Jahrhunderts vor. Doch ikonographisch bleiben Bedenken, um dieses Bild

51

52

Eine ausführlichere Begründung kann hier nicht geboten werden. Zur Veranschaulichung könnte man einfach auf die Darstellung des Einzugs Justinians Π. in Thessaloniki vom Jahre 688 verweisen, wie sie ein Fresko in der Basilika Hagios Demetrios überliefert. Wie einst Christus in Jerusalem, so zieht der Kaiser mit dem für den Pantokrator üblichen Segensgestus ein. Vgl. A. Vasiliev, L'entree triomphale de l'empereur Justinien Π ä Thessalonique en 688, Orientalia Christiana Periodica 13 (1947) 355-368, bes. 3 6 3 ; A. Grabar (Anm. 47), 234-236 ; I.D. Breckenridge, The ,Long siege' of Thessalonica: its date and iconography, ByZ 48 (1955) 116-122. Κ. Wessel, Christus Rex, Kaiserbild und Christusbild, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, Archäologischer Anzeiger 68 (1953) 118-136.

53 54 55

Bild des Pantokrators (Anm. 44), 529; 533; ders., Christusbild (Anm. 43), 1020-1022. Nachweis bei A. Frolow, Le Christ de la Chalce, in: Byzantion 33 (1963) 107-120. Kunst (Anm. 46), 127-129.

56

Abbildungen: C. Stornajolo, Le miniature della Topographia Cristiana di Cosma Indicopleuste. Codice Vaticano greco 699, Codices e Vaticanis selecti phototypice expressi 10, Milano 1908, f. 39 und f. 43. Vgl. auch unten S. 351-354 [211-214] zu den Prophetenvisionen auf f. 72 und f. 74.

350

Christusbild versus Christologie

mit den Münzen Justinians II. unmittelbar in Zusammenhang zu bringen 57 . Wenn Christa Ihm die meisten Apsisbilder der vorikonoklastischen Zeit, die Christus zeigen, unter dem Titel „Der kaiserliche Christus und das himmlische Reich" zusammenfassen kann 58 , dann zeigt sich hier die formende Kraft imperialer Repräsentation und Ikonographie, ohne daß jedoch deutlich wird, ob es, wie oben für den lehrenden Christus oder die  Traditio  legis-Szene vorausgesetzt, wenn auch nicht aufgewiesen wurde, eine vor-imperiale Ikonographie gab, an die sich die imperiale anschließen konnte, um den Autokrator im Pantokrator zu überbieten und so alles, selbst den Kaiser, in die göttliche Ordnung einzubinden. Denn, auch wenn Vergleichsmaterial aus der älteren sepulkralen Kunst der Christen genannt wird, so bleiben bei Christa Ihm die Unterschiede unbestimmt. Es wäre verkehrt, für das Überbieten der kaiserlichen durch die göttliche Herrschaft in der Kunst des 6. Jahrhunderts eine Konkurrenz zweier Universalansprüche zu vermuten. Ferner dürfte der Gedanke an die Legitimation irdischer Herrschaft nicht die ursprüngliche Intention bei der Übernahme imperialer Formen gewesen sein. Im 6. Jahrhundert findet man m.W. nur im Bildprogramm von S. Vitale in Ravenna eine Darstellung, die den auf Erden Herrschenden zu Christus in Beziehung setzt. Denn dort wird auf den Seitenwänden der Apsis Justinian und Theodora zugleich mit ihrem Hofstaat und dem Bischof Maximian von Ravenna ein Platz unter dem ewig jungen Christus zugewiesen, der in der Wölbung der Apsis [211] auf einer Weltkugel thront. Erst durch die Zuordnung von Autokrator und Pantokrator wie auf den Münzen Justinians II. oder auf Bildern der Makedonischen Renaissance wird die Legitimation kaiserlicher Macht zur Bildaussage. Schließlich zeigt gerade die Übernahme von Motiven imperialer Ikonographie in das Christusbild ursprünglich kein eindeutiges Bekenntnis zur Gottheit Christi bzw. zu deren Verhältnis zum Menschen Jesus, so sehr die genannten Christusbilder auch an die Darstellungen Christi als Gottes Logos und Nomos anschließen. Erst die Beischrift ΠΑΝΤΟΚΡΑΤΩΡ auf der Basis des ομοούσιος τω πατρί  des  Konzils  von  Nikaia  (325) 59  ver­ band  mit  imperialer  Ikonographie  ein  eindeutiges  Bekenntnis. 

57 

Analoges  gilt  z.B. für den Christus im Triumphbogen von S. Apollinare in Classe in Ravenna (vgl. Anm. 69) oder in S. Euphemia in Porec (vgl. S. 356 [215]).

58

Dies. (Anm. 43), 11-41.

59

Es sei daran erinnert, daß dieses Konzil in seinem Glaubensbekenntnis den Pantokratortitel noch einzig dem Vater vorbehalten hat.

Prophetenvisionen und Christusbilder

351

4. Prophetenvisionen und Christusbilder Kann man das Bekenntnis zu Christi Gottheit im Sinn der  Fides  Nicaena  überhaupt in ein Bild übersetzen? Genügt es, daß man Christus in der bildlichen Darstellung gewissermaßen die Stelle Gottes einnehmen läßt, um ihn als die Erfüllung alttestamentlicher Theophanien, insbes. als den eigentlichen Inhalt jener Schau Gottes zu zeigen, die den Propheten zuteil wurde? Gemeint sind hier vor allem jene Apsisbilder bzw. Illuminationen in Handschriften, in denen Christus in einer Prophetenvision die Stelle Gottes einnimmt. Erstere hat Christa Ihm, wohl angeregt durch die Interpretation von Frederik van der Meer 60 , als durch die Liturgie veranlaßte Darstellungen der Maiestas Domini gedeutet, deren Ursprung in den Klosterkirchen Ägyptens zu suchen sei 61 . Das wichtigste Zeugnis ist die Apside von Hosios David in Thessaloniki, von Kunsthistorikern allgemein ins 5. Jahrhundert, doch auch in das frühe 6., selbst in das 7. Jahrhundert datiert. Der jugendliche Christus thront mit goldenem Kreuznimbus und in Purpurgewändern auf dem in den Farben des Regenbogens leuchtenden Firmament in der Mitte einer von Strahlen erfüllten kreisrunden Aureole, die von den lebenden Wesen der Apokalypse mit Evangelienbüchern flankiert wird. Dies alles schwebt über dem Ufer eines Flusses, der aus vier Quellen gespeist wird; der Flußgott ist mit einer abwehrenden Geste dargestellt, die an Ps. 113,3 LXX (ό  'Ιορδάνη?  εστράφη  εις  τά  οπίσω)  erinnert,  d.h.  an  die  Reaktion  des  Jor­ dans  angesichts  der  Offenbarung  Gottes,  des  πρόσωπον  του  θεοϋ  'Ιακώβ.  Am  Ufer  sitzen  links  und  rechts außen zwei Propheten, der eine in der Geste eines Schauenden, der andere in der eines Meditierenden. Christus erhebt die rechte Hand im Redegestus; in der linken hält er eine offene Buchrolle, auf der jene Worte zu lesen sind, welche die Theophanie deuten: „Seht, das ist unser Gott, auf den wir hoffen. Laßt uns jauchzen ob unserer Errettung. Denn (friedvolle) Ruhe wird er diesem Hause schenken" (Is. 25,9-10 LXX) 62 . [212]

60

Maiestas (Anm. 36).

61

Ch. Ihm (Anm. 43), 42-51.

62 

Ίδοΰ  ό 9eös  ήμών, έφ' ω έλττίζομεν,  και  ήγγαλιώμεθα  em  xf|  σωτηρία  ήμών δτι.  ανάπαυσα  δώσει  έιτ!  τόν  οΐκον  τούτον.  Die  Lesart  em  τον  οίκον  statt  έττί  τό öpos ist durch den Text, über den einer der Propheten meditiert, und durch das Epigramm, das an die Stifterin erinnert, bedingt. In beiden Fällen wird die  ανάπαυση,  die  „diesem  H a u s "  zuteil  wird,  als  θρεττιτική  ψυχών  πιστών  gekennzeichnet.  Vgl.  A.  Xyngopoulos,  To  καθολίκόν της  μονής  τοϋ  Λατόμου  ev Θεσσαλονίκη,  in  Άρχαιολογί­κόν  Δελτίον  12  (1929)  158­160;  V.  Grumel,  La  mosa'ique  du  „Dieu  Sauveur"  au  monastere  du  „Latome",  in:  Echos  d'Orient  29  (1930)  159;  J.M.  Spieser,  Thessalonique,  Athen  1984,  27.  In  der  an 

352

Christusbild versus Christologie

In dem oben erwähnten Kodex der Topographie des Kosmas Indikopleustes, dessen Illuminationen gute Kopien der Vorlage aus dem 6. Jahrhundert sind, begegnet die Berufungsvision des Isaias (Is. 6,1-13) in zwei Szenen, die eigentliche Theophanie und die Reinigung der Lippen des Propheten mit glühender Kohle. In beiden sitzt Christus, mit der Rechten segnend, in der Linken ein Buch, auf dem Thron Gottes. Verwandt mit der Ikonographie der Prophetenvisionen ist jene der Himmelfahrt Christi, bei der Christus in der Mandorla und mit den lebenden Wesen, meist auch mit dem Ezechielwagen dargestellt wird 63 . Ein gutes Beispiel findet sich im Rabulas-Kodex der Laurentiana in Florenz, der auf das Jahr 586 datiert ist. Ferner ist auf einige Fresken von Bawit zu weisen, auf denen der Ezechielwagen wie beim RabulasKodex die Mandorla trägt64, die sonst von Engeln, meist vier an der Zahl, gehalten wird. Zu nennen sind hier auch die Himmelfahrtsbilder auf einigen der im Domschatz zu Monza bewahrten palästinensischen Ampullen des 6. Jahrhunderts 65 . In der Pantokratorhöhle des Latmos-Gebirges findet man aus dem 7. Jahrhundert eine Prophetenvision neben einer Darstellung der Himmelfahrt Christi, bei welcher der Ezechielwagen durch Engel ersetzt ist. In der Vision verbinden sich die vier Wesen aus Ezechiel (10,14) mit der Schau des Isaias, auf welche die Umschrift der Mandorla hinweist: ΑΓΙΟΣ ΑΓΙΟΣ ΑΓΙΟΣ Κ(ΤΡΙΟ)Σ ΣΑΒΩΘ ΠΛΗΡΙΣ Ω ΟΥΡΑΝΟΣ ... Ι(ΗΣΟΥ)Σ (Is. 6,3)66, eine Verbindung, die wir auch in Bawit finden 67 . Auf dem aufgeschlagenen Kodex in der Linken Christi liest man den Beginn des Johannesprologs (Joh. 1,1), den man sicher als Zeugnis für das ομοούσιος· τω πατρί  verstand.  Verwandt  mit  dem  durch  die Ampullen  von  Monza  bezeugten  Typ  der  Himmelfahrt  Christi  ist  das  vielschichtige  Apsisprogramm  von 

63

64 65

66 67

Apk. 4,6­8 orientierten Darstellung sind Ez. 1,4­28 und 10,1­22 (W. Neuss, Das Buch Ezechiel in Theologie und Kunst, Münster 1912) und Is. 65,1 mitbedacht. Mit dieser Aussage verbinde ich keine These zur Frage, welcher der beiden Bildty­ pen älter ist, da ich mich für eine solche nicht kompetent achte. M. Restle (Anm. 46)., 126, spricht v o m „Einfluß der Himmelfahrtsdarstellung auf das Bild der Propheten­ vision, ein Movens für die Ersetzung Gott Vaters durch den Sohn im Bild". Beispiele bei F. van der Meer (Anm. 36) und Ch. Ihm (Anm. 43), 42f. A. Grabar (Anm. 32), PI. ΠΙ, V, XVH, XIX, XXVII, XXIX, XLVII, L. Beeinflußt von diesen scheinen auch jene Darstellungen des Pfingstereignisses auf den Ampullen von Monza zu sein, die den hl. Geist von einem in einer Mandorla thronenden (junggesichtigen oder bärtigen) Christus ausgehen lassen. Die Umschrift ist so wiedergegeben bei M. Restle (Anm. 46), 120. F. van der Meer (Anm. 36), 257ff., bes. 260: Auf dem geöffneten Kodex in der Linken Christi liest man ein dreimaliges ΑΓΙΟΣ. An dieser Tatsache knüpft die oben er­ wähnte Deutung als liturgische Maiestas Domini an, als handele es sich um eine Dar­ stellung des Trishagion.

Prophetenvisionen und Christusbilder

353

S. Apollinare in Classe zu Ravenna (549 eingeweiht), das von der Idee der Verklärung Christi auf Tabor beherrscht wird 68 , doch eine Abbildung Christi vermeidet. Als Symbol für den Verklärten steht im Zentrum das mit Edelsteinen besetzte Triumphkreuz, das von einer runden, von einem Sternenhimmel ausgefüllten Gloriole umgeben ist und so über dem Paradies schwebt 69 . Wie hier Moses und Elias mit ihrer rechten Hand auf das Symbol der Verklärung weisen, so haben sie auf dem Apsismosaik des Katharinenklosters auf dem Sinai, das wohl kurz nach der [213] Mitte des 6. Jahrhunderts entstanden ist, ihre Rechte wie zum Schwur in die Richtung des in einer blauen, mit goldenen Sternen besäten Mandorla stehenden Christus erhoben, von dem Lichtbündel ausgehen, die sich fein vom Goldgrund abheben. Die drei Apostel, die Jesus auf den Tabor begleitet hatten, erscheinen als Empfänger dieser Theophanie: Johannes und Jakobus im Gestus von gebannt, wohl auch erschrocken Schauenden, Petrus hingestreckt und in sich gekehrt. Die theophane Aussage wird unterstrichen durch die beiden Szenen auf den seitlichen Feldern des Triumphbogens, welche zugleich einen Zusammenhang mit der lokalen Tradition des Sinai herstellen: (1) Moses löst seine Sandalen vor dem brennenden Dornbusch und (2) Moses empfängt die Gesetze auf dem Berg Sinai. Wie sich diese Darstellung von ihrem ursprünglichen Sitz im Leben, der Prophetenvision und überhaupt einer Vision, lösen konnte, zeigt eine der ältesten Ikonen des Katharinenklosters auf dem Sinai. Sie stammt aus dem 7. Jahrhundert. Mit der Beischrift E(MMA)NOYHA thront Christus auf einem Regenbogen in einer Mandorla voller Sterne, wobei ihm ein Lichtbogen als Fußschemel dient 70 . Christus erscheint in all diesen Bildern als die Konkretisierung von Theophanien: Die Propheten sahen den Menschgewordenen, den inkarnierten Logos, als sie Gott schauten. So wie die Propheten sahen ihn die Apostel bei der Himmelfahrt und auf dem Tabor 71 .

68

Ch. Ihm (Aran. 43), 70-73.

69

Die symbolische Darstellung ist vermutlich nicht deshalb gewählt, weil ein Christusbild vermieden werden sollte. Denn auf dem Triumphbogen findet sich einer der frühbyzantinischen Vorläufer des sog. Pantokrators, dessen Büste umgeben ist von den vier lebenden Wesen mit Evangelienbüchern, die auf den Wolken des Himmels schweben. Vgl. zu Anm. 57.

70

G. und M. Sotiriu, Elkövcs της Μονής  Σινά, Athen 1956, Abb. 8f. Z u m ikonographischen Unterschied dieses frühbyzantinischen zum mittel- und spätbyzantinischen Emmanueltypos vgl. K. Wessel, Christusbild (= Anm. 43), 1008. Es sei nochmals an Anm. 63 erinnert: Über einen genetischen Zusammenhang zwischen dem Bildtyp der Prophetenvision und jenem der Himmelfahrt bzw. Verklärung soll hiermit keine Aussage gemacht sein, auch wenn mir die Priorität der Prophetenvision bedenkenswert scheint.

71

354

Christusbild versus Christologie

Wie können wir nach dieser Übersicht auf die eingangs gestellte Frage antworten? Wären die genannten Bilder im 4. Jahrhundert entstanden, könnte man ein subordinatianisches Verständnis nicht von vornherein ausschließen, wie es z.B. die Interpretation der alttestamentlichen Theophanien als Offenbarungen des Logos bei Eusebios von Kaisareia belegt. Doch im historischen Kontext, in dem diese Bilder entstanden sind, ist eine wie auch immer in Richtung des Arianismus gehende Auffassung der Gottheit Christi ausgeschlossen. Wenn Christus in der Zeit Justinians von Orthodoxen als Inhalt einer Schau Gottes dargestellt wurde, dann wollten diese ihn als jenen vergegenwärtigen, der „eines Wesens mit dem Vater" ist. Darum sind diese Bilder im unmittelbaren Kontext ihres Entstehens eindeutige Symbole für die Gottheit Christi im Sinn der  Fides  Nicaena, ohne jedoch deshalb eine antiarianische Intention zu verfolgen 72 . Sofern die Himmelfahrt Christi und die Verklärung auf Tabor in Analogie zu den Bildern der Prophetenvisionen dargestellt werden, beinhalten sie in der Wiedergabe der Gestalt Christi eine Aussage über seine verklärte menschliche Realität, genauer eine solche über deren Beziehung zur Gottheit des Logos. Dasselbe gilt für Christusbilder, die seine Parusie als  secundus  adventus darstellen. Obwohl im historischen Kontext die  Fides  Nicaena nicht in Frage gestellt wird und insofern die Ikonographie von Christi Gottheit für Zeitgenossen eindeutig ist, scheint man keine Symbolik für ein bestimmtes christologisches Bekenntnis, das die  Fides  Nicaena interpretiert, entwickelt zu haben. Oder sollte diese Aussage zumindest nicht für zwei, [214] bisher noch nicht besprochene Bildprogramme gelten? Wollten und konnten diese eine eindeutige Ikonographie für das sein, was, kurz gesagt, die Formel von der hypostatischen Union meint?

5. Das Bekenntnis zur Gottesmutterschaft im Bild Die bildliche Darstellung der Gottesmutter ist stets auch eine solche Christi. Die Betonung der Gottesmutterschaft, das Nein zu Nestorios auf dem Konzil von Ephesos (431), diente dazu, die Verehrung Christi, des inkarnierten Logos, als Gott im Sinn der  Fides  Nicaena zu sichern.

72

Dies ist einer der entscheidenden Fehler in der Darstellung von R. Sörries, Die Bilder der Orthodoxen im Kampf gegen den Arianismus. Eine Apologie der orthodoxen Christologie und Trinitätslehre gegenüber der arianischen Häresie, dargestellt an den ravennatischen Mosaiken und Bildern des 6. Jahrhunderts, Europäische Hochschulschriften, Reihe 23, Band 186, Frankfurt a.M. - Bern 1983. Vgl. auch Anm. 78; 81.

Das Bekenntnis zur Gottesmutterschaft im Bild

355

Man wollte ausschließen, daß man Christus neben der Trinität anbetete, als ob diese sich durch die Inkarnation zu einer Tetrade erweitert hätte 73 . Man wollte das eine Prosopon der Herrlichkeit, das Nestorios anbetete, ausschließen, da dieses den göttlichen Logos (und nicht nur die göttliche Natur) als Subjekt unserer Erlösung aus der Jungfrauengeburt heraushielt, als ob es einen einzigen zeitlichen Augenblick gegeben hätte, in dem das, was in der Jungfrau entstand, nicht die Wirklichkeit des Logos gewesen wäre 74 . Bekannte man Maria als  Θεοτόκο?,  dann  bekannte  man  sich  zum  Logos  als  dem  Subjekt  der  Inkarnation,  der  sich  selbst  in  Maria  auf  wunderbare  Weise  eine  menschliche  Natur  geschaffen  hat.  Dann  konnte  man  diesen  Logos  im  Jesuskind  bzw.  das  Kind  als  dessen  Epiphanie  anbeten.  Wie  man  dieses  Bekenntnis  ins  Bild  umsetzen  kann,  so daß die Ikonographie selbst durch ihre Formensprache die  Θεοτόκος  und  implizit  die  Geburt  Christi  als  Theophanie  kennzeichnet,  ist gewiß ein Problem. Denn knüpft man bei der Anbetung der Magier an, wie sie auf den Sarkophagen des 4. Jahrhunderts begegnet, und füllt diese Darstellung durch Elemente der imperialen Ikonographie auf, wie es z.B. auf den Ampullen im Domschatz zu Monza aus dem 6. Jahrhundert geschieht 75 , die vermutlich ein Mosaik in der Geburtskirche zu Bethlehem wiedergeben, dann war dies im Blick auf die eigentlich gemeinte Aussage der Gottheit des Kindes nicht eindeutig: Auf den Ampullen wird der Jesusknabe durch den Stern, den Engel wie ein Siegeszeichen 76 über Mutter mit Kind halten, so als  coelo  demissus gekennzeichnet, wie die [215] Kaiser auf Münzen als himmlisch Gesandte und Retter vorgestellt werden 77 . Analoges gilt für das Bildprogramm der um 520 in Ravenna 73

74

75 76

77

Diese Möglichkeit einer Tetrade, dieses häresiologische Konstrukt, wollte der Begriff der una persona bzw. unitas personae ausschalten, wie man im Westen an Augustinus' christologischen Argumenten und vor allem an der Affäre des Leporius ablesen kann. Der Tetraden-Verdacht gehört auch im Osten zum anti-nestorianischen Repertoire, doch war man dort nach Chalkedon um eine weitere Auffüllung des Begriffs der Hypostase bemüht, so daß der formale Ausschluß einer göttlichen Tetrade nicht mehr der vorrangige Begriffsinhalt war. Dieses meint der in Anm. 33 zitierte Allgemeinplatz anti-nestorianischer Polemik. Die These, daß die hypostatische Union eine jede Präexistenz von etwas Menschlichem oder, wie man sagte, jede  προδιάπλασι?  oder  προΰπαρξι?, ausschloß, wurde, wie die Begründung der sog. Enhypostasie-Theorie (und die Auseinandersetzung um ihren Status bei Leontios von Byzanz) zeigt, zu einem Schlüssel zum Verständnis der hypostatischen Union und damit des Menschseins Christi. Näheres bei K.-H. Uthemann, Definitionen (Anm. 10). Ch. Ihm (Anm. 43), 53. So bezeichnet z.B. Prudentius den Stern als  vexillum  regis (Liber Cathemerinon, Hymnus XII,28, hg. v. M. Lavarenne, I, Paris 1955, 68; hg. v. M.P. Cunningham, CGSL 126, Turnhout 1966, 66. A. Grabar (Anm. 47), 227.

356

Christusbild versus Christologie

von Theoderich erbauten Christuskirche, die seit dem 9. Jahrhundert S. Apollinare Nuovo heißt. Inwiefern hat Bischof Agnellus (556-569) daraus ein Bild der  Θεοτόκο?  geschaffen 78 ,  als  er  die  drei  anbetenden  Ma­ gier  vor  der  thronenden  Maria einfügen ließ? Dies gilt auch für die relativ vielen uns erhaltenen Typen des „marianischen Herrlichkeitsbildes" 79 , der Marienmajestas, die im 6. Jahrhundert vor allem die Apsismalerei zu beherrschen beginnt. Man denke z.B. an die Basilica Eufrasiana in Porec (Parenzo), wo die Hand Gottes der in Purpur gekleideten, mit ihrem segnenden Kind auf den Gemmenthron sitzenden Gottesmutter den Triumphkranz hinabreicht. Die Vertikalachse betont die Verbindung zu Christus als Lamm im Scheitelpunkt der Apside und im Triumphbogen zu Christus als himmlischen Lehrer, der dem Betrachter das Wort entgegenhält: Ego sum lux vera. Das begleitende Bildprogramm dieser von Eufrasius (530-560) zu Ehren der hl. Euphemia und damit zur Verteidigung des Dogmas von Chalkedon erbauten Basilika besteht aus vier Bildern, welche die Verkündigung, die Begegnung mit Elisabeth, Zacharias und Johannes der Täufer darstellen und kann als Hinweis auf die Menschwerdung interpretiert werden. Analoges gilt für den Bilderzyklus aus dem Leben und der Passion Jesu in der Sergioskirche von Gaza, der auf ein ähnliches Marienbild hingeordnet war 80 . Doch um welches Bekenntnis zur Menschwerdung es sich handelt, lassen diese Bilder ebenso wenig eindeutig erkennen, wie der sog. christologische Zyklus in Theoderichs Christuskirche, d.h. in S. Apollinare Nuovo zu Ravenna 81 .

78

Entgegen dem Konsens der Kunsthistoriker will R. Sörries (Anm. 72), 96; 277-280; 283-286, die zwei Throngruppen, den „Christus Rex gloriae" und die „Maria Mutter Gottes", der Restauration unter Agnellus zuweisen. So gewinnt die  Θεοτόκο? für seine Argumentation an Bedeutung, insoweit er ihr Bild als „Eckstein in der Bestreitung der arianischen Häresie" auffaßt (ebd., 134-146). Vgl. auch Anm. 81.

79

Ch. Ihm (Anm. 43), 56.

80

Vgl. die Ekphrasis im ersten Enkomion des Chorikios auf Bischof Markianos, hg. v. J.F. Boissonade, Paris 1846, 91-98. Dies muß selbst R. Sörries (Anm. 72), 95f., zugeben: „So spricht aus den Christusmosaiken von San Apollinare Nuovo mit Sicherheit kein arianisches Bekenntnis," wohl aber zeige sich in ihnen „ein wesentliches Merkmal gotischen Christentums", nämlich die Darstellung Christi als „handelndes Vorbild". Da Agnellus diese gotische, „nicht so sehr arianische ... Prägung" nicht erkannt habe, überdauerten nach R. Sörries „diese Christusbilder den Bildersturm der Orthodoxen anläßlich der Rekatholisierung". Inwiefern alle anderen, nach dem Sieg über die Goten (540) in Ravenna geschaffenen Bilder Zeugnisse für die  Fides  Nicaena mit anti-arianischer Spitze sein sollen, kann der Autor nicht aufweisen, auch nicht für das Bildprogramm von S. Vitale, dem er die eigentliche Beweislast „als Eckstein kaiserlich-orthodoxer Repräsentation gegenüber den gotisch-arianischen Ketzern" (ebd., 146) zuweist (ebd. 1 4 6 203). Man wird m.E. auch für S. Vitale nicht über die typologische Deutung von F.W. Deichmann, Frühchristliche Bauten und Mosaiken von Ravenna, Baden-Baden 1958,

81

Das Bekenntnis zur Gottesmutterschaft im Bild

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Solange nicht die Beischrift  Θεοτόκο?  auftaucht,  erkennt  nur  der  Gläubige die  Θεοτόκο?.  Er  „sieht"  sie  aber  einzig  auf  Grund  seines  Be­ kenntnisses,  nicht  auf  Grund  der  Formensprache,  der  sich  die  Welt  der  Bilder  bedient.  Denn  deren  Darstellung  der  Epiphanien  bleibt  mehr­ deutig.  Dies  gilt  selbst für die Prophetenvisionen, ja für alle alttestamentlichen Theophanien, wie z.B. deren Deutung bei Eusebios von Kaisareia belegt. Und selbst wenn man die  Fides  Nicaena als gemeinsame Basis anerkannte, wurde keine eindeutigere [216] Ikonographie oder Sprache der Symbole und Formen entwickelt, wie sich im Streit um Nestorios, dann, wenn auch anders, im Streit um Eutyches und um die Rezeption von Chalkedon zeigt, auch wenn man damals meinte, sich mit bildlichen Darstellung zum Thema der Mutterschaft Mariens von Nestorios abzuwenden. Im selben Sinne konnte man auch der Auffassung sein, diese Bilder seien „eindeutig" gegen Eutyches' Bekenntnis gerichtet. Was zum jeweiligen Verständnis führt, scheint einzig in der Subjektivität des Gläubigen und in der InterSubjektivität seiner Konfession begründet zu liegen, d.h. in seinem Blick auf die historisch gewordene Formsprache einer Welt von Symbolen, die schon vorgegeben war. Es scheint also auch mit dem Bild der Θεοτόκος keine  Ikonographie  entwickelt  worden  zu  sein,  die  den  Anspruch  erheben  konnte  (oder  erhob),  das  reichskirchliche  Bekenntnis  zur  „in  zwei  Naturen  erkannten  einen  Person  oder  Hypostase"  des  inkarnierten  Logos  in  seiner  Eigen­ art  zu übersetzen und so gegen andere Bekenntnisse abzugrenzen, die ebenfalls von der Fides  Nicaena ausgingen 82 . hinauskommen, wenn man zugleich mit A. Grabar die liturgischen Elemente berücksichtigt. 82

Ginge es nur u m die Abgrenzung, dann könnte man an die Darstellung durch Kontrast zu einem schon bestehenden Bild oder Bildprogramm denken, so daß in der Ablehnung das eigene Bekenntnis auch in eine Ikonographie übersetzt wird. Ein deutlicher Fall findet sich beim Bildprogramm des arianischen Baptisteriums von Ravenna, sofern sich dieses von der dortigen älteren Taufkapelle der Orthodoxen in einem wesentlichen Punkt unterscheidet. Was im letztgenannten Baptisterium in der dritten, d.h. in der unteren Zone mit vier Altären, auf denen jeweils ein aufgeschlagenes Evangelienbuch liegt, und vier Thronsesseln auf die Universalität der Herrschaft Christi weist, ist in der Kapelle der Arianer durch einen einzigen Gemmenthron, auf dem ein mit Edelsteinen besetztes Kreuz steht, ersetzt und in die zweite Zone verlegt. In dieser bewegt sich in beiden Programmen eine Apostelprozession. Diese bezieht sich in der Kapelle der Katholiken „im Sinn der vertikalen Akklamationsrichtung auf Christus selbst" (B. Schellewand [Anm. 45], 587, unter Bezugnahme auf F.W. Deichmann [Anm. 81] II, 38ff. und J. Engemann, Die Huldigung der Apostel im Mosaik des ravennatischen Orthodoxenbaptisteriums, in: H.U. Cain u.a. [Hgg.], Beiträge zur Ikonographie und Hermeneutik, Festschrift N. Himmelmann, Mainz 1989, 481^190), während sie bei den Arianern auf den genannten Thron mit Kreuz ausgerichtet ist, der obendrein so angeordnet ist, daß man diesen und das Taufbild in der Kuppel nur von der jeweiligen Gegenseite, also nicht zugleich frontal anschauen kann, so daß beide Szenen nicht unmittelbar aufeinander bezogen sind,

358

Christusbild versus Christologie

Nun scheint es eine Ausnahme zu geben, ein Bild, welches den Logos als Subjekt der Inkarnation und somit die zwei Naturen des Inkarnierten rein ikonographisch - in der Formsprache einer Welt der Symbole - darzustellen scheint. Zumindest wurde solches behauptet.

6. Der Logos am Kreuz: Die offenen Augen eines Toten Im schon oben genannten Rabulas-Kodex der Laurentiana vom Jahre 586, ferner auf einem gleichaltrigen Holzkästchen aus dem Schatz der Kapelle Sancta Sanctorum in Rom sowie auf der aus dem 8. Jahrhundert stammenden Kreuzigungsszene in S. Maria Antiqua in Rom erscheint jeweils ein Bild des Gekreuzigten, der [217] mit offenen Augen und doch als Toter am Kreuz hängt 83 . Der Kontext des Bildes weist darauf hin, daß hier Joh. 19,33-34 dargestellt ist, wobei in Sancta Maria Antiqua die Bildaussage mit Joh. 19,26 kontaminiert wurde, sofern die Gestalten von Maria und Johannes hinzugefügt sind. Die nach Joh. 19,33-34 gestaltete Kreuzigungsszene entspricht dem auf den palästinensischen Ampullen von Monza für das 6. Jahrhundert bezeugten Typ, der in handwerklicher Vereinfachung wohl ein Mosaik aus der Jerusalemer Grabeskirche wiedergibt, das in Gaza, wie Chorikios überliefert, kopiert worden war 84 . wie es bei den Orthodoxen auf Grund der vertikalen Akklamationsrichtung der Fall ist. 83

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Z u m Folgenden vgl. A. Grillmeier (Anm. 13); K. Wessel, Frühbyzantinische Darstellung der Kreuzigung Christ, Rivista di archeologia cristiana 36 (1960) 45-71; ferner P. Stockmeier, Theologie und Kult des Kreuzes bei Johannes Chrysostomus. Ein Beitrag zum Verständnis des Kreuzes im 4. Jahrhundert, Trierer Theologische Studien 18, Trier 1966, 202-220. Vgl. dazu K. Wessel (Anm. 83), 54f. Zu Chorikios vgl. Anm. 80. Lesenswert ist noch stets J. Reil, Die frühchristlichen Darstellungen der Kreuzigung Christi, Leipzig 1904, auch wenn man, wie K. Wessel gezeigt hat, nicht einen historischen und einen symbolischen Typ der Darstellung unterscheiden kann, da letztlich alle bekannten frühbyzantinischen Kreuzigungsbilder nicht historisch sein wollen. Ferner vermutet K. Wessel, daß es sich bei der Kreuzdarstellung nach Joh. 19,26, die Jesus kurz vor seinem Tod zeigt und das Verhältnis von Maria und Johannes betont  (ϊδε  ό  υιός·  σου  ­ ϊδ£  ή  μήτηρ  σου),  um  einen  vom  Jerusalemer  Typ  der  Kreuzdarstellung ursprünglich unabhängigen Typ aus Ephesos handelt. - Außer Betracht gelassen wird bei A. Grillmeier (Anm. 13) und K. Wessel das Relief einer Kreuzigung Christi auf der Holztür von S. Sabina in Rom, auf das 5. Jh. datiert (um 431). Da dort auch die beiden Schacher mit offenen Augen dargestellt sind, läßt sich nicht entscheiden, ob hier Christus als Sterbender oder als Toter aufgefaßt wird. Im Blick auf S. Sabina bestreitet P. Stockmeier (Anm. 83), 202, Anm. 53, die Bedeutung, die A. Grillmeier dem Motiv der offenen Augen beimißt. Zur Kreuzigungsszene von S. Sabina vgl. J. Reil, a.a.O., 110f.; G. Jeremias, Die Holztür der Basilika S. Sabina in Rom, Tübingen 1980, 60-63; E. Grube, Majestas und Crucifix. Zum Motiv des Suppedaneums, in: Zeit-

Der Logos am Kreuz: Die offenen Augen eines Toten

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Nach Alois Grillmeier ist das Kreuz überhaupt bzw. diese Kreuzdarstellung als „Sinnbild der altchristlichen Zwei-Naturen-Lehre", als „Zeichen des Gott-Menschen" aufgefaßt worden 85 . Beschränke man sich darauf, so sagt er 86 , „das offene Auge" als Motiv der Theophanie zu interpretieren, so reiche dies nicht, es sei denn, man füge hinzu, daß dieser Theophanie des gekreuzigten Logos „die kirchliche Zweinaturen-Lehre" [218] zugrundeliegt. Zum anderen aber kann er sagen, daß „alle Schattierungen der Einigungs-Christologie" im Bildtypus des Rabulas-Kodex „ihre Auffassungen und religiösen Empfindungen hineinlegen (konnten)" 87 . Doch vor allem scheint für Alois Grillmeier ein Zusammenhang mit der „justinianischen, neuchalkedonischen Form des Christusbildes" zu bestehen. Wie das Bild von S. Maria Antiqua zeige, sei diese Auffassung auch im Westen verstanden worden, dessen Christologie „weniger für die Glut mystischer Erlebnisse aufgeschlossen zu sein schien" 88 . Die These vom Zusammenhang mit dem Neuchalkedonismus des 6. Jahrhunderts wurde von Klaus Wessel übernommen, um den Jerusalemer Typus der Kreuzigung zu deuten 89 . Daß die offenen Augen des Gekreuzigten ein Symbol sind, daß sie ferner auf die Erzählung vom Löwen im sog. Physiologos verweisen, der den Volksglauben, der Löwe schlafe mit offenen Augen, christologisch gedeutet hat, ist gewiß eine wichtige Entdeckung von Alois

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schrift für Kunstgeschichte 20 (1957) 271 (bestreitet entgegen dem Konsens einen Zusammenhang mit Syrien); L.H. Grondijs, L'iconographie byzantine du crucifie mort sur la croix, Bruxelles 1941; 21947, PI. I. Ders. (Anm. 13), 75. A. Grillmeier rekurriert insbes. auf das in den Petrus-Akten bezeugte Bildwort vom τεταμέι«?  λόγος  (griech.  hg.  v.  R.A.  Lipsius­Bonnet,  Acta  Apo­ stolorum  apocrypha,  I,  Leipzig  1891  [Nachdr.  1959],  96;  deutsche Übers, bei E. Hennecke - W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokrypen, Tübingen 21964, 220; wiedergegeben bei A. Grillmeier, 78, nach E. Hennecke, '1924), mit dem dort ausgewiesen wird, daß die (gesamte) Menschheit  (ανθρώπου φύσις)  nicht von  Gott  getrennt  sein könne. Veranschaulicht wird das Bildwort durch die Verbindung von Längsund Querbalken des Kreuzes: Der Logos ist der aufrecht stehende Längsbalken, die Menschheit der Querbalken, beide verbunden durch einen Nagel, die Metanoia. Dabei stützt sich A. Grillmeier auf die Interpretation von E. Stommel,  Σημεΐον  έκττετάσεως  (Didache  16,6),  in: Römische Quartalschrift 48 (1953) 21^42. Ebd., 96, Anm. 74. Ebd., 107. Ebd., 108. Die Umschreibung des Neuchalkedonismus als „Synthese zwischen Verbal-Monophysitismus und chalkedonischer Lehre, die Justinian auf dem Konzil von 553 durchgesetzt hatte" (ebd., 110), ist unhaltbar, zeigt aber markant, was A. Grillmeier meint, wenn er diese Christologie als „Vermittlungstheologie" kennzeichnet. Vgl. ders., Der Neuchalkedonismus, Historisches Jahrbuch 77 (1958) 151-166; ders., Das östliche und das westliche Christusbild. Zu einer Studie über den Neuchalcedonismus, Theologie und Philosophie 59 (1984) 84-96. Ders. (Anm. 83), 56f.

360

Christusbild versus Christologie

Grillmeier. Es heißt in der griechischen Überlieferung dieser Tierfabel, die im Löwen ein Sinnbild Christi, des Löwen aus Juda, sieht: „Wenn der Löwe in seiner Höhle schläft, wachen seine Augen. Denn sie sind offen. Dies bezeugt auch Salomon in seinen Cantica, wenn er sagt: ,Ich schlafe, aber mein Herz wacht'. So schläft auch der Leib meines Herrn am Kreuz, doch seine Gottheit wacht zur Rechten Gottes des Vaters. ,Denn nicht schlummert, noch wird schlafen, der über Israel wacht"' 90 .

Im Hintergrund steht die Weissagung Jakobs über Juda (Gen. 49,8-12 LXX) und deren messianische Deutung. Im Vergleich Judas mit einem Löwen, der sich auf sein Lager zum Schlafen niedergelegt hat (άναπεσών  έκοιμήθης  ώς  λέων),  um  auszuruhen  und  dann  „wie  ein  jun­ ger L ö w e " zu erwachen  (και  ώς  σκυμνός·  τις  έγερεί  αυτόν;),  sah  man 

eine Ankündigung von Tod und Auferstehung Christi. Die Frage „Wer wird ihn auferwecken?" (Gen. 49,9 LXX) schien unmittelbar auf [219] die Anastasis Christi zu weisen, so daß, auf Christus angewandt, das Schlafen als Todesschlaf gedeutet werden konnte. Diese Interpretation war im Sprachgebrauch der Christen angelegt, sobald der vor allem für Paulus kennzeichnende Gegensatz zwischen dem Tod Christi als θάνατος und jenem  der Erlösten als  κοίμησις verblaßt war. In zwei Predigten des Leontios von Konstantinopel, im allgemeinen auf das 6. Jahrhundert datiert, wird diese messianische Deutung von Gen. 49,9 LXX aufgegriffen: Christus hat sich selbst auferweckt  (αύτός  εαυτόν  ήγειρε ν), und während der drei Tage, die er als Menschgewordener im Grabe schlief  (καθευδήσας  τω  λόγω  της  ενανθρωπήσεως·  τω  τριημέρω  bzw. 

καθευδήσας  έν  τω  θανάτω  τριήμερον)  hat  er  (!)  „das  Auge  der  Gottheit  nicht  geschlossen".  Darum  wird  er Löwe, nämlich der Löwe aus Juda, dem Geschlechte Davids, genannt. Denn es ist des Löwen Art  (φύσις  oder φυσική έξις), mit  offenen Augen  zu  schlafen91.  90 

91

Physiologus  graecus,  2,  hg.  v.  F.  Sbordone,  Mediolani  ­  Genuae  ­  Romae  ­  Neapoli  1936:  "Οταν  καθεϋδΐ] ό  λέων  έν  τω  σπηλαίω,  άγρυπνοϋσιν  αύτοϋ  οί  οφθαλμοί'  άνεωγμένοι  γάρ  είσι.  Και  έν τοις  "Αισμασιν  ό Σολομών  μαρτυρεί  λέγων.  „'Εγώ  καθεϋδω,  και  ή  καρδία  μου  αγρυπνεί"  (Cant.  5,2).  Ούτω  και  τό  μεν  σώμα  του  Κυρίου  μου  καθεύδει  έπί  του  σταυροί),  ή  δέ  θεότης  αΰτοϋ  έκ  δεξιών  του  θεοϋ  και  Πατρός  αγρυπνεί.  ,,Οΰ  γάρ  νυστάζει  ούδέ  υπνώσει  ό  φυλάσσων  τόν  Ισραήλ"  (Ps.  120,4  LXX).  ­  Der  lateinische  Physiologus,  Versio  Β  (hg.  v.  F.J.  Carmody,  Paris  1939,  11),  stimmt  praktisch  mit  diesem  Text  überein, fügt aber zum Kreuz die Grablegung als Pointe hinzu (Etenim corporaliter dominus meus obdormiens in cruce et sepultus). Zu A. Grillmeiers Aussage über die Zwei-Naturen-Lehre ist zu beachten, dass im Physiologus die Seele Christi, insbes. deren Hadesfahrt, keine Rolle spielt. - Meine Ubersetzung weicht in unwesentlichen Punkten von jener bei A. Grillmeier (Anm. 13), 84, ab. Homilia Vffl (CPG 7891), 279-295, hg. v. C. Datema und P. Allen, Leontii Presbyteri Constantinopolitani homiliae, CCSG 17, Turnhout - Leuven, 1987, 267; homilia IX (CPG 7890), 116-132, ebd., 277-278. Ich danke Pauline Allen dafür, daß sie mich auf diese Texte aufmerksam gemacht hat. Die Frage der Datierung kann hier nicht erörtert werden. Mit M. Aubineau, Homelies pascales, Sources Chretiennes 187 Paris,

Der Logos am Kreuz: Die offenen Augen eines Toten

361

Wichtig ist gewiß auch ein unter dem Namen des Eulogios von Alexandrien überliefertes Fragment, welches zeigt, wie das Löwengleichnis im Sinn des Dogmas von Chalkedon ausgelegt werden konnte 92 : „Warum hält der Löwe im Schlafe die Augen offen? Damit er so das Christusmysterium vorbilde." Denn am Kreuz schlief Christus als Mensch „ein wenig" 9 3 , doch „als Gott" hielt er „die Augen der Gottheit offen" (ώς θεός· άνεωγμένους  τους οφθαλμού? της  θεότητο?).  Beide  Beispiele  zeigen, daß es letztlich um eine Darstellung der steten Wachsamkeit  (άγρυνπία)  Gottes  mittels  des  Symbols  der  ewig  wachen,  offenen  Augen  Gottes  geht.  Wollte  man  wie  in  den  eingangs  genannten  drei  Bildern  den  Toten  am  Kreuz  in  seiner Identität mit dem Logos Gottes kennzeichnen, wollte man sagen: unus ex trinitate crucifixus est, dann war der Gegensatz einerseits von menschlichem Tod als Schlaf und anderseits schlaflos wachen, offenen Augen Gottes eine Symbolik, die den, der sie kannte, darauf wies, daß der inkarnierte Logos als Toter und doch ewig Lebender [220] am Kreuz hing, daß er am Kreuz als Mensch tot war, als Gott aber weiterhin der ewig Lebende blieb. War dieser Typus der Kreuzigung Christi nur auf dem Hintergrund einer Einigungschristologie zu verstehen oder gar nur einem Neuchalkedoniker (bzw. einem Verbal-Monophysiten) zugänglich? Konnten nur diese Christen vom toten Corpus des Inkarnierten spre1972, 343f., sowie mit neuen Argumenten betrachten die Herausgeber Leontios als einen Prediger des 6. Jahrhunderts, ja datieren die erste Homilie (ebd., 69-75; fehlt in CPG) auf den 16. Dezember 557. Doch für eine Frühdatierung auf die Zeit vor dem Konzil von Ephesos (431) oder kurz danach spricht m.E. nicht nur ein  argumentum  e  silentio (es fehlen über 381 hinausgehende dogmatische Formeln), sondern auch die Polemik gegen Marathonios, den Pneumatomachen, in Horn. VIII, 273 (und ausführlich in Horn.  ΧΙΠ,  falls  diese tatsächlich Leontios zuzuschreiben ist) und gegen Sabbatianos in Horn. IX,29, der eine Gruppe Novatianer dazu brachte, zwei Pascha, das jüdische und das kirchliche, zu feiern. Selbst wenn man für die dritte Homilie der Herausgeber (CPG 7898) als terminus post quem an einer Abhängigkeit von der dem Proklos zugeschriebenen Predigt CPG 5808 festhalten müßte, ist die genannte Frühdatierung vertretbar. 92

Dieses von J.B. Pitra, Spicilegium Solesmense, Band  ΙΠ,  Paris  1855,  S.  LXVI,  edierte  Fragment,  das  in  der  Clavis  Patrum  Graecorum  fehlt,  wird  hier  nach  A.  Grillmeier  (Anm.  13),  85,wiedergegeben. 

93 

Dies  ist  die übliche Formel für die kurze Zeit, das sog. Triduum, der Trennung von Seele und Körper, d.h. des Todes Christi. Mit der Abwehr des Apolinarismus wurde sie in der Reichskirche allgemein rezipiert. Vgl. A. Grillmeier, Der Gottessohn im Totenreich, ZkTh 71 (1949) 1-53; 184-203 (überarbeitet in Mit ihm [Anm. 14], 76173). Für L.H. Grondijs (Anm. 84) ist sie eine entscheidende Voraussetzung (vgl. die Rezension von A. Grillmeier, Bibliotheca Orientalis 10 [1953] 66-70), wobei er übersieht, daß auch für die Chalkedoniker der tote Körper Christi am Kreuz und im Grab ein αφθαρτον σώμα gewesen  ist. 

362

Christusbild versus Christologie

chen, der im Triduum von der Seele getrennt war und doch mit dem Logos als dessen geschundener Leib verbunden blieb? Nun fällt bei den uns erhaltenen Darstellungen von Joh. 19,33-34 auf, daß von jedem Detail abgesehen wird, das auf den Leidensweg bis hin zum Tod weist. Was an Symbolen aus der imperialen Ikonographie aufgegriffen wird, unterstreicht den Gedanken des ewigen, kosmischen Heils, das mit Christi Tod gesichert ist. Mit anderen Worten, der Tod am Kreuz wird als Beginn der Herrschaft Christi dargestellt und ist insofern nichts Neues im Vergleich zur vorausliegenden Ikonographie. Christus wird hier als rex regnantium und rex gloriae, als der gekreuzigte Herr der Herrlichkeit (I Kor. 2,8) dargestellt. Neu ist einzig, daß Joh. 19,33-34 ins Bild umgesetzt wird, um den Beginn seiner ewigen Herrschaft zu kennzeichnen, und daß damit der tote, doch nicht der zu Tode geschundene Körper gezeigt und zugleich durch die offenen Augen verneint wird, daß er so wie jeder Tote tot ist. Jede Christologie, die in Christus den göttlichen Logos sah, konnte sich m.E. dieses Bild aneignen, wies es doch nur darauf hin, daß die Gottheit ihrem Wesen nach unsterblich und allgegenwärtig ist, daß sie nicht leiden kann, da sie das Leben schlechthin ist, und daß Christi Tod der Sieg des göttlichen Lebens ist. Dabei ist es gewiß bedeutsam, daß es die Augen Christi sind, die den Betrachter anschauen. Doch Eindeutigeres, als sei hier ein bestimmtes Verhältnis des inkarnierten Logos zu seiner Sarx gemeint - z.B. jenes, das Neuchalkedoniker als hypostatische Union beschreiben - , stellen „die offenen Augen der Gottheit" nicht dar, obwohl ein Vertreter des Neuchalkedonismus in schauender Verehrung des Gekreuzigten in „den offenen Augen" als Symbol für das göttliche Leben mehr sehen konnte. Schaute er doch auf jenen, den er nicht nur „in zwei Naturen erkannte", sondern auf den, den er zugleich als „die eine Person oder Hypostase" des inkarnierten Logos bekannte.

Epilog: Bemerkungen zu Ekphrasen der Apostelkirche in Konstantinopel Wie auch immer es in einem bestimmten historischen Kontext mit der Eindeutigkeit von Symbolen bestellt ist, eine durchaus andere Frage ist es, was ein Beobachter nicht auf Grund seiner Kenntnis der Welt der Symbole, sondern auf Grund seiner inneren Anschauung und seines Christusbekenntnisses in einem Christusbild entdeckt und darum in einer Beschreibung desselben festhält. Mit dem sog. Neuchalkedonismus des 6. Jahrhunderts hat im Konsens der Forschung das christologische Bekenntnis des Byzantiners im wesentlichen seine endgültige

Epilog: Bemerkungen zu Ekphrasen der Apostelkirche in Konstantinopel

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Form gefunden. Und wenn im 10. Jahrhundert Konstantinos Rhodios 94 und um 1199/1203 Nikolaos Mesarites 95 das Bildprogramm der Apostelkirche in Konstantinopel beschreiben, dann muß man dies beachten, will man ihre Ekphrasen recht verstehen. Auch wenn man mit guten Gründen davon ausgehen kann, daß beide Genannten im wesentlichen trotz im 9. Jahrhundert und danach durchgeführter Restaurationen dasselbe vorikonoklastische Programm aus der Zeit Kaiser Justins II. (565-578) beschrieben haben 96 , könnten einige Szenen bei Nikolaos Mesarites durchaus [221] im 12. Jahrhundert entstanden sein. Wie dem auch sei, wichtiger ist, daß man dort, wo beide Ekphrasen übereinstimmen, deren Eigenart bedenkt 97 ; handelt es sich doch um ein Gedicht bzw. ein Enkomion. Dabei ist im Blick auf Nikolaos Mesarites daran zu erinnern, daß A. Kazhdan und andere für die byzantinische Literatur des 11. und 12. Jahrhunderts eine Tendenz konstatiert haben, persönlich und somit subjektiv zu formulieren. Und man kann kaum bestreiten, daß Mesarites das Bildprogramm in lebendige Aktion und emotionale Betroffenheit umzusetzen weiß. Wieweit dies geht, zeigt die Tatsache, daß er eine Figur am Grab des Auferstandenen als einen der Wächter deutet und in diesem ein Selbstporträt jenes Künstlers entdeckt, der das Bildprogramm geschaffen hat: „ihn, der mit seiner eigenen Hand dies gemalt hat, aufrecht am Grabe des Herrn stehend wie ein schlafloser Hüter (ώ?  αγρυπνόν τινα  φύλακα),  in  jener  Tracht  und  in  dem  ganzen übrigen Äußeren so wiedergegeben, wie er zu Lebzeiten gekleidet ... war, da er dies malte und wie alles andere so auch sich selbst vortrefflich darstellte" 98 .

94

95

96

97 98

Textausgabe von E. Legrand, Description des Oeuvres d'art et de l'Eglise des Saints Apötres de Constantinople. Poeme en vers jambiques par Constantin le Rhodien, in: Revue des Etudes Grecques 9 (1896) 32-65; Kommentar von T. Reinach, Commentaire archeologique sur le poeme de Constantin le Rhodien, ebd., 66-103. Textausgabe mit deutscher Übersetzung von A. Heisenberg, Grabeskirche und Apostelkirche. Zwei Basiliken Konstantins. Untersuchungen zur Kunst und Literatur des ausgehenden Altertums, Zweiter Teil, Leipzig 1908, 10-96; Text mit englischer Übersetzung bei G. Downey, Nikolaos Mesarites, Description of the Church of the Holy Apostles at Constantinople, in: TAPhS n.s. 47,6 (1957) 857-924. Weder läßt sich die These von R. Krautheimer beweisen, daß im 10. Jahrhundert ein Umbau, insbes. der Kuppeln, stattgefunden habe (A Note on Justinian's Church of the Holy Apostles in Constantinople, in: Melanges Eugene Tisserant, Π, Studi e Testi 232, Cittä del Vaticano 1964, 265-270), noch die These von E. Kitzinger und von J. Beckwith, daß nach dem 10. Jahrhundert, also nach der Ekphrasis des Konstantinos Rhodios, die Kirche neu mit Mosaiken ausgeschmückt worden sei. Vgl. dazu A.W. Epstein, The Rebuilding and Redecoration of the Holy Apostles in Constantinople: A Reconsideration, in: Greek, Roman and Byzantine Studies 23 (1982) 79-92. Vgl. zu solchen Überlegungen Η. Maguire, Truth and Convention in Byzantine Descriptions of Works of Art, in: Dumbarton Oaks Papers 28 (1974) 121-127. Übersetzung von A. Heisenberg (Anm. 95), 64.

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Christusbild versus Christologie

August Heisenberg nahm diese Beschreibung, aber auch die Notiz eines Kopisten, der am Rande vermerkte: τον  Εύλάλιόν  φησι, wörtlich. Mesarites selbst habe den Namen des Künstlers, weil es so üblich war, verschwiegen, „aber der Abschreiber, der ihn kannte," hielt ihn fest". Dieser These vom Selbstporträt 100 widersprach Otto Demus 101 . Mesarites habe hier seiner Phantasie freien Lauf gelassen, da er mit einem David am leeren Grab nichts anzufangen wußte 102 . Beide genannten Ekphrasen beschreiben eine Kreuzigungsszene. Nach Konstantinos Rhodios hängt Christus „als Toter am Holz des K r e u z e s "  (κρεμάμενόν  τε  νεκρόν  έν  σταυροΰ  ξύλω  [V.  934]), w ä h r e n d er

für Mesarites „noch als lebend dargestellt" ist, „wenn auch schon dem T o d e u n m i t t e l b a r n a h e " 1 0 3 :  ώς  άνθρωπος  θνήσκων  κρεμάμενο?  έν  αύτω 

[seil,  έν  τω  σταυρω])104.  August  Heisenberg übersetzt: „da er als sterbender Mensch am Kreuz hing", und kommentiert, daß hier „nicht der sterbende Mensch, sondern der lebendige Gott als Erlöser am Kreuz hing" 1 0 5 , daß Christus hier „in verklärter Herrlichkeit" dargestellt war 106 . Beide Ekphrasen widersprechen sich also [222] formell, auch wenn die Aussage des Mesarites, Christus sei „mit einem dunklen Gewand bekleidet, Zeichen des Leidens und des Begräbnisses" 107 , zeigt, daß er entweder den Bildinhalt nicht präzis erfaßt hat und Konstantinos Rhodios recht hat oder daß es ihm gar nicht auf eine präzise Beschreibung ankommt und er sich deshalb gewisse Freiheiten erlaubt. Zum anderen spricht Konstantinos Rhodios von Blutstropfen  (αίμασιν  πεφυρμενο?  [V.  937]),  von Nägeln an Händen und Füßen, vom Stich der Lanze (VV. 931 f.), worüber wir bei Mesarites nichts hören; vielmehr 99

Ebd., 170f.

100 Diese These wurde bes. von N.A. Bees vertreten. Vgl. ders., Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulaliosfrage und den Mosaikschmuck der Apostelkirche zu Konstantinopel, in: Repertor. für Kunstwissenschaft 39 (1916) 97-117; 231-251; 40 (1917) 59-77. 101 „The Sleepless Watcher". Ein Erklärungsversuch, Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 28 (1979) 241-245. 102 Vgl. auch A.W. Epstein (Anm. 96), 82, Anm. 11. 103 A. Grillmeier (Anm. 13), 114. 104 A. Heisenberg (Anm. 95), 37, Z. 18. 105 Ebd., 167; ebenso ebd., 169: „denn auch am Kreuze sah man nicht den toten, sondern den lebenden Heiland." 106 Ebd., 192, unter Bezugnahme auf ebd., 37, Z. 17-18'  δοξαζόμενον  δέ  πάλιν  έν  τω  σταυρω  κτλ.  Mit  πάλιν bezieht  sich  Mesarites  auf  die  Metamorphosis  auf  dem  Tabor.  107  Ebd.,  38,  Z.  7 ­ 8 :  φαιάν  περιβεβλημένο?  στολήν,  δείγμα  ταύτην  οΰσαν  του  πάθους  και  τή?  ταφή?.  Vgl.  den  Kommentar  bei  Α.  Grillmeier  (Anm.  13),  115,  ferner  das  Colobi­ um,  das  Christus  auf  der  Abbildung  des  Rabulas­Kodex trägt. Schon A. Heisenberg hat erkannt, daß die Aussage des Konstantinos Rhodios, Christus hänge  γυμνό?  am  Kreuz,  kein  Widerspruch  zum  Colobium,  der ärmellosen Tunika, darstelle. Denn im griechischen Sprachgebrauch heißt hier  γυμνό?  „ohne  Oberkleider". 

Epilog: Bemerkungen zu Ekphrasen der Apostelkirche in Konstantinopel

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spricht dieser von einer  ανάρτηση,  was  besagt, daß Christus mit Stricken am Kreuz aufgehängt war. 108 Wieweit darf man diese Details gegeneinander ausspielen? August Heisenberg vertraut mehr dem Bericht des Mesarites, Alois Grillmeier mehr jenem des Konstantinos Rhodios und folgert: „Wenn wir" beide „zusammen lesen und beide von unserer Deutung des älteren Typs der Kreuzigungsdarstellung 109 her erklären, so löst sich das Rätsel der scheinbar sich widersprechenden Beschreibungen." Zugleich vermutet er, daß Mesarites' Beschreibung des noch lebenden, also schon sterbenden Christus darin begründet sei, daß dieser mit offenen Augen dargestellt gewesen sei, eine Symbolik, die man zur Zeit des Mesarites nicht mehr verstanden habe" 0 . Übersieht man die Texte, bedenkt man ihre Eigenart, so wird man dem zuletzt Gesagten entgegenhalten müssen, daß hier kein eindeutiges Zeugnis dafür vorliegt, daß die wahrscheinlich vorikonoklastische Kreuzigungsszene in der Apostelkirche dem Typ des Rabulas-Kodex entsprochen hat. Ebenso wenig ist bewiesen, daß die offenen Augen des Gekreuzigten allgemein als Kennzeichen des vermutlich ältesten, sog. Jerusalemer Typs der Kreuzigung gelten dürfen. Feststehen dürfte jedoch auf Grund der Ampullen zu Monza trotz der Unterschiede, wie Christus am oder über dem Kreuz zwischen den Schächern dargestellt wird, daß die ersten Bilder des Gekreuzigten im 6. Jahrhundert diesen als „Herrn der Herrlichkeit" (I Kor. 2,8) aufgefaßt haben, dessen Herrschaft mit dem Sieg am Kreuz begonnen hat. Dieses Bild läßt sich nicht als eindeutiger Ausdruck einer bestimmten Christologie interpretieren, auch nicht jener, die seit dem 6. Jahrhundert die Auffassung der byzantinischen Reichskirche war und hier mit dem Stichwort „Neuchalkedonismus" gekennzeichnet wurde. Dem widerspricht nicht, daß ein gläubiger Byzantiner seine Vorstellung in ihm verwirklicht sehen konnte. Dies konnten auch Anhänger anderer Konfessionen, sicher die Anhänger all jener Bekenntnisse im byzantinischen Reich, die zu jener Zeit, als dieses Bild entstand, die Definitio  fidei von Chalkedon ablehnten. Dies konnten selbst jene Zeitgenossen, die wie die germanischen Arianer nicht in die byzantinische

108 Ebd., 38,  Ζ.  1.  Sofern  er  dann  Bezug  nimmt  auf  die  Eherne  Schlange  als  Typos  der  Kreuzigung,  spricht  er  bei  dieser  von  einem  Annageln  und Aufhängen: ei'  ξύλω  προσήλωσί?  τε  και  άΐ'άρτησις  (38,  Ζ.  2).  Α.  Heisenberg  (Anm.  95),  192,  betont, daß dieser Unterschied darauf weise, „daß dieser Ausdruck überlegt ist". 109 Gemeint ist der Typ des Rabulas-Kodex. 110 Ders. (Anm. 13), 116.

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Christusbild versus Christologie

Kultur integriert waren. Sahen sie doch in der Sarx Christi „die Hülle der Gottheit". In diesem Sinn gab es keine eindeutige Ikonographie 111 . Dies ist zu bedenken, wenn man konstatiert, daß beides zugleich, die sog. neuchalkedonische Christologie und bildliche Darstellungen Christi als Pantokrator, als der rettende Gott, den die Propheten, aber auch die Apostel geschaut haben, als der aus der Jungfrau geborene und doch [223] transzendente ewige Gott, als der gekreuzigte und doch Leid und Tod nicht unterworfene Gott, nach einer Phase der Vorbereitung im 5. Jahrhundert so in die Geschichte eintritt, daß beides zugleich das 6. Jahrhundert als Epochenschwelle kennzeichnet.

111 Nach A. Grillmeier (Aran. 13), 102, „hätte" Apolinarios von Laodikeia (um 310-390) „das Bild des Rabulas nicht malen können: weil er im Tode den Logos vom Leibe Christi scheiden lassen musste. Denn er hatte ihn ja zur Seele dieses Leibes und zur einzigen Quelle des Lebens gemacht." Sieht man einmal davon ab, daß im Conditionalis Geschichte nicht geschrieben werden kann, so sollte man nicht aus der Kritik an Apolinarios, auch wenn sie schon aus frühen Quellen der Kontroverse wie z.B. aus Gregor von Nyssa oder zwei ps.-athanasianischen Schriften (CPG 2231) zu belegen ist, auf Apolinarios selbst zurückschließen. Für diesen gilt wie für Athanasios, für den ebenfalls die Seele Christi kein theologischer Faktor gewesen ist, daß Gott selbst - der Logos - sich um des Heils der Menschheit willen die Sarx Christi und somit auch dessen Tod so „angeeignet hat", daß man zurecht von Gottes Inkarnation und Sterben sprechen kann, ohne daß Gott selbst jedoch in seiner göttlichen Natur gelitten hat und gestorben ist. War für einen Christen, der „das Sterben der Sarx" als Trennung vom Logos auffaßte (eine Aussage, die für Apolinarios nicht bezeugt ist), die Vorstellung vom Gekreuzigten mit offenen Augen ausgeschlossen? Zurecht geht A. Grillmeier nicht so weit, dies zu behaupten. Gewiß ist, daß, wer an die Hadesfahrt des Logos glaubte (vor und zur Zeit des Apolinarios die gängige kirchliche Auffassung), diese nicht so interpretieren konnte wie jener Christ, der sich zur Hadesfahrt der Seele Christi bekannte, falls er die Konsequenzen so bedachte, wie es unter Betonung der Allgegenwärtigkeit des Logos Apolinarios' oben genannte Gegner taten. Ob sich aber deswegen für Apolinarios selbst, wie A. Grillmeier, Der Gottessohn (Anm. 93), 43, behauptet, „ein bestimmtes Bild vom Tode Christi" ergab, läßt sich auf Grund der Quellen nicht beantworten, auch wenn feststeht, daß er sich zum Tod „des Herrn der Herrlichkeit" (I Kor. 2,8) bekannte (z.B. CPG 3645: 12, hg. v. H. Lietzmann, 171,11-16).

Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

Im Hodegos 1 vertritt der Mönch und spätere Presbyter Anastasios, welcher im 7. Jahrhundert im Sinaikloster gelebt hat2, eine Theorie der menschlichen Sprachschöpfung und eine Semantik, die eine Korrelativität zwischen  δνομα  bzw.  προσηγορία  einerseits  und  ενεργεία  der  be­ zeichneten  Dinge  und  Sachverhalte  andererseits  behaupten.  Zwischen  dem  Nomen  bzw.  zwischen  dem  sprachlichen  Ausdruck,  der  als  Zei­ chen  von  bestimmter  Lautgestalt  (σημαίνον)  etwas  anspricht  und  damit  zu  erkennen  gibt3,  und  der  angesprochenen  Wirklichkeit  besteht  nach  1  2 

3

Anastasii  Sinaitae  Viae  Dux,  ed. K.­H.  Uthemann,  CCSG  8, Turnhout  ­  Leuven  1981  (CPG  7745).  Zur  Lebenszeit  des  Anastasios  vgl.  man  Viae  Dux  (Anm.  1),  CCXIF.;  CCXVIIf.  Als  Mönch des Sinai bezeichnet sich Anastasios im Viae Dux,  Χ.  3,37  (vgl.  ΠΙ.1.9),  als  Presbyter  des  Klosters  in IV.3 (im  folgenden  werden  Hinweise  auf  den  Text  des  Ho­ degos  ohne  die Angabe  Viae Dux  zitiert). Auch  im  Lemma  des  sog.  ersten  Logos  auf  die  Gottebenbildlichkeit  des  Menschen  (CPG  7747)  wird  er  als  Presbyter  des  Sinai  gekennzeichnet:  1.1.1­2  meiner  Edition  im  CCSG,  welche  sich  zur  Zeit  im  Druck  be­ findet  (inzwischen  erschienen:  CCGS  12,  Turnhout  ­  Leuven  1985).  Da  es  keinen  Grund  gibt,  die  Geschichte  des  Monotheletismus,  welche  als  Eingangskapitel  des  sog.  dritten  Logos  (CPG  7749) überliefert wird, dem Anastasios abzusprechen, dürfte er noch im Jahre 701 als Kontroverstheologe tätig gewesen sein:  ΠΙ. 1.111­14  der  genannten  Edition.  Vgl.  meine  Stellungnahme  zur  Dissertation  von  R.  Bracke,  Ad  Sancti  Maximi  Vitam,  Leuven,  Katholieke  Universiteit,  1980), der  die Basis  dieser  These,  die Abhängigkeit des Theophanes (ed. C. de Boor, 328-32) vom sog. dritten Logos, zu widerlegen trachtet, in: „Die dem Anastasios Sinaites zugeschriebene Synopsis de haeresibus et synodis", Annuarium Historiae Conciliorum 14 (1982) 70f., Anm. Im Hinblick auf den Viae Dux, CCXVIII, Anm. 73 ist gegen F. Diekamp und St.N. Sakkos nun zu berichtigen, daß es sich bei der in dieser Synopsis, 26, S. 86.17-18 (CPG 7774) erwähnten Synode unter Kaiser Justinian II. nicht um das Quinisextum, sondern um das kurz vor dem 17. Februar 687 abgehaltene Konzil handelt (vgl. ebd., 68f., Anm. 71). Im Hodegos wird zwischen  προσηγορία  und  ονομασία  insofern unterschieden,  als  die  προσηγορία  eine  ονομασία  (H.4.114­15)  bzw.  ein  δνομα  (II.4.133­35;  8.96­98;  vgl.  II.8.87­89)  besitzt.  Diese  Unterscheidung  ist  an  Stellen  wie  Π.4.116­17.121­23  mitzu­ denken.  Die  Etymologie  betrifft  das  ονομα  (II.l,14­15;  4.138­39;  8.2­3.56­57),  die  Lautgestalt  des  Wortes,  welches  in  allen  Beispielen  ein  Nomen  ist.  Die  προσηγορία  meint  mehr  als  die  Lautform, schließt diese aber als Terminus für „Bezeichnung" und „Benennung" jeweils mit ein. So sind z.B. „Gott" und „Mensch"  προσηγορίαι für

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Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites

Anastasios insofern ein für die Bedeutung des Sprachzeichens und damit für seine kognitive Valenz konstitutiver Bezug, als mittels des Zeichens die Wirklichkeit als Energie und Dynamis 4 , als Wirken und aktuales Tätigsein, als etwas Aktives angesprochen wird 5 . Was für den Menschen etwas oder ein πραγμα ist, d.h. ein Sachverhalt, und darum wahr 6 , gründet im Ansprechen dessen was der Mensch als Energie oder Wirken ihm vorgegebener Wirklichkeit wahrnimmt und erkennt. Dies gelte zumindest für die meisten, wenn nicht für alle Nomina ( ίνα  μή λεγω πάντα)7. 

die  Usien  Christi  (II.4.133­34),  und  zwar  ενεργητικοί  προσηγορίαι  (II.8.87­89;  vgl.  11.4.147^18),  weil  ihr  όνομα  sich  aus  (εκ)  den  Energien  der  benannten  Usien  herleitet  (II.4.134—5;  8.96­98).  Die  προσηγορίαι  von  Seiendem  sind  ενεργητικοί,  weil  sie  etwas  mittels  eines  „energetischen  Namens  oder  Nomens"  benennen,  welchen  sie  aus  den  Energien  der  betreffenden  Seienden  gewinnen  (II.4.111­15).  Sofern  das  benennende  Wort  ­  und  nur über dieses spricht Anastasios - als Zeichen in der verbalen Kommunikation fungiert, kann man sagen, daß die Lautgestalt desselben als  όνομα  oder  ονομασία  rein  dem  σημαίνον  der  Stoa  oder,  um  mit  F.  de  Saussure  zu  sprechen,  dem  „signifiant"  entspricht, während die  προσηγορία  stets  zugleich  den  Bezug  des  Zei­ chens  auf  das  Benannte  oder  Bezeichnete  (σημαινόμενου)  meint  (II.3.106  7;  vgl.  II.3.64—68.88­89)  und  somit  das  Zeichen  in  seiner  inneren  Konstitution  (als  Einheit  von  „signifiant"  und  „signifie")  bedenkt:  Das  Nomen  bezeichnet  die  Energie  (II.4.143­45;  vgl.  II.8.89­94);  diese  ist  seine  Bedeutung.  An  dieser  Stelle  zeigt  sich,  daß bei Anastasios eine Unterscheidung zwischen Benennungsmotiv und Bedeutung, d.h. zwischen dem Grund, warum ein  όνομα  diese  bestimmte  Lautgestalt  ist,  und  dem,  was  es  meint  („Sinn"  bei  G.  Frege)  und  gegebenenfalls  denotiert,  fehlt.  Ana­ stasios  argumentiert  mit  dem  Benennungsmotiv  des sprachschöpferischen Aktes (impositio verborum), versteht dieses aber als Bedeutung (intentio, signification Z u m ursprünglich stoischen Hintergrund der Unterscheidung von  όνομα  und  προσηγορία  als  Eigenname  und  Appellativum,  welche  darin gründet, ob ein  λεκτόν  wie  bei  den  Apellativa  als  σημαινόμενον  oder  πραγμα  άσώματον  (Κ.  Barwick,  Proble­ me  der  stoischen  Sprachlehre  und  Rhetorik,  Abhandlungen  der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philol.-Histor. Kl. 49, H. 3, Berlin 1957, 1.1013) zum  τυγχάνον  oder  σώμα,  dem  Denotat,  vermittelt  oder  wie  bei  den  Eigennamen,  welche  reine  Lautgestalt  sind  und  stets  ein  Individuum  denotieren,  ein  vermitteln­ des  λεκτόν überflüssig ist: vgl. M. Pohlenz, Die Begründung der abendländischen Sprachlehre durch die Stoa, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philol.-hist. Kl. 1, NF 3, 6, Göttingen 1939, 165f.181f.185, mit H. Dahlmanns Kritik in Gnomon 16 (1940) 307-11. 4

II.4.77.175.

5

Z u m Verständnis der entscheidenden, schon in Anm. 3 genannten theoretischen Texte:  Π.4.111­15.139­48.173­75  vgl.  das  im  folgenden  zu  Anm.  2 0 ­ 2 8  Gesagte. 



Die  Begriffe  φύσις  bzw.  ούσία  sind für Anastasios mit  αληθές  πραγμα  gleichwertig  (1.2.22­23.25);  d.h.  sie  meinen  die  αληθής  ϋπαρξις  eines  πραγμα  (II.3.3­4),  το  έν  άληθεία öv  (ΙΙ.3.7;  [227]  vgl.  Ζ.  1 9 ­ 2 2 . 4 1 ^ 2 ) .  Unter  πραγμα  versteht  Anastasios  das,  was  eine  Definition  festhalten  will  (Π.1.12­13.29­30.37­38;  vgl.  Π.7.78­79),  sofern  sie  die  einem  Sachverhalt  zugrundeliegende  Substanz  aufweist  (Π.1.27­29;  vgl.  Anm.  16).  Diese  ist  stets  etwas  Allgemeines  (II.3.60­61).  Vgl.  II.4.173­74. 



Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

369

Daß diese Theorie nicht auf die Überzeugung von Heraklit und Kratylos hinausläuft, in der Sprache reflektiere sich der ewige Fluß der Dinge 8 , die reine Aktualität des Anders-Werdens, sondern ganz im Sinn der alexandrinischen Aristoteleskommentare, in deren Tradition Anastasios steht, daran festhält, im Wortschatz der Sprache spiegele sich, durch das Denken und seine νοήματα vermittelt, eine Welt von Substanzen oder Usien wider 9 , wird mit einer ontologischen These und ihrer erkenntnistheoretischen Auswertung begründet. Diese These behauptet eine konstitutive Korrelation zwischen Wirken und Sein, zwischen Energie und Usie, Aktualität und Substanz 10 . Die Energie ist nichts anderes als die Verwirklichung des Seienden und seiner Natur 11 . Ein Wirkmächtiges und Wirkendes  (ένεργητίκόν)  ist  substantiell  Seien­ des 12  und  umgekehrt:  was  ein  Seiendes  ist,  besitzt  als  solches  die  seiner  Substanz  naturhaft  zukommende Aktualität und Bewegung 1 3 . Die Funktion dieser ontologischen These besteht nun darin, daß sie eine Erkenntnislehre begründet: Wissen von den Substanzen gibt es nur im Ausgang von den Energien als deren aktualer Wirklichkeit; denn diese und nur diese sind Zugang zur Bedeutung und Definition der Usien, ihr  σημαντίκόν  καΐ  άφοριστικόν14.  Deshalb heißt es, der 8

Vgl. Piaton, Kratylos 411 b 3 - c 10. 428 b 6 - c 8; dazu K. Barwick (Anm. 3), 74; E. Coseriu, Die Geschichte der Sprachphilosophie von der Antike bis zur Gegenwart, I, Tübingen 1975, 52f.; J. Derbolav, Piatons Sprachphilosophie im Kratylos und in den späteren Schriften, Darmstadt 1972, 29-31.35.48f.225-27.

9

Vgl. den Index fontium der in Anm. 1 genannten Edition. Anastasios denkt im Rahmen des Sprachmodells aus der Einleitung zu Perihermeneias (1, 16 a 3-8), welches die Tradition der Aristoteleskommentare beherrscht. Er unterscheidet die sprachliche Ebene  (ονόματα  bzw.  προσηγορίαι:  Anm.  3;  vgl.  Index  verborum  unter  ρήμα)  von  jener  der  πράγματα  (Anm.  6).  Die  Vermittlung  leisten  die  νοήματα  des  λόγος  ένδίάθετος,  auf  welche  der  λόγος  προφορικός  verweist  (Π,  6,  15­19;  vgl.  Aristoteles,  An.  Post.  I  10,  76  b  24­27; daß der Sinn dieser Unterscheidung dem Sprachverständnis der Stoa zuwiderläuft und nicht stoischen Ursprungs ist, zeigte M. Pohlenz [Anm. 3], 191-98). Die Sachverhalte sind als bestimmte dem Erkennen vorgegeben („wahr": Anm. 6); die  νοήματα  und  ρήματα  dagegen bedürfen der Interpretation (II.8.81-82; vgl. 1.2.4-12; XXIV. 132-33 u.ö.), wenn auch aus verschiedenen Gründen. Der mit einem Wort gedachte Gedanke  (νόημα  im  Sinn  von  Periherm.  1,  16  a  10.  14)  ist  nicht  intersubjektiv  (1.1.41^43;  II.6.16­17),  der  sprachliche  Ausdruck  hat  etwas  Willkürliches an sich (1.1.27-29;  Π.3.122­26).  Der  feste  Bezugspunkt  ist  jeweils  der  Sachverhalt  (πράγμα),  der  sich  im  νόημα  widerspiegelt  (Π.1.29­31);  zu  beidem  ist  der  sprachliche  Ausdruck  etwas Sekundäres (HI.1.5-8), sofern er sie bezeichnet (Index zu  σημαίνω;  vgl.  Anm.  3)  und  deshalb  nur  von  ihnen  her  zu  verstehen  ist  (1.2.7­8.21­ 22;  Index  zu  νοέω). 

10 

II.4.78­79;  vgl.  Z.  81­97,  ferner  1.2.76­77  mit  Z.  45­75;  Π.7.72.  „Wesensgleich"  defi­ niert  Anastasios  durch  Usie  und  Energie  zugleich  (II.5.21­22). 

11  12 

II.4.77­78.175.  Π.4.177­78;  vgl.  Z.  7 8 ­ 7 9  sowie  den  in  Anm.  16  zitierten  Text. 

13 

Vgl.  II.4.77­78. 

14 

II.4.86­88;  vgl.  Z.  79  („die  Energie  offenbart  die  Usie")  sowie  zu  Anm.  69. 

370 

Sp rac h e  u n d  Se i n  be i  A n as t as i o s  Si n ai t e s 

αληθής  λόγος  sei  ein  Wissen  darum,  daß  die  Energien  die δροι  der  Usien  sind 15 ,  d.h.  das,  was  eine  [222]  Definition  der  Substanzen  ermöglicht 16 ,  Dieser  epistemologische  Ansatz  und  seine  ontologische  Fundierung  stammt,  wie  Anastasios  behauptet,  aus  Gregor  von  Nyssa 1 7 ,  und  zwar  genauer,  wie  er  in  seinen  gegen  die  Monotheleten  gerichteten  Kepha­ laia  zu  berichten  weiß,  aus  einem  Traktat  Gregors,  der  sich  an  einen  Zenodor  richtete18,  und  ist  höchstwahrscheinlich  ein  „faux  dithelite",  wie  M.  Richard  urteilen  würde,  da  er uns  nur  im  7. Jahrhundert  in  dyo­ theletischen  Florilegien  begegnet 19 .  Der  Sinait  verbindet  die  dem  Nyssener  zugeschriebene  These  mit  der  schon  erwδhnten  Theorie  zur  Wortbildung  oder  Benennung:  Spricht  der  Mensch  Seiendes  an,  dann  benennt  er  unmittelbar  Energien,  welche  ihm  den  Zugang  zu  den  Substanzen,  zu  deren  Bedeutung  und  Definition,  ermöglichen.  Den  Beweis  dafür,  daß  der  sprachschöpferi­ sche  Akt  in  der  Benennung  auf  die  Energien  zielt,  sieht  er  in  den  Ety­ mologien  der  Nomina  erbracht.  Denn  die  Erforschung  des  Etymons,  welche  sich  einzig  mit  der  Lautgestalt  der  Worte,  d.h.  mit  der  Darstel­ lungsebene  des  σημαίον  beschδftigt  und  diese  interpretiert 20 ,  zeige,  daß  die  Namen  für  Dinge  und  Sachverhalte,  d.h.  die  Nomina,  das  Wirken  oder  die  Tδtigkeit 21  von  etwas  wiedergeben.  Denn  in  der  Lautgestalt  lasse  sich  jeweils  ein  verbales  Element  aufzeigen,  von  dem  sich  das  Nomen  ableite,  sei  es,  daß  seine  Etymologie  wie  bei  den  Nomina  φύσις  und  ψυχή  nur  aus  dem  Verb,  nδmlich  φύειν22  bzw.  ψΰχειν 23  bestehe,  sei  15 

Π.4 .7 9 ­ 8 1 . 

16 

II.1 .2 7 ­ 2 9 .  A n as t as i o s  u n t e rsc h e i de t  in  s e i n e m  Sp rac h g e b rau c h  n i c h t  z w i s c h e n   öpos  u n d  ο ρισ μ ό ς . 

17 

II.4 .7 6 ­ 7 7 . 

18 

C a p u t  3:  V Ü . 3 . 4 ­ 1 6  ( CP G  7 7 5 6 )  in  m e i n e r  in  A n m .  2  g e n an n t e n  Ed i t i o n  ( C C S G  12). 

19 

U n  f au x  di t h e l i t e .  „Le  Trai t e  d e  S.  Ire n e e  au  d i ac re  D e m e t r i u s ",  in:  P.  W i rt h  ( H g. ) ,  P o l y c h ro n i o n  ( Fe st sc h ri f t  F.  D φ l g e rJ,  H e i d e l b e rg  1966,  4 3 1 ­ 4 0 .  D i e  P aral l e l e  z u  je n e r  Ze i t ,  i n  d e r  d a s  H e n o t i k o n  d i e  Re l i g i o n s p o l i t i k  b e s t i m m t e ,  ist  n ah e l i e g e n d :  „l e  f au x  d o g m a t i q u e  e st  n o rm a l e m e n t  l 'arm e  d e s  m i n o ri t e s  p e rs e c u t e e s "  ( d e rs. ,  „Le s  fl o ri l e ­ g e s  d i p h y s i t e s  d u  V °  et  d u  V I e  si e c l e ",  in:  A .  Gri l l m e i e r­ H .  Bac h t  ( H g . ) ,  D a s  Ko n z i l  v o n  Ch a l k e d o n ,  W ü r z b u r g  2 1 9 6 2 ,  7 3 2 .7 4 6.  ­  Z u r  D a t i e ru n g  v g l .  m a n  d i e  be i  F.  D i e ­ k a m p ,  A n al e c t a  P at ri st i c a,  O C A  117,  R o m a  1938,  1 3 ­ 1 5 ,  g e n an n t e n  Z e u g e n  f ü r  d a s  u n t e r  C P G  3 2 0 1  m . E.  n i c h t  ri c h t i g  e i n g e o rd n e t e  Frag m e n t ,  f e rn e r  z u  M a x i m u s  Co n ­ f e s s o r  al s  Z e u g e  d e s s e l b e n  d e n  H i n w e i s  i m  V i ae  D u x ,  C C X X X I V ,  A n m .  1. 

20 

Z u m  f o l g e n d e n  v g l .  II.8.2  3.  D i e  Te rm i n o l o g i e  ist  a u s  P i at o n s  Krat y l o s  b e k an n t .  So f e rn  d i e   δ ύ ν α μ ι?  (v gl .  Π.1.31)  o d e r  v i s  v e rbi  di e  k o g n i t i v e  V al e n z  d e s  W o rt e s  m e i n t 

( q u a  c o g n o s c i t u r  q u a n t u m  v al e at .  v al e t  au t e m  t an t u m  q u a n t u m  m o v e re  au d i e n t e m  po t e st :  A u g u s t i n u s ,  D i al e c t i c a,  7;  P L  32:1413,  6 0 ­ 6 2 ),  v o l l z i e h t  A n as t as i o s  h ie r  e i n e  μ ετά βα σ ις   εις ·  α λλο   γένος :  v o n  de r  Lau t g e s t al t  u n d  d e m  M o t i v  d e s  Sp ra c h s c h φ p f e rs  z u r  B e d e u t u n g  d e s  W o rt e s.  2 1 

V g l .  Π.4.145^16:  ή  εν έρ γ εια  ην  δ ια π ρ ά ττετα ι. 

22 

ΙΙ.4.166;  v gl .  Π.3 .1 0 ­ 1 1 . 

zyxwvutsrqpo

Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

371

es, daß sie wie z.B. bei πατήρ auf einer Zusammensetzung von Worten beruhe, in der ein Verb auftritt. So zeige sich in der Lautform von π α τ ή ρ das Verb τ η ρ ε ί  ν,  welches,  wenn  Gott,  der  alles  wahrt  (ό  τ ά  π ά ν τ α  τ η ρ ώ ν ) ,  gemeint  ist,  sich  mit  dem  Element  π α  von  π ά ν τ α  verbinde,  oder,  wenn  der  Vater,  der  seine  Kinder schützt  (ό  τους­  ...  π α ί δ α 9  τ η ρ ώ ν ) ,  ge­ meint  ist,  auf  die  Zusammensetzung  von  τται­τήρ zurückgehe 24 . Auffällig ist, daß der Sinait nicht einfachhin sagt, dies gelte in allen Fällen, sondern an zwei Stellen bemerkt, dies lasse sich bei fast allen 25 bzw. bei den meisten Benennungen 26 zeigen, und nur an einer Stelle, daß es sich so bei unzählig vielen Nomina verhalte, um nicht zu sagen bei allen: ϊνα  μη  λέγω  πάντα27.  Im  Vermeiden  einer  Allaussage,  zu  welcher  der  Autor  offenbar persönlich hinneigt, zeigt sich eine Verhaltenheit, die für jemanden, der die einfache Formel sucht, auffällig ist, und dies um so mehr, als hier, blickt man auf die kontroverstheologische Absicht, dem Gegner ein Angriffspunkt geboten wird, wenn auch zugegebenermaßen ein leicht zu verteidigender 28 . Die verhaltene Formulierung des Sinaiten dürfte darin begründet sein, daß seine Quelle ihn zur Vorsicht mahnte. Diese mochte neben Ableitungen aus verbalen Elementen noch andere, z.B. solche aus Qualitäten, kennen oder sogar bestreiten, daß sich alle Nomina ableiten lassen, sei dies prinzipiell, sei dies nur auf Grund dessen, daß sich manche Etymologien auf Grund sprachgeschichtlicher Veränderungen nicht mehr aufdecken lassen. Die genannten Möglichkeiten sind uns in der Geschichte der griechischen Etymologika gut bezeugt 29 . Leider gibt Anastasios die Begründung seiner Quelle dafür, daß die Lautform der Nomina sich nicht in allen Fällen von einer Tätigkeit ableitet, welche den sprachschöpferischen Akt motiviert haben soll, sondern nur in den meisten, nicht an. Deshalb wird man aus der Tatsache, daß auch Jakob von Edessa in einem Scholion zu seiner im Jahre 701 angefertigten Übersetzung der

23

II.4.169-72.

24

II.2.21—22.

25

Vgl. II.4.140. [228]

26

Vgl. II.4.113.

27

Vgl. II.4.173-74.

28

Es kam ja nur darauf an, daß sich die Nomina „Gott" und „Mensch" von verschiedenen Energien ableiten lassen. Vgl. II.4.115-20.123-39; 8.87-100. Zur Einführung in die Geschichte griechischer Etymologie vgl. man R. Reitzenstein, Geschichte der griechischen Etymologika. Ein Beitrag zur Geschichte der Philologie in Alexandria und Byzanz, Leipzig 1897 (Nachdruck: Amsterdam 1964); V. Pisani, Die Etymologie. Geschichte - Fragen - Methode, Internationale Bibliothek für allgemeine Linguistik 26, München 1975, 11-47; ferner H. Steinthal, Geschichte der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern, I. II (Berlin 2 1890. 2 1891).

29

372

Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites

Λ ό γ ο ι ,  έ π ι θ ρ ό ν ι ο ι 

des  Severos  von  Antiochien 30  sagt,  im  Griechischen  und  im Hebräischen 31 seien „die [223] meisten dieser Welt angehörigen Dinge von Tätigkeiten, die sich bei ihnen finden", benannt worden 32 , noch keinen Schluß auf eine gemeinsame Quelle ziehen dürfen. Auch wenn Jakob in seiner Vorlage statt  ε τ υ μ ο λ ο γ ί α höchstwahrscheinlich ein ε τ ο ι μ ο λ ο γ ί α  las 33  und für den Archetypus des Hodegos und damit für den Autor nicht ausgeschlossen werden kann, daß auch dieser ε τ ο ι μ ο λ ο γ ί α  oder  „Bereitung  des  Wortes"  im  Sinn  von  Ableitung  schrieb 34  und  ferner,  auch  wenn  Jakob  wie  Anastasios für das Wort  θ ε ό ς  dieselben  drei  Etymologien  nennen,  welche  aus Tätigkeiten gewonnen sind, nämlich aus Laufen  (θέειν),  Sehen  (θεασθαι)  und  Brennen  (α'ίθειν) 3 5 ,  und  dabei  das  Benennungsmotiv  mittels  einer  negativen  Theologie begründen 36 , so reichen diese Parallelen m.E. nicht, eine gemeinsame Quelle vorauszusetzen, wie es R. Reitzenstein auf Grund derselben Parallelen im Hinblick auf Jakobs Scholion und das metri-

30

31 

E. Nestle, Jakob von Edessa über den Schern hammephorasch und andere Gottesnamen. Ein Beitrag zur Geschichte des Tetragrammaton, Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft [im folgenden: ZDMG] 32 (1878) 465-508.735-36. Der für unsere Fragestellung entscheidende Textteil wurde in der Ubersetzung von E. Nestle nachgedruckt bei R. Reitzenstein (Anm. 29), 181-183, Anm., sowie bei demselben, M. Terentius Varro und Johannes Mauropus von Euchaita, Leipzig 1901, 19-22. Der Text wird im folgenden zitiert erstens nach E. Nestle, zweitens in Klammern nach dem zuletzt genannten Nachdruck. Vgl. auch F. Graffin, Jacques d'Edesse reviseur des homelies de Severe d'Antioche d'apres le ms. syriaque  Β.  M.  Add.  12.159,  in  : Symposium  Syriacum,  OCA  205,  Roma  1978,  250.  Aus  dem  Kontext  ist  es  klar, daß dieser Hinweis auf das Hebräische nicht aus der Quelle, sondern von Jakob stammt.

32

E. Nestle (Anm. 30), 495 (S. 21, 59-62).

33

E. Nestle (Anm. 30), 503, hatte hier im Anschluß an eine Vermutung von Th. Nöldeke für die griechische Quelle zunächst  κατασκευή  angenommen.  Doch  G.  Hoffmann  hatte  noch  im  selben  Jahrgang  der  ZDMG  darauf  hingewiesen, daß es dort wohl ετοιμολογία geheißen haben muß. Vgl. E. Nestle, Geschichtliches zur Etymologie von θεός,  Z D M G  37  (1883)  126;  G.  Furlani,  II  Manualetto  de  Giacomo  d'Edessa  (Brit.  Mus.  Manuscr.  Syr.  Add.  12,  154),  in:  Studi  e  Materiali  di  Storia  delle  Religioni  1  (1925)  266,  Anm.  3.  Diese  Lesart  tritt  in  Π.1.14;  4.23;  8.1.2.57  nicht  nur  in  Zeugen  aller Subvariantenträger des Hyparchetypus  α  auf,  sondern  auch  in  drei unabhängigen Zeugen des Hyparchetypus ß, im Oxoniensis Roe 22  (Ο),  Parisinus  gr.  1084  (P)  und  Athonensis  Laurae  Β  11  (Λ).  Vgl.  meinen  Artikel  zu  dem  letztgenannten  Kodex,  der demnächst in Scriptorium erscheint (inzwischen erschienen: a.a.O. 36 [1982] 130-133), sowie den Appendix in der in Anm. 2 genannten Edition. Zum textkritischen Apparat des Hodegos vgl. Viae Dux, CCXLIV, Anm. 2. E. Nestle (Anm. 30), 495 (S. 21, 67-70; 22, 99-100); vgl. E. Nestle (Anm. 33), 126f. Zu Anastasios vgl.  Π.8.89­94.  Ferner  vgl.  I.  Opelt,  A  Christianisation  of  Pagan  Etymolo­ gies,  Studia  Patristica  V,  TU  80,  Berlin  1962,  534f. 

34 

35

36 

E.  Nestle  (Anm.  30),  495  (S.  22,  95­104);  zu  Anastasios  vgl.  Π.1.12­17;  4.115­20;  8.89­ 94. 

Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

373

sehe Etymologikon des Johannes Mauropus 37 getan hat 38 . Wenn alle drei, Anastasios, Jakob und Johannes, auch nicht auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen, so stehen sie doch trotz auffälliger Unterschiede in derselben etymologischen Tradition. Nach Jakob gibt es zumindest zwei Gründe, warum sich nicht alle Benennungen von Tätigkeiten ableiten lassen. Einerseits gibt es nämlich solche, die „sich infolge alter Gewohnheit bei allen Völkern finden" und unableitbar sind 39 , anderseits solche, die sich von Qualitäten ableiten lassen 40 . Beide Aussagen werden nicht näher erklärt; in dieser Unbestimmtheit sind sie Gemeingut etymologischer Methodenreflexion. Die erste findet sich schon im Kratylos 41 und in stoischen Quellen 42 , die zweite ist für die Deutung der Nomina in der Stoa kennzeichnend 43 . Auch nach Johannes Mauropus gibt es unableitbare λεξεις44; auch sie werden als uralt und barbarisch bezeichnet 45 . Doch wird ihre Unableitbarkeit nicht damit begründet. Vielmehr besitzen sie deshalb keine Etymologie, weil sie die Prinzipien einer jeden Etymologie sind, d.h. die  άρχαί  bzw.  αιτήματα für jede etymologische Forschung, sofern diese von ihnen ausgehe und zu ihnen zurückkehre 46 . Diese Prinzipien seien die einsilbigen Worte. Und hier unterläuft Johannes Mauropus „eine arge Gedankenlosigkeit" 47 ; er behauptet, ein Zeitgenosse habe das Wort  γή  ableiten  wollen,  indem  er  es  auf  γώ  im  Sinn  von  χωρώ zurückgeführt habe 48 . Diese Formulierung

37

Edition von R. Reitzenstein in: ders., Varro (Anm. 30), 4-18, durch welche die Ausgabe desselben in Etymologika (Anm. 29), 173-79, und jene im Vorwort zu P. de Lagarde, Iohannis Euchaitorum metropolitae quae in codice vaticano graeco 676 supersunt, Abhandlungen der historisch-philologischen Classe der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, XXVIII, 1, Jg. 1881, Göttingen 1882, IX-XV, überholt sind.

38 39

Etymologika (Anm. 29), 181; ders., Varro (Anm. 30), 22-24. E. Nestle (Anm. 30), 494 (S. 21, 55-59).

40 41

Ebd., 495 (S. 21, 62-63). Piaton, Kratylos 409 d 9 - 2. 421 c 12 - d 5; vgl. ebd. 425 e 1-426 a 3, wo Piaton diese Begründung als Ausflucht kennzeichnet. Zur Ableitung der Elemente vgl. ebd. 422 a 1 - b 3;  Ε.  Coseriu  (Anm.  8),  54.  K.  Barwick  (Anm.  3),  67f. 

42  43 

45 46

Vgl.  H.  Steinthal  (Anm.  29),  II.238ff.;  M.  Pohlenz  (Anm.  3),  182;  188,  Anm.  1.  Anasta­ sios  lehnt  eine  Ableitung  aus  der  wesenhaften Qualität ausdrücklich ab. Vgl. II.4.123-25.144-45. [229] Edition von R. Reitzenstein (Anm. 37), V. 54-55. Zur These R. Reitzensteins von der stoischen Tradition vgl. F. Müller, De veterum imprimis Romanorum studiis etymologicis, Traiecti ad Rhenum 1910, 78ff. Ebd., V. 51. Ebd., V. 56-60.

47

So urteilt zurecht R. Reitzenstein, Etymologika (Anm. 29), 179.

48

Edition von R. Reitzenstein (Anm. 37), V. 52-53; vgl. dens., Etymologika (Anm. 29), 345.

44

374

Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites

paßt aber nicht in das 11. Jahrhundert; hier spricht offenbar die Quelle des Johannes, ein Zeitgenosse des Philoxenos von Alexandrien, der dessen Werk TTept  μονοσυλλάβων  ρημάτων49  angreift,  zugleich  aber  be­ nutzt  und mißversteht, wie R. Reitzenstein nachgewiesen hat 50 . Philoxenos vertrat hier die These, die meisten  ρήματα  und  ονόματα  seien  auf  einsilbige Verbalstämme als deren  άρχαί zurückzuführen, deren Bedeutung in einer willkürlichen Übereinkunft der Sprachgemeinschaft gründet und aus den Derivaten erschlossen werden kann. Nun gibt Anastasios mit einer einzigen Ausnahme, die sich aber auch bei Johannes Mauropus findet 51 , nur Etymologien für zwei- und mehrsilbige Nomina an. Diese bestehen im Gegensatz zur eigentlichen Intention des Philoxenos, aber ganz im Sinn der Quelle des Johannes Mauropus zumeist aus Zusammensetzungen, in denen jeweils ein Verb auftritt 52 , bzw., wenn als Ableitung nur ein Wort genannt wird, aus einem Verb. Ferner fällt auf, daß diese Etymologien sehr oft eine Parallele nicht nur bei Johannes Mauropus 53 , sondern auch bei Orion von Theben, dem Grammatiklehrer des Proklos Diadochos in Alexandrien, besitzen 54 . Dessen in drei Exzerpten überliefertes Etymo[224]logikon 55 49

50 51

52

53  54 55

Vgl. R. Reitzenstein, Etymologika (Anm. 29), 180.186f.342-50; ders., Varro (Anm. 30), 81 88; ferner C. Wendel, RE XIX, 194-200; E. Curtius, Grundzüge der griechischen Etymologie, Leipzig 3 1869, 6f. nach H. Kleist, De Philoxeni grammatici Alexandrini studiis etymologicis, Greifswald 1865. Etymologika (Anm. 29), 180; ders., Varro (Anm. 30), 27-30. Es handelt sich um die Etymologie von  γύψ  (Π.4.157).  Bei  Johannes heißt es in V. 350-51 (ed. R. Reitzenstein):  Γρϋψ TOÜS  γρυπούς­  ήνεγκεΐΛ  αλλ'  ό  γϋψ  απαις  ***  μόι^ας  φέροντας  (φέροντε??)  συλλαβάς  δύο.  Obwohl  er  eine  Ableitung  einsilbiger  Worte  (V.  54­55)  wie  πϋρ,  γη  (V.  47)  oder  φως  (V.  102)  ablehnt,  finden  sich  bei  ihm,  sieht  man  von  solchen  Etymologien  wie  νύξ  (V.  115),  θρίξ  (V.  160)  oder  αίξ  (V.  303),  welche  er  vermutlich  im  Gefolge  von  Philoxenos  aus  dem  Futur  ableitet,  ab,  nicht  wenige  Ety­ mologien  von  einsilbigen  Nomina,  welche  teils  schon  auf  Piatons  Kratylos  (Zusam­ menstellung  bei  F. Schäublin, Über den platonischen Dialog Kratylos, Basel 1891, 65ff.) zurückgehen bzw. eindeutig stoisches Überlieferungsgut sind. Im Etymologikon  (Π.8.1­100)  und  unter  den  Beispielen,  welche  als Erläuterung im Abschnitt über die Energien  (Π.4.139­75)  genannt  werden,  findet  sich  keine  Aus­ nahme.  Nur  bei  einer  der  ansonsten aufgeführten Etymologien fehlt ein verbales Element  (Π.2.31).  Zur  Herkunft  der  Methode  vgl.  auch  Anm.  64.  Vgl.  Index  im  Viae  Dux,  424.  Nur  mit  Johannes  Mauropus  und  nicht  zugleich  mit  Orion  von  Theben  stimmt  Anastasios  in Π.2.40­41;  4.163;  8.40.47.93­94 überein. Vgl. den Index im Viae Dux, 434f. Die drei Exzerpte liegen in folgenden Editionen vor: (1) F.G. Sturzius, Orionis Thebani Etymologicon ex Museo Frid. Aug. Wolfii, Lipsiae 1820, Sp. 1-172; (2) Excerpta de etymologiis ex Orione Thebano Georgii Henrici Caroli Koesii, ed. F.G. Sturzius, a.a.O., Sp. 173-92; (3) Excerpta ex Orione Thebano, ad fidem apograph! F.X. Werferi, ed. F.G. Sturzius, Etymologicum graecae linguae Gudianum et alia grammaticorum scripta, Lipsiae 1818, Sp. 611ff. Weitere Etymologien des Orion finden sich im genannten Etymologicum Gudianum und im Genuinum, dessen vollständige kritische Edition noch aussteht (vgl. Index im Viae Dux, 434). Zur Bedeutung des Orion für

Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

375

ist zwar eine der wichtigsten Quellen für die Rekonstruktion des Philoxenos, überliefert aber zugleich jenen Typus von Etymologien, die sich in den Quellen des Johannes Mauropus und Anastasios, aber auch des Jakob von Edessa fanden und im Ausgang von stoischen Etymologika einen Ausgleich mit der alexandrinischen Grammatik suchen, nach welcher die Wortschöpfungen nicht in einer Lautsymbolik gründen, sondern auf einer willkürlichen Übereinkunft beruhen 56 , d.h. „signe arbitraire" 57 sind. Insbesondere Ausgleichsversuche mit jener jungalexandrinischen Richtung, zu welcher Philoxenos gehörte 58 , sahen in den cunabula verborum 59 oder πρώται  φωναί,  nach  welchen  die  Stoa  fragte 60 ,  bzw.  in  den  άρχαί  einer  Etymologie  nur  das  Produkt  einer  durch Übereinkunft entstandenen und getragenen Tradition, der συνήθεια.  Jakob  von  Edessa 61  und  Johannes  Mauropus 62  bekennen  sich  die  Rekonstruktion  des  Philoxenos  vgl.  R.  Reitzenstein,  Etymologica  (Anm.  29),  338.347f.  56 

Zu  R.  Reitzenstein,  Varro  (Anm.  30),  25ff.  vgl.  H.  Dahlmann,  Varro.  De  lingua  Latina  Buch  VIII,  Hermes­Einzelschriften,  H.  7,  Berlin  1940;  ferner  J.  Collart,  Varron  gram­ mairien  latin  (Paris,  1954)  132­57.269­72;  D.  Fehling,  Varro  und  die  grammatische  Lehre  von  der  Analogie  und  Flexion,  Glotta  35  (1956)  214­70;  36  (1957)  48­100. 

57 

Z u m Verständnis dieses Worts von F. de Saussure, Cours de linguistique generale, Lausanne - Paris 1916, 103, vgl. bes. die Stellungnahme zu E. Benveniste, Nature du signe linguistique est arbitraire, in: Acta linguistica 1 (1939) 23-29, bei N. Ege, Le signe linguistique, Travaux du Cercle Linguistique de Copenhague 5 (1949) 11-29 und E. Buyssens, Le structuralisme et 1'arbitraire du signe, in: Studii si Cercetari linguistice 11 (1960) 403-16. Zum Zusammenhang mit der etymologischen Fragestellung vgl. V. Pisani (Anm. 29), 81f. Vgl. bes. R. Reitzenstein, Varro (Anm. 30), 84. Zu Varros Zeugnis über die etymologische Methoden (De lingua latina V, 7 - 8 , ed. J. Collart, Varron De lingua latina Livre V, Texte etabli et annote, Paris 1954, 6; bes. zu V, 7 vgl. R. Schröter, Studien zur varronischen Etymologie, Erster Teil; Abh. der Akademie Mainz Jg. 1959, Wiesbaden 1960, 12; vgl. neben R. Reitzenstein, Etymologika (Anm. 29), 185f. auch K. Barwick (Anm. 3), 58-60; V. Pisani (Anm. 29), 30; J. Collart (Anm. 56), 273-75. 281f., der die Deutung von R. Reitzenstein nicht in Betracht zieht und doch darauf abhebt, daß die vierte Methode auf die verba primigenia ziele. [230]

58

59

Nach Augustinus, Dialectica, 6, PL 32.1412.42-44 hielten die Stoiker jene Worte für cunabula oder Urworte, bei denen es zutrifft: ut sensus rerum cum sonorum sensu concordarent. Vgl. auch V. Pisani (Anm. 29), 26f.

60

Vgl. K. Barwick (Anm. 3), 29-33.58ff. Daß die Stoa für die aus den cunabula zusammengesetzten Worte auf die consuetudo communis (vgl. auch Varro, Anm. 58; dazu R. Schröter, Studien [Anm. 58], 67, Anm. 1) zurückgriff, steht einem sog. natürlichen Ursprung der cunabula selbst nicht entgegen. Dennoch konstatiert K. Barwick, a.a.O., 62 einen Gegensatz zwischen dem etymologischen Verfahren der Stoiker und ihrer Sprachschöpfungslehre, obwohl in seiner Belegstelle nicht gesagt wird, daß das Urwort „vis" auf einer Übereinkunft beruhe. E. Nestle (Anm. 30), 493. 494 (S. 20, 21-24; 21, 48-55). Vgl. das Lemma. Die Quelle des Johannes sah wahrscheinlich in der Gewohnheit (συνήθ£ΐ.α)  keinen  Gegensatz  zum  'Ελληνισμός,  wie  es  strenge  Attizisten  taten.  Dies 

61 62

376

Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites

ausdrücklich zu diesem Verständnis von Sprache als einer Konvention, wobei Jakob, wenn auch in einer trivialen Formulierung, die Sprache zugleich als kohärentes Zeichensystem kennzeichnet 63 und so über den systematischen Charakter des Sprachzeichens die Etymologien als „Schlüssel zur Welt" zu deuten sucht. Auch bei Anastasios ist vorausgesetzt, daß die Lautgestalt (σημαίνον,  „signifiant")  in  einer willkürlichen Übereinkunft der Sprachgemeinschaft gründet. Denn den Elementen, aus welchen er die Nomina ableitet bzw. aus welchen er sie zusammensetzt 64 , schreibt er keinen natürlichen Symbolwert für die von ihnen bezeichnete Wirklichkeit zu; insbesondere sieht er in der Lautgestalt des für ihn entscheidenden verbalen Elements keine Nachahmung  (μίμησι?)  irgend­ welchen  Eigenschaften  der  bezeichneten Tätigkeiten oder Energien. In einer Sprachtheorie, in welcher das Sprachzeichen einzig als willkürlich gesetztes Symbol für einen vorgegebenen Denkinhalt und Sachverhalt bzw. für ein vorgegebenes Denotat verstanden wird, wie dies in jener aristotelischen Tradition, in welcher Anastasios steht, der Fall ist65, vermag das Sprachzeichen in seiner Lautgestalt nichts über das Wesen der Dinge, die Welt der Substanzen, zu vermitteln. Im Rahmen einer solchen Sprachtheorie setzt es immer schon die Erschlossenheit der Welt voraus. Deshalb vermag auch das Etymon eines Wortes für einen solchen Problemansatz keine Erkenntnisleistung zu vermitteln, welche die mit dem Wort bezeichnete Sache in dem, was sie ist, erschließt. Eine Etymologie vermag in dieser Denktradition bestenfalls darüber zu spekulieren, welche Motive der Sprachschöpfer bei der Wortwahl gehabt

63 64

65

entspricht ihrer Deutung als eines jung-alexandrinischen Ausgleichsversuchs. Vgl. R. Reitzenstein, Etymologika (Anm. 29), 185.379-87, bes. 382. E. Nestle (Anm. 30), 493 (S. 20, 24-30). Ableitung der Ursprungsworte oder cunabula bzw. Zusammensetzung eines Wortes aus mehreren sind die beiden Methoden stoischer Etymologie (K. Barwick [Anm. 3], 32.62f.; dazu R. Schröter, Studien [Anm. 58], 18-25.31) und auch vieler JungAlexandriner. Wenn Philoxenos und andere eine reine Ableitungstheorie entwarfen, wie sie von Varro (Anm. 58) bezeugt wird (R. Reitzenstein, Etymologika [Anm. 29], 187), dann verwarfen sie die Methode, durch Zusammensetzung von mehreren Worten das Etymon eines  ρήμα  oder  ονομα  zu  bestimmen,  ohne daß sie sich aber mit ihrer Ableitungstheorie gegen das Zusammensetzungsverfahren in ihrer Zeit (vgl. Seleukos) und in der Geschichte der Etymologika durchsetzen konnten. Vgl. Anm. 9. Zur ursprünglichen Bedeutung von  κατά  συυθήκην  in  Periherm.  2,  16  a  19,  welches  die  Deutung  von  1,  16  a  3 ­ 8  in  der  Auslegungsgeschichte  bestimmt  hat  (vgl.  E.  Coseriu  [Anm.  8],  99f.  106­12),  vgl. J.  Engels,  Origine,  sens  et  survie  du  terme  boecien  ,secundum  placitum',  Vivarium  1  (1963)  87­114.  Ob  Aristoteles  in  der  Topik  und  Rhetorik  nicht  ein  anderes  Sprachmodell  vertritt,  welches  der  Sprache  nicht  nur  instrumentale  kognitive  Valenz  zubilligt,  ist  eine  Frage,  die  von  den  sog.  Sprachhu­ manisten  aufgeworfen  wurde  und  bis  heute  noch  keine genügende Antwort gefunden hat.

Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

377

haben mag. Zumindest gilt dies, wenn man mit Anastasios voraussetzt, daß die Etymologie sich einzig an der Lautgestalt des einzelnen Wortes orientiert und im Ausgang von dieser sich zu Sinn und Bedeutung vorwagt 66 , d.h. auf die Möglichkeit einer Beziehung oder gar Korrespondenz von  σημαίνον  und  σημαινόμενον,  von  Lautform  und  Form  der  Bedeutung,  reflektiert,  und  dabei  die  einzelne  Lautform  nicht  als  Ele­ ment  eines kohärenten Systems begreift 67 . Es ist nicht von ungefähr, daß trotz aller Etymologiegläubigkeit, welche das Mittelalter beherrscht, die Etymologie in jener mittelalterlichen Überlieferung, welche vom Sprachmodell aus der Einleitung zu Perihermeneias geprägt ist, nur als Untersuchung des Benennungsmotivs für den sprachschöp-

66

Vgl. zu  Π.8.2­3  oben  Anm.  20. 

67 

Die Einführung des Systembegriffs für den Zusammenhang der Sprachzeichen (vgl. Jakob von Edessa, Anm. 63) allein reicht nicht, um die Lautgestalt auch im Rahmen einer  θέσα­Theorie  der  Sprache  als  einen „Schlüssel zur Welt" verständlich zu machen. So wäre z.B. auf der Basis von Periherm. 1, 16 a 3 - 8 das System der Zeichen stets von einem ihm vorgegebenen System, d.h. von der Welt der  πράγματα  und  de­ ren  ομοιώματα,  den  νοήματα  (16  a  10.  14),  bestimmt,  d.h.  nichts  anderes  als  eine  Wi­ derspiegelung  der  aristotelischen  Welt  der  Substanzen. „Schlüssel zur Welt" wären die Sprachzeichen in diesem Modell nur in sekundärer Weise, nämlich in der Geschichte einer Kommunikationsgemeinschaft, welche sich ihrer als Organon bedient. Anders steht es erst, wenn das System der Zeichen so gedacht wird, daß es in einem kohärenten Zusammenhang von Lautformen besteht, welche die Bedeutungsebene als kohärentes System konstituiert. Eine solche Betrachtung kann, wird sie (z.B. im Sinn des Philoxenos oder der indogermanistischen Forschung) diachron durchgeführt, nicht auf einen Ursprung der Wortschöpfung zurücktragen, der dem System selbst vorausläge. Eine solche Theorie kann der Sprache eine kognitive Valenz in einem ursprünglichen, da für das Erkennen rational-diskursiver Art konstitutiven Sinn sichern; sie faßt die Sprachbedingtheit des Denkens radikal als Sprachbestimmtheit des Denkens, indem sie die Denkform auf die Sprachform, letztlich auf das kohärente System von Lautformen, zurückführt. Sollte die Stoa ihr  σημαίνον  und  deshalb  das  σημαινόμενον  als kohärentes System verstanden haben? Denn nur so ließe sich letztlich der konstitutive Bezug des  σημαίνον  auf  das  λ€κτόν  denken,  auf  Grund  dessen  jedes  σημαίνον  in jedem  Kontext  einen  und  nur  einen  Sinn  (λεκτόν)  be­ sitzt.  Dies wäre die Konsequenz, welche man aus den Thesen von J. Pinborg, Logik und Semantik im Mittelalter, Problemata 10, Stuttgart - Bad Cannstatt 1972, 31; ders., Das Sprachdenken der Stoa und Augustins Dialektik, Classica et Mediaevalia 23 (1962) 155-57; J. Christensen, An Essay on the Unity of Stoic Philosophy, Kopenhagen 1962, 44-^48 zu ziehen hätte, ohne aber ein transzendentales Subjekt und dessen Konstitutionsleistung in [231] die Philosophie der Stoa einzutragen. Eine solche Systemtheorie leistet dasselbe, was die These vom sog. natürlichen Ursprung der Sprache eigentlich sichern soll (so der Sache nach ohne Blick auf die Stoa schon Ammonios, In Aristotelis De interpretatione, CAG IV, 5 [Berolini 1887] 36, 22-37, 1) und degradiert die etymologische Methode der Stoa (nicht aber die Fragestellung des Philoxenos) zu etwas Sekundärem ohne Funktion.

378

Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites

ferischen Akt, die impositio verborum, fungiert und damit gerade keinen Aufschluß über die significatio der Worte liefert 68 . [225] Anastasios versucht die Brücke vom Etymon zur Bedeutung des Nomens zu schlagen, ohne diese vom Benennungsmotiv zu unterscheiden; die Tätigkeiten oder Energien, welche in der Lautgestalt der Nomina mittels eines verbalen Elements angesprochen werden, sind beides zugleich: Motiv für die Wortschöpfung und unmittelbare Bedeutung dieser Worte, während von den Substanzen, welche den πράγματα  zugrundeliegen  und  von  den  Energien  aus  erkannt  werden,  durch  die  Nomina  keine  unmittelbare  Kenntnis,  ja  wie  bei  den  Nomina  θεό?,  ψυχή,  άγγελος  bzw.  δαίμων überhaupt keine Erkenntnis vermittelt wird 69 . Daß die genannte Unterscheidung bei Anastasios fehlt, fällt wahrscheinlich nicht ihm zu lasten, sondern einem stoischen Vertrauen auf die Erkenntnisleistung der Etymologie, welches die Tradition seiner Quelle bestimmte, sofern diese eine Versöhnung zweier entgegengesetzter sprachtheoretischer Ansätze anstrebte, des stoischen und des alexandrinischen, welcher jenem der Aristoteleskommentare entgegenkam. Denn die klare Betonung der Unterscheidung von Bedeutung und Benennungsmotiv impliziert im Rahmen einer Theorie, welche die Sprache als Produkt der Ubereinkunft einer Sprachgemeinschaft auffaßt und zugleich die Sprachzeichen nicht als kohärentes System von Lautformen begreift, immer schon eine scharfe Kritik an dem, was die von der Stoa geprägte Tradition der Etymologika im Hinblick auf die Erkenntnis der Welt zu leisten vermag 70 .

68

69 70

K. Grubmüller, Etymologie als Schlüssel zur Welt? Bemerkungen zur Sprachtheorie des Mittelalters, in: Verbum et Signum, I (Festschrift für Friedrich Ohly), hg. v. H. Fromm, W. Harms, U. Ruberg, München 1975, 209-30. II. 1.49.51-53.58-60. Anastasios unterscheidet zwar im formalen Aufbau seiner Definitionensammlung stets die Frage nach dem öpos  τοϋ  πράγματος,  welche  auf  die  Substanz  zielt  (Anm.  16)  und  so  den  eigentlichen  Sinn  eines  Wortes  im  Unterschied  zu übertragenen Gebrauchsweisen desselben (1.1.18-19;  Π.7.81­84;  Index  unter  καταχρηστικώς·,  κυρίως  und  τρόπος)  erforscht,  von  der  Frage  nach  den  Etymologien  (Π.1.12­18).  Obwohl  er  so durchgängig zwischen Definition und Etymologie unterscheidet, fehlt bei ihm jede Reflexion darauf, was die Bedeutung, falls sie das Energetische als Sachverhalt (II.4.177-78; vgl. II.1.13; 2, 79) sein sollte, vom Benennungsmotiv unterscheidet (Anm. 3). Er zeigt nicht, wie in den Etymologien die bestimmte Definition des gemeinten Sachverhalts  (πραγμα)  auf  Grund  der  durch  das  verbale  Element  bezeich­ neten  Energie  schon  vorhanden  ist,  sondern  behauptet  nur, daß es so sei, daß man von der Tätigkeit oder Energie, welche die Etymologie aufdeckt, zur Usie und damit zur Definition der Nomina gelangen kann, ausgenommen selbstverständlich jene Nomina, deren Energien zeigen, daß ihre Usien dem Menschen nicht zugänglich sind, und somit etwas ausschließlich  κατ'  ivipymav  Erkennbares  bedeuten  (Anm.  69). 

Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie

379

Indem Anastasios den Standpunkt seiner Quelle überschreitet und meint, alle Nomina ( I v a μή λέγω  πάντα)  benennen zunächst eine Energie und nur mittelbar eine Substanz, hat er auf der Basis einer fehlenden Unterscheidung von Bedeutung des Wortes und Motiv für die Wortschöpfung aus der etymologischen Methode seiner Quelle eine Semantik mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit geschaffen. Denn es ist a fortiori klar, daß nicht nur die verbalen Elemente in der Lautgestalt der Nomina, sondern auch die Verben selbst Energien oder Tätigkeiten bezeichnen. Die kontroverstheologische Absicht ist offensichtlich. Gaben die Monophysiten zu, daß man Christus „Gott" und „Mensch" nennen müsse, so konnte man im Ausgang von den Etymologien dieser Nomina im Rahmen einer allgemeingültigen Semantik auf zwei Energien und von diesen auf zwei Naturen schließen71. Die Betonung des Terminus „Energie" zeigt die zweite Frontstellung an, die im Hodegos an mehreren Stellen zum Tragen kommt, ohne die Gegner ausdrücklich beim Namen zu nennen72. Das semantische Argument widerlegt die Monophysiten und erst recht die Monenergeten, sofern sie auf dem Boden des Bekenntnisses von Chalkedon standen. Es dürfte kein Zufall sein, daß Anastasios auch in seinem Corpus antimonotheletischer Schriften aus der  προσηγορία  auf  die  ενεργεία schließt73. Zusammenfassend und vereinfachend läßt sich sagen, daß Anastasios seine am verbalen Element der Sprache orientierte Semantik als kontroverstheologisches Argument auf der Basis eines Ausgleichsversuchs zwischen stoischer Sprachphilosophie und alexandrinischer Grammatikergelehrsamkeit einerseits und eines „faux dithelite" anderseits geschaffen hat.

71

II.4.133-39; 8.87-100.

72

Vgl. Viae Dux, CCXI; CCXVIIf. Die in  ΧΠΙ.6.17  20.  9,  91 erwähnte monenergetische Sekte der Harmasiten oder Harmatiten begegnet auch in den Capita IV  aduersus  Monotheletas, CPG 7756; Edition: Anm. 2 (CCSG), ferner in dem wohl auf Anastasios zurückgehenden Teil der Synopsis de haeresibus et synodis (CPG 7774), hg. v. K.-H. Uthemann (Anm. 2).

73

Vgl. 1.5.64-104, bes. 8 6 - 8 8 meiner in Anm. 2 genannten Edition (CCSG 12).

Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala Ein Beitrag zur Rezeption der Diatribe als Darstellungsmethode

Mit dem Stichwort „Diatribe" wird die Darstellungsform der Homilien Severians von Gabala, eines offensichtlich erfolgreichen Predigers des ausgehenden 4. und beginnenden 5. Jahrhunderts, in einen kulturgeschichtlichen Zusammenhang hineingestellt und so aus einer Tradition rhetorischer Kommunikationstechnik interpretiert. Diese wurde ursprünglich von kynisch-stoischen Wanderpredigern, den Verkündern einer besseren Moral, und von Lehrern der Ethik in ihrem Schulgespräch bzw. von einem reisenden Philosophen wie z.B. Maximos von Tyros (ca. 125-185 n.Chr.) in seinen 41 in Rom gehaltenen Vorträgen, Διάλεξε LS genannt,  benutzt.  Sie  ist  uns über den literarischen Niederschlag ihrer Reden bzw. Schulgespräche 1 zugänglich geblieben. Sofern der „Stil der Diatribe", d.h. die für die Diatribe kennzeichnende Kombination bestimmter Elemente rednerischer Darstellung, auch im eigentlichen Sinn literarische Texte beeinflußt hat (man denke z.B. an Plutarch von Chaironeia [ca. 45-nach 120 n.Chr.] oder die Epistulae morales ad Lucilium Senecas [4-65 n.Chr.]), kann man im weiten Sinn von einem literarischen Genre sprechen, auch wenn die spätantike Literaturtheorie weder die genannten Texte unter einem einzigen Genusbegriff zusammenfaßte, noch den Terminus „Diatribe" kannte. Der Sache nach ist dies kein schwerwiegender Einwand gegen einen empirisch, d.h. induktiv gerechtfertigten Begriff [140] und stellt in Bezug auf die antike Rhetorik und ihre Praxis keinen Sonderfall dar 2 .

1

2

Der Gegensatz zwischen Wanderpredigt und Schulvortrag, den Th. Schmeller, Paulus und die „Diatribe", Neutestamentliche Abhandlungen, N.F. 19, Münster 1987 gegen S.K. Stowers, The Diatribe and Paul's Letter to the Romans, SBL Dissertation Series 57, Ann Arbor 1981, und dieser in seiner Rezension zu Th. Schmeller in JBL 108 (1989) 538-542 wiederum gegen Schmeller betont hat, ist m.E. im vorliegenden Zusammenhang nicht überzeugend. Dies gilt umso mehr, als beide Autoren dem Ansatz von O. Halbauer (1911) folgen (vgl. unten 1.3.2). K. Berger, Hellenistische Gattungen im Neuen Testament, ANRW Π, Band 25, 2, Berlin - New York 1984,1043.

382

Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

1. Bemerkungen zum Terminus „Diatribe" Der Begriff der Diatribe ist modern; er ist ein Produkt von Altphilologen des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der sich im Anschluß an eine im Jahre 1887 publizierte Äußerung von H. Usener über die Reden des Bion von Borysthenes (3. Jh. v. Chr.) 3 in jener Diskussion durchgesetzt hat, die durch die Beschreibung des Stils des kynischen Predigers Teles (3. Jh. v. Chr.), die U. von Wilamowitz-Moellendorff vorgelegt hatte 4 , in Gang gekommen war. Uber die inhaltliche Füllung des Begriffs der Diatribe ist bis in unsere Gegenwart kein eindeutiger Konsens erreicht 5 . Oft genug ist er auf harsche Kritik gestoßen; man sprach von „Diatribomanie" 6 , von einem Phantom 7 und von einer modernen Fiktion 8 . Auch wenn man sich deskriptiv über das Phänomen, das man mit dem Terminus „Diatribe" zu fassen sucht, einigen kann und anerkennt, daß es dem heutigen Betrachter nicht verwehrt sein kann, die Terminologie der (spät)antiken Literaturtheorie zu erweitern, stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, von Diatribe als einem Genre zu sprechen. Geht es bei dem Phänomen nur um eine Vorliebe für bestimmte rhetorische Muster und Kunstgriffe wie z.B. dialogische Elemente, rhetorische Fragen und einfache parataktische Sprache? So kann, wer den modernen Gattungsbegriff der Diatribe ablehnt, dennoch von „Diatribenartigem" sprechen 9 , das in verschiedenen Gattungen verwirklicht ist, z.B. in den ein3

H. Usener, Epicurea, Leipzig 1887, LXIX.

4

Antigonos von Karystos, Berlin 1881, 292-319, bes. 312.

5

Eine gute Übersicht bietet S.K. Stowers (1981 [Anm. 1]). Neuere Publikationen findet man bei Th. Schmeller (Anm. 1). So T. Sinko in einem polnisch geschriebenen Artikel „über die sogenannte kynischstoische Diatribe" (Eos 21 [1916] 21-63). Vgl. z.B. die Wiedergabe von J. Sajdak in: Wochenschrift für klassische Philologie 34 (1917) 791-793. P. Boyance, Le dieu cosmique, REG 64 (1951) 300-313, bes. 307.

6

7 8

9

W.S. Anderson, Response to G.L. Kustas, Diatribe in Ancient Rhetorical Theory, in: Protocol of the Colloquy of the Center of Hermeneutical Studies 22 (1976) 17. Zu Th. Schmeller (Anm. 1), 13; 20; 54; 99; 428f., ist anzumerken, daß er zwar die These von der modernen Fiktion aufgreift und von Diatribe nur in Anführungszeichen sprechen will, zum anderen aber anerkennt, daß der moderne Begriff der Diatribe ein wertvolles Arbeitsinstrument ist. Deskriptiv geht er mit seiner Kennzeichnung in vier Punkten über R. Bultmann, Der Stil der paulinischen Predigt und die kynischstoische Diatribe, Göttingen 1910, nicht hinaus (vgl. Anm. 51). Sofern er zur Beschreibung der rhetorischen Wirkung mit dem m.E. ungeeigneten Begriff der Erlebnishaftigkeit arbeitet, scheint er von H. Rahn (Anm. 9), 157 („das Erlebnishafte der philosophischen Ansprache einer Dialexis") abhängig zu sein. S.K. Stowers (1989 [Anm. 1]) bemerkt zurecht, daß Th. Schmellers Textauswahl auch im Hinblick auf die pagane Tradition zu eng ist und die Diskussion auf einem zu hohen Abstraktionsniveau geführt wird. H. Rahn, Morphologie der antiken Literatur. Eine Einführung, Darmstadt 1969, 1 5 4 156.

Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

383

gangs erwähnten verschiedenen Redeformen sowie Briefen und Abhandlungen. [141]

1.1 Methodologische Reflexionen Für die Verwendung des modernen Begriffs Diatribe zur Kennzeichnung bestimmter Texte, die Niederschlag von Reden oder am Stil mündlichen Vortrags orientiert sind, spricht, daß die betreffenden Texte eine mehr oder weniger identische Auswahl von Formen rednerischer Darstellung aufweisen, die sie von anderen unterscheidet, und daß diese Auswahl oder Kombination durch die Zielsetzung bedingt ist, in bestimmten Situationen auf dem Markt, in der Schule, allgemein in einer Gruppe 10 eine Kommunikation zwischen dem Redner und seinen Zuhörern zu erstellen, deren direkte Intention nicht in der Vermittlung theoretischer Erkenntnisse, sondern einer neuen Sicht auf Alltägliches besteht, um eine Veränderung von Lebensgewohnheiten (im weitesten Sinn eine Bekehrung) zu bewirken. In einer solchen konstanten Verknüpfung von Inhalt und Form mit auf den Empfänger bezogener kommunikativer Funktion und mit einem sozialem Kontext (im weiten Sinn „Sitz im Leben") liegt die Berechtigung, von einem Genre („Gattung") und deren „Stil" zu sprechen. Diese Verknüpfung ist dem Individuum als Produzenten oder Autor als „network of codes" für sein Handeln, d.h. für sein Reden und sekundär für sein Schreiben, vorgegeben. Die Entdeckung dieser konstanten Verknüpfung ist als Theoriebildung im Verhältnis zur Praxis des Redens wie des Schreibens stets etwas Sekundäres. Sie strebt letztlich danach, ein synchron gültiges System von Gattungen aufzuweisen, wobei „synchron" in der Praxis ein weiter Begriff ist und eine Kontinuität zwischen nur diachron realisierten Texten konstruiert, genauer gesagt, rekonstruiert. Denn ihr Ausgangspunkt sind die Texte und deren Wirkungsgeschichte. Dies gilt für die antike und für die moderne Theoriebildung und deren deskripitive Definitionen. Handelt es sich beim Gegenstand der Theorie nicht um historisch Vergangenes, sondern um in der Gegenwart Prak10

Sofern diese Formen zu individueller Seelenführung durch Schriften wie z.B. in Senecas Epistulae morales eingesetzt werden, liegt eine abgeleitete Situation vor, in welcher der individuelle Leser in die Rolle des sog. internen Lesers bei schriftlich gefaßten Reden bzw. in die Rolle des Zuhörers tritt, der unmittelbar mit dem Redner konfrontiert ist. Zur therapeutischen Funktion vgl. z.B. W. Capelle, Diatribe, Α. Nichtchristlich, in RAC ΙΠ (1957) 990f.; I. Hadot, Seneca und die griechisch-romische Tradition der Seelenleitung, Quellen und Studien zur Geschichte der Philosophie 13, Berlin 1969; K. Berger (Anm. 2), 1128f.; S.K. Stowers 1989 (Anm. 1), 539.

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

tiziertes, dann liegt der Schritt vom deskriptiven Definieren zum präskriptiven Normieren nahe und entfaltet Theorie ihre eigene Wirkungsgeschichte als „Widersacher des Lebens" (Ludwig Klages). Doch für den Historiker hat dies den angenehmen Effekt, daß das Gattungshafte diachron in den Texten deutlicher greifbar wird, sobald in der Praxis die theoretische Norm akzeptiert wird. Hiermit ist die Möglichkeit, aber auch die Schwierigkeit umrissen, einen modernen Begriff der „Diatribe" zu begründen, der dem gemeinten Phänomen entspricht und es wahrt. Im Ausgang von diesem modernen Begriff steht die historische Forschung [142] vor der Frage, ob die (spät)antike Theorie historisch verwandte Genres kannte 11 und, wenn ja, ob dann der Terminus „Diatribe" beibehalten oder einer dieser Gattungen untergeordnet werden sollte. Es kann hier nicht die Absicht sein, dieses Programm durchzuführen. Auf Grund der vielen Vorarbeiten zum Thema scheint es mir aber möglich, ohne ins Detail zu gehen, eine deskriptive Definition von Diatribe vorzuschlagen, die einer Formgeschichte christlicher Predigt gute Dienste leisten kann. Bei der Suche nach einer adäquaten Beschreibung des seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert diskutierten Phänomens geht es m.E. nicht darum, alle mehr oder weniger regelmäßig auftretenden Elemente aufzuzählen, wie es R. Bultmann (1910) und in seinem Gefolge andere 12 getan haben, sondern darum, sowohl deren textimmanente Funktion, als auch die durch den sozialen Kontext festgelegte kommunikative Funktion zu erfassen. Will man so die für das Genre primären, d.h. konstitutiven Elemente von sekundären unterscheiden, dann kann das Faktum, daß bestimmte Elemente in jedem Text, wenn auch in unterschiedlicher Häufigkeit, auftreten, kein hinreichendes Kriterium sein. Konkret gesprochen heißt dies, daß bestimmte Klang- und Sinnfiguren als von der Rhetorik empfohlene Kunstgriffe, die an den Geschmack des Hörers appellieren, bei der Frage nach den konstitutiven Elementen zu vernachlässigen sind, auch wenn sie stets auftreten und insofern „typisch" sind. Dies gilt an sich auch für viele relativ häufig gebrauchten Elemente, die für andere Gattungen konstitutiv sind, doch

11

Th. Schmeller (Anm. 1); K. Berger (Anm. 2).

12

So folgten R. Bultmann (Anm. 8) z.B. H. Thyen, Der Stil der Jüdisch-Hellenistischen Homilie, Göttingen 1955; R. Butterworth, Hippolytus of Rome. Contra Noetum. Text introduced, edited and translated, Heythrop Monographs 2, London 1977; R.F. Regtuit, Severian of Gabala. Homily on the incarnation of Christ (CPG 4204), Diss. VU University Press, Amsterdam 1992. Auf dieser Tatsache gründet weitgehend die Kritik an H. Thyen 1955 (vgl. unten 1.5) bzw. am Begriff der Diatribe bei K.P. Donfried, The Setting of Second Clement in Early Christianity, Supplements to Novum Testamentum 38, Leiden, 1974, und Κ. Berger (Anm. 2). Sie trifft auch auf Th. Schmeller (Anm. 1), 203ff. zu (vgl. Anm. 51).

Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

385

in den zu beurteilenden Texten keine selbständige Funktion besitzen, sondern in den Kontext und seine Makrostruktur eingebunden sind, wie z.B. Sentenzen, Exempla, Vergleiche, mahnende Ansprachen, Tugend-, Laster-, Peristasen-Kataloge usw. Mit diesem letzten Hinweis kündigt sich schon an, daß bestimmte Elemente in verschiedenen Gattungen auftreten können, ohne daß im eigentlichen Sinn eine Mischung von Genres vorliegt. Zugleich muß man damit rechnen, daß bestimmte literarische Genres in der Auffassung der Antike eine gewisse Nähe zueinander besitzen. Im vorliegenden Zusammenhang wird z.B. das Verhältnis von Brief und Dialog zu bedenken sein, [143] um u.a. das Stil- und Sprachniveau, im weiten Sinn „schlicht" (λέξις  είρομένη,  διτρημένη,  αφελής)  genannt 13 ,  und  „den  dialogischen  Charakter"  (R.  Bultmann)  der  Diatribe  in  ihrer  kommunikativen  Funktion  zu  begrei­ fen. 

1.2 Was  ist konstitutiv für das Genre der Diatribe? Eine Antwort kann hier nicht an primären Quellen erarbeitet werden. Um sich ihr auf einem verkürzten Weg anzunähern, scheint es mir sinnvoll, mit einem bekannten Satz von P. Wendland aus dem Jahre 1895 zu beginnen: „Unter der philosophischen Diatribe verstehe ich die in zwanglosem, leichtem Gesprächston gehaltene, abgegrenzte Behandlung eines einzelnen ... meist ethischen Satzes. ... Ein äußerst lebendiger ... dialogisch gestalteter Vortrag ... in allem berechnet, die Menge zu packen und zu fesseln, dazu ein Stil, der ... unter scheinbarer Kunstlosigkeit das höchste Raffinement und rhetorische Berechnung birgt" 14 . Was P. Wendland im Blick auf die Texte aus dem philosophischen Schulbetrieb sagt, gilt für alle Reden dieser Art. Pointierter könnte man sagen, daß unter die Diatribe nur jene Reden bzw. Redner fallen, die den Eindruck vermitteln wollen, im Gespräch mit dem Publikum zu sein. Die Sprecher überspielen, daß sie Monologe halten, indem sie ihre Zuhörer in die Rede hineinziehen. Sie reden ihr Publikum unmittelbar an und, indem sie das „Du" gebrauchen, entsteht der Eindruck, sie seien mit jedem einzelnen in eine Diskussion verwickelt. In der Form der  προκατάληψη  kommen  sie  dessen  Zweifel  zuvor,  indem  sie  zu  ihm  sagen:  „Du  wirst  jetzt  meinen, daß es sich ganz anders verhält". Sie können eine solche Prokatalepse auch in direkter Rede einführen, indem sie die z.B. auch in der Gattung der Thesis vertretene Argumentationsfigur („Es wird mir nun jemand sa13 14

D.M. Schenkeveld, Studies in Demetrius On Style, Amsterdam 1964, bes. 33-39. Philo und die kynisch-stoische Diatribe, Berlin 1895.

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

gen ...") gebrauchen oder auf ein „Du" hin anpassen („Du wirst mir nun sagen ...") oder aber einen Einwand mit einem schlichten  φησίν  einführen und einer anonym bleibenden Person in den Mund legen. Mit der letztgenannten Formel weckt der Vortragende beim [144] Zuhörer den Eindruck, er habe den Einwand soeben aus dem Publikum aufgeschnappt und wiederhole ihn nun laut für alle hörbar. Diese Technik bietet ihm die Möglichkeit, auf den Einwurf einzugehen und ad hominem zu entkräften. Dies tut er in diesem Genre nicht durch einen Beweis, wie ihn z.B. ein Enthymem impliziert, sondern im Stil lebhafter Diskussion mit Behauptungen und emotionalen Ausrufen („Was für ein Unsinn!"), unter Berufung auf anerkannte Fakten und Lebensweisheiten oder, wenn auch selten, mit einem dialektischen Schluß a maiore oder a minore. Dieser Vorgang läßt sich wiederholen, und so kann ein fingierter Dialog mit einem Zuhörer oder mit einem fiktiven Zwischenredner entstehen. Dann ist es nur ein Schritt weiter, wenn ein bestimmter Typ als Gegenüber eingeführt wird, z.B. „der Laie" oder Banause  (ιδιώτη?)  bzw.  ein  typischer  Andersdenkender  oder  Gegner.  Dasselbe  Rollenspiel läßt sich mit Fragen und Gegenfragen bzw. mit einer Abfolge von Fragen und Antworten arrangieren. Es dürfte klar sein, daß ein geschickt fingierter Zwischenruf sich nicht immer eindeutig von einem echten, den ein Redner unvorbereitet aufgreift, unterscheidet und daß dies auch für den fiktiven Dialog gilt, sofern dieser das Insistieren eines Zwischenredners imitiert. Anders ist es selbstverständlich, wenn der Redner Prosopopoiien gebraucht, wie er sie im Beginn seiner rhetorischen Ausbildung mit den Progymnasmata eingeübt hat. Wenn z.B. das Gesetz, die Natur, Tugenden oder Laster als Gesprächpartner des Redners auftreten oder auf einen Zwischenruf antworten oder den Hörer direkt ansprechen, dann geht es ja gerade darum, die Fiktion der Zwischenrede und des Dialogs dem Hörer bewußt zu machen. Der sprechende Begriff karikiert die Mimesis eines realen Zwischenredners. Es geht hier um einen rhetorischen Kunstgriff, mit dem sich der Redner das im Zwischenruf und kleinem Dialog angelegte dramatische Moment zunutze macht. Eine Prosopopoiie ist primär eine Demonstration, die auf den anwesenden Hörer zielt und ihm ein gewisses Ethos und Pathos zeigen will. Dabei geht es nicht um das Vergangene, nicht um zukünftiges Handeln, sondern um die Gegenwart, um eine  έπίδειξις 15 ,  um  ein  ήθώυ  και  παθών επιδεικτικό^,  wie  Theon  (Ende  1.,  Beginn  2.  Jh.  n.Chr.)  in  seinen  15 

Vgl.  die  Charakteristik  der  drei  Redegattungen  (die  forensische,  die  politische  oder  beratende  und  die  epideiktische  Rede)  bei  Aristoteles,  Rhetorica,  3,  1358  a  36  ­  1359  a  5. 

Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

387

Progymnasmata sagt16. In diesem Sinn ist die Personfikation nichts anderes als eine ήθοποιΐα. Der Vermittlung des Ethos17 dient aber in der Auffassung antiker Rhetoriker vor allem der Einsatz von Dialogen, [145] und es ist kein Zufall, daß man darin in der Antike eine Ähnlichkeit mit dem Brief sah, sofern dieser als ein Gespräch  (ομιλία)  mit  ei­ nem  Abwesenden aufgefaßt wurde 18 :  Πλείστον  δέ  έχέτω  τό  ηθικόν  ή  επιστολή,  ώσπερ  και  ό  διάλογος 19 . 

