Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Kreditbürgschaft: Eine Untersuchung und Weiterentwicklung gängiger Klauseln der Bürgschaftsgläubiger unter besonderer Berücksichtigung des Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzips [1 ed.] 9783428580415, 9783428180417

Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Verdeutlichung, wo das AGB-Recht die Grenze für die Klauselgestaltung von Kreditbür

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Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Kreditbürgschaft: Eine Untersuchung und Weiterentwicklung gängiger Klauseln der Bürgschaftsgläubiger unter besonderer Berücksichtigung des Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzips [1 ed.]
 9783428580415, 9783428180417

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 509

Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Kreditbürgschaft Eine Untersuchung und Weiterentwicklung gängiger Klauseln der Bürgschaftsgläubiger unter besonderer Berücksichtigung des Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzips

Von

Lukas Hüttemann

Duncker & Humblot · Berlin

LUKAS HÜTTEMANN

Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Kreditbürgschaft

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 509

Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Kreditbürgschaft Eine Untersuchung und Weiterentwicklung gängiger Klauseln der Bürgschaftsgläubiger unter besonderer Berücksichtigung des Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzips

Von

Lukas Hüttemann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-18041-7 (Print) ISBN 978-3-428-58041-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

In tiefster Dankbarkeit meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität zu Köln im Wintersemester 2019/2020 als Dissertation angenommen. Besonders bedanken möchte ich mich bei meiner Doktormutter Frau Professor Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb. Ihr danke ich nicht nur für die Betreuung meiner Arbeit, sondern auch dafür, dass sie mich bereits im Studium in ganz besonderem Maße gefördert hat. Ebenfalls sehr herzlich danke ich Herrn Professor Dr. Klaus Peter Berger, LL.M., für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Ein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Manfred Lieb. Von seiner Förderung unserer kleinen Gruppe „812“ und den vielen bereichernden Diskussionen habe ich sehr profitiert. Ich behalte diese Zeit in bester Erinnerung. Der größte Dank gilt meinen Eltern Rosemarie Hüttemann (geb. Heil), Oberstudienrätin a.D., und Arno Hüttemann, Studiendirektor a.D., die mich seit jeher uneingeschränkt unterstützen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Köln, 07.03.2020

Lukas Hüttemann

Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 B. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Die Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 a) Die Akzessorietät im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 b) Die Akzessorietät im Bürgschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 aa) Funktionen der Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 bb) Gesetzliche Ausprägung im Bürgschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 (1) Akzessorietät in der Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 (2) Akzessorietät im Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 (3) Akzessorietät in der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 (4) Akzessorietät in der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 (5) Akzessorietät im Fortbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 cc) Gesetzliche Ausnahmen von der Akzessorietät der Bürgschaft . . . . . . 29 (1) Akzessorietät in der Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 (2) Akzessorietät im Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 (3) Akzessorietät in der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 (4) Akzessorietät in der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 (5) Akzessorietät im Fortbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 (6) Analyse der Gründe für die gesetzlichen Ausnahmen . . . . . . . . . . 33 2. Die Subsidiarität der Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Gesetzliche Ausprägungen der Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Gesetzliche Ausnahmen der Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 c) Analyse der Gründe für gesetzliche Einschränkungen der Subsidiarität . . 36 3. Die Akzessorietät und Subsidiarität als allgemeine Rechtsprinzipien . . . . . . . 38 a) Die Bedeutung eines allgemeinen Rechtsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Die Akzessorietät als allgemeines Rechtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 c) Die Subsidiarität als allgemeines Rechtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 d) Auswirkung auf die Rechtsfindung in dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

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Inhaltsverzeichnis II. Grundlagen des AGB-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Schutzzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Zum Schutzzweck der Einbeziehungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Zum Schutzzweck der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 aa) Allgemeines zum Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 bb) Realisierung des Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Für diese Arbeit relevante Tatbestände hinsichtlich Einbeziehung und Inhaltskontrolle von AGB in Bürgschaftsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Überraschende Klauseln i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Ungewöhnlichkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Überraschung des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Die „Generalklausel“ § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 aa) Funktion und Anwendungsbereich des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . 58 bb) Der Tatbestand des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Die Regelung des § 307 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 aa) Dogmatische Einordnung des § 307 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) Der Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (1) Wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . 65 (2) Die Unvereinbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 cc) Die Regelung des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (1) Die Natur des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (2) Einschränkung wesentlicher Rechte oder Pflichten . . . . . . . . . . . . 70 (3) Gefährdung des Vertragszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 dd) Das Verhältnis von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB 72 ee) Der ökonomische Maßstab im Rahmen der Inhaltskontrolle . . . . . . . . 73

C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 75 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 II. AGB zum Sicherungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Globalbürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 a) Inhalt und Zweck der globalen Sicherungsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Die sogenannte „Anlassrechtsprechung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 bb) Kritik: Keine Unterscheidung zwischen Sicherungsgegenstand und Bürgenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Einbeziehung der globalen Sicherungsabrede in den Bürgschaftsvertrag 78 aa) Grundsatz: Nichteinbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 bb) Ausnahme vom Grundsatz: Einbeziehung wegen fehlender Überraschung des Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Fehlende Diskrepanz zwischen globaler Sicherungsabrede und subjektiver Vorstellung des Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Inhaltsverzeichnis

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(2) Individueller Hinweis auf die globale Sicherungsabrede . . . . . . . . 80 (3) Besondere Personenkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 d) Wirksamkeit der ausnahmsweise in den Bürgschaftsvertrag einbezogenen globalen Sicherungsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Grundsatz: Unwirksamkeit der globalen Sicherungsabrede . . . . . . . . . 82 (1) Haftung für alle künftigen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Haftung für alle gegenwärtigen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (3) Haftung für alle in Entstehung begriffenen Forderungen . . . . . . . . 88 bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (1) Wirksamkeit der Haftung für alle künftigen Forderungen . . . . . . . 89 (a) Minderheitsgesellschafter, Handlungsbevollmächtigte und Geschäftsführer als Bürgen für „ihre“ Gesellschaft . . . . . . . . . 90 (b) Allein- und Mehrheitsgesellschafter als Bürgen für „ihre“ Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (2) Wirksamkeit der Haftung für alle gegenwärtigen Forderungen . . . 91 (3) Wirksamkeit der Haftung für alle in Entstehung begriffenen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 e) Rechtsfolge der grundsätzlich nicht in den Bürgschaftsvertrag einbezogenen bzw. unwirksamen globalen Sicherungsabrede . . . . . . . . . . 92 aa) Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Ergebnisse der ergänzenden Vertragsauslegung im Einzelnen . . . . . . . 95 (1) Sicherung eines Tilgungsdarlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (a) Unbegrenzte Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (b) Auf einen Höchstbetrag begrenzte Sicherung . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Sicherung eines Kontokorrent- und Dispositionskredites . . . . . . . . 95 (a) Vorab: Die gesicherte „Verbindlichkeit“ i. S. d. § 765 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (b) Limitierter Kontokorrent- oder Dispositionskredit . . . . . . . . . . 96 (aa) Unbegrenzte Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (bb) Auf einen Höchstbetrag begrenzte Sicherung . . . . . . . . . . 96 (c) Unlimitierter Kontokorrent- oder Dispositionskredit . . . . . . . . 97 (aa) Unbegrenzte Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (bb) Auf einen Höchstbetrag begrenzte Sicherung . . . . . . . . . . 99 cc) Sicherung von Vertragszinsen der grundsätzlich allein wirksam gesicherten „Anlassforderung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 dd) Wirksamkeit der Sicherung von Abänderungen oder Ersetzungen der „Anlassforderung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Umschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Novation zur Ablösung der „Anlassforderung“ . . . . . . . . . . . . . . . 104 2. Haftung des Bürgen für Vertragszinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

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Inhaltsverzeichnis b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Fester Zinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 bb) Variabler Zinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Fester Zinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Variabler Zinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Haftung des Bürgen für Zinsen, Provisionen und Kosten über den Betrag einer Höchstbetragsbürgschaft hinaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Haftung des Bürgen für die an die Stelle der Hauptverbindlichkeit getretenen Ansprüche aus Bereicherungsrecht und Rückgewährschuldverhältnis . . . . . . 113 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. AGB zur Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Zahlung des Bürgen als Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 d) Eigener Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Verpflichtung des Bürgen zu einer weiteren Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . 128 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 d) Eigener Regelungsvorschlag: Teilzweckerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Gänzlicher Ausschluss des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 cc) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Ausschluss einzelner abgeleiteter Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB 135 aa) Grundsatz: Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit eines Ausschlusses 135 bb) Ausnahme: Stundung wegen Vermögenslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Im Besonderen: Ausschluss der abgeleiteten Verjährungseinrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (1) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (2) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Inhaltsverzeichnis

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(3) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (4) Eigener Regelungsvorschlag und zugleich eine Antwort auf BGHZ 76, 222; 139, 214 und BGH, NJW 1999, 278 . . . . . . . . . . . 143 2. Ausschluss des § 770 Abs. 1 BGB sowie die Erfüllungspflicht des Bürgen trotz einer durch den Hauptschuldner tatsächlich erklärten Anfechtung . . . . . 145 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Ausschluss des § 770 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 bb) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 c) Erfüllungspflicht des Bürgen trotz einer durch den Hauptschuldner tatsächlich erklärten Anfechtung (Klauselzusatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Einbeziehung des Klauselzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Wirksamkeit des Klauselzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Eigener Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3. Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4. Ausschluss der Einrede der Vorausklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5. Zur Verjährung der Bürgenschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 aa) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 bb) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 cc) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 dd) Eigener Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Ausschluss der Einrede der Verjährung der Bürgenschuld . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 cc) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 dd) Eigener Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 c) Vereinbarung der Fälligkeit der Bürgenschuld ab Inanspruchnahme des Hauptschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 dd) Eigener Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

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Inhaltsverzeichnis d) Vereinbarung der Geltung eines Anerkenntnisses des Hauptschuldners auch gegenüber dem Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 bb) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 cc) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 V. Klauseln besonderer Bürgschaftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Bürgschaft auf erstes Anfordern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Inhalt und Zweck einer Bürgschaft auf erstes Anfordern . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 d) Eigener Regelungsvorschlag für gewerbsmäßige Bürgen, die für einen Hauptschuldner einstehen, der selbst nicht gewerbsmäßig bürgt . . . . . . . . 186 2. Vermutungsklauseln in einer Ausfallbürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Inhalte und Zweck von Vermutungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Einbeziehung einer Vermutungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Wirksamkeit der Vermutungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 3. Ausschluss des § 777 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Vorrang der Individualabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 d) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 VI. Einzelne Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Einschränkung der Verpflichtung zur Übertragung von Sicherheiten . . . . . . . 196 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Ausschluss des § 776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 d) Eigener Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Ausschluss des § 769 BGB (Nebenbürgschaftsklausel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Inhalt und Zweck der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Einbeziehung der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 c) Wirksamkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

D. Ergebnisse und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 I. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 II. Ausblick für die Klauselpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Inhaltsverzeichnis

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

A. Einführung I. Problemdarstellung Überall im Wirtschaftsverkehr trifft man auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Dass AGB regelmäßig in Verträgen verwendet werden, ist freilich kein neuartiges Phänomen. Vielmehr geht ihr zunehmender Gebrauch mit den großen wirtschaftlich-gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts einher, dem Wandel von der überkommenen überwiegend agrarisch geprägten Gesellschaft zur industriellen Massengesellschaft und – als Teil dieses Wandlungsprozesses – zu einem wachsenden Dienstleistungssektor.1 Die geänderten Verhältnisse führten dabei zu einer Standardisierung und Typisierung von Verträgen anstatt sie einzeln auszuhandeln. AGB vereinfachen gerade bei Massengeschäften die Organisation des Unternehmens und ersparen Kosten und Mühen des Aushandelns der Vertragsbedingungen.2 Häufig auch mangelt es den Mitarbeitern des Stellers von AGB schon an Kompetenz und Befugnis zum einzelvertraglichen Aushandeln.3 Unternehmer kommen mit der Verwendung von AGB also ihrem Rationalisierungsbedürfnis nach.4 Auch die Bürgschaft zählt zu einem solchen Massengeschäft. Sie erfreut sich etwa in der Bauwirtschaft als Gewährleistungsbürgschaft, vor allem aber auch in der Kreditpraxis stets großer Beliebtheit.5 Der Kreditnehmer ist nämlich häufig finanziell nicht in der Lage, eine Realsicherheit bereitzustellen. Auch stellt die Bürgschaft oft die kostengünstigere Variante gegenüber anderen Kreditsicherungen dar, indem Kosten, die z. B. bei der Bestellung einer Grundschuld anfallen würden, eingespart werden. Darüber hinaus bürgen vielfach Gesellschafter für ihre personenbezogene Kapitalgesellschaft,6 um dem Kreditgeber ein weiteres Argument für die Kreditvergabe an die Hand zu geben.

1 Ausführlich Stoffels, AGB-Recht, Rn. 15; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, Einleitung Rn. 1. 2 Ausführlich zu den Vorteilen Raiser, AGB, S. 19 ff. 3 Kieninger, AnwBl 2012, 301. 4 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Einl. Rn. 1; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 67 ff.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 121 ff. 5 Vgl. die Zahlen bei PWW/Brödermann, BGB, Vor §§ 765 ff Rn. 14; ebenso auf eine große Relevanz hinweisend Staudinger/Horn, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 69; Kohlhof, Der Bürgschaftskredit, S. 9; Bales, BKR 2004, 264. 6 Vgl. schon den Titel des Aufsatzes von Ehricke, WM 2000, 2177.

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A. Einführung

AGB weichen ihrer Bestimmung nach in aller Regel von den dispositiven Gesetzesregelungen ab. Für die Bürgschaft hat die Rechtspraxis eine Fülle von Klauseln hervorgebracht, so dass schon früh darauf hingewiesen wurde, diese Formularbürgschaften hätten „fast nur noch die Überschrift Bürgschaft“7 mit den §§ 765 ff. BGB gemeinsam. Selbstverständlich basieren Veränderungen des gesetzlichen Bürgschaftsmodells auf der Intention des Stellers, sich in rechtlicher Hinsicht Vorteile zu verschaffen. Fungieren vor allem Banken im Rahmen von Bürgschaftsformularverträgen als Gläubiger, stärken sie ihre Rechte zu Lasten des Bürgen. Sie stellen aber auch den Bürgen besser, sofern sie selbst – in der Regel bei Avalgeschäften – als Bürge in Erscheinung treten. Die Vertragsposition des Kunden ist also ständig geschwächt. Wurde dieser Missstand durch die frühere Rechtsprechung erst auf Grundlage von § 138 BGB,8 dann auf § 242 BGB gestützt9 zu korrigieren versucht, ziehen heute die §§ 305 ff. BGB Grenzen für die Verwendung von AGB, die seit der Schuldrechtsreform ohne grundlegende Änderungen das im Jahr 1977 in Kraft getretene AGBG ersetzen. Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle bereiten bei der Rechtsanwendung aber seit jeher große Schwierigkeiten. Gerade die zentralen Vorschriften § 305 c Abs. 1 BGB und § 307 BGB sind derart unbestimmt formuliert, dass die Wirksamkeit von AGB oftmals nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Gerichte sind sich oft uneinig, die höchstrichterliche Rechtsprechung rückt bisweilen von alten Standpunkten ab. Auch zahlreiche Klauseln des kommerziellen und wirtschaftlich so bedeutsamen Bürgschaftsvertrages sind nach wie vor mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet. Unklar ist oft, welche Klauseln, die noch nicht Gegenstand von Rechtsprechung waren, zulässig sind und welche Präjudizien in Zukunft standhalten werden – ein Zustand, der gerade mit Blick auf die kommerzielle Verwendung der Bürgschaft misslich ist.

II. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung Diese Arbeit befasst sich ausschließlich mit AGB in einer Kreditbürgschaft. Insbesondere Gewährleistungsbürgschaften im Bereich der Bauwirtschaft verdienen auf Grund der Spezialität der dort bestehenden Interessenlage eine gesonderte Betrachtung. Ferner wird es lediglich um den Regelfall der Bestellung einer Kreditbürgschaft gehen, nämlich um die Konstellation, in der der Kreditgeber, oftmals eine Bank, den Formularvertrag ausgearbeitet hat. Es wird also nur um die Frage gehen, inwieweit einzelne Klauseln in einer formularvertraglichen Bürgschaft zu Gunsten des Kreditgebers (und nicht des Bürgen, wie es zumeist in der Avalbürgschaft der Fall ist) ausgestaltet sein können, d. h. wo im Einzelnen das AGB-Recht die Grenze für 7 8 9

Stötter, DB 1968, 603. RGZ 143, 24 (28) m. w. N. BGHZ 22, 90 (100); 41, 151 (154).

II. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung

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eine formularvertragliche Abweichung von den §§ 765 ff. BGB zieht. Dabei gilt es, den Spagat zwischen der Berücksichtigung des Rationalisierungsbedürfnisses sowie der konkreten berechtigten Interessen des Stellers einerseits und dem Schutz des Kunden, den ihm die §§ 305 ff. BGB gewähren, andererseits zu meistern. In Teil B. werden die Grundlagen für die AGB-Kontrolle gelegt. Zunächst werden in B. I. die tragenden Prinzipien des Bürgschaftsrechts, das Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzip, näher betrachtet. Durch die Darstellung ihrer konkreten gesetzlichen Ausprägungen und Ausnahmen wird die Wertung dieser Prinzipien deutlich – eine Erkenntnis, die für die Inhaltskontrolle vor allem auf Grund § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken [= Rechtsprinzipien] einer gesetzlichen Regelung) von großer Bedeutung ist. Das Zusammenspiel von ausdrücklichen gesetzlichen Ausprägungen und Ausnahmen dieser Prinzipien im Blick, lassen sich zudem Rückschlüsse ziehen, aus welchen Gründen der Gesetzgeber Abweichungen von diesen Rechtsprinzipien für geboten hält. Auch diese Erkenntnis ist wertvoll, weichen AGB ihrer Bestimmung nach doch ebenso von gesetzlichen Regelungen ab. Durchaus von Gewicht bei der Beurteilung der Wirksamkeit einzelner Klauseln ist demzufolge die Frage, ob die formularvertragliche Abweichung auf eine der Wertungen zurückzuführen ist, die bereits der Gesetzgeber bei der Formulierung gesetzlicher Ausnahmen vom jeweiligen Rechtsprinzip berücksichtigen wollte – ein Indiz, das zwingend Berücksichtigung in der Beurteilung der Wirksamkeit einzelner Klauseln finden muss. Indem Grundzüge der in dieser Arbeit relevanten Vorschriften der §§ 305 ff. BGB dargestellt werden, wird in B. II. insbesondere der Maßstab, an dem sich die Klauseln messen lassen müssen, herausgearbeitet. Die Darstellung erlangt aber auch vor dem Hintergrund einer dogmatisch sauberen Lösung Bedeutung. Gerade die Rechtsprechung tendiert stark dazu, die Dogmatik des AGB-Rechts zu ignorieren. So wird dort die Unwirksamkeit einer Klausel oftmals pauschal auf § 307 BGB gestützt, nicht selten aber auch die Einbeziehung einer Klausel selbst dann nicht diskutiert, wenn sie für wirksam nach den §§ 307 ff. BGB befunden wird. Im Hauptteil C. werden auf Basis des Teils B. die gängigsten und für die Praxis bedeutsamsten Klauseln hinsichtlich ihrer Einbeziehung in den Bürgschaftsvertrag und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit diskutiert. Bevor sie am Maßstab des § 305 c Abs. 1 BGB und den §§ 307 ff. BGB gemessen werden, sind sie in aller Regel in ihrem konkreten Wortlaut dargestellt und ausgelegt, so dass nicht nur deutlich wird, inwiefern von den §§ 765 ff. BGB abgewichen wird, sondern auch welche Interessen der Vertragsparteien berührt werden. Beides fließt entscheidend in das für jede einzelne Klausel separat festgehaltene Ergebnis hinsichtlich ihrer Einbeziehung in den Bürgschaftsvertrag und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit ein. Soweit zwar nicht mit allen, aber den meisten Klauseln Veränderungen des Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzips einhergehen, werden die Ergebnisse aus den Teilen B. I. und B. II. zusammengeführt und ggf. zusätzlich als starkes Indiz für ihre (Nicht)Einbeziehung/ (Un)Wirksamkeit fruchtbar gemacht.

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A. Einführung

An solche Klauseln, die im Ergebnis nicht in den Bürgschaftsvertrag einbezogen werden oder unwirksam sind, schließt sich – soweit möglich – ein eigener Regelungsvorschlag an, der der AGB-Kontrolle standhält. Dieser berücksichtigt, dass dem Steller von Klauseln nicht per se ein rücksichtsloses Vorgehen gegenüber dem Kunden unterstellt werden kann. Es können durchaus berechtigte Interessen des Stellers hinter einer Klausel stecken, auch wenn sie als Ganzes nicht im Einklag mit den §§ 305 ff. BGB steht. Der Klauselvorschlag versteht sich vor diesem Hintergrund als Regelung, die die hinter der Ausgangsklausel stehenden Interessen des Kreditgebers möglichst effektiv umsetzt, ohne den Kunden unangemessen zu benachteiligen. Gerade der alternative Regelungsvorschlag trägt im Einzelnen dazu bei, die Grenze, die das AGB-Recht zieht, noch deutlicher sichtbar zu machen. So bewegt sich die nicht in den Vertrag einbezogene oder unwirksame Klausel oberhalb und die alternative Regelung unterhalb der Schwelle des Zulässigen. Die Grenze wird also aus zwei unterschiedlichen Richtungen bestimmt. Sie verläuft zwischen den beiden Regelungen. Teil D. I. beinhaltet eine Zusammenfassung aller Einzelergebnisse. Der hierauf folgende Teil D. II. schließt letztlich die Arbeit mit einem Ausblick für die Klauselpraxis. Auf Grundlage der Ergebnisse der einzelnen Klauselprüfungen (Teil C.) werden dort allgemeine Leitlinien für das wirksame Abweichen vom Akzessorietätsund Subsidiaritätsprinzip durch AGB aufgestellt. Auch diese Leitlinien erhellen die durch das AGB-Recht gezogenen Grenzen von Formularbürgschaften. Sie sollen zudem einen Beitrag zum Formulieren wirksamer AGB in der Kreditbürgschaft leisten.

B. Grundlagen I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts Die Akzessorietät und Subsidiarität der Bürgschaft gelten als wesentliche Prinzipien der §§ 765 ff. BGB.1 Vor allem mit Blick auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB („mit wesentlichen Grundgedanken […] nicht zu vereinbaren ist“) ist ein Grundverständnis hinsichtlich dieser Begriffe für die Rechtsfindung im AGB-Recht unerlässlich. 1. Die Akzessorietät a) Die Akzessorietät im Allgemeinen Der Begriff „Akzessorietät“ geht auf das lateinische Substantiv accessio zurück, das seinerseits vom Verb accedere stammt. Accedere bedeutet „heran- oder hinzutreten“2, das Substantiv accessio demzufolge „Hinzutreten“.3 In der römischen Rechtswissenschaft meint accessio jedoch nicht allein das „Hinzutreten“, also einen Vorgang, sondern auch dessen Ergebnis, den Zuwachs.4 Darüber hinaus wird der Begriff in der römischen Rechtswissenschaft auch gebraucht, um dasjenige, was hinzutritt, als Nebensache zu qualifizieren und um das Verhältnis zwischen Nebensache und Hauptsache im Sinne einer Abhängigkeit zu charakterisieren.5 Angesichts dieser Bedeutungsvielfalt verwundert es nicht, dass in der heutigen Rechtswissenschaft der Begriff „Akzessorietät“ zum einen in verschiedensten Bereichen gebraucht wird, zum anderen dort jeweils einen eigenen Sinngehalt hat. Was die verschiedenen Gebrauchskomplexe anbelangt, ist etwa im Strafrecht von der Akzessorietät der Teilnahme zur Haupttat,6 im Verwaltungsrecht von akzessorischen Verwaltungsakten,7 im Staatsrecht von einer zu den Bundesgesetzen akzessorischen

1 2 3 4 5 6 7

Ausdrücklich Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, Vor §§ 765 ff Rn. 6. Georges, Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, Spalte 38, Stichwort accedo. Georges, Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, Spalte 43, Stichwort accessio. Ausführlich Schmidt, Akzessorietät, S. 113 ff. Schmidt, Akzessorietät, S. 114 f. Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rn. 551 ff. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 226 ff., § 36 Rn. 83.

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B. Grundlagen

Bundesaufsicht8 und im Zivilrecht im Bereich der Kreditsicherung von einer Akzessorietät des Pfandrechts, der Hypothek und eben der Bürgschaft zur Hauptschuld die Rede.9 Wenn auch sehr allgemein gefasst, lässt sich für diese verschiedenen Sachgebiete die Gemeinsamkeit formulieren, dass der als akzessorisch geltende Teil – in welcher Form auch immer – stets im Zusammenhang mit einem anderen Teil steht. Speziell für das Zivilrecht lässt sich dieser Zusammenhang als Verknüpfung in Form einer unmittelbaren Abhängigkeit eines Rechts von einem anderen Rechtsgegenstand näher präzisieren.10 Zum Teil11 wird unter Akzessorietät „nicht mehr und nicht weniger als die spezielle technische Art der Verknüpfung von Forderung und Sicherungsrecht“ verstanden. Demgegenüber versteht die h.M.12 unter Akzessorietät die (unmittelbare) Abhängigkeit des Nebenrechts vom Hauptrecht. Die h.M. versteht den Begriff also weiter, denn „Abhängigkeit“ meint sowohl die gesetzliche Konstruktion als auch die daraus resultierende rechtliche Wirkung. Die Ansicht, es handele sich lediglich um eine Rechtstechnik, stützt sich auf den Gedanken, eine Abhängigkeit vom Sicherungsgegenstand im Sinne einer rechtlichen Wirkung kennzeichne auch nicht akzessorische Rechte und sei damit eher Strukturmerkmal der forderungsgebundenen Sicherung überhaupt.13 Verkannt wird dabei jedoch das Kriterium der „Unmittelbarkeit“ der Verknüpfung von akzessorischem Haupt- und Nebenrecht. Dies gibt dem akzessorischen gegenüber dem nicht-akzessorischen Sicherungsrecht sehr wohl ein Alleinstellungsmerkmal. Des Weiteren mutet es seltsam an, wenn in den Gesetzesmaterialien von einer „accessorischen Natur“14 der Bürgschaft die Rede ist, hierunter aber nur die rechtstechnische Umsetzung der Bürgschaft zu verstehen sein soll. Stattdessen überzeugt es, unter der Rechtsnatur der Bürgschaft ihr fundamentalstes Wesensmerkmal zu verstehen, das unschwer als ihre Abhängigkeit von der Hauptforderung auszumachen ist. Mithin kann summa summarum unter „Akzessorietät“ mit der h.M. nur die unmittelbare Abhängigkeit des Nebenrechts vom Hauptrecht verstanden werden. Mit der „Ak-

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Degenhart, Staatrecht I, Rn. 532. Alexander, JuS 2012, 481; Lettl, JA 2004, 238; Habersack, JZ 1997, 857; Medicus, JuS 1971, 497 (498). 10 Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 48 ff.; Habersack, JZ 1997, 857 (862); Schmidt, Akzessorietät, S. 17. 11 Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 49; dem folgend Schmidt, Akzessorietät, S. 55; ebenfalls streng technisch verstand den Begriff auch schon von Tuhr, AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 1, S. 231. 12 Vgl. Flume, AT des BGB II, S. 155; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, S. 11; Palandt/Sprau, Einf v § 765 Rn. 1; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, Vor §§ 765 ff Rn. 6, § 765 Rn. 37; Erman/Herrmann, BGB, Vor § 765 Rn. 3; Jauernig/Stadler, BGB, § 765 Rn. 20; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 22; BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 196; Medicus, JuS 1971, 497; Westermann, Jura 1991, 449; Alexander, JuS 2012, 481 (482); Lettl, JA 2004, 238 (246); Pöggeler, JA 2001, 65 (69). 13 Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 7, 40, 49. 14 Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 369. 9

I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts

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zessorietät“ ist wiederum sowohl die gesetzliche Konstruktion als auch die hieraus resultierende Wirkung zu verstehen. In den unterschiedlichen Regelungskomplexen des Zivilrechts ist die Akzessorietät durch eine jeweils individuelle Färbung gekennzeichnet. Verantwortlich hierfür zeigen sich die unterschiedlichen Lockerungen und Durchbrechungen, die die Akzessorietät in ihren jeweiligen Regelungskomplexen erfährt. b) Die Akzessorietät im Bürgschaftsrecht Speziell im Zusammenhang mit der Bürgschaft äußert sich die Akzessorietät in einer Verknüpfung der besicherten Forderung mit der Bürgschaftsforderung dergestalt, dass eine einseitige Abhängigkeit der Bürgschaftsforderung von der besicherten Forderung grundsätzlich hinsichtlich Entstehung, Fortbestand, Umfang, Zuordnung und Durchsetzbarkeit besteht.15 Die getroffenen Regelungen für die besicherte Forderung wirken unmittelbar auf die Bürgschaftsforderung ein.16 Deshalb lässt sich die besicherte Forderung auch als „bestimmende, führende“17 und die hierzu akzessorische Bürgschaftsforderung auch als „angelehnte, geführte“18 Forderung beschreiben. Allerdings ist diese Abhängigkeit der Bürgschaft zur Hauptschuld nicht unbegrenzt. Zahlreiche Lockerungen und Durchbrechungen dieser Abhängigkeit tragen einen Teil zur individuellen Färbung des Akzessorietätsprinzips im Bürgschaftsrecht bei. aa) Funktionen der Akzessorietät Der Akzessorietät der Bürgschaft werden bisweilen eine Vereinfachungs-,19 Bürgenschutz-20 und Ordnungsfunktion21 entnommen. Welche Funktionen der Akzessorietät der Bürgschaft tatsächlich beizumessen sind, hängt maßgeblich davon ab, auf welche dogmatische Grundlage die Akzessorietät gestützt wird. Eine im Vordringen befindliche Meinung führt die Geltung der Akzessorietät allein auf den

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So auch Medicus, JuS 1971, 497 (498 ff.); MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; Lettl, JA 2004, 238 (239); ders., WM 2000, 1316 (1317); unter „Akzessorietät“ der Bürgschaft lediglich eine Abhängigkeit in Entstehung und Fortbestand verstehend Bydlinski, WM 1992, 1301 (1309 Fn. 86); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 127. 16 Habersack, JZ 1997, 857. 17 Medicus, JuS 1971, 497. 18 Medicus, JuS 1971, 497. 19 Medicus, JuS 1971, 497 (498); MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; ders., JZ 1997, 857 (862). 20 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; ders., JZ 1997, 857 (862 f.); vgl. Palandt/Sprau, § 765 Rn. 28; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 765 Rn. 37. 21 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; ders., JZ 1997, 857 (863 f.).

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B. Grundlagen

Sicherungszweck der Bürgschaft zurück.22 Und wie im Folgenden zu sehen sein wird, ist es tatsächlich die Verschaffung einer ersatzweisen Befriedigung des Gläubigers im Falle der Nichtleistung trotz fälliger Hauptverbindlichkeit, also der Sicherungszweck, auf dem jede gesetzliche Verankerung des Akzessorietätsprinzips der Bürgschaft fußt. Nur vordergründig scheint mit der wohl h.M. die Akzessorietät den Bürgenschutz zu bezwecken. Die h.M. scheinbar stützend, wird vor allem mit Blick auf die Begrenzung der Bürgenhaftung auf den Bestand der Hauptverbindlichkeit nach § 767 Abs. 1 S. 1 BGB oder die Existenzberechtigung des § 768 Abs. 1 BGB darauf hingewiesen, ein Gläubiger dürfe gegen den Bürgen keine besseren Rechte als gegen den Schuldner haben.23 Diese zumindest als Faustformel stimmige Aussage24 legt es insofern tatsächlich nahe, im Bürgenschutz den rechtspolitischen Grund für die Akzessorietät zu sehen. Doch entscheidend ist die Frage, warum dem Gläubiger gegen den Bürgen grundsätzlich keine besseren Rechte als gegen den Hauptschuldner zustehen sollen. Die Antwort gibt bezeichnenderweise der Sicherungszweck der Bürgschaft:25 Eine ersatzweise Befriedigung des Gläubigers verlangt schlicht keine besseren Rechte als gegen den Hauptschuldner, denn eine solche Sicherheit kann ihrer Bestimmung nach nie über den Inhalt des Sicherungsgegenstandes, die besicherte Hauptschuld, hinaus gehen.26 Eine Ordnungsfunktion wird dem Akzessorietätsprinzip insoweit entnommen, als es an den Übergang oder die Belastung der Hauptforderung auch den Übergang oder die Belastung der Bürgschaft knüpft.27 So sei der Grundsatz der Gläubigeridentität keine beiläufige Konsequenz aus einer schlichten Anwendung eines starren Akzessorietätsdogmas,28 sondern resultiere daraus, dass die Bürgschaft als „Anhängsel“ der Hauptforderung ausgestaltet worden sei.29 Bei genauerer Betrachtung ist es aber in Wahrheit wieder der Sicherungszweck der Bürgschaft, dem dieses ordnende Element zu entnehmen ist. Die Bürgschaft ist eben nur auf Grund ihres Siche22

Bereits von Tuhr, AT des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. II/2, S. 174 ff.; BeckerEberhard, Forderungsgebundenheit, S. 60 ff., 201 ff., 477 ff.; Behrens, Rückabwicklung der Sicherungsübereignung, S. 122 f.; Habersack, JZ 1997, 587 (863 f.); Schmidt, Akzessorietät, S. 47 ff. 23 BGHZ 76, 222 (226); 139, 214 (217); 143, 381 (384); Paulus, JuS 1995, 185 (187); MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; Lettl, WM 2000, 1316 (1317); Fischer, WM 2001, 1049 (1051 f.); Tiedtke, JZ 2006, 940 (941). 24 Zu Recht ablehnend etwa für den Fall, dass der Bürge nach Klageerhebung des Gläubigers gegen ihn die Einrede der Verjährung der Hauptverbindlichkeit geltend machen kann Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 455 ff.; Schmolke, WM 2013, 148 (153 ff.). 25 Schmidt, Akzessorietät, S. 47. 26 Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 478. 27 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; ders., JZ 1997, 857 (863). 28 Bydlinski, ZIP 1989, 953 (957 ff.); ihm folgend Habersack, JZ 1997, 857 (864, Fn. 87). 29 Insoweit zutreffend Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 332; ihm folgend Habersack, JZ 1997, 857 (864, Fn. 87).

I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts

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rungszwecks auf eine (ersatzweise) Leistung der fälligen Hauptverbindlichkeit gerichtet und besitzt damit „dienenden“ Charakter. Es ist also auf den Sicherungszweck zurückzuführen, dass Hauptforderung und Bürgschaft nicht unabhängig voneinander bestehen können. Dass mit gesetzlichen Verankerungen der Akzessorietät faktisch jene Ordnung und jener Gläubigerschutz einhergehen, steht außer Zweifel. Alleine die Einordnung als Funktionen der Akzessorietät kann nicht überzeugen. Es handelt sich hierbei vielmehr um Begleiterscheinungen des mittels Akzessorietät umgesetzten Sicherungszwecks. Der Gesetzgeber hat also das Verhältnis von Bürgschaft zu Hauptforderung akzessorisch ausgestaltet, um dem Sicherungszweck der Bürgschaft gerecht zu werden.30 Entgegen der h.M., die die Nichtgeltung der Akzessorietät oftmals auf den Sicherungszweck zurückführt,31 ist bereits die Geltung der Akzessorietät auf den Sicherungszweck der Bürgschaft und sind die Ausnahmen von diesem auf den Fortbestand des Sicherungszwecks zurückzuführen.32 Dabei kommt ihr in der Tat auch die schon genannte Vereinfachungsfunktion zu: Während die Hauptforderung nämlich ausführlich gesetzlich geregelt ist, bedarf es wegen der zum Teil als „Kunstgriff“33 bezeichneten Akzessorietät keiner ausführlichen Bestimmungen zur Bürgschaft mehr. Die Bürgschaft macht sich nämlich indirekt viele Regelungen zur Hauptforderung zu eigen, indem sie sich auf Grund ihrer Akzessorietät dynamisch an die Hauptforderung anpasst.34 Auf diesem Wege kommt die ureigene Bestimmung der Bürgschaft als Sicherungsmittel – mit anderen Worten: ihr Sicherungszweck – in bemerkenswert gelungener Art und Weise zur Geltung. Wie könnte sich auch ein Sicherungsmittel effektiver verwirklichen als im Wege einer direkten Orientierung am Sicherungsgegenstand? Insgesamt kommen der Akzessorietät damit zwei Funktionen zu: Rechtstechnisch bewirkt sie eine Vereinfachung hinsichtlich der Regelung der Bürgschaft, inhaltlich ist sie die vom Gesetzgeber für geeignet befundene gesetzliche Konstruktion, die zur möglichst effektiven Verwirklichung des Sicherungszwecks der Bürgschaft führt. Dass zu einer vollendeten Realisierung des Sicherungszwecks Ausnahmen von der Akzessorietät der Bürgschaft35 erforderlich sind, unterstreicht nur noch weiter, wie geeignet die Akzessorietät als gesetzliche Konstruktion zur weitgehenden Verwirklichung des Sicherungszwecks ist. 30

Medicus, JuS 1971, 497 (498); mit einem streng technischen Akzessorietätsverständnis Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 60; Schmidt, Akzessorietät, S. 53 ff. 31 Vgl. BGHZ 82, 323 (326 f.); BGH, NJW 1993, 1917 (1918); 1996, 1341 (1342 f.); Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 18 f.; Lettl, WM 2000, 1316 (1318); Medicus, JuS 1971, 497 (501). 32 Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 461 f., 477 ff.; ihm folgend Habersack, JZ 1997, 857 (863). 33 Von „dynamischer Bezugnahme“ ist die Rede bei MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; ders., JZ 1997, 857 (862). 34 Medicus, JuS 1971, 497 (498); ihm folgend Schwarz, WM 1998, 116 (118). 35 Hierzu unter B. I. 1. b) cc).

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B. Grundlagen

bb) Gesetzliche Ausprägung im Bürgschaftsrecht (1) Akzessorietät in der Entstehung Der Regelfall einer Bürgschaftsverpflichtung sieht vor, dass der Bürge „für die Erfüllung der [bereits entstandenen] Verbindlichkeit eines Dritten“ gegenüber dessen Gläubiger einsteht (vgl. § 765 Abs. 1 BGB). Hat der Dritte keine Verbindlichkeit zu erfüllen, schuldet auch der Bürge nichts. Insofern kann grundsätzlich eine Bürgschaft erst dann wirksam übernommen werden, wenn mindestens zeitgleich die Hauptschuld entstanden ist. Dies ergibt sich auch mittelbar aus § 767 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach für den Umfang der Bürgenschuld der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend ist. (2) Akzessorietät im Umfang Nach § 767 Abs. 1 S. 1 BGB ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit für die Verpflichtung des Bürgen maßgebend. Damit ist der Umfang der Bürgenschuld an den Umfang der Hauptverbindlichkeit geknüpft. Nachträgliche Änderungen des Umfangs der Hauptverbindlichkeit wirken sich nach § 767 Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere dann auf die Bürgenhaftung aus, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Gemeint sind Erweiterungen der Hauptschuld, die sich ex lege aus dem gesicherten Hauptschuldverhältnis ergeben.36 Welche aber im Einzelnen von der Vorschrift erfasst sein sollen, ist dunkel.37 Da für Schadensersatzansprüche sowohl statt als auch neben der Leistung das Verschuldenselement charakteristisch ist und dieses in § 767 Abs. 1 S. 2 BGB gerade hervorgehoben ist, besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass jedenfalls diese von der Vorschrift umfasst sind.38 Ebenso umfasst die Bürgenschuld gemäß § 767 Abs. 2 BGB die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und Rechtsverfolgung. Umgekehrt bedeutet die Akzessorietät im Umfang auch, dass sich Veränderungen der Hauptschuld zugunsten des Hauptschuldners (Stundung, Herabsetzung, Erlass) im Regelfall auf den Umfang der Haftung des Bürgen auswirken. Der Akzessorietät im Umfang steht es nicht entgegen, dass in der Rechtsprechung oftmals eine Bürgenhaftung hinsichtlich der die Hauptverbindlichkeit ersetzenden Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung bejaht wurde.39 In diesen Fällen ergab nämlich eine Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB, dass die Bürgschaft auch 36 Staudinger/Horn, BGB, § 767 Rn. 25; vgl. auch Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 370 f.; Wittmann, MDR 2010, 477. 37 Vgl die Darstellungen bei Staudinger/Horn, § 767 Rn. 25 ff.; MüKoBGB/Habersack, § 767 Rn. 7 ff.; Erman/Herrmann, BGB, § 767 Rn. 8; Wittmann, MDR 2010, 477 ff. 38 BGH, WM 1988, 212 (214); 1994, 1163; ZIP 2006, 459 (463); Staudinger/Horn, BGB, § 767 Rn. 25; MüKoBGB/Habersack, § 767 Rn. 7; Palandt/Sprau, § 767 Rn. 2a; Erman/ Herrmann, BGB, § 767 Rn. 8; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 767 Rn. 10. 39 So etwa BGH, NJW 1987, 2076; 2001, 1859 (1860); OLG Hamm, NJW 1987, 2521.

I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts

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die etwaigen Ansprüche neben der Hauptforderung sichern sollte. Ist es Ziel der Bürgschaft, ausschließlich die Hauptforderung zu sichern, so haftet der Bürge für darüber hinaus gehende Ansprüche hingegen unzweifelhaft nicht.40 (3) Akzessorietät in der Zuordnung Im Fall einer Abtretung der Hauptforderung geht die Bürgschaft nach § 401 BGB bzw. §§ 412, 401 BGB auf den Zessionar über. Die Bürgschaftsforderung wird insofern von der Hauptforderung „geführt.“ Nicht einheitlich beantwortet wird allerdings die Frage, welche Folgen sich aus einer vertraglich vereinbarten separaten Abtretung zum einen der Hauptforderung und zum anderen der Bürgschaftsforderung ergeben. Zum Teil wird angenommen, die separaten Abtretungen seien wirksam und hätten keine Auswirkungen auf die jeweils andere Forderung. Im Fall der Zession der Hauptforderung bestehe die Bürgschaft für den Zedenten fort, der vom Bürgen die Erfüllung an den Zessionar verlangen könne.41 Werde lediglich die Bürgschaftsforderung abgetreten, habe der Zessionar das Recht, die Zahlung an den Zedenten zu verlangen.42 Mit Recht wendet sich hiergegen der BGH. Zum einen bedeutet das, dass die Abtretung der Hauptforderung ohne die Bürgschaft – etwa auf Grund eines vertraglichen Ausschlusses des dispositiven § 401 BGB – zum Erlöschen der Bürgschaft führt.43 Zum anderen ist eine separate Abtretung der Bürgschaft ohne die besicherte Forderung unwirksam.44 Hielte man nämlich eine Bürgschaft trotz separater Abtretung der Hauptforderung nach wie vor für wirksam, ginge bei Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen nicht mehr die Forderung des Gläubigers (gemeint ist der zuvor befriedigte Gläubiger!) auf den Bürgen über (vgl. § 774 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern die des Zessionars. Noch deutlicher zeigt sich ein Widerspruch der zum Teil vertretenen Ansicht zum Gesetzeswortlaut im Falle einer separaten Abtretung der Bürgschaftsforderung. Der Bürge hätte nicht mehr gegenüber dem Gläubiger eines Dritten einzustehen (vgl. § 765 Abs. 1 BGB), sondern hätte seiner Pflicht gegenüber dem Zessionar anstatt gegenüber dem Zedenten, dem Gläubiger eines Dritten, nachzukommen. Da im Ausgangspunkt nach § 765 Abs. 1 BGB, d. h. bei Begründung der Bürgschaft, immer dieselbe Person Inhaber der Haupt- und Bürgschaftsforderung ist, ist damit belegt, dass der Gläubiger des Hauptschuldners und der Gläubiger des Bürgen jederzeit ein und dieselbe Person sind (sog. Grundsatz Gläubigeridentität). Ob dies jedoch aus der 40

MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 62; BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 202; Fielenbach, WM 2011, 2349. 41 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftrecht, Rn. 126 ff. 42 Bydlinski, WM 1992, 1301 (1309); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 130 f. 43 BGH, NJW 1991, 3025; 2003, 2231 (2232); zustimmend MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 52; BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 235; Staudinger/Herresthal, BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, Das Recht der Kreditsicherung, Rn. 24; Erman/Herrmann, BGB, Vor § 765 Rn. 5. 44 BGH, WM 1992, 135 (136); zustimmend MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 52; BankRHdb/Nobbe, § 91 Rn. 237; Staudinger/Herresthal, BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, Das Recht der Kreditsicherung, Rn. 24; Erman/Herrmann, BGB, Vor § 765 Rn. 5.

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Akzessorietät folgt, wird zum Teil45 bezweifelt. So wird vertreten, es handele sich um eine petitio principii, das Akzessorietätsprinzip so weit zu fassen, dass auch die Rechtszuordnung (hier im Sinne der Gläubigeridentität) unter dieses falle. Aus dem Akzessorietätsprinzip folge lediglich, dass die Bürgschaft in der Entstehung und im Fortbestand von der Hauptschuld abhängig sei. Die h.M.46 hingegen sieht die Rechtszuordnung als Bestandteil der Akzessorietät und scheint damit ebenso wie diese Arbeit unter dem Begriff der Akzessorietät jede unmittelbare Abhängigkeit eines Rechts vom Rechtsgegenstand zu verstehen.47 Also ist die Bürgschaftsforderung zur Hauptforderung stets akzessorisch in der Zuordnung. (4) Akzessorietät in der Durchsetzung Die Bürgschaftsforderung ist dergestalt an die Hauptforderung „angelehnt“, dass Einreden48 gegen die Geltendmachung der Hauptschuld auch der Geltendmachung der Bürgschaftsverpflichtung entgegengehalten werden können (vgl. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB).49 Unerheblich hierfür ist, ob der Hauptschuldner auf seine Einreden verzichtet hat (vgl. § 768 Abs. 2 BGB). Rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen sind vom Tatbestand nicht erfasst. Ersteren kann der Bürge bereits die Akzessorietät in der Entstehung (§ 765 Abs. 1 BGB) und Letzteren die Akzessorietät im Fortbestand (§§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 S. 1 BGB) entgegenhalten.50 Zusätzlich zu den Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Bürge noch eine Einrede gegen die Geltendmachung der Bürgschaftsverpflichtung geltend machen, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, die besicherte Forderung anzufechten (vgl. § 770 Abs. 1 BGB) oder solange der Gläubiger sich durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann (vgl. § 770 Abs. 2 BGB).51 Im „Schwebezustand“, d. h. bis zum Erlöschen der Hauptforderung durch Erhebung der jeweiligen Einrede durch den Hauptschuldner, ist die Bürgschaftsforderung bei Erheben dieser Einreden daher nicht durchsetzbar. 45

Bydlinski, WM 1992, 1301 (1309 Fn. 86); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 127. Vgl. BGH, NJW 1991, 3025 (3026); MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 52 f.; Medicus, JuS 1971, 497 (499 f.); Lettl, JA 2004, 238 (240 f.); Heyers, JA 2012, 81 (82). 47 Siehe unter B. I. 1. b). 48 Grundsätzlich zu den unterschiedlichen Verständnissen vom Begriff der Einrede und Einwendung i. S. d. materiellen Rechts Ulrici/Purrmann, JuS 2011, 104. 49 Eine Auflistung einzelner Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB findet sich bei Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 768 Rn. 5; Erman/Herrmann, BGB, § 768 Rn. 4; Staudinger/Horn, BGB, § 768 Rn. 10 ff.; MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 6; Tiedtke, JZ 2006, 940. 50 Vgl. auch den Hinweis in diesem Zusammenhang auf die Wirkung des allgemeinen Akzessorietätsgrundsatzes aus § 765 BGB Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 768 Rn. 4. 51 Gegen die Annahme, § 770 Abs. 1 BGB sei eine Ausprägung der Akzessorietät, BGHZ 95, 350 (357); für die Annahme MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 2; Beckmann, in: DaunerLieb/Langen, BGB, § 770 Rn. 1; Jauernig/Stadler, BGB, § 770 Rn. 1; Medicus, JuS 1971, 497 (500 f.); Lettl, WM 2000, 1316 (1317); Förster, WM 2010, 1677 (1680). 46

I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts

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Durch Analogie ist § 770 BGB dahin gehend zu erweitern, dass auch andere Gestaltungsrechte, wie etwa Minderung oder Rücktritt, erfasst werden.52 (5) Akzessorietät im Fortbestand Wenn und soweit die „führende“ Hauptverbindlichkeit erlischt, erlischt auch grundsätzlich die „geführte“ Bürgschaft nach §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 S. 1 BGB. Damit ist die Bürgschaft in ihrem Fortbestand akzessorisch zur Hauptforderung. Unter diesem Punkt wird oftmals auch die cessio legis nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB diskutiert und darauf hingewiesen, dass es sich gerade nicht um eine Akzessorietät im Fortbestand handele. Vielmehr gehe die „geführte“ Bürgschaft mit der „führenden“ Hauptverbindlichkeit auf den Bürgen über. In diesem Falle trete an die Stelle der Akzessorietät im Fortbestand die Akzessorietät in der Zuordnung, da das „geführte“ Recht mit dem „führenden“ Recht auf den Regressberechtigten übergehe.53 Richtigerweise aber ist § 774 Abs. 1 S. 1 BGB weder Ausdruck der Akzessorietät im Fortbestand noch der Akzessorietät in der Zuordnung. Was die Akzessorietät im Fortbestand anbetrifft, sei zunächst noch einmal angemerkt, dass immer nur das „geführte“ Recht zum „führenden“ Recht akzessorisch sein kann und niemals umgekehrt. Im Falle des § 774 Abs. 1 S. 1 BGB wird aber lediglich die „geführte“ Bürgschaftsforderung erfüllt, während die „führende“ Hauptforderung weiter besteht und auf den Bürgen übergeht. Orientierte sich die qua Erfüllung erloschene Bürgschaftsforderung tatsächlich an der Hauptforderung, würde sie weiterbestehen. Daher verbietet es sich, § 774 Abs. 1 S. 1 BGB eine Akzessorietät im Fortbestand zu entnehmen. Der Annahme, an die Stelle der Akzessorietät im Fortbestand trete in diesem Fall die Akzessorietät in der Zuordnung,54 ist entgegen zu setzen, dass das „geführte“ Recht, die Bürgschaft, gerade nicht mit dem „führenden“ Recht, der Hauptforderung, auf den Bürgen übergeht. Erfüllt der Bürge seine Verbindlichkeit aus dem Bürgschaftsvertrag, so erlischt diese gemäß den §§ 362 ff. BGB. Sie geht gerade nicht auf den Bürgen über, denn welchen Sinn würde auch eine Bürgschaft des Bürgen zu Gunsten seiner selbst ergeben? cc) Gesetzliche Ausnahmen von der Akzessorietät der Bürgschaft Es gibt eine Fülle von Fällen, in denen die Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptschuld gelockert oder durchbrochen ist. Viele davon sind nicht gesetzlich geregelt.55 Die nicht gesetzlich geregelten Konstellationen sind im Wege wertender 52 RGZ 66, 334 (für die Wandlung); Palandt/Sprau, § 770 Rn. 4; MüKoBGB/Habersack, § 770, Rn. 6; a. A. Gursky, Schuldrecht BT, S. 171. 53 Medicus, JuS 1971, 497 (501); Lettl, WM 2000, 1316 (1317); ders., JA 2004, 238 (243). 54 Vgl. Fn. 53. 55 Habersack, JZ 1997, 857 (864).

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Beurteilung auszumachen.56 Ihre vollständige Darstellung ist auf Grund der vielfältig denkbaren Sachverhalte unmöglich. Im Folgenden wird sich daher auf die Darstellung der wichtigsten gesetzlich geregelten Lockerungen und Durchbrechungen der Akzessorietät der Bürgschaftsforderung beschränkt. Sie sind es, die der Akzessorietät im Bürgschaftsrecht zum einen die angesprochene individuelle Färbung geben57 und zum anderen dem Sicherungszweck der Bürgschaft dort gerecht werden, wo ihm die strenge Akzessorietät ausnahmsweise im Weg steht. (1) Akzessorietät in der Entstehung Eine gesetzlich geregelte Lockerung der Akzessorietät in der Entstehung findet sich in § 765 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann eine Bürgschaft auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden. Solange die Hauptverbindlichkeit entstehen kann, bleibt auch die Bürgschaft bestehen.58 Die Bürgschaft selbst ist also in den Fällen des § 765 Abs. 2 BGB nicht akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit hinsichtlich ihrer Entstehung. Das Entstehen einer Bürgschaftsforderung hingegen ist durch das Entstehen der Hauptschuld bedingt.59 Immerhin ist der wesentlichste Teil der Bürgschaft, die Bürgschaftsforderung, damit akzessorisch in der Entstehung zur Hauptverbindlichkeit. Die Akzessorietät der Bürgschaft in der Entstehung zur Hauptverbindlichkeit ist insofern durch § 765 Abs. 2 BGB nicht aufgehoben, aber gelockert. Ist zur Sicherung eines zunächst unwirksamen Rechtsverhältnisses eine Bürgschaft bestellt worden, dieses dann aber geheilt worden, bedarf es in aller Regel keiner Neubegründung des Bürgschaftsverhältnisses. Auf den ersten Blick mag hierin ebenso eine Lockerung der Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit zu sehen sein, schließlich war zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbestellung die zu sichernde Forderung noch nicht i. S. v. § 765 Abs. 1 BGB entstanden. Tatsächlich liegt der Grund hierfür jedoch in der Auslegung der jeweiligen Bürgschaft: Diese wird nämlich regelmäßig dahingehend auszulegen sein, dass sie auch die Forderung bei zukünftiger Entstehung i. S. v. § 765 Abs. 2 BGB sichern soll. Und eben eine solche zukünftige Forderung stellt die neubegründete Verbindlichkeit dar. Aus demselben Grund sichert die Bürgschaft oftmals auch einen Bereicherungsanspruch eines Gläubigers, der etwa auf die Rückzahlung aus einem sittenwidrigen und damit nichtigen Darlehensvertrag gerichtet ist, obwohl die Parteien des Bürgschaftsvertrages zunächst den vertraglichen Rückzahlungsanspruch zu sichern beabsichtigten. Die Sicherung des Bereicherungsanspruchs resultiert nicht etwa aus einer Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaft zur Darlehensverbindlichkeit 56

Habersack, JZ 1997, 857 (864). Siehe unter B. I. 1. b) cc). 58 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 67; BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 200; Reinicke/ Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 14. 59 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 67; BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 200; Reinicke/ Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 14. 57

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hinsichtlich ihrer Entstehung, sondern ebenso aus der Auslegung der Bürgschaft: Die Auslegung ergibt nämlich oftmals, dass neben der Sicherung des vertraglichen Anspruchs auch die Sicherung genau dieses Bereicherungsanspruchs beabsichtigt ist.60 (2) Akzessorietät im Umfang Nach § 254 Abs. 1 InsO treten mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. § 254 Abs. 2 S. 1 InsO bestimmt ausdrücklich für die Rechte des Insolvenzgläubigers u. a. aus einer Bürgschaft, dass diese durch den Insolvenzplan nicht berührt werden. Damit stellt § 254 Abs. 2 S. 1 InsO eine Ausnahme zu § 767 Abs. 1 S. 1 BGB dar, wonach der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend für die Verpflichtung des Bürgen ist. Es handelt sich mithin um eine Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaftsforderung zur Hauptverbindlichkeit hinsichtlich des Umfangs. Der Insolvenzschuldner hingegen wird gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 InsO gegenüber dem Bürgen frei. Der Bürge kann in diesem Fall also nicht gemäß § 774 Abs. 1 S. 1 BGB beim Insolvenzschuldner Rückgriff nehmen. Eine Lockerung der Akzessorietät im Umfang ist in § 767 Abs. 1 S. 3 BGB statuiert.61 Hiernach wird durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert. Die Vorschrift ist damit gesetzlicher Ausdruck des Grundsatzes des Verbots der Fremddisposition.62 Da sich jenes Rechtsprinzip bereits aus der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ergibt und ihm gegenüber der Akzessorietät Vorrang zukommt, dient seine ausdrückliche Aufnahme ins Bürgschaftsrecht lediglich der Klarstellung seines Vorrangs.63 (3) Akzessorietät in der Zuordnung Die Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit erfährt keinerlei gesetzliche Ausnahmen. Der Grundsatz der Gläubigeridentität gilt damit absolut. Selbst vertragliche Abweichungen von diesem sind unwirksam.64

60 Vgl. BGH, WM 1987, 616; 2001, 950; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 62; Bydlinski, WM 1992, 1301 (1307). 61 So auch MüKoBGB/Habersack, § 767 Rn. 10. 62 BGHZ 130, 19 (26 f., 32 f.); Staudinger/Horn, BGB, § 767 Rn. 38; MüKoBGB/Habersack, § 767 Rn. 10; Lettl, WM 2000, 1316 (1317). 63 Aus dem Verbot des Vertrages zu Lasten Dritter ableitend Beckmann, in: Dauner-Lieb/ Langen, BGB, § 767 Rn. 13 mit Verweis auf BGH, WM 2004, 192; ähnlich Lettl, JA 2004, 238 (240). 64 Siehe die Ausführungen zur Akzessorietät in der Zuordnung unter B. I. 1. b) cc) (3).

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(4) Akzessorietät in der Durchsetzung § 768 Abs. 1 S. 1 BGB regelt, dass der Bürge die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen kann. Damit ist die Bürgschaftsforderung in ihrer Durchsetzung akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit. Bei starrem Fortdenken dieser Akzessorietät könnte der Bürge dann keine Einreden geltend machen, wenn der Hauptschuldner auf diese verzichtet. Dem tritt allerdings § 768 Abs. 2 BGB entgegen. Hiernach verliert der Bürge eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet. Demzufolge unterscheiden sich Hauptverbindlichkeit und Bürgschaftsforderung bei einem Verzicht des Hauptschuldners auf eine Einrede hinsichtlich ihrer Durchsetzbarkeit. Insoweit handelt es sich bei § 768 Abs. 2 BGB um eine Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaftsforderung zur Hauptverbindlichkeit in der Durchsetzung. Gemäß § 768 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Bürge sich nicht auf die beschränkte Erbenhaftung nach § 1975 BGB berufen. Auch in diesem Zusammenhang orientiert sich die Durchsetzbarkeit der Hauptverbindlichkeit nicht an der Bürgschaftsforderung. Der Bürge haftet weiterhin in voller Höhe der Bürgschaftsforderung. Mithin statuiert § 768 Abs. 1 S. 2 BGB ebenso eine Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaftsforderung zur Hauptverbindlichkeit hinsichtlich ihrer Durchsetzung. (5) Akzessorietät im Fortbestand Eine dem § 254 Abs. 1 und 2 InsO entsprechende Regelung findet sich für die Restschuldbefreiung des Insolvenzschuldners in § 301 Abs. 1 und 2 InsO. Während nach § 301 Abs. 1 InsO die Restschuldbefreiung gegenüber allen Insolvenzgläubigern gilt, stellt § 301 Abs. 2 S. 1 InsO für die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen u. a. Bürgen klar, dass sie von der Restschuldbefreiung nicht berührt werden. Damit statuiert § 301 Abs. 2 S. 1 InsO eine Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit hinsichtlich ihres Fortbestands. Der Insolvenzschuldner hingegen wird gemäß § 301 Abs. 2 S. 2 InsO mit der Restschuldbefreiung u. a. gegenüber dem Bürgen frei. Auch in diesem Fall kann der Bürge damit nicht beim Insolvenzschuldner gemäß § 774 Abs. 1 S. 1 BGB Rückgriff nehmen. Ebenso formuliert § 776 BGB eine Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptschuld im Fortbestand. Gibt der Gläubiger eine Sicherheit auf, wird der Bürge nämlich insoweit frei, als der Bürge aus der aufgegebenen Sicherheit nach § 774 BGB hätte Ersatz verlangen können. Das bedeutet, dass im Fall des § 776 BGB die Bürgenschuld entgegen den §§ 765 Abs. 1 S. 1, 767 Abs. 1 S. 1 BGB unabhängig vom Fortbestand der Hauptverbindlichkeit erlischt und sie in dieser Hinsicht nicht akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit ist.

