Archäologischer Anzeiger: Heft 4/1963 [Reprint 2020 ed.]
 9783112319963

Table of contents :
INHALT
ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER 1963. HEFT 4
BERICHT ÜBER DIE XXI. WARKAKAMPAGNE
FIGÜRLICH BEMALTE FRAGMENTE DER GEOMETRISCHEN ZEIT VOM KERAMEIKOS
AUS DER HEIDELBERGER UNIVERSITÄTSSAMMLUNG
SELENE
ZUR BAUGESCHICHTE DER KÖNIGSGRUFT VON SIDON
ZUM PROBLEM DER 'SCAMILLI IMPARES' BEI VITRUV
EXCAVATIONS AT ÇATAL HÜYÜK 1963
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ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER 1963

BEIBLATT

ZUM

JAHRBUCH DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS

WALTER

DE GRUYTER 1963/64

ä CO •

BERLIN

Sigel für Archäologischer Anzeigeer: A A .

Archiv-Nr. 38 1463/64 Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Druck: Otto von Holten, GmbH., Berlin 30 Printed in Germany

INHALT Spalte

Spalte

Jahresbericht des Archäologischen f ü r 1962

Deutschen Instituts

A l t r o g g e , H., Zum Problem der ,scamilli impares' bei Vitruv. Mit 2 Abbildungen A s s m a n n , J . Chr., Z u r Baugeschichte der Königsgruft von Sidon. Mit 8 Abbildungen

I 717

K a r a g e o r g h i s , V., Ten Years of A r chaeology in Cyprus 1953-1962. Mit 64 Abbildungen

498

K o 1 1 w i t z , J., Die Grabungen in Resafa Frühjahr 1959 und Herbst 1961. Mit 20 Abbildungen

328

Lenzen, 690

A u 1 o c k , H . von, Die Münzprägung der kilikischen Stadt Mopsos. Mit 5 Abbildungen

231

B r o m m e r , F., Falsche Köpfe. Mit 10 Abbildungen

H . J., Bericht über die

XX.

Warka-Kampagne. Mit 7 Abbildungen . . Lenzen,

1

H . J., Bericht über die X X I .

Warka-Kampagne. Mit 6 Abbildungen . .

625

M e 1 1 a a r t , J., Excavations at Çatal H ü y ü k 1962. Mit 6 Abbildungen

19

439

B r o m m e r , F., Selene. Mit 6 Abbildungen

M e 1 1 a a r t , J., Excavations at Çatal H ü y ü k 1963. Mit 12 Abbildungen

721

6 80

B u c h h o 1 z , H.-G., Ein Friedhof im Gebiet des attischen Demos Kephale. Mit i j Abbildungen und 1 Faltplan

P e r o n i , R . , Dati di scavo sul sepolcreto di Pianello di Genga. Mit 14 Abbildungen

361

455

S a u e r , H., Ein verschollenes Relief mit Athenageburt. Mit 6 Abbildungen

94

B u c h h o l z , H.-G., Henkelmarken an einer Bügelkanne in Erlangen. Mit 4 A b bildungen B u c h h o l z , H.-G., Zu einigen gefälschten Basaltstatuetten aus Syrien. Mit 3 Abbildungen C a n c i a n i , F., Aus der Heidelberger Universitätssammlung. Mit 4 Abbildungen . . D i k a i o s , P., A 'Royal' Tomb at Salamis, Cyprus. Mit 47 Abbildungen und 3 A p pendices I The Chronology of the Attic Geometric Vases von J . N . Coldstream

33

121 665

126 199

II The Low-Footed Skyphoi with pendent semicircles and the Plates von V. R . d'A. Desborough

204

III Inscription on Jug I/30 von H.-G. Buchholz

209

F r a n k e . P . R , A P T E M I S ßrTAIZMENH. Mit i Abbildung

450

S c h a u e n b u r g , K., Eine neue Amphora des Efeumalers. Mit 13 Abbildungen . . .

404

T ö 1 1 e , R., Eine geometrische Amphora in Essen. Mit 5 Abbildungen

210

T ö 1 1 e , R., Figürlich bemalte Fragmente der geometrischen Zeit vom Kerameikos. Mit 24 Abbildungen

642

V o 1 k m a n n , H., Die Wasserversorgung einer Römerstadt. Mit 6 Abbildungen . . Z a z o f f , P., Die minoischen, griechischen und etruskischen Gemmen der Privatsammlung Dr. Johannes Jantzen, Bremen. Mit 9 Abbildungen

601

41

Archäologische Gesellschaft z u B e r l i n 1962 G r e i f e n h a g e n , A., Gedenkworte für den verstorbenen Ernst Buschor

741

D i e h 1 , E., Ein klassisches Bild des Hephaistos. Mit j Abbildungen

748

755

F u c h s , W., Ardiäologische Forschungen und Funde in Sardinien 1949-1962. Mit 29 Abbildungen

277

G e r k a n , A. von, Porta Trigemina. Mit 1 Abbildung

104

W e n t z e 1 , H., Die Kameen aus Glas und Glaspaste an der Croce del R e Desiderio. Mit 4 Abbildungen

89

L a d e n d o r f , H., Das Labyrinth in A n tike und neuerer Zeit. Mit 1 7 Abbildungen

761

797 82$

H a m p e r 1 , H., Versuch der Deutung einer Wunderheilung von Epidauros. Mit 1 Abbildung H o m a n n - W e d e k i n g . E . , Echtheitsargumente

225

J a n t z e n , U., Archaische Grabstele von der Pnyx. Mit 4 Abbildungen

S c h u c h h a r d t , W.-H., Archaische Bauten auf der Akropolis von Athen. Mit 18 Abbildungen

431

Register

ARCHÄOLOGISCHER ANZEIGER 1963 • HEFT 4

B E R I C H T U B E R DIE X X I . W A R K A KAMPAGNE Am 12. Dezember 1962 wurde die Arbeit der X X I . deutschen Warka-Kampagne begonnen, und am 22. März wurde die Kampagne beendet. Unter der Leitung von H. J. Lenzen waren an der Ausgrabung beteiligt: Dipl. Arch. A. von Haller als stellvertretender Grabungsleiter und Architekt, Dipl.-Ing. H. Scbmid als Architekt, Dr. M. A. Brandes als mesopotamischer Archäologe, cand. phil. Gerlind Wülker als zweite Archäologin, Herr W. Tschink als Photograph und zeitweise Fräulein R. Fischer als Sekretärin. Mitarbeitende Gäste für kürzere oder längere Zeit waren Otto, Prinz von Hessen, Herr Peter Tschohl und Pater Antonio Guglielmi, Brasilien. Als Assyriologe sollte Professor J. Bottero aus Paris mitarbeiten; leider vereitelten die Zeitumstände sein Kommen. Die Ausgrabung war in diesem Winter durchaus auf Eanna beschränkt. Herr Schmid arbeitete zunächst am Nordwestaußenzingel an einer Stelle, an der bereits vor dem 2. Weltkrieg der Spaten angesetzt gewesen war. Später wurde aber das Hauptgewicht auf die Weiterführung der Arbeit an der vor einigen Jahren begonnenen Tiefgrabung an der Westecke von Eanna gelegt. Diese Tiefgrabung schließt sich eng an die Außenmauer von Eanna an und liegt außerhalb des Tempelbezirkes der frühgeschichtlichen Zeit. Schon vor einigen Jahren war es deutlich geworden, daß eine zwischen genischten Wänden verlaufende etwa 6 m breite Straße das Heiligtum auf der Nordwestseite begleitet 1 . Diese Straße ist in ihren verschiedenen Anlagen untersucht worden, und man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß die älteste bisher erfaßte Begrenzungsmauer aus besonders großen Riemchen besteht; sie wurde einige Male erneuert und umgebaut. In einer dieser