Eine  Rede  ist  an  sich  Monolog,  wenn  auch  stets  im  Blick  auf  ein  Publikum  und  in  der  Absicht,  dieses  zu überzeugen. Nun greift die Darstellungsform der Diatribe Elemente auf, die für die Kommunikation in Gespräch und Diskussion kennzeichnend sind, und imitiert im Monolog einen Dialog mit dem Publikum. So ist Kennzeichen dieser Redeform, daß sie ihrer Makrostruktur nach ein Vortrag ist, der vorgibt, Gespräch  (ομιλία)  mit  dem Zuhörer zu sein, und dies in der Durchführung (Mikrostruktur) durch die Einführung fiktiver Zwischenredner und fiktiver Dialoge unterstreicht bzw. unterstreichen kann. Das Wort  ομιλία  gibt  eine  Richtung  an. Doch muß man sich bewußt sein, daß dieses Wort ebenso wie seine lateinische Übersetzung mit sermo zum einen ursprünglich eine breite Skala von Bedeutungen besitzt und zum anderen in der Diskussion um die frühchristliche Predigt und ihre Wurzeln leider undifferenziert angewandt wird 20 . Der Sache 16 17

Hg. v. L. Spengel, Rhetores Graeci, II, Lipsiae, 1894, 117,20. Zu  ήθος  und  ηθοποιία  im  Ausgang  von  Hermogenes  (ca.  160­225  n.Chr.)  vgl.  D.  Hagedorn,  Zur  Ideenlehre  des  Hermogenes,  Hypomnemata  8, Göttingen 1964, 5776, bes. 60; 64f.; 69. 18  Επιστολή  μεν  ουν  έστιν  ομιλία  τι?  εγγράμματος  απόντος  προς  απόντα  και  χρειώδη  σκοπόν  έκπληροϋντα,  έρεί  δέ  Tis  εν  αύτη  ώσπερ  παρών  τι?  πρός  παρόντα  (Ps.­Libanios,  Έπιστολομιαϊ,οι  χαρακτήρες,  2,  hg.  v.  R.  Foerster,  Libanii  Opera,  IX,  Lipsiae  1927).  Vgl.  engl. Übersetzung; A.J. Malherbe, Ancient Epistolary Theorists, Ohio Journal of Religious Studies 5, 2 (1977) 62. 19 Ps.-Demetrios, De elocutione, 227, ed. and transl. by W. Rhys Roberts, Demetrius. On Style, Cambridge, Mass., 1902 (Nachdruck: Hildesheim,1969); wiedergegeben von A.J. Malherbe (Anm. 18), 20. Vgl. ebd., 5, zu den Datierungen von Ps.-Demetrios vom 3. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr., letzteres vertreten von D.M. Schenkeveld (Anm. 13), 135-148. Zu Dialog und Brief vgl. auch (1) Demetrios, 223 (zitiert die Auffassung:  δει  εν  τω  αύτω  τρόπω  διάλογόν  τε  γράφειν  και  έπιστολάς·  είναι  γάρ  τήν  έπιστολήν  οίον  τό  ετερον  μέρος  τοϋ διαλόγου);  ebd.,  224  (der  Dialog  ist  weniger  stili­ stisch  ausgefeilt  als  ein  Brief,  da  er  den  aus  dem  Stegreif  Sprechenden  nachahmt:  μιμείται  αύτοσχεδι,άζοντα);  (2) G.L. Kustas,  Studies  in  Byzantine  Rhetoric,  Άναλέκτα  Βλατάδων  17, Thessaloniki  1973, bes.  40­53.­  Zum  Briefstil „linked  to  the  plain  style"  vgl. D.M. Schenkeveld  (Anm.  13), 18f.  20  Ein  gutes  Beispiel für diesen Sprachgebrauch, der formgeschichtlich höchst Unterschiedliches zusammenfaßt, bietet M. Sachot, Homilie, RAC XVI (1994) 148-175. Vgl. z.B. die Kritik von K.P. Donfried (Anm. 12), 26-34, und im Blick auf das NT K. Berger (Anm. 2), 1363; 1366. - Zum Thema  ομιλία  und  Formen früchristlicher Predigt, in

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

nach hat E. Norden recht, wenn er vermutet, daß jene frühchristliche Predigt, bei der „das lehrhafte Moment im Mittelpunkt" steht,  ομιλία  (sermo)  genannt  wurde,  weil  darin  „die  Anschauung  ausgesprochen  liegt, daß der Prediger zu seiner Gemeinde in rein persönliche Beziehung trat, wenn er sie fast im Tone gewöhnlichen Gesprächs belehrte" 21 . Doch was heißt hier zum einen „lehrhaft", was zum anderen „Gesprächston" oder „Reden im Stil eines Gesprächs" oder „Formen der Kommunikation, die im Gespräch zu Hause sind"? Inwiefern verwirklicht z.B. eine paränetische Ansprache wie der sog. zweite [146] Klemensbrief (CPG 1003), der sich selbst als  συμβουλία  bzw.  νουθεσία  und  εντευξίς  kennzeichnet 22 ,  eine  am Gespräch orientierte rednerische Darstellungsform?

1.3 Einwände wider drei Versuche, eine Kontinuität zur Antike aufzuweisen Auch wenn der Gattungsbegriff „Diatribe" modern ist, ist es nicht sinnlos zu fragen, ob die (spät)antike Theorie bzw. Praxis der Rhetorik und Literatur die Definition eines oder gar mehrerer Genres kannte, die dem im „Stil der Diatribe" gehaltenen Vortrag abdecken oder nahe kommen. Zum einen zeigte die bisherige Diskussion in der Forschung, daß die uns erhaltenen Quellen keinen eindeutig zutreffenden Begriff liefern. Dem glaubte man mit einem Hinweis auf Ps.-Hermogenes widersprechen zu dürfen (1.3.1). Zum anderen wies man auf zwei antike Genres, die Dialexis (1.3.2) und die Thesis (1.3.3), hin, um eine historische Kontinuität zu beweisen.

1.3.1 Zur Definition der Diatribe bei Ps.-Hermogenes Um zu zeigen, daß die (Spät)antike durchaus den Begriff der Diatribe, wie er im Ausgang des 19. Jahrhunderts in die Diskussion geworfen

21 22 

dem mehr ein Desiderat der Forschung als irgendwelche historisch gerechtfertigte Unterscheidungen angesprochen werden, vgl. auch K.-H. Uthemann, Die Kunst der Beredsamkeit in der Spätantike: Pagane Redner und christliche Prediger, in: Neues Handbuch der Literaturwissenschaften, Band 4, Wiesbaden, 1996, 345; 350. E. Norden, Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance,  Π, Leipzig  ­  Berlin,  1898  (benutzt:  3 1918),  541.  K.P.  Donfried  (Anm.  12),  genauer  als  E.  Baasland,  Der  2.  Klemensbrief  und  die  frühchristliche Rhetorik: ,Die erste christliche Predigt' im Lichte der neueren Forschung, A N R W  Π, Band  2 7 , 1 ,  Berlin  ­  New  York  1993,  78­157  (Bibl.). 

Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

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worden war, kannte, hat man sich des öfteren und nicht nur zu Beginn der Auseinandersetzung auf Ps.-Hermogenes, Περί  μεθόδου δεινότητος­,  berufen.  Dort heißt es, die Diatribe sei „die Entfaltung  (εκτασις)  eines  kurzen  Gedankens  ethischen  Inhalts" 23 .  Doch zum Verständnis dieser Definition muß man Aussagen bei Aristoteles (Rhet., 1418 a 27-29) und den um 300 n. Chr. schreibenden Rhetoriker Menander 24 über die διατριβή,  als  einen  bestimmten  rhetori­ schen  Kunstgriff  (expolitio,  commoratio) 25 berücksichtigen. Gemeint ist nämlich, daß der Redner bei seinem Gedanken verweilt, indem er ihn sprachlich variiert  (περιττότη?  κατά  λέξιν).  Konkret  z.B.  auf  die  Ge­ richtsrede  angewandt, heißt dies, der Anwalt sollte vor Gericht den Kairos nicht verpassen oder zu kurz kommen lassen, seine eigene moralische Integrität  (ήθος)  und  den  Mangel  einer  solchen  beim  Gegner  darzustellen,  indem  er  „verweilt",  um  die  Richter  nachhaltig  zu  beein­ drucken 26 .  [147] 

1.3.2 Zur  Herleitung  aus  der  Dialexis  Am  meisten  hat  die  These  von  O.  Halbauer  (1911)  angesprochen 27 ,  die  den  „Stil  der  Diatribe"  als eine Form  der  antiken διάλεξις erklärt. 23

24

Hg.  ν. H. Rabe, Rhetores  Graeci, VI, Lipsiae  1913 (Nachdruck:  Stuttgart  1969),  418,3­ 5:  Διατριβή  έστι  βραχέος  διανοήματος  ήθικοϋ  έκτασις,  'ίνα  έμμείνη  το  ήθος  του  λέγοντος  έν  τή  γνώμη  τοϋ άκούοντος.  Vgl.  vor  allem  G.L. Kustas,  Diatribe  in  Ancient  Rhetorical  Theory,  in: Protocol  of  the Colloquy  of  the Center  of  Hermeneutical  Stud­ ies 22 (1976) 6­11; 14f., und  M.A. Schatkin, John Chrysostom  as Apologist  (Άναλέκτα  Βλατάδων,  50),  Thessaloniki  1987,  82,  die  mit  der  Lesart  ήθική  εκθεσις  statt  ήθικου  εκτασις  von  D.R.  Dudley,  A  History  of  Cynicism  from  Diogenes  to  the  6th  Century  A.D.,  London  1937,  111, abhängig ist. Zur Berufung auf Ps.-Hermogenes bei P. Festugiere, La revelation d'Hermes trismegiste, II, Paris 1949, 29, vgl. P. Boyance (Anm. 7), 307, Anm. 4.

Menander Rhetor, Tlepl  επιδεικτικών,  hg.  v.  D.A. Rüssel - N.G. Wilson, Menander Rhetor, Oxford 1981, 335,22; 339,10; 340,18f. 25 J. Martin, Antike Rhetorik. Technik und Methode, München 1974,135. 26 W.S. Anderson (Anm. 8), 17-19; B.P. Wallach, Lucretius and the Diatribe Against the Fear of Death. De rerum natura  Π,  830­1094,  Mnemosyne,  Supplementum,  40,  Lei­ den  1976, 30.  27  Zu  dessen  Dissertation  De  diatribis  Epicteti,  Leipzig  1911,  vgl.  S.K.  Stowers  1981  (Anm.  1); Th.  Schmeller  (Anm.  1); K. Berger  (Anm.  2). Bei W.  Capelle  (Anm.  10)  und  H.I.  Marrou,  Diatribe,  B. Christlich,  RAC  ΙΠ  (1957)  997­1008  wird  die  These  von  O.  Halbauer,  die  Diatribe  sei  eine populärphilosophische Dialexis, noch nicht erwähnt. Kritik wurde schon früh geäußert und bei H. Cancik, Untersuchungen zur Senecas Epistulae morales, Spudasmata, 18, Hildesheim 1967, 47, Anm. 79, wieder aufgegriffen. Sie weist darauf hin, daß es wenig sinnvoll sei, den Begriff Diatribe durch jenen der Dialexis zu ersetzen, wenn man „inhaltlich wie formal nicht präzis" fassen kann, was man zuvor mit Diatribe bezeichnet hat.

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

War  διάλαξις ursprünglich ein Synonym für den Begriff  διάλογος  gewesen,  so  meint  dieser  Terminus später jenen Vortrag von Philosophen und Rhetoren im kleinen Kreis, in dem Zwischenfragen und Einwürfe von Zuhörern beantwortet wurden und der Kontakt zum Publikum weitgehend noch so unmittelbar war, daß echte Gesprächssituationen entstehen konnten. Doch wie verändert sich diese Form der Dialexis, wenn das Publikum zunimmt? Je größer die Zuhörerschaft wird, je weniger sie mit dem Vortragenden in persönlicher Lebensgemeinschaft verbunden ist, desto weniger ist ein Vortrag zu verwirklichen, der in ein direktes Gespräch übergeht bzw. nur Anleitung zu einem solchen Gedankenaustausch (διαλεγεσθοα)  sein  will. Bleibt  es jedoch  in  diesem veränderten sozialem Kontext für den Redner ein Anliegen, mit dem einzelnen Zuhörer eine Art Gespräch zu führen, dann hat er nur die Wahl, den Hörer direkt mit „Du" im Gesprächston anzureden und dabei an dem für ein Gespräch angemessenen „schlichten Stil", unterstrichen durch Parataxe und Asyndeton, festzuhalten, alles andere aber, was zu einem Gespräch gehört, zu fingieren. So kann man sich vorstellen, daß sich die Darstellungsform der Diatribe aus der Dialexis heraus entwickelt hat. Doch auch wenn dieser Zusammenhang, historisch gesehen, hinreichend bewiesen wäre, ist es m.E. sinnvoll, wegen des Unterschieds zwischen einer realen und einer fingierten Gesprächssituation am modernen Begriff der Diatribe festzuhalten. Denn der Unterschied ist für die Makro- und Mikrostruktur der Texte nicht unerheblich.

1.3.3 Zur Ableitung der Diatribe aus der Thesis, einer Schulübung Mag der historische Zusammenhang mit der Dialexis auch wahrscheinlich sein, so ist deswegen der Einfluß eines anderen Genre nicht ausgeschlossen. Inwiefern ist die Auffassung von H. Throm 28 bzw. B.P. Wallach29, die auch bei H.I. Marrou anklingt30, berechtigt, daß die Diatribe die (nach B.P. Wallach popularisierte) Form einer praktischen bzw. paränetischen Thesis ist? Es handelt sich hierbei um eine dialektische Übung, die im Peripatos beheimatet war und dann seit Hermagoras (2. Jh. v. Chr.) eine Form der rhetorischen Progymnasmata oder 28

Die Thesis. Ein Beitrag zu ihrer Entstehung und Geschichte, Rhetorische Studien 17, Paderborn 1932. 29 A History of the Diatribe from Its Origin up to the First Century B.C. and a Study of the Influence of the Genre upon Lucretius  ΠΙ, 830­1094,  (Diss.)  University  of  Illinois  1974; dies.,  1976 (Anm.  26).  30  Diatribe  (Anm.  27),  1003. 

Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

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Schulübungen geworden ist. Sollte [148] der Schüler z.B. das Thema „Soll Cato heiraten?" (die sog. Hypothese) behandeln, dann mußte er die entsprechende θεσις πρακτική vortragen, d.h. argumentativ die Frage beantworten: „Soll man überhaupt heiraten?" bzw. „Darf der Weise heiraten?". Man wird mit H. Throm 31 nicht bestreiten können, daß in dieser Form der Schulübung und des Essays auch dialogische Elemente, selbst der fiktive Dialog32, eingesetzt wurden. Doch zum anderen ist das διαλεγεσθαι  zur Lösung des  διαλεκτικόν  πρόβλημα,  das  Η.  Throm 33  be­ tont,  nicht  das für eine Gesprächssituation typische und rekurriert, was die Argumentation betrifft, auf die typisch dialektischen Beweisverfahren. Schon R. Bultmann 34 hatte darauf hingewiesen, daß die dialektischen Beweise in den vom ihm benutzten Quellen selten sind. Es kommt hinzu, daß in der Gesprächssituation die Kommunikation der Form nach durch das unmittelbare Gegenüber („Du") und in deren Mimesis durch den fiktiven Zwischenredner bestimmt wird. Sofern im „Stil der Diatribe" ein allgemeines „Wir" auftaucht, mit dem menschliche Erfahrung argumentativ eingebracht wird  (έκ  των  καθ'  ημάς),  zeigt  sich  m.E.  ein Einfluß der Argumentationsmethode der Thesis, aber auch, wie Hermogenes (ca. 160-225 n.Chr.) zeigt, des sog. τόπος  κοινός. 

1.4 Das Ergebnis:  Eine  deskriptive  Definition des Terminus  „Diatribe"  Auf  Grund  des  bisher  Gesagten dürfte deutlich geworden sein, daß mit dem Terminus „Diatribe" genügend unbeantwortete Probleme verbunden sind. Der Ausgangspunkt liegt in der Erkenntnis des Historikers, daß bestimmte Texte in ihrem „Stil", genauer in ihrer Darstellungsform typische Gemeinsamkeiten besitzen, die sie von anderen unterscheiden. Eine erste Hypothese zur Kennzeichnung dieser Darstellungsform lautet, daß sie sich aus einer rednerischen Praxis ableitet und daß der schriftliche Niederschlag bis hin zu bestimmten Briefen und kleinen Traktaten sekundär ist. Damit kommt im weitesten Sinn die Populärphilosophie mit ihrem „Sitz im Leben" auf dem Markt und im Schulgespräch ins Spiel. Fragt man von hier aus in formgeschichtlicher Hinsicht nach einer historischen Ableitung des „Stils der Diatribe", dann zeigt sich vorläufig nur, daß sie nicht einfachhin mit Vorgegebenem auf 31 32 33 34

Die Thesis (Anm. 28), 156. H.I. Marrou (Anm. 27), 1003. Die Thesis (Anm. 28), 165. Der Stil (Anm. 8), 55.

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

einen Nenner zu bringen ist, also [149] etwas Eigenes hat. Will man dieses näherhin umschreiben, dann erscheint eine reine Aufzählung einer Vielzahl von Elementen wie bei R. Bultmann (1910) nicht befriedigend. Dies führt zur Frage nach konstitutiven Elementen für eine deskriptive Definition. Diese konnte im Rahmen dieses Artikels nicht näherhin aus Texten begründet werden und hat darum einzig den Status einer Hypothese, die sich an Texten zu bewähren hat und die lautet: Für die Form der Diatribe sind sowohl in der Makro-, als auch in der Mikrostruktur jene Elemente konstitutiv, in denen der Vortrag für den Hörer (bzw. den sog. inneren Leser) den Eindruck zu vermitteln sucht, er sei in eine Gesprächssituation eingebunden. Eine notwendige, doch nicht hinreichende Bedingung ist dafür der einem Gespräch angemessene Sprachstil, in der Literatur oft „Gesprächston" genannt, in der antiken Theorie durch die „Idee" 3 5 der Schlichtheit  (άφελεία)  oder  im  weiten  Sinn 36  als  λέζις ειρομενη  gekennzeichnet 37 .  Entscheidend  sind  bestimmte  Formen  der  Kommunikation,  die  dazu  dienen,  dem  Vortrag  einen  „dialogischen  Charakter"  zu  geben  und  den Hörer so einzubinden, daß er in der rednerischen Darstellungsform als jemand erscheint, der aktiv am Gespräch beteiligt ist. Anhand von Texten Severians sollen im zweiten Teil Formen der Kommunikation (Mikrostruktur) vorgestellt werden, die dem Fingieren eines Gesprächs (Makrostruktur) dienen. Alle anderen Elemente, denen eine Rolle in dieser Art des „dialogisch gestalteten Vortrags" (P. Wendland) zufällt, sind m.E. sekundär. Dies gilt z.B. für den Einsatz von Sentenzen oder eingängigen Slogans und Merksätzen, die, seitdem die Kunstprosa für ihren Rhythmus dem expiratorischen Akzent gefolgt ist38, oft schon reimender Art sind. Mit der dialogischen Darstellungsform hat das schöne, im Geschmack der Zeit rhythmisch wohlklingende Wort an sich nichts zu tun. Dies gilt auch für all die kleinen Raffinessen wie Allitteration, die Gestaltung von Parallelismen mit Gleichklang (Parhomoiosis) bzw. mit gleichem Anfang (Anaphora, bes. bei Imperativen und Fragen) oder mit gleichem Ende [150] (Epiphora, bes. bei gleichen Antworten auf parallele Fragen), schließlich der Einsatz von Homoioteleuta. Offensichtlich empfand der Mensch der Spätantike diese rhetorischen Kunstgriffe 35 36 37 38

D. Hagedorn (Anm. 17). D.M. Schenkeveld (Anm. 13). G.L. Kustas (Anm. 19), 27-45; K.-H. Uthemann (Anm. 20), 345. Zum Prosarhythmus und dem sog. Meyerschen Gesetz vgl. W. Hörandner (1981), Der Prosarhythmus in der rhetorischen Literatur der Byzantiner, Wiener Byzantin. Studien XVI, Wien 1981.

Bemerkungen zum Terminus „Diatribe"

393

nicht als Widerspruch zur Fiktion eines Gesprächs mit dem Hörer und zum schlichten Sprachstil („Gesprächston") 39 .

1.5 Eine Anmerkung zur Homilie in der Synagoge der jüdischen Diaspora Wichtig wäre für die historische Frage nach der Rezeption der Darstellungsform der Diatribe durch christliche Prediger eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob schon die Homilie der jüdischhellenistischen Gemeinde den „Stil der Diatribe" aufgegriffen hatte. Nach H. Thyen (1955) 40 ist dies der Fall gewesen, wie er im Ausgang von Texten zu beweisen gesucht hat, deren überwiegende Zahl uns nur noch in christlicher Überarbeitung zugänglich sind. F. Siegert (1980) hat drei Texte, die in der armenischen Überlieferung Philon zugeschrieben werden, herausgegeben und als Bestätigung der These von H. Thyen interpretiert 41 . Doch hat beides in der Forschung keinen rechten Anklang gefunden. Nach S.K. Stowers (1981), 41, ist die These von H. Thyen „guesswork". Andere kritisieren die schmale Textbasis, wieder andere, daß der vorausgesetzte Begriff der Diatribe (wie bei R. Bultmann) nicht hinreichend geklärt sei 42 . Wie weit die Homilie in der jüdischen Diaspora der Diatribe verpflichtet ist, könnte sich an Philon zeigen, dessen Namen schon früh von P. Wendland (1895) in der Diskussion um den Einfluß der kynischstoischen Diatribe genannt wurde. Doch ein Konsens der Forschung zeichnet sich nicht ab, auch nicht, wenn es z.B. um die Untersuchungen von P. Borgen 43 geht und allgemein um die Frage nach einem Zusammenhang mit bestimmten Texten des NT, die als Predigtresumees zu interpretieren sind. Es führt für den Historiker keine direkte Brücke von Philon zur christlichen Homilie, und insofern hat S.K. Stowers recht, wenn er sagt: „While the thesis that the style of the diatribe was

39

Zur Beurteilung rhetorischer Kunstgriffe in der Predigt durch Johannes Chrysostomus vgl. K.-H. Uthemann (Anm. 20), 345f., und zur Bedeutung für Augustins Auffassung der Predigt vgl. dens., Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt, Augustinianum 36 (1996) 149-153; 159-162; 178-180 (unten S. 468-472; 478-480; 494-496).

40 41

Der Stil (Anm. 12). Drei hellenistisch-jüdische Predigten, Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 20, Tübingen 1980. K.P. Donfried (Anm. 12), 28; K. Berger (Anm. 2), 1129; 1366.

42 43

Bread from Heaven. An Exegetical Study of the Concept of Manna in the Gospel of John and the Writings of Philo, Supplements to Novum Testamentum 10, Leiden 1965; ders., Philo, John and Paul. New Perspective on Judaism and Early Christianity, Brown Judaic Studies, Atlanta, Georgia, 1987, bes. 51-61.

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

mediated to early Christian[151]ity by hellenistic Judaism is reasonable, evidence ... has not yet been brought to light"44. Man wird also nicht, wie es Μ. Sachot tut45, unterstellen dürfen, daß der historische Zusammenhang bewiesen ist. Dies gilt beim heutigen Stand der Komparatistik46 auch für die Entwicklung des homiletischen Midrasch im 3. und 4. Jahrhundert, in dem ebenfalls Dialoge üblich waren, welche die Prediger „mit wechselnder Stimme vortragen und unter Imitation der Charaktere" 47 .

2. Der Stil der Diatribe in den Homilien Severians Wenn hier die Homilien Severians von Gabala vorgestellt werden sollen, dann deshalb, weil sie ein markantes Beispiel dafür sind, wie die christlichen Prediger als Menschen der Spätantike die ihnen vorgegebene Form der Diatribe aufgegriffen und auf ihre Bedürfnisse hin angewandt haben. Was bisher als Untersuchungen zum „Stil der Diatribe" in frühen Predigten vorliegt, sei es die knappe Skizze von E. Norden 48 , sei es jene von R. Butterworth zu der unter dem Namen Hippolyts von Rom laufenden Predigt gegen Noet (CPG 1902)49, sei es jene von R.F. Regtuit zu einer Predigt, die vermutlich Severian von Gabala gehört (CPG 4204)50, bietet einzig eine Aufzählung von Elementen, wobei sich R. Butterworth und R.F. Regtuit so, wie es schon H. Thyen und Th. Schmeller51 getan haben, an der Aufzählung der Elemente bei R. Bultmann orientieren. Über den Stil der Predigten Severians ist gerade in unserem Jahrhundert viel geschrieben worden. Denn man hofft, über bestimmte Eigenarten, von S.J. Voicu „stilemi" genannt 52 , ein Kriterium zu gewinnen, auf Grund dessen man entscheiden kann, ob Texte, für die Severian in frühen Übersetzungen und in indirekter Überlieferung nicht ein44 45 46 47 48 49 50 51 52

The Diatribe (Anm. 1), 41. Homilie (Anm. 20), 154. K.P. Donfried (Anm. 12), 33f. M. Sachot (Anm. 20), 153. Die antike Kunstprosa, II (Anm. 21), 547ff„ bes. 556-558. Hippolytus (Anm. 12), 118-141. Severian (Anm. 12), 184-191. Zu Fragen der Authentizität von Predigten Severians vgl. K.-H. Uthemann, Severian von Gabala, in BBKL IX (1995) 1496-1502 (Bibl.). Vgl. die bei diesem (Anm. 1), 203ff. genannten vier „Merkmale" zur Beschreibung der Diatribe, ferner vgl. Anm. 8; 12. In illud: Quando ipsi subiciet omnia (CPG 4761), una omelia di Severiano di Gabala?, RSBN 17-19 (1980-1982) 5-11; ders., Nuove restituzioni a Severiano di Gabala, RSBN 20-21 (1983-1984) 3-24.

Der Stil der Diatribe in den Homilien Severians

395

deutig als Autor bezeugt ist, [152] zum Corpus authentischer Homilien Severians hinzuzufügen sind oder nicht. Den Zusammenhang mit dem „Stil der Diatribe" haben bisher einzig J. Kecskemeti 53 und R.F. Regtuit gesehen. Doch die Bedeutung eines solchen Vergleichs für die Frage nach eindeutigen textinternen Kriterien, um Aussagen über die Authentizität von Texten machen zu können, ist bisher nicht bedacht. Denn was unter den „stilemi" zum Genre gehört, sollte man nicht als Kennzeichen individuellen Stils interpretieren, als Ausdruck „der Leidenschaft eines Exegeten", der sich für eine (im Sinn des modernen Lesers) kohärente Darstellung „nicht die Zeit ließ" und darum „Methode und Stringenz (rigueur)" missen läßt 54 . Nebenbei sei bemerkt, daß J. Kecskemeti den Hauptunterschied zu Johannes Chrysostomus darin sieht, daß bei letzterem die Diatribe keine (!) Rolle spiele 55 . Es fehlt zwar, sieht man von Bemerkungen bei A.-M. Malingrey und M.A. Schatkin 56 ab, eine entsprechende Untersuchung, doch ist es m.E. deutlich, daß auch Johannes Chrysostomus die Darstellungsform der Diatribe, wenn auch verhalten, einzusetzen weiß.

2.1 Eine Bemerkung zur Person und zum Werk Severians Severian, Bischof von Gabala, einer Hafenstadt in Syrien, heute Jeble bzw. Djebele genannt, kam wahrscheinlich noch im selben Jahr, als Johannes Chyrsostomos Bischof von Konstantinopel wurde, in die Hauptstadt am Bosporus. Als Johannes im Januar 401 nach Ephesos reiste, um in der Diözese Asia als kirchlicher Richter einzugreifen, beauftragte er Severian mit seiner Vertretung in geistlichen Angelegenheiten, insbes. mit der Predigt in der Hagia Sophia. Der Konflikt, der sich hieraus ergab und gewiß dabei mitspielte, daß sich Severian der 53

54

55 56

Exegese Chrysostomienne et exegese engagee, Studia Patristica XXII (1989) 136-147; dies., Doctrine et drame dans la predication grecque, Euphrosyne n.s. 21 (1993) 2 9 68; dies., Severien de Gabala: exegete et theologien antiochien meconnu, Euphrosyne n.s. 24 (1996) 99-126. J. Kecskemeti 1996 (Aran. 53), 120f. Bei R.F. Regtuit (Anm. 12) steht Referat und Beurteilung der Stiluntersuchungen zu Severian (163-184), in denen manches angeschnitten wird, was zum Thema der Diatribe gehört, ebenso wie seine Abhandlung zur Authentizität von CPG 4204 (ebd., 214-228) unverbunden neben seinen Bemerkungen zur Diatribe. Zu J. Kecskemeti 1996, 122f.; 125, sei angemerkt, daß sich alle genannten Inedita (CPG 4232, 4271, 4906, 4917, 5003, 5027 [zitiert als „In Iudaeos" etc.]) in der von ihr (ebd., 126) genannten Edition finden (vgl. dazu S. 419 [176]). Zu ihren Aussagen über die Authentizität der von ihr Severian zugeschriebenen Homilien, insbes. auch zu CPG 4735, vgl. Anm. 50. Studia Patristica 1989 (Anm. 53), bes. 140-147. John (Anm. 23). Vgl. auch das u.a. zu CPG 4400 in Anm. 60 Gesagte.

396

Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

Koalition gegen Johannes anschloß, kann hier nicht dargestellt werden. Auf jeden Fall finden wir Severian im Herbst 403 auf der Eichen[153]synode als einen der Ankläger und im Frühsommer 404 zusammen mit Akakios von Berroia und Antiochos von Ptolemais als einen Verbündeten der Kaiserin Eudoxia und deren Troika „frommer Witwen", denen es gelang, Chrysostomos ins Exil zu schicken. Als Flavian von Antiochien am 26. September 404 starb, glückte es, wie es heißt, „den Anhängern" Severians und seinen beiden soeben genannten Freunden, in einer schnellen Aktion ihren Kandidaten Porphyrios als Nachfolger Flavians zu weihen und dessen Anerkennung durch den Kaiser zu erreichen. Inwieweit es sich hierbei um Nachwehen des antiochenischen Schismas handelt, bei dessen Beilegung Akakios die entscheidende Rolle gespielt hat, und ob dabei letztlich eine unterschiedliche Interpretation der  fides  Nicaena eine Rolle gespielt hat, kann hier nicht diskutiert werden. Zieht man in der Forschung bisher nicht hinreichend beachtete Quellen hinzu, dann dürfte Severian früh, nämlich 408 auf 409, gestorben sein. Dies mag zur Biographie Severians und zu seinem Konflikt mit Johannes Chrysostomos genügen 57 .

2.2 Zwei Predigten Severians zur christlichen Ethik Wenn man die Frage beantworten will, inwiefern Severian in seinen Predigten den „Stil der Diatribe" rezipiert hat, dann scheint es sinnvoll, mit Predigten zu beginnen, in denen zumindest im weitesten Sinne Fragen der Ethik zur Sprache kommen. Denn, wie eingangs kurz erwähnt wurde, ist die Diatribe ihrer Herkunft nach eine Form des Vortrags, der Antworten auf konkrete Lebensfragen vermitteln und die Hörer zu einem neuen Denken und Ethos anregen will, der z.B. zeigen will, wie man seine Bedürfnisse einschränken kann, um sich nicht durch Äußeres, das man nicht verändern kann, wie Schicksalsschläge, Krankheit, ungerechtfertigte Anklagen, Folter, Verbannung, kurz alles, was in den Peristasen-Katalogen [154] aufgezählt wird, beherrschen oder auch nur betreffen zu lassen 58 . Bei diesen Ansprachen geht es, mehr oder weniger betont, um eine Botschaft zum Sinn des Lebens und 57

Ausführlicher K.-H. Uthemann (Anm. 50), 1487-1491. Zur Wirkungs- und Überlieferungsgeschichte der Predigten Severians sowie zu dessen Nachleben im Gedächtnis der byzantinischen und monophysitischen Kirchen ebd., 1491-1495.

58

Eine eindrucksvolle Übersicht über die Themen bietet A. Oltramare, Les origines de la diatribe romaine, Lausanne - Geneve 1926, 4 4 - 6 5 (aus griechischen Quellen); 2 6 3 292 (aus Seneca). Viele dieser Themen findet man z.B. im Paidagogos des Klemens von Alexandrien (CPG 1376).

D e r Stil der D i a t r i b e in den H o m i l i e n S e v e r i a n s

397

zugleich um Seelsorge, um Seelenführung. Oft genug wird der Inhalt auf eine kurze Formel gebracht, die in der Tradition der kynischstoischen Paradoxa steht, wie z.B. „Der Weise ist reich, der Reiche aber arm" oder „Nur der Fromme, der Gottes Gesetz anerkennt, ist frei" 59 oder, um eine Schrift des Johannes Chrysostomos zu nennen, durch die er aus dem Exil zu seiner Gemeinde spricht, Nemo laeditur nisi a seipso: „Wer verletzt wird, hat sich selbst verletzt" (CPG 4400) 60 . Nun ist bei Severian im Unterschied zu Johannes Chrysostomos die christliche Lebenspraxis kein großes Anliegen. Dies stimmt auch dann, wenn man nicht mehr behaupten kann, Severian sei deshalb sogar von seiner Gemeinde kritisiert worden. Denn der betreffende Text gehört ursprünglich nicht zu jener Predigt Severians (CPG 4198), an deren Ende er, und zwar nur im Griechischen, überliefert wird.

2.2.1 Eine Homilie zu prinzipiellen Fragen christlicher Ethik Ein gutes Beispiel, wie im „Stil der Diatribe" ein Gedankengang wie in einem Gespräch assoziativ vorangetrieben wird, ist jene Homilie, in der Severian zunächst über das Verhältnis von Glaube und Werken,  ττίστις·  und  εργα,  und  insofern über die Grundlegung einer christlichen Ethik gesprochen (CPG 4185) und dann in einem zweiten Teil gefragt hat, was eigentlich gute Werke sind, und von hier aus in einem dritten Schritt auf den Sinn der Vertreibung des Menschen aus dem Paradies zu sprechen gekommen ist. Was die drei Teile verbindet, ist der Psalmvers „Ich bin ein fruchtbarer Ölbaum im Hause Gottes" (Ps. 51,10 LXX). Im Proömion (PG 48,1081,1-41) stimmt Severian, wie es bei ihm für den Beginn einer Predigt üblich ist, im Stil rhythmischer 61 , deklamierender

59

D i e s ist d a s T h e m a v o n 4 M a k k . , eine d e r j ü d i s c h e n Q u e l l e n v o n H . T h y e n (1955), d a s s c h o n i m Titel a n g e k ü n d i g t wird:  Φιλοσοφία  Ίωσήπου  περι  του  οτι  αύτοδεσποτός  έστί  των  παθών  ό  ευσεβής  λογισμός.  Vgl.  dazu  Ε.  N o r d e n ,  D i e  antike  K u n s t p r o s a  ( A n m .  21),  1 , 1 8 9 8  ( b e n u t z t  3 1915),  417. 

60 

D e n  Titel  n e n n t  J o h a n n e s  i m  17.  Brief  an  O l y m p i a s  ( C P G  4405):  "OTL TÖV  εαυτόν  μή  άδικοΰντα  ουδείς  έτερος  παραβλάψαι  δυνήσεται,  (4  c,  3 8 4  M a l i n g r e y ) .  Z u m  g l e i c h e n  Pa­ r a d o x o n  vgl.  a u c h  z w e i  H o m i l i e n  v o n  C h r y s o s t o m o s :  Horn,  in  M a t t h .  ( C P G  4424),  8 0 , 4 ,  P G  5 8 ,  7 2 9  A  2 1 ­ 2 2 ;  H o r n ,  i n  A c t u s  ( C P G  4 4 2 6 ) ,  5 1 , 4 ­ 5 ,  P G  6 0 ,  3 5 6 ­ 3 5 8 . 

V g l . 

a u c h  E.  A m a n d  d e  M e n d i e t a ,  L ' a m p l i f i c a t i o n  d ' u n  t h e m e  s o c r a t i q u e  et  sto'icien  d a n s  l ' a v a n t ­ d e r n i e r  traite  de  J e a n  C h r y s o s t o m e ,  B y z a n t i o n  36  (1966)  3 7 4 ­ 3 7 6 ;  M . A .  S c h a t k i n  ( A n m .  23).  61 

W e n n  hier  u n d  i m  f o l g e n d e n  auf  den  R h y t h m u s  h i n g e w i e s e n  w i r d ,  d a n n  ist  d a m i t  a u c h  a u f  d a s  sog.  M e y e r s c h e  G e s e t z für den R h y t h m u s d e r K u n s t p r o s a a n g e s p i e l t vgl. W . H ö r a n d n e r (oben A n m . 38). - Z u m Z u s a m m e n h a n g v o n P r o ö m i u m u n d H y m n u s vgl. K. B e r g e r ( A n m . 2), 1 1 7 1 - 1 1 7 3 .

398

Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

Kunstprosa, den Hörer auf dieses Psalmwort ein, um ihn dann unmittelbar mit einem „Du" anzusprechen: Du wirst viele Menschen finden, die auch ohne Bezug zur Wahrheit mit guten Werken, so wie es aussieht, glänzen. Du wirst Männer finden, die menschliches Mitgefühl zeigen, die Almosen geben, die auf Gerechtigkeit achten. [155] Doch da sie ,das Werk der Wahrheit' nicht kennen, bringen diese ihre Werke keine Frucht.

„Das Werk der Wahrheit" ist der Glaube, wie Severian mit Joh. 6,28-29 verdeutlicht, indem er zugleich den Glauben des Hörers anspricht: Schau, wie (der Herr) den Glauben ein Werk genannt hat. Ja, du hast geglaubt, und zugleich hast du mit Werken geglänzt (1081,41-53).

Die Begründung, daß Werke nur im Glauben zum Heil  (σωτηρία) führen, folgt nicht in begrifflicher Präzision, sondern in rhythmischer Kunstprosa ad hominem, indem die Werke in ihrem innerweltlichen Horizont dem Glauben in seiner Ausrichtung auf Gott gegenübergestellt werden und diese Antithese dann durch ein Enkomion auf den Glauben amplifiziert wird: Denn die Werke sind auf Menschen hin von Menschen vollbracht. Der Glaube aber richtet sich als Tat des Menschen auf Gott.Der Glaube erweist den, der sich (zu Gott hin) umkehrt, als einen Bürger des Himmels. Der Glaube macht den von der Erde stammenden Menschen zu Gottes Gefährten. Nichts ist ohne Glauben gut (1081,55-60).

Nun hebt der Redner die im „Du" liegende Distanz zu seinem Zuhörer auf, indem er ihn als Gemeinschaft anspricht: „Brüder, mir scheinen ich will ein Bild für das gebrauchen, was ich gesagt habe, - mir scheinen jene, die gute Werke tun und den Gott, den wir verehren, nicht kennen, wie gut gekleidete Skelette von Toten, die keinen Sinn mehr für das Gute haben" (1081,60-64). Dies genüge, um einen Eindruck zu vermitteln, wie hier im ruhigen Gesprächston im weitgehend asyndetischen, parataktischen Stil dennoch dem rhetorischen Geschmack durch Prosarhythmus und Sinnfiguren entsprochen wird. Der erste Gedankengang endet in einem rhythmisch einprägsamen Merksatz, der das Wesentliche festhält, und in einem Imperativ, in dem das Wort des Psalmisten aufgegriffen und assoziativ der Übergang zum zweiten Teil vorbereitet wird: Δει  TOLVUV  προλάμπειν των έργων την ττίστιν,  καΐ  άκολουθεϊν τη  πίστει  τά  έργα.  Vorausleuchten muß den Werken der Glaube, und folgen müssen dem Glauben die Werke. Werde ein fruchtbarer Olbaum! Doch werde es ihm Hause Gottes!, nämlich auf Grund deines Glaubens, dem deine Werke folgen (1082,50-56). [156]

Der Stil der Diatribe in den Homilien Severians

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So ruft Severian auch zum Abschluß des zweiten Gedankengangs: „Laßt uns also, Geliebte, ein fruchtbarer Olbaum werden!" (1083,52). Hier ging es ihm um eine Antwort auf die Frage:  „Τίνα  δέ  έργα  τοΰ  θεοϋ;"  und  er  begann  mit  einem  allgemein  menschlichen  „Wir",  mit  dem  Wissen  aller  Menschen  um  das,  was  von  Natur  aus  gut  oder  Ge­ setz  Gottes  ist  (1082,56­63),  um  dann  einen  anonymen  Zwischenredner  einzuführen, der in direkter Rede einen Einwand vorträgt: „Ich kenne kein Gesetz. Ich weiß nicht, was für Inhalte das Gesetz hat" (1082,6364). Severian antwortet, in dem er ein „Du" anredet und diesem zeigt, daß alles Böse sich nie als solches zeigt („es hat kein Gesicht"), sondern sich stets unter der äußeren Fassade von Tugenden verbirgt (1082,641083,32). Doch, was hat dieses mit seiner Frage zu tun? Severian hat selbst den Eindruck, vom Thema abgekommen zu sein, und er ruft seinem Gegenüber zu: „Laßt uns zum Thema zurückkommen! Bruder, willst du einsehen, was das (von Gott) in die Natur gelegte Gesetz v e r m a g ? "  ('Αλλ'  e l s  t o  προκείμενον  έπανέλθωμεν.  θ έ λ ε ι ς  ίδείν,  αδελφέ, 

κτλ.).  Auch  wenn  unsere  Seele  sich  ins Böse verliert, erkennt sie immer noch das Gute. Dies verdeutlicht Severian daran, wie man am besten mit Mächtigen umgeht, die auf Unrecht aus sind. Er führt mit der Standardformel φησίν  einen  fiktiven  Zwischenredner  ein,  der  einen  solchen Bösewicht direkt anredet: „Du bist ein guter Mensch. Dein guter Name ist allen bekannt. Alle loben deine Wohltaten". Doch geht Severian nicht auf diesen Redner ein, sondern wendet sich mit dem folgenden „Du" wieder seinem eigentlichen Gesprächspartner, dem Hörer, zu. Eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage:  „Τίνα  δέ  τα  έργα  τοϋ  θεοϋ;",  hat  er  nicht  gegeben,  und  doch schließt er nun, wie schon zitiert, diesen zweiten Gedankengang ab:  ,,Γενώμεθα  ouv,  αγαπητοί,  έλαια  κατάκαρπος  ­  έν  ο'ίκω  θεοϋ",  um  sogleich  assoziativ  von  David,  der  als  Sprecher  des  Psalmwortes  sagt,  er  sei  im  Hause  Gottes,  zu  Adam überzuleiten, der aus dem Paradies vertrieben wurde, und damit zum dritten Gedankengang, indem es ihm darum geht, daß die Vertreibung aus dem Paradies für Adam bzw. den Menschen zur Erkenntnis der menschlichen Schwäche (1084,56-61), vor allem aber der Sterblichkeit (1084,68-1085,41), geführt hat und, aus der Sicht Gottes betrachtet, den Menschen erziehen sollte (1085,42). Daran knüpft Severian eine kleine Theodizee 62 . [157]

62

Was nach P G 48,1086,46 folgt, gehört nicht mehr zu dieser Homilie, sondern zu CPG 4210.

400 

Formen  der  Kommunikation  in  den  Homilien  Severians  von  Gabala 

Die  assoziative  Verbindung,  auch  hier  wieder  durch  ein  Άλλ'  ei?  τό  προκείμενον  έπανελθωμεν  (1084,51)  stilisiert,  unterstreicht,  daß  der  Red­ ner  mit  seinem  Zuhörer  ein  Gesprδch  führt,  dessen  Fortgang  nicht  von  vorneherein  festgelegt  ist.  Dies  dürfte  der  Grund  dafür  sein,  daß  in  den  Texten,  die  man  der  Darstellungsform  der  Diatribe  zuweist,  eine  Glie­ derung  nicht  unmittelbar  ins  Auge  springt,  ja,  wie  seit  R.  Bultmann 63  von  verschiedenen  Autoren  festgestellt wurde 64 ,  oft nicht vorhanden  ist.  Auch  im  dritten  Gedankengang  begegnet  wieder  das  allgemein  menschliche  „Wir":  Wir  sehen,  daß  wir  sterben  und  zu  Staub  zerfallen,  und  wir  werden  so  durch  das,  was  wir  sehen,  erzogen  (παιδευόμεθα).  Doch  angeredet  bleibt  das  „Du".  Sofern  der  Prediger  auf  früher  in  die­ ser  oder  in  anderen  Predigten  Gesagtes  mit  stereotypen  Formeln  wie  z.B.  ώς   εφθην  ειπών  (1084,4.54­55)  zurückweist,  wird  ein  vertrauter  Umgang  insinuiert  und  zugleich  ad  hominem  das  Argument  abgekürzt  und  in  eine  umfassendere  Kohδrenz  eingebettet.  Solche  Formeln  („wie  ich  schon  früher  gesagt  habe",  „wie  ich  soeben  sagte")  tragen  zur  Fikti­ on  einer  Gesprδchssituation.  Auch  in  diesem  Teil  der  Homilie  lδßt  Severian  einen  direkten  Red­ ner  auftreten,  nδmlich  einen  um  seine  verstorbene  Frau  Trauernden,  der  nachliest,  was  er  einst  für  den  Todesfall  festgelegt  hatte:  „Und  dies  mußte  ich  erleiden?  Dies  hatte  ich  (damals)  erwartet?  Daß  ich  dies  er­ leide  und  meine  Frau  verliere?"  (1085,37­39).  Dem  hδlt  der  Prediger  wie  im  Ansatz  zu  einem  Dialog  nicht  ohne  Ironie  entgegen:  „Was  ist  nun?  Hattest  du  vergessen,  was  du  (damals)  geschrieben  hast?  Als  du  mit  dieser  Sache  (d.h.  daß  der  Mensch  sterblich  ist)  nicht  konfrontiert  warst,  durchschautest  du  die  Gesetze  der  Natur.  Nachdem  du  aber  in  dein  Unglück  hineingeraten  bist,  hast  du  die  Gesetze  der  Natur  verges­ sen?"  (1085,39^2). 

2.2.2  Eine Homilie  über  Bekehrung  und  tδtige  Nδchstenliebe  In  einer  Predigt  über  den  Sinn  der  μετάνοια  (CPG  4186)  beginnt  Severi­ an  vorzutragen,  was  Gott  in  seiner  Langmut  von  der  Reue  des  Sünders  und  seiner  Bekehrung  erwartet,  wird  aber  mittendrin  durch  irgendet­

63  Der  Stil  (Anm.  8),  48f.  64  Von  1955  bis  1992  kann  man  als  Beispiele  nennen:  H.  Thyen  (Anm.  12);  R.  Butter­ worth  (Anm.  12);  Th.  Schmeller  (Anm.  1); R.F.  Regtuit  (Anm.  12).  In  CPG  4204  weist  Severian  zwei  Mal  (Z.  143­145;  317­318)  seine  Hörer  darauf  hin,  daß  er  an  diesen  Stellen  nicht  vom  Thema  abschweift,  sondern  einen  größeren  Zusammenhang  im  Auge  habe.  Vgl.  hierzu  R.F. Regtuit,  198­201. 

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was unterbrochen. Denn im Text heißt es plötzlich: „Und auf daß ich meine Rede wiederum aufnehme" - και ϊνα  πάλιν άναλαμβάνοο  τον  λόγον  ­  „Gott  ist langmütig, damit der Sünder sich bekehre" (PG 49, 324,1-2). Diese Stelle dürfte, nebenbei bemerkt, ein Indiz sein, daß der uns überlieferte Text eine tachygraphische [158] Mitschrift darstellt und von seinem Autor nicht redigiert wurde. Kurz darauf legt Severian Gott selbst als Sprecher Worte des Psalmisten (67,6 LXX) in den Mund: „Ich bin der Vater der Waisen und der Verteidiger  (κριτή?)  der  Witwen"  (327,31.42­43).  So  werden  unmittel­ bar  im  Kontext  mit  einem  „ D u "  an  den  einzelnen Zuhörer gerichtete Warnungen des Predigers zu Worten Gottes. Durch die Formel  φησίν  verstärkt Severian diese Assoziation. Denn entsprechend dem für eine Predigt geltenden „network of codes" wird damit im Verständnis der Hörer entweder ein Wort der Bibel bzw. dessen freie Wiedergabe durch den Prediger oder aber ein Zwischenredner eingeführt, der opponiert oder zweifelt oder provoziert. "Darum", sagt er (d.h. Gott), „erzürnst du, du unrechtschaffener Mensch, wenn du die Witwen bedrohst, den, der für die Witwen vorsorgt. Wenn du den Waisen Unrecht zufügst, vergehst du dich an Söhnen Gottes. Ich bin der Vater der Waisen und der Verteidiger der Witwen. Wer ist so dreist, gegen Gott zu freveln, daß er Söhnen Gottes Unrecht tut und die Witwen, bedroht, für die Gott vorsorgt?" (327,40^5). Wenig später wiederholt Severian diese Darstellungsform. Zunächst zitiert er aus der Bibel: „Der Mensch schaut auf das Äußere, Gott aber in das H e r z " (I Reg. 16,7), um sich dann unmittelbar an sein Publikum zu richten: "Verderbt nicht mit äußerem Getue", sagt er (nämlich Gott), „eure Umkehr, sondern zeigt vor meinen Augen (Is. 1,16) die Früchte eurer Umkehr" (338,11-14). Es ist nur ein kleiner Schritt weiter, wenn sich der Prediger nun selbst auf einen Dialog mit Gott einläßt. Severian will den Kontrast zwischen Gottes Langmut mit dem Sünder und Gottes Bereitschaft, im Augenblick der Bekehrung die Sünden zu vergeben, ad hominem demonstrieren: Gott ist schnell im Schaffen, langsam im Zerstören (329,15-20). U m dies zu veranschaulichen, greift Severian auf die Eroberung Jerichos durch Josua (Jos. 6) zurück (328,55-334,33) und läßt sich auf ein längeres Zwiegespräch mit Gott ein (329,35-59): „Die ganze Welt hast du in sechs Tagen geschaffen, und eine einzige Stadt zerstörst du in sieben Tagen? Was hindert deine Macht? Warum zerstörst du (Jericho) nicht plötzlich?" So beginnt die Reihe von Severians Fragen, und Gott antwortet:

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„Nicht erschöpft ist meine Macht. Doch langmütig ist meine Menschenliebe. Ich gebe (Jericho) sieben Tage, so wie ich Ninive drei (gegeben habe). Vielleicht nimmt es den Ruf zur Umkehr an und wird gerettet." D a r a u f h i n r u f t d e r Prediger Gott zu: "Doch wer ruft sie zur Umkehr auf? Feinde haben die Stadt umzingelt! Der Feldherr Schloß ihre Mauern ringsum ein! Groß ist die Furcht, gewaltig der [159] Aufruhr. Welchen Weg zur Umkehr hast du ihnen offen gehalten? Hast du etwa einen Propheten gesandt? Hast du einen Evangelisten (über die Mauer) hinübergeschickt? Gab es denn überhaupt jemanden, der ihnen aufwies, was auf sie zukam?" „Ja", sagt er (d.h. Gott) -  Ναί,  φησίν  ­ .  „In  ihrer  Stadt  befand  sich  Rahab,  die  ich wegen  ihrer  metanoia  gerettet  habe  ..., da  sie keinen  Anteil  hatte  am  Unglauben."  Gemeint  ist  der  Unglaube  der  Einwohner  Jerichos.  Wieso?,  fragt  sich  der  Zuhörer, und Severian führt mit einem  φησίν  einen  fiktiven  Zwischenred­ ner  ein,  der  den  Zweifel aufgreift:  „Was  hat  denn  Rahab  getan,  um  Heil  (σωτηρία)  zu  erlangen?  Weil  sie  ,die  Spione  (Josuas)  mit  einem Friedenskuß aufgenommen hat' (Hebr. 11,31)? Das tut doch jede Herbergsmutter!" (330,8-10). Severian antwortet, indem er den Zwischenredner und damit seine Zuhörer mit einem „Du" direkt anspricht, um sie im Ausgang vom Bericht der Bibel über Rahab und die Spione Josuas (Jos. 2) auf eine Exegese von Hebr. 11,31 vorzubereiten. Dort heißt es nämlich: „Wegen ihres Glaubens kam Rahab, die Dirne, nicht mit den Ungläubigen um." Auch hier begegnet wiederum ein kleiner Dialog (331,15-25). Ferner f i n d e n sich im Schlußteil der Predigt zwei W o r t w e c h s e l mit Gott; d e n e i n e n f ü h r t ein fiktiver Z u h ö r e r , der a n Gottes W o r t zweifelt (334,4-21), d e n a n d e r e n der Prediger selbst (335,25-37). Schließlich tritt d o r t n o c h m a l s ein fiktiver Z w i s c h e n r e d n e r auf, d e n der P r e d i g e r mit d e r A u s s a g e p r o v o z i e r t hat: „ D u bekleidest Christus, w e n n d u einen A r m e n einkleidest." "Dies", sagt er ( d.h. der Zwischenredner), „weiß ich - selbstverständlich weiß ich es. Dies habe ich schon zuvor gehört. Nicht du hast es mir als erster beigebracht. Nicht von dir haben wir dies zum ersten Mal gehört. Du verkündest nichts Neues, sondern, was uns schon oft viele der Anwesenden gelehrt haben." Offensichtlich sind, w i e diese A u s s a g e zeigt, a u c h a n d e r e Prediger a n w e s e n d . Severian a n t w o r t e t : „Ich weiß dies selbst, daß ihr dies und Ähnliches schon wißt, da ihr es oft vernommen habt. Würden wir es doch nur oft vernehmen, selbst dann, wenn wir das, was gut ist, selten tun! Würden wir es doch nur hören: ,Wer sich des Armen erbarmt, verleiht (sein Geld) an Gott' (Prov. 19,17). Laßt uns unser Almosen Gott leihen, um uns von ihm etwas von seiner Menschenliebe einzuhandeln!" (333,21-29).

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Die Sentenz Ό ελεών  πτωχόν  δανείζει  θεώ  wird  zum  Leitfaden  der  letz­ ten  Worte  Severians bis hin  zum  Enkomion  auf  die φιλανθρωπία,  die  der  Reiche gegenüber dem Armen zeigt, und zum Psogos, der Scheltrede, wider die  άπανθρωπία,  d.h.  wider  jene  Haltung,  die  jemanden  zum  Unmenschen  macht,  weil  er  sich  weigert,  den  Notleidenden  zu  helfen  [160]  (335,9­336,13),  und  die für Severian die Wurzel allen Übels ist: ρίζα  κακίας  και  πάσης  ασεβείας  (335,32­33).  Die  Sentenz  s t a m m t  a u s 

den  Proverbia;  doch  Severian  hat  die  Wortfolge  umgedreht,  um  im  Rhythmus  dem  rhetorischen  Geschmack  entgegenzukommen  und  so  der  Sentenz  im  Ohr  und Gedächtnis seines Publikums leichter Eingang zu verschaffen. Diese Rede ist ein Gespräch  (ομιλία)  Severians  mit  einem  „Du",  mit  jedem  seiner Zuhörer; sie ist ein abwechslungsreicher, teils lebhafter, „dialogisch gestalteter Vortrag" (P. Wendland), der mit Argumenten überzeugen, nicht durch Emotionen überwältigen will. Es geht ihm darum, das Denken und Handeln seiner Hörer zu beeinflussen, sie zu einer Umkehr zu bewegen, die sich an der  φιλανθρωπία  orientiert.  Wie  Severian  diese  Liebe  zu  den  Notleidenden  motiviert,  zeigt  einen  Gott,  der  Buch führt und mit Zinsrechnung beschäftigt ist (326,27-51). Den Schlüssel zum Verständnis des Zusammenhangs liefert der Satz: „Was in dieser Welt ein Reicher ist, das ist bei Gott ein Gerechter; und was in der Welt ein Armer ist, das ist bei Gott ein Sünder" (326,47-48). Denn Gott gibt wie der König im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht (Matth. 18,23-35), der die gesamte Schuld, nämlich die geliehenen tausend Talente  (τό  δάνεινον), erläßt (Matth. 18,27), dem Sünder, der sich bekehrt, das gesamte Einsatzkapital  (τό  κεφάλαιον) zurück. Vom Gerechten aber fordert er, wie es im Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Matth. 25,14-30) geschieht, nicht nur das Einsatzkapital, die Talente, sondern auch Zinsen. Mit frei zitierten Worten des Gleichnisses läßt Severian Gott zu den Gerechten sprechen: „Denn warum habt ihr mein Geld nicht an die Geldverleiher gegeben? Ich habe es bei meiner Rückkehr mit Zinsen eingefordert  (άπήτησα  [Matth.  25,27;  Luk.  19,23])"  (326,27­40).  So muß der Reiche seinen Reichtum einsetzen, um Zinsen bei Gott zu sammeln. Für ihn und nicht für den Armen wird die Welt zu einem  έμπορείον  ελεημοσύνης,  d.h.  zu  einem  Marktplatz,  auf  dem  er  mit  Wohltaten  handeln  und  Gewinn  machen  kann,  und  somit  zu  einer  von  Gott  geschenkten  πανήγυρις  ­  ein  Fest für die Reichen (332,48-333,1).

Sollte man als Prediger so zu einem armen Publikum sprechen? Wie ein Anhängsel wirkt der Hinweis Severians, daß man sich auch mit bescheidenen Dingen bei Gott eine Belohnung verschaffen kann, ja mit Sachen, für die man auf dem Markt nichts erwerben kann, wie z.B.

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mit einem Schluck frischen Wassers (333,1-14). Mit den letzten Worten der Predigt (336,25-37) versucht er Einwände abzublocken, indem er in der Redefigur einer  προκατάληψη  ­  epel τι?  (ϊσοις) ­  einen  reichen  Men­ schen  sagen läßt: „Überhaupt, warum hat (Gott) nicht auch dem Armen gegeben, so, wie er mir dem Reichen gegeben hat?" Severian antwortet: [161] Gott hätte dies zwar tun können. „Doch wollte er weder, daß dein Reichtum keinen Gewinn bringt, noch, daß die Armut des Armen keinen Lohn empfängt." Der Arme könne zwar, da er zu Wohltaten nicht imstande ist, bei Gott keine  δικαιοσύνη  αιώνιος  sammeln,  wohl  aber  könne er, wenn er nur geduldig seine Armut erträgt, als Gottes Lohn eine  ύττομονή  αιώνιος  ernten.  Denn  so  sage  doch  der  Psalmist:  „Die  Ge­ duld  (ύπομονή)  der  Armen  wird  in  Ewigkeit  nicht  vergehen"  (Ps.  9,19  LXX). 

2.3 Eine vorläufige Zusammenfassung Überblickt man beide Predigten, in denen Severian auf christliche Ethik zu sprechen kommt - in der ersten (CPG 4185) allgemein im Blick auf die Bedeutung der Werke, in der zweiten (CPG 4186) konkret im Blick auf tätige Reue - , dann ist es deutlich, daß beide „dialogisch gestalteter Vortrag" (P. Wendland) sind, auch wenn die dialogische Darstellungsform beide unterschiedlich prägt, sowohl in ihrer Makrostruktur als auch durch den Einsatz dialogischer Elemente im Detail. Das „Du" eines ruhig argumentierenden Gesprächs überwiegt. Durch die Anrede des „Du" als „Bruder" und durch den Wechsel zum „Wir", sei es ein allgemein menschliches „Wir", sei es jenes „Wir", das durch die Anrede „Brüder" und „Geliebte" die Situation einer vertrauten Gemeinschaft herstellt, sucht der Prediger die im Monolog liegende Distanz zu seinem Publikum abzubauen. Er will überzeugen, indem er seinen Zuhörer beteiligt, und zwar wie in einem guten Gespräch, in dem der Gedankengang durch den Beitrag aller am Gespräch Beteiligten bestimmt wird. Wie in einer Diskussion keine feste, am Thema orientierte Disposition vorgegeben ist, sondern ein spontaner Einwand, eine eher beiläufig eingebrachte Bemerkung oder eine „Sackgasse", aber auch ein unfruchtbares Insistieren die Übergänge zu thematisch Neuem bestimmt, so vollzieht sich auch in diesen Predigten die Einführung neuer Gedanken. Eine strenge Gliederung wäre stilwidrig. Dem entspricht auch die Argumentationsmethode. Neue Gedanken werden durch den Vortragenden nicht schrittweise entwickelt, sondern als feststehende Sätze, als Behauptungen so eingebracht, wie man auch im Gespräch seine

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Überzeugung äußert und darum etwas behauptet. Fragt die Gegenseite nach einem Beweis, dann wird [162] ad hominem, oft mit einem Vergleich oder einer Sentenz geantwortet, worin sich allgemeine Lebenserfahrungen spiegeln. Dies entspricht dem Appell an ein allgemein menschliches „Wir". Gleiches gilt für das Widerlegen (έλέγχειν). Daß streng logische Beweise fehlen, wundert nicht. Doch auch Enthymeme werden nicht eingesetzt, und selbst dialektische Beweise wie a maiore oder a minore treten in beiden Predigten nicht und in anderen Homilien relativ selten auf. In der Mikrostruktur wird durch den Einsatz von Zwischenrednern eine Diskussion insinuiert. Denn diese fingierten Personen mischen sich in direkter Rede ein und treiben meist mit einem Argument den Gedankengang voran. Sie bringen zuweilen ein „Ich" ein und reden den Prediger mit einem „Du" an. Entwickeln fiktive Zwischenredner kleine Dialoge, dann bleibt der Prediger meist passiv und tritt selbst in die Rolle eines Zuhörers und damit seines Publikums ein. Er sieht sich wie dieses durch das Wort Gottes angesprochen oder mit einem Einwurf konfrontiert, der in der Luft liegt. Um dies zu unterstreichen, kann er, wie sich in anderen Homilien zeigt, seine passive Rolle aufgeben und in den Dialog kommentierend eingreifen. Antwortet der Prediger nun mit einem „Du" auf den fiktiven Zwischenredner und geht auf dessen Argument ein, fühlt sich der einzelne Zuhörer mit seinem Zweifel ernstgenommen. Doch mit diesem „Du" ist ein Gegenargument des Redners verbunden, in dem der Konsens des Publikums einen Ausdruck findet, sei es der Konsens des allgemein menschlichen „Wir", sei es der Konsens, der das „Wir" der rechtgläubigen Gemeinde Christi trägt. Und so sieht sich der im „Du" angesprochene Zuhörer isoliert, wenn er an der vom „Du" vertretenen Position festhält und sich auf das, was nun die  ομιλία  als Gespräch in ihrem Gedankengang vorantreibt, nicht einläßt. Der Prediger wird diesen Ausstieg des Zuhörers nicht zulassen; denn das Gespräch - die Homilie - wäre abgebrochen, ohne den angestrebten Schluß erreicht zu haben. Und der Zuhörer wird dem Prediger darum dankbar sein, daß er ihn mit einem „Wir" und der Anrede „Bruder" bzw. „Brüder" oder „Geliebte" wieder in die Gemeinschaft einbindet. Auffällig ist, daß ein „Ihr" als Anrede an die Gemeinde in beiden Predigten nicht begegnet, sieht man von der Einleitung zur zweiten (CPG 4186) ab, in der Severian die Gemeinde an die soeben in der Liturgie vorgelesenen Bibeltexte erinnert (323,7-9. 25-26). Dem Fingieren eines Gesprächs dient m.E. auch das Abschweifen vom Thema und der stereotype [163] Aufruf, zur Sache zurückzukommen  ('Αλλ'  εις  τό  προκείμενον  έπανέλθωμεν).  Zugleich  wird  durch 

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diese, aber auch andere „stilemi" 65 , vor allem durch die Verweise auf schon Gesagtes wie z.B.  ώς   εφθην  ειπών,  der  Eindruck  geweckt,  man  verfolge  konsequent  ein  bestimmtes  Thema. Schließlich will der Rückverweis auf das, was der Prediger schon gesagt hat, eigentlich nicht an dieses Faktum als solches erinnern, sondern einen Konsens insinuieren: Damals war die betreffende Aussage akzeptiert; nun muß sie nicht mehr begründet werden. Dieser Rückgriff auf eine gemeinsame Basis verbindet den Redner mit dem Hörer und insinuiert so Vertrautheit. Dies unterstreicht der „schlichte Stil" alltäglicher Sprache, der vor allem dann den rhetorischen Kunstgriffen weicht, wenn auch im Gespräch Pathos gefordert ist, also beim engagierten Uberführen (έλεγχειν),  Schelten  (ψέγει,ν)  und  Anprangern  (στηλιτεύειν).  Dabei  geht  es  oft  um  lebhaftes  Wiederholen  z.B.  von  Gegenfragen  oder  Ausrufen  und  meist  zum Abschluß eines solchen Zwischenaktes um eine einprägsame Formel, die dem Hörer im Gedächtnis bleibt. Die letztgenannten Formen der Argumentation treten bei Severian in jenen Predigten auf, in denen es ihm um die Verteidigung des wahren Glaubens geht - und dies ist das Hauptanliegen Severians.

2.4 Severians Homilien zur Verteidigung des wahren Glaubens In seinen Homilien gegen Häretiker beginnt Severian meist mit zuvor in der Liturgie gelesenen Texten der Bibel und sucht, ohne sich wirklich auf die gelesenen Texte einzulassen, schnell zu einer ad hominem geführten Widerlegung der Häretiker überzuleiten, manchmal vorbereitet durch Polemik gegen „die Juden" und gegen „die griechische Idololatrie". Seine Gegner sind Typen, überwiegend „die Arianer", insbes. „die Eunomianer", aber auch „die Manichäer", sofern diese sich auf Paulus berufen, und „die Apolinaristen". Doch obwohl Severian von biblischen Texten ausgeht, findet man unter den für ihn durch äußere Bezeugung gesicherten Predigten keine im eigentlichen Sinn exegetische Homilien, d.h. solche, die einen biblischen Text Vers für Vers auslegen 66 . Wohl aber begegnen in ihnen häufig biblische Argumente, die im „Stil der Diatribe" vorgetragen werden. Ein besonders markantes Beispiel ist eine Erklärung von Rom. 9,

65 66

S.J. Voicu (Anm. 52). Z u m Teil findet man in seinen Predigten längere exegetische Einlagen, bes. auffallend in CPG 4212, meist aber in der Darstellungsform der Diatribe. Dies gilt auch für die Homilie CPG 5027, in deren erstem Teil (Z. 14-298) geht Severian Joh. 7,15-52 im „Stil der Diatribe" Vers für Vers durch.

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in der sich zeigt, wie die Darstellungsform Severians mit dem Stil [164] der zu interpretierenden Aussagen übereinkommt (CPG 4202)67.

2.4.1 Eine Homilie wider die Exegese „der Arianer" Als erstes Beispiel sei jene recht lebendige, abwechslungsreiche Homilie gewählt (CPG 4198), die nach ihrem Beginn benannt ist. Severian konfrontiert seine Hörer recht unmittelbar mit einer kleinen Diskussion jenes Wortes, das Abraham zu einem Knecht sprach, als er ihn zur Brautwerbung für Isaak aussandte: „Lege deine Hand unter meine Hüfte" (Gen. 24,2). Wahrscheinlich war Gen. 24 ebenso wie Zach. 4 zuvor in der Liturgie vorgelesen worden, auch wenn dies nicht wie in anderen Fällen ausdrücklich gesagt wird 68 . Beide Texte werden kurz als messianische Verheißung interpretiert, wobei für Severian die Sinnspitze jeweils darin besteht, daß „unser Heiland" (ό σωτήρ  ημών)  Gott  ist. Im Ausgang  von  Gen. 24,2­3 diskutiert  Severian,  inwiefern  Christus  nach  Gen.  12,7  (parr.)  in  Gal.  3,16  „Same  Abrahams"  genannt  werden  kann  (Z.  8­46). Zach.  4 interpretiert  er  unter  Einsatz  direkter  Rede  und  kleiner  Dialoge  allegorisch,  obwohl  er  an  anderen  Stellen  als  Antioche­ ner69  eine  solche  Exegese ausdrücklich ablehnt. Der Leuchter in der Vision des Propheten ist die Sarx Christi, die nach Is. 11,1-2 die sieben Gnadengaben des Geistes empfangen hat (Z. 47-102). Dabei ergibt sich das für den Fortgang der Homilie entscheidende Stichwort nicht aus den jeweils diskutierten biblischen Aussagen, [165] sondern aus dem, was im Kontext mitgesagt wird. So greift Severian aus Gen. 24,3 auf, daß der Kyrios „Gott des Himmels und der Erde" genannt wird, und aus Zach 4,14, daß dort vom „Kyrios der ganzen Erde" gesprochen wird. Dieser Kyrios aber ist für ihn der Heiland (Z. 45-46), Jesus Christus (Z. 102-116). Damit ist Severian dort angelangt, wo er von Anfang an hin wollte: „Es ist notwendig, genau zu untersuchen, was die Häretiker zu ihren 67

68

69

In einem ersten Teil (PG 59, 653,1 - 655,47) handelt Severian hier über das in der Liturgie gelesene Evangelium vom Glauben der Kananäerin (Matth. 15,21-28), um sich dann zur Einlösung eines Versprechens Rom. 9,18-19 zuzuwenden (655,47-54) und diese Verse aus ihrem Kontext (bes. Rom. 9,6-22, sodann 11,17-22 und 8,29-30) zu interpretieren. Anders steht es m.E. mit den Zitaten von Apg. 10,36-37 in Z. 105-109 und Joh. 3,31 in Z. 116, nicht nur, weil beide Zitate keine Auslegung erfahren, sondern, weil sie (1) einer solchen dienen und (2) bei Severian Gemeinplätze sind. Er besitzt eine besondere Vorliebe für die Geschichte der Bekehrung des Kornelius. J. Kesckemeti, 1996 (Anm. 53).

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Gunsten in den Streit werfen, und eine Antwort zu finden" (Z. 117118). Gemeint ist, wie das Folgende zeigt, die Exegese der Arianer. Sie interpretieren Phil. 2,5-9 unzutreffend (κακώς·), da sie einzig den reinen Wortlaut (λεξις) gelten lassen wollen und nicht nach der Bedeutung, der έννοια oder  θεωρία70,  fragen:  ού νοήσαντε? εύσεβώ?, άλλά παραγραψάμενοι  δυσσεβώ?,  wie  er  mit  einem für ihn und überhaupt für den „Stil der Diatribe" typischen Slogan ausruft. Dann zitiert Severian den Ketzer (Z. 127-128) und führt ihn sogleich mit der Standardformel  φησίν  als  Zwischenredner  ein  (Z.  133­ 134),  ein  Vorgehen,  das  auch  im  folgenden  mit  und  ohne  φησίν  wieder­ holt  wird  (Z.  559­560,  598­605).  Er  spricht  ihn  nicht  nur  immer  wieder  als  „Du"  an 71 ,  sondern  auch  ab  und  zu  mit  „Ihr"  und  bindet  ihn  so  in  eine  Gruppe  ein,  von  der  er  sich  deutlich  distanziert:  ώς ύμεις  φάτε  (Ζ.  1 3 5 ) η .  Doch  geht  Severian  noch  mehr  auf  Abstand,  wenn  er  zu  seinen  Hörern über die Ketzer mit einem „Sie" spricht: „sie sagen und wollen" (Z. 194-195), „sie ersinnen" wie Sophisten (Z. 502-503, 598), und noch distanzierter klingt es, wenn er ein „Er" gebraucht, nachdem er zuvor den Ketzer mit einem „Du" unmittelbar angesprochen hatte: „Überdies bleibt er nicht einmal bei dem, was er behauptet. Denn wenn er fragt..., dann lügt er" (usw.: Z. 483-484). Dem stellt Severian ein „Wir" gegenüber. Zum einen ist dies ein „Wir", in dem sich der Prediger mit seiner Gemeinde von den Häretikern abgrenzt, so wenn er z.B. sagt: „Meine Brüder, wenn es heute jemand von uns wagen würde" (Z. 156), um sich dann dem einzelnen mit einem „Du" zuzuwenden (Z. 168) und diesen sogleich wieder in die Gemeinschaft einzubinden: „Laßt uns doch den heiligen Paulus fragen"  (Ζ.  176) 73 .  Dies  gibt  nun  Paulus  die  Gelegenheit,  sich  direkt  an  die  Gemeinde  zu  wenden,  sich  also  in  die  Diskussion  einzumischen  (Z.  181­193).  Ab  und  zu  aber  kann  das  „Wir"  dem  „Ich"  entsprechen,  und  [166]  zwar  nicht,  um  eine Lehrautorität des Predigers zu insinuieren und ihn als Sprachrohr einer Gemeinschaft von Amtsträgern auftreten zu las-

70

Es handelt sich um termini technici der antiochenischen Exegese. Z u m Verständnis vgl. C P G 4196 (PG 56, 512,59-62):  "Ινα  μή  πλειον  ή  λέξι,ς  προσενεχθεισα  αμφίβολος  γένηται  τοί?  άκροαταΐς,  έπ'  αύτήν  ήξω  την  έξέτασιν  του  λόγου·  πασαν  ύμιν  αναπτύξω  της  λέξεως  τήν  θεωρίαν. 

71  72 

Ζ.  129,  4 4 9 ^ 5 0 ,  478­182,  485­501,  5 0 9 ­ 5 1 3 , 5 2 6 ­ 5 2 8 ,  538,  606­625,  633­634,  636­650.  Vgl.  auch  Ζ.  200,  432­436,  4 3 9 ^ 4 0 .  Das  „Ihr"  in  Ζ.  275­278  und  Ζ.  4 7 5 ­ 4 7 8  ist  von  dem  bei  Severian häufig gegen die Häretiker und Juden eingesetzten Schriftzitat Joh. 5,39 abhängig. Ähnlich z.B. in Z. 537-538.

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sen, sondern, um ihn in die Gemeinde seiner Zuhörer, seiner Brüder, einzubinden: "Brüder, wir müssen nun aber einlösen, zu was wir uns (früher) verpflichtet haben, und nicht mit der Ausrede, wir seien zu oft vom Thema abgeschweift" (und hätten darum keine Zeit gehabt), „unsere Versprechen nicht mehr wahrhaben wollen" (Z. 141—142)74.

Doch gegenüber dem Häretiker gebraucht Severian des öfteren noch ein andere Form des „Wir", nämlich ein allgemein menschliches im Sinn von „wir Menschen mit unserer Erfahrung und Gewohnheit". So kann er z.B. den Häretiker folgendermaßen ansprechen: „Erkenne aus dem, was uns entspricht, das, was uns transzendiert" (Έκ τών καθ' ήμας νόει  τά ύπέρ ήμας  [Ζ.  197­198]). 

Dies  ist  eine  hier  nur  mehr  als  Gemeinplatz  verstandene  Maxime,  die  Severian  in  dieser  Predigt  nochmals  (Z.  247)  und  ansonsten  oft,  auch  in  abgewandelter  Form,  aufgreift 75 .  Sie  meint  hier  nichts  anderes,  als daß der Redner sich auf Beispiele des alltäglichen Lebens, die  κοινά  υπο­ δείγματα76,  auf  die  Gewohnheit  (συνήθεια)  der  Menschen  oder  die  Er­ fahrung  (ή  πείρα  των  πραγμάτων)  beruft,  weil  er  sich,  wie  man  es  von  ihm  erwartet,  auf  diese  berufen  soll. Für die Darstellungsform der Diatribe gilt der Gebrauch von Vergleichen aus den verschiedenen Bereichen des Alltags als kennzeichnend. Von hier aus dürfte es verständlich sein, warum bei Severian nicht nur in dieser Predigt, sondern ständig solche Vergleiche aus dem Leben eingebracht werden, um den Häretiker zu widerlegen bzw. den Zuhörer zu überzeugen. So kann er mit dem Haus- und Orgelbau, mit der Praxis des Arztes, ja den Alltag überschreitend und darum in die Vorzeit verlegt, mit der Vivisektion an Menschen 77 argumentieren. Auch wenn in diesen Predigten überwiegend der Gegner mit „Du" angesprochen wird, kann dennoch beim Gebrauch des „Du" auch der Zuhörer und schließlich einfachhin der Mensch als solcher gemeint sein (Z. 238-241, 303-310) oder der Mensch im allgemeinen und der Häretiker zugleich (Z. 437^139) bzw. auch der Jude und der Heide. Vereinzelt kann dieses zunächst an Gegner gerichtete „Du" auch den Zuhörer einschließen (Z. 280-282). [167]

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75 76  77 

Vgl. auch Z. 431-433. Über ein Versprechen, das der Prediger einzulösen hat, spricht Severian z.B. auch in CPG 4202 (PG 59, 655,52-58; vgl. Anm. 67) oder zu Beginn und Ende von CPG 4204 (Z. 104-111; 738-739). Allgemein zum Rückverweis auf früher vom Prediger Gesagtes vgl. S. 400 [157]; 406f. [163], K.-H. Uthemann, »Die  "ΑΠΟΡΑ  des  Gregorius  von  Nyssa«?  Ein  Beitrag  zur  Geist­ metaphysik  in  Byzanz  mit  einer  Edition  von  CPG  1781,  Byzantion  63  (1993)  237­327.  R.F.  Regtuit  (Anm.  12),  195f.  CPG  4202:  P G  59,  661,55­68. 

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Überblickt man die Formen der Kommunikation, dann unterscheiden sie sich von jenen beiden Homilien, in denen es im weiten Sinn um Fragen christlicher Ethik ging, vor allem dadurch, daß nun auch außerhalb der Gemeinde stehende Gruppen als direkt Angesprochene in den dialogisch gestalteten Vortrag hineingezogen werden und sich dort gewissermaßen zwei Gespräche im Monolog des Redners verbinden. Mit den Mitteln des Monologs oder Vortrags imitiert der Prediger für die innere Vorstellung seines Hörers zum einen die Situation eines polemischen Gespräches, sofern er ein ad hominem argumentierendes Widerlegen (έλεγχειν) und Anprangern  (στηλίτευαν)  inszeniert,  und  zum  anderen  bindet  er  dieses  Argumentieren  in  ein Gespräch  (ομιλία)  ein,  bei  dem  er  sich  zum  einen  mit  seiner  Gemeinde  solidarisiert  und  zum  anderen  bei  dieser  eine  Gemeinsamkeit  mit  seinen Überzeugungen voraussetzt. Dieses Gespräch mit der Gemeinde steht zwar im realen Geschehen der Predigt (d.h. im Vollzug dieser Kommunikation) im Vordergrund, tritt aber in der Darstellungsform hinter dem polemischen Gespräch und dessen vorherrschendes „Du" zurück. Seiner Funktion nach liefert es einen Rahmen und versetzt den Zuhörer in die Rolle eines Beobachters, den der Prediger überzeugen, d.h. bewegen will, sich möglichst mit der Rolle des Predigers im polemischen Gespräch zu identifizieren. Was für die Makrostruktur gilt, trifft auch auf die Mikrostruktur zu. Auch in dieser treten im Vergleich zu jenen Predigten, die am ehesten mit einer „Moralphilosophie im Mantel der Rhetorik" 78 und so mit der paganen älteren und jungen Diatribe verglichen werden können, keine neuen dialogischen Elemente auf. Doch werden sie dem veränderten Kontext angepaßt. So kann z.B. ein im Text der Bibel vorliegender oder angelegter Dialog nicht nur nacherzählt, sondern auch als Dialog vorgetragen und zur Verdeutlichung der Aussage verlängert (Z. 206-213) bzw. mit anderen Worten wiederholt werden. Oder es wird an die Aussage einer wirklichen, z.B. biblischen, oder einer fingierten Person ein kleiner Dialog angehängt, der die zitierte Aussage für den Zuhörer verdeutlicht (Z. 381-383, 398-410). Im fiktiven Dialog kann nun der Häretiker selbst auftreten, um seine Sache zu verteidigen. Dabei kann sich dieser Dialog aus einer direkt an den Gegner gerichteten Ansprache des Predigers entwickeln (Z. 452-474). [168]

78

E. Norden (Anm. 59), 130.

Der Stil der Diatribe in den Homilien Severians

411

2.4.2 Έλέγχειν und στηλιτεύειν als imitatio Christi Im Prinzip unterscheiden sich für Severian seine Feinde  (εχθροί),  die  Häretiker, nicht von den Feinden Jesu, „den Juden". Darum unterscheidet sich für ihn die Methode des  έλεγχος  von Häretikern und Juden nicht. Er kann in ein und derselben Predigt gegen Ketzer und Juden zugleich und, wenn es sich ergibt, auch gegen die Anhänger der Idololatrie argumentieren. Dabei liest er oft am Vorbild Jesu, d.h. an Berichten in den Evangelien, ab, wie man „den Feinden der Wahrheit" zu begegnen hat und sie in ihrer Hybris, insbes. in ihrer Eitelkeit und Überheblichkeit  (άλα£ονεία,  τύφος­)  wie  Tyrannen  ­  also  als  Typen  ­ auftreten lassen muß. Ein gutes Beispiel ist die Predigt über die Vollmacht Jesu (CPG 4193). Sie greift das zuvor in der Liturgie gelesene Evangelium (Matth. 21,23-27) auf, in dem „die Juden" -  οί  'Ιουδαίων  παίδες  ­  Jesus  fragen:  ,,Έν  ποία  εξουσία  ταΰτα  ποιεί?;"  und  damit  aus  der  Sicht  Severians  „Re­ chenschaft  vom  Gott  Logos  fordern"  (411,1­412,10).  Die  Juden  fragen  und  fordern,  doch  Jesus  schweigt.  So  wird  das  Schweigen  des  Heilan­ des  zum  Vorbild,  wie  die Gemeinde  Severians  („Wir")  mit „Häretikern, Juden und Heiden  ("Ελληνες)  und  anderen,  die  sich  von  der  ,wahren  Religion'  (ευσέβεια)  getrennt  haben"  (414,12­13), umgehen  soll.  Doch  Jesus  reagiert  nicht  nur  mit  Schweigen,  sondern  auch  mit  Ge­ genfragen,  um  zu  widerlegen  (414,21­23).  Eine  solche  Widerlegung  (έλεγχο?)  orientiert  sich  nicht  an  der  Kunst  peripatetischer  Dialektik,  sondern  argumentiert  entweder  durch  Verweis  auf  ein  Wort  der  Bibel  oder  auf  das  Glaubensbekenntnis  oder  die  Taufformel  und  somit  im  Sinn  der  Rhetorik  „kunstlos"  (άτέχνως)  oder  sie argumentiert  ad  homi­ nem  und  im  Sinn  der  oben  genannten  Maxime,  bei  Fragen  nach  dem  Transzendenten  an alltägliche Beispiele bzw. an allgemeine Lebensweisheiten oder Sentenzen anzuknüpfen  (έκ  των  καθ'  ημάς)  und  die  diesen  zugrunde  liegende  Erfahrung für die Gegenfrage aufzugreifen. So wie es Jesus mit seiner an „die Juden" gerichteten Gegenfrage tut und sich ihre Furcht vor „dem Volk" zunutze macht. Denn, so sagt Severian in gutem Prosarhythmus: „viele, die keine Gottesfurcht kennen, sind Sklaven ihrer Menschenfurcht" πολλοί πολλάκις θεοί) φόβον ούκ έχοντες,  άνθρωπίνω φόβω δουλεύουσιν (414,42^4).  So  fordert  Severian  als  Richtschnur  (κανών)  im  Umgang  mit  den Häretikern, nicht immer zu antworten und, wenn man antwortet, dann nur mit einer Gegenfrage zu antworten, die deutlich demonstriert, daß der Häretiker eine unsinnige Frage  (άτοπος πεϋσις)  gestellt  hatte  (415,5­7). 

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

Wie Severian dies versteht, zeigt er in einem Dialog mit einem Eunomianer (414,9-51), der als Basis seiner Lehre voraussetzt, daß die Menschen ein Wissen um das Wesen  (ούσία) Gottes  besitzen 79 .  Letztlich  zielt  die  Gegenfrage  darauf,  [169]  dem Häretiker einen Selbstwiderspruch nachzuweisen, also dem Zuhörer klar zu machen, daß die Häresie einen Widerspruch impliziert. So fragt Severian den Eunomianer: „Was sagtest du, als du vortratest, um getauft zu werden? Und sagtest du dies als jemand der kritisch ein Problem untersucht  (£ητών)  und  in  seiner  Neugierde  (πολυπραγμόνων)  weiter  und  weiter  fragt  (ερευνών)80,  oder  sagtest  du  dies  als  Glaubender?"  Da  nun  der  Eunomianer  gegen  diese  rhetorisch  gesehen  „kunstlose  Argumentation"  (άτεχνος­  πίστι?)  insistiert,  Gott  habe  dem  Menschen  doch  gerade  im  Blick  auf  den  Glauben  sein Denkvermögen geschenkt (415,52-57), folgt eine langes für die Darstellungsform der Diatribe typisches Hin und Her von Argumenten, um zu zeigen, daß der Mensch einzig die Existenz, nicht aber das Wesen Gottes erkennen könne. Dabei beruft sich der Eunomianer schließlich auf Joh. 17,3: „Dies ist das ewige Leben, daß sie dich den allein wahren Gott ... erkennen" (422,7-10). Severian hält ihm entgegen, der Heiland habe hiermit nur den Polytheismus  (ή  Ελληνική  πλάνη)  angeprangert  (στηλιτεύει^)  und  der  Gegner übersehe, daß es in Joh. 17,3 auch heiße: „und daß sie den erkennen, den du gesandt hast, Jesus Christus". Diese Worte aber seien ein  ελεγχος  des  Unglaubens  der  Juden.  Der  Heiland  verkünde hier „den allein wahren Gott, ohne sich von ihm abzugrenzen ..., damit du, Bruder, weißt, daß er selbst sowohl Gott als auch Sohn des wahren Gottes ist" (423,56-424,13). Mit anderen Worten, Joh. 17,3 ist nicht nur ein ελεγχος  der Juden,  sondern  auch  der  Eunomianer.  Um  dies  zu  zeigen,  kommt  Severian  am  folgenden  Tag  (CPG  4196)81  auf  das  Thema zurück, indem er die Sendung des Sohnes nach Joh. 17,3 mit der Rückkehr des Sohnes als einen Aufstieg  (άνάβασι?)  zum  Vater  (Joh.  20,17)  und  so  nach  Matth.  20,18  mit  der  Kreuzestheo­

79  K.­H.  Uthemann,  Die  Sprachtheorie  des  Eunomios  von  Kyzikos  und  Severianos  von  Gabala.  Theologie  im  Reflex  kirchlicher  Predigt",  Studia  Patristica  XXIV  (1993)  336­ 344  (unten  S. 457­466);  ders.,  „Die  Sprache  der  Theologie  nach  Eunomius  von  Cyzi­ cus", ZKG  104 (1993)  143­175 (unten  S. 421­156).  80  Mit  diesen  drei  Stichworten  kennzeichnen  die Träger spätantiker Paideia oder „Bildung" (im Sinn des Delphischen  Μήδεια αγαΐ1)  den  ungebildeten  Menschen.  Vgl.  K.­ H. Uthemann  (Anm.  20), 328.  81  Zum  Zusammenhang  mit  CPG  4193  vgl.  (1)  die  Zusammenfassung  in  499,17­21  entspricht  CPG  4193: 416,49­119,14;  (2) die  Behauptung  zu  Joh.  17,3 in  505,11­20  ist  korrekt,  sofern Severian  in CPG 4193 nicht  wirklich  auf  die  Sendung  des  Sohnes  ein­ geht  (vgl.  die  Zusammenfassung  ebd., 425,30­32);  (3) die Interpretation  von  Joh.  17,3  baut  in 506,18­23 auf  dem  gleichen  Gedanken  wie in CPG 4193 auf. 

D e r Stil der Diatribe in den Homilien Severians

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logie verbindet 82 . Wiederum knüpft er recht äußerlich an den biblischen Texten an, die zuvor gelesen worden waren, um über eine Polemik wider „den Juden als den Feind des Kreuzes" zur Bestreitung der Häretiker zu gelangen und damit dem Wunsch  (πόθος·)  seiner  Gemein­ de  nach  δογματικοί  λόγοι  zu  entsprechen.  Im  Grunde,  so  meint  Severi­ an,  bringt  er  damit  kein  neues  Thema  ein.  Denn  wer  gegen  die  Juden  das  Kreuz verkündigt, lehrt gegen die [170] Häretiker die Erhöhung „des eingeborenen Gott Logos" (504,56-505,11). In einem Dialog mit Christus (506,46-507,7) bestreitet Severian dann mit gewiß strenger Miene die Ironie des Gegners. Denn, so sagt er:  ούκ  ε σ τ ί  γαρ  ειρωνεία  παρά  τ η  άληθεία  ( 5 0 6 , 6 0 ­ 6 1 ) .  In  d i e s e m  D i a l o g 

fällt das Stichwort vom Parakleten. So wird nun die Frage nach dem Heiligen Geist und damit der göttlichen Dreiheit, die keine Subordination  (τάξις)  kennt,  zum  Thema  des  recht  lebhaften  zweiten  Teils  der  Homilie,  der  einen  ,,ελεγχος  der  Gottlosigkeit"  (508,20­24)  und  ein  Anprangern  (στηλιτεύειν)  des  Irrtums  zum  Schutz  der  Frommen  (508,28­31)  darstellt.  Was  wundert  es,  wenn  die  Gemeinde  bei  einem  besonders eingängigen, wenn auch banalen  argumentum  ad  hominem in Beifall 83 ausbricht und Severian sein Argument wiederholt, da es wegen des Beifalls, wie er behauptet, nicht deutlich verstanden worden sei:  δ  γαρ  κρότος  έκάλυψε  την  ύπόθεσιν  ( 5 1 0 , 1 0 ­ 1 7 ) .  N e b e n b e i  b e m e r k t , 

läßt diese Stelle vermuten, daß vielleicht auch diese Homilie wie jene über die  μετάνοια  (CPG  4186)  auf  eine  tachygraphische  Mitschrift  zu­ rückgeht; angesichts menschlicher Eitelkeiten dürfte hier das Wörtchen „vielleicht" gerechtfertigt sein.

82

Als Tageslesungen w e r d e n in dieser Predigt Ps. 65,4 (499,10-11), Matth. 20,18 und Gal. 3,1 (499,23-500,3) bzw. Gal. 2 , 1 9 - 2 0 (501,40-42) genannt. Im Rückgriff auf die letztgenannte Lesung zitiert Severian einen Vers aus Gal., der nicht mehr zur Lesung gehört hatte (Gal. 3,13). Er tut dies wegen des Bezugs auf Deut. 21,23 (501,38-47). D e n n von hier aus bereitet er zusammen mit dem für den Fortgang der Homilie wichtigen Stichwort  άναβαίνεLV  aus  der Leidensankündigung in Matth. 20,18 das Szenario vor, u m gegen „den Juden als Feind des Kreuzes Christi" mit Gegenfragen und unter H i n w e i s auf den Widerspruch zwischen Moses' eherner Schlange und d e m Bilderverbot des A T zu polemisieren (501,48-502,29). Sein Ziel ist es, über Joh. 3 , 1 4 - 1 5 („Wie Moses die Schlange in der Wüste erhöht hat ..." [501,29-48]) vier Bilder (eiKÖves) des A T für das Kreuz aufzuweisen und gegen den Unglauben „der Jud e n " zu stellen (502,6-503,51), u m dann auf den heißen W u n s c h seiner Gläubigen, ihren  πόθος  των  δογματικών  λόγων  (504,54­55),  und  so  auf  die  Polemik  gegen  die Häretiker (504,56-505,11), d.h. auf Joh. 17,3 (ab 505,12; vgl. A n m . 81), einzugehen. Von der S e n d u n g des Sohnes (506,7-46) gelangt Severian in einem Dialog mit Christus zu dessen R ü c k k e h r nach Joh. 20,17 (506,46-507,7).

83

A. Stuiber, Beifall, R A C  Π  (1954)  99­102;  R.  Kaczynski,  Das  Wort  Gottes  in  Liturgie  und  Alltag  der  G e m e i n d e n  des  Johannes  Chrysostomus,  Freiburg  ­  Basel  ­  Wien  1974,  2 8 8 ­ 2 9 2 . 

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Formen der Kommunikation in den Homilien Severians von Gabala

Severian führt seinen Hörern in diesem έλεγχος vor, wie man mit geschickten Fragen und Antworten  (δια  πεύσεως  και  άποκρίσεω?)  zu  einem  „Entweder  ­  Oder",  d.h.  zu  αναθέσεις,  gelangen  kann  (513,44­ 514,15),  die  dem  Gegner  keine  Chance  lassen,  sich  ohne  Widerspruch  zu  entziehen. Schlagkräftiger für den sog. gesunden Menschenverstand dürfte jedoch die Argumentation sein, mit der Severian gegen Ende dieser Rede den Häretiker anklagt, daß sich bei ihm Lehre und Praxis widersprechen. Denn er konfrontiert ihn dort wiederum im Sinn der Rhetorik „kunstlos"  (άτέχνως)  mit  seinem  Taufbekenntnis  und  mit  seiner  Formel für Taufe und Segen (514,26-51). Überschaut man das Gesagte, dann wird deutlich, daß Severian eine bestimmte Vorstellung hat, die er in seinen Homilien zu verwirklichen sucht. Der Makrostruktur nach will er ein Gespräch fingieren, in das er zunächst die Zuhörer, sodann Anwesende im weiten Sinn hineinzieht, nämlich zum einen Gegner des wahren Glaubens und zum anderen Christus, aber auch Gestalten der biblischen Geschichte. Deren Reaktionen in fiktiven Zwischenreden und Dialogen führen dazu, daß [171] seine Predigten „lebendige, dialogisch gestaltete" Reden sind, Spiegel lebhafter Diskussionen in „rhetorischer Berechnung" (P. Wendland).

Anhang Von der fiktiven Zwischenrede zur narrativen direkten Rede. Auf dem Weg zur Dramatisierung 1. Fiktive Zwischenrede  versus direkte Rede in einer Erzählung: Zum Unterschied der Intention Bei Severian ist die fiktive Zwischenrede, sei sie ein kurzer Einwand, sei sie ein Dialog, wie wir bisher sahen, eingebunden in sein Gespräch mit dem Hörer und in seine polemische Diskussion mit dem Häretiker, dem Juden und dem Heiden. Als Element der Mikrostruktur, als Kunstgriff, dient sie ihm dazu, die intendierte Fiktion eines Gespräches zu verwirklichen, indem sie Gespräch als Handlung  (δραμα)  imitiert.  Insofern  liegt  in  der  Zwischenrede  an  sich  ein  dramatisches  Moment.  Dabei  ist für eine Zwischenrede genau das „Zwischen" entscheidend. Sie ist Reaktion in einer fingierten Situation. Am eindeutigsten ist sie Zwischenrede, wenn sie als Reaktion auf eine Rede, in welcher der Hörer bzw. ein Diskussionspartner wie z.B. der Häretiker bei Severian direkt angesprochen wird, diese Rede unterbricht und so dem Redner

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ins Wort fällt. Aber auch, wenn sie als Reaktion auf eine Behauptung oder auf eine Frage des Predigers dessen Worte aufgreift, also im weiten Sinn als Antwort bezeichnet werden kann. Eine Zwischenrede kann es real nur geben, wenn ein Gespräch stattfindet bzw. eine Rede sich am Gespräch als Vorbild orientiert und Zwischenrufe und Einwände von Hörern aufgreift. Dahingegen ist eine direkte Rede bzw. ein Dialog im Zusammenhang einer Erzählung keine Zwischenrede im eigentlichen Sinn. Der Erzähler spricht seinen Hörer höchstens beim Erstellen eines Rahmens an oder, indem er zwischendurch aus der Erzählung aussteigt und sich an den Hörer wendet. Seine Intention ist, seinem Hörer etwas vorzuführen, sowohl mit seinem Akt des Erzählens, als auch mit der erzählten Handlung selbst. Legt er einer der handelnden Personen eine direkte Rede in den Mund oder inszeniert er gar einen Dialog, dann geht es ihm um den dramatischen Effekt, der in der Unmittelbarkeit liegt, die dem Wort als Geschehen zwischen Personen und damit auch der Aufführung  (δράμα)  im  Theater  zueigen  ist.  Doch  bleibt  der  Zuhörer wie der Zuschauer im Theater der Form nach außerhalb des Inszenierten. Dies gilt auch für Reden und Predigten, die [172] ihrem Inhalt nach einzig Darstellung eines Sachverhalts (narratio;  διήγησι)84  sind  und  sich  dabei  an  der  Darstellungsform  der Erzählung  (διήγημα)  orientieren,  die  in  den  rhetorischen  Progymnasmata  begegnet.  Die  Intention  des  Predigers  im  „Stil  der  Diatribe"  ist  eine  andere.  Er  will  den Hörer direkt ansprechen und beteiligen; er will ihn in seine Rede, d.h. in seine Handlung, hineinziehen. Die fiktive Zwischenrede, die in eine durch die Makrostruktur des Textes fingierte Gesprächssituation eingebunden ist, konfrontiert den Prediger selbst mit einem Gegenüber und zugleich jeden seiner Zuhörer nicht mehr direkt mit dem Prediger, sondern mit dem fiktiven Zwischenredner als Gegenüber. Erweitert der Prediger diese Zwischenrede zum Dialog, dann will er den Eindruck wecken, daß dieser ein reales Geschehen in einem lebhaften Gespräch ist, in das alle Teilnehmer, auch wenn sie im Augenblick nicht sprechen, eingebunden sind.

2. Ein Einwand Man könnte einwenden, daß diese Interpretation daran scheitert, daß solche Prediger im „Stil der Diatribe" wie z.B. Severian biblische Gestalten, selbst Christus und Gott in der Zwischenrede einführen, ja, sollte man Severian die Homilie über die Inkarnation (CPG 4204) zu84

J. Martin (Anm. 25).

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schreiben dürfen, selbst einen Dialog zwischen Gott und Christus (Z. 370-398) inszeniert, den er selbst zwischendurch kommentiert 85 . Denn solche Zwischenreden mußten doch unmittelbar die Fiktion einer Gesprächssituation zerstören. Wie können Gott und Christus hier als Gesprächspartner fungieren? Wer solche Darstellungsformen gebrauchte, konnte doch nicht die Intention haben, den Hörer „wie in ein Gespräch" einzubinden! Der Einwand ist vor allem deshalb ernstzunehmen, weil Analoges schon für den Ursprung dieser Darstellungsform der Diatribe gilt, wie die oben genannten Personifikationen abstrakter Begriffe und Tugenden zeigen. Doch will man in Bezug auf spätantike Prediger angemessen argumentieren, dann muß man zuvor die Frage beantwortet haben, welches Bewußtsein für die Gegenwart Gottes und biblischer Gestalten damals eine Rede voraussetzt, die im liturgischen Rahmen gehalten wird. Auch wenn man Bedenken trägt, O. Casels Mysterientheologie zu folgen, so scheint doch die Frage nicht sinnlos, ging es doch in der Liturgie um die Vergegenwärtigung (Aktualisierung) vergangener Heilstaten Gottes. Die Predigt wird so in ein Geschehen ein[173]gebunden, in dem Gott selbst mit seiner Offenbarung begegnet. Sodann dient die Prosopopoiie dem Redner, wie oben schon angedeutet wurde, der Darstellung, d.h. der rednerischen Vermittlung, von ήθος. Im soeben zitierten Text, der wahrscheinlich Severian gehört (CPG 4204), bittet der Redner vor dem genannten Dialog zwischen Gott und seinem Sohn: „Let me be present for a while as it were at one of God's conversations  (ώς έν  ομιλία θεοΰ). Let  me  introduce  God  speaking  with  his  Son,  by  using  some  ηθοποιία"  (Ζ.  362­363).  Wie  deutlich  war  hier für Severian noch die ursprüngliche Bedeutung? Der Herausgeber des Textes eliminiert für  ήθοποιία  jeden  Bezug  auf  ήθος·,  indem  er übersetzt: „by attributing some words to him". Ethopoiie meint dann einzig eine Anspielung auf eine Schulübung (Progymnasma), deren Sinn nicht mehr deutlich ist. Wird dies aber dem Text wirklich gerecht? Schließlich ist zu bedenken, daß es sich beim „Stil der Diatribe" um Kunstprosa handelt. Dies impliziert eine Erwartung des Hörers und hat auch Konsequenzen für alles, was die Mimesis von Realität betrifft. So muß der genannte Dialog zwischen Gott und seinem Sohn für den konkreten Hörer Severians die Fiktion der Homilie als einer Gesprächssituation nicht zerstören. Doch dürfte dies ein Grenzfall sein, und Severian war sich dessen wohl bewußt, wenn er einen fiktiven Gegner (έχθρός)  beim  Verlassen  der  Kirche  sagen läßt: „That's great theology! He introduces God wavering ... and the Father speaking to his Son, as if the latter did not know, and he could teach him this" (Z. 420-423). 85

R.F. Regtuit (Anm. 12), 146-148.

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3. Verselbständigung des dramatischen Moments direkter Rede Tritt die ursprüngliche Funktion der fiktiven Zwischenrede, insbes. des fiktiven Dialogs in einem „dialogisch gestalteten Vortrag" in den Hintergrund, weil der Anreiz zum Einsetzen dieses rhetorischen Kunstgriffs immer ausschließlicher in jenem dramatischen Moment erfahren wird, das im unmittelbar gesprochenen Wort liegt, dann geht es mehr und mehr um die Dramatisierung einzelner Inhalte, vor allem biblischer Szenen. Es geht dann schließlich nicht mehr um Zwischenreden, die der Mimesis einer Gesprächssituation mit dem Hörer dienen, sondern um den Einsatz des dramatischen Moments direkter Rede, um die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu fesseln. So begegnet [174] bei Severian z.B. in einer Predigt, in der er den zuvor in der Liturgie vermutlich aus dem Evangelium nach Lukas gelesenen Bericht über den Hauptmann von Karphanaum (Luk. 7,1-10) aufgreift, bevor er sich im bei ihm üblichen „Stil der Diatribe" der Ketzerbestreitung zuwendet (CPG 4230), eine Übergangsform der Darstellung. Severian bleibt hier ungewöhnlich lang beim Thema, das ihm die Lesung vorgegeben hat. Ohne eine Gesprächssituation fingiert zu haben, inszeniert er zwei Dialoge sowie einen Quasi-Dialog und eine Ansprache Christi an die Gemeinde, um zu zeigen, wie das Wort Jesu über den Hauptmann von Karphanaum zu verstehen ist: „Selbst in Israel habe ich so großen Glauben nicht gefunden" (Luk. 7,9). Der erste Dialog zwischen Christus und dem Hauptmann (2,6-4,10) ist durch kommentierende Bemerkungen des Predigers unterbrochen (3,1-7) und dient der Dramatisierung der Erzählung. Im Quasi-Dialog (8,1-9) spricht Christus Petrus an. Doch statt Petrus antworten zu lassen, unterbricht der Redner in der Form der Prokatalepsis, welche den fiktiven Charakter des Geschehens hervorhebt: „Doch vielleicht wird auch Petrus fragen". Was darauf als Antwort folgt und Petrus mit einem „Du" anspricht, ist nicht Wort Christi, sondern des Predigers. Diese Szene ist als Kontrast zum ersten Dialog gedacht. Sie entwickelt sich aus einer Schilderung (6,5-7,8) des Wandeins Jesu auf dem See Genesareth (Matth. 14,22-33) und einem Kommentar (7,8-13) zu Jesu Frage an Petrus: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?" (Matth. 14,31). Den Rahmen des zweiten Dialogs bildet die Erzählung, wie Jesus den Seesturm gestillt hat (Matth. 8,23-27). Sie wird von Severian unter Verzicht auf die novellistischen Details bei Matthäus knapp, doch recht anschaulich - geradezu wie die Szene zu einem Apophthegma - gestaltet. In diesem Dialog zwischen Christus und Menschen, die im Boot

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bei ihm sind und die anonym bleiben, versetzt Severian gegen Ende seine Zuhörer in die Rolle der Begleiter (10,2-15), um dann als Redner selbst den einzelnen Zuhörer mit einem „ D u " anzusprechen (10,16-21) und ihn zum Glauben an Christi Gottheit hinzuführen (11,1-13,10). Der Inhalt der abschließenden Ansprache Christi an die Gemeinde (14,4-10) ist ein kleiner Vergleich, eine Synkrisis des Hauptmanns von Karphanaum mit anderen, die im Evangelium an Jesus geglaubt haben. Christus zeigt so dem Hörer, wie einmalig der Glaube des Hauptmanns gewesen ist. [175] Dialoge und Ansprache dramatisieren hier die Berichte des Evangeliums, doch bringen sie im Gegensatz zu vielen PseudoChrysostomica 8 6 nirgends etwas ein, was nicht schon im biblischen Text steht. Sie dienen dazu, dem Zuhörer die volle Tragweite von Jesu Wort an den Hauptmann klar zu machen: „Selbst in Israel habe ich so großen Glauben nicht gefunden" (Luk. 7,9). Bis zum zweiten Dialog wird der Hörer nur über den kleinen Kommentar, der den ersten Dialog unterbricht, einbezogen, und erst dann wird er, wie gesagt, in die Rolle der Begleiter Jesu versetzt. Der Prediger konfrontiert ihn auf diese Weise mit Ps. 106, in dem das Wunder der Stillung des Seesturmes vorausgesagt sei. D e m widerspricht ein fiktiver Zwischenredner (11,9-12). Severian widerlegt ihn aus den Worten der Bibel. Dieser έλεγχος· dient einzig dazu, dem Hörer zu veranschaulichen, was es heißt, daß die Begleiter Jesu ihn vor dem Stillen des Sturmes „Meister"  (επιστάτη?)  nannten  (Luk.  8,24),  nach  dem  Wunder  aber  ­  und  hier  gebraucht  der  Prediger  einen  kleinen  Trick  und  wechselt  zum  Text  des  zuvor erzählten Wunders vom Wandeln Jesu auf dem See Genesareth - „Sohn Gottes" (Matth. 14,33).

Im Beitrag zitierte Homilien Severians von Gabala 1.

Homilien, die auf Grund äußerer Bezeugung und innerer Kriterien Severian zugeschrieben werden: CPG 4185: PG 48,1081-1088. CPG 4186: PG 49, 323-326. CPG 4193: PG 56, 411-423. CPG 4196: PG 56,499-516.

86

J. Kecskemeti 1989; 1993 (Anm. 53).

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CPG 4198: A.P. Stehouwer (Hg.), Severian von Gabala. In illud: Pone manum tuam, et in diversa testimonia (CPG 4198). Kritische Edition mit Einleitung und Ubersetzung, Dissertation Vrije Universiteit Amsterdam, 199587. CPG 4202: PG 59, 653-664. CPG 4212: PG 65,15-26. CPG 4230: M. Aubineau, Un traite inedit de christologie de Severien de Gabala In centurionem et contra Manichaeos et Apollinaristas, Cahiers d'Orientalisme V, Geneve 1983. [176] 2.

Homilien, die nur auf Grund textinterner Kriterien dem Severian zugewiesen werden: CPG 4204: R.F. Regtuit (Anm. 12). CPG 4232: K.-H. Uthemann, R.F. Regtuit, J.M. Tevel (Hg.), Homiliae Pseudo-Chrysostomicae, Vol. I, Turnhout, 1994, 89-102. CPG 4271: ibid., 146-153. CPG 4906: ibid., 59-65 88 . CPG 5003: ibid., 210-216. CPG 5027: ibid., 185-201.

3.

Im eigentlichen Sinne Dubia: CPG 4735: 1,1 - 2,4, hg. v. K.-H. Uthemann, Die Pseudo-Chrysostomische Predigt In Baptismum et Tentationem (BHG 1936m; CPG 4735) (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philos.hist. KL, Jg. 1994, 3. Abh.), Heidelberg 1994, 122-125 89 . CPG 4917: K.-H. Uthemann etc., Homiliae Pseudo-Chrysostomicae, Vol. I, Turnhout, 1994, 67-73.

87

Beim Druck des griechischen Texts ist leider eine ältere, fehlerhafte im Computer gespeicherte Version verwandt worden.

88

Inzwischen hat R.E. Carter eine kritische Edition vorgelegt: A Greek Homily on the Temptation (CPG 4906) by Severian of Gabala: Introduction, critical edition and translation, Traditio 52 (1997) 47-71. Der nach einer lacuna einsetzende Teil dieser Predigt (3,1-7, S. 125-137) stammt sicher nicht von Severian von Gabala. Vgl. hierzu das in der Einleitung zur Edition Gesagte

89

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus Will man in die Gedankenwelt des sog. Jungarianismus eindringen, der in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts der theologischen Auseinandersetzung weitgehendst ihre Themen vorgab 1 , dann empfiehlt es sich, mit den theologischen Aussagen des Eunomius von Cyzicus zu beginnen; diese aber werden in ihrer Tragweite nur verständlich, wenn man sie im Zusammenhang mit jener Sprachtheorie sieht, die zu ihrer Begründung dient. Dies wurde bisher in der Forschung weitgehend nicht erkannt oder als sekundäres Moment in den Hintergrund gerückt. Daß die Reflexion auf einen „Begriff" Gottes, wie auch immer dieser gedacht, d.h. begründet wird 2 , sich nicht von der Frage trennen läßt, ob und wie der Mensch über Gott sprechen kann, scheint selbstverständlich; doch sollte man das Problem der theologischen Sprache nicht einfachhin auf die erkenntnistheoretischen Fragen reduzieren, ob und wie Gottes Existenz für den Menschen erkennbar ist, und wenn ja, wie sich diese Erkenntnis zur negativen Theologie im allgemeinen verhält und diese wiederum zu den Gottesaussagen der christlichen Offenbarung. Oft ist es sinnvoll, zu unterscheiden, was sich nicht trennen läßt. [144] Wenn hier nach „der Sprache der Theologie" bei Eunomius gefragt werden soll, dann ist damit jene Sprache gemeint, die sich zwar vom monotheistischen und doch triadischen Glaubensbekenntnis der Christen herleitet, nicht aber mit dessen Sprache, d.h. mit der den Sym1

Mit Übersetzung bzw. ausführlicher Paraphrase der wichtigsten Quellen Th.A. Kopecek, A History of Neo-Arianism, Ι-Π, Patristic Monograph Series 8, Philadelphia 1979; mit Einordnung in den Zusammenhang R.P.C. Hanson, The Search for the Christian Doctrine of God, The Arian Controversy 318-381, Edinburgh 1987, 598-636.

2

Dies ist die Perspektive, in der Ε. Mühlenberg „das Wesen der Theologie des Eunomius" beschreibt: Man vgl. ders., Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa, Gregors Kritik am Gottesbegriff der klassischen Metaphysik, Göttingen 1966, 95-98; ders., Die philosophische Bildung Gregors von Nyssa in den Büchern Contra Eunomium, in: M. Harl (Hg.), Ecriture et culture philosophique dans la pensee de Gregoire de Nyssa, Actes du Colloque de Chevetogne, 2 2 - 2 6 Septembre 1969, Leiden 1971, 230-234. Daß „Begriff" die Aussagen des Eunomius über Gottes Namen letztlich verfehlt, wird die folgende Darstellung aufzuweisen haben. Ob Gregor jene Begründung negativer Theologie liefern wollte, welche für E. Mühlenberg den Kernpunkt der Bücher Contra Eunomium bildet, muß unten kurz bedacht werden (vgl. S. 4 4 1 442; 451-456 [161-162; 170-175]).

422

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

bolen eigenen „Tradition der Kurzformel", identisch ist, obwohl sie dem Verständnis derselben dient. Dieses an sich allgemeine Thema möchte ich zunächst als Einleitung zur Fragestellung anhand von Aussagen des Eunomius etwas erläutern. Die Sprache der  ομολογία  τ η ?  πίστεως  baut  sich,  wie  Eunomius  in  der  sog.  ersten  Apologie  sagt 3 ,  letztlich  auf  drei  Namworten  (ονόματα)  auf:  Vater,  Sohn,  Geist.  Diese  begegnen  im  Glaubensbekenntnis  als  (1)  ei?  θεός·  πατήρ  παντοκράτωρ,  (2)  εΐς  μονογενής  υιός  θεοϋ  und  (3)  εν  πνεύμα  αγιον 4 .  U m  deren  „wahres Verständnis zu wahren" (συνδιασω£ειν  τοις  όνόμασι  τήν  αληθή  διάνοιαν)5  bzw.  zu  entfalten  (έξαπλοΰν)6,  bedarf  es  sowohl  zum  positiven  „Aufweis  der  Wahrheit"  (προς  πίστωσιν  της  αληθείας) 7  als  auch  zur  Widerlegung  von Einwänden 8 solcher Argumente  (λόγοι),  die  im  Glaubensbekenntnis  selbst  nicht  enthalten  sind:  Letzteres  ist  insofern  weder  sich  selbst genügend  (μη  3 

4

Im  Folgenden  wird  diese  (Sigel:  Apol.)  nach  der  Ausgabe  von  R.P.  Vaggione,  Euno­ mius,  The  Extant  Works,  Oxford  1987,  zitiert;  man  vgl.  auch  die  Ausgabe  in  B.  Ses­ boue,  G.­M.  de  Durand,  L.  Doutreleau,  Basile  de  Cesaree  Contre  Eunome,  Π,  Sources  Chretiennes  305,  Paris  1983,  234­299.  Zur  Deutung  von  Eunomius'  Aussage,  er  schreibe  προ?  άπολογίαν  (Apol.  1,13­14),  wie  sie  Basilius vorträgt, vgl. man R.P. Vaggione, a.a.O., 4. Vgl. Apol. 4,2-3 mit Apol. 5.

5

Apol. 6,5-6.

6

Vgl. Apol. 6,17. Statt  διάνοια könnte Eunomius seinem Sprachgebrauch nach auch έννοια  gesagt  haben.  Apol.  6,12.  Hiermit  wird  schon  im  ersten  Ansatz  von  Eunomius'  Gedankengang  implizit  die  inventive  Funktion  der Topik  angesprochen.  Diese  fragt nämlich aus Uberzeugungen und deren Plausibilitäten  (έξ  ένδοξων)  auf  jene Prämissen des als wahr Behaupteten zurück, die nicht mehr abgeleitet werden können, und sucht sie als stimmig (kohärent) in den Zusammenhang des Gewußten einzubinden; wenn sich die Diskussion um eine Letztbegründung, d.h. um eine  αρχή  αύτη  καθ'έαυτήν  πιστή  (Topica,  1,1  100  b  20­21;  vgl.  ebd.,  18­19),  dreht,  wird  Neues  an  Einsicht  geboren.  Weil  aber  solche Prämissen ein Erstes sind, kann man einzig mittels der genannten ένδοξα über sie diskursiv argumentieren  (διελθειν:  ebd.,  1,2,  101  a  40  ­  b  2),  d.h.  dia­ lektisch  έκ  ένδοξων,  „auf  Grund  von  nicht  in  Frage  gestellten  Ansichten",  die für eine bestimmte sprachliche Kommunikationsgemeinschaft typisch sind, die letzte(n) Voraussetzung(en) oder Prämissen e r - und vermitteln (ebd., 1,1, 100 b 21-23): Dieses Suchen  έκ  ένδοξων  nach  Neuem,  was  neues  Wissen ermöglicht, kennzeichnet dialektisches Verfahren (ebd., 1,1, 100 a 29-30). Die Notwendigkeit der Dialektik, um die Prinzipienfrage zu klären, wird im Gefolge des Gregor von Nyssa bei der Darstellung des Eunomius als Dialektiker oft genug übersehen. So bei E. Vandenbussche, La part de la dialectique dans la theologie d'Eunome „le technologue", RHE 40 (1944/45) 47-72; J. de Ghellinck, Quelques appreciations de la dialectique et d'Aristote durant les conflits trinitaires du IV e siecle, RHE 26 (1930) 5-42. Eine Einführung zu weitgehend Vergessenem und damit zur Terminologie, die hier hilfreich sein kann: V o m Verf., Prolegomena zu einer Topik als inventiver Forschungslogik anhand von Rudolf Agricolas Dialektik, Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie 32 (1985) bes. 391-393; 414r^l6. - Zu „Plausibilität" vgl. auch Anm. 102.



8

Apol. 6,15-16.

Fragestellung

423

αύτάρκης),  um  die von  ihm  im  Wort  bekannte  Wahrheit  in  ihrer  eigent­ lichen Bedeutung  aufzuweisen,  noch  [145] hinreichend  (ικανή),  um  sich  gegen Mißverständnisse zu verteidigen9. Mit anderen Worten, der Glaubensinhalt bedarf zu seiner eigenen Explikation und Verteidigung der theologischen Argumente, und diese sind, sofern die Confessio um „wahres Verständnis" ihrer selbst nicht von ihnen absehen kann, „präziser" als die Kurzformeln des Symbolon  (ακριβέστεροι  λόγοι)10. Sie  sind  dies  nicht  nur,  sie müssen es nach Eunomius sogar sein; anders wäre die ομολογία  doch  προ?  πίστωσιν  τη?  αληθείας  im  oben  definierten  Sinn  αυτάρκη?  u n d  ικανή. Selbstverständlich sind diese  ακριβέστεροι  λόγοι 

gegenüber der Confessio nicht autonom, sondern „aus ihr" zu erarbeiten, so wie für Eunomius die für seinen Standpunkt wahre arianische Interpretation  (της  ήμετερας  γνώμης·  κατανόησις)  der  Confessio  „aus  die­ ser"  aufgewiesen  werden  kann: έξ  ης,  d.h.  έκ  της  ομολογίας  της  πίστεως 11 .  Hier kündigt sich neben und doch abgeleitet aus „der Sprache des Glaubensbekenntnisses" „die Sprache der Theologie" an. Im Folgenden sollen in einem ersten Schritt die Aussagen des Eunomius über diese Sprache der Theologie und über ihre Voraussetzungen in einer „Theorie von Sprache überhaupt" dargestellt werden, um dann in einer weiteren Untersuchung 12 die Frage zu stellen, ob sich 9

Apol. 6,10-16. In der Edition von R.P. Vaggione findet sich nicht n u r mancher Druckfehler, sondern auch anderes, w a s der Korrektur bedarf, im folgenden aber im einzelnen nicht aufgezählt w e r d e n kann. An der zitierten Stelle ist so z.B. nicht nach έτέραν  (Ζ.  11), sondern  nach  έπιχειρουσιν  (Ζ.  12) ein  Komma  zu  setzen.  10  Apol.  6,16­17.  11  Apol.  4,2­4.  12  In  der Erstveröffentlichung w u r d e n an dieser Stelle zwei Artikel z u r H e r k u n f t der Sprachtheorie des Eunomius angekündigt, die bisher nicht veröffentlicht w o r d e n sind. Der erste soll sich mit zwei in der Forschung vorgetragenen, doch auch in der Streitschrift des Gregor von Nyssa (vgl. zu dieser Anm. 86) insinuierten Auffassungen auseinandersetzen u n d sucht nachzuweisen, daß diese d e m E u n o m i u s nicht gerecht werden. Im zweiten Artikel soll die eunomianische Sprachtheorie ideengeschichtlich dargestellt werden, u m in den Grenzen des heute Möglichen ihre H e r k u n f t zu klären. So ordnen z u m einen z.B. Th.A. Kopecek (Anm. 1), II, 376, u n d Th. Kobusch, N a m e u n d Sein. Zu den sprachphilosophischen G r u n d l a g e n in der Schrift Contra Eunomium des Gregor von Nyssa, in: El „Contra E u n o m i u m 1" en la Producciön literaria de Gregorio de Nisa (VI. Coloquio Internacional sobre Gregorio d e Nisa. Edicion a cargo de Lucas F. Mateo-Secco y Juan L. Bastero), Pamplona 1988, 253-254, Eunomius' Auffassung der  έττίνοια  (Anm.  63)  in  die  epikureische  Kritik  an  der  stoischen  Sprachphilosophie  ein,  wobei  letzterer  unter  Berufung  auf  Plotin  be­ hauptet, daß sich dies „gut mit neuplatonischen Ontologie" des E u n o m i u s vertrage. Z u m anderen greift J. Danielou, Eunome l'arien et l'exegese neo-platonicienne d u Cratyle, REG 69 (1956) 411-432, die Bemerkung des Gregor von Nyssa auf, Eunomius' Aussage, Gott habe mit der Schöpfung der Natur zugleich „eine natürliche Sprache" geschaffen (zum Kontext vgl. S. 448f. [168f.]), stamme vielleicht  (τάχα)  aus  der  Lektüre des Kratylos oder aus einem Werk über diesen, u n d sieht in Eunomius' Sprachtheorie einen Z u s a m m e n h a n g mit jener des Jamblich, die von Eunomius

424

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Eunomius' Sprachtheorie, historisch gesehen, auf ihm vorgegebene Traditionen zurückführen läßt.

1. Die sog. erste Apologie des Eunomius Schon in der sog. ersten Apologie des Eunomius tritt uns eine markante Sprachtheorie entgegen, die ihm zur Begründung der gestuften Transzendenz der arianischen Tradition und insbesondere ihrer entscheidenden Schnittlinie in der Seinsordnung zwischen  άγεννητον  und  γεννητόν  ­  „unge[146]worden/ungezeugt" 13  und  „geworden"  ­  dient 14 .  Zum Verständnis dieses Textes muß an dessen „Sitz im Leben" erinnert werden. Eunomius hat ihn höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit der Konstantinopler Synode des Jahres 360 geschrieben 15 , um sich gegenüber jener Gruppe von Arianern zu rechtfertigen, die sich gegen die homoiousianische Position abgrenzte und doch eine gewisse Ähnlichkeit  (όμοιότη?)  zwischen  Vater  und  Sohn  im  Wirken 16  nach  Joh.  5,19 17  nicht  ausschloss. 

durch  aristotelische  Kategorien  transformiert  worden  sei  (a.a.O.,  428f.).  Zweifel  an  dieser  Ableitung  wurden  z.B.  schon  von  L.R.  Wickham,  The  Syntagmation  of  Aetius  the  Anomean,  JThSt  n.  s.  19  (1968)  558,  Anm.  1,  und  E. Mühlenberg, Die philosophische Bildung (Anm. 2), 234, angemeldet. 13

14 

Zur mangelnden Unterscheidung von  άγένητος  und  άγέννητος  im  Griechischen  von  der  Antike  bis  zum frühen Christentum, einschließlich des arianischen Streites vgl. man z.B. Th.A. Kopecek (Anm. 1), I, 242-266; ferner die ältere Literatur: P. Stiegele, Der Agennesiebegriff in der griechischen Theologie des vierten Jahrhunderts, Freiburg i.Br., 1913; J. Lebreton,  Α Γ Ε Ν Ν Η Τ Ο Σ  dans  la  tradition  philosophique  et  dans  la  litterature  chretienne  du  II e  siede,  Recherches  de  science  religieuse  16  (1926)  4 3 1 ­ 443;  G.L.  Prestige,  Άγέν[ν]ητο9  and  γεν[ν]ητός,  and  Kindred  Words  in  Eusebius  and  the  Early  Arians,  JThSt  24  (1922­23)  486­496;  ders.,  ΆγένΜητος  and  Cognate  Words  in  Athanasius,  ebd.  34  (1933)  258­265;  ders.,  God  in  Patristic  Thought,  London  (1936)  1956,  28­54;  136­141;  150­156.  Im  Rahmen  des Nikänischen Bekenntnisses wird der Schnitt in der Seinsordnung zwischen  ακτιστον  und  κτιστοί;  gelegt.  So heißt es z.B. bei Gregor von Nyssa, Contra Eunomium, 111,6,66, hg. v. W. Jaeger, Gregorii Nysseni Opera, II, Leiden I960, 2 0 9 , 1 9 - 2 1 :  Των γαρ  όντων πάντων ή άνωτάτω  διαίρεσις  εί?  τό  κτιστον  και  ακπστον  τήν  τομήν εχει,  τό  μεν ώς   αίτιον  του  γεγονότος,  τό δέ ώς   εκείθεν  γενόμενον. 

15 

L.R.  Wickham,  The  Date  of  Eunomius'  Apology:  A  Reconsideration,  JThSt  n.  s.  20  (1969)  231­240;  R.P.  Vaggione  (Anm.  3),  5 ­ 9 . 

16 

Vgl.  besonders  Apol.  24,3­4,  ferner ausführlich zur zweiten theologischen Methode die folgende Darstellung. Apol. 22,4-5:  κατά  τόν  οίκειον  λόγον  zeigt, daß Eunomius nur ein bestimmtes „Wort des Sohnes" im Auge hat, während die Confessio der genannten Synode selbst einen allgemeinen biblizistischen Standpunkt vertritt:  όμοιος  ... κατά  τά?  γραφάς. 

17

Die sog. erste Apologie des Eunomius

425

Eunomius vertritt in der sog. ersten Apologie eine grundlegende Unterscheidung zweier theologischer Methoden 18 und schließt zugleich einen dritten Weg 19 aus. Handelt es sich bei diesen Aussagen um eine dialektische Argumentation  ad  hominem, die einzig aus der Situation des Jahres 360 zu [147] verstehen ist, oder aber um eine adäquate Wiedergabe jung-arianischer Theologie 20 und ihrer Berufung auf Schrift 21 und Tradition 22 ? Die erste theologische Methode des Eunomius besteht, wie er sagt, darin, die Usien rein als solche zu unterscheiden 23 . Dies setzt voraus, daß man erfaßt, was ihr Sein an sich, ihr  καθαρό?  λόγος,  ist24.  Diese  Er­ kenntnis  vollziehe  sich  in  einem Prozeß reinen Denkens  (καθαρά  τη  διανοία)25.  Die  zweite  Methode  vollzieht  eine  Art  Aufstieg  (άναγωγή)26.  Sie  untersucht  Energien,  d.h. göttliches Wirken, indem sie die Ergebnisse desselben, d.h. das, was Gott wirkend hervorgebracht hat, zu unterscheiden sucht 27 und von diesen Werken zu den Usien zurückfragt bzw. aufsteigt 28 und so das hervorbringende göttliche Seiende in seiner Natur zu bestimmen sucht: Lassen sich die Werke von Vater, Sohn und Geist unterscheiden, so auch deren Energien oder Vollzüge, welche die Werke hervorbringen, und zwar auf eine Weise, die jeden

18

19 20

Apol. 20,5-19: (5)  δυοΐν  γάρ  ήμίν τετμημένων  οδών προ?  την  των  ζητουμένων eüpeoiv ... (9)  ούδετέραν  τών  είρημένων  εϋρειν  έμφαινομένην  την  της  ουσία?  ομοιότητα  δυνατόν.  Die  Bedeutung  der  Unterscheidung  beider  Methoden für den systematischen Aufbau von Eunomius' sog. erster Apologie scheint Th. Dams, La controverse eunomienne, Diss., ohne Ort (Paris) 1951, erstmalig herausgearbeitet zu haben; eine Kopie dieser unveröffentlichten Dissertation, die auch von J. Danielou (Anm. 12), 428, benutzt wurde, befindet sich nach R.P. Vaggione (Anm. 3), 12, Anm. 69, der sie jedoch mit abweichendem Titel zitiert, in Oxford in der Bodleian Library. Inwiefern für die Unterscheidung der Methoden die Terminologie von  apriori vs.  aposteriori, die von R.P. Vaggione, a.a.O., l l f . , vorgetragen wird, angebracht ist, wird die folgende Darstellung zeigen. Auch nach L.R. Wickham (Anm. 12), 537-540, enthält Apol. 7 - 1 9 Aussagen der ersten, Apol. 21-27 solche der zweiten Methode. Apol. 20,19-22; vgl. unten S. 426f. [148-149],

22 

Zu Aetius vgl. L.R. Wickham (Anm. 12), 532-569. Die bis in die Terminologie reichende Übereinstimmung mit Aussagen des Eunomius hat Th.A. Kopecek in seiner Paraphrase der Apologie (Anm. 1), Π, 312ff.,  hervorgehoben.  Aetius:  ed.  L.R.  Wickham  (Anm.  12),  540:  κατ'  gvvoiav  των  αγίων  γραφών;  Eunomius:  Apol.  21,8;  zu  Apol.  22,4­5  vgl.  Anm.  17;  ferner  vgl.  man  die  in  der  Edition  ausge­ wiesenen  Schriftzitate.  Apol.  4,6­7;  7,1­2;  12,2. 

23 

Apol.  20,6­7. 

21 

24 

Ebd.;  vgl.  E. Mühlenbergs Beitrag von Chevetogne (Anm. 2), 231.

25

Apol. 20,4-5.

26

Apol. 20,16:  άνάγοιτο. 

27 

Apol.  20,7­9;  23,4­5. 

28 

Apol.  20,15­16. 

426

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Anthropomorphismus, soll der Begriff (έννοια) exakt (ακριβώς) sein, ausscheidet 29 . Entscheidend ist für Eunomius, daß Verschiedenheit der Werke eine seinshafte Differenz der Wirkenden (κατ' ο ύ σία ν  παραλλαγή)  bewei­ se30,  [148]  ohne daß diese zweite theologische Methode von sich aus zu 29

Apol. 22,7-9; vgl. auch ebd., 16,1-18,4, ferner den oben genannten Begriff des „reinen Denkens" von Apol. 20,4-5, schließlich das unten S. 427-429 [149-150] zum Thema Sprachkritik Gesagte.

30

Apol. 20,18-19. Die Bemerkung über eine axiologische Korrelation zwischen Usie und Energie in der Theologie, wie sie in Apol. 20,14-15  (άκόλουθον  και  προσήκουσας  τω  τής  ουσίας  άξιώματι  παρέχουσα  νοειν  και  της  ένέργειαν),  bezieht  sich  auf  die  erste  Methode.  Beide  Wege schließen die Position der Homoiousianer aus:  ε'ίτε  γάρ  (20,10)  ... είτε  (20,15).  Der  Beweis  der  seinshaften  Differenz  der  Wirkenden  aus  den  Werken  (20,18­19) gründet ebenfalls in einer Korrelation von Sein und Wirken:  κάκ  τής  του  μονογενούς  υπεροχή?  τήν  της  ενεργείας·  διαφορών  πιστούμενος  (20,17­18);  diese  kann  im  Kontext  nur  axiologisch,  nicht  ontologisch  verstanden  sein  (vgl.  S.  433^135  [154­ 156]),  auch  wenn  es  schwierig  ist  festzulegen,  was  die  gesamte  zitierte  Aussage  genau  bedeutet.  Bezieht  sie  sich  nur  auf  den  zweiten  Teil  des  vorausgehenden  Argumentes  (der  Paraklet  als  Werk  des  Sohnes)  oder  auf  beide  Teile?  Ersteres  ist  wahrscheinlich,  will  man  diese  axiologische  Aussage  einzig  auf  die  zweite  Methode  beziehen.  Anderseits fällt auf, daß eben diese axiologische Aussage 20,17-18 nicht so formuliert ist, daß aus unterschiedlicher Würde des Werkes und Wirkens auf einen Unterschied im Wesen „geschlossen" wird. Vielmehr wird - wie bei der ersten Methode - aus der Differenz seinshafter Würde (eminentia =  υπεροχή;  vgl.  Anm.  121)  „der  Unterschied  der  Energien"  aufgewiesen. Wäre die axiologische Aussage 20,1718 auf die zweite Methode bezogen, dann erwartet man eigentlich die Aussage:  και  την  τοϋ  μονογενούς  ύπεροχήν  έκ  τής  ενεργείας  διαφοράν  πιστούμενος.  Nun bestünde die einfachste Lösung darin, die axiologische Aussage 20,17-18 nicht auf die zweite Methode zu beziehen, sondern mit ihr einen neuen Satz beginnen zu lassen, der sich auf die erste Methode (analog zu 20,14-15) bezieht und  vor  allem diese von einer dritten  (ϊνα  μή  τρίτον  λέγωμεν  20,19­20)  abgrenzt,  auch  wenn  es selbstverständlich ist, daß ein Drittes sich  an  sich gegen  beide zuvor genannten Wege abhebt. Doch welche These will Eunomius in Apol. 20,19-22 ausschließen? Er sagt:  ϊνα  μή  τρίτον  λέγωμεν  δτι  πάμπολυ  διενήνοχεν  ό  δημιουργών  εξουσία  τοϋ  νεύματι  πατρικω  ποιοϋντος  καί  μηδέν  αφ'  έαυτοϋ  ποιεΐν  όμολογοΰντος,  ο  τε  προσκυνούμενος  τοϋ  προσκυνοϋντος.  Bedeutet  ό  δημιουργών  εξουσία  den  Vater,  so daß hier die These einer „höchsten" Differenz  (πάμπολυ  !)  und  darum  absoluten  Transzendenz  des  Vaters gegenüber dem Sohn (vgl. Apol. 20,16-17) abgelehnt wird? Im Kontext scheint dies m.E. unabweisbar. Das Adverb  πάμπολυ  kann  hier  nichts  Quantitatives  („sehr  viele  Unterschiede")  bezeichnen,  sondern  nur  die Qualität des Unterschieds („im höchsten Grade": bei Liddell-Scott nicht bezeugt, wohl aber bei Menge-Güthling, und auch für andere Komposita mit  παν­/παμ­  nachweisbar).  Wird  hier  also  eine  „übersteigerte Differenz" zwischen Vater und Sohn ausgesagt, also eine Differenz, welche die Überlegenheit des Vaters absolut, nicht (entsprechend der „energetischen" Vater-Sohn-Beziehung) relativ denkt, so daß die  προσκύνησις  einzig  dem  Vater  zukommt,  dann  bezieht  sich  Apol.  20,17­19  bzw.  20,17­22  auf  die  zweite  Methode,  und  die  axiologische  Aussage  20,17­18  sollte  dann  einzig  auf  das  Werk  des  μονογενής  bezogen  werden.  Wie  ist jedoch  die  axiologische  Korrelation  von  Sein  und  Wirken  in  der  zweiten  Methode  von  ihrer  Funktion  innerhalb  der  ersten  Methode  unterschieden?  ­  Der  Gebrauch  von  πιστόω  mit  έκ  zeigt, daß die Argumentation als eine Erläuterung grundlegender Plausibilitäten  (έκ  ενδόξων  im  Sinn  der  aristotelischen  Topik  [vgl.  Anm.  7])  zu  verstehen  ist. 

Die sog. erste Apologie des Eunomius

427

einem völlig adäquaten Begriff der absolut transzendenten Usie Gottes, des  άγέννητον,  gelange.  Dies  wird  in  der Begründung deutlich, warum sie einen dritten Weg, nämlich eine Theologie absoluter Transzendenz des Vaters gegenüber dem Sohn, ausschließt 31 . Die zweite Methode lasse nämlich keine solche Theologie zu, die jede Ähnlichkeit verneine; auch wenn sie die von den Homoiousianern vertretene ausschließe, so verneine sie doch nicht eine  όμοι,ότης  προς  ενέργει,αν32,  weshalb  sie  ins­ besondere  die  wahre  Bedeutung  der  biblischen  Aussage,  der  Sohn  sei  Bild  (είκών)  des  Vaters,  zu  wahren vermöge 33 . Indem sie jedoch eine im Wirken des Vaters begründete Ähnlichkeit und darin (als  άναγωγή)  eine  relative  Transzendenz  des  Vaters gegenüber dem Sohn aufweise, komme sie über die Aussage  (προσηγορία)  „Vater"  nicht  hinaus,  errei­ che  also  nur  ein Prädikat, das, semantisch gesehen, nichts [149] anderes als eine  ενεργεία,  jedoch  keine  ούσία  mitteilt 34 .  Dem  widerspreche  nicht,  daß die erste Methode eine absolute Transzendenz des „Ungewordenen"  (άγέννητον) gegenüber jedem  γέννημα  und  darum  auch  gegen­ über dem Sohn oder „eingeborenen Gott" 35 aufweist, nämlich eine Usie, die jede Herrschaft  (βασιλεία)  und  jedes  Werden  (γένεσις) übersteigt 36 , sich überhaupt jedem Vergleich entzieht (ist sie doch  ασύγκριτος):  Dies  k e n n z e i c h n e t  d e n  νόμος  φύσεως 3 7  d e r  ούσία  άγέννητος.  M i t  a n d e r e n 

Worten  der  Sohn  kann  kein  Bild  des  άγέννητον  sein,  sondern  einzig  des  Vaters;  denn  einzig  zwischen  Vater  und  Sohn  besteht  eine  im  Wirken  begründete Ähnlichkeit und damit die Möglichkeit, zwischen beiden zu vergleichen 38 . Einzig die erste Methode erreicht die adäquate Wesensaussage über Gott:  το  άγέννητον  ­  und  mit  diesem  „Ungewordensein"  zugleich  das,  was  Gott  Vater  seiner  Usie  nach  bedeutet:  της  του  πατρός  ουσίας 

31 

Apol.  20,19­22.  Z u m  Begriff  „absoluter  Transzendenz"  vgl.  die  vorhergehende  Anm. 

32 

35 36

Apol.  24,1­4.  Eunomius  beruft  sich  hierbei  darauf, daß Gottes Energie am angemessensten  (θεώ  ττρεπωδεστάτη  ενέργεια)  als  Akt  seines  Willens  (βούλησις)  bestimmt  wird  (Apol.  23,16­17).  Sofern  der  Sohn  aus  dem  Wollen  des  Vaters  „existiert"  (υπέστη), läßt sich die genannte  όμοιότης trpös  ένέργειαν  der  zweiten  theologischen  Methode  „wahren"  (24,1­4).  Weil  Gottes  Energie  sein  Wollen  ist,  gilt für Eunomius die ontologische Korrelation von Sein und Wirken nicht mehr: Vgl. zu Apol. 23,1516. Näheres unten S. 433-435 [154-156], Apol. 24,4-5; mit anderen Worten der Sohn ist Bild des Vaters nicht auf Grund einer wesen- oder naturhaften Relation: Apol. 24,10-11. Apol. 24,20-22; vgl. auch 24,23-24. - Z u m Wesensnamen, der „dem einen Gott und Vater" zukommt (Apol. 19,16), vgl. unten S. 439-440 [159-160], Man vergleiche die entsprechende lectio varians in Joh. 1,18. Apol. 20,11-12.

37

Apol. 20,13-14.

38

Apol. 24,18-20.

33 34

428

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

σημαντικόν39.  Und  dies  gelte,  obwohl  der  Name  „Vater"  als  solcher  keine  Usie,  sondern  nur  die Tätigkeit des Zeugenden bezeichne 40 . Und warum? Die Begründung liefert des Eunomius Theorie theologischen Sprechens bzw. menschlicher Sprache überhaupt, die in einigen Grundzügen auch schon in der sog. ersten Apologie angesprochen wird, letztlich aber nur bestimmt ist, wenn jener Zusammenhang zwischen beiden theologischen Methoden oder Sprachen, den Eunomius erst in seiner Schrift gegen Basilius erläutert und der unten als Verschränkung bezeichnet wird, dargelegt wird 41 . Beschränken wir uns zunächst auf die Aussagen der sog. ersten Apologie: Zwischen göttlichen Namen und benannter Usie besteht eine eindeutige Beziehung bzw., genauer und allgemein gesagt, verschiedene Namworte (ονόματα),  bei  denen  das  eine  nicht  das  andere  vertreten  kann,  weisen  auf  verschiedene  Usien  hin42,  wobei  eine  sprachkritische  Distanz  ge­ genüber der Alltagssprache 43 und ihrer [150] Gewohnheit oder Pragmatik 44 vorausgesetzt wird. Mit anderen Worten, nicht jedem Namwort einer Sprache entspricht eine einzige, nämlich bestimmte Usie, was Eunomius anhand der Homonymie verdeutlicht 45 . Gerade für die theologische Sprache gelte es, darauf zu achten, bei allem das eigentlich Gemeinte zu retten: έν  πασι  τό άνάλογον σώζειν46. An  einer  Stelle  scheint  Eunomius  sogar  noch  weiter  zu  gehen:  Die  Beziehung  zwischen  dem  präzisen 47 Namwort und der Usie ist ein-eindeutig, denn sie sei umkehrbar: Umkehrbar ist die Inferenz, d.h., man kann nicht nur vom Namen auf die Usie, sondern auch von der Usie auf den Namen „schließen". Denn, so argumentiert er an der betreffenden Stelle gegen 39 40 41 42

43 

44  45  46  47 

Apol. 19,16-18. Apol. 24,21-22; vgl. dazu oben mit Anm. 34. Vgl. unten S. 436-438 [157-159], Vgl. z.B. Apol. 12,2^1, bes.  ταΐς  τών  ονομάτων  διαφοραις  και  την  της  ουσίας  παραλλαγής  εμφαίνοντας,  wobei  entgegen  R.P.  Vaggione  daran  festzuhalten  ist, daß εμφαίνοντας  sich  auf  παραθεμένους  und  damit  auf  den  Verfasser,  nicht  aber  auf  die  Autorität der zitierten Väter  (άγιοι  bzw.  τάς  των  άγιων  φωνάς  [seil,  έμφαινούσας  !])  bezieht;  ferner ebd.  12,7­9, wobei  ύπόστασις  und  ούσία  noch  keinen  Gegensatz  kenn­ zeichnen;  ebd.  17,8­9;  18,13­14.19­20.  Auch  in  Apol.  21,2­3  (άνελόντες  τάς  τών  ονομάτων  και  πραγμάτων  διαφοράς)  wird  die  genannte  Relation  vorausgesetzt  (zu  πράγματα  vgl. unten  S. 429 [150], bes. Anm.  52).  Hierzu gehört alles Rational-Diskursive, welches auch wie das in Apol. 8,3-5 Genannte zum Bereich der  κατ' έπίνοιαν λεγόμενα  zu  rechnen  ist. Zu  Apol.  8,1­5  vgl. S.  430­433  [151­154],  Femer  vgl.  das  oben  S.  425f.  [147]  (mit  Anm.  29)  gegen  die  Anthropomorphismen  in  theologischer  Sprache  Gesagte,  sowie  Apol.  12,4­5.9­10;  16,1­18,9.  Vgl. unten  S. 445^46  [165] mit  Anm.  138.  Apol.  12,5­6;  16,9­14.  Apol.  17,7­8. Vgl. die Aussagen  zur  Analogie  (S. 448  [167] mit  Anm.  151; 153).  Vgl. im  Zusammenhang  Apol.  9,17­18; ferner vgl.  man  ebd.  12,9­10. 