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(6) Analyse der Gründe für die gesetzlichen Ausnahmen Die gesetzliche Lockerung des § 765 Abs. 2 BGB trägt praktischen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs Rechnung.65 Wie auch die §§ 883 Abs. 1 S. 2, 1113 Abs. 2 BGB und 1204 Abs. 2 BGB ermöglicht die Vorschrift eine Bestellung einer Sicherheit für eine bedingte oder zukünftige Verbindlichkeit. Dass die Möglichkeit der Sicherung einer zukünftigen Verbindlichkeit aus praktischer Hinsicht absolut notwendig ist, zeigen schon die in der Wirtschaftspraxis vielfach eingeräumten Dispositions- und Kontokorrentkredite, die gerade darauf angelegt sind, in Zukunft spontan in Anspruch genommen zu werden. Die meisten gesetzlichen Ausnahmen von der Akzessorietät der Bürgschaft liegen allerdings im Sicherungszweck der Bürgschaft begründet. § 768 Abs. 1 S. 2 BGB und die §§ 254 Abs. 2 S. 1, 301 Abs. 2 S. 1 InsO verschärfen allesamt die Bürgenhaftung im Gegensatz zum gesetzlichen Regelfall der Akzessorietät der Bürgschaft. Ohne ihre Existenz würde die Bürgschaftsverbindlichkeit ebenso wie die Hauptschuld gemäß § 1975 BGB bzw. § 254 Abs. 1 InsO reduziert oder gar vollständig gemäß § 301 Abs. 1 InsO beseitigt werden. Die jeweilige rechtspolitische Rechtfertigung der Reduzierung oder der vollständigen Beseitigung der Forderungen gemäß diesen Vorschriften lässt sich jedoch nicht auf die Bürgschaftsverbindlichkeit übertragen. Vielmehr widerspräche es dem Sicherungszweck der Bürgschaft, wenn sich die Bürgschaftsverbindlichkeit in diesen Fällen an der Hauptschuld orientieren würde. Da es nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht wesentliche Funktion der Akzessorietät ist, dem Sicherungszweck gerecht zu werden,66 sind jene Ausnahmevorschriften auf den Fortbestand des Sicherungszwecks zurückzuführen.67 Schwieriger gestaltet es sich, den rechtspolitischen Hintergrund der den Bürgen begünstigenden gesetzlichen Ausnahmen von der Akzessorietät gemäß der §§ 767 Abs. 1 S. 3, 768 Abs. 2 BGB aufzudecken. Ebenso wie § 767 Abs. 1 S. 3 BGB ist § 768 Abs. 2 BGB Ausdruck des Verbots der Fremddisposition. Auch § 768 Abs. 2 BGB liegt daher der Gedanke zugrunde, dass die Haftung des Bürgen nicht nachträglich durch Rechtsgeschäft erweitert werden darf.68 Damit scheint auf den ersten Blick der Telos jener Ausnahmen klar im Bürgenschutz zu liegen. In diesem Zusammenhang wird schließlich auch argumentiert, der Bürge sei gerade wegen seiner risikoreichen Haftung mit seinem ganzen Vermögen zu schützen.69 Ob aber dieser Schein nicht ebenso wie bei der angeblichen Bürgenschutzfunktion der Akzessorietät trügt und wahrer Hintergrund nicht wieder der Sicherungszweck der Bürg65

Vgl. Habersack, JZ 1997, 857 (864). Siehe zu den Funktionen des Akzessorietätsprinzips unter B. I. 1. b) aa). 67 So auch Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 461 f., 477 ff.; Habersack, JZ 1997, 857 (863); wohl auch Schmidt, Akzessorietät, S. 47 ff. 68 Vgl. MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 8; Erman/Herrmann, BGB, § 768 Rn. 5. 69 Vgl. Tiedtke, JZ 2006, 940 (949). 66

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schaft ist,70 hängt entscheidend davon ab, was unter dem Sicherungszweck der Bürgschaft genau zu verstehen ist. Dieser wurde bereits als ersatzweise Befriedigung des Gläubigers bei Nichtleistung der Hauptverbindlichkeit offengelegt.71 Doch was genau meint an dieser Stelle „Hauptforderung“? Ist hierunter nur die Hauptforderung, wie sie bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages spezifiziert ist, zu verstehen oder sind sowohl die nachträglich erweiterte (§ 767 Abs. 1 S. 3 BGB) als auch die nicht einredebehaftete (§ 768 Abs. 2 BGB) Hauptforderung hierunter zu fassen? Im letzteren Fall wären die §§ 767 Abs. 1 S. 3, 768 Abs. 2 BGB in der Tat darauf gerichtet, den Bürgen zu schützen, denn dann würden die Vorschriften den Bürgen vor einer vom Sicherungszweck umfassten, nachträglichen Veränderung der Hauptforderung bewahren. Da die Hauptforderung jedoch im Rahmen des Bestimmtheitsgrundsatzes bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages stets zu konkretisieren ist und der Zweck der Bürgschaft demnach in der Sicherung eben dieser Konkretisierung besteht, kann der Sicherungszweck nur die ersatzweise Befriedigung des Gläubigers bei Nichtleistung der im Bürgschaftsvertrag spezifizierten Hauptverbindlichkeit sein.72 Dies hat zur Folge, dass auch die §§ 767 Abs. 1 S. 3, 768 Abs. 2 BGB darauf gerichtet sind, den Fortbestand des Sicherungszwecks zu sichern. Letztlich schärfen sie das Profil des Sicherungszwecks dahingehend, dass nachträgliche vertragliche Abreden auf Grund einer konsequenten Anwendung der Akzessorietät nicht zu Lasten des Bürgen gehen. So ist die Bürgschaft zum einen nicht darauf gerichtet, eine nachträglich erweiterte Hauptforderung zu sichern (§ 767 Abs. 1 S. 3 BGB), und zum anderen soll aus ihr nur insofern vorgegangen werden können, wie es nach dem Gesetz möglich ist, d. h. unabhängig von einem vertraglichen Verzicht des Hauptschuldners auf Einreden (§ 768 Abs. 2 BGB). Obwohl damit de facto ein Bürgenschutz einhergeht, ist die eigentliche Antwort auf den rechtspolitischen Hintergrund der §§ 767 Abs. 1 S. 3, 768 Abs. 2 BGB mithin die Sicherung des Fortbestands des Sicherungszwecks. Wiederum auf eine andere Wertung ist § 776 BGB zurückzuführen. Mit dieser Norm soll der Bürgenregress nach §§ 774 Abs. 1, 412, 401 BGB bzw. §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 2 S. 1 BGB gesichert und damit der Bürge vor einer Überhöhung seines Haftungsrisikos geschützt werden.73 Ersteres verdeutlicht der Zusatz nach § 774 S. 1 BGB, wonach der Bürge nach Aufgabe der Sicherheit nur insoweit frei wird, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz verlangen können. § 776 BGB konkretisiert vor diesem Hintergrund Sorgfaltspflichten des Gläubigers gegenüber dem Bürgen im Zusammenhang mit der Erhaltung und Verwertung sonstiger

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Siehe Fn. 66. Siehe unter B. I. 1. b). 72 Ähnlich Schmidt, Akzessorietät, S. 49. 73 Vgl. MüKoBGB/Habersack, § 776 Rn. 1; Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 1; Palandt/ Sprau, § 776 Rn. 1; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 776 Rn. 1; Erman/Herrmann, BGB, § 776 Rn. 1. 71

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Sicherungsrechte.74 Gezwungen, die genannten Sicherungsrechte vorrangig gegenüber der Bürgschaft geltend zu machen, ist der Gläubiger nach § 776 BGB hingegen nicht. Insofern ist § 776 BGB keine Erscheinungsform der Subsidiarität,75 sondern geht auf den Bürgenschutz zurück. Insgesamt lassen sich die gesetzlichen Ausnahmen auf praktische Interessen des Rechtsverkehrs, den Fortbestand des Sicherungszwecks und den Bürgenschutz zurückführen. Auf Grund der Vielfältigkeit dieser Ausnahmen ist die Akzessorietät bereits als „offenes, der Überlagerung durch gegenläufige Interessen zugängliches Strukturprinzip“ beschrieben worden,76 was für die Untersuchung von formularvertraglichen Abweichungen in dieser Arbeit eine wesentliche Erkenntnis ist. 2. Die Subsidiarität der Bürgschaft Subsidiarität im Zusammenhang mit der Bürgschaft bedeutet, dass der Bürge nachrangig gegenüber dem Hauptschuldner haftet.77 Inwieweit genau diese Nachrangigkeit besteht, ergibt sich aus den §§ 770 Abs. 2, 771, 772 und 773 BGB. a) Gesetzliche Ausprägungen der Subsidiarität § 771 S. 1 BGB statuiert den Vorrang der persönlichen Haftung des Hauptschuldners gegenüber der persönlichen Haftung des Bürgen als den gesetzlichen Regelfall. Hat der Gläubiger nicht eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht, steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage zu. Sichert die Bürgschaft eine Geldforderung, gelten gemäß § 772 Abs. 1 BGB im Gegensatz zur Regelung des § 771 BGB eingeschränkte Vollstreckungspflichten. Des Weiteren statuiert § 772 Abs. 2 BGB für den Fall der Sicherung einer Geldforderung den Vorrang der Sachhaftung gegenüber der Bürgenhaftung. Hiernach hat der Gläubiger sich vorrangig aus einer Sache, an der ihm ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht, zu befriedigen. Ebenfalls auf dem Gedanken, dass sich der Gläubiger vorrangig an den Hauptschuldner zu halten hat, basiert § 770 Abs. 2 BGB, wonach dem Bürgen eine Einrede gegen die Bürgschaftsforderung zusteht, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. In74

MüKoBGB/Habersack, § 776 Rn. 1; Erman/Herrmann, BGB, § 776 Rn. 1; wohl auch Hoffmann, AcP 211 (2011), 703 (732 ff.); a. A. (für bloße Obligenheit) Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 1; Palandt/Sprau, § 776 Rn. 1; Wacke, AcP 170 (1970), 42 (62). 75 So aber Schwab, AGB-Recht, Rn. 1681. 76 Habersack, JZ 1997, 857 (864); Schmolke, WM 2013, 148 (153); ähnlich Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 467. 77 MüKoBGB/Habersack, § 771 Rn. 1; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, Vor §§ 765 ff Rn. 7; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 964, 989, 1000; Weber/Weber, Kreditsicherungsrecht, S. 65 f.; Heyers, JA 2012, 81 (84).

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sofern ist die Vorschrift als Erweiterung des § 771 BGB gedacht.78 Die Vorrangigkeit der Haftung des Hauptschuldners ist insbesondere keine schlichte Folge aus dem akzessorischen Gehalt der Norm. Auffallend ist nämlich, dass im Unterschied zu § 770 Abs. 1 BGB auf die Möglichkeit des Gläubigers zur Ausübung des Aufrechnungsrechts abgestellt worden ist. Die tatsächliche Ausgestaltung des § 770 Abs. 2 BGB verdeutlicht die Wertung der Vorschrift, dass der Hauptschuldner sich vorrangig an den Hauptschuldner zu halten hat. b) Gesetzliche Ausnahmen der Subsidiarität Auch wenn § 772 BGB positiv ausgestaltet ist, beschränkt er dem Grunde nach die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB für den Fall der Sicherung einer Geldforderung. Durch die klar abgesteckte Subsidiarität der Vorschrift ist es möglich, im Umkehrschluss zu erschließen, in welchen Konstellationen der Bürge nicht nachrangig gegenüber dem Hauptschuldner haftet. Ausschlüsse der Einrede der Vorausklage und damit explizite gesetzliche Ausnahmen von der Subsidiarität sind in § 773 Abs. 1 Nr. 2 – 4 BGB mit den Gegenausnahmen des § 773 Abs. 2 BGB formuliert. Hinzu kommt mit § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB die ausdrückliche Ermächtigung der Vertragsparteien, die Einrede der Vorausklage vertraglich auszuschließen. Gemäß den §§ 349 Abs. 1, 343 HGB steht jene Einrede dem Bürgen auch dann nicht zu, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist. c) Analyse der Gründe für gesetzliche Einschränkungen der Subsidiarität Bedeutendste Ausprägung des Subsidiaritätsprinzips im Bürgschaftsrecht ist die grundsätzliche Verpflichtung des Gläubigers, gemäß § 771 BGB die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner zu versuchen. Dieser Grundsatz erfährt zahlreiche gesetzliche Einschränkungen. Jede Einschränkung dieses Grundsatzes ist zugleich auch eine Einschränkung der Subsidiarität der Bürgschaft.79 Zu § 770 Abs. 2 BGB existieren hingegen keinerlei gesetzliche Ausnahmen. Bei den Einschränkungen der Subsidiarität hat der Gesetzgeber u. a. Schwierigkeiten bedacht, die mit einer Zwangsvollstreckung verbunden sein können. Dies verdeutlicht allen voran § 773 Abs. 1 Nr. 2 BGB („wenn die Rechtsverfolgung […] wesentlich erschwert ist“). Die Regelung des § 772 Abs. 1 BGB ordnet nur die Pflicht an, eine Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen am Wohnsitz des Hauptschuldners und ggf. am Ort seiner gewerblichen Niederlassung zu versuchen. Damit ist der Gläubiger von der Pflicht befreit, auch in den übrigen, womöglich 78

BGHZ 95, 350 (361); 153, 293 (299); MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 2. Nicht zutreffend ist es hingegen, von einer gänzlichen Aufhebung der Subsidiarität auszugehen. So MüKoBGB/Habersack, § 773 Rn. 5; wohl auch Jauernig/Stadler, BGB, § 773 Rn. 3. 79

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komplizierteren Konstellationen, eine Zwangsvollstreckung versuchen zu müssen. Der in § 772 Abs. 2 BGB statuierte Vorrang der Sachhaftung bezieht sich lediglich – insofern ebenso darauf ausgerichtet, Schwierigkeiten für den Gläubiger bei der Durchsetzung der Forderung zu vermeiden – auf die Verwertungspflicht im Zusammenhang mit einem (auf Grund des Besitzes der Sache leicht geltend zu machenden) Pfand- und Zurückbehaltungsrecht. In diesen Fällen der mit tatsächlichen Schwierigkeiten verbundenen Zwangsvollstreckung erklärt sich die Einschränkung der Subsidiarität der Bürgschaft vor der Frage, welchen Wert eine Kreditsicherung denn überhaupt noch hätte, wenn auf diese erst nach enormen Anstrengungen zurückgegriffen werden dürfte. Vor dem Hintergrund geringer Erfolgsaussichten einer Zwangsvollstreckung sind die Ausnahmen des § 773 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB unter Berücksichtigung der Gegenausnahmen des § 773 Abs. 2 BGB zu erklären. Dies unterstreicht im Besonderen die Formulierung des § 773 Abs. 1 Nr. 4 BGB („wenn anzunehmen ist, dass die Zwangsvollstreckung […] nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird“). Eine Pflicht, trotz mangelnder Erfolgsaussichten eine mit Kosten und Mühen verbundene Zwangsvollstreckung betreiben zu müssen, drängt sich geradezu als unnötige Hürde für den Gläubiger auf. Dass der Bürge sich nach den §§ 349, 343 HGB nicht auf die Einrede der Vorausklage berufen kann, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft i. S. d. § 343 HGB ist, liegt in der geringeren Schutzwürdigkeit des kaufmännischen Bürgen begründet.80 Der Gesetzgeber trifft für diesen Fall also die Wertung, dass der Gläubiger nicht zunächst die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner betreiben muss, ihm mithin ein schnellerer Zugriff auf den Bürgen möglich sein soll. Insgesamt lassen sich also drei Gründe für eine gesetzliche Einschränkung des Subsidiaritätsprinzips Ausfindig machen: Die mangelnde Schutzbedürftigkeit des Bürgen, tatsächliche Schwierigkeiten bei der Zwangsvollstreckung sowie mangelnde Aussicht auf Erfolg der Gläubigerbefriedigung. Alle drei Gründe sind dabei auf dieselbe Wertung zurückzuführen: die Unzumutbarkeit für den Gläubiger, die Hauptforderung vorrangig durchsetzen zu müssen.81

80 Vgl. MüKoHGB/Schmidt, § 349 Rn. 2; EBJS/Hakenberg, HGB, § 349 Rn. 1; Pamp, in: Oetker, Handelsgesetzbuch, § 349 Rn. 1; Klappstein, in: Heidel/Schall, Handelsgesetzbuch, § 349 Rn. 1. 81 So zumindest auch für die mangelnde Erfolgsaussicht MüKoBGB/Habersack, § 773 Rn. 9.

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3. Die Akzessorietät und Subsidiarität als allgemeine Rechtsprinzipien a) Die Bedeutung eines allgemeinen Rechtsprinzips In der juristischen Methodenlehre gilt der Übergang von der Interessen- zur Wertungsjurisprudenz als erfolgt.82 Zentrales Anliegen der Wertungsjurisprudenz nach Canaris83 ist es, wertungsmäßige Einheit und Folgerichtigkeit im Rechtsdenken zu erzielen. Die innere Einheit und Folgerichtigkeit des Rechts gehören zu den fundamentalsten rechtsethischen Forderungen und entspringen letztlich der Rechtsidee selbst.84 Die Folgerichtigkeit des Rechts ist dabei eine Ausprägung des anerkannten Gerechtigkeitspostulates, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, das bei Rechtssetzung und Rechtsanwendung verpflichtet, einmal getroffene Wertungen stringent „zu Ende zu denken“, d. h. folgerichtig zu verfahren.85 Ebenfalls im Gleichheitsgrundsatz wurzelt das Merkmal der inneren Einheit des Rechts, durch das zum einen neben der Folgerichtigkeit die Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung sichergestellt, zum anderen die „generalisierende Tendenz“ der Gerechtigkeit86 erreicht wird. Es lassen sich vielfältige Aspekte des Einzelfalls anhand weniger abstrakter und genereller Prinzipien beurteilen. Dies gewährleistet, dass die Rechtsordnung nicht in eine Vielzahl nicht zusammenhängender Einzelwertungen zersplittert.87 Vor diesem Hintergrund wird die Rechtsordnung von Canaris als „axiologische oder teleologische Ordnung allgemeiner Rechtsprinzipien“ definiert.88 Innere Einheit und Folgerichtigkeit im Rechtsdenken lassen sich nämlich nicht etwa mit der von der Begriffsjurisprudenz propagierten formalen Logik verwirklichen. Nur teleologisches Denken wird den spezifischen Problemen der Jurisprudenz gerecht.89 Normen fußen also auf bestimmten Werten und Zielen, die Prinzipien genannt werden. In Abgrenzung zur Rechtsnorm, unter der gemeinhin eine „verbindliche Weisung unmittelbarer Art für einen bestimmten Fragenbereich“ verstanden wird,90 enthält das 82 Siehe zur verbliebenen heutigen Relevanz der Interessenjurisprudenz Petersen, Von der Interessenjurisprudenz zur Wertungsjurisprudenz. 83 Auf andere Ausformungen der Wertungsjurisprudenz und ihre Vertreter kann hier nicht eingegangen werden. 84 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 16. 85 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 16; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 155 f. 86 Henkel, Recht und Individualität, S. 16 f., 44 f.; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 474 f. 87 Zu Tendenzen einer Dekodifikation der Rechtsordnung Schlosser, Neuere Privatrechtsgeschichte, S. 261 f. 88 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 47. 89 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 45; Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, Rn. 162. 90 Esser, Grundsatz und Norm, S. 50; ähnlich Larenz, Richtiges Recht, S. 23; differenzierter Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 71 ff.

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Rechtsprinzip zwar keine Weisung, gibt aber den Grund und die Rechtfertigung für die Weisung an.91 Damit handelt es sich bei einem Rechtsprinzip um eine tiefer als die Einzelwertung liegende Grundwertung der Rechtsordnung, die insofern auch stets bei der Entscheidung einer Rechtsfrage zu berücksichtigen ist.92 Um sie ausfindig zu machen, gilt es also, die hinter lex und ratio legis stehende ratio iuris zu ermitteln.93 Für die Frage, ob ein vermeintliches Rechtsprinzip tatsächlich auch ein solches ist, bedeutet dies, dass aufzuklären ist, ob es sich hierbei wirklich um die ratio iuris handelt. Wann ein Prinzip als „allgemein“ gilt, lässt sich nicht von vorneherein bestimmen. Die „Allgemeinheit“ eines Prinzips ändert sich nämlich mit der Höhe des Blickpunktes:94 Für das gesamte Privatrecht sind etwa nicht alle Prinzipien systemtragend, die es für eines der Bücher des BGB sind, und innerhalb dieser Gebiete lassen sich wieder Untersysteme mit eigenen „allgemeinen“ Prinzipien formen.95 Entscheidend für die Frage, welches Prinzip als „allgemein“ gilt, ist schließlich immer, welche Wertungen für die innere Sinneseinheit des jeweiligen Teilgebiets als konstitutiv anzusehen sind, d. h. dessen Ordnung durch eine Änderung eines dieser Prinzipien in ihrem „Wesen“ verändert würde.96 b) Die Akzessorietät als allgemeines Rechtsprinzip Schon in den Gesetzesmaterialien ist die Rede vom „Prinzipe der nur accessorischen Natur der Bürgschaft“97 und auch heute wird allgegenwärtig vom Akzessorietätsprinzip oder Akzessorietätsgrundsatz gesprochen.98 In der Akzessorietät

91 Esser, Grundsatz und Norm, S. 51 f.; Larenz, Richtiges Recht, S. 23 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 132; vgl. auch Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 48. 92 Larenz, Richtiges Recht, S. 23 („leitender Gedanke einer rechtlichen Regelung“); Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 46; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 157 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 14, 132. 93 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 46; Esser, Grundsatz und Norm, S. 52; zur genauen Vorgehensweise Larenz, Richtiges Recht, S. 23 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 133 ff. 94 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 48. 95 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 48; Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 43. 96 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 48. 97 Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 369. 98 Vgl. BGHZ, 6, 385 (390); 31, 168 (170, 173); 32, 97 (101); 82, 323, (326); 95, 350 (356 f.); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 600; Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 19; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 61; Larenz/Canaris, SchuldR II/ 2, S. 11; Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 51, 103; Erman/Herrmann, BGB, § 767 Rn. 1; Jauernig/Stadler, BGB, § 767 Rn. 1; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, Vor §§ 765 ff Rn. 8 f.; Westermann, Jura 1991, 449 ( 451); Habersack, JZ 1997, 857 (863); Heyers, JA 2012, 81 (82, 84).

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wird demzufolge gemeinhin ein übergeordneter Wertungsmaßstab für das Bürgschaftsrecht gesehen. Und tatsächlich folgt aus der jeweiligen Kopplung der Bürgschaftsforderung an die Hauptforderung mit dem Zweck, dass die Bürgschaft insofern ihrem Sicherungszweck gerecht wird (ratio legis),99 eine für das gesamte Bürgschaftsrecht maßgebliche Wertung (ratio iuris). Wie Westermann zwar für die Hypothek, aber gänzlich auf die Bürgschaft übertragbar treffend formuliert, wird mit der Akzessorietät „die Forderung und die Hypothek in das Verhältnis von zuständigkeitsbestimmendem und -bestimmtem Recht gesetzt.“100 Mit anderen Worten: Die Hauptforderung gibt – der bloßen Sicherungsfunktion der Bürgschaft geschuldet – den Inhalt der Bürgschaft vor. Dies wird durch die gesetzliche Konstruktion in Form der Abhängigkeit der Bürgschaftsforderung von der Hauptforderung effektiv realisiert. Als wesentliches Merkmal eines Rechtsprinzips besteht also keine „Disharmonie zwischen […] Wertwahl und dogmatischer Struktur.“101 Und das wird nicht einmal von Heck bezweifelt, dessen berühmte Lehre von der „Zweckgemeinschaft“ zwischen Forderung und dinglicher Sicherung sich ausdrücklich nicht auf die Bürgschaft bezieht.102 Zumindest für den in dieser Arbeit allein relevanten Abschnitt der §§ 765 ff. BGB ist das Akzessorietätsprinzip als allgemeines Rechtsprinzip zu verstehen. Würde der bestimmende Einfluss der Hauptforderung auf die Bürgschaft als Wertung der Akzessorietät hinweg gedacht, würde das „Wesen“ der Bürgschaftsforderung als ersatzweise Befriedigungsmöglichkeit der Hauptforderung verändert werden, da sie anstatt dessen auf die Befriedigung einer unabhängigen und für sich selbst stehenden Forderung gerichtet wäre. c) Die Subsidiarität als allgemeines Rechtsprinzip Sowohl die Gesetzesmaterialien, in denen vom „Prinzip der Subsidiarität der Bürgschaftsverbindlichkeit“ die Rede ist,103 als auch Rechtsprechung104 und Literatur105, in denen durchgängig vom Subsidiaritätsprinzip oder Subsidiaritätsgrundsatz gesprochen wird, lassen darauf schließen, dass der Subsidiarität die Qualität 99

Siehe unter B. I. 1. b). Westermann, Sachenrecht, § 93 II 4 c; ihm folgend Canaris, Systembegriff und Systemdenken, S. 102; kritisch wegen zahlreicher Ausnahmen Pöggeler, JA 2001, 65 (67, 70). 101 Esser, Grundsatz und Norm, S. 80 Fn. 234. 102 Vgl. Heck, Sachenrecht, § 78, § 82 und § 101; kritisch zur Lehre von der „Zweckgemeinschaft“ insbesondere Westermann, Sachenrecht, § 93 II 4 c; zustimmend Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 102. 103 Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 373. 104 BGHZ 95, 350 (361); 153, 293 (299). 105 MüKoBGB/Habersack, Vor § 765 Rn. 5; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, Vor §§ 765 Rn. 6; Erman/Herrmann, BGB, § 773 Rn. 1; Jauernig/Stadler, BGB, § 771 Rn. 1; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 600; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 964. 100

I. Grundlagen des Bürgschaftsrechts

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eines allgemeinen Rechtsprinzips zukommt. Das würde bedeuten, dass die subsidiäre Haftung des Bürgen gegenüber dem Hauptschuldner eine grundlegend in den §§ 765 ff. BGB zum Ausdruck gebrachte Wertung ist. Die Bürgschaftsforderung wird grundsätzlich dann fällig, wenn auch die gesicherte Hauptforderung fällig wird.106 Den Regelungen der §§ 770 Abs. 2, 771, 772 BGB geschuldet, kann der Gläubiger allerdings nicht wahlweise gegen den Bürgen oder den Hauptschuldner vorgehen. Denn die Vorschriften legen weitere Voraussetzungen fest, unter denen der Gläubiger erst den Bürgen in Anspruch nehmen kann, will er sich nicht einer Einrede ausgesetzt sehen. Dies bringt in der Tat eine für das gesamte Bürgschaftsrecht geltende grundlegende Wertung mit sich: Die Kreditsicherung steht hinsichtlich ihrer Durchsetzung nicht neben der Hauptschuld, sondern ist nachrangig gegenüber der Hauptschuld. Damit ist im Gesetz grundsätzlich eine klare Rangordnung zwischen Hauptschuld und Kreditsicherung hergestellt. Dass in der Praxis fast immer von der Option des vertraglichen Ausschlusses der Einrede der Vorausklage nach § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB Gebrauch gemacht wird, ändert nichts an der gesetzlichen Ausrichtung des Bürgschaftsrechts und kann auch vor dem Hintergrund, dass Rechtsprinzipien nicht den Anspruch erheben, starr und ausnahmslos zu gelten,107 der Subsidiarität nicht ihre Qualität als grundlegende Wertung der §§ 765 ff. BGB und damit ihre Einstufung als allgemeines Rechtsprinzip absprechen. d) Auswirkung auf die Rechtsfindung in dieser Arbeit Neben der generellen Bedeutung allgemeiner Rechtsprinzipien zur Aufdeckung des inneren juristischen Systems und seiner im Rahmen der Rechtsgewinnung relevanten teleologischen Ableitungseignung108 kommt der Erkenntnis, dass es sich beim Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzip für das Bürgschaftsrecht um ein allgemeines Rechtsprinzip handelt, speziell für diese Arbeit eine wesentliche Bedeutung zu. Eine „unangemessene Benachteiligung“ i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB „im Zweifel“ anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit „wesentlichen Grundgedanken“ einer modifizierten gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist. Unter einen „wesentlichen Grundgedanken“ einer gesetzlichen Regelung ist dabei in jedem Fall die hinter der gesetzlichen Regelung stehende ratio iuris, das allgemeine Rechtsprinzip, zu subsumieren.109 Der Modifizierung eines im Rahmen einer gesetzlichen Regelung zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Rechtsprinzips mittels AGB hat der Gesetzgeber insofern eine besondere Bedeutung beigemessen. Ihre Wirksamkeit steht vor der Hürde des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. 106 BGHZ 175, 161 (168 f.); Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 126; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 80 a; Palandt/Sprau, § 765 Rn. 25; a. A. Lindacher, Festschrift Gerhard, S. 592; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 964. 107 Zu den Funktionsweisen von Rechtsprinzipien für die Rechtsgewinnung eingehend Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 90 ff. 108 Hierzu eingehend Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 88 ff. 109 Ausdrücklich für das Akzessorietätsprinzip Larenz/Canaris, SchuldR II/2, S. 11.

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B. Grundlagen

II. Grundlagen des AGB-Rechts 1. Schutzzwecke Die §§ 305 ff. BGB sind – so viel ist offensichtlich – eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtspraxis der modernen Wirtschaft, die mit der Verwendung von AGB ihrem Rationalisierungsbedürfnis nachkommt.110 Die besagte Reaktion äußert sich in einer umfassenden Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle von AGB, mittels der der Gesetzgeber in einen geschlossenen Vertrag korrigierend eingreift. Doch welcher Schutzzweck rechtfertigt im Einzelnen eine Vertragskorrektur vor dem Hintergrund einer Privatrechtsordnung, zu deren allgemeinen Prinzipien das Selbstverantwortungs- und Freiheitsprinzip zählen?111 a) Zum Schutzzweck der Einbeziehungskontrolle Mit der Formulierung der allgemeinen Kriterien zur wirksamen Einbeziehung von AGB in § 305 Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber in erster Linie dem Trend der Rechtsprechung entgegenwirken, dass AGB nahezu einseitig zum Vertragsbestandteil gemacht werden dürfen.112 Ausweislich der Gesetzesbegründung zum AGBG sollte § 2 AGBG (heute § 305 Abs. 2 BGB) sicherstellen, „dass die Einbeziehung von AGB in den Einzelvertrag wieder fest auf dem Boden des nach dem BGB maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Vertragswillens verankert wird.“113 Nach ständiger Rechtsprechung sollte es nämlich genügen, wenn der Vertragspartner vom Einbeziehungsinteresse des Verwenders „wissen musste“.114 Ob § 305 Abs. 2 BGB dies tatsächlich korrigiert hat, ist sehr fraglich. So ändert die Vorschrift nichts daran, dass auch kraft objektivem Erklärungswillen, d. h. ohne Ausdrücklichkeit, eine AGB eingezogen werden kann. Weiß der Kunde also nicht um das Einbeziehungsinteresse des Verwenders, tritt aber nach außen auf, als wisse er um dieses, erklärt er sich gleichwohl mit der Einbeziehung einverstanden. Er hätte schließlich um das Einbeziehungsinteresse des Verwenders – insofern ganz im Einklang mit der alten Rechtsprechung – „wissen müssen“.115 Unabhängig davon, inwieweit die beabsichtigte Korrektur nun geglückt ist, steckt hinter § 305 Abs. 2 BGB dennoch die Absicht des Gesetzgebers, den Kunden vor einer einseitigen Einbeziehung von AGB in den Vertrag zu schützen.

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Siehe A. Fn. 4. Vgl. Flume, AT des BGB II, S. 1; Horn, Einführung in die Rechtsphilosophie, Rn. 34. 112 Vgl. Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rn. 123 ff.; Staudinger/Mäsch, BGB, § 305 Rn. 94; MüKoBGB/Basedow, § 305 Rn. 54 f. 113 BT-Drucks. 7/3919, S. 13. 114 BGHZ 9, 1; 12, 42; 18, 99; BGH NJW 1959, 1679; 1973, 2154; 1974, 2177; 1976, 2075. 115 Hierauf kritisch hinweisend Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 305 Rn. 108; Canaris, in: Staub, HGB, § 357 Rn. 1209. 111

II. Grundlagen des AGB-Rechts

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An die generellen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB schließt sich die Regelung des § 305 c Abs. 1 BGB an, die eine Sondervorschrift zur Erschwerung der Einbeziehung ungewöhnlicher Klauseln darstellt. Die Regelung bewahrt den arglosen und uniformierten Kunden vor einer Überrumpelung116 durch ungewöhnlichen Inhalt von AGB und stellt somit eine Ausprägung des allgemeinen Transparenzgebotes dar.117 Aus Gründen des Kundenschutzes wird damit das rechtsgeschäftliche Konsensprinzips eingeschränkt.118 Der bezweckte Schutz des Kunden lässt sich für § 305 c Abs. 1 BGB dahingehend näher präzisieren, dass ein Mindestmaß seines Vertrauens in den Rechtsverkehr garantiert sein soll. Er soll sich sicher sein können, „dass sich die einzelnen Regelungen im Großen und Ganzen im Rahmen dessen halten, was nach den Umständen bei Abschluss des Vertrages erwartet werden kann.“119 b) Zum Schutzzweck der Inhaltskontrolle aa) Allgemeines zum Schutzzweck Nimmt man nur einen beiläufigen Blick auf die §§ 307 ff. BGB, kann der Eindruck entstehen, diese stellten eine unzulässige Einschränkung der Vertragsfreiheit, eines immerhin wesentlichen Prinzips des Privatrechts, dar. Die Rechtsfolge einer vertraglich vereinbarten Klausel, die der Inhaltskontrolle nicht standhält, ist schließlich ihre Unwirksamkeit. Bei näherer Untersuchung zeigt sich allerdings, dass dieser Gedankengang zu kurz greift. So wird sich nachstehend zeigen, dass bereits bei der Zustimmung zu AGB an sich die Vertragsfreiheit eingeschränkt ist. Auf eben diesen Missstand gibt der Gesetzgeber mit den §§ 307 ff. BGB eine Antwort. Die Vertragsfreiheit ist in verschiedenen grundrechtlichen Berechtigungskomplexen verortet, die im Spezialfall den subsidiär wirkenden Art. 2 Abs. 1 GG verdrängen,120 und ist Teil des das gesamte Privatrecht prägenden allgemeinen

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Gemeinhin wird vom „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ gesprochen, vgl. aus der Rechtsprechung BGHZ 100, 82 (85); 109, 197 (201); OLG Düsseldorf, BB 1986, 1464 (1465); OLG Stuttgart, ZIP 1987, 837 (838); vgl. aus der Literatur Schünemann, NJW 1988, 1943 (1946); Taupitz, JuS 1989, 520 (522). 117 Ganz h.M., vgl. Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 2; MüKoBGB/Basedow, § 305 c Rn. 3; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 4; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 324; Westermann, Festschrift Steindorff, S. 827; Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 94 ff.; Köndgen, NJW 1989, 943 (949); zurückhaltend aber Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (572 ff.). 118 Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 3; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 1; Schwab, AGB-Recht, Rn. 297; Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1506). 119 BT-Drucks. 7/3919, S. 19. 120 Zu den einzelnen Berechtigungskomplexen ausführlich Höfling, Vertragsfreiheit, S. 11 ff.

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B. Grundlagen

Rechtsprinzips der Selbstbestimmung (Privatautonomie).121 Der freie Vertragsschluss besitzt Kompromisscharakter und schafft deshalb Sicherheit, dass ein Ausgleich der Interessen erfolgt. Insofern wohnt ihm eine „Richtigkeitsgewähr“ inne.122 Nun werden AGB auch nur wirksam, wenn sich mit diesen einverstanden erklärt wird. Gibt der Vertragspartner des Verwenders dieses Einverständnis, macht er zunächst von seiner Vertragsfreiheit in formaler Hinsicht Gebrauch. Dies scheint auf den ersten Blick wieder den eingangs formulierten Gedanken, die AGB-Kontrolle schränke die Vertragsfreiheit in unzulässiger Weise ein, zu stützen. Unberücksichtigt bliebe dann aber der Blick auf die materialen Besonderheiten eines solchen Vertragsschlusses.123 Der Gedanke an das im Privatrecht zum Ausdruck kommende Selbstverantwortungsprinzip legt zwar einen grundsätzlichen Vorrang eines formalen Konzepts gegenüber einem materialen Konzept zum Erreichen einer „Richtigkeitsgewähr“ nahe,124 denn schließlich geht die Rechtsgeschäfts- und Vertragslehre des BGB hinsichtlich des Vertragsinhalts auch grundsätzlich von uneingeschränkter und gleicher Selbstverantwortung der Vertragspartner aus.125 Jeder Teilnehmer des Rechtsverkehrs ist gehalten, sich selbst um die Unterbringung seiner Interessen zu kümmern. Das Risiko unterlassener oder unzureichender Selbstvorsorge weist die Rechts- und Vertragslehre ihnen dementsprechend zu.126 Ein rein formales Konzept überzeugt jedoch spätestens dann nicht, wenn ein ungünstiger Vertragsschluss oder Vertragsinhalt nicht aus eigener Nachlässigkeit resultiert.127 Unter gewissen Umständen wohnt einem Vertrag die „Richtigkeitsgewähr“ nur inne, wenn materiale Besonderheiten des Vertragsschlusses durch die Rechtsordnung berücksichtigt werden, die das rein formale Konzept insoweit beschränken.128 Beispielhaft seien die materialen Besonderheiten der Geschäftsunfähigkeit (§ 104 BGB) und der unredlichen Beeinträchtigung der Selbstbestimmung des Vertragspartners durch widerrechtliche Drohung (§ 123 Abs. 1 2. Alt. BGB) genannt. Bei einem Vertragsschluss, der AGB zum Gegenstand hat, liegt die materiale Besonderheit in der fehlenden Einflussmöglichkeit des Kunden auf den Vertragsinhalt. Unter Einflussmöglichkeit ist indes nicht die unmittelbare Einwirkung auf den 121 Statt vieler Dauner-Lieb, in: Schmoeckel/Kanzleiter, Vertragsschluss – Vertragstreue – Vertragskontrolle, S. 49, 64. 122 Zu diesem Begriff grundlegend Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (145 ff.); ders., Festschrift Raiser, S. 15; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 51 ff., 91 f. 123 Zur Unterscheidung von materialen und formalen Elementen bereits Dauner-Lieb, Verbraucherschutz, S. 52 ff.; ausführlich Wagner, ZEuP 2007, 180 (191 ff.); ein Überblick hierzu bei Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (312 f.). 124 So auch Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, S. 202 f., nach dessen Auffassung selbst die Vertreter einer materialisierten Interpretation der Vertragsfreiheit nicht so weit gehen, die formale Vertragsfreiheit als „gemeinsamen Ausgangspunkt“ aufzugeben. 125 Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 86 f. 126 Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 87. 127 Miethaner, AGB-Kontrolle versus Individualvereinbarung, S. 29. 128 Canaris, AcP 200 (2000), 273 (279 f.); Manssen, Privatrechtsgestaltung, S. 144 f.

II. Grundlagen des AGB-Rechts

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Vertragsinhalt zu verstehen. Schließlich wird gemeinhin unter einem Vertragsangebot eine Willenserklärung verstanden, mit der ein Vertragsschluss einem anderen so angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrages nur von dessen Einverständnis abhängt.129 Also ohne auf den Vertragsinhalt unmittelbar Einfluss zu nehmen, genügt zur Annahme eines Angebots stets ein schlichtes „Ja“. Für die Vertragsbindung kann es demnach nicht darauf ankommen, ob jeder Vertragspartner zur Vertragsgestaltung beigetragen hat.130 Vielmehr ist die Einflussmöglichkeit als mittelbare Einwirkung auf den Vertragsinhalt zu verstehen. Ein vorformulierter Vertrag behält die „Richtigkeitsgewähr“ dadurch, dass er nicht angenommen und notfalls auf ihn verzichtet wird.131 Will der Antragende Abschlüsse erzielen, ist er gezwungen, den Vertrag bei Erstgestaltung, spätestens aber nach erfolglosem Abschlussversuch anzupassen. Eben diese Modellvorstellung versagt aber bei der Verwendung von AGB, weil dem Kunden aus nachstehenden Gründen die Möglichkeit zur mittelbaren Einflussnahme auf den Vertrag fehlt und der Verwender sich sicher sein kann, dass seine AGB ohnehin akzeptiert werden. Untersucht der aufmerksame Kunde die ihm angetragenen AGB, so wird er regelmäßig auf Grund seiner fehlenden Sachkunde und der Komplexität der AGB überfordert sein, die AGB vollständig zu erfassen. Der Verwender hingegen wird seine AGB in aller Ruhe professionell ausgearbeitet haben. Obendrein kann er sie nach und nach optimieren. Diese aus der intellektuellen Unterlegenheit des Kunden gegenüber dem Verwender resultierende Informationsasymmetrie führt dazu, dass der Kunde die Angemessenheit der AGB gar nicht beurteilen kann.132 Die Verwender sind daher gar nicht gezwungen, auf ein Kundenverhalten mit weniger einseitig ausgestalteten Klauseln zu reagieren. Es findet kein Konditionenwettbewerb am Markt statt.133 Eine intellektuelle Unterlegenheit besteht allerdings bei jeglicher Vorformulierung von Vertragsbedingungen und nicht nur bei Bedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Da die AGB-Kontrolle sich nur auf letztere Bedingungen erstreckt, müssen weitere Gründe für das Fehlen der Einflussnahme auf den Vertrag existieren.134 Die Rechtsgeschäftslehre des BGB korrigiert eine intellektuelle Unterlegenheit eines Vertragspartners lediglich durch die §§ 104 ff. BGB und § 138 BGB. Die 129

Statt vieler Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, § 8 Rn. 1. Zöllner, AcP 176 (1976), 1 (235 f.); Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (848); Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 80. 131 Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (848); Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 80. 132 BGHZ 60, 243 (245); Raiser, AGB, S. 284; Dauner-Lieb, Verbraucherschutzrecht, S. 72 ff.; Lindacher, JZ 1981, 131 ff.; Hönn, Kompensation, S. 98; Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 18, 49. 133 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Einl. Rn. 8; Koller, Festschrift Steindorff, S. 668 f.; Kötz, Gutachten für den 50. DJT, A 33 ff.; Adams, BB 1989, 781 (784); Canaris, AcP 200 (2000), 273 (320). 134 So auch Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 83. 130

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B. Grundlagen

Wertung des BGB mutet dem Kunden also grundsätzlich zu, der intellektuellen Unterlegenheit auszuweichen, indem der Kunde die Vertragsbedingungen selbst überprüft, Rechtsrat einholt, alternative Vertragsangebote ausfindig macht oder auf den Vertragsschluss gänzlich verzichtet.135 Eine solche Pflicht zur Selbstvorsorge durch Ausweichen vor AGB kann im Gegensatz zum Ausweichen vor Individualabreden jedoch nicht überzeugen: Die intellektuelle Unterlegenheit kann nicht dadurch kompensiert werden, dass sich der Kunde die Zeit nimmt, die AGB eingehend zu überprüfen. Eine derart erforderliche Rechtskenntnis kann von keinem Laien erwartet werden.136 Kann sich das Einholen eines fachmännischen Rechtsrats bei Individualverträgen durchaus lohnen, stellt dies bei AGB hingegen ökonomisch137 wie auch real138 betrachtet keine geeignete Option dar. Zum einen stehen nämlich die daraus folgenden Transaktionskosten in der Regel im Vergleich zum Risiko, das die AGB bürgen, völlig außer Verhältnis. So ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass sich jenes Risiko überhaupt verwirklichen wird, und selbst wenn dieser Fall eintreten sollte, fallen die sich dadurch ergebenden Beeinträchtigungen oft nur unerheblich ins Gewicht.139 Zum anderen kann bei der Häufigkeit der AGB-Verwendung im Rechtsverkehr realistisch betrachtet nicht ernsthaft angenommen werden, der Kunde könne sich bei jeder Konfrontation mit AGB Rechtsrat einholen. Auch ist ein Ausweichen vor einem konkreten Formularvertrag keine geeignete Option. Die Vorstellung, der Kunde laufe vor Vertragsschluss von Handwerker zu Handwerker, um die jeweiligen Reparaturbedingungen vergleichend in Erfahrung zu bringen, ist nicht nur schlicht realitätsfern. In den seltensten Fällen wird sich zudem in den Branchen, in denen Anbieter AGB verwenden, ein alternativer Anbieter finden lassen, der gar keine AGB verwendet.140 Dass Verträge in diesen Branchen ohne AGB de facto kaum angeboten werden, lässt im Übrigen den Rückschluss zu, dass der Anreiz eines Vertragsschlusses ohne AGB für den Kunden nicht Anreiz genug ist, sich in der Häufigkeit für diesen und gegen einen Vertrag mit AGB zu entscheiden, als dass der Nutzen für den Verwender, der sich aus zahlreicheren Vertragsabschlüssen ergibt, höher wäre, die einseitig ausgestalteten AGB zu verwenden.

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Vgl. Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 86 ff. Zum Problem des rechtlichen Verständnisses vgl. u. a. Dauner-Lieb, Verbraucherschutzrecht, S. 279, 291; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 83; Ulmer, 50 Jahre DJT, H 19; Koller, Festschrift Steindorff, S. 669; Lieb, AcP 178 (1978), 196 (202); Canaris, AcP 200 (2000), 273 (321); Kötz, JuS 2003, 209 (211). 137 Kötz, Gutachten für den 50. DJT, A 31 f.; Hönn, Kompensation, S. 149; Adams, BB 1989, 781 (783 ff.); Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (313); Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (847 ff.). 138 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz, S. 72 f.; Diedrichsen, Die Flucht des Gesetzgebers, S. 40; Kötz, Gutachten für den 50. DJT, A 32; Koller, Festschrift Steindorff, S. 670. 139 Koller, Festschrift Steindorff, 669 f.; Bunte, Festschrift Schimansky, 25 f.; Adams, BB 1989, 781 (783); Kötz, JuS 2003, 209 (211); Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (496); Leyens/ Schäfer, AcP 210 (2010), 771 (783). 140 Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (323); Axer, Rechtfertigung und Reichweite der AGB-Kontrolle, S. 52 ff.; Miethaner, AGB-Kontrolle versus Individualvereinbarung, S. 65 ff. 136

II. Grundlagen des AGB-Rechts

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Was einen endgültigen Verzicht auf einen Formularvertrag und damit ein generelles Ausweichen vor einem solchen anbelangt, sei die Überlegung vorangestellt, dass grundsätzlich niemand einen Anspruch darauf hat, einen Vertrag mit gewünschten oder angemessenen Klauseln abzuschließen. Einzige Ausnahme dieses Grundsatzes sind Fälle von Kontrahierungszwang. Insofern stellt der Vertragsverzicht grundsätzlich eine geeignete Ausweichmöglichkeit vor der Annahme des Vertrages dar. Ansonsten würde der Verwender einem versteckten Kontrahierungszwang unterworfen werden, da sein Vertragspartner gefahrlos den Vertrag annehmen und ihn hinterher auf seine Angemessenheit überprüfen könnte.141 Ein Verzicht auf Verträge, die AGB beinhalten, stellt allerdings vielfach eine unzumutbare Alternative dar.142 Im Alltag wird niemand auf allgemeine Lebensstandards wie die Inanspruchnahme von Werkstätten, Reinigungen o. ä. verzichten können.143 Die Unzumutbarkeit des Vertragsverzichts wird zusätzlich dadurch untermauert, dass die einseitig ausgestalteten Nebenabreden sich nur selten realisieren und überhaupt eine untergeordnete Rolle spielen. Der Verzicht auf allgemeine Lebensstandards wäre in hohem Maße unverhältnismäßig.144 Schließlich bleibt die Erkenntnis, dass dem Kunden keine (zumutbare) Möglichkeit zum Ausweichen vor AGB bleibt. Diesem Umstand wurde die alte Rechtsprechung übrigens nicht gerecht, wenn sie anknüpfend an die intellektuelle Unterlegenheit des Kunden bei leicht verständlichen Klauseln von einer AGB-Kontrolle absehen wollte.145 Insofern ist es heute für die AGB-Kontrolle gemäß § 305 Abs. 1 S. 2 BGB unerheblich, welchen Umfang sie haben und daher auch wie leicht verständlich sie sind. Damit ist – über die fehlende Ausweichmöglichkeit des Kunden vor AGB als Zwischenschritt – dargelegt, dass der Kunde des Verwenders letztlich keinen hinreichenden Einfluss auf den Vertragsinhalt nehmen kann. Er bezieht die ihm gestellten AGB regelmäßig nicht in seine Abschlussentscheidung mit ein, hat also ein „rationales Desinteresse“146 hieran, so dass sich der Verwender sicher sein kann, dass seinen AGB stets zugestimmt wird. Erschwerend zur Tatsache, dass daher kein Konditionenwettbewerb die Verwender zur weniger einseitigen Ausgestaltung ihres Klauselwerkes zwingt, schließt sich hieran die Gefahr an, dass der Konditionenwettbewerb sich vielmehr umkehren kann: Da die AGB in der Abschlussentscheidung des Kunden keine Rolle spielen, rückt vor allem der Preis in seinen Fokus. 141

Zöllner, AcP 196 (1996), 1 (31). Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (323); Drexl, Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 339; Koller, Festschrift Steindorff, S. 670; Adams, BB 1989, 781 (784); Miethaner, AGBKontrolle versus Individualvereinbarung, S. 70. 143 Vgl. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 233 ff.; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 85. 144 Vgl. Koller, Festschrift Steindorff, S. 670; Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 239 ff.; Adams, BB 2000, 781 (784); Miethaner, AGB-Kontrolle versus Individualvereinbarung, S. 70. 145 BGHZ 61, 17 (21); BB 1970, 1504; WM 1978, 791 f. 146 Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (847). 142

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Gelingt es einem Marktteilnehmer, diesen mittels einseitiger Risikoverlagerung durch AGB zu drücken, sind auch die übrigen Anbieter gezwungen, die AGB weiter zu Lasten des Kunden auszugestalten („race to the bottom“).147 Die dargelegte fehlende Einflussmöglichkeit des Kunden auf den AGB implizierenden Vertragsinhalt und das daraus resultierende Marktversagen stellt letztlich die materiale Besonderheit eines solchen Vertragsschlusses im Gegensatz zu denen eines Individualvertragsschlusses dar. Sie gilt es zu kompensieren, denn der Vertragspartner des AGB-Verwenders hat ohne Nachlässigkeit einen ungünstigen Vertragsschluss oder Vertragsinhalt zu erwarten. Dem Kunden droht damit trotz der durch das Akzeptieren der AGB ausgeübten formalen Vertragsfreiheit eine materiale Fremdbestimmung durch den Verwender.148 Der eingangs formulierte Gedanke, das AGB-Recht schränke die Vertragsfreiheit unzulässig ein, ist also zunächst dahin gehend zu präzisieren, dass lediglich die formale Vertragsfreiheit eingeschränkt wird. Und da die Legitimationsbasis der formalen Vertragsfreiheit bei gleichzeitiger Beeinträchtigung ihrer materialen Komponente beim Verwenden von AGB ausgehöhlt ist,149 in ihr vielmehr die Gefahr des Missbrauchs inne wohnt, rechtfertigt sich hieraus auch der durch die §§ 305 ff. BGB vorgenommene korrigierende Eingriff des Gesetzgebers in den unter (bloß) formaler Vertragsfreiheit geschlossenen Vertrag. Von hier aus ist es nur ein kleiner Schritt, neben der Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit durch das Verwenden von AGB auch die Beeinträchtigung der Vertragsgerechtigkeit aufzudecken. Fehlt es an einem effizienten Konditionenwettbewerb, ist auch die formale Vertragsgerechtigkeit gravierend beeinträchtigt, da die prozeduralen Voraussetzungen des Vertragsschlusses gestört sind.150 Auch hier offenbart sich wieder die Folge fehlender Einflussmöglichkeit des Kunden hinsichtlich des Vertragsinhalts. Führt man sich nun zusätzlich noch einmal die einseitig in Anspruch genommene Gestaltungsfreiheit vor Augen, so lässt sich auch die Gefahr einer Beeinträchtigung der materialen Vertragsgerechtigkeit nicht leugnen.151 Ausgehend von der Erkenntnis, dass dem Vertragspartner des Verwenders die Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Vertrag fehlt, lassen sich die Folgen in der Beeinträchtigung der formalen Vertragsfreiheit sowie in der formalen und materialen Vertragsgerechtigkeit zusammenfassen. Jene Defizite machen die Vertragsposition des Kunden anfällig. Es besteht ein akutes Missbrauchsrisiko des Verwenders in

147 Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 16.7; Kötz, JuS 2003, 209 (213); Leyens/ Schäfer, AcP 210 (2010), 771 (784). 148 Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (321); Flume, AT des BGB II, S. 670. 149 Vgl. Preis, Festschrift Richardi, S. 340. 150 Canaris, AcP 200 (2000), 273 (325). 151 Canaris, AcP 200 (2000), 273 (325).

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seiner Möglichkeit zur ihn einseitig begünstigenden Vertragsgestaltung. Den Schutz vor eben diesem Missbrauchsrisiko bezweckt letztlich die AGB-Kontrolle.152 So notwendig dieser Schutz des Kunden auch ist, so zwingend ist aber auch die Begrenzung der AGB-Kontrolle auf eben jene herausgearbeitete teleologische Legitimationsbasis. Anderenfalls wird durch einen ungerechtfertigten Eingriff in die Vertragsgestaltungsfreiheit nicht mehr und nicht weniger als ein zentraler Baustein des freiheitlich und marktwirtschaftlich orientierten Privatrechts in Frage gestellt.153 Jeder Eingriff bedarf einer überzeugenden Legitimation, die richterliche Inhaltskontrolle ist nach der Konzeption des BGB eindeutig der Ausnahmefall. Eben solche ungerechtfertigten Eingriffe sind jedoch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beobachten. Besonders anschaulich zeigt dies ein Urteil des BGH154 aus dem Jahr 2012.155 Der Betreiber einer Müllverbrennungsanlage hatte mit seinem künftigen Kunden eine Vereinbarung geschlossen, die den Kunden zur Anlieferung einer Mindestmenge Abfall verpflichtete. Für unwirksam hat der BGH die darin enthaltene Bestimmung erklärt, nach der der Kunde das vereinbarte Geld auch dann bezahlen sollte, wenn er weniger als die vereinbarte Mindestmenge anliefert („Bring-Or-Pay“). Obwohl der Übereinkunft monatelange Verhandlungen und intensive juristische Prüfungen vorausgegangen waren, urteilte der BGH, die Bestimmung sei nicht i. S. d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB ausgehandelt gewesen. Der Steller müsse hierfür seine AGB inhaltlich zur Disposition stellen und sich deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klausel bereiterklären. Und für die Annahme, dass die andere Partei sich den Inhalt der Klausel während der Vertragsverhandlung zu eigen gemacht und als sachlich berechtigt akzeptiert habe, reiche nicht aus, dass die Parteien ausführlich über den Vertrag verhandelten und der abgestimmte Vertragsentwurf erst nach intensiver rechtlicher Prüfung gebilligt und unterzeichnet wurde. Diese Anforderungen an ein Aushandeln i. S. v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB und damit die Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 305 ff. BGB zeigen deutlich, dass die richterliche Inhaltskontrolle auf einen Schutz der Vertragsgestaltungsfreiheit beider Vertragsparteien zielt und die einseitige Nutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch bloß eine Vertragspartei zu verhindern versucht.156 Zum Teil157 wird in der Literatur die Linie der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit dem Hinweis unterstützt, es reiche nicht, dem Vertragspartner Abschlussfreiheit im Sinne einer „take it or leave it“-Vertragsabschlussfreiheit zu gewähren, ihm müsse vielmehr eine 152 Ausdrücklich BGH NJW 1976, 2345 (2346); 1977, 624 (625); BGHZ 51, 55 (59); 60, 243 (245); 70, 304 (310); Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Einl. Rn. 48; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, Einleitung Rn. 3. 153 Dauner-Lieb, NJW 2004, 1431 (1433). 154 BGH, NJW 2013, 856. 155 Eingehend Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845. 156 Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (848). 157 Graf von Westphalen, ZIP 2007, 149 (151); ders., BB 2013, 1357.

