Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Band 2 [Reprint 2021 ed.] 9783112603321, 9783112603314

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Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten: Band 2 [Reprint 2021 ed.]
 9783112603321, 9783112603314

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Allgemeines Landrecht für die

UreuWjen Staaten. In zwei Theilen oder vier Bänden.

Zweiter Band.

Allgemeines Landrecht für die

Preußischen Staaten. Unter Andeutung der obsoleten oder aufgehobenen Vorschriften und Einschaltung der jüngeren noch geltenden Bestimmungen, herausgegeben

mit Gommentar in Anmerkungen vvn

Dr. C. F. Koch. Achte Auflage. Mit besonderer Berücksichtigung der Reichsgesetzgebung bearbeitet VON

A. Achilles,

Dr. K. Hinschius,

R. Äohow,

Ober-Laudesgerichtsrath.

Geh. Justizrath und ord. Professor der Rechte.

Geh. Ober-Justizrath.

esonderen Umständen beurtheilt werden, ob einem Schriftzuge des Testators die Bedeutung einer Interschrift, oder nur die eines Handzeichens gegeben werden könne. O.Tr. I v. 12. Mai 1865, 6tr. Arch. 58 S. 105. 61) Vorausgesetzt ist ein versiegelt übergebener, Aufsatz, und nach dem Wortlaute ist nur die Bedrückung des Gerichtssiegels ($. 103) als w esentlich es Erforderniß erlassen. Das O.Tr. legt dis jedoch so aus, daß die Versiegelung ganz unterbleiben kann, ohne daß dies der GüLtigdit der letztwilligen Verordnung schade. S. die Anm. 21 zu §. 100 d. T. und die Anm. 35 zu §. 112 d. T. Diese Auslegung muß auch für sachgemäß gehalten werden, sie wird überdies durch len §. 128 d. T. gerechtfertigt. 6>) Aus der Entscheidung der Ges.Kommission v. 13. Febr. und Reskr. v. 26. Febr. 1798 (Rcrbe5 S. 52) und Reskr. v. 9. Aug. 1802 (Rabe 7 S. 201). 9ach dieser Bestimmung werden für wesentliche Mängel nicht angesehen: a) wenn ein Testament übe:rha'.pt gar nicht versiegelt worden ist (Anm. 35 zu £. 112 d. T. und die vor. Anm.); b) wenn einem christlich übergebenen Testamente auf dem Umschläge das Gerichtssiegel nicht beigedrückt worden ist (Anm. 21 zu §. 100 d. T.); c) wenn der Umschlag mangelhaft (Schles. Arch. Bd. 5 S. 220, oder nicht in Gegenwart des Protokollführers, oder des Testators (Anm. 26 zu §. 103 d. T., Anrn. :1 zu §. 105 d. T.) oder gar nicht überschrieben ist (Anm. 21 zu §. 100 d. T.); d) wenn das Tetament nicht ad deposituni genommen worden, vielmehr bei den Gerichtsakten oder selbst im Priiatgewahrsame des Richters bis zur Publikation geblieben ist (Anm. 35 zu §. 112d.T.). Vergl. das Rekr. v. 15. Febr. 1832, worin der Just.Min. auch die Übersendung eines Testamentes von einem Intergerichte an ein anderes Untergericht zur Aufbewahrung für zulässig erklärt. (Jahrb. Bd. 39 S. 136.) 2er §. 33 des Anh. dispensirt nur von darin ausdrücklich genannten Förmlichkeiten; für and>ere darin nicht genannte Fälle läßt sich daraus eine Befreiung von einer oder der anderen der in ^§. 66—138 und den Deklarationen der §§. 89 u. 95 positiv vorgeschriebenen Förmlich­ keiten ücht rechtfertigen. J. Welche Formen so wesentlich sind, daß sie Ungültigkeit bewirken, ist vorstehend bei den einzielnn §§. erwähnt. Ueber die Tragweite des Anh.-Z. 33 s. auch Dernburg 3 §. 111 (S. 33) ff.); Förster-Eceius §. 249 Nr. III (4 S. 410 ff.). 6») H. d. h. preußische; das Gesetz kann auf Gesandte und gesandtschaftliche Beamte des deu tschn Reichs nicht angewendet werden, selbst wenn sie vorher ihren Wohnsitz in Preußen gehabt hab-en der preußische Staatsangehörige sind. Förster-Eceius §. 249 Nr. II 4 (4 S. 403). Ans.theilend a. M. Zorn, Reichsstaatsrecht 2 S. 466. ss) Ueber die Auslegung dieser Stelle s. die Anm. 71 Nr. IV zu §. 33 der Einl. Q8K iS. 50). H. Dem Eitat aus Förster-Eceius dort ist noch hinzuzufügen: §. 249 Nr. IA (4 S. 413).

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 2. Die im vorigen §. genannten Personen sind jedoch auch befugt, frei von den Gesetzen des Orts, nach folgenden Vorschriften rechtsbeständig zu testiren: Eine dergleichen letztwillige Verordnung muß eigenhändig vom Testator ge- und unter­ schrieben, auch datirt seyn. Hiernächst muß sie von demselben mittelst eines mit Vermerk des Tages und Jahres, eigenhändig geschriebenen Annahmegesuchs Unserm Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten eingesandt, und durch dasselbe, nebst dem Annahmegesuch, bei dem Kammergericht °8) niedergelegt werden, welches darüber den gewöhnlichen Depositionsschein auszufertigen hat. Die Gültigkeit einer solchen privilegirten Willensverordnung fängt von dem Zeitpunkt an, wo dieselbe der Post oder demjenigen Kurier oder auch Reisenden übergeben worden ist, durch welchen zugleich die Einsendung der gesandtschastlichen Berichte bewirkt wird. §. 3. Die im §. 2. vorgeschriebenen Förmlichkeiten sind zur Gültigkeit des Testaments der­ gestalt nothwendig, daß, wenn eine von ihnen verabsäumt worden, der letzte Wille nicht be­ stehen kann. §. 4. Die Befugniß, nach Vorschrift des §. 2. zu testiren, steht weder den Ehefrauen und Kindern der §. 1. genannten Beamten, noch überhaupt solchen zur Gesandtschaft gehörigen ^er

sonen zu, die nicht im Staatsdienste sich befinden. §. 5. Ein nach den Bestimmungen des 2. errichtetes Testament behält seine Giiltigkeit bis auf ein Jahr nach der auf geschehene Rückberufung erfolgten Rückkehr des Testators in Unsere Staaten oo). §. 6. Die Fähigkeit zu testiren; und die Rechtsbeständigkeit des Inhalts der Testamente, soll auch in den Fällen des §. 1. und 2., nach den §§. 38. und 39. der Einleitung zum All­ gemeinen Landrecht beurtheilt werden.

§. 140. Der Richter, welcher sich dabei eines groben oder mäßigen 70 68)71 69 Ver 72 ­ sehens schuldig gemacht hat, muß denjenigen, welchen in dem Testamente oder Codicille ein Erbtheil oder Vermächtnis zugedacht war, wegen des durch seine ©djiilb7J) entstehenden Verlustes gerecht werden^). §. 141. Aber auch außerdem muß der Richter mit gehöriger Sorgfalt iinb Vorsicht verfahren, damit Prozesse über letzte Willenserklärungen möglichst ver- Tut« wenen'

mieden werden. §. 142. Ist derjenige, welcher sich zur Ausnehmung oder Niederlegung eines Presse, letzten Willens meldet, dem Richter von Person nicht hinlänglich bekannt, so muß Letzterer vor allen Dingen sich zu überzeugen suchen, daß der Testirende derjenige wirklich sei, für den er sich ausgiebt. §. 143. Daß, und wie solches geschehen sei, muß, gleich allen übrigen zur Sache gehörigen Vorfällen, im Protokoll umständlich bemerkt werden.

68) H. Rach dem Ges. v. 26. April 1851 Art. III Nr. 2 (G S. S. 182) sollte das Stadt­ gericht in Berlin an die Stelle treten, jetzt ist es nach §§. 89, 104 der Hinterl.Ordn v. 14. März 1879 (G.S. S. 249), Zus. zu I. 16 §. 213, das Amtsgericht I in Berlin. 69) Wird er verabschiedet und bleibt im Auslande als Privatperson, so fehlt die Bestimmung; Analogie ist bei positiven Vorschriften bedenklich. 70) Nach der Regel müßte schon ein geringes Versehen verantwortlich machen. I. 3 §. 23. 71) Wenn z. B. ein Legatar, wegen Versäumung der Form, das ihm zugedachte Legat, wie z. B. in dem in der Anm. 60 zu §. 136 d. T. erwähnten Falle, verliert, so ist nicht gewiß, daß dies durch die Schuld des Richters geschehen ist. Denn der Testator hätte, wenn die Förmlichkeit beobachtet worden wäre, sich dabei vielleicht besinnen und seinen Willen ändern können. Das vermag kein Mensch zu wissen. 72) Den Dorfgerichten liegt in dieser Allgemeinheit eine Verantwortlichkeit nicht ob, sondern diese ist auf den in II. 7 §. 83 ausdrücklich bezeichneten Fall beschränkt, wenn sie die aufgenommene Verhandlung zur Beurtheilung der Gesetzmäßigkeit oder näherer Berichtigung nicht ohne Zeitverlust dem Richter vorlegen. O.Tr. 1 (Pr. 442) v. 13. März 1838, Entsch. 4 S. 30; H. R.G. IV v. 27. Okt. 1881, Ztschr. f. preuß. Recht 2 S. 374.

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 144-161.

§. 144. Kann der Richter von der angegebenen Qualität des Testators keine Gewißheit erlangen, so ist es genug, wenn dieses, und für wen derselbe sich aus­ gegeben, auch was er etwa zu seiner Legitimation beigebracht hat, in dem Protocoll bestimmt angezeigt worden. §. 145. Ferner muß der Richter durch schickliche Fragen zu erforschen suchen: ob der Testator sich in Ansehung seiner Geisteskräfte in einem solchen Zustande befinde, daß er seinen Willen gültig äußern könne73). §. 146. Auch davon muß der Befund in dem Protokoll bemerkt werden. §. 147. Ist dem Richter bekannt, daß der Testator zuweilen an Abwesen­ heit des Verstandes leide (§. 20.), so muß er sich vollständig überzeugen, daß derselbe in dem Zeitpunkte, wo er sein Testament aufnehmen läßt, oder übergiebt, seines Verstandes wirklich mächtig sei74). §. 148. Findet er dieses zweifelhaft, so muß er einen Sachverständigen zu­ ziehen. §. 149. Leidet die Sache keinen Aufschub, so muß der Richter zwar die Handlung vornehmen, zugleich aber alle Umstände, welche ihn über die Fähigkeit des Testators zu einer gültigen Willensäußerung zweifelhaft machen, in dem Protocoll mit vorzüglicher Sorgfalt bemerken. §. 150. Muß, wegen vorkommender Zwischenfälle, die Handlung der Testa­ ments-Auf- oder Abnahme unterbrochen, und zu einer anderen Zeit fortgesetzt werden; so muß der Richter den Anlaß der Unterbrechung, so wie die Zeit, wann sie abgebrochen, und wann sie fortgesetzt und beschlossen worden, im Protocoll genau niederschreiben 75).76 §. 151. Auch darauf muß der Richter von Amtswegeu Rücksicht nehmen: ob und in wie weit der Testator über sein Vermögen letztwillig zu verfügen berechtigt7ß), und was er in einem oder dem anderen Falle zu beobachten schuldig sei77).78 §. 152. Besonders muß er bei Personen unter achtzehn Jahren, ingleichen bei solchen, wo wegen hohen Alters, Krankheit oder Mangels an Unterricht und Erziehung, geschwächte Verstandeskräfte zu besorgen sind, sich durch schickliche Fragen, so viel als möglich zu überzeugen suchen7^), daß dieselben nicht durch List und Ueberredung zu der getroffenen Disposition verleitet worden. §. 153. Bei mündlichen Testamenten muß der Richter allen Zweideutigkeiten, in Bestimmung der Erben und deren Substitution; des Erbtheils, welchen jeder erhalten soll; der Bedingungen, welche der Testator festsetzt; und was sonst zu Zweifeln Anlaß geben könnte, durch fleißiges Nachfragen und wiederholtes Erinnern möglichst vorzubeugen bemüht sein. 73) Vorausgesetzt ist, daß der periodisch Geisteskranke nicht für wahnsinnig erklärt und unter Vormundschaft gestellt sei. 74) Sind dergleichen Umstände nicht vorhanden, so würde, nach dem argumentum a contrario, nichts über Handlungsfähigkeit zu vermerken sein. Gewiß ist auch ein solches Stillschweigen kein Nichtigkeitsgrund. Allein nützlich ist es zur Abwendung von Prozessen, es auch zu vermerken, wenn gar keine Umstände vorhanden sind, welche die Fähigkeit des Testators zweifelhaft machen könnten. 75) Unitas actus ist nicht erforderlich. 76) Es versteht sich, daß der Richter sich mit den Angaben des Testators begnügen muß. Der Vermerk in dem Protokolle, daß der Testator, nach seiner Angabe, in der Verfügung über sein Vermögen nicht beschränkt sei, ist hinreichend, kann auch ganz fehlen. 77) Will der Testator die Belehrung nicht annehmen, so muß der Richter die Handlung vor­ nehmen und das Erforderliche im Protokolle bemerken. 78) Dazu ist es nöthig, daß alle bei der Handlung nicht nothwendige Personen, unter deren Einflüsse der Testator stehen könnte, entfernt werden. Das ist manchen Leuten nicht einleuchtend zu machen; es kommt vor, daß sie sich für berufen halten, den letzten Willen eines solchen Testators auszusprechen oder zu interpretiren, wenn ihnen eine solche Einmischung nicht gemehrt wird.

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 154. Bloß neugieriger Fragen aber, und noch vielmehr solcher, wodurch Jemand, der nicht zu den nothwendigen Erben, welchen ein Pflichttheil zukömmt, gehört, dem Testator zur Bedenkung im Testamente oder Codicill an die Hand gegeben wird, muß der Richter sich gänzlich enthalten. §. 155. Auch muß er im Protocoll, bei Hauptumständen, keine Correcturen noch Rasuren vornehmen, sondern die nöthigen Zusätze oder Verbesserungen am Schlüsse des Protokolls, oder in einer am Rande beizufügenden Registratur be­ merken, und dergleichen Registratur von dem Testator, oder den Zeugen, besonders mit unterschreiben lassen 79).80 81 §. 156. In wesentlichen Stellen muß er sich aller Abkürzungen enthalten, auch die vorkommenden Summen mit Buchstaben ausschreiben90). §. 157. Bei schriftlichen versiegelt übergebenen Testamenten muß der Richter in dem Protocoll über die Abnahme bemerken, mit wie viel Siegeln das Testa­ ment versehen, und wie es überschrieben sei. §. 158. Wenn der Richter durch Vernachlässigung dieser Vorschriften (§. 142— 157.) zu Prozessen, die sonst nicht entstanden wären, Anlaß giebt, so muß er die Kosten derselben aus eigenen Mitteln tragen8^). §. 159. Dergleichen Vernachlässigungen, so wie der unterlassene Gebrauch 82) des Stempelpapiers, ziehen also zwar die gesetzmäßigen Strafen, aber noch nicht die Ungültigkeit des Testaments oder Codicills selbst nach sich. §. 160. Uebrigens muß der Richter sowohl über die Handlung der Auf­ oder Abnahme selbst, als besonders über das, was ihm bei dieser Gelegenheit von dem Inhalte der Verordnung bekannt geworden ist, ein gewissenhaftes Stillschweigen auf seinen Amtseid beobachten. §. 161. Legate, welche den zwanzigsten Theil des Nachlasses wahrscheinlich, »)Von * oder nach der Versicherung des Erblassers 83), nicht übersteigen, können durch eigenhändig geschriebene und unterschriebene Sobiciöe84), ohne gerichtliche Uebergabe, orbIll,UflCIL verordnet werden 85). 79) Vergl. AG.O. II. 2 §. 44 Abs. 2. — Unwesentliche Korrekturen schaden nicht. Dadurch, daß der Richter Unrichtigkeiten in dem Testamente macht, wird er nicht unfähig, bei diesem Testamente das richterliche Amt zu verrichten. Ob die betroffene Stelle glaubwürdig sei, hängt von den Um­ ständen des einzelnen Falles ab. Vergl. den Rechtsf. im Schles. Arch. Bd. 5 S. 219 ff. 80) Wenn eine Summe mit Ziffern geschrieben und mit Buchstaben wiederholt wird, beide Ausdrucksarten aber nicht übereinstimmen, so ist nur die niedrigere Summe für gewiß anzunehmen, weil diese in der höheren ebenfalls enthalten ist. Wegen des ungewissen Überschusses muß Beweis geführt werden. 81) Er muß auf Erstattung der Kosten besonders belangt werden. 82) Dieser fällt nach dem Ges., betr. den Ansatz und die Erhebung dee Gerichtskosten, v. 10. Mai 1851 §§. 10 u. 16 und Tarif §. 24 Nr. 1, bei gerichtlich aufgenommenen letzten Willen, ganz weg. 83) Dies hat die Bedeutung, daß dem Erben der Beweis der Unrichtigkeit obliegt. §. 164 ff. 84) Ein acceptirtes schriftliches Versprechen, für zu leistenden ärztlichen Beistand eine be­ stimmte Summe legiren zu wollen, ist keine dispositio mortis causa, sondern für einen contractus innominatus do ut facias erklärt, von dem App.Ger., dessen Entscheidung das O.Tr. bestätigt hat, den 8. Sept. 1801. (Stengel Bd. 17 S. 358.) - Das Geschäft ist Dienstmiethe, der Lohn sollte erst nach dem Tode des Miethers bezahlt merden; von do ut facias kommt nichts vor. — In einem vor Notar und Zeugen, vor Vollziehung, der Ehe, aufgenommenen Ehe- und Erbvertrage war einen: Dritten, der dem Vertrage nicht beigetreten war, auf den Todesfall der Frau 1000 Thlr., welche der Erbe gewordene Mann dann zahlen sollte, bestimmt. Darauf schloffen der Mann und der Dritte, mit Bezug auf diese Bestimmung, ein notarielles Pakt, worin der Mann dem Dritten nach dem Tode der Frau prompt zu zahlen versprach. Nach Eintritt dieses Todes verweigerte er die Erfüllung seines Versprechens und man stritt darüber: ob in diesen Urkunden ein gültiges Kodizill, oder doch wenigstens ein auf den zwanzigsten Theil des Nachlasses gültiges Kodizill ent­ halten sei. Das O.Tr. aber entschied, den 3. März 1817, es sei hier gar kein Kodizill vorhanden, sondern ein gültiger Erbvertrag, welchem der Dritte, mit Bewilligung des Schuldners, in ge-

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 162, 163.

§. 162. Zur Gültigkeit einer solchen Disposition ist jedoch die Beifügung des Jahres und Tages, wo sie errichtet worden, nothwendig. Anh. §. 34. Auch vertritt es die Stelle der eigenhändigen Schrift, wenn das Codicill von einem Justizcommissarius 8Ü) unter Zuziehung eines Zeugen ausgenommen worden ist.

163. Hat der Erblasser in seinem Testamente ausdrücklich verordnet, daß keine schriftliche Aufsätze, welche sich in dem Nachlasse finden möchten, gültig sein tollen87), so hat es dabei sein Bewenden; auch wenn diese in dem gerichtlichen nügender Form beigetreten sei, denn es sei für den Beitritt zu einem solchen Vertrage die ge­ richtliche Form nicht vorgeschrieben. §. 646 d. T. (Simon, Nechtsspr. 3 S. 101 ff.) 85) Ueber die hierbei gewesene Absicht s. Suarez in der Anm. 80 a. E. zu §. 66. Ein früher gerichtlich deponirtes, aber zurückgenommenes, jedoch aufbewahrtes Testament hat in Beziehung auf die darin enthaltenen, den zwanzigsten Theil des Nachlasses nicht über­ steigenden, Legate nicht die Wirkung einer im Nachlasse vorgefundenen Privatdisposition des Erblassers. O.Tr. I v. 28. Dez. 1849, Entsch. 19 S. 171. Ein eigenhändig ge- und unterschriebenes Privattestament aber, welches wegen unter­ bliebener gerichtlicher Niederlegung als Testament nicht zu Recht bestehen kann, gilt doch als außergerichtliches Kodizill im Sinne des 161, weil sich nach dem L.R. die Kodizillarklausel von selbst versteht. O.Tr. I v. 7. Febr. 1858, Entsch. 40 S. 108 (Str. Arch. 32 S. 192). H. Für das O.Tr. Dernburg 3 117 Anm. 13 (S. 347). Dagegen Gruchot, Erbr. 1 S. 488, Beitr. 1 S. 6. Auch Förster- Eecius §. 249 Anm. 118 (4 S. 409) will die Entscheidung nur für den Fall gelten lassen, das; es sich um selbststündische kodizillarische Verfügungen handelt, die als gerichtliche'Kodizille beabsichtigt waren, diese Form aber noch nicht erhalten hatten. Dieser Ansicht ist beizutreten. Wie die auf V20 angewiesenen Legate zu berechnen seien, ist streitig geworden, im Falle ein Legatar die Zuwendung ausschlägt. Das O.Tr. sagt: „Das Nichtige ist, daß das Zurückfallen des Betrages eines durch Nichtannahme wegfallenden Legats in die Nachlaßmasse zwar den zwanzigsten Theil derselben, aus welchem die sämmtlichen übrigen Legate zusammen verhältnißmäßige Befriedigung verlangen können, um "20 des weggefallenen Legats erhöht, nicht aber die Folge hat, daß der zwanzigste Theil so, als wenn das wsggefallene Legat wirklich zu ent­ richten wäre, zu berechnen sei, dagegen der Legatar, welcher das ihm zugedachte Vermächtniß nicht angenommen hat, aus der Zahl der zusammen auf dieses xk2o angewiesenen Legatare gänzlich ausscheide." O.Tr. I v. 14. Oft. 1867, Entsch. 60 S. 78 (Str. Arch. 68 S. 250). Die Sache wird dadurch nicht klarer, obgleich die gesetzliche Bestimmung so klar wie möglich ist. Was bei Feststellung der Nachlaßmasse der Wegfall eines Legats zu thun habe und wie dadurch der Bruch­ theil (*'20) größer oder kleiner werden könne, ist nicht erfindlich. Ein Zwanzigstel bleibt immer ein Zwanzigstel, in welches sich die außergerichtlichen Legatare nach Verhältniß theilen. Schlägt der Eine oder der Andere seine Theilnahme, d. h. das Vermächtniß, aus, so wird selbstverständlich auf die Antheile der Uebrigen ein größeres Perzipiendum fallen. H. So auch Dernburg 3 s. 117 (S. 437) A. M. (für das O.Tr.) Förster-Eceius §. 249 Anm. 131 (4 S. 409), weil das Legat zur Zeit desTodes nur auf den bestimmten Betrag gelte, es sei nicht ein Konkurs vorhanden, bei welchem sich durch den Wegfall eines Prätendenten die Rechte der anderen erhöhen. Aehnlich Hinschius in Ztschr. f. Gesetzg. rc. 3 S. 567. Dieser Grund ist wegen §. 288 d. T. für durchschlagend zu erachten. 86) Das L.R. meint mit dem „Justizkommissarius" nicht immer nur einen Rechtsanwalt, sondern bisweilen auch einen Notarius, z. B. 1. 5 §§. 172 ff. Ob das hier auch der Fall sei, ist ungewiß. Das Reskr. v. 16. Febr. 1801 und der zu Grunde liegende Bericht v. 24. Jan. 1801 (Rabe 6 S. 451), woraus dieser §. des Anh. entnommen ist, geben darüber keinen Auf­ schluß. Dort wird ausgeführt, der §. 161 könne nicht- die Norm abgeben, nach welcher alle Legate, die den zwanzigsten Theil des Nachlasses nicht übersteigen, eingerichtet werden sollen. Es dürfte nur nicht weniger geschehen sein, als daß der Testirer die Urkunde selbst geschrieben und unterschrieben habe. Sei ein Mehreres geschehen, so würde die Disposition nicht ungültig, weil solche gerade nicht die Form habe, welche als das Mindeste zur Gültigkeit vorgeschrieben worden. In dem vorliegenden Falle — wo ein vor einem Justizkommissarius unter Zuziehung eines Zeugen aufgenommener, von dem Disponenten aber nur unterschriebener Aufsatz vorhanden war — sei mehr geschehen, als das L.R. verlange. Darauf gründet sich die Bestimmung dieses §. JL Dernburg 3 8- 117(S. 346) spricht von „Rechtsanwalt oder Notar", Fürster-Eccius §. 249 II Nr. 8 nur von „notariell". Zu beachten ist, daß der Rechtsanwalt wenigstens seit dem 1. Oft. 1879 keine auf der Beamtenqualität beruhende publica fides mehr besitzt. 87) Wenn er solches aber nicht, vielmehr das Gegentheil ausdrücklich verordnet hatte:

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Von Testamenten und Codicillen.

Testamente wäre88).

enthaltene Erklärung in dem

außergerichtlichen

Codicill

widerrufen

Anh. §. 35. Behält sich der Erblasser in seinem rechtsbeständigen Testamente80) die Befugniß vor, dasselbe durch außergerichtliche Aufsätze zu ergänzen oder abzuändern°°), und es finden sich dergleichen im Nachlasse01), so haben sie mit dem Testamente selbst gleiche Kraft"').

diesen Fall hatten die Verf. des L.R. nicht vorgesehen. Die Absicht, welche dabei geleitet haben mag, ist aus Suarez' Schlußvorträgen zu ersehen, wo er sich dagegen ausspricht, daß „jeder Zettel oder Wisch, der unter des Testators Sachen oder Skripturen gefunden wird, gelten muß." (Anm. 80 zu §. 66 d. T.) Danach sollten außergerichtliche Kodizille, außer dem Falle des §. 161, nicht gelten, und selbst diese Ausnahme sollte wegfallen, wenn der Testator in seinem solennen Testamente solches ausgesprochen hätte, indem diese feierliche Erklärung durch die form­ lose außergerichtliche Widerrufung nicht sollte abgeändert werden können. (§. 163.) In diesem Sinne hat auch das O.Tr. über ein außergerichtliches Kodizill erkannt am 6. Dez. 1799 (Stengel 12 S. 225). Die gesetzgeberischen Ansichten hatten sich aber geändert, und es erschien ein Gut­ achten der Ges.Komm. v. 23 Okt. 1800, bestätigt mit einem Zusatze durch das Reskr. v. 3. Nov. 1800 (Rabe 6 S. 338), im entgegengesetzten Sinne, woraus der folgende §. 35 des Anh. hervorgegangen ist. 88) Unter dieser Beschränkung in der Form ist die clausula derogatoria bindend; in der gewöhnlichen Testamentsform kann sie nach Gefallen widerrufen werden. Vgl. Koch Erbr. g. 66 Nr. 1. 89) Unter dem „rechtsbeständigen Testamente" ist hier nur eine in der regelmäßigen Testamentsform errichtete letztwillige Verfügung überhaupt zu verstehen und es ist deshalb zur Rechtsbeständigkeit des nach H. 35 des Anh. gestatteten Vorbehalts von Nachzetteln nicht er­ forderlich, daß die letztwillige Verfügung, in welcher dieser Vorbehalt ausgesprochen wird, zu­ gleich eine Erbeseinsetzung enthalte. O.Tr. Pl. (Pr. 2714) v. 4. März 1861, J.M.Bl. S. 81, Entsch. 45 S. 1. H. Vgl. O.Tr. I v. 6. Dez. 1861, Str. Arch. 43 S. 241. 90) Die Worte: „Behält — abzuändern" stellen keine absolut wesentliche Formel für den inRede stehenden Vorbehalt auf. O.Tr. I v. 10. Okt. 1864, Entsch. 54 S. 111. 91) DieWorte „im Nachlasse" sind nicht dahin aufzufassen: es müsse der Kodizillant die diesfällige Schrift zur Zeit seines Todes in seinem eigenen Verschlüsse oder in seiner alleinigen Gewahrsam gehabt haben; sondern besagen nichts weiter, als daß der Verstorbene den Nach­ zettel hinterlassen haben müsse; und dieses Requisit ist vorhanden, wenn er denselben abgefaßt hat, die Schrift also wirklich von ihm herrührt, und von ihm vollzogen oder mit den sonstigen im Testamente bestimmten Förmlichkeiten versehen worden. O.Tr. I v. 6. Dez. 1861, Str. Arch. 43 S. 241. H. Eben so Gruchot, Erbr. 1 S. 505; Fö rster - Eecius §. 244 Anm. 16 (4 S. 308); Dernburg 3 §. 118 (S. 356). 92) D. h. sie stehen und fallen mit dem Testamente, nicht aber, daß in dergleichen außer­ gerichtlichen Aufsätzen Alles und Jedes letztwillig verordnet werden könne. „In vorbehaltenen Kodizillen darf die in dem Testamente geschehene Erbeseinsetzung nicht geändert werden." O.Tr. I (Pr. 1201) v. 17. Okt. 1842, Entsch. 8 S. 272. Aufrecht erhalten in O.Tr. I v. 22. Mai 1857, Str. Arch. 24 S. 333. (11. Eben so R.G. IV v. 6. Dez. 1880, Gruchot 25 S. 990. Die Erbeinsetzung selbst ist natürlich eben so zu beurtheilen, wie ihre Abänderung. Auch eine fideikommissarische Substitution in den Nachlaß kann nicht in einen: vorbehaltenen Kodizill an­ geordnet werden, R.G. IV. v. 27. Okt. 1884, Jurist. Wochenschr. 1884 S. 313.) — Worüber in Kodizillen verordnet werden mag, bestimmt der §. 5 d. T. Die Wirkung eines solchen Kodizills bleibt stets dieselbe, mag der angegebene Beweggrund des Vorbehalts sein, welcher er wolle. O.Tr. I v. 27. März 1857, Str. Arch. 25 S. 16. In dem dadurch entschiedenen Falle hatte sich Testatrix vorbehalten, „da sie in Betreff ihrer anderen Leute hier in ihrem Testamente nichts verfügen wolle". Das vorgefundene Kodizill verfügte aber nur zu Gunsten eines Enkels der Testatrix, weshalb es angefochten wurde. Auch die in einem formellen Testamente den Erben bestimmte Erbquote darf in einem vorbehaltenen Kodizille nicht abgeändert werden. O.Tr. I v. 20. Jan. 1868, Entsch. 59 S. 102. Denn darin ist eine Abänderung der Erbeseinsetzung enthalten; was dem einen Erben abgenommen wird, wird einem anderen Miterben gegeben. Uebrigens s. m. die Anm. zu §. 169 d. T. — H. Auch in einem wechselseitigen Testamente kann keiner der Ehegatten dem anderen die Befugniß einrüumen, durch Nachzettel die im Testa­ ment erfolgte Erbeseinsetzung wieder aufzuheben, abzuändern und einen andern Erben zu er­ nennen. O.Tr. I v. 14. Febr. 1859, Entsch. 41 S. 201 (Str. Arch. 32 S. 250). H. Ueber die Frage, in wie fern die Ungültigkeit der Zurücknahme des Testaments auch den Wegfall des Kodizills zur Folge habe, s. bejahend: Förster-Eccius §. 144 Anm. 21 (4 S. 308 f.); Dernburg 3 §. 118 Buchst, c. (S. 350); verneinend: Gruchot, Erbr. 1 S. 506. Koch, Allgemeines Landrecht.

II.

8. Aufl.

4

50

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 164 -173.

Ob dergleichen Codicille außer der eigenhändigen Unterschrift des Testators noch mit anderen Erfordernissen versehen sein müssen, hängt von den Bestimmungen ab, welche das Testament des Erblassers dieserhalb enthält 92a).

§. 164. Behauptet der Erbe, daß die in einem außergerichtlichen 93) Codicill bestimmten Vernlächtnisse den zwanzigsten Theil des Nachlasses übersteigen, so ist er dieses durch ein vollständiges Verzeichniß des ganzen Nachlasses darzuthun schuldig. §. 165. Alsdann gelten dergleichen außergerichtliche Vermächtnisse, zusammen­ genommen, nur so weit, als sie diesen zwanzigsten Theil nicht übersteigen. §. 166. Nach diesem Verhältnisse muß also jedes einzelne Legat heruntergesetzt werden 94). §. 167. Auch wenn mehrere dergleichen außergerichtliche Codicille vorhanden sind, müssen bei der Bestimmung: wie weit sie gültig sind, die in allen ausgesetzten Vermächtnisse zusammengenommen werden. §. 168. Hingegen kommen dabei die in dem gerichtlichen Testamente ent­ haltenen Legate nicht in Anschlag. §, 169. Auch Verordnungen wegen des Begräbnisses, wegen Bevormundung der Kinder9^), und anderer dergleichen das Vermögen nicht betreffenden Punkte, können in solchen außergerichtlichen Aufsätzen gültig getroffen norden. §. 170. Wie weit ein Erblasser unter seinen gesetzlichen Erben in absteigender Linie die Art und Grundsätze der Theilung 9ti) durch außergerichtliche Aufsätze be­ stimmen könne, ist gehörigen Orts festgesetzt. (Th. 2. Tit. 2. Abschn. 5.) 92 a) Zur vollen Gültigkeit dieser vorbehaltenen Aussätze, außer der eigenhändigen Unter­ schrift des Testators, ist nicht nothwendig, daß derselbe überhaupt anderweitige Erfordernisse für dieselben vorschreibe. O.Tr. I v. 10. Okt. 1864, Entsch. 44 S. 112. 93) Und nicht in einem rechtsgültigen Testamente vorbehaltenen, denn nur auf den §. 167 und Anhang §. 34 bezieht sich diese Bestimmung, nicht auf den Anhang §. 35. H. Der §. 164 findet auch im Falle des §. 172 d. T. Anwendung und ist analog für das Verhältniß zwischen dem Haupt- und Sublegatar maßgebend, daher muß der Anwärter (Erbe, Hauptlegatar) die Behauptung, daß das Legat, resp. Sublegat den zwanzigsten Theil des Nachlasses resp, seiner Erbportion oder des Hauptlegates übersteige, durch ein vollständiges Verzeichniß des ganzen Nachlasses, oder doch dessen, was vom Erblasser zum Hauptlegate be­ stimmt ist, nachweisen. O.Tr. I v. 23. April 1866, Str. Arch. 62 S. 301. Vergl. Anm. 99 zu §. 172 d. T. 94) Der Kreis der, in den Fällen der Aussetzung von außergerichtlichen Legaten zusammen­ genommen aus dem zwanzigsten Theile des Nachlasses zu befriedigenden Legatare, wird dadurch ohne weiteres nicht vermindert, daß einzelne Honorirte dergleichen Legate nicht annehmen. O.Tr. I v. 14. Okt. 1867, Entsch. 60 S. 78. Der wahre Grund ist, daß jede Zuwendung nur so angenommen werden kann, wie sie angefallen ist. Angefallen sind aber alle Legate gleich­ zeitig am Todestage des Erblassers, und da in diesem Zeitpunkte von der Ausschlagung eines Legats noch nicht die Rede sein kann, so versteht sich von selbst, daß ein jedes dieser Legate nur in dem Betrage rechtliche Geltung hat, welchen der am Todestage vorhandene zwanzigste Theil des Nachlasses darauf zu vertheilen gestattet. Nur in diesem Betrage ist es angefallen. Die Ausschlagung des einen oder anderen Legats von Seiten des Honorirten ist für die übrigen Legate eine fremde, sie gar nicht berührende Sache, da die in Rede stehenden Legatare nicht conjuncti sind und kein Anwachsrecht haben. H. Vgl. Anm. 85 Abs. 4 zu §. 161 d. T. 95) H. Nach L.R. war streitig, ob die Befreiung von den in II. 18 §§. 422—678 vorgeschriebenen Einschränkungen der vormundschaftlichen Administration (§. 682 a. a. O.) auch in einem im Testamente vorbehaltenen Kodizille, gemäß §. 35 deö Anh., güllig angeordnet werden könne. Dafür die fr. Aufl, Koch, Erbr. S. 645 ff. und O.Tr. 1 v. 8. Febr. 1869, Entsch. 61 S. 320 (Str. Arch. 71 S. 365). Jetzt ist für die Frage, in welcher Form Anordnungen über die Bevormundung der Kinder getroffen werden können, nicht mehr §. 169 d. T., sondern die Bonn.Ordn, maßgebend. Vgl. §. 17 Nr. 2, 4 (Berufung des Vormundes); §. 21 Nr. 6 (Aus schließung); §. 26 (Berufung und Untersagung der Bestellung eines Gegenvormundes); §. 35 (Verbot der Offenlegung des Nachlaßinventars); §. 57 (Befreiung von der Rechnungslegung); §. 59 (Befreiung von der Sicherstellung); §. 60 (Befreiung von der Deposition oder Außer­ kurssetzung der Werthpapiere).

Von Testamenten und Codicillen.

51

§. 171. In anderen Fällen sind dergleichen in bloß außergerichtlichen Auf­ sätzen enthaltene Theilungs-Vorschriften nur alsdann gültig, wenn es der Erblasser in seinem Testamente sich ausdrücklich Vorbehalten hat. §. 172. Vermächtnisse, deren Entrichtung der Erblasser dem gegenwärtigen Erbenmündlich 9S) aufgetragen hat, verpflichten denselben, wenn der Auftrag erwiesen werden kann, bis auf den zwanzigsten ") Theil seiner Erbportion. §. 173. Ist ein solcher Auftrag nur Einem unter mehrern Erben, jedoch dergestalt geschehen, daß das Vermächtniß aus dem ganzen Nachlasse entrichtet werden soll; so werden dadurch auch diejenigen Miterben, welche dabei nicht zugegen waren, dennoch so weit, als das Vermächtniß den zwanzigsten Theil des ganzen Nachlasses nicht übersteigt, verpflichtet 10°).

96) Nur von der di vis io parentum inter liberos, nicht von dem testamentum parentum inter liberos ist hier die Rede; das letztere ist nicht anerkannt. Vgl. den Rechtsf. inl Schles. Arch. 3 S. 395 und II. 2 §§. 378 ff. 97) Auch das dem gegenwärtigen Intestaterben mündlich von dem Erblasser aufgetragene Vermächtniß ist zurechtbeständig. O.Tr. I (Pr. 1584) v. 6. Juni 1845, Präj.S. 1 S. 74. Das O.Tr. erklärt den §. 172 auch dann für anwendbar, wenn der Erblasser einem gegenwärtigen Legatar oder Fideikommissar aus der ihm gemachten Zuwendung die Entrichtung eines Vermächtnisses an einen Dritten mündlich aufgetragen hat. I v. 23. April 1866, Entsch. 56 S. 106 (Str. Arch. 62 S. 301). Diese Rechtsanwendung verstößt gegen die Grundsätze des L.R. und gegen die Regeln der Auslegungskunst; denn der §. 172 wurzelt nicht im Gemeinen Recht, fönt)ent ist eine ganz willkürliche von den Redaktoren neu erfundene Satzung, und zwar eine bloße Formvorschrift, welche ausschließlich auf den Erben berechnet ist und aus den Legatar sowie auf den Fideikommissar nicht paßt. Das O.Tr. hat auch für seine Ausdehnung der Vorschrift auf diese darin nicht genannten Personen keine triftigen Gründe. Dasselbe sagt selbst (S. 112 a. a. O.): „Der §. 172 gehört zu den Ausnahme-Bestimmungen, welche strikte zu interpretiren sind/' Warum geht nun das O.Tr. davon ab? Weil „sich aus den darin gebrauchten Worten „Erben" und „Erbportion" allein nicht entnehmen läßt, daß dadurch eine Abweichung von dem gemeinrechtlich geltenden Satze, daß nicht bloß dem Erben, sondern jedem Honorirten, also auch einem Legatar und Fideikommissar, gültiger Weise der mündliche Auftrag zur Entrichtung eines Vermächtnisses an einen Dritten ertheilt werden sönne, habe sanktionirt werden sollen." Das widerspricht der Wirklichkeit; das L.R. hat diesen gemeinrechtlichen Satz verworfen und an dessen Stelle einen ganz andern gesetzt, welcher die Unanwendbarkeit auf andere als die genannten Personen in sich schließt. Es ist nicht anerkannt, daß jedem Bedachten ein Onus mündlich auf­ gelegt werden könne, sondern es ist verordnet, daß in dieser Weise ein Onus nur auf den 20. Theil des Honos auferlegt werden könne, und dabei ist nur der Erbe genannt, weil diese Beschränkung resp. Bedingung nur auf den Erben paßt. Die willkürliche Ausdehnung auf den Legatar und Fideikommissar führt in ihrer Konsequenz zur Lächerlichkeit. Würde z. B. einem mit 200 Thlr. eingesetzten Legatar mündlich eine fideikommissarische Ausantwortung aufgelegt, so hätte der Fideikommissar 10 Thlr. von ihm zu fordern, und. würde diesem auch wieder fidei­ kommissarisch mündlich substituirt, so hätte der Fideikommissar zweiten Grades 15 Sgr. zu erhalten. Eine derartige Auslegung und Rechtsanwendung ist abzuweisen, eben so wie eine gedankenlose Redaktion, da die Redaktoren Justinian's Verordnung wohl kannten, unb doch den Legatar und Fideikommissar ausfallen ließen. 98) H. Auch andere unmittelbare Erklärungen als mündliche genügen, wenn sie nur klar und zweifellos sind. Dernburg 3 §. 117 (S. 346); Förster-Eccius §. 249 Anm. 138 (4 S. 410). 99) Monenten hatten hierbei die Frage aufgeworfen: warum dergleichen legatum heredi praesenti injunctum nicht auf das Ganze gelten solle. „Dies würde aber nicht angenommen werden können" -- sagt Suarez —, „ohne die Gewißheit und Zuverlässigkeit der letztwilligen Dispositionen, für welche doch die Gesetze mit so vieler Cirkumspektion sorgen und sorgen müssen, den Betrügereien und Kunstgriffen boshafter Erbschleicher Preis zu geben; indem es einem solchen Menschen nicht schwer fallen würde, zwei Zeugen zu suborniren, welche eidlich aussagen, daß der Erblasser seinem gegenwärtigen Erben wer weiß wie viel Legate, die vielleicht den Betrag des Nachlasses erschöpfen, aufgelegt habe. Da die Quarta Falcidia aufgehoben ist, so muß das Gesetz desto mehr für die Sicherheit des Erben sorgen." (Jahrb. 52 S. 16.) Zu verwundern ist, daß die Gesetzgeber bei dieser Ansicht von dem Werthe des Zeugenbeweises nicht, wie andere Gesetzgebungen, allgemeine Abhülfe getroffen haben. Der Zeugenbeweis ist ein entsetzlicher Beweis. H. Ueber die Anwendbarkeit des §. 164 in diesem Falle s. Anm. 92.

52

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 174—197 (Zusatz 11).

§. 174. Dagegen hat der einem gegenwärtigen Erben geschehene Auftrag des Vermächtnisses einer bestimmten Sache, welche im Testamente einem abwesenden Miterben beschicken worden, gegen den Letzteren1) keine verbindliche Kraft. s)V°nprivi§. 175. Eine letztwillige Verordnung, welche der Landesherr selbst aus den Testamenten, Händen des Testators angenommen hat-), ist gültig, sobald die geschehene persöndem^LandcsUebcrgllbe glaubhaft bezeugt3) ist. Herrn über§. 176. Bei Personen, welche zu der Familie des Landesherrn gehören, ist worden, es genug, wenn dieselben ihre Disposition dem Haupte der Familie auch nur schrift­ lich eingereicht haben, und dieselbe dem Cabinetsarchive, oder einem Gericht, zur ferneren Aufbewahrung zugefertigt worden ist4). i>) von min§§. 177 bis 197. Aufgehoben ^). tairischen Testamenten.

Anh. §§. 36 bis 38.

Aufgehoben 5).

