Bachelor und Master: Die Grundlagen des neuen Studiensystems in Deutschland. Ein Handbuch [1 ed.] 9783428513710, 9783428113712

Sind Hochschullehrer, Studierende und der Arbeitsmarkt auf die 1999 in Bologna beschlossene Einführung der Bachelor- und

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Bachelor und Master: Die Grundlagen des neuen Studiensystems in Deutschland. Ein Handbuch [1 ed.]
 9783428513710, 9783428113712

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Bachelor und Master Die Grundlagen des neuen Studiensystems in Deutschland

Ein Handbuch Von Peter Wex

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Peter Wex · Bachelor und Master

Bachelor und Master Die Grundlagen des neuen Studiensystems in Deutschland

Ein Handbuch

Von Peter Wex

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 3-428-11371-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen wird das Studiensystem in Deutschland auf eine neue Grundlage gestellt. Gleichzeitig läuft die herkömmliche Diplomausbildung aus. Die damit verbundenen Herausforderungen erfassen die Hochschulen in einer weltweit wirksamen Umbruchsituation, die mit den Schlagworten Globalisierung, Internationalisierung und Wettbewerb gekennzeichnet wird. Die Veränderungen treffen das deutsche Hochschulsystem in seinen Wurzeln. Ist die Institution Hochschule, sind die Beteiligten für das tiefgreifendste Reformvorhaben der Nachkriegszeit vorbereitet? Dabei ist auf zwei fehlerhafte Grundannahmen hinzuweisen, die immer wieder Geltung beanspruchen. Die Forderung nach einer Umstellung auf das System Bachelor und Master entspringt nicht aus der Hochschule selbst. Weder die Mehrheit der Hochschullehrer noch die Studierenden haben die Umstellung gewollt. Die Einführung gestufter Studiengänge ist das Ergebnis politischer Absichtserklärungen und Beschlüsse sowie von gesetzgeberischen Aktivitäten. Die erstrebte Veränderung ist Ausdruck eines typischen top-down Prozesses. Bottom-up wird der Umstellungsprozeß weitaus kritischer eingeschätzt, ein Befund, der die zögerliche Akzeptanz bis auf den heutigen Tag erklären hilft. Die Gründe für die Weiterentwicklung der Hochschul- und Studienstruktur mithilfe der Einführung der neuen Grade Bachelor und Master waren und sind: die lange Studiendauer an den deutschen Hochschulen, die nachlassende Effizienz des Hochschulsystems, die schwindende Attraktivität des Studienorts Deutschland und die fehlende internationale Vergleichbarkeit der Studienleistungen und Abschlüsse deutscher Hochschulen. Die Hochschullehrer und die Studierenden können diesen Reformprozeß mittragen, ihn ablehnen oder duldend ertragen. Dabei ist eine zweite, irrige Vorstellung zu korrigieren: es sei alles entschieden, die Gestaltungsmöglichkeiten im neuen System seien gleich Null. Das

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Vorwort

Gegenteil ist richtig. Jeder einzelne Studieninhalt und jede einzelne Prüfungsordnung für jeden Bachelor- und Masterstudiengang erlangt nur dann Verbindlichkeit, wenn die Mehrheit der Hochschullehrer dies beschließt. Der erfolgreiche Ausgang der radikalen Studienreform kann prognostiziert werden, sicher ist er nicht. Der befürchtete Qualitätsverlust im Vergleich zur herkömmlichen Ausbildung und die ungewisse Akzeptanz der neuen Abschlüsse im Berufsleben werden als die entscheidenden Prüfsteine angesehen. Eine Darstellung der Voraussetzungen und der Perspektiven für die neuen Grade Bachelor und Master in Deutschland ist auf übergreifende und interdisziplinäre Arbeitsschritte angewiesen. Historische, rechtliche und bildungspolitische Grundlagen sind daher notwendigerweise einzubeziehen. Damit öffnen sich zugleich die kritischen Einfallstore. In der konkreten Einzelfrage kann die juristische Vertiefung zu kurz kommen, an anderer Stelle der bildungspolitische Aspekt zu breit geraten. Zusätzlich: bei einem Überblickswerk fehlt ausgerechnet diese oder jene wichtige Entwicklung. Der geneigte Leser möge bis zu einem gewissen Grad Toleranz für Unzulänglichkeiten aufbringen. Wo aber Fehldeutungen, Unrichtigkeiten oder Weglassungen ein nicht hinnehmbares Maß erreichen, wäre ich für Hinweise sehr dankbar. Berlin, im Januar 2005

Peter Wex

Inhaltsübersicht I. Die Herleitung und Entwicklung des akademischen Grades „Bachelor“ in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

II. Die europäischen Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart (ab 1960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

IV. Die wesentlichen Strukturelemente von Bachelor- und Masterstudiengängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 V. Weitere Vorgaben und Ziele für die Entwicklung der neuen Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 VI. Die Erarbeitung eines Bachelor- und eines Masterstudienganges . . 186 VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 VIII. Der Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 IX. Die Akkreditierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 X. Die Einbeziehung von weiteren, besonderen Studiengängen in das neue Studiensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 XI. Entwicklung und Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

Inhaltsverzeichnis I. Die Herleitung und Entwicklung des akademischen Grades „Bachelor“ in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

1. Vom Bakkalaureus zum Diplom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

2. Vom Diplom zum Bachelor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Die europäischen Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart (ab 1960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

1. Die Einführung des Leistungspunktsystems European Credit System (ECTS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

a) Das amerikanische Credit Accumulation System . . . . . . . . . .

32

b) Das britische Credit Accumulation and Transfer System (CATS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

c) Das europäische European Credit Transfer System (ECTS)

37

2. Der Bologna-Prozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

a) Die Sorbonne-Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

b) Die Bologna-Konferenz – Erste Folgerungen für die Studiengänge in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

c) Das Prager Communiqué . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

d) Die Berlin-Konferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

e) Vom Europäischen Hochschulraum zum Europäischen Forschungsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

f) Die Entwicklung der Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

3. Die Studienreformdiskussion in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Die Planung von Kurzzeitstudiengängen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

b) Internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

10

Inhaltsverzeichnis c) Die hochschulpolitische Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

1. Europäisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

a) Regelungen vor dem Vertrag von Maastricht . . . . . . . . . . . . . .

83

b) Die Entwicklungen zum und seit dem Vertrag von Maastricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

2. Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

a) Der Grundrechtsbereich im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

aa) Das Selbstverwaltungsrecht der Hochschule . . . . . . . . . .

93

bb) Das Recht des Hochschullehrers auf Freiheit der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

b) Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

aa) Der äußere numerus clausus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

bb) Der interne numerus clausus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 cc) Die Zulassungsvoraussetzungen zum Master . . . . . . . . . 107 c) Das Hochschulrahmengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 aa) Im besonderen: Der berufsqualifizierende Abschluß im Sinne von § 19 Abs. 2 und 3 HRG . . . . . . . . . . . . . . . . 113 bb) Im besonderen: Die Anerkennung von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen, § 20 HRG 115 3. Die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Die Ländergemeinsamen Strukturvorgaben vom 10. 10. 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Das Akkreditierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4. Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5. Hochschuleigenes Satzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 IV. Die wesentlichen Strukturelemente von Bachelor- und Masterstudiengängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Modularisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Leistungspunktsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis

11

3. Studienbegleitende Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4. Zusätzliche Informationen: ECTS-Noten, ECTS-Dokumente und Diploma Supplement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Das ECTS-Notensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) ECTS-Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Diploma Supplement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 V. Weitere Vorgaben und Ziele für die Entwicklung der neuen Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Neue Studienstrukturen mit Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Die Dauer des Studiums und die Regelstudienzeit . . . . . . . . . . . . 157 3. Die Beschäftigungsfähigkeit und der berufsqualifizierende Abschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 4. Differenzierung und Profilbildung der Studiengänge . . . . . . . . . 172 5. Bildungsräume und Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 VI. Die Erarbeitung eines Bachelor- und eines Masterstudienganges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 1. Die Einsetzung und Zusammensetzung der Arbeitsgruppe . . . . 186 2. Diplom und Bachelor und Master? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 3. Der Zeitplan bis zur Immatrikulation für den Bachelor- und Masterstudiengang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4. Die Gestaltung des Curriculums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5. Vom Fach zum Modul – der Abgleich zwischen Diplom und Bachelor / Master . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 6. Die frühzeitige Beteiligung der Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 7. Die vorzeitige Organisation der Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Die gültige Prüfungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Der Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

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Inhaltsverzeichnis b) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und mit Rahmenvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Verfahrensschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Die Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 3. Der Prüfungsstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4. Grundsätzlich schriftliche und keine kollegialen Prüfungen . . 222 5. Die Abschlußarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 6. Wer prüft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 7. Eigene Prüfungsentscheidung und Bewertungsspielraum – Antwortspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 8. Wiederholungsprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 9. Die Verleihung des Bachelor- und Mastergrades . . . . . . . . . . . . . . 245 10. Das besondere Zulassungsverfahren zum Masterstudium . . . . . 250

VIII. Der Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Das Recht auf Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 2. Das verwaltungsinterne Kontrollverfahren: Das Überdenken der Prüfungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Das Widerspruchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 4. Das Klageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 5. Vorläufiger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 IX. Die Akkreditierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Das Akkreditierungsverfahren in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Das Akkreditierungsverfahren in Großbritannien . . . . . . . . . . . . . 270 3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 273 a) Die Akkreditierung von Studiengängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 aa) Die Tätigkeiten des Akkreditierungsrats . . . . . . . . . . . . . . 277 bb) Die Tätigkeiten der Akkreditierungsagenturen . . . . . . . 279 cc) Akkreditierungsagenturen im Wettbewerb . . . . . . . . . . . . 287

Inhaltsverzeichnis

13

dd) Die Gutachterauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 ee) Notwendiger Handlungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 b) Exkurs: Die Akkreditierung von Hochschuleinrichtungen . 292 X. Die Einbeziehung von weiteren, besonderen Studiengängen in das neue Studiensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Die staatlich geregelten Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Die Lehrerausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Die Juristenausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 c) Die Medizinerausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 2. Künstlerische und kirchliche Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 XI. Entwicklung und Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 1. Die quantitative Entwicklung der Bachelor- und Masterstudienangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote . . . . 321 a) Die Akzeptanz durch die Hochschullehrer . . . . . . . . . . . . . . . . 321 b) Die Akzeptanz durch die Studierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 c) Die Akzeptanz durch die Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 d) Die Akzeptanz im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 1. Vom deutschen zum anglo-amerikanischen Studiensystem: Grundbedingungen, Widersprüche und Perspektiven . . . . . . . . . 347 a) Die Fiktion von der Gleichrangigkeit aller Universitäten . . 347 b) Die Fiktion des Vollzeitstudiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 c) Die fiktive Planungsgröße Regelstudienzeit . . . . . . . . . . . . . . . 356 d) Der Hochschulzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 e) Die Gebührenfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 f) Der immanente Systemanspruch: Die Qualität des Studiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

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Inhaltsverzeichnis 2. Der deutsche Bachelor – ein eigener Weg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 a) Die Differenzierung der Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 b) Die Differenzierung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 c) Das neue Diplom-Studium, gestuft und modularisiert . . . . . 372 3. Die Hochschulen zwischen Resignation und Aufbruch – ein Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

———— Abkürzungen richten sich nach Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl. Berlin 2003.

I. Die Herleitung und Entwicklung des akademischen Grades „Bachelor“ in Deutschland Der Bachelor sei in Deutschland ohne Schwierigkeiten einzuführen, wenn man ihn nur Bakkalaureus nenne. In dieser leicht spöttischen Unterstellung liegt, wie so oft, auch ein Körnchen Wahrheit. Bildungsreisende machen jedenfalls darauf aufmerksam, daß der akademische Grad „Bachelor“ eine bis weit in das Mittelalter weisende Tradition hat. Akademische Grade können, dem ursprünglichen Sinn der Worte nach, nur an einem Ort der Wissenschaft und nur nach einem wissenschaftlichen (Prüfungs-)Abschnitt verliehen werden. Das griechische Wort „academeia“ leitet sich aus der von Platon nach seiner Rückkehr aus Sizilien (387 v. Chr.) gegründeten Philosophenschule ab, benannt nach einem naheliegenden Heiligtum, das wiederum dem attischen Heros Academos gewidmet war. Diese Philosophenschule (Akademie) kann, in ganz vorsichtiger Annäherung, als erste Hochschule des Abendlandes bezeichnet werden.1 In der neueren Bedeutung wird der Name Akademie für verschiedenartige Zusammenschlüsse verwendet. Zielgerichtet handelt es sich um Vereinigungen von Gelehrten zur Förderung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungen. Als zentraler Ort der wissenschaftlichen Betätigung sind die Akademien von den Hochschulen abgelöst worden. Die ersten Universitäten (Bologna und Paris, nachfolgend haben nahezu alle Länder Universitäten gegründet) entstanden im 11. und 12. Jahrhundert, sie ent1 Grundlegend Seel, Die Platonische Akademie, 1953; zum gewandelten Bild des Akademikers in der Neuzeit Wenke, Der Akademiker und die Hochschule, MittHV Bd. 11 (1963), S. 156 ff. Die Universitäten des Mittelalters bildeten sich jedoch unabhängig und neben den bestehenden Denkschulen, vgl. u. a. Hergenröther / Kaulen (Hrsg.), Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon, Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswissenschaften, 2. Aufl. 1882 – 1903, Bd. 12, 1901, S. 315.

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I. Entwicklung des „Bachelor“ in Deutschland

wickelten sich selbständig, standen aber unter dem besonderen Schutz und der Aufsicht der Kirche. Die universitates hatten das Recht, sich eine eigene Verfassung zu geben und akademische Grade zu verleihen. Akademische Grade können heute von allen, also nicht nur von wissenschaftlichen Hochschulen aufgrund schriftlicher und mündlicher Prüfungen vergeben werden, der wichtigste Grad ist der Diplomgrad. Die Verleihung eines akademischen Grades dokumentiert den Nachweis des Abschlusses eines ordnungsgemäßen Studiums oder einer wissenschaftlichen Leistung. „Gradus“ (lat.) bedeutet Schritt. Damit war die Stufenfolge in der akademischen Laufbahn gemeint, die vom Bakkalaurens über den Lizentiaten zum Magister und Doktor führte.2 Heute werden die Hochschulstudien einheitlich mit dem Diplom abgeschlossen, in den Kultur- und Sprachwissenschaften mit sinkender Tendenz mit dem Magistergrad. Die zukünftigen Regelabschlüsse sollen der Bachelor und Master sein. Von den sonstigen Hochschulgraden ist der Doktorgrad als wichtigster zu nennen. Der Dr. habil. und das Lizentiat genießen nur noch historische Bedeutung.3 Anlaß und Funktion der Verleihung von akademischen Graden haben sich vom Mittelalter bis zur Neuzeit grundlegend geändert. Es bedarf daher immer auch eines Blickes auf die historische Entwicklung der Universitätsgrade, wenn die speziellen Grade Bakkalaureus und Diplom dargestellt werden.4

2 Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. II, 1896, Nachdruck 1958, S. 274; Karpen, Akademische Grade, Titel, Würden, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 795 (800); Hofer, Akademische Grade, Abschlüsse und Titel an künstlerischen Hochschulen, Dissertation 1996, S. 43. 3 Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 412. 4 Im folgenden sind vorrangig die Werke von Kaufmann, der um die Jahrhundertwende als der beste Kenner der deutschen Universitätsgeschichte galt, und von Paulsen benutzt worden, ohne daß dies an jeder Stelle gekennzeichnet worden ist: Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. I (1888) und Bd. II (1896), Nachdruck 1958; Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, 1. Bd., 1896, 3. Aufl. 1919; ders., Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium, 1902, Nachdruck 1966.

1. Vom Bakkalaureus zum Diplom

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1. Vom Bakkalaureus zum Diplom Die ersten akademischen Grade sind vor etwa 700 Jahren entstanden.5 Zuvor war es nicht üblich, daß ein wissenschaftlich Lehrender neben dem eigenen Namen einen Titel führte.6 Zwar war schon um 1100 der Name „Doctor“ gebräuchlich, er bezeichnete anfänglich aber keine besondere Würde. Doktor war bereits jeder Lehrer, der eine Anzahl Schüler um sich gesammelt hatte.7 Die formlose Lehrfreiheit, mit allen Folgen für die damaligen Lebensumstände der Lehrenden und der Studenten, führte zu unerträglichen Verhältnissen. Strenge Reglementierungen für die Berechtigung zum Lesen wurden als unumgänglich angesehen und in der Mitte des 12. Jahrhunderts getroffen. Die Lehrbefugnis wurde an das Bestehen einer Prüfung geknüpft und darüber hinaus als ein besonderer Ehrentitel geschaffen.8 Der Übergang vom Schüler zum Lehrer wurde dabei in mehrere, schrittweise zu erklimmende Stufen zerlegt.9 Diese Schritte – eben von lateinisch gradus – waren notwendige Voraussetzungen zur Erlangung des höchsten akademischen Grades, des Magister- bzw. des Doktorgrades.10 Als erste Träger des Ehrentitels werden die sogenannten Doctoren, nämlich Bulgarus, Martinus, Jacobus und Hugo genannt. Mit der Aufnahme nur der Besten unter die Auswahl bewährter Lehrer und durch eine strenge Prüfung wurde die Doctoratswürde verliehen.11 Der übliche akademische Werdegang in den mittelalterlichen Universitäten wurde mit den Schritten Bakkalaurear, Lizentiar und 5 Oberleitner, Das Recht der akademischen Grade, Dissertation 1965, S. 59; Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 336. 6 Oberleitner, Das Recht der akademischen Grade, Dissertation 1965, S. 59. 7 Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 336. 8 Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. I, 1888, S. 352; Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 339. 9 Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. I, 1888, S. 353; Schöner, Das Recht der akademischen Grade in der Bundesrepublik Deutschland, Dissertation 1969, S. 4. 10 Karpen, Akademische Grade, Titel, Würden, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 795 (800); Kaufmann, Geschichte der Deutschen Universitäten, Bd. II, 1896, S. 274; Hofer, Akademische Grade, Abschlüsse und Titel an künstlerischen Hochschulen, Dissertation 1996, S. 43. 11 Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 336.

2 Wex

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schließlich Doctor bzw. Magister vollzogen.12 Bakkalaurearen waren einerseits noch Lernende, andererseits aber schon Geprüfte, die die Disputationen vornehmen durften. Ihnen war in der Regel gestattet, zugleich aber auch verpflichtend auferlegt, eigenen Unterricht abzuhalten. Hierdurch bildeten sie oft das Rückgrat der Lehre.13 Im Gegensatz zu den anderen akademischen Graden wurde das Bakkalaureat nicht von der zuständigen Fakultät verliehen, sondern vom betreuenden Dozenten. Lizentiare hatten das Studium beendet und damit die Lehrberechtigung an der heimischen Fakultät erlangt, ohne zum Doktor oder Magister promoviert zu sein. Insoweit kann die Lizenz als Recht verstanden werden, sich die Magisterwürde verleihen zu lassen. Da die Erteilung der verschiedenen Grade zum Teil von erheblichen Gebühren abhing, blieben die höchsten akademischen Weihen oft unerreicht. Ob der ausgebildete Akademiker zum Magister oder Doktor promoviert wurde, hing allein davon ab, welcher Titelgebrauch an der jeweiligen Fakultät geübt wurde.14 So wurden in Bologna anfangs nur die Zivilrechtler Doctoren, ehe auch die Kirchenrechtler und die übrigen Fakultäten zur Doktorwürde übergingen. An anderen Orten war der Magister der übliche Titel. Der Bakkalaureus war unter den akademischen Graden der niedrigste.15 Die sprachliche Herkunft ist eher verwirrend. In der Literatur werden allein sieben Bedeutungen genannt: – Neulat. Baccalarius – franz. Bachelier – engl. Bachelor – ital. Bacceliere – span. Bachiller – port. Bacharel, deutsch Hintersasse (= Bakkalarius): Mit dieser Bezeichnung wurde seit dem 9. Jahr12 Bornhak, Geschichte der preußischen Universitätsverwaltung bis 1810, 1900, S. 13. Merkwürdigerweise will Bornhak das Lizentiat aber nicht als akademischen Grad einordnen, sondern nur als „Vorstufe“ für die Doktorwürde. Dagegen überzeugend, mit Quellenangaben Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. I, 1888, S. 354 ff. 13 Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 339, 335. 14 Die Titel Magister und Doktor hatten gleiche Bedeutung. Die artistische Fakultät bevorzugte es, das grundständige allgemeinbildende Studium mit dem Magister abzuschließen. Die höheren Fakultäten (Theologie, Medizin, Recht) verliehen üblicherweise den Doktorgrad, vgl. im einzelnen Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, 3. Aufl., Bd. 1, 1919, S. 36. 15 Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. I, 1888, S. 354. Ursprünglich baccalarius, spätere Form baccalaureus, bedeutet dasselbe, vgl. Paulsen, Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium, 1902, S. 24.

1. Vom Bakkalaureus zum Diplom

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hundert der Inhaber einer Baccalaria, d. h. eines ländlichen, der Kirche als Eigentum gehörenden Grundstücks benannt, das der Baccalarius gegen Grundzins besaß. Damit war er Vasalle untergeordneten Ranges. – Belorbeerter, da die neuernannten Baccalaren mit einem Kranz von Lorbeeren (bacca laurea) geschmückt worden sein sollen. – Bedeutung als Stockträger, von lat. baculus, vielleicht auch Ableitung von batalus, bataille (Schlacht, gelehrter Zweikampf). – Keltisch bachan, das bedeutet klein, jung. – Militärische Bedeutung denkbar aus bas cavalier oder bas chevalier (franz.), das den Unterritter, also den jungen Knappen bezeichnet, der den Ritterschlag noch nicht erhalten hat; gemeint sein könnten hiermit auch Edelleute, die nicht vermögend genug waren, ein eigenes Banner zu führen und sich daher einem mächtigen Bannerherr anschließen mußten. – Kirchliche Bedeutung: junger oder niedrigstrangiger Kleriker. – Zunftbedeutung: bachelier oder juniores sind diejenigen, die die untergeordneten Geschäfte erledigen (das Verhältnis Lehrling – Gesell – Meister ähnelt dem der scholares – Baccalaureen – Magister).16

Mit einer höheren Überzeugungskraft ist der anfängliche akademische Grad im Mittelalter aus einer Zusammenfügung des Neulateinischen baccalarius und bacca laurea entstanden.17 Diese Interpretation gibt Sinn, weil der akademische Baccalar ebenfalls untergeordnete Rechte hatte (Vasall), andererseits aber auch schon eine erste Ehrung erhielt (Lorbeerkranz). Nachweisbar ist der akademische Grad des Bakkalaureus seit dem 13. Jahrhundert. Die Pariser Sorbonne hatte ihn 1231 unter Papst Gre16 Zu den Deutungsmöglichkeiten: Meyers Konversationslexikon, Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens, 3. Aufl., 2. Bd., Leipzig 1874, S. 360 ff.; 7. Aufl., 1. Bd., Leipzig 1924, S. 1367; Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände, Conversations-Lexikon, 10. Aufl., 2. Bd. von 15, Leipzig 1851 (Verlag Brockhaus); Brockhaus‘ Conversations-Lexikon, Allgemeine Deutsche Real-Encyklopädie, 13. Aufl., 2. Bd. von 16, Leipzig 1882, S. 321; Kirchenlexikon, 2. Aufl., 12. Bd., 1901, S. 336 ff.; Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, 3. Aufl., 1. Bd., 1919, S. 25. 17 Vgl. auch Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 339.

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gor IX. eingeführt. Die neugegründeten Universitäten folgten dem Pariser Vorbild.18 Die Bakkalaureate waren sehr unterschiedlich ausgestaltet. Zum Verständnis hilfreich ist es, sich das – in Teilen gestufte, zumindest differenzierte – Bildungssystem im Mittelalter vor Augen zu halten. Das grundlegende Wissen wurde in den Lateinschulen und Gymnasien vermittelt. Danach wurde bereits mit 14 oder 15 Jahren das Studium an einer Universität aufgenommen. Melanchthon immatrikulierte sich mit 12 Jahren. Nachfolgend schloß sich das Studium an der artistischen Fakultät an, bestehend aus den sieben freien Künsten Rhetorik, Grammatik, Didaktik und Geometrie, Astronomie, Arithmetik und Musik. Der Schwerpunkt lag hierbei vor allem im Erlernen des Lateinischen, denn Universitätssprache war Latein. Wollte der Student Schreiber oder Lehrer werden, bedurfte es keines akademischen Abschlusses. Nur wenige der Studenten erreichten daher das Bakkalaureat, noch weniger den Magistergrad.19 Nach Durchlaufen des artistischen Studiums bestand die Möglichkeit, an einer höheren Fakultät zu studieren, also Theologie, Jurisprudenz oder Medizin. Diese höheren Fakultäten konnten wiederum das Bakkalaureat, das Lizentiat und den Magister bzw. den Doktor verleihen. Bei den Doktorpromotionen gab es weitere Abstufungen. Der Doktor der Theologie galt als höchster Grad. Neben den Rangfolgen von Universität zu Universität und von Fakultät zu Fakultät bestanden vor allem gravierende Unterschiede in den Studienzeiten und in den Anforderungen an die Prüfungsinhalte. So konnte sich beispielsweise in Erfurt der Scholar nach einem dreijährigen Studium an der juristischen Fakultät an einen Doktor wenden mit der Bitte, ihn zum Bakkalar zu promovieren.20 Hingegen wurde von dem theologischen Bakkalaureat eine Studienzeit von bis zu sechs Jahren verlangt. Da der Bakkalar verpflichtet war, an der Universität selber zu lesen, vergingen insgesamt acht bis neun Jahre des theologischen Studiums, bis das Lizentiat und die Verleihung des Doktorgrades erfolgen konnten. Im Vergleich zu einem Bakkalar der Künste, der nach einer Mindeststudienzeit von 1 Jahren bereits dieKirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 331. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, 1. Bd., 1919, S. 33. 20 Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. II, 1896, S. 286 ff. 18 19

1. Vom Bakkalaureus zum Diplom

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sen Grad erreicht haben konnte, war der Kandidat des theologischen Studiums weitaus reicher an Wissen und akademischen Erfahrungen. Die Gesamtstudienzeiten wiesen große Unterschiede auf. Das Studium der Rechte beispielsweise währte in Erfurt acht Jahre, in Heidelberg dagegen nur fünf oder sechs Jahre.21 Die fachlichen Anforderungen unterschieden sich von Fakultät zu Fakultät erheblich. Genügte in dem einem Fall die persönliche Überzeugung eines Magisters von den ausreichenden Fachkenntnissen des Kandidaten, mußten in anderen Fällen inhaltliche, intensive mündliche Prüfungen absolviert werden. Üblich waren die sogenannten Determinationen oder Disputationen, bei denen der Kandidat seine Thesen mündlich zu verteidigen hatte. Die größten Differenzierungen in den Bakkalaureusgraden wurden in der Theologie vorgenommen. Je nach den zu erwerbenden theologischen Graden war es notwendig, bestimmte theologische Schriften zu bearbeiten; insofern ähnelt dieser Aufbau bereits dem modularisierten System von Wissensbausteinen oder dem heutigen Verständnis von Bachelorstudien. Die Bandbreite des Bakkalaureus reichte von der Vermittlung des Basiswissens bis hin zu höherem akademischen Universitätswissen. Nicht ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die gesicherte Mitteilung, daß im Mittelalter die gebräuchlichste Bezeichnung für das, was wir „Universität“ nennen, studium generale genannt wurde.22 Nur zum besseren Verständnis sei noch die Gebührenfrage angesprochen. An den mittelalterlichen Universitäten waren Gebühren entsprechend dem Ruf und den Anforderungen, die die Universität stellte, gestaffelt. Der niedrigste Grad war noch bezahlbar, den höheren Grad konnten sich nur wenige leisten. Dies führte an manchen Orten zum akademischen Verfall, bei entsprechender Bezahlung waren sogar Promotionen in Abwesenheit denkbar.23 Berühmte Bakkalare waren u. a.: Melanchton, Luther, Tomasius, Thomas von Aquin, Erasmus von Rotterdam, Hutten und Gellert. Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. II, 1896, S. 289. Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 316, 317; Müller, Geschichte der Universität, 1990, S. 18. 23 Bornhak, Geschichte der preußischen Universitätsverwaltung bis 1810, 1900, S. 93. 21 22

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I. Entwicklung des „Bachelor“ in Deutschland

Auch in der Literaturgeschichte ist der Bakkalaureus an prominenter Stelle erwähnt. Goethes Dr. Faust war ebenfalls Bakkalar, wie sein historisches Vorbild Johann (eigentlich Georg) Faust, der 1484 den „Bakkalaureus“ in Heidelberg erwarb. Wann die letzten akademischen Grade Bakkalaureus in Deutschland vergeben worden sind, muß wohl Zufallsfunden überlassen bleiben.24 Noch nach 1900 haben Juristen in ihren Dissertationsschriften den „Bakkalaureus der Rechte“ mit zu den von ihnen erworbenen akademischen Graden gezählt.25 Unbestreitbar ist jedoch, daß der akademische Grad Bakkalaureus im 19. Jahrhundert seine Bedeutung zusehends verloren hat. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits ab, als im 16. Jahrhundert aufstrebende Doktoren und Magister das Leserecht der Bakkalare immer mehr zurückdrängten. So berichtet Bornhak, daß das Bakkalaureat bereits im 16. und 17. Jahrhundert im Schwinden begriffen sei. Im wesentlichen hätten ab dieser Zeit nur noch Doktor- und Magistergrade Bedeutung gehabt.26 Es lassen sich mehrere Gründe dafür anführen, daß das Bakkalaureat im 19. Jahrhundert praktisch an Bedeutung verloren hat. Zunächst ist in geschichtlicher Entwicklung auf die Tatsache hinzuweisen, daß mit der ausufernden und nicht immer kontrollierten Verleihung insbesondere von Bakkalaureusgraden der akademische Grad entwertet worden war. Vor allem sind das 18. und 19. Jahrhundert gekennzeichnet als Umbruchzeiten mit großen politischen und wissenschaftlichen Umwälzungen. Namentlich die Universitätsgründungen zu Anfang des 19. Jahrhunderts brachten einen neuen Reformgeist in das akademische Leben, der die alten Traditionen in Frage stellte. 24 Von der Universität Tübingen wird beispielsweise berichtet, die letzte nachweisbare Baccalaureat-Prüfung (für philosophische Kurse) sei 1821 erfolgt, vgl. Eberl, Die akademischen Würden in ihrer Tübinger Ausprägung, in: Beiträge zur Geschichte der Universität Tübingen 1477 – 1977, hrsg. v. Dekker-Hauff / Fichtner / Schreiner, 1977, S. 347 (348). 25 In Leipzig wurde noch bis 1919 im juristischen Doktordiplom der doctorandus als baccalaureus iuris bezeichnet, vgl. den Nachweis bei Jastrow, Promotionen und Prüfungen, in: Doeberl / Scheel u. a. (Hrsg.), Das Akademische Deutschland, Bd. 3, 1930, S. 219 (241), Fußn. 14. 26 Bornhak, Geschichte der preußischen Universitätsverwaltung bis 1810, 1900, S. 13; als Beleg wird allerdings nur das Statut von Königsberg angeführt.

2. Vom Diplom zum Bachelor

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Der einheitliche Doktorgrad, der im Ergebnis im Mittelalter wie eine Habilitation aufgefaßt wurde,27 genügte den Anforderungen der neuen Wissenschaften und den durch die technische Revolutionen bedingten Qualitätsanforderungen nicht mehr. So ist insbesondere im Zuge der Erneuerung der Universität die Notwendigkeit einer gesonderten Qualifikation zur Erlangung der Lehrbefugnis für notwendig erachtet worden. Die besondere Prüfung – pro facultate docendi – wurde in den Statuten der neugegründeten Universität Berlin von 1816 verankert. Zusammen mit der Vorlage der schriftlichen Arbeit gestaltete sich dieses Prüfungsverfahren Mitte des 19. Jahrhunderts zur Habilitation aus und setzte sich in Deutschland fast überall durch.28 Hinzu trat die Auffassung, daß der Zugang zu Ämtern und Würden nur über vollgültige Studienabschlüsse zu erfolgen habe. Die Staatsprüfung verdrängte im 19. Jahrhundert die akademischen Prüfungen.29 Und schließlich ist vor allem im Zuge der technischen Entwicklungen im 19. Jahrhundert auf die Bedeutung der Naturwissenschaften und damit auf die Gründung von Technischen Hochschulen hinzuweisen. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde hierfür das Diplom als neuer akademischer Grad geschaffen.

2. Vom Diplom zum Bachelor Diplom heißt im ursprünglichen griechischen Sinne lediglich das Doppelte, das Zusammengefaltete, der offene Brief. Als Lehnwort im Lateinischen gewann es die Bedeutung von Leistungsnachweis, Zeugnis, Verleihungsurkunde. Diese Bedeutung hatte das Diplom zum Zeitpunkt der Einführung Mitte des 19. Jahrhunderts, es hat diesen Sinn heute (wiedergewonnen) im Rahmen der Beschreibung von Hochschulabschlüssen gemäß der Bologna-Erklärung (diploma supplement).

Kaufmann, Geschichte der deutschen Universitäten, Bd. II, 1896, S. 282. Maurer, Habilitation, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 779 (781). 29 Paulsen, Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium, 1902, S. 433. Den Umbruch im Prüfungswesen im 19. Jahrhundert zeichnet insb. Jastrow nach, Promotionen und Prüfungen, in: Doeberl / Scheel / u. a. (Hrsg.), Das Akademische Deutschland, Bd. 3, 1930. 27 28

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I. Entwicklung des „Bachelor“ in Deutschland

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden akademische Grade ganz überwiegend vergeben in Gestalt des Doktors oder Magisters, vereinzelt für Bakkalaureus- und Lizentiatenprüfungen. Für die aufstrebenden und stark an Bedeutung gewinnenden technischen Berufe, mit denen außerhalb des Staatsdienstes eine Anerkennung und Anstellung erstrebt wurde, existierten keine förmlichen Leistungsnachweise. Um diese mißliche Lage zu verbessern, wurde eine „Diplomprüfung“ eingeführt, zuerst in den Statuten der Bau- und Gewerbeakademie in Berlin vom 20. 5. 1871. Zweck dieser Diplomprüfung war gemäß § 1 dieser Bestimmung der Nachweis, daß die Kandidaten durch akademisches Studium diejenige Ausbildung in ihrem Fach erworben haben, welche eine ausreichende Grundlage für eine selbständige und praktische wissenschaftliche Tätigkeit gewährt.30 Diese neue Prüfungsordnung wurde das Vorbild zunächst für viele andere Ordnungen der Akademien, dann auch für die sich stürmisch ausbreitenden Technischen Hochschulen. Damit stand der Anerkennungskonflikt Ende des 19. Jahrhunderts im Raum. Die traditionellen Universitäten sprachen den Diplomzeugnissen den Nachweis eines wissenschaftlichen Abschlusses ab. Gleichwohl promovierten etliche Ingenieure mit dem Abschluß eines Diploms an den Universitäten. Den zum Teil unerquicklichen Statusund Anerkennungstreit zwischen Universitäten und Technischen Hochschulen setzte der Reichserlaß Wilhelm II. vom 11. 10. 1899 ein Ende. Den Technischen Hochschulen wurde das Recht eingeräumt, sowohl Diplom-Ingenieure zu graduieren (Dipl.-Ing.) als auch Doktor-Ingenieure zu promovieren (Dr.-Ing.).31 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führten zahlreiche Universitäten die Diplomprüfungen ein. Das Schwergewicht lag allerdings in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, den Studien in den Handelshochschulen sowie den Studiengängen der Technischen Hochschule.32

30 Vgl. die Nachweise bei Prahl, Gesellschaftliche Funktionen von akademischen Abschlußprüfungen und Graden, Dissertation 1974, S. 225. 31 Grundlegend: Schlink, Entstehung und Entwicklung der deutschen Technischen Hochschulen, in: Doeberl / Scheel u. a. (Hrsg.), Das Akademische Deutschland, Bd. 1, 1930, S. 425 ff. 32 Vgl. im einzelnen Hofer, Akademische Grade, Abschlüsse und Titel an künstlerischen Hochschulen,1996, S. 79.

2. Vom Diplom zum Bachelor

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Nach dem 2. Weltkrieg hatte sich das Diplom auch in den geisteswissenschaftlichen Fächern durchgesetzt.33 Den Hochschulen war zwar rechtlich zugestanden, Abschlußprüfungen durchzuführen und für die akademischen Prüfungen eigene Urkunden auszustellen. Unstrittig und durch höchstrichterliche Rechtsprechung bekräftigt gehören auch die Festlegung und Durchführung von Studien- und Prüfungsordnungen zu den akademischen Angelegenheiten.34 Gleichwohl wirkt der Staat wegen des berufsqualifizierenden Charakters und wegen der notwendigen Vereinheitlichung beim Erlaß der Prüfungsordnungen mit. Die akademischen Gremien der Hochschulen beschließen die Diplomprüfungsordnung, der Staat hat die Ordnungen zu genehmigen. In der Praxis haben die Allgemeinen Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen und fachspezifische Rahmenprüfungsordnungen eine große Rolle gespielt. Die KMK und WRK hatten 1955 eine gemeinsame Kommission für Prüfungs- und Studienordnungen beschlossen.35 Diese Kommission erstellte die für die Genehmigungsverfahren in den Ländern sehr wichtig werdenden allgemeinen Rahmenprüfungsordnungen auf. Als Zweck der Diplomprüfung wurde gem. § 18 der Musterrahmenordnung der berufsqualifizierende Abschluß des Diplomstudienganges angegeben. Durch die Diplomprüfung werde festgestellt, ob der Prüfling die Zusammenhänge seines Faches überblicke, die Fähigkeit besitze, wissenschaftliche Methoden anzuwenden und die für den Übergang in die Berufspraxis notwendigen gründlichen Fachkenntnisse erworben habe.36 Obwohl rechtlich nicht bindend, konnte von den Rahmenordnungen im Einzelgenehmigungsverfahren der Länder kaum abgewichen werden. Die Rahmenprüfungsordnungen haben selbst keine wesentlichen Beiträge zur Studienreform geleistet.37 33 Das Auf und Ab in der Bedeutung des Magistergrades in der Nachkriegszeit zeichnet Hofer nach, Akademische Grade, Abschlüsse und Titel an künstlerischen Hochschulen, 1996, S. 161 ff. 34 Grundlegend BVerfGE 35, 79 (123). 35 WRK, Geschichte, Aufgabe, Gliederung, 1966, S. 37. 36 § 18 der Muster-Rahmenordnung für Diplomprüfungsordnungen, beschlossen von der HRK am 6. 7. 1998 und der KMK vom 16. 10. 1998, i.d.F. vom 13. 10. 2000. Diesen Beschlüssen gingen etliche andere allgemeine Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen voraus. 37 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, vor § 7 Rdnr. 11.

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I. Entwicklung des „Bachelor“ in Deutschland

Eine wichtige Weichenstellung folgte mit dem neuen § 18 HRG (1976), demzufolge der Diplomgrad für jedes mit einer Hochschulprüfung erfolgreich abgeschlossenen Studium, also auch ein nichtwissenschaftliches Fachhochschulstudium, erworben werden konnte.38 Der einheitliche Diplomgrad war schon im BLK-Bildungsgesamtplan gefordert worden.39 Sinn des einheitlichen Grades sollte letztlich das zum Ausdruck kommende gemeinsame und gleichwertige Studienziel sein. Damit war auch beabsichtigt, ungerechtfertigte Prestigefragen zurückzudrängen.40 Die Rechtsprechung ist dieser Auffassung gefolgt: Nicht der unterschiedliche Hochschulgrad sei der Anknüpfungspunkt für die Einordnung der Studiengänge, sondern die individuelle Leistung, dokumentiert in dem jeweiligen Hochschulabgangszeugnis.41 Mit der HRG-Novelle vom 14. 11. 1985 ist zwingend vorgeschrieben worden, daß ein an Fachhochschulen oder in Fachhochschulstudiengängen anderer Hochschulen (Gesamthochschulen) erworbener Diplomgrad mit dem Zusatz „Fachhochschule“ zu versehen ist, § 18 Abs. 1 S. 2 HRG. Mit dieser Kennzeichnung solle den Anforderungen der Praxis Rechnung getragen werden, da der Arbeitsmarkt zwischen dem Diplomgrad, erworben an einer wissenschaftlichen Hochschule, und dem Diplom, erworben an einer Fachhochschule, unterscheide. Im Ergebnis ist jedoch mit dieser Neuregelung der Grundgedanke des einheitlichen Diplomgrades für alle Hochschulstudien aufgegeben worden.42 Konsequenterweise wäre danach auch die Frage neu aufzuwerfen gewesen, ob wirklich alle Hochschulen berechtigt bleiben sollten, einen akademischen Grad zu vergeben. Der Diplomgrad ist ein nationaler, deutscher Grad. Er wird von den Hochschulen verliehen. Hochschulen sind dabei (nur) die Einrichtungen des (deutschen) Bildungswesens, die nach Landesrecht 38 Die Anerkennung der von den Fachhochschulen verliehenen Grade war zuvor schon in der Vereinbarung der KMK vom 20. 1. 1972, i.d.F. der Vereinbarung vom 17. 9. 1976, getroffen worden, GMBl. 1976, S. 687. 39 BLK-Bildungsgesamtplan, Bd. 1 (1973), S. 54; ebenso Wissenschaftsrat, Ausbau nach 1970, Bd. 1, S. 75 und Strukturempfehlungen, 1976, S. 77. 40 Vgl. im einzelnen Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 18 Rdnr. 1 ff. 41 BVerfGE 55, 261 (272). 42 Vgl. Karpen, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.) HRG-Kommentar, § 18 (Stand der Kommentierung: 1992) Rdnr. 17.

2. Vom Diplom zum Bachelor

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staatliche Hochschulen sind (§ 1 Satz 1 HRG). Die staatliche Anerkennung hat in erster Linie die Wirkung, daß die anerkannten Einrichtungen Hochschulprüfungen abnehmen und Hochschulgrade verleihen können, § 70 Abs. 3 HRG. Dem Staat ist damit ein Monopol zur Verleihung der Grade gesichert.43 Diese Klarstellung erscheint deswegen geboten, weil spätestens Anfang der 90er Jahre die Frage aufgeworfen wurde, was das deutsche Diplom im Ausland wert sei. In dem Maße, in dem sich deutsche Absolventen immer häufiger im Ausland bewegten oder ausländische Studierende das deutsche Diplom erwerben wollten, stellte sich auch immer häufiger die Frage der Anerkennung dieses Leistungsnachweises. Damit war aber nur eine Seite der längst fälligen Hochschulreform aufgeschlagen. Überlange Studienzeiten, fehlende Anreize für Leistungsorientierungen und zu geringe Beratung und Betreuung der Anfangssemester wurden im einzelnen, aber auch insgesamt für den Studienstandort Deutschland beklagt.44 Mit Blick auf den internationalen Wettbewerb der Hochschulen und die Attraktivität des Hochschulstandorts Deutschland für ausländische Studienbewerber sollten Deutschlands Hochschulen die Möglichkeit erhalten, die weltweit anerkannten Hochschulabschlußgrade Bachelor und Master zu verleihen, so die Amtliche Begründung zur Einführung des gestuften Systems von Abschlüssen. Damit hat der Gesetzgeber die erkennbar wichtigste Studienreform im Nachkriegsdeutschland eingeleitet. Sie wird wie folgt begründet: Die deutsche Hochschulgesetzgebung komme durch die vorgesehene Ergänzung mit Bachelor- und Mastergraden im bestehenden Graduierungssystems einem offensichtlichen Bedarf nach. Der Bekanntheitsgrad und die Verwertbarkeit des deutschen Diploms seien, insbesondere in den außereuropäischen Staaten, begrenzt. Das angelsächsische Graduierungsmodell Bachelor und Master sei hingegen am Weltmarkt allgemein akzeptiert. Die Bezeichnung „Diplom“ werde in weiten Teilen des Auslands als undifferenzierte Qualifikation auch im nichtakademischen Bereich verwendet. Häufig werde der 43 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 70 Rdnr. 6. 44 Amtliche Begründung zum 4. Gesetz zur Änderung des HRG 1998, BT-Drs. 13 / 8796, Allgemeiner Teil, S. 19.

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I. Entwicklung des „Bachelor“ in Deutschland

deutsche Diplomgrad nur auf der Ebene von Bachelorgraden anerkannt. Abwertungsprobleme sehe der Gesetzgeber nicht, auch nicht bei dem Fachhochschuldiplom. Das neue Graduierungssystem trete neben das bestehende und ersetze dieses nicht. Durch das Nebeneinander beider Graduierungssysteme werde ein Wettbewerb geschaffen, in dem sich in einigen Bereichen die neuen Grade durchsetzten und in anderen Bereichen die bisherigen Grade behauptet würden. Die Grade, die sich nicht durchsetzten, würden nicht abgewertet, sie verschwänden lediglich vom Markt, weil das jeweils andere Graduierungssystem sich als attraktiver erweise.45 Vier Jahre später wurde das HRG wieder geändert und die Bachelor- und Masterstudiengänge wurden aus dem Erprobungsstadium in das Regelangebot überführt (6. HRG ÄndG von 2002). Die Dynamik der Entwicklung im Hochschulbereich sei so beachtlich, daß es, auch im Interesse der Absolventen, nicht mehr angemessen sei, die Vergabe von Bachelor- und Mastergraden lediglich zur Erprobung zuzulassen.46 Mit der tatsächlichen Entwicklung war diese Einschätzung allerdings weniger in Einklang zu bringen. Zum Zeitpunkt der HRGNovellierung waren gerade einmal 7% des gesamten Studienangebots neuartige Bachelor- / Masterstudiengänge. Der Anteil der in den neuen Studiengängen Immatrikulierten erreichte, gemessen an der Gesamtstudierendenzahl, zum damaligen Zeitpunkt nur 2%. Als zutreffend stellte sich indessen die Vorhersage heraus, daß die Zahlen der neuen Studienangebote und die dort Immatrikulierten von Jahr zu Jahr kräftig steigen (Studienangebote im WS 2004 / 05: 23% am Gesamtangebot; Studierende in den neuen Studiengängen, absoluter Anteil an der Gesamtzahl im WS 2003 / 04: 5,33%).47 Der akademische Grad Diplom ist mit der letzten HRG-Novellierung aus dem Jahr 2002 nicht abgeschafft worden, er wird nur immer weniger vergeben. Wenn das anvisierte hochschulpolitische Ziel der flächendeckenden Einführung von Bachelor- / Masterstudienangeboten erreicht worden ist, bedeutet dies allerdings nicht nur praktisch das Ende der Verleihung des Diplomgrades. Diplomstudiengänge 45 Amtliche Begründung zum 4. Gesetz zur Änderung des HRG 1998, BT-Drs. 13 / 8796, zu § 19, S. 32. 46 Amtliche Begründung zum 6. HRG-ÄndG, Drs. 14 / 8361, zu §§ 18, 19, S. 5. 47 Vgl. im einzelnen Kapitel XI. 1.

2. Vom Diplom zum Bachelor

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werden vorhersehbar auch in rechtlicher Hinsicht spätestens im Jahr 2010 ausgelaufen sein, d. h. die Geltungsdauer wird nicht mehr verlängert werden. Mit der Einführung des gestuften Studiensystems sollte ursprünglich ein Wettbewerb um das bessere Graduierungssystem eingeleitet werden. Es liegt in der ureigensten Autonomie der Fachbereiche jeder einzelnen Hochschule in Deutschland zu entscheiden, welchen Grad sie für vorzugswürdiger hält, das Diplom oder den Bachelor und Master. In jedem akademischen Gremium mit Entscheidungskompetenzen werden die Hochschullehrer mit ihrer Mehrheit darüber befinden.

II. Die europäischen Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart (ab 1960) Die europäischen Bildungsminister haben sich zwar erst 1999 zu der Bologna-Erklärung bereit gefunden. Als wesentlich für die Errichtung des Europäischen Hochschulraums sind die Ziele genannt worden: Mobilität, Qualitätssicherung, Akkreditierung, die europäische Dimension in der Bildung, das lebenslange Lernen und die Beteiligung aller Hochschulmitglieder. Aber auch dem Bologna-Prozeß sind erhebliche bildungspolitische Aktivitäten vorausgegangen. Hier ist an erster Stelle die Sorbonne-Erklärung der vier europäischen Bildungsminister von 1998 zu nennen. Vor allem aber sind die Tätigkeiten der EU-Kommissionen nachzuzeichnen und hervorzuheben, die von einer allgemeinen Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome aus dem Jahre 1988 über ein Memorandum zur Hochschulbildung in der europäischen Gemeinschaft von 1991 über das EU-Programm Sokrates bis hin zur Einführung des ECTS führen. Inzwischen ist mit der Bezeichnung Bologna-Prozeß eine weite Begrifflichkeit verbunden, er steht für alle Bemühungen um eine Modernisierung und Internationalisierung der europäischen Hochschullandschaft und für die europaweite Zusammenarbeit der Hochschulen.

1. Die Einführung des Leistungspunktsystems European Credit Transfer System (ECTS) Wann immer ein Austauschstudent aufgenommen wird in die eigene Hochschule und als Fremder studiert oder der eigene Student an einer anderen europäischen Hochschule sein Studium aufnimmt, für die Anerkennung der Leistungen wird heute (regelmäßig) das Kreditund Leistungssystem von ECTS verwendet. Sehr treffend spricht Da-

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lichow hierbei von einer „akademischen Zweitwährung“ oder „akademischen Außenwährung“.1 Unter dem European Credit Transfer System wird heute ein Leistungspunktsystem verstanden, anhand dessen der studentische Arbeitsaufwand – Präsenzzeiten, Selbststudium, Praktika und Prüfungen – gemessen wird, der zur Erreichung der im Rahmen eines Moduls definierten Lernziele aufzuwenden ist. Maßeinheit sind credits. Ursprünglich als Transfersystem konzipiert, das mobilen Studierenden die Anrechnung ihrer im Ausland erbrachten Studienleistungen erleichtern sollte, hat sich das ECTS europaweit als Akkumulationssystem in den neuen gestuften Studiengängen zu einem wichtigen Instrument der Strukturreform entwickelt und wird in der Regel mit der Modularisierung eingeführt.2 Die strukturell an und für sich nicht vergleichbaren Hochschulsysteme werden durch den zusätzlichen „Übersetzungsfaktor ECTS“ vergleichbar, eine Feststellung, die noch vor 20 Jahren als nicht haltbar angesehen wurde. Mit der vollen Anerkennung akademischer Leistungen, gleich an welchem Ort erbracht, nähert sich das „alte“ Europa einem Zustand, der im Mittelalter üblich war, nämlich dem grenzüberschreitenden Scholarenaustausch mit gegenseitigen Anerkennungen. Insofern läßt sich, bewertend und ohne große Übertreibung, der Siegeszug der Einführung des ECTS als ein wesentlicher, vielleicht sogar der entscheidende Ausgangspunkt zur Gründung eines europäischen Hochschulraums bezeichnen. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Universitätsgeschichtlich können drei Kredit- und Leistungspunktsysteme unterschieden werden: – das amerikanische Credit Accumulation System; – das britische Credit Accumulation and Transfer System (CATS) und – das europäische Credit Transfer System (ECTS). Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 65. Vgl. statt vieler: Meyer / Michalk / Tauch (Hrsg.), Von Bologna nach Berlin, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 13; DAAD (Hrsg.), Success Stories IV. Das European Credit Transfer System (ECTS) in Deutschland, 2001 b; Meyer-Gukkel / Schwarz / Teichler, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000. 1 2

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a) Das amerikanische Credit Accumulation System Das älteste System ist das amerikanische, das sich Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte und um 1900 durchsetzte.3 Über zwei Jahrhunderte hinweg folgte das College-System dem britischen Einfluß. Das Schwergewicht der Ausbildung lag in den liberal arts. Latein und Griechisch waren bedeutsam. Als ebenso stark erwies sich der religiöse Einfluß in allen Bereichen, und für die Studierenden waren die Studienfächer strikt verbindlich. Das änderte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts, als eine Art Studienreform-Diskussion das Land beherrschte, in der die Frage aufgeworfen wurde, ob die Colleges weiterhin religiös oder mehr auf das praktische Leben ausgerichtet sein sollten. Vor allem wurde energisch erörtert, ob weiterhin nur die elitären oder mehr die breiten Bevölkerungsschichten Adressaten der College-Ausbildung sein sollten.4 In diesen Entwicklungsprozeß fällt auch das sogenannte Land grant-Gesetz, das 1862 vom amerikanischen Kongreß erlassen wurde und das die Bundesunterstützung von einzelstaatlichen Universitäten vorsah.5 Der langjährige Präsident der Harvard University, Charles W. Eliot, befürchtete damit eine nachteilige Einmischung des Staates und betrieb eine Lösung von dem für seine Hochschule zuständigen Bundessstaat Massachusetts. Als Eliot 1869 dann auch noch an seiner Hochschule das System der Wahlfreiheit der Kurse (electiv system) einführte, bedeutete dies einen gewaltigen Bruch mit den tradierten Vorstellungen. Der Student, der nunmehr frei die Lehrveranstaltungen auswählen konnte, stand im Mittelpunkt der Reform. Notwendige Folge dieser Lernfreiheit war anderer3 Die folgende Darstellung der Systeme beruht auf der Studie von Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme im internationalen Vergleich, erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Bonn, 1997. Der Bericht ist sehr fundiert, aber vergriffen. Die Kommission der EG hatte Dalichow bereits 1985 den Auftrag erteilt, ein europäisches Credit Transfer-System zu entwickeln. Aus diesen Gründen und weil die Wurzeln des ECTS im angelsächsischen System liegen, erscheint es gerechtfertigt, die Darstellung ausführlicher zu gestalten. Auf die in dem Bericht genannten Quellenangaben wird ausdrücklich Bezug genommen, eine wiederholende Nennung erfolgt nicht. 4 Grundsätzlich: Brubacher, Higher Education in Transition, 1976, S. 100. 5 Auf die geschichtlich begründete hohe Bedeutung der unterschiedlichen Finanzierung privater und staatlicher Hochschulen weist Fallon hin, Differenzierung amerikanischer Hochschulen, in: Bayer. Amerika-Akademie (Hrsg.), Das deutsche und das amerikanische Hochschulsystem, S. 87 ff.

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seits die Festlegung der Zahl der Kurse, die bis zum Abschluß besucht werden mußten. Nachdem in zunehmendem Maße nicht nur die Universitäten und Colleges dieses elective system übernahmen, sondern auch die High Schools, wurden quantitative Einteilungen des Lernens in units auf der Basis von Kontaktstunden als erforderlich erachtet. Zusätzlich gewannen die Zulassungsstandards der jeweiligen Ausbildungen größeres Gewicht. Bekannt bis auf den heutigen Tag sind die sogenannten Carnegie Units, bestehend aus quantitativen, auf Präsenzstunden bezogene Einheiten, die unbedingt nachgewiesen werden mußten. Andernfalls kam eine Zulassung zu einem College überhaupt nicht in Betracht. Zeitgleich entwickelte sich an verschiedenen Universitäten eine Festlegung darüber, wie viele Stundenzahlen einem einzelnen Kurs zuzurechnen sind, so z. B. „120 hours of credit“ als Voraussetzung für den Erwerb des Grades „Bachelor of Arts“ (University of Michigan 1892) oder 27 credits für den Erwerb des „Master of Arts“ (Washington University in Saint Louis, 1909).6 Zusammenfassend kann festgestellt werden: Das amerikanische Kreditsystem hat sich aus reformatorischen Umbrüchen entwickelt, in denen die tradierten curricula in Frage gestellt wurden. Es hat sich vor allem als credit accumulation system entwickelt. Ein Wechsel von Studierenden an andere Universitäten, ggf. mit Hilfe von credits, war zum damaligen Zeitpunkt nicht gewollt und beabsichtigt. Daran hat sich prinzipiell bis auf den heutigen Tag wenig geändert.7 Bei allen Unterschieden in den insgesamt etwa 3.000 Hochschulen in den USA hat sich das credit accumulation system auch in diesem stark differenzierten System durchgesetzt. An den Colleges und Universities wird das undergraduate Studium regelmäßig in einem vierjährigen Studienaufenthalt absolviert. Für ein erfolgreiches BachelorStudium im Semesterzyklus müssen zumeist 120 credits (credit-hours oder semester-hours) erbracht werden. Der Studierende hat also durchschnittlich jedes Semester 15 credits zu erbringen. Je nach Lehrveranstaltungsart, Schwierigkeit der Vor- und Nachbearbeitung und

6 Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 9; Gerhard, Credit System in American Education, in: American Association of University Professors Bulletin, Vol. 41 (1955), S. 653, 658. 7 Anders hingegen die neueren Daten: Die Mehrheit der amerikanischen Studenten wechselt bis zu ihrem Abschluß mindestens einmal die Hochschule, Lenn, Diversity, Accessibility and Quality, 1995, S. 35.

3 Wex

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zeitlichen Beanspruchung sind für die Erlangung eines Kreditpunktes mehr oder weniger Zeitstunden aufzubringen. Die Vielfalt des amerikanischen Hochschulsystems ermöglicht zusätzlich das Studium im trimester- oder quartersystem. Entsprechend erfolgen die Umrechnungen. Der trimester-credit entspricht dem semester-credit, drei quarter-credits entsprechen zwei semester-credits usw.8 Vor allem studieren die jungen Menschen in den USA häufig im Teilzeitsystem, d. h. für die hier besonders angesprochenen Berufstätigen sind umfängliche Lehrveranstaltungen am Abend und zum Wochenende anzubieten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Leistungen im Voll- oder Teilzeitstudium erworben werden, der Studierende erhält in jedem Fall die dokumentierten credits. Er kann solange akkumulieren, bis er die gesamten Leistungsanforderungen und damit den Abschluß erreicht hat.9 Konsequenterweise werden auch alle Lehrveranstaltungen, credits und Noten in einer derart gestuften Ausbildung von den Hochschulen dokumentiert (transcript of records). Setzt der Studierende sein Studium nach Unterbrechungen fort, wird auch das Fächer- und Notenverzeichnis fortgesetzt. Wechselt er die Hochschule, wird das Verzeichnis dorthin übermittelt. Wichtig erscheint der Hinweis auf die Bildung des Notendurchschnitts für jeden Absolventenerfolg pro Semester. Die Bewertungen reichen von A (Bestnote, Zuordnung von vier Punkten) bis D (unterste Bestehensnote, ein Punkt). Die jeweiligen Punkte werden mit den credits der dazugehörigen Lehrveranstaltung multipliziert und die summierten Ergebnisse werden anschließend durch die Summe der credits der entsprechenden Studienperiode dividiert.10 Der gewichtete Notendurchschnitt (grade point average) wird nach jedem Zeitabschnitt neu berechnet und bis zum Abschluß des Studiums beibehalten. Der Studierende muß mindestens den gewichteten Notendurchschnitt halten (Note C, zwei Punkte), damit er weiterstudieren kann. Es liegt auf der Hand, daß der amerikanische Student bei dieser Art des Ansammelns von credits wenig Zeitverlust in Kauf nehmen Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 35. Auf die enorme Flexibilität und Ergänzungsfähigkeit in dem modulartigen Aufbau letztlich aller Abschlüsse im amerikanischen System weist hin Rothfuß, Hochschulen in den USA und in Deutschland, 1997, S. 71. 10 Beispiel von Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 36. 8 9

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und die eingeübten Lehrveranstaltungsgewohnheiten an einer Hochschule erhalten wissen will. Der Hochschulwechsel ist daher regelmäßig nicht gewollt. Er kann darüber hinaus auch auf Schwierigkeiten in der Anerkennung von Vor- oder Teilleistungen stoßen, was eng mit den Vielfalttypen in den USA zusammenhängt. Die Vor- und Nachteile des amerikanischen accumulation system lassen sich stichwortartig wie folgt zusammenfassen: Vorteile: – das studienbegleitende Prüfungssystem verringert die Prüfungsangst im Verhältnis zur umfassenden Abschlußprüfung; – der Studierende hat einen Überblick über seinen individuellen / aktuellen Leistungsstand; – die Studienerfolgsquote ist hoch; – die Mehrzahl der Studierenden absolviert das Studium innerhalb der Regelstudienzeit; – das Lehrangebot wird für Voll- und Teilzeitstudenten angeboten.

Nachteile: – mit dem Sammeln von credits geht der wissenschaftliche Gesamtzusammenhang verloren; – der Akkumulationsprozeß von Lerneinheiten wirkt sich als Verschulung aus, die einer Hochschule nicht angemessen ist; – der Transfer von credits steht nicht im Vordergrund des Systems, so daß ein Wechsel in der vielgestalteten Hochschullandschaft erschwert wird.

b) Das britische Credit Accumulation and Transfer System (CATS) Die Kennzeichnung des Studiensystems für das Vereinigte Königreich fällt von vornherein schwer, weil auch hier die Vielfalt überwiegt und es „das“ einheitliche System nicht gibt. Immerhin lassen sich zwei Entwicklungen beschreiben. Die eher theorie- und forschungsbezogenen traditionellen Hochschulen beschränken sich mehr auf das System der Modularisierung, während 3*

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die neueren Hochschulen (die ehemaligen Polytechnics) zusätzlich um die Einführung von credit systems bemüht sind.11 Für die alten Hochschulen stellt der Bachelor-Abschluß eine Art Gütesiegel der betroffenen Institutionen dar und er wird im Vollzeitstudium erworben. Der eher elitär ausgerichteten Ausbildung ist es auch geschuldet, daß sich diese Hochschulen die (besten) Studienanfänger auswählen. Dies gilt namentlich für die ehrwürdigen Institutionen Oxford und Cambridge. Für die mehr praktisch orientierten, nicht so sehr an Forschungsfragen interessierten Studierenden wurden in den 60er Jahren Polytechnics gegründet. Vor allem Absolventen des zweiten Bildungsweges, Teilzeitstudierende und ältere Studierende erstreben hier einen „Universitäts“-Abschluß, der mehr auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, auf freiere Auswahl von Lerneinheiten mit erleichterten Zugangsvoraussetzungen und starker Betonung von Praxisbezügen. Aus diesen Reformansätzen entwickelten sich in den 70er Jahren modulare Programme (Polytechnics von Middlesex, City of London, Hatfield, Oxford und vor allem die Fernuniversität Open University), versehen mit Fächerkombinationen, Akkumulierungssystemen und Transferberechnungen. Als sehr hilfreich erwies sich die frühzeitige Einrichtung einer nationalen Datenbank (Educational Councelling and Credit Transfer Information Service, ECCTIS), die Informationen über Kurse auf Hochschulniveau und darunter zur Verfügung stellt, so daß ein Transfer von credits überschaubar wird. Das britische CATS setzt den Studienaufwand und die zu erbringenden Leistungen eines Studienjahres mit 120 credits an. Angesichts der hohen Zahl und vor allem unterschiedlichen Art der akademischen Qualifikationen war es zudem erforderlich, Vereinbarungen, bilateral oder multilateral, zwischen den Hochschulen zu schließen. Zu diesem Zweck sind in der Regel sogenannte Consortia für credit transfer abgeschlossen worden. Mit ihnen soll der Studierende eine Beratung für die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen erhalten, die Studienprogramme zwischen den Hochschulen abgeklärt und ggf. die Verleihung akademischer Abschlüsse sichergestellt werden.12 11 Einführend und im Überblick: Frederiks, Qualitätssicherung in Großbritannien, in: HRK (Hrsg.), Beiträge zur Hochschulpolitik 10 / 2001. 12 Eine ausführliche Darstellung der Consortialentwicklungen findet sich bei Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 12 ff.

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Für die erfolgreiche Einführung des modularen und Kreditsystems war entscheidend, daß im Vereinigten Königreich hierüber ein gesellschaftlicher Konsens bestand. Das neue System wurde als qualitätssteigernd angesehen, um die berufliche und universitäre Ausbildung adäquat und zukunftsorientiert zu fördern. Ausführliche Gutachten und Diskussionen trugen dazu bei, daß transparente und nicht parteiorientierte Grundlagen geschaffen wurden (so u. a. Robbins Report, 1963; Toyne Report, 1979; Robertson Report, 1994,13 Dearing-Bericht, 1997). Prinzipiell schlagen die Vor- und Nachteile des britischen CATSSystems zu Buche wie bei dem amerikanischen Kreditsystem. Hervorzuheben ist jedoch die größere Ausfächerung des britischen Systems. Die Zahl der möglichen Zwischenabschlüsse ist höher, den studentischen Wahlmöglichkeiten und Schwerpunktbildungen wird mehr Raum eingeräumt und die Vergabe eines credits wird nicht nur nach Stunden innerhalb und außerhalb der Lehrveranstaltungen definiert, sondern ist eher normativ ausgerichtet an Bezugsgrößen wie durchschnittliche Lernzeiten (notional student effort) und definierten Lernergebnissen (learning outcomes).14

c) Das europäische European Credit Transfer System (ECTS) Die Anfänge für ein zu entwickelndes europäisches Transfer-Kreditsystem lagen inhaltlich in der ungeklärten Situation über die Anerkennung von akademischen Graden und Studienzeiten sowie der Forderung nach Erleichterung der Mobilität von Studierenden. In zeitlicher Hinsicht lauten die entsprechenden Beschlüsse der Minister bzw. Kommissionen / des Rates der Europäischen Gemeinschaft:15 – 1974: „Verbesserung der Möglichkeiten einer akademischen Anerkennung der Diplome und Anerkennung der Studienzeiten“; 16 13 Vgl. hierzu die analytisch überzeugenden Hinweise bei Dalichow, Kreditund Leistungspunktsysteme, 1997, S. 12. 14 Grundlegend: Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 10 ff., 41 ff. 15 Nach: Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 17 ff. 16 Entschließung der im Rat vereinigten Minister für Bildungswesen vom 6. 6. 1974 über die Zusammenarbeit im Bericht des Bildungswesens, ABl. C 98 vom 20. 8. 1974.

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– 1976: „Aktionsprogramm im Bildungsbereich“ mit dem Beschluß über die Förderung gemeinsamer Studienprogramme;17 – 1977, 1979: Vorlage und Publizierung des Berichts über die Anerkennung von Diplomen in der Europäischen Gemeinschaft;18 – 1985: Annahme des Berichts durch den Rat der Europäischen Gemeinschaft zur Prüfung der Einführung eines Europäischen Systems für die gemeinschaftliche Anrechnung von Studienleistungen („European Academic Credit Transfer System“), mit dem zusätzlichen Vorschlag, das Erasmus-Programm einzuführen und das Pilotprojekt ECTS zu entwickeln;19 – 1985 – 1987: Konzepterstellung für ECTS durch Berichtsauftrag der Europäischen Kommission; – 1987: Gemeinsame Europäische Studienprogramme werden in dem Erasmus-Programm zusammengefaßt; – 1988 Allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die mit einer mindestens dreijährigen Berufsausbildung abschließen;20 – 1989 – 1994: Erprobung des ECTS-Konzepts als Pilotprojekt; – 1991 Vorlage eines Memorandums zur Hochschulbildung in der Europäischen Gemeinschaft durch die EU-Kommission.21

An dem Pilotprojekt für ein Europäisches System zur Anrechnung von Studienleistungen beteiligten sich 145 europäische Hochschulen (Stand: 1994). Die tragenden Elemente des Systems sind: vollständige Transparenz über alle Studienbedingungen und Studienangebote, 17 Entschließung der im Rat vereinigten Minister für Bildungswesen vom 9. 2. 1976 über die Zusammenarbeit im Bereich des Bildungswesens, ABl. C 38 vom 19. 2. 1976. 18 Kommission der Europäischen Gemeinschaft (Hrsg.), Studien: Akademische Anerkennung von Diplomen in der Europäischen Gemeinschaft: Gegenwärtiger Stand und Aussichten, bearb. von Cox 1979. 19 Bericht des Ausschusses „Für das Europa der Bürger“, am 28. / 29. 6. 1986 vom Europäischen Rat in Mailand angenommen, in: „Rat der Europäischen Gemeinschaft, Generalsekretariat: Erklärung zur Europäischen Bildungspolitik“, 1986, S. 149. 20 Richtlinie 89 / 48 EWG des Rates vom 21. 12. 1988. 21 Mitteilung der Kommission an den Ministerrat vom 5. 11. 1991, COM (91) 349 endg., Brüssel.

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der Anrechnungswert eines credits, nämlich ein Sechzigstel des Arbeitsaufwandes eines Studenten pro Studienjahr sowie ein Lernvertrag über die Abstimmung und die Auswahl von Kursen („information package, learning agreement, transcript of records“). Diese Elemente sollten unzweifelhaft (nur) die Studentenmobilität und die akademische Anerkennung von Studienleistungen erleichtern. Es ist, wie Dalichow anmerkt, eine „akademische Zweitwährung“ für mobile Studenten.22 Damit fällt das europäische ECTS-Vorhaben in der Anfangsentwicklung deutlich ab gegenüber den weiter gefaßten Zielen und Absichten des amerikanischen und britischen Kreditsystems. Schwer wiegt zusätzlich, mit Blick auf eine europäische Vergleichbarkeit, das Fehlen von Niveaustufen oder Zwischenqualifikationen. Es mag an dieser Stelle auch mit guten Gründen bezweifelt werden, ob die Unterscheidung der Kreditsysteme in Transfer- und Akkumulationsmodelle so scharf zu ziehen und ob die Abgrenzung überhaupt von Nutzen ist.23 Letztlich sind beide Modelle darauf ausgerichtet, den Studienaufwand und die Studienleistungen transparent und nachvollziehbar und somit berechenbar zu machen – sei es, daß der Lernerfolg schrittweise dokumentiert wird, sei es, daß der Besuch anderer Hochschulen ermöglicht und erleichtert wird. Im Rahmen des ECTS-Pilotprojekts spielte auch die finanzielle Unterstützung eine nicht unerhebliche Rolle. In Deutschland erhielt jeder am Projekt beteiligte Fachbereich vom DAAD je 10.000 ECU zur Finanzierung von Mobilitätszuschüssen für im Ausland Studierende. Zwar wurden die Mittel schnell „verbraucht“, erstaunlich war es jedoch, daß weniger als 2% der jährlich geförderten ERASMUSStudierenden die ausländischen Hochschulen mit den ECTS-Modalitäten besuchten.24 Das Problem der gegenseitigen, aber quantitativ nicht ausgeschöpften Anerkennung stellt in Deutschland ein bis in die Gegenwart ernstes Problem dar.25

Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsysteme, 1997, S. 43. Schwarz-Hahn spricht in diesem Zusammenhang von „Mißverständlichkeiten“ und „Irrwegen“, in: Modularisierung und Credit-System, Präsident Universität Kassel (Hrsg.), 2003, S. 25. 24 Vgl. hierzu detailliert, mit Zahlenangaben Wuttig, Entwicklung von ECTS, in: DAAD (Hrsg.), Success Stories IV, 2001, S. 16 ff. 25 Teichler, Zur Einführung von credits an deutschen Hochschulen, in: DAAD (Hrsg.), Success Stories IV, 2001, S. 45 ff. 22 23

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Nach Abschluß dieses Pilotprojekts beschleunigte sich die Entwicklung zur Anwendung von ECTS: – 1995 Entwicklung und Öffnung des Programms SOKRATES als übergreifende Bildungsförderung (SOKRATES / ERASMUS), verabschiedet vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union; – 1996 Empfehlungen des DAAD und der HRK zum Ausbau der internationalen Kompatibilität im Studium; – 1997 Empfehlungen der HRK zum Kredit-Punkte-System und zur Modularisierung; – 1997 / 98 Einführung der Möglichkeit eines Hochschulvertrags, mit dem Mittel in Brüssel zur Einführung von ECTS beantragt werden können; – 1998 Das 4. Gesetz zur Änderung des HRG mit der probeweisen Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen sowie der Schaffung eines Leistungspunktsystems; – 1999 KMK-Beschluß über Strukturvorgaben für die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen; – 2000 – 2006 SOKRATES II Programm mit der Fortentwicklung von ECTS; – 2001 HRK-Empfehlung zur Einführung von Systemen mit ECTS; – 2004 Neue Empfehlung der HRK zur Anwendung von ECTS.

Auf europäischer Ebene haben schließlich die Minister in den Erklärungen von Bologna, Prag und Berlin die Verwirklichung und den Ausbau von ECTS-kompatiblen Kreditsystemen eingefordert. Heute beteiligen sich über zwei Drittel aller Hochschulen am ECTS-System.26 Mit der Beschränkung auf Mobilitäts- und Anerkennungsfragen waren reformerische Ansätze geraume Zeit außer Acht geblieben. Viel zu lange hatten sich die Akteure auf der Auslegungsmaxime zum EU-Vertrag von Amsterdam ausgeruht, derzufolge über die Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit jedwede Struk26 Auskunft der europäischen Hochschulen im Rahmen der Trends III-Studie (Zugriff am 20. 3. 2004).

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turveränderungen im Bildungsbereich der Kompetenz der Europäischen Kommisson entzogen zu sein schienen (vgl. insbesondere Art. 149, 150 EU-Vertrag). Die weltweite Verbreitung der Informationssysteme, die steigenden Mobilitätsabsichten der Studierenden und der die nationalen Grenzen sprengende Wettbewerb auch im Bildungssystem erzeugten ab den 90er Jahren einen Anpassungsdruck, der sich letztlich in Europa keine Nation entziehen konnte. Die Europäische Union sollte nach den erklärten Zielen der Regierungschefs innerhalb von 10 Jahren zum fortschrittlichsten wissensbasierten Entwicklungsraum werden.27 Die Währung „ECTS“ stellt heute ein wichtiges Auswahlkriterium für alle Bildungsprojekte der EU dar. Ab November 2003 ist zusätzlich ein ECTS Label eingeführt worden. Mit diesem Gütesiegel kann auf Antrag bei der EU bestätigt werden, daß ECTS korrekt in allen Studiengängen angewendet wird, die zum ersten und zweiten akademischen Grad führen. Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Kredit-Systems hat ferner zu sogenannten key features, Grundsatzdaten im ECTS geführt. Danach soll ECTS als Transfer- und Akkumulationssystem ausgebaut werden.28 Auf europäischer Ebene ist schließlich geplant, ECTS-Punkte auch für Studienleistungen zu vergeben, die nach Abschluß des Hochschulstudiums im Zuge des „Lebenslangen Lernens“ erbracht wurden,29 eine Forderung, die seit der Bologna-Erklärung besteht. Zusätzlich haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Konferenz der Kultusminister der Länder und die Hochschulrektorenkonferenz empfohlen, Prüfungen der beruflichen Fortbildung bei adäquatem akademischen Niveau auf ein Studium anzurechnen; hierzu sollen Leistungspunkte nach ECTS vergeben werden.30 Dem übergeordneten Ziel der Vergleichbarkeit und Harmonisierung ist auch das 2001 gestartete EU-Pilotprojekt „Tuning Educational Structures in

27 European Commission (ed.) (2000): „Lisbon European Council: Presidency Conclusion“, Lisbon European Council 23. / 24. 3. 2000, Press Release: Lisbon (24 / 3 / 2000) Nr. 100 / 1 / 00. 28 EUA-Konferenz-Ergebnisse in Zürich, Oktober 2002 (Zugriff am 1. 11. 2002). 29 (Zugriff am 20. 3. 2004). 30 Beschluß der HRK vom 8. 7. 2003 (Zugriff am 1. 8. 2003).

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Europe“ verpflichtet, das sich zum Ziel gesetzt hat, in ausgesuchten Studiengängen Kredit- und Akkumulationssysteme aufeinander abzustimmen und einen europäischen Bildungsraum zu schaffen.31 Mit Blick auf die Studierenden ist der etwas optimistischen Darstellung zu folgen, daß jedenfalls die Mobilität gestiegen ist: Bis Ende 2002 hatte über eine Million Studierender ein ERASMUS-Stipendium (Gesamteuropa, seit 1987) erhalten und insofern mit der ECTSWährung beglichen. Und auch die deutsche Beteiligung scheint eine „erfolgreiche Geschichte“ zu werden: ERASMUS-Studierende 1989: 3.377; 1999: 15.715; 2002: 18.482.32 Gemessen an der Gesamtzahl der Studierenden fällt jedoch diese Quote als auch die Quote für den gesamten Aufenthalt deutscher Studierender im Ausland eher mager aus: Von insgesamt 1,6 Mio deutscher Studierenden (Vergleichszahl: das Jahr 2000) haben nur 50.000 junge Menschen im Ausland studiert,33 mithin also nur gut 3 %. Für die ERASMUS-Studierenden sahen die Zahlen für die Vergangenheit noch kärglicher aus: Lediglich 279 Studierende haben auf der Grundlage von ECTS-Regeln studiert, 13.595 ohne (1995 / 96).34 Für die Zukunft werden jedoch die Kräfte des Bologna-Prozesses den Transfer- und Akkumulierungseffekt enorm beschleunigen. Die EU-Kommission verbreitet optimistische Aussicht, daß bis zum Jahr 2005 das ECTS-System durchweg in Europa angewendet werden wird.35 Was allerdings noch wenig über die Tiefe der ECTS-Einführung in den einzelnen Hochschulen aussagt36 oder die wirkliche Nutzung von ECTS als Hauptinstrument der Studienreform.

31 Wuttig, Entwicklung von ECTS, in: DAAD (Hrsg.), Success Stories IV, 2001, S. 20. 32 Quelle: DAAD Ref. 331 / sb, Mitteilung v. 10. 2. 2004. 33 Quellen: Statistisches Bundesamt im Auftrag des BMBF (Hrsg.), Deutsche Studierende im Ausland, 2002, S. 15 sowie Wuttig, Entwicklung von ECTS, in: DAAD (Hrsg.), Succes Stories IV, 2001, S. 23. 34 So die letzten Daten von Wuttig, Entwicklung von ECTS, in: DAAD (Hrsg.), Success Stories IV, 2001, S. 23. 35 EU-Kommission, „Update on ECTS, ENQA, Diploma Supplement“, SCHE meeting 22. / 23. 3. 2001. 36 Hierauf weist zutreffend hin Wuttig, Entwicklung von ECTS, in: DAAD (Hrsg.), Success Stories IV, 2001, S. 20.

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Sehr wichtige Fragen sind nämlich noch ausgeklammert, sie werden bei der Fortentwicklung des ECTS zu einem vollwertigen Transfer- und Akkumulationssystems einer Lösung zugeführt werden müssen. Das schwierige Problem besteht darin, die Beziehung der credits zu den konkreten Lernergebnissen festzuschreiben bzw. standardisiert aufzubereiten. Der wirksamste Faktor in der Kredit-Berechnung, die studentische Arbeitsbelastung, wird heute in weiten Teilen ungeprüft, als bloße Annahme eingeführt. Der Aufwand für einzelne Studienleistungen steht als Axiom, nicht als erwiesener Durchschnittswert auf dem Papier. Hier sind weite Felder für Reformvorhaben und Evaluationsberichte aufgedeckt.37 Der Siegeszug der ECTS-Währung ist in Deutschland auch formal durch den Beschluß der Kultusminister vom 5. 3. 199938 untermauert worden. Danach ist bei der Genehmigung eines Bachelor- / Masterstudienganges grundsätzlich nachzuweisen, daß der Studiengang modularisiert und mit einem Leistungspunktsystem ausgestattet ist. Leistungspunkte und Noten sollen getrennt ausgewiesen werden, eine vorläufige Orientierung für die Umrechnung der deutschen Noten biete die ECTS-Skala.39 Ebenso sehen die Akkreditierungskriterien vor, daß Modularisierung, Leistungspunktsystem und ECTS als Mindeststandard heranzuziehen sind.40 Auch hier weichen indessen die Vorstellungen der Gutachten oftmals erheblich voneinander ab, was ECTS-kompatibel ist.41

37 Auf dieses Defizit machen u. a. aufmerksam Fechner, Umsetzung à la carte, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 22 sowie Gehmlich, ECTS in Deutschland, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 28. 38 Beschluß der KMK vom 5. 3. 1999 i.d.F. vom 14. 12. 2001, ersetzt und aktualisiert durch den Beschluß vom 10. 10. 2003. 39 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000, Erl. lit. f. Diese (alte) Umrechnung wird heute als problematisch und überarbeitungsbedürftig angesehen, weil die ECTS-Noten im Gegensatz hierzu eine Gewichtung erhalten: Note A für die besten 10 % der Studierenden, Note B für die nächsten 25 %, Note C für die nächsten 30 % usw. Die HRK hat sich jetzt dafür ausgesprochen, neben der nationalen absoluten Bewertung der Studienleistung die relative, nämlich die europäische ECTS-Note zu vergeben, HRK-Empfehlungen zu ECTS (Zugriff am 26. 3. 2004). 40 Beschlüsse des Akkreditierungsrates vom 30. 11. 1999, Abschnitt B. I. 41 Hierauf weist aktuell hin: Gehmlich, ECTS in Deutschland, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 28.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Mit der Einführung des ECTS wird heute (in Deutschland) die Vorstellung von einer umfassenden Studienreform verbunden. Das herkömmliche Studien- und Prüfungssystem wird verlassen. Nicht der Aufwand des Lehrenden, gemessen in Semesterwochenstunden, bestimmt den Umfang von Studium und Lehre, sondern der Lernerfolg und die Leistungsfähigkeit des Studierenden. Dieser Systemwechsel zieht gravierende Folgen nach sich. Deren wichtigste ist zugleich die am meisten unterschätzte: In dem neuen System wird ein Vollzeitstudium zugrundegelegt, eine Annahme, die mit dem deutschen Studienalltag in vielen Fällen nicht übereinstimmt. Wer einen Bachelor-Studiengang erfolgreich absolvieren will, muß die den Lerneinheiten zugewiesenen Leistungspunkte erwerben. Die Anzahl der Leistungspunkte richtet sich nach der Arbeitszeit (workload), die von einem Studierenden zu erbringen ist, um das Lernziel einer Lerneinheit zu erreichen. Für ein Studienjahr werden 60 Leistungspunkte veranschlagt. Europaweit wird dabei im Sinne des ECTS ein studentischer Arbeitsaufwand von 1500 bis 1800 Stunden (45 Wochen á 40 Stunden) zugrunde gelegt, also 25 bis 30 Arbeitsstunden zur Erlangung eines Leistungspunktes. Im Mittelpunkt steht mithin die studentische Arbeitszeit (Kontaktzeit, Vor- und Nachbereitung, Klausuren, Referate, Hausarbeiten, Exkursionen, Praktika usw.), die aufzubringen ist, damit das Studium erfolgreich absolviert wird. Es kann nicht oft genug klar gestellt werden: Die Anwendung des europäischen Leistungspunktsystems setzt eine Arbeitszeit von 45 Wochen á 40 Stunden voraus. Die Reaktion der Studierenden auf diesen zukünftigen Studienalltag reicht oftmals von ungläubigem Staunen bis hin zum Gelächter: So könne man in Deutschland nicht studieren, man habe andere Verpflichtungen, weitere Lebensbereiche seien wichtig, man müsse / wolle Geld hinzuverdienen, die Universität sei keine Schule usw. Die in diesem Zusammenhang für das deutsche System ungelösten Fragen können nur benannt und auf drei Schwergewichte fokussiert werden: – Wie ist in Deutschland zukünftig Lehre und Forschung zu organisieren, wenn 45 Wochen studentische Arbeitszeit im Jahr eingefordert werden? (u. a.: Beibehalten der vorlesungsfreien Zeit? Erhöhung des Lehrdeputats?) – Wer finanziert das Studium, wenn der Nebenjob wegfällt (etwa zwei Drittel der Studierenden arbeiten häufig oder laufend im Semester oder in der vorlesungsfreien Zeit)?42

1. Einführung des Leistungspunktsystems ECTS

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– Sind vermehrt Teilzeitstudiengänge anzubieten (das Mißverhältnis ist eklatant: In den USA sind 42 % der Bachelor-Studierenden Teilzeitstudenten, im Vereinigten Königreich 37 %, in Deutschland sind 28 % der Diplom-Studierenden faktisch Teilzeitstudenten)? 43

Diese Fragen sind spätestens dann zu beantworten, wenn in den sogenannten Massenfächern Bachelor und Master studiert wird, d. h. für die zuküftigen Studienanfänger. Die gegenwärtige Studentengeneration läßt der Fragenkatalog deswegen relativ unberührt, weil sie für die Absolvierung ihres Diploms Bestandsschutz genießt, sie also noch nicht in das Leistungspunktsystem einschließlich deren Folgen eingebunden ist. Die Probleme erscheinen für die deutschen Universitäten aber bestenfalls nur aufgeschoben. Zusammengefaßt bedeutet die Anwendung von ECTS heute (in Europa), folgende Bausteine und Entwicklungslinien zu berücksichtigen: – Der Ausbau von dem ursprünglich nur als Erleichterung entwickelten Transfer von Studienleistungen hin zu einem System von Transfer und Akkumulierung. – Die Entwicklung neuer Studiengänge mit modularisiertem Aufbau und studienbegleitendem Prüfungssystem. – Herstellung der Bedingungen zur Anrechnung von Studienleistungen durch das System des Kurskatalogs (course catalogue), des Studienabkommens (learning agreement) und der Datenabschrift für die absolvierten Studiendaten (transcript of records). – Anwendung des ECTS-Bewertungssystems (Noten). – Einführung und Anwendung des diploma supplement. – Gemeinsame Definition von Lernergebnissen und zu erwerbenden Fertigkeiten (z. B. entwickelt im Projekt Tuning Educational Structures in Europe). 42 Vgl. die aktuelle Zusammenstellung bei Fuchs, Jobben im Studium, HSW 5 / 2003, S. 203 ff. 43 Vgl. die Untersuchung von Berning / Schindler / Kunkel, in: Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (Hrsg.), Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, 1996, S. 179; für die USA vgl. Glidden, Mobilität und Dienstleistung, in: Breinig / Gebhardt / Ostendorf (Hrsg.): Das deutsche und das amerikanische Hochschulsystem, 2001, S. 123 (138).

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

– Anerkennung und Weiterentwickelung von Referenz- und Grundsatzdaten, sogenannten key features. – Vergabe von ECTS-Punkten auch für Studienleistungen, die im Zuge des lebenslangen Lernens erworben werden.

Mit Blick auf die Zukunft in den europäischen Entwicklungen wird man konstatieren können, daß die mit der Einführung des ECTS möglichen und auch erwünschten Reformen noch längst nicht realisiert sind, sei es im Hinblick auf die einzelne Lerneinheit in dem (nationalen) Studiengang, sei es im Hinblick auf die grenzüberschreitende Vergleichbarkeit. Vor allem steht eine europaweite, vergleichbare Methode aus, wie Studienleistungen gleichmäßig, d. h. hier kompatibel, bewertet werden können. Bedingt durch die Dynamik in der hochschulpolitischen Zusammenarbeit in der EU werden hier alsbald verläßliche Erkenntnisse und Aussagen vorliegen (müssen).

2. Der Bologna-Prozeß Ausgehend von dem Treffen der europäischen Bildungsminister am 19. 6. 1999 in Bologna wird mit diesem Prozeß zunächst die Erklärung selbst und deren eingeforderte Umsetzung bis zum Jahre 2010 verstanden: Die Verwirklichung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums mit dem Ziel einer Annäherung und Übereinstimmung (Harmonisierung) der jeweiligen Hochschulsysteme.44 Heute wird der Begriff weiter gefaßt. Der Bologna-Prozeß erfaßt alle Maßnahmen zur Reorganisation des Studiums und alle Schritte zu konkreten Hochschulreformen in den beteiligten Ländern, um die Vision eines Bildungsraums Europa zu verwirklichen. Oder zielgerichteter wird formuliert: Mit diesem Oberbegriff werden alle Bemühungen der Hochschulen erfaßt, um die Wettbewerbsfähigkeit und Schärfung des institutionellen Profils herbeizuführen.45 In der Bewer44 Witte und Otto kennzeichnen den Bologna-Prozeß als schillernden und schwer zu greifenden Gegenstand, dessen Bedeutung und Reichweite unklar sei. Es handele sich um einen Annäherungsprozeß zur Verwirklichung der drei Ziele der Bologna-Erklärung: Mobilität und Berufsfähigkeit der europäischen Bürger und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Europäischen Hochschulssystems herzustellen, in: Wissenschaftsmanagement 3 (2003), S. 29. 45 Ebel-Gabriel, Generalsekretärin der HRK im Interview mit Kowi-aktuell, Nr. 57, vom 8. 4. 2004.

2. Der Bologna-Prozeß

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tung wird der Bologna-Prozeß u. a. als die wichtigste und weitreichendste Hochschulreform in Europa seit den Nachwirkungen von 1968 beschrieben.46 Von außerordentlicher, weil durchschlagender Wirkung, war zunächst die politische Entscheidung der Regierungsverantwortlichen der EU-Mitgliedsstaaten, eine gemeinsame Konvention in Lissabon (1997) zu unterzeichnen. 47 Die heute so als Lissabon-Konvention bekannte Vereinbarung stellt eine Konvention des Europarates und der UNESCO über die „Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“ dar. Mit dem Abkommen sollte zunächst den hochschulpolitischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte Rechnung getragen werden (neue Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa, Entstehen von Fachhochschulen, veränderte Zulassungspraxis). Vor allem enthält die Konvention, und das europaweit erstmalig, u. a. Prinzipien der Anerkennung von Hochschulzugangsqualifikationen, Studienabschnitten und Hochschulabschlüssen sowie deren Anerkennungskriterien.48 Bislang haben 34 europäische Länder der insgesamt 44 Mitglieder des Europarats die Konvention unterzeichnet, Deutschland hat aber noch nicht ratifiziert.49

46 Council of Europe, Contributions to the Bologna Process, DG IV / EDU / HE (2003) 10, Strasbourg, 7 February 2003, Introduction p. 2. 47 Sämtliche Texte der Vereinbarungen und Konferenzen im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozeß sind abrufbar unter und sowie mit Hilfe der dort angegebenen links. Ein jeweiliges Aufrufen in den Fußnoten dieser Ausarbeitung kann daher entfallen. Wichtige Dokumente sind im Anhang abgedruckt. 48 Sehr mißverständlich die Aussage von Reuhl, das Lissabon-Abkommen habe keinen Einfluß auf die deutsche Rechtslage, in: RdJB 1 / 99, 62 (65). Der in Bezug genommene Art. VI. 3 des Abkommens besagt hinsichtlich der Folgen der Anerkennung von Hochschulqualifikationen das Gegenteil. 49 Die Ratifizierung zuletzt anmahnend: HRK-Präsident in der Erklärung zur Berlin-Konferenz vom 19. 9. 2003 (Zugriff am 2. 10. 2003). Die Bedenken aus deutschen Justizministerien richten sich schwergewichtig gegen die Anerkennung ausländischer Hochschulabschlüsse im rechtswissenschaftlichen Bereich (Zugang zum alimentierten juristischen Vorbereitungsdienst). Warum diesen Bedenken nicht durch Erklärung eines Vorbehalts zu Art. VI. 3 des Abkommens (substantial differences) Rechnung getragen werden kann, bleibt unerfindlich, vgl. überzeugend: Wenzel, Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich, ThürVBl. 2003, 203 ff.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Wegweisend für die Inangriffnahme eines Europäischen Hochschulraums waren und sind vor allem die Beschlüsse der europäischen Bildungsminister auf den Konferenzen – Sorbonne, 1998; – Bologna, 1999; – Prag, 2001 und – Berlin 2003. Diesen Konferenzen gingen vielfältige Aktivitäten voraus. Vorbereitend und in den Auswirkungen außerordentlich wirksam werdend sind die konkreten Initiativen auf europäischer Ebene zu nennen:50 – Richtlinie des EWG-Rates von 1989 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome; – Vorlage eines Memorandums zur Hochschulbildung in der Europäischen Gemeinschaft durch die EU Kommission, 1991; – Einführung des europäischen Mobilitätsprogramms; – Einführung des europäischen Mobilitätsprogramms SOKRATES mit den Unterprogrammen ERASMUS 1995 bis 1999 (SOKRATES I) und 2000 bis 2006 (SOKRATES II); – Einführung des TEMPUS-Programms 1990 bis 2006 zur Zusammenarbeit im Hochschulbereich zwischen EU-Mitgliedstaaten und sogenannten Partnerstaaten im westlichen Balkan, in Osteuropa und Zentralasien sowie im Mittelmeerbereich; – Einführung des European Credit Transfer System im Rahmen eines Pilotprojekts im Programm ERASMUS; – Entwicklung und Förderung des „diploma supplement“ in der jeweiligen Landessprache und in Englisch.

Im Zuge dieser Entwicklungen hin zu einem europäischen Bildungsraum beschäftigten sich Hochschulinstitutionen u. a. auf internationalen Konferenzen mit dem Bologna-Prozeß, namentlich in – Salamanca, 2001; – Zürich, 2002 und – Graz, 2003 50 Vgl. ausführlich: Friedrich, Neuere Entwicklungen und Perspektiven des Bologna-Prozesses, Arbeitsberichte HoF Wittenberg 4 / 2002, S. 6 ff.

2. Der Bologna-Prozeß

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sowie der Europarat mit Entschließungen in – Lissabon, 1997; – Stockholm, 2001; – Lissabon, 2002 und – Barcelona, 2002. Daneben fand eine Reihe nationaler und internationaler Konferenzen statt, wo die Aspekte der internationalen Zusammenarbeit auf Hochschulebene in den Voraussetzungen und Folgen analysiert wurden. Erwähnenswert sind schließlich die sogenannten Hintergrunddokumentationen, mit denen eine intensive Analyse und weiterführende Diskussion angelegt war, um die anstehenden Prozesse zu begleiten: – Trends I (Hintergrunddokumentation für Bologna); – Trends II (Hintergrunddokumentation für Prag) und – Trends III (Hintergrunddokumentationen für Graz und Berlin).

Bevor auf die Einzelheiten eingegangen wird, kann beim Betrachten dieser Abfolgen bereits konstatiert werden, daß in wesentlichen Bereichen die Bildungspolitiker die Reformen angestoßen haben, nicht aber die Hochschulvertreter, weder deren Präsidenten / Rektoren, noch die Wissenschaftler, schon gar nicht die bis auf den heutigen Tag überwiegend ablehnend eingestellten Studierenden. Die Zurückhaltung aus dem Hochschulbereich hat sich auch auf nationaler Ebene, beispielsweise in Deutschland, bis zur Gegenwart fortgesetzt. Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge ist hier von dem sonst eher konservativen Gesetzgeber angestoßen worden (4. und 6. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes von 1998 und 2002), und die Entwicklung von neuen gestuften Studiengängen lahmt bis auf den heutigen Tag,51 dies gilt vor allem in den sogenannten Massenfächern. a) Die Sorbonne-Erklärung Im Mai 1998 beschlossen die Bildungsminister Frankreichs, des Vereinigten Königreichs, Italiens und Deutschlands in der Sorbonne in Paris, die Grundprinzipien der Entwicklung eines europäischen Hochschulsystems festzulegen.52 51

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Schlicht, Der Bachelor lahmt, Der Tagesspiegel vom 11. 11. 2002, S. 28.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Es sollte sich um freiwillige, multilaterale Vereinbarungen handeln. Die Sorbonne-Erklärung trug die leicht theatralische, in der Zielrichtung aber doch treffende Überschrift: „Harmonisierung der Architektur des europäischen Hochschulsystems“. Ein gemeinsamer Rahmen für die europäischen Bildungssysteme sollte geschaffen werden durch: – eine Annäherung der Rahmenbedingungen für Studiengänge und -abschlüsse innerhalb eines offenen europäischen Hochschulraumes, – die Einführung eines gemeinsamen Systems für Studienabschlüsse (zwei Zyklen), – die Steigerung und Erleichterung der Mobilität von Studierenden und Lehrenden (erklärte Absicht, daß mindestens ein Semester im Ausland vom Studierenden verbracht sein soll), – einen Abbau der Mobilitätshemmnisse und die Verbesserung der Anerkennung von akademischen Abschlüssen und Leistungen.

Gemessen an dem bisherigen Kompetenzgefüge europäischer Institutionen bedeuteten diese Zielvorgaben eine neue Einstellung, wollte man bisher im Spannungsfeld zwischen nationalen Strukturen und supranationalen Einrichtungen doch vorwiegend die nationalen Strukturen erhalten wissen. Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit wurden hierbei oft strapaziert, für europäische Veränderungen sah man wenige Notwendigkeiten, z. T. wollte man sie auch nicht und verharrte daher im Traditionellen und Herkömmlichen („Eurosklerose“). Die bereits genannten Herausforderungen der Globalisierung und die internationale Vernetzung der weltweiten Konkurrenzsituation waren letztlich für die Abfassung der Sorbonne-Erklärung ausschlaggebend. Die Grundprinzipien wurden rasch von den übrigen Mitgliedsstaaten anerkannt. Die Aktivitäten für und um die Sorbonne-Erklärung setzten starke Reformkräfte in Bewegung, sie waren der Auslöser für die alsbald folgende Bologna-Konferenz.

52 Sorbonne Declaration, Paris, the Sorbonne, May 25, 1998 sowie Text im Anhang.

2. Der Bologna-Prozeß

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b) Die Bologna-Konferenz – Erste Folgerungen für die Studiengänge in Deutschland Im Juni 1999 unterzeichneten die Bildungsminister von 29 europäischen Staaten die sogenannte Bologna-Erklärung. Erreicht werden sollte die Schaffung eines europäischen Hochschulraums bis zum Jahre 2010. Europa sollte für den weltweiten Wettbewerb gestärkt und als Bildungsstandort ausgebaut werden. In sechs wesentlichen Punkten wurden die Absichten festgeschrieben: – die Einführung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, auch durch die Einführung eines „diploma supplement“, – die Einführung eines Studiensystems, das sich im wesentlichen auf zwei Hauptzyklen stützt (undergraduate / graduate), – die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung nach dem ECTS-Modell, – die Förderung der Mobilität durch Überwindung der Hindernisse, die in der Praxis im Wege stehen, – die Förderung der europäischen Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung, – die Förderung der europäischen Dimension im Hochschulbereich als „Markenzeichen“ für den Weltbildungsmarkt.

Die Bedeutung dieser in Teilen schon stark inhaltlich ausgerichteten Erklärungen ist sehr hoch einzuschätzen. Die Folgewirkungen dauern an.53 Unter dem konkreten Aspekt der Einführung der Studiengänge in Deutschland kommt den drei erst genannten Zielsetzungen der Bologna-Erklärung das größte Gewicht zu. Die Forderung nach Einführung eines Systems „vergleichbarer“ Abschlüsse eröffnet theoretisch zwei Wege, realistischerweise wird aber nur einer zu beschreiten sein. Eine Vergleichbarkeit könnte zunächst dadurch hergestellt werden, daß Standards und Kriterien darüber aufgestellt werden, welchen inhaltlichen und formalen Wert ein Abschluß hat. Dabei ließe sich mit 53 Aus diesem Grund wird es für sachdienlich gehalten, den Text der Bologna-Erklärung im Original auf Englisch und in der deutschen Übersetzung im Anhang aufzuführen.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

guten Gründen argumentieren, daß das einphasige Graduierungssystem „Diplom“ (Deutschland) gleichwertig ist mit den beiden Zyklen Bachelor (undergraduate) und Master (graduate) im angelsächsischen Raum. Kurioserweise spräche sogar die Wortwahl für diesen Weg, weil ein „Diploma“-Zusatz helfen soll, den erworbenen Grad zu erläutern. Auch die Forderung nach Einführung von zwei Zyklen würde einen sozusagen deutschen „Diplomweg“ nicht hindern, weder in den zeitlichen Anforderungen noch durch die Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt. Die Bologna-Erklärung verlangt für den ersten Zyklus lediglich ein Studium von „mindestens“ drei Jahren, schließt also einen Grad nach einem Studium von neun Semestern – so die Regelstudienzeit für Diplome – nicht aus. Im Zuge erneuter Reformanstrengungen (Stichwort: Entrümpelung der Studiengänge) wäre ggf. auch ein achtsemestriges, regelmäßiges Diplomstudium zu erreichen. Sogar die von der Bologna-Erklärung in den Mittelpunkt gerückte Absicht, eine arbeitsmarktrelevante Qualifikation der Bürger herbeizuführen („to promote european citizens employability“) bliebe gewahrt, denn in jeder deutschen Diplomprüfungsordnung wird der Zweck definiert, die Diplomprüfung bilde den „berufsqualifizierenden Abschluß des Studiums“. Und schließlich wäre notfalls auch eine Kompatibilität des deutschen Systems mit dem von der Bologna-Erklärung eingeforderten zweiten Zyklus herzustellen, weil mit der Erlangung eines Masters die Gleichwertigkeit zu dem Diplom erreicht wäre und für Absolventen des zweiten Zyklus die Erlangung eines Doktorgrades durch die Promotionsphase in Deutschland eingeführt werden könnte.54 In dem immer noch heftig andauernden Streit über die zwingende Notwendigkeit der Einführung der gestuften Studiengänge in Deutschland darf zunächst also keineswegs einseitig die Interpretation zementiert werden, das deutsche Diplom müsse – wegen der Bologna-Erklärung – durch Bachelor und Master ersetzt werden. Ein derartiger Automatismus kann schon deswegen nicht greifen, weil vorherrschendes Prinzip aller Konferenzen und Beschlüsse auf europäischer Ebene immer wieder die Betonung der Vielfalt der 54 Eine zugegebenermaßen leicht verbogene Konstruktion, dem Wortlaut der Bologna-Erklärung aber nicht direkt widersprechend („The second cycle should lead to the master and / or doctorate degree as in many European countries“).

2. Der Bologna-Prozeß

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Hochschulsysteme und der kulturellen Einrichtungen war und ist sowie die Herstellung einer Gleichwertigkeit, nicht aber der Einheitlichkeit. Daß diese Interpretation nicht künstlich oder allein formal ausgerichtet ist, zeigt sich sehr deutlich in den zentralen Arbeitsschritten zur Herstellung eines gewünschten europäischen Bildungssystems, hier nämlich der Entwicklung von Modulen. Die Modularisierung der Studiengänge soll die Mobilität der Studierenden fördern. Sie braucht hierzu einen hochschulübergreifenden Konsens über die wechselseitige Anerkennung, vor allem bei einem Hochschulwechsel. Dazu bedarf es, wie die KMK ausdrücklich hervorgehoben hat, der Festlegung inhaltlicher und formaler Kriterien, die nach dem Grundsatz des Vertrauens in wissenschaftliche Leistungsfähigkeit Gleichwertigkeit, nicht aber Einheitlichkeit sichern. Ein schematischer Vergleich sei keinesfalls vorzunehmen.55 Die Gründe dafür, daß die Interpretation eines möglichen „deutschen Diplomweges“ in Europa versperrt ist, liegen letztlich in einem gänzlich anderen, dafür um so tiefgreifenderen Befund, nämlich dem Scheitern der Regelstudienzeit in Deutschland sowie dem Abbruch jedes vierten Universitätsstudiums. Ein „vergleichbarer“ Abschluß, wie er von den Ministern in der Bologna-Erklärung eingefordert wird, heißt eben in Deutschland nicht 9, sondern regelmäßig 14 Semester. Die durchschnittliche Studiendauer deutscher Studierender bei bestandener Prüfung für das Jahr 2001 beträgt in Semestern:56 55 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen – Vorbem. S. 2. 56 Quelle: Statistisches Bundesamt: Bildung und Kultur, Fachserie 11 / Reihe 4 / 2: „Prüfungen an Hochschulen“, abgedr. in: iwd vom 18. 9. 2003, S. 3. Die Daten beziehen sich auf die Studienzeit, d. h. die Zeit von der Erstimmatrikulation bis zum Abschluß des Prüfungsverfahrens. Die reine Fachstudiendauer gibt nur die Fachstudiendauer nach Fachsemestern wieder, sie liegt in der Regel 1,5 bis 2 Semester unter der Studienzeit, vgl. die letzte Erhebung des Wissenschaftsrats, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, Drs. 4770 – 01 vom 15. 2. 2001, Übersichten S. 11 ff. Als problematisch ist die immer wieder erhobene Forderung anzusehen, die Differenz zwischen realer und Regelstudienzeit müsse durch eine Änderung in der Statistik behoben werden, Teilzeitstudierende (ca. 30%) und Vollzeitstudierende seien getrennt auszuweisen (so u. a. HRK-Entschließung vom 10. 11. 1997 zum Teilzeitstudium). Die Sollgröße „Regelstudienzeit“ enthält bereits einen normativen Rahmen, der seinerseits nicht durch tatsächliche Zahlen korrigiert werden darf. Daß es sich hierbei nicht bloß um eine Art „statistische“ Sicht

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

– Kunst, Kulturwissenschaften 15,2; – Humanmedizin 14,6; – Sprach- und Kulturwissenschaften 14,4; – Sport 14,0; – Ingenieurwissenschaften 14,0; – Mathematik, Naturwissenschaften 13,5; – Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften 12,9; – Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 12,4.

Und leider noch entfernter läge die Annahme, bei der Errichtung eines europäischen Hochschulraums die deutschen Diplomstudiengänge als „vergleichbare Abschlüsse“ einführen zu wollen mit dem Ziel, Arbeitsmarktqualifikation und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Wenn im eigenen System jeder vierte Student die Universität ohne einen Abschluß verläßt, sind die Argumente ausgegangen. Die Studienabbrecherquote beträgt in Prozenten: – Sozialwissenschaften, Sozialwesen 42%; – Sprach- und Kulturwissenschaften 41%; – Informatik 37%; – Geographie 36%; – Bauwesen 35%; – Wirtschaftswissenschaft 31%; – Pädagogik, Sport 28%; – Rechtswissenschaft 27%.

Und auch in den Naturwissenschaften sind die Abbruchzahlen hoch: – Physik, Geowissenschaften 26%; – Maschinenbau 25%; – Chemie 23% usw.57 der Dinge handelt, ist offenkundig: Wenn jeder dritte Studierende teilzeitstudiert, handelt es sich in Wirklichkeit um einen Scheinstudenten, denn ein Teilzeitstudium wird (regelmäßig) tatsächlich gar nicht angeboten. Ist die Statistik dann wieder zu ändern?

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In Verbindung mit den beiden weiteren Deklarationszielen, nämlich der Herstellung einer arbeitsmarktrelevanten Qualifikation sowie der Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wird sehr klar deutlich, daß ein zusammenwachsendes „Europa des Wissens“ im internationalen Kontext nicht auf theoretischen Studienverläufen bauen kann, sondern nur auf realen Strukturen.58 Der Europaweg „Deutsches Diplom“ erscheint damit derzeit nicht gangbar, so bitter das für Traditionsbewußte im Hinblick auf die deutsche Wissenschaftsgeschichte auch sein mag. Aus der Fülle der Aktivitäten in Deutschland zur Umsetzung der Ziele aus der Bologna-Konferenz sind zwei Entwicklungen hervorzuheben: Die Bedeutung des ECTS als Akkumulationssystem und die Akkreditierung als Qualitätssicherungssystem.59

57 HIS, Studienabbruchstudie 2002, S. 24 ff. (28). Zur Definition: Die Studienabbrecherquote ist der Anteil der Studienanfänger eines Studienjahres an den Universitäten und Fachhochschulen, die das Studium beenden, ohne es mit einem Examen abzuschließen. Die Abbruchquote bezieht sich zeitlich auf ein Studienanfängerjahr und kennzeichnet den relativen Umfang nicht erreichter Abschlußprüfungen unter den Studienanfängern dieses Studienjahres. Studienunterbrecher, Studiengang- oder Hochschulwechsler zählen nicht zu den Studienabbrechern, HIS, Studienabbruchstudie 2002, S. 10. 58 Ein wenig schmeichelhaft, wenn auch in der Allgemeinheit sicherlich zutreffend, die Begründung der KMK zur Einführung eines neuen Graduierungssystems: Das neue System „stehe im Zusammenhang mit veränderten Anforderungen an die Hochschulen, die sich insbesondere aus der Expansion des tertiären Bereichs, den Veränderungen in der Berufswelt sowie der zunehmenden internationalen Verflechtung im Hochschulbereich ergeben.“ KMK-Beschluß vom 3. 12. 1998 zur Einführung eines Akkreditierungsverfahrens, Punkt 1. Eindeutiger und den Kern treffend hingegen die Begründung des Gesetzgebers zur Reform des deutschen Hochschulsystems: Als erstes Problem, das eine Novellierung des Hochschulrahmengesetzes dringlich mache, sei zu nennen die Länge des Studiums von über sieben Jahre an den Universitäten sowie über fünf Jahren an den Fachhochschulen (Begründung zum 4. Gesetz zur Änderung des HRG vom 20. 8. 1998, A – Allgemeiner Teil, BT-Drs. 13 / 8796, S. 13.) Ähnlich die Einschätzung des Wissenschaftsrats, Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen und -abschlüsse, 2000, S. 106: „Die zu langen Studienzeiten in Deutschland zählen seit Jahren zu den wichtigsten hochschulpolitischen Themen“. 59 Zum aktuellen Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland berichtet eine gemeinsame Kurzfassung von KMK, BMBF und HRK: „Auf dem Weg nach Bologna: Die Situation in Deutschland“, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 9 ff.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Neue Bachelor- und Masterstudiengänge werden in Deutschland nur genehmigt und akkreditiert, wenn der Studiengang modularisiert und mit einem Leistungspunktsystem verknüpft ist. Die Anwendung von ECTS gewinnt damit eine wichtige, über den bloßen Transferzweck hinausgehende Bedeutung als Akkumulationssystem. Die konkrete Beziehung der credits zu den Lernergebnissen, vor allem aber eine realistisch vorgenommene studentische Arbeitsbelastung („workload“) ist im Genehmigungs- und Akkreditierungsverfahren überzeugend nachzuweisen. Viel zu optimistisch erscheint es, wenn zur gegenwärtigen Situation lapidar und relativ kritiklos mitgeteilt wird, die Mehrzahl der deutschen Hochschulen verwende bereits ECTS zu Transferzwecken.60 Aus der Praxis bekannt sind die durchaus nicht unüblichen Verfahren, in denen der studentische Arbeitsaufwand mehr oder minder schematisch in Beziehung zur traditionellen Semesterwochenstunden-Einteilung gesetzt wird. Oder die Fälle, in denen ein ausländischer Studierender, der einen „echten“ credit im Heimatland benötigt, im Anschluß an die Lehrveranstaltung mit einer kurzen mündlichen Prüfung den Nachweis seiner Arbeitsbelastung dokumentiert bekommt.61 Deutlicher, wenn auch nur als Momentaufnahme wird hier der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der im Rahmen seines Programms „Reformstudiengänge“ im Jahre 2003 rund 100 neu strukturierte und gestufte Studiengänge bewertet hat. In der Mehrzahl der eingereichten Vorhaben sei offenkundig nicht verstanden worden, daß bei der Umstellung auf gestufte und durchgängig modularisierte Studiengänge dicke Bretter zu bohren seien. Die meisten Fachbereiche seien die Umstellung auf vollständig modularisierte Studiengänge nur halbherzig angegangen. Es gebe schlichtweg zu viel Etikettenschwindel.62

60 So der gemeinsame Bericht von KMK, BMBF und HRK: „Auf dem Weg nach Bologna: Die Situation in Deutschland“, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 10. 61 Vorsichtig klingt diese generelle Kritik an bei Gehmlich, ECTS in Deutschland, in: DUZspecial vom 4. 7. 2003: ECTS sei bei vielen Studierenden noch nicht angekommen, S. 28, und: Die studentische Arbeitsbelastung solle weder „manipuliert“ noch arithmetisch ermittelt werden, S. 29. 62 Winter, Neustrukturierung von gestuften Studiengängen – Paradigmenwechsel statt Umetikettierung, Statement vom 17. 4. 2003 (Zugriff am 4. 6. 2004).

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Als weitere hervorzuhebende deutsche Entwicklung in der Umsetzung der Bologna-Erklärung ist die Akkreditierung zu nennen. Gekennzeichnet als ein „Paradigmenwechsel in der Qualitätssicherung“63 haben sich die Kultusminister 1998 im Genehmigungsverfahren für einen Studiengang auf eine funktionelle Trennung zwischen staatlicher Genehmigung und Akkreditierung geeinigt. Mit dem länderübergreifenden Akkreditierungsrat und den unabhängigen Akkreditierungsagenturen ist (genauer: soll) in Deutschland erstmals ein System hochschulübergreifender Qualitätssicherung entstanden. Realitätssinn ist aber auch hier angebracht: Von ca. 1600 Bachelor- / Masterstudiengängen aus dem Jahre 2002 sind lediglich 249 Bachelor- / Masterstudiengänge akkreditiert worden.64 Wenig überzeugend geklärt ist bis auf den heutigen Tag überdies das Verhältnis zwischen Akkreditierung und der nach wie vor in fast allen Ländern noch notwendigen staatlichen Genehmigung von Studiengängen.65 Große Fragezeichen sind ferner angebracht, in welchem Umfang der Akkreditierungsrat selber die ihm obliegende Verantwortung für die Durchsetzung vergleichbarer Qualitätsstandards in den durch die Akkreditierungsagenturen durchgeführten Verfahren wahrnimmt. Allein die Tatsache, daß überwiegend alle Antragsteller die Akkreditierung erlangen und damit zweifelsfrei dokumentiert wird, daß neu strukturierte Studiengänge mit höchst unterschiedlichem Qualitätsprofil das nämliche Gütesiegel erhalten, stimmt nachdenklich. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft weist in diesem Zusammenhang auf massive Defizite in der Neustrukturierung von gestuften Studiengängen hin und fragt, ob die Akkreditierungsagenturen angesichts vielfach anzutreffenden Etikettenschwindels überhaupt ihre Hausaufgaben gemacht haben.66 63 So titelt die Leiterin der Geschäftsstelle des Akkreditierungsrats, Schade in DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 19: „Akkreditierung in Deutschland – ein Paradigmenwechsel in der Qualitätssicherung“. 64 Quelle: Gemeinsamer Kurzbericht KMK, BMBF, HRK, Auf dem Weg nach Bologna: Die Situation in Deutschland, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 9, 10. 65 Schade, Akkreditierung in Deutschland, in: DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 18. 66 Winter, Neustrukturierung von gestuften Studiengängen – Paradigmenwechsel statt Umetikettierung, Rede vom 17. 4. 2003 (Zugriff am 4. 6. 2004).

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Das Thema der Akkreditierung wird im folgenden Text vertieft (unter Kapitel IX.). c) Das Prager Communiqué Am 19. 5. 2003 unterzeichneten die Bildungsminister von 33 Staaten das sogenannte Prager Communiqué. Die beteiligten Länder erklärten ausdrücklich, den europäischen Hochschulraum zu unterstützen. Die Minister – bekräftigen die in der Bologna-Erklärung festgelegten Ziele (namentlich die Einführung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, einschließlich der erleichterten Anerkennung von Abschlüssen; die Einführung eines Systems gestufter Abschlußgrade; die Einrichtung eines Leistungspunktsystems; die Förderung der Mobilität und der europäischen Kooperation bei der Qualitätssicherung und die Förderung der europäischen Dimension im Hochschulwesen), – begrüßen die aktive Einbindung der European University Association (EUA) und der National Union of Students in Europe (ESIP), – heben die konstruktive Mitarbeit der Europäischen Kommission hervor, – ermutigen und verpflichten sich zu weiterer Zusammenarbeit mit Blick auf die Zielsetzungen der Bologna-Erklärung, – stellen die folgenden Bereiche eines europäischen Hochschulraums als besonders wichtig hervor: lebenslanges Lernen, Einbindung der Studierenden, Steigerung der Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulraums.

Erstmals wurde die soziale Dimension als ein weiteres wesentliches Ziel in dem Communiqué verankert. Der Aspekt war von Studierenden in Erinnerung gerufen worden („recalled by students“). Das aktive Engagement der European Union of Students in Europe (ESIP) ist von den Ministern ausdrücklich positiv gewürdigt worden. Für den deutschen Hochschulraum dürfte dieser Aspekt von wachsendem Interesse sein, weil Deutschland seit Jahren in dieser Hinsicht führend unter den Mitgliedstaaten ist67 (Studentenwerke, Ausbildungsförde67 Hierauf weist zutreffend Schnitzer in seiner Studie hin: Die soziale Dimension im europäischen Hochschulraum, Kurzinformation HIS 2003, S. 5.

2. Der Bologna-Prozeß

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rung, Sozialerhebungen). Insofern lag es auch nahe, daß von deutscher Seite mit dem Hochschulinformations-System (HIS, Hannover) dieser Frage systematisch nachgegangen worden ist. Zu Recht wird bei der Vorstellung des EURO STUDENT REPORT als Monitorsystem darauf hingewiesen, daß die soziale Dimension als ein dynamisches Mittel für gesellschaftliches und wirtschaftliches Wachstum zu begreifen sei.68

d) Die Berlin-Konferenz Auf der Tagung in Bologna hatten sich die Minister darauf verständigt, sich bis zum Jahr 2010 alle zwei Jahre zu treffen. Die jeweiligen Fortschritte sollten beraten und analysiert, die Ziele präzisiert und ihre Umsetzung erörtert werden. Für die Berlin-Konferenz im Jahr 2003 bedeutete dies zum einen, daß über die Entwicklung seit Prag 2001 zu berichten war. Zum anderen hatte die EU-Kommission beschlossen, zehn konkrete Maßnahmen auf den folgenden Feldern zu unterstützen („From Prague to Berlin. The EU Contribution“):69 – die umfassende Einführung des diploma supplement, – der Start eines Pilotprojekts, um ein europäisches Kredit-Akkumulationssystem für lebenslanges Lernen zu erproben, – ein studentisches Manifest zum Sokrates-Erasmus-Programm, – Modelle für virtuelle europäische Universitäten, – die Förderung von Qualität und Kultur in den Universitäten, – der Start eines Pilot-Projekts für eine europäische qualitative Evaluation im Universitätsbereich, – die Beschreibung und Unterstützung für europäische Master- und Doktorandenkurse, – eine Datenbank für Arbeits- und Lernmöglichkeiten, – die Schaffung von Synergie-Effekten zwischen dem „europäischen Hochschulraum“ und dem „europäischen Forschungsraum“, 68 Schnitzer, Die soziale Dimension im europäischen Hochschulraum, Kurzinformation HIS 2003, S. 11. 69 European Commission (2001), Dokument A 2 / PVDH-DG’s HE / SOCCOM-11, Brüssel, 27. 11. 2001.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

– die Unterstützung für den Trends III-Bericht, einen offiziellen Prag-Berlin-Berichterstatter und eine begrenzte Zahl von offiziellen Bologna-Seminaren.

Die Erwartungen an die Ergebnisse der Berlin-Konferenz waren hoch. Thematische Schwerpunkte sollten sein:70 – die Entwicklung von Grundstrukturen für eine europäische Doktorandenausbildung als sogenannter dritter Zyklus, – die Förderung der Mobilität der Forscher, auch verknüpft mit der Auslotung der Frage, wie der europäische Bildungsraum mit dem europäischen Forschungsraum zusammengeführt werden kann, – der Versuch, die Verfahren der Qualitätssicherung in Europa (Akkreditierung und Evaluation) zu entwickeln und abzustimmen.

Weitere, wichtige Impulse und Analysen für die Berlin-Konferenz leisteten die Trends III-Studien sowie, teilweise hierauf aufbauend, die Grazer Erklärung der europäischen Hochschulen vom Mai 2003. Die Trends III-Studie ist ein wesentliches Hintergrunddokument für die Konferenz der europäischen Hochschulen in Graz und die Konferenz der europäischen Bildungsminister in Berlin gewesen. Sie wurde im Auftrag der European University Association, unterstützt von der Europäischen Kommission, durchgeführt.71 Für die Fortentwicklung des Bologna-Prozesses ist die Studie insofern aufschlußreich, als zum ersten Mal die Reaktionen der europäischen Hochschulen, ihre Erfahrungen und Erwartungen einbezogen worden sind. Auch die Studierenden- und Arbeitgeberverbände wurden um Stellungnahme gebeten. Für den hier relevanten Bezug zur Einführung von gestuften Studiengängen in Deutschland ist die Trends III-Studie insoweit bedeutsam, als sie die Gewißheit vermittelt, daß europaweit das Angebot von Bachelor- und Masterstudiengängen kontinuierlich wächst, daß in den curricula die Beschäftigungsfähigkeit eine immer größere Bedeutung gewinnt und daß sich ECTS klar als europäisches Kreditsystem etabliert hat und zunehmend auch für Akkumulationszwecke verwendet wird. Massive Kritik wird in der Studie allerdings darüber 70 Vgl. Friedrich, Neuere Entwicklungen und Perspektiven des BolognaProzesses, Arbeitsberichte HoF Wittenberg 4 / 2002, S. 6. 71 Einen sachkundigen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der Trends III – Studie gibt der Bericht von Reichert und Tauch, in: DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 24 ff.

2. Der Bologna-Prozeß

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geäußert, daß fast 90% der Studierenden nach einem Auslandsaufenthalt mit Anerkennungsproblemen konfrontiert sind. Die Vorbereitungen für die Berlin-Konferenz waren intensiv und detailliert betrieben worden. Zusätzliche Aspekte oder sogar Überraschungen blieben erwartungsgemäß aus. Zur „Realisierung des Europäischen Hochschulraums“ haben sich die 33 europäischen Bildungsminister in dem Berlin-Communiqué vom 19. 9. 200372 verpflichtet, in den nächsten zwei Jahren die folgenden Prioritäten beschleunigt anzugehen: – die Entwicklung der Qualitätssicherung auf institutioneller, nationaler und europäischer Ebene zu fördern, – auf der Grundlage der Implementierung des zweistufigen Systems von Bachelor- und Masterabschlüssen vergleichbare Hochschulabschlüsse zu entwickeln, die die Qualifikationen im Hinblick auf Arbeitsbelastung, Niveau, Lernergebnisse, Kompetenzen und Profile definieren, – Abbau aller Hindernisse für die Mobilität der Studierenden, des wissenschaftlichen und des Verwaltungspersonals im europäischen Hochschulraum, – Festlegung des europäischen Credit Transfer Systems als allgemeine Grundlage für die nationalen Leistungspunkte; Ausbau des ECTS nicht nur für die Übertragbarkeit, sondern auch für die Kumulierung von Leistungspunkten, – Anerkennung von Studienabschlüssen gemäß dem Lissabon-Abkommen und Zielvorgabe für 2005, daß jeder Studienabschluß mit dem diploma supplement automatisch und gebührenfrei auszustellen ist, – Betonung der Notwendigkeit, die Studierenden fortlaufend und frühzeitig in die Reformprozesse einzubeziehen sowie geeignete Studien- und Lebensbedingungen herbeizuführen, – Förderung von Modulen, Studiengängen und Lehrplänen mit europäischem Bezug, – Steigerung der Attraktivität des europäischen Hochschulwesens durch Förderprogramme, auch für Studenten aus Drittländern und länderübergreifende Austauschprogramme, 72 Vollständiger Text des Berlin-Communiqués in: (Zugriff am 20. 7. 2004).

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

– Verbesserung der Möglichkeiten für lebenslanges Lernen auf Hochschulebene, – Ausdehnung des bisherigen Schwerpunktes von den beiden Studienzyklen auf die Doktorandenausbildung als dritten Zyklus; Stärkung der Forschung und wissenschaftlichen Ausbildung, einschließlich der Exzellenzförderung.