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„gleichrangige und gleichberechtigte“ Vertragsgestaltungsfreiheit eingeräumt werden. Richtigerweise aber ist Voraussetzung für einen Vertragsschluss lediglich der Konsens über einen Vertragsinhalt, nicht jedoch die gleichberechtigte Mitwirkung beider Vertragsparteien an der Entstehung des Vertrages.158 Denkt man die hohen Anforderungen des BGH an ein „Aushandeln“ konsequent zu Ende, muss im b2b-Geschäft der gut vorbereitete Geschäftsmann, der genau weiß, bei welchen Vertragsbestandteilen er mit Blick auf sein Geschäftsmodell nachgeben kann und damit genauso diejenigen Bestimmungen kennt, die „nicht verhandelbar“ sind, hinsichtlich Letzteren Scheingefechte führen, um sie im Verständnis des BGH zur Disposition gestellt zu haben.159 Auch zwingen sie den unternehmerischen Verwender, die gesamten Vertragsverhandlungen zu protokollieren, will dieser seiner Beweislast für das „Aushandeln“ jeder einzelnen Vertragsklausel im Streitfall nachkommen können.160 Daneben entsteht bei einem solchen Verständnis eine weitere absurde Konsequenz: Im b2b-Verkehr existieren in bestimmten Branchen gängige Musterverträge, die stets als Grundlage für die Vertragsverhandlungen eines bestimmten Vertragstyps dienen und beiden Parteien gleichsam in ihrer Standardfassung zur Verfügung stehen. Nimmt man das Erfordernis einer gleichberechtigten Mitarbeit am Entstehen eines Vertrages ernst, muss es einen Wettbewerb der Vertragsparteien darum geben, nicht als „Steller“ des Formularvertrages i. S. d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB zu gelten. Ist es für die Vertragsparteien nicht einmal mehr verhandlungsbedürftig, dass ein bestimmter Mustervertrag, etwa eines Verbandes, als Grundlage der weiteren Verhandlungen dienen soll, weil stets auf einen solchen zurückgegriffen wird, erleidet dennoch derjenige einen Nachteil, der ihn aktiv zur Grundlage macht. Alle Klauseln, über die nicht derart intensiv verhandelt wurde, wie es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich ist, gelten dann als von dieser Partei gestellt, nur weil sie sich zuerst gerührt hat. Vor diesem Hintergrund ist die Rückführung der AGB-Kontrolle auf eine andere als die herausgearbeitete teleologische Legitimationsgrundlage äußerst bedenklich und eine Rückbesinnung auf die eigentliche teleologische Rechtfertigung der §§ 305 ff. BGB angezeigt.161 Nur am Rande sei abschließend bemerkt, dass die Einschränkung der Vertragsfreiheit bereits seit einigen Jahren – ebenso bedenklich – auch an anderer Stelle, nämlich im Verbraucherrecht durch die Etablierung zwingenden europäischen Rechts statt dispositiver Regelungswerke immer mehr an Gewicht verliert.162 158

Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (848). Eingehend Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (848 f.). 160 Berger, ZIP 2006, 2149 (2152). 161 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (312); Leuschner, JZ 2010, 875; Kieninger, AnwBl 2012, 301; Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (846). 162 Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (310) m. w. N.; außerdem Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845 (845 f.); Dauner-Lieb, NJW 2004, 1431. 159

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bb) Realisierung des Schutzzwecks Idealziel des Vertragsrechts kann nur das Erreichen einer „Richtigkeitsgewähr“ eines Vertrages sein. Die „Richtigkeitsgewähr“ ergibt sich jedoch ausschließlich – von Fällen echten Kontrahierungszwangs abgesehen – aus gelebter Privatautonomie. Ist die Privatautonomie bei Vertragsschluss, wie hier beim Verwenden von AGB durch die Beeinträchtigung seiner Unterprinzipien Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit, eingeschränkt, schließt sich hieran das Dilemma an, dass sie sich nicht rekonstruieren lässt. Niemand kann auf Grund der Beteiligung von Individuen mit Bestimmtheit sagen, wie der Inhalt eines Vertrages, der bei limitierter Privatautonomie zustande gekommen ist, ausgesehen hätte, wenn er unter vollkommener Privatautonomie geschlossen worden wäre. Daher kann es auch nicht überzeugen, einen Ersatzmaßstab anstelle der Privatautonomie für einen vermeintlich angemessenen Interessenausgleich heranzuziehen.163 Gerade die Gleichsetzung der Richtigkeit eines Vertrages mit einem Gerechtigkeitsoptimum, das im Gegensatz zur „Richtigkeitsgewähr“ wohl oftmals (wieder)herzustellen möglich ist, wird dem Maßstab des BGB für die Wirksamkeit von Verträgen, der Privatautonomie, nicht gerecht. So formuliert Canaris „Selbst wenn wir […] wissen oder zu wissen glauben, was gerecht ist, folgt daraus mitnichten ohne weiteres die Legitimation, die Konsequenzen unserer Ansichten anderen Menschen unter Einsatz von staatlichem Zwang aufzuerlegen. Vielmehr gebieten sowohl die Einsicht in die eigene Irrtumsanfälligkeit als auch die Achtung vor der Würde des anderen als Person, d. h. als eines moralisch selbst urteilsfähigen Subjekts, abweichende Gerechtigkeitsvorstellungen möglichst weitgehend zu respektieren.“164 Aufgabe des AGB-Rechts kann es also niemals sein, die beeinträchtigte Privatautonomie wiederherzustellen. Es ist daher auch gar nicht darauf ausgelegt.165 Das AGB-Recht beschränkt sich zur Erreichung seines Schutzzwecks in repressiver Hinsicht vielmehr darauf, nicht mehr hinnehmbare Grenzüberschreitungen, eben treuwidrige unangemessene Benachteiligungen des Vertragspartners, als unwirksam einzustufen und so dem Missbrauchsrisiko einseitiger Gestaltungsmacht des Verwenders entgegenzutreten. Diese Zurückhaltung in der Vertragsintervention ist aber nicht nur aus eben aufgezeigten praktischen Gründen, sondern schon von Verfassungs wegen angezeigt, gilt es doch bei der Beurteilung einer – immerhin noch in Teilen – privatautonom gesetzten Regelung Konkordanz zwischen Privatautonomie und staatlicher Vertragsintervention herzustellen.166 Eben diese gebotene Zurückhaltung kommt durch den negativ formulierten Tatbestand „unangemessen benachteiligend“ zum Ausdruck. Dies unterstreicht auch § 306 Abs. 1 BGB, der Ausdruck der gebotenen dezenten Vorgehensweise in Sachen Schutzintervention ist. Hieraus ergibt sich nämlich die 163

In diese Richtung aber Schäfer/Ott, ökonomische Analyse des Rechts, Rn. 12.2, 13.1 ff. Canaris, Festschrift Lerche, S. 884. 165 Vgl. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771 (788). 166 Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 299; sich dem anschließend Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 91. 164

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Aufrechterhaltung des restlichen Vertrages trotz Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB. Äußerst misslich sind daher zum Teil167 verwendete Formulierungen, es werde mittels AGB-Kontrolle „ein angemessener Interessenausgleich“ geschaffen. Um die Herstellung eines Gerechtigkeitsoptimums geht es hier eben gerade nicht. Parallelen zum zurückhaltenden Kontrollmaßstab der Inhaltskontrolle zeigen sich im Übrigen bei § 313 Abs. 1 BGB. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann Anpassung des Vertrages nach einer schwerwiegenden Änderung von Umständen, die Grundlage des Vertrages geworden sind, und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, nur dann verlangt werden, soweit einem Teil das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch das Erfordernis der Unzumutbarkeit kann damit eine Anpassung des Vertrages auch dann unterbleiben, wenn nach einer Änderung von Umständen der Vertrag den Nutzen einer Partei gerade nicht mehr fördert und damit ein ökonomisch rational Handelnder diesen Vertrag bei Kenntnis der Änderung niemals abgeschlossen hätte.168 Der Schutzzweck der AGB-Kontrolle, das Entgegenwirken des Missbrauchsrisikos durch das Verwenden von AGB, kann mit repressiven Maßnahmen also nur auf zurückhaltend negativem Wege, der Einordnung treuwidriger unangemessener Benachteiligungen als unwirksam, realisiert werden. Daneben soll das AGB-Recht dem Missbrauchsrisiko aber auch präventiv entgegenwirken.169 Ausdrückliche Rechtsfolge einer gegen die §§ 307 ff. BGB verstoßenden Klausel ist ihre Unwirksamkeit. Je weiter der Verwender also eine Klausel zu seinen Gunsten ausgestaltet oder je mehr er die Benachteiligung seines Vertragspartners durch Intransparenz verschleiert, desto höher ist das von ihm getragene Risiko der Unwirksamkeit. Er befindet sich folglich immer dann im Zwiespalt, wenn er die jeweilige Bestimmung auch weniger zu seinen Gunsten oder transparenter und damit auch eher wahrscheinlich „angemessen“ i. S. d. §§ 307 ff. BGB ausgestalten kann. Denn zum einen ist eine wirksame, wenn auch weniger zu seinem Vorteil ausgestaltete Regelung für ihn schließlich immer noch mehr von Nutzen als eine unwirksame. Zum anderen steht für die durch die Unwirksamkeit einer AGB entstandene Vertragslücke nicht immer (für einen angemessenen Ausgleich beiderseitiger Interessen stehendes) Gesetzesrecht gemäß § 306 Abs. 2 BGB zur Verfügung, das an die Stelle der unwirksamen Klausel treten kann.170 In solchen Fällen 167

So etwa BGH, NJW 1997, 193 (195); Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 95, weist zutreffend darauf hin, dass die Frage nach der „Unangemessenheit“ die richtige ist. 168 Vgl. Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 13.6.4. 169 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 2a; Canaris, Festschrift Steindorff, S. 547; Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 34; ders., JZ 1989, 411 (417); kritisch zu einer präventiven Funktion des AGB-Rechts Hager, JZ 1996, 175 (177 f.). 170 Gerade bei Verträgen, die sich vom gesetzlichen Grundtyp weit entfernt haben, kann eine ergänzende Vertragsauslegung trotz für die Lückenfüllung bereitstehender gesetzlicher Re-

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können sich durch den Wegfall der AGB gravierende Nachteile für den Verwender ergeben. Der Verwender kann auf Grund des ihn treffenden Risikos der Unwirksamkeit der Klausel also nicht gefahrlos die Vertragsgestaltung in missbräuchlichem Ausmaß zu seinen Gunsten und damit zu Lasten seines Vertragspartners formulieren. Auf diese Weise wird auf einen angemessenen Inhalt in der Praxis verwendeter oder empfohlener AGB hingewirkt171 und damit durch Prävention unangemessener Regelungen der Schutzzweck des AGB-Rechts realisiert. Nach h.M.172 ist deshalb auch die Vornahme einer geltungserhaltenden Reduktion einer in ihrer konkreten Ausgestaltung unwirksamen Klausel verboten. Würde eine unwirksame AGB durch die Gerichte immer auf ihr gerade noch zulässiges Maß reduziert werden,173 würde der präventive Aspekt der Realisierung des AGB-Schutzzwecks nicht greifen. Schließlich könnte der Verwender gar in missbräuchlichem Ausmaß risikolos AGB zu seinen Gunsten ausgestalten. Dennoch werden die Unwirksamkeitsfolgen auf zweierlei Weisen abgefedert. Zum einen muss die Klausel nicht zwangsläufig als Ganzes unwirksam sein. Ein für sich genommen wirksamer Teil bleibt bestehen, wenn die Bestimmung nach Streichung des unwirksamen Teils weiterhin verständlich bleibt (sog. „blue-pencil-test“).174 Zum anderen lässt die h.M.175 für bestimmte Konstellationen infolge der Unwirksamkeit einer Klausel eine ergänzende Vertragsauslegung zu. Nach der gängigen aber nicht ausschließlich verwendeten Formel des BGH soll sie dann vorgenommen werden, wenn eine „ersatzlose Streigelungen sachgerechtere Ergebnisse produzieren und damit vorzugswürdig sein. Zur Gleichwertigkeit dispositiver Gesetzesvorschriften und besonderer Regelungen des jeweiligen Vertrages, um die Ziele der Vertragsparteien zu erreichen Larenz, BGB AT, S. 546 ff. 171 Grundlegend BGHZ 84, 109 (116). 172 Grundlegend BGHZ 84, 109 (115 ff.); seither BGHZ 86, 284 (297); 87, 309 (321); 90, 69 (73 ff.); 91, 375 (384); 92, 312 (315); 96, 18 (26); Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 306 Rn. 14 ff.; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 31 ff.; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 344; Palandt/Grüneberg, § 306 Rn. 6; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 621 f.; Häsemeyer, Festschrift Ulmer, S. 1100 ff.; Schmidt, Vertragsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 116 ff.; a. A. Staudinger/Mäsch, BGB, § 306 Rn. 23 ff.; Canaris, Festschrift Steindorff, S. 550 ff.; Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 34 ff.; ders., JZ 1989, 411 (416 ff.); Hager, JZ 1996, 175 (176 ff.). 173 Ein solches Verständnis von einer geltungserhaltenden Reduktion teilen BGHZ 90, 69 (82); 92, 312 (315); Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 344; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 14; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 593; Bunte, NJW 1984, 1145 (1148); Coester-Waltjen, Jura 1988, 113 (114); ein anderes Verständnis (Reduktion auf das Durchschnittsmaß) haben etwa Canaris, Festschrift Steindorff, S. 550; Hager, JZ 1996, 175 (176); Roth, JZ 1989, 411 (417 f.). 174 Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 13; Staudinger/Mäsch, BGB, § 306 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, § 306 Rn. 7; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 600. 175 Grundlegend BGHZ 90, 69 (73 ff.); seither BGHZ 96, 18 (26); 107, 273 (276); 117, 92 (98 f.); 120, 108 (122); 137, 153 (157); 143, 104 (122); Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 15 ff.; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 306 Rn. 34 ff.; Palandt/Grüneberg, § 306 Rn. 13 f.; Ulmer, NJW 1981, 2025 ff.; a. A. Häsemeyer, Festschrift Ulmer, S. 1097 ff.; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 621 f.

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chung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des Klauselverwenders und des Kunden Rechnung tragende Lösung [bietet].“176 Dem ist zunächst einmal insoweit zuzustimmen, als dass die ergänzende Vertragsauslegung als Korrektiv der Rechtsfolge der §§ 307 ff. BGB anzuerkennen ist. Es ist nämlich sehr fraglich, warum der Verwender das mit der Unwirksamkeit einer AGB einhergehende volle Risiko tragen soll. So ist zu bedenken, dass die Verwirklichung von Privatautonomie heute weitgehend überhaupt nur noch im Wege der Verwendung von AGB möglich ist und professionelle Teilnehmer am Rechtsverkehr unter praktischen Gesichtspunkten betrachtet Vertragsbedingungen oft gar nicht anders als in Form von AGB aufstellen können.177 Schließlich gelten Vertragsbestimmungen bereits bei einer Verwendungsabsicht von dreimal als AGB.178 Dennoch schränken die §§ 305 ff. BGB die Privatautonomie des Verwenders erheblich ein. Da die Privatautonomie durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt ist, ist ihre Einschränkung demgemäß am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen,179 vor dessen Hintergrund es nicht gerechtfertigt scheint, dem Verwender das Risiko der Unwirksamkeit einer Klausel zuzuordnen, nur weil er nicht den oft sehr unpraktikablen Ausweg über eine Individualvereinbarung nimmt. Die Richtigkeit des Maßstabes der gängigen Formel des BGH, nach der ein Vertrag dann ergänzend auszulegen ist, wenn eine „ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des Verwenders und des Kunden Rechnung tragende Lösung [bietet],“ ist allerdings im Lichte der Präventionsintention des AGB-Rechts fraglich. So schwindet die Präventionswirkung des AGB-Rechts je eher die Unwirksamkeit als Rechtsfolge der §§ 307 ff. BGB mittels ergänzender Vertragsauslegung korrigiert wird. Dann nämlich treten Regelungen in Kraft, die die Vertragsparteien bei sachgerechter Abwägung beiderseitiger Interessen nach Treu und Glauben getroffen hätten, wenn sie den konkreten Fall bedacht hätten.180 Der missbräuchlich handelnde Verwender fällt also sehr weich. Kann er sich darauf verlassen, dass die Lücke im Vertrag nach der Unwirksamkeit einer Klausel im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen wird, wird es den missbräuchlich handelnden Verwender kaum davon abhalten, AGB über das vertretbare Maß zu seinen Gunsten auszugestalten. Und in der Tat kann er nach der gängigen Formel des BGH sicher sein, sich keinerlei Risiko im Zusammenhang mit der Unwirksamkeit einer Klausel ausgesetzt zu sehen, wird der Vertrag doch er176

BGHZ 90, 69 (75); 107, 273 (276); 117, 92 (98 f.); 143, 104 (122); anders etwa BGHZ 176, 244 (255); 137, 153 (157). 177 Darauf hinweisend Canaris, Festschrift Steindorff, S. 548. 178 BGH, NJW 1998, 2286 (2287); 2002, 138 (139); 2002, 2470 (2471); BAG, NJW 2007, 3018; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rn. 25 a; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 Rn. 16; Staudinger/Mäsch, BGB, § 305 Rn. 32; MükoBGB/Basedow, § 305 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 9; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 128. 179 Vgl. Canaris, JZ 1987, 993 (994); ders., Festschrift Steindorff, S. 548. 180 BGHZ 84, 1; 90, 69; 127, 138.

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gänzend ausgelegt, wenn seinen typischen Interessen nicht angemessen Rechnung getragen wird. Insofern bleibt von der präventiven Wirkung des AGB-Rechts nichts mehr übrig. Deshalb zielt die zum Teil181 vorgetragene Überlegung, die gängige Formel des BGH sei die richtige, weil der Kunde mit der ergänzenden Vertragsauslegung „angemessen“ geschützt sei, schon in die falsche Richtung. Auf Grund der Präventionsintention des AGB-Rechts darf der Fokus nicht vom Verwender abrücken. Die Schwelle der Beeinträchtigung des Verwenders und damit der ergänzenden Auslegung eines Vertrages muss also höher gesetzt werden. Wann genau die Unwirksamkeit einer Klausel mittels ergänzender Vertragsauslegung abzumildern ist, ist letztlich eine schwierige Wertungsfrage, die sich nicht mit einer stets passenden Formel beantworten lässt. Immerhin lässt sich die Höhe der Schwelle zur ergänzenden Vertragsauslegung sowohl nach unten als auch nach oben präzisieren. Nach unten dahingehend, dass – um der Präventionswirkung des AGBRechts noch gerecht zu werden – jedenfalls Nachteile von geringer Intensität, die dem Verwender durch die Unwirksamkeit einer AGB entstehen, die Schwelle unterschreiten, auch wenn die Unwirksamkeit der Klausel zu keiner den typischen Interessen des Verwenders tragenden Lösung führt. Einwände hiergegen, der Kunde dürfe nicht „mit Verträgen beschenkt [werden], die ihm unerwartet viel günstiger sind als die gesetzlich zulässigen“182, überzeugen nicht, da sie nicht nur bereits den auch in § 306 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Gerechtigkeitsgehalt des ius dispositivum183 verkennen,184 sondern auch den der ergänzenden Vertragsauslegung, die immerhin auf dem mutmaßlichen Parteiwillen und damit auf einer Art fiktiven Privatautonomie basiert.185 Nach oben kann die Schwelle zudem dahin konkretisiert werden, dass es mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu weit ginge, dem Verwender das mit der Unwirksamkeit einer Klausel verbundene Risiko insofern aufzuerlegen, als dass das Institut der ergänzenden Vertragsauslegung erst dann zur Anwendung kommt, wenn „das Vertragsgefüge [sich] völlig einseitig zu Gunsten des Kunden verschiebt.“186 Dann ist die Schwelle auf jeden Fall überschritten. Im Ergebnis ist es vor allen Dingen eine Frage der Verhältnismäßigkeit, inwieweit man dem Verwender sich für ihn nachteilig auswirkende Vertragslücken zum Erhalt der Präventionswirkung des AGB-Rechts zumuten kann.

181 Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37 a; Graf von Westphalen, Festschrift Meilicke, S. 106 ff.; Uffmann, Das Verbot der geltungserhalten Reduktion, S. 185 ff.; ders., NJW 2011, 1313 (1314 f.). 182 Medicus, in: Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 97; Roth, JZ 1989, 411. 183 Näher hierzu unter B. II. 2. c) bb). 184 Lindacher, ZHR 152 (1988), 98 (99). 185 Anders Häsemeyer, Festschrift Ulmer, S. 1100; zum Gerechtigkeitsgehalt vertraglicher Regelungen, die unter gelebter Privatautonomie zustande gekommen sind, S. 28 ff. 186 So aber BGHZ 176, 244 (255); inhaltlich identisch 137, 153 (157).

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2. Für diese Arbeit relevante Tatbestände hinsichtlich Einbeziehung und Inhaltskontrolle von AGB in Bürgschaftsverträgen a) Überraschende Klauseln i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB § 305 c Abs. 1 BGB entspricht seiner Vorgängernorm § 3 AGBG und geht damit ebenso wie diese auf eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung zurück,187 in der allerdings Überraschungsmoment und Unbilligkeit nicht immer deutlich getrennt wurden.188 Die heutige gesetzliche Regelung unterscheidet hingegen deutlich zwischen beidem. Während die Unangemessenheit einer Klausel als Kriterium der Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit der AGB führt, ist die Rechtsfolge für überraschende Klauseln die Nichteinbeziehung in den Vertrag. Überraschenden Charakter hat eine Klausel dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht (Ungewöhnlichkeit der Klausel) und dieser mit ihr den Umständen entsprechend vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (Überraschung des Kunden).189 aa) Ungewöhnlichkeit der Klausel Ob eine Bestimmung in AGB ungewöhnlich ist, bestimmt sich anhand objektiver Kriterien.190 In Übereinstimmung mit dem Schutzzweck der Norm191 ist danach zu fragen, ob das Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine noch der Üblichkeit entsprechende Vertragsgestaltung, das sich im Verzicht der näheren Kenntnisnahme des Inhalts der AGB äußert, objektiv missachtet wird.192 In personeller Hinsicht ist dementsprechend auf die Sicht des als Kunden angesprochenen Verkehrskreis im Zusammenhang mit dem jeweiligen Vertragstyp abzustellen.193 Sachlich ist gemäß der angezeigten objektiven Betrachtungsweise in der Vorschrift „insbesondere“ das äußere Erscheinungsbild des Vertrages als entscheidender Faktor hervorgehoben. Daneben sind unter den Gesamtumständen vor allem Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen194 sowie die Gestaltung der Vertragsurkunde, speziell auch deren 187

(245).

RGZ 103, 84 (86); BGHZ 17, 1 (3); 33, 216 (219); 38, 183 (185); 54, 106 (109); 60, 243

188 So schon Raiser, AGB, S. 175 ff.; vgl. auch Löwe, Festschrift Larenz, S. 379 Fn. 14; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 325. 189 BGHZ 130, 19 m. w. N. 190 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 11, 18; Erman/ Roloff, BGB, § 305 c Rn. 9. 191 Hierzu unter B. II. 1. 192 Vgl. OLG Düsseldorf, WM 1992, 1895 (1897); Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 26; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 18; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 2. MüKoBGB/Basedow, § 305 c Rn. 6 ff. 193 Vgl. Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 14; Erman/ Roloff, BGB, § 305 c Rn. 9; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 36; MükoBGB/Basedow, § 305 c Rn. 6; Kollmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 305 c Rn. 5. 194 BGH, WM 1992, 135 (137); 2004, 278 (280); 2013, 696 (698).

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Überschrift,195 von Relevanz. Auch von Bedeutung sein kann die Häufigkeit der Verwendung von Klauseln der fraglichen Art.196 Allerdings ist die brancheneinheitliche Verwendung der AGB allein nicht geeignet, die Ungewöhnlichkeit der Klausel zu widerlegen.197 bb) Überraschung des Kunden Zusätzlich zur Ungewöhnlichkeit stellt § 305 c Abs. 1 BGB auf den Überraschungseffekt der Bestimmung als weiteres Tatbestandsmerkmal („so ungewöhnlich“) ab. Für die Nichteinbeziehung der Bestimmung in den Vertrag bedarf es insofern einer gesteigerten Ungewöhnlichkeit.198 Die Überraschung des Kunden beurteilt sich nach einem generell-konkreten Maßstab.199 So ist einerseits maßgeblich, ob der typische Kundenkreis des jeweiligen Vertragstyps mit der Klausel zu rechnen braucht. Dabei kommt es in erster Linie auf die Erkenntnismöglichkeiten an, die sich für ihn aus seiner Geschäftserfahrung sowie der drucktechnischen Ausgestaltung der fraglichen AGB ergeben.200 Andererseits kann dieser generelle Maßstab durch die konkreten Umstände beim Vertragsschluss sowohl hinsichtlich einer Ausweitung als auch einer Einschränkung des Anwendung des § 305 c Abs. 1 BGB modifiziert werden. Als die Überrumpelung des Kunden fördernde konkrete Verhältnisse sind insbesondere der Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen, der Grad der Abweichung vom gesetzlichen Leitbild, Werbeaussagen des Verwenders sowie das äußere Erscheinungsbild des Vertrages zu nennen.201 Demgegenüber verliert eine ungewöhnliche Klausel ihren Überraschungscharakter, wenn der Kunde um die ungewöhnliche Klausel weiß oder mit ihr nach den individuellen

195

Vgl. BGH, NJW 1978, 1519 (1520); 1987, 904 (906); 1987, 3126 (3127). Vgl. BGH, NJW 1990, 247 (249); 1984, 1112 (1113); WM 1985, 638 (640). 197 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 14; Lindacher/ Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 25. 198 BT-Drucks. 7/3919, S. 19 („ganz ungewöhnlich“). 199 OLG Köln, NZM 2008, 806 (807); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 305 c Rn. 13, 13 a, 23; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 42; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 8. 200 Ganz h.M., vgl. BGHZ 101, 29 (33); 102, 152 (159); 106, 42 (49); 130, 150 (154); BGH NJW 1981, 117 (118); 1990, 247 (249); ZIP 1992, 386 (388); Staudinger/Mäsch, BGB, § 305 c Rn. 12; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 40; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 13; MüKoBGB/Basedow; § 305 c Rn. 7; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 8; a. A. – auf die Erkenntnismöglichkeit des konkreten Kunden abstellend – OLG Frankfurt, DB 1981, 1459; LG Stuttgart, WM 1987, 68 (70). 201 Vgl. BGHZ 102, 152 (159); 109, 197 (201); 130, 150 (154); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 13 a; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 9; Palandt/ Grüneberg, § 305 c Rn. 4; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 336, 339 ff. 196

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Umständen rechnen muss.202 Aktiv kann der Verwender hierfür durch einen angemessenen Hinweis sorgen. Als visuellen Hinweis bieten sich vor allem eine speziell gewählte Drucktype oder eine drucktechnisch herausgestellte Überschrift an.203 Dabei sind an Art und Deutlichkeit des Hinweises umso höhere Anforderungen zu stellen, je ungewöhnlicher die betreffende Klausel ist.204 Außerdem muss der durchschnittliche Kunde stets inhaltliche Bedeutung und Tragweite der objektiv ungewöhnlichen Klauseln erfassen können.205 Das Durchlesen des Vertragstextes allein nimmt ungewöhnlichen Klauseln nicht ihren Überraschungscharakter.206 Fördernd wirkt allerdings eine verständliche Formulierung oder Erläuterung durch den Verwender. b) Die „Generalklausel“ § 307 Abs. 1 S. 1 BGB aa) Funktion und Anwendungsbereich des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Abs. 1 S. 1 kommen als Grundtatbestand der Inhaltskontrolle zwei Funktionen zu: Zum einen formuliert er übergreifend für die §§ 307 ff. BGB das Ziel, den Maßstab wie auch die Rechtsfolge. Zum anderen stellt Abs. 1 S. 1 einen eigenständigen (Auffang)Tatbestand dar,207 indem er Sachverhalte regelt, die nicht unter die enger gefassten Folgevorschriften zu subsumieren sind. Als Auffangtatbestand sind dafür insbesondere folgende Fallgruppen zu nennen: – die kumulativ belastende Wirkung verschiedener Klauseln, die für sich selbst genommen die Schwelle zur unangemessenen Benachteiligung noch nicht überschritten haben,208 – die in einem bestimmten Lebensverhältnis unangemessene Benachteiligung einer formularvertraglich angeordneten gesetzliche Regelungs- oder Gestaltungsalternative, da sie keine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung i. S. v. Abs. 2 Nr. 1 sind,209 202 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 23; Lindacher/ Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 38 a; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 12; Palandt/Grüneberg, § 305 c Rn, 4. 203 Ganz h.M., vgl. BGH, NJW 1981, 117 (118 f.); 1985, 848 (849); 1992, 1822 (1823); Staudinger/Mäsch, BGB, § 305 c Rn. 12, 31; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 23; Wolf/Lindacher, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 38, 40; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 12; Palandt/Grüneberg, § 305 c Rn. 4. 204 BGH, NJW 1996, 191; ZIP 2001, 1408. 205 Vgl. BGHZ 131, 55 (60); LG Frankfurt, NJW-RR 2007, 1128; Wolf/Lindacher, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 38; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 13 a, 24. 206 BGH, WM 1978, 491 (493). 207 BT-Drucks. 7/3919, S. 22 f. 208 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 95, 155; Staudinger/ Wendland, BGB, § 307 Rn. 85, 139 f.; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 200 f. 209 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 95; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 85; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 199.

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– unangemessene Benachteiligungen gesetzlich nicht geregelter Vertragstypen (Abs. 2 Nr. 2) ohne dass es dabei um den Aushöhlungsaspekt geht,210 – Irreführungen oder Falschinformation hinsichtlich der Rechtslage, sofern sie nicht unter Abs. 1 S. 2 zu fassen sind.211 Nicht im Sinne eines Auffangtatbestandes, sondern im Sinne eines den allgemeinen Maßstab der Inhaltskontrolle bestimmenden Grundtatbestandes kommt Abs. 1 S. 1 zudem noch die Korrekturfunktion nach Tatbestandsmäßigkeit eines Regelbeispiels aus Abs. 2 zu.212 Seine Funktion als eigener Tatbestand füllt Abs. 1 S. 1 in Form einer Generalklausel aus. Für sie gelten dieselben methodischen Erkenntnisse wie etwa für §§ 138, 242 BGB.213 Da unter seine Tatbestandsmerkmale „unangemessene Benachteiligung“ und „Treu und Glauben“ nicht subsumiert werden kann, bedeutet die Anwendung des Abs. 1 S. 1 die Konkretisierung seiner allgemeinen Wertungsaufgaben auf die in Streit stehende Klausel im Kontext ihres Lebenssachverhalts.214 Welche Wertungsaufgaben im Einzelnen enthalten sind, ist den folgenden Ausführungen zum Tatbestand des Abs. 1 S. 1 zu entnehmen. bb) Der Tatbestand des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Unwirksam sind AGB gemäß Abs. 1 S. 1 BGB dann, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Den Merkmalen „Benachteiligung“ und „Unangemessenheit“ kommt dabei jeweils eine eigenständige Bedeutung zu.215 Ob der Vertragspartner des Verwenders benachteiligt ist, ist mittels eines Vergleichs seiner Rechtsstellung mit und ohne die in Rede stehende Klausel zu ermitteln.216 Stellt die AGB den Vertragspartner des Verwenders schlechter als er ohne

210

Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 95; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 86. 211 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 95; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 87; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 201. 212 Siehe unter B. II. 2. c) aa). 213 So Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 9 mit Verweis vor allem auf Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB. 214 So mit Recht Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 9, jedoch insofern misslich, als ebenso in Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 83 von einem „subsumtionsfähigen Auffangtatbestand“ die Rede ist. 215 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 90 ff.; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 280 f.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 466; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 134 ff. 216 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 90; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 467; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 134.

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diese Regelung dastünde, ist er benachteiligt. Diese Feststellung ist deskriptiv, d. h. wertneutral zu treffen.217 Das Merkmal der „Unangemessenheit“ ist hingegen das wertende Element.218 Es steht in unauflöslichem Zusammenhang zum Gebot von Treu und Glauben, das wiederum kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal darstellt.219 Vielmehr verdeutlicht das Gebot von Treu und Glauben den Bezugspunkt der Unangemessenheit: Es erhellt, dass die Interessen der Vertragsparteien nicht separat zu gewichten sind, sondern in innerer Beziehung zueinander stehen. Dem Verwender wird mittelbar die treuhänderische Obliegenheit auferlegt, auch Interessen seines Vertragspartners angemessen zu berücksichtigen.220 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Unangemessenheit nach Treu und Glauben anzunehmen, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.221 Hierin liegt ein Appell an den Rechtsanwender, die Interessen zwischen beiden Vertragspartnern hinsichtlich des Regelungsgehalts der Klausel abzuwägen. Spaltet man diese Interessenabwägung methodisch in seine Arbeitsschritte auf,222 so besteht der erste Akt in der deskriptiven Erfassung der Situation und der Interessen beider Vertragsparteien. Im zweiten Schritt sind die identifizierten Interessen mittels geeigneter Beurteilungskriterien zu gewichten und anschließend gegenüberzustellen, d. h. abzuwägen. Für die Gewichtung relevant sind dabei vor allem gesetzliche Wertungen des betreffenden Vertragstyps sowie allgemein gültige Rechtsgrundsätze. Hieraus ergibt sich, dass je stärker vom gesetzlichen Leitbild, d. h. von den normativ getroffenen Wertungen abgewichen wird, desto höher die Rechtfertigungsanforderungen liegen.223 Überwiegen letztlich die Interessen des Kunden, ist die Klausel nach Treu und Glauben unangemessen benachteiligend und damit unwirksam.

217

Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 90; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 467. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 97; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 468; a. A. von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 154, 173, wonach der Unangemessenheit keine Wertung zu entnehmen sei, sondern allein das Gebot nach Treu und Glauben wertenden Charakter habe. 219 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 97; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 468; a. A. von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 142. 220 Vgl. BGH, NJW 1982, 178 (179); 1984, 1182 (1183); Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 97; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 104. 221 Zuletzt BGH, NJW 2012, 1431. 222 Eine anschauliche Darstellung der methodischen Grundstruktur finden sich bei Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 107; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 154 ff. 223 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 104; Erman/Roloff, BGB, § 307 Rn. 26. 218

II. Grundlagen des AGB-Rechts

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Ergibt sich aus der umfassenden Interessenabwägung eine bloß geringfügige Benachteiligung, führt das allerdings nicht zur Unangemessenheit der Klausel.224 Dies folgt aus der von Verfassungs wegen herzustellenden Konkordanz zwischen Privatautonomie und staatlicher Vertragsintervention.225 Die sich aus der Interessenabwägung ergebende Benachteiligung muss vielmehr von einigem Gewicht sein, damit sie als unangemessen zu bewerten ist. Maßgeblich für die Interessenfeststellung und -abwägung ist – entsprechend dem generellen Charakter von AGB – eine unabhängig von den konkreten Vertragsparteien und Umständen des Einzelfalls generalisierende und typisierende Betrachtungsweise.226 Grundsätzlich ist auf den typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Durchschnittskunden abzustellen.227 Werden AGB gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen jeweils anders gelagert sind, sind gruppentypische Differenzierungen und damit unterschiedliche Abwägungsergebnisse allerdings nicht ausgeschlossen, ja sogar geboten, damit nicht Ungleiches gleich behandelt wird.228 Schon das Gesetz differenziert zwischen Verbrauchern (§ 310 Abs. 3 BGB), Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts und einem öffentlich-rechtlichem Sondervermögen (§ 310 Abs. 1 BGB). Indes darf es hierbei nicht zu einer Aufsplitterung in eine Vielzahl schwer abgrenzbarer, nicht eindeutig homogener Untergruppen kommen. Vielmehr müssen hinreichend klare Kriterien für eine sachlich berechtigte Differenzierung unterschiedlicher Gruppeninteressen existieren.229

224 Ausdrücklich erwähnt in Rechtsausschuss BT-Drucks. 7/5422, S. 6; so auch die ganz h.M., vgl. Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 101; Staudinger/ Wendland, BGB, § 307 Rn. 91; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 298 ff.; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 143; a. A. Stoffels, AGB-Recht, Rn. 471. 225 Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 299; dem folgend Staudinger/ Wendland, BGB, § 307 Rn. 91. 226 BGH, NJW 1997, 3022 (3024); 2000, 2106 (2107); 2012, 2107 (2108); BAG, NZA 2004, 727 (733); 2008, 40 (44); NJW 2012, 103 (106); Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 109 f.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 110 ff.; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 77 ff.; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 8; Stoffels, AGBRecht, Rn. 473. 227 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 111; Pfeiffer, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 79; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 109; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 8; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 473. 228 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 111; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 307 Rn. 111; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 183 f.; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 12. 229 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 112; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 307 Rn. 111.

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c) Die Regelung des § 307 Abs. 2 BGB Mit Abs. 2 wollte der Gesetzgeber der Praxis eine „Orientierungshilfe“ für die Handhabung der Generalklausel Abs. 1 S. 1 geben.230 Tatsächlich weist Abs. 2 noch ähnlich generalklauselartige Weiten wie die Generalklausel selbst auf, doch hat es der Gesetzgeber unternommen, von Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 an über § 308 BGB bis hin zu einem weitestgehend problemlos subsumtionsfähigen Tatbestand des § 309 BGB stetig zu verengen. aa) Dogmatische Einordnung des § 307 Abs. 2 BGB Will man die Konkretisierung des Abs. 1 in Abs. 2 näher beleuchten, so stellt sich zwangsläufig vorher die heftig umstrittene Frage nach der dogmatischen Einordnung des Abs. 2. Nach Abs. 2 ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine der Nummern 1 und 2 verwirklicht ist. Hiervon ist es die „im Zweifel“-Regelung, die den angesprochen Konflikt auslöst. Unstreitig ist, dass Abs. 1 S. 1 gegenüber Abs. 2 eine Korrekturfunktion zukommt. So können etwa mehrere Klauseln für sich genommen den Tatbestand des Abs. 2 noch nicht erfüllen, zusammen genommen aber die Schwelle zur unangemessenen Benachteiligung i. S. d. Abs. 1 S. 1 BGB überschreiten. Umstritten ist jedoch, ob diese auch dahin geht, dass eine Klausel trotz Tatbestandsmäßigkeit des Abs. 2 auf Grund Abs. 1 S. 1 im Ergebnis als nicht unangemessenen benachteiligend eingestuft wird.231 Gegen diese Methodik wird vor allem eingewandt, Nr. 1 („nicht zu vereinbaren“) und Nr. 2 („Vertragszweck gefährdet“) beinhalteten das gleiche Wertungselement wie Abs. 1, so dass ein Rückgriff hierauf bei positivem Befund des Abs. 2 keinen Mehrwert bringe und damit verfehlt sei.232 Dieser Einwand kann allerdings nicht überzeugen. Zunächst mutet schon die Formulierung des Abs. 1 S. 1 („entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“) im Vergleich zu den Tatbeständen des Abs. 2 („nicht zu vereinbaren“/„Vertragszweck gefährdet“) mit einer eher schlichten Wortwahl doch bescheidener an. Gewichtiger noch ist der fehlende methodologische Halt der Ansicht, Abs. 2 spanne den gleichen Wertungshorizont wie Abs. 1 S. 1 auf.233 Denn will man der Formulierung „im Zweifel“ überhaupt einen Sinn geben und nicht contra legem durch ein „insbesondere“ aus-

230

BT-Drucks. 7/3919, S. 23. Dafür Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 103; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Rn. 95; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 130, 177; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 51 ff. 232 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 226 sieht in den Tatbeständen des Abs. 2 „in sich abgeschlossene Sondertatbestände der Inhaltskontrolle“ und hält damit die Worte „Im Zweifel“ für „überflüssig und funktionslos“; zustimmend Stoffels, AGB-Recht, Rn. 500. 233 Hierzu eingehend und kritisch Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1076 m. w. N. 231

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tauschen, kommt man nicht darum herum, Abs. 2 in seinen Wertungselementen eng auszulegen und damit Abs. 1 S. 1 demgegenüber einen Mehrwert zuzugestehen.234 Vorherrschend und zutreffend ist die Interpretation, es handele sich bei den Nummern 1 und 2 des Abs. 2 um gesetzliche Regelbeispiele des Abs. 1 S. 1.235 Zwar werden vor allem im Strafrecht existierende Regelbeispiele nicht mit „im Zweifel“, sondern vielmehr ihrer Bestimmung nach mit „in der Regel“ eingeläutet, doch tritt aus dem „im Zweifel“-Wortlaut – wie oben dargelegt zwangsläufig – die gleiche für ein Regelbeispiel typische Charakteristik zu Tage: Trotz Verwirklichung eines Regelbeispiels ist eine Korrektur (hier durch die umfassende Interessenabwägung des Abs. 1 S. 1) möglich. Die dogmatische Einordnung der Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 als lediglich Regelbeispiele vermag vor dem Hintergrund, dass sich der Gesetzgeber gerade nicht für die typische Formulierung „in der Regel“ entschieden hat, alleine aber nicht überzeugen. Vielmehr legt bereits der für ein Regelbeispiel ungewöhnliche „im Zweifel“Wortlaut nahe, dass Abs. 2 eine weitere Funktion zukommt. Zum Teil236 wird Abs. 2 zusätzlich als Unwirksamkeitsvermutung, die aus besonderen Gründen durch Abs. 1 S. 1 widerlegbar sei, eingeordnet. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass Gegenstand des Beweises grundsätzlich nur Tatsachen sind.237 Eine aus dem Wertungselement „Unvereinbarkeit“ des Abs. 2 Nr. 1 folgende rechtliche Bewertung hingegen kann nicht bewiesen werden. Die Wertung ist allein durch den Richter vorzunehmen. Mit dem gleichen Argument wird auch allzu häufig die Qualifizierung des Abs. 2 als Beweislastumkehr abgelehnt.238 Dem ist insoweit zuzustimmen, als sich die Beweislast auf die Wertungen des Abs. 2 beziehen soll. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings eine Beweislastumkehr hinsichtlich streitiger Tatsachen, die Argumente gegen eine unangemessene Benachteiligung darstellen und im Rahmen des Abs. 1 S. 1 in seiner Korrekturfunktion vorgetragen werden sollen.239 Dadurch, dass die Verwirklichung des Abs. 2 eine unangemessene Benachteiligung indiziert, trägt der Verwender der in Rede stehenden Klausel die Beweislast von streitigen Tatsachen, die Gegenargumente zu einer unangemessenen Benachteiligung liefern. In234 Zum Mehrwert des Abs. 1 S. 1 gegenüber Abs. 2 Nr. 1 siehe unter B. II. 2. c) aa) und gegenüber Nr. 2 siehe unter B. II. 2. c) cc) (2). 235 So Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 41 ff.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 193; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 236; Palandt/ Grüneberg, § 307 Rn. 28 (kombiniert die Charakterisierung als Regelbeispiele mit einer widerleglichen Vermutung). 236 So Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 28; Erman/Roloff, BGB, § 307 Rn. 1; nur als Unwirksamkeitsvermutung qualifizierend BGH, WRP 2004, 1378 (1386); Pfeiffer, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 96 ff. 237 Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, § 284 Rn. 2; MüKoZPO/Prütting, § 284 Rn. 7. 238 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 22; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 498. 239 So auch Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1080; ebenfalls eine Beweislastumkehr annehmend Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 28; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 47 ff.; Wolf, JZ 1974, 41 (42 f.).

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sofern kehrt sich die Beweislast zu Ungunsten des Verwenders um, als sie läge, wenn Abs. 2 nicht einschlägig wäre. Dann nämlich wäre er nicht auf einen negativen Befund hinsichtlich einer unangemessenen Benachteiligung im Rahmen von Abs. 1 S. 1 angewiesen, sondern es würde einen positiven Befund einer unangemessenen Benachteiligung durch Tatbestandsmäßigkeit des Abs. 1 S. 1 erfordern, um die streitige Klausel als unwirksam einzustufen. Darüber hinaus zieht die Indizierung einer unangemessenen Benachteiligung durch die Verwirklichung eines Regelbeispiels des Abs. 2 auch eine Umkehr der Begründungslast240 nach sich.241 Denn während bei der Anwendung des Abs. 1 S. 1 ohne vorherigen „Umweg“ über Abs. 2 die Argumente für das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden durch die Klausel vorgetragen werden müssen, um von einer unangemessenen Benachteiligung auszugehen, entfällt die indizierte Unangemessenheit im Falle der Verwirklichung eines Regelbeispiels des Abs. 2 hingegen nur dann, wenn im Rahmen der sich anschließenden Gesamtabwägung in Abs. 1 klar überwiegende Argumente gegen eine unangemessene Benachteiligung sprechen. Da der Richter vor allem aus Gründen der Justiziabilität keine Pflicht zur umfassenden Suche nach Argumenten trifft,242 ist es in diesem Fall Aufgabe des Verwenders, dem Gericht die entscheidenden Argumente gegen eine unangemessene Benachteiligung nahe zu bringen, damit es diese in seiner Gesamtabwägung berücksichtigt. Trägt der Verwender die erforderlichen Argumente nicht vor, darf der Richter auf Grund der Indizwirkung des Abs. 2 von einer unangemessenen Benachteiligung ausgehen.243 Mithin trifft den Verwender im Rahmen der Interessenabwägung des Abs. 1 S. 1 über den „Umweg“ des Abs. 2 die Argumentationslast für die in seinem Interesse liegende Wirksamkeit der Klausel. bb) Der Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB Mit dem Merkmal „gesetzliche Regelung“ des Abs. 2 Nr. 1 knüpft der Gesetzgeber an die erstmals von Raiser herausgestellte Leitbildfunktion des dispositiven Rechts244 sowie an die alte Rechtsprechung zur Schärfung des Maßstabs der AGBInhaltskontrolle vor Bestehen eines AGB-Rechts an.245 Die Ableitung der Leitbildfunktion aus dem dispositiven Recht resultiert aus der Vorstellung, dass die Regelungen zum Vertragsrecht einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien bereitstellen. Das Vertragsrecht wird daher auch als „Gerech-

240 Auch synonym gebräuchlich unter „Argumentationslast“, vgl. etwa Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1078 ff. 241 Krebs, AcP 195 (1995), 173 (174); Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1078 ff. 242 Ausführlich Krebs, AcP 195 (1995), 173 (175 f., 208). 243 Vgl. Krebs, AcP 195 (1995), 173 (175 f., 208 f.). 244 Maßgeblich Raiser, AGB, S. 295. 245 Vgl. BGHZ 41, 151 (154); 54, 106 (109 f.); 60, 377 (380); 89, 206 (211).

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tigkeitsmodell“246 verstanden, das sich eben seiner Gerechtigkeitswegen als Maßstab der AGB-Inhaltskontrolle eignet. (1) Wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen „gesetzlichen Regelungen“, die nur auf Zweckmäßigkeitsgründen basieren, und solchen, die auch eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellen. Dabei wird nur letzterer Kategorie ein „wesentlicher Grundgedanke“ beigemessen.247 Diese Unterscheidung ist in der Literatur in vielerlei Hinsicht auf Kritik gestoßen.248 Und tatsächlich kann diese Formel in zweierlei Hinsicht nicht überzeugen. Zum einen wird hierbei übersehen, dass Aspekte der Zweckmäßigkeit nicht von vornherein von geringerer Dignität als Gerechtigkeitsaspekte sind.249 Als mögliche nicht zu unterschätzende Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte einer Regelung sind etwa Praktikabilität, ökonomische Effizienz oder Generalprävention zu nennen.250 Zum anderen stigmatisiert die Formel der Rechtsprechung zwangsläufig jede Einzelnorm, die „nicht nur“251 auf Zweckmäßigkeitsgründen beruht und damit (zumindest auch) ein Gerechtigkeitsgebot – gleich welchen Umfangs – postuliert, zu einer Regelung mit „wesentlichen Grundgedanken“ hoch. Keinesfalls kann aber jeder Vorschrift, die nicht lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, ein wesentlicher Grundgedanke entnommen werden. Vielmehr stecken „wesentliche Grundgedanken“ nur in ausgewählten Einzelnormen und größeren Regelungskomplexen wie etwa gar Teilgebieten des Bürgerlichen Rechts.252 An dieser Stelle wird deutlich, dass unter der weiten Formulierung „gesetzliche Regelung“ neben Einzelnormen auch größere Regelungskomplexe zu subsumieren sind,253 will man den Leitbildcharakter des dispositiven Rechts umfänglich als Maßstab für die Inhaltskontrolle nutzen. So versteht die „gesetzliche Regelung“ im Übrigen auch der BGH, wenn er etwa formuliert, der Gesetzgeber habe „mit dem Recht zur jederzeitigen Kündigung nach § 723 Abs. 1 BGB [k]ein gesetzliches Leitbild für die ,GbR‘ (!) festgelegt.“254

246

Vgl. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 221. Vgl. BGH, NJW 1970, 1596 (1598); 1991, 1886 (1887); 2001, 3480 (3482); 2007, 3636 (3640). 248 Gänzlich ablehnend etwa Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 222 f.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 503 f.; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 249. 249 Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1082. 250 Vgl. Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1082. 251 Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1082. 252 Vgl. Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1083. 253 So auch Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1083; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 231; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 505; Erman/Roloff, BGB, § 307 Rn. 24; a. A. Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 188; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 207. 254 BGHZ 197, 262 (270). 247

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Auf der Suche nach „wesentlichen Grundgedanken“ müssen also sowohl einzelne Vorschriften als auch größere Regelungskomplexe auf die Dignität ihres Zweckmäßigkeit- und/oder Gerechtigkeitsgehalts untersucht werden. Dies ist eine reine und damit schwierige, aber dennoch lösbare Wertungsfrage. Dabei ist der Rechtsprechung hinsichtlich ihrer Praxis, Normen mit bloßen Zweckmäßigkeitsgedanken von vorneherein von „wesentlichen Grundgedanken“ frei zu sprechen, immerhin zuzugeben, dass Gerechtigkeitsgebote gegenüber Zweckmäßigkeitserwägungen im Hinblick auf das Leitbild der Rechtsordnung stark im Vordergrund stehen.255 In erster Linie gilt es tatsächlich – insofern im Einklang mit der Rechtsprechung – Gerechtigkeitsgehalte ausfindig zu machen, wenngleich die Frage nach deren Dignität im zweiten Schritt unerlässlich ist. (2) Die Unvereinbarkeit Für die Verwirklichung dieses Regelbeispiels darf die streitige AGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sein. Die Bedeutung dieser Voraussetzung ist dunkel. Zum Teil256 wird das Merkmal „Unvereinbarkeit“ derart weit verstanden, dass man im Falle der Tatbestandsmäßigkeit des Abs. 2 mit Abs. 1 S. 1 nicht mehr zum Ergebnis der Wirksamkeit der Klausel kommen könne, da Abs. 2 insoweit den gleichen Wertungsmaßstab beinhalte. Die bereits dargelegte Konsequenz257 ist vor allem die methodologisch fragwürdige Nichtbeachtung des „im Zweifel“-Wortlauts.258 Auf Grund dessen ist eine engere Auslegung des Begriffs angezeigt. Dem Begriff wohnt zweifelsohne ein Mehr als einer bloßen Abweichung vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung inne, doch ist ihm – wie gesehen zwangsläufig – ein Weniger als einer umfassenden Interessenabwägung beizumessen. Der Leitbildfunktion dieser Regelung am ehesten gerecht wird man, wenn die Grenze zur „Unvereinbarkeit“ dort als überschritten eingeordnet wird, wo die streitige AGB dem Ziel der gesetzlichen Regelung derart widerspricht, dass dem Vertragspartner Benachteiligungen von nicht unerheblichem Umfang drohen.259 Mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar ist eine Klausel hingegen, wenn sie lediglich einen anderen Weg wählt, um dennoch zum selben Ziel zu gelangen.260 Widerspricht also eine Bestimmung dem Ziel einer gesetzlichen Regelung, sind anschließend immer noch – insofern ganz im Einklang mit der „im Zweifel“Regelung – Besonderheiten des konkreten Geschäftstyps, die innerhalb der Prüfung am Maßstab des gesetzlichen Leitbilds unbeachtlich sind, in einer umfassenden 255

Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1083. Siehe Fn. 246. 257 Siehe unter B. II. 2. c) aa). 258 So konsequent Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 225 ff. 259 Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1077 f.; sehr ähnlich Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 133 f.; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 265 ff. 260 Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 133 f.; Canaris, Festschrift Ulmer, S. 1078 mit Beispiel auf S. 1095 f. 256

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Interessenabwägung des Abs. 1 S. 1, der insofern Korrekturfunktion übernimmt, zu berücksichtigen. Diese Methodik illustriert der Fall eines Gewährleistungsausschlusses bei einem Gebrauchtwagenverkauf unter Unternehmern: Der Gewährleistungsausschluss widerspricht dem Ziel der §§ 437 ff. BGB, also deren Wertung, dass grundsätzlich Gewährleistungsrechte dem Käufer zustehen sollen. Der Tatbestand des Abs. 2 Nr. 1 ist insofern verwirklicht. Dennoch wird ein solcher Gewährleistungsausschluss beim Gebrauchtwagenverkauf als wirksam erachtet, da in der umfassenden Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung des Abs. 1 S. 1 das Interesse des Verkäufers zu berücksichtigten ist, dass ein gebrauchtes Auto stets Unwägbarkeiten hinsichtlich seiner Funktionsfähigkeiten birgt.261 Erschwerend hinzu kommt, dass das Interesse des Käufers am Erhalt des Autos in Kenntnis um dessen vorherigen Gebrauch nicht mehr vom gleichen Gewicht ist wie beim Erwerb eines neuen Fahrzeugs.262 cc) Die Regelung des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB Hinter diesem Regelbeispiel einer treuwidrigen unangemessenen Benachteiligung steht der Wille, auch solche AGB-Klauseln einer Inhaltskontrolle zu unterwerfen, die mangels einer „Orientierungshilfe in Form einer dispositiven gesetzlichen Regelung“263 nicht von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlicher Regelung abweichen können. In den originären Anwendungsbereich des Abs. 2 Nr. 2 fallen insofern Klauseln von Verträgen ohne gesetzliches Leitbild. Hierzu gehören gänzlich ungeregelte Vertragstypen, atypische Varianten gesetzlich normierter Verträge, auf die die gesetzliche Regelung nicht passt, sowie Klauselinhalte, für die trotz gesetzlicher Erfassung des Vertragstyps keine gesetzliche Regelung bereit steht.264 Zusätzlich liegt Abs. 2 Nr. 2 aber noch eine weitere ratio legis zu Grunde. Das Regelbeispiel geht nämlich ausweislich der Gesetzesmaterialien ausdrücklich auf die alte Rechtsprechung zu den sog. „Kardinalpflichten“ zurück.265 Unter „Kardinalpflichten“ wurden insbesondere Pflichten des Verwenders verstanden, die den zentralen Leistungserwartungen des Kunden entsprechen266 oder die für die Erreichung des Vertragszwecks unentbehrlich sind.267 Nach dem sog. „Aushöhlungs261 Vgl. zur alten Rechtsprechung zum Gewährleistungsausschluss gegenüber einem Verbraucher BGH, NJW 1979, 1886 (1887); vgl. zum Ausschluss gegenüber einem Unternehmer BGH, NJW 1984, 1452 (1453). 262 Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 66 f. 263 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe AGB beim Bundesminister der Justiz, 1974, S. 55 f.; vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 9. 264 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 261. 265 Vgl. Begr. RegE 7/3919, S. 23, in der sich ausdrücklich auf die Entziehung von Kardinalpflichten bezogen wird, die den Vertrag „seines Sinnes entleert“. 266 BGH, NJW 1971, 1036 (1038). 267 BGH, NJW 1973, 1878.

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verbot“ sollte es dem Verwender verwehrt werden, einerseits eine solche Pflicht zu übernehmen, andererseits sich aber gleichzeitig von ihrem charakteristischen Inhalt frei zu zeichnen.268 Durch die Anknüpfung an diese alte Rechtsprechung im Rahmen von Abs. 2 Nr. 2 wird also die innere Stimmigkeit der vertraglichen Abreden zu sichern versucht.269 (1) Die Natur des Vertrages Um die „Natur“ eines Vertrages erfassen zu können, wird schon aus dem Begriff selbst ein Abstrahierungsprozess von den konkret vereinbarten Regelungen gefordert. Hierfür ist es hilfreich, zunächst den spezifischen Vertragszweck, aus dem sich die jeweiligen Interessenlagen der Vertragsparteien ableiten lassen, ausfindig zu machen, da sich in diesem die Vertragsnatur maßgeblich manifestiert.270 Durch eine generalisierende Betrachtungsweise dieser Erkenntnisse kann der jeweilige Vertrag einem Vertragstyp zugegeordnet und dadurch einer Inhaltskontrolle am Maßstab eines Gerechtigkeitsmodells unterzogen werden. Dies ist das durch die Anknüpfung an die „Natur des Vertrages“ verfolgte gesetzgeberische Ziel, dem man insofern gerecht wird.271 Während für gesetzlich geregelte Vertragstypen gerade Regelungen als Gerechtigkeitsmodell zur Verfügung stehen, fehlt es gesetzlich nicht geregelten Vertragstypen272 hingegen an einem solchen realen normativen Referenzmodell, dem der konkrete Vertrag seiner „Natur“ nach zugeordnet werden könnte. Gerade in der Kontrolle solcher atypischen Vertragstypen jedoch liegt der Hauptanwendungsbereich des Abs. 2 Nr. 2. Um also die Vertragsnatur von Verträgen, die der Rechtsordnung fremd sind, klären zu können, bedarf es einer Orientierung an einem hypothetischen Gerechtigkeitsmodell. Für zahlreiche gesetzlich nicht geregelte Verträge ist im Zusammenspiel von Rechtspraxis und korrigierender Rechtsprechung mittlerweile solch ein (hypothetisches) Leitbild entstanden, auf das ohne größere Schwierigkeiten als Maßstab für die Inhaltskontrolle Bezug genommen werden kann.273 In Fällen, in denen etwa auf Grund der Seltenheit der konkret getroffenen vertraglichen Abrede ein solches Leitbild nicht „bereitsteht“, ist der Richter ge268

Vgl. BGH, NJW 1973, 2107 (2108 f.); 1984, 1350 (1351); 1985, 914 (916). Lieb, DB 1988, 946 (953 f.). 270 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 244; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 175. 271 Vgl. Stoffels, AGB-Recht, Rn. 529; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 288; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 172; a. A. Lieb, DB 1988, 946 (953), der die Kontrolle auf eine vertragsimmanente „Stimmigkeit“ beschränken will. 272 Gleiches gilt für gesetzlich nicht erfasste Einzelprobleme innerhalb gesetzlich geregelter Vertragstypen. 273 Zu Beispielen einer Vertragszweckgefährdung Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 148 ff.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 266 f. 269

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halten, ad hoc ein gesetzliches Leitbild zu ermitteln.274 Dies verpflichtet ihn allerdings nicht zu einer Ausarbeitung eines umfassenden Ordnungsentwurfs.275 Ausreichend ist vielmehr die Ermittlung bloß problembezogener Teillösungen.276 Zwar ist es nicht unmittelbare Aufgabe der Rechtsprechung, positive Ordnungsentwürfe für atypische Verträge aufzustellen, schließlich zielt die Inhaltskontrolle nur auf Ausgrenzung unangemessener Benachteiligungen ab und korrigiert den Vertrag insofern nur auf negativem Wege.277 Allerdings kommt diese bloß negative Funktionsweise nicht ohne positives Vergleichsbild aus.278 Die Erarbeitung eines hypothetischen positiven Leitbilds ist insofern ein notwendiger Zwischenschritt zur negativen Vertragskorrektur der Inhaltskontrolle im Rahmen von Abs. 2 Nr. 2. Ausgangspunkt für die Ermittlung dieses Leitbilds ist trotz gebotener generalisierender Betrachtungsweise zunächst der konkrete Vertragsinhalt. Vor allem die Hauptleistungspflichten geben Aufschluss über den Vertragszweck und die vertragstypische Interessenlage. Dann ist – insoweit der im AGB-Recht gebotenen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise gerecht werdend – auf dem konkreten Vertrag aufbauend, der Erwartungshorizont eines durchschnittlichen Kunden zu ermitteln.279 Die Ermittlung dieser vertragsspezifischen Gerechtigkeitserwartungen eines durchschnittlichen Kunden ist durch außervertragliche Faktoren rechtlicher und normativer Art geprägt. In faktischer Hinsicht spielt vor allem die Klauselpraxis und die damit einhergehende Üblichkeit eine Rolle. Denn was üblich ist, wird in der Regel auch erwartet werden. Vor dem Hintergrund der fehlenden Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Vertragsinhalt durch den Kunden und die daher entstehende Missbrauchsgefahr einseitiger Vertragsgestaltung280 taugt die Üblichkeit einer Regelung allein allerdings nicht als Maßstab, eine Klausel als nicht unangemessene Benachteiligung einzustufen.281 Stattdessen ist der maßgebliche Erwartungshorizont auch durch Wertungen der gesamten Rechtsordnung mitzubestimmen.282 So entsteht letztlich ein von konkreten vertraglichen Regelungen ausgehendes, mit Wertungen der gesamten Rechtsordnung angereichertes und in seiner Gesamtschau keineswegs

274

Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 252. So aber die wohl h.M., vgl. Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 174 ff.; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 283; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 34. 276 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 530; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 268; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 287. 277 Darauf hinweisend Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 287. 278 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 268. 279 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 247; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 284; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 532 ff. 280 Siehe zum Schutzzweck der AGB-Kontrolle B. II. 1. b) aa). 281 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 251; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 175. 282 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 251; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 179; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 538 ff. 275

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mehr rein vertragsimmanentes Gerechtigkeitsmodell,283 das bei der Konkretisierung der „Natur des Vertrages“ i. S. d. Abs. 2 Nr. 2 heranzuziehen ist. Es ist die Quelle, aus der heraus „wesentliche Rechte oder Pflichten“ gewonnen werden können.284 (2) Einschränkung wesentlicher Rechte oder Pflichten Dadurch, dass der Gesetzgeber mit Abs. 2 Nr. 2 auf die Gefahr der Einschränkung wesentlicher Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, reagiert, zeigt sich erneut die Nähe des AGB-Rechts zu § 242 BGB.285 Aus § 242 BGB leitet sich nämlich u. a. das Verbot des venire contra factum proprium, des widersprüchlichen Verhaltens, ab. Widersprüchlich ist es, dem Vertragspartner seine wesentlichen Rechte zu nehmen oder die wesentlichen Pflichten des Verwenders zu verkürzen. Die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem ermittelten hypothetischen Gerechtigkeitsmodell beschreiben nämlich einen schutzwürdigen Erwartungshorizont des durchschnittlichen Kunden, mithin einen Vertrauenstatbestand, der durch AGB schließlich nicht enttäuscht werden darf.286 Das Wesentlichkeitserfordernis unterstreicht, dass jene Rechte oder Pflichten im Sinne dieser Vorschrift von einigem Gewicht sein müssen. Von einigem Gewicht sind die zentralen Leistungs- und Schutzerwartungen des durchschnittlichen Kunden.287 Hierzu zählen allen voran die Hauptleistungspflichten des Verwenders sowie dessen bedeutsame Neben- und Schutzpflichten.288 Neben- und Schutzpflichten sind dann als bedeutsam anzusehen, wenn sie einen engen Bezug zur Hauptleistung aufweisen.289 Das tun sie wiederum dann, wenn sie die Hauptleistung erst ermöglichen oder vervollständigen sowie wenn durch ihre Abbedingung oder Einschränkung die Rechtsposition des Vertragspartners derart verschlechtert wird, dass nicht mehr von einer angemessenen Risikoverteilung auszugehen ist.290 In diesem Fall ist die Erreichung des Vertragszwecks nicht mehr gewährleistet. Dieser Befund erhellt, dass die wesentlichen Rechte oder Pflichten zudem bedeutend für den Entwurf eines Leitbilds bzw. die jeweilige typologische Zuordnung zu einem bereits erarbeiteten 283 Vgl. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 268; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 282, 287 f.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 536 ff. 284 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 529. 285 Für gar eine Herleitung aus § 242 BGB Stoffels, AGB-Recht, Rn. 528 ff.; zutreffend gegen eine solche Herleitung Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 242; sich dem anschließend Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 262. 286 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 545. 287 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 272. 288 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 248 f.; von HoyningenHuene, § 9 AGBG, Rn. 288 f.; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 273; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 180 f. 289 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 249; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 273. 290 von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 289; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 180; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 249.