100) Gegen diese Bestimmung wurde das Bedenken angeregt, daß durch eine Kollusion zwischen dem Miterben und dem angeblichen Legatario die übrigen Erben zu sehr verkürzt werden könnten, weshalb man meinte, daß nur der gegenwärtig gewesene Erbe allein pro rata hereditaria vinkulirt werden könne. Es wurde jedoch konkludirt, daß dergleichen Legat ex massa be­ zahlt werden müsse. (Jahrb. Bd. 52 S. 16.) Unter den gemeinrechtlichen Juristen ist hierüber Meinungsverschiedenheit. Nach der im §. 173 zum Gesetze erhobenen Meinung werden die ab­ wesenden Miterben in die Lage gesetzt, daß sie die Angabe ihres Miterben gelten lassen müssen. H. Das Geständniß des einen Erben bindet die anderen nicht als Dispositionsakt, ist aber als Beweismoment bei der freien Beweiswürdigung (§. 259 C.P.Od zu berücksichtigen. Vergl. §. 58 C.P.O. Die mehreren Erben sind nothwendig Streitgenoffen. H. 59 C.P.O. Förster-Eccius §. 249 Anm. 139 (4 S. 450). 1) Aber gegen den gegenwärtig gewesenen Erben ? Das hätte die Bedeutung, daß er dem Legatar den Werth jener Sache zu entrichten hätte. Der Sinn ist zweifelhaft. Es kommt wohl auf die ausgesprochene Absicht des Testators an. Wollte er den anwesenden Erben verpflichten, dem Legatar die Sache zu verschaffen, so ist es so, als wenn er wissentlich eine fremde Sache vermacht hätte. §§. 377 ff. War seine Meinung aber, dem abwesenden Erben die Herausgabe der Sache aufzulegen, so gilt das Vermächtnis; nicht. 2) Das dem Landesherrn übergebene Testament ist nicht, wie die andern privilegirten Testamente, in seiner Gültigkeit durch den Fall der Unmöglichkeit, in ordentlicher Form zu testiren, bedingt. 3) Die Zeugen müssen zu seiner Zeit darüber vom Richter vernommen werden. Eine andere Beweisführung findet nicht statt, wenn es ungewiß ist: ob der Landesherr eigenhändig angenommen hat. Aller Zweifel über die Annahme fällt weg, wenn er selbst darüber sich aus­ spricht. Daß auf sein Zeugniß nicht provozirt werden kann, versteht sich von selbst. 4) Vergl. L. 19 0. de testamentis (4, 23). 5) Die aufgehobenen Stellen lauteten wie folgt: „§. 177. Die während der Kriegsunruhen von Militairpersonen errichteten letztwilligen Ver­ ordnungen sind von den vorgeschriebenen Förmlichkeiten frei. Anh. §. 36. Was §. 183—187. von schriftlichen militairischen Testamenten verordnet ist, soll ohne Unterschied statt finden, ob der Aufsatz in einer gegenwärtigen Kriegsgefahr, oder ob derselbe in Cantonirungs- oder Winterquartieren errichtet worden. Die Vorschriften des §. 188 — 191. bleiben mithin außer Anwendung. §. 178. Doch findet dies Privilegium bei Landtruppen nur von der Zeit Anwendung, wo dieselben aus ihren Standquartieren ins Feld rücken, oder in ihren Standquartieren vom Feinde berennt werden; so wie bei Seediensten von der Zeit an, da das Schiff bestiegen worden. §. 179. Dagegen dauert dasselbe bis zum Ende des Krieges, und wird weder durch das Einrücken in Festungen oder Winterquartiere, noch durch einen geschlossenen Waffenstillstand unterbrochen. §. 180. Alle Personen, welche der Armee zu folgen verpflichtet sind, wenn sie auch nicht wirkliche Kriegsdienste thun, haben sich dieses Privilegii zu erfreuen. §. 181. Auch Freiwillige, die sich unter die Befehle des commandirenden Offiziers begeben haben, sind dessen genußbar. §. 182. Nicht weniger wird dasselbe den Kriegsgefangenen, und denen, die als Geißeln von dem Feinde in Verhaft genommen worden, beigelegt. §. 183. Zur Gültigkeit eines schriftlich aufgesetzten Testaments ist es hinreichend, wenn es, von dem Testator eigenhändig geschrieben und unterschrieben, in seinem Feldnachlasse vor­ gefunden worden.

Von Testamenten und Eodicillen.

53

11. Gesetz, betreffend die Befugn iß der Auditeure zur Aufnahme von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die Förmlichkeiten der militairischen Testamente und die bürgerliche Gerichtsbarkeit über Preußische Garnisonen im Aus lande. Vom 8. Juni 1860. (G.S. S. 240.) Einleitung und Abschnitt I s. oben in Zusatz 5 zu §. 72. Abschnitt II.

Von den privilegirten militairischen Testamenten").

§. 4. In Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes (Gesetz von: 4. Juni 1851.) können die im §. 1. Nr. 1. bezeichneten Personen unter den in dem §. 5. angegebenen Voraus-

8- 184. Auf die äußere Form, in welcher ein solcher Aufsatz abgefaßt worden, kommt dabei gar nichts an; sondern es ist genug, wenn nur daraus der Wille des Testators, wie es nach feinern Tode mit seinem Vermögen gehalten werden soll, hinlänglich zu entnehmen ist. S- 165. Hat der Testator den Aufsatz bloß unterschrieben, so ist die Mitunterschrift auch uur Eines Zeugen hinreichend, sobald das Testament im Lager vor dein Feinde, oder in einer wirklich belagerten Festung errichtet worden. 8- 186. Dieser Zeuge muß die Eigenschaften eines glaubwürdigen Testamentszeugen haben, und es ist genug, wenn derselbe seine Unterschrift anerkennt, auch daß ihm der Aufsatz von dem Testator selbst zur Unterzeichnung vorgelegt worden, eidlich erhärtet. (§. 117. 118. 119.) 8- 187. Ist der Zeuge nicht mehr vorhanden, oder sonst feine Hand anzuerkennen nicht mehr fähig, so muß die Richtigkeit, sowohl seiner, als der Unterschrift des Testators, durch das Anerkenntnis; der gesetzlichen Erben, oder auf andere Art ausgemittelt werden. 8- 168. Außer den: Falle einer gegenwärtigen Kriegsgefahr (8- 185.) muß ein von dem Testator bloß unterschriebener Aufsatz von demselben einem seiner vorgesetzten Offiziere, oder dem Auditeur, in Gegenwart zweier Zeugen übergeben werden. 8 189. Dieser muß auf dem Testamente die Zeit der geschehenen Uebergabe bemerken, und den Vermerk von den Zeugen mit unterschreiben lassen. 8- 190. Das solchergestalt überschriebene Testament muß der Vorgesetzte oder Auditeur so lange ausbewahren, bis er Gelegenheit findet, dasselbe einem ordentlich besetzten Kriegs- oder anderen Gerichte zur Verwahrung einzuliefern. 8- 191. Es schadet aber der Gültigkeit des Testaments nicht, wenn auch diese Ablieferung erst nach dem Tode des Testators erfolgt. 8- 192. Mündliche Verordnungen einer Militairperson sind gültig, wenn sie während eines Treffens, Sturms oder anderen Gefechts, oder unmittelbar vorher/ vor zwei glaubwürdigen Zeugen (8- 117. 118. 119.), welche den Inhalt derselben eidlich bekunden können, erklärt worden. Anh. 8- 37. Gleiche Gültigkeit hat die mündliche Verordnung, wenn sie vor einem Ober­ offizier erklärt worden ist. 8- 193. Doch gelten dergleichen bloß mündliche Testamente nur in sofern, als der Testator noch in demselben Treffen, Sturm oder Gefechte, oder vor Heilung einer darin erhaltenen Wunde, sein Leben wirklich verloren hat. Anh. 8- 38. Bei dergleichen mündlichen Verordnungen soll es, wenn kein Widerruf oder Abänderung erfolgt ist, so lange sein Bewenden haben, bis nach geendigtem Kriege die Regimenter in ihre Standquartiere wieder eingerückt sind. 8- 194. Außer diesen Umständen (8- 192. 193.) ist ein mündliches militairisches Testa­ ment oder Codicill nur alsdann gültig, wenn es vor einem der dem Testator vorgesetzten Offiziere, oder vor dem Auditeur, in Gegenwart zweier Zeugen errichtet, ein schriftlicher Vermerk darüber ausgenommen, und dieser Vermerk von dem Offizier oder Auditeur, und den Zeugen unter­ schrieben morden. 8- 195. Von einem solchen Vermerke gilt eben das, was von einem schriftlichen militairi­ schen Testamente in dem Falle des §. 188—191. verordnet ist. 8- 196. Ein gültiges militairisches Testament behält (außer dem 8- 192. 193. bemerkten Falle/ auch nach dem Kriege, jedoch nur auf Ein Jahr nach wiederhergestelltem Frieden, seine Kraft. 8- 197. Militairische Testamente der Deserteure verlieren durch das Verbrechen der Desertion ihre Gültigkeit, und diese wird durch den erhaltenen Pardon nicht wieder hergestellt." 6) H. Der II. Abschn. des Ges. v. 8. Juni 1860 ist zwar in seinem wichtigsten Anwendungs­ falle — auf letztwillige Verfügungen in Kriegszeiten und während eines Belagerungszustandes — durch den materiell übereinstimmenden §. 44 des R.Mil.Ges. (Zus. 12) ersetzt worden. Er gilt jedoch noch in zwei Anwendungsfällen: a) für Testamente aller zur Besatzung eines Kriegsschiffs gehörenden Personen sowohl in Kriegszeiten als auch im Frieden im Falle der Indienststellung (8- 12 des Ges.). Denn den

54

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§. 197 (Zusatz 11).

setzungen letztwillige Verordnungen auch in den im §. 6. angegebenen Formen gültig errichten (privilegirte militairische Testamente). Die Vorrechte der Militairpersonen in Beziehung auf diese letztwilligen Verordnungen bestehen allein darin, daß sie nach Maaßgabe der nachstehenden Be­ stimmungen den für ordentliche Testamente vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht unterworfen sind. §. 5. Die Befugniß, in Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes privilegirte militairische Testamente zu errichten, beginnt für die im §. 1. Nr. 1. bezeichneten Personen von der Zeit, wo sie entweder ihre Standquartiere oder im Fall ihnen solche nicht angewiesen ge­ wesen sind, ihre bisherigen Wohnorte im Dienste verlassen oder in denselben angegriffen oder belagert werden. Kriegsgefangene und Geißeln haben diese Befugniß, so lange sie sich in der Gewalt des Feindes befinden. §. 6. Privilegirte militairische Testamente sind in gültiger Form errichtet: 1) wenn sie von dem Testator eigenhändig geschrieben und unterschrieben sind; 2) wenn sie von dem Testator eigenhändig unterschrieben und von zwei Zeugen oder einen: Auditeur oder Offizier mitunterzeichnet sind; 3) wenn von einem Auditeur oder Offizier, unter Zuziehung zweier Zeugen oder eines zweiten Auditeurs oder Offiziers, über die mündliche Erklärung des Testators eine schrift­ liche Verhandlung ausgenommen und diese dem Testator vorgelesen, sowie von dem Audi­ teur oder Offizier und den Zeugen unterschrieben ist. Bei verwundeten oder kranken Militairpersonen können die unter Nr. 2. und 3. erwähnten Auditeure und Offiziere durch Militairärzte oder höhere Lazarethbeamte oder Militairgeistliche vertreten werden. §. 7. Die im §. 6. erwähnten Zeugen sind Beweiszeugen; sie brauchen nicht die Eigen­ schaft von Jnstrumentszeugen zu haben und es kann die Aussage eines derselben für vollständig beweisend angenommen werden.

letzteren Fall berührt §. 44 R.Mil.Ges. überhaupt nicht; aber auch in Kriegszeiten findet dieser §. 44 auf Angehörige der Kaiserlichen Marine keine Anwendung, weil er nur über die Testa­ mente „der in §. 38 (d. h. des R.Mil.Ges.) bezeichneten und der nach £§. 155 bis 158 des Mil.Str.G B. v. 20. Juni 1872 den Militärgesetzen unterworfenen Personen" verfügt, zu diesen aber das Personal der Marine nicht gehört. So auch Mandry, der civilrechtl. Inh. des Reichsges. (2. Ausl.) §. 7 S. 86 f.; Förster-Eeeius §. 249 Anm. 79 (4 S. 400); Zorn, Deutsches Staatsrecht 1 S. 388. Wenn Dernburg 3 §. 115 Anm. 2 (S. 343) die Anwendung des §. 12 Ges. v. 8. Juni 1860 auf die „Marine des Reichs" als zweifelhaft bezeichnet, so ist dem zu entgegnen, daß nach Art. 53 der Norddeutschen Bundesverfassung die Bundes-Kriegsmarine eine einheitliche unter preußischem Oberbefehl sein, ihre Organisation und Zusammensetzung dem Könige von Preußen obliegen sollte, während der XI. Äbschn. stets vom Bundesfeld­ herrn redete. Die Substituirung desselben Worts „Kaiser" in der Reichsverfassung in beiden Abschnitten hat den Unterschied äußerlich verwischt, aber nicht innerlich aufgehoben: die Kaiserliche Marine untersteht spezifisch preußischer Organisation. Daher ist man auch zur Anwendung preußischer Vorschriften auf die Kaiserliche Marine berechtigt. — Wesentliche Unterschiede des für die Marine und für das Landheer gellenden Rechts sind: das privilegirte Marinetestament erfordert nur Indienststellung und Verlassen des Hafens, nicht Kriegszeiten; privilegirt sind alle auf dem Schiffe befindlichen Personen (§. 12 Ges. v. 8. Juni 1880), es verliert durch Desertion seine Gültigkeit (§. 10 a. a. O.); das Marinetestament ist den: ordentlichen persönlichen Gerichte des Erblassers zu übersenden (§. 11 a. a. O.); die Gültigkeitsdauer des Testaments wird anders berechnet (§. 12 a. a. O.). b) für die in §§. 198, 205 d. T. erwähnten Fälle; Förster-Eeeius §. 249 Anin. 89 (4 S. 402). Dernburg 3 §. 115 Anm. 2 (S. 343) will auch in ihnen jetzt das R.Mil.Ges. anwenden. Allein die Substituirung eines Gesetzes an Stelle eines früheren bewirkt nicht, daß nun auch in den auf letzteres Bezug nehmenden Vorschriften das erstere an die Stelle tritt. Dies ist in §. 14 Abs. 2 Ges. v. 8. Juni 1860 durch die ausdrückliche Bestimmung, daß das Gesetz in den bezeichneten Fällen an, die Stelle der älteren Vorschriften treten solle, anerkannt. Für §. 44 R.Mil.Ges. fehlt eine ähnliche, die Ausdehnung der Anwendbarkeit begründende Vorschrift. Die Erläuterungen zu den mit §. 44 R.Mil.Ges. übereinstimmenden Vorschriften des Ges. v. 8. Juni 1860 sind zu §. 44 cit. angemerkt.

Von Testamenten und Codieillen.

55

§. 8. Die nach Vorschrift des §. 6. Nr. 3. aufgenommene Verhandlung hat in Betreff ihres Inhalts und der in ihr angegebenen Zeit der Aufnahme die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde. Ist in dem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen, oder in den: eigenhändig unter­ schriebenen Testamente (§. 6. Nr. 1. 2.) die Zeit der Errichtung angegeben, so streitet die Ver­ muthung, bis zum Beweise des Gegentheils, für die Nichtigkeit dieser Angabe. Eure gleiche Vermuthung streitet dafür, daß das Testament während des die privilegirte Form zulassenden Ausnahmezustandes errichtet ist, wenn dasselbe während dieser Zeit oder innerhalb vierzehn Tage nach deren Aufhören einer vorgesetzten Militairbehörde zur Aufbewahrung übergeben ist, oder wenn dasselbe in dem Feldnachlaß des Testators aufgefunden wird. §. 9. Privilegirte militairische Testamente verlieren ihre Gültigkeit mit dem Ablauf eines Jahres von dem Tage ab, an welchem der Truppentheil, zu dem der Testator gehört, demobil gemacht ist, oder der Testator aufgehört hat, zu dem mobilen Truppentheil zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen ist. Der Lauf dieser Frist wird jedoch suspendirt durch anhaltende Unfähigkeit des Testators zur Errichtung einer anderweiten letztwilligen Verordnung. Wenn der Testator innerhalb des Jahres vermißt und in einem Verfahren auf Todes­ erklärung, oder, in dem Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln, auf Abwesenheitserklärung festgestellt wird, daß er seit jener Zeit verschollen ist, so tritt die Ungültigkeit des Testamentes nicht ein. §. 10. Das privilegirte militairische Testament verliert durch Desertion des Testators seine Gültigkeit, und diese wird durch den erhaltenen Pardon nicht wiederhergestellt. §. 11. Privilegirte militärische Testamente sind dem ordentlichen persönlichen Gerichte des Testators zur Aufbewahrung und weiteren gesetzlichen Veranlassung zu übersenden. Gehört dieses Gericht zum Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln, so geschieht die Uebersendung an den Generalprokurator bei demselben7), der durch den betreffenden Landgerichtspräsidenten die Hinterlegung bei einem Notar, nach Maaßgabe der für olographische Testamente im Artikel 1007. des Civilgesetzbuches bestehenden Vorschriften, veranlaßt. §. 12. Die Bestimmungen der vorstehenden §§. 4—11. finden auf alle zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes oder Fahrzeuges gehörenden Personen der Königlichen Marine und auf alle anderen auf einem solchen Schiffe oder Fahrzeuge befindlichen Personen mit dem Augen­ blicke Anwendung, wo das Schiff oder Fahrzeug wirklich in Dienst gestellt ist und den Hafen verlassen hat. Die im §. 9. bestimmte Frist von einem Jahre wird von dem Tage an gerechnet, an welchem das Schiff oder Fahrzeug außer Dienst gestellt ist, oder der Testator aufgehört hat, zu demselben zu gehören. §. 13 s. oben in Anm. 89 bei §. 72 dieses Titels. Schlußbestimmun gen. §. 14. Alle diesem Gesetze entgegenstehenden Vorschriften, namentlich die Vorschriften des gemeinen Rechtes über miltairische Testamente; die §§. 177. bis 197. Theil I. Titel 12. des All­ gemeinen Landrechts und die §§. 36. bis 38. 41. des Anhanges zum Allgemeinen Landrecht; die Allerhöchste Order vom 24. April 1812. und die Bekanntmachung vom 27. August 1812. (Gesetz-Sammlung von 1812. S. 129. 174.); der §. 418. des Anhanges zur Allgemeinen GerichtsOrdnung; sowie die Vorschriften des Rheinischen Civilgesetzbuches in den Artikeln 981. bis 984. und 988. bis 997., letztere jedoch nur, soweit sie die auf einem Kriegsschiffe errichteten Testamente betreffen, werden aufgehoben. Ebenso wird die Allerhöchste Order vom 2. September 1815.

(Gesetz-Sammlung S. 197.) aufgehoben.

7) H. In den Fällen, in welchen das Ges. v. 8. Juni 1860 noch Anwendung findet (s. Anm. 6), wird jetzt die Einsendung an den Oberstaatsanwalt bei dem Oberlandesgerichte zu er­ folgen haben. §. 58 Ausf.Ges. z. G.V.G.

56

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§. 197 (Zusatz 12), §. 198.

Wo in einem Gesetze, wie z. B. in den §§. 198. 205., Titel 12. Theil 1. des Allgemeinen Landrechts, auf die aufgehobenen Bestimmungen Bezug genommen ist, treten die Vorschriften dieses Gesetzes an deren Stelle.

12. Reichs-Militärgesetz.

Vom 2. Mai 1874.

(N.G.Bl. S. 45.)8)9

H. 44. In Kriegszeiten") oder während eines Belagerungszustandes können die im §. 38 bezeichneten und die nach §§. 155 bis 158 des Militär-Strafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872 den Militärgesetzen unterworfenen Personen letztwillige Verordnungen unter besonders erleichterten Formen gültig errichten (privilegirte militärische letztwillige Verfügungen). Die Vorrechte der Militärpersonen in Beziehung auf diese letztwilligen Verordnungen bestehen allein darin, daß sie nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen den für ordentliche letztwillige Verfügungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht unterworfen sind. Es sind dabei die folgenden Bestimtnungen zu beobachten 10). 1) Die Befugniß, in Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes privilegirte mili­ tärische letztwillige Verfügungen zu errichten, beginnt für die oben bezeichneten Personen von der Zeit, wo sie entweder ihre Standquartiere oder im Fall ihnen solche nicht an­ gewiesen sind, ihre bisherigen Wohnorte im Dienste verlassen oder in denselben angegriffen oder belagert roerben n): Kriegsgefangene oder Geißeln haben diese Befugniß, so lange sie sich in der Gewalt des Feindes befinden 12).13 14 2) Privilegirte militärische letztwillige Verfügungen sind in gültiger Form errichtet: a) wenn sie von dem Testator eigenhändig geschrieben und unterschrieben sind ; b) wenn sie von dem Testator eigenhändig unterschrieben und von zwei Zeugen oder einem Auditeur oder Offizier milunterzeichnet finb ri); c) wenn von einem Auditeur oder Offizier, unter Zuziehung zweier Zeugen oder noch eines Auditeurs oder Offiziers, über die mündliche Erklärung des Testators eine schriftliche Verhandlung ausgenommen und diese dem Testator vorgelesen, sowie von dem Auditeur oder Offizier und den Zeugen, bezw. von ben Auditeuren oder Offizieren unterschrieben ist11). Bei verwundeten oder kranken Militürpersonen können die unter b. und c. erwähnten Auditeure und Offiziere durch Militärärzte oder höhere Lazarethbeamte oder Militärgeistliche vertreten werden.

8) H. Vergl. Mand r y, der civilrechtl. Inhalt der Reichsgesetze (2. Ausl.) §.58 S. 584. 9) H. Was „Kriegszeiten" seien, ist Thatfrage; eine förmliche Kriegserklärung wird nicht erfordert. Dernburg 3 §. 114 Anm. 10 (S. 341). 10) Vorausgesetzt, daß sie unbeschränkte Testirfähigkeit haben. Daraus folgt, daß Minder­ jährige unter 18 Jahren von diesem Privilegium nicht Gebrauch machen können. Doch giebt es darüber auch eine entgegengesetzte Meinung, welche sich darauf stützt, daß das Gesetz unter be­ stimmten Umständen die Nothwendigkeit, nach der vorgeschriebenen Form zu testiren, aufhebe. Allein die Vorschrift des §. 17 d. T. ist nicht bloß eine Förmlichkeit, sondern eine Beschränkung der Testirfähigkeit. Jene Personen können „nicht anders als" :c. testiren. Ueberhaupt ist durch das Privilegium in den Vorschriften der §§. 9 ff. nichts geändert. H. A. M. Ges.Rev. Pens. XVI S. 132.

11) H. Für einen zu seinem Bataillon einberufenen Landwehrmann beginnt das Privileg nicht schon mit dem Abgang von seinem Wohnorte nach dem Standquartier des Bataillons, sondern erst nach dem Eintreffen bei dem auf den Marsche befindlichen Bataillon, falls dasselbe nicht etwa im Standquartiere angegriffen oder belagert wird. O.Tr. I v. 7. Okt. 1872, Entsch. 68 S. 59. — Das Privileg dauert bis zur Demobilisirung und erlischt nicht schon mit der Rückkehr ins Standquartier; so (arg. Nr. 5) Mandry a. a. O. S. 587. 12) H. Ob im Feindeslands oder im Inlands macht keinen Unterschied, Mand ry a. a. O. 13) H. Zur Gültigkeit dieser Testamente ist die Mitunterzeichnung derselben durch die Zeugen erforderlich. O.Tr. I v. 20. März 1876, Str. Arch. 95 S. 318. 14) Die mündlichen Verordnungen während eines Treffens, welche die §§. 192 und 193 d. T. gestatteten, sind hiernach abgeschafft.

Von Testamenten und Codicillen.

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3) Die sub 2 erwähnten Zeugen sind Beweiszeugen; sie brauchen nicht die Eigenschaft von Jnstrumentszeugen zu haben und es kann die Aussage eines derselben für vollständig beweisend angenommen werden15).16 4) Die nach Vorschrift sub 2 c. aufgenommene Verhandlung hat in Betreff ihres Inhalts und der in ihr angegebenen Zeit der Aufnahme die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde. Ist in der eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen, oder in der eigenhändig unterschriebenen letztwilligen Verfügung (2a.b.) die Zeit der Errichtung angegeben, so streitet die Vermuthung bis zum Beweise des Gegentheils für die Richtigkeit dieser Angabe. Eine gleiche Vermuthung streitet dafür, daß die letztwillige Verfügung während des die privilegirte Form zulassenden Ausnahmezustandes errichtet ist, wenn dieselbe während dieser Zeit oder innerhalb vierzehn Tage nach deren Aufhören einer vorgesetzten Militär­ behörde zur Aufbewahrung übergeben ist, oder wenn dieselbe in dem Feldnachlaß des Testators aufgefunden wird lu).

5) Privilegirte militärische letztwillige Verfügungen verlieren ihre Gültigkeit mit dem Ab­ lauf eines Jahres von dem Tage ab, an welchem der Truppentheil, zu dem der Testator gehört, demobil gemacht ist, oder der Testator aufgehört hat zu dem mobilen Truppen­ theil zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen ist. Der Lauf dieser Frist wird jedoch suspendirt durch anhaltende Unfähigkeit des Testators zur Errichtung einer anderweiten letztwilligen Verordnung. Wenn der Testator innerhalb des Jahres vermißt und in dem Verfahren auf Todes­ erklärung oder auf Abwesenheitserklürung festgestellt wird, daß er seit jener Zeit verschollen ist, so tritt die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung nicht em17).

§. 198. Das Privilegium, militairisch zu testiren 18), wird auch auf Personen c) Von andes Civilstandes ausgedehnt, in so fern sie, wegen ansteckender Krankheiten oder Kriegsgefahr, sich des richterlichen Amtes zu bedienen verhindert werden 19). menten.

15) Vergl. unten 250 d. T. Die Ungewißheit, wenn beide Zeugen nicht übereinstimmen, läßt sich durch richterliche Ueberzeugung beseitigen. 16) Der §. 183 d. T., welchem die Bestimmung in Betreff des „Feldnachlasses" entspricht, ließ es dunkel, was darunter zu verstehen sei, wenn der Testator erst nach wiederhergestelltem Frieden, in seiner Heimath, innerhalb des ersten Jahres (§. 196) stirbt? Es sollte damit wohl nur der Nachlaß bezeichnet werden, welcher in denjenigen Gegenständen bestand, die sich zur Zeit des Todes des Testators bei seiner Person befunden hatten. Doch war das zweifelhaft. Wenn z. B. ein aus dem Kriege zurückgekehrter Testator ein Gut am Rhein und ein Gut in Ostpreußen besessen und zuletzt auf dem letzteren gewohnt hatte, das Testament aber auf dem ersteren gefunden worden war, so ließ sich über die Gültigkeit streiten. Da der §. 196 schlecht­ weg eine einjährige Gültigkeit festsetzte, ohne solche von einem bestimmten Orte des Auffindens im'Nachlasse abhängig zu machen, so hatte Koch sich in solchem Falle für die Gültigkeit ent­ schieden und angenommen, daß der §. 183 lediglich aus diejenigen zu beziehen, welche im Felde gestorben waren. Dies ist nun nach der Fassung der neuen Bestimmung klar. 17) Ueber die Aufbewahrung der Testamente enthält das Neichsgesetz keine Bestimmung; vergl. die nachstehende, durch das' Ges. v. 8. Juni 1860 nicht aufgehobene K.O. v. 11. Juni 183 3, betr. die Aufbewahrung der von Militärpersonen imFelde errichteten Testamente in den Feldkriegskassen. (G.S. S. 289.): „Uebrigens genehmige Ich, daß die von Militairpersonen im Felde zu errichtenden Testamente in den Feld-Kriegskassen aufbewahrt werden können; indem Ich noch bestimme: daß solchen in der Feld-Kriegskasse deponirten militairischen Testamenten, mit den in dem Feldnachlasse der Militairpersonen vorgefundenen Testa­ menten, gemäß §. 183. Theil I Titel 12. des Allgemeinen Land-Rechts gleiche Gültigkeit beizulegen ist." 18) H. Darüber, daß dies in der Form des Ges. v. 8. Juni 1860 und nicht in der des 44 R.Mil.Ges. zu geschehen hat, vergl. §. 14 des ersteren Ges. und Anm. 6 zum Abschn. II desselben. 19) Suarez sagt in der Revision der Monita hierbei: „Einer der Herren Monenten bemerkt hier, daß es noch andere Species von testamentis privilegiatis gebe, die hier übergangen worden. Da nun aber 1) von dem testamento militari §. 176 seq.; 2) vom testamento principi oblato §§. 174, 175; 3) vom Testamente vor Dorfgerichten §. 93 seq.; 4) vom testamento peregri-

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§. 198 (Zusatz 13), §§. 199—211.

13. Allerhöchste Kabinetsorder vom 12ten Juli 1831., betreffend die Förmlichkeiten der Testaments-Errichtung bei denjenigen Personen, welche sich in den wegen ansteckender Krankheiten gesperrten Häusern, Straßen oder Gegenden befinden. (G.S. S. 156.)20) Auf den Bericht des Justizministeriums vom 9 ten d. M. bestimme Ich hierdurch: 1) daß die in dem Allg. Landrechte Th. I. Tit. 12. §. 199., wegen der privilegirten Testamente enthaltene Vorschrift, auch auf den Fall Anwendung finden soll, wo einzelne Häuser und Straßen wegen der darin herrschenden ansteckenden Krankheiten abgesperrt, und die Be­ wohner sich des richterlichen Amts zu bedienen dadurch verhindert sind. 2) Daß in solchen Fällen den bei den angeordneten Schutzdeputationen bestellten Aerzten Polizeibeamten, stellvertretenden Offizieren und Schutzkommissions-Vorstehern die Aufnahme der Testamente mit rechtlicher Wirkung in eben der Art nachzulassen, wie solches, unter Beobachtung der im §. 194. 1. a. vorgeschriebenen Förmlichkeiten, dem Prediger oder dem Kaplan ver stattet ist. 3) Daß zum Nachtheil derjenigen Individuen, welche sich in den wegen ausgebrochener an­ steckender Krankheit abgesperrten Häusern und Straßen befinden und mit den Gerichtsbehörden solchergestalt außer Kommunikation gesetzt sind, keine Kontumazial-Bestimmung, auch keinerlei Präklusion wegen versäumter Fristen erlassen werden darf.

§. 199. Dies Privilegium nimmt von der Zeit seinen Anfang, da der Ort, oder die Gegend, wegen der ausgebrochenen Krankheiten gesperrt21), oder wegen der obwaltenden Kriegsgefahr die Gerichte des Orts geschlossen worden. §. 200. Die Stelle des Richters oder Offiziers kann solchen Falls eine einzelne auch nicht deputirte Gerichtsperson, ingleichen der Prediger, oder Kaplan, oder der Arzt des Ortes, wo der Testator sich befindet, oder auch ein Justizcommissarius 22) oder Notarius vertreten. §. 201. Dergleichen Testamente gelten auf Ein Jahr nach wiederaufgehobener Sperre, oder nach wiederhergestelltem ordentlichen Gange der gerichtlichen Geschäfte. §. 202. Außer dem Falle, wo wegen ausgebrochener ansteckender Krankheiten der Staat eine Sperre des Ortes oder der Gegend veranlaßt hat, kann der Umstand, daß der Testator selbst mit einer solchen Krankheit befallen gewesen, die Verabsäumung der gesetzlichen Förmlichkeiten nicht entschuldigen 23).

nantium theils dort, theils §§. 205—207; 5) vom testamento tempore pestis §. 198 seq.; 6) vom testamento parentum inter liberos im Personenrechte gehandelt worden; und 7) das testamentum ad pias causas eo ipso, da dessen nicht erwähnt wird, für aufgehoben zu achten ist, auch wohl beibehalten zu werden nicht verdient, — so scheint in dieser Materie keine Lücke mehr übrig zu sein." (Jahrb. 52 S. 17.) — Völlig erschöpft ist die Reihe der pri­ vilegirten Testamente des G.R. freilich nicht. Das nicht genannte testamentum rure confectum ist wohl unter dem Testamente vor Dorfgerichten mitbegriffen; aber das testamentum posterius Imperfectum ist noch übrig, woran hiernach nicht gedacht worden ist, wohl daher, weil es Hell­ feld, Suarez' Leitfaden, unter den privilegirten Testamenten nicht aufführt. 20) H. Die K.O. v. 8. Okt. 1831, die Nichtanwendung des §. 192 auf die letztwilligen Verfügungen der §. 198 benannten Personen des Civilstandes betr. (G.S. S. 225), welche die Anwendbarkeit des §. 192 d. T. (s. Anm. 5) auf das Pest-Testament ausschloß, ist mit der Aufhebung jenes §. durch §. 14 Ges. v. 8. Juni 1860 gegenstandslos geworden. 21) Zur Aufrechthaltung der zur Zeit einer ansteckenden Krankheit errichteten privilegirten Testamente genügt es, wenn das Haus, in welchem der kranke Testator lag, mit polizeilichen Warnungstafeln versehen war. Eine weitere Absperrung des Zuganges ist nicht erforderlich. O.Tr. I v. 22. März 1850, Entsch. 19 S. 164. 22) H. Die Frage, ob hier der heutige Rechtsanwalt, insbesondere seit dem 1. Oktober 1879 als an die Stelle des Justizkommissarius getreten angesehen werden kann, ist eben so wie für §. 94 d. T. (vgl. Anm. 14 dazu) zu verneinen. Dernburg 3 §. 115 Nr. 2 (S. 343) erwähnt hier (anders im Falle des §. 94 d. T.) der Anwälte nicht. 23) Vgl. die folg. Anm. 23 a zu §. 204 d. T.

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 203. Dagegen können aber auch die Gerichte in der Regel sich nicht ent­ ziehen, von solchen Kranken ihre letztwilligen Verordnungen in ihren Wohnungen, unter Anwendung der erforderlichen Vorsichtsmittel, auf- oder anzunehmen. §. 204. Doch kann, wenn dem Richter aus der vorzunehmenden Handlung eine offenbare und augenscheinliche Lebensgefahr bevorsteht, derselbe sich dieser Gefahr zu unterziehen nicht gezwungen werden2^). (§. 76.) §. 205. Wer auf einem Schiffe wirklich in See sich befindet 24), kann sein Testament auch auf militairische 2(rt25) errichten. §. 206. Der Vorgesetzte des Schiffs vertritt dabei die Stelle des Offiziers. §. 207. Ein solches Testament gilt aber nur, wenn der Testator wirklich auf der See, ehe das Schiff einen Hafen erreicht, oder zwar erst nach dem Einlaufen, jedoch so kurz darnach verstirbt, daß er vor einem ordentlich besetzten Gericht seine Verordnung nicht hat wiederholen oder bestätigen können. §. 208. Kein Testament oder Codicill soll eher2^), als nach erfolgtem Ab- VI-^UJ“5 leben des Testators 2^) publicirt werden. Testamente §. 209. Ist die Publication aus Irrthum oder Versehen früher erfolgt, so Codiere, verliert zwar die letztwillige Verordnung bloß dadurch noch nicht ihre Gültigkeit; §. 210. Der Richter muß aber dem Testator einen solchen Verstoß, sobald er dessen inne wird, von Amtswegen bekannt machen, und ihm überlassen, seine fernern Maaßregeln zu nehmen. §. 211. Findet der Testator eine andere Verordnung zu errichten nöthig20), so muß der Richter, welcher aus einem groben oder mäßigen Versehen die Publi­ cation zu früh veranlaßt hat, die Kosten einer solchen anderweitigen Verordnung, mit Vorbehalt des Regresses an den, welcher ihn zu dem Irrthume verleitet hat, tragen 20).

23a) Wenn der Richter in diesem Fall es ablehnt, sich zu dem mit einer ansteckenden Krankheit Befallenen zu begeben, so kann die Vorschrift des §. 202, wenn auch keine Sperrung im gesetzlichen Sinne (Anm. 21) eingetreten ist, doch nicht zur Anwendung kommen. Denn dem Kranken ist dann nicht eine „Verabsäumung der gesetzlichen Förmlichkeiten" zur Last zu legen, sondern er ist in soweit gehindert worden, sich des richterlichen Amts zu bedienen. §. 198. Deshalb muß das von ihm militärisch errichtete Testament gelten. Nur muß die Thatsache, daß eine offenbare und augenscheinliche Lebensgefahr durch Ansteckung drohe, gewiß sein. Darunter ist, wie das N. v. 3. Okt. 1796 (Nabe 3 S. 561) sich ausdrückt, nur eine solche Gefahr gemeint, die an sich, und nicht bloß in der individuellen Meinung eines oder des andern Subjekts vor­ handen ist. Der Krankheitsfall wird deshalb von dem Richter, welcher seine Amtsverrichtung wegen ihm drohender Lebensgefahr verweigern will, durch Sachverständige festgestellt werden müssen, wenn er sich nicht verantwortlich machen will. 24) Für andere Fälle gilt das privilegirte testamentum peregrinantium nicht. Landreisende können nicht in einer begünstigten Form testiren. 25) D. h. nach den Vorschriften des Ges. v. 8. Juni 1860. S. Anm. 6 zu Abschn. II dieses Ges. 26) H. Wohl aber kann der Testator in dem publizirten Theile seiner letztwilligen Ver­ ordnung verboten haben, daß der andere bei dem Gericht deponirte Theil vor einem bestimmten Zeitpunkte publizirt werden dürfe; dann kann der Inhalt dieses letzteren Theils weder durch Einsicht seitens des Prozeßrichters (§. 229 d. T.) noch durch Eideszuschiebung erwiesen werden. O.Tr. I v. 18. Sept. 1874, Str. Arch. 92 S. 268. 27) H. Das wechselseitige Testament wird nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten publizirt, kann aber auf Verlangen des überlebenden Ehegatten wieder versiegelt und deponirt werden. §. 430 d Anh. zur A.G.O. (zu II. 4 §. 10). 28) Will der Testator keine andere Verordnung errichten, so kann das eröffnete Testament ohne Nachtheil für seine Gültigkeit bei den Akten bleiben, es kann aber auch auf Verlangen des Testators ausgefertigt werden. O.Tr. v. 13. Juni 1845, Entsch. 11 S. 203. 29) Das Verhältniß stellt sich in der Wirklichkeit gerade umgekehrt. Die Gerichtskasse hält sich wegen der Kosten des neuen Testaments an den Extrahenten, zumal sie zu demjenigen, welchen angeblich ein Versehen bei der unzeitigen Publikation treffen soll, in keinem Verhältnisse

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 212-222 (Zusatz 14), §. 223.

§. 212. Ist das Ableben des Testators nicht notorisch, so muß der, welcher die Publication nachsucht, oder sonst den Besitz der Erbschaft verlangt, dasselbe nachweisen. (Tit. 1. §. 34. sqq.) §. 213. Nach bekannt gewordenem oder nachgewiesenem Ableben des Erblassers können die Verwandten desselben, oder wer sonst ein wahrscheinliches Interesse bei der Sache anzugeben vermag, aus die Publication antragen. §. 214. Hauptsächlich aber kommt diese Befugniß denjenigen zu, welche den Schein über die geschehene gerichtliche Niederlegung in Händen haben. (§. 112.) §. 215. Ist dieser Schein unter den Schriften des Verstorbenen nicht zu finben 30), so kann derselbe, nach dem Ermessen des Richters, ohne fernern Aufent­ halt für erloschen erklärt, und zur Publication geschritten werden. §. 216. Wenn binnen sechs Wochen, nach dem notorischen Ableben des Erb­ lassers, Niemand die Eröffnung des Testaments oder Codicills nachgesucht hat, so muß der Richter damit von Amtswegen verfahren31). §. 217. Es können also, nach Verlaufe dieser Frist, die gesetzlichen Erben die Publication des Testaments durch ihren Widerspruch nicht aufhalten3-). Anh. §. 39. Finden sich nach dem Tode des Erblassers zwei gerichtlich deponirte Testamente, und ist in dem letzten das erste gänzlich aufgehoben33), so nmß das ältere binnen der grift31) uneröffnet liegen bleiben, binnen welcher das später deponirte noch als nichtig an­ gefochten werden kann.3")

steht und zu einem Ausspruche über dessen Verbindlichkeit nicht kompetent ist. Der Extrahent muß sich dann wegen dieser Kosten an den Richter, welchem nach seiner Meinung ein verant­ wortlich machendes Versehen zur Last fällt, — darüber muß doch nothwendig erkannt werden, das Versehen kann ja, wenn es ein Versehen ist, auch nur ein geringes sein; der §. 211 drückt sich so aus, als müßte der Richter unbedingt vorweg bezahlen und sich darauf an den, welcher ihn dazu veranlaßt hat, halten — regressiven. — Üebrigens wird von der Zukunft auch noch die Aufhebung der ausschließlichen Befugniß der Gerichte: den Staatsbürgern die Testamente zu machen und zu bewahren, gehofft; man könnte das viel wohlfeiler und ebenso sicher sich auf andere Weise verschaffen. 30) Es kommt nichts auf diesen Schein an. Die Auffindung und Feststellung der Iden­ tität des Testaments ist nach Anleitung der Akten möglich. 31) Wenn über die Zeit der Publikation keine Bestimmung des Testators vorhanden ist. Findet sich eine solche, so ist diese für den Richter maßgebend, bis Parteiantrüge eingehen. Vgl. §. 229 d. T. und R. v. 27. Juli 1818, Jahrb. 12 S. 5. Vgl. §. 3 J. de pup. substit. (2, 16); L. 8, 9, 3 D. de testam. quemadmod. (29, 3). 32) Die Vorschrift der §§. 216, 217 — sagt Suarez — habe die Analogie älterer Ver­ ordnungen für sich, vermöge deren der Richter die bei ihm niedergelegten Testamente, sobald das Ableben des Testators auch nur wahrscheinlich, wegen der darin vielleicht enthaltenen Ver­ mächtnisse ad pias causas eröffnen und inspiziren müsse. An sich sei es auch wohl offenbar Pflicht des Staats, dafür zu sorgen, daß die letztwilligen Verordnungen seiner Bürger, welche sie den Händen und der Obhut der Gerichte anvertraut haben, gehörig bekannt gemacht, und deren Befolgung durch die unterbliebene Publikation nicht vereitelt werde. (Jahrb. 41 S. 81.) 33) Ist das nicht der Fall, so muß das ältere gleichfalls publizirt werden, weil die darin enthaltenen Anordnungen, so weit sie neben dem jüngeren Testamente bestehen können, gleichfalls gelten. Ein R. des J.M. v. 11. Nov. 1833 schreibt daher sachgemäß vor, daß, wenn aus dem publizirten Testamente sich ergiebt, daß noch ein älteres Testament vorhanden, der publizirende Richter dem Richter, bei welchem das frühere Testament niedergelegt ist, behufs Publikation desselben die erforderliche Nachricht geben solle. (Jahrb. 42 S. 284.) 34) Dreißig Jahre. L. 16 C. de inofficioso testamento (3, 28); L. 7 C. de heredit. petitione (3, 31); L. 4 C. in quibus causis cessat (7, 34), vgl. mit L. 3 C. de praescript. XXX. (7, 39). Was nach Ablauf dieser Frist mit demselben geschehen solle, ist nicht vorgeschrieben. Man wird es uneröffnet zu den Gerichtsakten zu nehmen haben, wo es das Schicksal alter Gerichts­ akten nach der gegebenen Vorschrift über deren Kassation theilt und also mit der Zeit ver­ schwindet. 35) Aus dem N. v. 6. Okt. 1802, Rabe 7 S. 259. Vgl. Stengel 14 S. 291.