Die sog. erste Apologie des Eunomius

429

die Homoiousianer und a fortiori gegen das nikänische ο μ ο ο ύ σ ι ο ? , wenn sich zwei Wirklichkeiten  ( π ρ ά γ μ α τ α ) 4 8  vergleichen  lassen  und  somit  eine  Gemeinsamkeit  oder  Teilhabe  im  Wesen  ( ο υ σ ί α )  vorliege,  dann müsse es auch einen gemeinsamen Namen geben49. Bei aller Polemik, die sich schon in der sog. ersten Apologie gegen ein rein diskursives Denken in der Theologie findet 50 und in der die soeben angesprochene Sprachkritik voll zum Tragen kommt 51 , muß die Aussage des Eunomius ernst genommen werden, daß ein guter Sprachgebrauch vom genauen Erfassen der evvoiaL  των  ύποκειμενων abhängig sei. Denn die Bedeutung der Worte richte sich nach den benannten Realitäten, nach den  π ρ ά γ μ α τ α ,  sofern  zwischen  Wort  und  „Wirklich­ keit"  eine  Relation  der  Entsprechung  besteht52.  Die  genannten  εννοιαι  sind  also  mit  dem  „objektiven  Gehalt  der  Wirklichkeit",  dem  Was  oder  Wesen,  welches  π ρ ά γ μ α τ α  unterscheidet,  identisch.  Namworte,  die  keine  oder  nicht  nur  Produkte  menschlicher  Vorstellungskraft  ­  der  Phantasie  ­  sind,  haben  also  eine  Beziehung  zur Realität (zum „objektiven Gehalt der Wirklichkeit"), wenn sie präzis [151]  ( α κ ρ ι β ώ ς )  und  nicht übertragen gebraucht werden. Damit wird Realität als eine „Einheit" 53 aus zwei (letztlich aus der Urteilsanalyse abgeleiteten) 54 konstitutiven Momenten aufgefaßt: Realität ist Synthese aus seiendem „Substrat" oder „Substanz"  ( ύ π ο κ ε ί μ ε ν ο ν )  und  einem,  wie  auch  immer näher zu definierenden „idealen Gehalt", über den sich diese Realität in ihrer Differenz dem Denken und Sprechen erschließt  (έννοια). Dabei  sind  die  48  Vgl.  das  Folgende,  bes.  Anm. 52.  49  Apol.  9,9­15.  Wenn  also  dem  Vater  als  auf  den  Sohn  Bezogener  eine  Wesensbezie­ hung  zum  Sohn  oder  eine  seinshafte Ähnlichkeit mit dem Sohn zukommt, dann müßte der Vater auch Sohn und der Sohn auch Vater genannt werden können: Apol. 24,22-28. Mit anderen Worten, ein Bekenntnis zum  ομοούσιο?  bzw.  όμοιοοΰσιοϊ  kann  sich  nicht  gegen  den  Sabellianismus,  nicht  gegen  Markell  von  Ankyra  und  Photinus  (Apol. 6,12­15)  abgrenzen.  50  Zu  Apol.  8,1­5 vgl. unten  S. 430­433  [151­154],  51  Vgl. auch Apol.  18,18­19.  52  Apol.  18,6­9; vgl.  19,1­3.  Eunomius  gebraucht  zur  Kennzeichnung  des Verhältnisses der Namworte  (ονόματα)  bzw. Prädikate  (προσηγορίαι)  zur  „Wirklichkeit"  (πράγ­ ματα)  vor  allem  Ableitungen  von  άρμόττειν.  Man  sollte  sich  als  Interpret bewußt bleiben, daß „Wirklichkeit" und alle äquivalenten Ausdrücke sich einer eindeutigen Begrifflichkeit entziehen. Der Mensch glaubt etwas Bestimmtes damit zu verbinden; ist er jedoch gefragt, es zu präzisieren, stößt er auf etwas Letztes, woran sich zugleich seine Beurteilung von Denken und Sprechen als subjektive Leistung entscheidet. Näheres zur Geschichte des Terminus  πράγμα  und  zur  ideengeschichtli­ chen  Einordnung  der  Relation  πράγμα  ­  δνομα  mit  Blick  auf  Eunomius  soll  in  den  in  Anm.  12 angekündigten Beiträgen dargestellt werden. 53 Ob diese Synthesis einfach die schlichte Behauptung eines Zugleichs zweier Konstitutiva, also unvermittelte „Einheit" ist oder aus einer Vermittlung begründete Einheit, muß in diesem Beitrag vorläufig offen bleiben. 54 Vgl. unten S. 440^141 [160-161],

430

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Sachen und Sachverhalte diesem Prozeß vorgegeben und bestimmen ihn. Darum ist nach Eunomius das, was Namworte bedeuten, die nicht nur reine Produkte menschlicher Vorstellungskraft sind, sondern auf Realität bezogen sind und in ihrem Bezug auf diese präzis gebraucht werden,  ουσία55, ύπόστασι?56  oder  einfachhin  πράγματα57.  Fragt  man,  was  das  Namwort  „Gott"  bedeutet,  dann  antwortet  Eu­ nomius  mit  Berufung  (1)  auf  ein „natürliches Wissen" der Menschheit 58 und (2) auf die christliche Überlieferung, daß „Gott", genauer der „eine Gott und Vater", absolut voraussetzungslos sei, daß er, um zu sein, weder etwas anderes noch sich selbst voraussetzt: Er ist jedem Werden, auch einem Werden, das seinen Ausgang von ihm selbst nimmt  (παρ'  έαυτοϋ),  voraus 59 .  Nichts  liege  ihm  voraus 60 ,  und  darum  benenne  das  Namwort  „Gott"  (im  monotheistischen Verständnis)  die  ουσία61.  Die  Worte  „Gott"  bzw.  „ungeworden"  seien  (1)  nicht  einfachhin  ein  flatus  vocis,  also  nicht  ein  artikuliertes Lautgefüge, das nichts benennt (wie z.B. die Schulbeispiele  βλίτυρι für eine absolut bedeutungslose  φωνή  oder  Kentaur  und  Hydra für die Produkte der Phantasie) 62 , und, allgemein gesprochen, (2) nicht nur - und dieses „nur" wird allzu oft überlesen - ein Produkt menschlicher Sprachschöpfung und rational unters c h e i d e n d e r D i s k u r s i v i t ä t :  ονόματι  μόνον  κατ'  έπίνοιαν  ανθρωπινή ν 63 . 

Vielmehr  sagen  diese  Worte  Gottes  Sein  aus,  genauer:  Sie  bekennen  Gottes  Sein 64 .  Sie  tun  dies,  indem  sie  wie  Worte,  die (präzis ge[152]braucht)  πράγματα  benennen,  die  Usie  des  Benannten  zur  Kenntnis  bringen. Für Eunomius benennt das Namwort „Gott" Gottes Usie oder Wesen, welches im Prädikat  (προσηγορία)  „ungeworden"  wiedergegeben  ist.  Dies  ist  die  Bedeutung  (σημασία),  die  auch  ein  an­

55 

Vgl.  Apol.  18,19­20;  zu  ebd.  19,16­18  vgl.  oben  S.  428  [149], 

56 

Apol.  12,7­10. 

57 

Vgl.  auch  Apol.  21,2­3;  ferner  unten  S.  445­448  [165­168], 

58 

Der  historische  Hintergrund  der έννοια φυσική von  Apol.  7,1 muß in den in Anm. 12 angekündigten Untersuchung zur Herkunft der eunomianischen Sprachtheorie geklärt werden.

59

Apol. 7,1-3: Ei? ... 0eös  μήτε  τταρ' έαυτοϋ  μήτε  παρ' έτερου  γενόμενος. 

60 

Apol.  7,9­10:  μήτε  αύτό^  έαυτοϋ  μήθ' έτεροι» τι  αυτοί) προϋπάρχειν  δέδεικται. 

61 

Apol.  7,11;  8,17­18. 

62

Ausführlich in der sog.  Apologia  Apologiae·. vgl. S. 444f. [163].

63

Apol. 8,1-2. Das Wort  έπίΐΌΐα  bleibt  im  folgenden  oft unübersetzt, um keine bestimmte Deutung vorauszusetzen, die aus dem Kontext noch nicht hinreichend bewiesen ist. Daß es die  έττίνοια  mit  der  diskursiven  und  damit  auch  mit  der  sprach­ schöpferischen Fähigkeit des Menschen zu tun hat, ist das einzige, was unmittelbar deutlich ist, wenn man mit den genannten Begriffen keine bestimmten Theorien verbindet. Apol. 8,3:  την  του  είναι  δ  εστίν  όμολογίαν.  Zum  Gebrauch  von  ομολογείς  und  ομολογία  vgl.  den  Index  bei  R.P.  Vaggione  (Anm.  3),  204. 

64

Die sog. erste Apologie des Eunomius

431

deres Wort wie „der Seiende" (ό ών)  nach  Ex. 3,14 zum  Ausdruck  brin­ gen  kann 65 .  Warum  dies  so  ist,  warum  also  durch  das  Namwort  vermittelt  das  Wesen  erkannt  wird, erklärt Eunomius hier in der sog. ersten Apologie nicht näher; die Frage nach der kognitiven Valenz der Namworte im Vergleich mit der gedanklichen Leistung des menschlichen Verstandes bleibt somit unbeantwortet 66 . Eines nur ist deutlich: Die in der ersten theologischen Methode bedachten Worte sind kein Produkt rein menschlichen „Denkens". Wie es sich aber mit Namworten (oder „Substantiven") nichttheologischer Sprache verhält, die ihrer Sprachform nach mit den theologischen vergleichbar sind und insofern Usien bezeichnen müßten, wird nicht gesagt. Wenn Eunomius als Begründung hinzufügt:  τά  γάρ  TOL  κατ' έττίνοιαν λεγόμενα  έν όνόμασι μόνοις  (!) και  προφορά  τό  είναι  έχοντα  ταΐς  φωνα'ίς συνδιαλύεσθαι  πέφυκεν67,  dann  bot  diese  polemische,  nicht  weiter  differenzierende Formulierung  die Möglichkeit, Eunomius ein Verständnis der menschlichen  έττίνοια  zu  unterschieben,  das  der  Sprache,  sofern  sie  Produkt  des  Menschen  ist, jede  auf Realität bezogene kognitive Valenz abspricht und auf einen extremen Nominalismus 68 hinausläuft. Aufgrund der sog. ersten Apologie steht einzig fest: Sollte der Sprache eine kognitive Valenz, wie sie Eunomius für das Wort „Gott" behauptet, zukommen, dann liegt dies nicht darin begründet, daß dieses Namwort eine sprachschöpferische Leistung des Menschen, also  κατ'  έττίνοιαν,  ist.  Worin  die  kognitive  Valenz begründet ist, wird in dieser 65 66

Apol. 17,1-2. Man vgl.  καθαρα  τή  διανοία  in  Apol.  20,4^5:  oben  zu  Anm.  25. Ferner  vgl.  man  Apol.  22,7­8: την δε περί  τούτων εννοιαν άκριβώς·  διακαθαίροντας.  67  Apol.  8,3­5.  68  Mit  Bezug  auf  Apol.  16,9­12,  wo  jedoch  keine  Allaussage  vorliegt,  und  auf  Apol.  18,13­16,  eine  jener  Stellen,  an  denen  in  aller Kürze die These des Eunomius über das Verhältnis von Sprache und Sein formuliert ist  (εχρήν  ...  τταρηλλαγμένων  των  ονομάτων  ιταρηλλαγμένας  όμολογεΐν  και τας  ουσίας),  spricht  Ε.  Cavalcanti,  Studi  eu­ nomiani,  Orientalia  Christiana  Analecta  202,  Roma  1976,  117,  von  einem  „nomina­ lismo  dialettico",  der  (neu)platonischen  Ursprungs  sei.  Zum  Thema  vgl.  auch  Benito  y  Duran,  El  nominalismo  arriano  y  la  filosofia  cristiana:  Eunomio  y  San  Basilio,  Augustinus  5  (1960).  Die  These  vom  Nominalismus  des  Eunomius  impliziert  eine  Aktualisierung  aus  der  Sicht  einer späteren Diskussion; sie wird zwar der Interpretation der eunomianischen  έττίνοια  bei  den  Kappadokiern  (vgl.  auch  S.  441  [161]),  nicht  aber  allgemein  dem Sprachverständnis des Eunomius gerecht. Sicher wäre es ein Mißverständnis, die Sprache der Theologie nominalistisch zu interpretieren. Soweit man Erzeugnisse der  έττίνοια, die  kein  reiner flatus voeis sind,  an  die  Ursprache  (vgl.  S. 449f.  [169]) zurückbinden kann, werden sie im Sinne späterer Terminologie von Eunomius extrem realistisch interpretiert, mag auch die Idee von der Dekadenz der Sprachentwicklung (1) im allgemeinen einer gemäßigt nominalistischen und (2) teils, je nachdem wie durchschlagend man den Bezug auf die Fiktionen der Einbildungskraft hält, einer extrem nominalistischen Interpretation ein relatives Recht einräumen.

432

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Schrift nicht ausgesagt 69 . Die Gegenposition, welche (1) die [153] Sprache  einzig als Produkt der  έπίνοια  begriff  und  (2)  erkenntnistheoretisch  in  keiner  Hinsicht  einen  Nominalismus zuließ, hatte es darum leicht, weil sie gegen Eunomius das Problem theologischer Sprache als eine Frage von Sprache überhaupt, nicht aber als Frage von zwei Sprachen oder als Frage der Sprachdekadenz (Ur-  vs. Alltags-Sprache) erörterte. Wie ist aber die zitierte Begründung zu verstehen, daß Sprachliches, sofern es Ausdruck oder Darstellung der  έπίνοια  ist,  nur  im  Laut­ gebilde  der  Namworte  existiere?  Die gewissermaßen aufklärerische Reduktionsformel des „nur" im Sinn von „nichts anderes als" impliziert hier zwar gewiß, daß es sprachliche Produkte der  έπίνοια,  was  immer  damit präzis gemeint ist, gibt, die einzig „im sprachlichen Zeichen", d.h. hier: im artikulierten Lautgebilde, existieren. Sie impliziert jedoch nicht gewiß, daß die  έπίνοια  „nichts  anderes  als"  solche  Pro­ dukte  hervorbringt.  Denn  letzteres wäre nur dann der Fall, wenn in der These des Eunomius die Worte  ,,έν  όνόμασι  μάνοις  καΐ  προφορά  τό  είναι  έχοντα"  als Begründung für die darauf folgende Aussage stehen, daß solche sprachlichen Produkte nur im Aussprechen des Lautgebildes existieren, also (im strengst möglichen Sinn) nichts anderes als ein  flatus  vocis sind. Diese Deutung, die in den genannten Worten des Eunomius eine Begründung für die These  ,,τά  κατ'  έπίνοιαν  λεγόμενα  ταϊς  φωναΐς·  συνδιαλύεσθαι  πέφυκεν"  sieht  und  damit  eine  All­aussage  annimmt,  leidet  an  der  Schwierigkeit, daß hier Begründendes und Begründetes absolut Identisches aussagen und daß eine Tautologie keine Begründung liefern kann. Denn sie vermittelt kein neues Moment, aus dem der behauptete Sachverhalt einsichtig werden könnte. Anders aber steht es, wenn Eunomius mit den zitierten Worten keine Begründung des Folgenden, sondern eine nähere Bestimmung des Vorhergehenden geben wollte und damit seine These nur für bestimmte Produkte der έπίνοια  gelten ließ, nämlich für  τά  κατ'  έπίνοιαν  λεγόμενα  τά70  έν  όνόμασι  μόνοις  και  προφορά  τό  είναι  έχοντα.  Diese  sind für ihn dann nichts anderes als ein  flatus  vocis. Sollte die Untersuchung aller Stellen bei Eunomius, an denen das Wort  έπίνοια  begegnet,  die  Deutung,  ihre 

69 

Zur  Frage,  ob  der  Hinweis  κατά  τε  φυσικής 'έννοιαν i n  Apol.  7,1  (Anm.  58)  einen  präzisen Hinweis auf ein bestimmtes sprachphilosophisches Paradigma gibt, vgl. die in Anm. 12 angekündigte Untersuchung zum ideengeschichtlichen Hintergrund. Im Kontext ist ewoia (vgl. den Index bei R.P. Vaggione [Anm. 3], 201) äquivalent mit „Bedeutung", „Sinn" „(Aussage- [8,ll])Gehalt" eines Wortes, genauer der λέξις  oder  φωνή.  Letzteres  ist  kein  flatus  vocis,  wenn  seine  Bedeutung  „wahr"  ist:  So  spricht  Eu­ nomius  z.B.  in  Apol.  8,11  von  der  αληθής  περι  θεοϋ  έννοια,  die  dem  Namwort  „Gott"  im  monotheistischen Verständnis eignet. Worte wie „Gott" implizieren Realitätsgehalt, sind latente Urteile oder Aussagen (vgl. S. 439-441 [159-161]).

70

Man könnte hier auch  και  oder  statt kv  ein 'έν τ'  schreiben. 

Die sog. erste Apologie des Eunomius

433

Produkte seien einzig entweder „sinnlose artikulierte Lautgebilde" (wie  βλίτυρι)  oder  rein  fiktive  Gedankendinge  (wie  der  Kentaur),  nicht  stützen, dann scheint mir ein konjekturaler Zusatz wie  τά  oder  καΐ  zu­ mindest  sinnvoll,  eigentlich  aber  notwendig,  es  sei  denn,  man  nehme  in  Apol.  8  eine bewußt überspitzte Formulierung oder in der sog. zweiten Apologie einen veränderten Standpunkt an, sofern dort auch Relationen, Analogien und Energien als Erzeugnisse der έπίνοια  angesprochen  werden,  nicht  aber  als  rein  [154]  fiktive  Gedankendinge,  sondern  als  real  existierende  Sachverhalte  zu  interpretieren  sind 71 .  Sind  die  in  der  ersten  theologischen  Methode  bedachten  Worte  kein  Produkt  rein  im  Diskursiven gründender Sprachschöpfung, dann scheint Analoges auch für die zweite Methode zu gelten. Wenn man nämlich die evepyeia im theologischen Sprachgebrauch so denkt (emvoelv), wie sie in der nicht-christlichen Tradition  (τοΧς·  Ελλήνων  σοφίσμασιν)  gedacht  wurde,  und  sie  deshalb  auf  die  Usie zurückführt 72 , also zwischen beiden, Sein und Wirken, eine ontologische, nicht nur axiologische 73 Korrelation behauptet, dann werde man das Verhältnis 71

Vgl. unten S. 447f. [167f.], bes. die in Anm. 151 und 153 zitierten Texte. - Da nun im Syntagmation des Aetius die emyoia und ihre Problematik zumindest an fünf Stellen als polemisches Argument eingebracht wird (12-13; 17-18; 26, hg. v. L.R. Wickham [Anm. 12], 541-543), scheint es nicht abwegig, bei diesem und Eunomius gemeinsame Anschauungen zu vermuten. Nun findet sich bei Aetius kein Satz, der eine Beschränkung der  έπί,νοι,α  auf  das  Fiktive zuläßt, auch wenn L.R. Wickham, a.a.O., 557-558, im Ausgang (!) von Eunomius, Apol., 8, eine solche Interpretation insinuiert: „For Eunomius it means the capacity to invent unrealities. ... For Origen, Arius, Basil and Gregory έπί,νοια was  a legitimate  means  of expressing  the inexpressible  richness  of God. Aetius  (sic!)  and  Eunomius broke with  the Arians  over  its use."  Sofern  L.R.  Wick­ ham,  ebd.,  diesen  Bruch  aber  darin begründet sieht, „daß rationale, metaphorische und analoge Termini nicht auf"  το  άγεννητον  „angewandt  werden können", diese jedoch nicht als „unrealities", sondern als Gegensätze zum Absoluten interpretiert, hat er sich mehr von der Sache als von seinem Verständnis von Apol., 8, leiten lassen. Demgemäß ist für ihn ein „merely excogitated by human beings" doch nicht mit dem Begriff eines rein fiktiven Gedankendings identisch. In einem Vorgriff auf die sog. zweite Apologie möchte ich hier anmerken, daß das eigentliche Interpretationsproblem m.E. darin liegt, ob man die zweite theologische Methode als ein Verfahren denken kann, das in keiner Weise auf die Erzeugnisse der emvoLa zurückgreifen muß.

72

Apol. 22,4-11 mit 23,4—15:  την ivepyeiav 

73 

Vgl.  Anm.  30.  „Axiologisch"  impliziert  an  sich  keinen  Gegensatz  zu  „ontologisch",  wie  es  z.B.  die  erste  theologische  Methode  des  Eunomius  zeigt,  die  axiologisch  ori­ entiert  ist  und  „von  oben  her"  argumentiert  (vgl.  bes.  S.  436f.  [156f.]).  Wenn  Euno­ mius  jedoch  bestreitet, daß für die Theologie (!) zwischen Usie und Energie eine Korrelation bestehe, die beide in eine Einheit einbinde (ei^oDy), dann will er ausschließen, daß man das Verhältnis beider ein(-ein)deutig bestimmen kann, wie es der Fall wäre, wenn man dieses als seinshaft konstituiert denken könnte: Wirken entspräche dann der Seinsart, und diese läßt sich am Wirken erkennen. Dies mag außerhalb der Theologie gelten (man muß nach Eunomius in diesem Zusammenhang die Differenz der Seinsbereiche bedenken [Apol. 23,1-4]), doch nicht angesichts der Absolutheit von Gottes Sein. Denn die Werke Gottes sind ja selbst nicht absolut,

ίνοϋν  τη  ουσία. 

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Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

von Vater und Sohn, sofern das Namwort „Vater"  ενεργεία  benennt,  nur  sabellianisch  bestimmen können: [155] Die seinshafte Differenz beider werde aufgehoben 74 . Im Denken einer ontologischen Korrelation von Wesen und Sein einerseits, Wirken und Wirkvermögen andererseits zeigt sich nach Eunomius offenbar kein echtes „natürliches Wissen der Menschheit" in Analogie zum Wissen um die absolute Transzendenz des einen Gottes. Vielmehr stellt diese Transzendenz die genannte ontologische Korrelation radikal in Frage und führt, wie es Eunomius als zweite theologische Methode formuliert, (zumindest im theologischen Sprachgebrauch) zur Trennung der Energie von der Usie, weil und sofern die  ενεργεία  Gottes  als  Wollen  (βούλησις·)75  und  damit  als  absolute  Freiheit  (die  durch  kein  vorausliegendes  natur­  oder  wesen­ keine  έργα  άναρχα,  άγέννητα  (und  ατελεύτητα),  weil  ein  έργον  dies  als  etwas,  was  „gewirkt"  oder  hervorgebracht  wurde,  einfach  nicht  sein  kann.  Eine  ontologische  Korrelation  ist  somit für die Theologie ein „Unding". Doch kann man wohl von der Würde eines Werkes auf die Würde des Wirkenden zurückfragen und wird dabei eine bestimmte Wertordnung entdecken, die für die Theologie wichtig ist und die ihr, wie die Verschränkung der beiden theologischen Methoden (vgl. S. 437f. [157159]) zeigt, bei der Klärung ihrer Frage nach Gottes Usie dienen kann. Insofern kann man von einer axiologischen Korrelation von Energie und Usie sprechen, muß sich aber bewußt bleiben, daß die Theologie so lange das Absolute als solches, die Agennesie, nicht in den Blick bekommt, so lange sie einzig das Wirken selbst bedenkt, d.h. das Verhältnis von  ενέργεια  und  έργον.  Sie  erreicht  dabei  einzig  „den  einen  Gott"  als  „Vater".  74 

Apol.  24,18­28;  vgl.  Anm.  49. 

75 

Apol.  23,15­20;  vgl.  zu  Apol.  24,1­4  Anm.  32.  ­  Zu  Recht  hebt  auch  E. Mühlenberg, Unendlichkeit (Anm. 2), 95-98, in seiner Darstellung „des Wesens der Theologie des Eunomius" (der Sache nach wiederholt im Beitrag von Chevetogne [Anm. 2], 2 3 0 234) darauf ab, daß Eunomius nach Apol. 24 die „Wirkkraft" oder  ενέργεια  von  Gottes  Wesen  trenne,  sofern  sie  von  Gottes  „ungebundenem  Willen"  hervorgebracht  sei  (a.a.O.,  98),  ohne  aber  Gottes  Wesen  zur  Erscheinung  zu  bringen  (a.a.O.,  233).  Es  muß aber darauf hingewiesen werden, daß E. Mühlenberg die Theologie des Eunomius einzig als eine Theologie des Wesens und Begriffs, nicht aber als eine Reflexion über die theologische Sprache versteht. Nach E. Mühlenberg hat auch Gregor von Nyssa die Energie vom Wesen Gottes getrennt (Unendlichkeit, 140-141), und zwar „ähnlich wie bei Eunomius", „da zwischen Gottes Wesen und seinem Handeln der Wille Gottes steht, der die Wirksamkeit Gottes von seinem Wesen trennt und der den Rückschluß von der  ενέργεια  auf  die  φύσις  oder  ούσία unmöglich macht (CE II 150)" (Chevetogne: a.a.O., 238). Doch die genannte Stelle ist m.E. für die These nicht heranzuziehen; an der zuvor zitierten Stelle fehlen Belege; die im Kontext dort zitierten Stellen aus Contra Eunomium beweisen m.E. nicht, was bewiesen werden soll, ebenso wenig wie die Stelle aus Oratio XI in Canticum Canticorum (333,16-334,9) bzw. jene aus Oratio VII de beatitudinibus (1280 AB) oder die Berufung auf J. Danielou, Platonisme et theologie mystique, 2 1944, 138-140, wo nicht behauptet wird, daß Gregor, sondern daß Gregorios Palamas und seine Anhänger eine Trennung von Gottes Usie und Energie behauptet haben. Letztere beriefen sich dabei auf bestimmte Texte des Nysseners. Die negative Theologie (bezüglich des Wesens Gottes) schließt für Gregor von Nyssa die via analogiae (et eminentiae) aus den Wohltaten und damit aus dem Wirken Gottes nicht aus; eine ontologische Trennung von Gottes Sein und Wirken wird somit nicht behauptet (und die ontologische Korrelation nicht bestritten).

Eunomius' Schrift gegen Basilius von Kaisareia

435

haftes Apriori beschränkt ist)76 erkannt, besser gläubig bekannt 77 wird. Eine ontologische Korrelation von Sein und Wirken scheitert nach Eunomius zumindest am Wirken des „Vaters", sofern dieses jener Wille ist, mit dem er in absoluter Souveränität den Sohn will; sie scheitert nach Eunomius auch am christlichen Schöpfungsglauben, sofern sie als Konsequenz die dem griechischen Denken vertraute Vorstellung einer „ewigen Welt" impliziere: die Vorstellung einer der göttlichen Ewigkeit gleichewigen Existenz des Kosmos 78 . [156] Eine ontologische Korrelation von Sein und Wirken laufe auf eine Identität von Gottes Usie und Energie hinaus:  ταύτόν  τη  ουσία  τιθεμένου?  (seil,  την  ένέργει,αν)79.  Nur  unter  der  Voraussetzung, daß keine solche ontologische Korrelation besteht und Gottes Wirken absolut freies, sich selbst genügendes Wollen ist, sei auch das Schreckgespenst des Sabellianismus 80 ausgeschlossen; nur so lasse sich wirklich von Vater und Sohn sprechen und jeweils die ihnen eigene Usie wahren 81 , nur so lasse sich die gemeinte Relation beider retten:  άποσω^ειν  την  ομοιότητα82,  „nicht  um  die  Gottheit  des  Eingeborenen  aufzuheben  ...,  sondern  um  die Überlegenheit  (υπεροχή)  des  Vaters",  seine  relative  Transzendenz gegenüber dem Sohn, zu wahren 83 .

2. Eunomius' Schrift gegen Basilius von Kaisareia Das Verständnis jener Verteidigungsschrift, die Eunomius gegen Basilius 84 verfaßt hat, um seine sog. erste Apologie zu rechtfertigen, und im

76

Es handelt sich hier u m eine Konsequenz der in der ersten theologischen Methode konstatierten absoluten Unmöglichkeit, Gott mit irgendetwas zu vergleichen. Der einzige  ι^όμο?  φύσεω?  (vgl.  oben  S.  427  [149])  des  einen  Gottes  besteht  darin, daß er kein ihm Vorausliegendes kennt: Er ist nicht nur jenseits allen Werdens, sondern auch jenseits aller  βασιλεία  (vgl.  ebd.  zu  Apol.  20,11­12). 

77 

Vgl.  Anm.  64  zu  Apol.  8,3. 

78 

Apol.  22,11­12.  Eine  andere  Formulierung  des  Eunomius läuft auf dasselbe Argument hinaus: Die Usie Gottes ist  α^αρχο?  άπλή  τε  καί  ατελεύτητος  sowie  άγέι>νητο5,  die  Energie  Gottes  jedoch  nicht  (Apol.  23,5­20).  Denn für sie sei der Bezug zu ihrem Resultat  (epyov) konstitutiv (23,4-5.7). Letzteres aber müßte „ungeworden" (23,12), „ohne Anfang, ohne Ende" sein, sollte auch die Energie selbst „ungeworden" sein. Apol. 23,10.

79 80 81

Ausdrücklich genannt als „Scheinchristen" (Apol. 6,1-2) werden Sabellius, Markeil und Photinus (6,12-13). Vgl. Anm. 49. Apol. 24,18-28.

82

Apol. 24,1^1; vgl. auch Anm. 32.

83

Apol. 21,13-15. Zur via eminentiae vgl. Anm. 121.

84

Basilius wird im folgenden zitiert nach der in Anm. 3 genannten Ausgabe: I-II, Sources Chretiennes 299.305, Paris 1982.1983.

436

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Jahre 379 veröffentlichte 85 , leidet daran, daß wir ihren vollen Text nicht mehr besitzen, sondern nur das Referat des Gregor von Nyssa 86 . Dieser sucht die Schwachpunkte der Argumentation des Eunomius hervorzuheben und trägt von sich aus nichts bei, um ein konsistentes und möglichst kohärentes Verständnis zu gewährleisten. Dies aber ist die Aufgabe des heutigen Interpreten, der von der Voraussetzung ausgeht, daß Eunomius selbst ein kohärentes Ganzes im Blick hatte, dem vermutlich von einem immanenten Standpunkt aus kaum Widersprüchlichkeit, also Inkonsistenz, nachgewiesen werden konnte. In unserem Zusammenhang interessiert einzig die Frage, wo sich im Vergleich mit der sog. ersten Apologie ein bestimmter oder gar ein veränderter Standpunkt zeigt. Beide theologischen Methoden bilden weiterhin die Basis; die erste wird nun eindeutig als ein (axiologisches)87 Denken von oben nach unten [157]  (κάθοδος)88,  die  zweite  als  ein  entsprechender  Aufstieg 89  gekennzeichnet.  Hervorgehoben  wird,  was  implizit  aus  der  sog.  ersten  Apologie  schon  zu  erkennen  war, daß beide aufeinander bezogen sind und sich darin ergänzen. Man müsse beim Vollzug der ersten Methode nicht nur auf die drei göttlichen Usien achten, sondern zugleich (συμπεριλαμβανομένων!)  sowohl  die  Energien,  die  den  Usien  „folgen" 90 ,  als  auch  die  „angemessenen  Namworte"  (προσφυή  ονόματα)91  der  Usien  bedenken 92 .  Die  erste  Methode  ist  nur vollständig oder ein integraler Vollzug, wenn sie ein „Gesamt" ist  (του  παντός  λόγου  συμπλήρωση),  in  dem  die  Fragestellung  der  zweiten  theologischen  Methode  zugleich  aufgegriffen und  integriert  ist.  Beide  Methoden  haben  sich,  wie  Euno­

85  Vgl. dazu  R.P. Vaggione  (Anm. 3), 82­94.  86  Im  Folgenden  wie  im  Vorhergehenden  zitiert  nach  der  Ausgabe  von  W.  Jaeger  in  Gregorii  Nysseni  Opera, Ι­Π, Leiden  1960.  87  Axiologisches  Denken  orientiert  sich  an  Wertung  und  damit  an  einem  „Oben".  Man  könnte es auch hierarchisch nennen, wäre damit nicht allzu schnell eine bestimmte neuplatonische Interpretation assoziiert. 88 1,154, S. 73,15. 89 1,153, S. 72,25; vgl. 1,446 mit 461, S. 156,6-8 mit 160,11-13. 90 1,151-152, S. 72,8-9,16: Dies bedeutet keine Veränderung gegenüber der sog. ersten Apologie die nicht jede Relation, sondern nur die ontologische Korrelation ausschloß (vgl. S. 433-^35 [154-156]). Terminologisch bleibt das „Folgen" vor allem deshalb unscharf, weil es auch auf das Verhältnis des Namwortes „Gott" zum (Aussage-) Wort äyevvTfTov angewandt werden kann: vgl. 1,655, S. 214,21-22 mit Apol. 7,10-11. Es ist verständlich, wenn auch in der Sache wenig hilfreich, daß hier die Kritik des Basilius einsetzt; auch Gregors Verteidigung der formalen Argumente seines Bruders führt m.E. nicht weiter. 91 Vgl. unten S. 449f. [169], 92 1,151, S. 71,28-72,10. Auf was bezieht sich ταύτας  (S. 72,9)? Auf  die  zuvor  genannten  Usien  oder  auf  die Energien? Sieht man  einzig auf  grammatikale  Kongruenz,  so ist  beides  möglich, wenn auch, stilistisch gesehen, der Bezug auf die Usien den Vorzug verdient.

Eunomius' Schrift gegen Basilius von Kaisareia

437

mius allgemein feststellt, „an der natürlichen Ordnung", wie sie der Realität eigen ist, zu orientieren 93 . Was Eunomius darunter versteht, zeigt, daß nicht nur die erste Methode die zweite in ein „Gesamt" theologischer Reflexion integriert, sondern auch die zweite im Vollzug auf die erste zurückgreifen muß, m.a.W. daß beide Methoden in gegenseitiger Verschränkung „den ganzen Vollzug christlicher Theologie" gestalten: πας  ό  των  καθ'  ημάς  δ ο γ μ ά τ ω ν  σ υ μ π λ η ρ ο ΰ τ α ι  λ ό γ ο ς ,  um  mit  jenen  Worten  zu  sprechen,  mit  denen  Eunomius  im  Referat  Gregors  diese  Reflexion  auf  jene  theologi­ schen Grundsätze einleitet, mit denen er die Wahrheit des Glaubensbekenntnisses aufweisen und gegen Angriffe verteidigen will. Denn, wahre man die dem theologischen Diskurs vorgegebene Verknüpfung ( ε ι ρ μ ό ς ) ,  dann  folge für „das theologische Geschäft" ein Zweifaches, je nachdem, ob sich die Fragestellung auf die Usien oder auf die Energien bezieht. Im ersten Fall wird man aus (!) jenen Energien argumentieren, die den Usien am unmittelbarsten axiologisch verbunden sind, um die Glaubwürdigkeit seiner  Confessio und damit seine theologische Uberzeugung aufzuweisen 94 und um strittige Fragen zu lösen 95 . Die Wertordnung der göttlichen Werke, d.h. jene axiologische Ordnung, die z.B. zwischen der Erschaffung der Engel, der Erschaffung der Sterne und des Himmels sowie [158] jener des Menschen besteht, zeige den (axiologischen) Unterschied der Energien 96 . Andere Werke Gottes können dem hinzugefügt werden; alle zeigen Unterschiede, die auf eine Wertordnung der Energien weisen:  τ ά ς  μ ε ν  π ρ ώ τ η ν ,  τας  δέ  δ ε υ τ έ ρ α ν  έ π έ χ ε ι ν  τ ά ξ ι ν .  Drehe  sich  aber  der  Streit  um  die  Energien  selbst,  dann müsse man die Problemlösung in den Aussagen der ersten theologischen Methode suchen, und zwar mittels einer topischen Argumentation  έ κ  τ ω ν  ο ύ σ ι ώ ν ,  die  sich  in  einem  Abstieg  vollziehen  lasse:  α π ό  τ ω ν  π ρ ώ τ ω ν  ε π ί  τ ά  δ ε ύ τ ε ρ α 9 7 .  Hier  wird  die  erste  Methode  in  die  Fragestellung  der  zweiten  93  94 

1,154,  S.  73,5­6:  κατά  την  συμφυή  T O L S  πράγμασ^  τάξιν.  Zu  ­πράγματα  vgl.  S.  429f.  [150­151],  bes.  Anm.  52.  Vgl.  S.  4 2 1 ^ 2 3  [144­145],  bes.  Anm.  7. 

95 

1,154, S.  73,8­12. 

96 

1,152­153,  S.  72,15­73,3.  Ich  sehe  nicht,  wie  Th.A.  Kopecek  (Anm.  1),  II,  453,  in  diesen  Worten  die  Aussage  finden  kann:  „knowledge  of  the  Son's  activity  as  creator  of  the  angels  tells  one  more  about  the  Son's  essence  than  knowledge  of  his  activity  as  savior  of  man."  Die Spitze gegen R.C. Gregg und D.E. Groh  ist im Zusammenhang  deutlich.  1,154,  S.  73,12­15.  Die  vorgetragene  Deutung  setzt  bei  der  Tatsache  an, daß Eunomius seinen Gedankengang eindeutig durch  μεν  ­  δέ  (S.  73,8.12)  gegliedert  hat  und  damit  zwei Fälle der  άμφισβήτησις  bzw.  αμφιβολία  unterscheidet:  irepi  Tals  o i m a i ?  (Z.  8 ­ 1 2 )  und  em  Tals  evepyeiaLs  (Z.  12­15).  Darum  verfehlt  Th.A.  Kopecek  in Übersetzung (a.a.O. [Anm. 1], II, 452) und Interpretation (ebd., 453-454) den Sinn der Aussage, als ob es einzig u m die  eine Frage der Usien (also der ersten theologischen Methode) und  zweier Strategien gehe. Die Konsequenz wäre: „Therefore, Eunomius

97 

438

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

hineingezogen, und somit wird die Zuordnung von Gott Vater und Sohn, d.h.  die Frage der zweiten Methode, „durch die Erkenntnis des göttlichen, absoluten Wesens geklärt", wie E. Mühlenberg zu Recht feststellt 98 . Was „Vater" letztlich sagt, das bringt einzig die erste theologische Methode mit ihrer Erkenntnis des Wesens Gottes, der Agennesie, ein. „Eunomius setzt die Absolutheit Gottes schon voraus und stellt sie dann der Wirksamkeit gegenüber, die nicht als absolute erscheinen kann" 9 9 . Hier liegt tatsächlich eine prinzipielle Grenze für die zweite theologische Methode, die für Eunomius in ihrer Fragestellung selbst begründet ist: Sie fragt nach den Energien; diese aber sind rein axiologisch und keineswegs ontologisch mit der Ordnung der Usien korreliert. Darum aber kann man diese zweite Methode nicht, wie es E. Mühlenberg tut 100 , mit dem platonisch-aristotelischen „Rückschlußverfahren" über die Werke zu deren Wirkursachen und letztlich zur absoluten Ursache gleichsetzen: Denn diesen „Schluß" kann sie für Eunomius „letztlich" nicht leisten. Auf Grund ihrer axiologisch orientierten Fragestellung kann sie zumindest im letzten, d.h. für die absolute Transzendenz, einen ontologischen Zusammenhang von Energie und Wesen (την evepyeiav ένοΰν rrj  ουσία)  nicht begründen. Für Eunomius spricht entscheidend die absolute Souveränität des [159] göttlichen Willens und Wirkens sowie die Nicht-Ewigkeit, in diesem Sinn: die Endlichkeit der von Gott geschaffenen Welt dagegen 101 . Dieser Hiatus ist trotz aller Verschränkung nicht zu übersehen; er gilt dort, wo der Streit um die Absolutheit Gottes, also die Frage der ersten theologischen Methode nach dem Wesen des „einen Gottes und Vaters", aus der axiologischen Ordnung der Energien „geklärt" werden soll. Es geht auch hier um ein Verfahren, das seine Analogie nicht im Beweis aus anerkannten Prämissen besitzt, sondern im topischen Aufweis dessen, was als Prämisse gelten kann, d.h. es geht um das Finden von „Plausibilitäten" (probabilia oder  ένδοξα)102,  die  zum  einen  selbst  stressed  that  theological  methodology  should  always  (!)  begin  with  knowledge  of  the  essences  and  work  its  way  down  to  their  activities  rather  than  begin  with  know­ ledge  of  activities  and  work  its  way  up  to  the  essences."  Der  Ausgangspunkt für die Frage nach der Zeugung des Sohnes kann dann einzig lauten: „seeking to discover the ,natural dignity' of the supreme God who generated him." Die Verschränkung der Methoden ist bei Th.A. Kopecek nicht erkannt. 98

Im Vortrag von Chevetogne (Anm. 2), 231.

99

Ebd., 233.

100 Unendlichkeit (Anm. 2), 96. 101 Vgl. oben S. 4 3 3 - 4 3 5 [154-156], bes. Anm. 73. 102 Der von der Wissenssoziologie gebrauchte Begriff der „Plausibilität" scheint mir noch das beste Analogon unserer modernen Wissenschaftssprache zu dem, was die aristotelische Topik unter  ενδοξον  und  unter  dem  versteht,  was  das  ένδοξον  als  Ver­ mittelndes  in  der  Frage  der  άρχαί  anzubieten  hat.  Mit  Wahrscheinlichkeiten  im  mo

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439

Ausdruck jener gläubigen Überzeugung sind, die eine Gemeinschaft verbindet, und aus denen zum anderen sich in strittigen Fragen die verbindende Brücke zwischen den Standpunkten finden läßt, m.a.W. aus denen sich Überzeugungen begründen lassen, welche einen theologischen Diskurs tragen können: εκ ... ενεργειών  ποιείσθαι  ...  την  πίστιν 103 .  Eine adäquate Erkenntnis des „einen Gottes und Vaters", sein Wesen, erreichen jedoch die „Plausibilitäten" der zweiten theologischen Methode nicht; sie bleibt Inhalt der ersten Methode und ihrer Sprache. Die Unterscheidung der beiden theologischen Methoden und damit Sprachen kann Eunomius nicht aufgeben, will er die Bedeutung der Worte  ,,άγέννητος"  und  „Vater",  d.h.  des  Absoluten  in  der  Ordnung  des  Seins, nämlich des absolut Ersten einerseits und anderseits des Ersten in der mit dem Sein nur axiologisch korrelierten Ordnung der Energien, nicht aufeinander reduzieren und damit die für sein Bekenntnis grundlegende gestufte Transzendenz des Göttlichen mit der entscheidenden Schnittlinie zwischen  άγέννητον  und  γεννητόν  nicht  aufgeben.  Die  absolute  wesenhafte  Transzendenz  des  „Ungeworde­ nen" läßt keine irgendwie seinshafte Relation zu etwas anderem, was nicht „ungeworden" ist, zu, ohne die genannte Schnittlinie aufzuheben. Wenn also eine Relation, wie sie aus dem Namwort „Vater" nicht zu eliminieren ist, in der Theologie nicht ausgeschlossen werden kann, dann darf diese keine irgendwie seinshafte sein. Dies war schon der Standpunkt der sog. ersten Apologie 104 . Gegen Basilius 105 hält Eunomius [160] deshalb daran fest, daß die  δύναμις·  των  ονομάτων  von  „unge­ worden"  und  „Vater"  nicht  identisch  sein  kann 106 ,  d.h. daß beide Worte nicht dasselbe bedeuten 107 . Vielmehr ist das absolute, allem und jedem dernen Sinn hat dies nichts zu tun, und so muß man sich hüten, durch die in der lateinischen Überlieferung gegebene Interferenz von probabile und verisimile vom Ansatz bei der reflektierten Überzeugung abgelenkt zu werden, so wie es z.B. bei W.A. de Pater, Les Topiques d'Aristote et la dialectique platonicienne, Fribourg Suisse 1965, geschieht. 103 1,154, S. 73,9-11. Vgl. Anm. 7. 104 Ein Argument aus diesem Zusammenhang, nämlich Apol. 24,18-28, wurde auf S. 433-435 [154-156] (vgl. auch S. 426-427 [147-149]) dargestellt. Denkvoraussetzung ist dabei, daß es zwei oder mehr άγέννητα nicht geben kann. 105 1,5,63-75, S. 174-176. 106 1,552.562, S. 186,3-10.188,27-189,2. 107 Ob Eunomius tatsächlich, wie es das Referat des Gregor von Nyssa nahelegt, die Aussage des Basilius dazu verkürzt hat, die Bedeutung beider Worte sei το  εξ  ούδενός  είναι, muß man m.E. bezweifeln, es sei denn, Eunomius habe eine in seinem Kontext eindeutige Kurzformel gebraucht, die auf Vorhergehendes verwies, so daß kein Zweifel entstehen konnte, daß hiermit die absolut voraussetzungslose Transzendenz Gottes gemeint war. Angemerkt sei, daß die von Gregor referierte Formulierung seiner eigenen Argumentation entgegenkommt, sofern er beider  ονόματα  Bedeutung  als  το  μή έξ  αιτίας  είναι  bestimmt  (11,24.28,  S.  233,20.  234,22­23;  passim); 

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vorausliegende Sein Gottes vom Zeugen des Sohnes (im Wollen) zu unterscheiden; ersteres, die Bedeutung von  άγέννητον,  ist  notwendig  mit  dem  Namwort  „Gott"  (also  mit  dem  damit  gemeinten  ύποκείμενον)108  verbunden  und  kennzeichnet  darum  Gottes  Sein  im  Sinn  einer  Wesensaussage 109 .  Darum  sei  im  Urteil  „Gott  ist  ungewor­ den"  die  Aussage  des Prädikats  (προσηγορία)  ,,άγέννητος"  notwendig  mit  „Gott",  dem  Subjekt  (ύποκείμενον)  des  Urteils,  verbunden.  In  einem  von  Gregor  aus  dem  Kontext gelösten Argument sucht Eunomius diese Sicht gegen Basilius zu verteidigen 110 , und behauptet: Weil Gott seiner Usie nach  άγέννητος·  ist,  sei  die  Zuordnung  des Prädikats, hier  όνομα  genannt,  notwendig  (ακολουθεί  τό  άγέννητον  όνομα)111.  Damit  ist  der  Standpunkt  der  sog.  ersten  Apologie  wiederholt,  das  dahinter  liegende  Paradigma  der  Urteilsanalyse  vielleicht  deutlicher  geworden.  Dasselbe  Paradigma,  wenn  auch  mit  wichtigen  „(on­ to)logischen"  Unterscheidungen  verbunden,  dient  sowohl  Basilius 112  als  auch  Gregor 113 ,  um  zu begründen, warum die Aussage des άγέννητον außerhalb  (έξωθεν)  der  Usie  bleibe  und  selbst  dann,  wenn  sie  als Prädikat vom  ύποκείμενον,  dem  Subjekt  der  Aussage,  nicht  zu  tren­ nen  sei,  mit  der  Usie  nicht  identisch  sein könne: Sie nenne nämlich nicht „die Bedeutung des Seins, sofern es  ist", d.h. sofern Sein  ist (oder: Wesen existiert), was in der Kopula des Urteils, die auf aktuale Existenz zielt, vollzogen wird 114 . Das hier zur Diskussion stehende [161] Problem ist die Reichweite menschlicher Erkenntnis und Sprache, zugleich aber, inwieweit diese die Struktur der Wirklichkeit, d.h. Usie, „aufscheinen lassen" oder „widerspiegeln" oder aber weder das eine noch das andere leisten, sondern einzig eine möglichst kohärente Ordnung schaffen, die dem Menschen zur Orientierung dient, ohne aber damit bereitet er die Verschiebung der seinshaften Schnittlinie zum Chorismos zwischen EIKTLETTOS und KTLCTTOS vor, die für das nikänische Bekenntnis unabdingbar ist. Vgl. Anin. 14. 108 Vgl. oben S. 429-430 [150-151] sowie unten zu I, 661, S. 2 1 6 , 1 8 - 2 2 . 109 1,655.658, S. 214,21-22.215,13-14.16-17. Vgl. Apol. 7,10-11. 110 1,661, S. 216,18-20, unter Bezugnahme auf Basilius, 1,5,76-122, S. 176-180. 111 So Eunomius 1,661, S. 216,20-22; vgl. I, 663, S. 217,10-12. 112 1,5,86-106, S. 176-178. 113 1,655, S. 214,22-25; dazu vgl. man die Argumentation in  ΙΠ,5,56­60,  S.  180,13­182,18.  114  Gregor  von  Nyssa  1,655,  S.  214,24­25:  αϋτοΰ TOÜ είναι  καθό εστί  τήι> σημασίαν.  ΠΙ,5,57,  S.  180,25­181,1:  παντί  ονόματι  τω  περί  την  θείαν  λεγομενω  φύσιν  τό  εστί  πάντως  συνυπακούεται.  Vgl.  auch  Basilius  1,5,115­117,  S.  180,  der  darauf  hinweist, daß die Wesensaussage, d.h. die Identität eines Prädikats mit der Usie, von jenen Aussagen unterschieden werden muß, die vom Subjekt der Prädikation nicht zu trennen sind: Πω?  γάρ  τό  αύτό  και  „ακολουθεί  τω  θεώ"  και  ,,ταύτόν  εστίν  αύτω",  πασιν  δντος  προδήλου ÖTL τό  ακολουθούν  ετερόν  έστι  παρά  τόν  ού  εστίν  έπακολούθημα;  In  Gregors  Terminologie  man  zwischen  dem  ύποκείμενον  (= öv) und dem  τω  ύποκειμενω  προσθεωροϋμενον,  oft  einfach  έπιθεωροΰμενον  genannt,  unterscheiden. 

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selbst an der Usie orientiert zu sein. Die letztgenannte Hypothese kommt im Kontext der Kappadokier einzig als nominalistische Theorie eines  flatus  vocis in den Blick. Als Beweis, wahrscheinlich besser gesagt: als Aufweis, daß die Aussage des „Ungewordenen" Gottes Usie so kennzeichnet, daß Gottes Wesen nichts anderes als  άγεννησία  ist,  dient  dem  Eunomius  wie  in  der  sog.  ersten  Apologie 115  die  klassische  Metaphysik  des  Absoluten  als  des  in  jeder  Hinsicht  Einfachen 116 . Ließe sich eine solche metaphysische Notwendigkeit als evident aufweisen, dann besäße der Mensch im Namen Gottes so etwas wie einen Wesensbegriff. Wie aber steht es dann mit der religiösen Uberzeugung, die tragender Grund jeder negativen Theologie ist? Kann Eunomius' Auffassung von der Agennesie als Usie Gottes mit einer negativen Theologie zusammengedacht werden 117 ? Hier setzt die Kritik seiner Gegner ein. Für [162] Gregor von

115 8,14-18. 116 11,23, S. 233,11-17. Hier muß aus der Methodenreflexion des Eunomius (1,151-154, S. 71,28-73, 15; vgl. dazu oben S. 436-438 [156-158]) eine Aussage hinzugefügt werden, die auf den ersten Blick in Konkurrenz zur soeben zitierten Stelle zu stehen scheint: Die gestufte Transzendenz dreier Usien impliziere „sonnenklar"  (είλικρινώς)  eine  dreifache  seinshafte  Einfachheit:  έκαστης  τούτων  (seil,  των  ονομάτων)  ουσίας  ...  άττλής  και  πάντη  μιας  οΰσης  (1,152,  S.  72,10­11).  Gilt  also für jede Usie eine Einfachheit, die ansonsten von der  ουσία  άγεννητος  des  „einen  Gott  und  Vaters"  ausgesagt  wird,  und  wird  zugleich  jede  Synthesis  (und  jedes  „Teilen")  im  Bereich  der  Transzendenz  aus­ geschlossen,  so daß die Einfachheit desselben nicht durch die Behauptung von drei Einfachen aufgehoben wird, dann gebraucht Eunomius einen anderen Begriff ontologischer Einfachheit als Gregor von Nyssa (vgl. S. 451 [170]). Letzterer bestreitet die „Ableitung" der  άγεννησία  aus  der  metaphysischen  Einfachheit;  „ungeworden"  be­ deute  άνευ  αίτιας  είναι  (vgl.  Anm.  107),  „einfach"  jedoch  den Ausschluß jeder σύνθεση  (Π,24­25  S.  233,17­29;  vgl.  Π,28­29,  S.  234,19­235,8).  Da  Eunomius  die  Ein­ fachheit  des  Sohnes  (μονογενής  θεός)  nicht  leugne, müßte er eigentlich, sofern er aus der Einfachheit schlechthin die Agennesie ableitet, auch für den Sohn eine solche behaupten  (Π,25­27,  S.  233,29­234,18).  117  Aus  der  Sicht  des  Eunomianers  Philostorgius  zeigt  sich  hier  ein  Gegensatz  zu  Arius,  der  eindeutig  eine  negative  Theologie  vertreten  habe  (was  nicht  zu  bestreiten  ist):  H.E.  X,2,  S.  126,16­19;  dsgl.  11,3,  S.  14,2­5.  Die  negative  Theologie  ist für den Anhänger des Eunomius ein Verstoß gegen das Wesen der Religion (1,2, S. 6,2-4), ja etwas Widersinniges  (άτοττία),  doch  werde  sie  von  den  meisten Anhängern des Arius mit Ausnahme der Lukianisten vertreten  (Π,3,  S.  14,5­9).  Inwieweit  gibt  Philostorgius  hier  eine  Auffassung  wieder,  die  auf  Eunomius zurückgeht?  Μ.  E. läßt sich auf Grund unserer Quellen darauf keine Antwort geben. An sich kann man sich vorstellen, daß die Agennesie im Sinn des „Ungewordenen" der via negationis durchaus (insbes. unter der Voraussetzung der Verschränkung der beiden theologischen Methoden) eine negative Theologie begründen kann, d.h. genau das zu leisten vermag, was man in der Nachfolge Gregors von Nyssa im Gegenzug zu Eunomius versucht hat (vgl. den Exkurs auf S. 4 5 1 ^ 5 6 [170-175]), nämlich die negative Theologie (als umfassenden Rahmen alles theologischen Sprechens und als prinzipielle Offenheit für christliche Offenbarung [vgl. S. 455f. [174-175]) nicht einfach zu behaupten, sondern (im Sinn einer Implikation [vgl. Anm. 119]) zu begründen:  "Απειρον  οΰν τό  θείον 

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Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Nyssa folgt aus dem absolut Einfachen der Metaphysik, weil und sofern sich dieses als ein Unbegrenzbares  (άόριστον)  und  insofern  „Un­ endliches"  erweise118,  die  Widerlegung  eines  jeden  menschlichen  Wis­ sens um  das Wesen  Gottes119. Worte  wie άγεννητος· oder  άναρχος  zeigen  nicht,  was  Gott  ist,  sondern,  was  er  nicht  ist120.  Der  φυσική  ewoia  des  Eunomius,  jenem „natürlichen Wissen des Menschen um den einen Gott", soll damit die Basis entzogen werden: Die Metaphysik mit ihrer Lehre von den göttlichen Attributen lehre nichts über das eigentliche Wesen Gottes121. [163]

118 119

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...  και  τοΰτο  πάντη  καταληπτον  αύτοϋ  μόνου  (!),  ή  άπειρία,  sagt  Gregor  von  Nazianz,  Oratio 38,7 (PG, 317 C  13 ­  Dl).  Sollte für Eunomius die These  Άγέννητος  out' ό 0eog·  και  τοΰτο  πάντη  νοητόν  (Apol.  12,8;  19,22­23;  20,15)  αύτοϋ  μόνον,  ή  άγεννησία  nicht  vertretbar  sein?  Man  bedenke, daß bei Eunomius der Ausschluß der privativen Negation  (άγέννητος  κατά  στέρησιν:  Apol.  8,7­18;  bei  Gregor  11,565,  S.  391.232­7)  der  Begründung seiner via eminentiae  (υπεροχή:  11,598,  S.  401,7­10.25­27)  dient.  Auch  das  in  diesem  Kontext  viel  diskutierte  Argument  aus  eunomianischer  Anschauung:  „Wer  behauptet,  er könne das Wesen Gottes absolut nicht erkennen, sagt zugleich, daß er nicht wisse, wen er anbete", muß dem Gesagten nicht widersprechen und die Verneinung jedweder negativen Theologie voraussetzen. Zur Interpretation des Begriffs der Unendlichkeit vgl. den Exkurs auf S. 451-456 [170-175], 111,1,103, S. 38,20-21:  ούκ  εστι  το  αόριστον  κατά  την  φϋσιν  έπινοία  τιν'ι  ρημάτων  δίαληφθήναι.  Zu  ΠΙ,1,103­110,  S. 38,17­41,18  vgl.  man  Ε. Mühlenberg, Unendlichkeit (Anm. 2), 102-105, der hieraus seine These begründet, Gregors theologische Unwissenheit („TÖ αόριστον  ist  sein  Begriff für Gott!") unterscheide sich von der negativen Theologie:  το αόριστον  meine  nicht  Unbestimmbarkeit,  welche  die Möglichkeit einer „bestimmten" theologischen Sprache ausschließt und letztlich zum Schweigen der Mystik führe, sondern „Unbegrenztheit", den Ausschluß einer jeden Grenze  (πέρα?):  „TÖ  αόριστον  soll  also ausdrücken, daß das göttliche Wesen an sich selbst keine Grenze besitzt" (a.a.O., 102). Man wird dem folgen können, sofern das, was keine Grenze besitzt, auch als „Objekt" einer Erkenntnis für das Subjekt unbegrenzbar, nämlich unbestimmbar bleibt. M.a.W. zwischen „objektiver Unbegrenztheit" und „subjektiver Unbegrenztheit oder Unbestimmbarkeit" besteht kein Ableitungs-, sondern ein Implikationsverhältnis. E. Mühlenberg sieht dies anders: Gregor begründe in seiner Theologie „zuerst die Unendlichkeit Gottes und kann dann daraus die Unerkennbarkeit ableiten" (a.a.O., 199). 11,192,5.280,27-29. Diese These einer negativen Theologie, die im kausal argumentierenden Aufweis um die Existenz Gottes weiß, aber über sein Wesen letztlich nur negative Attribute aussagen kann und in diesem Sinn von der Unbenennbarkeit Gottes spricht, läßt sich schon für Philon nachweisen (H.A. Wolfson, Philo,  Π,  Cambridge  Mass.  (1974)  4 1968,  113­126;  vgl.  auch  ebd.,  130­138)  und  kennzeichnet  sowohl  des  Mittelplatoni­ kers  Albinus  als  auch  Plotins  Theologie  (ders.,  Albinus  and  Plotinus  on  Divine  At­ tributes,  Harvard  Theological  Review  45  (1952)  115­130;  deutsche Übersetzung in: Cl. Zintzen [Hg.], Der Mittelplatonismus, Wege der Forschung LXX, Darmstadt 1981, 150-168). Um Mißverständnisse zu vermeiden, sei angemerkt, daß die Unterscheidung von zwei theologischen Sprachen bei Eunomius nicht neu ist, neu ist die Trennung beider und die eindeutige Grenzbestimmung für die zweite, neu wäre auch die Aussage, die erste erreiche die Usie Gottes, wenn damit der negativen Theologie ihr Recht bestritten werden sollte (vgl. Anm. 117). Die Unterscheidung

Eunomius' Schrift gegen Basilius von Kaisareia

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Dann aber, so lautet der von den Kappadokiern nicht wirklich zur Kenntnis genommene Einwand des Eunomius122, scheint das Sprechen über Gott, insbesondere die Aussage absoluter Transzendenz (τό  ά γ ε ν ν η τ ο ν ) ,  nichts  anderes  als  ein  flatus  Oocis  oder  eine  π ρ ο φ ο ρ ά  zu  sein123,  ein  Reden,  das  keine Realität  ( π ρ ά γ μ α τ α )  trifft.  Da  Basilius  theologische  Sprache  als  eine Schöpfung menschlichen Denkens  (κατ'  124 έ π ι ν ο ι α ν )  ausgelegt  hatte ,  kann  nun  Eunomius  im  Ausgang  von  die­ sem  Begriff  seine Aussage  aus  der  sog. ersten  Apologie erläutern. Unter den polemischen Gebrauch des Begriffs der  έ π ί ν ο ι α  subsumiert  Euno­ mius  eine  zweifache Wortschöpfung, die keinen real existierenden Referenten besitzt, und befindet sich damit ganz in der sprachkritischen Tradition des Grammatikunterrichts: Solche  κ α τ '  έττί VOL α ν  λ ε γ ό μ ε ν α  können (1) in einer Sprache korrekt artikulierte Lautgefüge sein, die gar keine Bedeutung besitzen  (βλίτυρι wäre ein Schulbeispiel), und (2) Namworte, die einen bestimmten, dem Denken nicht verschlossenen Gehalt besitzen, wie Gestalten des Mythos und der menschlichen beider Sprachen ist nicht neu; ansatzweise ist sie schon im Bedenken der negativen Theologie bei Philon und Albinus, ausdrücklich reflektiert bei Plotin zu finden. Alle Attribute Gottes, die mit den sog. Existenzbeweisen erschlossen werden, sind Verweise auf die kausale Beziehung Gottes zur Welt, also auf Gottes  έργα;  als Prädikate lassen sie sich einzig negativ von Gott aussagen. Damit aber kommen die via eminentiae (von Piatons Symposion), um mit der traditionellen Terminologie (Albinus, Epitome, X,5-6, ed. P. Louis, S. 61; vgl. H.J. Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik, Amsterdam 1964, 105-115) zu sprechen, und ihre sprachlich gesehen, positiven Prädikatstypen unter das Vorzeichen der via negationis vel remotionis. Das  εν  z.B. wird  als άμέριχττον,  das αυτοτελές  als άιτροσδεές  begriffen. Die  absolut  negativen  Termini  der  άφαίρεσις  sind  somit  die  erste  theologische  Sprache.  Wie  H.A.  Wolfson,  a.a.O.,  151,  gezeigt  hat,  ist  diese  Unterscheidung  bei  Plotin  in  seiner  Reflexion  theo­ logischer  Sprache  aufgegriffen worden  (vgl.  auch  H.J. Krämer, a.a.O., 342-346). Alle drei Methoden werden bei Albinus und Plotin (VI 9,4,2) als rational-diskursive Wege verstanden (zu ersterem vgl. man seine Beschreibung der via eminentiae:  το  αγαθόν  νοεί  καϊ  τό  έραστόν  ...  τούτω  δέ  και  θεόν  συνεπινοει  (!)  διά  τήν  εν  τω  τίμίω  ύπεροχήν  [Χ,6]);  weder  sie  noch  die  bei  Philon  und  Plotin  vertretene  intellektuelle  Anschauung  des Göttlichen vermitteln ein positives Wissen vom Wesen Gottes. 122 Zur sog. ersten Apologie vgl. oben S. 430-433 [151-154]; zu Basilius' Antwort: I,5,130-1,8,69, S. 180-198. Gregor von Nyssa argumentiert, als ob in der Polemik gegen Basilius eine „All-Aussage" über jeden beliebigen  λόγος·  κατ'  έττίνοιαν  intendiert  gewesen  sei:  bes.  11,45,  S.  239,8­12;  vgl.  ferner  Π,159­162,  S.  271,11­272,10.  Zu  II,180ff., S. 276ff. vgl. man  die in Anm.  125 genannten  Quellen  einer  Schultradition.  123  11,44, S. 238,26­29.  Dieses  Referat  stand,  wenn  man  Gregor  folgen  darf,  im  Kontext  der  These:  οτι  άπλοϋς  ων  ό θεό?  άγέννητος  λέγεται  κτλ.  (11,42,  S.  238,11­12).  Gregor  macht  geltend,  was  Eunomius  eigentlich hätte darlegen müssen, um diese Aussage zu begründen. Doch darüber schweige jener, behaupte aber (gegen Basilius gerichtet) man dürfe τό άγέννητον  nicht  κατ' έπίνοι,αν  aussagen:  „Denn,  was  so  (aus)gesagt  wird, löst sich seiner Natur nach mit (Verklingen des gesprochenen) Wortes zugleich auf", ist also nichts anderes als ein flatus vocis. Vgl. Apol. 8,4-5, aufgegriffen in 11,159, S. 271,17-19. 124 Vgl. bes. 1,7,32-16, S. 190-192.

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Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Phantasie, nämlich wie „Riese", „Däumling", „Hydra", „Kentaur" oder „Bock-Reh"  (τραγέλαφος·)125.  [164]  Ob  es für Eunomius in seiner Verteidigung gegen Basilius auch einen positiven Begriff einer  έπίνοια  gibt,  die Realität trifft, ist zunächst nicht klar. Ihn interessiert vorrangig die eigentlich theologische Sprache, und diese vermittelt die Erkenntnis von Sein und Wesen. Daß dem so ist, begründet er letztlich aus der Vorsehung Gottes, womit er eine bewußt christliche Auffassung jener Theorie entgegensetzen will, die den Ursprung der Sprache, d.h. die Wortschöpfung, im Denken des Menschen  (κατ'  έπίνοιαν)  ansetzt  und  sich  damit  an  der  εξωθεν  φιλοσοφία  orientierte 126 .  Im  Prinzip,  zumindest  letztlich,  hat  Gregor  recht,  wenn  er  sagt, für Eunomius sei Sprache keine menschliche Erfindung 127 : Sie stamme nicht aus der Einsicht des Menschen und funktioniere auch nicht als ein vom Menschen entwickeltes Instrument zur Kommunikation und Interpretation seiner Welt; vielmehr sei sie, wie Eunomius ja ausdrücklich lehrt 128 , etwas Angelerntes; wer sie nicht gelernt hat, kenne nicht, was Realität sei129. So scheint Eunomius zu-

125 II, 179, S. 276,22-29:  Των  γάρ  οϋτω  κατ'  έπίνοιαν  λεγομένων  φησι  τά  μεν  κατά  τήν  προφοράν  εχειν  μόνην  τήν  ϋπαρξιν  ύς  τά  μηδέν  σημαίνοντα,  τά  δε  κατ'  Ιδίαν  διάνοιαν  και  τούτων  τά  μεν  κατά  αυξησιν ώς  έπΐ  των  κολοσσιαίων,  τά  δε  κατά  μείωσιν  ώς  επί  των  πυγμαίων,  τά  δέ  κατά  πρόσθεσιν  ώς  έπι  των  πολυκεφάλων  ή  κατά  σύνθεσιν  ώ?  έπι  των  μιξοθήρων.  Vgl.  auch  S.  430  [151­152]  zur  sog.  ersten  Apologie. Daß es sich hier u m Schulsprache handelt, zeigt die Tatsache, daß Beispiele und Terminologie des Eunomius sich wörtlich in Referaten finden, die Gemeingut der Stoa wiedergeben und, verbunden mit dem Stichwort  έπίνοια,  zum  normalen  Bildungsgut  des späten Hellenismus und der Kaiserzeit wurden. Vgl. u.a. Sextus Empiricus, Adv. mathematicos,  ΙΠ,4CM2,  hg.  v.  J.  Mau,  S.  115­116;  ebd.,  V m , 5 8 ­ 6 0 ;  IX,393­402,  rec.  H.  Mutschmann,  S.  115­116;  293­294;  Referat  des  Diogenes  Laertius:  Stoicorum  Vete­ rum  Fragmenta,  11,87;  Seneca,  Epistula,  58,15. Für die Rezeptionsgeschichte bieten die Commentaria in Aristotelem Graeca nicht wenig Material. Näheres in den in Anm. 12 angekündigten Artikeln. - Z u m Beispiel des  τραγέλαφο?  vgl.  man  Aristote­ les,  De  interpr.,  1,  16  a  16­17.  ­  Man  beachte, daß Gregor hieraus (!) schließt, Eunomius behaupte, die  έπίνοια  sei  ασήμαντος,  αδιανόητος  usw.  126  11,196,  S.  282,1­14.  „Sitz  im  Leben"  dieser  These  ist  des  Basilius Erläuterung der έπίνοια  anhand  des  Beispiels  vom  Weizenkorn:  Auf  den  ersten  Blick  wird  es  schlicht  als  Weizenkorn erfaßt  (άπλοϋν  νόημα  τοϋ  σίτου);  je  nachdem,  worauf  die  Aufmerk­ samkeit  gerichtet  ist,  wird  es  als  Frucht,  Saatkorn  oder  Nahrungsmittel  erkannt.  Dies  aber  ist  nichts  anderes  als  die  Leistung  der  έπίνοια  (I,6,44H54,  S.  186).  ­  Zur göttlichen Vorsehung im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ursprung der Sprache vgl. auch 11,289, S. 311,23-28; 398, S. 342,21-29 (zu Anm. 160); 411.413, S. 3 4 6 , 6 - 1 5 . 2 3 347,1; 546, S. 386,5-7. 127 11,170, S. 274,17-18. 128 Zu  Π,398,  S.  342,21­29  vgl.  S.  449  [169]  mit  Anm.  160.  Die  im  Zusammenhang  wich­ tige  Frage,  wie  Sprache  gelernt  wird,  bedarf  einer  eingehenden  Untersuchung  (vgl.  Anm.  12).  129  11,399,  S.  342,29­343,7.  Darum  vergleicht  Gregor  des  Eunomius  Gott  mit  „einem  Grammatikpauker":  11,241, S.  296,29­297,1;  11,397,  S.  342,20. 

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nächst auch ganz allgemein formuliert zu haben, daß Gott den πράγματα  ihre  Namen  gegeben  habe130.  Diese  sind  also göttliche Setzung  (θέσις),  Moment  jenes  Willens,  mit  dem  Gott  den  Menschen  wollte131.  Weil  die  von  Gott  dem  Menschen  geschenkte  Sprache  mit  der  Schöpfung der Natur, d.h. der benannten  πράγματα,  (aus Fürsorge für den Menschen) gesetzt wurde, geht sie der Erschaffung des Menschen voraus 132 - eine Aussage, die bei Gregor von Nyssa auf Unverständnis stößt, sofern er sie nicht in den Rahmen des von Eunomius angesprochenen Paradigmas der göttlichen Vorsehung einordnet. Nach Gregor habe Eunomius behaupten wollen, menschliche Sprache, zu[165]mindest das Wort  άγέννητον, habe  es schon  vor  der  Existenz  des  Menschen  gegeben  (wie  irgendetwas  anderes,  das unabhängig vom Menschen in der Natur besteht)133. Hat Eunomius gegen Basilius seine Position verschärft und der έπίνοια  jeden  Wert für die Gestaltung einer Sprache bestritten, die auf Erkenntnis von Realität bezogen ist? Der Kontext legt dies nahe. Denn Eunomius greift Basilius nur unter einer bestimmten Rücksicht an, nämlich sofern er Vertreter einer Auffassung sei, welche die  έπίνοια,  das  menschliche  Denken,  als  eine schöpferische Funktion begreift und den Gegenständen, die sie denkt, vorordnet:  μαινόμενων έστί  τό  πρεσβυ­ τέραν  των  έπινοούντων  ήγείσθαι  την  έπίνοιαν134.  Mit  anderen  Worten,  eine  andere  Theorie  der  έπίνοια,  welche  diese  nicht  als  frei schöpferische Kraft denkt, sondern sie in ihrer Abhängigkeit von den  πράγματα  bzw.  von  den göttlich gesetzten  ονόματα  begreift,  so daß sie auf irgendeine sekundäre Weise Welt erschließt, wird durch die zitierte Aussage des Eunomius an sich nicht abgelehnt. Doch sollte der Bereich, den eine solche Sprache  κατ'  έπίνοια ν  benennt,  nicht  von religiöser Bedeutung sein? Denn zumindest eine Stelle in Gregors Referat scheint dies nahezulegen: Eunomius betont dort, daß es nicht zur christlichen Tradition gehöre zu lehren, der Herr habe jene Namen, mit denen er sich in der Bibel selbst bezeichnet („Tür", „Brot", „Weg" usw.),  κατ' έπίνοιαν  gesagt135.  Die  έπίνοια  scheint  bei  Eunomius  etwas Sekundäres zu sein, ja etwas, das den Blick auf die ursprüngliche, das Wesen der Dinge kenn130 11,196, S. 282,6-7. 131 Für Gregor erweist sich Eunomius damit als  νέος·  εξηγητής  τών  μυστικών  δογμάτων  (11,198, S. 282,31),  als  „neuer  Interpret"  des Schöpfungsberichts der Genesis (11,202, S. 284, 2), der einen  γραώδης  μϋθος erzähle (11,290, S. 312,8). Vgl. auch 11,205, S. 284,30285,3; Π, 262,  S. 303,1.  132  11,262, S.  303,2­6.  133  11,170, S.  274,18.  134  Π,171,  S.  274,25­26.  135  11,295, S. 313,16­18;  vgl.  11,305,  S. 315,31­316,3:  Ταϋτα  δι'  έπίνοια?  ανθρωπινής  έστί  τά  ονόματα, και  κατ' έπίνοιαν λέγεται  τινών, α ούδεις άποστόλων οΰδε ευαγγελιστών  έδίδαξεν. 

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zeichnende Sprache verstellt. So zitiert Gregor eine Aussage von ihm, daß Homonymie, die aus Analogie (oder Übertragung 136 ) entsteht, in die menschliche  έπίνοια  eindringe;  das  Denken  wird  also  gewisserma­ ßen selbst vieldeutig. Und dies sei „das Werk der Seele, welche (1) die gesunde Vernunft (voüs) abwendig mache und (2) mittels eines kranken Verstandes  (διάνοια)",  also  mittels  pervertierter  rationaler  Diskur­ se 137 ,  „und  mit  Berufung  auf  irgendeine  Pragmatik  des  Sprach­ gebrauchs"  (συνήθεια)138,  die  wegen  ihres  diebischen  Charakters  entlarvt  ist  (πεφωρημένη),  ihre Untersuchungen  anstellt.  Konkret  geht  es  dabei  um  die  Deutung  der  λόγοι  κυρίου,  vermutlich  der  soeben  ge­ nannten  [166]  biblischen  Namen 139 . Äquivozität kann also in den έπίνοια  genannten  Denkprozess  eindringen;  die  Ursachen  liegen  in  der  Subjektivität des Menschen, welche negativ die diskursive Analyse des Verstandes affiziert 140 und sich nicht kritisch gegenüber der Sprachgewohnheit mit ihren vom Ursprünglichen abgelösten Übertragungen verhält (bzw. zu verhalten weiß). Entscheidend zur Beurteilung dieser Aussage ist wohl der Hinweis auf den menschlichen Nus: Es wird nicht prinzipiell behauptet, daß er in eine falsche Blickrichtung starrt, aber er kann abgelenkt werden. Es gibt eine Stelle, an der Eunomius positiv vom Nus der Gläubigen spricht, der in seiner Sehnsucht nach dem ewigen Leben über alles Gewordene hinaus nach dem absolut Transzendenten, dem  άγέννητος,  strebe 141 .  Sollte  menschliche  Erkenntnis  nur  dann  als  κατ'  έπίνοιαν  zu  kennzeichnen  sein,  wenn  sie  der  intuiti­ ven  Einfalt  des  Nus  entbehrt?  Gregor  von  Nyssa überliefert eine Aussage des Eunomius, die in dieser Richtung zu denken aufgibt: „Die έπίνοια  des  Menschen erfaßt die εξουσία  der  Namworte  nicht" 142 .  Was  mit  εξουσία  hier  gemeint  sein könnte, sei zunächst zurückgestellt. Wie der Zusammenhang zeigt, geht es um des Basilius Aussage, daß man eine intuitive, ganzheitliche Erkenntnis, welche die Eigenart 136 Zur  έπίνοια  und  ihrem  Verfahren  der  αναλογία  bzw.  μετάβασις  (Anm.  46;  125)  bedarf  es  einer  Untersuchung.  137  Man  vgl.  dazu  den  positiven  Begriff  einer  καθαρά  διάνοια  in  Apol.  20,4­5:  oben  zu  Anm.  25.  138  Man  beachte,  welchen  breiten  Raum  in  der  Diskussion  um  Eunomius  die  συνήθεια  und  das  rhetorisch  formulierte  Argument  έκ  των  καθ'  ήμας  τά  ύπερ  ήμας  spielt,  mit  dem  man  das  Problem  der  Sprachpragmatik  und  der  damit  verbundenen Überzeugungen  (τά  έκ  τοϋ  προχείρου  νοούμενα:  11,316,  S.  318,21;  vgl.  Anm.  168)  schon überschreitet und nicht nur die Beweise aus den  ένδοξα  der  Topik  (vgl.  Anm.  7;  102),  sondern  auch  die  Beweise  aus  den  παραδείγματα  einbringt,  um  so  des  Eunomius  Vorbehalt  gegen  die συνήθεια  zu entkräften. 139 11,306,5.316,6-11. 140 Vgl. auch 11,324, S. 320,24-25. 141  ΙΠ,8,14,  S.  243,23­28.  142  11,334,3.323,24­26. 

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des Nus ist und deren Ergebnis in Sprache (συνήθεια, κοινή χρήσις) als etwas Einfaches und einmalig Bestimmtes dargestellt wird 143 , von jener genaueren Untersuchung unterscheiden müsse, die beim ganzheitlich Erfaßten ansetzt und dabei Vielfalt zu Tage fördert: Was der Nus dabei unterscheide (τω νω διαιρούμενα), könne man als etwas bezeichnen, das einzig die  έπίνοια  unterscheiden könne  (έπινοία  μόνη  διαιρετά:  sic)144.  Diese  These  wird  kurz  darauf  bei  Basilius  nochmals zusammengefaßt, und auf diese Stelle greift Eunomius mit seinem Referat zurück: Basilius spricht hier von einem ersten  νόημα,  dem  eine  genauere  έπενθύμησις,  bzw.,  wie  Eunomius  im Rückgriff auf den zuerst zitierten, ausführlicheren Text des Basilius sagt, eine präzisere  έξέτασις  folge.  Eine  unter­ schiedliche  Aussage  ist  im  Zusammenhang  nicht  beabsichtigt;  es  geht  um  ein  Geschehen  diskursiver Rationalität, welches zur Entdeckung von Neuem führt. Basilius hat beide Begriffe,  έπενθύμησις·  und  έξέτασις,  gebraucht  und  behauptet,  der  jeweilige Prozeß, um vom Impliziten zum Expliziten zu gelangen, heiße  έπίνοια145.  Eunomius  hat  nach  Gregor  darauf  geantwortet, daß es dort, wo es weder ein erstes und zweites  νόημα  gibt  noch  etwas,  das  genauer  sei  als  etwas  anderes,  daß es dort kei[167]nen Raum für eine  έπίνοια gäbe 146 . Mit anderen Worten, wo keine Differenz der Gedanken gegeben ist, sondern nur ganzheitliche intellektuelle Anschauung, dort kann man nicht von  έπίνοια  spre­ chen.  Dieser  Gedanke  kann  weder  die vollständige, noch die unmittelbare Antwort des Eunomius gewesen sein; denn man erwartet entweder eine Aussage über den ersten Zugriff des Nus, über dessen ganzheitliche Intuition oder aber über die Art, wie der Herr sich selbst als „Tür", „Licht" usw. bezeichnet hat 147 . Wie dem auch sei, die Zielrichtung des Eunomius wird dennoch deutlich: Es geht noch immer 148 um das von Basilius ins Spiel gebrachte Exempel des Weizenkorns 149 . Wie ein Weizenkorn einerseits im normalen Sprachgebrauch etwas ganz Bestimmtes ist, nämlich ein Weizenkorn, dessen Anschauung das Wort vergegenwärtigt, anderseits aber  etwas, dem als  ύποκείμενον  bei  genauerem  Zusehen  eine Fülle von Prädikaten zugeordnet werden 143 Das in der Intuition erfaßte Einfache ist ein „erster Gedanke"  (πρώτοι­  νόημα;  vgl.  auch  Anm.  126),  der  mit  der  sinnlichen  Anschauung  gegeben  ist  (1,6,41^12,  S.  186),  also  eine  individuelle  Wirklichkeit  (res  oder  πραγμα)  als  ein  bestimmtes  Etwas  (τι).  Man  vgl.  dazu  die Begründung für das „Etwas" als oberster Gattung in der stoischen Philosophie. 144 1,6,19-25, S. 184. 145 1,6,41-44, S. 186. 146 11,344, S. 326,19-22. 147 Vgl. II, 351.354, S. 328,21-25.329,26-28. 148 Vgl. oben S. 444 [164], Anm. 126. 149  Π,356.362,  S.  330,7.332,7. 

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Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

können, so soll es sich auch beim Kyrios und der Vielheit seiner Namen verhalten 150 . Was nun des Eunomius Antwort genau war, bleibt undeutlich; er scheint aber selbst zumindest in diesem Zusammenhang den Begriff der  έττίνοια  gebraucht  und  zugleich  das  Paradigma  vom  Weizenkorn  auf  die  theologische  Fragestellung  hin überstiegen zu haben, indem er eine Aussage über den  μονογενή?  Geo?  machte.  Denn  Gregor  zitiert,  er  habe  gesagt,  in  Bezug  auf  den  „Eingeborenen  Gott"  könne man von mehreren, nämlich verschiedenen  έπίνοιαι  sprechen;  diese  betreffen  Differenzen  im  Wirken,  Analogien  und  Relationen 151 .  Mit  anderen  Worten,  die  έπίνοιαι  haben  keinen  Bezug  auf  die  Usie;  sofern  sie für die theologische Sprache relevant sein sollten 152 , sind sie in der zweiten Methode zuzuord[168]nen. Sollte einzig die erste theologische Methode auf einer Intuition des Nus beruhen? Hier ist m.E. auf eine weitere Aussage des Eunomius hinzuweisen: Gott habe jedem zu benennenden  πράγμα  die  προσηγορίαι  „nach Maßen und Gesetzen" angepaßt, „welche Relation und Energie und Analogie bestimmen" 1 5 3 . Die  έπίνοια  scheint  nach  dem  soeben  Gesagten  auch  eine  positive  Funktion  zu erfüllen. Wie steht es dann aber mit dem oben zitierten Referat Gregors, Eunomius habe gelehrt, daß die menschliche  έπίνοια  150  11,356.358,  S.  330,6­13.23­28.  151  11,363,  S.  332,18­22:  κα! τον  μονογενή  θεόν ουδέν  άπεικός·  είναι  φησι  διαφόρου?  δέχεσθαι  τά?  έπινοία?  διά  τε  τά?  ετερότητας  τών  ενεργειών  και  αναλογίας·  τινά?  και  σχέσεις·.  Daß diese Aussage mit  μονογενή?  θεό?  im  Bereich  der  zweiten  theologischen  Metho­ de  verbleibt,  zeigt  deutlich  das  sich anschließende Referat Gregors:  Άλλά  πώς,  φησίν,  ούκ  άτοπον,  άθέμιτον  δέ  μάλλον,  τούτοι?  παραβάλλειν  τόν  άγέννητον;  (ebd.,  Ζ.  23­24).  Und daß der Kontext noch das durch Basilius eingebrachte Exempel des Weizenkorns ist, ergibt sich aus Z. 25:  Τίσι  τούτοι?;  Τω  σίτω,  φησί,  κα!  τω  μονογενεΐ  θεώ.  An­ zumerken  ist, daß 11,362, S. 332,7-10 für unsere Frage nichts abwirft, sofern dieser Text nichts anderes ist als ein Referat des Eunomius über Basilius: Em  τού  σίτου,  φησί,  και  τού  κυρίου  διαφόρω?  γυμνάσα?  τά?  έπινοία?  παραπλησίω?  και  τήν  άγιωτάτην  ούσίαν  τοϋ  θεοΰ  διαφόρω?  δέχεσθαι  τά?  έπινοία?  φησί  (seil.  Basilius).  Die Entrüstung Gregors bezieht sich auf die implizite Behauptung, Basilius habe eine Wesenserkenntnis Gottes gelehrt und damit die negative Theologie sowie die Funktion christlichen Glaubens geleugnet. 152 Aus dem Referat des Gregors läßt sich nicht mehr präzis feststellen, wie der Zusammenhang mit 11,295, S.313,16-18 (oben S. 445 [165], Anm. 135) zu denken ist. Wahrscheinlich wollte er an der letztgenannten Stelle nur darauf abheben, daß eine Interpretation der betreffenden christologischen Aussagen  als  έπίνοιαι  sich  nicht  in  der  Schrift  finden läßt. So auch J. Danielou (Anm. 12), 418, der anderseits mit Rückgriff auf A. Orbe, La Epinoia, Roma 1955, darauf hinweist, daß schon Origenes die Namen Christi  κατ'έπίνοίαν  unterschied:  „Ce  texte  est  capital  pour  la  pensee  d'Eunome  et  pour  le  milieu oü eile se situe. ... Ceci est precisement la theorie origeniste des  έπίνοιαι,  dont  Eunome  depend  rigoureusement".  Ob  diese  These  stimmt,  bedarf  noch  einer  Untersuchung.  153  11,335,  S.  324,1­5.  ­  Wie  die  Anwendung  auf  die  theologische  Fragestellung  der  zweiten  Methode  aussah, läßt sich nur vermuten, setzt aber die Beantwortung der folgenden Frage voraus und muß insofern hier zurückgestellt werden.

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die  εξουσία  der  Namworte  nicht  erfasse154.  Beim  Begriff  der  εξουσία  erwartet  man  im  genitivus  subjectivus  eigentlich  den  Benennenden  und  nicht  wie  hier  die  Namworte:  Dies  scheint  auch  Gregor  mit  seiner  Kritik sagen  zu  wollen155.  Mit anderen  Worten,  der  Satz ist nicht  recht  ein­ leuchtend.  Nun  spricht  Eunomius  an  anderer  Stelle  von  der  εξουσία  der  Benennenden  und  stellt  die These auf, daß „Würde" oder „Wert"  (αξία)  der  Namworte  nicht  in  der  genannten  εξουσία  liege,  sondern  in  den  benannten  πράγματα:  Dies  „lehrt  die  heilige  Ordnung  der  Natur" 156 .  Damit  stimmt  sein  Vorwurf  an  die Adresse  des  Basilius überein, er und seinesgleichen 157 würden die „Sprachform" (ό τύπος· των ονομάτων) über die  άξία  των  ονομαζόμενων  setzen,  indem  sie  den  Namworten  ein  Pri­ vileg einräumen, das einzig den  πράγματα  zukommt,  und  somit,  was  ungleich  ist,  als Gleiches  bewerten158.  Es  scheint  nicht  abwegig,  zwischen  der  εξουσία  der  Namworte  und  der  άξία  der  Namworte  einen  Zusam­ menhang  herzustellen:  Es  geht  wohl  um  die ursprüngliche „Würde" eines Wortes, um jene, welche nicht im Belieben des Menschen (hier: ol όνομά£οντε?),  sondern  im Willen Gottes  liegt und  damit  in  der  von  Gott  gestifteten Wertordnung  der πράγματα  (hier: τα  ονομαζόμενα)159.  Zwei  Referate  Gregors müssen noch erwähnt werden, weil sie einen wichtigen Aspekt zum Vorschein bringen, der bisher noch nicht ausdrücklich genannt wurde, jedoch der ganzen Theorie des Eunomius als tragendes [169] Moment zugrunde liegt. Das erste Referat setzt mit dem Ursprung der menschlichen Sprache in der göttlichen Vorsehung ein: Die Stammeltern der Menschheit wären nicht lebensfähig gewesen, wären sie nicht von Gott belehrt worden, wie ein jedes Ding  (πράγμα)  zu  benennen  ist.  Denn  sie hätten nicht gewußt, wie sie einander ihre Gedanken über die Dinge hätten mitteilen sollen160. Diese ursprünglichen Namworte haben also eine kognitive Valenz; sie ermöglichen ein Wissen, das ohne sie nicht gegeben wäre. Gott habe, so das zweite Re-

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11,334, S. 323,24-26. Vgl. Anm. 142. Ebd. Z. 26-29. 11,545, S. 385,21-24. Die Form  ήμας·  geht  auf  Gregor zurück, der wahrscheinlich den Pluralis stehen ließ und sich selbst in die Zahl der Angegriffenen einbezog. 158 11,588, S. 398,7-11. 159 Axiologisches Denken, das (strukturell gesehen) „von oben her" kommt und so vom Eindeutigen (von dem, was  κυρίως  gilt)  das  weniger  Eindeutige  zu  begreifen  ver­ sucht,  zeigt  auch  das  schwierige  Referat in 11,315, S. 318,10­15. Doch, wo  der  „Sitz  im  Leben",  d.h.  der  genaue  argumentative  Zusammenhang  dieser  Aussage  innerhalb  von  Eunomius'  Verteidigungsschrift,  zu  suchen  ist  und  was  sie  sagen  will, dürfte trotz  Π,330.332,  S. 322,16­23.323,8­15  (entgegen  R.P.  Vaggione  [Anm.  3],  108)  kaum  auszumachen  sein.  160  11,398, S. 342,22­29; vgl. 11,413, S. 346,23­347,1. 

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ferat, einem jedem, das (im Sinn von Gen. 1) geworden ist, bestimmte 161 προσηγορίαι  auf  eine  (der  Natur) 162  angemessene  Weise  ­  οίκείως  και  προσφυώς  ­ „angepaßt", nämlich zugeordnet. Die Worte sind von Gott so mit den  πράγματα  verbunden, daß sie das Wesen, die  φύσις,  zum  Ausdruck  bringen.  Darum  ­  und  dies  ist  im  Zusammenhang  das  Ziel  der  Aussage  ­ könne man nicht nur durch die Geschöpfe, sondern auch durch die Namworte Gott und Gottes Weisheit kennenlernen 163 . Eunomius sagt  τοις  όνόμασιν:  Bestimmte  Namen  haben,  zumindest  theolo­ gisch  gesehen,  unmittelbare  kognitive  Valenz.  Werden  sie  vernommen,  ist  das  Gemeinte  (Sache  oder  Sachverhalt:  res,  πράγμα)  intuitiv für den Nus gegeben. Dies gilt umso mehr als diese Namen von Gott im Beginn gesetzt wurden  (εξ  αρχής  τεθεισθαι),  weil  er  Umgang  und Gespräch (ομιλία)  mit  dem  Menschen  „nicht  ablehnte",  wie  Eunomius  sagt 164 .  Weder  dem  Dichter 165 ,  noch  den  Verfassern  der  Heiligen  Schrift  traut  er  sprachschöpferische Kraft zu: Neues von gleicher Art wie die göttlichen Worte haben letztere nicht gefunden 166 . Und so wird man a fortiori sagen können, daß auch die Weisen, insbes. Pythagoras, nicht als όνοματοθέτες  genannt  werden können, sofern es um die Urworte und nicht um die Produkte der έπίνοια  geht.  Was  allgemein  dargelegt  wurde,  findet  seine  Anwendung  in  der  Theologie.  Die  Differenz  der göttlichen Namen weist, sofern sie präzis in kritischer Abgrenzung gegen die alltägliche Pragmatik, d.h. gegen den normalen Sprachgebrauch  (συνήθεια,  ή  πρόχειρος  oder  κοινή  σημασία), erfaßt sind 167 , auf seinshaft reale Unterschiede, d.h. auf Differenzen der Usie 168 . Das sprachkritische Unternehmen, um die der Theologie angemessene Bedeutung der göttlichen Namen zu erfassen, wird von Eunomius als ein metaphorisches Unternehmen, als ein Ubertragen auf die dem theologischen Sprechen angemessenere Bedeutung (επί  τό  θεοπρεπέστερον)  bezeichnet 169 .  [170]  Das  Ziel  besteht  darin,  jene  Relation  zwischen  όνομα  und  πράγμα  zu  erreichen,  welche  die  ur­ sprüngliche, durch den Schöpfer gesetzte ist:  ή  προσφυής  σχέσις.  Diese  aber  sei  mit  der  Grenze  jeder  weiteren  Metaphorik  identisch, könne

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Im Griechischen steht der Artikel. Vgl. 11,408, S. 345,14-16. 11,403, S. 344,8-13; zu ebd. Z. 11-13 vgl. auch 11,417.423, S. 348,6-10.350, 6-9. 11,417,3.348,6-10. 11,417, S. 347,4-6. 11,417, S. 347,18-21. ΙΠ,1,127­129,  S.  46,21­47,16.  Vgl.  u.a.  111,1,4,  S.  4,23­25;  111,2,137,  S.  96,24­97,5;  111,5,18,  S.  166,11­16;  111,5,39,  S.  174,18­23.  Vgl. Anm. 44;  138.  169  ΙΠ,1,128, S. 47,4­6;  konkret: 111,2,28, S.  61,7­14. 

Exkurs: Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa

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also selbst nicht mehr als eine Metapher betrachtet werden: Sie ist αμετάθετο?170.  Denn  hier  wird ja  durch  den  Namen  die  Usie  offenbar. 

Exkurs: Die Unendlichkeit  Gottes bei Gregor  von  Nyssa  Da  E. Mühlenberg dem Begriff der Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa mehr zutraut, als er m.E. leistet, soll das Wesentliche im folgenden nochmals bedacht werden. Gegen die in Anm. 116 genannte Methodenreflexion des Eunomius mit ihrer Behauptung (1) einer gestuften Transzendenz und (2) einer dreifachen seinshaften Einfachheit bringt Gregor den Begriff des Unendlichen zur Geltung. (1) 1,167-171, S. 77,1-78,3 171 : Gottes Transzendenz kann nicht gestuft sein. Denn Vater, Sohn und Geist unterscheiden sich nicht durch ein Mehr oder Weniger an Macht und Güte. Auch die  δύναμη  und  άγαθότης  des  Sohnes  und  des  Geistes  sind  vollkommen  und  darum  durch  keinen  Gegensatz  (der  einzig  in  einem  Mangel begründet sein kann) „begrenzt" 1 7 2 : Ihre  φύσις  kann  sich  nicht  zu  einem  Schlechteren  hin verändern 173 . Dann aber ist diese göttliche  φύσις  (!)  unbegrenzbar  (αόριστος)  im  Guten.  „Das  Unbegrenzbare  aber  ist  mit  dem  Unendli­ chen  identisch",  und  beides  lasse  kein  Mehr  oder  Weniger  (sie),  also  keine  gestufte  Transzendenz  zu 174 .  Nach  E. Mühlenberg zeige sich so, „daß Gregor von Nyssa auf der Grundlage der platonischaristotelischen Philosophie das Wesen (sie) des trinitarischen Gottes als die Unendlichkeit versteht" (121). (2) 1,231-237, S. 94,15-96,12 17 *: Einfachheit schließt „in der Trinität" jedes Mehr oder Weniger 176 sowie jeden axiologischen und ontologischen Unterschied, der einen Vergleich und damit  ανόμοια zuläßt 177 , aus. Denn alles, was „das Göttliche" an Weisheit, Macht und Güte ist, das ist es auf Grund seines Wesens 178 . Seine Natur ist absolut  vollkommen und darum wie in (1) unbegrenzbar bzw. unendlich 179 . Auch hier 170 111,5,32, S. 171,22-24. 171 Vgl. E. Mühlenberg, Unendlichkeit (Anm. 2), 118-122. 172 1,168, S. 77,8-9. 173 1,169, S. 77,13-15. 174 1,169, S. 77,17-22. Z u m  sie, welches darauf weist, daß der Begriff verschieden mächtiger aktual unendlicher Mengen nicht bedacht ist, vgl. man das in Anm. 180 Gesagte, sowie S. 454 [173] mit Anm. 195; 196. 175 E. Mühlenberg, Unendlichkeit (Anm. 2), 122-126. 133-134. 176 1,232, S. 94,26-95,4. 177 1,233-234, S. 95,5-20. 178 1,234, S. 95,14-15. 179 1,236, S. 95,25-96,4.

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Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

macht nach E. Mühlenberg Gre[171]gor eine Aussage über das Wesen Gottes: Die Unendlichkeit Gottes schließe alles Vergleichen durch ihren Begriff aus (133). Uberblickt man diesen Gedankengang, der über den Begriff des Vollkommenen jenen des Unbegrenzbaren (und darum auch für den Menschen Unbestimmbaren) und damit einen bestimmten Begriff des Unendlichen vermittelt, dann stellt sich die Frage, ob hier tatsächlich, wie E. Mühlenberg meint, ein Unendlichkeitsbegriff eingebracht wurde, der sich von Aristoteles herleitet, der sich also (1) als  άδιεξίτητον  definieren läßt und der (2) andere Unendliche ausschließt,  da diese sich gegenseitig

einschränken

w ü r d e n :  πολλά  δ'  άπειρα  είναι,  τό  αύτό 

αδύνατον  (Phys.  4,  204  a 25­26). Ausführlich kann diese Frage, insbes. in ihren Voraussetzungen 180 , hier nicht diskutiert werden. Eines sei jedoch hervorgehoben. Am Unterschied von (a) quantitativ Indefinitem, das für den Menschen mit seiner Vorstellungskraft 181 nicht zu durchschreiten ist, sofern er nie an ein Ende gelangt (und das darum die Problematik des regressus in indefinitum kennzeichnet) und (b) qualitativ Infinitem, welches in unserem Zusammenhang die nicht-endliche absolute Vollkommenheit, nämlich das in der via eminentiae gemeinte „Beweisziel" (Gottes Güte, Macht, Leben usw.) auszeichnet und sich als solches nur durch die Negation des Modus der Endlichkeit „bestimmen" läßt, ist entgegen E. Mühlenberg 182 festzuhalten. Und Gregor hat dies auch zumindest an den beiden Stellen getan, auf die sich E. Mühlenberg beruft 183 , um Gottes Unendlichkeit mit Gregor als „undurchschreitbar"  (άδιεξίτητον)  zu  bestimmen.  Vom  auch  dem  Quanti­ tativen zugehörigen aktual Unendlichen kann hier abgesehen werden, da dieser Begriff infolge der Aristoteles-Rezeption in unseren Texten m. W. nicht zum Tragen kommt. Das genannte qualitativ Infinite ist nicht zu durchschreiten, nicht, weil die menschliche Vorstellung es nicht bis zum Ende durchschreiten kann, sondern, weil es sich dem Zählen und damit überhaupt zählender Vorstellung entzieht. Es ist jenes Infinite, das z.B. nach Plotin (VI 9,5-6) dem Einen in seiner Einfachheit und als

180 Für diese möchte ich der Einfachheit halber auf die Forschung des Mathematikhistorikers Imre Töth, Universität Regensburg, verweisen und eine Bemerkung von K. von Fritz, Artikel Zenon, in: Der Kleine Pauly, Band 5, München, 1979, Sp. 1499, zitieren: „Es ist offensichtlich, daß alle Argumentationen des Z(enon) auf das Problem des Continuums zurückgehen. Dies Problem hat ... durch die Mengenlehre Georg Cantors einerseits, die Quantenphysik andererseits ... eine besonders aktuelle Bedeutung erlangt. Es gibt daher sowohl über die sachliche wie über die hist(orische) Bedeutung der Argumente des Z(enon) eine unendliche Lit(eratur)." 181 Vgl. die zu Anm. 189 genannte  καταληπτική  τοϋ voü  δίναμις.  182  Unendlichkeit  (Anm.  2),  141­142.  183  1,369;  Π,69­70. 

Exkurs: Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa

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letztbegründende (9,5,24) Vollkommenheit (9,5,35-38) zukommt: „unendlich, nicht weil an Größe oder Zahl nicht zu durchschreiten (άδιεξίτητον)"  (was  Eigenart  der  Analogie für das gemeinte Eine sei: 9,5,45 mit 9,5,41-6,10), „sondern weil seine Fülle an Vollkommenheit nicht zu umfassen ist" (9,6,10-12). Daß man bei der Interpretation des Nysseners nicht berechtigt ist, beide Begriffe des Unendlichen so zu verbinden, daß sie sich gegenseitig auslegen, [172] zeigen die beiden Stellen, die von E. Mühlenberg zum Beweis herangezogen werden 184 . (1) Gott entzieht sich jedem zeitlichen Maß, ja jedem Vergleich, der auf Schnittlegung, d.h. auf  τμήματα,  oder  Abstand  (διάστημα)  beruht 185 .  Die  Fragestellung  bewegt  sich  im  Bereich  quantitativer  Vorstellung.  Nun heißt es, in seiner schöpferischen Kraft, die alles bestimmt  (τό  πεπερατώσθαι  τά  πάντα), übersteige  (ύπερεκπίπτειν)  Gott  jedes  mensch­ liche  Erkenntnisstreben,  welches  sich  in  seiner  Neugier  das  Ziel  gesetzt  hat,  Unerreichbares  zu  erreichen:  προ?  τό  πέρας· τοΰ  αορίστου  φθάσαι.186.  Mit anderen Worten,  der Ausgangspunkt für die im folgenden vorgetragene Begründung  (άπασα  γαρ  κτλ.)  kennzeichnet  menschliche  Hybris:  Es  geht  hier  um  das  πολυπραγμονείν  des  Menschen,  der  rational­diskursiv  wei­ ter  und  weiter  fragen  will  und  sich  dem  Glauben  (sei  es  die  πίστι.?  im  christlichen  Sinn,  sei  es  jene  im Verständnis der aristotelischen Topik) verweigert: Das unendliche Suchen mit dem Hinweis auf das Recht menschlicher Neugierde, die (auf derselben Ebene im Sammeln und Aneinanderreihen fortschreitend) so weit zu fragen habe, „bis es nicht mehr weiter geht" 187 , und damit einer Letztbegründung (auf einer anderen Ebene) ausweicht, ist ein Thema, das bei Gregor von Nyssa schon seine Vorgeschichte besitzt und im Streit um Eunomius zum allgemeinen Topos wird. Man vergleiche z.B. die Argumentation des Nysseners in 1,217-219, S. 90,1-19, insbes. die Kennzeichnung des eunomianischen Denkens als ein Transzendieren mittels des Rationalen (Z. 8-9), welches seinen Bezug auf nicht bestrittene erste Sätze oder Prinzipien übersieht. Was der Nus einzig zu erreichen vermag, ist die Erkenntnis, daß seine Fragestellung ihm eine „unendliche Geschichte" auflastet, die auf ihrer Ebene zu keiner definitiven Antwort führt:  τό  του  ζητουμένου  άδι,εξίτητον188.  Mit  seiner  Vorstellungskraft  (ή  καταληπ­ τική  τοϋ  νου δύναμις)  kann  er  nicht über Zeit und Welt hinausfragen 189 :

184 Vgl. zu Anm. 183. 185 I , 3 6 5 - 3 6 6 , S. 134,27-135,13. 186 1,367, S. 135,21-23. 187 Oratio in Canticum Canticorum XI, S. 334,15. 188 1,368, S. 135,23-25. 189 1,369, S. 136,3-5.

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Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

Was diesen transzendent ist (τά  ύπερκείμενα  τούτων) 190 ,  bleibt  ihm  un­ zugänglich, denn es ist anderer Art:  έν  o!s  γαρ  ούκ  είδος,  ού  τόπο?,  ού  μέγεθος·,  ού  τό  έκ  τού  χρόνου  μέτρον  ούδέ  άλλο  τι  των  καταληπτών  επινοείται 191 .  Wenn  hier  also  τό  αόριστον  mit  dem  άδιεξίτητον  ange­ sichts  des  Verfahrens  der  Reihung,  die  in  der  menschlichen  Vorstellung  und  im  πολυπραγμονείν  in  indefinitum  ausgedehnt  werden  kann,  in  Zu­ sammenhang  gebracht  wird,  so  ist  zugleich  deutlich, daß dieser Begriff nicht mit jenem identisch sein kann, der die via eminentiae kennzeichnet, die gerade kein Verfahren der letztlich endlosen Reihung ist. Mit anderen Worten, Gottes Unendlichkeit selbst wird in diesem Text nicht als  άδιεξίτητον  „be­griffen".  [173]  (2)  Im  zweiten  von  E. Mühlenberg genannten Text kennzeichnet Gregor von Nyssa die Schnittlinie zwischen Welt und Transzendenz durch „geschaffen"  versus „ungeschaffen"  (κτιστή  φύσις  vs.  άκτιστος  φύσις) 192 .  Der  „Abstand"  beider,  den  diese  Schnittlinie  bestimmt,  ist  „groß und nicht zu durchschreiten"  (πολύ  ...  και  άδιεξίτητον) 193 .  Nun  wird  diese  „Distanz"  charakterisiert.  Das  Geschaffene  besitzt  „be­ stimmte  Gestalt"  und  ist  damit  stets  etwas  Begrenztes;  es  ist  durch  Ma­ ße definiert, die ihm der Schöpfer gab. Das Ungeschaffene aber hat keine Begrenzung; „sein Maß ist die Unendlichkeit  (απειρία)".  Das  Ge­ schaffene  ist  in  Zeit  und  Raum  durch  das  Nebeneinander  von  „Ab­ ständen" gedehnt, über deren „Durchschreitbarkeit" hier nichts gesagt wird; und damit wird weder für noch gegen Aristoteles' „Lösung" der Paradoxien Zenons argumentiert. Das Ungeschaffene transzendiert solche Vorstellungen:  ύπερεκπίπτει  πάσαν  διαστήματος  εννοιαν194.  Ich  sehe  nicht  ein,  wie  in  diesem  Gedankengang  Gottes  απειρία  als  „un­ durchschreitbare"  Unendlichkeit  behauptet  sein  soll;  nicht  zu  durch­ schreiten  ist  hier  der  „Abstand"  Gottes  zum Geschöpf. Gott selbst aber kennt in sich keine „Abstände": Sein Leben vollzieht sich nicht διαστηματικώς  (Ζ.  26­27).  Dem  entspricht  die  These:  In  diesem  Unend­ lichen  des  Ungeschaffenen  gibt  es  keine Möglichkeit, ein Mehr oder Weniger zu unterscheiden 1 9 5 . „Ich kann nicht verstehen," sagt Gregor an anderer Stelle, „wie ein denkender Mensch behaupten kann, das Unendliche sei mehr oder weniger unendlich" 1 9 6 - ein Satz, der nur für

190 191 192 193 194 195 196

1,368, S. 135,27-28. 1,369, S. 136,1-3. Vgl. Anm. 14; 107. 11,69, S. 246,14-16. 11,70, S. 246,16-22. S. 247,1-4; vgl. Anm. 174. 1,236,5.96,2-4.

Exkurs: Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa

455

das qualitativ Infinite der via eminentiae gilt, sofern das quantitative aktual Unendliche, wie gesagt, in diesen Texten keine Rolle spielt. Daß E. Mühlenberg es anders sieht, zeigt besonders deutlich die folgende Argumentation: Die Unendlichkeit begründe die Unbegreiflichkeit Gottes, sofern „sich Gregor implizit auf die Wahrheit des Grundsatzes der aristotelischen Logik" beziehe:  „ α δ ύ ν α τ ο ν  γ ά ρ  τ α  ά π ε ι ρ α  δ ι ε λ θ ε ί ν  Anal.  post.  A  72  b  10  oder  noch  direkter,  da  ja  Gottes  Wesen  τ ό  ά π ε ι ρ ο ν  ist:  τ η ν  μ ε ν  γ ά ρ  ο ύ σ ι α ν  ά π α σ α ν  ε σ τ ί ν  ό ρ ί σ α σ θ α ι  τ ο ι α ύ τ η ν ,  τ ά  δ ' ά π ε ι ρ α  ούκ  ε σ τ ί  δ ι ε ξ ε λ θ ε ΐ ν  ν ο ο ϋ ν τ α  ...  έ κ ε ί ν η ν  γ ά ρ  ούκ  ε σ τ ί ν 

όρίσασθαι,  ή?  τά  άπειρα  κατηγορείται  (85  b  5 ­ 8 ) "  (145).  W i e  z e n t r a l  die­

ser  Punkt für die Interpretation E. Mühlenbergs ist, muß hier nicht ausgeführt werden. Da er sein Werk in gewisser Hinsicht als Korrektur an J. Danielous Aussagen über die sog. Mystik Gregors verstand, sollte, nachdem deutlich geworden ist, daß der Begriff „ewigen Fortschreitens menschlicher Neugier" nicht weit trägt und mit „Fortschritt im spirituellen Leben" nichts zu tun hat197, nur darauf hingewiesen werden, daß ein inneres Moment des „Fort[174]schritts im Glauben" vor allem darin besteht, alles zu transzendieren, was negative Theologie jemals über Gott gesagt hat198, diese also gewissermaßen zu negieren, einschließlich jenes theologischen Sprechens, das Gott „als Unbegrenzten begrenzt" (S. 253,3), und damit Abraham 199 auf seiner Wanderschaft  εις­  τό  έ π έ κ ε ι ν α  τ ω ν  γ ι ν ω σ κ ο μ έ ν ω ν 2 0 0  zu  folgen.  Abrahams  Glaube  als  reiner  Glaube,  der  jede  Theologie  hinter  sich läßt201, wird zum Zeichen, daß Gott „mächtiger und höher" ist als jede theologische Metaphysik, wörtlich: „als jedes kognitive  σ η μ ε ί ο ν "  ­  (sprachliches)  Zeichen  oder 

197  Ch.  Kannengiesser,  L'infinite  divine  chez  Gregoire  de  Nyssa,  Recherches  de  science  religieuse  55  (1967)  55­65,  folgt  in  seiner  Rezension  E. Mühlenberg weitgehendst, will aber die sog. Mystik Gregors (unio mystica) zugleich verteidigen. Dabei hält er für bewiesen: E. Mühlenberg „a remarquablement demontre le lien logique tire par Gregoire entre l'infinite divine et le progres spirituel sans fin de la creature" (ebd., 64). Nun ist aber, wie ich im folgenden zu verdeutlichen suche, nicht die Unendlichkeit Gottes bei Gregor (und vor allem nicht die im Sinne des aristotelischen άδιεξίτητον  interpretierte,  wie  Ch.  Kannengiesser  hier  voraussetzt)  der Schlüsselbegriff Gregors, sondern der Glaube und die negative Theologie, sofern diese im Glauben transzendiert und doch bewahrt wird, bzw. das in Glaube und Taufe eröffnete Leben als „Teilhabe an Gott" das von Gregor als eine ewige und dynamische Bewegung begriffen wird (Anm. 207). Diese Ewigkeit aber beginnt und ist darum nur „nach vorne" undurchschreitbar. 198 199 200 201

11,89, S. 252,24-253,10. 11,84, S. 251. 11,88, S. 252,24. 11,89, S. 253,13-14.

456

Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus

jeder Punkt, der durch das Verfahren des  αφελε  πάντα  erreicht  wird 202 .  Daß Metaphysik als „Näherungsverfahren" dienen kann 203 , ohne jedoch eine  προσφυής  προσηγορία,  wie  es  Eunomius  wollte,  zu  errei­ chen 204 ,  ist  eine  andere  Frage.  Der  Glaube  als  Weg  zu  Gott 205  setzt  einen  festen  Punkt:  Im  Glauben  gab  Abraham  seine  Neugierde  (την  έκ  της­ γνώσεως  πολυπραγμοσύνης)  auf 206 .  Dies  ist  die  Aussageintention  jenes  Textes,  aus  dem  E. Mühlenberg die These herleitet: „Die Unendlichkeit des göttlichen Wesens verwehrt die abschließende Erkenntnis; sie begründet vielmehr die Endlosigkeit des Strebens zu ihm hin" (199). „Endlosigkeit des Strebens" setzt Glauben als Transzendieren der negativen Theologie voraus, womit man in das Problem der sog. Mystik eintritt 207 . Daß negative Theologie für die [175] christliche Offenbarung und damit für den Glauben (als  fides  quae) sozusagen einen autonomen Raum läßt, ist eine Antwort, die nicht nur Gregor, sondern auch andere wie Johannes Chrysostomus oder Severian von Gabala dem Eunomius entgegenhalten. Inwieweit dies angemessen war, ist eine andere Frage. Festzuhalten ist, daß Eunomius selbst keine Metaphysik der Unendlichkeit kennt; nur an einer Stelle begegnet bei ihm der Terminus άπειρον,  um auszuschließen, daß „Zeugung" bzw. „Werden" kein unendlicher, d.h. in indefinitum währender Prozeß sein kann, sondern jeweils auf ein Ende oder Ergebnis zielt 208 .

202 11,89, S. 253,16-17. Daß  σημέίον  hier  wie  in  der  stoischen  Logik  als  evidente  Voraus­ setzung  einer  Inferenz  verstanden  werden  kann,  soll  mit  der Übersetzung „Zeichen oder (mathematischer und metaphysischer) Punkt" nicht ausgeschlossen sein. 203 11,574.576, S. 394,4.21. 204  Π,577,  S.  394,29­32.  205  Π,91,  S.  253,24­28.  206  11,92,5.253,28­29.  207  So  kommt  Gregor  in  I,  288­291,  S.  111,17­112,20  im  Zusammenhang  mit  dem  Ge­ danken  an  die  Taufe  als  Wiedergeburt  und  des  darin begründeten spirituellen Lebens als eines „fortwährenden Strebens"  (άει  πρός  τό  μείζον  άλλοιωθήσεται  και  ουδέποτε  προς·  το  τέλειον  (!)  φθάσει  τω  μή  εΰρίσκειν  το  πέρας:  1,290,  S.  112,12­14)  auf  ein  metaphysisches  Argument  zur Begründung des „Fortschritts ohne Ende" im Leben mit Gott zu sprechen: Er begründet aus dem Gedanken einer „Teilhabe am Unendlichen", die darum selbst „unendlich" sein müsse. Er leitet dabei aus der infiniten Vollkommenheit des Ersten Guten  (άπειρον  τη  φύσει  τό  πρώτον  αγαθόν)  „die  Notwendigkeit"  ab, daß auch die Teilhabe „unendlich" sei, nämlich ein, wie er es dann beschreibt, ewiges jeweils Verlassen oder Wieder-Aufgeben des gerade Gefundenen oder Angeeigneten. Diese ewige Wanderschaft beginnt aber mit einem ersten Schritt und die Teilhabe bleibt inkommensurabel zum Infiniten. 208  ΙΠ,7,26,  S.  224,4­6. 

Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala Theologie im Reflex kirchlicher Predigt

Der Untertitel zeigt an, um was es in diesem Kurzreferat einzig gehen kann, nämlich darum, inwiefern die Theorie theologischer Sprache des Eunomios im Corpus der Homilien Severians eine Wirkung zeigt, sei es auf die kontroverstheologischen Themen, die sich der Prediger sucht, sei es auf die theologische Reflexion seines eigenen Standpunktes. Eunomios Theorie läßt sich ihrem Kern nach schon in der sog. ersten Apologie 1 , die er vermutlich im Zusammenhang mit der Konstantinopler Synode des Jahres 360 und nicht gegen Ende seines kurzen Episkopats in Kyzikos verfaßt hat 2 , aufweisen. Ausführlicher dargestellt, erscheint sie in seiner im Jahre 379 veröffentlichten Verteidigungsschrift 3 gegen des Basilios von Kaisareia Antwort auf die sog. erste Apologie 4 . Zur Interpretation des Referats aus dieser Schrift bei Gregor von Nyssa ist zu beachten, daß letzterer nur die Schwachpunkte der Argumentation des Eunomios hervorhebt und von sich aus nichts dazu beiträgt, um ein konsistentes und möglichst kohärentes Verständis der Überzeugungen und Argumente des Eunomios zu gewährleisten.

1 2

3 4

Im folgenden als Apologia nach der Ausgabe von R.P. Vaggione, Eunomius. The Extant Works, Oxford 1987, zitiert. Eunomios mußte sich offenbar gegenüber jener Gruppe von Arianern rechtfertigen, die sich gegen die Homoiousianer um Basilios von Ankyra im Versuch, das altarianische Erbe zu retten, abgrenzte und doch eine gewisse Ähnlichkeit  (όμοίότη?)  zwischen  Vater  und  Sohn  im  Wirken  vertrat,  wie  es  sich  in  der  Confessio  der  ge­ nannten  Synode  als  ein  δμοιο?  ...  κατά  τάς  γραφάς niederschlägt. Eunomios selbst bezog sich nicht allgemein auf die Schrift, sondern einzig auf Joh. 5.19, wie das  κατά  TÖy οίκείον  λόγοι*  in  Apologia,  22,4­5,  zeigt. Daß in dieser zunächst innerarianischen Diskussion auch der Ausgangspunkt („Sitz im Leben") für die Unterscheidung von zwei theologischen Methoden (vgl. unten) zu suchen ist, sei angemerkt. Die Fragmente werden als Apologia IIa (seil. Secunda) zitiert nach der Edition von W. Jaeger, Gregorii Nysseni Contra Eunomium Libri, G N O I.II, Leiden 1960. B. Sesboüe, G.-M. de Durand, L. Doutreleau, Basile de Cesaree. Contre Eunome, suivi de Eunome. Apologie, SC 299.305, Paris 1982.1983.

458

Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala

Die uns überlieferten Predigten des Severian von Gabala 5 sind alle in Konstantinopel [337] gehalten und fallen in die Zeit von ungefähr 398/399 bis 404, d.h. bis zu jenem Jahr, in dem Johannes Chrysostomos auf Grund von Intrigen, an denen Severian entscheidend beteiligt war, endgültig verbannt wurde. Im Herbst desselben Jahres verließ auch Severian die Stadt und ging mit seinen beiden in den Quellen des öfteren genannten Hauptverbündeten nach Antiochien, um dafür zu sorgen, daß auch dort ein Gegner des Johannes Chrysostomos zum Bischof geweiht wurde. Danach verschwindet er aus unserem Gesichtskreis 6 . Eunomios, der zwischen 379 und 383 in Konstantinopel einen offensichtlich nicht ganz unbedeutenden Einfluß gewonnen hatte, war im Jahre 394 im Exil gestorben; 398 schien es dem Kaiser Arkadios angesichts verstärkter Tätigkeit der Eunomianer notwendig, alle Werke des Eunomios verbrennen zu lassen 7 . Die Predigten Severians, der seinen eigenen Worten zufolge nach Konstantinopel gekommen war, „um das Übel der Häresie zu widerlegen" 8 , fallen unmittelbar in die Zeit verstärkter Abwehr der radikalen arianischen Tradition, der sog. Neuarianer 9 . Ein Blick in seine Predigten lehrt, daß die Anhänger des Eunomios neben den mit ihnen in der Frage des Geistes verbündeten Pneumatomachen die Hauptgegner des Severian sind. Sie sind für ihn, der überall die Häresien wuchern und Byzanz auszehren sieht 10 , die Häretiker schlechthin, weil es ihnen am inneren Verständnis für das Wesen der Religion (εϋσεβεια) fehle, sofern sie das Wesen Gottes zu begreifen suchen und nicht schlicht glauben, also  sola  fide Cd.h.  fide  quae  creditur)  akzeptieren wollen 11 , daß der eine Gott Vater, Sohn und Geist ist. Sie suchen mit ihrem Verstand zu ergründen, wie der eine Gott Vater, 5

7

Z u m Forschungsstand vgl. man C. Datema, Towards a Critical Edition of the Greek Homilies of Severian of Gabala, Orientalia Lovaniensia Periodica 19 (1989) 107-115; K.-H. Uthemann, Kriterien zur Abgrenzung der Homilien Severians von Gabala unter den Pseudo-Chrysostomica, Studia Patristica 20 (1989) 61-69; S.J. Voicu, Severien de Gabala, Dictionnaire de Spiritualite 14,2 (1989) Sp. 752-763 ; nach Publikation des vorliegenden Beitrags: K.-H. Uthemann, Severian von Gabala, BBKL 9, 1995, Sp. 1487-1504. Auf einem im April 1991 in Amsterdam gehaltenen Workshop über Severian habe ich gezeigt, daß die von mir im genannten Artikel aufgeworfene Frage nach dem Stemma eines zu rekonstruierenden Corpus für die Frage der Authentizität schon erste fruchtbare Ansätze zeigt. Die neueste zusammenfassende Darstellung bei M. Aubineau, Un traite inedit de christologie de Severien de Gabala In centurionem et contra Manichaeos et Apollinaristas, Cahiers d'Orientalisme V, Geneve 1983,12-17. Cod. Theod. XVI,5,34. Vgl. dazu R.P. Vaggione (Anm.l), XV.

8

CPG 4210: PG 63, 549,23-24.

9

Eine Übersicht mit Analyse der Texte bietet Th.A. Kopecek, A History of NeoArianism, I.II., Philadelphia 1979. Vgl. z.B. in der genannten Predigt: 546,49-50. Ebd., 547,5ff. 44f.; vgl. auch CPG 4211: PG 63, 938,33.

6

10 11

Theologie im Reflex kirchlicher Predigt

459

Sohn und Geist sein kann, und erkennen nicht, daß der Mensch einzig wissen kann, daß Gott existiert, nicht aber, wie er existiert, wie sein Wesen beschaffen ist 12 . Dem stellt Severian die biblische Aussage von der Offenbarung „der Herrlichkeit Gottes"  (δόξα  θεοϋ) entgegen 13 , in der alle negative Theologie, d.h. die [338] Unbegreiflichkeit des Wesens Gottes, gewahrt bleibe 14 und für den Glauben Raum eröffnet werde 15 . Ende des 4. Jahrhunderts ist dies alles schon traditionelle Antwort auf die Position der Eunomianer, sofern man unterstellt, daß sie im Unterschied zu Arios selbst und zum Normaltypus des Arianers dieser Zeit nicht an der Unbegreiflichkeit Gottes festhalten, sondern mit ihrer Begründung für die absolute Transzendenz des einen Gottes, eine, wie es z.B. Severian ausdrückt,  κατάληψις·  von  Gottes  Sein  behaupten.  Das  Wort  κατάληψη  ­  Begreifen  ­  scheint  angesichts  der  vielen  Syllogismen  der  Jung­Arianer  nicht  unangebracht.  Doch  ob  dieses  Wort  und  die  eigenen  Syllogismen  die  gemeinte  Sache  treffen  (es  sei  denn,  der  Syllo­ gismus  sollte  nichts  Neues, unabhängig von ihnen Unbekanntes erschließen, sondern nur Darstellungslogik sein), mag man bezweifeln, wenn man in die Gedankenwelt des Eunomios tiefer eindringt. Mit dem Wort  άγεννητος· habe  der  Christ,  sagt  Eunomios,  sowohl  aus  seiner  ureigenen  christlichen  Uberlieferung,  als  auch  aus  allgemein  menschli­ cher,  seit  urher  bestehender  Tradition, gewissermaßen aus einem Urwissen eine Kenntnis des Wesens Gottes empfangen, „gelernt" (bei Eunomios  έννοια  φυσική  genannt 16 ):  Wenn  Gott  wirklich  Gott  ist,  dann  ist  er  „der  Ungewordene",  d.h.  absolut  Transzendente.  Eunomios 1 7  hat  nun  eine  Theorie  theologischer  Sprache  mit  einer  Unterscheidung  von  zwei  theologischen  Methoden 18  vorgetragen,  um  die für seine Confession grundlegende gestufte Transzendenz von drei verschiedenen Usien „begründen", besser: plausibel machen zu kön12

Vgl. z.B. CPG 4209: PG 63, 537,23-538,19. Man beachte, daß Severian den in diesem Zusammenhang oft zitierten Vers Hebr. 11,6 nicht als Konkurrenz zur Aussage  οίδα  τόν θεοί/ ÖTL 'έστιν empfindet  CPG  4193:  PG  56,  415,27­41. 

13 

CPG  4193:  PG  56,  416,55;  417,23­31.44­45  usw. 

14 

Ebd.,  418,47­51.  Zur  negativen  Theologie  bei  Severian,  die  vor  allem  mit  den  Aussa­ gen  ακατάληπτο?,  αμέτρητο?,  άρρητο?,  arbeitet,  vgl.  u.a.  CPG  4209;  PG  63,  537,23­ 26.30­34.49­50.  To  δέ  πώ?  έστιν  έκ  τοΰ ÖKTOS (EX. 3,14)  ό  ΏΝ  (der  Sohn),  πίστα  παρειλήφαμα',  ού  καταλήψει  (CPG  4204;  PG  59,  688,33­34);  ή δύναμη  του  θεοϊι  πίστα  παραδίδοται.  (CPG 

15 

4 2 0 9 :  P G  6 3 ,  5 3 8 , 7 ­ 8 ) . 

16  17 

Apologia,  7,1;  vgl.  ebd.,  10,10.  Im  folgenden  gebe  ich  eine  Zusammenfassung  einer  Untersuchung  wieder,  die  demnächst in Z K G 1993 erscheinen wird (oben S. 421-456); es kann hier deshalb auf eine ausführliche Diskussion der Quellen und auf vieles, was zum Verständnis beiträgt, verzichtet werden.

18

Apologia, 20,5-9; Apologia IIa, 1,151-153, S. 71,28-73,3.

460

Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala

nen. Um es kurz und darum verkürzt zu sagen: Es gibt zwei Klassen göttlicher Namworte  (ονόματα)  oder  Aussagen  (προσηγορίαι),  die  sich  ihrer  Bedeutung  nach  und  d.h.  bei  Eunomios  auf  Grund  ihres  Bezugs  zur  Wirklichkeit  (πράγμα  bzw.  meist  πράγματα  genannt)  unterscheiden;  die  einen  benennen  ein  Sein  (ουσία),  die  anderen  ein  Wirken  (ένεργεια).  Zur  ersten  Klasse gehört z.B. das Wort  ,,άγεννητος",  zur  zweiten  z.B.  das  Wort  „Vater".  Die  erste  theologische  Methode  will  die  Usien  rein  an  sich  unterscheiden,  die  zweite  will,  ausgehend  von  den  Energien,  d.h.  vom göttlichen Wirken, und damit stets von etwas Sekundärem ausgehend, einen Aufstieg  (αναγωγή)  zu  den  Usien  vollziehen.  Sie könne aber auf Grund ihres Ausgangspunktes im Unterschied zur ersten Methode ein absolut transzendentes Erstes nicht erreichen. Im Verhältnis des Vaters zum Sohne [339] impliziere der Name „Vater" eine Relation auf den Sohn, die im Wirken, d.h. in jenem Wollen  (βούλησίς)  begründet ist, mit dem der Vater den Sohn in absoluter Freiheit will, also in einer souveränen Freiheit, die durch kein ihr vorausliegendes natur- oder wesenhaftes Apriori beschränkt ist. In dieser Relation liege auch die Ähnlichkeit im Wirken, die  όμοιότης  προς  ένεργειαν19,  zwi­ schen  Vater  und  Sohn begründet. Einzig die erste Methode erreiche die adäquate Wesensaussage über Gott -  τό  άγεννητον  („das  Ungeworden­ sein"),  auf  Grund  dessen  „der  eine  Gott"  in jeder  Hinsicht  unvergleich­ bar  (ασύγκριτος)  ist.  Zugleich  mit  dem  „Ungewordensein"  erreiche  diese  Methode  das,  was  die  Aussage  „Gott  Vater"  bedeute:  Die  Usie  des  Vaters 20 .  Da  sich,  wie  Eunomios  gegen  Basilios  behauptet,  beide  Methoden ergänzen, vollziehe die erste einen Abstieg  (κάθοδος),  dem  in  der  zweiten  der  Aufstiege  entspreche.  Entscheidend  ist für diese Theorie zweier theologischer Methoden und Sprachen ihre Begründung im Rahmen eines bestimmten Paradigmas des menschlichen Sprechens überhaupt, welches zwei Fragen miteinander verbindet, nämlich die Frage nach dem Ursprung von Sprache und die Frage einer Semantik, genauer jene nach der Bedeutung der Namworte. Einerseits begründet Eunomios Sprache in Gottes Vorsehung: Sie ist im Beginn  (έξ  αρχής)  von  Gott  im  Blick  auf  die  Erschaffung  des  Menschen  mit  den  πράγματα  zugleich  geschaffen  worden.  Den  Grund­ bestand  aller  Namworte,  sozusagen  die ursprünglichen, haben die Stammeltern von Gott gelernt, d.h. empfangen. Neues, nämlich Namworte, die dem Wesen der  πράγματα  zuinnerst  (οίκείως  και  προσφυώς)  entsprechen,  kam  in  der  Menschheitsgeschichte  nicht  mehr  hinzu,  we­ der  durch  Dichter  noch  durch  die  Verfasser  der  heiligen  Schriften.  Al­ 19 

Vgl.  Anm.  2  zum  „Sitz  im  Leben". 

20 

Zu  letzterem  vgl.  Apologia,  19,16­18. 

Theologie im Reflex kirchlicher Predigt

461

les, was neu ist, bis hin zur Alltagssprache mit ihrer Gewohnheit und Homonymie, a fortiori die Sprache des Mythos und der Phantasie, ist Nachträgliches, nichts anderes als Produkt der  έπίνοια  des  Menschen.  Mit  έπίνοια  ist  in  dieser  Diskussion  die  im  diskursiven  und  praktischen  Denken  und  im  sinnlichen  Vorstellen begründete „schöpferische Kraft" des Menschen, sein Vermögen zu finden und zu erfinden, im umfassenden Sinn gemeint. Um Mißverständnisse zu vermeiden, werde ich dieses Wort im folgenden oft unübersetzt wiedergeben. Man beachte hier, daß Eunomios der  έπίνοια  nicht  jede  positive  Funktion  abspricht.  Doch  entscheidend  ist für ihn, daß sie (1) etwas Sekundäres ist und (2) den Blick auf die ursprüngliche, das Wesen der Dinge kennzeichnende Sprache verdeckt - zumindest sehr oft, woraus in der Widerlegung schnell eine prinzipielle Aussage werden kann. Beides läßt sich aus dem Vollzug der  έπίνοια  aufweisen.  Sie  arbeitet nämlich mit dem Entdecken von Relationen, mit Analogien und Metaphern. Darin wurzelt die Homonymie menschlicher Sprache, die (rückwirkend) in die  έπίνοια  selbst  eindringe.  Diese  wird gewissermaßen selbst vieldeutig. Der [340] entscheidende Grund dafür - neben anderen genannten - liege in der Tatsache, daß „der gesunde Nus" durch die Tätigkeit der  ψυχή  „ab­ wendig  gemacht  wird" 2 1 , daß m.a.W. die Intuition, mit welcher der Nus unmittelbar dem Gegenstand seiner Anschauung, den  πράγματα,  zugewandt  ist,  durch  bestimmte  subjektive Vorgänge im Menschen gestört wird. Auch dann, wenn dies nicht der Fall ist, bleibt der Vollzug der  έπίνοια  etwas Sekundäres; denn sie erreicht nicht die Usie, nicht das Wesen der Dinge, sondern nur Differenzen im Wirken, Analogien und Relationen 22 . Sein jedoch - d.h. das Wesen des Seienden erschließt sich nur in der Intuition, welche zugleich mit dem Hören und Lernen jener Namworte vollzogen wird, die vom Ursprung her in der Menschheitsgeschichte überliefert und, in Gottes Vorsehung geschaffen, den ersten Menschen anvertraut wurden. Diese Namworte vermitteln, ohne daß diskursive Rationalität angesprochen wird, Erkenntnis der von ihnen benannten Wirklichkeit; sie haben unmittelbar kognitive Valenz. Durch sie  (τοις  όνόμασιν)  ist  Sein  erschlossen 23  und  nicht  (wie  im  sozusagen  normalen  Sprachparadigma,  das  die  vermut­ lich  pseud­aristotelische  Schrift  Περί  ερμηνείας überliefert und mit ihrer

21 22 23

Vgl. Apologia IIa, 11,306, S. 316,6-11. Vgl. ebd., 11,363, S. 332,18-22. Man beachte, daß 11,362, S. 332,7-10 Referat über Basilios ist. Vgl. ebd., 11,403, S. 344,8-13; zu ebd., Z. 11-13 vgl. man auch 11,417.423, S. 348,610.350,6-9.

462

Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala

Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart hinein festgeschrieben hat24), nämlich: nicht durch das menschliche Denken. Darum kann Eunomios für seine erste theologische Sprache die These aufstellen, daß verschiedene eindeutige Namworte, bei denen also das eine das andere nicht vertreten kann, verschiedene Usien benennen 25 , d.h. daß die ursprüngliche, vom Schöpfer gesetzte Relation (προσφυής  σχεσις·)26  des  Namwortes  auf  die  benannte  Usie  ein­deutig  ist27.  Hier  hat  J. Danielou 28  eine  Vermutung  des  Gregor  von  Nyssa 29  auf­ gegriffen und  als  These  vorgetragen:  Eunomios  Sprachtheorie  stamme  aus  der  [341] Lektüre des Kratylos; es handele sich um eine mystische Sprachtheorie, die er aus der Schule des Jamblich übernommen habe. Hier soll nur kurz auf diese These geantwortet werden 30 : Weder ist es, wie jedoch oft genug seit E. Vandenbussche 31 behauptet 32 , angebracht, die gestufte Transzendenz im Sinn des Eunomios als neuplatonisch zu kennzeichnen 33 , noch hat Eunomios eine neuplatonische oder im Sinn der Schule Jamblichs „mystische" Sprachtheorie vertreten. In seiner Semantik spielt der bei neuplatonischen Kommentatoren des Kratylos 24

Vgl. dazu vom Verf., Prolegomena zu einer Topik als inventiver Forschungslogik anhand von Rudolf Agricolas Dialektik, Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie 32 (1985) 391-423, bes. 391-393.408f.419f., wo im Ausgang von kritischen Einsichten R. Agricolas der Gegensatz zwischen dem Sprachmodell von De interpretatione (1,16 a 3-8) und jenem der aristotelischen Topik verdeutlicht wird. 25 Vgl. u.a. Apologia IIa, 111,1,4, S. 4,23-25; ΙΠ,2,137,  S. 96,24­97,5;  111,5,18, S.  166,11­16;  ΙΠ,5,39, S. 174,18­23. ­  Zur  sprachkritischen  Abgrenzung:  ebd. ΙΠ, 1,127­129,  S. 46,21­ 47,16; zu  ebd.,  128, S. 47,4­6  vgl.  konkret:  ebd.,  111,2,28, S. 61,7­14.  ­  Das  Ziel  theolo­ gischer  Sprachkritik  zielt  darauf,  jene  Relation  zwischen  Namwort  und Realität zu erreichen, welche die ursprüngliche, durch den Schöpfer gesetzte ist:  ή  προσφυή?  σχεσις·.  Diese  aber  kann  nicht  mehr  als  Metapher  betrachtet  werden:  αμετάθετος·  (ΙΠ,5,32, S.  171,22­24).  26  Vgl.  die vorhergehende  Anm.  27  Ob  sie, logisch  gesprochen,  ein­eindeutig  ist, bedarf  der Klärung. 28 Eunome l'arien et l'exegese neo-platonicienne du Cratyle, REG 69 (1956) 411-432. 29 Apologia IIa, Π,404, S. 344,13­15: Man beachte  das Wörtchen  τάχα.  30 Näheres in dem in Anm. 17 genannten und in einem bisher unveröffentlichten Artikel zur Herkunft der Sprachtheorie des Eunomios. 31 La part de la dialectique dans la theologie d'Eunome ,le technologue', RHE 40 (1944/1945) 47-72, bes. 70f.; ebd., 68 wird das  εττεσθαι  bzw.  παρέπεσθαι  im  Referat  des  Gregor  von  Nyssa über die zweite theologische Methode als ein Emanationsprozeß interpretiert. 32 Bei J. Danielou in Abhängigkeit von der in der vorigen Anm. genannten Arbeit und einer nicht publizierten These von Th. Dams: La controverse eunomienne, Paris 1951 (vgl. J. Danielou [Anm. 28], 428, Anm. 2). Nach R.P. Vaggione (Anm. 1), 12, Anm. 69, befindet sich eine Kopie in Oxford. 33 In diesem Zusammenhang scheint es mir angebracht auf J.M. Rist, Basil's ,Neoplatonism': Its Background and Nature, in: P.J. Fedwick (Hg.), Basil of Caesarea - Christian, Humanist, Ascetic, Part One, Toronto 1981,138-220, zu verweisen.

Theologie im Reflex kirchlicher Predigt

463

bzw. der bei neuplatonisch inspirierten Reflexionen über die Sprache entscheidende Bezugspunkt, die ideale Objektivität (τά  νοητά)34, überhaupt kein Rolle. Sein Denken kreist um die  πράγματα,  also  Ding  und  Sachverhalt,  als  Bezugspunkt  des  Namwortes;  in  gewissem  Sinn  ist  er  hierin  ein Vorläufer des Schlagworts  verbum  et  res. Und das Wort „mystisch" hat nur höchst bedingt Gültigkeit: Eunomios baut in seine Theorie all das ein, was J. Danielou als wissenschaftliche, von der Tradition der Grammatik (und Dialektik) entwickelte Sprachkritik bei Eunomios ausgeschlossen sah. Die zweite theologische Sprache des Eunomios hebt eine ontologische Korrelation zwischen Usie und Energie, zwischen Sein und Wirken auf; dies gilt in der  θ€θλογία  absolut,  sofern  hier  Wirken  als  abso­ lutes  Wollen  zu  bestimmen  ist35.  Dann  aber muß diese Sprache, will sie die Usie des Wollenden benennen, sich selbst übersteigen, eine αναγωγή auf  die erste Sprache  hin  vollziehen.  Hier  vor  allem  setzt  die  Kritik  des  Gregor  von  Nyssa  ein:  Unter  Wahrung  der  ontologischen  Korrelation  von  Sein  und  Wirken  wird  die  These  aufgestellt, daß menschliches Erkennen und darum menschliche Sprache ganz allgemein nur um das Wirken, um die Energien, wisse und damit um die Existenz, nicht aber um das Wesen, d.h. nicht um das Was und Wie der Usie 36 . Auffällig ist, daß Severian von Gabala diesen Weg der ontologischen [342] Korrelation nicht geht, auch wenn er vom Wirken des Sohnes bezw. des Geistes mit ihren vielfältigen Wohltaten  (βύεργεσίαι) für den Menschens sagt, daß dieses Wirken des Sohnes bzw. des Geistes auf vielfältige Weise - je nachdem, wie der Mensch es erfährt - bezeichnet werden kann. Überhaupt scheint er die Unterscheidung von zwei theologischen Methoden und Sprachen nicht zu kennen. Er kann darum in starker Vereinfachung als grundlegendes Prinzip eunomianischen Denkens die Behauptung zitieren, man könne bzw. müsse von einer  διαφορά  der  Namworte  auf  eine  διαφορά  der  Na­ tur  (oder  Usie) schließen 37 . Naturhafte Differenz ist im Sprachgebrauch 34

Vgl. z.B. die Arbeit von M. Hirschle, Sprachphilosophie und Namenmagie im Neuplatonismus, Beiträge zur klassischen Philologie 96, Meisenheim am Glan 1979.

35

Vgl. das oben auf S. 460 [338f.] schon Gesagte.

36

Mit Rückgriff auf eine bestimmte Methode, Etymologie zu betreiben, nämlich jene, die sich mit dem Namen von Orion von Theben verbindet, hat Anastasios Sinaites daraus eine geschlossene Theorie entwickelt: Vgl. dazu vom Verf., Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites, Studia Patristica 18 (1985) 221-211 (oben S. 367-379).

37

CPG 4190: PG 55, 608,27-29: Ol  γάρ  αιρετικοί  βούλονται  άττό  της  διαφορας  των  ονομάτων  διαφορών  κατασκευάσαι  φύσεως.  Zu  dieser  Predigt  beachte  man, daß die Trinität hier als eine Trias der Offenbarung  (φανερουμένη)  erscheint  (606,49­50)  und  daß zugleich ähnlich wie bei Gregor von Nyssa (vgl. M. Harl, A propos d'un passage du C O N T R E E U N O M E de Gregorie de Nysse:  άττόρροια  et  les  titres  du  Christ  en  theologie  trinitaire,  Recherches  de  science  religieuse  55  [1967]  217­226)  an  einer  „ge

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Severians keine durch das Denken konstituierte Unterscheidung, die Reales trifft, also in der Sache begründet ist  (cum fundamento  in  re), sondern eine Unterscheidung, durch welche die Einheit der Usie aufgehoben und real verschiedene Usien konstituiert werden 38 . Mit anderen Worten, er folgt dem Sprachgebrauch des Eunomios, ohne aber dessen Prinzip zu übernehmen. Denn über das Wie der göttlichen Usie wisse der Mensch nichts 39 . Anderseits hält er den Eunomianern im Ausgang von den Hoheitstiteln in Schrift und Tradition, welche für Vater, Sohn und Geist gebraucht werden, selbst ein sehr analoges Argument entgegen, das als Enthymem oder Inferenz von einer nicht weiter bedachten Überzeugung getragen wird: Das gemeinsame  δνομα  „beweise"  die  gemeinsa­ me Würde  (αξία)40,  dies  aber  die  gemeinsame  Usie.  Ja,  auch  umgekehrt  kann  Severian „schließen": Wo eine Gemeinsamkeit der Natur vorliegt, muß auch eine solche der Namen gegeben sein 41 . Mit anderen Worten, für ihn besteht zwischen Namen und Sein im Fall der Hoheitstitel [343] eine absolut eindeutige, also ein-eindeutige Beziehung, die gewiß eine semantische Konsequenz aus dem  ομοούσιο? für die theologische Sprache ist. Sofern anderseits zwei Namen wie „Gott" und „Kyrios" in dem im arianischen Streit viel zitierten Vers I Kor. 8,6, der für die Confessio der Eunomianer zentrale Bedeutung hat, von Verschiedenem ausgesagt werden, „Gott" vom Vater, „Kyrios" vom Sohn, dann müsse man wohl zugeben, daß beide Namworte nicht dieselbe Bedeutung  (δύναμις)  ha­ ben,  wohl  aber  dieselbe  άξια verkünden 42 . Severian unterscheidet also

reinigten"  απόρροια­Metapher  festgehalten  wird,  um  aus  dem Verhältnis von Quelle, Fluß und Wasser eine Veranschaulichung der Namen „Vater", „Sohn" und „Geist" in ihrer Unterschiedenheit zu gewinnen (608,6if.). In diesem Zusammenhang ist auch das Modell einer Sprachmetaphysik zu vergleichen, das in CPG 4198: PG 56, 556,71-557,31 sowie CPG 4209: PG 63, 542,11-544,3; CPG 4210: PG 63, 544,4-17 begegnet. Ferner vgl. man die Darstellung von J.T. Lienhard, The exegesis of 1 Cor. 15,24-28 from Marcellus of Ancyra to Theodoret of Cyrus, VC 37 (1983) 340-359 (vgl. dazu auch Anm. 45). Schließlich verdient auch das Argument aus dem  κοινόν  der  menschlichen  Natur  Beachtung,  in  dem  man früher platonisches Denken vermutete, jetzt aber ein stoisches Denkmodell am Werke sieht; daß es nicht im Sinn der aristotelischen zweiten Usie verstanden wurde, zeigt schon die Tatsache, daß es offensichtlich ohne Schwierigkeit im Rahmen der nikänischen Orthodoxie vorgetragen werden konnte. Bei Severian dient es ausdrücklich dazu, den Vorwurf des Tritheismus zu widerlegen (CPG 4211: PG 63, 936,60-937,10). Der theologiegeschichtliche Hintergrund, der hier angedeutet wurde, bedarf noch einer präzisen Untersuchung. 38 39 40 41  42 

Vgl. z.B. CPG 4196: PG 56, 509,33-55; 511,18-19; CPG 4198: PG 56, 556,10-13. Vgl. oben S. 459 [337] mit Anm. 12. CPG 4196: PG 56, 511,56-57:  Ούκοϋν  ώς  κοινωνός TOÜ  ονόματος,  κοινωνός  και  της  αξία?.  Dasselbe  im  Blick  auf  die  liturgische  Doxologie:  ebd.,  511,60­512,2.  CPG  4211:  PG  63,  936,55­60.  CPG  4196:  PG  56,  511,9­20. 