Es fällt vergleichsweise schwer, aus dem umfangreichen Aktionsprogramm des Berlin-Communiqués die zukunftsweisenden und (oder) weiterführenden Aspekte hervorzuheben. Als mittelfristige Schwerpunktsetzungen sind sicherlich zu nennen die Entwicklung der Qualitätssicherung, die Einführung des zweistufigen Studiensystems und die Anerkennung von Studienabschlüssen. Wiederum bezogen auf den Anlaß der hier vorgelegten Untersuchung ist vorauszusagen, daß sich für das deutsche Studiensystem die Auswirkungen auf „vergleichbare“ Qualifikationen innerhalb von Europa verstärken werden. Wenn, wie von den Bildungsministern in Berlin beschlossen, die Qualifikation von Hochschulabschlüssen im Hinblick auf Arbeitsbelastung, Niveau, Lernergebnisse, Kompetenz und Profile zu definieren ist, werden die studentischen Arbeitsbelastungen in dem neuen Studiensystem auf dem Prüfstand stehen, fokussiert u. a. auf die Frage, ob das bisherige System mit ca. fünf Monaten „vorlesungsfreiem“ Studium aufrecht zu erhalten ist. Diese Diskussion wird sich, wenn auch in allgemein verbindlicherer Form, im Qualitätssicherungsverfahren fortsetzen, wenn wechselseitig anerkannte Kriterien und Methoden zu entwickeln sind. So wird beispielsweise in einem Begutachtungsprozeß Klarheit zu gewinnen sein, ob etwa ein bestimmter studentischer Arbeitsaufwand („workload“) in einem modularisierten Studiengang des Landes A überhaupt vergleichbar oder anzuerkennen ist mit dem Arbeitsaufwand eines Studenten in dem Studiengang des Landes B. Hier sind ggf. schwierige Abstimmungs- und Bewertungsfragen vorzunehmen. Die Schaffung eines europäischen Akkreditierungsrates liegt damit nahe.73

73 Positiv zustimmend u. a.: Gaehtgens, Präsident der HRK, Interview, in: Frankfurter Rundschau vom 10. 9. 2003, S. 6.

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e) Vom Europäischen Hochschulraum zum Europäischen Forschungsraum Die Idee, einen europäischen Hochschulraum zu schaffen, war bereits Ziel der Sorbonne-Erklärung („[ . . . ] to create a European Area of Education [ . . . ]“). Diese Absicht wurde von den Teilnehmern der Bologna-Konferenz bekräftigt. Die für die Errichtung des europäischen Hochschulraums und für die Förderung der europäischen Hochschulen weltweit für vorrangig gehaltenen Ziele sind von den Ministern ausdrücklich benannt worden.74 Historisch beachtenswert ist, daß die Initiative zum europäischen Hochschulraum nicht von den Hochschulen ausging, sondern von den (hochschul-)politisch orientierten Mitgliedsstaaten. Die Minister haben formuliert, wie künftige Strukturen der Zusammenarbeit auszusehen haben, wie gemeinsames europäisches Handeln erprobt und auf welchem Wege eine größere Vergleichbarkeit der Hochschulsysteme in Europa erreicht werden kann. Uneingestanden steht hinter diesen Aktivitäten der Befund, daß die Hochschulen allein diese Zukunftsaufgaben nicht gestalten wollen oder können. Um so dringlicher erschien es, daß die Hochschulen die auf sie entfallenen Aufgaben in Angriff nehmen, „[ . . . ] um die weitere Planung und Umsetzung aktiv und in der ihnen zukommenden Weise mitzugestalten“. 75 Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit komme den Hochschulen eine Doppelrolle zu: Durch Spitzenleistungen in Ausbildung und Forschung solle geholfen werden, Europas Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Zum anderen seien die Herausforderungen für die europäischen Bürger im Hinblick auf Beweglichkeit, Sprachkenntnisse, Offenheit für bisher Fremdes und Arbeiten in einem europäischen und internationalen Kontext mit Hilfe der Hochschulen zu meistern.76 Die Dynamik des formulierten Zieles, die europäische Union zum „fortschrittlichsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“77 zu 74 Siehe unter Kapitel II. 2. b), sowie zusammenfassend: „Der europäische Forschungsraum: Ein neuer Schwung“, Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorl. Fassung (KOM 2002, 565), Brüssel, 16. 10. 2002. 75 HRK-Entschließung des 193. Plenums vom 19. / 20. 2. 2001. 76 HRK-Entschließung des 193. Plenums vom 19. / 20. 2. 2001. 77 European Commission (ed.) (2000): „Lisbon European Council: Presidency Conclusions“, Lisbon European Council 23. / 24 March 2000, Press Release: Lisbon (24 / 3 / 2000) Nr. 100 / 1 / 00.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

machen, führte dazu, daß bereits vier Monate nach der Bologna-Konferenz die Europäische Kommission die Idee eines „Europäischen Forschungsraums“ entwickelte.78 Die Überlegung, daß europäische Spitzenforschungszentren ihr Potential noch weiter entwickeln könnten, wenn eine Vernetzung und gezielte Zusammenarbeit erfolge, sollte neben dem drohenden Verlust an Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der Anstoß für die Entwicklung eines europäischen Forschungsraums sein. Die Situation der Forschung in Europa sei besorgniserregend. Europa investiere einen immer geringeren Teil seines Vermögens in den Fortschritt des Wissens. Über die traditionellen Forschungs-Rahmenprogramme der Europäischen Union hinaus könnten und müßten Forschungsaktivitäten aufgebaut werden. Mit anderen Worten: Der europäische Forschungsraum „dient der Bündelung sämtlicher Gemeinschaftsmaßnahmen, mit denen die bessere Koordinierung der Forschungsarbeit und die Konvergenz der Forschungs- und Innovationspolitik der Mitgliedstaaten und der europäischen Union gefördert werden“.79 Damit ist das Ziel vorgegeben für eine Art zentraler Zusammenführung der Aktivitäten für den europäischen Hochschulraum mit dem europäischen Forschungsraum.80 Ob und in welchem Umfang diese Bündelung tatsächlich Fortschritte bringen wird oder ob damit nicht die befürchtete „Forschungsbüro78 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung vom 18. 1. 2000, Brüssel, KOM (2000) 6: „Hin zu einem europäischen Forschungsraum“ sowie das einleitende Vorwort des Forschungskommissars Philippe Busquin. Weitere Informationen zum Ausbau des „Europäischen Forschungsraums“ finden sich unter (Zugriff am 26. 3. 2004). 79 HRK International, zu: Europäischer Hochschul- und Forschungsraum (Zugriff am 4. 6. 2003). Zurückhaltend dagegen, bis auf den heutigen Tag, teilweise die Position von Deutschland. Nach der Stellungnahme des Bundesrats vom März 2003 zu dem Positionspapier der Bundesregierung für den Europäischen Rat in Brüssel am 21. / 22. 3. 2003 wird festgehalten, der Gemeinschaft komme keinerlei Lenkungs-, Überwachungsund Bewertungskompetenz im Bildungsbereich zu, Pressemitteilung des Bundesrats vom 24. 3. 2003, nach: (Zugriff am 21. 3. 2004). 80 Vgl. aber auch die eindringliche Warnung von Kennedy, Chefredakteur der „Science“, die europäische Wissenschaftslandschaft dürfe nicht nur reorganisiert werden, sondern sie müsse auch in den Institutionen gestärkt und zunehmend von der nationalen Ebene weggeführt werden, in: FAZ vom 29. 8. 2003, S. 34: „Europa muß sich bewegen“.

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kratie“ auf den Weg gebracht ist, wird sich in Kürze bei den länderübergreifenden Projekten zur Schaffung von strukturierten Promotionsstudien, in den Auswirkungen der Mobilitätsanstrengungen von Doktoranden und vielleicht in der Schaffung europäischer Doktorgrade niederschlagen. Mit dem Berlin-Communiqué haben sich die Bildungsminister jedenfalls auf den Europäischen Hochschul- und Forschungsraum als den „zwei Säulen der Wissensgesellschaft“ festgelegt und sich zugleich verpflichtet, den Bologna-Prozeß auf diesen wissenschaftsbezogenen Bereich auszudehnen.

f) Die Entwicklung der Qualitätssicherung Die Verzahnung des Hochschulraums mit dem Forschungsraum durch Richtlinien, Rahmenprogramme und Netzwerke führt zu einer europäischen Perspektive, der höchste Priorität eingeräumt wird: der Entwicklung eines „europäischen“ Qualitätssicherungssystems.81 Es zeichnet sich in zunehmendem Maße ab, daß die Zusammenarbeit im Hochschulbereich auf europäischer Ebene in einem Kernbereich beschrieben werden kann mit der Herausforderung, die Qualitätssicherung zu internationalisieren. Es sind Standards und Kriterien zu entwickeln, die eine gemeinsame Verständigung und damit eine anerkennenswerte Vergleichbarkeit ermöglichen. Diese Aufgabe erfaßt mithin auch unmittelbar die Erstellung von Bachelor- und Masterstudiengängen sowie die Beschreibung von Modulen. Mit dem Ziel, Europa zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen,82 war spätestens manifestiert, daß die Meßlatte mit „Indikatoren“, „Standards“, „Benchmarks“, „Akkreditierungen“, „Evaluationen“ oder „ständiger Rechnungslegung“ zu finden sei, kurzum die Grundlagen eines Qualitätssicherungssystems entwickelt werden mußten.83 Durch 81 Der Qualitätssicherung wird in diesem Zusammenhang sogar eine „konstitutive Rolle“ zugeschrieben, vgl. HRK Pressemitteilung vom 7. 11. 2002 zur Konferenz der europäischen Bildungsminister in Berlin (Zugriff am 9. 5. 2003). 82 Vgl. Europäische Ratssitzung in Lissabon im März 2000, „Der europäische Forschungsraum: Ein neuer Schwung“, Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorl. Fassung (KOM 2002, 565), Brüssel, 16. 10. 2002.

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die seit den 90er Jahren laufenden Gemeinschaftsprogramme (beginnend mit ERASMUS, TEMPUS, COMETT usw.), ferner mit dem Thema der Qualität als einer erweiterten europäischen Dimension84 und vollends mit der Verabschiedung der Empfehlung einer europäischen Zusammenarbeit zur Qualitätssicherung in der Hochschulbildung durch den Rat der Europäischen Union85 hat das Thema der Qualitätssicherung eine zentrale Rolle im europäischen Hochschulraum eingenommen. Der Rat der EU setzte 1998 einen wichtigen Meilenstein, indem er für die Hochschulen die Förderung und Stärkung der transparenten Qualitätsbewertungsysteme empfohlen hat.86 Auf der Bologna-Konferenz 1999 hatten sich die Bildungsminister verständigt, einen europäischen Hochschulraum zu errichten und dabei die Schaffung eines europäischen Systems der Qualitätssicherung mit vergleichbaren Methoden und Kriterien als eines der wichtigsten Ziele benannt. Diese Verpflichtung wurde auf der Berlin-Konferenz 2003 bekräftigt. Aufbauend auf der Empfehlung des Rats der EU zur Gründung eines europäischen Universitätsnetzwerkes (European Network for Quality Assurance – ENQA) wurde eine Reihe von Initiativen ergriffen sowie ein reger Erfahrungsaustausch über die Qualitätssicherung in Gang gesetzt. Für die Standards und Verfahrensregelungen bei der Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen ist die „Joint Quality Initiative“ eingesetzt worden (im Jahre 2002), in der sich Qualitäts83 Die Zahl der Beiträge zu dem Thema „Qualitätssicherung“ ist stark angeschwollen. Zu einer ersten Orientierung müssen an dieser Stelle die Hinweise genügen auf: Wegweiser 2003, Qualitätssicherung an Hochschulen, in: HRK (Hrsg.), Beiträge zur Hochschulpolitik 7 / 2003, Mittag / Bornmann / Daniel: Evaluation von Studium und Lehre an Hochschulen, 2003 (mit weiterführender Literaturauswahl). Einleitend und mit internationalen Beiträgen u. a.: Müller-Böling (Hrsg.), Qualitätssicherung in Hochschulen, 1995; Hopbach (Hrsg.), Qualitätssicherung im Wege des Bologna-Prozesses, 2003. 84 Memorandum zur Hochschulbildung in der Europäischen Gemeinschaft, Mitteilung der Kommission an den Ministerrat vom 5. 11. 1991, COM 91, 349 endg. 85 Dokument 98 / 561 / EC vom 24. 9. 1998, in ABl. Nr. 270 vom 7. 10. 1998, S. 56 – 59. 86 Rat der EU, Empfehlung betreffend die europäische Zusammenarbeit zur Qualitätssicherung der Hochschulbildung, ABl. Nr. 270 vom 7. 10. 1998, S. 56 – 59.

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agenturen aus 12 europäischen Ländern zusammengefunden haben.87 Eine Arbeitsgruppe aus dieser Initiative hat die sogenannten „Dublin Descriptors“ entwickelt, die im Rahmen der Grazer Konvention der Europäischen Rektorenkonferenz im Jahre 2003 intensiv diskutiert und zur Anwendung empfohlen wurden. Mit diesen Deskriptoren wird versucht, die Fähigkeiten und Kompetenzen allgemein zu beschreiben, welche die Absolventen eines Bachelor- oder Masterstudiengangs erreicht haben sollen. Beim Studium der doch sehr allgemein gehaltenen Deskriptoren darf allerdings bezweifelt werden, ob über diese Methode in der Art einer prosaischen Übung hinaus die Fähigkeiten und Qualitäten von Absolventen kompatibel beschrieben werden können. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man die Dubliner „shared discriptors for bachelor’s“ liest und auf die eingeforderten Fähigkeiten stößt wie z. B.: „to demonstrate und apply knowledge and understanding [ . . . ], to have the ability to gather and interpret relevant data [ . . . ], to communicate informations, ideas, problems and solutions [ . . . ], to have developed those learning skills“.88 Ebenfalls dem Thema der allgemeinen bzw. übergreifenden Kompetenzen hat sich das Projekt „TUNING Educational Structures in Europe“ gewidmet. Dieses EU-Pilotprojekt, offiziell gestartet im Jahr 2000, war zunächst auf zwei Jahre angelegt,89 an ihm nahmen europaweit 76 Hochschulen teil.90 Mit dem Pilotprojekt sollen helfende Kriterien entwickelt werden, um Berufsprofile und erwünschte Lernziele zu entwickeln und zwar auf den Gebieten des Wissens, der Fertigkeiten und der Kompetenzen. Zusätzliches Ziel des Projekts ist es, mit Hilfe eines allgemein gültigen Akkumulations- und Transfersystems für credits die Transparenz zu fördern. Ferner solle eine Art Mustercurriculum entwickelt werden für fünf Wissenschaftsdisziplinen (Betriebswirtschaft, Erziehungswissenschaft, Geologie, GeEinzelheiten unter (Zugriff am 4. 6. 2004). Report of the Workshop in Dublin (15 / 02 / 02), in: (Zugriff am 4. 6. 2004). 89 Vgl. die Ausführungen von Wagenaar, Tuning Educational Structures in Europe, in: (Zugriff am 4. 6. 2003) zur Präsentation bei der Amsterdamer Konferenz. 90 Vgl. Papier der EU-Kommission: „Update on ECTS ENQUA Diploma Supplement“, SCHE Meeting 22. / 23.März 2001; nähere Informationen über das Tuning-Projekt finden sich auf der Website: (Zugriff am 4. 6. 2004). 87 88

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schichte, Mathematik). Schließlich soll die Anerkennung und die Integration von Diplomen in Europa befördert und die Mobilität der Lernenden und die Vergleichbarkeit in den Erziehungssystemen hergestellt werden. In der ersten Phase des Projekts wurde eine Liste von 85(!) verschiedenen Fertigkeiten und Kompetenzen herausgearbeitet, die sämtlichst als beachtenswert bezeichnet wurden.91 An der zweiten Phase des Tuning-Projekts von 2003 – 2004 beteiligen sich bereits 135 Hochschulen, für neun Fächer soll versucht werden, den Inhalt von Qualifikationen zu beschreiben, für die Arbeitsbelastung, das Niveau, die Lernziele, die Kompetenzen und die Profile. Mit allen diesen Zielvorstellungen und damit schließt sich der Kreis, soll letztlich ECTS als einheitliches Transfer- und Akkumulationssystem etabliert werden und der europäische Hochschulraum ausgefüllt sein.92 Schließlich ist aus neuester Zeit auf die sehr beachtenswerte Initiative des „European Consortium of Accreditation Agency (ECA)“ hinzuweisen, die im Jahre 2003 erste Aktivitäten entfaltet hat, um ein europäisches Akkreditierungswerk zu installieren. Das Consortium der zwölf Akkreditierungsagenturen hat auf der Konferenz in Cordoba (2003) beschlossen, bis zum Jahre 2007 die gegenseitige Anerkennung von Akkreditierungsentscheidungen zu erreichen.93 Ebenso haben sich die Akkreditierungsorgane Österreichs, Deutschlands und der Schweiz zusammengeschlossen, um die Anerkennung in die Wege zu leiten. Auf der im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlose Suche nach Qualitätskriterien (es sei daran erinnert, daß im Tuning-Projekt bereits 85 Qualifikationskompetenzen erarbeitet worden sind, ein Ende ist nicht absehbar) ließe sich auch daran denken, die Lösung durch einen Ausbau des Systems der internationalen Doppeldiplome (joint degrees) zu finden, also die spezifischen Qualitätsfragen durch eine gegenseitige Anerkennungspraxis zu beantworten. So ist es auch kein 91 Einen Überblick über die 1. Phase des Tuning-Projekts gibt Richter: Das EU-Projekt „Tuning Educational Structures“ in Europa. Der Bolognaprozeß und seine Auswirkungen auf die Studienganggestaltung, in: (Zugriff am 4. 6. 2004). 92 Nabavi, The European Credit Transfer System, in: DAAD (Hrsg.), Success Stories IV, 2001, S. 9 ff. 93 Conclusions of the Workshop: For the Constitution of the European Consortium for Accreditation (ECA), Cordoba 8.– 11. 11. 3003.

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Zufall, daß in dem Prager Communiqué (2001) die sogenannten joint degrees als ein wichtiges Mittel angesehen werden, um den europäischen Hochschulraum zu schaffen. Ein auf den ersten Blick bestechender Ansatz: Mindestens zwei Hochschulen aus verschiedenen Ländern entwickeln ein Studienprogramm, führen das Programm gemeinsam durch und anerkennen wechselseitig die Studienanteile. Der Studierende hat Anspruch auf Ausstellung von mehreren Diplomen (je nach beteiligtem Land) und die Diplome werde auch staatlicherseits anerkannt. Der DAAD hat für diese Ausrichtung auch eine Projektträgerschaft übernommen („Integrierte binationale Studiengänge mit Doppeldiplom“), eine Finanzierung von jährlich etwa 10 – 15 neuen Studiengängen ist vom BMBF sichergestellt worden.94 Das Ei des Kolumbus wäre gefunden: Über die Entwicklung gemeinsamer neuer oder den Abgleich bestehender curricula wären die Module eo ipso „gleichwertig“ und die credits „anerkannt.“ Als Beispiel (aus Deutschland) mag die sogenannte Tandem-Lösung zitiert werden, mit der das Deutsch-Französische Hochschulkolleg, gestützt auf einen Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich, eigene europäische oder deutsch-französische Diplome vergibt. Ebenso hat die „EuropaUniversität Viadrina“ mit polnischen Universitäten Studiengänge konzipiert, die gegenseitig anerkannt werden. Auch der trinationale Diplomstudiengang Biotechnologie zwischen den Universitäten Freiburg, Karlsruhe, Basel, Mühlhausen und Straßburg kann in den Grundstrukturen hierzu gerechnet werden.95 Gemeinsame Studienprogramme mit gemeinsamen Anerkennungsregeln existieren in Europa vor allem in den Ländern, die sich am Sokrates-Programm beteiligen. Sie erstrecken sich auf nahezu alle Fächer – gewöhnlich werden sie aber für die Doktor- und Masterebene herangezogen, weniger für die Bachelor-Studiengänge.96 Der innere Grund für die zögerliche Haltung in der an und für sich sehr wünschenswerten Verbreitung von gegenseitigen Anerkennungsprogram94 Vgl. DAAD-Strukturprogramm (Zugriff am 2. 3. 2004). 95 Vgl. PO vom 14. 10. 1992, ABl. des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung Baden-Württemberg, 1993, S. 200. 96 Vgl. die Übersicht bei Rauhvargers in: Tauch / Rauhvargers: Survey on Master Degrees and Joint Degrees in Europe, 2002, S. 29 ff. (Zugriff am 4. 6. 2004).

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men und -abschlüssen liegt indessen in zwei Hindernissen: Bei der Erstellung eines konkreten curriculums wird allzu schnell deutlich, daß die Gemeinsamkeiten über die Grenzen hinweg doch nicht so groß sind, wie angenommen. Ein europäischer Hochschulraum heißt im Ergebnis eben auch: Akzeptanz der eigenständigen kulturellen Vielfalt des Partners. Zum anderen fehlen den „joint programmes“ häufig die nationalen staatlichen Anerkennungen der „degrees“.97 Nur allzu häufig beharren die Länder auf ihren eigenstaatlichen gesetzlichen Anforderungen,98 so daß das leidige Thema der Anerkennung wieder auf der Agenda steht. So ist es auch nur folgerichtig, daß dieses Thema für die nächste Ministerkonferenz in Bergen (2005) ebenfalls in den Mittelpunkt gerückt wird. Die Europäische Kommission hat ihren Beitrag programmatisch bereits vorgestellt („From Berlin to Bergen, the EU Contribution“).99 An die Spitze der Bemühungen wird die Qualitätssicherung gestellt, sie sei das Herzstück für das Gelingen zur Herstellung eines europäischen Hochschulraums. Die Aktivitäten der europäischen Länder auf den Feldern der Qualitätssicherung und Akkreditierung sind kaum noch zu übersehen, schon gar nicht etwaige Parallelentwicklungen oder -ergebnisse. Resümierend mag der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, daß am Ende des (Bologna-)Prozesses nicht die harmonisierte, einheitlich standardisierte Hochschullandschaft steht, sondern eine kulturell vielfältige. Nicht die kulturelle Einheitslandschaft ist das Ziel, sondern ein europäischer Raum, der jeder akademischen Einrichtung in Anerkennung des nationalen und des europäischen Qualitätsgefüges autonome Entfaltung sichert.

97 Hierauf macht aufmerksam Rauhvargers in: Tauch / Rauhvargers: Survey on Master Degrees and Joint Degrees in Europe, 2002, S. 37 ff. (Zugriff am 4. 6. 2004). 98 Zum Teil wird als Voraussetzung für die Verleihung zweier selbständiger Abschlußgrade sogar der Nachweis eines „studien- und prüfungsrelevanten Mehrwerts im Rahmen des integrierten Studiums“ verlangt, eine Forderung, die mit den Zielen des Bologna-Prozeß wahrlich nicht zu vereinbaren ist, so aber Utz, Aufgaben der Hochschulen, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 758. 99 European Commission, Brüssels, 8. 11. 2003, A2 / PVDH(Draft).

3. Die Studienreformdiskussion in Deutschland

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3. Die Studienreformdiskussion in Deutschland Die deutschen Hochschulen sehen sich gut gerüstet in der Positionsbestimmung zum europäischen Hochschulraum. In Vorbereitung der Berlin-Konferenz am 18. / 19. 9. 2003 ließ die HRK verlauten: „Hochschulrektorenkonferenz, Kultusministerkonferenz und das Bundesministerium für Bildung und Forschung bekräftigten in den vergangenen Jahren wiederholt den Einklang zwischen den Zielen der Bologna-Erklärung und jenen Zielsetzungen, die Bund und Länder für die Modernisierung des Hochschulwesens in Deutschland und die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Studienstandorts Deutschland bereits Mitte der 90er Jahre benannt hatten“.100 Nur zwei Seiten weiter werden die aktuellen Zahlen mitgeteilt: „In den neuen Studiengängen waren im WS 2001 / 02 bereits [Hervorhebung durch Verfasser] 2,7% aller Studierenden eingeschrieben“. 101 Anspruch und Verwirklichung klaffen hier doch sehr auseinander. Wenn die Modernisierung eines Hochschulsystems schon seit zehn Jahren benannt und für richtig gehalten wird und wenn, wie die HRK zuvor einleitend betont hat, die Einführung der gestuften Studiengänge zu einer systematischen Strukturreform des Studienangebots deutscher Hochschulen führen soll,102 dann wäre eher von einer in Aussicht genommenen Anpassung zu sprechen als von einer Reform. Dabei waren die deutschen Reformbemühungen schon Jahrzehnte zuvor artikuliert worden und, gemessen an dem heutigen Diskussionsstand, in Teilen hoch aktuell. Bereits Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre wurden Hochschulreformen geplant und erprobt. Die hier interessierenden Themen rankten um die Ziele Kurzstudiengänge, kumulative und studienbegleitende Prüfungen. Es lassen sich, rückblickend betrachtet, drei wichtige Entwicklungen im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Studiensystems in Deutschland benennen: – die Planung von Kurzstudiengängen (Wissenschaftsrats-Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums, 1966; Hochschulgesamtplan Baden-Württemberg, sogenannter Dahrendorf-Plan, 1967; Beschluß der Kultusministerkonferenz für ein modernes Hochschul100 101 102

HRK Entschließung des 20. Plenums am 8. 7. 2003, vor 2. HRK Entschließung des 20. Plenums am 8. 7. 2003, vor 4. HRK Einleitung zur Entschließung des 20. Plenums am 8. 7. 2003.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

recht, 1968; Bildungsgesamtplan der Bund-Länder-Kommission, 1973; Kurzstudiengänge nach dem neuen Hochschulrahmengesetz von 1976), – die Debatte um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, mündend in dem 4. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 20. 8. 1998 mit der probeweisen Einführung von Studiengängen, die zu einem Bachelor- und Mastergrad führen sowie in dem 6. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 8. 8. 2002 mit der Überführung der neuen Studiengänge in das Regelangebot, – die hochschulpolitische Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union (Erasmus-Programm, Bologna-Prozeß, Europäischer Hochschulraum).

a) Die Planung von Kurzzeitstudiengängen Im Kern drehte und dreht sich die Bildungspolitik der Nachkriegszeit immer wieder um die eine Frage, ob alle Studenten zu einem berufsqualifizierenden und forschungsorientierten Studienabschluß geführt werden sollen oder ob für den größeren Teil ein kürzerer, mehr berufsqualifizierender Abschluß, für den kleineren Teil hingegen die Fortführung in einem mehr forschungsorientierten Studiengang erfolgen solle. Sämtliche Reformanstöße gewinnen erst vor diesem Hintergrund Konturen, sei es, daß die jeweilige Reform auf eine „Differenzierung des Studiensystems“ abzielt, sei es, daß mit der Reform eine strukturelle Teilung in Fachhochschulen und Universitäten oder aber eine internationale gebotene Vergleichbarkeit von Studiengängen angestrebt wird. Erstaunlicherweise wurden und werden bis auf den heutigen Tag keinerlei ernsthafte Konsequenzen aus dem Befund gezogen, daß die Studierenden, in diesem Sinne neuzeitlich als Kunden anzusprechen, mehrheitlich die wissenschafts- und forschungszentrierte Ausrichtung eines Diplom-Studienganges gar nicht wünschen. Studierende wollen überwiegend nicht wissenschaftliche Forschung betreiben, sondern wünschen wissenschaftliche Ausbildung für einen praktischen Beruf. Für die staatlichen Ausbildungsgänge sind diese Realitäten mit den Händen zu greifen, sei es für die Lehrer oder die Mediziner oder unumstößlich nachweisbar für die Juristen, die sich ihr erfolgsorientiertes Examenswissen zu über 90%

3. Die Studienreformdiskussion in Deutschland

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beim privat zu bezahlenden Repetitor abholen und nicht von den Hochschulen. Die wünschenswerte Unterscheidung in ein die erste Phase umfassendes strafferes Studium von einer zweiten Phase eines freieren Studiums im Sinne eines sogenannten „Langstudienganges“ hatte zuerst der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums dargelegt.103 Das Studiensystem sei zu differenzieren in ein Studium für alle Studierende (Diplom, Magister, Staatsexamen), in ein Aufbaustudium für einen kleineren Teil der Absolventen, der mehr an der Forschung orientiert ist sowie in ein Kontaktstudium für Berufstätige, die bereits eine wissenschaftliche Ausbildung absolviert haben. Mit dieser Differenzierung war zwar die zeitliche Verkürzung des jeweiligen Studienabschnitts angelegt, ausgesprochen wurde sie aber vom Wissenschaftsrat nicht. Das Grundstudium sollte (unverändert) vier Jahre dauern.104 Den eigentlichen Durchbruch zur umsetzungswürdigen Erörterung der Kurzzeitstudiengänge stellt der Hochschulgesamtplan BadenWürttemberg dar. Unter dem Vorsitz des Konstanzer Soziologen Dahrendorf wurden die neuen Strukturen vorgeschlagen: – ein Kurzstudium, das innerhalb von drei Jahren zu einem Abschluß führt, – ein Langstudium, unterteilt in eine 1. oder 2. Phase, mit einem Abschluß nach 4 – 5 Jahren, – ein Aufbaustudium von in der Regel zwei Jahren, im Anschluß an ein Langstudium.105

103 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums an den wissenschaftlichen Hochschulen, 1966, S. 14, 20, 27, 28. 104 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums an den wissenschaftlichen Hochschulen, 1966, S. 27. 105 Bericht des Arbeitskreises Hochschulgesamtplan beim Kultusministerium Baden-Württemberg, 1967, S. 41 ff. Zuvor hatte der Gründungsausschuß für die Universität Konstanz vorgeschlagen, für die naturwissenschaftlichen Fächer das sechssemestrige Studium mit einer vollwertigen Prüfung abzuschließen. Dieser Abschluß solle durch den Grad Baccalaureus (Bacc.rer.nat.) gekennzeichnet sein, in: Die Universität Konstanz (Hrsg.): Bericht des Gründungsausschusses, 1965, S. 32.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Mit dem Kurzstudium sollte der größere Teil der Studierenden zu diesem Abschluß geführt werden. Als Abschlußbescheinigung werde – man höre und staune – der Grad des Bakkalaureus (der Philosophie, der Ingenieurwissenschaft usw.) vorgeschlagen. Im Hinblick auf das französische „bakkalaureat“ sei die Bezeichnung zwar mißverständlich, im Hinblick auf den angelsächsischen „bachelor“ dagegen sinnvoll.106 Hoch interessant und optimistisch äußern sich die Hochschulplaner zu den Gründen für die Einführung des Kurzstudiums: Ein erheblicher Teil, über 25% aller Studienanfänger, entscheide sich bereits heute (1966 / 67) für Studiengänge, die nach drei Jahren zu einem Abschluß führten. Kurzstudiengänge hätten eine beträchtliche Anziehungskraft und würden sowohl bei den Hochschulen als auch der Berufswelt auf Zustimmung stoßen.107 Hinsichtlich der Berufschancen im öffentlichen Dienst müsse für die Übernahme von Absolventen in den höheren Dienst Vorsorge getroffen werden – ein aus heutiger Sicht sehr weitsichtiger Ratschlag. Der sogenannte Dahrendorf-Plan hat eine umfassende Diskussion zur Hochschulreform angestoßen. Unmittelbare Auswirkungen fanden sich bereits in dem Beschluß der Kultusministerkonferenz über die „Grundsätze für ein modernes Hochschulrecht“.108 Die Studienreform sei mit dem Ziel der Verkürzung der tatsächlichen Studienzeiten weiterzuführen, u. a. durch die Einführung kürzerer Studiengänge für bestimmte akademische Berufe.109 Im Bildungsgesamtplan ist die Erweiterung des Angebots an dreijährigen Studiengängen sogar als notwendig erachtet worden.110 Nur so könne der Zielsetzung, den Bildungsstand der Bevölkerung anzuheben sowie den veränderten Ausbildungswünschen und Berufserwartungen gerecht zu werden, entsprochen werden. Die Begründungen und Differenzierungen für die Neuentwicklung der dreijähri106 Bericht des Arbeitskreises Hochschulgesamtplan beim Kultusministerium Baden-Württemberg, 1967, S. 44. 107 Bericht des Arbeitskreises Hochschulgesamtplan beim Kultusministerium Baden-Württemberg, 1967, S. 44, 45. 108 KMK-Beschluß vom 10. 4. 1968, abgedruckt in KMK (Hrsg.): „Zu vordringlichen Fragen der Hochschulpolitik – Dokumentation“, 1968. 109 KMK-Beschluß vom 10. 4. 1968 – Grundsätze für ein modernes Hochschulrecht – Ziffer 6. 110 Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung, Bildungsgesamtplan, Band I, 1973, S. 42.

3. Die Studienreformdiskussion in Deutschland

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gen Studiengänge ähneln in wichtigen Punkten den Ausführungen aus dem Hochschulgesamtplan von Baden-Württemberg. Schließlich hat das Recht der Hochschulen mit dem Inkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes vom 30. 1. 1976 erstmals eine bundesrechtliche Grundlage erhalten. Das Verhältnis von Studium und Praxis wurde neu definiert und vor allem die studentische Lernfreiheit.111 Daran anknüpfend stand das Bemühen im Vordergrund, die Verweildauer im Hochschulbereich auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren, konkret: für die geburtenstarken Jahrgänge kürzere Studiengänge anzubieten und die Fachstudiendauer zu begrenzen, §§ 4 Abs. 3, 1; 10 Abs. 4 Satz 2 HRG (1976). Ein zentraler Streitpunkt in der Neuordnung des Hochschulsystems war die Gesamthochschule. Ursprünglich lediglich darauf angelegt, das Verhältnis der verschiedenen Hochschularten neu zu ordnen und zu gestalten, war mit der Gesamthochschul-Diskussion angesichts der steigenden Zahl von Studienbewerbern eine aktuellere und zusätzliche Aufgabenstellung zu meistern, nämlich die Aufnahmefähigkeit der Hochschulen zu erweitern und die Studierenden auf neue berufliche Tätigkeiten mittels differenzierter Ausrichtungen der Studiengänge vorzubereiten. Dies war der gesetzgeberische Anlaß, in § 4 Abs. 3 Nr. 1 HRG (1976) zeitlich gestufte Studiengänge zu fordern und, konkretisierend, die bisherigen Mindeststudienzeiten in den drei- und vierjährigen Studiengängen als künftige Regelstudienzeit festzuschreiben, § 10 Abs. 3 und 4 HRG (1976).112 Inhaltliche Vorläufer dieser Regelungen waren die Empfehlungen des Wissenschaftsrats aus den Jahren 1966113 und 1976.114 Gerade die intimsten Kenner dieser HRG-Neustrukturierung stellten aber schon pessimistisch fest: Die bisherigen Erfolge in der Einführung sogenannter universitärer Kurzstudiengänge seien eher gering, wenngleich das Thema seit langem zum hochschulpolitischen Reformprogramm gehöre.115 Die Gründe hierfür lägen vor allem in 111 Eingehend Bode in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, vor § 7 Rdnr. 6, 9 ff. 112 Vgl. Begründung zu § 11 – Studiengänge – Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 7 / 1328 vom 30. 11. 1973. 113 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums an den wissenschaftlichen Hochschulen, 1966, S. 14 ff., 26 ff. 114 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zu Umfang und Struktur des Tertiären Bereichs, 1976, insb. S. 63.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

der Unsicherheit über die berufliche Anerkennung staatlicher Abschlüsse und in ihrer laufbahn- und besoldungsrechtlichen Bewertung im öffentlichen Dienst. Daß diese Einschätzung, auch zum damaligen Zeitpunkt, zu kurz greift und vor allem nicht die wesentlichen Abwehrgründe von studentischer und professoraler Seite miteinbezieht (Stichwort: unheiliges Zweckbündnis) war bereits an den zum Teil heftigen Reaktionen bei der Veröffentlichung des Dahrendorf-Plans im Jahr 1967 erkennbar.116 Die ehrlichen Gründe für die Ablehnung des neuen Studiensystems sind oftmals mit den gravierenden Folgen zu erklären. Die Neustrukturierung der Ausbildung in ein Kurz- und Langstudium bedeutet nämlich letztlich eine Abkehr vom traditionellen Lehr- und Lernverhalten, mit allen Konsequenzen für den Beruf des Hochschullehrers und für die zeitlichen Anstrengungen eines Vollzeitstudenten.

b) Internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen Durch die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes vom 20. 8. 1998 ist den Hochschulen durch den Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet worden, Bachelor- und Mastergrade zu vergeben.117 Ziel der Reform des Hochschulsystems sei es, so die Amtliche Begründung, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen für das 21. Jahrhundert zu sichern.118 Trotz aller hoch einzuschätzenden Leistungen in der Vergangenheit gebe es ungelöste Probleme im deutschen Hochschulsystem, nämlich vor allem – die zu langen Studienzeiten (über 7 Jahre an Universitäten, 5 Jahre an Fachhochschulen),

115 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 17. 116 Vgl. die Sammlung der Pressestimmen zum Hochschulgesamtplan Baden-Württemberg 1967, im dortigen Anhang VII, S. 167 ff. 117 Hochschulrahmengesetz – Novelle vom 20. 8. 1998, BGBl. I S. 2190, hier: § 19. 118 Neufassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Begründung A, Allgemeiner Teil (Stand: 20. 10. 1997), 4. Gesetz zur Änderung des HRG, BTDrs. 13 / 8796, S. 13, 21.

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– die nachlassende internationale Attraktivität des Studienortes Deutschland und – die mangelnde Vergleichbarkeit der Studienleistungen und Hochschulabschlüsse deutscher Hochschulen.

Dringlich sei die Entwicklung eines Hochschulsystems mit einem gestuften System von Abschlüssen mit klar definierten Studienzeiten. Die Modularisierung sei hierzu ebenso erforderlich wie die Einbeziehung der Studiengänge in ein Leistungspunktsystem. Mit Blick auf den internationalen Wettbewerb und die Attraktivität des Hochschulstandorts Deutschland für ausländische Studienbewerber sollten die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, die weltweit anerkannten Hochschulabschlußgrade Bachelor und Master zu verleihen. Der Gesetzgeber erhoffe, durch das neue Graduierungssystem attraktiver für ausländische Studierende zu werden und die Tätigkeit deutscher Absolventen im Ausland zu verbessern. Der Bekanntheitsgrad und die Verwertbarkeit des deutschen Diploms sei begrenzt. Das angelsächsische Graduierungsmodell Bachelor und Master hingegen werde am „Weltmarkt“ allgemein akzeptiert.119 Die Bezeichnung „Diplom“ gelte in weiten Teilen des Auslands als undifferenzierte Qualifikation. Selbst universitäre Diplom-Abschlüsse würden häufig nur auf der Ebene von Bachelorgraden (first professional degree) anerkannt. Der Aspekt des neuen Graduierungssystems fand in der Öffentlichkeit bei weitem nicht den Widerhall, den dieses wichtige Element der Hochschulreform heute hat.120 Gemessen an dem Auf und Ab der zahllosen Reformvorhaben im Hochschulbereich, den oft jahrzehntelangen, lähmenden Grundsatzdiskussionen und den doch zuweilen mageren Ergebnissen in der Umsetzung muß das Novellierungsereignis des HRG von 1998 als hoch eingeschätzt werden. Es läßt sich feststellen, daß mit diesem Tätigwerden des Gesetzgebers zum einen unumkehrbar inhaltliche Gestaltungswünsche in der Studienreform manifestiert worden sind, zum anderen vorausschauend und sehr rea119 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Begründung A, Allgemeiner Teil, Neufassung des Gesetzentwurfs (Stand: 20. 10. 1997), 4. Gesetz zur Änderung des HRG, BT-Drs. 13 / 8796, S. 13. 120 In der ausführlichen und kenntnisreichen Abhandlung von Turner, Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, Zur Geschichte der Hochschulreform im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, 2001, wird diese Gesetzesnovelle nicht einmal zitiert.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

listisch die Hinwendung zum europäischen Hochschulraum angelegt wurde. Bereits vier Jahre später ist wiederum der Gesetzgeber – und nicht eine Gruppierung aus der Hochschule – tätig geworden. Die Bachelor- und Masterstudiengänge wurden mit der Neufassung des § 19 Abs. 1 (6. Gesetz zur Änderung des HRG vom 8. 8. 2002) aus dem Erprobungsstadium in das Regelangebot der Hochschulen überführt. Damit solle auch einer breiten Entwicklungstendenz in den Unterzeichnerstaaten der Bologna-Erklärung Rechnung getragen werden. Die Dynamik der Entwicklung im Hochschulbereich sei so beachtlich – heute gäbe es mehr als 1000 Studiengänge mit dem Grad Bachelor und Master – daß es nicht mehr angemessen sei, die Vergabe von Bachelor- und Mastergraden lediglich zur Erprobung zuzulassen.121 Auch hier war die Resonanz jedoch eher verhalten.122 Es erstaunt in höchstem Maße, mit welch eingeschränkter Sichtweise ein großer Teil der am Hochschulleben Interessierten bis heute unverändert und mit großer Neugier beispielsweise an Dauerthemen wie Studiengebühren, verfaßte Studentenschaft, Hochschulfinanzierung und Evaluation interessiert ist, hingegen das tiefgreifendste Ereignis in der Hochschulreform seit den 70er Jahren – und das bedeutet unzweifelhaft die Neuordnung des Studiums in Bachelor- und Masterstudiengänge – beharrlich ignoriert.123

121 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 26. 2. 2002 zum Entwurf eines 6. Gesetzes zur Änderung des HRG, BT-Drs. 14 / 8361, S. 1 und 5. 122 Die Diskussion erstreckte sich fast ausschließlich auf die kontroverse, nahezu glaubensmäßig geführte Debatte über die Festschreibung der Gebührenfreiheit, die gleichzeitig in der 6. HRG-Novelle geregelt worden war. 123 Eine der wenigen aufmerksamen Stimmen: Spiewak, Abschied vom Diplom, in: Die Zeit vom 11. 9. 2003, S. 35: „Doch wer, wie viele deutsche Professoren noch glaubt, die gestuften Abschlüsse seien eine Modeerscheinung, irrt. Was in Bologna verabschiedet wurde, ist keine Option, sondern ein durch Ministerunterschrift besiegelter Beschluß. Konsequent umgesetzt, wird er die erste echte Hochschulreform seit dem Entstehen der Massenuniversität in den 70er Jahren nach sich ziehen“.

3. Die Studienreformdiskussion in Deutschland

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c) Die hochschulpolitische Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union Als eigentlicher Motor für die Entwicklung von Reformvorhaben im Hochschulbereich auch im deutschen Raum kann zum einen die seit den 70er Jahren hier tätige Europäische Union und dabei in konkreter Gestalt die Zusammenarbeit im Rahmen des Bologna-Prozesses angesehen werden. Zum anderen hat sich der Prozeß der Internationalisierung und Globalisierung seit den 90er Jahren derart beschleunigt, daß um die Anerkennung und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hochschulabschlüsse gefürchtet werden mußte. Teichler formuliert hierzu eindeutig: Die Einführung des Bachelor nach angelsächsischem Vorbild sei nicht aus innereuropäischer Erwägung populär geworden,124 sondern aus Sorge um Akzeptanz der europäischen Abschlüsse in der Welt, vornehmlich in Nordamerika, aber auch in den Regionen Ost- und Südasiens.125 In nahezu allen gesetzgeberischen Vorhaben der europäischen Staaten wird auf die Erklärung der Minister in Bologna Bezug genommen. Alle Umstellungen auf die neuen Studiengänge werden mit diesem Prozeß begründet. Dabei hat sich als hochwirksam die Verabredung erwiesen, mit gemeinsamen Arbeitsprogrammen, Konferenzen und Vor- und Nachbearbeitungsgruppen den jeweiligen Entwicklungsstand zu dokumentieren und die weiteren Arbeitsschritte festzulegen. Der europäische Entwicklungsprozeß erhält dadurch Gestalt und Fortschritt. Wie wirksam ein derartiges, sogar kontrollierendes Verständnis sein kann, ist bei der Berlin-Konferenz in einem auf den ersten Blick unbeachtlichen statement sichtbar geworden. Die zuständige Bildungsministerin für Deutschland, Frau Bulmahn, hatte am Tage der Berlin-Konferenz bekanntgegeben, bis zum Jahre 2005 sollten in allen Ländern Strukturen für die interne und externe Qualitätssicherung von Hochschulen geschaffen sein. Die Staaten sollten das zweistufige System von Bachelor- und Masterabschlüssen vollständig einführen. Damit war in der Presse zunächst der Eindruck erweckt worden, die Minister hätten sich darauf geeinigt, die Abschlüsse Bachelor und 124 Teichler, Bachelor-Studiengänge und -abschlüsse in Europa, Forschung & Lehre, 2001, S. 477. 125 Teichler, Internationalisierung der Hochschulen, Das Hochschulwesen, 2002, S. 3 ff.

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

Master schon bis zum Jahr 2005 flächendeckend einzuführen.126 In dem Berliner Communiqué war jedoch nur festgehalten worden: „Alle Minister verpflichten sich dazu, mit der Implementierung des zweistufigen Studiensystems bis zum Jahr 2005 begonnen zu haben.“ Gemeint war damit: Alle Länder müßten bis zum Jahr 2005 die rechtlichen Grundlagen für ein Regelangebot der neuen Studiengänge geschaffen haben. Auf die folgenreiche Verknüpfung beider Entwicklungen im Hochschulbereich – Europäisierung und Internationalisierung – hat die EU-Kommissarin Reding anläßlich der Berlin-Konferenz hingewiesen. Wenn es die besten Studierenden aus Asien, Lateinamerika und Afrika vorzögen, im Falle einer Wahlmöglichkeit an einer amerikanischen Universität zu studieren und nicht an einer europäischen, so gehe der Umbau des Hochschulwesens in Europa beunruhigend langsam voran.127 Das Tempo der Veränderungen bleibe hinter dem Tempo des gesellschaftlichen Wandels zurück und die europäische Anerkennung der Studienabschlüsse werde sich nur dann wirklich durchsetzen können, wenn die Gewissheit über die Qualität der Studienabschlüsse einhellig sei. Oder noch prägnanter: Das europäische Hochschulwesen stehe vor der strategischen Entscheidung: Öffnung oder Niedergang. In diesem Sinne erscheinen die europäischen und eingeschlossen die deutschen Hochschulen dazu verurteilt, vergleichbare Studiensysteme, d. h. hier Bachelor- und Masterstudiengänge einzurichten. Die Auswirkungen der europäischen Zusammenarbeit auf die nationale Hochschultätigkeit sind bedeutsam. Sie stellen in zunehmendem Maße die Ministerien und Verwaltungen in Bund und Länder vor neue Anforderungen, betreffen darüber hinaus aber auch jede einzelne Hochschule in immer stärkerem Maße. Mit dem erklärten Ziel, international vergleichbare Studienabschlüsse herstellen zu wollen und damit wettbewerbsfähig zu werden, ist untrennbar verbunden für jede Institution die Erstellung und Sicherung qualitativer wissenschaftlicher Standards. Damit ist das zentrale Thema der Hochschulreform 126

Vgl. die Schilderung von Kühne, in: Der Tagesspiegel vom 25. 9. 2003,

S. 21. 127 Reding, Für den europäischen Hochschulraum ins Zeug legen, Frankfurter Rundschau vom 17. 9. 2003, S. 6. Ähnlich warnend Vondran, Wettbewerbsfähig wird man nur durch Wettbewerb, in: Stifterverband (Hrsg.), Wirtschaft & Wissenschaft, 2001, S. 56 ff.

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im In- und Ausland aufgerufen, nämlich die Entwicklung und Sicherung von Qualität an Hochschulen. Qualitätssicherungssysteme in Deutschland haben, im Vergleich etwa zu Großbritannien und Niederlande, keine Tradition.128 Anfänglich bezogen sich die Forderungen nur auf die Lehre, so die „Empfehlungen zur Stärkung der Lehre in den Hochschulen durch Evaluation“ der HRK (1995) und des Wissenschaftsrats (1996). Als eigenstaatliche Entwicklung können die Evaluationsverfahren angesehen werden, die entweder auf Landesebene (Evaluationsagenturen, beginnend mit der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsagentur, Hannover, ZEvA, seit 1995) oder länderübergreifend als Netzwerke, -verbünde gegründet wurden (erstmalig der sogenannte Nordverbund seit 1994).129 Einschneidend war die gesetzliche Festschreibung der Qualitätssicherung in der Lehre unter Einbeziehung der Studierenden, § 6 HRG i.d.F. vom 20. 8. 1998130 sowie die ebenfalls im Jahr 1998 erfolgte Einführung des Akkreditierungsverfahrens durch Beschlüsse der HRK und KMK. Letztlich sollten diese beiden sehr wichtigen Schritte im deutschen Raum die Qualität der Studienangebote fördern und die Vergleichbarkeit im internationalen Raum herstellen – mithin lassen sie sich auch als nicht nur mittelbare Auswirkungen der hochschulpolitischen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene beschreiben. Die prägende Kraft in der Entwicklung der Qualitätssicherungssysteme kommt indessen unzweifelhaft den Maßnahmen und Prozessen durch die europäischen Organe und Institutionen zu. Ohne Übertreibung läßt sich in diesem Zusammenhang zu Recht eine „nachhaltige Entwicklung“ verfolgen. In der Fachwelt und von der HRK zustimmend zur Kenntnis genommen, wird die Qualität als Schlüsselfrage zur Hochschulreform im In- und Ausland bezeichnet.131 Auf die Ein128 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte, beginnend mit der Evaluation im Hochschulwesen in Deutschland, den Überblick bei Curtius, in: FS Leuze, 2003, S. 109 ff. 129 Vgl. die Übersicht in HRK (Hrsg.), Wegweiser 2003, Qualitätssicherung an Hochschulen, S. 9 ff. mit Selbstdarstellungen der Agenturen im Anhang. 130 Vgl. oben unter Kapitel II. 3. b) sowie die ausführliche Kommentierung zu § 6 HRG von Seidler, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar (Stand der Kommentierung: 2000). 131 Projekt Qualitätssicherung HRK (Hrsg.), Wegweiser 2003, Qualitätssicherung an Hochschulen, 2003, S. 5. ff.

6 Wex

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II. Entwicklungen im Bildungswesen in der Gegenwart

zelheiten dieser Initiativen (EU-Empfehlung zur Qualitätssicherung in der Hochschulbildung, Bologna-Prozeß, European Network for Quality Assurance, Joint Quality Initiative, Tuning-Project, European Consortium of Accreditation) kann in den vorherigen Erörterungen unter Kapitel II.2.f) verwiesen werden. Diese europäischen Initiativen wirken mehr oder weniger stark auf die Entwicklung von deutschen Bachelorstudiengängen ein. Die bisherigen Wechselwirkungen scheinen bereits unumkehrbar. Größte Beachtung sollte hierbei, nochmals in Erinnerung gerufen, das geplante Rahmenwerk für die Akkreditierungsagenturen auf europäischer Ebene finden: Auf diesem Felde entscheidet sich womöglich mit harten Kriterien, was qualitativ vergleichbar ist – oder nicht.

III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage Bachelor- und Masterstudiengänge müssen von den akademischen Gremien beschlossen, ihre Einrichtung muß zum Teil von dem zuständigen Landesministerium genehmigt werden und auf Antrag ist das Akkreditierungsverfahren einzuleiten. Damit ist vorgegeben, daß auf jeder Ebene eine Fülle von rechtlichen Vorgaben, Mindeststandards, übergreifenden Beschlüssen und Empfehlungen zu beachten ist. Es ist im Einzelfall dann nicht immer leicht herauszufinden, ob eine Strukturvorgabe oder ein Mindeststandard schon rechtlich verbindlichen Normcharakter haben oder ob es sich nur um eine bloße Empfehlung oder um eine mehr oder minder unverbindliche Leitvorstellung handelt. In grundsätzlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die Mitgliedstaaten in ihrer Bildungskompetenz europarechtlich eingeschränkt oder bestärkt sind.1 1. Europäisches Recht Die Einrichtung von Studiengängen fällt in das originäre Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen, z.T. sieht das Landesrecht eine staatliche Genehmigung vor. Damit haben die Hochschulen und die zuständigen Landesministerien neben den verbindlichen Vorgaben des Bundes (Grundgesetz, Hochschulrahmengesetz) und des Landesrechts in zunehmendem Maße das Europäische Gemeinschaftsrecht zu beachten. a) Regelungen vor dem Vertrag von Maastricht Unter dem hier allein interessierenden Aspekt der europarechtlichen Einwirkungen auf akademische Grade und Studienleistungen 1

6*

Vgl. die Darstellung bei Hablitzel, DÖV 2002, 407 ff.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

ist zunächst auf die Aktivitäten vor und nach den Verträgen von Maastricht abzustellen.2 Dem Europarat, gegründet am 5. 5. 1949, kommt hier die Pionierarbeit zu. Mit den sogenannten Äquivalenzabkommen ist in Europa zum ersten Mal vertraglich gestaltet worden, die Mobilität von Studenten und Wissenschaftlern über die Landesgrenzen hinaus zu fördern und zu sichern. Es handelt sich um die europäischen Konventionen (Übereinkommen) über – die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse, 1953,3 – die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten, 1956,4 – die akademische Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen, 19595 und – die allgemeine Gleichwertigkeit der Studienzeiten an Universiäten, 1990.6

Dabei hat die Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse und damit die älteste Regelung die größte praktische Bedeutung erlangt. Vorausschauend hat Krüger darauf hingewiesen, diese Konvention verursache immer dann Irritationen, wenn eine sogenannte Inländerdiskriminierung im Raume stehe.7 Ein derartiger aufsehenerregender Fall hat in jüngster Zeit die Gerichte8 und die Kultusministerkonferenz beschäftigt. Ein Schüler aus Baden-Württemberg hatte bis zur 9. Klasse das Gymnasium in Stuttgart besucht, danach zwei 2 Vgl. zum historischen Abriß insb. Krüger, Hochschule in der europäischen Rechtsordnung, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Band 1, 2. Aufl. 1996, S. 189 ff.; auf die dortigen Quellen wird ausdrücklichen Bezug genommen. 3 Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse vom 11. 12. 1953, BGBl. 1955 II S. 599. 4 Europäisches Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten vom 15. 12. 1956, BGBl. 1964 II S. 1289. 5 Europäisches Übereinkommen über die akademische Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen vom 14. 12. 1959, BGBl. 1969 II S. 2057. 6 Europäisches Übereinkommen über die allgemeine Gleichwertigkeit der Studienzeiten an Universitäten vom 6. 11. 1990, BR-Drs. 525 / 93. 7 Krüger, Hochschule in der europäischen Rechtsordnung, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Band 1, 2. Aufl. 1996, S. 189 (191). 8 VG Stuttgart, Urteil vom 9. 10. 2003, Az.: 4 K 4733 / 01 (nicht veröffentlicht).

1. Europäisches Recht

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Jahre eine Privatschule in England. Die Abschlußprüfung (A-Level) absolvierte er als Schulbester in sechs Hauptfächern mit der Note A. Im Rahmen des – erfolgreichen – Bewerbungsverfahrens an der Fachhochschule Reutlingen beantragte er die Anrechnung der Gleichwertigkeit seines in England erzielten Schulabschlusses mit der allgemeinen Hochschulreife – was das Oberschulamt ablehnte. Es fehlten 12 aufsteigende Schuljahre und die Prüfung in einer 2. Fremdsprache. Das Schulamt stützte sich auf Grundsätze der Kultusministerkonferenz vom 26. 1. 1996 über den Hochschulzugang von Studienbewerbern. Das Verwaltungsgericht hat diese Auffassung als diskriminierend erklärt und mit der o.g. Konvention des Europarats aus dem Jahre 1953 verworfen. Eine Prüfung der materiellen Gleichwertigkeit der Abschlüsse sei unzulässig, eine im Ergebnis bewirkte Schlechterstellung eigener Staatsangehöriger sei mit höherrangigem Europarecht unvereinbar. Mit diesem Präzedenzfall zeichnet sich eine Konstellation ab, die im zusammenwachsenden europäischen Bildungsraum signifikant und von großer Tragweite ist: Welche Abschlüsse sind „vergleichbar“, welche Mindeststandards sind maßgebend, welche Regelwerke gelten im Anerkennungsverfahren? In der aktuellen Debatte um ein europäisches Rahmenwerk für Akkreditierungsagenturen spiegelt sich die Problematik höchst gegenwärtig wider. Beachtlich und das nicht nur als Fußnote: In dem geschilderten Fall um die Anerkennung eines ausländischen Zeugnisses hat der Kläger sich zu Recht auf die Förderung einer europäischen Dimension im Bildungswesen und die Bologna-Erklärung (sic!) berufen. Das Ende des Streits ist leider ebenso exemplarisch wie bedenklich: Der Kläger will jetzt den Grad des Bachelor erwerben – er studiert in Oxford. Bei anhaltender staatlicher Auffassung zur nationalen Prüfung einer materiellen Gleichwertigkeit und einer weiterhin vertretenen Binnenlösung wäre die Bundesrepublik leider noch nicht in Europa angekommen.

b) Die Entwicklungen zum und seit dem Vertrag von Maastricht Historisch betrachtet haben sich die europäischen Staaten lange, bis zu Beginn der 80er Jahre, auf ihre gewachsenen, national gestalteten Hochschulsysteme gestützt.9

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

Das erste, signifikante Vertragswerk für eine gemeinsame Bildungspolitik war die „Entschließung der im Rat vereinigten Minister für das Bildungswesen vom 6. 6. 1974 über die Zusammenarbeit im Bereich des Bildungswesens“10, es wurde mit einem Aktionsprogramm im Bildungsbereich fortgeführt.11 Zur Förderung der Mobilität und des Wissenstransfers beschloß der Rat eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die mit einer mindestens dreijährigen Berufsausbildung abschließen.12 Eine verstärkte Zusammenarbeit der Hochschulen wurde grundlegend gefordert von der Kommission in dem „Memorandum 13 zur Hochschulbildung der Europäischen Gemeinschaft“. Aktionsprogramme der in Gemeinschaft und vor allem die Rechtsprechung des EuGH waren sodann für die bildungspolitische Entwicklung bedeutsam. Gemeinschaftskompetenzen bildeten sich zunächst im Bereich der beruflichen Bildung heraus. Gemäß Art. 128 EWGV war der Rat mit der Aufstellung allgemeiner Grundsätze zur Durchführung einer gemeinsamen Politik in Bezug auf die Berufsausbildung befugt. Die Organisation des Bildungswesens und die Bildungspolitik waren als solche nicht der Zuständigkeit der Gemeinschaftsorgane unterworfen. Allerdings wurde dem Rat das Recht zugesprochen, zur Durchführung der Politik der Berufsausbildung besondere Rechtsakte zu erlassen.14 Gestützt auf dieses Prinzip des effet utile15 hat der Rat gemeinsame Bildungsprogramme entworfen, die im Ergebnis eindeutig dem Hochschulbereich zuzuordnen waren. Der Europäische Gerichtshof hat dies bestätigt in den Urteilen zum ERASMUS-Programm16 und zum Comett-Programm.17 Gleichwohl blieb die Kompetenzlage unsicher und die Mitgliedstaaten pochten unverändert auf ihre nationale Eigenständigkeit im Bereich Hochschulpolitik. Erst mit der Zieldefinition des gemeinschaftlichen Bildungs9 Eine Übersicht über die Entwicklung der gemeinschaftlichen Bildungspolitik gibt Blanke, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union, 1998, vor Art. 126, 127 EVG, Rdnr. 8 ff. 10 ABl. Europäische Gemeinschaft 1974 C 98 / 2. 11 Entschließung des Rats vom 9. 2. 1976, ABl. Europäische Gemeinschaft 1976 C 38 / 1. 12 Richtlinie 89 / 48 / EWG des Rats vom 21. 12. 1988. 13 Mitteilung der Kommission an den Ministerrat vom 5. 11. 1991, COM (91) 349 endg., Brüssel. 14 Vgl. EuGH in den Urteilen Çasagrande“ (Rs. 9 / 74, Slg. 1974, 773 ff.) und „Gravier“ (Rs. 293 / 83, Slg. 1985, 593 ff.). 15 Effet utile = Auslegungsmethode innerhalb des europäischen Rechts, derzufolge eine Norm so auszulegen ist, daß sie ihre praktische Wirksamkeit so gut wie möglich entfalten kann, EuGH Slg. 1970, 825; 1976, 497; 1991, 2757.

1. Europäisches Recht

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wesens durch die Art. 126 und 127 EGV (und damit der Ablösung des Art. 128 EWGV) durch den Vertrag von Maastricht ist das Bildungswesen auf eine verläßliche Gemeinschaftsgrundlage gestellt worden.18 Allerdings darf die Gemeinschaft unverändert nur tätig werden, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verfolgt werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind (Subsidiaritätsprinzip aus Art. 5 EGV).

Seit den Verträgen von Maastricht und Amsterdam ist im europäischen Raum eine Fülle von hochschul- und bildungspolitischen Maßnahmen auf Art. 149 und 150 (ex – Art. 126 und 127) EGV gestützt worden19. Gleichwohl ist unbestritten, daß auf europäischer Ebene die Hochschulbildung nicht in den Kompetenzbereich der europäischen Politik fällt.20 Die Gemeinschaft „fördert“, „unterstützt“ und „ergänzt“ Maßnahmen im Bildungsbereich, dabei ist jedoch strikt der Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten „für die Lehrinhalte und die Gestaltung der Bildungssysteme“21 zu beachten. Mithin verbleibt auch weiterhin die Zuständigkeit für den Inhalt und die Organisation von Studiengängen bei den Mitgliedstaaten.22

Als europäisches Instrumentarium im Bildungsbereich hat sich ferner die sogenannte offene Koordinierungsmethode entwickelt, die von Leitlinien und Zeitplänen über die Festlegung von Qualitätsindikatoren bis zur Evaluierung und EuGH Slg. 1989, 1425. EuGH Slg. 1991, 2757. 18 Blanke, Europa auf dem Weg zu einer Bildungs- und Kulturgemeinschaft, 1994, S. 76, spricht von einer „Legalisierungsfunktion“ im Kompetenzbereich. Warnend dagegen Schiedermaier, Deutsches Hochschulwesen der Gegenwart, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 37 ff. (81), der in der fortschreitenden europäischen Integration einen Verlust der Staatlichkeit fürchtet. 19 In Maastricht am 7. 2. 1992 unterzeichneter Vertrag über die Europäische Union (BGBl. 1992 II S. 1253-EUV), in Kraft getreten am 1. 11. 1993 (BGBl. 1993 II S. 1947). Der Unions-Vertrag wurde durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. 10. 1997 (BGBl. 1998 II S. 386) geändert und ergänzt und ist in dieser geänderten Fassung am 1. 5. 1999 in Kraft getreten (BGBl. 1999 II S. 296). 20 Vgl. zusammenfassend von Creytz, Verfassungsfragen des Bildungsrechts in der Wissensgesellschaft, 2003, S. 133, 134. 21 Wortlaut des Art. 149 Abs. 1 EVG. 16 17

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

konkreten Empfehlungen reicht.23 In zunehmendem Maße werden Aktivitäten, vor allem von deutscher Seite, als juristisch problematisch angesehen.24

Mit Blick auf die Studierenden stellt die Frage der (rechtlichen) Anerkennung von Studienleistungen, erbracht im Ausland, eine der Kernfragen im Gemeinschaftsrecht dar. Obwohl das Recht der EU wächst und wächst und obwohl der Vertrag von Maastricht eine Fülle von hochschulpolitischen Maßnahmen angestoßen hat und zusätzlich die Konferenzaktivitäten zu diesem Thema fast nicht mehr zu überschauen sind, herrscht in dieser Frage weiterhin Unsicherheit, in weiten Teilen sogar Unkenntnis. Der Deutsche Akademische Austauschdienst, immerhin die gewichtigste Stimme innerhalb der deutschen Hochschullandschaft zur Förderung des akademischen Austauschs mit dem Ausland, warnt auf der aktuellen homepage vor „Überraschungen zu Hause“, weil innerhalb der europäischen Austauschprogramme die Anerkennung nicht geregelt sei.25 Die HRK stellt lapidar fest, daß viele Regelungen über Äquivalenzen und Anerkennungen wenig oder nicht bekannt seien.26

Äquivalenz-Regelungen werden auf mehreren Ebenen als notwendig erachtet:27 Es werden bilaterale Abkommen abgeschlossen, wenn die Vertragspartner nicht der EU angehören (Regelungen insbesondere zur Zulassung zu einer Hochschule, über die Berufsausübung und über die Anerkennung von akademischen Graden). Multilaterale Abkommen wurden (und werden) zwischen den Staaten des Europarats und den UNESCO-Mitgliedern abgeschlossen (Regelungen insbesondere über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse, die Gleichwertigkeit der Studienzeit, Diplome, Grade und Qualifikationen). Die gewichtigsten Auswirkungen haben heute die europarechtlichen Anerkennungsregelungen, sei es, daß sie aus primärem Gemeinschaftsrecht kommen, sei es, daß sie sekundärrechtlicher Natur sind. Zu letzterer zählen die immer wichtiger werdenden Richtlinien über die Anerkennung von StudienAigner, Der Bologna-Prozeß, 2002, S. 18. Vgl. den Überblick von Ennuschat, WissR 2003, 186 (199 ff.). 24 Beschluß des Bundesrates, BR-Drs. 31 / 03, S. 3. 25 (Zugriff am 6. 11. 2003). 26 HRK International-Mobilität / Anerkennung, in: (Zugriff am 2. 2. 2004). 27 Ausführliche Zusammenstellung bei: Karpen, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 20 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 38. Eine Übersicht über die staatlichen Äquivalenzabkommen findet sich bei HRK International (Zugriff am 2. 4. 2004). 22 23

1. Europäisches Recht

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und Prüfungsleistungen sowie die gegenseitigen Anerkennungen im Rahmen der gemeinschaftlichen Aktionsprogramme.

Sind alle diese internationalen und europarechtlichen Hürden übersprungen, stellen sich die nationalen Anerkennungsfragen, hier konkret mit dem Ausgangspunkt aus § 20 HRG.28 Dem geneigten Leser wird es angesichts dieser leicht unübersichtlichen Anerkennungsproblematik nicht ganz abwegig erscheinen, wenn mancher Studierwillige seinen Aufenthalt doch eher nach hinten drängt. Der janusköpfige Charakter der europarechtlichen Bemühungen zeigt sich auf diesem Feld sehr deutlich.

Die wichtigsten Entwicklungen im Europäischen Hochschulraum sind heute mit dem Stichwort „Bologna-Prozeß“ verknüpft. Wenngleich es völlig unstrittig ist, daß die Deklarationen, Absichtserklärungen und Communiqués, feierlich verabschiedet von Sorbonne bis Berlin, nur politische Absichtserklärungen darstellen, drängt sich mit einiger Berechtigung die Frage auf, ab welchem Zeitpunkt und mit welchen Instrumentarien der bislang unverbindliche Rahmen verlassen wird und an seine Stelle rechtlich bindende Verträge oder Standardisierungen treten.29

Anzeichen für die zukünftige „Verfaßtheit“ auf europäischer Ebene mit der Zielrichtung einer einheitlichen Studienstruktur oder eines übersichtlichen Systems vergleichbarer Hochschulqualifikationen oder eines gemeinsamen Systems für Qualitätssicherungen haben sich bereits in Art. 149 Abs. 2 EGV abgebildet. Mit der dort angesprochenen „Förderung der akademischen Anerkennung der Diplom- und Studienzeiten“ wird ein Regelungsbereich erfaßt, der traditionell ausschließlich den nationalen Mitgliedstaaten vorbehalten war.

Größte praktische Bedeutung in der Gegenwart haben indessen nicht die Richtlinien der Europäischen Union oder die Entscheidun28 Vgl. hierzu die folgenden Ausführungen zum Hochschulrahmengesetz unter Kapitel III. 2. b). 29 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Anerkennung von Studiengängen und Qualifikationen auf europäischer Ebene als eine zu lösende Kernfrage bezeichnet, Europäische Kommission, Mitteilung: „Die Rolle der Universitäten im Europa des Wissens“, KOM (2003) 58 vom 5. 2. 2003, S. 23.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

gen des Europäischen Gerichtshofes, sondern die Erklärungen und Beschlüsse der Bildungsminister Europas, verabschiedet in Bologna, Prag und Berlin. Mit diesen Erklärungen sind Grundprinzipien für die Entwicklung eines europäischen Hochschulsystems um-, vielleicht sogar schon festgeschrieben worden. Der Rechtsnatur nach handelt es sich, wie erwähnt, unstrittig nur um freiwillige, multilaterale Vereinbarungen, die (noch) nicht einklagbar sind. Ihre hohe Bedeutung besitzen sie im faktischen Vollzug, oder, wie Aigner formuliert: Es handelt sich um rechtlich nicht bindende Verträge, sondern um politische Absichtserklärungen. Gerade dieser informelle Charakter habe viel zum Erfolg beigetragen.30 Die Gesetzgebungsverfahren in europäischen Staaten finden oft erst ihre Rechtfertigung durch eine Bezugnahme auf die Ziele des Bologna-Prozesses.31 Deutschland kann hierfür als gutes Beispiel dienen: Die Überführung der Bachelor- und Masterstudiengänge aus dem Erprobungsstadium in das Regelangebot der Hochschulen wird ausdrücklich damit begründet, es müsse einer breiten Entwicklungstendenz aus der Bologna-Erklärung vom 19. 6. 1999 Rechnung getragen werden.32 In diesem Zusammenhang ist auch die bereits erwähnte Rechtssetzungsermächtigung des Rats zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen zu sehen. Ermächtigt durch Art. 47 (ex – Art. 57) EGV hat die Gemeinschaft zunächst Richtlinien als Mindestvoraussetzungen für bestimmte Berufe erlassen; mit den zwei sogenannten Anerkennungsrichtlinien ist die „Harmonisierung“ auf die berufliche Kompetenz ausgeweitet33 und erstmals eine „Allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome“ erlassen worden.34 Das Instrumentarium der Anerkennungsrichtlinien scheint indessen bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Die Notwendigkeit rechtsverbindlicher Regelungen im Äquivalenzbereich wurde jüngst in einem aktuellen Fall ersichtlich, in dem Aigner, Der Bologna-Prozeß, 2002, S. 23. So ebenfalls der Ausblick von Friedrich, Bologna-Prozeß, 2002, S. 11. 32 Gesetzentwurf der Fraktion von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen zum 6. Gesetz zur Änderung des HRG, BT-Drs. 14 / 8361 vom 26. 2. 2002. Vgl. zusätzlich die Länderübersicht zur Wirkung des Bologna-Prozesses auf die Hochschul-Studienstruktur bei Aigner, Der Bologna-Prozeß, 2002, S. 25 ff. 33 Hierauf macht Wiedmann aufmerksam, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 46. 30 31

1. Europäisches Recht

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über die Anerkennung eines deutschen Bachelor in Großbritannien gestritten wurde. Ein deutscher Bewerber war zu einem Masterprogramm in Großbritannien nicht zugelassen worden, weil die erforderliche Einzelfallprüfung zu ungunsten des Bewerbers ausfiel. Schlechthin uninformiert, ja tendenziell und unseriös lautete in „Forschung & Lehre“ die Unterzeile: „Mit deutschem Bachelor kein Master-Studium in Großbritannien“.35 HRK und DAAD stellten klar: Ein automatisches Zugangsrecht gebe es auch für britische Landeskinder nicht.36 Es handele sich um unnötige Panikmache, anders als in Deutschland habe in Großbritannien jede einzelne Hochschule das Auswahlrecht und entscheide individuell über die Zulassung.37 Eilfertig erklärten die britischen Organisationen in einer Erklärung vom 27. 1. 2003, daß sich Inhaber von Bachelor-Abschlüssen deutscher Hochschulen wie von Hochschulen aller Teilnehmerländer des Bologna-Prozesses um die Zulassung zu Masterprogrammen an britischen Hochschulen bewerben können38 – auf die entscheidende Frage indessen, mit welchen Gründen und Kriterien die negative Einzelfallprüfung in Großbritannien beschieden worden war, sind weder KMK, HRK noch DAAD eingegangen.39 Ein deutscher formaler BachelorAbschluß ist eben nicht international wettbewerbsfähig, wenn es sich um eine bloße Umetikettierung eines herkömmlichen Diplomabschnittes handelt, oder, noch gravierender, wenn keine obligatorischen schriftlichen Abschlußprüfungen für jede Lehrveranstaltung nachweisbar sind.40 Anerkennungsregelungen in der Anwendung europaweit verbreiteten ECTS-Beschreibungen erscheinen zwingend notwendig.

Richtlinie 89 / 48 / EWG ABl. vom 21. 12. 1988. Vgl. u. a. E.B., Sackgasse Bachelor, in: Forschung & Lehre 2 / 2003, S. 58 sowie zusammenfassend Grigat, Er wird, wird er nicht? in: Forschung & Lehre, 2 / 2003, S. 127 ff. sowie Entgegnung des HRK-Präsidenten Landfried in: Forschung & Lehre 3 / 2003, S. 146. 36 (Zugriff am 3. 6. 2004). 37 (Zugriff am 3. 6. 2004). 38 (Zugriff am 3. 6. 2004). 39 Hierauf weist treffend Boas hin, Money makes the world go round, in: Forschung & Lehre 4 / 2003, S. 186. 34 35

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

Und schließlich ist absehbar, daß die bisher im Bologna-Prozeß als so erfolgreiche behauptete bottom-up-Dynamik dann nicht ausreichen wird, wenn die Studierenden Ernst machen mit dem Mobilitätsangebot, das ihnen im europäischen Bildungsraum eröffnet wird. Es werden europaweit harmonisierte Präferenzrahmen für die neuen Studiengänge zu entwickeln sein.41 Eingebettet in das System der Qualitätssicherung sind Rahmenregelungen zu entwerfen,42 die darüber Auskunft geben müssen, wie und welche Akkreditierungssysteme auf europäischer Ebene Verbindlichkeit erzeugen.43

2. Bundesrecht Bei der Entscheidung der Hochschulen und ggf. des zuständigen Landes-(Wissenschafts-)Ministeriums über die Einrichtung eines Bachelor- / Masterstudienganges sind ferner die höherrangigen Normen des Grundgesetzes und des Hochschulrahmengesetzes zu beachten. Im Grundrechtsbereich kommen im Rahmen der hier interessierenden Untersuchung vor allem in Betracht die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

40 Die Gefahr der Manipulierung beschreibt Gehmlich, ECTS in Deutschland, DUZspecial vom 4. 6. 2003, S. 29. 41 So auch E.B., in: Forschung und Lehre 2 / 2003, S. 58, unter dem Titel: „Sackgasse Bachelor“. 42 Rückwärts gerichtet und weder dem notwendigen internationalen Wissenschaftleraustausch gerecht werdend noch den Anforderungen an die Zukunft des europäischen Hochschulraums angemessen erscheint es, wenn Befürchtungen zur „Aushebelung des Harmonierungsverbots“ geäußert werden, weil in der Bildungspolitik der Gemeinschaft „peer review“, „benchmarking“ und „Qualitätssicherung“ zur Anwendung kämen, so Hablitzel, DÖV 2002, 407 (413). 43 Vgl. Erläuterungen zu „Towards european consortium for accreditation“, mit dem Ziel der teilnehmenden Akkreditierungsagenturen, ein europäisches Akkreditierungskonsortium zu installieren, Dokumentation: (Zugriff am 11. 9. 2003), sowie oben unter Kapitel II. 2. e) am Ende. An dieser Stelle muß der Hinweis genügen, daß die „Rahmenregelungen“ und „Qualitätssicherungssysteme“ den Rechtscharakter von Empfehlungen, nicht aber von verbindlich gesetztem Recht haben.

2. Bundesrecht

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a) Der Grundrechtsbereich im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG Die Entwicklung eines völlig neuen Studiensystems strahlt zum einem auf die Einrichtung „Hochschule“ aus, zum anderen auf die Lehrfreiheit der Hochschullehrer und die Freiheit des Studiums. In der angesprochenen ersten Wirkung stellt sich die Frage, ob Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine „institutionelle Garantie“44 enthält, mit dem Inhalt, daß die Institution Hochschule geschützt ist vor einer Veränderung des bestehenden Systems. Konkreter: Kann die Hochschule, unter Berufung auf die Wissenschaftsfreiheit, die Beibehaltung des Diploms durchsetzen und die Einführung von Bachelor und Master abwehren?

aa) Das Selbstverwaltungsrecht der Hochschule Unproblematisch ist zunächst die Feststellung, daß Träger der Wissenschaftsfreiheit auch die Hochschule als juristische Person sein kann.45 Geschützt wird die Abwehr jeder staatlichen Einwirkung auf den Prozeß der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse.46 Besonders geschützt sind die Forschungs- und Lehrplanung, die Initiierung und Koordinierung von Forschungs- und Lehrprojekten sowie die Promotion und die Habilitation.47 Eine (verbindliche) Aussage hat in diesem Zusammenhang das Bundesverfassungsgericht getroffen: „Die Garantie der Wissenschaftsfreiheit hat jedoch weder das überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität zur Grundlage, noch schreibt sie überhaupt eine bestimmte Organisationsform des Wissenschaftsbetriebs an den Hochschulen vor“.48 We44 Zur historischen Herleitung vgl. insbesondere Kimminich, Hochschule im Grundrechtsystem, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 119 ff. (127). Zur neueren Entwicklung („Grundrechte als Organisationsmaximen“) vgl. Kunig, in: von Münch / Kunig, (Hrsg.), GG-Kommentar, 2000, Vorb. Art. 1 – 19 Rdnr. 26. 45 Vgl. Jarass / Pieroth, GG-Kommentar, 1997, Art. 5 Rdnr. 79 a) mit weiteren Nachweisen. 46 BVerfGE 47, 327 (367); Scholz, in: Maunz-Dürig, GG-Kommentar, 1997, Art. 5 Rdnr. 110 ff. 47 Jarass / Pieroth, GG-Kommentar, 1997, Art. 5 Rdnr. 85. 48 BVerfGE 35, 79 (116).

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

der die historische gewachsene Universität noch die durch die Hochschulreform veränderte ist mithin verfassungsgemäß garantiert. Der Gesetzgeber ist durchaus frei, andere Modelle zu entwickeln, solange – und das wäre hier die strittige Frage nach dem Umfang und den Grenzen der Neuregelung – die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Selbstverwaltung im akademischen, d. h. auf Forschung und Lehre unmittelbar bezogenen Bereich erhalten bleibt. Mit den letzten Novellierungen zum Hochschulrahmengesetz ist den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet worden, Bachelor- und Mastergrade zu vergeben sowie die neuen, gestuften Studiengänge in das Regelangebot der Hochschulen zu überführen.49 Eine unmittelbare Umsetzung ist in dieser bundesgesetzlichen Option und Aufforderung noch nicht zu sehen, ein Eingriff in die garantierte Selbstverwaltung der Hochschulen liegt mithin nicht vor. Der Landesgesetzgeber hat seine Gesetzgebung an die rahmenrechtlichen Vorgaben anzupassen. Er kann dies bewerkstelligen, indem er – die HRG-Regelungen in deren weiten allgemeinen Formulierungen lediglich übernimmt und die Grade und das Studiensystem sozusagen als Option an die Hochschulen weitergibt, – die HRG-Regelungen als „wünschenswert“ und nachahmenswert fordernd weitergibt und für den Fall der Nichtumsetzung Konsequenzen für die Mittelverteilung und Strukturplanung der Hochschule in Aussicht stellt; alternativ fällt in diese Kategorie auch die Einforderung der Studienreform durch den Abschluß von Zielvereinbarungen oder Hochschulverträgen, – die Neuordnung im Ergebnis verpflichtend anordnet, die Hochschule habe innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Umstellung vorzunehmen, die Mittelverteilung definitiv mit dem Fortschritt dieser Entwicklung verknüpft wird und vor allem nur die neuen Studiengänge genehmigt, also konkret die auslaufenden Studiengänge nicht verlängert werden.

Die Landesgesetzgeber haben die Anpassungserfordernisse unterschiedlich weitergegeben. In Berlin beispielsweise haben sich die Hochschulen vertraglich verpflichtet, bis zum 31. 12. 2003 die Hälfte ihrer Diplom- und Magisterstudiengänge zu modularisieren und in 49

Vgl. unter Kapitel II. 3. b).

2. Bundesrecht

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den Studiengängen ein Leistungspunktsystem einzuführen. Die Universitäten würden in geeigneten Bereichen gestufte Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master einrichten.50 In BadenWürttemberg sind in den Hochschulgesetzen im wesentlichen die Regelungen aus § 19 HRG als rechtlich verbindliche Vorgaben übernommen worden. Wenn neue Studiengänge eingerichtet werden, seien „Eckwerte“51 für die Genehmigung von Bachelor und Master und „Leitlinien“ 52 im Zustimmungsverfahren zu berücksichtigen; diese erlangten damit praktische Verbindlichkeit. In Nordrhein-Westfalen wird im Eckwertepapier53 die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen ausdrücklich begrüßt. Es sei wünschenswert, gestufte Studiengänge unter sofortigem Verzicht auf die herkömmlichen Studiengängen einzuführen. Solange und soweit es den Hochschulen mit ihren akademischen Gremien überlassen bleibt, ob sie neue Studiengänge einführen wollen, ist der selbstorganisierte Steuerungsprozeß und damit die Hochschulautonomie gewahrt. Dies gilt auch für den (aber bereits problematischen) Fall, daß eine Hochschule unter den Konsequenzen einer Verweigerung bei der Mittelverteilung und Strukturplanung zu leiden hätte. Kritischer wäre der Fall zu beurteilen, wenn eine Hochschule weisungsgemäß handeln müßte, weil etwa ministeriell angeordnet würde, ein bestimmter Studiengang, beispielsweise Chemie müsse als Bachelor / Master ausgestaltet und korrespondierend dürfe zum Diplom nicht mehr ausgebildet werden. Mit einer derartigen Weisung, sollte sie wirksam sein, wäre dem Fachbereich Chemie die Entscheidung genommen, selbst darüber zu befinden, wie das Studium gestal50 Vgl. Vertrag gem. Art. II des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 zwischen dem Land Berlin und der Freien Universität Berlin für die Jahre 2003 bis 2005 vom 18. 7. 2001. 51 „Eckwerte für die Genehmigung von Bachelor- und Masterstudiengängen an den baden-württembergischen Hochschulen“, vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg am 19. 5. 1999 verabschiedet. 52 „Leitlinien zur Struktur geisteswissenschaftlicher Bachelor- und Masterstudiengänge“, verabschiedet am 30. 11. 1999 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. 53 „Eckwerte für die Genehmigung von Bachelor- und Masterstudiengängen an den Hochschulen Nordrhein-Westfalens“, neugefaßt am 15. 2. 2001 vom Ministerium für Schule, Wirtschaft und Forschung des Landes NordrheinWestfalen.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

tet, die Lehrpläne entwickelt und die Veranstaltungen durchgeführt werden.54 Es sprechen einige Gründe dafür, in dieser Konstellation bereits eine Grenzüberschreitung und damit eine Verletzung der institutionellen Garantie (Hochschule, Fachbereich) zu sehen. Die Wahrnehmung des ureigensten akademischen Rechts zur Selbstverwaltung, die Entscheidung darüber, ob und nach welchen Lehrinhalten / -plänen unterrichtet wird, wäre nicht mehr vorhanden. Die mögliche Grenzüberschreitung könnte unter europarechtlichen Gesichtspunkten noch erheblicher werden. Zwar sind die bisherigen Beschlüsse auf den Konferenzen in Berlin, Prag und Bologna noch nicht rechtlich verpflichtend, sie üben aber schon beträchtliche faktische Rechtskraft aus. Wenn diese Beschlüsse bindend ausformuliert und etwa in Richtlinien verfaßt würden, obendrein der Landesgesetzgeber darauf gestützt das neue Studiensystem ausnahmslos einführte, so wäre der Konflikt zwischen Landesrecht und Grundgesetz auf der einen Seite und Europarecht auf der anderen augenscheinlich. Das Land könnte sich in seiner Maßnahme sogar darauf berufen, es wolle zur Wahrung der einheitlichen Rechtsverhältnisse im Lande und in Europa sowie zur Herstellung der gebotenen einheitlichen Lebensverhältnisse tätig werden. Nach allen Erfahrungen im Bologna-Prozeß darf an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, daß das bewährte Vorgehen aller Beteiligten untereinander und abgestimmt und sozusagen bottom up erfolgt, nicht aber durch ein einseitiges Dekret. Sollte es aber dennoch zu einem (durchaus nicht unrealistischen) Konflikt kommen, wäre bei der Einführung, Änderung und Aufhebung von alten (Diplom-)Studiengängen im Verhältnis zu neuen Bachelor- und Masterstudiengängen nach dem Zweck und der Ausrichtung zu differenzieren.55 Wird die Neuordnung des Studiums durch das Land schwergewichtig mit akademischen Gründen durch54 Das BVerfG zählt ausdrücklich auch die Festlegung und Durchführung von Studien- und Prüfungsordnungen zu den „wissenschaftsrelevanten“ Angelegenheiten, also zu denjenigen, die die Forschung und Lehre unmittelbar berühren und damit grundsätzlich der gesetzgeberischen – und folglich erst recht der verwaltungsmäßigen – Gestaltungsfreiheit entzogen sind, BVerfGE 35, 79 (123). 55 Vgl. vor allem Epping, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 10 (Stand der Kommentierung: 2000) Rdnr. 7.

2. Bundesrecht

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gesetzt, so wird das Selbstverwaltungsrecht der Hochschule unmittelbar berührt, Art. 5 Abs. 3 GG könnte betroffen sein. Führt das Land indessen überwiegend Bildungsinteressen (und das wären die Forderungen aus dem Bologna-Prozeß) oder haushaltspolitische Gründe an, so wäre das Land hierzu ermächtigt.56

bb) Das Recht des Hochschullehrers auf Freiheit der Lehre Die Einführung eines neuen Studiensystems hat aber unzweifelhaft erhebliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Lehre des einzelnen Hochschullehrers. Neuartige Lerneinheiten sind zu konzipieren, der Arbeitsaufwand der Studierenden ist gänzlich anders – umfassender – in die Vermittlung der Lernergebnisse einzubinden und die am Ende jeder Lehrveranstaltung durchzuführenden Prüfungen stellen in qualitativer, vor allem aber in quantitativer Hinsicht andersartige Anforderungen. Die modularisierten Studiengänge setzen voraus und erzeugen eine neue Lehr- und Lernkultur. Ein Hochschullehrer wird mit Sicherheit die herkömmlichen Strukturen und in Teilen auch die Inhalte der Lehrveranstaltungen nicht mehr durchführen (dürfen). Liegt darin ein Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Lehrfreiheit?

Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schützt das Recht des Hochschullehrers auf Freiheit der Lehre. Begrifflich gehört hierzu unabdingbar die spezifische wissenschaftliche Eigenverantwortung. Sie muß selbständig und frei von Weisungen durchgeführt werden.57 Geschützt wird der Kernbereich des konkreten Amtes, also die Wahrnehmung der Lehrund Forschungsaufgaben in dem vertretenen Fach.58 Er umfaßt im Rahmen der zu erfüllenden Aufgaben das Recht, Lehrveranstaltungen abzuhalten und deren inhaltliche und methodische Gestaltung zu bestimmen und die hierfür erforderliche Betreuung durch die Hochschule, das notwendige Personal und die unentbehrlichen Sachmittel in Anspruch zu nehmen.59 Die außerhalb dieses Kernbereiches liegen56 Diese Ermächtigung ist z.T. direkt in den Landesgesetzen enthalten, vgl. etwa § 42 Abs. 3 BW UG; § 22 Abs. 3 BerlHG; § 108 Abs. 2 HG NRW. 57 BVerfGE 35, 79 (113); BVerwGE 62, 45 (51 ff.); Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 1986, Rdnr. 66 ff. 58 VG Mannheim, WissR 2001, 202 (205).

7 Wex

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

den Aufgabenkreise und die organisatorischen Bedingungen genießen keinen verfassungsrechtlichen Bestandsschutz.60 Hier steht vielmehr der Hochschule eine umfassende Organisationskompetenz zu, die in Fragen der Lehre insoweit maßgebend ist, als sie sich auf die Organisation des Lehrbetriebes und auf die Aufstellung und Einhaltung von Studien- und Prüfungsordnungen bezieht, § 4 Abs. 3 Satz 2 HRG. Demzufolge wäre die Antwort eigentlich eindeutig: Auch wenn eine völlige Neustrukturierung des Studiums, einschließlich des Prüfungswesens, durch die Hochschule eingeführt wird, liegt insoweit noch keine unzulässige Einschränkung der individuellen Freiheitsgarantie der Lehre vor. Die Grenzen der Organisationsfreiheit werden nur mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und durch das Willkürverbot gesetzt. So abstrakt zutreffend die Ableitung auch erscheinen mag, in den Auswirkungen auf die konkrete Lehrveranstaltung dürfte die Rechtsposition für den Hochschullehrer durchaus erschüttert sein. Welche inhaltlichen und methodischen Gestaltungsfreiheiten stehen dem Bachelor-Lehrer eigentlich noch zu, wenn ihm vorgegeben wird, daß er Lerneinheiten bilden muß, daß hierfür ein bestimmter Lernaufwand der Studierenden zu formulieren ist, daß die Lerneinheiten in einer bestimmten Reihenfolge festzulegen sind und daß er alle Lernschritte abprüfen muß?61 Im Gegensatz zu den bisher von der Rechtsprechung entschiedenen und von der Literatur behandelten Fällen, in denen überwiegend um das Recht auf Lehre in einzelnen Lehrveranstaltungen gestritten worden ist, regelt die Bachelor- und Masterausbildung systematisch alle Lehr- und Lernverhalten neu – bei realistischer Einschätzung derzeit obendrein nicht einmal im vollen Einverständnis mit der Mehrheit der Hochschullehrer. Letztlich erfährt die Bindung des Hochschullehrers an das (neue) Recht in Studium und Lehre ihre Rechtfertigung durch die Beschlußfassung der Hochschulorgane in dieser Materie. Entscheidend ist, daß im akademischen Bereich verbindlich der Inhalt von Studien- und 59 So die Auslegung zu der parallelen Vorschrift § 4 Abs. 3 Satz 1 HRG, vgl. statt vieler: Reich, HRG-Kommentar, 2000, § 4 Rdnr. 17 ff.; Dallinger, in: Dallinger / Bode / Dellian (Hrsg.), HRG-Kommentar, 1978, § 3 Rdnr. 11 ff. 60 BVerfGE 43, 242 (282 ff.). 61 Zweifelnd für das Prüfungssystem Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 11.

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Prüfungsordnungen festgelegt wird.62 Damit bleibt die Freiheit der Lehre aus § 4 Abs. 3 HRG gewahrt. b) Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG Dem Wortlaut nach schützt Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG die freie Wahl des Berufes, des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte. Zu den Ausbildungsstätten zählen namentlich die Universitäten,63 die Vorbereitungsdienste für die 2. Staatsprüfung,64 die weiterführenden Schulen65 sowie die Einrichtungen des 2. Bildungsweges.66 Jedem Deutschen steht ein subjektiv-öffentliches Recht auf Aufnahme in eine bestimmte Ausbildungsstätte zu, wenn die öffentlichen Ausbildungsstätten monopolisiert sind, wie vor allem bei den Universitäten. aa) Der äußere numerus clausus Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit 1972 hat jeder Bewerber mit Hochschulreife einen aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 (Recht auf freie Wahl des Berufes) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und aus Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) ableitbaren Rechtsanspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl unter möglichster Berücksichtigung des gewählten Ortes.67 Zulassungsbeschränkungen sind nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig 62 Die Spannungslage lebt bei den staatlich erlassenen Prüfungsordnungen wieder auf. Reich argumentiert daher, es sei gleichgültig, wer von den verschiedenen Normgebern das Ziel des Studiums in die Themen der Lehrveranstaltung umsetze, wenn nur die Umsetzung korrekt verlaufe, in: Reich, HRG-Kommentar, 2000, Rdnr. 26. Im Hinblick auf die anerkannt wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten, zu denen die Studien- und Prüfungsordnungen zählen, verkürzt diese Auffassung die Ausstrahlung von Art. 5 Abs. 3 GG außerordentlich. Überzeugender erscheint es, diese Frage im Wege der Grundrechtskonkurrenz mit Vorrang von Art. 12 Abs. 1 GG bei den staatlichen Prüfungsordnungen zu klären. 63 BVerfGE 33, 303 (329). 64 BVerfGE 39, 334 (371), betr. juristischer Vorbereitungsdienst. 65 BVerfGE 58, 257 (273), betr. Gymnasium. 66 BVerfGE 41, 251 (261). 67 BVerfGE 33, 303 (331), erstes Numerus clausus-Urteil.

7*

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

und nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten.68 Mit der flächendeckenden Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen (und damit der regelmäßig einhergehenden parallelen Abschaffung des Diploms) ändern sich die Universitätsstrukturen grundlegend, das Lehr- und Lernverhalten wird neu definiert, ebenso die Lernziele und die berufsqualifizierenden Abschlüsse. Welche Auswirkungen hat das auf die Kapazitätsermittlung, genauer: auf die Festlegung des Curricularnormwertes? Es liegt auf der Hand, das die Einführung gänzlich neuer Lehr-, Lern- und Prüfungsstrukturen Folgen für die Aufnahmekapazität sowie für die Art und Weise der Kapazitätsermittlung haben muß. Die wichtigsten kapazitätsbestimmenden Kriterien sind die personelle Aufnahmekapazität und der Ausbildungsaufwand nach dem Curricularnormwert, es handelt sich um ein komplexes Berechnungsverfahren mit wertenden, nicht feststehenden Normen. Rechtsgrundlagen sind die Kapazitätsverordnung (KapVO), der Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen und die rahmenrechtlichen Vorgaben aus §§ 29, 30 HRG. Der Curricularnormwert bestimmt den Betreuungsaufwand für die Ausbildung eines Studierenden in einem Studiengang während des gesamten Studiums, gemessen in Lehrdeputat und Semesterwochenstunden. Er ist das Ergebnis von Erhebungen und Gutachten und wird im Ergebnis durch eine Zahl festgelegt, z. B. 1,7 für Rechtswissenschaften; 1,9 für Betriebswirtschaft; 7,27 für Medizin.69 Die Berechnungsverfahren für die Curricularnormwerte haben sich seit 20 Jahren nicht mehr verändert, das Verfahren wird z.T. für verfassungswidrig gehalten.70 Bereits angesichts dieser rechnerischen Vorgaben wird ersichtlich, daß das derzeit gültige Kapazitätsrecht für die neuen Studiengänge Bachelor und Master nicht mehr paßt: In den neuen Studiengängen wird nach studentischem Arbeitsaufwand zur Erreichung eines Lernziels, bezogen auf den gesamten Arbeitsaufwand für ca. 1000 Stunden im Studienjahr gerechnet (Leistungspunkte, credits), und nicht BVerfGE 33, 303 LS 2; 85, 36 (53 ff.), zweites Numerus clausus-Urteil. Vgl. die Wiedergabe der CNW-Angaben bei Bahro / Berlin / Hübenthal, Das Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl. 2003, S. 439, 440 (Anlage 2). 70 Lechner, BayVBl. 1999, 523 (526); Würtenberger / Fehling, JZ 2000, 173 (178). 68 69

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nach rein zeitlich ausgerichteten Semester-Wochenstunden, bezogen nur auf die Vorlesungszeit. Damit wird der Betreuungsaufwand für die Ausbildung eines Studierenden neu definiert, mit allen Folgen für das Zulassungsrecht.71 Es erstaunt in höchstem Maße, daß Hochschulen wie Wissenschaftsministerien diese Problematik nur in Maßen im Blick haben. Häufig werden für Bachelor- und Masterstudiengänge ohne nähere Begründung dieselben Curricularnormwerte verwendet wie für die entsprechenden Diplomstudiengänge – eine Auffassung, die allenfalls für eine Übergangszeit akzeptabel sein kann. Spätestens wenn die Folgen der zu erwartenden Rechtsstreitigkeiten der internen Zugangsbeschränkungen für Lehrveranstaltungen (sogenannter interner numerus clausus) eintreten,72 dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit das Kapazitätsrecht neu zu schreiben sein. Ansätze zu einer andersartigen Sicht, nämlich die die Besonderheiten kapazitätsrechtlicher Berechnung berücksichtigenden Tatbestände, waren bisher lediglich bei der Kapazitätsermittlung neuer Studiengänge (Reformprojekte) und bei Neufestschreibungen des Ausbildungsrechts zu erkennen. Will eine Hochschule neue Studiengänge erproben oder Reformmodelle verwirklichen, so stellen sich die kapazitären Zulassungsberechnungen zunächst außerhalb der typischen, also „fachspezifischen Gegebenheiten“ eines Faches dar, § 29 Abs. 2 Satz 4 HRG ist nicht einschlägig. Ebenso können beim Auf- oder Ausbau einer Hochschule die Kapazitäten abweichend berechnet werden.73

71 Zu Recht weisen Witte und Schreiterer darauf hin, daß credits und Semesterwochenstunden nicht 1:1 umrechenbar seien; bei stärker ausdifferenzierten Studiengängen werde der Kapazitätsverordnung der Boden entzogen, in: Bensel / Weiler / Wagner (Hrsg.), Hochschulen, Studienreform und Arbeitsmärkte, 2003, S. 239, 240. Noch grundsätzlicher plädiert Müller-Böling für einen grundlegenden Perspektivenwechsel, nämlich den Übergang von der Angebotssteuerung zu einer nachfrageorientierten Steuerung der Studienangebote und damit für eine Ablösung der KapVO, in: Vorschläge zu einer Ablösung der Kapazitätsverordnung, Arbeitspapier Nr. 31, CHE (Hrsg.), 2001. 72 Vgl. hierzu die Ausführungen unter Kapitel III. 2. b) bb). 73 Aber umstritten, siehe einerseits Reich, HRG-Kommentar, 2000, § 29 Rdnr. 4, andererseits Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 29 Rdnr. 9; differenzierend Großkreutz, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 30 (Stand der Kommentierung: 1991) Rdnr. 24 ff; zweifelnd, d. h. gegen die Anerkennung einer sog. „Innovationsklausel“ bei der Erprobung neuer Studiengänge Bahro / Berlin, Hochschulzulassungsrecht,

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

In einem weiteren praktischen Fall kann nachgewiesen werden, daß die Änderung des Ausbildungsrechts sehr wohl im Ergebnis zu einem Abbau von Kapazitäten führt, ohne daß hierbei das Kapazitätsrecht überhaupt angewendet worden ist. Im Rahmen einer Änderung des Ausbildungsrechts ist die 7. Änderungsverordnung zur Approbationsordnung für Ärzte durch drei Pflichtseminare eingeführt worden. Danach dürfen diese lediglich mit 20 Studierenden besetzt werden, was wiederum zu einer Senkung der Ausbildungskapazität um rund 22% führte. Der Verordnungsgeber hatte zur Begründung angegeben, daß durch die Veränderung die unbedingt notwendige Verstärkung des praktischen Unterrichts am Patienten erreicht werden solle. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Normentstehung für ausreichend erachtet.74 Im Ergebnis ist jedoch die Ausbildungskapazität durch Änderung des Ausbildungsrechts vernichtet worden.75 Vergleicht man diese beiden Besonderheiten und deren Nichtbehandlung nach kapazitären Vorgaben, so müssen diese Erwägungen erst recht bei einem gänzlichen Systemwechsel gelten; denn mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen werden ja „Besonderheiten“ eingeführt, die gerade nicht auf herkömmliche Art im Kapazitätsrecht Anerkennung finden. Aus diesem Grunde überzeugen auch nicht die – soweit ersichtlich – ersten Versuche der Rechtsprechung, die Zulassungszahlen eines neuen Bachelor-Studienganges mit dem herkömmlichen Rechenwerk der Kapazitätsverordnung in Übereinstimmung zu bringen. Die FU Berlin hatte im Bachelor-Studiengang Publizistik für das Wintersemester 2003 / 04 eine Studienanfängerzahl von 115 festgesetzt. Die Festsetzung der Zulassungszahl erfolgte auf der Grundlage der (landesrechtlichen) KapVO in der geänderten Fassung vom 23. 6. 2003, mit der der Curricularnormwert eines Bachelors dem eines Diploms und Magisters gleichgestellt wurde. Der Curricularanteil für die Lehrnachfrage war hierbei aus dem Curricularnormwert 3,0 (für Publizistik) hergeleitet und mit 2,2 für den Bachelor angesetzt worden. Das 2003, S. 99, Rdnr. 28. Einen Überblick bringen Zimmerling / Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rdnr. 299 ff. 74 BVerfG, NVwZ 1992, 361 (362). 75 Kluth schildert diesen Fall anschaulich in: Nachfrageorientierte Steuerung der Studienangebote, Rechtsgutachten, CHE Centrum für Hochschulentwicklung (Hrsg.), 2001, S. 27 sowie Brehm / Zimmerling, WissR 2000, 22 (30, 31).

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VG Berlin76 hat diese Berechnung für rechtlich nicht haltbar erklärt mit der Folge, daß eine Zulassungszahl von 144 errechnet wurde. Die geltende KapVO enthalte keine verbindlichen Kriterien und Berechnungsmethoden für die Ermittlung des Ausbildungsaufwandes und damit für die Berechnung der Curricularanteile. Der Berliner Landesgesetzgeber habe auf die abweichende Festsetzung eines Curricularnormwertes für Bachelor-Studiengänge bisher verzichtet. Es bedürfe daher eines Rückgriffs auf frühere Fassungen der KapVO, die entsprechende detaillierte Vorgaben enthielten. Dies seien die KapVO II (1975) und die KapVO III (1977). Diese Verordnungen seien zwar förmlich außer Kraft gesetzt worden und die Curricularnormwerte erst in den folgenden KapVOen rechtsnormförmig festgesetzt worden. Als verbindliche Richtschnur könnten die alten Regelungen aber auch heute noch gelten: Für ein Proseminar und eine Übung eine Betreuungsrelation von 60, ein Einführungsseminar und eine praktische Übung von 30 und ein Projektseminar von 15. Dem Verwaltungsgericht ist zwar zuzugeben, daß es verbindliche Vorgaben der Gruppengrößen bzw. Betreuungsrelationen für Bachelor-Studiengänge nicht gibt. Der Rückgriff auf außer Kraft getretene Curricularnormwerte mag insofern als eine Art Notkompetenz für eine gewisse Anpassungszeit und im Hinblick auf das Erfordernis der Rechtssicherheit noch hingenommen werden – plausibel und mit dem System der modularisierten Stufengänge vereinbar ist das Ergebnis eher nicht. Die Anmeldung zu einer Lehrveranstaltung anstelle zu einer Prüfung, das Lernen in Modulen, die Abkehr von dem Richtwert Semesterwochenstunden hin zu den Maßgeblichkeiten des Arbeitsaufwandes des Studierenden führen offenkundig zu einem betreuungsintensiveren Studium. Pauschale Festlegungen von Gruppengrößen herkömmlicher Art über alle Bachelor-Studiengänge hinweg dürften als systemwidrig einzustufen sein. Die durch das kürzere Bachelor-Studium freiwerdenden Kapazitäten sind nicht nur appellativ zur Verbesserung der Ausbildung einzusetzen, sie gehören strukturell zur Modularisierung. Zwangsläufig ist dabei eine Reduzierung der Gruppengröße zwischen 20 und 30% herbeizuführen. Als weitere Folge reduzieren sich die Aufnahmekapazitäten im Bachelor-Studien76 VG Berlin, Beschluß vom 8. 1. 2004 – VG 3 A 1553.03 – (unveröffentlicht, noch nicht rechtskräftig, zum Bachelor Publizistik); VG Berlin, Beschluß vom 19. 2. 2004 – VG 3 A 1564.03 – (unveröffentlicht, nicht rechtskräftig, zum Bachelor Politikwissenschaft).

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

gang um über 10%77 und auch die allenfalls für eine Übergangszeit hinnehmbaren Doppelangebote (Diplom und Bachelor) belegen das kapazitäre Dilemma. Es bedarf keiner tief ins Detail gehenden Kapazitätsberechnung um festzustellen, daß die Neuzulassung von Bachelorstudierenden nicht identisch ist mit der Zahl der ausbleibenden Neuzulassungen im Diplomstudium, ganz zu schweigen von der aufzubringenden „Kapazitätsreserve“ für die Ausbildung im (auslaufenden) Diplom. Eine unmittelbare Auswirkung dieser kapazitären Notlage ist mit der Beschreibung „Umetikettierung“ eines Studienganges gekennzeichnet. Manche Fachbereiche behelfen sich einstweilen damit, daß sie die Lehrveranstaltungen des Diplomstudienganges pro forma „modularisieren“, diese „Module“ aber zugleich als neue Lerneinheiten im Bachelor-Studiengang anbieten.78 Die Kultusministerkonferenz hatte es im Jahre 2002 für dringend geboten erachtet, Regelungen über die kapazitätsmäßige Behandlung der Bachelor- und Masterstudiengänge unter besonderer Berücksichtigung der in diesen Studiengängen erforderlichen erhöhten Lehr- und Betreuungsintensität zu erarbeiten. Als Ergebnis einer fast einjährigen Ausarbeitung werden vier Rechenmodelle vorgestellt und die Ausgangslage wie folgt charakterisiert: „Derzeit besteht keine Notwendigkeit, die neuen Studiengänge in das zentrale Vergabeverfahren einzubeziehen und somit für alle Länder und Hochschulen einheitliche Maßstäbe der Kapazitätsermittlung festzulegen. Die dadurch gegebenen Chancen und Freiräume sind gerade in der Phase der Etablierung der neuen Studiengängen an den Hochschulen eine wichtige Voraussetzung, um unterschiedliche Profile und Inhalte für die gestuften 77 Vgl. Bericht des Hochschulausschusses an das Plenum der KMK, von dieser zur Kenntnis genommen am 10. 10. 2003 (Rechenmodell: Priorität Verbesserung der Ausbildungsbedingungen). 78 Vgl. u. a. die sehr ernüchternde Analyse des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft im Rahmen des Programms „Reformstudiengänge“ (2002), die von massiven Defiziten bei der Neuausrichtung der Studiengänge bis zum Vorwurf des Etikettenschwindels in vielen Fällen reicht (Zugriff am 15. 5. 2003). Nach den neuesten Erhebungen beabsichtigen diejenigen Hochschulen, in denen das Parallelangebot auch in Zukunft Bestand haben soll, den Anteil der Studienprogramme zu 73 % beizubehalten, Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland – Empirischer Befund zur Studienstrukturreform, 2004, S. 42.

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Studiengänge zu entwickeln.“79 Genau die entgegengesetzte Richtung würde nun eingeschlagen, wenn die aktuelle Rechtsprechung Bestand hätte, daß nämlich für die Kapazitätsberechnungen der neuen Studiengänge die Richtwerte aus den Vorstellungen von vor über 30 Jahren einheitlich zu Grunde zu legen sind.

bb) Der interne numerus clausus Die gravierendsten Auswirkungen des neuen Lehr- und Lernverhaltens in den gestuften Studiengängen werden indessen alsbald in den Zulassungsmodalitäten zu den einzelnen Lehrveranstaltungen spürbar werden. Die Anwendung von Modulen und Leistungspunkten sowie die Durchführung von studienbegleitenden Prüfungen werden vorhersehbar zu großen Veränderungen in der Studienorganisation und Studierendenbetreuung führen. Vorlesungen, Übungen und Klausuren, konsequent studienbegleitend am Ende der Lehrveranstaltung geprüft, werden kaum, wie vielerorts heute noch praktiziert, mit 100 Teilnehmern und mehr durchgeführt werden können. Realistischer erscheint es, im Vergleich zu ausländischen Erfahrungen, daß die Teilnehmerzahl in Richtung 30 zu beschränken ist, um sinnvolle Lernergebnisse zu erzielen. Damit rückt das leidige Thema des sogenannten hochschulinternen numerus clausus in den Vordergrund. Zur Behebung von aktuellen und nur zeitweilig zu befürchtenden Studienengpässen können Fachbereiche den Zugang zu einzelnen Lehrveranstaltungen beschränken und einen internen numerus clausus beschließen.80 Die Rechtsprechung hat derartige Regelungen anerkannt z. B. in den Fällen knapper Praktika in der Biologie für Mediziner oder bei fehlenden Apparaten, so bei nicht genügenden Behandlungsstühlen in der Zahnmedizin. Beschränkungen dieser Art 79 Bericht des Hochschulausschusses an das Plenum der KMK, von der KMK zur Kenntnis genommen am 10. 10. 2003, einleitende Bemerkungen auf S. 1. 80 Großkreutz, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 30 (Stand der Kommentierung: 1991) Rdnr. 23; Naujoks, WissR 1974, 221 ff. Auswahlverfahren bei den Hochschulen und darauf beruhende Entscheidungen der Leitung sind nicht der Thematik des internen numerus clausus zuzuordnen, es handelt sich um Prüfungen oder prüfungsähnliche Entscheidungen, vgl. statt vieler VG Saarlouis, Urteil vom 26. 3. 2001 – 1 K 132 / 00, abgedr. in WissR 2001, 215.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

für bereits Studierende bedürfen keiner gesetzlichen Grundlage, die Kapazitätsverordnung ist nicht anwendbar. Beschlüsse der zuständigen Gremien sind ausreichend.81 Werden in den zukünftigen Lehrveranstaltungen der Bachelor- und Masterstudiengänge grundsätzlich differenzierte Betreuungsrelationen eingeführt, so stellen darauf fußende Lehrveranstaltungsbeschränkungen einerseits keine aktuellen oder nur zeitweilig zu behebende Hindernisse dar, ein (bloßer) interner numerus clausus wäre unzulässig. Andererseits hat die systematische Anwendung von credits zur Folge, daß nicht pauschal, sondern individualisierend Lehrund Lerninhalte konzipiert werden. Dies spräche wiederum gegen eine Anwendung der Kapazitätsverordnung. Der Konflikt zeigt überdeutlich, daß für differenzierte Studiengänge mit abweichenden inhaltlichen und methodischen Konzeptionen und unterschiedlichen Betreuungsrelationen die Festlegung von Zulassungszahlen nach einheitlichen Kapazitätsnormen nicht sachgemäß ist. Im Hinblick auf die in Anspruch genommene Legitimation aus Art. 12 Abs. 1 GG und den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG wären die Beschränkungen vielleicht sogar verfassungswidrig.82 Verschärfend tritt hinzu, daß mit der Zulassung zu einer Lehrveranstaltung im System der gestuften Studiengänge die Zulassung zu einer einzelnen Prüfung verknüpft ist. Bei zweimaligem Scheitern wäre die Prüfung nicht bestanden und das Studium abzubrechen. Und schließlich kann das System des internen numerus clausus gar nicht greifen, wenn der verursachende Engpaß auf absehbare Zeit nicht zu beseitigen ist. Ein Systemwechsel mit neuen Betreuungsrelationen zwingt also zu einem externen numerus clausus. An dieser in die Grundrechte des Studierenden eingreifenden Konsequenz wird sichtbar, daß Zulassungsbeschränkungen für Lehrveranstaltungen in Bachelor- und Masterstudiengängen wohl kaum durch die niedrigen Anforderungen gerechtfertigt werden können, die für die Gültigkeit eines internen numerus clausus als ausreichend erachtet werden. Es mag prognostiziert werden, daß die bisher angewendeten Auswahlkriterien für das interne numerus clausus-Verfahren83 (Semesterzahl, bisherige Leistungsnachweise, Einhalten des 81 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 30 Rdnr. 3; a.M.: Naujoks, WissR 1974, 221 (225). 82 Grundsätzlich hierzu: Hailbronner, WissR 2002, 209 (229).

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Studienplans, Aufnahmeprüfung, soziale Faktoren, Los usw.) den Rechtscharakter von echten Zulassungsvoraussetzungen für ein gestuftes Studium erhalten, mit allen Konsequenzen für deren rechtsstaatlichen Voraussetzungen.84

cc) Die Zulassungsvoraussetzungen zum Master Einer besondere Abklärung im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG bedarf schließlich die Frage, wie der Übergang vom Bachelor zum Master auszugestalten ist, genauer, welche Zugangsvoraussetzungen zum Master zulässigerweise in einem konsekutiven Studiengang aufgestellt werden dürfen. Nach dem Vorbild der gestuften Studiengänge aus dem angelsächsischen und dem amerikanischen System setzen dort letztlich nur etwa 30% der Studierenden das Studium mit einem Master fort.85 Nimmt man die Einordnung des Bachelor als den ersten berufsqualifizierenden Abschluß ernst, erscheint diese Proportion durchaus realistisch: Wozu eine zweite Berufsqualifizierung, noch dazu mit dem Anspruch auf wissenschaftliche Vertiefung? Daher hat die Kultusministerkonferenz in ihrem letzten Beschluß zu diesem Thema klargestellt, der Bachelor sei der Regelabschluß eines Hochschulstudiums. Die Mehrzahl der Studierenden würde damit zu einer ersten Berufseinmündung geführt. Bei den Zulassungsvoraussetzungen zum Master müßte der Charakter des Masterabschlusses als weiterer berufsqualifizierender Abschluß betont werden. Das Studium solle von zusätzlichen, besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängig gemacht werden.86 83 Vgl. beispielsweise die Ranggruppen nach § 12 (Beschränkung des Zugangs zu Lehrveranstaltungen) der Satzung für Studienangelegenheiten der FU Berlin i.d.F. vom 8. 5. 2002, ABl. der FU Nr. 16 / 2002 vom 4. 7. 2002. 84 In diese Richtung weist die von der Rechtsprechung anerkannte Änderung des Ausbildungsrechts durch die 7. Änderungsverordnung zur Approbationsordnung für Ärzte vom 21. 12. 1989 (BGBl. I S. 1549), mit der im Ergebnis die vom Normgeber festgesetzte Gruppengröße von 20 Medizinstudenten im Seminar anerkannt wird, vgl. z. B. OVG Münster, Beschluß vom 16. 5. 1991 – 13 C 93 / 1 – sowie ausführlich: Brehm / Zimmerling, WissR 2000, 22 (30). 85 Vgl. u. a. die Übersicht bei Schnitzer, Bachelor- und Masterstudiengänge in Deutschland, Tagungsdokumentation Bachelor und Master in den Ingenieurwissenschaften, DAAD-Dokumentation 1998, 117 (150).

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

Als derartige besondere Zugangsvoraussetzungen kommen namentlich in Betracht: – die Qualität eines ersten Abschlusses, festgehalten in einem überdurchschnittlichen Notenergebnis,87 – die Feststellung der besonderen Eignung für das Masterstudium,88 – Berufserfahrungen, – Auslandsaufenthalte, – Sprachkenntnisse, – besondere Kenntnisse und Fähigkeiten für das in Aussicht genommene Master-Studienziel, – die Studieneingangsberatung in dem zu studierenden Masterprogramm als zwingende Immatrikulationsvoraussetzung.89

Gemessen an der von der Rechtsprechung entwickelten Stufentheorie zum Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG handelt es sich bei den genannten Voraussetzungen um subjektive Zulassungsbeschränkungen (II. Stufe), die die Berufswahlfreiheit, d. h. das „Ob“ der Berufstätigkeit betreffen.90 Die Beschränkungen hängen von der Person des Berufsanwärters ab und sind von ihm grundsätzlich erfüllbar, wie z. B. persönliche Eigenschaften oder Fähigkeiten oder sonst nachgewiesene Leistungen. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen sind gerechtfertigt, wenn sie durch ein wichtiges Gemeinschaftsgut, 86 Beschluß der KMK vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen – S. 3 f. 87 Vgl. z. B. die Voraussetzung zum Masterstudiengang Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum: Bachelorabschluß mindestens mit der Note 2,3, § 6 der Ordnung für die Feststellung der besonderen Eignung für den Masterstudiengang; ebenso (Note 2,3 Bachelor-Abschluß) in § 23 Prüfungsordnung für den gemeinsamen Diplom- und Bachelor-Masterstudiengang Bioinformatik vom 13. 6. 2000, LMU München. 88 Vgl. z. B. die Ordnung für die Feststellung der besonderen Eignung für die Masterstudiengänge an der Ruhr-Universität Bochum. 89 So die generelle Regelung an der Ruhr-Universität Bochum für alle Masterprogramme. 90 Die Stufentheorie wurde vom Bundesverfassungsgericht in dem sogenannten Apothekenurteil entwickelt, BVerfGE 7, 377 ff.; zusammenfassend Brandt, JA 1998, 82 ff.; Gubelt, in: von Münch / Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, 2000, Art. 12 Rdnr. 43 ff.

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das der Freiheit des einzelnen vorgeht, geschützt werden soll, insbesondere durch Werte mit Verfassungsrang. Dem Gesetzgeber wird bei dem ohnehin nicht umfassend festlegbaren Katalog der Gemeinschaftsgüter ein weiter Beurteilungsspielraum zugestanden. Als ein solches wichtiges Gemeinschaftsgut käme bei den genannten Zulassungsbeschränkungen die Sicherstellung und Gewährleistung einer akademischen Ausbildung in Betracht. Damit wären diese subjektiven Zulassungsbeschränkungen gerechtfertigt. Zu denken wäre aber auch an objektive Zulassungsvoraussetzungen (III. Stufe), d. h. an Bedingungen, die den Zugang zum Master unabhängig von der persönlichen Qualifikation regeln und vom Studierenden nicht beeinflußt werden können, wie namentlich die Bedürfnisklausel. Es kommen etwa in Betracht: – Festlegung einer Quote (z. B.: Nur ca. 20 bis 30% der BachelorAbsolventen können in dem folgenden Masterstudiengang aufgenommen werden), – Aufnahme in den Masterstudiengang nur bei ausreichend vorhandenem Lehrangebot, – bestimmter Ausländeranteil bei der Studienaufnahme.91

Wenn auch derartige Zulassungsvoraussetzungen derzeit in den Prüfungsordnungen nicht ausdrücklich definiert werden, so zielen doch hochschulpolitische Erklärungen in den meinungsbildenden Institutionen eindeutig in die Richtung, den Zugang zum Master bedürfnisrelevant zu regeln: Die Kultusministerkonferenz betont unmißverständlich, der Master sei nicht für die Mehrheit der Studierenden konzipiert, der Zugang müsse von „weiteren, besonderen Zulassungsvoraussetzungen abhängig gemacht werden“.92 Nach Auffassung des Wissenschaftsrats haben die differenzierten Abschlüsse nur dann einen Sinn, wenn ein weiteres Studienprogramm mit dem Ziel einer höheren Qualifizierung nicht als Regelfall vorgesehen werde. Er 91 Vgl. z. B. die Zulassungsregelungen für den Masterstudiengang Europäische Kultur und Wirtschaft (Aufnahme von etwa der Hälfte mit ausländischen Studierenden), angeboten seit dem WS 1999 / 2000 an der Ruhr-Universität Bochum (Zugriff am 17. 4. 2004). 92 KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003, siehe Fußn. 86; zuvor schon Thies, Generalsekretär der KMK: „Für eine Hürde zwischen Bachelor und Master“, in: DUZ Heft 5 (2000), S. 7.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

empfiehlt ausdrücklich, den Zugang für Masterstudiengänge von fachlichen und inhaltlichen Voraussetzungen abhängig zu machen.93 Bei den Akkreditierungsagenturen werden in unterschiedlich starker Ausprägung Eignungsfeststellungsverfahren, Fremdsprachenkenntnisse und berufliche Erfahrungen als wünschens- oder beachtenswert in dem Einschreibungsprozeß eingefordert.94 Die HRK hingegen lehnt eine Quotierung im Rahmen der Zulassungskriterien für ein Masterstudium ausdrücklich ab. Es dürften allein Qualitätsmerkmale zum Tragen kommen.95 Objektive Zulassungsbeschränkungen sind nur zulässig, wenn sie ausnahmsweise zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut geschaffen werden. Obendrein dürfen die Zulassungsbeschränkungen nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechen.96 Die o.g. objektiven Zulassungsvoraussetzungen ähneln inhaltlich stark der Regelungsmaterie des Kapazitätsrechts. Es kann daher auf die umfangreiche Rechtsprechung mitsamt den dort entwickelten Kriterien zur Zulässigkeit des numerus clausus verwiesen werden (vor allem: erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazitäten, Sachkriterien für Auswahl der Bewerber und Verteilung der Studienplätze, Funktion der Hochschuleinrichtungen).97 Bei allen Lösungsversuchen, wie Art. 12 Abs. 1 GG Geltung verschafft werden kann für die Bachelor- und Masterstudiengänge, bleibt gleichwohl ein nicht unbeachtlicher Rest von Unbehagen, ja sogar Zweifel. Wenn im konsekutiven Modell zwei berufsqualifizierende 93 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen und -abschlüsse, 2000, 99 (129). 94 Vgl. beispielsweise die Standards der FIBAA, Selbstdokumentation, 2002, S. 34, 35. Anders hingegen, ohne nähere Begründung, z. B. die Anforderungen und Verfahrensgrundsätze der Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, ASIIN: bei konsekutiven Masterstudiengängen könne auf Aufnahmeprüfungen verzichtet werden, Informationsschrift der ASIIN, Mai 2004, S. 14. 95 Entschließung des 200. Plenums der HRK am 8. 7. 2003 – Im Europäischen Hochschulraum, Sachstand und Strategien der deutschen Hochschulen in Vorbereitung der Berlin-Konferenz am 18. / 19. 9. 2003, zu 7. 96 BVerfGE 7,377 (408 ff.); 25,1 (11); 97, 12 (32); Gubelt, in: von Münch / Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, 2000, Art. 12 Rdnr. 66 ff. 97 Vgl. im einzelnen mit weiteren Nachweisen Gubelt, in: von Münch / Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, 2000, Art. 12 Rdnr. 28 ff.

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Abschlüsse erreicht werden, dann muß auch Klarheit darüber bestehen, um welchen „Beruf“ es sich handelt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß zwar auch weitere und untypische Betätigungen grundsätzlich den Schutz aus Art. 12 Abs. 1 GG genießen, dennoch sei eine gewisse Typisierung erforderlich,98 das Berufsfeld sei zu ermitteln.99 Für die Anwendung des Grundrechts aus Art. 12 GG erscheint die in Deutschland vorgenommene Generalisierung der beruflichen Tätigkeit vor allem deswegen zwingend, weil andernfalls in bestimmten Konstellationen vielleicht eine Beschränkung der Berufswahl angenommen werden müßte, obwohl in Wirklichkeit nur eine Beschränkung der Berufsausübung vorliegt.100 Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus führt ggf. zu überlegenswerten Perspektiven. In der Schweiz, in der die Einführung der gestuften Studiengänge stark vorangetrieben wird, qualifiziert man beispielsweise den ingenieurwissenschaftlichen Bachelor nicht als „Beruf“, sondern nur als eine Stufe (von zwei Stufen) zum Ingenieurberuf.101 Mit dieser Einschätzung werden die Forderungen der Bologna-Erklärung unmittelbar aufgenommen („[ . . . ] two main cycles, undergraduate and graduate, [ . . . ] appropriate level of qualification [ . . . ]“) – mit der für das deutsche Recht unter Umständen weitreichenden Folgerung, daß im konsekutiven Studiengang nur ein Beruf geschützt wird, verwirklicht teils mit berufsauswählendem, teils mit berufsausübendem Schritt.102 BVerfGE 16, 147 (163). BVerfGE 78, 179 (193) zum HeilpraktikerG; oder, noch spezifischer, es sei zu entscheiden zwischen „Beruf“ und „Berufsmodalität“, so Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG-Kommentar, 1997, Art. 12 Rdnr. 22. 100 Ob die Eingriffe in die Berufsfreiheit nur von der Definition des Berufsbildes in einem „weiten“ oder „engen“ Sinn abhängen, mag bezweifelt werden, so aber Brandt, JA 1998, 82 (83). 101 Die Schweizerische Universitätskonferenz hat in ihren Richtlinien vom 4. 12. 2003 beschlossen: Das Bachelor- und das Masterstudium zusammen ersetzen das bisherige Diplomstudium. Die erste Studienstufe gliedert sich in 180 Kreditpunkte (Bachelorstudium), die zweite Studienstufe in 90 bis 120 Kreditpunkte (Masterstudium), Art. 1 der Richtlinien für die koordinierte Erneuerung der Lehre an den universitären Hochschulen der Schweiz im Rahmen des Bologna-Prozesses, veröff. unter (Zugriff am 10. 5. 2004). 102 Die Thematik kann an dieser Stelle nicht vertieft werden. Zur Geschichte und aufschlußreich in diesem Zusammenhang Bode, der für die Angebote eines zweiten, berufsqualifizierenden Abschlusses beim konsekutiven Stu98 99

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

c) Das Hochschulrahmengesetz Bei der Einrichtung eines Bachelor- / Masterstudienganges sind ferner die höherrangigen Normen des Hochschulrahmengesetzes zu beachten. Dazu gehören zum einen Bestimmungen, die seit jeher (HRG 1976) für das Studien- und Prüfungssystem maßgeblich waren und sind: – § 2 (Aufgaben der Hochschulen), – § 4 Abs. 3 und 4 (Freiheit der Lehre und des Studiums), – § 6 (Bewertung der Leistung der Hochschulen), – § 7 (Ziel des Studiums), – § 8 (Studienreform), – § 9 (Koordinierung der Ordnung von Studium und Prüfungen), – §§ 10 – 13 (Studiengänge), – § 15 (Prüfungen und Leistungspunktsystem), – §§ 16, 17 (Prüfungsordnungen), – § 18 (Hochschulgrade), – § 20 (Anerkennung von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen).

Einschneidende Bedeutung haben die 4. und 6. Novellierung zum Hochschulrahmengesetz von 1998 bzw. 2002 erlangt,103 mit denen der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet hat, Bachelor- und Masterstudiengänge zu erproben (1998) und in das Regelangebot der Hochschule zu überführen (2002), hier namentlich: – § 19 (Bachelor- und Masterstudiengänge) sowie – § 20 (Feststellung der Gleichwertigkeit von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen).

diengangsystem alle Vorschriften über die Erstausbildung entsprechend angewendet wissen will, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 20. 103 Zu den Hintergründen für die Einführung der gestuften Studiengänge vgl. die Amtliche Begründung zum 4. Gesetz zur Änderung des HRG, BT-Drs. 13 / 8796, unter Kapitel II. 3. a) und b).

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Bei der Einführung dieser Regelung handelt es sich um eine typische rahmenrechtliche Regelung. Es wird nicht vorgegeben, welche inhaltlichen Mindestanforderungen an einen gestuften Studiengang zu stellen sind, wodurch sich ein erster berufsqualifizierender Abschluß von einem weiteren unterscheidet und welche Elemente einen konsekutiven Studiengang auszeichnen. In der Praxis wird versucht, diese offenen Fragen durch gemeinsame Festlegungen im Sinne von § 9 Abs. 2 HRG mit Hilfe von Beschlüssen der KMK und des Akkreditierungsrats zu beantworten. Diese Konkretisierungen sind im Folgenden (unter Kapitel III. 3.) zu erörtern.

aa) Im besonderen: Der berufsqualifizierende Abschluß im Sinne von § 19 Abs. 2 und 3 HRG Aufklärungsbedürftig, weil weder rahmenrechtlich noch durch Beschlüsse der KMK oder des Akkreditierungsrats näher bestimmt, ist die Frage nach dem Inhalt und den Grenzen der Bedeutung des Merkmals „berufsqualifizierender Abschluß“ im Sinne von § 19 Abs. 2 und 3 HRG. Dieses Merkmal wird von Anfang an zu Recht als Schlüsselbegriff für die Organisation des gesamten Studienangebotes bezeichnet.104 In dem System der gestuften Studiengänge erhält es eine gesteigerte Bedeutung. Bode weist bereits 1978 darauf hin, daß zur Ausfüllung dieses Begriffs sowie im Interesse der Absolventen und Abnehmer eine auch empirisch fundierte Analyse der gegenwärtigen und absehbaren Berufspraxis erforderlich sei. Hierfür sei ein Mindestkonsens mit den Vertretern der Berufspraxis zu erzielen. Unterhalb der Befähigung zu einem beruflichen Vorbereitungsdienst oder einer beruflichen Einführung sei das Prädikat „berufsqalifizierend“ aber auf keinen Fall anzusiedeln.105 Berufsqualifizierung sei schließlich abzugrenzen von der Berufsfertigkeit.106

104 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 4. 105 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 4. 106 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 5.