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 218. Sind seit der geschehenen Niederlegung des Testaments sechs und fünfzig Jahre33) verflossen, und ist während dieser Zeit weder die Publication von Jemandem nachgesucht, noch dem Richter sonst von dem Leben oder dem Tode des Testators etwas Zuverlässiges bekannt geworden; so muß der Richter das Dasein eines solchen Testaments durch einmaliges Einrücken in die Zeitungen37) der Pro­ vinz öffentlich bekannt machen, und die Interessenten zur Nachsuchung der Publi­ cation auffordern. §. 219. Meldet sich binnen sechs Monaten Niemand, der ein Recht, auf die Publication anzutragen, nachweisen könnte; so muß der Richter das Testament für sich eröffnen, und nachsehen: ob darin Vermächtnisse zu milden Stiftungen ent­ halten sind. §. 220. Finden sich solche Vermächtnisse, so muß der Richter den Vorstehern der damit bedachten milden Stiftung 38) davon Nachricht geben, und ihnen über­ lassen, nach dem Leben oder Tode des Testators nähere Erkundigung einzuziehen, und nach Befund der Umstände die förmliche Publication nachzusuchen. §. 221. Wenn diese Benachrichtigung geschehen ist, so wie in dem Falle, wenn keine dergleichen Vermächtnisse sich finden, muß der Richter dem Testamente ein Protocoll über die ganze Verhandlung beilegen, dasselbe anderweitig mit dem Ge­ richtssiegel versiegeln, und es in seinem Archive39) ferner aufbewahren. §. 222. Ueber den anderen Inhalt eines solchen nicht förmlich publicirten Testaments muß der Richter das genaueste Stillschweigen auf seinen Amtseid be­ obachten. 14. Allerhöchste Kabinetsorder vom 22. Mai 1842., betreffend die Publikation der feit länger als sechs und fünfzig Jahren deponirten Testa­ mente. (G.S. S. 201.) Auf Ihren Bericht vom 2. v. M. will Ich, zur Ergänzung der Vorschriften im §. 218. ff. Tit. 12. Theil I. Allg. Landrechts, über das Verfahren mit den seit länger als sechs und fünfzig Jahren deponirten Testamenten, hierdurch anordnen, daß solche Testamente, wenn in den­ selben bei ihrer im' §. 219. a. a. O. vorgeschriebenen Eröffnung Vermächtnisse zu milden Stiftungen sich vorfinden, und die Vorsteher solcher Stiftungen eine Mittheilung des Testaments in Antrag bringen, unter Zuziehung eines den unbekannten Interessenten aas den Gerichts­ beamten^") zu bestellenden Anwalts, lediglich zu dem Zwecke publizirt werden sollen, um den Vor­ stehern der betreffenden Stiftung eine beglaubigte Abschrift des Testaments ertheilen zu können. Die Publikation und Ertheilung der Abschrift ist kosten- und stempelfrei zu bewirken

§. 223. Zu einer jeden Testaments-Publication, sie geschehe von Amtswegen, oder auf den Antrag eines Interessenten, muß der Richter die ihm bekannten am Orte befindlichen Jntestaterben41) mit vorladen4?). 36) Also wenigstens 70 Jahre seit der Geburt des Testators, da das Testament nicht vor vollendetem 14. Jahre errichtet worden sein kann. Dann ist der Testator muthmaßlich nicht mehr am Leben, nach dem Spruche: unser Leben währet 70 Jahre. I. 1 §. 38. 37) Deshalb in die Zeitungen und nicht bloß in die Amtsblätter, weil sich die Betheiligten vermuthlich nicht alle in dem Regierungsbezirke aufhalten. 38) Wenn auch die Stiftung im Auslande sich befindet. Reskr. v. 26. Jan. 1827, Jur. Ztschr. 1836 S. 145. 39) Bei den Testamentsakten. Die Wiederannahme ad depositum soll hiernach unter­ bleiben. H. So auch Förster-Eccius §. 253 (4 S. 476). 40) H. „Die K.O. bezieht sich zwar zunächst nur auf die Publikation von Amtswegen, will aber bezüglich des Kreises, aus welchem die Bevollmächtigten zu entnehmen sind, für diesen Fall nichts Besonderes festsetzen, erläutert vielmehr in dieser Beziehung den §. 224 ganz allgemein. .... Bestellung von Rechtsanwälten als Vertreter der Interessenten ist ein Mißbrauch. Die­ selben haben nach ihrer jetzigen Stellung keine Folgeleistungspflicht und können jedenfalls keine Gebühren, am wenigsten solche nach der Höhe des Nachlasses beanspruchen." So zutreffend Förster-Eccius §. 253 Anm. 18 (4 S. 177).

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 224

236.

§. 224. Sind die Jntestaterben dem Richter nicht bekannt, oder sind dieselben am Orte nicht gegenwärtig, so muß ihnen zu der Handlung der Publication ein Bevollmächtigter von Amtswegen bestellt werden. §. 225. Vor erfolgender Eröffnung des Testaments müssen die Siegel, so wie nachher43) die Unterschrift des Testators, den sich meldenden Interessenten, oder deren Stellvertreter, vorgezeigt, und wie solches geschehen, im Publicntionsprotocolle vermerkt werden. §. 226. Die Urschrift des eröffneten Testaments oder Cocidills bleibt, der Regel nach44), in der Verwahrung des Gerichts4^). (§. 237.) §. 227. Jeder, welcher ein gegründetes Interesse bei der Sache nachweisen kann43), ist berechtigt, beglaubte Abschriften davon zu fordern4^. 41) Darunter sind die muthmaßlich nächsten Verwandten zu verstehen. Der Zweck ihrer Zuziehung ist, ihnen Gelegenheit zu geben, das Testament, in welchem sie vielleicht übergangen sind, kennen zu lernen und zu beurtheilen, was sie deshalb etwa zu thun haben. Der Richter ist nicht berufen, sie darüber zu belehren, oder auf vermeintliche Fehler des Testaments aufmerk­ sam zu machen. Emer Agnition des Testaments ihrerseits bedarf es nicht, deshalb braucht der Richter gleichfalls nicht ihnen solche abzufordern. Ueberhaupt ist in Beziehung auf die Gültigkeit des Testaments oder sonst bei Gelegenheit der Publikation gar nichts zu verhandeln. Vgl. das R. v. 17. Mai 1806, welches ein Gericht auf die Anfrage über seine Befugnis;, die ausge­ schlossenen Jntestaterben mit den Mängeln eines Testaments, worüber ihre Agnition erfordert wird, bekannt zu machen, in einem ähnlichen Sinne bescheidet. -Rabe 8 S. 595.) 42) Die Vorladung ist bloß monitorisch ohne Präjudiz; das Ausbleiben hindert nicht die Publikation. 43) Nämlich nach der Eröffnung des Umschlages; denn unter der „Eröffnung des Testa­ ments" wird hier die Oeffnung des versiegelten Umschlages verstanden, nicht die Kundmachung des Inhalts. Es wird nicht immer so verfahren; Manche zeigen die Unterschrift erst nach der Vorlesung vor, und da mögen diejenigen, welche sich getäuscht finden, bisweilen nichts von der Anerkennung wissen wollen) während sie vorher die Unterschrift wohl gekannt und auch ohne Umstände anerkannt haben würden. Doch ist die Verfahrungsweise und die Verweigerung der Anerkennung der Unterschrift ganz unerheblich. Das Wesentliche ist die Oeffnung des versiegelten Testaments und die Kundgebung des Inhalts vor den Anwesenden durch lautes Vorlesen. 44) Eine Ausnahme, wo das Original nicht in der Verwahrung des Gerichts bliebe, ist mir nicht bekannt. Diese Vorschrift ist absolut gebietend; sie hat den nämlichen Grund, auf welchem das Monopol der Gerichte zur Verfertigung und Verwahrung der Testamente beruhet (Anm. 29), nämlich Bevormundung der Staatsbürger. Das R.R. sieht das Testament für ein Eigenthum des Erben an, welchem es daher nach der Publikation zurückgegeben wurde. L. 2 pr. 8; L. 3 D, testam quemadmod. (29,3). 45) Nicht des publizirenden, sondern des ordentlichen persönlichen Gerichts des Testators. §• 237. 46) Anders nach R.R. Dasselbe gestattet Jedem ohne weitere Begründung des Begehrs die Einsicht des durch die Publikation zum Gemeingute gewordenen Inhaltes des Testamentes, welche durch das interdictum de tabulis exhibendis erzwungen wird. L. 1 pr. D. testam. quemadmodum (29, 3). Nach dem L.R. wird die Frage: ob der Antragstellen ein Interesse habe und ob er es nach gewiesen habe, gar nicht prozeßmäßig entschieden, sondern der Ver­ wahrer selbst beurtheilt dies folgerichtig nach dem Bevormundungsprinzip. Der Zurückgewiesene kann bloß an den Obervormund gehen (Beschwerde führen), vor welchem ebenfalls keine ordnungs­ mäßige Verhandlung stattfindet. 47) Sie kann ihm aber nicht aufgedrungen werden. Man sollte glauben, das verstände sich von selbst. Keineswegs. Der J.M. hat Veranlassung gehabt, zu reskribiren, daß der §. 230 nicht so zu deuten sei, daß jeder Erbe gegen seinen Willen eine Ausfertigung des Testaments annehmen müsse. R. v. 12. Nov. 1819, Jahrb. 14 S. 172. Eine vollständig beglaubte Abschrift (Ausfertigung) des Testaments muß übrigens auch die Aufschrift des Umschlages und das Annahmeprotokoll enthalten. Eine Verf. des J.M. v. 3. Dez. 1832 meint: die Ausfertigung müsse Alles enthalten, was dazu gehört, die Gültigkeit des Testa­ ments zu übersehen. (Jahrb. 40 S. 416.) Dazu würde auch das Gesuch um Ernennung der Deputation und die Verfügung des Dirigenten darauf gehören; denn auf diese Ernennung kommt es wesentlich an. In dieser Ausdehnung werden die Akten niemals abgeschrieben. Solches ist nirgends verordnet und auch nicht nothwendig. Der bezeichnete Zweck kann durch Einsicht einer Abschrift nicht sicher erreicht werden; dazu ist die Einsicht der Urschriften erforderlich und deshalb auch gestattet. §. 228. Vgl. Anm. 29 zu §. 104 d. T.

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 228. 9(ud)48) die im Testamente ganz oder zum Theil übergangenen gesetzlichen Erben können verlangen, daß ihnen Has Original unter gerichtlicher Auf­ sicht vorgelegt werde. §. 229. Wenn über das Testament Prozeß entsteht, und der instruirende Richter die Einsicht des Originals zur Aufklärung streitiger Thatsachen nöthig findet; so kann selbst ein Verbot des Testators die Vorzeigung des Originals an den Vorgesetzten des Gerichts, und an den instruirenden Deputirten, nicht hindern 49). §. 230. Allen, welchen in einem Testamente oder Cocidill ein Erbrecht oder Vermächtniß beigelegt ist, muß der Richter, wenn sie sich bei der Publication nicht schon gemeldet haben, von Amtswegen, auf Kosten des Nachlasses, davon Nachricht geben50). §. 231. Abwesenden ist diese Nachricht über die Post; und ihrem Aufenthalte nach Unbekannten, durch einmalige Kundmachung in den Zeitungen der Provinz zu eröffnen. §. 232. Steht der Interessent, welchem die Bekanntmachung geschehen soll, unter Vormundschaft, so muß dieselbe an das vormundschaftliche Gericht ergehen. §. 233. Statt der nach §. 230. 231. 232. durch den Richter von Amts­ wegen zu bewirkenden Bekanntmachung steht demselben auch frei, den abwesenden oder ihrem Aufenthalte nach unbekannten Interessenten einen Bevollmächtigten von Amtswegen zuzugeben, welcher die erforderlichen näheren Nachrichten einziehe, und die Bekanntmachung besorge. §. 234. Dieser Bevollmächtigte muß binnen sechs Wochen nach erhaltenem Auftrage dem Richter anzeigen, wie er diesen Auftrag befolgt habe. §. 235. Dem Richter steht frei, die Bekanntmachung auch dem eingesetzten Erben zu überlassen. §. 236. Er muß aber alsdann von Amtswegen darauf sehen, daß der Erbe zu den Acten Nachweise''"): daß und wie er dem übernommenen Auftrage Genüge geleistet habe. H. Die Erbschafts-Steuerämter erhalten von Amtswegen beglaubigte Abschriften der eröffneten letztwilligen Verfügungen. (§. 29 Ges. v. 30. Mai 1873, G.S. S. 329.) 48) Auch diese. Denn von den Eingesetzten — so muß man sich den Gedankengang denken — versteht es sich von selbst, da sie ja sogar — wenn nicht der Staat ihre Geschäfte hierin zu be­ sorgen übernommen hätte — selbst würden die Urschrift zu verwahren haben. Daß die über­ gangenen Jntestaterben eine Abschrift oder Ausfertigung des Testaments zu verlangen berechtigt sind - vorausgesetzt, daß der Verwahrer des Testaments das Interesse für gegründet und für nachgewiesen hält — ist schon im §. 227 bestimmt. 49) H. Diese Bestimmung setzt aber ein bereits publizirtes Testament voraus; nicht kann die Einsicht eines nach Bestimmung des Testators noch nicht publizirten Testamentes auf Grund des §. 229 erzwungen werden. Vgl. Anm. 26 zu §. 208 d. T. 50) Dieses geschieht gewöhnlich durch Zusendung einer Ausfertigung an jeden Erben und eines Auszuges an die Legalarien. S. die Anm. 47. Verlangen die Legatarien mehr als bloße Nachricht oder als einen Auszug, so kann dies auf ihre Kosten geschehen; der §. 230 verbietet solches nicht, er sagt nur, was von Amtswegen auf Kosten des Nachlasses geschehen soll. Der J.M. sagt in einem Schr. v. 28. Febr. 1842, der Richter dürfe dem Legatar eine vollständige Abschrift auf dessen Kosten nicht versagen, wenn der Legatar zu den Personen gehöre, welche ein gegründetes Interesse bei der Sache haben. §. 227. Diese Vers, ist ziemlich überflüssig, denn wenn Jemand, nach der subjektiven Ansicht des Testamentsverwahrers (als Richter fungirt er dabei nicht), ein gegründetes Interesse bei der Sache hat, so braucht er nicht Legatar zu sein, um Anspruch auf ein vollständiges Exemplar des Testaments zu haben. H. Ist die Publikation erfolgt, so müssen die in der letztwilligen Verordnung Bedachten von dem Inhalt benachrichtigt werden, ohne daß es darauf ankommt, ob die publizirte Willenserklärung wegen formeller oder materieller Mängel der Rechtsbeständigkeit entbehrt. Kammerger.Verf. v. 30. Juni 1874, Johow, Jahrb. d. App.Ger. 5 S. 35. 51) Das Gesetzbuch schrieb dazu eine Frist von sechs Wochen ohne Präjudiz vor, welche gestrichen worden ist. Wenn der Erbe in angemessener Frist den Nachweis nicht führt, so muß der Richter nachträglich die Bekanntmachung erlassen.

64

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 237—245.

§. 237. In allen Fällen, wo der Richter, bei welchem das Testament nieder­ gelegt und publicirt worden, nicht, der ordentliche Richter des Erblassers ist, muß Ersterer dem Letzteren das Original nebst dem Publicationsprotocolle52), mit Zurückbehaltung beglaubter Abschriften davon, sogleich nach der Publication, von Amtswegen einsenden5S). §. 238. Dieser ordentliche Richter muß alsdann, wegen der weiteren Bekannt­ machung an die Interessenten, das Erforderliche nach Vorschrift §. 230—236. besorgen. Anh. §. 40. Unter dem Ausdrucke: der ordentliche Richter, ist der persönliche Gerichtsstand des Erblassers während seiner Lebenszeit''") zu verstehen. (Das Uebrige fällt weg.)-'-')

§. 239. §. 240.

Fällt weg 5C). Dessls)

Anh. §. 41.

Aufgehoben'^).

§. 241. Andere privilegirte Testamente, ingleichen außergerichtliche Dispo­ sitionen, müssen von dem, in dessen Händen sie sind, sogleich nach dem Ableben des Testators, den ordentlichen Gerichten desselben zur Publication eingeliefert werden. Zun^ciPgi'' §• 242. Aus einem gültigen Testamente erwirbt der eingesetzte Erbe das Recht, Ijorin errichketer und publicirter

52) Und dem Annahmeprotokoll. Vergl. Reskr. v. 25. Aug. 1823, Jahrb. 22 S. 85. und^CMcille Eigentlich muß auch das Gesuch um Abordnung einer Deputation und das darauf ergangene 'Ernennungsdekret des Dirigenten mitgesandt werden. Denn dieses Dekret ist ein wesentliches Stück bei der Testamentserrichtung und die Ordnung will, daß alle wesentlichen Schriftstücke über die Errichtung eines Testaments beisammen sind. 53) Und sich auch mit der Ausfertigung des Testaments, selbst auf Verlangen der Interessenten, gar nicht befassen. Reskr. v. 13. April 1822, Jahrb. 17 S. 12. Vorausgesetzt ist bei der Vor­ schrift dieses 8- 237, daß der ordentliche Gerichtsstand des Erblassers im Jnlande gewesen ist. War der Testator ein Ausländer, so bleibt das Testament auch nach der Publikation bei dem Ge­ richte, bei welchem es deponirt war, und dieses ertheilt auch die verlangten Ausfertigungen. Reskr. v. 28. Okt. 1883, Jahrb. 42 S. 286. 54) Gemeint ist das Gericht, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes, also zuletzt, persönlich unterworfen war: das Erbschaftsgericht. 55) In Folge der Aufhebung der Civilgerichtsbarkeit der Militärgerichte. Der §. kommt aus Reskr. v. 18. Juni 1798, Rabe 5 S. 135 und entscheidet die Frage, ob die Eivilgerichte die Herausgabe des bei der Behörde einer Militärperson deponirten Testaments fordern könnten, im Sinne der Militärberichte. — Die wegfallenden Worte lauteten: „Das Original des bei der Be­ hörde einer Militarrperson deponirten Testamentes kann daher von den Eivilgerichten nicht ver­ langt werden." 56) Vgl. jetzt Ges. v. 23. Febr. 1870 (Zus. 3 zu 39 d. T.). S. auch das (auf das analoge Ges. v. 13. Mai 1833 bezügliche) Reskr. v. 26. Aug. 1833, Jahrb 42 S. 84. — Der Wortlaut des §. 239 war: „Von allen Testamenten, worin einer Kirche oder anderen milden Stiftung eine Erbschaft oder ein Vermächtnis angewiesen wird, müssen die solches publicirenden Untergerichte dem Landes-Justizcollegio der Provinz eine Abschrift einreichen." 57) H. Vgl. §. 11 Ges. v. 8. Juni 1860 (Zus. 11 zu §. 177 d. T.) und §. 44 R.Mil.Ges. (Zus. 12 a. a. O.). Letzteres enthält Vorschriften über die Aufbewahrung militärischer Testamente überhaupt nicht, daher greift in den von ihm betroffenen Fällen die Ablieferung gar nicht mehr Platz. Der §. 240 lautete: „Militärische Testamente müssen diejenigen, denen sie anvertraut worden, oder denen sie nach dem Tode des Erblassers in die Hände kommen, den Kriegsgerichten sofort abliefern, welche sie, mit den bei dieser Gelegenheit ihnen etwa bekannt gewordenen Nach­ richten über den Hergang bei Errichtung des Testamentes, den Eivilgerichten zur Publication und weiteren Verfügung zusenden." 58) Durch §. 14 Abs. 1 Ges. v. 8. Juni 1860 (Zus. 11 zu 8- 177 d. T.). Der Wortlaut war: „Militairische Testamente müssen diejenigen, denen sie anvertraut worden, oder denen sie nach dem Tode des Erblassers in die Hände kommen, den Kriegsgerichten sofort abliefern. Die Kriegsgerichte müssen dergleichen schriftliche militairische Testamente selbst publiciren, und so weit es den bei ihnen befindlichen militairischen Nachlaß des Testators betrifft, sogleich vollstrecken, alsdann aber die Abschrift des Testamentes den Eivilgerichten, zur weiteren Besorgung in An­ sehung des übrigen Nachlasses, in beglaubter Form zusenden."

65

Von Testamenten und Codicillen.

nach Publication desselben59) die Erbschaft anzutreten, und in Besitz zu nehmen60). (Tit. 9. §. 367. sqq.) §. 243. Wer auf den Grund eines Erbrechts60a), es sei aus einem Testa- a. In Ali­ mente, oder vermöge der gesetzlichen Erbfolge, zum Besitze einer Erbschaft redlicher Tbescin" Weise gelangt ist, der muß dabei so lange geschützt werden, bis die Unrichtigkeit seines Besitztitels, und das bessere Recht des Erbschaftsprätendenten ausgemittelt sind61).62 63 §. 244. Ist noch Niemand im Besitze der Erbschaft, so muß der Richter den­ selben dem in einem förmlichen gerichtlichen Testamente °2) eingesetzten Erben, wenn auch sein Erbrecht noch bestritten wird, bis zum Austrage des Streites ein­ räumen"). §. 245. Kommen mehrere dergleichen Testamente zum Vorschein, so kann der in dem späteren eingesetzte Erbe den Besitz der Erbschaft vorzüglich fordern 64). 59) Nach Publikation desselben, d. h. nachdem ihm der rechtliche Grund des Erbanfalls auf die gehörige Weise und mit voller Gewißheit, nämlich durch das kompetente Gericht direkt oder indirekt (§. 235), bekannt gemacht worden. Aus diesem Grundsätze folgt, daß seine Handlungen, welche er wegen Erwerbung oder Ausschlagung der Erbschaft vorher vollzogen hat, ihn als Erben nicht verpflichten, so daß die vorher von ihm erklärte Erbschaftsentsagung, oder die Unter­ lassung der Erbschaftsentsagung, wie die unterlassene Einreichung eines Inventars, wirkungslos sind. (O.Tr. Plen. v. 6. Januar 1851, Entsch. 20 S. 16.) In Beziehung auf einen solchen eingesetzten Erben, welcher vor der Publikation des Testaments, in der Meinung, daß er gesetzlicher Erbe sei, Handlungen in Betreff der Erbschaft vorgenommen hat, ist gegen diesen Grundsatz und dessen Folgen kein Bedenken. Das ist in Ansehung des Pflichterben nicht zu sagen. Die vorhandene Meinungs­ verschiedenheit darüber ist durch den Pl.Beschl. (Pr. 2264) des O.Tr. v. 6. Jan. 1851 für die Anwendung des Grundsatzes auch auf den Pflichterben ausgetragen. Darüber s. Anm. 38 Alinea 6 zu I. 9 384. H. Auch bei wechselseitigen Testamenten beginnt die Verpflichtung des eingesetzten Erben, sich über den Antritt der Erbschaft zu erklären, erst mit der Publikation des Testaments, nicht schon mit der Kenntniß vom Tode des verstorbenen Ehegatten. O.Tr. I v. 23. Febr. 1874, Str. Arch. 92 S. 132, und II v. 14. Juli 1876, Str. Arch. 96 S. 208, sowie R.O.H.G. II v. 21. Febr. 1874, Entsch. 12 S. 436. EL Die Erlangung der Kenntniß von der Erbeinsetzung durch Testament ist zwar an die Eröff­ nung des Testaments durch den Richter — die Publikation — überhaupt, nicht aber an die unmittel­ bare Publikation an die eingesetzten Erben dergestalt geknüpft, daß — die erfolgte Publikation voraus­ gesetzt — jede andere Erkenntnißquelle als die Anwesenheit bei der Eröffnung oder die in §§. 320 ff. d. T. bezeichnete Benachrichtigung ausgeschlossen und für Herstellung der Wissenschaft, von welcher der Beginn der Ueberlegungsfrist abhängt, ungeeignet wäre. R.G. V v. 20. Okt. 1880, G ru chot 25 S. 725. Die nach dem Tode des Erblassers, aber bereits vor der Publikation des Testaments und der Antretung der Erbschaft getroffene Verfügung des Erben über eine Nachlaßforderung hat aber darum doch volle rechtliche Wirkung. O.Tr. IV v. 27. Jan. 1855, Str. Arch. 16 S. 235. 60) Aber nur als Testamentserbe, nicht als Jntestaterbe; denn er kann die causa delationis nicht ändern, wenn er nicht Pflichterbe ist. I. 9 §. 401. 60a) Wer nicht auf Grund eines ihm selbst beschiedenen Erbrechts in den Besitz des Nach­ lasses gelangt ist, sondern denselben lediglich als testamentarisch bestellter Vertreter eines dritten eingesetzten Erben ergriffen und fortsetzen zu wollen erklärt hat, also nicht in der Eigenschaft als Erb e besitzt, dem steht der im §. 243 zugesicherte Schutz des Besitzes nicht zur Seite. O.Tr. I v. 13. Juli 1864, Entsch. 53 S. 57 (Str. Arch. 53 S. 372). 61) Vergl. Anm. 59 zu §. 46 d. T. Das Rechtsmittel des Erbschaftsprätendenten gegen den titulirten Besitzer ist die Erbschaftsklage (hereditatis petitio). I. 15 §§. 3, 5 vergl. mit I. 9 §§. 368, 350, 351 u. I. 2 §§. 33, 34. 62) H. oder Erbvertrage; Förster-Eccius §. 279 Nr. II (4 S. 702). 63) Dies ist die aus dem R. R. (L. 3 C. de ed. D. Hadriani 6, 33) aufgenommene missio in possessionem, aber mit einer sehr erheblichen Abweichung, indem das R. R. eine Ein­ weisung in den Besitz nur der einzelnen Erbschaftsstücke kennt, wogegen nach unserem §. 244 in den Besitz der Erbschaft eingewiesen werden soll, woraus eine Juris possessio entsteht. In dem Falle dieses 244 erfolgt die Einweisung auf einseitigen Antrag von dem Nachlaßrichter (EL d. h. dem Amtsgerichte, $. 26 Abs. 2 Nr. 1 Ausf.Ges. z. G.V.G.) ohne prozessualisches Verfahren, wenn kein Widerspruch erhoben wird. 64) H. Die in den fr. Aufl. erörterte Frage, nach welchen prozessualischen Vorschriften der A.G.O. in diesem Falle zu verfahren sei, hat jetzt ihre Bedeutung verloren, da die C.P.O. einen Koch, Allgemeines Landrecht. II.

8. Aufl.

o

66

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 246—256.

§. 246. Findet der Richter den Anspruch desjenigen, welcher das Recht des eingesetzten Erben bestreitet, einigermaßen bescheinigt; so kann er verfügen65), daß vor der Uebergabe an den eingesetzten Erben, auf Kosten des unterliegenden Theils, ein gerichtliches Inventarium über den Nachlaß ausgenommen werde. §. 247. Auf anderweitige Sicherheitsmaaßregeln ist der Erbschaftsprätendent nur unter eben den Umständen, unter welchen ein Arrestschlag nach Vorschrift der Prozeßordnung zulässig ist, anzutragen berechtigt""). §. 248. Wer einzelne Stücke oder Inbegriffe von Sachen aus der Verlassen­ schaft fordert, hat das Recht, sich an den Besitzer der Erbschaft zu halten °7). §. 249. Wer in einem militairischen oder anderen privilegirten Testamente zum Erben eingesetzt worden, hat wegen Besitznehmung der Erbschaft in der Regel gleiche Rechte. (§. 242. sqq.) §. 250. So lange aber die Richtigkeit der Hand- oder Unterschrift des Testa­ tors, oder der übrigen bei der Disposition mitwirkenden Personen, noch nicht aner­ kannt, oder bewiesen ist; und so lange in dem Falle des §. 192. die Zeugen ihre Angabe noch nicht eidlich bestärkt haben ®8), kann der in einem solchen Testamente ernannte Erbe auf den Besitz des Nachlasses keinen Anspruch machen. §. 251. Vielmehr muß ein solcher Nachlaß in der Regel so lange, bis ent­ schieden ist, ob ein privilegirtes Testament wirklich vorhanden sei, unter gerichtlicher Verwahrung und Verwaltung bleiben. §. 252. Doch kann der Richter, wenn die Nichtigkeit des angeblichen privile­ girten Testamentes einigermaßen bescheinigt ist, die Erbschaft dem eingesetzten Erben gegen annehmliche Sicherheitsbestellung verabfolgen lassen. §. 253. In beiden Fällen aber (§. 251. 252.) mnß ein gerichtliches Inven­ tarium über den Nachlaß ausgenommen werden. AusichUc§. 254. Hat Jemand einer oder mehrern Personen seinen Nachlaß dergestalt fm"eB(irt)enC= beslhieden, daß die Absicht, ihnen den ganzen Inbegriff"") desselben allein znwenden Erben. Besitzprozeß nicht kennt, der in §. 245 erwähnte Streit also int ordentlichen Verfahren — geeigneten­ falls unter Abkürzung der Fristen (§§. 202 ff. C.P.O.) und unter vorläufiger Vollstreckbarkeits­ erklärung des Urtheils (§. 650 (5.P.O.) — verhandelt werden muß. Falls die Voraussetzungen der §§. 814, 819 C.P.O. vorliegen, kann der Prätendent eine einstweilige Verfügung erwirken. Als materieller Rechtsgrundsatz besteht §. 245 fort. Kläger ist der, welcher ein besseres Recht gemäß 88- 244, 245 behauptet; Beklagter der Gegenprätendent. Die einzige Einrede ist die eines jüngeren Testaments. Förster-Eccius a. a. O. (s. Anm. 62). 65) Diese Verfügung steht dem Nachlaßrichter zu, wenn kein Widerspruch eingelegt wird; denn wenn der eingesetzte Erbe bestreitet, daß die Bescheinigung beigebracht sei, so kann der Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit darüber nicht entscheiden. S. Koch, Erbrecht §. 153 III a. E. 66) H. Der Arrest der C.P.O. findet nur wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, welcher in eine Geldforderung übergehen kann (§. 796); daher sind jetzt nicht die Voraussetzungen des Arrestschlags, sondern diejenigen der einstweiligen Verfügung ($§. 814, 819) für die Berechtigung des Prätendenten zu Sicherheitsmaßregeln entscheidend. Die Erwirkung dieser Maßregeln erfolgt lediglich in dem in §§. 815 ff. C.P.O. bezeichneten Verfahren. Der Nachlaßrichter als solcher ist nicht zuständig. 67) Diese Bestimmung enthält zwei Nechtsgrundsätze: 1) der Legatar darf nicht eigenmächtig den Besitz der ihm vermachten Sache ergreifen (§. 311); er hat, dem Erben gegenüber, ein Forderungsrecht auf Ausantwortung: 2) wenn das Erbrecht streitig ist, so ist der Erbschaftsbesitzer zur Austragung der Ansprüche der Legatarien passiv legitimirt. 68) Dieser Fall kann nicht mehr vorkommen, da §. 192 aufgehoben ist; vgl. Anm. 5 zu §. 177 d. T. u. §. 14 Ges, v. 8. Juni 1860 (Zus. 11 ebendas.). 69) Die Berufung auf den Inbegriff ist das entscheidende Merkmal der Erbeinsetzung; die Ausdrucksweise ist gleichgültig, wenn nur die Absicht klar ist, die berufene Person oder Personen auf das Ganze einzusetzen. H. Das App.Ger. Naumburg hat in einer Verf. v. 5. Okt. 1877 auch in einem Falle, in welchem nach Inhalt des Testaments die Vermehrung oder Verminderung an­ geordneter Legate von der in der Zeit von der Testaments-Errichtung bis zum Todestage ein­ tretenden Vergrößerung oder Verringerung des Vermögens des Testators abhängig gemacht war.

Von Testamenten und Codicillen.

67

zu wollen, daraus erhellet69a), so sind die gesetzlichen Erben für gänzlich ausge­ schlossen zu achten. §. 255. Wenn also auch im Verfolg der Verordnung, bei einer unter den eingesetzten Erben regulirten Theilung, ein oder anderes zum Nachlasse gehöriges Stück oder Antheil übergangen worden, so können dennoch die Jntestaterben darauf keinen Anspruch machen 70). (§. 264. sqq.) §. 256. Hat aber der Erblasser nicht über das Erbrecht selbst, sondern aus­ drücklich nur über gewisse Stücke, Summen oder Antheile71) seines Nachlasses ver­ ordnet ; so gelangt das Erbrecht auf die gesetzlichen Erben, und diesen fällt alles zum Nachlasse Gehörende, so weit darüber nicht verfügt ist, anheim 72).

diese Bedachten als Miterben angesehen, und daher ihre Einwilligung zur Empfangnahme einer auf ein Nachlaßaktivum fallenden Hebung gefordert. Johow, Jahrb. d. App.Ger. 8 S. 52. Es lag jedoch anscheinend ein legatum partitionis vor und deshalb ist die Entscheidung unrichtig. Vgl. Anm. 71 und den dort mitgetheilten Beschl. des Kammerger. Vgl. für die Entscheidung Dernburg 3 §. 129 Anin. 6 (S. 379). 69") H. Andernfalls ist der gesetzliche Erbe Miterbe auf die nicht vertheilten Quoten. Vgl. tz. 45 d. T. Förster-Eceius 8- 251 Nr. III (4 S. 440). 70) Ein Testator hatte wie' folgt verordnet: „Mein ganzes Vermögen besteht (folgt eine Aufzählung der ausstehenden Forderungeil und der Grundstücke; übergangen waren eine unter der successiven Ablösung stehende Gewerbberechtigung, das baare Geld und das sonstige Mobiliar­ vermögen). Ich verordne, daß mein Nachlaß in folgender Art vertheilt werden soll. (Hier folgte eine Zuweisung der einzelnen Aktiva an fremde, dem Testator nicht verwandte Personen.) Auch setze ich die Armen auf mein baares Geld zu Erben ein. Meine Verwandten sollen, weil sie sich undankbar betragen haben, nichts erhalten." Im Nachlasse fand sich ein sehr werthvolles Mobiliar­ vermögen und eine bedeutende Summe von Staatspapieren, welche gleichfalls nicht aufgeführt und vertheilt worden waren, weil der Testator sie, nach den Rechnungen, erst später gekauft hatte. Die Blutsverwandten prätendirten nach dem Tode des Testators das Erbrecht, behauptend, daß die im Testamente berufenen Personen nur Legatarien seien, indem es an einer Erbeinsetzung ganz fehle. Es wurde aber, auf Grund der 88- 254 u. 255 und der Erklärung des Testators: „meine Verwandten sollen — nichts haben" erkannt, daß die berufenen Personen — mit Aus­ nahme der ausdrücklich (8- 256) nur auf eine beziehungsweise bestimmte Geldsumme eingesetzten Armenfonds — als Erben eingesetzt worden seien, weil erhelle, daß ihnen der Erblasser den ganzen Inbegriff seines Vermögens habe zuwenden wollen und nur einen Theil desselben (die Aktiva) unter ihnen vertheilt habe. Vergl. die §§. 264 ff. d. T. 71) Die Berufung auf ein Verhältnißtheil (eine Quote) des Nachlasses macht noch nicht zum Erben. Nullus heres nisi in universitatem. Wie das zu verstehen, darüber s. die Anm. 2 zu 8- 1- Vergl. die folg. Anm. 74 zu 8- 258.' Ueber das Vermächtniß einer Erbschaftsquote (legatum partitionis) s. Koch, Erbr.S. 1122 Nr. II; 8. Dernburg 3 8-128 (S. 380); FörsterEcciu s 8- 252 Nr. I (4 S. 451 f.). Das Partitionslegat kommt im preuß. Recht, wo der formelle Unterschied von Erbeseinsetzung und Legat beseitigt und es möglich ist, neben der Jntestaterbfolge einen Erben auf eine Quote zu berufen, nur vor als Legat der Quote nicht des ganzen, sondern des reinen Nachlasses. Nur das ist unter „Antheil des Nachlasses" in §. 256 zu verstehen. Uebereinstimmend spricht der Beschl. des Kammerger. v. 25. Juni 1883, Johow-Küntzel, Jahrb. 4 S. 192, dem Universalerben, welcher den reinen, d. h. den nach Deckung der Schulden und Legate verbleibenden, Nachlaß mit anderen Personen theilen solle, die ausschließliche Verfügung über Nachlaßforderungen zu; den letzteren Personen werde durch eine solche Verfügung „nur ein legatum partitionis", nicht eine Quote der Erbschaft zugewendet. S. auch Anm. 10 zu 5 d. T. — Monographie über das Partitionslegat: Böhme bei Gruchot 12 S. 51. 72) Suarez sagt: Die §§. 256—260 beruhen auf der Abschaffung des Röm. Prinzips: nemo pro parte testatus etc. (Anm. 2 zu 8-1 d. T.) Das gerade Gegentheil ist die Wahrheit; sie beruhen auf eben diesem Prinzip, sonst müßte derjenige, welcher auf einen Theil der Erbschaft eingesetzt worden ist, Miterbe vom Ganzen sein, während er ausdrücklich für einen Legatar erklärt wird (§. 258); was eben eine konsequente Folge dieses Prinzips ist. Der Unterschied zwischen dem R. R. und dem L.R. ist nur der, daß das R. R. den in einem Testamente auf einen Theil der Erbschaft berufenen Erben als wahren und wirklichen Erben auf das Ganze ansieht, während Suarez, indem er das äußerst empörend für den gesunden Menschenverstand fand (Anm. 2 zu 8- 1 d. T.), die Sache umdreht und die gesetzlich Berufenen für wahre Erben, den auf eine Quote im Testamente Eingesetzten für einen Legatar erklärt und als solchen behandelt. Gewiß aber ist dabei nicht im Geringsten in der Vorstellung gewesen, daß etwas von der Regel nemo pro parte 5*

68

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 257-263.

§. 257. Es ändert darunter nichts, wenn auch der Testator diejenigen, welchen er dergleichen bestimmte Theile, Stücke, oder Summen zuwendet, Erben genannt hat. §. 258. Vielmehr sind dieselben, im Verhältnisse gegen den Jntestaterben 73), immer nur als Legatarii zu betrachten 74). §. 259. Ist Jemand nur von einer gewissen Zeit an, oder nur bis zu einer gewissen Zeit zum Erben eingesetzt worden, so wird dergleichen Verordnung als eine fideicommissarische Substitution betrachtet. (§. 53.) §. 260. Im ersten Falle ist der Testaments-, so wie im letzteren der gesetz­ liche Erbe für substituirt zu achten. R'chw §. 261. Sind, ohne nähere Bestimmung, mehrere Personen zu Erben eingecingesctzler setzt worden, so erwerben ’5) sie die Erbschaft zu gleichen ’6) Theilen.

übrig gelassen werden solle; die sich hier erhaltenen Folgendes Prinzips sind nicht im Bewußtsein gewesen, wie denn ja die rechtliche Natur des Zuwachsrechts selbst so wenig klar war, daß man dasselbe für einen selbstständigen Gegenstand der letztwilligen Verfügung hielt (§. 285), ohne zu ahnen, daß darin die eigentliche Bedeutung der Erbqualität liegt. H. Gegen die Ko ch'sche Auf­ fassung vgl. die Ausführungen des H. in Anm. 6 zu H. 4 d. T. 73) Er ist es auch im Verhältnisse zu den Gläubigern. S. die folg. Anm. a. E. 74) Das Verhältniß eines Legatarii hat zwei Beziehungen: eine zu dem Erben, und eine zu den Erbschaftsgläubigern. Eine auf eine bestimmte Sache, Summe oder Quote eingesetzte Person — wenn das Testament im Uebrigen über den Nachlaß als Inbegriff nicht verfügt — ist im Verhältnisse zum Erben nur Legatar, Erbe aber ist der Jntestaterbe. Das bedeutet: der im Testamente Berufene ist nicht Miteigenthümer der Erbschaft, er nimmt nicht Theil am Zu­ wachsrechte, er hat nur ein Forderungsrecht gegen den Erben auf die ihm zugewendete Sache oder Summe. (Anm. 67 zu §. 248.) Die vermachte Quote begreift gleichfalls eine Summe (ein Quantum). Das Quantum wird gefunden durch Veranschlagung aller in der Erbschaft vor­ handenen geldwerthen Gegenstände nach ihrem Geldwerthe und durch Abzug aller Schulden und Kosten. Der Theil von dem verbleibenden Überschüsse, welcher der vermachten Quote entspricht, ergiebt das Quantum, womit der Legatar für immer abgefunden wird. — Aber, weil ein so Berufener nicht Miteigenthümer vom Ganzen, von der Universitas, wird, tritt er auch nicht als Fortsetzer des Erblassers, als Rechtssubjekt von diesem Inbegriffe, auf, folglich tritt er nicht in dessen Schuldverhältnisse. Dadurch bestimmt sich die andere Beziehung seines Verhältnisses, nämlich die zu den Erbschaftsgläubigern: er wird niemals deren persönlicher Schuldner. S. auch das Erk. des O.Tr. in der Anm. 80 zu §. 263. 75) D. h. sie theilen zu gleichen Theilen; sonst aber sind alle auf das Ganze Erben. Anm. 2 zu §. 1. 76) Es macht keinen Unterschied, wenn die Testamentserben, in Ermangelung eines Testaments, auch gesetzlich und zwar zu anderen Verhältnißtheilen, gerufen sein würden. Der Seltsamkeit wegen ist hier eines geradezu widersprechenden Grundsatzes zu gedenken, welchen das ehem. Chur­ märkische Pupillenkollegium in einem Gutachten v. 25. April 1823, Jahrb. 21 S. 336, behauptet. Es sei allgemeines Rechtsprinzip, wird gesagt, daß die gesetzlichen Bestimmungen in der Jntestatsuccession als Grundregel und Basis der Erbfolge betrachtet werden müssen, welche auch bei der Existenz eines Testaments, soweit der Testator das Gesetz nicht aufhebe, bestehen bleiben, und welche daher allemal die Norm bei Vertheilung des Nachlasses da abgeben müßten, wo in der letztwilligen Verordnung nur Jntestaterben ohne Bestimmung ihrer Erbportionen in quanto oder quota eingesetzt seien. Darin folgt dieses Gutachten dem ehemaligen Appellations­ senate des Kammergerichts, welcher in den Entscheidungsgründen eines Urtels v. 20. Dez. 1804 (im Widersprüche mit dem Jnstruktionssenate) die Regel behauptet, daß — da der Testator seine Frau, und Kinder zum Erben einsetzte, ohne ihr Erbtheil zu bestimmen — es in Ansehung der Erbquoten bei der Disposition der Gesetze in derJntestaterbfolge bleibe. (Mathis 3 S. 306.) Zum Beweise dieses vermeintlichen Rechtsgrundsatzes berufen Beide sich auf Lauterbach, Coll, theor. pract. L. XXVIII Tit. 2 H. 14. Lauterbach aber sagt davon kein Wort. Er trägt vielmehr den Röm. Grundsatz vor, daß alle Miterben, wenn der Testator keine Theile be­ stimmt hat, gleiche Antheile haben, daß jedoch Mehrere, die mit einander zu dem nämlichen Erbtheile berufen sind (conjuncti heredes), nur diesen Erbtheil zusammen erhalten. Da nun aber für diese gemeinschaftliche Berufung Mehrerer zu demselben Antheile keine bestimmte Form vorgeschrieben ist, sondern lediglich die Absicht des Testators entscheidet, so fällt es lediglich der Kasuistik anheim: ob in einem bestimmten Falle Mehrere als conjuncti anzusehen oder nicht anzusehen sind. In dieser Beziehung führt Lauterbach a. a. O. das Beispiel an: wenn Jemand seinen Bruder und die Kinder eines anderen verstorbenen Bruders zu Erben ein-

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 262. Ist einem der Miterben vor den übrigen eine bestimmte Sache77) oder Summe78) vorausbeschieden worden, so wird er, in Ansehung dessen, als ein Legatarius angesehn 79). §. 263. Eben so wird derjenige, welchem nur eine bestimmte Sache oder Summe im Testamente zu seinem Erbtheil ausdrücklich angewiesen worden, im Ver­ hältnisse gegen die übrigen Erben80), als ein bloßer Legatarins betrachtet.

gesetzt hat; und fragt: ob die Kinder conjuncti seien. Er ist der Meinung Ja, quia in dubio testator Juris communis dispositionem secutus videtur. Das ist etwas ganz anderes. Er behauptet damit durchaus nicht einen Rechtssatz, sondern interpretirt den Willen des Erblassers, um einen unstreitigen Rechtsgrundsatz darauf anzuwenden. Der Grundsatz gilt auch nach dem L.R., nämlich der Grundsatz, daß, wenn der Testator Mehrere zusammen auf einen bestimmten Theil eingesetzt hat (conjuncti), der übrige Nachlaß dem oder den noch außerdem berufenen Erben zufällt; denn der §. 261 sagt ja: „sind, ohne nähere Bestimmung, mehrere" u. s. w., und die §§. 268 und 284 machen davon Anwendung. Hat der Testator über das Ganze gültig testirt, so'ist damit eben die Jntestaterbsolge ausgeschlossen. Jemand hatte testirt: „meine Tochter Friederike, deren Ehemann und Kinder sollen meine alleinigen und Universalerben sein." Ueber die Auslegung dieser Willenserklärung entstand ein Prozeß. Der Rechtsfall ist mitgetheilt Str. Arch. 44 S. 229, aber so unvollständig, daß haraus für die Jurisprudenz nichts zu gewinnen ist; nicht einmal die Meinungsverschiedenheit aller Streitenden und auch nicht die Entscheidung der Gerichte ist angegeben. Ohne weitere Geschichte als der angeführten Erbcseinsetzung sagt das O.Tr. I v. 18. Juli 1866: „Die Fassung ist keinesweges klar. Es mag sein, daß der Testator dabei an eine gemeine Substitutton (des Ehe­ mannes — und der Kinder) gedacht hat, wie dies einige Bekl. behaupten. Die Fassung giebt dafür keinen sicheren Anhalt —. Dagegen liegt in der Vorschrift des §. 261 keine Norm, welche alle weitere Auslegung ausschlösie, und, wie der Kläger will, dahin führte, daß der Testator seine einzige Tochter — nur aus eine gleiche unbestimmte Quote mit allen ihren Kindern als Erbin eingesetzt habe. — Es liegt aber der Fall des §. 261 — nicht vor. Derselbe setzt die Einsetzung mehrerer bestimmter Personen voraus, wobei es dann nicht darauf ankommt, ob einige von ihnen kopulativ, in Verbindung mit einer anderen, eingesetzt worden. Dasselbe kann jedoch nicht von dem hier vorliegenden Falle gelten, wo eine individuell unbestimmte Gesammtheit von Personen als Miterben eingesetzt worden ist. Die von den Vorderrichtern der gedachten Be­ stimmung des Testators gegebene, der Billigkeit und der vermuthlichen Absicht oes Testators besser entsprechende Auslegung, als die des Klägers, erscheint daher als eine berechtigte." Was für eine Auslegung diese berechtigte sei, erfährt man nicht. Die dem §. 261 untergelegte Voraussetzung aber ist nicht anzuerkennen; es ist allerdings zulässig, eine individuell unbestimmte Personen-Gesammtheit, z. B. seine Wittwe und seine sämmtlichen Kinder, welche bei dem dereinstigen Tode des Testators vorhanden sein werden, zu Erben einzusetzen und auf diese Erb­ einsetzung mußte der §. 261 angewendet werden. — H. Gegen Koch und für das O.Tr.: Dernburg 3 §. 129 Anm. 6 (©. 382) und Förster-Eccius §. 251 Anm. 67 (4 S. 440). 77) S. die Anm. 11 zu §. 6 b. T. 78) Ein Prälegat kann auch darin bestehen, daß den Miterben eine Handlung zu Gunsten des Prälegatars, z. B. die Befreiung von einer Schuld desselben, zur Pflicht gemacht wird. §. 387. O.Tr. v. 18. Dez. 1843, Entsch. 11 S. 276. 79) Vergl. Anm. 73 zu I. 9 §. 418. 80) Und auch im Verhältnisse zu den Gläubigern. S. die Anm. 73 zu §. 268. Anerkannt durch O.Tr. IV (Pr. 1867) v. 30. April 1847, Entsch. 15 S. 188: „Derjemge, dem nur eine bestimmte Sache oder Summe im Testamente zu seinem Erbtheile ausdrücklich angewiesen worden, ist nicht bloß im Verhältnisse gegen die übrigen Erben, sondern auch im Verhältnisse zu den Nachlaßgläubigern, als bloßer Legatar zu betrachten." Wieder angewendet in O.Tr. IV v. 17. Dez. 1852, Str. Arch. 8 S. 130. (H. Uebereinstimmend R.G. I v. 1. Dez. 1880, Jur. Wochenschr. 1881 S. 26; Ztschr. f. preuß. Recht 1 S. 643.) Damit ist jedoch die Bedeutung der Bestimmung: „im Verhältnisse gegen die übrigen Erben", noch nicht klar geworden. Zu bevorworten ist, daß dieser Fall dem des §. 258 nicht gleich steht. Dort, im §. 258, ist die Eröffnung der Jntestaterbsolge vorausgesetzt. Der Erbe hat mithin einen anderen Delattonsgründ als der sog. Testamentserbe, der nur als Legatar anzusehen ist, weil ihm die wahre Erben­ eigenschaft — Einsetzung auf das Ganze — abgeht und er daher kein Zuwachsrecht haben kann, wegen des Grundsatzes, daß nur die durch den nämlichen DelationsArund Berufenen unter einander das jus accrescendi haben. Hier, im Falle unseres §. 263, ist es anders, hier sind Alle zu Erben — wenn auch Einer auf eine bestimmte Sache, doch immer als Erbe — durch den nämlichen Delationsgrund berufen. Ueber diesen Fall herrschte schon unter den röm.