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zwei semantische Relationen, eine, durch die das eine Namwort vom anderen abgegrenzt ist, die somit in ihm liegt  (δύναμις  genannt),  und  eine  andere,  durch  die  das  Namwort  auf  einen  Referenten  bezogen  wird:  Diese  aber  ist  die  in  der  Diskussion  um  den  christlichen  Mono­ theismus  entscheidende.  Das Thema  der  Sprache Adams  begegnet  bei  Severian  mehrmals  im  Zusammenhang  mit  Fragen  der  θεολογία,  und  zwar  deutlich  provoziert  durch  eine  nicht  genannte  gegnerische  Position.  Dabei  kann  Severian  ähnlich weit ausholen wie Gregor von Nyssa und die Sprache mit der Frage nach der schöpferischen Kraft des Menschen und damit nach der τέχνη,  nach  den  verschiedenen  Kunstfertigkeiten  des  Menschen  ver­ binden.  Diese  werden  als  ein  Produkt  der  έπίνοια  gekennzeichnet, für die von Severian ohne Differenz auch evvoia gebraucht werden kann. Auch die menschliche Sprache gehört zu diesem Bereich aus menschlicher Kunstfertigkeit geschaffener Wirklichkeiten. Sie entstand als Gott Adam alle Tiere benennen ließ und der Mensch zum Interpreten der Schöpfung wurde 43 . Mittels seiner  έπίνοια  begriff  der  Mensch,  wie  er  seine  Stimme  als Werkzeug  benutzen  konnte44.  Doch  wie  alles,  was  der  Mensch  schafft, konnte  er  auch  seine  Sprache mißbrauchen, auch hier das ihm von Gott gesetzte Maß überschreiten 45 . Nun fällt auf, daß Severian an einer Stelle die Sprache Adams von einem  τύπος  der  Namworte  abhängig macht, den Gott ihm vorgegeben habe46, und daß er kurz darauf Gott selbst als partiellen Sprachschöpfer einführt: Gott habe zwar nicht alle, doch wohl die wichtigsten Namworte geschaffen, und Adam habe ihn nur ergänzt 47 . Für die theologische Sprache scheinen daraus aber keine Konsequenzen zu folgen. [344] Eine Sprachtheorie in Analogie zu jener, die Eunomios entwickelte, und zu jener, die ansatzhaft bei Basilios, zur Theorie ausgebaut bei Gregor von Nyssa begegnet, hat Severian nicht gekannt. Im letzten genügte es ihm, an die Worte „des lebendigen Gottes" zu appellieren, „Vater", „Sohn" und „Geist" als „lebendige Worte" den leeren 43

44 45

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47

CPG 4198: PG 56, 557,38ff„ bes. 558,32^0; vgl. auch CPG 4194 V: PG 56, 480,34ff., bes. 480,48-481,3.43-482,6; CPG 4194 VI: PG 56, 486,4-19; CPG 4204: PG 59, 689,66690,78. CPG 4198: PG 56, 558,65-559,22. Vgl. bes. den in Anm. 43 zitierten Text aus CPG 4204 oder die für den Ketzerjäger Severian typischen Gedanken in CPG 4198: PG 56, 559,42-46. Der sich anschließende Text fehlt wie manches andere aus Severian in dem in Anm. 37 zitierten Artikel von J.T. Lienhard. CPG 4194 V: PG 56, 480,58-59. Wie sich dazu die Aussage in 480,50 verhält, ist unklar; im allgemeinen gibt ein  φησίν  das  Argument  des Häretikers an. Zu  τιπτόω  und  προτυπόω  im  Zusammenhang  mit  der göttlichen Vorsehung vgl. man z.B. CPG 4204: PG 59, 694,37; 695,5,7,44. CPG 4194 V: PG 56, 481,45-482,6.

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Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala

(μάταια),  wie  er  sagt,  unbiblischen  Reden  der  Eunomianer  und  der  Arianer überhaupt, ihrem  άγέννητος  und  γεννητό?,  entgegenzuhalten,  die  nichts  anderes  als  Produkt  menschlicher  Erfindung  seien 48 ,  also  jener  έπινοια,  die  sich  nicht  an  die  ihr  von  Gott  gesetzten Maße gehalten hat 49 und Gott zu begreifen suchte, statt die „lebendigen Worte" seiner Offenbarung zu glauben. Die negative Theologie ist für ihn adäquater Ausdruck für die Grenze theologischer Sprache 50 , Gott „das Wesen, das jede Sprache überschreitet":  ή  πάντα  λόγον  ύπερβαίνουσα  φύσις51. 

48  CPG  4192:  PG  56,  406,33­51  49  Vgl.  die oben  in Anm.  45  genannten  Texte  50  CPG  4194IV:  PG  56,  461,11­12.  51  Ebd.,  460,47­462,34. 

Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt Signal einer kulturellen Wende

Henri-Irenee Marrou's These, daß sich in Augustins  De  doctrina  Christiana, einer Programmschrift, das Ende der antiken Kultur ankündigt 1 , wirkte, als sie veröffentlicht wurde, provokativ und hat vor allem jene Interpreten von Augustins Theorie der Predigt, die auf das Ciceronianische Erbe bei ihm abhoben, zu Widerspruch gereizt. Man betonte in dieser an der sog. Klassik orientierten Sicht die Kontinuität 2 , mochte man auch Akzentverschiebungen konstatieren; von Wende oder Umbruch sprach man auf jeden Fall nicht. Nun ist als Ergebnis einer Tagung der Patristischen Arbeitsge[148]meinschaft ein Buch über die  Predigt  in  der  Alten  Kirche erschienen 3 , dessen künftiger Einfluß angesichts der Marktlücke gesichert ist. Hierin hat Christoph Schäublin in einem Beitrag „Zum paganen Um1

Saint Augustin et la fin de la culture antique, Paris (1938) "1958, 514-531. Vgl. Näheres unten S. 489f. [173] mit Anm. 48.

2

So urteilen z.B. H. Hagendahl, Augustine and the Latin Classics, Studia Graeca et Latina Cothoburgensia 20,1, Göteborg 1967, 553-568, bes. 554.565-567; J. Oroz, La retorica agustiniana. Clacismo y Cristianismo, Studia Patristica VI, TU 81, Berlin 1962, 484-495; M. Testard, Saint Augustin et Ciceron, I, Paris 1958, 231-254; R.D. Di Lorenzo, Ciceronianism and Augustine's Conception of Philosophy, Augustinian Studies 13 (1982) 171-176. Eine kritische Position zu dieser Richtung der Interpretation nimmt L.D. McNew ein: The Relation of Cicero's Rhetoric to Augustine, in: Research Studies of the State College of Washington 25 (1957) 5 - 1 3 ; auf S. 11 vertritt er eine These, die im folgenden in Blick auf Ch. Schäublins Deutung angesprochen wird: „Unlike Cicero ... Augustine finds in the successful accomplishment of each style the achievement of all three functions. All ,duties' are the object of each style singly." Weitere kritische Bemerkungen bei P. Prestel, Die Rezeption der ciceronischen Rhetorik durch Augustinus in de doctrina Christiana, Studien zur klassischen Philologie 69, Frankfurt a.M. 1992: Trotz des Titels wird nicht bewiesen, daß „die ciceronianische Rhetorik" durch Augustinus rezipiert wurde, sondern einzig, daß dieser Vieles aus Cicero in seinen Zusammenhang eingebracht und dabei angepaßt hat. Die Rezension in Vigiliae Christianae 47 (1993) 281-283 wird dieser schwer lesbaren, von der Rezeption Gadamer'schen Hermeneutik inspirierten Interpretation nicht gerecht. Näheres dazu vgl. Anm. 57.

3

Hg. v. E. Mühlenberg und J. van Oort, Kampen 1994.

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

feld der christlichen Predigt" in weitgehender Beschränkung auf die lateinische Tradition den Beitrag Augustins stark hervorgehoben und, wenn auch gemäßigt, die These vom Ciceronianischen Erbe nochmals zu begründen versucht. Im 4. Buch von  De  doctrina  Christiana vertrete Augustinus die Auffassung, „wer sich sprachlich äußert, erfüllt eine rhetorische Aufgabe, und um seiner Pflicht genügen zu können, muß er die überlieferten Regeln und Kunstgriffe kennen und zielgerichtet einsetzen ... Insbesondere hängt der Erfolg des Predigers davon ab, daß er die drei genera dicendi - wie sie Cicero im  Orator (69) beschreibt - unterscheidet und in der richtigen Dosierung verwendet" (S. 30-31). Selbstverständlich wird dabei manches Neue, was Augustinus gegenüber der ihm vorgegebenen rhetorischen Theorie und Praxis betont, nicht übergangen. So ist der „tatsächliche" Erfolg (letztlich) Sache Gottes (S. 30). Auch wenn der Inhalt der christlichen Botschaft eine Darstellung im genus grande erfordert, die den Hörer erschüttert und bekehrt 4 , „so erzeugt (der Prediger) Überdruß und verliert die Aufmerksamkeit der Zuhörer", wenn er sich „fortwährend", gemeint ist, wenn er in einer Predigt über eine längere Zeitspanne, diesen Redestil anwendet (S. 31) 5 . Darum setze sich Augustinus für eine maßvolle Mischung der Stile (genera) ein; man solle nicht nur zwischen ihrem Gebrauch abwechseln, sondern auch versuchen, „mit jedem einzelnen genus stets alle drei möglichen Wirkungen zu erzielen" (S. 31). Ist letzteres jedoch tatsächlich die Auffassung Augustins? Wie auch die Antwort ausfallen wird, sie eröffnet einen Zugang zu Au[149]gustins Sicht christlicher Predigt und zur Frage, ob er mehr oder weniger rezeptiv in der Kontinuität Ciceronianischer Rhetorik steht.

Eine erste Anfrage: Unterscheidung und Mischung der Predigtstile Daß Augustinus den Stilwechsel innerhalb einer Predigt je nach der Situation des Hörers für angemessen hält, ist offensichtlich 6 . Wie aber

4

Dies ist gemeint, wenn es S. 31 heißt: „Alles zwar, was er (d.h. der Prediger) zu sagen hat, ist ,groß'; doch  spricht er auch fortwährend ,groß'", worauf folgt, was oben im Text zitiert wird.

5

Zur Begründung verweist Ch. Schäublin auf „De doctr. Christ. 4,35ff." Gemeint ist wahrscheinlich  ΐν,ΧΧΙΙ,δΙ,  wo  Augustinus  feststellt, daß man einer Rede im schlichten Stil (genus submissum) länger zuhören könne, als einer solchen im genus grande. Denn die innere Erschütterung kenne eine Klimax und darum eine zeitliche Begrenzung.

6

Vgl. z.B. rV,XXn,51-XXin,52, bes. Z. 17-19 (hier und im folgenden zitiert nach der Edition von J. Martin, C C L 32, Turnholti 1962, einzig die Schreibung von u/v wird

Eine erste Anfrage: Unterscheidung und Mischung der Predigtstile

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kann für ihn ein und derselbe Stil alle drei Wirkungen erzielen? Einen genauen Fundort, auf den diese Aussage zutrifft, konnte ich leider nicht entdecken 7 . Inwiefern XXVI,56,7-8 gemeint sein könnte und wie diese Stelle zu interpretieren ist, soll im folgenden aufgewiesen werden. In IV,XXIII,52 betont Augustinus zum einen, daß man auch bei einer Predigt im genus grande zu Beginn, bei den eröffnenden Worten (principia), nicht von Redeschmuck - dies ist hier (Z. 2-4) mit genus temperatum gemeint (XVII,34; XXV,55) - absehen sollte (et in grandi genere semper aut paene semper temperata decet esse principia [2-4]) 8 , und zum anderen, daß ein geschickter Redner im [150] Rahmen einer Predigt im genus grande, die darauf zielt, den Hörer zu erschüttern und so zu bekehren, etwas, was man an sich im genus grande darstellen könnte (quae possent granditer dici), schlicht argumentierend oder erzäh-

7 8

im Blick auf eine einheitliche Wiedergabe angepaßt): ut grande dicendi genus ... aliorum generum interpositione varietur. Zu ΧΧΙΠ,52 vgl. das im Text folgende. Im Apparat heißt es „De doctr. Christ. 4,51ff.". Da heute, wie die Praxis zeigt, Redeschmuck oft einzig mit dem genus grande assoziiert wird, weil man temperatum wörtlich mit „gemäßigt" übersetzt und dabei nicht mehr auf die mit diesem Begriff in der Doctrina Christiana gemeinten rhetorischen Inhalte schaut, ist es m.E. notwendig, die Auffassung Augustins kurz zu skizzieren, auch wenn hier kein Gegensatz zu Ch. Schäublin (S. 31) vorliegt. In XVn,34 führt Augustinus mit einem Zitat aus Ciceros  Orator (101) den Stilbegriff temperate ein und verknüpft ihn unmittelbar mit all den zuvor (ab XII,27) stehenden Aussagen über die rhetorische Ästhetik (delectatio / suavitas; Telosformel: ut libenter audiatur). Im Blick auf den Inhalt christlicher Predigt, dem Ciceros Begründung (parva modica - magna) nicht entspricht (XVHI,35, vgl. unten), wird temperate in XIX,38 auf Lob- und Tadelrede (cum aliquid vituperatur sive laudatur bzw. si praedicatur) festgelegt und in XX,40-41 sowohl mit der Kategorie des pulchrum als auch mit der Frage des Prosarhythmus (numerus) und der Klauseltechnik (vgl. S. 495 [180] mit Anm. 55) in Zusammenhang gebracht. Das genus grande unterscheidet sich vom temperatum vor allem dadurch, daß „es nicht so sehr aus Redefiguren ,aufgebaut' ist (non tarn verborum ornatibus comptum), als aus ungestümen Gefühlsäußerungen (quam violentum animi affectibus)". Denn eine solche Rede kann zwar Redeschmuck benutzen, doch ist dieser für sie nicht notwendig. Sie reißt schon auf Grund ihres Inhalts mit (vi rerum rapit, non cura decoris adsumit) (XX,42,110-115). Darum hat der Hinweis auf ornatus in der Aussage granditer et ornate (XX,43,142) einen anderen Stellenwert wie z.B. dort, wo Augustinus von genere dicendi temperato et ornato (XXI,48,90) spricht. Wer als Redner das genus temperatum einsetzt, zielt auf die rhetorische Ästhetik: ut eloquentia ipsa delectet... persuadet in genere temperato pulchre ornateque se dicere. Dieser Stil ist darum jener der „Panegyrici und ähnlicher Reden", die einzig dem ästhetischen Genuß des Publikums dienen: ubi ... tantummodo est delectandus auditor. Diese Zielsetzung hat in der Predigt nur ein beschränktes, relatives Recht, nämlich bezogen auf das genus grande: Nos vero istum finem referamus ad alterum finem etc., so daß es der klugen Einschätzung des Predigers überlassen ist, ob er den ornatus des genus temperatum einsetzen will: ut ... non iactanter, sed prudenter utamur (XXV,55). Das Paradigma der zeitgenössischen Prunk- oder Dekorationsrede (genus temperatum in der Terminologie Augustins) wird also im Kontext der Predigt relativiert. Warum dies für Augustinus wesentlich ist, wird sich im folgenden zeigen.

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

lend (d.h. im genus submissum) vortragen wird, um durch diesen Stilwechsel jene Worte, mit denen er sein Publikum im Stil ergreifender Rede (d.h. im genus grande) konfrontiert hat und weiterhin konfrontieren wird, noch deutlicher in ihrer Eigenart als Worte, die erschüttern und bekehren wollen, in Erscheinung treten zu lassen (ut ea quae dicuntur granditer, ex illorum comparatione fiunt grandiora et eorum tamquam umbris luminosiora reddantur [5-7]). Unterstellt wird dabei, daß, was durch den stilistischen Gegensatz vom Hörer bewußter als Glanzpunkt der Rede (lumen) erfahren wird, auf ihn auch erschütternd wirkt. Eine Predigt im genus grande gebraucht diese lumina nicht wie die epideiktische Rede ihre Figuren, um das ästhetische Vergnügen des Hörers zu befriedigen, sondern um ihn zu erschüttern. Sie kann an sich von jedem Redeschmuck, der für das genus temperatum kennzeichnend ist, absehen (Grande autem genus temperata dictio non requirit [21-22]). Denn das schöne Wort bekehrt den Hörer nicht, kann aber sinnvoll sein, u.a., wie gesagt, in einem Prooemium, um die Aufmerksamkeit eines Hörers zu erregen und ihn in seiner Situation als Mensch der Spätantike mit ihrer rhetorischen Kultur abzuholen 9 . Es [151] geht in XXII,51-XXIII,52 um ein Wechseln im Stil, nicht darum, daß ein und derselbe Stil drei Wirkungen erzielen kann. Inwiefern in diesem Rahmen die Aussage, das genus submissum werde nicht allein belehren (docere), sondern „gleichzeitig auch" erfreuen (delectare) und „überwinden", d.h. erschüttern und bekehren (flectere) (S. 31), stimmig ist, habe ich aus dem Text von Augustinus nicht erheben können. Da Augustinus Stilwechsel in einer Predigt nicht ausschließt, sondern sogar im Blick auf den Hörer empfiehlt, unterscheidet er die Predigten nach den genannten drei Stilen, sofern er auf ihren „Grundton" achtet, auf das, was in einer Predigt vorherrscht (tenet principatum [IV,XXVI,57,44]; cuius copia praevaluerit [IV,XXII,51,19-20]). In diesem Sinn kann eine belehrende Predigt epideiktisch dekorative bzw. emotional überwältigende Partien enthalten. Es gibt aber eine Aussage Augustins, die auf etwas anderes, auf eine Art „Zugleich" aller drei Stile zu zielen scheint, und auf diese könnte sich Ch. Schäublin beziehen wollen. In IV,XXVI,56 wiederholt er jene drei Telosformeln bzw. 9

Wenn Ch. Schäublin in der christlichen Predigt ein Wiederaufleben des genus deliberativum  (συμβουλευτικόν)  sieht,  das  auf  Grund  der  politischen  Entwicklung  im öffentlichen Leben obsolet geworden war, so trifft dies wohl für die paränetische Predigt zu. Doch denkt man daran, daß christliche Verkündigung bekehren soll, wird man auch den Einfluß forensischer Rede (genus iudiciale,  δικανικον)  in  Betracht  zie­ hen müssen. Denn auch dort geht es nicht nur um die Wahrheitsfindung (im genus submissum), sondern um ein Handeln, zum dem die Rede im genus grande die nötige Überzeugung schaffen soll (vgl. IV,XXV,55,14-15). Vgl. unten das zu Cyprian Gesagte.

Abgrenzung der Fragestellung

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Handlungsnormen, mit denen er die drei Stile bzw. die jeweilige Intention des Predigers gekennzeichnet hatte (agit, ut intelligenter, ut libenter, ut oboedienter audiatur [IV,XV,32; XVII,34]), und fügt hinzu, daß der Prediger diese drei immer anzustreben habe, in welchem Stil er sich auch gerade bewege (ut haec tria semper intendat et quantum potest agat, etiam cum in illorum singulo quoque versatur [7-8]). Gemeint ist, wie das Folgende (XXVI,56-58) zeigt, daß eine jede Rede, auch die im genus temperatum oder grande, verständlich sein muß, daß eine jede, nicht nur die enkomiastische Predigt, je auf ihre Weise auch auf die Ästhetik des Publikums eingehen sollte, und schließlich, daß eine jede, nicht nur die emotional erschütternde, bekehrende Predigt, je auf ihre Weise auf eine gläubige Reaktion des Hörers zielen muß. Die Hörer können auf je verschiedene Weise intelligenter, libenter, oboedienter reagieren. In diesem Sinn könnte man zugeben, daß „mit jedem einzelnen  genus stets alle [152] drei möglichen Wirkungen zu erzielen" sind (S. 31), richtiger gesagt, das Umkehr (conversio) „auf sämtlichen Stilebenen angestrebt werden muß" (S. 44).

Abgrenzung der Fragestellung Wenn sich Neues zeigt, dann handelt es sich, so verstehe ich die Ausführungen von Ch. Schäublin, nur um eine Anpassung, in der die prägende Kraft der rhetorischen Tradition zukommt, nicht aber um Uberlegungen, die primär aus Erfahrungen wie Glaube, Umkehr, Gottesund Selbsterkenntnis erwachsen. Denn wollten die Christen bekehren, waren sie auf das Wort als Kommunikationsmittel angewiesen und damit (in der spätantiken Kultur) auf die Mittel, welche die Rhetorik zulieferte: „Damit sind wir ein letztes Mal an ,die Rhetorik' verwiesen: woher sollten die genannten Mittel denn sonst kommen?", fragt Ch. Schäublin im Anschluß an Aussagen Augustins (S. 45). Hat also bei Augustinus das Neue der Botschaft das Alte der rhetorischen Formen nicht auf- und umgebrochen? Hat Augustinus als Prediger dasselbe Verhältnis zu den von der Rhetorik angebotenen Mitteln wie „der Redner"? Was im einzelnen gebraucht oder benutzt wird 10 , muß in jenem Rahmen beurteilt werden, in dem es gebraucht wird. 10

Zum usus iustus paganer Kulturgüter (wie der doctrinae gentilium bei Augustinus), vgl. man allgemein Ch. Gnilka, ΧΡΗΣΙΣ. Die Methode der Kirchenväter im Umgang mit der antiken Kultur. 1. Der Begriff des „rechten Gebrauchs", Basel - Stuttgart 1984. U m im Kontext von Augustinus Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich darauf hinweisen, daß es sich bei den paganen Kulturgütern nicht nur u m Adiaphora, sondern auch u m durch die heilsgeschichtliche Situation des Menschen (conditio humana) gebrochene, mehrdeutige Zeichen (signa ambigua) handelt (vgl. unten).

472

Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

Bewegt sich Augustinus in einem mentalen Koordinatensystem, in einer „Weltanschauung", die das in der Rhetorik beheimatete Selbstund Sprachverständnis schlechtweg übernehmen konnte? Konnte Augustinus die Hermeneutik und die Formenlehre der Rhetorik mit unwesentlichen Modifikationen für sein Verständnis der biblischen Botschaft und deren Verkündigung übernehmen? Die Frage kann hier nicht im Detail untersucht werden. Sie soll und dies genügt angesichts der von Ch. Schäublin, aber auch von anderen vertretenen These vom Ciceronianischen Erbe - einzig insoweit bedacht werden, wie Augustinus in De doctrina Christiana [153] seine Theorie der Predigt und damit deren Praxis in seiner biblischen Hermeneutik verankert hat, um dann nochmals die Thesen von der kulturen Wende und jene von der Rezeption der Rhetorik Ciceros, für welche repräsentativ hier die Darstellungen von H.-I. Marrou und Ch. Schäublin stehen, an Augustins Aussagen zur Predigt als religiöser Rede im 4. Buch von De doctrina Christiana zu prüfen. Beides, Theorie (und Praxis) der Predigt und biblische Hermeneutik, gehört für Augustinus zusammen. Denn wer sich mit der Heiligen Schrift auseinandersetzen will, muß sich beides erarbeitet haben (Duae sunt res, quibus nititur omnis tractatio scripturarum), zum einen die heuristische Methode (modus inveniendi, quae intelligenda sunt), die, sofern sie von der Bibel ausgeht, ein hermeneutisches Verfahren impliziert, und zum anderen die entsprechende Methode der sprachlichen, hier der rednerischen Darstellung (modus proferendi, quae intellecta sunt) 11 . Um aber die Tragweite der Aussagen Augustins schärfer ins Bewußtsein zu rücken, scheint es mir sinnvoll, zum einen einen weiteren Text aus der afrikanischen Tradition, der vor Augustins Lebzeiten verfaßt wurde, vorzustellen und zum anderen einen Blick auf Augustins Weg vom Lehrer der Rhetorik zum Prediger zu werfen.

Cyprian: Wider den „afrikanischen Barock" Weil Predigt es mit dem „Wort Gottes" zu tun hat, ist ihr ein bestimmter Stil, eine bestimmte Würde (dignitas) angemessen. Denn die sprachliche Darstellung - dies ist ein Gemeinplatz - muß dem Inhalt (res) entsprechen 12 . Durfte der Prediger sich dem im Nach[154]klang 11

1,1,1,1-3; IV,1,1,4-6.

12

Zur dignitas vgl. J. Fontaine, L'apport d'Hilaire de Poitiers ä une theörie chretienne de l'esthetique du style, i n : Hilaire et son temps, Actes du Colloque de Poitiers 29 septembre - 3 octobre 1968, Paris 1968, 295-297, der von einer „deontologie de la predication" spricht und sich auf die römische Kategorie von decus - dignitas be-

Cyprian: Wider den „afrikanischen Barock"

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zur Zweiten Sophistik vor allem in Afrika aufblühenden „Neuasianismus" mit seinem „Barock" (tumor) anschließen? Mit dieser Frage sieht sich Cyprian (200/210-258) konfrontiert, und typisch ist seine Antwort, die er, einst Rhetor, jetzt Bischof, in einer Reflexion auf die Erfordernisse religiöser, ja christlicher Rede seinem Bekehrungsbericht im Brief an Donatus voranstellt (2-4) 1 3 . J. Fontaine sieht hierin, ob zurecht, das sei dahingestellt, den Ausdruck eines „neociceronianisme de Cyprien" 14 . Nach Temperament und Überzeugung ist Cyprian einer jener christlichen Stoiker, die, um es paradox zu formulieren, mit ihrer Diatribe  gegen „die Welt" die christlichen Gemeinden für die spätantike Kultur öffneten und so trotz aller Betonung des Vorrangs der Gesinnung für das relative Recht einer Erfolgs-, besser Verantwortungsethik gewannen 15 . Forensische Rede und „Sprechen über Gott, den Herrn," das auf den Glauben (fides) des Hörers zielt, unterscheiden sich für Cyprian „im Stil". Denn letzteres bringe einzig „schlichte Aufrichtigkeit" (vocis pura sinceritas) zur Geltung und suche nicht durch schwungvolle Beredsamkeit mitzureißen, sondern „durch die Sache" (res) zu überzeugen. Dies ist ein Appell, ein am Inhalt orientiertes Ethos und keine „glänzende Redegewandtheit" anzustreben, die man, „eitel und aufwendig nach Gunst haschend (ambitione), in flüssiger Rede zur Schau

13

14 15

ruft. Redeschmuck (ornatus) muß angemessen sein. „Schmuck" schlägt um zu „Schminke" (fucus), wenn er nicht dem Stilniveau entspricht, das von der darzustellenden Sache gefordert ist. Die Bibel und somit auch die Predigt bedürfen keiner „rhetorischen Schminke" (fucus eloquentiae). Diese Argumentation findet sich bei „Theoretikern des christlichen Stils" wie Cyprian und bei Predigern in Abhängigkeit von traditionellen Kategorien römischer Rhetorik. Vgl. J. Fontaine, Aspects et problemes de la prose d'art latine au Ille siecle. La genese des styles latins Chretiens, Torino 1968, 161-164; W. Blümer, Rerum Eloquentia. Christliche Nutzung antiker Stilkunst bei St. Leo Magnus, Europäische Hochschulschriften XV, 51, Frankfurt a.M. 1991, 9 - 3 3 . CPL 38; hrsg. v. C. Härtel, CSEL ΠΙ,Ι (1871), 3-16. Ausführliche Strukturanalyse mit Angabe der jeweiligen Klausel bei A. Quacquarelli, La retorica antica al bivio, Roma 1956, 169-185; vgl. J. Fontaine, Aspects (Anm. 12), 149-176 mit Hinweis auf die Parallelen bei Cicero und Minucius Felix. Aspects (Anm. 12), 154. Mit dem Gegensatz von Gesinnungs- und Verantwortungsethik sind im Sinne von M. Weber zu definierende Idealtypen ethischer Urteilsbildung gemeint, die sich an sich gegenseitig ausschließen, doch in historischen Erscheinungen zugleich, wie auch immer gerechtfertigt, auftreten können. Indem sich das frühe Christentum trotz seines Glaubens, nicht von „dieser Welt" zu sein, auf die Welt einließ, um die Menschen „für Christus zu gewinnen", und dabei, was sich ihm im Blick auf das Ziel als Kulturgüter anbot, „gebrauchte" (Anm. 10), sofern sich das Resultat aus der Sicht der Gemeindeleiter für ihre Gemeinden verantworten ließ, läßt es sich faktisch auf eine bestimmte Art von Erfolgsethik ein, ohne den Primat der inneren Überzeugung, seine im Glauben wurzelnde Gesinnungsethik, in Frage zu stellen.

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B e m e r k u n g e n zu Augustins Auffassung der Predigt

stellt." Primär geht es hierbei darum, die Exzesse [155] zeitgenössischer Gerichtsrede, jenen „afrikanischen Barock" in der Manier eines Apuleius (um 125 n. Chr. geboren), aus christlicher Sprache fernzuhalten 16 . Cyprian fordert intellektuelle Redlichkeit, die zu einem Stil der Darstellung führt, der auf den persönlichen Lebensstil und damit auf Ethos hin transparent ist. Er lehnt allen „Putz" ab, alles nur Aufgesetzte (diserta ... culto sermone fucata), alles, was sein Maß nicht an der Sache findet. Darum entspreche der christlichen Verkündigung (ad divinam indulgentiam praedicandam) einzig „der schlichte Stil," jene simplicitas des Wortes, die nur Widerhall des Ethos und der Sache ist (und die bei Cicero die humane Idealvorstellung des vir bonus kennzeichnet: De re publ. 3,16,26). Denn die Verkündigung konfrontiere einzig mit schlichter, kunstlos formulierter Wahrheit (rudis Veritas), kurz gesagt: mit der Bibel. Darum müsse deren Stil den Stil der Verkündigung (elocutio) prägen. Dabei ist für Cyprian entscheidend, daß die Rede mit ihren Formen der Darstellung aus einem inneren Bezug auf die Inhalte erwächst, genauer aus einem Bezug auf Ort und Orte (Topoi), wo der Redner die Inhalte entdecken oder finden (invenire) kann. In [156] Begriffen der Schultradition heißt dies, daß rhetorische Darstellung oder rednerischer Akt (elocutio) stets auf den Zugang zur Sache (inventio) und dessen Methoden bezogen bleibt. Daß Cyprian diesen Zusammenhang im Blick hat, ist J. Fontaine entgangen: Forensische Reden und Formen christlicher Verkündigung unterscheiden sich in ihrem Stil, da sie völlig verschiedenen inventiven Methoden folgen. Erstere benutzen ein Verfahren, das sich auf „Geschichte" und Tradition beruft (per moras

16

Μ. Bernhard, D e r Stil des Apuleius von Madaura, Stuttgart 1927. - E. Norden, Die antike Kunstprosa, Π, Leipzig-Berlin, 3 1918, 588, hat sich g e g e n ü b e r d e m Begriff eines „afrikanischen B a r o c k s " zurückhaltend geäußert u n d will z u r Erklärung mehr mit der Eigenart der Volkssprache rechnen; vgl. seine A u s f ü h r u n g e n zur „volkstümlichen Prosa in A f r i k a " (ebd., 626-631). W a s er sagt, hat für eine Frage, die unten S. 480 [162] gestreift wird, nämlich für das Stilgefühl Augustins einige B e d e u t u n g und k o m m t der These Ch. M o h r m a n n s entgegen, daß nicht nur die Bibel, sondern auch die V o l k s s p r a c h e bzw. „das volkstümliche Stilgefühl" bei Augustinus zu einem „ersten Versuch, einen eigenen christlichen Stil zu schaffen", geführt habe. Vgl. dies., Saint Augustine and the „eloquentia", in dies., Etudes sur le latin des Chretiens, 1, R o m a , 2 1961, 365. D o c h w a s sie auf S. 3 6 7 - 3 6 8 in diesem Z u s a m m e n h a n g z u m R e i m in Augustins Predigten äußert, gilt an sich grundsätzlicher: M a n k ö n n e nicht entscheiden, stellt sie nämlich fest, ob es sich hierbei u m den Einfluß der Gorgianischen Figuren aus der Rhetorik auf die Volkssprache, also u m gesunkenes Kulturgut handelt oder u m eine Eigenart der afrikanischen Volkssprache selbst, die A u s d r u c k einer Mentalität ist. W i e d e m auch sei, anregend ist und bleibt der Vergleich zwischen Apuleius u n d Augustins Predigten, wie M. C o m e a u , La rhetorique de saint A u g u stin d'apres les Tractatus in Ioannem, Paris 1930, 4 6 - 7 0 , u n d M.I. Barry, St. Augustine the Orator - Α study of the rhetorical qualities of St. A u g u s t i n e ' s Sermones ad p o p u l u m , Pastristic Studies 6, Washington, D.C. 1924, passim, zeigen.

Cyprian i m Widerspruch: Kritik an seinem Stil i m 4. Jahrhundert

475

temporum longa agnitione colligitur), während „christliche Rhetorik" auf völlig andere Weise ihre Inhalte gewinne, nämlich auf einem kürzeren Weg, den Gott gewählt hat (compendio gratiae maturantis). Die Bekehrungsgeschichte Cyprians wird zu einem Paradigma einer solchen Abkürzung, eines compendium, das zu einer Sache (res) führt, die aller puren Rationalität und deren inventiver Logik vorausliegt (sentitur antequam discitur): Der Glaube der Fischer aus Galiläa steht forensischer, schließlich aller Dialektik entgegen 17 , und er fand deshalb (dies ist im Blick auf die Frage eines angemessenen Stils impliziert) seine Darstellung in der schlichten Sprache der Fischer. Nur so läßt sich nach Cyprian „Gottes Erbarmen verkündigen" und Glauben wecken. Dieses Ziel bestimmt die Form christlicher Rede. Der profane Rhetor verfolge jedoch eine andere Absicht; er wolle seine Zuhörer über den ästhetischen Genuß, über seine geschliffene Redekunst gewinnen, genauer „verführen" - ad audientiae popularis illecebram sagt Cyprian, wobei illecebra auf den verführerischen Reiz „schöner Rede" weist und sophistischen Mißbrauch der „Macht des Wortes" konnotiert 18 .

Cyprian im Widerspruch: Kritik an seinem Stil im 4. Jahrhundert Der Leser dieser Zeilen wird die von Cyprian vorgetragene Unterscheidung mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis nehmen, so wie es auch Augustinus tat19. Denn Cyprian argumentiert in recht [157] kunstvoller Rede, die ihren Reiz vor allem aus dem rhythmischen Spiel mit den verschiedenen Formen des  cursus gewinnt, der die stets kleinen Sinneinheiten oder Kola zugleich abgrenzt und aneinanderreiht, um so eine längere Folge, doch keine komplexe Periode zu bilden. Was Cyprians Stil hier kennzeichnet, hat nach Augustinus die Predigt zu vermeiden, nämlich jenen wortreichen Redeschwall (spumeus verborum ambitus), der dem Hörer zwar einen ästhetischen Genuß in der

17

18 19

J. Fontaine, A s p e c t s (Anm. 12), 164. Z u m T h e m a vgl. H. Hagendahl, Piscatorie et non Aristotelice. Z u einem Schlagwort bei den Kirchenvätern, in: Studia B. Karlgren dedicata, S t o c k h o l m 1959, 184-193; G.J.M. Bartelink, Sermo piscatorius - D e visserstaal v a n de apostelen, Studia Catholica 35 (1960) 2 6 7 - 2 7 3 . Zur pejorativen Konnotation vgl. J. Fontaine, Aspects (Anm. 12), 163, A n m . 27, sowie unten S. 478 [159-160] zu Augustinus. Vgl. D e doctrina Christiana IV,XIV,31,20-39.

476

Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

Form einer „charmanten Reden" (suavitas delectabilis) biete 20 , aber das Evangelium nicht bei ihm ankommen lasse. Mag auch Augustinus im Kontext aus anderen Schriften Cyprians einige Beispiele angemessenen Stilempfindens zitieren, so sollte man die Kritik des Laktanz nicht übersehen. In seinen Divinae Institutiones (V,1,24-28) betont er, daß Cyprian zwar die Kunst profaner Beredsamkeit (artis oratoriae professio), insbesondere den Gebrauch auch von Redefiguren beherrscht habe. Insofern besitze Cyprians Stil im allgemeinen jenen Reiz, der eine Rede für den Hörer „angenehm" (suavis) mache. Doch schaffe es Cyprian nicht, eine allgemein verständliche Darstellung zu bieten. Wer nicht schon in die Geheimnisse des Christentums eingeweiht sei, stehe ratlos vor seinen Ausführungen, möge er auch an den Worten Gefallen finden. Dies ist aus dem Mund von Laktanz, den Hieronymus den christlichen Cicero genannt hatte, harte Kritik: Cyprians Sprache sei der dargestellten Sache nicht angemessen. Denn es geht Laktanz, wie der Kontext (V,1,11-2,1) zeigt, um eine innere Beziehung zwischen sprachlicher Darstellung und Inhalt (verba et res), die jede Verkündigung der christlichen Botschaft, der sapientia et Veritas, wahren muß. Er fordert „geeignete Verkünder" (idonei praecones [21]). Weder Minucius Felix (22), noch Tertullian (23) betrachtet er als solche. Doch auch Cyprian, dessen rhetorisches Talent er hervorhebt (24-25), genügt in seinen Schriften nicht der Forderung einer inneren Einheit von Wort und Sache. Was im ersten Augenblick trotz der Einleitung durch ein „dennoch" (tarnen) wie eine Entschuldigung Cyprians klingt, nämlich er habe einzig gläubige Christen ansprechen wollen, scheint im Kontext eine andere Funktion zu haben. Cyprian könne trotz seiner rednerischen Begabung (25), sieht man vom rein Sprachlichen ab (ultra verba), Außenstehenden (sacramentum ignorantes) nicht gefallen, ja Gebildete, die [158] einzig mit ihren Maßstäben urteilen (doctores huius saeculi), finden seine Schriften lächerlich, und er zitiert als ein Beispiel einen paganen Kritiker, einen homo sane disertus, der Cyprianus Coprianus genannt und gesagt habe, Cyprian sei eine rhetorische Begabung (elegans ingenium) gewesen, die in den Fabeln der Christen keinen ihr angemessenen Gegenstand gefunden habe (27). Warum zitiert Laktanz diesen Kritiker, der eine Diskrepanz zwischen sprachlicher Form und Inhalt konstatiert? Meines Erachtens weil er sich dieser Kritik anschließt. Dies sagt er nicht ausdrücklich. Doch warum stellt er angesichts der Kritik, die pagane Gebildete gegen Cyprian vortragen, die rhetorische Frage (28): Wie soll es jenen ergehen, die die rhetorische Form nicht beherrschen, wenn es so schon Cyprian ergeht, dessen rednerische Begabung niemand bestreitet? War20

Ebd. 20-24; 27.

Cyprian im Widerspruch: Kritik an seinem Stil im 4. Jahrhundert

477

um leitet er zum nächsten Gedanken mit der uneingeschränkten Feststellung über, die Christen hatten „also keine geeigneten, gebildeten Vertreter gehabt"? Ergo quia defuerunt aput nos idonei peritique doctores (V,2,1). Auch Cyprian ist ihm kein idoneus praeco, obwohl er gewiß aus der Sicht von Laktanz nicht, wie es der pagane Kritiker sah, ein rednerisches Talent an Ammenmärchen (aniles fabulae) vergeudet hat. Die Kritik von Laktanz zielt darauf, daß er nicht die dem Inhalt angemessene rhetorische Form (verba et res) gefunden habe, daß m.a.W. auch esoterische Sachverhalte (mystica quae locutus est [26]) eine sprachliche Darstellung finden sollten, die über das Wort hinaus (ultra verba) zur Sache führt. Beide Vorwürfe, jenen einer Diskrepanz zwischen Darstellung und dargestellter Sache und jenen, Cyprian habe sich in seinem Brief an Donatus und auch sonst dem „Barock" afrikanischer Rhetorik geöffnet, muß man im Blick auf seine Reflexion in der Einleitung eben dieses Briefes lesen. Sie artikulieren einen Einwand, der bis zur Gegenwart immer wieder vorgetragen wird: Altchristliche Autoren und Redner betonen einerseits ihren Abstand von der Tradition paganer Rhetorik, anderseits scheuen sie sich nicht, anzuwenden, was sie im Rhetorikunterricht gelernt haben. Hier tue sich ein Gegensatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Theorie und Praxis auf. Oder differenzierter gesagt: So wie Cyprian habe man nur bestimmte Auswüchse zeitgenössischer Rhetorik abgelehnt und mit der These von der inneren Korrelation zwischen „Wort und Sache" (verba et res) einen „schlichten und doch erhabenen Stil der [159] Verkündigung" gefordert 21 , was nichts anderes als eine Anwendung antiker Theorie auf die durch die Bibel vorgegebene Situation christlicher Verkündigung gewesen sei. Daß die Praxis der Predigt dem Stilideal des „Schlichten und doch Erhabenen" nicht in jeder Hinsicht entsprach, ist dann wie in der erstgenannten Kritik nichts anderes als ein mehr oder weniger bewußter Kompromiß gegenüber dem Zeitgeist. Ob man Cyprian in diesen Kategorien interpretieren sollte, kann hier nicht beantwortet werden, wohl aber die Frage, ob man mit solchen Kategorien der Theorie und Praxis Augustins gerecht wird.

21

Z u m schlichten oder niedrigen Stil, in christlichen Quellen meist humilis genannt, vgl. E. Auerbach, Literatursprache und Publikum in der lateinischen Spätantike und im Mittelalter, Bern 1958, 25-53; zu den antiken Voraussetzungen vgl. F. Wehrli, Der erhabene und der schlichte Stil in der poetisch-rhetorischen Theorie der Antike, in: Phyllobolia (Festschrift P. von der Mühll), hg. v. O. Gigon, K. Meuli, u.a., Basel 1946, 9-34.

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

Augustinus: Von rhetorischer Ästhetik zur inneren Wahrheit Cyprian hatte die profane Rhetorik mit der Telosformel vom „verführerischen Reiz" (illecebra) gekennzeichnet; Augustinus erklärt in seinen Confessiones die Wirkung des zu seiner Zeit in Afrika bekannten manichäischen Konferenzredners Faustus von Mileve mit diesem Stichwort vom „verführerischen Reiz der Rede" (V,3,3). Faustus habe, obwohl ihm der Ruf vorausging, er wäre in allen Wissenschaft äußerst bewandert, ja insbesondere in den „freien Künsten ausgebildet" (V,3,3), keinerlei rhetorische Schulbildung besessen22, sondern einzig eine Begabung, Vorträge mit natürlichem Charme so zu halten, daß sie auch bei einem verwöhnten Publikum [160] Anklang fanden. Seine Reden hatten etwas Heiteres und Bezauberndes, ja, seine Vortragsweise gefiel Augustinus mehr als jene des Ambrosius, wie ihm bewußt wurde, als er dessen Predigten in Mailand mit dem kritischen Interesse eines Lehrers der Rhetorik folgte (V,13,23). Und dies, obwohl Ambrosius aus Augustins Sicht ein hervorragender Redner war: „Ich genoß das angenehm schöne Wort (suavitas) seines Vortrags", jene suavitas, die für den Rhetoriker in der Kunst angemessenen Redeschmucks (ornatus) liegt. Hier spricht der Fachmann Augustinus in Erinnerung an die Zeit vor seiner Bekehrung. Für Augustinus ließ sich auf die Dauer, wie er gesteht, die Sprache (verba), die er liebte, nicht von der Sache (res), für die er zunächst nichts empfand, trennen (V,14,24). So eröffneten ihm die Homilien des Ambrosius den Zugang zu einem allegorischen Verständnis des Alten Testaments. Denn was Augustinus am Wortlaut der Bibel abstieß, wußte Ambrosius in einem „geistlichen Sinn" zu erschließen. Ob er damit aber Wahres traf, blieb für Augustinus damals noch eine offene Frage (VI,4,6). Er sah noch nicht ein, wie und warum man im Ausgang von einer Autorität (und sei es die Bibel) „wahres Wissen" sichern und über den Standpunkt akademischer Skepsis hinauskommen könne (VI,5,7). Entscheidend wird für ihn die Entdeckung, daß er, so fremd 22

In V,6,ll kennzeichnet Augustinus Faustus als einen homo expers liberalium disciplinarum nisi grammaticae atque eius ipsius usitato modo. Vom Grammatiker der „Grundschule" bezog er wahrscheinlich seine nicht gerade umfassende Kenntnis lateinischer Dichter (nonnulla poetarum). Von Cicero kannte er nur einige Reden und „herzlich wenig von den Schriften Senecas". Daß er diese nicht auf Grund eines rhetorischen Unterrichts kannte, legt der Zusammenhang nahe, in dem Augustinus diese Tatsache in V,6,ll feststellt. Denn er betont, daß Faustus' Beredsamkeit das Ergebnis täglicher Übung als Konferenzredner der Manichäer gewesen sei. Man vgl. auch V,7,12: Faustus habe nichts von den artes, quibus eum excellere putabam (im Sinn der fama von V,3,3) verstanden. Doch habe er dies auch nicht bestritten: Noverat enim se ista non posse nec eum puduit confiteri.

Augustinus: Von rhetorischer Ästhetik zur inneren Wahrheit

479

uns dies heute scheint, „alles Wahre", das er in den Büchern der Platoniker gelesen hatte, auch bei Paulus fand und obendrein die Verheißung, dem Menschen werde die Heimkehr zu seiner ursprünglichen Heimat geschenkt (VII,21,27). Noch hielten ihn seine „alten Freundinnen", Torheit und Eitelkeit, ab (VIII,11,26), anzuerkennen, was in ihm, seitdem er Ciceros Hortensius gelesen hatte (111,4,7), herangereift war und was er im Kreise der christlichen Platoniker Mailands intellektuell erarbeitet hatte. Aber er weist die Bibel nicht mehr zurück, weil sie eine dem Wort Gottes (res) unangemessene Sprache (verba) habe. Was ihm einst im Blick auf Ciceros Stil (Tulliana dignitas) selbstverständlich schien (111,5, 9) 23 , gilt für ihn nun nicht mehr. Und doch sollte man nicht über[161]sehen, daß Augustins Bekehrung vom Jahre 386, ausgelöst durch einen Griff zu Paulus - Tolle! Lege! (VIII,12,29-30) - , im wesentlichen eine conversio ad philosophiam, eine Entscheidung für einen „neuen Lebensstil" ist24, der durch theoretische Reflexion (studium sapientiae) in der Muße (otium) von Cassiciacum seine adäquate Erfüllung findet. Indem Augustinus auf alle gesellschaftlichen und politischen Ambitionen verzichtet, die sich ihm mit seiner Stellung als Lehrer der Rhetorik in Mailand eröffnet hatten, und all sein Streben auf ein philosophisches Bildungsideal ausrichtet, vollzieht er noch keine „kulturelle Wende," noch keine Kritik an der rhetorischen Kultur der Spätantike: „Noch schrieb ich im aufgeblasenen Stil, wie es für profane Schriften üblich ist", stellt er 426 in seinen Retractationes fest (Prolog 3). Doch hat er eine neue Art der Wahrheit entdeckt, religiöse Wahrheit, die nicht auf Logik, sondern auf Intuition beruht. Erst in seiner im Jahre 389 verfaßten Schrift De vera religione erlaubt er sich stilistisch größere Freiheiten, ist er, wie Chr. Mohrmann es

23

Man beachte jedoch, daß Augustinus in Conf. 111,5,9 auf der Basis von Ciceros Auffassung urteilt, Wort und Sache lassen sich nicht trennen und eine Rede, die keine dignitas besitzt, könne auch keine auctoritas beanspruchen: dignitas est alicuius honesta et cultu et honore et verecundia digna auctoritas (Cicero, De inventione, II,IV, 166). Der Hortensius Ciceros hat Augustinus überzeugt (!), ja emotional erschüttert (mutavit affectum meum), weil er durch das Wort die Sache (pectus) erfaßte und nicht wie seine Rhetoriklehrer einzig bei Ciceros Sprache stehen blieb: quod loquebatur persuaserat (Conf. 111,4,7). Analoges sollte sich später im Jahre 386 ansatzweise und deutlich seit 391 für ihn mit der Bibel vollziehen.

24

P. Brown, Augustine of Hippo - a Biography, London-Boston (1967) 1985, 101-114: zur inhaltlichen Auffüllung vgl. H.-I. Marrou (Anm. 1), 277ff. Z u m ideengeschichtlichen Hintergrund vgl. A.-M. Malingrey, „Philosophia". Etude d'un groupe de mots dans la litterature grecque, Paris 1961, und Arbeiten von P. Hadot zur spätantiken Philosophiegeschichte. Mit „philosophischer Lebensweise" verbindet sich in der Spätantike der Begriff der „Bekehrung". Vgl. dazu A.D. Nock, Conversion - The Old and the New in Religion from Alexander the Great to Augustine of Hippo, Oxford 1933.

480

Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

formulierte, „auf dem Wege zu einer christlichen Sprache" 2 5 . Seit seiner Ordination im Jahre 391 nimmt Augustinus von rhetorischen Standards und Formen, die für ihn bisher selbstverständlich, ja normativ waren, Abstand; deutlich tut er dies in den 401 abgeschlossenen Confessiones, am entschiedensten in seinen Pre[162]digten, den Sermones ad populum (CPL 284-288), den Ennarrationes in Psalmos (CPL 283) und den Tractatus in Ioannem (CPL 278). Der Prediger bewegt sich einzig auf dem Niveau der Umgangssprache (sermo) 26 . Was er vorträgt, hat er nicht am Schreibtisch ausgearbeitet. Vielmehr hat er seine Predigten zwar im Konzept vorbereitet, wie ein Vorfall lehrt, den Possidius in seiner Vita Augustini (15) berichtet, doch dann spontan aus dem Stegreif gesprochen 27 , und da die Mitschriften der Tachygraphen, die seine Sermones ad populum festhielten, nicht überarbeitet sind, wie es auch der Schlußsatz seiner Retractationes vom Jahre 426 bezeugt 28 , sieht sich der moderne Leser trotz des Abstands beider Kulturen hier in ungewohnter Unmittelbarkeit mit dem Predigtgeschehen konfrontiert. Was Augustins Predigten zutiefst kennzeichnet, ist sein persönlich erkämpftes Verhältnis zur Bibel, die allegorische Deutung, die ihn über die für seine rhetorisch geschulten Ohren skandalöse Wortgestalt, „den Buchstaben", hinausblicken und an Stellen, die sich menschlicher Einsicht versperren und insofern „dunkle Aussagen" (obscuritates) sind, göttliche Weisheit (sapientia) entdecken ließ. „Den biblischen Text haben wir vernommen. Laßt uns nach dem Geheimnis fragen!", ist eine

25

Ch. Mohrmann, Die altchristliche Sondersprache in den Sermones des hl. Augustin, Nijmegen 1932, 10. Die theoretische Position der „Schule von Nijmegen", die hinter dem Begriff „Sondersprache" steht, soll mit diesem Hinweis nicht vertreten werden. Lesenswert bleibt trotz der berechtigten Kritik von Ch. Mohrmann J. Balogh, Augustins alter und neuer Stil, Die Antike 3 (1927) 351-367.

26

Näheres bei Chr. Mohrmann (Anm. 25); dies., Augustin predicateur, in: dies., Etudes sur le latin des Chretiens, 1, Roma 2 1961, 391^102. Zu einer Zusammenfassung der wesentlichen Charakteristika von Augustins Predigt vgl. meinen Beitrag: Die Kunst der Beredsamkeit in der Spätantike. Pagane Redner und christliche Prediger, in: Spätantike, hg. v. L.J. Engels und H. Hofmann, Neues Handbuch der Literaturwissenschaft 4, Wiesbaden 1997, 305-310. Vgl. E. Mühlenberg, Augustins Predigen, in: Predigt in der Alten Kirche (Anm. 3), 13.

27 28

Dort heißt es, er habe die Ausgabe seiner Retractationes in zwei Büchern abgeschlossen, bevor er damit begonnen habe, auch seine Briefe und seine Volkspredigten einer kritischen Durchsicht zu unterziehen. Aus diesem Vorhaben ist nichts mehr geworden. Von den Briefen sagt Augustinus, daß er sie diktiert habe, von den Predigten, daß er sie vorgetragen habe: antequam epistulas et sermones in populum, alias dictatas alios a me dictos, retractare coepissem (so die Lesart von P. Knöll [CSEL 36], Vindobonae 1902, 204,19-20, im Cegensatz zur auch in neueren Editionen noch vertretenen Lesart alios dicta tos alios a me dictos). Vgl. R.J. Deferrari, St. Augustine's Method of Composing and Delivering Sermons, American Journal of Philology 43 (1922) 98-101.

Augustins De doctrina Christiana -

481

typische Aufforderung des Predigers Augustinus (Factum audivimus, mysterium requiramus) 29 . [163]

Augustins De doctrina christiana eine kulturelle Wende in Hermeneutik und Homiletik? Wie aber kann der Prediger „das Geheimnis", den spirituellen oder tieferen Sinn eines biblischen Textes, der in der Liturgie verlesen wurde, erfassen und darstellen? In De doctrina christiana hat Augustinus eine Antwort zu geben versucht 30 . Wie oben schon gesagt, sucht er dort zwei Methoden zu begründen, eine heuristische und eine der rednerischen Darstellung, auf den ersten Blick eben jene Methoden, die der Rhetor als inventio und elocutio unterscheidet. Augustinus will mit diesen „methodologischen Überlegun[164]gen", wie er im Prolog erläutert, einer rein charismatischen Auslegung und Verkündigung der Schrift 31 , die sich auf die Unmittelbarkeit religiöser Einsicht und Wahr29 30

Tract, in loan. 50,6,4-6: PL 35,1760. Zum Aufbau von De doctrina christiana vgl. G.A. Press, The Subject and Structure of Augustine's De Doctrina Christiana, Augustinian Studies 11 (1980) 99-124. Im folgenden konzentriert sich alles auf die Frage der Zeichentheorie Augustins. Trotz C.P. Mayer, Die Zeichen in der geistigen Entwicklung und in der Theologie des jungen Augustinus, 2 Bd., Cassiacum 24,1-2, Würzburg 1969.1974, bleiben wichtig R. Lorenz, Die Wissenschaftslehre Augustins, ZKG 67 (1955/56) 229-239; R.A Markus, St. Augustine on Signs, Phronesis 2 (1957) 60-83; B.D. Jackson, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina christiana, Revue des Etudes Augustiniennes 15 (1969) 9-49. - Zur Bedeutung von doctrina, eine Frage, die sich von jener nach der Zielsetzung der Schrift De doctrina christiana nicht trennen läßt, findet sich eine Übersicht bei C.P. Mayer, a.a.O., Π, 89-92. Wichtig bleiben trotz notwendiger Korrekturen in vielen Details H.-I. Marrou 41958, 331ff.; ders.: „Doctrina" und „disciplina" dans la langue des peres de l'eglise, Archivum Latinitatis Medii Aevi (Bulletin du Cange) 9 (1934) 5-25; ferner R. Lorenz, a.a.O., 239; G.A. Press, Doctrina in Augustine's De doctrina christiana, in Philosophy and Rhetoric 17 (1984) 98-120; Ε. Hill, De Doctrina Christiana: Α Suggestion, Studia Patristica VI, TU 81, Berlin 1962, 443-446; E. Kevane, Paideia and Anti-Paideia - The Prooemium of St. Augustine's De Doctrina Christiana, Augustinian Studies 1 (1970) 153-180. Eine radikale Lösung für das Problem, das sich in De doctr., II,XVn(26)-XXXVin(56) auf Grund der dort auftauchenden Opposition von doctrina christiana zu doctrinae gentilium stellt, bietet L.J.M. Verheijen, Le De doctrina christiana de saint Augustin, Augustiniana 24 (1974) 10-20, mit seiner These, es handele sich hierbei um eine Art Exkurs, in dem doctrina zwar „Kultur" im Sinn von H.-I. Marrou bedeute, doch nicht die Intention des Titels abdecke, in dem doctrina mit „Lehre" und „Unterweisung" wiederzugeben sei. Eine gute Antwort bieten zwei sich ergänzende Interpretationen: H.-J. Sieben, Die „res" der Bibel - Eine Analyse von Augustinus De doctr. christ. Ι-ΙΠ, Revue des Etudes Augustiniennes 21 (1975) 81-83; G.A. Press, a.a.O., 111.

31

Zum Verständnis des Prologs und damit des „Sitzes im Leben" von De doctrina christiana bleibt wichtig P. Brunner, Charismatische und methodische Auslegung

482

Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

heit beruft, Regeln (praecepta, obervationes) entgegensetzen (Z. 20-27; 44-151), nach denen die Aussagen der Bibel erschlossen werden können (Z. 1-4). Dieses Programm ist nichts anderes als der Versuch einer Antwort auf die Fragen, was Inhalt und was Methode christlicher Verkündigung oder Predigt ist, was also zum einen „die  res der Bibel" 3 2 ist (Buch I), die „durch Zeichen", nämlich durch den biblischen Wortlaut, nach Regeln erschlossen werden muß und kann (Buch II-III), und was zum anderen die Predigt als Darstellung der biblischen Botschaft (res) und damit als rednerischer Akt zu leisten hat (Buch IV).

a) Zur Interpretation der heuristischen Methode Augustins „Christliche Lehre", so formuliert Augustinus seinen Ausgangspunkt, beziehe sich wie jede doctrina entweder auf Sachen (res) oder auf Zeichen (signa); „Sachen aber lernt man durch Zeichen kennen": sed res per signa discuntur (1,11,2,1-2). Entscheidend ist, wie in der Sicht Augustins die Schrifttexte als Zeichen fungieren, so daß erkannt werden kann, was sie bezeichnen (11,1,1,4-5). Dabei interessieren hier Einzelheiten zur biblischen Hermeneutik (Buch I-III) nicht, weder Fragen nach dem Beitrag von Geschichte (historia), Dialektik und Logik, Naturwissenschaft oder Philosophie, noch die Unterscheidung, was in der profanen Kultur und in der Wissenschaft menschliche Stiftung und darum radikal zweideutig ist und was in ihnen Struktur der Schöpfung und darum für das Verständnis der Schrift zu beachten ist33, noch die Probleme, die mit dem Auffinden (inventio) der allegorisch zu interpretierenden biblischen Aussagen (Buch III) verbunden sind. Einzig eine grundsätzliche Frage, an der sich die Interpreten scheiden, ist hier im Blick auf eine Theorie der Predigt und auf ihren Zusammenhang mit der Praxis wichtig: Inwiefern hat Augus[165]tinus mit seiner These „res per signa discuntur" seinen früheren sprachphilosophischen Standpunkt aufgegeben, den er vor allem in der Schrift De magistro (a. 389/390) diskutiert hatte und in dem sich seine eigene Entdeckung der religiösen Wahrheit widerspiegelte? Denn bisher hatte er die Auffassung vertreten, daß die Worte einer Sprache in menschlicher Kommunikation nichts lehren, was nicht schon zuvor vom Gesprächspartner, der angesprochen und belehrt wird, erkannt war, daß sie ihm

32 33

nach Augustins Prolog zu De doctrina Christiana, Kerygma und Dogma 1 (1955) 5969.85-103. Vgl. auch U. Duchrow, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustin, Tübingen 1965, 206-209. H.-J. Sieben (Anm. 30), 72-90. R. Lorenz (Anm. 30), 39-41; H.-J. Sieben (Anm. 30), 81-83.

A u g u s t i n s D e d o c t r i n a Christiana

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also nichts lehren, was ihm nicht schon vorgängig vom „inneren ewigen Wort" gelehrt war. Worte menschlicher Sprache haben einzig dann kognitive Valenz, wenn (1) eine Intuition der Sache selbst, sei es in sinnlicher Wahrnehmung, sei es in intellektueller Anschauung, gegeben ist oder wenn (2) das Wort den Angesprochenen erinnere, indem es seine Aufmerksamkeit auf früher Verstandenes und im Gedächtnis Bewahrtes lenke34. Das Stichwort hieß admonitio, admonere. Nun aber heißt es: „Die Sachen werden durch Zeichen (per signa) gelernt"; die biblischen Texte sind Zeichen, durch die letztlich jene Sache kognitiv vermittelt wird, auf die alles als einziger Selbstwert 35 hingeordnet ist und die der Prediger ansprechen muß. Wer Augustins Ausgangspunkt so versteht, daß er darin keine Veränderung gegenüber der Zeichentheorie von De magistro sieht36, wird auf die Antwort verweisen, die Augustinus jenen gibt, die seine hermeneutischen Regeln wohl begreifen und auf die Bibel anwen[166]den, doch zu dem Ergebnis kommen, daß ihnen dadurch das Verständnis derselben nicht erschlossen werde. Sie sollen, sagt Augustinus, Gott um Erleuchtung bitten; denn er selbst könne ihnen wohl mit seinem „Beweis" einen Fingerzeig geben, nicht aber Augen, um „Beweis" und „Bewiesenes" zu erkennen (Prolog 15-20; 35-43). Gott, sein ewiges Wort, bleibt auch in De doctrina Christiana, so scheint hier vorausgesetzt, einziger Lehrer, magister interior. Er bleibt der Handelnde und benutzt dazu in Anpassung an die heilsgeschichtliche conditio humana und nicht nur an „die ontologische Struktur des Menschen" 37 das 34

35

36

37

U. Duchrow (Anm. 31), 208-213 dazu auch ebd., 62-73; differenzierter formuliert R. Lorenz (Anm. 30), 235-239. Wenn er S. 239 sagt, daß die Zeichen im Kontext „als zwar unzureichende, doch notwendige Hilfsmittel" für das Lernen, das „nur durch die Sache selbst zustande kommt", aufgefaßt werden, so ist zwar etwas Richtiges gesehen, doch geht dieser Versuch einer Synthese der Frage nach der „geistigen Entwicklung" Augustins aus dem Wege. Sein Hinweis in Anm. 212 auf Doctr. christ., ΙΙ,ΧΙΠ(20), 29-33, hilft hier weiter. Denn selbstverständlich ist die scientia signorum auf die scientia rerum ausgerichtet. Doch inwiefern ist sie echte scientia? O. O'Donovan, Usus and Fruitio in Augustine, De Doctrina Christiana I, JThSt n.s. 33 (1982) 361-397; W.R. O'Connor, The uti/frui Distinction in Augustine's Ethic, Augustinian Studies 14 (1983) 45-62. Eine zusammenfassende Darstellung des Dialogs mit einer Interpretation, die auf die platonische Deutung des aus der Stoa übernommenen Zeichenbegriffs bei Augustinus eingeht, liest man bei C.P. Mayer (Anm. 30), 225-247. So U. Duchrow (Anm. 31), 211. Daß die humana conditio „heilsgeschichtlich" zu interpretieren ist, wird im Zusammenhang des Prologs durch das Motiv (1) menschlicher Überheblichkeit (superbia), welche Sünde ist, und (2) der Nächstenliebe (Caritas), die in menschlicher Kommunikation alle superbia überwindet und als deren conditio sine qua non in Z. 98-101 die Tatsache, daß „Menschen durch Menschen lernen" können, genannt wird. Vgl. ferner U. Duchrow, „Signum" und „superbia" beim jungen Augustin (386-390), Revue des Etudes Augustiniennes 7 (1961) 369372; C.P. Mayer (Anm. 30), Π, 203-212.

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

menschliche Wort, die Bibel: Durch Menschen will er Menschen sein Wort mitteilen (per homines hominibus: Prolog 91-97). Alles Verstehen aber beruhe letztlich auf der Gottunmittelbarkeit der Seele, die in ihrem Aufstieg alles transzendiert: Sprache, Prophetie, Evangelium, den Inkarnierten. Die Hermeneutik von De doctrina christiana scheint somit ihrer Struktur nach in einer „neuplatonischen" Illuminationslehre zu gründen 38 . Die Worte der Schrift können mahnen und erinnern, doch zu lehren, das heißt, Neues erstmalig mitzuteilen und einsichtig zu machen, vermögen sie trotz der These „res per signa discuntur" nicht. Und so ist es für diese Interpretation nicht von ungefähr, daß Augustinus mit einer Darstellung der Sache (res) beginnt, auf die hin die Zeichen, letztlich die Bibel, ausgelegt werden muß, sollen die Zeichen ihre Funktion als Zeichen erfüllen können. Dieser hermeneutische Zirkel beim Lesen der Bibel, beim Aufdecken ihres letzten Sinnes scheint unabdingbar. Darum wertet Augustinus die Gabe (munus) charismatischer Exegese nicht ab; darum ist sie in seiner Sicht „ein wahres, nicht geringes Gut" (Prolog 62). Denn es gehe nicht um das histori[167]sche Verständnis des biblischen Textes, sondern um spirituelle Einsicht, um die Entdeckung letzter oder religiöser Wahrheit. Andere Interpreten sehen in der Hermeneutik von De doctrina christiana ein bewußtes Abrücken von jeder Form neuplatonischer Erkenntnistheorie als einem wesentlichen Moment, um von den Zeichen zur Sache zu kommen. Sie setzen bei Augustins Beschreibung der von der Bibel bezeichneten Sache ein: Diese ist, kurz gesagt, der Kern des christlichen Glaubensbekenntnisses: (1) Gott, Christus, Kirche, letzte Dinge (I,V,5-XXI,19); (2) die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe, sofern Gott um seiner selbst willen, der Nächste aber um Gottes willen zu lieben ist, Gott also für den Menschen der einzige Selbstwert ist (I,XXII,20-XXXIV,38); (3) der Primat der Liebe vor allen Fragen des Glaubens und der Hoffnung (I,XXXV,39-XL,44). Nun aber meint man, in diesen Aussagen Augustins eine deutliche Zäsur zwischen der durchaus platonisch gefaßten Gotteslehre und der Lehre über die Inkarnation feststellen zu können. Wer nicht einem Blinden gleicht, weiß um Gott und um seine Heimat (patria), aus der er kommt und zu der er unterwegs ist39, und doch weicht der Mensch in seiner Lebensführung 38

39

P. Brunner (Anm. 31), 102; C.P. Mayer, Res per signa - Der Grundgedanke des Prologs in Augustins Schrift De (doctrina christiana und das Problem seiner Datierung, Revue des Etudes Augustiniennes 20 (1974) 111-112; vgl. dazu ders. (Anm. 30), Π, 444; 448^50. Hier klingt das Leitmotiv der Confessiones an: Vgl. C.N. Knauer, Peregrinatio Animae (Zur Frage der Einheit der augustinischen Konfessionen), Hermes 85 (1957) 218-248; K.-H. Uthemann, Die innere Einheit von Augustins Confessiones. Zur Autobiographie als Paradigma historischer Erkenntnis, in: Tamara Albertini (Hg.), Ve-

Augustins De doctrina Christiana

485

dieser Erkenntnis aus. Darum muß Gott, d.h. „die Weisheit" (sapientia), die Initiative ergreifen, „uns in einem Menschen ein Beispiel geben" und „sich selbst für uns als Weg zur patria anbieten" (I,IX,9ΧΙ,ΙΙ). Augustinus bezieht sich auf Paulus (I Kor. 1,21): Da „die Welt" Gott nicht auf dem Wege der Weisheit erkannte, „obwohl er für ein gesundes und reines Auge überall gegenwärtig ist", wählte Gott als Heilsweg „die Torheit der Verkündigung" (stultitia praedicationis), kurz: sein Erscheinen im Fleische, um so „die Glaubenden zu retten" (I,XII,11-12, 1-16). Aus diesem Text hat man die Konsequenz gezogen, für Augustinus sei die  res, auf die hin die Schrift auszulegen ist, „nicht in erster Linie Gott, sondern Christus und die Kirche, also nicht die ,Transzendenz', sondern die genannten heilsgeschichtlichen Größen" und letztlich Einheit und Primat von Gottes- [168] und Nächstenliebe 40 . Bestätigt sieht man die genannte Zäsur im Höhepunkt von Buch III, in den hermeneutischen Regeln des Tyconius (III,XXX,42-XXXVII,56), die Augustinus im Jahre 426 zusammen mit Buch IV der bis dahin unvollendeten Doctrina Christiana hinzufügte. In ihnen setze er einer rein charismatischen Auslegung vor allem durch Christologie und Ekklesiologie Grenzen, nehme aber keinen Bezug auf die „Transzendenzerfahrung" des Menschen 41 . Entscheidend sei, daß „heilsgeschichtliche Größen" nur in Zeit und Geschichte „von außen" dem Menschen begegnen können, daß sie durch Menschen verkündigt, von Menschen geglaubt (per homines hominibus) und mittels der Hl. Schrift gelernt werden müssen: res per signa discuntur. Wenn dem so ist, dann ist die Struktur neuplatonischer Hermeneutik, die eine jede Verstehensleistung auf „das innere Wort", auf eine charismatische Unmittelbarkeit der Seele zu Gott, bezieht, zerbrochen, mag auch im einzelnen noch so viel neuplatonisches Gedankengut bewahrt geblieben sein. Die Position jener Charismatiker, die Augustinus im Prolog angreift, ist deshalb für diese Interpreten, strukturell gesehen, keine „Radikalisierung seiner eigenen Lehre vom Verstehen" 4 2 . Es geht letztlich um die Frage, ob eine auf intersubjektiv Wahres (per homines hominibus) zielende Hermeneutik für die Bibel den Zeichen, d.h. den Worten der Bibel, eine wesentlich andere kognitive Valenz

41

rum et factum. Beiträge zur Geistesgeschichte und Philosophie der Renaissance zum 60. Geburtstag von Stephan Otto, Frankfurt a.M. 1993, 97-119. H.-J. Sieben (Anm. 30), 75; 78-79. - Eine Kompromißlösung vertritt M.D. Jordan, Words and Word - Incarnation and Signification in Augustine's De Doctrina Christiana, Augustinian Studies 11 (1980) 177-196. Sie beruht darauf, daß an die Stelle des magister interior in De doctr. Christ, der Glaube der Kirche trete: „the rule of faith must be a thing which teaches itself" (S. 191). H.-J. Sieben (Anm. 30) 87-89.

42

R. Lorenz (Anm. 30), 237.

40

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

zugestehen muß, als sie Augustinus in De magistro dem menschlichen Wort zubilligte. Wenn sich Erkenntnis durch Worte als Zeichen vollzieht (res per [!] signa discuntur), dann muß doch den sprachlichen Zeichen eine im eigentlichen Sinn vermittelnde Rolle (per!) im Erkenntnisprozeß zufallen, dann müssen sie doch (mit ihrer Bedeutung) Wahres transportieren oder intersubjektiv, von Mensch zu Mensch, mitteilen. Steht Augustinus hier in der Tradition einer stoischen Sprachphilosophie, bei der moderne Interpreten wie J. Pinborg (ob zu Recht oder nicht, kann hier nicht [169] gefragt werden) auf den Begriff des σύστημα der Bedeutungen abheben, die das einzelne Wort trotz aller historischen Zufälligkeit, die einem „signe arbitraire" anhaftet, zum Vermittler von (synchronisch) Wahrem macht? Ist also mit „per signa", angewandt auf das Verhältnis von verba et res, etwas radikal anderes gemeint als die Hinweisfunktion der Worte (admonitio) in der neuplatonischen Theorie von De magistro? Hilft hier die Unterscheidung zwischen einem auf Referenten in der Außenwelt gerichteten Sprachmodell und einer Theorie religiöser Rede? Oder darf man wegen dieses  per  signa einen durch die inkarnatorische Struktur christlicher Offenbarung bedingten Fortschritt Augustins konstatieren, einen Schritt weg von einer allgemein religiösen Erfahrung, wie er sie in den „Büchern der Platoniker" 43 antraf, hin zum einzigen Wort Gottes, das in historischer Einmaligkeit, in Jesus und in der Bibel, begegnet? Wie aber kann dieses Wort Gottes beim Menschen in seiner Einmaligkeit ankommen, wenn die Worte der biblischen Botschaft als Zeichen nicht eben dieses einmalige Wort Gottes kognitiv dem Hörenden und darum Glaubenden vermitteln, sondern diesen nur auf eine vorgängige religiöse Erfahrung verweisen? Zum anderen könnte man gegenüber beiden Positionen anfragen, ob der am Wort als signum oder admonitio festgemachte Gegensatz für Augustinus tatsächlich unüberbrückbar ist, ja ob er überhaupt bei ihm und nicht nur bei modernen Betrachtern besteht, die eigene Theologoumena in ihre Lektüre einbringen. Es kann hier nicht der Ort sein, diese Fragen zu begründen, erst recht nicht, sie zu beantworten. Es reicht hier der Hinweis, daß die zweite Interpretation, die in De doctrina Christiana einen Bruch mit der neuplatonischen Hermeneutik, wie sie in der Sprachtheorie von De magistro grundgelegt ist, oder einfach etwas anderes als diese zu erkennen glaubt, einen für das Verständnis der Sicht Augustins wichtigen Punkt übersieht oder nicht hinreichend gelten läßt, nämlich Augustins Beurteilung charismatischer Exegese. Damit aber verfehlt oder vernachlässigt sie zugleich etwas, was im Blick auf die Frage, ob Augustinus in seiner Theorie der Predigt, d.h. in seiner Sicht rednerischer 43

Confessiones VII,9,13; 20,26-21,27; VIII,2,3.

Augustins De doctrina Christiana

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Leistung (eloquentia), Ciceros Rhetorik rezipiert oder sich von dieser und jeder rhetorischen Technik emanzipiert hat, eine Weiche stellt. Daß dem so ist, soll im folgenden aufgewie[170]sen werden.

b) Eine Antwort: Das Recht charismatischer Exegese Die zweite Interpretation scheitert am Recht, das Augustinus im Prolog von De doctrina Christiana charismatischer Exegese zubilligt, und letztlich am Wesen religiöser Wahrheit, an der  res, d.h. sie scheitert an jenen Aussagen Augustins, auf welche die erste Interpretation abhebt. Denn sie kann diese nicht integrieren, ohne sich aufzugeben, während die erste Deutung das, was die zweite vorträgt, einzuordnen vermag. Die oben genannte Zäsur zwischen der neuplatonisch interpretierten inneren religiösen Erfahrung und der Begegnung mit dem inkarnierten Wort Gottes ist bei Augustinus nichts Letztes, sondern markiert nur die Spannung zwischen dem eigentlich Letzten und dem Standpunkt des Glaubens, der selbst nichts Letztes ist. Was nämlich Augustin Abstand vom Manichäismus gewinnen und zum Glauben seiner Mutter Monnika zurückfinden ließ, waren nicht nur „die Bücher der Platoniker", waren nicht nur die Predigten des Ambrosius mit ihrer an Philo und griechischen Vätern geschulten allegorischen Auslegung des Alten Testaments, die ihn zwischen einem buchstäblichen und einem geistigen Sinn unterscheiden ließ. Es war auch nicht die Einsicht, daß im geistigen Sinn der Schrift ihre Würde (dignitas) begründet ist, die ihr trotz ihres „allerniedrigsten Stils der Darstellung" zukommt (Conf. VI,5,8). Was ihn jedoch mit dem Manichäismus brechen ließ, war die Entdeckung, daß Glauben (und dies heißt hier zunächst auf das Wort der Bibel hören) entgegen dem manichäischen Programm absolut voraussetzungsloser „Wahrheit" und Weltanschauung (Conf. 111,6,10), nicht echte Wahrheitssuche ausschließt, sondern geradezu ermöglicht. So liest man es im Jahre 391 in De vera religione und 392 in De utilitate credendi. Was heißt dies aber konkret? Die Bibel, deren Würde ihm Ambrosius erschlossen hatte, konnte ihm Autorität sein, weil alles, was der Gläubige dort liest, ein jeweils tieferes Verständnis zuläßt (Conf. VI,5,8) 44 . Las er einst Paulus mit den Augen Philos und Plotins, so las er ihn nun mehr und mehr vom Standpunkt des Glaubens und damit menschlicher Gebrochenheit (humilitas), die nichts anderes als Spiegelung der im Zeichen von Sünde und Gnade stehenden conditio humana ist. Dies aber [171] Schloß ein, daß für ihn Texte selbst als Zeichen und im Kontext der gesamten 44

Zur dignitas und auctoritas der Bibel nach Conf. 111,5,9 vgl. Anm. 23.

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

Bibel weitgehend als mehrdeutige Zeichen (signa ambigua) - dem Thema von De doctrina Christiana Buch III - nur Zeigefunktion haben. Sie verwiesen ihn auf Wahres und so auf die Wahrheit als Transzendenz. Daß sie dies faktisch leisten, setzt im Lesenden und Hörenden schon ein Verhältnis zur religiösen Wahrheit voraus, gründet für Augustinus letztlich in einer Gabe Gottes (munus), im Charisma. In diesem hermeneutischen Zirkel, der im Wesen religiöser Spiritualität begründet ist, (man könnte auch sagen: In dieser Subjektivität aller Interpretation), liegt Augustins und aller charismatischen Exegese radikaler Bruch mit antiker Hermeneutik. Es wundert nicht, daß die allegorische Exegese für ihn der entscheidende Zugang zum biblischen Inhalt wird. In der allegorischen Exegese, die, wie es schon Origenes in seiner in De principiis dargestellten Hermeneutik für die Bibel sah, durch signa ambigua gefordert wird, vollzieht sich Vermittlung von Glaube, der die Bibel als Wort Gottes ernstnimmt, und Wahrheitsliebe (sapientia). Diese Exegese reißt die Seele Augustins mit und schenkt ihr mehr ästhetischen Genuß als eine Exegese jener Schriftaussagen, die unmittelbar einsichtig sind (Epistula 55,XI,21) 45 . Biblische Exegese als Vollzug der Entdeckung christlicher doctrina ist methodisch geschulte Auslegungskunst, die alles, was Gelehrsamkeit der Antike zu bieten hat, alle doctrinae gentilium „gebraucht" 46 ; und zwar gebraucht sie diese wegen deren radikalen Ambivalenz kritisch von einem überlegenen Standpunkt aus (II,XVIII,28). Sie setzt ein Verhältnis zur  res, spirituelle Erfahrung, voraus, um die Zeigefunktion der Worte zu begreifen. Doch ist dieser hermeneutische Zirkel, der die Relation von Buch I und Buch II mit III von De doctrina Christiana bestimmt, nicht alles. Denn ein methodisch kritisches Bemühen um das Wort der Bibel ist ein durchaus sinnvolles Unternehmen, das zurückwirkt auf das Verhältnis zur  res,  mag echte spirituelle Erfahrung letztlich auch noch so sehr ein Geschenk sein. Und so ist biblische Exegese als Streben nach Weisheit im Glauben an das biblische Wort Gottes eine paradoxe Einheit von wissenschaftlicher Methode (usus iustus dessen, was die antike Kultur anzubieten [172] hatte), Glaube und Charisma, in der nicht nur der Mensch, sondern auch Gott handelt, sofern er dem Menschen in dessen spiritueller Erfahrung begegnet. Doch sofern diese Exegese alle doctrinae gentilium kritisch auf die doctrina Christiana und deren  res und damit auf die charismatische Unmittelbarkeit zu Gott (die dem spirituellen Menschen [homo spiritalis: III,IX,13] zu eigen ist, der im Unter45 46

J. Pepin, Saint Augustin et la fonction protreptique de l'allegorie, Recherches augustiniennes 1 (1958) 243-286. Z u m usus iustus vgl. Anm. 10.

Augustins D e doctrina Christiana

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schied zum Platoniker die innere Gewißheit des Gläubigen besitzt, die patria zu erreichen 47 ) hin relativiert, bereitet sie der wissenschaftlichen Kultur der Antike ein Ende. Subjektive religiöse Erfahrung wird zum Maß, und insofern war schon in Augustinus, dem Platoniker von Mailand und Cassiciacum, dieses Ende angelegt, das Augustinus als gläubiger Leser der Bibel vollzieht. Darum ereignet sich schon mit der heuristischen Methode Augustins „la fin de la culture antique" und nicht erst, wie H.-I. Marrou konstatierte, in Augustins Theorie religiöser, genauer christlicher Beredsamkeit. Die Worte der Bibel sind nur Zeichen. Wer das Zeichen nicht versteht, muß diese Tatsache akzeptieren und nicht „die Zeichen für die (bezeichnete) Sache" (signa pro rebus) halten (III,IX,13). Jeder Biblizismus ist damit ausgeschlossen. Die Regeln des Tyconius können helfen, ersetzen aber das Charisma nicht. Darum endet Augustins Hermeneutik mit der Aufforderung, man möge beten, um das Wort Gottes, die Bibel, zu begreifen (III,XXXVII,56). Wahre religiöse Erkenntnis, Teilhabe an der sapientia, ist für den doctor gratiae letztlich Geschenk Gottes (donum).

c) Augustins Theorie der Predigt im Rahmen ciceronianischer Rhetorik? Wenden wir uns nun Augustins Darstellung christlicher Beredsamkeit im 4. Buch von De doctrina Christiana zu. Wie eingangs gesagt, konstatiert H.-I. Marrou, Augustinus habe hier einen revolutionären [173] Bruch mit der rhetorischen Kultur der Spätantike vollzogen 48 . Denn 47

A u g u s t i n u s kennzeichnet in seinen Confessiones den Unterschied z w i s c h e n platonis c h e m u n d christlichem Standpunkt, indem er insbes. zwei sog. Visionen, j e n e von M a i l a n d (VII,17,23) u n d jene von Ostia (IX,10,24), in ihrer Differenz kennzeichnet u n d im Schlußwort des 7. Buches von zwei verschiedenen Verhältnissen zur patria spricht. Für Augustinus ist dieser Unterschied fundamental. W i e fundamental, zeigt sich m.E. darin, daß hier der Schlüssel z u m Verständnis der literarischen Einheit der Confessiones liegt, der die sog. theoretischen Bücher X-XIH einbindet. Vgl. K.-H. U t h e m a n n (Anm. 39).

48

H.-I. M a r r o u (Anm. 1), 5 1 4 - 5 3 1 , bes. 517: „Cette pedagogie augustinienne est doub l e m e n t revolutionnaire: par son caractere strictement religieux d'abord ... Par sa m e t h o d e surtout, m e t h o d e d ' u n caractere tres moderne, Celle en s o m m e qui est la notre, aujourd'hui: faire confiance aux dispositions naturelles ..." Ch. M o h r m a n n (Anm. 16), 358.360.362, folgt Marrous Theorie v o m K u l t u r b r u c h ohne Einschränkung. - Diese W e n d e führt z.B. in Augustins Retractationes zur Aussage: displicet mihi... q u o d m u l t u m tribui liberalibus disciplinis, quas multi sancti m u l t u m nesciunt (1,3,2). Dies Urteil steht in einem scharfen Kontrast zu s e i n e m D e n k e n in der Zeit von Cassiciacum: censeo illos disciplinis omnibus erudiendos (De ordine, 2,5,15). D a s relative Recht dieser disciplinae für die heuristische M e t h o d e , d.h. für ein an-

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B e m e r k u n g e n zu Augustins Auffassung der Predigt

was er aus Cicero oder überhaupt aus der ars rhetorica entlehnt habe, seien nichts anderes als banale Selbstverständlichkeiten, die für jede rednerische Darstellung gelten. Und diese „idees banales" habe er, sofern er mit ihnen Zielsetzung und Stil christlicher Predigt kennzeichnet, in jenen Kategorien beschrieben, die aus der Schule, insbes. aus Cicero stammen. Dies war Beiwerk; entscheidend war jedoch, so meint H.-I. Marrou, daß Augustinus dabei die ars rhetorica mit all ihrer Technik von der religiösen eloquentia ferngehalten habe. Sofern aber die spätantike Kultur eine in diesem technischen Sinn rhetorische war, die ihre Normen aus dem Ideal des „Redners und gentleman" (orator als vir bonus) schöpfte, lag hier bei Augustinus der Bruch. In der christlichen Beredsamkeit Augustins besaß die Rhetorik keine Funktion mehr und kündigte sich darum eine andere, eine nicht-rhetorische Kultur an. Dagegen steht die Auffassung, die eingangs dargestellt wurde, 49 Augustinus bewege sich im 4. Buch von De doctrina Christiana völlig oder zumindest überwiegend im Rahmen von Ciceros Rhetorik und biete eigentlich nichts Neues 50 . Mit dieser Interpretation verbindet [174] sich oft die Feststellung, zwischen Theorie und Praxis zeige sich ein Widerspruch, während die erstgenannte Deutung sich durch den Stil der Sermones ad populum bestätigt sieht. Die Bezugnahme auf Cicero, „den Begründer römischer Beredsamkeit" (ipse Romani auctor eloquii: IV,XVII,34,8), insbesondere auf dessen Schrift  Orator ist unbestreitbar 51 . Es geht, sieht man von zweitrangigen Fragen ab, um zwei Punkte. Zum einen weist Augustinus schon in der Einleitung zu seiner „Theorie christlicher Predigt" darauf hin, daß er im folgenden nicht auf jenes Wissen zurückgreifen wolle, das er sich als Lehrer profaner Beredsamkeit (in scholis saecularibus) erwor-

g e m e s s e n e s Lesen der Bibel, wird damit nicht bestritten: Sonst w ä r e D e doctrina Christiana, Ι-ΙΠ, als Antwort an die Charismatiker des Prologs sinnlos. Analoges gilt angesichts Buch IV. Die entscheidende Frage aber lautet, w a s ist Standpunkt u n d R a h m e n , w a s aber ist auf beide hin- und darum ein- und untergeordnet. 49

Vgl. S. 467f. [147f.].

50

Vgl. b e s o n d e r s die oben in A n m . 2 genannten Beiträge. Eine vermittelnde Position versucht J. Fontaine, L'apport (Anm. 12), 292, A n m . 15. - H.-I. M a r r o u (Anm. 1), 5 2 0 - 5 2 1 bestreitet nicht die Kenntnis, die Augustinus v o n Cicero hat. Doch, w o er ihn zitiere, handele es sich u m sehr allgemeine Dinge, die für jede Beredsamkeit („toute espece d ' e l o q u e n c e " ) gelten und nicht Bestandteil einer b e s t i m m t e n Rhetorik sind. Ch. M o h r m a n n (Anm. 16), 361, spricht mit F. van der Meer, A u g u s t i n u s de Zieizorger, Utrecht - Brussels 1947, 358, von einem Relikt aus d e m Schulbetrieb.

51

Testimonia der rhetorischen W e r k e Ciceros bei Augustin u n d einige Literaturhinweise haben H. H a g e n d a h l (Anm. 2), 156-167; und M. Testard (Anm. 2), 2 7 - 2 9 ; 138 zusammengestellt. - I m folgenden wird nicht m e h r ausdrücklich darauf hingewiesen, d a ß die H i n w e i s e auf B u c h IV von D e doctr. christ. zielen.

Augustins De doctrina Christiana

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ben hat, um bestimmte rhetorische Regeln, so nützlich sie auch seien, vorzutragen (IV,1,2,12-18). Dabei beruft er sich auf Ciceros Auffassung, daß die natürliche Begabung für einen künftigen Redner wichtiger sei als alle Kenntnis rhetorischer Regeln (111,4,1-9), ja, daß diese vor allem durch das Studium vorbildlicher Reden, nicht durch rein theoretische Erörterungen gefördert werde (16-18). Zweitens umschreibt Augustinus mit Bezug auf Ciceros  Orator (21,69; 29,101) die Zielsetzungen, die ein Prediger zu verfolgen habe (XII,27), und die diesen entsprechenden „Stilarten (XVII, 34): Der Belehrung (ut doceat) entspreche der „schlichte Stil" (submisse dicere), dem ästhetischen Genuß oder Vergnügen (ut delectet) der „gemäßigte Stil" (temperate), der Erschütterung im Mitreißen der Gefühle (ut flectat) der „heftig bewegte" oder „hohe Stil" (granditer). Um am Vorbild zu schulen, empfiehlt Augustinus zunächst, die Aufmerksamkeit auf die Inhalte (res) zu richten. Denn er erwartet, daß damit zugleich ein Gespür für Beredsamkeit (eloquium) entwickelt werde (111,4,20-23), ein Gespür für spontane und doch kunstfertige Rede (34-39). Stil und Inhalt lassen sich nicht trennen. Cicero hatte dies im  Orator  herausgestellt. Je nach Sachlage habe man vor Gericht zu [175] sprechen, schlicht bei Alltäglichem (parva), mit Pathos und im Stil hoher Rede bei wichtigen Angelegenheiten (magna), gemäßigt bei all dem, was weder das eine, noch das andere ist (modica). Dies, so meint Augustinus, gelte zwar für das Forum, nicht aber für die Predigt (non autem ... in ecclesiasticis quaestionibus, in quibus huius, quem volumus informare, sermo versatur). Denn bei der Predigt gehe es immer um Bedeutendes (magna), nämlich um das Heil des Menschen (XVIII,35). Und doch seien alle drei Stile auch in der Predigt berechtigt, je nachdem, ob gelehrt, ob getadelt oder gelobt, ob bekehrt werden soll (XIX,38). Der Inhalt der Verkündigung (res) liefert nach Augustinus kein hinreichendes Kriterium zur Unterscheidung der Stile. Darum hat er mit jener Aussage aus Ciceros  Orator, welche die Zielsetzungen definiert, die den Redner bei seinem Vortrag leiten sollen (officia oratoris) (21,69), eine eigene Deutung verbunden. Ist es in der forensischen Rede notwendig zu beweisen (ut probet), so in der Predigt zu lehren (ut doceat). Einzig diese Notwendigkeit und nichts anderes gründe in den Inhalten der Verkündigung (docendi necessitas in rebus est constituta). Dagegen sei das Angebot eines ästhetischen Genusses und emotionales Überwältigen nicht durch die Sache  (res) gefordert, sondern eine Beigabe rednerischer Darstellung. Der Prediger wird für den Geschmack seiner Hörer „angenehm" (suaviter), mit gezieltem Einsatz von Rede-

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

und Klangfiguren (pulchre ornateque) sprechen, wenn er damit ihre Aufmerksamkeit fesseln kann; er wird seine Hörer, sofern er es kann, erschüttern, wenn er sie motivieren will, ihre sittlich-religiöse Lebensweise zu verändern. Notwendig aber sei beides für eine Predigt nicht, damit sie Predigt sei. Doch unabdingbar sei die Ausrichtung an der biblischen Botschaft (res). Diese vermag vielleicht (fortasse) auch ohne Einsatz erschütternder Worte den Menschen zu bekehren. Wie das Wörtchen „fortasse" zeigt, ist sich Augustinus dessen nicht sicher. Doch ohne eine im schlichten Lehrvortrag vermittelte Kenntnis der biblischen Botschaft (res) habe eine Predigt, die auf die Bekehrung des Hörers (flectere, movere) zielt, keinen Sinn (prius utique docendi sunt quam movendi [XII,27-28]). Im Ausgang von der  res läßt sich also eine Differenzierung der Predigt nach Stilen nicht begründen. An dieser Stelle ist es m.E. unerläßlich, mit H.-I. Marrou (S. 521) darauf hinzuweisen, daß diese auf Ciceros Lehre von den officia oratoris zurückgehenden Kategorien auch in Augustins Schrift De [176] catechizandis rudibus, ein schlichte Belehrung über die christliche Katechese ohne jede gelehrte oder literarische Ambition, eingesetzt werden, sofern es dort um den Akt rednerischer Darstellung geht. Es wird kaum jemanden in den Sinn kommen, zur Interpretation dieser Schrift auf die Ciceronianische Rhetorik zurückzugreifen und die Kontinuität mit dieser zu betonen. Für alle drei Predigtstile nennt Augustinus Beispiele aus den Paulusbriefen (XX,39-44), aus Cyprian und Ambrosius (XXI,45-50); und er fügt hinzu, daß entscheidend sei, daß eine Predigt nicht eintönig werde und darum nicht einem einzigen Stil folge, sondern, wie, einleitend schon gesagt, die Stile „mische" (XXII,51), d.h. Teile unterschiedlichen Stils „einschiebt" (interponere [XXIII,52]). Sowohl für den im Grundton belehrenden sermo, als auch für die erschütternde Bekehrungspredigt empfiehlt Augustinus dies ausdrücklich. Zumindest einer Predigtform im enkomiastischen Stil (genus temperatum), den Prunk- und Dekorationsreden, die einzig an den rhetorischen Geschmack des Publikums appellieren, steht er reserviert gegenüber. Hält man eine solche Rede als Festpredigt, dann sind seiner Meinung nach einige „schlicht belehrende" Teile unabdingbar (XXIII,52; XXVI,57). Den Stil der panegyrici seiner Zeit mit all ihrem Redeschmuck will er für die Predigt nur dann zulassen, wenn die Gemeinde der Belehrung und Bekehrung - die Ironie ist nicht zu überhören - nicht mehr bedürfe, wohl aber über das schöne Wort leichter einen Zugang zum Inhalt  (res) finde und so mehr in christlicher Lebensweise gefestigt werde (XXV,55,1-9). Letztes Ziel einer Predigt bleibt ihm, dem begabten Redner, die Bekehrung des Hörers; er sucht die Tränen der Gemeinde, aus denen

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neues Leben geboren wird. Er mag noch so sehr betonen, daß „die Sache des Evangeliums" in ihrer schlichten Wahrheit - unabhängig von der „Macht des Wortes", die ein begabter Prediger einzusetzen vermag, - ergreifen und bekehren kann, im Grunde bevorzugt er selbst emotionale Reden „im hohen Stil" (genus grande), die den Hörer mitreißen, sein Innerstes verändern. Innerlich bewegt erinnert er sich an eine solche Predigt, die er in Cherchell gehalten hat (XXIV,53). Schon Cicero hat im Orator (28,97) in diesem Stil, den er  genus  vehemens nannte, den Höhepunkt rhetorischer Überzeugungskraft gesehen, sofern eine solche Rede den Hörer in seinen Anschauungen verändert (inserit novas opiniones, evellit insitas). Doch der Appell an die Ästhetik des Hörers der Rede[177]schmuck (ornatus) im Dienst der suavitas ist für Augustinus drittrangig; er soll dem Publikum helfen, der Predigt gern und aufgeschlossen zu folgen (XXVI,56-58) 52 . Die epideiktische Rede, die zur Zeit Augustins für den profanen Rhetoriker Höhepunkt seiner Kunst ist, spielt in De doctrina christiana - in aufälliger Affinität zur altrömischen Rhetoriktradition 53 - keine Rolle. Ist die „Mischung der Stile", die Augustinus für die Predigt fordert (XXII,51), im Vergleich zu Cicero oder allgemein zur rhetorischen Tradition etwas Neues? H. Hagendahl hat auf einen Satz in Ciceros  Orator  (29,103) verwiesen 54 , um auch in diesem Punkt die Abhängigkeit Augustins zu beweisen. Es zeige sich bei Augustinus kein Ansatz zu Neuem, keine Originalität. [178]

52

D i e A u s f ü h r u n g e n v o n B. Studer, Delectare et prodesse. Zu einem Schlüsselwort der patristischen Exegese, in: Memorial D o m Jean Cribomont, Studia E p h e m e r i d i s „Aug u s t i n i a n u m " 27, R o m a 1988, 5 5 5 - 5 8 1 , sind m.E. in diesem R a h m e n zu interpretieren.

53

A.D. L e e m a n , Orationis ratio. The Stylistic Theories and Practice of the R o m a n Orators, Historians a n d Philosophers, A m s t e r d a m 1963, 118: „The  genus  demonstrativum  does not lead an independent life in R o m e as it did in Greece: it is not in need of separate rules, because in R o m a n practice the  laudatio and the  vituperatio are incorporated in the other two  genera."  A.a.O. (Anm. 2), 567: At haec (scil. genera dicendi) interdum t e m p e r a n d a et varianda sunt. Vgl. T e s t i m o n i u m 356 bei Η. Hagendahl, a.a.O., 166. In Ciceros  De  oratore spielt die Theorie der drei Stilniveaus nur eine geringe Rolle; vgl. A.D. L e e m a n (Anm. 53), 121. Z u e i n e m zentralen T h e m a wird sie im  Orator (5,20-9,32; 21,69-31,112), auf den Augustinus zurückgegriffen hat. N a c h A.D. Leeman, der den Text situiert und ausführlich analysiert (ebd., 145-149), aber keinen b e s t i m m t e n Satz als Beleg zitiert, vertrete Cicero das Ideal einer Stilmischung („,mixture' of styles" [S. 148]), ja, nicht nur diese, sondern auch „den Vorrang des  genus  vehemens" (S. 149). Sicher fordert die tripertita varietas (Orator, 21,70) v o m Redner Beherrschung aller drei Stilniveaus. D o c h m.E. läßt einzig der Hinweis auf des D e m o s t h e n e s orationes variae (Orator,  31,111) eine Interpretation im Sinn einer M i s c h u n g der Stile zu, w i e sie Augustinus vertritt.

54

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d) Augustins Bruch mit Cicero und der spätantiken Kultur: Die Entdeckung einer neuen Ästhetik der sprachlichen, insbes. der rednerischen Darstellung Nach dem Gesagten wird man dem Urteil H. Hagendahls und allgemein jener Interpreten, welche die Kontinuität zur ars rhetorica und dem Ciceronianischen Erbe betonen, nur bedingt zustimmen können. Für den Prediger liegt nach Augustinus im Gegensatz zu Cicero die Begründung für den zu wählenden Stil nicht in unterschiedlichen Sachverhalten. Denn die  res der Predigt ist letztlich eine einzige. Vielmehr ist die Frage der Stilwahl einzig abhängig von einem klugen Kalkül bzw. einer Intuition für die Situation: Wie kann der Prediger mit seinen Fähigkeiten am besten der Bekehrung seiner Hörer dienen? Denn wie die Bibel hat er nur die Möglichkeit, Worte als Zeichen zu gebrauchen, durch die Glaube geweckt wird, durch die, wie er hofft, letztlich Gott selbst seinem Hörer begegnet. Die Worte aber gewinnt er auf Grund seines meditativen Umgangs mit der Schrift, bei dem ihm selbst jene Einsichten geschenkt wurden, die er mit seinen Worten beim Hörer der Predigt anregen will. Beides, das kluge Kalkül und das Finden angemessener Worte im Blick auf die Sache, sind nichts anderes als ein fernes Echo von Worten Ciceros, nach H.-I. Marrou banale Selbstverständlichkeiten, so daß die Berufung auf Cicero keine Aneignung seiner Auffassung der ars rhetorica bedeute. Ersteres folgt im  Orator  auf die Unterscheidung der drei Stilniveaus, auf die sich Augustinus bezieht (21,69-71), während die zweite These zwar den Kern Ciceronianischer Rhetorik kennzeichnet, doch als solche selbst im Rahmen einer jeden Theorie rednerischer Darstellung banal ist, ebenso nebenbei wie die zitierten Worte Ciceros, ebenso wie der in diesen Zusammenhang geradezu fällige Hinweis darauf, es handele sich hier um ein Echo jener Maxime des älteren Cato (fr. 80,2 JL), daß die Worte schon folgen, wenn sich die Aufmerksamkeit auf die Sache konzentriert (rem tene, verba sequentur). Beides, Kalkül und Sachgemäßheit, sind anderseits von so plausibler Natur, daß sie letztlich rhetorische Allgemeinplätze darstellen. Zitate aus Cicero und Anspielungen an ihn lassen nicht das Neue in Augustins Darstellung in Erscheinung treten. Kirchliche Predigt schließt sich an die biblische „Torheit der Verkündigung" (I Kor. 1,21) an; dies ist ihre Weisheit, dies ihr Reichtum (V,8,2733). In der Bibel entdeckt Augustinus im Bewußt[179]sein, daß es so wie er auch mancher Zeitgenosse empfinde, eine Kunst der Beredsamkeit, die nicht überboten werden kann (nihil eloquentius: VI,9,1-7), die der Christen Besitz ist (nostra eloquentia) und keinen Vergleich zu scheuen braucht, vorausgesetzt, man wisse zwischen wahrhaft großartiger

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Sprache und barockem Redeschwulst (tumor) zu unterscheiden (VI,10). Augustinus stellt drei vorbildliche Texte vor, zwei aus Paulus, der, wie Augustinus hier bewußt mit einem Allgemeinplatz christlicher Predigt betont, sich selbst einen Laien in rhetoricis genannt hat (II Kor. 11,6), und einen aus Arnos. Er analysiert sie mit jenen rhetorischen Kategorien, die ihm die Schultradition vorgegeben hat (VII,11-21; XX,39XXI,50), um aufzuweisen, daß hier eloquentia Ausfluß von sapientia ist (VI,10,37-39). In der Bibel begegnet primär, wie insbesondere Buch III von De doctrina christiana als Höhepunkt einer biblischen Hermeneutik gezeigt hat, sprachliche Darstellung „göttlicher Weisheit", deren Kennzeichen die Mehrdeutigkeit des Zeichens, die „Dunkelheit" (obscuritas) des Textes, ist: Diese Darstellung „göttlicher Weisheit" ist untrennbar verbunden mit einer Kunst der Beredsamkeit (eloquentia: IV,VII,21; vgl. VI,9,18-21) und damit zugleich mit Schönem. Diese Schönheit muß wahrgenommen sein, will man über sie sprechen: non opus est cuiquam dici, si ipse non sentit (VII,20,235-237). Wenn jemand kein Gespür für sie besitzt, dann kann man ihm diese auch nicht nahe bringen. Hier muß man an spontane Ausrufe Augustins erinnern, mit denen er auf die Schönheit einer Redeform in diesen Texten verweist (XX,40,52.65; 42,114). Für den Prosarhythmus (numerus) als Mittel sprachlicher Darstellung entwickelt Augustinus, wie er sagt, ein neues Bewußtsein angesichts biblischer Texte. Ihm gefällt nämlich, daß in der Bibel höchst selten clausulae auftreten (XX,40,7241,109), und dies, obwohl er weiß, daß der Geschmack seiner Zeitgenossen die Anwendung der Klauseln sogar für Vorträge im „schlichten Stil" fordert (XXVI,56,26-27). In seinen Predigten vermeidet er sie, in einer theoretischen Schrift wie jener „Über den Gottesstaat" weiß er sie zu gebrauchen. Beherrschung rhythmisch klangvoller Prosa ist für ihn nicht an Klauseltechnik gebunden 55 . Augustinus kennt die Erfahrung, daß eifrige Bibelleser [180] eine Veränderung in Sprachgefühl und -kompetenz erleben: Redeweisen der Bibel empfinden sie als korrekte Ausdrücke der lateinischen Sprache, obwohl der Lehrer der Grammatik sie nicht akzeptieren würde, da er sie in seinen „klassischen Vorbildern", den anerkannten Autoren, nicht nachweisen kann (II,XIV,21). Als Augustinus von Cresconius, einem Grammatiker, der zur Kirche der Donatisten gehörte, ein nach den Regeln der Schule unkorrekter Sprach55

Augustinus vermeidet in seinen Predigten im Unterschied z.B. zu seiner Schrift De civitate Dei (C. Reynolds, The Clausulae in the De civitate Dei of St. Augustine, Washington, D.C. 1924) Klauseln im Sinn der schulmäßigen Klauseltechnik und bevorzugt rhythmische Assonanzen, Alliterationen und Reime, die Ch. Mohrmann (Anm. 25), 13, als volkstümlichen Prosarhythmus bezeichnet hat. Vgl. M.I. Barry (Anm. 16). Nicht eingesehen: M.-J. Brennan, Α Study of the Clausulae in the Sermons of St. Augustine, Patristic Studies 77, Washington, D.C. 1947.

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Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt

gebrauch vorgeworfen wurde, da verteidigte er sich mit dem Hinweis, er habe sich an die Schriften der Apostel gewöhnt und die klassischen Vorbilder, die er in seiner Kindheit gelernt habe, vergessen 56 . Ging es um die Sprache der Bibel, dann teilte er offensichtlich nicht die Verachtung der Gebildeten seiner Zeit für die lebendige Sprachentwicklung, jene Verachtung, die dazu geführt hatte, daß Latein schon seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. als gehobene Kultursprache nicht mehr produktiv war. Auch in dieser Hinsicht kündigt sich mit der Berufung auf die Bibel das Ende der antiken rhetorischen Kultur an. Die Formen der Beredsamkeit und Stilelemente, die Augustinus in der Bibel als schön empfand und in De doctrina Christiana anhand von Paulus und Arnos veranschaulichte, sind, wie Christine Mohrmann feststellte 57 , jene, „die er für seine eigenen Predigten bevorzugte".

56 57

Contra Cresconium 3,79,86. Vgl. auch F. Weissengruber, Augustins Wertung von Grammatik und Rhetorik im Traktat Contra Cresconium, Hermes 105 (1977) 101-124. (Anm. 16), 363. - Erst hier kann sinnvollerweise zu P. Prestels Dissertation (= Anm. 2) Stellung genommen werden. Daß Augustinus ars rhetorica und eloquentia schied, wird zwar eingangs (S. 23-29) festgehalten, auch die Tatsache betont, daß es Augustinus in Bezug auf die eloquentia auctorum nicht um ein imitari, sondern um das intelligere des jeweiligen Inhalts ging (S. 180-199), doch wird nicht deutlich, warum er dies tut. Letztlich gilt für P. Prestel als Resultat, was er mit den Worten H.-G. Gadamers auf S. 16-18 seiner Dissertation schon vorangestellt hat, daß Augustinus nämlich „das Bild des christlichen Redners in der traditionellen Sprache der Rhetorik zeichnet" und daß er, wenn er dabei die traditionellen Normen verneine („fast ... ein Traditionsbruch": in den entsprechenden Ausführungen liegt m.E. der Wert dieser Dissertation!), „das Bekämpfte doch auch wieder als Eigenes" ausweise. Abstandnahme (S. 16), d.h. die Möglichkeit, sich von seiner Geschichte zu emanzipieren, kennt, wie man weiß, die Hermeneutik von H.-G. Gadamer nicht. Wie aber kann P. Prestel von der „genuin christlich-eigenen Konzeption der Rhetorik" bei Augustinus (S. 297) sprechen, ohne den emanzipatorischen Akt Augustins, die Epochenschwelle, die sich mit ihm ankündigt, aufzuweisen? Die Dimension der Abstandnahme fehlt in der ansonsten ausführlichen Darstellung des usus iustus oder Rezeptionsmodells bei Augustinus (S. 78-100); sie kommt noch am besten in der Darstellung des Verhältnisses von sapientia und eloquentia (S. 154-179) zur Geltung. P. Prestel sieht nur deshalb in der tractatio scripturarum als modus inveniendi (vgl. dazu oben S. 482-487 [164-169]) bzw. in der Betonung der veritas das eigentlich Christliche, weil er auf das im zeitgenössischen Schulbetrieb übliche Auslegen und Kommentieren von Texten keinen Bezug nimmt. Entscheidend ist m.E., daß er nicht hinreichend bedacht hat, daß Augustinus eine neue Ästhetik der religiösen eloquentia entdeckt hat, die sich an spiritueller Erfahrung und insofern an der res orientiert, für welche weder die rhetorische ornatus-Kategorie noch die doctrinae gentilium (noch die Auslegungsmethoden des Schulbetriebs) geschaffen waren.

Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk Eine Übersicht 1

A. Der Name „Kosmas Indikopleustes" Unter diesem Namen ist der Verfasser einer vermutlich anonym, um die Mitte des 6. Jahrhunderts publizierten Schrift mit dem Titel „Christliche Topographie (= CT) des ganzen Kosmos" 2 in die Geschichte eingegangen. In Photios' Bibliothek (cod. 36), d.h. im 9. Jahrhundert, wird diese Schrift „Buch eines Christen, eine Auslegung des

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Dieser Beitrag ist die verkürzte Wiedergabe einer bisher unveröffentlichten Abhandlung über das Programm der Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild, wie dieses in der von ihrem Verfasser „Christliche Topographie" (CT) genannten Schrift vorgetragen wird. Hier geht es darum, eine möglichst umfassende, doch kurz gehaltene Einführung zur C T anzubieten, insbes. darum, die CT als einen in verschiedenen Publikationen des 6. Jahrhunderts gewachsenen Text zu begreifen und die in ihr vertretene Begründung des biblischen Weltbildes zugleich mit Hinweisen auf dessen Wurzeln in der Exegese Antiochiens bzw. der Schule von Nisibis darzustellen. Dabei sollen vor allem jene Argumente vorgestellt werden, mit denen der Autor rechtfertigt, daß einzig die dem Moses auf dem Sinai Moses geoffenbarte Gestalt des Kosmos und nicht das geozentrische sphärische Weltbild der Antike die zu beobachtenden Phänomene oder Tatsachen der Physik, der Geographie und Astronomie wahrt. So soll versucht werden zu klären, ob und inwiefern die CT Johannes Philoponos als Gegner anzielt bzw. umgekehrt letzterer insbes. in seinem Kommentar zum Hexaemeron die CT im Blick hat. Doch können diese Argumente wie z.B. jenes, das mit der Proportion von Geschwindigkeit und Dichte des Mediums beim freien Fall arbeitet, oder jenes, das sich mit der Vorstellung fester Sphären auseinandersetzt, ferner jene, die Philoponos' Widerlegung der Athertheorie und überhaupt seinen sich über verschiedene Werke präzisierenden Beweis einer Kontingenz des sphärischen Kosmos berücksichtigen, hier nicht im Detail analysiert und in ihren historischen Kontext eingeordnet, sondern nur so beschrieben werden, daß der Leser ihre Intention und Funktion erkennen kann. Gleiches gilt auch für eine Reihe anderer Argumente, sei es z.B. die als Abkühlungstheorie gekennzeichnete Exegese von Gen. 1,7, sei es der Umfang des in der CT überlieferten „Traktats über die zwei Katastasen" und sein Zusammenhang mit dem Chronicon Paschale und Ps.Dorotheos von Tyros.

2

CPG 7468:11,5,16-17; vgl. Β.Π zu Anm. 81; B.Va zu Anm. 218.

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

Oktateuchs" genannt 3 . Indem der Autor der CT sich als einen Christen kennzeichnet, greift er sein des öfteren betontes Anliegen auf, die Gegner als Scheinchristen zu entlarven, nämlich als solche, die vorgeben, Christen zu sein, obwohl sie dem geozentrischen sphärischen Weltbild anhängen, das durch die Bibel widerlegt sei. Der Name „Kosmas, der Indienfahrer," taucht erst seit Ende des 10. Jh.s in der handschriftlichen Überlieferung von Zitaten aus der CT auf. Die Wahl des Namens Kosmas scheint, wie schon J. Fabricius vermutet hat, durch den Inhalt der CT als „einer Beschreibung des ganzen Kosmos" veranlaßt zu sein. Im Folgenden soll dieser Name (= K.) für den Autor der CT beibehalten werden. Die als kurze Rezension mit dem Namen des Moses von Choren verbundene, von A. Soukry edierte längere Fassung einer anonymen Geographie des 7. Jh.s in armenischer Sprache 4 , die in ihrem ursprünglichen Bestand wohl dem Ananias von Shirak zuzuschreiben ist5, bezieht sich ablehnend auf eine Schrift, welche „die Christliche Topographie des Konstantin von Antiochien" genannt wird. Nach A. Soukry 6 , J. Fischer 7 , H. v. Mzik 8 , L. Bagrow 9 , W. Wolska-Conus 10 und R.H. Hewsen 11 handelt es sich um K.' CT 12 . Dagegen spricht jedoch u.a., daß die in der Geographie im Kontext zitierten Texte von Hiob 26,7a.10; 38,1819 LXX bei K. keine Rolle spielen 13 . Die CT steht zwar mit ihrer heilsgeschichtlichen Sicht der zwei Katastasen, der gegenwärtigen vergänglichen und der künftigen unvergänglichen als Begründung für Aufbau oder Gestalt des Kosmos 14 , in der Tradition antiochenischer Theologie 15 , 3

4

5

6 7 8 9 10 11 12 13 14

Zu diesem Gebrauch des Terminus Oktateuch: M. Bernabö in K. Weitzmann - M. Bernabö, 1999, S. 7; 324. - Zur nur mit der Jahreszahl zitierten Literatur vgl. die Liste auf S. 557-561. Geographie de Mo'ise de Corene, Venise 1881; rec. R.H. Hewsen, Delmar, NY, 1994; Übers.: ders., The Geography of Ananias of Sirak, Wiesbaden 1992, mit Kritik an der Rekonstruktion eines Urtexts von S. Eremyan, IFZ 1972-1973; zum Inhalt vgl. E. Polaschek, Ptolemaios als Geograph, PW, Suppl. X, 1965, Sp. 789-794. R.H. Hewsen, REA 4, 1967, S. 416f.; 431f.; J.-P. Mahe, TMCB 10, 1987, S. 163f.; 186188; R.W. Thomson, A Bibliography of Classical Armenian Literature to 1500 AD, CChr.S, 1995, S. 97; 156. Geographie (Anm. 4), S. 5. 1932, S. 453, Anm. 1. 1933, S. 15, Anm. 75. 1945, S. 333; 358f. mit S. 325f. 1978, Sp. 191; 1989, S. 28f. (anders 1962; 1968; 1973; vgl. B.Va zu Anm. 225; 228); akzeptiert von Μ. Bernabö (Anm. 3), S. 7, Anm. 74. The Geography (Anm. 3), S. 29f. Zu Ananias vgl. auch E.IIId zu Anm. 515-516. Vgl. hierzu auch Ananias' Hinweis auf einen Kommentar von Amphilochios zu Hiob 38,18-19: J.-P. Mahe (Anm. 5) S. 193; 197. Vgl. B.Ib zu Anm. 54; 74-75; 77; Ε.Π zu Anm. 408-410.

Die CT als Sammelwerk und Produkt verschiedener Publikationen

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doch verfaßt wurde sie in Alexandrien 16 und gehört in die Auseinandersetzung um die von Johannes Philoponos (um 490 - 570/574) 17 geleistete Öffnung des sphärischen Weltbilds für ein Verständnis des Schöpfungsberichts der Genesis, auch wenn sich, wie in diesem Beitrag begründet werden soll, direkte Bezüge zu erhaltenen Quellen, insbes. zu Schriften von Phil., nicht eindeutig aufweisen lassen 18 . Umstritten ist, ob sich auf Grund der CT der Beiname „der Indienfahrer" begründen läßt und K. als Kauffahrer den Subkontinent, in der CT außer in Buch XI 19 wie in anderen Quellen des 6. Jh.s im Unterschied zu älteren Autoren 20 „inneres Indien" genannt 21 , und Ceylon, in der CT nicht nur Taprobane, sondern auch Sielediba bzw. Selediba genannt 22 , erreicht hat 23 .

B. Die CT als Sammelwerk und Produkt verschiedener Publikationen Nach W. Wolska-Conus ist die CT ein Werk, das 547/549 n.Chr. aus verschiedenen Texten zusammengestellt wurde. Diese Auffassung hat C. Schölten 24 übernommen, wenn er davon spricht, daß die CT ein „in mehreren Phasen" realisiertes „Gesamtwerk" ist, und zugleich einschränkt, sofern er schreibt, dieses sei möglicherweise erst „nach 553 zusammengestellt" worden 25 . Beide setzen voraus, daß die LS-Edition 26 mit ihren 12 Büchern von K. selbst publiziert wurde. Letzteres ist jedoch unwahrscheinlich. Denn Text und handschriftliche Uberlieferung lassen wenigstens fünf einander folgende Publikationen erkennen, von denen die beiden letzten kaum dem Autor der CT zugeschrieben werden können. 15 16 17 18 19 20 21

Vgl. E.I: S. 532f. M.V. Anastos, 1946. Im folgenden abgekürzt: Phil. Vgl. B.IVbl: S. 508-512; F: S. 552-557. Vgl. B.Vc zu Anm. 252. A. Dihle, 1965, S. 38-40. 11,30,1; 45,7; 49,8; 111,65,1; inklusiv der Länder bis China: 11,46,12-47,3; vgl. A. Dihle, 1965, S. 38; 39; 44; H. Comes, 1966, S. 11-15; W. Wolska-Conus, 1973, zu XI,15,2-13; A. Mohay, 1982/84, S. 423f. Anders H. Geizer, 1883, S. 121-124; F. Altheim - R. Stiehl, Die Araber in der Alten Welt, IV, Berlin 1967, S. 505; dies., Christentum am Roten Meer, I, Berlin - New York, 1971, S. 402f.; 534

22 23 24 25

F.-F. Schwarz, 1975. Bibl. H. Comes, 1966, S. 7; ferner L. Cansdale, 1995. 1996, S. 64-67. Die Einsicht in den Prozeß des Entstehens der CT wird im folgenden aufgegriffen und genauer gefaßt. Zur Frage der hier genannten Datierung vgl. C.III: S. 530f. Vgl. B.V: S. 516-526.

26

500

Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

I. Die Urform oder Grundschrift der CT Die CT umfaßte ursprünglich die Bücher II bis V (ohne 11,103-110 27 ), die an einen Pamphilos von Jerusalem adressiert sind 28 . Dies beweisen zwei Aussagen in Buch VIII, nämlich ein Hinweis auf die an Pamphilos gerichtete Kosmographie 29 und eine Bemerkung zum Prooimion dieser „CT", in dem Patrikios „aus dem Land der Chaldäer" als Lehrer des Verfassers genannt werde 30 . Letzteres deckt sich mit der Einleitung zu Buch II 31 , so daß diese höchst wahrscheinlich mit dem zitierten Prooimion identisch ist. Dies aber setzt voraus, daß in der Edition der CT, auf die sich Buch VIII bezieht, Buch I noch nicht mit der CT verbunden war. Der Adressat Pamphilos ist ansonsten nicht bezeugt 32 . a. Zu Mar Aba, dem Lehrer von K. Unter dem Namen Patrikios, einem Pseudonym, das sich vom persischen Päpakän ableitet und dessen Nomen Päpak dem aramäischen Aba entspricht 33 , führt K. im genannten Prooimion 34 den von 540-552 n.Chr. regierenden Katholikos der nestorianischen Kirche Persiens Mar Aba als seinen Lehrer ein, der ihm das in der CT verteidigte „biblische Weltbild" während eines Aufenthalts in Alexandrien in Vorträgen vermittelt habe. Wie die vor 567 verfaßte 35 Vita des Mar Aba berichtet, hatte dieser gebürtige Iraner nach seiner Konversion vom Zoroastrismus in Nisibis an jener Schule der Nestorianer studiert, mit der Narsai (399-503) der berühmten „Schule der Perser" von Edessa 457 n.Chr. eine neue Heimat geschaffen hatte. „Doch sah er sich gezwungen", ins Byzantinische Reich auszuweichen 36 . Dort verblieb er mehrere Jahre,

27

Vgl. B.II zu Anm. 83-87.

28

11,1,4-6; ΙΠ,88,3-5; vgl. ferner zum Adressaten 11,54,1-2; 112,17-21; IV,25,1 sowie die trotz W. Wolska-Conus von K. benutzten Anreden in V,227,l; 244,1. - Zu Photios' Zeugnis vgl. unten zu Anm. 219-220. VIII,20,1-4.

29 30

VIII, 25,4-8.

31

Anders C. Schölten, 1996, S. 65f., Anm. 232; 242. Vgl. hierzu B.II zu Anm. 80; C.II zu Anm. 356. J.H. Declerck, in: A. Schoors - P. Van Deun (Hg.) Philohistör. Miscellanea in honorem C. Laga, OLA 60, 1994, S. 210. P. Peeters, S H G 27, 1951 (Erstveröffentl.: Miscellanea Giovanni Mercati, V, StT 125, 1946), S. 120. 11,2. P. Peeters (Anm. 33), S. 160.

32 33 34 35 36

Vita, 6, übers, v. O. Braun, in: Ausgewählte Akten persischer Märtyrer, BKV, 1915, S. 192.

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vermutlich bis zum Friedensschluß von 531/532 37 , und hielt u.a. in Alexandrien exegetische Vorlesungen 38 . An K. hat Mar Aba die Exegese des Narsai und damit die Rezeption des Theodor von Mopsuestia, insbes. dessen Sicht der Heilsgeschichte als zwei Phasen („Katastasen") 39 , in der Schule von Nisibis vermittelt 40 . K. hat Narsai's Ansätze zu einem realistischen Verständnis der zwei Katastasen als im Beginn geschaffene Räume des Kosmos so ausgebaut, daß das biblische Weltbild der CT entstand, d.h. eine Kosmographie mit dem Wahrheitsanspruch göttlicher Offenbarung 41 . Zur Frage der Abhängigkeit der CT bzw. des Mar Aba von der Kosmologie der Babylonier 42 , die vor allem von R. Eisler 43 gegen die bes. von P. Jensen 44 vertretene Sicht eines schon sphärisch konzipierten Alls der Babylonier 45 vorgetragen wurde, sowie zum Nachhall ägyptischer Anschauungen 4 6 liegen keine neueren Untersuchungen vor 47 . Verständlich wird diese Tatsache, wenn man die Forschung zum sog. alttestamentlichen Weltbild, d.h. zur Rezeption verschiedener Weltbilder im AT, bedenkt. Lehrreich ist z.B. die Skizze von O. Keel 48 , bei der „die diachronen Aspekte" sowie „die Transformationen der vorexilischen, exilischen und nachexilischen Weltbilder" in ihrer „Komplexität und Entwicklung" unberücksichtigt bleiben 49 . Während O. Keel zur Begründung vorwiegend auf altägyptische Vorstellungen verweist,

37 38 39 40 41 42 43 44 45

46 47 48

49

P. Peeters (Anm. 33), S. 135. Vita, 7: O. Braun, a.a.O., S. 192; vgl. Chronik von Seert, 11,27, ed. A. Scher, PO VII,2, 1911, S. 155f. Vgl. E.I: S. 532f. Ph. Gignoux, 1968, S. 509-514; K. Kitamura, 1988, S. 83; 94f.; vgl. T. Jansma, OrSyr 4, 1959, S. 160f.; 271-278. Zur Exegese von Mar Aba vgl. B.Ib zu Anm. 76. Vgl. B.Ib, bes. zu Anm. 65-67; ferner E.I, bes. zu Anm. 395-398. VIII,25,4-8. Vgl. B.IVb2: S. 512-514. 1910, S. 626-628. Die Kosmologie der Babylonier, Straßburg 1890 (Nachdruck: Berlin - New York 1974). Vgl. die Diskussion um das Weltbild des Philolaos und Pythagoras von H. Berger, Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen, Leipzig 1903, bis W. Burkert, Weisheit und Wissenschaft, Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft 10, Nürnberg 1962; W. Ekschmitt, Weltmodelle, Kulturgeschichte der Antiken Welt 43, Mainz 1989. G.L. Bertolini, 1911; A. Nordlin, 1925. Übersicht bei W. Wolska, 1962, S. 136-141; 300-303; vgl. dies., 1978, Sp. 177. BiKi 40, 1985, S. 161; ders., in: B. Janowski - B. Ego (Hg.), Das biblische Weltbild und seine altorientalischen Kontexte, Tübingen 2001, S. 57; bei I. Cornelius, Journal of Northwest Semitic Languages 20/2,1994, S. 217; Β. Janowski, in: ders. - B. Ego (Hg.), a.a.O., l l f . B. Janowski, in: ders. - B. Ego (Anm. 48), S. 13; vgl. I. Cornelius (Anm. 48).

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betont z.B. R. Bartelmus 50 , daß die „Grundzüge" des Weltbilds, das „durch Gen 1 quasi kanonische Geltung gewonnen hat", aus Mesopotamien stammen. Analoges gilt für die Anschauungen vom kosmischen Bezug des Wohnorts der Gottheiten. „Jedem altorientalischen Tempel eignete eine  kosmische  Dimension, die auf einer  Entsprechungslogik zwischen Tempel und Welt beruhte" 51 . Von besonderem Interesse ist im Blick auf die CT 52 der Zusammenhang von Weltschöpfung und Bau des Heiligtums in der Priesterschrift, „die Struktur- und Sachentsprechungen zwischen Schöpfungsgeschichte ... und Sinaigeschichte ... und deren theologischen Implikationen" 53 . b. Zum Inhalt der Grundschrift Die Grundschrift der CT will eine Exegese des Hexaemeron vorlegen, die der Intention der Bibel, dem einen  σκοπός  beider  Testamente,  ge­ recht  wird  und  darum  im  Ausgang  vom verheißenen Eschaton, „der zukünftigen Katastase" 54 , die biblische Protologie bedenkt 55 . Vor allem will sie die in Gen. 1 bezeugte Gestalt des Kosmos beschreiben und das sphärische Weltbild durch den Aufweis widerlegen, daß einzig die biblischen Aussagen „die Phänomene wahren" und den Gegebenheiten der Natur, d.h. der Physik, entsprechen 56 . Grundlegend ist für diese biblische Kosmographie Buch II, auch wenn dort die aus Ex. 25,40 LXX gewonnene Basis für dieses Weltbild 57 nur angesprochen wird 58 , bevor sie in Buch III mit der Vision des Moses am Sinai begründet wird. Wenn die CT eine Beschreibung genannt wird, „die den ganzen Kosmos umfaßt" 59 , dann will K. damit sagen, daß sie die pagane Auf-

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54 55

56 57 58 59

In: B. Janowski - B. Ego (Anm. 48), S. 94-96. F. Hartenstein, in: B. Janowski - B. Ego (Anm. 48), S. 125. Vgl. E.I: S. 532f. zu Ex. 25,40 LXX, bes. zu Anm. 398. B. Janowski, in: ders. - B. Ego (Anm. 48), S. 231f.; vgl. ders., JBTh, 5, 1990, 37-69 (Nachdruck in: ders., Gottes Gegenwart in Israel, Neukirchen-Vluyn 1993, 213-246; Lit.). 11,3,7-8. Vgl. E.I: S. 532f. Zum antignostischen Hintergrund dieser vom Eschaton ausgehenden Sichtweise vgl. K.-H. Uthemann, Protologie und Eschatologie. Zur Rezeption des Origenes im 4. Jahrhundert vor dem Ausbruch der ersten origenistischen Kontroverse, in: W.A. Bienert - H. Kühneweg (Hg.), Origeniana septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts (Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 137), Leuven 1999, 399-458. 11,12-16. Ausführlicher zum Folgenden E.I-F.I: S. 532-554. Vgl. bes. B.IVb3 zu Anm. 175; E. S. 532; E.I zu Anm. 396-398; Ε.Π, Anm. 411; Ε.ΙΠ: S. 536; E.IV zu Anm. 529; E.V: S. 546; E.Vb zu Anm. 580; F.n zu Anm. 695. 11,35-36. 11,5,17. Vgl. den Titel von Π.

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fassung, der Himmel umfasse das All 60 , durch die christliche widerlege, daß „Himmel und Erde" das Umfassende oder Weltall sind 61 , dessen Gestalt 62 bis hin zur richtigen Beschreibung der Erde 63 und der Bewegung der Gestirne 64 von Gott geoffenbart 65 und darum glaubwürdig ist66. Denn das Schöpfungswerk, von dem Gen. 1 berichtet, hat Moses auf dem Sinai 67 und haben die zugleich mit „Himmel und Erde" geschaffenen Engel 68 geschaut. Ferner beweisen die Glaubwürdigkeit u.a. Paulus (II Kor. 12,2-4) 69 , die Wunder des AT und NT, die Erfüllung der Verheißungen wie die Zerstörung des Tempels von Jerusalem 70 und die Ausbreitung des Christentums 71 , in deren Dienst das Römische Reich gestellt ist, das nach Dan. 2,44 Th bis zum Weltende siegreich bestehen wird 72 . Zugleich will K. in Buch III aufweisen, daß die in Buch II vorgetragene Beschreibung des Kosmos als „Dogma der Christen" 7 3 die Ewigkeit der sichtbaren Welt, nicht aber des Himmels, d.h. des Firmaments, ausschließt 74 . Denn dieses ist im biblischen Kosmos fest mit dem zu Beginn geschaffenen „ersten Himmel" verbunden 75 . In Buch IV bietet die CT eine kurze, von Zeichnungen begleitete Zusammenfassung zum biblischen Weltbild und im reich illustrierten, umfangreichen Buch V die biblische Begründung desselben nach Mar Aba 76 sowie einen langen „Traktat über die zwei Katastasen" 77 , der nicht von K. stammt und der Begründung der Soteriologie und Eschatologie aus AT und NT dient. 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72

73 74 75 76 77

11,7. 11,6; 8-11. 11,17-23; 35-36; vgl. E.II: S. 534-536; E.IV: S. 543-545. 11,24-33; 37-65; 78-82; vgl. Ε.ΙΠ: S. 536-543. 11,34; 83-102; vgl. E.V: S. 545-551. II,Ulf.; ΙΠ, 13,7-10; 50,1-3; 80,2. Ein Thema von Buch ΙΠ. ΙΠ, 13-14; 25-27; 34f.; 50-56. ΙΠ,28-33; 36-49; vgl. E.Vd: S. 550f., bes. zu Anm. 605; 606. Vgl. E.Vd zu Anm. 611. ΙΠ,62-63. ΙΠ,64-66; U. Maiburg, JbAC 26, 1983, S. 53. 11,74,1-7; 75,1-5.8-10; Voraussetzung: Dan. 2 , 3 1 ^ 5 ; 7,1-14 Th ist für Κ. (Π,66-77) wie für die syrischen Exegeten mit dem Untergang der Diadochen erfüllt; vgl. G. Podskalsky, 1972, S. 16-18; S. de Boer, 1982, S. 123-129; S.G. MacCormack, 1982, S. 294-297. ΙΠ,80,6-10; 86,3-6. ΙΠ,77-87, bes. 81. 11,20,9-10; 21,6.12; IV,4,3-4; 9,1-3. Diese These ist vor allem auch Thema von VII (vgl. B.IVbl: S. 508-512). V,l-65; vgl. E.I zu Anm. 397. V,67-219; 241-244. Zur Abgrenzung des Traktats, die von jener abweicht, die W. Wolska-Conus vertritt, sowie zum Verhältnis zur Osterchronik (C.II zu Anm. 360370) vgl. das in Anm. 1 Gesagte. Zum Traktat vgl. auch B.IVb3 zu Anm. 187; 199.

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II. Die um Buch I erweiterte Grundschrift Im überlieferten Text der CT steht vor der Grundschrift, fest mit ihr verbunden, ein kleiner polemischer Traktat gegen christliche Zeitgenossen, die am sphärischen Weltbild der Antike festhielten 78 . Er ist niemandem gewidmet und, wie es auf Grund von VIII,20,1-4; 25,4-879 naheliegt, sofern das Prooimion der zur Zeit der Abfassung von Buch VIII schon publizierten CT mit deren Einleitung zum heutigen Buch II identisch ist80, bei einer zweiten Publikation als Buch I zur Grundschrift hinzugefügt worden. In ihm wird die eigene Position nicht begründet. Es werden nur Argumente vorgetragen, welche die Kugelgestalt des Kosmos und seines unbewegten Zentrums, der Erde, sowie bestimmte naturphilosophische Hypothesen, die zur Begründung dieser Sicht des Kosmos herangezogen wurden, widerlegen oder in Frage stellen sollen. Dieser Ausgabe in fünf Büchern des vom Autor selbst „CT" genannten Werks81 wurde eine ausführliche Beschreibung des Inhalts vorangestellt82, die eine Dublette der kurzen Übersicht in 11,5 aus der Grundschrift ist und um die Angaben zum Buch I erweitert wurde. Auch die am Ende von Buch II vorgetragenen Argumente 83 dürften erst zu diesem Zeitpunkt zur Grundschrift hinzugefügt worden sein. Jene in 11,104—110 beziehen sich auf Probleme aus Buch I, die in Buch II zuvor nicht angesprochen waren, und folgen in umgekehrter Reihenfolge den entsprechenden Aporien in Buch 1,20-29, während 11,103 sich an die zuvor abgehandelte Frage der kosmischen Funktion der Engel anschließt84 und andeutet, warum die in 1,9-13 genannten Aporien der Astronomie gegen das sphärische Weltbild im biblischen Kosmos nicht auftreten 85 . Beide Bücher schließen mit der für die CT wichtigen Aussage, daß den Engeln ein Ort im Kosmos zukommt 86 . In der Überleitung zu diesem durch die Aporien von Buch I angeregten Teil sagt K., daß „schon oben bewiesen ist", daß die Erklärung von Sonnen- und Mondfinsternis im sphärischen Weltbild nicht den 78 79 80 81

82 83 84 85 86

1,3,1-4,1; Π,5,1-6. Zitiert zu Anm. 29; 30. Zu Buch VIII vgl. B.IVb2: S. 512f. Anders C. Schölten. Vgl. Anm. 31. 11,5,16-17 in der Grundschrift (vgl. zu Anm. 2), wiederholt in der auf Π,5 basierenden Pinax, Z. 19-21, die, soweit sie Π,5 wiedergibt, wie die in Anm. 82 genannte Expositio  (ύπόθεσις) für die Publikation der um Buch I erweiterten Grundschrift angefertigt wurde. Expos. 4r-8. 11,103-110. 11,83-86; 96-100. Vgl. E.Vd: S. 550f. 11,103,11-16. 1,30-32; 11,108-110. Vgl. E.Vd zu Anm. 605; 620-626.

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beobachteten Tatsachen genüge 87 . Diese Behauptung läßt sich trotz Expos. 4,3-5 und 1,2,10-13 nicht verifizieren 88 und deutet darauf hin, daß zumindest 11,103, wahrscheinlich aber 11,103-110 beim Hinzufügen von Buch I aus einem schon vorliegenden Text übernommen wurde. Dem internen Verweis in 11,65,11-15 fehlt im „Traktat, der diesem vorhergeht," der Bezugspunkt, nämlich ein kurzer Beweis, daß „einige moderne" pagane Geographen sich an Unmögliches gewagt haben, um „ihre Vorgänger, die Alten", zu widerlegen. Gemeint ist die Hypothese einer bewohnten Terra incognita, die sich südlich der sog. verbrannten oder heißen, darum unbewohnten „Klimazone" (£ωνή) befinde 89 . Diese wird jedoch einzig im Prolog90, der zur der LS-Edition91 gehört, und in Buch VI,7,2-492 angesprochen und implizit in einem Zitat aus Ephoros ausgeschlossen 93 , während man in Buch I weder eine Widerlegung „moderner Geographen" noch die Frage der Terra incognita findet.

III. Die um einen Anhang erweiterte Publikation Die Textgestalt der um Buch I erweiterten Grundschrift basiert auf einer Edition, die vom Buch VII vorausgesetzt wird 94 . In ihr wurde die CT in fünf Büchern zugleich mit einem Text veröffentlicht, der als die CT abschließende „sechste Abhandlung" bezeichnet wird. Ihr Titel „Über die Größe der Sonne" nur das erste Drittel seines Inhalts 95 und eine kommentierte Illustration abdeckt, die am Ende dieses Buchs steht, doch in der Ausgabe von W. Wolska-Conus wohl zurecht nach vorn gezogen wurde 96 . Denn die Zeichnung veranschaulicht das Argument für die Berechnung der Größe der Sonne97 und dürfte ursprünglich jener zu VI, 12 gegenübergestanden haben 98 . Unerwähnt bleiben im Titel (1) die Aufzählung von biblischen Aussagen, die zeigen, daß Gott

87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98

11,103,9-10. Zu K.' Erklärung der Eklipsen vgl. E.Vb-c: S. 547-549 sowie B.Vel zu Anm. 293-301. Anders W. Wolska-Conus im Apparat. Zu den genannten Stellen vgl. zu Anm. 572. 11,65,4-12; vgl. E.ffla zu Anm. 444; 445. 1,18-19. Vgl. zu Anm. 104; B.Va: S. 517f. Zu Buch VI vgl. B.ffl: S. 505f. Π,79-80. VII,4. VI,1-12; vgl. E.IIId: S. 541-543. VI,13. VI,7. VI, 13,2-3.

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im Beginn die beiden genannten Katastasen geschaffen hat", und (2) die darauf folgende eschatologisch argumentierende Polemik, die sich (a) gegen die paganen Vertreter des sphärischen Weltbilds, die eine Ewigkeit des Kosmos annehmen, sowie gegen die Manichäer als deren Adepten und (b) gegen die Juden und die Samaritaner richtet, die zwar keine Anhänger des sphärischen Weltbilds seien, aber die biblischen Aussagen über die zweite Katastase nicht begreifen 100 . Buch VI wird in der Pinax als Anhang gekennzeichnet 101 und ist, wie seine ersten Worte zeigen 102 , nach Abschluß der um Buch I erweiterten Grundschrift entstanden. Zwei Mal wird in ihm auf deren zweites Buch verwiesen 103 . In VI,10,3-4 wird ein Adressat angesprochen. Da dieser zuvor nicht in Erscheinung tritt, liegt es nahe, daß der Text einer schon vorliegenden Abhandlung entnommen wurde. Nun wird im Prolog der LS-Edition ein Werk zur Geographie mit Zeichnungen zur Größe der Sonne und zur Theorie der unbewohnten, da heißen Zone im Süden genannt 104 . Wegen der Illustrationen zu VI,12-13 rechnet W. Wolska-Conus 105 damit, daß dieses Werk die Quelle von VI,1-13 ist 106 .

IV. Die um vier Texte erweiterte V-Edition In einem in Konstantinopel im 9. Jahrhundert angefertigten illuminierten Unzialkodex, dem Vaticanus gr. 699 (Vat.) 107 , liegt eine Textgestalt vor, die ursprünglicher ist als jene einer zweiten Überlieferung, die in zwei Codices des 11. Jahrhunderts, dem Sinaiticus gr. 1186 (S) und Laurentianus Plut. IX,28 (L) erhalten geblieben ist 108 . Beide Ausgaben der CT stammen vom selben Archetyp ab, der auf eine Publikation der CT zurückgeht, die hier V-Edition genannt wird. Die neuen Texte greifen Themen der Grundschrift auf, sei es um die wichtigsten Thesen im Blick auf einen bestimmten Gegner gestraffter darzustellen (Buch VII), sei es um Details ausführlicher zu bedenken (Buch VIII; IX), sei es um durch Kommentare zu Testimonien die Übereinstimmung mit der Tradition zu beweisen (Buch X). 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

VI,14-23. VI,24-34. Z. 22-23. VI, 1,1-2. VI,6,1-6:11,48,7-12, vgl. VI,5,1-2; VI,12 [4]: 11,58,2; 64,3-9. 1,6-20; vgl. B.Va: S. 517f. 1968, S. 29; 125, Anm. 1. Vgl. auch das zu Anm. 119; 227 und 389 Gesagte. K. Weitzmann, 1935, S. 4f.; 59. LS-Edition: vgl. B.V zu Anm. 207-211.