8 Wex

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

Zur Auslegung kann weiterhin die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 GG herangezogen werden. Auch diese geht von einem weiten („entwicklungsoffenen“) Berufsbegriff aus. Der Beruf werde zum Zweck individueller wirtschaftlicher Sicherung und Persönlichkeitsbildung ausgeübt, die Funktion des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens sei dabei zu berücksichtigen.107 Allgemein wird heute in Rechtsprechung und Literatur die Meinung vertreten, daß zwar die meisten typischen Berufe durch Berufsbilder gekennzeichnet sind; umfassenden Schutz der Berufsfreiheit genießen aber auch einzelne, frei gewählte untypische Tätigkeiten, aus denen sich wieder neue Berufsbilder entwickeln können.108 Auf der Grundlage eines derart offenen Berufsbegriffs definieren May / Mülke einen Studiengang dann als berufsqualifizierend, wenn er den Absolventen Qualifikationsbündel bzw. -attribute vermittelt, die ihnen die Aufnahme einer qualifikationsadäquaten beruflichen Tätigkeit nach dem Studium ermöglichen.109 Abgesehen von der teils redundanten Definition (berufsqualifizierend – qualifikationsadäquat) wird mit dieser weitgehenden Umschreibung das Prinzip des Studienganges praktisch aufgegeben. Letztlich entscheidend sind danach (nur) die erworbenen Qualifikationen. An dieser weit gefaßten Definition ist jedoch interessant, daß damit eine große Nähe zu dem allgemeinbildenden amerikanischen Bachelor in der Tradition der liberal arts education hergestellt wird. Erst recht kompliziert oder zugespitzt: widersprüchlich verläuft die Deutung des Begriffs „berufsqualifizierend“, wenn eine weitere Berufsqualifizierung eingefordert wird, sei es zum Abschluß des Master oder innerhalb eines konsekutiven Studienangebotes. Folgt man dem offenen Berufsbegriff, kann „weitere“ Qualifikation nur bedeuten: anderes, vertiefendes, höheres oder ergänzendes Qualifikationsniveau. Damit wird noch deutlicher, daß das Studiengangprinzip ins Wanken gerät und für die jeweiligen Elemente des Bachelors entscheidend nur die berufsbefähigenden Kriterien und Eigenschaften sein können. Präziser wäre zu definieren: Im Rahmen der gestuften Studiengänge erfolgt die Qualifizierung nicht zu einem Beruf, sondern zu FähigkeiBVerfGE 14, 19 (22); 50, 290 (362); 68, 272 (281). Vgl. die Darstellung mit weiteren Hinweisen bei Gubelt, in: von Münch / Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, 2000, Art. 12 Rdnr. 11 ff. 109 May / Mülke, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 19 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 37. 107 108

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ten und Kompetenzen wie fachliche Lernfähigkeit, Anwendung von wissenschaftlichen Methoden, transferfähigem Basiswissen und der Entwicklung von Schlüsselqualifikationen.110 Die Ermittlung eines Berufsbildes wird insofern zurückgedrängt, wenn nicht sogar aufgelöst zugunsten der Vermittlung von grundlegenden Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen. Diese Ausrichtung stünde wiederum sehr im Einklang mit der Bologna-Erklärung, die nur von „two main cycles“ spricht, die es zu beschreiten gilt, nicht aber vom Erreichen zweier Berufe oder Berufsbilder oder ähnlich festgelegten Typisierungen. bb) Im besonderen: Die Anerkennung von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen, § 20 HRG Im Hinblick auf die rahmenrechtlichen Vorgaben bedarf es schließlich noch eines Hinweises auf die gestiegene Bedeutung des Komplexes der Anerkennung von Studienleistungen. Die einschlägige Regelung in § 20 HRG sieht vor, daß die an ausländischen Hochschulen erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen anerkannt werden, wenn ihre Gleichwertigkeit festgestellt ist. Einer der Mitgestalter des Hochschulrahmengesetzes hatte noch 1978 konstatiert, die Vorschrift enthalte einen geringen Regelungsgehalt.111 Heute stellen die rechtlichen Anerkennungsfragen der Studienleistungen eine der Kernfragen im Gemeinschaftsrecht für den mobilitätswilligen Studierenden dar.112 Über die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen gemäß § 20 HRG entscheidet die Hochschule bzw. die zuständige Landesbehörde. Die Feststellung geschieht in einem förmlichen Verfahren, in der Regel durch das zuständige Prüfungsamt bzw. die Landesbehörde, sie ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Dabei sind bilaterale und multilaterale Äquivalenzabkommen der Bundesrepublik zu beachten. Ebenso müssen die Kompetenzen der 110 Grundlegend: Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulbildung und Beschäftigungssystem, 1999, S. 7 (insbes. S. 117 ff.); sowie Teichler, Gestufte Studiengänge und -abschlüsse in den Geistes- und Sozialwissenschaften, Gutachten im Auftrag des DAAD, 1999, S. 1 (insbes. S. 30 ff.). 111 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 20 Rdnr. 1. 112 Vgl. unter Kapitel III. 1. b).

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

Europäischen Union und deren Richtlinien berücksichtigt werden. Darüber hinaus hat die Hochschulrektorenkonferenz Rahmenabkommen über die Hochschulzusammenarbeit mit Partnerorganisationen in außereuropäischen Staaten abgeschlossen. Erhebliche Bedeutung kommt ferner den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zu („Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen“). Die Hochschule hat sodann unter Einbeziehung der eigenen und ausländischen Anforderungen an die Studien- und Prüfungsordnungen das Urteil über die Gleichwertigkeit zu treffen113 – wobei bereits der erste Streit darüber besteht, ob der Hochschule zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist oder nicht. Diese Klärung hat auch erhebliche praktische Bedeutung. In dem einem Fall folgt daraus beispielsweise eine Bindung an Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, in dem anderen Fall sind die Verwaltungsgerichte befugt, den Begriff „gleichwertig“ anders auszufüllen, ohne Bindung an die KMK-Festlegungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in der Frage der Feststellung der Gleichwertigkeit von Fachschulabschlüssen der ehemaligen DDR für letztere Auffassung entschieden. Die Konkretisierung des Begriffs „gleichwertig“ unterliege der vollständigen gerichtlichen Nachprüfung, die nicht durch einen behördlichen Beurteilungsspielraum eingeschränkt werde.114 Dieses Ergebnis sei in der Rechtsprechung durch Klärung des Begriffs aus anderen Rechtsbegriffen anerkannt. So werde kein Beurteilungsspielraum bei der Feststellung der Gleichwertigkeit einer Prüfung gegenüber der zweiten juristischen Staatsprüfung anerkannt.115 Ebensowenig sei ein Beurteilungsspielraum einzuräumen bei der Entscheidung über die Anerkennung der Gleichwertigkeit einer Ausbildungsstätte116 sowie bei der Feststellung der Gleichwertigkeit einer Vorbildung im Bereich der Lehrerbildung.117 Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum kom113 Vgl. ausführlich zu diesen Schritten und deren Voraussetzungen Karpen, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 20 (Stand der Kommentierung: 2003). 114 BVerwG, KMK-HSchR NF 52 Nr. 9 (Urteil vom 10. 12. 1997) zur sogenannten Nachdiplomierung; diese Auffassung wird u. a. geteilt von Reich, HRG-Kommentar, § 20 Rdnr. 1; BayVGH, KMK-HSchR 1987, 1122. 115 BVerwGE 55, 104 (109 ff.) zu § 92 BVFG i.d.F. vom 3. 9. 1971. 116 BVerwGE 92, 340 (348) zu § 2 Abs. 2 BAföG i.d.F. vom 16. 6. 1986. 117 BVerwGE 64, 142 ff.; 64, 153 (160).

2. Bundesrecht

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me nur dann in Betracht, wenn das materielle Recht der Verwaltung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlange, ohne dafür hinreichend bestimmte Vorgaben zu enthalten.118 Die Vertreter der gegenteiligen Meinung argumentieren mit der eigenständigen Fachkompetenz des Hochschullehrers, der entsprechende Studien- und Prüfungsleistungen bewerten könne119oder mit der für jeden Einzelfall heranzuziehenden bildungssystematischen Bewertung.120 Die Frage der Gleichwertigkeit spielt ferner bis auf den heutigen Tag eine erhebliche Rolle bei der Anerkennung ausländischer medizinischer Studienabschlüsse und der Approbation.121 Bei einem Vergleich der jeweiligen Ausbildungsstände seien ausschließlich objektive Umstände zu berücksichtigen, nicht die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers.122 Obwohl hierbei die Studiendauer, die Art und Weise der Vermittlung der Ausbildungsinhalte und die Formen der Leistungskontrolle vergleichend und bewertend gegenüber gestellt werden müßten, sei die Gleichwertigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll nachprüfbar.123 Der nur ausnahmsweise zuzubilligende Beurteilungsspielraum, der bei der Komplexität der zu regelnden Materie „aus der Natur der Sache“ gerechtfertigt sei, könne bei der Frage nach der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nicht eingeräumt werden: Weder liege eine unwiederholbare Situation vor noch verlange der Grundsatz der Chancengleichheit den fachkundigen Vergleich mit den Leistungen anderer Bewerber. Die Problematik des bis heute noch nicht zufriedenstellend gelösten Themas nach den Voraussetzungen und den Grenzen des unbestimmten Rechtsbegriffs kann an dieser Stelle nicht vertieft werden.124 Schließlich sind selbst diejenigen Fälle, die prüfungsähnliBVerwGE 92, 340 (348 ff.). Becker, in: Denninger, HRG-Kommentar, 1984, § 16 Rdnr. 11, sowie ohne nähere Begründung Karpen, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 20 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 28. 120 So etwa Conrad, WissR 1988, 152 ff., mit allerdings nicht sehr klarer Begrifflichkeit zum unbestimmten Rechtsbegriff, etwa auf S. 161. 121 Vgl. ausführlich und mit Rechtsprechungs-Nachweisen Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 1181 ff. 122 BVerwG, NJW 1993, 3005; BVerwG, NJW 1997, 1650. 123 BVerwG, NJW 1993, 3005. 118 119

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

chen Entscheidungen zugerechnet werden mit der Folge der Einräumung eines Beurteilungsspielraum nicht zweifelsfrei. Erinnert sei an die Feststellung freier Kapazitäten bei der Vergabe von Studienplätzen, mit der die Rechtsprechung trotz relativ starrer Vorgaben der Verwaltungsbehörden – und insofern in gewisser Weise vergleichbar mit der Abhängigkeit von den Äquivalenzabkommen – einen Beurteilungsspielraum bei der erschöpfenden Kapazitätsermittlung zuerkennt.125 Bemüht man die Elemente der sogenannten normativen Ermächtigungslehre,126 so wird man zugunsten des Vertrauensschutzes des Antragstellers und zur Sicherung des Gleichheitsstandes in den Fragen der Gleichwertigkeit wenige Anhaltspunkte aus der Norm von § 20 HRG für die Auffassung finden können, die Verwaltung solle ermächtigt werden, abschließend und ohne gerichtliche Überprüfung zu entscheiden. Hinzu tritt die Überlegung, daß gerade im Bereich der Feststellung der Gleichwertigkeit der Studienleistungen eine derart große Fülle von Richtlinien, Beschlüssen, Empfehlungen und Abkommen zu berücksichtigen ist, daß eine „eigene“ Entscheidung kaum noch wahrnehmbar wird. Die richtige Anwendung dieser Empfehlungen ist aber dann ohnehin mehr angesiedelt an einer rechtlichen Subsumtion, mithin bestünde für die Anerkennung eines eigenen Bewertungsvorgangs kaum noch Raum. So betonen die Befürworter eines Beurteilungsspielraums in diesen Fällen auch zu Recht, daß der Spielraum in der Praxis durch einzelfallbezogene Gutachten, wie etwa bei der KMK mit der Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen, ausgefüllt würde, also eine Art Richtlinienfunktion erhielte – wo bleibt dann Raum für eine eigene Beurteilung? 124 Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff gehören unverändert mit zu dem umstrittensten Bereich des Verwaltungsrechts, vgl. statt vieler mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung und Literatur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2002, § 7 IV Rdnr. 27 ff., 47. 125 BVerfGE 85, 36 (53 ff.); BVerwGE 65, 303 (311); 56, 31 (47). 126 Vgl. etwa BVerwG, DVBl. 1966, 811 (812): Ausnahmsweise sei es gerechtfertigt, den Verwaltungsbehörden einen eigenen, gerichtlicher Kontrolle nur beschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum einzuräumen, nämlich wenn die Verwaltung ermächtigt sei, abschließend darüber zu befinden, ob die durch einen unbestimmten Gesetzesbegriff gekennzeichneten tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. Diese Ermächtigung müsse den Rechtsvorschriften zumindest konkludent entnommen werden. Kritisch zur normativen Ermächtigungslehre äußert sich König, VerwArch Heft 3 / 1992, 351 (367).

2. Bundesrecht

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Viele Regelungen über Äquivalenzen oder Anerkennungen sind gar nicht bekannt, weder beim möglichen Nutznießer, dem Studierenden, noch bei der anwendenden Behörde oder der Hochschule. An dieser Stelle kann kein Überblick über die geltenden Abkommen gegeben werden,127 schon gar nicht das konkrete Verfahren in der Anwendung auf Studiengänge dargestellt werden. Nachdrücklich ist in diesem Zusammenhang an die Lissabon-Konvention (1997) zu erinnern, die Prinzipien der Anerkennung von Hochschulzugangsqualifikationen, Studienabschnitten und Hochschulabschlüssen enthält, sowie deren Anerkennungskriterien.128 Wichtig erscheint der Hinweis, daß die Verbindlichkeit der Äquivalenzregelungen für die einzelne Hochschule unmittelbar nicht aus den Allgemeinen Rahmenordnungen oder den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz folgt – dies geschieht erst mittels einer wirksam zustande gekommenen Regelung in der konkreten Prüfungsordnung durch die Hochschule. Da aber die jeweilige Prüfungsordnung regelmäßig die Formulierung enthält, bei der Anrechnung von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen seien die von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Äquivalenzvereinbarungen zu beachten, gelten diese Regelungen wiederum unmittelbar. Hinzu treten die neuen Elemente der Studienreform aus den Neufassungen des § 9 Abs. 2 HRG und § 15 Abs. 3 HRG, nämlich das gestufte System von Abschlüssen, die Modularisierung der Studiengänge und die Anwendung eines Leistungspunktsystems. Die Frage der Gleichwertigkeit von einzelnen Prüfungsleistungen wie auch von Studienabschlüssen erhält damit einen überragenden Stellenwert. Den wichtigsten Beitrag in dem Bemühen, den Studienaufwand und die Studienleistungen transparent, nachvollziehbar und berechenbar zu machen, leistet das ECTS-System, es stellt insofern auch das derzeit effektivste Instrumentarium dar, mit dem die Eingangsfrage nach der Gleichwertigkeit beantwortet werden könnte. Zusätzlich werden große Hoffnungen darauf gesetzt, mittels des eingeforderten Gütesie127 Eine erste Übersicht über die Internationalen Abkommen und die Äquivalenzabkommen findet sich bei der Hochschulrektorenkonferenz unter

(Zugriff am 6. 5. 2004). Die gewachsene Bedeutung der Feststellung der Gleichwertigkeit im internationalen Bereich schildert Karpen, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 20 (Stand der Kommentierung: 2003). 128 Siehe die Ausführungen unter Kapitel II. 2.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

gels der Akkreditierung eines Studiengangs die Äquivalenzfeststellungen zu erleichtern. Wie aber bereits dargestellt, stellen auch die Bemühungen, über ein System des course catalogue, learning agreement und transcript of records verläßliche Einschätzungen zu erlangen, nur Zwischenschritte dar.129 Selbst ein ausführliches diploma supplement und eine einvernehmliche Anerkennung von key features ermöglichen letztlich noch keine klare Entscheidung darüber, welche Leistungen nun wirklich „gleichwertig“ sind.130 Ob diese Entscheidung sachgerechter im Wege der vollen Überprüfung durch die Gerichte oder geeigneter durch einen eigenen Beurteilungsspielraum der Behörden und Hochschulen zu fällen ist, kann derzeit nur beobachtet, nicht aber prognostiziert werden.

3. Die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz Wenn die Hochschulen und ggf. das zuständige Ministerium eines Landes über die Einrichtung und / oder die Genehmigung eines neuen Bachelor- oder Masterstudienganges entscheiden, werden die einschlägigen landesrechtlichen Hochschulgesetze und die aktuellen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz zugrunde gelegt. Damit stellt sich die Frage nach der Verbindlichkeit der KMK-Beschlüsse. Die „Ständige Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland“ ist ein Zusammenschluß (freiwillige Arbeitsgemeinschaft) der für Bildung und Erziehung, für Wissenschaft und Forschung sowie für allgemeine Kunst- und Kulturpflege zuständigen Minister und Senatoren. Gemäß ihrer Geschäftsordnung (vom 2. 12. 1993) gehören zu ihren Aufgaben die Angelegenheiten der Kulturpolitik von überregionaler Bedeutung mit dem Ziel einer gemeinsamen Willensbildung und der Vertretung gemeinsamer Anliegen. In der Praxis liegt das Schwergewicht auf schul- und hochschulpolitischen Fragen. Beschlüsse der KMK müssen einstimmig gefaßt werden, wenn sie wirksam werden sollen. Im Hinblick auf die den Ländern kraft Verfassung zugestandene Eigenständigkeit handelt es sich bei den KMK-Beschlüssen also um Empfehlungen. Rechtlich verVgl. unter Kapitel II. 1. c). Im Fach Betriebswirtschaftslehre sollen Informationsveranstaltungen zur Anerkennungspraxis weiterhelfen und eine Dokumentation der bereits erfolgten Anerkennungen, vgl. den Bericht von Risser, HSW 4 (2003), 154 (158). 129 130

3. Beschlüsse der Kultusministerkonferenz

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bindlich werden sie erst dann, wenn der Landesgesetzgeber die Empfehlungen in das eigene Landesrecht umgießt, sei es durch Gesetze, sei es durch verwaltungsrechtliche Anordnungen oder Aufsichtsmaßnahmen.131 Diese Praxis wurde bei dem Vorläufer, den Allgemeinen Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen so gehandhabt132 und ebenso stellt sich die Rechtslage dar bei Anwendung der KMK-Beschlüsse im Rahmen der Bologna-Willenskundgebungen. Die KMK hat sich frühzeitig und intensiv mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge befaßt. Zu nennen sind namentlich: – Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Studienstandortes Deutschland (Beschluß der KMK vom 24. 10. 1997). – Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor- / Bakkalaureus- und Master- / Magisterstudiengänge (Beschluß der KMK vom 3. 12. 1998). – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunkten und die Modularisierung von Studiengängen (Beschluß der KMK vom 15. 9. 2000). – Strukturvorgaben für die Einführung von Bachelor- / Bakkalaureusund Master- / Magisterstudiengängen (Beschluß der KMK vom 5. 3. 1999 i.d.F. vom 14. 12. 2001), ersetzt durch Beschluß der KMK vom 10. 10. 2003 (Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen).

a) Die Ländergemeinsamen Strukturvorgaben vom 10. 10. 2003 Den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz kommt aufgrund der zuvor geschilderten Einflußmöglichkeiten hervorgehobene Beachtung zu, die Ländergemeinsamen Strukturvorgaben vom 10. 10. 2003 sind dabei in ihrer Aktualität die wichtigsten.133 Sie legen u. a. fest: 131 Vgl. die Ausführungen von Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 247. 132 Vgl. Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 11 Rdnr. 9.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

– Der Bachelor ist der Regelabschluß eines Hochschulstudiums. Er muß berufsqualifizierend und wissenschaftlich sein und die berufsfeldbezogene Qualifikation vermitteln. Ein weiterer berufsqualifizierender Abschluß kann mit dem Master erreicht werden. Dieser hat ein hohes fachliches und wissenschaftliches Niveau zu gewährleisten, der Zugang soll von besonderen Zulassungsvoraussetzungen abhängig gemacht werden. – Für den Bachelor-Abschluß sind in der Regel 180 ECTS-Punkte nachzuweisen, für den Master 300 ECTS-Punkte. – Nur Masterstudiengänge sind nach den Profiltypen „stärker anwendungsorientiert“ und „stärker forschungsorientiert“ zu differenzieren. – Bei der Errichtung eines Masterstudienganges ist festzulegen, ob es sich um einen konsekutiven, nicht-konsekutiven oder weiterbildenden Studiengang handelt. – Für die Abschlußbezeichnungen werden nur noch vorgegeben: Bachelor / Master of Arts oder Bachelor / Master of Science. Bachelor-Abschlüsse mit dem Zusatz „honours“ sind ausgeschlossen. – Bachelor-Abschlüsse verleihen grundsätzlich dieselben Berechtigungen wie Diplomabschlüsse an Fachhochschulen. Master-Abschlüsse verleihen Berechtigungen wie Diplom- und Magisterabschlüsse an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen (also Fachhochschulen, wenn die Abschlußwertigkeit in der Akkreditierung festgestellt wurde). – Bachelor- und Masterstudiengänge sind zu akkreditieren. Die KMK-Vorgaben richten sich unmittelbar an den Akkreditierungsrat und die Akkreditierungsagenturen, für die Hochschulen stellen sie einen Orientierungsrahmen dar. – Für die staatlich geregelten Studiengänge (insbesondere Lehramt, Medizin, Rechtswissenschaft), die Studiengänge mit kirchlichem Abschluß sowie die künstlerischen Studiengänge an Kunst- und Musikhochschulen bleiben besondere Regelungen vorbehalten.

Die Hochschulrektorenkonferenz hat die Vorgaben als zu detailliert kritisiert, dadurch würde die internationale Kompabilität er133 Der letztgenannte KMK-Beschluss vom 10. 10. 2003 wird im Anhang wiedergegeben.

3. Beschlüsse der Kultusministerkonferenz

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schwert.134 In der Tat ist es erstaunlich, daß noch in den vorhergehenden Beschlüssen der KMK der Gestaltungsspielraum der Länder und Hochschulen hervorgehoben wird sowie die Möglichkeit der flexiblen und offenen Studienganggestaltung. Das neue Graduierungssystem solle Vielfalt ermöglichen und Transparenz gewährleisten. Demgegenüber lesen sich die neuen Ländergemeinsamen Strukturvorgaben z.T. eher wie anordnende Erlasse. Dies gilt auch für inhaltliche Änderungen, so werden beispielsweise die Profiltypen – entgegen dem Beschluß der KMK vom 3. 12. 1998 – nur noch für die Masterstudiengänge vorgegeben. Der Bachelor of honours wird ausgeschlossen – anders noch die Beschlußlage vom 14. 12. 2001. Die Abschlüsse werden, ebenfalls abweichend vom Beschluß vom 14. 12. 2001, verändert. Erstaunlicherweise hat die KMK dagegen keine Kraft gefunden, trotz jahrelanger Vorarbeiten, das Notensystem europagerecht zu formulieren. Zu einer der wichtigsten Fragen für die vorgesehene Modularisierung der Studiengänge, nämlich die Herstellung von vergleichbaren Qualitätskriterien oder die Entwicklung von Mindeststandards für die neuen Lehreinheiten fehlen jede Aussagen. Gemessen an der Vorbemerkung für die Ländergemeinsamen Strukturvorgaben, einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Errichtung des europäischen Hochschulraums im Rahmen des Bologna-Prozesses zu leisten, gemessen an den vielfältigsten Initiativen der Qualitätsentwicklung in Europa und nicht zuletzt orientiert am Wortlaut des § 9 Abs. 2 HRG, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, daß die Gleichwertigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen gewährleistet wird, weisen diese Vorgaben nur den kleinsten gemeinsamen Nenner auf. Es wird sehr sorgfältig zu beobachten sein, wie die Landesgesetzgeber die sie formal nicht bindenden KMK-Beschlüsse (entsprechendes gilt für die Ergebnisse der Akkreditierungen) umsetzen. Sicherlich nicht ohne Grund hat die KMK an den Anfang ihrer Strukturvorgaben den gesetzlichen Auftrag aus § 9 Abs. 2 HRG gestellt, eine Akzentuierung, die inmitten des Spannungsfeldes der Kompetenzen von Bund und Ländern angesiedelt ist.135 134 Pressemitteilung der HRK vom 5. 11. 2003 (Zugriff am 25. 5. 2004). 135 Vgl. in diesem Zusammenhang die fast heftig zu nennende Äußerung von Thieme, in: Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 247, der dem Bund

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

Mit der Feststellung des bloßen Empfehlungscharakters der KMKAbschlüsse ist resümierend also erheblich mehr verbunden als eine juristische Klarstellung. Eine einstimmige Beschlußlage der Minister kodifiziert praktisch das anzuwendende Bachelor- und Masterrecht. Dem einzelnen Bundesland bleibt allenfalls die Option, einen besonders zu begründenden Studiengang von dieser Art der Europäisierung auszunehmen, ein in den Auswirkungen isolierendes Unterfangen und daher sicherlich nur als theoretisch zu benennen. Insofern kann mit einigem Recht gefragt werden, ob der bildungspolitisch immer wieder beschworene Aspekt der Implementierung des Bologna-Prozesses („bottom up“) im Kern zutrifft. Wenn jeder Hochschule über das Genehmigungsverfahren im Einzelnen vorgeschrieben wird, welche Elemente im gestuften Studiengangsystem mit welchem Inhalt festzuschreiben sind, handeln die Hochschulen nur bedingt autonom. Diese Abhängigkeit, vielleicht sogar das Ausgeliefertsein an überregionale Standards kann letztlich in vielen Hochschulkreisen das Gefühl vermitteln, es sei sowieso „alles“ entschieden und höherrangige Interessen seien maßgebend. Die so empfundene Fremdbestimmung („top down“) mag mit ein wesentlicher Grund dafür sein, daß das gestufte System in den Hochschulen überwiegend bis auf den heutigen Tag nicht positiv angenommen wird, nicht von der überwiegenden Zahl der Hochschullehrer, aber auch nicht von den Fakultätentagen.

b) Das Akkreditierungsverfahren Die KMK hat am 3. 12. 1998 beschlossen, das Verfahren der Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen einzuführen, zugleich aber betont, daß die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit von Staat und Hochschulen gewahrt bleiben müsse. Staatliche Genehmigung und Akkreditierung seien funktional zu trennen. Die staatliche Genehmigung beziehe sich auf die Gewährleistung der Ressourcenbasis des einzurichtenden Studienganges, die Einbindung des Studienganges in die Hochschulplanung des jeweiligen Landes sowie die Einleitung von Strukturvorgaben. Die Akkreditierung habe demjegliche Koordinierungskompetenz aus § 9 Abs. 2 HRG abstreitet. Die Vorschrift widerspreche im übrigen „völlig dem Gedanken des Wettbewerbs unter den Hochschulen“ – gilt diese Einschränkung tendenziell auch für die koordinierenden KMK-Beschlüsse?

3. Beschlüsse der Kultusministerkonferenz

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gegenüber die Gewährleistung fachlich / inhaltlicher Mindeststandards und die Überprüfung der Berufsrelevanz der Abschlüsse zum Gegenstand.136 Daraus folgt, daß die Akkreditierung keine zwingende Voraussetzung für die Einrichtung von Bachelor- und Masterstudiengängen ist. Die Entscheidung über die Einrichtung eines neuen Studienganges bleibt dem Land vorbehalten.137 Erscheint die Rechtslage danach geklärt, leben Konfliktfälle alter Art dennoch wieder auf, und zwar in Gestalt von Kompetenzabgrenzungen zwischen Hochschule und Staat. So ist beispielsweise an der FU Berlin das Akkreditierungsverfahren für eine gewisse Zeit zum Erliegen gekommen, weil sich die Universität und das Land nicht einigen konnten, ob der Akkreditierungsantrag über das Land oder direkt an die Akkreditierungsagentur zu senden sei. Vorhersehbar dürften auch Streitigkeiten in den Fällen sein, in denen das Land von Akkreditierungsauflagen abweichen will oder vielleicht das gesamte Verfahren in Frage stellt. Selbst die Frage der Auswahl der jeweiligen Akkreditierungsagentur kann streitbefangen werden. Letztlich werden diese Fälle, bezogen nur auf die Kompetenzen eines Landes, im Wege der Ausdeutung über den Inhalt und Umfang der Aufsichtsrechte geklärt werden können. Bezogen auf die überregionale Bedeutung des Bologna-Prozesses werden die „benchmarks“ und Qualitätsstandards europäischer Entwicklungen, vorzugsweise abgesichert durch staatliche Vereinbarungen, maßgebend sein. Im Hinblick auf die rechtlichen Kompetenzen der Länder bedarf es eines nicht ganz unerheblichen Hinweises. Mit der Streichung des alten § 9 Abs. 2 HRG und der Einrichtung von neuen Studiengängen nach § 19 HRG n.F. haben sich die Grundlagen direkter Eingriffsmöglichkeiten für die Länder verschoben. Wenn nach § 9 Abs. 7 HRG a.F. die Landesbehörden verlangen konnten, daß bestehende Studien- und Prüfungsordnungen den Empfehlungen der Studienreformkommission zu entsprechen hätten, dann fehlt für die neuen Studiengänge eine entsprechende ausdrückliche Ermächtigung zur Befolgung von Akkreditierungsrichtlinien oder KMK-Vorgaben. Damit dürfte das Land (nur) auf die Mittel der Rechtsaufsicht, § 59 HRG, angewiesen sein. 136 Die inhaltliche Befassung mit dem Thema der Akkreditierung folgt unter Kapitel IX. 137 So ausdrücklich der KMK-Beschluß vom 3. 12. 1998 unter Punkt 3.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

4. Landesrecht Der Landesgesetzgeber hat in den meisten Fällen darauf verzichtet, spezifische Regelungen zur Umsetzung des Bologna-Abkommens im Hochschulgesetz zu formulieren.138 Zur Einführung der gestuften Studiengänge sind anfangs Eckdaten, Rahmenvorgaben, Empfehlungen und dergleichen entwickelt worden, die z.T. enge, bis heute gültige Detailvorgaben enthalten. So sind beispielsweise in BadenWürttemberg formuliert worden: – Eckwerte für die Genehmigung von Bachelor- / Masterstudiengängen an baden-württembergischen Universitäten vom 19. 5. 1999. – Leitlinien zur Struktur der geisteswissenschaftlichen Bachelor- / Masterstudiengänge vom 30. 1. 1999. – Empfehlungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Struktur von Bachelor- / Masterstudiengängen in den Ingenieurwissenschaften vom 29. 3. 2000.

Diese Eckwerte, Leitlinien und Empfehlungen sind ausdrücklich als „praktisch-verbindlich“ bezeichnet worden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat als verbindliche Grundsätze entwickelt: – Eckwerte für die Genehmigung von Bachelor- und Masterstudiengängen an den Hochschulen NW vom 15. 2. 2001. – Rahmenvorgaben zu Leistungspunktsystemen und Modularisierung von Studiengängen an Universitäten und Fachhochschulen vom November 2001.

Das Land Hessen hat mit Erlaß vom 22. 5. 2000 festgelegt, daß alle Bachelor- und Masterstudiengänge der hessischen Hochschulen akkreditiert werden müssen. Ob ein Land die jeweiligen Richtlinien oder Empfehlungen als verbindliche Rechtsnorm in Kraft gesetzt hat oder lediglich als bloße Empfehlung, kann nur im Einzelfall anhand der Formulierungen und dem Genehmigungsverfahren entschieden werden. Werden die Richt138 Vgl. die Übersicht: Entscheidungsgrundlagen für die Genehmigung von Studiengängen mit den Abschlüssen Bachelor / Bakkalaureus und Master / Magister in den einzelnen Bundesländern (Stand: 18. 12. 2003), erstellt vom Akkreditierungsrat.

5. Hochschuleigenes Satzungsrecht

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linien und Eckdaten als Voraussetzung für die Genehmigung eines Studienganges formuliert, so handelt es sich in der Regel um verbindliche Vorschriften. Dies gilt beispielsweise für die einschlägigen Formulierungen der Berliner Richtlinien vom 6. 8. 1999, die lauten: „Die Senatsverwaltung . . . werde sich von folgenden Eckpunkten leiten lassen . . .“, „. . . der Antrag an die Akkreditierungsagentur ist über die Senatsverwaltung zu leiten . . .“, „. . . die Gestaltung des Studiums richtet sich nach den Strukturvorgaben der KMK . . .“ „. . . Voraussetzung für die Genehmigung eines Bachelor-Abschlusses ist die Konzentration auf ein wissenschaftliches Kernfach . . .“. Mit diesen Formulierungen wird ersichtlich, daß die Senatsverwaltung von den Vorgaben nicht abweichen will, mithin handelt es sich um verbindliche Festlegungen.139 Heute erhalten die Hochschulen im Genehmigungsverfahren für die neuen Studiengänge in aller Regel die Mitteilung aus dem zuständigen Landesministerium, daß die einschlägigen KMK-Beschlüsse und das geltende Hochschulgesetz zu beachten seien.

5. Hochschuleigenes Satzungsrecht Die Hochschulen haben in zunehmendem Maße davon Gebrauch gemacht, durch eigene Satzungen oder Ordnungen die Inhalte, aber auch das Verfahren für die Gestaltung von Bachelor- und Masterstudiengängen zu konkretisieren. So hat beispielsweise die HumboldtUniversität zu Berlin Beschlüsse gefaßt zur „Erprobung von Bachelor- und Masterstudiengängen an den Berliner Hochschulen (21. 3. 2000)“ und zur „Studienreform an der HU – Einführung von gestuften Bachelor- und Masterstudiengängen“ am 16. 10. 2001 sowie „Grundsätze für die Einführung der Studienreformelemente: Studienpunktsystem, Modularisierung und studienbegleitende Prüfungen“. Die Freie Universität Berlin hat, mehrfach geändert, ein „Rahmenkonzept für Bachelor- und Masterstudiengänge an der FU Berlin“ beschlossen sowie „Grundsätze zur Reform von Studiengängen und Gestaltung von Bachelor- und Masterstudiengängen an der Freien Universität Berlin (3. 12. 2003)“. In der „Satzung für Allgemeine Prüfungsangelegenheiten“ der FU Berlin vom 2. 7. 2002 ist in § 13 ausführlich ein „Leistungspunktesystem“ formuliert worden. In die139

Vgl. Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 14.

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III. Übersicht über die gegenwärtige Rechtslage

sen Satzungen sind sehr detailliert Ausführungen enthalten über die einzelnen Modulangebote, Mindest- und Höchstwerte für Leistungspunkte, Varianten für einen Bachelor-Studiengang, Importe eines Modulangebots aus einem anderen fachlichen Bereich sowie über Prüfungsformen. Auf der anderen Seite fehlen z.T. wichtige Festlegungen wie etwa über die Meldung zu den Prüfungsterminen mit den entsprechenden Folgen, z.T. werden ungewöhnliche zusätzliche Wiederholungsmöglichkeiten eingeräumt.140 Durch das Satzungsrecht bindet sich die jeweilige Hochschule verfahrensmäßig und inhaltlich, die Regelungen sind verbindlich141 – es sei denn, diese verstoßen ihrerseits gegen höherrangiges Recht. In dem einen oder anderen Fall mag damit ein Konflikt zu den KMKBeschlüssen entstehen. Andererseits werden die Beschlüsse erst dann wirksam, wenn das Land diese KMK-Anforderungen im Genehmigungsverfahren übernimmt, wobei durchaus nicht unproblematisch ist, ob diese Anforderungen im Wege der Rechtsaufsicht so ohne weiteres durchgesetzt werden können. Die Erwartung, daß eine Vorabklärung durch ein etwaiges Akkreditierungsverfahren erfolgt und diese Abklärung dann vom Land übernommen (oder abgelehnt) wird, dürfte indessen gering zu veranschlagen sein. Die Akkreditierungsagenturen und erst recht der Akkreditierungsrat vernachlässigen beispielsweise das oben angesprochene Thema „Prüfungsverfahren“ in hohem Maße. Die Auflagen der Agenturen beziehen sich selten auf die Ausgestaltung der Prüfungsanforderungen, ein schlechthin erstaunliches Ergebnis, denn der Wildwuchs (neutraler: die Vielgestaltigkeit) der Prüfungsregelungen ist enorm. Wer jemals das Spektrum prüfungsrechtlicher Probleme in das Blickfeld genommen hat142 oder sich etwa einen Teil des schwierigen Umgangs mit den „Allgemeinen Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen“ in Erinnerung ruft, kann nur ungläubig registrieren, daß sich die Prüfungsfragen im modularisierten System verringert haben sollen. Bei einem Anwachsen der Prüfungsleistungen um mindestens das Dreifache gegenüber den Di140 Vgl. § 13 Abs. 4 und § 13 Abs. 8 (sog. Malus-Regelungen) der Satzung für Allgemeine Prüfungsangelegenheiten der FU Berlin vom 2. 7. 2002. 141 Vgl. Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 15. 142 Einen guten Einblick gewährt die ca. 700 Seiten starke Neuauflage von Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl., 2001; vgl. auch die am Prüfungsablauf aufbauenden Darstellungen bei Wex, Prüfungsrecht an Hochschulen 2001, sowie ders., Bachelor und Master, 2002.

5. Hochschuleigenes Satzungsrecht

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plomprüfungen und angesichts der verschärften Eintrittsbedingungen für die Lehrveranstaltungen kann dieser Optimismus nicht geteilt werden.143 So sinnvoll es am Anfang der Implementierung der Studiengänge gewesen sein mag, daß jede Hochschule den Bologna-Prozeß sozusagen für sich durch eigenes Satzungsrecht verfahrensmäßig formuliert hat, so fragwürdig mutet dieses Vorgehen im fortgeschrittenen Stadium an. Wenn beispielsweise darüber gestritten werden muß, ob eine Anmeldung zur Prüfung am Ende der Lehrveranstaltung oder am Anfang zu erfolgen hat, ob maximal zwei Wiederholungen oder sechs oder sieben Versuche möglich sind, dann vermitteln die hochschuleigenen Satzungen gerade nicht die erwünschte Klarheit. Vorzugswürdiger erscheint es, den notwendigen Spielraum der Hochschule im Rahmen der KMK-Beschlüsse und des Akkreditierungsverfahrens zu suchen, nicht aber im eigenen Rechtssetzungsverfahren, das dann wiederum mit höherrangigem Recht abgeglichen werden muß.

143 Der Verfasser war selbst Zeuge der Einschätzung, das Prüfungsrecht spiele keine besondere Rolle im Akkreditierungsverfahren, es sei im übrigen durch die Rechtsprechung gefestigt, so die Äußerung des Vorsitzenden des Akkreditierungsrates Erichsen zu dem Thema: „Akkreditierungsrat, Bilanzen und Perspektiven“, Tagung am 19. 12. 2002, Wissenschaftszentrum, Bonn.

9 Wex

IV. Die wesentlichen Strukturelemente von Bachelor- und Masterstudiengängen Zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandortes Deutschland wird eine Reform des Hochschulsystems für dringlich und notwendig gehalten. Das Hochschulsystem der Zukunft müsse ein gestuftes System von Abschlüssen bieten, das sich an dem angelsächsischen Graduierungsmodell (Bachelor, Master) orientiere. Dieser Konsens ist in den gesetzlichen Vorgaben aus dem Hochschulrahmengesetz, den Beschlüssen der KMK und HRK, den Empfehlungen des Wissenschaftsrats und der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung niedergelegt. Damit sind die zentralen Strukturen der Bachelor- und Masterstudiengänge aufgerufen, nämlich die Modularisierung und die Einführung eines Systems von Leistungspunkten.

1. Modularisierung Die Modularisierung ist für gestufte Studiengänge konstitutiv.1 Dieser Arbeitsschritt bezeichnet zunächst nicht mehr und nicht weniger als die Bildung und Erarbeitung von Modulen. Ein Studiengang ist modularisiert, wenn alle für erforderlich gehaltenen Module konkret beschrieben und in eine Lehrplangestaltung eingefügt worden sind. Als Modul2 bezeichnet man eine abgeschlossene Lerneinheit, in 1 Vorbemerkung zu: Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen, Beschluß der KMK vom 15. 9. 2000. 2 Von lateinisch „Modulus“, d. h. Maß, Maßstab; vgl. zu den unterschiedlichen Bedeutungen Huber, Lehren, Lernen, Prüfen, in: Schwarz / Teichler (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000, 24 (33). Der Sache nach dasselbe meinen „Ausbildungsteile“ oder „Bausteine“, so Utz, Aufgaben der Hochschulen, in Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 684 sowie „Studieneinheiten“ (hierfür plädieren Meyer-Guckel / Schwarz / Teichler, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.),

1. Modularisierung

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der thematisch bestimmte Lernziele vermittelt werden. Module sind einschließlich des Arbeitsaufwandes und der zu vergebenden Leistungspunkte zu beschreiben und mit Prüfungen abzuschließen. Eine Modularisierung ist demnach die Zusammenfassung von Stoffgebieten zu thematisch und zeitlich in sich abgeschlossenen Einheiten, die studienbegleitend geprüft und mit Leistungspunkten ausgewiesen werden. Über die Merkmale dieser begrifflichen Umschreibung besteht im großen und ganzen Einigkeit.3 Die Akkreditierungsagenturen legen diese Merkmale ebenfalls zugrunde.4 Unterschiedliche Auffassungen bestehen z. T. in der Frage nach der Bedeutung und den Folgen der Modularisierung, betreffen also weniger die Definition selbst als vielmehr weitergehende, vor allem hochschuldidaktische Konzepte. So verkürzt beispielsweise die KMK an einer anderen Stelle in einer Art Zusammenfassung die Modularisierung auf die Summe der studienbegleitenden Prüfungen,5 eine aber eher nur als mißverständlich zu bezeichnende Beschreibung, denn an der grundlegenden Definition wird festgehalten.6 Auch die HRK betont in ihren Formulierungen zu sehr das mit dem modularen Aufbau von Studiengängen verbundene Reformziel. Bei der Modularisierung werde das Studium als ein kohärenter Aufbau von Lerneinheiten verstanden. Jede Lerneinheit wer-

Credits an deutschen Hochschulen, 2000, S. 7). Im Hinblick auf die erforderliche Vergleichbarkeit sollte dem Begriff „Modul“ unbedingt Vorrang eingeräumt werden. 3 Die Definition geht auf die Beschlüsse der KMK vom 5. 3. 1999 und vom 14. 12. 2001 zurück; inhaltlich hat der Wissenschaftsrat zugestimmt, vgl. Stellungnahme und Empfehlungen, 2000, 99 (125). 4 Vgl. statt vieler die neueste Überarbeitung der Anforderungen und Verfahrensgrundsätze der Akkreditierungsagentur ASIIN vom Mai 2004, Pkt. 3.4.6.1. 5 KMK-Beschluß vom 14. 2. 2002 zu den Strukturvorgaben für die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, Pkt. 4. Satz 1. Dieser Beschluß ist aber ohnehin ersetzt worden durch den Beschluß der KMK vom 10. 10. 2003. 6 Vgl. KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 unter „Definitionen“. Die Kritik von Schwarz-Hahn, die KMK trage hiermit zur Sprachverwirrung über den Begriff „Modularisierung“ bei, überzeugt in diesem Zusammenhang und in der Schärfe nicht, denn das angesprochende Zitat der KMK hat (lediglich) das Genehmigungsverfahren im Blick, vgl. aber Schwarz-Hahn in: Modularisierung und Credit-System, Präsident Universität Kassel (Hrsg.), 2003, S. 26. 9*

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

de durch ein Lernziel definiert, beschrieben als Kompetenzen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten.7 Eine enge Begrifflichkeit zitieren Schwarz / Teichler, indem sie unter Rückgriff auf die Fachliteratur – die allerdings ungenannt bleibt – darstellen, unter Modularität werde eine starke Konzentration des Lehrangebotes in kompakte Einheiten verstanden sowie eine weitgehende Offenheit / Flexibilität / Beliebigkeit in der zeitlichen Sequenzierung des Studiums sowie eine relativ große Offenheit / Flexibilität / Beliebigkeit in der inhaltlichen Kombination von Studieneinheiten zu einem Gesamtergebnis, dem erfolgreichen Studienabschluß.8 Durch die fehlende Einbeziehung des studienbegleitenden Prüfens und der Leistungsbewertung kann dieser engen Umschreibung wenig Konstruktives, für die Hochschulreform wenig Nützliches abgewonnen werden. Eine derart zwecklos formulierte Modulfunktion könnte zu dem Ergebnis führen, daß die Einführung von Kreditpunktsystemen und modularer Studienorganisation in allen tertiären Ausbildungsgängen realisierbar ist9 – das erklärte Ziel der Hochschulreform im Sinne des Bologna-Prozesses bliebe verfehlt. Eine weitgehend lernpädagogische Beschreibung nimmt der ECTS-Koordinator für die Bundesrepublik Deutschland, Gehmlich, vor, indem er das Modul definiert als einen „in sich abgeschlossenen, formal strukturierten Lernprozeß mit thematisch bestimmtem Lernen und Lehren, mit festgelegten, kohärenten Lernergebnissen, mit vorgegebener Arbeitsbelastung und mit eindeutigen Beurteilungskriterien“.10 Wiederum andere betonen die Freizügigkeit der Modularisierung, Studierende könnten sich aus einer Anzahl von Modulen bedienen und ihren individuellen Studienplan zusammenstellen. Zugleich 7 HRK, Service für Hochschulmitglieder (ECTS) (Zugriff am 26. 3. 2004). Hier handelt es sich ebenfalls um eine nur scheinbare Differenz. Die HRK betont an gleicher Stelle (ECTS-Service) die Ausrichtung an den KMK-Beschlüssen. 8 Schwarz / Teichler, in: Schwarz / Teichler (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000, 3 (8). 9 So konsequent Berkner, Zur Typologie von Kreditpunktesystemen, in: Welbers (Hrsg.), Studienreform mit Bachelor und Master, 2001, 81 (91). 10 Vortrag Gehmlich: „Modularisierung und Leistungspunkte“, Tagung des Hochschullehrerbundes am 25. 9. 2003 zu dem Thema: „Bachelor / Master: Eine Chance für die Fachhochschulen?“, veröffentlicht unter (Zugriff am 12. 5. 2004).

1. Modularisierung

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wird behauptet, die Modularisierung sei vor allem ein Mittel zur Rationalisierung des Lehrbetriebs und der direkte personelle Betreuungsaufwand werde sinken11 – eine widersprüchliche, mit dem Prinzip des neuen Lernens in gestuften Studiengängen nicht zu vereinbarende Annahme. Nach Abschluß eines dreijährigen Versuchsprogramms hat die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) an den Anfang ihres Erfahrungsberichts die Definition gestellt: „Module bezeichnen einen Cluster bzw. einen Verbund von Lehrveranstaltungen, die sich einem bestimmten thematischen oder inhaltlichen Schwerpunkt widmen. Ein Modul ist damit eine inhaltlich und zeitlich abgeschlossene Lehr- und Lerneinheit, die sich aus verschiedenen Lehrveranstaltungen zusammensetzen kann. Es ist qualitativ (Inhalte) und quantitativ (Anrechnungspunkte) beschreibbar und muß bewertbar (Prüfung) sein. Ein Modul stellt damit eine Einheit bzw. ein Bauelement dar, welches Bestandteil eines größeren Ganzen ist, innerhalb dessen jedes Modul eine definierte Funktion hat [ . . . ]“. Eine modularisierte Studienstruktur bedeute eine Zusammenfassung von Lehrveranstaltungen zu thematischen Einheiten, also zunächst eine Neuorganisation der Studienstruktur. Anstelle der Vermittlung von Lerninhalten (Input-Orientierung) sei der Perspektivwechsel hin zu einem Kompetenzerwerb als Ergebnis von Lern- und Bildungsprozessen wesentlich (Output-Orientierung).12 Erstaunlicherweise, man könnte auch sagen überflüssigerweise, bemühen sich einzelne Hochschulen immer wieder, die Bedeutung der Modularisierung und deren einzelne Elemente für sich selbst noch einmal zu definieren. So informiert beispielsweise die Universität Greifswald ihre Studierenden über den modularisierten juristischen Bachelor-Studiengang: „Modularisierung heißt Organisation und ggf. auch Neukonzeption des Studienstoffes. Einzelne Bausteine (= Module) sind das Ergebnis der Modularisierung. Sie werden als Teile einer Gesamtqualifikation – die Berufsqualifikation – [ . . . ] gelehrt und gelernt. Innerhalb der Module werden zunächst der Größe nach Makro-, Meso- und Mikromodule unterschieden.“13 Die Universität Os11 Bartholdt, DUZ 8 / 1998, 15, 16. Sich ihm anschließend und offenbar keine anderen Quellen benutzend: Utz, Aufgaben der Hochschulen, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 684. 12 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 4.

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

nabrück stellt heraus: „Module bezeichnen einen Verbund von sinnvoll aufeinander bezogenen bzw. aufeinander aufbauenden Lehrveranstaltungen, die sich einem bestimmten thematischen oder inhaltlichen Schwerpunkt widmen. Modularisierung ist dementsprechend ein Organisationsprinzip, bei dem Lehrveranstaltungen zu inhaltlich und zeitlich abgeschlossenen und abprüfbaren Lehr- und Lerneinheiten zusammengefaßt werden. Maßgeblich für die Zusammensetzung eines Moduls ist die Teilqualifikation, die durch das Absolvieren dieses Moduls erlangt werden soll. Die in den verschiedenen Modulen vermittelten Teilqualifikationen ergeben in ihrer Summe die fachspezifische Gesamtqualifikation. Module lassen sich insofern als aufeinander aufbauende Bausteine des Studiums verstehen.“14 Leicht verwirrend wird auch im sogenannten Eckwerte-Erlaß des zuständigen Landesministeriums in Nordrhein-Westfalen festgelegt: „Modularisierung ist ein curriculares Organisationsprinzip, welches es ermöglicht, das Studium sowohl überschaubar und verbindlich zu gestalten, als auch notwendige Freiräume zur individuellen Gestaltung des Studiums zu eröffnen. Unter einem Modul ist dabei eine thematisch, zeitlich abgerundete und in sich abgeschlossene Studieneinheit zu verstehen, die zu einer auf das jeweilige Studienziel bezogenen Teilqualifikation führt. Entsprechend dem damit verbundenen Arbeitsaufwand sind jedem Modul Leistungspunkte zuzuordnen.“15 Bedeutet dies etwa, daß bei fehlenden Freiräumen zur individuellen Gestaltung des Studiums keine Modularisierung vorliegt? Das Bemühen um eine begriffliche Klarheit über die Strukturelemente der gestuften Studiengänge stellt keine Begriffsklauberei dar. Will ein Student die Hochschule im eigenen Land oder im europäischen Raum wechseln und soll ein deutscher Bachelor und Master international vergleichbar sein, bedarf es zuallererst einer übergrei13 Kurz & Gut – Mit Hand und Fuß, Broschüre zum Aktionsprogramm des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät Greifswald (Hrsg.), 2001, S. 8. 14 Leistungspunkte an der Universität Osnabrück, BLK-Projektteam, Stichwort: wichtige Begriffe (Modularisierung) (Zugriff am 3. 6. 2004). 15 Eckwerte für die Genehmigung von Bachelor- und Masterstudiengängen an den Hochschulen Nordrhein-Westfalens, Erlaß des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. 2. 2001, Az.: 212 – 6001.4 – 433.

1. Modularisierung

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fenden Anerkennung und Zustimmung zu der Definition von Modulen, d. h. der Festlegung formaler und dann inhaltlicher Kriterien, die die Gleichwertigkeit der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit sichern. Die KMK hat auf diesen überragenden Vertrauensgrundsatz zu Recht hingewiesen.16 Nachdem sich in äußerst zeitaufwendigen Abläufen alle Kultusminister im Jahre 2000 auf Definitionen und Standards geeinigt haben, ist wenig Verständnis dafür aufzubringen, wenn in Einzelfällen immer wieder neue Beschreibungen darüber erarbeitet werden, was denn nun „eigentlich“ Module und Modularisierung bedeuteten. Bei diesen Arbeitsprozessen handelt es sich, freundlich betrachtet, um eine Art Selbstfindung, realistischerweise um Zeitvergeudung, bei nicht so freundlicher Einschätzung um reformwidrige Verzögerungen. Für die Hochschulen wichtig genug und alle Kräfte in Anspruch nehmend ist bis auf den heutigen Tag die Aufgabe, anstelle der herkömmlichen Studiengänge Module zu erarbeiten und zu beschreiben. Während in den Diplom- und Magisterstudiengängen die fächerorientierte Studienstruktur Grundlage für die Lehrveranstaltungen und die abschließende Fachprüfung ist, setzt sich ein gestuftes Studium aus Modulen zusammen, die eine abprüfbare Teilqualifikation vermitteln. Die Modularisierung erfordert ein Umdenken vom Fach zur funktionalen Einheit „Modul“.17 Dem Aufbau, der Beschreibung, der inhaltlichen Ausrichtung und dem Qualifikationsziel eines Moduls kommt mithin die überragende Bedeutung in der Neustrukturierung des Studiums zu. Die Beschreibung eines Moduls soll mindestens enthalten:18 – Inhalte und Qualifikationsziele des Moduls, – Lehrformen, – Voraussetzungen für die Teilnahme, – Verwendbarkeit des Moduls, – Voraussetzungen für die Vergabe von Leistungspunkten, 16 Beschluß der KMK vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen. 17 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 8. 18 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen.

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

– Leistungspunkte und Noten, – Häufigkeit des Angebots von Modulen, – Arbeitsaufwand, – Dauer der Module.

Die KMK hat diese Standards erläutert,19 die BLK hat Handreichungen zur Modularisierung entwickelt20 und die Akkreditierungsagenturen fordern die Bestandteile konkret und im jeweiligen Modulhandbuch ein21 – gleichwohl haben die Fachbereiche außerordentliche Schwierigkeiten, die curricularen Anforderungen zu gestalten. Dabei sollen nicht einmal diejenigen Bereiche in die Betrachtung einbezogen werden, die bis auf den heutigen Tag keine Modularisierung vorgenommen haben (zahlenmäßig ist das die Mehrheit). Allein der niederschmetternde Befund des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft aus dem im Jahre 2002 aufgelegten Aktionsprogramm „Reformstudiengänge“ stimmt nachdenklich, daß nämlich in der Mehrzahl der eingereichten neuen gestuften Studiengänge nicht einmal verstanden worden sei, was ein Modul bedeute22 und wie es zugeschnitten sein müsse. Dem deutschen Hochschullehrer fällt es offensichtlich schwer (ein fehlender Wille kann den Teilnehmern am Wettbewerb nicht unterstellt werden), Lehrinhalte zu definieren, mit denen konkrete Lern- und Qualifikationsziele vermittelt werden und welche am Ende einer Lehrveranstaltung unter Berücksichtigung des studentischen Arbeitsaufwandes abzuprüfen sind. Gegenüber dieser grundsätzlichen Schwierigkeit, den Paradigmenwechsel zu vollziehen, verlieren Einzelaspekte ihr Gewicht, obwohl deren Vernachlässigung unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz und der Vergleichbarkeit nicht hinnehmbar sein dürfte. Dies gilt beispielsweise für die Frage, welchen Umfang ein Modul haben sollte (Empfehlung der BLK: 4 bis maximal 8 Semesterwochenstunden23 – eine 19 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen. 20 Vgl. BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 1. 21 Vgl. statt vieler: Anforderungen und Verfahrensgrundsätze der Akkreditierungsagentur ASIIN vom Mai 2004. 22 Winter, Neustrukturierung von gestuften Studiengängen – Paradigmenwechsel statt Umetikettierung, Rede vom 17. 4. 2003 (Zugriff am 4. 6. 2004).

1. Modularisierung

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schlechthin unverständliche Maßstabsgröße, da im neuen System nur nach credits gerechnet wird), ob Meta-, Meso- und Mikromodule einzuführen seien (so der modularisierte juristische Bachelor-Studiengang in Greifswald – nützen diese hierarchischen Gliederungen wirklich?), wie das Verhältnis von Teilqualifikation zur Gesamtqualifikation und dem Kompetenzerwerb zu beschreiben sei, nach welchem Verhältnis die Zahl der Pflicht- zu den Wahlmodulen zu bestimmen sei, wie die berufsvorbereitenden und praxisbezogenen Studien zu vermitteln seien sowie mit welchem Gewicht und an welcher Stelle internationale Aspekte in den Modulen Berücksichtigung zu finden hätten. Eine interessante Strukturbildung durch Modularisierung stellt Welbers24 vor: In dem curriculum (Fach Germanistik) werden fünf Studienbereiche (Mesomodule) entwickelt (Basisbereich, Vertiefungsbereich, Aufbaubereich, Erweiterungsbereich und Wahlbereich). Jeder Bereich erhält dann mehrere Module (also Basismodule, Vertiefungsmodule usw). Daneben werden Studienmodule (Mikromodule) unterschieden. Der Vorteil einer derartigen Modulbildung liegt in dem durchgängig strukturierten Studium, das in dem jeweiligen Zuschnittbereich die hochschuldidaktischen Perspektiven anordnet. Der Studierende kann aus diesem Aufbau die Fachorientierung, Problemorientierung, Berufsorientierung und Qualifikationsorientierung deutlicher als an den nicht so präzise eingeordneten Modulen ablesen. Auf der anderen Seite wächst bei dieser Art der „Durchmodularisierung“ das Vorurteil über das verschulte Studium. Und es bliebe zu fragen, wenn man dieses Modell auf andere Bereiche übertragen will, ob nicht gerade die Pflicht, bei jedem Modul das Lehr- und Lernmodul „selbständig“ und nicht durch bereits vorgefertigte Beschreibungen definieren zu müssen, nicht auch zu einem erheblichen didaktischen Vorteil gereichen kann. In diesen wie in weiteren Aspekten der Modulbildung wäre zu erwarten gewesen, daß die Akkreditierungsagenturen einige klarstellende Voten abgegeben oder zumindest der Akkreditierungsrat im Hin23 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 9; an anderer Stelle, S. 45, wird eine nur hilfsweise, für die Übergangszeit maßgebende Verwendung von Semesterwochenstunden empfohlen. 24 Welbers, Planung und Organisation von Bachelor- und Masterstudiengängen, Teil II: Curriculumentwicklung, in: Behrendt / Voss / Wildt (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre, K 2. 1, S. 5 ff.

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

blick auf seine koordinierende Funktion die Stimme erhoben hätte. Diese Hoffnung hat bisher getrogen. Wie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in seiner Analyse bitter konstatiert, sind auch diejenigen neuen Studiengänge akkreditiert worden, die offenkundig Etikettenschwindel betrieben hätten.25 Aus der Analyse der bisherigen Auflagenpraxis der Akkreditierungsagenturen26 sind ebenfalls wenige klärende Positionen zu erkennen. Auf einen Einzelaspekt soll an dieser Stelle jedoch aufmerksam gemacht werden, der vorhersehbar erhebliche Auswirkungen im Ablauf eines Bachelorstudiums haben kann. Für jedes Modul sind die Voraussetzungen für die Teilnahme zu beschreiben, d. h. es sind nicht nur die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die hierfür erforderlich gehaltenen Lehr- und Lernprogramme festzulegen, damit eine erfolgreiche Teilnahme gelingen kann, sondern es müssen auch die zuvor erfolgreich absolvierten Module genannt werden. Diese Aufgabe wird von den als sogenannte Modulbeauftragte oder Modulkapitäne Tätigen oftmals nicht ernst genommen. Häufig kommen die Beschreibungen über pauschale, zuweilen belanglose Formulierungen, nicht hinaus, wie: Studierende sollen mit möglichen späteren Berufsfeldern vertraut gemacht werden oder: Ziel des Moduls sei der Erwerb von Handlungskompetenzen oder vermittelt würden grundlegende Einblicke in unterschiedliche wissenschafts- und erkenntnistheoretische Positionen und Methoden des Fachs. Nicht selten werden gar keine oder ebenfalls nur pauschale Sequenzierungen gefordert (Modulvoraussetzung: „Immatrikuliert“ oder: „erfolgreicher Abschluß des ersten Studienjahres“ – auch für Module im dritten Studienjahr). Daß ausgerechnet in der beispielhaften Modulbeschreibung, vorgelegt von der Bund-Länder-Kommission, ein Modul genannt wird, das im 5. Semester zu erbringen, aber an keine Modulvoraussetzungen gebunden ist, mag in diesem Zusammenhang erstaunen.27 Damit 25 Winter, Neustrukturierung von gestuften Studiengängen – Paradigmenwechsel statt Umettikettierung, Rede vom 17. 4. 2003 (Zugriff am 4. 6. 2004). 26 Vgl. dazu Kapitel IX. 27 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 89. Das beschriebene Modul (Beratungsmethodik / Kommuniktion im Fach Agrarwirtschaft) weist zusätzliche Merkwürdigkeiten auf: credits werden 6 vergeben,

2. Leistungspunktsystem

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bliebe eines der nützlichsten Instrumentarien der neuen Studiengänge, die Strukturierung in der Abfolge des Lehr- und Lernerfolges ungenützt. Theoretisch richtig verlangen die Akkreditierungsagenturen „für jedes Modul den Nachweis, welche Wissens- und Methodenkompetenzen die Studierenden erreichen und warum die gewählte Lehrmethode diesen Kompetenzzuwachs effizient gewährleistet“28 – und praktisch? Welche und wieviele Modulbeschreibungen werden von den Agenturen nicht akzeptiert, weil sie diesen Kompetenzzuwachs nicht einmal formal gewährleisten? Macht man mit dem aufeinander aufbauenden Modulsystem ernst, taucht relativ schnell die weitere wichtige Frage auf, wie das konzeptionell neue Lehrkonzept kapazitär ausgefüllt und der Prüfungszuwachs bewältigt werden kann. Damit stellt sich wiederum die Frage des sogenannten internen numerus clausus.29

2. Leistungspunktsystem Module erfüllen in einem Studiensystem keinen Selbstzweck, sie sind Teil einer Gesamtqualifikation und werden daher grundsätzlich mit Prüfungen abgeschlossen. Auf der Grundlage von Prüfungen werden Leistungspunkte vergeben. Leistungspunkte drücken das quantitative Maß für die Gesamtbelastung des Studierenden aus. Sie umfassen sowohl den unmittelbaren Unterricht als auch die Zeit für die Vorund Nachbereitung des Lehrstoffes (Präsenz- und Selbststudium), den Prüfungsaufwand und die Prüfungsvorbereitungen einschließlich Abschluß- und Studienarbeiten sowie gegebenenfalls Praktika. Für jedes Modul ist der Gesamtarbeitsaufwand und die Anzahl der zu erwerbenden Leistungspunkte zu benennen.30 SWS: 4; zur Erlangung der 6 credits wird eine mündliche Prüfung von 30 Minuten verlangt(!). Noch erstaunlicher mutet das folgende „beispielhafte“ Modul Technisches Darstellen an (Darstellende Geometrie im Studiengang Bauingenieurwesen): Vorkenntnisse: keine; SWS: 2; ECTS-Punkte: 2; vgl. BLK, Modularisierungen in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 90. 28 Vgl. die Anforderungen und Verfahrensgrundsätze der Akkreditierungsagentur ASIIN vom Mai 2004. 29 Vgl. die Darstellung unter Kapitel III. 2. b) bb). 30 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunkten und die Modularisierung von Studiengängen – Erläute-

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

Ausgangspunkt des Lern- und Prüfungserfolgs ist nicht mehr, wie im herkömmlichen Studien- und Prüfungssystem, der Umfang von Studium und Lehre, berechnet nach dem Aufwand der Lehrenden in Semesterwochenstunden und die abschließende Fachprüfung, sondern der Lernerfolg des Studierenden, ausgerichtet an dem tatsächlichen Aufwand zur Erreichung des Lernziels, studienbegleitend abgeprüft. Das Leistungspunktsystem ist in § 15 Abs. 3 HRG vorgeschrieben, durch die Beschlüsse der KMK faktisch verbindlich festgesetzt und von den Akkreditierungsagenturen als verpflichtende Voraussetzung aufgeführt. Die europäischen Bildungsminister haben sich in der Bologna-Erklärung auf die Einführung eines ECTS-kompatiblen Kreditsystems verständigt. ECTS wird heute in den europäischen Hochschulen überwiegend angewendet und zwar sowohl als Akkumulierungs- als auch als Transfersystem.31 Mit einem Leistungspunktsystem war ursprünglich (nur) die Abfolge in einem Prüfungssystem zu verstehen, mit dem durch Leistungskontrollen Punkte aus den Lehrveranstaltungen erworben werden konnten. Mit der Neuorientierung auf die (europäischen) Bachelorund Masterstudiengänge erhält das Leistungspunktsystem eine überragend neue Bedeutung. Die Entscheidung, ein Leistungspunktsystem in Verbindung mit studienbegleitenden Prüfungen einzuführen (ECTS-Punkte), bedeutet heute:32 – Jede Lerneinheit wird durch ein Lernziel (learning outcome) beschrieben. – Jeder Lerneinheit werden Leistungspunkte zugewiesen. rungen. Der Sache nach dasselbe meinen ECTS-Punkte, credits, credit points oder Kreditpunkte. Eher verwirrend und nicht durchgesetzt haben sich die von der Bund-Länder-Kommission empfohlenen Definitionen: credits für Anrechnungspunkte, credit points für Leistungspunkte; Module tauchen gar nicht mehr auf, siehe BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 38. Auch hier sollte, wie bei dem Merkmal „Modul“, im Hinblick auf die erforderliche Vergleichbarkeit nur die Bezeichnung „Leistungspunkt“ verwendet werden – trotz der beachtlichen Gegenargumente von Schwarz / Teichler im Hinblick auf die internationale Verbreitung von çredits“, in: Schwarz / Teichler (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000, S. 7. Wie hier HRK, Service für Hochschulmitglieder, ECTS (Zugriff am 29. 1. 2003). 31 Vgl. unter Kapitel II. 1. c). 32 Vgl. unter Kapitel II. 1. c).

2. Leistungspunktsystem

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– Die Anzahl der Leistungspunkte richtet sich nach dem Arbeitsaufwand (workload) des Studierenden. – Eine studienbegleitende Prüfung stellt fest, ob die Arbeitsleistung erbracht worden ist.

Grundlage des studienbegleitenden ECTS-Prüfungssystems ist die Annahme, daß das Studium im Vollzeitstudium absolviert wird und insgesamt 60 Leistungspunkte pro Studienjahr zu erbringen sind. Dabei wird im europäischen ECTS-System ein studentischer Arbeitsaufwand von 1500 bis 1800 Stunden (45 Wochen á 40 Stunden) zugrunde gelegt, also 25 bis 30 Arbeitsstunden zur Erlangung eines Leistungspunktes. Insofern kann der ECTS-Punkt als Ausdruck der sich dahinter verbergenden Arbeitszeit benannt werden, präziser: ein ECTS-Punkt entspricht einem Sechzigstel des jährlichen Arbeitsaufwandes des Vollzeitstudierenden. Oder anders ausgedrückt: Das Lernziel, das mittels eines Moduls erfolgreich erreicht werden soll, ist zugleich von der Arbeitszeit abhängig, die für den erfolgreichen Besuch dieser Veranstaltung vorgesehen ist. Zusätzlich zur Kontaktzeit (Semesterwochenstunden) wird dabei die Vor- und Nachbearbeitungszeit (Anfertigen von Referaten, Hausarbeiten, Abschlußarbeiten, das Absolvieren von Exkursionen oder Praktika) bei der Berechnung der Arbeitslast berücksichtigt.33 Wenn auch unter Experten und in der EU-Kommission die optimistische Aussicht verbreitet wird, bis zum Jahre 2005 werde das ECTS-System durchweg in Europa angewendet werden,34 muß an dieser Stelle nochmals auf das außerordentlich große Problem hingewiesen werden, das bei der Bemessung des studentischen Arbeitsaufwandes und damit bei der Ermittlung der Leistungspunkte in der Praxis auftritt. Die unverändert zögerliche Erstellung von neuen Studiengängen verleitet nicht wenige Fachbereiche dazu, die „Berechnung“ der Hochschullehrer für den studentischen Arbeitsaufwand schlichtweg zu übernehmen. Nur in seltenen Fällen wird ein „Kollege“ sich anmaßen wollen, die workload-Berechnung des anderen zu kritisieren. Vor allem dann nicht, wenn die eigenen Berechnungen nicht nachvollziehbar transparent gemacht werden – warum erhält das Se33 Vgl. die letzte Stellungnahme der HRK zu: Service für Hochschulmitglieder, ECTS (Zugriff vom 26. 3. 2004). 34 EU-Kommission, „Update von ECTS, Enqua, Diploma Supplement“, SCHE-Meeting, 22. / 23. 3. 2001.

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

minar x = 6 credits, das Seminar y = 10 credits? Und zusätzlich erstaunt es, wenn einzelne Lehrveranstaltungen bis zu 16 credits erhalten, d. h. mit zwei Lehrveranstaltungen die gesamte Präsenzzeit der herkömmlichen Semesterwochenstundenzeit „verbraucht“ ist, obwohl das neu geschriebene Lehrangebot sich offenkundig nicht grundlegend verändert hat. Studentisches Nachfrageverhalten, Evaluationsberichte35 und vielleicht auch europäische Erfahrungen werden hier wohl noch Erhellendes beizusteuern haben.

3. Studienbegleitende Prüfungen Der Erwerb von Leistungspunkten gelingt durch erfolgreich bestandene, studienbegleitende Prüfungen. Für jede studienbegleitende Prüfung ist festzulegen, ob es sich um eine mündliche oder schriftliche Prüfung, einen Vortrag oder eine Hausarbeit handelt. Sie ermöglicht eine unmittelbare Erfolgskontrolle, eine flexiblere Studiengestaltung und führt zu einer Entlastung des Studierenden.36 Die Einführung von studienbegleitenden Prüfungen ist nichts Neues: Der Wissenschaftsrat hatte sich schon 1976 für ihre – beschränkte – Funktion eingesetzt.37 Das HRG sah in § 15 Abs. 3 (a.F. von 1976) die Anrechnung studienbegleitender Leistungsnachweise als ein Mittel zur Entlastung der Hochschulabschlußprüfungen vor, ein Effekt, von dem in der Praxis nur verhalten Gebrauch gemacht wurde.38 Mit dem befürwortenden Beschluß der KMK vom 24. 10. 1997, das European Credit Transfer System an allen deutschen Hochschulen einzuführen und mit der Neufassung des § 15 Abs. 3 HRG (1998), verbunden mit dem dort enthaltenen Gestaltungsauftrag, zum Nachweis von Studien- und Prüfungsleistungen ein Leistungspunktsystem zu 35 Die HRK empfiehlt, die anfangs geschätzten Werte des Arbeitspensums durch studentische Fragebögen, Lerntagebücher u.ä. empirisch zu überprüfen (Zugriff am 24. 3. 2004). 36 Vgl. KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunkten und die Modularisierung von Studiengängen – Vorbemerkung. 37 Siehe Wissenschaftsrat, Empfehlungen zu Umfang und Struktur des Tertiären Bereichs, 1976, S. 76 ff. 38 Vgl. die Darstellung bei Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 15 Rdnr. 7, Fußn. 11.

3. Studienbegleitende Prüfungen

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schaffen, haben die studienbegleitenden Prüfungen einen überragend wichtigen Stellenwert erlangt. Studienbegleitendes Prüfen ist nunmehr die Regel. Zeitnah, im Anschluß an die Lehrveranstaltung, wird die Prüfungsleistung für das jeweilige Modul abgefragt. Der Studierende erhält so eine fortlaufende Vergewisserung über seinen Studienfortschritt und die Prüfungsängste werden minimiert. Der Lehrende kann einordnen und planen, ob und ggf. welche Lernfortschritte zu befördern sind, damit die Qualifikation gelingen kann. Studienbegleitendes Prüfen beherrscht das Prüfungssystem bei allen bekannten Kreditsystemen.39 Die Bund-Länder-Kommission hat in ihrer jüngsten „Handreichung zur Modularisierung und Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ eine Checkliste zur Einführung studienbegleitender Prüfungen empfohlen.40 In jedem Semester seien 30 credits zu vergeben, im Jahr sollten 34 Wochen für Vorlesungs- und Prüfungszeit veranschlagt werden, 12 Wochen für Praktika und 6 Wochen für Urlaub.41 Die Prüfungen seien am besten zentral zu koordinieren. Wiederholungsprüfungen könnten in der „nächstmöglichen Prüfungsperiode“ liegen. Der Anmeldezeitraum für Prüfungen dürfe nicht zu früh erfolgen, z. B. zu Beginn des Semesters, „da die Studierenden erst nach einer gewissen Zeitspanne einschätzen können, ob sie das Modul abschließen wollen“ (!). Eine spätere Prüfungsanmeldung sei dann „notwendig, wenn es nicht möglich ist, sich von einer Prüfung abzumelden“ (!). Eine eingesetzte Prüfungsverwaltungs-Software müßte in der Lage sein, credits, grade points und credit points zuverlässig zu verbuchen. Studierenden sollten vorab für jedes Modul Musterfragen und ggf. Musterlösungen zur Verfügung gestellt werden. Erstaunlicherweise formuliert die BLK in der Checkliste eine Reihe von wichtigen prüfungsregelnden Fragen, ohne diese allerdings auch nur im Ansatz zu beantworten. Dies gilt beispielsweise für 39 Vgl. Schwarz / Teichler, Einleitung, in: Schwarz / Teichler (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000, S. 8. 40 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 56 ff. Die Handreichung entstand als Ergebnis des von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung für drei Jahre aufgelegten Modell-Versuchsprogramms „Modularisierung“, an dem 27 Hochschulen beteiligt waren und das vom Bund und den Ländern mit insgesamt 12 Millionen DM unterstützt worden war. 41 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 56.

144

IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

die aufgeworfenen Fragen, bis wann und von wem die konkreten Prüfungstermine festgelegt werden sollen und wie viele Wiederholungsmöglichkeiten pro Modul eingeräumt werden sollten (einzige Anwort: „Hierbei ist auch auf die praktische Umsetzbarkeit zu achten“(!). Keine konkreten Empfehlungen werden zu der Frage des Zeitpunkts der Wiederholungsprüfung gegeben (es könnten sich Schwierigkeiten ergeben, wenn „eine Klausur von mehreren Hundert Studierenden rechtzeitig korrigiert werden muß [ . . . ]“), ob der Studierende von der Prüfungsanmeldung zurücktreten könne sowie von wem und wie die Prüfungen festzulegen und zu beaufsichtigen seien usw. Wiewohl die Handreichungen und Empfehlungen der BLK in Teilen also gar keine sind, dokumentieren sie immerhin eine nicht uninteressante Sicht in bundesrepublikanische Prüfungswelten. Unverkennbar haben sich die Autoren der Handreichung von dem Ziel leiten lassen, bei der Reform durch Modularisierung und Einführung gestufter Studiengänge die Studierenden in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. So lautet erfreulich klar der Schlußsatz der Untersuchung: „Lehre, Betreuung und Studierbarkeit der angebotenen Studiengänge müssen in Relation zur Lebenswirklichkeit der Studierenden stehen.“42 Abgesehen davon, daß auch im internationalen Bereich die Anforderungen an ein Studium eher nach wissenschaftlichen Standards und nicht nach soziologischen Daten auszurichten sind, hieße diese Aussage, ernst genommen, daß zuallererst Bachelor- und Masterstudiengänge in Deutschland überhaupt nicht eingeführt werden dürfen, weil die ganz überwiegende Mehrheit der Studierenden das nicht will und zum anderen hieße es, daß das Ziel der Neugestaltung des Studienaufbaus, nämlich Mobilität für die Studierenden zu gewährleisten, aufzugeben sei, weil der wirkliche Student nur in einer Quote von ca. 3% an internationaler Kompatibilität und Mobilität interessiert ist. Sein realistisches Interesse besteht eher häufig darin, das studentische Leben nur als Teilzeitbeschäftigter auszufüllen. Die von der BLK formulierten Fragen wären durchweg mit ausländischen Erfahrungen zu beantworten gewesen. Kurioserweise wird das Standardwerk von Keedy nicht einmal erwähnt. In dem von der BLK in den Empfehlungen beigefügten Erfahrungsbericht über die Prüfungsorganisation an der Ohio-State-University, USA, wird das dortige System zwar als hervorragend funktionierend qualifiziert, 42

BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 85.

3. Studienbegleitende Prüfungen

145

nutzbar gemacht wird es aber leider nicht. Der Ausgestaltung des Prüfungswesens kommt indessen in den gestuften Studiengängen eine überragende Bedeutung zu.43 Studienbegleitende Prüfungen und hier insbesondere die Anmeldungen zu Lehrveranstaltungen stellen „das Herzstück der angelsächsischen Methode dar, Regelstudienzeiten als aktuelle Studienzeiten zu verwirklichen“.44 Kompetente ausländische Beobachter sehen letztlich im deutschen System der Prüfungsordnungen die Ursache für die Nichteinhaltung der Regelstudienzeiten mit allen negativen Folgen für die Studierenden und die Gesellschaft.45 Es soll daher versucht werden, einige der von der BLK gestellten Fragen zu beantworten:46 Die Anmeldung zu den einzelnen Lehrveranstaltungen ersetzt das Zulassungsverfahren. Die Prüfungsanmeldeliste für die einzelnen Lehrveranstaltungen ist also verbindlich. Eine Streichung oder Abmeldung von dieser Liste bedeutet einen Abbruch des Prüfungsverfahrens. Dieser Schritt kann nicht folgenlos bleiben. Hat der Studierende sich grundlos oder unüberlegt abgemeldet, so stellt sich die Frage nach der Ernsthaftigkeit seiner Studienbemühungen. Nur eine rechtzeitige und mit wichtigen Gründen nachgewiesene Abmeldung kann konsequenzenlos sein. Die Rechtslage galt bzw. gilt noch heute in den Diplomprüfungen, sie ist ebenso bei den Modulprüfungen zugrunde zu legen, die unstrittig ebenfalls echte Prüfungen sind. Dem teilweise berechtigten Wunsch der Studierenden, sich erst einmal „zurechtzufinden“ und die Lehrveranstaltung auszuwählen oder zu testen, kann dadurch Rechnung getragen werden, und das sind die Erfahrungen aus dem angelsächsischen Raum, daß erstens die Studienberatung vor Aufnahme des Studiums ziel- und ergebnisorientierter durchgeführt wird und daß zweitens Studierende bis zu einem bestimmten Zeitpunkt folgenlos zurücktreten können. Dieser Zeitraum sollte maximal bis sechs Wochen nach Anfang des Semesters liegen, weil andernfalls die Lehrveranstaltung verloren gehen 43 Der Vorwurf der sträflichen Vernachlässigung trifft nicht nur punktuell den Akkreditierungsrat, in Teilen auch die Arbeit der Akkreditierungsagenturen als Aufsichtsbehörden. Kassandrarufe bleiben ungehört, vgl. Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 14. 44 Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 103. 45 Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 57. 46 Eine Vertiefung des Komplexes erfolgt unter Kapitel VII.: Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren.

10 Wex

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IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

könnte.47 Die Vorstellung aus dem BLK-Bericht, die Anmeldung dürfe nicht zu früh erfolgen, da der Studierende erst später einschätzen könne, ob er das Modul abschließen wolle, verkennt das Prüfungsverfahren in den gestuften Studiengängen. Da die Mehrzahl der Module Pflichtmodule sind, kommt es überhaupt nicht auf den Willen des Studieren an, noch weniger darauf, ob ihm die Abfolge des gesamten Modulaufbaus oder die Art der Lehrveranstaltung gefällt. Weitere Konsequenz der studienbegleitenden Prüfungen ist es, daß die Prüfungstermine spätestens zu Beginn der Lehrveranstaltung festgesetzt sind. In den angelsächsischen Ländern sind die Prüfungen automatisch an die Lehrveranstaltung angeschlossen, also typischerweise innerhalb von ein bis zwei Wochen nach dem letzten Vorlesungstag.48 Mit dieser Festlegung wird eine hohe Verläßlichkeit in den abprüfbaren Studienverlauf erreicht. Unbeantwortet blieb in dem BLK-Bericht schließlich die Frage nach der Zahl und dem Zeitpunkt der Wiederholungsmöglichkeiten. An anderer Stelle erwähnt die BLK sogar Malus-Punkte, die für bestandene Prüfungen vergeben werden,49 hält diese also offenbar für anwendbar. Auch hier helfen die ausländischen Erfahrungen weiter: Prüfungen werden innerhalb weniger Tage korrigiert, das Ergebnis dem Studierenden sofort mitgeteilt und nach etwa sechs bis zehn Wochen, spätestens zu Beginn des nächsten Semesters müssen die Wiederholungsprüfungen stattfinden. Die erfolgreichen Wiederholer verlieren also keine Zeit, die Gescheiterten verlieren die Prüfungsberechtigung.50 Ausbildungswidrig, wenigstens bedenklich im Hinblick auf national und international vergleichbare Abschlüsse ist die Einräumung einer Zahl von Maluspunkten für nicht bestandene Prüfungen, die im Ergebnis auf eine sechs- bis siebenfache Wiederholungsmöglichkeit hinauslaufen kann. Was ist ein sechsfach mißlungenes Examen wert? Für die Praxis muß an dieser Stelle auf zwei Auswirkungen vorab hingewiesen werden, die den Hochschulen erhebliche Kopfschmerzen bereiten (werden): Das studienbegleitende Prüfen wird zu einer außerordentlichen zusätzlichen Belastung des Lehrkörpers führen. 47 48 49 50

Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 98. Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 68. BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 39. Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 69.

4. Zusätzliche Informationen

147

Schätzungen gehen in die Größenordnung von mindestens dem Dreibis Vierfachen der Prüfungstätigkeit im Verhältnis zum herkömmlichen Diplom-Prüfungsverfahren, abhängig von dem jeweiligen Fach. Zum anderen sind organisatorische Herausforderungen zu meistern. An größeren Hochschulen wird die Erfassung der Modulprüfungen, der Prüfungstermine und die Beaufsichtigung der Prüfungsleistungen wohl kaum ohne aufzurüstende EDV-Verwaltung erfolgreich sein. Es mag bezweifelt werden, ob derzeit der erwünschte Service bereits geleistet wird. Die Einarbeitung der betroffenen Mitarbeiter dürfte in vielen Fällen noch nicht befriedigend gelungen sein.

4. Zusätzliche Informationen: ECTS-Noten, ECTS-Dokumente und Diploma Supplement Neben den unmittelbaren Strukturelementen aus der Modularisierung und dem ECTS-System haben sich weitere Grundinformationen herausgebildet, die im Zusammenwirken mit diesen Elementen die neuen Studienstrukturen fördern und unterstützen: Das ECTS-Notensystem, die ECTS-Dokumente und das diploma supplement.

a) Das ECTS-Notensystem Leistungspunkte und Noten sind getrennt auszuweisen.51 Während mit der Zuweisung eines Leistungspunktes für eine Lerneinheit eine quantitative Beschreibung vorgenommen wird, enthält die Note eine qualitative Bewertung der Leistung. Bei dem Versuch, ein kompatibles Notensystem anzuwenden, wird ersichtlich, daß das an deutschen Hochschulen übliche Notensystem nicht der ECTS-Benotungsskala mit der Unterscheidung in „hervorragende“ oder „sehr gute“ Noten entspricht. Die Differenzierungen im Nichtbestehensbereich werden in Deutschland so nicht vorgenommen. KMK und HRK hatten daher im Jahre 2000 eine feste Umrechnungstabelle für ECTS und deutsche Noten vorgeschlagen.52 Diese Lösung ist von Anfang an kriti51 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunkten und die Modularisierung von Studiengängen – Erläuterungen, lit. f.

10*

148

IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

siert worden, weil sie den unterschiedlichen Benotungsmustern nicht Rechnung trägt. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hatte vorgeschlagen, beim Abschluß des Studiums die Gesamtnote als Mittel der erreichten Noten für die einzelnen Studieneinheiten, gewichtet nach der Zahl der zugrunde liegenden credits, zu ermitteln.53 Ähnlich empfiehlt die BLK eine Gewichtung aller Module: Die Multiplikation von credits mit grade points ergibt die vom einzelnen Studierenden im Rahmen eines Moduls erworbenen credit points. Die gewogene Durchschnittsnote, der grade point average wird berechnet, indem die Summe aller erworbenen credit points durch die Summe aller belegten credits geteilt wird.54 Ein übergreifender Konsens ist zu diesem Vorschlag noch nicht gefunden worden. Die HRK hat in ihrem neuesten Beschluß die eigene Empfehlung zur formalen Umrechnung aus dem Jahre 2000 korrigiert und vorgeschlagen, zusätzlich zur nationalen absoluten Bewertung der Studienleistung eine relative europäische, die sogenannten ECTSNote zu vergeben.55 Danach erhält die Note A, wer zu den besten 10% der erfolgreich Studierenden rechnet, B, zu den nächsten 25%, usw. Eine Übersicht sähe danach aus wie auf der folgenden Seite 149 dargestellt. Diese ECTS-Bewertungsskala gibt einen Aufschluß über das relative Abschneiden der Studierenden in dem jeweiligen Jahrgang, vorzugsweise auch der vorherigen, so daß eine „wandernde Kohorte“ der letzten drei oder fünf Jahrgänge abgebildet wird. Unter dem Gesichtspunkt der international kompatiblen Leistungsstärke eines Studierenden erscheint diese Bewertungsmethode in hohem Maße aussage- und zustimmungskräftig. Im Hinblick auf die immer wieder beschworene Problematik der subjektiven Aussage, die jeder Benotung innewohnt,56 dürfte diese, für deutsche Studierende 52 KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunkten und die Modularisierung von Studiengängen – Erläuterungen, lit. f. 53 Schwarz / Teichler, Einleitung, in: Schwarz / Teichler (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000, S. 8. 54 BLK-Kommission, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 49. 55 HRK-Beschluß vom 11. 2. 2004 – Empfehlung zum Europäischen Credit Transfer System, veröffentlicht unter (Zugriff am 24. 3. 2004).

4. Zusätzliche Informationen

149

Umrechnung deutscher Noten in das ECTS-Notensystem (Grades) Deutsche Noten

ECTSDefinition

Deutsche Übersetzung

Alte ECTSUmrechnung

hervorragend

A

A: die besten 10%

1,6 – 2,0 Very good

sehr gut

B

B: die nächsten 25%

2,1 – 3,0 Good

gut

C

C: die nächsten 30%

3,1 – 3,5 Satisfactory

befriedigend

D

D: die nächsten 25%

3,6 – 4,0 Sufficient

ausreichend

E

E: die nächsten 10%

4,1 – 5,0 Fail

nicht bestanden

1,0 – 1,5 Excellent

FX / F

Zusätzliche ECTS-Noten (ab 2004)

FX / F: nicht bestanden

relativ neue Bewertungsskala, einen nicht zu gering zu erachtenden Fortschritt bedeuten. b) ECTS-Dokumente Ein Leistungspunktsystem kann als ein formaler Mechanismus bezeichnet werden, der den Studienaufwand gliedert, berechnet und bescheinigt.57 Es sind mithin alle üblichen und für erforderlich gehaltenen Informationen einzubeziehen, die zur Einschätzung der Qualität der nachgewiesenen Leistung von Bedeutung sind. Als Ergebnis des langjährigen Pilotprojektes ECTS hat sich dieses Leistungspunktsystem als überaus erfolgreich herausgestellt. Es hat – unter der Beteiligung von 145 europäischen Hochschulen – weitere Informationsgrundlagen geschaffen, mit denen die Studentenmobilität und die gleichzeitige Anrechnung der Studienleistungen praktikabel befördert worden sind.58 Dazu zählen namentlich das Informationspaket, der Studienvertrag und die Datenabschrift. 56 Bezogen auf die Notenproblematik vgl. u. a. Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 33 ff., mit weiteren Hinweisen. 57 Schwarz / Teichler: Einleitung, in: Schwarz / Teichler (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, 2000, S. 8. 58 Vgl. die Zusammenfassung von Dalichow, Vergleichbarkeit von Studiengängen und Studienabschlüssen in Europa, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 (1999), S. 27 ff. sowie unter Kapitel II. 1. c).

150

IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

Sollen Studienleistungen anerkannt und verglichen werden, sind zuallererst aussagekräftige Angaben über die Art und Weise des Zustandekommens und über die Herkunft zu treffen. Diesem Bedürfnis wird mit dem Informationspaket (information package, course catalogue) Rechnung getragen. Es enthält Informationen der Hochschule zum Studienaufbau, zum Leistungspunkt-Wert jeder einzelnen Lehrveranstaltung, zum Bewertungssystem, zum Studieninhalt und zum Verfahren der Modulprüfung. Die Informationen sind jedes Jahr zu aktualisieren und auch in englischer Sprache zu veröffentlichen. Zukünftig soll der Kurskatalog (course catalogue) an die Stelle des Informationspakets treten. Der Katalog ist ein kommentiertes Veranstaltungsverzeichnis mit ausgewiesenen Leistungspunkten und Lernzielen für die Veranstaltungen. Inhaltsvorgaben sind durch die Europäische Union definiert, Muster können abgerufen werden.59 In dem Studienvertrag (learning agreement) wird zwischen dem Studierenden und dem zuständigen akademischen Gremium vereinbart, welche Lehrveranstaltungen zu absolvieren sind. Der Studienvertrag muß vor der Abreise des Studierenden von den beiden „ankommenden“ und „abreisenden“ Einrichtungen (Heimathochschule / Gasthochschule) abgeschlossen werden. Die Abschrift der Studiendaten (transcript of records) erfaßt und dokumentiert die Leistung der Studierenden. Es werden die absolvierten Kurse festgehalten, die erworbenen Leistungspunkte und die Noten. Diese Daten sind vor der Abreise von der Heimathochschule, am Ende des Studienaufenthaltes von der Gasthochschule festzuhalten. c) Diploma Supplement Das diploma supplement ist ein Zusatzdokument, eine Zeugnisergänzung für das nationale Hochschuldiplom.60 Es kann grundsätzlich für alle Studiengänge, also auch für die herkömmlichen Magisterund Diplomabschlüsse ausgestellt werden. Durch die möglichst aussagekräftigen Zusatzinformationen zum Diplom soll die Transparenz gesteigert und damit sowohl die akademische als auch die berufliche 59 Europäische Kommission, Europäisches System zur Anrechnung von Studienleistungen, ECTS-Handbuch für Benutzer, 1998 (Zugriff am 8. 10. 2003). 60 Aus dem Englischen: Zusätzliches, ergänzendes Diplom, Zeugnis.

4. Zusätzliche Informationen

151

Anerkennung gefördert werden.61 In das Dokument werden aufgenommen: Die persönlichen Daten des Absolventen, das Studienfach, der erworbene akademische Titel, Angaben über den Status der Hochschule sowie genaue Informationen über das Studienprogramm und die Noten. Bei letzteren wird nicht nur die Gesamtnote der Absolventen (overall classification) dargestellt, sondern auch die relative Notenverteilung des gesamten Jahrgangs (grading scheme). Das diploma supplement wird mit Verweis auf die Originaldokumente „zertifiziert“. Schließlich erhält das diploma supplement einen einheitlichen Text (national statement), in dem das deutsche Studiensystem beschrieben wird. Das diploma supplement hat sich aus der Diskussion innerhalb der Europäischen Gemeinschaft entwickelt, wie die Vorteile zwischen beruflicher und akademischer Anerkennung zu fördern seien.62 Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft hatte 1966 die Kommission beauftragt, zusammen mit den Mitgliedstaaten Möglichkeiten eines „europäischen administrativen Annex“ für Hochschuldiplome zu prüfen. Durch diese Initiative wurde das bereits in den 80er Jahren von dem Europäischen Zentrum für Höhere Studien von der UNESCO in Bukarest entwickelte supplement wiederbelebt. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, des Europarats, von UNESCO / CEPES, aus Vertretern der EU-Rektorenkonferenzen sowie aus europäischen Hochschul- und Anerkennungsexperten entwickelte in den Jahren 1997 bis 1998 das heute so bekannte diploma supplement. Alle Teilnehmerstaaten in Europa hatten diese Initiative mit großem Interesse begleitet und ihre Absicht an der Durchsetzung bekundet. Die Europäische Union hatte mehrfach empfohlen, jedem Studienabschluß ein diploma supplement beizufügen,63 ebenso die KMK.64 In der Bologna-Erklärung vom 61 Vgl. Dalichow, Vergleichbarkeit von Studiengängen, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 (1999), S. 27 (34) sowie HRK-Service für Hochschulmitglieder (Diploma Supplement) mit Definitionen und weiteren Hinweisen; die HRK bietet eine Diploma Supplement-Datenbank an sowie Muster für das Dokument unter: (Zugriff am 1. 3. 2004). 62 Vgl. zur historischen Entwicklung u. a. Dalichow, Vergleichbarkeit von Studiengängen, in: Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 (1999), S. 27, 34 ff. 63 European Community, Diploma Supplement (1995 – 2003), veröffentlicht unter (Zugriff am 10. 10. 2003).

152

IV. Wesentliche Strukturelemente von Studiengängen

19. 6. 1999 wird die Einführung des diploma supplement gefordert, in der Berlin-Erklärung vom September 2003 als verpflichtend ab 2005 beschlossen. Bei der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen wird das diploma supplement einen erheblichen Stellenwert erlangen (müssen). Letztlich kann mit diesen Zusatzinformationen eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse beurteilt werden. Allerdings verursacht die Ausstellung eines diploma supplement, wenn sie den gewünschten Informationswert haben soll, einen zusätzlichen und aufwendigen Arbeitsanfall. Er sollte daher in aller Regel nur mit EDV-Unterstützung in Angriff genommen werden.65 Verläßliche Auskünfte darüber, in welchen neuen Studiengängen das diploma supplement verwendet wird, existieren nur verhalten. In den neuesten empirischen Befunden zur Studienreform66 wird das Ergebnis wiedergegeben, in 49% der neuen Programme erhielten die Studierenden begleitend zu ihrem Abschlußzeugnis ein diploma supplement. Diese Zahl erscheint außerordentlich hoch, die veröffentlichten Studiengänge spiegeln diese Datenlage oft nicht wider.67

64 KMK-Beschlüsse vom 5. 3. 1999 (Strukturvorgaben für Bachelor- und Masterstudiengänge), Punkt 3.2. und vom 10. 10. 2003 (Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung), Punkt 6. 65 Auch hier bietet die HRK Hilfestellung an: Eine von ihr entwickelte Datenbank „Diploma Supplement Deutschland“ sowie Musterversionen und Handbücher, vgl. (Zugriff am 21. 8. 2003). 66 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 103. 67 Dieser subjektive Eindruck wird noch bestärkt, wenn man sich die geringe Rücklaufquote des empirischen Befunds zur Studienreform vor Augen hält: Sie beträgt gerade einmal 50%, vgl. Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 50.

V. Weitere Vorgaben und Ziele für die Entwicklung der neuen Studiengänge 1. Neue Studienstrukturen mit Konsequenzen Mit der Modularisierung der Studiengänge und der Einführung des (ECTS-)Leistungspunktsystems sind nicht nur die konstitutiven Grundlagen für das neue Studiensystem gelegt. Das Vorgehen bedeutet vor allem eine radikale Abkehr vom herkömmlichen Lehr-, Lernund Prüfungssystem in Deutschland. Die wichtigste Auswirkung des neuen Stufensystems ist der organisierte und thematisch strukturierte neu zusammengesetzte Lehrstoff, der in vorgeschriebener Abfolge abschließend geprüft wird. Der Modulabfolge und den studienbegleitenden Prüfungen kommt mithin überragende Bedeutung zu. Ein modularisierter Studiengang hat darüber Auskunft zu geben, welche Vorleistungen (aus einem oder mehreren Modulen) erbracht sein müssen, damit ein folgendes Modul gelernt und geprüft werden kann. Die Studienabfolge ist organisiert und strukturiert, genauer: Es ist eine feste, in sich stimmige Reihenfolge für Lehrveranstaltungen und Prüfungen festgelegt.1 Auf diese Weise wird die Einhaltung der Regelstudienzeit garantiert – wenn die Studierbarkeit der festgesetzten Module gewährleistet ist, d. h. die Hochschule muß die sachliche und personelle Ausstattung einschließlich der erforderlichen Betreuung vorhalten, der zu leistende Arbeitsaufwand der Studierenden muß realistisch sein, der Arbeitsaufwand muß gleichmäßig auf die Semester verteilt sein und die studienbegleitenden Prüfungen müssen sachgerecht organisiert und durchgeführt werden.2 Diese Gewährlei1 Es kommt darauf an, „die modulare Struktur als Abfolge von Lernschritten mit darauf abgestimmten Lehrformen vom Ganzen eines Studienganges bzw. den Set der angestrebten Qualifikationen her neu zu konzipieren“, so zutreffend die Arbeitsgemeinschaft der Prorektoren für Lehre, Studium und Studienreform der Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrem Papier vom 9. 1. 2004, S. 1 zur Implementierung einer modularen Struktur des Studiums. 2 Vgl. die aufschlußreiche Schilderung des australischen Beispiels durch Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 61, der die Studierbarkeit eines Studien-

154

V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

stung, sozusagen als Probe auf das Exempel, erfolgt ständig wiederholt am Ende eines Semesters, wenn die mit Leistungspunkten versehenen Module abgeprüft werden. Demgegenüber wird in Deutschland grundsätzlich das System der punktuellen (Abschluß-)Prüfungen durchgeführt. Einziger „gewährleistender“ Maßstab für den Arbeitsaufwand ist die Semester-Wochenstunde, die gleichermaßen für Lehrende und Lernende zu Grunde gelegt wird, in Wirklichkeit aber nur die Unterrichtszeit des wissenschaftlichen Personals umschreibt. Auch auf diese wesentliche Diskrepanz ist es zurückzuführen, daß die herkömmliche Regelstudienzeit in Deutschland nicht einmal als Planungsgröße taugt. Wiederum anders enthält das gestufte System ein funktionierendes Element, das die Einhaltung der Regelstudienzeit sichert: Das System der studienbegleitenden Prüfungen. Neben den didaktischen Vorzügen für Lehrende und Lernende zeitigt das System vor allem Konsequenzen: mit der Anmeldung zur (ersten) Lehrveranstaltung erfolgt die Anmeldung zur (Modul-)Prüfung. Nimmt der Kandidat den festgesetzten Prüfungstermin nicht wahr, gilt das Nichterscheinen als „nicht bestanden“. Derartige Prüfungsverpflichtungen sind im deutschen Prüfungssystem nur in theoretischer Hinsicht verankert. Selbst wenn in der jeweiligen Prüfungsordnung Abfolgen oder Prüfungstermine festgeschrieben sind, gelten sie entweder nur als „Soll“-Vorschriften, die Ordnungen erlauben ausgiebige Ausnahmen oder der tatsächliche Prüfungsablauf geht in andere – zeitverzögernde – Richtung. Am Beispiel der Ingenieurwissenschaften läßt sich dieses Dilemma zwischen theoretisch richtigem Prüfungsverlauf und tatsächlicher Praxis illustrieren: Der zu Recht immer wieder so gelobte durchstrukturierte Studiengang sieht eine Folge von aufeinander aufbauenden Prüfungen vor, sogar eine Abschichtung mittels der Zwischenprüfung, so daß die Einhaltung der Regelstudienzeit von neun Semestern unproblematisch und vor allem verpflichtend sein sollte. In Wirklichkeit dauert das Studium der Ingenieurwissenschaften aber bundesweit 14 Semester,3 und der Anteil der Absolventen in der Regelstudienzeit liegt regelmäßig weit unter 5%. ganges als „Schlüsselkonzept für die Einhaltung von Regelstudienzeit“ charakterisiert. 3 Siehe die Aufstellung oben unter Kapitel II. 2. b); auch die bloße Fachstudiendauer liegt erheblich über dem Sollwert, z. B. Chemie-Ingenieurwesen:

1. Neue Studienstrukturen mit Konsequenzen

155

Dabei bedarf es an dieser Stelle nicht einmal der Grundsatzerörterung, ob der Studierende überhaupt das Bedürfnis hat, sich an die Regelstudienzeit zu halten4 oder ob er auf Grund der schlechten Bedingungen an den Hochschulen oder seiner sozialen Lage oder seiner Vorstellungen über die eigene Lebensverwirklichung das Studium nicht zeitgerecht durchführen „kann“.5 Wenn ein Prüfungssystem praktisch konsequenzenlos bleibt, hat es auch keine Regelungsfunktion. Damit verfehlt die Ordnung, die die Regelstudienzeit als zentrale Planungsgröße für das Studienangebot bestimmt,6 in ihrem Ausgangspunkt den gesetzlichen Auftrag. Der organisierten Struktur des gestuften Studiensystems wird immer wieder der Vorwurf gemacht, das System sei verschult7 und eigentlich nicht wissenschaftsadäquat. Experten, die beide Systeme kennen, bestreiten dies vehement. Zwar sei die strukturelle Form eines Bachelor-Studiums festgelegt 12,0; Maschinenbau: 12,6; Elektrotechnik: 12,3; vgl. Daten Wissenschaftsrat, Fachstudiendauer, 2001, S. 24. 4 So beispielsweise die jüngste Einschätzung von Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 347. 5 Vgl. statt vieler: Bargel / Multrus, Studiensituation und studentische Orientierungen, 8. Studierendensurvey an Universitäten und Fachhochschulen, BMBF (Hrsg.), 2003; 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks: Soziale Rahmenbedingungen des Studiums, Kurzbericht veröffentlicht unter (Zugriff am 20. 6. 2004); Fuchs, Jobben im Studium, HSW 5 / 2003, 203 ff. 6 Vgl. Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 16 Rdnr. 4. 7 Diese Einschätzung hält sich hartnäckig: Etwa 50% der Fachbereichsverantwortlichen sind noch heute der Auffassung, das Studium werde durch die Studienstrukturreform verschulter, siehe: Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 119. Was man von dieser Aussage halten soll, erscheint ambivalent, wenn zugleich festgestellt wird, daß eine Mehrheit von 41% der Fachbereichsverantwortlichen es nicht für möglich hält, daß das neue Studiensystem eine bessere Planbarkeit des Studiums erlaube. Es muß dann doch die Frage gestattet sein, ob das System überhaupt verstanden wird, siehe: Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 118. Richtig dagegen der Erfahrungsbericht der BLK-Kommission, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 5,7, ein modularisierter Studiengang schaffe für die Studierenden die Möglichkeit, sich individuell zu profilieren, Module könnten flexibel kombiniert und auf gesellschaftlichen Wandel könne rascher reagiert werden.

156

V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

und insofern verschult, nicht festgelegt seien die Lehrinhalte und die individuellen Studienwege.8 Bis zum ersten Studienjahr können die Studierenden durchweg ein Zusatzfach frei wählen. Hierfür werden jedoch künftig inhaltliche Mindestkenntnisse vorausgesetzt. Fächerkombinationen sind möglich, ebenso Spezialisierungen. Eine selbst ausgesuchte breite Fächerkombination im ersten Studienjahr ermöglicht das Weiterstudium in jedem dieser Fächer – unter Anerkennung der credits. Eine derartige Flexibilität dürfte in dem einmal gewählten Studiengang im deutschen System so ohne weiteres nicht eingeräumt sein. Vor allem muß den Kritikern an der behaupteten Verschulungstendenz die Frage vorgelegt werden, aus welchen Elementen denn gegenwärtig die so erwünschte und begehrte Studierfreiheit – als Gegensatz zur Verschulung – besteht. Welche Studierende nutzen auch nur ansatzweise die Möglichkeit, ihr Studium interdisziplinär zu gestalten, fachfremde Lehrveranstaltungen oder Bibliotheken zu besuchen? Die Wahrnehmung der Lernfreiheit in diesem Zusammenhang erstreckt sich allenfalls auf ausgesuchte Teile einer Ringvorlesung oder einer allgemeinen Vortragsreihe, auf den Besuch herausragender Veranstaltungen oder der Teilnahme an Vorträgen wissenschaftlicher Größen.9 Jeder Lehrende wird ohne große Mühe bestätigen können, daß selbst fortgeschrittene Semester Teile des eigenen Lehrkörpers nicht einmal namentlich kennen. Die, soweit ersichtlich umfassendste Befragung der Studierenden zu diesem Thema kommt zu folgenden Ergebnissen:10 – Nutzung fachfremder Vorlesungen, Seminare: – nein: 56%, – ja, ab und zu: 35%, – ja, häufiger: 9%. 8 Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 28, 29 sowie BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 5,7; Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelor-Modelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 10, 11. 9 Warnend bei der Einführung des neuen Hochschulrechts schon damals Bode: Die Erosion des ursprünglichen Bildungsauftrags der Universität und die einfordernde studentische Lernfreiheit fördern bei einem Großteil der Studenten die Desorientierung, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, vor § 7 Rdnr. 6 und 9. 10 Datenalmanach, Studierendensurvey 1983 – 2001, Arbeitsgruppe Hochschulforschung, Universität Konstanz, 2001, S. 72.

2. Dauer des Studiums und Regelstudienzeit

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– Nutzung öffentlicher Vorträge (z. B. studium generale): – nein: 50%, – ja, ab und zu: 41%, – ja, häufiger: 9%.

Der Zugewinn bei der Allgemeinbildung und dem fachübergreifenden Wissen wird noch geringer eingeschätzt. Er liegt bei 11 % in den Universitäten.11 Dieses Thema kann hier nicht vertieft werden, obwohl die Bedeutung in verschiedenster Hinsicht nicht unterschätzt werden darf. Die erfolgreiche Einführung eines neuen Studiensystems, erst recht eines neuen Prüfungssystems hängt auch entscheidend von der Akzeptanz durch die Adressaten ab. Wenn an dieser Stelle die akademische Freiheit mit der unverbindlichen Gestaltung eines Studiums verwechselt wird, fällt jeder Neuanfang schwer.

2. Die Dauer des Studiums und die Regelstudienzeit Die Regelstudienzeiten für Bachelor-Studiengänge betragen nach den gesetzlichen Vorgaben aus dem HRG, § 19 Abs. 2 bis 4 und den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben der KMK12 mindestens drei und höchstens vier Jahre, für die Masterstudiengänge mindestens ein und höchstens zwei Jahre. Für konsekutive Studiengänge ist eine Gesamtregelstudienzeit von höchstens fünf Jahren vorgesehen. Zum Vergleich:13 Der amerikanische Bachelor-Studiengang wird üblicherweise in vier Jahren absolviert (Vollzeitstudium). Berufsorientierte Studiengänge wie Ingenieure oder Architekten benötigen fünf 11 Studiensituation und studentische Orientierungen, 8. Studierendensurvey an Universitäten und Fachhochschulen, BMBF (Hrsg.), 2003, S. 40. 12 KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003, – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 1.3. 13 Die folgenden Ausführungen stützen sich wesentlich auf die neueste internationale Studie der CHE, Arbeitspapier Nr. 55, 2004: Ein Vergleich angelsächsischer Bachelor-Modelle: Lehren für die Gestaltung eines deutschen Bachelor? Erstellt von Witte / Rüde / Tavenas / Hüning. Weitere und vertiefende Ländervergleiche sind gutachtlich vorgelegt worden von Teichler, Gestufte Studiengänge und -abschlüsse in den Geistes- und Sozialwissenschaften, DAAD (Hrsg.), 1999, S. 37 – 141.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

Jahre. Bachelor-Studiengänge mit Fächerkombinationen, z. B. zwei Hauptfächer können ebenfalls fünf Jahre dauern. Regeln für die Einhaltung einer bestimmten Studiendauer existieren nicht. Dies erklärt sich zum einen daraus, daß in diesem System allein die erworbene Zahl der credits maßgeblich ist, das Studium also unterbrochen oder verlängert werden kann, ohne daß die erworbenen credits verfallen. Zum anderen hat jeder Studierende höchstes Interesse daran, wegen der Studiengebühren, möglichst zügig in das Berufsleben einzutreten. Der Regelabschluß des Bachelor with Honours in England findet nach drei Jahren statt. Auch hier verlängert sich die Studiendauer von ein bis eineinhalb Jahre, wenn die Fächer kombiniert oder berufsständische Studien, wie z. B. Medizin, neuerdings auch Ingenieurwissenschaften, betrieben werden. Die Studiendauer ist in Richtung einer einzuhaltenden Regelstudienzeit angelegt und wird auch überwiegend, von etwa 80% der Kandidaten, eingehalten. Gründe hierfür sind das strukturierte Kreditsystem und das nur für drei Jahre gewährte staatliche Unterstützungssystem für Einkommensschwache. In Australien wird der Bachelor in der Regel nach drei Jahren erreicht. Für die Ingenieurwissenschaften und Psychologen sind vier Jahre vorgesehen, für die Architektur fünf Jahre, für Medizin sechs Jahre. Diese Studienzeiten werden zu etwa 60% eingehalten, spätestens nach einem weiteren Jahr haben alle Studierende das Studium beendet. Auch hier führen die Strukturierung des Studiums, das Kreditsystem und die Studiengebühren zu der hohen Erfolgsquote. Interessanterweise ist dieses Erfolgsrezept der angelsächsischen Studiengänge zur Einhaltung einer kurzen Studienzeit nicht im deutschen Reformprozeß aufgegriffen worden. Anstelle der Methode, die Summe der erfolgreich besuchten Lehrveranstaltungen ausschlaggebend werden zu lassen, erfolgt in Deutschland unverändert die Fixierung auf die Regelstudienzeit. Das mag bildungshistorisch zu begründen sein, möglicherweise ist es aber auch ein (fehlerhaftes) Ergebnis der versuchten Implementierung eines anderen Systems. Die Regelstudienzeit stellt für die (deutsche) Ordnung des Studiums einen zentralen Begriff dar. Sie ist maßgebend für die Gestaltung der Studiengänge durch die Hochschule, für die Sicherstellung des Lehrangebots, für die Gestaltung des Prüfungsverfahrens sowie für die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten und die Berechnung von Studentenzahlen bei der Hochschulplanung, vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 HRG. Der rechtliche Charakter ist eine bloße Planungs-

2. Dauer des Studiums und Regelstudienzeit

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größe, festgelegt wird lediglich die Sollzeit, zu Grunde gelegt wird der durchschnittliche Studierende.14 Die außerrechtliche Aussagekraft erscheint noch bedeutsamer. Die Studiendauer ist relevant für die berufliche Einstellung von Absolventen, für die Kosten des Studiums und für frühzeitigere Verdienstmöglichkeiten. Darüber hinaus verursachen lange Studienzeiten volkswirtschaftliche Kosten, weil die Bildungsinvestitionen nicht effizient genutzt werden.15 Gesetzgeberisches Ziel der Regelstudienzeit ist die Studienzeitbegrenzung und die optimale Nutzung der kostenträchtigen Einrichtung Hochschule. Die Funktion der Regelstudienzeit, nämlich eine curriculare Zeitvorgabe für die Auswahl und Begrenzung der Lehrinhalte zu setzen,16 erfährt durch die Strukturziele des gestuften Studienganges sowie durch die Spezialregelung aus § 19 Abs. 2 Satz 2 HRG zusätzliches Gewicht. Die Ausgangsüberlegung ist dabei schwierig genug: Was im herkömmlichen Diplom-Studiengang zu lehren und zu lernen war, ist erkennbar auf zwei Ausbildungsabschnitte (Stufen) zu verlegen oder vielleicht sogar nur auf einen Abschnitt. Die kürzere Dauer des Studiums stellt mithin das Zwangsmittel dar, um die Auswahl und die Begrenzung der Lehrinhalte zu erreichen. Damit steht wiederum die Regelung der Studiendauer im Vordergrund. Ob ein (Hochschul-)System effizient und erfolgreich ist, kann mit Hilfe verschiedener Methoden versucht werden festzustellen, diese reichen vom benchmarking über Evaluationsverfahren bis hin zu subjektiven und objektiven Qualitätsfeststellungsverfahren aller Art. Ein valides Verfahren dürfte dabei sicherlich der Vergleich sein, also ein Abgleich der Zielvorstellung mit dem erreichten Ergebnis. Dieser fällt für die (deutsche) Funktion der Regelstudienzeit vernichtend aus. Weder die Auswahl noch die Begrenzung der Lehrinhalte ist erkennbar „reguliert“ worden. Auch die individuell möglichen Sanktionen bei Überschreiten der Regelstudienzeit, vgl. § 17 Abs. 2 HRG, blieben letztlich wirkungslos. Die Einhaltung der Regelstudienzeit gelingt in den wenigsten Fällen. Der Anteil der Absolventen in der Re14 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 8. 15 Vgl. zu diesen Effizienzgründen Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, 2001, S. 8,9. 16 So Epping, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 10 (Stand der Kommentierung: 2000) Rdnr. 14.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

gelstudienzeit (Diplom) variiert, je nach Fach17 zwischen 0% (z. B. Japanologie, Technomathematik, Medizinische Informatik, Forstwissenschaft, Innenarchitektur, Neue Medien) und 75,9% (Medienkunde, Kommunikationswissenschaft), 55,6% (Theaterwissenschaft), 40% (Agrarwissenschaft) und 39% (Ernährungswissenschaft). Die niedrigste mittlere Fachstudiendauer ist bei den Staats-prüfungen festzustellen (Veterinärmedizin: 56,3% Anteil der Absolventen in der Regelstudienzeit; Rechtswissenschaften: 52,9%; Lebensmittelchemie: 48,1%; Pharmazie: 37,0% sowie z.T. in den Lehramtsprüfungen, 1. Fach, Grund- und Hauptschule zwischen 58,2% und 39,0%). Die relativ höchste Fachstudiendauer (mit regelmäßig über 2 Semestern über der Regelstudienzeit) weisen Fächer in den Sprach- und Kulturwissenschaften auf, in der Psychologie sowie in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen; negative Spitzenreiterrrolle halten inne: Geographie / Erdkunde 12,9 Semester Fachstudiendauer; Statistik und Informatik 13,0 Semester Fachstudiendauer. Diese statistischen Werte ändern sich nochmals erheblich und zwar im Sinne der erfolglosen Einhaltung der Regelstudienzeit, wenn innerhalb der Fächergruppen die Fächer mit großen Studentenzahlen herausgestellt werden. Die mittlere Fachstudiendauer hat sich von 1990 bis 1996 zum Teil nur leicht, aber insgesamt für alle Studiengänge rückläufig entwickelt. Seit 1996 ist dagegen wieder ein (leichter) Anstieg erfolgt. In keinem Fach wird die Regelstudienzeit auch nur annähernd erreicht.18 Warum angesichts einer über 30 Jahre währenden Mißerfolgsquote an dem Instrumentarium der Regelstudienzeit festgehalten wird, bleibt rätselhaft.19 Spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem jeder einzelne Hochschullehrer das Modul erstellt und der Fachbereich das Konzept zusammenfügt, müßte eigentlich die leidvoll erfahrene Ungereimtheit zwischen Soll- und Ist-Vorstellung hinsichtlich der Studien17 Grundlage für die Absolventenzahlen: Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, 2001, S. 11 ff. und eigene Berechnungen. 18 Vgl. für die Fächer im einzelnen: Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an den Universitäten von 1990 bis 1998, 2001, Anhang I. 19 In der Amtlichen Begründung zu § 19 HRG wird diese Problematik überhaupt nicht erwähnt. Lapidar heißt es dort, die Mindestregelstudienzeit von Bachelor und Master diene der Qualitätssicherung, vgl. Amtliche Begründung zum 4. Gesetz zur Änderung des HRG, BT-Drs. 13 / 8796, S. 20 – 22.

2. Dauer des Studiums und Regelstudienzeit

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dauer aufbrechen – weit gefehlt. Die Hochschulen fügen sich ganz offensichtlich, Beschlüsse zur ausnahmsweisen Abweichung von der Regelstudienzeit sind selten. Vermutlich läßt sich doch jede wissenschaftliche Fachausbildung in das Drei-Jahres-Korsett des Bachelor zwängen. Aufbauend auf internationalen Erfahrungen läge es nahe, die normative Ausrichtung nicht nach der Studienzeit vorzunehmen, sondern nach der Intensität und dem Arbeitsaufwand des Studiums, wenn man die Studiendauer erfassen, regeln oder „in den Griff bekommen“ möchte. Alle modular aufgebauten Studiengänge, in Sequenzen festgelegt, sichern den Erfolg eines kürzeren Studiums.20 Hinzu tritt ein weiterer, beachtenswerter Aspekt, auf den die CHE in ihrem jüngsten Analyse- und Vergleichspapier über den angelsächsischen und deutschen Bachelor aufmerksam macht. Die starre Fixierung auf das zeitliche Rahmenkonzept 3 + 2 verenge die notwendige Flexibilität in der Studiengestaltung. Gerade die Erfahrung aus den Vergleichsländern zeige, daß es Varianten des jeweiligen Grundmusters gäbe und Ausnahmen von der Regel. Mit der Bachelor- und Masterstruktur verbinde sich kein bestimmtes Studienmodell, die traditionellen Modelle würden immer häufiger variiert und erweitert.21 Zu ergänzen wäre diese Analyse um den nicht ganz unwesentlichen 20 Sehr kritisch muß in diesem Zusammenhang angemerkt werden, daß die vereinzelt behauptete Einführung eines Kredit- und Leistungspunktsystems in Deutschland wohl doch nicht deren erwarteten Erfolgen entspricht. Im Fach Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn ist seit 1993 ein System studienbegleitender Leistungsnachweise im Hauptstudium eingeführt worden: 120 Kreditpunkte sind zu erwerben. Es wurden Freiversuche gestattet, Maluspunkte vergeben und die Möglichkeit eröffnet, 40 Kredits von anderen Universitäten angerechnet zu bekommen, vgl. die Darstellung bei Dalichow, Kredit- und Leistungspunktsystem im internationalem Vergleich, S. 79, 81. Die Auswirkungen auf die Regelstudienzeit (Fachstudiendauer) Bonn / Bundesdurchschnitt: 1996 (12,1 / 11,7); 1998 (11,0 / 10,7), Angaben nach Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer, 2001, Anhang I. Danach dauert das Studium mit studienbegleitendem Kreditsystem länger als die herkömmliche Diplomprüfung! Auch die von der Universität Bonn hergereichten Angaben zeitigen keinen größeren Erfolg: Seit der Einführung studienbegleitender Prüfungen im Hauptstudium schwankt die durchschnittliche Studiendauer zwischen 11,9 Semestern (1993) und 11,9 (2002), so die Daten vom Volkswirtschaftlichen Prüfungsausschuß an der Universität Bonn, jährliche Absolventenstatistik. 21 Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer BachelorModelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 3,6.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

Hinweis, daß in der Bologna-Erklärung nur eine Mindestzeit von drei Jahren für den Bachelor gefordert wird. Es sind im übrigen keine Zeiten festgelegt, auch nicht für den Master. Eine derartige Auffassung läge voll im Sinne des Bologna-Prozesses, mit dem die Harmonisierung der Studiensysteme angestrebt wird, aber zugleich die Vielfalt der einzelnen Länderbemühungen anerkannt bleiben soll. Über eine formale Ausrichtung an Zeitmustern würden die Reformmaßnahmen nicht gefördert.

3. Die Beschäftigungsfähigkeit und der berufsqualifizierende Abschluß Die Hochschule verleiht einen Bachelor- bzw. Mastergrad, wenn ein erster, bzw. zweiter berufsqualifizierender Abschluß durch Prüfungen erworben wird, § 19 Abs. 2 und 3 HRG. Der berufsqualifizierende Abschluß wurde bereits zum Zeitpunkt des Entstehens des HRG (1976) als Schlüsselbegriff für die Organisation des Studienangebots bezeichnet.22 Jede Diplom-Prüfungsordnung formuliert in ihrem ersten Paragraphen, die Diplom-Prüfung sei ein berufsqualifizierender Abschluß. Diese Ausbildungsaufgabe erhält in dem gestuften System eine zweifach gesteigerte Bedeutung. Zum einen ist trotz eines verkürzten Ausbildungsabschnitts eine eigene Berufsqualifikation zu entwerfen, zum anderen sind zusätzliche (höhere, ergänzende?) Vorgaben zu formulieren, damit eine weitere Qualifikation erreicht werden kann. Damit ist das Zusammenwirken zwischen Hochschule und Berufsfeld unmittelbar angesprochen. Gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung zur Einführung der neuen Studiengänge ist der dynamischen Entwicklung der Berufswelt, den ständig sich verändernden Bedingungen im Beschäftigungssystem und den fachspezifischen Ausbildungsanforderungen verstärkt Rechnung zu tragen.23 Ziel aller Bemühungen ist es, so die erklärte Absicht des gesetzgeberischen Reformvorhabens, mit Hilfe des angelsächsischen Graduierungssystems eine deutliche Berufsorientierung mit international anerkannten Abschlüssen zu erreichen.24 22 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 4. 23 So die Begründung zur Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor- und Masterstudiengänge, KMK-Beschluß vom 3. 12. 1998, 1.

3. Beschäftigungsfähigkeit und berufsqualifizierender Abschluß

163

Was ein berufsqualifizierender Abschluß ist, entzieht sich genauer definitorischer Beschreibung. Erforderlich ist auch eine empirisch fundierte Analyse der gegenwärtigen und absehbaren Berufspraxis.25 Berufsqualifikation bedeutet nicht Berufsfertigkeit, andererseits müssen mindestens die Ausbildungselemente eines beruflichen Vorbereitungsdienstes oder einer beruflichen Einführung zum Tragen kommen (arg. ex § 10 Abs. 1 S. 2 HRG). Maßgebend ist letztlich das Studienziel, also die Vorbereitung auf ein berufliches Tätigkeitsfeld und der Erwerb der Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, vgl. § 7 HRG. Die Vorbereitung auf einen Beruf26 ist dann noch umso schwieriger zu erfassen, wenn mit der heute herrschenden Meinung von einem offenen Berufsbegriff ausgegangen werden muß, also qualifikationsadäquate berufliche Tätigkeiten angestrebt werden.27 Damit ist aktuell das Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem aufgerufen. Waren ursprünglich die mit der Erprobung der Bachelor- und Masterstudiengänge verbundenen Motive maßgebend, nämlich die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Studienstandortes Deutschland und die internationale Kompatibilität deutscher Abschlüsse, steht heute eindeutig der Arbeitsmarktbezug im Vordergrund. Der von der Wirtschaft wie von der Hochschule lange vernachlässigte Begriff aus der Bologna Deklaration, die Herstellung der „employability“ (Beschäftigungsfähigkeit oder Herstellung arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten) erlebt endlich Konjunktur. Der Wissenschaftsrat hatte bereits 1993 in seinen Thesen zur Hochschulpolitik, wie sich heute herausstellt: wegweisend, für eine Zweiteilung des Studiums in ein auf die Wissenschaft begründetes berufsbefähigendes Studium und eine nachfolgende Ausbildung des (rein) wissenschaftlichen Nachwuchses plädiert.28 Dieser Linie fol24 Vgl. Amtliche Begründung zum 4. Gesetz zur Änderung des HRG, BT-Drs. 13 / 8796, A. Allgemeiner Teil., S. 13. 25 Bereits vorausschauend Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 4, sowie zur rechtlichen Einordnung im Rahmen von Art. 12 GG unter Kapitel III. 2. b). 26 Für die Hochschulen bedeutet die Aufgabe der wissenschaftlichen Berufsvorbereitung die Wahrnehmung einer Primäraufgabe, vgl. Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 1 Rdnr. 5. 27 Vgl. unter Kapitel III. 2. b). 28 Wissenschaftsrat, Zehn Thesen zur Hochschulpolitik, in: Empfehlungen und Stellungnahmen 1993, veröffentlicht 1994, These 6, S. 36.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

gend hatte er 1996 in den Empfehlungen zur Stärkung der Lehre durch Evaluation eine Verständigung über die Ausbildungsziele eingefordert.29 Dabei sollte der Berufs- und Arbeitsmarktbezug eingeschlossen werden. Absolventen-Studien und Alumni-Netzwerke wären hierfür geeignet und hilfreich. Die nachhaltigste Erkenntnis für das Studienangebot und die zu vermittelnden Qualifikationen hat der Wissenschaftsrat in seiner am Arbeitsmarkt orientierten Analyse (1999) geliefert: „Die Qualifizierung für eine Tätigkeit von Wissenschaft und Forschung ist dabei (erg.: bei der Festlegung der Studieninhalte) ein mögliches Ziel, ein berufsqualifizierender Abschluß für eine Tätigkeit außerhalb des Wissenschaftssystems stellt aber sowohl in den Erwartungen der Studierenden als auch im Hinblick auf die faktische Beschäftigung von Hochschulabsolventen das quantitativ dominierende Ziel dar. Dem sollte durch ein differenziertes Angebot an Studiengängen mit individuellen Gestaltungsmöglichkeiten durch Modulauswahl ebenso wie durch differenzierte Abschlußmöglichkeiten Rechnung getragen werden.“30

Dieser Analyse ist wenig hinzuzufügen, die Fundamente für die Bachelor- und Masterstudiengänge waren damit vor Inkrafttreten der 6. HRG-Novellierung von 2002 analytisch klar gelegt, sie gelten unverändert. Differenzierte Abschlüsse setzen differenzierte Qualifikationsprofile voraus. Die erste Weichenstellung für den Arbeitsmarkt erfolgt nach den Hochschultypen. Während die Fachhochschulen eine anwendungsorientierte Ausbildung für die berufliche Praxis vermitteln sollen, gehört der Forschungsbezug des Studiums und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum Kernbereich der Universitäten. Die zweite Weichenstellung erfolgt nach qualifikatorischen Aspekten und dem Arbeitsmarkt: Differenzierte Abschlüsse machen nur Sinn, wenn die höhere „weitere“ Berufsqualifikation nicht der Regelfall ist.31 Drittens sind die Studienangebote flexibel, mit oder ohne feste Berufsbilder, zu entwerfen. Je nach Fach sind zur Fach29 Wissenschaftsrat, Empfehlungen und Stellungnahmen, 1996, veröffentlicht 1997, S. 81. 30 Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, vom Juli 1999, veröffentlicht 2000, S. 59. 31 Vgl. u. a. Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, vom Juli 1999, veröffentlicht, 2000, S. 55.