Bauperioden hatte die Mauer Nischenschmuck auf beiden Seiten. Gegen diese älteste Mauer legen sich die Schuttschichten des sogenannten Industriegeländes, das offensichtlich verhältnismäßig schnell angewachsen war. Ob die gleiche Mauer die Grenze des Heiligtums zur Zeit des Steinstifttempels bildete oder ob die Hofwand aus Kalksteinen mit Stiftmosaiken als Außenwand angesehen werden muß, ist nicht ganz eindeutig zu sagen. Es ist anzunehmen, daß außer der Hofwand noch eine Straßenbegrenzung vorhanden war, nur ist diese Straßenbegrenzung möglicherweise der Zerstörung des Geländes am Ausgang der Periode Uruk IV zum Opfer gefallen. Aus der Tiefgrabung stammt einer der wichtigsten Funde unserer diesjährigen Grabungskampagne (W 20987). Es handelt sich um Kugeln aus ungebranntem Ton, über welche Siegel abgerollt worden sind, und die in ihrem Innern Amulette eingeschlossen haben (Abb. 1). Amulette, wie sie in diesen Kugeln eingeschlossen waren, sind in den Schichten Uruk IV immer wieder in ziemlich beträchtlicher Anzahl gefunden worden. Über ihre Bedeutung konnte und kann auch heute nichts Bestimmtes ausgesagt werden. J. Jordan erwähnt bei seiner Beschreibung dieser Amulette 2 , daß ähnliche Stücke bei den Grabungen von M. de Mecquenem in Susa gefunden wurden, daß aber dort diese Amulette in Tonkugeln eingeschlossen waren. L. Le Breton hat diese Stücke, die von Mecquenem auf die Zeit Sargons von Akkad datiert wurden, bereits in die archaische Schicht Susa Ca verwiesen, die mit den Schichten Uruk IV in Warka übereingeht3. Nachdem nun auch in Warka die Kugeln gefunden wurden, kann man sagen, daß die Umdatierung von Le Breton vollkommen gesichert ist.

2 3

1

20

U V B . X V I I 13 ff. T a f . 29. AA.

1963

U V B . I I 47 f. mit A b b . 41. Le Breton, The E a r l y Periods at Susa, Iraq

19. 1957. 79 ff-

627

HEINRICH

J.LENZEN

628

Abb. 1. Gesiegelte Tonkugel aus der Schicht Uruk IV (im Innern Amulette)

Die wesentlichste Arbeit des Winters war die Neuuntersuchung des Tempels C der Schicht IV a. In der ersten Hälfte der dreißiger Jahre hatten wir einen Teil dieses Tempels in einer Regenrinne schon entdeckt und in der Folge auch bereits zum großen Teil ausgegraben und publiziert4. Damals wurde nur ein Teil des Tempels freigelegt, heute können wir den ganzen Tempel in seiner Umgebung vorlegen. Wenn dieser Tempel auch nicht den größten der in Eanna festgestellten sumerischen Tempel darstellt, so ist er vielleicht doch das am sorgfältigsten geplante und durchgeführte Bauwerk der sumerischen Zeit. Wie schon in UVB. VII nachgewiesen, besteht dieser ungefähr 60 m lange Tempel aus einem sogenannten 'Kopfbau', der in seinen Ausmaßen fast genau mit dem 'Weißen Tempel' auf der Anuzikurrat zusammengeht, und einem zu diesem Trakt um 900 gedrehten 'Rumpfbau' (Abb. 2). Der früher von mir als Hof bezeichnete Hauptraum des Rumpfbaues hat einen kreuzförmigen Grundriß. Der bis zur neuen Grabung freigelegte Teil des Tempels war durch später angelegte Lehmgruben so stark zerstört, daß die Benützungsebenen des Tempels nicht zu identifizieren waren. Das ist nun bei der endgültigen Freilegung des gesamten Tempels möglich geworden, und es ist deutlich, daß der Tempel eine recht beträchtliche Zeit bestanden haben muß, bevor er am Ende der Uruk IV-Zeit der allgemeinen Verwüstung 4

UVB. V I 8 Taf. 3. 7; V I I 6ff. Taf. 2.

von Eanna zum Opfer fiel. Dieser Tempel ist im wesentlichen durch Brand zerstört worden. Die verkohlten Balken der Decken sind auf die Fußböden gestürzt und liegen dort heute noch in vollkommen verkohltem Zustand. Die verwendeten Hölzer sind ganz zweifelsohne Nadelhölzer; vielleicht wird es möglich sein, aus den Resten nicht nur eine nähere Bestimmung der Holzart festzustellen, sondern auch neue Datierungsergebnisse auf naturwissenschaftlichem Wege mit der C 14-Untersuchung zu gewinnen. Bis auf die Treppenhäuser sind die Fußböden sämtlicher Räume des Rumpfbaues 10—30 cm hoch mit Brandschutt bedeckt. Daraus muß der Schluß gezogen werden, daß auch der kreuzförmige Raum überdeckt gewesen ist. Die Untersuchungen in diesem Brandschutt sind noch nicht abgeschlossen. Wir hoffen, sie im kommenden Winter weiterführen zu können und dann aus den auf den Fußboden gefallenen Balkenresten Aufschluß darüber zu bekommen, wie die große Öffnung bei der Durchdringung der Kreuzarme überdeckt gewesen ist. Im Gegensatz zum Rumpfbau, in dem zweifelsohne bis auf die Treppenhäuser alle Räume überdeckt waren, liegt im Kopfbau nur in einem einzigen Raum Brandschutt, und auch nur die Wände dieses Raumes zeigen Feuereinwirkung. Dieser Raum ist schon früher von mir als das vermutliche Allerheiligste bezeichnet worden. Er schließt beide Teile zu einer Einheit zusammen. Er ist der einzige Raum des Kopfbaues, dessen Wände keine Nischengliederung zeigen. Da mit Ausnahme

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BERICHT

ÜBER

DIE

XXI. WARKA-KAMPAGNE

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Abb. 2. Blick über den Tempel C (Uruk IV a). Im Vordergrund bis zur Bildmitte 'Kopibau', anschließend der ' R u m p f b a u '

dieses einzigen Raumes, der sich mit einer betonten Tür zur Mitte des Hauptraumes im Rumpfbau öffnet, weder der nischengeschmückte Hauptraum noch die fünf nischengeschmückten Nebenräume des Kopfbaues eine Spur der Brandkatastrophe erkennen lassen, wird man annehmen dürfen, daß im Gegensatz zum Rumpfbau bis auf eine Ausnahme alle Räume des Kopfbaues keine Decken hatten, daß sie nach oben geöffnet waren. Aus den Ausgrabungen der dreißiger Jahre wissen wir, daß diesem Tempel im Südosten ein weiterer Tempelbau, der sogenannte Tempel D vorgelagert war 5 . Tempel D war später errichtet als Tempel C. Möglicherweise wird es bei den kommenden Untersuchungen möglich werden, die Bauzeit des Tempels D mit einer der Erneuerungsperioden von Tempel C in Einklang zu bringen. Neuerdings ist es gelungen, Tempel C mit den Bauwerken auf der Südwestseite 5

20*

U V B . V I 8 Taf. 3.

von Eanna zusammenzusehen. Hier wird es deutlich, wie außerordentlich lebendig und baulustig die Zeit gegen Ende der Periode IV war. E s ist früher schon darauf hingewiesen worden 6 , daß an der Südwestgrenze von Eanna ein großer, von gemauerten Bänken umgebener Hof entstand, der in die Bauschichten der älteren Unterabteilungen der Schicht IV eingetieft war, und dem unter anderem ein großes Haus der Schicht I V b zum Opfer fiel. Südöstlich von diesem Hof hatte sich ein Gebäude der Schicht I V b erhalten, das in IV a weiter benutzt wurde und von uns als Torgebäude für den Bezirk des Tempels C in Anspruch genommen wird. Dieses Torgebäude lehnt sich an einen Saalbau an, dessen Decke von zehn mächtigen quadratischen Pfeilern von 2 m Seitenlänge getragen wird. Vier Pfeiler bilden die Langseiten des etwa 18 x 10 m messenden Gebäudes. Auf allen vier Seiten tragen diese Pfeiler schmale Felder mit Stiftmosaiken 6

U V B . X V I I 1 0 ; X V I I I 7.