70

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 264—274.

§. 264. Hat der Testator, durch eine unter seinen eingesetzten Erben regulirte Theilung, den Nachlaß nicht völlig erschöpft, so fällt das Uebrige sämmtlichen wirk­ lich eingesetzten Miterben anheim. (§. 254. 255.) 81) §. 265. Wenn die mehreren Erben in gewisse nur im Verhältnisse gegen das Ganze bestimmte Theile oder Quoten eingesetzt sind 82), so erwerben sie einen solchen Anfall nach Verhältniß dieser Erbtheile. §. 266. Wenn aber der Erblasser, ohne Bestimmung von Erbquoten, den ganzen Nachlaß, bis auf einen solchen Ueberrest, unter die mehreren Erben vertheilt hat, so haben dieselben an diesen Ueberrest gleichen Anspruch83). Juristen kein Einverständniß und Justinian entschied den Streit, aber unbestimmt. L. 13 C. de bered, instit. (6, 24). Deshalb dauert der Streit fort. Nach einer Meinung soll nun ein solcher Erbe in jeder Beziehung als Legatar anzusehen sein, nach einer anderen soll er nur in gewissen Beziehungen als Legatar, im Uebrigen als Erbe in Betracht kommen. Diese Beziehungen waren aber wiederum streitig. Leyser (Med. ad Fand. sp. 361) sagte: er sei im Ver­ hältnisse zu den Miterben Legatar, in jedem anderen Betracht wahrer Erbe (m. 9 i. f. et seq.) Den ersten Theil dieser Lehre haben die Vers, des L.R. hier ausgenommen. So viel ist danach gewiß, daß das L.R. mit dessen (u. v. A.) Ansicht darin übereinkommt, der in Rede stehende Erbe sei nicht bloßer Legatar. Im Uebrigen sind wir aber nach wie vor dem weiten Reiche der Kontroversen überlassen. Glücklicherweise haben dieselben für unseren Rechtszustand sehr geringe praktische Bedeutung, wie z. B. die Fragen: ob er Theil an dem jud. fam. ercisc. nehme; ob er erst durch die Erbschaftsantretung sein Recht erwerbe; ob er an den Erbschafts­ klagen Theil nehme; ob er sich den Abzug der Quart gefallen lassen müsse. Wichtig bleiben die Fragen: a) ob er für die Erbschaftsschulden hafte, welche schon durch das mitgetheilte Erk. des O.Tr. folgerichtig entschieden ist; b) ob ihm das Zuwachsrecht zukomme. Das bejaht Leyser 1. c. med. 12, sobald er nicht mehr mit einem der übrigen Miterben konkurrirt, also dann, wenn alle übrigen Miterben wegfallen. Man vergl. jedoch Koch, Erbr. §. 41 I, Nr. 1. — Das O.Tr. I v. 3. Jan. 1862, Str. Arch. 45 S. 1, hat zutreffend entschieden, daß ein testamentarischer Miterbe, welchem für seinen Theil der Nießbrauch des Nachlasses beschieden worden ist, hinsichtlich der Nachlaßschulden, deren Bezahlung nur aus dem Nachlasse, soweit derselbe reicht, erfordert wird, als Mitbeklagter passiv legitimirt sei. Er ist dabei in der That betheiligt; sein Nießbrauch ver­ mindert sich nach Verhältniß der aus dem Nachlasse zu bezahlenden Schuld. Vergl. unten die Anm. 96 a. E. zu II. 2 §. 433. H. Das (dort besprochene) Urtheil des O.Tr. I v. 22. Jan. 1876, Str. Arch. 99 S. 1, beruht auch, in so fern es in Beziehung auf §. 263 d. T. ausspricht, derselbe finde auf die Pflichttheilsberechtigten, die Ergänzung des Pflichttheils fordern, weil die Anweisung auf eine bestimmte Sache unzureichend sei, keine An­ wendung, auf der unrichtigen (Anm. 93 zu II. 2 §. 432) sog. Erbrechtstheorie des Pflicht­ theilsrechts. H. Eine andere praktische Konsequenz des §. 263 ist, daß die auf bestimmte Summen oder Sachen eingesetzten Personen, wenngleich sie im Testamente Erben genannt werden, auch nicht zu dem Anträge auf gerichtliche Nachlaßregulirung berechtigt sind; letzterer steht vielmehr nur einem solchen Miterben zu, dessen Antheil nicht bereits in sich selbst bestimmt ist. App.Ger. Magdeburg v. 5. Febr. 1874, Iohow, Jahrb. d. App.Ger. 4 S. 36. 81) Die Bezugnahme auf die §§. 254, 255 ergiebt, daß die Absicht des Testators erhellen muß, er habe seine Jntestaterben ganz ausschließen wollen. Wenn die Berufenen wirklich als Erben eingesetzt worden sind und hiernächst dem Einen diese, dem Anderen jene Summe oder Sache zugewiesen ist, ohne den Nachlaß zu erschöpfen, so wird man leicht geneigt sein, diese Zuwendungen für Prälegate zu halten und den §. 266 anzuwenden. Vergl. den Fall in der Anm. 70 zu §. 255. Sind aber alle auf bestimmte Quoten eingesetzt und ist dadurch die Zahl der Einheiten des Ganzen nicht erschöpft, so ist bei der Verwerfung der Regel nemo pro parte kein sicheres Erkennungszeichen für die Absicht des Testators vorhanden: ob die Berufenen auf das Ganze haben eingesetzt, oder nur als Legatarien haben bedacht sein sollen, wenn er nicht die Ausschließung der Jntestaterben nebenbei ausgesprochen hat. (Anm. 70.) Gesetzt, Jemand hätte verfügt: A. soll mein Erbe sein zu 1/4, B. soll 1/3 und C. 1 /3 meines Nachlasses haben. Hieraus läßt sich nicht erkennen, wer das Uebrige 1/i2 haben soll. Deshalb muß die Jntestaterbfolge für eröffnet und A., B. und C. müssen als Legatarien angesehen werden, gemäß §§. 256—258. Das Zuwachsrecht hätte mithin der Jntestaterbe. H. Es kommt lediglich auf Willensinterpretation an: Förster - Ec eins §. 251 Nr. III (4 S. 441). Vgl. auch Anm. 6 zu §. 4 d. T. 82) Und es gewiß ist, daß die Jntestaterben nichts haben sollen. S. die vor. Anm. 83) In diesem Falle nimmt jeder Erbe die ihm zugewendeten Sachen oder Summen als ein Prälegat vorweg.

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 267. Erben, die bloß als Legatarii zu betrachten sind (§. 263.), bleiben von der Theilnehmung an einem solchen Anfalle ausgeschlossen. §. 268. Hat der Testator einem oder etlichen von den eingesetzten mehreren Erben ihre Erbportionen ausdrücklich angewiesen, anderen aber keinen dergleichen Antheil bestimmt; so erhalten Letztere84) den Ueberrest, und zwar, wenn ihrer mehrere sind, zu gleichen Theilen. §. 269. Hat der Testator die Masse durch Bestimmung von Erbquoten der­ gestalt erschöpft, daß für den- oder diejenigen, deren Alltheil unbestimmt geblieben ist, nichts mehr übrig sein würde; so müssen die anderen Miterben, dem- oder den­ selben, nach Verhältniß ihrer Antheile, so viel abgeben, als erforderlich ist, sie dem­ jenigen gleich zu setzen, dem im Testamente der kleinste Antheil beschieden worden 85).86 87 §. 270. Sind die Erbquoten der übrigen Erben gleich groß bestimmt, so müssen sie an den, dessen Antheil unbestimmt geblieben ist, so viel abgeben, daß er mit jedem von ihnen gleich viel erhalte80). §. 271. Prälegate (Z. 262.), welche einem oder dem anderen der übrigen Erben ausgesetzt sind, kommen bei der Ausgleichung gar nicht in Anschlag8?). §. 272. Hat der Erbe, dessen Erbtheil in dem Falle des §. 269. unbestimmt geblieben ist, einen Pflichttheil zu fordern, so muß ihm dieser, ohne Rücksicht: ob er mehr oder weniger, als der Erbtheil des am mindesten begünstigten Miterben be­ trägt, ergänzt werden. §. 273. Ist in dem Falle des §. 269. dem ohne nähere Bestimmung einge­ setzten Erben eine Sache oder Summe aus dem Nachlasse, als ein Prälegat, be­ schieden, so erhält er dennoch seinen Antheil, nach eben dieser Bestimmung, ohne Anrechnung des Prälegats. §. 274. Uebrigens finden die Vorschriften der §. 269—273. Anwendung, wenngleich der Testator einen solchen Erben ausdrücklich nur in den Ueberrest ein­ gesetzt, oder alle Abzüge von den Antheilen der übrigen Miterben ausdrücklich ver­ boten hätte.

84) Diese sind conjuncti, wenn sie ausdrücklich aus den Ueberrest ungetheilt angewiesen sind. S. Anm. 76 a. E. zu §. 261. Das L.R. hat die nach R. R. über die Absicht des Testators in dieser Beziehung möglichen faktischen Zweifel hier durch die Bestimmung beseitigt, daß coheredes conjuncti ausdrücklich als solche eingesetzt werden müssen, sonst gelten alle für gleich­ berechtigt. 85) Diese Stelle scheint dunkel und doppelsinnig zu sein, doch findet man darin, genau betrachtet, die Grundsätze des Pandektenrechts. Zuvörderst wird der Zweifel, ob die mehreren unbestimmt Eingesetzten zusammengenommen oder Jeder so viel erhalten solle als derjenige, dem die geringste Quote zugetheilt worden, durch die Betrachtung ganz beseitigt, daß in dem ersteren Falle die mehreren unbestimmt Eingesetzten coheredes conjuncti sein müßten, was sie aber anders nicht sein können, als wenn es der Testator deutlich ausgesprochen hat. §. 268 und Anm. 84 dazu. Wie das Prinzip unseres §. 269 anzuwenden sei, zeigt folgendes Beispiel. Jemand hat testirt: „Meine Erben sollen sein: A. zu ’/4, B. zu V,, C. zu ’/3 und D. zu — E. und F. sollen gleichfalls meine Erben sein." — Nach der Willensauslegung in unserem §. sollen auch E. und F. jeder 1Q erhalten. Nach derselben Willensauslegung hat unser Testator aus dem Ganzen statt Zwölftheile (unciae), Siebzehntheile oder siebzehn Einheiten gemacht, es erhält mithin A. 3, B. 4, C. 4, D., E. und F. jeder 2 Siebzehntheile. Eben so haben schon die alten klassischen Juristen dergleichen Willenserklärungen verstanden. L. 13, §§. 6 und 7 1). de bered, instit. (28, 5). H. In dem Falle, daß die ausgeworfenen Bruchtheile das Ganze übersteigen, findet verhältnißmäßige Reduktion statt. Koch, Erbr. S. 409 f., 413; Förster-Eccius §. 251 Anm. 74 (4 S. 441). 86) Dies ist bei der in der vor. Anm. gezeigten Verfahrungsweise ganz einfach. Sind A. und B. jeder auf die Hälfte eingesetzt und E. auf einen unbestimmten Theil, so erhält Jeder ein Drittel. 87) Ganz natürlich. Denn die Legate ändern die Erbauoten nicht. Welchen Geldwerth jede Quote hat, ergiebt sich nach Abzug der Schulden und Lasten.

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Rossten der kSntfslstUiisl wmmNicher Tcstlimcntserben.

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 275—281.

§. 275. Wenn aber der Testator einigen nicht in gewissen Quoten eingesetzten Erben so viel einzelne Stücke oder Summen angewiesen hat, daß der Nachlaß da­ durch ganz erschöpft wird, und für die anderen Miterben nichts übrig bleibt; so können Letztere von ihren mit einzelnen Stücken oder Summen bedachten Miterben keine Abgabe verlangen. §. 276. Vielmehr findet in einem solchen Falle eben das statt, was verordnet ist, wenn der Nachlaß durch Vermächtnisse erschöpft worden 88).89 90 §. 277. Ist nur Ein Erbe ernannt worden, und kann oder will derselbe nicht Erbe sein; so fällt, in Ermangelung eines Substituten8^, der ganze Nachlaß an die Jntestaterben oo).

88) Jene im §. 275 auf bestimmte Stücke oder Summen eingesetzten Miterben werden also ganz regelrecht als Legatarien behandelt. Anm. 2 zu 8- 1 b. T. 89) Dieser muß ausdrücklich, gleichwie der Erbe selbst, in einen: formell gültigen Akte, ernannt sein. Durchaus begründet ist das Pr. des O.Tr. v. 21. Juni 1844, Entsch. 10 Das in diesem Falle wirkende Rechtsprinzip ist die Restitution. Das Eigenthum kehrt dadurch von selbst wieder auf den Nachfolger des Testirers zurück und der Restituirte hat alle Recessionen, Nutzungen und Früchte, die er unterdessen von der Sache gezogen hat, herauszugeben. H. Dagegen braucht der Legatar nicht zu restituiren rc., wenn sich der Nachlaß erst nach seiner Befriedigung durch Unglücksfälle deratt vermindert hat, daß er zur Befriedigung der übrigen Legatare oder der Gläubiger nicht ausreicht; Gruchot, Erbr. 1 S. 610; Dernburg 3 8. 133 Anm. 8 (S. 395). 51) Diese Sätze §§. 338—341 sind konsequente Folgen des Prinzips §. 337. S. die Anm. 50. 52) Oder vor der Uebergabe an ihn in der Zwischenzeit seit dem Erbanfalle. 53) Um die den Legatarien zu machenden Abzüge festzustellen, bedarf es der Berechnung des Nachlasses, der Schulden und der Vermächtnisse. I. Bei Berechnung des Bettages deS Nachlasses wird zunächst auf die Zeit des Todes des Erblassers gesehen; der Betrag der Früchte und Zinsen bis zum Todestage wird mit eingerechnet. Später eintretende Vermin­ derungen kommen nur dann in Betracht, wenn sie sich ohne ein grobes oder mäßiges Versehen des Erben ereignet haben. I. 9 §. 445. Ein in der Folge sich ereignender Zuwachs kommt gleichfalls zum Vortheile der Legalarien in Rechnung. §. 361 d. T. Unsichere Forderungen müssen für voll gerechnet werden, doch werden sie zuletzt zur Abfindung der Legatarien ver­ wendet. Spätere Zuwüchse kommen gleichfalls in Anschlag, weil der Benefizialerbe nur den nach Bezahlung aller Schulden und Legate verbleibenden Ueberschuß erhält, und die Rücksicht auf den Todestag des Erblassers bei der Feststellung der Masse nur den Zweck hat, eine feste Grundlage für die Rechnungslegung des Erben zu schaffen. II. Bei Feststellung der Schulden­ masse sind die bestrittenen Anforderungen vorläufig voll anzusetzen; was davon abfällt, kommt den Legatarien später zu Gute. III. Die Legate sind nach ihrem wahren Werthe gleichfalls zur Zeit des Todes anzuschlagen, wenn nicht vom Testirer ein Werth für solchen Fall vor­ geschrieben ist, welche Vorschrift als eine Einschränkung oder Erweiterung des Vermächtnisses beachtet werden müßte. Vermächtnisse immerwährender Renten sind zum landüblichen Zins­ füße zu kapitalisiren. I. 11 §. 1099. Zur Berechnung der Vermächtnisse auf die Lebensdauer

Bon Testamenten und Codicillen.

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§. 346. Legatar« also, denen nur ein Nießbrauch, oder gewisse jährliche, oder sonst zu gewissen Zeiten fällige Hebungen beschieden sind, tragen zu diesen Lasten nur in so weit mit bei, als nach dem Verhältnisse, wie der Hauptstuhl, aus dem sie diese Hebungen zu erwarten haben, durch den davon zu entrichtenden Beitrag geschwächt wird, auch ihr Genuß, oder ihre Hebung, einen Abfall erleiden müssen M). §. 347. Damit bestimmt werden könne: um wie viel die jährlichen Hebungen solcher Legatarien sich vermindern, müssen dieselben zuvörderst zu Capital angeschlagen werden. §. 348. Mit wie viel Prozent sie zu Capital zu rechnen sind, muß nach dem Alter und der wahrscheinlichen Lebensdauer der Legatarii, mit Rücksicht auf die bei der nächsten inländischen Wittwenverpflegungs-, Leibrenten- oder TontinenAnstalt angenommenen Grundsätze, bestimmt werden. §. 349. Nach dem Verhältnisse nun, wie viel von einem solchen angenommenen Capital zur Übertragung der Erbschaftslasten abgegeben werden müßte;-nach eben diesem Verhältnisse mindert sich die jährliche Hebung des Legatarii. §. 350. Wenn also, zum Beispiel, von einem jährlich vierzig Thaler be­ tragenden Legate das Capital nach den Regeln des §. 348. fünfhundert Thaler ausmachen würde, und von den Legaten zu den übrigen Erbschaftslasten fünfzig Prozent beigetragen werden müssen, so muß dieser Legatarius mit zwanzig Thalern jährlicher Hebung sich begnügen. §. 351. In dem Verhältnisse, wie der Vortheil des Hauptlegatarii durch den Beitrag zu den Erbschaftslasten geschmälert wird, vermindert sich auch der Vortheil desjenigen, welchem dieser, nach dem Willen des Erblassers, ein Vermächtniß zu entrichten schuldig ist65). , §. 352. Nack vorstehenden Grundsätzen müssen sämmtliche Legatarii, im Ver- Was Rkchhältnisse des auf sie kommenden Vortheils, die übrigen Lasten der Erbschaft auch wem, der alsdann tragen, wenn der ganze Nachlaß durch einzelne Vermächtnisse erschöpft ist. §. 353. Dem Testaments- oder Jntestat-Erben verbleibt jedoch die Verwaltung nhitmnifie m und Verkeilung des Nachlasses, nach den in der Prozeßordnung enthaltenen Vor-id)Opfl ®rb*

schriften 66). ist in den §§. 346—350 eine besondere Bestimmung gegeben. Betagte Legate werden für voll gerechnet; was dadurch an Zinsen gewonnen wird, kommt zur nachträglichen Sertfjeilung. Bergt. §. 365 I. 50 A.G.O. Bedingte Legate müssen gleichfalls voll angesetzt werden, damit die Mittel für den Fall vorhanden sind; fallen sie später weg, so wird ihr Betrag nachträglich vertheilt. Eine vermachte Forderung wird für voll gerechnet; eine vermachte Handlung wird nicht nach dem Geldvortheile angeschlagen, welchen der Legatar davon hat, sondern nach dem Aufwande, welchen der Erbe dazu machen muß, ohne Ersatz dafür zu erhalten, wie z. B, wenn derselbe eine Sache für einen bestimmten Preis an den Legatar verkaufen oder von ihm an­ kaufen soll. Was int ersten Falle die Sache mehr werth ist, und was im zweiten Falle über den gemeinen Werth gegeben werden soll, macht den Betrag des Legats aus. — Uebrigens kommt die hier gedachte Berechnung der Abzüge so gut wie gar nicht vor, vielmehr werden dergleichen unzulängliche Erbschaften immer durch den erbschaftlichen Liquidationsprozeß aus­ gemacht, wo umgekehrt der nach Bezahlung der Gläubiger verbleibende Ueberschuß auf die Legatarien verhältnißmäßig »ertheilt wird. 54) H. Legatarien, denen lebenslängliche Renten vermacht worden, sind berechtigt, in dem über den Nachlaß des Testators eröffneten erbschastlichen^Liquidationsprozeffe die Zahlung ihrer vollen Renten zu verlangen, auch wenn die Revenüen des Nachlasses hierzu nicht auSreichen und zu ihrer Befriedigung die Substanz desselben angegriffen werden muß. O Tr. IV v. 2. Dez. 1852, Str. Arch. 7 S. 329. 55) Z. B. wenn der Legatar eines Hauses, welches^!0,000 Thlr. wertest, einem An­ deren ein Leaat von 1000 Thlrn. entrichten soll, 50 Prozent zur Bezahlung der Schulden^hergeben muß, so ist er dem Unterlegatar nur 500 Thlr. zu zahlen schuldig. 56) Er lann aber auch die Verwaltung und Bertheilung der Maffe dem Gerichte über­ tragen, indem er den erbschaftlichen Liquidationsprozeß eröffnen läfct _§. 359.

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 354—368.

8 354. Einem solchen Erben müssen sämmtliche auf die Conservation und Verwaltung des Nachlasfes, ingleichen auf die Regulirung des Geschäfts mit den Schuldnern und Legatariis verwendete Kosten erstattet werden 67). §. 355. Auch hat er für seine Bemühungen und Versäumnisse eine billige Vergütung zu fordern. §. 356. Können über diese die Interessenten sich in Güte nicht vereinigen, so muß sie der Richter nach eben den Grundsätzen, wie das Solarium eines Veriassenjchafts- oder Concurs-Curators bestimmt wird5#), festsetzen 6e). §. 357. Zu diesen Schuldloshaltungen des Erben (§. 354. bis 356.) tragen die Legatar« in eben dem Verhältnisse bei, wie zu den übrigen Erbschastslasten60 57).61 58 62 59 §. 358. Dergleichen Schadloshaltungen kann jedoch der Erbe nur in so fern fordern, als dieselben dasjenige, was ihm »um Erbtheil übrig bleibt, übersteigen. §. 359. Will der Erbe sich mit dem Geschäfte der Erbschastsregulirung nicht selbst befassen, so steht ihm frei, die gerichtliche Bestellung eines Verlassenschaftscurators, auf Kosten der Masse, seinem Erbrechte unbeschadet, nachzusuchenÄ1). §. 360. Auch in diesem Falle kommt also ein Zuwachs der Erbschaft, welcher in der Folge sich ereignet, demjenigen, welcher das ihm angefallene Erbrecht wirklich übernommen hat, zu gute. §. 361. Von einem solchen Zuwachse aber müssen zuvörderst den Legatariis die vorhin gemachten Abzüge, jedoch ohne Zinsen, ergänzt werden. §. 362. Will weder der Testaments-, noch der nächste Jntestat-Erbe, aus Beforgniß der Unzulänglichkeit des Nachlasses zur Berichtigung der Erbschaftslasten und Vermächtnisse, das ihm angefallene Erbrecht übernehmen; so muß der Richter die nächstfolgenden gesetzlichen Erben in der Ordnung, wie in Ermangelung der näheren das Erbrecht auf sie verfällt wird, dazu auffordern. §. 363. Sobald aber dieser zunächst an der Succession stehende Jntestaterbe, seiner Person oder seinem Aufenthalte nach, unbekannt oder zweifelhaft ist, muß der Richter über den Nachlaß Concurs eröffnen 6Z). §. 364. Bleibt alsdann, nach Abzug der Schulden und Vermächtnisse, in-

57) Da er im Besitze eines Nachlasses ist und die Rechte und Pflichten eines Verwalters hat, so ist er nicht schuldig, sich durch Borschüsie in die Lage -u versetzen, daß er Erstattung fordern müßte ; er ist befugt, die Kosten aus der Maffe zu bestreiten und in Rechnung zu stellen. Vgl. Anm. zu I. 16 §. 317. 58) H. Die Festsetzung der Vergütung erfolgt jetzt lediglich nach freiem richterlichen Er­ messen, §. 77 R.Konk.Ordn. (Früheres Recht: A.G.O. I. 50 §. 92; Taris zur Konk.Ordn. v. 8. Mai 1855.) 59) Wenn der Erbe das Honorar für seine Mühewaltung aus der Maffe entnimmt und in Rechnung stellt, was ihm fteisteht, so erledigt sich der Streit über den Betrag im Rechnungs­ verfahren. Eine Festsetzung durch bloßes Dekret auf einseitigen Vortrag findet nicht statt. 60) Die Vertheilung und der Abzug geschieht pro rata percepti. 61) H. Die Vorschrift des ts. 359 bezieht sich nicht auf den Fall der bloßen Ueberschuldung des Nachlaffes, aus dem Marginale zu §. 352 d. T. sowohl, als auch aus der ganzen Stellung der Vorschrift im Zusammenhang« mit den übrigen gesetzlichen Vorschriften ist vielmehr zu folgern, daß das singuläre Recht, welches der §. 359 dem Erben verleiht, nur für den Fall gegeben ist, daß der Nachlaß durch Vermächtnisse erschöpft wird. Beschl. des Kammerger. ö. 15 Sept 1875, Johow, Jahrb. d. App Ger. 6 S. 82. Die Kuratel des §. 359 ist verschieden von der Nachlaßpflege, welche in §. 89 Borm.Ordn. geregelt ist; daher ist durch letzteres Gesetz §. 359 d. T. nicht geändert. Die Bestellung des hier erwähnten Kurators geschieht durch den Nachlaß­ richter, nicht den Bormuudschaftsrlchter. Vgl. Hesse, BormOrdn. S. 277; Dernburg 3 §. 134 Anm 9 (©. 397); Förste r-Eccius §. 236 Anm. 16 (4 S. 237). 62) H. Die Eröffnung des Konkursverfahrens erfolgt jetzt nur auf Antrag des Erben, des Nachlaßvertreters oder eines Nachlaßgläubigers, §§. 95, 205 R Konk.Ordn. Dagegen hat der Richter im Falle des ij. 363 die Pflicht zur Bestellung eines Nachlaßpflegers, §. 89 Vorm.Ordn.

Bon Testamenten und Codicillen.

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gleichen sämmtlicher Kosten, noch etwas übrig, so fällt dasselbe dem nächsten Jntestaterben, der das Erbrecht nicht abgelehnt hat, anheim. §. 365. Wer dies sei, muß alsdann, wenn die Person oder der Aufenthalt desselben unbekannt ist, durch Edictalcitation ausgemittelt werden *63). §. 366. Ein Vermächtniß, welches der Legatarius nicht annehmen kann oder Bom sfafite will ®4),65fällt, in Ermangelung eines dazu von dem Testator ernannten Substituten, an . die Erbschastsmasse zurück. > §. 367. War jedoch der ausfallende Legatarius mit Vermächtnissen an Andere belastet, so muß der Erbe diese letzteren berichtigen, oder das angefallene Legat dem ferneren Legatario, welchem der Ausgefallene etwas leisten sollte, überlassen66). §. 368. War ein Vermächtniß mehreren Personen zugleich und ungetheilt ®6) beschieden, so wächst der ausfallende Antheil des Einen, in Ermangelung eines Substituten, den übrigen Mitgenossen zu. 68) Ein solcher Ueberschuß wird wie eine vakante Erbschaft nach den Vorschriften des I. 9 §§. 471 ff. behandelt. 64) H. Für den Vermächtnißnehmer ist zur Erklärung über die Annahme oder Ab­ lehnung eines Bermächtniffes eine Frist nicht vorgeschrieben. O.Tr. III v. 17. Sept. 1875, Str. Arch. 94 S. 157. 65) Der Erbe hat die Wahl Diese Bestimmung ist auf eine Frage von Suarez getroffen. „Wie aber" — fragt er, — „wenn nun solches Legat nicht angenommen wird, ver­ liert der zweite Legatar das ©einige? Z. E. ich vermache Cajo ein Haus, er soll aber Titio ein Legat von 10,000 Thlrn. entrichten. Casus repudiirt das Legat, weil vielleicht das Haus nicht 10,000 Thlr. werth ist. Qu.: muß dann der Erbe dem Titio die 10,000 Thlr. prästiren?" (Ges.R. Pens. XVI S. 167.) Die Frage ist schon im §. 287 entschieden; dieser §. 367 macht von jenem Grundsätze hier nur eine Anwendung. 66) Bei der Errichtung von Vermächtnissen gilt eben Herselbe Grundsatz wie bei der Erbes­ einsetzung: mehrere zu demselben Vermächtnisse Berufene sind auf das Ganze berufen und ihre Beschränkung auf Theile ist nur eine Folge ihres Zusammentreffens, welche von selbst aufhört, insoweit Andere Raum geben. Vgl. §. 281 und die Anm. 93 dazu, und §. 371 d. T. Wie die mehreren Berufenen (Kollegatarien) sich einander Raum geben sollen, d. h. welchen Theil vom Ganzen ein Jeder haben soll, kann der Testirer bestimmen, ohne daß dadurch die Einsetzung auf die Sache als ein Ganzes verändert wird (§. 369); denn wenn er sich darüber nicht aus­ gesprochen hat, so wird dies Stillschweigen für die Erklärung genommen, daß Alle gleiche Theile haben sollen. (§. 370. Vgl. §. 261.) Jedes Vermächtniß an Mehrere enthält mithin allemal, sei es ausdrücklich, oder stillschweigend, auch die Anordnung von Quoten der Theilnehmer. Daher sagt ganz richtig das O.Tr. I (Pr. 1235) v. 19 Dez. 1842, Präj S. 1 S. 75: „Die wirkliche Theilung einer mehreren Mitgenossen vermachten Geldsumme ist da noch nicht vorhanden, wo deren Theilnahmerechte nach Quoten und nicht nach bestimmt ausgedrückten Summen in dem Testamente des Erblaffers angeordnet sind." Allein mit dieser Verneinung ist doch für unsere Rechtsanwendung nichts gewonnen. Das Rechtsprinzip ist unstreitig: mehrere zu einem Bermächtniffe berufene Legatarien (Kollegatarien) sind auf das Ganze berufen und haben folglich das Zuwachsrecht. Es fragt sich nur nach dem Erkennungszeichen einer solchen Einsetzung. Statt der ziemlich ausgebildeten Kasuistik des R.R. ist uns in diesem §. 368 das „zugleich und ungetheilt" Beschiedene gegeben. Doch nun fragen wir: was ist „zugleich und unge­ theilt" beschieden? wann darf angenommen roerten, daß der Testirer ein Vermächtniß Mehreren „zugleich und ungetheilt" beschieden habe? So viel ergiebt sich aus der Natur der Einsetzung mehrerer Personen auf einen und denselben Gegenstand, daß die Beifügung von Quoten für die Einzelnen das „zugleich und ungetheilt" so wenig aufhebt, daß ihm sogar das Gesetz der Theilbarkeit der Quoten innewohnt. Aber wir müssen dabei einräumen, daß die Beifügung von Quoten doch nur für sich allein das Zugleich und Ungetheiltsein nicht ausschließt, und daß sie in Verbindung mit anderen Umständen eine andere Entscheidung der Willensfrage — denn nur um eine solche handelt es sich — zu begründen wohl fähig ist. Z. B. ein Testirer verordnet: Bon meiner Boaelhufe (Eigenname) vermache ich ein Viertel dem A. Er soll darauf ein Kreuz an der Landstraße errichten und unterhalten. Weiter sollen erhalten B. ' C. */8 und D. V* der Vogelhufe. Wahrscheinlich wird man das dem A. beschiedene Viertel als besonderes Dermächtniß, als ein Ganzes für sich, ansehen, und deshalb den A. an dem vakant werdenden Theile des B. nicht Theil nehmen lasten, vielmehr nur den B., C und D. für „Mitgenoffen" ansehen, obgleich die Hufe allen vier Legatarien ungetheilt beschieden ist. Darin würde man den Willen oes Testirers vermuthlich treffen und auch im Sinne der Vorschrift unseres §. 368

92

Bon beson­ dern Arten der vermächtniffe: a) Künftige Sachen. b) Eigene Sache des Erben.

c) Fremde Sache.

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 369-383.

§. 369. Dieser Zuwachs geschieht nach eben dem Verhältnisse, nack welchem der Testator die Quoten eines jeden Legatarii an dem ganzen Vermächtnisse be­ stimmt hat. 370. Ist dergleichen Verhältniß von dem Erblasser nicht angegeben, so erwerben die Mitaenossen den Zuwachs zu gleichen Theilen. §. 371. Uebrigens gilt, wegen des Zuwachses bei Vermächtnissen, eben das, was wegen des Zuwachses bei den Erbtheilen verordnet ist. (§. 281. sqq.) §. 372. Doch fallen, wenn der Testator den Zuwachs unter den Legatarien verboten hat, die erledigten Vermächtnisse nicht an den Jntestat-, sondern an den Testaments-Erben. §. 373. Hat der Testator Jemandem ausdrücklich eine künftige Sache vermacht, so muß ihm der Erbe diese Sache, sobald sie zur Wirklichkeit kommt, gewähren 67 * *).68 ************* §. 374. Auch das besondere Eigenthum6#) des eingesetzten Erben kann der Testator einem Dritten vermachen. §. 375. Bei einem solchen Vermächtnisse kommt es darauf nicht an: ob der Testator gewußt hat, daß die Sache dem Erven gehöre69). §. 376. Gehört die Sache einem von mehrern Miterben, und das Bermächtniß ist nicht ausdrücklich diesem allein auferlegt, so muß ihm der gemeine Werth der Sache aus der Erbschastsmasse ersetzt werden. §. 377. Hat der Testator Jemandem eine fremde Sache 70) ausdrücklich 7*) vermacht, so muß der Erbe, dieselbe dem Legatario zu verschaffen, sich möglichst angelegen sein lassen 72).

verfahren, weil dieselbe fordert, daß ein Bermüchtniß Mehreren auch „zugleich" beschieden worden sei. Damit wären wir denn unerwartet zu der Einsicht gelangt, daß unser §. von den re et verbie Verbundenen (Legatarien zu derselben Sache ohne Zuweisung von Quoten) und auch von den verbie Verbundenen (Kollegatarien mit Quoten, §. 369) zu verstehen, daß aber die bloß re Verbundenen (zu derselben Sache, aber in verschiedenen Sätzen oder Anordnungen Ge­ rufenen) kein Zuwachsrecht haben, — ein Ergebniß, welches von dem R.R. sehr abweicht. H. Vgl. die Abhandlung von Contenius,Pr. Anw.Zeit 1863 S. 153. Förster-Eccius §. 276 Nr. I (4 S. 674) interpretirt das „ganz und ungetheilt" als re et verbis conjuncti im Sinne deS R.R., hält aber das Stattfinden des Zuwachsrechts für eine Frage der Willensauslegung des Testa­ tors, so daß, wenn dessen entsprechende Absicht erhelle, auch im Falle bloß verbaler, wie im Falle bloß realer Konjunktion das Zuwachsrecht Platz greifen könne. Dernburg 3 §. 135 (S. 399) will bei nur verbaler Konjunktion in der Regel kein Anwachsungsrecht stattfinden lasten. Ist ein Mehreren gemeinschaftlich ausgesetztes Legat einigen der Kollegatare gezahlt worden, so sind die übrigen Kollegatare berechtigt, sich wegen ihrer Antheile an dem Legate an jene Kollegatare zu Hallen, und können damit nicht an den Erben verwiesen werden. O.Tr. I v. 9. Febr. 1852, Str. Arch. 5 S. 43. Das anwendbare Rechtsmittel ist die Theilungsklage (actio communi dividundo). 67) Das Gleiche gilt von einer vermachten bloßen Hoffnung auf eine künftige Sache. 68) Auch die besonderen Ansprüche des Evben an eine fremde Sache sind mit vermacht, wenn die fremde Sache vermacht ist, wenngleich der Testirer solche Ansprüche nicht gekannt hat. O.Tr. I v. 24. Jan. 1849, Entsch. 17 S. 208. Zu vgl. L. 67 §. 8 D. de legatie II (31). 69) Ist aus dem R.R. ausgenommen. L. 67 §. 8 D. de leg. II (31). 70) Im weiteren Sinne. £8- 1.2 I. 2. Denn auch fremde Rechte können vermacht werden. Vgl. L. 3 §. 5, L. 4 D. de liberatione leg. (34, 3). 71) Vgl. §. 384 u. die Anm. dazu. 72) Hierbei ist vorausgesetzt, daß die Sache sich im Besitze eines Dritten befinde und erst seitens des Erben erworben werden muß Die Verschaffung des Eigenthums der vermachten fremben Sache kann so geschehen, daß der Dritte, auf Veranlassung der Erben, dem Legatar die Sache unmittelbar tradirt. Dann ist der Dritte des Legatars Gewährsmann. Oder der Erbe kann auch die Sache an sich bringen und darauf dem Legatar geben. In diesem Falle hat der Erbe dem Legatar Eviktion zu leisten, denn er ist gehalten, ihm die fremde Sache so zu ver­ schaffen, daß er sie behalten kann, wogegen er für physische Mängel und Fehler nicht einzustehen hat. L. 45 §. 1 I). de leg. I. (30); L. 58 I). de evict. (21, 2). Auch der Dritte, wenn er

Son Testamenten und Codicillen.

93

§. 378. Will der dritte Besitzer der vermachten Sache dieselbe dem Legatario gar nicht, oder nur gegen unverhältnißmäßige Bedingungen überlassen, so muß der Erbe dem Legatario den durch Sachverständige ausgemittelten außerordentlichen 7S * *)73 74 Werth vergüten. §. 379. Hat der Legatarius die ihm als fremd vermachte Sache durch einen lästigen Vertrag, vor oder nach dem Tode des Erblassers, bereits an sich gebracht, so muß der Erbe ihm das vergüten, was er selbst dafür gegeben hat7*). §. 380. Hat aber der Legatarius durch einen wohlthätigen Vertrag, oder sonst76) unentgeltlich, das Eigenthum 76) der Sache erworben, so bleibt das Vermächtniß ohne Wirkung77).78 §. 381. War der Legatarius, zur Zeit des errichteten Legats -*), selbst Eigen­ thümer der ihm vermachten Sache, so ist das Vermächtniß ohne Wirkung, wenn nicht aus der Fassung der Disposition erhellet79), daß und welchen besonderen Vortheil der Testator dadurch dem Legatario hat zuwenden wollen. §. 382. Uebrigens kommt es in diesem Falle 80) nicht darauf an: ob der Legatarius bei dem Ableben des Testators die vermachte Sache noch wirklich besitzt, oder ob er sie in der Zwischenzeit veräußert hat. §. 383. Im zweifelhaften Falle wird niemals vermuthet9'), daß der Testator eine fremde Sache habe vermachen wollen.

unmittelbar die Sache dem Legatar tradirt, haftet nicht für natürliche Mängel; denn die Sache ist zn geben wie sie ist. Vgl. L. 45 § 2 D. de leg. I (30). 73) Das RR. bewilligt nur den gemeinen Werth. L. 71 §. 3D. de leg. I (30); L. 14 §. 2, L. 30 §. 6 D. de leg. III (32). Man nahm an, der Wille des Erblassers gehe nicht weiter als auf den wahren Werth der Sache. Deshalb durfte der Erbe, welcher die fremde Sache theuer angekaust hatte, das, was er über den wahren Werth bezahlte, bei dem Abzüge der Quart nicht in Anrechnung bringen. L. 61 D. ad leg. Falc. (35, 2). Die Redaktoren deg L R. hingegen setzen voraus, der Erblasser habe dem Legatar die Sache selbst zuwenden wollen, folglich auch, wie sie ist, mit ihrem außerordentlichen Werthe, wenn sie einen solchen hat. — Ist ein Anschaffungspreis von dem Testator bestimmt, so ist der dritte Eigenthümer der Sache gleichfalls als Legatar anzusehen, indem er — wenn er die Anordnung annimmt — fordern kann, daß ihm der Erbe die Sache um solchen Preis abkause. L. 32 §. 2 D. de fideicomm. libert. (40, 5). Vorausgesetzt ist hierbei natürlich, daß der Testator mit bewußter Absicht eine bestimmte fremde Sache und deren Eigenthümerbezeichnet habe 74) Ist aus der L. 34 §. 7 D. de leg. I (30) ausgenommen. 75) Z. B. durch Vermächtniß eines anderen früher verstorbenen Testators; es müßte denn erhellen, daß der spätere Testator es auf Zuwendung des Werths der Sache, wenn diese der Legatar bereits erhalten haben sollte, abgesehen hätte (L. 34 2 D. de leg. I. 30 verb. mit L. 21 §/ 1 D. de leg. III. 32), oder es müßte der Legatar aus dem früher eröffneten Testamente den Werth der Sache erhalten haben. §. 6 J. de leg. (2, 20). 76) Wenn der Legatar den Werth der Sache aus einem anderen bereichernden Grunde erhält, so wird dadurch das Vermächtniß nicht aufgehoben; denn die Sache und deren Werth sind zwei verschiedene Gegenstände, mithin ist der Fall, daß zwei bereichernde Geschäfte auf eben dieselbe Sache zusammentreffen, nicht eingetreten. 77) Vgl. 8 323 d. T. u. die Anm. 36 dazu. 78) Nach der regula Catoniana, welche aber unanwendbar wird, wenn das Legat be­ dingungsweise gemacht ist. Daker ist das Vermächtniß auch in diesem Falle gültig, wenn es unter der Bedingung errichtet ist, daß die Sache zur Zeit des Anfalls nicht im Eigenthume des Legatars sein sollte. Vgl. L. 1 §. 1 D. de reg. Caton. (34, 7). 79) Dadurch ist das R R. abgeändert, nach welchem es nur darauf ankam, daß der Testirer irgend ein Recht an der Sache hatte, um das Legat wegen dieses Gegenstandes als gülttg zu betrachten. L. 39 8- 2; L. 71 §. 5; L 86 §. 4 D. de leg. I (30). 80) Wenn nämlich der beabsichtigte Vortheil nicht erhellet, und auch die Veräußerung in der Zwischenzeit bis zum Anfalle nicht als Bedingung ausgedrückt ist. Anm. 78 zu §. 381. I 81) Diese Bestimmung hat an sich keine andere Bedeutung, als daß sie die Beweislast sregulirt für die Lnwendung des im folg. 8- 384 aus dem R.R. aufgenommenen Rechtssatzes, ^»nd erklärt sich in ihrer dermaligen Fassung aus der nun verschwundenen Lermuthungstheorie,

94

d) Sachen, die nicht in Verkehr sind.