3. Beschäftigungsfähigkeit und berufsqualifizierender Abschluß

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kompetenz zusätzlich methodische, soziale und kulturelle Kompetenzen zu vermitteln, die möglichst breite Übergangsmöglichkeiten in berufliche Tätigkeiten erlauben.32 Damit sind vor allem die Schlüsselqualifikationen angesprochen. In diesem Zusammenhang interessieren nur die von den Arbeitgebern erwarteten spezifischen, von der Hochschule gelehrten Qualifikationen, nicht die individuellen Persönlichkeitsmerkmale. Zu den von der Wirtschaft erwarteten „key skills“ rechnen: Kommunikations- und Teamfähigkeit, Methodenkompetenz, Konfliktlösung und Entscheidungsfindung, Präsentations- und Ausdrucksfähigkeit, Führungskompetenz, Projektmanagement, der Umgang mit moderner Informationstechnologie sowie die Fähigkeit zu weiterem eigenverantwortlichen Lernen. In zunehmendem Maße werden darüber hinaus für Absolventen, die unternehmerisch denken und handeln wollen, interkulturelle und Fremdsprachenkenntnisse erwartet.33 Nur der Vollständigkeit halber sind die auch für das gestufte System dringlich zu beachtenden Elemente des Praxisbezugs zu erwähnen. Ein berufsqualifizierender erster Abschluß sollte heute ohne spezifische Praxisprogramme und deren Einbindung in den Studienablauf kaum noch vorstellbar sein. In dem Dreieck „Beschäftigungsfähigkeit“, „wissenschaftliche Qualität“ und „Schlüsselqualifikation“ lassen sich erstere als primäre Bildungsziele beschreiben und die Schlüsselqualifikation als Mittel zur Erreichung dieser Ziele.34 Schlüsselqualifikationen können als diejenigen Fertigkeiten definiert werden, die über das Fachwissen 32 In diese Richtung zielt auch die Typisierung von Teichler: Für die Beziehung von Studium und Beruf seien drei Typen hervorzuheben: Studienfächer mit hierarchischer Studienstruktur, Studienfächer ohne Unterbau und Studienfächer ohne eindeutig korrespondierende Berufsbereiche, in: HSW 6 / 2000, 181 (182), sowie ders., vertiefend mit Blick auf die Beschäftigungsperspektiven, in: DAAD (Hrsg.), Tagungsdokumentation, Bachelor und Master in den Geistes-, Sprach- und Kulturwissenschaften, 1999, 37 (83 ff.). 33 Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, vom Juli 1999, veröffentlicht 2000, S. 63. Zur Entstehungsgeschichte des Begriffs und der Bedeutung vgl. u. a. Knauf, Schlüsselqualifikationen, HSW 2 / 2001, 45 ff. mit weiteren, spezifischen Literaturhinweisen. 34 Kohler, Schlüsselkompetenzen und „employability“ im Bologna-Prozess, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Positionen, Juni 2004, S. 9.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

und die Fachmethodik hinaus in einem generellen Sinn geeignet und erforderlich sind, um wissenschaftlich erfolgreich zu arbeiten und Fachwissen in der gesellschaftlichen, namentlich wirtschaftlichen Praxis wirkungsvoll umzusetzen.35 Kritikanfällig erscheinen auch diese Formulierungen, einheitliche Festlegungen über den Begriff bestehen nicht. Wichtiger als weitere zeitaufwendige Definitionsversuche ist eine Verständigung darüber, welche Kompetenzen hierzu rechnen. Fachverbände, Evaluationsagenturen und Bildungsforscher stellen hierzu immer wieder weite oder enge Kompetenzkataloge auf.36 Um die wechselseitige Durchdringung von Schlüsselqualifikationen und fachwissenschaftlichen sowie fachmethodischen Fertigkeiten gegenständlich abzugrenzen, empfiehlt es sich zu unterscheiden zwischen fachspezifischen Schlüsselqualifikationen im Rahmen von fachbezogenen Feldern; dazu zählen etwa die Fach-, Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz. Im Gegensatz dazu stehen die fächerübergreifenden Schlüsselqualifikationen (diese werden üblicherweise als Schlüsselqualifikationen bezeichnet). Sie umfassen: – Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere Englisch; – Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit und interkulturelle Kompetenz; – Präsentations- und Moderationskompetenzen, ührung, Projektmanagement;

Verhandlungsf-

– Grundlegende wirtschaftliche und rechtliche Kompetenzen, Nachhaltigkeit, Wirtschaftsethik; – Fähigkeit zur Nutzung moderner Informationstechnologie, einschließlich e-learning; – Beherrschung von Forschungsstandards, Forschungsethik für die mehr forschungsorientierten Studiengänge.37 35 Kohler, Schlüsselkompetenzen und „employability“ im Bologna-Prozess, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Positionen, Juni 2004, S. 10. 36 Vgl. hierzu das informative Symposium: „Schlüsselkompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit“, veranstaltet am 24. / 25. 1. 2004, Tagungsergebnisse veröffentlicht in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Positionen, Juni 2004. 37 Diese Unterscheidung geht auf das Evaluationsverfahren der Evaluationsagentur Baden-Württemberg (evalag) zurück, geschildert auf dem Sym-

3. Beschäftigungsfähigkeit und berufsqualifizierender Abschluß

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Die wachsende Bedeutung der Schlüsselqualifikationen kann auch als eine Folge der sich immer stärker differenzierenden Arbeitsmärkte beschrieben werden, als Folge der Veränderungen in den Berufsbildern, als Auswirkung auf das arbeitsteilige Vorgehen in der komplexer werdenden Gesellschaft und der weltweiten Öffnung zu Märkten mit neuen Arbeitsformen und neuen Informationstechnologien. An der Schnittstelle zur Hochschulausbildung gewinnt die Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit ihre aktuelle Bedeutung. Der BolognaProzeß, hier konkret in der Ausgestaltung der modularisierten Studiengänge, beschleunigt die Veränderung von den traditionell angebotsorientierten Studiengangsprofilen hin zu stärker nachfrageorientierten Profilen. Die Summe der genannten qualifikationsbezogenen Ausbildungen bildet die Möglichkeit, die Beschäftigungsfähigkeit eines Absolventen herzustellen. An dieser Stelle wird jedoch immer wieder zu Recht darauf hingewiesen, daß die Förderung und Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit angesichts wirtschaftlicher und globaler Veränderungen von den Hochschulen als ein Prozeß begriffen werden muß. Dieser setzt nicht erst mit dem Studienabschluß ein, schon gar nicht aber endet er mit diesem.38 Die berufspraxisorientierte Studienreform ist durch § 8 HRG ohnehin als „ständige Aufgabe“ der Hochschulen definiert worden. Ob diese Herausforderungen von den Hochschulen, die derzeit die neuen Studiengänge entwickeln, aufgegriffen und innovativ wahrgenommen werden, wird auch von den Akkreditierungsagenturen mit zu überprüfen sein. Spätestens nach einigen Jahren am Arbeitsmarkt erfolgt dann der Nachweis, ob den Absolventen die Berufsqualifikation vermittelt oder aber nur eine reformerische Attrappe gereicht worden war. Zur Zeit sind die Hochschulen zwar intensiv mit der Erstellung von Bachelor- und Masterstudiengängen beschäftigt, es erscheint jedoch sehr fraglich, ob unter dem aktuellen Zeitdruck die Fachposium: „Schlüsselkompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit“, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Juni 2004, S. 26. Die Aufteilung scheint überzeugender als andere Definitionsversuche, weil sie zugleich die Qualitätsanforderungen auch für die einzelnen Module deutlicher hervortreten läßt. 38 Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, vom Juli 1999, veröffentlicht 2000, S. 73.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

bereichsverantwortlichen und Gremien das Augenmerk auf eine fundierte Abbildung der berufsbefähigenden Kriterien und Eigenschaften in den Studien- und Prüfungsordnungen werfen. Ein besonders abschreckendes Beispiel für die fehlende Einbindung des Arbeitsmarktes bietet, wenn auch unter der Verantwortung des Staates, aber unter Beteiligung der Hochschulen, die neue Lehrerausbildung in Berlin: Der Abschluß Master werde den Zugang zum Lehramt ermöglichen, der Abschluß Bachelor führe zu einer Berufsqualifizierung „für bestehende und noch zu entwickelnde Berufsfelder außerhalb des Lehramtes“.39 Nachlässiger kann man den Übergang vom Studium zur Berufswahl und -ausübung wohl nicht regeln. Adressat der Neuorientierung und Umstrukturierung ist, bezogen auf die qualifikationspezifischen Arbeitsmärkte, vor allem der Arbeitgeber. In der ersten großen empirischen Studie zur Studienstrukturreform wird das Thema der Beteiligung von Arbeitgebern am Studienangebot zwar aufgerufen, aussagekräftig sind die Befunde aber wohl kaum. Auf die Frage, ob Vertreter der freien Wirtschaft oder andere Arbeitgeber am Studiengang beteiligt sind, werden lediglich die persönlichen und finanziellen Beteiligungen an Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekten aufgelistet,40 nicht aber die eigentlich spannende Frage erkundet, in welchem Umfang die Arbeitgeber bei der konkreten Erstellung des Bachelor-curriculums beteiligt waren, also ihre eventuelle Einbindung bei der Modulerstellung. Bei einem Vorher / Nachher-Vergleich sehen sogar nur 3% der Fachbereichsverantwortlichen eine Zunahme der Beteiligung von Arbeitgebern am Lehrangebot.41 Eine direkte Anbindung an den Arbeitsmarkt sei im Vergleich zu früher in etwa gleich geblieben (?).42 Diese bereits in sich widersprüchlichen Aussagen spiegeln mehr als eine Vermutung wider: Die deutschen Arbeitgeber sind, von speziellen Fächern und besonderen Interessenlagen abgesehen, im großen und ganzen nicht intensiv in die curriculum-Entwicklung eingeVgl. § 9 a Berliner Lehrerbildungsgesetz vom 5. 12. 2003, GVBl. S. 582. Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 96. 41 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 114. 42 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, Empirische Befunde, 2004, S. 115. 39 40

3. Beschäftigungsfähigkeit und berufsqualifizierender Abschluß

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bunden. Auch hier können die Regelungen für die neue Lehrerbildung ein (negatives) Beispiel liefern: Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeber hatte bereits 1993 in einem Positionspapier vorgeschlagen, Hochschulstudium und Schulpraktika besser miteinander zu verbinden und vor Beginn des Bachelor- und Masterstudiums einen Eignungstests vorzusehen. Das Referendariat solle entfallen und durch ein Trainee-Programm ersetzt werden.43 Diese Vorschläge sind in weiten Kreisen der mit der Entwicklung des curriculums Beauftragten nicht einmal diskutiert worden – was hinsichtlich der für den späteren Beschäftigungsmarkt bedeutsamen Eignungstests deswegen überrascht, weil namentlich in Finnland, dem bildungspolitischen Vorzeigeland, niemand auf die Idee käme, Lehrer ohne Eignungsprüfungen zum Studium zuzulassen und in die Schule zu entlassen.44 Es ist müßig, um nicht zu sagen überflüssig, in immer wieder neuen Analysen auszuloten, wer den Verantwortungsbereich für den Übergang in das Erwerbsleben eines akademisch Ausgebildeten trägt, ob hierbei die Hochschulen eine Bringschuld, die Arbeitgeber eine Holschuld haben usw. Das Ergebnis kann nur lauten: Hochschulen und Arbeitgeber, private wie öffentliche, tragen gemeinsam Verantwortung, damit ein berufsqualifizierender Abschluß auch tatsächlich den Übergang in das Erwerbsleben ermöglicht und stattfinden läßt. Hochschulausbildung und berufliche Anerkennung sind von beiden Seiten zu verknüpfen. Bildungs- und Arbeitsmarkt stellen sich in Zeiten globaler und internationaler Zusammenhänge nicht nur als konsekutive Abfolgen dar, sie sind in ihrer Wirkungs43 BDA, Positionspapier „Master of Education – Für eine neue Lehrer-bildung“ (Zugriff am 1. 7. 2004). 44 Die Lehrerausbildung findet in Finnland an Universitäten statt, die eine landesweit festgelegte einheitliche Linie für die berufliche Qualifikation der Lehrer verfolgen. Der Zugang zum Lehrerstudium ist nur über eine Aufnahmeprüfung möglich; für eine solche Ausbildung bewerben sich jährlich erheblich mehr Personen als es Ausbildungsplätze gibt. Nur ca. 10% der Bewerber bestehen die Aufnahmeprüfung. Der Beruf des Lehrers genießt in Finnland hohes Ansehen, vgl. die Darstellung, veröffentlicht unter (Zugriff am 1. 7. 2004). Nur sehr vorsichtig formuliert dagegen der Wissenschaftsrat: Gleichzeitigkeit einer Hochschulprüfung (Bachelor) mit einer staatlichen Eignungsfeststellung für den staatlichen Vorbereitungsdienst sei „denkbar“, siehe Empfehlungen zur künftigen Struktur der Lehrerbildung, 2001, S. 45.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

weise und in ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als eine Einheit zu begreifen. Dieser notwendige Dialog ist bislang, wie der Wissenschaftsrat konstatiert, nicht immer hinreichend entwickelt. Seine Empfehlung für alle Hochschulen lautet, auf der Ebene von Studiengängen bzw. Fachbereichen praxisbezogene Beiräte als Beratungsgremien des Studiendekans einzurichten.45 Warum die Hochschulen hiervon so selten Gebrauch machen, bleibt unverständlich. Die aktuelle Studienreform, deren Kern gerade die Beschreibung des ersten und zweiten berufsqualifizierenden Abschlusses zum Inhalt hat, fordert diese Beteiligung nahezu zwingend ein. Auf der anderen Seite: Ob mit einem modischen „Bachelor welcome!“ der Personalvorstände führender deutscher Unternehmen46 die Entwicklung und Umsetzung der neuen curricula nachhaltig vorangetrieben wird, mag vorerst nur verhalten optimistisch beurteilt werden. Die Unternehmer unterstreichen in der Erklärung zwar ihr großes Interesse am Bologna-Prozess und versichern, Bachelor-Absolventen seien in ihrem eigenen Unternehmen willkommen – merkwürdigerweise schlägt sich diese gute Absicht aber in so gut wie keinem Stellenangebot nieder. In den konkreten Stellenausschreibungen deutscher Zeitungen findet sich sehr selten ein Hinweis auf eine Bachelor-Ausbildung als erwünscht oder gefordert.47 Auch wenn die Hochschulen ihre Hausaufgaben erledigt und sorgsam den ersten und zweiten berufsqualifizierenden Abschluß in ihre Studienangebote eingebettet haben, steht gleichwohl die wahre Bewährungsprobe erst bevor. Es wird erwartet, daß lediglich 20 bis 30% der Bachelor-Absolventen ihr Studium im Master vertiefen – nimmt der Arbeitsmarkt dann die 70 bis 80% Bachelor-Qualifizierten auf? Über den Erfolg qualifikationsspezifischer Arbeitsmärkte entscheidet heute vor allem der Arbeitgeber, nach dem verstärkten Rückzug des 45 Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, vom Juli 1999, veröffentlicht 2000, S. 70. 46 Erklärung führender deutscher Unternehmen zur Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse in Deutschland, vom 7. 6. 2004, veröffentlicht unter (Zugriff am 17. 6. 2004). 47 An diesem Befund ändert auch die Tatsache wenig, daß bisher erst eine kleine Zahl von Bachelor-Absolventen „auf dem Markt“ ist, wichtig wäre hier die Signalwirkung, vgl. den Appell von Wex, Systemwechsel in Nischen, DUZ 1 – 2 / 2003, 33.

3. Beschäftigungsfähigkeit und berufsqualifizierender Abschluß

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Staates auf diesem Feld also die Wirtschaft. Die Gestaltung des Verhältnisses von Arbeitsmarkt und berufsqualifizierender Ausbildung liegt mithin stärker denn je in der gemeinsamen Verantwortung von Hochschule und Wirtschaft. Eine von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführte Umfrage nach der Einstellungspraxis bei den Wirtschaftswissenschaftlern hat tendenziell das Ergebnis erbracht: Bei einigen Unternehmen besteht manchmal Interesse an Bewerbern mit Bachelor-Abschluß, eher aber nicht; ein höherer Abschluß werde bevorzugt.48 Noch vorsichtiger sind die Ergebnisse der jüngsten Umfrage des Deutschen Industrieund Handelskammertags zu deuten. In der Umfrage war nur nach der Bekanntheit der Bachelor- und Masterstudiengänge gefragt. Während im Februar 2003 erst 40% der Unternehmen von den neuen Studienprofilen Kenntnis hatten, seien es im Jahr 2004 bereits 70%.49 Erstaunen muß die behauptete Repräsentativität: Von 19.125 Unternehmen hatten nur 2.154 geantwortet, dies entspräche einer Rücklaufquote von 11,3 %. Wegen der Verteilung der Unternehmen auf die Größenklassen und Branchen sei die Studie aber repräsentativ50 – gilt dies auch, wenn alle schweigenden Unternehmen die Bachelor- und Masterstudiengänge nicht kennen? Eindeutiger sind die Antworten zu den erwarteten Kompetenzen: Neben dem unverzichtbaren Fachwissen und der Analyse- und Entscheidungsfähigkeit setzen die Firmen bei dem heutigen Hochschulabsolventen Leistungswille, die Fähigkeit selbständig zu arbeiten, Einsatzbereitschaft und Verantwortungsbewußtsein sowie Teamfähigkeit voraus.51 Bemerkenswert sind die Uni-Magazin, Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.), Heft 3 / 2004, S. 40. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Ergebnisse einer Umfrage, 2004, S. 21, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004). Nach einer Umfrage der Zeitschrift capital raten 50% der Personalentscheider der 250 größten deutschen Unternehmer weiter zum Auslaufmodell Diplom-Studiengang, lediglich 21 % bewerten die neuen Studiengänge positiv; veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004). 50 Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Ergebnisse einer Umfrage, 2004, S. 3, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004). 51 Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Ergebnisse einer Umfrage, 2004, S. 3, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004). 48 49

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

angegebenen größten Defizite: Fast die Hälfte der Unternehmen hat sich wieder von dem Berufseinsteiger getrennt, Hauptgrund: die Praxisferne. Daher sehen die Unternehmer im Bachelor-Studiengang den Schwerpunkt Profilbildung (ausdrücklich so genannt) im Praxisbezug.52

4. Differenzierung und Profilbildung der Studiengänge Die Forderung nach einem eigenständigen Profil eines Studienganges erfüllt in der Regel jedes Angebot. Jeder Studiengang ist spezifisch, setzt eigene Schwerpunkte und stellt quantitative und qualitative eigene Anforderungen an das Gelingen des Studienerfolges. Die Abgrenzung wird vollzogen zu anderen Fächern innerhalb der eigenen Hochschule, aber auch zu fremden Einrichtungen. Insofern ist die Profilbildung Ausdruck eines differenzierten und qualitativ abgestuften Anspruchs auf Realisierung einer wissenschaftlichen Ausbildung. Die aktuelle Diskussion wird durch zwei Entwicklungen begründet. Zum einen erzeugt der internationale Wettbewerb und die begrenzte Finanzierbarkeit des Wissenschaftssystems den Druck auf Konzentration, Auswahl und besondere Förderung, mithin also zur hervorgehobenen Abgrenzung. Zum anderen ist zu begründen, durch welche Besonderheiten in einem gestuften Studiensystem sich eine erste Berufsqualifizierung von der folgenden auszeichnet, obwohl beide Ausbildungen auf demselben Tätigkeitsfeld erfolgen. Nur die letztere Entwicklung aus Anlaß des Bologna-Prozesses ist hier zu erörtern und zwar nur in der eingegrenzten Thematik des konkreten Studiengangprofils. Ausgegrenzt bleibt das weite Feld der institutionellen Profilbildung, das sich in den Einrichtungen Hochschule / Fachhochschule sowie in der universitären und außeruniversitären Wissenschaftsbetätigung abbildet; ebenso muß davon abgesehen werden, die übergeordneten Leitbilddiskussionen zu behandeln, die auf anderer Ebene zu einem Gesamtprofil führen sollen. Aussagen über eine erste und zweite Berufsqualifizierung enthalten letztlich Beurteilungen über die Funktion der Abschlüsse und den In52 Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Ergebnisse einer Umfrage, 2004, S. 6, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004).

4. Differenzierung und Profilbildung der Studiengänge

173

halt der zu erwerbenden Qualifikation. Die Kultusministerkonferenz hatte anfangs stringent versucht, die Differenzierung für Bachelorund Masterstudiengänge nach stärker anwendungsorientierten und stärker theorieorientierten Studiengängen vorzuschreiben.53 An dieser Auffassung wird nicht mehr festgehalten. Es sei ausreichend, wenn die Differenzierung auf der Masterebene erfolge, für die BachelorStudiengänge sei die Profilbildung nicht erforderlich.54 Die Gründe für diese Abkehr mögen in der Förderung einer leichteren Einführbarkeit von Bachelor-Studiengängen zu finden sein, in der befürchteten Ausgrenzung für Fachhochschul-Studiengänge sowie in der Abwehr des Vorwurfs, die Hochschulen würden zu sehr gegängelt. In der Sache erscheint die Diskussion über die „richtige“ Einordnung der Studiengänge überflüssig und verfehlt. Jeder Studiengang zeichnet sich selbst-formuliert aus, die detaillierten Beschreibungen erfolgen im diploma supplement. Eine ministerielle Weisung darüber, ob mehr Theorie oder mehr Forschung gelehrt oder gelernt werden soll, erinnert an unerfreulichste Genehmigungsstreitigkeiten im Rahmen der Allgemeinen Diplomprüfungsordnung (2000). Die Tatsache, daß alle Kultusminister in Deutschland innerhalb von nur zwei Jahren eine radikale Wendung vollzogen und eine Muß-Voraussetzung zur Genehmigung und zur Akkreditierung eines Studiengangs gestrichen haben, zeigt überdeutlich, wie unverändert schwer es den Ministerien fällt, Verantwortlichkeiten abzugeben. Die Frage der Profilbildung ist von erheblicher Bedeutung, wenn die Strukturentwicklung einzelner Hochschulen und die Einordnung in das gesamte Hochschulsystem (des Landes, des Bundes) zu bewerten ist. So stellt beispielsweise der Wissenschaftsrat an den Anfang seiner Untersuchungen und Empfehlungen durchweg die Frage nach der Schwerpunkt- und Profilbildung sowie den Stärken und Schwächen der wissenschaftlichen Einrichtung.55 Auch bei institutionellen KMK-Beschluß vom 14. 12. 2001, Punkt 3. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003, Punkt 3. 55 Vgl. nur als ein Beispiel die Stellungnahme des Wissenschaftsrats zur Strukturplanung der Hochschulen in Berlin, 2000, S. 19, 20, 62, 104; zur allgemeinen Ausgangslage (S. 20): „Die Freie Universität ließ sich bei der Planung einer neuen Struktur von einer Analyse der bisherigen Stärken und Schwächen leiten. Der wichtigste Grundsatz der Strukturplanung besteht darin, das differenzierte Fächerspektrum und damit den Charakter einer klassischen Volluniversität zu erhalten. Das Profil in den Geistes- und Sozialwissen53 54

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

Akkreditierungen nicht-staatlicher Hochschulen ist die Ausgangslage das Leitbild und das Profil, als Ergebnis ist die Erfüllung von Qualitätsstandards zu prüfen und festzustellen.56 Aus dieser letzten Feststellung dürfte eine allgemeingültige Aussage herzuleiten sein. Qualitätsfeststellung und Qualitätssicherung orientieren sich immer gezielter an dem stark oder schwach entwickelten Profil eines Studienangebots. Für die Herausarbeitung der unterschiedlichen Qualifikationsprofile kann dies bedeuten: Das Bachelor-Studium richtet sich in elementarem Maße an den grundlegenden Zielen des Studiums aus. Diese umfassen die wissenschaftlich fundierte Beschäftigungsfähigkeit, die Persönlichkeitsentwicklung und die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen. Fachliche Qualifikation und verstärkt transferfähige und überfachliche Kompetenzen sind zu erwerben. In dem grundständigen Studium sind grundlegende Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen zu entwickeln.57 schaften wird stark von den ,großen Ausbildungsfächern‘ sowie den ,kleinen Fächern‘ geprägt und soll in dieser Form erhalten bleiben [ . . . ]“; sowie zur speziellen Empfehlung für die Erziehungswissenschaften (S. 104): „Nach Auffassung des Wissenschaftsrats hat eine eingehende inhaltliche Abstimmung und Profilierung in den Erziehungswissenschaften und in der Lehrerbildung zwischen Freier Universität, Humboldt- Universität und Technischer Universität bisher noch nicht in hinreichendem Maße stattgefunden [ . . . ]. Auch orientieren sich die Erziehungswissenschaften der Berliner Universitäten sowohl unter fachlichen Gesichtspunkten als auch unter Gesichtspunkten der wissenschaftlichen Kooperation noch zu sehr an einem nationalen Kontext. Eine internationale Ausrichtung ist nur gering ausgeprägt [ . . . ]. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, bei der zu optimierenden Profil- und Schwerpunktbildung Allgemeine Pädagogik, Schulpädagogik, Sonder- / Sozialpädagogik, pädagogische Psychologie, Weiterbildung / Erwachsenenbildung und Berufspädagogik als die traditionellen Kernbereiche weiterhin angemessen zu berücksichtigen [ . . . ]. Das bedeutet für die Erziehungswissenschaften an der Humboldt-Universität vor allem die konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Schwerpunkte mit einer noch stärkeren internationalen Orientierung einschließlich Bachelor- / Masterabschlüssen [ . . . ]. Die Freie Universität sollte zur Schärfung ihres Profils – auch unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Stärken in der Sozial- und Kleinkinderpädagogik – gezielt Schwerpunkte ausbilden, wozu in den vorliegenden Empfehlungen verschiedene thematische Anregungen gegeben werden [ . . . ]“. 56 Vgl. beispielsweise die Stellungnahme des Wissenschaftsrats zur Akkreditierung der Evangelischen Fachhochschule Freiburg, vom 30. 1. 2004, S. 6. 57 Vgl. grundlegend Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, vom Juli 1999, veröffentlicht 2000, S. 117 ff.

4. Differenzierung und Profilbildung der Studiengänge

175

Als Ergebnis dieser Ausbildung wird ein berufsqualifizierender Abschluß erworben, der früher als bisher den Übergang in das Beschäftigungssystem ermöglicht. Eine weitere Qualifizierung im Sinne eines differenzierenden Abschlusses ist nur dann berechtigt, wenn eine folgende höhere Qualifizierung in dem Fach nicht die Regel ist. Damit ist das Qualifikationsprofil des Masters zu beschreiben. Es liegt in der inneren Logik der unterschiedlichen Interessen der Studierenden und der zukünftigen Arbeitgeber begründet, wenn der zweite berufsqualifizierende Abschluß die differenzierenden Abschlußangebote erkennen lassen muß. Mit dieser Begründung rechtfertigt sich die Schwerpunktsetzung nach mehr forschungs-, anwendungs- oder berufsbezogener Profilbildung. An Forschung interessierte und dafür geeignete Studierende können in den mehr forschungsorientierten Masterstudiengängen ihre theoretisch-analytischen Tätigkeiten entfalten. Berufsziel ist eine forschungsbezogene Tätigkeit, naheliegend eine Ausrichtung auf transdisziplinäre Forschungskompetenz. Wird das Ziel der beruflichen Tätigkeit außerhalb der wissenschaftsbezogenen Berufsfelder gesehen, kommen mehr anwendungsorientierte Masterprogramme in Betracht. Die Programme bieten spezialisierte weiterbildende Ausbildungsinhalte an, die Programme können praktische wie theoretische Studieneinheiten miteinander verbinden, es sind Haupt- wie Nebenfächer kombinierbar und möglichst flexibel einzubinden. Vor allem sollen die Masterprogramme Hochschulabsolventen die Möglichkeit eröffnen, nach einer Zeit der praktischen Berufstätigkeit ihre Fachkenntnisse zu erneuern und / oder weiterzuentwickeln, also vornehmlich nachfrageorientiert ausgerichtet sein.58 Die KMK betont nachdrücklich das Erfordernis der Profilbildung auf der Masterebene. Masterstudiengänge könnten nur akkreditiert 58 Mit der Stärkung der profilbildenden Interdisziplinarität bei Masterstudiengängen ist zusätzlich die Förderungsfähigkeit nach dem neuen BAföG, hier § 7 Abs. 1a, begründet worden. Danach erstreckt sich die Förderungsberechtigung zunächst auf Bachelor- und konsekutive Masterstudiengänge, aber auch auf postgraduale Masterstudiengänge, die für den angestrebten Beruf besonders förderlich sind; vgl. May / Mülke, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRGKommentar, § 19 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 32; Ramsauer / Stallbaum, NVwZ 2001, 882 (883).

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

werden, wenn sie entweder dem Profiltyp „stärker anwendungsorientiert“ oder „stärker forschungsorientiert“ zuzuordnen seien.59 Weiterhin wird verlangt, es müsse festgelegt werden, ob es sich um einen konsekutiven, nicht-konsekutiven oder weiterbildenden Studiengang handele. Die konsekutiven Bachelor- und Masterstudiengänge seien Studiengänge, die inhaltlich aufeinander aufbauen und sich in der Regel in den zeitlichen Rahmen 3 + 2 oder 4 + 1 einfügten und 5 Jahre Regelstudienzeit bis zum Masterabschluß nicht überschreiten dürften. Der Masterstudiengang könne den Bachelorstudiengang faktisch fortführen und vertiefen oder fachübergreifend erweitern. Die nichtkonsekutiven Masterstudiengänge bauten nicht auf vorangegangenen Bachelorstudiengängen auf. Weiterbildende Masterstudiengänge sollen an berufliche Erfahrungen anknüpfen und setzten eine qualifizierte berufspraktische Erfahrung von der Regel nicht unter einem Jahr voraus.60 Die detaillierten Beschreibungen der Studiengangprofile werden mit der international üblichen Verbreitung begründet. In dieser Allgemeinheit und schon gar nicht in der stringenten Art einer Auflage durch die Kultusministerkonferenz an die Akkreditierungsagenturen läßt sich diese Aussage empirisch nicht nachvollziehen. In einem sorgfältigen Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle (und des postgradualen Studiums) legen Experten dar, daß die Mehrheit englischer Master-Programme einjährig ist („taught“), die Unterscheidung in Forschungs- und Anwendungsorientierung sei sekundär.61 Englische Masterstudiengänge würden unterschieden nach ihrer Dauer, ihrer Ausrichtung und ihrer Organisation, zwischen diesen Merkmalen seien sämtliche Kombinationen und Mischformen denkbar. Die Differenzierung des postgradualen Systems im US-amerikanischen Hochschulsystem erfolge prinzipiell nach wettbewerblichen Grundsätzen (professional oder graduate schools, MBA-Studiengänge), erwünscht und gefördert würden Integration von Forschung und Anwendung auf allen Niveaustufen.62

KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003, Punkt 3. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003, Punkt 4. 61 Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer BachelorModelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 25. 62 Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer BachelorModelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 25, 41. 59 60

4. Differenzierung und Profilbildung der Studiengänge

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Hervorzuheben ist, daß in den angelsächsischen Masterprogrammen keine gesetzlichen oder quasi gesetzlichen Vorschriften deren Unterschiedlichkeiten regeln. Durch die Verschiedenartigkeit der Studiengänge und die wettbewerbsorientierten Marketingaktivitäten zeigen die Hochschulen ihre Profile. Diese Profile sind entscheidend für die Studentenauswahl.63 Das fehlende Verständnis für die erforderliche Vielgestaltigkeit, die autonom wahrzunehmen sei, trägt den KMK-Vorgaben zu Recht den Vorwurf der kontraproduktiven Entwicklung ein.64 Die Hochschulrektorenkonferenz bemängelt ebenfalls die Detailregelung und befürchtet sogar, durch die neuen KMK-Vorgaben würde die internationale Kompatibilität der Studienstrukturen erschwert.65 Es bleibt zu wünschen, daß die starren Vorgaberegelungen der Kultusministerkonferenz alsbald aufgehoben werden. Der richtige Weg zur Darstellung des differenzierten Studienangebots liegt in der Beschreibung im diploma supplement. Einer besonderen Erwähnung bedürfen die Studiengänge des „Master of Business Administration“ und die postgradualen Studiengänge. Mit beiden Richtungen wird die erwünschte Profilierung der Masterstudiengänge spezifisch betrieben. Die zweijährigen postgradualen Masterstudiengänge sind auslandsorientiert. Bundesweit werden etwa 80 Studiengänge angeboten. Für ausländische Studierende sind sie attraktiv, was im wesentlichen darauf zurückzuführen sein dürfte, daß Englisch als Unterrichtssprache angeboten wird und begleitende Deutschkurse. Darüber hinaus wird in kleinen Gruppen gelehrt und gelernt und die Studierenden werden intensiv betreut. Auch die Gebührenfreiheit dürfte eine wichtige Begründung sein, das Studium aufzunehmen. Die DAAD fördert die postgradualen Studiengänge. Ein Zuschuß von bis zu 150.000 Euro pro Jahr kann in der Anlaufphase gewährt werden. Der Master of Business Administration (MBA) ist die am häufigsten nachgefragte postgraduate-Ausbildung. Weltweit sind etwa 1.400 63 So nachdrücklich im Vergleich der Konzepte von Bachelor und Master Kiemle, Hochschulabschlüsse nach dem Bologna-Prozeß, 2003, S. 87. 64 Vgl. die abstrakte, aber eindeutig zuschreibbare Kritik der Autoren in der CHE-Studie, Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 4. 65 HRK-Stellungnahme, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004).

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

Anbieter mit über 5.000 verschiedenen Programmen tätig. Die meisten Angebote, ca. 900, befinden sich in den USA, 120 in Großbritannien und ca. 80 in Deutschland.66 Es wird von über 150.000 Absolventen ausgegangen, davon ca. 2.200 in Deutschland.67 Die häufigsten Studienrichtungen sind verknüpft mit der Wirtschaftswissenschaft, dem Ingenieurstudium und den Naturwissenschaften, aber auch in steigendem Maße mit den Geistes- und Sozialwissenschaften. Das curriculum deckt alle relevanten Management-Funktionen ab. Trotz der erheblichen Unterschiede in den Programmtypen haben die MBA-Programme jedoch gemeinsame Zielsetzungen: Es sollen Fähigkeiten vermittelt werden, die in möglichst vielen beruflichen Situationen anwendbar sind. Fertigkeiten und Kompetenzen in folgenden Bereichen sind zu fördern:68 Systematische Problemidentifizierung und -analyse, Entscheidungsfindung und Umsetzung, Erarbeitung von Organisationskonzepten, Entwicklung von Unternehmensstrategien, Führungs- und Verhandlungstechniken sowie Teamarbeit, Kommunikation und Präsentation. Das MBA-Studium kann als Vollzeitstudium oder berufsbegleitend als Teilzeit- bzw. Fernstudium absolviert werden. Das Konzept zielt auf eine akademische Erst- oder Zusatzausbildung oder auf ein Firmen- bzw. Konsortialprogramm. Das berufsbegleitende Teilzeitprogramm gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es wird geschätzt, daß weltweit rund zwei Drittel aller MBA-Studenten in berufsbegleitenden Programmen eingeschrieben sind. Der Arbeitsaufwand für ein klassisches MBA-Studium ist erheblich. Pro Woche sind im Durchschnitt 15 Unterrichtsstunden zu absolvieren, die Vorbereitungszeit für die Klausuren, gegebenenfalls wissenschaftlichen Arbeiten und Projekte betragen jedoch durchweg das Vielfache. Während in den USA die MBA-Ausbildung zur akademischen Grundausbildung rechnet, stellt sie in den meisten europäischen Ländern eine Erweiterung des traditionellen Bildungssystems dar. Sie ergänzt die international ausgerichtete und praxisnahe Managementausbildung in den klassischen nationalen Wirtschaftsstudiengängen.69 66 Diese wie die folgenden Angaben stammen aus dem Studienführer Giesen / Balster, Das MBA-Studium, 2002, S. 20 ff. 67 Vgl. Kran, MBA als Personalentwicklungsmaßnahme, veröffentlicht unter (Zugriff am 25. 6. 2002). 68 Vgl. im einzelnen Giesen / Balster, Das MBA-Studium, 2002, S. 38.

4. Differenzierung und Profilbildung der Studiengänge

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In Deutschland entwickelt sich die MBA-Ausbildung zusehends stärker. Dies ist zum einen der HRG-Novelle (1998) geschuldet, zum anderen den Tendenzen der Internationalisierung, der Entwicklung im europäischen Markt und dem drängenden Wettbewerb. In Deutschland sind etwa 80 Anbieter mit 90 MBA-Programmen auf dem Markt (Stand: 2002).70 Zwei Aspekte sind erwähnenswert: Die Studiengebühren und die Qualitätsanerkennung. Studiengebühren in MBA-Programmen weisen eine hohe Bandbreite aus, sie reichen von einem (seltenen) kostenlosen Studium bis zu 65.000 Euro.71 Die Stipendienfrage hat also bei den MBA-Programmen eine große Bedeutung.72 Ein weiterer, wenn nicht der wichtigste Gesichtspunkt bei der Vielfalt der auszuwählenden Programme stellt die Akkreditierung dar. Diese ist auch für die deutschen MBA-Programme vorgesehen und soll ein Mindestmaß an Qualität garantieren.73 In den USA wird diese Aufgabe durch fünf regionale Akkreditierungseinrichtungen vorgenommen. Daneben spielen die Rankings eine wichtige Rolle auf dem Anbietermarkt. In Großbritannien ist die Assosiation of MBAs die renomierteste Akkreditierungsvereinigung. Daneben hat die Bewertung durch den Higher Education Funding Council eine große Bedeutung. Auf europäischer Ebene ist die European Foundation for Management Development (efmd) mit Akkreditierungsfragen beschäftigt.74

Vgl. Giesen / Balster, Das MBA-Studium, 2002, S. 78. Vgl. Giesen / Balster, Das MBA-Studium, 2002, S. 82. 71 Studiengebühren für ein MBA-Studium an der Universität des Saarlandes 5.400 Euro (MBA-Europe), für das MBA-Studium an der London Business School 64.000 Euro, vgl. die Darstellung bei Giesen / Balster, Das MBAStudium, 2002, S. 149. 72 Vgl. u. a. die Fördermöglichkeiten durch den DAAD zu dem Thema: Studium, Forschung und Lehre im Ausland – Förderungsmöglichkeiten für Deutsche. 73 Im deutschsprachigen Raum ist für die Akkreditierung von praxisbezogenen Studiengängen im Bereich der Wirtschaftswissenschaften namentlich die FIBAA aktiv (Foundation for International Business Administration Accreditation). 74 Die Kriterien für die Akkreditierung von MBA-Programmen auf der Grundlage der efmd sind einsehbar unter (Zugriff am 1. 6. 2004). 69 70

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

5. Bildungsräume und Internationalisierung Neben der zu langen Studiendauer und der zu hohen Studienabbrecherquote ist das Ziel der Internationalisierung ein wesentlicher Grund für die Einführung des gestuften Studiensystems gewesen.75 Anfangs waren damit (nur) die Orientierungen benannt: Die Erreichung der Wettbewerbsfähigkeit für die deutschen Hochschulen, die Herstellung der Attraktivität des Studienstandortes Deutschland und die Vergleichbarkeit deutscher Hochschulabschlüsse.76 Heute werden mit diesen Anforderungen die unterschiedlichsten Konzepte eingefordert, die von einem Mindestanteil von ausländischen Lehrveranstaltungen bis hin zu einer weitestgehenden Mobilität von Lehrenden und Lernenden reichen. Überzeugend sind diese Anforderungen in der Regel weder im Detail noch im Gesamtkonzept. Die unscharfe Begrifflichkeit liegt in der fehlenden Abgrenzung zu vergleichbaren Aufgabendefinitionen im politischen und gesellschaftlichen Raum. Kritiker sprechen sogar von einer „Leerformel“ des Begriffs Internationalisierung.77 Zu allgemein, um nicht zu sagen fast nichtssagend sind auch Aussagen in diesem Zusammenhang wie: „Die Hochschulen sind nach eigenem Verständnis und eigener Tradition in hohem Maße international ausgerichtete Bildungs- und Forschungsstätten“78 oder: „Wissenschaft und Kunst sind international“.79 Sehr weit gefaßt lautet auch die mehr gesellschaftspolitisch ausgerichtete Definition, die Internationalisierung der Hochschulen umfasse alle systematischen und nachhaltigen Bemühungen, die dar75 Auf diesen Aspekt weist zu Recht immer wieder Teichler hin, so in: Internationalisierung der Hochschulen, HSW 1 / 2002, S. 3 (8). 76 Vgl. Amtliche Begründung, 4. Gesetz zur Änderung des HRG 1997, BTDrs. 13 / 8796, A. Allgemeiner Teil, S. 13. 77 Warnend schon der Wissenschaftsrat (1992, S. 75) in seinen Empfehlungen zur Internationalisierung der Wissenschaftsbeziehungen: Das Moment der „Universalisierung“ sei der Wissenschaft inhärent. Ebenso Welbers, Planung und Organisation von Bachelor- und Masterstudiengängen, Teil II: Curriculumentwicklung, in: Neues Handbuch Hochschullehre, K 2. 2., S. 1 (10). Welbers verengt den Begriff Internationalisierung allerdings zu sehr auf eine bloße Anerkennungsformel von Studienleistungen, in: Behrendt / Voss / Wildt (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre, K 2.1., S. 8. 78 Schaumann, Eröffnungsreferat, Die Internationalisierung des deutschen Hochschulsystems, Tagungsdokumentation DAAD (Hrsg.), Bachelor und Master in den Ingenieurwissenschaften, Bd. 36 (1998), S. 13 (15). 79 Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), HRG-Kommentar, 1984, § 2 Rdnr. 25.

5. Bildungsräume und Internationalisierung

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auf abzielen, daß die Hochschulen möglichst gut auf die Herausforderungen der Globalisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitsmarkt reagieren können.80 Noch unbrauchbarer erscheinen einseitige Fixierungen wie: Internationalisierung bedeutet, Studienangebote in Deutschland für ausländische Studierende attraktiv zu machen, diese müßten in ihrer Heimatkultur handlungsfähig gemacht werden, oder: Internationalisierung der Studienangebote betreffe im wesentlichen die interkulturelle Kompetenz in Studium und Lehre.81 Unter dem Sammelsurium Internationalisierung werden heute hinzugerechnet u. a. Aktivitäten wie: – Internationalisierung der Studieninhalte und -strukturen (Fremdsprachenangebote, englischsprachige Lehrveranstaltungen, teilweise fremdsprachliche Prüfungen, Schwerpunktsetzung mit internationalen Themen, Entwicklung von entwicklungsländerbezogenen Studienangeboten), – Entwicklung und Vergleich von grenzüberschreitenden Studiensystemen, – auslandsorientierte Studiengänge und Master- Plusprogramme (u. a. eingerichtet vom DAAD), – Förderungsprogramme für ausländische Wissenschaftler, – ausländische Hochschul-Partnerschaften und internationale Kooperation, – gemeinsame, grenzüberschreitende Studiengänge, – Auslandsstudium und Studierendenaustausch, – Betreuung ausländischer Studierender und Wissenschaftler, – Entwicklung postgradualer Studiengänge für Deutsche und Ausländer, – Anerkennung von im Ausland erbrachten Studien- und Examensleistungen in Deutschland, – Maßnahmen zur Erhöhung der internationalen Mobilität von (deutschen) Wissenschaftlern, So van der Wende, Missing Links, S. 12. Webler, Internationalisierung – schon eingelöst? HSW 1 / 2002, 18 (19, 22, 23). Wenn auch gut gemeint, handelt es sich hierbei mehr um Ideologie als um eine begriffliche Klärung. 80 81

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

– Nachweispflicht über ausländische Arbeitserfahrungen an ausländischen Wissenschaftseinrichtungen, – Präsenz der Hochschulen im internationalen Raum mittels moderner Informations- und Kommunikationstechnik.

Mit Internationalisierung kann nicht gemeint sein, und dies wäre die erste Abgrenzung, auf dem Gebiet der Forschung verstärkt international tätig und ausgerichtet zu sein. Die Förderung der internationalen Zusammenarbeit gehörte schon zu den gesetzlich definierten Sekundäraufgaben in § 2 Abs. 5 HRG (1976), hierunter wurde und wird vorrangig das Prinzip der Internationalität verstanden.82 Die Tätigkeit des Forschers war und ist nie nationengebunden. Die eigene Forschungstätigkeit wird bestimmt durch die Freiheit in der Fragestellung und der Grundsätze der Methodik, durch die Zielrichtung der Forschung und des Prozesses der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Selbst die Festlegung auf einen mehr international ausgerichteten Forschungsgegenstand bezeichnet nicht ein Merkmal der Internationalisierung, sondern stellt nur die (autonom ausgesuchte) Forschungstätigkeit dar. Folgerichtig sind mit dem international ausgerichteten Bachelor- und Mastersystem intern auch nur die Lehrfragen betroffen (Leistungspunktsystem, Modularisierung, neue Hochschulgrade). Internationalisierung im Hochschulbereich bedeutet, und das wäre die zweite spezifische Abgrenzung, das Bemühen um die Anschlußfähigkeit an internationale Standards in der Lehre und Organisation sowie an regional übergreifende Qualitätsentwicklungen. Unter diese an den Gegenständen ausgerichtete Definition fallen sämtliche Anstrengungen im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozeß, nämlich vergleichbare Studienstrukturen herzustellen oder wenigstens sichtbar zu machen, deren Unterschiede quantitativ und qualitativ herauszustellen, ihre Anerkennung sicherzustellen und Evaluations- und Akkreditierungsverfahren anschlußfähig zu machen. Darüber hinaus gehören auch die international zu betrachtenden Fragen der Zulassung zu einer Hochschule, deren Finanzierung und der Absolventenverbleib in den Katalog der Internationalisierungsgegenstände. Die eigentliche Bedeutung gewinnt der Begriff „Internationalisierung“ aber erst durch die aktuelle Verknüpfung mit der Sprachschöp82 Dallinger, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 2 Rdnr. 14.

5. Bildungsräume und Internationalisierung

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fung von Bildungsräumen; dies wäre die dritte Abgrenzung. Erdacht wurden ein „europäischer Hochschulraum“ (Sorbonne-Erklärung) und ein „europäischer Forschungsraum“ (Europäische Kommission), befürchtet wird ein grenzüberschreitender Bildungsdienstleistungsmarkt (GATS), erahnt ein globaler Raum mit einem Welt-Hochschulsystem.83 Fokussiert zunächst auf den europäischen Raum geben diese Internationalisierungsbemühungen das Bestreben wieder, Europas Wettbewerbsfähigkeit durch Spitzenleistungen in Forschung und Ausbildung zu fördern, dann darüber hinaus aber auch international die Beweglichkeit, die Sprachkenntnisse und die Offenheit des Bürgers mit Hilfe der Hochschulen zu meistern.84 Erklärte Absicht ist es, die Mobilität von Studierenden und Lehrenden in den aufgestellten Bildungsräumen zu erleichtern und zu fördern. Das überragende Ziel dieser Internationalisierungsausrichtung ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen. Für die deutschen Hochschulen bedeutet Internationalisierung im wesentlichen und konkret: Umstellung des gesamten herkömmlichen Studiensystems auf das neue System der gestuften Abschlüsse,85 in Teilen gehört fraglos auch das Erasmus-Programm dazu. Nur mit dem Element dieser aktiven Aufnahme ist der Begriff spezifisch.86 Welche Auswirkungen und ggf. ob Erfolge mit diesem Instrumentarium verbunden sind, muß zur Zeit als völlig offener Prozeß erklärt werden. Gemessen etwa an den Zielen der Mobilität, der Vergleichbarkeit und Anerkennung von Studienleistungen sowie der wissenschaftlichen Exzellenz und Produktivkraft werden mehr Zweifel genährt als Erfolge vorhersehbar sind. So sprechen beispielsweise die Anzeichen sehr ernst dafür, daß die Mobilität der Studierenden mit Einführung des Bachelor-Studiums sinken wird. Das zeitlich enorm 83 So Teichler, HSW 1 / 2002, 3 (8). Teichler versucht, den Begriff der Internationalisierung mit den verschiedenen Zielrichtungen zu interpretieren: internationale Kooperation und Mobilität, Veränderungen der Studiengangstruktur, des Hochschulsystems und der inneren Organisation, vgl. in: HSW 1 / 2002, 3 (9). 84 Vgl. unter Kapitel II. 2. e). 85 Vgl. Schaumann, Eröffnungsreferat: Die Internationalisierung des deutschen Hochschulsystems, Tagungsdokumentation, DAAD (Hrsg.), Bachelor und Master in den Ingenieurwissenschaften, Bd. 36 (1998), S. 13 (15). 86 Vgl. auch die Definition aus dem Duden, Das Fremdwörterbuch, internationalisieren: international machen.

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V. Weitere Vorgaben und Ziele der neuen Studiengänge

in Anspruch nehmende und in Teilen spezifische Modul-Lehrveranstaltungsprogramm lädt keineswegs zu einem Austauschsemester im Ausland ein. Das konzentrierte Lehr- und Lernprogramm legt in aller Regel, so die angelsächsischen Erfahrungen, nicht einen Hochschulwechsel nahe, schon gar nicht zu einer ausländischen Bildungseinrichtung. Die Anrechnung von Studienleistungen bleibt gegenwärtig mindestens ungeklärt bzw. abstimmungsbedürftig. Ein Leistungspunkt in Hamburg wird anders ermittelt als in Konstanz, erst recht ein credit aus Hamburg im Verhältnis zu Paris. Die aufwendigen Tuning-Projekte mit beispielsweise 85 Kompetenzprofilen belegen die fast als hilflos zu bezeichnenden Abstimmungsprozesse. Und erst recht als ungewiß muß eingeschätzt werden, wie sich ein in Deutschland praktiziertes Bachelor- und Mastersystem im wissenschaftlichen Bereich international auswirkt bzw. anerkannt wird. Warum sollte ein deutscher Nachwuchswissenschaftler jetzt den Master oder die wissenschaftliche Laufbahn in Deutschland absolvieren, wenn die Gründe, z. B. in die USA zu gehen (Stichwort: brain drain) unverändert in Deutschland bestehen bleiben? Und umgekehrt: Warum sollte ein ausländischer Nachwuchswissenschaftler in das gestufte System nach Deutschland wechseln, wenn er das Original vor der Tür hat und obendrein die Sprach- und Forschungsbarrieren (auch hier das Stichwort brain drain) bestehen bleiben? Dieser letzte Aspekt ist deshalb so gewichtig, weil das Spezifische an der Internationalisierungsdebatte, so wie sie im europäischen Raum angestoßen wurde, die Exzellenz und die wissenschaftliche Leistungskraft zum Ziel hat. Das bedeutet in der spürbarsten Auswirkung: mit welchem Erfolg gestaltet sich der personelle Austausch des wissenschaftlichen Nachwuchses? Vergegenwärtigt man sich den internationalen Vermischungsgrad z. B. an US-amerikanischen Hochschulen (ca. 40% im Ph-Degree-Programm sind Nichtamerikaner), so klafft hier eine gewaltige Lücke in den Voraussetzungen und den zu erreichenden Zielen eines international ausgerichteten Hochschulsystems.87 Die Erfolge einer Internationalisierung werden sich letztlich nur einstellen können, wenn auch die Voraussetzungen des erwünschten 87 Vgl. im folgenden die Vertiefung unter Kapitel XI. zum Vergleich der Bildungssysteme und deren Akzeptanz.

5. Bildungsräume und Internationalisierung

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Systemwechsels geschaffen werden. Für die deutschen Hochschulen heißt das zwingend immer wieder: Autonome Auswahl der Studenten durch die Hochschulen und Einführung von Studiengebühren – verglichen mit dem angelsächsischen System.

VI. Die Erarbeitung eines Bachelor- und eines Masterstudienganges Die Einrichtung eines Studienganges stellt für jeden Fachbereich eine Herkulesarbeit dar, dies gilt schon für den herkömmlichen Diplomstudiengang, es bedarf aber nochmals zusätzlicher Kraftanstrengungen, wenn ein gänzlich neues Studiensystem aufgebaut werden soll. Hierfür sind ohne Zweifel auch Managementfähigkeiten vonnöten. Ein neuer Bachelorstudiengang kann nicht nebenher konzipiert und ausformuliert werden. Die Einsetzung einer kompetenten Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Entscheidungen des Fachbereichs ist nach den bisherigen Erfahrungen auf diesem Felde dringend zu empfehlen. Dabei sollten folgende Einsichten berücksichtigt werden, die zwar keinen Erfolg sichern, die aber mit einiger Sicherheit vor allzu großen Enttäuschungen und Fehlentwicklungen bewahren können.

1. Die Einsetzung und Zusammensetzung der Arbeitsgruppe Die Einsetzung der Arbeitsgruppe sollte vom Dekan vorgenommen werden, wenn eine gesamtuniversitäre Planung zur Erstellung des Studiensystems vorliegt: vom Präsidenten oder dem Rektor. Die Zusammensetzung der Mitglieder ist vorzugsweise nicht nach dem Gruppenstatus zu regeln, sondern danach, wer etwas zu der Reformentwicklung beitragen möchte oder kann (Qualifizierungsargument).1 1 Aus diesem Grunde überzeugt die vorgeschlagene paritätische Zusammensetzung von Lehrenden und Lernenden, die Welbers für die einzurichtende Studienreformdiskussion anregt, nicht, ders., Planung und Organisation von Bachelor- und Masterstudiengängen, Teil 1, in: Behrendt / Voss / Wildt (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre, K 2.1, S. 11. Obendrein: Sollten Studierende entscheiden, würde voraussichtlich bis heute nicht ein einziger BachelorStudiengang in Kraft getreten sein; vgl. auch Heine, Gestufte Studiengänge

1. Einsetzung und Zusammensetzung der Arbeitsgruppe

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Als leidvolle Erfahrung muß jedoch berücksichtigt werden, daß sich der Gruppenproporz in den seltensten Fällen vermeiden läßt. Wenn im Verlaufe der Arbeit etwas schief läuft, wird regelmäßig der formale Aspekt der Nichtbeteiligung einer Gruppe eingebracht; also: im Zweifel alle Gruppen beteiligen. Welche Professoren sollten beteiligt werden? Dies stellt mit die wichtigste Frage zum Gelingen des Reformprozesses dar. Die Stimme der Professoren entscheidet über den Inhalt und Erfolg des neuen Studienganges. Dabei ist es kein Geheimnis, daß die über den Zenit ihrer wissenschaftlichen Leistungskraft hinausgewachsenen Professoren in der Regel kein gesteigertes Interesse daran haben, die letzten Hochschuljahre damit zu verbringen, einen neuen Vorlesungsstoff zu erarbeiten und ihre Lehrveranstaltungen umzugestalten. Erst recht dann nicht, wenn, wie in der Mehrzahl der Fälle, die Überzeugung von dem neuen System ohnehin nicht tief verwurzelt ist. Geeigneter wären hier eher diejenigen jüngeren Kollegen, die überzeugter sind, sowie diejenigen, die den Reformprozeß vorantreiben wollen und die die Auswirkungen der Umstellungen auch verantworten und erleben müssen. Allerdings läßt sich die unterschiedliche Interessenlage häufig nicht vermeiden. Der renommierte Ordinarius wird es sich selten nehmen lassen, an den wesentlichen Zukunftsfragen des Fachbereiches mitzubestimmen. Die Folgen des Systemwechsels wird er hingegen nicht mehr aktiv begleiten können. Ein Konflikt auf dieser Ebene sollte dann wissenschaftsadäquat gelöst werden: In einer offenen Aussprache, mit dem Gewicht des überzeugenderen Arguments. Wenn auf diese Weise die Positionen geklärt sind, darf es aber keinen Rückzug mehr geben. Konkret: die Beteiligung in der Arbeitsgruppe wäre kontraproduktiv, wenn an den Weichenstellungen ständig ein Zwar / Aber eingebracht, im Ergebnis also die erklärte Absicht, den Reformprozeß zu fördern, behindert würde. Wer an den zuweilen jahrelang währenden Gruppensitzungen zur Einführung des Bachelorstudienganges im Fachbereich teilgenommen hat, dem wird diese Art innerer Verweigerungshaltung nicht unbekannt vorkommen.

und -abschlüsse im deutschen Studiensystem, Längsschnittbefragung 1999, HIS Kurzinformation A3 / 99.

188

VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

2. Diplom und Bachelor und Master? Die erste Klärung, die die Arbeitsgruppe vorzunehmen hat, betrifft die Frage, ob dem Fachbereich überhaupt die Einführung eines Bachelor- und Masterstudiengangs empfohlen werden soll. Diese Frage wird von etlichen Beteiligten und Beobachtern als rein theoretisch belächelt und abgetan, sie ist es aber nicht, weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht. Die Aufforderung an einen Fachbereich, einen neuen Studiengang einzurichten, kann sich in verschiedener Weise manifestieren. Der Fachbereich möge die Einrichtung prüfen und entsprechende Ordnungen erstellen oder der Fachbereich führt den neuen Studiengang aufgrund allgemeiner gesetzlicher Vorgaben initiativ ein oder aufgrund landesrechtlicher oder bildungspolitischer Absichtserklärungen. Direkter Anlaß ist häufig ein akademischer Senatsbeschluß oder die Ausführung einer entsprechenden Verpflichtung aufgrund einer Zielvereinbarung. Gemeinsam ist allen Aktivitäten, daß dem Fachbereich zuvörderst nur aufgetragen wird, die Möglichkeiten einer Einführung zu prüfen, eine rechtlich verbindliche Weisung erfolgt in der Regel nicht. Damit dürfte schon aufgrund des Charakters eines derartigen Prüfauftrags ausgeschlossen sein, daß ein Fachbereich den Bachelor-Studiengang einführen muß. Die Einführung der neuen Studiengänge ist noch weniger durch übergeordnete Rahmenwerke zwingend vorgeschrieben. Weder die Bologna-Erklärung noch die KMK-Empfehlungen stellen verbindlich gesetztes Recht dar.2 Auch der Landesgesetzgeber erteilt allenfalls nur eine Aufforderung, die Einführung neuer Studiengänge zu prüfen und schrittweise das gestufte System insgesamt einzuführen, verbunden mit dem Hinweis, die auslaufenden Diplom-Studiengänge nicht mehr genehmigen zu wollen. Einzelheiten der Umsetzung werden dann in Hochschulverträgen oder Zielvereinbarungen getroffen. Und auch im hochschuleigenen Satzungsrecht werden die Einzelheiten der Stufung verpflichtend nur geregelt, wenn die Bachelor- und Masterstudiengänge eingerichtet werden, nicht aber ob. Hier lauten regelmäßig die Formulierungen, der Akademische Senat verfolge das Ziel, die Entwicklung und Einführung der neuen Studienstrukturen in allen Bereichen der Hochschule einzurichten, zu unterstützen und zu koordinieren. (Finanzielle) Konsequenzen werden erst dann aktuell, wenn 2

Vgl. unter Kapitel III. 3.

2. Diplom und Bachelor und Master?

189

der Fachbereich die freiwillig eingegangene Verpflichtung, den neuen Studiengang einzuführen, z. B. in einer Zielvereinbarung, nicht einhält. Es bleibt festzuhalten, daß bei derzeitiger Rechtslage kein einzelnes Hochschulmitglied gezwungen werden kann, schon gar nicht die ausschlaggebende Gruppe der Professoren im Gremium, einen Bachelor-Studiengang zu beschließen. Unterstützend kann sogar noch darauf hingewiesen werden, daß die KMK selbst Ausnahmen gestattet: „Die gestufte Studienstruktur mit Bachelor- und Masterstudiengängen ist wesentlicher Baustein des Europäischen Hochschulraums, der – entsprechend den Zielsetzungen der Bologna-Vereinbarung – bis zum Jahre 2010 geschaffen werden soll. Jedoch können wichtige Gründe für eine Beibehaltung der bewährten Diplom-Abschlüsse auch über das Jahr 2010 hinaus sprechen.“3 Warum diese Aussage in den nur vier Monate späteren, die Thesen ausformulierenden Ländergemeinsamen Strukturvorgaben nicht wiederholt wird, bleibt unerfindlich. Aufgehoben oder „vergessen“ wurde sie jedenfalls nicht, denn frühere KMK-Beschlüsse (so die Strukturvorgaben vom 5. 3. 1999) wurden ausdrücklich für nicht mehr anwendbar erklärt.4 Nur vermutet werden kann, daß die zehn Thesen auf alle Fälle erst einmal als ein Produkt der KMK erscheinen mußten, um vor der nahenden Berlin-Konferenz am 19. 9. 2003 „Flagge“ zu zeigen, zum anderen hätte vielleicht ein wiederholender Hinweis auf „bewährte Diplomabschlüsse“ in Deutschland die Kritiker des Bologna-Prozesses erneut auf den Plan rufen können. Der oftmals behauptete Zwang, gar keine Wahlmöglichkeit zu haben, ob ein Bachelor eingeführt werde oder nicht, kann allzuschnell zu resignierenden Ausflüchten und passivem Verhalten führen, oftmals verbirgt sich dahinter aber auch die Unwilligkeit, sich mit Neuerungen auseinanderzusetzen, oder, noch schlimmer, vielleicht sogar Entscheidungen treffen zu müssen: Hat sich die Diplom-Ausbildung in so hohem Maße bewährt, daß um ihren Bestand gekämpft werden muß oder überwiegt doch der Reformstau und die Einsicht, neue Studienstrukturen seien wünschenswert? Es erstaunt immer wieder, daß diese elementare Frage selten intensiv und zielorientiert diskutiert 3 Vgl. KMK-Beschluß vom 12. 6. 2003 – 10 Thesen zur Bachelor- und Masterstruktur in Deutschland – These 10. 4 Vgl. Fußn. auf dem Deckblatt zum Beschluß der KMK vom 10. 10. 2003.

190

VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

wird. Die Mehrzahl der Hochschullehrer steht dem neuen Stufensystem unverändert skeptisch gegenüber, in Einzelgesprächen wird versichert, man halte von dieser Entwicklung wenig – gleichwohl wird auf der nächsten Gremiensitzung zugestimmt. Besteht Einigkeit darüber, den Bachelor-Studiengang einzurichten, wird sehr empfohlen, frühzeitig den Blick auf die Strukturplanung des Fachbereichs und die eigenen kapazitären Möglichkeiten zu werfen. Welches kapazitäre Lehrangebot muß vorgehalten werden, damit eine Bachelor- und Masterausbildung gewährleistet werden kann? Wie sind gegebenenfalls Nebenfächer, einschließlich eventueller Berücksichtigung der Lehrerausbildung abzudecken? Wie sieht der Stellenplan in drei bis vier Jahren aus, welche Neuberufungen stehen an und auf welchem Gebiet? Wie werden voraussichtlich die zukünftigen Studentenzahlen aussehen? Es kommt bei diesen Fragen nicht darauf an, Einzelentscheidungen zu prognostizieren oder sogar zu fällen, wichtig erscheint es aber, die Gesamtentwicklung im Blick zu haben, damit die Neustrukturierung gelingen kann, mit allen Konsequenzen für Lehrende und Lernende. Ein Nebenprodukt dieser Gesamtschau wird vorhersehbar die frühzeitige Einsicht sein, daß ein paralleles Angebot von herkömmlicher Diplom- und neuer Bachelorausbildung nicht zu leisten ist und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Kapazitäten für diese Doppelung nicht zur Verfügung stehen. Wird der neuartige Studiengang geschaffen, so heißt dies: Modularisierung und studienbegleitende Prüfungen. Der gesamte Lehr- und Lernstoff ist neu zu konzipieren, dafür muß konsequenterweise auch der größte Teil der Kapazität zur Verfügung gestellt werden. Wie soll daneben – gleichwertig – eine Diplomausbildung gewährleistet werden? Alle Versuche, über Teilanrechnungen aus einem Studiengang den anderen zu versorgen oder eine Integrationslösung über ein gemeinsames Grundstudium und eine Differenzierung im Hauptstudium herbeizuführen, nehmen den Ansatz des gestuften Studiums mit neuem Lehrinhalt und dem Ziel eines eigenständigen berufsqualifizierenden Abschlusses im Bachelor nicht ernst und sind selbst dem Vorwurf des Etikettenschwindels ausgesetzt. Damit sind keine qualitativen Abwertungen dieser integrierten Studiengänge verknüpft, nur sollten diese Bemühungen nicht das Etikett „Bachelor“ erhalten.

3. Der Zeitplan bis zur Immatrikulation

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3. Der Zeitplan bis zur Immatrikulation für den Bachelor- und Masterstudiengang Eine auf den ersten Blick lehrerhafte und überflüssige Empfehlung lautet: Die Arbeitsgruppe hat einen Plan festzuschreiben und Meilensteine zu benennen, zu welchem Zeitpunkt welche Aufgaben zur Implementierung des neuen Studienganges erledigt sein müssen. Zu diesen Meilensteinen gehören vor allem eine zeitliche Rückrechnung und die Fixierung aus der Sicht der neu zu Immatrikulierenden: Zulassungsfristen, Inkrafttreten der neuen Ordnung, staatliches Genehmigungs- / Anzeigeverfahren, akademischer Senatsbeschluß und vorheriger Fachbereichsbeschluß. Die Praxis kann anders aussehen: Entweder hangelt sich die Arbeitsgruppe von Sitzung zu Sitzung und von Schwerpunkt zu Schwerpunkt ohne zeitliche Vorgaben oder die Vorgaben werden nicht eingehalten. Schlimmster einzutretender Fall: Die Immatrikulation kann nicht vollzogen werden, die Bachelor-Ordnung ist nicht fertig geworden. Oder die Bachelor-Ordnung ist fertig geworden, die Zulassungsanträge lauteten aber auf Zulassung zu einem anderen Studiengang, etwa zum Lehramt. In diesen Fällen wären die Bewerbungen für den Bachelor-Abschluß zurückzuweisen, oder sie könnten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgeschoben werden in der Hoffnung, der Studiengang würde genehmigt oder aber die Bewerbungen wären auszulegen auch in einen Zulassungsantrag zu einer herkömmlichen Diplomausbildung. Entsprechend wären die Anträge auf Zulassung zur herkömmlichen Ausbildung (z. B. Lehramt, Staatsexamen) umzudeuten in ein Zulassungsverfahren zum Bachelor. Für alle drei Konstellationen existieren (leider) bereits Beispiele. An der Technischen Universität Berlin wird das zukünftige Studienangebot in dem offiziellen Presseorgan für das Wintersemester 2004 / 05 vorgestellt.5 Sibyllinisch lautet die Ankündigung: Die umzustrukturierenden Studiengänge (d. h. Bachelor und Master) und die einzustellenden Studiengänge bedürften noch der Zustimmung durch die zuständige Senatsverwaltung. Im Klartext: Bachelor-Studiengänge sind noch nicht einmal erstellt oder nicht genehmigt. Entsprechend läuft z. B. das Bewerbungsverfahren für den Bachelor-Studiengang Architektur an der TU Berlin. Es bewarben sich Studierwillige zu die5

Vgl. TU intern Nr. 7 – 9, Juli 2004, S. 8.

192

VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

sem Studiengang, es sollten 162 Zulassungen erfolgen. Da die Umstellung auf die Bachelor-Studiengänge noch nicht erfolgt sei, würden die für den Bachelor-Studiengang eingereichten Bewerbungen jetzt automatisch bei dem Vergabeverfahren für den Diplomstudiengang berücksichtigt.6 An der Freien Universität Berlin wurde die Zulassungsordnung für das Wintersemester 2004 / 05 verabschiedet u. a. mit mehreren bezeichneten Bachelor-Studiengängen. Für diese sind auch Studienanfängerzahlen festgesetzt worden, für den Diplomstudiengang die Zahl Null. Für einige dieser Studiengänge existierten bis zur Bewerbungsfrist 5. 7. 2004 jedoch noch keine eingerichteten genehmigten Studiengänge.7 Kurz innegehalten möge an dieser Stelle die Bewertung erlaubt sein: Man kann sich sicherlich auf den Standpunkt stellen, es sei relativ unerheblich, ob ein Bachelor-Studium ein Jahr früher oder später eingerichtet werde. Wenn allerdings den Studierwilligen Antragsformulare zu einem Bachelor-Studium entgegen gehalten werden, d. h. die Hochschule mit einem völlig neuen Studiensystem wirbt und Ernst machen will, muß dieses Versprechen auch eingelöst werden. Leere Versprechungen fördern den ohnehin schwierig zu gestaltenden Bologna-Prozeß am allerwenigsten. Selbstkritisch müßten die säumigen Hochschulen auch einräumen: Wenn mit den neuen Lerninhalten des Bachelor-Studiums unzweifelhaft neben dem Fachwissen auch Analyse- und Entscheidungsfähigkeiten zu entwickeln sind, ebenso die allgemeinen berufsvorbereitenden Fähigkeiten wie Management und Organisation sowie personale Schlüsselqualifikationen, dann erstaunt es doch einigermaßen, daß gerade diese Fähigkeiten nicht zum Tragen kommen, wenn die Akteure selbst über dieses neue Studiensystem beschließen. Die eingangs erwähnte Planaufstellung, eingeschlossen die Abarbeitung zeitlich gebundener Aufgabenerledigung, kann derartigen Fehlentscheidungen konstruktiv entgegenwirken. Zeichnet sich ab, daß Zeitvorgaben nicht einzuhalten sind, etwa weil die Modulabstimmung nicht gelingt oder das staatliche Genehmigungsverfahren nicht vollzogen wird, muß durch Zwischenberichte die Rückkoppelung an den Fachbereich erfolgen. Dieser kann und wird so reagieren, daß die TU Berlin, Medieninformation Nr. 181 a vom 8. 7. 2004. Vgl. Amtsblatt der FU Berlin vom 8. 7. 2004, Zulassungsordnung für das WS 2004 / 05, sowie die entsprechenden Gesamtübersichten. 6 7

4. Die Gestaltung des Curriculums

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Immatrikulationsvoraussetzungen auf eine verläßliche Grundlage gestellt werden. 4. Die Gestaltung des Curriculums Im Mittelpunkt der Arbeit zur Entwicklung eines neuen Studiensystems steht die Frage, mit welchen Lehrinhalten die Berufsqualifikationen Bachelor und Master erreicht werden sollen, also die Prüfung, welche fachlichen, methodischen und überfachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu einer Berufsqualifikation führen. Dabei sind auch die vorgegebenen Studiengangprofile zu berücksichtigen.8 Größte Sorgfalt ist mithin den Antworten zu widmen, für welche Berufsfelder, besser beschäftigungsbefähigenden Eigenschaften9 ausgebildet werden soll. Neben den Erfahrungen aus der Hochschulwelt sind unmittelbare Ansprechpartner die ehemaligen Absolventen und die Arbeitgeber. Deren erprobte Einschätzungen sind unabdingbar einzubringen, wenn das Ziel „Berufsqualifizierung“ erreicht werden soll. Die zuweilen anzutreffende Zurückhaltung der Hochschulgremien, sich die Vorstellungen und Wünsche der Arbeitgeber, eingeschlossen der öffentlichen, konkret anzuhören, wird den Vorstellungen über eine zukunftsorientierte Arbeitswelt nicht mehr gerecht. Sie birgt darüber hinaus den Keim von Fehlentwicklungen in sich, wie Absolventenbefragungen immer wieder zutage fördern (Stichwort: fehlender Praxisbezug). Im übrigen sollten, so lehren die angelsächsischen Vergleiche, die curricula weder zu spezialisiert noch zu generell sein, sie sind weder an ordnungspolitische Vorgaben auszurichten noch an internen Hierarchien. Wünschenswert ist die Vielfalt.10 Sind die berufsqualifizierenden Merkmale festgelegt, müssen die neuen Lehrinhalte – durch den Vorgang der Modularisierung – definiert und beschrieben werden. Erfahrungsgemäß bereitet dieser Umstellungsprozeß vielen Hochschulangehörigen die größte SchwierigVgl. unter Kapitel V. 4. Zur Ausweitung des Berufsbildes zum „offenen“ Beruf, vgl. unter Kapitel V. 3. und III. 2. bb cc). 10 Vgl. hierzu die jüngste Untersuchung zu den angelsächsischen Modellen von Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer BachelorModelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 6 ff. sowie Memorandum zur Einführung eines Credit-Systems an den Hochschulen in Deutschland, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), 2000, S. 13. 8 9

13 Wex

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VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

keit.11 Es heißt Abschied nehmen von den bisherigen Konzeptionen der Lehrvermittlung, vielmehr sind veränderte Stoffgebiete in neue Lehr- und Lerninhalte zusammenzuführen. Modularisierung setzt definitionsgemäß eine Absprache und intensive Kommunikation zwischen den Fachvertretern voraus, zusätzlich muß abgeklärt werden, welche Pflichtmodule und welche Wahlpflichtmodule Geltung beanspruchen und welche affinen Fächer einbezogen werden sollen. Das Umdeuten von „Fach“ zur Funktionseinheit „Modul“ stellt mithin den bisherigen Lehrstoff in einen andersartigen Zusammenhang. Allzuschnell werden Absprachen und Kompromisse gleichgesetzt mit Bedeutungsverlust und Anerkennungsproblemen (Stichwort: Die Wichtigkeit des eigenen Moduls mißt sich an der Zahl der credits). Module müssen entsprechend ihrer Zielsetzung neu aufgebaut werden, hier liegt die eigentliche Gestaltungsmöglichkeit zugunsten echter Reformen. Überraschenderweise wird die Chance der so oft beschworenen notwendigen Entrümpelung der alten Studiengänge häufig nicht ergriffen. Die Möglichkeit, zukunftsorientierte Lerneinheiten zu konzipieren, wird eher als Last empfunden. Für die curriculare Gestaltung der gestuften Studienangebote sind durchaus Erfahrungen von ausländischen Hochschulen einzubringen, wiewohl es anerkanntermaßen nicht „das“ angelsächsische Modell gibt.12 Typische Aspekte z. B. bei der curricularen Erarbeitung eines Bachelor-Studienganges in Großbritannien sind:13 – die Schwerpunktsetzung im Studiengang – mehr allgemeines Studium, akademisches oder berufsorientiertes? – das Verhältnis von Theorie und Praxis, – mehr Breite oder Tiefe in der Ausbildung? – Konzentration auf eine Disziplin oder mehr auf einen interdisziplinären Zusammenhang, 11 Vgl. hierzu die oben angegebenen Ergebnisse des Ausschreibungswettbewerbs des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft zu den in großen Teilen mißlungenen Umstellungen, unter Kapitel IV. 1. 12 Vgl. statt vieler Teichler, Gestufte Studiengänge und -abschlüsse in den Geistes- und Sozialwissenschaften, DAAD (Hrsg.), 1999, S. 37 (99). 13 Nach Squires, First Degree. The Undergraduate Curriculum, 1990, wiedergegeben bei Teichler, Gestufte Studiengänge und -abschlüsse in den Geistes- und Sozialwissenschaften, DAAD (Hrsg.), 1999, S. 37 (96 ff.).

4. Die Gestaltung des Curriculums

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– das Verhältnis von Pflicht- zu Wahlmodulen, – die Grundidee des Studienganges, etwa die Betonung von moralischen Gesichtspunkten oder Förderung von unternehmerischen Einstellungen sowie die Vorstellungen über die Persönlichkeitsentwicklung des Studierenden.

Zusätzlich zum ausländischen Vergleich eröffnet eine curriculare Reform vor allem die Möglichkeit, neue Herausforderungen der Wissensgesellschaft aufzunehmen. Dazu zählen u. a. vier Themen:14 Zum einen die Bewältigung der Aufgabe, daß mit der heutigen Wissensexplosion die Forschungsschwerpunkte der Lehrenden und im weiteren die Lehrangebote immer weniger Schritt halten können. Zum anderen sollen die Studienangebote stärker berufsnützlich werden, obwohl die Vorhersagen über Berufsperspektiven immer fraglicher werden. Weiterhin gewinnt das lebenslange Lernen immer größere Bedeutung – wie schlägt sich das in den Lehrprogrammen nieder? Und schließlich sollen die Hochschulen international attraktiver werden – welche Prozesse der Internationalisierung und Globalisierung verdienen als Lehr- und Lernmaterial aufgenommen zu werden? Für die aktuelle Reformumsetzung in Deutschland sind vor allem zwei Fragen zu beantworten: Aus dem Langstudium Diplom ist zunächst ein kürzeres Studium zu schneidern, d. h. es sind Eingrenzungen und Weglassungen vorzunehmen. Gleichwohl hat die kürzere Studiendauer eine erste Berufsqualifizierung zu vermitteln – welche? Diese Abklärung gewinnt im konsekutiven Modell erhebliches Gewicht, denn nun muß die Beziehung zur zweiten Stufe hergestellt werden. Soll mit dem Master eine fachliche Spezialisierung, eine Ergänzung, eine Vertiefung oder sogar ein ähnliches Fach studiert werden? Die Fachbereiche müssen in diesen Fragen Farbe bekennen. Sie müssen die Logik von gestuften Studiengangsstrukturen offenlegen und hierfür curriculare Lösungen anbieten. Neben der inhaltlichen Neubestimmung kommt der Festlegung der Leistungspunkte, also der Ermittlung des Studienaufwandes zur Erreichung des Lernziels höchste Aufmerksamkeit zu. Die Ermittlung kann auf verschiedene Weise erfolgen: Für jede Lehrveranstaltungsform kann eine feste Größe ausgewiesen werden, also z. B. für eine 14 Vgl. die zusammenfassende Analyse von Teichler, Gestufte Studiengänge und -abschlüsse in den Geistes- und Sozialwissenschaften, DAAD (Hrsg.), 1999, S. 37 (101).

13*

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VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

einstündige Vorlesung = 1 credit, für eine zweistündige Vorlesung = 2 credtis, eine Übung = 3 credits, ein Seminar = 4 credits, ein Hauptseminar = 5 credits usw.15 Diese formale und pauschalisierende Festlegung hat letztlich ihre Wurzeln in der alten Semesterwochenstunden-Einteilung. Sie trägt dem individuell zu entwickelnden Arbeitsaufwand gerade nicht Rechnung, denn es kann kaum richtig sein, daß z. B. für das Seminar X mit geringer Lesestoffanforderung die nämliche Zeit zum Selbststudium aufzubringen ist wie für das Seminar Y, für welches zu jeder einzelnen Lehrveranstaltung eine umfangreiche Bewältigung von Pflichtlektüre eingefordert wird. Vorzugswürdiger ist daher die individuelle Ausweisung des zeitlichen Studienaufwandes für die Leistungspunkte. Hierfür gibt es bisher keine verläßlichen Erfahrungswerte, gleichwohl hat sich die Ausrichtung an dem „normalen Studierenden“ zu orientieren. Um hier zu verläßlichen Annahmen zu gelangen, empfiehlt es sich, in den ersten Semestern die Arbeitsbelastung der Studierenden durch Selbstreports oder im Wege der normalen Evaluation zu erfassen.16 Auf zwei weitere übergeordnete Aspekte bei der curriculum-Entwicklung ist hinzuweisen: Die notwendige Konsensbildung über die Modularisierung innerhalb der Hochschule sowie die organisatorische Sicherstellung des Lernerfolgs als nachhaltige Wirkung der Modulbildungen. Liegen keine hochschulinternen Abstimmungen über die Definition von Modulen vor, d. h. keine Maßstäbe für deren Inhalt, Umfang und Anforderungen, so sind diese Module auch nicht vergleichbar. Eine gegenseitige Anerkennung bei einem Hochschulwechsel muß erst recht scheitern.17 Die Hochschulen versuchen, diese Abstimmungen entweder durch „Rahmenkonzepte für die Entwicklung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ sicherzustellen oder durch kontrollierendes Einwirken der eigenen Rechtsabteilung. Zum Teil 15 Vgl. z. B. § 8 Nr. 4 Studienordnung für den Bachelor-Studiengang Erziehungswissenschaften an der Philosophischen Fakultät IV vom 14. 11. 2001, HU Berlin; besonders irritierend die dort vorgenommene Koppelung mit Semesterwochenstunden, z. B.: ein Seminar im Umfang von zwei SWS = 4 Leistungspunkte (Studienpunkte). 16 So die Vorstellung von Gehmlich, Beispiel zur Einführung eines CreditSystems, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, Transparenz – Koordination – Kompatibilität, 2000, S. 11 (19). 17 Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 7.

5. Vom Fach zum Modul

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wird die Einrichtung von Fachgruppen vorgeschlagen, die die Abstimmung über die Studieneinheiten vorzubereiten und den vorgegebenen Studienaufwand zu überprüfen hätten.18 Die Erfolge sind derzeit mäßig. Beobachter sehen noch keine Entwicklungen hin zu gemeinsamen Modulstrukturen, schon gar nicht hochschulübergreifend. Die praktischen Schwierigkeiten seien jetzt bereits erheblich.19 Entlarvend die empirischen Befunde zu diesem Thema: Die Maßeinheit „Leistungspunkte“ stehe in 62% der neuen Bachelor-Programme für die bisherigen Semesterwochenstunden.20 Vor allem ist das Lernpotential der Module zu entwickeln und hochschuldidaktisch zu begleiten. Die entscheidende Frage bleibt: Wird in dem neuen Bachelor-Studiengang besser, vor allem berufsorientierter, intensiver, motivierter gelernt als in den bisherigen Studienangeboten? Gelingt es nicht, das Lehren stärker auf das Lernen zu beziehen und diese hochschuldidaktische Zielsetzung umzusetzen, bleibt die Einführung eines neu gestuften Studiensystems in der Tat ein Etikettenschwindel mit Frustrationsergebnissen auf allen Ebenen.21 5. Vom Fach zum Modul – der Abgleich zwischen Diplom und Bachelor / Master Sozusagen als Gretchenfrage und damit auch gerechtfertigt als eigener herauszuarbeitender Erfolgsfaktor innerhalb der curriculumEntwicklung ist der Abgleich zwischen den beiden Studiengängen vorzunehmen: Welche Lehrprogramme sind aus dem Diplom herausgefallen, welche Lerninhalte sind im Bachelor in neue Stoffgebiete zusammengefaßt, welche Schwerpunkte sind beim Bachelor neu hin18 Vgl. Gehmlich, Beispiel zur Einführung eines Credit-Systems, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), Credits an deutschen Hochschulen, Transparenz – Koordination – Kompatibilität, 2000, S. 13. 19 Vgl. Welbers, Planung und Organisation von Bachelor- und Masterstudiengängen, Teil I: Curriculum-Entwicklung, in: Behrendt / Voss / Wildt (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre, K 2. 2. 1, S. 15. 20 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland – Empirische Befunde zur Studienstrukturreform, 2004, S. 76. 21 So nachdrücklich Welbers, Planung und Organisation von Bachelor- und Masterstudiengängen, Teil I: Curriculum-Entwicklung, in: Behrendt / Voss / Wildt (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre, K 2. 2., S. 8 ff.

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VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

zugetreten, wie ist das Verhältnis von Pflicht- zu Wahlprogrammen gestaltet, wie viele Prüfungsleistungen wurden im Diplom abverlangt, wie viele werden im Bachelor gefordert und wie wird der Arbeitsaufwand der Lehrenden und Studierenden im Diplom eingeschätzt, wie im Bachelor? Aus allen diesen Gegenüberstellungen muß zwangsläufig das Resultat sichtbar werden, daß der Lehrstoff nicht mehr identisch ist und auch die Kapazität und Angebote geringer ausfallen. Angesichts der Wahrscheinlichkeit, daß jeder Lehrveranstaltende regelmäßig sein Lehrangebot als wichtig und kaum einschränkbar erachtet, empfiehlt es sich, die Außensicht einzubringen. Die Akkreditierungsagenturen bieten teilweise an, schon relativ frühzeitig ihren Rat einzubringen – falls gewünscht. Ebenso begrüßenswert wäre es, wenn auswärtige Fachkollegen, einvernehmlich gebeten, ihre Einschätzungen abgeben. Nicht ungeprüft kann bei der Erstellung des Bachelor-Studiengangs das Verhältnis zur (konsekutiv) angelegten zweiten Berufsqualifizierung, dem Master, bleiben. Der curriculare Aufbau und der Abgleich der zu erwerbenden Fähigkeiten muß von der erwünschten Gesamtqualifikation her aufgebaut werden. Bei der Entwicklung von Masterstudiengängen sind die Zielgruppen zu identifizieren und zu quantifizieren, jeder Masterstudiengang benötigt sozusagen mindestens eine „Bachelor-Quelle“, aus der er sich speisen kann.22 Bemerkenswert sind auch die ersten empirischen Befunde über den Vergleich Vorher / Nachher. Auf die Frage, welche konkreten Veränderungen sich im Vergleich des neuen Bachelor- / Masterstudienganges mit dem Vorgänger-Studiengang Diplom feststellen lassen, hat sich der Umfang an Betreuungsmaßnahmen für die Studierenden als derjenige Punkt herausgestellt, der sich am meisten verändert habe. 72% der Befragten wählten die Antwortkategorie 1 („stark zugenommen“).23 Dieser hohe Aussageanteil könnte, vorsichtig optimistisch, dahingehend interpretiert werden, daß das praktizierte neue Lehrund Lernverhalten Wirkung zeitigt.

22 So die wichtigen Hinweise aus der Bund-Länder-Kommission, BLK, Modularisierung in Hochschulen zur Studienstrukturreform, 2004, Heft 101 (2002), S. 30. 23 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland – Empirische Befunde zur Studienstrukturreform, 2004, S. 114.

6. Die frühzeitige Beteiligung der Arbeitgeber

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6. Die frühzeitige Beteiligung der Arbeitgeber Bachelor- und Masterstudiengänge werden sich nur durchsetzen, wenn sie die Berufsqualifikationen vermitteln. Über den erfolgreichen beruflichen Einstieg entscheidet der Arbeitsmarkt. Mithin kommt der Einbeziehung und Rückkoppelung zu den Arbeitgebern höchste Priorität zu. Über die gemeinsame Verantwortung zur Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit sind sich Hochschul- und Wirtschaftsvertreter einig. Im Großen und Ganzen werden jedoch, wie dargestellt,24 die Arbeitgeber nicht intensiv und vor allem nicht frühzeitig in die curriculumEntwicklung eingebunden. Wer dies bezweifelt, möge Einsicht nehmen in die Protokolle der Studienreform- bzw. Arbeitsgruppensitzungen und in die Studienordnungen nebst diploma supplement. Es genügt keineswegs, wie von der Hochschulseite häufig vorgetragen, man kenne den Arbeitsmarkt und über die Absolventen wisse man genauesten Bescheid. Die Realität sieht oft anders aus. Nach der letzten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelstages bei immerhin über 2000 Unternehmern trennen sich die Unternehmer schnell wieder von Berufseinsteigern. Die Praxisferne stellt den Hauptgrund für die Trennung dar.25 Die Alarmglocken müßten seit Jahren in Deutschlands Hörsälen schrillen. Eine frühzeitige Zusammenarbeit mit der Wirtschaft bedeutet für die Hochschulen: Die Unternehmen sind rechtzeitig zu beteiligen. Das kann nur heißen, bereits bei der ersten Frage, ob ein berufsqualifizierender Studiengang einzurichten ist, sind notwendigerweise von Anfang an die Arbeitgeber zu beteiligen. Eine gänzlich andere Frage ist es, ob die Hochschulvertreter deren Vorstellungen folgen wollen. Bis auf den heutigen Tag scheint jedoch immer noch eine Art Berührungsangst gegenüber Unternehmensbeeinflussungen vorzuherrschen, unterschiedlich gesteigert nach Fächerkulturen. Die Vorstellungen der Arbeitgeber werden unzweifelhaft dann eine noch größere Rolle spielen, wenn die Hochschulen sich ihre Studierenden auswählen können. Der Aspekt der zukünftigen Personalrekrutierung wird hierbei beachtenswert zunehmen.

24 25

Vgl. unter Kapitel V. 3. Vgl. unter Kapitel V. 3.

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VI. Erarbeitung eines Bachelor- und Masterstudienganges

Mit der Strukturentscheidung, einen ersten und zweiten berufsqualifizierenden Abschluß einzuführen, wird noch deutlicher geworden sein, daß ein Großteil der zukünftigen Beschäftigungspositionen außerhalb des Wissenschaftssystems zu suchen und zu finden ist. Diese Ausrichtung stellt, wie der Wissenschaftsrat analysiert, das quantitativ dominierende Ziel dar.26 Und schließlich werden sachnotwendig die Einschätzungen der Vertreter der Wirtschaft vorab zu berücksichtigen sein, wenn potentielle und qualifizierte Interessenten für einen einzurichtenden Masterstudiengang angesprochen werden sollen. Hier hat die Wirtschaft einen unverzichtbaren Beitrag zu der currriculum-Entwicklung beizusteuern, damit qualifizierte Absolventen eine adäquate Beschäftigung finden können.27

7. Die vorzeitige Organisation der Prüfungen Die klügste und konzeptionsreichste Einrichtung eines Studiengangs wird mißlingen, wenn die verwaltungsmäßige Durchführung klemmt. Damit rückt das Prüfungsverfahren als ein zentrales Element in dem gestuften Studiengang in den Mittelpunkt. Auch Hochschulen, die auf eine jahrelange Praxis in den Bachelor- und Masterstudiengängen zurückschauen können, betonen die Schwierigkeiten bei der verwaltungsmäßigen Bewältigung des Prüfungsverfahrens. Die Probleme liegen in der Art des völlig neuartigen Prüfungssystems begründet und in dem möglichen, je nach Fach, bis zum zehnfach anschwellenden Umfang der Prüfungen.28 Für die bundesdeutschen Hochschulen bietet das Hochschulinformationssystem aus Hannover (HIS) ein nach eigenen Angaben professionelles Prüfungsverwaltungssystem als Modul HISPOS-GX an. Dieses Modul sei in der Lage, die hochschulspezifischen Anforderun26 Vgl. Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, 2000, S. 59. 27 Grundlegend zu den Voraussetzungen erfolgreicher Beschäftigungs- und Hochschulpolitik: Bensel / Weiler / Wagner (Hrsg.), Hochschulen, Studienreform und Arbeitsmärkte, 2003. 28 Über eine erste Erfahrung mit dem modularisierten wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang berichtet die Hochschule Augsburg: 3.500 Studierende melden sich durchschnittlich zu 19.000 Einzelprüfungen im Semester an, in: BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 98 (2001), S. 74.

7. Die vorzeitige Organisation der Prüfungen

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gen komplexer Studien- und Prüfungsorganisationen abzubilden.29 Der Leistungsumfang reiche von der Prüfungsanmeldung, der Notenverbesserung bis hin zur Selbstbedienung HISQUIS. Insgesamt sei HISPOS-GX an 87 Hochschulorten eingeführt.30 Ein weiteres Prüfungsverwaltungssystem – Flex Now! – wurde an der Universität Bamberg entwickelt und wird nach eigenen Angaben von 12 Fachbereichen vornehmlich im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich angewendet.31 Ob die Systemanwendungen im Einzelfall wirklich wie gewünscht reibungslos funktionieren, kann an dieser Stelle überblicksartig oder verläßlich nicht mitgeteilt werden. Die Auskünfte aus den Hochschulen sind teilweise zögerlich, zum Teil wird stark differenziert nach flexibleren curricula oder wenig flexiblen. Je vielfältiger Wahl- und Pflichtfächer auftreten, je häufiger Rücktrittsmodalitäten oder MalusMöglichkeiten kombinierbar seien, umso schwieriger gestalte sich die Implementierung. Stark hinweisbedürftig sind die langen Einführungsphasen und die erforderlichen Schulungen der Mitarbeiter zur Anwendung EDVgestützter Prüfungsverwaltungssysteme. Hierfür sind offensichtlich nicht nur Monate zu veranschlagen, sondern Jahresperspektiven. Letztlich bliebe ein bitterer Beigeschmack, wenn ein zukunftsorientiertes Reformprojekt weiterhin mit den Mitteln der Zettelwirtschaft, papiernen Teilnehmerlisten und handgeschriebenen Leistungserfassungen durchgeführt würde. Die konkrete Empfehlung lautet: Mitarbeiter des Prüfungsamtes und Programmierer der Prüfungsverwaltungssoftware sind rechtzeitig und regelmäßig in die Beratungen zur Einrichtung eines neuen Studienganges hinzuzuziehen.

29 Vgl. die Kurzinformation in HIS A 3 / 2002, HISPOS-GX sowie die jeweils abrufbaren Softwareprogramme unter (Zugriff am 1. 7. 2004). 30 Vgl. die Kurzinformation in HIS A 3 / 2002, HISPOS-GX. 31 Vgl. die Darstellung in (Zugriff am 24. 11. 1003).

VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren 1. Die gültige Prüfungsordnung Hochschulprüfungen werden auf der Grundlage von Prüfungsordnungen abgenommen. Diese sind von den Hochschulen zu erlassen. Früher bedurften die Prüfungsordnungen einer staatlichen Genehmigung, § 16 S. 1 HRG a.F. Mit dem Inkrafttreten des neuen § 16 HRG durch das 4. Gesetz zur Änderung des HRG vom 20. 8. 1998 wurde der staatliche Genehmigungsvorbehalt entscheidend geändert: Die Genehmigung der Hochschulprüfungsordnung erfolgt durch die nach Landesrecht zuständige Stelle.1 Demgemäß kommen drei Möglichkeiten in Betracht:2 Das Landesrecht sieht weiter eine ministerielle Genehmigung vor; oder die Genehmigung wird auf den Rektor (Präsident) im Weg der Organleihe auf die Hochschule übertragen. Für zulässig gehalten wird aber auch, daß der jeweilige Akademische Senat die Prüfungsordnung erläßt und das Rektorat die Ordnung genehmigt. Dem zuständigen Ministerium ist der Erlaß dann nur noch anzuzeigen. a) Der Gesetzesvorbehalt Unabhängig von der Frage, wer die Prüfungsordnung erlassen darf, besteht Einigkeit darüber, daß das Vorhandensein einer Prüfungsordnung eine zwingende Voraussetzung für eine fehlerfreie Prüfung ist.3 Die berufsqualifizierenden Hochschulprüfungen regeln 1 § 16 HRG n.F. findet unbestritten auf die Bachelor- und Masterstudiengänge Anwendung, vgl. Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 16 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 1. 2 Vgl. die ausführliche Kommentierung von Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 16 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 13 ff. 3 BVerfGE 80, 1 (33) betr. multiple choice; Seebass, NVwZ 1992, 609 ff.; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 381.

1. Die gültige Prüfungsordnung

203

den Zugang zum Beruf, sie sind an Art. 12 GG zu messen.4 Insoweit besteht nicht nur ein Normvorbehalt, sondern auch ein Gesetzesvorbehalt.5 Wie aber stellt sich die Rechtslage dar, wenn nach Ablauf der Bewerbungsfrist, im schlimmsten Fall zum Zeitpunkt der Immatrikulation oder sogar der Prüfung gar keine verabschiedete oder genehmigte Prüfungsordnung vorliegt? Diese an und für sich seltene Konstellation kann sich für das neue Prüfungssystem zu einem nicht geringen Problem ausweiten, denn etliche Hochschulen ermuntern zwar zu einem Bachelor- und Masterstudiengang, sie stellen aber nicht immer die fertigen Ordnungen zur Verfügung.6 Die Rechtsprechung hat die Abnahme von Prüfungen für zulässig erachtet, wenn die vorgelegte Satzung (Prüfungsordnung) zwar noch nicht formell genehmigt worden, das Satzungsrecht aber insgesamt anerkannt war.7 Eine Prüfung nach allgemeinen Grundsätzen und ohne formell gültige Ordnung könne aber nur übergangsweise praktiziert werden.8 Als Rechtsgrundlage für dieses Ergebnis wird der Vertrauensgrundsatz,9 der Gleichheitsgrundsatz10 oder das Gewohnheitsrecht,11 beziehungsweise die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis12 bemüht. Vorzugsweise sollte auf den rechtsstaatlichen Vertrauensgrundsatz abgestellt werden, weil zum einen zu vermuten ist, daß die Prüfungsämter weiterhin die anerkannten Grundsätze der Verwaltungspraxis pflegen wollen und weil zum anderen dieser Schutz der Verwirklichung der Chancengleichheit des Studienbewerbers aus Art. 3 Vgl. unter Kapitel III. 2. b). Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 381. 6 Vgl. die Beispielsfälle unter Kapitel VI. 3. 7 BVerfGE 41, 251. 8 VGH Mannheim, KMK-HSchR 1981, 396; BVerwG, NVwZ 1993, 681 (685); BVerwG, KMK-HSchR 1989, 327. 9 BVerwG, Beschluß vom 26. 8. 1988 – 7 C 76.87 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 257. 10 VG Münster, WissR 1977, 84; BVerwG, Beschluß vom 26. 8. 1988 – 7 C 75.87 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 257; OVG Bautzen, NVwZ-RR 2003, 853. 11 VGH Mannheim, KMK-HSchR 1981, 396. 12 BVerwGE 46, 89. 4 5

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG am ehesten gerecht werden kann. Dessen Anwendbarkeit bei fehlenden Prüfungsordnungen bereitet jedoch erhebliche Probleme im gestuften Studiensystem. Vertrauensschutz setzt voraus, daß der zu Begünstigende auf den von der Behörde oder dem Gesetz hergestellten Zustand vertrauen darf. Als allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts läßt er sich aus dem Prinzip der Rechtssicherheit, aus dem Prinzip von Treu und Glauben, aus dem Sozialstaatsprinzip oder aus Grundrechten herleiten.13 Um Vertrauensschutz geltend machen zu können muß unabdingbar eine Basis oder ein Tatbestand vorliegen, an den das Vertrauen anknüpfen kann.14 Damit sind bereits die unüberbrückbaren Schwierigkeiten angedeutet, bei einem völlig neuen Prüfungssystem ohne rechtliche Regelungen vertrauensvoll auf ein altes System rückgreifen zu dürfen. Bachelor- und Masterstudiengänge unterscheiden sich fundamental von Diplomprüfungen. Im Diplom werden Fächer geprüft, beim Bachelor / Master Module. Allein dieser gravierende Strukturunterschied gestattet keinen Rückgriff auf ein „vergleichbares“ Prüfungsverfahren. Zum anderen finden bei den Bachelor- und Masterstudiengängen die Prüfungen am Ende der Lehrveranstaltung statt, im Diplom hingegen nur in der Mitte und am Ende des Studiums. Daraus folgt weiterhin eine erheblich unterschiedliche Zahl von Prüfungen. Im Diplom variiert diese Zahl je nach Studiengang zwischen ca. 4 und 12 Einzelprüfungen, im Bachelor / Master zwischen 10 bis zu ca. 40 möglichen Einzelprüfungen. Auch die Bestehensvoraussetzungen sind gänzlich andere: Während im Diplom nur das Vordiplom eine Hürde für das Weiterstudium darstellt, kann im sequentiellen Bachelor- / Masterstudiengang nur weiterstudiert werden, wenn die vorherigen Module erfolgreich geprüft wurden sind. Und schließlich unterscheidet sich die Studiendauer ganz erheblich und auch das Ziel des Studiums: Mit dem Diplom wird das gesamte Fach zusammenfassend abgeschlossen, mit dem Bachelor hingegen wird in diesem Fachgebiet nur ein erster berufsqualifizierender Abschluß erreicht. Alle diese Unterschiede führen zu der Einschätzung, daß Prüfungen in Bachelor- und Masterstudiengängen ohne gültige Prüfungsord13 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2002, § 11 Rdnr. 22; Achterberg, Verwaltungsrecht, 1988, § 23 Rdnr. 50. 14 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2002, § 28 Rdnr. 28.

1. Die gültige Prüfungsordnung

205

nungen fehlerhaft abgehalten werden, sie können nicht im Rückgriff auf das herkömmliche Prüfungssystem durchgeführt werden.15 In der zurückliegenden Zeit hat es bereits, vereinzelt, Entscheidungssituationen gegeben, wie mit Studierenden zu verfahren ist, die zum einen in einem nicht genehmigten Studiengang zugelassen worden sind und studieren und zum anderen, ob Studierende in einem solchen nicht genehmigten Studiengang (keine Prüfungsordnung, keine Zulassungsfestsetzung) aufgenommen werden dürfen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte in einem derartigen Rechtsstreit einen Zulassungsanspruch verneint, weil der Studiengang rechtlich nicht existent sei. Deshalb sei eine Studienplatzvergabe unzulässig.16 Anderer Ansicht das Oberverwaltungsgericht.17 Die Aufnahme des Lehrbetriebs sei mit Billigung der zuständigen Wissenschaftsbehörde erfolgt. Es sei vorherzusehen, daß die Genehmigung mit hoher Wahrscheinlichkeit erteilt werde. Es sei „formalistisch, die Antragsteller an der fehlenden Genehmigung“ scheitern zu lassen, im Gegenteil, der Fachbereich habe es dem Studierwilligen erspart, ein Jahr auf den Beginn der Ausbildung warten zu müssen. Hierbei fällt auf, daß das OVG mit keinem Wort die tragende Säule des Prüfungsrechts auch nur erwähnt, nämlich den Gesetzesvorbehalt. Die Entscheidung wird letztlich durch eine starke Betonung der Interessen der Studierenden und der Universität getragen. Ob dies die Suspendierung des rechtsstaatlichen Elements aus dem Prüfungsrecht und die Qualifizierung als formalistisch rechtfertigt, mag bezweifelt werden. Folgt man der Argumentation des Verwaltungsgerichts Hamburg, dann wäre bei fehlenden Prüfungsordnungen für Bachelor- und Masterstudiengänge schon aus diesem Grunde keine Zulassung auszusprechen, damit könnten auch keine Prüfungen ab der ersten Lehrveranstaltung stattfinden. Weitere Ausprägungen des rechtsstaatlichen Verfahrens gebieten, daß sich die Prüfungsbedingungen während des Prüfungsverfahrens 15 Es handelt sich bei dieser Beurteilung um die nämliche Situation wie bei der neueingeführten Prüfungsart des Antwort-Wahl-Verfahrens (Multiple Choice). Auch hier hat die Rechtsprechung die durchgeführte Prüfung aufgrund der alten Diplomprüfungsordnung für rechtswidrig gehalten, vgl. OVG Bautzen, NVwZ-RR 2003, 853. 16 VG Hamburg, Beschluß vom 10. 11. 2000 – 12 VG Z 772 / 2000 (unveröffentlicht). 17 OVG Hamburg, Beschluß vom 10. 10. 2001, WissR 2002, 180.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

nicht wesentlich ändern.18 Die Prüfungen werden dann nicht „aufgrund von Prüfungsordnungen“ im Sinne von § 16 Abs. 1 S. 1 HRG abgelegt. In engem Zusammenhang damit steht die Forderung, daß Prüfungsleistungen nur nach den Vorschriften zu bewerten sind, die zum Zeitpunkt der Erbringung der Prüfungsleistung gelten.19 Nur diese Anforderung sichert die vorhersehbare und für den Kandidaten garantierte Prüfungssicherheit. Bei der Einführung des neuen Prüfungsrechts sind zwingend Übergangsbestimmungen zu treffen.20 Wenn neues Prüfungsrecht erlassen wird, aber zum Beispiel eine Wiederholungsprüfung noch nach alten Recht durchgeführt wird, so sind hier ebenfalls Übergangsbestimmungen vorzusehen.21 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes erlangt auch vorrangige Bedeutung, wenn die Prüfungsordnung geändert wird. Eine Rechtsverordnung kann grundsätzlich nur durch das entsprechende Verfahren geändert werden, das die Förmlichkeiten beachtet. Ist also eine Prüfungsordnung im Amtsblatt oder Gesetz- und Verordnungsblatt des zuständigen Ministeriums oder im jeweiligen Veröffentlichungsorgan der Universität publiziert worden, so muß die Änderung ebenfalls dort vorgenommen werden. Ist die Bekanntmachung versehentlich unterblieben, kann dieser Mangel durch Vervielfältigung der Satzungsexemplare geheilt werden.22 Es läßt sich generell feststellen, daß der Prüfling darauf vertrauen darf, daß die Prüfungsbedingungen nicht unvermutet zu seinem Nachteil geändert werden. Falls neue Regelungen greifen sollen, müssen diese Änderungen rechtzeitig umgesetzt werden. Der Prüfling muß sich in zumutbarer Weise auf die Änderungen einrichten können, im Zweifel sind Übergangsregelungen zu erlassen.23 Die Geltung des Gesetzesvorbehaltes im Prüfungsrecht hat weiterhin zur Folge, daß alle wesentlichen Fragen durch die Prüfungsordnung zu regeln sind. Hierzu zählen – allgemein – die Verfahrensfragen, der Prüfungsstoff, die Leistungsanforderungen und die RegelunBVerwGE 16, 150, 151; VGH München, BayVBl. 1994, 81 (84). BVerwG, VerwRspr. Bd. 25, 272 (274); VGH München, WissR 1978, 73. 20 Vgl. BVerwG, NJW 1988, 781; BVerfG, NVwZ 1982, 97. 21 OVG Münster, KMK-HSchR 1986, 996 (998); VG Köln, KMK-HSchR 1989, 322. 22 Vgl. OVG Berlin E 7, 99 (102). 23 BVerfG, NVwZ 1989, 645; Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 121. 18 19

1. Die gültige Prüfungsordnung

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gen über die Bewertung der Prüfungsleistungen.24 Durch die einzelnen Landesgesetze konkretisiert25 werden heute als mindest zu regelnde Gegenstände in den Prüfungsordnungen gefordert:26 – Studienziel, Studienzweck, – Zuständigkeit der Prüfungsbehörde, – Qualifikation der Prüfer, – Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung, den Rücktritt und die Wiederholbarkeit, – Prüfungsfächer und ihre Gewichtung sowie die Leistungsnachweise, – Zahl und Bewertung der Prüfungsleistungen, – Anrechnung von Prüfungs- und Studienzeiten, – Prüfungsfristen, – Ablauf und Organisation des Prüfungsverfahrens, – Schutzbestimmungen zugunsten von Müttern und Behinderten, – Einsichtsrecht in Prüfungsakten, – Begründungspflicht für die Prüfungsleistungen, – Zeugnisvergabe bzw. akademische Gradverleihung.

Aktualisiert für die Bachelor- / Masterstudiengänge müssen die Prüfungsordnungen darüber hinaus als wesentliche Bestimmungen enthalten: – die Modulbeschreibungen, – die Darstellung des Leistungspunktsystems, – die Vergaberegelungen für Leistungspunkte, – die zu vermittelnden Qualifikationen, 24 Grundlegend: Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 24 ff. mit weiteren Nachweisen. 25 Vgl. beispielsweise die allerdings weit gefaßten und detaillierten Vorgaben aus § 94 HG NRW. 26 Vgl. die Zusammenstellungen bei Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 383; Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 8 ff.; Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 16 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 22 ff.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

– die Beschreibungen des eigenständigen ersten und zweiten berufsqualifizierenden Abschlusses, – die weiteren Zugangsvoraussetzungen für den Masterstudiengang, – die Abschlußbezeichnungen für Bachelor- und Mastergrade, – das diploma supplement.

b) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und mit Rahmenvorschriften Eine Prüfungsordnung ist ferner nur dann fehlerfrei, wenn sie mit höherrangigem Recht und den verbindlichen Rahmenvorschriften vereinbar ist. Grundrechtsschutz ist anerkanntermaßen auch im Prüfungsverfahren zu gewährleisten. Überragende Bedeutung beanspruchen daher zunächst die Grundrechte und hier insbesondere die Berufsfreiheit und die Chancengleichheit. Aber auch im Ablauf und in der Organisation des Prüfungsverfahrens („Grundrechtsschutz durch Verfahren“)27 gewinnen die Grundrechte zunehmend an Bedeutung. Im einzelnen können folgende Grundrechte betroffen sein: – das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG, – der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, – die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG, – der Schutzbereich der Berufswahl und der Wahl der Ausbildungsstätte aus Art. 12 Abs. 1 GG, – die rechtsstaatlichen Grundsätze im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, – der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

Inwieweit eine Regelung aus der Prüfungsordnung dann ein Grundrecht verletzt, obliegt der tatsächlichen Einzelfallprüfung.28 27 Vgl. Weber, in: Leuze / Epping (Hrsg.), HG NRW-Komm., Vorbem. §§ 92 – 95 (Stand der Kommentierung: 2002) Rdnr. 12 mit weiteren Nachweisen. 28 Zu den Voraussetzungen und dem Umfang der Inanspruchnahme insbes. des Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 GG vgl. die Ausführungen unter Kapitel III. 2. a) und b).

1. Die gültige Prüfungsordnung

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Die Bachelor- / Masterprüfungsordnung hat ferner die gesetzlichen Vorgaben aus dem Hochschulrahmengesetz zu berücksichtigen, also namentlich die folgenden Bestimmungen: – § 2 Aufgaben der Hochschulen, – § 4 Abs. 3 und 4 Freiheit der Lehre und des Studiums, – § 7 Ziel des Studiums, – § 8 Studienreform, – § 9 Koordinierung der Ordnung von Studium und Prüfungen, – §§ 10 – 13 Studiengänge, – § 15 Prüfungen und Leistungspunktsystem, – §§ 16, 17 Prüfungsordnungen, – § 18 Hochschulgrade, – § 19 Bachelor- und Masterstudiengänge, – § 20 Anerkennung von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen.

Eine Prüfungsordnung hat weiterhin die rahmenrechtlichen Empfehlungen und Richtlinien zu berücksichtigen. Dazu zählen die Beschlüsse der KMK, die Mindeststandards und Kriterien des Akkreditierungsrats und der Akkreditierungsagenturen, die landesrechtlichen Richtlinien oder Eckwerte sowie die hochschuleigenen Rahmenvorgaben. Die KMK-Beschlüsse spielen in der Praxis eine hervorgehobene Rolle. Sie kodifizieren, wie festgestellt, mit ihren Rahmen- und Strukturvorgaben das Bachelor- und Masterrecht.29 Gleichwohl ist nochmals klarzustellen, daß die KMK-Beschlüsse nur Empfehlungscharakter haben.30 Unmittelbar verpflichten sie weder den Landesgesetzgeber noch die einzelne Hochschule. Ähnlich verhält es sich mit den Anforderungen und Kriterien der Agenturen zur Akkreditierung eines Studienganges.31 Rechtlich verbindlich können deren Mindeststandards nur über entsprechende Entscheidungen des Landesgesetzgebers und / oder der Hochschule werden. 29 30 31

Vgl. Kapitel III. 3. Vgl. Kapitel III. 3. Vgl. Kapitel III. 3. b).

14 Wex

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

Bei den landesrechtlichen Richtlinien und Eckwerten ist danach zu unterscheiden, ob es sich nur um allgemeine, nicht bindende Empfehlungen handelt oder um rechtliche Voraussetzungen zur Genehmigung. Überwiegend werden die Richtlinien als verbindlich formuliert, mit Verweis auf die einzubeziehenden KMK-Beschlüsse und die Akkreditierungsanforderungen.32 Und schließlich kann sich die einzelne Hochschule selbst binden, indem sie durch Satzungsrecht stringent festlegt, welchen inhaltlichen und formalen Erfordernissen eine Prüfungsordnung nachzukommen hat.33 Zu deren Wirksamkeit wird – selbstverständlich – vorausgesetzt, daß die Satzungsregelungen ihrerseits nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Ein Abweichen von den genannten Empfehlungen wäre hingegen grundsätzlich unschädlich. Allen genannten rahmenrechtlichen Empfehlungen und Richtlinien ist gemeinsam, daß sie erst durch die Entscheidung der „zuständigen Stelle“ im Sinne von § 16 S. 1 HRG Verbindlichkeit erlangen. Daß heißt konkret für die Entscheidungsträger bei der Erstellung einer Prüfungsordnung: Der Akademische Senat, die Leitung der Hochschule oder das Landesministerium können, je nach zugewiesenen Kompetenzen die (unverbindlichen) Rahmenvorgaben zu verbindlichem Recht beschließen. Der Kompetenzstreit zwischen den Hochschulen mit ihrem Recht auf Selbstverwaltung und der Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Staat ist in zahlreichen Landesgesetzen auf der Ebene der Versagungsgründe für die Genehmigung der Prüfungsordnung geregelt worden. Als Grundtatbestand läßt sich hierbei die Gewährleistung der erforderlichen Einheitlichkeit im Hochschulbereich herauslesen.34 Mit der ersatzlosen Streichung des alten § 9 Abs. 2 HRG, demzufolge die Genehmigung einer Prüfungsordnung versagt werden konnte, wenn diese der Rahmenprüfungsordnung widersprach, sollen heute gleichwohl keine Konsequenzen verbunden sein. Die Länder und die HRK könnten weiterhin das Instrument der Rahmenprüfungsordnungen nutzen. Sie könnten sich aber anderer Möglichkeiten wie z. B. des Akkreditierungsverfahrens oder der Evaluation bedienen.35 Vgl. Kapitel III. 4. Vgl. Kapitel III. 5. 34 Vgl. die ausführliche Darstellung von Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 16 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 51 ff. 32 33

1. Die gültige Prüfungsordnung

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Da prinzipiell nur noch auslaufende Rahmenprüfungsordnungen gelten, erscheint es sehr fraglich, ob ein landesgesetzlicher Versagungsgrund auf den Tatbestand gestützt werden kann, eine Prüfungsordnung sei mit KMK- oder Akkreditierungsvorgaben unvereinbar. Die Bedenken erwachsen zum einen daraus, daß die Hochschulen bei der herkömmlichen Rahmenprüfungsordnung in ganz anderer, nämlich intensiverer Weise bei dem Zustandekommen der Rahmenprüfungsordnung eingebunden waren als bei den KMK-Beschlüssen. Insofern ist die Satzungsautonomie der Hochschulen mehr als nur berührt. Zum anderen fordert das auch in diesem Zusammenhang geltende verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot, 36 daß mindestens der Versagungsgrund (KMK-Beschlüsse oder Akkreditierungsregelungen) in den gesetzlichen Katalog der Genehmigungsvoraussetzungen des Landesgesetzgebers aufgenommen wird. Generalklauseln wie „wichtige Gründe“ oder „angemessene Verwirklichung von Hochschulzielen“37 genügen diesem Bestimmtheitsgebot nicht. Zu unbestimmt wäre aber auch das Genehmigungskriterium: „Gewährleistung eines berufsqualifizierenden Abschlusses“38 oder eine Anforderung wie etwa: „Herstellung qualitativer und international vergleichbarer Abschlüsse“. Soweit den Hochschulen und dem Land keine Kompetenzen bei der Genehmigung der Prüfungsordnungen zustehen, verbleibt es bei den Mitteln der Rechtsaufsicht. Hierbei dürfte strittig sein, ob die Anwendung von KMK-Beschlüssen und Akkreditierungsstandards, nur gestützt auf das Mittel der Rechtsaufsicht, durchsetzbar ist. Dem Kriterium liegt letztlich das Merkmal der „Gefährdung der gebotenen Einheitlichkeit im Hochschulwesen“ zugrunde, das in einigen Ländern als Versagungsgrund für die Bestätigung von Rechtsvorschriften (noch) enthalten ist.39 Was aber ist im Bologna-Prozeß „geboten“? Einerseits werden mit den Bachelor- und Masterstudiengängen alle Bestrebungen unterstützt, die die Wettbewerbsfähigkeit der Hoch35 So die Begründung zum Regierungsentwurf zur 4. Änderung des HRG, BT-Drs. 13 / 8796, S. 17. 36 Vgl. Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 16 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 51. 37 Waldeyer, in Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 16 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 60. 38 Vgl. BT-Drs. 10 / 2883, S. 37. 39 Vgl. § 90 Abs. 2 S. 2 BerlHG; § 109 Abs. 3 S. 2 ThürHG.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

schulen international stärken. Konsequenterweise müßte dieses Prinzip auch im Binnenbereich gelten, mit der Folge, daß einige Hochschulen den Empfehlungen der KMK folgen können, andere Hochschulen jedoch nicht und eigene Wege gehen. Andererseits ließen sich die Mindeststandards aus den KMK-Beschlüssen als erforderlich rechtfertigen, weil nur so das Minimum für vergleichbare Qualitätsentwicklungen gewährleistet wird. Die Entscheidung wurzelt letztlich wieder in dem föderalen Spannungsfeld zwischen dem Bund und den Ländern. Maßgeblich dürfte sein, daß es grundgesetzlich weder zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse noch zur Wahrung der Rechtseinheit geboten erscheint, vgl. Art. 72 Abs. 2 GG, moderne oder bolognakonforme Hochschulentwicklungen zu genehmigen. Vor allem ist nicht genehmigungsverläßlich vorhersehbar, welche Merkmale diese Entwicklungen ausmachen. Mithin kommen zugunsten der Länder die Prinzipien der Vielgestaltigkeit der Hochschulen und ihrer eigenen Profilierungsbestrebungen zum Tragen. Die gegenteilige Auffassung käme zu dem kuriosen Ergebnis, daß es geboten ist, das bisherige, bis 2002 geltende System der Diplomausbildung in Deutschland rechtsaufsichtlich zu beanstanden, weil nur durch die Bachelor / Master-Ausbildung die erforderliche Internationalität und Wettbewerbsfähigkeit herzustellen sei. Maßnahmen der Rechtsaufsicht wären daher auf diesem Felde in jedem Falle fehl am Platze.

c) Verfahrensschritte Vor der konstitutiv wirkenden Veröffentlichung der Prüfungsordnung im offiziellen Mitteilungsblatt hat also eine Reihe von inhaltlichen Festlegungen, rechtlichen Abklärungen und verfahrensmäßigen Regelungen zu erfolgen. Verfahrensmäßig sind die folgenden Stationen zu durchlaufen: – Das akademische Gremium beschließt die Einführung eines Bachelor- / Masterstudienganges einschließlich der Studien- und Prüfungsordnungen. – Das Land hat sich (regelmäßig) die Genehmigung der Einrichtung eines Studienganges vorbehalten. Die Prüfung erstreckt sich auf die personellen und finanziellen Mittel des einzurichtenden Studi-

1. Die gültige Prüfungsordnung

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enganges, die kapazitären Auswirkungen, die Abstimmung des Studienganges in die Hochschulplanung des Landes und die Berücksichtigung von Strukturvorgaben. Die Studien- und Prüfungsordnungen sind zum Teil nicht genehmigungs-, sondern nur anzeigepflichtig. – Bachelor- und Masterstudiengänge sind nach den einschlägigen KMK-Beschlüssen zu akkreditieren.40 – Das Land entscheidet über die (befristete) Einrichtung des Studienganges. – Evaluierung bzw. Re-Akkreditierung des neuen Studienganges nach Ablauf von etwa 3 bis 5 Jahren.

Es ist absehbar, daß bei der Vielzahl der beteiligten Instanzen und den schwierigen inhaltlichen Abstimmungsfragen erheblicher Klärungsbedarf auftreten kann. Aus der Vielzahl der möglichen Konfliktsituationen sollen an dieser Stelle nur zwei Problembereiche herausgegriffen werden. Zum einen, welcher Zeitpunkt für die Akkreditierung eines Studienganges sinnvoll erscheint und zum anderen, wie zu verfahren ist, wenn die vom Land genehmigte Bachelor- und Masterprüfungsordnung von den KMK-Vorgaben oder den Mindeststandards und Kriterien der Akkreditierungsagenturen abweicht. Über den Zeitpunkt der Akkreditierung werden keine Aussagen getroffen, weder in den KMK-Beschlüssen noch in den Anforderungen der Akkreditierungsagenturen. Sinnvollerweise wäre eine Akkreditierung vor Genehmigung des Studienganges und vor Aufnahme des Studienbetriebes durchzuführen.41 In dem Maße, in dem die Qualität in der Hochschulausbildung durch das Akkreditierungsverfahren si40 KMK-Beschlüsse vom 24. 5. 2002 – Statut für ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren – 2. Abs. 2 sowie vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben gem. § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen – Vorbem. 41 So überzeugend der Erlaß des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 22. 4. 2002 – Az. H I.1 407 / 30 – unter Verfahrenspunkt 4.: „Nach Beschluß der Akkreditierung wird das Ministerium entsprechend dem Ergebnis der Akkreditierung die Prüfungsordnung genehmigen bzw. die Genehmigung der Prüfungsordnung versagen.“ Ebenso der Eckwerte-Erlaß des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes NordrheinWestfalen vom 15. 2. 2001 – Az. 212. 6001.4 – 433 – unter Punkt 1.: „Bachelor- und Masterstudiengänge werden grundsätzlich nur bei erfolgreicher Akkreditierung [ . . . ] genehmigt.“

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

chergestellt werden soll, wird auch das staatliche System zur Sicherung qualitativer wissenschaftlicher Standards ersetzt. Folgerichtig haben die qualitätssichernden Maßnahmen vor Studienbeginn einzusetzen, nicht erst nachträglich und gegebenenfalls durch folgende Evaluationen. Die Praxis sieht anders aus: Regelmäßig wird das Bachelor- / Masterstudium aufgenommen, ohne daß eine Akkreditierung vorliegt, ja nicht einmal beantragt worden ist. Formulierungen des akademischen Gremiums lauten dann lapidar, man gehe davon aus, daß die Hochschule unverzüglich das Akkreditierungsverfahren einleiten werde – was häufig nicht geschieht. Zuweilen verlangt das zuständige Hochschulministerium, daß der Antrag der Hochschule auf Akkreditierung über das Ministerium oder zumindest zeitgleich an das Ministerium zur Kenntnis zu leiten sei. Der Streit darüber, ob die Hochschule hierzu verpflichtet sei, kann zu dem kuriosen Ergebnis führen, daß geraume Zeit gar kein Antrag gestellt wird.42 Die Folgen, die sich aus dem Rückzug des Staates aus der Genehmigung von Studien- und Prüfungsordnungen ergeben und die gleichzeitig angestrebte Ersetzung durch die Arbeit des Akkreditierungsrats und der Akkreditierungsagenturen müssen nach heutigem Stand als noch stark klärungsbedürftig angesehen werden. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Akkreditierung könne die bestehende staatliche Mitverantwortung für die qualitativen Standards der Studienangebote nicht ersetzen. Selbst eine erfolgreich durchgeführte Akkreditierung erzeuge keine Bindungswirkung.43 Und auch in den KMKBeschlüssen wird immer wieder betont, die Akkreditierung ersetze nicht die primäre staatliche Verantwortung für die Einrichtung von Studiengängen.44 Die Lösung dieses Konflikts wird in der tatsächlichen Entwicklung liegen. Wenn die überwiegende Zahl der Bachelor- / Masterstudiengänge akkreditiert ist, steigt der Wert der Akkreditierung. Im Hinblick auf die erforderliche Vergleichbarkeit, auch mit Blick auf die europäi42 Vgl. den Hinweis bei Wex, Systemwechsel in Nischen, DUZ 1 – 2 / 2003, S. 33. 43 vgl. Herberger, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in BadenWürttemberg, 2001, Rdnr. 617. 44 Vgl. KMK-Beschluß vom 24. 5. 2002 – Statut für ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren – Punkt 1. Abs. 1 Satz 3.

1. Die gültige Prüfungsordnung

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schen Debatten zur Qualitätssicherung, wird dann zu erwarten sein, daß die ursprüngliche Idee der HRK auflebt, derzufolge die neuen Studiengänge ohne Ausnahme der Akkreditierung und zwar der rechtzeitigen zu unterwerfen seien.45 Ein weiterer Klärungsbedarf wird vorhersehbar in den Konstellationen zu erwarten sein, in denen die vom Land genehmigte Bachelor- / Masterprüfungsordnung von den generellen KMK-Beschlüssen oder den Mindeststandards und Kriterien der Akkreditierungsagenturen abweicht. Hat das Land im Genehmigungsverfahren diese Beschlüsse und Kriterien zugrunde gelegt, aber im streitigen Fall „vergessen“, diese anzuwenden, so stellt sich die Rechtslage relativ einfach dar. Bei den eingeforderten Vorgaben handelt es sich um echte Genehmigungsvoraussetzungen, diese können rechtsaufsichtlich durchgesetzt werden. Anders verhält es sich, wenn die KMK-Strukturvorgaben und Mindeststandards der Akkreditierungsagenturen nicht als Genehmigungsvoraussetzungen eingeführt worden sind. In diesem Fall dürfte die juristische Natur der allgemeinen Regelungen und KMK-Vorgaben durchschlagen, das heißt, sie sind nicht unmittelbar geltendes Recht. Für die Hochschule und das einzelne Mitglied hätte dies zur Folge, daß beispielsweise eine genehmigte Bachelorprüfungsordnung nicht mit Erfolg angegriffen werden kann, weil in dieser Ordnung etwa die Vergabe der Leistungspunkte nicht richtig bemessen oder das gesamte Leistungspunktsystem nicht verstanden worden sei. Es kann auch nicht mit Erfolg gerügt werden, das einzelne Modul stelle keine nationale oder internationale Vergleichbarkeit her. Auch dürfte in diesem Fall nicht einklagbar sein, daß die Studiengangprofilierung nicht ausreichend hergestellt, der berufsqualifizierende Abschluß nicht beschrieben sei oder das diploma supplement fehle. Alle diese Einwendungen sind nur im Genehmigungsverfahren vorzubringen, nicht aber nach Abschluß dieses Verfahrens. Die rechtliche Situation ist vergleichbar mit dem Zustand, der unter der Geltung der „Allgemeinen Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen“ vom 18. 2. 1992 / 12. 6. 1992 und der folgenden „Muster-Rahmenordnung für Diplomprüfungsordnungen“, KMK-Beschluß vom 13. 10. 2000, gegolten hat. Auch bei dieser Rechtslage war im Einzel45 Vgl. den Hinweis von Herberger, in: Haug (Hrsg.), Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 616.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

fall eine Diplomprüfungsordnung nicht rechtswidrig, weil sie im Gegensatz zu der Muster-Rahmenordnung stand. Nochmals: So wenig die damaligen Rahmenprüfungsordnungen der KMK Rechtsvorschriften waren, so wenig sind es die heutigen Strukturvorgaben der KMK. Rechtliche Wirkung können diese allgemeinen Bestimmungen und Vorgaben nur erlangen, wenn sie verbindlich vom Landesgesetzgeber in die Genehmigungsvoraussetzungen aufgenommen worden sind.46 2. Die Anmeldung Mit der Anmeldung und Zulassung zu einer modularisierten Lehrveranstaltung wird der Studierende zur Prüfung dieser Lehrveranstaltung zugelassen. Je nach Aufbau der Lehrveranstaltung handelt es sich um eine einzelne Modulprüfung oder eine Modulabschlußprüfung. Die Modulprüfung wird studienbegleitend absolviert oder: Leistungspunkte können im gestuften System nur auf der Grundlage gestufter Prüfungen erworben werden.47 Die Gesamtheit der studienbegleitenden Prüfungen stellt das Endergebnis dar und führt zu der Erlangung des Bachelor- oder Mastergrades. Mit dieser Abfolge ist untrennbar die Voraussetzung verknüpft, daß eine studienbegleitende Prüfung unmittelbar oder zumindest sehr zeitnah zu der abzuprüfenden Lehrveranstaltung durchgeführt wird. Liegt der Prüfungszeitraum erst Monate nach dem Ende der Lehrveranstaltung, ginge der Vorteil der studienbegleitenden Prüfungen – die ausgeglichenere Lernbelastung und höhere Lerneffizienz – größtenteils wieder verloren.48 Noch systemwidriger geriete es, wenn etwa der Studierende, in Absprache mit dem geneigten Lehrveranstaltenden und Prüfungsausschuß, den Prüfungstermin am Ende der besuchten Lehrveranstaltung auf einen späteren Zeitpunkt festlegte. Der Festlegung des Zeitpunktes und der Organisation der Anmeldung zur Lehrveranstaltung kommt mithin größte Bedeutung zu. Läuft die Prüfungspraxis darauf hinaus, daß der Studierende erst zum Ende Vgl. Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 10 mit weiteren Nachweisen. Vgl. im einzelnen KMK-Beschluß vom 15. 9. 2000 – Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen. 48 Vgl. BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 53. 46 47

2. Die Anmeldung

217

der Lehrveranstaltung entscheidet, in welcher Lehrveranstaltung er geprüft werden will, wird das studienbegleitende Prüfungssystem seiner wichtigsten Wirkungsweise beraubt. Der Studierende verbringt dann möglicherweise monatelang, im Ergebnis unnütze Zeiten, in einer Lehrveranstaltung, ohne hierfür irgendeine Erfolgskontrolle zu erlangen. Gerade dieses in weiten Teilen folgenlose Präsenzstudium soll aber mit dem gestuften Prüfungssystem abgeschafft werden. Aus diesem Grunde erscheint die Handreichung der BLK zur Modularisierung von Bachelor- und Masterstudiengängen wenig hilfreich, um nicht zu sagen systemverkennend, wenn dort empfohlen wird, den Anmeldezeitraum nicht zu früh, also zu Beginn des Semesters erfolgen zu lassen. Dem Studierenden müsse die Einschätzung gewährt werden, ob er das Modul überhaupt abschließen wolle(!).49 Diesem Rat folgend, müßte befürchtet werden, daß die Einhaltung der kurzen Studiendauer des Bachelorstudiums wiederum nur eine bildungspolitische Illusion bliebe. Es empfiehlt sich im Gegenteil sehr dringend, in diesem ganz konkreten Regelungsbereich die Kompetenzen und Erfahrungen aus dem angelsächsischen System zu nutzen.50 Der Automatismus von Anmeldung zur Lehrveranstaltung = Anmeldung zur Modulprüfung sowie Zulassung zur Lehrveranstaltung = Zulassung zur Modulprüfung kann als das Herzstück zum Erfolg eines gestuften Studiensystemes bezeichnet werden.51 Häufig formuliert die Prüfungsordnung daher auch: Die Anmeldung zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen ist gleichzeitig die Anmeldung zur Prüfung.52 Alle Fragen, betreffend die Modalitäten der Anmeldung zur Lehrveranstaltung, die Zulassungsvoraussetzungen zur Modulprüfung, die Bekanntgabe der Zulassung, die Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens für die Module, bis hin zu den Rechtsfolgen der Abmeldung von einer Anmeldung und den Fragen der Organisation der Prüfungen sind ausschließlich von der Hochschule zu beantworten und zu regeln. Weder die Kultusministerkonferenz noch die Akkreditierungsagenturen geben irgendwelche Hinweise, an welchen Maßstäben dieBLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 58. Diese sind unter Kapitel IV. 3. dargestellt, auf eine Wiederholung kann verzichtet werden. 51 Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 103. 52 Vgl. statt vieler § 3 Abs. 3 Nr. 4 Prüfungsordnung für den Bachelor- / Masterstudiengang Chemie an der FU Berlin vom 10. 7. 2002. 49 50

218

VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

se zentrale Aufgabenerledigung zu orientieren sei. Prüfungsfragen werden als „Detailvorgaben“ gewürdigt,53 zu denen sich Grundlagen herausgebildet hätten. Wenn diese Einschätzung nicht trügt! Die aus dem angelsächsischen System herrührende Gleichsetzung: Anmeldung (Zulassung) zur Lehrveranstaltung = Anmeldung (Zulassung) zur Modulprüfung beruht auf der sicheren Annahme, daß jeder angemeldete Student auch einen Platz in dieser Lehrveranstaltung erhalten wird. Diese Ausgangslage unterscheidet sich fundamental von der deutschen: Bedingt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Art. 12 Abs. 1 GG und dem größtenteils fehlenden Auswahlrecht der Hochschulen hat nach geraumer Zeit praktisch jeder zugelassene Studierende auch (unbeschränkten) Zugang zu den einzelnen Lehrveranstaltungen. Damit rückt wiederum das ungelöste Problem des internen numerus clausus in den Vordergrund.54 Hat sich der Studierende zu einer Lehrveranstaltung angemeldet und ist er auch in die Prüfungsanmeldungsliste aufgenommen worden, so ist er auch verbindlich zur Prüfung angemeldet. Die Art und Weise der Bekanntgabe wird in den jeweiligen Prüfungsordnungen unterschiedlich geregelt. Die Anmeldeliste kann vor Beginn der Lehrveranstaltung ausgehängt werden. Die Liste kann aber auch als nur einsehbar in dem Prüfungsamt deklariert werden. Ebenso regelbar ist es, die Zulassung individuell mitzuteilen. Schließlich kann die Zulassung auch fingiert werden: Die Anmeldung wird wirksam, wenn die Anmeldung bei dem Prüfungsamt oder beim Lehrveranstaltenden eingegangen ist und innerhalb einer bestimmten Frist keine Ablehnung erfolgt. Ist der Studierende in die Prüfungsanmeldeliste verbindlich aufgenommen worden, kann gleichwohl die Absicht bestehen, sich wieder von der Liste streichen zu lassen. Insbesondere bei der Umstellung auf das völlig neue Prüfungssystem mag dieser Wunsch bei einer verhältnismäßig hohen Zahl der Studienanfänger bestehen. Damit ist klärungsbedürftig, welche Rechtsfolgen die Abmeldung hat. Es kann sich um einen freiwilligen und folgenlosen tatsächlichen Tilgungsvorgang handeln, um einen Rücktritt, ein Versäumnis oder um eine fingierte, nicht bestandene Prüfung. 53 54

Vgl. Akkreditierungsrat, Arbeitsbericht vom Juli 2001, S. 12. Vgl. unter Kapitel III. 2. b) bb).