631

HEINRICH

(Abb. 3) von der gleichen Art, wie sie von dem Stiftmosaikgebäude der Schicht Uruk IV bekannt geworden waren. Wahrscheinlich reicht dieser Saalbau bis dicht an ein Gebäude heran, das nach Errichtung von Tempel C vor seiner Nordwestschmalseite aufgeführt wurde. Fast noch interessanter sind die Feststellungen auf der Südwestseite des Tempels C. Aus der Zeit IV b reicht dort eine Anlage in die Schicht IV a hinein, an der zumindest an einer Seite drei Bänke amphitheatralisch aufstiegen. Offensichtlich wurde diese Anlage während der Periode Uruk IV a zugesetzt, wahrscheinlich zur gleichen Zeit, in der nahe der Außenmauer der bereits erwähnte große Hof errichtet wurde. Nachdem die Anlage zugebaut war, hatte man an einer Stelle auf der Zusetzung ein Badhaus errichtet mit zwei voneinander getrennten Badestuben. Zugänglich waren die beiden mit Asphalt ausgestrichenen Badestuben von einem quergelegten Vorraum. Die Tatsache, daß dieses Gebäude nach außen Wände mit flachen Pfeilern und Nischen zeigte, läßt deutlich erkennen, daß die Anlage unbedingt dem Tempel zuzurechnen ist. Daraus aber wird deutlich, daß bereits im ausgehenden 4. Jt. religiöse Waschungen eine wesentliche Rolle im Kult gespielt haben müssen. Dieses Badehaus allerdings war schon wieder abgebrochen und eingeebnet, bevor die Anlagen der Schicht Uruk IV zerstört wurden. Es hat den Anschein, als habe man auf einer neuen Terrasse neue Bauwerke errichten wollen, aber nicht einmal die Terrasse selbst konnte beendet werden. Während sie weiter nach Nordwesten bereits gelegt war, erscheint sie über dem abgetragenen Badehaus nur in der Form von zwei Reihen von Ziegeln, die offensichtlich die Form der neuen Terrasse angeben sollten. Wie aus dem zuletzt Gesagten zu ersehen ist, hat auch die diesjährige Grabung erneut gezeigt, daß die Gesamtanlage von Eanna am Ende der Periode Uruk IV einer gewaltsamen Zerstörung zum Opfer gefallen ist. Es wurde bei früheren Berichten bereits darauf hingewiesen7, daß man vor dem ? U V B . X V I I 11; X V I I I 8f.

J.LENZEN

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Wiederaufbau in der Periode Uruk III die Ruine von Eanna Uruk IV mit langen Reihen von Opferstätten überzog, offensichtlich um das Gelände vor der Wiederbenützung kultisch zu reinigen. In dieser Kampagne fanden wir nun über den Ruinen des Tempels C erneut Opferstätten, die einer Zwischenschicht zwischen der Zerstörung Eannas und dem Wiederaufbau angehören müssen. Sie lassen sich nicht in die zuerst erwähnten Opferstättenreihen einordnen, schon deshalb nicht, weil sie die bekannten Reihen nicht fortsetzen, zum anderen aber unterscheiden sie sich auch im Charakter von ihnen. Zwei dieser neuen trogförmigen Opferstätten sind knapp eineinhalb Meter lang, und da sie angefüllt waren mit Keramik, hielten wir sie zunächst für Töpferöfen. Erst als erkannt wurde, daß die meisten Töpfe etwas enthielten (das sich nur in einem Falle als intensiv rote Farbe herausstellte), mußte man den Gedanken an Keramikbrennöfen wieder fallen lassen. Mit diesen Opferstätten sind ganz ohne Zweifel auch Aschegruben in Verbindung zu bringen; man hat die Tröge zumindest teilweise wiederholt gebraucht und die Aschen (mit kalzinierten Knochen) in besondere Gruben gefüllt. Etwa gleichzeitig mit diesen Opferstätten (insgesamt fünf) über dem Tempel C sind auch die ältesten Mauerzüge aus Riemchen, die sich in das Ruinengelände eintiefen. Überraschenderweise sind aber diese Mauerzüge nicht in Verbindung zu bringen mit den Bauwerken der Schicht III. Es handelt sich um drei etwa parallel zueinander verlaufende Mauerzüge, die jeweils auf eine Länge von etwa 40 m verfolgt werden konnten. Sie sind so in Fundamentgräben verlegt, daß sie die unregelmäßig und ungleich ausgehobenen Fundamentgräben vollkommen ausfüllen. Sie scheinen im ganzen nicht wesentlich mehr als zwei Meter breit gewesen zu sein. Parallel zu diesen Mauerzügen sind Pfostenlöcher festgestellt. Ob sie unabhängig von den Mauerzügen bestanden haben oder nicht, kann man nicht sagen. Viele dieser Pfostenlöcher waren mit Bitumen ausgekleidet, und die Abdrücke der Pfosten hatten sich in dem Asphalt erhalten. In einigen der am weitesten nach Südwesten

633

BERICHT

ÜBER

DIE

XXI.

WARKA-KAMPAGNE

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Abb. 3. Stiftmosaiken des Saalbaues (Uruk I V b — I V a)

vorgeschobenen Pfostenlöcher waren nicht nur die Wandungen mit Asphalt versehen, sondern zunächst stand in dem Pfostenloch eine röhrenförmige Flasche aus gebranntem Ton, und erst in diese Flasche hinein war der Asphalt gegossen, der dem Pfosten den Halt geben soUte. Noch seltsamer waren die Pfosten parallel zur zweiten Mauer aufgestellt. Sie standen alle in etwa 10 cm hohen runden Gefäßen, die anscheinend auf dem zugehörigen Fußboden aufstanden, nicht in ihn eingelassen waren. Auch bei all diesen 'Schuhen' standen die Pfosten in einem Bett aus Asphalt, so daß die Stärke der Hölzer durchaus bestimmt werden konnte. Bei dem letzten bisher festgestellten Mauerzug liegen die Pfostenlöcher auf der Nordostseite, sie entsprechen wieder denen der ersten Reihe. In allen drei Fällen sind die Pfostenlöcher ganz dicht an die Mauerzüge herangerückt. Der dritte Mauerzug wird durch eine weitere Beobachtung noch besonders seltsam. Er ist niemals als höhere Mauer aufgebaut gewesen, denn der Länge nach hat man durch ihn eine Rinne gegraben, die sogar Zuleitungsrinnen von

beiden Seiten aufgenommen hat. Die beiden Mauerzüge südwestlich vor dem zuletzt gekennzeichneten können noch gleichzeitig mit einem Teil der großen Bauwerke der Schicht I I I bestanden haben; der am weitesten nach Nordosten zu verlaufende Mauerzug wird von den Anlagen der Djemdet Nasr-Zeit vollkommen überbaut. Welchen Sinn diese Vorrichtungen hatten, können wir nicht erklären. Es hat den Anschein, als wären sie gleichzeitig errichtet wie die oben erwähnten fünf Opferstätten über dem Tempel C. Zu den eigentlichen Anlagen aus der Hochblüte der Djemdet Nasr-Zeit ist in dieser Kampagne nichts Neues hinzugekommen. In unserem Hauptgrabungsgebiet sind diese Anlagen verdrängt worden durch ein Gebäude, dessen Mauern aus Stampflehm bestehen. Es ist in der ausgehenden Djemdet Nasr-Zeit entstanden und bestand noch gleichzeitig mit den letzten Anlagen, die in der späten Uruk IH-Schicht errichtet wurden, überbaut aber alle Gebäude dieser Zeit und wurde noch benutzt bis in die frühdynastische Zeit hinein. Es ist mit Ab-