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a. Der Archetyp der handschriftlichen Überlieferung, eine nicht von K. besorgte Publikation? Dieser Archetyp wird von W. Wolska-Conus 109 als „copie revisee", d.h. als eine Abschrift des „Originals der CT" gekennzeichnet, in der Scholien auftreten, die teils nicht vom Autor selbst stammen 110 , teils in den Text gewandert und nicht mehr als Glossen unterschieden sind 111 . Sie finden sich nur in der Grundschrift (II-V) sowie in 1,5,2, wo zwei kurze Glossen erläutern, wer die Vertreter der beiden im Text genannten Thesen sind. Beide Glossen wären sehr einfach ohne Eingriff in den syntaktischen Aufbau des Satzes in den Text einzufügen gewesen. Denn statt zu sagen, „einige" würden diese Auffassung vertreten, hätte man schreiben können, sie werde von „den Anhängern Piatons" bzw. von „jenen des Aristoteles" verteidigt. Darum dürfte es unwahrscheinlich sein, daß die Glossen von K. selbst stammen, es sei denn, dieser habe den uns in der V-Edition vorliegenden Text der um Buch I erweiterten Grundschrift von einem Kopisten abschreiben lassen und für diesen das, was nun als Glossen erscheint, als Korrektur notiert, ohne jedoch vom Kopisten begriffen worden zu sein. Die genannten Tatsachen lassen als Erklärung zwei Hypothesen zu, die beide annehmen, daß diese Scholien nicht von K. verfaßt worden sind. Die erste geht davon aus, daß sie im Lauf der handschriftlichen Überlieferung des der V-Edition zugrunde liegenden Texts entstanden sind, so daß ihr  terminus  ante die Spaltung der Tradition in zwei Zweige gewesen ist. Diese Hypothese, die dem entspricht, was man normalerweise in handschriftlicher Überlieferung beobachtet, mißt der Tatsache, daß die Scholien nur in der Grundschrift (II-V) und in 1,5,2 auftreten, keine besondere Bedeutung zu. Aus ihrer Sicht kann dies nur ein purer Zufall sein. Diese Erklärung akzeptiert W. Wolska-Conus ohne weitere Bedenken in ihrer Edition, in der sie davon ausgeht, daß der gesamte Text der uns vorliegenden CT (I—XII) von K. selbst verfaßt und so, wie er in der V-Edition noch am besten erhalten ist, publiziert wurde. Nun läßt sich aber nicht ausschließen, daß die genannten Scholien oder Glossen schon in jenem Text der Grundschrift (II-V) bzw. ihrer um Buch I erweiterten Ausgabe standen, der vor Buch VI publiziert und in der V-Edition aus einem Modell, in dem Buch VI als Anhang hinzugefügt worden war, kopiert wurde. Da sie zumindest teilweise

109 1968, S. 62; 86; 185. 110 Vgl. die ebd., S. 78f„ genannten Texte. Zu 11,60-63 vgl. ebd., S. 72-75. Beachte, daß von den Scholien oder Glossen die Exkurse  (παραγραφαί)  zu  unterscheiden  sind  (vgl.  B.VI:  S.  526).  111  Zu  diesen  vgl.  ebd.,  S.  62­65;  76f. 

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nicht von K. selbst verfaßt sind, läßt sich nicht ausschließen, daß schon die in der V-Edition benutzte Vorlage und somit wahrscheinlich auch die mit dem Archetyp identische V-Edition selbst nicht von K. bzw. nicht unter seiner direkten Aufsicht besorgt wurde, auch wenn alle Bücher dieser Edition (I-X) höchst wahrscheinlich von ihm selbst verfaßt worden sind. Auf den Archetyp geht auch eine Zeichnung zurück, die im Vat. zu 11,55, in S jedoch am Ende von VI zusammen mit zwei anderen Illustrationen überliefert ist, die nicht zu VI gehören112. Sie stellt eine Gazelle zwischen zwei Dattelpalmen dar, über denen jeweils ein Vogel abgebildet ist. Wie bei den Illustrationen von Buch XI113 ist eine Erklärung hinzugefügt 114 , doch unterscheidet sich die Zeichnung von diesen auf Grund ihrer künstlerischen Qualität. Nach K. Weitzmann läßt sie eine antike Vorlage erkennen 115 . Nach W. Wolska-Conus stammt sie aus Buch XI116 bzw. aus dem geographischen Werk117, das im Prolog genannt wird, der nur in L und S, doch nicht im Vat. überliefert wird118, und aus dem K. das erste Drittel von Buch VI übernommen habe119 und in Buch XI120 Exzerpte wiedergebe 121 . Ein Zusammenhang mit zwei Zeichnungen von Buch XI, die sich ihrer Qualität nach ebenfalls von den Illustrationen der CT unterscheiden, läßt sich nicht beweisen. b. Zum Inhalt der hinzugefügten Texte 1. Buch VII, ein Traktat wider Johannes Philoponos? Buch VII, ursprünglich ein selbständiger Traktat „über den ewigen Bestand der Himmel", verteidigt mit der Lehre von den zwei Katastasen zum einen die Ewigkeit des ersten und zweiten Himmels, d.h. auch jene des Firmaments 122 , und zum anderen die Vergänglichkeit der

112 Vgl. auch B.Ve3: S. 524f. 113 2,1-4; 5,2; 6,2; 11,1.8; 13,7-8. 114 Zu dieser vgl. Philostratos, Vita Apollonii, ΠΙ,49; Plinius, Hist, nat., ΧΠΙ,42; zur Ikonographie vgl. ebd., X,3, mit Komm, in der Edition von E. de Saint Denis, Paris 1961, S. 106. 115 Ders. - M. Bernabo, 1999, S. 303. 116 1973, S. 52. 117 1968, S. 58. 118 1,6-20. Vgl. B.Va: S. 517f. 119 Vgl. Β.ΠΙ zu Anm. 105-106; B.Va zu Anrn. 227. 120 Vgl. B.Vc: S. 519. 121 1968, S. 57; 141; 175; vgl. D zu Anm. 390. 122 VII,8,8-13; 10,1-2. Zur Verbindung beider Himmel vgl. VII,8,9.12; 71,9. Vgl. auch B.Ib zu Anm. 74; 75; E.I, Anm. 394.

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sichtbaren Welt, um so die pagane Auffassung von der Ewigkeit des Kosmos zu widerlegen. Der Traktat richtet sich gegen eine antipagane Schrift, in der ein gelehrter, namentlich nicht genannter Autor, der „sich rühmt, Christ zu sein", zum einen das sphärische Weltbild vertreten und „den Himmel als eine ewig drehende Kugel" aufgefaßt, zum anderen aber zu beweisen gesucht hat, daß dieser Himmel vergänglich ist123, womit er sich gegen die gesamte pagane philosophische Tradition gestellt habe124, sofern diese von der Kreisbewegung der Himmelsphären auf die Ewigkeit des Kosmos geschlossen hat125. Da er die Grundlagen des sphärischen Weltbilds akzeptiere, die K. schon „in einer anderen Schrift"126 widerlegt hat127, und da der genannte Schluß korrekt sei, sofern, „was stets bewegt ist, als solches nicht vergänglich sein kann"128, könne er die Vergänglichkeit des Kosmos nicht beweisen. Wichtig ist, daß K. die von ihm bestrittene Schrift nur auf Grund der Aussagen des Adressaten kennt129. Nach B. Schleißheimer130 wendet sich Buch VII „ziemlich eindeutig gegen Phil."; gleicher Meinung ist W. Wolska-Conus 131 , die sogar einen direkten Zusammenhang mit der Schrift „Über die Auferstehung" (CPG 7272), ein Spätwerk von Phil., annimmt, ohne jedoch Konsequenzen für ihre Datierung der CT auf 547/549 n.Chr. zu ziehen132, die sie wegen des in VII,95,6 geäußerten Verdachts, der Gegner sei zumindest „teilweise" Anhänger des Origenes, bestätigt sieht. Denn sie meint, es handele sich um einen Widerhall des ersten, 543 erlassenen Edikts von Kaiser Justinian gegen die Origenisten (CPG 6880) und des daraufhin von diesen ausgelösten DreiKapitel-Streits. Letzterem schließt sich C. Schölten an133. Er verweist zugleich134 auf die in 1,12,3-10 vorgetragene Aporie zur Epizykeltheorie, um einen Zusammenhang mit dem 6. Anathematismus des ge-

123 124 125 126

ΥΠ,1,4-10; 95,1-4. VII,2,11-3,2. VII,2,1-2. VII,1,13-15; vgl. D: S. 531.

127 νΠ,Ι,Π-2,11. 128 129 130 131 132 133 134

VII,2,4-9. VII,1,4-8; 95,1-2. 1959, S. 102. Vgl. bes. 1962, S. 183-191. Vgl. CHI: S. 530f„ bes. zu Anm. 373. 1996, S. 56f.; 180; 382, Anm. 414 mit S. 383; vgl. ebd., S. 93-97. 1996, S. 71; 338; 382.

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nannten Edikts 135 herzustellen, sofern K. dieser Theorie die Annahme einer Beseelung der Gestirne unterstellt 136 . Sollte Phil, der Gegner sein, den K. in VII bekämpft, dann hat er (oder seine Quelle) Phil.' Argumente und deren Tragweite für eine Theologie der Schöpfung nicht verstanden. Bedenkt man die in VII vorgetragenen Argumente, dann könnten vier Thesen von Phil, angesprochen sein: (1) Das Ende der Welt ist als eine Umwandlung zum Besseren zu verstehen. (2) Die Auferstehung des Fleisches bedeutet die Schöpfung einer neuen körperlichen Identität. (3) Die Wahrung der Identität in der Auferstehung geschieht durch die Geistseele. (4) Den Engeln ist eine immaterielle, „überkosmische" Existenz ohne Ort zu eigen, wie auch immer dieser Ort aufgefaßt wird, sei es als ein Ort außerhalb, sei es, wie K. es als Anhänger von Theodor von Mopsuestia annimmt137, als ein Ort innerhalb des Kosmos. Nach K. handelt es sich um eine bestimmte Schrift 138 , in der diese Gedanken „wider die Heiden" 1 3 9 vorgetragen wurden. Obwohl er nicht sagt, daß es dort einzig um diese Fragen ging, kann nicht Phil.' Kommentar zum Hexaemeron (CPG 7265) gemeint sein 140 . Von den erhaltenen Werken von Phil, kommt am ehesten ein Werk in Frage, das er schon 529 in seiner Schrift gegen Proklos' „18 wider die Christen gerichteten Argumente für die immerwährende Dauer des Kosmos" (CPG 7266) 141 angekündigt hat, um einen vollständigeren Beweis dafür zu liefern, daß die Kreisbewegung an sich nicht ewig sein kann 142 , nämlich die im folgenden Decennium verfaßte Widerlegung von Aristoteles'  quinta  essentia143 und dessen Analyse von Bewegung 135 ACO ΙΠ, S. 213,27-28; wiederholt im Libellus des Theodor von Skythopolis (CPG 6993): PG 86,1, 233 D 1-4. 136 Vgl. F.I zu Anm. 664. 137 Vgl. E.Vd, bes. zu Anm. 620-625. 138 VII,1,7-8; 95,1. 139 VII,1,5. 140 Vgl. auch C. Schölten, 1996, S. 71. Der genannte Kommentar wird im folgenden zitiert (1) nach G. Reichardt (ed.), Joannis Philoponi de opificio mundi libri VII, Leipzig 1897; (2) in Klammern nach der kritischen Rezension dieser Ausgabe von C. Schölten 1997. 141 Hg. v. H. Rabe, Leipzig 1899 (Nachdruck Hildesheim 1963); zu Proklos vgl. M. Baltes, Die Weltentstehung des platonischen Timaios nach den antiken Interpreten, II, PhAnt 35, 1978, zum Text des ersten Beweises von Proklos vgl. auch M. Maroth, AAH 30,1982/84, S. 181-189. 142 CPG 7266: VII,6, S. 258,21-259,6; X,6, S. 399,20-400,3. 143 C. Wildberg, John Philoponus' Criticism of Aristotle's Theory of Aether, Peripatoi 16, 1988; schon in CPG 7266 (Anm. 141): ΧΠΙ,6-7; 14, S. 492,5-493,29; 517,7-519,17.

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und Zeit als Begründung für die nichtzeitliche Entstehung und ewige Dauer des Kosmos144. Denn zum einen zeigt das einzige überlieferte Fragment aus Buch VIII von Contra Aristotelem, daß dort die Frage der Neuschöpfung im Eschaton mit biblischen Argumenten 145 angesprochen wurde 146 . Zum anderen hat Phil, in Buch VI ausführlich über die im Willen Gottes begründete Vergänglichkeit des Kosmos gehandelt 147 und dessen Ende trotz Vernichtung der Gestalt148 als eine „Umwandlung zum Besseren" bezeichnet149. Auch für die in Buch VII angesprochene Vorstellung „fester Sphären" 150 könnte man sich auf Contra Aristotelem berufen 151 . Doch ist aus diesem Werk kein Fragment erhalten geblieben, in dem die Wahrung der Identität der Auferstandenen bedacht wird. Ebenso wissen wir nichts über den Inhalt von Buch VII dieser Schrift, und das einzig erhaltene Fragment aus Buch VIII152 bezeugt gerade keine radikale Vernichtung des Kosmos und somit des Firmaments oder „der Himmel", wie K. polemisch sagt, und bleibt somit offen für die in Fragment 132 vorgetragene Idee einer „Umwandlung zum Besseren", wie sie K. selbst vertritt 153 und in Buch VI,23,4 eine μεταβολή του  κόσμου  επί  τό  κρειττον  nennt.  Trotz  aller Ubereinkünfte ist es unwahrscheinlich, daß K. Contra Aristotelem gemeint hat. Das Thema dieser Schrift dürfte kaum zu einer Reaktion der Kreise um K. geführt haben; insbes. fehlt in CT VII jeder Hinweis, daß es in jener von K. bestrittenen „Schrift wider die Heiden" 154 wie in Buch I-V von Contra Aristotelem um die Bestreitung von Aristoteles' Äthertheorie ging. Schließlich läßt 144 Fragmente zitiert nach C. Wildberg, Philoponus. Against Aristotle, on the Eternity of the World, London 1987, und sofern bei Simplikios überliefert, nach diesem; Übersicht über die Fragmente: C. Wildberg, Criticism (Anm. 143), S. 247-250. 145 Matth. 24,35, interpretiert nach II Petr. 3,12-13 (CT VII,60-67; 77,7-9) und Is. 65,17; 66,22 LXX; Apk 21,1. 146 Fragm. 134, aus dem Syrischen. 147 Fragm. 127-132, bes. Fragm. 129: Simplikios, In Phys. VIII,1, ed.h. Diels, CAG X, S. 1173,12f.; Fragm. 131: ebd., S. 1177,23f.; vgl. auch Fragm. 80: Simplikios, In de caelo, 1,3, ed. I.L. Heiberg, CAG VII, S. 142,7-25; C. Wildberg, Criticism (Anm. 143), S. 203f. 148 Fragm. 131: Simplikios, In Phys. VHI,1 (Anm. 147), S. 1177,24-26; vgl. Fragm. 116: ebd., S. 1142,8-16. 149 Fragm. 132: ebd., S. 1177,38-1178,5. 150 CT VII,92,1-2 mit Exkurs VII,90,4-8. 151 Fragm. 90-91: Simplikios, In de caelo 1,4 (Anm. 147), S. 173,25-174,13; 175,13-22; C. Wildberg, Criticism (Anm. 143), S. 224-227; vgl. Fragm. 47-^8: Simplikios, In de caelo 1,3, a.a.O., S. 75,30-76,14.23-26; 77,26-27 (C. Wildberg, a.a.O., S. 156-158; C. Schölten, 1996, S. 303) mit In Meteor. 1,3, ed. M. Hayduck, CAG XIV, S. 42,1-12 (C. Wildberg, a.a.O., S. 159); vgl. F.I zu Anm. 669-671. 152 Fragm. 134 (zitiert zu Anm. 146). 153 VII,65,3-4; 66,5-6; 67,5-8. 154 VII,1,5.

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sich nicht entscheiden, ob sich K. in Buch VII tatsächlich nur auf das eine genannte Werk seines Gegners bezieht und nicht auch Gedanken aus anderen Schriften aufgreift. Vielleicht wüßten wir mehr, wäre die von Phil, in seinem Kommentar zum Hexaemeron (CPG 7265) genannte Schrift gegen Theodor von Mopsuestia und seine Anhänger erhalten geblieben 155 . Auffällig ist Phil.' Kontinuität im Argumentieren 156 , so daß nicht ausgeschlossen ist, daß er schon lange vor jener späten, wahrscheinlich letzten Schrift „Uber die Auferstehung" (CPG 7272) die Wahrung der Identität in der Auferstehung mit der Geistseele begründet hat. Übersieht man das Gesagte, dann bleibt offen, ob Phil, der von K. in Buch VII angezielte Gegner ist, dessen Thesen K. nicht aus eigener Lektüre, sondern nur aus deren Widerhall in seiner Lebenswelt gekannt und den er mit Origenes assoziiert hat 157 , wobei vielleicht Aussagen über die Präexistenz der Seele eine Rolle gespielt haben, mit denen K. Konsequenzen für die Eschatologie verbindet 158 . 2. Buch VIII über die Rezeption des biblischen Weltbilds in Babylon Diese kurze Abhandlung besteht aus zwei Teilen. Zum einen wird das Gebet des Königs Hiskias von Juda (716-687 v.Chr.) in Is. 38,9-20 LXX, wie im Codex Alexandrinus „Lied"  (ώδή)  genannt,  kommentiert 159 ,  wobei  der  Kontext 160  als  eine  Bekehrungsgeschichte  eingebracht  wird.  Hiskias  gibt  wegen  des  Sonnenwunders  von  Is.  38,8  seinen  mit  Is.  7,14  LXX begründeten Anspruch auf, der verheißene Messias zu sein 161 . Zum anderen bietet dieses Wunder dem Autor einen Anlaß, das sphärische Weltbild anzugreifen. Nach Is. 38,8 sei die Sonne um 3 Uhr mittags nach Osten in den Zenith zurückgelaufen 162 . Dieses Wunder hätten auch die Babylonier beobachtet. Darum haben sie eine Gesandtschaft zu Hiskias geschickt 163 . So erhielten sie erstmals und später durch Kyros II. (559-529 v.Chr.), der Is. gelesen habe, Kunde vom biblischen

155 CPG 7265 (Anm. 140): 1,17, S. 42,2-6 (150,9-12); VI, 15, S. 261,13-16 (554,25-27). 156 Trotz K. Verrycken, The Development of Philoponus' Thought and its Chronology, in: R. Sorabij (Hg.), Aristotle Transformed, London 1990,, S. 233-274; ders., Johannes Philoponos, RAC 18,1998, Sp. 534-553. 157 VII,95,6. Vgl. S. 509 zu Anm. 131; 133. 158 VII,93,3-7. 159 VIII,7,5-14,10. 160 Is. 36,1-38,8 mit Π Chron. 32. 161 Vni,4,l-7,5. 162 VIII, 15-16; 19,10-13. 163 VIII,18,1-19,4 nach Is. 39,1-2; IV Reg. 20,12-13.

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Weltbild164, wie es in der Grundschrift der CT beschrieben sei165. Einzig wegen dieser Aussage wurde die Abhandlung, die bis hin zur Babylonischen Gefangenschaft Dinge berichtet, die für die CT irrelevant sind, in die V-Edition aufgenommen. Nach K. sind die Babylonier die ersten, die ein kugelförmiges All, „die barbarische Sphaira"166, erfunden haben, die unter Kyros II. der Kosmographie der Bibel gewichen sei. „Von den Babyloniern" 167 haben die Christen dieses Weltbild übernommen. Man kann K. das Buch VIII nicht absprechen, auch wenn es eine Exegese von Is. 40,22a LXX vorträgt168, die diesen Vers nicht wie in der Grundschrift 169 , im Exkurs zu VII,84 und im kommentierten Florileg170 auf den „ersten Himmel" von Gen. 1,1, sondern (wie auch in XII,13,14)171 auf das Firmament bezieht und darum die Unterseite des Firmaments nicht als flache Decke172, sondern wie allgemein in der Tradition Antiochiens 173 als Gewölbe auffaßt. Es ist unwahrscheinlich, daß K. als Autor nicht um den Unterschied gewußt hat. Doch muß der Hg. der VEdition diesen nicht erkannt haben. Warum K. in Buch VIII diese Exegese einbringt, ist nicht zu erkennen; er deutet nirgends an, daß er bewußt eine Korrektur vornimmt. 3. Buch IX und X als Appendices In der V-Edition werden beide Bücher ohne Titel überliefert und in der Pinax174 vom Vorhergehenden als Anhang abgehoben. In Buch IX liegt ein in sich geschlossener Gedankengang zu einer biblischen Begründung des Kalenders vor, die auf Ex. 25,40 LXX und 164 VIII,20,4-24,11; vgl. 19,7-8; 25,2-4. 165 Zum Zusammenhang mit der Grundschrift vgl. VIII,20,1^; 25,4-8 (zitiert zu Anm. 29; 30; vgl. Β.Π: S. 504f.). 166 ΠΙ,1,1-7; 5,1-7; VIII,19,4-7; 25,1-2; vgl. zu dieser Erfindung der Chaldäer Anm. 277278 (anders in ΧΠ: Vgl. B.Vd zu Anm. 279-281). Nach F. Boll, Sphaera, Leipzig 1903 (Nachdruck: Hildesheim 1967), S. 363-367: Terminus für die Sternbilder (vgl. Phil., CPG 7265 [Anm. 140]: VII,14, S. 307,21 [638,10-11]) in ihrem Auf- und Untergang, der von den Ägyptern (F. Boll, S. 367-372) in Abhängigkeit von den Chaldäern benutzt wurde. 167 VIII,25,4: έξ ων; anders, hieße es ursprünglich έξ ου, seil.  Ήσαίου.  168  VIII,19,7­8; 20,4­14;  25,3­4.  169  Vgl. Ε.Π: S. 543f., bes. zu  Anm.  412.  170  X,39,5­7.  171  Vgl. B.Vd, Anm.  264.  172  Vgl. B.Ve3 zu  Anm. 315; Ε.Π zu  Anm.  412.  173  Vgl.  die  bei  C. Schölten, 1996, S. 278-295 zitierten Quellen, ferner Phil, zu den Anhängern Theodors (CPG 7265):  ΠΙ,10,  S.  131,25­26  (316,3­4);  ΠΙ,ΙΙ,  S.  141,16­24  (334,14­336,3).  174  Z. 29, Apparat:"Ετι  (Hs.  Έ τ ι )  καταγραφή  κτλ. 

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Hebr. zurückgeht 175 und die Einrichtung des Bundeszelts als Ur- bzw. Abbild des Kosmos auffaßt, somit den Leuchter im Heiligen als Darstellung der drei den Kalender bestimmenden Zyklen von Tierkreis, Sonne und Mond 176 . In diesen Zusammenhang wurden später in der von L und S bezeugten Überarbeitung zwei Texte 177 interpoliert 178 . Ausdrücklich weist K. darauf hin, daß er an das anknüpft, was er in Buch II über die Engel als Beweger der Gestirne vorgetragen hat 179 , und wiederholt u.a. zur biblischen Begründung des innerweltlichen Orts und Dienstes der Engel und des Aufbaus des Kosmos Gedanken der Grundschrift 180 . Seine Darstellung der Lehre von den zwei Katastasen ls1 mit ihren Aussagen über den Ort, der während der ersten Katastase den Engeln unter dem Firmament 182 und den Seelen der Gerechten im Paradies zugeteilt ist183, trifft sich bes. mit Buch VII 184 . Beide Aussagen gehen auf Gedanken der erweiterten Grundschrift 185 zurück 186 . Im Blick auf die zweite Katastase fehlt hier wie ansonsten in der CT jede Aussage über einen Ort der Verdammten oder die Hölle, sieht man vom „Traktat über die zwei Katastasen" 187 ab, der nach Matth. 25,41 den Verdammten mit dem Teufel einen Ort „unten um die Erde herum" 1 8 8 und nach Matth. 25,11-12 den lauen Christen einen Ort unter dem Firmament 189 zuweist. Buch X besteht aus einem kommentierten Florileg, das aufweisen soll, daß die Kosmographie der CT mit der Lehre der Väter übereinstimmt. Es setzt voraus, daß die CT schon bekannt ist 190 . Sollte dieser Hinweis nicht vom Hg. der V-Edition stammen, sondern zur ihm vorliegenden Urfassung des Florilegs gehören 191 und darum, was wahr175 176 177 178 179 180 181 182 183

184 185 186 187 188 189 190 191

Vgl. B.Ib zu Anm. 57; E.I zu Anm. 397; E.V zu Anm. 548-551; 558-560. Vgl. E.Va zu Anm. 564-565. IX,4-5; 26-28. Vgl. B.Vel-2: S. 523f. Anders W. Wolska-Conus, 1968, S. 34; 125, Anm. 1. IX,6,7-11; vgl. Π,83-85. Vgl. E.Vd: S. 550f. IX,23. IX,16-17; 19; vgl. E.Vd zu Anm. 610. IX,18; nach Luk. 23,43; vgl. 11,95; 110; ohne Seelenschlaf, wie ihn Syrer seit dem 4. Jh. (P. Bruns, CSCO 549, 1995, S. 409-416), u.a. auch Narsai (P. Krüger, in: OrSyr 4, 1959, S. 193-210; Ph. Gignoux, ebd., 11,1966, S. 331-334; 12, 1967, S. 31), vertreten. VII,48-51; 56-59. 11,108-110; vgl. Β.Π zu Anm. 86. Zur Exegese von Phil. 2,10 in 11,107 in der Handschrift L vgl. B.Ve3 zu Anm. 313. V,67-219; 241-244. Vgl. B.Ib zu Anm. 77. V,184,11-12; 185,12-14; 188,13-14; 241,4-5. V,185,14-17; 186,14-15; 188,14. X,1,1-4. Χ , Ι ^ Ι . Zur Ergänzung dieses Florilegs in der LS-Edition vgl. S. 518.

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scheinlich ist, auf K. selbst zurückgehen, dann kann nicht jene Publikation der Grundschrift gemeint sein, die in der V-Edition vorliegt, sollte die Hypothese zutreffen, daß diese Edition nicht mehr von K. betreut worden ist 192 . Wenn also der Hinweis zum ursprünglichen Text gehört und dieser von K. selbst verfaßt wurde, dann meint er eine von K. selbst besorgte Ausgabe der Grundschrift, nicht aber jene der V-Edition. Zu dem Florileg von Buch X sah sich K. veranlaßt, weil Leser der CT unter Berufung auf „unsere Väter" gegen die in der CT vorgetragene Interpretation der Bibel einwandten, daß die Bibel ihrer Intention nach nichts über das Thema der CT, nämlich „nichts über Gestalten und Orte" des Kosmos, aussage und daß die CT darum einen für die kirchliche Überlieferung „fremden Weg" beschreite 193 . Darum will K. Väter zitieren, die auch von diesen Lesern als Autorität anerkannt werden 194 . Doch von den Testimonien stimmen einzig jene des Severian von Gabala (CPG 4194) in Methode und Inhalt mit der CT überein. Als Gegner werden „die Leiter der Partei der Dissidenten" (άποσχίσται)  genannt 195 ,  d.h.  jener,  die  sich  wegen  des  Konzils  von  Chalkedon  (451  n.Chr.)  von  der  Reichskirche  abgespalten  haben  und  seit  dem  7.  Jh.  Monophysiten  genannt  werden.  Da  im  Florileg  der  V­ Edition  christologische  Aussagen  nur  vorliegen,  sofern  sie  zum  Kontext  von  Aussagen über „die Gestalt des Kosmos" gehören 196 , läßt sich nicht sagen, ob K. im Bekenntnis zu den zwei Naturen Christi 197 wie der oben schon genannte 198 „Traktat über die beiden Katastasen" 199 und Mar Aba als Nestorianer 200 eine für Chalkedon offene Position oder aber als Anhänger dieses Konzils eine nicht an Kyrill von Alexandrien orientierte Interpretation von dessen Dogma 201 vertreten hat. Denn das Bekenntnis zur Gleichzeitigkeit von  assumptio  hominis,  unio  indivisibilis und Formung  (διάττλασις)  des  Embryos  im Mutterschoß 202 ist im 6. Jh. solange auf Ausgleich angelegt, als mit dieser Formel nicht erklärt werden soll, 192 Vgl. B.IVa: S. 507f. zu dem im Text zu den Anm. 110-111 genannten Tatbestand. 193 X,1,4-16; 14,13; 16,5-7; 19,7-8; 40,9-10.

194 X,2,2-4.  195 196 197 198 199

X,19,7. X,14,1-9; 19,1-6. 11,102,9-13; V,98,5-9; 252,18-23; vgl. VI,28,9-11; 33,3-4. Vgl. B.IVb3 zu Anm. 187. Vgl. bes. V,131,12-13. Nach W. Wolska-Conus könnte man auch auf V,232,6-7; 238 verweisen, da diese Aussagen in einem wie V,227-229 nicht als Exkurs gekennzeichneten Abschnitt (V,232-244) stehen und darum (anders als in Anm. 77 vermeldet) zum genannten Traktat gehören sollen (vgl. den Apparat). 200 So W. Wolska, 1962, S. 105-111; 288-292, und die üblische Auffassung: vgl. S.G. MacCormack, 1982, S. 287, mit Lit. 201 Trotz A. Grillmeier - Th. Hainthaler, 1990, S. 163. 202 V,254,1-8.

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warum die individuelle menschliche Natur Christi „enhypostatisch" ist203. Wie die Schlußworte des kommentierten Florilegs zeigen, ist dieses ursprünglich Teil einer Schrift gewesen, in der auch eine Anthologie aus paganen Quellen, die das Weltbild der CT stützen 204 , und vielleicht Zitate „einiger Dissidenten" standen 205 . Doch dürften letztere nicht jene Testimonia sein, die in der recensio longior als christologische Polemik wiedergegeben werden 206 .

V. Die LS-Edition Zwei Handschriften des 11. Jh.s 207 , S, wahrscheinlich aus Kappadokien stammend 208 , und L, wohl auf dem Athos im Kloster Iviron entstanden 209 , sind Abschriften einer Edition der CT, in welcher der mit Vat. gemeinsame Archetyp 210 um einen Prolog, zwei Traktate (XI-XII) und andere Zusätze erweitert und inhaltlich teils überarbeitet wurde. Die L und S gemeinsame Vorlage enthielt Buch XII schon unvollständig 211 . Die LS-Edition wurde von W. Wolska-Conus 212 „copie remaniee" genannt. Da offen bleibt, ob das vor 566 n.Chr. erweiterte Florileg von Buch X 213 dem Editor schon vorlag oder von ihm geschaffen wurde, läßt sich für diese Publikation nur die Mitte des 9. Jh.s als  terminus  ante  nennen, da die CT in dieser Form schon Photios vorlag 214 . Der Editor hat in seiner Pinax Buch IX-X nicht mehr als Anhang gekennzeichnet und die beiden neuen Texte hinzugefügt, indem er den ersten (XI) als ein nicht zur  βίβλος,  d.h.  zur  CT, gehörigen Zusatz einführt und für den

203 Zum insbes. von Apologeten Chalkedons im 6. Jahrhundert vorgetragenen Argument, das den Nestorianern unterstellte, eine  προδιάπλασι?  im Schoß Mariens „vor der Einung" anzunehmen, vgl. K.-H. Uthemann, in: J. van Oort - J. Roldanus (Hg.), Chalkedon: Geschichte und Aktualität, Leuven 1998, S. 92f.; 102f.; 110 (oben S. 73f.; 82f. 90). Zum Terminus „enhypostatisch" vgl. auch C. Markschies, RGG 4  Π,  1999,  Sp.  1315f.  204  X,41,1­3.5.  205  X,41,4­5.  206  Vgl.  B.Vb:  S.  518.  207  Vgl.  B.IV  zu  Anm.  108.  208  K.  Weitzmann,  1935,  S.  36.  209  Ebd.,  S.  37f.  210  Vgl.  B.IVa:  S.  507.  211  Zur  Beurteilung  dieser  Tatsache  vgl.  B.Vd:  S.  520.  212  1968,  S.  53;  86;  185.  213  Vgl.  zu  X,42­75  B.Vb:  S.  518.  214  Bibliothek,  cod.  36,  7  b  33,  ohne  Hinweis  auf  ein  desinit  abruptum  von  ΧΠ. 

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zweiten (XII) dessen Titel übernimmt, der ihn als „einen weiteren Traktat" und somit einen Anhang bezeichnet. a. Der Prolog Die LS-Edition beginnt mit einem Vorwort vor der Pinax, dessen ursprüngliche Gestalt in S bewahrt ist215. Denn in L wurde es durch ein einleitendes Gebet und einen zweiten Prolog ergänzt, der sich an der Einführung zu der an Pamphilos von Jerusalem adressierten Grundschrift 216 orientiert 217 . In beiden Zusätzen erscheint abhängig von 11,5,16-17 der Titel „CT". Diesen kannte Photios noch nicht 218 , so daß sein einleitender Hinweis, das Werk sei „einem Pamphilos gewidmet" 2 1 9 kaum den in L bezeugten zweiten Prolog meint, sondern dasselbe wie seine abschließende Bemerkung: „Sechs von seinen Büchern hat er einem gewissen Pamphilos gewidmet" 220 . In der zu L führenden handschriftlichen Überlieferung ist das Ende des zweiten Prologs mit dem bis Expos. 4,9 folgenden Text verlorengegangen, wie der diese lacuna überbrückende Satz και  πρόσθεν  κτλ.  zeigt 221 .  Im  Prolog  der  LS­Edition  wird  der  Leser  aufgefordert, außer der CT zwei weitere Schriften zu studieren, um die Vertreter des sphärischen Weltbilds als „Erzähler von Mythen" zu entlarven 222 . Die erste Schrift wird als eine geographische Abhandlung des Autors der CT beschrieben, die einem Konstantin gewidmet ist223, die zweite als ein an einen Diakon Homologos gerichteter Traktat über eine „Nachbildung des Alls und der Sternbewegung", die vom Verfasser dieser Schrift selbst nach Art eines von Astronomen benutzten Instruments  (οργανική  σφαίρα)  angefertigt  worden  war.  Dabei  wird  nicht  gesagt, daß dieser auch den an Homologos adressierten Traktat verfaßt hat 224 . Nach W. Wolska-Conus 225 und C. Schölten 226 stammen beide Werke von K., der aus dem ersten VI,1-13 227 und XI 228 in die CT übernommen 215 Anders E.O. Winstedt, 1909, S. 26; C. Schölten, 1996, S. 65, Anm. 232. 216 Vgl. B.I zu Anm. 28; 29. 217  Π,Ι­2;  7.  218  Z u m  Titel  der  CT  vgl.  zu  Anm.  2;  81;  zu  Photios  vgl.  zu  Anm.  3.  219  Bibliothek,  cod.  36,  7 b  8­9.  220  Ebd.,  7  b  31­32.  221  Anders  W.  Wolska­Conus,  1968,  S.  59.  222  1,17­20;  2,8­11.  223  1,6­16;  vgl.  auch  A:  S.  498  zu  der  bei  Ananias  von  Shirak  genannten  „CT  Konstantins  von  Antiochien".  224  2,1­5.  Vgl.  zur  Beschreibung  des  Instruments  den  Himmelsglobus  bei  Ptolemaios,  Almagest,  Vffl,3  (deutsch:  K.  Manitius,  1963;  engl.:  G.J.  Toomer,  1984),  bzw.  die  Ar­ millarsphäre ebd., V , l . 225 Apparat; 1962, S. 165.

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habe 229 und das zweite wohl in VII, 1,13-15 erwähne 230 . Gegen einen Zusammenhang mit Buch XI spricht, daß die Inhaltsangabe im Prolog231 zwar die Länder um den „Arabischen Golf", d.h. das Rote Meer, und Äthiopien, nicht aber Indien, das wichtigste Thema von Buch XI, nennt 232 . Die im Prolog benutzte Wir-Form wird vom Leser spontan, wie es der Intention des Prologs entspricht, auf den Autor der CT bezogen. Doch beachtet man den für die LS-Edition kennzeichnenden Kontext, der im folgenden dargestellt wird, dann ist es unwahrscheinlich, daß K. selbst und nicht der oder die Herausgeber der LS-Edition den Prolog verfaßt haben. b. Die recensio longior von Buch X Noch vor dem Jahre 566 n.Chr. 233 wurde das im Vat. überlieferte kommentierte Florileg 234 erweitert, u.a. um Testimonien aus Predigten der monophysitischen Patriarchen Theodosios 235 und Timotheos IV. (bzw. III. in der Tradition der Kopten) 236 , die von 517 bis 566 der alexandrinische Kirche vorstanden. Der Redaktor greift zwar die Formel vom Zusammenhang „der Gestalt des Kosmos" mit dem Dogma aus dem ursprünglichen Text dieses Buchs (X,14,1-2) auf237, doch sein Interesse zielt auf die Christologie 238 , auf das Bekenntnis zum  homo  assumptus239,  in dessen Auferstehung und Himmelfahrt Gott den ganzen Kosmos erneuert hat 240 . Die beiden Patriarchen Alexandriens zitiert er einzig um zu zeigen, daß „die Dissidenten" 241 , die „die Kirchen tyrannisieren" 242 , Christus ebenfalls als Menschen bekennen 243 . 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242

1996, S. 64. Vgl. Β.ΠΙ, bes. zu Anm. 95; 105-106; B.IVa zu Anm. 117; 119. Vgl. B.Vc: S. 519, fernet B.IVa zu Anm. 117-118; 120-121. W. Wolska-Conus, 1968, S. 57; 1973, S. 314; 374; offener formuliert bei C. Schölten, 1996, S. 67. W. Wolska-Conus, 1973, S. 58; C. Schölten, 1996, S. 65, Anm. 235. 1,8-16. Zur Tatsache, daß im Titel von Buch XI im Unterschied zum Prolog Äthiopien nicht genannt wird, vgl. B..Vc zu Anm. 252. X,62,8-9. Vgl. B.IVb3: S. 514f. CPG 7130; 7132; 7131. CPG 7091-7096. X, 53,1-3; 60,1-2; 6 3 , 3 ^ . Vgl. auch B.Ve4: S. 525. X,60,7-9. X,5^-55. X,62,8; 75,1-2. X,66,2-3.

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c. Buch XI über Wissenswertes aus dem Süden der Oikumene Dieses Buch besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen, zum einen aus einer illustrierten Beschreibung von Tieren aus Indien und Äthiopien 244 , einschließlich des Einhorns 245 , und vom indischen Pfeffer- und Kokusnußbaum 246 , zum anderen aus Nachrichten über Ceylon und Indien, u.a. über das Reich der „weißen Hunnen" 2 4 7 oder über einen riesigen Hyazinth (Zirkon) in einem Tempel auf Ceylon, den noch Marco Polo erwähnt 248 . Vor allem interessieren den Autor Handelsbeziehungen, insbes. jene mit dem Reich von Axum 249 und der Seidenhandel mit China 250 . Aus eigener Anschauung berichtet er über Äthiopien und den königlichen Palast in Axum 251 , was gut an Aussagen der Grundschrift und von Buch VI,10-11 anschließt. Doch wird Äthiopien im Titel nicht genannt. Sollte dies nicht auf den Fehler eines Kopisten zurückgehen, dann liegt ein von der CT abweichender Sprachgebrauch vor, der Indien bis hin zu den Gebieten um das Rote Meer ausdehnt 252 . W. Wolska-Conus 253 vermutet, daß der Titel nicht von K. stammt. Von den in XI überlieferten Illustrationen unterscheiden sich zwei wegen ihrer Qualität von den anderen Zeichnungen der CT, sieht man von der in B.IVa (S. 508) genannten einer Gazelle zwischen zwei Dattelpalmen ab: (1) eine Dublette zur Zeichnung der Kokusnußpalme 254 und (2) das Bild eines Löwen, der ein Pferd schlägt 255 , ein hervorragendes Produkt hellenistischer Kunst 256 , das keinen Bezug zum Text besitzt und vermutlich wie die in B.IVa genannte Illustration der V-Edition aus Versehen beim Heften in den Text der CT geraten sein dürfte.

243 X,64,6-16; W. Wolska, 1962, S. 152; 154-161. 244 XI, 1-9; 12. 245 XI,7. 246 XI, 10-11. 247 XI,20-21; H. Bengtson 1955, S. 151; G. Moravcsik, Byzantinoturcica, I, Berlin 1958, S. 390f.; A. Mohay 1982/84; Gy. Wojtilla, Α közepkori India törtenete, Szeged 1999 (vgl. Byzantinische Zeitschrift 93, 2000, S. 258). 248 XI, 14,5-9; H. Wada, 1983, S. 131f.; 136. 249 XI,15,10-11; 21; 23,13-15. 250 XI, 16,12; vgl. 15,3-4; Π,45,4-12. 251 XI,2,5-8; 4; 7,2-3. 252 E.O. Winstedt, 1909, S. 347. Vgl. zum Sprachgebrauch das zu Anm. 19-21 Gesagte. 253 1973, S. 314; 344f. 254 Abb. 7, S. 390, zu XI,10-11. 255 Abb. 8, S. 391. 256 D.V. Ainalov, The Hellenistic Origins of Byzantine Art, New Brunswick, NJ 1961, S. 25f.; 27 (russ. St. Petersburg 1900).

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d. Buch XII, ein unvollständiger Traktat über die Bezeugung des Alters der Bibel Wie im Titel angekündigt, will diese Abhandlung beweisen, daß (1) die Bibel, insbes. das Buch Genesis, in uralter paganer Tradition schon bezeugt ist und daß (2) die Griechen „erst spät" 257 alles, was sie besitzen, aus den alten Kulturen übernommen haben, insbes. die Schrift 258 und eine gewisse Kenntnis der Bibel sowie der Juden 259 . Es folgt eine Einbindung in die CT 260 , die im Titel nicht angekündigt ist. Der Text von Buch XII bricht in jenem Satz ab, der, sollte er nicht zu einer Darstellung des biblischen Weltbilds überleiten, den Text abgeschlossen hat. Da dies in L und S der Fall ist, war schon das Modell der LSEdition in diesem Sinn unvollständig. Denn entgegen der Auffassung von B. Montfaucon (1706) kann man mit E.O. Winstedt 261 und W. Wolska-Conus 262 ausschließen, daß S eine Abschrift von L ist. Es ist unwahrscheinlich, daß Buch XII von K. verfaßt wurde, dem man trotz seiner Unbeholfenheit in der Darstellung logische Konsequenz bei der Beweisführung und Blick für den größeren Zusammenhang nicht absprechen kann. In Buch XII besteht aber in einigen Punkten eine auffällige Unausgeglichenheit zwischen den Aussagen des Traktats und seiner Einbindung in die CT 263 . In XII hat jemand für die ihm vorliegende CT einen gegen das Kulturbewußtsein der Griechen gerichteten Text bearbeitet, der, ohne die Quellen zu nennen, auf Grund (1) der Schrift Contra Apionem (= CA) des Flavios Josephos, die zwei Mal wörtlich 264 und mehrmals der Sache nach übernommen wurde, (2) entfernter Kenntnis von Piatons Timaios und (3) einer Chronik zusammengestellt worden war. Der Text von XII,9,4-12 schließt aus, daß der in Eusebios' Praeparatio evangelica 265 überlieferte Text von Contra Apionem als Vorlage gedient hat. Zu den Aussagen über (1) Alexander d. Gr. in Jerusalem, (2) das Entstehen

257  XU,7-8; vgl. zu Anm. 281-286. 258 ΧΠ,9-12; vgl. ΧΠ,5,4-6; vgl. zu Anm. 287-291. 259 ΧΠ,14-16. 260 ΧΠ,13; 17-18. 261 1909, S. 26f. 262 1968, S. 86. 263 Einiges wird unten zu Anm. 273-291 angesprochen. Vgl. auch (1) E.IV, Anm. 535 und 545, zur Begründung der Vorstellung einer „jenseitigen Erde" aus paganer Überlieferung, die außer einer Kenntnis der in Anm. 264-270 genannten Quellen ein Wissen um den Timaios-Kommentar des Proklos Diadochos (XII,2,10) voraussetzt, und (2) die zu Anm. 171 vermeldete Exegese von Is. 40,22a LXX in ΧΠ, 13,1-4. 264 ΧΠ,9,4-12; 10,1-4: CA, 11,15,154-155, ed. Th. Reinach, Paris 1930, S. 84; Π,16,172, S. 88. 265 CPG 3486: Vin,8; X,7.

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der Septuaginta und (3) die Errettung der Juden Alexandriens vor den Elefanten des Ptolemaios Physkon 266 vgl. (1) Flavios Josephos, Antiquitates267, (2) ebd.268 und CA269und (3) nochmals CA270, ferner (1-3) H. Bengtson271. Im Bericht (2) liegt eine Variante zum Aristeasbrief, der Quelle der ansonsten bezeugten Überlieferung, vor, sofern statt Demetrios ein Tryphon von Phaleron genannt wird. Wenn in Buch XII behauptet wird, daß im sphärischen Weltbild die Auferstehung der Toten272 bzw. der Körper273 unmöglich ist274, dann wird damit ein grundlegender Gedanken der CT, bes. von Buch VII wiedergegeben. Denn dies ist für die CT einzig im biblischen Weltbild gewährleistet, das in Buch XII jedoch nur kurz angesprochen wird275. Nur die auf dem Sinai von Moses geschaute Gestalt des Kosmos läßt nach dem Untergang der sichtbaren Welt einen ewigen Bestand des Himmels als Ort der Auferstandenen zu. Statt wie die Grundschrift und Buch VIII von „der barbarischen Sphäre" der Chaldäer auszugehen 276 , die mit den Nachkommen Abrahams nach Ägpyten gekommen sei und die Moses mit seiner Erziehung im Palast des Pharao kennengelernt habe277, die jedoch durch die Offenbarung am Sinai widerlegt worden sei278, geht Buch XII davon aus, daß Moses' Buch Genesis die Grundlage aller uralten paganen Überlieferung ist (eine Aussage, die in einem der für die CT typischen Exkurse oder  παραγραφαί, nämlich in 111,3,6-9, nur als sekundäres Motiv erscheint) und begründet das sphärische Weltbild mit einer Dekadenztheorie. Moses' Bericht sei von den Chaldäern und Ägyptern verändert und „verfälscht" 279 und das Ergebnis als etwas Eigenes 266  267  268  269  270  271  272  273  274  275  276  277 

ΧΠ,14­16.  XI,8,5 (329­339),  ed. B. Niese, II, S. 66­68.  ΧΠ,2,1­14  (11­118), S. 74r­92.  11,4,45­47,5.66.  11,5,51­55, S. 67f.  1955, S. 153­155.  ΧΠ,13,5; 17,2.  ΧΠ,18,3.  ΧΠ,13,6;  17,11.  ΧΠ,13,1­3;  18,8­10.  Vgl. B.IVb2 zu  Anm.  166.  ΙΠ,1,7­11;  6,1­5;  vgl.  Act.  7,22; J. Assmann,  Moses  the  Egyptian,  Cambridge  Mass.  ­ London  1997.  278  ΙΠ,13; vgl. B.Ib, bes. zu Anm. 67. Zu Ex. 25,40 LXX vgl. die in Anm. 57 genannten  Stellen.  279  ΧΠ,Ι,ΙΟ;  2,11; 3,8; 8,8.  Zu  dieser  Theorie  der  Umformung  (μετάττλασις)  wird  auf  die  Chaldaica  des  Berosos  (ΧΙΙ,Ι)  und  anderer  (ΧΠ,1,1­2; 3), auf  eine  Schrift, die  Timaios  (von  Lokri)  zugeschrieben  wird  (ΧΠ,2;  8,6­14),  und  auf  die  Aegyptiaca  des  Ma­ nethon  und  anderer  Autoren  (ΧΠ,4)  sowie  zwei phönizische Quellen  (ΧΠ,8,1­4)  verwiesen,  die in Josephos'  CA zitiert  werden. 

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ausgegeben worden 280 . Die Griechen haben „erst spät" Lesen und Schreiben gelernt und so von den Dingen erfahren, die den Chaldäern und Ägyptern in Abhängigkeit von Moses bekannt waren 281 : "Ελληνες άεΐ  παίδες  (Tim.  22  b  4­8) 282 ,  habe  „ein Ägypter namens Solomon" (sie) zu Piaton gesagt 283 . Das Zitat, nach J. Maspero 284 von Zeitgenossen in Ägypten zum Ausdruck der Superiorität benutzt, erscheint hier in jener verkürzten Fassung, die auch Eusebios in der Chronik 285 und in der Praeparatio evangelica 286 überliefert, steht aber im ersten Teil Piatons Wortlaut näher. Zur Offenbarung am Sinai gehört nach Mar Aba 287 die Buchstabenschrift 288 , so daß die hebräische Schrift die älteste ist289, da die Hieroglyphen Symbole und keine Schrift sind 290 . Diese Auffassung hätte in XII,10,6-9 als Argument dienen und sich in die Dekadenztheorie einbauen lassen können 291 .

280  XU,2,14-15. Der Traktat vertritt also die bekannte Plagiattheorie in ihrem ursprünglichen Kontext, dem Altersbeweis für die Bibel, und die Voraussetzung dieser Theorie, das Kriterium der Wahrheit liege in der  άρχαιότης  einer  Behauptung.  Neben  dieser primären Abhängigkeit von Moses kennt Buch XII eine zweite „Übernahme" oder Begegnung mit der Bibel. Die Chaldäer seien „unter Hiskias, Jonas und zur Zeit der (Babylonischen) Gefangenschaft", die Ägypter wegen der Ereignisse unter Joseph (sie ohne Parallele in der CT) und Moses „durch die Bibel partiell" mehr auf „die Annahme des Christentums vorbereitet" worden (XÜ,6).Während die zuletzt genannte Aussage über die Chaldäer, sieht man von Jonas ab, in die CT paßt, ist jene über die Ägypter ebenso wie die gesamte Darstellung der primären Abhängigkeit der genannten Quellen, einschließlich der Chaldäer, von Moses mit der auf Moses konzentrierten Offenbarungstheorie der Grundschrift unvereinbar, die der Begründung des biblischen Weltbilds und dessen Glaubwürdigkeit dient. 281 ΧΠ,5,4-9; 9-11; 12,1; vgl. V,54,11-12; CA 1,2,10, S. 5; zu XU,11,2 vgl. C A 1,2,11, S. 5; zu ΧΠ,12,8-10; 13,8-10 vgl. CA 1,5,27, S. 8; zu ΧΠ,7,12-15; 8,5-6; 9,1-4 vgl. C A 1,3,15, S. 6. 282 J. Assmann, Weisheit und Mysterium. Das Bild der Griechen von Ägypten, München 2000, S. 51-56. 283 ΧΠ,7,14-17. Selbstverständlich kann diese Lesart auch der Fehler eines Kopisten sein. 284 BIFAO 14,1914, S. 182f. 285 CPG 3494: Prol., ed. J. Karst, GCS 20, S. 2,26-28. 286 CPG 3486: X,4,19, ed. K. Mras, GCS 43, S. 571,4-5. 287 Vgl. B.Ib mit Anm. 76 zu V , l - 6 5 . 288 111,50. 289 V,54,7-10; 115,2-4; nach V,53,1-54,5 bezeugt durch die Nabatäischen Inschriften in der Wüste Sinai. Zu diesen vgl. J. Teixidor, in: D. Valbelle et Ch. Bonnet, Le Sinäi durant l'antiquite et le moyen äge. Actes du colloque „Sinai" qui s'est tenu ä l'UNESCO du 19 au 21 septembre 1997, Paris 1998, S. 83-85; U. Avner, A R A M 11-12, 1999/2000, S. 97-122 mit Abb.en. 290 111,6,5-6; vgl. die Hieroglyphica des Horapollon (5. Jh. n.Chr.), ed. F. Sbordone, Napoli 1940 (Repr. Hildesheim 2001); Übers.: H.J. Thissen, APF.B 6, 2000. 291 Vgl. V,54 mit Χ Π , Ι Ι , Ι ^ .

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e. Einige kennzeichnende Zusätze der LS-Edition Im folgenden wird keine Vollständigkeit angestrebt, um die Eigenart der LS-Edition zu kennzeichnen. 1. Die Eklipsen im christlichen Weltbild In IX,4-5 liest man in LS ein Kapitel, das im Gedankengang von Buch IX wie ein Exkurs wirkt. Es zählt auf gelehrte Weise astronomische Termini auf, u.a. solche, die der Berechnung der Eklipsen dienen, die auch im biblischen Weltbild möglich sei, habe doch „diese ganze Abhandlung" gezeigt, daß sich die Eklipsen ohne Sphären und deren Bewegungen erklären lassen 292 . Angesichts der K. bekannten 293 Bedeutung der Eklipsen für den Beweis des geozentrischen sphärischen Weltbildes 294 , wäre es wichtig, wenn diese Behauptung auf die CT zuträfe. In der um Buch I erweiterten Edition der Grundschrift 295 stellt K. fest, daß es zur Erklärung der Eklipsen nicht des sphärischen Weltbilds bedarf, „wie schon oben bewiesen ist" 296 , und führt den nicht näher erklärten Begriff einer kleinen seitlichen Abweichung der Umlaufbewegung 2 9 7 um die im Norden (bzw. Nordwesten 298 ) erhöhte Erde 299 ein 300 . So seien die Eklipsen als Phänomene zu wahren, und für jene der Sonne sei an der Hypothese des konischen Mondschattens festzuhalten 301 , und zwar im Gegensatz zu VI,7-10, wo K. gegen diese Hypothese so polemisiert, als ob er sie nicht begriffen hätte. Von all dem findet man im Text von IX,4-5 nichts, der den Gedankengang unterbricht und in der LS-Edition hinzugefügt wurde, weil er das Stichwort „der drei Zyklen" 3 0 2 aufgreift. 2. Eine biblische Begründung des Jahreszyklus der zwölf Monate Der von W. Wolska-Conus als IX,26-28 edierte Text stammt aus der LSEdition, die ihn als Ende von Buch VIII überliefert und dabei dessen

292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302

IX,5,1-10. 1,2,10-13. Vgl. E.Vb: S. 547f. 11,103-110. Vgl. B.II: S.504f. 11,103,9; vgl. B.II zu Anm. 87. 11,103,11-13. IV, 11,2-3. 11,103,1-5. Vgl. E.Vc: S. 548f. Vgl. E.Vb zu Anm. 574. Vgl. B.IVb3 zu Anm. 176; E.Va zu Anm. 564-568.

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subscriptio 303 fortläßt. Einleitend 304 verweist er auf „den 9. Traktat", d.h. auf IX,7-8, und bietet eine ausführlichere biblische Begründung des christlichen „Jahreskranzes" (Ps. 64,12 LXX) oder Kalenders 305 , die ausdrücklich als begleitender Text zu einer Zeichnung desselben eingeführt wird 306 . Eine solche Darstellung des „Jahreskranzes" wird nur in der LS-Publikation überliefert, und zwar vor IX,6, wo sie zusammen mit der dort von W. Wolska-Conus edierten Illustration der drei Zyklen wiedergegeben wird 307 . 3. Illustrationen am Ende von Buch VI In der LS-Edition werden am Ende von Buch VI vor der zu VI,13 edierten, auch im Vat. am Ende von VI überlieferten Zeichnung drei Illustrationen hinzugefügt, die in der V-Edition nicht mehr in den Kontext eingebunden waren: (1) die schon zwei Mal genannte Zeichnung einer Gazelle zwischen zwei Dattelpalmen 308 , (2) ein die Typologie der Bundeslade aufgreifendes Kosmogramm und (3) ein „auseinandergeklapptes Weltengebäude" als eine Art Projektion des biblischen Kosmos 309 auf eine flache Ebene, von W. Wolska-Conus 310 zurecht verbessert. Die Zeichnungen (2) und (3) illustrieren im Vat. einen Exkurs 311 , der in LS fehlt 312 , wobei (2), angeregt von V,244,6-8, nach Matth. 25,34 ausgemalt ist. Ein solches Kosmogramm (2) wird außerdem in VII,86 wiederholt und in L abhängig von der Exegese von Phil. 2,10 in 11,107,5-13, wenn auch bezüglich des Orts der Engel verkehrt, ausgemalt 313 . Die Zeichnungen (2) und (3) passen am besten in das Buch IV, wo (2) in IV,2 von allen Hss. überliefert, im Vat. aber in der für die CT ursprünglichen, der Typologie des Bundeszeltes gemäßen Gestalt bewahrt ist, sofern das (nach oben und unten flache 314 ) Firmament, wie im

303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314

IX,31,17-18. IX,26,3-4. Vgl. E.Va zu Aran. 565. IX,26,4-5. Man beachte, daß die nach IX,28 edierte Zeichnung, auf die sich der Text von IX,2628 bezieht, in der LS-Edition  nach IX,4-5 steht. Vgl. W. Wolska-Conus, 1968, S. 170f. Vgl. B.IVa zu Anm. 112-114; B.Vc: S. 519. Vgl. E.I; Π: S. 532-536. 1968, S. 221. Zu den Exkursen der CT vgl. B.VI: S. 526. V,245-247. Abb.: W. Wolska-Conus, 1968, S. 225. Zum Firmament als Flachdach vgl. Ε.Π zu Anm. 412. Zur LS-Edition und Buch VIII, die das Firmament, wie es in der antiochenischen Tradition üblich ist, als Gewölbe auffassen, vgl. B.IVb2 zu Anm. 172-173.

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Text der CT ausgesagt 315 , in der Mitte eingezeichnet ist 316 und nicht wie in der LS-Edition entsprechend der üblichen, d.h. entsprechend der an der Bundeslade bzw. am Thoraschrein orientierten ikonographischen Tradition 317 so nach oben verschoben ist, daß es die Wölbung vom Quader trennt 318 . 4. Redaktion im „Traktat über die zwei Katastasen" In diesem in Buch V überlieferten Traktat 319 hat die LS-Edition die ursprüngliche Ordnung des Prophetenkatalogs 320 mit seiner an der Septuaginta orientierten Folge der zwölf Kleinen Propheten in Anlehnung an die hebräische Bibel verändert und dabei die Großen Propheten einschließlich Daniel im Blick auf die Chronologie in die Reihe der zwölf Kleinen Propheten eingeordnet. Letztere werden in ihrer Reihenfolge nach Theodor von Mopsuestia (CPG 3834) aufgezählt; und die gesamte Reihe wird, sieht man von Isaias und Sophonias ab, nach dem um 541-543/548 verfaßten Kanon der prophetischen Bücher des AT bei Junillus (oder Junilius) Africanus 321 , d.h. nach dem Kanon der Schule von Nisibis 322 , wiedergegeben 323 . Außerdem hat LS die allgemeine Bemerkung zu den prophetischen Büchern 324 , die, wie V,165,2-3 zeigt, den Großen Propheten vorausging, ans Ende der Textfolge über die Propheten gesetzt. Dieser Eingriff bringt wie das Bekenntnis zum  homo  assumptus im erweiterten Florileg 325 unausgesprochen eine Annäherung an die nestorianische Tradition ein.

315 11,20,7-10; 111,14,1-3; rV,3,7; 4 , 3 ^ ; 9,1-3; vgl. VII,71,8-10; ferner V,227,6-8, ein Text, der entgegen der Auffassung von W. Wolska-Conus nicht zum Katastasen-Traktat (B.Ib, Anm. 77) gehört (vgl. Anm. 199). 316 Vgl. E.I zu Anm. 404. 317 W. Wolska 1962, S. 121-129, bes. 127; E.R. Goodenough, Jewish Symbols in the Greco-Roman Period, New York - Toronto: X, 1964, S. 80-91, bes. S. 84; XII, 1965, S. 78; 83-86; ΧΠΙ, Index; vgl. die Illustration zu V,36. 318 W. Wolska-Conus, 1968, Apparat zu IV,2. Vgl. auch dies., 1973, Zeichnung und Apparat zu VII,86. 319 V,67-219; 241-244. Vgl. B.Ib zu Anm. 77. 320 V,142-174. 321 De partibus divinae legis (CPL 872; CPG 7015), 1,4, PL 6 8 , 1 8 A. 322 Ebd., Prolog, PL 6 8 , 1 5 C. 323 W. Wolska-Conus 1962, S. 98-105; 1968, S. 53-56. 324 V,162-165. 325 Vgl. B.Vb zu Anm. 239-240.

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5. Eine Auswahl weiterer Eingriffe (1) 11,80: die Karte des Ephoros wird in LS an die Terminologie der CT angepaßt; (2) 111,5: Zusatz zum Exkurs326 in 111,2-4; (3) Hinweis auf Athanasios' Kanon (CPG 2102.2) als Zusatz zur Glosse in 111,53,7 und als Interpolation in VII,68,8327. f. Zusammenfassung zur LS-Edition Die der LS-Edition eigenen Texte stammen, sieht man von Buch XI ab, wahrscheinlich nicht von K., sondern gehören zur wohl noch ins 6. Jh. zu datierenden Wirkungsgeschichte der CT.

VI. Die Exkurse in der CT Für die Grundschrift 328 sind Exkurse,  παραγραφαί  genannt,  typisch,  die  teils  sehr  lang  sind.  Auf  ihre  Existenz  wird  in  der  um  Buch  I  erweiter­ ten  Edition329  nach  der  Beschreibung  des  Inhalts330  hingewiesen.  Solche  παραγραφαί  begegnen  ansonsten  nur  in VII,83­86 und  90­91. 

C. Zur  Datierung  I. Datierung  der  Grundschrift  Da  in  der  Grundschrift  Mar  Aba  als  noch  unter  den  Lebenden  weilen­ der  Katholikos  der  persischen  Kirche eingeführt wird331, wurde diese zwischen 540 und 552 n.Chr.332, genauer zwischen 543 und 547 verfaßt. Denn einleitend zu seiner Kopie333 des Monumentum Adulitanum 334 berichtet K., daß er diese „vor ungefähr 25 Jahren, zu Beginn der Herrschaft von Kaiser Justin" (518-527), angefertigt habe, als der König

326 327 328 329 330  331  332  333  334 

Zu den Exkursen der CT vgl. B.VI: S. 526. W. Wolska-Conus, 1968, S. 79. Vgl. B.I: S. 499-503. Vgl. Β.Π: S. 504f.  Expos.  4­8.  11,2,13­15.  Vgl. B.Ia: S. 500.  Vgl. E.nia  zu  Anm.  459; E.fflcl zu  Anm.  484.  Vgl.  E.HIb: S. 538f. 

Zur Datierung

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Axums, Kaleb 335 , den er mit dessen Ella- oder Thron-Namen Atsbeha 336 , Έλλατίβάα?337,  nennt,  einen  Krieg  gegen  die  Himyariten  vorbereitete 338 .  Diese  Angabe  diente  schon  Photios  zur  Datierung 339 . Für die Regierungszeit von Kaleb sind vier militärische Unternehmungen der Axumiten im Himyar bezeugt, deren zweite unter Kalebs persönlicher Führung stattfand. So wie K. formuliert 340 , hat der König an jenem Krieg teilgenommen. Da es sich um einen Rachefeldzug wegen der Verfolgung der Christen durch den jüdischen Herrscher von Himyar, Yüsuf As'ar Yath'ar, im Arabischen Dü-Nuwäs genannt, handelt, ist für eine genauere Zeitangabe entscheidend, wie man Dü-Nuwäs' Griff nach der Herrschaft und vor allem die Martyrien des Arethas (Härith) und anderer Christen in Nagran datiert. Wegen der mit einem Flottenausbau verbundenen längeren Vorbereitung der zweiten Kampagne, muß, wer die Taten von Dü-Nuwäs in Nagran spät datiert, annehmen, daß die Kriegsvorbereitungen unmittelbar begannen, nachdem die Nachricht von Dü-Nuwäs ersten Aktionen im Juni und Juli 522 Axum erreichten. Wer die Ereignisse in Nagran früh datiert und die himyaritische Zeitrechnung mit 115 v.Chr. beginnen läßt, kann Kalebs Vorbereitungen schon vor 522 ansetzen, und zwar je früher, je eindeutiger er nachweisen kann, daß das Datum des zweiten Feldzugs mit 525 n.Chr. nicht gesichert ist. So haben N. Pigulewskaja 341 und A.G. Loundine 342 auf ca. 522 datiert 343 , so daß die Grundschrift 547 verfaßt sein könnte, während andere wie z.B. J. Beaucamp, F. Briquel-Chatonnet, Ch.J. Robin in einem gemeinsamen Artikel 344 früh datieren und für die CT, d.h. genau genommen, für die Grundschrift ein Datum „um 543" annehmen 345 .

335 H. Brakmann, Axomis (Aksum), RAC Suppl 1,5-6, 1992, Sp. 753-762; 1994, S. 81-96; W.M. Müller, Himyar, RAC 15,1991, Sp. 313-317. 336 S.C. Munro-Hay 1991, S. 159f„ bzw. Asbehä. 337 Vgl. PLRE II, 388. 338 11,56,1-11. 339 Bibliothek, cod. 36, 7 b 9-10. 340 11,56,4-5:  μέλλων έξίέναι  eis  πόλεμοι'  κτλ.  341  1969,  S.  228.  342  CISE,  S.  315.  343  Vgl.  H.  Brakmann  (Anm.  335),  Sp.  757f.  344  A R A M  1 1 ­ 1 2 , 1 9 9 9 ­ 2 0 0 0 ,  15­83.  345  Ebd.,  S.  32;  59. 

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

II. Zur Datierung der übrigen Bücher In Buch I genannte Erdbeben in Antiochien und Korinth 346 sind für die Lebenszeit von K. hinreichend belegt, lassen aber keine genauere Datierung zu. Nennenswert sind vor allem die für Mai 526 und November 528 (Antiochien) und für 543 (Korinth) bezeugten 347 . Der  terminus  post  quem für Buch VI liegt fest, da K. dort über die zwischen dem 29. August und 28. September 546 348 erfolgte Vorhersage einer Sonnen- und einer Mondfinsternis berichtet 349 , die sich für die genannten Tage, den 6. Februar bzw. 17. August 547, verifizieren lassen350. Buch VII setzt jene Publikation der erweiterten Grundschrift voraus, zu der Buch VI, in der Pinax Anhang genannt 351 , hinzugefügt worden war 352 . Sollte der im Kolophon 353 genannte Grammatiker Anatolios jener sein, den Olympiodor in seinem Kommentar zum Alkibiades zu einem Ereignis erwähnt, das allgemein vor 532, doch nach E. Stein354 zwischen 546 und 551 zu datieren ist355, dann paßt dies, sollte E. Steins Datierung korrekt sein, zum zuvor Gesagten, trägt aber nichts zu einer genaueren Bestimmung bei. Gleiches gilt, wenn man die Hypothese akzeptiert, daß in Buch VII eine Diskussion um eine Schrift von Phil. nachhallt 356 . Buch VIII ist, wie VIII,20,1-4 und 25,4-8 zeigen, jünger als die Grundschrift (II-V) und setzt eine Publikation derselben voraus, die älter ist als jene der um Buch I erweiterten Grundschrift, wie sie in der um Buch VI ergänzten Ausgabe vorliegt, die in der wohl nicht von K.

346 1,22,13-15. 347 E. Guidoboni, Catalogue of Ancient Earthquakes in the Mediterranean Area up to 10th Century, Rom 1994, mit Korrekturen zu V. Grumel, La Chronologie, Paris 1958; vgl. R. Hennig, Terrae incognitae, Π, Leiden 21950, S. 51. 348 V. Grumel (Anm. 347), S. 167; 304. 349 VI,3,10-13. 350 Th. v. Oppolzer, Canon der Finsternisse, DAWW, Math.-nat. Classe 52, 1887, S. 168; 352 (Translated by Ο. Gingerich, Canon of Eclipses, New York 1962); R. Hennig (Anm. 347), S. 51; D.J. Schove - A. Fletcher, Chronology of Eclipses and Comets AD 1-1000, Woodbridge - Wolfeboro (1984; Reprint) 1987, S. 98f.; C. Schölten, 1996, S. 67; falsche Angabe bei W. Wolska, 1962, S. 28, Anm. 1. 351 Vgl. Β.ΙΠ zu Anm. 101. 352 VII,4. 353 Vn,97,12-13. 354 1949, S. 754f., Anm. 355 L.G. Westerink, Anonymous Prolegomena to Platonic Philosophy, Amsterdam 1962, S. XTVf. 356 Vgl. B.IVbl: S. 508-512. Zur Datierung unter Berücksichtigung von Phil. vgl. C.ffl: S. 530f.

Zur Datierung

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besorgten 357 V-Edition wiedergegeben wird. Denn für Buch VIII beginnt die CT noch mit der Widmung an Pamphilos und damit, daß ev τω  προοιμίω  Mar  Aba  als  Lehrer  von  K.  genannt  wird 358 . Daß zwischen einer ersten Veröffentlichung der Grundschrift und Buch VIII ein längerer, wenn auch nicht näher zu bestimmender Zeitraum vergangen ist, zeigt der Hinweis des Autors, daß er inzwischen einen Kommentar zum Hohenlied vollendet hat359. Für die V-Edition legt die um 630 verfaßte Osterchronik (CPG 7960) nicht den  terminus  ante fest. Dies hatte W. Wolska-Conus behauptet, weil sie auf Grund einer eigenen Kollation 360 annahm, die Chronik habe den „Traktat über die zwei Katastasen", sehe man von den Texten über die Propheten 361 und die der Grundschrift eigenen Exkurse 362 ab, aus der CT übernommen 363 . Denn dies und ihre Voraussetzung, daß der Traktat niemals unabhängig von der CT bestanden habe, da er, wie der Rückverweis in V,112,l-4 3 6 4 auf Ex. 25,40 LXX 365 zeige, „speziell für die Topographie angefertigt wurde" 366 , ist nicht bewiesen, ebenso wenig wie die weitere Voraussetzung, daß für die dem Traktat, der Chronik und Ps.Dorotheos von Tyros 367 gemeinsamen Texte 368 die von Th. Schermann behauptete Priorität des letzteren369 gesichert ist. Eine ausführliche Begründung, warum die Hypothese von W. Wolska-Conus nicht bewiesen ist, muß an anderer Stelle gegeben werden 370 . Das in der LS-Edition kommentierte Florileg wurde vor 566 erweitert371, womit jedoch der  terminus  ante der LS-Edition selbst nicht feststeht 372 .

357 358 359  360  361  362  363  364  365  366  367  368 369 370 371 372

Vgl. B.IVa: S. 507f. Vgl. B.I zu Anm. 28-29 mit Β.Π zu Anm.  79­83.  VIII,3,1­4;  vgl.  D zu  Anm.  387.  1968, S.  88­93.  V,142­174.  Im  Traktat  (Anm.  77)  begegnen  die  Exkurse  (παραγραφαί  [B.VI:  S.  526])  als  ein  fortlaufender  Kommentar  zum  Traktat.  1968,  S.  92f.  Chronik,  ed. L. Dindorf,  1832, S.  142,17­20.  Zur Bedeutung  von  Ex. 25,40 LXX  vgl.  die in Anm. 57  genannten  Stellen.  1968, S.  93.  Hg.  v. Th.  Schermann,  Prophetarum  vitae fabulosae,  Lipsiae  1907, S.  26­54.  Übersicht: W. Wolska-Conus, 1968, S. 54f. Ders., Propheten- und Apostellegenden nebst Jüngerkatalogen des Dorotheus und verwandter Texte, Leipzig 1907. Vgl. Anm. I. X,62,8-9, zitiert zu Anm. 233. Vgl. B.Vb zu Anm. 214.

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

III. Zur Datierung im Blick auf Johannes Philoponos Eine genauere Datierung ist auch dann nicht möglich, wenn man davon ausgeht, es sei bewiesen, daß die CT auf Schriften von Phil, oder umgekehrt Phil, auf die CT (bzw. auf deren Grundschrift) reagiert, bzw. wie W. Wolska-Conus, daß beides zugleich zutrifft 373 . Denn für beide Hypothesen einer Abhängigkeit sind jene Werke von Phil., auf die es hier ankommt, nicht eindeutig zu datieren; vor allem steht der terminus  ante des Kommentars zum Hexaemeron (CPG 7265) nicht fest. W. Wolska-Conus datiert ihn vor 553, weil Phil, in ihm weder das Anathem der Ökumenischen Synode von 553 gegen Theodor von Mopsuestia, dem er sich in seinen Τμήματα (CPG 7271) anschließt, erwähnt, noch Theodor und seine Anhänger als Häretiker bezeichnet 374 . Dieser These schließt sich J. Schamp an 375 , ohne zur Begründung von W. Wolska-Conus für den Zusammenhang der CT mit Phil.' Kommentar Stellung zu nehmen 376 . J. Schamp vermutet, daß der von C. Schölten 377 genannte, doch nicht weiter ausgewertete Traktat des Phil, über das Verhältnis von Teil und Ganzem (CPG 7263) auf dessen Kommentar zum Hexaemeron verweist, sofern er als die zweite an einen Presbyter Sergios adressierte Schrift eingeführt wird und der Empfänger im Explizit mit Sergios von Telia (557-560 monophysitischer Patriarch von Antiochien), dem im Prolog des Kommentars (CPG 7265) angesprochenen  άρχιερεύ?378,  identifiziert  wird 379 .  Wie  C. Schölten 380 , wenn auch anders begründet, sieht er in der Anrede des Prologs keinen Einwand, um die schon von E. Evrard 381 vorgenommene Datierung auf 557 bis 560 zu bestreiten, doch sei 553 als  terminus  ante damit „nicht definitiv ausgeschaltet". Der Sache nach stimmt dies mit R. So-

373 1962, S. 183-191: CT als Reaktion auf Phil.' Schrift „Über die Auferstehung" (CPG 7272; vgl. zu Anm. 131). Ferner dies., 1962, S. 70; 161f.; 167-183: Phil.' Kommentar zum Hexaemeron (CPG 7265) als Reaktion auf die CT. Zur Sache vgl. F.I-Π: S. 552-557. 374 1962, S. 163-165. 375 Photios et Jean Philopon: Sur la date du De  opificio  mundi, Byzantion 70, 2000, S. 137; 147f. 376 Anders C. Schölten, 1996, S. 70f.; 406-419; 1997, S. 12, dem F. Fladerer, Johannes Philoponos, De opificio mundi. Spätantikes Sprachdenken und christliche Exegese, BzA 135, S. 317, folgt: Eine Reaktion liege nur in der Aufzählung von Schriftargumenten in CPG 7265 (Anm. 140): ΙΠ,10-11, S. 131,13-144,7 (314,19-340,11), vor (vgl. F.II zu Anm. 673). 377 1996, S. 63. 378 CPG 7265 (Anm. 140): S. 2,4-8 (74,6-9). 379 J. Schamp (Anm. 375), S. 153f. 380 1996, S. 61-64. 381 BCLAB, 5C serie, 39,1953, S. 299.

Verlorene Schriften

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rabij 382 und C. Schölten 383 überein, während F. Fladerer 384 eine Datierung vor 553 ausschließt und auf den Vorwurf der Blasphemie und Asebie in Buch VI verweist, mit dem Phil, eine „öffentliche Stimmung aufnimmt", d.h. das Konzil von 553 und dessen verurteilende Kategorien. Daß Phil, nicht ausdrücklich von Häresie spricht, sei kein Kriterium für eine Datierung vor 553, da der Kommentar zwar Theodor angreift, doch sich zugleich der Kritik „der neuplatonischen Fachkollegen" stellt 385 und nur „die Auseinandersetzung in der Sache sucht" 386 .

D. Verlorene Schriften In VIII,3,l-4 erwähnt K. einen Kommentar zum Hohenlied 387 und in VII,1,13-15 eine Schrift, in der er schon die Grundlagen des sphärischen Weltbilds widerlegt habe. Diese kann nicht mit der CT identisch sein, da K. in VII,4 auf deren Ausgabe in sechs Büchern hinweist 388 , ohne einen Bezug zum in VII,1 genannten Werk herzustellen. Von den beiden im Prolog zur LS-Edition genannten Schriften wird dort einzig die Erdbeschreibung, aus der nach W. Wolska-Conus VI,1-13 3 8 9 und XI stammen 390 , eindeutig in der Wir-Form dem Verfasser der CT zugewiesen. Auch wenn der Prolog erst für die LS-Edition verfaßt wurde, ist nicht ausgeschlossen, daß in ihm an ein für uns verlorenes Werk des Autors der CT, wie sie in der V-Edition erhalten ist, erinnert werden soll 391 . 382 In: ders. (Hg.), Philoponus and the Rejection of Aristotelian Science, London 1987, S. 39; ders., in: C. Wildberg, Philoponus. Against Aristotle (Anm. 144), S. 23. 383 1996, S. 120f. 384 Johannes (Anm. 376), S. 376f. 385 C. Schölten, 1996, S. 4 7 ^ 9 ; 54; 56; 69, Anm. 252; 407; vgl. F. Fladerer (Anm. 376), bes. S. 177-179; 345. 386 C. Schölten, 1996, S. 60. 387 Vgl. C.II zu Anm. 359. 388 Vgl. Β.ΠΙ zu Anm. 94. 389 Vgl. Β.ΠΙ zu Anm. 105-106; B.IVa zu Anm. 118-119; B.Va zu Anm. 227; 229. 390 Vgl. B.IVa zu Anm. 117-118; 120-121; B.Va zu Anm. 228. 391 Prolog 1,6-7 (vgl. zu Anm. 223):  έγκυψάτωσαν  καΙ τω τόμω τω παρ' ήμών γενομένω.  In  Bezug  auf  die  zweite  Abhandlung  (2,1­5;  vgl.  Anm.  224)  wird  nur  mitgeteilt, daß das Instrument, welches dort vorgestellt wird, vom Autor angefertigt worden ist (2,3: TÖI/ τταρ' ήμών γενόμενον).  Akzeptiert  man  die Hypothese, daß die nur in der LSEdition vertretenen Texte im allgemeinen nicht von K. selbst stammen (vgl. B.Vf: S. 526), dann sollte man, wie schon auf S. 518 gesagt wurde, auch den Prolog selbst nicht K. zuschreiben. Dies schließt aber nicht aus, daß der Verfasser des Vorworts seine Leser zum einen auf eine von K. verfaßte Schrift und zum anderen auf eine Abhandlung über ein von K. verfertigtes Instrument hinweisen will.

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

E. Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT Für die CT ist die Gestalt des Kosmos Moses auf dem Sinai geoffenbart worden, sofern für ihren Autor wie für dessen Lehrer Mar Aba Ex. 25,40 LXX als Schlüssel zum Verständnis des in Gen. 1 beschriebenen Schöpfungswerkes gilt. Was Moses dort beschreibt, hat er auf dem Sinai geschaut. Deshalb beauftrage ihn Gott mit dem Bau des Bundeszeltes, indem er zu ihm die in Ex. 25,40 überlieferten Worte spricht: "Ορα ποιήσεις κατά  τον  τύπον  τον  δεδειγμενον  σοι  ev  τω öpei. Da die am Typos des Bundeszeltes orientierte biblische Kosmographie auf der Offenbarung des Schöpfers beruht, wahrt sie im Gegensatz zum sphärischen Weltbild alle im Kosmos zu beobachtenden Tatsachen: Nur sie „rettet die Phänomene".

I. Von kosmischer Symbolik zur Kosmographie Im Ausgang von der für Soteriologie und Eschatologie grundlegenden Sicht der zwei Katastasen bei Theodor von Mopsuestia, für den Adam als sterbliches Wesen geschaffen wurde und der Mensch sich darum in einer durch Vergänglichkeit gekennzeichneten Welt bewähren muß (1. Katastase), um des unvergänglichen Lebens im Himmel teilhaftig zu werden, das ihm in Christi Auferstehung erschlossen, doch erst mit der Wiederkunft Christi zugänglich ist (2. Katastase), sah die Schule von Nisibis 392 im Gefolge der exegetischen Tradition Antiochiens 393 in Gen. 1,1 und Gen. 1,6-8 bezeugt, daß Gott zwei durch das Firmament (als „zweitem Himmel" [Gen. 1.8]) geschiedene Räume geschaffen hat, einen unvergänglichen über dem Firmament und einen vergänglichen unter ihm, dessen Ende eintreten wird, wenn Christus im Letzten Gericht für die Gerechten den unvergänglichen Raum, d.h. den zuerst geschaffenen (Gen. 1,1) oder „ersten Himmel", öffnet 394 . Die von Mar Aba an K. überlieferte biblische Begründung 395 verbindet die Erschaffung des Kosmos als eines zweistöckigen Gebäudes

392 Vgl. Narsai, Horn. I (36 Mingana), 47-56; 83-104, S. 526f.; 530-533 (Ph. Gignoux, 1968, 444; S. 513f.); II (34 Mingana), 291-313, S. 574f.; ΠΙ (35 Mingana), 140-160, S. 592f.; V (37 Mingana), 129-134, S. 646f. 393 T. Jansma, OrSyr 4,1959, S. 138f.; 151f.; 155; Ph. Gignoux, 1968, S. 481. 394 Vgl. z.B. 111,55,8-11; 81; IV,9; V,227,1-11 (Anm. 199). Für K. impliziert dies den ewigen Bestand des Firmaments (B.Ib zu Anm. 74; B.IVbl zu Anm. 122), die in dessen Verbindung mit dem „ersten Himmel" gründet (B.Ib zu Anm. 75; Ε.Π zu Anm. 4 0 6 411). 395 11,2; V,1,1-5; vgl. B.Ia, bes. zu Anm. 39-41.

Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT

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mit Ex. 25,40 LXX (bzw. 25,9 LXX 396 ) und Hebr. 8-9. Sie sieht zwischen Moses' Zeltheiligtum, der Stiftshütte, und dem Aufbau des Kosmos einen realen, „im Typos" gegebenen Zusammenhang, der Moses am Sinai geoffenbart wurde 397 . Denn Gott hat im Beginn „den ganzen Kosmos aus zwei Räumen entsprechend dem Typos des Zeltheiligtums" geschaffen 398 . In jüdischen und christlichen Quellen begegnen das Bundeszelt und der Tempel von Jerusalem, insbes. die Trennung des „Heiligen" und des „Allerheiligsten", als Symbol oder Bild des Kosmos aus „Himmel und Erde" und, an platonischer Ideenlehre orientiert, als Sinnbild des Chorismos von noetischer und sinnlich wahrnehmbarer Welt 399 . Doch einzig in der zu K. hinführenden antiochenischen Exegese von Moses' Bundeszelt als Ab- und Urbild des Kosmos 400 wurde mit dieser Symbolik eine Aussage über die Gestalt des Kosmos verbunden, die das sphärische Weltbild ausschloß (vgl. [1] Theodor von Mopsuestia 401 ; [2] Johannes Chrysostomos 402 ; [3] Theodoret von Kyrrhos 403 ) und sich so für jenes realistische Verständnis öffnete, das bei K. vorliegt. Einen Rest kosmischer Symbolik findet man im Kosmogramm der CT 404 .

396 Vgl. V,22,1-3. 397 V,l-65; vgl. B.Ib zu Anm. 76; zu Buch ΠΙ vgl. ebd., S. 503. Zur Bedeutung von Ex. 25,40 LXX vgl. die in Anm. 57 genannten Stellen, zum mit Ex. 25,40 eingebrachten Begriff des Typos vgl. Ε.Π, Anm. 411. 398 V,63-64; vgl. 58,12-13; vgl. Narsai, Horn, m (35 Mingana), 15-30, S. 582-585; „Traktat über die beiden Katastasen": V, 112,1-2 (auch bezeugt in der Osterchronik: Vgl. C.II, Anm. 364). 399 W. Wolska, 1962, S. 43; 113-117; dies., 1978, Sp. 178; vgl. U. Früchtel, Die kosmologischen Vorstellungen bei Philo von Alexandrien. Ein Beitrag zur Geschichte der Genesisexegese, ALGHJ 2, 1968; ferner Sap. 9,8; Sir. 24,8-11; J. Danielou, La symbolique cosmique du temple de Jerusalem, in: Symbolisme cosmique et Monuments religieux, Musee Guimet, Paris 1953, 61-64; E.R. Goodenough (Anm. 317), 1964, X, S. 3 26; 42-49; K.E. McVey, DOP 37, 1983, S. 113f. 400 CT 11,2,2-4. Vgl. Anm. 411. 401 In Hebr. (CPG 3848), ed. K. Staab, S. 209,8-12; Fragm. ed. R. Devreesse, StT 141, 1948, S. 26, Anm. 1 (zitiert unter CPG 3828, bei W. Wolska, 1962, S. 41; 117), nach B. Schleißheimer (1959, S. 42f.) und K.E. McVey (Anm. 399), S. 113, realistisch im Sinn der CT zu verstehen; vgl. jedoch Fragm., ed. R. Devreesse, ebd., S. 26, Anm. 2; S. 27, Anm. 1 (PG 66, 648 AB), mit Zusatz, ed. R. Devreesse, StT 201, 1959, S. 176 (zitiert unter CPG 3827), das der Auffassung von Mar Aba nahe steht. 402 In Hebr. (CPG 4440) XTV,1, PG 63, 110-111, teils zitiert in der CT X,49 (vgl. zum kommentierten Florileg in Buch X B.IVb3: S. 514f.) und in der Catena in Gen. (C 1), 6, ed. F. Petit, TEG I, 1991, S. 6. Mit Hinweis auf Is. 40,22 LXX (vgl. Ε.Π zu Anm. 406410; 412) bei Prokop von Gaza (CPG 7430), PG 87, 40 Β 7-9. 403 CPG 6209: PG 82, 737 D 1 - 740 Β 1; CPG 6200: In Ex., 60, ed. N. Fernandez Marcos A. Säenz-Badillos, Madrid 1979, S. 140,8-19; 141,23-142,2; vgl. In Gen., 11, ebd., S. 13-15. 404 Zu seiner ursprünglichen Gestalt vgl. B.Ve3:zu Anm. 314-316. - W. Wolska, 1962, S. 293f. zur Rezeption im Physiologos von Smyrna: J. Strzygowski, 1899, S. 60 mit Taf. XXX.

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II. Thesen zur Kosmographie Im Beginn schuf Gott „Himmel und Erde" (Gen.  1,1), d.h. den Kosmos, als einen wie das Bundeszelt 405 länglich gestreckten, nach Is. 40,22a LXX überwölbten Raum und teilte diesen am zweiten Tag der Schöpfung durch einen zweiten sichtbaren Himmel, das στερέωμα (Gen. 1,8) 406 , das er nach Is. 40,22b LXX „wie ein Zelt" in der Mitte 407 zwischen Erde und erstem Himmel „ausgespannt hat", in zwei Räume 408 , in den unteren vergänglichen Raum des sichtbaren Kosmos 409 und in den unvergänglichen Raum der zukünftigen Katastase 410 , als Abbild des Heiligen und Allerheiligsten im Bundeszelt 411 . Wenn die Illustrationen der CT den Raum der sichtbaren Welt als einen Quader so darstellen, daß das Firmament kein Gewölbe, sondern ein Flachdach ist, dann stimmt dies mit der in der Grundschrift vorgetragenen Exegese von Is. 40,22 LXX überein 412 , die noch bei Ishodad von Merv im 9. Jh. nachklingt 413 , ist aber nicht Gemeingut der antiochenischen Exegese 414 . Nach K.' Lesart von Hiob 38,37-38 LXX hat Gott den Himmel mit der Erde an deren äußersten Enden  (άκρα)  fest  verbunden 415 , nämlich dort, wo „der erste Himmel" 4 1 6 jenseits des Ozeans auf dem Außenrand 405 Vgl. E.I zu Anm. 397; 398. 406 11,20,3-5. Vgl. zu beider Ewigkeit E.I, Anm. 394. 407 Vgl. B.Ve3 zu Anm. 315-316. 408 11,6; 17; 20;  ΠΙ,13,10­11;  14,1­4;  zu  Is.:  IV,4,1­6;  Vn,84.  409  11,20,5­6;  21,4­7.  410  11,35;  ΙΠ,14,6­7;  Ort  der  βασιλεία  των ούραι­w  1,1,12­13.  411  11,35,4­6;  ΠΙ,51­53;  V,20­21.  Das  Zeltheiligtum  verwirklicht  nach  Ex.  25,40  LXX  κατά  τον  τύττον  das  in  Gen.  1 beschriebene Schöpfungswerk (111,51,1-3; V,27). Es ist darum zum einen ein Abbild des Kosmos, nämlich  κατά  μίμησι,ν  τοΰ  κόσμου  (111,16,1­3;  55,11­12;  V n , l l , 6 ­ 8 ) ,  ein  έκμαγειον  (Expos.  6,5­7;  V,41,4­6;  112,1­2;  VH,71,13­14)  bzw.  έκτύπωμα  (VII,82,3­4;  88,2­3)  desselben,  zum  anderen  aber  „gleichsam"  (111,51,2;  VII,87,5)  bzw.  einfachhin  „Typos  des  Kosmos"  (Π,35,1­7;  ΙΠ,51,8.11;  V , 2 0 , l ~  12;  6 4 , 2 ^ ;  248,15­16;  VE,87,1)  und  insofern  Modell  der  Kosmographie  (τύπο?  καΐ  ύπογραφή  [11,2,2­4;  zitiert  zu  Anm.  400]),  wenn  auch  ein  unvollkommenes  und  ver­ gängliches Modell (Vn,12,6-7). Zu Mar Aba (V,l-65) vgl. E.I zu Anm. 395-397. 412 11,21,1-7; 111,31,1-7; vgl.  Π,20,5­10,  ferner  Anm.  172;  315.  Anders  C. Schölten, 1996, S. 296, Anm. 100. 413 In Gen., übers, v. C. van den Eynde, CSCO 156, 1955, S. 15,13-15; 29,9-15; vgl. Theodor bar Korn (8. Ih.), Liber Scholiorum, I, 77, übers, v. R. Hespel - R. Draguet, CSCO 431,1981, S. 74; T. Jansma, OTS 12,1958, S. 120. 414 Vgl. B.IVb2 zu Anm. 173. 415 11,18,3^; IV,5,9-10; VE,85,2-3; der Begriff der  άκρα  wird  trotz  IV,5,1­2  nicht  wie  bei  Severian  von  Gabala  (CPG  4194),  Horn.  3,4,  PG  56,  452,40­49  (zit.  in  X,31,10­18)  nach  Ps.  18,7  LXX  (vgl.  F.II  zu  Anm.  691­693)  und  Matth.  24,30­31 begründet. - Diese Verbindung ist im Unterschied zu jener mit dem Firmament (E.I, Anm. 394) vergänglich. 416  ΙΠ,52,5­6. 

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der „jenseitigen Erde"417 ruht418 und so die Seitenwände des Weltenhauses bildet419. Eine solche Verbindung ist im sphärischen Weltbild ausgeschlossen 420 , da in diesem nicht „Himmel und Erde" die Grenzen des Kosmos sind421, sondern das Firmament 422 als äußerste Sphäre, sei es jene der Fixsterne oder eine neunte sternlose Sphäre423. Diese Verbindung bewirkt, daß der Kosmos unbeweglich ist, da Gott „durch die Macht seines Wortes" (Hebr. 1,3) „die Erde über nichts aufgehängt" (Hiob 26,7 LXX) und fest (Hiob 38,4-6 LXX) „auf die ihr eigene Stabilität gegründet hat" (Ps. 103,5 LXX)424. Denn „Himmel und Erde" haben im ersten Moment der Schöpfung ohne zeitlichen Intervall (άχρόνως425;  αθρόως426)  ihren natürlichen Ort eingenommen, der durch den Ausgleich der Spannung zwischen der nach unten bzw. oben strebenden, wie in der aristotelischen Physik als absolute Größen definierten Schwere und „Leichte" der vier Elemente bestimmt ist427, so daß die Erde „absolut unten" den tiefsten Ort im Kosmos einnimmt 428 . Daß dies der Physik entspricht429 , beweist K. durch die „Beobachtung", daß ein Stein beim freien Fall in seiner Geschwindigkeit vom Widerstand des Mediums abhängig sei430 und beim Fall im absolut Leeren sich zeitlos vollziehe431. So erreicht die Erde im zeitlosen Moment der Schöpfung das „absolute Unten" des Kosmos und garantiert durch ihren Ort die Stabilität des Alls. Der Beweis gehört in die Rezeptionsgeschichte von Aristoteles, Phys. IV,8; doch setzt K. nicht die Existenz eines außerkosmischen absoluten Vakuums voraus, auch wenn dies M.V. Anastos432,

417 418 419 420 421 422 423 424 425 426

427 428 429 430 431 432

Vgl. E.IV: S. 543-545. 11,24,5-6; 36,13-14. IV,8; 9,7; vgl. VI,34,12-13. 11,18; rV,5,1-2.7-10. 11,6,2-4. 11,7,1-2; 11,14-15. IV,20,2-3 mit dem zugehörigen Exkurs IV,17; vgl. 111,57,4-7; VII,91. Zur Sphäre der Fixsterne vgl. 1,6,2-6 (Anm. 661); 13,4-5; IV, 18. 11,12-13; 15; vgl. IV,6; VII,86. 11,15,2-4. Mit Himmel und Erde schafft Gott  άθρόω?  u.a.  die  Engel  (Π,20,2­3;  vgl.  E.Vd  zu  Anm.  606).  Vgl.  ferner  111,29,1­2.  Diese  Exegese  geht  auf  Theodor  von  Mopsuestia  zurück: A. Guillaumont, Genese 1,1-2 selon les commentateurs syriaques, in: In principio. Interpretations des premiers versets de la Genese, Centre d'Etudes des Religions du Livre, C.N.R.S., Paris 1973,S. 121. 11,16. 11,15,3-4; vgl. 11,13,8-10. Vgl. auch E.Vc zu Anm. 594-596. 11,15,4-6; vgl. 1,15,5-16,3; 11,13,6; 16,4-6. II, 14-15. 11,14,10-13. 1953, S. 43.

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gefolgt von C. Schölten433, und W. Wolska-Conus annimmt, wobei letztere eine direkte Abhängigkeit von Phil.' Kommentar und Kritik an Aristoteles unterstellt, von der K. sich insofern absetze, als er die These ablehne (sie), Bewegung im Leeren vollziehe sich nie zeitlos434.

III. Thesen zur Geographie K. versteht im Ausgang von der mit Ex. 25,40 LXX begründeten kosmischen Typologie des Zeltheiligtums den Schaubrottisch realistisch als Modell der vom unüberquerbaren Ozean umgebenen bewohnten Erde oder Oikumene 435 (mit Konsequenzen für die astronomische Geographie436). Ihn interessieren reale geographische Gegebenheiten, an denen sich der Gegensatz zwischen einer Erdkugel und einer flachen Erde zeigt oder zumindest die Frage entscheidet, ob geographische Angaben der Bibel richtig sind. Es sei hier nur die Frage nach Gestalt und Größe der Erde, insbes. die Begründung ihrer Breite aufgegriffen. a. Zur Breite der Erde Da der Schaubrottisch nach Ex. 25,23 das Verhältnis von Länge und Breite der Oikumene als eine Relation von zwei zu eins festlegt437 (ein Nachklang sphärischer Geographie, der nicht zur ionischen paßt438, in 433 1996, S. 196, Anm. 185. 434 1962, S. 221-225, bes. 224f.; vgl. 1968, S. 318f. Die Auseinandersetzung mit Phil.' Kommentar zu Physik IV,8 und mit der Frage, inwiefern Phil, ein neues Fallgesetz eingeführt hat (M. Wolff, Fallgesetz und Massebegriff. Zwei wissenschaftshistorische Untersuchungen zur Kosmologie des Johannes Philoponus, Berlin 1971), muß andernorts geleistet werden (vgl. Anm. 1). Auf dieser Basis ist zu klären, ob die Vorstellung einer zeitlosen Bewegung im Leeren bei K. einen Zusammenhang mit Phil, voraussetzt. 435 ΙΠ,51,1-52,4: (ή  τράπεζα)  τύποι»  επέχουσα  τή?  γή?.  Zum  Begriff  des  Typos  vgl.  Ε.Π,  Anm.  411. Ausführlicher zur Typologie des Schaubrottisches vgl. E.IV zu Anm. 529. Zur Begründung, warum der Ozean nicht von Schiffen befahren bzw. nicht überquert werden kann (11,43,14-15; 44,7-9), vgl. 11,29,14-17 sowie die auf der genannten Typologie basierende Überlegung zur Länge und Breite des Kosmos (E.Vb zu Anm. 580-581). 436 Vgl. E.V, bes. zu Anm. 549-551; 594-597. 437 11,19,1-3; 48,13-16. 438 Diese Relation entspricht nach Strabon der normalen Auffassung seiner Zeit und der besten alten Geographen (Geographie, 1,4,5; XI,11,7), d.h. jener, die die ionische Geographie ablösten. Diese Sicht setzt z.B. auch Geminos voraus (Elementa, XVI). Eudoxos von Knidos nahm für die Länge der Oikumene 100.000, für ihre Breite 50.000 bzw. das Verhältnis von sechs zu drei (W. Wolska-Conus, 1978, Sp. 160; 186) an, während Aristoteles (Meteor.  Π,5, 362  b  20­25)  ­  nach  K.  Berger  (Anm.  45),  S.  217,  nicht  ernsthaft ­  eine  Relation  von fünf zu drei vertrat. In Ps.Aristoteles' De mundo

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der K. das wahre Erbe des Moses sieht) und ihre Länge von China bis Cadiz (Gadeira, westlich von Gibraltar) an jener Linie, die nach den Brahmanen die Welt in der Mitte teilt439 und dem von Dikaiarchos und Eratosthenes vertretenen Diaphragma entspricht 440 , „ungefähr 400 Tagesreisen zu 30 (römischen) Meilen" beträgt 441 , muß K. für ihre Breite bis „zum äußersten Ende Äthiopiens" am Ozean „ungefähr 200 Tagesreisen" annehmen 442 . Um dies zu begründen, setzt K. sich zum einen unter Berufung auf „die alten Geographen", d.h. die Ionier 443 , gegen die von „modernen Geographen" vertretene Hypothese einer Zone ab, die südlicher liegt als jene heiße, unbewohnte 444 und die wie die bekannte Oikumene gemäßigt sein soll445, und berichtet zum anderen, um zu zeigen, daß er selbst über die am Ozean gelegene Südgrenze gut informiert ist, über Barbarien und dessen Hinterland 446 sowie über das von diesem weit entfernte Sasu 447 , „die äußerste Region der Äthiopier" 448 . Jedes Jahr organisiert der Gouverneur von Agaw am Tana-See 449 Expe-

(3, 393 b 18-21) werden 40.000 für die Breite, 70.000 für die Länge angegeben. Nach Strabon hat Eratosthenes für die Länge 77.800, für die Breite bis Thüle 38.000 Stadien (G. Aujac, Strabon et la science de son temps, Paris 1966, S. 185f.; W. Wolska-Conus, 1978, Sp. 161), Hipparch aber für die Breite bis Borysthenes, d.h. den Dnjepr, 25.300 Stadien angenommen. Strabon selbst hat noch 4000 Stadien für die nördlicher gelegenen bewohnten Gebiete hinzugefügt und ist für die Länge entlang der für die Antike bedeutenden Breite von Rhodos, die als 4. Klima (vgl. E.md: S. 541-543) dem Diaphragma (vgl. zu Anm. 440) entspricht, von 70.000 bzw. 68.500 Stadien ausgegangen (G. Aujac, a.a.O., S. 187; 189f.). Ptolemaios (Geographie, 1,10, ed. C.F.A. Nobbe, S. 22,3-5; VII,5,12, S. 179,19-21) bestimmte im 2. Jh. n.Chr. die Breite der Erde auf 40.000 Stadien statt der 43.500 Stadien seines Vorgängers und älteren Zeitgenossen Marinos von Tyros (ebd., 1,7,2, S. 14,19-23) und die Länge statt der 225° des Marinos (ebd., 1,11,1, S. 22,26-28) auf 180" oder 90.000 Stadien am Äquator (ebd., VE,5,15, S. 180,5-7) bzw. 72.000 Stadien auf der Breite von Rhodos (ebd., 1,14,10; 24,6, S. 32,19-24; 50,2-5; VII,5,15, S. 180,10-13). 439 11,45,13-16. 440 W. Wolska, 1962, S. 250f. mit Abb. der Karte des Dikaiarchos (vgl. G. Aujac, in: J.B. Harley - D. Woodwaard, 1987, S. 153). Zur Abb. der Karte des Eratosthenes: W. Wolska, 1962, S. 262; G. Aujac, La geographie dans le monde antique, Paris 1975, S. 72f.; zu jener des Strabon: H. Berger (Anm. 45), S. 399-401; W. Wolska, 1962, S. 263; J. Desanges, Afrika, RAC Suppl. 1,2, 1985, Sp. 234f.; G. Aujac, in: J.B. Harley D. Woodwaard, 1987, S. 175. 441 11,46,10^17,11. 442 11,48,1-12. 443 11,78-80. 444 Vgl. 11,33,8-9. 445 11,65; vgl. Β.Π zu Anm. 89. 446 11,49-50; 64. 447 Π,51-64. 448 Π,48,10-11; 64,6-7 449 H. Brakmann, 1994, S. 79f.

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ditionen nach Sasu, um dort Gold einzutauschen 450 . Nach G.A. Wainwright 451 und L.P. Kirwan 452 war das Ziel die Gegend von Fazoqli (Famaka) am Blauen Nil 453 , d.h. am südlichen Rand von Kush, dem Reich von Meroe, das in der Titulatur axumitischer Könige Kasu 454 bzw. Chasö 455 genannt wird 456 und dessen Bevölkerung „die Kasu" heißen 457 . Ferner zitiert K. das von ihm einst abgeschriebene Monumentum Adulitanum 458 auf Grund einer Kopie, die er bewahrt hat 459 . Denn dort werden Barbarien und Sasu genannt 460 , was nach K. bedeutet, daß jener Ptolemäer, dem er die Inschrift zuschreibt, „präzis wußte, daß Sasu und Barbarien die Grenzen Äthiopiens sind" 461 , und damit die in 11,48 vorgetragene Konjektur zur Breite der Erde bestätigt 462 . b. Zum Monumentum Adulitanum Was K. für ein einziges Dokument hielt, besteht aus Resten von zwei unabhängigen Inschriften: (1) Adulitana prima 463 : Bericht über den dritten Feldzug von Ptolemaios III. Euergetes (246-221 v. Chr.) nach Syrien mit einer Bemerkung über zwei Arten afrikanischer Kriegselefanten 464 ; (2) Adulitana secunda 465 : Inschrift auf einem für axumitische Herrscher typischen Votivthron aus Stein 466 anläßlich von Siegen über afrikanische Stämme 467 und in Südarabien 468 . Sie stammt von einem 450 451 452 453 454 455 456

457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468

Π,51-53. 1942, Nr. 30; Nr. 43, S. 86f.; vgl. 1944; A.J. Arkell, 1944. 1972, S. 170f. Karte: G.A. Wainwright, 1942, Nr. 30. RIE Nr. 270; 270 bis, vgl. mit Nr. 185; 185 bis; ferner Nr. 186-189 (Übers.: DAE Nr. 6 11; Nr. 189: L.P. Kirwan, Kush 8,1960, S. 163-165). RIE Nr. 271. L.P. Kirwan, 1972, S. 174f.; G. Lanczkowski, Aethiopia, RAC Suppl. 1,2,1985, Sp. 108; S.C. Munro-Hay, Aksum, Edinburgh 1991, bes. S. 223-231; H. Brakmann (Anm. 335), Sp. 727f. RIE Nr. 189. Vgl. C.I zu Anm. 334; E.IIIb: S. 538f. 11,56,12-13. 11,63,5-6. 11,64,5-7. Π,64,15-19. 11,58-59; OGIS Nr. 54; RIE Nr. 276. 11,58,10-13; R. Hennig, Terrae incognitae, I, Leiden 21944, S. 243f.; S. Hable-Selassie, 1963, S. 50-52; W. Krebs, WZ(R) 17,1968,424-445. 11,60-63; OGIS Nr. 199; RIE Nr. 277; G.W.B. Huntingford, The Historical Geography of Ethiopia, Fontes Historiae Africanae, Series Varia IV, Oxford 1989, S. 40-47. H. Brakmann (Anm. 335), Sp. 734; 740; 748. Π,60,1-62,3. 11,62,4-9.

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heidnischen König Axums 469 aus dem 3. Jh. n.Chr. 470 und nicht des Jemen, wie u.a. A.J. Drewes 471 , L.P. Kirwan 472 und A.F.L. Beeston 473 annehmen. Sie ist auf dessen 27. Regierungsjahr datiert 474 und kann darum nicht 'Ezänä meinen, der seit ca. 330 n.Chr. regiert und im 27. Jahr seiner Regierung schon Christ war 475 . Sofern das Reich von Meroe von einem Vorgänger von 'Ezänä vernichtet wurde 476 , dem man die in Meroe gefundenen griechischen Inschriften 477 zuschreiben möchte 478 , von denen eine 479 mit dem 21. oder 24. Jahr der Herrschaft des Königs datiert ist480, vermutet man 481 , daß sie auf König Sembruthes (Mitte des 3. Jhs.) zurückgeht, dessen 24. Jahr der Regierung auf einer in Eritrea gefundenen Inschrift 482 vermeldet ist483. c. Zu Kosmas' Sasu 1. Ein Lesefehler Angesichts der Zeugnisse für Kasu als Terminus für das Reich von Meroe liegt es nahe, mit einem Lesefehler zu rechnen, der auf K.' Ko-

469 S.C. Munro-Hay, Northeast African Studies 3,3, 1981/82, S. 6; Η. Brakmann (Anm. 335), Sp. 726f.; 1994, S. 22f. 470 Ch. Robin, in: Proceedings of the 8 th International Conference of Ethiopian Studies, II, Addis Ababa 1989, S. 155. 471 Inscriptions de l'Ethiopie antique, Leiden 1962, S. 103-107. Er identifiziert den König mit Sembruthes (vgl. zu Anm. 482-483). 472 1972, S. 175f. 473 1980 (1. Jh. n.Chr.). 474 11,63,12. 475 RIE Nr. 271, wohl zu RIE Nr. 190 gehörig (H. Brakmann, 1994, S. 68-73), ist trotz F. Altheim - R. Stiehl, Klio 58, 1976, 471-479, nicht nach 451 n.Chr. zu datieren; vgl. A. Dihle, in: T. Fahd (Hg.), L'Arabie preislamique et son environnement historique et culturel. Actes du Colloque de Strasbourg, 2 4 - 2 7 juin 1987, Leiden 1989, S. 4 6 3 ^ 6 5 . Kritische Beobachtungen zur Sicht der Missionierung Axums, die F. Altheim - R. Stiehl wiederholt vorgetragen haben, trägt I. Engelhardt, Mission und Politik in Byzanz, M B y M 19, 1974, S. 104-147, vor. 476 L.P. Kirwan, in: Kush (Anm. 454). 477 RIE Nr. 286; 286A. 478 S.C. Munro-Hay, Aksum (Anm. 456), S. 79 mit Bibl.; H. Brakmann, 1994, S. 26. 479 RIE Nr. 286. 480 S.Y. Bersina, Meroitic Newsletter 23, 1984, 1-9; T. Hägg, Meroitica 7, 1984, S. 4 3 6 441. 481 Wie u.a. L. Cracco Ruggini, CISE, S. 150; S.C. Munro-Hay, Northeast African Studies 3,3,1981/82, S. 5f.; ders., Aksum (Anm. 456), S. 80. 482 RIE Nr. 275. 483 Abb. ebd., S. 74. Anders datieren F. Altheim - R. Stiehl, Die Araber in der Alten Welt, V , l , Berlin 1968, S. 333-336; V,2, 1969, S. 171; 183-185; dies., Christentum (Anm. 21), S. 410f., und ihnen folgend J. Harmatta, CISE, S. lOlf.

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pie 484 zurückgeht. Was auch immer K. in Axum als Name jener „äußersten Region Äthiopiens" gehört haben mag, er hätte sich seines Gedächtnisses sehr sicher sein müssen, um sich nach 25 Jahren gegen die Lesart seiner Kopie zu entscheiden. Mit einem paläographisch bedingten Lesefehler hatte schon 1890 E. Glaser gerechnet 485 , doch Widerspruch gefunden 486 . Auffällig ist, daß S.C. Munro-Hay zwar für Kush oder das Reich von Meroe oft den Terminus Kasu gebraucht, doch die Lesart Sasu nicht in Frage stellt 487 , während L.P. Kirwan (1972) eine Korrektur von Sasu zu Kasu nur für die Inschrift, nicht aber für den Bericht über den Goldhandel vornimmt. 2. In der Sicht antiker Geographie Auf Grund von K.' Angaben hat man Sasu z.B. in Somalia vermutet, vielleicht verwechselt mit Sesea 488 , oder im heutigen Südäthiopien z.B. im Gebiet von Sidama 489 , auf jeden Fall weit im Süden vom Blauen Nil 490 bzw. „nach Kenia hin" 491 , was eher als Somalia der Angabe entspricht, Sasu liege fern von der Weihrauchküste 492 . Sofern in der Vorstellung von K. die Küste des Ozeans als Südgrenze, wie es die im Blick auf Typologie des Schaubrottischs viereckige Gestalt der Erde fordert, auf einer Ost-West-Linie verläuft, auf der Ceylon und Kap Guardafui liegen sollen 493 , könnte durchaus die Küste im Süden von Äthiopien in Frage kommen, wiesen nicht die von K. angeführten Begründungen nach dem Kasu der genannten Inschriften 494 , sofern man diese auf dem Standpunkt antiker Geographie liest. Dieses Kasu im Südwesten (d.h. in der Region von Fazoqli) 495 bis Nordwesten von Axum (d.h. Meroe, heute Begerawie bei Schendi am Nil) 496 liegt am äußersten Rand des 484 485 486 487 488 489 490 491 492 493

494 495 496

Vgl. E.nia zu Anm. 459. A. Dihle, 1965, S. 76, Anm. 81. Bibl. bei H. Brakmann (Anm. 335), Sp. 728. Aksum (Anm. 456), S. 35; 54; 145f.; 171, usw.; ebenso F. Altheim - R. Stiehl, Die Araber (Anm. 483), V,l, S. 349. E.O. Winstedt, 1909, S. 336f.; zu Sesea vgl. 11,61,1 mit L.P. Kirwan, 1972, S. 173f. G.W.B. Huntingford (Anm. 465), S. 47. W. Wolska-Conus, 1968, S. 360 nach J.M. Kobiscanov, 1964; K. Kitamura, 1988, S. 91. F. Altheim - R. Stiehl, Die Araber (Anm. 483), V,l, S. 348. Π,48,10-11. Vgl. die Illustration zu Ephoros (11,80; vgl. G. Aujac, in: J.B. Harley - D. Woodwaard, 1987, S. 144) und die Karte des Κ. (IV,7; vgl. zu dieser und ihrer Ähnlichkeit mit dem Mosaik von Nikopolis: W. Wolska-Conus, 1978, Sp. 186-188; O.A.W. Dilke, in: J.B. Harley - D. Woodwaard, 1987, S. 261-264). A. Dihle, 1965, S. 65f. Vgl. E.nia. Vgl. die Karte bei G. Lanczkowski (Anm. 456), Sp. 98.

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Gebiets, auf das Axum zur Zeit von K. Einfluß besaß, und fern weg von Barbaria, das sich im Süden von Axum befindet 497 . Auf den Karten des Eratosthenes und Strabon 498 , auf denen die Küste nach Kap Guardafui, dem Horn Afrikas, nicht nach Südwesten, sondern nach Nordwesten abbiegt, weshalb Strabon 499 von Afrika (Libyen) sagt, es habe eine trapezförmige Gestalt, konnte man sich wegen der nordwestlichen Richtung der Küste des Ozeans Kasu nahe an diesem gelegen 500 vorstellen. Diese Sicht erklärt K.' Aussagen, insbes., wenn man akzeptiert, daß er Afrika jenseits von Adulis bzw. Axum 501 nicht kannte 502 . Eine andere Sicht mußte erst mit der These vom Indischen Ozean als Binnenmeer aufkommen, die nach E. Polaschek 503 noch nicht von Ptolemaios selbst in seiner Geographie vertreten wurde. Dieses legt auch Ptolemaios' Beschreibung der Lage Äthiopiens nahe. Denn am Ozean sei es bis Rhapta (auf der Höhe von Sansibar) bekannt 504 , doch bis Lybien sei es nicht nur im Westen, sondern auch im Süden eine Terra incognita 505 . d. Die Berechnung der Breite und die Klimatafel in Buch VI Ein Vergleich zwischen der Berechnung der Breite der Erde in Buch II und jener in Buch VI, die, wie K. schreibt, beide übereinstimmen sollen 506 , zeigt, daß K. weder mit Meroe noch mit den Katarakten einen klaren Begriff verbindet. Denn er kann seine Berechnung mittels der Katarakte 507 nicht mit den sieben Klimata 508 des Eratosthenes verbinden. In 11,48 folgt er jener Linie, die im Wesentlichen dem approximativ korrekt berechneten Meridian von Alexandrien bei Eratosthenes entspricht 509 und auf Pytheas von Marseille zurückgeht 510 , und situiert die 497 Vgl. E.nia zu Anm. 453. 498 Vgl. E.nia zu Anm. 440. Zur Karte des Dionysios Periegetes (124 n.Chr.) vgl. G. Aujac, in: J.B. Harley - D. Woodwaard, 1987, S. 172. 499 Geographie, 11,5,32. 500 CT, 11,51,1-2. 501 Daß K. Axum kannte, setzt voraus, daß Buch XI von ihm stammt (B.Vc zu Anm. 251). Bei der Aussage über die Messung des Schattens (eines Gnomon) in Axum (VI,6,7-9) beruft K. sich nicht auf eigene Erfahrung. 502 Vgl. E.nid: S. 541f. 503 ImM 14,1959,17-37. 504 Geographie, IV,7,3-4, ed. C.F.A. Nobbe, S. 275; 8,1, S. 283,4-9. 505 Ebd., IV,8,1, S. 283,10-12; vgl. 7,2, S. 274. 506 VI,6,1-6. 507 11,48. 508 VI,5,1-6. 509 E. Honigmann, 1929, S. 10-24; G. Aujac, La geographie (Anm. 440), S. 48-52; Abb. J.O. Thomson, History of Ancient Geography, Cambridge 1948, S. 164; G. Aujac, in: J.B. Harley - D. Woodwaard, 1987, S. 167.

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Katarakte in der Mitte zwischen Alexandrien und Axum 511 , während er in Buch VI mit dem Abstand zwischen Syene (Assuan) und Axum 512 im Blick auf die Klimata von Meroe und Syene 513 operiert, ohne die Katarakte zu erwähnen. Wie seine Berechnungen (mit VI,12) zeigen, weiß er nicht, wie Syene und Meroe zu den Katarakten und zu Axum liegen. Dies einzugestehen, hieße, daß die Berechnung in 11,48 und die Aussagen über Sasu (Kasu) nicht auf Kenntnis der Geographie beruhen. In Buch VI setzt K. bei seiner Berechnung des Durchmessers der Sonne auf zwei Klimata 514 voraus, daß Klimata gleich breit sind. Dieselbe Behauptung und Voraussetzung liest man bei Ananias von Shirak 515 , doch ohne Zuweisung an die CT des Konstantin von Antiochien 516 . K. scheint hier eine zeitgenössische Diskussion aufzugreifen. Der ursprüngliche Begriff eines Klimas als schmaler ostwestlich verlaufender Streifen der bewohnten Erde (οικησις), in dem für die Wahrnehmung überall der Tag gleich lang ist und sich der längste Tag des Jahres zur Sommersonnenwende um eine halbe Stunde vom längsten Tag des nächst folgenden Klimas unterscheidet (in Meroe dauert er 13, in Borysthenes 16 Stunden), wurde in antiker Geographie mit dem Begriff der fünf Zonen des Parmenides (nach Poseidonios 517 ) kontaminiert, so daß man, wie es K. bei seiner Berechnung tut, unter Klima auch jenen Streifen versteht, der zwischen zwei ursprünglich als Klima definierten Breiten liegt. Außerdem erweiterte man wie K. die Klimatafel nach Norden und Süden. Wenn K. als Basis für seine Berechnung behauptet, daß „die Vertreter der sphärischen Geographie" ein jedes Klima mit „ziemlich genau 20 Tagesreisen" ansetzen, d.h. als einen gleich breiten Streifen zwischen den als Klima definierten Breiten gleicher Tageslänge 518 , so ist dies zwar Unsinn, entspricht aber einer Auffassung, die in einem anonym überlieferten Kompendium sphärischer Geometrie, der Diagnosis (= D) 519 , bestritten wird. 510 F. Gisinger, Gnomon 9, 1933, S. 96-98; G. Aujac (Anm. 438), S. 162; 167f.; dies., REA 74, 1972, 74-85; auch von Hipparch akzeptiert: O.A.W. Dilke, in: J.B. Harley - D. Woodwaard, 1987, S. 166f. mit Abb. 511 11,48,6-7. 512 VI,6,9-11. 513 VI,5,1-2. 514 VI,5,12; 6,10-12; 11,4; 12, add. 4. 515 Η. v. Mzik, 1933, S. 15; Übers, v. R.H. Hewsen, The Geography (Anm. 4), S. 43. 516 Vgl. A, bes. zu Anm. 5-12. 517 Strabon, Geographie, 11,2,2; H. Berger (Anm. 45), S. 208; W. Burkert (Anm. 45), S. 284f.; G. Aujac, Strabon (Anm. 438), S. 152; dies., La geographie (Anm. 440), S. 56f.; Ä. Szabö, Das geozentrische Weltbild, München 1992, S. 104-121, mit Abb. S. 115. 518 VI,6,6-7. 519 Hg. v. K. Müller, Geographi graeci minores, II, Paris 1861 (Nachdruck: Hildesheim 1965), S. 488-493; fig. 1-3; Transkription des codex unicus: A. Diller, The Anony-

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Es handelt sich um eine Lehrschrift für den Unterricht 520 , die nach P. Schnabel 521 „etwa im 5. oder 6. Jh. n.Chr. verfaßt" wurde, und nicht, wie E. Polaschek 522 insbes. gegen L. Bagrow zeigt, um ein Produkt aus dem Kreis um Maximos Planudes (um 1260 - 1310). Nach W. WolskaConus 523 gehört die D. in die Kontroverse zwischen K. und Phil.; doch führt sie nicht aus, was die Fragestellung der insbes. von Nachträgen zu Ptolemaios' Geographie abhängigen D. 524 und was ihre Kritik an K. ist. Der D. geht es um die ihr vom Gegner, der die Breite der Erde im Ausgang von der Tageslänge berechnen will, aufgezwungene Frage, wie Angaben über Entfernungen mit Zeitangaben übereinstimmen können. Sie bestreitet eine Theorie, die bei der Berechnung der Breite davon ausgeht, daß die räumlichen Abstände zwischen den Paralleloi bzw. Klimata gleich groß und darum die zwischen ihnen liegenden Zonen gleich breit sind, ohne jedoch das sphärische Weltbild in Frage zu stellen. Diese Theorie setzt K. in VI,6,6-7 für die Vertreter der sphärischen Geographie voraus und wendet sie selbst bei seiner Berechnung an. Sollte die D. auf K. reagieren, dann erwartet man in der D. nicht nur eine Übersicht über die Bogengrade, sondern auch eine solche über die Schattenlänge des Gnomon 525 , da K. mit dem Schatten (des Stabes eines Gnomon) argumentiert. Sofern K.' Berechnung der Begründung seiner Hypothese dient, daß die Sonne kleiner als die Erde ist, wäre es für die D. sinnvoll, zur dritten Zeichnung (Fig. 3), die nicht berücksichtigt, daß die Erde im Verhältnis zur Sphäre der Sonne nur „ein Punkt und Zentrum" ist526, darauf hinzuweisen, daß hier die Größenverhältnisse vernachlässigt sind.

IV. Die jenseitige Erde und das Paradies Die CT kennt als äußerste Grenzen des Kosmos jenseits des unüberquerbaren Ozeans eine nach der Sintflut nicht mehr bewohnte Erde, mit der die Seitenwände oder äußersten Enden des Himmels fest verbunden mous  Diagnosis of Ptolemaic Geography, in: Classical Studies in honor of W.A. Oldfather, Urbana, 111. 1943, S. 39M19. 520 I. Fischer, 1932, S. 436-142. 521 Texte und Karten des Ptolemäus, Leipzig 1938, S. 54. 522 ImM (Anm. 503). Zu L. Bagrow vgl. Anm. 9. 523 1973; vgl. 1978, Sp. 208f. 524 P. Schnabel (Anm. 521); E. Polaschek (Anm. 503), S. 36; O. Neugebauer, Isis 50, 1959, 2 2 - 2 9 (Nachdruck: ders., Astronomy and History, New York u.a. 1983, Nr. 27). 525 Vgl. Almagest, 11,6, übersetzt von K. Manitius (Anm. 224) S. 70,12-14; 72,4-6, usw. 526 Almagest, 11,5, S. 6 7 , 1 ^ .

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sind527. Sie wurde von der jetzt bewohnten Erde getrennt, als Gott am dritten Tag den Ozean schuf (Gen. 1,9-10)528. Sie wird in der CT „die jenseitige Erde" (ή γή ή πέραν; in IV,11,5 ή αντικρυς γή) genannt. Abgebildet wurde sie von Moses durch den „Steg von einer Handbreite", der nach Ex. 25,25 LXX die um den Schaubbrottisch herumlaufende Randleiste (τό  κυμάτιον),  den  Typos  des  Ozeans, schmückt 529 . Im Osten dieser „jenseitigen Erde" befindet sich das Paradies530, nicht aber im Osten der bewohnten Erde, da dort China liegt531, wie bei Ptolemaios532 die Grenze der bekannten Welt533. Nachdem Adam und Eva am sechsten Tag der Schöpfung aus dem Paradies vertrieben waren534, lebten sie und die ersten zehn Generationen der Menschheit auf jener Erde535, auf der Gottes Fluch (Gen. 3,17-19) lastete, von karger Nahrung, ohne Öl, Wein und Fleisch, bis Noes Geschlecht, wie es Lamech nach Gen. 5,29 angekündigt habe, mit der Arche den Ozean überquerte und auf der jetzt von der Menschheit bewohnten Erde landete536, die im Unterschied zur Erde jenseits des Ozeans „beinahe dem Paradies gleicht"537. Ferner sieht K. die Existenz der jenseitigen Erde bezeugt in Deut. 30,13 und Bar. 3,30538. Vermutlich klingt in dieser Auffassung jene Vorstellung nach, die bei Ephram als dem Paradies vorgelagerte Hecke oder als Mauern des Alls begegnet539, und nicht die Hypothese einer Gegenerde (Antichthon) aus der im sphärischen Weltbild beheimateten Geographie 540 . K.' Aussagen über die jenseitige Erde knüpfen weder an die 527 11,36,13-14; vgl. 24,5-6; IV,8,1-3; vgl. E.II zu Anm. 415-419. Zum Ozean vgl.  Ε.ΠΙ,  Anm.  435.  528  111,25. Anders  I. Opelt,  Erde, RAC 5,1962,  Sp. 1174.  529  11,36,8­12; 43,2­4; 111,51,8­52,4 (zitiert  in Anm. 435); V,34. Zum  Begriff  des  Typos,  mit  dem  Ex. 25,40 LXX eingebracht  wird,  vgl. zu  E.II, Anm.  411.  530  11,24,8­9; Π,36,12­13; 111,52,4­5; Vn,7,6­7; Illustration:  IV,7.  531  11,45^7.  532  Geographie,  1,17,5 ed. C.F.A. Nobbe,  S. 36,17­18.  533  11,47,12­13;  XI,16,12­13.  534  11,88,4­6;  94,1­2;  95,1.4­7;  nach  Gen.  3,8:  Theodor  von  Mopsuestia  (CPG  3827)  bei  Phil,  in  CPG  7265  (Anm.  140):  1,12,  S.  30,8­14  (128,17­22);  Narsai,  Horn.  IV  (29  Mingana),  256­263, S. 626f.  535 Während in 11,38,3.6-7, mit der Genesis nur zehn Generationen von Adam bis Noe gezählt werden, verbindet Buch  ΧΠ diese  biblische  Sicht  (ΧΠ, 1,10­14)  mit  der  u.a.  in  den  Chaldaica  (B.Vd, Anm.  279) überlieferten Auffassung von den zehn Königen vor „der großen Sintflut"  (ΧΠ,1,1­9; 3,6­16)  bzw.  von  den  zehn  Herrschern  der  Insel  At­ lantis,  die  vor  deren  Untergang  „Krieg gegen  Europa  und  Asien führten" (XII,2; 8,612; vgl. zu Anm. 545). 536 11,37,3-43,2; vgl. 24-25; VI, 16. 537 11,41,13; 111,79,9; VI,16,8. 538 11,43,4-44,10. 539 K. Kitimura, 1988, S. 89f. 540 Anders W. Wolska-Conus, 1978, Sp. 185f.

Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT

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Idee der vier symmetrischen Kontinente des Krates von Mallos an541, noch an jene der im Ozean um die Erde herumliegenden Kette von Inseln bei Ps.-Aristoteles, De mundo 542 , noch an das System des Philolaos543. In der Grundschrift wird die Existenz der jenseitigen Erde nicht wie in Buch XII544 mit dem im Timaios überlieferten Mythos von Atlantis in Zusammenhang gebracht545.

V. Thesen zur Astronomie Der Gestalt des Kosmos546 und der Erde547, bes. der Lage (θέσις·) der Oikumene, entsprechen nach K. die Umlaufbahnen der Gestirne, die Moses entsprechend der Offenbarung auf dem Sinai in der Einrichtung des Bundeszelts abgebildet hat. Denn im Heiligen desselben steht dort der Schaubrottisch als Typos der vom Ozean umgebenen Erde548 im Norden, der siebenarmige Leuchter (Ex. 25,31-37; 38,13-17 LXX) jedoch als „Typos der Gestirne" 549 im Süden (Ex. 40,22.24 LXX)550. Denn diese ziehen nach ihrem Aufgang „meist" im Süden der Erde entlang551. a. Die Umlaufbahnen der Gestirne Mit dieser Exegese verbindet K. die Beschreibung der täglichen Bahn der Sonne in Eccl. 1,5-6 LXX552. Da es in seinem Text heißt κύκλοι κύκλων, και έπι κύκλους· αύτοΰ επιστρέφει  τό πνεύμα  und  somit  πορεύεται  τό  πνεύμα  nach  κυκλών  fehlt553, faßt  Κ.  επιστρέφει  τό  πνεύμα  als  eine  Aussage über die Sonne auf, während im textus receptus der Wind  (τό  πνεύμα)  entsprechend  der  ionischen  Wirbelwindtheorie  Subjekt  der  Aussage  ist554.  So bewegt  sich  nach  K.  die  Sonne  durch  die  Luft555,  wo­ 541  542  543  544  545  546  547  548  549  550  551  552 553 554

Anders  W.  Wolska,  1962, S.  257­259.  3, 392 b  21­29; 393 b  17­18.  H.  Berger  (Anm.  45), S.  174; 178f.; zu  Philolaos  vgl.  W.  Ekschmitt  (Anm.  45), S.  95­99.  Z u  Buch  XII vgl.  B.Vd: S.  520­522.  ΧΠ,2,1­9;  8,6­12.  Vgl.  Anm.  535.  Vgl.  Ε.Π: S. 534­536. Vgl.  Ε.ΠΙ: S.  536­543.  Vgl.  Ε.ΠΙ  zu  A n m .  435;  E.IV  zu  Anm.  529.  Z u m  Begriff  des  Typos,  mit  d e m  Ex.  25,40  LXX  aufgegriffen wird,  vgl.  E.II, Anm.  411.  11,36,1­5; vgl.  ΙΠ,52,9­10.  ΙΠ,51,10; 52,7­8;  vgl.  die  Illustration  V,22  mit  V,41.  11,37,1­3.  Vgl.  V,33,8­9.  Hier  ist  die  sich  auf  G r u n d  der  Typologie  ergebende Größe des Kosmos (vgl. E.Vb zu Anm. 580-581) zu bedenken. 11,34; IV,11-12; V,33. Vgl. C. Schölten, 1996, S. 414f. Diese Exegese wird in der CT ausdrücklich abgelehnt: 11,34,22-23.

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bei sie diese in eine kreisende Bewegung versetzt556, und vollzieht, sofern hier der Plural επί  κύκλου?  steht, außer ihrem täglichen Umlauf auch die Wenden im Frühjahr und Herbst 557 und läßt so vier Jahreszeiten entstehen 558 , deren Darstellung die zwölf Schaubrote sind, je drei an den vier Ecken des Tisches559, während die sieben Arme des Leuchters die Woche versinnbildlichen 560 . In Buch IX baut K. diese Argumentation aus561, zitiert aber Eccl. 1,56 LXX mit der Lesart  πορεύεται  statt επιστρέφει.  So  lehre  die  Bibel, daß die Sonne „in der Luft" ihren Weg durchläuft 562 . Die sieben Arme des Leuchters werden nach Ex. 25,40 LXX als Darstellung der sieben Planeten563 bzw. der drei den Kalender bestimmenden Zyklen aufgefaßt 564 , nämlich des Zyklus „der zwölf Monate", d.h. des nach Ps. 64,12 LXX interpretierten Zodiakos565, des Zyklus der Sonne und jenes des Mondes. Der Leuchter ist für K. Symbol der drei Zyklen, sofern zu beiden Seiten jeweils drei Arme so angebracht sind, daß sie drei Kreise von jeweils unterschiedlichem Radius (Höhe im Kosmos) darstellen. Im Verhältnis zueinander wird die Drehung dieser Kreise jeweils durch eine Präzession des höheren Zyklus gegenüber dem jeweils niedrigeren gekennzeichnet 566 , die in Graden und auf der Basis des ägyptischen Kalenders (ohne Epagomenai) angegeben sind. Die Präzession des höchsten Zyklus (Zodiakos) gegenüber jenem der Sonne beträgt täglich ein Grad, so daß die Sonne in zwölf Monaten zu 30 Tagen ihren jährlichen Umlauf oder Kreis vollendet567. Analoges gilt für den Mondzyklus, der täglich „zwölf Grade und einige Minuten" hinter jenem der Sonne zurückbleibt 568 . So glaubt K. mit der Bibel, die nach Ps. 64,12 LXX und Eccl. 1,5-6 LXX lehre, daß die Gestirne (durch die Engel)569 „im Kreis bewegt werden" 570 , Phänomene zu wahren, auf die sich die

555  556  557  558  559  560  561  562  563  564  565  566  567  568  569  570 

Π,34,1­3.15­16.22­23;  vgl. E.Vd  zu  Anm.  608­611.  IV,11,13.  Π,34,19­22; vgl. IV, 12,3.  11,36,8; vgl.  IX,12,7­8.  11,36,6­6; vgl. IX,8,1­5;  11,8­9; in der  LS­Edition:  IX,26,1­2.  11,36,2­3; ΠΙ,52,8­9.  Vgl. B.IVb3 zu  Anm.  175­176.  IX,12. Vgl. Π,34,1­3 (Anm. 555): τόν ήλων πορευόμενον διά τοϋ depos.  IX,11,1­2.  IX,1­2.  IX,7­8.  IX,1,5­6.  IX,1,6­10;  2,7­9.  IX,2,1­7.  IX,6; vgl. E.Vd: S. 550, bes. zu  Anm.  607­611.  IX,7; 12. 

Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT

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Vertreter des sphärischen Weltbilds berufen, verschweigt aber ihren Ausgangspunkt, nämlich die Beobachtung des täglichen Umlaufs des Zodiakos, der „in allen wichtigen Untersuchungen und Handbüchern" der Antike als Beweis für die Kugelgestalt der Erde und des Kosmos genannt wird 5 7 1 . b. Erklärung der Eklipsen und des Wechsels von Tag und Nacht Zur Wahrung der Phänomene gehört auch die Erklärung der Eklipsen, um deren Bedeutung für die Begründung des sphärischen Weltbilds K. weiß 572 . Da der Zyklus des Mondes unter der Umlaufbahn der Sonne liegt 573 , wird verständlich, warum K. in der Grundschrift Sonnenfinsternisse unter Berufung auf die Hypothese konischer Schatten erklärt 574 , ohne sich auf die schiefe Lage der bewohnten Erde, d.h. ihre Erhöhung im Norden und (Nord)westen 575 , zu berufen, wie er es zur Erklärung sowohl der Eklipsen des Mondes als auch der Finsternis der Nacht tut, sofern im ersten Fall die Sonne „unter (!) der Erhöhung der Erde" steht 576 , so daß die Erde einen kegelförmigen Schatten auf den Mond wirft 577 und im zweiten Fall die Sonne am Abend hinter der Erhöhung verschwindet und nach Osten wandert 578 . Hierzu paßt Ishodad's Bericht, daß einige Autoren die Eklipsen des Mondes mit „dem Schatten des Nordgebirges" und jene der Sonne mit „dem Schatten des Mondes" erklären 579 . Geht man von den Illustrationen der CT aus, dann wirkt die Erklärung der Sonnenfinsternisse wegen der dort gegebenen Größenver571 C. Schölten, 1997, S. 309-311, Anm. 49-50. Aus der Sicht der CT dürfte dies kein schwerwiegender Einwand sein, da auch dieser Umlauf von Engeln verwirklicht wird, die jede Bewegung von Sternen „sehr schnell"  (όξυτέρως)  vollziehen können (E.Vd, Anm. 611). 572 Expos. 4,4-5; 1,2,10-13 (vgl. Β.Π zu Anm. 88; Vel zu Anm. 293); V,243,9-10 (Traktat über die Katastasen: Vgl. B.Ib zu Anm. 77); zur LS-Edition vgl. B.Vel: S. 523 sowie ΧΠ,13,3-5. 573 Zum Radius der Umlaufbahn als Höhe im Kosmos vgl. E.Va: S. 546. Analoge Aussagen in der Schule von Nisibis: Narsai, Horn. I (36 Mingana), 69-74; 81-82; S. 530f.; Theodor bar Koni, Liber Scholiorum (Anm. 413), 1,101, S. 81; Ishodad von Merv, In Gen. (Anm. 413), S. 39,16-20; ders., In Eccl., übers, v. C. van den Eynde, CSCO 230, 1963, S. 237,20-24; Anonymus Diyarbakir, übers, v. L. Van Rompay, CSCO 484, 1986, S. 23,13-17. 574 IV,13,3-10. Anders W. Wolska, 1962, S. 236, Z. 2: K. „ne pousse plus loin en ce qui concerne les eclipses solaires". 575 Zu dieser Erhöhung vgl. 11,31,1-3; IV,10,4-5, ferner E.Vc: S. 548f. 576 IV, 13,1-3. Der Zusatz ήγουν τή?  σελήνης ist  Unsinn.  577  IV, 11,6­8.  578  11,34,4­11; IV,12;  vgl.  IV,11,8.  579  In  Gen.  (Anm.  413),  S.  41,4­5. 

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

hältnisse merkwürdig. Doch vernachlässigen die Zeichnungen die mit Ex. 26,7-25 LXX begründete Aussage, daß das Bundeszelt als Abbild des Kosmos dreizig Ellen lang und zehn Ellen breit ist580. Zeichnet man den Kosmos entsprechend dieser Aussage und beachtet, daß die Länge der Erde für K. gleich ihrer doppelten Breite ist, sofern der Schaubrottisch nach Ex. 25,23 eine Länge von zwei Ellen und eine Breite von einer Elle besitzt581, dann sollte, auch wenn K. dies nirgends ausdrücklich sagt, die Breite des Kosmos als zehnfache, seine Länge als dreizigfache Breite der Erde dargestellt werden. c. Die „Erhöhung der Erde" in Kosmas und seiner Quelle Zwischen der für die Erklärung des Wechsels von Tag und Nacht sowie der Mondfinsternisse genannten „Erhöhung der Erde" und der Ekliptik stellt K. in II,103582 eine Verbindung her. Denn sie erkläre die Eklipsen von Mond und Sonne (sie), wenn „der Umlauf oder Weg der Gestirne" im Verhältnis zur Oberfläche der (flachen) Erde „etwas schief", d.h. als ein Winkel, aufgefaßt wird583. Wie sich K. den Zusammenhang zwischen „der Erhöhung der Erde" und der Ekliptik sowie die Rolle der Ekliptik für die Erklärung der Eklipsen vorstellt, bleibt ungesagt. Die Erhöhung muß sich K. als einen im Norden von Westen nach Osten verlaufenden, lang gestreckten Bergkamm vorgestellt haben584, nicht als jenen Bergkegel, den die Illustrationen der CT wiedergeben 585 und die Aussagen über konische Schatten nahelegen. Nirgends benutzt K. den Terminus Berg; nirgends verweist er auf das mythische Nordgebirge, die Rhipäen, und die Bedeutung eines solchen Gebirges für die „alten Geographen" 586 , die in der Tradition der Schule von Nisibis fortlebt, um zu erklären, wie sich „die Sonne während der Nacht verbirgt"587. Nach K. bezeugt Severian von Gabala, daß „die Sterne nachts 580 ΙΠ,51,2-5; nach Mar Aba: V,23,1-3.16; 31,1-32,13. 581 Vgl. E.HIa zu Anm. 437. 582 Dieser Text gehört zur um Buch I erweiterten Grundschrift (vgl. B.II: S. 504f.). Zum Zusammenhang von 11,103 mit den Aporien in 1,9-13 vgl. zu Anm. 85. 583 11,103,11-12. 584 Kießling,  'Ρίιταια  δρη,  PW,  2.  Reihe,  1. Halbband,  1914,  Sp.  867;  anders  W.  Wolska,  1962, S. 233.  585  ΐν,7;  10; 15.  586  Vgl. Kießling (Anm. 584), Sp. 846-859; 870. 587 Theodor bar Koni (Anm. 413), 1,102, S. 81, wiederholt bei (1) Ishodad von Merv, der diese Erklärung Theodor von Mopsuestia zu- und Narsai abspricht (In Gen. [Anm. 413], S. 26,6-10), und (2) beim Anonymus Diyarbakir (Anm. 573), der sie als die Überlieferung der nestorianischen Kirche Persiens kennzeichnet (S. 16,8-17,2). Zu Eccl. 1,6 LXX (CT Π,34;  vgl.  E.Va  zu  Anm.  552)  referiert  sie  Ishodad,  In  Eccl.  (Anm.  573),  S. 237,11­12  (zum  Wechsel  der  Jahreszeiten;  vgl.  CT IV,15­16  mit  Illustr.),  und  Phil. 

Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT

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die nördlichen Regionen durchlaufen" 588 , womit er dessen Aussage über die Sonne wiedergibt, die nachts im Norden „gleichsam durch eine Wand verborgen wird", die vom Wasser des Firmaments, jedoch nicht von einem Gebirge gebildet wird 589 . Auch Ps.-Kaisarios spricht von einer Wand im Norden, sagt aber nicht, aus was diese besteht 590 . K. vergleicht die der Oikumene abgewandte Seite der Erhöhung mit einer senkrechten Wand 591 , unter der „in der Tiefe" der Ozean liegt, der sich im Osten und Süden auf gleichem Niveau mit der Erde befindet 592 , und nennt als Beweis drei Erfahrungen 593 . Sinnvoll sind die Aussagen von K. zur Höhe und Tiefe der Erde nur, wenn diese nicht mit der Vorstellung eines Bergkamms oder Ansteigens der Erdoberfläche verbunden sind, sondern auf einen Erde und Ozean umgreifenden Raum bezogen werden, von dem aus die, wie K. sagt, „unwahrnehmbar tiefe Lage" der Erde 594 , ihre Höhe Null oder absolute Höhe im Weltraum 595 definiert wird 596 . „Unwahrnehmbar tief" liegt die Erde an jener Linie, auf der die Medianebene des Himmelsäquators die Ebene der für K. flachen Erde schneidet und jenen Winkel festlegt, der K.' Erhöhung im Norden und Westen sowie die analoge Absenkung im Osten und Süden 597 entspricht. Die Aussage, daß die Erhöhung mit der Breite der Erde 598 übereinstimmt 599 , läßt sich für K.' rechtwinklige Erde nicht verifizieren 600 und zeigt, daß K / Quelle eine flache runde Erde voraussetzt, somit aus ionischer Geographie 601 stammt bzw. durch diese kontaminiert ist.

als Auffassung der Anhänger Theodors (CPG 7265 [Anm. 140]: 111,10, S. 138,3-6 [328,6-9]). Vgl. F.n zu Anm. 687-688. 588 X,39,10-11. 589 CPG 4194: ΙΠ,5, P G 56,452,57-453,2; verkürzt zitiert in CT, X,33,4-8. 590 CPG 7482: 98, hg. v. R. Riedinger, GCS, 1989, S. 75. 591 IV, 16,6-7. 592 11,31,5-7. 593 11,31,7-33,7. 594 11,31,3-4: ή γή ανεπαισθήτως χθαμαλώς κειμένη. Vgl. die vielleicht korrupt überlieferte Aussage in IV,10,5-6: (ή γή) χθαμαλώς καΐ ανεπαισθήτως κειμένη. 595 Vgl. Ε.Π, Anm. 428, zu 11,15,3-4: τοϋ παντός  χώρου τό  βάθος.  596  Vgl.  W.  Burkert  (Anm.  45),  S.  322f.;  W.  Ekschmitt  (Anm.  45),  S.  93  zur  Absenkung  der  Erde  bei  Leukipp,  hg.  v.  H.  Diels  ­  W.  Kranz,  A  27  (hg.  v.  C.C.W.  Taylor,  To­ ronto  ­  London  1999,  97)  und  Demokrit,  A  96  (Taylor  97).  597  Π,31,1­3:  κατ' άναλογίαν.  Vgl.  IV,10,4­6.  598  Zur  Breite  der  Erde  vgl.  E.EIa:  S.  536­538.  599  11,31,3­5;  IV, 10,6­7;  16,10­16.  600  Trotz  der  von Kießling, a.a.O., Sp. 869, bedachten und von W. Wolska, 1962, S. 2 3 1 233; 1968, S. 548 verkürzt wiedergegebenen Illustration. 601 Vgl. Kießling (Anm. 584), Sp. 866-870.