2. Die Anmeldung

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Jede studienbegleitende Prüfung ist Bestandteil der Gesamt- oder Abschlußprüfung, selbst wenn diese nur in einem deklaratorischen Akt der Zusammenfassung aller Prüfungsleistungen bestehen sollte. Damit unterliegt jede studienbegleitende Teilqualifikation auch den Regeln über die Abschlußprüfung.55 Die Modulprüfung ist eine mit allen Konsequenzen eines Leistungsermittlungsverfahrens behaftete Prüfung. Erscheint ein Kandidat zu der angemeldeten Prüfung nicht, so bestimmen sich im Prüfungsrecht die Rechtsfolgen nach den Regeln des Rücktritts oder des Versäumnisses.56 Erklärt der Prüfling, nicht weiter an der Prüfung teilnehmen zu wollen, so liegt ein Rücktritt vor. Genehmigt die Prüfungsbehörde den Rücktritt, so kann der Kandidat erneut, ohne Rechtsverlust, zur Prüfung zugelassen werden. Erfolgt keine Genehmigung, so sind die nicht erbrachten Prüfungsleistungen zu bewerten, also in der Regel mit der Note „Ungenügend“. Versäumt der Kandidat den Prüfungstermin aus von ihm zu vertretenden Umständen, ohne daß er den Rücktritt erklärt hat, gilt die Prüfung ebenfalls als nicht bestanden. Als Ausfluß des Prinzips des Gesetzesvorbehaltes und wegen der Folgen im Hinblick auf die Berufsfreiheit sind die Voraussetzungen und Rechtsfolgen für nicht bestandene Prüfungsleistungen in der Prüfungsordnung festzulegen.57 Es sind keine überzeugenden rechtlichen oder tatsächliche Gründe dafür ersichtlich, von dieser Rechtslage bei studienbegleitenden Prüfungen abzusehen. Eine andere Frage, nämlich eine rechtssystematische gilt es zu klären, wenn in einzelnen Prüfungsordnungen der Versuch unternommen wird, die Rechtsfolgen bei Nichterscheinen, speziell durch Abmeldung von der Prüfungsliste zu verneinen. So wird beispielsweise geregelt, der Prüfling könne sich rechtsfolgenfrei bis spätestens eine Woche vor dem jeweiligen Prüfungstag ohne Angabe von Gründen von der Prüfung abmelden.58

55 Ebenso BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 53; Weber, in: Leuze / Epping, HG NRW-Kommentar, § 92 (Stand der Kommentierung: 2002) Rdnr. 20. 56 Vgl. unter Kapitel VII. 8. 57 Vgl. unter Kapitel VII. 1. a). 58 Vgl. etwa § 8 Abs. 1 Prüfungsordnung Statistik der FU Berlin und HU Berlin vom 27. 6. 2000; § 8 Abs. 1 Prüfungsordnung Sozialwissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vom 3. 1. 2000.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

Die Rechtsgrundlage für eine derartige Ausnahmeregelung muß als dunkel bezeichnet werden. Im Grunde nimmt eine derartige Regelung das System der anmeldepflichtigen und prüfungsrelevanten Lehrveranstaltungen nicht ernst. Spätestens dann, wenn ein maßgeblicher Studienaufwand für eine Lehrveranstaltung bereits erbracht worden ist, der Aufwand also prüfungsrelevant erscheinen muß, dürfte eine Abmeldung ohne Konsequenzen nicht statthaft sein. Die oben genannten Prüfungsordnungen rücken daher in die Nähe eines Verstoßes gegen das Prinzip des ordnungsgemäßen Prüfungsverfahrens (Chancengleichheit) bei studienbegleitenden Prüfungen. Es liegt auf der Hand, daß die Abkehr vom herkömmlichen Prüfungssystem und die Etablierung eines neuen Systems erhebliche Anforderungen an alle Beteiligten stellt. Namentlich die mit der Anmeldung beschäftigten Stellen sollten daher frühzeitig in die Umstellungsabläufe eingebunden werden, damit die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung von Anfang an gelingen kann.59

3. Der Prüfungsstoff In den herkömmlichen Studiengängen (Diplom, Magister) werden einzelne Fächer geprüft. Jedes Fach wird mit mehreren Lehrveranstaltungen in mehreren Semestern gelehrt. Am Ende erfolgt die Abschlußprüfung, als Gesamtqualifikation. Dagegen setzt sich ein modularisierter Studiengang aus vielen Modulen zusammen. In der Regel gehören wenige Lehrveranstaltungen zu einem Modul. Das Modul wird studienbegleitend, das heißt zeitnah am Ende der Lehrveranstaltung als Teilqualifikation geprüft. Im Verhältnis von Wissensaneignung und Kompetenzerwerb verschiebt sich im Bachelor- / Masterstudium das Gewicht von der Input-Orientierung hin zu der output-orientierten Qualifizierung. Aus diesen grundlegenden Unterschieden erwachsen die unterschiedlichen Anforderungen an den Prüfungsstoff. Die erste und wichtigste Konsequenz lautet: Mit der inhaltlichen Zusammenfassung von Stoffgebieten zu prüfbaren Einheiten (Modularisierung) ist der Prüfungsstoff festgelegt. Damit wird deutlich, welcher hohe Stellenwert der Beschreibung und Darstellung eines Moduls zukommt. Die 59

Vgl. unter Kapitel VI. 7.

3. Der Prüfungsstoff

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Akkreditierungsagenturen haben zur Vergleichbarkeit und Erleichterung dieser Arbeit Orientierungsrahmen oder Modulhandbücher entwickelt. Damit eine Modularisierung erfolgreich nachgewiesen werden kann, verlangen die Agenturen regelmäßig folgende Mindestangaben:60 – Modulbezeichnung, dazugehörende Lehrveranstaltungen, Modulverantwortliche und Lehrende, – Lern- und Qualifikationsziele, – Lehrinhalte einschließlich der Literatur und der Ziele der Module, – Formen der Wissensvermittlung, – Teilnahmevoraussetzungen, – Verwendung innerhalb der Hochschulausbildung, – Kriterien eines Leistungsnachweises für das Modul, – Umfang des Moduls und Häufigkeit des Angebots und – Arbeitsaufwand und Anzahl der Kreditpunkte.

Hinsichtlich der inhaltlichen Mindestangaben dieser Anforderungen ist damit der Rahmen des Prüfungsstoffs umschrieben. Es reicht also nicht, wie herkömmlich das Fachwissen zu präsentieren, sondern der Studierende muß umfassender eine Teilqualifikation nachweisen, also ob er aktives und selbständiges Lernen gelernt, methodisch und anwendungsorientiert studiert und die mit den Lernzielen definierte Berufsbefähigung erworben hat. Eine weitere Neuerung hat wichtige Folgen. Während im herkömmlichen Prüfungssystem unangefochten die Regel gilt, der Prüfungsstoff müsse dem Lehrstoff folgen, das heißt, es dürfe grundsätzlich nur verlangt werden, was der Prüfling im Unterricht hätte lernen können, verhält es sich bei dem Bachelor- / Masterstudium gravierend anders. Leistungspunkte werden für verschiedene Aktivitäten vergeben, sie umfassen den unmittelbaren Unterricht als auch die Zeiten für die Vor- und Nachbereitung des Lehrstoffes, den Prüfungsaufwand und die Prüfungsvorbereitung einschließlich des Abschlusses 60 Vgl. statt vieler: ASIIN, Anforderungen und Verfahrensgrundsätze für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen in den Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik, vom Mai 2004, unter 3. 4. 6. 1.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

von Studienarbeiten. Das heißt, der zeitlich größere Teil des Studiums liegt nicht in der präsenten Lehrveranstaltung, sondern im angeleiteten Selbststudium. Damit erhöht sich auch für den Prüfer die Anforderung: Er muß dem Studierenden Kenntnisse und Kompetenzen bescheinigen, die sich dieser selbständig angeeignet hat. Es liegt auf der Hand, daß bei diesem intensiveren Studium die vorgeschriebene Präsenzzeit in der Lehrveranstaltung wichtig ist. Überschreitet der Studierende mehr als die derzeit übliche zulässige Abwesenheit von ca. 15 % der Lehrveranstaltungen, so stellt sich die Frage, ob in Verbindung mit dem aufwendigen Selbststudium nicht in Wirklichkeit eine Art Fernstudium betrieben wird. Auf eine weitere Besonderheit im Prüfungsverfahren muß hingewiesen werden. Mit dem Bachelorstudium sollen auch Schlüsselqualifikationen vermitteltn, kommunikative und interdisziplinäre Kompetenzen sollen eingeübt werden. Hierfür bieten sich übergreifende Projektarbeiten und Praktika an. Für diese sind auch Leistungspunkte zu vergeben. Die Praktika können aber nicht immer umfassend von den Hochschullehrern betreut oder geführt werden. Derzeit ist ungeklärt, in welchem Verhältnis dann freiwillige Praktika zu Pflichtpraktika stehen und ob Betriebspraktika anders bewertet werden müssen als Praktika, die von der Hochschule beaufsichtigt werden. Für diesen besonderen Prüfungsstoff sind die tatsächlichen Erfahrungen abzuwarten.61

4. Grundsätzlich schriftliche und keine kollegialen Prüfungen Die Frage, ob Prüfungen eher schriftlich oder eher mündlich abzulegen sind, hat zuweilen Glaubenscharakter. Vor allem Studierende schätzen es häufig als vorteilhaft ein, mündlich geprüft zu werden. Mündlichen Prüfungen wird die angenehme Folge zugeschrieben, in der Regel notenverbessernd zu wirken.62 Andere weisen auf die defizitäre Bewertungsobjektivität von mündlichen Prüfungen hin.63 Einige stellen sogar das gesamte Ritual des Prüfungssystems in Frage.64 61 So auch der Hinweis der BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 42. 62 Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 65.

4. Grundsätzlich schriftliche Prüfungen

223

Im herkömmlichen Prüfungssystem macht es keinen Unterschied, ob die Ermittlung der Leistungen in einem mündlichen, schriftlichen, in einem Antwort-Wahl-Verfahren oder in einem praktischen Befähigungsnachweis erfolgt.65 Auch der generelle Verzicht auf mündliche Prüfungen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entscheidend kann letztlich nur sein, ob die gewählte Prüfungsform geeignet ist, der Feststellung von persönlichen Kenntnissen und Eigenschaften, die für den Erwerb einer berufsbefähigenden Tätigkeit erforderlich sind, gerecht zu werden. Erfahrungsgemäß werden eher schriftliche Verfahren gewählt, wenn es sich um gewichtige oder Abschlußqualifikationen handelt. Einen interessanten Hinweis auf das Verhältnis von mündlichen zu schriftlichen Prüfungen gibt § 5 d DRiG.66 Danach beziehen sich mündliche Prüfungen auf das gesamte Studium, beziehungsweise die gesamte Ausbildung, schriftliche Prüfungen, namentlich im 2. Examen, dagegen nur auf die Ausbildung bei den Pflichtstationen. Zur mündlichen Prüfung kann landesrechtlich nur zugelassen werden, wenn ein bestimmter Durchschnittswert aus den Klausuren erreicht worden ist. Die grundsätzliche Gleichwertigkeit von mündlichen und schriftlichen Prüfungen erfährt im gestuften Studiensystem eine durch praktische und prüfungsgerechtere Erwägungen bedingte entscheidende Wendung. In diesem System sind schriftliche Prüfungen gerechter und effektiver. Sie sind gerechter, weil einmal festgestellte Prüfungsleistungen in ihren Anforderungen und in der Bewältigung nachprüfbarer sind und bleiben. Schriftliche Prüfungen gelten für alle Kandidaten, sie sind objektivierbarer. In einer mündlichen Prüfung spielen persönliche, emotionale, äußere und psychologische Faktoren eine erhebliche Rolle. In mündlichen Gruppenprüfungen kann genau 63 Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 74. 64 Becker, Prüfungsrecht – Eine konstruktive Kritik seiner Rituale, 1988, S. 37 ff., 130 ff.; zur Grundsatzkritik am Prüfungswesen der älteren Literatur siehe die Angaben bei Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 15, Fußn. 6. 65 Vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 203, 217. 66 Vgl. Neufassung DRiG vom 1. 7. 2003, betreffend Regelungen zur Ausbildung und Prüfung, die zur Erlangung der sogenannten Befähigung zum Richteramt erforderlich sind.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

die eine wichtige Frage am Kandidaten vorbeigehen, mit der der Mitkandidat jetzt glänzen darf. Die Bewertung einer schriftlichen Prüfungsleistung kann von allen Kundigen und im Detail nachvollzogen werden, eine mündliche Prüfung als eine Art Momentaufnahme ist dieser Kontrolle grundsätzlich entzogen. Das vorherrschend subjektive Element einer mündlichen Prüfung ist regelmäßig durch die bessere Benotung nachweisbar. Anonyme und schriftliche Prüfungen weisen ein durchweg differenziertes Notengefälle auf und zwar auch dann, wenn weitere Prüfer hinzugezogen werden. Freundliche und wohlwollende Prüfer können gute Noten vergeben, grantige und kritische mehr schlechte – bei vergleichbaren Prüfungsanforderungen. Und schließlich können auch mündliche Prüfungen abgenommen werden, obwohl der Prüfer die zu prüfende Lehrveranstaltung nicht durchgeführt hatte. Mit dem Gewicht der sehr erhöhten Anzahl von studienbegleitenden Prüfungen im Gegensatz zu den herkömmlichen Fachprüfungen sprechen daher alle Gründe dafür, in diesem System überwiegend schriftliche Prüfungen abzuhalten. Hinzu tritt eine durchschlagende praktische Erwägung. Mündliche Prüfungen können nicht zeitgleich, wie Klausuren, sondern nur nachfolgend, von Termin zu Termin durchgeführt werden. Da die Prüfungen aber zeitnah zu den Lehrveranstaltungen durchzuführen sind, ist hier ein erheblicher Stau zu befürchten, so daß die Prüfungsübersichten und die rechtzeitigen Wiederholungen gefährdet sind. Bei einer großen Zahl von mündlichen Prüfungen, nacheinander durchgeführt, wäre überdies ein Verstoß gegen das Prinzip der Chancengleichheit zu befürchten. Der gegebenenfalls erst nach Monaten Modulgeprüfte hat unter Umständen gänzlich andere Prüfungschancen als der Kandidat, der unmittelbar nach der Lehrveranstaltung sein Wissen zu präsentieren hat. In den angelsächsischen Ländern werden durchweg (nur) schriftliche Prüfungsleistungen bewertet. Keedy hat in seiner grundlegenden Studie die zwei wesentlichen Merkmale im angelsächsischen System herausgearbeitet, nämlich das studienbegleitende und schriftliche Prüfen.67 Es erstaunt in höchstem Maße, daß bei der Implementierung des gestuften Studiensystems alle möglichen weiteren Nuancen und Anregungen übernommen werden sollen, die erprobten und wesentlichen Elemente aber kaum oder nur zurückhaltend. Nichts wäre über67

Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 66 ff.

4. Grundsätzlich schriftliche Prüfungen

225

zeugender, als mit einem nachweislich effektiven und gerechten Prüfungssystem die Umstellung auf einen Bachelor- / Masterstudiengang in Angriff zu nehmen. Bei der Einführung eines grundsätzlich schriftlichen Prüfungsverfahrens bedarf es noch der Abklärung, wie viele Prüfer die Leistung bewerten sollen. In den angelsächsischen Ländern wird die schriftliche Leistung überwiegend nur von einem Prüfer beurteilt.68 Die deutsche Gesetzgebung bietet ein buntes Bild zur Frage der Kollegialprüfungen und dokumentiert in gewisser Weise die Brüchigkeit im Regelungskonzept, vielleicht aber noch mehr die in Teilen vorherrschende sträfliche Vernachlässigung der dogmatischen Durchdringung des Prüfungsrechts. Vor der Rahmengesetzgebung war die Einzelprüfung weit verbreitet. Die Rechtsprechung sah keinen Anlaß, dem Prüfling einen Rechtsanspruch auf Zweitbegutachtung seiner Prüfungsleistung zuzusprechen.69 Mit der Regelung in § 15 Abs. 5 HRG (1976) wurde die Kollegialprüfung verpflichtend für schriftliche und mündliche (mit der Besonderheit des Beisitzers) Hochschulprüfungen vorgeschrieben sowie für Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für die Fortsetzung des Studiums war. Da zu letzteren auch die Vor- und Zwischenprüfung zählt, waren Einzelprüfungen praktisch abgeschafft. Interessanterweise haben zum damaligen Zeitpunkt Länder vereinzelt Ausnahmeregelungen vorgesehen für studienbegleitende Prüfungen, die in Verbindung mit einzelnen Lehrveranstaltungen abgehalten wurden. Hier genügte ein Prüfer.70 In letzterem Fall waren verwaltungsökonomische Gründe für den Gesetzgeber maßgebend, im Bundesrecht das Anliegen um mehr Objektivität und Prüfungsgerechtigkeit.71 Wiederum anders die vierte Novelle zum HRG von 1997: Der bisherige § 15 Abs. 5 entfalle im Hinblick auf die Einführung eines Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 71. Vgl. BVerwG, DÖV 1972, 276; VGH Mannheim, DVBl. 1977, 461; Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 15 Rdnr. 11. 70 Vgl. § 50 Abs. 5 BWUG in der Fassung vom 4. 6. 1982; § 59 Abs. 7 HmbHG in der Fassung vom 2. 7. 1981; Lennartz, in: Denninger, HRG-Kommentar, § 15 Rdnr. 25; eine landesrechtliche Gesamtübersicht, bis 1999, liefert Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 67. 71 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 15 Rdnr. 11. 68 69

15 Wex

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

Leistungspunktsystems (Frage: Gilt der Wegfall auch dann, wenn kein Leistungspunktsystem eingeführt wird?). Die bislang für Prüfungen geltenden Mindestanforderungen würden in einem Leistungspunktsystem zu einem erhöhtem Prüfungsaufwand führen. Es sei den Ländern überlassen, zukünftig die Mindestanforderungen für die Abnahme von Prüfungen festzulegen.72 Folgen die Länder dieser Amtlichen Begründung, werden die studienbegleitenden Prüfungen zukünftig in der Regel nur noch von einem Prüfer durchgeführt. Die bisherigen Anforderungen mit mindestens zwei Prüfern bei schriftlichen Prüfungen wurden ja expressis verbis abgeschafft.73 Für diese Argumentation spricht auch der in der Amtlichen Begründung gelieferte Hinweis, das Leistungspunktsystem solle eine „grundlegende Umorganisation des Prüfungswesens“ fördern.74 In der inhaltlichen Argumentation werden die Widersprüche überdeutlich. Die aus der alten HRG-Formulierung herrührende Verpflichtung, mindestens zwei Prüfer bei schriftlichen Prüfungen hinzuzuziehen, würde richtigerweise auch für das regelmäßig einschlägige Leistungspunktsystem heutiger Bachelor- / Masterstudiengänge gelten. Die abprüfbaren Module sind nämlich, sinnvoll aufeinander aufgebaut, durchweg Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für die Fortsetzung des Studiums ist. Teilnahmevoraussetzung für eine modularisierte Lehrveranstaltung ist jedoch regelmäßig (von den Anfangsveranstaltungen abgesehen) der Nachweis des erfolgreichen Besuchs eines vorherigen Moduls. Die unterschiedlichen Ansätze sollten sinnvollerweise in folgender Perspektive gebündelt werden. Wenn ein Staat sich dazu durchgerungen hat, das Studiensystem völlig neuartig zu strukturieren und wenn die maßgebliche Orientierung darauf ausgerichtet ist, die international üblichen Bachelor- und Mastergrade zu vergeben und die inner72 Vgl. Amtliche Begründung zu § 15 Abs. 4 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 20. Eine landesrechtliche Regelung, derzufolge schriftliche Prüfungsleistungen, die studienbegleitend in Verbindung mit einzelnen Lehrveranstaltungen erbracht werden, auch von nur einem Prüfer abgenommen werden können, hat die Rechtsprechung schon früher anerkannt, vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1989, 80. 73 Amtliche Begründung zu § 15 Abs. 3 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 19. 74 Amtliche Begründung zu § 15 Abs. 3 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 19.

5. Die Abschlußarbeit

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deutsche wie die internationale Mobilität der Studierenden durch ein Leistungspunktsystem zu entwickeln,75 dann sollten auch deren wesentliche und geeignete Strukturen übernommen werden.76 Dazu gehört aber vorzugsweise, erprobt und nachvollziehbar, die Beschränkung auf grundsätzlich nur einen Prüfer im schriftlichen Modulprüfungssystem.

5. Die Abschlußarbeit Die Anfertigung einer Bachelor- / Masterarbeit zum Ende eines Studiums ist obligatorisch. Sie dient der Qualitätssicherung.77 Mit der Abschlußarbeit soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, innerhalb einer vorgegebenen Frist ein Problem aus dem jeweiligen Fach selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten.78 Damit nimmt die KMK in ihren Strukturvorgaben wörtlich die Formulierungen aus § 19 Abs. 1 ihrer eigenen Muster-Rahmenordnung für Diplomprüfungsordnungen – Universitäten – aus dem Jahre 2000 auf. Der Bearbeitungsumfang für die Bachelorarbeit beträgt minde75 So der ausdrückliche Auftrag aus der Amtlichen Begründung zu § 15 Abs. 3 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 19. 76 Den internationalen Aspekt der Einführung des Leistungspunktsystems würdigt Waldeyer in seiner ausführlichen Darstellung zu § 15 HRG als zu gering, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 67 ff. Er zieht keine Rückschlüsse aus der ersatzlosen Streichung des § 15 Abs. 5 HRG a.F., die Bestimmung wird in diesem Zusammenhang nicht genannt. Der Gestaltungsauftrag zur Regelung des Prüfungswesens wird von ihm als eine Art Regelverhältnis – mit zwei Prüfern – beschrieben. Das Prinzip der Kollegialprüfung verwirkliche eine Forderung, die in der Rechtsprechung seit langem erhoben werde. Dafür wird nur eine Entscheidung (VG Bebenhausen, JZ 1959, 68) zitiert. Auch die inhaltliche Begründung überzeugt wenig. Die landesrechtlichen Regeln über die Kollegialprüfung stellten (allein) sicher, daß die Verwirklichung des beruflichen Lebensplans der subjektiven Beurteilung durch einen anderen Menschen entzogen sei – heißt zweimal subjektive Bewertung gleich objektiv? Vor allem muß der sich andeutenden Folgerung entgegengetreten werden, in den angelsächsischen Ländern ohne Kollegialprüfungen würden die Lebenspläne unsicher und unzuverlässig gemacht. 77 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Gemeinsame Strukturvorgaben – 1.4. 78 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Gemeinsame Strukturvorgaben – 1.4.

15*

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

stens 6 ETCS-Punkte, höchstens 12 ECTS-Punkte. Die Masterarbeit hat einen Bearbeitungsumfang von 15 – 30 ECTS-Punkten.79 Im Vergleich zur Bearbeitungszeit der Diplomarbeit („höchstens 6 Monate“80) wäre die Bachelorarbeit nur mit einem Drittel des Arbeitsaufwandes zu bemessen (10 ECTS-Punkte entsprechen ca. 2 Monate Arbeitszeit). Die Hochschulen haben diesen Rahmen zum Teil weiter konkretisiert. Aufgrund entsprechender Leistungsanforderungen seien zum Beispiel vorzusehen: Bei 6 Leistungspunkten eine Bearbeitungsdauer von 4 Wochen und etwa 15 Seiten mit etwa 4.500 Wörtern; bei 8 Leistungspunkten und einer Bearbeitungsdauer von 6 Wochen etwa 20 Seiten und etwa 6.000 Wörtern und bei 10 Leistungspunkten eine Bearbeitungsdauer von 8 Wochen mit etwa 25 Seiten und etwa 7.500 Wörtern.81 Erfahrungsgemäß halten sich die Lehrveranstaltenden an derartigen Vorgaben sehr fest, so daß an dieser Stelle gefragt werden kann, wem diese Verschulungstendenzen (Wörtervorgabe für Wissenschaftlichkeit!) nutzt. Unterscheidet sich die herkömmliche Diplom- von der reformierten Bachelor-Arbeit offensichtlich nur im zeitlichen Bearbeitungsumfang, gelten sinngemäß auch die alten Vorgaben aus der MusterRahmenordnung:82 Die Bachelor-Arbeit kann von jeder prüfungsberechtigten Person betreut werden, die Ausgabe erfolgt über den Prüfungsausschuß. Der Prüfling kann Themenwünsche äußern. Das Thema darf nur einmal und innerhalb von zwei Monaten nach Ausgabe zurückgegeben werden. Die Bachelor-Arbeit kann auch in der Form einer Gruppenarbeit erbracht werden. Der Prüfling hat schriftlich zu versichern, daß er die Arbeit selbständig verfaßt und keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt hat. Die Bachelor-Arbeit ist in der Regel von zwei Prüfern zu bewerten, darunter soll der Betreuende der Bachelor-Arbeit sein. Die Bachelor-Arbeit kann im 79 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Gemeinsame Strukturvorgaben – 1.4. 80 Vgl. § 29 Abs. 1 Muster-Rahmenordnung für Diplomprüfungsordnungen, KMK-Beschluß vom 13. 10. 2000. 81 So das Rahmenkonzept für Bachelor- und Masterstudiengänge und die Grundsätze zur Reform von Studiengängen an der FU Berlin vom 3. 10. 2003, unter VII. 82 Vgl. §§ 19,29 Muster-Rahmenordnung für Diplomprüfungsordnungen, KMK (2000).

5. Die Abschlußarbeit

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Falle der nicht ausreichenden Bewertung nur einmal wiederholt werden. Zum Vergleich: Für das erfolgreiche Absolvieren eines Bachelorstudiums in den USA ist eine wissenschaftliche Abschlußarbeit (thesis) nicht immer vorgesehen. Hierüber entscheiden die stark differenzierten Studiengangkonzepte. Wenn eine thesis verlangt wird, so soll diese einen Umfang von ca. 10.000 bis 15.000 Wörtern haben, dies entspräche den Anforderungen an eine Diplomarbeit an einer deutschen Fachhochschule. Auch ein Bachelor ohne Abschlußarbeit ist gleichwertig und ermöglicht ein Masterstudium.83 Hinter dieser Auffassung steht letztlich die Begründung, daß das undergraduate-Studium gleichermaßen eine Karriere in der Wirtschaft wie in der Wissenschaft ermöglichen solle.84 In England ist eine Abschlußarbeit zur Erlangung des Bachelor’s degree regelmäßig vorgeschrieben. Dies soll auch sicherstellen, daß für ein sich eventuell anschließendes Masterstudium wissenschaftliche Grundlagen gelegt worden sind.85 Zur Bedeutung der wissenschaftlichen schriftlichen Arbeit ist auf die unterschiedlichen Arten der Master-Grade in England hinzuweisen.86 Nachdem ein Studierender einen Bachelor with Honours abgelegt hat, kann er sich für einen Master by Thesis einschreiben. Der Inhalt des Studiums besteht im wesentlichen aus einer anspruchsvollen schriftlichen Arbeit. Es müssen weder Lehrveranstaltungen besucht noch Prüfungen abgelegt werden. Die Dauer des Studiums beträgt 3 bis 4 Jahre. Der erlangte Master by Thesis-Grad wäre etwa mit einer guten deutschen Doktorarbeit vergleichbar. Die besten Master by Thesis-Studierenden wechseln in das PhD-Programm und erwerben dort den PhD-Grad ohne Note, aber vergleichbar mit der Doktorprüfung mit der Note sehr gut. Anders das typische Master by Coursework-Studium. Es setzt nur einen Bachelor pass degree voraus und besteht aus zwei Teilen, der erste Teil aus Lehrveranstaltungen, der zweite aus einer kurzen wis83 Vgl. die Hinweise bei Kiemle, Hochschulabschlüsse im Vergleich, 2003, S. 49, 78. 84 Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer BachelorModelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 50. 85 Vgl. Kiemle, Hochschulabschlüsse im Vergleich, 2003, S. 79. 86 Die Darstellung folgt den Ausführungen von Keedy, In Stufen zum Ziel, S. 20.

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

senschaftlichen Arbeit (project, thesis). Diese thesis ähnelt der deutschen Diplomarbeit. Es bleibt abzuwarten, wie das deutsche Studiensystem auf diese unterschiedlichen Master-Studien (Aufbaustudium, spezialisierter Studiengang, Umschulungsstudium) reagiert. Von dem inhaltlichen Konzept des jeweiligen Studienganges wird es abhängen, ob die schriftliche Abschlußarbeit einen höheren oder geringeren Stellenwert erlangen soll.

6. Wer prüft? Die Berechtigung, Hochschulprüfungen abzunehmen, folgt aus der Lehrbefugnis („Wer lehrt, prüft.“).87 Damit sind regelmäßig prüfungsbefugt Professoren, habilitierte akademische Mitarbeiter, akademische Mitarbeiter und Lehrbeauftragte, soweit sie zur selbständigen Lehre berechtigt sind und die in der beruflichen Praxis und Ausbildung erfahrenen Personen.88 Weitere Konkretisierungen können durch das Landesrecht vorgenommen werden. Neben dieser status-regelnden Befugnis ist die Qualifikation festzulegen. Hier gilt unverändert die rahmenrechtliche Vorschrift, derzufolge Prüfungsleistungen nur von Personen bewertet werden dürfen, die mindestens die durch die Prüfung festzustellende oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen, § 15 Abs. 4 HRG (2002). Bei studienbegleitenden Prüfungen wäre es danach konsequent und logisch, daß die für die Lehrveranstaltung verantwortliche Lehrperson auch der Prüfer ist. Diese Folgerung haben vereinzelt auch Landesgesetze89 oder Hochschulprüfungsordnungen90 aufgenommen. Zwei Aspekte sind hierbei beachtenswert: Besitzt wirklich jeder Modul-Verantwortliche automatisch die erforderliche Prüfungsqualifikation und welche Bedeutung kommt dem Fachbereichsrat zu, wenn er über das Lehrveranstaltungsprogramm beschließt? 87 Vgl. zu dieser anerkannten Akzessorietät Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 15 Rdnr. 9. 88 Vgl. § 15 Abs. 4 S. 1 HRG (1976) sowie landesrechtliche Neufassungen, wie etwa in § 32 Abs. 3 BerlHG (1999). 89 Vgl. § 32 Abs. 3 S. 3 BerlHG (formuliert als Kann-Bestimmung). 90 Vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 PO Bioinformatik LMU und TU München vom 7. 11. 2000.

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Mit der Befugnis Lehrveranstaltung abzuhalten, wird dem Lehrveranstaltenden die Kompetenz zugesprochen, Inhalt und Methode der Lehrveranstaltung selbst zu gestalten, korrespondierend besitzt er das Recht, hierüber zu prüfen. Bei Modulprüfungen besteht indessen die Besonderheit, daß zugleich das Lernziel erreicht werden soll, welches sich an der Gesamtqualifikation ausrichtet. Diese Gesamtqualifikation besitzt aber unter Umständen der Lehrveranstaltende nicht oder nicht in dem gewünschten Umfang. An dieser Stelle wird die Bedeutung der Modulbildung sichtbar. Ist die inhaltliche und formale Festlegung eines Moduls durch den Fachbereich erfolgt, so hat sich dieser sehr sorgfältig vorher zu überlegen, welche Personen mit der Moduldurchführung zu beauftragen sind. Diese Qualifikationsprüfung gewinnt namentlich bei der nicht geringen Zahl von Lehrbeauftragten Bedeutung, erst recht, wenn diese kurz vor Beginn des Semesters und zuweilen in Aushilfsfunktion zur Durchführung des Lehrprogrammes bemüht werden. Hat sich der Fachbereich dann für einen Lehrbeauftragten entschieden, kann ihm am Ende der Lehrveranstaltung nicht die einmal zugesprochene Qualifikation wieder aberkannt werden, das Modul zu prüfen.

7. Eigene Prüfungsentscheidung und Bewertungsspielraum – Antwortspielraum Das studienbegleitende Prüfen von Modulen stellt verfahrensmäßig das Kernstück im gestuften Studiensystem dar. Zentrale Bedeutung kommt der Aussage zu, daß jede studienbegleitende Prüfung wie ein Teil der Abschlußprüfung behandelt werden muß. Es gelten folglich alle Regelungen, die für die Abschlußprüfung maßgeblich sind, auch für die studienbegleitenden Prüfungen.91 Damit sind, von wenigen und begründeten Ausnahmen abgesehen, die von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze und Kriterien zur Bewertung von Prüfungsleistungen92 auch auf die Teilleistungen anzuwenden, die im Rahmen des Bachelor- / Masterstudiums erbracht werden. Vgl. unter Kapitel VII. 2. Detaillierte Darstellungen mit umfangreichen Literaturhinweisen finden sich bei Niehues, Prüfungsrecht, 1994; Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht, 2003; Wex, Bachelor und Master, 2002; Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001; weitere Grund- wie auch Einzelfragen werden erörtert in den 91 92

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Grundsätze für die Bewertung von Prüfungsleistungen sind in aller Regel in den landesrechtlichen Mindestvoraussetzungen für die Prüfungsordnungen nicht enthalten. Die KMK hat sich hinsichtlich der Prüfungsfragen nur allgemein geäußert. Um die Gleichwertigkeit der Abschlüsse zu gewährleisten, könnten die Länder ihre gemeinsamen und koordinierenden Aufgaben nach § 9 HRG, hier also eingeschlossen die Studien- und Prüfungsleistungen, künftig über Strukturvorgaben in das Akkreditierungsverfahren einbringen. Diese wären damit für die Agenturen verbindlich.93 Der Akkreditierungsrat kommt in seinen Formulierungen zu noch allgemeineren Aussagen. Die Agenturen müßten Mindesstandards überprüfen und den Qualitätsanforderungen im internationalen Wettbewerb Rechnung tragen. Leistungsnachweise, Prüfungsstruktur, Prüfungsfächer, Modularisierung, Leistungspunktsystem und ECTS seien bei der Akkreditierung nachzuweisen. Das Prüfungsverfahren müßte Angaben zur Leistungskontrolle und zu Leistungspunkten, die Arten der Leistungsnachweise und den Abschlußarbeiten enthalten.94 Das Prüfungsverfahren spielt bei den Akkreditierungsagenturen eine offensichtlich untergeordnete Rolle. Es wird allgemein gefordert, die Modularisierung müsse konsequent mit einem Leistungspunktsystem und einem studienbegleitenden Prüfungssystem verknüpft sein. Jedes Modul müsse im Laufe des Semesters abgeprüft werden und Wiederholungsprüfungen zu Beginn des Folgesemesters seien einzuräumen.95 Es kann daher festgehalten werden, daß keine allgemein verbindlichen Mindestanforderungen oder konkrete Standards für das Prüfungsverfahren in den Bachelor- und Masterstudiengängen vorliegen. Das Prüfungsrecht wird also im wesentlichen durch die Rechtsprechung geprägt.

Kommentaren von Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, zu §§ 15 und 16 (Stand der Kommentierung: 1999) sowie Weber, in: Leuze / Epping, HG NRW-Kommentar, zu § 94 (Stand der Kommentierung: 2003). 93 KMK-Beschluß vom 1. 3. 2002, 3.3.2. 94 Akkreditierungsrat, Mindeststandards und Kriterien vom 30. 11. 1999, S. 7. 95 Vorläufiger Orientierungsrahmen der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsagentur ZEvA, Hannover, Überfachliche Standards für die Akkreditierung neuer Studiengänge, Stand: 14. 1. 2002, S. 7.

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Zunächst ist die nahezu selbstverständliche Feststellung zu treffen, daß Prüfungsleistungen individuelle Leistungen sind, die vom Prüfer selbst und unmittelbar zur Kenntnis zu nehmen sind. Diese Leistungen hat er eigenverantwortlich zu beurteilen. Es können also nur Leistungen bewertet werden, die auch tatsächlich vorliegen. Den Bewertungsgegenstand bestimmt der Prüfling.96 Bei schriftlichen Arbeiten bestimmt er, was in die Bewertung einbezogen werden soll oder nicht. Dazu gehören in der Regel nicht Kopien, Vorüberlegungen, Lösungsskizzen usw., auch wenn diese mit abgegeben werden. Der Prüfling muß unmißverständlich erklären, welche Unterlagen einbezogen werden sollen. Die Rechtsprechung fordert darüber hinaus auch, daß die Einbeziehung prüfungsgeeignet ist, das heißt, die Vorüberlegungen und Konzeptblätter müssen zuallererst lesbar sein97 und sie müssen auch inhaltliche Aussagen enthalten, nicht nur bloße Zeichen, Abkürzungen98 oder allgemeine Fragen. Für schriftliche Prüfungen in der Form einer Klausur scheidet die Möglichkeit einer Gruppenarbeit von vornherein aus. Allerdings sind bei interdisziplinär angelegten Abschlußarbeiten,99 übergreifenden Projektarbeiten oder Praktikumsübungen gemeinschaftliche Leistungen denkbar, die einer individuellen Bewertung zugänglich sind. In § 15 Abs. 2 S. 2 HRG a.F. waren sogenannte Gruppenarbeiten ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Gefordert wurde allerdings die deutliche Abgrenzbarkeit und Bewertbarkeit der individuellen Leistungen. Die Streichung dieser Bestimmung wurde damit begründet, Einzelheiten von Hochschulprüfungen seien rahmenrechtlich entbehrlich.100 Der tragende Grund dürfte aber die Neuregelung zur Erfüllung des Leistungspunktsystems in § 15 HRG n. F. gewesen sein. Für die landesrechtliche Praxis bedeutet dies, daß Gruppenarbeiten im Bachelor- / Masterstudium grundsätzlich statthaft sind. Wenn für die Teilnahme an berufsvorbereitenden Veranstaltungen, für Praktika, Teamprojekte oder dergleichen Leistungspunkte erworVgl. VGH BW, VBlBW 1997, 70 (71). Vgl. OVG NW, NVwZ 1995, 800; eine Übersicht zur Lesbarkeit von Prüfungsarbeiten findet sich bei Golitschek, BayVBl. 1994, 303 ff. 98 Vgl. BVerwG, DVBl. 1993, 49 (50). 99 Vgl. Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 377. 100 Vgl. Amtliche Begründung zu § 15 Abs. 4 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 20. 96 97

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ben werden können, so schließt das neben der individuell abgrenzbaren Leistung die Anforderung ein, daß die aktive Einzelaktivität auch dokumentiert wird, und zwar schriftlich (Praktikumsbericht, Testaufgaben, Projektarbeiten usw.). Die Vergabe von Leistungspunkten für bloße Anwesenheit ist systemwidrig. Angesichts des erhöhten Anfalls von schriftlichen Prüfungsarbeiten im Leistungspunktsystem wird auch verstärkt zu erörtern sein, in welchem Umfang der Prüfer Hilfspersonen zur Bewertung heranziehen darf. Das Bundesverwaltungsgericht hat es für zulässig erachtet, Vorkorrekturen durch dritte Personen durchführen zu lassen, wenn der Prüfer dann selbst eine eigene Beurteilung vornimmt.101 Der Prüfer muß sich in jedem Fall ein eigenes Urteil bilden, er darf nicht schlichtweg Noten von Assistenten übernehmen. Daß diese Grundsätze für studentische Übungsarbeiten (?) und wegen der großen Zahl von Teilnehmern nur abgeschwächt gelten sollen,102 klingt wenig überzeugend und deutet für die studienbegleitenden Prüfungen als Regelform in die falsche Richtung. Was rechtlich eigenverantwortlich und unabhängig zu bewerten ist, sollte nicht durch tatsächliche oder behauptete Prüfungswidrigkeiten verwässert werden. Während im herkömmlichen Prüfungssystem, namentlich bei den Staatsprüfungen, die mündlichen Prüfungen oft nicht das gleiche Gewicht wie die schriftlichen Prüfungen haben, kann sich das im Bachelor- / Masterstudium grundlegend ändern. Werden nämlich Modulprüfungen durchgeführt, hat das im Falle des zweifachen Versagens in der Regel die Folge, daß das Studium nicht fortgeführt werden darf. Damit gewinnt der persönliche Gesamteindruck, den sich der Prüfer vom Kandidaten macht, einen erhöhten Stellenwert. Die Rechtsprechung hatte bereits Korrekturen zur schematischen Notenvergabe im mündlichen Teil zugelassen, etwa wenn der Prüfling einen besonders guten Eindruck hinterlassen hatte.103 Diese Art von Korrekturen sollte im Leistungspunktsystem eigentlich ausgeschlossen sein, weil die Festlegung, ob (durchweg) mündlich oder schriftlich geprüft wird, vorab in der Prüfungsordnung zu erfolgen hat. Eine Korrektur schematischer Notenvergaben kann es danach eigentlich nicht geben. Mit BVerwG, NVwZ 1990, 65. So Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 179. 103 BVerwG, DVBl. 1993, 1310; vgl. im einzelnen Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 29. 101 102

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Blick auf die ausländischen Erfahrungen sowie die größere Verläßlichkeit und Objektivierbarkeit sollte ohnehin den schriftlichen Leistungsnachweisen Vorrang eingeräumt werden.104 Mit der prüfungsspezifischen Bewertung soll festgestellt werden, ob und wie der Kandidat die Prüfung bestanden hat. Die Anforderungen werden durch das Prüfungsziel und die Bewertungsmaßstäbe (Noten) normativ geregelt.105 Beide Regelungen sind in der Regel allgemein formuliert, sie bedürfen der Auslegung und Konkretisierung durch die Rechtsprechung, die Literatur und die praktischen Erfahrungen. Der Bewertungsvorgang einschließlich des Ergebnisses ist von äußerster Wichtigkeit für den Prüfling und hat besondere Bedeutung für die gerichtliche Kontrolle der Prüfungsentscheidung. Diese Bedeutung für den Rechtsschutz kumulierte 1991 in den unterschiedlichen Auffassungen der obersten Gerichte. Das Bundesverwaltungsgericht hatte bis 1991 in ständiger Rechtsprechung entschieden, pädagogisch / wissenschaftliche Bewertungen seien nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar. Es dürfe nur überprüft werden, ob das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, der Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen sei, ob allgemeine Bewertungsgrundsätze nicht beachtet oder fachfremde Erwägungen angestellt worden seien. Letztlich habe der Prüfer zu beurteilen, ob eine Antwort richtig oder falsch sei.106 Das Bundesverfassungsgericht hat diese Auffassung verworfen.107 Es sei zwischen Fachfragen, über deren Antworten sich häufig streiten lasse und prüfungsspezifischen Wertungen, die vor allem in der Benotung ihren Niederschlag fänden, zu unterscheiden. Letztentscheidungskompetenz des Prüfers bestehe nur im Hinblick auf die Wertungen. Eine vertretbare und folgerichtig begründete Lösung könne nicht allein als falsch bewertet werden. Dem Prüfling sei als Gegenstück zum Bewertungsspielraum ein Antwortspielraum anzuerkennen. Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wurde fortentwickelt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die GrundVgl. unter Kapitel VII. 4. Vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 326 ff. 106 So u. a. BVerwG, DÖV 1980, 380. 107 BVerfGE 84, 34 ff.; eine ausführliche Darstellung der Entwicklungen in der Rechtsprechung findet sich bei Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, Rdnr. 353 ff. 104 105

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sätze zum Überdenken der Prüfungsentscheidung entworfen. Dazu gehören auch Prinzipien für die Neubewertung durch den neuen bzw. alten Prüfer.108 Die prüfungsspezifische Bewertung hat der Prüfer danach in vier Schritten zu vollziehen: Der Prüfer hat sich über die Prüfungsanforderungen und die Notendefinition zu vergewissern, er hat sich Klarheit über die konkrete Prüfungsaufgabe zu verschaffen, die Prüfungsleistung des Kandidaten selbst, unmittelbar und vollständig zur Kenntnis zu nehmen und dann die Prüfungsleistung zu bewerten.109 Die Grundsätze und Kriterien aus der vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Entscheidung sind auch für das Prüfungsverfahren studienbegleitender Leistungsnachweise verbindlich. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung, sei es mündlich, sei es schriftlich, darf nicht als falsch bewertet werden. Es ist zwischen den prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers zu unterscheiden, die nur sehr eingeschränkt überprüft werden können und den fachspezifischen Wertungen, die in vollem Umfang der Überprüfung zugänglich sind. Zu den prüfungsspezifischen Wertungen zählen unter anderem110 der Aufbau der Arbeit und die Darstellung, die Begründung des eigenen Standpunktes und die Einordnung des Prüfers, ob es sich um Kern- oder Randprobleme handelt. Der Prüfer bewertet den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe und gewichtet die Fehler. Er hat einen Gesamteindruck zu ermitteln und die Arbeit mit anderen Arbeiten zu vergleichen. Alle diese prüfungsspezifischen Wertungen sind persönlich geprägte pädagogische Fachurteile des Prüfers, sie sind einer gerichtlichen Kontrolle in weiten Teilen entzogen. Der nur eingeschränkt überprüfbare Bewertungsspielraum gestattet den Gerichten nicht, ihre Bewertung an die Stelle der Prüferbewertung zu stellen.111 Anders verhält es sich bei den fachspezifischen Wertungen, die gerichtlich voll überprüfbar sind. Hierzu rechnen unter anderem die Fragen des methodischen Aufbaus, die Methodik der Lösung, die Frage, ob die Ausführungen fachlich richtig sind und ob die Lösung vertretBVerwG, NVwZ 1993, 681 (684); 1993, 686. Vgl. Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 64 ff. 110 Vgl. die Aufzählung bei Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht 2003, S. 83. 111 Ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. BVerwG, NVwZ 1998, 636 ff. 108 109

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bar ist oder nicht.112 Nach dem von der Rechtsprechung den Kandidaten zugestandenen Antwortspielraum dürfen Antworten und Lösungen schon dann nicht mehr als falsch gewertet werden, wenn sie zumindest vertretbar sind. Dies läßt sich oft aus der aktuellen Rechtsprechung herleiten (bei juristischen Fragen), aber auch aus Veröffentlichungen durch die Literatur. Die Rechtsprechung hat sogar schon dann eine vertretbare Lösung akzeptiert, wenn eine Einzelmeinung eines Hochschullehrers niedergelegt worden ist.113 Die eine große Rolle spielenden Musterlösungen sind nur eine Hilfestellung, die rechtlich nicht verbindlich ist. Der Prüfer ist sogar verpflichtet, unabhängig von der Musterlösung zu prüfen, ob die vom Prüfling gegebene Antwort vertretbar ist oder nicht.114 In gestuften Studiengängen sind Leistungspunkte und Noten getrennt auszuweisen. Die Bewertung einer Prüfungsleistung mit sehr gut, gut oder mangelhaft ist eine typische Bewertung, der Prüfer hat hier höchstpersönlich zu urteilen. Leistungspunkte sind ein quantitatives Maß für die Belastung der Studierenden. Die Notenbildung ist hingegen das qualitative Ergebnis einer individuellen Bewertung von Prüfungsleistungen. Die Prüfungsnote wird im Leistungspunktsystem an Bedeutung zunehmen. Aus dem diploma supplement werden alle Einzelheiten ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Studierenden, weitestgehend bezogen auf die Module, abbilden. Damit steht zu befürchten, daß ein in der deutschen Notengebung ärgerliches System wiederum auf der Tagesordnung steht, nämlich die mangelnde Ausschöpfung des Notenspektrums. In manchen Studiengängen werden nahezu ausschließlich die Noten gut und sehr gut vergeben, in anderen Studiengängen entspricht die Note befriedigend nicht einmal dem durchschnittlichen Ergebnis.115 Die immer wieder herangezogenen unterschiedlichen Fächerkulturen können dabei letztlich nicht überzeugen, denn dann stimmt insgesamt der Notenmaßstab nicht mehr. Am weitesten geht Thieme, der bei fehlender Notendifferenzierung einen Verstoß gegen die Prüfungsordnung feststellt. Der Gleichheitsgrundsatz 112 Vgl. die Darstellung bei Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht, 2003, S. 83. 113 Vgl. BVerwG, NVwZ 2000, 921. 114 BVerwG, NVwZ-RR 1994, 582. 115 Vgl. u. a. Wex, Prüfungsrecht an Hochschulen, 2001, S. 16 ff.

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sei verletzt und wenn der Prüfer die Notenskala nicht voll ausschöpfe, sei ein Fall des nicht hinreichenden Gebrauchmachens des Ermessens festzustellen.116 Es kann mit einiger Sicherheit vorausgesagt werden, daß sich das herkömmliche Schema der überaus wohlwollenden Notenvergabe in einzelnen Fächern nicht mehr halten lassen wird, nicht im Hinblick auf vergleichbare Studiengänge innerhalb der Bundesrepublik, aber auch nicht im Vergleich zu den Abschlüssen im internationalen Bereich.

8. Wiederholungsprüfungen Prüfungsversagen gewinnt in modularisierten Lehrveranstaltungen deswegen eine so hohe Bedeutung, weil ein mehrfaches Scheitern, auch schon nach den ersten Lehrveranstaltungen, zu einem Ende des Studiums führen kann. Damit stellt sich die Frage nach den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes für das Prüfungsverfahren. Die Voraussetzungen für die Wiederholung einer Prüfung werden durch landesrechtliche Hochschulgesetze bestimmt und / oder durch Hochschulprüfungsordnungen. Rahmenrechtlich war dies durch § 16 Abs. 2 HRG (1976) klargestellt. Die ersatzlose Streichung durch die 4. Novelle zum HRG (1998) wurde mit für entbehrlich gehaltenen „Detailvorgaben für Prüfungsordnungen“ begründet.117 Landesrechtlich einheitlich geregelt worden sind die Wiederholungen in Nordrhein-Westfalen durch die Eckdatenverordnung – Universitäten.118 Danach dürfen Fachprüfungen zweimal wiederholt werden, die Diplom- und Magisterarbeit einmal.119 Die Hochschulgesetze der Länder sehen im allgemeinen nur vor, die Wiederholbarkeit einer nicht bestandenen Prüfung sei in der Prüfungsordnung zu regeln120 oder die Hochschulen hätten sicherzustellen, daß den Studierenden eine Wiederholungsprüfung einzuräumen sei.121 In den Diplomprüfungs116 117

Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 401. Vgl. Amtliche Begründung zu § 16 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796,

S. 20. 118 Verordnung zu quantitativen Eckdaten für Studium und Prüfungen in universitären Studiengängen vom 17. 3. 1994 (GV. NW. S. 139). 119 Vgl. § 8 Abs. 1 u. 2 EckVO. 120 Vgl. z. B. § 51 Abs. 2 Nr. 12 UGBW. 121 Vgl. z. B. § 30 Abs. 5 BerlHG.

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ordnungen wird häufig eine zweite Wiederholungsmöglichkeit eingeräumt, beschränkt auf Ausnahmefälle. Über das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird dann häufig gestritten.122 Das Bundesverwaltungsgericht hat im Rahmen eines Streits über eine Prüfung nach der Bundes-Apothekerverordnung und der Approbationsordnung festgestellt, es könne dahingestellt bleiben, ob studienbegleitende Leistungskontrollen und die Zahl der Wiederholungsmöglichkeiten in die Normbefugnis des Bundesgesetzgebers fallen. Da der Bund jedenfalls diese Einzelheiten nicht geregelt habe, sei eine landesrechtliche Normgebung nicht verboten.123 Das Bundesverfassungsgericht hat für den Studiengang der Humanmedizin drei Versuche für zulässig erachtet.124 In der Zahnmedizin wurde nicht beanstandet die einmalige Wiederholung, eine zweifache in Ausnahmefällen.125 Der geringste gemeinsame Nenner in der Frage der Zahl der Wiederholungsmöglichkeiten besteht in der Auffassung, daß jedenfalls eine Wiederholungsmöglichkeit aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 12 Abs. 1 GG) gewährt werden müsse. Mit dem einmaligen Scheitern in einer Prüfung lasse sich nicht verläßlich feststellen, ob der Prüfling das Studienziel erreicht und die erstrebte Berufsbefähigung, sei es auch nur Etappen, erworben hat.126 Ebenso entspricht es überwiegender Auffassung, daß mehr als zwei Versuche verfassungsrechtlich nicht geboten sind, also kein Anspruch auf eine zweite Wiederholungsprüfung besteht. Der Prüfling könne dann als endgültig ungeeignet für den erstrebten Beruf angesehen werden.127 Allerdings sind diese Feststellungen prinzipiell nur im Zusammenhang mit Abschlußprüfungen getroffen worden sowie unter der Annahme, daß die Prüfungen aussagerelevant128 und von mindestens zwei Prüfern bewertet worden sind. 122

Vgl. die Nachweise bei Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Fußn.

123. BVerwG, NVwZ 1987, 978 ff. BVerfG, NVwZ 1989, 850. 125 BVerwG, Beschl. v. 7. 3. 1991 – 7 B 178.90 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 285. 126 BVerfGE 80, 1 ff.; OVG Münster, NJW 1987, 1505 ff.; Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 304; Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 27. 127 BVerwG, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 21, 63, 128, 285; BayVerfGH, NVwZ 1988, 911 ff.; Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 305. 128 BayVerfGH, NVwZ 1994, 503 (506). 123 124

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Die Anwendung dieser Grundsätze scheint für die Besonderheit der studienbegleitenden Prüfungen klärungsbedürftig. Scheitert ein Prüfling im ersten oder zweiten Semester bereits an den ersten Modulprüfungen wiederholt, so wäre er an der Fortsetzung des Studiums endgültig gehindert, weil das erfolgreiche Bestehen Zulassungsvoraussetzung für die folgenden Module ist. Läßt sich zu einem derart frühen Zeitpunkt mit hinreichender Sicherheit das Urteil fällen, der Studierende sei für den gewählten Beruf ungeeignet? Die Antwort hängt von der Art und Weise der abverlangten Leistungsnachweise, der Aussagekraft nicht erwiesener Leistung und darauf fußend, einer Prognose über die Fähigkeiten129 und Entwicklungsmöglichkeiten des Kandidaten ab. Gerade für letztere Einschätzung kann ein Informations- und Orientierungsmittel nutzbar gemacht werden, das seit Jahrzehnten vom Wissenschaftsrat, dem Bildungsrat, der KMK, der BLK und schließlich dem Bundesgesetzgeber (vgl. § 14 HRG, 1976) als ein zentrales Strukturelement des Hochschulwesens eingefordert wird: die Studienberatung.130 Mit der studienvorbereitenden Beratung, mit der Studieneingangsberatung und vor allem mit der begleitenden fachlichen Beratung kann und wird einerseits der Hochschullehrer auch eine individuelle Vorstellung über den zu beratenden Studierenden erlangt haben. Vor allem aber und dies kann im Rahmen einer Prognoseentscheidung hilfreich sein, wird der Studierende mit einer ernsthaft durchgeführten Studienberatung in die Lage versetzt, die Studienbedingungen, die Anforderungen seines Faches, die möglichen Schwerpunktsetzungen und das Ziel der Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit wenigstens überblicksartig erhalten. Mit anderen Worten: Nach einer ernsthaft durchgeführten Beratung weiß der Studierende, was auf ihn zukommt. Das Anforderungsprofil des Studiums und die Prüfungsbedingungen, einschließlich der Folgen von studienbegleitenden Prüfungen können ihn nicht unvermutet treffen.131 Damit blieben die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Chancengleichheit, Vgl. hierzu BayVGH, WissR 1977, 77. Vgl. die Darstellung von Karpen, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRGKommentar, § 14 (Stand der Kommentierung: 2000) Rdnr. 1 ff. 131 Den Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des sich Einstellens auf mögliche, den Studierenden frühzeitig treffende Konsequenzen bei einem Mißerfolg bei studienbegleitenden Leistungskontrollen hat das Bundesverwaltungsgericht als mit entscheidungserheblich angesehen, vgl. BVerwG, NVwZRR 1993, 304. 129 130

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die bei einem frühen Scheitern bei studienbegleitenden Prüfungen im Hinblick auf die Einschränkung der Freiheit der Berufswahl besonders zu berücksichtigen sind, gewahrt.132 Selbst wenn ein Prüfling wiederholt endgültig nicht bestanden hat, wird teilweise empfohlen, daraus keine Konsequenzen zu ziehen. Durch Gewichtung anderer Modulteile oder Kompensationsmöglichkeiten solle dem Versagenden die Fortsetzung des Studiums ermöglicht werden. Da jede Modulprüfung nur ein Dreißigstel der gesamten Prüfungsleistung decke, sei es unbillig, bei einem endgültigen Nichtbestehen einzelner Modulprüfungen den Verlust des Prüfungsanspruches herbeizuführen.133 Auch diese Auffassung ignoriert letztlich die organisierte Struktur der modularisierten Lehrveranstaltungen. Die Module sind eben nicht mehr oder wenig beliebig austauschbar, kompensierbar oder wichtig / unwichtig. Dem hier geltend gemachten Vielseitigkeitsaspekt wird ausreichend Rechnung getragen mit der Einteilung der Module in Pflicht- und Wahlmodule. Die abzulehnende „unbillige Härte“ hingegen rekuriert auf eine nicht vorhandene Gerechtigkeitslage. Wie unbillig müßte danach eine schlechte Abiturnote sein, wenn diese zur Folge hat, daß der Abiturient nicht einmal in dem begehrten Numerus clausus-Fach zugelassen wird. Zu dem Thema der Wiederholbarkeit von Prüfungen gehört auch die Einräumung von sogenannten Malus-Punkten, die Notenverbesserung und der Freiversuch. In einigen Prüfungsordnungen und Hochschulsatzungen ist die Regelung enthalten, daß jede nicht bestandene und wiederholende Prüfungsleistung mit einem Malus-Punkt gezählt wird. Die MalusPunkte seien festzulegen, sie müßten beispielsweise mindestens fünf und höchstens acht betragen. Erst bei Überschreiten dieser Zahl sei die Prüfung „insgesamt endgültig nicht bestanden“.134 Der Studieren132 Das BVerwG hat studienbegleitende Leistungskontrollen als besondere Art von Zwischenprüfungen bereits zu einem frühen Zeitpunkt für vereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG gehalten, vgl. BVerwG, NVwZ 1987, 593. Zur Zulässigkeit studienbegleitender Prüfungen, insb. für Juristen, vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1993, 304 ff. 133 BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 49. 134 Vgl. § 13 Abs. 11 2.Ordnung zur Änderung der Satzung für allgemeine Prüfungsangelegenheiten der FU Berlin vom 21. 4. 2004, Amtsblatt der FU Berlin vom 30. 6. 2004. Die Berliner Regelung ist ausdrücklich für das Leistungspunktsystem vorgesehen.

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de kann damit im Ergebnis eine einzelne Modulprüfung bis zu achtmal wiederholen. Rechtlich betrachtet bedeutet die Malus-Punkteregelung zweierlei: eine Ausweitung der Zahl der Wiederholungsmöglichkeiten und eine Aufgabe der Bewertungsnote „nicht bestanden“. Wird im üblichen Notenvergabesystem, das unverändert auch bei der Malus-Punkteregelung gilt, mit nicht bestanden bewertet, so heißt das auch verbindlich: Das Ausbildungsziel und der Nachweis der Fähigkeiten ist nicht erreicht worden. Die Malus-Regelung nimmt diese Bewertung indessen nicht auf und formuliert, sprachlich den Widerspruch aufdeckend: Erst bei Überschreiten der zulässigen Zahl der Malus-Punkte sei die Prüfung „insgesamt endgültig nicht bestanden“. Alle vorherigen Versuche waren mithin keine Bewertungen mit dem Ziel „bestanden“ oder „nicht bestanden“. Der zweite Widerspruch ist noch evidenter: Eine nicht bestandene Prüfungsleistung dürfe grundsätzlich einmal wiederholt werden, jede weitere Wiederholung werde mit einem Malus-Punkt gezählt.135 Da die Malus-Regelung für jede weitere Wiederholung gilt, es sich also keineswegs um eine Ausnahmeregelung handelt, wird in Wahrheit ein Grundsatz der Wiederholung geregelt. Irreführend ist es daher, wenn anfangs formuliert wird, es dürfe nur „einmal“ wiederholt werden. Die Vermutung liegt nahe, daß bei einer klarstellenden Formulierung der achtfachen Wiederholungsmöglichkeit verständlicherweise von einer derartigen Regelung in den Gremien Abstand genommen würde. In der Rechtsprechung ist nur begrenzt zu der Frage Stellung genommen worden, wie oft eine Prüfung wiederholt werden darf. Es verstoße weder gegen Art. 12 Abs. 1 GG, wenn nur eine Wiederholungsmöglichkeit gewährt werde,136 noch sei eine unbeschränkte Wiederholbarkeit geboten.137 Die Zahl der Mißerfolge erlaube Schlüsse auf die Fähigkeit des Prüflings.138 Die Begrenzung der Wiederholungsmöglichkeit sei eine zulässige subjektive Zulassungsbeschränkung, die den Prüfling nicht unverhältnismäßig belaste.139 135 Vgl. § 13 Abs. 11 S. 1 2.Ordnung zur Änderung der Satzung für allgemeine Prüfungsangelegenheiten der FU Berlin vom 21. 4. 2004, Amtsblatt der FU Berlin vom 30. 6. 2004. 136 BVerwG, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 285. 137 BVerfG, NVwZ 1989, 80. 138 BVerfG, NVwZ 1989, 80.

8. Wiederholungsprüfungen

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Die Befürworter einer Malus-Regelung geben so gut wie keine Begründung für deren Erforderlichkeit oder Wünschbarkeit140 oder sie stellen ohnehin die gesamte Sinnhaftigkeit der Wiederholungsregelungen in Frage.141 Malus-Regelungen sind ihrer wahren Natur nach echte Wiederholungsprüfungen. Eine hohe Zahl von Wiederholungen steht im Widerspruch zum Sinn und Zweck eines Leistungspunktsystems. Zeitnahes Prüfen zu einer Lehrveranstaltung läßt sich vernünftigerweise allenfalls mit einem Semester Verspätung verwirklichen. Aufeinander aufbauende Lernvermittlungen in Modulen können nicht erreicht werden, wenn der Zugang zu Modulprüfungen durch nachhängende Wiederholungsprüfungen gehemmt ist. Und schließlich wird dem Studierenden mit einer hohen Zahl von Wiederholungsmöglichkeiten vorgegaukelt, er könne sich Zeit lassen, ein „Durchfallen“ habe erst einmal keine Folgen. Daß ein derartiges Leistungspunktsystem bundeseinheitlich nicht vergleichbar ist, liegt ohnehin auf der Hand. Ein Studium, das für eine einzelne Modulprüfung die bis zu achtfache Wiederholung gestattet, verfehlt alle Zielsetzungen, die mit der Einführung eines modularisierten Studiensystems verknüpft sind. Im Gegensatz zu Malus-Regelungen, denen eine nicht bestandene Prüfung zugrunde liegt, wird eine Notenverbesserung eingeräumt, wenn die Prüfung bestanden ist. Rahmenrechtlich ist diese Gestaltungsmöglichkeit gem. § 15 Abs. 2 HRG dem Landesrecht zugewiesen worden, allerdings mit der Einschränkung, daß die Prüfung im Freiversuch bestanden worden ist. Reich und ihm folgend Waldeyer142 sehen hierin keine abschließende Regelung, da das HRG das Prüfungswesen nicht abschließend behandelt habe. In dieser Allgemeinheit ist das sicherlich zutreffend, allerdings hat der Hochschulgesetzgeber sich der speziellen Materie des Freiversuchs angenomBVerwG, NJW 1982, 1339. Vgl. Amtliche Begründung zur 4. Novelle des HRG (1998) zu § 15 Abs. 3, BT-Drs. 13 / 8796, S. 19: Einheitsmodelle bei der Schaffung eines Leistungspunktsystems seien nicht erforderlich, auch Malus-Punkte seien möglich. Entscheidend sei die bundesweite Kompatibilität; Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 37. 141 Becker, Prüfungsrecht, 1988, S. 142 ff. 142 Reich, HRG-Kommentar, § 15 Rdnr. 5; Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 33. 139 140

16*

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VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

men, § 15 Abs. 2 S. 1 HRG, und in diesem Zusammenhang vielleicht doch abschließend das Thema der Notenverbesserung regeln wollen. Für diese Auslegung spricht zunächst die Entstehungsgeschichte des Freiversuchs. Dieser wurde, gestützt auf die positiven Erfahrungen in den Ländern bei der Einführung für die erste juristische Staatsprüfung, zunächst in der Juristenausbildung bundesweit eingeführt und dann durch die 4. Novelle zum HRG (1998) in § 15 Abs. 2 aufgenommen.143 Mit der Formulierung des Merkmales, es müsse sich um „geeignete“ Studiengänge handeln sowie um „Abschlußprüfungen“ hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß eben nicht, wie üblich, alle Studiengänge hierunter fallen und nicht alle Prüfungsteile. Sinn und Zweck der Freiversuchsregelung ist nachweisbar die Absicht, die Studienzeit zu verkürzen.144 Prüfungswiederholungen, auch zur Notenverbesserung, verlängern aber regelmäßig das Studium. Nur dem Student, der sich an dem studienverkürzenden Freiversuch beteiligt, soll mithin die „Wohltat“ der Notenverbesserung zugute kommen. Die sich anschließende Frage, ob eine Freiversuchsregelung für studienbegleitende Prüfungen überhaupt in Betracht kommt, muß verneint werden. Modularisierte Studiengänge zeichnen sich durch eine Abfolge von Lerninhalten aus, die in einem konzeptionellen Zusammenhang stehen. In aller Regel kann zu dem Modul Y nur zugelassen werden, wer das Modul X erfolgreich bestanden hat. Welches Modul soll dabei vorzeitig im Sinne des Freiversuchs abgelegt werden? Der sinnvolle Aufbau eines Bachelor- / Master-Studiums würde systemwidrig gestört. Ein gestufter Studiengang ist daher kein „geeigneter“ im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 HRG. Konsequenterweise haben auch einige Hochschulen die Möglichkeit des Freiversuchs ausdrücklich ausgeschlossen.145 In anderen Ordnungen sind dagegen sämtliche Fachprüfungen des ersten Semesters als Freiversuche deklariert worden.146 Die negativen Auswir143 Vgl. zur Entstehungsgeschichte vor allem Waldeyer, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 15 (Stand der Kommentierung: 1999) Rdnr. 29. 144 Amtliche Begründung zu § 15 Abs. 2 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 19. 145 Vgl. z. B. § 19 PO Bachelor / Master Informatik LMU und TU München vom 7. 11. 2000.

9. Die Verleihung des Bachelor- und Mastergrades

245

kungen sind bezeichnend. Werde die Regelstudienzeit, gerade auch bedingt durch diese Freiversuche, verlängert, so blieben die Überschreitungen unberücksichtigt, wenn triftige Gründe nachgewiesen würden.147 Die Lehrveranstaltungen werden damit zu Orientierungsphasen degradiert, obwohl diese Phase bereits ein Sechzigstel des gesamten Studiums ausmacht. Auch dieses praktische Beispiel belegt, daß ein modularisiertes und mit studienbegleitenden Prüfungen versehenes Studium nicht geeignet ist für Freiversuche. 9. Die Verleihung des Bachelor- und Mastergrades Akademische Grade werden regelmäßig aufgrund von Prüfungen verliehen. Prüfungen und Graduierungen sind gleichwohl als zwei selbständige Rechtsakte zu unterscheiden.148 Das HRG nimmt diese Zweiteilung auf und legt in § 19 Abs. 2 und Abs. 3 fest, daß die Hochschulen aufgrund von Prüfungen für den ersten berufsqualifizierenden Abschluß den Bachelor- oder Bakkalaureusgrad verleihen können, für den zweiten berufsqualifizierenden Abschluß den Master- oder Magistergrad. Den Urkunden über die Verleihung der akademischen Grade sind auf Antrag eine englischsprachige Übersetzung beizufügen, § 19 Abs. 6 HRG. Der Graduierungsregelung kommt für deutsche Hochschulen im Rahmen des Bologna-Prozesses eine zentrale Bedeutung zu. Die deutsche Hochschullandschaft war und ist bis zur Gegenwart von der Entscheidung zugunsten eines einheitlichen Diplomgrades für alle Hochschulstudien geprägt.149 Für alle Studien gelten die allgemeinen Studienziele aus § 7 HRG. Dieser Konsens wird aufgekündigt, indem in dem gestuften Studiensystem aus einem berufsqualifizierenden Studiengang zwei eigenständige Profile herauszufiltern und zu entwickeln sind. Beide selbständig gewordenen Profile, nämlich Bachelor und Master, nehmen gleichwohl weiterhin die grundsätzlichen Ziele des Studiums aus § 7 146 Vgl. z. B. § 3 Nr. 4 S. 3 PO Bachelor Chemie TU Braunschweig vom 25. 4. 2001. 147 § 3 Nr. 5 S. 2 PO Bachelor Chemie TU Braunschweig vom 25. 4. 2001. 148 Vgl. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 376. 149 Vgl. Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 18 Rdnr. 1 ff.

246

VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

HRG auf. Neben der Unterscheidung des Studiums hinsichtlich der Dauer, der Struktur und der Profilgebung bedarf es also ganz wesentlich der Abgrenzung in den Abschlüssen. Bachelor- und Mastergrade, die aufgrund von Prüfungen in den gestuften Studiengängen erworben werden, können nicht zugleich mit dem Abschluß eines herkömmlichen Diplom- oder Magisterstudienganges verliehen werden. Ebenso kann mit Abschluß eines Bacheloroder Masterstudiums nicht zugleich ein Diplom- oder Magistergrad verliehen werden. Diese unterschiedlichen Graduierungen sind durch die unterschiedlichen Studienstrukturen bedingt und in den §§ 18 und 19 HRG niedergelegt. Die KMK hat die Eigenständigkeit der Abschlüsse in ihren Strukturvorgaben hervorgehoben150 und insofern die Wertigkeiten zwischen dem herkömmlichen Diplomgrad und den neuen Graden klargestellt. Eine denkbare Differenzierung der Grade nach der Dauer der Regelstudienzeit hat die KMK abgelehnt. Für drei- und vierjährige Bachelor-Studiengänge, ebenso für ein- oder zweijährige Masterabschlüsse werden keine unterschiedlichen Grade vergeben.151 Eine Änderung in der Auffassung hat es bei der KMK zu der Frage gegeben, in welchem Umfang in den Bezeichnungen der Abschlüsse den stärker theorie- oder stärker anwendungsorientierten Studiengängen Rechnung zu tragen sei. Die KMK hatte in ihren Beschlüssen vom 5. 3. 1999 und vom 14. 12. 2001 diese Differenzierungen mit und ohne entsprechende Fachzusätze vorgesehen und für die Fächergruppen die entsprechenden Abschlußbezeichnungen genannt.152 Die Unterscheidung zwischen den Profiltypen „stärker anwendungsorientiert“ und „stärker forschungsorientiert“ hat die KMK mit Beschluß vom 10. 10. 2003 aufgehoben.153 Die Gründe für diese geänderte Auffassung mögen unter anderem in den unscharfen Kriterien liegen, was einen mehr theorieorientier150 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 5. 151 KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 5.3. 152 KMK-Beschlüsse vom 5. 3. 1999 und 14. 12. 2001 – Strukturvorgaben – 3.2. 153 KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 6.

9. Die Verleihung des Bachelor- und Mastergrades

247

ten Studiengang von einem mehr anwendungsorientierten unterscheidet. Auch die hiermit zusammenhängenden unterschiedlichen Profilvorstellungen von Fachhochschulen und Universitäten könnten eine Rolle gespielt haben. Im Vergleich zu den Möglichkeiten, mit Hilfe des diploma supplement ausführliche Einzelauskünfte über das Studium zu erhalten, stellen die Definitionen von Profiltypen, über die sich dann wieder trefflich streiten läßt, ohnehin das schlechtere Auskunftsinstrumentarium dar. Besonderheiten für die Abschlußbezeichnung sollen für interdisziplinäre Studiengänge gelten. Hier richtet sich die Bezeichnung nach der überwiegenden Bedeutung eines Fachgebiets in dem Studiengang. Für Ingenieurwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften sind die Bezeichnungen nach der inhaltlichen Ausrichtung vorzunehmen. Fachliche Zusätze sind ausgeschlossen. Abweichende Bezeichnungen dürfen für weitere Bildungstudiengänge und nicht konsekutive Masterstudiengänge verwendet werden, zum Beispiel Master of Business Administration (MBA).154 Die von der KMK festgelegten Bezeichnungen sollen nur für Bachelor- und konsekutive Mastergrade verwendet werden. Diese Unterscheidung wird vereinzelt kritisiert, sie erzeuge kontraproduktive Abgrenzungsprobleme.155 Dieser Kritik kann nur begrenzt gefolgt werden. Richtig daran ist, daß eine inhaltliche Diskussion schwierig sein kann, wann und in welchem Umfang ein wissenschaftliches Fach fortgeführt, vertieft oder weiterhin fachlich zusammenhängend bleibt. Die KMK hat jedoch den formalen Aspekt der Konsekutivität herausgestellt, nämlich das Kriterium, ob die Studiengänge nach Maßgabe der Studien- bzw. Prüfungsordnung inhaltlich aufeinander aufbauen.156 Eine derartig Zuordnung, beschlossen durch das zuständige akademische Gremium der Hochschule, sollte eine hinreichende Grundlage für die unterschiedlichen Studienstrukturen bilden.157 154 Alles nach KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 6. 155 May / Mülke, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 19 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 42 ff. 156 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 4.1. 157 Aus der Kritik von May / Mülke wird im übrigen nicht ganz deutlich, ob in diesem Zusammenhang die Gleichwertigkeit nicht mit der nur geforderten Zuordnung eines Studienganges zum konsekutiven Zusammenhang verwechselt wird, vgl. in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 19 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 42 ff.

248

VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

Für das immer wichtiger werdende Feld der Aufgabenzuweisungen zwischen Fachhochschule und Universität hat die KMK bekräftigt, daß Bachelor-Abschlüsse grundsätzlich dieselben Berechtigungen wie Diplomabschlüsse an Fachhochschulen verleihen.158 Masterabschlüsse stehen gleichberechtigt neben den Diplom- und MagisterAbschlüssen an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen. An den Fachhochschulen erworbene Masterabschlüsse eröffnen den Zugang zum höheren Dienst, wenn dies in der Akkreditierung festgestellt wurde.159 Die die Strukturvorgaben der KMK abschließenden Worte für diese letztgenannten Gleichstellungen klingen zaghaft und vermitteln keine große Überzeugung: Die Einführung des Graduierungssystems von Bachelor und Master dürfe nicht zu einer Abwertung der herkömmlichen Diplom- und Magisterabschlüsse führen. Die aktuelle Hochschuldebatte in Deutschland wird zu diesem Thema eher anders geführt und von der Sorge geleitet, ob die neuen Abschlüsse Bachelor und Master überhaupt dem Diplom und Magister gleichwertig sind.160 Auf einem weiteren Felde der Gleichwertigkeit wird derzeit erbittert gestritten, nämlich der Verleihung von Graden (Diplom, Bachelor) durch die Berufsakademien. Die KMK hat jüngst ihren Beschluß zum Status für das Akkreditierungsverfahren geändert und auch die Berufsakademien mit einbezogen. Die Ausbildungsgänge der Berufsakademien führten zu der Abschlußbezeichnung „Bachelor“.161 Es handele sich hierbei nicht um einen Hochschulgrad, sondern um eine staatliche Abschlußbezeichnung. Gegen diese Gleichstellung mit den Bachelorabschlüssen an den Hochschulen reagierte die HRK mit einer nachdrücklichen Warnung. Berufsakademien seien keine Hochschulen, eine Gleichstellung täusche den Studierenden falsche Tatsachen vor. Wichtige Vorhaben des Bologna-Prozesses würden unterlaufen.162 158 KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 8. 159 Diese als Fußnote 5, unter 8. des KMK-Beschlusses vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – in Bezug genommene Vereinbarung fällt allerdings in die Zuständigkeit der Innenministerkonferenz. 160 Die Fragen der Gleichwertigkeit und der Akzeptanz der neuen Studienabschlüsse sind das Thema im Kapitel XI. 2. 161 KMK-Beschluß vom 15. 10. 2004 – Einordnung der Bachelor-Ausbildungsgänge an Berufsakademien in die konsekutive Studienstruktur.

9. Die Verleihung des Bachelor- und Mastergrades

249

Der Vorgang mutet in der Tat in mehrfacher Hinsicht wunderlich an. Die HRK ist offensichtlich nicht in angemessener Weise in den KMK-Entscheidungsprozeß eingebunden worden. Angesichts der relativen Brisanz des Themas läßt dies nur den Schluß zu, daß die Stimme der Hochschulen allenfalls gehört, nicht aber berücksichtigt werden sollte. Noch merkwürdiger mutet an, daß dieser Beschluß einstimmig zustande gekommen ist, ein Ergebnis, das angesichts der bekannten Vorbehalte einiger Bundesländer gegen die volle Gleichwertigkeit der Berufsakademien ungute Zweckbündnisse ahnen läßt. In rechtlicher Hinsicht verstärken sich die Zweifel. Hochschulgrade werden nur von akademischen Behörden verliehen, nicht vom Staat. Davon streng zu trennen sind staatliche und sonstige Befähigungsnachweise.163 Berufsakademien sind eindeutig keine Hochschulen.164 Diplome wie Bachelor und Master sind ebenso unstrittig akademische Grade. Damit liegt die Rechtsfolge nahe, daß die Vergabe von Diplom- und Bachelor-Graden durch Nicht-Hochschulen auf diesem Feld irreführend ist. Diese Vergabe ist obendrein nicht mehr durch das (bundesrechtliche) Berufsbildungsgesetz gedeckt, sie verstößt insoweit gegen das Diplomierungsmonopol aus § 18 HRG.165 Dieses Ergebnis ist jedoch unbefriedigend. Gerade das ausgewogene Verhältnis des Wissenschaftsbezugs und der Praxisnähe prädestinieren die Studiengänge der Berufsakademie zu vollwertigen Bachelor-Abschlüssen. Allerdings sind ebenso unzweifelhaft Beschlüsse der KMK nicht in der Lage, eindeutige HRG-Regelungen der Graduierung zu ändern, auch bilaterale Vereinbarungen hätten nicht diese gesetzesinterpretierende Kraft. Der gordische Knoten kann wohl nur 162 HRK-Pressemitteilung vom 10. 11. 2004 – 69 / 04, veröffentlicht unter (Zugriff am 11. 11. 2004). 163 Karpen, in: Heilbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 18 (Stand der Kommentierung: 1992) Rdnr. 34. 164 Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2004, Rdnr. 413; Utz, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 744. 165 An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts, indem landesrechtliche Verordnungen über die Diplomprüfung für Berufsakademien erlassen worden sind, vgl. etwa VO über die Diplom-Vorprüfung und die Diplomprüfung im Bereich Technik der Berufsakademie Berlin vom 12. 12. 1995 (GVBl. 1996, S. 17). Das HRG geht hier dem Landesrecht vor, sowohl in der Rangordnung als auch als spezielleres Regelungsrecht.

250

VII. Das neue Zulassungs- und Prüfungsverfahren

so durchschlagen werden, daß die Berufsakademien durch institutionelle Akkreditierung, also z. Zt. durch den Wissenschaftsrat, und anschließenden staatlichen Genehmigungsakt den Status einer Hochschule im Sinne von § 18 HRG erlangen.

10. Das besondere Zulassungsverfahren zum Masterstudium Nach den Erfahrungen aus dem angelsächsischen System sowie den Vorstellungen der KMK und des Wissenschaftsrats stellt der Bachelorabschluß den Regelabschluß dar und führt für die Mehrzahl der Studierenden zu einer ersten Berufseinmündung. Ein Studium im Masterstudiengang müsse daher von weiteren besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängig gemacht werden. Damit ist in den abschließend zu regelnden Voraussetzungen für die Zulassung zur Masterprüfung zu unterscheiden zwischen den persönlichen, die der Bewerber bei der Zulassung zu erbringen hat, und den fachbezogenen Voraussetzungen sowie den weiteren Nachweisen der Qualifikation für den Masterstudiengang (häufig als Eignungsfeststellung bezeichnet). Zu den persönlichen Voraussetzungen rechnet zunächst unabdingbar der erfolgreiche Abschluß eines berufsqualifizierenden Studiums oder ein im In- oder Ausland erworbener gleichwertiger Abschluß. Der Studierende hat sich in dem betreffenden Masterstudiengang einzuschreiben. Hierbei werden auch die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für ein Studium gefordert. Der Studierende darf in demselben Studiengang im Geltungsbereich des Grundgesetzes die Prüfung noch nicht endgültig nicht bestanden haben und in aller Regel werden gute oder zumindest ausreichende Sprachkenntnisse verlangt, wenn das Konzept der Lehrveranstaltungen z. B. englischen Lehrstoff verlangt. Zu den fachbezogenen Voraussetzungen gehören die Anmeldungen zu den studienbegleitenden Leistungsnachweisen, die Abgabe der Master-Abschlußarbeit und, falls gefordert, Ergänzungen zur Masterarbeit wie etwa ein Projektbericht, ein Kolloquium oder dergleichen. Als spezifische Zulassungsvoraussetzung für einen Masterstudiengang werden „weitere besondere Zugangsvoraussetzungen“ gefor-

10. Besonderes Zulassungsverfahren zum Masterstudium

251

dert.166 Da der Masterabschluß ein hohes fachliches und wissenschaftliches Niveau gewährleisten soll, das mindestens dem der eingeführten Diplomabschlüsse entspricht, sind damit alle Anforderungen gerechtfertigt, die das Ziel der Differenzierung zum ersten berufsqualifizierenden Abschluß deutlich machen und vor allem in die Richtung eines hohen wissenschaftlichen Standards bei der Masterstufe führen.167 Üblicherweise wird als Zugangsvoraussetzung die Qualität eines ersten Abschlusses genannt, in Gestalt eines „überdurchschnittlichen“ oder „weit überdurchschnittlichen“ ersten berufsqualifizierenden Abschlusses. Dieser drückt sich in aller Regel in dem Notenergebnis aus. Es kommen aber auch Voraussetzungen in Betracht wie Berufserfahrungen, Auslandsaufenthalte, Sprachkenntnisse, besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten für das in Aussicht genommene Masterstudienziel. Aufwendig, aber sehr sachgerecht sind Verfahren zur Feststellung der besonderen Eignung für den Masterstudiengang.168 Die Voraussetzungen können in objektive und subjektive Zulassungsbeschränkungen unterschieden werden. Über ihre Zulässigkeit wird im konkreten Fall anhand der Rechtsprechung zum Kapazitätsrecht und zu Art. 12 Abs. 1 GG befunden.169 Entscheidend ist, daß die fachlichen und inhaltlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einem Masterstudiengang dem Gesetzesvorbehalt entsprechen.170 Im Hinblick auf die Bedeutung der besonderen Berufsqualifikation unterliegen die Zugangsvoraussetzungen zum Masterstudiengang auch der Prüfung der Akkreditierungsagenturen.171

166 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 2.1. 167 Vgl. im einzelnen Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 51. 168 Vgl. zur Zulässigkeit der einzelnen Zugangsvoraussetzungen Kapitel III. 2. b) cc). 169 Vgl. Kapitel III. 2. b) cc). 170 Vgl. Kapitel VII. 1. a). 171 Vgl. KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – 2.1.

VIII. Der Rechtsschutz Dem Prüfling steht ein Anspruch auf Durchführung eines ordnungsgemäßen, rechtmäßigen Prüfungsverfahrens zu. Dabei kann das Verfahren rechtswidrig sein (Verfahrenshandlung), es kann aber auch das Ergebnis fehlerhaft zustande gekommen sein (Sachentscheidung). Damit eine Rechtsbeeinträchtigung substantiiert geltend gemacht werden kann, muß der Betroffene überhaupt erst einmal Kenntnis von dem streitbefangenen Gegenstand haben, also den tatsächlich festgehaltenen Vorgang wahrnehmen. Dies wirft die Frage nach dem Einsichtsrecht in die Prüfungsunterlagen auf. 1. Das Recht auf Akteneinsicht In den Prüfungsordnungen, namentlich in den juristischen, wird das Einsichtsrecht in Prüfungsakten üblicherweise spezifisch geregelt. In § 22 der Musterrahmenordnung für Diplomprüfungsordnungen – Universitäten – (KMK, 2000) wird dem Prüfling innerhalb eines Jahres nach Abschluß des Prüfungsverfahrens auf Antrag in angemessener Frist Einsicht in seine Prüfungsarbeiten, die darauf bezogenen Gutachten und die Prüfungsprotokolle gewährt. Die Rechtsprechung hat lange Zeit die Prüfungsvorgänge als ihrem Wesen nach geheimzuhalten bewertet.1 Heute wird das Akteneinsichtsrecht als effektive Rechtsschutzverwirklichung nach Art. 19 Abs. 4 GG bezeichnet, es wird vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich anerkannt.2 Ist die Akteneinsicht nicht geregelt, kommt das Einsichtsrecht, niedergelegt in § 29 Abs. 1 VwVfG, zum Zuge. Dieses gilt auch für das Prüfungsverfahren.3 Danach hat die Behörde den Beteiligten Einsicht BVerwGE 14, 31; 19, 179; 50, 309; OVG Lüneburg, NJW 1973, 638. Vgl. BVerwGE 92, 132. 3 In § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG ist § 29 ausdrücklich aufgeführt, das Verwaltungsverfahren also einschlägig; unklar Niehues, Prüfungsrecht, 1994, 1 2

1. Das Recht auf Akteneinsicht

253

in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung der rechtlichen Interessen erforderlich ist. Hierfür reicht, wenn bei überschlägiger Überprüfung das rechtliche Interesse nicht offensichtlich rechtsmißbräuchlich wahrgenommen wird.4 Der Prüfungsteilnehmer ist auch „Beteiligter“ im Sinne des Verwaltungsverfahrens. Zwar besteht kein Anspruch auf Zusendung der Originalakten, auch die Herstellung von Kopien wird ihm regelmäßig weder gesetzlich noch verfahrensmäßig zugestanden. In der Praxis hat sich jedoch durchgesetzt, daß der Prüfling auf eigene Kosten die Teile der Prüfungsakten beim Prüfungsamt vervielfältigen kann.5 Während die Kenntnisnahme von schriftlichen Vorgängen unproblematisch ist, kann bei den mündlichen Prüfungen nur ein Rückgriff auf das Protokoll, in den seltensten Fällen auf Zeugen, erfolgen. Der Dokumentationspflicht kommt mithin größte Aufmerksamkeit zu.6 Strittig ist der Zeitpunkt, zu dem Akteneinsicht gewährt werden muß. Unterschiedliche Auffassungen bestehen bereits darüber, ob die Verweigerung der Akteneinsicht isoliert angreifbar ist oder nur gleichzeitig mit der Sachentscheidung.7 Für die Überprüfung der studienbegleitenden Prüfungen kommt dem Zeitpunkt der Einsichtnahme in die Unterlagen erhebliche Bedeutung zu. Anerkennt man ein Einsichtsrecht erst zum Abschluß des Studiums, also nach erfolgter oder verweigerter Urkundenübergabe, so läßt sich aufgrund des Zeitablaufs das Prüfungsgeschehen regelmäßig schwieriger ermitteln. Eine frühe und zeitnah nach der Modulprüfung beanspruchende Einsicht hingegen beruht nicht immer auf ausreichend realistischen Vorstellungen über die Gewichtung von Leistungsanforderungen und dem Bewertungsverfahren. In praktischer Hinsicht wäre darüber hinaus zu befürchten, daß ausgiebig wahrgenommene Einsichten in die Rdnr. 104, der Prüfling habe jedoch einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf „Überdenken“; grundlegend Steike, Akteneinsicht bei der Prüfungsanfechtung, in: NVwZ 2001, 868 ff. 4 Stelkens / Bonk / Leonhardt, VwVfG-Kommentar, 2001, § 29 Rdnr. 27. 5 Ein Abschreiben ist bei Vorhandensein eines Fotokopierers nicht zumutbar, vgl. Steike, NVwZ 2001, 868 (870). 6 Vgl. zu den Einzelanforderungen der Protokollierung Wex, Bachelor und Master, 2002, S. 40 ff. 7 Zum Meinungsstand vgl. Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht, 2003, S. 100.

254

VIII. Der Rechtsschutz

Modulprüfungen den Prüfungsablauf und die Wiederholungsmöglichkeiten beeinträchtigen. Letztlich sind diese Befürchtungen im subjektiven und tatsächlichen Bereich angesiedelt. Im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie schlagen sie nicht durch. Gerade die rechtzeitige Geltendmachung von eventuellen Verfahrens- oder Entscheidungsfehlern dient der Aufklärung und der Wahrheitsfindung. Daher muß ein Einsichtsrecht in die Verwaltungsakten auch schon im Widerspruchsverfahren eingeräumt werden.8 Bei Modulprüfungen ist dem Prüfling daher bereits alsbald nach Abschluß der Bewertung seiner Leistungen Einsicht in die Akten zu gewähren, wenn damit die Wahrnehmung von rechtlichen Interessen möglich erscheint und der Prüfungsablauf nicht gestört wird. 2. Das verwaltungsinterne Kontrollverfahren: Das Überdenken der Prüfungsentscheidung Es gehört zum Kern grundrechtlicher Verfahrensgarantie, daß der Prüfling nicht nur über getroffene Entscheidungen informiert werden muß, wenn er dies verlangt, sondern auch, daß er seinen Standpunkt wirksam vertreten können muß. Sozusagen als Ausgleich für den eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz bei den Prüfungsentscheidungen ist dem Prüfling ein besonderes Verfahren der nachträglichen Fehlerkontrolle eröffnet worden. Zur Verwirklichung dieser Verfahrensgarantie hat das Bundesverfassungsgericht9 den Anspruch des Prüflings auf ein Überdenken der Prüfungsentscheidung hergeleitet, der den Besonderheiten im Ablauf der Prüfung Rechnung trägt. Danach ist dem Prüfling die Möglichkeit einzuräumen, seine Einwände gegen die Bewertung der Prüfungsleistungen rechtzeitig und wirkungsvoll vorzubringen, um auf diese Weise ein Überdenken der Bewertungen zu erreichen. Die übliche gerichtliche Kontrolle stoße bei den prüfungsspezifischen Bewertungen an Grenzen, daher sei ein eigenständiges verwaltungsinternes Kontrollverfahren durch8 So ebenfalls mit guten Gründen Zimmerling / Brehm, NVwZ 2004, 651 (656). 9 Vgl. BVerfG, NJW 1991, 2005 (2006); BVerwG, NVwZ 1993, 681 (683); Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 105, 281, 314; Weber, in: Leuze / Epping (Hrsg.), HG NRW-Kommentar, Vorbem. §§ 92 – 95 (Stand der Kommentierung: 2002) Rdnr. 9 ff.

2. Das Überdenken der Prüfungsentscheidung

255

zuführen. Der Gesetzgeber hat hierbei die Möglichkeit, das verwaltungsinterne Kontrollverfahren in dem sonst üblichen Widerspruchsverfahren zu regeln oder ein anderes eigenständiges Verfahren einzuführen. Für letzteres käme z. B. ein förmliches Gegenvorstellungsverfahren in Betracht.10 Damit das Überdenken seinen Sinn und Zweck erfüllen kann, muß der Prüfling substantiiert Einwendungen vortragen. Es sind also wirkungsvolle und vor allem nachvollziehbare Hinweise vorzutragen, so daß der Prüfer sich mit ihnen auseinandersetzen kann,11 beispielsweise die Angabe einer konkreten Fundstelle bei behaupteter Vertretbarkeit einer Lösung. Der Prüfer hat dann zu entscheiden, ob er die Leistung neu bewerten, nachkorrigieren oder die Einwendungen zurückweisen will. Die erneute Prüfung durch den Erstprüfer ist grundsätzlich nicht bedenklich.12 Eine Verschlechterung des Prüfungsergebnisses darf bei der Neubewertung regelmäßig nicht vorgenommen werden.13 Der Zeitfaktor spielt im verwaltungsinternen Überprüfungsverfahren der studienbegleitenden Prüfungen eine entscheidende Rolle. Während bei den schriftlichen Arbeiten in der Regel eine Befassung mit den Einwendungen nachvollziehbar ist, auch nach zeitlichem Ablauf, wird die Rekonstruktion mündlicher Leistungen oftmals auf Schwierigkeiten stoßen. Ist das Protokoll nur pauschal verfaßt und werden die Fragen- / Antwortsituationen nur unvollkommen wiedergegeben, können hier mit Erfolg nur Zeugenaussagen oder Verfahrensfehler greifen. Das Überdenken kann mithin nur dann eine kontrollierende Wirkungskraft entfalten, wenn es zeitnah, also unverzüglich nach Bewertung der mündlichen oder schriftlichen Bewertung ausgeübt wird. Herkömmliche Anforderungen wie etwa: der Prüfer müsse in angemessener Zeit überdenken,14 erscheinen für studienVgl. Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 445. Vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 312 ff. 12 BVerwG, NVwZ 1993, 681 (683); Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 315. 13 BVerwG, NVwZ 1993, 686 (688); Weber, in: Leuze / Epping (Hrsg.), HG NRW-Kommentar, Vorbem. §§ 92 – 95 (Stand der Kommentierung: 2002) Rdnr. 15 mit weiteren Hinweisen. Das Verbot der „reformatio in peius“ ist in Einzelfragen im Prüfungsrecht umstritten, vgl. die Darstellung von Schlette, DÖV 2002, 816 ff. 14 Vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 315. 10 11

256

VIII. Der Rechtsschutz

begleitende Prüfungen untauglich. In einem Studium, in dem die Lerninhalte aufeinander aufbauen und die Einheiten sukzessive abgeprüft werden, muß unabdingbar Klarheit bestehen, ob der Erfolg erreicht worden ist, bevor die nächste Stufe erklommen werden kann.

3. Das Widerspruchsverfahren Das Überdenken der Prüfungsentscheidung kann und wird auch üblicherweise durch das in Bezug genommene Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO wahrgenommen.15 In diesem Vorverfahren ist die Recht- und Zweckmäßigkeit der Prüfungsentscheidung umfassend zu überprüfen, es sind alle Bewertungen der Prüfungsleistungen in die Kontrolle einzubeziehen. Gerügt werden können Verfahrensfehler (diese sind unverzüglich geltend zu machen) und Bewertungsmängel (nicht fristgebunden).16 Der Erstprüfer ist sowohl im verwaltungsinternen Kontrollverfahren als auch im Widerspruchsverfahren notwendigerweise einzubeziehen. Der Prüfer kann im Bewertungsverfahren die Note verbessern, nach selbstkritischer Würdigung beibehalten oder sogar zu einer schlechteren Neubewertung (unzulässig) kommen. In allen Fällen sind die Ergebnisse sorgfältig zu begründen. Hinsichtlich aller weiteren Zulässigkeits- und Begründetheitsfragen eines Widerspruchs ist auf die spezifische Prüfungsliteratur nebst nachgewiesener Rechtsprechung zu verweisen.17 Die für die rechtliche Einordnung der studienbegleitenden Prüfung bedeutsame Frage, 15 Für den Rechtsschutz sind die Alternativen gleichwertig, vgl. BVerwG, NVwZ 1993, 686 ff. 16 Eine informative und stichwortartig geordnete Übersicht von Prüfungsmängeln findet sich bei Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht, 2003, im Anhang B, S. 130 ff. 17 Die umfangreichsten Einzeldarstellungen haben Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, und Niehues, Prüfungsrecht, 1994, erarbeitet. Zusätzlich ist auf die Abhandlungen aus neuerer Zeit zu verweisen, namentlich Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht, 2003, und Wex, Prüfungsrecht an Hochschulen, 2001, sowie Wex, Bachelor und Master, Prüfungsrecht und Prüfungsverfahren, 2002. Vertiefende Darstellungen zum Prüfungsrecht finden sich ferner in den Kommentierungen zum HRG, insb. zu §§ 7 ff., in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, und Reich, HRG-Kommentar, sowie zum HG NRW, insb. §§ 92 – 96, in: Leuze / Epping (Hrsg.), HG NRW-Kommentar.

4. Das Klageverfahren

257

ob diese als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, wird bei dem folgenden Klageverfahren erörtert. 4. Das Klageverfahren Macht der Prüfling substantiiert geltend, er sei zu unrecht nicht zur Prüfung zugelassen worden oder er habe fehlerhaft die Prüfung nicht bestanden oder das Prüfungsergebnis, namentlich die Notengebung sei rechtswidrig zustande gekommen, so kann er Rechtsschutz im Klageverfahren beantragen. Die Anfechtungsklage ist für sein Begehren die richtige Klageart, wenn er (nur) die fehlerhafte Prüfungsentscheidung aufgehoben wissen will. Häufig ist dem Kandidaten aber nicht mit der bloßen Aufhebung der beanstandeten Entscheidung gedient, er erstrebt zugleich eine Überprüfung des Bewertungsvorganges an mit dem Ziel einer besseren Benotung. Oder er will nicht nur die Aufhebung einer verweigerten Prüfungsteilnahme, sondern zugleich die Zulassung oder er will nicht nur die Beseitigung der behaupteten Verfahrensfehler, sondern zusätzlich die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens. In diesen Fällen kann die Verpflichtungsklage helfen. Gegenstand einer Anfechtungs- und einer Verpflichtungsklage kann nur ein Verwaltungsakt sein, § 42 Abs. 1 VwGO. Das für den Verwaltungsakt unverzichtbare Merkmal der Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung ist im Prüfungsverfahren unschwer zu bejahen, wenn der Prüfling von der Prüfung ausgeschlossen wird, wenn er die Zwischen- oder Abschlußprüfung endgültig nicht bestanden hat oder wenn wesentliche Verfahrensfehler oder Bewertungsmängel das Prüfungsergebnis beeinträchtigt haben können.18 Zunehmend streitbefangen und von höchster Aktualität ist die Frage, ob die Modulprüfung selbständig angefochten werden kann oder nur im Rahmen der Abschlußprüfung. Von der Beantwortung dieser Frage hängt nicht mehr und nicht weniger als der Rechtsschutz für den Bachelor- oder Masterstudierenden in jeder einzelnen Lernstufe des Studiums ab. Die Rechtsprechung mißt den Bewertungen einer Einzelnote und einzelner schriftlicher Prüfungsarbeiten im allgemeinen keine selb18 Vgl. die Auflistung der möglichen Fälle bei Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 572.

17 Wex

258

VIII. Der Rechtsschutz

ständige rechtliche Bedeutung zu. Verwaltungsaktqualität habe erst der Bescheid der Prüfungsbehörde mit der darin enthaltenen Feststellung des Gesamtprüfungsergebnisses.19 Die Einzelnote sei ein rechtlich unselbständiges Bewertungselement für die Gesamtnote. Auch die Benotung einer Klausur im Staatsexamen sei kein Verwaltungsakt, ebensowenig eine einzelne Benotung in der mündlichen Prüfung.20 Anders vereinzelt die Oberverwaltungsgerichte: Auch eine Einzelnote könne ein Verwaltungsakt sein, selbst wenn diese nicht maßgeblich für das Bestehen werde.21 Sogar die Note einer einzelnen schriftlichen Abiturarbeit könne als Verwaltungsakt qualifiziert werden.22 Wenn die Einzelnote versetzungsrelevant sei, sei eine rechtliche Regelung ausnahmsweise anzunehmen.23 In der Literatur sind die Meinungen geteilt. So wird zum einen vertreten, wenn die Einzelnote für sich betrachtet rechtserheblich sei, etwa für die Zulassung zum Studium, dann stelle sie eine selbständige Regelung dar, die entweder als Verwaltungsakt oder als anfechtbarer Teil der Abschlußprüfung zu beurteilen sei.24 Stationszeugnisse in der Referendarausbildung seien indessen als Verwaltungsakt zu qualifizieren, da sie rechtliche Bedeutung in dem Assessorexamen erlangen können.25 Andererseits wird Einzelnoten auch in einem Abschlußzeugnis die Regelungswirkung abgesprochen, diese seien lediglich Teil der Begründung der Prüfungsentscheidung.26 Wiederum anders soll die Rechtslage sein, nämlich Einstufung als Verwaltungsakte, wenn für studienbegleitende Leistungen Bestätigungen ausgestellt würden.27

19 BVerwG, DVBl. 1994, 1356; BVerwGE 96, 126 (128); zuletzt: BVerwG, DVBl. 2003, 871. 20 BVerwG, NVwZ 1995, 492. 21 OVG Münster, DVBl. 2001, 823 (Englischnote im Berufsschulzeugnis). 22 VGH Mannheim, DVBl. 1990, 533. 23 BVerwG, DÖV 1983, 819; im Ergebnis auch OVG NRW, DVBl. 2001, 823 (824). 24 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2002, § 9 Rdnr. 9; ähnlich differenziert Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 380. 25 Vehslage, JA 1999, 242 (244). 26 Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG-Kommentar, 2001, § 35 Rdnr. 120 mit weiteren Hinweisen. 27 Reich, HRG-Kommentar, 2000, § 15 Rdnr. 3.

4. Das Klageverfahren

259

Obgleich der Meinungsstand also alles andere als einheitlich zu bezeichnen ist, hält das Bundesverwaltungsgericht in der jüngsten Entscheidung zu studienbegleitenden Teilprüfungen28 die Frage für geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt zu bejahen ist oder nicht. Auch wegen der erheblichen Folgen für die Ausgestaltung des neuen Studiensystems Bachelor und Master bedarf es einer Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung. In dem konkreten Fall hatte ein Student nach vier Semestern des Grundstudiums im Fach Betriebswirtschaftslehre die Diplom-Vorprüfung bestanden. Im Rahmen einer Teilprüfung war eine Klausur nur mit der Note 3,3 (befriedigend) bewertet worden. Das Hauptstudium konnte danach fortgesetzt werden. Die Diplom-Vorprüfung ist in dem strittigen Fall als abgeschichtete Fachprüfung ausgestaltet, d. h. jede einzelne Teilprüfung muß bestanden werden, um die Vorprüfung zu bestehen. Die Prüfungsleistungen der einzelnen Teilprüfungen werden unabhängig voneinander ermittelt und gehen rechnerisch in die Gesamtnote der Vorprüfung ein. Der Student als Kläger war mit der Note 3,3 nicht einverstanden. Eine nichtbestandene Teilprüfung habe automatisch ein Nichtbestehen der Diplom-Vorprüfung zur Folge, mithin sei die Teilprüfung selbständig und anfechtbar. Außerdem erfolge die Zulassung zum Hauptstudium an vielen deutschen Universitäten nach den Noten der Vorprüfung, diese habe also unmittelbare Rechtswirkung. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Annahme eines Verwaltungsakts mit der Begründung abgelehnt, die Bewertung der Klausur ziehe keine unmittelbare Rechtsfolge nach sich. Der Kläger habe zwar die Teilprüfung bestanden, die Prüfungsordnung sehe jedoch nicht vor, daß hierüber ein gesonderter Bescheid ergehe. Bei studienbegleitenden abgeschichteten einzelnen Prüfungsfächern könne, nicht anders als bei sonstigen Prüfungen, nur die Gesamtprüfung, darin eingeschlossen die Teilleistungen, für bestanden erklärt werden. Über die Rechtslage, die beim Nichtbestehen einzelner Teilprüfungen im Rahmen der Vorprüfung bestehe, sei nicht zu befinden. Für diese Fälle sehe die Prüfungsordnung ausdrücklich die schriftliche Benachrichtigung des Prüflings vor. Nicht einmal ein allgemeines Rechtsschutzinteresse für eine Leistungsklage zugunsten einer Abänderung der Note sei erkennbar, da der Kläger die Prüfung bestanden habe. 28

17*

BVerwG, DVBl. 2003, 871.

260

VIII. Der Rechtsschutz

In der Begründung kommt ein formales und ein inhaltliches Argument zum Tragen. Der Kläger habe keine formelle Mitteilung erhalten, diese sei im Falle des Bestehens auch nicht vorgesehen, also fehle eine unmittelbare Rechtswirkung. Bei Lichte betrachtet behandelt das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Argumentation das Merkmal der erforderlichen Außenwirkung eines Verwaltungsakts. Dies wird jedoch nicht ausgesprochen, der Widerspruch würde auch allzu schnell offenkundig: Eine Prüfungsbewertung stelle keinen Verwaltungsakt dar, wenn diese beim Prüfungsamt schlummere, wird der Prüfling aber hierüber benachrichtigt, sei sein Fall geregelt. Daß diese Überlegung nicht überzeugen kann, zeigt schon die Tatsache, daß der bewertende und damit regelnde Vorgang abgeschlossen ist und in den Prüfungsakten liegt. Das Prüfungsamt will und wird diese abgeschlossene Bewertung auch verwenden, d. h. es liegt kein Internum vor, ganz abgesehen davon, daß das Prüfungsamt ohnehin Dritter im Sinne der Kenntnisnahme ist. Vor allem kann der Prüfling jederzeit die Teilbewertung einsehen und abfordern, ohne daß damit irgendwelche weiteren oder neuen „Regelungen“ einträten. Das Kriterium der fehlenden schriftlichen Bestätigung stellt mithin kein taugliches zur Ablehnung der Verwaltungsaktsqualität dar. Das inhaltliche Argument, mit dem das Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsaktseigenschaft ablehnt, betrifft zentral das System der gestuften Studiengänge. Anstelle der im Fall streitbefangenen einzelnen Teilprüfung ließe sich auch die Lerneinheit Modul verwenden: Jeder Teilprüfung kommt nämlich eine eigenständige Bedeutung zu und wenn diese Teilprüfung nicht bestanden wird, kann bei erfolgloser Wiederholung der nächste Teil nicht absolviert werden. Daraus folgt zwingend, daß jede Stufe (Teilleistung) die Rechtsposition des Prüflings verbessert (wenn bestanden) oder verschlechtert (wenn durchgefallen). Der Rechtscharakter einer Maßnahme kann indessen nicht davon abhängen, ob ein Mißerfolg eintritt, hier also eine rechtliche Wirkung erst dann vorliegen soll, wenn der Kandidat nicht besteht. Übersetzt auf das neue gestufte Studiensystem führt diese Rechtsposition zu der weitreichenden Folge, daß jede Modulprüfung, gleichgültig, ob bestanden oder nicht und jede Zulassung zur Modulprüfung, unabhängig davon, ob verweigert oder zugestanden, als ein Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, wenn das erfolgreiche Bestehen Voraussetzung zur Zulassung für das nächste Pflichtmodul ist.

4. Das Klageverfahren

261

Es erscheint naheliegend, daß die Konsequenzen schrecken. Für das Prüfungsverfahren der Bachelor- / Masterstudiengänge hätte dies zur Folge, daß der Studierende nach bewerteter Modulprüfung diese im Widerspruchs- und Klageverfahren anfechten kann. Mit der dann eintretenden Suspensivwirkung wäre aber nichts erreicht, also müßte einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 VwGO erstrebt werden. Damit wären die Verwaltungsgerichte möglicherweise wiederum in einer Überlastsituation, vergleichbar dem Zustand in den einstweiligen Verfahren, gerichtet auf Zulassung zum Studium. Diese Entwicklung mag in praktischer und prüfungsökonomischer Hinsicht bedauert werden, sie stellt aber letztlich die Konsequenz aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verwirklichung der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG dar. Damit schließt sich, insoweit systemgetreu, der Kreis. Wenn das herkömmliche Zulassungsverfahren zu einer Abschlußprüfung abgelöst wird durch das Zulassungsverfahren zu jeder einzelnen Modulprüfung, dann ist es auch nur konsequent, den Rechtsschutz mit allen Voraussetzungen und Folgen auf das neue Modulprüfungssystem zu übertragen. Hat sich der Verwaltungsakt im Prüfungsverhältnis erledigt, hält der Prüfling aber gleichwohl die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts für geboten, so kommt die Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Die Fälle der Erledigung können beispielsweise darin liegen, daß die Prüfung bestanden ist, eine Wiederholung also nicht mehr weiter begehrt werden muß.29 Ferner ist eine Erledigung dann anzunehmen, wenn die ordnungsgemäße Begründung nachgeholt worden ist30 oder der Prüfling im einstweiligen Verfahren die Zulassung zur Prüfung erstritten hat, nunmehr aber festgestellt wissen will, ob das Prüfungsamt zu Recht die Zulassung versagt hatte.31 Der Prüfling kann auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Prüfungsentscheidung haben, wenn er Schadensersatzansprüche geltend machen will.32 Vgl. BVerwG, NVwZ 1992, 56; BVerwG, NVwZ-RR 1997, 101. BVerwG, NVwZ-RR 1996, 500. 31 BVerwG, NJW 1994, 1601. 32 Vgl. zu diesen und weiteren Fällen Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 585. 29 30

262

VIII. Der Rechtsschutz

Begehrt der Prüfling ein Verwaltungshandeln, das nicht den Erlaß eines Verwaltungsakts zum Gegenstand hat, so kommt die allgemeine Leistungsklage in Betracht. Ziel der Leistungsklage kann eine Begünstigung oder die Abwehr eines belastenden Verwaltungshandelns sein.33 Im Prüfungsverfahren wurde z. B. über die Ladung zur Prüfung34 gestritten oder die Aufforderung, ein amtsärztliches Attest vorzulegen.35 Einzelnoten kommt im allgemeinen keine rechtliche Wirkung zu, so daß ebenfalls die Leistungsklage die richtige Klageart wäre.36 Das Bundesverwaltungsgericht hält die allgemeine Leistungsklage für zulässig, wenn der Prüfling ein allgemeines Rechtsschutzinteresse nachweisen kann, etwa um eine Notenverbesserung zu erreichen.37 Nach der hier zuvor vertretenen Auffassung kommt die allgemeine Leistungsklage, wegen des Verwaltungsaktcharakters, nicht in Betracht, wenn das Modulprüfungsergebnis verändert, verbessert oder aufgehoben werden soll. 5. Vorläufiger Rechtsschutz Mit einer Klage erreicht der Prüfling in aller Regel nicht rechtzeitig das Ziel, zur Prüfung zugelassen zu werden, eine Verbesserung des Prüfungsergebnisses zu erlangen oder Mängel im Prüfungsverfahren beseitigt zu bekommen. Die Klageverfahren dauern Jahre, ein effektiver Rechtsschutz käme zu spät. Der vorläufige Rechtsschutz hat daher im Prüfungsverfahren größte praktische Bedeutung. Wehrt sich ein Prüfling gegen einen belastenden Verwaltungsakt mit einem Widerspruch und hat das Prüfungsamt den Sofortvollzug nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet, kann der Prüfling Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO (Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung) erreichen. In Betracht kommen Fälle wie die Rücknahme einer bestandenen Prüfungsentscheidung oder Sanktionsmaßnah33 Zu den Voraussetzungen der allgemeinen Leistungsklage vgl. statt vieler Kopp / Schenke, VwGO-Kommentar, 2003, Vorbem. 8a zu § 40 mit weiteren Nachweisen. 34 BayVGH, BayVBl. 1989, 343. 35 BVerwG, DVBl. 1993, 51. 36 Niehues, Prüfungsrecht, 1994, Rdnr. 380. 37 BVerwG, DVBl. 2003, 871 (872); die wechselnde Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit der Leistungsklage schildern Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 584.

5. Vorläufiger Rechtsschutz

263

men, so etwa der Ausschluß von einer Prüfung, zu der der Kandidat zunächst zugelassen war.38 In diesen Fällen wäre dem Prüfling einstweilen geholfen, wenn die Maßnahme des Prüfungsamtes suspendiert würde. Liegt kein Verwaltungsakt vor oder unterläßt das Prüfungsamt trotz der Suspensivwirkung eines Widerspruchs die gebotene Maßnahme, so kann der Prüfling Rechtsschutz nach § 123 VwGO erlangen. Neben dem Anordnungsanspruch muß dem Antragsteller ein Anordnungsgrund zur Seite stehen, d. h., er muß glaubhaft machen, daß ein Abwarten auf die Hauptsache-Entscheidung für ihn unzumutbar ist. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist beispielsweise anerkannt worden in den Fällen39 der vorläufigen Zulassung zu einer Prüfung,40 der Ladung zu einer Prüfung,41 der Neubewertung einer Prüfungsleistung,42 der Erteilung eines vorläufigen Zeugnisses,43 der Voraussetzungen von Leistungsnachweisen44 oder der vorsorglichen Wiederholung einer Prüfung.45 In dem System der studienbegleitenden Prüfungen kommt dem einstweiligen Rechtsschutz deswegen überragende Bedeutung zu, weil ein wiederholter Mißerfolg auf einer Stufe oder die Ablehnung einer Zulassung gleichbedeutend ist mit dem Ausschluß von einer Fortsetzung des Studiums. Das erfolgreiche Bestehen jeder einzelnen Modulprüfung ist das Ziel jedes Studierenden. Das Nichtbestehen wird damit künftig häufig streitbefangen sein. Bezogen auf das Rechtsschutzziel bedeutet die gerichtlich erstrittene Zulassung zu einer Modulprüfung praktisch die endgültige Zulassung zu dieser Prüfung. Damit rückt eine (altbekannte) Problematik des einstweiligen Rechtsschutzes in den Vordergrund, nämlich die Frage nach den Grenzen der vorläufigen Konfliktregelung. Einstweilige Anordnungen nach § 123 VwGO darf das Gericht nur zur vorläufigen Regelung Vgl. Wagner / Gohrke / Brehsan, Prüfungsrecht, 2003, S. 111. Vgl. die ausführliche Zusammenstellung bei Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 1642 ff. 40 VG Bautzen, DtZ 1997, 235. 41 VGH München, BayVBl. 1987, 343. 42 BVerwG, NJW 1998, 3657 (3658). 43 VGH Kassel, DVBl. 1993, 57. 44 VGH Mannheim, NVwZ-RR 2002, 354. 45 BVerwG, NVwZ 2002, 1375. 38 39

264

VIII. Der Rechtsschutz

eines Streitgegenstandes treffen, d. h., die Hauptsache darf nicht vorweggenommen werden.46 Im gestuften Bachelor- / Masterstudium kann dieser Konflikt nur über das Gebot der effektiven Rechtsschutzgewährung nach Art. 19 Abs. 4 GG gelöst werden. Würde ein Prüfling im Zulassungsstreit zu einer Modulprüfung oder im Streit über das erfolgreiche Bestehen auf das Hauptsacheverfahren verwiesen, so käme ein Obsiegen viel zu spät, die gesamte dreijährige Regelstudienzeit für das Bachelorstudium wäre gegebenenfalls verstrichen. Der Prüfling würde unzumutbare Nachteile erleiden. Eine ausnahmsweise Befriedigung eines Zulassungs- und Prüfungsanspruchs im vorläufigen Rechtsschutzverfahren wäre daher im Modulprüfungsverfahren gerechtfertigt.47 Hat ein Prüfling im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Teilnahme an der Prüfung erstritten und daraufhin auch die Prüfung bestanden, so kann ihm diese Prüfungsleistung nach etwa verlorenem Hauptsacheverfahren nicht wieder aberkannt werden.48 Die rechtliche Situation verhält sich nicht anders als wie bei den durch einstweilige Verfahren im Zulassungsstreit erworbenen Prüfungsleistungen.

46 Grundlegend: Finkelnburg / Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 1981, Rdnr. 208 ff. 47 Die Rechtsprechung hat diese Ausnahmesituation in verschiedenen Konstellationen bejaht, vgl. u. a. BVerfG, DVBl. 2003, 257 (259); BVerwG, NJW 2000, 160 (161 ff.); OVG Berlin, NVwZ 2001, 1424. Im übrigen ähnelt die Rechtslage sehr der Grundsituation im vorläufigen Rechtsschutzverfahren in den Numerus clausus-Streitigkeiten; vgl. Zimmerling / Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rdnr. 445. Umfangreiche und weiterführende Hinweise zum vorläufigen Rechtsschutz finden sich bei Kopp / Schenke, VwGO-Kommentar, 2003, zu § 123; Redeker / v. Oertzen, VwGO-Kommentar, 1997, zu § 123; Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO-Kommentar, zu § 123; Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 2003, §§ 31 ff.; Finkelnburg / Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 1998; Zimmerling / Brehm, Prüfungsrecht, 2001, Rdnr. 638 ff. sowie Zimmerling / Brehm, Der vorläufige Rechtsschutz des Prüfungsrechts, NVwZ 2004, 651 ff. 48 Vgl. aber die kritische Haltung des Bundesverwaltungsgerichts, das das Prozeßrisiko für den Prüfling betont, BVerwG, DVBl. 1994, 636 („verliert der Kläger im Hauptsacheverfahren, entfällt die vorläufig eingeräumte Rechtsposition rückwirkend“) sowie BVerwG, NVwZ 2001, 1286 (1287): Im Hauptsacheverfahren sind weiterhin rechtliche Eignungs- und sonstige Zulassungsvoraussetzungen beachtlich. Befähigungsnachweise aufgrund bestandener Prüfungen haben jedoch Bestand, ebenso BVerwG, NVwZ 2001, 1288; anderer Meinung Zimmerling / Brehm, NVwZ 2004, 651 (652).

IX. Die Akkreditierung Die Kultusminister der Länder haben 1998 beschlossen, ein Verfahren der Akkreditierung für Bachelor- und Masterstudiengänge einzuführen.1 Die Akkreditierung sei aber keine zwingende Voraussetzung für die Einrichtung der neuen Studiengänge.2 Das neue Graduierungssystem stelle veränderte Anforderungen an die Hochschulen, aber auch an den Staat. Die staatliche Genehmigung beziehe sich (nur noch) auf die Gewährleistung der Ressourcen für den neu einzurichtenden Studiengang, die Einbindung des Studiengangs in die Hochschulplanung des Landes und die Einhaltung von Strukturvorgaben. Die (nicht staatliche) Akkreditierung habe demgegenüber fachlichinhaltliche Mindeststandards und die Berufsrelevanz der Abschlüsse zu gewährleisten. Staatliche Genehmigung und Akkreditierung seien also funktional zu trennen. Die Einführung des Akkreditierungsverfahrens in Deutschland wird mithin durch zwei Faktoren begründet. Die herkömmliche Festlegung der Studieninhalte durch staatliche Rahmenprüfungsordnungen und die darauf beruhenden staatlichen Genehmigungen werden wegen erwiesener mangelnder Transparenz und zu hohem Zeitaufwand aufgegeben. An deren Stelle tritt das nichtstaatliche Qualitätssicherungsverfahren der Akkreditierung, das der gebotenen Differenzierung im Hochschulbereich, den erhöhten Qualitätsanforderungen und dem internationalen Wettbewerb Rechnung zu tragen hat.3 1 KMK-Beschluß vom 3. 12. 1998 – Einführung eines Akkreditierungsverfahrens – Einl. 2 KMK-Beschluß vom 3. 12. 1998 – Einführung eines Akkreditierungsverfahrens – Punkt 3. Satz 2; verstärkend, wenn nicht sogar abändernd der letzte KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – Vorbem. S. 3: „Bachelor- und Masterstudiengänge sind zu akkreditieren“. 3 Diese Definition nimmt Beschreibungen auf aus dem KMK-Beschluß vom 3. 12. 1998, Punkt 1. und 2. sowie aus der Kommentierung von May / Mülke, in: Hailbronner / Geis (Hrsg.), § 19 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 25.

266

IX. Die Akkreditierung

Das Akkreditierungsverfahren ist in den angelsächsischen Ländern entwickelt worden. Vorrangig sind die Verfahren in den USA und Großbritannien zu erörtern. 1. Das Akkreditierungsverfahren in den USA Im Hochschulbereich der USA stellt die Akkreditierung ein zentrales Verfahren zur Qualitätssicherung dar. Es wird sogar als das wichtigste Auswahlkriterium für ein Studienprogramm bezeichnet.4 Akkreditiert werden einzelne Studienfächer (professional accreditation, durchgeführt durch fachspezifische Akkreditierungseinrichtungen) oder gesamte Hochschuleinrichtungen (institutional accreditation, durchgeführt durch regionale fachübergreifende Akkreditierungseinrichtungen). Mit der Akkreditierung („accreditation“) einer Einrichtung des Bildungswesens wird nach amerikanischem Verständnis ein Verfahren zur Bewertung und Verbesserung der Qualität in Forschung und Lehre verstanden. Versehen mit dem Gütesiegel „Akkreditierung“ wird einer Einrichtung bestätigt, die bezeichneten Qualitätsstandards eingehalten, die Standards evaluiert und weiterentwickelt sowie versichert zu haben, die Leistungsbereitschaft gegenüber den Studenten und der Öffentlichkeit zu erhalten.5 Historisch läßt sich die Akkreditierung in den USA zum einen aus dem starken Anwachsen des Hochschulbereichs im 19. Jahrhundert mit steigender Nachfrage nach qualifizierten Absolventen und der Expansion für bisher benachteiligte Bevölkerungsgruppen herleiten. Zum anderen war eine Absenkung des akademischen Standards zu befürchten. Es entstanden tertiäre Bildungseinrichtungen mit großen Unterschieden in den Zulassungsvoraussetzungen, den geforderten Giesen / Balster, Das MBA-Studium, 2002, S. 110. Vgl. Young, Understanding Accreditation, 1983, S. 21 sowie Rau, WissR 1986, 61, 73. Die Ausführungen folgen den detaillierten Studien von Myers / Frankel / Reed / Waugaman, Die Akkreditierung amerikanischer Hochschulen, BMBF (Hrsg.), 1998; Rau, Akkreditierung: Möglichkeiten und Grenzen der Evaluierung, WissR 1986, 61 ff.; Richter, Akkreditierungs- und Anerkennungsverfahren im Hochschulsystem der USA, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 / 2002, S. 6 ff.; Schnitzer, Akkreditierungsverfahren und -erfahrungen im Ausland, HIS-Kurzinformation A5 / 99, S. 8 ff., jeweils mit weiterführender Literatur. 4 5

1. Das Akkreditierungsverfahren in den USA

267

Studienleistungen sowie den Kenntnissen und Berufsqualifizierungen der Absolventen. In Verbindung mit der Tatsache, daß die einzelnen Staaten jeweils eigenständige und unterschiedliche Kriterien für die Zulassung einer Hochschuleinrichtung anwendeten, wurde die Einführung von qualitätssichernden und -kontrollierenden Standards für notwendig gehalten. Die Bundesregierung hatte auf diesen Feldern nur begrenzte Kompetenzen. Insofern kann die Notwendigkeit der Akkreditierung amerikanischer Hochschulen auch als ein Ersatz für staatliche Ordnungspolitik und als eine Bestärkung der Hochschulautonomie bewertet werden, welche die Aufgabenerledigung durch eigene Qualitätsmaßstäbe zu meistern hat.6 Zunächst waren es ab ca. 1885 Vereinigungen von Schul- und Hochschulangehörigen, die Mindeststandards für die Hochschulausbildung ihrer Mitglieder festlegten (so u. a. 1894 die North Central Association of Colleges and Schools). Aus diesen Vereinigungen hervorgegangen, akkreditieren heute fünf regional verankerte Agenturen die Hochschulen in ihrer Gesamtheit (institutional accreditation), also keine einzelnen Studiengänge. Im weiteren Verlauf bildeten sich zusätzlich vorzugsweise berufsständische Vereinigungen und Verbände, aus denen wiederum Agenturen heraus gegründet wurden. Heute bestehen elf national agierende Agenturen, die institutionell und / oder fachspezifisch akkreditieren. Ca. 50 Agenturen akkreditieren ausschließlich fachspezifisch.7 Darüber hinaus entstanden Dachverbände, so der Council on Postsecondary Accreditation (COPA), der 1996 in dem Council for Higher Education Accreditation (CHEA) aufging. Der Council organisiert die Anerkennung der Agenturen, die ihrerseits das Akkreditierungsverfahren für Hochschul- und Studiengänge betreiben. Ebenfalls nach einer Reorganisation der CHEA erhielt das US-Department of Education neue, erweiterte Befugnisse, nämlich die Arbeit der Akkreditierungsagenturen durch ein eigenes Anerkennungsverfahren zu regulieren und hierfür ein Institut zu gründen, das National Advisory Committee on Institutional Quality and Integrity (NACIQI). Die von dem Department anerkannten Agenturen werden regelmäßig in einer Liste (Federal Register) veröffentlicht. Diese Reform wurde durch Vgl. ähnlich Schnitzer, HIS-Kurzinformation A5 / 99, S. 8 ff. Vgl. die Hinweise von Richter, Akkreditierungs- und Anerkennungsverfahren im Hochschulsystem der USA, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 / 2002, 6 (7). 6 7

268

IX. Die Akkreditierung

die Novellierung des Higher Education Act (1992) ermöglicht. Insgesamt ist damit die bundesstaatliche Kompetenz zugunsten einer staatlichen Kontrolle im Hinblick auf strengere Akkreditierungsverfahren und erweiterte Rechtssetzungskompetenz gestärkt worden. Die CHEA und das US-Department of Education haben Standards entwickelt, die von den Agenturen zu beachten sind. Diese schlagen sich in folgenden Akkreditierungsmaßnahmen nieder:8 Die Agenturen haben eigene Kriterien zur Überprüfung der institutionellen oder fachspezifischen Eignung entwickelt. Die Hochschulen erarbeiten eine schriftliche Selbstevaluation. Der Evaluationsbericht wird dann externen Experten als Grundinformation für den Besuch der Hochschule zur Verfügung gestellt. Die Externen verfassen den Expertenbericht. Die Akkreditierungskommission entscheidet über die Akkreditierung. Unabhängig von dem Anerkennungsverfahren betreiben alle Agenturen ein eigenes Monitoring zur Effektivität und Effizienz ihrer eigenen Akkreditierungsverfahren. Die eigentliche Evaluation im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens eines einzelnen Studienprogramms, z.T. auch von Einrichtungen, wird nach qualitativen und quantitativen Kriterien vorgenommen. Diese beziehen sich auf die Organisation und Verwaltung des Studienganges, die Studieninhalte, die Qualifikationen des Lehrkörpers, die Studienbelastung und das Verhältnis Studierende zu Lehrenden. Das Zulassungsverfahren ist zu schildern und zu bewerten und vor allem der Studienerfolg und die Absolventenquote. Schließlich ist die sächliche und finanzielle Ausstattung darzustellen und zu bewerten. Im Rahmen der hier zugegebenermaßen nur möglichen kursorischen Darstellung soll abschließend auf drei Aspekte hingewiesen werden, die im Vergleich, ggf. sogar für eine entsprechende Anwendung des amerikanischen Akkreditierungsverfahrens auf europäische Verhältnisse von Bedeutung sind. Zum einen ist, wie Rau unter Bezugnahme auf amerikanische Quellen hervorhebt,9 die amerikanische Akkreditierung gekennzeichnet als ein Prozeß zur Bewertung und Verbesserung der Qualität in 8 Vgl. die Darstellung bei Richter, Akkreditierungs- und Anerkennungsverfahren im Hochschulsystem der USA, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 / 2002, 6 (13). 9 Vgl. Rau, WissR 1986, 61 (73, 74).