HEINRICH

635

J.LENZEN

636

Abb. 4. Überwölbter Speicherraum des 1. Jahrtausends v. Chr.

stand das größte Gebäude, das in Warka in den archaischen Schichten ausgegraben worden ist. Die ersten Räume fanden sich schon Anfang der 30 er Jahre, sie lehnen sich an den Raumkomplex, der als Labyrinth bezeichnet worden ist 8 . Später wurden weitere Räume freigelegt, die sich bis etwa zur Mitte der Nordwestseite der EannaZikurrat ausdehnen 9 . Obwohl das Gebäude noch nicht fertig ausgegraben ist, bedeckt es bisher bereits eine Fläche von rund 10000 Quadratmetern. Wir können heute mit Sicherheit sagen, daß für dieses Gebäude eine Riesengrube angelegt wurde, welche teilweise die Gebäude der Djemdet Nasr-Zeit vollkommen verschwinden ließ und an anderen Stellen sogar bis in die Ruinen der Schicht Uruk IV eingetieft war. Das Mauerwerk dieses Riesengebäudes bestand aus Stampflehmschichten von je 50 cm Höhe. Nur die unterste Schicht aus den in der letzten Kampagne freigelegten Teilen gehört noch zur ältesten Anlage, das heißt zur Schicht I I I , die oberen Schichten 8

UVB. V I Taf. 5b.

9

UVB. X Tai. 8.

gehören alle einer Erneuerung an. E s steht aber außer Frage, daß das Gebäude auch nach der Erneuerung der Wände bis auf sein ursprüngliches Niveau hinab weiterbenützt wurde. Über den Zweck dieses Riesengebäudes ist wenig auszusagen. Die Räume sind sehr verschiedener Art. Die in den letzten Jahren ausgegrabenen sind lange, schmale Räume, die sich um Hofanlagen herumgruppieren. Im heutigen Erhaltungszustand öffnen sich vier dieser langen schmalen Räume mit einer Schmalseite nach Südwesten, und der Fußboden dieser Räume senkt sich in Rampenform von der Höhe der zerstörten Gebäude der Djemdet Nasr-Stufe zum Boden der für dieses Gebäude ausgehobenen Grube. Vielleicht geht man nicht fehl, wenn man in dieser großen Anlage die Vorratshäuser des Tempelbezirks sieht. Überraschend allerdings ist es, daß kaum Kleinfunde aus diesem Gebäude geborgen wurden. Das, was gefunden wurde, sagt über die Benützung der Anlage nichts aus. E s ist schwer, sich ein Bild vom Aussehen dieses großen Gebäudes zu machen. An einer Stelle, wo das Gebäude an einen

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BERICHT ÜBER DIE XXI. WARKA-KAMPAGNE

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Abb. 5. Unausgebauter Speicherraum des 1. Jahrtausends v. Chr.

älteren großen Hof angrenzt, wo es in seiner ganzen Höhe (einschließlich Kellergeschoß) sichtbar war, ist die Front außen mit einer Riemchenarchitektur verkleidet gewesen. Nach Auffüllung des Platzes, offensichtlich in der frühdynastischen Zeit, bekam die gleiche Hofwand eine Verkleidung aus plankonvexen Ziegeln. Aus dieser Tatsache könnte man den Schluß ziehen, daß der erhaltene Teil des Gebäudes, das nur aus Stampflehmmauerwerk besteht, als Kellermauern aufzufassen wäre, und daß diese sozusagen als Fundament für ein Gebäude aus geformten Ziegeln gedient hätten. Gegen diese Auffassung gibt es mehrere Einwände: 1. Die Stampflehmmauern, die an manchen Stellen bis zu vier Schichten, das heißt etwa 2 m hoch erhalten sind, stammen zumindest aus zwei verschiedenen

Bauperioden. Die untere gehört bestimmt der ausgehenden Djemdet Nasr-Zeit an. Man müßte dann annehmen, daß der Aufbau des älteren Gebäudes abgetragen und vollkommen beseitigt wäre, als man die Anlage in der frühdynastischen Zeit wieder benützte. 2. Auch von einem Aufbau eines späteren Gebäudes ist nirgendwo eine Spur erhalten, so daß man als einigermaßen sicher annehmen darf, daß das ganze Gebäude aus Stampflehm bestanden hat und nur an solchen Stellen Verschalung von Ziegeln bekam, wo es an Gebäudeteile angrenzte, die vielleicht im Kult des Tempels eine Rolle gespielt haben. Über den Ruinen des zuletzt besprochenen Gebäudes und über den besprochenen Ruinen der Schicht Uruk III, und sogar teilweise der Schicht Uruk IV, liegen auch

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H.J.LENZEN,

XXI. WARKA-KAMPAGNE

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Abb. 6. Modell eines auf Räder gesetzten Schiffes (Kinderspielzug, Grabbeigabe)

hier wieder die spärlichen Reste der sogenannten neubabylonischen Wohnhäuser. Es wurde immer wieder darauf hingewiesen, daß nach der Grenzziehung des Heiligtumes in der Zeit der III. Dynastie von Ur ein wesentlicher Teil des alten Eannagebietes aus dem ursprünglichen Tempelbezirk ausgeschieden wurde und durch viele Jahrhunderte hindurch unbebautes Gelände war, aus dem die Mauern des Temenos aufwuchsen, die das Heiligtum gegen die Außenwelt abschirmten. Erst nachdem unter der Herrschaft Sargons II. das Heiligtum neu errichtet wurde, wuchs eine Wohnstadt bis unmittelbar an die Temenosmauern heran. Diese Wohnstadt mit ursprünglich wahrscheinlich ziemlich lockerer Bebauung an beiden Seiten von verhältnismäßig breiten Straßen wurde im Laufe der Jahrhunderte immer dichter bebaut, so daß die späteren Häuser zum Teil auf mit Abfall ausgefüllten Gruben aufstehen, die erst in neuassyrischer, manchmal gar erst in neubabylonischer Zeit angelegt waren. In solchen Fällen reichen die Fundamente für die neugeschaffenen Häuser bis tief in die hocharchaischen Schichten hinein, und sehr oft hegen dann Terrakotten oder andere

Kleinfunde der Schichten des 1. Jts. wesentlich tiefer als nur einige Dezimeter entfernt gefundene Gegenstände des 4. Jts. v. Chr. Auch diese Häuser sind zu einem wesentlichen Teil so zerstört, daß man ihren Grundriß nicht mehr rekonstruieren kann. An manchen Stehen reichen auch hier wieder Ziegelgruben der sasanidischen Zeit bis in die archaischen Schichten hinab. Nichtsdestoweniger gewinnt man ein durchaus gutes Bild vom Aussehen und vom Leben dieser Städte aus der ersten Hälfte des 1. Jts. Die Hauptstraßen folgen im allgemeinen den Regenrinnen, die sich alle im Laufe des 2. Jts. v. Chr. in der Ruine gebildet hatten. Bei Hauserweiterungen werden dann allmählich die Grundstücke immer dichter bebaut, und zu den Hauptstraßen kommt ein mehr oder weniger deutlich übersehbares Netz von Nebenstraßen, meistens Sackgassen, die die rückwärtigen Grundstücke erschheßen. Im ganzen handelt es sich immer um den gleichen Wohnhaustyp, um das babylonische Hofhaus, das bis in die jüngste Vergangenheit der Hauptwohnhaustyp des Landes gewesen ist. Es gab kleinere und größere, eingeschossige und mehrgeschossige Wohn-