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

d. Die Engel als Beweger der Gestirne Die Gestirne werden nach K. „nicht durch die Drehung des Himmels bewegt" (dieser ist ja in K.' biblischem Weltbild unbeweglich 602 ), „sondern von vernunftbegabten Mächten", d.h. von Engeln, wie die Bibel lehre 603 . K. begründet dies aus der Schrift so604, wie es auch bei Theodor von Mopsuestia und in der Schule von Nisibis geschieht: Die Engel wurden mit „Himmel und Erde" (Gen. 1,1) zugleich und darum zeitlos (άχρόνως;  αθρόως)  als  innerkosmische  Wesen  geschaffen 605 ,  wie  Gen.  1,3  voraussetze 606  und  I Kor.  4,9  sowie  Ps.  148,1­3  LXX  zeigen.  Als  Gott  aus  dem  am  ersten  Tag  geschaffenen  Licht 607  Sonne,  Mond  und  Sterne  ent­ stehen ließ (Gen. 1,14-19), erhielten sie den Auftrag (Eph. 2,2) 608 , zum einen diese „durch die" bzw. „in der Luft" (Eccl. 1,6 LXX) 609 unter dem Firmament (u.a. Ps. 148,1-3 LXX) 610 , und zwar auf einer Höhe, die ein Drittel des Abstands der Erde zum Firmament unter diesem beginnt 611 , und zum anderen die Luft selbst zu bewegen, somit auch die Wolken, den Regen „und vieles andere" 612 . Dieser Dienst war wie jener aller Engel (Hebr. 1,14)613 schon auf den Menschen und dessen Heil (Rom. 8,1921)614 ausgerichtet. Er endet, wenn „die Sterne auf die Erde fallen" (Matth. 24,29) 615 und sich die Hoffnung der Engel auf die Erneuerung der Schöpfung (II Kor. 5,17; Eph. 1,10) in der zweiten Katastase erfüllt 616 . 602 603  604  605  606  607  608  609  610  611 

612  613  614  615  616 

Vgl.  Ε.Π zu  Anm.  424­428.  11,83,1­7.  11,83­103;  111,13; 28­33;  36­49;  vgl.  IX,6,7­9  mit  IX,13­25.  Vgl.  B.Ib  zu  Anm.  68;  B.II  zu  Anm.  84; 86.  Zu  άχρόνω·? vgl.  E.II  zu  Anm.  425­426.  Vgl.  111,28,9­29,6;  31,1­3;  33,7­8  mit  111,42 bzw.  26,8­10;  41,4­5;  49,12­14.  ΙΠ,32,3­4.  11,83,7­15  (mit  84,7);  ΙΠ,33,10­11;  V,  220,14­16;  vgl.  IX,6,4­5;  LS­Edition:  IX,5,10­12.  Vgl.  E.Va  zu  Anm.  555.  V,245,  ein  nur  im  Vat. überlieferter Exkurs; VII,53-58. Ihr Ort (Anm. 605) ist (wie jener aller Sterne [IV,9,4-7; IX,19,1-2.6]) unter dem Firmament:  Π,108,1­2; IV,2,4­5;  VII,48.  Zu  dieser  Exegese  von  Π  Kor.  12,2  vgl.  ΙΠ,61,10­12;  V,220,7­14;  vgl.  VII,9,4­7;  IX,15,17­19;  19,1­2.  Man  beachte  hierzu  K.'  Auffassung  vom  jeweils  unterschiedli­ chen  Radius  der  Umlaufbewegung  als Höhe im Kosmos (E.Va: S. 546) und vom ungleichen Abstand der Fixsterne zur Erde (F.I zu Anm. 663), die wie alle Sterne von Engeln, „nicht von der Drehung des Himmels" wie in der sphärischen Kosmologie (11,83 ,4-5; vgl. 11,97,6) bewegt werden. Die Engel vermögen dies als vernunftbegabte Wesen (Anm. 603). Als solche verwirklichen sie die Sternbilder  (σχήματα)  und  deren  „Drehung,  d.h.  den  Weg  der  Sterne"  λογικώς  και  εΰτάκτω?  και  όξυτέρως  (11,103,5­7).  Diese  allgemeine  Aussage  wird  in  11,103  auf  die  Eklipsen  angewandt,  bei  denen  die  Engel für eine bestimmte Konstellation  (σχήμα) sorgen  (11,103,3­4.13;  IV,11,7;  13,1).  11,84; 111,26; zum  Regen  vgl.  11,105 mit  1,23­27.  11,85,4­7;  vgl.  IX, 14,1­6;  19,5­10.  11,85,7­16  mit  11,86; 89;  96.  IX,13;  14,7­9;  vgl.  11,97; IX,20,4­6;  25,1­2.  11,99,10­100,3;  102,1­8. 

Das biblische Weltbild in der Grundschrift der CT

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All diese Aussagen lassen sich für Theodor von Mopsuestia belegen: I. Zu CPG 3827 vgl. bes. (1) CPG 7265« 7 mit den in syrischer Übersetzung überlieferten Fragmenten 618 und (2) Catena in Gen. (C 1), 104 619 ; (3) insbes. zum Ort der Engel „im Himmel" (CPG 7265) 620 vgl. die Theodor zugeschriebene Lokalisierung unter dem Firmament bei Ishodad von Merv 621 und im Anonymus Diabakir 622 (ohne Nennung Theodors bei Theodor bar Koni 623 ); vgl. auch Narsai 624 , ferner Theodoret von Kyrrhos (CPG 6209), der sich distanziert 625 , und Prokop von Gaza (CPG 7430) 626 ; (4) zur Bezugnahme auf Eccl. 1,6 LXX 627 vgl. Theodor bar Koni 628 , Ishodad von Merv 629 und den Anonymus Diyarbakir 630 . II. Zum kosmischen Dienst der Engel 631 vgl. u.a. (1) CPG 3846 (a) zu Rom. 8,19-21 632 , eine Exegese, die man auch bei Diodor von Tarsos 633 , Narsai 634 , Katholikos Georg I.635 und im Anonymus Diyarbakir 636 findet, doch kein Gemeingut antiochenischer Exegese ist; (b) zu Eph. 2,2 637 ; (2) CPG 3827 638 .

617 618 619 620 621 622 623 624 625 626

627 628 629 630 631 632 633 634 635 636 637 638

1,12: S. 28,20-26 (124,16-21); 1,22: S. 53,25-54,12 (170,14-24). Ed. E. Sachau, 1869, S. 3,9-5,3; 13,12-14. Ed. F. Petit, TEG 1,1991, S. 83 (PG 66, 636 Β 2-8). 1,18: S. 45,15-20 (156,19-23). In Gen. (Anm. 413), S. 27,3-8. A.a.O. (Anm. 573), S. 18,14-20. Liber Scholiorum (Anm. 413), 1,82, S. 75. Horn. Π (34 Mingana), 306-313, S. 574f. Vgl. T. Jansma, OrSyr 11, 1966, S. 166; 420. PG 82, 448 C 6-9. PG 87, 89 A 11 - Β 11. Zum Bezug auf Gen. 1,17 LXX vgl. Catena in Gen. (Anm. 402), 104 und Diodor (CPG 3815), Fragm. 7 (Coli. Coisl. in Gen., 52 bis, hg. v. F. Petit, CChr.SG 15, S. 51). In Theodors Kommentar (CPG 3836), hg. v.. W. Strothmann, 1988, S. 20, befindet sich im überlieferten Text zu diesem Vers eine lacuna. Liber Scholiorum (Anm. 413), 1,101, S. 81. In Gen. (Anm. 413), S. 39,9-16; ders., In Eccl. (Anm. 573), S. 237,14-19 (Lesart wie CT IX; vgl. E.Va zu Anm. 553 u. 562) A.a.O. (Anm. 573), S. 23,11-13. U. Wickert, Studien zu den Pauluskommentaren Theodors von Mopsuestia, Berlin 1962; P. Bruns (Anm. 183). Ed. K. Staab, 1933, S. 137-139. CPG 3819: ed. K. Staab, 1933, S. 93-95. Horn. VI (38 Mingana), 517-528, S. 668-671. Schreiben an Minä (a. 680) im Synodicon Orientale: Übers. O. Braun, 1900, S. 362; J.B. Chabot, 1902, S. 504. A.a.O. (Anm. 573), S. 41,1-5. Vgl. ed. K. Staab, 1933, S. 137,19-30 mit CPG 3845: ed.h.B. Swete, I, 1880, S. 128,6131,2; 143,13-144,8. Syr. Fragm., ed. E. Sachau, 1869, S. 12,30-13,3 (T. Jansma, OrSyr 11,1966, S. 421f.).

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

F. Zum Verhältnis zu Johannes Philoponos I. Reaktionen auf Johannes Philoponos in der CT? K.' Gegner in der Grundschrift 639 , insbes. in deren um Buch I erweiterten Publikation 640 , sind, wie er sagt, „Scheinchristen" 641 . Daß K. dort als deren Exponenten Phil, bestreitet, läßt sich ebenso wenig überzeugend beweisen wie, daß Phil, der Verf. der in Buch VII angegriffenen Schrift wider die Ewigkeit des Kosmos ist, mag es auch, wie oben ausgeführt wurde 642 , sinnvoll sein, in Buch VII eine Reaktion auf den Widerhall von Phil/ Bestreitung eines ewigen Kosmos zu vermuten, die ohne das sphärische Weltbild aufzugeben, die Kontingenz des Kosmos philosophisch zu begründen sucht. Für K.' Gegner in Buch VII, der, wie gesagt, „sich rühmt, ein Christ zu sein", widerlegt ja das sphärische Weltbild nicht den biblischen Schöpfungsbericht. Analoges gilt für die Aporien von Buch I. Auch wenn in ihnen manches anklingt, was Phil, als Kritik an Aristoteles' Physik schon vor 543/ 547 n.Chr. 643 vorgetragen hat, ist sowohl der eindeutige Beweis, daß Phil, der von K. angezielte Gegner ist, als auch eine genaue Datierung nicht möglich 644 . Mit einem Beispiel sei dies verdeutlicht. Ohne Namen zu nennen, stellt K. fest, daß die Hypothese, der Himmel bestehe wie die sublunarische Welt aus den vier Elementen (Piaton), durch (Aristoteles') Theorie des fünften Elements abgelöst wurde. Denn die erstgenannte Hypothese könne eine regelmäßig kreisende und darum stabile Bewegung nicht gewährleisten 645 . Dabei unterstellt K., daß Aristoteles' Äthertheorie im sphärischen Weltbild notwendig ist 646 . Dies Argument könnte in eine Diskussion um Phil.' These gehören, der Himmel bestehe aus vier Elementen und es bedürfe zur Erklärung seiner regelmäßig kreisenden, somit stabilen Bewegung nicht der  quinta  essentia647. Zugleich behaupten K.' Gegner, daß bei der Mischung der Elemente im Bereich des Himmels das ein oder andere Element überwiegt 648 . Dem entspricht bei Phil, die schon in Contra 639 Vgl. zur Grundschrift B.I: S. 502. 640 Vgl. Β.Π: S. 504. 641 1,3-4; vgl. S. 498. 642 Vgl. B.IVb: S. 508-512. 643 Vgl. die Datierung der Grundschrift in C.I: S. 526. 644 Zur Datierung im Blick auf Phil. vgl. C.ffl: S. 530f. 645 1,5,1-8,9; vgl. C. Schölten, 1996, S. 309, Anm. 136. Zur auf Piaton und Aristoteles verweisenden Glosse in 1,5,1-2 vgl. B.IVa: S. 507. 646 1,5,2-6; vgl. 1,8,1-7. 647 C. Wildberg, Philoponus. Against Aristotle (Anm. 144); C. Schölten, 1996, S. 208-213. 648 1,8,4-6.

Zum Verhältnis zu Johannes Philoponos

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Aristotelem 649 nachweisbare 650 Annahme des Kommentars zum Hexaemeron, in der Substanz des Firmaments überwiege Wasser und Luft651 „bei einem geringeren Anteil" von Erde und Feuer652, in der Substanz der Gestirne dagegen - wie bei Piaton - Feuer653 bei einem hohen Anteil von Erde. Die jeweils andere Mischung erkläre, warum sich die Sterne „in Größe, Farbe und Leuchtkraft" unterscheiden 654 . So zeige „Farbe, Licht und Wärme" der Sterne im Unterschied zur „im höchsten Maße farblosen" Transparenz des Firmaments, die eine ungetrübte Wahrnehmung der Sterne gewährleiste655, daß letztere aus Erde und Feuer bestehen und nicht aus der Substanz des Firmaments entstanden sind656. Nun will K. wie seine Gegner einzig auf Grund der Wahrnehmung auf eine Mischung aus Elementen schließen657. Doch widerlege gerade diese die These, der Himmel bestehe aus einer Mischung der vier Elemente658, wie die Tatsache zeige, daß am Himmel unterschiedliche Farben wahrgenommen werden, „auf Grund derer sich die wärmende und die abkühlende Kraft manifestiert, die in (bestimmten Elementen659) existiert"660. Damit führt K. die als Erklärung der „Wasser über dem Firmament" (Gen. 1,7) gängige Abkühlungstheorie der antiochenischen Exegese ein. Wenn ferner alle Fixsterne, wie das sphärische Weltbild unterstellt, den gleichen Abstand vom Beobachter haben, dann dürften sie sich nach K. farblich nicht unterscheiden 661 . Sofern dies aber nicht der Fall ist, unterstellt K., daß seine Gegner in ihrer Theorie mit einer objektiv bedingten Sinnestäuschung rechnen, die auf Grund der weiten Entfernung zwischen dem Himmel und dem Beobachter zustandekomme 662 . Mit einer solchen rechnet auch Phil, für die Wahrnehmung weit entfernter Gegenstände. Doch für K. besitzen die Fixsterne, sofern

649 650 651 652 653 654 655 656 657 658 659 660 661 662

Zu dieser Schrift vgl. B.IVbl, bes. zu Anm. 143-144. C. Schölten, 1996, S. 260f.; 308-314. CPG 7265 (Anm. 140): ΙΠ,5, S. 118,17-18; 119,7-8 (290,14-15; 291,2-3). Ebd., ΠΙ,5, S. 120,7-8 (292,25-27). Ebd., m,5, S. 120,8-9 (292,27-28); IV,13, S. 186,3-4 (416,13-14). Ebd., IV,12, S. 184,19-185,5 (412,27-414,10). Ebd., 111,17, S. 158,27-159,3 (366,21-24). Ebd., IV,15, S. 189,21-190,3 (424,9-16). 1,7,6-9. 1,5,1-2. 1,27,3-4; 29,4-11; vgl. C. Schölten, 1996, S. 214. 1,5,8-10. 1,6,2-6. Vgl. das analoge Argument zur Milchstraße in 1,7,1-6. 1,5,6-7.10-11.

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

sie von Engeln unter dem Firmament bewegt werden, vermutlich keinen gleichen Abstand vom Standpunkt des Beobachters 6 6 3 . Diese Diskussion setzt voraus, daß beide Seiten von der Homogenität der infra- und supralunarischen Welt ausgehen, wobei K. bestreitet, daß diese (trotz Piaton) im sphärischen Weltbild konsistent erklärbar ist. Daß hier eine direkte Bezugnahme auf Phil, vorliegt, ist ebenso wenig bewiesen wie bei der Aporie zur Epizykeltheorie, die dem Gegner eine Beseelung der Planeten unterstellt 664 . C. Schölten 665 nimmt hier einen Bezug auf Phil/ Lehre über die Weltseele in Contra Proclum (529 n.Chr.) und Contra Aristotelem an666. Doch übersieht er 667 mit C. Wildberg 668 , daß Phil, dort mit der Weltseele nur eristisch argumentiert und ihre Existenz nicht behauptet. Die Vorstellung „fester Sphären", gegen die K. in VII polemisiert 669 , begegnet in Phil.' Contra Aristotelem 670 . Sie könnte auch in 1,12,4-10 gemeint sein, wenn K. als (Seelen)wagen, nämlich in Analogie zu „Fahrzeugen" (οχήματα), aufgefaßte Sphären ablehnt, da sie nichts zu einer Erklärung der Planetenbewegung beitragen. Doch scheint Phil, nicht der erste gewesen zu sein, der eine wie auch immer verstandene Widerstandsfähigkeit  (άντιτυττία)  der Sphären vertreten hat 671 .

II. Philoponos' Kommentar zum Hexaemeron als Reaktion auf Kosmas? Auch die These von C. Schölten 672 , Phil, reagiere mit seinem Kommentar zum Hexaemeron direkt auf die CT, wie die zwei Kapitel zeigen, in denen er eine Exegese der „markantesten Stellen" der biblischen Begründung vorlegt, auf die sich die Anhänger des Theodor von Mopsuestia für ihre Kosmographie berufen 673 , läßt sich nicht beweisen. 663 Z u m Ort aller Sterne und ihrer Beweger, der Engel, unter dem Firmament vgl. E.Vd, bes. zu Anm. 610-611. 664 1,12,3-10. 665 1996, S. 71; vgl. B.IVbl zu Anm. 134. 666 1996, S. 359-365; 373; 376. 667 Trotz ebd., S. 363f„ Anm. 350. 668 Criticism (Anm. 143), S. 160-165; 204; 240f. 669 Zitiert in Anm. 150. Vgl. auch IX,6,2. 670 Vgl. B.IVbl zu Anm. 151 sowie C. Schölten, 1996, S. 338-343. 671 Vgl. Derkylides, Adrastos von Aphrodisias, vielleicht Theon von Smyrna (mißglückte Wiedergabe bei Chalcidius) im Unterschied zu Ptolemaios' Hypotheses Planetarum. 672 1996, S. 70f.; 406-419. 673 CPG 7265 (Anm. 140): ΙΠ,10-11 (vgl. C.in zu Anm. 376), auch bei W. Wolska, 1962, S. 170-177 ausgewertet.

Zum Verhältnis zu Johannes Philoponos

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Hätte Phil, die CT gemeint, wäre es sinnvoll gewesen, bei der Exegese von Is. 40,22b LXX 674 auf die Unterscheidung zwischen dem gewölbten ersten Himmel und dem auch nach unten flachen Firmament 675 einzugehen und nicht nur mit dem sichtbaren Himmel und dem Horizont unter Voraussetzung der in der antiochenischen Exegese üblichen Deutung auf das Firmament 676 zu argumentieren. Als Argument für die Unvergänglichkeit des Firmaments benutzt K. weder Is. 51,6 LXX noch Ps. 101,27f. LXX 677 , wohl aber Severian von Gabala, teils zitiert in CT X,26. Zu Ps. 101,26f. LXX betont K. die Abhängigkeit der Existenz des Kosmos vom Willen Gottes 678 , womit er Phil.' Sicht entspricht 679 , auch wenn er wegen der Katastasenlehre annimmt, daß Gott von Beginn an den ewigen Bestand des ersten und zweiten Himmels wollte 680 . Zu Eccl. l,5f. LXX bietet Phil, eine gegnerische Sicht, die im Vergleich mit K. zu undifferenziert ist681. Denn er hätte übersehen, daß K. hier 1) wie er selbst 682 die Bewegung der Sonne zwischen den Wendekreisen ausgesagt sieht 683 und 2) für den täglichen Umlauf der Sonne eine Kreisbewegung 684 , nicht aber jene geradlinige 685 annimmt, die man Severian von Gabala bei jener Hypothese unterstellen kann, auf die Phil., ohne einen Namen zu nennen, anschließend verweist 686 . Der Hinweis auf „die veraltete Hypothese" eines Nordgebirges 687 trifft im Wortlaut von Phil, nicht K.' Sicht. Denn dieser spricht, wie schon gesagt, in einem gewissen Sinn abstrakt nur von „der Erhöhung der Erde" 688 , doch nicht wie Phil, von „sehr hohen Bergen", der auf diese Weise die konkrete Vorstellung der  'Ρίπαια  δρη  anspricht. 

674  675  676  677  678  679 680  681  682  683  684  685 

Ebd.,  ΠΙ, 10,  S.  131,22­133,10  (316,1­318,15).  Vgl.  B.IVb2  zu  Anm.  168­172;  E.II  zu  Anm.  412­414.  Vgl.  B.IVb2  zu  Anm.  173.  CPG  7265  (Anm.  140):  ΙΠ,ΙΟ, S.  133,11­134,28  (318,16­322,7).  VII,63,7­16;  vgl.  C. Schölten, 1996, S. 411. CPG 7265 (Anm. 140):  ΙΠ,ΙΟ, S.  134,24­28  (322,2­7);  ΠΙ,ΙΙ,  S.  143,5­18  (338,11­23).  Vgl.  B.Ib  zu  Anm.  74­75;  B.IVbl  zu  Anm.  122;  Ε. I,  Anm.  394.  Ebd.,  ΙΠ,ΙΟ, S.  135,13­17  (322,19­22).  Ebd.,  ΙΠ,ΙΟ, S.  138,11­139,3  (328,13­330,7).  Vgl.  E.Va  zu  Anm.  557.  Vgl.  11,34,9.16;  IV,12,7  mit  IX,7,2­3;  12,4­5.  ΙΠ,ΙΟ,  S.  139,3­7  (330,8­10);  anders  C. Schölten, 1996, S. 415; L. Fladerer (Anm. 376), S. 324. 686  ΙΠ,ΙΟ,  S.  139,8­12  (330,11­15);  vgl.  Severian  von  Gabala  (CPG  4194),  Horn.  3,5,  PG  56,  452,55­453,9,  den  K.  in  X,33  zitiert  (vgl.  Anm.  589),  doch  die  von  Phil,  angegriffene  Aussage wegläßt. 687  ΠΙ,ΙΟ,  S.  138,3­6  (328,6­9),  zitiert  in Anm.  587.  688  Vgl.  E.Vc:  S.  548. 

556

Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

Zu Hiob 38,37f. LXX689 wäre ein Hinweis auf K.' abweichende Lesart notwendig gewesen. Wie bei K. und mit gleicher Intention 690 wird von Phil, in die Exegese der Gegner der Begriff der äußersten Ende des Himmels eingebracht691, doch ebenso wie die Begründung mit Ps. 18,7 LXX692 abgelehnt, die Severian vorträgt693. Schließlich wird in K.' Exegese von Hebr.694, die mit Hebr. 8,5 an Ex. 25,40 LXX anknüpft 695 und darum mit Hebr. 9,1 (als Aussage über das Heilige im Bundeszelt) die Beschreibung des Kosmos unter dem Firmament verbindet 696 , Hebr. 8,2 wie bei Mar Aba697 als Aussage über das Allerheiligste auf den ersten Himmel bezogen698. Eine solche in der Tradition von Antiochien699 stehende Exegese wird von Phil, abgelehnt, der Hebr. 8,2 als eine Aussage über die Inkarnation (nach Joh. 1,14) interpretiert 700 . Wollte er damit auf die CT reagieren, hätte er sich vor allem mit der Auslegung von Hebr. 9,1 auseinandersetzen müssen. Doch sagt er nichts zur biblischen Begründung, die das Zeltheiligtum nach Ex. 25,40 LXX als Abbild701 der dem Moses geoffenbarten 702 Gestalt des Kosmos703 und seiner beiden durch das Firmament geschiedenen Räume (Hebr. 9,2-3) interpretiert704, sondern stellt nur fest, daß dieses Zelt wie jenes des Tempels in Jerusalem „Menschen erbauten", m.a.W., daß es nicht jenes von Hebr. 8,2 sein kann. So scheint die Behauptung von C. Schölten, Phil, und K. seien sich in Alexandrien „sicher begegnet und dürften über kosmologische Fragen gestritten haben" 705 , unbeweisbar zu sein. Doch wie die CT zur Wirkungsgeschichte der Vorträge über biblische Exegese gehört, die Mar Aba in Alexandrien vermutlich in jener Zeit vor dem Jahre 531/532, in der zwischen Persien und Byzanz Krieg herrschte, gehalten 689 690 691 692 693 694 695 696 697 698 699 700 701 702

ΙΠ,10, S. 139,13-140,27 (330,16-332,29). Vgl. Ε.Π zu Anm. 415-424. ΠΙ,ΙΟ, S. 139,17-19 (330,20-21). ΠΙ,ΙΟ, S. 140,27-141,4 (334,1^1). Zitiert in Anm. 415. 111,82-85; nach Mar Aba: V,20-21; 27-29; ausführlich in VII, 10-19; 22; 87-88. Π,35; IX,11,10-15; vgl. VH, 11,6-11. V,20; VII,22,4-6; 87,1-5. V,21. D/,5,4-7; VH,10,8-17; 16,11-13. Vgl. E.I: S. 532f., bes. Anm. 395; 398; 400; 404. m , l l , S. 143,19-144,7 (338,24-340,11). ΙΠ,55,11-16. Vgl. zum Begriff des Typos Ε.Π, Anm.411. Zur Darstellung von Gen. 1 als Offenbarung auf dem Sinai in ΙΠ,13-50 vgl. B.Ib: S. 502f„ bes. Anm. 65. 703 Π,35; ΙΠ,51,8-10; 58,9. 704 Mar Aba: Π,2,2-8. 705 1997b, S. 12.

Abgekürzt zitierte Literatur

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hat, so dürfte a u c h ein W i d e r h a l l von Phil.' I d e e n in der C T zur W i r k u n g s g e s c h i c h t e seines Schaffens u n d zur v o n i h m b e e i n f l u ß t e n geistigen A u s e i n a n d e r s e t z u n g im A l e x a n d r i e n seiner Zeit g e h ö r e n . S e i n e A b w e h r der v o n T h e o d o r v o n M o p s u e s t i a inspirierten biblischen Exegese, die offensichtlich in seiner eigenen L e b e n s w e l t so einflussreich war, d a ß er sich zu ausführlicher A u s e i n a n d e r s e t z u n g v e r a n l a ß t sah 7 0 6 , m u ß in j e n e n Kreisen, in d e n e n K. verkehrte, p r o v o z i e r t u n d zu Disk u s s i o n e n geführt h a b e n . Seine Schriften m u ß t e m a n dafür nicht eingeh e n d studiert h a b e n , w e n n n u r seine I d e e n in etwa b e k a n n t w a r e n , weil „ m a n " in A l e x a n d r i e n über sie sprach.

Abgekürzt zitierte Literatur M.V. Anastos, The Alexandrian Origin of the  Christian  Topography of Cosmas Indicopleustes, DOP 3 (1946) 74-80 (CStS, London 1979, Nr. XIII). , Aristotle and Cosmas Indicopleustes on the Void. A Note on Theology and Science in the Sixth Century,  Ελληνικά.  ΤΙεριοδικόν  σύγγραμμα  Εταιρείας­  Μακεδόνικων  Σπουδών  (FS  S.P.  Kyriakides)  4  (1953)  35­50  (CStS,  London  1979,  Nr.  XIV).  A.J.  Arkell,  Cosmas  and  the  Gold  Trade  of Fazoqli,  Man  44  (1944)  30­31  (n.  24).  M.  Aubineau,  Un  extrait  retrouve,  chez  Cosmas  Indicopleustes,  d'un  Discours  sur  l'aumdne  de Jean  Chrysostome  (PG  49,293),  BLE  80  (1979)  213­218  (CStS,  London  1988,  Nr.  XXV).  L.  Bagrow,  The  Origins  of  Ptolemy's  Geography,  Geografiska  Annaler  27  (1945)  318­387.  A.F.L.  Beeston,  The  Authorship  of  the  Adulis  Throne  Text,  BSOAS  43  (1980)  453­458.  H. Bengtson,  Kosmas  Indikopleustes  und  die Ptolemäer, Hist.4 (1955) 151-156. G.L. Bertolini, Su la Cosmografia di Cosma Indicopleuste, BSGI 48,2 (1911) 1455-1497. S. de Boer, Welk dier was Rome? De translatio imperii en de vroeg-christelijke interpretatie van Daniel 2 en 7, in: ders. - M.B. Pranger (Hg.), Saecula saeculorum. Opstellen aangeboden aan C.W. Mönnich, Amsterdam 1982, 98-141. H. Brakmann, TO  ΠΑΡΑ  ΤΟΙΣ  ΒΑΡΒΑΡ01Σ  ΕΡΓΟΝ  ΘΕΙΟΝ.  Die  Einwurzelung  der  Kirche  im spätantiken Reich von Aksum, Bonn 1994. 706 Da Phil.' Kritik an Aristoteles auf den Nachweis zielte, daß dessen Beweise für die Ewigkeit des Kosmos unzutreffend sind und so nicht die (der Bibel entsprechende) Kontingenz des Kosmos widerlegen, stieß er bei „neuplatonischen Fachkollegen" (vgl. zu Anm. 375), insbes. bei Simplikios auf Ablehnung. In diesen Kreisen wirkte „das christliche Weltbild", wie es von Anhängern des Theodor von Mopsuestia vertreten wurde, lächerlich. Darum war es für Phil, wichtig zu zeigen, daß die Bibel dem wissenschaftlichen Weltbild seiner Zeit nicht widersprach.

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Kosmas Indikopleustes, Leben und Werk

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Liste der Veröffentlichungen des Autors1 Editionen Anastasii Sinaitae Viae Dux, CCSG 8, Leuven - Turnhout 1981, CCXLVII; 455 S. Die „Philosophischen Kapitel" des Anastasius I. von Antiochien (559-598), Orientalia Christiana Periodica 46 (1981) 306-366 Syllogistik im Dienst der Orthodoxie. Zwei unedierte Texte byzantinischer Kontroverstheologie des 6. Jahrhunderts, JOB 30 (1981) 103-112 Des Anastasius I. von Antiochien Jerusalemer Streitgespräch mit einem Tritheiten, Einleitung und Edition, Traditio 37 (1981) 73-108 Antimonophysitische Aporien des Anastasios Sinaites, ByzZ 74 (1981) 11-26 Die dem Anastasios Sinaites zugeschriebene Synopsis de haeresibus et synodis. Einführung und Edition, Annuarium Historiae Conciliorum 14 (1982) 5 8 - 9 4 Anastasii Sinaitae Sermones duo in constitutionem hominis secundum imaginem dei necnon Opuscula adversus Monotheletas, CCSG 12, Leuven -

Turnhout

1985,

CLXVII; 202 S. Die Lazarus-Predigt des Leontios von Arabissos (BHG 2219u), Einleitung, Edition und Übersetzung, Byzantion 59 (1989) 291-353 „Die "Απορα des Gregorius von Nyssa"? Ein Beitrag zur Geistmetaphysik in Byzanz mit einer Edition von CPG 1781, Byzantion 63 (1993) 237-327 Die pseudo-chrysostomische Predigt CPG 4701. Kritische Edition mit Einleitung, Orientalia Christiana Periodica 59 (1993) 5 - 6 2 Homiliae

pseudo-chrysostomicae.

Bernardi de Montfaucon

Instrumentum

studiorum,

Vol.

I

in

memoriam

(1655-1741), Editio princeps quam curaverunt

K.-H.

Uthemann, R. F. Regtuit, J. M. Tevel, Turnhout 1994 Die Pseudo-Chrysostomische Predigt In Baptismum et Tentationem (BHG 1936m; CPG 4735). Kritische Edition mit Einleitung, Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philos.-histor. Klasse, Jahrgang 1994, 3. Abhandlung, Heidelberg 1994 Eine christliche Diatribe über Armut und Reichtum (CPG 4969). Handschriftliche Überlieferung und kritische Edition, VigCh 48 (1994) 236-293 Ein Enkomion zum Fest des hl. Paulus am 28. Dezember. Edition des Textes (CPG 4850) mit Einleitung, in: Philohistör. Miscellanea in honorem Caroli Laga septuagenarii

1

Ohne Erwähnung der kurzen Artikel in Lexika.

564

Liste der Veröffentlichungen des Autors edita ab A. Schoors et P. Van Deun, Orientalia Lovaniensia Analecta, Leuven 1994, 103-134

Abhandlungen und Artikel Gemeinschaft und Gemeinwohl. Ihre ontologischen Grundlagen. Eine Auseinandersetzung mit dem Solidarismus im Lichte der neueren sozialphilosophischen Dominikanerschule, Diss. lie. phil., Pullach im Isartal 1964 Person und Wille in der Christologie des Maximus Confessor. Eine Studie zum neuchalkedonischen Ursprung der Kontroverse um die Willenseinheit Christi, Diss. lie. theol., Frankfurt a. Main 1969. Die Verklärung Christi. Eine Geschichte der Auslegung von Mk 9,2-8 par. mit Exkursen zur Traditions- und Redaktionsgeschichte (Maschinenschrift), Frankfurt a. Main, 1969 Ein Beitrag zur Geschichte der Union des Konzils von Lyon (1274). Bemerkungen zum Codex Parisinus gr. 1115, Annuarium Historiae Conciliorum 13 (1981) 2 7 - 4 8 Das anthropologische Modell der Hypostatischen Union bei Maximus Confessor. Zur innerchalkedonsichen Transformation eines Paradigmas, in: Maximus Confessor. Actes sur le Symposium sur Maxime le Confesseur, Fribourg, 2 - 5 septembre 1980, edites par F. Heinzer et Ch. Schönborn, Paradosis XXVII, Fribourg 1982, 223-233 Ein Nachtrag zu Seth in der patristischen Literatur, VigCh 36 (1982) 287-291 Eine Ergänzung zur Edition von Anastasii Sinaitae „Viae Dux": das Verzeichnis benutzter und zitierter Handschriften, Scriptorium 36 (1982) 130-133 Das anthropologische Modell der Hypostatischen Union. Ein Beitrag zu den philosophischen Voraussetzungen und zur innerchalkedonischen Transformation eines Paradigmas, Kleronomia 14 (1982) 215-312 Der Codex Vaticanus gr. 1409. Eine Beschreibung der Handschrift, Byzantion 53 (1983) 639-653 Der Codex Athonensis Laura Β 11: Marginalien zur Edition des Hodegos, Scriptorium 38 (1984)104-116 Zur Sprachtheorie des Nikephoros Blemmydes: Bemerkungen zu einem byzantinischen Beitrag zur Geschichte der Logik, JOB 34 (1984) 123-153 Stephanos von Alexandrien und die Konversion des Jakobiten Probos, Ein Beitrag zur Rolle der Philosophie in der Kontroverstheologie des 6. Jahrhunderts, in: After Chalcedon. Studies in Theology and Church History offert to Professor Albert van Roey, ed. by C. Laga, J.A. Munitiz and L. van Rompay, Leuven 1985, 3 8 1 - 3 9 9 Prolegomena zu einer Topik als inventiver Forschungslogik anhand von Rudolf Agricolas Dialektik, Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie 32 (1985) 391-423 Sprache und Sein bei Anastasios Sinaites. Eine Semantik im Dienst der Kontroverstheologie, in: Studia Patristica X V m , 1, edited by Ε. A. Livingstone, 1985, 221-231

Abhandlungen und Artikel

565

Byzanz: Geschichte der byzantinischen Theologie, Evangelisches Kirchenlexikon, Göttingen 1985,1, Sp. 610-616 Ordinateur et Stemmatologie. Une constellation contaminee dans une tradition grecque, in: Distributions spatiales et temporelles, constellations des manuscrits, Edite par P. van Reenen and Κ. van Reenen-Stein, Amsterdam - Philadelphia 1988, 265-277 Kriterien zur Abgrenzung der Homilien Severians von Gabala unter den PseudoChrysostomica, in: Studia Patristica XX, edited by E.A. Livingstone, Leuven 1989, 61-69 Editionstechnik ohne „Trenn- und Bindefehler"? Zur Rekonstruktion von Stammbäumen mittels des Computerprogramms von A. Dees, JÖB 39 (1989) 49-54 Ein neuer Zeuge der Definitionensammlung des Hodegos. Zu E. Mionis Beschreibung des Codex Marcianus gr. 545, Byzantion 59 (1989) 281-282 Codex recentior, non deterior? Zur Uberlieferung des Hodegos im Codex Vindobonensis theol. gr. 40, JÖB 40 (1990) 129-143 Des Johannes von Damaskus Predigten In dormitionem Β .M.V. in einer lateinischen Übersetzung des 9. Jahrhunderts. Zum überlieferungsgeschichtlichen Ort der griechischen Vorlage, in: Eulogia, Melanges offerts ä Antoon A.R. Bastiaensen ä l'occasion de son soixante-cinquieme anniversaire, publies par G.J.M. Bartelink, A. Hilhorst, C.H. Kneepkens, Instrumenta Patristica XXTV, Steenbrugis in Abbatia S. Petri 1991, 333-352 Seneca in de oudchristelijke literatuur, in: Receptie van de klassieken Π, red. C.A.C.M. Fisser, S.R. Slings, Ε. Vester, Utrecht - Amsterdam, 1991, 43-64 Johannes Chrysostomus, BBKLΙΠ, 1992, Sp. 305-326 Johannes von Damaskos, BBKL ΠΙ, 1992, Sp. 331-336 Johannes IV., (Ieiunator) Patriarch von Konstantinopel, BBKL ΙΠ, 1992, Sp. 394-399 Johannes Π. von Jerusalem, BBKL m, 1992, Sp. 402-413 Joseph Studites, Erzbischof von Thessaloniki, BBKL ΙΠ, 1992, Sp. 701-710 Die innere Einheit von Augustinus Confessiones. Zur Autobiographie als Paradigma historischer Erkenntnis, in: Tamara Albertini (Hg.), Verum et Factum. Beiträge zur Geistesgeschichte und Philosophie der Renaissance zum 60. Geburtstag von Stephan Otto, Frankfurt a.M. - Berlin - Bern - New York usw. 1993, 97-119 Severian von Gabala in Photios' Bibliothek und Amphilochia, JÖB 43 (1993) 61-86 Die Sprache der Theologie nach Eunomius von Cyzicus, ZKG 104 (1993) 143-175 Die Sprachtheorie des Eunomios von Kyzikos und Severianos von Gabala. Theologie im Reflex kirchlicher Predigt, in: Studia Patristica XXIV, ed. by Ε. A. Livingstone, Leuven 1993,336-344 Nochmals zum antiquissimus Ducaei. Ein Traktat des Anastasius Sinaites (CPG 7747) unter dem Namen Gregors von Nyssa (CPG 3218), Byzantion 63 (1993) 401-403 Michael Synkellos, BBKL V, 1993, Sp. 1461-1467 Paulus von Samosata, BBKL, VII, 1994, Sp. 66-89

566

Liste der Veröffentlichungen des Autors

Porphyrius, Bischof von Gaza, BBKL, Sp. 848-854 Probus, der Konvertit, BBKL, Sp. 968-976 Ramee, Petrus Ramus oder Pierre de la Ramee, BBKL, Sp. 1307-1312 Der Codex Parisinus gr. 700 und die pseudo-chrysostomische Predigt CPG

4701,

Orientalia Christiana Periodica 61 (1995) 223-234 Sergios I., Patriarch von Konstantinopel, BBKL IX, 1995, Sp. 1413-1428 Severian von Gabala, BBKL IX, 1995, Sp. 1487-1504 Stephan von Bostra (Bosra), BBKL X, 1995, Sp. 1363-1364 Stephan von Dor, BBKL X, 1995, Sp. 1366-1368 Stephan Gobar, BBKL X, 1995, Sp. 1371-1374 Stephan Π. von Hierapolis, BBKL X, 1995, Sp. 1376-1378 Stephan der Jüngere oder Neue Märtyrer, BBKL X, 1995, Sp. 1378-1381 Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt. Signal einer kulturellen Wende, Augustinianum 36 (1996) 147-181 Was verraten Katenen über die Exegese ihrer Zeit? Ein Beitrag zur Geschichte der Exegese in Byzanz, in: Stimuli. Exegese und ihre Hermeneutik in Antike und Christentum. Festschrift für Ernst Dassmann JAC, Erg. 23, Münster i.W. 1996, 284-296 Which Variants are Useful in Discovering the Deep Structure of the Manuscript Tradition of a Text? Contra a so-called Essentially Quantitative Approach, in: Studies in Stemmatology, ed. by P. van Reenen and M. van Mulken, Amsterdam - Philadelphia 1996,249-261 Christ's Image versus Christology: Thoughts on the Justinianic Era as Treshold of an Epoch, in: P. Allen and E. Jeffreys (ed.), The Sixth Century - End or Beginning?, Byzantina Australiensia 10, Brisbane 1996,197-223 Symeon, der neue Theologe, BBKL XI, 1996, Sp. 330-345 Theodor Anagnostes, BBKL XI, 1996, Sp. 867-869 Theodor von Paphos, BBKL XI, 1996, Sp. 912-913 Theodor von Philae, BBKL XI, 1996, Sp. 913-916 Theodor von Skythopolis, BBKL XI, 1996, Sp. 916-917 Theodor v. Trimithus, BBKL XI, 1996, Sp. 917-918 Theoteknos v. Libias, BBKL XI, 1996, Sp. 1035-1037 Die Kunst der Beredsamkeit: Pagane Redner und christliche Prediger, in: L.J. Engels und H. Hofmann, Neues Handbuch der Literaturwissenschaft 4, Wiesbaden 1997, 265-320 Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus. Ein Beitrag zum eigentlichen Anliegen des Neuchalkedonismus, in: Studia Patristica, Vol. XXIX, ed. by Ε.Α. Livingstone, Leuven 1997, 3 7 3 ^ 1 3 Forschungsbericht/Research Report: Erster Bericht über griechische Editionen, Handschriften und Hilfsmittel, ZAC 1 (1997) 17-41

Abhandlungen und Artikel

567

Timotheos von Jerusalem, BBKL ΧΠ, 1997, 148-149 Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians, in: Chalkedon: Geschichte und Aktualität, Studien zur Rezeption der christologischen Formel von Chalkedon, hg. v. J. van Oort und J. Roldanus, Leuven, 1997 (Copyright 1998), 54-122 Forms of communication in the homilies of Severian of Gabala: A contribution to the reception of the diatribe as a method of exposition, in: M.B. Cunningham - P. Allen (edd.), Preacher and Audience. Studies in Early Christian and Byzantine Homiletics, Leiden - Boston - Köln 1998, 139-177 Zacharias v. Jerusalem, BBKL XIV, 1998, Sp. 299-302 Ein zweiter Bericht über griechische Editionen, Handschriften und Hilfsmittel, ZAC 3 (1999) 3 - 4 9 Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe, Augustinianum 39 (1999) 5 - 8 3 Protologie und Eschatologie. Zur Rezeption des Origenes im 4. Jahrhundert vor dem Ausbruch der ersten origenistischen Kontroverse, in: W.A. Bienert - H. Kühneweg (Hg.), Origeniana septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium CXXXVII, Leuven 1999, 399-458 Ein griechisches Florileg zur Verteidigung des filioque aus dem 7. Jahrhundert? Eine Bemerkung zum Parisinus graecus 1115, ByzZ 92 (1999) 502-511 Neues zum Kolophon des Parisinus graecus 1115?, Revue d'Histoire des Textes 29 (1999) 39-84 Severian von Gabala in Florilegien zum Bilderkult, Orientalia Christiana Periodica 66 (2000) 1 - 4 3 Gregor von Nyssa, De beatitudinibus, Oratio VI: „Selig, die reinen Herzens sind. Denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8), in: H.R. Drobner - A. Viciano (edd.), Gregory of Nyssa. Homilies on the Beatitudes, An English Version with Commentary and Supporting Studies. Proceedings of the Eighth International Colloquium on Gregory of Nyssa (Paderborn, 14-18 September 1998), Leiden - Boston - Köln 2000, 185-227 Nochmals zu Stephan von Bostra (CPG 7790) im Parisinus gr. 1115. Ein Testimonium zwei Quellen, J O B 50 (2000) 101-137 Beiträge in: Patrologia, Vol. V, I Padri orientali dal Concilio di Calcedonia (451) a Giovanni Damasceno ( t 750), a cura di Angelo Di Berardino, Genova 2000, S. 49-87; 206-213; 321-339; 339-340; 401^103; 409-410 Zur Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon. Wider den dogmenhistorischen Begriff „strenger Chalkedonismus", in: Studia Patristica, ed. by M.F. Wiles and E.J. Yarnold, XXXIV, Leuven 2001, 572-604 Dritter Bericht zur griechischen Patristik: Uber Editionen und Textkritik, Handschriften, Instrumente und Verwandtes (1998-2001) (1. Teil), ZAC 8 (2004) 230-275. Anastasios Sinaites, in: La theologie byzantine et sa tradition I, sous la direction de C. G. Conticello - V. Conticello, Turnhout (sub prelo) The Christologial Debate, in: Cambridge History of Christianity, Vol. 2 (sub prelo). Eustathios von Antiochien wider den seelenlosen Christus der Arianer. Zu neu entdeckten Fragmenten eines Traktats des Eustathios, ZAC (sub prelo).

568

Liste der Veröffentlichungen des Autors

Rezensionen Lars Thunberg, Microcosm and Mediator. The Theological Anthropology of Maximus the Confessor, Lund 1965, in: Theologie und Philosophie 43 (1968) 443-445 Klaus Wessel, Die Kultur von Byzanz, Frankfurt a. Main 1970, in: Oriens Christianus 55 (1971)250-253 Werner Beierwaltes, Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, Frankfurt a. Main 1965, in: Theologie und Philosophie 47 (1972) 560-562 Richard Klein, Der Streit u m den Viktoriaaltar, Darmstadt 1972, in: ByzZ 67 (1974) 167168 Henry Chadwick, Die Kirche in der antiken Welt, Berlin - New York 1972, in: ByzZ 67 (1974)173-174 Stephan Otto (Hrsg.), Die Antike im Umbruch, München 1974, in: Philosophisches Jahrbuch 83 (1976) 437-439 Charles Kannengiesser (ed.), Athanase d'Alexandrie, Sur l'Incarnation du Verbe. Introduction, texte critique, Paris 1973, in: ByzZ 69 (1976) 4 5 0 ^ 5 2 Hans-Georg Beck, Das Byzantinische Jahrtausend, München 1978, in: Z K G 91 (1980) 526 Marcellus Richard (ed.), Iohannis Caesariensis Presbyteri et Grammatici Opera quae supersunt, C C S G 1, Leuven - Turnhout 1977, in: ByzZ 73 (1980) 7 0 - 7 2 Gerhard May, Schöpfung aus dem Nichts, Berlin - New York 1978, in: ZKG 91 (1980) 384-386 Franz Wimmer, Verstehen. Beschreiben. Erklären. Zur Problematik geschichtlicher Ereignisse, Freiburg - München, 1978, in: Philosophisches Jahrbuch 88 (1981) 409-411 Felix Heinzer, Gottes Sohn als Mensch. Die Struktur des Menschseins Christi bei Maximus Confessor, Freiburg/ Schweiz, 1980, in: Theologische Revue 77 (1981) 5 4 - 5 8 Ugo Bianchi (ed.), La Tradizione dell'Enkrateia. Motivazioni ontologiche e protologiche, Atti del Colloquio Internazionale. Milano, 2 0 - 2 3 aprile 1982, Roma, o.J.,

in:

Bibliotheca Orientalis 45 (1988) 236-238 Karen Jo Torjesen, Hermeneutical Procedure and Theological Method in Origen's Exegesis, Berlin - New York 1986, in: Bibliotheca Orientalis 45 (1988) 242-244 Reinhold Merkelbach, Mani und sein Religionssystem, Wiesbaden 1986, in: Bibliotheca Orientalis 46 (1989) 512-515 Jacques Menard, De la Gnose au Manicheisme (Gnostica), Paris 1986, in: Bibliotheca Orientalis 46 (1989) 515-516 Wolfram Kinzig, In Search of Asterius. Studies on the Authorship of the Homilies on the Psalms, Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 47, Göttingen 1990, in: VigCh 45 (1991) 1 9 « 0 3 Christian Wildberg, John Philoponus' Criticism of Aristotle's Theory of Aether, PERIPAT O I 1 6 , Berlin - New York, 1988, in: JOB 41 (1991) 331-335

Rezensionen

569

Henri Crouzel, Origen, Translated by A.S. Worrall, Edinburgh 1989, in: Bibliotheca Orientalis XLVIII (1991, erschienen 1992) Sp. 955-960 Aline Pourkier, L'heresiologie chez Epiphane de Salamine, Christianisme antique 4, Paris 1992, recensie in: ByzZ 86/87 (1994) 135-136 Markus Vinzent, Asterius von Kappadokien. Die theologischen Fragmente. Einleitung, kritischer Text, Übersetzung und Kommentar (Supplements to Vigiliae Christianae, Volume XX), Leiden - New York - Köln 1993, XVI. 375 S„ in: VigCh 49 (1995) 297301 Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neuerer Forschung. Teil II: Principat, Band. 27 (1. Teilband), hg. v. Wolfgang Haase, Berlin - New York 1993, XIV. 762 S., in: Bibliotheca Orientalis 52 (1995) 507508 Anne-Marie Malingrey (ed.), Jean Chrysostome, Sur l'egalite du Pere et du Fils. Contre les Anomeens homelies VII-XII, Sources Chretiennes 396, Paris 1994, 378 S, in: JOB 45 (1995)336-339 Jose H. Declerck - Pauline Allen (ed.), Diversorum postchalcedonensium auctorum collectanea, CCSG 19, Turnhout 1989, 476 S„ in: JÖBk 45 (1995) 339-340 Pierre Maraval (ed.), Gregoire de Nysse, Lettres (Sourves Chretiennes 363), Paris 1990, in: JOB 45 (1995) 414-415 Louis Aragon, Marie-Odile Boulnois, Pierre Evieux et alii (ed.), Cyrille d'Alexandrie, Lettres Festales, I-VI, Tome I-II, Sources Chretiennes 372, 392, Paris 1991, 1993, in: JOB 45 (1995) 415 Sokrates, Kirchengeschichte. Hg. v. Günther Christian Hansen. Mit Beiträgen von Manja Sirinjan, GCS N.F. 1, Berlin 1995, in: JOB 48 (1998) 330-331 Sozomenus, Kirchengeschichte. Hg. v. J. Bidez (t). Eingeleitet, zum Druck besorgt und mit Registern versehen von Günther Christian Hansen. Zweite, durchgesehene Auflage, GCS N.F. 4, Berlin 1995, in: JOB 48 (1998) 410 Theodoras Anagnostes, Kirchengeschichte. Hg. v. Günther Christian Hansen. Zweite, durchgesehene Auflage, GCS N.F. 3, Berlin 1995, in: JOB 48 (1998) 410-411 Jean-Claude Larchet, La divinisation de l'homme Selon saint Maxime le Confesseur, Paris 1996, in: ByzZ 91 (1998) 151-152 Nicephori Patriarchae Constantinopolitani Refutatio et eversio definitionis synodalis anni 815 primum edita cura et studio J.M. Featherstone, CCSG 33, Turnhout - Leuven 1997, XXXIV; 381 S., in: JOB 49 (1999) 357-358 Basilius von Caesarea. Homilien zum Hexaemeron. Herausgegeben von Emmanuel Amand de Mendieta und Stig Y. Rudberg, GCS N.F. 2, Berlin 1997, XXI; 235 S., in: JOB 49 (1999) 335-342

570

Liste der Veröffentlichungen des Autors

J.M. Featherstone (ed.), Nicephori Patriarchae Constantinopolitani Refutatio et eversio definitionis synodalis anni 815, CCSG 33, Turnhout - Leuven 1997, XXXTV; 381 S., in: VigCh 54 (2000) 218-220 Georgios Makris, Ignatios Diakonos und die Vita des hl. Gregorios Dekapolites. Edition und Kommentar. Mit einer Übersetzung von Michael Chronz, Byzantinisches Archiv 17, Stuttgart - Leipzig 1997,170 S., in: VigCh 54 (2000) 220-225 Bernard Pouderon, D'Athenes ä Alexandrie. Etudes sur Athenagore et les origines de la philosophie chretienne, Bibliotheque Copte de Nag Hammadi, Section Etudes, 4, Quebec - Louvain - Paris 1997, ΧΧΠ; 415 S., in: VigCh 54 (2000) 225-227 Veronique Somers, Histoire des collections completes des Discours de Gregoire de Nazianze, Publications de l'Institut Orientaliste de Louvain 48, Louvain-la-Neuve 1997, IX; 712 S., in: ByzZ 94 (2001) 340-341 Paul Speck, Die Interpolationen in den Akten des Konzils von 787 und die Libri Carolini, POIKILA ΒΥΖΑΝΤΙΝΑ 16, Bonn 1998, 268 S„ in: ByzZ 94 (2001) 341-343 Ludwig Fladerer, Johannes Philoponos. De opificio mundi. Spätantikes Sprachdenken und christliche Exegese (Beiträge zur Altertumskunde, Band 135), Stuttgart - Leipzig 1999, 419 S., in: ByzZ 94 (2001) 716-717 W.J. Aerts - G.A.A. Kortekaas (Hg.), Die Apokalypse des Pseudo-Methodius. Die ältesten griechischen und lateinischen Ubersetzungen, I. Einleitung, Texte, Indices Locorum et Nominum, II. Anmerkungen, Wörterverzeichnisse, Indices, CSCO 569-570, Subsidia 97-98, Louvain 1998, 218 S. (I), 231 S. (Π), in: VigCh 55 (2001) 440-442 M. De Groote (Hg.), Oecumenii commentarius in Apocalypsin, Traditio exegetica graeca 8, Leuven 1999, S. 355, in: VigCh 55 (2001) 442-446 L. Fladerer, Johannes Philoponos. De opificio mundi. Spätantikes Sprachdenken und christliche Exegese (Beiträge zur Altertumskunde, 135), Stuttgart - Leipzig 1999, in: ByzZ 94 (2001) 716-717 Athanasius Werke. Erster Band. Erster Teil: Die dogmatischen Schriften, hg. v. der Patristischen Arbeitsstelle Bochum der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften unter Leitung von Martin Tetz, 2. Lieferung: Orationes I et Π contra Arianos. Edition, vorbereitet von Karin Metzler, revidiert und besorgt von Kyriakos Savvidis, Berlin - New York 1998, S. 65-260, in: JOB 52, 2002, 356-360 Laurence Brottier, Jean Chrysostome. Sermons sur la Genese, Introduction, texte critique, traduction et notes, Sources Chretiennes 433, Paris 1998, in: JOB 52, 2002, 368-370 Paul Gehin - Ciaire Guillaumont - Antoine Guillaumont, Evagre le Pontique. Sur les Pensees, Sources Chretiennes 438, Paris 1998,349 S„ in: JOB 52, 2002, 367-368

Register1

Wortregister

I. Index verborum graecorum

άγαθότη?  451 

αδίστακτο?  173  *19 

άγαν 

άειδή? 

­  μηδέι» άγαν  412,  Α.  80 

άθάνατο? 

αγάπη 

­  άγιο?  ό θεό?,  ...  άγιο?  αθάνατο?  259 

­  vs.  ερω?  115 

­  vs.  θνητό?  4 0 * 1 2 ;  289 

άγένητο?  424  *13 

άθεεί 

άγεννησία  441;  442  117 

­  το  μη  άθεεί  ύποστήναι  πώποτε 

άγέννητο?  442f.; 443 *123; 445; 448 *151; 459f.  ­  vs. 

γεννητό? 

424; 

427ί; 

4 3 3 * 7 1 ; 

434  "73; 435  *78; 439f.; 442  *117; 446;  466 

1 1 0 * 3 7 

93f. 

mit  *193  αϊθω  372  άθρόω?  535;  5 5 0 

­  άγέννητο?  κατά  στέρησιν  442  *117 

αίτημα  373 

­  ουσία  άγέννητο?  427 

αιτία 

άγιος­  352  (Is.  6,3) 

­  άνευ  αιτία?  είναι 

­  άγιο?  ό  θεό?,  άγιο?  ισχυρό?  κτλ.  259 

­  τό  μη  έξ  αιτία?  είναι  vs.  το  εξ  ούδενό? 

άγιότη? 

2 2 3 * 4 9 

είναι 

4 4 1 * 1 1 6 

4 3 9 * 1 0 7 

ακατάληπτο?  459  *14 

άγρυπνέω  360f.  mit  *90  αγρυπνία  361 

'Ακέφαλο?  297 

άγρυπνο?  363 

άκολουθέω  440  mit  *114  ­  vs.  προλάμπω  398 

αδιάβλητο?  327  αδιαίρετο?, 

άδιαιρέτω? 

20; 

20  *103; 

άκούσιο? 

26f.  *142;  45;  4 7 ­ 5 3 ;  54;  56;  63;  103; 

­  άκουσίω?  182 

116  *94;  198 

άκριβή?  423;  426;  429;  431  *66  άκρο?  178  *39;  240 

­  διάκρισι?  αδιαίρετο?  110  ­  μία 

ΰπόστασι? 

αδιαίρετο? 

άσύγχυτο?  163;  2 3 4  *104  —>ένωσι?:  αδιαίρετο?  ένωσι?  άδιανόητο?  444  *125 

τ ε 

και 

­  τά 

άκρα 

136; 

178; 

179  *42; 

­  Χριστό?  μεσιτεύει  τοϊ?  άκροι?  130  *87;  204  zu  *51 

άδιάφορο? 

­  άκρα  σύννευσι?  175  *22h 

­  άδιάφορον  θέλημα  170  *6 

­  ή  κατ'  άκρον  προσωπική 

άδιεξίτητο?  4 5 2 ­ 4 5 4 ;  455  »197 

185  *88;  205  *52 

άδιήγητο?  344 

—»ένωσι?:  άκρα  ένωσι? 

1

185; 

195  *139;  201;  5 3 4 

ταύτότη? 

F u ß n o t e n sind mit e i n e m Stern * bezeichnet (Beispiel: 443 *123 = S. 443 A n m . 123).

572 

Register

άκρότης  136  *131  Άκροφιλόσοφοι  41  *20  άκτιστος  ­  vs.  κτιστός  424  *14  αλαζονεία  411  αλήθεια  245  "159;  368  *6;  413;  422f.  αληθής  3 6 8 * 6 ;  422  ­  αληθή?  έννοια  432  *69  ­  αληθής  λόγος  370  άλληλος  ­  έν  άλλήλοις  82f.  άλλοιόω  456  *207  άλλοίωσις  112  άλλος  vs. άλλον  45  ­  άλλο  TL παρά  τά  μέρη  193;  248­250  ­  άλλος  και  άλλος  263;  303;  323  —•έτερος:  έτερον  π  άμα  68  *105;  97;  vgl.  82  *156;  91  "185  ( ­ . π ο τ έ ) ;  94  "193;  150  *51;  185;  241;  343  —>όμοϋ; ποτέ;  πώποτε  αμέριστος  443  "121  ­  αμέριστος  ουσία  109  "32;  110;  110  "36  αμετάθετος  451;  462  "25  αμέτρητος  459  "14  αμφιβολία  4 3 7 * 9 7  άμφισβήτησις  437  "97  ανάγκη  182  ­  κατά  φυσικής  ενώσεως  ανάγκη  155  "88  ανάγω  191  "114  αναγωγή  425;  427;  460  άνακεράννυμι  344  άνάκρασις  223  "49­50;  237  αναλογία  446  "136;  448  "151  άνάλογος  428  άναμαρτασία  223  "49  άνανέωσις  94  άνάπαυσις  3 5 1 * 6 2  άνάρτησις  365  άναρχος  434  "73;  435  "78;  442  'Ανατολή  2 1 5 * 3 1  αναφαίρετος  223  "49  αναφέρω  189  "103  αναφορά  1 8 9 * 1 0 2  άνενέργητος  191  "116  άνέργητος  190  "108;  191  "116  ανθρώπειος  2 3 9 * 1 2 8  άνθρώπινος  190  *108;  315  ­  τά  ανθρώπινα  vs.  τά  θεία  118  *11  ­  θεια  και  άνθρώπινα  155  "93  ­  τό  άνθρώπινον  150  *51 

­  άνθρώπινος  vs.  θεοπρεπής  215  "31;  281;  305f.  άνθρωττικός  174  *22e;  175  *22h;  192  *124  άνθρωποπρεπής  15; 21;  166  *78;  215  *31  άνθρωπος  ­  άνθρωπος  τ ι ς  ­  σύνθετος  ή  ούτινος  ανθρώπου  ύπόστα­ σις  1 2 2 * 3 1  ­  ό  άνθρωπος  ό  έν  μιά  ϋποστάσει  58;  117;  118  "9  ; vgl.  129  *76  ­  έκ  δύο  ουσιών  διαφόρων  συγκείμενος  1 1 8 * 9  ­  εν  ζωον  120  *21  ­  τό  τοΰ  άνθρωπου  κράμα  127  ­  μία  φύσις  155  *91  ­  καινοτέρας  ιδιότητας  φυσικάς  προίσχε­ ται  1 5 4 * 8 4  ­  ό  έπΐ  Χριστοί)  λεγόμενος  άνθρωπος  92  *188  ­  ό  κατά  τόν  σωτήρα  νοούμενος  άνθρωπος  175  —>ζώον;  καθ'  ήμάς,  λογικός,  παράδειγ­ μα; κυριακός:  κυριακός  άνθρωπος;  ψιλός  άνθρωπότης  130  *87;  215  *31;  253  *201  ­  κατά  την  άνθρωπότητα  8  *46;  46;  215  *31;  217;  315  ­  δύο ουσιών  υπάρχουσα  γνώρισμα  51  "49  —•τέλειος  άνοίγνυμι  ­  άνεωγμένοι  οί  οφθαλμοί  τής  θεότητος  361  άνόμοιος  147;  451  άνομοφύία  146  *12  ανούσιος  73  άντίδοσις  (των  ιδιωμάτων)  84;  188;  238;  250  *181  άντίθεσις  414  άντικείμενον  174  mit  *22c;  189  *103  ­  τό  άντικείμενον  κατηγόρημα  68  *105  άντιστρέφω  1 3 2 * 1 0 2  άντιστροφή  132  άνητυπία  554  άνυπόθετος  193;  206  ανυπόστατος  61;  72;  8 0 * 1 5 2 ;  9 8 * 2 2 4 ;  118;  132;  132  *101­102;  191  *116  αξία  ­  όνομα  (δύναμις  των  όνομάτων)/άξία  464  -  άξια  των  ονομάτων  449  άξίωμα  233  ­  τό  τής  ούσίας  άξίωμα  426  *30  άόριστος  442;  451;  453f. 

573

Wortregister άπάθεια  1 5 6 * 1 0 1 ;  3 0 2 

­  ΰπό  αρχήν  vs.  άναρχος  189  *103 

απαθής  9;  114 

άρχιερεύς  5 3 0 

­  vs.  παθητός  4 0  *12;  3 1 8 

άρχω 

άπανθρωπία 

άσήμαντος  4 4 4  * 1 2 5 

4 0 3 

άπεικόνισμα 

127 

1 6 1 * 3 3 

ασθένεια  115  *88;  174 

άπειρία  341;  4 4 2  *117;  4 5 4 

ασθενής  115 

άπειρος  4 5 6 

ασύγκριτος  427;  4 6 0 

­  απείρου  τό  θείον  4 4 1  *117;  vgl.  4 5 5 

άσύγχυτος,  άσυγχύτως  45;  4 7 ­ 5 3 ;  54;  56; 

­  άπειροι*  τ η  φύσει  τό  πρώτοι/  αγαθόν  4 5 6  * 2 0 7 

103;  198;  2 9 1  ­  σωζειν  τήν  ούσίαν  άσύγχυτον  112 

­  άδύνατον  τά  άπειρα  διελθέίν  4 5 5  ­  πολλά  δ '  άπειρα  είναι  άδύνατον  4 5 2  απερίγραπτος  343f. 

­  μία 

ύπόστασις 

αδιαίρετος 

άσύνθετος 

άπλοΰς 

­  (ψυχή)  άσύνθετος  110  *37 

4 3 5  *78;  4 4 1  ""116;  4 4 3  *123; 

και 

—»ένωσις:  άσύγχυτος  ένωσις 

­  vs.  περιγραπτός  189  *103;  3 4 0  *20  4 4 4  *126 

τε 

άσύγχυτος  163;  2 3 4 * 1 0 4 

άσώματος  114  *77;  115;  116 

απονέμω  2 3 6  *112 

­  (ψυχή)  άσώματος  ούσία  1 1 0  *37;  128 

απόρροια  4 6 3  *37 

­  άσώματος  και  ούσιώδης  111;  112 

'Αποσχιστής  2 9 7 ;  5 1 5 

άτελεύτητος  4 3 4  *73;  4 3 5  *78 

αποτέλεσμα  4 7  "37;  67;  68;  78;  8 4 * 1 6 0 ; 

άτεχνος  411f.;  4 1 4 

8 8  *174;  136;  155  *93;  163  *56;  165;  171 

άτομον  189 

m i t  *9;  228;  232;  234f.;  236;  238;  2 4 0 ­

άτρεπτος,  άτρέπτως 

242;  245f.;  251;  2 5 5 ;  265;  302;  3 1 6  ­  τ η ς  ενεργείας  αποτέλεσμα  έν  163;  vgl. 

113;  1 1 6 * 9 4 ;  289; 

3 4 1  αυθαίρετος 

173  *21 

αύθυπόστατος  186  * 9 0 

164;  165  ­  έκ  διαφόρων  ενεργειών  τό  αποτέλεσμα  έν  2 3 5 * 1 0 4  ­  τό  αποτέλεσμα  έν  και  τοϋ  ενός  Χριστού 

αυτάρκης  4 2 3  αυτεξούσιος  170;  173  * 2 1  ­  τό  κατά  φϋσιν αύτεξούσιον  9 6  αύτοδέσποτος  3 9 7  * 5 9 

163  άποτελέω  234;  245;  3 0 3 

αύτοενέργεια  9 0  *184;  9 6  z u  * 2 0 5 

­  ό άποτελεσθείς  ε ι ς  2 3 2  *91 

αυτοκίνητος 

­  άποτελοϋσιν  έν  πρόσωπον/μίαν  ύπόστα­

αύτολεξεί  87  * 1 7 1 

σιν  54;  55;  56;  59;  6 8  * 1 0 6 

128 

αύτοσχεδιάζω 

3 8 7 * 1 9 

­  καν έν  ζώον  άποτελεσθή  120  *21 

αύτοτελής  4 4 3  *121 

άπόφασις 

άφαίρεσις  4 4 3  * 1 2 1 

1 7 9 * 4 2 

άπροαιρέτως 

182 

άφαιρέω 

άπροσδεής  4 4 3  *121 

­  άφελε  πάντα  4 5 6 

αρετή 

άφανής  3 4 1 

1 2 8 * 7 0 

αριθμός  6 8  *105;  133  *110;  144  *181  άρμόττω 

4 2 9 * 5 2 

άφέλεια  3 9 2  άφελής  3 8 5 

άρρητος  344;  4 5 9  *14 

άφθαρσία  1 5 6  »101;  222;  3 2 8 

άρχαιότης 

άφθαρτος  3 2 7 ;  329;  3 6 1  *93 

5 2 2 * 2 8 0 

άρχή  56;  7 6  *136;  105;  124;  171  *10;  3 7 3 ­ 375;  4 3 8  *102  ­  πρώται  άρχαί  77;  1 2 5  ­  άρχή  αύτη  καθ' έαυτήν  πιστή  4 2 2  *7 

άφορισηκός 

3 6 9 

άχρόνως  535;  5 5 0  άχώριστος,  άχωρίστως  26f.  *142;  116  *94;  2 3 9 

­  αί  απάντων  των  όντων  άρχαί  110  ­  φύσις/άρχή  2 5 4  * 2 0 7 

βάθος 

­  έξ  αρχής  87  *169;  150  *51;  450;  4 6 0 

­  τοϋ  παντός  χώρου  τό  βάθος  5 4 9  * 5 9 5 

­  τήν  πρώτην  άρχήν  ένοϋσθαι  τή  θεότητι  2 5 3  * 2 0 1 

βασιλεία  4 2 7  ­  βασιλεία  τών ούρανών  349;  5 3 4 * 4 1 0 

574

Register ­  τών 

βλίτυρι  4 3 0 ;  433;  4 4 3 

όντων 

ή 

ανωτάτη 

διαίρεσις 

4 2 4  *14 

βούλησις  4 2 7  »32;  4 3 4 ;  4 6 0  βούλομαι 

­  διαίρεσις  φωνών  3 0 4 

­  οπότε  ό θεός  λόγος  ήβούλετο  167  *82 

διαιρέω  8  *46;  1 3 7  *133;  2 1 5  *31;  2 4 9  *178  ­  τό  διηρημένον  και  καθ'  εαυτό  ΰπάρχειν  6 8  *105 

γένεσις  4 2 7  γεννητός 

­  (ύπόστασις)  διηρημένη  6 9  * 1 0 7 

­  vs.  άγέννητος  (άγένητος)  4 2 4 

­  φύσις  διηρημένη  1 2 0 

γένος 

­  τά  κατ'έπίνοιαν  διαιρετά 

—»κοινωνία  τών  μεγίστων  γενών 

­  τά  έπινοίςι  μόνη  διαιρετά 

γή 

­  τά  φύσει 

7 8 * 1 4 3  4 4 7 

και  ϋποστάσει 

διηρημένα 

λογικά  174 

­  e t y m .  373;  3 7 4  *51  ­  ή  γή  ανεπαισθήτως  χθαμαλώς  κειμένη  5 4 9  *594 

διακόσμησις  182  διακρίνω  156  *97;  2 3 8 ;  2 3 9  *128 

­  ή  αντίκρυ?  γή  5 4 4 

διάκρισις 

­  ή  γή  ή  πέραν  5 4 4 

­  διάκρισις  άδιαίρετος 

γίγνομαι 

­  ένωσις  καΐ  διάκρισις  76  *135; 

­  παρ' 

έαυτοΰ/παρ' 

έτερου 

γενέσθαι 

4 3 0  * 5 9 

1 3 7 * 1 3 6  110 

137  *135;  144  ­  διάκρισίς  τε  και  ένωσις 

129 

γιγνώσκω  2 0  *103 

διαλέγομαι  390;  3 9 1 

γνώμη  174  *22c;  3 8 9  *23;  4 2 3 

διαλεκτικός 

­  τρόπος  οΰσα  χρήσεως  172  *16 

­  διαλεκτικόν  πρόβλημα 

γνωμικός  174;  175  "­22h 

διάλεξις  381;  389f. 

­  θέλημα  γνωμικόν  1 7 3  *21 

διάλογος  3 8 7  m i t  *19;  3 9 0 

­  θέλημα  προαιρετικόν  172  * 1 9 

διανόημα 

γνωρίζω 

διάνοια 

5 3 ; 

11  * 6 7 ;  4 0  z u  * 1 6 ;  4 8  * 4 0 ;  50; 

7 4 * 1 3 1 ; 

8 7  * 1 7 3 ; 

1 1 0  * 3 3 ­ 3 4 ; 

3 8 9 * 2 3  444  *125;  4 4 6 

­  καθαρά  διάνοια  4 2 5 ;  4 3 1  *66  ­  vs.  όνομα  4 2 2 

2 1 2 ;  2 3 4 ;  2 3 8  * 1 2 1 ;  3 0 1 ;  3 0 4 ;  3 0 6  γνώρισμα 

διάπλασις  5 1 5 

5 1  * 4 9 ;  5 2 ;  7 4  * 1 3 0 

γνώσις  2 5 3  *198;  324;  4 5 6 

διαπλάττω 

­  μία  γνώσις  τοϋ  συναμφοτέρου  230 

­  τό 

γριφώδης 

διαπράττω  έχων  γριφώδες 

ό  περί 

τ η ς 

σαρκώσεως  λόγος  185  *85;  2 0 4  *49 

γυμνός 

τήν 

3 7 0 * 2 1 

διαστηματικώς  διαφέρω 

3 7 4 * 5 1  3 6 4 * 1 0 7 

4 5 4 

3 8 9  m i t  *23  1 4 9 * 3 4 

διαφορά  8;  75;  174;  1 7 9 * 4 3 ; 

γΰψ  ­  e t y m . 

διαπεπλάσθαι 

διάστημα  453f.  διατριβή 

γρύψ  ­  e t y m . 

μή  πρότερον 

ανθρωπότητα  (Χριστού)  2 5 3  * 2 0 1 

­  ουσιώδης  γνώσις  3 2 4  ­  μηδέν 

3 9 1 

1 9 1 * 1 1 5 ; 

1 9 5 * 1 3 9 ;  2 0 2 * 2 8 ; 

1 8 0 * 4 6 ;  2 1 5 * 3 1 ; 

291f.;  304;  306;  307;  4 2 6  *30;  4 6 3 

3 7 4 * 5 1 

­  διαφορά  συστατική  182;  2 0 3  δανείζω 

διάφορος  127  *64;  247;  4 4 8  * 1 5 1 

­  ό ελεών  πτωχόν  δανείζει  θεώ  4 0 3 

­  τών  δυο  φύσεων  το  διάφορον  4 0  *12;  3 0 1 

δάνεινον,  τό  4 0 3 

­  εκ  διαφόρων  ενεργειών  τό  άποτέλεσμα 

δηλωτικός  177  *34;  2 0 1  *19;  2 4 2  δημιουργέω  9 0  *184;  150  *51;  225;  3 1 5  διάθεσις 

φύσεων  165  * 7 3 a 

1 1 4 * 7 6 

διαίρεσις  8;  15;  21;  45;  174;  2 5 3 ;  263;  281;  έπίνοιαν 

διαίρεσις 

­  (άνθρωπος)  έκ  δύο  ούσιών  διαφόρων  1 1 8 * 9 

291£.;  3 0 1  ­  κατ' 

εν  2 3 5 * 1 0 4  ­  διαφόρως  ενεργών  διά  τών  διαφόρων 

vs. 

6 8 * 1 0 5 

κατ' 

ένέργειαν 

­  διάφορος  φυσική  ενέργεια  2 3 1  *87  ­  διάφοροι  ένέργειαι 

2 9 5 

575

Wortregister διέρχομαι  4 2 2  *7;  4 5 5 

­  ε ΐ ?  (ό)  ενεργών  165  *73a;  2 3 6 

διήγημα 

­  ε ΐ ?  θεό? 

4 1 5 

δίήγησις· 

4 1 5 

4 3 0 * 5 9 

­  e i ?  τ η ?  τριάδο?  264;  284f.;  3 1 4 

δικανικό?  4 7 0  *9 

­  ε ΐ ?  τ η ?  τριάδο?  σταυρωθεί?  289 

διπλού?  190 

­  ε ΐ ?  Χριστό?  σύνθετο?  314;  3 1 6 

δογματικό? 

­  τ ό  εν  4 4 3  *121 

­  πόθο?  των  δογματικών  λόγων 

4 1 3 

m i t  *82 

­  ένό?  τά  τ ε  θαύματα  και  τά  πάθη  2 6 3 

δόξα  344;  4 5 9 

­  τού  αύτοΰ  τά  τ ε  θαύματα  και  τά  πάθη 

δράμα  414f.  δυϊκό? 

­  έξ  ένό?  2 2 7 

3 1 6 

176 

­  ού  μοναδικώ?,  ε ΐ ?  ών  αύτό? 

δύναμι?  8 7 ;  8 8 * 1 7 5 ;  1 9 2 * 1 2 5 ;  236;  324;  3 7 0  "20;  4 5 1 ;  453;  4 5 9  *15 

ένό?  προσώπου 

­  δύναμι?  τών  ονομάτων  439;  vgl.  4 6 4 

έκμαγεΐον  5 3 4  *411 

­  vs.  άξια 

έκούσιο? 

4 6 4 

­  ουσιώδη?  δύναμι?  191  *116  ­  παθητική  δύναμι?  128  *66  ­  δύναμι? φυσική  170 *8;  191 *116;  194;  245f.  ­  δύναμι?  τού  κατά  φύσιν  οντο?  ορεκτική  173  *20  —•σημασία 

2 3 7 

­  έκουσίω? 

162  *47;  174;  192;  2 3 8  *119; 

251;  3 1 6  έ κ π έ τ α σ ι ?  ­  σημεΐον  έ κ π ε τ ά σ ε ω ?  3 5 9  *85  έ κ τ α σ ι ? 

­  σώμα  δυνάμει  ζωήν  έχον  128  *72 

389 

έκτύπωμα  έκφανή?  έκών 

5 3 4 * 4 1 1  3 4 1 * 3 0 

2 3 8 * 1 1 9 

ειδοποιό? 

έ λ ε γ χ ο ?  4 1 1 ­ 4 1 4 ;  4 1 8 

­  ειδοποιό?  διαφορά  137 

έ λ έ γ χ ω  405f.;  410;  4 1 1 ­ 4 1 4 

ειδο?  52;  1 2 3  *35;  133  *104;  137  *133;  182  mit  "'54b;  183  *68;  191  *116;  339;  4 5 4  ­  έτεροΐον  ειδο? 

136 

­  έτερον  παρά  τών  μερών  εϊδη  ειδο?  154  *80  —»φύσι?  καινότερα  ­  κοινωνία  ειδών 

111 

1 5 5 * 9 3 

εικονίζω 

Έ λ λ α τ ζ β ά α ? 

5 2 7 

"Ελλην  ­  "Ελληνε?  άεΐ  π α ΐ δ ε ?  'Ελληνισμό? 

5 2 2 

3 7 5 * 6 2 

έμπαλιν  4 6  z u  *32;  235f.;  2 5 0  *181 

­  ειδο?  καινότερον  123;  152f.  mit  *67 

ε'ίδω 

εμφανίζω  3 0 5  έμφέρεια 

2 3 9 * 1 2 5 

έ μ φ υ τ ο ?  ­  έ μ φ υ τ ο ?  ένέργεια 

3 4 0 * 2 4 

190  *108  *110 

Έναντιοδοκήτη?  125  *48;  169  *1 

εικονικό? 

ενάντιο? 

­  εικονική  π ο ί η σ ί ?  τ ε  και  προσκύνησι? 

­  τά  εναντία  189  *103;  3 0 2 

340,  A n m  2 4  είκών 

­  ή 

103;  163;  198;  2 3 9 * 1 2 5 ;  344; 

4 1 3  *82;  4 2 7 

διά 

τ ώ ν 

έ ν α ν τ ί ω ν 

συμφωνία 

1 2 5  *49  ­  μ ΐ ξ ι ?  τών  έναντίων  185;  2 0 4 

ειμί 

­  εναντία  κατηγορήματα  68  *105 

­  τ ό  είναι  ε χ ε ι ν 

431f. 

­  τ ό  είναι  δ  έ σ τ ι ν  4 3 0  *64  ­  τ ό  είναι  καθό  έ σ τ ι  4 4 0  * 1 1 4  ­  τό  έ ξ  ούδενό?  είναι  vs.  τ ό  μή  έ ξ  αιτία?  εΐναι 

176 

—•πρόσωπον:  (ώ?)  έν  ένί  προσώπω;  ώ?  έ φ ' 

4 3 9 * 1 0 7 

­  έναντία  πράγματα  104;  198  ­  (ψυχή)  ασώματο?  ούσία  ...  τ ό  δέ  σώμα  πάν  τούαντίον  110  *37  ­  μηδέποτε  έ ν α ν τ ί ω ?  167  *82  έναντίωσι?  171  *11;  173;  174 

­  ό  ών  4 3 1 

ένδεικτικό? 

ειρμό?  4 3 7 

ένδοξο? 

ειρωνεία 

­  τ ό  ένδοξον  5 6 ;  5 8  * 7 9 ;  124  * 4 1 ;  4 2 2  *7; 

4 1 3 

e i ?  179  *42;  vgl.  161  z u  *39;  z u  *44;  166f.;  2 2 3  *49;  2 3 1  *87;  2 3 4 ;  3 0 4 ;  3 0 5 ;  316;  422 

242 

4 2 6  * 3 0 ;  4 3 8  m i t  * 1 0 2 ;  4 4 6  * 1 3 8  ένδύναμο?  191  *116 

576 ενέργεια

Register 16*88;

113; 1 6 6 * 7 6 ;

189*104;

190*109-110; 191*114; 191*116;

233-

­  ή  τήν  φύσιν  χαρακτηρίζουσαν  ένέργεια  1 5 9 * 2 0 

236; 324; 3 7 0 *21

­  ένέργεια/φύσις 

-

κατ'ένέργειαν

­  αί  φύσεις  οθεν  πρόίασιν  αί  ένέργειαί 

-

vs. κατ'  έπίνοιαν  διαίρεσις  68  *105 

3 7 8 *70

2 3 4  *104 

­  έκ  διαφόρων  ενεργειών  τό  άττοτέλεσμα  έν  2 3 5 * 1 0 4  ­  έμφυτο?  ενέργεια  190  *108 

ένεργέω 

θεανδρική 

101;  1 9 0 * 1 0 9  *111;  1 9 1 * 1 1 4 ­

115;  226;  2 3 4 

­  ένέργειαι/έπίνοιαι  4 4 8  *151  ­  καινή  Tis 

—»αποτέλεσμα;  αύτοενέργεια;  όμοιότης:  όμοιότης  προς/κατ'  ένέργειαν 

ένέργεια 

160; 

162  *48;  2 5 0 

­  τό  ενεργούν  2 5 3  ­  διαφόρως  ενεργών  διά  τών  διαφόρων 

­  b z w .  μια  θεανδρική  ενέργεια  179  *42  ­  θέλησις  και  ενέργεια 

2 5 1 

­  ένέργειαί  τε  και  ιδιότητες  159;  vgl.  2 5 3  ­  μία  ενέργεια 

φύσεων  165  *73a  ­  ένεργών  τήν  ίδίως  θείαν  ένέργειαν 

165;  191  *115;  194  *128; 

9 5 * 2 0 3  ­  εΐς  ό ένεργών  2 3 6 

2 2 9  *80;  230;  236;  2 4 0 ­ 2 4 2 ;  243;  2 4 8 ­

ενέργημα  159;  2 4 6  *166;  2 5 2 

250;  281 

ενεργητικός  191  * 1 1 6 

­  μία  δ ι '  άμφοΐν  ενέργεια  2 3 1  *85;  3 0 8 

­  ενεργητικά!  προσηγορίαι  3 6 8  *3 

­  ών ή  ούσία  μία,  μία  και  ή  ενέργεια  2 3 3 

ένθεωρέω  123  * 3 5 

­  vs.  δύο  ένέργειαί  2 4 4  * 1 5 1 

ένίζω  185  *88;  2 0 5  *52 

­  μία  ένέργεια/μία  φύσις  2 4 7 

ενικός 

­  μία  θεανδρική  ενέργεια  vs.  μία  θεία 

­  ούδέν  ένικώτερον  78  *143 

ένέργεια  2 9 4 

176 

ένωσις  τών  διαιρετών  ένικωτέρα  78  *144; 

—»unten  υποστατική  ένέργεια;  ενέργεια  φυσική 

8 5  ένικώς  176  έννοια  8 8  *174;  307;  4 2 2  *6;  4 2 5  *21;  426; 

­  ένέργεια  του  λόγου  222f.  ­  ένέργεια/δνομα  b z w .  ονομασία 

3 6 7 

m i t  *3 

4 3 1  *66;  4 5 4 ;  4 6 5  ­  αληθής  περι  θεού  έννοια  4 3 2  *69 

­  ένέργεια/ούσία  (φύσις·)  4 2 6  *30;  427;  4 3 3 ­ 4 3 5 ;  4 3 7  *97;  438;  4 3 9  z u  *103;  4 6 0  —»όμοιότης 

­  δύναμις  τής  έννοιας 

­  έννοια  κοινή  5 8  *79;  5 9  z u  *86;  6 2 

­  ουσιώδης  ενέργεια 

194 

­  πράγματι, 

ενεργεία 

seil, 

­  vs.  λέξις  4 0 8  159  *21; 

2 5 3  * 1 9 7 

­  έννοιαι  τών  ύποκειμένων  4 2 9  ­  φυσική  έννοια  4 3 2  *69;  442;  4 5 9 

­  ένέργεια/προσηγορία  3 6 7  mit  *3;  3 7 9 

ένοειδής 

­  τω  προσώπω  δεδωκώς  ώς  προσώπω  τήν 

­  ένοειδώς 

ένέργειαν  159  *20 

176 

ένούσιος  73;  148  *31 

­  υποστατική  ένέργεια  159  * 1 9  *21;  252;  3 2 6 

­  ούσία  vs.  ένούσιος  78  *148  ένότης  120  *21;  144  * 1 8 2 

­  μία  ενέργεια  υποστατική 

160;  189; 

ένόω  20;  112;  234;  2 3 7 * 1 1 8 ;  4 3 3  * 7 2 ­ 7 3 ; 

ένέργεια 

­  ό  ήνωμένος  (τή  σαρκι)  καθ'  ΰπόστασιν 

192  *125; 

­  καθ'  ύπόστασιν  ένωθέίσαι  ( b z w .  ηνωμέ­

194;  2 2 6 ­ 2 2 9 ;  2 4 2  ­  άνθρωπική 

4 3 8 

υποστατική 

192  * 1 2 4 

λόγος  167  * 8 2 

­  ή  τής  υποστάσεως  ένέργεια 

νοι)  φύσεις  9 4  *195;  120  *26 

2 4 8  * 1 7 4  ­  ένέργεια  φυσική  191  *115;  194;  231  *87  ­  μία  φυσική  ενέργεια 

2 2 7  *77;  236;  296; 

3 0 8 

­  κατ'  αύτό 

τό 

ύφίστασθαι 

ένούσθαι 

2 5 3  *201  ­  τά  κατ'  ούσίαν  ηνωμένα  136  * 1 3 1 

­  δύο  φύσεων  ίδικαι  ένέργειαί  155  *91 

­  ήνωμένως  2 4 1 

­  ίδιωτάτη  τής  θείας  φύσεως  ένέργεια 

ενσώματος 

9 5  *203 

8 7  z u  *172;  vgl. 

8 7  *169;  8 8  * 1 7 5 

­  καθ'ύπόστασιν  ένσώματος 

184 

Wortregister έντευξις 388 ένύπαρκτος - τό  ένυπόστατον  δηλοΐ  τό  ένύπαρκτον  191  *116  ενυπάρχω  ­  ιδιαζόντως  ένυπάρχειν  120  ένυπέστ ην  ­  ή  σάρξ  ένυπέστησεν  bzw.  ένυποστάσα  τω άπαθεΐ  (λόγω)  102  ­  vgl.  εν  τω  θεώ  λόγω  τό  ύποστήναι  λαχεΐν  253*201  ένυπόστατος  66 *102;  71;  vgl.  71  *119;  721;  78­82  passim;  84*160;  91*185;  98  *224;  101;  133;  191 mit  »116  ­  ένυπόστατος  ένωσις  55;  118  *11;  120  *22  ­  ύπόστασις  vs.  ένυπόστατος  78  *148;  119  *14;  147*23  ­  ένυπόστατον  vs. συμβεβηκός  78  *148  ­  τό  ένυπόστατον  ούκ έν  έαυτω  θεωρείται  78  *148  ­  ούσίαι  ένυπόστατοι,  6  έστιν  ύπάρχου­ σαι  118  *10  ­  ουσία  ένυπόστατος  καθό  ϋφέστηκε  119  *14  ­  φύσις  ένυπόστατος  97;  148  *28­29  ­  έκατέρα  (φύσις)  ένυπόστατος  ούσα  149  *35  ­  φύσις  ένυποστάτως  δι.ηρημένη/ήνωμένη  120  *25  *26  ένυφίστημι  —>ένυπέστην  ένωσις  ­  αδιαίρετος  ενωσις  20;  55;  64f.  mit  *99­ 100;  75;  85;  161;  212;  220;  223  *49;  301;  326; vgl.  291  ­  άκρα  ένωσις  120;  122;  174f.  mit  *22e;  vgl.  240  ­  άσύγχυτος  ένωσις  58  *79;  60  mit  *88;  64f. mit "99­100; 75; 76 *135; 83; 83f. *157;  84 mit *158; 85; 89; 99 *226; 103; 106;  108­ 116  passim;  126;  136t;  138  mit*142;  154;  161;  178 *40; 181; 185; 187f.; 198; 212; 220;  222*45; 237  *114;301  ­  ενωσις  κα'ι  διάκρισις  (et  vice  versa)  76  *135;  129;  144  ­  ενώσεις  και διακρίσεις  137  *135  ­  ενωσις  καθ'  ύπόστασιν  8;  9;  20;  24;  55  zu  *71;  85*162;  88*175;  89;  120*21;  223  *51; 284;  291; 315;  vgl.  94  *195  ­  ένωσις  κατ'  ούσίαν  55;  58;  78  *143;  85  *162;  125  *50;  142 

­  ­  ­  ­  ­ 

577

ενωσις κατ' ούσίαν υποστατική  85 *162  ενωσις  κατά σχέσιν  55  ένωσις  σχετική  125  *50  ένωσις  γνωμική  125  *50  ενωσις  ένικωτέρα  ...  πλουσιωτέρα  78 *143;  85  ­  ένυπόστατος  ενωσις  55;  118  *11;  120  *22  ­  όλική ενωσις  και άνάκρασις  223  *49  ­  ένωσις  ουσιώδης  78 *143;  85  *162;  223;  328­330  ­  ένωσις  έκ  της  ουσιώδους  άνακράσεως  223  *50  ­  συμφυής  ενωσις  223  ­  ένωσις  υποστατική  54; 55 zu  *70  ­  ενωσις  ­ μία ύπόστασις  248  ­  ένωσις  φυσική 8; 95;  291  ­  κατά φυσικής  ενώσεως  ανάγκη  155  *88  ­  ένωσις  της  ψυχής  κα'ι  τοΰ  σώματος  112  ­  ένωσις  ή  πρός  τόν  άνθρωπον  τοΰ  θεοϋ  λόγου  115*83  ­  ή  μία  ώς  έν!  τω  όλω  διά  την  ένωσιν  ενέργεια  194*128  —•τρόπος τής  ενώσεως  έξέτασις  408  *70;  447  έξις  ­  φυσική έξις  360  εξουσία  ­  εξουσία  των  ονομάτων  446  zu  *142;  449 zu  *154  εξουσιαστικός  ­  θέλημα έξουσιαστικόν  172  *19  ­  κατά θέλησιν  έξουσιαστικώς  245  έπακολούθημα  440  *114  έπαλλάττω  129*76  έπεκεινα  ­  τό έπέκεινα  τών γινωσκομένων  455  έττενθύμησις  447  έπιδείκνυμι  231  *85  επιδεικτικός  389  *24  ­  ήθών και παθών έπιδεικτικόν  386  έπίδειξις  386  έπιθεωρέω  440  *114  έπικρατέω  239  επίκτητος  ­  ιδίωμα έπίκτητον  93  *192  έπινοέω  433;  454  έπίνοια  68  *105;  73;  78 *143;  191  *116;  430*63;  433,  bes.  *71;  442*119;  443­ 451; 460;  465f. 

578 -

Register

τά  κατ'  έπίνοιαν  λεγόμενα 

4 2 8  *43; 

ζώον  3 4 7  ­  έν  ζωον  120  *21 

431f.;  443;  4 4 4  * 1 2 5  ­  ονόματι  μόνοι*  κατ'  έπίνοιαν  4 3 0 

­  ζώον  λογικόν  θνητόν  153 

επιστολή  3 8 7  z u  " 1 8 ­ 1 9 

­  £ωον 

­  συνοδικοί  έπιστολαί  7;  11;  vgl.  2 4  έπίτασις 

λογικόν 

νοϋ 

και 

επιστήμης 

δεκτικόν  51 

147 

έπιτηδειότης 

2 4 1 

θαϋμα 

1 9 2  *125;  263;  3 1 6 

θάνατος 

επουσιώδη?  ­  ουσιώδης 

vs. 

επουσιώδης 

ποιότης 

­  θάνατος  vs.  κοίμησις  3 6 0  θεανδρικός 

81  "155 

­  καινή  τ ι ς 

ερευνάω  4 1 2  έργον  174  "22c;  241f.;  245f.;  2 4 6  *166 

θεανδρική  ενέργεια 

160; 

162  *48 

­  vs.  ενέργεια  433f.  m i t  "­73; 4 3 5  *78 

­  b z w .  μία  θεανδρική  ενέργεια  179  *42 

­  vs.  πίστις 

­  μία  θεανδρική  ένέργεια  vs.  μία  θεία 

3 9 8 

ενέργεια  294f. 

­  έργα  τοϋ  θεοϋ  399;  4 4 3  * 1 2 1  έρως 

θεάομαι 

­  vs.  αγάπη  115 

θειος  ­  θείον,  τό  116;  3 4 3 

ετεροειδής  129  *76;  134  *122  ­  ουσιώδεις 

τών 

3 7 2 

ετεροειδών 

σχέσεις 

­  άπειρον  τό  θείον 

4 4 1 * 1 1 7 

—»ανθρώπινος:  ανθρώπινα  vs.  θεια 

137  "135  έτεροούσιος  52;  144;  149  "33;  198 

θέλημα  171  *10;  174  *22e;  175  *22h 

έτερος  16  *85;  17;  2 3 6  »112 

­  άδιάφορον  θέλημα  170  *6 

­  έτερον  TL  136;  153;  176;  179;  2 3 8 

­  θέλημα  γνωμικόν  173  *21 

­  έν  έτέρω  έχειν  τό  είναι 

­  seil,  προαιρετικόν/έξουσιαστικόν 

78  "148;  81; 

172  *19 

vgl.  118  *11 

­  δύο  θελήματα 

—>άλλος 

­  αδύνατον  έν  ένΐ  προσώπω  δύο  θελήματα 

έτερότης  17  "90  ­  έτερότης  ουσίας  120;  120  "21  "25 

κτλ.  171  *11 

έτεροϋπόστατος  148f.  m i t  "33 

­  δύο  ουσιώδη  θελήματα  189  * 1 0 5 

ετοιμολογία 

­  έκούσιον  θέλημα  2 3 7 

ετυμολογία  ευεργεσία 

3 7 2 

­  έν  θέλημα  2 2 9  *80;  2 3 0 

3 7 2 

­  φυσικόν  θέλημα  173  * 2 0 

4 6 3 

ευθύς  168  "­86;  171  *14;  174  *22e  εϋρεσις 

θέλησις  1 7 0 * 8 ; 

172  *17; 

­  θέλησις  και  ένέργεια 

4 2 5 * 1 8 

ευσέβεια  411;  4 5 8 

­  φυσική  θέλησις  194 

έφ'  ήμΐν  96 

θελητικός  ­  πάν  νοερόν 

ήγεμονεύω 

και 

2 5 1 

φύσει 

θελητικόν 

1 7 0  * 8 

167 

ηγεμονικός 

θέλω 

­  λόγος  ηγεμονικός  96;  2 2 6 

­  τό  θεληθέν  171 

­  ήγεμονικώτερος 

­  τό  θελητόν  171;  171  * 1 2 

ηθικός 

1 7 3 * 1 9 ; 

189  *105;  192  *124;  245;  2 4 8 

Εύλάλιος  3 6 4 

2 3 8 

3 8 9 * 2 3 

­  ό θέλων  171  *10 

­  ήθικόν,  τό  3 8 7 

θεοκίνησις  220;  244,  249;  251;  2 5 4 

ηθοποιία  3 8 7 ;  4 1 6 

θεοκίνητος  167;  2 4 4  *153 

ήθος  386;  3 8 7  *17;  3 8 9  *23;  z u  *26;  4 1 6 

θεολογία  463;  4 6 5 

ηρεμία 

­  vs.  οικονομία 

—>κίνησις 

46;  1 0 7 * 2 0 ;  119;  148; 

171  *10;  196  θεοπρεπής 

8 * 4 6 

*47; 

15; 

1 6 * 8 8 ; 

21; 

ζητέω  412;  4 2 5  "18;  4 5 3 

83  *156;  93;  166  "78;  2 1 5  *31;  231;  281; 

£ωνή  5 0 5 

295;  305;  3 4 4  *33;  4 5 0 

579

Wortregister θεός 

ίδιος  9 * 5 3 ;  1 0 * 5 6 ;  1 6 * 8 5  *88;  3 3 * 1 7 7 ; 

­  e t y m .  3 7 2 ;  vgl.  3 7 8 

102  *236;  120  *21;  136  *131;  2 2 5  *64 

­  ό θεός  έν  ήμΐν  114  * 7 5 

­  ή  ίδία  σάρξ  9 

­  (θεός)  ή  πάντα  λόγον  υπερβαίνουσα 

­  ίδιον  vs.  κοινόν  48;  vgl.  2 5 4 

φύσις 

­  'ίδιον ποιέομαι  10  *57; 33  *177 

4 6 6 

θ ε ό τ η ς 

­  ιδία  (είναι,  ένεργειν)  149;  164;  2 3 9 

­  κατά  την  θεότητα  8  *46;  46;  2 1 5  *31; 

­  κ α τ ' ι δ ί α ν 

217;  2 3 7  *113;  3 1 5 

6 9 * 1 0 7 

­  ίδιωτάτη  τ η ς  θείας  φύσεως  ένέργεια 

­  τ ή ς  θ ε ό τ η τ ο ς  μόνω  τ ω  νώ  θεωρούμενη? 

9 5  *203  —»ίδίως 

3 0 7 

ίδίοσυστάτως  6 9  *109;  7 3 

—»τέλειος  Θεοτόκος  151  *54;  289;  3 5 5 ­ 3 5 7 

ίδιότης  20  *103;  40;  54;  195  *139;  2 2 0 

Θεουργία 

­  ένέργειαί  τ ε  και  ι δ ι ό τ η τ ε ς  159;  2 5 3 

3 4 1 * 3 0 

θ έ σ ι ς  3 7 7  *67;  390f.;  4 4 5 

­  καινοτέρα  ίδιότης  φυσική  154  * 8 3 ­ 8 4 

θέω  3 7 2 

­  δλη  ή  υίική  ίδιότης  2 2 3  *49 

θεωρέω 

7 4  *131;  118  *9;  120  *22;  122  *31; 

165  "71;  191  *116;  2 3 1  *87;  234f.;  3 0 7  ­  t o  ένυπόστατον  ούκ  έν  έαυτω  θεωρείται  μη 

καθ' 

έαυτήν 

—»ιδίωμα:  καινότερον  ιδίωμα  φ ύ σ ε ω ς  ΐ δ ι ο ϋ π ό σ τ α τ ο ς 

6 9  * 1 0 9 ;  1 2 0 ;  2 1 7 

ιδίωμα  47f.;  7 8  * 1 4 8 

7 8  *148;  79;  133  * 1 0 8  ­  ουσία 

­  ίδιότης  φυσική  2 4 1 

θεωρούμενη 

­  άφοριστικόν  ιδίωμα  9 1 

83  " Ί 5 7 

­  ιδίωμα  έπίκτητον  93  * 1 9 2 

—»γιγνώσκω;  γνωρίζω;  διακρίνω;  εϊδω; 

­  θεοπρεπή  ιδιώματα 

ένθεωρέω;  νοέω;  οιδα 

­  καθολικώτερον  ιδίωμα  9 3  ­  καινότερον  ιδίωμα  φύσεως  154  *84;  155 

θεωρία  ­  (έν)  θεωρία  μόνη  2 3 8 * 1 2 1 ;  3 0 7  ­  vs.  λ έ ξ ι ς 

93 

4 0 8 

θέωσις  86;  94;  164;  172  »18;  188;  193;  220;  249;  251 

—»ίδιότης  ­  κοινόν  vs.  ιδιώματα 

3 0 2 

­  σύνθετον  ιδίωμα 

151 

­  συνθετώτερον 

ιδίωμα 

93  *192; 

151  *61;  vgl.  224  *55  'Ιακώβ 

­  ιδίωμα  φύσεως  συνθέτου  154  *86 

­  πρόσωπον  του  θεοϋ  'Ιακώβ  3 5 1 

­  φυσικά  και  προσωπικά  ιδιώματα  92f. 

ιδιάζω 

­  φυσικόν  ιδίωμα  9 5 

­  ιδιάζον  πρόσωπον  5 7 ;  120  *26 

—»άντίδοσις 

­  ιδιαζόντως  69  *107;  120 

ίδίως 

­  ιδιάζουσα  ύ π ό σ τ α σ ι ς  90;  92  *188 

­  ενεργών  τήν  ίδίως  θείαν 

­  το  ιδιάζον  τ η ς  υποστάσεως  137  *133;  144  ιδικός  50;  66;  70 

ιδιώτης 

­  ιδική  σάρξ  50;  62;  63;  118; 

ικανός  4 2 3 

­  (ή  σάρξ)  έν  μόνω  τ ω  θεώ  ε σ χ ε  τά  ιδικά  62;  3 4 3  ­  ίδικώς  8  *47;  3 1  *162;  6 4 ;  6 9  *107;  70;  217;  3 0 5 

ένέργειαν 

9 5  * 2 0 3 

'Ιορδάνης 

3 8 6  3 5 1 

ί σ ό τ η ς  ­  vs.  υπόδειγμα  Ί σ ό χ ρ ι σ τ ο ς 

105;  198  *4 

3 2 2 

­  ίδικώς  είναι  5 0  ­  δύο φύσεων  ίδικάι  ένέργειαι  155  "91 

καθ' εαυτό  79;  82;  119;  195;  2 1 7 

­  ίδικωτάτη  τ η ς  θείας  φύσεως  ένέργεια 

­  καθ'  εαυτό  είναι  90;  221;  2 2 5  * 6 6 

2 2 4  *58  —•κοινός:  κοινόν  vs.  ίδικόν;  ουσία:  ουσία  ιδική;  ύ π ό σ τ α σ ι ς :  ιδική  ϋ π ό σ τ α σ ι ς ;  ­  φύσις:  φύσις  ιδική  ίδιοποιέομαι  9;  10  *56;  —•'ίδιο?: 'ίδιον  ποιέομαι 

­  ό  τοϋ  καθ'  εαυτό  είναι  λόγος 

80  *153; 

133  *108  ­  καθ'  εαυτό  ϋποστήναι 

64;  vgl.  6 3  *98; 

65;  69;  ­  ή  σάρξ  ή  μηδόλως  καθ' έαυτήν  ύποστασα  119  *13;  vgl.  164 

580 -

Register

vs. έν τω  Λόγω  ύποστήναι  8 4  "160;  vgl.  90f. 

­  κατά  φύσιν  τ ο ι ς  νοερόίς  ή  αυτεξούσιος  κίνησις  170  *8 

­  vs.  μή  ίιποστήναί  ποτέ  έκτος  της  τοϋ  Λόγου  υποστάσεως  91  " 1 8 5 

πραγμάτων  φύσιν  είρήκαμεν  2 5 4  "207 

­  τό  διηρημένον  καΐ  καθ'  εαυτό  υπάρχεις  6 8  *105;  vgl.  83  *156  ­  ουσία 

μή 

­  φυσική  κίνησις  167  *80  *82  κινέω 

καθ'  έαυτήν 

θεωρούμενη 

8 3  * 1 5 7 

­  γνωμή  παραλόγως  κίνουμένη  174  *22c  ­  ούσιωδώς 

­  ψυχή  καθ'  αυτήν  γενομένη  112  m i t  *56; 

κινέϊσθαι 

και 

ήρεμεΐν 

2 5 4  "207  ­  ή  προαίρεσις  των  έπ'  άμφω  κινεΐσθαι 

113;  vgl.  2 3 9  ­  ή  ύπόστασις  καΐ  τόν  τοϋ  καθ'  εαυτό  είναι  λόγον  έπιδέχεται  8 0  *153  ­  (ή  ύπόστασις)  τό  καθ'  εαυτό  θεωρού­ μενον 

­  ού  τήν  κίνησιν  κάι  τήν  ήρεμίαν  των 

δυναμένων  172  " 1 9  κιρνάω  2 5 4  κοίμησις  ­  θάνατος  vs.  κοίμησις  3 6 0 

1 6 5 * 7 1 

κοινοποιέω  8  *46;  15;  16  *88;  17;  2 1 5  *31; 

­  καθ'εαυτόν  ­  ό  Λόγος  καθ'  αυτόν  9 5  *198 

3 0 5 

καθέκαστον 

­  αί  φωναι  αί  κοινοποιηθεΐσαι  2 1 5  *31 

­  τά  καθέκαστον  117 

κοινός  47;  4 9  *40;  80;  81;  127  *64;  zu  *65; 

­  καθέκαστον  πρόσωπον  5 7 

135;  234;  235;  238;  464  *37 

καθ'  ημάς 

­  κοινόν  vs.  ιδιάζον  137  " 1 3 3 

­  ό  καθ' ήμάς  άνθρωπος  63;  175;  181  "54 

­  κοινόν  vs.  ίδικόν  66;  70;  91f.;  118;  119;  2 3 3 

­  τό  καθ'  ήμάς  190  " 1 0 8  ­  έκ  των καθ'ήμάς  391;  409;  411;  446  *138 

­  κοινή  vs.  ιδική  ύπόστασις  150;  2 2 5  —»ύπόστασις 

κάθοδος  4 3 6 ;  4 6 0 

­  κοινόν  vs.  ίδιον  48;  107  *20 

καθολικός  ­  καθολικοί  λόγοι  και  δροι  ­  καθολικώτερον  ιδίωμα 

­  κοινόν  vs.  ιδιώματα 

7 7 

3 0 2 

­  τά  κοινά  τοϋ  δλου  8 5 

9 3 

κατά 

­  τό  κοινόν όνομα  305;  3 1 5 

­  κατά  τίνος  64f.;  135  "123;  2 3 5 

­  κοινάς  έχει  τάς  πράξεις  27  " 1 4 2 

­  vs.  κατά  τι  6 5  *100;  68  *105;  217;  219; 

­  κοινή  σημασία  4 5 0 

283;  3 0 1 

­  τόπος  κοινός  3 9 1 

—>άνθρωπότης:  κατά  τήν  ανθρωπότητα; 

­  κοινόν  υπόδειγμα  4 0 9 

θεότης:  κατά  τήν  θεότητα; 

­  κοινή  χρήσις  4 4 7  —»ύπόστασις:  ϋ.  κοινή 

­  καθ'εαυτό;  καθ'ήμάς  κατακρατέω  2 3 9 

κοινότης  121f.;  123  "35;  137 

καταληπτικός  4 5 3 

­  σύνθετος  κοινότης  53;  122 

καταληπτός  4 4 2  *117;  4 5 4 

κοινωνέω  135  " 1 2 3 

κατάληψις  4 5 9 

κοινωνία  13f.  *75;  15;  17;  259;  305;  3 1 5 

κατανόησις 

­  κοινωνία  ειδών  111 

4 2 3 

­  ή έν  τινι  κοινωνία  2 5 4 

κατασκευή 

­  κοινωνία  σχέσεων  129  *76 

—»παράδειγμα 

­  κοινωνία  τοϋ  είναι  8 3  mit  *157;  134 

κατάφασις  179  * 4 2  καταχρηστικώς 

mit  "115 

114 

­  κοινωνία  τοϋ  συμπεράσματος  164 

κατηγορέω  135  *123 

­  κοινωνία  των  μεγίστων  γενών 

κατηγόρημα  ­  τό 

έναντίον 

κα'ι 

τό 

άντικείμενον 

κοινωνός 

κατηγόρημα  68  " 1 0 5 

­  κοινωνός 

κεφάλαιον  4 0 3 

κίνησις 

μάλλον 

1 7 3 * 1 9 

τοϋ 

όνόματος/τής 

4 6 4  *40 

κίνησις  128  *70;  2 4 2  ­  άδίστακτος, 

60 

m i t  *88;  107  *20 

δέ 

στάσιμος 

κολοσσιαίος  4 4 4  " 1 2 5  κόσμος  3 3 4 

άξιας 

581

Wortregister κράμα 

127 

­  λόγο?  τ ή ?  ύπάρξεω?  128  *66;  z u  *69; 

κράσι?  57;  117;  137  *135  κρατέω 

136  *131;  137 

1 1 5 * 8 7 

κρείττων 

­  λόγο?  τ ή ?  ϋποστάσεω? 

2 3 8 * 1 2 0 

κρεμάννυμι 

129;  185;  189; 

vgl.  195  *136 

3 6 4 

­  vs.  λόγο?  τ ή ?  φύσεω?  179;  2 0 2 

κρότο?  4 1 3 

­  λόγο?  τ ή ?  φύσεω?  172;  172  *16 

κρύπτω  3 4 1 

­  vs.  τρόπο?  τ ή ?  ένώσεω?  138  *142 

­  κέκρυττταί  ύπό  τ η ?  θεία?  φύσεως  ή  ανθρωπεία  κτίζω 

2 3 9 * 1 2 8 

­  vs.  τρόπο?  τ ή ?  ύπάρξεω?  178  *38  —»ήγεμονικό? 

3 4 1 * 2 9 

κτιστό? 

μακαριστή?  2 2 3  *49 

­  vs.  άκτιστο?  4 2 4  *14;  4 5 4 

μένω  16  *85;  20  *103;  7 4  *131;  vgl.  9 

κυριακό? 

μερίζω 

­  κυριακό?  άνθρωπο? 

89  *178;  90;  150  *51; 

156  *97;  2 2 5 * 6 4 

­  μερίζειν  προσώποι?  2 1 5  *31  μερικό?  96;  2 3 3 

κυριολογέω  2 3 3 

μερισμό?  21  *111 

λέγω 

­  μεριστή  ουσία  vs.  άμερίστο? 

μεριστό?  ­  τό  λεκτόν  3 6 8  *3;  3 7 7  *67 

ούσία 

109  *32;  110  * 3 5 ­ 3 6 

­  ώ?  έφθην  ειπών  400;  4 0 6 

μέρο? 

λέξι?  125  *50;  373;  4 3 2  *69 

­  άνά  μέρο?  69  *107;  73;  164;  217;  2 3 9 

­  λέξι?  αφελή?  3 8 5 

­  τά  έπί  μέρου?  vs.  τά  καθ' όλου  1 3 5  *123 

­  λέξι?  διηρημένη  3 8 5 

­  μέρο?  vs.  τό  όλον  154  *80;  195  * 1 3 5  *139 

­  λέξι?  είρομένη  385;  3 9 2 

­  άλλο τι  παρά  τά  μέρη  193 

­  vs.  έννοια,  θεωρία  4 0 8 

­  κρειττον  των  μερών  τό  αποτέλεσμα 

­  περιττότη?  κατά  λέξιν  3 8 9 

15  *93 

λέων  3 6 0  λήμμα 

­  Χριστό?  όλο?  ών έκ  μερών  130  *87 

8 7 * 1 6 9 

μεσιτεύω  237 

λογικό?  128  "70;  174 

­  Χριστό?  μεσιτεύει  τ ο ΐ ?  άκροι?  130  *87 

­  ζωον  λογικόν  θνητόν  153  ­  ζώον 

λογικόν 

νοΰ 

μεσίτη? 

και 

επιστήμη? 

δεκτικόν  51 

2 3 7 * 1 1 8 

μέσο?  179  *42  ­  μέση  τ ι ?  τάξι?  2 1 5  *31 

­  λογικώ?  τε  και  νοερώ?  έψυχωμένη  σαρξ  1 6 9 * 5 

­  ψυχή  έν  μέσω  109  * 3 2  μετάβασι?  4 4 6  *136 

λόγο?  4 6 6 

­  μετάβασι?  ε ί ?  άλλο γένο?  3 7 0  *20 

­  αληθή?  λόγο?  3 6 9 

μεταβολή  2 4 0 

­  ό τ ή ?  διαφορά?  λόγο?  195  *139 

­  μεταβολή  τού  κόσμου  επί  τό  κρειττον 

­  ε'ίδου?  λόγο?  133  "111;  134  *118  ­  ό  τοϋ  είναι  λόγο? 

127;  132  *104;  135; 

180£.;  2 0 2 

5 1 1  μετάνοια  400;  402;  4 1 3  μετάπλασι?  5 2 1  *279 

­  vs.  ό  τοϋ  καθ'  εαυτό  είναι 

(λόγο?) 

μεταποιέω  164  *65 

8 0  *153;  133  *108 

μετέχω 

1 3 4 * 1 1 5 

­  λόγο?  ένδιάθετο? 

μέτριο? 

2 3 9 * 1 2 5 

­  vs.  λόγο?  προφορικό?  3 6 9  *9 

μιμέομαι 

­  καθαρό?  λόγο?  4 2 5 

μίμησι? 

­  καθολικοί  λόγοι  και  οροι 

7 7 

­  λόγο?  προφορικό?  —> λόγο?  ένδιάθετο?  ­  ό περί  τ ή ?  σαρκώσεω?  λόγο? 

3 8 7 * 1 9 

­  κατά  μίμησιν  τοϋ  κόσμου  5 3 4  * 4 1 1  μΐξι?  136;  2 3 7  ­  μΐξι?  των  εναντίων  185;  2 0 4  μνήμη  3 3 9 * 1 7 

­  μηδέν  έχων  γριφώδε?  185  *85;  2 0 4  *49 

μοναδικό? 

­  λόγο?  vs.  τρόπο?  176  *23 

­  τό  μοναδικόν  τοϋ  προσώπου  191  * 1 1 5 

1 9 5 * 1 3 8 ­ 1 3 9 

582

Register

- ού μοναδικών,  els  ών αύτός  176  ­  μοναδικώς  179 *42  μονογενής  422; 426 *3; 441 »116; 448  ­  Ό  Μονογενής­  Γιο?  κτλ.  288­290  μονοειδής  110*37  μονοσύλλαβο?  374  μορφή  ­  έκατέρα  μορφή  231 *87; 236  *112  μύθος  445*131  μυστήριου  239  *125  νεύμα  168; 426  *30  ­  νεύμα  τοϋ θεού  λόγου  167 ""82  νοερός  ­  πάν  νοεροί  και  φύσει  θελητικόν  170 *8  ­  ή  νοερώς  έψυχωμένη  σαρξ  167 *81;  169 *5  νοέω  8;  8*47;  120*25;  148*29;  149*35;  163*57;  175;  198*4;  409;  426*30;  443 *121;  455  ­  τά  εκ  τοϋ  προχείρου  νοούμενα  446  *138  νόημα  369; 377  *67; 447  ­  απλούν  νόημα  444  *126  ­  πρώτον  νόημα  447  *143  νόησις  110 *36  νοητός  442*117  ­  τά  νοητά  109  —»ουσία  νοητή  νόμος  ­  νόμος  φύσεως  427  νουθεσία  388  νους  238; 4 4 6 ^ 4 8 ;  461  ­  νους  έν ψυχή  109  *31  ­  ή καταληπτική  τοϋ νού δύναμις  453  ­  ζώον  λογικόν  νοϋ  και  επιστήμης  δεκτι­ κόν  51  ­  μόνω τω  νώ θεωρε'ισθαι  307  ­  πρωτόκτιστος  νοϋς  322  όδός  425*18  ­  μέση  όδός  55ί.  οι δα  215*31  οίκειόομαι  9;  10 *57;  16 *88; 33 *177; 326  οίκειοποιέομαι  74  οικείος  167*82  ­  οίκειον  εργάζομαι  20  *107  ­  οίκείως  και  προσφυώς  450;  460  οίκειότης  115 *86  οίκείωσις  75;  95*199  οϊκησις  542  οικονομία 

­  φύσις  vs. οικονομία  176  *23  —»:  θεολογία  vs.  οικονομία  ολικός  ­  ολική  προς  όλον  τόν  είληφότα  ένωσις  223 *49  όλος  192;  195 *135; 195 *139; 223 *49  ­  τό  όλον  126 *54;  128;  154 *80;  194 *128; 248f.; 250  *181  ­  τό  καθ' όλου  183  —>συνόλον  ­  τά  καθ' δλου κατηγορείται  κτλ.  135  *123  ­  Χριστός  όλος  ών έκ  μερών  130  *87  όλότης  154;  195*  ομιλία  387f.; 403; 405; 410; 416;  450  ομοειδής  129*76  όμοιος  147;  189 *105; 229  *81  ­  όμοιος  κατά  τάς  γραφάς  424  *17;  457*2  ­  τω  όμοίω τό  ομοιον  γνωρίζεται  110  *33­ 34  όμοιότης  147  ­  άποσώζειν  την  ομοιότητα  435  ­  όμοιότης  πρός/κατ'  ένέργειαν  424;  427; 457 *2; 460  ­  vs.  όμοιότης  τής  ουσίας  425 *18;  vgl.  435  όμοιούσιος  429 *49  ομοίωμα  377  *67  όμολογεω  430  *64; 431  *68  ομολογία  257; 430  *64  ­  ομολογία  τής  πίστεως  422f.  ομοούσιος  10;  38  mit  *4;  45;  51;  56*76;  87*169;  192*123;  233;  253;  283;  343;  352; 429;  464  ­  ομοούσιος  vs.  όμοούσιον  47;  53  *58;  54;  59;  61  όμοΰ  215*31  όνομα  374; 460;  461  ­  όνομα/άξια  464  ­  αξία  τών  ονομάτων  449  ­  vs. διάνοια  422  ­  δύναμις  τών  ονομάτων  439  ­  εξουσία  τών  ονομάτων  446  zu  *142;  449 zu  *154  ­  ονόματι  μόνον  κατ'  έπίνοιαν  430  ­  τό  κοινόν όνομα  305;  315  ­  όνομα/ούσία  (φύσις)  428;  431  *68;  441 *116; 463 *37  ­  ονομα/πραγμα  429  *52; 445;  450  ­  έν όνόμασι  μόνοις  431f.  ­  vs. προσηγορία  367 mit  *3; 369 *9 

Wortregister -  προσφυή  ονόματα  437  ­  ό τύπος· των  ονομάτων  449  ονομάζω  ­  οι  όνομάζοντες  vs.  τά  ονομαζόμενα  449  ονομασία  ­  vs. προσηγορία  367 mit  "3  όνοματοθέτης  450  όράω  339  οργανικός  ­  οργανική  σφαίρα  517  ­  σώμα  φυσικόν  όργανικόν  128  "72  όργανον  163 "55;  188  "99; 308  ορεκτικός  173  "20  ορθοδοξία  ­  ή  έξ  άρχής  όμολογουμένη  ορθοδοξία  87  "169; 88  "175  ­  κανών τ η ς  ορθοδοξίας  151  ορθόδοξος  19  ορθός­ ­  όρθή π ί σ τ ι ς  257  ­  όρθώς  έχειν  21  όρίζω  455  όρμή  167 "82;  173 "­21; 175  "22h  όρος  126  "54;  128;  129  "76; 370; 378  "70  ­  καθολικοί  λόγοι  καΐ  όροι  77  ουδείς  ­  τό  έξ  ούδενός  είναι  439  "107  ούσία  64f. mit "100­101; 239 "128; 254 "207;  324  ­  s y n o n y m f ü r  φύσις  45;  51;  vgl.  83 "157;  123  "35;  368  "6  ­  Χριστός  ή  όντως  ούσία  τών  αγαθών  και  πηγής  172  "19  ­  δύο ούσίαι  em  Χριστού  118  "11  ­  ούσία  μή  καθ'  έαυτήν  θεωρούμενη  83  "157  ­  ούσία  als αληθές  πράγμα  368  "6  ­  ούσία  αμέριστος  vs.  ούσία  μεριστή  109  "32  ­  ούσία  ανυπόστατος  (ούκ  έστιν)  61;  118;  132  "102  —»φύσις: ούκ έστιν  κτλ.  ­  ούσία  άσύγχυτος  ­  σώζειν  τήν  ούσίαν άσύγχυτον  112  ­  ούσία  ασώματος  110  "37;  128  ­  ούσία  ένυπόστατος  119  "14  ­  ούσία  vs.  ένούσιος  78  "148  ­  ούσία  ιδική  164 "59;  233  ­  ούσία  μερική  233  ­  ούσία  νοητή  109;  110 "37;  112  ­  ούσία  νοητή  αμέριστος  110 mit  "36 

583

­  κατ'  ούσίαν  διαφορά  174  ­  τό  τής  τοΰ  πατρός  ουσίας  σημαντίκον  427  ούσία/ύπόστασίς  428 "42; 430  ούσία  vs.  ύπόστασις  48;  118  "11  ­  μιας  ούσίας  ύπόστασις  112  ­  ών ή ούσία  μία,  μία  και  ή ενέργεια  233  —•ενέργεια:  ένέργεια/ούσία;  ένόω:  κατ'  ούσίαν; ένωσις:  ένωσις  κατ'  ούσίαν;  ­  όμοιότης; όνομα: όνομα/ούσία;  παραλλα­ γή  ούσιώδης  ­  ουσιώδης  άνάκρασις  223  "50  ­  ούσιώδης  γνώσις  324  ­  ούσιώδης  δύναμις  191  "116  ­  ούσιώδης  ενέργεια  194; 242  ­  ούσιώδης  ένωσις  78 "143;  85  mit  "162;  223  ­  ούσιώδεις  και  επουσιώδεις  ποιότητες  vs. συμβεβηκός  χωριστόν  81  "155  ­  δύο ούσιώδη  θελήματα  189  "105  ­  ούσιώδης  σχέσις  76  "135  ­  ούσιώδης  vs. σχετικός  125  "53  ­  ούσιώδης  συμπλοκή  τοΰ  λόγου  146  "13  ­  ούσιώδης  ΰπαρξις  191  "116  ­  ούσιώδης  φύσις  68  "105  ­  τά  ούσιωδώς  υπάρχοντα  136  "131  ­  ούσιωδώς  κινεΐσθαι  254  "207  ­»ψυχή  οφθαλμός  360£. mit  "90  όχημα  163 "55; 237;  554  πάθημα  192  "125  παθητικός  ­  παθητική  δύναμις  128  "66  παθητός  ­  παθητός  vs.  απαθής  318  πάθος  245  mit  "155;  263;  302;  316;  364  "107; 397  "59  ­  τά  φυσικά  κα'ι  άδιάβλητα  πάθη  327  ­  ήθών  και  παθών  έπιδεικτικόν  386  παιδεύω  400  παις  ­  Έλληνες  αεί  παίδες  522  παντοκράτωρ  347 "44;  348;  350  mit  "59;  422  παραγραφή  507 "110; 521; 526; 529  "362  παράδειγμα  57f.; 61;  124 "41; 446  "138  ­  τό  κατά  τόν  άνθρωπον  παράδειγμα  58;  104 "3;  117 

584

Register

- τό  τ ή ?  κατασκευή?  και  συνθέσεως  τοΰ  ανθρώπου  παράδειγμα  104  *3  ­  παράδειγμα  των  τριών  υποστάσεων  123  *36  παράδοσι?  191  *116  παραλλαγή  ­  κατ'  ούσίαν  παραλλαγή  426  ­  ή τή?  ουσία?  παραλλαγή  428  *42  παραλλάττω  ­  παρηλλαγμένων  των  ονομάτων  παρ­ ηλλαγμένα?  όμολογεΐν  τά?  ουσίας  4 3 * 6 8  παράλογο?  ­  γνωμή  παραλόγω?  κινούμενη  174  *22c  παραστατικό?  239  *125  παρεκτροπή  173  "21  πάσχω  113  *69;  128  *66  ­  Χριστοί) παθόντο?  σαρκί  270  πατήρ  ­  etym.  371  ­  το  τ ή ?  του  πατρό?  ουσίας  σημαντικόν  428  πείρα  ­  πείρα  τών  παθημάτων  192  *125  ­  πείρα  τών  πραγμάτων  409  πειράζω  1 8 9 * 1 0 5  πέρα?  442  *119;  453;  456  *207  περατόω  453  περί  ­  τό  περί  αυτήν  (την  θεότητα)  σώμα  168  περίγραπτο?  128  *66  ­  περιγραπτό?  vs.  απερίγραπτο?  189  *103;  304  *20  περιγράφω  128  *66;  339  *17  περιττότη?  ­  περιττότη?  κατά  λεξιν  389  περιχωρέω  254  περιχώρησι?  187*93;  188  mit  *97;  241  *133  πηγάζω  161  *33  πιθανότη?  76  mit  *136  πίστι?  422;  453  ­  άτεχνο?  πίστι?  412  ­  vs.  έργον  398  ­  έκ  ενεργειών  ποιεΐσθαι  την  πίστιν  439  ­  vs.  κατάληψι?  459  *15  πιστό?  ­  αρχή αύτη  καθ' έαυτήν  πιστή  422  *7  ττιστόω  176  *23;  245  *159;  426  *30  πίστωσι?  422f. 

πλεονασμό?  9 3 * 1 9 2  πνεϋμα  545  πόθο?  413  mit  *82  ποικίλος  151  ποιότης  ­  ουσιώδη?  και  έπουσιώδη?  ποιότη?  vs.  συμβεβηκο?  χωριστόν  81  *155  ­  ποιότητε?  χαρακτηριστικοί  48  ­  ώ?  έν  ποιότητι  φυσική  180;  202  πολυπραγμονέω  412;  453f.  πολυπραγμοσύνη  456  ποτέ  ­  ό  μή  ϋποστά?  ποτε  έκτό?  της  τοΰ  Λόγου  ύποστάσεω?  9 1 * 1 8 5  ­  ό  κυριακό?  άνθρωπο?  ό  τ ή ?  τοΰ  λόγου  ύποστάσεω?  μή  διακεκριμένο?  ποτέ  156  *97  —>άμα,  πώποτε  πράγμα  6 8 * 1 0 5 ;  180*46;  2 0 2 * 2 8 ;  254*207;  368;  3 6 9 * 9 ;  3 7 7 * 6 7 ;  378;  428  *42;  429f.;  437  *93;  443;  445;  447  *143;  449f.;  460;  461  ­  άληθέ?  πράγμα  368  *6  ­  τα  κατ'  άλήθειαν  πράγματα  307  ­  πράγμα  άσώματον  368  *3  ­  έναντία  πράγματα  104  ­  πράγμα  (καθ'  έαυτό)  ύφεστώ?  65;  65  *101;  66  ­  πράγματι/ενεργεία  159  *21;  253  *197  ­  vs.  ονομα/προσηγορία  429  *52;  448;  450  ­  δρο?  τοΰ  πράγματο?  378  *70  πραγματικώ?  191  *116;  245  *159  πράξι?  241ί.;  246  *166  πρεπώδη?  ­  θεώ  πρεπωδεστάτη  ένέργεια  427  *32  προαίρεσι?  172  *17  *19;  173  *19  προαιρετικό?  ­  θέλημα  προαιρετικόν  172  *19  προβάλλω  162  πρόβλημα  57  *77;  132  ­  διαλεκτικόν  πρόβλημα  391  προδιάπλασι?  68  *105;  72  *120;  73  *127;  82  *156;  84  *160;  90  *183;  143  *172;  344  *33;  355  *74;  516  *203  —•άμα,  άρχή:  έξ  άρχή?;  διαπλάττω;  ποτέ,  προδιαπλάττω;  πώποτε  προδιαπλάττω  315  πρόειμι  2 3 4 * 1 0 4  προΐσχομαι  1 5 4 * 8 2 * 8 4  προκατάληψι?  3 8 5 ; 4 0 4 

585

Wortregister ­  ιδιάζον  πρόσωπον  5 7 

•προκείμενοι/  ­  ε ι ς  το  προκείμενον  έπανέλθωμεν 

399f.; 

­  έν  ίδιοϋποστάτω  προσώπω  69  "109;  120  ­  καθεκαστον  πρόσωπον  5 7 

4 0 5  προλάμπω 

­  ώς  έν  ενί  προσώπω  νοούμενος  8 

­  vs.  άκολουθέω  3 9 8 

­  έν  ένί  προσώπω  θεωρεΐσθαι  120  *22 

προσάγω  2 3 6  "112 

­  έν 

ίδιοϋποστάτω 

προσώπω 

νοεΐσθαι 

120  "25 

προσάπτω  8  *47;  249  προσαρμόττω  7  *42 

­  ώς  έ φ '  ενός  προσώπου  8  ""46;  15;  17;  3 0 5 

πρόσδειξις 

πρότασις  5 7  "77;  124f.;  132 

προσηγορία 

174 

προτυπόω  4 6 5  *46 

379;  427;  4 4 0 ;  4 6 0 

­  vs.  όνομα  3 6 7  *3;  3 6 9  *9;  430f. 

προΰπαρξις  3 5 5  "74 

­  vs.  ονομασία  3 6 7  m i t  *3 

προϋπάρχω  150  "51;  4 3 0  *60 

­  προσηγορία/πράγμα  429  *52;  448;  4 5 0 

προφορά  431f.;  443;  4 4 4  "125 

­  προσφυής  προσηγορία 

πρόχειρος 

4 5 6 

­  τά  έκ  τοΰ  προχείρου  νοούμενα  4 4 6  "138 

προσήλωσις  ­  προσήλωσις  vs.  άνάρτησις  3 6 5  "108 

­  πρόχειρος  σημασία 

π ρ ό σ θ ε σ η 

πρυτάνις 

1 0 2 * 2 3 5 

προσθεωρέω  4 4 0  " 1 1 4 

Πρωτόκτιστος· 

προσκυνέω 

πρωτοτύπος  127 

4 2 6 " 3 0 

4 5 0 

162  3 2 2 

προσκύνησις  3 4 0  *24;  4 2 6  "30 

πυγμαίος  4 4 4  *125 

προσλαμβάνω  48;  102  *235;  164  *65 

πύρωσις 

­  ό  προσλαβόμενος  θεός·  λόγος  253  "201 

πώποτε 

προσφόρως  2 3 6  "112 

­  τ ό  μή  άθεεί  ύποστήναι  πώποτε  94  " 1 9 3 

προσφυής 

2 2 6 

—•άμα,  ποτέ 

­  προσφυώς  έ χ ω  190  " 1 0 9  ρήμα  125  *50;  3 6 9  "9;  374;  4 4 2  »119 

­  οίκείως  και  προσφυώς  4 5 0 ;  4 6 0  ­  προσφυή  ονόματα  436;  vgl.  4 5 0 

'Ρίπαιαορη  5 4 8  »584;  5 5 5 

­  προσφυής  προσηγορία 

ροπή  114  m i t  "76 

4 5 6 

­  προσφυής  σ χ έ σ ι ς  450;  4 6 2  Σαπροφιλόσοφοι  41  "20 

προσωπικός  ­  ή  κ α τ '  άκρον 

προσωπική 

τ α ύ τ ό τ η ς 

σαρκόομαι  289;  295;  3 1 6 

185  *88;  2 0 5  *52 

­  σεσαρκωμένος  λόγος  ­ 

πρόσωπον  48  ­  έν 

πρόσωπον 

26f.  *142; 

4 0 

9  *51; 

20; 

22  *113; 

z u  *15; 

117; 

120  "22; 

σεσαρκωμένη 

φύσιΡς  τοϋ  λόγου  167  "79  —•φύσις:  μία  φύσις  τοϋ  Θεοϋ  Λόγου  σεσαρκωμένη 

2 1 5  "31;  2 3 1  "­87;  3 1 5  ­  άδύνατον  έν  έιΛ  προσώπω  δυο  θελήματα 

σάρκωσις  185  *85;  3 0 7  σάρξ 

κτλ.  171  *11  ­  πρόσωπον/ΰπόστασις  8  *47;  9  "51;  12  *68;  54;  78  *148;  119  *14;  159  »19;  3 3 9  ­  δύναται  τ ά  εναντία  και  τά  αντικείμενα  κατηγορήματα  δέχεσθαι  6 8  *105  ­  vs.  φύσις  ( D e f i n i t i o n  v o n  γνωμικοί/  θέλημα) 

σαρκίον  3 4 4 

1 5 1 * 5 4 

­  έν  μόνω  τ ω  θεώ  λόγω  ε σ χ ε  τά  ιδικά  119  "13  ­  ή  νοερώς  έψυχωμενη  167  *81;  169  *5  ­  κατά  σάρκα  2 3 7  " 1 1 3  —•ιδικός:  ιδική  σάρξ  σημαίνω  369  *9;  4 4 4  * 

1 7 3 * 2 1 

­  τ ω  προσώπω  δεδωκώς  ώς·  προσώπω  τήν 

­  τ ό  σημαίνον  3 6 7  mit  "3;  370;  3 7 6  ­  vs.  τό  σημαινόμενον  3 6 8  "3;  3 7 7 

ένέργειαν  159  *20  ­  πρόσωπον,  seil,  τ ό  ένεργοϋν  2 5 3  " 1 9 8 

σημαντικός 

­  διά  τ ό  μοναδικόν  τοϋ  προσώπου  μία  ή 

­  τό  τ ή ς  τοϋ  πατρός  ούσίας  σημαντικόν  4 2 8 

ενέργεια  191  * 1 1 5  ­  τ ό 

πρόσωπον 

τής· 

υ π ο σ τ ά σ ε ω ς  8 3  *157 

3 6 8 

κατά 

Χριστόν 

σημασία  87  "169;  vgl.  87  z u  *172;  430f.  ­  κοινή  (πρόχειρος)  σημασία 

4 5 0 

586

Register

σημειον

συμφυής 

4 5 5 mit *202

2 4 1 

σ ί τ ο ?  4 4 4  *126;  4 4 8  *151 

­  ούδέν  συμφυέστερον  78  * 1 4 3 

σκιογραφία 

­  συμφυής  ε ν ω σ ι ς 

3 4 4 

σκοπός  5 0 2  σοφία  348,  A n m  4 5 

* 2 2 h 

­  μία  σοφία  τοϋ  συναμφοτέρου  σόφισμα 

2 2 3 

συμφυία  83;  94;  174f.  m i t  *22e;  175  *22g  2 3 0 

σύμφυρσις  συμφύω 

4 3 3 

2 4 0 

8 3 * 1 5 7 

σ τ α σ ι α σ τ ι κ ό ς  174 

συμφωνία  2 9 7 

σ τ ά σ ι μ ο ?  173  *19 

­  ή 

διά 

τ ώ ν 

ε ν α ν τ ί ω ν 

σ υ μ φ ω ν ί α 

1 2 5  * 4 9 

σταυρόω  2 8 9  ­  άγιος·  ό  θεός·,  ...  ό  σταυρωθείς  δι'  ήμάς 

σύμψηφος  ­  βασιλεία  σύμψηφος· 

2 5 9 

vs.  τών 

σύν 

σ τ έ ρ η σ ι ς  ­  άγέννητος  κατά  στέρησιν  σ τ η λ ι τ ε ύ ω 

4 4 2 * 1 1 7 

­  εν  τ ε  σύν  αλλω  γίνεσθαι  113  * 6 6  συναίδιος 

406;  410;  4 1 1 ­ 4 1 4 

8 7 * 1 7 1 

στοιχεΐον  93  *192;  —»Element 

συναίρεσις 

σ υ γ γ ε ν ή ?  192;  2 3 1  *85 

συναμφότερος  13f.  *75;  230;  295f. 

συγχέω 

ιερέων 

ψήφος  2 9 7 

στερέωμα  349;  5 3 4 

­  μία  ενέργεια  τού  συναμφοτέρου  2 9 5 

136  *131 

σ ύ γ χ υ σ ι ς 

3 0 1 

45;  57;  87  *169;  117;  134  *122; 

συνανακρατικός  9 4  *196;  2 2 6  *68  συνάπτω  2 2 5  *64;  2 3 7  *118 

136;  241;  263;  3 0 1  ­  πρωτοτύπος  σ υ γ χ ύ σ ε ω ς  127 

συναρμόττω  11;  3 5 

συγχυτικός 

συνάφεια  90  *184;  237;  2 4 0 

­  έ ν ω σ ι ς  των  πάντων  συγχυτικών  πλουσι­

σύνδεσμος 

59 

συνδιαλύω  431f. 

ωτέρα  78  *143;  vgl.  8 5  συμβεβηκός 

συνδιασώζω  422 

­  ένυπόστατον  vs.  συμβεβηκός  7 8  *148; 

συνδρομή  ­  ή  καθ'  ύπόστασιν  μίαν  συνδρομή  και  ε ι ς 

191  *116  ­  χωριστόν  vs.  ουσιώδεις  και  επουσιώδεις 

φύσιν  μίαν  100  * 2 3 3 

π ο ι ό τ η τ ε ς  81  *155 

—κτυντρέχειν 

συμβουλευτικός  4 7 0  *9 

σύνειμι  (συνειναι) 

συμβούλια 

3 8 8 

­  ή ψυχή σύνεστι  τω  σώματι  111  *46 

συμπάθεια 

112 

σύνειμι  (συνιέναι) 

συμπαθέω 

1 1 2 * 6 1 

­  τά  συνιόντα  ε ι ς  ύπόστασιν  112 

συμπάσχω  115;  116  *94 

—•συνδρομή; 

συμπέρασμα 

μι  (συνυπέστην) 

2 4 2 

­  κοινωνία  τοΰ  συμπεράσματος 

164 

συνεργέω 

συμπεριγράφω  339  *17 

συνέρχομαι 

συμπεριλαμβάνω  4 3 6 

συνήθεια 

συμπληρόω  113  *66;  4 3 7 

σύνθεσις 

8 3  mit  *157;  113;  119  *19; 

154  3 0 3 

3 7 5  m i t  * 6 2 ;  4 0 9 ;  4 4 6 f . ;  4 5 0  1 5 4 * 8 0  *84;  1 9 5 * 1 3 5 ;  301; 

4 4 1  *116  ­  αιτία  τ ή ς  συνθέσεως 

128  *73;  1 8 2 £ ;  237;  245f.;  4 3 6 

συνυφίστη­

συνεπινοέω  4 4 3  *121 

­  τοϋ  συλλογισμού  86 

συμπλήρωσις 

συντρέχω; 

153  *67 

συμπληρωτικός 

­  φυσική  σύνθεσις  95  *198 

­  συμπληρωτικά  τ η ς  θατέρου  φύσεως  και 

­  έν  συνθέσει  vs.  καθ'  ύπόστασιν  ήνωμένη 

ουσίας  ...  συμπληρωτικά  τοΰ  προσώπου  ­  κατά  Χριστόν  υποστάσεως  83  *157;  128  *  σύμπλεγμα  συμπλοκή 

φύσις  120  * 2 6  ­  κατά  σύνθεσιν  σ χ έ σ ι ς 

τ η ς 

σύνθετος  176  *29 

8 8 * 1 7 4  88  m i t  * 1 7 4 ­ 1 7 5 ; 

137  *135;  146  *13;  2 3 7 

137  *135 

—•παράδειγμα 

9 5 * 1 9 8 ; 

­  σύνθετος 

ένωσις 

137  *135;  1 3 8 ­ 1 4 0 

τ ε 

και 

διάκρισις 

587

Wortregister - σύνθετον  ιδίωμα  151  ­  συνθετώτερον  ιδίωμα 

σώμα  93  "'192;  151  *61; 

vgl.  224  *55 

­  τό  περί  αυτήν  (τήν  θεότητα)  σώμα  168  ­  als  τυγχάνον  368  *3 

­  καθ'  ύπόστασιν  σύνθετο?  184 

­  σώμα  φυσικόν  όργανικόν  128  *72 

­  μία  σύνθετο?  φύσις  303 

~*Ψ υ χή 

­  Χριστό?  σύνθετο?  281;  303;  314;  316 

σωτήρ  163  "­57;  175 

—»ύπόστασι?:  (μία)  σύνθετο?  ύπόστα­

σωτηρία  289;  314;  351  *62;  398;  402 

σ ι ? ;  φύσι?:  φύσι?  σύνθετο? 

­  πρώτη  σωτηρία  257 

συνθήκη  ­  κατά  συνθήκην  376  *65 

τ ά ξ ι ?  413;  4 3 7 * 9 3 

συνκεράννυμι  109  *32 

­  μέση  τ ι ?  τ ά ξ ι ς  215  "31 

σύννευσι?  175  *22g  *22h 

­  πρώτη/δευτέρα  τ ά ξ ι ?  437f. 

συνοδικό? 

ταπεινό?  215  "31;  281 

­  συνοδικά!  έπιστολαί  —»επιστολή 

ταύτοβουλία  171 

σύνοδο? 

ταύτοπραξία  171 

­  κατά  σύνοδον  φυσικήν  245 

ταύτό? 

συνόλον,  τό  242 

­  τό  ταύτό  τ ή ?  ένότητο?  144  "182 

συνουσίωσι?  301 

ταύτότη? 

συντελέω  126  *54 

­  ή  κατ'  άκρον  προσωπική 

συντίθημι 

155  *93;  302 

ταύτότη? 

185  *88;  205  *52 

συντρέχω  bes.  40;  54;  218  Μ0;  234  *104  —»σύνειμι  (συνιέναι) 

­  ταύτότη?  ύποστάσεω?  120  *21  ­  υποστατική  ταύτότη?  195  "136 

συνυπακούω  440  *114 

τείνω 

συνυπάρχω 

­  τεταμένο?  λόγο?  359  *85 

1 7 1 * 1 1 

συνυπόστατο?  98;  100;  102;  226 

τέλειο? 