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hypothetischen Gerechtigkeitsmodell sind.291 Die Gesetzesformulierungen „Natur des Vertrages“ und „wesentliche Rechte oder Pflichten“ sind insoweit hermeneutisch miteinander verknüpft. Sie lassen sich daher nicht als getrennte Tatbestandsmerkmale verstehen.292 Um eine Einschränkung der soeben erläuterten wesentlichen Rechte oder Pflichten feststellen zu können, ist wie bei Abs. 2 Nr. 1 ein Rechtslagenvergleich vorzunehmen. Hier ist ein Vergleich zwischen erarbeitetem hypothetischen Gerechtigkeitsmodell und streitiger Klausel zu ziehen.293 Sind Rechte des Vertragspartners oder Pflichten des Verwenders, die im Interesse des Kunden liegen, im Vergleich zum hypothetischen Leitbild geschmälert, liegt eine Einschränkung vor. Ebenso um eine Einschränkung handelt es sich bei bloßer Erschwerung oder faktischer Vereitelung der Durchsetzung der Rechtsposition des Kunden.294 Eine solche Erschwerung der Durchsetzung ergibt sich zum Beispiel aus einer für den Kunden nachteiligen Beweislastregel.295 (3) Gefährdung des Vertragszwecks Unter dem „Vertragszweck“ wird gemeinhin das wirtschaftliche und rechtliche Ziel verstanden, das der Vertragspartner durch Vertragsabschluss verfolgt.296 Vielfach wird dem Merkmal der Vertragszweckgefährdung eine Bedeutung als eigenständiger Prüfungspunkt beigemessen.297 Tatsächlich stellt die Gefährdung des Vertragszwecks schon ein Kriterium für die Wesentlichkeit der „Rechte oder Pflichten“ dar298 und setzt damit im Rahmen der Leitbilderarbeitung an. Seriös lassen sich „wesentliche Rechte oder Pflichten“ eben nur mit Blick auf die gesamte Zielrichtung des konkreten Vertragsverhältnisses, eben den „Vertragszweck“, ableiten.299 Gefährden Verkürzungen oder Vereitelungen von „Rechten oder Pflichten“ das wirtschaftliche oder rechtliche Ziel des durchschnittlichen Vertragspartners, sind sie mithin als „wesentlich“ einzustufen. Der Vertragszweckgefährdung kommt daher keine Bedeutung als eigenständiges Tatbestandsmerkmal des Abs. 2 Nr. 2 zu. 291

Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 180. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 267; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 529. 293 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 545; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 277; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 290. 294 von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 292; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 307 Rn. 259. 295 Vgl. hinsichtlich einer unwirksamen Beweislastverteilung bei einer Reisegepäckversicherung LG München, NJW 1983, 1685. 296 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 262; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 182; von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 294. 297 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 261; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 278; Stoffels, AGB-Recht, 546 ff. 298 Siehe unter B. II. 2. c) cc) (2). 299 Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 182. 292

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Richtigweise hebt ihre ausdrückliche Erwähnung in der Gesetzesformulierung einen besonders zu beachtenden Wertungsgesichtspunkt hervor, den es innerhalb der Inhaltskontrolle zu beachten gilt.300 dd) Das Verhältnis von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB Auf Grund der bis hierhin erarbeiten Erkenntnisse mag zwischen den Regelbeispielen des Abs. 2 auf den ersten Blick gar keine Kollision zu erwarten sein. Während das Leitbild, auf das Abs. 2 Nr. 1 für typische Verträge des BGB referiert, sich aus ausgewählten gesetzlichen Regelungen sowie größeren Regelungskomplexen, also gesetzlich fixierten Einheiten, ableitet, liegt dem Abs. 2 Nr. 2 die Intention des Gesetzgebers zugrunde, im Rahmen von Abs. 2 Nr. 2 atypische Verträge ebenso einer Inhaltskontrolle zu unterwerfen, indem für diese auf ein hypothetisches, also gerade nicht gesetzlich fixiertes Leitbild Bezug genommen wird. Tatsächlich aber verkörpert eine Gesetzesvorschrift, die elementare Gerechtigkeitsaspekte eines Rechtsverhältnisses beinhaltet, mithin „wesentlich“ im Sinne des Abs. 2 Nr. 1 ist, auch ein wesentliches Recht oder eine wesentliche Pflicht im Sinne des Abs. 2 Nr. 2.301 Da zugleich eine Einschränkung im Sinne des Abs. 2 Nr. 2 stets eine Unvereinbarkeit im Sinne des Abs. 2 Nr. 1 in sich trägt, überschneiden sich die Regelbeispiele des Abs. 2 eben doch oftmals. Für diese Fälle stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die Regelbeispiele zueinander stehen. Überzeugend ist es, Abs. 2 Nr. 1 grundsätzlich eine Vorrangstellung gegenüber Abs. 2 Nr. 2 einzuräumen.302 Denn soweit ein gesetzlich geregeltes Leitbild bereit steht, ist die normative Rückkopplung bei Abs. 2 Nr. 1 unmittelbarer.303 Außerdem würde bei einer (kumulativen) Anwendung des Abs. 2 Nr. 2 die gegenüber dem weiteren Merkmal des Abs. 2 Nr. 2 („einschränkt“) engere Voraussetzung des Abs. 2 Nr. 1 („unvereinbar“) unterlaufen werden. Dabei ist es ausweislich der Gesetzesformulierung Wille des Gesetzgebers, eine unangemessene Benachteiligung einer Bestimmung erst anzunehmen, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, unvereinbar ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Subsidiarität des Abs. 2 Nr. 2 gegenüber Abs. 2 Nr. 1 gilt allerdings für den Fall der Einschränkung von Kardinalpflichten.304 In der Gesetzesbegründung wird der Wille des Gesetzgebers deutlich, diese Problematik unter das Regelbeispiel des Abs. 2 Nr. 2 zu fassen.305 300

Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 182 f. Becker, Auslegung des § 9 AGBG, S. 189. 302 So auch Stoffels, AGB-Recht, Rn. 501; Becker, Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, S. 192 f.; in diese Richtung auch von Hoyningen-Huene, § 9 AGBG, Rn. 282; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 198; a. A. (für eine mögliche Kumulation der Regelbeispiele) BGHZ 130, 19 (32 f.); BGH, NJW 1996, 1470 (1472); Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 263 ff.; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 97. 303 Stoffels, AGB-Recht, Rn. 501. 304 Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 264; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 501. 301

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ee) Der ökonomische Maßstab im Rahmen der Inhaltskontrolle Vertreter der sogenannten ökonomischen Analyse des Rechts wollen die Angemessenheit einer AGB aus rein ökonomischer Sicht beurteilen.306 Ein auf rein ökonomischen Gesichtspunkten beruhender Maßstab der AGB-Inhaltskontrolle erscheint auf den ersten Blick tatsächlich deshalb überzeugend, weil mit Blick auf den dargelegten durch AGB entstehenden Missstand, der durch prohibitiv hohe Transaktionskosten versucht wird,307 die scheinbar richtige Frage für dessen Kompensation gestellt wird: Wie wäre der Vertrag in einer Welt ohne Transaktionskosten abgeschlossen worden?308 Diese Frage beantworten Anhänger einer rein ökonomischen Betrachtungsweise mit dem hypothetischen Verhalten eines homo oeconomicus.309 Entscheidend für die Wirksamkeit der Klausel sei demnach, ob die AGB zu seinem Nachteil von derjenigen abweiche, die er mit dem Verwender vereinbart hätte, wenn er in einer Welt ohne Transaktionskosten mit ihm hätte verhandeln können.310 In diesem Fall hätte diejenige Partei das vertragliche Risiko, um dessen Zuteilung es geht, übernommen, die es mit geringeren Kosten als die andere Partei abwenden könne („cheapest cost avoider“).311 Sei die Vermeidung des Risikos unmöglich, so sei ausschlaggebend, welche Partei das Risiko am günstigsten hätte versichern können („cheapest insurer“).312 Dieses Modell kann in seiner Absolutheit jedoch nicht überzeugen. Zum einen wird anstatt einer gebotenen umfassenden Gesamtabwägung der Interessen in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB313 die Abwägung auf eine solche bloß ökonomischer Interessen verkürzt. Zum anderen würden ökonomisch rational Handelnde entgegen der oben dargelegten von Verfassungs wegen gebotenen Zurückhaltung der Vertragskorrektur314 nicht einmal eine lediglich geringfügige Benachteiligung ohne Rechtfertigung akzeptieren. Insofern wird verkannt, dass es gerade nicht Ziel der Inhaltskontrolle ist, einen optimalen Interessenausgleich sicherzustellen.315

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Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 23. Kötz, JuS 2003, 209; Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.2. 307 Siehe unter B. II. 1. b) aa). 308 Kötz, JuS 2003, 209 (213 f.); Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.2. 309 So Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.2; wohl auch Kötz, JuS 2003, 209 (213 f.); Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771 (778). 310 Kötz, JuS 2003, 209 (213); vgl. Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.1, 13.6.2; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 43. 311 Kötz, JuS 2003, 209 (214); vgl. Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.2; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 44. 312 Kötz, JuS 2003, 209 (214); vgl. Schäfer/Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.4.1 ff.; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 44. 313 Siehe hierzu unter B. II. 2. b) bb). 314 Siehe Fn. 166. 315 Siehe B. II. 1. b). 306

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B. Grundlagen

Nichtsdestotrotz ist eine ökonomische Betrachtungsweise zwar nicht in ihrer Absolutheit, jedoch gerade bei Risikoabwälzungen durch AGB ein aussagekräftiges und anerkanntes Kriterium bei der Klauselbewertung.316 Für die Angemessenheitsprüfung ist hier hinsichtlich des Risikos die bereits angesprochene Frage nach dem „cheapest cost avoider“ oder „cheapest insurer“ von besonderer Bedeutung.317

316 BGH, NJW 1988, 1785 (1787); 2002, 673 (675); 2005, 422 (424); Kötz, Gutachten für den 50. DJT, A 31 ff.; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 490; Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 166 ff.; Erman/Westermann, BGB, § 307 Rn. 13; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 280. 317 Als entscheidendes Kriterium für Freizeichnunsgklauseln Kötz, NJW 1984, 2447; allgemein als Beurteilungsfaktor im Vertragsrecht Stoffels/Lohmann, VersR 2003, 1343; Schäfer/ Ott, ökonomische Analyse, Rn. 12.4.1.

C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag I. Vorbemerkung Soweit im Folgenden gängige Klauseln einer AGB-Kontrolle unterzogen werden, wird es um deren Einbeziehung und Wirksamkeit nach § 305 c Abs. 1 BGB bzw. § 307 Abs. 1 und 2 BGB gehen. Während hinsichtlich der Wirksamkeit auf Grund der abstrakt-generellen Betrachtungsweise im Rahmen der Prüfung nach § 307 BGB1 weitgehend absolute Aussagen getroffen werden können, kann dies für die Einbeziehung in den Bürgschaftsvertrag nicht gelingen, weil die Überraschung als Tatbestandsmerkmal des § 305 c Abs. 1 BGB einem generell-konkreten Maßstab unterliegt.2 Konkret zu berücksichtigen sind dort stets die individuellen Begleitumstände des Vertragsschlusses, was dazu führt, dass es schlichtweg keine per se überraschenden oder nicht überraschenden Klauseln gibt. Nun kann es aber nicht Ziel dieser Arbeit sein, alle erdenklichen Einzelfälle hinsichtlich des Vorliegens des Überraschungsmoments zu beurteilen. Daher wird sich die Ermittlung der Ergebnisse der Einbeziehungskontrolle in dieser Arbeit auf eine solche der grundsätzlichen Art beschränken. Auf individuelle Umstände des Vertragsschlusses, die das Überraschungsmoment bekräftigen oder beseitigen, wird nur insoweit hingewiesen, wie sich Besonderheiten für die jeweilige Klausel ergeben. Ansonsten wird ein genereller Maßstab zu Grunde gelegt. Aus diesen Gründen ist es die Inhaltskontrolle, die im Vordergrund der folgenden Prüfung einzelner AGB stehen wird. Für das Ergebnis der Inhaltskontrolle gilt es lediglich zu beachten, dass es dann abweichend ausfallen kann, wenn der Restvertrag die unangemessene Benachteiligung des Bürgen kompensiert. Es handelt sich im Folgenden also um eine isolierte Prüfung einzelner Klauseln. Auf Grund der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten eines Vertrages wird auf ein möglicherweise Zusammenwirken einzelner Klauseln, das bei der Inhaltskontrolle obilgatorisch zu berücksichtigen ist,3 nicht eingegangen.

1 2 3

Siehe unter B. II. 2. b) bb). Siehe unter B. II. 2. a) bb). Siehe hierzu B. II. 2. c).

76

C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

II. AGB zum Sicherungsumfang 1. Globalbürgschaft a) Inhalt und Zweck der globalen Sicherungsabrede Klassischerweise ist eine AGB, die eine Bürgschaft zu einer sogenannten Globalbürgschaft macht, folgendermaßen formuliert: Die Bürgschaft sichert alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Gläubigers gegen den Hauptschuldner aus ihrer Geschäftsverbindung miteinander.4 (Klausel Nr. 1 a))

Vereinzelt findet sich noch der Zusatz, dass die Bürgschaft auch alle in Entstehung begriffenen Forderungen (Klausel Nr. 1 b))

umfassen soll.5 Der Zweck einer solchen Bestimmung liegt auf der Hand. Der Gläubiger will alle erdenklichen Forderungen gegen den Hauptschuldner durch die Bürgschaft gesichert wissen. b) Die sogenannte „Anlassrechtsprechung“ aa) Inhalt Seine ursprünglich zur Globalgrundschuld entwickelte sogenannte „Anlassrechtsprechung“6 hat der BGH7 1994 in radikaler Abkehr zu seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung auch auf die Globalbürgschaft übertragen. Nach dieser haftet der Bürge trotz nicht in den Vertrag einbezogener oder unwirksamer weiter Sicherungsabrede für die objektiv und unter Wahrung des Verbots der Fremddisposition zu bestimmende sog. „Anlassforderung“,8 also diejenige Verbindlichkeit i. S. d. § 765 Abs. 1 BGB, die „Anlass“ für die Bürgschaftsbestellung war. Aus dem „Anlass“ für die Verbürgung folgert der BGH allerdings nicht allein den Bezugsgegenstand der Haftung des Bürgen, sondern auch dessen konkreten Umfang. So ist es ausdrücklich der „Anlass“, aus dem der BGH9 etwa für die Bürgschaftsbestellung hinsichtlich eines unlimitierten Kontokorrentkredites nicht nur folgert, dass der Bürge für die Kontokorrentverbindlichkeit als „Anlassforderung“, sondern darüber hinaus nur bis zum Saldo des Tages der Verbürgung hafte. Dieser Rechtsprechung hat sich die ganz h.Lit10 angeschlossen. Ihr kann jedoch nur für den Regelfall gefolgt werden. 4

Vgl. BGHZ 126, 174; 130, 19; 132, 6; 142, 213; 143, 95; BGH, NJW 1986, 85; 1996, 1470. OLGR Frankfurt 2006, 355. 6 Grundlegend für die Grundschuld BGHZ 83, 56. 7 BGHZ 126, 174. 8 St. Rspr., vgl. BGHZ 130, 19 (33); 132, 6 (9); 137, 153 (159); BAG, BB 2000, 1628 (1629). 9 BGHZ 137, 153 (159); dem folgend Nobbe, BKR 2002, 747 (757). 10 Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 52, § 767 Rn. 40; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 76; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB5

II. AGB zum Sicherungsumfang

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bb) Kritik: Keine Unterscheidung zwischen Sicherungsgegenstand und Bürgenhaftung Zunächst gilt es festzuhalten, dass tatsächlich die sogenannte „Anlassforderung“ Sicherungsgegenstand einer formularmäßigen Globalbürgschaft ist. Dies ist das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung11 für den Fall der Nichteinbeziehung der globalen Sicherungsabrede oder deren Unwirksamkeit.12 Die Regelung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung beiderseitiger Interessen gewählt hätten, wenn sie die nicht bedachte Nichteinbeziehung bzw. Unwirksamkeit der globalen Sicherungsabrede berücksichtigt und hierbei die Gebote von Treu und Glauben beachtet hätten, hätte sich nämlich oftmals am aktuellen Sicherungsbedürfnis des Gläubigers im Zeitpunkt der Haftungsübernahme orientiert. Und dieses Sicherungsbedürfnis erstreckt sich wiederum auf die Forderung, die „Anlass“ für die Bürgschaftsbestellung war.13 Dies bewahrheitet sich nicht zuletzt auch durch die folgende Überlegung: So kann die globale Sicherungsabrede hinweg gedacht werden, ohne dass die Sicherung der „Anlassforderung“ entfiele. Denn hätte der Verwender von vornherein auf die Verwendung der globalen Sicherungsabrede verzichtet, bestünde meist kein Zweifel daran, dass die Bürgschaft die „Anlassforderung“ sichert.14 Dass nach der „Anlassrechtsprechung“ der „Anlass“ für die Verbürgung mit der Bürgenhaftung gleichgesetzt wird, kann hingegen nicht überzeugen. So können Bürgenhaftung und aktuelles Sicherungsbedürfnis des Gläubigers, Letzteres der „Anlass“ für die Bürgschaftsbestellung, bei Höchstbetragsbürgschaften auseinander fallen. Dies ist dann der Fall, wenn der für die Bürgenhaftung vereinbarte Höchstbetrag den Umfang der „Anlassforderung“ unterschreitet. Schließlich bleibt der „Anlass“ für die Bestellung der Bürgschaft unabhängig von der Vereinbarung eines Höchstbetrages stets gleich, während für die Haftung in diesem Fall jedoch der Höchstbetrag maßgeblich ist. Vereinbar wäre dieser Befund mit der „AnlassrechtRecht, § 306 Rn. 13 b; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1625 f.; Bydlinski, WM 1992, 1301 (1306); Canaris, ZIP 1996, 1109 (1113); Keim, DNotZ 1996, 283; Altvater, WiB 1996, 374; Weber, JuS 1997, 501 (506 f.); Steiner, ZIP 1997, 1316; Fischer, WM 1998, 1705 (1710); Nobbe, BKR 2002, 747 (755); a. A. (für die Gesamtnichtigkeit der Bürgschaft) Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 25 Rn. 31; Schmitz-Herscheidt, ZIP 1997, 1140 (1142 f.). 11 Siehe zur Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung C. II. 1. e) aa). 12 Ausnahmen bilden Höchstbetragsbürgschaften, siehe unter C. II. 1. e); verabsolutierend hingegen die ganz h.Lit., vgl. Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 52, § 767 Rn. 40; MüKoBGB/ Habersack, § 765 Rn. 76; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 13 b; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1625 f.; Bydlinski, WM 1992, 1301 (1306); Canaris, ZIP 1996, 1109 (1113); Keim, DNotZ 1996, 283; Altvater, WiB 1996, 374; Weber, JuS 1997, 501 (506 f.); Steiner, ZIP 1997, 1316; Fischer, WM 1998, 1705 (1710); Nobbe, BKR 2002, 747 (755); für die Gesamtnichtigkeit der Bürgschaft Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 25 Rn. 31; Schmitz-Herscheidt, ZIP 1997, 1140 (1142 f.). 13 BGHZ 130, 19 (32 ff.); 137, 153 (158); 143, 95 (102); BGH, NJW 2004, 337 (339). 14 Canaris, ZIP 1996, 1109 (1113).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

sprechung“ dann, wenn sie zwischen „Anlass“ als Sicherungsgegenstand einerseits und der Bürgenhaftung (bis maximal zum Höchstbetrag) andererseits unterscheiden würde. Dass die „Anlassrechtsprechung“ eine solche Trennung jedoch nicht vorsieht, wird deutlich, wenn aus dem aktuellen Sicherungsbedürfnis des Gläubigers allgemein der Haftungsumfang und nicht der Sicherungsgegenstand abgeleitet wird.15 Dass der „Anlass“ richtigerweise zwar objektiv, allerdings nicht unter Wahrung des Verbots der Fremddisposition, sondern unter Berücksichtigung beiderseitiger Interessen der Vertragsparteien zu bestimmen ist,16 ist lediglich eine Randnotiz, da dies nicht zu anderweitigen Ergebnissen bei der ergänzenden Vertragsauslegung eines Bürgschaftsvertrages mit einer nicht in den Vertrag einbezogenen oder unwirksamen globalen Sicherungsabrede führt. c) Einbeziehung der globalen Sicherungsabrede in den Bürgschaftsvertrag aa) Grundsatz: Nichteinbeziehung Unabhängig von der Art des Kredites, dessen Sicherung „Anlass“ für die Übernahme einer Bürgschaft war, handelt es sich sowohl nach Ansicht des BGH17 als auch der h.Lit.18 bei der formularmäßigen Verbürgung für alle künftigen sowie für alle gegenwärtigen Forderungen grundsätzlich um eine überraschende Bestimmung i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. Nichts anderes kann im Übrigen für die Sicherung aller in Entstehung begriffenen Forderungen gelten. Wer die persönliche Haftung für eine fremde Schuld übernimmt, wird in der Regel aus Anlass einer bestimmten Kreditvergabe hierum gebeten. Konsequent wird der Bürge typischerweise vom Gedanken getragen, im Falle des Ausfalls des Hauptschuldners dann auch gerade für die „Anlassforderung“ (und nur diese!) in Anspruch genommen werden zu können. Eine Bestimmung, nach der er sich verpflichtet, neben der „Anlassforderung“ auch für seiner Einflussnahme entzogene künftige oder die 15

(757). 16

So etwa BGHZ 137, 153 (159); Schwab, AGB-Recht, Rn. 1626; Nobbe, BKR 2002, 747

Siehe hierzu unter C. II. 1. e). Zur Nichteinbeziehung einer formularvertraglichen Sicherung aller künftigen Forderungen BGHZ 126, 174 (176 ff.); 130, 19 (24 ff.); 143, 95 (102 f.); BGH, NJW 1996, 1470 (1472); 1997, 3230 (3232); 2001, 3331; WM 2002, 919 (920); BAG, NJW 2000, 3299 (3301); zur Nichteinbeziehung einer formularvertraglichen Sicherung aller gegenwärtigen Forderungen BGHZ 126, 174 (176 ff.); 130, 19 (24 ff.); BGH, NJW 1996, 1470 (1472 f.); 2001, 3331. 18 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 2; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 360; Staudinger/Horn, BGB, § 765, Rn. 48; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 72; Erman/Herrmann, BGB, § 765 Rn. 3; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 615; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1605; Trapp, ZIP 1997, 1280 f.; Nobbe, BKR 2002, 747 (749); Förster, WM 2010, 1677 (1679); Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (9 ff.); a. A. Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 212. 17

II. AGB zum Sicherungsumfang

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schwerlich zu überschaubare Anzahl an gegenwärtigen und in Entstehung begriffenen Forderungen einzustehen, erwartet er folglich nicht. Insofern ist eine derartige Regelung für den typischen Bürgen ungewöhnlich i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. Die Vereinbarung einer Höchstbetragsbürgschaft führt zu keiner abweichenden Beurteilung.19 Weder der Gedanke, der Höchstbetrag lenke vom „Anlass“ in einer Weise ab, die den Bürgen nicht mehr mit der (bloßen) Haftung für die „Anlassforderung“ rechnen lässt, noch die Überlegung, mit der Vereinbarung eines den Umfang der „Anlassforderung“ überschreitenden Höchstbetrages erwarte der Bürge gerade, über die „Anlassforderung“ hinaus persönlich zu haften, sind überzeugend. Wer sich anlässlich einer bestimmten Krediteinräumung verbürgt, wird typischerweise subjektiv die Vorstellung bilden, von seiner Haftung frei zu werden, wenn der Kredit vollumfänglich zurückgeführt worden ist. Genau in dieser Vorstellung wird er aber enttäuscht, wenn er neben der „Anlassforderung“ für weitere Verbindlichkeiten in Anspruch genommen wird.20 Wer sich also anlässlich einer Kreditvergabe bis zu einem Höchstbetrag verbürgt, geht richtigerweise davon aus, nur für die „Anlassforderung“ bis zum vereinbarten Höchstbetrag in Anspruch genommen werden zu können. Dieses Ergebnis unterstreicht wieder die Misslichkeit der fehlenden Unterscheidung der h.M. zwischen Sicherungsgegenstand und Bürgenhaftung.21 So ist die „Anlassforderung“ als Sicherungsgegenstand nicht zwangsläufig mit der Haftung des Bürgen identisch. Diese bezieht sich zwar (allein) auf die „Anlassforderung“, jedoch nicht notwendig auf deren vollen Umfang, ist sie doch ggf. auf einen Höchstbetrag begrenzt. Wurde vorstehend herausgearbeitet, dass die formularvertragliche Sicherung aller über die „Anlassforderungen“ hinausgehenden Verbindlichkeiten den Tatbestand des § 305 c Abs. 1 BGB erfüllt, bleibt noch auf die Rechtsfolge für die gesamte Klausel, namentlich die Nichteinbeziehung in den Vertrag, hinzuweisen. Obwohl für den typischen Bürgen eigentlich nicht ungewöhnlich oder überraschend, gilt dies auch für die Sicherung der „Anlassforderung“. Als zwar sachlich eigenständiger, aber sprachlich nicht vom unwirksamen Teil zu trennender Teil hält sie dem „blue-penciltest“22 nicht stand.23

19 BGHZ 126, 174 (177); BGH, NJW 1996, 1470 (1472); 1998, 2815 (2816); Staudinger/ Horn, BGB, § 765 Rn. 48; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn. B 360; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 72; Schwab, AGBRecht, Rn. 1608; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 615; dies., WiB 1996, 505 (508); Horn, ZIP 1997, 527; Schmitz-Herscheidt, ZIP 1997, 1140; Weber, JuS 1997, 501 (505); Nobbe, BKR 2002, 747 (749); a. A. Graf Lambdsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 213. 20 Vgl. Schwab, AGB-Recht, Rn. 1608. 21 Siehe unter C. II. 1. bb). 22 Siehe unter B. Fn. 174. 23 Beachte aber die ergänzende Vertragsauslegung, siehe hierzu unter C. II. 1. e) bb).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

bb) Ausnahme vom Grundsatz: Einbeziehung wegen fehlender Überraschung des Bürgen Das „Überraschungsmoment“ kann der globalen Sicherungsabrede durch individuelle Begleitumstände des Vertragsschlusses genommen werden. Allein durch Hinweise auf § 765 Abs. 2 BGB oder ihre Verbreitung in der Bankpraxis wird der weiten Sicherungszweckabrede allerdings nicht bereits der überraschende Charakter genommen.24 Denn dies allein lässt den Bürgen nicht – für den Ausschluss der Überraschung erforderlich25 – die Bedeutung und Tragweite der Klausel erkennen. Für die weite Sicherungsabrede gelingt das aber typischerweise in folgenden Fällen: (1) Fehlende Diskrepanz zwischen globaler Sicherungsabrede und subjektiver Vorstellung des Bürgen Wird der Bürge anlässlich einer konkreten Kreditvergabe aufgefordert, eine Bürgschaft zu bestellen, geht seine subjektive Vorstellung in aller Regel dahin, sich nur für das Einstehen der „Anlassforderung“ verpflichtet zu haben. Hat der Bürge sich allerdings – in der Praxis selten vorkommend – unreflektiert und blindlings verbürgt, d. h. sich keinerlei Vorstellung darüber macht, wofür er sich einzustehen verpflichtet, hat er diese Vorstellung indes nicht.26 Gleiches gilt freilich für den Fall, dass der Bürge die Bürgschaft nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vergabe oder Erweiterung eines Kredites bestellt. Ohne existierenden „Anlass“ kann er auch nicht die Vorstellung entwickeln, bloß für eine „Anlassforderung“ zu haften.27 In beiden Fällen weicht seine subjektive Vorstellung daher nicht von dem durch die globale Sicherungsabrede festgelegten Haftungsumfang ab. Damit ist er in beiden Konstellationen nicht i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB überrascht. (2) Individueller Hinweis auf die globale Sicherungsabrede Selbstverständlich gilt auch im Rahmen einer Globalbürgschaft, dass einer Bestimmung das „Überraschungsmoment“ genommen werden kann, wenn der Kunde durch einen Hinweis inhaltliche Bedeutung und Tragweite28 der objektiv ungewöhnlichen Klausel vor Augen geführt wird.29 Die Beweislast für einen solchen Hinweis trägt der Verwender.30 Die Bedeutung der weiten Sicherungsabrede wird 24

Nobbe, BKR 2002, 747 (749). Siehe B. II. a) bb). 26 BGHZ 130, 19 (30). 27 BGHZ 132, 6 (8). 28 Siehe B. II. a) bb). 29 Vgl. BGHZ 126, 174 (180); zur Grundschuld BGHZ 109, 197 (203); dem folgend Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 615; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1610; BankR-Hdb/ Nobbe, § 91 Rn. 162; ders., BKR 2002, 747 (750). 30 BGHZ 126, 174 (180). 25

II. AGB zum Sicherungsumfang

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dem Bürgen dann klar, wenn er versteht, dass mit Bestellung seiner Bürgschaft gerade nicht lediglich die „Anlassforderung“ gesichert ist, sondern darüber hinaus auch alle gegenwärtigen, künftigen und in Entstehung begriffenen Forderungen. Über die Tragweite dieser Sicherung wird er sich erst dann bewusst, wenn er „über die damit verbundenen konkreten Gefahren für ihn belehrt worden“31 ist. Eine wie auch immer gestaltete drucktechnische Hervorhebung vermag zumindest die Tragweite der weiten Sicherungsabrede dem Bürgen nicht ausreichend näher zu bringen.32 Einerseits leistet eine solche Hervorhebung keine Aufklärung über konkrete Gefahren und andererseits ist es wegen der ohnehin sehr knapp gehaltenen Formulierung des Sicherungszwecks fraglich, welche Teile durch eine Hervorhebung zur Erfassung der Bedeutung beim Bürgen beitragen sollen. Die Hervorhebung einer gesamten Klausel wiederum eignet sich per se nicht zur Förderung des Verständnisses, entfällt damit doch jegliche Pointierung. (3) Besondere Personenkreise Sowohl der BGH33 als auch die h.Lit.34 gehen davon aus, dass jedenfalls Geschäftsführer sowie Allein- und Mehrheitsgesellschafter bei Bestellung einer Bürgschaft für „ihre“ Gesellschaft von einer weiten Sicherungsabrede nicht überrascht werden. Bisweilen wird dies im Schrifttum auch für den Handlungsbevollmächtigten, der den Geschäftsführer vertritt,35 und den Prokuristen36 vertreten. Richtigerweise jedoch werden sämtliche Personenkreise von einer weiten Sicherungsabrede überrascht.37 Begründet wird die Ansicht der h.M. in aller Häufigkeit mit dem Argument, es sei den entsprechenden Personen möglich, auf Art und Höhe der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners Einfluss zu nehmen.38 Mit anderen Worten: Weil der Bürge entscheidenden Einfluss auf die über die „Anlassforderung“ hinaus gehenden Ver31

Zur Grundschuld BGHZ 83, 56 (60). Vgl. OLG Karlsruhe, WM 1993, 787 (789); Schwab, AGB-Recht, Rn. 1610; so zumindest für den Regelfall Nobbe, BKR 2002, 747 (750); offen gelassen BGHZ 126, 174 (180). 33 BGHZ 130, 19 (30); 143, 95 (101); BGH, NJW 1998, 385 (386); 2000, 1179 (1182); 2000, 2675 (2676). 34 Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 58; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Palandt/ Sprau, § 765 Rn. 20; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 765 Rn. 54; Nobbe, BKR 2002, 747 (753); Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (53). 35 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Fischer, WM 2001, 1049 (1055); Nobbe, BKR 2002, 747 (750). 36 So Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 765 Rn. 54. 37 So auch Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn. B 360; für den Nur-Geschäftsführer Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 25 Rn. 28. 38 Vgl. BGHZ 130, 19 (30); 143, 95 (101); BGH, NJW 2000, 1179 (1182); Staudinger/ Horn, BGB, § 765 Rn. 58; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Beckmann, in: Dauner-Lieb/ Langen, BGB, § 765 Rn. 54; Nobbe, BKR 2002, 749 (753 f.); Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (10). 32

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

bindlichkeiten hat, kann er von diesen auch nicht überrascht werden. Diese Erklärung verwundert, knüpft § 305 c Abs. 1 BGB eine Nichteinbeziehung in den Vertrag doch an eine Überraschung hinsichtlich der jeweiligen Bestimmung und nicht an die Existenz gewisser Verbindlichkeiten. Die richtige Frage lautet demzufolge vielmehr: Wird der Bürge von der globalen Sicherungsabrede überrascht? Immerhin von dieser richtigen Frage ausgehend wird dies zum Teil39 mit dem Hinweis darauf bejaht, für den genannten Personenkreis stehe nicht die bloße Sicherung der „Anlassforderung“, sondern die Sicherung des Gesamtengagements des Kreditgebers im Vordergrund. Trotz konkreten „Anlasses“ soll die Vorstellung des genannten Personenkreises bei der Verbürgung nicht dahin gehen, sich lediglich verpflichtet zu haben, für die „Anlassforderung“ einzustehen. Überzeugend ist auch das indes nicht. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb bei einer Globalbürgschaft, die jederzeit auch ohne konkreten „Anlass“ bestellt werden kann, eine konkrete Kreditvergabe, die „Anlass“ für die Verbürgung war, das Bewusstsein nicht auch des angesprochenen Personenkreises hinsichtlich des Sicherungsumfangs entscheidend prägen sollte.40 Somit werden auch Geschäftsführer, Allein- und Mehrheitsgesellschafter, Handlungsbevollmächtigte, die den Geschäftsführer vertreten, und Prokuristen von einer globalen Sicherungsabrede grundsätzlich überrascht, so dass diese nicht Bestandteil des Bürgschaftsvertrages wird. d) Wirksamkeit der ausnahmsweise in den Bürgschaftsvertrag einbezogenen globalen Sicherungsabrede aa) Grundsatz: Unwirksamkeit der globalen Sicherungsabrede (1) Haftung für alle künftigen Forderungen Sowohl der BGH41 als auch die ganz h.Lit.42 halten eine Ausdehnung der Haftung auf alle zukünftigen Forderungen kraft AGB grundsätzlich für unwirksam. Eine Klausel unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nur der Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Der BGH43 hatte eine solche Abweichung oder Ergänzung 39

Nobbe, BKR 2002, 747 (753). Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn. B 360. 41 BGHZ 130, 19; 132, 6; BGH, NJW 1994, 1656; 1996, 1470; NJW 2003, 1521. 42 Palandt/Sprau, § 765 Rn. 20; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 2 ff.; MüKoBGB/ Habersack, § 765 Rn. 73; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn. B 360; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 616 ff.; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1600 ff.; Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (51); Förster, WM 2010, 1677 (1679); Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (9 f.); differenzierend Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 47 ff.; weitgehend für wirksam haltend Graf Lambsdoff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 212. 43 BGH, WM 1985, 155 (156); 1987, 924; ZIP 1986, 85 (87). 40

II. AGB zum Sicherungsumfang

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von Rechtsvorschriften im vorliegenden Fall lange Zeit verneint. Er bemerkte, dass in § 765 Abs. 2 BGB die Bürgschaft für künftige Forderungen nämlich ausdrücklich ermöglicht werde. Den Umfang der Verpflichtung bestimme dabei der Bürge selbst und nicht das Gesetz.44 Mittlerweile aber vertritt der BGH45 die Ansicht, dass eine derart weite Sicherungszweckabrede gegen § 767 Abs. 1 S. 3 BGB verstoße. Nach dieser Vorschrift werde die Haftung des Bürgen nicht dadurch erweitert, dass der Hauptschuldner nach Übernahme der Bürgschaft ein Rechtsgeschäft vornimmt. Die vom Sicherungszweck umfassten künftigen Forderungen aber stellten ein eben solches Rechtsgeschäft zur Erweiterung der Haftung aus der Bürgschaft dar.46 Dieser Ansicht hat sich die h.Lit.47 angeschlossen. Zwar ist dem insoweit zuzustimmen, als dass die Klausel tatsächlich der Inhaltskontrolle unterliegt, doch weicht sie nicht von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB ab.48 Die Haftung ist bereits durch die weite Sicherungszweckerklärung festgelegt, erweitert sich also gerade nicht durch eine künftig entstehende Forderung. Dies ergibt sich auch und vor allem aus der Entstehungsgeschichte des § 767 Abs. 1 S. 3 BGB. So heißt es zum Rechtsgeschäft i. S. d. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB in den Motiven zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches: „Durch ein solches Rechtsgeschäft wird im rechtlichen Effekte eine neue Verbindlichkeit geschaffen, für welche einzustehen der Bürge nicht versprochen hat. Die Haftung müsste durch besondere neue Vereinbarung übernommen werden.“49 Da die Haftung des Bürgen mit der weiten Sicherungsabrede aber auch die künftigen Verbindlichkeiten umfasst, hat er sehr wohl versprochen, für diese einzustehen. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB stellt demzufolge nur klar, dass ein Vertrag zu Lasten Dritter nicht geschlossen werden kann. Damit ist die Vorschrift nur anwendbar, wenn eine Begrenzung der Haftung des Bürgen konkret vereinbart ist.50 Wenngleich diese Ausprägung des Verbots der Fremddisposition ohnehin ein allgemeines Rechtsprinzip des BGB ist, ist die Klarstellung dennoch zweckmäßig. Es soll verhindert werden, dass aus der Akzessorietät der Bürgschaft Anderweitiges gefolgert werden könnte.51 Statt von einer Abweichung von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB wird daher zum Teil52 davon ausgegangen, die Klausel weiche von den §§ 766, 770, 771, 776 BGB ab. Es stehe im Widerspruch zu diesen Schutzvorschriften, wenn die Rechtsordnung die 44

So BGH, ZIP 1986, 85 (87). BGHZ 130, 19 (32); 132, 6 (8 f.); 142, 213 (215 f.); so auch BAG, BB 2008, 3372. 46 BGHZ 130, 19 (32); 142, 213 (219 f.). 47 Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 49 f.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 4; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1611; Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (52); Förster, WM 2010, 1677 (1679); Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (10). 48 So auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 616; dies., DB 1995, 2301 (2305); dies., WiB 1996, 505 (509); Wenzel, ZfIR 1997, 13 (15); Tiedtke, JZ 1998, 732 (733). 49 Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 371 (Hervorhebung nicht im Original). 50 Ausdrücklich anders BGHZ 130, 19 (32). 51 Überzeugend Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618. 52 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 617. 45

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

weite Sicherungsabrede akzeptiere.53 Aber auch dieser Ansatz weiß nicht zu überzeugen. Zwar steht die Klausel als immense Erweiterung der Haftung des Bürgen in der Tat nicht in einer Reihe mit diesen Vorschriften, doch wird dadurch allein noch nicht von ihnen abgewichen. Die weite Sicherungsabrede mag mit den wesentlichen Grundgedanken der Schutzvorschriften nicht zu vereinbaren sein, doch erfüllt dies nicht die Voraussetzung einer Abweichung von einer Rechtsvorschrift i. S. d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Die §§ 766, 770, 771, 776 BGB behalten ihre Rechtsfolge trotz weiter Sicherungsabrede schließlich vollständig bei. Richtigerweise weicht die Klausel von § 765 Abs. 2 BGB ab.54 Hiernach ist zwar eine Übernahme der Bürgschaft auch für eine künftige Verbindlichkeit möglich, doch beschränkt sich der gesetzliche Regelfall auf die Übernahme bloß einer künftigen Verbindlichkeit. Dass der gesetzliche Regelfall die Sicherung lediglich einer Verbindlichkeit ist, bestätigt sich auch in der Zusammenschau mit § 765 Abs. 1 BGB, wonach der Bürge sich im Bürgschaftsvertrag verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit (Singular!) des Dritten einzustehen. Wenn sich nun der Bürge in einer Globalbürgschaft verpflichtet, für alle künftigen – d. h. ggf. mehrere – Forderungen einzustehen, wird i. S. d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB von einer Rechtsvorschrift, nämlich § 765 Abs. 2 BGB, abgewichen. Weitere Voraussetzung dafür, dass die weite Sicherungsabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterliegt, ist, dass es sich bei ihr nicht um eine Hauptverpflichtung handelt. Denn eine solche fällt – verkürzt gesprochen – wegen gelebter Privatautonomie bei Vertragsschluss nicht unter den Schutzzweck des AGBRechts und ist daher nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich der Inhaltskontrolle entzogen.55 Bei einer Globalbürgschaft liegt die Hauptverpflichtung zumeist in der Forderung, die Anlass für die Bestellung der Bürgschaft gewesen ist,56 während die Ausdehnung der Haftung des Bürgen über die „Anlassforderung“ hinaus demgegenüber eine Nebenabrede darstellt.57 Zudem ist die Hauptverpflichtung aus dem Bürgschaftsvertrag, obwohl sie sprachlicher Bestandteil der globalen Sicherungsabrede ist, auf Grund ihrer sachlichen Unterscheidung immer von der übrigen, sich aus der globalen Sicherungsabrede ergebenden Haftung des Bürgen zu trennen. Da die Klausel mithin die über die Hauptverpflichtung hinausgehende Einstandspflicht des Bürgen hinsichtlich „aller gegenwärtigen und künftigen Forderungen“ als (kontrollfähige) Nebenabrede beinhaltet, unterliegt sie stets der Inhaltskontrolle. 53

Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 617. Vgl. nur OLGR Frankfurt 2006, 355 (356). 55 Näher BGH, NJW 1998, 383; 2001, 2014 (2016); BAG, NJW 2008, 3372; Palandt/ Grüneberg, § 307 Rn. 44; Staudinger/Coester, BGB, § 307 Rn. 284 ff., 310 ff.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 18; Stoffels, Gesetzlich nicht geregelte Schuldverträge, S. 385 ff.; ders., JZ 2001, 843; Westermann, in: Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 135 ff.; Preis, Festschrift Richardi, S. 345 ff. 56 Siehe hierzu unter C. II. 1. 57 BGHZ 130, 19 (32); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 615; Horn, ZIP 1997, 525 (527); Trapp, ZIP 1997, 1279 (1281); Masuch, BB 1998, 2590 (2592 f.). 54

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Der BGH58 hält die Erstreckung der Haftung auf alle künftigen Forderungen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB für unwirksam. Dies ist nicht überzeugend. Die Unwirksamkeit kann sich in diesem Fall schon aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz nicht aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergeben, wenn gleichzeitig § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für einschlägig befunden wird.59 Was eine etwaige Unwirksamkeit der weiten Sicherungsabrede gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB anbelangt, stützt der BGH60 diese darauf, dass die weite Sicherungsabrede mit dem in § 767 Abs. 1 S. 3 BGB zum Ausdruck gekommenen wesentlichen Grundgedanken des Bürgschaftsrechts, dem Verbot der Fremddisposition, nicht zu vereinbaren sei. Wie aber bereits dargelegt, weicht die Erstreckung der Haftung des Bürgen auf alle künftigen Forderungen schon gar nicht von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB ab.61 Richtigerweise ist jene AGB gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.62 Gläubiger, die sich eine Bürgschaft mit diesem Sicherheitsumfang einräumen lassen, setzen ihre (Sicherungs-)Interessen missbräuchlich gegenüber dem Bürgen durch, ohne dessen immenses persönliches Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Der Gläubiger nutzt den „Anlass“ für die Bestellung der Bürgschaft aus, um sich umfassend von einem allzu oft altruistisch handelnden Bürgen absichern zu lassen. Die Folge wäre eine uferlose, unkalkulierbare, nicht übersehbare und damit unangemessene Haftung des Bürgen.63 Dabei besteht allein im Umfang des aktuellen Sicherungsbedürfnisses des Gläubigers, das regelmäßig den Anlass zur Bestellung der Bürgschaft gibt, ein schützenswertes Interesse an einer Sicherung. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Verbürgung für alle künftigen Forderungen im Rahmen einer Höchstbetragsbürgschaft. Auch hier ist der Bürge unangemessen benachteiligt,64 denn der Bürge wird dann nicht von seiner Haftung frei, wenn die „Anlassforderung“ durch den Hauptschuldner getilgt wird. Vielmehr hat er dann (bis zum vereinbarten Höchstbetrag) auch für alle etwaigen künftigen Forderungen einzustehen, obwohl der Gläubiger nur hinsichtlich der Sicherung der „Anlassforderung“ ein schützenswertes Interesse hat.65 58 BGHZ 130, 19 (31); 132, 6 (8 f.); 137, 153 (155); BGH, NJW 1996, 1470 (1472); 1996, 2369 (2370); dem folgend Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 280. 59 Zur Konkurrenz der Regelbeispiele § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB siehe B. II. 2. c) dd). 60 BGHZ 130, 19 (32); 132, 6 (8 f.); BGH, NJW 1996, 1470 (1472); dem folgend MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 73; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 4; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1611. 61 Siehe hierzu C. II. 1. d) aa) (1). 62 So auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 617 f.; Förster, WM 2010, 1677 (1679 f.). 63 Vgl. BGHZ, 130, 19 (33); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 2; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 617. 64 BGH, NJW 1996, 1470; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1613; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618; Tiedtke, ZIP 1998, 449 (452). 65 Vgl. Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618.

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Letztlich kann daher auch die zum Teil66 vertretene Ansicht, die weite Sicherungsabrede sei dann wirksam, wenn die künftigen Forderungen hinreichend bestimmt seien (und damit § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht einschlägig ist), nicht überzeugen. Hält die Formulierung der Klausel der Transparenzkontrolle stand, kann dies die Anwendbarkeit des § 305 c Abs. 1 BGB, nicht aber die des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ausschließen.67 (2) Haftung für alle gegenwärtigen Forderungen Neben dem BGH68 spricht sich auch die h.Lit.69 gegen die Wirksamkeit einer formularvertraglichen Verbürgung für alle gegenwärtigen Forderungen aus. Diese Ansicht verdient Zustimmung. So wie mit einer Verbürgung für alle künftigen Forderungen von § 765 Abs. 2 BGB abgewichen wird, weicht auch eine Übernahme der Bürgschaft für alle gegenwärtigen Forderungen von § 765 Abs. 1 BGB ab. Auch hier ist die „Anlassforderung“ als Hauptverbindlichkeit von der Nebenabrede, die die Einstandspflicht des Bürgen für alle gegenwärtigen Forderungen bestimmt, trennbar. Die Klausel unterliegt damit der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und § 307 Abs. 2 BGB. Wie besonders in seinem Urteil70 vom 07.03.1996 deutlich wird, unterscheidet der BGH zwischen der Wirksamkeit einer formularmäßigen Übernahme einer Bürgschaft für alle gegenwärtigen Forderungen einerseits und der Übernahme für alle künftigen andererseits. Damals urteilte er, dass „eine formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung über diejenigen Forderungen hinaus, die Anlass zur Verbürgung gaben, auf zukünftige Ansprüche des Gläubigers unwirksam [sind].“71 Demgegenüber verstoße bei einer Höchstbetragsbürgschaft „eine formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung über diejenigen Forderungen hinaus, die Anlass zur Verbürgung gaben, auf alle gegenwärtig bestehenden Ansprüche aus der Geschäftsverbindung des Gläubigers mit dem Hauptschuldner regelmäßig nicht gegen § 9 AGBG.“72 Diese Sichtweise hat er mittlerweile korrigiert. So soll nach seiner Auffassung „die Klausel in einem Bürgschaftsformular, die die Haftung des Bürgen auf alle bestehenden Ansprüche gegen den Hauptschuldner erstreckt, ohne die verbürgten Forderungen 66

Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 51; wohl auch Förster, WM 2010, 1677 (1679). Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 619. 68 BGHZ 143, 95. 69 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 2 ff.; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 73; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn. B 360; Palandt/ Sprau, § 765 Rn. 20; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 616 ff.; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1600 ff.; Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (51); Förster, WM 2010, 1677 (1679); Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (9 f.); a. A. – weitgehend für wirksam haltend – Graf Lambsdoff/ Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 212. 70 BGH, NJW 1996, 1470. 71 BGH, NJW 1996, 1470 (1. Leitsatz). 72 BGH, NJW 1996, 1470 (2. Leitsatz). 67

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näher zu bezeichnen, (…) grundsätzlich unwirksam“73 sein. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Höchstbetragsbürgschaft. Nichts anderes wird für eine unbeschränkte Bürgschaft gelten, schließlich ist der Bürge wegen seines größeren Risikos dann noch schutzwürdiger. Der BGH74 beurteilt die Wirksamkeit der formularmäßigen Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle gegenwärtigen Forderungen heute also allein am Maßstab des in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kodifizierten Transparenzgebotes. Da sein Standpunkt, bei der Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle künftigen Forderungen werde von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB abgewichen,75 sich in jedem Fall nicht auf die Bürgenhaftung für alle gegenwärtigen Forderungen übertragen lässt, weil das Verbot der Fremddisposition in die Zukunft gerichtet ist,76 dürfte die Bestimmung nach Ansicht des BGH auch schon gar keiner Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB unterliegen.77 Nun geht mit einer globalen Sicherungsabrede aber – es sei an dieser Stelle wiederholt – richtigerweise eine Abweichung von § 765 Abs. 1 BGB einher, so dass die formularvertragliche Globalzweckerklärung sehr wohl am Maßstab des § 307 BGB zu messen ist. Und aus guten Gründen darf im Ergebnis zwischen der Übernahme der Bürgschaft für alle gegenwärtigen Forderungen einerseits und allen künftigen andererseits kein Unterschied gemacht werden. Zwar ist der Bürge in diesem Fall weniger schutzwürdig, als wenn er für alle künftigen Forderungen einstehen soll, weil die künftigen Forderungen doch weniger kalkulier- und übersehbar sind als die bereits bestehenden gegenwärtigen. Das ändert aber nichts daran, dass der Bürge dennoch schutzwürdig ist, was die Haftung für alle gegenwärtigen Forderungen anbelangt. Oftmals ist der Bürge gar nicht darüber im Bilde, ob der Hauptschuldner überhaupt Verbindlichkeiten beim Gläubiger hat. Und selbst wenn er mit bestehenden Verbindlichkeiten rechnet, weiß er häufig gar nicht, wie viele und in welcher Höhe solche existieren. Darüber hinaus hat der Bürge in vielen Fällen sowohl praktisch als auch rechtlich (z. B. wegen eines Bankgeheimnisses) keine Möglichkeit, sich allumfassend über die bestehenden Verbindlichkeiten des Hauptschuldners zu informieren, wenn ihn der Gläubiger nicht unterrichtet.78 Erschwerend kommt hinzu, dass demgegenüber der Gläubiger auch an der Sicherung aller gegenwärtigen Forderungen kein schützenswertes Interesse hat. 73

BGHZ 143, 95 (1. Leitsatz). Dem folgend Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn. B 361; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 51; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 4; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1612; Nobbe, BKR 2002, 747 (752 f.); ebenso MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 73, der daneben eine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB annimmt. 75 Siehe Fn. 45. 76 BGHZ 143, 95 (97). 77 Darauf hinweisend Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 51; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 4; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1612; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 361. 78 Vgl. Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 629. 74

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Sah er in der Vergangenheit keine Veranlassung oder war es ihm schlicht nicht möglich, diese zu sichern, darf er dies nun nicht einfach aus aktuellem Anlass zu Lasten des Bürgen im Wege eines Formularvertrages nachholen. Stattdessen steht es ihm – wie zum Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen nun gegenwärtigen Forderung – lediglich offen, die Forderungen individualvertraglich zu sichern. Insofern setzt der Gläubiger durch die formularmäßige Erstreckung der Haftung des Bürgen auf alle gegenwärtigen Forderungen missbräuchlich seine eigenen Interessen durch, ohne hinreichend die Belange des Gläubigers zu berücksichtigen. Insgesamt ist der Bürge damit unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt. Nichts anderes gilt für eine derartige Sicherungsabrede in einer Höchstbetragsbürgschaft. Wird die „Anlassforderung“ vom Schuldner getilgt, würde der Bürge auch hier (bis zum vereinbarten Höchstbetrag) weiter haften, obwohl sich sein Sicherungsbedürfnis – und damit sein schutzwürdiges Interesse – nur auf die „Anlassforderung“ erstreckt. (3) Haftung für alle in Entstehung begriffenen Forderungen Das OLG Frankfurt79 hatte am 30.11.2005 über die Wirksamkeit der formularmäßigen Erstreckung der Haftung des Bürgen über „die in Entstehung begriffenen Forderungen“ zu entscheiden. Was genau unter einer solchen Forderung zu verstehen sein soll, lässt Interpretationsspielraum. Das OLG Frankfurt und die Vorinstanz80 waren sich im zugrunde liegenden Fall uneinig. Nach Ansicht des OLG Frankfurts soll hierzu jedenfalls eine (durch eine Bürgschaft gesicherte) Regressforderung i. S. d. § 774 Abs. 1 BGB aus einer Gewährleistungsbürgschaft zählen.81 Weil das OLG Frankfurt82 im besagten Urteil ein Verstoß gegen das Transparenzgebot angenommen hat, konnte es die Frage nach der Angemessenheit i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB offen lassen. Unabhängig von der Frage der Transparenz der Formulierung im Einzelfall gelten für die formularmäßige Haftung für alle in Entstehung begriffenen Forderungen jedenfalls dieselben Erwägungen wie für die Haftungserstreckung auf alle gegenwärtigen Forderungen. So ist für den Bürgen die Gesamtheit aller in Entstehung begriffenen Forderungen mindestens genauso schwierig zu überschauen wie die Fülle an allen bereits entstandenen Verbindlichkeiten. Möglicherweise sind die in Entstehung begriffenen Forderungen sogar schwieriger zu erfassen, denn schließlich handelt es sich bei ihnen – sind sie doch eben erst auf dem Weg zur Entstehung – im Vergleich zu allen (bereits entstandenen) gegenwärtigen Forderungen um ein Weniger. Schutzwürdig ist der Bürge also auch hier. Er kann sein Haftungsrisiko nicht vollends einschätzen. Gleichzeitig kann der Gläubiger auch für diesen Fall keine schutzwürdigen Interessen ins Feld führen, die eine derartige Benachteiligung des Bürgen rechtfertigen könnten. Letztlich ist die formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung daher unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. 79 80 81 82

OLGR Frankfurt 2006, 355. LG Wiesbaden – 2 O 262/03. OLGR Frankfurt 2006, 355 (356). OLGR Frankfurt 2006, 355 (356).

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bb) Ausnahmen (1) Wirksamkeit der Haftung für alle künftigen Forderungen Zur Erinnerung: Der BGH83 begründet die grundsätzliche Unwirksamkeit einer Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle künftigen Forderungen mit einer Abweichung von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB. Zusätzlich hat er darauf hingewiesen, dass der Bürge ansonsten ein unkalkulierbares Risiko übernehme.84 Auf derselben Linie liegen Entscheidungen des BGH, nach denen eine Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle künftigen Forderungen den Bürgen ausnahmsweise dann nicht unangemessen benachteilige, wenn der Bürge entscheidenden Einfluss auf die Entstehung jener künftigen Forderungen nehmen könne. Dann nämlich sei der Bürge ausnahmsweise nicht schutzwürdig, weil das übernommene Risiko eben kalkulierbar sei. Dies hat der BGH ausdrücklich für Bürgen klargestellt, die Allein-85 oder Mehrheitsgesellschafter,86 Geschäftsführer,87 Minderheitsgesellschafter, deren Zustimmung es für neu aufzunehmende Kredite bedarf,88 sowie Handlungsbevollmächtigte, die anstelle des Geschäftsführers die GmbH leiten,89 sind. Das Kriterium der entscheidenden Möglichkeit zur Einflussnahme auf spätere Kreditvergaben hat auch die h.Lit.90 für die Angemessenheit einer Erstreckung der Haftung des Bürgen auf alle künftigen Forderungen übernommen. Vereinzelt91 jedoch werden hiergegen methodische Bedenken dahingehend geäußert, dass eine gruppenspezifische Betrachtung dieser einzelnen Personen vor dem Hintergrund der generalisierenden Kontrolle nach § 307 BGB92 nicht zulässig sei. Und in der Tat ist dieser Einwand zumindest zum Teil nicht von der Hand zu weisen. Wird die gebotene unabhängig von den konkreten Vertragsparteien und Umständen des Einzelfalls generalisierende und typisierende Betrachtungsweise als Maßstab angelegt, bilden nicht alle Ausnahmen des BGH und der h.Lit. eine homogene Gruppe, die durch eine Einflussnahmemöglichkeit auf die Aufnahme künftiger Kredite gekennzeichnet sein soll.