641

R. T Ö L L E ,

F I G Ü R L I C H B E M A L T E F R A G M E N T E VOM K E R A M E I K O S

häuser. Speicheranlagen, Keller, wenn man will, scheinen erst in einer verhältnismäßig späten Zeit für die Wohnhäuser gebräuchlich geworden zu sein, aber selbst in achämenidischer Zeit, wo sie am häufigsten vorkommen, sind sie nicht selbstverständlich. Der schönste Keller, den wir bisher gefunden haben, ist zeitlich nicht genau zu datieren. Da das zugehörige Haus keineswegs an einer der Hauptstraßen liegt, ist von vornherein anzunehmen, daß es nicht zu den ältesten Wohnhäusern gehört. Kleinfunde geben keinen anderen Aufschluß. So wird man sagen müssen, daß dieser Keller etwa der neubabylonischen Zeit entsprechen dürfte, da die meisten Keller wesentlich höher im Gelände liegen. Es handelt sich bei ihm um einen kleinen Rundbau, in den man nur über eine Leiter hineinsteigen konnte (Abb. 4). Gedeckt war er durch eine Kuppel, die aus vorgezogenen Ringschichten gebildet wurde. Diese Ringschichten wurden von vier flachen Pfeilern getragen, zwischen die flache Konchen zur Erweiterung des Raumes gespannt waren. Nicht immer waren die Keller so groß wie der oben beschriebene, dessen Fußboden von Pfeiler zu gegenüberliegendem Pfeiler 1,65 m mißt, auch waren nicht alle Kellerwände so sorgfältig mit Backsteinen ausgekleidet. Manchmal waren sie nur einfach unterirdische Höhlen, die in die Ruinen eingetieft waren, und man wundert sich nur, daß sie nicht nur ihre Zeit überdauert haben, sondern heute noch als Hohlräume freigelegt werden können (Abb. 5). In den in diesem Jahr ausgegrabenen Wohnhäusern sind erneut eine Anzahl von Bestattungen festgestellt worden. Der allergrößte Prozentsatz der Toten ist in Doppeltopfgräbern beigesetzt worden; nur wenige Bestattungen sind Erdbestattungen (d. h. Bestattungen ohne Sarkophage). Die Grabbeigaben sind verhältnismäßig spärlich; es gibt gelegentlich Gräber, in welchen den Toten der Schmuck belassen wurde, es gibt andere Gräber mit besonderen Totenbeigaben, Bronzebechern und Bronzeschalen. Überraschend war ein Doppeltopf grab, in welchem die Leichen von nicht weniger als drei erwachsenen Personen bestattet waren; sie waren mit Gewalt in die Topfschalen

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gezwängt, so daß man die Knochen der einzelnen Skelette nicht auseinanderhalten konnte. Eine der schönsten Grabbeigaben, die bisher aus den Gräbern des 1. Jts. gekommen sind, ist das Modell eines Schiffes, das auf Räder gestellt ist. In dem Schiff standen eine vollkommen erhaltene Kamelterrakotte und ein Räucherkästchen (Abb. 6). Es stammt aus einem Wohnhaus direkt an der Hauptstraße und gehört offensichtlich einem Grab an, das bereits vor einem Jahr freigelegt wurde, Grab W 20642. Die wichtigsten Kleinfunde dieser Kampagne wurden bereits erwähnt. Sie werden vermehrt durch eine stattliche Anzahl hocharchaischer Tontafeln der Schichten IV a und IV b und eine Anzahl von Siegelabrollungen auf Krugverschlüssen. Zum Teil handelt es sich bei diesen Abrollungen um bereits bekannte Darstellungen, aber es gibt auch wieder neue Bilder, die im Vorbericht vorgelegt werden sollen. Baghdad

H e i n r i c h J . Lenzen

FIGÜRLICH B E M A L T E FRAGMENTE D E R GEOMETRISCHEN ZEIT VOM K E R A M E I K O S Die geometrischen Funde, die während der Kerameikos-Grabung von 1891 1 geborgen wurden, sind nur zum Teil veröffentlicht worden. Im folgenden werden aus dem unpublizierten Material die besterhaltenen Vasenfragmente mit figürlicher Malerei herausgegriffen und einige geometrische Scherben der späteren Grabungen angeschlossen2. Es sind stratigraphisch nicht gesicherte Einzelfunde oder solche, bei denen die Fundverhältnisse nicht mehr bekannt sind3. 1 Grabung von A. Brueckner, E . Pernice, B . Stai's: Brueckner—Pernice, AM. 18, 1893, 73 ff.

S t a i s , AEAT. 1 8 9 2 , 6 f f . 2

K . Kübler und E>. Ohly sei auch an dieser Stelle für die Publikationserlaubnis Dank gesagt. 3 Sofern keine Inventarnummer angegeben ist, sind die Stücke nicht inventarisiert worden. Alle Maße geben die größte Breite und Höhe an.

R E N A T E

643

Abb. i

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Fragmente eines geometrischen Gefäßes mit Kriegerfries (Nr 1 —3)

1. Fragment. H 7,2 cm; Br 8,9 cm. 2. Fragment. H 10,8 cm; Br 5,8 cm. 3. Fragment. H 8,4 cm; Br 5,7 cm. Abb. 1. Es handelt sich um drei zusammengehörige Fragmente, die wahrscheinlich von einem Amphoren- oder Kannenkörper stammen. Der Erhaltungszustand ist schlecht; die Farbe ist weitgehend abgeblättert, hat aber deutlich sichtbare Spuren hinterlassen. Nach den geringen Resten zu urteilen, nahm die Ornamentik einen verhältnismäßig breiten Raum ein. Zu erkennen sind ein flüchtig gezeichnetes Schachbrettband und ein Rautenband mit Füllpunkten. Jeweils drei horizontale Linien trennen diese ornamentalen Bänder voneinander und von dem darunterliebenden Figurenfries. Die Fragmente geben drei Ausschnitte aus einem Kriegerfries wieder. Es ist aus dem Erhaltenen zu schließen, daß Dipylon-, Viereck- und Rundschild regelmäßig wechseln. Im Vergleich zu den anderen Schildformen ist die rechteckige im Geometrischen selten. Sie wird eher langgestreckt4 als qua4