1. Das Akkreditierungsverfahren in den USA

269

Forschung und Lehre. Vorrangiges Ziel des Verfahrens ist die Überprüfung und Einlösung selbstgestellter Aufgaben und Ziele, nicht so sehr die Festschreibung und Einschätzung der Leistungen. Aus diesem Grunde werden die Standards auch immer wieder diskutiert und neu formuliert. So sehen z. B. die neuen Kriterien der meisten Akkreditierungskommissionen jetzt vor, die Ergebnisse der Studiengänge und den Weg dorthin zu erfassen, also den Nachweis zu fordern, daß der Studierende tatsächlich bestimmte Fähigkeiten erlangt hat und nicht nur, daß der Studiengang die Ausbildung zu bestimmten Fähigkeiten umfaßt.10 Weitere Folge dieser Auffassung von der Akkreditierung als einem Verfahren zur Verbesserung der Hochschulziele ist es, daß negative Entscheidungen wie Widerruf oder Ablehnung einer Akkreditierung ungewöhnlich sind. Die Mißerfolgsquote liegt, je nach fachspezifischen Besonderheiten, zwischen 5%11 und 10%.12 Zum anderen erscheint problematisch, ob die in den USA übliche Akkreditierung von Hochschuleinrichtungen auf europäische, speziell deutsche Hochschulen, übertragbar ist. In Deutschland ist das Hochschulwesen überwiegend öffentlich finanziert, vergeben werden staatlich anerkannte Studienabschlüsse. Die Akkreditierung staatlicher Hochschuleinrichtungen durch nichtstaatliche Agenturen stellt mithin auf absehbare Zeit ein erst zu bewältigendes Problem dar.13 Und schließlich ist die Anwendung des Akkreditierungsverfahrens auch in den USA nicht unumstritten.14 Bemängelt werden der hohe Personaleinsatz, der Zeitaufwand und die Kosten. Auch der zunehmende Einfluß von berufsständischen Vertretungen auf die Standards 10 Allgemeiner: Von der input-Orientierung zu output-Ergebnissen; vgl. die Engineering Criteria 2000 des ABET (Accrediting Board of Engineering and Technology), zitiert und mit weiteren Nachweisen bei Myers / Frankel / Reed / Waugaman, Die Akkreditierung amerikanischer Hochschulen, BMBF (Hrsg.), 1998, S. 21. 11 Rau, WissR 1986, 61 (79). 12 Vgl. Myers / Frankel / Reed / Waugaman, Die Akkreditierung amerikanischer Hochschulen, BMBF (Hrsg.), 1998, S. 20. 13 Hierauf weist zutreffend Richter hin, in: Akkreditierungs- und Anerkennungsverfahren im Hochschulsystem der USA, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 / 2002, 6 (23). 14 Vgl. die Analyse von Myers / Frankel / Reed / Waugaman, Die Akkreditierung amerikanischer Hochschulen, BMBF (Hrsg.), 1998, S. 25 ff.; Rau, WissR 1986, 61 (81).

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IX. Die Akkreditierung

wird kritisch beleuchtet. Die Verständigung der Akkreditierungsagenturen untereinander, sei es zum Vergleich oder zum gegenseitigen Verständnis bei Evaluationsverfahren, lasse zusätzlich zu wünschen übrig. Aus alledem folgt mindestens, mit Blick auf eine vergleichende Betrachtungsweise, daß nationale Qualitätssicherungsmaßnahmen den internationalen, hier also den europäischen Abstimmungsprozeß fest im Auge haben müssen, wenn der gemeinsame Hochschulraum verwirklicht werden soll.15 2. Das Akkreditierungsverfahren in Großbritannien Akkreditierung im Sinne einer Bewertung der Bildungseinrichtung nach eigenen Maßstäben für Forschung und Lehre wird in Großbritannien kaum betrieben.16 Hat eine Universität auf der Grundlage der sogenannten Royal Charter die degree awarding powers verliehen bekommen, so schließt dies die entsprechende Qualitätsbewertung ein. Eine zusätzliche Akkreditierung der Studiengänge kommt nicht mehr in Betracht. In Großbritannien hat sich die Qualitätsentwicklung im Hochschulbereich vor allem durch die Tätigkeit der funding councils, der Gründung der HEFCE (Higher Education Funding Council for England) und der QAAHE (Quality Assurance Agency for Higher Education) manifestiert.17 1992 wurden eigenständige funding councils für England, Schottland und Wales gegründet. Die HEFCE hat die Aufgabe, die von der Regierung für Forschung und Lehre zur Verfügung gestellten Mittel unter den Universitäten und Colleges zu verteilen. Zur Bestimmung der Forschungsqualität organisiert die HEFCE Qualitätsevaluationen, die in größeren Zeitabständen veröffentlicht werden 15 Vgl. Richter, Akkreditierungs- und Anerkennungsverfahren im Hochschulsystem der USA, Beiträge zur Hochschulforschung, Heft 1 / 2002, 6 (23). 16 Vgl. die Analyse von Schnitzer, HIS-Kurzinformation A5 / 99, S. 11. 17 Zu den historischen Vorläufern in der Beurteilung von Studienabschlüssen und Colleges vgl. den Überblick bei Frederiks, Qualitätssicherung in Großbritannien, in: Beiträge zur Hochschulpolitik 10 / 2001, HRK (Hrsg.), S. 9 ff.; im folgenden wird auf diesen HRK-Bericht sowie die Darstellung von Schnitzer, HIS-Kurzinformation A5 / 99, S. 8 ff. zurückgegriffen.

2. Das Akkreditierungsverfahren in Großbritannien

271

(Research Assessment Exercise, RAE, 1996 und 2001). RAE-Punkte werden für beurteilte Veröffentlichungen und Forschungsergebnisse vergeben, diese wirken sich direkt auf die Mittelvergabe aus. Neben der Qualitätsevaluation für die Forschung hatte HEFCE die gesetzliche Verpflichtung für die Evaluation der Lehrqualität der Studiengänge. Seit 1997 ist diese Aufgabe auf die QAAHE übergegangen. Deren Methoden und Standards bedürfen jedoch der Zustimmung der HEFCE. Lehrevaluationen der QAAHE werden als subject review eingeführt. Der Hintergrund für die Gründung der QAAHE waren die sich zum Teil stark überschneidenden Qualitätsbeurteilungen durch institutionelle audits, Lehrevaluationen und Akkreditierungen durch professional and statutory bodies and peer reviews.18 Dies erklärt auch, warum das QAAHE die einzige zentrale Einrichtung für die Qualitätssicherung an den Universitäten ist. Sie wurde von den Universitäten gegründet und besteht als unabhängige Einrichtung. Den vielfältigen Aufgaben der QAAHE liegen zugrunde das National Qualification Framework (NQF), die benchmark statements, die programme specification, die progress files, der code of practice und die neuen academic reviews. Aus diesem System verdienen, ebenfalls nur kursorisch dargestellt, der code of practice und der academic review besondere Erwähnung. Der code of practice for the assurance of standards and quality soll als umfassender Referenzrahmen für das Qualitätsmanagement und die Standards des britischen Hochschulwesens dienen. Er besteht aus Regeln (precepts) und Zielvorgaben (guidances). Die Regeln sind jedoch weit gefaßt. Sie reichen von Vorgaben über Ziele des Studienprogramms, studentische Evaluationen bis hin zu Vorstellungen über den Berufseintritt. Eine regelmäßige, ständige Überprüfung der Einhaltung findet nicht statt. Erhebliche Bedeutung hat der academic review. Die reviewers beurteilen jeden Studiengang eingehend danach, ob sie in die akademischen Standards vertrauen dürfen. Hierfür werden für die einzelnen Standards Stärke-Schwäche-Analysen erstellt. Die Beurteilung der Qualitätsaspekte wird durch Aussagen über die Effektivität des Lehr18 Vgl. auch hierzu die Informationen von Frederiks, Qualitätssicherung in Großbritannien, in: Beiträge zur Hochschulpolitik, 10 / 2001, HRK (Hrsg.), S. 14 ff.

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IX. Die Akkreditierung

und Lernprozesses erreicht, durch die Beurteilung der Fortschritte im Studium sowie der Studienbedingungen. Als Ergebnis des academic review wird insbesondere festgestellt, ob der Studiengang den Standards entspricht,19 die externen Besuchsbegutachter zutreffend eingebunden sind sowie ob das Prüfungsverfahren und die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen effektiv betrieben worden ist. Der Bericht besteht aus sieben Teilen (!). An dieser Stelle kann die Darstellung des Qualitätssicherungsverfahrens in Großbritannien abgebrochen werden.20 Im Vergleich zu diesen äußerst umfänglichen Arbeiten befindet sich die Qualitätssicherung in Deutschland wohl erst im Anfangsstadium. Es fragt sich allerdings, ob alle Zwischenschritte wiederholt werden müssen. Erkennbare Fehlentwicklungen könnten vermieden werden. Gerade im Anfangsstadium der Entwicklung eines Akkreditierungsverfahrens wären Experten wie Akteure gut beraten, selektiv vorzugehen. Die Klagen über das System der QAAHE sind enorm. Die Hochschulen in Großbritannien scheinen an der bürokratischen Überlast zu erstikken. Der Zeit und Geld verschlingende Aufwand wird als unverhältnismäßig kritisiert.21 Es mag der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, daß die Erfahrungen aus den europäischen Qualitätssicherungsverfahren zunehmend zum Nutzen der Hochschulen und Hochschullehrer ausschlagen, nämlich im Sinne vereinfachender, effektiver und wissenschaftsadäquater Verfahren. Aufgrund der starken, vom Staat unabhängigen Stellung, die die Hochschulen in Großbritannien seit jeher haben, zusätzlich gestützt auf das eigene Qualitätssicherungsverfahren sowie im Hinblick auf das Prinzip der Selbstauswahl der Studierenden kann man durchaus 19 Die Mitteilung über die Gesamtbeurteilung eines Studiengangs (approved or not approved) kann als eine Art Akkreditierung bezeichnet werden. Im Falle wiederholter Beurteilung „not approved“ ist mit einer Einstellung der Finanzierung durch das funding council zu rechnen. 20 Weitere Details finden sich in der sehr informativen Studie von Frederiks, Qualitätssicherung in Großbritannien, in: Beiträge zur Hochschulpolitik 10 / 2001, HRK (Hrsg.). Auf die Darstellung der berufsbezogenen Akkreditierung von Studienprogrammen, die in Großbritannien von etwa 65 Berufsorganisationen (bei einer Gesamtzahl von etwa 240 im Hochschulbereich tätigen Organisationen) wahrgenommen wird, kann ebenfalls bei Frederiks, S. 33 ff., verwiesen werden. 21 Vgl. Frederiks, Qualitätssicherung in Großbritannien, in: Beiträge zur Hochschulpolitik 10 / 2001, HRK (Hrsg.), S. 52, 53.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

273

davon sprechen, daß britische Hochschulen sich selbst als eine Art Akkreditierungseinrichtung verstehen.22 Im europäischen Kontext fällt allerdings auf, daß zwei wichtige Positionen in der gegenwärtigen Debatte offenbar nur eine untergeordnete Rolle spielen: die Studiendauer und die Qualitätsbeurteilung (nahezu) ausschließlich durch die Hochschulen selbst.23 Der englische Bachelor mit der regelmäßigen Studiendauer von nur drei Jahren sollte, so könnte man meinen, in einen erheblichen Begründungszwang geraten, verglichen mit dem amerikanischen vierjährigen Bachelor, ganz zu schweigen von dem deutschen Diplom als erstem berufsqualifizierenden Abschluß. Und auch die Wahrnehmung, daß letztlich alle Hochschulabschlüsse durch eigene Standards und eigene Qualitätssicherungsverfahren bewertet werden, dürfte im prinzipiell staatlich garantierten Hochschulsystem in Europa nicht so ohne weiteres erörterungsfrei bleiben. Auf diesem Vergleichsfelde wird ein wie auch immer gestaltetes europäisches Akkreditierungsverfahren reichliche Zukunftsaufgaben zu bewältigen haben. 3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland Die Akkreditierung wird definiert als positive oder negative Entscheidung über die Erfüllung von Mindeststandards für die Einrichtung eines Studiengangs bzw. einer Hochschule.24 Sie zielt bei der Programmakkreditierung auf die Gewährleistung fachlicher und inhaltlicher Mindeststandards konkreter Studiengänge ab. Bei der institutionellen Akkreditierung entscheiden ebenfalls qualitative Mindeststandards darüber, ob eine Hochschulinstitution25 hinsichtlich ihrer 22 So auch die Einschätzung von Schnitzer, HIS-Kurzinformation A5 / 99, S. 12. 23 Dieses Thema wurde zunächst im sog. Dearing-Report („Higher Education in the Learning Society“, 1997) im Zusammenhang mit der Öffnung und Expansion des britischen Hochschulwesens hervorgehoben, veröff. unter (Zugriff am 23. 7. 2004). 24 Vgl. zur Begrifflichkeit Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen, vom 21. 1. 2000, Drs. 4419 / 00, S. 5. 25 Der Begriff der Institutionen ist auszuweiten: Er umfaßt nicht nur die Hochschule und Teile von ihnen, wie Fachbereiche oder Institute, sondern erstreckt sich neuerdings auch auf Agenturen der Qualitätssicherung. Zahlenmäßig der größte Teil befaßt sich mit den nichtstaatlichen Hochschuleinrichtungen.

18 Wex

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IX. Die Akkreditierung

Ausstattung, der Qualifikation des Personals sowie der Ablaufprozesse und der Ressourcenausstattung vergleichbare Leistungen anbietet wie eine staatliche Hochschule. Die institutionelle Akkreditierung bezieht sich vor allem auf die Prüfung wissenschaftlicher Qualitätsmaßstäbe in Lehre und Forschung. Mit beiden Akkreditierungsarten wird also entschieden, ob die Voraussetzungen für die Angebotszulassung (Studienprogramme oder Hochschulinstitutionen) vorliegen. Das Verfahren der Akkreditierung stellt im deutschen Hochschulwesen ein bisher nicht angewendetes Instrument der Qualitätssicherung dar.26 Es hat eine neue Aufgabenverteilung zwischen Staat / Hochschule / privater Begutachtung zur Folge. Das Konzept ist zunächst (bei der institutionellen Akkreditierung) zu unterscheiden von dem Rechtsakt der staatlichen Anerkennung, bei dem die Länder die durch § 70 Abs. 1 HRG genannten Kriterien für das staatliche Anerkennungsverfahren privater Hochschulen anwenden. Die Anerkennung erfolgt durch Verwaltungsakt oder unmittelbar durch Gesetz.27 Für die Programmakkreditierung stellt sich die Rechtslage komplizierter dar. Zwar ersetzen die Mindeststandards der Akkreditierung die staatlichen allgemeinen Rahmenprüfungsordnungen und insofern wird staatliche Genehmigung und private Akkreditierung funktional getrennt. Die Wahrnehmung staatlicher Funktionen bleibt aber derzeit dennoch erhalten, weil der Staat über die Einrichtung eines neuen Studienganges und auch über das Verhältnis zur Akkreditierung entscheidet.28 Wichtiger ist die Abgrenzung zur Evaluation. Hierunter wird ein vielschichtiges Verfahren von Analysen und Bewertungen verstanden, 26 Die Nützlichkeit des in diesem Zusammenhang immer wieder herangezogenen Begriffs „Paradigmenwechsel“, so z.B. Müller / Böling, Die entfesselte Hochschule, 2000, S. 224, oder Schade, Akkreditierung in Deutschland, DUZspecial vom 4. 7. 2003, S. 18, mag dahingestellt bleiben. Handelt es sich bei der neuen Aufgabenverteilung Staat / Hochschule wirklich um einen Wechsel eines Musters, bzw. eines Modells, an dem die wissenschaftliche Praxis ausgerichtet ist? Die Zukunftsvision einer Evaluation im Jahr 2023 entwirft Wex im siegreichen Essaywettbewerb, Eva Luatione in Berlin, DUZ 7 / 1999, S. 13 ff. 27 Dallinger, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 70 Rdnr. 8. 28 Dies wird durch den Beschluß der KMK vom 3. 12. 1998 – Einführung eines Akkreditierungsverfahrens – unter Punkt 3. klargestellt.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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das unterschiedliche Einschätzungen zuläßt und auf Prozesse der Qualitätssicherung und -verbesserung ausgerichtet ist.29 Hauptziele sind der interne Prozeß der Qualitätssteuerung und die Rechenschaftslegung nach außen. Die interne Evaluation wird im Rahmen einer Stärke- / Schwäche-Analyse vorgenommen. In der nachfolgenden externen Evaluation besuchen Gutachter die zu evaluierenden Fächer und erstellen ein Gutachten. Danach soll die Umsetzung der Empfehlungen erfolgen.30 Die Akkkreditierung mündet in einer formalisierten Entscheidung. Adressat der festgestellten Qualität ist neben dem Antragsteller auch die Öffentlichkeit, der Studierende, der Kunde. Die Evaluation stellt ein qualitätsmessendes Leistungsverfahren dar, Ziel ist die Qualitätsoptimierung, verwirklicht im Wege der Selbsterneuerung und als Prozeß. Adressat der Evaluation ist also in erster Linie die evaluierte Einrichtung selbst.31 Die begriffliche Trennung von Evaluation und Akkreditierung stößt auf zusätzliche Schwierigkeiten und aktuellen Handlungsbedarf, wenn der europäische Kontext bemüht wird.32 Eine Abklärung in der inhaltlichen und methodischen Vorgehensweise scheint dringlich, weil mit guten Gründen vertreten wird, die Evaluierung sei das umfassendere Qualitätsentwicklungssystem, das in großen Teilen auch die Aufgaben der Akkreditierung wahrnehmen könne.33 29 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen, 2000, S. 5. 30 Dieses zweistufige Verfahren folgt den Empfehlungen der HRK – Zur Evaluation im Hochschulbereich unter besonderer Berücksichtigung der Lehre, 1995 – und des Wissenschaftsrats – Empfehlungen zur Stärkung der Lehre durch Evaluationen, 1996. 31 Vgl. statt vieler: Reuke, Zum Verhältnis von Evaluation und Akkreditierung im Rahmen der ZEvA, in: Internationalisierung = Evaluation + Akkreditierung? in: Beiträge zur Hochschulpolitik 8 / 2001, HRK (Hrsg.), S. 33 ff. 32 Vgl. beispielsweise die gemeinsame europäische Initiative zur Qualitätssicherung, Joint Quality Initiative; ferner das European Network for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) sowie das Projekt Qualitätssicherung der HRK, seit 1998; siehe im übrigen Kapitel II. 2. f. 33 KMK-Beschluß vom 1. 3. 2002 – Künftige Entwicklung der länder- und hochschulübergreifenden Qualitätssicherung in Deutschland – Punkt 3.5.; Bornmann / Mittag / Daniel, Qualitätssicherung an Hochschulen, in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hrsg.), 2003, S. 20, 21; Reuke, Evaluation und Akkreditierung, in: Qualitätssicherung an Hochschulen, in: Reil / Winter (Hrsg.), 2002, S. 108, 109.

18*

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IX. Die Akkreditierung

a) Die Akkreditierung von Studiengängen Bachelor- und Masterstudiengänge sind nach den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben der Kultusminister zu akkreditieren. Von Anfang an hat sich in Deutschland seltsamerweise die Diskussion nur um die Frage gedreht, ob Studiengänge zu akkreditieren sind. Dabei war die Ausgangslage noch offen formuliert worden: Die Länder und die Hochschulrektorenkonferenz könnten das Instrument der Rahmenprüfungsordnung in Zukunft weiter nutzen „[ . . . ] oder sich anderer Instrumente bedienen, beispielsweise eines Akkreditierungsverfahrens von Institutionen und Studiengängen, der staatlichen Genehmigung [ . . . ] oder der Evaluation“.34 Die Akkreditierungsdiskussion hat sich seitdem weitgehend auf die Qualitätssicherung der Studienabschlüsse beschränkt. In dem Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 24. 10. 1997 zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Studienstandorts Deutschland, mit dem die Einführung der gestuften Studiengänge als notwendige Maßnahme zur internationalen Attraktivität begrüßt wurde, war lediglich vorgesehen, Bachelor- und Masterstudiengänge nach einem angemessenem Zeitraum zu evaluieren. Die HRK hatte mit Entschließung vom 10. 11. 1997 gefordert, Bachelorund Masterprogramme sollten, wie alle anderen Studiengänge auch, „in einem an internationalen Standards orientierten, noch näher zu gestaltenden bundeseinheitlichen Verfahren evaluiert und akkreditiert werden. Hierzu ist eine Vereinbarung zwischen den Ländern und der HRK anzustreben.“35 Die HRK hatte sich dann für eine länderübergreifende Akkreditierungskommission ausgesprochen, die rasch bei der HRK eingerichtet werden könne. Bei bereits begonnenen Studiengängen beruhe die auch hier erforderliche Akkreditierung auf einer vorzunehmenden oder bereits abgeschlossenen Evaluation.36 Diese Vorstellungen sind so nicht umgesetzt worden. Stattdessen hat die KMK mit den Beschlüssen vom 3. 12. 1998 und 5. 3. 1999 Vorgaben für die Akkreditierung erstellt. Damit war und ist bis auf weiteres die Trennung zwischen Evaluation und Akkreditierung sowie dezentraler Akkreditierungen festgeschrieben.37 34 Amtliche Begründung zu § 9 Abs. 2 HRG (1998), BT-Drs. 13 / 8796, S. 17. 35 HRK, Entschließung des 183. Plenums vom 10. 11. 1997, Punkt 2. 36 HRK, Entschließung des 185. Plenums vom 6. 7. 1998, Punkt IV.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

277

Auf der Grundlage der KMK-Beschlüsse wurde ein eigenes Akkreditierungssystem entwickelt. Es sollte probeweise für drei Jahre errichtet werden und wurde vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft finanziert. Das System ist gekennzeichnet durch das Netz und die Arbeit dezentraler Agenturen und einen den erforderlichen Zusammenhalt gewährleistenden zentralen Akkreditierungsrat. Die Aufgabe der Agenturen und des Akkreditierungsrats beschränken sich auf die Einhaltung und Durchführung von Verfahren. Diese sollen eine transparente, sorgfältige und faire Begutachtung der einzelnen Studiengänge sichern. Es ist nicht ihre Aufgabe, fachliche, inhaltliche Vorgaben für die einzelnen Studiengänge zu definieren. An die Stelle vorgegebener inhaltlicher Mindeststandards, deren Einhaltung im jeweiligen Studiengang überprüft wird, tritt die Einschätzung der fachlichen Begutachter, der sogenannten „peers“.38

aa) Die Tätigkeiten des Akkreditierungsrats Der Akkreditierungsrat, durch Beschluß der KMK vom 3. 12. 1998 eingesetzt, hat sich im Juli 1999 konstituiert als eine unabhängige Einrichtung zur Akkreditierung von Agenturen und in besonderen Fällen von Studiengängen. Er hat am 30. 11. 1999 Mindeststandards und Kriterien für die Akkreditierung beschlossen. Danach erfüllt der Akkreditierungsrat seine Aufgaben durch Definitionen von Anforderungen an die Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen und Studiengängen, durch Koordination der fachlich-inhaltlichen Begutachtung der Studiengänge durch Agenturen und im Einzelfall auch durch eigene Akkreditierung. Der Akkreditierungsrat akkreditiert zeitgleich befristet die zu beauftragenden Agenturen. Im folgenden werden Grundsätze, Mindeststandards und Kriterien für die Akkreditierung von Agenturen und von Studiengängen formuliert sowie die dazu gehörenden Verfahrensschritte erläutert.39 Dem Akkreditierungsrat ge37 Über die Hintergründe kann spekuliert werden. Es mögen historische Gründe sein, persönliche Erfahrungen oder sogar Unsicherheit darüber, was international übliche Akkreditierung bedeutet. Naheliegend erscheint auch die Befürchtung, daß mit der vorgeschlagenen Ansiedlung der übergreifenden Akkreditierungskommission bei der HRK der staatliche Einfluß weiter zurückgedrängt werde. 38 KMK-Beschluß vom 1. 3. 2002 – Künftige Entwicklung der länder- und hochschulübergreifenden Qualitätssicherung in Deutschland – Punkt 3.2.

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IX. Die Akkreditierung

hören Vertreter der Hochschulen, der Länder, der Berufspraxis, der Studierenden sowie zwei internationale Vertreter an. Die Entscheidungen des Akkreditierungsrats sind rechtlich nicht verbindlich, es liegen keine Verwaltungsakte vor. Verpflichtend werden sie erst durch Akte der Landesregierungen oder der Hochschulen. Ihr öffentlich-rechtlicher Charakter ist schwach: Eingesetzt durch die KMK befinden sich die Vertreter der Ministerien dort in der Minderzahl. Obendrein ist die KMK nicht einmal selbst rechtsfähig. Hoheitsrechtliche Aufgabenwahrnehmung wird, wenn überhaupt, nur an den Schnittstellen zu staatlichen Befugnissen sichtbar. Eine der wichtigsten Kompetenzen im Hochschulbereich, nämlich die Finanzierung, bleibt von der Arbeitsweise des Akkreditierungsrats gänzlich unberührt. An die Qualitätsbeurteilungen im Akkreditierungsverfahren knüpfen sich unmittelbar keine finanziellen Folgen. Der Akkreditierungsrat hat bis Anfang des Jahres 2004 sieben Akkreditierungsagenturen akkreditiert,40 vier Agenturen wurden reakkreditiert. Von der Möglichkeit, Studiengänge durch den Akkreditierungsrat selbst akkreditieren zu lassen, wurde nur vereinzelt Gebrauch gemacht. Ab 2004 ist diese Art der Beteiligung am operativen Geschäft nicht mehr vorgesehen. Die zweijährige Tätigkeit des Akkreditierungsrats wurde im Herbst 2001 durch eine international besetzte Gutachtergruppe evaluiert. Das zweistufige Verfahren wurde als eine gute Antwort auf die Herausforderung des internationalen Wettbewerbs und als umfassendes System der Qualitätssicherung bewertet. Daraufhin haben sich die Kultusminister entschieden, den Aufbau des Akkreditierungssystems fortzuentwickeln und das Akkreditierungssystem auf Dauer einzurichten.41 Ferner werden organisatorische Festlegungen getroffen über die Zusammensetzung des Akkreditierungsrats, den Sitz bei der KMK und die Finanzierung.42 39 Die Einzelheiten sind dem Beschluß des Akkreditierungsrats vom 30. 11. 1999 zu entnehmen, siehe Anhang. 40 Nach der Fusion von ASII und A-CBC im Jahre 2002 zu ASIIN sind sechs Agenturen am Markt. 41 KMK-Beschluß vom 1. 3. 2002 – Künftige Entwicklung der länder- und hochschulübergreifende Qualitätssicherung in Deutschland. 42 KMK-Beschluß vom 24. 5. 2002 – Statut für ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

279

Der Akkreditierungsrat hat weiterhin die akkreditierten Agenturen ermächtigt, die Festlegung zur laufbahnrechtlichen Zuordnung von Fachhochschul- / Masterabschlüssen vorzunehmen.43 Dabei seien die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 6. 6. 2002 und der KMK-Konferenz vom 24. 5. 2002 zu beachten. Die obersten Dienstbehörden als Vertreter der Berufspraxis seien zu beteiligen, deren Votum müsse einheitlich erfolgt sein. Nach den Angaben des Akkreditierungsrats wurden im Jahr 2003 rund 30 akkreditierte Masterstudiengänge an Fachhochschulen mit einer entsprechenden Feststellung akkreditiert. Abgelehnt wurde kein Antrag auf Befähigung zum höheren Dienst.44 In dem Arbeitsbericht für den Zeitraum 2003 hat der Akkreditierungsrat bemängelt, daß das System der Akkreditierung auf keiner Rechtsgrundlage beruhe (S. 17). Der Akkreditierungsrat habe die Aufgabe, einen fairen Wettbewerb unter den Agenturen zu gewährleisten, was angesichts fehlender Befugnisse nur durch Mediation gelingen könne (S. 13). Der Akkreditierungsrat sei bemüht, verstärkt die Interessen im internationalen Netzwerk der Qualitätssicherung zu vertreten. Die Akkreditierung durch ausländische Agenturen sei eine Alternative zur Akkreditierung in Deutschland (S. 12). bb) Die Tätigkeiten der Akkreditierungsagenturen Das Akkreditierungsgeschehen liegt im wesentlichen bei den Agenturen, die in unterschiedlicher Trägerschaft und mit unterschiedlicher Zielsetzung tätig werden. Derzeit sind sechs Agenturen „am Markt“:45 – Regionale Agenturen, die von einem oder mehreren Ländern oder den Hochschulen eines oder mehrerer Länder getragen werden, mit Zuständigkeiten für Studiengänge, die das gesamte Fächerspektrum abdecken (ZEvA,46 ACQUIN47), 43 Beschluß des Akkreditierungsrats in der geänderten Fassung vom 13. 5. 2003 zur Feststellung der laufbahnrechtlichen Zuordnung der Masterabschlüsse an Fachhochschulen im Akkreditierungsverfahren. 44 Vgl. Akkreditierungsrat, Arbeitsbericht 2003, S. 9, veröffentlicht unter (Zugriff am 23. 7. 2004). 45 Eine informative Akkreditierungssynopse ist abrufbar unter (Zugriff am 23. 7. 2004).

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IX. Die Akkreditierung

– Agenturen mit spezifischer fachlicher Ausrichtung in der Mit-Trägerschaft von Fachhochschulen, Fachgesellschaften oder Dachverbänden (ASIIN48, FIBAA49, AHPGS50, AQAS51).

Eine andere Einteilung differenziert nach der Art der finanziellen Beteiligung: bei drei Agenturen sind Länderfinanzierungen mitenthalten (ZEvA, FIBAA, AQAS). Bis zum Mai 2004 sind von 2561 angebotenen Bachelor- und Masterstudiengängen 417 akkreditiert worden, also knapp ein Sechstel. Weitere 616 Verfahren befinden sich nach Angaben des Akkreditierungsrats noch in Bearbeitung, 257 sind mit Auflagen akkreditiert worden52 und 18 Verfahren wurden abgelehnt. Die Verfahrensdauer beträgt im Durchschnitt knapp sechs Monate.53 Mit der Akkreditierung bestätigen die Agenturen die Einhaltung von Mindeststandards. Als Ziele des Akkreditierungsverfahrens werden übereinstimmend die Sicherung von Vielfalt, Qualität und Transparenz der neuen Studiengänge genannt. Der Ablauf der Akkreditierung gestaltet sich regelmäßig nach folgendem Verfahren:54 – Antragstellung durch die Hochschule, – Selbstdarstellung des Studiengangs nach dem Leitfaden der Agentur, 46 Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover (ZEvA), gegründet 1995, 1998 umbenannt. 47 Akkreditierungs-, Certifizierungs- und Qualitätssicherungs-Institut (ACQUIN), gegründet 2001. 48 Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik (ASIIN), gegründet 2002. 49 Foundation for International Business Administration Accreditation (FIBAA), gegründet als Akkreditierungsagentur 1995. 50 Akkreditierungsagentur für Studiengänge im Bereich Heilpädagogik, Pflege, Gesundheit und soziale Arbeit (AHPGS), gegründet 2001. 51 Agentur für Qualitätssicherung durch Akkreditierung von Studiengängen (AQAS), gegründet 2002. 52 Quellen: HRK-Information, Statistische Angaben zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, Akkreditierung, Studierenden und Absolventen, WS 2004 / 2005, Stand: 2004, S. 6; Akkreditierungsrat, Arbeitsbericht 2003, S. 9. 53 unter dem Stichwort Statistik (Zugriff am 23. 7. 2004). 54 Vgl. Akkreditierungssynopse: (Zugriff am 23. 7. 2004).

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

281

– inhaltlich-fachliche Begutachtung durch externe Gutachter, – Bericht an die Hochschule (Möglichkeit der Stellungnahme) und an den Fachausschuß (Stellungnahme), – Entscheidung der Akkreditierungskommission über die Akkreditierung. Tabelle 1 Gesamtzahl der bisher akkreditierten Bachelorund Masterstudiengänge Bachelor

Master

Gesamt

Universitäten

86

116

202

Fachhochschulen

93

117

210

1

4

5

180

237

417

Kunst- u. Musikhochschulen Insgesamt

Quelle: Akkreditierungsrat Hochschulkompass der HRK, Stand: Mai 2004.

Wie schätzen die Akkreditierungsagenturen selbst ihre Arbeit ein? Eine Art Geschäfts- oder Tätigkeitsbericht, verbunden mit einer Stärke- / Schwäche-Analyse und einer Auflistung der Problembereiche, etwa im Verhältnis zum Akkreditierungsrat oder den Fachbereichen der Universität wird von den Agenturen in der Regel nicht veröffentlicht. Die Agenturen berichten (intern) jährlich an den Akkreditierungsrat. Die zahlenmäßig größte akkreditierende Agentur, die ASIIN, stellt Mitgliederbriefe in unregelmäßigen Abständen ins Netz. In diesen wird über die Geschäftsentwicklung, den Auftragseingang, grenzüberschreitende Vernetzungen und Qualitätsverbesserungen in Akkreditierungsverfahren berichtet. Einen ersten interessanten Einblick in die Arbeitsergebnisse der Agenturen gewährt die Zusammenstellung der Beanstandungen durch die Agenturen. Diese stellt einen wichtigen, transparenten Beitrag zur Qualität und Qualitätsverbesserung dar. Es lohnt sich daher, einen Blick auf diese Beanstandungen zu werfen. Eine Auswertung über die Auflagenpraxis bei den Akkreditierungsagenturen55 und den von ihnen akkreditierten Studiengängen ergibt folgendes Bild (Stand: 16. 3. 2004):

282

IX. Die Akkreditierung

Die Auflagenbeschreibungen sind unterschiedlich. Entweder wird ausdrücklich festgestellt: keine Auflagen. Diese Angaben sind am häufigsten. Oder aber die Auflagen werden im einzelnen stichwortartig bezeichnet, bzw. mit einer konkreten Empfehlung versehen. Das Spektrum der Beanstandungen reicht von dem Monitum einer erforderlichen Bereitstellung einer Stelle für die Koordination der Bachelor-Studiengänge oder der Sicherstellung eines Verfahrens zur Qualitätskontrolle56 bis zu dem Hinweis, die angestrebten Aktivitäten zur Internationalisierung seien konsequent weiter zu verfolgen und es müsse eine umfassende Modularisierung erarbeitet werden.57 In einem anderen Fall wird die Überarbeitung der Module an die fachlichen Standards eingefordert und die Stärkung der Schlüsselkompetenzen.58 Zum Teil wird beanstandet, die Module müßten thematisch abgeschlossene Einheiten sein, die innerhalb eines Semesters bzw. Jahres zu absolvieren seien,59 oder es wird eine präzisere Formulierung der Ausbildungsziele für erforderlich gehalten.60 Es sei eine bessere Organisation der Praxisphasen vorzunehmen, das Projektstudium zu präzisieren und Prüfungsvorleistungen zu entfernen.61 In anderen Fällen sei die Berufsorientierung im Rahmen des Studienprogramms stärker zu thematisieren.62 Fremdsprachenkenntnisse müßten obligatorisch nachgewiesen werden anstelle eines fakultativen Nach55 Es wurden die Auflagen folgender Akkreditierungsagenturen berücksichtigt: ZEvA , deren Auflagen wurden vorrangig betrachtet; darüber hinaus: FIBAA ; ACQUIN ; AHPGS ; AQAS ; ASIIN . 56 ZEvA, Universität Greifswald, Bachelor Geisteswissenschaften, Akkreditierungsdatum 4. 10. 2001. 57 ZEvA, Fachhochschule Fulda, B. Sc. Physiotherapie, Akkreditierungsdatum 20. 6. 2002. 58 ZEvA, Fachhochschule Lausitz, Bachelor Architektur, Akkreditierungsdatum 20. 6. 2002. 59 ZEvA, Fachhochschule Köln, Bachelor Mehrsprachige Kommunikation, Akkreditierungsdatum 14. 10. 2003. 60 ZEvA, Fachhochschule Neubrandenburg, Bachelor of Public Health, Gesundheitswissenschaften, Akkreditierungsdatum 20. 6. 2002. 61 ZEvA, Hochschule Wismar, Bachelor Architektur, Akkreditierungsdatum 20. 6. 2002. 62 ZEvA, Humboldt-Universität zu Berlin, Bachelor / Master Sozialwissenschaften, Akkreditierungsdatum 8. 8. 2003.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

283

weises63 oder die ECTS-Konvention müsse eingehalten werden,64 oder, ganz überraschend, die Modularisierung im Studiengang müsse gemäß den KMK-Rahmenvorgaben nachzuweisen sein und die Qualifikationsziele der einzelnen Module seien zu benennen.65 Die Beanstandungen für die Masterstudiengänge bewegen sich auf ähnlich kritischer Ebene. Hinzu treten die dem zweiten akademischen Grad geschuldeten Ausbildungsbesonderheiten, so wird beispielsweise gefordert, daß zwei Jahre Berufserfahrung nachzuweisen seien66 oder die Berufserfahrung wird als Zulassungsvoraussetzung genannt.67 Bemerkenswert ist, daß in einem Fall die Anerkennung als MBA-Programm abgelehnt wird, weil die notwendige Praxiserfahrung in den genannten Ausbildungszielen nicht deutlich werde. Der Studiengang sei stattdessen mit einem Master of Art in Marketing abzuschließen.68 Die Beanstandungen und Empfehlungen der anderen Agenturen ergeben im großen und ganzen kein neues Bild. Es wird ersichtlich, daß die Akkreditierungsagenturen einen mehr oder weniger einheitlichen Prüfbogen und eine einheitliche formale Prüfungspraxis anwenden. Insgesamt ist jedoch bemerkenswert, daß einzelne Universitäten offensichtlich nicht einmal eine Modularisierung durchführen und / oder die credits fehlerhaft anwenden. Überraschend erscheint in einem Fall die Auflage der Agentur, die Semesterwochenstunden in ECTS-Punkte umzurechnen.69 Hier liegt hoffentlich nur ein Mißverständnis vor, denn eine pauschale Umrechnung läßt sich für das System der credits gerade nicht bewerkstelligen. 63 ZEvA, Technische Universität Darmstadt, Bachelor Politikwissenschaft, Akkreditierungsdatum 11. 12. 2000. 64 ZEVA, Universität Hannover, B. Sc. Life Science, Akkreditierungsdatum 9. 12. 2003. 65 ZEvA, Universität Mainz, Bachelor Archäologie, Akkreditierungsdatum 14. 10. 2003. 66 ZEvA, Fachhochschule Braunschweig / Wolfenbüttel, Master of Social Management, Akkreditierungsdatum 13. 12. 2001. 67 ZEvA, Fachhochschule Gießen / Friedberg, MBA, BWL, Akkreditierungsdatum 9. 2. 2001. 68 ZEvA, Fachhochschule Gießen / Friedberg, Master in Marketing, Akkreditierungsdatum 9. 2. 2001. 69 ZEvA, Universität Frankfurt, Master of Laws (LLM), Akkreditierungsdatum 7. 3. 2003.

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IX. Die Akkreditierung

Welche Konsequenzen haben die Auflagen? Zum einen führen die Auflagen dazu, daß sich die Akkreditierungsdauer verkürzt. Zum anderen ist es offensichtlich so, daß trotz der vielfältigen Appelle, Hinweise oder Anregungen gleichwohl eine Akkreditierung erfolgt ist, selbst wenn zum Beispiel nicht modularisiert wurde. Diese praktische Lösung mag wohl darin ihre Erklärung finden, daß der Studiengang ggf. schon läuft und das laufende Verfahren / Studium nicht unterbrochen werden soll. Ein ernstes Problem wird mit der Frage angestoßen, ob die Agenturen mit gleichen Maßstäben messen, d. h., ob sie innerhalb der einzelnen Studiengänge, aber auch im Vergleich zu Studiengängen anderer Agenturen die gleiche Meßlatte anlegen. Hier sind gewisse Zweifel angebracht, wenn man sich die zentrale Frage anschaut, ob und wie die Studiengänge modularisiert sind. Wenn z. B. eine transparente „workload“-Berechnung vorzulegen ist, in der die Studierbarkeit nachzuweisen ist,70 oder eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Module einschließlich „learning outcoming“, die Aufnahme von Teilnahmevoraussetzungen und eine „workload“-Berechnung gefordert werden,71 so wird zu bezweifeln sein, ob diese Anforderungen bei den anderen akkreditierten Studiengängen durchweg zur Zufriedenheit, d. h. beanstandungsfrei ausgefallen sind. Es kann an dieser Stelle lediglich eine Art Zwischenstand konstatiert werden, der eine vertiefende Vergleichbarkeit einzufordern hätte. Unstrittig dürfte jedoch sein, daß gerade das Thema der richtigen Berechnung der „workload“ ein ganz zentrales Thema bei der Akkreditierung widerspiegelt. Mit der einzufordernden europäischen Ausrichtung und der Vergleichbarkeit der Studiengänge wird diesem Strukturelement höchste Aufmerksamkeit zu schenken sein. Die Akkreditierung ersetzt nicht die staatliche Verantwortung für die Einrichtung von Studiengängen, sie stellt jedoch das Verfahren zur Gewährleistung der materiell-inhaltlichen Qualität eines Studienangebots dar und ersetzt insofern die staatliche Qualitätsüberprüfung. Obwohl die zeitliche Strecke für eine Analyse in diesem Beitrag kurz bemessen ist, soll gleichwohl versucht werden, einige erkennbare 70 ZEvA, Fachhochschule Flensburg, Master of Engineering, Kommunikationswissenschaften, Akkreditierungsdatum 2. 6. 2003. 71 AQUIN, Fachhochschule Nürnberg, Bachelor of Engineering, Akkreditierungsdatum 25. 9. 2003.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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Stärken und Schwächen des deutschen Akkreditierungssystems darzustellen. Weitreichende Hochschulautonomie in der Gestaltung der Lehre einerseits und staatliche, vor allem finanzielle Verantwortung des Bundes und der Länder andererseits sind die beiden Prinzipien, die in einem gut funktionierenden Akkreditierungssystem das deutsche Studienangebot qualitativ sichern und weiterentwickeln sollen. Sind diese Grundannahmen gerechtfertigt und lassen sich Entwicklungen in der einen oder anderen Richtung feststellen? Mit der deutschen Entscheidung zugunsten einer Programmakkreditierung ist zunächst der Vorteil verbunden, daß alle Akteure sich auf diese Aufgaben konzentrieren. Das Angebot und die Durchführung der Lehre, von Kritikern in Teilen als arg vernachlässigt gerügt, rückt in den Vordergrund und läßt, positiv gefördert, erwarten, daß die Attraktivität und die Zukunftschancen der deutschen Hochschule wachsen. Mit dem Verfahren, qualifizierte Fachgutachter urteilen zu lassen und eine Selbstevaluation durchzuführen, wird ferner eine immer wieder aus Wissenschaftskreisen erhobene Forderung angesteuert, eine Qualitätsverbesserung müsse selbstbestimmend erfolgen. Die Kriterien für die Akkreditierung sind, wenn auch nur als Mindeststandard, aufgelistet, transparent und in vielen Schritten nachprüfbar. Die Verfahrensdauer der Akkreditierung kann bei einzelnen Agenturen, wie z. B. bei der FIBAA, bis auf drei Monate verkürzt werden. Insofern kann festgestellt werden, daß die mit der Ablösung der Rahmenprüfungsordnungen erwarteten Vorteile durch das neue Akkreditierungsverfahren in Teilen bereits eingetreten sind oder bevorstehen. Nicht zu gering sollte auch veranschlagt werden, daß mit akkreditierten, international vergleichbaren und attraktiven Studienangeboten Entwicklungen im europäischen Hochschulraum beschleunigt werden, die im herkömmlichen Hochschulsystem so nicht ohne weiteres in Deutschland zu erwarten gewesen wären. Allerdings werden auch Schwächen, besser: anfängliche Schwierigkeiten im deutschen Akkreditierungssystem sichtbar oder behauptet. In grundsätzlicher Hinsicht wird beanstandet, das Akkreditierungssystem weise einen Geburtsfehler auf, weil es nur die neuen Studiengänge erfasse. Eine Qualitätsbeurteilung für das System sei so nicht möglich. Die Diplomstudiengänge hätten von Anfang an mit einbezogen werden müssen oder man hätte ganz auf den neuen Ak-

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IX. Die Akkreditierung

kreditierungsapparat verzichten sollen.72 Als unzulänglich wird genannt, daß das System der Akkreditierung – anders als in den Nachbarländern – auf keiner Rechtsgrundlage beruhe. In Einzelfällen fehle dem Akkreditierungsrat die Befugnis, Fehlverhalten und Fehlentscheidungen der Agenturen zu begegnen.73 Als in hohem Maße unbefriedigend werden die teilweise parallelen Verfahren von Evaluation und Akkreditierung angesehen.74 Das Evaluationsverfahren sei im Kern breiter angelegt und die Akkreditierung bescheinige nur Mindestanforderungen. Ein erhebliches Konfliktpotential berge ferner die geringe Akkreditierungsquote. Dies wird z.T. auf einen Akkreditierungsstau zurückgeführt, z.T. auf die hoch erscheinenden Kosten. Das Ergebnis spiegele jedenfalls eine mangelnde Akzeptanz des gesamten Verfahrens wider. Eine echte Konkurrenz zwischen den Agenturen werde nicht offenkundig. Vermutet werden in Teilbereichen personelle Verquickungen. Und schließlich: welcher Nutzen hat ein Gütesiegel einer deutschen Akkreditierungsagentur im europäischen Raum? Für einen Außenstehenden sind die den Anlaß bildenden Gegenstände dieser Fragen häufig nicht einsehbar. Nur ab und zu und eher zufällig tauchen Hintergründe auf. Ein Beispiel beleuchtet die Zusammenarbeit des Akkreditierungsrats mit den Agenturen und dessen Selbstverständnis.75 Die ASIIN hatte sich jahrelang bemüht, Mitglied des Vertrags von Washington („Washington Accord“) zu werden. Dieser internationale Zusammenschluß von Ingenieur-Fachakkreditierungsagenturen mit hohen Eingangshürden verpflichtet die Mitglieder, die jeweiligen Qualitätssicherungssysteme und die von ihnen akkreditierten Studiengänge als gleichwertig anzuerkennen. Der Akkre72 So ausdrücklich Teichler, Diskussionsbeitrag, 4. Arbeitstagung zur Evaluation an Hochschulen (13. / 14. 2.2003), in: Beiträge zur Hochschulpolitik 1 / 2004, HRK (Hrsg.), S. 65. 73 Akkreditierungsrat, Arbeitsbericht, 2003, S. 17; diese Andeutungen bleiben abstrakt, beschrieben wird kein einziger Fall. 74 Die Zahl der Kritiker wächst, vgl. statt vieler Mittag / Bornmann / Daniel, Evaluation von Studium und Lehre an Hochschulen, 2003, S. 145; Reuke, Diskussionsbeitrag, 3. Seminar zur Qualitätssicherung, (7. / 8. 9. 2000), in: Beiträge zur Hochschulpolitik 8 / 2001, HRK (Hrsg.), S. 45; Teichler, Diskussionsbeitrag, 4. Arbeitstagung zur Evaluation an Hochschulen (13. / 14. 2. 2003), in: Beiträge zur Hochschulpolitik 1 / 2004, HRK (Hrsg.), S. 65. 75 Die Darstellung muß sich, notgedrungen, auf den Mitgliedsbrief I / 2003 der ASIIN vom 10. 7. 2003 stützen sowie auf Mitteilungen aus der DUZ, Heft 6 / 2003, S. 7; Heft 8 / 2003, S. 15; Heft 11 / 2003, S. 9.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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ditierungsrat untersagte der ASIIN amtlich, mit Wirkung für die Ingenieurakkreditierung in Deutschland dem Washington Accord beizutreten. Es drohe eine Bevorzugung gegenüber den anderen Akkreditierungsagenturen. Ein Mitkonkurrent schlug sogar vor, alle an den Ingenieurwissenschaften interessierten deutschen Agenturen sollten ein Konsortium bilden, das dann das ganze Land im Abkommen vertrete. Sämtliche Konsorten wären mithin als gleichwertig anerkannt. Damit war der Wettbewerbsgedanke praktisch ad absurdum geführt. Mit einer als Wendung um 180 Grad zu charakterisierenden Mitteilung erlaubte dann der Akkreditierungsrat der Agentur ASIIN, dem Washington Accord beizutreten, was diese mit Wirkung vom 12. 6. 2003 auch vollzog. Begründung des Akkreditierungsrats: es stehe nach wie vor jedem deutschen Akkreditierer der Weg nach Washington offen. Ein besseres Beispiel für versuchte Verhinderung von Wettbewerb und Festhalten an Hierarchievorstellungen zum Thema Verwirklichung von Qualitätsgesichtspunkten wird sich so schnell nicht finden. cc) Akkreditierungsagenturen im Wettbewerb Der Akkreditierungsrat hat auch die Aufgabe, einen fairen Wettbewerb unter den Agenturen zu gewährleisten. Dem deutschen Akkreditierungssystem wird sogar als entscheidender Vorteil zugerechnet, durch die Vielfalt von Agenturen die Qualitätssicherung durch Wettbewerb herzustellen.76 Das erscheint zwingend: Wer eine Antwort auf die Herausforderungen des internationalen Wettbewerbs nach außen finden will, muß den Wettbewerb intern ebenfalls befördern. Unterliegt die Wahl der Akkreditierungsagenturen in diesem Sinne den Regeln des Wettbewerbs? Nicht nur die Einflußnahme des Akkreditierungsrats am Beispiel des Washington Accord oder die beklagte staatliche Subventionierung der regionalen Akkreditierer erwecken Zweifel. Auch das Auswahlverfahren für eine Akkreditierungsagentur durch eine Hochschule entzieht sich näherer Einsichtsmöglichkeit. Dies gilt zumindest für Außenstehende. Das erstaunt, weil mit der Auswahl zugunsten einer Agentur die Entscheidung für einen Qualitätsbewerter fällt, mit weit76 KMK-Beschluß vom 1. 3. 2002 – Künftige Entwicklung der länder- und hochschulübergreifenden Qualitätssicherung in Deutschland – 3.2.1. und 2.

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IX. Die Akkreditierung

reichenden Konsequenzen. Übertragen auf das herkömmliche staatliche Genehmigungsverfahren bedeutet dies, daß die Hochschule sich das nur für sie zuständige, genehmigende Hochschulministerium quasi selbst auswählen darf. Das wirft die grundsätzliche, auch rechtlich bedeutsame Frage auf, ob die Hochschulen an das Auftragsrecht gebunden sind, also eine unbeschränkte Auswahl erfolgen kann (freihändiger Auftrag) oder ob eine Ausschreibung erfolgen muß. Auf den ersten Blick erscheint die Frage überflüssig, weil der Akkreditierung letztlich ein Bewertungsverfahren zugrunde liegt, ein Verfahren mit Mindestanforderungen zur Erreichung eines Qualitätsstandards auf einem bestimmten Niveau. Die Beschreibung und Erfüllung von etwa 80 Qualitätsmerkmalen im Wissenschaftsbereich77 entzieht sich eigentlich den üblichen Teilnahmekriterien im geschäftlichen Verkehr und einer wettbewerbsorientierten Auftragslage. Bei näherem Hinsehen ist der Ausschluß der einschlägigen Vorschriften aus der Landeshaushaltsordnung, der Verdingungsordnung für Leistungen und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb jedoch nicht so ohne weiteres zu bewerkstelligen. Zunächst besteht nach den einschlägigen Haushaltsvorschriften die Bindung auch der Körperschaften des öffentlichen Rechts – und dazu zählen die Hochschulen – an die haushaltsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze.78 Die spezifischere Regelung lautet dann schon: „Dem Abschluß von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muß eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen“.79 Die hierzu ergangenen Ausführungsvorschriften beziehen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ein, dieses nimmt wiederum die Vergabeverordnung in Bezug. Letztere legt fest, daß öffentliche Aufträge (Lieferung und Leistung) öffentlich auszuschreiben sind, damit die verfügbaren Haushaltsmittel im Rahmen des Wettbewerbs wirtschaftlich verwendet werden.80 Vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung dürfe insbesondere nur abgesehen werden, wenn der Wert der Lieferungen und Leistungen voraussichtlich unter 25.000 Euro liege.81 So beispielsweise die „Standards der FIBAA“ 2002, S. 7. Vgl. statt vieler § 105 LHO Berlin. 79 So die entsprechende Regelung aus § 55 LHO Berlin. 80 Vgl. die Regelung in Punkt 2. Verdingungsordnung für Leistungen – Teil A (VOL / A). 77 78

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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Mit dem Argument dieser Kappungsgrenze ließe sich die Nichtanwendung der Verdingungsordnung für Leistungen allerdings nicht begründen. Die Summe der zu akkreditierenden Studiengänge übersteigt in aller Regel diesen Betrag, unstreitig jedenfalls dann, wenn mehrere Akkreditierungsverfahren zusammengefaßt werden. Entscheidend dürfte vielmehr die Bewertung sein, ob Akkreditierungsagenturen am Wettbewerb teilnehmen oder nicht und ob „die Natur des Geschäfts“ eine Ausnahme rechtfertigt. Die Akkreditierung soll fachlich / inhaltliche Mindeststandards gewährleisten und die Berufsrelevanz der Abschlüsse überprüfen. Ein wesentliches Ziel der Akkreditierung war und ist der Verbraucherschutz und die Herstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Das „Gütesiegel“ einer Akkreditierungsagentur hat also unzweifelhaft einen Marktwert. Offenkundig wird dies durch das Prüfungsverfahren der „peer reviews“, die gerade die verschiedenen Berufsrelevanzen zu sichten haben. Insofern werden die Studiengänge auch in eine wettbewerbsorientierte Analyse einbezogen. Schließlich sprechen auch die angelsächsischen, namentlich die amerikanischen Vergleiche für die Annahme einer Konkurrenz- und Wettbewerbssituation der Agenturen. Allein die Tatsache, daß der Zugang zu einer Hochschule heute noch gebührenfrei und damit der Wettbewerb noch nicht entbrannt ist82 und die Akkreditierungsagenturen verhaltene Resultate (in qualitativer Hinsicht, vor allem aber in Bezug auf die Quantität) veröffentlichen, kann derzeit noch die Annahme rechtfertigen, Akkreditierungsvorgänge seien vom Wettbewerb auszunehmen – allerdings gilt die Einholung von mindestens drei Angeboten und deren entsprechende Dokumentation bei freihändiger Vergabe schon heute. In den Zusammenhang eines am internationalen Wettbewerb orientierten Akkreditierungssystems fällt auch die Frage, welche Auswirkungen die Geltung von GATS im Bildungsbereich, konkret auf die Wettbewerbssituation der deutschen Akkreditierungsagenturen hat. Die Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) beraten auch über den Austausch von Dienstleistungen. Dazu ist 1994 ein AbPunkt 7.1.1.2 der Verdingungsordnung für Leistungen, Teil A (VOL / A). Es kann sozusagen „der Wert einer Akkreditierung in der Bundesrepublik nicht über Studiengebühren vermarktet werden“, wie Herberger treffend bemerkt, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 615. 81 82

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IX. Die Akkreditierung

kommen geschlossen worden (General Agreement on Trade in Services, GATS), das auch für den Bildungsmarkt und die Bildungsdienstleister gilt (5. Sektor des Abkommens).83 Ausgenommen von dem Geltungsbereich des Abkommens sind hoheitliche Aufgaben, zu denen im Bildungsbereich auch die Verleihung akademischer und staatlicher Abschlüsse gehört. Da die deutschen Akkreditierungsagenturen als private Anbieter anzusehen sind, fallen sie grundsätzlich in das Regelungswerk des GATS, sie konkurrieren mit den ausländischen Anbietern. Die Wirkung erstreckt sich in beide Richtungen: den deutschen Anbietern darf im Ausland keine unzulässige Marktbeschränkung auferlegt werden, den ausländischen Anbietern ist der Zugang zum deutschen Akkreditierungsmarkt nicht zu verwehren. Die Auswirkungen dieser und zukünftiger Abkommen und Verhandlungen muß als ungewiß, aber als sehr beobachtenswert eingeschätzt werden. Gegenwärtige Bedeutung auf dem Bildungsmarkt genießen namentlich die Studiengänge der Weiterbildung und der Erwachsenenbildung. Zum Teil läuft die Diskussion in Deutschland schlagwortartig („Bildung ist keine Ware“), zum Teil wird Entwarnung signalisiert.84 Das Verhältnis von GATS-Verhandlungen zum Bologna-Prozeß und entsprechende Umsetzungswahrscheinlichkeiten wird unterschiedlich bewertet.85 Für das deutsche Akkreditierungssystem, insbesondere die Akkreditierungsagenturen, stellen die GATS-Verhandlungsrunden eine nicht zu unterschätzende mögliche Entwicklung im Qualitätssicherungssystem dar.

dd) Die Gutachterauswahl Zu einem anderen, ernsten Thema der Arbeit im Akkreditierungssystem gehört die Frage nach der personalen Auswahl der Entscheider. So fällt z. B. Beobachtern auf, daß die Mitglieder von verschiedenen Hochschulräten zugleich (Mit-)Begründer von Akkreditie83 Vgl. einführend: Enders / Haslinger / Rönz, GATS-Verhandlungsrunde im Bildungsbereich: Bewertung der Forderungen, 2003, sowie das Gutachten von Scherrer, Studie für die Max-Traeger-Stiftung, März 2002; BLK, Gemeinsame Stellungnahme von Bund und Ländern zum EU-Verhandlungsangebot zu GATS, vom 21. 3. 2003. 84 HRK-Stellungnahme unter Brennpunkte, GATS, veröffentlicht unter (Zugriff am 4. 6. 2003). 85 Vgl. statt vieler Scherrer, HSW 2 / 2003, 60 (65).

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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rungsagenturen waren oder sind.86 Der Zugang zu einer erhofften günstigen Akkreditierung sei zuweilen versperrt, weil sich die Hochschule schon als Ganze gebunden hätte. Vermutungen über hochschulinterne Prozesse und genehme Gutachter werden zwar angedeutet,87 lassen sich aber, wie bei dieser heiklen Personalie leicht nachvollziehbar, kaum verifizieren. Der amtierende Vorsitzende des Akkreditierungsrats beantwortet die Frage, nach welchen Kriterien die Akkreditierungsagenturen ihre Gutachtergruppen zusammenstellen, mit der wenig weiterführenden Aussage: Die Kriterien kommen zunächst einmal aus den einzelnen Fachkommissionen.88 Die Auswahl der Gutachter stellt ein zentrales Thema im Akkreditierungsverfahren dar. Die Art und Weise ihrer Gewinnung, die Kriterien für ihre Einbeziehung und deren Beteiligung an gegebenenfalls anderen Netzwerken müssen so weit wie möglich offengelegt werden. Auch hier kann nur ein durch und durch transparentes Verfahren Grundlage für ein qualitativ hochstehendes und anerkanntes Qualitätsurteil sein.

ee) Notwendiger Handlungsbedarf Es ist sicherlich verfrüht, eine abgerundete Einschätzung über die Vor- und Nachteile, schon gar nicht über den Erfolg des deutschen Akkreditierungssystems abgeben zu dürfen. Andererseits schreitet der Bologna-Prozeß in eigendynamischen Schritten voran. Vorsichtig formuliert können zum jetzigen Zeitpunkt folgende Felder mit konkretem Handlungsbedarf und vielleicht schon mit Perspektiven genannt werden: – Das parallele Begutachtungsverfahren von Akkreditierung und Evaluation läßt sich auf Dauer nicht rechtfertigen. Hier sind enge Verzahnungen oder der Verzicht auf ein Verfahren unumgänglich. – Die vornehme Zurückhaltung des Akkreditierungsrats und der Agenturen zu der Frage, wo denn nun der Vorteil und die Qualität des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses in jedem einzelVgl. Kemp, „Euch machen wir mürbe“, in: FAZ vom 7. 11. 2003, S. 35. Vgl. die Darstellung von Horstkotte, „Wer nicht hören will, soll fühlen“, in: Frankfurter Rundschau vom 28. 5. 2003, S. 5. 88 Interview der DUZ mit Erichsen, in: DUZ 23 / 2003, S. 23. 86 87

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IX. Die Akkreditierung

nen Studiengang liege, muß aufgegeben werden. Die Akzeptanz des Bachelors leidet zu einem nicht geringen Teil an diesem Defizit. – Der Wettbewerb der Agenturen untereinander, aber auch im Verhältnis zu den Studierenden und Fachbereichen scheint unterentwickelt. Mit diesem Prinzip verträgt sich weder die Bevorzugung einzelner Agenturen durch staatliche Förderung, noch eine regionale Beschränkung, noch das Fehlen von Abstufungen in der Bewertung von Studiengängen. – Der Internationalisierungsgedanke wird nicht recht spürbar. Weder treten deutsche Mitglieder in den einschlägigen europäischen Netzwerken an führender Stelle auf, noch werden europäische Entwicklungen sichtbar aufgenommen. – Unverändert offen und klärungsbedürftig ist es, ob das deutsche Akkreditierungssystem, mit Blick auf ausländische Vorbilder, mit finanziellen Folgen verknüpft werden sollte. Das Gütesiegel einer deutschen Akkreditierungsagentur hat derzeit keinen erkennbaren Marktwert.

b) Exkurs: Die Akkreditierung von Hochschuleinrichtungen Die Kultusministerkonferenz hat Strukturvorgaben nur für neuartige Studiengänge und -abschlüsse formuliert. Für nichtstaatliche Studiengänge und vor allem für nichtstaatliche Hochschuleinrichtungen besteht ein derart hoheitlich eingerichtetes Qualitätssicherungsverfahren (noch) nicht. Der Wissenschaftsrat hatte frühzeitig mit Blick auf die weiter zu erwartende Internationalisierung und Privatisierung von Bildungsanbietern im Hochschulbereich einen Handlungsbedarf angemeldet. Er hatte die Einführung eines Verfahrens der institutionellen Akkreditierung als ein Element der Sicherung von qualitativen Mindeststandards empfohlen.89 Inzwischen ist ein aktueller „Leitfaden der institutionellen Akkreditierung“ verabschiedet worden.90 89 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen, 21. 1. 2000, Drs. 419 / 00, S. 25. 90 Wissenschaftsrat, Leitfaden der institutionellen Akkreditierung, vom 16. 7. 2004, Drs. 6189 / 04.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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Institutionelle Qualitätssicherungsverfahren, die in Teilen eine große Ähnlichkeit zum Akkreditierungsverfahren aufweisen, werden (wurden) in Deutschland praktiziert durch: – die staatliche Anerkennung privater Hochschulen durch die Bundesländer in Ausführung der bundesrechtlichen Mindestvoraussetzungen aus § 70 Abs. 1 HRG; – das Begutachtungsverfahren des Wissenschaftsrats zur Aufnahme von Hochschulen in die Anlage zum Hochschulbauförderungsgesetz; – die institutionelle Akkreditierung von Hochschulen in nichtstaatlicher Trägerschaft durch den Wissenschaftsrat; – die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur künftigen Struktur der Hochschullandschaft in den neuen Ländern und im Ostteil von Berlin; – das Begutachtungsverfahren im Rahmen eines staatlichen Anerkennungsverfahrens für neu zu gründende Hochschulen;

zusätzlich durch akkreditierungsähnliche Verfahren wie – die Empfehlungen des Wissenschaftsrats für eingegrenzte oder aufgabenbezogene Wissenschaftsbereiche, z. B. für Maschinenbau;91 – die Begutachtung zur Aufnahme als Mitglied in die Hochschulrektorenkonferenz; – das DFG-Verfahren zur Aufnahme von Hochschulen in die Deutsche Forschungsgemeinschaft; – die Systembewertungen zur Qualitätssicherung in der Leibniz-Gemeinschaft.

Näher betrachtet werden soll das Verfahren der institutionellen Akkreditierung nichtstaatlicher Hochschulen durch den Wissenschaftsrat. Der Wissenschaftsrat hat hier Kriterien für genau bezeichnete Prüfbereiche entwickelt, mit denen die Leistungen und Merkmale der Hochschule im Gesamtzusammenhang zu würdigen sind. Diese beziehen sich auf Prüfbereiche wie Leitbild und Profil, Strategie, Aus91 Hierbei handelt es sich aber allenfalls um abstrakte Akkreditierungen. Trotz der sehr ins Detail gehenden Untersuchungen, z. B. in den Empfehlungen zum Maschinenbau, WR Drs. 6209 / 04, handelt es sich wohl eher um Begutachtungen.

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IX. Die Akkreditierung

stattung, Qualitätssicherung usw.92 Für die einzelnen Prüfbereiche sind jeweils Kriterien formuliert worden. Die Kriterien haben nicht für jede Hochschule die gleiche Bedeutung. Ausschlaggebend für die Auswahl und Gewichtung sind das Leitbild und die darin formulierten Aufgaben und Ziele. Wegen aller Einzelheiten, namentlich für die Verfahrensgrundsätze Transparenz, Partizipation, Akzeptanz und die Zweistufigkeit des Verfahrens wird auf die Angaben im Leitfaden des Wissenschaftsrats verwiesen. Aus der Sicht der hier interessierenden Fragen der Qualitätssicherung der neuen Studiengänge im Vergleich zur Akkreditierung sind die Aussagen des Wissenschaftsrats in den einzelnen Verfahren oftmals allgemein und unverbindlich gehalten. So hat der Wissenschaftsrat beispielsweise in seiner jüngsten Stellungnahme zur Universität Erfurt auf ca. fünf Seiten vor allem zu dem Reformkonzept nach dem Bachelor- / Mastermodell Stellung bezogen.93 Das Konzept der Bachelorstudiengänge mit dem vorgesehenen Regelabschluß sei grundsätzlich überzeugend, das Studium fundamentale sei dabei ein wichtiger Bestandteil und von großer Bedeutung für das Profil. Die Ausweitung der Masterstudiengänge sei erforderlich, allerdings müßten auch die notwendigen Kapazitäten bereitgestellt werden. Die drei-semestrige Variante für das Masterstudium sei jedoch erstaunlich, eine Überarbeitung werde empfohlen. Es folgen dann detaillierte Einschätzungen zu den Lehramtsstudiengängen. Insgesamt fällt die Analyse eher mager, weil zu allgemein gehalten, aus. In einem anderen Beispielsfall steigt der Wissenschaftsrat jedoch ganz konkret in die Betrachtung von geplanten und vorhandenen Studienprüfungsordnungen ein. So wird z. B. in der Empfehlung zur Aufnahme der Muthesius-Hochschule in das Verzeichnis des Hochschulbauförderungsgesetzes im einzelnen zur Einrichtung und Entwicklung eines Bachelor- und Masterstudienganges Interior Design Stellung genommen. Die Profilierung wird gelobt. Die vorgesehenen Themen, die namentlich genannt werden, seien konsequent in das curriculum einzubauen. Die geplanten Lehrmodule seien zu traditionell, das Kompetenzprofil müsse vertieft werden.94 92 Die Kriterien der institutionellen Akkreditierung des Wissenschaftsrats sind im Leitfaden niedergeschrieben, vom 16. 7. 2004, Drs. 6189 / 04. 93 Vgl. Wissenschaftsrat, Stellungnahme zur Universität Erfurt vom 28. 5. 2004, Drs. 6125 / 2004, S. 50 ff.

3. Das Akkreditierungsverfahren in Deutschland

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Der weiterführende Gewinn dieser als beispielhaft zu nennenden institutionellen Akkreditierungen liegt jedoch nicht in der mehr oder weniger scharfen Analyse eines Prüfbereichs. Das Thema Studium und Lehre wird eingebettet in einen Gesamtzusammenhang von personellen und finanziellen Möglichkeiten in Forschungs- und Entwicklungsperspektiven, kurzum, in die Realitäten eines anspruchsvollen Lehrprogramms und wettbewerbsfähigen Forschungsprofils. Aus diesem übergreifenden Anlaß heraus kann ein Bachelor- / Mastermodell qualitativ stärker begründet (oder die Schwachstellen beseitigt) werden als das Verfahren einer Qualitätsbeurteilung, das sich auf nur einen Studiengang beschränken muß. Die Aktivitäten des Wissenschaftsrats scheinen zukünftig verstärkt auch in die Richtung von Qualitätssicherungsmaßnahmen zu laufen. Ziele der Bewertung sind offenbar größere Wissenschaftsbereiche und vergleichende Qualitäts- und Leistungsbeurteilungen. Beispielhaft hierfür sind etwa die Empfehlungen zum Maschinenbau in Forschung und Lehre.95 Der Wissenschaftsrat geht bei der Stärke- und Schwächeanalyse für dieses Fach erheblich in die Tiefe. Die Empfehlungen gerade auch für das neue Studiensystem Bachelor und Master sind sogar an einigen Stellen deutlicher als entsprechende „konkrete“ Bewertungen eines Studienganges durch eine Akkreditierungsagentur. Auch die in Vorbereitung befindlichen Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu Rankings im Wissenschaftssystem96 kündigen an, daß wissenschaftsadäquate Qualitätsbewertungen verstärkt in den Vordergrund rücken. Eine systematische Auswertung dieser Bemühungen des Wissenschaftsrats steht aus. Für die Gesamtentwicklung des Vorhabens Qualitätssicherung ist festzuhalten, daß es sich bei der institutionellen Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat und der Akkreditierung von Studiengängen durch Agenturen um zwei getrennte Systeme der Qualitätssicherung handelt. Es bleibt abzuwarten und sorgsam zu beobachten, wie institutionelle und programmatische Akkreditierungsver94 Vgl. Wissenschaftsrat, Stellungnahme zur Aufnahme der MuthesiusHochschule in das Hochschulverzeichnis des Hochschulbauförderungsgesetzes, vom 16. 7. 2004, Drs. 6191 / 04, S. 41 ff. 95 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zum Maschinenbau in Forschung und Lehre, vom 16. 6. 2004, Drs. 6209 / 04. 96 Vgl. den Hinweis des Wissenschaftsrats in: Empfehlungen zum Maschinenbau in Forschung und Lehre, 2004, S. 3 Fußn. 1.

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IX. Die Akkreditierung

fahren in Deutschland zusammen- oder auseinanderlaufen. Der sogenannte Akkreditierungsstau (knapp ein Sechstel aller angebotenen Bachelor- und Masterstudien ist erst akkreditiert) wird zusätzlich alle Bestrebungen verstärken, die darauf hinauslaufen, institutionelle Gütesiegel auch für einzelne Studiengänge gelten zu lassen. Ebenso werden Evaluationsergebnisse zu überprüfen sein, in welchem Umfang diese für die Akkreditierung nutzbar gemacht werden können. Unter dem Gesichtspunkt des hohen finanziellen Aufwandes, der starken Arbeitsbelastung der Hochschulangehörigen97 und mit Blick auf internationale Entwicklungen werden inhaltliche und verfahrensmäßige Parallelentwicklungen auf Dauer jedenfalls nicht zu vertreten sein.

97 Vgl. die warnenden Hinweise des Wissenschaftsrats, Leitfaden der institutionellen Akkreditierung, 2004, S. 3.

X. Die Einbeziehung von weiteren, besonderen Studiengängen in das neue Studiensystem Die rahmenrechtliche Regelung aus § 19 Abs. 1 HRG eröffnet die Möglichkeit, Bachelor- und Masterstudiengänge ohne Einschränkungen einzuführen, also in allen Studienbereichen. Sie soll ab Inkrafttreten der 6. HRG-Novelle (2002) das Regelangebot der Hochschulen sein. Diese Art der flächendeckenden Umsetzung ist umstritten. Insbesondere für die Staatsexamina wird geltend gemacht, nach historischer Entwicklung, inhaltlichen und formalen Anforderungen und hinsichtlich der Einstiegsbedingungen in das Berufsleben eigne sich die staatliche Ausbildung nicht für das gestufte System Bachelor und Master. Von dem Reformziel, die deutsche Hochschul- und Studienstruktur weiterzuentwickeln und international wettbewerbsfähig zu machen, werden in rechtlicher Hinsicht alle Studiengänge erfaßt. Unter einem Studiengang war und ist seit dem Inkrafttreten des HRG ein durch Studien- und Prüfungsordnung geregeltes, auf einen berufsqualifizierenden Abschluß eingerichtetes und durch staatliche, kirchliche oder Hochschulprüfung abgeschlossenes Studium zu verstehen.1 Das Studiengangprinzip ist mithin auch auf die gestuften Studiengänge zu übertragen.2 Auf diese Studiengänge bezieht sich dann auch die Reform der Hochschule. Die KMK geht ebenfalls von der grundsätzlichen Einbeziehung aller weiteren Studiengänge aus. Für Bachelor- und Masterstudiengänge im Bereich der staatlich geregelten Studiengänge (insbesondere Lehramt, Medizin, Rechtswissenschaften), der Studiengänge mit kirchlichem Abschluß sowie der künstlerischen Studiengänge an 1 Vgl. Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 1. 2 May / Mülke, in: Hailbronner / Geis (Hrsg,), HRG-Kommentar, § 19 (Stand der Kommentierung: 2003) Rdnr. 27.

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X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

Kunst- und Musikhochschulen blieben besondere Regelungen vorbehalten.3 Das gestufte System ist also auch hier einsetzbar.

1. Die staatlich geregelten Studiengänge Etwa 40% aller Studierenden beenden ihr Studium in einem staatlich geregelten Studiengang.4 Die genannten Reformziele für die deutschen Hochschulen würden mithin für fast jede zweite akademische Ausbildung nicht greifen, blieben die staatlichen Studiengänge ausgeklammert. Dieses Ergebnis kann weder im Hinblick auf ausländische Vergleiche überzeugen, noch wird es dem Reformbedarf in Deutschland gerecht.5 Bei allen Anstrengungen und Differenzierungen zur Einführung des gestuften Studiensystems, sei es mithilfe der Typisierung nach Fachrichtungsgruppen,6 sei es durch Profilbildung und Differenzierung der Studienangebote, sei es mit der Aufgabentrennung von Universität und Fachhochschule, kommt ein immer wiederkehrendes Strukturelement zum Tragen, mit dem die Hochschulreform letztlich zu begründen ist: die Herstellung des berufsqualifizierenden Abschlusses. Wie zu zeigen ist, sind mit diesem Schlüsselbegriff untrennbar verbunden die Voraussetzungen und der Erfolg der Einführung des neuen Studiensystems. Die Studienreform als Kern der Hochschulreform ist zwar eine ständige gemeinsame Aufgabe der Hochschulen und der staatlichen Stellen, vergleiche § 8 HRG. Mit ihr wird regelmäßig die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit thematisiert. Das Ergebnis dieses Prozesses kann aber schwerlich verordnet werden. Konkret: Wenn aus der Überprüfung der Bedürfnisse in der beruflichen Praxis, der Neuordnung des Hochschulwesens aufgrund unterschiedlicher Aufgabenstellungen, der einzufordernden Leistungsfähigkeit auf den Gebieten von Forschung und Lehre und auch im Hinblick auf internatio3 KMK-Beschluß vom 10. 10. 2003 – Ländergemeinsame Strukturvorgaben – Vorbem. 1. 4 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 4. 5 Vgl. überzeugend Witte / Schreiterer, in: Bensel / Weiler / Wagner (Hrsg.), Hochschulen, Strukturreform und Arbeitsmärkte, 2003, 225 (227). 6 Vgl. insbesondere Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen, 2000, S. 110.

1. Die staatlich geregelten Studiengänge

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nale Entwicklungen kein Veränderungsbedarf für die Staatsexamensstudiengänge ersichtlich wird, besteht auch kein Bedürfnis zur Umstellung auf Bachelor und Master. Damit stellt sich die Frage nach den Stärken und Schwächen der staatlich geregelten Studiengänge, einer Analyse von möglichen Defiziten und ob diese benannten Defizite mit dem gestuften Studiensystem behoben werden können und sollen. Staatsexamensstudiengänge weisen strukturelle Gemeinsamkeiten auf: das Studium ist berufsbezogen und grundständig angelegt. Es bildet für einen reglementierten Beruf aus. Das Studium wird durch ein staatliches Prüfungswesen kontrolliert. Studienabschlußprüfung und Berufseingangsprüfung werden miteinander verknüpft sowie wissenschaftliche und berufspraktische Ausbildung miteinander verbunden.7 Im Rahmen der hier interessierenden Defizitanalyse empfiehlt es sich jedoch, fächerspezifisch vorzugehen. Als verläßliche Kriterien dafür, ob das Staatsexamen den Anforderungen an ein internationales, leistungsfähiges und an Bedürfnissen der Gesellschaft, der Studierenden und des Arbeitsmarktes ausgerichtetes Hochschulwesen noch gerecht wird, können die Maßstäbe benannt werden: – Qualifizierung für das Beschäftigungswesen, – Internationalisierung, – Flexibilität, Durchlässigkeit und Effizienz der Ausbildung, – Verhältnis von Staat und Hochschule.

Nicht zuletzt ist die besondere gesellschafts- und hochschulpolitische Bedeutung der Staatsexamensstudiengänge hervorzuheben. Die Absolventen dieser Studiengänge bilden die funktionalen Eliten, mit denen die Daseinsvorsorge auf den zentralen Gebieten Gesundheit, Recht und Bildung zu sichern ist. Aus diesem Anspruch erwachsen zusätzliche, auch zeitgemäße Qualitätsanforderungen. a) Die Lehrerausbildung Die Qualität der Lehrerausbildung steht in letzter Zeit verstärkt im Mittelpunkt der Kritik. Bemängelt werden die Länge, der Verlauf und 7 Die Darstellung folgt den umfassenden Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Reform der staatlichen Abschlüsse vom 15. 11. 2002, Drs. 5460, S. 7 ff.

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X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

die Organisation des Studiums, dies gelte auch für die Referendarausbildung. Die berufsvorbereitende Praxis komme zu kurz. Die international nachgewiesene schwindende Qualität der schulischen Leistungen, die geringen Fort- und Weiterbildungsanstrengungen der Lehrer und auch der problematische Lehrerarbeitsmarkt machten Reformanstrengungen dringlich.8 Der Wissenschaftsrat kommt in seiner ausführlichen Analyse zu dem Ergebnis, daß die gegenwärtige Lehramtsausbildung in der Vermittlung fachwissenschaftlicher Kompetenz weitgehend unstrukturiert sei. Die Ausbildung sei zu unflexibel, um eine in quantitativer und qualitativer Hinsicht effektive Abstimmung zwischen dem Lehrerarbeitsmarkt und dem Ausbildungssystem zu ermöglichen. Eine angemessene Berücksichtigung der Fort- und Weiterbildungsbelange für die Lehrer fehle. Systemimmanente Reformanstrengungen hätten diese Schwächen bislang nicht beheben können. Mit den Abschlüssen Bachelor und Master sei eine Verkürzung der realen Studienzeit, die internationale Anschlußfähigkeit und mehr praktische Nähe zu den Anforderungen von Unterricht und Erziehung zu erreichen. Für die Lehrämter an Grund- und Hochschulen wird die Entwicklung integrativer und modular ausgerichteter Studiengänge empfohlen, die zum Bachelor führen. Die dreijährige Bachelorstufe solle mit einem Studium in zwei Fächern, verbunden mit einer ersten berufsfeldbreiten Orientierung erreicht werden, die zweijährige Masterstufe als eigentliche lehramtsspezifische Ausbildung mit dem Studium von erziehungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Anteilen. Für Lehramtsstudiengänge sollte zusätzlich eine eigene institutionelle Zuständigkeit etabliert werden. Wichtig sei es auch, Fachhochschulen aufgrund ihrer spezifischen Erfahrungen mit praxisorientierten wissenschaftlichen Ausbildungsangeboten an den Lehramtsstudiengängen zu beteiligen. In einigen Bundesländern wird die Lehrerausbildung auf Bachelorund Masterstudiengänge umgestellt.9 Dabei erproben die Hochschu8 Vgl. zusammenfassend die Vorbemerkungen des Wissenschaftsrats in den Empfehlungen zur zukünftigen Struktur der Lehrerbildung, 2001, S. 5 ff. Eine detaillierte Auflistung der Mängel in der Lehrerausbildung findet sich bei Merzyn, Stimmen zur Lehrerausbildung, 2002. 9 Modelle der konsekutiven Lehrerstudiengänge werden erprobt in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen.

1. Die staatlich geregelten Studiengänge

301

len unterschiedliche Modelle. Sie stützen sich zum Teil auf gesetzliche Vorgaben,10 zum Teil auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats, auf Kommissionsberichte der einzelnen Länder zur Lehrerausbildung11 oder auf den Abschlußbericht der KMK-Kommission zur Lehrerbildung12 oder allgemein auf die einschlägigen Beschlüsse der KMK zu den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen. In einer Untersuchung der erprobten Modelle kommt Winter zu dem Ergebnis, daß die meisten Universitäten die Ausbildung zum Lehrerberuf in einen sechs-semestrigen Bachelor und einen vier-semestrigen Master unterteilen.13 Alle Modelle seien auf eine Modularisierung des Studiums und eine Gewichtung der Module durch Leistungspunkte ausgerichtet. Tendenziell sei die Bachelor-Phase stark fachwissenschaftlich, in der Master-Phase stark erziehungswissenschaftlich geprägt (Ausnahmen: Berlin und Rheinland-Pfalz mit durchgängiger fachwissenschaftlicher und pädagogisch-didaktischer Strukturierung). Im Streit um die bessere Studienganggestaltung stehen sich die Konzepte der integrativen und der sequentiellen Lehrerausbildung gegenüber.14 Letztlich sei es eine empirische Frage, welches Modell die besseren Lehrer ausbilde. Diese Frage könne erst entschieden werden, wenn die ausgebildeten Lehrer tatsächlich in ihrem Beruf arbeiteten.15 Diese Einschätzung deckt sich mit der zum Gesetz gewordenen Formulierung aus § 9 a Berliner Lehrerbildungsgesetz (2003): Der Abschluß Bachelor führe zu einer Berufsqualifizierung für bestehende und noch zu entwickelnde Berufsfelder außerhalb des Lehramtes. 10 Z. B. § 9 a Lehrerbildungsgesetz Berlin (2003); § 9 Abs. 6 HG SachsenAnhalt (2004). 11 Z. B. Hamburg (2001), Hessen (2002), Niedersachsen (2002), NordrheinWestfalen (2001); vgl. im einzelnen Hinz, Reformvorschläge ausgewählter (Landes-)Gutachen im Überblick, in: Hinz / Kiper / Mischke (Hrsg.), 2002, Welche Zukunft hat die Lehrerbildung in Niedersachsen?, S. 13 ff. 12 Abschlußbericht der von der KMK eingesetzten Kommission, in: Terhart (Hrsg.), Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland, 2000. 13 Winter, Ausbildung zum Lehrberuf, Arbeitsberichte HoF Wittenberg 3 / 2004, S. 40 ff. mit ausführlichen Literaturnachweisen. 14 Vgl. im einzelnen Winter, Ausbildung zum Lehrberuf, Arbeitsberichte HoF Wittenberg 3 / 2004, S. 43 ff. 15 Winter, Ausbildung zum Lehrberuf, Arbeitsberichte HoF Wittenberg 3 / 2004; ebenso Thierack, Darstellung von BA / MA-Abschlüssen, Gutachten, 2002, S. 50.

302

X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

Es wird an dieser Stelle die Kritik an einer derart problematischen Orientierung für Studierende wiederholt.16 Die Kritik fällt umso schärfer aus, wenn man sich die vom Wissenschaftsrat geprägte Ausrichtung vor Augen hält, der Staat rekrutiere aus den Absolventen der Staatsexamensstudiengänge die funktionalen Eliten.17 Elitensuche als Experiment? Ein Strukturdilemma bei der Einführung des neu gestuften Systems wird auch hier offenkundig: welchen berufsqualifizierenden Abschluß vermittelt der Bachelor im Lehramt? In welchen Berufsfeldern kann der Absolvent tätig werden? Wie reagiert der Arbeitsmarkt? Die grundsätzliche Eignung des Bachelorsystems auch für die Staatsexamensstudiengänge steht dabei nicht zur Debatte. Es mehren sich jedoch die Anzeichen, daß mit jeder länderspezifischen Ausgestaltung die Akzeptanzprobleme schon in Deutschland bei einem Studienortwechsel oder bei einem Berufsstart wachsen werden. Die europäischen Anerkennungsprobleme treten mit Sicherheit hinzu.18

b) Die Juristenausbildung Die Wurzeln der akademischen Ausbildung zum staatlichen Richter reichen bis in das 18. Jahrhundert zurück. Im Mittelpunkt der juristischen Ausbildung haben von jeher die staatlich reglementierten Berufe gestanden. Eine Kritik an der durch starke rechtlichen Vorgaben geprägten Ausbildung sieht sich der mehrheitlichen Juristenmeinung gegenüber, die auf die Tradition und die hinreichend bewährte Qualität des Staatsexamens vertraut. Forschung und Lehre in der Rechtswissenschaft seien darüber hinaus wie in keinem anderen akademischen Bereich national gebunden. Die Jurisprudenz wolle sich nicht „bolognarisieren“ lassen.19

Vgl. Kapitel V. 3. Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 4. 18 Ähnlich andeutend Winter, Ausbildung zum Lehrberuf, Arbeitsberichte HoF Wittenberg 3 / 2004, S. 49: angesichts des Bologna-Prozesses dürfte sich bei der Lehrausbildung noch einiges ändern. 19 So die bayerische Staatsministerin der Justiz, Merk, Der Bologna-Prozeß, in: Forschung & Lehre 6 / 2004, 322. 16 17

1. Die staatlich geregelten Studiengänge

303

Die Studierenden der Rechtswissenschaften beurteilen die Qualität ihres Studiums sehr negativ, und zwar am schlechtesten von allen Studierenden.20 Die Studienabbrecherquote, vor allem in der fortgeschrittenen Phase des Studiums, ist höher als in anderen Fächern.21 Die Studieninhalte, deren Vermittlung, der fehlende praktische Bezug und die hohen Prüfungsanforderungen werden als häufiger Grund für den Abbruch genannt. Eine angemessene Examensvorbereitung erhalte die ganz überwiegende Mehrheit der Jurastudenten durch teure, private Repetitorien. Die Berufsanfänger bemängeln in großer Zahl, ihnen sei durch die Ausbildung in dem Staatsexamensgang nur eingeschränkt die Fähigkeit zu beruflichem Handeln vermittelt worden. Schlüsselqualifikationen, aber auch fachliche Kompetenz würden vermißt. Der Großteil der Absolventen werde im Anwaltsberuf tätig, hierfür bereite die Ausbildung kaum vor.22 Der Wissenschaftsrat stellt in seiner Defizitanalyse zu Recht die Qualifizierung für das Beschäftigungswesen in den Vordergrund. Die Juristen mit dem 1. Staatsexamen verfügten nicht über einen berufsqualifizierenden Abschluß.23 Da die beruflichen Perspektiven im öffentlichen Dienst (zahlenmäßig) gering seien, müßte im Umfeld der reglementierten Berufe ausgebildet werden und die Studierenden hier nachfragen.24 Ein gravierender Mangel in der Juristenausbildung wird ferner darin gesehen, daß Studienaufbau und Prüfungssystem international nicht anschlußfähig seien. Zwischen Lehre und Prüfung müsse eine hohe Divergenz festgestellt werden.25 Das Alter bei Berufseintritt sei insbesondere bei denjenigen Absolventen zu hoch, die nicht in den Staatsdienst aufgenommen würden.26 20 Bargel / Multrus / Ramm, Das Studium der Rechtswissenschaft, Eine Fachmonographie aus studentischer Sicht, BMBF, 1996. 21 Vgl. Heublein / Schmelzer / Sommer / Spangenberg, Studienabbruchstudie 2002, HIS-Kurzinformation A5 / 2002. 22 Holtkamp / Koller / Minks, Hochschulabsolventen auf dem Weg in den Beruf, HIS, 2000. 23 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 69. 24 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 71. 25 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 73. 26 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 74.

304

X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

Zur Behebung der festgestellten erheblichen Defizite empfiehlt der Wissenschaftsrat die Einführung einer konsekutiven Studienstruktur nach dem Y-Modell.27 Erst auf dem Master-Niveau vollziehe sich die Differenzierung in reglementierte und nicht reglementierte Berufsfelder. Die Bachelorstudiengänge müßten so gestaltet werden, daß die Studierenden bereits nach drei bzw. vier Jahren eine für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationsebene erreichten. Die eigentliche Qualifizierung für den staatlich geregelten Beruf beginne in einem konsekutiven Modell auf der zweiten Stufe, dem Master-Niveau. Im nicht reglementierten Bereich könne sich ein besonderes, profilgebendes Masterstudium anschließen. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats vermögen nur teilweise zu überzeugen. An einigen Stellen wird doch immer wieder deutlich, daß der „eigentliche“ Jurist ein Volljurist ist. Für den Bachelor-Juristen müßten die Hochschulen (!) die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationsebenen herstellen. Der Großteil der Absolventen (im nicht reglementierten Bereich) hat nach diesen Empfehlungen also eingestandenermaßen weder einen passenden Bachelorstudiengang, noch findet er realistisch formulierte Berufsfelder vor. Dem Bachelorabsolventen einer Juristenausbildung steht unter diesen Prämissen eine überaus schwierige Beschäftigungssuche bevor. Erste Erfahrungen bestätigen diese pessimistische Ausrichtung. An der Universität Greifswald wurde im WS 2000 der Bachelorstudiengang Rechtswissenschaft eröffnet. Die ersten Absolventen haben abgeschlossen. Von 129 Studenten im Bachelorstudiengang im Jahr 2003 haben 127 Studenten zugleich den Staatsexamensstudiengang belegt. Im WS 2003 / 04 hatten dann lediglich 11 Studierende den LL.B. Abschluß erworben. Die Doppelbelastung wurde als zu hoch angesehen. Der LL.B. Abschluß wird von vielen Studierenden realistisch (nur) als eine zusätzliche Qualifikation angesehen.28 Noch weniger plausibel erscheint die vom Wissenschaftsrat geforderte inhaltliche Anschlußfähigkeit des juristischen Studiums. International passfähige Studiengangstrukturen und Abschlüsse gemäß der 27 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 78. 28 Quellen: Merk, Der Bologna-Prozeß, in: Forschung & Lehre 6 / 2004, 322 (323); Auskunft der Projektkoordination / Studienberatung LL.B. und LL.M. der Universität Greifswald vom 13. 8. 2004.

1. Die staatlich geregelten Studiengänge

305

Bologna-Erklärung erfordern keine Gleichartigkeit, sondern nur eine Gleichwertigkeit. Aus welchen Gründen der tradierten Juristenausbildung diese Gleichwertigkeit im Ergebnis genommen werden soll – das wäre die Folge des einheitlichen Bachelor-Niveaus für die Mehrzahl der Absolventen – läßt sich mit den vorgetragenen Argumenten nicht so recht nachvollziehen. So wird zunächst vermißt, daß die zuvor eingehend herausgearbeiteten ausländischen Beispiele der Juristenausbildung für eventuelle deutsche Veränderungen nicht nutzbar gemacht werden. Es läge nahe, das amerikanische System der professional schools für eine Juristenausbildung in Deutschland in den Voraussetzungen und Folgen in den Blick zu nehmen. Im Rahmen einer Darstellung von Perspektiven, wie sie der Wissenschaftsrat vornimmt, ist diese Alternative durchaus nicht unrealistisch, wenigstens als modellhaftes Vorhaben. Weiterhin gehört in die Diskussion über eine Veränderung oder sogar eine Abschaffung der bisherigen Juristenausbildung zwingend die Auseinandersetzung mit dem gewichtigen Argument, Recht sei nationengebunden. Dem geltend gemachten Desiderat der Internationalisierung im Recht dürfte bereits jetzt ohne ernsthafte Schwierigkeiten in großen Teilen Rechnung getragen werden können. Die internationale Ausrichtung des Studiums oder die international geprägte Berufsqualifikation kann über Zusatz- oder Ergänzungsstudien, geeignete Kurzausbildungen der Hochschulen oder Programme nichtstaatlicher Institutionen oder durch Maßnahmen auf dem Fort- und Weiterbildungsmarkt erfolgen. Die zu Recht angemahnte Öffnung für ausländische Studierende einschließlich der Zugangsregelung ist durch Anerkennungsverfahren und Vereinbarungen auf staatlicher oder universitärer Ebene sicherzustellen. Insgesamt betrachtet wird man nicht so ohne weiteres zu der Feststellung kommen können, daß die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen für Juristen vorteilhaft oder sogar erforderlich wäre. Es fehlen letztlich die überzeugenden Gründe, warum die eingeforderten Bologna-Ziele nicht auch durch eine Entrümpelung der juristischen Ausbildungsabschnitte erreicht (1) und die zu Recht verlangten Praxisbezüge nicht gleichermaßen durch Veränderungen in den Studieninhalten herbeigeführt werden können (2).29 Unstrittig, 29 Vgl. hierzu die Ansätze und Erfahrungen aus der einstufigen Juristenausbildung und die Neuregelung zu § 5 d DRiG i.d.F. vom 11. 7. 2002.

20 Wex

306

X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

und das zeigen vor allem auch die ausländischen Beispiele, können die Instrumente des Leistungspunktsystems und der Modularisierung in den juristischen Ausbildungsgängen angewendet werden (3). Mit diesen drei Maßnahmen dürfte auch die deutsche Juristenausbildung auf eine leistungsfähige, anerkannte und qualitativ wettbewerbsfähige Grundlage zu stellen sein – ohne daß damit auf das hergebrachte Ausbildungsniveau verzichtet werden müßte. c) Die Medizinerausbildung Ähnlich wie die Absolventen der Rechtswissenschaft beurteilen die angehenden Humanmediziner ihr Studium sehr kritisch. Schlecht bewertet wird vor allem die Vermittlung praktischer ärztlicher Fähigkeiten und psychosozialer Kompetenzen, die Herstellung interdisziplinärer Bezüge im Studium und die Betreuung durch die Lehrenden. Nur die Vermittlung des fachlichen Grundlagenwissens wird als gut beurteilt.30 Der Wissenschaftsrat bestätigt in ähnlicher Weise erhebliche Defizite.31 Ergänzend wird auf die verfehlte Prüfungskultur verwiesen, die zu nur prüfungsgemäßem Lernen führe. Die Reform des Prüfungswesens durch die Approbationsordnung verspreche hier Abhilfe. Die Abbrecherquote sei relativ gering. Im Hinblick auf Internationalisierungsbestrebungen könne auf die weitgehenden Anerkennungsmöglichkeiten des Auslandsstudiums verwiesen werden. Die Probleme für das Beschäftigungswesen werden mit den Schwierigkeiten in der Juristenausbildung verglichen. Die Angebote im öffentlichen Bereich seien gering, eine Ausbildung für „Tätigkeitsfelder im Umkreis der reglementierten Berufe“ erfolge nicht adäquat.32 Eine Umstellung auf Bachelor- und Masterstrukturen für das Studium der Humanmedizin hält der Wissenschaftsrat derzeit noch nicht 30 So das aktuelle Ergebnis einer bundesweiten Befragung von 4700 Absolventen der Humanmedizin, CHE Alumni-Ranking für Absolventen zwischen 1996 – 2002, veröffentlicht unter: (Zugriff am 13. 8. 2004). Die prinzipiell negative Bilanz deckt sich mit vorherigen Erhebungen, vgl. Bargel / Multrus / Ramm, Studium und Studierende in den 90er Jahren, BMBF, 1996. 31 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 70 ff. 32 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 71.

2. Künstlerische und kirchliche Studiengänge

307

für sinnvoll.33 Bei einem Bachelor nach deutschem Recht handele es sich um einen berufsqualifizierenden Abschluß, für den in der Humanmedizin als solcher kein berufliches Anwendungsfeld erkennbar sei. Diese Aussage überrascht. Bei der vergleichbaren Grundsituation des Staatsexamensstudiengangs für die Juristen lautete die Folgerung: die Hochschulen müßten einen Studiengang so gestalten, daß die für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationsebene erreicht werde. Gegen die Einführung eines Bachelorstudiums spreche nicht, daß für Absolventen erst ausreichende Betätigungsfelder zu finden seien.34 Diese unterschiedliche Behandlung deckt einen Widerspruch auf, der bisher nicht befriedigend gelöst ist: Wird eine grundständige Berufsausbildung reklamiert, ein einheitliches Berufsbild eingefordert – wie beispielsweise bei den Lehrern, Ärzten, Medizinern, in Teilen auch bei den Ingenieuren – so erscheint eine Stufung künstlich. Bedeutet das Erreichen der ersten Stufe die Qualifikation für einen halben Beruf? Alle, auch gesetzlichen Versuche,35 dem Bachelor für die Teilausbildung berufsbefähigende Eigenschaften zuzuschreiben, haben derzeit keinen überzeugenden, vor allem keinen realistischen, am Arbeitsmarkt orientierten Hintergrund. Für die Medizinerausbildung hätte es ohnehin näher gelegen, einen im Vergleich zu anderen Studiengängen überzeugenden Vorteil zu nutzen: die weltweit ähnlich strukturierte Tätigkeit in Lehre, Forschung und Krankenversorgung. Anerkennungsprobleme sind, mit Ausnahme der Sprache, gering. Die Anwendung eines Leistungspunktsystems und der Erfolg von Modulprüfungen ist in anderen Ländern erprobt. Die Neustrukturierung der Universitätsstudiengänge in der Medizin gemäß den Bologna-Zielen steht daher noch aus. 2. Künstlerische und kirchliche Studiengänge Kunst- und Musikhochschulen sowie staatliche theologische Fakultäten bieten eigenständige Studiengänge an. Aus der Eigenart dieser Disziplinen, dem speziellen Fächerkanon und der behaupteten Unver33 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 86. 34 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Reform der staatlichen Abschlüsse, 2002, S. 84. 35 Vgl. als besonders krass die Regelung in § 9 a Lehrerbildungsgesetz Berlin.

20*

308

X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

gleichbarkeit mit anderen Fächern wird zum Teil die Forderung abgeleitet, die Voraussetzungen für die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen seien nicht gegeben. Die bestehenden Berufsfelder eigneten sich nicht, in eine Bachelor-Master-Stufenfolge gegliedert zu werden. Die Prüfungserfolge könnten nur in einem fachspezifischen Verfahren festgestellt werden. Fragen nach der Messung einer Begabung oder der Feststellung von künstlerischen Erfolgen oder nach den Fundamenten von Moral und Glauben entzögen sich einer typischen Feststellung von Berufsqualifizierungen im wettbewerbsorientierten Hochschulraum. Die Kunsthochschulen, allen voran die der Bildenden Kunst, stehen dem System der Bachelor- und Masterstudiengänge skeptisch gegenüber. Weder fehle es an Internationalität noch an qualitativer Betreuung.36 Die Rektorenkonferenz der Musikhochschulen hat am 17. 1. 2004 lapidar beschlossen: Der Bachelor ist auch in den künstlerischen Studiengängen an Musikhochschulen der Regelabschluß. Die künstlerischen Bachelorstudiengänge führten zu einem berufsqualifizierenden Abschluß und vermittelten dazu die künstlerischen und theoretischen Grundlagen wie Tonkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen, die erforderlich seien, um sich in ein bestimmtes künstlerisches Berufsfeld einarbeiten zu können. Die innere Zerrissenheit spiegelt sich in den konträren Beschlüssen innerhalb von kurzer Zeit wider: In der gemeinsamen Stellungnahme der deutschen Kunst-, Musik- und Schauspielhochschulkonferenzen im April 2002 wird festgestellt, daß eine künstlerische Ausbildung weder modularisierbar noch international standardisierbar sei. Leistungspunkte schafften nur eine quantitative Vergleichbarkeit, könnten die individuellen künstlerischen Eignungsprüfungen aber nicht ersetzen. Knapp zwei Jahre später hat die Musikhochschulrektorenkonferenz im Januar 2004 beschlossen: Der Bachelor ist auch in den künstlerischen Studiengängen der Musikhochschule der Regelabschluß.37 Es ist nicht auszuschließen, daß bei der Bewältigung der Aufgaben ein Mißverständnis vorliegt. Der Kern des Studiums, der künstleri36 Vgl. Lynen, Entwicklungen des Hochschulorganisationsrechts, in: Hartmer / Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2004, XI, S. 527, Rdnr. 35. 37 Die Unterlagen wurden freundlicherweise vom Referat für Studienangelegenheiten der Universität der Künste Berlin zur Verfügung gestellt; diese sind auf der 5. Arbeitstagung zur Evaluierung an Hochschulen, HRK, Projekt Q, am 11. und 12. März 2004, Fachhochschule Lausitz, vorgelegt worden.

2. Künstlerische und kirchliche Studiengänge

309

sche Entwicklungsprozeß, steht nicht im Mittelpunkt der Veränderung durch eine mögliche Bachelor- / Masterstruktur. Das Bachelorstudium soll sich an den Zielen des Studiums orientieren und zur Anwendung von wissenschaftlichen Methoden des Fachs befähigen. Dazu gehört die Ausbildung einer fachlichen Systematik und Begrifflichkeit sowie die Vermittlung der Fähigkeit, fachübergreifende Zusammenhänge zu erkennen. Die Gewährleistung der Beschäftigungsfähigkeit soll mithilfe der Vermittlung von transferfähigem Basiswissen und der Entwicklung von Schlüsselqualifikationen gefördert werden.38 Ziel auch und gerade des Bachelorstudiums ist die intellektuelle Bildung durch Wissenschaft, die wissenschaftlich basierte Beschäftigungsfähigkeit und die Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden und Absolventen. Die wissenschaftlich basierte Beschäftigungsfähigkeit ist das Qualifikationsprofil.39 Einem derartigen Profil kann und wird sich kein wissenschaftlich orientierter, leistungsfähiger Studiengang, auch nicht ein künstlerischer, entziehen können und wollen. Strukturiert werden sollen Lehrund Lerneinheiten sowie Prüfungsabfolgen, nicht aber der künstlerische Entwicklungsprozeß selbst. Dieser bleibt unverändert und autonom in der Gestaltung des Fachbereichs. Davon abgesehen lösen die Kunsthochschulen die schwierige Zusammenführung von Lehre, Kunstausübung und Durchführung von künstlerischen Entwicklungsvorhaben ohnehin permanent selbst. Gleich, ob ein Meisterbrief, ein Zertifikat, ein Diplom oder der Nachweis eines Meisterschülers zu erbringen ist, im Ergebnis wird dieser Erfolg auch nachvollziehbar dokumentiert. Diese Verfahrensschritte, begleitende Leistungsnachweise, Struktur- und Entscheidungshilfen können ohne durchgreifende Bedenken dann auch durch das Bachelor- und Mastersystem eingeführt werden. Die theologischen Fakultäten sehen zwar prinzipiell keine Schwierigkeiten, die Ziele des Bologna-Prozesses anzuerkennen, sie befürchten jedoch massive Beeinträchtigungen im Beschäftigungsbereich. Angemessene Berufsfelder fänden sich im nicht-kirchlichen Bereich nur sehr begrenzt. Im kirchlichen Bereich wird der Bachelor38 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen und -abschlüsse, 2000, S. 119. 39 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen und -abschlüsse, 2000, S. 117.

310

X. Besondere Studiengänge im neuen Studiensystem

abschluß nicht als berufsqualifizierend angesehen.40 Diese Einschätzung unterstellt, mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen wären von vornherein geringe Entfaltungsmöglichkeiten gegeben. Die sinkenden Studentenzahlen verschärfen die Situation zusätzlich: so ist beispielsweise an den sechs katholischen Fakultäten in Bayern die Zahl der Studierenden seit 1986 um 60% zurückgegangen, an den zwei evangelischen Fakultäten um 70%.41 Zukünftige Berufsfelder, die um eine theologische Ausbildung herum strukturell gestuft und mit Aussicht auf Beschäftigungserfolg zu entwickeln wären, sind nicht in Sicht. Für künstlerische wie für theologische Studiengänge gilt gleichermaßen: Selbst wenn es handwerklich gelänge, eine gestufte Struktur für die jeweiligen Profile zu entwickeln, bliebe die Frage unbeantwortet, ob es erforderlich ist, hier dem Bologna-Prozeß zu folgen. Weder die Zahlen der Studierwilligen noch die Aufgabe, berufsqualifizierende und wettbewerbsfähige Tätigkeitsfelder in diesem Bereich zu entwickeln, noch die eingeforderte Öffnung zu einem europäischen Hochschulraum legen eine derartige Erprobung zum jetzigen Zeitpunkt nahe.

40 Vgl. die Stellungnahmen der Vorsitzenden des katholisch-theologischen Fakultätentages, Neuner, sowie des evangelischen-theologischen Fakultätentages, Wartenberg, wiedergegeben in Forschung & Lehre 2 / 2004, S. 65. 41 Vgl. die Angaben von Burtscheidt, in: Süddeutsche Zeitung vom 17. 12. 2003, S. 29.

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudiengänge Mit der Neufassung von § 19 Abs. 1 HRG (6. HRG ÄndG von 2002) sind die Bachelor- und Masterstudiengänge aus dem Erprobungsstadium in das Regelangebot der Hochschule überführt worden. Begründet wurde dies mit der „Dynamik der Entwicklung im Hochschulbereich“ und einer „breiten Entwicklungstendenz in den Unterzeichnerstaaten der Bologna-Erklärung“.1 Es fragt sich, wie diese optimistische Einschätzung mit der tatsächlichen Entwicklung in Übereinstimmung zu bringen ist. Hierzu sollen die Studienangebote, die beteiligten Fächer und die Studierendenzahlen einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

1. Die quantitative Entwicklung der Bachelor- und Masterstudienangebote Nach den letzten Informationen der HRK werden an den deutschen Hochschulen im WS 2004 / 05 insgesamt 11.182 Studienmöglichkeiten angeboten, darunter 1.253 Bachelor- und 1.308 Masterstudiengänge (konsekutive, nicht-konsekutive sowie weiterbildende Angebote).2 Wurden zunächst mehr Bachelorstudien angeboten, so hat sich dies seit dem SS 2003 zugunsten der Masterstudien geändert.

1 Entwurf des 6. Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, vom 26. 2. 2002, BT-Drs. 14 / 8361, S. 1,5. 2 Im folgenden werden die statistischen Angaben der HRK zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, Akkreditierung, Studierenden und Absolventen im WS 2004 / 05 zugrundegelegt (Zugriff am 23. 7. 2004).

312

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge Tabelle 2 Entwicklung der Bachelor- und Masterstudienangebote an deutschen Hochschulen Bachelor

Master

BA / MA

WS 1999 / 2000

123

60

183

SS 2000

202

104

306

WS 2000 / 2001

277

165

442

SS 2001

382

217

599

WS 2001 / 2002

471

293

764

SS 2002

544

367

911

WS 2002 / 2003

633

439

1072

SS 2003

747

886

1633

WS 2003 / 2004

854

1044

1898

SS 2004 WS 2004 / 2005

951

1173

2124

1253

1398

2561

Quelle: Hochschulkompaß der HRK, Stand: Mai 2004.

Zum Zeitpunkt der HRG-Novellierung (Vergleichszeitraum WS 2001 / 02) waren gerade einmal 7% des gesamten Studienangebotes neuartige BA / MA-Studiengänge. Derzeit (WS 2004 / 05) beträgt der Anteil knapp 23%. Gemessen an der Gesamtstudierendenzahl lag der Anteil der in den neuen Studiengängen Immatrikulierten im WS 2001 / 02 sogar nur bei 2%. Es mag daher bezweifelt werden, ob die Einführung des Bachelor und Master als Regelangebot auf eine breite Entwicklungstendenz rekurrieren kann. Naheliegender erscheint es, auf den auch an dieser Stelle deutlich zum Tragen kommenden bildungspolitischen Willen abzustellen, das neue gestufte System dringend einzuführen. Hätte man die nicht vorhandene, aber behauptete „Dynamik“ im Hochschulbereich ernst genommen, würde sich die Entwicklung voraussichtlich weiterhin in der Erprobung befinden. Bei realistischer, an Zahlen ausgerichteter Betrachtung handelt es sich mithin um einen top-down-, nicht aber um einen bottom-up-Prozeß. Weitere, spezifische Einblicke über die Entwicklung der Bachelorund Masterstudienangebote vermitteln die Angaben, aufgeschlüsselt

1. Quantitative Entwicklung der Studienangebote

313

nach Hochschultyp. Danach entfallen zum WS 2004 / 05 von den Bachelorangeboten 61% auf die Universitäten, 38,5% auf die Fachhochschulen und 0,5% auf die Kunst- und Musikhochschulen. Auf der Masterebene lauten die entsprechenden prozentualen Anteile: Universitäten 61,3%, Fachhochschulen 37,7% und Kunst- und Musikhochschulen 1%. Tabelle 3 Bachelor- und Masterstudienangebote nach Hochschultyp im WS 2004 / 05 (in Klammern: WS 2001 / 02) BA

MA

BA / MA

Universitäten

764 (318)

802 (181)

1566 (499)

Fachhochschulen

482 (151)

493 (111)

975 (262)

7 (2)

13 (1)

20 (3)

1253 (471)

1308 (293)

2561 (764)

Kunst- u. Musikhochschulen Insgesamt

Quelle: Hochschulkompass der HRK, Stand: Mai 2004.

Aus dieser Übersicht wird zunächst ersichtlich, daß die Fachhochschulen die Einführung der neuen Studiengänge erheblich intensiver angehen als die Universitäten. Bezogen auf die Studierendenzahl – die Universitäten bilden ca. 67% der Studierenden aus, die Fachhochschulen ca. 33%3 – bieten die Fachhochschulen erheblich mehr Möglichkeiten an, ein Bachelor- oder Masterstudium aufzunehmen. Begründet wird dies mit der engeren Anbindung an den Arbeitsmarkt und der dadurch bedingten größeren Flexibilität der Fachhochschulen, den besonders geeigneten Studiengängen wie Ingenieurwissenschaften, Wirtschafts- und Informationswissenschaften und der beabsichtigten Gleichstellung mit den Universitäten.4 Die Entwicklung des Verhältnisses von Fachhochschulen zu Universitäten im Rahmen der Angebote Bachelor und Master betrifft darüber hinaus aber auch die grundsätzliche Position über die traditio3 Absolventenzahl im Jahr 2002: 176.088; Quellen: Institut der deutschen Wirtschaft, iwd vom 29. / 30. 7. 2004 mit den Ursprungsdaten des Wissenschaftsrats. 4 Vgl. ausführlich: Studie des CHE und des CHEPS, Die Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen an deutschen Hochschulen, DAAD (Hrsg.), 2002, S. 73.

314

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

nelle Aufgabenteilung und die Differenzierung zwischen den beiden Hochschulausbildungen. Namentlich der Ausgangspunkt, daß die Bezeichnungen der neuen Studienabschlüsse nicht mehr nach Hochschularten, sondern nur nach dem Profil des konkreten curriculums zu unterscheiden sind, sollte die Fachhochschulen erheblich stärken. Angesichts deren Profilbildung hin zu mehr anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung sowie im Hinblick auf die Einschätzung, daß realistischerweise für den Übergang vom Bachelor- zum Masterabschluß nicht mehr als eine Quote zwischen 10 und 30% in Betracht kommt, dürfte den Fachhochschulen ein erhebliches Entwicklungspotenzial zukommen. Der Wissenschaftsrat hält den Ausbau der bestehenden Fachhochschulen für erforderlich und betont die Entwicklung von arbeitsmarktorientierten Studienangeboten. Gestufte Studienangebote seien konsequent einzuführen.5 Derzeit wird diese Entwicklungschance von den Fachhochschulen eher zögerlich wahrgenommen. Der Anteil der Masterstudiengänge am Gesamtangebot aller Hochschulen liegt mit ca. 49% erheblich höher als der der Bachelorstudiengänge mit 31%.6 Der genuine Vorteil, den die Fachhochschulen wegen der stärkeren Praxisorientierung ihrer Ausbildung bei der Gestaltung der Berufsfähigkeit im BachelorAbsolventenbereich und damit auch auf dem Arbeitsmarkt haben,7 wird insoweit nicht erkennbar genutzt. Über die Gründe dieser Zurückhaltung gibt es noch keine verläßliche Gesamtdarstellung. Genannt werden u. a. befürchtete Verluste des praxisorientierten Profils der Fachhochschulen, das Absinken des Niveaus auf eine Bachelorausbildung sowie die fehlenden Voraussetzungen für den sich anschließenden Konkurrenzkampf mit den Universitäten auf der Masterebene.8 Die Berufsvertretung der Fachhochschulprofessoren hält die erreichte Gleichstellung mit den Universitäten sogar für einen Pyrrhussieg für die Fachhochschulen, dem sie ihr eigenes Markenzeichen, den Praxisbezug, opfern sollen.9 5 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, zusammenfassend S. 154 ff. 6 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, S. 36. 7 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, S. 104. 8 Vgl. Vilsmeier, Bachelor und Master an Fachhochschulen, Chance oder Risiko? in: hlb Die neue Hochschule 6 / 2003, S. 15 ff.

1. Quantitative Entwicklung der Studienangebote

315

Vorhersehbar ist, daß die Massenausbildung der Studierenden zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluß auf dem Felde der berufs- und wettbewerbsorientierten Studienangebote und folgend auf dem Arbeitsmarkt wohl nur durch gemeinsame Anstrengungen und Arbeitsteilungen zwischen Universität und Fachhochschule zu bewältigen ist.10 Eine weitere Aufteilung nach Fächergruppen zeigt, daß von Anfang an die Ingenieurwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften sowie die Sprach- und Kulturwissenschaften führend in der Erarbeitung der neuen Studienmöglichkeiten waren. Tabelle 4 Bachelor- und Masterstudienangebote nach Fächergruppen WS 2004 / 05 (in Klammern: WS 2000 / 01) Fächergruppen

BA

MA

BA / MA

Agrar-, Forst- u. Ernährungswissenschaften

31 (6)

54 (8)

85 (14)

Gesundheitswissenschaften, Medizin

61 (8)

88 (4)

149 (12)

293 (70)

356 (79)

649 (149)

34 (5)

29 (3)

63 (8)

Mathematik, Naturwissenschaften

297 (72)

223 (36)

520 (108)

Rechts-, Wirtschafts- u. Sozialwissenschaften

242 (49)

461 (40)

703 (89)

Sprach- u. Kulturwissenschaften

368 (92)

239 (20)

607 (112)

Ingenieurwissenschaften Kunst und Musik

Quelle: Hochschulkompaß der HRK, Stand: Mai 2004.

9 Interviews mit Müller-Bromley, Präsident des Hochschullehrerbundes, in: DUZ 5 / 2004, S. 21 und DUZ 8 / 2004, S. 15. 10 Vgl. die grundsätzliche Stellungnahme des ehemaligen Generalsekretärs des Wissenschaftsrats Benz, Hochschulpolitische Ziele und gesellschaftliche Akzeptanz: Bachelor- / Masterabschlüsse und Fachhochschulen als kritische Bausteine, in: Bensel / Weiler / Wagner (Hrsg.), Hochschulen, Studienreform und Arbeitsmärkte, 2003, S. 151 (154).

316

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Die führende Rolle in den Ingenieurwissenschaften wird auf die internationale Ausrichtung dieser Abschlüsse zurückgeführt. Auch die sinkenden Studierendenzahlen werden ins Feld geführt, da ein Bachelor- / Masterstudium zunehmend für ausländische Studierende attraktiv werde.11 Zusätzlich muß bei der Betrachtung dieses an Fächergruppen orientierten Zahlenwerkes in Erinnerung gerufen werden, daß große Fachbereiche wie beispielsweise Germanistik oder Erziehungswissenschaften mit der Umstellung auf die neuen Studiengänge erst begonnen haben. In den staatlichen Studiengängen, die, wie erwähnt, nahezu 40% aller Studierenden ausbilden, sind die neuen Studiengänge nicht einmal auf den Weg gebracht, von Erprobungsphasen abgesehen. Aufschlußreich und für die Frage der Akzeptanz von erheblicher Bedeutung könnten die Angaben über die Studierendenzahlen in den Bachelor- / Masterstudiengängen und die ersten Absolventenabschlüsse sein. Tabelle 5 Studienanfänger im 1. Fachsemester für ein Bachelor- oder Masterstudium BA / MA Studierende

Studienanfänger im 1. FS

WS

BA

MA

Insges.

BA

MA

Insges.

1999 / 00

4.122

2.580

6.702

3.379

1.455

4.934

2000 / 01

12.409

6.536

18.945

8.443

3.291

11.734

2001 / 02

27.008

11.935

38.943

14.777

5.518

20.295

2002 / 03

48.338

18.623

66.961

23.190

7.506

30.696

2003 / 04

79.985

27.764

107.749

36.010

10.784

46.794

Quelle: Hochschulkompass der HRK, Stand: Mai 2004.

11 Vgl. die Studie des CHE und CHEPS, Die Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen an deutschen Hochschulen, DAAD (Hrsg.), 2002, S. 75. Empirisch belegt ist diese Aussage bisher nicht.

1. Quantitative Entwicklung der Studienangebote

317

Vorab eine Erklärung zu den Studienanfängerzahlen: Der Unterschied in der Gesamtzahl der Studierenden BA / MA und den Studienanfängern im 1. Fachsemester (Tabelle 5) erklärt sich im wesentlichen mit einem Studiengangwechsel oder einer Aufgabe des Studiums. Wie aussagekräftig sind diese Zahlen? Zuallererst sind die Studienanfängerzahlen in den neuen Studiengängen der Gesamtzahl der Studierenden gegenüberzustellen. Tabelle 6 Gesamtzahl der Studierenden und Studienanfänger an deutschen Hochschulen WS

Studierende insgesamt

Studienanfänger im 1. FS

1999 / 00

1.770.489

326.846

2000 / 01

1.798.863

346.806

2001 / 02

1.868.229

380.127

2002 / 03

1.938.811

393.468

2003 / 04

2.019.831

416.271

Quelle: Statistisches Bundesamt.

Die absoluten Anteile der Studierenden an den Bachelor- / Masterstudiengängen sind danach derzeit weiterhin gering (im WS 2003 / 04 nur 5,33%), die Steigerungsraten des Bachelor- / Master-Anteils zum vorherigen WS indessen enorm (vom WS 2002 / 03 zum WS 2003 / 04 immerhin 54,46%). Bei den Studienanfängerzahlen im 1. Fachsemester sehen die Prozentzahlen günstiger aus: Im WS 2001 / 02 befanden sich 5,3% aller Studienanfänger in Bachelor- und Masterstudiengängen. Im folgenden WS 2002 / 03 waren es bereits 7,8%, im WS 2003 / 04 schon 11,24%. Damit liegt der BA / MA-Anteil sowohl bei der Gesamtstudierendenzahl als auch bei den Studienanfängern als auch beim Studienangebot signifikant zwar jetzt höher, als zum Zeitpunkt der HRGNovellierung (WS 2001 / 02). Fraglich ist aber, ob bei diesen Zahlen von einer „breiten Entwicklungstendenz“ gesprochen werden kann bzw. konnte und namentlich, ob sich das BA / MA-Angebot durchgesetzt hat.

318

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge Tabelle 7 Prozentualer Anteil der Bachelor- / Masterstudierenden an der Gesamtzahl der Studierenden WS 2001 / 02 WS 2002 / 03 WS 2003 / 04

Gesamtzahl der Studierenden

1.868.229

1.938.811

2.019.831

davon BA / MA Studierende in Prozent

38.943 2,08

66.961 3,45

107.749 5,33

Prozentuale Steigerung des BA- / Master-Anteils

97,92

65,68

54,46

Quellen: Statistisches Bundesamt und eigene Berechnungen.

Weiterführende Rückschlüsse aus diesen Zahlen dürften sich indessen aus einem einfachen Grunde verbieten: Studenten können sich in einem neuen Studiengang nur einschreiben, wenn dieser auch formell existiert. Umgekehrt „entscheidet“ sich ein Student nicht, wenn das Diplom abgeschafft und eine Einschreibung nur noch im Bachelor möglich wird. Lediglich in denjenigen Studiengangsituationen, in denen parallel alte und neue Studiengänge gleichberechtigt nebeneinander angeboten werden, wäre nach studentischen Präferenzen zu fragen. Ob es sich dann um unbeeinflußte Entscheidungen handelt, könnte selbst hierbei nicht verläßlich festgestellt werden. In immer stärkerem Maße wird von den Hochschulleitungen, gestützt auf Empfehlungen des Wissenschaftsrats, die Ablösung der herkömmlichen Studiengänge propagiert und die parallele Weiterführung für nicht mehr sinnvoll erachtet.12 Eine artikulierte studentische Nachfrage spielt dabei eine völlig untergeordnete Rolle.13 Eine weitere Analyse der quantitativen Studierendenzahlen verspricht letztlich wenig Ertrag. Wenn die neuen Studiengänge flächendeckend eingeführt werden, häufig verbunden mit der Einstellung des herkömmlichen Studiengangs, steigen die Studierendenzahlen ent12 Vgl. die Studie des CHE und CHEPS, Die Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen an deutschen Hochschulen, DAAD (Hrsg.), 2002, S. 80. 13 Auch die jüngste empirische Studie zur neuen Studienstrukturreform geht diesem Thema nicht nach, sondern befragt nur die Fachbereichsverantwortlichen, vgl. Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, 2004, insb. S. 41 ff.

1. Quantitative Entwicklung der Studienangebote

319

sprechend. Mittelfristig wird dann die Berechtigung der neuen Ausbildung allein über die Beschäftigungsfähigkeit und den Arbeitsmarkt nachzuweisen sein. Dies leitet über zu den Absolventen der neuen Studiengänge. Die Anzahl der bestandenen Prüfungen ist bisher verständlicherweise gering. Aussagen über eine folgende Berufstätigkeit liegen erst vereinzelt vor. Tabelle 8 Bestandene Prüfungen (Bachelor / Master) nach Fächergruppen Fächergruppen

Insges. 2000

Insges. 2001

Insges. 2002

Insges. 2003

Agrar-, Forst- u. Ernährungswiss.

77

133

333

556

Gesundheitswiss., Medizin

9

11

18

40

Ingenieurwiss.

80

317

781

1.391

Mathematik, Naturwiss.

45

136

396

1.090

Rechts-, Wirtschaftsu. Sozialwiss.

220

430

1.312

1.920

Sprach- u. Kulturwiss.

65

70

290

449

Sport, Sportwiss.

2

1

Kunst, Kunstwiss.

3

40

3.135

5.487

Insgesamt

496

1.097

Quelle: Statistisches Bundesamt.

Der Anteil der bestandenen Bachelor- und Masterprüfungen an dem gesamten Prüfungsbestand fällt konsequenterweise noch gering aus.

320

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge Tabelle 9 Gesamtzahl der Prüfungen an deutschen Hochschulen, einschließlich der prozentualen Beteiligung von Bachelor- und Masterabschlüssen Prüfungsjahre

Gesamtzahl aller Prüfungen (ohne Promotion) davon BA / MA in Prozent

2000

2001

2002

2003

188.693

183.327

184.768

195.103

0,26

0,6

1,7

2,8

Quelle: Statistisches Bundesamt.