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Siehe Fn. 45. BGHZ 130, 19 (33). 85 BGH, ZIP 1999, 1480; WM 2000, 514 (517). 86 BGH, ZIP 1999, 1480; ZIP 1999, 1881 (1883); WM 2000, 514 (517); 2003, 669 (670). 87 BGH, NJW 1996, 3205; ZIP 1998, 2145; ZIP 1999, 1480; ZIP 1999, 1881 (1883); WM 2003, 669 (670). 88 BGHZ 142, 213. 89 BGH, WM 2000, 514 (517). 90 Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 58; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 361; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 627 ff.; Ganter, WM 1996, 1705 (1716 f.); Fischer, WM 2001, 1049 (1054 f.); Nobbe, BKR 2002, 747 (753 f.); Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (10); Förster, WM 2010, 1677 (1680). 91 Grunewald, FS Kraft, S. 134; ders., JZ 1999, 145 (146); Trapp, ZIP 1997, 1279 (1283). 92 Siehe hierzu B. II. 2. b) bb). 84

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(a) Minderheitsgesellschafter, Handlungsbevollmächtigte und Geschäftsführer als Bürgen für „ihre“ Gesellschaft Nach Ansicht des BGH93 und der wohl h.Lit.94 soll eine formularvertragliche Haftungsübernahme für alle künftigen Forderungen jedenfalls für Geschäftsführer und Handlungsbevollmächtigte wirksam sein. Diese Ansicht überzeugt nicht.95 Typischerweise ist Minderheitsgesellschaftern gerade kein Zustimmungsvorbehalt für die Aufnahme neuer Kredite eingeräumt und leiten Handlungsbevollmächtigte eben nicht anstelle des Geschäftsführers eine GmbH. Sie haben also generell betrachtet keinen bestimmenden Einfluss auf die Aufnahme neuer Kredite. Ist das ausnahmsweise dennoch der Fall, hat dies auf Grund der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise keinerlei Auswirkung auf das Abwägungsergebnis der Inhaltskontrolle. Anderenfalls würde entgegen dem generell-abstrakten Charakter von AGB unzulässig auf die konkreten Vertragsparteien, mithin auf den Einzelfall abgestellt werden. Für den Geschäftsführer gilt dasselbe: Auch er hat nicht generell entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung über die Aufnahme künftiger Schulden. Zum einen ist er gegenüber den Gesellschaftern weisungsabhängig und zum anderen können neue Verbindlichkeiten auch auf Entscheidungen von Prokuristen oder Mehrheitsentscheidungen mit weiteren Geschäftsführern zusammen beruhen.96 Kompensiert wird dieser fehlende Einfluss auch nicht dadurch, dass ihnen bei fremdbestimmter Ausdehnung des Sicherungsumfangs ein Kündigungsrecht zusteht.97 Schließlich federt dieses Kündigungsrecht nur die negativen Folgen für den bürgenden Geschäftsführer ab, die seines fehlenden Einflusses auf die Entscheidung der Gesellschaft über weitere Kredite geschuldet sind. Trotzdem ist dem BGH und der h.Lit. immerhin im Ergebnis zuzustimmen, denjenigen Bürgen für alle künftigen Forderungen haften zu lassen, der etwa auf Grund gesonderter Satzungsbestimmungen auf die Entstehung sämtlicher Forderungen im Einzelfall entscheidenden Einfluss nehmen konnte. Dies aber folgt gerade nicht daraus, dass die formularmäßige globale Sicherungsabrede etwa wirksam wäre, sondern beruht auf der mangelnden Schutzwürdigkeit des Bürgen, die es ihm gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der weiten Sicherungsabrede zu berufen.98

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Vgl. für BGHZ 130, 19 (30); BGH, NJW 2000, 1179. MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 765 Rn. 54; vgl. auch Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 58; Fischer, WM 2001, 1049 (1054 f.); Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (53 f.); Grüneberg, WM 2010. Sonderbeilage 2, 1 (10). 95 Ebenso kritisch Trapp, ZIP 1997, 1279 (1283); Grunewald, FS Kraft, S. 134; ders., JZ 1999, 145 (146); Ehricke, WM 2000, 2177 (2180 f.). 96 So Grunewald, JZ 1999, 145 (146); Ehricke, WM 2000, 2177 (2180 f.). 97 So aber Nobbe, BKR 2002, 747 (754); zum Kündigungsrecht in dieser Konstellation BGH, NJW 1985, 3007 (3008); 1986, 252 (253); 1986, 2308 (2309); 1994, 1656 (1657). 98 Nobbe, BKR 2002, 747 (754 f.). 94

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(b) Allein- und Mehrheitsgesellschafter als Bürgen für „ihre“ Gesellschaft Nach zutreffender Ansicht des BGH99 und der h.Lit.100 können Allein- und Mehrheitsgesellschafter formularvertraglich für „ihre“ Bürgschaft die Haftung hinsichtlich aller künftigen Forderungen wirksam übernehmen. Allein- und Mehrheitsgesellschafter bilden eine eigene homogene Einheit, für die mit der Möglichkeit zur entscheidenden Einflussnahme hinsichtlich der künftigen Kreditaufnahme ein hinreichend klares Kriterium zur Abgrenzung von anderen Gruppen existiert. Als Entscheidungsträger über die künftige Kreditaufnahme ist auf Grund der gruppentypischen Interessenlage auch eine eigene und gruppenspezifische Abwägung erforderlich.101 Sie können über die Eingehung neuer Verbindlichkeiten „ihrer“ Gesellschaft und damit selbst den Umfang der künftig gesicherten Forderungen bestimmen, so dass eine Erstreckung der Haftung auf all diese nicht unangemessen benachteiligend wirkt. (2) Wirksamkeit der Haftung für alle gegenwärtigen Forderungen Für bürgende Geschäftsführer und Gesellschafter, wobei es für Letztere aber ggf. einer weiteren Unterteilung (in Allein-, Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern) bedarf,102 hält der BGH103 eine formularvertragliche Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle gegenwärtigen Forderungen gegen die Gesellschaft für wirksam. Dem hat sich die wohl h.Lit.104 angeschlossen. Richtigerweise ist eine solche formularvertragliche Haftungsübernahme durch jedermann unwirksam.105 Der BGH baut auf seiner Rechtsprechung auf, nach der grundsätzlich eine solche Haftungserstreckung nur wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sein soll.106 So führt er die Wirksamkeit einer solchen Haftungserstreckung maßgeblich auf den verminderten Transparenzbedarf dieser Personen zurück. Ihnen sei es ohne Weiteres möglich, durch Einsicht in Geschäftsbücher und -unterlagen Kenntnis von

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BGHZ 130, 19 (30); 143, 95 (101); BGH, NJW 2000, 1179 (1182). MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 765 Rn. 54; vgl. auch Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 58; Fischer, WM 2001, 1049 (1054 f.); Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (53 f.); Grüneberg, WM 2010. Sonderbeilage 2, 1 (10). 101 Nobbe, BKR 2002, 747 (753 f.); so im Ergebnis auch Schwab, AGB-Recht, Rn. 1622; Ehricke, WM 2000, 2177 (2181); a. A. Grunewald, JZ 1999, 145 (146). 102 Dies ausdrücklich offen lassend BGHZ 143, 95 (101). 103 BGHZ 143, 95 (101). 104 Vgl. Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 361; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1623; gar für eine Haftung des bürgenden Minderheitsgesellschafters MükoBGB/Habersack, § 765 Rn. 75; Dähn, ZBB 2000, 61 (68 f.); die Haftung des bürgenden Minderheitsgesellschafters und Kommanditisten ausdrücklich ausnehmend Nobbe, BKR 2002, 747 (754 f.). 105 So auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 633. 106 Siehe Fn. 74. 100

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den bestehenden Geschäftsverbindlichkeiten zu erlangen.107 Richtigerweise liegt die Unwirksamkeit jener Haftungserstreckung indes in der unangemessenen Benachteiligung des Bürgen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB begründet,108 so dass letztlich weder Begründung noch Ergebnis dieser Ansicht überzeugen. Auch für den Fall, dass Gesellschafter und Geschäftsführer bürgen, besteht für den Gläubiger kein schützenswertes Interesse daran, sich aus aktuellem Anlass nachträglich eine Sicherheit für sämtliche bestehenden Forderungen einräumen zu lassen und auf diese Weise seine Versäumnisse aus der Vergangenheit zu Ungunsten des Bürgen zu relativieren. Insoweit würde der Gläubiger aus aktuellem Anlass also seine Position als Kreditgeber missbräuchlich gegenüber dem Bürgen ausnutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bürgschaft der Höhe nach unbeschränkt oder beschränkt ist.109 Folglich ist eine formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle gegenwärtigen Forderungen gegenüber jedermann gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligend und daher unwirksam. (3) Wirksamkeit der Haftung für alle in Entstehung begriffenen Forderungen Die Beurteilung der formularmäßigen Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle in Entstehung begriffenen Forderungen kann nicht anders ausfallen als die zur Bürgenhaftung für alle gegenwärtigen Forderungen. Auch für alle in Entstehung begriffenen Forderungen hätte sich der Gläubiger bereits zuvor um eine Besicherung kümmern können. Nutzt er den konkreten „Anlass“ aus, diese vollumfänglich zu sichern, handelt er also auch hier missbräuchlich, so dass er nicht schutzwürdig ist. Demzufolge ist auch eine formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle in Entstehung begriffenen Forderungen stets unangemessen benachteiligend und damit gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. e) Rechtsfolge der grundsätzlich nicht in den Bürgschaftsvertrag einbezogenen bzw. unwirksamen globalen Sicherungsabrede aa) Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung Grundsätzlich ist die formularvertragliche Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle gegenwärtigen, künftigen und in Entstehung begriffenen Forderungen gemäß § 305 c Abs. 1 BGB nicht in den Vertrag mit einbezogen worden. Ist von diesem Grundsatz ausnahmsweise abzuweichen,110 ist sie allerdings grundsätzlich i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligend und damit unwirksam. Freilich bleibt der Bürgschaftsvertrag jedoch trotz Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit der globalen Sicherungsabrede gemäß § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen 107 108 109 110

BGHZ 143, 95 (101). Näher hierzu unter C. II. 1. e) bb). Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 633. Siehe zu den Ausnahmen unter C. II. 1. c) bb).

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wirksam. Streicht man nun konsequenterweise die Worte „alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen“ der Globalzweckerklärung, verbleibt schlussendlich zumindest sprachlich allerdings gar keine gesicherte Forderung mehr. Dennoch stellen sich Rechtsprechung111 und h.Lit.112 auf den Standpunkt, der Bürge sei nicht gänzlich von seiner Haftung befreit. Diesen Standpunkt begründet der BGH113 dogmatisch mit der Zielsetzung des AGB-Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt in der Praxis verwendeter oder empfohlener AGB hinzuwirken.114 Vor diesem Hintergrund sei die Totalnichtigkeit der Bürgschaft eine überschießende Rechtsfolge, da sie das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Bürgen verschiebe.115 Daher urteilte der BGH116 zunächst, es sei eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zu machen. Die Klausel sei zwar nicht sprachlich, jedoch immerhin gegenständlich in „Anlassforderung“ und alle übrigen Forderungen teilbar. Insofern sei die Klausel in die bloße (wirksame) Sicherung der „Anlassforderung“ umzuformulieren. Inzwischen folgert der BGH117 die Wirksamkeit der „Anlassforderung“ aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Und in der Tat ist die heutige Auffassung des BGH vorzugswürdig.118 Die Wirksamkeit der „Anlassforderung“ würde mit der früheren Ansicht119 nämlich auf dem methodisch misslichen Umstand beruhen, dass der Verwender die globale Zweckerklärung zunächst bedenkenlos zu seinen Gunsten formulieren dürfte, ehe das Gericht diese Formulierung auf seinen noch zulässigen Kern beschränken und dahingehend sogar umformulieren würde. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung hingegen tritt an die Stelle der Klausel diejenige Regelung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der AGB bekannt gewesen wäre.120 Auch wenn beide Wege in diesem Fall zum selben Ergebnis führen, ist die Diffe111

BGHZ 130, 19 (36 f.); 137, 153 (156); 142, 213 (212); 143, 95 (102). Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 52, § 767 Rn. 40; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 76; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 306 Rn. 13 b; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1625 f.; Bydlinski, WM 1992, 1301 (1306); Canaris, ZIP 1996, 1109 (1113); Altvater, WiB 1996, 374; Keim, DNotZ 1996, 283; Steiner, ZIP 1997, 1316; Weber, JuS 1997, 501 (506 f.); Fischer, WM 1998, 1705 (1710); Nobbe, BKR 2002, 747 (755); a. A. (für die Gesamtnichtigkeit der Bürgschaft) Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 25 Rn. 31; Schmitz-Herscheidt, ZIP 1997, 1140 (1142 f.). 113 BGHZ 130, 19 (36); 137, 153 (157). 114 Hierzu grundlegend BGHZ 84, 109 (116). 115 So schon BGHZ 90, 69 (77). 116 BGHZ 130, 19 (34 f.). 117 BGHZ 137, 153 (157); 143, 95 (102). 118 So auch Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 362; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 5. 119 Siehe Fn. 116. 120 So schon BGHZ 90, 69 (75); 117, 92 (98 ff.); 120, 108 (122). 112

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renzierung in der Methodik doch von Relevanz, da in anders gelagerten Fällen beide Wege durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Einer ergänzenden Vertragsauslegung infolge der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit einer AGB tritt allerdings eine zum Teil121 vertretene Ansicht mit Verweis auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion entschieden entgegen. Auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung werde die globale Zweckerklärung, wenn die „Anlassforderung“ nicht von ihrer Unwirksamkeit tangiert werde, auf ihren zulässigen Kern, eben die „Anlassforderung“, reduziert.122 Genau diese vertragsgestaltende Vorgehensweise durch die Gerichte solle aber gerade unterbleiben, denn sonst würde das Ziel des AGB-Rechts verfehlt werden, auf einen angemessenen Inhalt in der Praxis verwendeter oder empfohlener AGB hinzuwirken.123 Schließlich könne der Verwender so nämlich zunächst ungefährdet bis zur Grenze dessen gehen, was zu seinen Gunsten gerade noch vertretbarerweise angeführt werden könne. Die Kontroverse zwischen dieser zum Teil vertretenen Ansicht und der aktuellen Rechtsprechung wurzelt in der grundsätzlichen und zugleich heftig umstrittenen Frage, inwiefern eine ergänzende Vertragsauslegung vor dem Hintergrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion im Fall der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit einer AGB überhaupt durch die Gerichte angestrengt werden darf, wenn die Lücke der unwirksamen AGB nicht durch dispositives Recht gefüllt werden kann. Richtigerweise ist eine ergänzende Vertragsauslegung dann vorzunehmen, wenn die Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit dem Verwender im Lichte des Verhältnismäßigkeitsprinzips der Einschränkung seiner Privatautonomie nicht mehr zuzumuten ist.124 Und so liegt der Fall hier. Da es sich beim Bürgschaftsvertrag um einen einseitig begünstigenden Vertrag handelt, würde der Bürge bei einer Streichung der gesamten Sicherungsabrede als einseitig Verpflichteter ohne die Pflicht zur persönlichen Haftung im Falle des Ausfalls des Hauptschuldners den rechtlich maximalen Vorteil zugebilligt bekommen, während der eigentlich einseitig begünstigte Gläubiger reziprok den größtmöglichen Nachteil erleiden würde: Er stünde ohne Sicherheit da. Die Unangemessenheit dieser Rechtsfolge drängt sich also in geradezu evidenter Weise auf. Es „schreit“ förmlich nach einer ergänzenden Auslegung des Bürgschaftsvertrages. Diese wird generell immer zum Ergebnis kommen, dass das aktuelle Sicherungsbedürfnis des Gläubigers abgesichert ist, allerdings nichts was darüber hinaus geht. Denn genau das ist es, was beide Parteien bei sachgerechter Abwägung beiderseitiger Interessen vereinbart hätten.125 Zu welchen Ergebnissen dies im Einzelnen führt, wird im Folgenden Gegenstand der Untersuchung sein. 121 Schmitz-Herscheidt, ZIP 1997, 1140 (1142 f.); wohl auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 621. 122 Auf die Austauschbarkeit von ergänzender Vertragsauslegung und geltungserhaltender Reduktion hinweisend Hager, JZ 1996, 175 (176 f.). 123 Siehe Fn. 114. 124 Hierzu ausführlich unter B. II. 1. b) bb). 125 BGHZ 130, 19 (34); 137, 153 (159); 143, 95 (102); BGH, ZIP 2003, 1596 (1599); BAG, Urteil vom 27. April 2000 – 8 AZR 301/99 –, juris Rn. 76; OLG Köln, WM 2003, 2039 (2042);

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bb) Ergebnisse der ergänzenden Vertragsauslegung im Einzelnen (1) Sicherung eines Tilgungsdarlehens (a) Unbegrenzte Sicherung Gegenstand des aktuellen Sicherungsinteresses des Gläubigers im Zeitpunkt der Verbürgung ist bei der Gewährung eines Tilgungsdarlehens offenkundig der Anspruch auf Rückforderung der zur Verfügung gestellten Gelder aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, der auch den „Anlass“ für die Bestellung der Bürgschaft darstellt. Nicht allein aus Gründen des aktuellen Sicherungsbedürfnisses des Gläubigers, sondern schon aus Gründen der Akzessorietät der Bürgschaftsforderung zur Hauptverbindlichkeit beschränkt sich der Umfang der Sicherung des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Höhe des im Zeitpunkt der Verbürgung noch offenen Darlehensbetrages.126 (b) Auf einen Höchstbetrag begrenzte Sicherung Für den Sicherungsgegenstand bei der Vereinbarung einer Höchstbetragsbürgschaft ergibt sich nichts anderes.127 Auch hier besteht er in der Forderung aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB bis zur Höhe des im Zeitpunkt der Bürgschaftsbestellung noch offenen Darlehensbetrages. Freilich geht seine Haftung nur bis zum ausgemachten Höchstbetrag128 – dies zum einen deshalb, weil die Vereinbarung in aller Regel eine Individualvereinbarung darstellt und daher der Inhaltskontrolle entzogen ist, und zum anderen, weil es doch der eindeutige Parteiwille war, die Bürgenhaftung hierauf zu begrenzen. (2) Sicherung eines Kontokorrent- und Dispositionskredites (a) Vorab: Die gesicherte „Verbindlichkeit“ i. S. d. § 765 Abs. 1 BGB Den sich aus dem Einräumen eines Kontokorrent- oder Dispositionskredites ergebenen Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers erfüllt der Darlehensgeber gemäß § 488 Abs. 1 S. 1 BGB dadurch, dass er dem Darlehensnehmer den vereinbarten Betrag zur Verfügung stellt. Ein Zurverfügungstellen i. S. d. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB meint, dass der Darlehensnehmer die Valuta endgültig empfangen hat und sie aus dem Vermögen des Darlehensgebers endgültig ausgeschieden ist.129 Ein Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 5; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 362; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 72 ff.; Trapp, ZIP 1997, 1279 (1281); Fischer, WM 2001, 1049 (1053). 126 Im Ergebnis auch BGHZ 130, 19 (34); Nobbe, BKR 2002, 747 (755 f.). 127 Vgl. Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 361; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 618; Schwab, AGBRecht, Rn. 1613. 128 So zum Kontokorrentkredit Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 626; Tiedtke, ZIP 1998, 449 (452). 129 BGH, WM 1965, 496; 1978, 878; 1985, 221; 1985, 653.

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endgültiges Ausscheiden der Valuta aus dem Vermögen des Darlehensgebers i. d. S. liegt allerdings auch vor, wenn die Gelder dem Darlehensnehmer auf einem Kontokorrent- oder Dispositionskonto zur Verfügung gestellt werden, obwohl eine Übereignung des Geldes an den Darlehensnehmer erst mit der Auszahlung erfolgt.130 Eine Bürgschaft kann allerdings nur eine „Verbindlichkeit“ i. S. d. § 765 Abs. 1 BGB sichern. Und eine solche entsteht nicht bereits durch die Erfüllung der Pflicht des Darlehensgebers gemäß § 488 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern erst ab der Auszahlung von Geldern in Form der daraus resultierenden Forderungen. (b) Limitierter Kontokorrent- oder Dispositionskredit (aa) Unbegrenzte Sicherung Zutreffend stellen sich BGH131 und h.Lit.132 auf den Standpunkt, dass die ergänzende Auslegung einer Globalbürgschaft mit unwirksamer oder nicht in den Vertrag einbezogener Sicherungsabrede, die aus „Anlass“ der Einräumung eines Kontokorrent- oder Dispositionskredites gewährt wurde, die Sicherung der sich aus der Auszahlung von Geldern von dem Kontokorrent- oder Dispositionskonto ergebenen Forderungen bis zur Höhe der Begrenzung des Kredites zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft ergibt. Denn auch in diesem Fall hätten die Vertragsparteien eine Regelung getroffen, die sich am Sicherungsbedürfnis des Gläubigers im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme orientiert hätte. Und da sich jenes Sicherungsbedürfnis auf die Forderungen, die durch die tatsächliche Inanspruchnahme des Kontokorrent- bzw. Dispositionskredites entstehen können, mithin auf den „Anlass“ der Bürgschaftsbestellung bezog, ergibt auch eine ergänzende Auslegung des Bürgschaftsvertrages, dass der Bürge genau für diese Forderungen, eben bis zur Höhe des Kreditlimits, das zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft bestand, haften soll. (bb) Auf einen Höchstbetrag begrenzte Sicherung Wird eine Höchstbetragsbürgschaft übernommen, bei der der Höchstbetrag unterhalb des Betrages der Kreditlinie liegt, kann der Bürge freilich nur bis zum vereinbarten Höchstbetrag in Anspruch genommen werden.133 Denn zum einen stellt die Vereinbarung in aller Regel eine Individualvereinbarung dar und ist damit der Inhaltskontrolle entzogen, und zum anderen war es doch der eindeutige Parteiwille, die Bürgenhaftung hierauf zu begrenzen. 130

Statt aller Staudinger/Freitag, BGB, § 488 Rn. 154. BGHZ 130, 19 (34); 137, 153 (159). 132 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 5; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 362; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 76; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 624; Tiedtke, ZIP 1998, 449 f.; Nobbe, BKR 2002, 747 (757); a. A. Knops, in; Derleder/Knops/Bamberger, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 25 Rn. 31; Schmitz-Herscheidt, ZIP 1998, 1218 (1219). 133 So – soweit ersichtlich – ausdrücklich nur Tiedtke, ZIP 1998, 449 (452). 131

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Problematisch hingegen ist die Konstellation, in der der Höchstbetrag über die Höhe des Kreditlimits hinausgeht. Dann nämlich fragt es sich, ob die Haftung des Bürgen durch den Höchstbetrag oder das Kreditlimit beschränkt wird. Während in der wohl h.Lit.134 davon ausgegangen wird, dass der Bürge in diesem Fall bis zum Betrag des Kreditlimits hafte, sprechen sich das OLG Köln135 sowie eine vereinzelt in der Literatur vertretene Ansicht136 dafür aus, den Bürgen bis zum vereinbarten Höchstbetrag haften zu lassen. Letztere Ansicht ist vorzugswürdig. Die von der h.Lit. vertretene Position ist maßgeblich darauf gestützt, dass der Gläubiger missbräuchlich handele, wenn er dem Hauptschuldner zunächst einen geringeren Kreditrahmen einräume, um sich vor dem Hintergrund der unklaren Bonität des Hauptschuldners in der Zukunft nicht zu binden, dies aber gleichwohl vom Bürgen durch die Übernahme der Haftung auch für alle zukünftigen Forderungen verlange.137 Dieses Argument wusste vielleicht vor dem Hintergrund der alten Rechtsprechung zur Teilbarkeit der Sicherungszweckabrede in einen wirksamen und einen unwirksamen Part zu überzeugen,138 kann aus methodischen Gründen aber spätestens seit der zu befürwortetenden Rechtsprechungsänderung hin zur ergänzenden Vertragsauslegung eines Bürgschaftsvertrages mit nicht in den Vertrag einbezogener oder unwirksamer globaler Sicherungszweckabrede139 nicht mehr vorgetragen werden. Die ergänzende Vertragsauslegung fragt nämlich nicht danach, ob eine Regelung angemessen ist oder nicht, sondern lässt den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien zu Tage treten. Und dass dieser in der vorliegenden Konstellation in der Sicherung des laufenden Kredits bis zum vereinbarten Höchstbetrag besteht, ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass der Höchstbetrag in aller Regel als Individualabrede und damit vollends privatautonom vereinbart worden ist. Insofern offenbart der ausgemachte Höchstbetrag den eindeutigen Parteiwillen, den Bürgen über das ursprüngliche Kreditlimit hinaus zu haften lassen zu wollen. Zu keinem anderen Ergebnis kann somit eine ergänzende Vertragsauslegung kommen. (c) Unlimitierter Kontokorrent- oder Dispositionskredit (aa) Unbegrenzte Sicherung Erhebliche Schwierigkeiten bereitet die Frage, in welchem Umfang der Bürge haftet, wenn er sich aus Anlass eines unlimitierten laufenden Kredits formularmäßig und unwirksam für alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Gläubigers gegen den Hauptschuldner verbürgt hat. Vereinzelt wird vertreten, der Bürge hafte 134 Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 57; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 5; Reinicke/ Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 625; Tiedtke, ZIP 1998, 449 (451 f.). 135 OLG Köln, ZIP 1998, 465. 136 Schwab, AGB-Recht, Rn. 1615 ff. 137 Tiedtke, ZIP 1998, 449 (452). 138 Siehe Fn. 116. 139 Siehe Fn. 117.

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für den gesamten vom Hauptschuldner in Anspruch genommenen Betrag, wie hoch er auch immer sei. Als Grund hierfür wird einerseits angeführt, dass der Bürge sich kraft Individualabrede verpflichtet habe, für die sich aus dem laufenden Kredit ergebenen Forderungen unbegrenzt zu haften.140 Andererseits wird vorgetragen, die weite Zweckerklärung stelle bei der Sicherung eines unlimitierten Kontokorrentkredites die Hauptleistungspflicht dar.141 Nach beiden Begründungsansätzen soll der stets vom (individuellen) Sicherungswillen des Bürgen getragene „Anlass“ für die Bürgschaftsbestellung hier eben – dem Kontokorrentkredit entsprechend – unlimitiert sein. Und da weder eine Individualabrede noch die Hauptleistungspflicht Gegenstand einer AGB-Inhaltskontrolle sein können, entfalteten diese auch stets Wirksamkeit. Der BGH142 hingegen, dem die h.Lit.143 folgt, geht davon aus, dass die Bürgenhaftung lediglich bis zur Höhe des Sollsaldos reicht, der sich am Tag der Eingehung der Bürgschaft ergeben habe. Letztere Ansicht ist vorzugswürdig. Keine Zweifel kommen dabei auf, die globale Sicherungsabrede als AGB zu qualifizieren. Und ebenso unstrittig ist es, dass die Haftung für einen Kontokorrentund Dispositionskredit kraft Natur der Sache Haftung für künftige Forderungen ist,144 welche damit jedenfalls sprachlich von der weiten Sicherungsabrede umfasst sind. Wollte man mit der vereinzelt vertretenen Ansicht die Verpflichtung des Bürgen, für die Forderungen aus dem laufenden Kredit einzustehen, gleich wie hoch sie auch immer seien, als Individualabrede einordnen, müsste man sie demzufolge methodisch entweder trotz sprachlicher Einheit sachlich von der übrigen, sich aus der Sicherungsabrede ergebenen Haftung trennen oder den Bürgschaftsvertrag dahingehend auslegen, dass er zusätzlich zur globalen Sicherungsabrede eine derartige Individualabrede enthält.145 Beides ist nicht überzeugend. Während eine sachliche Trennung des Inhalts einer AGB trotz sprachlicher Einheit generell abzulehnen ist,146 ist auch regelmäßig kein Parteiwille erkennbar, die im wahrsten Sinne des Wortes globale Sicherungsabrede als zusätzlichen und de facto auch unbedeutenderen Part zur Festlegung der Bürgenhaftung in den Vertrag mit aufgenommen zu haben.147 Wer eine allumfassend wirkende Klausel formuliert, tut dies, um sich um Einzelheiten gerade keine Gedanken machen zu müssen. Es ist daher die volle Regelungsabsicht der Vertragsparteien, auch die Haftung des Bürgen für Forderungen aus dem lau140

Schwab, AGB-Recht, Rn. 1640. Masuch, BB 1998, 2590 (2592 ff.). 142 BGHZ 137, 153 (160). 143 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 5; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 362; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 76; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 626; Nobbe, BKR 2002, 747 (757); Fischer, WM 1998, 1705 (1710). 144 BGHZ 137, 153 (159). 145 So wohl Schwab, AGB-Recht, Rn. 1640; Masuch, BB 1998, 2590 (2592 ff.). 146 Siehe hierzu unter C. II. 1. e) aa). 147 So aber Schwab, AGB-Recht, Rn. 1640 Fn. 1236. 141

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fenden Kredit in der globalen Sicherungsabrede verortet zu haben. Eine Haftung des Bürgen für den gesamten vom Hauptschuldner in Anspruch genommenen Betrag, wie hoch er auch immer sei, ergibt sich regelmäßig zumindest nicht aus einer entsprechenden Individualabrede. Diejenige Bürgenhaftung, die die Vertragsparteien bei sachgerechter Abwägung beiderseitiger Interessen nach Treu und Glauben getroffen hätten, wenn sie die Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit der weiten Sicherungsabrede bedacht hätten, wäre mit der h.M. mutmaßlich eine solche hinsichtlich der sich aus dem Kontokorrentbzw. Dispositionskredit ergebenen Forderungen bis zum Tagessaldo des Termins des Bürgschaftsvertragsschlusses gewesen.148 Objektiver „Anlass“ für die Bestellung der Bürgschaft sind die sich aus dem Abheben von Geldern vom Kontokorrent- oder Dispositionskonto ergebenen Forderungen. Eine unbegrenzte Haftung für die Forderungen würde den Interessen des Bürgen wegen des unkalkulierbaren Risikos in krasser Weise zuwiderlaufen; auch eine Haftung für Forderungen aus einem laufenden Kredit bis zur Höhe des nächsten Rechnungsabschlusses birgt ein unüberschaubares wirtschaftliches Risiko des Bürgen, kann bis dahin der unlimitierte Kredit doch noch frei vom Hauptschuldner in Anspruch genommen werden.149 Beide Vertragsparteien, vor allem aber der Bürge, werden bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages stattdessen den Tagessaldo, der die aktuelle Verbindlichkeit widerspiegelt, im Blick haben. Daher ist der „Anlass“ unter Abwägung beiderseitiger Interessen im Umfang auch auf den Tagessaldo am Tag der Bürgschaftsbestellung zu begrenzen. Dass der Tagessaldo als solcher keinerlei Rechtswirkungen hat,150 sondern lediglich eine tatsächliche Information für den Hauptschuldner darstellt, ist für die ergänzende Auslegung des Bürgschaftsvertrages ohne Bedeutung.151 (bb) Auf einen Höchstbetrag begrenzte Sicherung Auch bei einer Höchstbetragsbürgschaft, die anlässlich eines unlimitierten Kontokorrent- oder Dispositionskredites gegeben wird, besteht die „Anlassforderung“ in der sich durch das Abheben von Geldern vom jeweiligen Konto ergebenen Forderungen bis zur Höhe des Saldos, wie er sich am Tage der Bestellung der Bürgschaft darstellt. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergibt daher die Sicherung eben jener Forderungen. Die Haftung des Bürgen für diese Forderungen ist freilich auf den vereinbarten Höchstbetrag begrenzt.152

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A. A. Masuch, BB 1998, 2590 (2592 ff.). Darauf hinweisend BGHZ 137, 153 (158 ff.); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 626. 150 BGHZ 73, 207 (210); 137, 153 (160). 151 Tiedtke, JZ 1998, 732 (735). 152 So – soweit ersichtlich – ausdrücklich nur Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 626. 149

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cc) Sicherung von Vertragszinsen der grundsätzlich allein wirksam gesicherten „Anlassforderung“ Zur wirksamen formularvertraglichen Sicherung von gesetzlich nicht von der Hauptschuld umfassten Nebenforderungen wie Vertragszinsen bedarf es auf Grund des Transparenzgebotes stets ihrer gesonderten Einbeziehung in die Sicherungszweckerklärung.153 Eine solche Bestimmung kann etwa wie folgt lauten: Die Bürgschaft umfasst die auf die Bürgschaftssumme entfallenden Zinsen.154 (Klausel Nr. 2)

Ist die Haftung für Vertragszinsen gesondert in eine unwirksame globale Sicherungszweckerklärung mit einbezogen worden, umfasst der im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ermittelte mutmaßliche Parteiwille regelmäßig auch die Sicherung der Vertragszinsen der grundsätzlich allein wirksamen „Anlassforderung“.155 Schwierigkeiten bereitet die Frage, ob der Bürge auch für eine zwischen Gläubiger und Hauptschuldner vereinbarte Zinsänderung zu einer Forderung, die vorher durch eine Bürgschaft mit einer nicht in den Bürgschaftsvertrag einbezogenen oder unwirksamen globalen Sicherungsabrede gesichert worden war, einzustehen hat, wenn sich die Änderung für ihn negativ auswirkt. Der BGH156 hatte dies für den Fall der Unwirksamkeit der globalen Sicherungsabrede in einer Sache zu entscheiden, in der eine Zinsänderungsklausel157 im Bürgschaftsformular nicht mit aufgenommen worden war. Zutreffend führt der BGH158 hierzu zunächst aus, dass sich grundsätzlich Änderungen der verbürgten Forderung, die den Hauptschuldner begünstigen, wegen der Akzessorietät der Bürgschaft gemäß § 767 Abs. 1 S. 1 BGB auch auf den Bürgen auswirken, während Verschlechterungen der Rechtsposition des Hauptschuldners gemäß § 767 Abs. 1 S. 3 BGB nicht gegen den Bürgen wirken. Dann sei für die Bürgenhaftung der Zustand der Hauptschuld maßgeblich, der sich darstellen würde, wenn die Hauptforderung keinerlei negativ für den Hauptschuldner auswirkenden Änderungen unterlegen und sie sich tatsächlich entwickelt hätte. Obwohl Gläubiger und Hauptschuldner im Rahmen einer Prolongation des Kredites eine (sich negativ für den Hauptschuldner auswirkende) Zinserhöhung vereinbarten, urteilte der BGH159, der Bürge habe auch für die erhöhten Zinsen einzustehen. Dieses Ergebnis stützt der BGH160 auf eine ergänzende Vertragsauslegung, die angezeigt sei, weil 153 Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; a. A. wohl Schwab, AGB-Recht, Rn. 1595. 154 Vgl. etwa BGH, WM 1984, 198 (199). 155 Vgl. BGH, NJW 2000, 2580, wonach sogar nachträglich für den Bürgen negativ angepasste vertragliche Zinsen von der Bürgenhaftung umfasst sein können. 156 BGH, NJW 2000, 2580. 157 Siehe zur Wirksamkeit einer Zinsänderungsklausel im Bürgschaftsvertrag unter C. II. 2. 158 BGH, NJW 2000, 2580 (2582). 159 BGH, NJW, 2000, 2580. 160 BGH, NJW 2580 (2582).

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Zinsänderungen schließlich im Bürgschaftsvertrag durch den zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages noch in ständiger Rechtsprechung161 wirksamen globalen Sicherungszweck (Sicherung aller künftigen Forderungen) von den Vertragsparteien bedacht gewesen seien. Wenn nunmehr aber nach der Änderung seiner Rechtsprechung162 die formularmäßige Haftung eines Bürgen für alle künftigen Forderungen grundsätzlich unwirksam sei, müsse anstelle der globalen Sicherungsabrede eine Regelung zur Zinserhöhung treten, die auf einer sachgerechten Abwägung beiderseitigen Interessen beruhe. Und da die Bürgenhaftung sich nach dem Willen der Vertragsparteien auch auf nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages erhöhte Zinsen der gesicherten Forderung erstrecken sollte, ergebe eine ergänzende Vertragsauslegung, dass die Haftung des Bürgen sich auch auf den erhöhten Zins erstrecke.163 Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen.164 Der BGH165 lehnt die Begründung zur ergänzenden Vertragsauslegung ausdrücklich an die zur Haftung des Bürgen für die „Anlassforderung“ trotz Unwirksamkeit der globalen Sicherungsabrede an. Dabei übersieht er, dass sich dort eine ergänzende Vertragsauslegung trotz Eingreifens des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion allein aus dem Umstand rechtfertigt, dass mit einer Gesamtnichtigkeit der Bürgschaft infolge der Unwirksamkeit der Sicherungsabrede ein Ergebnis resultieren würde, das für den Gläubiger unzumutbar wäre und daher dem Schutzzweck des AGB-Rechts zuwiderlaufen würde. Entgegen des Schutzzwecks des AGBRechts würde sich dort nämlich das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Bürgen verschieben.166 Eine vergleichbare einseitige Bevorteilung des Bürgen ist jedoch nicht dadurch zu befürchten, dass dieser nicht für einen variablen Zinssatzes haftet. So wurde der ursprünglich vereinbarte Zinssatz immerhin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrags noch für angemessen befundenen. Zwar dienen Zinsänderungen vornehmlich dazu, den Zinssatz den wechselnden und bei Vertragsschluss meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten, die maßgeblich durch den von der Zentralbank festgesetzten, oft schwankenden Diskontsatz beeinflusst werden, in marktkonformer Weise anzupassen,167 so dass der Gläubiger durchaus ein legitimes Interesse an einer dies ermöglichenden Vertragsregelung hat. Dennoch lässt das Fehlen einer solchen Regelung aus Sicht des Gläubigers nicht die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. So darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der Bürgschaft eben lediglich um ein „Reserverecht“ handelt. Für den Regelfall hingegen, der Inanspruchnahme des Hauptschuldners, wird dem legitimen Interesse des Gläubigers an einer Berücksichtigung 161 162 163 164 165 166 167

BGH, WM 1979, 884 (885); 1980, 770; 1985, 155 (157). BGHZ 137, 153; 143, 95. BGH, NJW 2000, 2580 (2582 f.). So im Ergebnis auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 620 ff. BGH, NJW 2000, 2580 (2582). Siehe unter C. II. 1. e). BGH NJW 2000, 2580 (2582).

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notwendig erhöhter Zinsen also immer noch durch eine entsprechende Vereinbarung unter den Vertragsparteien Rechnung getragen. Und da eine Korrektur des Zinssatzes nach unten genauso wahrscheinlich ist wie eine solche nach oben, Nachteile des Gläubigers im Falle des Ausfalls des Hauptschuldners wegen einer sich nicht auf in marktkonformer Weise erhöhte Zinsen erstreckenden Bürgenhaftung somit nicht vorgezeichnet sind, ist die Wahrscheinlichkeit einer Benachteiligung des Gläubigers nochmals verringert, was letztlich zur Beurteilung führt, dass eine solche Bürgenhaftung für den Gläubiger zumutbar ist. Dass der Bürge so das Privileg genießt, von Zinssenkungen zu profitieren, wegen erhöhter Zinsen allerdings nicht in Anspruch genommen werden zu können, steigert nicht die Benachteiligung des Gläubigers und führt insofern nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Eine ergänzende Vertragsauslegung, aus der sich eine Haftung des Bürgen auch für Zinserhöhungen ergibt, rechtfertigt sich des Weiteren nicht aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit. Dem Verwender kommt hier kein Vertrauensschutz hinsichtlich der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage zu.168 Zwar ging der Verwender der AGB hier wegen der zum Zeitpunkt des Bürgschaftsvertragsschlusses aktuellen Rechtsprechung von der Wirksamkeit der globalen Sicherungsabrede und damit der Bürgenhaftung für in Zukunft erhöhte Zinsen aus, doch stellt diese Rechtsprechung keinen solchen Vertrauenstatbestand dar. Wer sich nicht mit der gesetzlichen Regelung begnügt und zur Erweiterung seiner Rechte AGB verwendet, ist in der Regel eben nicht dadurch in seinem schutzwürdigen Vertrauen beeinträchtigt, dass eine Klausel geraume Zeit als wirksam erachtet wurde.169 Ob der BGH heute einen gleichgelagerten Fall noch genauso entscheiden würde, ist aber auch sehr fraglich. Er stützt sich in seinem Urteil170 doch erkennbar darauf, dass die Vertragsparteien wegen der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung von der Wirksamkeit der globalen Sicherungsabrede ausgegangen sind. Dies kann ihnen inzwischen nach der geänderten Rechtsprechung nicht mehr unterstellt werden.171 Jedenfalls sind die strengen Voraussetzungen zur gerichtlichen ergänzenden Vertragsauslegung trotz Eingreifens des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion letztlich nicht erfüllt. Der Bürge kann insofern richtigerweise nicht für eine nachträgliche Zinserhöhung in Anspruch genommen werden, die die Vertragsparteien im Formularvertrag unter die globale Sicherungsabrede gefasst haben.

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Allgemein zum Vertrauensschutz in die Fortgeltung der bisherigen Rechtslage BVerfGE 72, 175 (196); 74, 129 (152). 169 BGHZ 106, 42 (52); 132, 6 (11 ff.). 170 BGH, NJW 2000, 2580. 171 Zur Unwirksamkeit der formularmäßigen Erstreckung der Bürgenhaftung auf alle künftigen Forderungen siehe unter C. II. 1. d) bb) (1).

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dd) Wirksamkeit der Sicherung von Abänderungen oder Ersetzungen der „Anlassforderung“ Wurde gerade herausgestellt, dass trotz grundsätzlicher Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit der formularmäßigen globalen Sicherungsabrede die Sicherung der „Anlassforderung“ dennoch wirksam bleibt, geht es nun darum, welche Forderungen, die die wirksame „Anlassforderung“ abändern oder ersetzen, ebenso wirksam gesichert sind. Ins Blickfeld geraten dabei Forderungen, die aus einer Umschuldung der „Anlassforderung“ resultieren, und solche, die mit der Absicht noviert werden, die „Anlassforderung“ zum Erlöschen zu bringen. An der Wirksamkeit der in jedem Fall zunächst bestehenden Sicherung der „Anlassforderung“ wird damit allerdings nicht gerüttelt, schließlich bauen sowohl Umschuldung als auch derartige Novationen auf ihr auf. In erster Linie gibt zwar nicht das AGB-Recht, sondern das Akzessorietätsprinzip die Antwort auf die Frage, ob diese Forderungen wirksam gesichert sind, doch bietet sich dennoch eine Diskussion hierüber an dieser Stelle an, steht die Umschuldung doch im direkten Zusammenhang mit der „Anlassforderung“ und handelt es sich bei einer Novation um eine „künftige“ Forderung i. S. d. Globalzweckerklärung. Sowohl für die Umschuldung als auch für derartige Novationen eignet sich als Diskussionsgrundlage ein Urteil des BGH172 vom 30.09.1999. In der Sache hatte eine Sparkasse einer GmbH einen Kontokorrentkredit in Höhe von 100.000 E gewährt. Hierfür hatte ein Mitgesellschafter gebürgt. Darüber hinaus verpflichtete er sich formularvertraglich, auch für alle künftigen Forderungen einzustehen. Als der Mitgesellschafter bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden war, tilgte die Gesellschaft vereinbarungsgemäß mit einem neu bei der Sparkasse aufgenommenen Darlehen die Kontokorrentverbindlichkeiten. Für dieses Darlehen nahm die Sparkasse den ursprünglich für den Kontokorrentkredit bürgenden, nun ehemaligen Mitgesellschafter in Anspruch. (1) Umschuldung Der BGH173 stufte den Vorgang zwischen Gesellschaft und Sparkasse als bankinterne Umschuldung ein. Die Kontokorrentforderung habe also in Form einer Darlehensforderung weiter bestanden. Auch wenn diese Einordnung sehr fragwürdig ist,174 urteilte der BGH175 grundsätzlich richtig, dass ein Bürge auch für eine (umgeschuldete) „Anlassforderung“ einzustehen habe. Wahrscheinlich aus Gründen der Evidenz erläutert der BGH die Gründe für die Einstandspflicht des Bürgen in seiner Urteilsbegründung nicht näher. Sie ergibt sich aus der Akzessorietät der Bürgschaft zur „Anlassforderung“ im Umfang, handelt es sich doch nach wie vor um diejenige 172 173 174 175

BGH, NJW 1999, 3708. BGH, NJW 1999, 3708. Dazu ausführlich unter (2) Novation zur Ablösung der „Anlassforderung“ auf S. 93 f. BGH, NJW 1999, 3708.

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Forderung, die der Bürge gesichert hat, und ist nach § 767 Abs. 1 S. 1 BGB der jeweilige Bestand der gesicherten Hauptverbindlichkeit für die Bürgenhaftung maßgeblich. Erhöht sich infolge einer Umschuldung der Umfang der „Anlassforderung“, haftet der Bürge für die jeweilige Erhöhung auf Grund des Verbots der Fremddisposition gemäß § 767 Abs. 1 S. 3 BGB allerdings nicht.176 (2) Novation zur Ablösung der „Anlassforderung“ Dass das neu gewährte Darlehen die Kontokorrentverbindlichkeit vereinbarungsgemäß zum Erlöschen bringen sollte, verknüpft Darlehen und Kontokorrentkredit zwar in wirtschaftlicher wie auch rechtlicher Hinsicht, doch ändert diese Verknüpfung entgegen der Auffassung des BGH177 nichts daran, dass die Darlehensforderung rechtlich gesehen nicht aus dem Kontokorrentkredit hervorgegangen ist. Stattdessen gliederte sich die Ablösung des Kontokorrentkredits in zwei Schritte: die Gewährung des Darlehens und die anschließende Erfüllung der Kontokorrentverbindlichkeit. Darlehensforderung und Kontokorrentverbindlichkeit koexistierten also zumindest für kurze Zeit. Anstatt von einer Umschuldung ist im zugrunde liegenden Fall vielmehr von einer Novation der die Kontokorrentverbindlichkeit zum Erlöschen bringenden Darlehensforderung auszugehen.178 In einem solchen Fall, in dem eine Forderung noviert wird, um eine durch eine Bürgschaft gesicherte andere Forderung zum Erlöschen zu bringen, besteht die Bürgschaft an der novierten Forderung fort.179 Da es sich bei der novierten Forderung um eine „künftige“ Forderung im Sinne einer globalen Sicherungsabrede handelt, ist dies als Ausnahme vom Grundsatz, dass lediglich die „Anlassforderung“ durch eine formularmäßige globale Sicherungsabrede wirksam gesichert wird, zu werten. Zugleich durchbricht dieses Ergebnis die Akzessorietät der Bürgschaft zur (ursprünglichen) Hauptforderung im Erlöschen. Anstatt dass in der vorliegenden Sache also mit der Tilgung der Kontokorrentverbindlichkeiten auch die Bürgschaft erlischt, sichert die Bürgschaft die neue Kreditforderung in Höhe der erloschenen Kontokorrentverbindlichkeit. Legitimiert wird eine solche von der Akzessorietät der Bürgschaft abweichenden Betrachtung durch den Sicherungszweck der Bürgschaft.180 Nach diesem soll die Nichtleistung des Hauptschuldners wirtschaftlich kompensiert werden.181 Und da es sich bei der neuen Forderung, die vereinbarungsgemäß nur zur Entstehung gelangt, um hiermit eine andere, mittels Bürgschaft 176

So bereits BGH, NJW 1980, 2412 (2413). BGH, NJW 1999, 3708 (3709). 178 So auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 628. 179 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 628; generell gegen das Erlöschen der Bürgschaftsforderung bei „Vertragsänderungen“ BGH, NJW 2003, 59 ff.; 1999, 3708 (3709); Erman/Herrmann, BGB, § 767 Rn. 3; MüKoBGB/Habersack, § 767 Rn. 3 („Schuldänderung“); Jauernig/Stadler, BGB, § 767 Rn. 6 („Schuldumschaffung“). 180 Zum Sicherungszweck als Hintergrund für gesetzliche Ausnahmen vom Akzessorietätsprinzip siehe unter B. I. 1. b) aa). 181 Siehe unter B. I. 1. b) aa). 177

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gesicherte Forderung zu tilgen, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ab Tilgung um dieselbe Forderung handelt, widerspräche es in signifikanter Weise dem Sicherungszweck der Bürgschaft, starr einem Akzessorietätsdogma wegen einer bloß juristischen Trennung beider Forderungen nachzugeben. Dies wird nicht zuletzt auch dadurch bekräftigt, dass dieser Vorgang sich in wirtschaftlicher Hinsicht im Ergebnis nicht von der Umschuldung unterscheidet, bei der bezeichnenderweise keine Zweifel an der anhaltenden Sicherung mittels Bürgschaft aufkommen. 2. Haftung des Bürgen für Vertragszinsen a) Inhalt und Zweck der Klausel Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass ein Darlehen im Regelfall entgeltlich, d. h. verzinst ausgereicht wird.182 Daher ist in den Wortlaut des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB auch die Pflicht des Kreditnehmers zur Zahlung eines vereinbarten Zinses mit aufgenommen worden. Dass der Darlehensgeber sich die Zahlung eines Zinses versprechen lässt, ist bereits dadurch gerechtfertigt, dass er auf den eigenen Gebrauch der zur Verfügung gestellten Mittel verzichtet und darüber hinaus das Ausfallrisiko des Kreditnehmers trägt. Dennoch sieht das Gesetz die Haftung des Bürgen für Vertragszinsen nicht vor. Obwohl ausdrücklich in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB mit aufgenommen, ist die Zahlung von Vertragszinsen nämlich kein Bestandteil der Hauptverbindlichkeit gemäß der §§ 767 Abs. 1 S. 1, 488 BGB.183 Auch sind sie nicht Teil des die Bürgenhaftung erweiternden § 767 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB. Um dies zu kompensieren, findet sich in zahlreichen Bürgschaftsformularen eine Klausel, die die Haftung des Bürgen auf eine solche auch für Vertragszinsen erweitert. Vertragszinsen stehen dabei in aller Regel in einer Reihe mit weiteren Posten: „Die Bürgschaft umfasst zusätzlich Zinsen, Provisionen und Kosten, die aus den verbürgten Ansprüchen oder durch deren Geltendmachung entstehen.“184 (Klausel Nr. 3 a))

Mit einer derartigen Formulierung umfasst die Bürgenhaftung nach dem Wortlaut sowohl Zinsen, die sich mittels eines festen als auch mittels eines variablen Zinssatzes errechnen. Der Klarstellung halber bietet es sich für den Fall, dass die Hauptverbindlichkeit im Darlehensvertrag als variabel verzinslich festgelegt worden ist, an, noch einen gesonderten Hinweis auf die variable Verzinsung mit aufzunehmen. Dieser kann etwa wie folgt formuliert werden: Die von der Bürgenhaftung umfassten Vertragszinsen errechnen sich mittels eines variablen Zinssatzes. Der variable Zinssatz ist im Darlehensvertrag wie folgt festgelegt worden: [Text des Darlehensvertrages]. (Klausel Nr. 3 b))

182

RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 253. Vertragszinsen als Nebenforderungen i. S. d. § 4 ZPO einordnend RGZ 56, 256 (257). 184 So in BGH, NJW 2002, 3167; OLG Koblenz, WM 2000, 28 (29); OLG Köln, Urteil vom 22. Januar 2003 – 13 U 198/01 -, juris Rn. 9. 183

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b) Einbeziehung der Klausel Soweit ersichtlich ist bislang weder in Rechtsprechung noch Literatur ausdrücklich die Frage diskutiert worden, ob die Erstreckung der Bürgenhaftung auf Vertragszinsen grundsätzlich Bestandteil eines Formularvertrages wird. aa) Fester Zinssatz Die Bürgenhaftung für Vertragszinsen ist gängige Praxis185 und gehört zu den typischen Erwartungen eines Bürgen. Die Verzinsung der Darlehensvaluta entspricht nicht nur dem Regelfall und hat daher sogar ausdrückliche Erwähnung in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gefunden, sie ist auch interessengerecht.186 Dieses berechtigte Interesse des Darlehensgebers ist offensichtlich und daher dem typischen Teilnehmer am Geschäftsverkehr auch bekannt. Es drängt es sich dem Bürgen regelrecht auf, dass der Darlehensgeber die Vertragszinsen gesichert sehen will. Die Erstreckung der Bürgenhaftung auf Vertragszinsen ist damit grundsätzlich nicht ungewöhnlich i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. bb) Variabler Zinssatz Der typische Bürge rechnet mit seiner Einstandspflicht für Vertragszinsen. Dies wird man für den Regelfall auch für die Erstreckung seiner Haftung auf Vertragszinsen bejahen müssen, die auf einem variablen Zinssatz187 beruhen. Vor allen Dingen nämlich entspricht eine Zinsanpassungsklausel den typischen und damit auch für jedermann offensichtlichen Interessen des Gläubigers. So ist es durch die Vereinbarung einer solchen Klausel möglich, geänderte Refinanzierungsmöglichkeiten des Gläubigers zu berücksichtigen.188 Daher fehlt es im Regelfall schon an der Ungewöhnlichkeit der Klausel. Zudem wird sie den Bürgen regelmäßig nicht i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB überraschen. Schließlich ist die variable Verzinsung stets aus dem der Bürgschaft zugrunde liegenden Darlehensvertrag ersichtlich.189 Grundsätzlich ist der Tatbestand des § 305 c Abs. 1 BGB damit auch bei einer variablen Sicherung von Vertragszinsen nicht erfüllt. Die Klausel wird regelmäßig Bestandteil des Bürgschaftsvertrages.190 185

Vgl. etwa Fn. 184. Siehe bereits unter C. II. 2. 187 Zu den Anforderungen an eine wirksame Vereinbarung eines variablen Zinssatzes im Darlehensvertrag Staudinger/Freitag, BGB, § 488 Rn. 190 ff.; MüKoBGB/Berger, § 488 Rn. 173 ff.; Lange, in: Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht I, § 488 Rn. 40 ff. 188 Vgl. BGH, ZIP 2000, 962 (964). 189 Maßgeblich hierauf zur Begründung der Einbeziehung der Klausel abstellend Rösler/ Fischer, BKR 2006, 50 (55). 190 So wohl auch Nobbe, in: Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht II, § 765 Rn. 47; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77. 186

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c) Wirksamkeit der Klausel aa) Fester Zinssatz Zu Recht stellen sich sowohl Rechtsprechung191 als auch Literatur192 auf den Standpunkt, dass eine Erstreckung der Bürgenhaftung auf Vertragszinsen an sich wirksam mittels Formularvertrag vereinbart werden kann. Finden Vertragszinsen im Individualbürgschaftsvertrag nicht ausdrückliche Erwähnung, ist mittels Vertragsauslegung festzustellen, ob sich die Bürgenhaftung auf diese erstrecken soll.193 Ist der Bürgschaftsvertrag hingegen formularvertraglich geschlossen worden, bedarf es auf Grund des Transparenzgebotes zur Erstreckung der Bürgenhaftung auf Vertragszinsen ihrer ausdrücklichen Einbeziehung in die Sicherungszweckabrede.194 Eine solche Nebenabrede, die die Hauptabrede gemäß den §§ 765 Abs. 1, 767 BGB erweitert, unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.195 Dass der Bürge nicht lediglich für die Hauptverbindlichkeit einstehen soll, ordnet das Gesetz bereits ausdrücklich in § 767 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB an. Genauso wie die dort aufgeführten Posten stehen auch die Vertragszinsen im Zusammenhang mit der Hauptverbindlichkeit. Insofern entspricht die Klausel gar im Wesentlichen den gesetzlichen Regelungen.196 Im Unterschied zu § 767 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB wird die Haftung des Bürgen mit der Klausel lediglich noch stärker an die Hauptverbindlichkeit angelehnt, als es das Gesetz bereits vorsieht. Zwar entfernt sich damit eine derartige Bestimmung auf der einen Seite vom Gesetz, doch intensiviert sie auf der anderen Seite die Akzessorietät der Bürgenschuld zur Hauptverbindlichkeit, immerhin ein wesentliches Prinzip des Bürgschaftsrechts.197 Insofern ist bereits fraglich, ob vom Akzessorietätsprinzip als allgemeines Prinzip der §§ 765 ff. BGB überhaupt abgewichen wird. In jedem Fall aber ist eine derartige Intensivierung der Akzessorietät nicht i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unvereinbar. Mit Blick auf den Gerechtigkeitsgehalt der Rechtsordnung198 fließen beide normative – und damit besonders gewichtige – Wertungen auch in die Interessenabwägung gemäß § 307 191

Vgl. BGH, WM 1984, 198; ZIP 2000, 962. Vgl. Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 38; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 363; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39; Rösler/Fischer, BKR 2006, 50 (55). 193 BGHZ 77, 256 (259); Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; Nobbe, in: Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht II, § 765 Rn. 47; BankR-Hdb/ Nobbe, § 91 Rn. 203. 194 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39. 195 Vgl. BGH, NJW 2002, 3167 (3169). 196 So Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 38. 197 Siehe hierzu ausführlich unter B. I. 3. a). 198 Siehe unter B. Fn. 246. 192

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Abs. 1 S. 1 BGB ein, heben sich allerdings gegenseitig auf. Führt man sich das berechtigte Interesse des Kreditgebers an der Sicherung der Vertragszinsen199 vor Augen, wird jedoch deutlich: Die Klausel besitzt keinen unangemessenen Charakter i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. bb) Variabler Zinssatz Der BGH200 hält eine formularvertragliche Erstreckung der Bürgenhaftung auf variable Darlehensvertragszinsen für wirksam. Zu Recht gibt es – soweit ersichtlich – in der Literatur201 hierzu im Grundsatz keine Gegenstimmen, auch wenn der Bürge infolgedessen seine Haftung am Tage seiner Verbürgung nicht genau beziffern kann. Nicht überzeugend ist es allerdings, soweit zum Teil202 gefordert wird, dass ausdrücklich auf einen variablen Zinssatz im Bürgschaftsformular hingewiesen werden müsse, um dem Transparenzgebot zu genügen. Zinsänderungen dienen vornehmlich dazu, den Zinssatz den wechselnden und bei Vertragsschluss meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten des Kreditgebers, die maßgeblich durch den von der Zentralbank festgesetzten und schwankenden Diskontsatz beeinflusst werden, in marktkonformer Weise anzupassen.203 Der Kreditgeber hat also durchaus ein legitimes Interesse an einer Regelung im Darlehensvertrag, die genau dies ermöglicht. Indes sind von der Rechtsprechung derartigen Klauseln in Darlehensverträgen enge Grenzen gesetzt worden. So müssen etwa für Zinserhöhungen die gleichen Voraussetzungen und Parameter wie für Zinssenkungen gelten (sog. „Anpassungssymmetrie“) und die entsprechenden Parameter zudem eindeutig festgelegt sein.204 Da die Bürgenschuld akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit ist, steht der Bürge selbstverständlich auch nur für Zinserhöhungen, die auf der Grundlage einer wirksamen Bestimmung im Darlehensvertrag basieren, ein. Wenn ihm unter dieser Prämisse zum einen auf Grund des Transparenzgebotes die Konditionen der Zinsanpassung im Darlehensvertrag ohne Weiteres ersichtlich sind und zum anderen Zinsanpassungen seine Haftung im Vergleich zum Zinssatz am Tage der Übernahme seiner Bürgschaft auch verringern können, liegt der Gedanke, der Bürge sei hierdurch unangemessen benachteiligt, schlicht fern. Vor allem die „Anpassungssymmetrie“ schließt eine unangemessene Benachteiligung des Bürgen aus. Ebenso wie der Kreditnehmer erhält 199

Siehe unter C. II. 2. BGH, NJW 2000, 2580 (2582). 201 Vgl. MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 3; Rösler/ Fischer, BKR 2006, 50 (55). 202 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39. 203 BGH, NJW 2000, 2580 (2582). 204 BGHZ 185, 166 (175); Staudinger/Freitag, BGB, § 488 Rn. 194 f.; MüKoBGB/Berger, § 488 Rn. 175 ff.; Fandrich, in Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Darlehensvertrag, Rn. 88; Ellenberger, Festschrift Hopt, S. 1757; Schimansky, WM 2001, 1169 (1173); Bruchner, BKR 2001, 16; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214 (216). 200

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der Bürge nämlich als Ausgleich für die Gefahr, dass der Zinssatz sich erhöht, genauso die Chance, in Zukunft von einem niedrigeren Zinssatz zu profitieren. Der Gläubiger nimmt die Vertragsgestaltung also gerade nicht einseitig und missbräuchlich i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB für sich in Anspruch, sondern berücksichtigt die Belange des Bürgen angemessen, indem er für einen derartigen (angemessenen) Ausgleich sorgt. Entgegen zum Teil205 vertretener Ansicht, nach der der Bürge für variable Zinsen aus dem gesicherten Kreditvertrag nur hafte, wenn die entsprechende Klausel einen ausdrücklichen Hinweis auf die Variabilität des Zinssatzes beinhalte,206 ist dem Transparenzgebot genüge getan, wenn generell auf die Erstreckung der Bürgenhaftung auf vertragliche Zinsen aus dem Kreditvertrag hingewiesen ist. Auch im Falle einer Haftung des Bürgen für Zinsen, die aus einem festen Zinssatz resultieren, reicht unstreitig die generelle Bezugnahme auf die vertraglichen Zinsen aus dem Kreditvertrag, ohne die genaue Zinshöhe zu benennen. Will der Bürge wissen, welcher Zinssatz hinsichtlich der vertraglichen Zinsen, für die er haftet, maßgeblich ist, muss er einen Blick in den gesicherten Kreditvertrag werfen. Weshalb aber sollte ihm dieser Aufwand erspart werden, wenn der variable Zinssatz – wie zuvor heraus gearbeitet – keine für ihn per se nachteilige Regelung darstellt, sondern dieser sich auch zu seinen Gunsten auswirken kann? Dies kann auch nicht mit der reellen Gefahr einer Zinssatzerhöhung begründet werden. Denn informiert der Bürge sich nicht über den in der Hauptverbindlichkeit vereinbarten Zinssatz, kommt es ihm für die Übernahme seiner Haftung auch nicht auf eine bestimmte Zinssatzhöhe an. Überprüft er hingegen den Zinssatz des der Bürgschaft zugrunde liegenden Darlehensvertrages, wird er zwangsläufig auch über dessen etwaige Variabilität stolpern. 3. Haftung des Bürgen für Zinsen, Provisionen und Kosten über den Betrag einer Höchstbetragsbürgschaft hinaus a) Inhalt und Zweck der Klausel Offensichtliche Zwecke einer Höchstbetragsbürgschaft sind es, das Risiko des Bürgen zu begrenzen und für ihn von vorneherein kalkulierbar zu machen. Dies bietet sich in erster Linie bei Bürgschaften zu laufenden Krediten, also allen voran Kontokorrent- und Dispositionskrediten an, da hier der vom Hauptschuldner tatsächlich in Anspruch genommene Betrag – und damit auch der Umfang der Bürgenhaftung (§ 767 Abs. 1 S. 1 BGB) – von individuellen Umständen abhängt, die zumeist zum Zeitpunkt der Bürgschaftsbestellung noch nicht vorhersehbar sind. Jenseits des Höchstbetrages kann der Bürge schließlich nicht mehr in Anspruch genommen werden. Gleichwohl hat die Kreditsicherungspraxis eine Klausel hervorgebracht, die

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Siehe Fn. 202. So etwa formuliert in Klausel Nr. 3 a) unter C. II. 2.