T O L L E

Frgt., Athen, Nat.Mus., Kunze in Festschr Schweitzer Taf. 9, 1. — Frgte , Paris, Louvre A 5 1 9 , A 527, CA 3370, CA 3435 C V A Louvre (11) I I I Hb Taf 5,7; 3,8; 8,8; 16,8 — Frgt., Paris, Louvre A 535, Photo Giraudon 33862 — Amphora, Paris,

dratisch dargestellt5. Der Dipylon-Schild zeigt jene Spätform, die oben und unten aus einem breiteren Querteil und einem schmalen Mittelstück zusammengesetzt ist. Ebenso wie diese Schildform sprechen die flüchtige Figurenzeichnung6 und die dichte Füllung des Grundes mit Zickzacklinien für eine Datierung in die erste Hälfte der spätgeometrischen Phase. 4. Fragment. H 3,5 cm; Br 5,6 cm. Abb. 2. Auf dem stark bestoßenen und verriebenen Fragment sind zwei Krieger dargestellt. Die helle Bemalung auf dem rechteckigen und dem runden Schild ist bis auf geringe Reste, die von der ursprünglichen Zeichnung kaum noch etwas erkennen lassen, abgeblättert. Auf dem Rundschild weist die Verfärbung des dunklen Firnis an den Stellen, wo helle Paste aufgetragen war, auf radiale Bemalung hin. Das gleiche Schildornament in heller Farbe auf dunklem Grund kehrt auf einem Louvre CA 3468, Villard, MonPiot 49, 1957, 1 7 f i Abb 7 9 . — Amphora, London, Brit.Mus. 1927 4 — 1 1 1 BritMusQuart. 2, 1927/28 Taf 8. 5 Schale, München, Antikensammlung 6029, CVA. München (3) Taf 124, 3 4 — Kanne, Athen, Agora P 4885, Fräser, A J A 44, 1940, 458 Abb. 3 — Frgt., Athen, British School, Droop, B S A . 1 2 , 1905/06, 82 Abb. 2a. 6 Vgl. Frgt , Athen, British School (s. Anm. 5)

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Abb. 2 und 3.

Fragmente mit Kriegerfriesen (Nr 4 5)

von drei zusammengehörigen Fragmenten aus dem Kerameikos wieder, die K. Kübler veröffentlichen wird 7 . Diese vier Kerameikos-Fragmente stimmen in Ton, Technik, Profil und Stil überein und stammen von einem nicht allzugroßen Krater, was sich auch aus der Wandstärke ergibt. Mit größter Wahrscheinlichkeit gehört zu diesem Kriegerfries noch ein weiteres Fragment, das vom Kerameikos in das Athener Nationalmuseum gelangte und nur in Umzeichnung bekannt ist8. Unter der Voraussetzung der Zusammengehörigkeit der genannten fünf Scherben sind fünfzehn Krieger des Frieses nachweisbar. Der Wechsel von Dipylon-, Rund- und Rechteckschild ist ebenso regelmäßig wie auf den Fragmenten Nr. 1—3, jedoch in anderer Aufeinanderfolge. Die Krieger sind mit Helmen, welche am Helmbusch erkennbar sind, ausgestattet; jeder von ihnen trägt zwei Lanzen. Charakteristisch für alle fünf Fragmente ist die helle Bemalung auf den dunklen Schilden. Ferner ist die stilistische Übereinstimmung so groß, daß selbst das nur in Umzeichnung bekannte Stück den übrigen Fragmenten zugeordnet werden kann. Sosehr diese Darstellung an Kriegerfriese auf reifgeometrischen Krateren erinnert, ebensosehr muß auch auf die Unterschiede 7

Kerameikos V I 2 Tai 106 Pernice, AM. 17, 1892, 2 1 5 Abb. 4 Die Zusammengehörigkeit konnte leider nicht geprüft werden, da mir das Fragment in Athen nicht zugänglich war 8

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hingewiesen werden. Kriegerdarstellungen sind auf den monumentalen Grabkrateren sehr behebt, doch wird vornehmlich das Kampfgeschehen geschildert, oder einzelne Krieger und Kriegergruppen erscheinen zwischen Pferden, Wagengespannen oder Schiffen. Eine derart lange Kriegerfolge wie hier kommt dagegen erst nach der Blüte des reifgeometrischen Stiles auf 9 . Ein weiterer Unterschied zu den reifgeometrischen Kriegerdarstellungen liegt in dem Wechsel der drei verschiedenen Schildformen. Neben dem gebräuchlichsten Schild, dem Dipylon-Schild, kommen vereinzelt auf den Grabkrateren auch rechteckige 10 und runde 11 Schilde vor, aber ein regelmäßiges Nebeneinander aller drei Schildformen ist bisher nur auf diesen und den 9 Zu den frühesten Kriegerfriesen gehören Kanne, Tübingen 5450/28, unpubliziert — Napf, Berlin, Privatbesitz, E Bielefeld in Studies Robinson I I 43ff Abb 10a. b — Dreifußuntersatz, Athen, Kerameikos 407, K Kübler, Kerameikos V 1 Taf 69. — Kanne, Cambridge, Fitzwilliam Museum G R - I - 1 9 3 5 — Darauf folgen im Spätgeometrischen die dichten Reihungen von Rundschildträgern. Der einzige rein reifgeometrische Kriegerfries ohne Handlungsgeschehen ist auf einem unpublizierten Fragment in Uppsala, Inv 147, 12 . 7,5 cm, dargestellt. Dieses Fragment hat ein geradliniges senkrechtes Profil und ist im Querschnitt so stark gekrümmt, daß es nur vom Hals einer Amphora oder Kanne stammen kann, dessen Durchmesser ungefähr 20 cm beträgt E s ist der einzige bekannte Beleg für eine reifgeometrische Amphora oder Kanne mit figürlicher Malerei am Hals, alle anderen sind am Hals ornamental bemalt. 10 s. Anm 4. 11 Frgt., Paris, Louvre CA 3443, C V A Louvre (11) I I I Hb Taf 16, 18

R E N A T E

Abb 4 und 5

TÖLLE

Fragmente mit Kriegerdarstellungen (Nr 6. 7)

vorangegangenen Fragmenten vom Kerameikos (Nr. 1—3) bekannt 12 . Der Gebrauch von weißer 13 , gelegentlich auch von roter Farbe kommt zu Ende der reifgeometrischen Phase auf und gewinnt im Verlaufe der spätgeometrischen Zeit wachsende Bedeutung, besonders zur zeichnerischen und bildhaften Ausgestaltung der 12 Vgl. den Wechsel von Dipylon- und Rundschilden auf dem Dreifußuntersatz, Kerameikos 407, und auf dem Napf in Berliner Privatbesitz (s. Anm 9), von runden und quadratischen Schilden auf der Schale in München (s, Anm. 5) 13 Bei Schilden Frgt , Athen, Nat Mus. 271, B. G r a e f — E Langlotz, Vasen von der Akropolis Nr 283 Taf 9. — Amphora, Athen, AkropolisMuseum, Orlandos, "tpyov 1957. 7 Abb 2 — Amphora, Athen, Benaki-Museum 599, Lorimer, B S A 42, 1947 Taf 19. — Amphora, Essen, FolkwangMuseum K 969, Tölle, hier Sp 21 off — Amphora, Kopenhagen, Ny Carlsberg Glypt. 3187, Poulsen, Medd. N y Carlsb. Glypt 19, 1962, 4ff Abb 2 3 — Amphora, Stockholm, Nat.Mus., Antonsson, Antike Konst 82 — Amphora, Kerameikos 1370, K Kübler, Kerameikos V 1 Taf 140.

runden Schildflächen. Da dieser Kriegerfries stilistisch in die Nachfolge der reifgeometrischen Kratere zu datieren ist und an der Schwelle zum Spätgeometrischen steht, belegt er eine sehr frühe Verwendung von heller Farbe auf dunklem Grund 14 . Bei Reigendarstellungen Hydria, Berlin 31045, Bakalakis, AM 76, 1961, 64 Nr 2 Beil 39. — Hydrienhals, Berlin, Staatl. Mus. 32029, E Rhode in Antiken-Sammlung, Staatl. Mus. Berlin (1957) 79 Nr 3 Abb 43 — Hydria, Rom, Villa Giulia 1 2 1 2 , Caprino, RendPontAcc 17, 1940/41, iöoff Abb iff — Hydrienhals, Athen, Agora P 10229, E Brann, Agora V I I I 78 Nr 4 1 6 Taf 25. — Hydrienfrgt , Berlin, Antiquarium A 48, C V A Berlin (I) Taf 39, 3 — Frgt , Athen, Nat.Mus. 291, B. Graef—E. Langlotz a. O Nr 303 Taf. 1 1 — Frgt , Athen, Agora P 13325, E. Brann, Agora V I I I 81 Nr 443 Taf 27 Außerattisch Frgt. aus dem Heraion von Argos, Biegen, A J A 43, 1939, 434 Abb 22 — Krater, Argos C 481, B C H 76, 1954 Taf 6, vgl Cook, B S A . 35, 1934/35, 162 Anm. 2, K Kübler, Kerameikos V 1, 175 Anm 1 6 1 . 14 Vgl. Frgt. Louvre CA 3446, C V A Louvre (II) I I I Hb Taf 16, 21