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 384—394.

§. 384. Wenn er also eine Sache, die wirklich eine fremde war, als seine eigene82 * *) * *vermacht, * * * * * * * so * * *ist das Vermächtnis ohne Wirkung83). §. 385. Kommt dem Testator nur ein gewisses Recht, oder ein Anspruch auf die Sache zu, so wird, im zweifelhaften Falle 84), nur dieses Recht, oder dieser Anspruch, für vermacht angenommen. §. 386. Werden Sachen vermacht, die vom Verkehr gänzlich 85) ausgeschlossen sind, so ist ein solches Vermächtniß unkräftig.

unter deren Einflüsse die Vers, des L.R. standen. Der Rechtssatz lautet: das Vermächtniß einer fremden Sache gilt, wenn der Testirer wußte, daß es eine fremde Sache sei, nicht aber, wenn er es nicht wußte; er beruhet darauf, das der Testator, hätte er es gewußt, die Sache vielleicht nicht vermacht hätte, so daß nun der Wille ungewiß ist. §. 4 J. de leg. (2, 20). Vgl. L. 67 §. 8 D. de leg. 11 (31) und die Anm. 38 zu tz. 326. Da diesem Grundsätze zufolge die Wissenschaft des Testirers von der Eigenschaft der Sache als einer fremden ein Erforderniß der Gültig­ keit des Vermächtnisses ist und derjenige, welcher den Anspruch auf ein solches im Rechtswege durchsetzen will, die gültige Errichtung behaupten muß, so war es, um sich über die Beweislast zurecht zu finden, nur nöthig, von dem allgemeinen Grundsätze: necessitas probandi incumbit illi, qui agil, eine Anwendung auf diesen Fall zu machen, um zu dem Satze zu gelangen, daß der Vermächtnißnehmer beweisen muß, der Testirer habe gewußt, er vermache eine fremde Sache, und daß nicht der Erbe zu beweisen nöthig hat, derselbe habe nicht gewußt, daß es eine fremde sei. §. 4 J. de leg. (2, 20); L. 21 D. de probat. (22, 3). Dies ist es, was durch den §. 383 bestimmt werden soll. 82) D. h. in der Meinung, er verfüge über seine eigene Sache. Irrt er darin, so ist die Verfügung deshalb unkrüftig. S. die vor. Anm. 83) Ohne Wirkung in so fern, als es wie ein Vermächtniß einer fremden Sache in Betracht kommt, und von dem Erben geleistet werden soll, d. h. der Erbe ist nicht verbunden, die Sache anzuschaffen und dem Legatar zu gewähren. So weit aber der Erbe in Verfolg der irrigen Voraussetzung des Testirers die Verfügung ausführen kann, ohne etwas aufzuopfern, ist er auf die Meinung seines Erblassers einzugehen schuldig. Befindet sich also die Sache im Nachlasse und der Legatar verlangt die Ausfolgung, so muß der Erbe sie ihm ausliefern; dieser ist nicht berechtigt, die Verfügung seines Erblassers, durch welche ihm nichts entzogen wird, anzufechten. Völlig gerechtfertigt ist daher der Rechtssatz, welchen das O.Tr. I v. 24. Jan. 1849, Entsch. 17 S. 202, ausspricht: „Das Legat einer Sache, welche der Testator als seine eigene besessen und hinterlassen hat, kann von dem Testamentserben nicht aus dem Grunde als wirkungslos ange­ fochten werden, weil der Testator wirklich nicht Eigenthümer dieser Sache gewesen sei." Er, der Erbe, interessirt dabei so wenig, daß er bei der Abforderung des dritten Eigentümers nicht einmal passiv legitimirt ist, sondern den Legatar als eigentlichen Gegner nominiren muß. 301 d. T. ü. Koch hatte diese seine Ansicht in späteren Auflagen unter Berufung auf sein Erbr. §. 19 Nr. I 1 lit. c. S. 205 für einen Irrthum erklärt. Indeß auch das R.G II. H. v. 21. Febr. 1881, Entsch. 4 S. 26, tritt der Auffassung des O.Tr. bei. In einem Falle, in welchem der Testator ein bestimmtes Ackerstück in der irrigen Meinung vermacht hatte, daß es sein Eigenthum sei, während er es in der That nur auf Grund von Tausch- und Kaufverträgen besaß, welche der obervormundschaftlichen Genehmigung bedurften, und infolge der nach dem Tode des Testators erfolgten Versagung derselben nicht zur rechtlichen Wirksamkeit gelangt waren, hielt es die Erben zur Übertragung des Besitzes für verpflichtet; es stützt sich auf die gemein­ rechtliche Praxis, auf den Zusammenhang des §. 384 d. T. mit §. 377 d. T. und auf das Prinzip des H. 385 d. T. Für das O.Tr. s. auch Gruchot, Erbr. 2 S. 12; Förster-Eccius $. 252 Anm. 47 (4 S. 460); Dernburg 3 §. 138 Anm. 17 (S. 408). Hat der Testator die Sache nach dem Testamente vor seinem Tode angeschafft, so ist das Legat gültig. 84) Wenn es nämlich ungewiß ist, ob er die Sache als eine fremde oder als seine eigene habe vermachen wollen. Der Testator kann nämlich wohl wissen, daß ihm an der Sache nur ein Antheil oder ein gewisses Recht, oder ein Anspruch zustehe, so daß das Vermächtniß sehr wohl als das einer fremden Sache angesehen werden könnte und, wenn ihm darauf keinerlei Recht zustände, auch angesehen werden müßte. Wegen des ihm daran zustehenden Rechts aber kann es nach den gebrauchten Ausdrücken zweifelhaft sein: ob er nur das, was daran sein ist, oder die ganze Sache als eine fremde zu vermachen beabsichtigt habe. Für diesen Fall nehmen die röm. Juristen an, daß der Testirer, wenn er nicht deutlich und ausdrücklich die ganze Sache als fremde vermacht habe, eher das, was er für sein gehalten, vermachen, als daß er habe seine Erben belasten wollen. L. 36 i. f. I). de usu et usufr. (33. 2); L. 5 §§. 1. 2 D. de leg. I (30); L. 71 §. 6 D. eodem; L. 30 §. 4 D. de leg. III (32). Auf diese Auslegungsregel be­ zieht sich der §. 385.

Son Testamenten und Codicillen.

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§. 387. Hat der Testator den Erben mit gereiften Handlungen zu Gunsten des fiegatatii66) belastet, so ist der Erbe zur Leistung dieser Handlungen so weit verbunden, als er sich dazu durch Verträge hat verpflichten können. (Tit. 5. §. 39. *z) sqq.) §. 388. Hat der Testator eine aus mehreren Sachen dergestalt vermacht, daß nothwendig eine Wahl statt finden muß, so gebührt diese Wahl dem Erben""), in so fern nicht aus der Fassung der Disposition klar erhellet, daß sie der Legatarius haben solle. §. 389. Ein Gleiches findet auch alsdann statt, wenn zwar nur eine bestimmte Sache vermacht worden; in dem Nachlasse aber mehrere Sachen von dieser Art vorhanden find, und nicht deutlich ist, welche derselben der Testator gemeint habe. §. 390. Lautet die Verordnung des Testators dahin, daß der Erbe dem Legatario eine von mehreren Sachen geben solle, so bezeichnet solches eine dem Erben überlassene Wahl. §. 391. Hat aber der Testator verordnet, daß der Legatarius eine von mehreren Sachen nehmen solle, so wird dadurch angedeutet, daß dem Legatario die Wahl zukomme. §. 392. In allen Fällen, reo der Erbe wählt, ist er nur eine nach den Um­ ständen des Legatarii für ihn brauchbare") Sache zu geben verbunden. §. 393. Ist aber die Wahl dem Legatario ohne Einschränkung überlassen, so kann dieser auch das Beste wählen90). §. 394. Haben mehrere Erben'") oder Legatarien unter Sachen von gleicher 85) Gänzlich, d. h. die Sache muß des Kommerzes überhaupt untheilhastig fein, wie z. B. öffentliche Plätze (§. 4 J. de leg. 2, 20; L. 39 §. 9 D. de leg. 1 (30); L. 14 C. eod. 6, 37), und zwar zur Zeit der Errichtung des Legats (§. 381 d. T. und Anm. 78); ist nur der Legatar befitzunfähig, so schadet es der Gültigkeit des Legats nichts. §. 452 d. T. Vgl. L. 40, 114 §. 6 D. de leg. 1 (30). Wird eine gänzlich außer Verkehr befindliche Sache unbedingt ver­ macht, so ist, obgleich der Testirer sich der Eigenschaft derselben bewußt war, und unter dieser Vor­ aussetzung fremde Sachen vermacht werden mögen, der Erbe doch nicht schuldig, dem Legatar den Werth zu geben. Solche Vermächtnisse auszusetzen ist das Thun eines Wahnsinnigen, sagt Ulpian L. 39 §. 8 D. de leg. I (30). Darum sind sie ungültig. Werden sie unter der Bedingung gemacht, wenn die Sache zur Zeit des Anfalls in commercio ist, so find sie gültig. Anm. 78 zu §. 381. 86) Auch ein Prälegat kann in einer Handlung der Miterben zu Gunsten des Prälegatars, z. B. Befreiung von der Schuld desselben, bestehen. S. die Anm. 78 zu §. 262. War ohne juristischen Grund bestritten worden, weil es nicht im g. 262 steht. 87) So lautet das Allegat in der ersten auth. Ausg. des G.B. Spätere Ausgaben haben „§. 33", was augenscheinlich ein Druckfehler ist. H. Förster-Eccius tz. 252 Anm. 126 (4 S. 473) hingegen will in „§§. 51, 68 ff." verbessern. 88) Regelrechte Abänderung des R.R., wonach, wenn sich der Testirer nicht darüber erklärt hat, immer der Legatar zu wählen hat, nur mit der Beschränkung, daß er nicht das Beste nehmen darf. War ihm die Wahl noch besonders eingeräumt (legatum optionia a. electionia), so deutete dies an, daß er auch das Beste nehmen durfte. L. 2 pr. D. de opt. et elect. (33, 5). 89) Ganz fehlerfrei braucht die Sache nicht zu sein, aber sie darf keiner Eviktion unter­ worfen sein (§. 397 d. T. Vgl. L. 37 pr.; L. 45 §. 1 D. de leg. I (30), weil sonst der Erbe seine Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllt hat. L. 29 §. 3 D. de leg. III. (32). Er muß mithin für das legatum generia Gewähr leisten, es wäre denn, daß alle vorhandenen Stücke der Gattung, aus welcher zu wählen war, mit demselben juristischen Mangel behaftet wären. 90) S. die Anm. 88 zu §. 388. 91) Wer unter den „mehreren Erben" hier zu verstehen sei, kann verschieden gedacht werden. Man kann an den Erben eines nach dem Anfalle verstorbenen Legatars denken; man kann darunter die Erben des Testators in der Eigenschaft als Belastete verstehen und an den Fall denken, daß Jeder derselben eine Sache nach seiner Wahl aus einer bestimmten Gattung geben solle (§. 890); man kann endlich die Erben des Testirers als solche in Vollziehung der Theilung, oder auch als Prälegatare sich darunter denken. Es scheint, bei näherer Bettachtung, das Letzte gemeint zu sein ; das praktische Ergebniß bleibt aber dasselbe, wenn die Vorschrift auf alle drei möglichen Fälle ohne Unterscheidung bezogen wird.

e) Hand­ lungen.

i Vermächt­ nisse der Wahl.

96

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 395-405.

Art eine Wahl vorzunehmen, so entscheidet das Loos, in welcher Ordnung92) sie wählen sollen "). §. 395. Hat der Testator einem Dritten die Bestimmung, welches Stück der Legatarius haben soll, überlassen, so kann dieser, so wie der Legatarius selbst (§. 393.), auch das Beste aussuchen. §. 396. Kann oder will der Dritte nicht wählen^), so gebührt zwar die Wahl dem Legatario 96); dieser muß sich aber alsdann mit einer für ihn brauch­ baren Sache von mittlerem9?) Werthe begnügen. §. 397. In allen Fällen, wo der Erbe wählt, ist derselbe dem Legatario zur Gewährsleistung für die gegebene Sache, wie bei Verträgen verpflichtet9^). §. 398. Hat aber der Legatarius gewählt, so haftet der Erbe, außer dem Falle eines mit untergelaufenen Betrugs, nicht für die fehlerhafte") Beschaffenheit der Sache. §. 399. Der Erbe muß jedoch in allen Fällen, wo der Legatarius die Wahl

92) Vorausgesetzt ist der Fall, wo die Mehreren Jeder ein Stück zu wählen haben. Nach N.R. entschied die Prävention mit der Beschränkung, daß der Nachkommende eben dasselbe Stück wählen durfte, wodurch dann Miteigenthum entstand. L. 33 D. de leg. I (30); L. 8 §. 2 D. de opt. vel elect. (33, 5). Die Vers, des L.R. führen hier für diesen Fäll das Loos als Schieds­ richter ein, dessen Gebrauch Justinian für einen anderen Fall vorgeschrieben hat, den die Vers, des L.N. ganz übergehen. Dies ist der Fall, wenn eine generisch bestimmte Sache Mehreren gemeinschaftlich beschieden und den Kollegatarien das Wahlrecht eingeräumt worden ist. Man wird berechtigt sein, diese Lücke aus dem bis dahin gültig gewesenen Rechte auszufüllen, da einerseits mit den Grundsätzen über gemeinschaftliches Eigenthum hier, wo es sich erst um die Bestimmung der Sache handelt, die gemeinschaftliches Eigenthum sein soll, sich kein Resultat ge­ winnen läßt, und anderentheils das L.R. selbst das Loos als Mittel zur Auseinandersetzung über gemeinschaftliche untheilbare Sachen erlaubt. I. 11 §. 569. — Danach entscheidet denn in solchem Falle gleichfalls das Loos, und zwar nicht lediglich über die Ausübung des Wahlrechts in dem Sinne, daß der Gewinner als Vertreter der Mitgenossen bloß das Wahlrecht ausübte, sondern mit der Bedeutung, daß er zugleich Alleineigenthümer des gewählten Stücks wird, und die Theilnehmer nach einer Taxe abfindet. §. 23 J. de leg. (2, 20). Das Gleiche gilt, wenn die Erben des vor der Wahl verstorbenen Legatars sich über die Wahl nicht einigen können. L. 4 pr. C. communia de leg. (6, 43). 93) Ueber die Frage: Was ist nach dem L.R. Rechtens, wenn Mehreren dieselbe Sache vermacht ist und sie sich über die ihnen beigelegte Wahl nicht einigen können, vgl. Koch im Schles. Arch. 4 S. 345. 94) Nach G R nahm man auf Grund der L. 37 pr. I). de leg. I (30) an, daß auch ein Dritter nur Mittelsorte wählen dürfte. Hiervon ist man abgegangen 95) Dies wurde nach R.R. angenommen, wenn der Dritte nicht binnen Jahresfrist die Wahl getroffen. L. 3 § 1C. communia de leg. (6, 43). Fristen dürfen nicht ohne gesetzliche Bestimmung gesetzt werden. Da es an einer solchen Fristbestimmung für uns fehlt, so muß der Dritte besonders zur Wahl eingeladen werden, unter dem Rechtsnachtheile, daß sonst angenommen werde, er könne oder wolle nicht wählen. Diese Prozedur entspricht auch der natürlichen Ord­ nung in der Geschäftsführung, da der Dritte nicht eigenmächtig die Wahl vornehmen kann. 96) Für den Fall, daß der Legatarius oder der Erbe - wenn diesem die Wahl zusteht — zögert, fehlt es uns an einer gleichen Vorschrift. Das R.R. läßt das Wahlrecht von dem Erben, im Falle einer Mora, auf den Legatar übergehen. L. 11 §. 1 D. de leg. II (31). Versäumte aber der Legatar die ihm gesetzte Frist zur Wahl, so verlor er das Legat, um zu ver­ hindern, daß der Erbe in seiner Verfügung über die übrigen Stücke ausgehalten würde. L. 6, 7, pr.; L. 17 D. de opt. et elect. (33, 5). Hiernach kann das preuß. Recht nicht ergänzt werden. Vielmehr muß dem Wahlberechtigen, auf Antrag des Anderen, von dem Richter ein Termin bestimmt werden, und dann ist im Exekutionsverfahren die Sache zum Austrage zu bringen. 97) Diese Bestimmung iift aus der L. 3 §. 1 C. comm. de leg. (6, 43) ausgenommen. Dort ist sie konsequent, denn auch der Dritte durfte nicht das Beste wählen. Hier aber verstößt sie gegen die Konsequenz des §.* 395. 98) S. die Anm. 89 zu §. 392. 99) Für natürliche Fehler haftet der Erbe auch in dem Falle nicht, wenn er selbst gewählt hat, Anm. 89 zu §. 392.

Von Testamenten und Codicillen.

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hat, demselben sämmtliche im Nachlasse befindliche Stücke, unter welchen er wählen könnte, treulich angeben, und auf Verlangen vorzeigen 10°). §. 400. Hat er dieses nicht gethan, so ist der Legatarius an seine erste Wahl nicht gebunden, sondern kann von neuem wählens. §. 401. Der, welchem eine gewisse Gattung von Sachen, ohne Bestimmung «»Vermachte der Qualität und Quantität, vermacht worden, erhält alle Stücke, welche sich von derselben Gattung, zur Zeit des Todes, im Nachlasse befunden haben2). §. 402. Doch bleiben Stücke davon ausgenommen, die als Pertinenzstücke oder Inventarien eines Landguts oder Gebäudes anzusehen sind; sobald der Wille des Testators, daß der Legatarius auch diese haben solle, nicht klar erhellet. §. 403. Hat der Testator Jemandem ein Stück von einer gewissen Gattung ohne weitere Bestimmung vermacht, und es findet sich dergleichen im Nachlasse nicht, so muß der Erbe dem Legatario ein solches Stück anschaffen3). §. 404. Die unbestimmt gebliebene Qualität einer solchen, dem Legatario zu­ gedachten Sache muß nach dem Stande und der Nothdurft des Empfängers be­ stimmt werden. §. 405. Wenn Jemandem eine bestimmte Sache vermacht worden, so sind unter einem solchen Legate, in Ermangelung näherer Vorschriften, auch die gesetz­ lichen Pertinenzstücke, so weit dieselben bei dem Ableben des Testators vorhanden waren4), mit begriffen. (Tit. 2. §. 42. sqq.) 100) Dazu kann er ihn mit der actio ad exhibendum zwingen. 1) Ohne Unterschied: ob die Vorlegung sämmtlicher Stücke aus Arglist des Erben, oder aus irgend einer anderen Ursache unterblieben ist. Ausgenommen ist der Fall, wenn der Legatar wußte, daß noch mehrere Stücke vorhanden, er aber aus den vorgelegten Stücken die Auswahl treffen wollte. L. 4, 5 D. de opt, et elect. (33, 5). — Außer dem Falle des §. 399 ist die getroffene Wahl unabänderlich; sie kann nicht wegen Mangels der schriftlichen Form angefochten werden, weil es zur Gültigkeit der zur Zufriedenheit des Empfängers geleisteten Zahlung keiner Form bedarf. 2) Die Bestimmung ist aus L. 7 pr. D. de tritico (33, 6) fast mit denselben Ausdrücken (dort heißt es: Alles was davon hinterlassen ist) ausgenommen. Dies berechtigt uns, auch die daran geknüpften Entscheidungen über die Frage: was unter gewissen Umständen dazu gehöre, oder nicht gehöre, als Nechtswahrheiten für uns gelten zu lassen, wenn nicht landrechtliche Grund­ sätze entgegenstehen. Danach gehören nicht dazu solche Stücke, welche der Erblasser zwar zu fordern, aber noch nicht übergeben erhalten hat (L. 27 tz. 2 I). de auro 34, 2); ferner nicht solche, welche derselbe bereits veräußert, aber noch nicht abgeliefert hat (L. 30 §. 4 D. de leg. III. [32]), weil es nicht wahrscheinlich ist, daß der Erblasser sich durch die Veräußerung der ver­ machten Sache hat in die Lage setzen wollen, sich auf die Leistung des Interesses dem Erwerber verurtheilen zu lassen. Dagegen gehören dazu auch solche Stücke, welche sich, ohne den Eigen­ thümer gewechselt zu haben, nur einstweilen, zu einem vorübergehenden Zwecke, in fremder Gewahrsam befinden (L. 34 pr. I). de auro 34, 2), weil sie von dem Erblasser als sein Eigen­ thum, auf welches Niemand Anspruch hat, hinterlassen sind. Diese Gründe gelten auf für uns. — Ist von Sachen der vermachten Gattung gar nichts vorhanden, so gilt das Vermächtniß nicht, weil der Testirer nur das vermachte, was er von der Gattung haben würde, z. B. seine Pferde, sein Silbergeräth. 3) Entscheidet eine Kontroverse. Ulpian hält das Vermächtniß eines Hauses (Genus) für spöttisch und spricht ihm die Geltung ab, wenn der Testirer keine Häuser hinterlasse. L. 71 pr. D. de leg. I. (30). Dagegen ist in der L. 13 D. eodem das Vermächtniß eines Sklaven, und in der L. 3 pr. D. de tritico (33, 6) das Vermächtniß von 100 Krügen Wein für gültig und der Erbe zur Anschaffung für verbunden erklärt, wenn auch keine Sklaven und kein Wein im Nachlasse vorhanden. Koch meint, beiderlei Entscheidungen sind richtig, aus dem von Ulpian angegebenen Grunde, und hält deshalb ein schlechtweg zugeschriebenes Vermächtniß eines Hauses von einem Testirer, der keine Häuser hat, nicht für ernstlich gemeint, folglich der Bestimmung des §. 403 ungeachtet für ungültig. Nach dem Zusammenhänge der §§. 401 ff. beziehen sich die­ selben auf bewegliche Sachen, mithin ist der §. 403 überhaupt nicht von Grundstücken zu verstehen. 4) „Wenn in einem Testamente ein Grundstück vermacht und diesem Grundstücke demnächst Koch, Allgemeines Landrecht. II.

8. Aufl.

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Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 406—415.

h> Vermacht§. 406. Derjenige also, dem eine solche Sache vermacht worden, geht in "stimmten^Ansehung der gesetzlichen Pertinenzstücke demjenigen vor, welchem die Gattung von Sache»». Sachen, zu welcher diese Pertinenzstücke an und für sich gehören, beschickten ist«). §. 407. Zu vermachten flüssigen Sachen gehören auch die Gefäße, in welchen sie verkauft oder geführt zu werden pflegen. i) Vermacht§. 408. Ist Jemandem eine bestimmte Schuldforderung vermacht worden7), Schuld«"" so gebührt ihm das Capital, nebst allen nach dem Tode") des Erblassers fälligen tchrcibiiiig. Zinsen. §. 409. Ist die Schuld unrichtig d), oder der Schuldner unvermögend l0), so trifft der Verlust den Legatarium. §. 410. Ist die Schuld getilgt"), so kau« auch der Legatarius nichts fordern. §. 411. Wird aber die Schuld nur durch Gegenforderungen aufgehoben, die nach dem Zeitpunkte, da das Legat ausgesetzt worden, entstanden sind, und worüber sich der Erblasser mit den Schuldner nicht berechnet hatte, so kann der Legatarius den Betrag des Hauptstuhls aus der Masse fordern 12).

mit Wissen des Testators andere Grundstücke im Hypothekenbuche zugeschrieben worden, so sind letztere als Zubehör des ersteren, und für mitlegirt zu erachten." O.Tr. I v. 5. April 1850, Entsch. 19 S. 168. Die Frage ist eben so in der L. 24 §. 2 D. de leg. I. (30) entschieden. Nur ist nicht, wie es jenes Erk. ausdrückt, die Zuschreibung im Hypothekenbuche der allein ent­ scheidende Umstand, sondern die Bestimmung des Testators, daß das hiezu erworbene Stück Land ein Theil (Zubehör ist es gleichfalls nicht) des vermachten Landgutes sein solle. Hat er dieses auf eine authentische Weise erklärt und die Zuschreibung im Hypothekenbuche (wenn das Hypo­ thekenwesen regulirt ist, sonst kommt gar nichts darauf an) vorbereitet, so ist das Stück Land, dem Erben gegenüber, als ein Theil des vermachten Landgutes anzusehen, wenn auch die Zu­ schreibung zur Zeit des Todes noch nicht erfolgt sein sollte. Umgekehrt, wenn der Testirer, nach der Errichtung des Legats, von dem vermachten Grundstücke ein Stück abgetrennt und zu einem anderen Gute geschlagen hat, so ist dadurch das Stück dem Legatar entzogen. L. 8 pr.; L. 24 §. 3 D. de leg. I. (30). Denn der Wille des Erblassers allein entscheidet und spricht sich in solcher Handlung deutlich aus. 5) Dieses Marginale muß neben §. 405 stehen. 6) Vgl. o. §. 402. 7) Dies ist schon geschehen durch die Vermachung des Schuldscheins. L. 44 §. 5 D. de leg. I. (30). 8) Abänderung des N.R. Dieses versteht unter dem nomen das Kapital mit allen davon bereits fälligen und noch laufenden Zinsen, und spricht deshalb dem Legatar die ganze Schuld­ verbindlichkeit, also auch die vor dem Tode des Testators fällig gewordenen Zinsen zu: „videri universam ejus nominis Obligationen! legatam.“ L. 34 pr. D. de leg. III. (32). 9) Dieser Fall ist analog dem Vermächtnisse einer Sache oder eines Rechts, welches dem Testirer nicht gehört, welches er aber für sein hält. L. 75 §§. 1, 2 D. de leg. I. (30). H. Wenn der Testator sich hinsichtlich der Existenz der Forderung auch nur in einem Rechts­ irrthum befunden hat, ist das Vermächtniß derselben doch unwirksam. Förster-Eccius §. 252 Anm. 85 (4 S. 466). 10) Ist die Schuld richtig aber uneinziehbar, so hat der Fall Aehnlichkeit mit dem Ver­ mächtnisse einer bestimmten Sache, welche wegen natürlicher Fehler unbrauchbar ist. Der Be­ lastete ist nur verbunden, die Sache, wie sie ist, zu übergeben, hier die Forderung zu cediren, ohne daß er für die Beitreibung zu sorgen hat. Anm. 89 zu §. 392. 11) Gleichviel auf welche Weise. L. 21 pr. D. de lib. leg. (34, 3); L. 75 §. 2 i. f., L. 84 §. 5 D. de leg. I. (30); §. 21 J. de leg. (2, 20). Es wird so angesehen, als wenn der legirte Gegenstand zu Grunde gegangen wäre, oder als wenn ihn der Testator, falls er die Forderung einzog, veräußert hätte. Die Kompensation wird jedoch in diesem Sinne nicht als eine Tilgung der Forderung angesehen. §. 411. Eine andere Ausnahme macht der §. 412. H. Hat nicht der Testator selbst, sondern während seines Wahnsinns die Vormundschaft eine ausstehende Forderung eingezogen, so greift §. 410 nicht Platz. O.Tr. I v. 23. Mai 1870, Entsch. 63 S. 121. Das gleiche Prinzip will Dernburg 3 §. 151 Anm. 14 (S. 432) in anderen Fällen einer Einziehung ohne Wissen und Willen des Erblassers anwenden. 12) H. Es ist streitig, ob, wenn die Gegenforderungen vor dem Zeitpunkte, da das Legat ausgesetzt wurde, entstanden sind, §. 410 Anwendung fände. Die Bejahung der Frage folgt per arg. e contrario aus §. 411 und aus der Bedeutung der Kompensation nach preuß. R.

Von Testamenten und Codicillen.

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§. 412. Hat der Schuldner die Schuld zwar bezahlt, der Testator aber das von ihm empfangene Geld bis an seinen Tod besonders aufbewahrt13), so gehört dasselbe, wenn nicht eine andere Absicht des Testators dabei klar erhellet14), dem Legatario. §. 413. Eben das gilt, wenn der Testator das für die vermachte Schuld ein­ gegangene Geld sogleich^') in eben derselben oder einer minderen 16) Summe wieder ausgeliehen hat. §. 414. Ist Jemandem Alles, was in einem gewissen Behältnisse sich befindet, vermacht worden; so werden darunter die Schuldforderungen17), worüber die Instrumente darin verwahrt sind, nicht mit begriffen, sobald in dem Behältnisse noch andere Sachen sich finden, auf welche das Legat gedeutet werden fann1S). §. 415. Wohl aber sind unter einem solchen Vermächtnisse Banknoten, Pfand-

(88- 300, 301 I. 16). So Fvrster-Eccius §. 252 Anm. 88 (4 S. 467); Gruchot, 1" S. 220. Anders Dernburg 3 §. 150 Anm. 11 (S. 431), weil in jener Ansicht eine Härte und ein Verstoß gegen den präsumtiven Willen des Erblassers liege; die Frage sei im L.N. offen gelassen und im Einzelfalle zu entscheiden. — Eine andere Frage ist, in welcher Weise die Unwirksamkeit des Vermächtnisses in dem bezeichneten Falle geltend zu machen ist. Der vom Schuldner wegen der Gegenforderung belangte Erbe kompensirt selbstständig; hat der Schuldner die legirte Forderung an den Legatar bezahlt, so hat er es auf seine Gefahr gethan und kann höchstens eventuell gegen den Legatar kondizireu. S. Förste r-Eecius a, a. O. Anm. 89, sowie — abweichend — N. B. bei Gruchot 4 S. 374, Podlalsy ebd. S. 381. 13) Vergl. §. 322 und die Anm. 33 dazu. Die besondere Aufbewahrung wird auch in diesem Falle für die stillschweigende Willenserklärung des Testators genommen, daß das Legat bei Kräften bleiben solle. Der Fall ist aus der L. 11 §. 13 D. de leg. III. (32) ausgenommen. Dort geht der Jurist (Ulpian) noch weiter, indem er ausspricht, daß, wenn der Testator das Geld nicht in der Absicht eingefordert habe, um das Legat zurückzuziehen (zumal wenn der Schuldner von selbst die Schuld abgetragen habe), das Legat auch dann noch Bestand behalte, wenn er für dieses selbe Geld eine Sache angeschafft haben sollte. Dies ist nach den Grund­ sätzen des L.R. nicht anzunehmen. Nur etwas Aehnliches bestimmt der folg. §. 413. 14) Dabei, bei der Aufbewahrung, also aus den Umständen muß die Absicht klar er­ hellen, es findet mithin eine sonstige Beweisführung nicht statt. 15) Wenn der Testator das Geld zwar anfangs besonders aufbewahrte, dann aber ander­ weit, ohne weitere Bestimmung, anlegte, so ist der Fall dieser Vorschrift nicht eingetreten; denn alsdann ist die Willensmeinung des Testators ungewiß geworden. Der Fall ist so gedacht, daß der alte Schuldner das Geld abzahlt und ein neuer Darlehnsnehmer dasselbe auf der Stelle in Empfang nimmt, so daß kein Zweifel stber die Identität des Geldes aufkommen kann. Man darf die Vorschrift nicht ausdehnend erklären, weil es sich hier um eine stillschweigende Willens­ erklärung des Testators handelt und die als Ausdruck eines bestimmten Willens bezeichnete Handlung keine Modifikation leidet, ohne die eigentliche Willensmeinung zweifelhaft zu machen. Mit einer solchen bloßen Veränderung der Person des Schuldners steht aber die Novation auf gleicher Linie, wenigstens nach der Meinung der klassischen Juristen (L. 76 §. 3 I). de leg. II. 31), ja dieser Fall macht noch weniger Bedenken als jener, da durch die Novation doch eigentlich nur die Bezeichnung des vermachten Gegenstandes, über welchen sonst kein Zweifel ist, unrichtig wird. H. Vergl. Bornemann 6 S. 92; Dernburg 3 §. 150 Anm. 15 (S. 432 — er ver­ steht das „gleich" von „einem von vornherein gefaßten Entschlüsse"); Förster-Eccius §. 252 Anm. 87 (4 S. 467 — er legt auf die Identität des eingenommenen und wieder aus­ geliehenen Geldes Gewicht). 16) Aber nicht in einer größeren. Denn dadurch, daß der Testator durch Zulage eine andere größere Darlehnsforderung schafft, wird seine Absicht in Beziehung auf das Legat zweifel­ haft. S. die vor. Anm. 17) S. Anm. 19 zu §. 415. 18) Ist das nicht der Fall, so sind die Schuldscheine als vermacht anzusehen. Wenn aber ein Legat so angegeben ist, daß Jemand eine bestimmte Summe, welche in einem gewissen Behältnisse zur Zeit des Todes sein werde, z. B. zehn Friedrichsd'or, haben solle, so erhält er nur diese, wenn sich auch mehr darin befinden; er erhält aber weniger, auch gar nichts, wenn sich weniger oder gar keine Friedrichsd'or darin befinden, sollten auch andere Geldsorten in Menge dort vorräthig sein. Denn es ist gewissermaßen eine bestimmte körperliche Sache vermacht, die nicht vorhanden ist. L. 108 §. 10 D. de leg. (I 30); L. 1 §. 7 I). de dote prael. (33, 4).

100

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 416-422.

Briefe ober Actien und andere die Stelle des baaren Geldes vertretende Papiere^) mit verstanden, wofern nicht eine entgegengesetzte Willensmeinung des Testators klar erhellet. §. 416. Hat der Testator nur die Zahlung einer vermachten Summe aus einem ausstehenden Capital angewiesen 20); so muß der Erbe diese Zahlung leisten, wenngleich das Capital von dem Testator nachher eingezogen worden 21). §. 417. Ist aber die Schuld unrichtig, oder der Schuldner unvermögend; so ist das Vermächtniß ohne Wirkung22). §. 418. Kommt jedoch der Schuldner zu besseren Vermögensumständen; so tritt das Vermächtniß, soweit alsdann noch Zahlung von dem Schuldner erhalten werden kann, wiederum in seine Kraft. §. 419. Ist ein Vermächtniß auf gewisse jährliche Einkünfte angewiesen, so kann der Legatarius nicht mehr fordern, als die Einkünfte wirklich betragen. §. 420. Doch müssen die Ausfälle Eines Jahres aus den Ueberschüfsen, welche

19) Man kann fragen: ob auch gezogene Wechsel dazu gehören; und nach dem heutigen Wechselrechte muß man sich zur Bejahung hinneigen. Doch haben die Vers, des LR. die Wechsel ohne Zweifel nicht als Geldpapiere, welche die Stelle des baaren Geldes vertreten, aufgefaßt, und man wird nicht fehl gehen, wenn man sie im Sinne des L.R. zu den Instrumenten über Schuldforderungen (§. 414) rechnet. H. Das Gleiche muß allgemein von indossablen Papieren mit Blanko-Giro und von Papieren auf Namen gelten, auf welche ohne Legitimationsprüfung dem Präsentanten Zahlung geleistet wird. Förster-Eccius §. 252 Anm. 96 (4 S. 468). 20) Dies ist kein legatuni nominis, sondern das Vermächtniß einer Summe mit ange­ wiesenen Zahlmitteln. Ueber den Fall, wenn die Zahlmittel nicht vorhanden (die Post unrichtig oder unbeibringlich), ist kein Einverständniß nach G. R. S. aber Anm. 22. 21) Die Entscheidung dieses Falles ist aus der L. 23 D. de adimendis v. transf. (34, 4) ausgenommen. — H. Analog ist der Fall zu behandeln, daß der Erblasser das Vermächtniß auf ein erst anzulegendes Kapital anwies, zu dessen Anlegung es, weil der Erblasser darüber wegstarb, nicht kam. Dernburg 3 §. 150 Anm. 19 (S. 432). 22) Beide Fälle werden nach dem Wortlaute gleich behandelt; der Fall der Uneinziehbarkeit ist aber von dem der Unrichtigkeit der angewiesenen Post doch verschieden. Die Verf. des L.R. schwankten anfangs über die zu treffende Bestimmung. Man monirte gegen den Satz des 417, daß eine falsche Demonstration oder ein falscher Beweggrund das unbedingte Legat nicht alteriren könne. Suarez rechtfertigte jedoch die Bestimmung damit, daß es wohl eine sehr natürliche Vermuthung sei, daß der Testator, indem er das Legat auf eine gewisse Post anweise, bei Er­ richtung desselben darauf, daß diese Post zu seinem Vermögen gehöre, Rücksicht genommen, und daß er das Legat nicht würde gemacht haben, wenn er gewußt hätte, daß er um so viel ärmer sei. (Ges.Rev. Pens. XVI S. 174.) Es läßt sich aber vielleicht mit noch mehr Wahrscheinlich­ keit sagen, daß der Testator, wenn er das Legat von der Güte des angedeuteten Zahlmittels hätte abhängig machen wollen, dem Legatar die Post selbst würde vermacht und nicht erst noch den Erben mit der Einkassirung belastet haben. — Das R. R. behandelt den Fall der Un­ richtigkeit wie eine falsche Demonstration. Im Falle der Unsicherheit hingegen ist der Erbe verpflichtet, dem Legatar die unsichere Post zu cediren. L. 88 §. 8 D. de leg. II. (31). Der folgende H. 418 zeigt, daß die Verf. in diesem Falle auch nicht eigentlich die Ungültigkeit des Legats gemeint, vielmehr im Grunde eben das im Sinne gehabt haben, wie das R. R. bestimmt. Dem Legatar muß eine Cession oder Anweisung auf sein Verlangen vom Erben gegeben werden, wenn er sich selbst mit der Beitreibung befassen will. Die §§. 417 und 418 stehen nicht ent­ gegen, sie hindern den Legatar nur, unbedingte Zahlung von dem Erben zu fordern. Will er sich mit dem vom Testator angewiesenen zweifelhaften Zahlmittel abfinden lassen, so hat der Erbe kein Widerspruchsrecht, weil kein Interesse. H. Wird der Erbe ohne Vorbehalt an der Verwendung des angewiesenen Fonds dadurch gehindert, daß die Erbschaftsgläubiger den überschuldeten Nachlaß in Beschlag nehmen, so muß er dem Legatar die vermachte Summe aus seinem eigenen Vermögen zahlen; Gruchot, 2 S. 68. Der Vermächtnißnehmer hat jedenfalls kein Recht auf das Kapital, aus dem die Zahlung angewiesen ist. Deskalb hat das R.G. IV v. 12. Jan. 1882, Entsch. 6 S. 236, den Legatar nicht für berechtigt gehalten, im Kaufgelderbelegungsverfahren das Hypothekenkapital in Anspruch zu nehmen, auf welches sein Vermächtniß angewiesen, welches aber für einen Gläubiger des Erben gepfändet und überwiesen war.

Bon Testamenten und Codicillen.

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in den nächst folgenden drei Jahren sich ereignen, so weit diese dazu hinreichen, vergütet werden28). §. 421. Ist Jemandem der Gebrauch oder Genuß einer Sache23 24)25vermacht k) Bermüchtniß des worden, und dem Vermächtnisse keine Bestimmung einer gewissen Zeit beigefügt: so Gebrauch­ oder Nieß­ behält der Legatarius den Vortheil auf Lebenslang2Ö); und26)27 derjenige, welchem brauchs. die Substanz als Erben, oder vermöge eines anderen Vermächtnisses zufällt, kann auf den Mitgebrauch oder Mitgenuß keinen Anspruch machen. §. 422. Wie weit der Erbe oder Legatarius der Substanz deshalb Caution fordern könne, ist nach den im Titel vom Nießbrauche vorgeschriebenen Grundsätzen zu beurtheilen 2*5. (Tit. 21. Abschn. 1.) 23) Siehe Anm. 19 zu §. 302. 24) Oder eines Rechts. Zuweilen kann es zweifelhaft sein: ob der Testator den Nießbrauch, oder das Eigenthum, oder nur die jährlichen Früchte (legatum annuorum redituum), oder sonst etwas anderes habe vermachen wollen. Natürlich kommt es in jedem einzelnen Falle auf die besondere Ausdrucksweise an, und die Entscheidungen, welche die Klassiker bieten, sind nur als Beispiele ihrer Auslegungskunst anzusehen, die uns nicht binden, a) Fr.: ob Eigenthum oder Nießbrauch vermacht sei, wenn eine Sache „zur Benutzung" ausgesetzt worden ist. Man will im Zweifel Eigenthum annehmen, doch ist aus den Beweisstellen ein solcher allgemeiner Rechts­ satz nicht zu gewinnen. Die L. 4 D. de alim. (34, 1) hat folg. Fall: „Ich verordne, daß meinen Freigelassenen — diejenigen Grundstücke u. s. w. überlassen werden sollen, dergestalt, daß sie ihnen zu Dem, was sie bei meinem Leben von mir empfangen haben, als Nahrungs­ mittel und Kleidung angewiesen sein sollen." Der Jurist findet hierin ein Vermächtniß der Grundstücke selbst. Die L. 22 §. 1 D. eod. entscheidet den Fall, wo Jemand, der einem Anderen Alimente schuldig war, demselben Weinberge mit dem Zusatze vermacht hatte: damit er einen Gegenstand habe, von dem er den Unterhalt beziehe. Es wird Eigenthum angenommen, weil der Zusatz viel mehr den Grund des Vermächtniffes, als eine Bestellung des Nießbrauchs bezeichne. Die L. 15 D. de auro (34, 2) enthält diesen Fall: „Jemand vermachte der Seja bestimmte ISold- und Silberstücke und fügte bei: Ich bitte Dich, Dasjenige, was ich Dir an Gold und Silber vermacht habe, auf den Fall Deines Todes dem N. zu geben und zu überliefern; es wird Dir der lebenslängliche Nießbrauch an diesen Gegenständen genügen." Die Entscheidung lautet: durch die angegebenen Worte sei das Eigenthum, mit einem Fidei­ kommisse beschwert, vermacht worden, b) Fr.: ob Nießbrauch oder nur die jährlichen Früchte legirt worden, indem der zweite Fall dem Legatar kein dingliches und kein Besitzrecht, sondern nur ein jährliches Forderungsrecht giebt. Fall der L. 38 D. de usu et usufr. (33, 2): „Meine Frau soll, so lange sie lebt, die Einkünfte des re. Landguts erhalten." Der Jurist erklärt dies für ein Legat der Einkünfte. Fall der L. 41 D. eodem: „Die jährlichen Früchte des re. Land­ guts gebe und vermache ich dem Publius Mävius." Dies scheint dem L a b e o, nach der Meinung des Testators, der Nießbrauch zu sein, c) Fr.: ob Nießbrauch oder Wohnungsrecht vermacht sei, wenn so gesagt worden: „Dem N. vermache ich den Nießbrauch am Hause des Wohnens wegen." Die Juristen entscheiden einstimmig: nur das Wohnen sei vermacht. Hätte der Testator gesagt: den Gebrauch des Wohnens wegen, so würde gar kein Zweifel sein. L. 10 2 D. de neu et hab. (7, 8). H. Auch die letztwillige Zuwendung des Nießbrauchs am ganzen Nachlasse oder einer Quote desselben ist Vermächtniß, nicht Erbeinsetzung. Jedoch kann unter der Form der Nießbrauchs­ verleihung nach dem Willen des Testators auch eine fideikommissarische Substitution gemeint sein. Das ist AuSlegungsftage. Dernburg 3 §. 138 Anm. 9 (S. 406); Förster-Eecius §. 252 Nr. IV 2 B (4 S. 465). R.G. III v. 1. Dez. 1882, Gruchot 27 S. 926. Vergl. auch Änm. 9 zu §. 4 d. T. 25) Dergl. I. 21 §. 177 u. Koch, Erbr. §. 140 No. III 2 lit. e. 26) Durch diesen zweiten Theil des §. 421 soll der Rechtssatz der L. 19 D. de usu et usufr. (33, 2) abgeschafft werden. Suarez sagt: Nach der L. 19 D. de usu et usufr. leg. war, wenn dem Einen die Sache und dem Anderen deren Nießbrauch vermacht worden, der letztere, selbst gegen den Willen des Testators (unrichtig!). Beiden gemein. Diese sonderbare Vorschrift, an deren Anwendbarkeit in unseren foris schon Stryk in U. M. Lib. VII Tit. 2 §. 2 zweifelt, ist in dem §. 421 aufgehoben. (Jahrb. 41 S. 83.) 27) Vergl. I. 21 ß. 20. Die testamentarische Anordnung, durch welche der Verwalter eines Erbtheils von der Kauttonsleistung befreit ist, ist ihrem wahren Sinne entsprechend nur mit der sogenannten clausula rebus sic stantibus zu verstehen. — Es ist aber auch eine im preußischen Rechte sich nach verschiedenen Richtungen hin geltend machende Ansicht, daß in dem Verlassen der preußischen Lande (H. jetzt — bei der Vollstreckbarkeit jedes Urtheils durch das ganze Reich —

102

Erster Theil.