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die Haftung des Bürgen über den jeweiligen Höchstbetrag hinaus auszuweiten versucht: „Die Bürgschaft umfasst zusätzlich Zinsen, Provisionen und Kosten, die aus den verbürgten Ansprüchen oder durch deren Geltendmachung entstehen, und zwar auch dann, wenn dadurch der oben genannte Betrag überschritten wird. Dies gilt auch dann, wenn Zinsen, Provisionen und Kosten durch Saldenfeststellungen im Kontokorrent Teil der Hauptschuld werden und dadurch der oben genannte Betrag überschritten wird.“207 (Klausel Nr. 4)

Das Gesetz ordnet eine Haftung des Bürgen für Zinsen und Kosten nur in begrenztem Umfang an. Ausgangspunkt der Bürgenhaftung ist § 767 Abs. 1 S. 1 BGB. Hiernach ist für die Verpflichtung des Bürgen der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt gemäß § 767 Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verzug und Verschulden des Hauptschuldners geändert wird. Daneben haftet der Bürge gemäß § 767 Abs. 2 BGB auch für die dem Gläubiger vom Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und Rechtsverfolgung. Mit diesen Erweiterungen der Hauptschuld sind daher solche gemeint, die sich ex lege aus dem Hauptschuldverhältnis ergeben.208 Die zitierte Klausel aber geht über jene gesetzlich angeordnete Bürgenhaftung hinaus, soweit sie die Haftung des Bürgen auch für Vertragszinsen vorsieht.209 Des Weiteren soll der Bürge über den vereinbarten Höchstbetrag hinaus haften – dies im Übrigen auch dann, wenn jene Zinsen, Provisionen und Kosten durch Saldenfeststellung im Kontokorrent Teil der Hauptschuld werden. Damit beinhaltet jene Klausel zwei wesentliche Bestimmungen: Zum einen bestimmt sie die Haftung des Bürgen für Zinsen, Provisionen und Kosten in einem über den gesetzlichen Umfang hinausgehenden Maß überhaupt. Denklogisch erst im zweiten Schritt schließt sich hier die zusätzliche Bestimmung zum Haftungsumfang über den Höchstbetrag hinaus an. b) Einbeziehung der Klausel Für den Fall einer drucktechnischen Hervorhebung der Überschrift „Höchstbetrag“ sowie des Höchstbetrages selbst haben das OLG Nürnberg210 und das OLG Hamm211 die Auffassung vertreten, dass eine Bestimmung, die die Bürgenhaftung über den Höchstbetrag hinaus erweitert, überraschend sei. Unabhängig von einer etwaigen Drucktype hat erstmals das OLG Celle212 geurteilt, dass eine derartige Klausel sowohl überraschend als auch unwirksam sei. Zu diesem Zeitpunkt hielt der 207 208 209 210 211 212

So in BGH, NJW 2002, 3167. Siehe unter B. I. 1. b) cc) (1). Vgl. BGHZ, 151, 374; dies verkennend Schwab, AGB-Recht, Rn. 1595. OLG Nürnberg, WM 1991, 985. OLG Hamm, WM 1995, 1872. OLG Celle, Urteil vom 15.11. 1995 – 3 U 252/94.

II. AGB zum Sicherungsumfang

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BGH213 die fragliche Klausel freilich weder für überraschend noch unwirksam. Seit seiner letzten Entscheidung allerdings lässt der BGH214 die Frage der Einbeziehung der Klausel mit Verweis auf ihre Unwirksamkeit als Ergebnis einer Inhaltskontrolle dahinstehen. Methodisch glücklicher wäre es indes gewesen, die Einbeziehung der Klausel in der Urteilsbegründung vor der Wirksamkeit der Klausel zu diskutieren. Denn nur eine einbezogene Klausel kann unter logischen Gesichtspunkten auch der Inhaltskontrolle unterliegen.215 Nach zutreffender Ansicht der h.Lit.216 wird die Klausel gemäß § 305 c Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil. Der mit einer Regelung befolgte Zweck gibt oftmals auch Aufschluss über die typischen Erwartungen der Vertragsparteien. Liegt der Zweck der Vereinbarung einer Höchstbetragsbürgschaft aus Sicht des Bürgen darin, sein Risiko einerseits zu begrenzen und andererseits kalkulierbar zu machen, wird es für ihn dementsprechend überraschend sein, diese Zwecke auf Grund einer anderen Klausel zu verfehlen. Und in der Tat ist die Haftung des Bürgen infolge der fraglichen Klausel weder auf den Höchstbetrag begrenzt noch ist sie für ihn kalkulierbar. Dass die Bürgenschuld über den Höchstbetrag hinausgeht, ordnet die fragliche Klausel ausdrücklich an. Je nachdem, wie sich der Bestand der Hauptverbindlichkeit entwickelt, kann die Bürgenschuld gar um ein Vielfaches des Höchstbetrages anwachsen. Unmittelbar damit einher geht freilich auch eine fehlende Kalkulierbarkeit der Bürgenhaftung: Ohne jener Entwicklung detailliert nachzugehen, kann der Bürge den Umfang seiner Haftung nicht mehr feststellen.217 c) Wirksamkeit der Klausel Sowohl der BGH218 als auch die h.Lit.219 halten eine solche über den Höchstbetrag hinausgehende Haftung des Bürgen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB für unwirksam. 213

BGH, NJW 1980, 2131; WM 1984, 198; NJW 1994, 2146. BGH, NJW 2002, 3167 (3169). 215 So grundsätzlich auch Staudinger/Mäsch, BGB, § 305 c Rn. 10; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 6; OLG Karlsruhe, NJW 1981, 405 (406); Stoffels, AGB-Recht, Rn. 330; anders – insbesondere wegen der identischen Rechtsfolge gemäß § 306 Abs. 1 BGB – die h.M., vgl. BGH, WM 1988, 1780; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 5; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 c Rn. 6. 216 MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39 f.; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 215; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1599; für den nichtkaufmännischen Verkehr auch MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 111; nur im Zusammenhang gesonderter drucktechnischer Hervorhebungen Seidel/Brink, DB 1997, 1961 (1964). 217 Schwab, AGB-Recht, Rn. 1598; aus diesem Grund einen Verstoß gegen das Transparenzgebot annehmend MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 111; Pape, NJW 1996, 887 (890). 218 BGH, NJW 2002, 3167 (3169). Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 363; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 7; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 40; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 111; Palandt/ 214

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Richtigerweise entfaltet sie mit einer vereinzelt im Schrifttum vertretenen Ansicht220 auf Grund des Vorrangs der Individualabrede in aller Regel schon keine Wirkung. Soweit die Klausel in ihrem ersten Teil hinsichtlich Zinsen, Provision und Kosten eine Haftung über den gesetzlichen Umfang hinaus bestimmt, unterliegt sie als eine Nebenabrede, die die Hauptabrede gemäß den §§ 765 Abs. 1, 767 BGB erweitert, gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.221 Die Aufnahme einer solchen Haftungserweiterung ist jedoch, was ihre Wirksamkeit anbetrifft, unbedenklich.222 Einschlägig sind insoweit vergleichbare Überlegungen, die bereits zur Wirksamkeit einer AGB, die die Haftung des Bürgen für Vertragszinsen anordnet, angestellt worden sind:223 Die Klausel ähnelt ebenso § 767 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB. Zugleich intensiviert sie ebenfalls die Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit. Die AGB erfüllt also nicht den Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Neben den Zinsen sind auch Provisionen und Kosten, die aus den verbürgten Ansprüchen oder deren Geltendmachung entstehen, für den Bürgen aus dem Darlehensvertrag ersichtlich. Als typische Posten im Zusammenhang mit der Gewährung eines Darlehens hat der Darlehensgeber darüber hinaus ein legitimes Interesse, neben Zinsen auch Provisionen und Kosten zu sichern. Die fragliche Klausel benachteiligt den Bürgen mithin auch nicht unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Die formularvertragliche Regelung einer Bürgenhaftung über den vereinbarten Höchstbetrag hinaus erweitert allerdings im Unterschied zur Erstreckung der Einstandspflicht des Bürgen für Vertragszinsen die Hauptverbindlichkeit nach §§ 765 Abs. 1, 767 BGB nicht. Sie weicht auch nicht von einer anderen gesetzlichen Regelung, insbesondere nicht von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB ab, sondern vielmehr von der

Sprau, § 765 Rn. 24; Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (11); wohl auch Heinrichs, NJW 1996, 1381 (1386); Pape, NJW 1996, 887 (890). 219 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 363; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 7; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 40; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 111; Palandt/Sprau, § 765 Rn. 24; Grüneberg, WM 2010, Sonderbeilage 2, 1 (11); wohl auch Heinrichs, NJW 1996, 1381 (1386); Pape, NJW 1996, 887 (890). 220 So Schwab, AGB-Recht, Rn. 1599. 221 BGH, NJW 2002, 3167 (3169). 222 Vgl. RG, JW 1912, 343; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 39; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; gar eine Haftung des Bürgen für Zinsen der Hauptschuld ohne ausdrückliche Bestimmung bejahend BGHZ 77, 256 (259); im Zweifel eine solche auch annehmend Planck/ Oegg, BGB, § 767 Anm. 4; OLG Braunschweig, OLGE 23, 53; speziell zur Wirksamkeit der formularvertraglichen Regelung über die Haftung des Bürgen für Provisionen RG, JW 1912, 343; zur Wirksamkeit der formularvertraglichen Regelung über die Haftung des Bürgen für Kosten im Zusammenhang mit der Hauptschuld MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 77; Nobbe, in: Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht II, § 765 BGB Rn. 47. 223 Siehe unter C. II. 2. c) aa).

II. AGB zum Sicherungsumfang

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vertraglichen Vereinbarung einer Bürgenhaftung bis zu einem Höchstbetrag.224 Ob sie dennoch der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB zugänglich ist, weil sie sprachlicher Bestandteil einer Klausel ist, die außerdem eine Erweiterung der Hauptabrede gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB enthält, indem sie die Bürgenhaftung für Posten anordnet, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen, ist sehr fraglich,225 im Ergebnis aber unerheblich. Die Aufnahme eines Höchstbetrages in den Bürgschaftsvertrag wird regelmäßig in Form einer Individualvereinbarung erfolgen. Und da solche gemäß § 305 b BGB stets Vorrang vor AGB haben, kann die formularvertragliche Erweiterung der Bürgenhaftung über den Höchstbetrag hinaus gar keine praktische Wirkung entfalten. Der Bürge kann insofern nicht über den Höchstbetrag hinaus in Anspruch genommen werden. 4. Haftung des Bürgen für die an die Stelle der Hauptverbindlichkeit getretenen Ansprüche aus Bereicherungsrecht und Rückgewährschuldverhältnis a) Inhalt und Zweck der Klausel Die Bürgschaftsforderung ist zur Hauptverbindlichkeit akzessorisch im Fortbestand:226 Ist die Hauptverbindlichkeit von Anfang an unwirksam oder erlischt sie, besteht auch die Bürgschaftsforderung nicht bzw. nicht mehr fort (vgl. §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 S. 1 BGB). Dennoch können zwischen Gläubiger und Hauptschuldner rechtliche Beziehungen bestehen (bleiben). Insbesondere kann der Gläubiger regelmäßig seine etwaigen bereits getätigten Leistungen zurückverlangen. Ist die Hauptverbindlichkeit nichtig, ergibt sich dieser Anspruch in aller Regel aus dem Bereicherungsrecht. Infolge eines Widerrufs oder Rücktritts vom Vertrag entsteht ein solcher Anspruch im Rahmen eines Rückgewährschuldverhältnisses. Selbstverständlich hat der Gläubiger auch hinsichtlich dieser Ansprüche ein Sicherungsinteresse. Es fällt auch nicht geringer aus, wenn für das Zurückverlangen seiner Leistungen nicht die Anspruchsgrundlage des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB maßgeblich ist, sondern sich ein Anspruch aus dem Bereicherungsrecht oder aus einem Rückgewährschuldverhältnis ergibt. Um Vorsorge für den Fall zu treffen, dass die Hauptverbindlichkeit nichtig sein oder später erlöschen könnte, erstrecken Gläubiger ab und an die Haftung des Bürgen auch auf die dann einschlägigen genannten Ansprüche.227 Inwieweit sie nämlich bereits von § 767 Abs. 1 S. 2 BGB umfasst sind,

224 Darauf hinweisend González-Vázquez, WiB 1997, 547 (548); Schwab, AGB-Recht, Rn. 1599. 225 Für den Fall der sprachlichen Einheit zwischen kontrollfreier Leistungsbestimmung und kontrollfähiger Nebenabrede die gesamte Klausel der Inhaltskontrolle unterwerfend BGH, NJW 2013, 995 (999). 226 Siehe näher hierzu unter B. I. b) bb) (5). 227 So auch in BGH, NJW 1992, 1234.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

wird nicht einheitlich beurteilt.228 In einen Formularvertrag könnte dies etwa folgendermaßen formuliert aufgenommen werden: Die Sicherung der Bürgschaft umfasst gesetzliche Ansprüche des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, die an die Stelle der Hauptverbindlichkeit treten. Dies gilt insbesondere für Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis und für solche wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Hauptschuldners. (Klausel Nr. 5)

b) Einbeziehung der Klausel Teilweise229 wird vertreten, die fragliche AGB sei generell überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB und werde daher stets kein Vertragsbestandteil. Nach dem BGH230 und der h.Lit.231 hingegen ist sie grundsätzlich nicht überraschend und wird damit in den Vertrag einbezogen. Letzterer Ansicht ist zuzustimmen. Der durchschnittliche Bürge rechnet mit einer solchen Regelung. Als Begründung hierfür wird vor allen Dingen angeführt, dass die fragliche Klausel der gängigen Kreditpraxis entspreche.232 Des Weiteren wird vereinzelt233 das – zweifelsohne bestehende – Sicherungsbedürfnis des Hauptschuldners an der Rückführung seiner bereits getätigten Leistungen hervorgehoben. Richtig ist, dass auch dies dem Bürgen förmlich „ins Auge springt“ und er insofern regelmäßig ein Bewusstsein für eine dementsprechende Regelung entwickeln wird. Am überzeugendsten begründet man jedoch einen typischerweise vorliegenden inneren Vorgang des Bürgen, seine Erwartung einer bestimmten Regelung im Formularvertrag, wenn man sich seine laienhafte Vorstellung von seiner Haftung vor Augen führt: Typischerweise wird er im Falle der Sicherung eines Darlehens davon ausgehen, dass er für die Rückführung des zur Verfügung gestellten Geldes und – je nach bürgschaftsvertraglicher Regelung – für vertragliche Zinsen ersatzweise einzustehen hat. Keine Rolle in seinen Überlegungen wird spielen, auf welche Anspruchsgrundlage sich der Rückzahlungsanspruch stützt. Ob sich der Anspruch auf Rückzahlung der Kreditsumme also aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB oder Bereicherungsrecht bzw. einem Rückgewährschuldverhältnis ergibt, ist rechtlich vor dem Hintergrund der Akzessorietät der Bürgschaft – und damit zur Begründung einer Bürgenschuld – relevant, nicht jedoch 228

Siehe B. Fn. 37. OLG Schleswig, NJW 1991, 986 (988); Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 360. 230 BGH, NJW 1992, 1234; für Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung BGH, NJW 2001, 1859 (1860). 231 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 6; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 101 f.; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 62; jedenfalls für Ansprüche aus Bereicherungsrecht Erman/ Roloff, BGB, § 305 c Rn. 14; Fielenbach, WM 2011, 2349 (2350); wohl auch Graf Lambsdorff/ Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 216. 232 BGH, NJW 1992, 1234 (1235); Fielenbach, WM 2011, 2349 (2350). 233 Fielenbach, WM 2011, 2349 (2350). 229

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für den Bürgen selbst von Wichtigkeit. Eine Bestimmung, die für den Fall der anfänglichen Unwirksamkeit oder des nachträglichen Erlöschens der Hauptverbindlichkeit eine Haftung des Bürgen für die Rückführung der Kreditsumme anordnet, weicht damit nicht vom typischen Vorstellungsbild des Bürgen ab. Schwieriger gestaltet sich die Heranziehung des gerade skizzierten laienhaften Vorstellungsbildes des Bürgen von seiner Haftung zur Begründung seiner Einstandspflicht auch für Zinsen, die vom bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch sowie dem Rückgewähranspruch nach den §§ 346 ff. BGB umfasst sein können. Dass den Hauptschuldner die Pflicht zur Rückführung des empfangenen Darlehens in jedem Fall – d. h. unabhängig vom Bestehen der Hauptverbindlichkeit – trifft, ist evident. Eine Pflicht zur Zahlung von vertraglichen Zinsen nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Hauptschuldner bei einer unwirksamen oder erloschenen Hauptverbindlichkeit jedoch nicht mehr – und dies ist auch dem bloß ersatzweise einstehenden Bürgen stets bewusst. Und dennoch muss der Bürge mit einer Pflicht des Hauptschuldners zur Zahlung von Zinsen an den Gläubiger rechnen, mithin auch dass seine Haftung dementsprechend erweitert sein kann. Leitet sich eine Pflicht zur Zahlung von Zinsen nämlich aus dem Gesetz ab, ist sie Ausdruck einer Wertung, hinsichtlich der sich niemand berufen kann, sie würde ihn überraschen. Selbstverständlich kann ein Gesetz niemals überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB sein. Im Rahmen eines bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs muss der Schuldner nach ganz h.M.234 gemäß § 818 Abs. 1 BGB ebenso tatsächlich gezogene Nutzungen wie bei einem Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 346 Abs. 1 BGB herausgeben. Bei Letzterem ergibt sich noch die Besonderheit, dass der Schuldner jedenfalls solche Nutzungen, die der Hauptschuldner nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft gemäß § 347 Abs. 1 S. 1 BGB hätte ziehen können, zu ersetzen verpflichtet ist. Ist nun das typische Vorstellungsbild eines Bürgen davon geprägt, auch für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder einem Rückgewährschuldverhältnis ersatzweise in Anspruch genommen werden zu können, umfasst seine typische Erwartung auch seine Einstandspflicht hinsichtlich der Zinsen dieser Ansprüche. Dem Ergebnis, dass der Bürge auch für einen die Hauptverbindlichkeit ersetzenden Anspruch aus Bereicherungsrecht oder einem Rückgewährschuldverhältnis zuzüglich ggf. Zinsen einzustehen hat, steht des Weiteren nicht entgegen, dass auch derjenige Gläubiger von der Regelung profitiert, der einen sittenwidrigen Kredit ausreicht. Soweit hieraus abgeleitet wird, dass der Gläubiger nicht schutzwürdig sei und die fragliche AGB daher nicht in den Vertrag einbezogen werden könne,235 wird verkannt, dass es immerhin das Gesetz selbst ist, das die Wertung trifft, dass dem 234

BGHZ 35, 356; 102, 41; 196, 285; Staudinger/Lorenz, BGB, § 818 Rn. 10; MüKoBGB/ Schwab, § 818 Rn. 8, 22; Palandt/Sprau, § 818 Rn. 9; Jauernig/Stadler, BGB, § 818 Rn. 9; Linke, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 818 Rn. 8; a. A. hinsichtlich Zinsen MüKoBGB/Lieb, 4. Auflage, § 818 Rn. 13. 235 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 360.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Wucherer einen Anspruch auf Herausgabe des Geleisteten zusteht. Und da es sich bei der Bürgschaft um eine ersatzweise Haftung für genau diesen Anspruch handelt, kann für sie nichts anderes gelten. Die Wertung schlägt daher auf die Bürgschaftsforderung durch. c) Wirksamkeit der Klausel Sowohl der BGH236 als auch die h.Lit.237 halten die fragliche Klausel für wirksam. Lediglich zum Teil238 wird sie als unwirksam angesehen. Erstere Ansicht verdient Zustimmung. Die Ansicht, die fragliche Klausel sei unwirksam, wird maßgeblich mit einer nicht gerechtfertigten Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaft begründet.239 Offenbar liegt dem die Annahme zu Grunde, die Bürgschaft sei zunächst lediglich hinsichtlich der Hauptforderung bestellt worden und erfasse nur für den Fall der Unwirksamkeit dieser auch die Sekundäransprüche. Dies verwundert, weil die Bürgschaft von Anfang an die Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung oder aus einem Rückgewährschuldverhältnis neben der (unwirksamen) Hauptforderung sichert.240 Da insofern nicht von wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB abgewichen wird, ist die fragliche Regelung jedenfalls nicht gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen benachteiligend. Zudem ergibt sich auch aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht ihre Unwirksamkeit. Der Gläubiger hat ein anerkennungswürdiges Sicherungsinteresse an einer Forderung, die an die Stelle der Hauptverbindlichkeit tritt.241 Außerdem fällt die Haftung des Bürgen für den Sekundäranspruch in aller Regel geringer aus. Sofern er überhaupt für Zinsen einzustehen hat,242 ist der Umfang der gesetzlichen Zinszahlungspflicht im Zusammenhang mit dem Sekundäranspruch nämlich regelmäßig geringer als der, der ursprünglich im Darlehensvertrag vereinbart wurde. Schließlich ist die gesetzliche Pflicht zur Zahlung von Zinsen auf nur tatsächlich (vgl. §§ 818 Abs. 1; 346 Abs. 1 BGB) bzw. nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft (§ 347 Abs. 1 S. 1 BGB) erworbene Zinsen gerichtet, während der Darlehensgeber regelmäßig einen vertraglichen Zinssatz verlangen wird, der das Ausfallrisiko berücksichtigt und dementsprechend hoch ist. Insbesondere bestehen aber auch keine Bedenken gegen 236

BGH, NJW 1992, 1234 (1235 f.). Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 6; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 101 f.; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 62; Fielenbach, WM 2011, 2349 (2350), wohl auch Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 216. 238 OLG Schleswig, NJW 1991, 986 (987 f.); Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 360. 239 Siehe Fn. 238. 240 BGH, NJW 1992, 1234 (1236); Fielenbach, WM 2011, 2349 (2350). 241 Ausdrücklich wohl nur Fielenbach, WM 2011, 2349 (2350). 242 Für den Fall eines wucherischen Darlehens verneinend BGH, NJW 1983, 951. 237

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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die Sicherung dieser gleich mehreren Forderungen, da nach § 765 Abs. 2 BGB eine Bürgschaft auch für eine künftige Verbindlichkeit übernommen werden kann. Auch ist diese Art der mehrfachen Sicherung nicht mit der problematischen Globalsicherung vergleichbar,243 weil die Sicherung sich nicht auf irgendwelche existierenden Forderungen bezieht, sondern lediglich auf solche, die an die Stelle der wirksam gesicherten Hauptverbindlichkeit treten. Letztlich greift auch hier der Einwand, der Wucherer verdiene keinen Schutz,244 nicht durch. Das Gesetz trifft nun einmal die Wertung, dass selbst ein sittenwidriges Darlehen zurückzugewähren ist. Nichts anderes kann für die Bürgenschuld gelten, denn sie ist nichts anderes als ein Ersatz für eben diese zurückzugewährende Forderung. Die Wertung schlägt insofern auf die Bürgenschuld durch.

III. AGB zur Sicherheitsleistung 1. Zahlung des Bürgen als Sicherheitsleistung a) Inhalt und Zweck der Klausel Die Rechtspraxis hat eine Klausel hervorgebracht, die darauf bedacht ist, Zahlungen des Bürgen bis zur vollständigen Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten des Gläubigers gegen den Hauptschuldner als Sicherheitsleistung zu qualifizieren. Sie wird in etwa folgendermaßen formuliert: „Falls der Bürge Zahlungen leistet, gehen die Rechte des Gläubigers dann auf den Bürgen über, wenn der Gläubiger wegen aller seiner Ansprüche gegen den Hauptschuldner volle Befriedigung erlangt hat. Bis dahin gelten Zahlungen nur als Sicherheit.“245 (Klausel Nr. 6 a))

Zum Hintergrund dieser Klausel zunächst Folgendes: Nach der gesetzlichen Ausgangssituation geht gemäß § 774 Abs. 1 S. 1 BGB die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen über, soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt. Als Folge dessen gehen nach den §§ 412, 401 BGB auch Neben- und Vorzugsrechte auf den Bürgen über. Darüber hinaus hat der Bürge gegen den Hauptschuldner einen Erstattungsanspruch aus dem Innenverhältnis gemäß den §§ 675, 670 BGB. Im Hinblick auf die cessio legis ist in § 774 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich geregelt, dass der Übergang der Forderung allerdings nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden kann. Damit liegt die Regelung auf einer Linie mit den §§ 268 Abs. 3 S. 2, 426 Abs. 2 S. 2, 1150, 1607 Abs. 2 S. 3 BGB und ebenso mit 243

Siehe zur Globalbürgschaft unter C. II. 1. Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 360. 245 Vgl. BGHZ 92, 374 (375). 244

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

dem noch weitergehenden gemeinrechtlichen Satz „nemo subrogat contra se.“246 Zum Nachteil des Gläubigers wäre ein solcher Übergang, wenn infolgedessen der Gläubiger mit dem Bürgen, der die übergegangenen Rechte geltend macht, konkurrieren müsste. Diese Konkurrenz ist – von Fällen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldner abgesehen – in zwei Fällen denkbar: Erstens kann sie sich dadurch ergeben, dass der Bürge den Gläubiger nur zum Teil befriedigt, so dass Teilrechte von Gläubiger und Bürgen an Hauptforderung und Nebenrechten bestehen. Zweitens ist sie für den Fall denkbar, dass die übergegangenen Nebenrechte zugleich der Sicherung anderer Forderungen des Gläubigers dienen. Während der Gläubiger im ersten Fall unstrittig bei der Geltendmachung seiner konkurrierenden Rechte infolge von § 774 Abs. 1 S. 2 BGB Vorrang gegenüber seinem Konkurrenten, dem Bürgen, genießt, ist der Vorrang des Gläubigers in letzterer Konstellation umstritten. Mit Verweis auf den Sicherungszweck der Bürgschaft wird ein solcher Vorrang zum Teil abgelehnt.247 So legte das Reichsgericht dar, „der Nachteil, vor dem der Gläubiger [durch § 774 Abs. 1 S. 2 BGB] bewahrt werden soll, ist kein allgemeiner wirtschaftlicher Nachteil, sondern es handelt sich darum, daß der Eintritt des Bürgen die Rechtsstellung des Gläubigers nicht rechtlich beeinträchtige, zu deren Verstärkung die Bürgschaft diente.“248 Diese Sichtweise steht allerdings nicht im Einklang mit der historischen Auslegung der Norm. § 774 Abs. 1 S. 2 BGB geht auf die Rechtsparömie nemo subrogat contra se zurück, die als Einschränkung des römisch-rechtlichen und gemeinrechtlichen beneficium cedendarum actionum entwickelt worden ist.249 Nach diesem beneficium konnte der Bürge nach der Befriedigung des Gläubigers von diesem die Abtretung des Anspruchs gegen den Hauptschuldner verlangen. Dabei fußte das Institut nicht auf dem strengen Recht, sondern rein auf der Billigkeit: Es sei dolos oder schikanös, wenn der Gläubiger eine Abtretung verweigern wolle, aus der keinerlei Nachteile für ihn erwachsen, auf der anderen Seite aber dem Bürgen zum Regress verhelfen, der der Billigkeit entspricht, im strengen Recht jedoch keine oder keine gesicherte Begründung findet.250 Da lediglich auf der Billigkeit beruhend, stellte die Abtretung grundsätzlich eine Gefälligkeit dar.251 Eine zwangsweise Abtretung sollte nur erfolgen, wenn sie dem Gläubiger „völlig unnachteilig“252 und

246

Zum früheren Recht RGZ 3, 183; 82, 273. RGZ 76, 195 (198); 136, 40 (44); BGHZ 92, 374 (379); Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 957 (961 f.); Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 26; Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 708. 248 RGZ 136, 40 (44). 249 von Olshausen, KTS 2005, 403 (411). 250 Vgl. ROHGE 19, 383 (386); 21, 209 (213); RGZ 3, 183 (184 f.); 18, 235 (238); RG SeuffA 54 Nr. 150; von Savigny, Obligationenrecht I, S. 240 ff.; ausführlich hierzu von Olshausen, Gläubigerrecht und Schuldnerschutz, S. 236 ff. 251 von Olshausen, KTS 2005, 403 (411). 252 ROHGE 19, 383 (386). 247

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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„ohne irgendein Opfer“253 möglich war. Vor eben diesem Hintergrund wurde als Reaktion auf die anstelle der ausnahmsweise erzwingbaren Zession getretene Abtretung ipso iure (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB) § 774 Abs. 1 S. 2 BGB mit ins Gesetz aufgenommen. Ein Nachteil i. S. v. § 774 Abs. 1 S. 2 BGB kann daher keineswegs nur rein rechtlicher Natur sein, sondern entspricht auch anderen gewichtigen Interessenbeeinträchtigungen des Gläubigers, zu denen in jedem Fall auch wirtschaftliche Nachteile zählen. Letztlich ist dem Gläubiger daher Vorrang gegenüber dem Bürgen hinsichtlich übergegangener Nebenrechte, die zugleich der Sicherung anderer Forderungen des Gläubigers dienen, einzuräumen.254 Der BGH255 und auch die h.Lit.256 gehen davon aus, dass § 43 InsO im Insolvenzverfahren an die Stelle des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB tritt. Im Widerspruch hierzu steht jedoch die in diesem Zusammenhang wohl vom BGH vertretene Ansicht, der auch die h.Lit. gefolgt ist, dass ein Bürge, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners seine Bürgenschuld voll erfüllt, diese Zahlung aber nur einen Teil der ganzen Forderung deckt (Fall der Höchstbetragsbürgschaft), am Insolvenzverfahren in Höhe des gezahlten Betrags teilnimmt,257 wobei der Gläubiger aber außerhalb des Insolvenzverfahrens auf Grund des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB die auf den Bürgen entfallene Insolvenzquote beanspruchen kann.258 Wenngleich der BGH259 einschränkend formuliert, § 426 Abs. 2 S. 2 BGB, das Pendant zu § 774 Abs. 1 S. 2 BGB, gelte nur „möglicherweise“ materiellrechtlich außerhalb des Konkursverfahrens, führt er diesen Gedanken dennoch fort und zeigt mit der Möglichkeit der Pfändung der auf den Gesamtschuldner entfallenen Konkursquote durch den Gläubiger immerhin eine konkrete Konsequenz dieser Ansicht auf und scheint damit auch eben jene zu vertreten. Da nach Abschluss des 253

von Savigny, Obligationenrecht I, S. 242 Fn. q. So auch BGHZ 110, 41 (46); Planck/Oegg, BGB, § 774 Anm. 3 a. 255 BGHZ 92, 374 (379). 256 MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 13; Erman/Herrmann, BGB, § 774 Rn. 13; Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 28 („Nach Insolvenzeröffnung“); a. A. Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 958 (959 f.); Soergel/Gröschler, BGB, § 774 Rn. 11 ff. 257 So die h.M., vgl. BGHZ 92, 374; BGH, NJW 1960, 1296; 1997, 1014 (1015); Staudinger/ Horn, BGB, § 774 Rn. 28; Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 957 (958); MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, § 268 Rn. 7; Palandt/Sprau, § 774 Rn. 12; Noack/Bunke, FS Uhlenbruck, S. 357 f.; Keller, in: Kreft, Insolvenzordnung, § 43 Rn. 13; a. A. OLG Karlsruhe, MDR 1958, 345 (346); MüKoInsO/Bitter, § 43 Rn. 30; Wissmann, Persönliche Mithaft in der Insolvenz, Rn. 27 ff.; von Olshausen, KTS 2005, 403 (415 ff.); Künne, KTS 1957, 58 ff.; Demperwolf, NJW 1961, 1341 (1341 ff.). 258 BGH, NJW 1997, 1014 (1015) – zum Konkursverfahren und zu § 426 Abs. 2 S. 2 BGB; Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 28; Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 957 (958); auf alle Konstellationen von Teilleistungen des Bürgen übertragen dies MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, § 268 Rn. 7; Palandt/Sprau, § 774 Rn. 12; Noack/Bunke, FS Uhlenbruck, S. 357 f.; so bei Teilleistungen des Bürgen vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners HK-InsO/Lüdtke, § 43 Rn. 21; Keller, in: Kreft, Insolvenzordnung, § 43 Rn. 13. 259 BGH, NJW 1997, 1014 (1015). 254

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Insolvenzverfahrens, an dem der Bürge teilgenommen hat, der Bürge allerdings oftmals – und so auch in der zugrunde liegende Entscheidung – nichts mehr i. S. v. § 774 Abs. 1 S. 2 BGB (aktiv) geltend macht, ist die Stützung dieses Ergebnisses auf § 774 Abs. 1 S. 2 BGB nur dahingehend zu verstehen möglich, dass von einer materiell-rechtlichen Geltung dieser Vorschrift während des Insolvenzverfahrens ausgegangen wird, obwohl gleichzeitig – und insofern widersprüchlich – die Rede davon ist, dass § 43 InsO im Insolvenzverfahren an ihre Stelle trete. Richtigerweise tritt daher § 43 InsO im Insolvenzverfahren nicht an die Stelle von § 774 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern lediglich neben die Norm. § 43 InsO ergänzt also § 774 Abs. 1 S. 1 BGB in verfahrensrechtlicher Hinsicht.260 Diese Annahme erhärtet sich zum einen dadurch, dass § 43 InsO mit dem Gläubigerschutz dasselbe rechtpolitische Ziel (dieselbe „Tendenz“261) zu Grunde liegt wie § 774 Abs. 1 S. 2 BGB: Ebenso wie § 774 Abs. 1 S. 2 BGB soll hiernach aus Billigkeitsgründen verhindert werden, dass die Befriedigungsaussicht des Gläubigers (durch Teilzahlungen während einer oder mehrerer Konkursverfahren) verschlechtert wird.262 Zum anderen ist seine Regelungswirkung weiter als die des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB: § 774 Abs. 1 S. 2 BGB versagt nach erfolgtem Übergang der Hauptforderung dem Bürgen lediglich die Geltendmachung der Hauptforderung zum Nachteil des Gläubigers. Nach § 43 InsO hingegen werden zur Errechnung der Dividende Teilzahlungen des Bürgen so angesehen, als habe er sie nie geleistet, mithin als ob die Teilzahlungen weder zum Übergang noch zum Erlöschen dieses Forderungsteils geführt hätten und dieser Forderungsteil noch dem Gläubiger zustünde. Die Rechtsstellung des Gläubigers ist im Fall des § 43 InsO im Vergleich zu dem des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB also wesentlich besser.263 Soweit § 43 InsO eingreift, bleibt für § 774 Abs. 1 S. 2 BGB in verfahrensrechtlicher Hinsicht daher kein Raum. Das bedeutet aber nicht, dass die verfahrensrechtliche Regelung des § 43 InsO die materiell-rechtliche Wirkung des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB zu irgendeinem Zeitpunkt – und damit auch nicht während des Insolvenzverfahrens – aufhebt. Diese Erkenntnis ist, wie sich im Folgenden zeigen wird, für die Rechtsstellung des Gläubigers von entscheidender Bedeutung. Dies vorausgeschickt, ergibt sich für die folgenden Konstellationen die nachstehenden Rechtsfolgen: Leistet der Bürge vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners an den Gläubiger, kann der Bürge stets in Höhe seiner Leistungen als Insolvenzgläubiger am Verfahren teilnehmen. Der Gläubiger ist insoweit wegen des eindeutigen Wortlauts des § 43 InsO („zu fordern hatte“), nach dem er nur noch den ausstehenden Betrag zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens geltend 260 Als materiell-rechtliche Ergänzung einordnend Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 957 (958 f.); § 43 InsO als verfahrensrechtliche Vorschrift qualifizierend BGH, NJW 1997, 1014 (1015). 261 So BGHZ 92, 374 (379); kritisch zur gemeinsamen „Tendenz“ der beiden Vorschriften Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 957 (958 f.). 262 Vgl. Hahn, Materialien zur KO vom 1. Februar 1877, S. 264 ff.; kritisch hierzu von Olshausen, KTS 2005, 403 (418 ff.). 263 So auch von Olshausen, KTS 2005, 403 (418 ff.).

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machen kann, vom Verfahren ausgeschlossen.264 Bei Teilzahlungen des Bürgen auf die Hauptforderung vor Verfahrenseröffnung – ob im Fall einer Höchstbetragsbürgschaft oder nicht – geht die h.M.265 davon aus, dass der Gläubiger im Anschluss an das Insolvenzverfahren die auf den Bürgen entfallene Insolvenzquote beanspruchen kann. Die dogmatische Begründung hierfür bleibt allerdings – offenbar um dem vermeintlichen Dilemma der Nichtgeltung des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB neben § 43 InsO aus dem Weg zu gehen – in der Regel schuldig. Sieht man wie die hier vertretene Ansicht in § 43 InsO (lediglich) eine verfahrensrechtliche Ergänzung zu § 774 Abs. 1 S. 2 BGB, liegt sie jedoch mit der materiell-rechtlichen Geltung des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB neben § 43 InsO förmlich auf der Hand.266 Bei einer vollen Erfüllung der verbürgten Forderung vor Verfahrenseröffnung darf nichts anderes gelten.267 Verringert sich nämlich die Insolvenzquote auf Grund der Teilnahme des Bürgen am Insolvenzverfahren in Höhe der voll getilgten Forderung des Gläubigers, erleidet der Gläubiger auch hier einen Nachteil i. S. v. § 774 Abs. 1 S. 2 BGB, was der Konstellation einer teilweisen Zahlung vor Verfahrenseröffnung bei wertender Betrachtung gleich steht. Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, welchen Betrag der Bürge dem Gläubiger nach Abschluss des Insolvenzverfahrens zu zahlen hat. Während zum Teil268 vertreten wird, der Gläubiger könne bis zu seiner vollen Befriedigung die Insolvenzquote, die auf den Bürgen entfällt, außerhalb des Insolvenzverfahrens beanspruchen, ist die Ansicht, der Gläubiger könne den Betrag verlangen, um den seine Quote durch die Teilnahme des Bürgen am Insolvenzverfahren herabgesetzt wurde (sog. Quotenschaden),269 vorzugswürdig. So überdehnt erstere Ansicht die Regelungswirkung des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB, die sich darin erschöpft, den Gläubiger vor Nachteilen zu schützen, die mit der Geltendmachung der Regressforderung durch den Bürgen verbunden sind. Könnte der Gläubiger die auf den Bürgen entfallende Insolvenzquote bis zu seiner vollen Befriedigung be264 So die ganz h.M., vgl. Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 28; MüKoBGB/Habersack, 774 Rn. 13; MüKoInsO/Bitter, § 43 Rn. 39; Reinicke/Tiedtke, DB 1985, 957; Bitter, ZinsO 2003, 490 (495); Wissmann, Persönliche Mithaft in der Insolvenz, Rn. 304 ff.; für den Fall der teilweisen Erfüllung der Bürgschaftsschuld vor Verfahrensbeginn BGHZ 92, 374 (379 f.); RGZ 83, 401 (403 ff.); a. A. Häsemeyer, KTS 1993, 151 (175 ff.); von Olshausen, KTS 2005, 403 (420 ff.). 265 HK-InsR/Lüdtke, § 43 Rn. 21; Keller, in: Kreft, Insolvenzordnung, § 43 Rn. 13; weitergehener – für sämtliche Teilleistungen des Bürgen – Palandt/Grüneberg, § 268 Rn. 7; Palandt/Sprau, § 774 Rn. 12; Noack/Bunke, FS Uhlenbruck, S. 357 f.; wohl auch MüKoBGB/ Habersack, § 774 Rn. 13. 266 Ähnlich zu § 426 Abs. 2 S. 2 BGB BGH, NJW 1997, 1014 (1015); immerhin § 774 Abs. 1 S. 2 BGB als „Argument“ für diese Lösung heranziehend Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 28. 267 So auch Keller, in: Kreft, Insolvenzordnung, § 43 Rn. 13; HK-InsO/Lüdtke, § 43 Rn. 21; Palandt/Sprau, § 774 Rn. 12. 268 So BGH, NJW 1997, 1014 (1015) obiter; Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 28; MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, § 268 Rn. 7. 269 So RGZ, 83, 401; Palandt/Sprau, § 774 Rn. 12; HK-InsR/Lüdtke, § 43 Rn. 21; Keller, in: Kreft, Insolvenzrecht, § 43 Rn. 13.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

anspruchen, würde er auf Kosten des Bürgen besser stehen, als wenn der Nachteil durch die Geltendmachung des Bürgen beseitigt werden würde und damit als ihm gesetzlich überhaupt zusteht. Beispiel: Machen Bürge, Gläubiger und ein dritter Insolvenzgläubiger jeweils eine Forderung in Höhe von 250 E im Insolvenzverfahren geltend und beträgt die Masse nur noch 150 E, beträgt die Insolvenzquote 20 %, so dass jedem der drei Insolvenzgläubiger 50 E zustehen. Würde der Gläubiger nun die Insolvenzquote des Bürgen bis zu seiner vollen Befriedigung beanspruchen können, erhielte er letztlich 100 E. Fingiert man hingegen, dass der Bürge seine Forderung in Höhe von 250 E nicht geltend macht, beträgt die Insolvenzquote 30 %, da sich die Verbindlichkeiten nur auf 500 E anstatt 750 E belaufen. Dem Gläubiger stehen daher insgesamt 75 E zu. Der Regelung des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB wird man insofern einzig durch die „alsob-Betrachtung“ gerecht: Der Gläubiger ist so zu stellen, als ob der Bürge nicht am Verfahren teilgenommen hätte, d. h. – und insofern ganz im Einklang mit dem materiell-rechtlich geltenden § 774 Abs. 1 S. 2 BGB – als ob er die Regressforderung nicht geltend gemacht hätte. Zahlt der Bürge nach Verfahrenseröffnung nur zum Teil auf seine Bürgenschuld, kann er seine gemäß § 774 Abs. 1 S. 1 BGB auf ihn übergegangene Forderung nicht zur Insolvenztabelle anmelden, weil der Gläubiger im Insolvenzverfahren nach § 43 InsO sowohl gegen den Hauptschuldner als auch den Bürgen den vollen Betrag bis zu seiner vollständigen Befriedigung geltend machen kann. Hat sich der Bürge nur für einen Teil einer Forderung verpflichtet, etwa für 50 E von einer Forderung in Höhe von 100 E (Fall der Höchstbetragsbürgschaft), und erfüllt er seine Schuld nach Verfahrenseröffnung gänzlich (50 E), geht die Forderung insoweit nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Folge auf ihn über, dass es sich bei dieser Forderung nicht mehr um eine i. S. v. § 44 InsO handelt, also keine, die er künftig erwerben kann. Auch ist § 43 InsO in dieser Konstellation nicht anwendbar, so dass der Bürge letztlich an Stelle des Gläubigers die Forderung im Insolvenzverfahren geltend machen kann.270 § 43 InsO zielt nämlich darauf ab, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen beider Schuldner, des Hauptschuldners und des Bürgen, eröffnet wird und der Gläubiger an beiden Verfahren teilnimmt.271 Wenn der Bürge seiner Verbindlichkeit vollumfänglich nachgekommen ist, besteht aber weder Anlass, über das Vermögen des Bürgen ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, noch kann der Gläubiger an diesem teilnehmen. Der Gläubiger kann jedoch im Anschluss an das Insolvenzverfahren – wie aufgezeigt – seinen Quotenschaden272 vom Bürgen ersetzt bekommen. 270

BGH, NJW 1960, 1295; 1969, 796 f.; 1997, 1014; FK-InsO/Bornemann, § 43 Rn. 8; Noack/Bunke, FS Uhlenbruck, S. 357; a. A. MüKoInsO/Bitter, § 44 Rn. 25; Künne, KTS 1957, 58; v. Olshausen, KTS 2005, 403 (415 ff.). 271 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 612. 272 Siehe Fn. 269.

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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Hat der Bürge die Hauptverbindlichkeit nach Verfahrenseröffnung voll erfüllt, kann er die auf ihn übergegangene Forderung im Insolvenzverfahren geltend machen, weil der Gläubiger nicht mehr i. S. v. § 44 InsO am Verfahren teilnimmt.273 Auch hier entsteht dem Gläubiger durch die Teilnahme des Bürgen am Insolvenzverfahren ein Nachteil i. S. v. § 774 Abs. 1 S. 2 BGB in Form eines Quotenschadens, den der Gläubiger im Anschluss an das Verfahren ersetzt verlangen kann.274 Diesen sich durch § 43 InsO ergebenen Konkurrenzschutz empfinden Gläubiger offenbar als zu lückenhaft, so dass die eingangs aufgezeigte Klausel in Bürgschaftsverträgen zu finden ist. Die Klausel bewirkt eine Aussetzung der Befriedigung des Gläubigers, bis dass der Gläubiger wegen aller seiner Ansprüche gegen den Hauptschuldner volle Befriedigung erlangt hat. Bis dahin gelten Zahlungen des Bürgen nämlich lediglich als Sicherheitsleistung. Solange der Gläubiger aber nicht befriedigt ist, geht auch zum einen nicht die Hauptforderung samt Nebenrechten gemäß den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 412, 401 BGB auf den Bürgen über, und zum anderen steht dem Bürgen keine Regressforderung gegen den Hauptschuldner aus dem Innenverhältnis zu.275 Genau dies ist es, was den Gläubiger im Fall der Insolvenz des Hauptschuldners einen Vorteil verschafft: Kann der Bürge normalerweise bei Zahlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners sowie im Fall der Erfüllung der gesamten Hauptforderung oder zumindest der Erfüllung der ganzen Bürgenschuld nach Verfahrenseröffnung in Höhe seiner Zahlungen eine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden, ist ihm dies durch die Klausel verwehrt. Die auf den Gläubiger im Insolvenzverfahren entfallene Quote ist damit nicht durch eine Teilnahme des Bürgen am Verfahren geschmälert. Zwar hat der Gläubiger ohne die Klausel einen Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens, der ihm durch die Teilnahme des Bürgen am Verfahren entstanden ist, doch erspart sich der Gläubiger mit der Aufnahme der Klausel nicht nur immerhin die Durchsetzung dieses Anspruchs, sondern umgeht auch das Insolvenzrisiko des Bürgen für die Zeit ab dessen Erlangung der auf ihn entfallenen Quote. b) Einbeziehung der Klausel Zur Einbeziehung der Klausel ist lediglich festzustellen, dass es der Klausel an der Ungewöhnlichkeit fehlt, da sie bereits seit Jahrzehnten gängige Vertragspraxis der Kreditinstitute ist und damit bei ihrer Verwendung auch stets in den Bürgschaftsvertrag einbezogen wird.276 273

BGHZ 92, 374 (379); Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 28; MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 13. 274 So ausdrücklich – soweit ersichtlich – nur Palandt/Sprau, § 774 Rn. 12. 275 So BGHZ 92, 374 (381); kritisch hierzu Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 710. 276 So BGHZ 92, 374 (382 f.).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

c) Wirksamkeit der Klausel Für den Fall der Übernahme einer Globalbürgschaft hält der BGH277 die Klausel für wirksam. Die Klausel entferne sich nicht unangemessen vom gesetzlichen Leitbild des § 774 BGB, da der gesetzlich vorgesehene Forderungsübergang auf den Bürgen nicht ausgeschlossen, sondern nur bis zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers aufgeschoben werde, damit diese nicht durch konkurrierende Rückgriffsansprüche des Bürgen beeinträchtigt werden könne. Da der Bürge dem Gläubiger im Fall einer Globalbürgschaft ohnehin in aller Regel nach § 774 Abs. 1 S. 2 BGB den Vortritt lassen müsse, belaste ihn auch die Verstärkung der Rechtsstellung des Gläubigers nicht übermäßig. Außerdem entspreche die Verbesserung der Rechtsstellung des Gläubigers im Konkurs der Tendenz des § 774 Abs. 1 S. 2 BGB, der § 68 KO (= § 43 InsO) nur teilweise Rechnung trage.278 Mit Recht vertritt die ganz h.Lit.279 die Gegenauffassung. Zunächst allerdings richtig, führt der BGH in seinem Urteil280 aus, dass die Klausel nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 774 BGB abweicht. Der Bürge darf seine Regressforderung nicht im Insolvenzverfahren geltend machen, solange der Gläubiger nicht wegen aller seiner Ansprüche gegen den Hauptschuldner volle Befriedigung erlangt hat, mithin den Gläubiger nicht durch die Geltendmachung seiner Regressforderung benachteiligen. Die Klausel steht daher tatsächlich nicht im Widerspruch zum gesetzlichen Leitbild des § 774 BGB und ist auch nicht gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit wesentlichen Grundgedanken dieser Vorschrift unvereinbar. Ganz im Gegenteil: Sie weitet den wesentlichen Grundgedanken sogar ins Verfahrensrecht aus. Unzutreffend nimmt der BGH jedoch an, dass auch darüber hinaus die Klausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Bürgen führe. Der BGH übersieht offenbar, dass der Bürge infolge der generellen Aussetzung der Erfüllungswirkung seiner Zahlungen nicht nur gegenüber dem Gläubiger zurückstecken muss. Auch mit allen übrigen Gläubigern des Hauptschuldners kann er nicht in Konkurrenz treten. Da die Erfüllungswirkung solange ausgesetzt ist, bis dass der Hauptschuldner allen seinen Verbindlichkeiten nachgekommen ist, muss der Bürge bis dahin tatenlos zusehen, wie sich nicht nur der Sicherungsnehmer, sondern auch alle anderen Gläubiger aus dem Vermögen des Schuldners bedienen.281 Darüber hinaus kann die Aufstellung eines Insolvenzplans unangemessene Benachteiligungen für den Bürgen nach sich ziehen. Ist es dem Bürgen infolge der Klausel wegen 277

BGHZ, 92, 374; BGH, NJW 1986, 928; 1987, 374. BGHZ 92, 374 (383). 279 Vgl. MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 5, 14; MüKoInsO/Bitter, § 43 Rn. 32; von Olshausen, KTS 2005, 403 (429 f.); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 611 ff.; dies., DB 1985, 957 (959 ff.) Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 703, 714 ff.; a. A. (dem BGH folgend) MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 376; a. A. wohl Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 218. 280 BGHZ 92, 374. 281 Becker-Eberhard, Forderungsgebundenheit, S. 716 f. 278

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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offener Posten des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger nicht möglich, an einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Hauptschuldners teilzunehmen, kann er entgegen der gesetzlichen Ausgangslage trotz etwaiger Teilleistungen vor Verfahrenseröffnung oder gänzlicher Begleichung seiner Bürgenschuld auch keinen Einfluss auf das Aufstellen und den Inhalt eines Insolvenzplans nehmen. Für den Fall, dass im Rahmen eines Insolvenzplans dem Hauptschuldner ein Teil seiner Schuld erlassen wird, verliert der Bürge seine Regressforderung gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 InsO in eben dieser Höhe endgültig, während er dem Gläubiger gegenüber gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 InsO in voller Höhe verpflichtet bleibt.282 Beide Benachteiligungen des Bürgen werden auch nicht dadurch kompensiert, dass der Gläubiger die Leistungen des Bürgen, die zunächst nur als Sicherheitsleistung gelten, zurückgewähren muss, wenn er durch den Hauptschuldner voll befriedigt wird. Anders als der BGH283 meint, kann dies die Nachteile nicht aufwiegen. Die Klausel benachteiligt den Bürgen daher in einem Globalbürgschaftsvertrag unangemessen. Sie ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Ob der BGH die Klausel auch im Zusammenhang mit einem Bürgschaftsvertrag, der kein Globalbürgschaftsvertrag ist, für wirksam hält, hat er offengelassen. So heißt es im amtlichen Leitsatz, dass die Klausel „der richterlichen Inhaltkontrolle jedenfalls dann stand [hält], wenn die Bürgschaft sämtliche Forderungen (…) aus der Geschäftsverbindung mit dem Hauptschuldner sichert.“284 Die oben aufgezeigten Benachteiligungen, die die Klausel für den Bürgen mit sich bringt, bestehen aber unabhängig vom Sicherungsumfang der Bürgschaft. Eine Differenzierung zwischen Bürgschaften unterschiedlichen Sicherungsumfangs ist vor diesem Hintergrund hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Klausel nicht angezeigt. Die Klausel ist letztlich stets im Bürgschaftsvertrag gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. d) Eigener Regelungsvorschlag Es fragt sich, ob das vom Verwender mit der Klausel verfolgte Ziel nicht durch eine andere wirksame Vertragsgestaltung erreicht werden kann. Dafür muss der Gläubiger den Quotenschaden ersetzt bekommen, ohne dass er diesen gegen den Bürgen durchzusetzen braucht, d. h. auch nicht dessen Insolvenzrisiko trägt. Gleichzeitig darf der Bürge nicht unangemessen benachteiligt werden. Als Regelungslösung drängt es sich nahezu auf, den Umfang der zu befriedigenden Forderungen, ehe die Leistungen des Bürgen nicht mehr als Sicherheit behandelt werden, auf die durch die Bürgschaft gesicherte(n) Forderung(en) zu beschränken. Im Gegensatz zur Bestimmung, dass bis zur Befriedigung aller Forderungen des Gläubigers gegen den Hauptschuldner die Leistungen des Bürgen als 282 Darauf hinweisend Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 611 f.; zum Zwangsvergleich dies., DB 1985, 957 (959). 283 BGHZ 92, 374 (381). 284 BGHZ 92, 374, 1. Leitsatz (Hervorhebung nicht im Original).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Sicherheitsleistung gelten, hat es der Bürge abgesehen vom Fall der Höchstbetragsbürgschaft hierdurch nämlich selbst in der Hand, mit einer vollständigen Begleichung seiner Bürgenschuld die Befriedigungswirkung seiner Leistungen herbeizuführen. Damit es der Bürge auch im Fall einer Höchstbetragsbürgschaft voll in der Hand hat, die Befriedigungswirkung herbeizuführen, bedarf es zusätzlich einer Beschränkung der gesicherten Forderung(en) auf die Höhe der Bürgschaft. Und tatsächlich ist im Zusammenhang mit einer Sicherungsabtretung bereits eine solche Klausel formuliert worden.285 Auf die Bürgschaft übertragen, könnte eine derartige Regelung folgendermaßen lauten: Falls der Bürge Zahlungen leistet, gehen die Rechte des Gläubigers dann auf den Bürgen über, wenn der Gläubiger wegen aller durch die Bürgschaft gesicherten Forderung(en) gegen den Hauptschuldner in Höhe der Bürgschaft Befriedigung erlangt hat. Bis dahin gelten Zahlungen nur als Sicherheit. (Klausel Nr. 6 b))

Auf den ersten Blick könnte man also für die Wirksamkeit dieser Klausel ins Feld führen, dass es den Bürgen nicht unangemessen benachteiligt, wenn er gegenüber anderen Gläubigern des Hauptschuldners zurückstecken muss oder ohne seine Beteiligung am Insolvenzplan seine Regressforderung verliert, weil er es nun selbst in der Hand hat, die Befriedigungswirkung mit einer vollständigen Zahlung auf seine Bürgenschuld herbeiführen, hierfür gerade nicht auf Zahlungen des Hauptschuldners angewiesen ist. Darüber hinaus handelt es sich bei der für die Befriedigungswirkung notwendigen vollständigen Zahlung auf die Bürgenschuld gerade um die Hauptpflicht des Bürgen aus dem Bürgschaftsvertrag. Der Bürge ist also nur benachteiligt, wenn er seinen aus der Bürgschaft erwachsenen Pflichten nicht nachkommt. Kern beider Überlegungen ist der Vorwurf an den Bürgen, seine zweifelsohne durch die Klausel hervorgerufene Benachteiligung resultiere aus eigenem Verschulden. Aus eben diesem Grund scheint die Benachteiligung bei oberflächlicher Betrachtung auch gerechtfertigt und damit nicht unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Diese Gedanken zur Wirksamkeit der Klausel relativieren sich allerdings schnell wieder, wenn man bedenkt, dass der Bürge zum Beispiel bei der Sicherung einer Forderung aus einem Dispo- oder Kontokorrentkredites oftmals gar nicht die genaue Höhe der Inanspruchnahme des Kredites kennt, mithin auch nicht im Klaren über den genauen Betrag seiner Bürgenschuld ist. Es ist sehr fraglich, inwieweit der Bürge es dann tatsächlich noch selbst in der Hand hat, den teilweisen Verlust seines Rückgriffsanspruchs durch einen Schuldenerlass im Rahmen eines Insolvenzplans zu verhindern. Hierfür müsste er sich – praktisch wohl unmöglich – ständig über die jederzeit durch den Hauptschuldner mögliche Inanspruchnahme des Dispo- bzw. Kontokorrentkredites informieren. Auch wenn dem Bürgen eine Benachteiligung tatsächlich nur dann widerfährt, wenn er durch eine nicht vollständige Tilgung seiner 285 Siehe das Globalzessionsformular bei Scholz/Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 6. Auflage, S. 593: „Soweit die Abtretung nicht vom Kreditnehmer erfolgte, ist die Bank bis zur Befriedigung aller ihrer gesicherten Forderungen befugt, den Verwertungserlös als Sicherheit zu behandeln, ungeachtet ihres Rechts, sich jederzeit daraus zu befriedigen.“

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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Bürgenschuld seine Pflicht aus dem Bürgschaftsvertrag verletzt, ergibt sich mit den §§ 280 ff. BGB und dem Grundsatz der Naturalrestitution die passende Sanktion für die Pflichtverletzung bereits aus dem Gesetz. Ein Zusammenhang zwischen dem möglichen Verlust der Regressforderung des Bürgen ohne Möglichkeit der Einflussnahme auf einen Insolvenzplan und einer Pflichtverletzung durch den Bürgen kann daher gar nicht hergestellt werden. Folglich lässt sich die Benachteiligung des Bürgen für den Fall, dass er eine Teilzahlung auf die Bürgenschuld vor Verfahrenseröffnung leistet, im Vergleich zur gesetzlichen Regelung – denn hiernach könnte der Bürge in Höhe seiner Teilzahlung am Insolvenzverfahren teilnehmen – auch nicht mit seinem Verschulden rechtfertigen. Er ist durch die Klausel vielmehr unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt. Die Klausel ist unwirksam. Die für die Wirksamkeit einer Klausel letztlich notwendige und einzige Möglichkeit, dem Bürgen Gelegenheit zu geben, Einfluss auf einen etwaigen Insolvenzplan zu nehmen, wenn ihm dies auch von Gesetzes wegen zusteht, besteht darin, den Bürgen am Insolvenzverfahren teilnehmen zu lassen. Die vorübergehende Qualifizierung seiner Leistungen als bloße Sicherheit und die damit einhergehende Aussetzung der Befriedigungswirkung aber nimmt dem Bürgen genau dieses Recht zur Teilnahme. Der Zweck der Klausel, dem Gläubiger den Quotenschaden zu ersetzen, ohne dass er diesen durchzusetzen braucht, kann somit nur durch eine andere Klauselgestaltung wirksam erreicht werden. Hierfür bietet es sich an, eine Abtretung der Insolvenzquote des Bürgen in Höhe des Quotenschadens zu vereinbaren. Der Zeitpunkt der Abtretung muss so gewählt sein, dass zum einen der Bürge mit all seinen Rechten am Insolvenzverfahren teilnehmen kann und zum anderen der Gläubiger den Quotenschaden ohne vorherige Auszahlung an den Bürgen fordern kann, um sich nicht mit dem Bürgen auseinandersetzen und das Risiko dessen Insolvenz tragen zu müssen. Aus § 218 Abs. 1 S. 3 InsO ergibt sich, dass ein Insolvenzplan bis spätestens im Schlusstermin für eine abschließende Gläubigerversammlung vorgelegt werden kann. Um dem Bürgen nicht die Möglichkeit zu nehmen, auf einen etwaigen Insolvenzplan Einfluss zu nehmen, darf die Abtretung der Quote des Bürgen in Höhe des Quotenschadens auch nicht vorher vereinbart werden. Es bietet sich folglich an, den Zeitpunkt der Zession auf den der Bestandskraft des Schlussverzeichnisses zu legen. Zusätzlich ist es sinnvoll, dem Bürgen eine Anzeigepflicht hinsichtlich der Abtretung gegenüber dem Verwalter aufzuerlegen, damit dieser nicht dennoch den an den Gläubiger abgetretenen Quotenschaden an den Bürgen auszahlt. Da die Bestandskraft abhängig von etwaigen eingelegten Rechtsmitteln einzelner Gläubiger gegen das Schlussverzeichnis ist (vgl. § 197 Abs. 3 InsO), der Bürge insofern gar nicht immer den Zeitpunkt der Bestandskraft ausmachen kann, sollte ihm die Anzeige der Abtretung seiner Quote in Höhe des Quotenschadens unmittelbar nach dem Schlusstermin zur Pflicht gemacht werden. Dass der Bürge dann ggf. eine zukünftige Zession anzeigt, ist unschädlich. Eine derartige Klausel könnte folgendermaßen gestaltet sein:

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Der Bürge verpflichtet sich, im Fall eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners seine auf ihn entfallene Quote insoweit an den Gläubiger abzutreten, wie die Quote des Gläubigers durch die Teilnahme des Bürgen am Insolvenzverfahren geschmälert ist (Quotenschaden). Die Abtretung erfolgt in dem Zeitpunkt, in dem das Schlussverzeichnis bestandskräftig wird. Der Bürge hat sie dem Verwalter unmittelbar im Anschluss an den Schlusstermin anzuzeigen. (Klausel Nr. 6 c))

Die Klausel setzt das Ziel des Gläubigers, den Quotenschaden ersetzt zu bekommen, um, ohne dass er diesen durchzusetzen braucht. Gleichzeitig werden durch eine solche Klauselgestaltung alle zur Unwirksamkeit führenden unangemessenen Benachteiligungen des Bürgen durch die zuvor dargestellten Klauseln umgangen. Auch ist eine Abtretung in Höhe des Quotenschadens für den Bürgen keineswegs unangemessen benachteiligend, denn diesen hätte er dem Gläubiger ohnehin ersetzen müssen.286 Insofern besteht auch kein schützenswertes Interesse seitens des Bürgen, sich vom Verwalter zunächst die volle Quote auszahlen lassen. Zu bedenken ist zwar, dass der Bürge durch die wirksame Klausel auch bereits vor dem Schlusstermin Abschlagszahlungen erhalten kann, der Gläubiger sich also, sollte die Quote des Bürgen aus der Schlussverteilung den Quotenschaden nicht vollständig abdecken, insoweit doch mit dem Bürgen auseinandersetzen und dessen Insolvenzrisiko tragen muss, doch handelt es sich hierbei um ein unüberwindbares, jedoch gleichzeitig auch verschmerzbares Übel für den Gläubiger. Denn erstens steht der Quotenschaden erst mit Bestandkraft des Schlussverzeichnisses fest,287 zweitens ist das Risiko, dass die Quote aus der Schlussverteilung den im Gegensatz zur Quote sehr geringen Quotenschaden nicht gänzlich abdeckt, sehr überschaubar, und drittens würde den Bürgen ein im Wege von AGB formuliertes Verbot, die Abschlagszahlungen anzunehmen, gerade auch vor letzterem Argument wohl unangemessen benachteiligen. Insgesamt bietet sich für den Gläubiger als Regelungsalternative zur Ausgangsklausel daher eine Abtretung der Quote des Bürgen in Höhe des Quotenschadens zum Zeitpunkt der Bestandskraft des Schlussverzeichnisses als wirksame und brauchbare Lösung an, um den Quotenschaden ersetzt zu bekommen, ohne diesen durchzusetzen zu müssen. 2. Verpflichtung des Bürgen zu einer weiteren Sicherheitsleistung a) Inhalt und Zweck der Klausel Ein Bürge unterzeichnete einen von seiner Bank vorgelegten Formularvertrag, der unter anderem auch die folgende, aus seiner Sicht formulierte Klausel beinhaltete: „Auf Ihr Verlangen bin ich verpflichtet, für diese Bürgschaft eine Ihnen genehme Sicherheit zu leisten, auch wenn Ihre Ansprüche bedingt oder noch nicht fällig sind.“288 (Klausel Nr. 7 a)) 286 287 288

Siehe unter C. III. 1. a). Foerste, Insolvenzrecht, Rn. 456. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1984 – IX ZR 73/83, Rn. 2.