Mangels weiterer Vergleichsdaten können die Absolventenzahlen nur sehr begrenzt interpretiert werden. Höchste Aufmerksamkeit, auch in statistischer Verfolgung, sollte zukünftig den Fragen gewidmet werden, ob die Absolventen ihre akademische Ausbildung fortsetzen, ob sie eine Berufstätigkeit aufnehmen und ob sie diese Aufgaben in Voll- oder Teilzeittätigkeit ausüben. Bilanziert man die vorliegenden statistischen Angaben, so fällt das Ergebnis ernüchternd aus. Weder die Anzahl der neuen Studiengänge noch die Zahl der Studierenden rechtfertigen damals wie heute die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge als Regelform mit der gesetzgeberischen Begründung, man müsse der Dynamik im Hochschulbereich und der weit verbreiteten Entwicklung folgen. Richtig dürfte allerdings die Einschätzung sein, damit solle einer stark wachsenden Tendenz Rechnung getragen werden. Ebenso zutreffend dürfte es jedoch auch sein, diese Entwicklung als eine sich selbst erfüllende Vorhersage zu beschreiben. Präziser: Hochschulpolitische und wissenschaftliche Einrichtungen und Organisationen (nationale und internationale Rektorenkonferenzen, der Wissenschaftsrat, die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung), ministerielle Beschlüsse (Europäische Bildungskonferenzen, Beschlüsse der Kultusministerkonferenz) und gesetzgeberische Initiativen (Hochschulrahmengesetz, Landesgesetze) steuern den Bologna-Prozeß, nicht aber jene Akteure, die sich auf quantitative Entwicklungen der Studienangebote und der Studierendenzahl einzustellen haben –

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

321

Hochschullehrer, Studierende und Arbeitgeber. Ob und in welchem Ausmaß diese top-down-Entwicklung auch akzeptiert wird, soll im folgenden Teil untersucht werden.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote Es ist offenkundig, daß die grundlegende Reform eines Studiensystems Anpassungs- und Anerkennungsprobleme mit sich bringt. Andererseits müssen die Beteiligten, erst recht wenn sie in eine topdown-Entwicklung, wie bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses, eingebunden sind, mit auf den Weg genommen werden. Es hat also eine intensive bottom-up-Unterstützung zu erfolgen, die Studienstrukturreform wäre andernfalls gefährdet. Die Akzeptanz der drei Hauptbeteiligten an dieser Reform – Hochschullehrer, Studierende und Arbeitgeber – ist als unverzichtbares Postulat einzufordern und mittelfristig auch nachzuweisen.

a) Die Akzeptanz durch die Hochschullehrer Vorab bedarf es des schonenden, aber immer wieder nützlichen Hinweises, daß es „die“ Hochschullehrer nicht gibt, weder als Summe von Individualisten noch als homogene Gruppe mit einheitlichen Vorstellungen. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang Hochschullehrer die Entwicklung der neuen Studiengänge fördern und akzeptieren oder ablehnen, wird man also nur Strömungen und Interessenlagen wahrnehmen können. Den Hochschullehrern kommt die entscheidende Kompetenz und Zuständigkeit darüber zu, ob ein Bachelorstudiengang eingerichtet wird oder nicht. Ohne das mehrheitliche Votum der Hochschullehrer im akademischen Gremium wird in der Regel kein neuer Studiengang existieren. Gemessen an dieser Entscheidungsmächtigkeit sprechen die aktuellen Zahlen (noch) eindeutig gegen eine feststellbare breite Akzeptanz durch die Hochschullehrer: In der sechsjährigen Reformzeit wurde lediglich knapp 23% des Studienangebots mit den neuen Studiengängen versorgt. Die großen Fächer befinden sich zum Teil immer noch in Umstellungsphasen, ebenso die staatlichen Studiengänge. 21 Wex

322

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Die Gründe für die zögerliche Haltung werden teils offen artikuliert, teils erschöpfen sie sich schlichtweg in passivem Verhalten, indem die Studien- und Prüfungsordnungen nicht oder nur schleppend erstellt werden. Als Gründe für die mehr ablehnende Haltung werden im wesentlichen angeführt: das angelsächsische System sei auf die historisch gewachsene deutsche Universitätslandschaft nicht einfach überzustülpen; die finanziellen und personellen Rahmenbedingungen für die Umstellung auf ein neues Studiensystem lägen nicht vor; das Ausbildungsniveau eines Bachelor entspreche keinem vergleichbaren deutschen Examensniveau; das deutsche Diplom sei weltweit anerkannt und bewährt, der Arbeitsmarkt stehe den neuen Studiengängen eher skeptisch gegenüber. Und schließlich sei der Bologna-Prozeß nicht durch Entscheidungen akademischer Gremien legitimiert. Weitere Unterscheidungen zur Akzeptanz könnten vor allem nach dem Alter und dem Status des Hochschullehrers, seinen internationalen Erfahrungen oder der nachgewiesenen Beteiligung an Studienreformschritten vorgenommen werden. Hierüber liegen jedoch noch keine repräsentativen Befragungen vor. Die HRK hat in ihrer Positionsbestimmung zur Berlin-Konferenz im September 2003 den Bologna-Prozeß begrüßt und empfohlen, Diplom-, Magister- und Staatsexamensstudiengänge durch Bachelorund Masterstudiengänge zu erproben.14 Demgegenüber sprechen sich die Fakultätentage, die sich nicht vorbehaltlos von der HRK vertreten fühlen, sehr unterschiedlich für oder gegen die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengänge aus.15 Befürchtet wird der Abbau der Qualität der Ausbildung und die durch die Reform entstehenden personellen und finanziellen Lasten. Der beabsichtigten Differenzierung im Bildungssystem sei durch die Unterscheidung von Fachhochschul- und Universitätsausbildung längst Rechnung getragen (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlicher Fakultätentag). Oder es wird neben dem erwarteten Niveauverlust eine unverantwortliche Studienzeitverlängerung vorhergesagt (Fakultätentag für Bauingenieur- und Vermessungswesen). Der Philosophische Fakultätentag erachtet den Bachelor als Regelabschluß nur dann Entschließung des 200. Plenums der HRK am 8. 7. 2003. Im folgenden wird auf die Dokumentation der Zeitschrift Forschung & Lehre in Heft 4 / 2003, S. 62 ff. zurückgegriffen, die einen Großteil der Stellungnahmen der Fakultätentage enthält. 14 15

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

323

für akzeptabel, wenn die BAföG-Förderung für die Masterstudienphase mit einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluß gewährleistet sei. Es werde bezweifelt, daß der Bachelorabschluß sich als erste Berufseinmündung für die Mehrzahl der Studierenden bewähre. Keinerlei Bedarf für eine Umstrukturierung sieht der Deutsche Juristen-Fakultätentag. Das Staatsexamen habe sich mit hinreichender Qualitätsgarantie bewährt, ein Bachelor könne dieses Niveau nicht erreichen. Grundsätzlich begrüßt wird der Bologna-Prozeß mit der Erprobung gestufter Abschlüsse durch die Fakultätentage Elektrotechnik und Informationstechnik, Informatik, Maschinenbau und Verfahrenstechnik sowie (einschränkend) durch den Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultätentag. Der Allgemeine Fakultätentag, in dem die Fakultätentage der deutschen Universitäten zusammengeschlossen sind, befürwortet die Erprobung gestufter Abschlüsse, empfiehlt aber, nur solche Studiengänge zu akkreditieren, deren Masterabschluß dem Qualitätsniveau der bisherigen Diplom- oder Magisterstudiengänge entspreche.16 Unüberhörbar wird bei diesen positiven Stellungnahmen wiederholt die Sorge um einen möglichen Qualitätsverlust geäußert, wenn die Ausbildung bei sechs Semestern Regelstudienzeit stehen bleibe. Die Fachhochschulvertreter sehen den Bologna-Zug als abgefahren an. Die Fachhochschulen wollen hochwertige Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten. Sie befürchten jedoch, zu Hochschulen zweiter Klasse abzusinken, wenn es ihnen nicht gelingt, sich durch einen überzeugenden Praxisbezug von den universitären Bachelor- / Masterstudiengängen zu unterscheiden.17 Der Hochschullehrerverband hatte frühzeitig und differenzierend zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen Stellung bezogen. In der Resolution des 49. Verbandstages von 1999 wurde die mögliche Eignung der neuen Grade betont. Ebenfalls werde erwartet, daß sich die Vergleichbarkeit mit ausländischen Studienangeboten und die Wechselmöglichkeit zwischen den Hochschulen verbessere sowie die erste berufliche Qualifikation gefördert werde. Erhebliche 16 Allgemeiner Fakultätentag, Empfehlungen vom 3. 2. 2003, wiedergegeben in Forschung & Lehre 4 / 2003, 174. 17 Vgl. Müller-Bromley, Präsident des Hochschullehrerbundes, Von der Fachhochschule zur Bologna-Universität? in: hlb 6 / 2003,S. 3.

21*

324

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Skepsis bestehe jedoch an der Gleichwertigkeit des berufsqualifizierenden Abschlusses, sowohl mit Blick auf den öffentlichen Dienst als auch mit Blick auf den privaten Arbeitgeber. Die von der Politik geplante flächendeckende Einführung der neuen Studiengänge verstoße gegen den Erprobungscharakter dieser Reform. Zuerst müsse der Nachweis erbracht werden, daß die neuen Studiengänge den herkömmlichen Studiengängen überlegen seien.18 In einer späteren Resolution wird nicht der Bachelorstudiengang als solcher, wohl aber dessen flächendeckende Einführung in allen Fächern als qualitätsmindernd vorhergesagt.19 Sofern Hochschullehrer von der Einführung gestufter Studiengänge überzeugt sind, wird an erster Stelle der erhoffte Vorteil genannt, die Hochschulen würden für ausländische Studierende anziehender.20 In der Skala der erwarteten positiven Veränderungen folgen die Einschätzungen, daß die Absolventen auf dem internationalen Arbeitsmarkt gefragter würden, daß die eigene Hochschule attraktiver werde und daß das Prinzip des lebenslangen Lernens an Bedeutung gewinne. Ob der Studienaufbau für die Studierenden transparenter, ob neue Berufsbilder erschlossen würden oder ob das Studium an Praxisnähe gewinne, wird als nahezu unentschieden eingeschätzt. Für alle weiteren Aspekte – bessere Planbarkeit des Studiums, erhöhte Kompatibilität des Studiums, Sinken der Abbrecherquote – finden sich mindestens so viele pessimistische Einschätzungen wie optimistische Vorhersagen.21 Die mit der Studienreform verbundenen Hoffnungen werden insofern von den Verantwortlichen auf der Fachbereichsebene als ambivalent beantwortet.22 Berücksichtigt man hierbei allerdings den selbstgewählten Ausgangspunkt der Befragung, nämlich daß nur diejenigen Hochschullehrer in die 18 Resolution des 49. Hochschulverbandstages 1999, veröffentlicht unter Infocenter, Stichwort Resolutionen (Zugriff am 11. 10. 2004). 19 Resolution des Präsidiums des Deutschen Hochschulverbandes vom 12. 3. 2004, veröffentlicht unter Infocenter, Stichwort Resolutionen (Zugriff am 11. 10. 2004). 20 Vgl. die empirischen Befunde zur Studienstrukturreform von SchwarzHahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, 2004, S. 117 ff. 21 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, 2004, S. 118. 22 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, 2004, S. 118.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

325

Umfrage einbezogen wurden, die kraft ihrer Verantwortung als Fachvertreter eine besonders große Motivation aufzuweisen hätten, Veränderungen an den deutschen Hochschulen herbeizuführen,23 überwiegt der skeptische Gesamteindruck. Insgesamt läßt sich mithin keine einheitliche Akzeptanzlage durch die Gruppe der Hochschullehrer feststellen. Bei der teils resignierenden, teils nur passiv hinnehmenden, nur in kleineren Teilen aktiven und engagierten Einstellung wird man derzeit eher die einschränkende Haltung konstatieren müssen, daß die Überzeugung von dem besseren System Bachelor / Master in weiten Kreisen der Hochschullehrer nicht tief verwurzelt ist. Der Wille, mit dieser Strukturreform alsbald zu Veränderungen zu kommen, ist ersichtlich nicht stark ausgeprägt. In dieses Bild paßt eine als repräsentativ vorgestellte Meinungsumfrage an deutschen Universitäten. Danach sind 65 Prozent der befragten Hochschullehrer der Meinung, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen werde durch die Hochschulreform, zu der auch die Einführung neuer Studiengänge gehöre, gesenkt.24 Abschließend ist auf einen eher unbehaglichen Befund hinzuweisen, der nicht verschwiegen werden sollte. In den akademischen Gremien werden die neuen Studiengänge häufig ohne Gegenstimmen verabschiedet. Im trauten Kreis oder im Einzelgespräch bekunden Hochschulvertreter dann allerdings nicht selten, sie hielten „eigentlich“ vom Bachelor / Master wenig, aber was bleibe ihnen anderes übrig, als zuzustimmen. Diese Haltung wirkt stark verunsichernd, nicht zuletzt auch auf die Studierenden, denen diese Art innerer Zurückhaltung nicht verborgen bleibt. Es gehört offensichtlich zu den unausrottbaren Zwangsvorstellungen, ein Hochschullehrer müsse den neuen Bachelorstudiengang beschließen, ihm bliebe keine andere Wahl, 23 Schwarz-Hahn / Rehburg, Bachelor und Master in Deutschland, 2004, S. 23. Seltsamerweise bezieht auch die zweite, größere Umfrage zur Akzeptanz und den zu erwartenden Auswirkungen der Strukturreform nur die Hochschulleitungen mit ein, vgl. die Studie des CHE und CHEPS, Die Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen an deutschen Hochschulen, DAAD (Hrsg.), 2002, S. 40. Eine repräsentative Befragung der Hochschullehrer, nur bezogen auf die Themen Bachelor und Master, steht noch aus. 24 Scholz, (Kontra-)Produktiver Wandel, Ergebnis einer repräsentativen Befragung an deutschen Universitäten, in: Forschung & Lehre 11 / 2002, 574 (575).

326

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Sanktionen seien obendrein zu befürchten. Keine Instanz kann einen deutschen Hochschullehrer rechtlich verpflichten, für ein neues Bachelor-Studienkonzept zu befinden. Diese Entscheidung liegt allein in seiner selbtbestimmten und autonomen Willensfreiheit, die vom Staat garantiert ist. Wenn ein Hochschullehrer den neuen Bachelor nicht akzeptiert, so sollte er die Gründe auch offenlegen und entsprechend handeln. Eine innerlich nicht vorhandene Zustimmung bewirkt im Ergebnis Verfälschung und Unglaubwürdigkeit. Sie hat Frustrationen für das eigene Handeln zur Folge und diskreditiert nach außen eine vielleicht gar nicht breit getragene Strukturreform. Um es noch deutlicher zu formulieren: Sollten bis zum Jahre 2010 an allen deutschen Hochschulen die Bachelor- und Masterstudiengänge flächendeckend eingeführt worden sein, so mögen etliche Gruppenvertreter und hochschulpolitische Akteure sich warnend und beklagend erinnern. Einer Gruppe dürfte dies aber nachdrücklich verwehrt sein: den Hochschullehrern. Das Bundesverfassungsgericht hat aus gutem Grunde verbindlich die relevanten Gebiete benannt, die zu den unmittelbar wissenschaftsbezogenen zählen und die nur mit der Mehrheit der Hochschullehrer beschlossen werden können: die Studien- und Prüfungsordnungen.

b) Die Akzeptanz durch die Studierenden Die Studierenden stehen bei der Frage nach dem vorzugswürdigeren Struktursystem vor einer praktisch unlösbaren Aufgabe. Die im Hochschulsystem Studierenden sollen ihr Studium mit einem anderen vergleichen, das sie nicht kennen. Die außerhalb des Hochschulsystems Studierwilligen kennen aber beide Ausbildungssysteme, Diplom wie Bachelor, nicht, können also noch weniger vergleichen. Angesichts dieser Ausgangslage kann den Einschätzungen der Studierenden, den gegenwärtigen wie den zukünftigen, von vornherein nur eingeschränkte Aussagekraft zukommen. Die innerhalb des bestehenden Hochschulsystems Studierenden verfolgen schlicht und einfach ein Ziel: ihr Studium mit der Diplomprüfung abzuschließen. Jede Entwicklung und Veränderung, die dieser Entwicklung entgegensteht, wird prinzipiell mißtrauisch beäugt. Wenn der eigene Studienverlauf durch die Neuerung beeinträchtigt werden kann, wird diese sogar als störend empfunden. Aus diesem

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

327

Grunde stehen bei den studentischen Diskussionen häufig die Fragen am Anfang: kann der Diplomstudiengang zu Ende studiert werden? Wird neben den bereitzuhaltenden Kapazitäten für den neuen Studiengang noch genügend Lehrkapazität für die alte Ausbildung zur Verfügung gestellt sowie: was ist später das Diplom noch wert? Nach der Versicherung, die Ausbildung für die im Diplomstudiengang Immatrikulierten genieße Bestandsschutz, erlischt das Interesse merklich, sich einem neuen Studiengang zu widmen. Die Vor- und Nachteile des neuen Systems, ein kritischer Vergleich und die Abschätzung der Folgen für den studentischen Alltag werden dann eher von den studentischen Vereinigungen erörtert. Die ESIB, The National Unions of Students in Europe, unterstützt grundsätzlich den Bologna-Prozeß. Die Schwierigkeiten in der Umsetzung werden zum einen auf die geteilte Verantwortung im Bildungsbereich zwischen Bund und Ländern zurückgeführt, zum anderen auf eine fehlende Gesamtsicht.25 Die individuelle Umsetzung von ECTS-Leistungspunkten habe zum Chaos geführt. Es fehle eine nationale Bologna-Koordinierungsgruppe. Der fzs, freier Zusammenschluß von StudentInnenschaften, zentriert das Thema auf die Erfordernisse einer qualitativen Studienreform. Die aktuelle Debatte um die Einführung der neuen Studiengänge scheine sich auf eine rein technische Strukturdebatte zu beschränken.26 Das Bachelor- / Mastersystem wird als ein Beispiel des Wettbewerbs unter Studenten mit Regulierungsmechanismus beschrieben. Unter dem Deckmantel des Internationalismus werde im wesentlichen auf die Verkürzung der Regelstudienzeit abgezielt und auf einen massiven Bildungsabbau mit zusätzlichen Selektionshürden im zweistufigen System. Alle neuen Umstrukturierungen setzten die Studenten unter Druck, sich von ihren Mitstudierenden abzugrenzen. Diesem Leitbild werde eine klare Absage erteilt. Gefordert werde eine Neukonzeption der Studiengänge, die die realen Probleme der 25 Vgl. die Stellungnahme des Vorsitzenden der ESIB, Bienefeld, An einem Strang ziehen, DUZ 15 – 16 / 2003, 7. 26 Vgl. Beschluß der Mitgliederversammlung des fzs vom 24. 5. 2004, Für eine qualitative Studienreform, veröffentlicht unter (Zugriff am 11. 10. 2004) sowie die ausführliche Tagungsdokumentation: „Perspektiven einer qualitativen Studienreform“, 18. – 21. 3. 2004, veröffentlicht unter (Zugriff am 11. 10. 2004).

328

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Hochschulen in Deutschland berücksichtige. Dazu gehöre vor allem die Orientierung an den Wirklichkeiten des heutigen Teilzeitstudiums. Eine Auseinandersetzung mit den in der Amtlichen Begründung zur Einführung der neuen Studiengänge genannten Gründe erfolgt nicht. Namentlich die Problematik des Wissenschaftsstandortes Deutschland und die internationale Wettbewerbsfähigkeit werden von der fzs nicht spezifisch behandelt. Die Vorteile der neuen Studiengänge, die für die Studierenden unbestreitbar in der Strukturierung des Lehrangebots und des hervorgehobenen Stellenwertes der studentischen Arbeitsbelastung liegen, werden nicht diskutiert. In den Stellungnahmen der örtlichen Studentenvertretungen werden die fzs-Einschätzungen mehr oder weniger stark akzentuiert wiederholt. Der ASTA der FU Berlin beispielsweise bemängelt die Entwertung und Entwissenschaftlichung des Studiums.27 Die Hochschulen würden nach kapitalistischer Marktlogik umgebaut. Alle Auseinandersetzungen mit dem angloamerikanischen System seien auffällig unkritisch und einseitig. Die Beschlüsse auf europäischer Ebene seien ohne Mitwirkung der Lehrenden und Studierenden getroffen worden. Stellungnahmen einzelner Studierender spiegeln naturgemäß Momentaufnahmen und persönlich gefärbte Eindrücke wider. Gleichwohl lassen sich aus ihnen zuweilen nicht unbeachtliche, weil real gewonnene Erfahrungen, ablesen. Das größte Problem bei einem Studium im europäischen Hochschulraum bereitet die Anerkennung von ECTS-Punkten.28 Soweit Studierende die neuen Studiengänge positiv bewerten, heben sie das studienbegleitende Prüfungssystem hervor, die Praktika und den verstärkten Aspekt der Berufsqualifikation mit einem ersten Abschluß. Es wird sogar die Auffassung vertreten, die Jobsuche gestalte sich zum Teil einfacher, weil das Studium klar strukturiert, also einteilbarer, und kürzer werde.29 Die ge27 Vgl. ASTA Info Nr. 3 der FU Berlin vom 15. 4. 2003, Bologna und der Bachelor, veröffentlicht unter (Zugriff am 11. 10. 2004). 28 Vgl. (beispielhaft?) den Bericht einer deutschen Studentin, die in Spanien ECTS-Punkte anerkannt bekommen wollte, in: hlb Die neue Hochschule 6 / 2003, 24 ff. 29 Vgl. (beispielhaft?) das Interview mit einer Germanistikstudentin an der FU Berlin, deren zehn-semestriges Studium immer noch nicht beendet sei, in: Der Tagesspiegel vom 24. 6. 2004, S. 24.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

329

genwärtigen, sehr chaotischen Zustände an den Universitäten würden glorifiziert. Letztlich können die Einschätzungen der Immatrikulierten in den herkömmlichen Studiengängen, seien sie positiver oder negativer Art, wenig Überzeugung vermitteln.30 Für ein abgewogenes Urteil fehlen die Kenntnisse und Erfahrungen aus dem anderen System. Eine sachliche Abwägung ist zudem der Schwierigkeit ausgesetzt, unterschwellig oder mitbestimmend das eigene Studierverhalten zu rechtfertigen. Aufschlußreich wären hingegen Abschätzungen von Studierenden, die beispielsweise im deutschen und ausländischen Studiensystem einen Abschluß erreicht haben und somit berechtigt und in der Lage wären, einen realistischen Vergleich vorzunehmen. Tabelle 10 Angestrebtes Hochschulexamen der Studienberechtigten ein halbes Jahr nach Schulabgang (in v.H. aller Studienberechtigten) Art des angestrebten Hochschulexamens

Jahre 1990

1994

1996

1999

2002

Fachhochschul-Diplom

24

25

22

22

22

Universitäts-Diplom

30

23

22

23

22

Magister

3

4

4

5

5

Staatsexamen (ohne Lehramt)

9

11

10

8

8

Bachelor







1

4

Lehramtsprüfung

9

8

7

5

9

Sonstige Prüfungen

1

0

1

2

2

Studium insgesamt*

76

71

66

66

73

* Erläuterung: Differenzen erklären sich aus fehlenden Angaben der Studienberechtigten. Quelle: HIS-Studienberechtigtenbefragungen, Stand: Febr. 2004. 30 Dies muß auch für umfangreichere Umfragen gelten, vgl. beispielsweise die Erhebungen des Marktforschungsinstituts Innofact, durchgeführt Ende März 2004 und im Auftrage des Handelsblatts: nur jeder fünfte Studierende interessiere sich persönlich für einen Kurzstudiengang, Handelsblatt vom 5. 4. 2004, S. 5.

330

XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Die Akzeptanz der neuen Studienabschlüsse könnte aber von Wichtigkeit für die Studienanfänger sein. Hier liegen bereits erste Erhebungen vor.31 Von allen studienberechtigten Schulabgängern im Jahre 2002 streben an: 22% ein Fachhochschuldiplom, ebenso 22% ein Universitätsdiplom, 4% ein Bachelorstudium. In etwa korrespondierend verhält es sich mit dem Kenntnisstand über die neuen Studiengänge. 26% der Studenberechtigten ist der Bachelor völlig unbekannt, 41% sind nur vage informiert; lediglich 30% besitzen gute oder sehr gute Kenntnisse über Bachelorstudiengänge. Immerhin haben aber 27% der Schulabgänger das Bachelorstudium in Betracht gezogen, sich aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht dafür entschieden.32 Die Einschätzung über diesen Befund und eventuelle Konsequenzen dürften eindeutig sein. Der unzureichende Informationsstand in der Schulzeit muß behoben werden.33 Eine inhaltlich begründete Ausrichtung erhält ein derartiger Kenntnisstand aber erst dann, wenn zweitens dem Studienberechtigten eine reale Beschäftigungsfähigkeit mit Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch den neuen Abschluß vorgestellt wird. Der Schule und dem Arbeitgeber kommen hier eine wichtige Bringschuld zu.34 Die Frage der Akzeptanz durch die Studierenden ist insgesamt ernüchternd zu bilanzieren: sie spielt praktisch keine Rolle und stellt eine Pseudoproblematik dar. Die Diplomstudierenden werden in aller Regel ihren Studiengang zu Ende studieren und nicht wechseln. Die Studienanfänger hingegen schreiben sich in den angebotenen Studiengängen ein, also zukünftig mehrheitlich in den Bachelorstudiengängen. Für eine echte „Wahl“ nach Akzeptanz oder Einsicht oder im 31 Vgl. Kurzinformation HIS A 1 / 2004, Studienberechtigte 2002 ein halbes Jahr nach Schulabgang, hier insb. S. 48 ff. 32 Vgl. HIS A 1 / 2004, Studienberechtigte 2002 ein halbes Jahr nach Schulabgang, hier insb. S. 29. 33 Lobenswert z. B. die bundesweiten Hochschul-Schnuppertage, veranstaltet vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten am 19. 5. 2004 oder die Einräumung einer kostenlosen Gasthörerschaft an der FU Berlin, Informationen unter (Zugriff am 14. 10. 2004). Beide Initiativen richten sich an Schüler der oberen Klassen. 34 Wenn allerdings weder der einzelne Lehrer noch der einzelne Arbeitgeber von einem Bachelor überzeugt sind, dann dürften auch die Erfolge dieser notwendigen Aufklärungsarbeit gering einzuschätzen sein.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

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Hinblick auf Berufsaussichten sind hier gar keine Voraussetzungen gegeben. Umgekehrt wird in drei bis vier Jahren, nach einer flächendeckenden Einführung der gestuften Studiengänge, ein Studierwilliger erstaunt fragen, was denn ein Diplom sei und was man damit anfangen könne. c) Die Akzeptanz durch die Arbeitgeber Der Verbleib der Bachelorabsolventen auf dem Arbeitsmarkt wird zu Recht als Schlüsselfrage für das Gelingen der neuen Strukturreform bezeichnet. Dabei kann unterschieden werden in eine Anstellung bei einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber sowie einer Erwerbstätigkeit im internationalen Bereich. Im Mittelpunkt steht ohne Zweifel die Beschäftigung in einem privaten Unternehmen. Lange Zeit vorherrschend und bis auf den heutigen Tag wirkend ist die Einstellung vieler Unternehmen, sie werde die Abschlüsse akzeptieren, die die Hochschulen anbieten. Wenn die neuen Bachelorabschlüsse den Anforderungen an einer am Arbeitsmarkt orientierten Berufsqualifizierung entsprechen, sehe man für die Wirtschaft keine Probleme, die Absolventen einzustellen.35 Damit war eine eher passive Rolle der Arbeitgeber beschrieben. Angesichts der anfänglich geringen Zahlen der Bachelorstudiengänge, der niedrigen Zahl der Immatrikulierten, erst recht der verschwindend kleinen Zahl von Bachelorabsolventen zeigten die Unternehmensvertreter wenig Bereitschaft, von sich aus die neuen Studiengänge zu befördern. Die Unternehmensvertreter wollten auf die quantitativen Entwicklungen in den Hochschulen schauen und wählen, ob sie auf die bekannten Abschlüsse Diplom und Magister vertrauen oder auf die nachgewiesenen fachlichen Tätigkeiten aus dem Bachelorstudium. In Teilen der Wirtschaft, vor allem im Mittelstand, konnte man mit dem neuen Abschluß anfangs wenig anfangen, zuweilen wurde er mit „Berufsakademie“ verwechselt.36 Die Firmen tun sich unverdrossen bis heute schwer, die neuen Abschlüsse einzuordnen. Für sie ist nicht 35 Vgl. statt vieler den Kommentar von Hernaut, ehem. Leiter Bildungspolitik der Siemens AG, in: HRK-Online, Newsletter der HRK für Dozenten, 25. 11. 2003, Ziff. 9. 36 Vgl. die Schilderung von Wiarda, Die Neuen kommen, in: Die Zeit vom 21. 1. 2004, S. 69.

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XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

ohne weiteres einschätzbar, ob der Bachelor die geforderten Reformziele – mehr Praxisnähe, kürzere Studienzeit, internationale Vergleichbarkeit, hohe fachliche Qualität – erfüllt. Mittelständische Unternehmen schätzen die Qualität der Ausbildung nach nur sechs Semestern eher skeptisch ein, sie befürchten eine weitere Aus- und Fortbildung als zwangsläufigen Effekt der Reformen. Die Aufgeschlossenheit großer und weltweit agierender Firmen wird eher als eine theoretische Auffassung qualifiziert. Deutsche Bachelorabsolventen würden kaum beschäftigt. Bei Einstellungsgesuchen werde nicht einmal auf die neuen Abschlüsse hingewiesen.37 Jedenfalls haben die Ungereimtheiten zwischen dem allseits hochgepriesenen und immer stärker wachsenden Bachelorangebot einerseits und der unverändert geringen Einstellungsquote in der Wirtschaft andererseits dazu geführt, daß beide Seiten, Hochschule wie Wirtschaft, den Zwang zu konzertierten Maßnahmen spürten. Aufgrund einer Aktion des Stifterverbandes, der Deutschen Bahn, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Centrums für Hochschulentwicklung starteten die Personalvorstände führender deutscher Unternehmen die Initiative „Bachelor welcome“.38 In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sie sich für eine konsequente Umstellung auf die neuen Studienabschlüsse Bachelor und Master aus. Der Bolognaprozeß komme einer jahrelangen Forderung der Wirtschaft entgegen, jüngeren Absolventen mit praxisbezogener Hochschulausbildung und international vergleichbaren Studienabschlüssen Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Anschließend entwickelten Hochschulen und Arbeitgeber Leitbilder für die Reformfelder der Hochschulen.39 Von den Hochschulen werde erwartet, daß sie sich in der Lehre für die Belange des Arbeitsmarktes öffneten. Die neuen Studiengänge müßten genutzt werden, damit berufsqualifizierende Ausbildungsinhalte verpflichtend in das 37 Vgl. die zusammenfassenden Eindrücke von Zinkler, Furcht vor flacher Bildung, in: Die Welt vom 18. 8. 2004, S. 12; Wiarda, Die Neuen kommen, in: Die Zeit vom 21. 1. 2004, S. 69. 38 Vgl. Abdruck der Erklärung der Personalvorstände in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Wirtschaft & Wissenschaft 3 / 2004, S. 16 ff. 39 Vgl. Gemeinsames Hochschulpapier der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Hochschulrektorenkonferenz vom Juli 2003, hier insb. S. 21 ff.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

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Studienangebot integriert würden. Die Akzeptanz der neuen Abschlüsse sei aber auch durch die Wirtschaft „nötig“. Die Wirtschaft könne ihrerseits zum Erfolg der neuen Studienangebote beitragen, indem sie sich zu den gestuften Studiengängen bekenne. Voraussetzung für die Akzeptanz der neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt sei eine praxisrelevante und qualitativ hochwertige Ausbildung, die durch Akkreditierungsverfahren nachgewiesen werde. Die Arbeitgeberverbände verfaßten alsbald ein eigenes Memorandum zur gestuften Studienstruktur, in dem sie sich für eine flächendeckende Einführung der neuen Abschlüsse aussprachen.40 Die Wirtschaft werde sich dafür einsetzen, daß die Bachelorabsolventen attraktive Berufseinstiegsperspektiven erhielten, die allerdings von Fach zu Fach verschieden ausfielen. Unabdingbar sei die Vermittlung der berufsbefähigenden Basis- und Schlüsselqualifikationen durch die Hochschulausbildung. Der Arbeitgeberverband schlägt dann eine Reihe von Orientierungen und Ausbildungsperspektiven vor, die zu einer Neustrukturierung der Hochschulausbildung führen könnten, wie z. B. die Einbindung von Trainee-Programmen in das Masterstudium, die Implementierung von fachbezogenen und überfachlichen Bildungsangeboten und Lernerfolgen, die unterschiedlichen Ausrichtungen für den Master usw. Gewarnt wird vor Festlegungen der curricula und der Studiendauer.41 Das Akkreditierungsverfahren müsse transparent gestaltet und das Verhältnis zur Evaluation besser aufeinander abgestimmt werden. Die Abschlußgrade Bachelor und Master dürften nur im Rahmen von akkreditierten Studienangeboten vergeben werden. Beim Lesen dieser zum Teil recht informativen und weiterführenden Vorschläge fragt man sich, warum diese nicht längst in die vielbeschworene intensive Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft eingeflossen sind. Abgesehen von einigen anderen Erklärungsmöglichkeiten scheint jedenfalls ein Befund immer deutlicher zu werden: an der konkreten Erarbeitung der neuen Studiengänge in den Dekanszimmern der Universität sind offensichtlich wenige oder nicht die richtigen Vertreter der Arbeitgeber beteiligt – zum Nachteil 40 Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.), Memorandum zur gestuften Studienstruktur (Bachelor / Master), September 2003, S. 4 ff. 41 BDA, Memorandum 2003, S. 4 ff.

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XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

der zukünftigen Absolventen und deren Beschäftigungsmöglichkeiten in der Wirtschaft. Auch gegenwärtige Umfragen bei einzelnen Branchen kommen naturgemäß, wegen der geringen Absolventenzahl, über bloße Absichtserklärungen und generelle Einschätzungen nicht hinaus. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hatte im Jahr 2004 nach den Erwartungen der Wirtschaft an Hochschulabsolventen gefragt. Von 19.125 Unternehmen antworteten lediglich 2.145, das entspricht einer Rücklaufquote von 11,3%.42 Zwar gaben 70% der Unternehmen an, über die neuen Studiengänge Bescheid zu wissen und 56% waren überzeugt, daß die in einem Bachelorstudium erworbenen Qualifikationen denen im Unternehmen entsprächen und gebraucht werden könnten.43 Die Beschäftigungsperspektiven werden aber als unsicher eingeschätzt. Personalverantwortliche wüßten oft nicht, was sie von den Abschlüssen erwarten könnten.44 Zentrale Bedeutung hätte der Praxisbezug.45 Praxisferne sei der Hauptgrund für die Trennung von fast der Hälfte der Berufseinsteiger.46 Wie ein roter Faden ziehe sich als wichtigstes Ergebnis aus der Studie der Wunsch der Unternehmen nach einem stärkeren Praxisbezug in den Bachelorstudiengängen.47 In einer weiteren Umfrage aus dem Jahr 2004 bei den 250 größten deutschen Unternehmen bewerteten lediglich 21% die neuen Studiengänge sehr positiv. 50% der Leitungen im Personalwesen raten Studienanfängern weiterhin zum Auslaufmodell Diplomstudiengang.48 Aus der Sicht der Wirtschaft können derzeit nur Momentaufnahmen vermittelt werden. Die eigentliche Bewährungsprobe auf dem 42 Fachliches Können und Persönlichkeit sind gefragt, Ergebnisse einer Umfrage bei IHK-Betrieben zu Erwartungen der Wirtschaft an Hochschulabsolventen im Juni 2004, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004). 43 DIHK-Studie Hochschulabsolventen, 2004, 6, 20, 22. 44 DIHK-Studie Hochschulabsolventen, 2004, S. 2. 45 DIHK-Studie Hochschulabsolventen, 2004, S. 15, 19. 46 DIHK-Studie Hochschulabsolventen, 2004,S. 17. 47 DIHK-Studie Hochschulabsolventen, 2004, S. 23. 48 Capital-Umfrage, veröffentlicht in: (Zugriff am 9. 7. 2004).

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

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Arbeitsmarkt steht noch aus. Gelingt die Umstellung von der traditionellen Ausbildung des Erwerbs von Berufsfertigkeiten zu Beschäftigungsfähigkeiten? Erfüllen die neuen Abschlüsse die Erwartungen an das behauptete praxisrelevantere und überfachliche Ausbildungsprofil? Bereitet der Bachelor auf eine mehr in die Breite von Berufsbildern zielende Ausbildung vor, auf mehr Methoden- und Sozialkompetenz als auf Fachkompetenz? Wie gestalten die Unternehmen den Einstieg von Bachelorabsolventen, wie deren Karriereweg? Zu ausgesprochen positiven Ergebnissen kommen Umfragen bei Unternehmen, die bereits Bachelor- und Masterabsolventen eingestellt haben, so namentlich die ebenfalls im Jahre 2004 durchgeführte Umfrage des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft. Von den befragten Unternehmen aus allen Branchen hatten allerdings nur 672 Unternehmen geantwortet, was lediglich einer Rücklaufquote von 14% entspricht.49 11,5% der befragten Unternehmen beschäftigten bereits Bachelorabsolventen, 9,7% Masterabsolventen. Die Akzeptanz auch bei den Unternehmen, die noch keine Bachelor- oder Masterabsolventen eingestellt hätten, sei groß (76,8 % zugunsten des Bachelor, 73,7% zugunsten des Master). Fast alle Unternehmen, die den Masterabschluß akzeptierten, befürworteten auch den Bachelor.50 Je größer das Unternehmen sei, umso stärker wachse der Anteil der Zustimmungen. Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten stünden den neuen Absolventen eher ablehnend gegenüber.51 Bei den gewünschten Kompetenzen ragten die Fachkompetenzen und das Grundlagenwissen heraus. Die vermutete Auflösung des Berufskonzepts zugunsten eines frei kombinierbaren Sets verschiedener Qualifikationen bestätige sich nicht.52 Bei den überfachlichen Kompetenzen komme den Team- und Kommunikationsfähigkeiten eine herausgehobene Stellung zu.53 Die Befürchtung, Bachelorabsolventen könnten nicht ausbildungsadäquat eingesetzt werden, läßt sich nach den Umfrageergebnissen 49 Vgl. Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln, Akzeptanz und Karrierechancen von Bachelor- und Masterabsolventen deutscher Hochschulen, 2004, veröffentlicht unter (Zugriff am 9. 7. 2004). 50 IW Köln, Umfrage 2004, S. 5. 51 IW Köln, Umfrage 2004, S. 6. 52 IW Köln, Umfrage 2004, S. 7. 53 IW Köln, Umfrage 2004, S. 9.

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XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

nicht deutlich abklären. 35,5% der Unternehmen sehen für Bachelorabsolventen eine Einstiegsposition auf dem Level von Absolventen in der beruflichen Aufstiegsfortbildung, etwa ebenso viele setzten auf eine Einzelfallbeurteilung.54 Von denjenigen Unternehmen, die bereits Bachelorabsolventen beschäftigen, stellen 59,7% die Neuzugänge auf dem Level von Hochschulabsolventen ein. Wie das Kölner Institut daraus den Schluß ziehen kann, daß die deutschen Bachelorabschlüsse die in sie gesetzten Erwartungen hinsichtlich eines akademischen Ausbildungsniveaus erfüllt hätten,55 bleibt aufklärungsbedürftig. Immerhin werden, anders gewendet, knapp die Hälfte der Bachelorabsolventen nicht gemäß dem ersten berufsqualifizierenden akademischen Niveau eingestellt. Auf die Frage nach den Karrierechancen antworteten ca. zwei Drittel aller Betriebe, Bacheloreinsteiger hätten die gleichen Chancen auf eine Führungsposition wie die Kollegen mit Diplom oder Magister.56 Allerdings müßten sich Bachelorabsolventen länger bemühen. Eine akademische Weiterbildung werde empfohlen. Eine Auswertung dieser sorgfältigen Umfrage des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft steht aus, sie scheint lohnenswert. Entgegen landläufiger Meinung ist der Bachelor der Wirtschaft durchaus willkommen. Die Hochschulen sind dabei zum verstärkten Engagement aufgerufen. Zusätzlicher Informations- und Aufklärungsbedarf besteht eindeutig für mittelständische Unternehmen. Bei der Konzipierung der neuen Studiengänge darf weiterhin auf den hohen Stellenwert der fachlichen Kompetenz und das Grundwissen gesetzt werden. Nicht alle Vorstellungen über die Sinnhaftigkeit von Allgemeinbildung durch die Hochschule aus den angelsächsischen Vorbildern müssen allerdings ungeprüft übernommen werden. Und schließlich gewinnt der Masterabschluß eine hohe Bedeutung, wenn ein Unternehmen auf Weiterbildungsqualifizierungen abstellt. Von größerer Aussagekraft sind Befragungen, die bereits eingestellte Absolventen miteinbeziehen und insofern konkrete Aussagen darüber enthalten, wie der Bachelor von den Arbeitgebern tatsächlich akzeptiert wird. Dazu liegen jetzt erste Ergebnisse vor, einmal bezo54 55 56

IW Köln, Umfrage 2004, S. 11. IW Köln, Umfrage 2004, S. 11. IW Köln, Umfrage 2004, S. 14.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

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gen auf Berliner Unternehmen, zum anderen auf sämtliche Absolventen der Jahrgänge 2002 und 2003 in Deutschland. Das Institut für Personalmanagement hatte im Jahr 2004 im Auftrag von Berliner Unternehmensverbänden 1.300 Unternehmen aller Branchen und Größen nach ihrem aktuellen Kenntnisstand zu den neuen Abschlüssen und den Erwartungen an die zukünftigen Absolventen befragt.57 Die Rücklaufquote betrug allerdings nur 10,3% (134 Antworten). Einen ausreichenden Informationsstand über das Bachelorstudium sehen nur diejenigen Unternehmen als gegeben an, die bereits Bachelorabsolventen beschäftigen oder international tätig sind. Bei den übrigen Personalverantwortlichen seien die Kenntnisse drastisch zu verbessern. 13% der Unternehmen beschäftigten bereits Bachelorabsolventen.58 Die Beschäftigungsaussichten seien durchweg positiv einzuschätzen. Vorstellungen über die Aufstiegschancen und die tatsächlichen Einstiegspositionen klaffen allerdings auseinander. Während weit über die Hälfte der Unternehmen dem Bachelorabsolventen die Abteilungsleitung anvertrauen würden, werden sie überwiegend als Assistenten eingestellt (knapp 50%), knapp 40% werden zunächst als Sachbearbeiter beschäftigt.59 Zentral werde sich der Bachelor in allen kaufmännischen Bereichen bis hin zur Personalabteilung etablieren, überwiegend würden Bachelorabsolventen der wirtschaft- und sozialwissenschaftlichen Studiengänge beschäftigt. Die Einstiegsgehälter für Bachelorabsolventen lägen etwa auf dem Niveau von Absolventen von Fachhochschulen.60 Erstaunlicherweise nutzen der IPM Studie zufolge nur 3% der Unternehmen Einstiegsprogramme für Bachelor. Knapp 60% der Unternehmen sind der Auffassung, daß in einem Bachelorstudiengang auch die Qualität von Hochschulabsolventen erreicht werden könne, 20% vermuten, das sei wegen der verkürzten Ausbildung nicht möglich. Im Anforderungskatalog an den Bachelor stehen die stärkere Anwendungsorientierung der Studieninhalte, mehr inhaltlich integrierte 57 Studie des Instituts für Personalmanagement (IPM), September 2004, veröffentlicht unter (Zugriff am 13. 10. 2004). 58 IPM, Studie 2004, S. 5. 59 IPM, Studie 2004, S. 6. 60 IPM, Studie 2004, S. 7.

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XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Praktika sowie die bessere Kooperation mit der Wirtschaft an vorgerückter Stelle. Im Masterbereich beschäftigen bereits ein Fünftel der befragten Unternehmen Mitarbeiter mit einem Masterabschluß. Dieser werde weitgehend dem Universitätsdiplom gleichgesetzt. 61 Dem Absolventen eines Masterabschlusses werden nach dem Einstieg deutlich bessere Aufstiegschancen als dem Bachelor eingeräumt. Master und Diplom berechtigten in etwa zu gleicher Entlohnung. Unterschiede zwischen dem Master, der an einer Fachhochschule oder an einer Universität erworben werde, würden nicht gemacht.62 Als Quintessenz dieser Umfrage des Instituts für Personalmanagement läßt sich eine hohe Akzeptanz der neuen Abschlüsse durch die Berliner Unternehmen konstatieren. Die neuen Abschlüsse werden als grundlegende Studienreform begriffen, nicht als vorübergehendes Modell. Die Reformen müßten aber, so die Meinung der Unternehmen, schneller greifen, damit z. B. Einstellungen als Sachbearbeiter vermieden würden. Dringend notwendig seien weitere, bessere Informationen durch die Hochschulen. Und schließlich werden dem Master erhebliche Entwicklungschancen im Rahmen der Weiterbildung in den Unternehmen eingeräumt. Ob die Universitäten mit dieser Zielorientierung einverstanden sein können, mag im Hinblick auf die konsekutiven Studienstrukturen bezweifelt werden. Das Thema Weiterbildung und lebenslanges Lernen erhält in diesem Zusammenhang jedoch eine gewichtige Perspektive für die Universitäten. Während die bisherigen Umfragen die Sicht der Arbeitgeber weitergeben, liegen nunmehr erste Teilergebnisse über den Studienverlauf und den Verbleib der Bachelorabsolventen vor – speziell nur aus deren Sicht. Das Hochschulinformationssystem aus Hannover (HIS) hat sämtliche Bachelorabsolventen der Prüfungsjahre 2002 und 2003 befragt (rund 4.000) und dabei eine Rücklaufquote von über 40% erhalten.63

IPM, Studie 2004, S. 11. IPM, Studie 2004, S. 12. 63 Der Bachelor als Sprungbrett? HIS-Studie 2004, vorgestellt auf der Tagung „Bachelorkarrieren unter der Lupe“, Oktober 2004, Berlin, veröffentlicht unter (Zugriff am 14. 10. 2004). 61 62

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Bezogen auf die Fachrichtungen überwiegen nach der HIS-Studie die Absolventen der Studiengänge Informatik, Wirtschaftswissenschaft, Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften sowie gesundheitswissenschaftliche Studiengänge. Zwei Drittel der Fachrichtungen entfallen auf die Universität. Der größte Teil der Absolventen befindet sich gemäß der Studie neun Monate nach dem Bachelorabschluß in einem weiteren Studium (77% weiteres Universitäts-Studium, 39% weiteres Fachhochschul-Studium).64 Den Entschluß zum Weiterstudium hatten aber vier Fünftel der Weiterstudierenden bereits vor Abschluß des Bachelor-Studiums gefaßt, dabei geleitet von der Sorge, der Bachelorabschluß qualifiziere vielleicht doch nicht ausreichend. Die HIS-Studie befaßt sich in den weiteren Erhebungen nur mit den Absolventen, die in den ersten sechs Monaten nach dem Bachelorabschluß kein weiteres Studium begonnen haben. Die Erfolgsquote dieser Gruppe mit direktem Übergang sei hoch. Drei Viertel der Fachhochschul- und ein Drittel der Universitäts-Bachelor gingen nach neun Monaten einer regulären Erwerbstätigkeit nach.65 Einarbeitungszeiten und Überbrückungstätigkeiten seien gering. Absolventen mit Universitätsbachelor suchten zu Beginn in starkem Maße Praktika auf. Die Arbeitslosenquote von Universitätsabsolventen liege bei 6%, von Fachhochschulabsolventen bei 3%.66 Die berufliche Positionierung gelingt vielen Bachelorabsolventen nach eigenen Angaben gut. Etwa ein Drittel würden entweder als wissenschaftlich qualifizierte Angestellte ohne Leitungsfunktion oder als qualifizierte Angestellte beschäftigt. 46% der Fachhochschulabsolventen und 35% der Universitätsabsolventen arbeiteten in unbefristeten Vollzeitstellen. Die Frage der adäquaten Beschäftigung sei differenziert zu betrachten. Namentlich bei den sozialpflegerischen / gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen sei der Grad der Unzufriedenheit hoch (rund ein Drittel der Fachhochschulabsolventen), aber vermutlich setzten sich hier die alten Strukturschwächen fort. 64 HIS-Studie Bachelorabsolventen, 2004, S. 4, Folie Weiterstudium. Im Klartext bedeutet diese hohe Quote im Weiterstudium: für die HIS-Studie konnten lediglich die Arbeitsmarkterfahrungen von etwa 700 Absolventen zugrundegelegt werden. 65 HIS-Studie Bachelorabsolventen, 2004, S. 5. 66 HIS-Studie Bachelorabsolventen, 2004, S. 6.

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Die Annahme, daß vor allem Großunternehmen Abnehmer der ersten Bachelorabsolventen seien, habe sich nicht bestätigt. Rund 60% der Befragten arbeiteten in Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten.67 Im Hinblick auf die internationalen Verpflechtungen der Unternehmen sei aufschlußreich, daß rund ein Fünftel der Absolventen in ausländischen Unternehmen arbeiteten.68 Zu Recht als „harter Faktor“ für die Zufriedenheit mit dem Bachelorstudium wird in der HIS-Studie die Frage nach der Verbundenheit mit der getroffenen Bildungsentscheidung gestellt. Kaum ein Absolvent stelle das Bachelorstudium grundsätzlich in Frage (rund 98% Zustimmung).69 Deprimierend läuft allerdings die Anerkennungsquote: nur 40% der Fachhochschulabsolventen und 53 % der Universitätsabsolventen würden wieder an der gleichen Hochschule studieren.70 Als Fazit aus der (vorläufigen) HIS-Studie – eigentlich auch als Ergebnis differenzierter Wahrnehmung der anderen Umfragen – drängt sich verstärkt der Eindruck auf, daß bei der Konzepterstellung eines Studiengangs unverändert hohe Defizite auszumachen sind. Die Aussagen zu der überwiegenden Entscheidung der Bachelorabsolventen weiterzustudieren, die hohe Erwerbstätigkeitsquote mit einem Bachelor und einer Vollzeitbeschäftigung sowie die Tatsache, daß Bachelorabsolventen mehrheitlich in kleineren und mittleren Unternehmen beschäftigt sind, dürften derzeit weder bei der Erstellung der Module noch bei der Feststellung der Berufsfelder angemessen berücksichtigt worden sein. Wenn auch die HIS-Studie nur als Momentaufnahme zu würdigen ist, könnten zügige Auswertungen durchaus hilfreich sein, um curricularen Fehlentwicklungen frühzeitig Einhalt zu gebieten. Das Akzeptanzproblem durch den privaten Arbeitgeber stellt sich oftmals auch als Informationsdefizit dar. Umgekehrt läßt sich stark vereinfachend feststellen, daß bei hinreichendem Kenntnisstand die Wirtschaft das Bachelorstudium durchweg positiv einschätzt – und danach auch handelt.

HIS-Studie Bachelorabsolventen, 2004, S. 11. HIS-Studie Bachelorabsolventen, 2004, S. 13. 69 HIS-Studie Bachelorabsolventen, 2004, S. 13. 70 HIS-Studie Bachelorabsolventen 2004, S. 13 und Folie Verbundenheit der Bachelorabsolventen. 67 68

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Zu dem vollständigen Bild der Einstellungspraxis durch den Arbeitgeber gehört auch die Frage, wie der Staat als Arbeitgeber auf den Bachelorabsolventen reagiert. Daß es sich in tatsächlicher Hinsicht (derzeit) nur um ein Randproblem handelt, belegen die Einstellungszahlen: Fachhochschul- und Universitätsabsolventen sind jeweils nur zu 1% (!) als Beamte eingestellt worden.71 Aktueller ist der Streit um die Einstufung der Absolventen der neuen Abschlüsse im öffentlichen Dienst. Die KMK hatte im Jahr 2000 beschlossen, Bachelorabsolventen (Fachhochschulen, Universitäten) dem gehobenen Dienst zuzuordnen und den Masterabsolventen den Zugang zum höheren Dienst zu eröffnen.72 Damit war eine automatische Zuordnung und tarifliche Eingruppierung für den Bachelor klargestellt, unabhängig von dem Hochschultyp sowie der Dauer und der inhaltlichen Ausrichtung des Studienganges. Für den Masterabschluß war indessen nur die Option zur höher tariflichen Zuordnung ausgesprochen worden, eine automatische Zugehörigkeit zum höheren Dienst aber nicht. Die KMK war von ihrem eigenen Beschluß nicht sehr überzeugt. Die herkömmliche Zuordnung bestimmter Hochschulabschlüsse zu Laufbahnen und Tarifgruppen entspreche zwar nicht den mit der Einführung des neuen Graduierungssystems verbundenen hochschulpolitischen Zielsetzungen. Da jedoch eine grundlegende Veränderung des Laufbahn- und Tarifsystems kurzfristig nicht erreicht werden könne, spreche sich die KMK für ein zeitlich gestuftes Vorgehen aus. Mittelfristig sei die Zuordnung der Hochschulabschlüsse zu einem starren Laufbahnsystem aufzuheben. Die Kultus- und die Innenministerkonferenz vereinbarten zwei Jahre später „Kriterien“ für den Zugang zu den Laufbahnen des höheren Dienstes, wenn dieser durch den an einer Fachhochschule erworbenen Masterabschluß eröffnet werden sollte.73 Erforderlich sei danach ein Studium, das von Kriterien und Elementen geprägt sei wie der BefäHIS-Studie 2004, S. 8 und Folie berufliche Stellung. KMK-Beschluß vom 14. 4. 2000 – Laufbahnrechtliche Zuordnung von Bachelor- / Bakkalaureus- und Master- / Magisterabschlüssen gemäß § 19 HRG. 73 KMK-Beschluß vom 24. 5. 2002 und Beschluß der Innenministerkonferenz vom 6. 6. 2002 – Zugang zu den Laufbahnen des höheren Dienstes durch Masterabschluß an Fachhochschulen. 71 72

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higung zu wissenschaftlicher Arbeit, der Vermittlung von theoretischanalytischen Tätigkeiten und der Herausbildung von im einzelnen aufgeführten intellektuellen und sozialen Kompetenzen. Ob ein Masterstudiengang an Fachhochschulen diesen Kriterien entspreche, werde auf Antrag der Fachhochschulen im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens festgestellt. Diese Feststellung bedürfe des einheitlichen Votums der Vertreter der Berufspraxis. Wenn auch von diesem sogenannten Vetorecht der Vertreter des Innenministeriums in der Gegenwart so gut wie keinen Gebrauch gemacht hat, hält die Kritik an dieser Vereinbarung an. Der Staat unterlaufe mit dem zusätzlichen Anerkennungserfordernis hochschulpolitische Intentionen des Gesetzgebers, derzufolge nicht zwischen Bachelor- und Mastergraden an Universitäten und Fachhochschulen unterschieden werden solle.74 Der Wissenschaftsrat mahnt eine notwendige Reform des öffentlichen Dienstrechts an. Ein dringendes Signal der öffentlichen Arbeitgeber werde erwartet, um die Attraktivität der neuen Studienabschlüsse nicht zu gefährden.75 Nur auf den ersten Blick scheinen die tariflichen Eingruppierungsund Laufbahnfragen eine begrenzte nationale (deutsche) Angelegenheit zu sein. Aber bereits die sich am Arbeitsmarkt auswirkenden Bezahlungsunterschiede, erst recht die Unterschiede in den akademischen Graden und die diesen zugrundeliegenden Differenzierungen nach Hochschularten sprengen die nationale Betrachtungsweise. Die genannten Akzeptanzprobleme im öffentlichen Dienst in Deutschland könnten sehr schnell zu einem europäischen Anerkennungsthema werden, wenn beispielsweise ausländische Absolventen in den öffentlichen Dienstleistungsbereich aufgenommen werden wollen. Ein Versuch, diese Spannungsfelder im europäischen Raum zu lösen, ist mit den Regelungen des Lissaboner Abkommens unternommen worden – die Bundesrepublik Deutschland hat dieses bis heute nicht ratifiziert.76

74 So Witte / Schreiterer, Die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge, in: Bensel / Weiler / Wagner (Hrsg.), Hochschulen, Studienreform und Arbeitsmärkte, 2003, S. 225 (229). 75 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Einführung von neuen Studienstrukturen und -abschlüssen, 2000, S. 99 (127). 76 Vgl. im einzelnen unter Kapitel II. 2.

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d) Die Akzeptanz im Ausland Einer der tragenden Gründe für die Novellierung des HRG war die Erkenntnis, daß Studienleistungen und Hochschulabschlüsse deutscher Hochschulen international nicht vergleichbar seien. Zur Behebung dieses Defizits sollten die weltweit anerkannten Hochschulgrade Bachelor und Master eingeführt werden.77 Der Bologna-Prozeß ist indessen ein rein europäisches Projekt. Eine Vergleichbarkeit mit außereuropäischen Graden im Sinne einer automatischen Gleichwertigkeit, auch wenn diese formal die Bezeichnung Bachelor und Master führen, ist von vornherein nicht gegeben. Auch in jenen Ländern gibt es nicht „den Bachelor“ oder „den Master“. Vorherrschend ist die Vielfalt und die Kombinationsmöglichkeit. Es existieren in den angelsächsischen Hochschulsystemen zwar charakteristische Merkmale von Programmen, mit der Bachelor- / Masterstruktur verbindet sich aber kein bestimmtes Studienmodell.78 Das gilt auch für den europäischen Raum, hier also insbesondere für Großbritannien. Mit dem Abschluß Bachelor wird in den angelsächsischen Ländern (lediglich) bescheinigt, daß das Bachelorstudium erfolgreich absolviert worden ist. Damit wird weder auf einen besonders hohen Spezialisierungsgrad hingewiesen, noch drückt der Grad eine besondere Qualifikation aus. Die Abschlußnoten sind allerdings stark differenzierend. Der Bachelor sichert auch keineswegs die Zulassung zu einem Masterprogramm. Dieser Grad ist lediglich Voraussetzung für eine Bewerbung zum postgradualen Studium. Die Auswahlentscheidung erfolgt dann dezentral und auf Grund eines individuellen Aufnahmeverfahrens.79 Sichert also ein Bachelor, in Großbritannien erworben, keineswegs die Zulassung zu einem folgenden Masterstudium an einer englischen Universität, so gilt dies entsprechend für ausländische Bewerber. Der Aufschrei, der seinerzeit mit dem Verdikt durch die Presse hallte, der deutsche Bachelor werde in Großbritannien nicht anerkannt,80 verwechselt schlichtweg die Anerkennung eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses – der unstrittig mit einem ähnlichen deutschen Amtliche Begründung zu § 19 HRG (1998), BT Drs. 13 / 8796, S. 20. Grundlegend Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 6 ff. 79 Vgl. Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 23 ff. 80 Vgl. unter Kapital III. 1. b). 77 78

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XI. Entwicklung und Akzeptanz der Studiengänge

Bachelor gegeben wäre – mit der noch ausstehenden Zulassung, über die jede Hochschule autonom entscheidet. Auch die jüngst berichtete „Bachelor-Verwirrung“ in den USA über die deutschen Abschlüsse enthält kein neues Argument.81 Die Frage, was ein dreijähriger deutscher Bachelor wert sei im Verhältnis zum vierjährigen amerikanischen Bachelor läßt sich ebenfalls nur anhand der Programminhalte des Studienganges und der nachgewiesenen Leistungen beurteilen. Eine Gleichwertigkeit, reklamiert über eine bloße formale Gleichstellung, kann gar nicht gerechtfertigt sein. Dieser Weg wird auch nicht in den USA beschritten. Der Übergang zu einem Masterprogramm erfolgt ausschließlich mit Hilfe leistungsbezogener, von der jeweiligen Hochschule aufgestellten Aufnahmekriterien und individuellen Leistungseinschätzungen.82 Dem jüngsten Anerkennungsstreit um einen europäischen Bachelor dürfte in den USA auch eine ganz andere Befürchtung zugrunde liegen. Gute und kürzere europäische Bachelor bedeuten für viele Graduierten-Programme an den amerikanischen Universitäten eine echte Herausforderung. Damit erwächst dem amerikanischen Bildungsmarkt ein erstzunehmender Konkurrent. Die Antwort auf die Frage, ob und in welchem Umfang der deutsche Bachelor im Ausland anerkannt wird, fällt realistischerweise sehr zurückhaltend aus. Die Qualität eines Bachelorstudiengangs ist bereits innerhalb der deutschen Hochschullandschaft höchst unterschiedlich, vielleicht sogar entwicklungsoffen. Im konsekutiven Verlauf können sich die Differenzen weiter auswirken. Die Anerkennung des deutschen Bachelor im europäischen Raum beschränkt sich (vorläufig) nur auf die formale Voraussetzung, d. h. der deutsche Bachelorabsolvent hat eine Voraussetzung im formalen Bewerbungsverfahren an ausländischen Universitäten erfüllt. Die Zulassung hängt von weiteren Einschätzungen und Bewertungen ab. Inwieweit einheitliche Vorstellungen im Rahmen der Verwirklichung eines europäischen Hochschulraums greifen werden, müssen zukünftige Entwicklungen erweisen. Im Verhältnis zu außereuropäischen Standards, hier also insbesondere zu US-amerikanischen Einstufungen und Qualitätsver81 Vgl. Interview mit Hoffmann, Direktor der Fulbright-Kommission, in: Die Zeit vom 8. 7. 2004, S. 30. 82 Vgl. Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier, Nr. 55, 2004, S. 41.

2. Die Akzeptanz der Bachelor- und Masterstudienangebote

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fahren, sind jedenfalls zusätzliche Akzeptanzschwierigkeiten und vor allem handfeste Wettbewerbskonflikte um Anteile am internationalen Bildungsmarkt nicht auszuschließen. Bei Lichte betrachtet ist das Problem der Akzeptanz eines einheitlich verwendeten akademischen Grades eingebettet in das Thema, in das es hineingehört: nämlich in die Feststellung, wie attraktiv eine wissenschaftliche Ausbildung mit berufsqualifizierendem Abschluß im Wettbewerb ist. Hierüber entscheiden die nachgewiesenen Profile und Leistungen (z. B. dokumentiert durch das diploma supplement), die Qualitätssicherungsverfahren (etwa durch qualitätssichernde Agenturen oder durch Akkreditierungsverfahren), zwischenstaatliche Anerkennungsvereinbarungen (naheliegend wären EU-Richtlinien und multilaterale Hochschulabkommen) und vor allem der Arbeitsmarkt (Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit durch das Studium). In diesem Sinne sind die neu einzuführenden Studienangebote in Deutschland dazu verurteilt, den Wettbewerb zu bestehen.

XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems Bildungspolitisch gewichtet ist die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen in Deutschland mehr als nur auf den Weg gebracht. Größere Bedeutung dürfte dem Umstand beizumessen sein, daß der Systemwechsel gesetzlich und verfahrensmäßig abgesichert worden ist. Die Entwicklung wird zum jetzigen Zeitpunkt als unumkehrbar eingeschätzt, weil alle Kultusminister darauf bestehen, die neuen Studiengänge einzuführen und die herkömmlichen Diplomstudiengänge abzulösen. Die Hochschulen setzen die Vorgaben um, mit jährlichen Steigerungsraten bei den neuen Studienangeboten von über 30% und bei den Studienanfängerzahlen von über 50%. Kritische Beobachter und noch zweifelnde Experten könnten, nein, sie müßten sich also zurücklehnen. Es ist nicht mehr zu diskutieren, ob die neuen Studiengänge eingeführt werden, sondern nur noch wie. Es liegt jedoch im Wesen eines Umstellungsprozesses begründet und dies gilt erst recht für derartige große Herausforderungen wie der gegenwärtigen, ein historisch gewachsenes Hochschulsystem in den Grundlagen zu verändern, daß das Ergebnis der Entwicklung nicht sicher ist, nicht einmal in den einzelnen Zwischenstationen und absehbaren Zeiträumen. Die Unwägbarkeiten gründen sich auf mehrere Befunde. Zum ersten wird bezweifelt, ob die strukturellen Voraussetzungen zur Einführung des neuen und andersartigen Systems in Deutschland im Vergleich zu den ausländischen Hochschulsystemen überhaupt vorliegen. Zum zweiten bedarf es einer Art Evaluation, um herauszufinden, ob die mit den gesetzgeberischen Vorhaben verfolgten Ziele des Regelangebots Bachelor / Master eingetreten sind oder mit welchen Mitteln diese Ziele auf absehbare Zeit verwirklicht werden können. Und drittens müssen Aussichten und Entwicklungschancen aufgezeigt werden, damit die unmittelbar vor Ort Betroffenen (Hochschullehrer, Studierende) den Reformprozeß akzeptieren und mittragen.

1. Vom deutschen zum anglo-amerikanischen System

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Aus der Analyse und Abklärung dieser Befunde sollte ablesbar sein, welche Perspektiven das neue Studiensystem in Deutschland hat.

1. Vom deutschen zum anglo-amerikanischen Studiensystem: Grundbedingungen, Widersprüche und Perspektiven Das deutsche Hochschulsystem beruht auf einigen Rahmenbedingungen sowie realen als auch fiktiven Grundannahmen, die von dem anglo-amerikanischen System abweichen. Damit könnte die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen erschwert, im Widerspruchsfall vielleicht sogar in Frage gestellt sein.

a) Die Fiktion von der Gleichrangigkeit aller Universitäten Alle klassischen deutschen Hochschulen sind zugleich Forschungsund Lehruniversitäten. Diese Annahme beruht auf der geschichtlich gewachsenen Tradition der Einheit von Lehre und Forschung (Humboldtsche Bildungsideal). Differenzierungen zwischen den einzelnen Universitäten finden daher grundsätzlich nicht statt. Reformerisches Anliegen der Hochschulpolitik in der Vergangenheit war es weniger, nach Hochschularten und Studienangeboten zu differenzieren, Anreize für Forschungstätigkeiten zu entwickeln oder wissenschaftliche Exzellenz zu fördern.1 Die Bestrebungen zielten mehr in die Richtung, das Hochschulsystem zu vereinheitlichen. 2 Sobald Differenzierungen inhaltlicher Art, z. B. im Studienangebot durch mehr praxisorientierte Anteile und in der institutionellen Verankerung, z. B. durch die Errichtung von Fachhochschulen, wirksam werden sollten, brach heftiger Streit um die Rangordnung aus. Bis auf den heutigen Tag wird gerätselt, welche segensreichen Folgen denn nun mit der Gleichheitsformel bewirkt worden sind, Fachhochschulen seien andersartig, aber den Hochschulen gleichwertig.3 Und unverändert sto1 Grundlegend: Wissenschaftsrat, Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, insb. S. 6 ff., 40 ff. 2 Vgl. statt vieler Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule, 2000, S. 83. 3 Der Wissenschaftsrat beschreibt den Zustand von Fachhochschule und Universität in diesem Zusammenhang als eine Blockade im langfristigen Pro-

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XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems

ßen alle Vorhaben, die auf eine Differenzierung der „einheitlichen“ Studienverhältnisse abzielen, die die unterschiedlichen Profilausbildungen herausarbeiten oder die die unterschiedlichen Folgen studentischer und wissenschaftlicher Leistungen darstellen wollen, auf geringe Resonanz. Das gilt beispielsweise für die Schwierigkeiten bei der Implementierung von Qualitätssicherungsverfahren in Deutschland oder die argwöhnisch beäugte Einführung von Rankings, die herablassend allgemeinen Wochenzeitschriften überlassen werden. Anders in den Vereinigten Staaten: Das amerikanische Bildungssystem ist hoch differenziert in staatliche, private und kommerzielle Institutionen, mit unterschiedlichem Bildungsauftrag, profilierten Studiengängen und einer Vielzahl von Abschlüssen. Erwünscht wird ein passendes und wettbewerbsorientiertes Studienangebot, keinesfalls ein einheitliches Angebot aus einer gleichförmigen Hochschule. Der Studierwillige in den Vereinigten Staaten orientiert sich zuvörderst an den Classification Institutions of Higher Education, also der Zusammenstellung der Angebote, aufgefächert nach den charakteristischen Hochschultypen. Sodann berücksichtigt er den Rang und die Reputation, die die Hochschule im Ranking-Verfahren erlangt hat. Die Aufteilung der amerikanischen Hochschule wird wie folgt klassifiziert:4 associate’s colleges (42,3% der postsekundären Einrichtungen), baccalaureate colleges (15,4%), master’s colleges / universities (15,5%) und forschungsorientierte doctoral bzw. research universities (6,6%). Als vollakademisch im deutschen Sinn, d. h. Forschung und Lehre gemeinsam tragend, haben sich in den USA 125 Hochschulen als Forschungsuniversitäten (research universities) etabliert bei einer Gesamtzahl von ca. 3.000 US-Hochschulen. Dies entspricht lediglich einem Anteil von ca. 3 bis 6% an den gesamten amerikanischen Hochschuleinrichtungen.5 In Deutschland beträgt der Anteil ca. 75% der zeß der Differenzierung der Hochschulausbildungen, die offensichtlich nur durch ordnungspolitischen Eingriff aufgelöst werden könne, Wissenschaftsrat, Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, S. 17. 4 Angaben nach den Untersuchungen der Carnegie Foundation im Jahr 2000, zitiert aus Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 38. 5 Zitiert nach Mewes, Das amerikanische Hochschulsystem – Ein Modell für Deutschland? in: Breinig / Gebhardt / Ostendorf (Hrsg.), Das deutsche und

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Angebote im vollakademischen Sinn. Die entsprechenden Studentenzahlen lauten: Ca. 15% der Studierenden, das entspricht 2,04 Millionen, waren in den Vereinigten Staaten in den Forschungsuniversitäten eingeschrieben, bei einer Gesamtzahl von 14,9 Millionen Studierenden (1995).6 In Deutschland sind im entsprechenden Jahr (1995) 66,4% aller Studierenden, das entspricht einer Anzahl von 1,23 Millionen, in den Universitäten immatrikuliert gewesen.7 In Großbritannien ist seit jeher das Hochschulsystem in „old universities“ und den eher praxisorientierten polytechnics aufgeteilt, die tradierten Unterschiede wirken bis heute fort. 1992 wurde den polytechnics universitäre Rechte eingeräumt. Im sogenannten White Paper on Research Policy (1993) ist die Struktur der Graduiertenausbildung und die Gewichtung von Forschungsinteressen neu thematisiert worden. Gleichwohl hatte sich, nachdem etwa 90 Universitäten etabliert waren und die Hochschultypen in einem unitary system vereinigt waren, eine Gruppe von Universitäten als tonangebende „Spitzenuniversitäten“ herausgebildet (sogenannte Russell Group). Sie besteht aus forschungsstarken Universitäten, derzeit 19, und ist zu einer wichtigen Institution geworden.8 Die historisch gewachsenen Universitäten Oxford und Cambridge, als sozusagen „klassische Vor-Humboldtsche Lehruniversitäten“ entziehen sich wegen ihrer Besonderheit ohnehin einer generalisierenden Betrachtungsweise.

das amerikanische Hochschulsystem, 2001, S. 195 (198). Die Unterschiede zu den Zahlen der Carnegie Foundation erklären sich mit der jeweiligen Einbeziehung von „Hochschulinstitutionen“ sowie der nicht festgelegten Bezeichnung Çollege“. Auch die research universities sind nicht frei von Kritik, so werden z. B. die „Erfolge“ der Differenziertheit problematisiert. Den research universities wird u. a. vorgeworfen, sie vernachlässigten die Bachelor-Ausbildung und sie seien in vielen Fällen nicht einmal ihr Geld wert, Boyer Commission on Educating Undergraduates in the Research University, ohne Datum; die Kommission trifft sich seit 1995, Kontakt: S.S. Kenny, State University of New York at Stony Brook, N.Y. 11794 – 0701, S. 16; kritisch auch u. a. Schuster, Forschungsuniversitäten in den USA, WissR 1999, 346 ff. 6 Angaben nach Mewes, Das amerikanische Hochschulsystem – Ein Modell für Deutschland? in: Breinig / Gebhardt / Ostendorf (Hrsg.), Das deutsche und das amerikanische Hochschulsystem, 2001, S. 195 (198). 7 Quelle: Statistisches Bundesamt, veröffentlicht in: Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, S. 218, Tab. A 15. 8 Vgl. ausführlich Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 17.

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XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems

Die old universities, die ehemaligen polytechnics (new universities), die red brick universities, die big civic universities, sie alle bieten stark differenziert und mit unterschiedlichen Schwerpunkten eine Fülle von profilgeprägten Bachelor- und Masterprogrammen an. Sehr aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Bedeutung des „unitary systems“, in dem insgesamt 73 Hochschultypen vereinigt sind. Damit ist nicht das einheitliche System gemeint, sondern die wettbewerbliche Profilierung auf der Grundlage gleicher Regeln.9 In Deutschland hingegen herrscht die Fiktion von der Gleichrangigkeit der Universitäten,10 ohne Ansehen der Strukturen und der erzielten Ergebnisse, ohne Berücksichtigung der Zahl und der Herkunft der Studierenden sowie ohne Differenzierungen nach dem Lehr- und Lernkörper, mithin kaum orientiert an input-, noch weniger an output-Faktoren. Der Befund im Vergleich zu den anglo-amerikanischen Hochschultypen ist mithin eindeutig: dort das Angebot an öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen mit ganz unterschiedlichen Bildungszielen und Zugangsvoraussetzungen, hier eine Art geschlossenes Hochschulsystem mit feststehenden Bildungszielen und juristisch zementierten Zugangsvoraussetzungen. Die Befürchtung, daß die Übernahme wesentlicher Teile aus einem anderen Hochschulsystem (Bachelor / Master) nicht ohne Brüche oder sogar schädliche Auswirkungen auf das eigene System sein könne, müßte als real angesehen werden – wenn die Grundannahme stimmt, deutsche Hochschulen seien gleichrangig. Das ist aber nicht der Fall. Die Studiengänge an den deutschen Hochschulen sind spätestens in der Gegenwart höchst unterschiedlich eingerichtet, im Hinblick auf ihren qualitativen Anspruch, bezogen auf das Lehrpersonal und die Zusammensetzung der Studierenden, vor allem im Hinblick auf die Leistungsnachweise im Studium und die Forschungsergebnisse. Für die Hochschule als Institution gilt dieses gleichermaßen, sei es im 9 Vgl. Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 17, Fußn. 11. 10 Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule, 2000, S. 123; Dahrendorf, Oxford ist kein Modell, DUZ 18 / 2001, S. 11. Mittelstraß spricht in diesem Zusammenhang vom Mythos der Gleichwertigkeit aller Universitäten und dem einheitlichen Bildungsideal nach Humboldt, in: Die unzeitgemäße Universität, 1994, S. 26.

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Hinblick auf deren Leitbild, die Schwerpunktsetzungen, die Ausstattungen und die Anziehungskraft. Die sich erst entwickelnden Qualitäts- und Quantitätsvergleiche sowie die ersten Rankings (Stern, Focus, CHE) haben jedenfalls klare Hinweise auf die Differenziertheit der Fächer und Institutionen gegeben, die sich ohne Zweifel verstärken werden. Faktisch treten bereits heute große Profil- und Leistungsunterschiede zwischen den Institutionen und in den einzelnen Teilen des Hochschulsystems auf.11 Das Fach Betriebswirtschaft an der Universität Köln ist qualitativ eindeutig anders positioniert als an der Universität Kiel, das Fach Rechtswissenschaft an der Universität Heidelberg anders als an der Universität Bremen, das Fach Politische Wissenschaft an der FU Berlin anders als an der Universität Saarbrücken. Gleichrangig waren und sind in Deutschland „die“ Hochschulen in Wirklichkeit nie gewesen, nicht in der Bedeutung und Leistungskraft und Ausstrahlung des einzelnen Faches und auch nicht als Institution. Das deutsche Hochschulsystem, verstanden als einheitliches Organisations- und Leistungssystem, wird als vorgebliches Ideal hochgehalten. Diese erwiesenermaßen nur als Fiktion anzutreffende Vorstellung würde mithin die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengänge nicht verhindern oder untauglich machen können. Die Entkleidung der Hochschulen von der Fiktion, alle Einrichtungen und Angebote seien gleich, eröffnet, positiv gewendet, die Chance, differenzierte Studienangebote und profilgebende Hochschulen herauszuarbeiten. Genau in diese Richtung werden die neuen Bachelor- / Masterstudiengänge wirken können. Auf den Feldern der Profilbildung, Wettbewerbsorientierung und Differenzierung liegen ihre Stärken. Zur Erreichung des Zieles, für jeden Studierwilligen die seinen Neigungen und Möglichkeiten entsprechende Studienauswahl treffen zu können, bieten die neuen Studiengänge die realen Zukunftsperspektiven, weil deren Abschlußgrade weltweit anerkannt sind. Mit dem Mythos der Gleichwertigkeit aller Hochschulen (Mittelstraß) können schließlich auch keine Perspektiven aufgezeigt werden, wie im internationalen Wettbewerb zu bestehen ist. Der Ausbau von deutschen Spitzenuniversitäten mit internationalem Zuschnitt setzt die Differenzierung des Hochschulsystems voraus.12 Hinzu kommt, 11 Wissenschaftsrat, Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, S. 34.

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bedingt durch die sehr wirksame Ressourcenknappheit in nahezu allen Ländern, daß wissenschaftliche Exzellenz in Lehre und Forschung nach internationalem Maßstab nur in solchen wissenschaftlichen Einrichtungen gesichert werden kann, die nahezu ausschließlich auf diese Zielorientierung hin ausgerichtet sind. b) Die Fiktion des Vollzeitstudiums Die Studiengänge in Deutschland werden danach konzipiert, daß der Studierende ein Vollzeitstudium absolviert.13 Entsprechend werden die Regelstudienzeit und die Ressourcen bemessen. Die Festsetzung der Kapazitäten eines Studienganges wird von der Fiktion bestimmt, jeder Studierende werde sein Studium in der Regelstudienzeit nicht nur beenden können, sondern auch tatsächlich beenden. Die Rechtsprechung hat dies mit dem Kapazitätsrecht anerkannt. In weiteren Bereichen ist bekräftigt worden, daß ein Studium in Deutschland typischerweise eine Vollzeitausbildung sei, die die Arbeitskraft in vollem Umfang in Anspruch nehme.14 Auch das BAföG, die Kindergeldregelungen, das Unterhaltsrecht, das Steuerrecht, die studentische Krankenversicherung, die Gewährung von Arbeitsgeld und weitere soziale wie kulturelle Vergünstigungen orientieren sich grundsätzlich am Maßstab des Vollzeitstudierenden. Die Realität sieht anders aus. Erwerbstätigkeit, Konsumorientierung, Arbeits- und Lernschwierigkeiten, Engagement außerhalb der Hochschule sowie familiäre und persönliche Umorientierungen führen in steigendem Maße dazu, daß vom Idealbild eines Vollzeitstudiums abgewichen wird.15 Der Wissenschaftsrat unterscheidet fünf Studierendengruppen, die faktisch Teilzeit studieren. Studierende mit familiären Verpflichtungen, Erwerbstätige aus studiengangbezogenen Gründen oder im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung oder 12 So ausdrücklich und systemvergleichend Gebhardt, in: Breinig / Gebhardt / Ostendorf (Hrsg.), Das deutsche und das amerikanische Hochschulsystem, 2001, S. 1 (16). 13 Vgl. statt vieler Utz, Aufgaben der Hochschulen, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2001, Rdnr. 659. 14 OVG Münster, WissR 1998, 65 (69), betreffend das Semesterticket. 15 Vgl. zu den Gründen HRK, Position zum Teilzeitstudium, Entschließung des Plenums vom 10. 11. 1997, S. 3 ff. unter Hinweis auf die Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerkes.

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zur Mitfinanzierung des Studiums sowie Studierende, die den unzureichenden Studienbedingungen an den Hochschulen ausweichen.16 Anerkannte Definitionen für das Teilzeitstudium existieren nicht.17 Nach der 14. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks waren 1994 etwa 60% der Studierenden an deutschen Hochschulen neben ihrem Studium erwerbstätig, im Jahr 2003 waren es 68% (17. Sozialerhebung, 2004). Das Ausmaß der Erwerbstätigkeit schwankt dabei von einem Studium mit mehr oder weniger als 25 Wochenstunden und einer Erwerbstätigkeit in diesem Zeitraum zwischen mehr oder weniger als 15 Stunden pro Woche. Diese Orientierung erfolgt in Analogie zu dem in der Arbeitswelt vorherrschenden Zeitmodell (mindestens 25 Stunden pro Woche für ein Vollzeitstudium).18 Legt man in anderer Weise den Zeitaufwand für das Studium von Vollzeitstudierenden mit 40 – 45 Stunden pro Woche fest und geht von einer Präsenzzeit von etwa 20 SWS aus, so läge ein Teilzeitstudium dann vor, wenn der Studierende mindestens einer Halbtagserwerbstätigkeit nachgeht, also mehr als 80 Stunden im Monat erwerbstätig ist. Danach hätten 1994 etwa 350.000 Studierende, d. h. jeder 5. bis 6. Studierende im Teilzeitstudium studiert.19 Der Wissenschaftsrat kommt für dasselbe Jahr zu niedrigeren Zahlen, legt aber offenbar andere Studierendenzahlen zugrunde.20 In anderen Erhebungen, in denen die Selbsteinschätzung der Studierenden maßgeblich ist, beläuft sich die Zahl der Teilzeitstudieren16 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Differenzierung des Studiums durch Teilzeitstudienmöglichkeiten, 1998, S. 14 ff. 17 Verstärkte Bemühungen um eine Aufklärung der Voraussetzungen und Bedingungen für ein Teilzeitstudium sind u. a. angestellt worden vom BMBF (Hrsg.), Das soziale Bild der Studentenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, zuletzt: 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, 2004; Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (Hrsg.), Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, 1996; Bargel / Multrus / Ramm, Studium und Studierende in den 90er Jahren, 1996; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Differenzierung des Studiums durch Teilzeitstudienmöglichkeiten, 1998. 18 Diese Orientierung wurde zugrunde gelegt in der HIS-Studie, durchgeführt im Auftrag des BMBF zur 14. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, 1995. 19 Vgl. Berechnung der HRK, in: Positionen zum Teilzeitstudium, 1997. 20 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Differenzierung des Studiums durch Teilzeitstudienmöglichkeiten, 1998, S. 19.

23 Wex

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den sogar auf rund 500.000, d. h. nahezu jeder dritte Studierende absolvierte lediglich ein Teilzeitstudium (1995).21 Unabhängig von diesen Berechnungsschwierigkeiten kann man realitätsnah vermuten, daß derzeit schon über 30% der Studierenden ein Teilzeitstudium betreiben, mit steigender Tendenz. Wie sieht die Situation in den Ländern aus, die Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten? Vorab verdient der Expertenrat Beachtung, daß es äußerst problematisch sei, Zahlen aus internationalen Statistiken zum Teilzeitstudium zusammenzustellen. Die hochschulspezifischen Besonderheiten lassen nur eine begrenzte Vergleichbarkeit zu.22 Unter diesem Vorbehalt können jedoch folgende Zusammenstellungen zugrunde gelegt werden. In den Vereinigten Staaten beträgt der Anteil der Teilzeitstudenten an der Gesamtzahl der Studierenden 42% (im Graduiertenbereich sogar 54%), in Großbritannien 37%.23 Diese Zahlen beziehen sich auf formelle Teilzeitstudenten, also diejenigen, die offiziell die Teilzeitstudienangebote wahrnehmen. In beiden Staaten steht nicht im Vordergrund, das Studienangebot an wissenschaftlichen Disziplinen auszurichten. Maßgeblich sind die Bedürfnisse der Studierenden und des Marktes. Ein flächendeckendes Angebot von Studienmöglichkeiten in Teilzeitform neben dem Vollzeitstudium existiert daher nicht.24 Erwähnenswert dürfte die Dauer des Teilzeitstudiums in Großbritannien 21 Berning / Schindler / Kunkel, Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (Hrsg.), 1996, S. 179. 22 Vgl. hierzu und im folgenden Berning / Schindler / Kunkel, Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulentwicklung (Hrsg.), 1996, S. 178. 23 Berning / Schindler / Kunkel, Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulentwicklung (Hrsg.), 1996, S. 179 (Angaben für das Jahr 1986). Der Wissenschaftsrat gibt für das Jahr 1995 / 96 den Anteil der Teilzeitstudierende in Großbritannien mit 27% an, in den USA für das Jahr 1990 mit etwa 44%, vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Differenzierung des Studiums durch Teilzeitstudienmöglichkeiten, 1998, S. 25, 26. 24 Berning / Schindler / Kunkel, Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulentwicklung (Hrsg.), 1996, S. 181.

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sein. Auch unter Berücksichtigung der differenzierten Angebote wird die durchschnittliche Dauer mit 4,5 Jahren angegeben, sie ist daher nur unwesentlich länger als die durchschnittliche Zeit des Vollzeitstudiums.25 Die plausible Begründung lautet: credits können gesammelt und kumuliert werden. Dies gilt auch für die USA. Das hat insbesondere Bedeutung für die Unterbrechung des Studiums durch eine Erwerbstätigkeit. In Deutschland hätte die Realisierung des faktischen Teilzeitstudiums einschneidende Veränderungen zur Folge. Diese beziehen sich zunächst auf das Studierverhalten und das Lehrangebot. Studierwillige können mit einem Teilzeitstudium ganz anders ihr Studium, den zukünftigen Beruf und ihr Leben planen und gestalten. Diese individuelle Planung wird heute mehrheitlich als wesentlich angesehen, um studentische Motivation zu fördern und flexibel auf die sich verändernde Arbeitswelt zu reagieren. Korrespondierend für die Verwirklichung des Teilzeitstudiums kommt auf die Hochschulen die Aufgabe zu, den konkreten Bedarf der Studierwilligen zu ermitteln und darauf aufbauend attraktive Teilzeitstudien anzubieten. Auch ein derart individuell gestaltetes Teilzeitstudium setzt Rahmenbedingungen voraus, damit es ein akademisches bleibt. Dazu gehören die Teilnahme an betreuender Lehre, Selbststudium und der Nachweis erbrachter Leistungen innerhalb eines begrenzten Zeitraums.26 Die optimistische Einschätzung des Wissenschaftsrats, an gleicher Stelle geäußert, das Teilzeitstudium sei im Ergebnis kostenneutral zu bewältigen, wird nicht geteilt. Hiergegen sprechen die derzeit schon existierenden sehr schlechten Betreuungsverhältnisse, die die zusätzlich erforderlich werdenden Anstrengungen der Hochschullehrer obendrein erschweren. Zur Verwirklichung des Zieles, ein Teilzeitstudium individuell zu gestalten und damit immerhin ein reales Potential von ca. 30% aller Studierwilligen in Deutschland zu erreichen, bietet das gestufte Studiensystem größte Hilfestellung an. Zum einem bereits durch die differenzierenden Grade des Bachelor und Master, die es dem Studierenden erlauben, nicht nur auf den Alles-oder-Nichts-Abschluß des Di25 Berning / Schindler / Kunkel, Teilzeitstudenten und Teilzeitstudium an den Hochschulen in Deutschland, Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulentwicklung (Hrsg), 1996, S. 182. 26 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Differenzierung des Studiums durch Teilzeitstudienmöglichkeiten, 1998, S. 34 ff.

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ploms zu setzen. Zum anderen eröffnen vor allem die struktuellen Elemente des Leistungspunktsystems, die Modularisierung und der mögliche Erwerb von Leistungspunkten dem Teilzeitstudierenden die Möglichkeit, das Studium zeitlich und inhaltlich und vor allem individuell zu gestalten.27 Die Aufteilung des angeblichen Vollzeitstudiums in die tatsächlichen Anteile der Voll- und Teilzeitaktivitäten mithilfe von Bachelorund Masterstrukturen erweist sich nicht nur als außerordentlich zukunftsgestaltend für die Institution Hochschule und den Arbeitsmarkt. Angesichts der veränderten Lebensumstände und Lebenseinstellungen wird die Differenzierung sogar notwendig, um Studienerfolge real werden zu lassen. Die positiven Erfolge in derart differenzierten Studienangeboten lassen sich ernsthaft nicht bezweifeln. Umgekehrt müßte sogar zugespitzt formuliert werden, daß die Aufrechterhaltung eines in Teilen fiktiv betriebenen Vollzeitstudiums das Festhalten an einem strukturellen Defizit im Studienangebot eines Hochschulsystems manifestiert.28 c) Die fiktive Planungsgröße Regelstudienzeit Die Studiendauer, präziser die Nichteinhaltung der Regelstudienzeit, wird zu Recht als das Schlüsselthema in der Reformdiskussion über das deutsche Hochschulwesen bestimmt. Würde das deutsche Diplom, wie durch den Staat und die Hochschulen festgelegt, in der Regel nach neun Semestern ausgestellt, gäbe es mit hinreichender Sicherheit keine Notwendigkeit, die Grade Bachelor und Master in Deutschland einzuführen. Im Gegenteil, die europäischen und außereuropäischen Staaten kämen ins Grübeln, ob sie nicht auch das anerkannt qualitätsvolle Diplom einführen wollen, einschließlich der damit verbundenen Voraussetzungen des deutschen Hochschulsystems. 27 Zu Recht wird in den BLK-Materialien darauf hingewiesen, daß die Bedingungen für das Teilzeitstudium rechtlich verankert sein müssen. Ferner müsse die Studierbarkeit der Angebote organisatorisch geregelt und auch die Regelstudienzeit, einschließich der Folgen für den Studierendenstatus, neu festgelegt werden, BLK, Modularisierung in Hochschulen, Heft 101 (2002), S. 80 ff. 28 Im Vergleich mit anderen Hochschulsystemen kommt der Wissenschaftsrat ebenfalls zu dieser Feststellung, vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Differenzierung des Studiums durch Teilzeitstudienmöglichkeiten, 1998, S. 36.

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In dem anglo-amerikanischen Studiensystem stellt die Einhaltung der Regelstudienzeit im wesentlichen kein Problem dar. In Großbritannien halten über 80% der Studierenden die vorgeschriebene dreijährige Studienzeit bis zum Abschluß des Bachelor ein. In den USA wird die regelmäßig vierjährige Bachelorstudienzeit ebenfalls durchweg befolgt.29 Als Gründe für die Einhaltung der Regelstudienzeit in diesen Ländern werden genannt: Das Studium ist in der vorgeschriebenen Zeit tatsächlich studierbar und eindeutig strukturiert; es wird klar unterschieden in Voll- und Teilzeitstudium; das Zulassungssystem selektiert und vor allem, das Prüfungssystem sichert den Ablauf des Studiums und die Einhaltung der Regelstudienzeit.30 In Deutschland lautet die Diagnose: hoffnungslos. In den letzten vierzig Jahren hat sich die Studiendauer, von einzelnen Unterbrechungen abgesehen, im Durchschnitt in nahezu allen Fächern verlängert. Daran ändert auch nichts die geringe rückläufige Entwicklung in einzelnen Fächern. Allein die Fachstudiendauer hat sich kontinuierlich gesteigert, von 8,4 Semestern (1990) auf 8,7 Semester (1997) und 9,0 Semester (2001) für Fachhochschulabsolventen. Im Universitätsbereich (Diplom) lautet die entsprechende Fachstudiendauer: 11,8 Semester (1990), 12,0 Semester (1997) und 12,1 Semester (2001).31 Die Schwundquote (Abbruch und Wechsel des Studiengangs) liegt im Fachhochschulbereich bei ca. ein Drittel aller Studierenden, im Universitätsbereich bei der Hälfte aller Studierenden.32 Die durchschnittliche Studiendauer in den einzelnen Studiengängen liegt in der Regel noch 1,5 bis 2 Semester über der reinen Fachstudiendauer, sie beträgt über alle Studiengänge gerechnet regelmäßig 14 Semester.33 Über die Ursachen der Nichteinhaltung der Studiendauer in Deutsch29 Vgl. Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 24, 51. 30 Vgl. Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 24; Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 53. 31 Quelle: Statistisches Bundesamt, VI E, Durchschnittliche Fachstudiendauer in Semestern der Absolventen. 32 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, S. 24 unter Bezugnahme auf weitere Literatur. 33 Vgl. Statistisches Bundesamt, Prüfungen an Hochschulen, abgedruckt in: iwd vom 18. 9. 2003, S. 3 sowie unter Kapitel II. 2. b).

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land ist aus den verschiedensten Lagern geklagt worden und es wird auch weiter geklagt: aus studentischer Sicht, aus der Sicht der Hochschullehrer, von den Hochschulleitungen und Verbänden, in Wissenschaftsorganisationen, von der Wirtschaft usw. Entgegen allen guten und schlechten Analysen sowie allen guten und schlechten Ratschlägen zum Trotz hat sich durch die jahrzehntelange Diskussion, selbst durch Androhung von Sanktionen bei Überschreiten der Regelstudienzeit an dem Befund wenig geändert. Die plausible Erklärungsalternative kann daher nur lauten: Die Regelstudienzeit ist wiederum nur eine fiktive Größe ohne reale Bezugspunkte und daher zur Orientierung nahezu unbrauchbar oder die bisherigen Maßnahmen zur Einhaltung der Regelstudienzeit waren untauglich. Die Regelstudienzeit ist die Zeit, in der ein durchschnittlich leistungsfähiger Studierender bei normalem Studienverlauf den ersten berufsqualifizierenden Abschluß erwerben kann. Die Regelstudienzeit ist keine Mindeststudienzeit. Sie wird als Sollzeit definiert und nimmt auf die individuellen Studienverläufe keine Rücksicht. Die Hauptaufgabe der Regelstudienzeit ist es, eine curriculare Zeitvorgabe für die Auswahl und Begrenzung der Lehrinhalte festzulegen, erst in zweiter Linie hat sie Bedeutung für Prüfungsfristen und eventuelle Sanktionen.34 Kurioserweise ist das Prinzip der Mindeststudiendauer gerade aus dem Grunde abgelöst worden, weil deren Orientierungsfunktion nicht mehr gewährleistet sei. Die tatsächliche Studiendauer habe sich immer weiter von der Mindestfestlegung entfernt. Exakt in diesem Dilemma befindet sich die Ordnungsgröße Regelstudienzeit heute, so daß konsequenterweise wiederum eine Ablösung oder Neuorientierung zu erfolgen hätte. In die Definition der Regelstudienzeit ist gleichsam eingeschlossen die Voraussetzung, die Bode treffend beschreibt, daß nämlich eine entsprechende Gestaltung der Studienordnung und des Lehrangebots besteht.35 Diese „entsprechende“ Gestaltung bedeutet letztlich die Herstellung der Studierbarkeit des Faches. Alle diesbezüglichen Anstrengungen haben keinen Erfolg gehabt. Das Vorhaben, Studienreform mit Hilfe der Planungsgröße Regelstu34 Vgl. hierzu und im folgenden Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRGKommentar, 1978, § 10 Rdnr. 6. 35 Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 10 Rdnr. 11.

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dienzeit zu betreiben, muß aus heutiger Sicht als gescheitert angesehen werden. Auf der inhaltlichen Ebene haben die Versuche sich als untauglich herausgestellt, durch eine Begrenzung des Lernstoffs oder konzeptionelle Neuanfänge die Verweildauer zu reduzieren. Aber auch die Maßnahmen auf der Verwaltungsseite blieben erfolglos, sei es, weil Sanktionen bei Überschreiten der Regelstudienzeit letztlich nicht gegriffen haben, sei es, weil selbst in Versäumnisfällen der Prüfungsanspruch bestehen blieb, sei es, und dies dürfte der Hauptgrund sein, weil die Studierenden faktisch den zeitlichen und ausbildenden Anforderungen des Studienganges aus dem Weg gehen. Es sind auch keinerlei Anzeichen dafür ersichtlich, daß sich zukünftig etwas an der Orientierungslosigkeit der Regelstudienzeit ändern wird. Ein Wandel tritt erwiesenermaßen auch nicht durch forcierte „bewußtseinsverändernde Wirkungen“ ein, sollten Ermahnungen zur Fristeinhaltung oder Sanktionen erfolglos bleiben.36 Auch läßt sich die Funktion der Regelstudienzeit kaum wiederbeleben, indem die zeitliche Vorgabe angehoben wird, d. h., wie geschehen, wenn die durchschnittliche Studienzeit von damals vier Jahren auf dann viereinhalb Jahre und jetzt auf fünf Jahre heraufgesetzt würde. Auch diese Sollgröße würde wegen der genannten Widersprüchlichkeit weder von den Lehrenden noch den Studierenden akzeptiert. Vierzig Jahre gesammelte Erfahrungen haben durchweg die negativen Ergebnisse dokumentiert, daß die Einführung und Einhaltung der Regelstudienzeit in den Strukturen und mit den Verhaltenssweisen im deutschen Hochschulsystem nicht funktionieren. Es liegt damit nahe, sich die Voraussetzungen in den Ländern näher anzuschauen, die es ermöglichen, die Regelstudienzeiten einzuhalten. Als zentraler Punkt („Herzstück“) wird von Experten, die beide Systeme kennen, das Prüfungswesen in dem anglo-amerikanischen Studiensystem benannt.37 Die Anmeldung zu den Lehrveranstaltungen, die organisierte Struktur der Lehrveranstaltungen, die grundsätzlich 36 So die ursprünglichen Vorstellungen des Gesetzgebers zu § 17 Abs. 2 HRG, zitiert bei Bode, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG-Kommentar, 1978, § 17 Rdnr. 5. 37 Vgl. u. a. Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 103. Für das australische Bachelor-Prüfungssystem berichtet Keedy von einer Erfolgsquote von 98 % des Studienabschlusses innerhalb der Regelstudienzeit, Keedy, S. 69.

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XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems

schriftlichen und studienbegleitenden Prüfungen, der Erwerb von Leistungspunkten sowie die zeitnahe und begrenzte Wiederholungsmöglichkeit von Prüfungen garantieren die Einhaltung der Regelstudienzeit. Bei einer Umstellung des deutschen Prüfungssystems auf dieses erprobte anglo-amerikanische Modell werden in der Praxis möglicherweise die größten Schwierigkeiten, ja Widerstände zu erwarten sein. Es fällt den am Lehrbetrieb Beteiligten erkennbar schwer, mit einer Anmeldung zu einer Lehrveranstaltung eine verbindliche und frühzeitige Festlegung zu treffen, wo doch bisher die großzügigste Lernfreiheit waltete. Die Vorstellung, in einer Lehrveranstaltung nur dann zugegen sein zu dürfen, wenn eine vorherige erfolgreich und mit Leistungen nachgewiesen besucht worden war, schränkt ebenfalls zahlreiche so als Lehrveranstaltungsfreiheit empfundene Gestaltungswünsche ein. Durchweg schriftliche Prüfungen am Ende jeder Lehrveranstaltungen könnten als unangemessene Kontrollen empfunden werden, die das wahre Leistungsvermögen nur unvollkommen erfaßten und geeignet seien, die Lernmotivation einzuschränken. Schließlich dürfte die Begrenzung von Wiederholungsmöglichkeiten mit ultimativen Sanktionen bei Nichtbestehen die alten Ängste vor einem verschulten und in den Auswirkungen unsozialem Studium schüren. Falls sich diese Ängste, Befürchtungen und Vorstellungen in den konkreten Prüfungsordnungen niederschlagen, ihnen also weitestgehend Rechnung getragen werden soll, bräuchte das neue Prüfungssystem nicht eingeführt zu werden. Ein derartiges „Reform“-Konzept hätte sich bereits im Ansatz von einem Kernelement des neuen Studiensystems verabschiedet. Es sind hier vor allem die Akkreditierungsagenturen gefordert darauf zu drängen, die Vorteile des Prüfungssystems aus den Erfahrungen des anglo-amerikanischen Studiensystems zu nutzen und auf eine Einhaltung zu achten. Derzeitige Anstrengungen sind allerdings nur sehr verhalten zu erkennen. Falls die Standards nicht durchgesetzt werden, dürften alsbald Unvereinbarkeiten mit europäischen Qualitätssicherungsverfahren zu registrieren sein, die dann nicht mehr individuell von Akkreditierungsagenturen auszuhandeln wären. In einem internationalen und wettbewerbsorientierten Hochschulraum wird jedenfalls diejenige Hochschule wenig Ansehen genießen, die ihren Absolventen gestattet, die Prüfungen bis zu sechsmal

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zu wiederholen, während üblicherweise eine höchstens zweimalige Wiederholung als ausreichend erachtet wird, um über die Leistung Auskunft zu geben. Die Perspektive kann bei diesem Reformteil also nur lauten: Wenn das angelsächsische Modell Bachelor und Master mit Erfolg eingeführt werden soll, ist damit untrennbar verbunden, auch das Herzstück zu übernehmen, nämlich die Ausgestaltung des Prüfungssystems. Allein dieses sichert, wie nachgewiesen, die Studierbarkeit der neuen Studiengänge innerhalb der Regelstudienzeit.

d) Der Hochschulzugang Der allgemeine Hochschulzugang und die konkrete Berechtigung, an einer Hochschule zu studieren, sind im angelsächsischen und deutschen System grundlegend verschieden geregelt. Für Großbritannien gilt:38 Der Übergang vom schulischen zum Hochschulsystem erfolgt auch auf der Grundlage formaler Zulassungsvoraussetzungen, diese sind jedoch stark wettbewerbsrechtlich ausgestaltet. Zunächst haben die in den beiden letzten Schuljahren erzielten Leistungsnachweise ein großes Gewicht (A-level). Jede einzelne Hochschule (Fachbereich) legt fest, welche vertiefenden A-level-Kurse Bewerbungsvoraussetzungen sind. Die zukünftig Studierenden reichen bereits vor Abschluß des Schulexamens die Bewerbung an mehreren Hochschulen ein auf der Grundlage der erwarteten Schulexamina. Die betreffenden Hochschulen setzen auf der Grundlage der Bewerberzahlen die jährlichen Aufnahmekriterien fest. Besteht ein Überhang von Bewerbern, der auf der Grundlage der tatsächlichen Examensnote festgestellt wird, nimmt die Hochschule ein Auswahlverfahren vor. Kriterien hierfür sind die konkret nachgewiesenen Leistungen in den einzelnen Kursen, Empfehlungen der Lehrer, schriftlichen Bewerbungsbegründungen und in Ausnahmefällen auch persönliche Vorstellungsgespräche. Es existiert im britischen Zulassungssystem also kein formaler Anspruch im Sinne einer Hochschulzulassungsberechtigung. Das Auf38 Die Darstellungen folgen der grundlegenden Studie von Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004.

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nahmeverfahren liegt voll in der Autonomie der jeweiligen Hochschule. Der Zugang zum Bachelor ist in den Vereinigten Staaten ähnlich differenziert ausgestaltet, mit weiteren Kriterien und Voraussetzungen. Formale Voraussetzung ist grundsätzlich ein Schulabschluß. Dieser berechtigt nicht automatisch zum Studium. Die Hochschulreife wird in einem notwendigen Bewerbungsverfahren festgestellt, in dem vorrangig der Schulabschluß, die individuellen Leistungen, der Ruf der Hochschule oder auch fachbezogene Eingangsprüfungen zugrunde gelegt werden. Für die Zulassung zu einem Studium in Deutschland spielen die Hochschulzulassungsberechtigung, nachgewiesen durch das Abitur, und die Kapazitätsfestsetzung die entscheidende Rolle. Beide Voraussetzungen sind geprägt von höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß jeder Staatsbürger, der die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, also insbesondere die allgemeine Hochschulreife besitzt, einen Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium hat.39 Dieser Anspruch leitet sich aus der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip ab. Sind mehr Bewerber als Studienplätze vorhanden, kann der Anspruch auf Zulassung beschränkt werden (numerus clausus). Die Studienplatzvergabe ist auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, die Kriterien für die Kapazitätsberechnung müssen nachvollziehbar sein. Ein absoluter numerus clausus darf nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen und nach Erschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten verhängt werden. Hochschuleigene Auswahlverfahren sind möglich, aber erst nach Abzug der Quoten für die Hochschulzugangs- und die Wartezeitberechtigten. Das deutsche formale Zulassungsrecht, das Auswahlverfahren und das Kapazitätsrecht unterscheiden sich mithin grundlegend vom angelsächsischen System. Das geltende deutsche Kapazitätsrecht wird sich dabei, so die erste Annahme, nicht mehr halten lassen, wenn die neuen gestuften Studiengänge flächendeckend eingeführt werden. In den Bachelor- / Masterstudiengängen wird nach Leistungspunkten ge39 Ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 33, 303; 39, 258; 43, 291; 85, 36. Vgl. im einzelnen mit weiteren Literaturangaben Bahro / Berlin / Hübenthal, Hochschulzulassungsrecht, 2003.

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rechnet, also nach studentischem Arbeitsaufwand zur Erreichung eines Lernziels, nicht nach zeitlich ausgerichteten Semesterwochenstunden. Damit ist der Curricularnormwert neu festzulegen, mit allen Konsequenzen für den inneren und äußeren numerus clausus sowie den weiteren Folgen für die personelle und sächliche Ausstattung der Hochschule.40 Als nächstes wird, so die zweite Annahme, mit der Einführung der Bachelor- / Masterstudiengänge der Rechtsanspruch auf Grund der formal zugestandenen Hochschulreife in Deutschland problematisiert werden. Wenn die Bachelorstudiengänge, wie zu erwarten, stark differenzierte Ausbildungsinhalte und Ausbildungsziele anbieten, wird von vornherein nicht bei jedem Studiengang das Abitur als Zugangsvoraussetzung postuliert werden müssen. Es kann auch eine höhere, aber auch eine niedrigere „Reife“ entscheidend sein. Eignungsfeststellungen machen hierbei mehr Sinn, wenn erworbene berufliche Fähigkeiten für ein besonderes Bachelorstudienziel in Frage kommen. Damit werden Erfahrungswerte aus dem angelsächsischen Auswahlverfahren im Bachelorbereich aktuell. Und drittens wird vorhersehbar ein starker Anpassungsdruck entstehen, wenn Vergleiche zum angelsächsischen Zulassungsverfahren auftreten. Wird weltweit der Zugang zum Bachelor allein durch die Hochschulen geregelt, kann ein staatliches Verteilungssystem mit nachweislich höherem Bürokratieaufwand und niedrigeren Absolventenzahlen keine hohe Überzeugungskraft vermitteln. e) Die Gebührenfrage Die Festlegung, ob ein Studierender für die Benutzung und Inanspruchnahme einer Hochschule Gebühren zahlen muß, hat auf den ersten Blick keinen Einfluß auf die Frage der Einführung des Bachelor- und Masterkonzepts. In Großbritannien und in den Vereinigten Staaten sind bekanntermaßen Gebühren zu zahlen, in Deutschland nicht. Die Gebührenhöhe schwankt beispielsweise in den Vereinigten Staaten zwischen 1.200 und 20.000 Dollar für Spitzenuniversitäten jährlich. Ausländische Studierende zahlen im allgemeinen höhere Gebühren. Als unverzicht40

Vgl. ausführlich Kapitel III. 2. b) aa).

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bar werden begleitende Stipendiensysteme angesehen. So erhalten 41% der Studierenden in den staatlichen und 16% in den privaten colleges in den Vereinigten Staaten finanzielle Unterstützung durch Voll- und Teilstipendien.41 Das Studium in Deutschland könnte also, weiterhin gebührenfrei, auf ein Studium des Bachelor umgestellt werden. Eine Gebührenfreiheit könnte sogar attraktiv wirken. Diese Einschätzung wird sich jedoch aus verschiedensten Aspekten nicht durchsetzen. Wenn ein international gebräuchlicher Grad Bachelor verliehen wird, dann wird auch erwartet, daß dieser Grad erfüllt, was er verspricht. Weltweit ist zu konstatieren, daß eine Bachelorausbildung etwas kostet – unterschieden nach Rang und Namen der Hochschule, nach Qualitätsmaßstäben, auch unter Berücksichtigung von sozialen Gesichtpunkten. Ein kostenloser Bachelor ist nach weit verbreiteter Ansicht fast nichts wert. Selbst wenn diese Einschätzung wenig begründet sein mag und in Deutschland nicht gern gehört wird, so gibt sie doch die Einschätzung vieler ausländischer Studierwilligen wieder. Bereits jetzt muß realistisch wahrgenommen werden, daß die angepriesenen Vorteile des deutschen Ausbildungssystems international so nicht wahrgenommen werden. Weder die behauptete überlegene Qualität des Diploms noch die völlige Gebührenfreiheit konnten ausländische Studierende dazu bewegen, diese Vorzüge zu genießen und in Scharen an deutsche Hochschulen zu strömen. Diese Zurückhaltung wird sich noch steigern, wenn das Diplom abgelöst wird durch einen vergleichbaren akademischen Grad, den man ohnehin an einem anderen Ort zu erwerben geneigt ist. Nur auf den ersten Blick muß daher die Aussage paradox erscheinen, nämlich daß die Einführung von Gebühren die ausländischen Studierenden anzieht, während die Gebührenfreiheit sie eher abstößt. Nur was etwas kostet, erfüllt auch die Erwartung, daß es etwas wert ist.42 Zusammen mit der drängend anstehenden Frage des Auswahlrechts durch die Hochschulen wird das Prinzip der Bezahlung des Studiums 41 Gebhardt, in: Breinig / Gebhardt / Ostendorf (Hrsg.), Das deutsche und das amerikanische Hochschulsystem, 2001, S. 1 (9). 42 Ähnlich Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 80 ff.

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einen derart hohen internationalen Druck ausüben, daß abweichendes nationales Verhalten zukünftig kaum noch durchsetzbar erscheint.

f) Der immanente Systemanspruch: Die Qualität des Studiums Nicht immer offen ausgesprochen, gleichwohl als innerer Vorbehalt wirksam, steht die Befürchtung im Raum, mit der Abschaffung des deutschen Diploms gehe ein Qualitätsverlust in der deutschen Hochschulausbildung einher. Von den Fakultätentagen, dem Deutschen Hochschullehrerverband, von weiten Kreisen der Hochschullehrer, jüngst heftig von Vertretern der Ingenieurwissenschaften, wird mahnend eingefordert, auf keinen Fall dürfe die Einführung der neuen Studiengänge zu einem Niveauverlust führen.43 Der Anspruch mindestens auf Erhalt, besser auf Steigerung der Qualität einer akademischen Ausbildung dürfte unbestritten und legitim sein. Er gilt für jede Neuerung und Veränderung in jedem Land der Welt. Wozu einen Systemwechsel herbeiführen, für den keine Vorteile, geschweige eine Notwendigkeit erwiesen sind? Den Skeptikern an dem Veränderungsprozeß muß jedoch die Frage vorgelegt werden, ob die Voraussetzungen für diesen Anspruch an die Qualität der Ausbildung in der Gegenwart und vor allem für die vorhersehbare Zukunft gegeben sind. Unzweifelhaft hatte und hat das deutsche Diplom „noch“ Weltruf und genießt hohe Anerkennung. Die Anzeichen für einen herben Bedeutungsverlust und Orientierungswandel sind indessen unübersehbar. Deutsche Nachwuchswissenschaftler streben verstärkt in angelsächsische Länder (brain drain), ausländische Studenten strömen nicht nach Deutschland, schon gar nicht ausländische Nachwuchswissenschaftler. Ein deutscher Diplomabsolvent muß sich zunehmend die Frage nach seinem Alter und den Berufserfahrungen gefallen lassen, wenn er sich international umsieht. Dabei hilft ihm nicht, auf die Tiefe und Breite seines sechs bis sieben Jahre währenden Studiums hinzuweisen. Der Bachelorabsolvent erreicht in Großbritannien und in den USA im Durchschnitt mit 21 Jahren den Abschluß und er erhält damit eine erste Berufsqualifizierung. Der Zweitabschluß wird mit 24 Jahren erreicht. In Deutsch43

Vgl. im einzelnen Kapitel XI. 2. a).

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land wird bei durchschnittlicher Entwicklung bis zu einem Erstabschluß in universitären Studiengängen, einschließlich Fachhochschulen, ein Alter von 25 bis 26 Jahren erreicht.44 Im Vergleich zum Diplomabsolventen hat der ausländische Absolvent mithin einen zeitlichen Vorsprung von drei bis vier Jahren. Nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluß kann er also alle weiteren beruflichen Entwicklungen, Vertiefungen oder Spezialisierungen vorantreiben. Damit hat er einen Wettbewerbsvorteil, der schwer aufzuholen ist. Ob indessen die Beeinträchtigung des wissenschaftlichen Niveaus der akademischen Ausbildung durch die Einführung des Bachelorund Mastergrades befürchtet werden muß, mag sehr bezweifelt werden. Für den Nachweis wissenschaftlicher Exzellenz dürfte diese Entwicklung zu verneinen sein. Das anglo-amerikanische Hochschulsystem hat in dem letzten halben Jahrhundert mehr Nobelpreisträger ausbilden können als das deutsche Hochschulsystem. Auch diese Preisträger haben mit einer Bachelor- und Masterausbildung begonnen. Und auch für die so oft beklagte Massenausbildung kann das gestufte Studiensystem nicht allzu nachteilig sein, führt es doch immerhin dazu, daß fast 90% der Studierenden in diesen Ländern zu einem berufsqualifizierenden Abschluß innerhalb der Regelstudienzeit gelangen. In Deutschland wird die Regelstudienzeit faktisch in keinem Fall eingehalten, in vielen Fällen wird sie sogar um die Hälfte der Sollzeit überschritten. Die Abbrecherquote ist im Verhältnis zu dem angelsächsischen System weitaus höher, die Absolventenquote weitaus geringer. Im Wettstreit der Hochschulsysteme, und darin eingeschlossen alle output-Faktoren, lassen sich die Zeichen nicht leugnen, daß weltweit die Entscheidung wohl schon zugunsten des gestuften Studiensystems getroffen worden ist, nämlich mit den Füßen abgestimmt. Wenn der deutsche Diplomweg so herausragend einzustufen wäre, würden die ausländischen Studierenden und Wissenschaftler verstärkt an die hiesigen Hochschulen gelangen wollen. Sie würden dann auch in Kauf nehmen, Deutsch lernen zu müssen – so wie es um die Jahrhundertwende selbstverständlich war, deutsche wissenschaftliche Texte im Original zu lesen.

44 Quelle: Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, 2001, S. 25.

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Die Ursache für diese mißliche Entwicklung, aus deutscher Sicht, kann mithin nicht nur darin liegen, daß die ausländischen Studierenden die Vorzüge des deutschen Hochschulsystems und deren Studienbedingungen nicht recht zu würdigen wissen. Die Studierenden haben durchaus ein gut entwickeltes Gespür dafür, wo es sich lohnt zu studieren. Die Qualität der Ausbildung und die durch den Abschluß berechtigte Erwartung, hiermit eine berufliche Perspektive zu erlangen, nehmen dabei eine hervorgehobene Stellung ein. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs erlangen die Qualität der Ausbildung und die Entwicklungschancen naheliegenderweise eine noch höhere Bedeutung. Für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort eines Landes kommt es nicht so sehr darauf an, Befürchtungen und Ängste im Reformprozeß abzubauen, sondern aktiv die Bedingungen und Grundlagen zu gestalten, schlichtweg aus dem Grunde, um mithalten zu können. Im Wettbewerb, unumkehrbar eingeleitet durch die Einführung des internationalen Graduierungssystems, wird dann nach Leistung und Qualität entschieden, welches System vorzugswürdiger ist und welches überzeugendere Wege aufzeigen kann, die akademische Zukunft zu gestalten.

2. Der deutsche Bachelor – ein eigener Weg? Kenner der Hochschulsysteme betonen, daß es „das“ angelsächsische Graduierungsmodell nicht gebe. Vorherrschend sei die Vielfalt der Strukturen für Bachelor- und Mastergrade.45 Naheliegend ist es also, einen eigenen deutschen Bachelor zu gestalten, in allen Differenzierungen, aufnehmend die Besonderheiten der wissenschaftlichen Ausbildung, die Anforderungen der Berufswelt und des internationalen Wettbewerbs, auf der Grundlage der gewachsenen und reichhaltigen Universitätslandschaft seit dem Mittelalter. Das angelsächsische Graduierungssystem bietet einen Weg an, um die Aufgaben zu bewältigen, die die deutschen Hochschulen seit Jahrzehnten fast lähmen und die in einem international ausgerichteten 45 Keedy, In Stufen zum Ziel, 1999, S. 17; Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 6 ff.

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Hochschulraum in Angriff genommen werden müssen. Das betrifft das ungelöste Problem der Massenausbildung und die Positionierung eines wettbewerbsfähigen, international attraktiven Studienortes. Die Aufgaben können aber auch bewältigt werden im Wege einer grundlegenden Reform des deutschen Diploms, mittels einer neu strukturierten und modularisierten Universitätsausbildung. Am Ende des Prozesses wäre lediglich hermeneutisch zu klären, ob das Produkt ein deutscher Bachelor oder ein modularisiertes Diplom genannt wird. Es handelte sich in beiden Fällen um einen ersten berufsqualifizierenden Abschluß. Die deutschen Reformanstrengungen müßten dabei auf den zwei Ebenen betrieben werden, auf denen eine grundlegende und erfolgreiche Studienreform nachzuweisen ist: auf der Ebene der Studiengänge und auf der Ebene differenzierter Hochschularten. a) Die Differenzierung der Studiengänge Für das deutsche Hochschulsystem bedeutet die Einführung von zwei Zyklen für das Studienangebot die größte Herausforderung. Unter Wahrung tradierter Qualität aus den Diplomstudiengängen und in Anpassung an die Vorgaben des Bologna-Prozesses könnten die zukünftigen Studienangebote wie folgt differenziert werden (die durch das diploma supplement zu beschreibende internationale Zuordnung des Grades ist jeweils in Klammern zugefügt): – grundständige Langzeitstudiengänge (Bachelor), – grundständige Kurzstudiengänge (Bachelor), – konsekutive Studiengänge (Bachelor und Master), – Aufbaustudiengänge (weiterführende, vertiefende und weiterbildende Studiengänge; Master), – besondere berufsständische Studiengänge (Medizin, Recht usw., in der Regel Master).

Die inhaltliche Ausrichtung hätte jede Fachdisziplin autonom und selbstverantwortlich festzulegen, ebenso und vor allem die Dauer des Studiums (Regelstudienzeit). Der regelmäßige Zeitrahmen sollte von drei bis zu vier Jahren reichen, in besonderen Fällen kann er auch fünf Jahre betragen. Die Regelstudienzeit kann selbst innerhalb einer Fachrichtung unterschiedlich bemessen werden, etwa weil das Studium an einer Fachhochschule oder Universität angeboten wird, weil

2. Der deutsche Bachelor – ein eigener Weg?

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die Schwerpunkte anders gesetzt werden oder das Profil des Studienangebotes dies gebietet. Der Festlegung der Studiendauer, der Entrümpelung des alten Studienganges und der Aufnahme von neuen Bildungsinhalten käme hierbei höchste Priorität zu, diese Aktivitäten stellen das eigentliche Reformwerk dar. Dabei sind die Gestaltungsräume, nachdem das staatliche Genehmigungsverfahren immer weiter zurückgedrängt worden ist, ungleich größer als in vielen Fachbereichssitzungen ängstlich angenommen. Wenn beispielsweise die Ingenieure, um einen der strittigsten Bereiche der Anpassung in der Gegenwart zu benennen, eigenverantwortlich festlegen, daß die Berufsbefähigung nur mit einem fünfjährigen Studium zu erreichen ist, so mögen sie dies beschließen. Rechtlich unüberwindliche Schwierigkeiten stehen nicht entgegen. In der Bologna-Erklärung wird lediglich eine Mindestjahreszeit von drei Jahren für den Abschluß des ersten Studienzyklus festgelegt. Weitere Ober- oder Untergrenzen werden nicht geregelt. Die KMK-Beschlüsse sind nicht rechtsverbindlich. Darüber hinaus kann in begründeten Fällen von ihnen abgewichen werden. Schließlich lassen auch die angelsächsischen Modelle Großzügigkeiten zu. In den USA können fünfjährige Ingenieur-Programme studiert werden, sei es als Bachelor, sei es postgradual.46 In Großbritannien kann zu einem vierjährigen grundständigen Master of Engineering ausgebildet werden.47 Allein diese Vielfalt zeigt zum wiederholten Male, daß staatliche Festlegungen fehl am Platze sind. Umgekehrt ist von den Fachdisziplinen aber auch zu verlangen, Farbe zu bekennen. Wenn also die Ingenieure einen fünfjährigen Masterabschluß anbieten, diesen als Regelabschluß deklarieren und nur diesen Abschluß als berufsqualifizierend einordnen, dann sollte die ehrliche Lösung auch lauten: Alle anderen, auch nicht die Bachelor-Abschlüsse, sind keine berufsqualifizierenden Abschlüsse. Angedichtete Funktionen wie „Drehscheibe“ oder „Orientierungsgrundlagen“ verschleiern in diesem Zusammenhang das ernst zu nehmende Primat eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses. 46 Vgl. den nützlichen Hinweis von Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 8. 47 Witte / Rüde / Tavenas / Hüning, Ein Vergleich angelsächsischer Bachelormodelle, CHE-Arbeitspapier Nr. 55, 2004, S. 24.

24 Wex

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Die fächerspezifischen Formulierungen und Festlegungen können und dürfen den Hochschullehrern nicht abgenommen werden. Die Aufgabe sollte aber auch positiv genutzt werden, um alle Nachteile abzustreifen, die in der Vergangenheit beklagt wurden, wie veraltete Lehrinhalte und Lernformen, das Fehlen von Praxisanteilen und eben die unstrukturierte Lehrveranstaltung ohne Leistungsnachweise. Auf diesem Felde lohnt es sich im höchsten Maße zu investieren, also die alten Studiengänge zu entrümpeln und eigene attraktive Bachelorund Masterstudiengänge zu entwickeln, die dann im leistungs- und qualitätsbestimmten Wettbewerb das Gütezeichen tragen: Deutscher Bachelor.

b) Die Differenzierung der Hochschulen Der Ausgangspunkt sollte unstrittig sein. Die Vielzahl der Studierenden im Jahre 2004 kann nicht so ausgebildet werden, wie im Jahre 1810, dem Zeitpunkt des Wirkens von Humboldt. Für das Massenproblem muß zwingend eine Differenzierung nicht nur in den Studiengängen gefunden werden, sondern auch nach den Hochschularten. Damit liegt eine Aufteilung der Ausbildung nach folgenden Bildungseinrichtungen nahe: – Spitzenhochschulen, – traditionelle Universitäten, – Fachhochschulen, – private Hochschulen, – besondere berufsqualifizierende Hochschulen, – Berufsakademien, – Fern- und Weiterbildungshochschulen.

Auch hier kann nur die wichtigste vorhersehbare Entwicklung herausgegriffen werden, nämlich das Verhältnis der Fachhochschule zur Universität. Die gegensätzlichen Positionen sind weitestgehend ausgetauscht. Zuletzt hat der Wissenschaftsrat in einer grundlegenden Empfehlung (2002) die Entwicklungsperspektiven aufgezeigt. Den Fachhochschulen wird dabei eine Schlüsselrolle für die gesamte weitere Entwicklung des Bildungs- und Beschäftigungssystems zugewie-

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sen. Kern des eigenständigen Bildungsauftrages der Fachhochschulen seien die praxisorientierten Studiengänge, sie bildeten nicht für den Beruf des Wissenschaftlers aus.48 Kern des Bildungsauftrags der Universitäten sei zum einen die Pflege des wissenschaftlichen Nachwuchses durch dessen möglichst frühe selbständige Teilnahme an der Forschung, zum anderen die forschungsorientierte Ausbildung für berufliche Tätigkeiten außerhalb von Forschung und Lehre. Die Universität müsse wieder in das Zentrum des Wissenschaftssystems rücken.49 Eine Neuaufteilung der gewichteten Anteile von Universität und Fachhochschule am gesamten Studenten- und Absolventenaufkommen ist mithin zwingend. Die unmittelbar Betroffenen sehen das ebenso. Der typische Studierende kommt („aus der Masse“) nicht zur Hochschule, um sich als Forscher ausbilden zu lassen, sondern um eine qualifizierte Berufsausbildung zu erhalten. Mit diesem Befund sind die Weichen gestellt für eine Arbeitsteilung von Fachhochschule und Universität. Das quantitative Schwergewicht liegt eindeutig im Bereich der praxisorientierten, wissenschaftlich fundierten Berufsausbildung, also im Fachhochschulbereich. 50 Als regelrechte Fehlentwicklung im derzeitigen Anpassungsprozeß an Bachelor- und Mastermodelle muß daher charakterisiert werden, wenn Fachhochschulen zu kleinen Universitäten wachsen wollen, Universitäten hingegen zu großen Fachhochschulen. Sachgerecht und differenziert an den Bedürfnissen der Studierenden und nicht zuletzt am Arbeitsmarkt kann die zukünftige Ausrichtung in der deutschen Hochschullandschaft eigentlich nur lauten: Der überwiegende Teil der Studierenden (Größenordnung etwa 60 bis 80%) erhält die Möglichkeit, praxisorientiert an Fachhochschulen ausgebildet zu werden, der kleinere Teil müht sich an der forschungsund wissenchaftsorientierten Universität. Auf diesem Wege werden reichhaltige Chancen eröffnet, das deutsche Wissenschaftssystem wieder attraktiv zu gestalten. 48 So zuvor schon der Wissenschaftsrat in seinen Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, S. 18. 49 Wissenschaftsrat, Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, S. 19 ff. 50 Wissenschaftsrat, Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, 2000, S. 18.