Zwölfter Titel.

§§. 423- 430.

§. 423. Ist aber der Gebrauch oder Genuß einer Corporation, Gemeine oder anderen moralischen Person, ohne Zeitbestimmung zugewendet, so dauert das Vermächtniß nur fünfzig Jahre28). §. 424. Hingegen laufen die einer moralischen Person beschiedenen jährlichen oder sonst zu gewissen Zeiten wiederkehrenden Hebungen29), so weit als das Legat an sich gültig ist, im Mangel einer näheren Bestimmung, so lange fort, als die moralische Person noch vorhanden ist. §• 425. Vermacht der Erblasser seinem Schuldner das, was dieser ihm selbst30) PMvschuld schuldig 31) ist, so ist die Schuld 32), nebst allen vor und nach Errichtung des Testaes egatarll. Menis angeschwollenen Zinsen, für erlassen zu achten33). §. 426. Doch ist dergleichen Erlaß34) auf Forderungen, die erst nach dem errichteten Legate entstanden sind, nicht zu ziehen, sobald nicht, daß auch dieses der Wille des Erblassers gewesen sei, klar erhellet. §. 427. Für einen Erlaß der Schuld ist es anzusehen, wenn der Testator verordnet hat, daß dem Schuldner seine Verschreibung3^) oder sein33) Pfand 37) zurückgegeben38) werden solle.

Deutschlands) eine Unsicherheit, und in der Domizilirung im Auslande eine Erschwerung der Rechtsverfolgung gefunden wird. Bergt. I. 11 §. 760; I. 14 §§. 193,298; A.G.O. I. 29 §. 10 Nr. 4. O.Tr. I v. 29. April 1864, Str. Arch. 54 S. 135. 28) Suarez sagt zur Rechtfertigung dieses Satzes: „Nach der L. 9 D. deusu et usufr. leg. (33,2) dauert der einer moralischen Person ohne Zeitbestimmung vermachte Nießbrauch 100 Jahre; dies ist im §. 423 auf 50 Jahre eingeschränkt, weil der hundertjährige Zeitraum, welchen all eg. L. 8 als den längsten Lebenstermin annimmt, heut zu Tage unter die halben Wunder gehört/" (Jahrb. 41 S. 83.) Das R. R. hat jedoch vor dem L.R. den Vorzug der Einheit im Prinzip und der Konsequenz. Das L.R. will den aus einem Vertrage entstandenen Nießbrauch einer juristischen Person ewig (I. 21 §§. 179, 180), den aber aus einem Testamente 50 Jahr dauern lassen. Warum? Man weiß es nicht; vermuthlich aus Unachtsamkeit bei der Redaktion. Das N. R. erklärt den 100jährigen Zeitraum für einen Grundsatz. L. 56 D. de usufr. (7, 1). 29) Vergl. die Anm. 19 zu §. 302. 30) Auch das, was der Legatar dem Erben oder Beschwerten, oder einem Dritten schuldig ist, kann vermacht werden. L. 8 pr. D. de lib. leg. (34, 3). Nur ist die rechtliche Wirkung nicht eben dieselbe, welche hier der §. 425 mit dem Vermächtnisse der Schuld an den Testirer selbst verbindet, vielmehr kommt es in Beziehung auf die Schuld an den Erben auf die Art der Erbesantretung an; und die vermachte Befreiung von der Schuld an einen Dritten legt dem Erben die Verbindlichkeit auf, den Legatar von der Schuld zu befreien. L. 4 D. eodem. 31) Nicht bloß das, was der Legatar persönlich schuldig ist, sondern auch ein auf der Sache des Legatars haftendes dingliches Recht kann in gleicher Weise und mit gleicher Wirkung wie eine Schulo vermacht werden. L. 86 §. 4 D. de leg. I. (30); L. 1 §. 1 D. de lib. leg. (34, 3). 32) Mag der Testator eine bestimmte Summe angegeben haben oder nicht. L. 25 D. eodem. S. die folg. Anm. H. Ueber den Einfluß des Liberationslegats auf eine Gesammtschuld bez. beim Bestehen einer Bürgschaft s. Dernburg 3 §. 152 (S. 434); Förster-Eccius §. 252 No. 2 L (4 S. 469 f.). 33) H. Der Legatar kann Quittung und Rückgabe des Schuldscheins vom Erben fordern. Dernburg a. a. O. (S. 434). 34) Dergleichen Erlaß, d. i. ein Erlaß dessen, was der Legatar dem Testator schuldig, ist ein allgemeiner Erlaß. Dieser bezieht sich nur auf die bis zur Errichtung bereits entstandenen Schulden, doch auch auf davon noch nachher auflaufende Zinsen (§. 425). Die Entscheidung ist aus der L. 31 tzH. 4, 5 D. de lib. leg. (34, 3) ausgenommen. H. Auch die letztwillige Er­ klärung des Testators, in Betreff der Schuld befriedigt zu sein, wirkt als Liberationslegat. Derneburg 3 §. 151 Anm. 3 (S. 433); Förster-Eccius §. 252 Anm. 104 (4 S. 469). 35) Giebt der Erblasser, selbst sterbend, den Schuldschein zurück, so gilt dies gleichfalls als Erlaß. L. 3 §§. 1, 2 D. eodem. 36) d. h. nicht das an einen Dritten Bestellte. Dernburg 3 §. 151 Anm. 5 (S. 433). 37) Vergl. I. 20 §. 70. Die dortige Willensauslegung kommt mit der der röm. Juristen überein. L. 1 §. 1 D. eodem. Hier, bei dem §. 427, hat man daran vermuthlich nicht gedacht. 38) H. Letztwillige Anordnung der Löschung einer Hypothek wirkt nach Befreiung von der persönlichen Schuld. Förster-Eccius §. 252 Anm. 102 (4 S. 469).

Von Testamenten und Codicillen.

103

§. 428. Dem Vermächtnisse einer Schuld ist es gleich zu achten, wenn Aeltern, zu Gunsten eines oder des anderen ihrer Kinder, das Einwerfen desjenigen, was dasselbe an sich nach den Gesetzen sich anrechnen lassen müßte, erlassen. §. 429. Findet sich bei dem Ableben des Testators, daß der Legatarius dem­ selben nichts schuldig sei3e), so ist das Vermächtniß ohne Wirkung39 40).41 §. 430. Vermacht der Erblasser seinem Gläubiger das, was dieser von ihm m>l'?erTäe ff. Diese Ausnahme kennt das R. R. nicht. L. 51, 34 §. 3 D. de solut. XLVI, 3). 70) Hier ist von einem sogenannten mandatum generale cum libera facultate a^endi die Rede. Ueber die Bedeutung und die Machtsülle, welche einem solchen beizulegen sei, gmgen die Meinungen der verschiedenen gemeinrechtlichen Schriftsteller weit auseinander. Viele wollten einem Bevollmächtigten die Befugniß beilegen, alles das zu thun, was der eigentliche Prinzipal verrichten könne, asto überhaupt alles dasjenige, wozu sonst ein mandatum speciale erforder­ lich. Andere hielten dafür, ein mandatum cum und sine libera beziehe sich nur auf eine rerum oder negotiorum administratio 4unb könne auf solche, denen nur ein einzelnes Geschäft aufgetragen sei, nicht angewendet werden; hier bewende es dabei, daß ein mandatum generale cum libera zur Verrichtung von Geschäften, die eine Spezial-Vollmacht ihrer Natur und Eigen­ schaft nach erfordern, nicht ermächtige. Zwischen diesen beiden Extremen werden noch viele Ab-

Bon Bollmachtsausträgen.

171

verpflichtet den Machtgeber durch alle zur Vollziehung desselben 71 * *) * unternommenen ***** Handlungen, in so fern nicht die Gesetze eine Specialvollmacht dazu erfordern 72). §. 99. Eine Specialvollmacht ist erforderlich7^: 1) wenn Eide erlassen, oder für geschworen angenommen werden sollen; Anh.

§. 44.

Es macht hiebei keinen Unterschied, ob der Eid der Partei oder einem

Zeugen erlassen werden soll74).

§. 100. Ferner 2) wenn der Bevollmächtigte einen Eid in die Seele des Machtgebers ableisten soll75); §. 101. 3) Wenn die Entscheidung eines Rechtsstreites einem schiedsrichter­ lichen Ausspruche unterworfen werden soll 76); §. 102. 4) Wenn über streitige Rechte des Machtgebers ein Vergleich wirklich abgeschlossen werden soll77); stufungen vertreten. Die letzterwähnte Meinung schließt mit der Regel: daß die Ertheilung eines allgemeinen mandatum cum libera den Mangel einer besonderen (Spezial-) Vollmacht da, wo solche an sich und nach der Beschaffenheit des Geschäfts nöthig war, nicht ersetze, und daß dieser Satz nur bei eigentlichen administratoribus rerum oder negotiorum gewisse Aus­ nahmen leide. Joh. Christian Quistorp, Abh.: ob ein sogenanntes mandatum cum libera den effectum mandati specialis habe? in dessen Beiträgen zur Erläuterung verschiedener Rechts­ materien 2. Aufl., Rostock u. Leipzig 1787, Nr. XXVII S. 427 ff. Dieser Meinung schließt sich hier das Allg. Landrecht an.

71) Anwendungen hiervon sind folgende Fälle: a) Wer bevollmächtigt ist, sich nach Gutbefinden, mit oder ohne Vorbehalt, als Erbe zu erklären, ist als bevollmächtigt zu Allem anzusehen, was zu einer Erbeserklärung ohne Vor­ behalt erforderlich ist; und die Erklärung eines solchen Bevollmächtigten über die Antretung der Erbschaft ohne Vorbehalt ist rechtsgültig. R. v. 14. Febr. 1820, Jahrb. 15 S. 5. Das Bedenken bestand darin, ob der Erbe (Machtgeber) auch über die rechtlichen Folgen einer solchen Erbeserklärung vollständig unterrichtet gewesen sei. Daffelbe war deshalb nicht begründet, weil die Gültigkeit eines solchen Erbschastsantritts nicht bedingt ist durch eine vorausgegangene gerichtliche Belehrung des Erklärenden. Sonst aber s. m. die Anm. 25 zu §. 32. b) Wer bevollmächtigt ist, die Rechte eines Subhastationsintereffenten wahrzunehmen, ist hierdurch auch ermächtigt zur Abgabe der Erklärungen, wodurch die Lizitationsbedingungen fest­ gestellt worden, und es bedarf des besonderen Nachweises, wenn eine Ausnahme hiervon ange­ nommen werden soll. O.Tr. IV v. 21. Jan. 1848, Rechtsf. 3 S. 300. c) Die in der Anm. zu §. 46 und Anm. zu §. 52 angegebenen Fälle.

72) Die Vollmacht zum Abschlufle eines Kaufvertrages schließt die Ermächtigung zur Ver­ abredung von Konventionalstrafen nicht in sich; zur Gültigkeit einer solchen Festsetzung bedarf es vielmehr einer Spezialvollmacht. O.Tr. III (Pr. 1450) v. 11. Mai 1844, Präj.S. 1 S. 78. H. Dieses Präjudiz bezieht sich nur auf den Fall, in welchem der Bevollmächtigte Namens des Machtgebers die Verpflichtung zur Bezahlung einer Konventionalstrafe übernimmt, findet also keine Anwendung, wenn der Bevollmächtigte zu Lasten des andern Kontrahenten eine Konventionalstrafe stipulirt. O.Tr. III v. 6. Juü 1877, Entsch. 80 S. 284. 73) S. die vor. Anm. 74) Aus dem Gutachten der Gesetz-Kommission v. 28. Okt. 1800, Rabe 6 S. 341. H. Nach der C.P.O. §. 77 bedarf es zum Erlaß eines Parteien- oder eines Zeugeneides einer Spezialvollmacht nicht. Struckmann u. Koch, Kommentar zur C.P.O. 4. Aufl.Anm. 2 zu §. 77, Anm. 4 zu §. 356, Anm. 1 zu §. 429. 75) H. Nach der C.P.O. §. 400 giebt es Eidesleistung durch Bevollmächtigte nicht. Der Eid muß von dem Schwurpflichtrgen in Person geleistet werden. Stirbt der Schwurpflichtige, so tritt das in §. 433 daselbst vorgeschriebene Verfahren ein. 76) H. Diese Bestimmung ist nicht beseitigt durch C.P.O. §§. 77 u. 851. Die Motive zu der letzteren Bestimmung erachten dies für selbstverständlich. Die Spezialvollmacht zu einem Vergleiche (§. 102) legitimirt nicht zu einem Kompromisse, mithin auch nicht zu dem Anträge, gemäß §. 100 des Anh. zu A. GO. (I. 12 §. 20) gleich in der Revisionsinstanz zu entscheiden. Beschl. des O.Tr. v. 14. April 1835 in Sachen Eitner c. Stadler, ergangen an das Gericht zu G log au. — Modifizirt durch A. HG.B. Art. 114, 116, Str. Arch. 64, IV v. 8. Mai 1866 S. 117. 77) H. Nach der C.P.O. §. 77 ermächtigt die Prozeßvollmacht auch „zur Beseitigung des

172

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 103—113.

§. 103. 5) Wenn ein Recht des Machtgebers einem Dritten abgetreten78 * *),79 oder Verzicht darauf geleistet7e) werden soll; §. 104. In so fern jedoch Verzichtleistungen unter allgemeinen Vollmachten gewisser Art, vermöge besonderer Gesetze, mitbegriffen sind, oder in dem Laufe deS dem Bevollmächtigten aufgetragenen Geschäftes mit vorzukommen pflegen 80), ist dazu eine Specialvollmacht nicht erforderlich; §. 105. 6) Wenn der Bevollmächtigte Sachen oder Gelder81), (Prozeßkosten82) allein ausgenommen) für den Machtgeber in Empfang nehmen, und darüber quittiren soll 83);

Rechtsstreites durch Vergleich, Verzichlleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung deS von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs rc." 78) Eine Astervermiethung fällt gleichfalls unter diesen Rechtssatz. Daher ist z. B. eines Miethers Verwalter als solcher nicht ermächtigt, auch nur einen Theil der gemietheten Räume astermiethsweise abzutreten. O.Tr. I v. 13. Jan. 1851, Entsch. 20 S. 236. Auch ein Testamentsexekutor bedarf zu Sessionen von Rachlaßforderungen einer besonderen ausdrücklichen Ermächtigung im Testamente. S. Anm. zu 1. 12 §. 557 und Johow und Küntzel, Jahrb. 2 S. 132, 138. 79) (H. Vgl. Anm. 77.) — Der Ausdruck „Berzichtleistung" ist in weiterer Auffassung zugleich von erworbenen Rechten zu verstehen. Daher muß die auf Entsagungen lautende Voll­ macht für genügend erachtet werden, wenn auch für die Entsagung keine Gegenleistung bedungen ist (§. 109). O.Tr. II v. 6. Nov. 1862, Str. Arch. 46 S. 314 und Entsch. 48 S. 80. 80) (H. Vgl. Anm. 77). — Ein mit gewöhnlicher Prozeßvollmacht versehener Mandatar ist auf Grund derselben zur Zurücknahme eines von seinem Machtgeber anaemeldeten Rechtsmittels ermächtigt, ohne daß es dazu einer Spezialvollmacht bedarf. O Tr. IV (Pr. 1920) v. 8. Okt. 1847, Präj.S. 1 S. 231, u. v. 12. März 1863, Str. Arch. 48 S. 252. — Auch die Erklärung des zur Prozeßführung bevollmächtigten Rechtsanwalts, sich bei einem im Civilprozesse ergangenen Erkenntnisse, gegen welches ein an eine Prozeßfrist gebundenes Rechtsmittel zuständig ist, be­ ruhigen zu wollen, erfordert weder eine Spezialvollmacht des erklärenden Rechtsanwalts, noch der Acceptation der Erklärung von Seiten der anderen Partei. O.Tr. IV v. 24. Jan. 1865, Str. Arch. 58 S. 122. — H. Die Vollmacht zur Vertretung bei einer Nachlaßreaulirung und zum Abschluß eines Erbrezesses schließt die Befugniß zur Bewilligung der Umschreibung von Hypotheken ein. Johow, Jahrb. d. App.Ger. 7 S. 247. 81) Dieser von Sachen und Geldern geltende Rechtssatz wird analog auch im Personen­ rechte angewendet, namentlich auf die Abforderung eines unehelichen Kindes von Seiten seines Vaters zur eigenen Erziehung. Das O.Tr. hat den Satz ausgesprochen: Wenn der natürliche Vater eines unehelichen Kindes, nach erreichtem vierten Lebensjahre desselben, das Kind in eigene Pflege nehmen will und dessen Verabfolgung von der Mutter nicht persönlich, sondern durch einen dazu Beauftragten fordert, so bedarf der letztere mindestens einer schriftlichen Vollmacht. Wenn ohne solche Vollmacht die Mutter die Verabfolgung des Kindes verweigert, so wird der natürliche Vater von der Verpflichtung der ferneren Alimentenzahlung durch die an die Mutter ergangene Aufforderung, ihm das Kind zu verabfolgen, nicht befreit. O.Tr. I v. 5. ©ept. 1845, Entsch. US. 341. Gewiß ist das keine unjuristische Ausdehnung. Vgl. die Anm. 65 zu §. 90. 82) Nämlich die von dem Gegner zu erstattenden außergerichtlichen Kosten. (H. Nach der C.P.O. §. 77 ermächtigt die Prozeßvollmacht ebenfalls zur Empfangnahme der von dem Gegner zu erstattenden Kosten.) Deshalb kann der Mandatar einer Partei, Namens derselben, auch ohne besondere Vollmacht, seine eigenen Gebühren von der zur Kostenerstattung verurteilten Gegenpartei einfordern und in Empfang nehmen. Die Gegenpartei hat nicht den Einwand, daß sie nur die wirklich schon gehabten und bezahlten Auslagen und Kosten zu erstatten schuldig sei, denn sie ist auch schuldig, die Kostenschuld des Anderen zu erstatten. Vgl. die V. des J.M. v. 3. Okt. 1834, Jahrb. 44 S. 393. 83) Vgl. §. 130. — Der Rechtsgrundsatz, daß eine von einem Dritten an einen durch mündliche Eröffnung bezeichneten Bevollmächtigten geschehene Leistung von demjenigen, welcher in dieser Art die Beauftragung erklärte, anerkannt werden müsse, findet auch aus den Fall An­ wendung, wenn der Bevollmächtigte nicht zur Abschließung eines Geschäfts, sondern nur zur Empfangnahme einer bereits feststehenden Zahlung dem Dritten mündlich bezeichnet war. So sagt das O.Tr. III in dem Pr. 1257 v. 18. Jan. 1843, Entsch. 9 S. 233. Der darin ent­ haltene Rechtspunkt ist weit einfacher. Der Bevollmächtigte (Beauftragte) ist hier nicht jener mündlich bezeichnete Zahlungsempfänger, sondern der Zahler, der Schuldner selbst: dieser wird beauftragt, an jenen zu zahlen. Damit verschwindet alle Schwierigkeit und Zweifelhaftigkeit.

Bon Vollmachtsausträgen.

173

§. 106. 7) Wenn im Namen des Machtgebers Grundstücke veräußert84 * *) oder angekauft werden sollen; §. 107. 8) Wenn im Namen des Gutsbesitzers die Eintragung auf ein Grund­ stück, oder im Namen des Gläubigers die Löschung eingetragener Gerechtsame im Hypothekenbuche, bewilligt werden soll 85J.86 §. 108. Toch ist derjenige, welcher die Zahlung einer eingetragenen Post in Empfang zu nehmen gehörig bevollmächtigt war, eben dadurch auch befugt, in die Löschung dieser Post nach erhaltener Zahlung zu willigen88). §. 109. 9) Auch zu Schenkungen aller Art, im Namen des Machtgebers, ist eine Specialvollmacht nothwendig87). §. 110. Specialvollmachten müssen von dem Machtgeber eigenhändig geschrieben und unterschrieben, oder doch erst, nachdem der Bollmachtsauftrag von einem An­ deren ausgesetzt worden, von dem Machtgeber eigenhändig unterzeichnet sein 88). §. 111. Ist der Machtgeber unfähig zu schreiben, so muß die Specialvoll­ macht nach den allgemeinen im Titel von Verträgen enthaltenen Vorschriften aus­ gestellt werden. (Titel 5. 172. sqq.) §. 112. Bloße Blanquets, auf welchen nur der Name des Machtgebers, ohne Bestimmung des Geschäftes, wozu der Auftrag gegeben worden, sich befindet, sind zu Handlungen, die eine Specialvollmacht erfordern, niemals hinreichend. §. 113. Wer aber ein Blanquet, ohne Bemerkung des Geschäftes, zu welchem dasselbe bestimmt ist, aus den Händen giebt, kann gegen eine über die NamensGanz gewiß muß der Gläubiger die nach seinem Willen geleistete Zahlung gelten lasten. kann den Vollstrecker seines Willens für seinen Willen verantwortlich machen.

Niemand

84) H. Die Vollmacht zur Veräußerung des Grundstücks schließt die Vollmacht zur Auf­ lassung in sich. Johow, Jahrb. 7 S. 148, 8 S. 156; vgl auch das. 7 S. 146. 85) Oder wenn im Namen des Grundstücksbesitzers auf die Löschung einer im Grundbuche eingetragenen getilgten Schuldpost angetragen werden soll, weil der Besitzer nur selbst loco creditoris ist. H. In der ertheilten Befugniß zum Verkauf eines Grundstücks liegt nicht die Befugniß zur Belastung desselben. Johow, Jahrb. 8 S. 208. Die §§. 99—107 sind in ihrer Anwendung auf die Vertretungsbefugniß der Handelsgesell­ schaften durch die allgemeinen Vorschriften der Art. 114, 116 des H.G.B. modifizirt. S. Anm. zu Art. 114. 86) D. h. es ist nicht nöthig, daß in der Vollmacht ausgedrückt sei, der Bevollmächtigte solle über die empfangene Zahlung auch quittiren und in die Löschung willigen können. Vgl. R. v. 10. April 1820, Jahrb. 15 S. 39. Tas versteht sich von selbst; man kann nicht Zahlung empfangen sollen, ohne gehörige Quittung darüber zu geben. Die Löschungseinwilligung ist

nicht erforderlich, denn die Löschung erfolgt auf gehörige Quittung über geleistete Zahlung unv auch — außer dem Falle der Zahlung — auf Konsens des Gläubigers. Grundbuchordn. v. 5. Mai 1872 §§. 92, 94, Johow, Jahrb. 7 S. 285 Nr. 209. — Aber wenn ohne Zahlungs­ leistung in die Löschung gewilligt werden soll, so ist dazu ausdrückliche Spezialvollmacht erforder­ lich. §. 107. Meinungsverschiedenheit ist darüber: ob derjenige, welcher zur Einhebung einer Schuld­ forderung bevollmächtigt ist, dadurch von selbst auch ermächtigt sei, diese Post an einen Dritten freiwillig zu cediren. Ein R. v. 26. April 1806, Rabe 8 S. 514, sagt Ja, ein späteres R. v. 19. Okt. 1809, Rabe 8 S. 368, hebt jenes auf und verneint. Die zweite Meinung ist die richtige. Session und Zahlungsempfang sind wesentlich verschiedene Rechtsgeschäfte und haben sehr verschiedene Folgen und Wirkungen. Das erstere setzt die Eingehung eines Rechtsverhältnistes (Deräußerungsvertrages) voraus, das letztere hebt ein bestehendes Schuldverhältniß auf. Zu jedem von beiden fordert das L.R. eine Spezialvollmacht. §§. 103 u. 105. Dies entscheidet. In gleicher Weise werden zum Kompromisse und zum Vergleiche besondere Spezialvollmachten gefordert. §§. 101 u. 102, u. Anm. 76.

87) Anm. 17 a. E. zu §. 18 d. T. u. Anm. 78 zu §. 103. 88) Wenn der Vollmachtsauftrag nach der Unterschrift darüber gesetzt wird, so schadet es der Gültigkeit des auf Grund einer so entstandenen Vollmacht abgeschloffenen Geschäftes nicht, falls der Dritte davon nichts weiß. §. 113.

174

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 114—117 (Zusatz 1), §. 17 (Zusätze S, 8).

Unterschrift gesetzte Vollmacht, wenn sie gleich erst nach der Unterzeichnung darüber geschrieben worden, sich nicht entschuldigen 89J. §. 114. In außergerichtlichen Handlungen ist es die Sache des Dritten, welcher mit dem Bevollmächtigten sich einlassen will, wie er von der Richtigkeit der vorgezeigten Specialvollmacht sich zu überzeugen gedenke. §. 115. Wenn aber auf den Grund einer solchen Vollmacht etwas gerichtlich verhandelt werden soll, so muß der Richter eine gerichtlich oder vor einem Justizcommissario und Notario ausgestellte oder anerkannte Vollmacht fordern 90). Anh. §. 45.

Einer attestirten Specialvollmacht bedarf es nicht, wenn Collegia und In­

stitute, deren Beamte öffentlichen Glauben haben, dieselbe in dieser Eigenschaft ausgestellt, und mit dem Amtssiegel bedrückt haben •*).

§. 116. 1.

Aufgehvben 9?).

Gesetz über die Form einiger Rechtsgeschäfte. Bom 11. Julil845. (G.S

S. 495.) §. 2.

Folgende Rechtsgeschäfte können fortan auch von einem Notar ausgenommen werden:

b) Vollmachten zur Erhebung von Sachen und Geldern bei Gericht. Der §. 116. Titel 13. Theil I. des Allg. Landr. wird aufgehoben, dagegen bleibt der §. 571. Titel 12. des Allg. Landr., wo­ nach ein gerichtlich niedergelegtes Testament oder Kodizill nur an einen gerichtlich bestellten Be­

vollmächtigten zurückgegeben werden darf, in Kraft.

§. 117. Ist der Empfänger ein Ausländer, so kann auch eine von einem gerichtlich beglaubigten9^) Notario attestirte Vollmacht angenommen werden. 89) Es wäre denn, daß der Dritte unredlich gehandelt hätte. Anm. zu §. 97 d. T. 90) Vollmachten der Ehefrauen für ihre Ehemänner erfordern gleichfalls keine andere Form, namentlich nicht die für Verträge zwischen Eheleuten in II 1 §§. 198 u. 200 vorgeschriebene gerichtliche Form. Denn die Ehefrau übernimmt keine besonderen persönlichen Verbindlichkeiten gegen den Mann, welche auf das mit dem Dritten in Folge der Vollmacht eingegangene Geschäft Einfluß haben könnten. Der Mann kann alle Angelegenheiten der Frau mit deren Zustimmung besorgen, und zur bloßen Genehmigung eines Geschäfts der Ehefrau mit einem Dritten ist eben nur die Zustimmung der Frau erforderlich: mit dem Manne kontrahirt die Frau nicht. Die Frau wird durch die Bevollmächtigung ihres Mannes in keiner Beziehung gegen den Mann ge­ bunden, sie kann die Vollmacht willkürlich widerrufen und der Mann hat keine gültige Forderung daraus an die Person der Frau. In Beziehung auf Prozeßvollmachten ist dieser Grundsatz so­ wohl von dem IM mehrmals (R. v. 10. Juni 1836, M annkopf, L.R. II, 98; R. y. 5. Mai 1843 in der Oels'er Sache v. Wittich c. v. Scharowitz), als auch von dem O.Tr. II ausgesprochen. Pr. 508 v. 27. Juli 1838, Präj.S. 1 S. 139: „Bei Ausstellung einer Prozeßvollmacht, zur Wahrnehmung der Rechte der Eheftau auf ihren Ehemann, bedarf es »licht der Zuziehung eines Beistandes, wenn auch der Prozeß die eingebrachten Grundstücke, Gerechtigkeiten oder auf den Namen der Eheftau, ihrer Erblasser oder Geschenkgeber geschriebenen Kapitalien betrifft." Das Argument a contrario ist hier ganz unzulässig, weil das Pr. lediglich die Entscheidung der vor­ gelegten Streitfrage, deren Gegenstand eben eine Prozeßvollmacht war, enthält. Daß derselbe Rechtssatz bei Vollmachten, deren Gegenstand ein anderes Rechtsgeschäft ist, nicht gelten solle, ist damit durchaus nicht angedeutet und hat auch keinen juristischen Grund für sich. Der 8- 116 macht übrigens keinen Unterschied, ob die Vollmachten im Inlands oder Aus­ lande ausgenommen sind. Vgl. Anh. §. 46 (hinter §. 117 d. T.) und die Anm dazu. 91) Aus dem R. v. 28. Sept. 1795, Rabe 3 S. 150, und v. 9. Aug. 1802, Rabe 7 S. 202. Diese Ausnahme tritt auch ein, wenn die Vollmachtoerhandlung einer Innung von dem Beisitzer des Magistrats ausgenommen und von dem Magistrate (Gemeindevorstand) aus­ gefertigt worden ist, unter dessen Oberaufsicht die Innung steht. R. v. 20. Nov. 1840, J.M.Bl. S. 391. 92) Den Inhalt s. m. in der folg. Anm. 93. 93) Der aufgehobene §. 116 lautete: „Wenn Sachen oder Gelder durch einen Bevollmächtigten bei Gerichten erhoben werden sollen, so ist dazu eine gerichtliche Vollmacht nöthig." Auf die zu diesem §. gemachte Erinnerung, daß in manchen Ländern schlechterdings keine anderen als notarielle Vollmachten ausgestellt würden, schaltete S u a r e z 8- 117 ein. Die Fassuna ist nach der Absicht und dem Grunde des Gesetzes augenscheinlich ungenau. Denn nicht auf die Eigenschaft des Ausstellers als Ausländers, sondern auf den Ort der Ausstellung der Vollmacht kommt es an (wie auch eine K.O. v. 14. Febr. 1843, J.M.Bl. S. 59, ausspricht). Dies ist jedoch, nachdem die Regel des §. 116 aufgehoben

Von Vollmachtsaufträgen.

175

Anh. §. 46. Die von den Preußischen Gesandten und Residenten an auswärtigen Höfen attestirten Vollmachten01) sind den gerichtlichen gleich zu achten*").

2. Gesetz, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln. Vom8. November 1867. (B.G.Bl. S. 137). §. 14. Die Bundeskonsuln sind befugt zur Legalisation derjenigen Urkunden, welche in ihrem Amtsbezirke ausgestellt oder beglaubigt sind. g. 16. Ten Bundeskonsuln steht innerhalb ihres Amtsbezirks in Ansehung der Rechts­

geschäfte, welche Bundesangehörige errichten, insbesondere auch derjenigen, welche dieselben mit Fremden schließen, das Recht der Notare zu, dergestalt, daß die von ihnen aufgenommenen und mit ihrer Unterschrift und ihrem Siegel versehenen Urkunden den innerhalb der Bundesstaaten aufgenommenen Notariats-Urkunden gleich zu achten sind.

3. Gesetz, betreffend die 1. Mai 1878. (R.G.Bl. S. 89.)

Beglaubigung

öffentlicher Urkunden.

Vom

Wir rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und Reichstags, was folgt:

und damit die Ausnahme des §. 117 weggesallen, unerheblich, es hätte mithin in Folge des Zus. 1 dieser §. 117 gleichfalls ausfallen können, wenn er nicht eine Vorschrift für das Ausland über die Erfordernisse einer im Auslande ausgestellten notariellen Vollmacht enthielte. Die Vollmacht soll „von einem gerichtlich beglaubigten" Notario ausgenommen sein. Aber in gar vielen fremden Ländern haben die Gerichte mit der Beglaubigung der Notare nichts zu schaffen und die fremden Regierungen kehren sich an die Vorschriften des L.R. nicht. Auch wird gefragt: was denn unter „einem gerichtlich beglaubigten" Notario zu verstehen sei und woran diese Eigen­ schaft des Notars bei der Ansicht der von ihm ausgenommenen Urkunde hier im Jnlande erkannt werden könne. Die Materialien geben keinen Aufschluß. Man hat gemuthmaßt, Suarez habe dabei an die in vielen vormaligen Reichsländern erforderliche Immatrikulation der von den Pfalzgrafen kreirten Notarien gedacht. Dafür giebt es aber hier auch kein Erkennungszeichen und außerdem würde für das übrige Ausland die beachsichttgte Vorschrift fehlen. Diese Be­ trachtung führt dahin, daß das Gesetz einen Ausweis darüber verlangt, daß die instrumentirende Person zur Aufnahme solcher Handlungen kompetent, und daß die fragliche Urkunde von ihr verfaßt und ausgefertigt worden sei. Wer aber solches im Auslande zu attestiren habe, das kann durch unser L R. nicht angeordnet werden ; darüber hat die fremde Gesetzgebung in ihrem Lande Bestimmung zu treffen. Im Allgemeinen läßt sich daher nicht vorhersagen: welche aus­ ländische Behörde das Attest zu geben hat. Kommt es aber auf die Bescheinigung der Echtheit der Schriftstücke und der Unterschriften an, so kann solche in letzter Instanz nur durch gesandtschaftliche Personen ertheilt werden. — Man hatte jene gerichtliche Legalisation auch für inlän­ dische Notarien in den Landestheilen, wo die A. G O. und das L.R. nicht gilt (Rheinlande, Neuvorpommern), vorgeschrieben. R. v. 18. April 1823, Jahrb. 21 S. 274. Dies ist aber, mit Recht, wieder abgeschafft worden. R v. 4. Mai 1839, J.M Bl. S. 183. 94) Diesseitiger Staatsangehöriger nämlich. Denn über die Bewohner des Auslandes hat der Gesandte keine Gerichtsbarkeit, und die Ausnahme der Handlungen derselben würde ein Eingriff in die Befugnisse der dortigen Behörden sein. Man kann dies freilich zweifelhaft finden. Das R. v. 17. Nov. 1800, Rabe 6 S. 359, aus welchem der §. 46 des Anh. wahrscheinlich entnommen ist, hat den Fall zum Gegenstände, wo ein in London ansässiger Bürger vor der preuß. Gesandschaft verlautbart hatte. Dagegen will der I M. in der B. v. 30. Mai 1823 in Verbindung mit dem Schreiben des M. der auswärtigen Angelegenheiten v. 18. Mai 1823, Jahrb. 21 S. 269, den §. 46 auf diesseitige Unterthanen beschränken. Auch das R. des J.M. v. 26. Febr. 1842 erklärt es als die unzweifelhafte Absicht des 8. 46, die dahin geht, den im Auslande befindlichen preußischen Unterthanen die Bestellung von Bevollmächtigten zum Betriebe ihrer heimathlichen Angelegenheiten möglichst zu erleichtern. J.M.Bl. S. 95. Diese Ansicht findet ihre Bestätigung auch in der K.O. v. 11. Nov. 1829 (Zus. 2). Uebrigens können diesseitige Staatsangehörige auch vor den dortigen Landesorganen ihre Vollmachten ausstellen. 95) Aus dem R. v. 17. Nov. 1800, Rabe 6 S. 359. Diese Vorschrift ist auf die von Gesandten attestirten Vollmachten zu beschränken; es ist nicht beabsichtigt worden, den Ge­ sandten rc. im Allgemeinen die Befugniß zur Aufnahme von Handlungen der fteiwilligen Ge­ richtsbarkeit beizulegen. R. v. 26. Febr. 1842, J.M.Bl. S. 95. Der §. 46 verlangt zur Gültigkeit der Vollmacht auch nicht Beides nebeneinander, nämlich die notarielle oder gericht­ liche Form (§. 115) und das gesandtschaftliche Attest. O.Tr. III v. 13. Febr. 1857, Entsch. 36 S. 38.

176

Erster Theil.

§. 1.

Dreizehnter Titel.

§§. 118—121.

Urkunden, die von einer inländischen öffentlichen Behörde oder von einer mit öffent­

lichem Glauben versehenen Person des Inlandes ausgenommen oder ausgestellt sind,

bedürfe»

-um Gebrauch im Jnlande einer Beglaubigung (Legalisation) nicht.

§. 2.

Zur Annahme der Echtheit einer Urkunde, welche als von einer ausländischen öffent­

lichen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person des Auslandes aus­

gestellt oder ausgenommen sich darstellt,

genügt die Legalisation durch einen Konsul oder Ge­

sandten des Reichs. Urkundlich rc.

§• H8- Auch derjenige, welchem die Besorgung aller Angelegenheiten deS Machtgebers aufgetragen worden, verpflichtet denselben durch Handlungen, die eine Specialvollmacht erfordern90), nur in so fern, als dieselben in seiner Generalvoll­ macht ausgedrückt97) sind. ^mStfeten5 .8- H9. Anverwandte in auf- und absteigender Linie"), Eheleute"), GeVollmachten, schwister und Geschwisterkinder ersten Grades, Schwiegerältern und Schwiegerkinder, Schwäger und Schwägerinnen 10°), müssen ’) in Fällen, die keinen Aufschub leiden *),

•«SSI

Vollmachten.

96) S. Pr. 2033 in der Anm. 32 zu §. 46 d. T. Zur Prozeßführung befähigt die Gene­ ralvollmacht keineswegs, wenn nicht der Generalbevollmächtigte zu den in §jj. 119 ff. bezeichneten Personen gehört oder ein Rechtsanwalt ist, der jedoch auch nur bei dem Gerichte, wo er anS' ellt ist, persönlich austreten kann. R. v. 19. März 1798, Rabe 5 S. 59; v. 2. Febr. 1818, rb. 11 S. 14; v. 27. April 1847, Jur. Wochenschr. S. 372. H. Vgl. C.P.O. §§. 74—76 u. zu der Frage, ob Generalvollmacht genügt, Struckmann u. Koch, Komm, zur C.P.O. 4. Auflage Anm. 3 zu §. 76. 97) Vergl. Anm. 72 zu §. 98 d. T. Die Geschäfte, zu deren Besorgung der Generalmandatar ermächtigt sein soll, müffen hier­ nach einzeln und bestimmt bezeichnet sein, eine allgemeine Bezugnahme auf die Gesetze, z. B. die Formel: der Bevollmächtigte solle zu allen Geschäften, zu welchen die Gesetze eine Spezial­ vollmacht erfordern, ermächtigt sein, — genügt nicht; denn das ist nichts weiter als eine General­ vollmacht. Auch die Formel, daß der Bevollmächtigte befugt sein solle, Gegenstände aller Art zu verkaufen, zu verpachten und zu vermiethen, ermächtigt ihn nicht zum Verkaufe eines be­ stimmten Grundstücks. §. 106 d. T. Der Auftrag: Gegenstände aller Art zu verkaufen rc., be­ zieht sich aus diejenigen Verkäufe, welche die Vermögensverwaltung mit sich bringt, und dazu ist die Veräußerung liegender Gründe nicht zu zählen. — Auf die Bank der Stadt Breslau findet der §. 118 keine Anwendung. Statut v. 10. Juni 1848 §. 20, G.S. S. 149. 98) Ohne Unterschied des Grades und ohne Rücksicht darauf: ob die Verwandtschaft durch Adoption und Legitimation, oder von Anfang durch rechtmäßige Ehe begründet worden ist. Bei der unehelichen Verwandtschaft beschränkt sich die Vermuthung auf die Mutter und ihre Kinder. Ueber die Adoptivverwandtschaft ist nach G. R. Meinungsverschiedenheit. 99) H. In Folae der vermutheten Vollmacht ihres Ehemannes kann eine beleidigte Ehe­ stau das Sühneverfahren beim Schiedsmann allein betreiben. O.Tr. Str.S. v. 9. April 1874, Str. Arch 91 S. 208. 100) Folglich auch Stiefältern und Stiefkinder. Anm. zu I. 1 §. 43. Doch nur so lange die Ehe dauert, durch welche die Schwägerschaft begründet worden ist. Die Frage ist: ob außer den Genannten noch andere Verwandten die Befugniß zur Stell­ vertretung haben. Der J.M. hat in einem Bescheide v. 8. Okt. 1836, Jur. Wochenschrift 1836 S. 833, gesagt, es seien unbedenklich alle diejenigen Anverwandten zuzulaffen, die bis zum dritten Grade der Seitenlinie einschließlich mit einander verwandt, und außerdem auch die Ge­ schwisterkinder ersten Grades. Des Vaters oder der Mutter Bruder könne sich durch seinen Neffen (Bruder- oder Schwestersohn) vertreten lassen, denn der Neffe sei ein Geschwisterkind. Wenn sich aber der Oheim vom Neffen vertreten lassen könne, so müsse auch auf Grund dieses Verwandtschastsverhältniffes umgekehrt der Oheim den Neffen vertreten dürfen. Wiederholt in einem Schreiben v. 9. Okt. 1840, J.M.Bl. S. 337. Das könnte zwar so sein, aber eine andere Frage ist es: ob es so ist. Das Institut des sog. präsumtiven Mandats ist keiner Ausdehnung fähig ; das präsumtive Mandat ist in Wahrheit gar kein Mandat, sondern eine gesetzliche Befugniß bestimmter Personen, für eine andere Person aufzutreten. Das R. R, aus welchem das Institut ausgenommen ist, giebt diese Befugniß gewissen bestimmten Personen, in Prozessen für eine abwesende Partei aufzutreten, quia publice utile est absentes defendi. L. 33 §. 2 D. de proc. (III, 3). Zu den von Rechtswegen dazu Berechtigten gehörten auch rechtmäßige Bluts­ verwandte, aber von den Seitenverwandten nur die Geschwister (Brüder) ohne alle Unter-

Bon Vollmachtsausträgen.