συνυφίστημι 

­  τέλειο?  άνθρωπο?  83  *156 

­  συνυπέστην  126  *54 

­  τέλειο?  έν  θεότητι  και  έν  άνθρωπότητι 

­  τό  ληφθέν  φύσι?  τη  φύσει  τοϋ  λόγου  εν  τ η  ιδία  αύτοϋ  ύποστάσει  συνυποστασα 

4 5 6 * 2 0 7 

46  *33;  47  ­  τέλειο?  vs.  καθ' εαυτό  64  *99;  82f.  *156 

­  1 0 2 * 2 3 6 

τέμνω  4 2 5 * 1 8 

σ ύ σ τ α σ ι ?  173 

Τετραδίτη?  322 

συστατικό?  182;  203 

τ ε τ ρ ά ?  2 3 9 * 1 2 4 

σύστημα  486 

τέχνη  465 

σφαίρα 

τμήμα  453 

­  οργανική  σφαίρα  517 

τομή  4 2 4 * 1 4 

σ χ έ σ ι ?  144  *181;  448  ­151;  450;  462 

τόπο?  454 

­  άπλή 

­  τόπο?  κοινό?  391 

vs. 

κατά 

σύνθεσιν 

σ χ έ σ ι ? 

137  "135;  138f.;  144  ­  κοινωνία  σχέσεων  129  *76 

τραγέλαφο?  444  τρεπτό?  152  *62 

­  ουσιώδη?  σ χ έ σ ι ?  76  *135;  137  *135 

τριά? 

­  τ ή  σ χ έ σ ε ι  δεδέσθαι  τήν  ψυχήν  114  *76 

­  ε ι ?  τ ή ?  τριάδο?  264;  284f.;  314 

—»ένωσι?:  ένωσι?  κατά  σ χ έ σ ι ν 

2 3 9 * 1 2 4 

­  ε ι ?  τ ή ?  τριάδο?  σταυρωθεί?  289 

σ χ ε τ ι κ ό ? 

τριήμερο?  360 

­  vs.  ουσιώδη?  125  *53 

τρόπο? 

—•ένωσι?:  ένωσι?  σ χ ε τ ι κ ή  σχήμα  611  σώζω 

40  zu  *14;  180  *46;  202  *28;  302 

­  τό  άνάλογον  σώζειν  428  ­  σώζειν  τήν  ούσίαν  άσύγχυτον  112  ­  σώ£ειν  τόν  ίδιον  τ ή ?  ύπάρξεω?  λόγον  136  *131 

1 2 5 * 5 0 ;  1 6 3 * 5 7 ;  1 7 2 * 1 7 ;  175; 

215  *31;  229  *81;  252  ­  τρόπο?  vs.  λόγο?  176  *23  ­  τρόπο?  τ ή ?  ένώσεω? 

67;  115  *83; 

125  *53;  136  ­  vs.  λόγο?  τ ή ?  φύσεω?  201  *19  ­  τρόπο?  τοϋ  είναι  70 

138  *142; 

588

Register —»συνδρομή 

-  τρόπος  της­  υπάρξεως  70;  172 

­  ύπόστασις  vs.  φύσις/ούσία  9,  bes.  *52; 

­  vs.  λόγο?  τ ή ς  φύσεως  178  *38  ­  τρόπος  χ ρ ή σ ε ω ς 

48;  80  *153;  120  *21;  132  *102;  133  *108; 

172  *16 

τυγχάνω 

1 3 7 * 1 3 3 ;  1 5 0 * 5 1 ;  in  D e f i n i t i o n  v o n 

­  τό  τυγχάνον  3 6 8  *3 

γνωμικόν  θέλημα:  173  *21;  191  *116 

τύπος  532;  5 3 4  *411;  5 3 6  *435 

­  ύπόστασις/οΰσία  4 2 8  *42;  4 3 0 

­  ό  τύπος  των  ονομάτων  449;  vgl.  4 6 5 

­  αμφω  (αί  φ ύ σ ε ι ς )  έξ  ών  και  έν  αίς  κάι  ων  ύπόστασις  ήν  179  *43 

­  τύπος  και  υπογραφή  5 3 4  *411  τυπόω  175  *22h;  4 6 5  *46 

­  ΰπόστασις  vs.  είδος  137  *135 

τϋφος 

­  λόγος  τ η ς  υ π ο σ τ ά σ ε ω ς 

4 1 1 

129;  179;  185; 

189  υακός 

2 2 3 * 4 9 

ΰπαρξις 

­  ύπόστασις  τοΰ  λόγου  152  *62;  156  *97 

63; 

6 5 * 1 0 1 ; 

70; 

128  ^66; 

z u  *69;132;  136  *131;  137;  172;  178  "38;  1 9 1 * 1 1 6 ; 

1 9 4 * 1 3 3 ; 

303; 

3 6 8  *6; 

καθ'  ύπόστασιν  149  *34  ­  τοΰ  τινός  έ σ τ ι ν  δηλωτική 

1 3 3 * 1 1 1 ; 

1 7 7 * 3 4 

4 4 4  *125 

­  ϋ π ό σ τ α σ ι ς  ιδική/κοινή  vs.  φύσις  κοινή 

ύπάρχω  70;  2 4 5  *159;  3 0 3 ;  304;  3 2 6 

91  *186;  92;  150 

υπερβαίνω  ­  (θεός)  ή  πάντα  λόγον  ύπερβαίνουσα  φύσις 

­  αί  φύσεις  διαφέρουσιν  κατά  φύσιν  και 

—»ιδική  ύπόστασις 

4 6 6 

ύπερεκπίπτω 

­  ύπόστασις  ιδική  vs.  ούσία  118  *11  ­  ύπόστασις  καθ'  έαυτήν  χαρακτηριστική 

453f. 

119  *14 

ϋπέρκειμαι  ­  τα  υπερκείμενα 

­  τό  ληφθέν  φύσις  τη  φύσει  τοΰ  λόγου  έν 

4 5 4 

υπεροχή  4 2 6  *30;  435;  4 4 2  *117;  4 4 3  *121 

τ ή  ίδία  αυτού  ύποστάσει  συνυποστάσα  102  *236 

υπογραφή  ­  τ ύ π ο ς  και  υπογραφή  5 3 4  *411 

­  ή  τ η ς  υ π ο σ τ ά σ ε ω ς  ένέργεια  192  *125 

υπόδειγμα 

­  Χριστός  ύ π ό σ τ α σ ι ς  πρός  τόν  πατέρα/ 

4 0 9 

π ρ ό ς ή μ α ς 

­  vs.  ί σ ό τ η ς  105;  198  * 4  ύπόθεσις 

ύποκείμενον,  τό 

159  *21;  167;  174;  429; 

4 4 0  mit  *114;  4 4 7  ­  καθ'  υποκειμένου  τ ι ν ό ς  λέγειν 

148  *28;  vgl.  148  *29 

6 5  *100; 

­  δύο  ύ π ο σ τ ά σ ε ι ς 

4 4 

­  ιδιάζουσα  ύ π ό σ τ α σ ι ς  90;  92  *188 

vgl.  2 1 7  ­  έν  ύποκειμένω  τινί  εΐναι  65  *100;  81 

­  τ ό  ιδιάζον  τ η ς  υ π ο σ τ ά σ ε ω ς 

137  *133; 

144 

ύ π ό σ τ α σ ι ς 

­  ιδική  ύπόστασις 

­  ή  ύ π ό σ τ α σ ι ς  καθοραται  3 4 0  *19  ­  μία  ύττόστασις  9 * 5 1 ;  1 2 * 6 8 ;  1 4 9 * 3 5 ;  225;  230;  2 3 4  *104;  235;  253f.;  301;  3 0 4 

έν 

μιά 

­  ύπόστασις  ή  καθ'  έαυτήν 

ύποστάσα 

6 2 * 9 2 ;  64;  vgl.  63;  6 3 * 9 8 ;  74;  vgl. 

ύποστάσει 

­  ύπόστασις  διηρημένη  κάι  άνά  μέρος 

119  *13 

117;  118  *9  ;  vgl.  149  *35  ό) 

50;  61;  90;  9 1 ­ 9 3 ; 

150  *52;  152  *62;  2 2 5 

58; 

­  ό  άνθρωπος  ό  έν  μια  ύποστάσει  Χριστός 

78  *148; 

119  *14;  147  *23  ­  ένθα  ένυπόστατος  φύσις,  και  ύπόστασις 

­  εν  και  τ ό  αύτό  ύποκείμενον  168  *86 

­  (ό 

1 3 0 * 8 7 

­  ύπόστασις  vs.  έ ν υ π ό σ τ α τ ο ς 

4 1 3 

κεχωρισμένη  6 9  *107 

102  *236  ­  αί  δύο  φ ύ σ ε ι ς  έν  τ η  μια  ύποστάσει 

—•καθ'  εαυτό  ­  ύπόστασις  κοινή 

302;  vgl.  3 0 4 

77;  8 3  *157;  8 4  *159; 

­  μία  ύ π ό σ τ α σ ι ς  Λόγου  σαρκωθέντος  74 

90  mit  *184;  9 1 ­ 9 3 ;  225;  237; 

­  μία  ύ π ό σ τ α σ ι ς  των  δύο  φύσεων  78  *143 

2 5 0  *181 

­  μία  ΰ π ό σ τ α σ ι ς  σεσαρκωμένη 

2 9 5 

­  σύνθετος  ύ π ό σ τ α σ ι ς 

­  μία  ϋ π ό σ τ α σ ι ς  σύνθετος  178;  315;  3 1 6 

1 5 2 * 6 2 ; 

­  έν  τ ή  ύποστάσει 

2 2 8  *77;  237;  2 5 0  *181 

181  *54 

­  μοναδική  ύ π ό σ τ α σ ι ς 

195  "Ί38—139 

178; 

189; 

239; 

53;  122  *31  *33a;  1 9 0 * 1 1 2 ; 

­  σύνθετος  καθ'  ύπόστασιν 

184 

221; 

589

Wortregister -  ύ π ό σ τ α ο ι ?  σύνθετο?  vs.  φύσις  σύνθετο? 

­  φυσικώ? 

1 6 2 * 4 7 

—»ενέργεια:  ένέργεια  φυσική;  έ ν ω σ ι ? : 

9 3  *192;  180;  183;  2 0 2  —»oben  μία  ύ π ό σ τ α σ ι ? ,  ferner  ένωσι?  καθ'  ύπόστασιν;  πρόσωπον:  πρόσωπον/ 

έ ν ω σ ι ?  φυσική  φύσι?  112;  450;  451;  4 5 4 

­  ύ π ό σ τ α σ ι ? ;  σύνειμι  (συνιέναι);  ψυχή 

­  e t y m .  3 7 0 

υ π ο σ τ α τ ι κ ό ? 

­  φύσι?  als  άληθέ?  πράγμα  3 6 8  *6  ­  φύσι?  ανθρωπινή  3 1 5 

­  υποστατική  έ ν ω σ ι ?  5 4  ­  υποστατική  τ α ύ τ ό τ η ? 

195  "136 

—•ενέργεια:  υποστατική  ενεργεία  ϋφίστημι 

119  *14;  149  *35;  1 9 0  " 1 1 1 ­ 1 1 2 ; 

­  φύσι?  εϊδου?  λόγον  ε π έ χ ε ι  133  *111;  134  »118  ­  φύσι?  ού  ή  κίνησι?  κάι  ή  ήρεμία  τών 

191  η ΐ 4  ­  κ α τ '  αύτό 

­  άνθρώπου  φύσι?  3 5 9  *85 

τ ό 

ύφίστασθαι 

ένοϋσθαι 

πραγμάτων,  άλλα  ή  άρχή  2 5 4  "207  ­  διάφοροι  φ ύ σ ε ι ?  1 6 5  *73a 

2 5 3  *201  ­  ύπέστην  118  *11;  119  *13;  326;  4 2 7  "­32  ­  έν  τ ω  θεώ  λόγω  τ ό  ύποστήναι  λαχεΐν 

­  δύο  φ ύ σ ε ι ?  22  »113;  7 8  "143;  87  "169;  155  "91;  2 1 5  "31;  291;  303;  315;  vgl.  2 0  "103;  9 4  " 1 9 5 

2 5 3  "201  ­  έν  τ ή  ύποστάσει  ύφεστηκέναι  ­  τ ό  ύφεστηκώ? 

150  *51 

70  z u  *112;  vgl.  63  "98; 

­  έκατέρα  φύσι?  4 0 ;  149  *35  ­  αί  εν  αύτω  φ ύ σ ε ι ?  153  " 6 7 

70  * 1 1 3 

­  αί  δύο  φύσει?  έν  τ ή  μια  ύποστάσει 

—>καθ'  εαυτό 

­  αί  φ ύ σ ε ι ?  διαφέρουσιν  κατά  φύσιν  και 

302 

καθ' ύπόστασιν  149  *34  ­  έκ  δύο  φύσεων  4 / 1 5 ;  8  (έξ  ών);  12  "68; 

φαίνομαι  ­  τ ή ?  σαρκώσεω?  φαινόμενη? 

307 

179  "43  "44;  2 5 0  "181;  2 6 5  ­  vgl.  τά  έξ  ών  και  άπερ 

φαιό?  3 6 4  *107 

2 4 5  "159;  vgl. 

2 5 0  "181 

φανερόω  4 6 3  *37 

­  έν  δύο  φύσεσιν 

φαντασία  ­  σ ύ γ χ υ σ ι ?  ή  φαντασία  2 6 3 

11  *67;  4 0 

z u  "16; 

4 8 * 4 0 ;  50;  8 7 * 1 7 3 ;  1 2 0 * 2 2 ;  179  "43;  212;  234;  2 3 8  *121;  291;  3 0 6 

φημί  ­  φησίν  386;  399;  401f.;  4 6 5  *46 

­  έν  έκατέρα  φύσει  3 0 4 

φιλανθρωπία  237;  4 0 3 

­  vgl.  τά  έ ξ  ών  και  έν  α ι ?  και  αϊ  έ σ τ ι ν 

φιλάνθρωπο?  3 4 1  *30 

2 5 0  *181 

φιλοσοφία 

­  τά  έξ  ών  και  έν  o l ?  και  απερ  ε σ τ ί ν 

­  ή  έξωθεν  φιλοσοφία 

4 4 4 

γνωρίζομεν 

φυλάττω  137  * 1 3 3 

2 5 1 

­  έξ  ών  έ σ τ ι ν ,  έν  αυτοί?  αύτόν  είναι  3 0 1 

­  επί  δύο  φύσεων  8  *46;  15;  3 0 5 

φυσικό?  ­  φυσική  ασθένεια 

174 

­  φύσι?  ένυπόστατο?  97;  191  *116 

­  φυσική  διαφορά 

179  *43;  191  "115 

­  φύσι?  ιδική 

­  δύναμι?  φυσική 

170  *8;  191  *116;  194; 

92;  93  "192;  147;  151;  156; 

2 3 3  ­  καινοτέρα  φύσι?  97;  153f.;  156 

2 4 5  ­  φυσική  έννοια  4 3 2  " 6 9 ;  442;  459 

—>ειδο?  καινότεροι*  φυσικό?:  καινοτέρα 

­  φυσική  έ ξ ι ? 

ίδιότη?  φυσική 

3 6 0 

­  φυσικόν  θέλημα  173  * 2 0  ­  φυσική  θελησι? 

194 

­  φύσι?  τόν  τοϋ  είναι  λόγον  ε π ι δ έ χ ε τ α ι  132  *104 

­  ίδιότη?  φυσική  241 

­  φύσι?  μερική 

­  καινότερα  ίδιότη?  φυσική  154  " 8 3 ­ 8 4 

­  μία  φύσι?  14;  44;  59;  1 5 0 * 4 5 ;  181f.; 

­  φυσική  κίνησι?  167  * 8 0  "82 

2 3 3 

190  "112 

­  τα  φυσικά  πάθη  3 2 7 

­  μία  φύσι?  (άνθρώπου)  155  "91 

­  ποιότη?  φυσική 

­  μία  φύσι?  τοϋ  θ ε ο ϋ  Λόγου  σεσαρκω­

180 

­  φυσική  συνάφεια  237;  2 4 0 

μένη 

­  σύνοδο?  φυσική  2 4 5 

291;  301;  302;  3 1 5 

­  φυσική  ύπαρξι?  191  *116 

8 8  *174;  2 0 9 ;  253;  280;  281;  282; 

­  μία  σύνθετο?  φύσι?  3 0 3 

590

Register

­ φύσις τις μία 153 —•συνδρομή ­ ουσιώδη? φύσις 68 *105 ­ φύσις σύνθετος 154 *86; 182 ­ μία φύσις σύνθετος 121; 221 ­ vs.  ύπόστασις  σύνθετος  93 *192;  180;  183; 202  ­  ούκ εστίν  φύσις  ανυπόστατος  80 *152;  132; 132 »101­102; 147(. ­  πάση  φύσει  παρέπεται  ιδιάζον  πρόσωπον 120 *26  —>ούσία: ούσία ανυπόστατος  ­  ή την  φύσιν  χαρακτηρίζουσαν  ενέργεια  159 *20  ­  κατά φύσιν  225  ­  ύπέρ φύσιν  96; 97  ­  φύσις  vs. οικονομία 176 *23  —»δύναμις;  θέλημα;  θελητικός;  κίνησις;  κρύπτω; λόγος: λόγος της  φύσεως;  ­  νόμος:  νόμος  φύσεως;  ούσία:  synonym  für φύσις; ϋπόστασις  vs. φύσις  φύω 370  φωνή  430­432  ­  φωναί  8 *46  *47;  9 *51;  14 *77;  15;  75;  162; 214 *29; 215; 263; 305f.  ­  διαίρεσις φωνών  304  ­  πρώται φωναί  375  ­  ή τών δύο φύσεων φωνή  87 "169  φως  344  ­  etym. 374 *51  φωτοειδής  114*71  χαρακτήρ  344  χαρακτηρίζω  ­  ή  την  φύσιν  χαρακτηρίζουσα  ενέργεια  159*20  χράομαι  333f.  χρήσις  333 *3; 471 *10  ­  γνώμη  τρόπος  ουσα  χρήσεως  172 *16;  333*3  ­  κοινή χρήσις  447  χρόνος  454  χώρα  ­  ή χώρα τών ζώντων  348 *45  χωρίζω  ­  ύπόστασις  ανά  μέρος  κεχωρισμένη  69 *107 

­  μηδέποτε  κεχωρισμένως  167 *82  χωρισμός 21 *111; 112; 137; 242  χώρος  ­  τού παντός χώρου το βάθος  549 *595  ψέγω  406  ψήφος  ­  βασιλεία  σύμψηφος  vs.  τών  ιερέων  ψήφος  297  ψιλός  223  ­  ψιλός  άνθρωπος  49;  63;  94;  173;  218;  343  ­  ψιλή άνθρωπότης  83 *156; 143 *172  ψόγος  403  ψυχή  ­  etym. 370; vgl. 378  ­  (ψυχή)  ασώματος  ούσία  άμετάβλητος  κατά τήν ύπόστασιν  110 *37  ­  ασώματος και ουσιώδης  111; 112  ­  άσυγχύτως ήνωται τω σώματι  112  ­  καθ' έαυτήν γενομένη  112 mit *56; 113  ­  καθ'  έαυτήν  έν  vs.  εν  τε  σύν  άλλω  γενομένη 113 mit *66­67  ­  als  ούσία  νοητή  έξ  εαυτής  κινητή  110 *37  ­  vs. νοΰς  446; 461  ­  τών πεπλησθυσμένων ούσα 115 *85  ­  ψυχή έν σώματι  109 "31  ­  ή ψυχή σύνεστι τω σώματι  111 *46  ­  ή  ψυχή  δέδεται  ύπό  τοΰ  σώματος  114 *76  ­  κρατεί τό σώμα  115 *87  ­  μεσιτεύει τή συμπλοκή  237  ­  ψυχή και σώμα  ­  έτερότης  ουσίας  και  ταύτότης  υποστάσεως  120 *21  ­  δύο διάφοροι κοινότητες  122  ­  als ένωσις φυσική  155 *88  ­  als τρίτον ουσίας είδος έν μέσω 109 *32  ψύχω  370 mit *23  ωδή  512  ώς  8;  8 *46  *47;  15;  17;  83 *157;  88 *174;  112*61;  128*73;  130*87;  168*86;  179 *42; 180; 182 *54b; 215 * 31;  305 

Wortregister

591

II. Index verborum latinorum actio - actiones communes 25-27; 33; 215f.; 219; 220f.; 224; 235 ; 255 - actiones unius personae 27-29 admonere 483 admonitio 483 - verbum als admonitio 486 adunatio 265 adventus - secundus adventus 354 affectus 479*23 - animi affectus 469 *8 agere - agit enim utraque forma 161; 215217; 226f.; 231 mit *87; 250; 296; 300; 306; 308; 327; vgl. 263 aliud 15f.; vgl. 45 ambiguus 471*10,488 ambitio 473 ambitus 475 anima - mediante anima 237 - peregrinatio animae 484 *39 animus - animi affectus 469 *8 arbor Porphyriana 137; 138 ars 478 *22 - ars oratoria 476 - ars rhetorica 490; 494 - vs. eloquentia 496 *57 assumere - homo assumptus 303; 314; 518; 525 assumptio - assumptio hominis 515 auctor - Romani auctor eloquii 490 - eloquentia auctorum 496 *57 auctoritas - auctoritas/dignitas 479 *23; 487 *44 - auctoritas praedicationis 293 - auctoritas synodi (Chalcedonensis) 272f. audientia - audientia popularis 475 audire 481 - ut libenter audiatur 469 *8 - vs. ut intelligenter/ut oboedienter audiatur 471

auditor - delectandus auditor 469 *8 Caritas 483*37 clausula 495 coaptare 11 * 63; 35 commoratio 389 communio 305 - cum alterius communione 14-16; 18; 215; 227 *77; 231 communis 236 - communis in utroque 17; 23 - communes notiones 59 zu *86 compendium - compendium gratiae maturantis 475 complementum 119 *19 conditio - conditio humana 471 *10; 483f.; 487 consuetudo - consuetudo communis 375 *60 conventus - conventus ad unitatem naturalem 271 conversio 471 - conversio ad philosophiam 479 copia 470 cunabulum 375 mit *59-60; 376 *64 cursus 475 decus 472 *12 - cura decoris/vis rerum 469 *8 delectabilis - suavitas delectabilis 476 delectare 493*52 - docere/delectare/flectere 470; 491 - ut eloquentia delectet 469 *8 delectatio - delectatio/suavitas 469 *8 deliberativus - genus deliberativum 470 *9 demittere - coelo demissus 355 dictare 480*28 dictio - dictio temperata 470 dignitas 472 mit *12; 487 - dignitas/auctoritas 479 *23; 487 *44 - Tulliana dignitas 479

592

Register forma

discere - sentitur a n t e q u a m discitur -

res per signa discuntur

- utraque forma

475

fucare

disciplina -

liberales disciplinae

236

—>agere: agit e n i m utraque forma

482

478 *22; 489 *48

474

fucus

diversitas -

diversitas n a t u r a r u m

- ornatus vs. fucus

17 *90

473 *12

divinitas -

s e c u n d u m divinitatem

divisio -

genus

283

23

divisio v o c u m

215; 228; 235; 250

docere

genera dicendi

-

genus deliberativum

-

genus d e m o n s t r a t i v u m

- g e n u s grande

493 *54

docere/delectare/flectere

-

docere vs. m o v e r e (flectere)

-

docere vs. probare

-

docendi necessitas in rebus constituta

- g e n u s tempera turn

491

-

g. t. et o r n a t u m

-

genus v e h e m e n s

doctor

492

491

477

doctor gratiae

doctrina

genus iudiciale

-

genus s u b m i s s u m

470 *9 4 6 8 *5; 470 mit *9 469; 471; 492

469 *8 493 mit *54

dicere

Christiana 

vs. 

doctrinae 

gloria -

481 "30; 488

gentilium

doctrinae gentilium

-

doctrina de rebus/de signis

rex gloriae

grammatica

471 *10

356 *78; 362 478*22

grandis

482

-

489

granditer dicere

469; 491

- granditer et ornate elocutio

469 *8; 473 *12; 487; 494f.

vs. ars rhetorica

historia

-

quinta essentia

-

utraque essentia

510; 552 23 *123; 27; 28

duae naturae existentes 389

-

h o m o spiritalis

303; 3 1 4 484f.

488

(sermo) humilis

illecebra

- nativitatem s u a m bzw.

20

corpus suum

factum vs. mysterium

481

- vs. intelligere

impassibilis deus vs. h o m o passibilis 272; 286

impositio

469 *8

-

flatus - flatus vocis

496 *57

272

impassibilis

456; 458

finis (sermonis)

475; 478

imitari

-

fides q u a e

477 *21

487

immortalis

33 *177

fides -

per h o m i n e s h o m i n i b u s

humilitas

facere

-

h o m o assumptus

-

-

283

- h u m a n a m naturam s u a m facere facere

-

humilis

existere expolitio

475

482

homo

490; 491

essentia

-

gratia - c o m p e n d i u m gratiae maturantis

496 *57

—>sapientia eloquium

469 *8

—>genus g r a n d e

474; 481

eloquentia -

493 *53

—•granditer/submisse/temperate/

489

-

donum

-

481 *30

-  doctrina 

470 *9

4 6 8 - 4 7 1 ; 493

-

-

470; 491

468

-

430; 431 *68; 432 *69; 443

flectere

impositio v e r b o r u m

368 *3; 378

individuus - proprietas naturae individua perma-

-

docere/delectare/flectere

-

movere

492

470; 491

nere indivise

20*103 2 6 * 1 4 2 ; 27

Wortregister indivisibilis - unio indivisibilis 515 ingenium 476 invenire - modus inveniendi 496 *57 - modus inveniendi/proferendi 472 inventio 482 - elocutio/inventio 474; 481 inseparabiliter 23; 2 6 * 1 4 2 ; 27, bes. zu *145 intelligere - vs. imitari 496 *57 - quae intelligenda (intellecta) sunt 472 - ut intelligens audiatur 471 intendere 471 intentio 3 6 8 * 3 laudare 4 6 9 * 8 laudatio 4 9 3 * 5 3 liberalis - liberales disciplinae 478 *22 lumen 470 luminosus 470 lux - lux vera 356 magister interior 482; 485 *40 magisterium 267 magnus - (res) parva/modica/magna 469 *8; 491 mediator 2 9 - 3 1 miraculum - unius filii tarn passiones quam miracula esse 272 modicus - (res) parva/modica/magna 469 *8; 491 modus - modus inveniendi 496 *57 - modus inveniendi/proferendi 472 movere - vs. docere 492 munus 484 mysterium - factum audivimus, mysterium requiramus 481 mysticus - mystica quae locutus est 477

593

narratio 415 natura - duae naturae existentes/subsistentes 265; 283 - in duabus - ex duabus 212; 265 - ex duabus naturis unam naturam post adunationem 265 - duarum naturarum traditio 265; 266 - utraque natura 5 * 3 0 ; 18; 4 0 * 1 4 ; 218 *40 naturalis - unitas naturalis 271 novitas 268 numerus 469 *8; 495 oboedire - ut oboedienter audiatur 471 obscuritas 480; 495 observatio 482 officium - officia oratoris 491f. operationes communes 16; 16 *88; 26; 28 opinio 493 orator 490 - officia oratoris 491f. ornare - genus ornatum 469 *8 ornatus (1) 478; 493 - ornatus vs. fucus 473 *12 - (genus) verborum ornatibus comptum 469*8 ornatus (2) - granditer et ornate 469 *8 - pulchre ornateque 469 *8; 492 oratorius - ars oratoria 476 otium 479 parvus - (res) parva/modica/magna 469 *8 ; 491 passibilis - impassibilis deus vs. passibilis homo 272; 286 passio - unius filii tarn passiones quam miracula esse 272 patria 484f. peccare

594 -

Register

posse peccare et posse n o n

peccare

173 -

non posse peccare

pectus

176; 201

479*23

peregrinatio a n i m a e persona -

484 *39

17; 18 *94;

26, zu *142;

Christi persona in trinitate persona vs. subsistentia

-

vgl. unitas: unitas personae personalis unitio

persuadere

469 *8

philosophia

479

272-274

271f.; 273f.

271

376 *65

474 476

480; 488; 489; 495 496 *57

- sapientia et Veritas

476

-

479

Studium sapientiae scholae saeculares

490

rerum/scientia

tractatio scripturarum

seorsum 470 469

-

sentitur a n t e q u a m discitur

-

non opus est c u i q u a m dici, si ipse n o n sentit

sermo

475

495 387f.; 474; 480; 491f.

significatio 368 *3; 378

m o d u s inveniendi/proferendi

proprietas

472

5 * 3 0 ; 2 0 * 1 0 3 ; 4 0 * 1 4 ; 54;

218 *40 prudens - prudenter uti 469 *8 pulcher 469 *8; 492

signum -

signum a m b i g u u m

-

res/signum

-

482, 487; 491f.; 494

res per signa discuntur

scientia rerum/scientia signorum 483 *34

-

signa pro rebus

-

signum/superbia

472

simplicitas

docendi necessitas in rebus constituta

sinceritas

473

spumeus

475

(res) p a r v a / m o d i c a / m a g n a sensus

469 *8 sonorum

375 *59 res/signum

489 483 *37

suavis

486

474

491 vs.

476

suavitas

478; 491; 493

- suavitas delectabilis 484

res per signa discuntur

482; 484 *38;

485f.

delectatio/suavitas

signorum

476 4 6 9 *8

submisse - submisse dicere

rerum/scientia

482; 484 *38;

-

- v e r b u m als s i g n u m

res q u i b u s nititur tractatio

rerum

4 7 1 *10; 488

484

485f.

447 *143; 450; 472 zu *12; 473; 474;

483*34

375 *59

sen tire

491

493*52

proferre

- scientia

472; 496 *57

sensus

438 mit "-102

probare vs. docere

- sensus

signorum

69*107-108

- sensus rerum

temperata decet esse principia

prodesse

scientia

scriptura -

469 *8

probare

-

348; 362

483 *34

tenere principatum

probabile

-

rudis Veritas

sapientia

-

principium

-

356 *78; 362

sacramentum

482

principatus

-

rex r e g n a n t i u m

-

476f.

praedicare

-

rex gloriae

-

schola

s e c u n d u m placitum

res

494

469 *8

scientia

praeceptum

-

-

- sapientia/eloquentia

placere

praeco

489

476f., 478; 479; 486

273

personalis

-

vis rerum/cura decoris

-

-

-

rem tene, verba sequentur

-

355*73 -

-

-

rudis

una persona ex trinitate

-

verba et res

28; 30; 3 5 *183; 40 *15; 218 * 3 9 - 4 0 ; 264; -

-

signa pro rebus

-

rex

3 7 *1; 219

una persona

-

491

submittere —»genus s u b m i s s u m

Wortregister subsistentia - subsistentia vs. persona 271 f.; 273f. - in una subsistentia unitas 285 - unus de tribus subsistentiis 271 subsistere - ex (duabus naturis) subsistit unitas 265 - duae naturae subsistentes 265; 283 substantia 23; 29 "-149; 265 sufficere - non sufficit synodus (Chalcedonensis) contra Nestorium 269 superbia 4 8 3 * 3 7 susceptio 23 suscipere 20; 36; 219 symbolum 210 temperare - genera dicendi temperanda et varianda 493 *54 - dictio temperata 470 - temperate dicere 491 —•genus temperatum tractatio - tractatio scripturarum 472; 496 *57 traditio - duarum naturarum traditio 265 trinitas - unus de (ex) trinitate 145 *6; 268; 271f.; 273; 283; 286; 361 - una persona ex (de) trinitate 273f. - unus in trinitate 273; 274 tumor 473; 495 unitas - unitas naturalis 271 - unitas personae 23; 24; 25f.; 36; 218f.; 355*73 - in una subsistentia unitas 285 unitio 23; 24 - personalis unitio 271 unus - unus de (ex) trinitate 145 *6; 271f.; 283; 286; 361 - crucifixus est 268 - passus est 273 —•persona: una persona usus

595

- usus vs. fruitio 483 *35 - usus iustus 471 *10; 488; 496 *57 uterque 231 *87 - utraque forma 236 - utraque natura 5 *30; 18; 40 *14 —»agere: agit enim utraque forma uti 333f. - uti vs. frui 483 *35 - prudenter uti 469 *8 valere - (vis verbi) qua cognoscitur quantum valeat 3 7 0 * 2 0 variare 469 *6 - genera dicendi temperanda et varianda 493 *54 varietas - tripartita varietas 493 *54 verbum - verborum ambitus 475 - cunabula verborum 375 mit *59-60; 376 *64 - impositio verborum 368 *3; 378 - ornatus verborum 469 *8 - verba et res 476f.; 478; 479; 486 - rem tene, verba sequentur 494 - verbum als signum 486 —•res: res per signa discuntur - vis verbi 3 7 0 * 2 0 verisimile 4 3 9 * 1 0 2 veritas 4 9 6 * 5 7 - rudis veritas 474 - sapientia et veritas 476 vexillum - vexillum regis 355 *76 via media 265; 266 vir - vir bonus 474; 490 vis 3 7 5 * 6 0 - vis rerum/cura decoris 469 *8 - vis verbi 3 7 0 * 2 0 vituperare 469 *8 vituperatio 4 9 3 * 5 3 vox - voces 215 - vocis pura sinceritas 473 - vgl. divisio vocum; flatus vocis

596

Register

Personenregister

I. Pagane und jüdische Persönlichkeiten der Antike und Spätantike bis 6. Jh., insbes. Autoren Adrastos v. Aphrodisias 5 5 4 *671 Albinos 109f.; 442 *121 Alexander v. Aphrodisias 48 *40 Alexander d. Gr. 520 Ammonios Hermeiou 42; 48 *40; 98 *224; 377 *67 Ammonios Sakkas 106; 108-110; 112f.; 115f.; 199 *10 Anatolios, Grammatiker 528 Aristeas 521 Aristoteles 44; 49 *40; 56 *76; 58 *79; 60; 64f.; 67; 77; 80f.; 110 *33; 125; 369 *9; 3 7 6 * 6 5 ; 3 8 6 * 1 5 ; 389; 444*125; 452; 454f.; 462 *24; 507; 510f.; 535; 536 *438; 552-554; 557, *706 Ps.Aristoteles, Autor v. De mundo 536 *438; 545 Berosos 521 *279 Bion v. Borysthenes 382 Boethos v. Sidon 111 *50 Cato der Ältere 494 Chalcidius 554 *671 Cicero 467f.; 469 *8; 472; 473 *13; 474; 476; 478 *22; 479; 487; 489-494 Corripus 3 4 7 * 4 5 Ps.Demetrios, Rhetoriker 387 *19 Demetrios v. Phaleron 521 Demokrit 549 *596 Demosthenes 493 *54 Derkylides 5 5 4 * 6 7 1 Dikaiarchos 537 Diogenes, Kyniker 389 *23 Diogenes Laertios 444 *125 Dionysios Periegetes 541 *498 Dü-Nuwäs 527 Empedokles 1 1 0 * 3 3 Ephoros 505; 526; 540 *493 Eratosthenes 536f. *438; 537; 541 Eudoxos v. Knidos 536 *438

Flavios Josephos 520f. mit *279 Geminos 536 *438 Heraklit 369 Hermagoras, Rhetoriker 390f. Hermogenes, Rhetoriker 387 *17; 391 Ps. Hermogenes 388f. Hipparchos 537 *438; 542 *510 Hiskias, König v. Juda 512; 522 *280 Horapollon 522 *290 Jamblich 423 *12; 462 Jonas 522 *280 Krates v. Mallos 545 Kratylos 369 Kyros II., Herrscher der Perser 512f. Leukipp 549 *596 Libanios 333 Ps.Libanios 387 *18 Lucretius 389 *26; 390 *29 Manethon 521 *279 Marinos v. Tyros 5 3 7 * 4 3 8 Maximos v. Tyros 381 Menander, Rhetoriker 389 Olympiodor v. Alexandrien 528 Orion v. Theben 374f. mit *53-55; 463 *36 Parmenides 542 Philolaos 501 *45; 545 Philon 393; 442 *121; 487; 533 *399 Philostratos, Autor der Vita Apolonii 508 *114 Philoxenos v. Alexandrien 374f.; 376 *64; 377 *67 Piaton 56; 60; 106 *18; 107 *20; 109 *33; 109-111; 112*56; 199; 206; 369 *8;

Personenregister

597

370 *20; 373 *41; 374 *51; 443 *121; 462; 507; 520; 522; 552-554 Plinius der Ältere 508 *114 Plotin 106; 107*19; 110f.; 113; 114*71; 133 *105; 423 *12; 442 *121; 452f.; 487 Plutarch v. Chaironeia 381 Porphyrios 58 *79; 60 »87-88; 64 *99; 84; 106f.; 108f. *28; 109; 111-114; 199 "ΊΟ; 221; 222 "-45 Poseidonios 542 Priskian 111 *52 Proklos Diadochos 510; 520 *263; 554 Ptolemaios ΙΠ. Euergetes 538 Ptolemaios, Geograph u n d Astronom 517 "224; 537 *438; 541; 543 mit *525526; 544; 554 *671 Ptolemaios Physkon 521 Pythagoras 450; 501 *45 Pytheas v. Marseille 541

Seneca 381; 383*10; 389*27; 396*58; 444 *125 Sextus Empiricus 444 *125 Simplikios, Philosoph 511 *144 *147-148 *151; 557*706 Strabon 536 *438; 537 *440; 541; 542 *517

Seleukos, Grammatiker 376 *64 Sembruthes, Herrscher v. A x u m mit *471

Zenon v. Elea 452 *180; 454

Teles, Kyniker 382 Themistios 333 Theon, Rhetoriker 386f. Theon v. Smyrna 554*671 Timaios v. Lokri 521 *279 Tryphon v. Phaleron 521 Varro 375 *56, 58 u. 60; 376 *64 Xenokrates 110*37 Yüsuf As'ar Yath'ar 527

539

II. Personen, insbes. Autoren, aus dem frühen Christentum und aus der Zeit der frühen Kirche bis zum 7. Jh. A b u n d i u s v. C o m o 16; 22 Aetheria 346 *40 Aetios v. Antiochien 425*20-21; 433 *71 Agapet I., Papst 287; 293-294; 296 Agnellus v. Ravenna 356 Akakios v. Berroia 396 Akakios, Patriarch v. Konstantinopel 260-262; 264f.;271f.; 275 Ambrosius 46 *32; 478; 487; 492 A m m o n i o s v. Alexandrien 228 *77 Amphilochios v. Ikonion 498 *13 Ananias v. Shirak 498 mit *12-13; 517 *223; 542 Anastasios I., Kaiser 44; 258-261; 266f.; 275 Anastasios I. v. Antiochien 97 *218, 125*52; 133*108; 162-165; 167*80 200*15; 221; 224*53; 228*78; 230, 232-246; 251 mit *188; 254; 328 Anastasios Sinaites 12*68; 35*185; 52*54; 104*4; 105; 120*20; 127*61;

128*75; 132*100; 137*134; 145*6; 150*51; 153*72; 158*8 *10; 162*48 *51-52; 169*1; 172 *17a; 177 *37; 198 *4-5; 199 *12; 201 *22; 232 *92 *95; 329; 331; 343 *33; 367-379; 463 *36 Anastasius  II., Papst 32 Anatolios v. Konstantinopel 1 *2; 2 *5; 4 *15; 19 zu *98-99; Anthimos v. Trapezunt 230; 290-293; 295-297 Antiochos v. Ptolemais 396 Apolinaris (Apolinarios bzw. Apollinarios) v. Laodikeia 8; 47; 60; 63 *97; 104; 217 *37; 237 *118; 366 *111 Apuleius v. M a d a u r a 474 Arethas, Märtyrer in N a g r a n 527 Arios 237 *118; 433 "71; 441 *117; 459 Arkadios, Kaiser 458 Athanasios v. Alexandrien 9f.; 31; 32; 33; 50f.; 63 *98; 69 *110; 121 *30; 217; 227; 321; 366 n i l ; 526

598 Ps.Athanasios v. Alexandrien 150 »51; 3443 »33; 366 »111 Atsbeha, Thronname v. Kaleb, König v. Axum 527 Attikos v. Nikopolis 19 Augustinus 17f„ bes. "91 u. 94; 20; 23f.; 24 »126; 25 »135; 30f.; 33; 36; 60 »87; 133 »105; 173 »19, 218; 264; 271; 335 »6; 355 »73; 370 »20; 375 »59; 377 »67; 467-472; 474 »16; 475-496 Avitus v. Vienne 321f. Basilios v. Ankyra 457 »2 Basilios v. Kaisareia 48; 51; 107 »20; 422 »3; 433 V I ; 435-451 passim; 457; 460; 461 »22 Basilios Kilix 210 »14 Basilios v. Seleukia 1 »2; 11 »67; 12; 41 »17; 107; 220 Basiliskos, Usurpator 44 Beiisar 278; 286 Charisios 317f. Chorikios v. Gaza 356 »80; 358f. Chosrau I., Sassanide 325 Coelestin I., Papst 317 Cresconius 495f. Cyprian 470 »9; 4 7 2 ^ 7 7 ; 478; 492 Demetrios v. Philippi 283 De sectis, Autor von De sectis: —>Leontios Scholastikos Diodor v. Tarsos 41 »20; 60; 76 »136; 281; 309; 551 »626 »633 Ps.Dionysios Areopagites, 76 »135; 99; 100; 128f.; 136; 156; 160f.; 162 »47-48; 172 »17a; 179 »42; 199 zu »12; 250 Dionysius Exiguus 210 »13; 286 Dioskur ν. Alexandrien 7 »42, 280; 292 Dioskur, Apokrisiar Roms in Konstantinopel 41; 270; 273f. Dometian v. Ankyra 311f.; 320 Domnos v. Antiochien 7 »42 ; 10 »57; Ps.Dorotheos v. Tyros 497 »1; 529 Egeria 346 »40 Elias, Hagiograph 284 Ephram v. Amid, Patriarch v. Antiochien 209 »10; 211; 224 »53; 228 »77; 230 mit »84; 231f.; 279; 281; 286f.; 290; 294; 299

Register Ephram der Syrer 544 Epiphanios, Patriarch v. Konstantinopel 279; 283; 286f.; 290 Eudoxia, Kaiserin 396 Eufrasius v. Porec 356 Eulogios v. Alexandrien 361 Eunomios v. Kyzikos 233 »98; 412 »79; 4 2 1 ^ 5 1 ; 453; 456; 457-466 Euphemia, Heilige 356 Euphemios, Patriarch v. Konstantinopel 259 Euphrasios, Patriarch v. Antiochien 267 Eusebios v. Dorylaion 7 »38 Eusebios v. Kaisareia 111 »50; 344; 354; 357; 520; 522 Eusebios, Presbyter, Schatzmeister der Hagia Sophia 279; 299; 320 Eustathios Monachos 212 Eustratios, Hagiograph 328; 330 Eutherios v. Tyana 104 »6 Eutyches 11 »64; 18; 20; 23; 38; 43f.; 45; 49; 87 »169; zu »173; 88 »176; 89; 211; 212; 230 »84; 255; 262; 263; 265; 280; 281f.; 290; 292f.; 297; 301; 312; 317; 357 Eutychios, Patriarch v. Konstantinopel 328 Evagrios Pontikos 141f.; 143 »176; 205 »55; 319; 323; 324 Evagrios Scholastikos 34 »180; 262; 276; 324f.; 327f.; 330 'Ezänä, Herrscher v. Axum 539 Facundus v. Hermiane 108 »23; 145 »6; 286; 312; 316 Faustus v. Mileve 478 mit »22 Felix II., Papst 261f. Flavian I. ν. Antiochien 396 Flavian II. ν. Antiochien 44 Flavian ν. Konstantinopel 1 »2; 7 »38; 10 »57; 12 »68; 212; 271 Gaianos ν. Alexandrien, Bischof der sog. Aphthartodoketen 291 Gaudentius v. Brescia 28 »146 Gennadios v. Konstantinopel 3 »11; 4 zu »19; 6; 6 »35-36 Georg I., Katholikos der nestorianischen Kirche Persiens 551 Georg Arsas 160 »26; 229 »80

Personenregister Georg Hieromonachos 323 Gregor v. Nazianz 45f.; 85 *161; 125 *50; 175 *22g; 179 *44; 250; 333 *3; 442 *117 Gregor v. Nyssa 52; 128 *75; 199 *12; 245*155; 366*111; 370; 409*75; 421 *2; 422 *7; 423 *12; 424 *14; 433 *71; 434 "75; 436 mit *90; 439*107; 440-449 passim; 451-456; 457; 462f.; 463 *37; 465 Härith 527 Heraklios, Kaiser 252 Hieronymus 321£.;476 Ps.Hippolyt v. Rom 384 *12; 394 Homologos, Diakon, Adressat in „Christlichen Topographie" 517 Honorius, Papst 157; 166; 169; 188; 244 *150 Hormisda, Papst 260f.; 266-270; 286f.; 292 Hypatios v. Ephesos 4 zu *20; 39; 279£.; 283; 285; 288f.; 299

der 229; 274; 212;

Ibas v. Edessa 211; 280f.; 311-313; 315; 317f. Innozenz v. Maroneia 36 *190; 39 *8; 272; 280-283; 288 Jakob Bürde'ana (Baradai) 299 Jakob v. Edessa 329f.; 371-373; 376; 377 *67 Johannes Π., Papst 36 *190; 283; 285287; 290; 318 Johannes ΠΙ., Papst 329 Johannes, Patriarch v. Antiochien 3*13; 7*39; 15*80; 46*33; 162*51; 307; 309 Johannes der Barmherzige, Patriarch v. Alexandrien 229 *80 Johannes Chrysostomos 59; 389*23; 395f.; 397; 456; 458; 533 Johannes v. Ephesos 282; 284 Johannes Grammatikos v. Kaisareia 16 *85; 42; 42-75; 75f.; 81 *154; 82; 84; 87; 89; 91; 105*9; 107*20; 117-123; 123 mit *41; 129; 131*96; 132*99; 133 *105 *108; 136 *129; 146; 165 V I ; 178; 198 *7; 212; 221; 222 *44; 232 *90; 275; 286; 302; 343 *33 Johannes, Kammerherr 179f.; 202; 204

599

Johannes Π. Kappadox, Patriarch v. Konstantinopel 259-261 Johannes Malalas 329f. Johannes Maxentius 41; 210 *13; 211*22; 270-274 Johannes v. Nikiu 330 Johannes Philoponos 98 *224; 240; 278; 497*1; 498; 508-512; 530f.; 536; 544 *534; 548 *587; 552-557 Johannes v. Skythopolis 210; 212; 228*77 Johannes v. Telia 282; 284 Julian v. Halikamaß 41; 291f.; 327f. Julian v. Kos 10 zu *58; 22*113; 32 zu *165; 32 *169; 108; 200 *14 Junillus (bzw. Junilius), Quaestor sacri palatii 277; 525 Justin I., Kaiser 257-261; 275; 276; 286; 526 Justin Π., Kaiser 347 *45; 363 Justinian I., Kaiser 34 *180; 36 *189; 37; 42; 53; 102; 145; 209 *10; 209f.; 211; 222; 226-229; 229 *82; 230; 257-331; 333-335; 350; 359 *88; 509 Justinian Π., Kaiser 348-350 Juvenal ν. Jerusalem 34 Ps.Kaisarios 294; 549 Kaiandion, Patriarch v. Antiochien 262 Kaleb, König v. Axum 527 Kappadokier, die 50; 56; 69 *108; 70; 84; 107 *20; 119; 120; 140; 213; 221; 233 Klemens v. Alexandrien 106 *18; 396 *58 Ps.Klemens v. Rom 384 *12; 388 Konstantin I., Kaiser 346 Konstantin, Adressat im Prolog der „Christlichen Topographie" 517 Konstantin v. Antiochien 498; 517 *223; 542 Konstantin v. Apameia 296 Konstantios, Kaiser 334 Kosmas v. Alexandrien, Diakon 184f.; 186 *90; 204 Kosmas Indikopleustes 277; 349; 352; 497-561 Kyrill v. Alexandrien 1-12, bes. 4 *14; 49; 51; 59f. mit*85-86; 69*110; 97; 108*24; 123; 126; 155; 160; 162*48; 167 *79; 179 mit *45; 188; 202 mit *27; 209; 210*13; 211; 213*29; 215; 227;

600 229; 230f.; 232 "91; 236 *112; 238 *121; 250; 253 mit "203; 255; 264; 271; 291; 295; 299; 303; 309f.; 314f.; 325; 515 - Kyrill zur Antiochenischen Unionsformel 5 *24; 10 zu *57 u. 60; 21; 33; 35 zu *182; 39; 46 "33; 85; 162 mit "51; 208; 220f.; 235; 250 "187; 280; 304-307 - Rezeption Kyrills in Chalkedon 6 12; 37 *1; 38f.; 55 »71; 207; 219; 268; 270; 280; 281f.; 283; 284; 300f.; 302; 307f.; 317-319 - lateinische Ubersetzungen v. Kyrills Schriften 210; 286 - Chalkedon geht über Kyrill hinaus 87f. (mit "169; 176) - Rezeption Kyrills bei Leo 24 ""126; 26; 31-34; 36; 317-319 - zur Ubereinstimmung v. Kyrill und Leo 12-24; 271f.; vgl. 264 - Soteriologie 13f. —»-Sachregister: Chalkedon; Christologie Kyrill v. Skythopolis 320-322 Kyros v. Phasis, Patriarch v. Alexandrien 160; 166; 229 mit "80; 244 Laktanz 476f. Leo I., Papst 1-36; 45 "31; 60 mit "87; 84f.; 108; 165 *73a; 200 zu "14; 210; 259; 260 - Rezeption in Chalkedon (—»Tomus Leonis in Sachregister) 40f.; 44; 54 "-65; 208 *4; 218f.; 220; 255; 270 - Leos Apologien seines Tomus 24-31; 216; 218f.; 235; 255 - Chalkedon: Bedenken gegen den Tomus Leonis 12-24; 280; 306 - Chalkedon und Leo 54; 317 - Beurteilung bei Leontios v. Jerusalem 88 "176 - Rezeption (Apologien) des Tomus nach Chalkedon 226f. mit "77; 231f.; 235f.; 250; 268f.; 272; 274; 286; 300; 308; 326f. - Distanz zum Tomus nach Chalkedon 263; 265; 267; 281; 295f. - Einbindung in ein an Kyrill orientiertes Verständnis v. Chalkedon 264 - Rezeption v. Augustinus 24 "126; 25 "135; 30f.; 218; 264

Register - Leos Begriff (-•) persona 37 "1; 218 - Rezeption v. Kyrill 24 "126; 25-27; 28; 31-34; 36; 317 mit 319 - zur Ubereinstimmung v. Kyrill und Leo 12-24; 271f.; 308; vgl. 264 - Soteriologie 13; 25f.; 29-31; 63; 218 Leon I., Kaiser 32 Leontios, Apokrisiar der Mönche Palästinas 279; 320 Leontios v. Arabissos 41 "19; 328; 331 Leontios v. Byzanz 4 zu "21; 41 "19; 41f.; 49 *41; 53 "57; 56 *76; 58 "79; 6468; 71f. mit "120; 73 "125; 75-86; 86 "165; 87; 89; 90f. "183-185; 92 "187; 93; 99; 100; 101; 104 "5; 105 "9; 105f.; 107 "20; 113 "66; 118 "10; 121; 123144; 145; 146 "7; 147; 150 "46; 151; 155; 165 "71; 169*1; 180*48; 184 *72; 185 "88; 186 "90; 187; 195; 199 "7 "12; 202*29; 205*52 *55; 219*42; 221; 222f.; 224; 225 *66; 237 "114; 320; 328; 330f.; 344 "33; 355 *74 Leontios v. Byzanz, Mönch der Neuen Laura, - Origenist der Sabas-Vita (CPG 7536) 320 Leontios v. Jerusalem 36 *189; 42; 49*41; 52f.; 71*118; 72*120; 73 mit "124; 75; 77; 86-102; 104 "5; 105 "7 "9; 123; 125 "45; 127*61; 131f.; 134 *122; 143; 145-156; 211f.; 223-226; 237; 245; 251; 314; 338 Leontios v. Konstantinopel 360 Leontios Scholastikos, Autor v. De sectis 59*79; 77; 104*6; 124*41; 125 *45; 199 *7 Leporius 355*73 Liberatus 262; 310-312; 320 Lukios v. Alexandrien 104 *2; 198 *3 Makarios v. Antiochien 228 "77 Makedonios Π., Patriarch v. Konstantinopel 259 Malchion 126*55 Mar Aba, Katholikos der persischen Kirche 277f.; 500f.; 503; 515; 522; 526; 529; 532; 533 *401; 534 "411; 548 *580; 556 "694; zu *697 *704; 556f. Marathonios, Pneumatomach 361 *91 Marinos v. Zypern; Presbyter 159; 172 "17; 247

Personenregister Markell v. Ankyra 429*49; 435 *80; 464*37 Markianos v. Gaza 356 *80 Maron, Lektor aus Anazarbos 43 *23; 119 Martin I., Papst 160 "32 Maximian v. Ravenna 350 Maximos der Bekenner 12 *70; 53; 85; 92*187; 101; 105*9; 105f.; 107*20; 113 *66; 121; 124 *41; 129 *82; 131 *96; 133*108; 157; 159; 163*53; 164*62; 165; 167*80; 168 mit *86; 169-196; 197-206, 221; 224 *53; 229 *80 *82; 240 mit *130; 242 mit *146; 243-252 mit *194; 254 *209; 341f.; 370 *20 Melania die Jüngere 346 *40 Menas, Patriarch v. Konstantinopel 229f.; 254*209; 292; 294; 296f.; 320; 322 Minucius Felix 473 *13; 476 Monnika, Mutter Augustins 487 Moses v. Choren 498 Narsai 500f.; 514 *183; 532 *392; 533 *398; 544 *534; 547 *573; 548 *587; 551 Narses 325 Nemesios v. Emesa 58 *79; 60 mit *88; 107; 109*28 *30; 110*37; 111*49; 111-116; 186 *90; 200 *13 Nephalios v. Alexandrien 59; 106 *14; 119; 212 *25; 212 Nestorios 7; 8; 9 *52; zu *53; 14 *75 *77; 20; 23; 28; 32; 38; 43f.; 45; 49; 50; 63; 87*169; 88*175-176; 97*215; 211; 214*29; 230*84; 253*201; 255; 263; 265; 268; 269f.; 271; 281; 292f.; 297; 301; 303; 304; 309; 312f.; 317; 354f.; 357 Nonnos, Abbas 125 *48; 169 *1; 322 Origenes 97; 224; 237 *118; 298; 310f.; 319-321; 323; 433 *71; 448 *152; 488; 509; 512 Pamphilos, Apologet Chalkedons 65 Pamphilos v. Jerusalem, Adressat in der „Christlichen Topographie" 500; 517; 529 Paschasinus, röm. Legat in Chalkedon 23; 24; 211

601

Paternus, Bischof v. Tomi, Krim 268 Patrikios, Pseudonym für Mar Aba 500 Paul v. Basra 277 Paul der Einäugige (Monophthalmos) 160; 229 *80 Paul v. Emesa 10*57; 306 Paul der Jude, Patriarch v. Antiochien 267f. Paul II., Patriarch v. Konstantinopel 169; 172 *17a Paul v. Nisibis 326f. Paul der Perser 276f. Paul v. Samosata 103 *2; 126; 198 *3 Paul der Schwarze 160 *26 Paul v. Tabennesi, Patriarch v. Alexandrien 299; 310 Paulinus v. Nola 345 Pelagius I., Papst, zuvor Apokrisiar Roms in Konstantinopel 299; 310f.; 316; 319; 321; 325 Petros v. Apameia 296f. Petros Mongos, Patriarch v. Alexandrien 261 Petros der Walker (Gnapheus), Patriarch v. Antiochien 262; 285; 287 Petros, Patriarch v. Jerusalem (524-552) 292; 294; 299; 319 Petrus Sabbatius 257 Philostorgios 441 *117 Philoxenos v. Mabbug 43f. Photeinos, Manichäer 276f.' Photinus v. Sirmium 429 *49; 435 *80 Porphyrios v. Antiochien 396 Possidius 480 Primasius v. Hadrumetum 277 Probos v. Chalkedon 221 Proklos Diadochos 99*226; 106; 107 *19; 111 *41; 199 Proklos v. Konstantinopel 12 zu *68; 22 *113; 271f.; 272f.; 275 Prokop v. Gaza 533 *402; 551 Prokop v. Kaisareia 257f.; 276; 284 Prosper v. Aquitanien 218 *39 Proterios v. Alexandrien 32 Prudentius 355 *76 Pulcheria, Kaiserin 22; 23 *123 Pyrrhos v. Konstantinopel 101; 107 *20; 124 *41; 171 »10-11; 174 *22b; 176 *25 *29; 177; 179; 186*91; 188; 191; 196; 197; 201 zu *24; 205 *54; 229 *82; 243246 mit *167

602

Register

Rufinus v. Aquileja 321 Rusticus diaconus 22 *113; 286 Sabas, Abbas der Großen Laura 320 Sabbatianos, Novatianer 361 "91 Sabellios 247f.; 435 *80 Sergios v. Arsinoe 229 "-80; 254 *209 Sergios v. Konstantinopel 157; 160; 166-168; 169; 170 *6; 171 zu *8a *1011; 173; 174; 188; 193; 200; 206 mit *56; 228 *77; 229f. mit *80; 243f. Sergios v. Telia 530 Severian v. Gabala 381; 384*12; 392; 394-419; 456; 457-459; 463-466; 515; 534 *415; 555f. Severos von Antiochien 40; 46; 49; 55; 59; 59*86; 69*110; 74; 97; 107*20; 119; 171*10; 180; 202; 207*1; 212; 227*77; 230*84; 232*90; 259; 265; 267; 275; 279; 284; 288f.; 291; 293; 296f.; 308; 372 Siricius, Papst 346 Skythische Mönche 35 *183; 36 *190; 41; 209 mit *13; 211; 268-275; 283; 286; 289f.; 297; 310; 318 Sophronios v. Jerusalem 160 *28; 161f.; 166 *77; 168; 172 *17a; 244 Stephan Bar Suda'ili 325 Stephan v. Dor 177; 252 Stephan Π. v. Hierapolis 231 *86 Strategios, Patrikios 279 Symmachus, Papst 265f. Tertullian 46 *32; 476 Themistios, Diakon in Alexandrien, Agnoet 294f. Theodahad, König der Goten 292 Theoderich, König der Goten 356 Theodor I., Papst 169 Theodor Abucara 104 *6 Theodor Askidas 310f.; 320; 322; 323

Theodor v. Mopsuestia 41 *20; 60; 76*136; 85*163; 108; 125; 220*42; 230; 271; 277; 281; 298; 309; 311-313; 315; 317f.; 501; 510; 512; 513 *173; 525; 530-533; 535*426; 544*534; 550f.; 554; 557 Theodor v. Pharan, identisch mit Theodor v. Raithu 158-161; 162; 199 *9; 229 *80; 252-255 Theodor v. Raithu 65 *101; 124 *41; 158; 169 *1; 200 *16; 211; 221; 252255 Theodor v. Skythopolis 323; 510 *135 Theodora, Kaiserin 229 *82; 230; 276; 288; 292; 296; 299; 350 Theodoret v. Kyros 1 *2; 3 *11; 7 *42; 9 *52; 10 *57; 12; 16f.; 22 *113; 30 *158; 33; 97; 108; 215; 239 *127; 280f.; 309; 312; 318; 464 *37; 533; 551 Theodosios II., Kaiser 22; 272; 346. *40 Theodosios, Patriarch v. Alexandrien 230 *84; 291; 293; 299; 518 Theophilos v. Alexandrien 32; 33; 321f. Timotheos Ailuros 14*75; 20; 21; 28; 29; 36; 38 *4; 262 Timotheos IV. (ΠΙ. bei den Kopten), Patriarch v. Alexandrien 267; 518 Totila, König der Goten 310 Tyconius 485; 489 Vigilius, Papst 229f.; 312; 320; 325 Viktor, Diakon in Konstantinopel, Gegner der skythischen Mönche 268f.; 270 Vitalian 259; 266; 268f. Zacharias Rhetor (zw. Ps. Zacharias) 262; 284; 291-293 Zenon, Kaiser 260; 262; 277 Zo'ilos, Patriarch v. Alexandrien 299f. Zooras, Mönch aus Palästina 296f.

III. Mittelalterliche Autoren und Persönlichkeiten Alfanus v. Salerno 109*30 Burgundius v. Pisa 109 *30 Eulalios 364 Georg Monachos 313; 324f.

Gregor Palamas 434*75 Ishodad v. Merv 534; 547 *573 *579; 548 *587; 551 Johannes Eriugena 341 *30

Personenregister Johannes Mauropus 373-375 Kedrenos 313; 324f. Konstantin V., Kaiser 3 4 0 - 3 4 2 Konstantinos Rhodios 363-365 Leon ΠΙ., Kaiser 349 Marco Polo 519 Maximos Planudes 543 Michael der Syrer 240 *131; 294; 328; 330 Nikephoros I., Patriarch v. Konstantinopel 339-342 Niketas 3 3 6 * 8

603

NiketasChoniates 227 "74; 300; 309 Nikolaos Mesarites 363-365 Photios 210 "14; 2 1 1 * 2 3 ; 230*84; 231 *87-89; 232 *91; 294; 347 *45; 497; 500 *28; 516f.; 527 Theodor bar Koni 534 *413; 547 *573; 548 *587; 551 Theodor Studites 340; 342 Theophanes 158 *8; 288; 367 *2 Thomas v. Aquin 63 Zonaras 276

IV. Moderne Autoren

Abramowski, L. 46 *32; 58 *79; 60 *88; 86 *165; 90 *184; 223 *52; 312; 319 Ainalov, D. V. 5 1 9 * 2 5 6 Alexander, P. J. 3 3 9 * 1 6 Alivasitos, H. 258 Allen, P. 73 *124; 231 *86; 331; 360 *91 Alonso, J.-M. 2 0 8 * 5 Altaner, B. 272 Altheim, F. 4 9 9 * 2 1 ; 5 3 9 * 4 7 5 *483; 540 *487 *491 Amand de Mendieta, E. 397 *60 Amann, A. 1 5 8 * 1 1 Amelotti, M. 258 Anastos, Μ. V. 499 *16; 535 zu *432; 557 Anderson, W. S. 382 *8; 389 *26 Arens, H. 1 1 * 6 4 ; 20*107; 25*131; 40 *14; 218 *38-39 Arkell, A. J. 538 *451; 557 Arnou, R. 104 *5 *7; 108 *23; 109 *30 Assmann, J. 521 *277; 522 *282 Aubineau, M. 360 "91; 458 *6; 557 Auerbach, E. 4 7 7 * 2 1 Aujac, G. 537 *438 *440; 541f. *509-510 *517 Baasland, E. 3 8 8 * 2 2 Bagrow, L. 498; 543 mit *522; 557 Balogh, J. 4 8 0 * 2 5 Baltes, M. 5 1 0 * 1 4 1 Balthasar, H. U. v. 9 2 * 1 8 7 ; 106*16; 131*96; 171*10; 172*16; 173*19; 177*35; 1 7 8 * 3 8 - 3 9 ; 180*48; 182*57; 183 *72; 186*91; 188*99; 191*114; 192 *123; 202 *29; 203 zu *40

Barclift, Ph. L. 4 * 1 3 Barker, J. 258 Barry, Μ. I. 474 *16; 495 *55 Bartelink, G. J. M. 475 *17 Bartelmus, R. 502 zu *50 Barwick, K. 368*3; 369*8;

373*42;

375 *58 *60; 376 *64 Basdekis, A. 86 *165; 224 *52 *55 Baudinet, M.-J. 3 4 0 * 1 9 Bauer, A. 560 Bauer, W. 158*9; 3 3 4 * 5 Beaucamp, J. 527 zu *344-345 Beckwith, J. 3 6 3 * 9 6 Bees, Ν. Α. 3 6 4 * 1 0 0 Beeston, Α. F. L. 539 zu *473; 557 Beierwaltes, W. 111 * 4 1 ^ 2 ; 199 *11 Bellini, E. 2 5 0 * 1 8 6 Belting, H. 3 3 6 * 8 Bengtson, H. 519 *247; 521 zu *271; 557 Bentley, R. 82 Benveniste, E. 3 7 5 * 5 7 Berger, H. 501 *45; 536 *438; 537 *440; 542 *517; 545 * 543 Berger, K. 381*2; 383*10; 384*12; 387 *20; 389 *27; 393, *42; 397 *61 Bernabö, M. 4 9 8 * 3 Bernand, E. 560 Bernhard, M. 4 7 4 * 1 6 Bersina, S. Y. 5 3 9 * 4 8 0 Bertolini, G. L. 501 *46; 557 Beutler, R. 107 *19; 114 *71 Bienert, W. A. 278 Blum, W. 298

604

Register

Boer, S. de 503 *72; 557 Boll, F. 513*166 Bonitz, H. 110*33 Borgen, P. 393 mit *43 Boyance, P. 382 *7; 389 "23 Bracke, R. 158 "8; 367 "2 Brakmann, Η. 331; 527*335 *343; 537*449; 538*456 u. *466; 539*469 *475 *478; 540 *486; 557 Braun, Ο. 500 *36; 551 *635 Breckenridge, I. D. 349 *51 Brennan, M.-J. 495*55 Brennecke, Η. Ch. 212 *27; 262 Briquel-Chatonnet, F. 527 zu *344-345 Brock, S. 284 Brown, P. 479*24 Browning, R. 258 Brubaker, L. 558 Brunner, P. 481 *31; 484 *38 Bruns, P. 514 *183; 551 *631 Bultmann, R. 382 *8; 384f.; 391f.; 393; 394; 400 Burkard, C. J. 109*30 Burkert, W. 501 *45; 542 *517; 549 *596 Butterworth, R. 384 *12; 394 *49; 400 *64 Buyssens, E. 375 *57 Cameron, A. 284 Cancik, H. 389*27 Cansdale, L. 499*23; 558 Cantor, G. 452*180 Capelle, W. 383 *10; 389 *27 Capizzi, C. 258; 268; 347 *44 Carcione, F. 322; 324; 331 Carter, R. E. 419*88 Casel, O. 416 Cavallo, G. 336*8 Chabot,J. B. 551*635 Christensen, J. 377 *67 Chrysos, E. 2 *7; 19 *98 Cecchelli, C. 346*40 Collart, J. 375*56*58 Comeau, M. 474*16 Comes, H. 499 *21 *23; 558 Cornelius, I. 501 *48^9 Coseriu, E. 369 *8; 373 *41; 376 *65 Cracco Ruggini, L. 539 *481 Crouzel, H. 322 Curtius, E. 374*49

Dagron, G. 333*2 Dahlmann, Η. 368 *3; 375 *56 Daley, Β. E. 41*20; 42*20; 58*79; 66 *103; 73 *124; 78 *143; 79 *150; 81 *155; 83 *157; 84 *160; 93 *190; 219 *42; 321; 324 Dams, Th. 425 *18; 462 *32 Danielou, J. 423 *12; 425 *18; 434 *75; 448*152; 455; 462 zu *28 *32; 463; 533 *399 Datema, C. 458*5 Declerck, J. H. 65 *101; 500 *32 Deferrari, R. J. 480*28 Dehnhard, H. 107*20 Deichmann, F. W. 356f. *81-82 Demus, O. 364zu*101 Derbolav, J. 369*8 Desanges, J. 537*440 Desreumaux, A. 559 Devreesse, R. 76*135 Diekamp, F. 6 *34; 159 *13; 254 *208; 322; 324f.; 367 *2 Diepen, H.-M. 3 *8; 7 *42; 39 *5; 208 *5; 209 *12 Dieten, J. L. van 157 *5-7; 160 *25 Dihle, A. 499 *20-21; 539 *475; 540 *485 *494; 558 Dilke, O. A. W. 540 *493; 542 *510 Diller, A. 542*519 Di Lorenzo, R. D. 467*2 Dilthey, W. 335*6 Dittenberger, W. 559 Dodds, E.-R. 108*28 Dölger, F. J. 336*7 Donfried, Κ. P. 384 *12; 387 *20; 388 *22; 393 *42; 394 *46 Dörrie, Η. 44*27; 60*88; 84*157; 107 *18; 108f. *27-30; 110 *37 *39; 111114 *44-81 passim; 121 *30; 237 *114 Dostälovä, R. 559 Downey, G. 333*2; 363*95 Draguet, R. 534*413 Drewes, A. J. 539 zu *471; 560 Drobner, H. R. 11 *63; 18 *91 *94; 20 *106; 25 *135; 31 *161 Duchrow, U. 482 *31; 483 *34 *37 Dudley, D. R. 389*23 Durand, G. M. de 13 *74 Ege, N. 375*57 Eisler, R. 501 *43; 558

Personenregister Ekschmitt, W. 501 *45; 545 *543; 549 »596 Eiert, W. 106*17;  157t.; 159*14 *21; 160 *24 *26; zu *30-31; 161 zu *36; 171*13-14; 199*9; 200*16; 239*125; 252f.; 255 *210 Engelhardt, I. 539*475 Engels, J. 376*65 Engemann, J. 357*82 Epstein, A. W. 363 *96; 364 *102 Eremyan, S. 498 *4 Esbroeck, M. van 329-331 Evans, D. B. 42 *20; 64 *99; 79 *148 *150; 91*185; 104*5; 105*13; 123*38; 129 *76; 130f.; 137 *136; 138 *142; 140144; 147f.; 155 *88; 224 *52; 321 Evrard, E. 530 zu *381 Eynde, C. van den 534 *413; 547 *573 Fabricius, J. 498 Fehling, D. 375*56 Ferrua, A. 336*7 Festugiere, P. 389*23 Fiey, J. M. 278 Fink,J. 336 V Fischer, J. 498, 543 *520; 558 Fladerer, F. 530*376; 531*384-385; 555 *685 Fletcher, A. 528*350 Fontaine, J. 472f. »12-14; 474f. mit *1718; 490 *50 Fortin, E. L. 104*5 Frege, G. 368*3 Frend, W. H. C. 262; 275 Frezouls, E. 558 Friend, Α. Μ. 558 Fritz, Κ. v. 452*180 Frolow, Α. 349*54 Früchtel, U. 533*399 Furlani,G. 372*33 Gadamer, H.-G. 108 *26; 467 *1; 496 *57 Gahbauer, F. R. 58*79 Gallandi, A. 559 Galtier, P. 3 *7; 5 *26; 14 *75; 22 *113 Garrigues, J. M. 250*181 Garzya, A. 558; 561 Geischer, H.-J. 336*7 Geizer, H. 499 "21; 558 Gerke, F. 346*38-39 Gero, S. 340 *18; 344. *34

605

Ghellinck, J. de 422 *7 Gignoux, Ph. 501 *40; 514 *183; 532 *392-393; 558; 559 Gingerich, O. 528*350 Gisinger, F. 542*510 Glaser, E. 540zu*485 Glorie, F. 272; 274 Gnilka, Ch. 333 *3; 471 *10 Goodenough, E. R. 525 *317; 533 *399 Grabar, A. 336*9; 341*26; 343*32; 346*40; 348 zu *47; 348*49; 349*51; 352 *65; 355 *77; 357 *81 Graffin, F. 372*30 Gray, P. T. R. 3 *8 *11; 40 *11; 42 *20; 86 *165; 207,*2; 208f. mit *3; 212; 213 *29; 223 *52; 258; 300; 314 mit 317; 329 Greatrex, G. 284 Greer, R. A. 13*74 Gregg, R. C. 437*96 Grillmeier, A. 1 *2; 3-5; 7 *42; 11 *64; 24*125; 38*3; 41*20; 44*28; 47*35; 4 9 * 4 0 ^ 1 ; 52*54; 56*76; 58f. *79; 64 *99; 71f.; 73; 79 *148 *150; 86 *165; 93*190; 96*211; 97*217; 103*2; 105*12; 115*83; 124; 167 *79; 198*3; 199*8; 207*2; 208; 210*13; 211*22; 213*28; 214*30; 219*42, 224*52; 226*70; 231*86; 235*105; 258; 260; 262; 268; 273-275; 284; 285; 287; 294; 296; 297f.; 309; 312; 314; 314 mit 317; 321f.; 325; 327; 329; 331; 338*13-15; 358*83-84; 359f.; 361 *92; 364*103 *107; 365 zu *110; 366*111; 515*201; 558 Groh, D. E. 437*96 Grondijs, L. H. 359 *84; 361 *93 Grube, E. 358*84 Grubmüller, K. 378*68 Grumel, V. 106 *16; 130-132 zu *88, 95 u. 98; 157*5; 160*25; 166 *74-75; 169 *3; 179 *42; 180 *48; 182 *57; 195 *140; 202 *29; 206 *56; 230 *82 *84; 231 *86; 290; 294; 351 *62; 528 *347-348 Guenther, O. 261 Guidoboni, E. 528*347 Guillaumont, A. 278; 322; 324f.; 327; 535 *426; 558 Hable-Selassie, S. 538 *464; 558 Hadot,!. 383*10

606

Register

Hadot,P. 479*24 Hagedorn, D. 387 *17; 392 *35 Hagendahl, Η. 467 *2; 475 *17; 490 *51; 493 mit *54; 494 Hägg, Τ. 539*480 Hainthaler, Th. 59 *79; 515 "201; 558 Halbauer, Ο. 381 *1; 389 mit *27 Halleux, A. de 1 *2; 5 *24 *25 *27; 7 *42; 11 "-67; 12 *69; 14 V5; 37*1; 38*3; 42*20; 43*23; 48*38-39; 107*21-22; 213 *28; 331 Hanson, R. P. C. 421*1 Harl, M. 463*37 Harley, J. B. 558 Harmatta,J. 539*483 Hartenstein, F. 502*51 Heinzer, F. 41*20; 67*104; 72*120; 86*165; 90*181; 92*187; 241*133; 245 *162; 246 *165; 248 *174; 250 *181 Heisenberg, A. 363 *95 *98; 364f. Helmer, S. 105*12; 106*14; 117*2; 123 *37 *39-40; 131 *96; 145 *5; zu *7; 146*16; 151*61; 155*88; 157 zu *4; 159 *13; 162 *49; 163 *58; 199 *8; 200*15; 209*9-10; 211*23; 212; 214; 258; 338 *14 Hennephof, H. 340*18*21 Hennig, R. 528 *347 *350; 538 *464 Hespel, R. 16*85; 38*4; 214*29; 534 *413 Hewsen, R. H. 498 *4-5 *11; 542 *515 Hill, E. 481*30 Hirschle, M. 463*34 Hoffmann, G. 372*33 Hoffmann, R. 107*18 Hommel, H. 347*44 Honigmann, Ε. 230 *84; 231 *86; 275; 284; 294; 541 *509; 558 Hörandner, W. 392 *38; 397 *61 Hübner, R. M. 48 *39; 63 *97; 217 *37 Hunger, H. 258 Huntingford, G. W. B. 538*465; 540 *489 Ihm, Ch. 347 *43; 350f.; 352 *64; 353 *68; 355 *75; 356 *79 Inglebert, H. 559 Instinsky, U. 347 *42 Jackson, B. D. 481*30 Jacobs, A. 559

Janowski, B. 501f. *48-53 Jansma, T. 501 *40; 532, An m. 393; 534 *413; 551 *624 *638 Jenkins, R. J. H. 347*45 Jensen, P. 501 Jeremias, G. 358*84 Jordan, M. D. 485*40 Jossua, J.-P. 25 *131; 30 *156 Jugie, M. 331 Junglas, J. P. 139f. Kaczynski, R. 413*83 Kamal, Y. 559 Kannengiesser, Ch. 455 *197 Kaster, R. A. 42, An. 21; 43 *23 Kazhdan, A. 363 Kecskemeti, J. 395 *53-55; 407*69; 418 *86 Keel, O. 501f. Kelly, J. N. D. 208*4 Kevane, E. 481*30 Kießling 548 *584 *586; 549 *600-601 Kirwan, L. P. 538 zu *452 *454 *456; 539 zu *472 *476; 540; 540 *488; 559 Kitzinger, E. 363*96 Kitamura, K. 501 *40; 540 *490; 544 *539; 559 Klages, L. 384 Klauser, Th. 336 *7 *9; 345 *37 Kleist, H. 374*49 Knauer, C.N. 484*39 Kobiscanov, J. M. 540 *490; 559 Kobusch, Th. 423*12 Konzal, V. 559 Kopecek, Th. A. 421*1; 423f.*12-13; 437 *96-97; 458 *9 Kordosis, M. 559 Kramer, H. J. 107 *18; 111 *43; 443 *121 Krautheimer, R. 363*96 Krebs, W. 538*464 Kremer, K. 49*40 Krüger, P. 514*183 Kuhn, Τ. S. 58 *79; 103; 197 Kustas, G. L. 387 *19; 392 *37 Lagarde, P. de 373*37 Lampe, G.W. Η. 242*141 Lanczkowski, G. 538 *456; 540 *496 Lawrence, M. 336*7 Lebon, J. 3 *8; 43 *23; 44 *28; 47 mit *35; 104 *7; 121 *29; 167 *79; 202 *28; 207

Personenregister Lebreton,J. 424-13 Leeman, A. D. 493*53-54 Legrand, E. 363*94 Lethel, F.-M. 170 *6; 175 *22f; 249 *179 Liddell, H. G. 8*46 Liebaert,J. 9*53 Lienhard, J. T. 464 *37; 465 *45 Lilla, S. 107*18 Littmann, E. 558 Loofs, F. 71 *119; 72 *120; 79; 79 *150; 80; 106*14-15; 124*45; 131*93; 137*135; 139; 142 *166; 142; 144f.; 210 *13 Lorenz, R. 481 *30; 482f. *33-34; 485 * Lossky, W. 338*14 Loundine, A. G. 527 zu *342 Lourie, B. 296 Louth, A. 9*53 Maas, P. 82 MacCormack, S. G. 503 *72; 515 *200; 559 Macdonald, J. L. 300; 317 Madathil, J. O. 559 Madden, J. D. 248*174 Maguire, H. 363*97 Mahe, J.-P. 498*5*13 Maiburg, U. 503*71 Malherbe, A. J. 387*18-19 Malingrey, A.-M. 395; 479 *24 Mango, C. A. 347*45 Manitius, K. 517 *224; 543 *525 Markschies, C. 516*203 Markus, R. A. 481*30 Maroth, M. 510*141 Marrou, Η. I. 389*27; 390 mit*30; 391 *32; 467 mit *1; 479, *24; 481 *30; 489f. mit *48-50; 494 Martin, J. 389 *25; 415 *84 Maspero, J. 522*284 Matthews, J. T. 347*45 Mayer, C. P. 481 *30; 483f. *36-38 McVey, Κ. E. 533 *399 *401 McNew, L. D. 467 *2 Meer, F. van der 345; 351; 352 *64 *67; 490 *50 Mercati, G. 276; 278 Meyendorff, J. 3*8; 41*20; 90*181; 208*6 Michel, K. 345*37 Moeller, Ch. 40 *11; 86 *165; 106 *14; 117 *2; 145f.; 151 *61; 157 zu *3;

607

207 *2; 208; 209; 211 *23; 212 *25; 224 *55; 343 *33 Mohay, A. 499 *21; 519 *247; 559 Mohrmann, Ch. 474 *16; 479f. mit *2526; 489 *48; 490 *50; 495 *55; 496 Moncho, J. R. 109*30 Montfaucon, B. de 520; 559 Moravcsik, G. 519*247 Mouterde, P. 22*114 Mühlenberg, E. 3*6; 30*156; 63*97; 104 *5; 217 *37; 421 *2; 424 *12; 425 *24; 434 *75; 438 zu *98-100; 442 *119; 451-456; 480 *27 Müller, F. 373*44 Müller, W. M. 527*335 Munro-Hay, S. C. 527 *336; 538 *456; 539 *469 *478 *481; 540 zu *487 Mzik, H. v. 498; 542 *515; 559 Nestle, E. 372*30 *32-33 *35-36; 373 * 3 9 ^ 0 ; 375 *61; 376 *63 Neugebauer, O. 543 *524 Neuss, W. 352*62 Newton, J. Th. 60*87-88 Nicolas, M.-J. 11*64 Nock, A.D. 479*24 Nöldeke, Th. 372*33 Norden, E. 388 mit *21; 394 *48; 397 *59; 410 *78; 474 *16 Nordlin, A. 501 *46; 559 Nordström, C. O. 336*9 Norris, R. A. (Jr.) 104 *5; 108 *23 O'Connor, W. R. 483*35 O'Donovan, O. 483*35 Odorico, P. 559 Oltramare, A. 396*58 Oommen Mathadil, J. 560 Opelt, I. 372 *35; 544 *528 Oppolzer, Th. v. 528*350 Orbe, A. 448*152 Oroz, J. 467*2 Ostrogorsky, G. 333 *1; 340 *23 Otto, St. 41*20; 58*79; 64*99; 72 mit *120; 79*148; 80; 81; 82*155; 86 *165; 104 *5; 106 *15; 123 *38; 124*42; 127*58; 129*76; 131 zu *94; 137 *134; 143 *176; 145; 147 *18-19 *21; 150 *53; 153 *68 *71 *73; 154 *76; 155 *88; 205 *55; 223 *52; 335 *6 Owsepian, G. 157 *5

608

Register

Parente, P. 167 *83; 244; 337 *11 Pargoire, J. 287 Parvis, P. M. 13*74; Parys, M. van 41 *17; 107 *22; 220 *43 Pater, W. A. de 439 *102 Peeters, P. 278; 500f. *33 *35 *37 Pepin, J. 488*45 Perrone, L. 258; 275; 287; 321; 324 Peterson, E. 560 Pewesin, W. 258; 316 Pigulewskaja, N. 527 zu *341; 560 Pinborg,J. 377*67  Piret, P. 250*181 Pisani, V. 371 *29; 375 *57-59 Pitra,J. B. 361*92 Podskalsky, G. 503 *72; 560 Pohlenz, Μ. 368 *3; 373 *43 Polaschek, E. 498 *4; 541 zu *503; 543 zu *522 *524 Press, G. A. 481*30 Prestel, P. 467*2; 496*57 Prestige, G. L. 424*13 Quacquarelli, A. 473*13 Rahn, H. 382 *8-9 Regtuit, R. F. 384 *12; 394; 395 mit *54; 400 *64; 409 *76; 416, *85 Reil, J. 358*84 Reinach, T. 363*94 Reitzenstein, R. 371 *29; 372 *30; 372374; 375 *55-56 *58; 376, *62 u. 64 Restle, Μ. 348 *46 *49-50; 349; 352 *63 *66

Richard, M. 3 *8; 9 *52; 10 *59; 12 *68; 16 *87; 17 *89; 22 *113; 33 *173; 39 *5-6; 41 *20; 43 *23; 44 zu *29; 52 *54; 54 *59; 65; 65*101; 104*6; 105*14; 108*23; 120*20; 131; 145; 150*45; 158*10; 198*6; 207*2; 209*8 *12; 300; 370 mit *19 Riedinger, R. 230 *82; 285; 287 Rist, J. M. 462*33 Robin, Ch. J. 527 zu *344-345 Roueche, M. 177 *37; 201 *22 Rubin, B. 258 Sachot, M. 387 *20; 394 *45 *47 Sagi-Bunic, Th. 1 *2; 46 *33; 213 *28 Saint Denis, E. de 508 *114 Sajdak, ]. 382*6

Sakkos, St. N. 163*54; 367*2 Salaville, S. 260 Saussure, F. de 368 *3; 375 *57 Schamp, J. 530 Schatkin, M. A. 389*23; 395 mit *56; 397 *60 Schäublin, Ch. 467-472 Schäublin, F. 374*51 Schellewald, Β. 347 *45; 357 *82 Schenkeveld, D. Μ. 385*13; 387*19; 392 *36 Schermann, Th. 529*369 Schiltz, Ε. 104*5 Schleißheimer, Β. 509 zu *130; 533 *401; 560 Schmeller, Th. 381*1; 382*5 *8; 384 *11-12; 389 *27; 394; 400 *64 Schmidt, F. 559 Schnabel, P. 543 zu *521 *524 Schneider, R. 560 Schölten, C. 499; 500 *31; 504 *80; 509 zu *133-134; 510 *140; 511 *151; 517 *215; 517f. *226 *229-230; 528 *350; 530*376-377; 531*385-386; 534*412; 536*433; 545*553; 547*571; 552*645 *647; 553 *650 *659; 554 *672; 555 *678 *685; 556 zu *705; 560 Schonack, W. 560 Schönborn, Ch. 338*14; 339*17; 340 *19-20; 340-342 Schouler, B. 333*2 Schove, D. J. 528*350 Schröter, R. 375 *58 *60; 376 *64 Schulz, H.-J. 338*14 Schurr, V. 272 Schwartz, Ε. 2 *7; 12; 19 *98; 22 *113; 24 *126 *128; 32 *170-171 *173; 145 *6; 258; 261; 262; 273f.; 285; 287; 294; 297f.; 300; 314; 316; 330f. Schwarz, F.-F. 499 *22; 560 Schwyzer, H.-R. 110*38 Scipioni, L. I. 1 0 4 * 5 * 7 Scott, R. 8*46 Sellers, R.V. 1 *2; 208 Sfameni Gasparro, G. 322 Sherwood, P. 172 *16; 173 *19; 178 *38; 182 *57; 184 mit *75 u. 78; 186 *89-91; 187 *93; 204 *44 *46; 205 *55; 341 *28 Siddals, R. M. 97, *216; 98 *224 Sieben, H.-J. 481*30; 482*32-33; 485 *40-41

Personenregister Siegert, F. 393mit*41 Silva-Tarouca, C. 2 "3; 10 *58; 22 *113; 27; 40 *14 Sinko, T. 382 "-6 Sorabij, R. 530f. Sörries, R. 354 V2; 356 V 8 *81 Sotiriu, G. und M. 353*70 Soukry, A. 498 SpeiglJ. 261; 268; 284 Spieser, J. M. 351 *62 Stein, E. 258; 260; 284; 528; 560 Steinthal, H. 371 *29; 373 *43 Stickelberger, H. 66 *102; 79, Am. 151 Stiegele, P. 424*13 Stiehl, R. 499*21; 539*475 *483; 540 *487 *491 Stockmeier, P. 358*83-84 Stommel, E. 336 V ; 359*85 Stornajolo, C. 349 *56; 560 Stowers, S. K. 381 *1; 382 *5 *8; 383 *10; 389 *27; 393f. Strzygowski, J. 533 *404; 560 Studer, B. 6; 31 *161; 45 *31; 218 *39; 493 *52 Stuiber, A. 413*83 Sturz, F. G. 374*55 Szabö, A. 542*517 TeixidorJ. 522*289 Ternus, J. 157*3; 159*21; 160*32; 172 *16 Testard, M. 467 *2; 490 *51 Tetz, M. 104*6 Theiler, W. 107 *19; 114 *71 Thissen, H. J. 522*290 Thomson, J. O. 541 *509 Thomson, R.W. 498*5 Throm, H. 390 mit *28; 391 Thümmel, H. G. 344f. *34-35 Thunberg, L. 106 *16; 131 *96; 180 *48; 187f. *93 u. 97; 202, *29 Thyen, H. 384*12; 393 mit *40; 394; 397 *59; 400 *64 Tilmann, G. 254*208 Toomer, G. J. 517*224 Toth, I. 452*180 Usener, H. 382 Uspensky, L. 338*14 Uthemann, K.-H. 5 *23; 12 *70; 34 *180; 35 *185; 52 *54; 58 *79; 60 *87; 63 *97;

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97*218; 105*9; 107*22; 124 zu*44; 125*52; 158*8; 163*53-54; 210*13; 212 *24 *26; 216 *33; 222 *44-45, 224 *52 *54; 230 *84; 231 *86; 232f. *9697; 241*133; 246*164-165; 249*180; 252 *193 *196; 266; 284; 287; 294; 296; 304; 309; 327; 333 * l - 2 ; 335 *6; 342 *31; 344. *33; 355 *74; 367 *2; 372 *34; 388 *20; 392 *37; 393 *39; 394 *50; 396*57; 409*75; 412*79-80; 422*7; 458 *5; 462 *24; 463 *36; 480 *26; 484 *39; 489 *47; 502 *55; 516 *203 Vaggione, R. P. 422 *3; 423 *9; 424 *15; 425 *18; 428 *42; 430 *64; 432 *69; 436 *85; 449 *159; 458 *7; 462 *32 Vandenbussche, E. 422 *7; 462 Van Roey, A. 47 *35; 231 *86; 296 Van Rompay, L. 547*573 Vasiliev, Α. A. 260 Ven, P. van den 331 Verbeke, G. 109*30 Verheijen, L. J. M. 481*30 Verrycken, K. 512*156 Viller, M. 186*91 Voicu, S. J. 394 zu *52; 458 *5 Vööbus, A. 278 Wada, H. 519*248; 560 Wainwright, G. A. 538 zu *451 *453; 560 Wallach, Β. P. 389 *26; 390 mit *29 Weber, M. 467*15 Weerakkody, D. 561 Wehrli, F. 477*21 Weiss, G. 162 *49; 164 *60 *63; 200 *15; 233 *99; 239 *125; 240 *130; 331 Weissengruber, F. 496 *56 Weitzmann, K. 336 *7 *9; 506 *107; 508 zu *115; 516 *208-209; 561 Wendel, C. 374*49 Wendland, P. 385; 392; 393; 403; 404; 414 Werfer, F. X. 374*55 Wesche, Κ. P. 300; 314; 316 Wessel, K. 336 *7; 347f. *43-45; 349 *5253; 353 *70; 358 * 83-84 Westerink, L. G. 528*355 Wickert, U. 551*631 Wickham, L. R. 424*12 *15; 425*18 *20-21; 433 V I Wilamowitz-Moellendorff, U. v. 382

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Register

Wildberg, C. 510f. *143-144 *147 *151; 552 *647; 554 zu * 668 Winkelmann, F. 225*60; 229*80; 230 *82 Winstedt, Ε. Ο. 517 *215; 519 *252; 520 zu *261; 540 "-488, 561 Wischmeyer, W. 345*37 Witt, R. Ε. 107*18 Wittmann, J. 561 Wojtilla, Gy. 519*247 Wolff, M. 536*434 Wolfson, H. A. 111*45; 131*96; 442 *121 Wolska, W. bzw. Wolska-Conus, W. 498f. mit*21; 500*28; 501 *47; 503*77; 505*88;

zu *96; 506*105; 507f.; 509 zu *131; 514*178; 515*199-200; 516 zu *212; 517 zu *225; 518*229-230; 519*243 *253; 520 *262; 523-525 mit *318 *323; 526 *327; 528 *350; 529; 530 *373-374; 531; 533 *399 *401 *404; 536 *434 *438; 537 *440; 540 *490 *493; 543 *523; 544f. *540-541; 547 *574; 548 *584; 549 *600; 554 *673; 561 Woodwaard, D. 558 Wyrwa, D. 261 Xyngopoulos, A. 351 *62 Zahn, Th. 121*29

Sachregister Abbild - Relation der Ähnlichkeit zwischen Ur-u.Abbild 340*19 Adulis 541 —»Monumentum Adulitanum Aegyptiaca 521 *279 Agaw am Tana-See 537f. Agnoeten 294-296 —•Nichtwissen Christi Ägypten 38; 166 - „barbarische Sphära" von Babylon nach Ägypten 521 - Nachhall ägyptischer Vorstellungen im biblischen Weltbild des Kosmas 501 - Piaton abhängig von „einem Ägypter namens Solomon" 522 Akakianisches Schisma 260-268; 270 Akephalen, die 45 Akoimeten 41; 285-287; 292f. Akzidenz 65 *101; 66 *102; 79-81 - vom Wesen untrennbares 81 *155 Alexandria Scabiosa 43; 44f. —»Klein-Alexandrien Alexandrien 42; 43 - alexandrinische Schulkommentare 60f.; —»Scholastik - Debatten um christliches Weltbild 556f.

- exegetische Vorträge des Mar Aba vor 531/532 501; 556 - Harmasiten 158 *10; 379 *72 - Meridian v. Alexandrien 541f. - Rettung der Juden Alexandriens 521 Altes Testament - zur Rezeption verschiedener Weltbilder im AT 501f. Ammonios-Axiom, sog. 108f. *28-30; 110f.; 112; 113 *66; 115; 116; 199 Analogie - bei Eunomios 428 *46; 448 *151 u. 153 Anastasis - Höllenfahrt als Anastasis 338*14 Anazarbos in Kilikien 43 Andersheit 17*90 —»Identität und Differenz Aneignung - christologisch 9f.; 20f.; 31f.; 33; 165 - als (wegen) enhypostatische(r) Einung 62; 74f. - wegen seinshafter Einung 85 - als Vergöttlichung 95 zu *199 - im Blick auf anthropologisches Paradigma 165 zu *70 anhypostatisch - Bedeutung 72f.;80f.

Sachregister - keine anhypostatische Natur bzw. Usie 57; 61f. - Feuer: an und für sich anhypostatisch 98 *224 Antichthon 544 Antiochenisches Schisma - Nachwehen bei der Nachfolge von Flavian (404) 396 Antiochenische Unionsformel (Formel), —»Union (433) Antiochien - Exegese 277; 408 "70; 497 *1 - antiochenische Theologie 498 - Konzil (565) 328 - monophysitische Hierarchie des Patriarchats 278f.; 299 —»Christologie, antiochenische; Union (433) Anthropologie - der Mensch als eine (eidetische) und als zwei (konkrete) Usien 51f.; 53 *58; 203 - der Mensch als hypostatische Union (Synthese) zweier Naturen 58f.; 61f.; 134; 146 f. - die eine Hypostase vs. Einzelfall eines Eidos 181-184; 190 - der Mensch als enhypostatische Einigung 120 - der Mensch zwei Naturen (Usien), eine Hypostase 90; 105; 117; 129 *76; 203 - in der Theorie einender und unterscheidender Relationen 128-130 - der Mensch als zusammengesetzte Hypostase bzw. hypostatische Synthese 77; 121f. - der Mensch als zusammengesetzte Natur (im Monophysitismus) 121 - der Mensch als Wesen der Gegensätze und ihrer Mitte 104; 185; 198; 204f. - neuplatonische Anthropologie 58f. *79; 60; 106; 109-116 ; 222 *45 - platonische Anthropologie 121 —»Neuplatonismus Aphthartodoketismus 222f.; 327-329 Apolinarismus (Apollinarismus) 167 *81; 169 *5; 361 "93 - anthropologisches Paradigma 104; 105

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- apolinaristische Fälschungen 60; 74; 303 - A. und Kyrill 4 "14; 8 —•Subjekt: dynamisch-vitales Subjekt Apologie - Apologie Chalkedons 37-102, bes. 42f.; 117-156, bes. 117; - und Syllogistik 124*41 Apsiden, Bilder in A. - S. Apollinare in Classe, Ravenna 353 - Basilica Eufrasiana, Porec 356 - Hosios David, Thessaloniki 351 - S. Pudenziana, Rom 346f. - Sinai 353 - S. Vitale, Ravenna 350 - vorikonoklastische Apsisbilder 350 - Tituli des Paulinus v. Nola 345 Arabischer Golf 518 Arabissos 41 "19 Argumentation - Stil theologischer A. 42 - Beweislogik 56; 76f.; 86 - argumentativer Status des Paradigmas 61f. Arianer, Arianismus 9 zu *55; 18 *91; 23 zu *124; 28 *146; 30 zu "159-160; 169 *1; 248 "173 - anthropologisches Paradigma in Bestreitung der Seele Christi 103 *2; 198 "-3 - anti-arianische Exegese 168 "86; 175 *22h; —»Subjekt, christologisch: Subjekt der Prädikation vs. Rücksicht der Prädikation (ferner: Aussage; Aussagenlogik; Prädikation) 2 - Homilie wider die Exegese der Arianer 407-410 - Orthodoxie vor arianischem Streit 87 "171 Aristotelismus —»Peripatos, Schulphilosophie; Topik Armenien 160 Armillarsphäre 517*224 Asien - Krieg von Atlantis „gegen Europa u. Asien" 544*535 2

Näheres in meinem Beitrag „The Christologial Debate" in: Cambridge History of Christianity, Vol 2: 300 to 600 (im Druck).

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Register

Assuan 542 Astronomie - Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild als Programm 497 "1 - bei Berechnung und Erklärung der Eklipsen 523;547f. - im Hinblick auf den Wechsel von Tag u . N a c h t 547f. - bezüglich der Umlaufbahnen der Gestirne 545-547 - Höhe im Kosmos 546; 547 "-573; 549; 550 "611 - Präzession 546 ""566-568 - Illustrationen der C T vernachlässigen die in Ex. 26,7-25 genannten Größenverhältnisse des Kosmos 547f. - Bewegung der Gestirne von Gott am Sinai dem Moses geoffenbart 503 - abgebildet durch den siebenarmigen Leuchter im Bundeszelt 545; 546f. - Ort der Gestirne unter Firmament 550 »610-611 —»Engel: E. als Beweger der Gestirne; Ort der Engel - Sphärische Astronomie: Aporien 504 - Traktat über eine „Nachbildung des Alls u. der Sternbewegung" 517 —•Gestirne Athen - Aufhebung der platonischen Akademie (529) 278 Athertheorie - Widerlegung der Athertheorie des Aristoteles 497 *1; 510-512; vgl. 552f. Äthiopien 518; 519; 537; 540 Atlantis 5 4 4 * 5 3 5 - Mythos des Timaios 545 "545 Auferstehung - Auferstehung Christi - u. Erneuerung der Schöpfung 518 - in der Katastasenlehre 532 - als Wirken des Logos 95f. - als Zeichen für die seinshafte Einung 96 zu "208 - Auferstehung des Fleisches - als Schöpfung einer neuen körperlichen Identität und Wahrung der Kontinuität - durch die Geistseele 510; 512 - im sphärischen Weltbild unmöglich 521 zu "273

- Auferstehung der Toten - im sphärischen Weltbild unmöglich 521 zu "272 Auge - offene Augen des toten Christus am Kreuz 358-362; 365 Aussagen - antithetische Aussagen 68 "105; 217; 238; 302; 308; vgl. 227 - christologische Aussagen der Bibel 160f.; 166 "75 - zwei Klassen: —»Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen - drei Klassen (nach Kyrills Interpretation der Union von 433) 14f.; 35 "185; 36 zu *186; 162f., bes. »48; 215f.; 220f.; 235; 305f. - unvermittelt Aussage über zwei und drei Klassen zugleich 304f. —»Subjekt: Subjekt der Aussagen; Subjekt der Prädikation Aussagenlogik 64-68; 7 6 * 1 3 5 ; 78; 83 "156; 301; 302; vgl. 315 Axiomatik - christologische A. 105; 198 mit "6-7; 204 - der Gegner von Chalkedon 118; 123 "41; 124f.; vgl. 169 "1; 171 "10 - im Blick auf das anthropologische Paradigma - Johannes Grammatikos 118-123 - Leontios von Byzanz 123-144, bes. 123-130; 180 "-48; 202 "29 - in der Entwicklung von Maximos 187; 196; 197 Axiom (Axiome) - für das Verständnis Chalkedons 76f. - der Gegner 86; 118 - neuplatonisches Axiom der unvermischten Einigung 109 mit "28 - anthropologisches Axiom „Das Ganze ist vollkommener als seine Teile" 154 - Axiom „Die Natur kann nur in der Weise des Selbstandes existieren" 132f.; 147; 148f.; 169 "1 - „jede Hypostase wird entsprechend ihrer Natur erkannt" 326 —»ούσία:  ούσία  ανυπόστατος;  φύσις:  οΰκ  εστίν  φύσις  ανυπόστατος  ­  Axiom  der  unvermischten  (—>)  Ei­ nung  152;  154f.;  169;  178  "40;  179;  188;  201  "23 

Sachregister —»Ammonios-Axiom, sog.; Neuplatonismus - Z u s a m m e n h a n g von Usie u n d Energie als Axiom 233; 235f.; 242 zu *147; vgl. 161 A x u m 519; 541 - Abstand von Assuan u n d A x u m 542 - Adulitana secunda, Inschrift eines heidnischen Königs v. A x u m 538f. - Ist Kosmas Indikopleustes in A x u m gewesen? 541 *501 - Kriege im H i m y a r 526f. - Titulatur axumitischer Könige 526; 538 Babylon - Kosmologie in Babylon 501 - Erfindung „der barbarischen Sphaira" in Babylon 513 - von Babylon nach Ägypten 521 - Rezeption des biblischen Weltbilds in Babylon 512f. - in Dekadenztheorie von CT ΧΠ 521f. Barbarien 537 *446; 538 *460-461; 541 Barbarische Sphaira 513; 521 Barock - afrikanischer Barock (tumor) als Redestil 4 7 2 ^ 7 5 ; 477 Bawit - Fresken v. Bawit 343; 352 Begerawie bei Schendi am Nil 540 Begriffe - präzise Begriffe 75 - Prämissen und Begriffe 41f.; 58 *79 - vs. religiöse A n s c h a u u n g 316 —»Definition Bekehrung - Homilie über Bekehrung u n d tätige Nächstenliebe im Stil der Diatribe 400-404 Bekenntnisformel - vs. Ideologie 124; 126 - Kurzformel vs. theologische Argumente 422f. - Insuffizienz des Symbolon 423 —»Formel Bewegung - Energie u n d Bewegung 163 *56 - Aristoteles zu Bewegung u. Zeit 510f. Bibel - Alter der Bibel

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- Traktat über die Bezeugung ihres Alters 520-522 - Genesis als Grundlage aller uralten paganen Uberlieferung 521 - Plagiattheorie 522*280 - Bibel in Augustins Auffassung der Predigt 472; 480f.; 481f.; 485f.; 489 *48; 494f. - Biblische Botschaft als „res" der Predigt 492; 494 - Schönheit der biblischen Darstellung göttlicher Weisheit 495 - Verstehen der Bibel 483f.; 487f. - Zeugnis der Confessiones 478f. - Bibel in Cyprians A u f f a s s u n g der V e r k ü n d i g u n g 473 »12; 477; vgl. 474; 475 zu *V7 - Bibel des Niketas 336 "-8 - Bibel u. (-») Väter 300f.; 314; 322 - Wortlaut vs. Bedeutung 87; 408 - Schulbuch als „Einleitung in die biblische Theologie" 277 —»Exegese; Heuristik; Weltbild: biblisches Weltbild Bilderfeindlichkeit - der frühen Kirche 344f. Bilderverbot - alttestamentliches Bilderverbot 344; 413 *82 Bilderverehrer - christologische A r g u m e n t e der B. 339; 342 Borysthenes - Klima v. Borysthenes 542 Brahmanen 537 Brief - u. Stil der Diatribe 381; 385; 387 mit "19; 391 Buchstabenschrift - geoffenbart an Moses auf dem Sinai 522 Bundeslade - Typologie der Bundeslade aufgreifendes K o s m o g r a m m 524f. Bundeszelt - am Typos des Bundeszelts orientierte Kosmographie 532; 533; 534 mit *411 - von kosmischer Symbolik zur Kosmographie 532f. - Exegese des Hebr. 556 —»Weltbild

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Register

- Einrichtung des Bundeszelts als Urbzw. Abbild des Kosmos 514 - im Blick auf die Geographie 536f.; 544 - im Blick auf Astronomie 545; 546f. - im Blick auf Jahreszeiten 546 - Kosmogramm: ursprüngliche, der Typologie des Bundeszelts, nicht der - Bundeslade gemäße Gestalt des Kosmos 524f. —•Priesterschrift Byzanz - die byzantinische Kultur als Syndrom v. drei Traditionen 333f. Cadiz 537 Cassiciacum 479; 489 Ceylon 499; 519; 540 —»Selediba, Sielediba, Taprobane Chaldäer 500;521f. Chaldaica 5 2 1 * 2 7 9 - zehn Herrscher vor der Sintflut 544 ""535 Chalkedon, Konzil (451) 334; 515 - „zurecht einberufen" 280 - als Rezeption der Christologie Kyrills bzw. der beiden „synodalen Briefe" Kyrills 1 zu *2; 7-10; 11; 12f.; 24; 35; 39 *9; 214 *29; 264; 270; 280; vgl. 208f.

-

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-

- Chalkedon und die Anathematismen Kyrills 209 *12; 263; 268f.; 280 - im Blick auf eine authentische Interpretation Chalkedons 281f.; 317-319 - Chalkedon bzw. Leo habe die Anathematismen Kyrills bestätigt 317 als Rezeption der Union von 433 7; 34; 306; -^Union (433) als dialektische Aussage 43-^15; 5 5 57; 77; 230 *84; 293; 301; 315f. zur chalkedonischen Unterscheidung von Natur und Hypostase 48; 77; 264f. in Chalkedon Ungesagtes 219; 220; vgl. 248 —»Hypostase: Hypostase vs. Natur Chalkedon korrigiert nicht durch die zwei Naturen, sondern durch die - hypostatische Union der 87 *169; zu *173; vgl. 249

beiden

- Interpretation in systematischer Absicht 76f. - Suffizienz v. Chalkedon gegen Nestorius 269f. - unter Voraussetzung der Anathematismen Kyrills (Justinian) 317; 318f. - Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon 1-36; 208 *4; 216; 255; 264; 280; 306 - Leos Anteil an der Definitio fidei 218f. mit *40; 255 - Rezeption v. Ch. 37-102 - sog. antiochenische Rezeption 3 *11; 35 "185; 37 *1; 207f. mit *2 und 4: 285 - Henotikon: Offen für eine Rezeption v. Chalkedon und Kyrills - Anathematismen zugleich 262266 - Kyrillische Rezeption 34 *180; 3 4 36; 37 *1; 214ff., bes. 217; 266 - Neu-Kyrillische Interpretation 37 *1; 40 *11; 213 *29 - als unterschiedliche Rezeption von Kyrill 39f. - „Kyrills Sieg in Chalkedon" 299-309 - Leoninische Rezeption 34-36; 37 *1; 214ff., bes. 218f.; 266; 285 - Korrektur an Leoninischer Rezeption 301 - Nestorianismus-Verdacht gegen Chalkedoniker 268; 272f.; 299 —»Nestorianismus - neuchalkedonische Rezeption 3*11 - als Kyrillische Interpretation 220f.; 255 - Anliegen der Monenergeten 248; 249 —»Hypostase: christologisch: inhaltliche Füllung als Problem; Neuchalkedonismus - Apologie Chalkedons im Ausgang vom anthropologischen (—>) Paradigma 117; 123f. - Bekenntnisformel vs. „Ideologie" 124 - „Chalkedon-Fest" 259f.

Sachregister - chalkedonische „unvermischte Einung" gilt für Natur und Energie 161 - als Rezeption des anthropologischen (-») Paradigmas 103-108 , bes. 103; 104 *5;  107t.; 200 zu *14 - theopaschitische Formel als authentische Interpretation v. Chalkedon 268-275 Chalkedoniker - als Aphthartodoketen 222; 328f. Chalkedonismus - strenger Ch., dogmenhistorischer Begriff 1-36 partim, bes. 3; 5; 6; 35; 207t.; 285 - zu Hypatios v. Ephesos 283 - zu Leontios v. Byzanz 105 - vs. Neuchalkedonismus 37 *1; 41 *20; 207f.; 213; 255 Chasö 538 China 519; 537 - China, die Grenze der bekannten Welt 544 Christentum - Ausbreitung des Christentums u. Römisches Reich 503 Christologie - antiochenische Ch. 3 "13; 5; 58 *79 - Wahrung der (—») Transzendenz Gottes 116 - Einheit als Beziehung von Liebenden 115 - Kyrillische (alexandrinische) Ch. 3 *13; 17f.; 41 *17; 62f.; 132; 155f.; 160f.; 167 *80; 170; 178; 213; 255; 267 - Hauptformel 211; 213 *29; 215; 253; 271; vgl.  167*79; 280 mit 282; —»Natur: Kyrills Formel - vs. symmetrisches (—>) Christusbild 51; 156 - als Vermittlung 178f. - vs. Leoninische Ch. 63 *97; 255 - Ubereinkunft beider Christologien im Sinn der Monenergeten 227*77; ^Chalkedon; Logoshegemonie - Christologie von oben 4; 36; 165 - origenistische Nus-Christologie 311; 320; 322f. - Christologie der Verklärung 343f. - westliche Christologie 3 "13; 310

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—»Chalkedon, Konzil (451) Christus - „Christus" als der gemeinsame Name (κοινός  δνομα)  305  ­  als rein hypostatische  Synthesis  53  ­  vs.  Logos,  —»Subjekt  der  christologi­ schen  Aussagen  Christusbild  ­  vs. Christologie  im 6. Jh.  333­366  ­  Fragestellung  337­339;  342  ­  christologische  Formel  vs.  Christus­ bild  41  ­  symmetrisches  Christusbild  4;  48;  49f.; 54 *60; 218;  337  ­  vs. Kyrillische  Christologie  51  ­  in Kyrillischer  Christologie  219  *42  ­  vs. Betonung  des Logos  88  ­  und  Neuchalkedoniker  214f.;  216f.;  219  ­  Betonung  der Vergöttlichung im Christusbild 94-97 Codex Encyclius 38 *4; 44 Definitionen - in der Rezeption v. Chalkedon 37102, bes. 42; 124 »41 - Usie und Definition 177 *37; 368 *6  - Zugang über die Energien 369f. Dekadenz - Ursprache und Dekadenz der Sprachentwicklung nach Eunomios 431 *68; 432; 446; 460f. Dekadenz theorie - im Hellenismus entwickelte Dekadenztheorien 334 *4 - Begründung des sphärischen Weltbilds mit Dekadenztheorie 521f. Denken —»Sprache und Denken Denkmodell - Paradigma oder D. 43; 58*79; 60 mit *88 - Substanz vs. Akzidenz als D. 66 *102 —»Paradigma Dialektik - in Piatons Spätwerken 110f.; 199 - in Topik als inventiver Methode 422*7 Dialexis - populärphilosophische Dialexis und der Stil der Diatribe 389f.

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Register

- Schulvortrag und Stil der Diatribe 381; 383; 391 Dialog - u. Stil der Diatribe 385 —•Diatribe: dialogischer Charakter Diaphragma 537 mit »438-440 Diatribe - als rednerische Darstellungsmethode oder Stil 381-419, bes. 382-393 - Definition v. P. Wendland 385; 392; 403; 404; 414 - Definition bei Ps.Hermogenes 388f. - deskriptive Definition 391-393; vgl. 383f. - Ableitung aus der Dialexis 389f. - Ableitung aus der Thesis 390f. - dialogischer Charakter 385-387; 392; 399f.; 401; 403-406; 408-410; 412^14 - Dramatisierung 414-418 - Makro-vs. Mikrostruktur 385; 387; 390; 392; 405; 410; 414f. - Sprach- u. Stilniveau: „Idee" der Schlichtheit 385; 390; 392; 406 - rhetorisch „kunstlose Argumentation" 411f.; 414 - christliche Diatribe gegen „die Welt" 473 Differenz: —»Identität und D.,  διαφορά  Diphysitismus  ­  strenger  Diphysitismus  vs.  Neuchal­ kedonismus  105; 123f.; 126 »57  —•Natur:  Zwei­Naturen­Lehre  Dogma  ­  dogmatische  Entwicklung  87  ­  Formel/Wortlaut  vs.  Bedeutung  87;  125 »50­51; 126 »57; 293  ­  im  Blick  auf  Union  mit  Monophy­ siten  157; 278­284  —•Formel vs.  Axiom  Dogmengeschichte  ­  dogmatische  vs.  historische Begründung 208 Doketismus - der Aphthartodoketen 327f. Drei-Kapitel-Streit 208; 211; 277; 285f.; 298; 299; 309-319; 509 Dyophysitismus —•Diphysitismus; Natur: ZweiNaturen-Lehre Dyotheletismus 167 »80; 337 »11

Edessa - „Schule der Perser" 277; 500 Eidos - das eidetisch Allgemeine in Anthropologie und Christologie 122f.; 123f.; 128; 150 »46; 180-184; 202f. - als Problem für das anthropologische Paradigma 155; 194; 202 - Unterschied zwischen Christologie und Anthropologie 180f.; 206; 221 - Vermittlung mit der Theorie gestufter Subsistenz bzw. mit dem Begriff „enhypostatische Natur" (relativer vs. absoluter Einzelfall) 133-135; 138; 177 »36; 180-184 - naturhaft-eidetische Relationen von Seele und Körper 129; 183 - Eidos und Vollendung des Kosmos 182f.; 203 - Theorie des „neueren Eidos" 152f. - Allgemeines vs. Individuelles/Besonderes in neuplatonischen Aristoteleskommentaren 135 Eigenheit - Energie und Eigenheit 159f. - hypostatische Eigenheiten 84f. - naturhafte vs. personale Eigenheiten 92f. - individuelle Idiomata 47f.; 62 —»Idioma; Natur Einfachheit - das Absolute bzw. die Trinität als das schlechthin Einfache 441; 442; 451^53 - das in der Intuition des Nus erfasste Einfache 446-448 mit »143 Einhorn 519 Einung (bzw. Einigung) - Weise(n) der Einung 55; 67; 125f.; 135f.; 141 - höchste Weise 75 »1; 77; 85f.; 120 - monophysitisch als höchste Form der Umgestaltung 240 - enhypostatische Einung 50; 62; 72 zu »121-122; 74 »129; 120 - hypostatische Einung: —»Hypostatische Union - naturhafte Einung 58; 60 - seinshafte vs. relationale Einung 125 »50; 125f.; vgl. 171 »10 - seinshafte vs. Wirk- oder Willenseinheit 136

Sachregister - untrennbare Einung 75; 78; 198; 238f. —•Natur: Untrennbarkeit;  αδιαίρετος  είΛυσις  ­„unvermischte  Einung"  78;  117;  136­ 138;  152;  154f.;  177 MO;  179;  195 »135;  198f.  —»Natur: Wahrung  beider  Naturen  ­  als höchste bzw. höchst mögliche Einung 75 »1; 77; 85f.; 204f. - dialektisch (tantum-quantumGesetz) 178 »40; 179 »44; 185 '88; 201 *23; 202 »26; 205 »52 - Ansatz in der platonischen Tradition 60; 110 - neuplatonisches Kernwort 103; 106f.; 108-116; 198; vgl. 136 —»Ammonios- Axiom - anthropologisch vs. christologisch 122f. - Konstitution des Menschen als Paradigma 128 - (Axiom) für Natur und Energie 161; 233; 235f.; 242 zu »147 - nestorianisch 130 - untrennbare Unterscheidung 110 —»Axiom; Natur: Wahrung beider Naturen; άσύγχυτο?  evams  Eisen  ­ glühendes Eisen als christologisches Paradigma 95 »198; 97-102; 188; 246; —•Feuer Eklipsen - Berechnung auch im biblischen Weltbild möglich 523 - Erklärung im biblischen Weltbild 547f. - von Engeln herbeigeführt 550 *611 —»Mondfinsternis; Sonnenfinsternis Ekthesis —»Sergios, Patriarch v. Konstantinopel (CPG 7607) Ekphrase - Ekphrasen v. Bildern sakraler Kunst 338f.; 347 »45; 362-366 Elefant - zwei Arten afrikanischer Kriegselefanten 538 Element - Aufbau des Kosmos aus vier Elementen als Paradigma einer hypostatischen Einung 57f.; 82

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- Mischung aus vier Elementen 117 »4; 135 - Mischung der Elemente im Bereich des Himmels 552f. - Schwere und „Leichte" der vier Elemente 535 Empfängnis im Schoß Mariens - Einung seit Empfängnis 19 zu »101102; 27 zu »144; 33 zu »177; 49; 82 »156; 90f. zu »183-185; 93f.; 97; 343 mit »33; 355 - Einung seit Formung  (δι,άπλασι.?)  des  Embryos  515f.  ­  Sarx  Christi  im  Moment  der  Einung  geschaffen  30 »160;  31 »162;  225;  303; vgl.  315  ­  „Gott  u.  Mensch  zugleich"  bzw.  „Logos  u.  Sarx  zugleich"  (—>αμα)  31 *162; 74 zu  »128; 82 zu  »156  ­  Paradigma:  Feuer  im glühenden Eisen 98 - Bedeutung der Gottesmutterschaft 56 »76 - und Sündenfreiheit Christi 222f.; 226 —•Präexistenz: Ausschluss einer P. vor der Einung  (ττροδιάπλασι,ς)  Energie  ­  Energien  Christi  154f.; 235f.  ­  dreifacher  Begriff  der  Energie  im  Wirken  Christi  im  Ausgang  vom  ­  anthropologischen  Paradigma  163; 234; 242; vgl.  246  ­  Energie  vs.  Energien  228f.;  234;  241; 251; vgl. 227; 235f.  ­  gott­  und menschgemäße Energien (weder eine, noch zwei) 166f. - Energie Gottes nach Eunomios: der Akt seines Willens 427 »32; 434f.; 460; vgl. 438; 449 - Energie (Energien) der Hypostase 162-165; 234f.; 238 ; 240-243; 245f. (Anastasios I. von Antiochien); 230f. (Anthimos v. Trapezunt); 231f. (Ephram v. Amid); 296 ; 308; 326f. gustinian); 169; 189; 192f.; 194 (Gegner von Maximos); 161f. (Sophronios); 158-161; 200 »16 ; 252-255 (Theodor v. Pharan/Raithu); —»Paradigma: anthropologisches Paradigma - die eine Energie Christi 229; 241 - die eine (neue) Energie Christi 164 zu »62; 194; 201

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Register

- die eine (bzw. eine gewisse neue) gottmenschliche Energie Christi 160; 162 - die eine gottmenschliche vs. die eine göttliche Energie Christi 294f. die eine gottgemäße Energie 230f.; 295 die eine hypostatische Energie Christi 191f.; 192f.; 200; 206; 226-232 die verschiedenen Energien der einen Hypostase 308f. - Theorie (Begriff) einer hypostatischen Energie 220; 252f.; 326f. - Bestreitung 247f.; 251 —»zwei (naturhafte) Energien und eine (hypostatische) Energie zugleich; ferner —»ενέργεια υποστατική Energie des Logos vs. seinshafte Mischung (Einung) mit Sarx 223-225 Natur aus Energie erkannt 161

- anders Gregor v. Nyssa? 434 "75 - Energie und Usie bzw. Natur 165 *73a; 167 *80; 190 - semantische Begründung der Relation 367f. mit *3; 369-371; 373 - eine Ontologie des Wirkens als Begründung der Erkenntnistheorie 369 - Eunomios' zweite theologische Methode 425-427 - axiologische Korrelation zwischen Usie und Energie 426 *30; 433 *73; 436f.; vgl. 449 - keine ontologische Korrelation 4 2 6 * 3 0 ; 4 2 7 * 3 2 ; 433-435; 436 mit *90; 463 - wie in der paganen Tradition 433f. - Vergleich mit Gregor v. Nyssa 434 »75; vgl. 438 - Vereinfachung in der Wiedergabe von Severian v. Gabala 463f. —»Axiome: Zusammenhang von Usie und Energie - naturhafte Energie der Sarx als  πάθος·  244f.  *155  ­  zwei  naturhafte  Energien  246f.  ­  naturhafte  Energien  vs.  naturhafte  Energie  251  ­  als  naturhafte  Potenz  163  *56;  177  "37;  191  "­116; 201  *22;  234;  236;  245  mit  *162 

­  Potenz  zum  Handeln  vs.  (—>)  Re­ sultat  228f.  ­  Wirken  der  Seele  und  ihres  Organon  sowie  das  (vgl.)  Resultat  163;  vgl.  227  ­  Zwei  Energien  Christi  ­  zwei  (naturhafte)  Energien  und  ei­ ne  (hypostatische)  Energie  zugleich  232;  243f.;  247;  249;  251;  vgl.  241  ­  Implikation:  zwei  sich  widerstrei­ tende  Willen  (zwei  Subjekte)  166  *75;  167;  vgl.  244  Engel  ­  als  Beweger  der  Gestirne  514;  546f.  mit  *571;  550f.  ­  zugleich  mit  (—>)  „Himmel  u.  Erde"  geschaffen  503;  535  *426;  550  ­  kosmische  Funktion  (Dienst)  der  Engel  504;  514;  550;  551  zu  *631­638  ­  Ort  der  Engel  im  Kosmos  510;  514;  524;  550  zu  *611;  551  *621­626  ­ überkosmische, ortlose Existenz der Engel 510; 551 zu *620 enhypostasieren lOlf. zu *235 Enhypostasie-Theorie bzw. -Begriff 5 2 * 5 4 ; 71-75; 8 6 * 1 6 5 ; 90f.; 113*66; 118*10; 131f., bes. *93; 133 zu * 1 0 6 108; 186*90; 2 1 0 * 1 3 ; 217; 219; 220f.; 222f.; 2 2 4 * 5 2 ; 225; 228; 251; 252; 255; 286; 303f.; 315f.; 326 - Loofs'sche E. 71 zu *119; 79f.; 131 "93 - Enhypostasie als Vorgang („enhypostasieren") lOlf. zu *235 —»Existenz „in Deo Verbo"; InExistenz; Präexistenz: Ausschluss einer P. vor der Einung  (προδί­άπλασις)  enhyposta tisch  ­  Definition  66  *102;  78­82  ­  enhypostatisch  vs.  Hypostase  78f.;  81;  118;  147­149  ­  Usie  als  enhypostatische  Wirklichkeit  66  *102;  71;  78  *144;  118  ­  das  Enhypostatische  als  Anzeige  der  Usie  8 1 * 1 5 5  ­  enhypostatische  Natur  97  ­  individuelle  Natur  Christi  515f.  ­  enhypostatische  (—>) Existenzweise  71  ­  Seele  und Körper als zwei enhypostatische Naturen 129 - Christologisch: zwei enhypostatische Naturen in einer Hypostase 147f.; 149 —•Einung: enhypostatische Einung

Sachregister Enkomion - vs. Psogos 403 Enthymem 50 "-45; 61f.; 386; 405; 464 Ephesos, (1) Konzil (431) 7*42; 10; 56 V6; 334; 354f. - Chalkedon als Revision von Ephesos 38; 44 - Chalkedon als Umwertung von Ephesos 43f. - Rezeption in Chalkedon (451) 7f.; 10f.; 38f. - Rezeption bei Leo 36 - Kyrills Florileg in den Akten 9f. *55-56; 22; 32 - Rezeption von Kyrill in Ephesos 38f. mit *5-7; 39 mit *1; - zu Kyrills Anathematismen 210; 263; 291; 317 —»auch Chalkedon, Konzil (451); Union (433) - in Justinians Begründung der Drei Kapitel 312 - (2) Konzil (449), sog. Räubersynode 10 *57; 38; 280; 318 Epikureismus - epikureische Kritikk an stoischer Sprachphilosophie 423 *12 Epizykeltheorie 509f.; 554 Epochenschwelle - Augustins Auffassung der Predigt als Ankündigung einer Epochenschwelle 496 *57 - Justinianische Ära als E. 334f.; 343; 366 Erde - jenseitige Erde 520 *263; 534f. - u. das Paradies 543-545 - Mauern des Alls 544 zu *539 - im Norden bzw. Nordwesten erhöhte Erde 523; 547 *575; 548f.; 555 - u. Ekliptik 548; vgl. 549 *591-593 - zur Erklärung der (—>) Mondfinsternis u. der Nacht 547 —»Geographie; „Himmel u. Erde" Erlösungstheorie, sog. physische oder mystische E. 31 -'162; 63 »97; 85 *163; 94; 217 mit *37; 226; 251 zu 191; 255 Eschatologie 503; 506 - Ende der Welt als Umwandlung zum Besseren 510; 511

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- Neuschöpfung im Eschaton 511; vgl. 510 - u. Protologie - im Ausgang von E. die Protologie bedenken 502 - Rezeption von Origenes' Proto- u. Eschatologie 319; 324f. - eschatologischer Vorbehalt 333f. —»Katastase Ethik - Gesinnungs- vs. Verantwortungsethik 473 mit *15 - Homilien zur christlichen Ethik im Stil der Diatribe 396^06 Etymologie 367 *3; 370f. - als „Bereitung des Wortes" 372 - Methoden 373-376 - Methode des Orion v. Theben 463 *36 Eunomianer 412; 458 —»Jungarianer; Neuarianismus Europa - Krieg von Atlantis „gegen Europa u. Asien" 544*535 Eutychianer 41; 76; 77; 87 *169 - Nestorianismus vs. Eutychianismus 125 Exegese - von Antiochien bis zur Schule von Nisibis 277; 497 *1; vgl. 532 - charismatische Exegese (und Verkündigung) vs. Regeln (Augustinus) 481f.; 484; 487-489 —»Arianen anti-arianische Exegese Existenz - der individuellen Sarx Christi „in Deo Verbo" bzw. im Logos 23f.; 50 zu *46; 62; 71; 74 zu *128-129; 84 *160; 90f. zu *183-185; 97; 222; 239; 286; 303; 326; 343 "33 - „in der einen Person der Naturen des Logos und des Fleisches" 273 - des Enhypostatischen in der Hypostase 81 - gemeinsame Existenz der Naturen 82f. - Existenz „an und für sich" 62; vgl. 239 - in der Weise des Selbstands 69 Existenzweise 63; 66; 69; 70 - enhypostatische Existenzweise 71

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Register

- nachadamitischer Existenzmodus vs. Natur 172; 175 Fall(gesetz) —•Freier Fall Fazoqli am Blauen Nil 538; 540f. Feuer - der Gottheit (als Energie) in Mischung mitSarx 232; 239f. —>Eisen; Paradigma Firmament - Abkühlungstheorie 497*1; 553 - Ewigkeit des Firmaments wider Ewigkeit des sphärischen Kosmos 503 - Schriftargumente 555 - durch Firmament (zweiter Himmel) geschiedener unvergänglicher Raum (erster Himmel) vs. vergänglicher Raum unter Firmament (Kosmos als zweistöckiges Gebäude) 532f.; 534 - Mischung der Elemente (Substanz des Firmaments) 552f. - Ort der Engel in erster Katastase unter dem Firmament 514; 550 - Zusammenhang mit Ort der Gestirne 550*610-611 - Unterseite des Firmaments bei Kosmas (außer in VIII; ΧΠ) als flache Decke, - nicht als Gewölbe wie allgemein in der Tradition Antiochiens 513; 524 *314; 534; 555 - nach unten und oben flach 524 zu *314 - im ursprünglichen Kosmogramm in der Mitte eingezeichnet 524f. mit "316 - Erklärung der Nacht 549 zu *588-589 - im sphärischen Weltbild die äußerste Sphäre 535 —•Gen. 1,7 Fixsterne - äußerste Sphäre: entweder jene der Fixsterne oder eine neunte sternlose Sphäre 535 - ungleicher Abstand zur Erde (CT) 550 *611; 553f. Florenz —»Rabulas-Kodex Formel

- vs. Axiome 125 mit *50-51 - Vorrang der Sache vor der Formel 214 *29 - zugleich mono- und dyophysitischer Formeln 165; 209; 211; 253; 282 —•Bekenntnisformel; Dogma; Formula Hormisdae Formula Hormisdae 260-262; 266-268; 275; 292 Freier Fall - Proportion v. Geschwindigkeit u. Dichte des Mediums 497 *1 - Abhängigkeit beider Größen 535 zu *430 - Zeitlosigkeit des freien Falls im absoluten Vakuum 535 zu *431f. - Joh. Philoponos' neues Fallgesetz? 536 *434 Freiheit - naturhafte Freiheit des Menschen 96 - Indifferenz als höchste Freiheit 170*6 - Freiheit Christi 156 *101; 169f.; 170178; 183f.; 251 (^Freiwilligkeit) - als Freiheit des Logos 162 - vs. Notwendigkeit, Zwang 170 *8; 182; 203f. —»Wahlfreiheit Freiwilligkeit - im Wirken Christi (Wirken als freie Tat) 162; 169; 172 *17a *19; 183f.; 192f.; 237; 251 —»Kenose; Passion; εκούσιο? Für-sich-selbst-Sein —•„an und für sich"; Hypostase: Fürsich-selbst-Sein der Hypostase; - Hypostase als Subsistenz Gadeira 537 Gaianiten 291f.; 329 Ganze, das G. 126 zu *54 - Seele und Körper als Teile in der Hypostase des Ganzen 128 - Verhältnis von Ganzem und Teil 113; 153; 194f.; 248f.; 250 *181 - das Ganze ist vollkommener als seine Teile (als Prämisse) 154 - im Blick auf die eine Energie Christi 194; 242; 248; 251 —•Synthese Gaza - Kommission in Gaza (540) 299; 310

Sachregister  ­  Sergioskirche  356; 358 zu  *84  Gedankending  73; 430; 443f.  Gegenerde  544  Gegensatz  ­  Seele  und Körper als Gegensatz 110 Geist, Heiliger Geist - und Sündenfreiheit Christi 96 Gemeinsames - Gott und Mensch in Christus Gemeinsames 15f.; 36 zu *187 - das der Gottheit bzw. der Menschheit Gemeinsame 47 - „Christus" als der gemeinsame Name (kolvov  ονομα)  305  ­  im  Sinn  der  antiochenischen  (—>)  Union  bzw.  des  (—•) Tomus  Leonis  85; 305  —•κοιροποιεΐι;  ώς  έφ'  ενός  προσώπου  ­  das  Gemeinsame  vs.  Einzelsubstanz  48f. mit  *40  —>koliw  (vs.  lSlov)  Gemeinsamkeit  ­  Wirken  in  G.  14  ­  zusammengesetzte  Gemeinsamkeit  53  —•κοινωνία,  communio  Gemeinschaft  der  fundamentalen  Ge­ gensätze 60 Geographie - anonyme Geographie des 7. Jh.s in Armenisch 498 - biblische Geographie - Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild als Programm 497 *i - Wahrung der Phänomene in Bezug auf die Oikumene (bewohnte Erde) 536-543 - nach der Typologie des Schaubrottisches 536; 540 - Relation von Länge u. Breite: zwei zu eins 536f.; 549 zu *598601 - am Ozean gelegene Südgrenze 537f. - von Gott am Sinai dem Moses geoffenbarte G. 503 - Karte des (—») Ephoros 526 - pagane (antike) Geographie - moderne vs. alte (ionische) Geographen 505; 537; vgl. 548 zu *586; 549 zu *601

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- nämlich sphärische vs. ionische Geographie 536f. - Klima in sphärischer Geographie 542f. - Werk zur Geographie u.a. zur Größe der Sonne 506; vgl. 517; 531 - Zusammenhang mit (—>) Astronomie: Ekliptik - schiefe Lage der bewohnten Erde im Kosmos 547; 548; 549 zu *591593 - „unwahrnehmbar tiefe Lage" der Erde als Höhe im Kosmos 549 —•Erde: jenseitige Erde; Terra incognita Geometrie - Diagnosis, ein Kompendium sphärischer Geometrie 542f. Geozentrik, —»Weltbild Geschichte - als Wissenschaft (Kritik der historischen Vernunft) 335 mit *6 Geschichtlichkeit des Verstehens 108 mit *26 Gestirne - wider Beseelung der Gestirne 509f.; 554 - Engel als Beweger der Gestirne 514; 546f. mit *571; 550f. - Kreisbewegung der Gestirne 546 *570 - der Sonne (vs. geradlinige Bewegung) 555 - Substanz der Gestirne: Mischung der Elemente 553 —•Leuchter: siebenarmiger Gethsemani (Gethsemane) 30; 167f. mit *86; 170*6; 171*14; 174f.; 196; 231 *90; 244f.; 249; 251f.; vgl. 237; 251 zu *189 Glaube - in aristotelischer Topik 453 - Homilie über Glaube und Werke 397-400 - vs. rational-diskursive (—») Neugierde als unendliches Fragen 453f. - G. ermöglicht echte Wahrheitssuche (Augustinus) 487 Gleiches - Gleiches wird durch Gleiches erkannt 109f. mit ""33-34

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Register

Gnomon - Instrument für Messung des Sonnenschattens 5 4 1 * 5 0 1 ; 543 Gnosis - seinshafte Gnosis im Origenismus 311 Gott - Bedeutung des Namworts „Gott" nach Eunomios 430f.; vgl. 432  *69  - Namwort „Gott" aus Energie abgeleitet 371 "28; 372 - Gott, „das Wesen, das jede Sprache überschreitet" 466 Gottbewegt(heit) 167; 170; 193; 195; 244 —»Logoshegemonie;  θεοκίνητος·  gottmenschlich  —»Energie;  ενεργεία  θεανδρική;  θεαν­ δρικός  Gottesmutter  56  *76;  59  "­86; 77  zu  *138;  77  ­  bildliche  Darstellung  354­358  Guardafui,  Kap  540f.  Hadesfahrt  3 6 0 * 9 0  ­  H.  des  Logos  vs.  Η.  der  Seele  Christi  366  m i  —Höllenfahrt Harmasiten 158  *10; 379 *72 Hebräische Schrift - als am Sinai geoffenbarte, älteste Schrift 522 Heilsgeschichte - Taufe Christi als der entscheidende Einschnitt in der H. 276f. —»Katastase Heimat - Heimkehr zur ursprünglichen Heimat 479; 488f. mit *47 - Wissen um diese Heimat 484f. mit "39 —•patria Henotikon 32; 34; 38 *4; 212; 260; 2 6 2 266; 271f.; 291-293; 301; 306; 308; 316; 370 *19 - als Kenotikon und Dihairetikon 265 - als Kritik am Tomus Leonis 291 - Formula Hormisdae als „Gegenprogramm zum Henotikon"? 26 Heraklea, Synode (515) 260; 266f.; 268 Herrlichkeit - Christus der Herrlichkeit 265f.

—Prosopon: Prosopon der Herrlichkeit Hermeneutik 87; 467 *2; 496 *57 - biblische Hermeneutik, Heuristik u. Predigt 472; 481-496, bes. 481-489 - charismatische Exegese als Bruch mit antiker Hermeneutik 488 - H. der Rhetorik 472; 481 - hermeneut. Regeln des Tyconius 485; 489 Heuristik, rhetorische - in Augustins Auffassung der Predigt 472; 4 8 1 ^ 8 7 - H. u. charismatische Exegese: Ende der Kultur der Spätantike 489 - Zusammenhang mit dem Stil christlicher Verkündigung nach Cyprian 474f. Hexaemeron - Exegese des H. entsprechend der dem A T u. N T gemeinsamen Intention 502 - von Gott am Sinai dem Moses geoffenbart 503; 556 "702 Hieroglyphen 522 Himmel - erster u. zweiter Himmel im biblischen Weltbild 503 - Ewigkeit beider begründet aus Kastasenlehre 508f. - erster Himmel - als ewiger Ort der Auferstandenen nur im biblischen Weltbild möglich 521 - erst mit der Parusie Christi zugänglich 532 - als unvergänglicher Raum 532 - am Außenrand der jenseitigen Erde fest mit dieser verbunden 534f.; 543f. - Mauern des Alls 544 zu *539 - zweiter Himmel: —»Firmament - in paganer (geozentrischer) Kosmographie als das Umfassende 502f. - nämlich als die äußerste Sphäre 535 „Himmel u. E r d e " - im biblischen (—>) Weltbild - das Umfassende 502f. - die Grenzen des Kosmos 535

Sachregister - als ein länglich gestreckter, überwölbter Raum (vorgängig zur Teilung durch das Firmament) 534 - bei dem „der erste Himmel" und die Erde auf dem Außenrand der jenseitigen Erde fest miteinander verbunden sind 534f.; 543f. - als Kosmos unbeweglich (an seinem natürlichen Ort) 535; 550 *602 - Mauern des Alls 544 zu *539 - Engel zugleich mit „Himmel u. Erde" geschaffen 503; 5 3 5 * 4 2 6 - Symbole des Kosmos aus „Himmel u. Erde" 533 Himmelfahrt Christi - entzieht sich bildlicher Darstellung 344 - u. Erneuerung der Schöpfung 518 - Ikonographie der Himmelfahrt 352; 354 Himmelsglobus 5 1 7 * 2 2 4 Himyar - Kriege Axums im Himyar 527 Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen, christologische - in Antiochenischer Formel 8; 14f. - Interpretation: Orientalen vs. Neuchalkedoniker 215 - in Bezug auf das Henotikon 263; 301 - bei Kyrill 8f. ; 14f.; 21; 235 - bei Leo 15-17; 36; 218f.; 235; 263 - Interpretation: Orientalen vs. Neuchalkedoniker 215 —•communio: cum alterius communione - Kritik in Chalkedon (451) an Leos Auffassung 13f. - Subjekt der H.- u. N. 18; 28; 35; 160f.; 161-163; 228f.; 263f.; 283; 285; 295; 301; 304-307; 308; 315f. - als antithetische (—>) Aussagen 68 mit *105; 302 —•Subjekt —»Aussagen, christologische A. der Bibel; Nichtwissen Christi; Passion; Wunder Hölle - als Ort der Verdammten 514 Höllenfahrt - als Anastasis 3 3 8 * 1 4 Homilie - Ambrosius' Homilien im Urteil Augustins 478

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- Beifall in der Homilie 413 - Diatribe als Form der Kommunikation oder Stil 381-419 - Homilien zur christlichen Ethik 3 9 6 406 - Homilie u. frühchristliche Predigt 387f. - Homilien gegen Häretiker 4 0 6 ^ 1 4 - Homilie der Synagoge 393f. - tachygraphische Mitschrift 401; 413; 480 —•Predigt homoousios 233 - zweifaches homoousios 38 *4; 45; 56*76 —»Wesen, Wesenseinheit vs. Wesensgleichheit Homoiousianer 424; 426 *30; 427; 429; 457*2 Hunnen - Reich der weißen Hunnen 519 Hyazinth - in einem Tempel in Ceylon 519 Hymnus Ό Moroyei% 288-290 Hypostase - christologisch 1 *2 - inhaltliche Füllung (als Problem ) v. Chalkedons Begriff der H. 194; 200; 210 *13; 248; 253f.; 264; 316; 327; 341f.; vgl. 195; 220; 225; 230; 234f. - Auffüllung des Begriffs nach Kyrill 302-304 —•Chalkedon: in Ch. Ungesagtes - Transformation bei Maximos 1 9 3 196; 205 *55 - Für-sich-selbst-Sein der Hypostase 118f. mit *8; 120; 133 *105; 147 mit *18; 164; 165 *71; 177 mit *35; 225 *66; 249f. - bestritten für Sarx Christi 239 - in Definition der Hypostase 82; 147 *18; 221; 222 *45 - Hypostase als Subjekt an und für sich 67; 6 8 * 1 0 5 ; 70 —•die eine Hypostase als Subsistenz - als absoluter vs. relativer (enhypostatische) Selbstand 132f.; 144; 194 - idiomatische Bestimmung der Hypostase 151f.; 185 - Hypostase vs. Natur bes. 34f.; 37; 37 *1; 43; 44; 56; 68 *105; 77; 147-151; 315f.