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KERAMEIKOS

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5. Fragment. H 4,8 cm; B r 5,7 cm. Abb. 3. Kriegerfries nach rechts; drei Krieger teilweise erhalten; Köpfe verloren; lang-ovale Dipylon-Schilde in flüchtiger Zeichnung; keine Füllornamente. Erste Hälfte der spätgeometrischen Phase. 6. Fragment. H 9,9 cm; B r 7,2 cm. Abb. 4. Stark verrieben; ein Krieger — wohl aus einer längeren Folge — erhalten. Der obere Bogen des Dipylon-Schildes ist am Original noch schwach zu erkennen. Der rechte Arm ist in Taillenhöhe gewinkelt; die beiden Lanzen werden ähnlich gehalten worden sein wie auf den Fragmenten 1—3. Keine Füllornamente. Erste Hälfte der spätgeometrischen Phase. Abb. 6.

7. Fragment, Inv.Nr. 1 1 2 . H 1 2 cm; B r 5,7 cm. Abb. 5. Der hier dargestellte Kriegerfries zeichnet sich vor den anderen durch seine reiche Ausgestaltung aus. Der am besten erhaltene Krieger trägt einen Helm, dessen Helmbusch zunächst hoch aufsteigt und dann in großzügigem Schwung nach hinten und nach vorne herabfällt 15 . Sein Rundschild ist figürlich bemalt: Auf der tongrundigen Innenfläche sind ein hochbeiniges Pferd und ein Vogel zwischen dessen Vorderbeinen dargestellt. Auf dieses älteste bekannte Schildzeichen folgen mit geringem zeitlichen Abstand jene der Amphora im Benaki-Museum 16 : Pferde, Vögel, Fische und DipylonSchild. Stilistisch stehen dieser Darstellung vom Kerameikos zwei Fragmente der Sammlung Vlastos 17 und die Amphoren in Berlin 18 und Brüssel 19 nahe. Alle diese Stücke gehören in das Ende der geometrischen Zeit 15 Vgl. den H e l m des aufgebahrten Kriegers auf der Amphora Esseir (s-. Anm. 13). 16 s. Anm. 1 3 . 17 Athen, Inst. Neg. A t h e n Varia 1051 und P h o t o Arch. Sem. München. Ob diese beiden Fragm e n t e zu einem Gefäß gehören, wie es die Photographien sehr wahrscheinlich machen, läßt sich nur durch Autopsie entscheiden. 18 Inv. Nr. 3202, J. Davison, A t t i c Geometrie Workshops Abb. 48. 19 Inv. Nr. A 3474, Verhoogen, BMusArt 23, I 9 5 I . 39 Abb. 5ff.

Fragment Nr. 8 in Umzeichnung

und leiten den Übergangsstil zum Protoattischen ein. 8. Fragment. H 7,5 cm; B r 5,5 cm. Abb. 6. Die Bemalung ist schlecht erhalten; deshalb wird sie hier in Umzeichnung wiedergegeben. Im Gegensatz zu den bisher behandelten Darstellungen hält der Krieger links auf diesem Fragment seine beiden Lanzen nicht diagonal zum Körper, sondern trägt sie offenbar senkrecht vor sich. Von dem rechteckigen Schild ist nur der untere Teil erhalten20. Die weite Schrittstellung mag den Maler veranlaßt haben, zwischen die Beine eine Pflanze zu zeichnen; zu vergleichen sind die über Blüten schreitenden Jünglinge auf der Amphora in Toronto 21 oder auf einem Fragment von der Agora 22 . Dieses Fragment ist um ein geringes jünger als das vorangegangene (Nr. 7). 20 Zum Strichmuster vgl. Kanne, Athen, Agora P 24032, E. Brann, Agora V I I I 78 Nr. 4 1 5 Taf. 1, 24. Eine ähnliche Innenzeichnung findet sich auf den Gewändern der Jünglinge auf der Amphora in Markopulon, BCH. 85, 1 9 6 1 , 629 Abb. 7. 21 Royal Ontario Museum C 9 5 1 , D. M. Robinson—C. G. H a r c u m — J . H. Iliffe, Greek Vases a t Toronto 274 Nr. 630 Taf. 1 0 1 . 22 P 1 7 3 0 , Burr, Hesperia 2, 1 9 3 3 , 580 Nr. 162 Abb. 42.

R E N A T E

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Abb. 7—9.

T Ö L L E

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Ausschnitte aus Figurenfriesen (Nr. 9 — 1 1 )

9. Fragment. H 3,9 cm; Br 2,7 cm. Abb. 7.

1 1 . Fragment. H 6,4 cm; Br 10,5 cm. Abb. 9.

Kleines Fragment mit Ausschnitt aus einer Jünglingsfolge. Die Figurenzeichnung — man beachte die Schwellung der Schenkel — ist ähnlich wie bei dem Jünglingsreigen eines Kraters in Athen23 und noch nicht so verschliffen wie auf einem Fragment in Eleusis24. Deshalb ist unser Stück an den Beginn des Ubergangsstils vom Spätgeometrischen zum Protoattischen zu setzen. Bemerkenswert ist die Armhaltung der Jünglinge: Der linke Arm hängt vor dem Körper herab, und die Hand berührt den Oberschenkel; der rechte Arm, der hier verloren ist, war, nach analogen Darstellungen25 zu urteilen, erhoben und von hinten zum Kopf hin angewinkelt. An anderer Stelle wurde diese Haltung auf einen spezifischen Gestus bei Reigentänzen anläßlich eines Totenkultfestes gedeutet26.

12. Fragment. H 5,4 cm; Br 11,8 cm.

10. Fragment. H 6,6 cm; Br 5,9 cm. Abb. 8. Von einer Reihung menschlicher Figuren sind nur ein Beinpaar und ein Fuß erhalten. Das Fragment ist auf Grund der Ornamentik in die spätgeometrische Zeit zu datieren. Die Darstellungen der spätgeometrischen Stilphase zeigen Frauen ausnahmslos mit langen Gewändern. Daher kann es sich hier nicht um Frauen handeln. Wahrscheinlich gehörte dieses Fragment zu einem Gefäß mit der Darstellung einer Jünglingsfolge oder eines Kriegerfrieses. 23 Athen Nat.Mus. 810, R . Hampe, Ein frühattischer Grabfund 54 Abb. 38. 24 Eleusis 841, Cook, B S A . 35, 1934/35, 175 Abb. 1. 25 26 A A . 1963, 2 1 5 ff. Ebenda.