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c) Das neue Diplom-Studium, gestuft und modularisiert Ein eigener Weg in der behaupteten Quadratur des Kreises, das deutsche Hochschulsystem für Bachelor- und Masterstudiengänge „passend“ zu machen, ist durchaus erkennbar, in großen Teilen der Hochschullandschaft erwünscht und für die Zukunft vielleicht sogar erfolgversprechend. Zunächst ist festzuhalten, daß dieser eigenstaatlichen Entwicklung die Prinzipien des Bologna-Prozesses nicht entgegenstünden. Die deutschen Hochschulen sind überdies dazu verurteilt, die längst überfälligen Reformen in Angriff zu nehmen. Ein neu strukturiertes, attraktives Diplom hätte schließlich alle Chancen, am Weltmarkt (wieder) eine führende Position im Bildungsbereich einzunehmen. Der Bologna-Prozeß erfordert lediglich die Einführung von zwei Zyklen: undergraduate (mindestens drei Jahre) und graduate. Nicht einmal die Bezeichnung Bachelor oder Master wird vorgegeben. Die differenzierten Studiengänge (Lang- und Kurzzeitstudiengänge, konsekutive, Aufbau- und berufsständische Studiengänge) bilden den ersten Zyklus. Die Modularisierung und das Prüfungssystem würden die Einhaltung der Regelstudienzeit garantieren, die neuen Konzeptionen Beschäftigungsfähigkeiten ermöglichen. Alle folgenden Ausbildungen, vom Aufbaustudium bis zum Fernstudium, bilden den zweiten Zyklus. Für den ersten Zyklus könnte sogar die Qualitätsbezeichnung „Diplom“ beibehalten werden. Vom Lissaboner Abkommen bis zur Bologna-Erklärung und den Nachfolgekonferenzen wird nur die Einführung von verständlichen und vergleichbaren Abschlüssen gefordert. Diese Aufgabe, den Hochschulabschluß und die damit verbundene Qualifikation detailliert zu beschreiben, übernimmt dann exakt das diploma supplement. Damit wird, sprachlich nicht uninteressant, der neu strukturierte Grad „Diplom“ mittels der international üblichen „Diplom-Ergänzung“ erläutert. Worin liegt der Vorteil dieses gestuften, modularisierten Diploms? Der inhaltlich überragende Grund besteht in der Auswirkung, daß das bisherige Diplom nicht aufgeteilt werden muß in einen ersten und zweiten berufsqualifizierenden Abschluß, sondern daß durch die jeweiligen Vertreter der Fachdisziplin entschieden wird, ob für eine Beschäftigungsfähigkeit eine qualitätsvolle Hochschulausbildung von drei, vier oder fünf Jahren notwendig ist. Umgekehrt könnte wohl nicht gut begründet werden, warum eine qualitätsvolle Hochschulaus-

2. Der deutsche Bachelor – ein eigener Weg?

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bildung heute nur mit sechs, sieben oder noch mehr Jahren möglich sein soll. Nicht nur die Regelstudienzeit und die Hochschulausbildungen aus den letzten vierzig Jahren wären damit ad absurdum geführt. Sollte sich indessen, im nachteiligsten Fall, herausstellen, daß die heutige tatsächliche Studienzeit auch die „richtige“ ist, müßte allerdings diese Entwicklung als gescheitert angesehen werden, auch wenn sie sich Reform nennt. Die Einführung von Bachelor- und Mastergraden nach angelsächsischem Muster müßte dann zwingend betrieben werden. An dieser Alternative wird überdeutlich, daß die deutschen Hochschulen eigentlich nur begrenzt Optionen einfordern können. Entweder sie begeben sich auf den Weg der „traditionellen“ Reformbestrebungen wie in den letzten Jahrzehnten, vielleicht sogar mit einer Heraufsetzung der Regelstudienzeit in Anpassung an tatsächliche Verweildauern und unter Beibehaltung von im wesentlichen tradierten Strukturen. Der schleichende Bedeutungsverlust im tertiären Bildungsbereich wäre bei dieser Entwicklung programmiert, die Würdigung als Reform unangebracht. Oder die Hochschulen nehmen die Herausforderungen für grundlegend notwendige Änderungen im Wissenschaftssystem und in der Hochschulausbildung an. Dann sollte eine autonome und selbstgestaltende Entwicklung allemal adäquater sein als eine beklagte Überstülpung eines fremden Systems. Schließlich darf der Aspekt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und des Standortes Deutschland in der Wissenschaftslandschaft auf keinen Fall vernachlässigt werden. Deutschland liegt, das gilt aber auch generell für Europa, in der Zahl der Patentanmeldungen, der Anzahl der wissenschaftlichen Forschungskräfte, des internationalen Rankings von Universitäten, in der Zahl der Nobelpreisträger oder der Zitationen in Wissenschaftsmagazinen immer hinter den USA.51 Weiterhin verlassen zu viele junge Wissenschaftler Deutschland, zu wenige der besten Forscher aus anderen Teilen der Welt lassen sich hier nieder. Als große Hindernisse werden die Ansprüche aus der Sozialversicherung, die Bezahlung und das Forschungsumfeld und eben die Anerkennung von Qualifikationen angesehen.52 Mit einem attraktiven, neu konzipierten Diplom, 51 Hierzu und zum Folgenden: Die Herausforderung annehmen, Bericht der Hochrangigen Sachverständigengruppe unter Vorsitz von Wim Kok, Europäische Union, 2004, 1 (23).

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XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems

das international verständlich die Qualifikationen beschreibt, könnte Deutschland in weltweite Konkurrenz zu dem anglo-amerikanischen Bildungsmarkt treten. Auf dem benachbarten osteuropäischen Markt hätte das neue Modell „Diplom“ ohnehin noch bessere Akzeptanzchancen. Die Entwicklungsmöglichkeiten und Grundlagen für ein eigenes, nicht nur angepaßtes Hochschulsystem wären vorhanden. Zusammen mit den Elementen des Wettbewerbs und den Differenzierungen in den Hochschulen eröffnen sich für gestufte, modularisierte Studiengänge qualitativ hochstehende Orientierungen für die Zukunft (Tabelle 11: Tertiärer Bildungsbereich). Tabelle 11 Der zukünftige tertiäre Bildungsbereich in Deutschland im Bologna-Prozeß

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Spitzen-Hochschulen

-

Traditionelle Universitäten

-

Fachhochschulen

-

Private Hochschulen

-

Besondere berufsqualif. Hochschulen

-

Berufsakademien

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Fern- und Weiterbildungshochschulen

Qualitätssicherung

Ressourcenausschöpfung

Studierendenauswahl

Gebühren und Stipendien Quelle: Eigene Darstellung.

52 Hochrangige Sachverständigengruppe Wim Kok, Europäische Union, 2004, 1 (23).

3. Die Hochschulen zwischen Resignation und Aufbruch

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Zur Erläuterung: Das zukünftige Hochschulsystem beruht auf der Grundlage differenzierter Hochschulen. Diese sind wettbewerbsorientiert und bieten gestufte, modularisierte Studienangebote an. Zu den vier Wettbewerbselementen gehört als erstes unverzichtbar die Studierendenauswahl durch die Hochschulen selbst. Sie wird von ausländischen Experten als das reformerische Element im deutschen Hochschulsystem genannt. Das zweite Element betrifft die Einführung eines Gebühren- und Stipendiensystems. Auch diese Notwendigkeit wird zunehmend anerkannt und läßt sich, abgesehen von ideologischen oder biographischen Entwicklungen, argumentativ am besten begründen. Als drittes Element ist die effiziente und wissenschaftsadäquate Ressourcenausschöpfung zu nennen. Diese umfaßt die Zurückdrängung der vorlesungsfreien Zeit (mit fünf Monaten im Jahr steht dieser Leerraum international im Abseits), die Einführung von Managementstrukturen in der Leitung und die Entbürokratisierung von Verwaltungsabläufen. Die Qualitätssicherung als viertes Element wird heute als Schlüsselfrage der Hochschulreform angesehen. Mit anerkannten Standards und Kriterien muß den aktuellen Anforderungen im Bildungsbereich und den internationalen Wettbewerbsanforderungen Rechnung getragen werden.

3. Die Hochschulen zwischen Resignation und Aufbruch – ein Ausblick Die Diskrepanz könnte nicht größer sein. Die zuständige Bundesbildungsministerin beschwört in letzter Aktualität die Umstellung auf Bachelor und Master als die „größte Reform des deutschen Universitätssystems.“53 Ein erheblicher, wenn nicht sogar überwiegender Teil der Hochschullehrer verharrt mehr passiv, gestaltet notgedrungen mit und paßt sich eher resignierend an. Die neuen Studiengänge entsprechen häufig nicht den Anforderungen an das neue Reformkonzept. Die Masse der Studierenden schweigt. Bis auf den heutigen Tag ist das gestufte Studiensystem großen Akzeptanzproblemen ausgesetzt. Die gesetzgeberischen Ziele, die mit der Einführung der Bachelor- und Mastergrade erreicht werden sollten, konnten bisher nur 53 BMBF, Pressemitteilung 244 / 2004 vom 2. 11. 2004, veröffentlicht unter (Zugriff am 3. 11. 2004).

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XII. Die Zukunft des neuen Studiensystems

ansatzweise verwirklicht werden. Dies gilt für die nur kleine Zahl gelungener curricula, die international geringe Beachtung und die nicht feststellbare Auswirkung auf mobiles Studier- und Forschungsverhalten sowie vor allem für die fehlende breite Akzeptanz im eigenen Lande. In dieses Bild paßt geschichtliche Wehmut. Historiker erinnern sich an das frühe 19. Jahrhundert, als amerikanische Universitäten mit größter Neugier das deutsche und hier insbesondere das Humboldtsche Hochschulsystem aufgenommen haben. Oder an die nobelpreisträchtigen Zeiten um die Jahrhundertwende, als Deutschland, namentlich Berlin, der Anziehungspunkt für Wissenschaftler aus aller Welt geworden war. In dieser Epoche war Deutschland führend und reformerisches Vorbild – mit welchen Reformen kann Deutschland heute, ebenfalls an einer Zeitenwende befindlich, werben, welche Reformen exportieren? Der Import, genauer, die pauschale Übernahme des angelsächsischen Studiensystems ist sicherlich nur die zweitbeste Lösung, um den Herausforderungen, die an ein international zu bestehendes Hochschulsystem gestellt werden, zu begegnen. Die gelungendste Lösung wäre ein eigener Weg, eine sozusagen reformierte, entrümpelte, zeitgemäße und attraktive Diplomausbildung, die die bestehenden Schwächen ausgemerzt hätte. Haben die Hochschulen für die eigene Lösung noch die Kraft? Es muß an die schmerzliche Realität erinnert werden, daß der gesamte Umstellungsprozeß in Deutschland im Rahmen des Bologna-Prozesses entbehrlich gewesen wäre, hätten die Hochschulen, hierbei vornehmlich in Gestalt der Mehrheit der Hochschullehrer, die Aufgabe der Studienreform in der Vergangenheit ernst genommen. Die Vorschläge z. B. aus dem DahrendorfPapier mit wegweisenden Reformvorschlägen lagen bereits 1967 auf dem Tisch. Die dritte Lösung wäre die schlechteste, nämlich ein Festhalten an wesentlichen Teilen des herkömmlichen Studiensystems, verknüpft mit Fiktionen und Grundannahmen, die erwiesenermaßen nicht getragen haben und auch nicht tragen werden. Dies wäre eine halbherzige Anpassung, mehr empfunden als Okkupation denn als mitgetragener Veränderungsprozeß. Die Chance, das gesamte Ausbildungssystem kreativ zu gestalten, es zu erneuern und mit Sinnhaftigkeit zu erfüllen, wäre vertan.

3. Die Hochschulen zwischen Resignation und Aufbruch

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Die Hochschulen halten, wie selten in der Vergangenheit, in ihren Händen alle Möglichkeiten, die eigene Zukunft zu bestimmen. Gelingt ihnen das, wird mehr als ein Studien- und Wissenschaftssystem erneuert. Die Universitäten hätten eine überzeugende Identität gefunden.

Anhang Übersicht Gesetzestexte (Auszüge) Europarecht, EG-Vertrag 1. Art. 43 (Abbau der Beschränkungen des freien Niederlassungsrechts) 2. Art. 47 (Richtlinien zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen, Zeugnissen usw.) 3. Art. 149 (Beitrag der Gemeinschaft; Ziele) 4. Art. 150 (Berufliche Bildung; Ziele) Grundgesetz 5. Art. 5 (Recht der freien Meinungsäußerung) 6. Art. 12 (Berufsfreiheit) Hochschulrahmengesetz 7. §§ 1 – 20 HRG (Aufgaben der Hochschulen; Studium und Lehre) 8. § 72 (Anpassungsfristen) Europäische Vereinbarungen auf dem Weg zum europäischen Hochschulraum (Auswahl) 9. Sorbonne-Erklärung (1998), deutscher Text 10. a) Bologna Declaration (1999), englischer Text b) Bologna-Erklärung (1999), deutscher Text Kultusministerkonferenz (Auswahl) 11. Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. 10. 2003) Akkreditierungsrat 12. Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen und Akkreditierung von Studiengängen mit den Abschlüssen Bachelor / Bakkalaureus und Master / Magister – Mindeststandards und Kriterien (Beschluß des Akkreditierungsrats vom 30. 11. 1999, geändert am 17. 12. 1999) Hochschulrektorenkonferenz 13. ECTS als System zur Anrechnung, Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (Entschließung des 98. Senats vom 10. 2. 2004)

Gesetzestexte (Auszüge) Europarecht, EG-Vertrag Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, i.d.F. vom 2. 10. 1997 (ber. BGBl. 1999 II S. 416), zuletzt vom 16. 4. 2003 (ABl. Nr. L 236 S. 33)

1. Art. 43 (Abbau der Beschränkungen des freien Niederlassungsrechts) (1) 1Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. 2Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind. (2) Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

2. Art. 47 (Richtlinien zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen, Zeugnissen usw.) (1) Um die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erläßt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise. (2) 1Zu dem gleichen Zweck erlässt der Rat gemäß dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten. 2Der Rat beschließt im Rahmen des Verfahrens des Artikels 251 einstimmig über Richtlinien, deren Durchführung in mindestens einem Mitgliedstaat eine Änderung bestehender gesetzlicher Grundsätze der Berufsordnung hinsichtlich der Ausbildung und der Bedingungen für den Zugang

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natürlicher Personen zum Beruf umfasst. 3Im Übrigen beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit. (3) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus. 3. Art. 149 (Beitrag der Gemeinschaft; Ziele) (1) Die Gemeinschaft trägt zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt. (2) Die Tätigkeit der Gemeinschaft hat folgende Ziele: – Entwicklung der europäischen Dimension im Bildungswesen, insbesondere durch Erlernen und Verbreitung der Sprachen der Mitgliedstaaten; – Förderung der Mobilität von Lernenden und Lehrenden, auch durch die Förderung der akademischen Anerkennung der Diplome und Studienzeiten; – Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen; – Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme im Rahmen der Bildungssysteme der Mitgliedstaaten; – Förderung des Ausbaus des Jugendaustauschs und des Austauschs sozialpädagogischer Betreuer; – Förderung der Entwicklung der Fernlehre. (3) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für den Bildungsbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere dem Europarat. (4) . . . 4. Art. 150 (Berufliche Bildung; Ziele) (1) Die Gemeinschaft führt eine Politik der beruflichen Bildung, welche die Maßnahmen der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für Inhalt und Gestaltung der beruflichen Bildung unterstützt und ergänzt. (2) Die Tätigkeit der Gemeinschaft hat folgende Ziele: – Erleichterung der Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse, insbesondere durch berufliche Bildung und Umschulung;

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– Verbesserung der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung zur Erleichterung der beruflichen Eingliederung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt; – Erleichterung der Aufnahme einer beruflichen Bildung sowie Förderung der Mobilität der Ausbilder und der in beruflicher Bildung befindlichen Personen, insbesondere der Jugendlichen; – Förderung der Zusammenarbeit in Fragen der beruflichen Bildung zwischen Unterrichtsanstalten und Unternehmen; – Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme im Rahmen der Berufsbildungssysteme der Mitgliedstaaten. (3) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für die berufliche Bildung zuständigen internationalen Organisationen. (4) . . .

Grundgesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. 7. 2002 (BGBl. I S. 2863) 5. Art. 5 (Recht der freien Meinungsäußerung) (1) 1Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. 2Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. 3Eine Zensur findet nicht statt. (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. (3) 1Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. 2Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. 6. Art. 12 (Berufsfreiheit) (1) 1Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. 2Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

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(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Hochschulrahmengesetz Hochschulrahmengesetz vom 26. 1. 1976 (BGBl., I S. 185), in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3138) 7. §§ 1 – 20 HRG (Aufgaben der Hochschulen; Studium und Lehre) § 1 Anwendungsbereich 1

Hochschulen im Sinne dieses Gesetzes sind die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. 2Dieses Gesetz betrifft, soweit dies in § 70 bestimmt ist, auch die staatlich anerkannten Hochschulen. § 2 Aufgaben 1

(1) Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. 2Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. (2) Die Hochschulen fördern entsprechend ihrer Aufgabenstellung den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs. (3) Die Hochschulen fördern die Weiterbildung ihres Personals. (4) 1Die Hochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern. 2Sie tragen dafür Sorge, dass behinderte Studierende in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können. 3Sie fördern in ihrem Bereich den Sport. (5) Die Hochschulen fördern die internationale, insbesondere die europäische Zusammenarbeit im Hochschulbereich und den Austausch zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse ausländischer Studierender. (6) 1Die Hochschulen wirken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben untereinander und mit anderen staatlichen und staatlich geförderten Forschungs-

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und Bildungseinrichtungen zusammen. 2Dies gilt insbesondere für die nach der Herstellung der Einheit Deutschlands erforderliche Zusammenarbeit im Hochschulwesen. (7) Die Hochschulen fördern den Wissens- und Technologietransfer. (8) Die Hochschulen unterrichten die Öffentlichkeit über die Erfüllung ihrer Aufgaben. (9) 1Die unterschiedliche Aufgabenstellung der Hochschularten nach § 1 Satz 1 und die Aufgaben der einzelnen Hochschulen werden durch das Land bestimmt. 2Andere als die in diesem Gesetz genannten Aufgaben dürfen den Hochschulen nur übertragen werden, wenn sie mit den in Absatz 1 genannten Aufgaben zusammenhängen. § 3 Gleichberechtigung von Frauen und Männern 1

Die Hochschulen fördern die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirken auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. 2Die Aufgaben und Mitwirkungsrechte der Frauen und Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen regelt das Landesrecht. § 4 Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung, Lehre und Studium (1) Das Land und die Hochschulen haben sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule die durch Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes verbürgten Grundrechte wahrnehmen können. (2) 1Die Freiheit der Forschung (Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes) umfasst insbesondere die Fragestellung, die Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und seine Verbreitung. 2Entscheidungen der zuständigen Hochschulorgane in Fragen der Forschung sind insoweit zulässig, als sie sich auf die Organisation des Forschungsbetriebes, die Förderung und Abstimmung von Forschungsvorhaben und auf die Bildung von Forschungsschwerpunkten beziehen; sie dürfen die Freiheit im Sinne von Satz 1 nicht beeinträchtigen. 3Die Sätze 1 und 2 gelten für künstlerische Entwicklungsvorhaben und für die Kunstausübung entsprechend. (3) 1Die Freiheit der Lehre (Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes) umfasst, unbeschadet des Artikels 5 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes, im Rahmen der zu erfüllenden Lehraufgaben insbesondere die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und deren inhaltliche und methodische Gestaltung sowie das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrmeinungen. 2Entscheidungen der zuständigen Hochschulorgane in Fragen der Lehre sind insoweit zulässig, als sie sich auf die Organisation des Lehrbetriebes und auf die Aufstellung und Einhaltung von Studien- und Prüfungsordnungen beziehen; sie dürfen die Freiheit im Sinne von Satz 1 nicht beeinträchtigen. 25 Wex

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(4) 1Die Freiheit des Studiums umfasst, unbeschadet der Studien- und Prüfungsordnungen, insbesondere die freie Wahl von Lehrveranstaltungen, das Recht, innerhalb eines Studiengangs Schwerpunkte nach eigener Wahl zu bestimmen, sowie die Erarbeitung und Äußerung wissenschaftlicher und künstlerischer Meinungen. 2Entscheidungen der zuständigen Hochschulorgane in Fragen des Studiums sind insoweit zulässig, als sie sich auf die Organisation und ordnungsgemäße Durchführung des Lehr- und Studienbetriebes und auf die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Studiums beziehen. § 5 Staatliche Finanzierung 1

Die staatliche Finanzierung der Hochschulen orientiert sich an den in Forschung und Lehre sowie bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erbrachten Leistungen. 2Dabei sind auch Fortschritte bei der Erfüllung des Gleichstellungsauftrages zu berücksichtigen. § 6 Bewertung der Forschung, Lehre, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Gleichstellung der Geschlechter 1 Die Arbeit der Hochschulen in Forschung und Lehre, bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der Erfüllung des Gleichstellungsauftrags soll regelmäßig bewertet werden. 2Die Studierenden sind bei der Bewertung der Qualität der Lehre zu beteiligen. 3Die Ergebnisse der Bewertungen sollen veröffentlicht werden.

§ 7 Ziel des Studiums Lehre und Studium sollen die Studierenden auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihnen die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln, dass sie zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden. § 8 Studienreform Die Hochschulen haben die ständige Aufgabe, im Zusammenwirken mit den zuständigen staatlichen Stellen Inhalte und Formen des Studiums im Hinblick auf die Entwicklungen in Wissenschaft und Kunst, die Bedürfnisse der beruflichen Praxis und die notwendigen Veränderungen in der Berufswelt zu überprüfen und weiterzuentwickeln. § 9 Koordinierung der Ordnung von Studium und Prüfungen (1) Bund und Länder tragen gemeinsam Sorge für die Behandlung grundsätzlicher und struktureller Fragen des Studienangebots unter Berücksichti-

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gung der Entwicklungen in der Wissenschaft, in der beruflichen Praxis und im Hochschulsystem. (2) Die Länder tragen gemeinsam dafür Sorge, dass die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels gewährleistet werden. (3) Die Hochschulen und Sachverständige aus der Berufspraxis sind bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2 zu beteiligen. § 10 Studiengänge 1

(1) Die Studiengänge führen in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss. 2Als berufsqualifizierend im Sinne dieses Gesetzes gilt auch der Abschluss eines Studiengangs, durch den die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst oder eine berufliche Einführung vermittelt wird. 3 Soweit bereits das jeweilige Studienziel eine berufspraktische Tätigkeit erfordert, ist sie mit den übrigen Teilen des Studiums inhaltlich und zeitlich abzustimmen und nach Möglichkeit in den Studiengang einzuordnen. (2) 1In den Prüfungsordnungen sind die Studienzeiten vorzusehen, in denen ein berufsqualifizierender Abschluss erworben werden kann (Regelstudienzeit). 2Die Regelstudienzeit schließt Zeiten einer in den Studiengang eingeordneten berufspraktischen Tätigkeit, praktische Studiensemester und Prüfungszeiten ein. 3Die Regelstudienzeit ist maßgebend für die Gestaltung der Studiengänge durch die Hochschule, für die Sicherstellung des Lehrangebots, für die Gestaltung des Prüfungsverfahrens sowie für die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten (§ 29 Abs. 1) und die Berechnung von Studierendenzahlen bei der Hochschulplanung. § 11 Regelstudienzeit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss 1

Die Regelstudienzeit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss beträgt, unbeschadet des § 19 Abs. 2 Satz 2, 1. bei Fachhochschulstudiengängen höchstens vier Jahre, 2. bei anderen Studiengängen viereinhalb Jahre. 2 Darüber hinausgehende Regelstudienzeiten dürfen in besonders begründeten Fällen festgesetzt werden; dies gilt auch für Studiengänge, die in besonderen Studienformen durchgeführt werden. 3In geeigneten Fachrichtungen sind Studiengänge einzurichten, die in kürzerer Zeit zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führen. § 12 Postgraduale Studiengänge 1

Für Absolventinnen und Absolventen eines Hochschulstudiums können zur Vermittlung weiterer wissenschaftlicher oder beruflicher Qualifikationen oder zur Vertiefung eines Studiums, insbesondere zur Heranbildung des wis25*

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senschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses, Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien (postgraduale Studien) angeboten werden. 2Postgraduale Studiengänge, die zu einem Diplom- oder Magistergrad führen, sollen höchstens zwei Jahre dauern. 3§ 19 Abs. 3 bleibt unberührt. § 13 Fernstudium, Multimedia 1

(1) Bei der Reform von Studium und Lehre und bei der Bereitstellung des Lehrangebots sollen die Möglichkeiten eines Fernstudiums sowie der Informations- und Kommunikationstechnik genutzt werden. 2Bund, Länder und Hochschulen fördern diese Entwicklung im Rahmen ihrer Zuständigkeiten. (2) 1Eine in einer Prüfungsordnung vorgesehene Studienleistung wird auch durch die erfolgreiche Teilnahme an einer entsprechenden Fernstudieneinheit nachgewiesen, soweit die Einheit dem entsprechenden Lehrangebot des Präsenzstudiums inhaltlich gleichwertig ist. 2Die Feststellung der Gleichwertigkeit wird durch Landesrecht geregelt. § 14 Studienberatung 1

Die Hochschule unterrichtet Studierende sowie Studienbewerberinnen und Studienbewerber über die Studienmöglichkeiten und über Inhalte, Aufbau und Anforderungen eines Studiums. 2Während des gesamten Studiums unterstützt sie die Studierenden durch eine studienbegleitende fachliche Beratung. 3Sie orientiert sich bis zum Ende des ersten Jahres des Studiums über den bisherigen Studienverlauf, informiert die Studierenden und führt gegebenenfalls eine Studienberatung durch. 4Die Hochschule soll bei der Studienberatung insbesondere mit den für die Berufsberatung und den für die staatlichen Prüfungen zuständigen Stellen zusammenwirken. § 15 Prüfungen und Leistungspunktsystem 1

(1) Das Studium wird in der Regel durch eine Hochschulprüfung, eine staatliche oder eine kirchliche Prüfung abgeschlossen. 2In Studiengängen mit einer Regelstudienzeit von mindestens vier Jahren findet eine Zwischenprüfung statt. 3Prüfungen können auch studienbegleitend abgenommen werden. 4Der Übergang in das Hauptstudium setzt in der Regel die erfolgreiche Ablegung einer Zwischenprüfung voraus. (2) 1Für alle geeigneten Studiengänge sind die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen eine innerhalb der Regelstudienzeit abgelegte Abschlussprüfung im Falle des Nichtbestehens als nicht unternommen gilt (Freiversuch). 2Das Landesrecht kann vorsehen, dass eine im Freiversuch bestandene Prüfung zur Notenverbesserung wiederholt werden kann. (3) Zum Nachweis von Studien- und Prüfungsleistungen soll ein Leistungspunktsystem geschaffen werden, das auch die Übertragung erbrachter Leistun-

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gen auf andere Studiengänge derselben oder einer anderen Hochschule ermöglicht. (4) Prüfungsleistungen dürfen nur von Personen bewertet werden, die selbst mindestens die durch die Prüfung festzustellende oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen. § 16 Prüfungsordnungen 1

Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. 2 Prüfungsanforderungen und -verfahren sind so zu gestalten, dass die Abschlussprüfung innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. 3Prüfungsordnungen müssen Schutzbestimmungen entsprechend den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes sowie entsprechend den Fristen des Bundeserziehungsgeldgesetzes über die Elternzeit vorsehen und deren Inanspruchnahme ermöglichen. 4Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. 5Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. 6Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. 7Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer geltenden Prüfungsordnung insbesondere verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 6 nicht entspricht. § 17 Vorzeitiges Ablegen der Prüfung Hochschulprüfungen können vor Ablauf einer für die Meldung festgelegten Frist abgelegt werden, sofern die für die Zulassung zur Prüfung erforderlichen Leistungen nachgewiesen sind. § 18 Hochschulgrade 1

(1) Auf Grund der Hochschulprüfung, mit der ein berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, kann die Hochschule einen Diplomgrad mit Angabe der Fachrichtung verleihen. 2Auf Grund der Hochschulprüfung an Fachhochschulen oder in Fachhochschulstudiengängen anderer Hochschulen wird der Diplomgrad mit dem Zusatz „Fachhochschule“ („FH“) verliehen. 3Die Hochschule kann einen Diplomgrad auch auf Grund einer staatlichen Prüfung oder einer kirchlichen Prüfung, mit der ein Hochschulstudium abgeschlossen wird, verleihen. 4Das Landesrecht kann vorsehen, dass eine Hochschule für den berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiums einen Magistergrad verleiht; dies gilt, unbeschadet des § 19, nicht für den Abschluss in einem Fachhochschulstudiengang. 5Nach näherer Bestimmung des Landesrechts kann eine Hochschule für den berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiums auf

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Grund einer Vereinbarung mit einer ausländischen Hochschule andere als die in den Sätzen 1, 2 und 4 genannten Grade verleihen. 6Ein Grad nach Satz 5 kann auch zusätzlich zu einem der in den Sätzen 1, 2 und 4 genannten Grade verliehen werden. (2) 1Im Übrigen bestimmt das Landesrecht, welche Hochschulgrade verliehen werden. 2Es kann vorsehen, dass die Kunsthochschulen für den berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiums andere als die in Absatz 1 genannten Grade verleihen. § 19 Bachelor- und Masterstudiengänge (1) Die Hochschulen können Studiengänge einrichten, die zu einem Bachelor- oder Bakkalaureusgrad und zu einem Master- oder Magistergrad führen. (2) 1Auf Grund von Prüfungen, mit denen ein erster berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, kann die Hochschule einen Bachelor- oder Bakkalaureusgrad verleihen. 2Die Regelstudienzeit beträgt mindestens drei und höchstens vier Jahre. (3) 1Auf Grund von Prüfungen, mit denen ein weiterer berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, kann die Hochschule einen Master- oder Magistergrad verleihen. 2Die Regelstudienzeit beträgt mindestens ein Jahr und höchstens zwei Jahre. (4) Bei konsekutiven Studiengängen, die zu Graden nach den Absätzen 2 und 3 führen, beträgt die Gesamtregelstudienzeit höchstens fünf Jahre. (5) § 11 Satz 2 gilt entsprechend. (6) Den Urkunden über die Verleihung der akademischen Grade fügen die Hochschulen auf Antrag eine englischsprachige Übersetzung bei. § 20 Studium an ausländischen Hochschulen 1

Studien- und Prüfungsleistungen, die an ausländischen Hochschulen erbracht worden sind, werden anerkannt, wenn ihre Gleichwertigkeit festgestellt ist. 2§ 5a Abs. 1 Satz 2 und § 112 des Deutschen Richtergesetzes bleiben unberührt. 8. § 72 (Anpassungsfristen) (1) 1Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung vom 26. Januar 1976 (BGBl. I S. 185) sind den Vorschriften der Kapitel 1 bis 5 entsprechende Landesgesetze zu erlassen. 2. . . 8Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3138) sind den Vorschriften des Artikels 1 dieses Gesetzes entsprechende Landesgesetze zu erlassen.

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Europäische Vereinbarungen auf dem Weg zum europäischen Hochschulraum (Auswahl) 9. Sorbonne-Erklärung (1998), deutscher Text Gemeinsame Erklärung zur Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschulbildung Paris, Sorbonne, den 25. Mai 1998 Der europäische Prozeß ist in letzter Zeit um einige bedeutende Schritte weiter vorangetrieben worden. So wichtig diese aber auch sein mögen: man sollte nicht vergessen, daß Europa nicht nur das Europa des Euro, der Banken und der Wirtschaft ist; es muß auch ein Europa des Wissens sein. Wir müssen auf die intellektuellen, kulturellen, sozialen und technischen Dimensionen unseres Kontinents bauen und sie stärken. Sie sind in großem Maße von ihren Universitäten geprägt worden, die weiterhin eine ganz entscheidende Rolle in deren Entwicklung spielen. Die Universitäten wurden in Europa vor ungefähr 750 Jahren gegründet. Unsere vier Länder sind stolz darauf, über einige der ältesten zu verfügen, die jetzt wichtige Jubiläen feiern, wie die Universität von Paris es heute tut. Damals reisten Studenten und Wissenschaftler umher und verbreiteten in kurzer Zeit ihr Wissen auf dem gesamten Kontinent. Heutzutage absolvieren zu viele unserer Studenten ihr Hochschulstudium, ohne den Vorteil zu nutzen, einen Teil der Studienzeit im Ausland zu verbringen. Wir sehen uns auch einer Zeit grundlegender Veränderungen im Bildungsbereich und am Arbeitsplatz gegenüber, einer Diversifizierung der Berufsausbildung, in der lebenslanges Lernen zu einer ganz klaren Verpflichtung wird. Wir schulden unseren Studenten und unserer Gesellschaft insgesamt ein Hochschulsystem, in dem ihnen die besten Möglichkeiten geboten werden, den Platz zu suchen und zu finden, für den sie am besten geeignet sind. Ein offener europäischer Raum für Hochschulbildung birgt zahlreiche positive Perspektiven, wobei natürlich unsere Unterschiede berücksichtigt werden müssen; auf der anderen Seite ist es erforderlich, sich stets darum zu bemühen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Rahmenbedingungen für das Lernen und Lehren zu schaffen, um die Mobilität zu steigern und eine noch engere Zusammenarbeit fördern zu können. Die internationale Anerkennung und Attraktivität unserer Bildungssysteme hängen unmittelbar damit zusammen, wie diese von außen und von innen gesehen werden. Es scheint ein System zu entstehen, in dem zwei große Zyklen, Studium und Postgraduiertenstudium, für den internationalen Vergleich und die Feststellung von Entsprechungen anerkannt werden sollten. Die Besonderheiten und die Flexibilität dieses Systems werden insbesondere durch die Anrechnung von Studienleistungen (wie bei dem Europäische Programm zur An-

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rechnung von Studienleistungen, ECTS) und Semestern erzielt. Somit können Leistungen derer anerkannt werden, die während ihrer Aus- oder Weiterbildung verschiedene europäische Universitäten besuchen wollen und in der Lage sein möchten, in angemessener Zeit einen akademischen Abschluß zu erwerben. Studenten sollten tatsächlich in der Lage sein, zu jedem Zeitpunkt ihrer berufliche Karriere und mit unterschiedlichen Erfahrungen Zugang zur Hochschule zu finden. Studenten sollte der Zugang zu unterschiedlichsten Studiengänge sowie auch zu multidisziplinären Studien ermöglicht werden; sie sollten in die Lage versetzt werden, sich Fremdsprachenkenntnisse anzueignen und neue Informationstechnologien anzuwenden. Die internationale Anerkennung des ersten Abschlusses als angemessene berufliche Qualifikation ist wichtig für den Erfolg dieses Unternehmens, mit dem wir uns darum bemühen, die Ausbildung an unseren Hochschulen für alle verständlich zu machen. Im Postgraduiertenzyklus könnte zwischen einem kürzeren Master-Studium und einer längeren Promotion mit Übergangsmöglichkeiten zwischen beiden gewählt werden. Bei beiden Postgraduiertenabschlüssen wird besonderes Gewicht auf Forschung und eigenständiges Arbeiten gelegt. Sowohl vor als auch nach dem ersten Hochschulabschluß sollten Studenten dazu ermutigt werden, mindestens ein Semester an einer Universität im Ausland zu studieren. Gleichzeitig sollten mehr Dozenten und Wissenschaftler in anderen europäischen Ländern als ihren Herkunftsländern arbeiten. Die stetig wachsende Unterstützung der Europäischen Union für die Mobilität der Studenten und Dozenten sollte voll ausgeschöpft werden. Die meisten Länder, nicht nur in Europa, haben erkannt, daß diese Entwicklung unterstützt werden sollte. Auf den Konferenzen der europäischen Rektoren, der Universitätspräsidenten, Gruppen von Experten und Wissenschaftlern in unseren jeweiligen Ländern hat man sich eingehend mit diesem Thema befaßt. Letztes Jahr ist in Lissabon ein Abkommen zur Anerkennung von Hochschulabschlüssen innerhalb Europas verabschiedet worden. Das Abkommen beinhaltet einige grundlegende Anforderungen und stellt fest, daß die einzelnen Länder noch konstruktiver zusammen arbeiten könnten. Wenn man diese Schlußfolgerungen beherzigt, kann man darauf aufbauen und noch weiter gehen. Durch die entsprechenden Richtlinien der Europäischen Union ist im Bereich der gegenseitigen Anerkennung berufsqualifizierender Hochschulabschlüsse schon viel erreicht worden. Dennoch müssen unsere Regierungen noch einiges tun, um Mittel und Wege zu finden, damit erbrachte Studienleistungen angerechnet und die jeweiligen akademischen Abschlüsse schneller anerkannt werden. Wir gehen davon aus, daß zu diesem Zweck zusätzliche Abkommen zwischen Universitäten geschlossen werden. Eine progressive Harmonisierung der gesamten Rahmenbedingungen für unsere akademischen

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Abschlüsse und Ausbildungszyklen kann dadurch erzielt werden, daß bereits gesammelte Erfahrungen, gemeinsame Diplome, Pilot-Initiativen und der Dialog aller Betroffenen in verstärktem Maße gefördert werden. Wir verpflichten uns hiermit, uns für einen gemeinsamen Rahmen einzusetzen, um so die Anerkennung akademischer Abschlüsse im Ausland, die Mobilität der Studenten sowie auch ihre Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt zu fördern. Das Jubiläum der Universität von Paris, heute hier an der Sorbonne, gibt uns nun den ehrenvollen Anlaß, uns darum zu bemühen, einen europäischen Raum für Hochschulbildung zu schaffen, in dem nationale Identitäten und gemeinsame Interessen interagieren und sich gegenseitig stärken können zum Wohle Europas, seiner Studenten und seiner Bürger allgemein. Wir rufen andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union und andere europäische Staaten dazu auf, uns in diesem Bemühen zu unterstützen und rufen alle europäischen Universitäten dazu auf, die Position Europas in der Welt durch ständig verbesserte und moderne Bildung für seine Bürger zu festigen. Claude ALLEGRE Minister für Bildung, Forschung und Technologie (Frankreich) Luigi BERLINGUER Minister für öffentlichen Unterricht, Universitäten und Forschung (Italien) Tessa BLACKSTONE Minister für Höhere Bildung (Großbritannien) Jürgen RÜTTGERS Minister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (Deutschland) 10. a) Bologna Declaration (1999), englischer Text The Bologna Declaration of 19 June 1999 Joint declaration of the European Ministers of Education The European process, thanks to the extraordinary achievements of the last few years, has become an increasingly concrete and relevant reality for the Union and its citizens. Enlargement prospects together with deepening relations with other European countries, provide even wider dimensions to that reality. Meanwhile, we are witnessing a growing awareness in large parts of the political and academic world and in public opinion of the need to establish a more complete and far-reaching Europe, in particular building upon and strengthening its intellectual, cultural, social and scientific and technological dimensions. A Europe of Knowledge is now widely recognised as an irreplaceable factor for social and human growth and as an indispensable component to consolidate and enrich the European citizenship, capable of giving its citizens the necessary competences to face the challenges of the new millen-

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nium, together with an awareness of shared values and belonging to a common social and cultural space. The importance of education and educational cooperation in the development and strengthening of stable, peaceful and democratic societies is universally acknowledged as paramount, the more so in view of the situation in South East Europe. The Sorbonne declaration of 25th of May 1998, which was underpinned by these considerations, stressed the Universities’ central role in developing European cultural dimensions. It emphasised the creation of the European area of higher education as a key way to promote citizens’ mobility and employability and the THE EUROPEAN HIGHER EDUCATION AREA Continent’s overall development. Several European countries have accepted the invitation to commit themselves to achieving the objectives set out in the declaration, by signing it or expressing their agreement in principle. The direction taken by several higher education reforms launched in the meantime in Europe has proved many Governments’ determination to act. European higher education institutions, for their part, have accepted the challenge and taken up a main role in constructing the European area of higher education, also in the wake of the fundamental principles laid down in the Bologna Magna Charta Universitatum of 1988. This is of the highest importance, given that Universities’ independence and autonomy ensure that higher education and research systems continuously adapt to changing needs, society’s demands and advances in scientific knowledge. The course has been set in the right direction and with meaningful purpose. The achievement of greater compatibility and comparability of the systems of higher education nevertheless requires continual momentum in order to be fully accomplished. We need to support it through promoting concrete measures to achieve tangible forward steps. The 18th June meeting saw participation by authoritative experts and scholars from all our countries and provides us with very useful suggestions on the initiatives to be taken. We must in particular look at the objective of increasing the international competitiveness of the European system of higher education. The vitality and efficiency of any civilisation can be measured by the appeal that its culture has for other countries. We need to ensure that the European higher education system acquires a world-wide degree of attraction equal to our extraordinary THE EUROPEAN HIGHER EDUCATION AREA cultural and scientific traditions. While affirming our support to the general principles laid down in the Sorbonne declaration, we engage in co-ordinating our policies to reach in the short term, and in any case within the first decade of the third millennium, the following objectives, which we consider to be of primary relevance in order to establish the European area of higher education and to promote the European system of higher education world-wide: Adoption of a system of easily readable and comparable degrees, also through the implementation of the Diploma Supplement, in order to promote European citizens employability and the international competitiveness of the European higher education system

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Adoption of a system essentially based on two main cycles, undergraduate and graduate. Access to the second cycle shall require successful completion of first cycle studies, lasting a minimum of three years. The degree awarded after the first cycle shall also be relevant to the European labour market as an appropriate level of qualification. The second cycle should lead to the master and / or doctorate degree as in many European countries. Establishment of a system of credits - such as in the ECTS system – as a proper means of promoting the most widespread student mobility. Credits could also be acquired in non-higher education contexts, including lifelong learning, provided they are recognised by receiving Universities concerned. Promotion of mobility by overcoming obstacles to the effective exercise of free movement with particular attention to: • for students, access to study and training opportunities and to related services THE EUROPEAN HIGHER EDUCATION AREA • for teachers, researchers and administrative staff, recognition and valorisation of periods spent in a European context researching, teaching and training, without prejudicing their statutory rights. Promotion of European co-operation in quality assurance with a view to developing comparable criteria and methodologies. Promotion of the necessary European dimensions in higher education, particularly with regards to curricular development, interinstitutional co-operation, mobility schemes and integrated programmes of study, training and research. We hereby undertake to attain these objectives – within the framework of our institutional competences and taking full respect of the diversity of cultures, languages, national education systems and of University autonomy – to consolidate the European area of higher education. To that end, we will pursue the ways of intergovernmental co-operation, together with those of non governmental European organisations with competence on higher education. We expect Universities again to respond promptly and positively and to contribute actively to the success of our endeavour. Convinced that the establishment of the European area of higher education requires constant support, supervision and adaptation to the continuously evolving needs, we decide to meet again within two years in order to assess the progress achieved and the new steps to be taken. Signatories: THE EUROPEAN HIGHER EDUCATION AREA

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Anhang 10. b) Bologna-Erklärung (1999), deutscher Text

Der Europäische Hochschulraum Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister 19. Juni 1999, Bologna Dank der außerordentlichen Fortschritte der letzten Jahre ist der europäische Prozeß für die Union und ihre Bürger zunehmend eine konkrete und relevante Wirklichkeit geworden. Die Aussichten auf eine Erweiterung der Gemeinschaft und die sich vertiefenden Beziehungen zu anderen europäischen Ländern vergrößern die Dimension dieser Realität immer mehr. Inzwischen gibt es in weiten Teilen der politischen und akademischen Welt sowie in der öffentlichen Meinung ein wachsendes Bewußtsein für die Notwendigkeit der Errichtung eines vollständigeren und umfassenderen Europas, wobei wir insbesondere auf seinen geistigen, kulturellen, sozialen und wissenschaftlichtechnologischen Dimensionen aufbauen und diese stärken sollten. Inzwischen ist ein Europa des Wissens weitgehend anerkannt als unerläßliche Voraussetzung für gesellschaftliche und menschliche Entwicklung sowie als unverzichtbare Komponente der Festigung und Bereicherung der europäischen Bürgerschaft; dieses Europa des Wissens kann seinen Bürgern die notwendigen Kompetenzen für die Herausforderungen des neuen Jahrtausends ebenso vermitteln wie ein Bewußtsein für gemeinsame Werte und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen sozialen und kulturellen Raum. Die Bedeutung von Bildung und Bildungszusammenarbeit für die Entwicklung und Stärkung stabiler, friedlicher und demokratischer Gesellschaften ist allgemein als wichtigstes Ziel anerkannt, besonders auch im Hinblick auf die Situation in Südosteuropa. Die Sorbonne-Erklärung vom 25. Mai 1998, die sich auf diese Erwägungen stützte, betonte die Schlüsselrolle der Hochschulen für die Entwicklung europäischer kultureller Dimensionen. Die Erklärung betonte die Schaffung des europäischen Hochschulraumes als Schlüssel zur Förderung der Mobilität und arbeitsmarktbezogenen Qualifizierung seiner Bürger und der Entwicklung des europäischen Kontinents insgesamt. Mehrere europäische Länder haben die Aufforderung, sich für die in der Erklärung dargelegten Ziele zu engagieren, angenommen und die Erklärung unterzeichnet oder aber ihre grundsätzliche Übereinstimmung damit zum Ausdruck gebracht. Die Richtung der Hochschulreformen, die mittlerweile in mehreren Ländern Europas in Gang gesetzt wurden, zeigt, daß viele Regierungen entschlossen sind zu handeln. Die europäischen Hochschulen haben ihrerseits die Herausforderungen angenommen und eine wichtige Rolle beim Aufbau des europäischen Hochschulraumes übernommen, auch auf der Grundlage der in der Magna Charta Universitatum von Bologna aus dem Jahre 1988 niedergelegten Grundsätze.

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Dies ist von größter Bedeutung, weil Unabhängigkeit und Autonomie der Universitäten gewährleisten, daß sich die Hochschul- und Forschungssysteme den sich wandelnden Erfordernissen, den gesellschaftlichen Anforderungen und den Fortschritten in der Wissenschaft laufend anpassen. Die Weichen sind gestellt, und das Ziel ist sinnvoll. Dennoch bedarf es kontinuierlicher Impulse, um das Ziel größere Kompatibilität und Vergleichbarkeit der Hochschulsysteme vollständig zu verwirklichen. Um sichtbare Fortschritte zu erzielen, müssen wir diese Entwicklung durch Förderung konkreter Maßnahmen unterstützen. An dem Treffen am 18. Juni nahmen maßgebliche Experten und Wissenschaftler aus allen unseren Ländern teil, und das Ergebnis sind sehr nützliche Vorschläge für die zu ergreifenden Initiativen. Insbesondere müssen wir uns mit dem Ziel der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems befassen. Die Vitalität und Effizienz jeder Zivilisation läßt sich an der Attraktivität messen, die ihre Kultur für andere Länder besitzt. Wir müssen sicherstellen, daß die europäischen Hochschulen weltweit ebenso attraktiv werden wie unsere außergewöhnlichen kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen. Wir bekräftigen unsere Unterstützung der in der Sorbonne-Erklärung dargelegten allgemeinen Grundsätze, und wir werden unsere Maßnahmen koordinieren, um kurzfristig, auf jeden Fall aber innerhalb der ersten Dekade des dritten Jahrtausends, die folgenden Ziele, die wir für die Errichtung des europäischen Hochschulraumes und für die Förderung der europäischen Hochschulen weltweit für vorrangig halten, zu erreichen: – Einführung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, auch durch die Einführung des Diplomzusatzes (Diploma Supplement) mit dem Ziel, die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems zu fördern. – Einführung eines Systems, das sich im wesentlichen auf zwei Hauptzyklen stützt: einen Zyklus bis zum ersten Abschluß (undergraduate) und einen Zyklus nach dem ersten Abschluß (graduate). Regelvoraussetzung für die Zulassung zum zweiten Zyklus ist der erfolgreiche Abschluß des ersten Studienzyklus, der mindestens drei Jahre dauert. Der nach dem ersten Zyklus erworbene Abschluß attestiert eine für den europäischen Arbeitsmarkt relevante Qualifikationsebene. Der zweite Zyklus sollte, wie in vielen europäischen Ländern, mit dem Master und / oder der Promotion abschließen. – Einführung eines Leistungspunktesystems – ähnlich dem ECTS – als geeignetes Mittel der Förderung größtmöglicher Mobilität der Studierenden. Punkte sollten auch außerhalb der Hochschulen, beispielsweise durch lebenslange Lernen, erworben werden können, vorausgesetzt, sie werden durch die jeweiligen aufnehmenden Hochschulen anerkannt.

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– Förderung der Mobilität durch Überwindung der Hindernisse, die der Freizügigkeit in der Praxis im Wege stehen, insbesondere – für Studierende: Zugang zu Studien- und Ausbildungsangeboten und zu entsprechenden Dienstleistungen – für Lehrer, Wissenschaftler und Verwaltungspersonal: Anerkennung und Anrechnung von Auslandsaufenthalten zu Forschungs-, Lehr- oder Ausbildungszwecken, unbeschadet der gesetzlichen Rechte dieser Personengruppen. – Förderung der europäischen Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung im Hinblick auf die Erarbeitung vergleichbarer Kriterien und Methoden. – Förderung der erforderlichen europäischen Dimensionen im Hochschulbereich, insbesondere in bezug auf Curriculum- Entwicklung, Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Mobilitätsprojekte und integrierte Studien-, Ausbildungs- und Forschungsprogramme. Wir verpflichten uns hiermit, diese Ziele – im Rahmen unserer institutionellen Kompetenzen und unter uneingeschränkter Achtung der Vielfalt der Kulturen, der Sprachen, der nationalen Bildungssysteme und der Autonomie der Universitäten – umzusetzen, um den europäischen Hochschulraum zu festigen. Dafür werden wir die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sowohl auf Regierungsebene als auch auf der Ebene der Zusammenarbeit mit auf dem Gebiet der Hochschulen ausgewiesenen europäischen Nichtregierungsorganisationen nutzen. Wir erwarten, daß die Hochschulen wiederum prompt und positiv reagieren und aktiv zum Erfolg unserer Anstrengungen beitragen. In der Überzeugung, daß die Errichtung des europäischen Hochschulraumes ständiger Unterstützung, Überwachung und Anpassung an die sich unaufhörlich wandelnden Anforderungen bedarf, beschließen wir, uns spätestens in zwei Jahren wieder zu treffen, um die bis dahin erzielten Fortschritte und die dann zu ergreifenden Maßnahmen zu bewerten. (Es folgen die Unterschriften von 31 Europäischen Bildungsministern)

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Kultusministerkonferenz (Auswahl) 11. Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. 10. 2003) Dieser Beschluss ersetzt den KMK-Beschluss „Strukturvorgaben für die Einführung von Bachelor- / Bakkalaureus- und Master- / Magisterstudiengängen“ vom 05. 03. 1999 in der Fassung vom 14. 12. 2001. Vorbemerkung Mit den nachfolgenden Strukturvorgaben für Bachelor- und Masterstudiengänge (§ 19 HRG) kommen die Länder dem gesetzlichen Auftrag gem. § 9 Abs. 2 HRG nach, die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels zu gewährleisten. Diese Vorgaben sind zugleich ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Errichtung des europäischen Hochschulraumes im Rahmen des Bologna-Prozesses. Bachelor- und Masterstudiengänge sind zu akkreditieren. Die Vorgaben sind gem. Ziffer 1 Abs. 3 des „Statuts für ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24. 02. 2002 i.d.F. v. 19. 09. 2002) bei der Akkreditierung zugrunde zu legen. Sie richten sich daher unmittelbar an den Akkreditierungsrat und die Akkreditierungsagenturen. Gleichzeitig dienen sie den Hochschulen als Grundlage (Orientierungsrahmen) für Planung und Konzeption von Studiengängen, die der Akkreditierung unterliegen. Dagegen ist mit den Strukturvorgaben keine Reglementierung des individuellen Studienverhaltens verbunden. So können beispielsweise konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge einer Hochschule nur akkreditiert werden, wenn eine Regelstudienzeit von insgesamt 5 Jahren nicht überschritten wird; der einzelne Studierende ist jedoch nicht gehindert, nach einem vierjährigen Bachelorstudium an einer Hochschule einen zweijährigen Masterstudiengang an einer anderen Hochschule zu studieren. Für Bachelor- und Masterstudiengänge im Bereich der staatlich geregelten Studiengänge (insbesondere Lehramt, Medizin, Rechtswissenschaften), der Studiengänge mit kirchlichem Abschluss sowie der künstlerischen Studiengänge an Kunst- und Musikhochschulen bleiben besondere Regelungen vorbehalten. 1. Studienstruktur und Studiendauer Das HRG unterscheidet grundlegend zwischen Bachelor- und Masterstudiengängen gem. § 19 HRG und Diplom- und Magisterstudiengängen gem. § 18

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HRG, was nicht ausschließt, dass in den Studiengängen der beiden unterschiedlichen Graduierungssysteme teilweise die gleichen Studienangebote genutzt werden. Eine strukturelle Vermischung der beiden Studiengangsysteme ist jedoch auszuschließen. In einem System mit gestuften Studienabschlüssen ist der Bachelor der Regelabschluss eines Hochschulstudiums. Er hat ein gegenüber dem Diplom- und Magisterabschluss eigenständiges berufsqualifizierendes Profil, das durch die innerhalb der vorgegebenen Regelstudienzeit zu vermittelnden Inhalte deutlich werden muss. Als Studiengänge, die zu berufsqualifizierenden Abschlüssen führen, müssen die Bachelorstudiengänge wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen vermitteln. Im Übrigen gilt: 1.1 Bachelor- und Masterstudiengänge können sowohl an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen als auch an Fachhochschulen eingerichtet werden, ohne die unterschiedlichen Bildungsziele dieser Hochschularten in Frage zu stellen. 1.2 Bachelorstudiengänge können auch dann eingerichtet werden, wenn an der Hochschule kein entsprechender Masterabschluss erworben werden kann. Für Inhaber eines ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses können Masterstudiengänge auch dann eingerichtet werden, wenn an der Hochschule keine entsprechenden Bachelorstudiengänge angeboten werden. 1.3 Die Regelstudienzeiten für Bachelor- und Masterstudiengänge ergeben sich aus § 19 Abs. 2 – 5 HRG und betragen mindestens drei höchstens vier Jahre für die Bachelorstudiengänge und mindestens ein und höchstens zwei Jahre für die Masterstudiengänge. Bei konsekutiven Studiengängen beträgt die Gesamtregelstudienzeit höchstens fünf Jahre. Kürzere Regelstudienzeiten sind aufgrund besonderer studienorganisatorischer Maßnahmen möglich. Bei einer Regelstudienzeit von drei Jahren sind für den Bachelorabschluss in der Regel 180 ECTS-Punkte nachzuweisen. Entsprechend internationalen Anforderungen werden für den Masterabschluss unter Einbeziehung des vorangehenden Studiums bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss 300 ECTS-Punkte benötigt. Im Übrigen richtet sich die in Bachelor- oder Masterstudiengängen zu erwerbende Anzahl von ECTS-Punkten nach den unterschiedlichen, im Rahmen der Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes möglichen Regelstudienzeiten. 1.4 Zur Qualitätssicherung sehen Bachelor- ebenso wie Masterstudiengänge obligatorisch eine Abschlussarbeit (Bachelor- / Masterarbeit) vor, mit der die Fähigkeit nachgewiesen wird, innerhalb einer vorgegebenen Frist ein Problem aus dem jeweiligen Fach selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten. Der Bearbeitungsumfang für die Bachelorarbeit beträgt mindestens 6 ECTS-Punkte und darf 12 ECTS-Punkte nicht überschreiten; für die Masterarbeit ist ein Bearbeitungsumfang von 15 – 30 ECTS-Punkten vorzusehen.

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1.5 Die Studierbarkeit des Lehrangebots ist in der Akkreditierung zu überprüfen. 1.6 In vierjährigen Bachelorstudiengängen kennzeichnen die Prüfungsordnungen diejenigen Module, deren Bestehen einer Zwischenprüfung entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 2 HRG gleichsteht. 2. Zugangsvoraussetzungen und Übergänge In einem System gestufter Studiengänge stellt der Bachelorabschluss als erster berufsqualifizierender Abschluss den Regelabschluss dar und führt damit für die Mehrzahl der Studierenden zu einer ersten Berufseinmündung. Bei den Zugangsvoraussetzungen zum Master muss daher der Charakter des Masterabschlusses als weiterer berufsqualifizierender Abschluss betont werden. Im Übrigen gilt, dass auch nach Einführung des neuen Graduierungssystems die Durchlässigkeit im Hochschulsystem erhalten bleiben muss. Daraus folgt: 2.1 Zugangsvoraussetzung für einen Masterstudiengang ist immer ein berufsqualifizierender Hochschulabschluss. Im Interesse der internationalen Reputation und der Akzeptanz der Masterabschlüsse durch den Arbeitsmarkt ist ein hohes fachliches und wissenschaftliches Niveau, das mindestens dem der eingeführten Diplomabschlüsse entsprechen muss, zu gewährleisten. Deshalb soll das Studium im Masterstudiengang von weiteren besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängig gemacht werden. Die Zugangsvoraussetzungen sind Gegenstand der Akkreditierung. Die Länder können sich die Genehmigung der Zugangskriterien vorbehalten. 2.2 Übergänge zwischen den Studiengängen gem. § 18 HRG und den Bachelor- und Masterstudiengängen gem. § 19 HRG sind nach den allgemeinen Anrechnungsbestimmungen möglich. Einzelheiten sind in den Prüfungsordnungen oder in landesrechtlichen Bestimmungen zu regeln. 2.3 Masterabschlüsse, die an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen oder an Fachhochschulen erworben wurden, berechtigen grundsätzlich zur Promotion. Die Universitäten und gleichgestellten Hochschulen regeln den Promotionszugang in ihren Promotionsordnungen. Inhaber eines Bachelorgrades können auch ohne Erwerb eines weiteren Grades im Wege eines Eignungsfeststellungsverfahrens unmittelbar zur Promotion zugelassen werden. Die Universitäten regeln den Zugang sowie die Ausgestaltung des Eignungsfeststellungsverfahrens und ggf. das Zusammenwirken mit Fachhochschulen in ihren Promotionsordnungen. 2.4 Entsprechend dem Grundsatz, dass ein Absolvent eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses an jeder anderen Hochschule studieren kann, vermittelt der Bachelorabschluss die der allgemeinen Hochschulreife entsprechende Hochschulzugangsberechtigung. In Bayern ist ein Bachelorabschluss im Hinblick auf die Vermittlung der allgemeinen Hochschulreife qualifikationsrechtlich einem Diplomabschluss der gleichen Hochschule gleichgestellt. 26 Wex

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Anhang 3. Studiengangsprofile

International ist es weit verbreitet, bei den Bachelor- und Masterstudiengängen zwischen einem „stärker anwendungsorientierten“ und einem „stärker forschungsorientierten“ Profil zu unterscheiden. Allerdings ist es ausreichend, wenn die Differenzierung auf der Masterebene erfolgt. Eine Differenzierung nach der Dauer der Studiengänge erfolgt nicht. Im Einzelnen gilt: 3.1 In Bachelorstudiengängen werden wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen vermittelt. Eine Zuordnung der Bachelorstudiengänge zu den Profiltypen „stärker anwendungsorientiert“ und „stärker forschungsorientiert“ erfolgt nicht. 3.2 Masterstudiengänge sind nach den Profiltypen „stärker anwendungsorientiert“ und „stärker forschungsorientiert“ zu differenzieren. Die Hochschulen legen für jeden Masterstudiengang das Profil fest. Masterstudiengänge können nur akkreditiert werden, wenn sie einem der beiden Profiltypen zugeordnet sind, und dies im „diploma supplement“ dargestellt ist. Unter Einbeziehung der internationalen Entwicklung stellt der Akkreditierungsrat Kriterien für die Zuordnung zu den Profiltypen auf. Die Zuordnung wird in der Akkreditierung verifiziert. Die Urkunde, mit der der Mastergrad verliehen wird, weist die verleihende Hochschule aus. Sie kann ferner das Profil des Studiengangs bezeichnen. 4. Konsekutive, nicht-konsekutive und weiterbildende Masterstudiengänge Bei der Einrichtung eines Masterstudiengangs ist festzulegen, ob es sich um einen konsekutiven, nicht-konsekutiven oder weiterbildenden Studiengang handelt. Die Zuordnung ist in der Akkreditierung zu überprüfen. 4.1 Konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge sind Studiengänge, die nach Maßgabe der Studien- bzw. Prüfungsordnung inhaltlich aufeinander aufbauen, und sich i.d.R. in den zeitlichen Rahmen 3 + 2 oder 4 + 1 Jahren einfügen bzw. einen Gesamtrahmen von 5 Jahren Regelstudienzeit bis zum Masterabschluss nicht überschreiten (dies schließt 7- semestrige Bachelor- und 3semestrige Masterstudiengänge ein). Der Masterstudiengang kann den Bachelorstudingang fachlich fortführen und vertiefen oder soweit der fachliche Zusammenhang gewährt bleibt – fachübergreifenderweitern. Bachelor- und Masterstudiengänge können an verschiedenen Hochschulen, auch an unterschiedlichen Hochschularten und auch mit Phasen der Berufstätigkeit zwischen dem ersten und zweiten Abschluss konsekutiv studiert werden. 4.2 Nicht-konsekutive Masterstudiengänge sind Masterstudiengänge, die inhaltlich nicht auf dem vorangegangenen Bachelorstudiengang aufbauen. Sie entsprechen in den Anforderungen (Ziff. 1.3 und 1.4) den konsekutiven Masterstudiengängen und führen zu dem gleichen Qualifikationsniveau und zu denselben Berechtigungen. Die Gleichwertigkeit der Anforderungen ist in der Akkreditierung festzustellen.

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4.3 Weiterbildende Masterstudiengänge setzen nach einem qualifizierten Hochschulabschluss qualifizierte berufspraktische Erfahrung von i.d.R. nicht unter einem Jahr voraus. Die Inhalte des weiterbildenden Masterstudiengangs sollen die beruflichen Erfahrungen berücksichtigen und an diese anknüpfen. Bei der Konzeption eines weiterbildenden Masterstudiengangs legt die Hochschule den Zusammenhang von beruflicher Qualifikation und Studienangebot dar. Weiterbildende Masterstudiengänge entsprechen in den Anforderungen (Ziff. 1.3 und 1.4) den konsekutiven Masterstudiengängen und führen zu dem gleichen Qualifikationsniveau und zu denselben Berechtigungen3. Die Gleichwertigkeit der Anforderungen ist in der Akkreditierung festzustellen. 5. Abschlüsse Bachelor- und Masterstudiengänge sind eigenständige Studiengänge, die zu eigenständigen Abschlüssen führen. Daraus folgt: 5.1 Für einen erfolgreich abgeschlossenen Bachelor- oder Masterstudiengang kann jeweils nur ein Grad verliehen werden. Bachelor- und Mastergrade gem. § 19 HRG können somit nicht zugleich mit Abschluss eines Diplomoder Magisterstudiengangs gem. § 18 HRG verliehen werden; desgleichen kann mit Abschluss eines Bachelor- oder Masterstudiengangs gemäß § 19 HRG nicht zugleich ein Diplom- oder Magistergrad gemäß § 18 HRG verliehen werden. 5.2 Nach dem Graduierungssystem gem. § 19 HRG wird der Mastergrad auf Grund eines weiteren berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses verliehen (§ 19 Abs. 3 Satz 1 HRG). Deshalb kann ein Masterabschluss nur erworben werden, wenn bereits ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss vorliegt. Ausgeschlossen sind somit grundständige Studiengänge, die nach vier oder fünf Jahren unmittelbar zu einem Masterabschluss führen. 5.3 Eine Differenzierung der Abschlussgrade nach der Dauer der Regelstudienzeit wird bei den Bachelor- und Masterstudiengängen nicht vorgesehen. Für drei- und vierjährige Bachelorstudiengänge werden somit keine unterschiedlichen Grade vergeben. Dasselbe gilt für Masterabschlüsse, die nach ein oder zwei Jahren erreicht werden. Gleiches gilt sinngemäß für 7semestrige Bachelor- und 3semestrige Masterstudiengänge. Bachelorabschlüsse mit dem Zusatz „honours“ („B.A. hon.“) sind ausgeschlossen. 3 Fragen der Erhebung von Studiengebühren und -entgelten für weiterbildende Studiengänge werden dadurch nicht berührt. 6. Bezeichnung der Abschlüsse Für die Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt und die internationale Zusammenarbeit ist es erforderlich, Transparenz und Übersichtlichkeit durch eine möglichst geringe Anzahl unterschiedlicher Abschlussbezeichnungen sicherzustellen. Bei der Gradbezeichnung wird nicht zwischen den Profiltypen „stärker 26*

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anwendungsorientiert“ und „stärker forschungsorientiert“ unterschieden. Für Bachelor- und konsekutive Mastergrade sind folgende Bezeichnungen zu verwenden: Fächergruppen Abschlussbezeichnungen – Sprach- und Kulturwissenschaften – Sport, Sportwissenschaft – Sozialwissenschaft, Kunstwissenschaft: – Bachelor of Arts (B.A.) – Master of Arts (M.A.) – Mathematik, Naturwissenschaften, Medizin – Agrar, Forst- und Ernährungswissenschaften: – Bachelor of Science (B.Sc.) – Master of Science (M.Sc.) – Ingenieurwissenschaften: – Bachelor of Science (B.Sc.) – Master of Science (M.Sc.) oder – Bachelor of Engineering (B.Eng.) – Master of Engineering (M.Eng.) – Wirtschaftswissenschaften, nach der inhaltlichen Ausrichtung des Studiengangs: – Bachelor of Arts (B.A.) – Master of Arts (M.A.) oder – Bachelor of Science (B.Sc.) – Master of Science (M.Sc) – Rechtswissenschaften (betrifft nicht die staatlich geregelten Studiengänge): – Bachelor of Laws (LL.B) – Master of Laws (LL.M). Bei interdisziplinären Studiengängen richtet sich die Abschlussbezeichnung nach demjenigen Fachgebiet, dessen Bedeutung im Studiengang überwiegt; bei den Ingenieurwissenschaften und den Wirtschaftswissenschaften richtet sie sich nach der inhaltlichen Ausrichtung des Studiengangs. Fachliche Zusätze zu den Abschlussbezeichnungen sind ausgeschlossen. Für Weiterbildungsstudiengänge und nicht-konsekutive Masterstudiengänge dürfen auch Mastergrade verwendet werden, die von den vorgenannten Bezeichnungen abweichen (z. B. MBA). Für die Abschlussbezeichnungen können auch deutschsprachige Formen verwandt werden (z. B. Bakkalaureus der Wissenschaften). Gemischtsprachige Bezeichnungen sind ausgeschlossen (z. B. Bachelor der Wissenschaften). Auskunft über das dem Abschluss zugrunde liegende Studium im Einzelnen erteilt jeweils das „diploma supplement“.

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Die Umstellung der Gradbezeichnungen erfolgt im Zuge von Akkreditierung und Reakkreditierung. 7. Modularisierung und Leistungspunktsystem Zur Akkreditierung eines Bachelor- oder Masterstudiengangs ist nachzuweisen, dass der Studiengang modularisiert und mit einem Leistungspunktsystem ausgestattet ist. Die Inhalte eines Moduls sind so zu bemessen, dass sie in der Regel innerhalb eines Semesters oder eines Jahres vermittelt werden können; in besonders begründeten Fällen kann sich ein Modul auch über mehrere Semester erstrecken. Im Einzelnen wird auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz „Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen“ vom 15. 09. 2000 verwiesen, der Bestandteil dieser ländergemeinsamen Vorgaben für Bachelorund Masterstudiengänge gem. § 9 Abs. 2 HRG ist. 8. Gleichstellungen Die Einführung des Graduierungssystems nach § 19 HRG darf nicht zu einer Abwertung der herkömmlichen Diplom- und Magisterabschlüsse führen. Hinsichtlich der Wertigkeit der Bachelor- und Masterabschlüsse (§ 19 HRG) und der Abschlüsse Diplom / Magister gem. (§ 18 HRG) gilt daher: – Bachelorabschlüsse verleihen grundsätzlich dieselben Berechtigungen wie Diplomabschlüsse an Fachhochschulen – Masterabschlüsse verleihen dieselben Berechtigungen wie Diplom- und Magisterabschlüsse an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen (Nach der geltenden Vereinbarung mit der Innenministerkonferenz eröffnen an Fachhochschulen erworbene Masterabschlüsse den Zugang zum höheren Dienst, wenn dieses in der Akkreditierung festgestellt wurde.).

Akkreditierungsrat 12. Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen und Akkreditierung von Studiengängen mit den Abschlüssen Bachelor / Bakkalaureus und Master / Magister – Mindeststandards und Kriterien (Beschluß des Akkreditierungsrats vom 30. 11. 1999, geändert am 17. 12. 1999), Auszüge I. Vorbemerkung Der Akkreditierungsrat wurde durch Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 3. Dezember 1998 zunächst für einen Zeitraum von drei

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Jahren eingerichtet. Er ist eine unabhängige Einrichtung zur Akkreditierung von Agenturen und – auf Antrag eines Landes - in besonderen Fällen von Studiengängen an Universitäten und Fachhochschulen. Ziel der Akkreditierung ist es, zur Sicherung von Qualität in Lehre und Studium durch die Feststellung von Mindeststandards beizutragen. Qualitätssichernde Akkreditierungsverfahren sollen Studierenden wie Arbeitgebern und Hochschulen eine verlässliche Orientierung wie eine verbesserte Transparenz über die nach § 19 Hochschulrahmengesetz (HRG) zunächst probeweise eingeführten Bakkalaureus- / Bachelor- und Magister- / Master-Studiengänge ermöglichen. Die Akkreditierungsverfahren sollen zudem dazu beitragen, die Mobilität der Studierenden zu erhöhen sowie die internationale Anerkennung der Studienabschlüsse zu verbessern. Der Akkreditierungsrat erfüllt seine Aufgaben durch Definition von Anforderungen an die Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen und Studiengängen, durch Koordination der fachlich-inhaltlichen Begutachtung der Studiengänge durch Agenturen und auf Antrag einzelner Länder auch durch Akkreditierung von Studiengängen. Der Akkreditierungsrat akkreditiert zeitlich befristet die mit der fachlich-inhaltlichen Prüfung zu beauftragenden Agenturen. Akkreditierte Agenturen können das Zertifikat des Akkreditierungsrates vergeben. Die Akkreditierung von Studiengängen mit den Abschlüssen Bakkalaureus / Bachelor (BA) und Magister / Master(MA) bezieht sich zunächst auf die Beurteilung der von den Hochschulen vorgelegten Konzepte für entsprechende Studiengänge. Deren wissenschaftliche und organisatorische Realisierung ist von den antragstellenden Hochschulen, ihre Finanzierbarkeit von den antragstellenden Hochschulen und den Ländern als Träger der Hochschulen bzw. bei nichtstaatlichen Hochschulen von deren Trägern nachzuweisen und zu bestätigen. Die staatliche Genehmigung eines Studiengangs bleibt von seiner Akkreditierung unberührt. II. Grundsätze der Akkreditierungsverfahren In einem Akkreditierungsverfahren soll die Erfüllung von Qualitätsmindeststandards überprüft und festgestellt werden. Die Mindeststandards zur Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen orientieren sich an den gemeinsamen Strukturvorgaben der Länder gemäß den Beschlüssen der KMK vom 3. Dezember 1998 und vom 5. März 1999. Die Kriterien zur Akkreditierung von Bachelor- / Bakkalaureus- und Master- / Magisterstudiengängen sind auf diese Beschlüsse der KMK und die Vorgaben des HRG bezogen und berücksichtigen zugleich das besondere Profil und die Qualität der Studiengänge. Nicht eine Vereinheitlichung der Leistungen und Angebote, sondern die Transparenz und Vergleichbarkeit der Qualität dieser Leistungen sowie der zur Leistungserbringung notwendigen Prozesse und der Ressourcenausstattung

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stehen im Vordergrund der Akkreditierungsverfahren. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Agenturen sollen deshalb nicht durch zu starre Vor-Festlegungen und Definitionen beeinträchtigt werden. Der Herausbildung unterschiedlicher Studiengangprofile soll auf der Grundlage formulierter Qualitätskriterien Raum gegeben werden. Die Prüfung der im Folgenden formulierten Grundsätze, Mindeststandards und Kriterien für eine Akkreditierung soll darauf abzielen, ob sie ein schlüssiges und kohärentes Bild im Hinblick auf gesetzte und zu erreichende Ziele ergibt. Bei der Akkreditierung bereits laufender Studiengänge kommt die Beurteilung einer Erfolgsbilanz hinzu. A. Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen ... B. Akkreditierung von Studiengängen (Bakkalaureus / Bachelor und Magister / Master) Grundlage für die Beurteilung von Studiengängen mit dem Ziel der Akkreditierung sind klare und verlässliche Angaben zu den Studiengängen. Die Akkreditierung für Bakkalaureus- / Bachelor- und Magister- / Masterstudiengänge muss sowohl der stattfindenden Diversifizierung des Studienangebots im Hochschulbereich als auch den Qualitätsanforderungen in einem sich intensivierenden internationalen Wettbewerb der Hochschulen Rechnung tragen. Die Akkreditierung steht unter den Prämissen  Qualität zu sichern,  Studierbarkeit nachzuweisen,  Vielfalt zu ermöglichen,  Transparenz zu schaffen. Um nationale und internationale Vergleichbarkeit und damit studentische Mobilität sicherzustellen, werden der Akkreditierung allgemeine formale und fachliche Kriterien zugrunde gelegt.1 Diese sind auch in den von den Akkreditierungsagenturen durchzuführenden Akkreditierungsverfahren anzuwenden. Die Verfahren schließen „peer review“ ein. Die Beteiligung der Berufspraxis an der Begutachtung ist unverzichtbar. I. Kriterien für gestufte Studiengänge mit den Abschlüssen Bakkalaureus / Bachelor und Magister / Master Nach § 19 HRG können gestufte Studiengänge mit den Abschlüssen Bakkalaureus / Bachelor (BA) und Magister / Master (MA) an Universitäten und 1 Die Kriterien für BA- und MA-Studiengänge sind inhaltlich weiterzuentwickeln.

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Fachhochschulen angeboten werden. BA-Studiengänge vermitteln einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss und haben eine Regelstudienzeit von mindestens drei bis höchstens vier Jahren. MA-Studiengänge vermitteln einen weiteren berufsqualifizierenden Abschluss und haben eine Regelstudienzeit von mindestens einem bis höchstens zwei Jahren. Bei konsekutiven Studiengängen mit den Abschlüssen BA und MA beträgt die Regelstudienzeit höchstens fünf Jahre. BA-Studiengänge müssen über ein spezifisches Profil verfügen und im Studienprogramm insbesondere das Ziel der Berufsqualifizierung ausgestalten; die Studieninhalte müssen die Vermittlung von Fähigkeiten vorsehen, die allgemeine Anforderungen an Akademiker auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen. MA-Studiengänge führen gegenüber dem BA zu einer weiteren Qualifizierung, die eine wissenschaftlich-methodische Vertiefung, eine Berufsfelderweiterung oder Spezialisierung beinhalten kann. Der MA soll auf dem BA aufbauend auch neue Fächerkombinationen ermöglichen. Folgende Kriterien sind mindestens für die Akkreditierung von Studiengängen heranzuziehen:  Anforderungen an die Qualität und Internationalität des Curriculums unter Berücksichtigung von Studieninhalten, Studienverlauf und Studienorganisation sowie Leistungsnachweisen, Prüfungsstruktur und Prüfungsfächern; Modularisierung, Leistungspunktsystem und ECTS  Berufsbefähigung der Absolventinnen und Absolventen aufgrund eines in sich schlüssigen, im Hinblick auf das Ziel des Studiums und die Vorbereitung auf berufliche Tätigkeiten plausiblen Studiengangkonzepts  Abschätzung der absehbaren Entwicklungen in möglichen Berufsfeldern  personelles Potential der Hochschule bzw. der beteiligten Hochschulen und ggf. anderer kooperierender Einrichtungen  räumliche, apparative und sächliche Ausstattung  bei Master-Studiengängen: erster berufsqualifizierender Abschluss und ggf. weitere Zulassungsvoraussetzungen  Übergangsmöglichkeiten zwischen herkömmlichen Diplom- und MagisterStudiengängen und gestuften Studiengängen Im Übrigen wird auf die einschlägigen Beschlüsse von HRK und KMK verwiesen (vgl.: KMK und HRK: Neue Studiengänge und Akkreditierung, Bonn, 1. Auflage 1999). II. Anträge auf Akkreditierung von Studiengängen Anträge auf Akkreditierung von Studiengängen müssen Angaben zu folgenden Punkten umfassen:

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1. Begründung des Studiengangs  Grund für die Einführung des Studiengangs (z. B. Innovation, regionale Anforderungen, internationale Zusammenarbeit)  Zielsetzung, Ausrichtung und angestrebtes Profil des Studiengangs  Bezug des Konzepts zu absehbaren Entwicklungen in der Wissenschaft und im Beschäftigungssystem  Berufsqualifizierung des Studiengangs und des angestrebten Abschlusses aufgrund eines in sich schlüssigen, im Hinblick auf das Ziel des Studiums – die Vorbereitung auf berufliche Tätigkeiten, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern – plausiblen Studiengangkonzepts. 2. Struktur des Studiums und fachlich-inhaltliche Anforderungen  zu vermittelnde Fach-, Methoden-, Lern- und soziale Kompetenzen (fachspezifische und fächerübergreifende Kenntnisse)  Berufsvorbereitende Studieneinheiten  Struktur und Dauer des Studiums  Zulassungsvoraussetzungen (insbesondere bei Master-Studiengängen) und  Übergänge in andere Studienbereiche (Durchlässigkeit)  Modularisierung des Studiums  Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen Fächern und / oder Fachqualifikationen  Prüfungsverfahren: Leistungskontrolle und Leistungspunkte; Arten der Leistungsnachweise; Abschlussarbeiten  Didaktische Konzepte und vorgesehene Lehrmethoden  Teilzeit-, Abend- und Wochenendstudium und andere, berufsbegleitende Studienformen  Einbeziehung von Fernstudienelementen und neuen Medien  Verbindung / Abgrenzung zu bestehenden / herkömmlichen Studiengängen  Verbindung / Abgrenzung zu Studiengängen der benachbarten Fächer an der jeweiligen Hochschule, aber auch benachbarten Hochschulen, und ggf. kooperierenden Hochschulen im In- und Ausland  Verbindung zu den wissenschaftlichen Schwerpunkten der antragstellenden und ggf. kooperierenden Hochschulen  Integration der Forschung in den Studienverlauf  Praxisbezug und Praktika und deren Integration in den Studienverlauf  Internationalität des Studiengangs / Auslandsstudium

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Anhang 3. Personelle, sächliche und räumliche Ausstattung a) Lehrkörper

 personelle Ausstattung für den Studiengang in der bzw. den Hochschulen: Anzahl und Zusammensetzung (Professoren, Lehrbeauftragte / Praktiker, Vollzeit- / Teilzeitbeschäftigte beim wissenschaftlichen und technisch-administrativen Personal)  Aussagen zur Qualifikation des Lehrpersonals  geplante Anfängerzahlen und Betreuungsrelationen (Lehrende – Studierende)  Fortbildung des Lehrkörpers / Hochschuldidaktik b) Ausstattung für Lehre und Forschung  Räumlichkeiten (Hörsäle, Seminarräume, Labors)  Bibliothek  EDV  Finanzierung (Mittel für Hilfskräfte, Sach- und Investitionsmittel, Drittmittel) Mit dem Antrag ist eine förmliche Erklärung der Hochschulleitung über die Sicherung der räumlichen, apparativen und sächlichen Ausstattung vorzulegen. 4. Qualitätssicherungsmaßnahmen  Betreuung: Information, Fachstudienberatung, Sprechstunden, Unterstützung durch Tutorien, Mentorenprogramme, Kommunikation, z. B. über Internet  Interne / externe Evaluation während des Studiums  Evaluation der Ergebnisse, einschließlich der Praxisrelevanz (z. B. durch Absolventenbefragung, Verbleibsstudien, Berufsweganalysen) 5. Studienbezogene Kooperation  Umfang und Art der Kooperation mit anderen Hochschulen, Forschungsund Lehreinrichtungen außerhalb der Hochschulen und der Wirtschaft im In- und Ausland, Alumni-Netzwerke  Vertragliche Regelungen dieser Kooperationen  ggf. vorgesehene Doppel-Abschlüsse der kooperierenden (in- und ausländischen) Hochschulen

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III. Verfahrensschritte  Auf begründeten Antrag eines Landes kann der Akkreditierungsrat Studiengänge akkreditieren. Zur Vorbereitung seiner Entscheidung bestellt der Akkreditierungsrat zeitlich befristet fach- / fächer- / fächergruppenbezogene Gutachtergruppen aus Wissenschaft und Berufspraxis sowie deren Vorsitzende.  Gutachter können von Hochschulen, Hochschulverbünden, Forschungseinrichtungen, Wissenschaftsorganisationen und Fachverbänden / -gesellschaften oder anderen einschlägig ausgewiesenen Organisationen vorgeschlagen werden.  Die Gutachtergruppen empfehlen dem Akkreditierungsrat eine Akkreditierung, eine Akkreditierung mit Maßgaben oder Auflagen oder eine Ablehnung des Antrags aufgrund einer Prüfung der vorgelegten und ggf. ergänzten Unterlagen und – falls erforderlich – nach Begehung der Antrag stellenden Hochschule.  Der Akkreditierungsrat entscheidet über eine Akkreditierung aufgrund des von der Gutachtergruppe erstellten Berichts und nach Maßgabe der vom Akkreditierungsrat beschlossenen und veröffentlichten Kriterien für die Akkreditierung von Studiengängen in der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung.  Er erstellt auf dieser Grundlage einen Bescheid, in dem eine Akkreditierung, eine Akkreditierung mit bestimmten Auflagen, die in einer definierten Zeitphase umgesetzt werden müssen oder Versagung der Akkreditierung ausgesprochen wird. Ablehnende Bescheide werden begründet. Sollten grobe Verstöße die festgestellte Qualität in Frage stellen, ist ein Widerruf der Akkreditierung jederzeit möglich. Die Entscheidung des Akkreditierungsrates über den Antrag wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt und anschließend veröffentlicht.  Die Kosten der Begutachtung trägt die Antrag stellende Hochschule.

Hochschulrektorenkonferenz 13. ECTS als System zur Anrechnung, Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (Entschließung des 98. Senats vom 10. 2. 2004) Entschließung 1. Die gestiegene Bedeutung von ECTS Das European Credit Transfer System ECTS wurde 1989 im Rahmen von ERASMUS eingeführt. Es ist das einzige Credit System, das mit Erfolg getestet wurde und in ganz Europa verwendet wird. Ursprünglich wurde es für die Anerkennung und Übertragung von Studienleistungen eingerichtet. Das Sys-

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tem erleichterte die Anerkennung von Studienaufenthalten im Ausland und verbesserte damit Qualität und Umfang der Studierendenmobilität in Europa. Seit einiger Zeit wird es weiterentwickelt zu einem Akkumulierungssystem, das auf institutioneller, regionaler, nationaler und europäischer Ebene realisiert werden soll. Das ECTS stellt eines der zentralen Instrumente zur Erreichung der in der Bologna Erklärung definierten Ziele vom Juni 1999 dar. Außerdem wird ECTS angesichts steigender Zahlen von Teilzeitstudierenden sowie im Kontext des Lebenslangen Lernens immer wichtiger. 2. ECTS, Modularisierung und die neuen Studienstrukturen Beim Übergang zu einem Akkumulierungssystem gewinnt ECTS eine zusätzliche Bedeutung für die Hochschulen und wird zu einem der wichtigsten Instrumente bei der Gestaltung oder Überarbeitung von Curricula. ECTS kann helfen zu erkennen, ob ein Studiengang in der vorgegebenen Zeit studierbar ist oder ob der vorgesehene Lernstoff pro Semester / Studienjahr zu umfangreich (oder auch zu gering) ist. ECTS kann prinzipiell in allen Studienprogrammen sinnvoll angewendet werden, entfaltet seine Transparenz-fördernde Wirkung aber am besten bei der gleichzeitigen Modularisierung von Studiengängen. Deshalb haben HRK und KMK auch wiederholt gefordert, die Einführung der neuen Studienstrukturen (Bachelor- und Master-Grade) mit modularen Strukturen und einem Leistungspunktsystem zu verbinden. 3. Arbeitspensum und Credits ECTS basiert auf der Übereinkunft, dass das Arbeitspensum von Vollzeitstudierenden während eines akademischen Jahres 60 ECTS-Credits ergibt. Das definierte Arbeitspensum liegt in Europa im Durchschnitt bei 1500 Stunden pro Jahr; in Deutschland geht man von 1800 Stunden aus. Das bedeutet, dass ein Credit 25 – 30 Arbeitsstunden entspricht. Das Arbeitspensum bezieht sich auf die Zeit, die die Lernenden im Durchschnitt benötigen, um die für die jeweilige Veranstaltung oder das Modul genau zu definierenden Lernergebnisse zu erzielen. – Für eine realistische Berechnung des Arbeitspensums empfiehlt es sich, anfangs geschätzte Werte zu Grunde zu legen, diese aber in regelmäßigen Abständen unter Einbeziehung der Studierenden (durch Fragebögen, Zeiterfassung in Form von „Lerntagebüchern“ u.ä.) empirisch zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Die Beteiligung der Studierenden ist hierbei unverzichtbar. – Auch ermöglicht die Zuteilung von Credits eine Quantifizierung der angestrebten Lernergebnisse. Bei diesen Ergebnissen handelt es sich um Kompetenzen, die verdeutlichen, was die Studierenden nach Abschluss eines Lernprozesses wissen, verstehen oder in der Lage sind zu vollbringen. Lernergebnisse sind für jede Lehrveranstaltung bzw. jedes Modul genau zu definieren und im Informationspaket (s. u.) aufzuführen. Die Credits im

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ECTS erhalten Studierende erst, wenn sie in einer Prüfung nachgewiesen haben, dass sie das angestrebte Lernergebnis erreicht haben. – Die Zuteilung der ECTS-Credits basiert auf der offiziellen, gesetzlichen Studiendauer des Abschnitts eines Studiengangs. Das gesamte Arbeitspensum, das absolviert werden muss, um nach offiziell drei oder vier Jahren einen ersten akademischen Grad zu erreichen, ergibt 180 oder 240 Credits. ECTS stellt den selbständigen Studierenden in den Mittelpunkt (lernerorientiertes System). Das Arbeitspensum der Studierenden wird deshalb im Rahmen von ECTS auf der Grundlage der gesamten Zeit berechnet, die für das Studium aufgewendet wird und schließt neben Vorlesungen und Seminaren auch das Selbststudium, die Vorbereitung auf und die Teilnahme an Prüfungen usw. ein. Die Berechnung der Credits pro Lehrveranstaltung darf deshalb nicht auf der Grundlage der Semesterwochenstunden, also der Präsenzzeit der Studierenden in Lehrveranstaltungen, erfolgen. – Credits werden allen Bildungskomponenten eines Studiengangs zugeteilt (beispielsweise Module, Kurse, Praktika, Abschlussarbeit usw.) und geben das Arbeitspensum für jede Komponente im Verhältnis zum gesamten Arbeitspensum wieder, das für ein volles akademisches Jahr / Studienjahr im betreffenden Studiengang zu leisten ist. 4. Die Benotung Die Bewertung der Leistung des / der Studierenden wird auch weiterhin durch eine lokal vergebene Note anhand der deutschen Notenskala von 1 bis 5 dokumentiert. Diese Note wird ergänzt durch eine ECTS-Note. Im Fall des Transfers von Credits ist diese Ergänzung unverzichtbar, sie empfiehlt sich aber auch bei der reinen Akkumulation von Credits, da sie Aufschluss über das relative Abschneiden des / der Studierenden gibt und auch in das Diploma Supplement aufgenommen werden sollte. Die ECTS-Bewertungsskala gliedert die Studierenden nach statistischen Gesichtspunkten. Daher sind statistische Daten über die Leistung der Studierenden Voraussetzung für die Anwendung des ECTS-Bewertungssystems. Die erfolgreichen Studierenden erhalten folgende Noten: – A die besten 10% – B die nächsten 25% – C die nächsten 30% – D die nächsten 25% – E die nächsten 10%. Unterschieden wird auch zwischen den Noten FX und F, die an die erfolglosen Studierenden vergeben werden. FX bedeutet: „Nicht bestanden – es sind Verbesserungen erforderlich, bevor die Leistungen anerkannt werden können“, und F bedeutet: „Nicht bestanden – es sind erhebliche Verbesserungen erfor-

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derlich“. Die Angabe der Misserfolgsquoten in der Datenabschrift ist nicht obligatorisch. Die HRK korrigiert daher, in Übereinstimmung mit den europäischen Partnerorganisationen, ihre eigene Empfehlung vom Juli 2000, in der sie eine feste Umrechnungstabelle für ECTS- und deutsche Noten vorschlug. Der Grund dafür ist, dass die Benotungskulturen in den einzelnen Fachgebieten und nationalen Hochschulsystemen so unterschiedlich sind, dass zusätzlich zur nationalen absoluten Bewertung der Studienleistung eine relative europäische, eben die ECTS-Note, gegeben werden sollte, die es erlaubt, die individuelle Leistung eines Studierenden in Bezug auf die anderen Studierenden richtig einzuordnen. Damit tragfähige Aussagen über die prozentuale Verteilung möglich sind, sollte die Bezugsgruppe eine Mindestgröße umfassen, die sinnvoller Weise auf der Ebene der Fakultät oder des Fachbereichs definiert wird. Aus dem selben Grund sollten möglichst nicht nur der jeweilige Jahrgang, sondern auch vorhergehende Jahrgänge erfasst werden, so dass sich eine „wandernde Kohorte“ der letzten drei bis fünf Jahrgänge ergibt. Für deutsche Hochschulen ergeben sich bei diesem Verfahren häufig zwei Probleme: Die nötigen Daten wurden nicht erfasst oder stehen nicht zur Verfügung, oder die Bezugsgruppen sind zu klein. Im ersten Fall ist der Hochschule zu empfehlen, dem Vorbild anderer europäischer Hochschulen zu folgen und mit dem Aufbau eines entsprechenden Datenbestandes zu beginnen. Im Fall zu kleiner Bezugsgruppen empfehlen sich pragmatische Lösungen eingedenk des Grundsatzes, dass ECTS die Regelung von Anerkennungsproblemen erleichtern und nicht erschweren soll. 5. Die wichtigsten ECTS-Unterlagen: – Das reguläre Informationspaket (Information Package / Course Catalogue) der Hochschule, zu veröffentlichen in zwei Sprachen (oder nur in Englisch bei Studiengängen, die in Englisch angeboten werden) im Internet und / oder auf Papier. Dieses Dokument sollte die wesentlichen Punkte enthalten, die dem Dokument „ECTS Kernpunkte“ der EUA als Checkliste beigefügt sind, einschließlich der Informationen für ausländische Gaststudierende. – Der Studienvertrag (Learning Agreement) enthält die Aufstellung der zu absolvierenden Kurse, die zwischen dem / der Studierenden und dem zuständigen akademischen Gremium der betreffenden Einrichtung vereinbart werden. Beim Transfer von Credits muss der Studienvertrag zwischen den Studierenden und den beiden betreffenden Einrichtungen vor Abreise der Studierenden geschlossen und bei eventuellen Änderungen sofort aktualisiert werden. – Die Datenabschrift (Transcript of Records) dokumentiert die Leistung der Studierenden durch die Aufstellung der absolvierten Kurse, die erworbenen

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Credits sowie die erzielten Noten und möglicherweise ECTS-Noten. Beim Credittransfer ist die Datenabschrift von der Heimathochschule der entsandten Studierenden vor deren Abreise und von der Gasthochschule der aufgenommenen Studierenden am Ende ihres Studienaufenthalts auszustellen. 6. ECTS und Akkreditierung Die Strukturvorgaben der KMK für die Einführung von Bachelor- und Mastergraden legen fest, dass für die Akkreditierung eines entsprechenden Studiengangs ein modularisierter Aufbau sowie die Anwendung eines Leistungspunktesystems und die Erstellung des Diploma Supplement nachgewiesen werden muss. Auch aus diesem Grund empfiehlt die HRK den Hochschulen die rasche und umfassende Einführung von ECTS unter Berücksichtigung der Prinzipien, die im Dokument „ECTS-Kernpunkte“ dargelegt sind. Die HRK wird sich in enger Zusammenarbeit mit dem Akkreditierungsrat, den Akkreditierungsagenturen und der von der EU-Kommission eingesetzten Gruppe der deutschen ECTS-Berater darum bemühen, einheitliche und leicht überprüfbare Kriterien für die korrekte Anwendung von ECTS und Modularisierung in zu akkreditierenden Studiengängen zu erstellen. 7. Wo sind weitere Informationen über ECTS zu finden? Weitere Informationen über ECTS und das Diploma Supplement einschließlich einer Liste der ECTS / DS-Beraterinnen und –Berater sind auf der Website der HRK unter www.hrk.de / de / service_fuer_hochschulmitglieder / 154.php zu finden. Auf der Website der Europäischen Kommission wird demnächst die aktualisierte Fassung des Benutzerhandbuches (ECTS Users Guide) zu finden sein: http: / / europa.eu.int / comm / education / programmes / socrates / ects_e n.html.

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Sachwortverzeichnis Abschlußarbeit 227 ff. – für Bachelorstudium 227 ff. – für Masterarbeit 227 ff. – Vergleich zu angelsächsischen Studiengängen 229 f. Absolventenzahlen Bachelor, Master 319 f. – Absolventenstudie (HIS, 2004) 338 ff. – und tatsächliche Beschäftigung 336 ff. Akademien, Gründung 1 Akademischer Grad 245 ff. – Abgrenzung zu Prüfungen 245 ff. – Bachelor, Master 245 ff. – Entstehung 1 ff. – keine automatische Gleichwertigkeit mit ausländischen Abschlüssen 343 – Verleihung nur durch Hochschulen 249 Akkreditierung 124 ff., 265 ff., 273 ff. – siehe auch Akkreditierungsverfahren in Deutschland, Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika – Abgrenzung zur Evaluation 274 f., 286 – Abweichen von Auflagen 125 – auch bei Etikettenschwindel 138 – Auflagen zum Prüfungsverfahren 128 f. – europäische 68, 82, 179 – im Bologna-Prozeß 57 – MBA-Programme 179 28*

– Mitverantwortung für Qualität 213 ff., 284 ff. – rechtliche Einordnung 125 f. – von Hochschuleinrichtungen (institutionelle) 292 ff. – von Studiengängen 276 ff. – vor Genehmigung des Studienganges 213 ff. Akkreditierungsagenturen 279 ff. – Agenturen mit unterschiedlichen Zielen 279 ff. – Auswahl der Agenturen durch Ausschreibung? 288 ff. – Auswahl der Gutachter 290 f. – Auswertung von Beanstandungen 281 ff. – fehlender Wettbewerb 287 ff. – Gesamtzahl der bisherigen Akkreditierungen 281 – nur interne Tätigkeitsberichte 281 – unterschiedliche Maßstäbe 284 – Vernachlässigung des Prüfungsverfahrens 232, 360 f. – vorzeitige Beteiligung 198 – Zusammenarbeit mit Akkreditierungsrat (Washington Accord) 286 f. Akkreditierungsrat 277 ff. – Anweisung an Agentur (Washington Accord) 286 f. – Arbeitsbericht 279 – Aufgaben 277 f. – Evaluation des Akkreditierungsrats 278 – schwache rechtliche Kompetenzen 278

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Sachwortverzeichnis

– vorherige Überlegungen, Akkreditierungskommission 276 Akkreditierungsverfahren in den USA 266 ff. – Agenturen 267 f. – Evaluation 268 f. – historische Entwicklung 266 ff. – kritische Stimmen 269 f. – Unterschiede zu europäischen Strukturen 268 ff. Akkreditierungsverfahren in Deutschland 273 ff. – siehe auch Akkreditierungsagenturen, Akkreditierungsrat – Beschränkung auf Studiengänge 276 – Definition 273 f. – funktionale Trennung der Aufgaben Staat / private Begutachtung 274 – Gutachterauswahl 290 f. – institutionelle Akkreditierung 292 ff. – notwendiger Handlungsbedarf, Vorschläge 291 f. – Stärken und Schwächen 284 ff. – Verhältnis zur Evaluation 274 f. – Wettbewerb und Haushaltsrecht 288 ff. – zahlenmäßige Ergebnisse 281 – Zusammenstellung von Beanstandungen 281 ff. Akkreditierungsverfahren in Großbritannien 270 ff. – academic review 271 f. – europäischer Kontext 273 – kritische Stimmen 272 – Qualitätsentwicklung durch funding councils 270 f. Akkumulierung – von credits im american credit accumulation system 34 f. Akteneinsichtsrecht 252 ff.

Akzeptanz des Bachelor und Master 321 ff. – durch die Arbeitgeber 331 ff. – durch die Studierenden 326 ff. – geringe A. durch Hochschullehrer 321 ff. – im Ausland 343 ff. – Stellungnahme der Arbeitgeberverbände 333 – Stellungnahme der Fachhochschulvertreter 323 – Stellungnahme des Hochschullehrerverbandes 323 f. – Stellungnahmen der Fakultätentage 322 f. – Stellungnahmen von studentischen Vereinigungen 327 ff. – studentische Nachfrage kein Kriterium 318 f. – Umfragen in einzelnen Branchen 334 ff. – und tatsächliche Beschäftigung von Bachelorabsolventen 336 ff., 338 ff. Amerikanisches Credit Accumulation System 32 ff. – Akkumulierung 34 – Hochschulwechsel 33 f. – Notendurchschnitt 34 – Teilzeitstudium 34 – Vor- und Nachteile 35 Anerkennung – ausländische Zeugnisse 84 – deutscher Bachelor in Großbritannien 84 f., 343 f., in den USA 344 – von Studienleistungen 61 f., 84 f., 115 ff. Anfechtbarkeit von studienbegleitenden Prüfungen 257 ff. anglo-amerikanisches Studiensystem siehe Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika

Sachwortverzeichnis Äquivalenzabkommen 82, 88 f., 115 ff. – geringer Bekanntheitsgrad 119 – Lissabon-Konvention 119 f. Arbeitgeber – fehlende Beteiligung an curriculum-Erstellung 168 ff., 199 ff., 333 ff. – Memorandum zur gestuften Studienstruktur (BDA) 333 f. – öffentlicher Dienst 341 f. – tatsächliche Beschäftigung von Bachelorabsolventen 336 ff., von Masterabsolventen 338 – Umfragen zur Akzeptanz des Bachelor in einzelnen Branchen 334 ff. Baccalaureus siehe Bakkalaureus Bachelorstudiengang – siehe auch Akkreditierung und Prüfungsordnung – Absolventenzahlen 319 f., Absolventenstudie (HIS 2004) 338 ff. – Anpassung an Akkreditierungsund KMK-Vorgaben 125 f. – Autonomie des Fachbereichs 29 – Bekanntheit in der Wirtschaft 171 – betreuungsintensiveres Studium 103 – curriculum, Erstellung 193 ff. – Differenzierung künftiger Studiengänge 368 ff. – eigener deutscher B. 367 ff. – Einführung durch HRG 27 f., 25 ff. – Erarbeitung 186 ff. – fehlende Genehmigung 191 f. – fehlende Prüfungsordnung 202 ff. – internationale Modelle 176 – Kapazitätsberechnung 102 f. – keine rechtliche Verpflichtung zur Einführung 188 f.

– – – – –

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quantitative Entwicklung 311 ff. Studienanfänger 316 ff. Vorteile durch Reform 367 ff. Wettbewerb zum Diplom 29, 188 f. zeitliche Vorstellungen zur Einführung 79 Bakkalaureus – akademischer Grad im Dahrendorf-Plan 73 – akademischer Werdegang im Mittelalter 17 ff. – Auslaufen des akademischen Grades 22 ff. – Entstehen des Grades 19 ff. – sprachliche Herkunft 18 f. Bergen-Konferenz 70 Berlin-Konferenz 48, 59 ff. Berliner Lehrerbildungsgesetz 168, 301 f., 307 Berufsakademie – mögliche institutionelle Akkreditierung 250 – Streit um Graduierung (Bachelor) 248 ff. Berufsbild – künstliche Stufung in staatlich geregelten Studiengängen 307 – Rechtsprechung 110 f., 114 ff. Berufsfreiheit 99 ff. – Stufentheorie 108 f. – Zulassungsbeschränkungen 99 ff. berufsqualifizierender Abschluß 162 ff. – siehe auch Akzeptanz durch die Arbeitgeber 331 ff. – Einbindung der Arbeitgeber 168 ff., 193 ff. – fehlender Praxisbezug 172, 334 ff. – im gestuften Studiensystem 165 ff. – im Sinne des HRG 113 ff. – in der Juristenausbildung 303 – in der Lehrerausbildung 302

438

Sachwortverzeichnis

– in kirchlichen Studiengängen 307 ff. – in künstlerischen Studiengängen 307 ff. – mit Diplom 165 – Schutzbereich aus Art. 12 Abs. 1 GG 110 f., 114 Beschäftigungsfähigkeit 163 ff. – Beteiligung der Arbeitgeber am curriculum 168 ff., 193 ff., 333, 340 – für Bachelorabsolventen 337 f. – für Masterabsolventen 338 Bewertungsvorgang, prüfungsspezifischer 235 ff. Bologna-Konferenz 51 ff. – Akkreditierung als Qualitätssicherung 57 – deutscher Diplomweg? 51 ff., 367 ff. – ECTS als Akkumulationssystem 55 f. Bologna-Prozeß 46 ff. – Beschlüsse, Konferenzen, Richtlinien 47 ff., 372 – bottom-up-Dynamik 124 – die eigentlichen Akteure 320 – eigenständige deutsche Gestaltungsmöglichkeiten 372 ff. – Etikettenschwindel 56, 57, 104 f., 190 – europäische Initiativen 48 f. – Internationalisierung 182 – rechtsaufsichtliche Maßnahmen 212 – Rechtsnatur der Beschlüsse, Communiqués 90, 96 – staatlich geregelte Studiengänge 299 ff. – Studiendauer, Studienabbrecherquote 53 f., 160 f., 357

– Umsetzung in Deutschland 51 ff., 76 ff., 153 ff., 186 ff., 311 ff., 367 ff., 372 – und GATS-Verhandlungen 289 f. – Vielfalt der Hochschulsysteme 52 f., 368 ff. – Vorläufer 30 ff. brain drain 184, 365 Britisches Credit Accumulation- and Transfersystem 35 ff. – alte und neue Hochschulen 36 – consortia for credit transfer 36 – Transfer von credits 36 – Vor- und Nachteile 37 Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) – Checkliste für Prüfungen 143 – Moduldefinition 133 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) – Förderungsfähigkeit für Bachelor, Master 175 Carnegie Units 33 consortia for credit transfer 36 course catalogue 45, 150 Credits – siehe auch Leistungspunkt – im amerikanischen Akkumulationssystem 33 ff. – und Semesterwochenstunden 136 f. Curricularnormwert (CNW), neue Berechnung im gestuften Studiensystem erforderlich 100 ff. curriculum siehe Bachelorstudiengang Dahrendorf-Plan 71, 73 f., 76, 376 Deutschland – Alter der Absolventen 365 f. – Differenzierung nach Hochschularten erforderlich 370 f.

Sachwortverzeichnis – eigenes, zukunftsorientiertes Hochschulsystem 372 ff., 375 ff. – Fiktion der Gleichrangigkeit der Hochschulen 350 ff. – Fiktion der Regelstudienzeit als Planungsgröße 258 ff. – Fiktion des Vollzeitstudiums 352 ff. – Gebührenfrage 363 ff. – historisch einheitliches Hochschulsystem 347 ff. – Hochschulzugang 362 f. – im Wettstreit der Hochschulsysteme 366 f. – Teilzeitstudium 352 ff. – Vergleich zum anglo-amerikanischen Hochschulsystem 350 ff. – Vorteile durch aktuelle Studienreform 367 ff. Differenzierung – in angelsächsischen Studiengängen 176 ff., 367 f. – nach Hochschularten 370 ff. – von akademischen Graden 246 ff. – von Studiengängen 172 ff., 368 ff. – zwischen Fachhochschule und Universität 313 ff., 370 ff. diploma supplement 150 ff. – Beschreibung des differenzierten Studienangebots 177 – ECTS 45 f., 150 ff. – historische Entwicklung 151 f. – im Berlin-Communiqué 61 – in der Bologna-Erklärung 51 – Leistungsbeschreibung 237 Diplomgrad – siehe auch Berufsakademie – Ablösung durch Bachelor und Master 27 ff. – Allgemeine Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen 25, 215

439

– Alter der Absolventen 365 f. – Anerkennung im Ausland 27 ff., 365 – Auslaufen der Diplomstudiengänge 29 – Beibehaltung trotz Bologna-Prozeß? 51 ff., 189, 367 ff., 372 ff. – einheitlicher Diplomgrad 25 f. – Entstehung 23 ff. – Fachhochschulstudium 25 ff., 248 – fehlende Anerkennung am Weltmarkt 77, 365 – gemeinsame internationale Programm-Anerkennung 68 f. – Ingenieure, Graduierung 24, 369 – Monopol für Hochschulen 249 – nach dem 2. Weltkrieg 25 – und modularisierter Diplomstudiengang 372 ff. – Verleihung 26 f., 249 Doktorgrad – dritter Zyklus im Bologna-Prozeß 62 – Entstehung 17 ff. Doppeldiplom 68 f. Dublin Descriptors 67 Eckwerte, landesrechtliche 95, 126 f. elective system 33 employability 163 ff. Erasmusprogramm 38, 39, 40, 42, 48 EURO STUDENT REPORT 59 Europäische Akkreditierung, European Consortium of Accreditation Agency (ECA) 68, 82, 88 f. Europäische Union – als Motor für Reformvorhaben 37 ff., 46 ff., 65 ff., 79, 86 ff., 285 – janusköpfiger Charakter von Gemeinschaftsbemühungen 89 Europäischer Forschungs- / Hochschulraum 46 ff., 59 ff., 63 ff., 285, 344 f.

440

Sachwortverzeichnis

Europäisches Recht 83 ff. – Akzeptanzprobleme im öffentlichen Dienst 342 – Äquivalenzabkommen 84, 88 – Berufsausbildung 86 – faktische Rechtskraft der Bologna-Beschlüsse 95 – Gemeinschaftskompetenzen 86 ff. – Hochschuldiplome 86 – Maastricht-Vertrag 87 f. – und politische Absichtserklärungen 89 ff. Europarat, Konventionen 84, 88 ff. European Credit Transfer System (ECTS) 37 ff. – akademische Zweitwährung 39 – Begrifflichkeit, Geschichte 31 ff., 37 ff., 45 f. – course catalogue 150 – ECTS Label 41 – ECTS-Noten 43, 147 ff. – ECTS-Punkte für lebenslanges Lernen, berufliche Fortbildung 41 – Erasmusprogramm 38, 39, 40, 42, 48 – im Bologna-Prozeß 55 f. – information package 150 – key features 41, 46 – Kompetenzen der Europäischen Kommission 41 – learning agreement 45, 150 – Mobilitätszuschüsse 39 – Pilotprojekt 38 – tragende Elemente des Systems 38, 43 ff., 149 ff. – transcript of records 45, 150 – ungelöste Fragen 44 ff., 92 – workload 44 – zahlenmäßige Beteiligung der Studierenden 42 – zukünftige Entwicklung des ECTS 43 f., 44 ff.

European Network for Quality Assurance (ENQA) 66 European Union of Students in Europe (ESIP) 58 Evaluation – Ermittlung des studentischen Arbeitsaufwandes 196 – Verhältnis zur Akkreditierung 274 f., 286 Fachhochschule – Differenzierung in den Abschlüssen beim Zugang zum öffentlichen Dienst 341 f. – eigenständiger Bildungsauftrag 371 – Fiktion der Gleichrangigkeit 347 ff. – Gleichstellung bei der Graduierung 248 – laufbahnrechtliche Zuordnung von Masterabschlüssen 279, 341 f. – Profilbildung 314 – Stellungnahme der Fachhochschulvertreter zum Bologna-Prozeß 329 f. – Studiendauer 357 – Verhältnis zur Universität 370 f. Fakultätentage, Stellungnahmen zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen 322 f. Freiversuch, unstatthaft im Rahmen des gestuften Systems 243 ff. Gebührenfreiheit – paradoxe Wirkungslosigkeit 363 ff. Genehmigungsverfahren siehe landesrechtliche G. General Agreement on Trade in Services (GATS) 289 f. Gesamthochschule 75 Gleichrangigkeit der Hochschulen, Fiktion 347 ff.

Sachwortverzeichnis Gleichwertigkeit von Studienleistungen 115 ff. – im Akkreditierungsverfahren 119 f. – im ECTS-System 119 Globalisierung 79, 181 grade point average 34 Graduierung 245 ff. – deutscher Bachelor 367 ff. – Diplomierungsmonopol der Hochschulen 249 – durch Berufsakademien (Bachelor) 248 ff. – Gleichstellung von Fachhochschule und Universität 248 – keine gleichzeitige von Bachelor und Diplom 246 – neues Graduierungssystem und Zugang zum öffentlichen Dienst 341 f. – Unterscheidung nach Profiltypen 246 ff. Großbritannien – Alter der Absolventen 365 f. – Bedeutung des Prüfungssystems 359 ff. – Einhaltung der Regelstudienzeit 357 – Gebühren 363 f. – Hochschulzugang 361 f. – profilgeprägtes Hochschulsystem 349 ff. – Teilzeitstudium 354 f. – unitary systems 350 Hochschulinformationssystem (HIS) 200 f. – Studie über Bachelorabsolventen (2004) 338 ff. Hochschulrahmengesetz (HRG) 112 ff. – berufsqualifizierender Abschluß 113 ff.

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– Diplomierungsmonopol aus § 18 HRG 249 – Diskrepanz zwischen gesetzgeberischer Begründung und tatsächlicher Entwicklung 311 ff., 317, 320 – Novellierungen 76 ff., 112 ff., 311 ff. Hochschulsystem siehe im einzelnen Deutschland, Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika Hochschulwechsel – im amerikanischen credit accumulation system 33 ff. – im Bachelorstudium 183 f. information package 150 Ingenieurausbildung – Akkreditierung durch Washington Accord 286 f. – Festlegung der berufsqualifizierenden Studienzeit 369 – Graduierung, historisch 24 – quantitativ führend im Bachelor- / Masterangebot 315 f. – Schweizer Stufenmodell 111 – Verfehlen der Regelstudienzeit 154 institutionelle Akkreditierung 292 ff. – in der Gesamtentwicklung Qualitätssicherung 295 – Kriterien des Wissenschaftsrats 293 ff. – Vorteile gegenüber Einzelbeurteilung 295 Integrationslösungen, Grund- und Hauptstudium 190 Internationalisierung 180 ff. – Abgrenzungen 182 ff. – Anrechnungsprobleme im Hochschulbereich 184, 343 ff. – brain drain 184 – in Bildungsräumen 183

442 – – – –

Sachwortverzeichnis

oft Leerformel 180 ff. Tätigkeitsfelder 181 ff. und Bildungsmarkt 344 f. Ziele 184 f.

joint degrees 68 f. Joint Quality Initiative 66 f. Juristenausbildung 302 ff. – Bachelorabsolventen, erste Erfahrungen 304 – Entrümpelung anstelle Bachelor, Master 305 f. – fehlender erster berufsqualifizierender Abschluß 303 – in der Kritik – nationengebunden 305 – Wissenschaftsrat, Empfehlungen 304 f. Kapazitätsermittlung 100 ff. – Betreuungsaufwand 101 – Beurteilungsspielraum 117 – Curricularnormwert 100 ff., 363 – im Parallelangebot neue und alte Studiengänge 190 – neue Berechnung bei Bachelor- / Masterstudiengängen 100 ff., 362 f. – Rechtsprechung zum Bachelorstudiengang 102 ff. – und Zulassungsbeschränkungen 110 key features 41, 46 konsekutives Studienangebot – bei einheitlichem Berufsbild 307 – für Berufsakademien 248 ff. – im Master 176 – in der Juristenausbildung 304 – in der Lehrerausbildung 301 ff. – Maßgeblichkeit des Studienganges 247 – weitere Qualifikation 114, 195

Kreditpunktsystem siehe European Credit Transfer System Kultusministerkonferenz (KMK) 120 ff. – Aufgaben 121 – Beschlüsse zu Bachelor- und Masterstudiengängen 121 ff., 215 – Kritik an zu großer Steuerung durch Details 122 f., 177 – Rechenmodelle zur Kapazitätsermittlung in Bachelorstudiengängen 104 – Rechtsnormcharakter der Beschlüsse 120 f. Kunsthochschulen 307 ff. Kurzzeitstudiengänge 72 ff. landesrechtliche Genehmigungsverfahren 126 f. – Eckwerte 126 f. – Rechtsaufsicht 125, 128 Langstudiengang 73 learning agreement 45, 150 Lehrerausbildung 299 ff. – Besonderheit: Berliner Lehrerbildungsgesetz (2003) 301 f. – fehlende Anbindung an Arbeitsmarkt 168 – in der Kritik 299 f. – in Finnland 169 – keine Eignungsprüfungen 169 – Modelle zur konsekutiven Erprobung Bachelor, Master 300 ff. – ungelöst: Berufsqualifizierung für Bachelor 302 – Wissenschaftsrat, Empfehlungen 300 Lehrfreiheit des Hochschullehrers 97 ff. – Einschränkung durch neues Ausbildungssystem 98 Lehrveranstaltungsbeschränkungen 105 f.

Sachwortverzeichnis Leistungspunkt – Berechnungsprobleme 141 – Definition 139 – nicht für bloße Anwesenheit 234 – zur Ermittlung siehe workload Leistungspunktsystem 139 ff. – siehe Amerikanische Credit Accumulation System – siehe Britische Credit Accumulation- and Transfersystem – siehe European Credit Transfer System Lissabon-Konvention 47, 119, 342 – Anerkennung von Qualifikationen 119 – Nichtratifizierung durch Deutschland 47, 342 Lizentiar – akademischer Werdegang im Mittelalter 18 Maastricht, Vertrag 87 ff. Magister – akademischer Werdegang im Mittelalter 18 Maluspunkte 146, 241 ff. Master of Business Administration (MBA) 177 ff. Masterstudiengang – Absolventenzahlen 319 f. – konsekutiver 176 – postgradualer 177 – Profilbildung 175 ff. – quantitative Entwicklung 311 ff. – Quotenfestsetzung 109 ff. – Stufentheorie 108 f. – Zugangsvoraussetzungen 107 ff., 250 ff. Medizinerausbildung 306 ff. – in der Kritik 306 – kein erkennbarer erster berufsqualifizierender Abschluß 307 Meso-, Mikromodule 137 Mittelalter – Doktorgrad 17 ff., 23

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– Gebühren an Universitäten 21 – Prüfungsinhalte in Fächern 20 – Rangfolge unter den Universitäten 20 – Studienzeiten 20 f. – Studium generale 21 Mobilität, studentische – europäische Mobilitätsprogramme, Sokrates, Erasmus 48 ff. – im amerikanischen credit accumulation system 33 ff. – im Mittelalter 31 – in der Sorbonne-Erklärung 50 – in neuen Bildungsräumen 183 f. – wirkliches Interesse 144 Modul 130 ff. – begriffliche Merkmale 130 ff. – Beschreibung 135 f., 197 – Meso-, Mikromodule 137 – neue Gestaltungsmöglichkeiten 194 ff. – Teilnahmevoraussetzungen 138 f. – Wiederholungsprüfungen 143 f., 146, 238 ff. Modularisierung 130 ff. – interner numerus clausus 139 – Konsensbildung erforderlich 196 f. – Prüfungsstoff 220 ff. – Schwierigkeiten zur Umsetzung in den Fachbereichen 136, 193 ff. – unterschiedliche Definitionen 131 ff. Modulprüfung, selbständig anfechtbar 257 ff. Notenspektrum 237 Notensystem, ECTS siehe European Credit Transfer System Notenverbesserung und Freiversuch 243 ff. numerus clausus, äußerer 99 ff. – Systemwechsel bei neuen Betreuungsrelationen 106

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Sachwortverzeichnis

numerus clausus, interner 101, 105 ff. – Auswahlkriterien 106 f. – bei Modularisierung 139 – Teilnahmebeschränkungen 105 f., 218 – Zulässigkeitsvoraussetzungen 105 f. öffentliches Dienstrecht und Bachelor- / Masterabschlüsse 341 f. Parallelangebot, Bachelor und Diplom 190 – keine echte Wahlmöglichkeit 318 Polytechnics 36 Prag, Konferenz 48 Prager Communiqué 58 f. Profilbildung – Bachelor 174 f. – Master 175 ff. – von Fachhochschulen 314 ff. – von Studiengängen 172 ff. Prüfer – Bewertungsvorgang 233 ff. – Hilfspersonen 234 – kollegiale Prüfung 225 ff. – Lehrbeauftragte 231 – Prüferzahl 225 ff. – Prüfungsberechtigte 230 ff. – subjektive Elemente 224 Prüfungen, studienbegleitende 142 ff., 216 ff. – als Garant zur Einhaltung der Regelstudienzeit 154, 359 ff. – Änderung der Prüfungsbedingungen 205 f. – Anfechtung siehe Prüfungsentscheidung – Anmeldung zu Lehrveranstaltungen 145, 216 ff. – Anwachsen der Prüfungstätigkeit 146 f., 204

– Bewertung von Prüfungsleistungen 231 ff. – EDV-Verwaltung 147 – grundsätzlich schriftliche 222 ff. – kein Rückgriff auf Diplomprüfungsverfahren 204 – kollegiale 225 ff. – Maluspunkte 146, 241 ff. – mündliche 222 f. – Nichterscheinen 219 f. – Notenspektrum 237 – Prüfungsberechtigung 230 ff. – Prüfungsgegenstand 233 – Prüfungsstoff 220 ff. – Prüfungstermine 146, 216 ff. – Rechtsschutz 252 ff. – Überprüfung 254 ff., siehe auch Prüfungsentscheidung – und Freiversuch 243 ff. – und Studienberatung 240 – und Zwischenprüfungen 241 – Verwaltungsaktqualität 257 ff. – Wiederholungen 143 f., 146, 238 ff. Prüfungsentscheidung – Anfechtungs-, Verpflichtungsklage 257 ff. – Kontrolle durch verwaltungsinternes Überdenken 254 ff. – Modulprüfung selbständig angreifbar? 257 ff. – Überprüfung durch Widerspruchsverfahren 256 f. – vorläufiger Rechtsschutz 262 ff. Prüfungsordnung – Abschlußarbeit 227 ff. – Abweichen von KMK-Beschlüssen, Mindeststandards 215 – Genehmigungsvoraussetzungen 211 f. – Gesetzesvorbehalt 202 ff., 205 ff. – mindestens zu regelnde Gegenstände 207 f.

Sachwortverzeichnis – Prüfungsberechtigung 230 ff. – Prüfungsstoff 220 ff. – und HRG-Vorgaben 209, 225 ff., 230, 238 – und KMK-Beschlüsse 209 ff., 227 f., 232 – und Landesrecht 210 ff., 238 – und Satzungsrecht 210 – Veröffentlichung 206 – Vertrauensgrundsatz bei fehlender Prüfungsordnung 203 f. – Wiederholungsmöglichkeiten 238 ff. Prüfungsverfahren 216 ff. – siehe auch Regelstudienzeit und Zulassung – Anmeldung zur Lehrveranstaltung 216 ff. – EDV-Verwaltungssysteme 200 f. – Grundrechtsschutz durch Verfahren 208 ff. – kein Rückgriff auf Diplomprüfungsverfahren 204 – Prüfungstermine 146, 216 ff. – Rechtsschutz 252 ff. – Rücktritt 218 ff. – Vernachlässigung im Akkreditierungsverfahren 128, 232 – Versäumnis 219 – verwaltungsinternes Kontrollverfahren 254 ff. – Wiederholungen 143 f., 146, 238 ff. Qualitätssicherung im europäischen Raum 65 ff. – Dublin Descriptors 67 – European Consortium of Accrediation Agency 68 – European Network for Quality Assurance 66 – joint degrees 68 f. – Joint Quality Initiative 66 f.

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– Tuning Educational Structures 67 Qualitätssicherung in Deutschland 81 f., 273 ff. – durch Akkreditierung 273 ff., 295 f. – durch Profilbildung 174 – durch Prüfungssystem 360 f. quantitative Entwicklung der Bachelor- und Masterstudienangebote 311 ff. Quotenfestsetzung zum Master 109 ff. Rechtsschutz 252 ff. – Akteneinsichtsrecht 252 ff. – Klageverfahren 257 ff. – verwaltungsinternes Kontrollverfahren 254 ff. – vorläufiger Rechtsschutz 262 ff. – Widerspruchsverfahren 256 ff. Regelstudienzeit 157 ff., 356 ff. – Anpassung an tatsächliche Verhältnisse? 373 – Bedeutung des Prüfungswesens 359 ff. – Einhaltung der Fachstudiendauer 160 f., 357 – Gewährungsleistung durch Prüfungssystem 154 f., 359 f. – im angelsächsischen Vergleich 157 f., 357, 359 f. – nur Mindestzeit für Bachelor nach Bologna-Erklärung 162 – Ursachen der Nichteinhaltung 357 ff. – verfehltes Instrumentarium 160 ff., 358 ff. – Voraussetzungen zur Einhaltung 153, 158 ff., 359 ff. – zentrale Bedeutung für das deutsche Studiensystem 158 f., 356 ff. Satzungen, hochschuleigene 127 ff.

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Sachwortverzeichnis

– problematische eigene Rechtssetzung 129 Schlüsselqualifikationen 165 ff. Selbstverwaltungsrecht der Hochschule 93 ff. – landesgesetzgeberische Maßnahmen 94 ff. – Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Staat 210 – unzulässige ministerielle Weisungen 95 f. – wissenschaftsrelevante Angelegenheiten 96 Sorbonne, Konferenz 48, 49 ff. staatlich geregelte Studiengänge 299 ff. – berufsqualifizierender Abschluß 298 f. – Juristenausbildung 302 ff. – künstliche Stufenregelungen 307 – Lehrerausbildung 299 ff. – Medizinerausbildung 306 ff. – strukturelle Gemeinsamkeiten 299 – und Arbeitsmarkt 341 f. – und Bologna-Prozeß 299 ff., 316 Studienabbrecherquote 54, 357 Studienanfängerzahlen Bachelor, Master 316 ff. – kein Kriterium für Akzeptanz 318 f. – Vergleich zu Gesamtzahlen 317 f. studienbegleitendes Prüfungsverfahren siehe Prüfungen Studiendauer siehe Regelstudienzeit Studiengang siehe Bachelorstudiengang und Masterstudiengang und staatlich geregelte Studiengänge Studienleistungen – Anerkennung im Rahmen von gemeinschaftlichen Programmen 69 – Anerkennungsprobleme 61, 88 ff., 115 ff., 343 f. (Großbritannien), 344 (USA)

– Gleichwertigkeit nach dem HRG 115 ff. Studienreformdiskussion – Beteiligung der Arbeitgeber 168 ff. – deutscher Bachelor oder modularisiertes Diplom? 368 ff. – eigenes, zukunftsorientiertes Hochschulsystem 372 ff., 375 ff. – Entwicklungen seit 1966 71 ff. – erfaßt alle Studiengänge 299 ff. – Neuordnung ohne Widerhall 78 – ohne Hochschulvertreter 49, 63, 78, 190 – Qualitätssicherungssysteme 81 f. – Schlüsselthema Regelstudienzeit 356 ff. – skeptische Haltung der Hochschullehrer 323 ff. – studentische Lebenswirklichkeit 144, 352 ff. – studentische Stellungnahmen 326 ff. Studienzeiten – Alter der Absolventen 365 f. – im Mittelalter 20 f. – in der Gegenwart 53 f. – nur Mindestzeitfestlegung für Bachelor nach Bologna-Erklärung 162 – Vollzeitstudium im ECTS-System 141 Stufensystem – Abkehr vom herkömmlichen Studiensystem 153 ff. – Etikettenschwindel bei Integrationslösungen 190 – Flexibilität in der Fächerauswahl 156 ff. – im Wettstreit der Hochschulsysteme 366 f. – rechtzeitige Vorkehrungen zur Einführung 192 ff.

Sachwortverzeichnis

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– und reformiertes Diplomstudium 372 ff. – Vorteile für Vollzeit- und Teilzeitstudium 355 f. – Wesensmerkmale: studienbegleitendes und schriftliches Prüfen 224, 359 ff. Systemwechsel 346 ff. – Alter der Absolventen 365 f. – Grundfragen 346 ff. – Haltung der Hochschullehrer 187 – Integrationslösungen 190 – Rahmenbedingungen 347 ff.

– Einhaltung der Regelstudienzeit 357 – Gebühren 363 ff. – Hochschulzugang 362 – Teilzeitstudium 354 f. Verschulung des Studiums – durch zu starke Modularisierung 137 – und reklamierte Lernfreiheit 155 ff. Verwaltungsakt und Modulprüfung 257 ff. Vollzeitstudium, Fiktion 352 ff.

Teilnahmebeschränkungen siehe numerus clausus Teilzeitstudium – im amerikanischen accumulation system 34, 354 f. – im ECTS-System 45 – in den USA 354 f. – in Deutschland 352 ff. – in Großbritannien 354 Theologische Fakultäten 307 ff. thesis, angelsächsische Abschlußarbeit 229 f. transcript of records 45, 150 Trends, Hintergrunddokumentationen 49, 60 Tuning Educational Structures in Europe 41 f., 45, 67

Washington Accord 286 f. Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hochschulen – Begründung aus der HRG-Novellierung (1998) 76 f. – durch deutschen Bachelor oder modularisiertes Diplom? 368 ff. – durch eigenes, zukunftsorientiertes Hochschulsystem 372 ff. – internationale Anerkennung 79, 343 ff. – Wissenschaftsstandort Deutschland 130, 343 ff., 365 ff., 372 ff. Widerspruchsverfahren 256 f. Wiederholungsprüfungen 238 ff. – Anzahl, Rechtsprechung 239, 242 f. – bei Abschlußprüfungen 239 – Freiversuch 243 ff. – Prognoseentscheidung über Eignung 240 – unbillige Härte bei Scheitern 241 – und Maluspunkte 241 ff. – zur Notenverbesserung 243 f. Wissenschaftsfreiheit 93 ff. workload, studentische Arbeitszeit 44, 141 ff. – Abgrenzung zur Semesterwochenstunde 56, 141 f., 196 f.

Überdenken der Prüfungsentscheidung 254 ff. Vereinigte Staaten von Amerika (USA) – Alter der Absolventen 365 f. – Bedeutung des Prüfungssystems 359 ff. – differenziertes Hochschulsystem 348 ff.

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Sachwortverzeichnis

– Problem der Vergleichbarkeit 62 – schwierige Ermittlung 141 f., 195 f. – wichtig bei Akkreditierung 284 Zugang zum höheren Dienst (Master) 341 f. Zukünftiges Hochschulsystem in Deutschland 372 ff. – historische Chance 376 f. Zulassung 202 ff., 361 ff. – allgemeiner Hochschulzugang 361 ff.

– interner numerus clausus 218 – mit der Anmeldung zur Lehrveranstaltung 206 ff. – zum Bachelorstudium ohne genehmigte Ordnung 205 ff. – zum Masterstudium 250 ff. Zulassungsbeschränkungen beim Master 107 ff., 250 ff. – Eignungsfeststellungen 251 – fachbezogene Voraussetzungen 250 – persönliche Voraussetzungen 250 – qualitative Differenzierungen 251