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Register

—»Axiom: „Die Natur kann nur in der Weise des Selbstandes existieren" - „jede Hypostase wird entsprechend ihrer Natur erkannt" 326 - Hypostase vs. individuelle Natur 151f. —»KOLMiv vs.  ίδικόν  ­  Hypostase:  „nicht  etwas  anderes  als  die  zwei  Naturen"  176;  179  *43;  193­196;  201f.  ­  nicht  naturhaft  zu  bestimmen  188;  195;  206  ­  Hypostase:  anzeigbar,  doch  nicht  definierbar  177f.  (vgl.  176);  178  *38;  195;  201;  205  *55  ­  Energie  als  Anzeige  der  (—>)  hy­ postatischen  Union  232;  vgl.  249  Hypostase  vs.  Usie,  bes.  45;  48;  50;  6 5 ­ 67;  69f.  Hypostase  vs.  Individuelles  54;  62  ­  weiter  vs.  engerer  Sprachgebrauch  (doppelter  Begriff)  69f.;  82  Hypostase  sein  vs.  eine  Hypostase  haben  71;  71  *118;  72  *120;  72f.;  80f.;  vgl.  274  ­  enhypostatisch  vs.  Hypostase  78f.;  129;  177  *35;  191;  201  *20  Hypostase  als  diakritisches  vs.  Hypo­ stase  als  einigendes  Prinzip  133f.;  144;  147  *19;  156  ­  Hypostase  als  Subjekt  einender  und  unterscheidender  Relationen  164  ­  Hypostase:  einend  und  darin  zugleich  diakritisch  201;  204  Einheit  der  Hypostase  4;  9;  l l f . ;  15;  34f.;  57f.  ­  Christus  als  Hypostase  in  Bezug  auf  Vater  und  H.  in  Bezug  auf  uns  130f.;  164  *59  ­  und  Wirken  Christi  161f.;  228f.;  vgl.  234f.  einfache  vs.  zusammengesetzte  Hy­ postase  121­123  die  eine  Hypostase  ­  als  (—»)Resultat  der  Einung  ­  christologisch  55­57;  61f.;  136;  245;  253f.  ­  anthropologisch  55  zu  *67;  57f.;  61;  136  —»Resultat 

­  als  Subjekt  antithetischer  Aussagen  68  *105;  227  *75;  238;  302;  308  ­  als  Subjekt  einer  Synthese  von  Idi­ omata  86  *164;  89;  92f.  ­  als  Subjekt  des  Wirkens  (und  Wol­ lens)  95  *200;  169;  227;  231  ­  als  Subsistenz (für sich selbst sein) 62; 63; 65f.; 78 - formal, nicht inhaltlich definiert 195f.; 206; 249f.; 252 - Unteilbarkeit (incommunicabilitas) 70 —> καθ'  έαυτό  ­  als  wirkende  und  wollende  Sub­ sistenz  157­168;  169;  173f.  ­  Zuordnung  der  (—»)  Energie  zur  Definition  der  Hypostase  159  ­  als übermächtig wirkendes Prinzip 164f. - gemeinsame Hypostase 134; 151; 237 - vs. eigene Hypostase 90-92; 150; 151; 225f. - die eigene Hypostase des Menschen Jesus Christus 91 —»KOLLT)  υπόσταση  ­  zusammengesetzte  Hypostase  ­  anthropologisch  77;  84  *159;  134  ­  christologisch  8 3 * 1 5 7 ;  137;  161  zu  *44;  171  *13;  201;  202;  237;  315f.;  vgl.  248  ­  vs.  anthropologisch  180f.;  202  ­  vs.  einfache  Hypostase  52f.  ­  Hypostase  der  Seele  119  ­  Wahrung  der  Naturen  und  dessen,  was  der  synthetischen  Hypostase  ei­ gen  ist  (statt  Vermischung)  136f.;  144  —•Person  Hypostatische  Union  6  *32;  17f.;  57  ­  als  Intention  Chalkedons  87  *169;  87  zu  *173  ­  als schöpferischer Akt 156; 225 - H.U. und zweifache Individualität 54-75 - hypostatische vs. eidetische/naturhafte Synthesis/Einung 53; 55; 133135; 138 - hypostatische als naturhafte Einung 100 *233 - Aufhebung der Transzendenz in H.U. (nestorianischer Einwand) 146

Sachregister - Vergöttlichung wegen H.U. 94; 223226; 244 —>Gottbewegtheit;  θεοκίνησις  ­  als Begründung des einen Wollens der zwei naturhaften Willen 171f.; 174 - anthropologisch 58f.; 120 —»Paradigma: anthropologisches Paradigma Hypothese - hypothetisches Beweisverfahren 56; 193f.; 206; vgl. 60 - Letztbegründung 196; 206; 453 —>άννπόθ£τον  Idee  ­  Schau  der  Ideen  113  Ideengeschichte  335  Ideenlehre  ­  Chorismos  platonischer  Ideenlehre  u.  die  Trennung  des  Heiligen  und  des  Allerheiligsten  in  kosmischer  Symbo­ lik  533  Identität und Differenz 75 mit *135; 99 "226; 107 *20 - im anthropologisches Paradigma 184f.; 204 - als Eigenheit der höchsten Form der Einigung 120 - prinzipielle Klärung für Christologie 105 Idiom/Idioma - einfache vs. synthetisches Idiom 151 - zusammengesetztes Idiom 224 *55 - Energie/Energema und Idiom 159f.; 252f. - gemeinsame Idiomata 86 *164; 89; 92f. —»-Hypostase: gemeinsame vs. eigene Hypostase - individuelle Idiomata 47f.; 69 *108; 70; 79; 84; 92; 302-304 - und anthropologisches Paradigma 185; 303 - naturhafte Idiomata 251 - Idiomata der Sarx vs. ein umfassenderes Idioma 93f.; 151f. - Tausch der Idiome als Tausch der Naturen 238 —»Eigenheit; Natur: Eigenheit(en) beider Naturen

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Idiomenkommunikation 99; 250 *181; 338; 342 —»Idiom: Tausch; dimSoaLs Idiomensynthese 151f.; 152 zu *66; 224 *55; 338 Idiomentausch 83 *156; 84; 188 Ikone - bildliche Darstellung Christi 338 - Typus des Christus Victor 344f. - Christusbild über der Chalke 349 - Ablehnung unter Berufung auf Christologie der Verklärung 344 —»Christusbild - Darstellung der Gottesmutter 354358 - Darstellung des Göttlichen im Symbol 341f.; 343f. mit 339 *17; 350 - Darstellung der (—») Verklärung im Symbol 353 - als historische Erinnerung 344f. - Ikonen des Pantokrators 338 *14; 366 - Voraussetzung: imperiale Repräsentation 347 - Ikonen des verklärten Christus (Tabor) 338*14 Ikonenverehrung - u. neuchalkedonische Christologie? 338 *14 - als Vollzug verehrender Schau 339 mit "17; 340 mit "19; zu *25; 342; 357 Ikonodulen, die —»Bilderverehrer Ikonographie - I. imperialer Repräsentation 336; 344f.; 346-350; 355; 362 Ikonoklasmus 343 Ikonoklasten - Einwände gegen christologische Argumente der Bilderverehrer 339341 Illyricum 265; 266f. Immanenz - Eutyches: Immanenz des Gott Logos 301 Indien 518; 519 - „inneres Indien" genannt 499; vgl. 519 zu *252 Indischer Ozean - als Binnenmeer 541 Indifferenz - als höchste Freiheit 170 *6

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Register

Individualität - als relative und als absolute Einmaligkeit 177; 201 »21; 203f. - des Menschseins Christi bzw. der hypostatischen Synthese Christi 4850; 51f.; 134; 222 mit *45 - als absolute Einmaligkeit 52; 122; 134 - anthropologisch vs. christologisch 121-123; 180-184 - der inkarnierte Logos in absoluter Einmaligkeit 59  *79; 62-71; 84 *160; 195 - Theorie einer zweifachen Individualität 54-75; 81 —»Zweistufenindividuation Individuation —»Subsistenz: Theorie gestufter Subsistenz und Individuation Individuum 79; 81 - Selbstand der Existenz 69 „In-Existenz der menschlichen Natur in der göttlichen Hypostase" 145 Inkommunikabilität 70; 118 *8 - Geistiges Einzelsein 117 *4; 121; vgl. 127 *58; 133 *105 Inschriften - Nabatäische Inschriften 522*289 —»Monumentum Adulitanum Insubsistieren 71 *118 Isochristen 311;322f. Jerusalem - Alexander d. Gr. in J. 520 —»Tempel v. Jerusalem Juden - Adversus Iudaeos: Uminterpretation des alttestamentlichen Bilderverbots 345; vgl. 413 *82 - Juden u. Häretiker in Homilien Severians v. Gabala 411, vgl. 406 - Juden wider die zweite (—>) Katastase 506 Julianisten 327f. Jungarianer 459 Jungnizänismus 50f.; 121f.; 140; 213 Kaiser - Kaiserbild u. Pantokrator 348; 350 - als himmlischer Retter 355 zu *77 - als Laie ohne auctoritas praedicationis 293 - Wille des Kaisers in der Kirche 297

—»Symphonie Kalender - ägyptischer Kalender 546 - biblische Begründung der drei Zyklen von Tierkreis, Sonne, Mond 513f.; 523 zu *302; 546 - biblische Begründung des Jahreszyklus der 12 Monate 523f.; 546 Kasu 538; 539-541; 542 Katarakte 542 Katastase - Lehre von den beiden Katastasen 276f.; 501; 532 - im Beginn v. Gott geschaffen 505f. - als Begründung - für Gestalt des Kosmos 498; 501; 502; 532; 534 - für Ewigkeit des ersten und zweiten Himmels u. wider Ewigkeit des sphärischen Kosmos 508f. - Schriftargumente 555 - für Ort der Engel (in erster Katastase) 514; vgl. 550 - „Traktat über die zwei Katastasen" (CT V,67-219; 241-244) 503 *77 —»Index der zitierten Quellen —•Heilsgeschichte Kategorienlehre 42; 44; 64f.; 67 Kenia 540 Kenose 14; 30; 30 *158; 31; 34; 169 (Entäußerung); 184 Ketzergenealogie, Modell der K. 158; 169 η Kilikien 43 Klein-Alexandrien (Alexandrette) in Kilikien - Konzil (zwischen 514 u. 518) 38 *5; 43; 43f.; 45 *30; 55 V I Klima - sieben Klimata 541f. - ursprünglicher Begriff 542 - verbunden mit Begriff der fünf Zonen des Parmenides 542 Klimazone - sog. verbrannte oder heiße, unbewohnte K. im Süden 505f. - gemäßigte Zone südlich von der heißen Zone 537 - Kontamination des ursprünglichen Begriffs von Klima mit dem Begriff der fünf Zonen des Parmenides 542

Sachregister Kohle - glühende Kohle als christologisches Paradigma 97*216 Konstantinopel - Apostelkirche, Bildprogramm 363-365 - Konzil (360) 424; 457 - Konzil (381) 43; 210 - K o n z i l (448) 11 *67; 22 113; 41 *17 - Konzil (450) 22f. - Konzil (536) 320 - Konzil (553), Synode gegen Origenismus 324f. - Konzil (553), Ökumen. Synode 2 *7; 229 "-82; 240; 294; 310; 312; 322; 325; 337; 530f. - Konzil (680/681) 226f.; 228 *77; 229 *80 *82; 230 *83; 231 *90; 235 *107; 254; 290; 293; 296; 300; 308f. - Konzil (17.2.687) 367 *2 Kontinent - vier symmetrische Kontinente des Kratos v. Mallos 545 Konzilien —•Antiochien (565); Chalkedon (451); Ephesos (431); ebd.(449); Heraklea (515), - Klein-Aexandrien (zwischen 514 u. 518); Konstantinopel (360); ebd. (381); ebd. - (448); ebd. (450); ebd. (536); ebd. , Synodaler Akt gegen Origenismus (553); ebd., - Ökumen. Synode (553); ebd. (680/681); ebd. (17.2.687); ebd. im Trullo (691), —»Quinisextum; Lateransynode (649); Rom (448); zu Ephesos (431) —»Union (433) Körper - und Seele in platonischer Sicht 109f.; Ulf.; 114 - Körper als Organon 188f. - unter Leitung der Geistseele 167 —»Logoshegemonie - Körper Christi als Organ der göttlichen Natur 160f.; 167; 237; 244f. - nur in gewisser Hinsicht unvollkommene Teile 128 —»Anthropologie; Sarx Kosmogramm der CT - Typologie der Bundeslade aufgreifendes Kosmogramm im Unterschied

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zum ursprünglichen, der Typologie des Bundeszelts gemäßen Kosmogramm 524f. - ein Rest kosmischer Symbolik 533 zu *404 Kosmographie 501 - Projektion des biblischen Kosmos auf flache Ebene 524 - von kosmischer Symbolik zur Kosmographie 532f. —»Weltbild Kosmos - Aufbau aus vier Elementen als Paradigma einer hypostatischen Einung 57f.; 82 - Kosmos der Schule v. Nisibis u. der CT als zweistöckiges Gebäude 532f.; 534 - darum unbeweglich am natürlichen Ort 535; vgl. 550 *602 - bildliche Darstellung des Kosmos 349 - Projektion des biblischen Kosmos auf flache Ebene 524 - Bundeszelt (mit Einrichtung) als Ur- bzw. Abbild der Gestalt des Kosmos 514; 524f.; 532f.; 536f. - Länge u. Breite dieses Kosmos 536 *435; 548 mit *580-581 -»Bundeszelt; Weltbild - Kosmos bei Johannes und Paulus 334 mit *4 - sphärischer Kosmos - nichtzeitliche Entstehung und ewige Dauer nach Aristoteles 510f. —»Weltbild: (1) bibl. vs. geozentrisches Weltbild; (2) Joh. Philoponos' Argumente Kreuz - Bilder des AT für das Kreuz 413 *82 Kreuzigung - Darstellung in der Apostelkirche, Konstantinopel 362-366 - auf Holzkästchen (Sancta Sanctorum, Rom) 343; 358 - in S. Maria Antiqua, Rom 358 - auf der Holztüre von S. Sabina, Rom 358*84 - die offenen Augen des Gekreuzigten als Symbol 359f.; 365

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Register

Kunst - frühchristliche Kunst von Allegorien zum Bild 345 - jüdische Vorbilder frühchristlicher Kunst 336*9 - pagane Vorbilder in frühchristlicher Kunst 336*7 - profane vs. religiöse Kunst im Bilderstreit 341 Kush 538 Kyniker - kynisch-stoische Paradoxa 397 - kynisch-stoische Prediger 381f.; 389 *23; 393 Lateransynode (649) 166*75; 179*42; 228 *77; 235 *107; 246; 252; 254 - zu Kyrills Anathematismen 210f. Latmos - Pantokratorhöhle 352 Leib —•Körper Leidensfähigkeit - der Seele 112-116 Leontioi-Frage 123; 145 - Scholia Leontii 124*45 Lernen - in Augustins (—>) Sprachtheorie 482486 —•Sprache: Sprache lernen Leuchter - siebenarmiger Leuchter im Heiligen - als Symbol der Woche 546 zu *560 - als Typos der Gestirne 545 - der Planeten 546*563 - als Ur- bzw. Abbild der drei den Kalender bestimmenden Zyklen 514; 546 Licht - am ersten Tag der Schöpfung geschaffen 550 - unvermischte Einung von Luft und Licht 114*71 Liturgie - als Vergegenwärtigung von Heilstaten 416 Logik 42; 455; 475 Logos - Christus als Logos u. Nomos in symbolischer Darstellung 346; 350 - Logos am Kreuz 358-362

- Tod Christi als Trennung vom Logos 366 m i - als Ursache der Sündenfreiheit Christi 96 - als Ursache des Wirkens Christi 160f. —»Hypostase als Subjekt des Wirkens; Logoshegemonie Logoshegemonie (-herrschaft) 96f.; 120f.; 155f.; 160f.; 162; 169f.; 170*7; 228; 237f. - L. der (Geist-)Seele und L. des göttlichen Logos 156 *101; 167; 226 - und anthropologisches Paradigma 157-168; 193; 197; 200 - Ausschluss von zwei (eigenständigen) Energien bzw. Willen 166f. - Kyrillischer Prägung 167*80 - bei Maximos: nicht naturhaft (vitalistisch) 188; 193-196; 197; 206 - vitalistisch verstanden 193; 195; 197 Löwe - offene Augen des schlafenden Löwen 359f. Lukianisten 441*117 Lybien 541 Maiestas Domini 351; 352*67 Mandorla 352f. mit *65 Manichäer - Christologie der Manichäer 303; 304 - in Konstantinopel 276-278 - über sphärischen Kosmos u. dessen Ewigkeit 506 Manichäismus - Gründe für Augustins Bruch mit dem M. 487 Menge - aktual unendliche Menge 451 *174; 452 *180 Mensch - innerer vs. äußerer Mensch 59; 126 - Namwort „Mensch" aus Energie abgeleitet 371*28 Meroe 538; 539f.; 540f. - Klima von Meroe 542 - Kosmas Indikopleustes: Keine Kenntnis, wie M. zu den Katarakten liegt 541f. Mesopotamien 502 Metamorphosis 364 *106 —»Verklärung Christi

Sachregister Metaphorik - u. Methode der Theologie bei Eunomios 450f.; 4 6 2 * 2 5 Mischung - Einung in Christus als seinshafte Mischung 223; vgl. 226 *68 - Mischung von Energie der Gottheit mit Sarx 232 - mediante anima 237 —»Element: Mischung aus Elementen;Vermischung; σύγχυσις Mitte —»Weg: Mittelweg Mittelpiatonismus - Begriff der Seele 109; 111 »45 - Transzendenz 106f. *18; 442 *121 Mittlerschaft Christi 63; 85 *163 Modell - Terminus 104; 124 »41 —•Paradigma, insbes. anthropologisches Paradigma der Christologie bzw. hypostatischen Union Mond - Umlaufbahn des Mondes 514 - Verhältnis zur Umlaufbahn der Sonne 546 - konischer Mondschatten 523 Mondfinsternis - Erklärung durch kegelförmigen Schatten der im Norden erhöhten Erde 547 - Nähe zur Vorstellung eines konischen Schatten 548 - Vorhersage einer Mondfinsternis 528 - Sonnen- u. Mondfinsternis, —»Sonnenfinsternis Monenergismus (bzw. Monenergeten) 42; 170 *6; 171 *9; 229f.; 379 - anthropologisches Paradigma in der monenergetischen Krise 105; 106 *17; 157-168 passim; 200f.; 205f. - Ursprung in chalkedonischer Reichskirche 157-165; 169f.; 200 zu *16; 206; 207-255; 342;vgl. 173 - inhaltliche Bestimmung des Begriffs der ( - » ) Hypostase 194; 230; 248f. - zur Übereinkunft von (—») Kyrill und Leo 2 2 7 * 7 7 Monophysiten 228 *72; 343 "33; 515 - Berufung auf Kyrill 3 9 * 8 * 1 1 ; 43; 57

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- Justinians Kirchenpolitik wider die Monophysiten und das Entstehen der monophysitischen Kirchenorganisation 257-331 passim - Sprache, christologische 46; 107 *20 - wider symmetrisches (—•) Christusbild 215 - Tritheismus 50f. - Vorbereitungen zu einer Union mit den M. unter Kaiser Heraklios 157£. —»Union: Union von 633 Monophysitismus 41; 46 *33; 56; 56 *76; 58; 59 *79; 68 *105; 76 *135; 76f.; 86; 90 zu *182; 9 3 * 1 9 2 ; 99; 107*20; 136f. (weder Wahrung der Naturen, noch dessen, was der Hypostase eigen ist); 142; 169 mit *1; 171 *10; 194f.; 231 *86; 240; 242; 248; 249; 251; 340; 379 - anthropologisches Paradigma 104f. *7; 105; 121; 127; 150; 154; 221 - psychologischer M. 160 *32 - Terminologie 126 *57 - Monenergismus und Monotheletismus, abgeleitet aus M. 158; 249; vgl. 247 zu *168 - Verbal-Monophysitismus 146; 361 Monotheismus 167 *80; 196; 421f.; 430; 432 *69; 465 Monotheletismus (bzw. Monotheleten) 42; 170 mit *6; 229f.; 3 3 7 * 1 1 ; 379 mit *72 - anthropologisches Paradigma in der monotheletischen Krise 105; 106 *17 - Geschichte des M. bei Anastasios Sinaites 3 6 7 * 2 - Ursprung in chalkedonischer Reichskirche 157-165; 169f.; 207-255; 342; vgl. 173 - impliziert in der Psephos (166 *74) 166f., bes. *75 —»Monenergismus Monumentum Adulitanum 526f.; 538 *458-462; 538f. Monza - Ampulen im Domschatz 343; 346 *40; 352 zu *65; 352f.; 355; 358; 365 Münzen - Justinians Π. 348f. Mysterientheologie 416

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Register

Mystik - sog. Mystik Gregors v. Nyssa Nabatäische Inschriften Nächstenliebe

455f.

522 *289

- Homilie über Bekehrung und tätige Nächstenliebe im Stil der Diatribe 400-404 Nagran 527 Name - „Christus" der gemeinsame Name (koikw  όνομα)  305  Natur  ­  Synonym für Usie 53 *58; 54 - naturhafte Einung vs. Einung der Usie nach 55 - Natur aus Energie (Wirken) erkannt 161; vgl. 167 "-80 - drei Weisen „einer Natur" 134 »122 -

christologisch - Kyrillische Formel von der einen Natur (oder Hypostase) 8f.; 23; 126; 167 *79 —»Christologie: Kyrillische - Hauptformel - notwendig wegen Nestorianer 87 *169 - und Chalkedons hypostatische Union 87 zu »173-175 - Verständnis bei Severos v. Antiochien 180; vgl. 194f. - Keine Natur/Usie ohne Prosopon/Hypostase 57; 61f. - als Axiom 132f.; 147; 148f.; 169 »1 - „jede Hypostase wird entsprechend ihrer Natur erkannt" 326 - Zwei-Naturen-Lehre - antiochenische 1 *2; 88 *175 - Eigenheit(en) beider Naturen 12 *70; 20; 40 mit *14; 54  *65  - als sich gegenseitig ausschließende Prädikate 68 —»Idioma - das dem Logos bzw. der Sarx Eigene 14 - die in beiden Naturen bewahrte Eigenheit des einen Subjekts 85 —•Idiom: gemeinsame Idiomata

Formeln: „in" vs. „aus zwei Naturen" - Gleichwertigkeit beider Formeln 265 - beide Formeln zugleich 301f. - „aus zwei Naturen" 286; 291; 316 - „in zwei Naturen" als Formel einer Trennungs-Christologie 291 —•φύσις:  έν  δύο  φύσεσιν;  έκ  δύο  φύσεων  beide  Naturen  als  enhypostati­ sche  Naturen  131;  149  ­  Hintergrund  nach  D.  B.  Evans  Krypto­Origenismus  143  Erkenntnis  der  Naturen  bes.  225  zu  *60;  228;  239  mit  "128;  245;  253f.;  297;  305f.;  316  ­  aus  Energien  233  mit  234;  235f.;  367­379  —•Resultat  als  Anzeige  zweier  Naturen;  γι,γνώσκω;  θεωρέω  Individualität der menschlichen Natur 221; 224-226 —•Individualität Unterscheidung der Naturen „einzig im D e n k e n " 307 Untrennbarkeit 20; 27f.; 39; 4 7 53; 75; 78; 103; 116 *94; 231; 238f. Untrennbarkeit der menschlichen Natur von der Hypostase 228; vgl. 234f. Vollkommenheit beider Naturen 8; 46; 67; 83 *157 - der menschlichen Natur 84 "160 - vollkommener Mensch 83 »156 - als nestorianischer Einwand 130 Wahrung beider Naturen (unvermischt), bes. 11; 23; 28; 33; 39; 47-53, bes. 48f.; 54; 75; 77f.; 103; 116*94; 136f.; 165 zu *67; 176; 198; 222 *45 —»eiOXTLS·: άσύγχυτος·  ενωσις  ­  bzw.  der  Eigenheit  beider  Naturen  20  ­  u.  Kyrills  Formel  von  der  einen  Natur  8 7 * 1 6 9 

631

Sachregister —»Christologie: Kyrillische, Hauptformel; Einung: „unvermischte Einung" - gleichwertig mit zweifachem ομοούσιος 38 *59 —»Hypostase: H. vs. Natur; die eine H. als Resultat; Perspektive - Zwei-Naturen-Lehre in der (—>) Anthropologie - Wahrung des Wesens (platonisch) 112; 113; 222 *45 - Seele und Körper als zwei enhypostatische Naturen 129 —•Paradigma, anthropologisches Nestorianismus (bzw. Nestorianer) 38; 41; 54 *65; 56; 56 *76; 57; 93 *192; 146; 1 6 9 * 1 ; 170f.; 1 7 1 * 1 0 ; 173; 176; 191; 226 *72; 228; 320f. - Nestorianer in Konstantinopel 276-278 - antinestorianische Polemik 50; 62; 63f.; 69; 73f.; 76; 77; 82 *156; 83 »157; 86; 87 "169; 91; 99f.; 125*50; 173 mit *22a; 210 *13; 215; 217; 230; 2 4 0 * 1 2 9 ; 242; 2 5 1 * 1 9 1 ; 253; 263f.; 265f.; 268f.; 271; 282; 284f.; 291f.; 295; 303; 340; 343 *33; 355 *73-74 - und Drei-Kapitel-Streit 309f. - Nestorianismus vs. Eutychianismus 125 - nestorianische Interpretation des Tomus Leonis 19f.;28f. - impliziter Nestorianismus Chalkedons 118; 2 1 0 * 1 3 - Nestorianismus-Verdacht gegen Chalkedoniker 268; 310 - nestorianische Einwände gegen Chalkedon 130; 146; 149f.; 153 - seinshafte Einung vs. nestorianische Wirk- oder Willenseinheit 136 - anthropologisches Paradigma 104f. *7; 127 mit *62 - Bekenntnis zu zwei Energien bzw. Willen als Nestorianismus 166 *75; 167 Neuarianismus 458 Neuasianismus 473 Neuchalkedonismus 3 * 1 1 ; 5; 3 7 * 1 ; 3 9 * 7 ; 4 1 * 2 0 ; 65; 1 0 5 * 1 2 ; 107*20; 171 *10; 177 "35; 184; 191; 196; 336f.; 337 zu *11-12; 341f.

- anthropologisches Paradigma im N. 105f.; 117-156 passim; 200; 204 - Begriff 207-221; 255 - zu Kyrills Anathematismen 209211; 213 *29 - u. die bildliche Darstellung der Kreuzigung 359; 361f.; 365f. - Formelsprache 1 7 9 * 4 3 ; 194*131; 201*25 - als historische Basis des Monenergismus und Monotheletismus 157-165; 207-255, bes. 222-255 - als (irenische) Vermittlungstheologie interpretiert 51 *47; 123; 160; 162; 200; 201 *25; 212; 214 *30 - zu Leontios v. Byzanz (vs. sog. strenger Diphysitismus) 105; 123f.; 126 *57; 145 Neugierde - vs. Glaube 453f.; 455f. —»πολυπραγμοσύνη; curiositas Neuplatonismus - Anthropologie 58f. *79; 60; 84; 106; 109-116; 221; 222 *45 - Aristoteleskommentare: Allgemeines vs. Individuelles 135 - platonischer Wirklichkeitsbegriff 221 - neuplatonische Erkenntnistheorie u. Hermeneutik bei Augustinus 482487, bes. 484; 485 - Eunomios u. Neuplatonismus? 462f. - unvermischte Einung 60 *88; 84 *157; 99 *226; 103; 106f.; 108-116; 136; 198f.; 221 - Nominalismus 431 *68

im

Neuplatonismus?

—»συμπλήρωσΐ-S 237 *114 Nichtwissen Christi 293 —»Agnoeten Nijmegen, Schule v. 480 *25 Nikaaufstand 278 Nikaia, Konzil (325) 43; 166 *77; 210; 263; 429 - Fides Nicaena 7; 32; 38; 45; 56 *76; 107 *120; 283; 340 *24; 343; 350; 351; 354; 356 *81; 357; 396 - Nikänische Orthodoxie 464 *37 Nisibis 228 - Schule von Nisibis 277; 497 *1; 500; 501; 532; 547 *573; 548 *587; 550f.

632

Register

- Kanon der prophetischen Bücher in Schule v. Nisibis 525 Nominalismus - als Auffassung des Eunomios? 431 mit *68; 441 Nus - in Eunomios' Theorie der theologischen Methoden u. Sprachen 446448; 450; 461f.; vgl. intellektuelle Anschauung des Göttlichen 443 *121 - Ablenkung des Nus durch Tätigkeit der Seele 461 - als Ort der Ideen 111 - das Vernunftwesen der evagrianischen bzw. origenistischen Christologie 141f.; 143; 311; 320; 322f. Oikonomia - vs. Theologia 46; 55 *73; 129 *76; 148; 149; 171 *10; 196; 228; 232f. —•Sprache: Sprache der Christologie u. Theologie Oktateuch 498*3 Ölberg(szene) —»Gethsemani; Matth. 26,38f. Ontologie 56; 64; 80f.; 369 —»Energie: Eunomios' theolog. Methode (axiologische, keine ontologische Korrelation) Origenismus 182 *60; 185; 203 *35; 298; 310f.; 319-325; 509f„ 512 - insbes. zur Beurteilung des Leontios v. Byzanz 41 *20; 79 "150; 91*185; 105; 131f.; 141-144; 147; 148 "26; 180 *48; 182 *60; 185; 186 *91; 187 *92; 202 *29; 204 zu »48; 205 »55; 224 "-52; Ort - Kosmos im biblischen Weltbild unbeweglich an seinem natürlichen Ort 535; vgl. 550 *602 Orthodoxie - Wahrung der O. des Ursprungs 87; 88 *175 - Kanon der O. 90; 91f.; 93; 97; 151; 225f. - als Mitte 169*1 Osterfrömmigkeit - u. neuchalkedonische Christologie? 338 *14

Pantokrator - Kuppelbild u.Ikone des Pantokrators 338 *14; 346-350; 366 Paradies - als Ort für die Seelen der Gerechten 514 - Paradies auf der jenseitigen (—*) Erde 543-545 - dem Paradies vorgelagerte Hecke 544 zu *539 Paradigma 37-102, bes. 43; 56*76; 58 *79; 95 *198 - Transformation eines Paradigmas 103; 152; 155; 155f.; 187; 197; 199 zu *12; 205 *55 - anthropologisches Paradigma der Christologie bzw.der hypostatischen Union 43; 52f. mit *58; 57-62; 69 *106; 90; 100*233; 103-196; 197-206; 221; 222 *45; 233 *100 - als Paradigma der Konstitution des Menschen 105; 198; vgl. 104 - Funktion 77; 104; 198 - bei Kyrill gegen nestorianische Trennung 303 - Einschränkung auf Wahrung der Naturen 82*155 - Grenzziehung im Gebrauch 122£; 123f.; 134 zu *122; 221 - undifferenzierter Gebrauch 186 - nur Paradigma (nicht Urbild) 126 *56; 146 *16; vgl. 198 *4; 303 —»Eidos; Individualität: als relative und als absolute Einmaligkeit - nicht nur Paradigma, sondern Urbild 127 - als Analogie 185; 204f. - keine Analogie bzw. wesentlicher Unterschied 195; 202; 205 *55 - grundsätzliche Disqualifizierung bei Leontios v. Jerusalem? 123; 146 *16 - Geschichte des Paradigmas 60; 199f. - Kritik am Paradigma in der Väterzeit 104*6-7 - bei Kyrill nach Maximos 179f. - Paradigma und Logoshegemonie 157-168; 197

Sachregister - das Paradigma in monophysitischer bzw. nestorianischer Tradition 104 *7; 105; 121; 127; 150; 154; 221 - Kritik eines nestorianischen Gegners 224 - das Paradigma in der monenergetischen und monotheletischen Krise 105; 106 mit *17; 157-168; 169; 197; 246 - Strukturähnlichkeit 104; 122f.; 126; 146 *16; 155; 198 - vs. Strukturgleichheit 105 - Strukturunähnlichkeit 127 mit *62 - als Synthese von Teilen 83 "157 - Wirken Christi im Ausgang vom anthropol. Paradigma 163; 191f. —»-Anthropologie; L o g o s h e g e m o nie - brennende Fackel als Paradigma 99 - viele Paradigmen für die hypostatische Synthese Christi 122 - Paradigmen für das Zusammenwirken göttlicher und menschlicher Energien - Feuer im glühenden Eisen 95 "198; 97-102, bes. lOOf.; 246 - als Paradigma für die unvermischte und untrennbare Einung 99; 226 - als Paradigma für die hypostatische Union lOOf. - Feuer der Gottheit als Energie (Mischung mit Sarx) 232; 239f. - b e i M a x i m o s 188f.; 205 *54 —•Vergöttlichung - glühende Kohle 9 7 * 2 1 6 - Seele im Körper 95 *198 - Trinität als Paradigma für Chalkedons „ungetrennt und unvermischt" 119*15; 123 mit *36 Paradigmenwechsel 37 *1; 103 Paradigmengebet 345 *37 Paradox 92 *187; 107 *20; 110f.; 116 *94; 136 »132; 137; 176; 178f.; 181 m i t * 5 1 ; 187; 198; 205 mit *53 u. 55; 328 - kynisch-stoische Paradoxa - in religiöser Logik 329 Paradoxien - kynisch-stoische Paradoxa - des Zenon 454

397

397

633

Parenzo —»Porec Parusie 354; 532 Passion - und Wunder (das eine Subjekt) 161; 164; 192; 245; 248; 251; 271f.; 283; 285; 297; 301; 327 - i m H e n o t i k o n 263; 301 - Freiwilligkeit der Passion 162; 167f.; 169; 192; 244f.; 263 —»Gethsemani; Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen; Subjekt Peripatos 1 1 1 * 5 0 Persien 276-278; 278f.; 325f.; 500; 556 Person bzw. Prosopon - anthropologisch 117; 129 - christologisch 5f.; 18 - Einheit der P. (untrennbar) 4; 8f.; l l f . ; 15; 17; 23; 29f.; 34f.; 36; 40 *15; 232 *91; 339 - vs. nestorianische Sicht 54 *65; 210 *13 - „persona" und „subsistentia" 271f. - zweifacher Personbegriff 271; 273; 315 - eine Person sein vs. eine Person haben 274 —»Hypostase: Hypostase sein vs. Hypostase haben - Zuordnung der Energie zur Definition des Prosopon 159f.; 252f. - Person-Ontologie 64 —»Hypostase; Trinität: Unus ex (de) trinitate Perspektive - dynamische, heilsgeschichtliche P. (Kyrills) 20; 63; 64; 75; 89; 337; vgl. 32; 250 *181; 314 - vs. Resultat 235 - Leos Perspektive (-»Resultat der Inkarnation) 27f. - zwei Perspektiven (unvermischt; ungetrennt) 47-53; 64; 6 5 * 1 0 0 ; 67; 771; 85; 101; 220f.; 222 *45; 250 *181 - zwei Akzente bzw. Denkweisen 198 - dialektische Begründung 56 - in Begründung des Unterschieds von Natur vs. Hypostase 54 - als Akzente gekennzeichnet 103 - Vermittlung beider Perspektiven 51; 75; 84f. Personifikation —»Prosopopoiie

634

Register

Phänomene - Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild als Programm 497 *1; 502; 532 - in Bezug auf die Berechnung der Eklipsen 523 - in Bezug auf die Umlaufbahnen der Gestirne 546 —»Astronomie; Geographie; Physik Philosophie - als Lebensstil 479 mit *24 Physik - Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild als Programm 497 *1; 502 - Kosmos unbeweglich an seinem natürlichen Ort, den er im Moment der Schöpfung ohne zeitlichen Intervall eingenommen hat 535 Planet - siebenarmiger (—») Leuchter als Abbild der sieben Planeten 546 *563 —»Gestirne Platoniker - christliche Platoniker Mailands 479; vgl. 489 Piatonismus - Offenheit für Bibel (Augustinus) 478f. - Wandel im Begriff der Seele 109 —•Athen Plausibilität 56f.; 58 *79; 76f.; 459f. - Ableitung des Begriffs aus Wissenssoziologie 4 3 8 * 1 0 2 - allgemeine Uberzeugung einer Zeit 124 *41 - inventive Funktion der Topik: dialektische Argumentation auf Grund von Plausibilitäten 422 "7; 426 "30; 437-439 - plausibler Zusammenhang 339 —»εΐ'δοξον  Polytheismus  247;  248  *173  Porec  ­  Basilica  Eufrasiana  356  Prädikation 48f. MO; 65 "100; 68 "105; 250 "181; 283 - Prädikationstheorie 67; 68 "105; 217; 220; 222 "-45; 235 —»Aussage; Aussagenlogik; Kategorienlehre; Subjekt der Aussage/der Prädikation

Präexistenz - der menschlichen Seele 319; 322; 512 - christologisch - Ausschluss einer P. vor der Einung (προδιάπλασι,ς·)  68  "105;  72  *120;  73f.  mit  "127­128;  82  "156;  84  "160;  90  zu  "183;  97;  2 3 9 * 1 2 4 ;  273;  315;  321f.;  343  "33;  355  mit  "74;  515f.  —»Empfängnis im Schoß Mariens Prämisse 37f.; 57 "77; 61f.; 87 "169; 118; 123f. "41; 124f.; 132; 147; 154 - erste Prämissen 76f.; 86 - Letztbegründung und Findung von Neuem 4 2 2 * 7 - Prämissen und Begriffe 41f. - Prämissen menschlichen Denkens 59 - Prinzipien topischer Findung 56f. mit "76; 58f. *79; 77 Präzession, —»Astronomie Predigt - Augustins Auffassung der Predigt 467-^96 - Theologie im Reflex der Predigten Severians v. Gabala 457-466 —»Homilie Priesterschrift - Zusammenhang v. Schöpfung u. Bau des Bundeszelts 502 Progymnasmata 386f.; 390f.; 415; 416 Prophet - bildliche Darstellung der Visionen von Propheten des A T 345; 346f. mit *41; 349 *56 - u. Christusbilder 351-354; 366 - prophetische Bücher in Septuaginta vs. Kanon der Schule v. Nisibis 525; vgl. 529 zu *361 Prosarythmus 3 9 2 * 3 8 ; 3 9 7 * 6 1 ; 398; 469 *8; 475 - Klauseln 495 Prosopon - Prosopon der Herrlichkeit 54 *65 —»Person Prosopopoiie 386f.; 416 Protoktisten 322 Protologie - im Ausgang v. Eschatologie die P. bedenken 502 - Rezeption von Origenes' Proto- u. Eschatologie bei Evagrios u. Origenisten 319; 324f. -»Katastase

635

Sachregister Religionsgespräch

Psephos —»Sergios, P a t r i a r c h v. K o n s t a n t i n o p e l Pythagoräismus

-

108 m i t *28; 110 *34

2 7 8 - 2 8 4 ; 320; 326f.

Religionspolitik i m 6. Jh.

257-331

Resultat -

Qualität -

R e s u l t a t der I n k a r n a t i o n (der E i n u n g

die ein W e s e n k e n n z e i c h n e n d e Q u a -

der Naturen)

litäten

-

Leos Perspektive

-

als Status der V o l l e n d u n g

-

die eine P e r s o n / H y p o s t a s e

81 "155

Quaternität —»Tetrade Quinisextum

als R e s u l t a t

348; 3 6 7  *2  -

Rabulas-Kodex

343;

352;

358;

359

z u *87; 3 6 4 *107; 365; 3 6 6 * 1 1 1

anthropologisch

-

christologisch

Baptisterium der Arianer

-

Baptisterium der Orthodoxen

-

S. A p o l l i n a r e i n C l a s s e

-

S. A p o l l i n a r e N u o v o

343

S. Vitale

-

zweier

naturhafter

265; 302; 3 1 6

u n d W e i s e d e r E i n u n g  (—»τρόττος  τ η ?  ΐ ν ώ σ ΐ ω ς ) 

257; 350; 3 5 6 *81 4 6 9 *8; 4 7 0 ; 4 7 3 *12; 478;

135f. 

­  R e s u l t a t  vs.  V o l l z u g  d e r  E i n u n g  68  ­  R e s u l t a t  der  E i n u n g  d e r  vier  E l e m e n t e 

—»ornatus

57f. 

R e g r e s s u s in i n d e f i n i t u m

56; 4 5 2

­  R e s u l t a t  in  W i r k e n  v o n  S e e l e  u n d 

Reichskirche

K ö r p e r als P a r a d i g m a für „ d a s eine

eigentlich erst seit K o n s t a n t i o s (337—

Wirken

361)

-

334

u n d die eine T a t des e i n e n Chris-

V e r l u s t d e r M o n o p o l s t e l l u n g i m 6. Jh.

t u s " i m Blick a u f d a s N T

334

234

—»Monenergismus tismus:

bzw.

Monothele-

-

-

Prosarythmus und Reim

-

-

E i n f ü h r u n g d e r K a t e g o r i e d e r Relati42; 75

Theorie

als

eine

Resultat

aus

100

—»αποτέλεσμα  R e z e p t i o n  ­  R.  d e r  a n t i k e n  K u l t u r  i m Christentum

340*19

der einenden

schen Relationen

und

diakriti-

76*135;

127*59;

R.

der

Christologie

xandrien 127

-

z u r U n t e r s c h e i d u n g v o n κοινή vs.

kedon

ιδική  υ π ό σ τ α σ η 

—»Chalkedon

u n d  u n t e r s c h e i d e n d e r 

R e l a t i o n e n 

v.

Ale-

R. des T o m u s L e o n i s in u. n a c h C h a l -

Relationentheorie genannt

-

­  die  H y p o s t a s e  als  S u b j e k t  e i n e n d e r 

Kyrills

1 - 3 6 passim

-

91f. 

frühen

333f.; 471f.; 4 7 3 mit *15;

4 8 8 *46; 4 9 6 *57 -

1 2 8 - 1 3 0 ; 1 3 5 - 1 4 4 ; 151f.

164 

das

Resultat i m Paradigma v o m glühend e n Eisen

55; 5 6 *76

Relation der Ähnlichkeit zwischen Ur-u.Abbild

Energie 236; 2 4 9

319

48

relationale Einheit/Einung on

Bin-

göttlichem und menschlichem Wirken

392; 4 9 5 *55

-

-

in

165; 228f.; 234f.; 2 5 2 - 2 5 5 ; 3 2 7

Reichskirche Reim

Relation

W i r k e n Christi als R e s u l t a t

162-164;

d u n g an H y p o s t a s e (bzw. P r o s o p o n )

U r s p r u n g in c h a l k e d o n i s c h e r

Reinkarnation

Naturen Energien

Einheit als R e s u l t a t einer Synthesis

355f. m i t *78 u.

493; 4 9 6 *57

-

Anzeige

242; 2 4 9

357*82

352f. -

Redeschmuck

als bzw.

3 5 7 *82

81

-

55; 59; 6 9 *106 67; 78; 231f.; 235;

2 3 6 *107; 238f.; 245; 253f.; 3 0 3

-

-

Christi

Resultat der E i n u n g d e r N a t u r e n

-

K u n s t 6. Jh.

-

48

54; 5 5

-

Ravenna -

-

27f.

1-36

Rezeptionsgeschichte 102, bes. 3 7 *1; 6 0 Rhapta

541

12 *70; 3 4 - 3 6 ; 3 7 -

636

Register

Rhetorik - Rezeption v. ciceronianischer Rhetorik bei Augustinus? 467-496 - Sprachmodell der aristot. Rhetorik im Vergleich mit De interpret. 376 *65; 461 f. mit *24 Rhipäen 548 *586; 555 Rom - Kunst - 6. Jh. 343 - S. Maria Antiqua 358 - S. Pudenziana 346f. - S. Sabina 358 *84 - Rom u. die Rezeption v. Chalkedon 259-268; 282 - Schatz der Kapelle Sancta Sanctorum 343;358 - Synode gegen Akakios (484) 261 - Wende Roms in der Frage der theopaschitischen Formel 284-287 —»Akakianisches Schisma Römisches Reich - im Dienst der Ausbreitung des Christentums 503 Rotes Meer 518 Sabellianismus 169*1; 247; 248*173; 434f. Samaritaner 506 Sansibar 541 Sarkophag - Bildprogramme der Sarkophage 345t; 355 - Sarkophag des Junius Bassus 345; 346 - Mailänder Stadtsarkophag 346 Sarx (Menschheit Christi) - als Organ für das Wirken des Logos 160f.; 167; 237; 244f. —»οργάνου  ­  Ausschluss  von  Subsistenz  in  Sein  und  Wirken  164; vgl.  166f.  Sasu  537 *447;  538 *450  »460­461;  539­ 541; 542  Schisma  —»Akakianisches  Schisma  —»Antiochenisches  Schisma  Schlaf  112f.; 224; 360  Schöpfung - endzeitliche Erneuerung 333f.

- Erneuerung in Auferstehung u. Himmelfahrt Christi 518 - Dienst der Engel am Kosmos in Hoffnung auf Erneuerung der Schöpfung 550 - vs. Vorstellung eines ewigen Kosmos 435; 438; 503 - Kontingenz des sphärischen Kosmos 497*1 —»Hexaemeron Scholastik - frühbyzantinische Scholastik 42; 57; 60 - aristotelische Scholastik (des Mittelalters und der Neuzeit) 126; 133 Scholiast - zu Leontios v. Byzanz 125 *48; 142; 144 *176 Schrift, —»Buchstabenschrift Schulphilosophie - spätantike und frühbyzantinische Sch. 44; 80 - Aristoteleskommentare 65f.; 72f.; 111 *45; 135; 221 - Schule Plotins 111 - Schulvortrag und Stil der Diatribe 381; 383; 389f.; 391 Seele 59 - aristotelische Sicht 186*90 - platonische Sicht 59 *79; 109f. - platonisierende Sicht 186 *90 - Definition als Geist-Usie 110*37; 111;112 - Unkörperlichkeit 186 *90 - Verhältnis zum Körper 109f.; l l l f . - Wirken im Körper (energetische Gegenwart) 113f.; 238 *120 - freie Anwesenheit 114mit*77 - leidensunfähig 114 zu *71 - gegen Apathie-Dogma 115 —»Leidensfähigkeit der Seele - nach Trennung vom Körper in eigener Hypostase 119 - Unsterblichkeit 111 *48; 128; 186 *90 - naturhaft erlittene Verbindung mit Körper nicht ohne göttliche Dynamis 135 - ihrem Wesen nach vollkommen 119; 128

Sachregister - Wirken der Seele im Körper als Paradigma für Zusammenwirken göttlicher und menschlicher Energien in Christus 9 5 * 1 9 8 - im Blick auf die biblischen Aussagen 163f. - Zusammenwirken beider 155 - Kritik am anthropologischen Paradigma 224f. —»Körper: Körper und Seele Seele Christi 47f.; 51; 74; 360 *90 - Bestreitung durch Arianer 103 *2; 198*3 - Hadesfahrt 3 6 6 * 1 1 1 - als Anastasis 338 *14 - Logos wirkt auf menschliche Vernunft Christi 226 - Logos wirkt  mediante  anima 237 - Seele Christi als Organon des Logos 296; 308 - ohne jedes Nichtwissen 230f.; 295 —•Logoshegemonie - bei Origenes 311; 323 Seelenführung 383 »10; 397 Seelenschlaf 5 1 4 * 1 8 3 Seelen teile 112 zu *53 Seelenwagen 163 *55; 237 - Sphären in Analogie zu Seelenwagen aufgefasst 554 Seidenhandel 519 Selbstand - absoluter vs. relativer Selbstand 132f. —»Subsistenz; Substanz; Wesen: Wesen und Weise des Selbstandes Selediba - Bezeichnung für Ceylon 499 Semantik 367-379 - Bedeutung vs. Benennungsmotiv 367 mit *3; 378f. mit *70 - Bedeutung der Namworte bei Eunomios 460; 462; 463 —»Dekadenz: Ursprache und Dekadenz der Sprachentwicklung - Bedeutung vs. Würde  (άξία)ν.  Nam­ wort  (gegen  Eunomios)  464f.  ­  im  Neuplatonismus  462f.  ­  Schulbeispiele  bei  Eunomios  430;  443f.  Septuaginta  ­  Entstehen  der  Septuaginta  520f.  Sesea  540 

637

Severianer  ­ Anhänger des Severos von Antiochien —»Monophysiten; Monophysitismus Sidama 540 Sielediba - Bezeichnung für Ceylon 499 Simultanität - der Teile in einer zusammengesetzten Natur 182; 203 - der hypostatischen und der eidetischen Synthese in der Anthropologie 185 —>αμα Sinai - Apside im Katharinenkloster 353 Sintflut - seit Sintflut unbewohnte „jenseitige Erde" 543f. - zehn Geschlechter bzw. Herrscher vor der Sintflut 544 mit *535 Skythien 266f. Skythische M ö n c h e 35 *183; 36 *190; 209f. *13; 2 6 8 - 2 7 4 ; 283; 289f.; 297; 310 - Vertreter einer lateinischen Christologie? 274f. Somalia 540 Sommersonnenwende - Klimatafel: Berechnung der S. 542 Sonne - Traktat über die Größe der Sonne 505 - Werk über Geographie, u.a. über Größe der Sonne 506; vgl. 517; 531 - Berechnung des Durchmessers der Sonne mit zwei Klimata 542 - Umlaufbahn der Sonne 514 - um die im Norden bzw. Nordwesten erhöhte Erde 523 - tägliche Umlaufbahn 545f. - als Kreisbewegung 555 - als geradelinige bei Anhängern Theodors v. Mopsuestia (wie Severian) 555 - zwischen den Wendekreisen 546 zu *557; 555 - Präzession des Zodiakos 546 - als Ursache für die unvermischte Einung von Luft und Licht 114 *71 - Wunder von Is. 38,8 512f. —»Sommersonnenwende

638

Register

Sonnenfinsternis - Vorhersage einer Sonnenfinsternis 528 - Wahrung der Hypothese des konischen Mondschattens im biblischen Weltbild - zur Erklärung der S. 523; 547 - u. die Hypothese einer seitlichen Abweichung der Umlaufbewegung 523 - Sonnen- und Mondfinsternis - Phänomene im sphärischen Weltbild nicht zu erklären 504f. - Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild: Berechnung der Eklipsen 523 Sophistik, Zweite 473 Soteriologie 9f.; 13; 25-27; 29-31; 31f.; 37 *1; 63; 83 *156; 85 *163; 94; 208; 214; 226; 249; 255; 265f.; 3 1 4 , 5 0 3 - Kyrillische vs. Leoninische Soteriologie 216f. mit 218; 220 "-42 - Vernachlässigung der Soteriologie im Tomus Leonis 216 —•Erlösungstheorie Spätantike - als rhetorische Kultur u. Augustins Auffassung der Predigt: das Ende der - Spätantike (seit 391) 467-496, bes. 489f. - Bekehrung (386) u. Lebensstil v. Cassiciacum ohne Bruch mit Spätantike 479; vgl. 489 *48 - Ende der Sp. schon in der heuristischen Methode Augustins 489 Sphären - im babylonischen Weltbild 501 - Erfindung „der barbarischen Sphair a " in Babylon 513 - von Babylon nach Ägypten 521 - des geozentrischen Weltbilds - Theorie der festen Sphären 497 *1; 511; 554 - in Analogie zu Seelenwagen aufgefasst 554 - äußerste Sphäre (Firmament): jene der Fixsterne oder 9. sternlose Sphäre 535 —»Weltbild: sphärischer Kosmos - Instrument zur Darstellung der Sphären(bewegung) 517; 531 »391

Sprache - christliche (Sonder-)Sprache? 480 "25 - der Christologie u. Theologie 46; 74; 81 *154; 107 *20; 248 *174 - Sprache und Denken - nach De interpretatione 369 *9; 377 *67; 377f.; 461f. - Sprache lernen 444 zu *129; 449f.; 461; vgl. 459 - Sprache u. Sein (Semantik) 367-379 - Sprache der Theologie - nach Eunomios 421-451; 456 —•Theologie: zwei Methoden der Theologie - „Sprechen über Gott" vs. forensische Rede 473f. - Ursprung der Sprache 4 4 4 ^ 5 0 ; 460f. - Sprache als Zeichensystem 376 zu *63; 377 %7, vgl. 368 *3 - Zugleich unterschiedlicher christologischer Sprachen: —»Formel —»Ursprache; Urwissen Sprachhumanismus, sog. 376 *65 Sprachkritik - bei Eunomios 428; 429; 450; 462 *25 - unter Hinweis auf Schulbeispiele 430; 443f. - Interpretation als Nominalismus 431 mit *68; 441; vgl. 443f. Sprachpragmatik 446 *138 Sprach theorie - Sprachtheorie Augustins 4 8 2 - Standpunkt v. „De magistro" 482f. - vs. Standpunkt v. „De doctrina Christiana"? 483 - Sprachtheorie des Eunomios 424; 430-432;  U4-A51  - Herkunft 423 *12 - Ursprung der Sprache 444f.; 449f. Sternbilder - „barbarische Sphaira" als Terminus für die Sternbilder 513 *166 - durch Engel bewegt 550 *611 —»Zodiakos Stil von Reden - Unterscheidung u. Mischung der Predigtstile nach Augustinus 468472; 4 9 1 ^ , 9 3 - Cicero als Vertreter des Ideals der Stilmischung? 493f. mit *54 - das kluge Kalkül des Predigers 494

Sachregister - „christlicher Stil" u. „volkstümliches Stilgefühl" bei Augustinus 474 *16 - „der schlichte Stil" christlicher Verkündigung - nach Cyprian 472-475 - als Anwendung antiker Theorie? 477 mit *21 —»Diatribe; genus (genera dicendi) Stoa 107 *20; 464 "37 - christliche Stoiker 473 - stoische Elementenlehre 82 - „Etwas" als oberste Gattung 447 *143 - Etymologie 373; 375; 376 "-64; 377 *67; 378 - Kynisch-stoische Paradoxa 397 - stoische Semantik 368 *3; 377 *67; 444 *125 - Sprachphilosophie (Sprachverständnis) 3 6 9 * 9 ; 486 - epikureische Kritik 4 2 3 * 1 2 - Zeichenbegriff 483 "36; 486 - kynisch-stoische Wanderprediger 381f.; 393 Subjekt, christologisch - der christologischen Aussagen 17; 18; 27-29; 44; 48; 64-68; 160f.; 217 - das eine Subjekt antithetischer (—•) Aussagen 227; 238; 302; 308 - der Logos als dynamisch-vitales Subjekt im Wirken Christi 160 *32; vgl. 170 *7 - vitalistisch-naturhafte Synthese 60; 193 —»Logoshegemonie - des Handelns bzw. Wirkens 14; 35; 227; 236; vgl. 237-240 - der Inkarnation/Kenose/Christologie/ des Bekenntnisses 30 *158; 31; 64; 78; 215; 216 mit *34; 217; 263f.; 297; 314 - der Prädikation 66f.; 68; 82 - vs. Rücksicht der Prädikation 6 5 * 1 0 0 ; 68 mit "105; 75 zu *134; 84f. *161; 217; 219; 283; 315 —»Arianen anti-arianische Exegese - als (->) Resultat 254 - der Verehrung 37 *1; 85 *163; 218f.; 240 *129 - des Willens 167; 168 mit *86; 174 —»Hypostase: H. als Subjekt (z.B. des Wirkens); Wille: zwei Energien; ύποκείμεΐΌΐ^ 

639

Subsistenz,  Subsistieren  62;  63f.;  69  "108;  72  "120;  90;  119  zu  "13;  200  "16  (in  einem  Subjekt)  ­  weiter  Sprachgebrauch  132  "99  ­  Abgrenzung  gegen  Mittelalter  und  Neuzeit  1 3 3 * 1 0 5  —»Inkommunikabilität - an und für sich Sein in der Definition der Usie bzw. Hypostase 65f.; 79f. - Selbststand der Existenz 69; 70f.; 132f. - Ausschluss der Subsistenz der Sarx in Sein und Wirken 164 - Theorie gestufter (Subsistenz und) Individuation 118; 120; 127 mit * 5 8 59; 130; 132f.; 136; 143 *176; 148; 151; 164 *59 - absoluter vs. relativer Selbstand 132f. - Theorie einer mittleren Seinsstufe 131 *96 —»Zweistufenindividuation - Hypostase als wirkende und wollende Subsistenz 157-168 - zusammen subsistieren 126 zu *54; vgl. 226 —»Hypostase: (1) Für-sich-selbst-Sein; (2) die eine Hypostase als Subsistenz Substanz - erste und zweite Substanz 44; 48f. mit "40; 64-67; 80 Sündenfreiheit Christi 93; 94; 96f.; 156 *101; 176; 222f.; 226; 232 Syene - Abstand v. Axum 542 - Klima v. Syene 542 Syllogismus - als Instrument nicht-inventiver Darstellungslogik 459 Symmetrie - sog. chalkedonische Symmetrie 77; 88 —»Christusbild: symmetrisches Ch. Symphonie - von Kirche und Staat 297; 330 Synoden, —»Konzilien Synthese 79; 136; 163 - hypostatische vs. sche/naturhafte Synthesis 133-135; 146f.

eideti53; 59 *79;

640

Register

- freie (hypostatische) vs. naturhafte Synthese 178-184; 187; 203f. - Einheit in Christus als (—•) Resultat einer Synthese 265 - Sinn der hypostatischen Synthese: Anliegen der Monenergeten 248 - vitalistisch-naturhafte Synthese 60; vgl. 160 *32; 193 Syrien 38; 538 Tabor —•Verklärung Christi Taprobane - Bezeichnung für Ceylon 499 Taufe Christi - als der entscheidende Einschnitt in d e r H . 276f. Teil - und Ganzes 113; 153f.; 194f.; 248f.; 250 *181 Tempel - kosmische Dimension altorientalischer Tempel 502 - Tempel v. Jerusalem - als Symbol oder Bild des Kosmos 533; vgl. 556 - Zerstörung 503 Terra incognita 505; 541 Tetrade - Trinität wird in der Inkarnation keine T. 23; 37*1; 85*163; 218f. mit "39; 240 *129; 264; 271; 314f.; 326; 340 "21; 355 - dies schließt Präexistenz zur Einung mit dem Logos aus 239 "124 —•Subjekt der Verehrung Tetraditen 322; 323 Theodosianer - Monophysiten severianischer Obödienz in Ägypten Theologie - Methoden - zwei Methoden u. somit Sprachen der Theologie nach Eunomios 425-429; 436-440; 448 mit »151-153; 459f.; 462 "31; 463; vgl. 457 - inwiefern etwas Neues? 442*121 - u. intellektuelle Anschauung des (—•) Nus 448; 450 - unter Ausschluss einer Theologie absoluter Transzendenz (3. Weg) 425;427

- statt relativer Transzendenz 427; 435 - Metaphorik u. Theologie 450f.; 462 *25 - Zusammenhang beider Methoden: Verschränkung 428; 434 *73; 436^38; 441 *117; vgl. 460 - zur ersten Methode —»Energie: Natur aus Energie erkannt - drei Methoden als rationaldiskursive Wege 443 *121 - negative Theologie 372; 378 zu *69 *70; 412; 421; 434 *75; 441f.; 448, An m. 151; 458; 466 - vs. Glaube 455f. - vs. Wesen wahrer Religion 441*117 - Theologie u. Politik 257 - Theologie im Reflex kirchlicher Predigt 457-466 —»Oikonomia vs. Theologia; Sprache: Sp. der (Christologie u.) Theologie Theopaschismus 39 *10; 40; 74 *133; 227 - rechter Gebrauch theopaschitischer Formeln 211 - theopaschitische Formel als authentische Interpretation v. Chalkedon 268-275; vgl. 283 - theopaschitische Formel bei der Auffüllung des Begriffs der Hypostase 302 - Wende Roms in der Frage der theopaschitischen Formel 284-287; 292f. —»Trishagion Thesis - rhetorische Schulübung und der Stil der Diatribe 385f.; 390f. Thessaloniki - Basilika Hagios Demetrios 349 *51 - Hosios David 351 Thoraschrein - am Thoraschrein orientierte Ikonographie 525 —»Kosmogramm Tierkreis, —»Zodiakos Tod Christi - als Trennung vom Logos 366 *111 Tomus Leonis - Rezeption in u. nach Chalkedon 1 36; 216

Sachregister

-

-

- Anastasios I. ν. Antiochien 235f.; Ephram v. Amid 231f.; Justinian 226f.; 300; 308f.; Maximos 250; Monenergeten 249 Rezeption in Chalkedon 40f.; 54; 306 Leo, der neue Nestorios 19f.; 28; 32 - Henotikon: Distanz zum Tomus Leonis 263; 291 —>Soteriologie christologische Aussagen über Hoheit und Niedrigkeit zugleich 85; 306 Idiomentausch 84 Interpretation im Blick auf den sog. Zweiten Tomus 88; 216 Interpretation als vermittelnde Position 2 0 8 * 4 Interpretation: Orientalen vs. Neuchalkedoniker 215

- vs. Kyrills Christologie 88 - symmetrisches (—>) Christusbild 214f. - Übereinkunft im Sinn der Monenergeten 227 *77 - als Vorläufer der theopaschitischen Formel 286 - Übersetzung des Tomus. Leonis 32f. - Verbindlichkeit 44f. - Wirken Christi 161; 162 zu "-50; 226f.; 263; 306 —»Chalkedon, Konzil: Rezeption des Tomus Leonis in und nach Chalkedon Topik (aristotelische) 56 *76; 58 *79; 77; 124 *41; 125 - Axiom als Gemeinplatz und dessen rechter Gebrauch 132f. mit *105 - Glaube im Sinn aristot. Topik 453 - inventive Funktion auf Grund v. Plausibilitäten 4 2 2 * 7 ; 426 "30; vgl. 447 - bei Eunomios 437-439; vgl. 446 *138 - Sprachmodell der aristot. Topik im Vergleich mit De interpret. 376 *65; 462 *24 —>Plausibilität; Transzendenz: Maxime;  ενδοξον  Topographie  ­  Christliche  Topographie  als  Titel  498  ­  Christliche  Topographie  des  Kon­ stantin  v.  Antiochien  498  Traditio  legis  346;  350 

641

Tradition  127;  128f.  ­ Väter 136 *132; 227; 243; 246f.; 250f.; 300f.; 307; 314; 322 Transzendenz - Aufhebung der Differenz von Ungeschaffenem und Geschaffenem in hypostatischer Union (nestorianischer Einwand) 146 - mittelplatonisch 106f. *18 - gegen Immanenz von Gottes Energie in materieller Schöpfung 233 "100 - Maxime: €K  των  καθ'  ημάς  τά  υπέρ  ήμάς·  409;  411;  446  *138  ­  Schnittlinie  zwischen  Welt  u.  Trans­ zendenz  454  —χϊκτιστος·  vs.  κτιστό?  ­  Wahrung  der  Transzendenz  116;  250  *181;  306;  342  ­  Nestorios:  Betonung  der  Transzen­ denz  301  Traummantik  112f.  mit  *56  Trennung  ­  antiochenische  Trennung  15;  21  ­ schließt hypostatische Union aus 88 *175 - statt Trennung Unterscheidung (διαφορά)  21;  75;  137  ­  reale  Trennung  vs.  einer  solchen  im  Denken  (έπίΐΌΐα)  68  *105  ­  trennbar  vs.  unterscheidbar  119  ­  Ausschluss  der  Trennung  (getrennter  Existenz)  27f.;  120;  156  ­  im  (vgl.)  Resultat  des  Wirkens  164  *62  ­  Terminologie für die Trennung 69 *107; 73f. - anthropologisch 112f. —Äaipeais; Nestorianismus Trennungschristologie 49; 56; 69; 174; 291 Triduum mortis 361 *93; 361f. Trinität - T. wird in der Inkarnation keine Tetrade 23; 37 *1; 264; 271; 314f.; 326; 340 *21; 355 - T. als Trias der Offenbarung 463 *37 - Unterscheidung von Usie und Hypostase 45; 50f.; 119; 140; 213 - einfache vs. zusammengesetzte Hypostase 121f.

642

Register

- Einfachheit in der Trinität 451f. —»Sprache: Sprache der Christologie u. Theologie - Usie in der Hypostase erkannt 74; 81*154 - als Einheit 55 - als Paradigma für Chalkedons „ungetrennt und unvermischt" 119 *15 - Relationen 76*135 - Unus (una persona) de (ex) trinitate 145*6; 210*13; 264; 269f.; 271-275; 283: 284-287; 295; 297; 302; 314; 321; 325 —»Trishagion Trishagion - in der Liturgie mit theopaschitischem Zusatz 258f. - Darstellung der liturgischen Maiestas Domini 352*67 Tritheismus 50f.; 147 *19; 164 *59; 232f.; 243; 247; 464 *37 Typos - als Bild im Sinn der Ikone 341 mit *29 Übermenschliche, das - des Wirkens Christi 162 *47; 172 *17a Überzeugung 446 *138 —>Plausibilität; ένδοξοι*  Unendlichkeit  ­  aktual  unendliche  Menge  451 *174;  452 *180; 454  ­  u.  Aristoteles­Rezeption  452  ­  Aristoteles  wider  Zenons  Parado­ xien  453  ­  Christus  als  Verweis  auf  die  Unend­ lichkeit  Gottes  341  ­  quantitativ  Indefinites  vs.  qualitativ  Infinites  452; 454f.  ­  Unendlichkeit  Gottes  entzieht  sich  dem  Denken  342; 442  ­  zur  Interpretation  v. Gregor  v.  Nys­ sa  442  *119;451­456  Union  ­  Union  von  433  4 *14;  7f.;  18;  21;  31;  39; 39f.; 208; 214 *29; 292; 309  ­  Antiochenische  Unionsformel  und  Kyrills  Interpretation  derselben  7  zu  *39; 8;  9f.;  11;  12 *68;  14f.;  17; 28;  33;  35*185;  46*33;  85;  162;  220f.;  235; 250; 305f. 

­  unvermittelt  neben  Aussage über das eine Subjekt der (—>) Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen 304f. - zu Kyrills Interpretation: Texte 215*31 - als Aufgabe der Anathematismen (Ibas v. Edessa) 317 - als Uminterpretation der Anathematismen 317 - Interpretation: Orientalen vs. Neuchalkedoniker 215 - nicht orthodox 88 *175 - „Union aller Patriarchen" als Ziel Justinians (a. 532) 276-284 - Streben nach Union mit den Monophysiten unter Kaiser Heraklios 157 - Union von 633 (Alexandrien) 160; 166; 243 mit *149; 246 Universalgeschichte 335 Unterscheidung - in der Unterscheidung geeint, in der Einung unterschieden 137 - eidetische vs. hypostatische Unterscheidung 138 - Unterscheidung der Geister 334 *4 —»διαφορά  Urbild  ­  Ur­ und  Abbild  340 *19  —•Bundeszelt  (mit  Einrichtung)  als  Ur­ bzw. Abbild  des  Kosmos  Ursprache  (Sprache  Adams)  ­  nach  Eunomios  462  ­  u.  Dekadenz  der  Sprachentwick­ lung  nach  Eunomios  431 *68;  432;  446; 460f.  ­  nach  Severian  v. Gabala  465  —•Sprache: Ursprung  der  Sprache  Urwissen  ­  bei Eunomios  459  Usie  45; 47  ­ Verständnis in zwei Perspektiven 47-53 - der Mensch als eine (eidetische) Usie und als zwei (konkrete) Usien 51f. (—•Anthropologie; Paradigma) - Christi Individualität ohne eidetische Usie 52; vgl. 177 *36 - Usie und Definition 177 *37 - Usie als enhypostatische Wirklichkeit 66 *102; 78; 118 mit *10

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Sachregister - Usie vs. ένούσίον 78 zu *148 - Erkenntnis der Usie im Ausgang von der Energie 233 - im Verständnis des (—>) Tritheismus 232f. —•Hypostase: H. vs. Usie; Natur; Wesen Vergöttlichung (Vergottung) 42; 86; 172 *18; 178; 193; 200 zu *15; 237-240; 240f.; 250 *181 - im Rahmen einer Apologie Chalkedons 89-97; 164f. - wegen hypostatischer Union 94; 156 - vs. Begründung in der Energie des Logos 223 - Paradigma für Vergöttlichung: glühendes Eisen 97-102; 188f.; 224; 226 Verklärung Christi - entzieht sich bildlicher Darstellung 344; vgl. 354 - Apsis vom Katharinenkloster, Sinai 353 - Bildprogramm v. S. Apollinare in Classe, Ravenna 353 - Ikonen des verklärten Christus (Tabor) 338*14; 353 - als „letztes Ziel der Menschwerdung" 341 —»Metamorphosis Vermischung 45; 57f.; 99; 117 - in Anthropologie der Monophysiten nach Leontios v. Byzanz 127f. - Vermischung der Extreme (Naturen) 144 - Mischung aus vier Elementen 117 *4 - Seele platonisch als Mischung 109f. - Stoische Mischungslehre 111; 112 —»Mischung Vermittlung 53*58; 66; 81; 94; 121; 178f.; 429 *53 - Bedeutung 51 *47 - Vermittlung der (—») Perspektiven 51; 75; 84f.; 198 - Hypostase als Vermittlung 195; 200 - Christus als Vermittlung der Extreme (Naturen) 130; 178-184; 195; 204f. - vs. Vermischung 136f. - als Mittelweg 265 - Seele platonisch als Vermittlung 109

—»Neuchalkedonismus: Vermittlungstheologie Versuchungen Christi 175 *22h; 189 *105 Vollkommenheit - das Ganze ist vollkommener als seine Teile (als Prämisse) 154 - Seele ihrem Wesen nach vollkommen 119 - vs. Subsistenz (an und für sich Sein) 64 *99 —»Natur: Vollkommenheit beider Naturen Vorsehung - in der Sprachtheorie des Eunomios 444f.; 460f. - u. Sprache Adams 465 *46 Wachsamkeit - stete Wachsamkeit Gottes in symbolischer Darstellung 361 Wahlfreiheit - als defizienter Modus, darum nicht in Christus 172; 173 "21; 175; 201; vgl. 252 »191 Wahrheit - Kriterium der Wahrheit im Altersbeweis für die Bibel 522*280 Wahrnehmung - sinnliche Wahrnehmung 111*48 Weg - Mittelweg (als Mitte) 55f.; 77; 169 *1; 265; 315f. —»Chalkedon als dialektische Aussage; Theologie: Methoden;  οδός  Weihrauchküste 540 Weizenkorn - als Beispiel, um die (—>)  έπίνοια  zu  erläutern 444 *126; 447f. mit *148-149 "151

—»CTLTO? Welt - urchristliche Distanz zur Welt 333f. Weltbild - biblisches Weltbild als die dem Moses auf dem Sinai geoffenbarte Gestalt des Kosmos 497 *1; 521; 532-551; 556 - Basis: Ex 25,40 LXX 502; 532; 544 *529

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Register - Bundeszelt (mit Einrichtung) als Ur- bzw. Abbild des Kosmos 514; 532; 544; 545; 556 - von kosmischer Symbolik Kosmographie 532f.

zur

- Exegese von Hebr. 556 - Begründung durch Lehre der zwei Katastasen, —»Katastase - Rezeption des biblischen Weltbilds in ( - 0 Babylon 512f. - Rezeption bei den Christen „von den Babyloniern" 513 *167 - als Lehre der Väter 514f. —»Kosmos: bildliche Darstellung - biblisches vs. geozentrisches sphärisches Weltbild - geozentrisches Weltbild durch Bibel widerlegt 498 - Aporien des sphärischen Weltbilds 504f. - Wahrung der Phänomene im biblischen Weltbild 4 9 7 * 1 ; 502; 504; 523 - Ewigkeit des Firmaments wider Ewigkeit des sphärischen Kosmos 503 - Lehre der Katastasen wider Ewigkeit des sphärischen Kosmos 506; 508f. - Auferstehung der Toten bzw. Körper im sphärischen Weltbild unmöglich 521 - Joh. Philoponos' Argumente für die Wahrung des geozentrischen Weltbilds 499 - Kontingenz des sphärischen Kosmos 497 *1; 552; 557 *706 - Kreisbewegung an sich nicht ewig 510f. —»Athertheorie - im Willen Gottes begründete Vergänglichkeit des Kosmos 511 - Zusammenhang mit anonymer Schrift über Vergänglichkeit des sphärischen Kosmos? 508-512, bes. 509 - Joh. Philoponos' Argumente wider das biblische Weltbild der Anhänger des Theodor v. Mopsuestia - Schriftargumente 530 "-376; 555f. - Rezeption verschiedener Weltbilder im A T 501f.

- Traktat wider Christen, die am sphärischen Weltbild festhalten 504 Weltseele - unvermischte Einung 99 *226 - in Joh. Philoponos' Argumentation 554 Wesen 45 - Wesen und Weise des Selbstandes 118 - Wesenseinheit vs. Wesensgleichheit 46f. - Wesensgleichheit - Definition 3 6 9 * 1 0 - W. und die Hypostase als diakritisches Prinzip 133f.; 184f. - Wesensverschiedenheit und die Hypostase als einendes Prinzip 133f.; 146 —»homoousios; ομοούσιος Widerspruchsfreiheit der Axiomatik 128f. Wille -

christologisch - zwei Energien (zwei sich widerstreitende Willen) implizieren zwei Subjekte 166 *75; 167; 244 - Ausschluss von zwei sich widersprechenden Willen 167f. - Bindung an die Logos-Hypostase 169; 228; 254f. - naturhafter vs. gnomischer Wille 170-178; 186 *90 - Christi „menschlicher Wille" 174f.; 196; 251 *191 - Problem von (—>) Gethsemani 171 *14 - vs. moderne Sicht personaler Selbstmächtigkeit 170 *7; 192 *123 - Fundort der Unterscheidung 176f. —»Wahlfreiheit - der eine Wille Christi 229 - der eine hypostatische Wille Christi 206 - Theorie eines hypostatischen Willens 220 - zwei naturhafte Willen und ein hypostatischer Wille 176 *29; vgl. 206 - Ableitung der zwei Naturen aus zwei Willen in Gethsemani 231 *90

645

Zitierte Quellen - zwei Willen als naturhafte Potenzen 245 mit *162 - Wille als Idiom der Natur 251 —»Paradigma: anthropologisches Paradigma Wirbelwind - ionische Wirbelwindtheorie 545 *554 Wirken Christi 14; 25-29; 29 zu *153; 154f. - als Wirken von Gott und Mensch zugleich 295f. - als Wirken der Hypostase 296; 326 - Zuordnung zu Hypostase und Prosopon 159f. - als Zusammenwirken göttlicher u. menschlicher Energien 95f. - als Wirken des Logos durch die (—») Seele Christi - als Wirken des Logos durch den Körper 306f.; 308 - Paradigmen: - Seele im Körper 9 5 * 1 9 8 - Feuer im glühenden Eisen 95 *198; 97-102 - als Problem für das anthropologische Paradigma 155 —•Energie; Hoheits- u. Niedrigkeitsaussagen Wirkungsgeschichte 127*58; 162*48; 248 Wissenssoziologie 438 *10 —»Plausibilität; Topik;  έι^δοξον  Wunder  Christi  93;  94­96;  154f.;  224f. 

­  Passion  und  Wunder  Christi  (das  eine  Subjekt)  161;  164;  192;  245;  248;  251;  271f.;  283;  285;  297;  301;  327  ­  i m H e n o t i k o n  263;  271f.;  306  —»Hoheits­  und  Niedrigkeitsaussagen;  Subjekt  Zahl  6 8 * 1 0 5  ­  numerische Individualität 133; 140 - gerade vs. ungerade Zahl 153 Zeit —•Bewegung Zodiakos 514; 546f. - zur in der C T verschwiegenen täglichen Umlaufbahn des Zodiakos 547 *571 - Sternbilder v. Engeln gedreht 550 *611 Zoroastrismus 500 Zusammenhang - als Kategorie historischer Forschung 335 mit *6 - plausibler Zusammenhang 339 Zwang - vs. Freiheit 1 7 0 * 8 Zwei-Naturen-Lehre, —»Natur Zweistufenindividuation 58 *79; 64 *99; 72 zu *120; 80; 127 —»Subsistenz: Theorie gestufter Subsistenz und Individuation

Zitierte Quellen I. Bibel Gen. 1 Gen. Gen. Gen. Gen. Gen. Gen. Gen.

1,1 1,6-8 1,7 1,8 1,9-10 1,14-19 1,17

502; 503; 520; 532; 5 3 4 * 4 1 1 ; 556 *702 513; 532; 534; 550 532 553 532; 534 544 550 551 *626

Gen. 3,8 Gen. 3,17-19 Gen. 5,29 Gen. 12,7 Gen. 24,2-3 Gen. 49,8-12 Ex. 3,2-3 Ex. 3,14 Ex. 25,9

544 *534 544 544 407 407 360 232 *92 431; 459 *15 533

646

Register

536; 548 543 545 502*52; zu "-57; 513f.; 521 *278; 529; 532; 533 »397; 534 *411; 536; 544 *529; 545 "'548; 546; 556 Ex. 26,7-25 548 545 Ex. 38,13-17 Ex. 40,22.24 545 413 *82 Deut. 21,23 Deut. 30,13 544 402 Jos. 2 Jos. 6 401 I Reg. 16,7 401 IV Reg. 20,12-13 512 *163 512 *160 II Chron. 32 404 Ps. 9,19 534 *415; 556 Ps. 18,7 397 Ps. 51,10 Ps. 64,12 524; 546 413 *82 Ps. 65,4 Ps. 67,6 401 555 Ps. 101,26-28 535 Ps. 103,5 Ps. 113,3 351 Ps. 120,4 360 *90 Ps. 148,1-3 550 402 Prov. 19,17 360*90 Cant. 5,2 Hiob 26,7 535 Hiob 26,7a. 10 498 Hiob 38,4-6 535 Hiob 38,18-19 498 mit *13 534; 556 Hiob 38,37-38 545f.; 555 Eccl. 1,5-6 548*587; 550 zu *609; Eccl. 1,6 551 zu *627-630 401 Is. 1,16 352 Is. 6,1-3 512 Is. 7,14 407 Is. 11,1-2 351 Is. 25,9-10 512 *160 Is. 36,1-38,8 512 Is. 38,8 512 *163 Is. 39,1-2 533 *402; 534 Is. 40,22 513 zu *168; 520 *263 Is. 40,22a 555 Is. 40,22b 555 Is. 51,6 Ex. 25,23 Ex. 25,25 Ex. 25,31-37 Ex. 25,40

Is. 65,1 352 *62 Is. 65,17 511 »145402 Is. 66,22 511 *145 Bar. 3,30 544 Ez. 1,4-28 347; 352 *62 Ez. 10,1-22 347; 352 *62 Ez. 10,14 352 Ez. 41,17-20 345 Dan. 2,31-45 Th 503 *72 Dan. 2,44 Th 503 Dan. 3,19-95 232 *92 Dan. 7,1-14 Th 503 "-72 Zach. 4, bes. 4,14 407 Matth. 8,23-27 417f. Matth. 14,22-33 417 Matth. 14,33 418 Matth. 15,21-28 407 *66 Matth. 16,16 18 *91 Matth. 18,23-35 403 Matth. 18,27 403 Matth. 20,18 412; 413 *82, Matth. 21,23-27 411 Matth. 24,29 550 zu *615 Matth. 24,30-31 534 *415 Matth. 24,35 511 *145 Matth. 25,11-12 514 Matth. 25,14-30 403 Matth. 25,27 403 Matth. 25,34 524 Matth. 25,41 514 Matth. 26,38 30 *157 Matth. 26,39 168 *86; 174 mit *22e Mark. 13,32 293 Luk. 7,1-10, bes. 7,9 417; 418 Luk. 8,24 418 403 Luk. 19,23 514 "183 Luk. 23,43 Luk. 24,30 328 Luk. 24,43 328 334*4 Joh. 352 Joh. 1,1 13 *75; 34; 48 *40 Joh. 1,14 74 *133; 156 *100; 217 263; 271; 273; 303; 315 339 427 *35 Joh. 1,18 413 *82 Joh. 3,14-15 407 *68 Joh. 3,31 457*2 Joh. 5,19 408*72 Joh. 5,39 398 Joh. 6,28-29

Zitierte Quellen Joh. 7,15-52 Joh. 8,12 Joh. 8,40 Joh, 10,18 Joh. 10,30 Joh. 12,27 Joh. 14,9 Joh. 17,3 Joh. 19,26 Joh. 19,33-34 Joh. 20,17 Joh. 21,12-15 Apg. 7,22 Apg. 10,36-37 Rom. 8,19-21 Rom. 8,29-30 Rom. 9,6-22, bes.18-19 Rom. 11,17-22 I Kor. 1,21 I Kor. 2,8 I Kor. 4,9 I Kor. 7,31 I Kor. 8,5-6 I Kor. 8,6 I Kor. 15,24-28 I Kor. 15,28 II Kor. 4,16 II Kor. 5,17 II Kor. 11,6 II Kor. 12,2-4 II Kor. 12,2 Gal. 2,19-20 Gal. 3,1

406 *66 347 "45 305 306 305 306 305 412 mit "81; 413 *82 358 mit *84 358; 362 412; 413 *82 328 521 *277 407 ""68 550 zu *614 407 *67 406f. mit *67 407 *67 485; 494 29; 74*133; 362; 365; 366 m i 550 334 mit *4 305 464 464 *37 311 59 550 zu *616 495 503 550 *611 413 *82 413 *82

Gal. 3,13 Gal. 3,16 Phil. 2,5-7 Phil. 2,5-9 Phil. 2,6-7

Phil. 2,7 Phil. 2,10 Eph. 1,10 Eph. 2,2 Eph. 5,2 I Tim. 2,5 I Tim. 3,16 Hebr. Hebr. 1,3 Hebr. 1,14 Hebr. 2,9 Hebr. 4,15 Hebr. 5,6 Hebr. 8-9 Hebr. 8,2 Hebr. 8,5 Hebr. 9,1 Hebr. 9,2-3 Hebr. 9,14 Hebr. 11,6 Hebr. 11,31 Hebr. 13,8 I Petr. 4,1 II Petr. 3,12-13 I Joh. 4,2-3 Apk. 4,6-8 Apk. 21,1

647 413 *82 407 303f. 408 13 "75; 14; 29 zu »150 und 152; 30; 30*158; 31 "162; 34; 263; 315 305 514 "186; 524 550 zu ""616 550 zu ""608; 551 *637 26 *138 13; 25; 26; 30; 31; 63; 83 "156; 208; 216; 218 96 *208 *211 514 zu *175; 556 535 550 zu *613 13 zu "72; 33 "177 31 26 533 556 zu »697-700 556 zu *695 556 zu *696 556 zu *704 96 *208. 459 "12 402 305 270 511 *145 20 "103 347; 352 *62 511*145

648

Register

II. Konzilien, lehramtliche und juristische Dokumente sowie publizistische Sammlungen 3

Antiochenische  sata  (268)  - CPG 1706 - CPG 1707

Synode  gegen  Paul  v.  Samo103  *2; 198 "3 103 *2; 198 *3

Antiochenische  - C P G 9367

Synode  (565)  328 mit 330

Chalkedon  (451)  - actio 1 (CPG 9000) 22-113 - actio 2 bzw. 3 (CPG 9001; 9002) 2 "7 - actio 2 (CPG 9001) 13 "71-72; 13f. »75-76; 15 "81; 16 "83-84; 19 " 9 6 98; 216 "32 "34 - actio 4 (CPG 9003)  2, sowie "7; 11 "67; 12 "68; 19f. "98-102; 21 "109; 21f. "111-112; 216 "35 - actio 5 (CPG 9005) - Definitio fidei 1 "1; 2 "4; 11 "66; 40 mit "14-16; 166 "77; 337; 341 - Einleitung zur definitio 7 "37; 10 "61; 11 "63; 38 "5; 39 "9; 166 "77; 210 "18; 214 "29

-

- Formel des Anatolios 4 "15 - Vorgänge 2 "5; 22 "113; 107 "21 actio 11 (CPG 9013) 211 "19-20 actio 16 (CPG 9020) 36 "189 Florileg u. Adlocutio (CPG 9021) 12 "68 Adlocutio ad Marcianum (CPG 9021) 22 "113

Codex  Encyclius  - CPG 9089 38 "4; 44

Codex  Theodosianus  - XVI,5,34 458 "7 Collectio  Avellana  260 mit 261; 262; 266; 267f.; 270; 272; 273f.; 287; 293f. Collectio  Sabbaitica  260; 294; 298 Ephesos,  Konzil  (431)  9 "55; 10 "56 "62 Ephesos,  Konzil  (449)  - CPG 8937, doc. 5

318

Henotikon  - CPG 5999 34 "180; 38 "4; 212; 262; 263-265; 275; 291; 301f.; 306 mit 307; 316; 370 "19 Konstantinopel,  Konzil  (536)  - CPG 9325,2-3 292 mit 294 - C P G 9325,5 292 mit 294 - CPG 9328-9329 298 Konstantinopel, 

Konzil  (543)

Konstantinopel,  Endemusa  - CPG 9352 324f.

320

(553) 

Konstantinopel,  Konzil  (553)  2 "7 - CPG 9352 324f. - CPG 9361,1-2 229f. "82-83 - CPG 9362,2 211 "21; 319; 337

Codex  Iustiniani  - siehe Justinian CPG 6893

3

Die Quellen werden nach der Clavis Patrum Graecorum (CPG) des CCSG und nach der Clavis Patrum Latinorum (CPL) des CCSL zitiert.

649

Zitierte Quellen Konstantinopel,  Konzil  (680/681)  -CPG9422 229f. ""82-83 - CPG 9429 227 »74; 165 *73a; 228 "77; 231 "86; 231f. "90 "93-94; 235 "107; 293; 296; 309 - CPG 9430 160 "28; 161f. "37-47; 231 "86; 293 - CPG 9431 166 "74-76; 167 *80; 206 "-56; 228 "77; 229 "80-S2; 244 "150153; 245 *155 "158; 246 "164 - CPG 9432 160 "32 - CPG 9433 229 "80; 230 "82

- CPG 9401 - CPG 9402

169f. *3-7; 210 "16-17 235 "107

Novellae  Iustiniani  siehe Justinian CPG 6893 Quinisextum  (im  Trullo),  Konzil  - CPG 9444 348 mit "48 Psephos  siehe Sergios , Patriarch Konstantinopel 551 "635

Synodicon  Orientale

Lateransynode  (649)  - CPG 9399 252 "193 - CPG 9400 160f. "32-36; 166 "75; 179 "42; 228 "77; 252 "193

Union  von Alexandrien  (633)  - CPG 7613 160 "27

III. Inschriften

DAE - Nr. OGIS - Nr. - Nr. RIE - Nr. - Nr. - Nr.

6-11 54 199 185; 185 bis 186-189 189

558 538 559 538 538 560 538 538 538

"454 "463 "465 "454 "454 "457

-

Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

190 270; 270 bis 271 275 276 277 286 286A

539 538 538 539 538 538 539 539

"475 "454 "455; 539 "475 "482 "463 "465 "477 "479 "477

IV. Christliche Autoren und Schriften bis zum 7. Jahrhundert Aetios  v.  Antiochien (CPG 3445): 425 "21; 433 "71 Agapet  I., Papst - CPG 9319: 292 mit 294 - CPG 9323: 287; 293; 294 - CPG 9325,3: 294 Ammonios  v.  Alexandrien  - C P G 5 5 0 2 : 228 *77 Amphilochios  v.  Ikonion  - Kommentar zu Hiob 38,18-19: 498 "13 Ananias  v.  Shirak  - Geographie 498; 542

Anastasios  I.,  Kaiser  - CPG 9166-9167; 9175; 9199: 267 Anastasios  I. v.  Antiochien  - CPG 6944: 163 "53-56; 164 "59; 165 "68 "70; 167 "80; 233f. "97-101; 236 "107; 237f. "113-123 - C P G 6945: 125 "52; 163 *53; 233*97; 248"174 - CPG 6952: 163 "53; 165 "73; 235f. "107110 "112 - CPG 6953: 163 "53 *56-59; 164 "61; 233f. "99-104; 235 "106; 237 "113; 239 "124; 240 "129

650

Register

CPG 6956: 163 »53-54; 164 »62; 2 4 0 242 »130 »132-146 CPG 6957: 164f. »63-67; 239 »125-128 CPG 6958: 163 »54; 164 »59; 165 »69 »71; 233 »97 mastasios  Sinaites  CPG 7745: 369 »9; 378 »70 1,1 162 »48 »52; 368 »6; 369 »9-10 1,2 105 »11 1,3 11,1 153 »72; 177 »37; 201 »22; 367 »3; 368 »6; 369 »9; 370 »16; 372 »34 »36; 378 »70 371 "24; 374 »52-53 11,2 368 »3 »6; 369 »9; 370 »22 11,3 11,4 177 »37; 201 »22; 367f. »3-5; 368 »7; 369f. »10-15 »17; 370f. »21-23 »25-28; 372 »34 »36; 373 »43; 374 »51-53; 378f. »70-71 11,5 74 »128; 105 »11; 150 »51; 329; 331; 369 »10 11,6 369 »9 368 »6; 369 »10; 378 »70 11,7 11,8 367f. »3; 369 »9; 372 »34 »36; 374 »52-53; 377 »66; 379 »71 367 »1; 369 »9 ΙΠ,Ι 367 »1 IV VI,2 119 »16; 132 »100 VII,2 12 »68 169 »1 Vm,5 IX,1 169 »1 X.1,2 12 »68; 162 »51-52 X.2,3 63 »98; 69 »110; 105 »11 367 »1 X,3 X,4 132 »100 XI 63 »98; 69 »110; 137 »134 ΧΠΙ,Ι 97 »218 ΧΠΙ,4 172 »17a 162 »48 »52 ΧΠΙ,5 ΧΠΙ,6 158 »10; 379 »72 ΧΠΙ,9 158 »10; 379 »72 XV 145 »6 χνιπ 58 »79; 104f. »4 »6-8 »10; 127 »61; 198 »4-5 XXI, 1 119 »16 ΧΧΙ,3 119 »16 XXII,4 150 »51 XXIV 128 »75; 199 »12; 369 »9 Index 369 »9; 374 »53-55 - CPG 7747: 367 *2; 379 "73

- CPG 7748: 58 »79 - CPG 7749: 158 »8; 367 »2 - CPG 7756: 370 »18; 379  *72  - CPG 7757: 52 »54 - CPG 7774: 158 »8; 367 »2; 379 »72 - CPG 7771: 158 »10; 232 »92 »95 Anonymi siehe - Catena in Genesim - Chronicon Paschale - Chronik v. Seert - Collectio Coisliniana in Genesim - Diagnosis - Didache - Doctrina Patrum - Florileg im Vaticanus gr. 1455 - Historia ecclesiae Nestorianae (siehe nach Nestorios) - Kyrillisches Florileg vom Jahre 482 (siehe nach Kyrill v. Alexandrien) - Mar Aba: Vita des Mar Aba - Petros der Walker: Fingierte Korrespondenz - Physiologos - Vita syriaca Maximi Confessoris (siehe nach Maximos) Anthimos  v.  Trapezunt  - CPG 7086: 231 »86; 290 mit 293; 295f. - CPG 7087: 230 »84; 290f. mit 293 - CPG 7088: 230 »84; 291 mit 293 Apocrisiarii  ecclesiae  Alexandrinae  (a.  497)  - C P G 9161: 32f. »171 Apolinaris  (Apolinarios)  v.  Laodikeia  - C P G 3645: 366 »111 Athanasios  v.  Alexandrien  - C P G 2091: 217 - CPG 2093: 9 »55; 227 »73 - CPG 2095: 10 »56 »59; 20 »107; 32; 33 zu »172; 321 - CPG 2102.2: 526 - C P G 2133: 63 »98; 69 »110 Ps.Athanasios  - C P G 2231: 366 »111 - CPG 2253: 74; 150 »51; 343 »33 - CPG 2295: 46 »32 Augustinus  - CPL 250: 479; 480 »28; 489 »48 - CPL 251: 111,4,7 479 mit »23 ΙΠ,5,9 479; 487 »44 V,3,3 478 mit »22 V,7,12 478 »22

651

Zitierte Quellen

IV,VI,9-VI,10 494f. IV,VII,11-21 495 IV,XII,27-28 492 IV,XII,27 469*8; 491 rV,XIV,31 475f. »19-20 IV,XV,32 471 IV,XVII,34 469; 471; 490f. IV,XVin,35-XX,43 469*8 rv,xvin,35 491 IV,XIX,38 491 IV,XX,39-XXI,50 492; 495 IV,XX,40^2 495 IV,XXI,48 469 *8 iv,xxn,5i-xxm,52 468*6; 470 rv,xxn,5i 468 *5; 492f. rv,xxm,52 469; 492 IV,XXIV,53 493 IV,XXV,55 469 mit *8; 470 *9; 492 IV,XXVI,56-58 471; 493 IV,XXVI,56 469-471; 495 IV,XXVI,57 470; 492 CPL 264: 479f.; 487 CPL 278: 480; 481 *29 CPL 284-288: 480 CPL 297: 492 CPL 313: 495 CPL 316: 487 CPL 335: 496 *56 CPL 355: 31 *161 CPL 361": 370 *20; 375 *59 CPL 702: 18 *91; 23 *124; 30 *159-160; 36 *188; 218 *39

V, 13,23-14,24 478 VI,4,6; 5,7 478 VI,5,8 487

-

VI,6,11 478 *22 VII,9,13 486 *43 VII,17,23 489 *47 VII,20,26-21,27 486 *43 VII,21,27 479 VIII,2,3 486 *43 VIII, 11,26 479 VIII, 12,29-30 479 IX,10,24 489 "-47 CPL 255: 489 *48 CPL 259: 482f.; 486 CPL 262: Ep. 55 488 CPL 263: Prolog 481f.; 483f. mit "37 Ι-ΙΠ 482; 488; 490 *48 I 482 1,1,1 472 *11 1,11,2 482 I,V,5-XL,44 484 I,IX,9-XI,11 485 I,XI,11-12 485 ΙΙ-ΠΙ 482 II,1,1 482 ΙΙ,ΧΙΠ,20 483 II,XIV,21 495 II,XVn,26-XXXVIII,56 481 ""30 II,XVIII,28 488 II,XXXVII,56 489 ΙΠ 482; 488 ΙΠ,IX,13 488f. m,XXX,42-XXXVn,56 485 IV 482 IV,35££. 468 *5 IV,1,1 472 m IV,1,2 491 Γν,ΠΙ,4 491 IV,V,8 494 4

Authentizität umstritten.

652

Register

Basilios  v.  Kaisareia  - CPG 2837: 1,5,63-75 439 »105 1,5,76-122 440 »110 1,5,86-106 440 »112 1,5,115-117 440 »114 1,5,130-1,8,69 443 »122 1,6,19-25 447 »144 1,6,41-42 447 »143 1,6,41-44 447 »145 1,6,44-54 444 »126 1,7,32-16 443 »124 - CPG 2900: 48 "38 Catena  in  Genesim (C 1) 533 »402; 551 »619 *626 Chorikios  v.  Gaza (CPG 7518) 356 »80; vgl. 358 Chronicon  Paschale (CPG 7960) 287; 288; 503 »77; 529; 533 »398; vgl. 497 »1 Chronik  v.  Seert 501 »38 Collectio  Coisliniana  in Genesim 551 »626 Cyprian (CPL 38) 473-475 Diagnosis  (Compendium  Geographiae)  542f. Didache (CPG 1735) 359 »85 Diodor  v.  Tarsos (CPG 3815; 3819) 551 »626 Dionysios,  der  Ps.Areopagit  - CPG 6602: 76 »135; 99 »226; 128 "75; 199 »12 - CPG 6607: 156 »102; 160 »28; 161 »35; 162 »47-48; 172 »17a; 179 »42 Dionysius  Exiguus (CPL 653b) 210 »13 Dioskur,  Apokrisiar  - CPG 9241: 268; 269 - CPG 9264: 269; 270 Legaten (CPG 9242) 268f.; 270 Doctrina  Patrum  - CPG 7781: 43 »24; 103  *2; 158 »10; 159 »15; 163 »53-54; 164 »63; 167 »80; 198 "3; 228 *77; 233f. »99-104; 235 »106; 237 »113; 239 »125-126; 240 »129-130; 307; 329 mit 330 Dometian  v. Ankyra (CPG 6990) 311 mit 312; 320 Domnos  v.  Antiochien  - CPG 6510: 7 »42

- C P G 8938,7c:

10 »57

Elias,  Vita Johannis  Teliae284 Ephram  v.  Amid  - CPG 6902: 231 »87-88 »90; 232 »93-94 - CPG 6903: 232 »90 »95 - CPG 6904: 232 »90 - CPG 6905: 232 »92 - CPG 6908: 230 »84; 231 »87-89; 232 »91 »5; 290 mit 294 Eulogios  v.  Alexandrien (fehlt in CPG) 361 »92 Eunomios  v.  Kyzikos  - CPG 3455: 422 »3 1 4 422 »4; 423 »11; 425 »22 5 422 »4 422f. »5-10; 429 »49; 435 »80 6 7 425 »22; 430 »59-61; 432 »69; 440 »109; 459 »16 7-19 425 »18 8 428 »43; 429 »50; 430 »61 »63-64; 431 »67; 432 »69; 433 »71; 435 »77; 441 »115; 442 »117; 443 »123 9 428 »47; 429 »49 10 459 »16 12 425 »22; 428 »42; 428 »43-44 »47; 430 »56; 442 »117 16-18 428 »43 16 426 »29; 428 »44; 431 »68 17 428 »42 »46; 431 »65 18 428 »42; 429 »51-52; 430 »55; 431 »68 19 427 »34; 428 »39; 429 »52; 430 »55; 442 »117; 460 »20 20 425 »18 »23; 425-427 »25-31; 431 »66; 435*76; 442*117; 446 *137; 459 »18 21-27 425 »18 21 425 »21; 428 »42; 430 *57; 435 »83 22 424 »17; 425 »21; 426 »29; 431 »66; 433 V2; 435 »78; 457 »2 23 425 »27; 427 »32; 433 »72-73; 434 »75; 435 »78-79 424 »16; 427 »32-34 »38; 24 428 »40; 429 »49; 434  »7Φ­75;  435  »81­82;  439  »104 

Zitierte Quellen - CPG 3456: 1,151-154 436f. "88-97; 441 "116 1,151-153 459 "18 1,154 439 "103 1,552 439 "106 1,562 439 "106 1,655 440 *109 "113 1,658 440 "109 1,661 440 "108 "110-111 1,663 440 " I I I 441 "116 11,23 11,44 443 "123 11,159 443 "123 11,171 445 "134 444 "125 11,179 444 "126; 445 "130 11,196 11,262 445 "132 11,289 444 "126 11,295 445*135; 448 "152 11,305 445 "135 11,306 446 "139; 461 "21 11,315 449 "159 446 "138 11,316 11,324 446 "140 11,330.332 449 "159 11,334 446 "142; 449 "154 11,335 448 "153 11,344 447 "146 11,351.354 447 "147 11,362 461 "22 11,363 448 "151; 461 "22 444 "126 "128; 449 "160 11,398 11,399 444 "129 11,403 450 "163; 461 "23 11,404 462 "29 11,408 450 "162 11,411 444 "126 444 "126; 449 "160 11,413 11,417 450 "163-166; 461 "23 11,423 450 "163; 461 "23 11,545 449 "156 11,588 449 "158 444 "126 11,546 ΙΠ,1,4 450 "168; 462 "25 ΙΠ,1,127-129 450 "167; 462 "25 ΙΠ,1,128 450 "169; 462 "25 ΙΠ,2,28 450 "169; 462 "25 in,2,137 450 "168; 462 "25 in,5,18 450 "168; 462 "25 m,5,32 451 "170; 462 "25

653

111,5,39 450 "168; 462 "25 ΙΠ, 5,56-60 440 *113 111,8,14 446 »141 Eusebios  v.  Dorylaion (CPG 5941) 7 "38 Eusebios  v.  Kaisareia  - CPG 3486: 111 "50; 520 "265; 522 "286 - CPG 3494: 522 "285 - CPG 3503: 344f. Eustratios,  Hagiograph (CPG 7520) 328 mit 330 Eutherios  v.  Tyana (CPG 6147) 104 *6 Evagrios  Scholastikas (CPG 7500) 262; 325;330 Facundus  v.  Hermiane (CPL 866)108 *23; 145 *6; 312; 316 Felix  II., Papst (CPG 9143) 262 Flavian  ν.  Konstantinopel (CPG 5934) 271f. Florileg  im  Vaticanus gr. 1455 235f. "107108 Gennadios  v.  Konstantinopel  - CPG 5976: 6 *34 Georg  I.,  Katholikos, An Minä 551 "635 Georg  Hieromonachos (CPG 7820) 323 Gregor  v.  Nazianz  - C P G 3010: Or. 30,12 175 *22g Or. 38,7 442 "117 - CPG 3032: Ep. 101,4 46 *32 Gregor  v.  Nyssa  - CPG 3135: 1,167-171 451 1,168 451 "172 1,169 451"173-174 1,217-219 453 1,231-237 451f. 1,232 451 "176 1,233 451 "177 1,234 451 "177-178 1,236 451 "179; 454 "196 1,288-291 456 "207 1,365-366 453 "185 1,367 453 "186 453 "188; 454 "190 1,368 1,369 452 "183; 453 "189; 454 "191 1,655 440 "114 11,24 439 "107 11,24-27 441 "116 11,28 439 "107

654 11,28-29 441 *116 11,42 443 *123 443 *122 11,45 11,69-70 452 *183 11,69 454 *193 454 mit *194-195 11,70 11,84 455 *199 11,88 455 *200 11,89 455f. *198 "201-202 11,91 456 *205 11,92 456 *206 11,159-162 443 *122 444 *127; 445 *133 11,170 11,180 443 *122 11,192 442 *120 11,198 445 *131 11,202 445 *131 11,205 445 *131 11,241 444 *129 11,262 445 *131 11,290 445 *131 11,334 449 *155 447f. *149-150 11,356 11,358 448 *150 11,362 447*149; 448*151 11,397 444 *129 11,404 462 *29 442 *117 11,565 11,574.576 456 *203 11,577 456 *204 442 *117 11,598 ΙΠ,1,103 442 *119 ΙΠ,1,103-110 442 *119 245 *155 ΙΠ,4,8 ΙΠ,5,57 440 *114 m,6,66 424 *14 ΙΠ,7,26 456 *208 - CPG 3158 XI: 453*187 - C P G 3159 11,234:52 *50 - CPG 3196: 48 "39; 128 *75; 199 *12 Ps. Gregor  v.  Nyssa  - C P G 1781: 409*75 - CPG 3201: 370 mit »17-19 Ps. Gregor  Thaumaturges (CPG 1781) siehe Ps.Gregor v. Nyssa Hieronymus (CPL 620) Ep. 124 322 Ps.Hippolyt  v. Rom (CPG 1902) 394

Register Hormisda  (Hormisdas), Papst - CPG 9173: 261 - CPG 9174: 261; 266f.; 275 - C P G 9179; 9188-9191: 267 - CPG 9213-9215; 9221: 261 - CPG 9254: 269 - CPG 9255: 270 - CPG 9300; 9302: 274 - Rescriptum senatus (CPG 9180) 267 Hymnus  Ό  Μονογενής  siehe Justinian: CPG 6891 Ibas  v. Emessa (CPG 6500) 211; 280; 311; 312f.; 318 Innozenz  v.  Maroneia  - CPG 6846: 39 * 8 - l l ; 272; 283 - CPG 6847: 36 *190; 272 Ps.Irenaeus  v. Lyon (CPG 1320) 370 *1 Johannes  II., Papst (533-535) - CPG 9316: 287 - C P G 9317: 36 *190; 287 Johannes  v.  Antiochien  - CPG 6310: 3 *13; 15 *80; 46 *33; 162 *51 - C P G 6 3 4 6 : 307 Johannes  Chrysostomos  - C P G 4 4 0 0 : 397 - CPG 4405: 397 *60 - CPG 4420: 59 *82 - CPG 4424; 4426: 397 *60 - CPG 4440: 533 *402 Johannes  v. Ephesos, Vita Joh. Teliae 284 Johannes  Grammatikos  - CPG 6855: 42 *21 1.1 16*85; 45*30; 47f. *34-38; 49*41; 54*59 *62; 55*71 *73; 59*81 *83-86; 63*98; 69 *107-108 *110; 73f. *127128; 119 *18; 232 *90 1.2 45*30; 46*32; 48*38; 5052 *42-53; 54 *61 *63; 55f. *6772 «74-75; 57-59 *77-80; 61f. *90-96; 63*98; 69*106 *110; 70f. *111-117; 7 4 * 2 9 133; 117-119 *3-15; 120 *2223; 120f. *26-27; 122 *31-32; 198 *7; 222 *44; 344 *33

Zitierte Quellen - CPG 6856: 52f. "55-58; 63*97; 69*107 *109; 72 *121; 73 *126-127; 74 *131132; 75*135-135; 120*20-25; 121123 *28 *31 »33-36 Johannes II. Kappadox (CPG 6830; 9208) 261; 262 Johannes  Malalas (CPG 7511) 329 Johannes  Maxentius  - CPL 656: 270; siehe Skythische Mönche -CPL657: 211 *22 - C P L 661; 662: 210 *13; 274 - C P L 663: 210 *13; 211 *22 - CPL 664a: 210 *13 Johannes  v. Nikiu (CPG 7967) 330 Johannes  Philoponos  - CPG 7260: 240 mit *131 - CPG 7263: 530 - CPG 7265: 510 *140; 530 mit *373 u. 375 Prolog 530 *378 1,12 544 *534; 551 *617 1.17 512 *155 1.18 551 *620 1,22 551 *617 ΙΠ,5 553 *651-653 ΙΠ,10-11 513 *173; 530 *376; 554 *673 ΙΠ,10 548f. *587; 555*674 *677 *681-682 *685-687; 556 *689 *691-692 ΙΠ,11 555*677; 556*700 ΙΠ,17 553 *655 IV, 12 553 *654 IV, 13 553 *653

-

-

VI, 15 512 *155; 553 *656 VII,14 513 *166 CPG 7266: 510 *141; 554 VII,6 510 *142 X,6 510 *142 ΧΠΙ,6-7 510 *143 ΧΠΙ,14 510 *143 CPG 7271: 240 *131; 530 CPG 7272: 509; 512; 530 *373 Contra Aristotelem 510-512 on: *144); 536; 552f.; 554 Fragm. 47-48 511*151 Fragm. 80 511 *147 Fragm. 90-91 511*151 Fragm. 116 511 *148 Fragm. 129 511 *147 Fragm. 131 511 *147-148 Fragm. 132 511 *149

(Editi-

655

Fragm. 134 511 *146 *152 - In Phys. 536 *434 Johannes v. Sythopolis (CPG 6850) 228 *77 Junillus  (Junilius) Africanus, Ubersetzer (CPG 7015; CPL 872) 277; 525 *321-322 Justin I., Kaiser (CPG 9207) 261 Justinian, Kaiser - CPG 6865: 261 -CPG6867-6869: 270 - CPG 6870: 270; 272; 274 - CPG 6872: 274 - CPG 6873: 274; 287 - CPG 6874: 287 - CPG 6875: 293 - C P G 6876: 261; 293 - CPG 6877: 293; 297 - CPG 6878: 227 *75; 228 *79; 257; 300308; 309; 314f. - C P G 6879: 227*74 *76-77; 296; 299f.; 309 - CPG Suppl. 6879: 227 *74 *76-77 - CPG 6880: 320; 322; 509f. mit *135 - C P G 6881: 36*189; 210*15; 314 mit 316; 317 mit 319 - CPG 6882: 228 *79; 313-316; 317-319 - CPG 6885: 36 *189; 228*79; 314 mit 316; 319 - CPG 6886: 324f. -CPG6887: 312f. - CPG 6890: 329 mit 330 -CPG6891: 288-290 - C P G 6892: 329 mit330f. -CPG6893: 287;293;297 - CPG.Suppl 6894: 295f. - CPG.Suppl. 6895: 226 *72; 308 mit 309 - CPG 9300-9301; 9313-9314: 287 -CPG9320 287;293 - Collatio cum Severianis a. 532 habita 278-284 - CPG 6846: siehe Innozenz v. Maroneia - CPG 6849:283f. - Berichte: Harvard syr. 22; London Add. 12.155 284 - Diskussion mit Paul v. Nisibis 326f. - Edikt vom Jahre 564/565 327-330 Ps.Kaisarios (CPG 7482) 294; 549 *590 Ps.Klemens v. Rom (CPG 1003) 388 Kosmas Indikopleustes (CPG 7468) 349 - Prolog 505 zu *90; 506 zu *104; 508 zu *118; 516; 517f.; 531 mit *391

656 - Pinax

Register

504 *81; 506*101; 513*174; 516f.; 528 zu *351 - Expositio 504 *81-82; 505 zu *88; 517 zu *221; 526*330; 534*411; 547 *572 I 504f.; 552 534 *410 1,1 505 zu *88; 523 *293; 1,2 547 *572 1,3-4 504 *78; 552 *641 1,5-8 552 *645 507; 552 *646; 553 *657 *660 1,5 *662 535 *423; 553 *661 1,6 553 *657 1,7 552 *646 *648 1,8 1,9-13 504; 548 *582 1,12 509f.; 554 *664; zu *671 1,13 535 *423 1,15-16 535 *429 1,20-29 504 1,22 528 *346 1,23-27 550 *612 1,27; 29 553 *659 504 *86 1,30-32 Grundschrift (Π-V) 500; 502f.; 507; 526 zu *328; 526f.; 528; 532-551; 545; 547; 552 II 502; 503 Titel 502 *59 11,1-2 517*217 500 *28 11,1 2 77 11,2-4 11,2 500*34; 526*331; 532*395; 533 *400; 534 *411; 556 *704 502 *54 Π,3 497 *2; 502 *59; 504 *78 *81; 11,5 zu *82; 517 11,6 503 *61; 534 *408; 435 *421 503 *60; 517 *207; 535 *422 11,7 11,8-11 503 *61 11,11 535 *422 502 *56 11,12-16 11,12-13 535 *424 11,13 535 *428 11,14 535 *430-431 535 *425 *428-430; 549 *595 11,15 11,16 535 *427 *429 11,17-23 503 *62 11,17 534 *408

11,18 11,19 11,20 11,21 11,24-33 11,24-25 11,24 11,29 11,30 11,31-33 11,31 11,33 11,34

11,35-36 11,35 11,36 11,37-65 11,37-43 11,37 11,38 11,41 11,43-44 11,43 11,45-47 11,45 11,46^7 11,47 11,48

11,49-50 11,49 11,51-64 11,51-53 11,51 11,54 11,55 11,56 11,58-59 11,58 11,60-63 11,60-62 11,62 11,63 11,64 11,65

534 *415; 535 *420 536 *437 503*75; 525*315; 534*406 *408^t09 *412; 535 *426 503 *75; 534 *409 *412 503 *63 544 *536 535 *418; 544 *527 *530 536 *435 499*21 549 *593 547 *575; 549 *592 *594 *597 *599 537 *444 503 *64; 545 *552 *554; 546 *555 *557 *562; 547 *578; 548 *587; 555 *684 502 *58; 503 *62 534 »410-411; 556 *695 *703 535 *418; 544 *527 *529-530; 545 *549; 546 *558-560 503 *63 544 *536 545 *551 544 *535 544 *537 536 *435; 544 *538 544 *529 544 *531 499 *21; 519 *250; 537 *439 499 *21; 537 *441 544 *533 506 *103; 536 *437; 537 *442 *448; 538 zu *462; 541 mit *507; 542 mit *511 537 *446 499 *21 537 *447 538 *450 541 *500 500 *28 508 527 *338; 538 *459 538 *463 506 *103; 538 *464 538 *465 538 *467 538 *468 538 *460; 539 *474 537 *446 *448; 538 *461 505 mit *89; 537 *445

Zitierte Quellen Π,66-77 503 *72 11,74; 75 503  *72  11,78-82 503 -63 11,79-80 505 -93; 537 -443 11,80 526; 540 -493 11,83-103 550 -604 11,83-102 503 *64 504 -84 11,83-86 514 -179 11,83-85 Π,83 550 -603 -608 -611 11,84 550 -608 -612 550 ^613-614 11,85 11,86 550 -614 544 -534 11,88 11,89 550 -614 11,94 544 -534 514 -183; 544 -534 11,95 11,96-100 504 -84 550 -614 Π,96 11,97 550 -611 -615 11,99-100 550 -616 11,102 515 -197; 550 -616 Einschub der um Buch I erweiterten Grundschrift: 11.103-110 500; 504 -83; 505; 523 -295 11,103 504f. mit -85 u. 87; 523 *296-297 »299; 548 mit '582-583; 550 -611 11.104-110 504 11,105 550 •''612 11.107 514 -186; 524 Π, 108-110 504 -86; 514 '185 11.108 550 -610 11,110 514 -183 11,111-112 503-65 11,112 500 -28 ΠΙ 502; 503 mit -66; 533 -397 ΙΠ,Ι 513 -166; 521 -277 ΙΠ,2-4 526 ΙΠ,3 521 Zusatz der LS-Edition (siehe unten): ΙΠ,5 513 -166; 526 ΙΠ,6 521 ""277; 522 -290 ΙΠ,13-50 556 -702 ΙΠ,13-14 503 -67 ΙΠ,13 503 -65; 521 "-278; 534 -408; 550 -604 ΙΠ,14 525 -315; 534 -408 *410

657

ΙΠ,16 534 -411 ΙΠ, 25-27 503 -67 IU,25 544 -528 ΙΠ,26 550 -606 -612 ΙΠ,28-33 503 -68; 550 -604 ΙΠ,28-29 550 -606 m,3i 534 -412; 550 -606 m,32 550 -607 in,33 550 -606 -608 503 -68; 550 -604 in, 36-49 ffl,41; 42; 49 550 *606 ΙΠ,50-56 503 - 6 7 in,50 503 -65 in,51-53 534 -411 in, 51-52 536 -435 m,5i 544 -529; 545 -550; 548 -580; 556 -703 in,52 534 -416; 544 -530; 545 -549-550; 546 -560 in,53 526 532 -394; 534 -411; 556 -701 in,55 in,57 535 -423 in,58 556 -703 550 -611 in,61 in,62-63 503-70 in,64-66 503-71 in,65 499,-21 in,77-87 503 - 7 4 in,79 544 -537 in,so 503 -65 -73 in,81 532 -394 in,82-85 556-694 503 -73 m,86 in,88 500-28 IV 503 IV,2 524f.; 550 -610 IV,3 525 -315 IV,4 503 -75; 525 -315; 534 -408 IV,5 534 -415; 535 -420; 556 -698 IV,6 535 -424 IV,7 540 -493; 544 -530; 548 -585 IV,8 535 -419; 544 -527 IV,9 503-75; 525-315; 532-394; 535 -419; 550 -610 IV,10 547 -575; 548 -585; 549 -594 -597 -599 IV, 11-12 545 -552 IV,11 523 -298; 544; 545 -556; 547 -577-578; 550 *611 IV, 12 546 -557; 547 -578; 555 -684 IV, 13 547 -574 -576; 550 -611

658

Register

548 *587 548 *585 549 *591 *599 535 *423 535 *423 500"28 503 Mar Aba orientierte Begrün503 zu »76; 522 *287; 533 "397; 534 *411 532 *395 V,1 V,20-21 534 *411; 556 *694 V,20 556 "-696 V,21 56  *697 V,22 533 "-396; 545 *550 V,23 548 *580 V,27-29 556 "•694 V,2 7 534 *411 V,31 548 "580 V,33 545 *551-552 544 "529 V,34 V,36 525 "317 V,41 534 *411; 545 *550 V,53-54 522 *289 V,54 522 »281 *289  *291  V,63-64 533 *398 Traktat über die beiden Katastasen (mit Kommentar in Exkursen): 497 *1 V,67-219; 241-244 503 zu "77; 514 *187; 525 "319; 529 V,98 515 *197 V,112 529 zu *364; 533 *398; 534 *411 522 *289 V,115 V,131 515 "199 V, 142-174 525 "320; 529*361 V,162-165 525 "324 V,165 525 V, 184 514 *188 V,185 514 *188-189 514 *189 V,186 V,188 514 "188-189 V,241 514 "188 V,243 547 "572 V,244 500 "28; 524 V,220 550 *608 *611 V,227-229 515 "199

IV,15-16 IV, 15 IV, 16 IV, 17; 18 IV,20 IV,25 V ν,Ι-65 (an dung)

V,22 7 500 *28; 525 *315; 532 "394 V,232-244 515 "199 V,232; 238 515 "199 V,245-247 524 "312 V,245 550 ""610 V,252 515 *197 V,254 515 *202 Die um VI erweiterte Publikation 505f. VI,1-13 506 zu "106; 517 zu ""227; 531 zu "389 VI,1-12 505*95 VI,1 506 "102 VI,3 528 "-349 VI,5 506 *103; 541 *508; 542 "513-514 VI, 6 506 "103; 541 "501 "506; 542 "512 "514 "518; 543 VI,7-10 523 VI,7 505 zu *92 *97 519 VI,10-11 VI, 10 506 VI,11 542 "514 VI,12-13 506 zu "105 VI,12 505 zu "98; 506*103; 542; 542 "514 VI,13 505 "96 *98; 524 VI, 14-23 506 *99 544 "536-537 VI, 16 VI,23 511 VI,24-34 506 *100 VI,28; 33 515 "197 VI,34 535 *419 Die V-Edition (I-X) 506-516; 519; 524; 529 Vat. 506 zu "107; 508 zu 11,55; 524; 550 *610 VII 503 *75; 508-512; 521; 552 VII, 1-2 509 "127 VII, 1 509 "123 "126 *129; 510 "138-139; 511*154; 518 zu *230; 531 VII,2 509 *124-125 *128 VII,4 505 *94; 528 *352; 531 zu *388 VII,7 544 *530 VII, 8 508 *122 VII,9 550 *611 VII,10-19 556 *694 VII,10 508 "122; 556 *698 VII,11 534 *411; 556 *695 VII, 12 534 *411

Zitierte Quellen VII,16 VII,22 VII,48-51 VII,48 VII,53-58 VII,56-59 VII,60-67 VII,65-67 VII,68 VII,71 VII,77 VII,82 Vn, 83-86 VII,84 VII,85 VII,86 VII,87-88 VII,87 VII,88 VII,90-91 VII,90 VII,91 VII,92 VII,93 VII,95 VII,97 VIII VIII,3 VIII,4-7 Vin,7-14 VIII,15-16 VIII,18-19 VIII,19 VIII,20-24 VIII,20 VIII,25 ΙΧ-Χ IX,1-2 IX,1 IX,2 Zusatz der IX,4-5 IX,5 IX,6 IX;7-8 IX,7 IX,8

556 »698 556 »694 *696 514 »184 550 *610 550 »610 514 »184 511»145 511»153 526 zu "327 508  *122; 525 »315; 534 »411 508 »145 534 »411 526 513; 534 »408 534 »415 524; 535 »424 556 »694 534 »411; 556 »696 534 »411 526 511 »150; 554 »669 535 »423 511 »150; 554 »669 512 »158 509 »123 "129; zu »131; 510 »138; 512 »157 528 »353 512f.; 524 "314 529 "359; 531 zu »387 512 »161 512 »159 512 "162 512 »163 512 "162; 513 »164 *166 "168 513 "164 500 "29; 504 zu "79; 513 "165 »168; 528 500 "30; 501 "42, 504 zu "79; 513 "164-168; 528 513-516 546 »564 546 »566-567 546 »567-568 LS-Edition (siehe unten): 514 »177; 523; 524 "307 523 "292; 550 »608 514 »178; 524; 546 »569; 550 »604 »608; 554 »669 524 zu »304; 546 »565 546 »570; 555 »684 546 »559

IX, 11 IX,12

659

546 »563; 556 »695 546 "558 "562 "570; 551 »629; 555 »684 IX,13-25 550 »604 IX,13 550 »615 IX,14 550 »613 »615 IX,15 550 »611 IX,16-17 514 »182 514 »183 IX,18 IX,19 514 »182; 550 »610-611 »613 IX,20 550 »615 IX,23 514 »181 IX,25 550 »615 Zusatz der LS-Edition (siehe unten): IX,26-28 514 »177; 523f. IX,26 524 »304 »306; 546 »559 IX,31 524 »303 X 514-516 514 »191 X,l-41 514 »190; 515 »193 X,1 515 »194 X,2 X,14 515 »193 »196; 518 zu »237 X,16 515 »193 X,19 515 »193 »195-196 X,26 555 534 »415 X,31 X,33 549 »589; 555 »686 X,39 513 »170; 549 »588 515 »193 X,40 X,41 516 »204-205 Die LS-Edition (Ι-ΧΠ) 505; 508 zu »118; 514 zu »178-179 »191; 516526; 547 »572 L 506 zu »108; 514 »186; 516 zu »209; 517; 524 S 506 zu »108; 508 zu "112; 516 zu »208; 517 Prolog siehe oben V, 142-174 (Redaktion in LS) 525 IX,4-5 (Zusatz) siehe oben IX,26-28 (Zusatz) siehe oben 516 zu »213; 518; 525 X,42-75 zu »325 X,49 533 »402 X,53 518 »237 518 "240; vgl. 525 »325 X,54-55 X,60 518 »237 »239; vgl. 525 »325 X,62 518 »233 »241; 529 »371 X,63 518 »237 X,64 519 »243 X,66 518 »242

660

Register

X,75 XI-XII XI

518 *241 516 499; 508; 517 zu *228; 5 1 8 * 2 3 2 ; 519; 531 zu *390; 541 *501 519 *244 XI,1-9 XI,2 508 *113; 519 »251 XI,4 519 »251 XI,5; 6 508 *113 XI,7 519 *245 *251 519 *246 *254 XI,10-11 XI,11 508 *113 XI, 12 519 »244 XI, 13 508 »113 XI,14 519 »248 XI, 15 499 »21; 519 »249-250 XI,16 519 »250; 544 *533 XI,20-21 519 *247 XI,21; 23 519 »249 ΧΠ 513 »166; 516 zu »211; 5 2 0 522; 545 zu *544 ΧΠ,Ι 521 *279; 544 *535 ΧΠ,2 520 *263; 521 f. *279-280; 544 *535; 545 *545 ΧΠ,3 521 *279; 544 *535 ΧΠ,4 521 *279 ΧΠ,5 520 *258; 522 *281 ΧΠ,6 522 *280 ΧΠ,7-8 520 »257; 522 »281 ΧΠ,7 522 *283 521 *279; 544 »535; 545 »545 ΧΠ,8 ΧΠ,9-12 520 *258 ΧΠ,9-11 522 *281 XII,9-10 520 *264 XII,9 522 *281 522 zu »291 ΧΠ,ΙΟ ΧΠ,ΙΙ 522 »281 »291 ΧΠ,Ι 2 522 »281 ΧΠ,Ι 3 513; 520 »260 »263; 521 »272 »274-275; 522 »281; 547 »572 ΧΠ,Ι 4 - 1 6 520  *259; 521 »266 ΧΠ,17-18 520 *260 ΧΠ,17 521 *272 *274 ΧΠ,18 521 *273 »275 Exkurse  (παραγφραφαί)  507  *110;  511  *150;  513;  521;  524;  526  (u.  »326);  529  »362;  535  »423;  550  »610  Glossen  507(.;  526  Illustrationen  503;  505;  506;  508;  519;  524  *306­307; 

524f.; 

544  »530;  547f.;  548  zu  »585  »587  Kyrill  v.  Alexandrien  ­  CPG  5207,3:  97  »216  ­  CPG  5208:  231  »85;  295  ­  CPG  5209,3:  13  »74  ­  CPG  5215:  227 "77; 296; 308 mit 309  ­  CPG  5221­5223:  4 * 1 4  ­ C P G  5221:  15  »82  ­  CPG  5222:  9  "52;  15  "82;  31  "162;  108  *24  ­  CPG  5225:  16  »85  »88;18  »93;  2 0 * 1 0 7 ;  23  »116;  26  zu  »141;  28;  33  zu  "173  u.  175;  97  »216  ­  CPG  5228:  97  »216  ­  CPG  5230:  306  mit  307  ­  CPG  5240:  97  *216  ­  CPG  5247:  306  ­ C P G  5301:  9 * 5 3  ­ C P G  5304:  7  m i t * 3 8 ;  9 * 5 3 ;  11*66;  13*72;  2 0 * 1 0 2 ;  Anm.107;  22  zu  *115;  29  *147;  33  *176­177;  39  *9;  55  *71;  214  *29;  280  ­  CPG  5317:  3  *8;  7t;  8  *44  »47­18  *50;  9  *51  *54;  13  *73;  15  *82;  21  *109;  26  *138;  31  *163;  34  *179;  39  mit  *5;  7;  10;  209  mit  210  »13­15;  211  »19  *21­22;  2 1 3 * 2 9 ;  263f.;  268f.;  270;  271f.;  280;  291;  302;  304;  305­307;  308;  312f.;  317­319  ­  in  den  Akten  von  Ephesos  (CPG  8675)  10  *62  (vgl.  36  zu  *189);  69  *110  ­  CPG  5339:  3  *13;  7  mit  *38  »39­11;  8  *43  » 4 5 ^ 6  »49;  9 * 5 4 ;  10*57;  11*66;  15*80;  3 9 * 9 ;  4 6 * 3 3 ;  162*51;  214  *29;  215  *31;  280;  306  ­  CPG  5340:  4  *14;  10  *57;  14  *76­78;  162*48;  2 1 5 * 3 1 ;  2 1 6 * 3 2 ;  2 5 0 * 1 8 7 ;  305f.  mit  307  ­  CPG  5344­5346:  4  *14;  39  ­  CPG  5344:  10  *57  *60;  215  *31;  306  ­  CPG  5345:  10  *57;  307  ­  CPG  5346:  20  *104;  59  *85;  179  *45;  202  *27;  211  *22;  232  *91;  307  ­  CPG  5350:  4  *14;  14  *77  Kyrillisches  Florileg  vom  Jahre  4S2  16  *85  *88;  38f.  *4­6;  40f.  mit  »12­16;  54  *65;  214  *29;  219  *40;  266;  307  Kyrill  v.  Skythopolis  (CPG  7536)  320;  322f.  Kyros  v.  Phasis  (CPG  7613)  160  *27 ;  243  *149 

Zitierte Quellen Laktanz, Divinae institutiones 476f. Leo  I., Papst - Ep. 28 Ball. (CPG 8922: Tomus Leonis) 2 *3; 5; 11 *64-65; 13 *71 "75; 16 *83; 18 "91-92; 20 *103 "107; 21 n08; 25*133; 28f. "146-148; 36 "186-187 "190; 40 "14-15; 54 "65; 161 "37; 216 "33; 218f. "39-41; 236 "111; 265f.; 272; 284; 307 Florileg vom Jahre 450: 10 "59; 16 "85; 17 "90; 18 "94; 22*114; 23*116; 33 "173 - Ep. 35 Ball. (CPG 8929) 22 "113; 24 "126; 30 "160; 108 *25; 200 *14 - Ep. 67 Ball. (Collectio Arelatensis) 22 *115 - Ep. 69 Ball. (CPG 8968) 22 *115; 23 *117 - Ep. 70 Ball. (CPG 8969) 22 *115; 23 *118 - Ep. 84 Ball. (CPG 8984) 23 *123 - Ep. 88 Ball. (CPG 8988) 23 *119-120 "122 - Ep. 93 Ball. (CPG 8993) 36 *189; 88 *176; 317 mit 319 - Ep. 109 Ball. (CPG 9037) 10 *58 - Ep. 113 Ball. (CPG 9046) 22 *113 - Ep. 117 Ball. (CPG 9050) 32 *166 - Ep. 120 Ball. (CPG 9053) 16 "84; 22 *113 - Ep. 124 Ball. (CPG 9057) 24 *127-128; 25 "130-132 "134; 26 *136 *139-140; 27 *143-145; 28 *149 *151-154; 30 *156 *158 - Ep. 129 Ball (CPG 9062) 32 *168-169 - Ep. 130 Ball. (CPG 9063) 32 "167 - Ep. 131 Ball. (CPG 9064) 32 "169 - Ep. 139 Ball. (CPG 9070) 34 *178 *181 - Ep. 164 Ball. (CPG 9096) 34 *181 - Ep. 165 Ball. (CPG 9097) 5 *29; 10 "59, 16 "86; 23 *124; 24 *128; 25 *130-132 26 *136 *139-140 *142; 27 *143-145 28*150-154; 30*156-158; 63; 216 *33; 218 *38 Florileg 18 *94; 24 *128; 29 *147; 33 "172"176-177 - Sermo 21 13*71 -Tractatus 54 5 "30; 13 *75; 25 "130 6425 *130-132; 26 *139 Leontios  v. Arabissos (BHG 2219u) 41 *19; 328 mit 331

661

Leontios  v.  Byzanz  - CPG 6813: 41 *19; 72 *120; 76 I 78; 85*162; 124*45 I Prooem. 41 *20; 76 *136; 125 *48-49; 128 *74; 199 "7 1,1-6 84 "159 1.1 65*101; 77*141; 78*144 *146 *148; 80 "152-153; 81 "155; 83 "157; 84 "159; 126 "57; 127 "59; 132*100102 "104; 133f. *105—112; 134 *114—118; 135 *124 1.2 83 *157; 92 *187;126 "56; 127£. *62-66 *68-73 1.3 128 *66 1.4 76*135; 113*64; 83*157; 127 *59; 128 V 3 *75; 129 "76 *78-79 *82-83; 130*85-87; 140 zu "153; 141 "165; 199 *12 1.5 83*157; 84*161; 126*56; 126 *57; 128 *67; 129 *79 *81; 130 *84; 134f. *115 *118-123; 136 *129; 138 *142; 140 *155; 143 *174; 150 "46 *53; 155 "94; 185 "88; 205 "52 1.6 83 *157 1.7 67*104; 76*135-136; 83*157; 125 *48 *50; 127 *59; 128 *66 "75; 129 *78; 132 *104; 133 *113; 135-140 "127-133 "135-140 *142-147 *149150; 140 zu *156; 141 *161; 142 *167; 144 *177-182; 199 *12 II

76 *135-136; 84 *161; 85 *162-163; 223 *48-50; 328 mit 330f. ΙΠ, Prooem. 41 *20 ΙΠ,Ι 76 *136; 77 *142 ΙΠ,30 85 *163; 219f. *42 ΙΠ,38 77 *138; 125 *50 ΙΠ,41 77*137 *140 *143;125 "5051; 126 *55; 199 *7 ΙΠ, Ad testimonia haereticorum 85 *163; 219f. *42 - CPG 6814: 76 mit *136; 124 *45 - CPG 6815: 76; 78; 124 *45 Prooem. 76 *136

662 I II ΙΠ IV V VI VII

Register 92 *187; 68 »105 (mit 72 *120; 77 *141) 78 »144, 68 *105 (mit 72 *120; 77 *141); 78 »144 76 *136; 77 *139; 126 *57 67 *104; 84 *160; 126 *57 76 »136; 134 *121 64 *99; 68 »105 (mit 72 *120; 77 *141); 77 *41; 78 *144 *146 67 *104; 68 *105 (mit 7 2 * 1 2 0 ; 77 "141); 7 8 * 1 4 3 144; 81f. "155-156; 83*157; 84 »160-161; 85f. *163-164; 125*50; 127*59; 133*108; 135 *125-126; 138 *142; 140 *157; 142 *168; 143 *172; 344*33

Leontios  v.  Jerusalem  - CPG 6917: 150 *45 4 154 *76 6 154f. *85-91 21 154 *75 45 146 «16 58 147 *19 Testimonia: Prooem. 87 *169-177; 99*228; 212 *24 Testim. haereticorum36 *189; 88 *176 Argumenta 88 *176 - CPG 6918: 72 *120 105 *7; 127 *61 I-II 86 *167 1,1 86 *168 1,4 86 *166 1,5 86 *166; 98 *223 1,6 99 *229 1,8 95 *200-201 1,11 1,12 146 *15 1,14 95 *198; 95 *203; 96 *206; 146 »15-16; 224f. *56-60 86 *167; 97 *213; 146 *15; 1,16 156 *101; 226 *70 1,17 146 *15 1,18 94 *196; 226 *68 1,19 9 6 * 2 0 5 *207-212; 9 9 * 2 3 0 231; 146 *13 *15-16; 156 *101; 226 *69-70 49 *41; 92 *188; 93 *192; 1,20 147 *19; 151f. *60-62; 156 *99 1,21 153 *70-71

1,22

100 *233; 146 *13 *15; 150 *45; 153 *73-74 1,24 93 *192; 1,26 146 *14 147 *17 1,27 93 *192; 152 *64 1,28 1,29 93 *192; 152 *61; 156 *99 1,32 89 *178 1,42 93 *192; 152 *63; 156 *99 1,48 146 *15 1,49 98 *223 *225 93 *192; 9 5 * 1 9 8 ; 100*233; 1,50 146 *16; 152 *63; 153 *73 9 9 * 2 2 7 ; 100*233; 146*15; 1,51 154 *77-79 *82-84; 155 *93 1,52 91 *185; 93 *192; 95 *198; 154 *80-81; 156 *99 II 100 *23 11,1 146 *15; 147 *17-19; 151 *58 147 *19 11,5; 6 97f. *220-222; 147 *19; 11,7 152 *66 147 *19 11,10 11,11 146 *15 11,13 91 *185; 131 *91-92; 143 mit *175; 146 *7; 147-149, »22-24 *26-41 11,14 9 0 - 9 3 *180-189; 149151 *42-45 *47-55 *59; 152f. *66-67; 156 *95-98; 225 *62-64 11,21 93 *191-195; 225 *67 11,24 152 *62 11,47 86 *168 IV,37 94 *197 V,2 95*202 95 *204 V,3 V,25 95,*199 102 *235 V,28 V,29 92 *188 95 *198; 101 *234; 226 *71 VI,8 VII,2 102 *236 99 *227 VII,5 Leontios  v.  Konstantinopel  - CPG.Suppl. 7887: 361  *91  - C P G 7890; 7891: 360*91 - CPG 7898: 361 *91 Leontios  Scholastikas (CPG 6823): 59 "79; 77; 104 *6; 124, *41; 125 *45; 199 *7 Liberatus (CPL 865): 262; 312; 320 Mar  Aba: Vita des Mar Aba

277f.; 500f.

663

Zitierte Quellen Martin  l, Papst (CPG 9400) 160 «32 Maximos  der  Bekenner  - CPG 7697: 1 170f. »8-9; 172 »17 »19; 177 »31; 186 »91 2 171 *9 3 175 »22f »22h 4 188 »99 5 183 »66; 188 »99; 189 »101; 203 »34; 206 »57 6 175 »22f-22h; 179 »43; 201f. »25 7 175 »22f; 179 »43; 188 »97; 201 »25 8 178 »40; 179 »43; 188 »99; 201 »23; 202 »25; 206 »57 9 191f. »118-119 »121-125; 194 »128-129 »132-134; 206 »57; 246-251 »167-190 10 159 »14 »17-20; 252 »194 13 186 »90 14 186 »90 177 »31 »33; 179 »43; 202 »25 15 171 »9; 173-175 »20-21 »22c16 22f; 176 »23; 177 »30 »35 »37; 188 »97-98; 189-191 »102116; 201 »18 »20 »22 17 185 »86 18 186 »90 20 163 »53; 164 »62; 165 »73; 188 »97 »99; 240-242 »130 »132-146; 243 »148 23 177 »34; 201 »19 24 171 »13; 175 »22f - CPG 7698: 107 »20; 124 »41; 160 »26; 170f. »8-13; 172f. »16-19; 175 »22f; 176 »23-26 »28-29; 177 »37; 179 »4243; 188 »97 »99; 191f. »117-120; 194 »133; 196 »142; 199 *7; 201 »18 »22 »24-25; 205 »53; 206 »57; 229 »80 »82; 254 »209 - CPG 7699: Ep. 6 186 »90 Ep. 7 186 »90 Ep. 12 178 »40; 179f. »43-50; 181183 »53-56 »58-63 »65 »6771; 184 »74 »76; 201 »23; 202-204 »25-28 »30-43 »45 Ep. 13 92 »187; 176 »25; 181 »51; 182-184 »59 »61-62 »64-65 »70-71 »73-74 »76; 195 »135-

139; 203f. »35-39 »41 »45; 205 »53 Ep. 15 131 »96; 177 »35; 178 »40; 179 »43; 184f. »77 »79-83 »85 »87-88; 201 »20; 201 »23; 202 »25; 204f. » 4 6 ^ 9 »51-52 Ep. 19 176 »25; 177 »32; 188 »96; 205 »53-54; 243t. »149-151; 244-246 »155-167 - C P G 7705,1: Prooem. 185 »86; 204 »50 4 171 »13; 176 »25 »27; 205 »53 5 176 »23; 201 »18; 250 »186 - CPG 7705,2: 185 »84; 186 »91; 188 »99; 204 »48; 341f. mit »28-30 - CPG 7707: 34 177 »37; 201 »22 - Vita syriaca Maximi Confessoris 247 »167 Menas, Patriarch v. Konstantinopel - C P G 6923: 261; 294 - CPG.Suppl. 6932:229 »80 »82; 254 »209 Ps.Moses  v. Choren, Geographie498 Narsai, Homilien559 - Horn. I (36 Mingana) 532 »392; 547 »573 - Horn. II (34 Mingana) 532 »392; 551 »624 - Horn. ΙΠ (35 Mingana) 532 »392; 533 »398 -Horn. IV (29 Mingana) 544 »534 - Horn. V (37 Mingana) 532 »392 - Horn. VI (38 Mingana) 551 »634 Nemesios  v. Emesa (CPG 3550) 2 110 »37; 111 »49; 115 »85-86 3 109 »30; 112-116; 200 »13 Nestorios (CPG 5751) 97 »215 - Historia ecclesiae Nestorianae 278 Origenes (CPG 1482) 97 »214; 311; 488

224 »53;

Pamphilos (CPG 6920)65 mit »101 Paul  v.  Emesa  - CPG 6365-6366: 10 »57; 18 »91 - CPG 6366: 306 Paul  II. v. Konstantinopel (CPG 7620) 169f. »3-7

664

Register

Paul  der  Perser  - CPG 7010-7013: 276f. - CPG 7015: 277; 525 "321 Pelagius I , Papst (CPL 1703) 316 Petros  der  Walker: Fingierte Korrespondenz (CPG 6525): 285 mit 287 Philostorgios (CPG 6032) 441 »117 Philoxenos v. Mabbug, Ep. ad Maronem 43-45 *23; 25-26; 28; 30; 55 *71 Physiologos (CPG 3766) 360 "90; 533*404 Possidius (CPL 358) 480 Proklos  v.  Konstantinopel  - C P G 5808: 361 "91 - C P G 5822: 12 *68; 22 *113 - CPG 5897: 12 *68; 271f.; 275 Prokop  v.  Gaza (CPG 7430) 533 *402; 551 *626 Prokop  v. Kaisareia, Anekdota257f.; 284 Prudentius (CPL 1438) 355 *76 Pyrrhos  v.  Konstantinopel  - CPG 7616: 229 "82 - CPG 7617: 179 "42 Sergios, Patriarch v. Konstantinopel - CPG 7604: 228 *77; 229 '80-82 - CPG 7605: 166 "75; 228 "77 - CPG 7606: 166-168 "74-76 *80-89; 206 "56; 228 "77; 229 "80-S2; 244 »150 - CPG 7607: 252; 254 *209 - Psephos 244 »150-153; 245 *155 "158; 246 ""164 Severian  v.  Gabala  - CPG 4185: 397-400 - CPG 4186: 400-404; 405 - CPG 4190: 463 "37 - CPG 4192: 466 *48 - CPG 4193: 411f.; 412 *81; 459 "12-14 - CPG 4194: 515 ΙΠ 534 ""415; 548f. mit "589; 555 ""686 IV 466"50-51 V 465 "43 "46-47 VI 465 "43 - CPG 4196: 408 "70; 412-414; 464 "38 "40 "42 - CPG 4198: 407-410; 419; 464 "37-38; 465 "43-45 - CPG 4202: 407 *67; 409 "74 "77 - CPG 4204: 394; 400 "-64; 409 "74; 415f.; 459 *15; 465 "43 "45-46

- CPG 4209: 459 "12 "14-15; 464 "37 - CPG 4210: 399 "62; 458 "8 "10-11; 464 "37 - CPG 4211: 458 "11; 464 "37 "41 - CPG 4230: 417f.; 419 - CPG 4232: 395 "54; 419 - C P G 4 2 7 1 : 395 "54; 419 - CPG 4906: 395 "54; 419 mit "88 - C P G 5003: 395 "-54; 419 - CPG 5027: 395 *54; 406 "66; 419 Dubia: - CPG 4735: 395 "54; 419 mit "89 - CPG 4917: 395,"54; 419 Severos  von  Antiochien  - C P G 7022: 59; 119 "16 - CPG 7023: 97 "217 - CPG 7024: 119 "17-19; 232 "90 - C P G 7031: 97*217 - CPG 7070,5-7: 291 mit 293 Skythische  Mφnche (CPL 656) 36 *190; 210 "13; 211 "22; 270; 272; 274 Sophronios  v. Jerusalem (CPG 7635) 160 *28; 161f. "37^18 Stephan  v. Dor,  Libellus 252 "193 Stephan  II. v. Hierapolis (CPG 7005) 231 *86 Symmachus, Papst (CPG 9164) 266 - Episcopi per Illyricum ad Symmachum 266 Theodor  Abucara, Inedituml04 *6 Theodor  v.  Mopsuestia  - CPG 3827: 533 *401; 544 *534; 551 zu *617-620 *638 - CPG 3828: 533 *401 - CPG 3834: 525 - CPG 3836: 551 *627 - CPG 3845: 551 "637 - CPG 3846: 551 "632 - CPG 3848: 533 "401 - CPG 3856; 3858: 108*23 Ps. Theodor  v.  Mopsuestia  - C P G 3 8 7 1 : 317-319 Theodor  v. Pharan (CPG 7601-7602) 160f. "30 *32-34; 254 "209 Theodor  v. Raithu (CPG 7600) 65 "101; 124 "41; 159 "13 "16 "21-23; 169 *1; 200 "16; 252-254 "196-208 Theodor  v.  Skythopolis (CPG 6993) 323; 510 "135

Zitierte Quellen Theodoret  v.  Kyros  - CPG 6200: In Gen.; In Ex. 533 *403 - CPG 6209: 533 *403; 551 *625 - CPG 6214: 9 *52; 108 *24; 280; 318 - C P G 6216b: 108*24 - CPG 6217: 22 *113; 97 *215; 108 *24; 239 *127 - CPG 6218: 108 *24 - CPG 6220: 318 - CPG 6240: 7 *42; 10 *57; 108 *24 - CPG 6278: 3 *11

665

Theodosios  v.  Alexandrien (CPG 71487149) 293 Theophilos  v. Alexandrien (CPG 2612)321 Timotheos  Ailuros (CPG 5482) 14 *75; 20 *105; 21 *108; 29 *148 Vigilius, Papst (CPG 9336) 229 »82-83 Ps.Zacharias  Rhetor (CPG 6995) 262; 284; 293