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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Diese Regelung beschert der Bank als Gläubigerin vor allem drei nennenswerte Vorteile. In erster Linie wird mit ihr einer Vermögensverschlechterung des Bürgen vorgebeugt. Die Bank wird den der Bürgschaft zugrunde liegenden Kredit an den Hauptschuldner nur gewähren, wenn sie von der ausreichenden Solvenz des Bürgen überzeugt ist. Bis zur Inanspruchnahme aber kann sich die wirtschaftliche Situation des Bürgen ändern. Bestellt der Bürge auf Verlangen der Bank jedoch weitere Sicherheiten, entzieht sie insofern dem Bürgen die Möglichkeit, über sein Vermögen zu verfügen und damit zum Nachteil der Bank zu handeln, was eine etwaige spätere Inanspruchnahme des Bürgen anbelangt. Zweitens ist es der Bank bei bestimmten zusätzlichen Sicherheiten möglich, sollte der Hauptschuldner ausfallen, der Bürge aber seine Pflicht zum Einstehen für die Verbindlichkeit des Hauptschuldners bestreiten, auf diese auch gleich zuzugreifen und sie zu verwerten. Hat der Bürge auf Verlangen der Bank etwa ein Pfandrecht an einer Sache eingeräumt oder Sicherheitszahlungen auf ein Sicherheitenkonto geleistet, kann sie direkt auf eben jene Sicherheiten zugreifen, ohne darauf angewiesen zu sein, dass der Bürge zahlt, er also erst selbst tätig wird. Und drittens kann die Prüfung der Bonität des Bürgen seitens der Bank oberflächlicher ausfallen, so dass Transaktionskosten eingespart werden können.289 Für eine positive Bewertung der Bonität des Bürgen reicht es bereits aus, unbelastetes Vermögen des Bürgen ausfindig zu machen. Etwaige Verbindlichkeiten des Bürgen spielen eine untergeordnete Rolle, schließlich kann die Bank auf Grund der Klausel eben jenes unbelastete Vermögen umgehend als Sicherheit für die Bürgschaft verlangen. b) Einbeziehung der Klausel Zutreffend gehen sowohl der BGH290 als auch die h.Lit.291 davon aus, dass eine in der Formularbürgschaft übernommene Pflicht des Bürgen, auf Verlangen des Gläubigers eine weitere Sicherheit zu bestellen, für den Bürgen überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB ist. Einigen sich Gläubiger und Bürge im Zusammenhang mit der Frage nach der Sicherung eines Kredites auf die Bestellung einer Bürgschaft, rechnet der Bürge demzufolge auch damit, die Frage der Kreditsicherung damit abschließend beantwortet zu haben. Dieser aus der bewussten Entscheidung für die Bürgschaft als Mittel der Kreditsicherung folgenden typischen Erwartungshaltung des Bürgen läuft es zuwider, dem Bürgen die Pflicht zur Bestellung zusätzlicher Sicherheiten aufzuerlegen. Weitere Sicherheiten neben der Bürgschaft hätte sich der Gläubiger 289 Zur Möglichkeit, Transaktionskosten bei der Bonitätsprüfung einzusparen Katz, Avery W., An Economic Analysis of the Guaranty Contract (March 1998), Columbia Law School, Center for Law and Economics Studies, Working Paper No. 136, p. 28. 290 BGHZ 92, 295 (300). 291 Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 72; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 16; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1642.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

schließlich schon zum Zeitpunkt der Bestellung der Bürgschaft einräumen lassen können, wenn er Zweifel an der Solvenz des Bürgen gehabt hat. Insofern handelt es sich bereits aus diesem Grund um eine ungewöhnliche und damit überraschende Bestimmung i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. Diese Annahme stützt darüber hinaus noch ein weiterer Umstand. Der Pflicht, auf Verlangen eine Sicherheit für die Bürgschaft zu bestellen, müsste der Bürge vor Fälligkeit der Bürgenschuld nachkommen. Nun wird aber zu Recht darauf hingewiesen, dass der Bürge aus einer Bürgschaft typischerweise erst dann zu leisten verpflichtet sei, wenn er in Anspruch genommen werde, sprich die Bürgenschuld fällig sei.292 Eine derartige vorherige Leistungspflicht des Bürgen ist den §§ 765 ff. BGB sogar völlig fremd. So spielt die Bürgschaft in der Kreditsicherungspraxis auch deshalb eine so große Rolle, weil es im Gegensatz zur Bestellung anderer Sicherheiten gerade zur klassischen Erwartungshaltung des Bürgen gehört, dass er nie zur Leistung verpflichtet sein werde, was sich im Übrigen auch oftmals bestätigt. Denn immerhin lautet die Einschätzung des Bürgen mit Blick auf seine sehr risikoreiche persönliche Einstandspflicht regelmäßig, dass der Hauptschuldner seinen Verbindlichkeiten selbst wird nachkommen können. Aus diesem Grund stellt eine Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherheit für die Bürgschaft eine für die Bürgschaft „sachfremde Regelung“ dar,293 die sich von den wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB derart entfernt, dass der Bürge mit ihr nicht zu rechnen braucht. c) Wirksamkeit der Klausel Der BGH294 hält diese Klausel für unwirksam. Die Literatur295 hat sich – soweit ersichtlich – vollständig dieser Sichtweise angeschlossen. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings überzeugt die für die Unwirksamkeit der Klausel stets angeführte Begründung nicht in Gänze.

292

BGHZ, 92, 295 (300); Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 376; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 608; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1642. 293 Als eine der Bürgschaft „sachfremde Regelung“ einordnend BGHZ, 92 295 (300); MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Staudinger/Horn, BGB, vor § 765 Rn. 72; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 16; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 376; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 608. 294 BGHZ 92, 295; BGH, NJW 1986, 928 (930). 295 MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 72; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 16; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 376; Reinicke/ Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 608; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 217; Schwab, AGB-Recht, Rn 1642.

III. AGB zur Sicherheitsleistung

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Die Begründung von Seiten des BGH und der Literatur ist entscheidend auf einen zwischen der Verpflichtung des Bürgen aus § 765 Abs. 1 BGB und der aus der oben dargelegten Klausel gezogenen Vergleich gestützt. Als maßgebliches Charakteristikum des § 765 Abs. 1 BGB wird aufgezählt, der Bürge habe in der Regel für eine Geldschuld, und zwar persönlich sowie erst ab Fälligkeit der Hauptschuld, einzustehen. Aus diesem Grund stelle die darüber hinaus auferlegte Verpflichtung, dem Gläubiger auf dessen Verlangen für seine Schuld eine Sicherheit zu leisten, „eine gegenüber dem Leitbild der Bürgschaft für die Verbindlichkeit des Kunden […] sachfremde Regelung“ dar.296 Dieser Vergleich hinkt jedoch insofern gewaltig, als dass sich die Frage nach der Art und Weise der Haftung des Bürgen an die Pflicht zur Bestellung einer weiteren Sicherheit für die Bürgschaft erst anschließt. Wie also sollte beides miteinander auf bestimmte Charakteristika verglichen werden können? Auch ein Vergleich mit der Haftung hinsichtlich der zusätzlich bestellten Sicherheit eignet sich nicht als Kriterium zur Beantwortung der Frage der Wirksamkeit der fraglichen Klausel. So richtet sich die Haftung mit der zusätzlich für die Bürgschaft eingeräumten Sicherheit nach deren eigenen gesetzlichen Regelungen und muss damit der der Bürgschaft gar nicht entsprechen. Zwar nicht vor dem Hintergrund eines Vergleichs, aber für sich genommen eignet sich der Hinweis darauf, dass der Bürge frühestens ab Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit zu leisten verpflichtet ist, für die Diskussion um die Wirksamkeit der fraglichen Klausel.297 Hiermit nicht im Einklang steht nämlich jene Pflicht zur Bestellung einer Sicherheit für die Bürgschaft, handelt es sich dabei doch um eine vor Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit bestehende Leistungspflicht des Bürgen und ist eine solche den §§ 765 ff. BGB gänzlich fremd. Dies unterstreicht auch die Kreditsicherungspraxis: So spielt die Bürgschaft dort auch deshalb eine so große Rolle, weil es im Gegensatz zur Bestellung anderer Sicherheiten gerade zur klassischen Erwartungshaltung des Bürgen gehört, gar nie zur Leistung verpflichtet zu sein. Denn immerhin lautet die Einschätzung des Bürgen mit Blick auf seine sehr risikoreiche persönliche Einstandspflicht regelmäßig, dass der Hauptschuldner seinen Verbindlichkeiten selbst wird nachkommen können. Als „sachfremde Regelung“ berührt die formularvertraglichen Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherheit für die Bürgschaft demzufolge wesentliche Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB und ist damit unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, geht mit ihr schließlich ein erheblicher Nachteil für den Bürgen einher: So ist sein Interesse, frei über sein Vermögen disponieren zu können, von erheblichem Gewicht. Seine wirtschaftliche Handlungs296 BGHZ 92, 295 (300); dem folgend MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 233; Staudinger/ Horn, BGB, vor § 765 Rn. 72; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 16; Schmidt, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 376; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 608. 297 Darauf hinweisend BGHZ, 92, 295 (300); Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 376; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 608; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1642.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

fähigkeit wird dann aber entscheidend eingeschränkt, wenn er sich verpflichtet, dem Gläubiger jederzeit – obendrein noch nach dessen Belieben – sein Vermögen als Sicherheit zu überlassen. Letztlich setzt der Gläubiger mit jener Regelung missbräuchlich seine eigenen Interessen durch, ohne hinreichend die Belange des Bürgen auf wirtschaftliche Selbstbestimmung zu berücksichtigen und angemessen auszugleichen. Die Klausel ist somit gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. d) Eigener Regelungsvorschlag: Teilzweckerreichung Die drei für den Gläubiger mit der sich als unwirksam herausgestellten Klausel einhergehenden Vorteile, die Vorbeugung der Vermögensverschlechterung des Bürgen, der ggf. praktisch einfachere Zugriff auf die zusätzlich bestellte Sicherheit sowie die Einsparung von Transaktionskosten durch eine weniger detaillierte Bonitätsprüfung, lassen sich in der Intensität der Klausel nur durch gesonderte Verträge wirksam erzielen. Der Gläubiger muss sich hierfür neben der Bürgschaft gleich separat eine ihm „genehme“ Sicherheit bestellen lassen. Im Sicherungsvertrag kann – ganz im Einklang mit der Regelung in der unwirksamen Klausel – die Bürgenschuld als Sicherungszweck vereinbart werden. Weigert der Bürge sich seiner Verpflichtung aus dem Bürgschaftsvertrag nachzukommen, kann der Gläubiger je nach Sicherheit, ohne gegen den Bürgen prozessieren zu müssen, gleich auf die Sicherheiten zugreifen. In jedem Fall wird durch die Bestellung einer weiteren Sicherheit der Vermögensverschlechterung des Bürgen vorgebeugt und eine weniger umfassende Prüfung der Bonität des Bürgen erforderlich, die zur Einsparung von Transaktionskosten führt. Hinsichtlich des untergeordneten Vorteils der sich als unwirksam herausgestellten Klausel, durch eine weniger detaillierte Bonitätsprüfung Transaktionskosten einzusparen, kann die Aufnahme einer zusätzlichen Klausel in den Darlehensvertrag allerdings ähnliche Wirkung erzielen. Ohnehin ist es schon gängige Wirtschaftspraxis, dass die Transaktionskosten für den Gläubiger dadurch gesenkt werden, dass dem Hauptschuldner bei der Kreditanfrage die Pflicht auferlegt wird, die Bonität des Bürgen darzulegen. Der Hauptschuldner wird sowieso in aller Regel ein gutes Verhältnis zum Bürgen haben und auch dementsprechend einfach Auskünfte über dessen Bonität einholen können. Bürgt ein Gesellschafter für seine Gesellschaft, sind der für den Hauptschuldner Handelnde und der Bürge gar personenidentisch. Da der Hauptschuldner am Bürgen also „näher dran“ ist als der Gläubiger, fallen regelmäßig die Transaktionskosten der Bonitätsprüfung niedriger aus, als dies bei einer von der Bank vorgenommenen Prüfung der Fall gewesen wäre.298 Wenngleich in der gängigen Wirtschaftspraxis zur Aufnahme eines Kredites, der durch eine Bürgschaft gesichert werden soll, zunächst ein Antrag zu stellen ist, der oftmals auch Informationen über die Bonität des Bürgen beinhalten muss, ist es darüber hinaus denkbar, 298 Katz, Avery W., An Economic Analysis of the Guaranty Contract (March 1998), Columbia Law School, Center for Law and Economics Studies, Working Paper No. 136, p. 28.

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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dem Hauptschuldner in einem Kreditvertrag, der unter der aufschiebenden Bedingung der Bürgschaftsbestellung geschlossen wird, eine Pflicht zur Darlegung der Bonität des Bürgen durch AGB aufzuerlegen. Im Sinne der ökonomischen Analyse des Rechts299 ist der Hauptschuldner auf Grund seiner Nähe zum Bürgen „cheapest cost avoider“ und damit eine solche AGB wirksam. Auch unabhängig von wirtschaftlichen Überlegungen stößt die Klausel hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf keine Bedenken. Dass der Hauptschuldner am Bürgen „näher dran“ ist, bedeutet gleichzeitig, dass die Bonitätsprüfung praktikabler gehandhabt wird, wenn es der Hauptschuldner ist, der zunächst Auskünfte über den potentiellen Bürgen einholt. Außerdem ist es ohnehin der Hauptschuldner, der dem Gläubiger einen Bürgen vorstellt. Wieso sollte es ihn unangemessen benachteiligen, wenn er nicht nur eine Person als Bürgen vorstellt, sondern darüber hinaus auch etwas zur Solvenz dieser Person vorträgt? In einem Kreditvertrag, der unter der aufschiebenden Bedingung einer Bürgschaftsbestellung geschlossen wird, kann zur Einsparung von Transaktionskosten bei der Bonitätsprüfung des Bürgen etwa folgende AGB wirksam vereinbart werden: Der Hauptschuldner hat dem Gläubiger zur Sicherung dessen Anspruchs auf Rückzahlung der Darlehensforderung [sowie der sich aus dieser ergebenen Zinsen, Provisionen und Kosten] einen Bürgen vorzuschlagen. Der Hauptschuldner hat im Rahmen seines Vorschlags die Bonität des Bürgen detailliert darzulegen. Es steht im Ermessen des Gläubigers, den vom Hauptschuldner vorgeschlagenen Bürgen nach einer eigenen Bonitätsprüfung als Bürgen zu akzeptieren. (Klausel Nr. 7 b))

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen 1. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB a) Gänzlicher Ausschluss des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB aa) Inhalt und Zweck der Klausel Nach § 768 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Bürge die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen.300 Um trotz bestehender Einreden des Hauptschuldners dennoch den Bürgen in Anspruch nehmen zu können, beziehen einige Gläubiger eine Klausel in die Formularbürgschaft mit ein, die die Abbedingung des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB vorsieht. Eine Klausel dieses Inhalts kann etwa schlicht wie folgt lauten: Auf das Recht, Einreden im Sinne des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB zu erheben, verzichtet der Bürge. (Klausel Nr. 8) 299

Näher zur ökonomischen Analyse des Rechts siehe unter B. II. 2. c) ee). Zur Bedeutung des Einredebegriffs i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB siehe unter B. I. 1. b) bb) (4). 300

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

bb) Einbeziehung der Klausel Ob eine solche Klausel überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB ist, wird weder in Rechtsprechung noch Literatur diskutiert. Stattdessen wird die Klausel dort ausschließlich einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterzogen.301 Richtigerweise wird sie im Regelfall nicht Vertragsbestandteil. Nach dem Sicherungszweck der Bürgschaft hat der Bürge anstelle des Hauptschuldners persönlich ersatzweise für die Hauptverbindlichkeit einzustehen.302 Wie jedes Mittel der Kreditsicherung ist also auch die Bürgschaft darauf ausgerichtet, die Wahrscheinlichkeit dafür zu erhöhen, dass der Gläubiger auch ja dasjenige erhält, was ihm rechtlich zusteht. Diese Erwägungen werden als Grundlagen der Bürgenhaftung auch regelmäßig die Vorstellung des Bürgen über seine Einstandspflicht prägen. Dem Gläubiger steht die Hauptforderung rechtlich nur zu, wenn sie auch durchsetzbar ist. Dies ist sie freilich nicht, wenn der Hauptschuldner Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB erhoben hat. Insofern kann der Bürge davon ausgehen, nur dann leisten zu müssen, wenn dem Hauptschuldner keine Einreden zustehen. So hat er als ersatzweise Haftender grundsätzlich keine Verpflichtung übernommen, die über die des Hauptschuldners hinausgehen. Mit anderen Worten: Die Erwartungshaltung des typischen Bürgen schließt die Geltung des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB mit ein. Eine Klausel, die jene Norm abbedingt, ist insofern eine grundsätzlich ungewöhnliche Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB, mit der der Bürge im Übrigen auch in aller Regel nicht zu rechnen braucht. Schließlich rüttelt sie im beschriebenen Maße bereits an den Grundlagen der Bürgenhaftung. cc) Wirksamkeit der Klausel Einstimmig wird in Rechtsprechung303 und Literatur304 eine vollständige formularmäßige Abbedingung des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB für unwirksam gehalten. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Nach § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Bürgenschuld akzessorisch zur Hauptverbindlichkeit in der Durchsetzung.305 Demzufolge berührt die Klausel auch einen 301

Siehe Fn. 303 und 304. Zum Sicherungszweck siehe ausführlich unter B. I. 1. b). 303 BGH, NJW 2001, 1857; 2003, 59 (61); 2009, 3422; OLG Köln, NJW-RR 2008, 1340 (1341). 304 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 8; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 364; Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 72, § 768 Rn. 31; MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 3; Erman/Herrmann, BGB, § 768 Rn. 6; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 768 Rn. 11; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 601; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1645; Fischer, WM 1998, 1705 (1712); Lettl, WM 2000, 1316 (1324 f.); Förster, WM 2010, 1677 (1680). 305 Siehe hierzu unter B. I. 1. b) bb) (4). 302

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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wesentlichen Grundgedanken des Bürgschaftsrechts i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB306 – die Akzessorietät der Bürgschaft.307 Zwar sind Abweichungen vom Akzessorietätsprinzip durch AGB nicht per se unwirksam, doch bedarf es für ihre Rechtfertigung gewichtiger Gründe. Dies dürfte im Besonderen für die fragliche AGB gelten, wird § 768 Abs. 1 S. 1 BGB bisweilen gar als wichtigste Ausprägung des Akzessorietätsprinzips eingestuft.308 Die wohl bedeutendste Rechtfertigung für eine derartige Abweichung stellt der Fortbestand des Sicherungszwecks dar.309 Signifikanterweise jedoch sorgt die fragliche Abweichung vom Akzessorietätsprinzip nicht für den Fortbestand des Sicherungszwecks, sondern läuft ihm – ganz im Gegenteil – gerade zuwider. So würde der Bürge im Vergleich zum Hauptschuldner eine schwächere Rechtsposition inne haben, wenn er sich nicht auf Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB berufen könnte – und das, obwohl er nach dem Sicherungszweck nur ersatzweise für dessen Hauptverbindlichkeit haftet.310 Der Bürge ist durch die Klausel letztlich nicht nur einseitig benachteiligt, es fehlt mit Blick auf den Sicherungszweck der Bürgschaft darüber hinaus auch an einem schützenswerten Interesse des Gläubigers am Bestand der Klausel. Aus diesem Grund ist sie mit der Akzessorietät der Bürgschaft unvereinbar und damit gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. b) Ausschluss einzelner abgeleiteter Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB aa) Grundsatz: Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit eines Ausschlusses Für eine AGB, die den gesamten § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ausschließt, gilt: Sie wird nicht Vertragsbestandteil, weil der typische Bürge als bloß ersatzweise Haftender davon ausgeht, nur für eine durchsetzbare Hauptverbindlichkeit zu haften, und sie ist unwirksam, weil eine Haftung des Bürgen für eine nicht durchsetzbare Hauptverbindlichkeit dem Sicherungszweck der Bürgschaft zuwider läuft und den Bürgen nicht unerheblich benachteiligt. Diese Argumentation gilt aber nicht nur für die Abbedingung des gesamten § 768 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern trifft auch für den Ausschluss einzelner Einreden zu. Egal welche Einrede i. S. d. Vorschrift auch immer ausgeschlossen wird, der Bürge wird immer für eine Hauptverbindlichkeit haften, die der Gläubiger gegen den Hauptschuldner nicht geltend machen kann. Damit würde sowohl von der typischen Vorstellung des Bürgen von seiner Haftung (§ 305 c Abs. 1 BGB!) als auch vom Sicherungszweck und damit der Akzessorietät der Bürgschaft 306

Siehe hierzu unter B. I. 3. b). So auch BGH, NJW 2001, 1857 (1858); 2003, 59 (60); 2009, 3422 (3424); Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 364; Staudinger/Horn, BGB, § 768 Rn. 31; MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 3; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 768 Rn. 11; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1645. 308 Fischer, WM 1998, 1705 (1712). 309 Siehe hierzu detailliert unter B. I. 1. b) cc) (6). 310 Siehe unter B. I. 1. b). 307

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

(§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB!) abgewichen werden. Einzelne Ausschlüsse von Einreden werden daher grundsätzlich kein Vertragsbestandteil und sind unwirksam. bb) Ausnahme: Stundung wegen Vermögenslosigkeit Unstreitig wird gemeinhin der Einwand wegen Stundung der Hauptverbindlichkeit als Einrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB qualifiziert.311 Grundsätzlich wird daher aus besagten Gründen auch der Ausschluss der Stundungseinrede nicht in den Vertrag einbezogen bzw. ist unwirksam. Oftmals liegt der Grund für eine Stundung eines Anspruchs in der fehlenden Leistungsfähigkeit des Schuldners. Damit er seiner Verbindlichkeit dann doch noch nachkommen kann, wird der Zeitpunkt der Fälligkeit nach hinten verschoben. Nun bezweckt die Bestellung einer Bürgschaft gerade, den Gläubiger im Falle mangelnder Solvenz des Schuldners abzusichern.312 Würde also eine Klausel in den Bürgschaftsformularvertrag aufgenommen werden, die einen Ausschluss der abgeleiteten Einrede wegen Stundung der Hauptforderung zum Inhalt hat, die wiederum aus Gründen der Vermögenslosigkeit des Schuldners erfolgt, würde dies zwar die Akzessorietät der Bürgschaftsforderung in ihrer Durchsetzung zur Hauptverbindlichkeit durchbrechen, dennoch aber auf einer Linie mit dem Sicherungszweck der Bürgschaft liegen. Vergegenwärtigt man sich nun noch einmal, dass die Bürgschaft akzessorisch ausgestaltet ist, um den Sicherungszweck möglichst effektiv zu realisieren,313 und darüber hinaus das Gesetz selbst Ausnahmen vom Akzessorietätsprinzip anordnet, wenn dies der Umsetzung des Sicherungszwecks dient,314 kommt man für eine derartige Klausel zum Ergebnis, dass mit ihr nicht unvereinbar von wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB abgewichen wird. Des Weiteren benachteiligt eine solche AGB den Bürgen auch nicht unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Zwar haftet er entgegen § 768 Abs. 1 S. 1 BGB für eine Hauptverbindlichkeit, für die der Hauptschuldner (noch) nicht in Anspruch genommen werden kann, der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bürgen verändert sich durch eine solche Bestimmung allerdings nicht. Der Bürge hatte schließlich von vornherein versprochen, dann für die Schuld des Hauptschuldners einzustehen, wenn dieser zum ursprünglichen Fälligkeitstermin nicht im Stande ist, sie zu begleichen. Und nichts anderes, als dieses Versprechen des Bürgen auch weiterhin aufrecht zu erhalten, stellt eine solche Klausel sicher. Hieran

311 RGZ 153, 125 (128); BGHZ 72, 198 (203); BGH, NJW 2001, 2327 (2329); Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 371; Staudinger/Horn, BGB, § 768 Rn. 38; Beckmann, in: Dauner-Lieb, BGB, § 768 Rn. 5; Erman/Hermann, BGB, § 768 Rn. 4; Tiedtke/Holthusen, WM 2007, 93 (98); Tiedtke, JZ 2006, 940 (945). 312 Ausführlich zum Sicherungszweck der Bürgschaft siehe unter B. I. 1. a) aa). 313 Siehe hierzu unter B. I. 1. b). 314 Siehe unter B. I. 1. b) cc) (6).

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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hat der Gläubiger auch insbesondere deshalb ein berechtigtes Interesse, weil die Stundung doch allein auf seine Kulanz zurückzuführen ist. Letztlich bestehen auch keinerlei Bedenken hinsichtlich der Einbeziehung einer Bestimmung in den Bürgschaftsvertrag, die die abgeleitete Stundungseinrede für den Fall, dass die Stundung auf die Vermögenslosigkeit des Hauptschuldners zurückzuführen ist, ausschließt. Welche Regelung soll der typische Bürge in einem Bürgschaftsvertrag erwarten, wenn nicht die, die seine Haftung im Fall der Vermögenslosigkeit des Hauptschuldners zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Hauptforderung anordnet? Zwar geht der typische Bürge sicherlich davon aus, nur für eine Hauptforderung einstehen zu müssen, wenn diese auch durchsetzbar ist, doch wird seine Vorstellung nur soweit reichen, wie die fehlende Durchsetzbarkeit nicht auf der Kulanz des Gläubigers basiert und aus Gründen der Vermögenslosigkeit erforderlich war. Die Vorstellung des Bürgen von seiner Haftung ist nämlich selbstverständlich nicht von einer etwaigen (starren) Akzessorietät der Bürgschaftsforderung zur Hauptverbindlichkeit geprägt. Vielmehr weiß er, dann persönlich für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit aufkommen zu müssen, wenn der Hauptschuldner zum Fälligkeitstermin nicht solvent genug ist, selbst zu erfüllen. Nichts anderes gewährleistet eine derartige Klausel. Ein formularvertraglicher Verzicht auf die Stundungseinrede wegen Vermögenslosigkeit des Gläubigers wird regelmäßig Vertragsbestandteil und ist wirksam.315 Er kann etwa wie folgt formuliert werden: Der Bürge verzichtet auf die Einrede im Sinne des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB wegen Stundung der gesicherten Hauptverbindlichkeit, wenn die Stundung aus Gründen der Vermögenslosigkeit des Hauptschuldners vereinbart wurde. Die Stundung der Hauptverbindlichkeit hat keinerlei Auswirkung auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Bürgschaftsforderung. Die Bürgschaftsforderung wird auch im Falle der Stundung der Hauptverbindlichkeit in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Hauptverbindlichkeit ohne Stundung fällig geworden wäre. (Klausel Nr. 9)

cc) Im Besonderen: Ausschluss der abgeleiteten Verjährungseinrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB Wurde bereits ausgeführt, dass ein formularvertraglicher Ausschluss auch einer einzelnen Einrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil wird bzw. unwirksam ist, kann nichts anderes für die abgeleitete Verjährungseinrede gelten. Dennoch lohnt sich ein gesonderter Blick auf die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit dem AGB-Recht. Wie zu sehen sein wird, hat der Gläubiger gerade am Ausschluss dieser Einrede ein besonderes praktisches Bedürfnis. So ist es kein Zufall, dass gerade dieser formularvertragliche Ausschluss Gegenstand aktueller Rechtsprechung und seit jeher kontroverser Diskussion im 315 So auch Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 371; Staudinger/Horn, BGB, § 768 Rn. 38.

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Schrifttum ist. Und dort, wo besondere praktische Bedürfnisse bestehen, wird das Recht auch regelmäßig eine Lösung parat haben. Dies unterstreicht etwa für das Bürgschaftsrecht im Besonderen § 765 Abs. 2 BGB, dessen Abweichung vom Akzessorietätsprinzip sich aus praktischen Bedürfnissen des Wirtschaftsverkehrs rechtfertigt.316 Eine Lösung hierfür wird in einem eigenen Regelungsvorschlag erarbeitet, der maßgeblich auf den Erkenntnissen der vorherigen Untersuchung des Zwecks des Einredeausschlusses und der Gründe für die grundsätzliche Nichteinbeziehung in den Vertrag und Unwirksamkeit aufbaut. (1) Inhalt und Zweck der Klausel Ein Ausschluss der Einrede des Bürgen hinsichtlich der Verjährung der Hauptforderung gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ließe sich als AGB etwa auf diese Weise formulieren: Der Bürge verzichtet darauf, die Einrede der Verjährung der gesicherten Hauptverbindlichkeit erheben zu können. (Klausel Nr. 10 a))

Die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner einerseits und die gegen den Bürgen andererseits sind zwei voneinander zu trennende Ansprüche. Demzufolge verjähren sie auch selbstständig.317 Die regelmäßige Verjährungsfrist der Bürgschaftsforderung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, „in dem der Anspruch entstanden ist.“ Der Anspruch „entsteht“ i. S. d. Vorschrift regelmäßig mit dessen Fälligkeit. Für die Bürgschaft, bei der dem Bürgen die Einrede der Vorausklage zusteht, richtet sich die Fälligkeit nach ganz h.M.318 nach der der Hauptschuld. Nichts anderes gilt nach h.M.319 auch für die selbstschuldnerische Bürgschaft. Darüber hinaus kann der Bürge aber nun auch gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB die Verjährungseinrede des Hauptschuldners hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit als eigene gegenüber der Forderung aus der Bürgschaft geltend machen.320 Damit hat der Bürge also zwei Verteidigungsmittel, mit denen er seiner persönlichen Einstandspflicht für die Hauptverbindlichkeit entgehen kann: Die Einrede der 316 317

(957).

Siehe hierzu unter B. I. 1. b) cc) (6). A. A. – allerdings noch vor der Schuldrechtsmodernisierung – Bydlinski, ZIP 1989, 953

318 BGH, WM 2004, 371; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 126, 274; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 82; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 765 Rn. 74; Palandt/Ellenberger, § 199 Rn. 3; Palandt/Sprau, § 765 Rn. 26; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 964, 1012 a; Schmolke, WM 2013 148 (150); Bolten, ZGS 2006, 140 (144 f.); a. A. (für eine Leistungsaufforderung des Gläubigers gegenüber dem Bürgen, um die Bürgschaftsforderung fällig zu stellen) BGH, NJW 1991, 100; OLG Köln, WM 2006, 1248; Lindacher, Festschrift Gerhardt, S. 591 f.; Gay, NJW 2005, 2585 (2588); Schlößer, NJW 2006, 645 (648 f.). 319 BGHZ 175, 161; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 80, 82; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, § 199 Rn. 22; Tiedtke, JZ 2006, 940 (945 f.); a. A. (für eine Leistungsaufforderung des Gläubigers gegenüber dem Bürgen, um die Bürgschaftsforderung fällig zu stellen) Lindacher, Festschrift Gerhardt, S. 591 f.; Schmolke, WM 2013, 148 (151). 320 Walther, NJW 1994, 2337 (2338).

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Verjährung hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit einerseits und die hinsichtlich der Bürgschaftsforderung andererseits. Obwohl Hauptforderung und Bürgenschuld also nach den gesetzlichen Regelungen gleichzeitig fällig werden und für beide gemäß § 195 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gilt, hat der Gläubiger durch die fragliche Klausel einen klaren Nutzen. Dieser offenbart sich dann, wenn man sich vergegenwärtigt, dass beide Forderungen nebeneinander stehen und deren Verjährung daher auch unabhängig voneinander gemäß der §§ 203 ff. BGB gehemmt sein kann. Der Gläubiger profitiert also immer dann von einer derartigen Klausel, wenn die Verjährung der Bürgenschuld wegen hemmender Wirkung nach derjenigen der Hauptverbindlichkeit eintritt. Praktisch große Bedeutung kommt der Klausel auf Grund der höchstrichterlichen Rechtsprechung321 für den Fall zu, in dem der Gläubiger Klage gegen (nur) den Bürgen auf Leistung seiner Bürgenschuld erhebt. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hat die Klage verjährungshemmende Wirkung auf die Bürgenschuld. Die Hauptverbindlichkeit jedoch kann – vor allem wenn sich das gerichtliche Verfahren längere Zeit hinzieht – weiterhin verjähren. Nach Ansicht des BGH kann der Bürge selbst dann noch die Einrede gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB wegen der Verjährung der Hauptverbindlichkeit erheben, wenn er zum Zeitpunkt des Verjährungsbeginns bereits rechtskräftig zur Zahlung verurteilt war. Insoweit stehe ihm die Vollstreckungsabwehrklage des § 767 Abs. 1 und 2 ZPO zur Verfügung. Um dies zu verhindern, muss der Gläubiger zur eigenen Vorsorge gleichzeitig auch Klage gegen den Hauptschuldner erheben. Wird aber die Klausel wirksamer Vertragsbestandteil, könnte der Gläubiger allein gegen den Bürgen Klage erheben, ohne Gefahr zu laufen, dass dieser sich auf die Verjährung der Hauptverbindlichkeit beruft. Insofern kann der Gläubiger – nach BGH322 zumutbare – Prozesskosten vermeiden, auf die er gemäß § 767 Abs. 2 BGB den Bürgen zwar in Haftung nehmen kann, hierfür allerdings zum einen in Vorleistungen treten müsste und zum anderen von der Solvenz des Bürgen abhängig wäre. Richtigerweise jedoch ergibt sich bereits von Gesetzes wegen, dass der Bürge sich ab dem Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger Klage gegen ihn erhebt, nicht mehr auf die Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit berufen kann.323 So läuft es dem Schutzzweck des Verjährungsrechts zuwider, wenn sich der Beklagte auf die Verjährungseinrede soll berufen können, obwohl die Verjährung ihm bereits gegenüber unterbrochen ist.324 Dass dies im Besonderen auch für den Bürgen als Beklagten zutrifft, lässt sich anhand der Konsequenzen der Ansicht des BGH für die selbstschuldnerische Bürgschaft illustrieren: Um den Bürgen an der Erhebung der Ver321 BGHZ 76, 222; 139, 214; BGH, NJW 1999, 278; mit Recht kritisch Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 455 ff.; Schmolke, WM 2013, 148 (152 ff.). 322 BGHZ 76, 222 (227). 323 So Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 455 ff.; Schmolke, WM 2013, 148 (152 ff.). 324 Vgl. Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 468.

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jährungseinrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB zu hindern, müsste der Gläubiger stets parallel Klage gegen den Hauptschuldner erheben. Und das, obwohl für eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Sinn doch gerade darin besteht, „dem Gläubiger ein isoliertes Vorgehen (nur) gegen den Bürgen zu ermöglichen.“325 Diese Sichtweise berücksichtigt auch, dass der Hauptschuldner mit ihr insofern einen Nachteil erleidet, als er sich erst dann sicher sein kann, nicht mehr in Anspruch genommen werden zu können, wenn neben der Hauptforderung auch die Bürgenschuld verjährt ist, da er sich zumeist noch dem Innenausgleich wegen Erstattung der Aufwendungen des Bürgen ausgesetzt sieht.326 So rechtfertigt sich dies vor dem Hintergrund seiner erst durch die Haftungsübernahme des Bürgen gesteigerten Bonität, die in aller Regel ausschlaggebend für den Abschluss eben jenes Rechtsgeschäfts war, deren Begleichung durch den Bürgen Grundlage für den Innenausgleich zwischen Bürgen und Hauptschuldner ist. Letztlich wird der Nachteil des Hauptschuldners, sich trotz Verjährung der Hauptverbindlichkeit eines möglichen Innenausgleichs ausgesetzt zu sehen, also durch den Vorteil seiner gesteigerten Bonität ausgeglichen.327 Entscheidet sich der Gläubiger als Verwender dieser AGB bewusst lediglich für den Ausschluss der Verjährungseinrede hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit und damit gegen den Ausschluss der Verjährungseinrede sowohl hinsichtlich der Hauptund Bürgschaftsforderung gleichzeitig als auch nur der Bürgschaftsforderung, wird dies wohl regelmäßig den Hintergrund haben, dass er plant, sich zunächst nicht an den Hauptschuldner, sondern an den Bürgen zu halten. Wendet er sich nämlich mit Ausnahme der Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) in einer die Tatbestände der §§ 203 ff. BGB erfüllenden Art und Weise an den Bürgen, ist die Verjährung der Bürgenschuld gehemmt, die der Hauptverbindlichkeit – und dies ist vor dem Hintergrund der abgeleiteten Verjährungseinrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB für den Gläubiger von besonderer Relevanz – indes nicht. Will der Gläubiger nicht stets gegen Hauptschuldner und Bürgen gleichzeitig vorgehen müssen, ist es dann von besonderem Wert, von einem Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB profitieren zu können. Schließlich könnte das die Verjährung der Bürgenschuld hemmende Ereignis von längerer Dauer sein und währenddessen Verjährung der Hauptverbindlichkeit eintreten. Typischerweise wird der Gläubiger nur dann beabsichtigen, zunächst gegen den Bürgen vorzugehen, wenn er sich auch eine selbstschuldnerische Bürgschaft hat einräumen lassen. Anderenfalls würde der Bürge wohl regelmäßig die Einrede der Vorausklage mit der Folge erheben, dass der Gläubiger doch wieder gezwungen ist, zunächst gegen den Hauptschuldner vorzugehen.

325 Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 468; sich dem anschließend Schmolke, WM 2013, 148 (152). 326 Vgl. Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 1; MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 15. 327 Ausführlich Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 469 f.

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Resümierend lässt sich sagen, dass der mit der Klausel für den Gläubiger einhergehende Vorteil sich auf die Fälle beschränkt, in denen die Bürgschaftsforderung wegen verjährungshemmender Wirkung mit Ausnahme des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB328 nach der Hauptverbindlichkeit verjährt. Typischerweise wird dies dann der Fall sein, wenn der Gläubiger sich zunächst nicht an den Hauptschuldner, sondern an den Bürgen hält. Das wiederum ist für den Gläubiger in aller Regel nur dann sinnvoll, wenn eine selbstschuldnerische Bürgschaft vereinbart wurde. (2) Einbeziehung der Klausel Grundsätzlich ungewöhnlich und für den Bürgen überraschend ist eine Klausel, nach der er entgegen seiner typischen Vorstellung als bloß ersatzweise Haftender für eine gegenüber dem Hauptschuldner nicht durchsetzbare Forderung einstehen muss und daher weiter als der Hauptschuldner haftet.329 Aus diesem Grund wird die fragliche Klausel gemäß § 305 c Abs. 1 BGB regelmäßig nicht Vertragsbestandteil. (3) Wirksamkeit der Klausel Vereinzelt finden sich Stimmen in der Literatur330, die sich für die Wirksamkeit der fraglichen Klausel aussprechen. Die h.Lit.331 hingegen geht davon aus, dass ein formularvertraglicher Ausschluss der Verjährungseinrede i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist. Eine solche Bestimmung durchbreche die Akzessorietät der Bürgenschuld zur Hauptverbindlichkeit in ihrer Durchsetzbarkeit und weiche von den §§ 765 ff. BGB in einer Weise ab, die mit wesentlichen Grundgedanken des Bürgschaftsrechts unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB sei. Letzter Ansicht ist zuzustimmen. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB liegt die Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit in der Durchsetzung zu Grunde. Ist die Geltendmachung speziell der Verjährungseinrede hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit in AGB ausgeschlossen, wird insoweit von dieser Akzessorietät, einem wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB,332 abgewichen. Wie sich im Folgenden zeigen wird, geschieht dies auch auf eine mit dem Akzessorietätsprinzip i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unvereinbare Art und Weise.

328

A. A. BGHZ 139, 214; BGH, NJW 1999, 278. Siehe hierzu bereits ausführlich unter C. IV. 1. a) bb). 330 Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 768 Rn. 11 Fn. 3; Hohmann, WM 2004, 757 (762). 331 MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 3; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 371; Graf von Westphalen, WM 1984, 1589 (1593); Walther, NJW 1994, 2337 (2338); Siegmann/Polt, WM 2004, 766 (773 f.); Tiedtke/ Holthusen, WM 2007, 93 (98). 332 Siehe unter B. I. 3. b). 329

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Die Akzessorietät der Bürgschaft zielt darauf ab, den Sicherungszweck der Bürgschaft weitestgehend zu verwirklichen.333 Dieser hat sich als ersatzweise Befriedigung des Gläubigers bei Ausfall des Hauptschuldners entpuppt.334 Muss der Bürge lediglich ersatzweise leisten, benötigt der Gläubiger dafür grundsätzlich335 auch keine besseren Rechte als gegen den Hauptschuldner. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB gibt dem Bürgen daher die entsprechenden Einreden des Hauptschuldners als Verteidigungsmittel gegen die Bürgenschuld an die Hand. Davon ausgehend fragt es sich, ob die Verjährungseinrede hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit einer besonderen Beurteilung bedarf, d. h. der Sicherungszweck sich auch realisiert, wenn die Geltendmachung der Einrede dem Bürgen nicht möglich ist. Die Verjährungseinrede hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit weist zumindest insoweit eine Besonderheit im Vergleich mit den anderen Einreden i. S. d. § 768 Abs. 1 S. 1 BGB auf, als dass sie eine enge Kopplung zur einer weiteren Einrede, der Einrede wegen Verjährung der Bürgenschuld, aufweist: Beide Forderungen unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB von drei Jahren, die darüber hinaus für beide mit der Fälligkeit der Hauptforderung beginnt.336 Das Ende der Verjährungsfrist divergiert folglich nur, wenn die Frist zu einer der beiden Forderungen separat gemäß der §§ 203 ff. BGB gehemmt war. Nun lässt die fragliche Klausel die Einrede wegen Verjährung der Bürgenschuld unberührt, so dass der Bürge nur dann einen Nachteil durch die Klausel erfährt, wenn die Hauptverbindlichkeit vor der Bürgenschuld verjährt, weil letztere gemäß der §§ 203 ff. BGB gehemmt war. Und da dieser Nachteil insofern auf gesetzlichen Wertungen (der §§ 203 ff. BGB) – und damit solcher von besonderer Dignität – basiert, liegt auch der Gedanke nahe, dass die dem Bürgen verbleibende Einrede wegen Verjährung seiner Bürgenschuld den Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Hauptforderung angemessen kompensiert. Obwohl diese Überlegung von gesetzlichen Wertungen getragen wird, kann sie im Ergebnis deshalb nicht überzeugen, weil sie dem Sicherungszweck der Bürgschaft zuwider läuft. Dass der Bürge gemäß dem Sicherungszweck nur ersatzweise haftet, bedeutet, dass er grundsätzlich nur dann persönlich für die Hauptverbindlichkeit einzustehen hat, wenn der Gläubiger den Hauptschuldner in Anspruch nehmen kann, Letzterer aber nicht solvent genug ist. Diese Formel erklärt sich nicht aus einem etwaigen Bürgenschutz heraus, der gegebenenfalls tatsächlich durch die §§ 203 ff. BGB zu entkräften wäre, sondern vor dem Hintergrund der Berechtigung des Gläubigers an einer Leistungsforderung. Im Fall einer verjährten Hauptforderung stehen seiner Berechtigung zur ersatzweisen Inanspruchnahme des Bürgen jedoch Zwecke des Verjährungsrechtsrechts entgegen – allen voran der Rechtsfrieden337 und die Sicherheit des Rechtsverkehrs.338 Ihnen 333

Siehe unter B. I. 1. b). Siehe unter B. I. 1. b). 335 Siehe B. Fn. 23 und 24. 336 Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (1). 337 BT-Drucks. 14/6040, S. 100; BGHZ 59, 72 (74); MüKoBGB/Grothe, Vorbemerkung (Vor § 194) Rn. 7; Palandt/Ellenberger, Überbl v § 194 Rn. 7, 9; Erman/Schmidt-Räntsch, 334

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würde nicht Rechnung getragen werden, wenn der Bürge wegen einer nicht beglichenen verjährten Hauptforderung einstehen müsste. Auch wenn der Bürge mit einer separaten (eigenen) Bürgenschuld haftet, würde die verjährte Hauptforderung entgegen Rechtsfrieden und Sicherheit des Rechtsverkehrs weiter insofern rechtliche Wirkung entfalten, als dass ihre Nichtbegleichung die Grundlage für das Auslösen der Bürgenhaftung bilden würde. Demzufolge hat der Gläubiger an der Begleichung der Hauptforderung im Falle ihrer Verjährung keine Berechtigung mehr. Die Möglichkeit des Bürgen, gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB die Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit erheben zu können, trägt diesem Umstand Rechnung. Wird dies ausgeschlossen, realisiert sich der Sicherungszweck folglich nicht. Ein Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB widerspricht letztlich dem Sicherungszweck der Bürgschaft und bringt auch eine merkliche Benachteiligung des Bürgen mit sich. Insofern ist er mit der Akzessorietät der Bürgschaft gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unvereinbar und daher unwirksam. (4) Eigener Regelungsvorschlag und zugleich eine Antwort auf BGHZ 76, 222; 139, 214 und BGH, NJW 1999, 278 Dem hinter der Klausel stehenden Zweck, zunächst den – in aller Regel selbstschuldnerischen – Bürgen in Anspruch nehmen zu können, ohne Gefahr zu laufen, dass dieser die Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit geltend macht, lässt sich durch eine andere (wirksame) Klauselgestaltung ähnlich intensiv umsetzen. Die Klausel wird deshalb gemäß § 305 c Abs. 1 BGB kein Vertragsbestandteil, weil die typische Vorstellung des Bürgen über seine Haftung davon geprägt ist, dass sie grundsätzlich nicht weiter geht als die des Hauptschuldners. Ausnahmsweise eine andere Vorstellung über seine Haftung in dem Sinne, dass er auch für eine Hauptverbindlichkeit einzustehen habe, für die der Gläubiger selbst nicht zu leisten verpflichtet ist, wird er wohl in der bereits angesprochenen Konstellation entwickeln, in der Klage gegen (nur) ihn erhoben worden ist, obwohl eine Hemmung der Verjährung (nur) hinsichtlich der Bürgschaftsforderung eintritt. In diesem Augenblick haben sich die Anzeichen für seine Haftung nämlich derart verdichtet, dass er fest damit rechnen muss, für die Hauptverbindlichkeit einzustehen, selbst wenn diese im Gegensatz zur Bürgenschuld verjährt ist.339 Eine Klausel, die genau diesen Gedanken BGB, Vorbemerkung § 194 Rn. 2; Jauernig/Mansel, BGB, § 194 Rn. 6; dagegen Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 195 – 225 Rn. 5. 338 BGHZ 59, 72 (74); Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 195 – 225 Rn. 5. MüKoBGB/Grothe, Vorbemerkung (Vor § 194) Rn. 7; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, Vorbemerkung § 194 Rn. 2. 339 Vgl. die Argumentation in BGHZ 104, 76 (81); diese aufgreifend Lieb, Gedächtnisschrift Lüderitz, S. 468; Schmolke, WM 2013, 148 (153).

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aufgreift und einen Ausschluss der Verjährungseinrede ab Erhebung der Klage des Gläubigers gegen den Bürgen anordnet, ist jedoch insoweit überflüssig, als sich dies eben bereits – entgegen der Ansicht des BGH – aus dem Gesetz ergibt.340 Allerdings der verfehlten Rechtsprechung des BGH Rechnung tragend und als Wiedergabe der Gesetzeslage unschädlich, kann eine solche AGB im Bürgschaftsvertrag in der Praxis nur von Vorteil für den Gläubiger sein. Sie ist freilich weder ungewöhnlich und überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB noch unterliegt sie gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle. Und selbst wenn man der Ansicht des BGH folgte, nach der sie eine Abweichung von gesetzlichen Vorschriften gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB zur Folge hat, wird eine Inhaltskontrolle nicht ihre Unwirksamkeit ergeben. Sprechen die besseren Gründe richtigerweise dafür, dass die Geltendmachung der Verjährungseinrede gemäß § 768 Ans. 1 S. 1 BGB ab Erhebung der Klage gegen den Bürgen bereits von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist,341 tragen dieselben Argumente erst recht für die Wirksamkeit einer solchen Klausel nach einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB (argumentum a maiore ad minus). Sie lässt sich etwa folgendermaßen formulieren: Ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung des Gläubigers gegen den Bürgen auf Begleichung der Bürgenschuld, verzichtet der Bürge auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung der gesicherten Hauptverbindlichkeit im Sinne des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB. (Klausel Nr. 10 b))

Besteht der Nutzen dieser Regelung einzig darin, eine praktische Antwort auf eine verfehlte Rechtsprechung zu finden, kann eine weitere Klausel dagegen auch auf Basis der richtigen Interpretation des Gesetzes wirksam den hinter dem Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit stehenden Zweck fördern: Ansprüche des Gläubigers aus diesem Bürgschaftsvertrag verjähren nach Ablauf von zwei Jahren. Die Verjährungsfrist der Hauptverbindlichkeit wird für Ansprüche aus diesem Vertrag auf vier Jahre fingiert. (Klausel Nr. 10 c))

Plant der Gläubiger zunächst (nur) gegen den Bürgen vorzugehen, begegnet er mit dieser Regelung dem Risiko der zwischenzeitlich eintretenden Verjährung der Hauptverbindlichkeit und damit der Erhebung der Einrede gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB, mit einem Zeitgewinn von einem Jahr. Zwar ist sie für den Gläubiger als Verwender insofern nachteilhaft, als dass im Gegenzug die Verjährung der Bürgenschuld um ein Jahr verringert ist, doch verschiebt die Klausel – insofern letztlich den Interessen des Gläubigers Rechnung tragend, sich trotz rechtzeitiger Geltendmachung der Bürgenschuld nicht der Einrede gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ausgesetzt zu sehen – die Verjährungsfristen zu beiden Forderungen im Sinne der von dem Gläubiger geplanten Reihenfolge ihrer Geltendmachung. Dabei erfasst sie freilich auch die Fälle, in denen der Gläubiger Klage gegen den Bürgen erhoben hat,

340 341

Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (1). Vgl. unter C. IV. 1. b) cc) (1).

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und hat daher den praktisch relevanten Nebeneffekt, die verfehlte Rechtsprechung des BGH insoweit zu kompensieren. Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bestehen nicht,342 schließlich ist die Benachteiligung des Bürgen durch die auf vier Jahre fingierte Verjährungsfrist der Hauptverbindlichkeit angemessen dadurch ausgeglichen, dass die Verjährungsfrist der Bürgenschuld im selben Verhältnis (um ein Jahr) verkürzt ist. 2. Ausschluss des § 770 Abs. 1 BGB sowie die Erfüllungspflicht des Bürgen trotz einer durch den Hauptschuldner tatsächlich erklärten Anfechtung a) Inhalt und Zweck der Klausel § 770 Abs. 1 BGB gibt dem Bürgen eine Einrede an die Hand, mit der er die Leistung seiner Bürgenschuld dann verweigern kann, wenn der Hauptschuldner die Hauptverbindlichkeit anfechten kann. Damit wird faktisch vermieden, dass der Bürge im „Schwebezustand“ vor der Anfechtung etwas leisten muss, was er nach der Anfechtung als ungerechtfertigte Bereicherung wieder heraus verlangen müsste. Ab und an beinhalten Bürgschaftsformularverträge eine Regelung, nach der dem Bürgen genau diese Einrede nicht zustehen soll: „Der Bürge kann sich nicht auf die Einrede nach § 770 Abs. 1 BGB berufen.“343 (Klausel Nr. 11 a))

Auf die Anfechtung wegen Irrtums wirkt sich diese Klausel praktisch kaum aus, da die Anfechtung nach § 121 Abs. 1 BGB „unverzüglich“ ab Kenntnisnahme des Anfechtungsberechtigten (hier: des Hauptschuldners) vom Irrtum erfolgen muss, mithin die Dauer des „Schwebezustands“ sehr kurz ist.344 Denkbar ist lediglich zum einen der Fall, in dem der Bürge die Einrede im kurzen Zeitfenster erhebt, das das Erfordernis unverzüglicher Anfechtung lässt,345 und zum anderen die Konstellation, in der er um das Anfechtungsrecht weiß, der Hauptschuldner wiederum selbst noch keine Kenntnis vom Anfechtungsgrund hat. In beiden Fällen ist die Anfechtungsfrist dann nämlich noch nicht verstrichen. Sie sind allerdings eher theoretischer Natur. Bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und der wegen widerrechtlicher Drohung beträgt die Anfechtungsfrist hingegen ein Jahr (vgl. § 124 Abs. BGB). Aber auch in diesen Fällen erlangt die Klausel praktisch keine Bedeutung. Hat der Gläubiger die Hauptforderung auf Grund arglistiger Täuschung erworben, steht dem 342 Zur Frage, inwiefern Verlängerungen von Verjährungsfristen gemäß § 305 c Abs. 1 BGB zur Nichteinbeziehung in den Vertrag führen, siehe unter C. IV. 5. a) bb). 343 Vgl. BGHZ 95, 350; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1649. 344 Hierauf auch hinweisend Fischer, WM 1998, 1705 (1712); gar gänzlich eine praktische Auswirkung ausschließend BGHZ 95, 350 (357); MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 3; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 602; Tiedtke/Holthusen, WM 2007, 95 (97). 345 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 365.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Bürgen in aller Regel noch die Einrede gemäß den §§ 768 Abs. 1 S. 1, 853 BGB zu, nach der er seine Verpflichtung zur Leistung der Bürgenschuld – genauso wie bei Erhebung der Einrede nach § 770 Abs. 1 BGB – verweigern kann. Schließlich wird dem Hauptschuldner im Fall der arglistigen Täuschung und der widerrechtlichen Drohung regelmäßig ein Anspruch auf Herausgabe der Hauptforderung aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB bzw. § 240 und § 241 StGB zustehen. Mit Blick auf die mangelnde praktische Relevanz des Ausschlusses von § 770 Abs. 1 BGB fragt es sich, warum die Wirtschaftspraxis dennoch jene Klausel hervorgebracht hat. Zum Teil346 wird darauf hingewiesen, dass sowohl ein Irrtum als auch eine arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung schwer beweisbar seien, § 770 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Durchsetzung der Bürgschaftsforderung also erhebliches Verzögerungspotential mit sich bringe. Zu Ende gedacht würde dies bedeuten, dass die Klausel dem Verwender in tatsächlicher Hinsicht dahingehend nutzt, dass er im Sicherungsfall schneller seine Bürgschaftsforderung durchsetzen kann. Im Hinblick auf eine Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlichen Drohung kann das freilich nicht überzeugen, da in einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Gläubiger und Bürgen über die Zahlung der Bürgschaftsforderung dem Bürgen die Erhebung der Einrede nach den §§ 768 Abs. 1 S. 1 BGB, 853 BGB parallel möglich bleibt, im Rahmen der nun einmal dieselben Beweisfragen zu klären wären. Bezogen auf die Anfechtbarkeit wegen eines Irrtums ist anzumerken, dass die Beweisfrage hinsichtlich des Vorliegens eines den Hauptschuldner zur Anfechtung berechtigenden Irrtums praktisch nie aufkommt, da die Voraussetzungen der Einrede der Anfechtbarkeit bereits wegen der „unverzüglichen“ Anfechtungsfrist nahezu nie vorliegen und damit das Vorliegen eines Irrtums unerheblich ist. Für die Klausel verbleibt letztlich ein äußerst schmaler Zweck, nämlich die Prozessbeschleunigung in den zuvor genannten eher theoretischen Fällen, in denen der Bürge entweder die Einrede in der kurzen Phase erhebt, die das Erfordernis einer „unverzüglichen“ Anfechtung lässt, oder er im Gegensatz zum Hauptschuldner um dessen Anfechtungsrecht weiß. Bisweilen enthält die oben formulierte Klausel noch den ergänzenden Zusatz, dass der Bürge selbst im Falle einer tatsächlich erklärten Anfechtung zur Leistung verpflichtet bleiben soll: „Die Verpflichtungen aus der Bürgschaft sind zu erfüllen (…), wenn [der] Kreditnehmer das zugrundeliegende Rechtsgeschäft anfechten sollte.“347 (Klausel Nr. 11 b))

Mit der Einrede des § 770 Abs. 1 BGB hat dieser Zusatz freilich nichts mehr zu tun. Ist die Hauptverbindlichkeit infolge einer Anfechtung durch den Haupt346 347

Staudinger/Horn, BGB, § 770 Rn. 17. BGHZ 95, 350.