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zur Besorgung der Angelegenheiten solcher Personen, mit denen sie in einer der­ gleichen Verbindung stehen, auch ohne ausdrückliche Vollmacht zugelassen werden. §. 120. Eine gleiche vermuthete Vollmacht haben Miteigentümer gemein­ schaftlicher Lachen oder Rechte, ingleichen Mitgenossen eines Prozesses, in dieser gemeinschaftlichen Angelegenheit für sich-*). §. 121. Eben das gilt von Herrschaften und Obrigkeiten in Angelegenheiten ihrer Gutsunterthanen4). scheidung. L. 35 pr. D. eodem. Geschwisterkinder werden nicht genannt und folglich auch nicht zugelaffen, weil dergleichen besondere Rechte keine Ausdehnung gestatten. Gleichwohl sind ein­ zelne gemeinrechtliche Schriftsteller (z. B. Carpzov, jur. for., P. I const. 2 des. 29; Her lieh P. I concl. 14 nr. 38) , zu Gunsten der Geschwisterkinder, anderer Meinung; und darauf be­ ruht die Bestimmung dieses §. 119, daß auch Geschwisterkinder ersten Grades zu den Berechtigten aehören. Ueber diese Bestimmung hinauszugehen, fehlt jeder juristische Grund. Noch ein be­ sonderer Fall kommt vor II. 4 §. 14. Dagegen ist der Fall des §. 281 I. 16 der einer wirk­ lichen Bevollmächtigung. 1) Das „müffln" kann nur auf Besorgung einseitiger Geschäfte, namentlich auf pro­ zessualische Handlungen oder aus Erfüllung einer Bedingung bei bereits bestehenden Rechtsverhältniffen, vielleicht auch noch auf die einfache Annahme eines Antrages unter Abwesenden, bezogen werden. Bei der Eingehung eines, der freien Entschließung der Kontrahenten anheim­ gegebenen Vertrages hat es keinen Sinn; Niemand kann gezwungen werden, mit einem präsum­ tiven Bevollmächtigten in Verhandlungen zu treten. Das R. R. -sehnt nur präsumtive Sachwalter in Prozeffen, welche zur Vertheidigung ohne Auftrag zugelassen werden müssen. Anm. 96. Dies ist hier ganz allgemein auf den Bevollmächtlgungsvertrag, nicht paffend, übertragen. Ueberhaupt ist das Institut dieser Stellvertretung ganz anders aufgefaßt, als es in seiner Heimath vorkommt. Bon einer vermutheten Vollmacht ist gar keine Rede, im Gegentheil, die Voraussetzung ist gerade die, daß keine Vollmacht, kein Auftrag gegeben worden sei, und daß eben deshalb eine der gedachten Personen von ihrem Vertheidigungsrechte (Gebrauch macht; nur ist es Bedingung, daß sie Sicherheit für die Genehmhaltung bestelle. L. 40 §. 4 D. de proc. (III, 3); L. 3 §. 3 D. judicatum solvi (XLVI, 7). Außerdem gestattete das R. R. Jedem, gegen gehörige Sicherheitsleistung wegen Erfüllung des Erkenntnisses (judicatum solvi), verschieden von jener Sicherheit, als Vertreter einer Partei, ohne Vollmacht auf­ zutreten. Einen Ueberrest davon hat die A G.O. I. 3 §. 26. 2) Der Fall einer vermutheten Vollmacht zum Abschlüsse eines Rechtsgeschäfts wird nicht allein durch das persönliche Verhältniß des Vertretenden zu dem Vertretenen (als Ehegatte u s. w.), sondern insbesondere auch dadurch bedingt, daß das Geschäft keinen Aufschub erleidet. Nur wo diese Bedingung zutrifft, kann aus der Ntchterklärung des benachrichtigten Vertretenen innerhalb der Acceptationsfristen die Genehmigung desselben hinsichtlich des Geschäfts gefolgert werden. O.T. III v. 30. März 1849 Nr. 1. u. 11, Entsch. 18 S. 207. Woran der Andere das Dasein dieser Bedingung — die das Gesetz hier deutlich vorschreibt — erkennen soll, um sicher zu gehen, das ist nicht zu sagen. Beweisen muß das Vorhandensein des Falles die Partei, welche sich darauf beruft, um das Geschäft aufrecht zu erhalten Die auf Verträge nicht paffende Be­ stimmung ist gleichfalls aus der Generalisirung der Regeln von Prokuratoren entstanden. S. die vor. Anm. Dies ist ein Grund mehr, das dadurch abnorm gewordene Institut nicht noch über die Grenzen, welche ihm das Gesetz steckt, auszudehnen. S. d. Anm. 98. H. Für die Prozeßführung haben die §§. 119 ff. ihre Bedeutung verloren durch die E.P.O. 85, bez. §§. 58 -60. 3) S. die B. v. 5. Mai 1838 §. 3 lit. a und dazu den Pl.Beschl. v. 13. Dez. 1841 in Koch, Kommentar zur A G.O. Anm. 45 zu I. 13. H. Vgl. E.P.O. 56 - 60. Die Vermuthung des §. 120 dient den als Stellvertreter ihrer Mitgenoffen handelnd auf­ tretenden Miteigenthümern nur dem Dritten gegenüber zur Legitimation, wenn sie eben mit im Namen oder im Interesse derselben handeln zu wollen erklären, steht aber denjenigen Theil­ habern, welche in Bezug aus die gemeinschaftliche Sache eine Handlung, z. B. einen Bau auf gemeinschaftlichem Grund und Boden vorgenommen haben und dabei in Abrede stellen, zugleich für die Mitgenossen zu handeln, in ihrem Verhältnisse zu diesen dahin, daß solches dennoch für dieselben und in deren Interesse mit geschehen sei, nicht entgegen. Daher ist es eine miß­ verständliche Auffaffung, folglich Nichtigkeit, auf Grund des H. 120 anzunehmen, daß die Bauenden das Gebäude nicht für sich allein, sondern für die übrigen Milgenoffen mit errichtet hätten. O.Tr. II v. 11. Juni 1863, Str. Arch. 50 S. 108. 4) Antiquirt in Folge der aufgehobenen Gutsunterthänigkeit. Koch, Allgemeiner Landrecht.

II.

8. Aujl.

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Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 122—131.

§. 122. Ferner von Verwaltern5),6 7Buchhaltern, 89 und Hausofficianten, in An­ sehung der von ihren Prinzipalen oder Dienstherrschaften ihnen anvertrauten •) Ge­ schäfte. 8 123. Aber auch alle diese Personen (§. 119—122.) sind zu Handlungen, wozu die Gesetze eine Specialvollmacht erfordern, ohne dergleichen Vollmacht nicht berechtigt. §. 124. Derjenige, welcher, auf den Grund einer vermutheten Vollmacht, Geschäfte für einen Anderen besorgt, ist schuldig, demselben davon ohne Zeitverlust Nachricht zu geben, und seine Genehmigung darüber einzuholen'). §. 125. Derjenige, welcher mit einem solchen vermutheten Bevollmächtigten etwas verhandelt, hat das Recht, denselben zu dieser Benachrichtigung anzuhalten; oder auch selbst den, dessen Geschäfte verhandelt worden, zur Erklärung darüber unmittelbar auftufordern. § 126. Letzterer muß, sobald ihm die Nachricht aus eine oder die andere Art zugekommen ist, über die Billigung oder Mißbilligung des Geschäftes innerhalb der im fünften Titel §. 90. sqq. bestimmten Fristen sich erklären. §. 127. Verabsäumt er diese Fristen, so wird er ohne fernere Widerrede für einwilligend angenommen *). §. 128. Erklärt er aber seine Mißbilligung zur rechten Zeit; so kann der Dritte, wegen des aus dem Zurückgehen des Geschäftes ihm erwachsenden wirklichen Schadens, nur an den vermutheten Bevollmächtigten sich halten. M Lon siili§. 129. Daß Jemandem ein ftemder Schuldschein anvertraut worden"), erteilten beweiset noch nicht, daß derselbe zur Erhebung der darin verschriebenen Summe »ostmachtkn. berechtigt sei. 5) Ein Pächter soll nach der Meinung des J.M. in Beziehung auf die Gerechtsame der verpachteten Sache jedenfalls zugleich die Rechte und Verbindlichkeiten eines Verwalters — nach I. 21 §§. 12, 434 — haben und deshalb nach der Vorschrift dieses §. 122 zu denjenigen Per­ sonen gehören, welche ein mandatum praesumtum für sich haben, mithin auch als Bevollmächtigte ihres Prinzipals im Prozeffe zugelassen werden müssen. Vers, v 24. Dez. 1838, Jahrb. 52

S. 476. (H. Vgl. Anm. 2 Abs. 2. zu §; 119.) Die Gründe sind nicht überzeugend. Der Pächter hat weder die Rechte noch die Verbindlichkeiten eines Verwalters; Verwaltunyskontrakt und Pacht­ kontrakt begründen wesentlich sehr verschiedene Rechtsverhältnisse; es ist mcht das Eine in dem Andern enthalten, etwa wie das minus in dem majus. Und das Institut des mandati pr. leidet keine Ausdehnuna über die positiv bestimmten Grenzen. 6) Nur in Ansehung dieser anvertrauten Geschäfte. Also muß der Hausoffiziant entweder überhaupt zur Besorgung der Rechtsangelegenheiten des Prinzipals angestellt sein, oder die Rechtssache muß mit den dem Hausoffizianten aufgetragenen bestimmten Geschäften Zusammen­ hängen. Vergl. die R. v. 6. Nov. 1832, Jahrb. 40 S. 425, und v. 10. Mai 1834, Jahrb. 43 S. 479. 7) S. die Anm. 1 zu §. 119. Der § 124 setzt also voraus, daß die Person, für welche ein sog. präsumtiver Bevollmächtigter auftreten will, fähig sein müsse, selbst das Geschäft zu besorgen und, wenn sie wollte, einen ordentlichen Vollmachtsvertrag abzuschließen. 8) Vgl. I. 4 §. 61. Die Folge tritt nur dann ein, wenn alle Bedingungen der gesetzlich zugelassenen Stellvertretung Zusammentreffen, namentlich das vorausgesetzte gesetzlich erforderte Verhältniß zwischen den Personen, die Dringlichkeit des Falles und eine Handlung, zu welcher eine Spezialvollmacht nicht erforderlich ist. Vgl. das Pr. des O.Tr. v. 30. März 1849 in der Anm. 1 zu §. 119. d. T. 9) Nämlich von dem Gläubiger. Der in §§. 129 u. 130 vorgesehene Fall ist der, wo Jemandem von dem Gläubiger ein Schuldschein oder die Quittung über die Zurückzahlung einer ausstehenden Schuldforderung anvertraut worden ist ; und es wird die Frage entschieden, ob der bloße Schuldschein, oder doch die Quittung über die zu zahlende Summe zur Einhebung der Forderung für den Gläubiger ermächtige. Ganz verkehrt hat man die Bestimmungen auf den Fall der noch bevorstehenden Eingehung eines Schuldverhältnisses und namentlich einer Darlehnsschuld bezogen, und behauptet, daß nach denselben Jemand durch den Empfang des über ein erst noch zu empfangendes Darlehn ausgestellten Schuldscheins und des darin enthaltenen Bekenntniffeö über empfangene Valuta ermächtigt werde, Namens des Ausstellers ein Darlehn

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Von Bollmachtsausträgen.

§. 130. Hingegen ist der, welchem die Quittung über eine zu bezahlende Summe anvertraut'0) worden, zum Empfange der Zahlung selbst für bevollmächtigt zu achten n). §. 131. Der, welchem der Verkauf einer beweglichen Sache12) aufgetragen worden, ist zum Empfange des Hausgeldes so weit berechtigt, als der Machtgeber ihn in den Stand gesetzt hat, die Sache dem Käufer zu übergeben"). gültig zu kontrahiren, während doch nach §$. 105 u. 140 zur Kontrahirung eines Darlehns eine Spezialvollmacht erfordert wird. In diesem Sinne hat sich auch das O.Tr. ausgesprochen durch das Erk. v. 23. März 1844, Ulrich, Arch. 11 S. 1 ff. Eben so in dem Erk. IV v. 2. Sept. 1862, Entsch. 48 S. 101.

10) Diese Fassung, sagt die Kommission zur Berathung eines Handels-Gesetzbuchs (Sitzung CLIX v 1. Febr. 1858), läßt der Bestimmung nur einen geringen Werth übrig; denn wenn man, um dieselbe in Anwendung zu bringen, immer erst beweisen müsse, daß die Quittung dem Inhaber derselben an vertraut worden, so sei hiermit nichts gewonnen. In Folge dieser Erwägung hat der auch im Handelsrechte geltende Rechtssatz im H.G.B. Art. 296 eine entsprechendere Fassung erhalten.

11) S. die Anm. zu §. 129. Da hiernach die Quittung über eine bezahlte Forderung zur Empfangnahme der Zahlung bevollmächtigt, so kann der Gläubiger, wenn der Empfänger der Quittung das Geld an ihn nicht abführt, sondern unterschlägt, sich hiernächst nicht mehr an den Schuldner halten. Die praktischen Folgen dieses Rechtssatzes zeigen sich empfindlich bei der Aushändigung von Quittungen an Rendanten öffentlicher Kaffen, ohne Geld dafür zu empfangen, in den Fällen, wenn der Rendant Defekte gemacht hat und abgesetzt wird. Es ist eine ungebühr­ liche Zumuthung, wenn Zahlungsempfänger die Quittungen voraus einschicken sollen, ehe ihnen Zahlung aus der Kaffe geleistet wird. — Der §. 130 läßt sich nicht auf Schuldscheine über Darlehen beziehen, die allerdings das Bekenntniß der Zahlung der Valuta enthalten, damit aber nicht die hier in Rede stehende Auflösung, sondern die Begründung eines Schuldverhältniffes dokumentiren, Der ganze Gegensatz -wischen §. 129 u. 130 würde wegfallen, wenn man den §. 130 auch von Schuldscheinen verstehen wollte, und das ist um so unzulässiger, als nach §§. 105 u. 140 d. T. zur Kontrahirung eines Darlehns eine Spezialvollmacht unv deren Aus­ händigung an den Gläubiger nothwendig ist. O.Tr. IV v. 2. Sept. 1862, Entsch. 48 S. 109. 12) Mithin auch der, welchem die Session einer Forderung aufgetragen ist, wenn er zu­ gleich das Schuldinstrument zur Aushändigung an den Cessionar übergeben erhalten hat. — Da auch Hypotheken als bewegliche Sachen betrachtet werden (I. 2 §. 7), so muß nach dem Grundsätze des §. 131 der, welcher zur (Session Vollmacht erhalten hat, auch zum Empfange der Cessions-Baluta für bevollmächtigt erachtet werden, wenn der Machtgeber ihn in den Stand gesetzt hat, das Hypotheken-Dokument dem Cessionar zu übergeben. O.Tr. III v. 14. Rov. 1864, Str. Arch. 57 S. 87. 13) Daß dieser Auftrag zur Empfangnahme des Kaufgeldes fortdauern solle, wenn nicht sogleich gegen Uebergabe der Sache (Zug um Zug) Zahlung geleistet wird, scheint mit der Ab­ sicht des Auftraggebers schwerlich übereinzukommen. Doch ist im Allgemeinen darüber nicht ent­ schieden worden; es kommt vor allem auf die Beschaffenheit des besonderen Falles an. Ging der Auftrag dahin, daß der Beauftragte nicht kreditiren sollte, er that es aber doch, so kann die Befugniß zur späteren Einhebung des Kaufgeldes nicht bezweifelt werden, weil der Beauftragte wegen Überschreitung des Mandats verantwortlich ist und das Kreditiren zu seiner eigenen Sache gemacht hat. §. 134 und Anm. 14. Soll aber auf Kredit verkauft werden, so läßt sich schwerlich behaupten, daß allein schon in dem Auftrage zur Abschließung eines solchen Verkaufs auch die Ermächtigung enthalten sei, das später fällig werdende Kaufgeld, das nunmehr eine ausstehende Forderung des Machtgebers ist, mit rechtlicher Wirkung gegen den Gläubiger, einzuziehen. — In Beziehung auf Handlungsdiener und Lehrlinge, welche Waaren an Abkäufer überbringen, enthielt der §. 550 II. 8 eine Spezialvorschrift, nach welcher diese Beauftragten nur gegen Uebergabe der Waaren, nicht aber auch noch später zu irgend einer anderen Zeit zur Empfangnahme des Kaufgeldes ermächtigt waren. Bergl. das Pr. 1699 des O.Tr. v. 6. Febr. 1846, Jurist. Wochenschr. v. 1846 S. 263. Dies ist durch den Art. 51 des H.G.B. geändert. Vgl. Art. 296 daselbst. Zur Anwendbarkeit des §. 131 genügt ein mündlicher Auftrag. Wer also seine Sache einem Anderen in Gewahrsam giebt, muß zwar nicht dann, wenn dieser wider den Willen des Anvertrauenden dieselbe veräußert und übergiebt, dies gelten laffen, wohl aber dann, wenn dies Alles seinen: Willen entspricht, wenn er also dem Anderen den Verkauf mündlich aufgetragen, dieser demgemäß die Sache in gehöriger Form verkauft und dem Käufer, weil er vom Auftrag­ geber dazu in den Stand gesetzt war, übergeben hat. Der §. 8 d. T. steht nicht entgegen, er

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Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 132-147.

§. 132. Nur alsdann darf der Käufer an den Bevollmächtigten nicht zahlen, wenn Einschränkungen deshalb in der Vollmacht enthalten sind; oder wenn der entgegengesetzte Wille des Machtgebers auch auf andere Art dem Käufer bekannt geworden ist. §. 133. Die Vollmacht aber zum Verkaufe einer unbeweglichen Sache enthält noch nicht die Vollmacht, das Kaufgeld dafür in Empfang zu nehmen. §. 134. In keinem Falle wird vermuthet, daß der Bevollmächtigte zum Ver­ kaufe Credit über das Kaufgeld zu geben berechtigt fei14). §. 135. Wenn also in dem Falle des §. 133. der Machtgeber sich nicht er­ klärt hat, wie er es mit der Zahlung des Kaufgeldes wolle gehalten wissen, so muß zuvörderst die Erklärung desselben eingeholt werden. §. 136. Will entweder der Bevollmächtigte, oder der Käufer dieses nicht ab­ warten; so ist der Letztere die Zahlung in das gerichtliche Depositum, auf Kosten des Machtgebers, zu leisten schuldig und berechtigt. §. 137. In allen Fällen, wo der Bevollmächtigte ohne ausdrückliche Erlaubniß des Machtgebers das Kaufgeld creditirt hat, ist Letzterer an den Vertrag nicht ge­ bunden, sondern kann die Sache zurückfordern"). §. 138. Ist diese bei dem Käufer nicht mehr vorhanden, so kann der Macht­ geber den bedungenen Werth gegen den Käufer sofort einklagen. §. 139. Wenn aber das Geschäft von der Art gewesen ist, daß diejenigen, welche dergleichen Gewerbe treiben, dabei Credit zu geben gewohnt sind : so muß der Machtgeber den von dem Bevollmächtigten ertheilten Credit, außer den §. 132. bestimmten Fällen, wider sich gelten lassen"). §. 140. Ist Jemand bevollmächtigt, ein Darlehn aufzunehmen, so muß die darüber ertheilte Vollmacht dem Gläubiger ausgehändigt werden1'). §. 141. Enthält aber die Vollmacht mehrere Aufträge, oder ist das Darlehnsgeschäft bei dem Auftrage nur als Mittel zum Zweck anzusehen; so ist es genug, wenn dem Gläubiger nur eine beglaubte Abschrift der Vollmacht zugestellt wird"). h> Bon der §. 142. Auch Handlungen, welche der Bevollniächtigte gegen die Vorschrift des Machtgebers 19) vollzogen hat20), werden durch des Letzteren nachher erfolgte"') «'ber^durch Genehmigung gültig. mende Ge— -----------nchmigung. erklärt nur die Klage aus Erfüllung eines Vertrages, welchen ein Dritter mit einem nicht mit

schriftlicher Vollmacht versehenen Bevollmächtigten abgeschlossen hat, für unzulässig. Um eine Klage auf Erfüllung handelt es sich im Falle des §. 131 nicht. O.Tr. III v. 11. Dez. 1868, Entsch. 60 S. 98 u. Str. Arch. 71 S. 361. 14) Ein Kommissionär, welcher das Kaufgeld der ihm zum Verkaufe gesandten Waaren, ohne Autorisation seines Kommittenten, kreditirt, hastet diesem für den Ausfall. O.Tr. v. 10. Jan. 1816, Simon, Rechtsspr. 1 S. 217. Die Ausnahme enthält der §. 139. — Ueber das Kreditiren des Kommissionärs s. H G B Art. 369, 370. 16) Eigentlich sollte der Machtgeber unbedingt sofortige Zahlung fordern können, denn der Käufer hat sich wissentlich Stundung von einem dazu nicht ermächtigten Stellvertreter versprechen lassen. Bergl. die vor. Anm. 16) Diese Bestimmung schließt sich an den §. 134 an. 17) Das muß aus Verlangen des Dritten auch bei anderen Rechtsgeschäften geschehen. Anm. 66 zu §. 91 d. T. 18) Die Ertheilung der beglaubigten Abschrift sollte mit Angabe des Geschäfts, in Ansehung dessen die Abschrift genommen ist, auf dem Originale vermerkt werden, um anzudeuten, daß dieser Spezialauftrag erloschen. 19) Oder nach erfolgtem Widerrufe des Auftrags. O.Tr. v. 7. Juni 1847, Jur. Wochen­ schrift 1847 S. 461. 20) Ein Bevollmächtigter muß seinen Namen mit einem das Vollmachtsverhältniß aus­ drückenden Zusatze, z. B. „mandati nomine des rc.", oder „in Vollmacht des rc.", unter der Urkunde mit dem Namen des Machtgebers setzen. O.Tr. IV v. 24. Nov. 1868, Str. Arch. 71 S. 359. 21) Wenn auch nur stillschweigend oder mündlich erklärte. Pl.Beschl. (Pr. 2196) v. 22. April

Von Vollmachtsaufträgen.

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§. 143. Auch durch nachherige Handlungen des Machtgebers kann eine solche Genehmigung erklärt werden. (Tit. 5. §. 185. bis 191.) §. 144. Wenn also der Machtgeber weiß, daß der Bevollmächtigte die Grenzen seines Auftrages überschritten habe, und sich dennoch den aus dem Ge­ schäfte entstandenen Vortheil zueignet; oder die aus der eigenmächtigen Handlung des Bevollmächtigten folgenden Leistungen übernimmt: so wird dieses einer aus­ drücklichen Genehmigung gleich geachtet^). §. 145. Sobald der Machtgeber von dem Bevollmächtigten, oder dem Dritten, mit welchem gehandelt worden, Nachricht erhält, daß Ersterer die Grenzen seines Auftrages überschritten habe; ist er schuldig, innerhalb der Tit. 5. §. 90. sqq. be­ stimmten Fristen, über dessen Billigung oder Mißbilligung sich zu erklären2^. §. 146. Unterläßt er dieses, so bleibt er dem Dritten, mit welchem gehandelt worden, für allen aus dieser Unterlassung24) entstandenen Schaden verantwortlich 25). §. 147. Wenn Jemand gegen einen Dritten schriftlich erklärt, daß er einem Anderen ein gewisses Geschäft aufgetragen habe; so muß er die Handlungen dieses Anderen, welche derselbe mit dem Dritten in Gemäßheit der schriftlichen Erklärung 1850, in der Sinnt, zu §. 10 d. T. (H. Der Pl.Beschl. bezieht sich nur auf den Fall der Natihabition des Geschäfts, nicht auf die eine Vollmacht anerkennende Erklärung des Machtgebers. O.Tr. IV v. 2. Mai 1871, Str. Arch. 82 S. 42.) - Vergl. auch O.Tr. IV v. 8. Dez. 1870, Str. Arch. 80 S. 149. — Auch ist die verbindliche Kraft eitler mündlichen Genehntigung nicht davon, daß sie dem Dritten und nicht bloß dem Bevollmächtigten gegenüber erklärt ist, abhängig. O.Tr. IV v. 26. März 1863, Str. Arch. 51 S. 22; Str. Arch. 89 III v. 6. Okt. 1873 S. 317. — Ist mit Vorbehalt der Genehmigung des Machtgebers, d. h. mit Bewußtsein des Dritten von dem Sachstande, kontrahirt worden, so ist der Dritte so lange gebunden, bis der Machtgeber sich hat erklären können. Pr. des O.Tr. III 1240 v. 17. Dez. 1842, Präj.S. 1 S. 77. H. Auch die einseitig von einem Ehemann vorgenommene Veräußerung des der Güter­ gemeinschaft unterworfenen Grundstückes kann durch "den nachträglichen Konsens der Ehefrau gültig werden. O.Tr. III v. 23. Febr. 1872, Entsch. 67 S. 92 f. 22) Derjenige, welcher sich den Vortheil aus einen: für ihn ohne seinen Auftrag besorgten Geschäfte zueignet^ beziehungsweise die Leistungen aus demselben seitens des Dritten atmitnmt, ist als ein Solcher anzuseben, welcher eben dieses Geschäft genehtnigt und mit den: Dritten kontrahirt hat. O.Tr. IV v. 20. Dez. 1860, Str. Arch. 39 S. 311; (H. R.G. I H. v. 11. Nov. 1879, v. 5. Jan. u. v. 22. Okt. 1880, Gruchot 24 S. 411 u. 997 u. 25 S. 735.) — Ein Bei­ spiel, wenn der Machtgeber eine juristische Person ist, O.Tr. III v. 5. Dez. 1873, Str. Arch. 89 S. 371. — R.OH.G. v. 2. Dez. 1873, Entsch. 12 S. 12. 23) Ein Machtgeber, welchem sein Bevollmächtigter die geschehene Ueberschreitung des er­ haltenen Auftrages 'anzeigt, ist, wenn er diese Ueberschreitung nicht innerhalb der in I. 5 90 ff. bestimmten Fristen genehmigt hat, durch eine spätere Erklärung das inzwischen von dem dritten Kontrahenten und dem Bevollmächtigten wieder aufgelöste Geschäft sich zuzueignen oder Entschädigung zu fordern nicht berechtigt. O.Tr. IV v. 31. Aug. 1849, Entsch. 18 S. 120. — Die Erklärung braucht der Machtgeber nur dem zu geben, der sich an ihn wendet: er ist nicht schuldig, dem Dritten zu schreiben, wenn der Bevollmächtigte ihm Nachricht gegeben hat. 24) Nur für den aus der Unterlassung der Erklärung entstandenen Schaden, für diesen aber auch hauptsächlich, keineswegs bloß subsidiarisch; der Bevollmächtigte ist dafür gar nicht verantwortlich. Denn entweder weiß der Dritte die Lage der Sache: dann hat der Bevoll­ mächtigte gar keine Verbindlichkeit; oder die Ueberschreitung ist ihm verheimlicht: dann haftet ihm der Bevollmächtigte für den Schaden, der aus dem Zurückgehen des Geschäfts entsteht. 88- 128, 171. 25) Das Geschäft wird hiernach also durch das bloße Stillschweigen doch nicht rechts­ beständig. Damit harmonirt auch das in der Anm. 23 angeführte Erkenntniß. Das Gegentheil sagt das O.Tr. III in dem Erk. v. 18. März 1857, Str. Arch. 24 S. 125, wo es heißt: Hat der Machtgeber weder seine Absicht, die gegen seine Vorschrift von dem Bevollmächtigten voll­ zogenen Handlungen rückgängig zu machen, zu erkennen gegeben, noch auch dieselben gemißbilligt, so ist anzunehmen, daß er dieselben genehmigt habe. Das steht nicht in dem $. 146. Das Stillschweigen verpflichtet den Machtgeber nur zur Schadloshaltung, in so weit dadurch ein Schade entstanden ist; aus dem Rechtsgeschäfte ist er nicht gehalten.

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Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 148—156.

vorgenommen hat, genehmigen; wenn er gleich dem Anderen keine wirkliche Bollniacht ertheilt hätte"). §. 148. Ist die Erklärung gegen den Dritten nur mündlich geschehen, so ist Siar der Erklärende nicht schuldig, die zwischen diesem Dritten und dem angeblich evollmächtigten vorgenommenen Verhandlungen und geschlossenen Verträge selbst zu genehmigen 47); §. 149. Hat aber der Dritte dem angeblichen Bevollmächtigten auf den Grund eines solchen Vertrages etwas gegeben, oder geleistet, so hastet der Erklärende dafür eben so, als wenn er es selbst auf den Grund eines mündlichen Vertrages erhalten hätte. (Tit. 5. §. 155. sqq.)28) in. wE§. 150. Wer mit einem Bevollmächtigten weiter, als es die Grenzen seiner Vollmacht gestatten, wissentlich sich einläßt, hat,

bei erfolgender Mißbilligung des

mSchttgten und dem toclebet «er26) Denn die Vollmacht, d. i. die Beglaubigung des Anderen bei dem Dritten, ist wesenthandlungen lich, ja in der glaubhaftesten und zweifellosesten Weise, in der unmittelbaren Erklärung deS minimmt,Or Geschäftsherrn enthalten. Der Andere bedarf zur gültigen Abschließung des Geschäfts gar reiner weiteren Vollmacht, nicht einmal eines weiteren Auftrages. Denn entweder war der Auftrag, wenn auch nur mündlich, vorher gegeben: dann ist von Anfang ein ordentliches Mandatsverhältniß vorhanden ; oder der Andere schließt das Geschäft ohne besonderen Auftrag an ihn ab: dann dient die Erklärung gegen den Dritten als Vollmacht. H. Bergl. den Rechtsfall bei Str. Arch. 87 S. 367. — Der §. 147 enthält eine spezielle Anwendung des in I. 5 §. 185 enthaltenen Grundsatzes. Str. Arch. 63 IV v. 10. Juli 1866 S. 281. 27) Die Vorschrift setzt mithin voraus, daß der mündliche Auftrag nicht die Kraft habe, das in Folge desselben wirklich abgeschlossene, selbst formgemäß abgeschlossene Rechtsgeschäft für den Auftraggeber, dem Dritten gegenüber, verbindlich zu machen ; und daß es dazu einer nach­ folgenden förmlichen Genehmigung bedürfe. Man mag den Satz wenden und drehen wie man will, er bleibt im Widersprüche mit dem Pl.Beschl. (Pr. 2196) des O.Tr. v. 22. April 1850 (Anm. 11 zu §. 10 d. T.), und mit vollem juristischen Takte hat die Minorität die Rechtswahr­ heit dieses Rechtssatzes der Majorität entgegengehalten. Nur wegen der unjuristischen, inhalts­ leeren Unterscheidung ist die wortreiche Bekämpfung dieses Grundes, seitens der Majorität, bemerkenswerth. „Diese §§. 147—149" — wird gesagt — „handeln nur von der Form einer die Vollmacht anerkennenden Erklärung, nicht von der Form einer Genehmigung des auf Grund der Vollmacht vorgenommenen Geschäfts. Auch kann nicht eingewendet werden, daß die Unverbindlichkeit des Geschäfts wegen Nichtbeachtung der gesetzlichen Form nur durch Erfüllung dieser letzteren gehoben werden könne; denn für das Geschäft mit dem Dritten mangelt eben die erforderliche Form nicht, sondern nur für die Einwilligung des Geschäftsherrn." Also die Einwilligung des eigentlichen Kontrahenten kann fehlen — kann in der wesentlich erforderlichen Form fehlen, und doch soll das von einem Fremden für ihn vorsorglich nach dem Leisten verfertigte Opus recht für ihn sein? Einen solchen Unterschied kennt die Rechts­ wissenschaft nicht; diese Unterscheidung hat keinen juristischen Kern. Das mittelbare Band, welches beide Kontrahenten verknüpfen soll, darf nach den Gesetzen der Logik und des Rechts nicht unvollkommener sein als das unmittelbare, wenn es halten soll. Durch jene Unterscheidung erledigt sich mithin das Bedenken: daß der eigentliche mündliche Vertrag nicht binden würde, wohl aber die mündliche Genehmigung eines von einem Anderen ohne schriftlichen Auftrag ab­ geschlossenen Geschäfts, „als unzutreffend" nicht im geringsten ; im Gegentheil, das Erledigungs­ mittel die Unterscheidung — ist unzutreffend, während das Bedenken gegründet und genau zutreffend ist. Vergl. die folg. Anm. 28) Deutlicher und bestimmter kann der Grundsatz: daß ein zufolge mündlichen Auftrages zwischen dem Beauftragten und dem Dritten, wenngleich formgerecht, abgeschlossenes Rechts­ geschäft in Beziehung auf den Machtgeber nur den Werth und die Geltung eines mündlich geschlossenen hat, nicht ausgedrückt werden. S. die vor. Anm. Es versteht sich, daß der Grund­ satz sich nicht auf das Verhältniß zwischen dem Machtgeber und dem Beauftragten bezieht: was

dieser in Gemäßheit des mündlichen Auftrages geleistet und deswegen zu fordern hat, das muß jener ausgleichen; der actio m. contraria kann er den Einwand der seinem Auftrage mangeln­ den schriftlichen Form nicht entgegensetzen. Anm. 11 ju §. 10 d. T. Alinea 1. — Vergl. auch O.Tr. IV v. 26. Okt. 1865, Str. Arch. 6 S. 172. H. Auch in dem Fall des §. 149 gelangen die in den 186, 190 ausgesprochenen Grund­ sätze zu Geltung. O.Tr. III v. 23. Febr. 1872, Entsch. 67 S. 97. — Vergl. ferner O.Tr. IV v. 26. Okt. 1865, Str. Arch. 61 S. 166; III v. 23. Febr. 1872, Str. Arch. 84 S. 226.

Von Vollmachtsausträgen.

183

Machtgebers, nur20) das Recht, das ganze Geschäft wieder aufzurufen, und das, was er darauf schon gegeben oder geleistet hat, von dem Bevollmächtigten wieder zurückzufordern 3n). 151. Schadloshaltung hingegen kann er auch von dem Bevollmächtigten nicht verlangen, in so fern sich dieser nicht ausdrücklich und schriftlich dazu ver­ pflichtet hat3'), oder von dessen Seite ein Betrug untergelaufen ist. §. 152. Wie weit ein Machtgeber für den durch den Bevollmächtigten, bei Vollführung des Auftrages angerichteten Schaden haften müsse, ist gehörigen Orts bestimmt. (Tit. 6. §. 50—53.) §. 153. Wer mit einem Bevollmächtigten contrahirt hat, muß sich wegen Er­ füllung des Vertrages in der Regel an den Machtgeber halten. §. 154. Hat der Bevollmächtigte bloß in seinem eigenen Namen contrahirt, so kann der Andere nur von ihm die Erfüllung32) fordern33). §. 155. Ausnahmen und nähere Bestimmungen bei kaufmännischen Geschäften sind im Kaufmannsrechte-") festgesetzt. 8- 156. Hat Jemand, der zur Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellt ist, dergleichen Geschäfte in seinem eigenen Namen abgeschlossen; es ergiebt sich aber aus den zur Zeit des Contracts schon vorhandenen, und dem Anderen be­ kannt gewesenen Umständen, daß der Gegenstand der Verhandlung wirklich Amts-

29) Nur dieses Recht? Gesetzt, Jeamnd hat den Auftrag, 100 Mispel Weizen zu kaufen; er findet einen Posten von 120 Mispel von vorzüglicher Güte und sehr preiswürdig, er schließt das Geschäft, unter verhoffter Genehmigung des Auftraggebers, auf 120 Mispel ab, nachdem der Verkäufer von dem Inhalte des Auftrags Kenntniß genommen hat. Der Machtgeber genehmigt die Ueberschreitung nicht. Warum soll der Verkäufer nicht das Recht haben, auf die Abnahme von 100 Mispel zu bestehen? Ohne Zweifel will das Gesetz dieses Recht nicht nehmen, wenn der Handel ad mensuram abgeschlossen ist Nur auf den Kauf per aversionem würde das Gesetz anzuwenden sein. Bergl. über diese Frage L. 3 §. 2, L. 4 D. mandati (XVII, 1); §. 8 Inst, eodem (III, 27). Veral. die Anwendung des Grundsatzes auf die aufgetragene Bürgschaft L. 22 0. de fidejussoribus (VIII, 41). 30) Das Rechtsmittel ist die condictio ob causam. 31) Dieser Fall ist eine Kautionsleistung für die Genehmhaltung (cautio ratam rem haberi), woraus bte Verbindlichkeit zum Ersätze des aus der Nichtgenehmigung dem Dritten er­ wachsenden Schadens entsteht. I. 14 §. 271. 32) Wirkliche Erfüllung, denn der Beauftragte ist für seine Person als Kontrahent auf­ getreten. Bon dieser Verbindlichkeit kann er sich durch die erst nach Abschließung des Rechts­ geschäfts gegebene Erklärung, daß er nur als Bevollmächtigter gehandelt habe, nicht befreien. Der Andere würde, hätte man ihm das gleich gesagt, sich auf den Handel nicht eingelassen haben. Vergl. die Anm. 8 zu §. 9 d. T. und H.G.B. Art. 360. 33) Wenn aber der mit schriftlicher Vollmacht versehene Bevollmächtigte über einen Gegen­ stand seines Auftrages kontrahirt hat, so kann der andere Kontrahent sich wegen Erfüllung des Vertrages an den Machtaeber halten, obgleich der Bevollmächtigte nicht ausdrücklich im Namen des Machtgebers kontrahirt hat. O.Tr. IV v. 26. Febr. 1857, Str. Arch. 24 S. 81. — Dahin­ gegen hat der Machtgeber eine Klage auch ohne Eession gegen den Dritten, mit welchem sein Mandatarius kontrahirt hat, sobald es dem Dritten einerlei sein muß, ob der Mandatarius als solcher, oder in seinem Namen das Geschäft eingegangen. H. Die Frage, ob der Machtgeber durch einen Vertrag seines Bevollmächtigten verpflichtet werde, den dieser nicht ausdrücklich im Namen des Ersteren abgeschloffen, aber mit dem Namen desselben, statt mit dem eigenen, ohne weiteren Zusatz unterschrieben hat, ist von dem O.Tr. IV v. 12. März 1868, Entsch. 60 S. 323, bes. S. 326, verneint, dagegen von dem R.O.H.G. Entsch. 5 S. 263 bejaht. Die Norm des Diffessionseides (A.G.O. L 10 §. 134) entscheidet nicht für die Bejahung. H. Der Diffessionseid findet nach der C.P.O. S. 405 nicht mehr statt. H. Leugnet der Beklagte, in eigenem Namen kontrahirt zu haben, so hat der Kläger dies zu beweisen; es genügt der Nachweis, daß bei dem Kontrahiren mit dem Beklagten ein Stellvertretungsverhältniß nicht erkennbar geworden. R.G. I H. v. 30. April 1880, Entsch. 2 S. 194; I v. 2. Febr. 1881, Entsch. 3 S. 122. 34) H.G.B. Art. 46, 52, 55. Eine andere Ausnahme macht das Verwaltungsverhältniß. I. 14 §. 130.

184

Erster Theil.

Dreizehrüer Titel.

§§. 157—166.

anyelegenheiten gewesen sind; so hat der Andere die Wahl: ob er sich an seinen Mücontrahenten, oder an die Casse oder Anstalt, welcher derselbe vorgesetzt ist, halten wolle. §. 157. Der Bevollmächtigte kann, in Abwesenheit des Machtgebers, zu Handlungen, wozu ihn sein Auftrag berechtigt^), durch den Richter angehalten werden. §. 158. Doch kann der Machtgeber durch den Einwand, daß der Dritte den Bevollmächtigten zu seiner Pflicht anzuhalten unterlassen habe, sich von seiner eigenen Verblndlichkeit nicht befreien. Wie «oll§. 159. In der Regel Sb) ist sowohl der Machtgeber seinen Auftrag zu träg?a?fgc-widerrufen, als der Bevollmächtigte die Ausführung des übernommenen Geschäftes u^rden bcm Machtgeber aufzukündigen berechtigt S7). 35) Dies ist ein anderer Ausnahmefall, in welchem die Klage gegen den Bevollmächtigten zulässig ist. Die dadurch verursachten Kosten kann der Bevollmächtigte dem Machtgeber, wenn dieser nicht etwa mit dem Verhalten des Bevollmächtigten einverstanden war, nicht anrechnen, es wäre denn, daß er dadurch den Nutzen des Machtgebers befördert hätte. 36) Hieraus folgert das O.Tr., daß ein Vollmachtsgeber unter gewissen Umständen resp, auf eine gewiffe kontraktmäßig zwischen ihm und dem Bevollmächtigten vereinbarte Zeit hinaus seiner Besugniß zum Widerrufe sich begeben resp, auf denselben verzichten dürfe, und daß er sich für den Fall seines einseitigen Rücktritts von dem Vollmachtsvertrage einer dem Bevollmächtigten zu zahlenden Konventionalstrafe zum Zwecke der Entschädigung desselben wegen unzeitigen Rück­ tritts unterwerfen könne. Das Appellationsgericht hatte das Gegentheil erkannt und sein Er­ kenntniß unterlag deshalb der Vernichtung. O.Tr. IV v. 5. Nov. 1867, Str. Arch. 69 S. 47. (H. Vgl auch Str. Arch. 64 S. 238) Ein solcher Vertrag ist zwar, wie dem O.Tr. zuzugeben ist, gültig, aber er ist kein eigentlicher oder reiner Bevollmächtigungsauftrag, sondern ein un­ benanntes Rechtsgeschäft (contractus innominatus) über Handlungen. H. Auf diesem Standpunkte scheinen auch zu stehen RO.H.G. I v. 7. Mai 1878, Entsch. 23 S. 324, u. Gruchot Bei­ träge 14 S. 420. 37) Die Bestimmung dieses §. und des §. 160 ist auch auf den Verwaltungsvertrag ana­ log anwendbar. Pr. des O.Tr. 1708 in der Anm. zu I. 14 §. 109. Ist in einem zweiseitigen (onerosen) Kontrakte dem einen der Kontrahenten von dem anderen die Ausführung eines Geschäftes oder Auftrages für die ganze Dauer des Geschäftes oder für eine bestimmt bezeichnete Zeit übertragen und zugesichert, und dafür eine Gegenleistung versprochen, so kann derjenige, welcher den Auftrag ertheilte, dadurch allein noch nicht von der Gegenleistung frei werden, daß er sich des Beauftragten nicht ferner zu dem Geschäfte bedienen will; vielmehr muß er, sofern nicht andere Gründe der Befreiung eintreten, die seinerseits über­ nommenen kontraktlichen Pflichten erfüllen, wenn er auch nicht gezwungen werden kann, die Leistungen des anderen Kontrahenten anzunehmen. O.Tr. IV (Pr. 1991) v. 11. Febr. 1848, Entsch. 16 S. 166. M. vergl. die Anwendung hiervon in dem Erk. IV v. 1. April 1856, Str. Arch. 21 S. 31. — Ein solcher Vertrag ist kein Bevollmächtigungs- sondern ein Gedinge­ vertrag, und dieser kann gleichfalls von dem Geschäftsherrn zu allen Zeiten auf die Gefahr hin, daß, wenn sein Grund unerheblich befunden wird, er dem Anderen zu der ausbedungenen Gegen­ leistung gehalten ist, willkürlich widerrufen werden. I. 5 §. 408—410. Der Kommissionsvertrag eines Autors mit einem Buchhändler über den Vertrieb des Werks gegen einen bestimmten Rabatt für die Mühwaltung und für die von dem Buchhändler zu be­ streitenden Kosten ist gar kein Mandats- sondern ein Sozietätsvertrag, welcher nicht einmal vor der Zeit widerrufen werden kann, wenn der Autor dem Buchhändler nicht den Rabatt für alle noch unabgesetzten Exemplare zahlen will. Denn die Sozietät ist für ein bestimmtes Unter­ nehmen eingegangen und die Kosten der Bekanntmachung rc. sind für das Ganze venvendet. Die Gesetze sagt das O.Tr. — verbieten dem Machtgeber nicht, durch Vertrag sich seines Rechts zum Widerrufe ganz zu begeben, oder dessen Ausübung von Bedingungen oder Leistungen abhängig zu machen. O.Tr. IV v. 11. Sept. 1866 u. v. 5. Aov. 1867, Str. Arch. 64 S. 211, 69 S. 16. Mag sein. Aber wenn solches geschieht, so ist das Rechtsgeschäft nicht Mandatskontrakt im eigentlichen Rechtssinne, sondern ein unbekannter (zweiseitiger) Kontrakt. Vgl Abs. 2 dieser Anm. H. Der erfolgte Widerruf schließt die Klage auf Erfüllung gegen den Widerrufenden aus; nur eine Klage auf Schadenersatz bleibt frei. R.O.H.G. v. 9. März 1875, Entsch. 16 S. 171. Vergl. Anm. 14 Abs. 2 Sah 2 ju I. 5 § 408.