Beide Fragmente gehören zusammen; es wird jedoch nur das besser erhaltene abgebildet. Über einem Mäander und drei waagerechten Linien ist eine Folge von nach links gerichteten Frauen dargestellt. Sie tragen lange Röcke mit Gittermuster, die hinten in einen Zipfel auslaufen. Ein weites senkrechtes Zickzackband befindet sich jeweils zwischen den Figuren. Der thematische Zusammenhang dieses Frauenfrieses ist nicht mehr ersichtlich. Es handelte sich entweder um einen Reigentanz, wie auf den Hydrien in Athen27, Mainz28, Markopulon29, München30 und Paris 31 , oder um einen Klagefries 32 ; beide Themen sind in spätgeometrischer Zeit, in der dieses Fragment entstanden ist, in gleicher Weise beliebt. 13. Fragment. H 6,9 cm; Br 8,7 cm. Abb. 10. 14. Zwei Bruch an Bruch passende Fragmente. H 4,2 cm; Br 4,8 cm und H 7,2 cm; Br 10,8 cm. Abb. 10. 27 Nat.Mus. 17470, CVA. Athen (2) I I I H d Taf. 13. 28 Universität 46, CVA. Mainz (1) Taf. 5. 29 Unpubliziert. 30 Antikensammlungen 6228, CVA. München (3) Taf. 109. 31 Louvre CA 1333, E . Fölzer, Hydria Nr. 19 Taf. 1 1 . 32 z . B . Amphora, Baltimore, Hill, Journal of the Walters Art Gallery 24, 1961, 38ff. — Frgt., Athen, Agora P 5499, R . S. Young, Late Geometrie Graves and a 7th cent, well in the Agora, Hesperia Suppl. I I 49 f. Nr. X I 7 Abb. 34.

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Abb. 10.

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Fragmente eines Gefäßes mit Wagenfries (Nr. 1 3 . 14)

Drei zusammengehörige Fragmente eines Wagenfrieses. Umlaufende Wagenfriese — häufiger nach rechts als nach links gerichtet wie auf diesen Fragmenten — sind in spätgeometrischer Zeit sehr oft dargestellt worden33 ; nur die nächstverwandten Stücke seien genannt: eine Amphora in Athen34 und eine Kanne vom Kerameikos35. Zu dieser Kanne gehören wahrscheinlich die Fragmente Kerameikos 124436, während die hier abgebildeten Fragmente von einem anderen Gefäß stammen. 15. Fragment. H 6 cm; Br 13 cm. Abb. 1 1 . Randstück eines Kraters, der in Maß und Form — mit stark geschwungenem, am Rande nach innen geneigtem Profil — einem Krater vom Kerameikos im Nationalmuseum zu Athen37 verwandt gewesen sein muß. Auf dem Kraterrand liegen parallel zueinander zwei plastische 'Schlangen'. Von der Bemalung ist die Darstellung eines Ruderschiffes erhalten, das von dichten Wellenlinien umgeben ist. Schiffsdarstellungen sind seit dem strenggeometrischen Stil sehr behebt und haben seit dem Bekanntwerden 33 Über 70 spätgeometrische Amphoren und Amphorenfragmente mit Wagenfriesen sind heute bekannt. 34 Nat.Mus. 17935, unpubliziert. 35 1356, K . Kubier, Kerameikos V 1 Taf. 79. 36 Ebenda 3 1 . 76. 84. 242 Taf. 79. 37 s. Anm. 23.

des geometrischen Stils zu zahlreichen Untersuchungen Anlaß gegeben38. Neben einer Kanne aus Eleusis39 ist diesem Schiffsbild vom Kerameikos ein weiteres von der Athener Agora40 (Abb. 12) nächst verwandt, so daß hiermit ein spätgeometrischer Ruderschiffstypus bekannt wird, der Kirks Gruppe VI anzuschließen ist 41 . Gleichzeitig erhebt sich von hier aus die Frage, welcher Landschaft der Krater aus Theben in Toronto42 zuzuschreiben ist, der heute allgemein für korinthisch gehalten wird43. Zeitentsprechende Darstellungen der menschhchen Figur fehlen im Korinthischen44. Das von H. G. G. Payne genannte Alabastron48 gehört nicht dem geometrischen Stil an und scheidet deswegen als Vergleichsstück aus. Demgegenüber bietet die attische Vasen38 Lit. bei Kirk, B S A . 44, 1949, 93ff., bes. Anm. 1. 39 Skias, 'EcpriML 1898 Taf. 5. 40 P 26817. H. A. Thompson sei auch an dieser Stelle für die Publikationserlaubnis Dank gesagt. 41 s. Anm. 38; dazu Frgt., Agora P 6094, E . Brann, Agora V I I I Nr. 379 Taf. 22. 42 H. G. G. Payne, Protokorinthische Vasenmalerei (1933) 9 Anm. 2 Taf. 3. 43 Zuerst Schweitzer, D L Z . 52, 1 9 3 1 , 2386. 44 Der in Korinth gefundene Krater, Shear, A J A . 34, 1930, 4 1 2 Abb. 5, ist sicherlich in Korinth hergestellt, schließt sich aber in der Figurenzeichnung so eng an argivische Vorbilder an, daß er in der Frage nach einer typisch korinthischen Weise der Menschendarstellung nichts ausgibt. 46 T. J . Dunbabin, Perachora I I (1962) 25 Nr. i n Taf. 88.

R E N A T E

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Abb. 1 1 . Kraterfragment mit Schiffsdarstellung (Nr. 15)

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Abb. 12. Kraterfragment mit Schiffsdarstellung, Agora

maierei des ausgehenden 8. Jhs. einige Parallelen, so daß die Frage der Herkunft zwar nicht eindeutig zugunsten Attikas entschieden, aber doch erwogen werden kann: Zur Form und zum Verhältnis von Ornament und Bild sind vergleichbar: zwei Kratere von der Agora in Athen 46 , ein Krater vom Kerameikos 47 und der bekannte Krater aus Theben in London48, der zweifellos attisch ist. Eine Streifendekoration umlaufender waagerechter Linien ist im Attischen sehr verbreitet, wenn auch nicht ganz so häufig wie im Korinthischen, so daß von hier aus kein Anhaltspunkt zu gewinnen ist. Ein Band schräggestellter Wellenlinien kommt in Attika nicht selten vor, vor allem auf spätgeometrischen Amphoren, beispielsweise auf den unten zur Figurenzeichnung herangezogenen Stücken (Anm. 49 u. 51). Die Wiedergabe der Ruderer steht besonders in der Zeichnung des Kopfes einem jüngst beim Olympieion in Athen gefundenen Fragment nahe49. Die Rückseite des Kraters in Toronto ist sehr schlecht erhalten und nur in ergänzter Umrißzeichnung bekannt 60 . In einem langgestreckten Bildfeld, das in seiner Anlage dem der Vorderseite entspricht, sind zwei langbeinige Pferde antithetisch einander zugeordnet. Diese Pferde und der Reiher zwischen den Vorderbeinen des rechten Pferdes finden ebenfalls stilistische Par-

allelen in der attischen Malerei 51 . In der verlorenen Mitte zwischen den grasenden Pferden ist wohl kein Pferdehalter, sondern eine weitere Tierdarstellung wie auf einer Kanne aus Eleusis 62 und dem in Anm. 46 zitierten Krater (Agora P 22440) anzunehmen. Allein schon die großflächige Anlage der Bildfelder und die großzügige Komposition scheinen nicht für eine korinthische Werkstatt zu sprechen. Zieht man daher einen attischen Ursprung in Betracht, so bilden die Schiffsdarstellungen vom Kerameikos (Abb. 1 1 ) und von der Agora (Abb. 12) eine Vorstufe für die auf dem Krater in Toronto. Die flüchtige und summarische Zeichnung der Ruderer, die für eine der spätgeometrischen Stilrichtungen charakteristisch ist, wird auf dem Krater in Toronto durch genauere Detailbeobachtung und -wiedergäbe ersetzt.

46 p 2 1 2 3 3 u n