Bon Bollmachtsausträgen.

185

§. 160. Es ist nicht nothwendig, daß der Widerruf ober die Aufkündigung unter Gegenwärtigen schriftlich33) geschehe. §. 161. Wohl aber muß38) derjenige, welcher von dem Vertrage abgeht, dem Anderen die ertheilte schriftliche Vollmacht wieder abfordern40), oder zurück­ geben 41). §. 162. Befindet sich diese Vollmacht bei den gerichtlichen Arten, so muß die Aufhebung des Vertrages von demjenigen, welcher davon zuerst abgeht, dem Richter 42) angezeigt werden. < §. 163. Der Machtgeber, welcher vor vollendetem Geschäfte die Vollmacht widerruft, ist schuldig, dem Bevollmächtigten nicht nur wegen des bereits gemachten Aufwandes, sondern auch wegen des dabei auf andere Art erlittenen wirklichen Schadens gerecht zu werden. §. 164. Sobald dem Bevollmächtigten der Widerruf des Machtgebers bekannt geworden43); ist derselbe verpflichtet, dem Machtgeber selbst, oder demjenigen, welchen dieser zu seinem Nachfolger ernannt, und ihm angezeigt hat, über die noch un­ vollendeten Geschäfte treulich Auskunft zu geben, und Alles, was zu deren Fort­ setzung gehört, au8}uantroorten44). §. 165. Er ist nicht schuldig, sich mit fernerer Fortsetzung dieser Geschäfte aus irgend eine Art zu befassen. §. 166. In so fern aber, als die Fortsetzung angefangener Handlungen keinen Aufschub leidet, und der Machtgeber darüber nicht besonders verfügt hat, ist der gewesene Bevollmächtigte befugt, dieselben so weit zu besorgen, als es zur Abwendung eines sonst nnvermeidlichen Schadens nothwendig ist. 38) Auch eine Prozeßvollmacht kann mündlich zurückgenommen werden, nur muß der Mandant, daß es geschehen, dem Gerichte (H. nach der (5.P O. §. 83: dem Gegner) an­ zeigen. §. 162. Der Rechtsanwalt soll dann zur Herausgabe der Manualakten, ohne prozefsualische Weitläufigkeiten, von AussichtS wegen ungehalten werden. R. v. 25. Jan. 1817, Jahr­ buch 9 S. 12. (H. Vergl. aber Rechtsamv.Ord. v. 1. Juli 1878 §. 32.) Vergl. Anm. zu 8- 13 d. T. 39) Dieses „muß" ist Folge der Aufhebung des MandatsverhältniffeS und betrifft lediglich das Verhältniß zwischen dem Machtgeber und dem gewesenen Bevollmächtigten. Ob die Richtersüllung dieser Verbindlichkeit einen Einfluß und welchen? auf das Verhältniß zwischen dem Machtgeber und dem Dritten, mit welchem der gewesene Bevollmächtigte noch nach dem Widerrufe auf Grund der zurückbehaltenen Vollmacht kontrahirt, habe, bleibt hier ganz unentschieden. Auf diese Frage beziehen sich die 88- 162, 167—171. S. die Anm. zu § 167. 40) H. Der Widerruf des Mandanten wirkt gegen Dritte, denen er nicht bekannt ge­ worden, nur dann, wenn die Vollmacht nicht bloß abgesordert, sondern zurückgenommen ist. Daü ist konstante Praxis des O.Tr. z. B. v. 29. Jan. 1852, v. 14. Nov. 1864, Entsch. 22 S. 200, Str. Arch. 57 S. 82. Eben so R.O.H.G. v. 25. April 1874, Entsch. 13 S. 195; v. 20. März 1875, Entsch. 16 S. 337. 41) H. Der Verwalter fremder Sachen muß die Urkunde über den widerrufenden Ver­ waltungsvertrag dem Prinzipal herausgeben. O.Tr. III. v. 5. Jan. 1874, Str. Arch. 90 S. 358. 42) Vergl. A.G.O. I. 3 §. 62. H. Jetzt dem Gegner; C PO. §. 83. 43) Was derselbe von nun an, außer dem Falle des §. 166, noch thut, macht ihn, dem Machtgeber gegenüber, zum bloßen negotiorum gestor und verschafft ihm nicht die actio mandati contraria. 8* 175 d. T. Wenn aber der Bevollmächtigte die Handlung in Vollmacht verrichtet hat, da der Prinzipal schon vorher die Vollmacht widerrufen oder verstorben, wovon jedoch der Mandatarius noch keine Wissenschaft erhalten; so ist die Handlung gültig. 44) Diese Vorschrift ist auf das Verhältniß des kaufmännischen Kommissionärs zum Kom­ mittenten nicht ohne weiteres anwendbar, weil jener behufs der Ausführung des ihm über­ tragenen Geschäfts persönliche Verpflichtungen übernehmen muß. Hat er daher auf seine Gefahr einen früheren Auftrag ausgeführt und einen späteren Auftrag nur zu einem bestimmten Zrveae, welcher sein Risiko aus dem früheren Auftrage zu vermindern geeignet ist, übernommen, so kann der Kommittent, nachdem auch der spätere Auftrag ausgeführt ist, dessen früher ausdrücklich bezeichneten Zweck nicht mehr willkürlich ändern. O.Tr. IV v. 4. Mai 1858, Str. Arch. 25 S. 288.

) durch Auf­ kündigung und Widerruf.

186

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 167—182.

§. 167. Ist dem Bevollmächtigten die Verhandlung des Geschäftes mit einer gewissen bestimmten Person aufgetragen; oder ist dem Machtgeber sonst bekannt, mit wem der Bevollmächtigte sich in Unterhandlungen darüber eingelassen habe: so ist der Machtgeber schuldig, wenn er die Vollmacht widerruft, diesen Dritten davon zu benachrichtigen"). §. 168. Hat er dieses nicht gethan, so muß er die von dem Bevollmächtigten auf den Grund der Vollmacht geschlossenen Verhandlungen wider sich gelten lasten; wenn auch der Abschluß derselben erst nach dem Widerrufe, welcher aber dem Dritten nicht bekannt geworden, erfolgt wäre. §. 169. Ist dem Machtgeber daraus Schaden entstanden, so muß er sich des­ wegen an den Bevollmächtigten halten. §. 170. Außer diesem Falle (§. 167.) und wenn dem Machtgeber nicht bekannt ist, mit wem der Bevollmächtigte in Verhandlungen über das Geschäft sich ein­ gelassen habe, sind die Unternehmungen des Letzteren, deren er sich nach erhaltenem Widerrufe anmaßt, für den Machtgeber unverbindlich46).47 §. 171. Hat der Bevollmächtigte dergleichen4 ?) Verhandlungen, unter Ver­ schweigung des erhaltenen Widerrufs, mit einem Dritten abgeschlossen; so muß dieser, wegen des aus der Ungültigkeit des Geschäftes erwachsenden Schadens"), an den Bevollmächttgten sich halten. 46) Regel ist, daß das durch einen Stellvertreter erst nach Erlöschung des Auftrags voll­ brachte Geschäft zwischen dem Dritten und dem Machtgeber gültig ist, wenn der Dritte in gutem Glauben gehandelt hat, und das R. R. macht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Erlöschungsarten, in dieser Hinsicht. Anm. zu §. 97. So hatten es auch die Berf. des L.R. an­ fangs im Sinne. Der §. 126 des gedr. Entwurfs sprach den Grundsatz aus. Aber in Folge des Monitums einiger Mvnenten, welche die Form des Widerrufs und der Aufkündigung näher bestimmt wiffen wollten, wurde diese Art der Aufhebung des Mandatsverhältniffes Gegenstand einer besonderen Gesetzgebung. Suarez vermerkte am Rande jenes allgemeinen Grundsatzes, §. 126 des Entwurfs: „Bei der Revokation ist zu unterscheiden, ob der Mandatar angewiesen war, mit einem gewiffen bestimmten Subjekte zu kontrahiren, oder das Subjekt, mit dem er in Unterhandlung stand, dem Mandanten bekannt war. Dann muß er avertiren. Sonst muß der Mandatar, welcher post revocationem agirt hat, vertreten. NB. wegen der Ungültigkeit." Man fügte die diesem entsprechenden Sätze bei, welche sich in den §§. 167—171 befinden, und strich aus dem allgemeinen Satze des §. 126 die Worte: „von dem Widerrufe der Voll­ macht", so daß dieser lautete, wie der §. 200 d. T. zeigt. So ist die im §. 170 enthaltene Ausnahme, welche von der Regel in einem gewissen Falle (Anm. zu §. 97) dann gelten soll, wenn das Mandat durch Widerruf erlischt, entstanden. Mot der Ges.Rev. Pens. 14 zu Tit. 11 u. 14 S. 242. 46) S. Anm. zu §. 97 und die vor. Anm. 45. In diesem Ausnahmesalle macht eS auch keinen Unterschied: ob die Originalvollmacht abgefordert und ob sie noch in den Händen des Bevollmächttgten ist, oder nicht. Denn der Machtgeber hat keine augenblicklich zwingenden Mittel, den entfernten Bevollmächtigten aus dem Besitze der Legitimationsurkunde zu sitzen. Deshalb ist die Meinung des O.Tr., daß der Widerruf einer schriftlich ertheilten Vollmacht, welche in der Hand des Bevollmächtigten verblieben. Dritten gegenüber nicht zu berücksichtigen sei, Erk. IV v. 29. Jan. 1852, Entsch. 22 S. 200, und III v. 14. Nov. 1864, Str. Arch. 67 S. 85, in dem Falle des §. 170 nicht richtig. Denn wenn der gewesene Bevollmächtigte die Vollmacht nicht mehr hat, so ist er eben nicht bevollmächtigt, und derjenige, in dessen Namen Jener handelt, braucht zu seinem Schutze den §. 170 nicht, die Bestimmung des §. 170 würde mithin ganz müssig sein. 47) Dergleichen, nämlich die bereits vor dem Widerrufe angeknüpften und erst nachher abgeschlossenen Verhandlungen. Die Ausnahme bezieht sich daher auf den Fall eines aufge­ tragenen einzelnen bestimmten Geschäftes. Wenn aber eine allgemeine Geschäftsbesorgung über­ tragen ist, oder doch ein Inbegriff von Geschäften einer gewiffen Art, so kann der bloße Widerruf der Vollmacht, ohne Erschütterung des Verkehrs, unmöglich die Wirkung haben, daß alle die­ jenigen, welche mit dem Bevollmächtigten, der sich durch Vorzeigung seiner Vollmacht legitimiren kann, in gutem Glauben kontrahirten, blobgestellt sein sollen : bet einem solchen Rechte könnte sich kein Mensch mit einem solchen Bevollmächtigten einlassen. Das L.R. verordnet dies auch in der That nicht, spricht vielmehr den richtigen Grundsatz, in Anwendung auf den Handels­ verkehr, ausdrücklich aus in II. 8 §. 534.

Von Vollmachtsaufträgen.

187

8- 172. Ter Bevollmächtigte, welcher die ihm übertragene Vollmacht auf­ kündigt, ist schuldig, die angefangenen Geschäfte entweder selbst, oder durch seinen Substituten (§. 38. sqq.) so lange fortzusetzen, bis der Machtgeber dazu andere Vorkehrungen treffen kann 4*i. §. 173. Dagegen ist aber auch der Machtgeber zu Trefsung solcher Vor­ kehrungen, sobald die Aufkündigung zu seiner Wissenschaft gelangt ist, ohne Zeit­ verlust verbunden50 48).49 51 * 53 54 55 §. 174. Von dem Zeitpunkte an, wo der Machtgeber, auch nur aus mäßigem Versehen, eine Saumseligkeit in Trefsung anderweitiger Vorkehrungen begangen hat, kann er von dem gewesenen Bevollmächtigten, welcher das Geschäft nicht weiter fortgesetzt hat, keine Vertretung mehr fordern. §. 175. Hat der Bevollmächtigte nach diesem Zeitpunkte das Geschäft selbst, oder durch seinen Substituten, weiter fortgesetzt^'), ohne seine geschehene Auf­ kündigung ausdrücklich zurückzunehmen: so ist die Sache nach den Vorschriften des folgenden Abschnitts zu beurtheilen •'*). §. 176. Hat der Auftrag ein gerichtliches Geschäft betroffen, so muß der Be­ vollmächtigte, welcher denselben aufkündigt, zu gleicher Zeit dem Richter davon Anzeige machen"). §. 177. Der Richter muß alsdann, mit Rücksicht aus die obwaltenden Um­ stände, eine Zeit bestimmen, während welcher der gewesene Bevollmächtigte das Geschäft noch fortzusetzen schuldig sein soll, und den Machtgeber davon M) benach­ richtigen. §. 178. Läßt dieser den bestimmten Zeitraum ohne Vorkehrung ander­ weitiger Anstalten verstreichen, so findet die Vorschrift des §. 174. wider ihn An­ wendung. §. 179. In außergerichtlichen Angelegenheiten steht dem Bevollmächtigten ftei, die Aufkündigung ebenfalls gerichtlich zu thun, und sie dem Machtgeber, jedoch auf seine eigenen Kosten, gerichtlich bekannt machen zu lassen6S). §. 180. Ist dem Machtgeber dabei nach dem Anträge des Bevollmächtigten eine gewisse Frist zu Treffung anderweitiger Vorkehrungen bestimmt worden; so hat der Machtgeber, wenn diese Frist fruchtlos verstrichen ist, die Vermuthung eines schuldbaren Verzuges wider sich. §. 181. Der Widerruf der Vollmacht erstreckt sich auch auf die von dem Be- Widern.« vollmächtigten geschehene Substitution. suifmuiioii. §. 182. Ist aber der Substitut von dem Machtgeber selbst ernannt worden, 48) Sergi. I. 14 §.271. 49) H. In Ansehung des Prozeßbevollmächtigten vgl. C.P.O. §. 83 Abs. 2. 50) Das ist nicht so zu verstehen, als hätte der Machtgeber dazu eine wahre Verbindlichkeit. Er kann thun, was er will, das ist ganz seine Sache. Aber er kann wegen ihm entstehender Nachtheile von Niemand Rechenschaft fordern. Tas will die Bestimmung sagen. §. 174. 51) Weiter fortgesetzt „nach diesem Zeitpunkte". Dieser Zeitpunkt ist der im §. 174 bestimmte; der §. 175,bezieht sich also nicht aus diejenigen Handlungen, welche der §. 172 dem Mandatar noch nach der Aufkündigung zur Pflicht macht. 62) S. die Anm. zu §. 164. H. Sergi, auch C.P.O. §. 85. 53) Sergi. §. 162. 54) Son der Zeitbestimmung über die Fortsetzung der Geschäftsbesorgung durch den bis­ herigen Bevollmächtigten als solchen; nicht von der Aufkündigung, die dem Bevollmälhtigten selbst obliegt. Was der Bevollmächtigte in Folge der richterlichen Verfügung noch thut, ist nach den Vorschriften dieses Abschnitts, nicht nach denen des folgenden zu beurtheilen. §. 175. 55) Das Verfahren schreibt die A.G.O. I. 28 §. 16 Satz 1 vor. H. An Stelle dieser gerichtlichen Kündigung tritt jetzt die Zustellung der Kündigung durch einen Gerichtsvollzieher, Ausf.Ges. zur C.P.O. §. 1 Abs. 3. Forster-Eccius, 2 §. 137 S. 298 Anm. 114, Herbst bei Gruchot 26 S. 349.

188

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 183 -192.

so folgt aus dem Widerrufe der Lauptvollmacht der Widerruf der Substitution nur alsdann, wenn die Absicht des Machtgebers, von dem Geschäfte gänzlich abzustehen, erhellet56). §. 183. Der Bevollmächtigte kann einen von ihm willkürlich bestellten Sub­ stituten nach Gutfinden ändern. §. 184. Ein Substitut aber, der von dem Machtgeber selbst ernannt worden, kann ohne Genehmigung des Machtgebers von dem Bevollmächtigten, außer dem Nothfalle, nicht geändert tocrbcn 67). 6tieSeFis §• 165. Sobald die Fortsetzung des Geschäftes mit den fernern Verfügungen Widerruf, des Machtgebers nicht bestehen kann, ist der Auftrag für stillschweigend widerrufen anzusehen. a) den §. 186. Durch den Tod eines der beiden Contrahenten werden in der Regel alle Aufträge geendigt, welche nicht mit auf die Erben ausdrücklich gerichtet sind68). §. 187. Doch müssen die Erben des Bevollmächtigten nicht nur den Macht­ geber von dem erfolgten Todesfälle sofort benachrichtigen, sondern auck die an­ gefangenen Geschäfte in der Zwischenzeit, bis von dem Machtgeber anderweitige Vorkehrungen getroffen werden können, so weit fortsetzen, als es zur Abwendung eines sonst unvermeidlichen Schadens nothwendig ist69). 56) Sonst tritt ein solcher Substitut als Hauptbevollmächtigter ein. Dies ist ganz folge­ recht; denn der von dem Machtgeber ernannte Substitut ist des Machtgebers Bevollmächtigter in zweiter Reihe. Vergl. §§. 184 u. 193. 57) Aus dem in der vor Anm. angegebenen Grunde. Anm. a. E. zu §. 38 d. T. 58) H. Die ausdrückliche Ausdehnung eines Auftrags auf die Erben des Machtgebers ist nur zu dem praktischen Zwecke gestattet, die Vollendung eines Geschäfts durch dieselbe Person bewirken zu lasten, welche es bereits angesangen hat. O.Tr. IV v. 25. Okt. 1870, Str. Arch. 81 S. 21. — Vergl. noch O.Tr. III v. 23. Febr. 1872, Str. Arch. 84 S. 226. Das Pr. des O.Tr. IV 2022 v. 22 Mai 1848 sagt: „Eine in Handelssachen einem Kausmanne, als Vorsteher einer Handlung, für diese übertragene Verkaufskommission wird durch den Tod des Ersteren in der Regel nicht aufgehoben." Entsch. 17 S. 230. Der Satz beruht auf der Idee von der juristischen Persönlichkeit einer Handlung, indem von „derartigen, einer Handlung als solcher übertragenen, Kommissionsgeschäften" und davon, „wenn die Be­ sorgung einer fortdauernden Handlung anvertraut," — „der Auftrag weniger einer einzelnen bestimmten Persönlichkeit, als vielmehr dem Vorsteher der Handlung für diese selbst ertheilt worden ist", gesprochen wird. Die Idee hat keine Realität. Eine Handlung, in dem hier gemeinten Sinne, ist entweder eine Geschäftseinrichtung, Geschäftslokalität, oder der Ge­ werbebetrieb im Handeln mit Waaren. Weder das Eine noch das Andere ist eine juristische Person. Zur Begründung jenes Satzes ist aber diese unzulässige Fiktion nicht nöthig, vielmehr ist das Verhältniß aufzufassen als eine Substitution des Machtgebers für die Handlungsgehülfen des Kommissionärs, indem der Auftrag von der Art ist, daß der Beauftragte ihn nicht persönlich besorgen kann und unter dem Ausdrucke „Handlung" eben die in dieser Handlung angestellten Handlungsbedienten gemeint sind, so daß zwischen den Substituten und dem Machtgeber ein unmittelbares Verhältniß besteht. §§. 193, 40 und Anm. zu g. 38 a. E. — Der Fall des Todes des kaufmännischen Machtgebers ist ausdrücklich vorgesehen im §. 191. Tas Handelsgesetzbuch ändert hierin nichts. Vergl. Art. 54 Abs. 2. Die Befugniß des Wechselnehmers zur Vervollständigung des Wechselformulars durch Ein­ rückung des Verfalltages und des Namens des Remittenten kann nicht als Mandat aufgesaßt werden, welches durch den Tod des Ersteren erlischt. Denn diese Berechtigung des Wechsel­ nehmers stützt sich nicht auf eine Vollmacht, sondern auf die Einigung über die ihm überlastenc Disposition, und das in Folge derselben ins Leben tretende Nechtsverhältniß ist kein wider­ rufliches, auch nicht ausschließlich an die Person geknüpftes, vielmehr geht es, als ein vermögens­ rechtliches, aus die Erben über. O.Tr. IV v. 13. Juli 1867, Entsch. 58 S. 333. H. Das O.Tr. IV o. 25. Okt. 1870, Entsch. 64 S. 78, hat die Frage, ob eine von dem Machtgeber für sich und seine Erben ausgestellte, speziell auch zu Schenkungen ermächtigende Vollmacht den Mandatar berechtige, Schenkungen aus dem Nachlaß des Machtgebers vorzunehmen, verneint. — Die zur Auflassung ertheilte Bollmacht erlischt durch den Tod des Machtgebers auch dann, wenn darin die Fortgeltung derselben nach den: Tode ausdrücklich bestimmt ist. Johow u. Küntzel, Jahrb. 2 S. 75. H. S. Anm. zu g. 149.

Bon Vollmachtsausträgen.

189

§. 188. Zu letzterem ist der Bevollmächtigte selbst60) verpflichtet, wenn durch den Tod des Machtgebers sein Auftrag gehoben worden. §. 189. Wenn der Machtgeber, oder dessen Erben, in Vorkehrung ander­ weitiger Anstalten sich einer Saumseligkeit schuldig machen, so finden die Vor­ schriften §. 174. Anwendung. 8 190. Die Regel, daß durch den Tod des Machtgebers der Vollmachts­ vertrag aufgehoben werde, leidet eine Ausnahme, wenn das Geschäft von der Natur ist, daß es erst nach dem Tode des Machtgebers ausgeführt werden sann61). §. 191. Bei kaufmännischen Geschäften waltet die Vermuthung ob: daß der, welchem sie anvertraut worden, dieselben auch nach dem Tode des Machtgebers fortsetzen solle62). §. 192. Auch in Prozeßangelegenheiten wird die Vollmacht durch den Tod des Machtgebers nicht aufgehoben 63). 59) Nach dem Vorschläge eines Monenten sollte hier die Beschränkung beigefügt werden: „und ihnen ohne ihren eigenen Nachtheil möglich ist." Sie wurde weggelassen, weil Suarez sie für bedenklich und für unnöthig hielt — unnöthig deshalb, weil es sich von selbst verstehe, daß auch dem Erben actio mandati contraria gegen den Machtgeber kompetire. Jahrb. 52 S. 18. — Die Satzung ist aber ganz abnorm. Sie erfordert sofortiges Handeln und Ein­ schreiten Nach welchen Rechtsgrundsätzen soll jedoch der zur Erbschaft eines Mandatarius Berufene dazu kommen, sich zu unbequemen Dienstleistungen für Andere zu verstehen und persönlich verantwortlich zu machen, ehe er noch weiß, ob er Erbe werden will? Und wenn er sich endlich entschließt, die Erbschaft mit Vorbehalt anzunehmen, mit welchem Rechte soll ihm dann eine persönliche Schadloshaltung des ihn gar nichts angehenden Mandanten des Erblassers wegen der unbesorgt gebliebenen Geschäftsführung aufgebürdet werden? Andere Gesetzgedungen wissen davon nichts. Hier waltet ein Zufall. 60) D. h. nicht, wie es ein Richter verstanden hat, persönlich, sondern sogar. H. Diese Bemerkung Koch's verfehlt den Sinn des Wortes „selbst". Im §. 187 ist von den Erben des Bevollmächtigten die Rede, im §. 188 von dem Bevollmächtigten selbst. 61) War nach G. R. streitig. — H.

S. Anm. zu §. 149.

62) S. die Anm. zu §. 186. Die „Vermuthung" ist im Art. 54 Abs. 2 des H.G.B. in einen absoluten, unabänderlichen Rechtssatz verwandelt. — Der Grundsatz des §. 191 findet im Allgemeinen auch auf das Verhältniß des Traffanten zum Trassaten Anwendung. O.Tr. Pl. v. 21. Mai 1846, Entsch. 13 S. 81. Er ist aus dem G. R. ausgenommen. L. 17 §§. 2, 3 D. de instit. act. (XIV, 3). 63) (H. Ebenso nach der C.P.O. S. 82.) — Der Satz ist aus dem R. R. ausgenommen, obgleich das Prinzip, aus welchem er folgt, schon im G. R. nicht mehr gilt, noch viel weniger im L.R. Geltung hat. Dies ist das dominium litis, welches durch die Litiskontestation aus den Prokurator übergeht. „Es findet kein Zweifel statt" — sagt die L. 23 C. de procur. (II, 13), — „daß ein Prokurator, nach der Litiskontestation (L. 22 C. eod), da er dadurch Herr des Prozefles geworden ist, auch nach dem Tode des Auftraggebers, die angesangene Rechtssache und den Prozeß beendigen könne, da er dann ja — nach der Meinung der Begründer des alten Rechts (Juristen), auch einen Prokurator (für sich selbst) bestellen kann." Man muß daher auch die weiteren Konsequenzen gelten lassen und danach die Zweifel entscheiden: ob die Prozeß­ vollmacht eines Vormundes durch Eintritt der Großjährigkeit des Pflegebefohlenen während des Prozesses, oder ob die Prozeßvollmacht einer Partei durch eine in ihrer Person oder ihren Eigen­ schaften und Fähigkeiten eintretende Veränderung, z. B. durch Verheirathung bei Frauens­ personen, oder durch Bevormundung, erlischt. Die Vollmacht erlischt dadurch folgerecht nicht. §. 196. (H. C.P.O. §. 82.) Die Herkunft des Rechtssatzes ergiebt aber selbst, daß derselbe nur von Prozeßvollmachten gilt. Nach einer Mittheilung im Centralbl. von 1837 Sp. 63 soll der Just.Min. in einem Besch, v. 14. Dez 1835 in demselben Sinne sich ausgesprochen haben. — Der in der Prozeßvollmacht einer Person für ihren Stellvertreter enthaltene ausdrückliche Auftrag zur Empfangnahme der Erkenntnisse wird durch den Tod des Machtgebers nicht aufgehoben. O.Tr. IV (Pr. 2722) v. 11. Febr. 1862, Entsch. 47 S. 129. Meinungsverschiedenheit ist darüber, ob die vor die Auseinandersetzungsbehörden ressortirenden gutsherrlich-bäuerlichen Angelegenheiten in Hinsicht auf Vollmachten als Prozesse an­ zusehen. Abgesehen davon, daß diese Angelegenheiten — gleich den Erbregulirungen, die ja auch in der Prozeßordnung ihren besonderen Trtel haben — immer mit einem Vertrage (Rezeß) endigen und schon deshalb eine Spezialvollmacht erfordern, so hat doch das Verhältniß, aus

190

3) Durch ein uWgkett. 4) ftaUb?enl ioncurs"

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 193—204.

§. 193. Eben so wenig wird durch den Tod des Bevollmächtigten eine Sub­ stitution entkräftet, die von dem Machtgeber selbst, oder von dem Hauptbevoll­ mächtigten, vermöge der ihm dazu ausdrücklich ertheilten Befugniß, geschehen istfi4). §. 194. In allen Fällen, wo nach aufgehobener Hauptvollmacht die Sub­ stitution fortdauert, ist der Substitut befugt und schuldig, das Geschäft als Haupt­ bevollmächtigter so lange fortzusetzen, bis der Machtgeber anderweitige Verfügungen getroffen hat. §. 195. Aufträge, welche Jemandem von Amtswegen ertheilt worden, behalten auch nach dem Tode des Machtgebers ihre ftraft66). §. 196. Was wegen Aufhebung des Vertrages durch den Tod des einen oder anderen Contrahenten verordnet ist, gilt auch in dem Falle, weiln einer derselben seinen eigenen Geschäften vorzustehen unfähig roirb °6). §• 197- Sobald ein Kaufmann in Concurs verfällt, oder nicht mehr zahlen zu können öffentlich erklärt, sind die ihm gegebenen Aufträge für widerrufen zu achten67). §. 198. Die gerichtlich bestellten Curatoren seiner Masse müssen dem Committenten davon unverzüglich Nachricht geben, und bis dieser weitere Verfügungen treffen kann, das Geschäft nur so weit besorgen, als zur Abwendung eines sonst unvermeidlichen Schadens nothwendig ist *8). §. 199. Verfällt der Machtgeber in Concurs, so muß der Bevollmächtigte das Geschäft ••), so weit es ohne offenbaren Nachtheil der Masse möglich ist, so lange in Anstand lasten70), bis er von den Curatoren weitere Anweisung erhält. welchem jener Rechtssatz in das heutige Recht ausgenommen worden ist, bei dergleichen Aus­ tauschungen und Ausgleichungen, aus welchen die fraglichen Regulirungen zusammengesetzt sind, niemals vorkommen können, und es entbehrt die Meinung, nach welcher eine Prozeßvollmacht zur Vertretung bei diesen zusammengesetzten Rechtsgeschäften genügen — und folglich den Be­ vollmächtigten zur Fortsetzung und Beendigung der Angelegenheit auch nach dem Ableben der Partei berechtigen soll, jeder juristischen Begründung. 64) S. die Anm. zu §. 184 d T.

65) Weil nicht die verstorbene physische Person, sondern die von ihr bekleidete Amtsstelle gleichsam als juristische Person der Auftraggeber ist. (Gleichsam, weil die fingirte Persönlich­ keit ihre eigentliche Bedeutung nur im Vermögensrechte hat.) Wird aber die Stelle aufgehoben, so erlischt mit diesem Untergange der juristischen Person auch der von ihr ausgegangene Auftrag, nach der Regel §. 186. 66) (H. Johow, Jahrb. 7 S. 150 Nr. 111.) — Oder wenn umgekehrt ein Bevormundeter handlungsfähig wird und sein Vormund Vollmacht ertheilt hat. Prozeßvollmachten machen aber auch hier eine Ausnahme, wenn der Mandant unfähig wird. Anm. zu §. 192 d. T. H. Der Ansicht, daß der Auftrag, den der gesetzliche Vertreter eines Unfähigen ertheilt hat, von selbst erlösche, wenn der Unfähige die Handlungsfähigkeit erlangt, kann nicht beigetreten werden. Der nunmehr Handlungsfähige hat nur das Recht des Widerrufs. Förster-Eccius, 2 141 S. 380 Note 181; dagegen wird die Ansicht Koch's getheilt von Dernburg, Lehrb. 2 § 183 Anm. 21. — Vergl. O.Tr. I v. 5. Juli 1872, Str. Arch. 86 S. 130. — H Der Grundbuchrichter kann die Gültigkeit einer Vollmacht wegen angeblicher Geisteskrankheit des Vollmachtgebers nicht eher in Frage stellen, als bis die Unfähigkeit desselben, seinen Geschäften vor­ zustehen, durch Entmündigunasbeschluß festgestellt ist. Kammerger.Beschl. v. 5. Nov. 1883, Johow u. Küntzel, Entsch. 4 S. 127. 67) H. Der §. 197 bezieht sich nicht bloß auf Aufträge im Sinne von Vollmachten, sondern drückt einen Rechtsgrundsatz aus, welcher alle Aufträge, die zur Abschließung oder Ausführung von vermögensrechtlichen Geschäften in Beziehung stehen, umfaßt, z. B. Beauftragung eines Kauf­ manns mit Agenturgeschäften. R.O.H.G. v. 17. Juni 1871, Entsch. 2 S. 438. Die §§. 197, 198 sind weder durch die preuß. noch durch die D. Konk.Ordn. aufgehoben; vgl. Förster-Eccius, a. a. O. S. 380. VI. 5 68) Diese Bestimmung hat keinen privatrechtlichen Grund. Die persönlichen Handlungen, zu welchen der Gemeinschuldner sich verbindlich gemacht hat, gehören nicht zur Konkursmasse und fallen mithin auch nicht unter die Verwaltung des Konkurskurators. 69) Sobald er nämlich von der Konkurseröffnung Nachricht erhält. Was er bis dahin

Von BollmachtsauftrSgen.

191

§. 200. Ein Geschäft, welches mit einem Dritten abgeschlossen worden, ehe derselbe von dem Tode oder von der eingetretenen Unfähigkeit des Machtgebers Wissenschaft erlangt hat, bleibt gültig, wenn auch der Bevollmächtigte selbst davon -bereits unterrichtet gewesen wäre71). §. 201. Wenn mehrere Bevollmächtigte Ein Geschäft gemeinschaftlich T-) über- Bon mcürern nommen haben; so wird ein Jeder derselben bcin Machtgeber, zur Vollziehung, auf Sft7fl“"nnd,: das Ganze verpflichtet. §. 202. Ist aber der Auftrag von der Art, daß jeder der Uebernehmer nach seinem Gewerbe nur einen bestimmten Theil des Geschäftes ausrichten kann; so wird nicht vermuthetTi$), daß sie sich gemeinschaftlich74) zur Ausführung des Ganzen haben verpflichten wollen. §. 203. Hat Einer von mehrern Bevollmächtigten den Auftrag allein ge­ hörig T7>) ausgerichtet, so befreit er auch die übrigen von der übernommenen Ver­ bindlichkeit. §. 204. Von seinen Mitgenossen, deren Geschäfte solchergestalt von ihm nützlich besorgt worden, ist er Vergütung des gemachten Aufwandes zu fordern berechtigt76). thut, gilt als in gültiger Vollmacht vollzogen. Vergl. den §. 200 d. T., A G.O. I. 50 §. 37, preuß Konk.Ordn. §§. 20, 148 H. u. D. Konk.Ordn. §. 20. 70) Der Konkurs hebt sonach den Vollmachtsvertrag noch nicht aus. Dies ist folgewidrig. Es scheint auch wirklich nicht der Sinn dieses Gesetzes der zu sein, daß der Bevollmächtigte nur auf eine neue Instruktion warten, übrigens aber auf Grund der Vollmacht des Gemeinschuldners weiter zu handeln ermächtigt sein solle. Der Kurator muß ihn von neuem bevollmächtigen. — H. Vergl. jedoch O.Tr. IV v. 13. Juli 1869, Str. Arch. 75 S. 300, RG. I v. 12. Febr. 1881, Entsch. 3 S. 155. Dernburg, Lehrb. 2 §. 119 Nr. 2, v. Wilmowski, Komment, zur Konk.Ordn. §. 20, Förster-Eccius a. a. O. S. 381 Anm. 186. 71) Diese Bestimmung enthält die wahre und richtige Rechtsregel, die jedoch in einem ge­ wissen Falle bei dem Widerrufe nicht gelten soll. g. 170 d. £ S. die Anm. zu §. 167 und Anm. zu g. 97 d. T. Nicht entgegen ist lZinl. §. 101; die Abschließung von Rechtsgeschäften mit einem Stellvertreter fällt nicht unter diesen allgemeinen Grundsatz; sie hat überdies ihre Spezialregeln. Der §. 200 wird übrigens durch den §. 5 der preuß. Konk.Ordn. nicht berührt. Bergl. §. 7 Abs. 2 ebd. u. die Anm. zu diesen §§. in Koch's Komment, zur KonkOrdn. H. Auch die D. Konk Ordn. §. 6 berührt den §. 200 nicht, da g. 6 in die den Schütz gutgläubiger Dritter bezweckenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht eingreist. Vergl. Wilmowski, Komment. Anm. 4 zu §. 6. Anderer Meinung v. Bölderndorff, Komment. Anm. b zu §. 6. Vergl. Motive zur Konk.Ordn. S. 37, 38. 72) Mehrere mit demselben Geschäfte Beauftragte haften bem Auftraggeber in solidum. Der Satz ist aus der L. 60 §. 2 D. mandati (XVII. 1) übernommen. Die gemeinschaft­ liche Uebernahme begründet, nach der landrechtlichen Regel I. 5 §. 424, die Vermuthung, daß man eine Solidarverbindlichkeit habe eingehen wollen, welche Vermuthung durch deutliche Er­ klärung beseitigt werden kann. g. 427 a. a. O. Sonst aber ist die gemeinschaftliche Eingehung überhaupt nicht nothwendig zur Begründung einer Solidarverbindlichkeit; gerade das Mandat ist geeignet, dies sichtbar zu machen. Wenn Jemand zu verschiedenen Zeiten Zweien ein und dasstlbe Geschäft zu besorgen aufträgt, so ist augenscheinlich ein Jeder von ihnen auf das Ganze verpflichtet. Denn Jeder hat den Auftrag ganz übernommen. Wer denselben zuerst gehörig vollzieht, hat dadurch auch den Anderen befreit. §. 203 d. T. H. Die mehreren Bevollmächtigten müssen jeder selbstständig zur Vertretung berechtigt sein. Vergl. O.Tr. IV v. 17. Dez. 1872, Entsch. 68 S. 320. 73) H. Aber eine ausdrückliche Erklärung, für die Verbindlichkeit eines Dritten haften zu wollen, ist nicht erforderlich. R.O.H.G. v. 2. Jan. 1875, Entsch. 16 S. 414. 74) Das „gemeinschaftlich" hat hier nicht seine gewöhnliche Bedeutung des Gesellschaftlichen, der gegenseitigen oder gleichzeitigen Theilnehmung an der Besorgung, sondern die Bedeutung der Alleinhastung auf das Ganze. Vergl. den §. 202 und I. 5 §. 427 und die Anm. dazu. 75) Wegen des Ungehörigen oder Rückstandes hastet Jeder solidarisch. 76) Die Voraussetzung hierbei ist die gemeinschaftliche Eingehung des Verhältniffes, d. h. eine Eingehung durch eine einzige mit Allen zugleich getroffene Verabredung. Der Fall, wo ohne die gememschaftliche Theilnehmung an der Verabredung eine Solidarverbindlichkeit mit

192

Erster Theil.

Dreizehnter Titel.

§§. 205—224.

§. 205. Der, durch dessen Schuld bei dem Geschäfte ein Schade entstanden ist, muß seinen Mitgenossen, so weit diese dem Machtgever dafür haften müssen 77), gerecht werden. §. 206. Die Handlungen Eines von mehreren zu Einem Geschäfte bestellten Bevollmächtigten sind allemal gültig, wenn es darauf ankommt, dem Machtgeber Rechte und Bortheile zu erwerben. §. 207. Dagegen wird der Machtgeber durch einseitige Handlungen Eineder mehrern Bevollmächtigten78) wider seinen Willen nicht verpflichtet; §. 208. Es wäre denn, nach dem Inhalte der Vollmacht, die Absicht deMachtgebers gewesen, die Ausrichtung des Geschäftes den mehreren Bevollmächtigten entweder zugleich, oder auch jedem von ihnen allein (sammt oder78) sonders) zu übertragen. §. 209. In dem Falle des §. 202. verpflichtet jeder der mehreren Bevollmächügten, für sich allein, den Machtgeber in dem ihm aufgetragenen Theil des Geschäftes. «on^meh§ 210. Der Bevollmächtigte, welcher von Mehreren zugleich einen Auftrag Machtgcüern. erhalten hat, ist denselben auch nur gemeinschaftlich 80) Rede und Antwort zu geben schuldig. (Tit. 5. §. 450—453.) §. 211. Die mehreren Machtgeber sind, in Ansehung ihrer Verpflichtung gegen den Bevollmächtigten, als Milschuldner anzusehen81). (Tit. 5. §. 424. sqq.) §. 212. Erhält er von den mehreren Machtgebern zur Fortsetzung des Geschäftes Mehreren begründet worden ist (Anm. 72 u. 74), ist nicht vorgesehen. I. 5 §§. 444, 445 u. die Anm. dazu. — Daß übrigens demjenigen, welcher allein das Geschäft besorgt hat, auch allein die actio mandati contraria gegen den oder die Machtgeber zusteht, ist von selbst verständlich. Haben Alle Theil an der Ausrichtung des Auftrages genommen, so haben sie auch das Klagrecht gemeinschaftlich erworben, so daß der einzeln Klagende mit der exc. plurium litisconsortium zurückgewiesen werden kann, ausgenommen wenn es sich um Gebühren und Ausivendungen handelt, welche Jeder für seine Person ganz und sonders zu fordern und mit keinem der Uebrigen zu theilen hat, wegen welcher mithin das Klagerecht oder Forderungsrecht kein gemeinschaftliches ist. I. 5 §. 450. — Mit dem Gesagten stimmt ein Erk. des O.Tr. IV v. 22. Jan. 1852, Str. Arch. 5 S. 28, im Wesentlichen überein. Dort ist ausgesührt: a) Haben mehrere Bevollmächtigte sich zur Besorgung eines und des nämlichen Geschäfts mehreren Machtaebern verpflichtet, so kann jeder Bevollmächtigte, welcher allein gehandelt hat, wegen seines Aufwandes von den Mit­ bevollmächtigten auf ihre Antheile Vergütung fordern. Dies ist der eigentliche Fall des §. 204. b) Haben mehrere Machtgeber zur Besorgung eines und des nämlichen Geschäfts mehrere Be­ vollmächtigte ernannt, so kann jeder Bevollmächtigte, welcher allein gehandelt hat, auch ohne Zuziehung der Mitbevollmächtigten seine Machtgeber auf Vergütung seiner Gebühren und Aus­ lagen in Anspruch zu nehmen. §. 211. c) Jeder der mehreren Bevollmächtigten kann nicht bloß alle, sondern auch nur einige oder nur einen der mehreren Machtgeber wegen seiner Ge­ bühren und Auslagen für die Gesammtheit solidarisch in Anspruch nehmen und in diesem Pro zeffe die Richtigkeit seiner Forderungen durchführen. Es ändert hierin nichts, wenngleich die Machtgeber eine Gemeinschaft bilden und der Bevollmächtigte Mitglied dieser Gemeinschaft ist. Bergl. L. 59 §. 3 D. mandati (XVII, 1).

77) Für die Schuld des Einen haften die Anderen nicht; nur für ein gemeinschaftliches Verschulden hasten Alle solidarisch. Bergl. L. 60 §. 2 I). mandati (XVII, lj. 78) Wenn nämlich dieselben durch einen einzigen gemeinschaftlichen Bevollmächtigungsakt — durch eine auf Alle lautende Vollmacht — bestellt worden sind; anderenfalls verpflichtet ein Jeder einzeln den Machtgeber. Vergl Anm. 72 u. 74. 79) D. h. in solid um. Den Gegensatz drückt die Klausel aus: „sammt und sonders" (si non omnes). Man nennt dies eine bestimmte Bestellung. Lautet die Vollmacht unbe­ stimmt, so versteht sich eine gemeinschaftliche Besorgung. Die Lehre ist hierher aus dem päpstlichen Rechte (c. 6 de procurat. in 6) ausgenommen, wo sie sich aber lediglich auf Sach­ walter beschränkt. Die Vers, des L.R. haben sie ganz allgemein für den Bevollmächtigungsverttag eingeführt.

80) S. jedoch die Anm. 40 Abs. 3 zu § 61 d. T.

81) Anm. zu §. 204.

Bon Bollmachtsaufträgen.

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widersprechende Anweisungen; so muß er in untheilbaren8ä) Sachen diejenige be­ folgen, welche sämmtlichen Interessenten am wenigsten nachtheilig ist. §. 213. Doch bleibt der Bevollmächtigte außer Berantwortung, wenn er, im zweifelhaften Falle, diejenige Anweisung befolgt, nach welcher die Sache in dem bisherigen Stande erhalten wird. §. 214. Tie Aufkündigung der Vollmacht muß von dem Bevollmächtigten an sämmtliche Machtgeber geschehen. §. 215. Der Widerruf Eines Machtgebers hebt so wenig, als der Tod des­ selben, die Vollmacht auf 88). §. 216. Welche Wirkung es unter den Machtgcbern selbst habe, wenn einer von ihnen stirbt, oder die Vollmacht widerrufen will, ist nach den Regeln vom gemeinsamen Eigenthum zu beurtheilen. (Tit. 17.) §. 217. Ein einem Anderen in desselben eigenen Angelegenheiten9