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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schuldner erloschen (vgl. § 142 Abs. 1 BGB), erlischt konsequenterweise auch die Bürgschaftsforderung. Dennoch soll die Leistungspflicht des Bürgen nach dem Klauselzusatz aufrechterhalten bleiben. Wie genau sich die Leistungspflicht rechtlich herleiten soll, ist sehr fraglich. Die Verpflichtung aus der Bürgschaft besteht schließlich im ersatzweisen Einstehen für eine Hauptverbindlichkeit, die in diesem Fall nicht (mehr) existiert. Zu beachten ist bei einer Auslegung einer AGB, dass im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 305 c Abs. 2 BGB Zweifel zu Lasten des Verwenders gehen. Dies bedeutet, dass das kundenfeindlichste Verständnis der AGB zum Gegenstand ihrer Kontrolle gemacht wird.348 Ist die Hauptverbindlichkeit angefochten und damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB unwirksam, steht dem Gläubiger in aller Regel ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Herausgabe des Erlangten zu. Vor allem weil die Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel das Bestehen einer Hauptverbindlichkeit voraussetzt, könnte die Klausel so zu deuten sein, dass der Sicherungsgegenstand, der ursprünglich in einer Forderung nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB bestand, mit einem Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB ausgetauscht wird.349 Nimmt man den Wortlaut der AGB ernst, nach dem der Bürge die (ursprünglichen!) Verpflichtungen aus dem Bürgschaftsvertrag trotz Anfechtung der Hauptverbindlichkeit erfüllen muss, ändert sich an seiner Verpflichtung aus der Bürgschaft durch die Anfechtung nichts – und das, obwohl die Hauptverbindlichkeit infolge einer Anfechtung aber nun einmal erloschen ist und die Bürgschaft nach ihrem Sicherungszweck stets auf das ersatzweise Einstehen für diese gerichtet ist.350 Die Bürgenschuld ist insofern nicht auf die Erfüllung der Forderung im Zusammenhang mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gerichtet, sondern nach wie vor auf die Erfüllung der erloschenen Hauptverbindlichkeit. Der Unterschied zu ersterer Auslegung besteht im Übrigen nicht nur juristisch, sondern auch wirtschaftlich: Insbesondere können das Bereicherungsrecht und der angefochtene Vertrag hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung von Zinsen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Außerdem ist ein bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch im Zweifel sofort fällig, die fingierte Hauptverbindlichkeit hingegen erst dann, wie es im angefochtenen Vertrag bestimmt ist. Letztere Auslegung, die durch ihre Orientierung am Wortlaut der AGB im Übrigen nicht weniger überzeugend als die des Austauschs des Sicherungsgegenstandes ist, stellt die kundenfeindlichere von beiden – und damit kundenfeindlichste i. S. d. § 305 c Abs. 2 BGB – dar. Schließlich ist mit ihr die Akzessorietät der Bürgschaft im Fortbestand durchbrochen, was nur schwerlich zu rechtfertigen ist.

348 349 350

St. Rspr. BGH, NJW 1992, 1097 (1099); 2010, 2877; 2015, 2412 (2413). So wohl Schwab, AGB-Recht, Rn. 1653 ff. Siehe unter B. I. 1. b).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

b) Ausschluss des § 770 Abs. 1 BGB aa) Einbeziehung der Klausel Zur Einbeziehung der Klausel in den Bürgschaftsvertrag haben sich bislang weder die Rechtsprechung noch – soweit ersichtlich – Stimmen in der Literatur ausdrücklich geäußert. Der BGH351 hält sie offenbar schon für derart unproblematisch gehalten, dass er sie stillschweigend angenommen hat. Dem ist zwar grundsätzlich im Ergebnis zuzustimmen, doch ist die Einbeziehung der Klausel durchaus rechtfertigungsbedürftig. Nach dem Sicherungszweck der Bürgschaft hat der Bürge anstelle des Hauptschuldners persönlich ersatzweise für die Hauptverbindlichkeit einzustehen.352 Auch hier gilt es sich daher in Erinnerung zu rufen: Die Vorstellung des Bürgen von seiner Haftung wird regelmäßig dergestalt sein, dass er nur dann für die Hauptverbindlichkeit einzustehen verpflichtet ist, wenn auch der Hauptschuldner in Anspruch genommen werden kann.353 Genau dieser Vorstellung widerspricht die Klausel. Einzig auf Grund ihrer inzwischen üblichen Verwendung in der Formularpraxis354 ist sie nicht ungewöhnlich i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. Ausschließlich deswegen hat der typische Bürge mit einer derartigen Regelung in der formularvertraglichen Bürgschaft also zu rechnen. Die Üblichkeit erklärt sich wohl in erster Linie daraus, dass die Klausel bereits im Jahr 1985 ausdrücklich und höchstrichterlich für wirksam befunden wurde.355 bb) Wirksamkeit der Klausel Die Wirksamkeit der fraglichen Klausel wird unterschiedlich beurteilt. Der BGH356 hält sie für wirksam, die wohl h.Lit.357 ebenso. Zum Teil358 wird die Klausel 351

BGHZ 95, 350 (356 f.). Siehe zum Sicherungszweck ausführlich unter B. I. 1. b). 353 Siehe bereits unter C. IV. 1. 354 Vgl. das Formular zur selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft bei Scholz/ Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 6. Auflage, S. 384; ausdrücklich auch Staudinger/ Horn, BGB, § 770 Rn. 16; Förster, WM 2010, 1677 (1680); Fälle aus der Rechtsprechung: BGHZ 95, 350; 147, 99; BGH, NJW 2001, 2327 (2329); LG München, Urteil vom 30. April 2015 – 4 HK O 3239/14 –, juris; LG Berlin, Urteil vom 23. Mai 2007 – 21 O 32/07 –, juris. 355 BGHZ 95, 350. 356 BGHZ 95, 350; sich dem anschließend OLG Rostock, NZI 2016, 804 (806); LG Krefeld, Urteil vom 3. Juli 2013 – 2 O 363/12 –, Rn. 23; a. A. LG Köln NJOZ 2013, 1380 (1381). 357 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 9; Staudinger/Horn, BGB, § 770 Rn. 17; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 79; Palandt/Sprau, § 770 Rn. 1a; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 232; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 770 Rn. 2; Jauernig/Stadler, BGB, § 770 Rn. 3; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 225; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1657 f.; Förster, WM 2010, 1677 (1680); Lettl, WM 2000, 1316 (1324 f.). 352

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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aber auch als unwirksam erachtet. Es überzeugt letztlich mehr, die Klausel als wirksam einzustufen. Mit dem Verzicht auf die Einrede des § 770 Abs. 1 BGB wird das dort verankerte Akzessorietätsprinzip, ein wesentlicher Grundgedanken des Bürgschaftsrechts i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB,359 durchbrochen.360 Der Bürge haftet infolge des Verzichts nicht mehr gemäß des Sicherungszwecks ausschließlich ersatzweise für die Hauptverbindlichkeit. Stattdessen übernimmt er eine Haftung, die über die des Hauptschuldners hinausgeht, da er – zumindest theoretisch361 – auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Hauptschuldner seine Haftung kraft Anfechtungsrechts ausschließen könnte. Insofern ist dem Ziel des § 770 Abs. 1 BGB widersprochen.362 Allerdings ist die Abweichung von der Akzessorietät in der Durchsetzung nicht unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da dem Bürgen durch den Verzicht auf die Einrede des § 770 Abs. 1 BGB ein lediglich unerheblicher Nachteil entsteht. Die Fälle, in denen der Bürge nicht die Einrede gemäß den §§ 768 Abs. 1 S. 1, 853 BGB erheben kann und gleichzeitig nur deshalb zu leisten verpflichtet ist, weil er auf die Einrede des § 770 Abs. 1 BGB verzichtet hat, sind schließlich praktisch irrelevant.363 Dies erkennen auch Vertreter der Ansicht an, die die fragliche Klausel für unwirksam halten.364 Allerdings tragen sie für die Unwirksamkeit der Regelung vor, dass der Gläubiger als Verwender kein schützenswertes Interesse an der Regelung habe. Wer arglistig täusche oder widerrechtlich drohe, sei nicht schützenswert. Und nur für diesen Anfechtungsgrund spiele die fragliche Klausel auf Grund der „unverzüglichen“ Anfechtungsfrist für die Anfechtung wegen Irrtums eben eine Rolle.365 Selbstverständlich ist derjenige, der arglistig täuscht oder widerrechtlich droht, nicht schützenswert. Verbleibt jedoch kein praktischer Anwendungsfall für die Erhebung der Einrede der Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung, kann sie auch nicht unangemessen benachteiligend für den Bürgen wirken. Daher überzeugt auch nicht die Überlegung, die Klausel könne wirksam sein, wenn man sie um die Anfechtbarkeit wegen eines Grundes i. S. d. § 123 BGB schmälere.366 358 MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 3; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 365; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 602; Windorfer, NZBau 2017, 460 (462 f.). 359 Siehe hierzu unter B. I. 3. b). 360 Siehe zur in § 770 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gekommenen Akzessorietät S. 12 f.; a. A. BGHZ 95, 350 (357). 361 Vgl. unter C. IV. 2. 362 Vgl. unter C. IV. 2. a). 363 Vgl. unter C. IV. 2. a). 364 Siehe Fn. 358. 365 MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 3; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 365; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 602. 366 Windorfer, NZBau 2017, 460 (463).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Insgesamt entsteht dem Bürgen mit dem Verzicht auf § 770 Abs. 1 BGB lediglich ein unerheblicher Nachteil, da sich der Verzicht nur auf äußerst selten vorkommende Konstellationen bezieht. Außerdem ist dem Gläubiger für die theoretischen Fälle noch ein berechtigtes Interesse dahingehend zuzugestehen, dass die Frage nach der Durchsetzung seiner Bürgschaftsforderung gerichtlich nicht durch einen nur schwer zu beweisenden Inhaltsirrtum bisweilen erheblich in die Länge gezogen wird. Dem Sicherungsinteresse des Bürgen, der auf die Liquidität im Falle eines Ausfalls des Hauptschuldners oftmals schnell angewiesen ist, ist insoweit Vorrang vor einer schwer zu beweisenden und daher nur mit geringen Erfolgsaussichten verbundenen Einrede des Bürgen einzuräumen, der in seiner Eigenschaft als Personalsicherheit ohnehin damit rechnen musste, jederzeit in Anspruch genommen zu werden. c) Erfüllungspflicht des Bürgen trotz einer durch den Hauptschuldner tatsächlich erklärten Anfechtung (Klauselzusatz) Der fragliche Zusatz ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich vom übrigen Teil, dem Ausschluss der Einrede nach § 770 Abs. 1 BGB, trennbar und insofern selbstständiger Gegenstand der AGB-Kontrolle. aa) Einbeziehung des Klauselzusatzes Soweit ersichtlich haben sich bislang weder Rechtsprechung367 noch Literatur368 mit der Frage der Einbeziehung dieser Regelung in den Bürgschaftsvertrag beschäftigt und sich stattdessen mit der Diskussion um die Wirksamkeit begnügt. Dem steht allerdings nicht entgegen, dass sie ganz offensichtlich nicht Vertragsbestandteil wird. Sie steht im Widerspruch zur typischen Vorstellung des Bürgen von seiner Haftung und ist damit überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. Vor dem Hintergrund des Sicherungszwecks der Bürgschaft geht der Bürge davon aus, für eine Schuld des Hauptschuldners ersatzweise einzustehen verpflichtet zu sein.369 Die Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit ist insoweit zweifelsohne im Vorstellungsbild des Bürgen verankert. Sie wird mit der fraglichen Regelung durchbrochen und der Bürge damit in seiner typischen Erwartung enttäuscht, denn ist infolge der Anfechtung die gesicherte Schuld des Hauptschuldners nicht mehr existent, haftet er nach dem fraglichen Klauselzusatz nicht mehr ersatzweise, sondern unabhängig von einer Verpflichtung des Hauptschuldners.

367

Vgl. BHGZ 95, 350 (356). Vgl. Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 365; Staudinger/Horn, BGB § 770 Rn. 17; MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 3; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 9; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1650 ff. 369 Siehe zum Sicherungszweck unter B. I. 1. b). 368

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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bb) Wirksamkeit des Klauselzusatzes Sowohl der BGH370 als auch die Literatur371 sind sich einig, dass der oben genannte Klauselzusatz den Bürgen unangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist. Dem ist zuzustimmen. Infolge der Durchbrechung der Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptverbindlichkeit im Fortbestand berührt der in Rede stehende Klauselzusatz einen wesentlichen Grundgedanken des Bürgschaftsrechts i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Des Weiteren widerspricht er dem Ziel der gesetzlichen Regelung derart, dass der Bürge Nachteile von nicht nur unerheblichem Umfang erleidet, der Zusatz mithin unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist. Aus der rein rechtlichen Perspektive betrachtet soll der Bürge für eine Forderung einstehen, die unwirksam ist und hinsichtlich der der ursprüngliche Hauptschuldner gar nicht (mehr) Schuldner ist. Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht erleidet der Bürge infolge der fraglichen AGB Nachteile. Der Klauselzusatz gilt unabhängig davon, ob der Bürge sich auch für einen etwaigen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch verbürgt hat. Und selbst wenn er dies getan hat, deckt sich der Umfang des Herausgabeanspruchs sogar oftmals nicht mit der ursprünglich gesicherten Hauptverbindlichkeit, da das Bereicherungsrecht mit § 818 Abs. 1 BGB eine eigene Regelung zur Herausgabe von Zinsen vorsieht. Als Kreditsicherungsmittel kann die Bürgschaftsschuld ihrer Bestimmung nach aber nie über die Leistungspflicht des Hauptschuldners hinaus gehen. Genau diesen Grundsatz unterläuft eine Regelung, nach der der Bürge seine Pflichten aus dem Bürgschaftsvertrag auch dann zu erfüllen hat, wenn die Hauptverbindlichkeit angefochten worden ist. cc) Eigener Regelungsvorschlag Ob der Verwender mit dem Klauselzusatz den bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch oder (weiterhin) die erloschene Hauptforderung gesichert wissen will – welche Auslegung des Klauselzusatzes dem tatsächlichen Willen des Verwenders entspricht, ist sehr fraglich.372 Zweifelsohne wird dem Verwender aber nichts an einer bestimmten rechtlichen Konstruktion zur Begründung einer Bürgschaftsforderung gelegen sein, sondern nur am größtmöglichen wirtschaftlichen Wert der entsprechenden Regelung für den Fall der Anfechtung der Hauptverbindlichkeit. Sinnvollerweise orientiert sich hieran auch dieser Regelungsvorschlag. 370

BGHZ 95, 350 (356). Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 365; Staudinger/Horn, BGB § 770 Rn. 17; MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 3; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 232; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 9; differenzierend – wohl aber von einer anderen Auslegung der Klausel ausgehend – nur Schwab, AGB-Recht, Rn. 1653 ff. 372 Zu den beiden Auslegungsmöglichkeiten siehe unter C. IV. 2. a). 371

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Wie lässt sich also für diesen Fall der größtmögliche Sicherungsumfang der Bürgschaft regeln? Dass die erloschene Hauptverbindlichkeit nicht mehr Sicherungsgegenstand sein kann, da insoweit ohne Rechtfertigung die Akzessorietät der Bürgschaft durchbrochen wird, wurde bereits herausgestellt. Möglich bleibt aber die Sicherung des im Falle der Anfechtung an die Stelle der Hauptverbindlichkeit getretenen Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.373 Diese kann sich bereits allein aus einer Auslegung des Bürgschaftsvertrages ergeben,374 doch bietet sich vor allem im Sinne der Rechtssicherheit eine ausdrückliche Regelung hierzu an.375 Zwar fällt der bereicherungsrechtliche Herausgabeanspruch auf Grund des Unterschiedes zwischen gesetzlich angeordneter Herausgabepflicht von Zinsen (§ 818 Abs. 1 BGB: lediglich tatsächlich gezogene Nutzungen) und vertraglicher Zinsabrede des angefochtenen Kreditvertrages geringer aus als der Anspruch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Da aber Letzterer nicht (mehr) besteht, geht das Sicherungsbedürfnis des Gläubigers auch nur bis zur Höhe des Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Wird also eine Regelung in den Bürgschaftsvertrag aufgenommen, die für den Fall der Anfechtung der Hauptverbindlichkeit die Sicherung des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung bestimmt, ist dem Sicherungsbedürfnis des Gläubigers vollends Rechnung getragen. Deswegen ist eine wirksame formularvertragliche Vereinbarung größeren Sicherungsumfangs nicht erforderlich und wohl auch nicht möglich. Mithin ist es die Sicherung des an die Stelle der Hauptforderung getretenen Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, der sich bestmöglich als Regelungsalternative zum eingangs dargelegten Klauselzusatz Nr. 11 a) eignet.376 3. Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB a) Inhalt und Zweck der Klausel Nach § 770 Abs. 2 BGB kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. Oftmals wird versucht, dem Bürgen die Möglichkeit formularvertraglich zu nehmen. Eine gängige Klausel mit diesem Inhalt lautet:

373

Zur Wirksamkeit einer formularvertraglichen Sicherung eines bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs siehe bereits unter C. II. 4. 374 So in BGH, NJW 1987, 2076; 2001, 1859 (1860); OLG Hamm, NJW 1987, 2521; Staudinger/Horn, BGB, § 765 Rn. 95 ff.; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 62; Erman/ Herrmann, BGB § 765 Rn. 7; kritisch Tiedtke, ZIP 1990, 413 (414 f.). 375 Hammen, WiB 1994, 673 (676); sich dem anschließend Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 6. 376 Zur genauen Formulierung siehe unter C. II. 4. (Klausel Nr. 5).

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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„Der Bürge kann sich nicht darauf berufen, daß die Bank ihre Ansprüche durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann (Verzicht auf die dem Bürgen nach § 770 Abs. 2 BGB zustehende Einrede der Aufrechenbarkeit).“377 (Klausel Nr. 12 a))

Es liegt auf der Hand, dass der Gläubiger als Verwender hierdurch die Rechtsposition des Bürgen schwächt und seine reziprok dazu stärkt. In praktischer Hinsicht genießt der Gläubiger mit der Regelung den großen Vorteil, erheblichem Aufwand und einer langwieriger Verzögerung bei der Inanspruchnahme des Bürgen aus dem Weg zu gehen, die sich schon daraus ergeben kann, dass eine gerichtliche Klärung dadurch erforderlich wird, dass der Bürge bloß behauptet, es existiere eine aufrechenbare Forderung des Hauptschuldners. Dies kann für den Gläubiger weitreichende Konsequenzen haben: Dass er zur gerichtlichen Klärung hinsichtlich der Prozesskosten in Vorleistung treten muss und womöglich auch auf seine rechtzeitige Befriedigung angewiesen ist, kann ihn in seiner Betätigung am Markt gar existenzbedrohend einschränken. Ab und an wird die Klausel mit folgendem einschränkenden Zusatz versehen: „(…) es sei denn, die zur Aufrechnung gestellte Forderung ist rechtskräftig festgestellt oder unbestritten.“378 (Klausel Nr. 12 b))

Mit diesem Klauselzusatz wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im Falle der rechtskräftigen Feststellung oder des Nichtbestreitens einer zur Aufrechnung gestellten Forderung gerade nicht die Gefahr eines erheblichen Aufwandes und einer damit verbundenen (unberechtigten) Verzögerung der Inanspruchnahme des Bürgen besteht. Dann soll der Bürge doch die Einrede nach § 770 Abs. 2 BGB erheben können. b) Einbeziehung der Klausel Beim pauschalen Ausschluss der Einrede des § 770 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine überraschende Klausel. Durch die Ergänzung der Klausel mit dem obigen Zusatz entfällt dieser überraschende Charakter, nur mit diesem Zusatz wird die Klausel Vertragsbestandteil.379 Weder in der Rechtsprechung noch – soweit ersichtlich – im Schrifttum ist die Frage der Einbeziehung der AGB in den Bürgschaftsvertrag bislang ausdrücklich diskutiert worden. Dem subsidiären Charakter der Bürgschaft entsprechend geht der Bürge grundsätzlich davon aus, erst in Anspruch genommen werden zu können, wenn der Gläubiger sich zuvor an den Hauptschuldner gehalten hat. Hiervon ausgehend wird es den Bürgen regelmäßig überraschen, wenn ihm die Einrede der Aufrechenbarkeit 377 Siehe das Formular zur selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft bei Scholz/ Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, S. 769. 378 BGH, NJW 2009, 1664. 379 Stillschweigend angenommen BGH, NJW 2003, 1521.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

nach § 770 Abs. 2 BGB umfassend genommen wird. Schließlich kann ihn der Gläubiger infolge dieses Ausschlusses in Anspruch nehmen, ohne gegen eine Forderung des Hauptschuldners aufgerechnet zu haben, d. h. ohne sich zunächst an diesen gehalten zu haben. Zwar zeigt die Üblichkeit wie auch die Wirksamkeit eines formularvertraglichen Ausschlusses des § 771 BGB,380 gar der wesentlichsten Ausprägung des Subsidiaritätsprinzips, dass dieser Grundsatz längst nicht unumstößlich ist, doch unterscheidet sich ein Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB wesentlich von einem solchen des § 771 BGB: Während gemäß § 771 BGB für die Inanspruchnahme des Bürgen eine zuvor gegen den Hauptschuldner betriebene Zwangsvollstreckung erforderlich ist, die doch mit beträchtlichem Aufwand verbunden und von erheblicher Dauer ist, bestimmt § 770 Abs. 2 BGB als Voraussetzung lediglich die Aufrechnung, für die es bei Nichtbestreiten der Forderung des Gläubigers einer bloßen Erklärung gemäß § 388 BGB bedarf. Letztere ist mithin ohne ernstliche Anstrengung und nennenswerte Dauer verbunden. Dass ein umfassender Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB im Gegensatz zu einem solchen der Einrede der Vorausklage grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil wird, ist also sowohl auf den unterschiedlich hohen Aufwand des Gläubigers zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Bürgen als auch die unterschiedliche Dauer bis hin zu seiner Befriedigung und damit auf die ungleich hohe Schutzwürdigkeit dessen Interesses an der Reduzierung dieser Voraussetzungen zurückzuführen. Kann ein Bürge noch damit rechnen, dass der Gläubiger eine Regelung in den Vertrag aufnimmt, mit der er sich ein mühseliges Prozedere erspart, ehe er aus der Bürgschaft vorzugehen berechtigt ist, wird es den Bürgen hingegen regelmäßig überraschen, eine AGB im Bürgschaftsvertrag vorzufinden, mit der sich der Gläubiger einer Voraussetzung entledigen will, die ihn keinerlei Anstrengung und Zeit kostet. Freilich verursacht auch eine Aufrechnung erhebliche Mühen, sofern die Forderung, mit der aufgerechnet wird, bestritten wird und nicht rechtskräftig festgestellt ist. Zur Rechtssicherheit des Gläubigers, dass er auch tatsächlich von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Hauptschuldner frei geworden ist, ist die gerichtliche Feststellung des Bestehens seiner eigenen Forderung unerlässlich. Die Dauer dieser gerichtlichen Klärung und die damit verbundene Anstrengung sind wiederum sehr wohl mit derjenigen vergleichbar, die das Betreiben einer Zwangsvollstreckung mit sich bringt. Denn um einen Vollstreckungstitel zu erlangen, ist in der Regel zunächst die Durchführung des Erkenntnisverfahrens erforderlich. Folgerichtig hat der Gläubiger in diesen Fällen ein erkennbares Interesse daran, diesem Prozedere aus dem Weg zu gehen und sich anderweitig als durch Aufrechnung zu befriedigen, d. h. durch Inanspruchnahme des Bürgen. Aus diesem Grund ist für genau diese Fälle ein Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB ebenso wie der Ausschluss des § 771 BGB vom Erwartungshorizont des Bürgen gedeckt. Mit in den Bürgschaftsvertrag einbezogen wird der Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit also grundsätzlich nur dann, 380

Siehe hierzu unter C. IV. 4.

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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wenn es einer entsprechenden Klausel nicht am obigen Zusatz fehlt, der den Ausschluss auf die Fälle beschränkt, in denen die Forderung, mit der der Gläubiger aufrechnen kann, nicht bestritten oder nicht rechtskräftig festgestellt ist. Der pauschale Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB demgegenüber umfasst entsprechend einer Auslegung zu Lasten des Verwenders gemäß § 306 Abs. 2 BGB hingegen auch die übrigen Fälle, d. h. diejenigen, in denen einer Aufrechnung mit einer bloßen Erklärung gemäß § 388 BGB auch praktisch Genüge getan ist. c) Wirksamkeit der Klausel In Abkehr von seiner alten Rechtsprechung381 hält der BGH382 den umfassenden Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB mittlerweile für unwirksam. Mit der Ergänzung durch den Klauselzusatz soll ein solcher Ausschluss hingegen wirksam sein.383 Die h.Lit.384 teilt diese Ansicht. Dem ist zuzustimmen. Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine AGB unwirksam, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Ein umfassender Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit weicht zum einen von einem wesentlichen Grundgedanken des § 770 Abs. 2 BGB dadurch ab, dass mit ihm die Ausprägung des der Norm zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsprinzips der Subsidiarität der Bürgschaft385 konterkariert wird. Zum anderen ist diese Abweichung mit der Subsidiarität der Bürgschaft unvereinbar. Unvereinbar ist eine Abweichung, wenn sie dem Ziel der gesetzlichen Regelung derart widerspricht, dass dem Vertragspartner Benachteiligungen von nicht unerheblichem Umfang drohen.386 § 770 Abs. 2 BGB stellt sicher, dass sich der Gläubiger vor der Inanspruchnahme des Bürgen durch Aufrechnung gegen eine Forderung des Hauptschuldners befriedigt, sich mithin entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip vorrangig an den Hauptschuldner hält. Diesem Ziel widerspricht ein schlichter Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB in evidenter Weise. Ferner erfährt der Bürge durch den Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit jedenfalls für den Fall, dass der Gläubiger mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufrechnen kann, eine erhebliche Benachteiligung. Trotz Aufrechnungsmöglichkeit des 381

BGHZ 95, 350 (359 ff.). BGH, NJW 2003, 1521; dem folgend LG Wiesbaden, Urteil vom 22. 02. 2012, 10 O 92/ 11; LG Köln, Urteil vom 21. 12. 2010, 27 O 157/10. 383 BGH, NJW 2003, 1521 (1523). 384 Staudinger/Horn, BGB, § 770 Rn. 17; MüKoBGB/Habersack, § 770 Rn. 3; MüKoBGB/ Wurmnest, § 307 Rn. 232; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 365; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 603; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1664; Fischer, WM 1998, 1705 (1712); Schmidt, BauR 2011, 899 (901); Mayr, BauR 2014, 621 (622); vgl. auch Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 226; a. A. Lettl, WM 2000, 1316 (1324). 385 Siehe unter B. I. 3. c). 386 Siehe unter B. II. 2. c) bb) (2). 382

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Gläubigers müsste er für den Hauptschuldner durch Begleichung der Bürgschaftsforderung in eine Art Vorleistung für die Hauptverbindlichkeit treten, ehe er diesen dafür in Regress nehmen könnte. Diese Benachteiligung kann auch nicht mit schützenswerten Interessen des Gläubigers gerechtfertigt werden. Insbesondere ist ihm die Aufrechnung – anders als es die gesetzlichen Ausnahmen vom Subsidiaritätsprinzip387 sind – zumutbar. Schließlich müsste der Gläubiger für seine Befriedigung lediglich die Aufrechnung gemäß § 388 BGB erklären. Warum der Gläubiger in diesen Fällen ein schützenswertes Interesse haben sollte, statt der einfachen Erklärung der Aufrechnung den Bürgen in Anspruch zu nehmen, leuchtet nicht ein. Dies würde nicht nur der Subsidiarität der Bürgschaft, sondern generell dem Charakter einer von Gesetzes wegen subsidiär ausgestalteten Kreditsicherheit diametral entgegen stehen: Ohne besondere Rechtfertigung hat der Gläubiger sich erst zweitrangig an den Sicherungsgeber zu halten. Gerechtfertigt hingegen und daher den Bürgen nicht erheblich benachteiligend, ist ein Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB, der von den Fällen absieht, in denen die Forderung, mit der der Gläubiger aufrechnen möchte, rechtskräftig festgestellt oder vom Hauptschuldner nicht bestritten ist. Dann nämlich bedarf es zur Rechtssicherheit des Gläubigers, auch tatsächlich von seiner Verpflichtung gegenüber dem Hauptschuldner befreit zu sein, einer wesentlich größeren Kraftanstrengung und mehr Zeit als es bei der Aufrechnungserklärung der Fall ist. Rechtssicherheit hat der Gläubiger erst dann, wenn das Bestehen seiner Forderung gerichtlich festgestellt worden ist. Dies kann auf zweierlei Wegen geschehen: Zum einen kann das Bestehen der Forderung in einem vom Hauptschuldner angestrengten gerichtlichen Verfahren geklärt werden, in dem der Hauptschuldner seine Forderung gegen den Gläubiger trotz dessen erklärter Aufrechnung durchzusetzen versucht. Allerdings kann es dem Gläubiger als Voraussetzung für die Geltendmachung seiner Sicherheit, der Inanspruchnahme des Bürgen, nicht zugemutet werden, sich zunächst verklagen zu lassen. Und da das Überschreiten der Schwelle zur Unzumutbarkeit schon gesetzlich zu Ausnahmen vom Subsidiaritätsprinzip führt,388 kann es auch hier als gewichtiges Indiz für die Rechtfertigung der Benachteiligung des Bürgen durch den Ausschluss herangezogen werden. Zum anderen kann der Gläubiger vor dessen Inanspruchnahme durch den Hauptschuldner, der das Bestehen der Hauptverbindlichkeit bestreitet und damit trotz Aufrechnung durch den Gläubiger sich eines eigenen Anspruchs berühmt, selbst aktiv werden und negative Feststellungsklage erheben.389 Mit dieser Anstrengung verbunden sind jedoch eine gewisse Dauer bis zur gerichtlichen Entscheidung sowie die Pflicht zur Vorleistung von Prozesskosten. Ist der Gläubiger auf seine rechtzeitige Befriedigung angewiesen, kann ihn dies genauso wie der Aufwendung von Prozesskosten in seiner weiteren Betätigung am Markt derart ein387 388 389

Siehe zu diesen unter B. I. 2. b). Vgl. unter B. I. 2. b). Vgl. BGH, NJW 1992, 436 (437); 2006, 2780 (2781).

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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schränken, dass es ihn sogar in seiner Existenz gefährdet. Sein Interesse an einer dies verhindernden Klausel ist also durchaus von Gewicht. Demgegenüber stehen im Vergleich zur gesetzlichen Regelung nun freilich Nachteile, denen sich der Bürge ausgesetzt sieht. Nimmt der Bürge den Hauptschuldner in Regress, nachdem er infolge der fehlenden Einrede nach § 770 Abs. 2 BGB durch den Gläubiger in Anspruch genommen wurde, und ist der Hauptschuldner nicht solvent genug, den Bürgen zu befriedigen, muss nun der Bürge die gerichtliche Bestätigung der zur Aufrechnung gestellten Forderung des Hauptschuldners abwarten, ehe er befriedigt wird. Zusätzlich können für den Bürgen im Rahmen der gerichtlichen Durchsetzung seiner Regressforderung Prozesskosten anfallen, die er dann nicht aufwenden muss, wenn der Gläubiger zu einer gerichtlichen Prüfung der vom Hauptschuldner zur Aufrechnung gestellten Forderung i. S. d. § 770 Abs. 2 BGB verpflichtet ist und das Gericht das Bestehen einer solchen Forderung feststellt. Dass diese Nachteile infolge der Klausel den Bürgen treffen, ist jedoch durchaus interessengerecht: Im Gegensatz zum Gläubiger, der gerade auf Grund der Bestellung einer Sicherheit fest damit rechnen kann, sich keinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten infolge der Nichterfüllung der Hauptverbindlichkeit ausgesetzt zu sehen, hat der Bürge sich gerade im Wissen bestellt, im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners sogar ersatzlos in Anspruch genommen zu werden. Ein (temporärer) Zahlungsausfall sowie die Pflicht zur Vorleistung von Prozesskosten treffen den Hauptschuldner mit Blick auf seine Erwartungshaltung insofern wesentlich härter als den darauf vorbereiteten Bürgen. Letztlich vermag hieran auch nicht ändern, dass teilweise390 auf ein mit dem Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB einhergehenden zusätzlichen Insolvenzrisikos für den Bürgen hingewiesen wird. Es ist zwar richtig, dass nach der Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen der Hauptschuldner die Aufrechnung gegenüber dem Regressgläubiger, dem Bürgen, gemäß den §§ 412, 406 BGB erklären kann, so dass die nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Bürgen übergegangene Forderung erlischt. Ebenfalls zutreffend ist, dass der Bürge infolgedessen einen Anspruch nach § 816 Abs. 2 BGB gegen den Gläubiger hat und insofern dessen Insolvenzrisiko schultert. Außer Acht lässt diese Überlegung allerdings, dass der Bürge zumeist neben dem Anspruch, der ihm im Wege der Legalzession übertragen wurde, noch einen zusätzlichen Erstattungsanspruch aus dem der Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen zugrunde liegenden Auftragsverhältnis hat.391 Dieser Erstattungsanspruch wird von einer etwaigen Aufrechnung des Hauptschuldners gegen die auf den Bürgen nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB übergegangene Hauptforderung freilich nicht tangiert. Da dem Bürgen also trotz des Ausschlusses in aller Regel ein Regressanspruch gegen den Hauptschuldner zusteht, trägt der Bürge das zusätzliche Insolvenzrisiko des Hauptschuldners insoweit gerade nicht.

390 Ohne sich jedoch für die Unwirksamkeit des Ausschlusses bei gerichtlich festgestellten und nicht bestrittenen Forderungen auszusprechen Schwab, AGB-Recht, 1662 ff. 391 Siehe Fn. 326.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

4. Ausschluss der Einrede der Vorausklage a) Inhalt und Zweck der Klausel Der gesetzliche Regelfall der Bürgschaft gibt dem Bürgen die Einrede der Vorausklage gemäß § 771 BGB an die Hand. Nach § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB kann der Bürge auf diese Einrede (individualvertraglich) verzichten. Der Verzicht ist in der Praxis gar – also entgegen dem gesetzlichen Modell – der Regelfall.392 Oftmals wird die Einrede der Vorausklage in ganz schlichter Weise ausgeschlossen: „Auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) wird verzichtet.“393 (Klausel Nr. 13 a))

Infolge des Ausschlusses dieser Einrede kann der Gläubiger bei Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit wählen, gegen wen er zuerst vorgeht: gegen den Hauptschuldner, den Bürgen oder gegen beide gleichzeitig. Er ist nun nicht mehr an die Voraussetzung gebunden, zunächst die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner betreiben zu müssen. Auch trifft ihn keine Pflicht zur primären außergerichtlichen Inanspruchnahme des Hauptschuldners.394 Der Gläubiger genießt hierdurch den Vorteil, dem Aufwand der Durchführung der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners und allen damit verbundenen Nachteilen zu entgehen. Zu den Nachteilen gehören insbesondere die Dauer des Verfahrens sowie die Vorleistungspflicht hinsichtlich der Verfahrenskosten. Ist der Gläubiger auf eine pünktliche Begleichung der Hauptverbindlichkeit angewiesen, kann ihn diese gegebenenfalls langwierige und kostspielige Prozedur durchaus in seiner Tätigkeit am Markt einschränken, gar in seiner Existenz gefährden. Insofern kann ein Vergleich zu den Hintergründen eines Ausschlusses des § 770 Abs. 2 BGB gezogen werden.395 b) Einbeziehung der Klausel Nach einhelliger Meinung396 handelt es sich beim formularvertraglichen Ausschluss der Einrede der Vorausklage grundsätzlich nicht um eine überraschende Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB, so dass sie grundsätzlich Vertragsbestandteil wird. Als Begründung hierfür taugt bereits die Verwendungspraxis. Die Aufnahme 392

BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 300; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1003. Vgl. BGH, NJW 1986, 1038; 2009, 1664. 394 So ausdrücklich nur Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 12. 395 Siehe unter C. IV. 3. a). 396 Ausdrücklich – soweit ersichtlich – nur BGH, NJW 2013, 1803 (1804 f.) sowie Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 372; Vgl. aber auch BGH, NJW 1986, 43 (45 f.); 2001, 2466 (2468); 2009, 1664 (1666); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 12; Staudinger/Horn, BGB, § 773 Rn. 3; Jauernig/ Stadler, BGB, § 773 Rn. 3. 393

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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einer AGB in den Vertrag kann den Vertragspartner des Verwenders jedenfalls dann nicht in dessen Vertrauen in den Rechtsverkehr enttäuschen, wenn sie, wie hier, den Regelfall und nicht die Ausnahme darstellt.397 Damit ist sie eine übliche Klausel, die mithin nicht „ungewöhnlich“ i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB sein kann. c) Wirksamkeit der Klausel Ebenso nach einhelliger Meinung398 kann die Einrede der Vorausklage wirksam formularvertraglich ausgeschlossen werden. Im Schrifttum wird zum Teil399 allerdings vor dem Hintergrund des Transparenzgebotes verlangt, dass die Gleichrangigkeit von Hauptschuldner- und Bürgenhaftung eindeutig herauszustellen ist. So soll für den formularvertraglichen Ausschluss weder der Hinweis auf eine „selbstschuldnerische“ Bürgschaft noch die Formulierung „Ausschluss des § 771 BGB“ den Anforderungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügen. Die eingangs formulierte Klausel wäre demnach als unwirksam einzuordnen. Es ist überzeugend, sich dieser teilweisen vertretenen Ansicht anzuschließen. Ziel des § 771 BGB ist es sicherzustellen, dass der Gläubiger sich zunächst an den Hauptschuldner hält, der Bürge also nur nachrangig haftet. Ein schlichter Ausschluss der Norm widerspricht dem in evidenter Weise. Allerdings zeigt schon die gesetzliche Regelung des § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB, nach der ein Ausschluss jedenfalls individualvertraglich unbedenklich ist, dass die Nachrangigkeit der Bürgenhaftung kein zwingendes Charakteristikum der Bürgschaft ist. Ferner setzt der Gläubiger mit einem solchen Ausschluss nicht seine eigenen Interessen missbräuchlich gegenüber dem Bürgen durch. Zum einen hat der Gläubiger am Ausschluss der Einrede der Vorausklage die eingangs berechtigten Interessen. Er minimiert mit dem Ausschluss das gewichtige Risiko, in seiner Tätigkeit am Markt infolge finanzieller Engpässe, die durch die Nichterfüllung der Hauptverbindlichkeit durch den Hauptschuldner bedingt sind, beeinträchtigt, gar in existenzieller Weise bedroht zu sein. Zum anderen wird der Bürge dadurch, dass der Gläubiger nun direkt gegen ihn vorgehen kann, nicht erheblich beeinträchtigt. Zunächst ist eine selbstschuldnerische Bürgschaft nicht mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zu verwechseln. Meint der Bürge, dass der Hauptschuldner die gesicherte Hauptforderung nicht schuldet, mithin auch 397

Siehe Fn. 392. BGH, NJW 1986, 43 (45 f.); 2001, 2466 (2468); 2009, 1664 (1666); 2013, 1803 (1804 f.); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 12; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 372; MüKoBGB/Habersack, § 773 Rn. 3; Staudinger/Horn, BGB, § 773 Rn. 3; Erman/Herrmann, BGB, § 773 Rn. 2; Palandt/Sprau, § 773 Rn. 2; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 773 Rn. 2 f.; Jauernig/Stadler, BGB, § 773 Rn. 3; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 600; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 211; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1673 ff. 399 MüKoBGB/Habersack, § 773 Rn. 3; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 773 Rn. 3; Erman/Herrmann, BGB, § 773 Rn. 2; a. A. BGH, NJW 1986, 43; 2009, 1664; wohl auch Palandt/Sprau, § 773 Rn. 2. 398

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

keine Bürgschaftsforderung besteht, muss er ohne genaue gerichtliche Überprüfung jedenfalls zunächst nicht zahlen. Selbstverständlich bleibt es dem Bürgen auch unbenommen, den Hauptschuldner nach seiner Inanspruchnahme in Regress zu nehmen. Er läuft nicht Gefahr, dass sein Regressanspruch unbegründet sein könnte, schließlich setzt seine Pflicht zur Zahlung der Bürgenschuld einen begründeten Anspruch des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf Zahlung der Hauptverbindlichkeit voraus. Ist gegen den Bürgen selbst ein Anspruch begründet, hat er also auch stets einen begründeten Anspruch gegen den Hauptschuldner, zumal er infolge der cessio legis des § 774 Abs. 1 S. 1 BGB sogar mit dem (begründeten) Anspruch des Gläubigers aus der Hauptverbindlichkeit selbst gegen den Hauptschuldner vorgehen kann. Kann sich der Gläubiger infolge des Ausschlusses der Einrede der Vorausklage direkt an den Bürgen halten, muss der Bürge hinsichtlich der Befriedigung des Gläubigers nicht mehr bloß ersatzweise an die Stelle des Hauptschuldners treten, sondern muss für diesen insoweit in Vorleistung treten. Zusätzlich können dem Bürgen im Rahmen der Geltendmachung seiner Regressforderung vorläufige Prozesskosten entstehen, die nach der gesetzlichen Regelung sonst nicht anfallen würden, weil der Gläubiger den Regressanspruch, der im Wege der Legalzession nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Bürgen übergeht, auf Grund der Einrede der Vorausklage bereits selbst gerichtlich bestätigen lassen musste. Beides rechtfertigt sich vor dem Hintergrund des möglicherweise belastenden finanziellen Aufwandes für den Gläubiger, der mit der Durchsetzung der Hauptverbindlichkeit verbunden sein kann. Verweigert der Hauptschuldner unberechtigt die Zahlung oder stehen ihm keine Barmittel zur Verfügung, die etwa eine Zwangsversteigerung von Sachmitteln erfordern, kann eine schnelle Inanspruchnahme des Bürgen den Gläubiger davor bewahren, auf Grund der Dauer der gerichtlichen Bestätigung des Bestehens der Hauptverbindlichkeit und/oder der Zwangsvollstreckung gar in seiner Existenz bedroht zu sein, wenn er auf die rechtzeitige Erfüllung angewiesen ist.400 Je nach Höhe der Hauptverbindlichkeit können auch bereits die Prozesskosten zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung des Gläubigers führen. Entledigt sich der Gläubiger dieses Risikos, indem er den Bürgen gleich in Anspruch nehmen kann, belasten zwar sowohl die Dauer der Geltendmachung der Regressforderung als auch die hiermit verbundenen Prozesskosten nun den Bürgen, doch ist die Verschiebung dieser Lasten durchaus interessengerecht: Im Gegensatz zum Gläubiger, der gerade auf Grund der Bestellung einer Sicherheit fest damit rechnen kann, sich keinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten infolge der Nichterfüllung der Hauptverbindlichkeit ausgesetzt zu sehen, hat der Bürge sich gerade im Wissen bestellt, im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners sogar ersatzlos zu haften. Ein (temporärer) Zahlungsausfall sowie die Pflicht zur Vorleistung von Prozesskosten treffen den Hauptschuldner mit Blick auf seine Erwartungshaltung insofern wesentlich härter als den darauf vorbereiteten Bürgen. 400

Vgl. schon unter C. IV. 3. a).

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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Fällt die gerichtliche Klärung der Hauptverbindlichkeit weg und/oder umgeht der Gläubiger das Betreiben der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners, weil der Gläubiger den Bürgen infolge der Klausel vorrangig in Anspruch nimmt, kann dies für den Bürgen im Rahmen seines Regressanspruchs neben der Pflicht zur Vorleistung auch einen faktischen Mehraufwand im Vergleich zur gesetzlichen Regelung bedeuten: Nun ist es gegebenenfalls an dem Bürgen, die Regressforderung gerichtlich klären zu lassen und/oder die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Letztlich ist aber auch die Verlagerung dieses Aufwandes auf den Bürgen interessengerecht. So wird sich der aus oftmals altruistischen Gründen handelnde Bürge mit noch mehr Bedacht für den Hauptschuldner verbürgt haben als der Gläubiger sich den Hauptschuldner als Vertragspartner ausgesucht haben wird, wenn der Gläubiger sich zur Absicherung der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit noch eine Sicherheit hat einräumen lassen. Ferner lässt das altruistische Motiv des Bürgen, sich als Personalsicherheit zu bestellen, ein Näheverhältnis zum Hauptschuldner vermuten. In jedem Fall aber wird die Bindung zwischen Bürge und Hauptschuldner enger sein als es die zwischen Gläubiger und Hauptschuldner ist. Auf Grund dieser Nähebeziehung wird es dem Bürgen oftmals leichter fallen, Einfluss auf den Hauptschuldner hinsichtlich der Erfüllung der Regressforderung zu nehmen als es dem Gläubiger möglich sein wird, Druck auf den Hauptschuldner auszuüben, die Hauptverbindlichkeit zu erfüllen. Letztlich dürfte sich der mit der Klausel einhergehende erhöhte faktische Mehraufwand für den Bürgen aber schon daraus rechtfertigen, dass er die notwendige Folge der – wie zuvor gezeigt – interessengerechten Übernahme sowohl der Vorleistungspflicht hinsichtlich der Befriedigung des Hauptschuldners als auch etwaiger Prozesskosten bei der Durchsetzung der Regressforderung durch den Bürgen ist. Insgesamt ist die Verteilung des Risikos durch die Klausel also durchaus interessengerecht. Da ein Ausschluss der Einrede der Vorausklage letztlich auf berechtigte Interessen des Gläubigers zurückzuführen ist und den Bürgen nicht erheblich benachteiligt, fehlt es am Merkmal der „Unvereinbarkeit“ i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Damit eine entsprechende AGB den Anforderungen des Transparenzgebotes genügt, darf in ihr jedoch nicht bloß von einer „selbstschuldnerischen“ Bürgschaft oder einem „Ausschluss des § 771 BGB“ die Rede sein,401 obwohl damit der Wortlaut des Gesetzes wiedergegeben wird. Ob die AGB hinreichend klar formuliert ist, richtet sich nach den Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Bürgschaftsverträgen zu erwartenden Durchschnittskunden.402 Genaue Kenntnis vom juristischen Bedeutungsgehalt des Begriffs „Selbstschuldner“ kann ebenso wenig erwartet werden wie von den Rechtsfolgen eines Ausschlusses des § 771 BGB. 401

Vgl. Fn. 393. Vgl. die st. Rspr. BGHZ 112, 115 (118); 116, 1 (7); BGH, NJW 2007, 1198 (1202); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 344; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 244. 402

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Letzteres kann insbesondere deshalb nicht erwartet werden, weil ein Blick in den § 771 BGB den juristisch nicht geschulten Kunden nicht ohne Weiteres auf dessen wahre Bedeutung stoßen lässt. So ist im Schrifttum bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Terminus „Einrede der Vorausklage“ missverständlich ist und eigentlich besser die Rede von einer „Vorausvollstreckung“ sein sollte,403 da es hier nicht um eine Pflicht des Gläubigers zur Erhebung einer Klage geht, sondern um eine solche zur Zwangsvollstreckung. Folgerichtig muss dem Bürgen zur Wirksamkeit eines formularvertraglichen Ausschlusses die genaue Rechtsfolge erläutert werden, die sich darin erschöpft, dass der Bürge gleichrangig mit dem Hauptschuldner haftet, der Gläubiger also, ohne zunächst die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner betreiben zu müssen, den Bürgen in Anspruch nehmen kann. Dem trägt die eingangs formulierte Klausel nicht Rechnung, so dass sie nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist.404 Wirksam ist in einem Bürgschaftsformular jedoch etwa die folgende Klausel, da sie die rechtlichen Wirkungen des Ausschlusses der Einrede der Vorausklage hinreichend beschreibt: Sind die durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche des Gläubigers fällig und erfüllt der Hauptschuldner diese Ansprüche nicht, kann der Gläubiger den Bürgen in Anspruch nehmen, ohne zuvor die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner versuchen zu müssen (Ausschluss der Einrede der Vorausklage gemäß den §§ 773 Abs. 1 Nr. 1, 771 BGB). (Klausel Nr. 13 b))

5. Zur Verjährung der Bürgenschuld a) Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld aa) Inhalt und Zweck der Klausel Vereinzelt versuchen Gläubiger in der Kreditpraxis zu ihren Gunsten die Verjährungsfrist der Bürgenschuld mittels einer AGB zu verlängern. So hatte in einer Entscheidung das OLG München405 über eine Klausel zu urteilen, in der die Verjährungsfrist der Bürgenschuld von den gesetzlich vorgesehenen drei Jahren gemäß § 195 BGB auf fünf Jahre verlängert worden war: „Ansprüche des Gläubigers aus diesem Bürgschaftsvertrag verjähren nach Ablauf von fünf Jahren.“ (Klausel Nr. 14 a))

Die Klausel hat eine zweifache rechtliche Wirkung. Offensichtlich ist, dass durch sie zum einen die Verjährungsfrist der Bürgenschuld verlängert wird. Die Hauptverbindlichkeit bleibt dabei gänzlich unberührt, insbesondere kann der Bürge ihre 403 Staudinger/Horn, BGB, § 771 Rn. 7; EBJS/Hakenberg, HGB, § 349 Rn. 1; Klappstein, in: Heidel/Schall, Handelsgesetzbuch, § 349 Rn. 1; Duckstein/Pfeiffer, JR 2010, 231 (233); vgl. auch MüKoBGB/Habersack, § 771 Rn. 3; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 772 Rn. 1. 404 A. A. BGH, NJW 1986, 43; 2009, 1664; wohl auch Palandt/Sprau, § 773 Rn. 2. 405 OLG München, WM 2012, 1768.

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Verjährung gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB weiterhin geltend machen.406 Insoweit beschränkt sich der Zweck der Klausel für den Gläubiger lediglich darauf, dass seine Möglichkeit zur Geltendmachung der Bürgenschuld in den Grenzen des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB im Vergleich zur regelmäßigen Verjährungsfrist um zwei weitere Jahre verlängert ist. Zum anderen – und insofern zum Nachteil des Gläubigers – bedingt die Klausel die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 199 Abs. 4 BGB ab. Auch ihre Länge beträgt nach dem Inhalt der Klausel fünf Jahre. Entscheidet sich der Gläubiger als Verwender dieser AGB bewusst lediglich für die Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld und damit gegen die Verlängerung der Verjährungsfrist sowohl der Haupt- und Bürgschaftsforderung gleichzeitig als auch nur der Hauptforderung, wird dies wohl regelmäßig den Hintergrund haben, dass er plant, sich zunächst nicht an den Bürgen, sondern an den Hauptschuldner zu halten. Wendet er sich nämlich in einer die Tatbestände der §§ 203 ff. BGB erfüllenden Art und Weise an den Hauptschuldner, ist die Verjährung der Hauptverbindlichkeit gehemmt, die der Bürgenschuld nach der Gesetzeslage indes nicht. Von besonderem Wert ist es dann, – will der Gläubiger nicht stets gegen Hauptschuldner und Bürgen gleichzeitig vorgehen müssen – von einer längeren Verjährungsfrist der Bürgenschuld profitieren zu können. Schließlich kann das die Verjährung der Hauptverbindlichkeit hemmende Ereignis von längerer Dauer sein und währenddessen die Bürgenschuld verjähren. Typischerweise plant der Gläubiger dann zunächst gegen den Hauptschuldner vorzugehen, wenn die Hauptverbindlichkeit mittels einer nicht selbstschuldnerischen Bürgschaft gesichert ist. Schließlich würde der Bürge, sollte der Gläubiger ihn vorrangig in Anspruch nehmen, regelmäßig die Einrede der Vorausklage gemäß § 771 S. 1 BGB erheben und der Gläubiger anschließend gezwungen sein, sich doch zunächst an den Hauptschuldner zu halten. bb) Einbeziehung der Klausel Das OLG München407 hat in seiner Entscheidung lediglich die Wirksamkeit der Klausel diskutiert und somit stillschweigend die Einbeziehung der Klausel in den Bürgschaftsvertrag angenommen. Dies ist nicht überzeugend. § 202 BGB macht deutlich, dass zumindest im Individualvertrag Verjährungsfristen vom Gesetz abweichend verlängert werden können. Die Verlängerung der Verjährungsfrist einer Forderung ist aber auch ein üblicher Regelungsgegenstand im Formularvertrag.408 Dass eine solche Regelung an sich gerade für die Bürgschaftsvertrag ungewöhnlich sein soll, lässt sich nicht begründen.

406

Fragwürdig insofern die a. A. Schwab, AGB-Recht, Rn. 1646. OLG München, WM 2012, 1768. 408 Vgl. zahlreiche Fälle aus der Rechtsprechung, BGH, NJW 2015, 2571; OLG München, WM 2012, 1768; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 05. Juni 2014 – 2 U 2/14 –, juris; 407

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Allerdings kann der Umfang der Verlängerung der Verjährungsfrist ungewöhnlich sein und den Bürgen letztlich insofern i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB überraschen. Geht der Bürge typischerweise davon aus, dass die Bürgenschuld mit der regelmäßigen Frist gemäß § 195 BGB nach drei Jahren verjährt, wird es für ihn ungewöhnlich sein, wenn die Verjährungsfrist von drei auf fünf Jahre (um Zweidrittel) verlängert worden ist. Jedenfalls ist eine Verlängerung der Frist über 50 % als ungewöhnlich einzustufen und wird den Bürgen daher grundsätzlich überraschen. Eine darüber hinaus bestehende „positive“ Überraschung – hier durch eine verkürzte kenntnisunabhängige Frist – ist nicht geeignet, die Ungewöhnlichkeit der Verlängerung der regelmäßigen Verjährungsfrist aufzuwiegen.409 Gemäß § 305 c Abs. 1 BGB wird die Klausel daher grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil. cc) Wirksamkeit der Klausel Das OLG München410 hat die fragliche Klausel als wirksam erachtet. Die Ansicht hat berechtigte Kritik erfahren.411 Die hier in Rede stehende Klausel weicht mit einer Verlängerung der regelmäßigen Verjährungsfrist um zwei Jahre von § 195 BGB ab, der gemeinhin als wesentlicher Grundgedanke des Verjährungsrechts qualifiziert wird.412 Dies erklärt sich daraus, dass dem Verjährungsrecht mit seinen zahlreichen gesetzgeberischen Zwecken413 ein erheblicher Gerechtigkeitsgehalt zugrunde liegt.414 Und als zentrale Vorschrift des Verjährungsrechts steht § 195 BGB gerade für die Umsetzung dieser Zwecke. Zur vollständigen Tatbestandsmäßigkeit des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bleibt zu klären, ob die Abweichung obendrein mit wesentlichen Grundgedanken unvereinbar ist. Mit der regelmäßigen Verjährungsfrist unvereinbar ist die Verlängerung, wenn durch Letztere dem Ziel des § 195 BGB derart widersprochen wird, dass dem Bürgen

LG Bielefeld, NZM 2015, 27; LG Frankfurt, NJW-RR 2011, 952; LG Dortmund, Urteil vom 17. März 2010 – 2 O 53/09 –, juris. 409 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 c Rn. 12, 26. 410 OLG München, WM 2012, 1768; sich dem anschließend Staudinger/Horn, BGB, § 768 Rn. 39. 411 Gegen die Wirksamkeit einer solchen Klausel Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 380; Schwab, AGBRecht, Rn. 1646; wohl auch MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 3; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 24. 412 BGH, NJW 2015, 2571 (2572); Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, § 202 Rn. 27; MüKoBGB/Grothe, § 202 Rn. 10; Palandt/Ellenberger, § 202 Rn. 13; Erman/Schmidt-Ränsch, BGB, § 202 Rn. 13. 413 Siehe hierzu C. IV. 1. b) cc) (4). 414 BGH, NJW 1986, 1608 (1609); 1990, 2065 (2066).

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nicht nur unerhebliche Nachteile drohen.415 Ziel des § 195 BGB ist es, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse des Gläubigers an der Geltendmachung seines ihm zustehenden Anspruchs und vor allem dem Interesse des Schuldners an einer nicht ewig möglichen gerichtlichen Geltungsmachung des Anspruchs herzustellen. Diese Aufgabe übernimmt die dort festgelegte dreijährige Verjährungsfrist. Eine andere Wertung hinsichtlich der Angemessenheit dieses Ausgleichs trifft die Klausel freilich, wenn sie die Verjährungsfrist um zwei Jahre verlängert. Damit ist dem Ziel des § 195 BGB widersprochen. Dass eine Klausel mit einer Regelungswirkung, die lediglich die Verlängerung der regelmäßigen Verjährungsfrist um Zweidrittel anordnet, den Bürgen darüber hinaus nicht nur unerheblich benachteiligen würde, ist offensichtlich.416 Dieser Befund relativiert sich auch nicht mit Blick auf die fünfjährige – ebenfalls akzessorische – Nachhaftung des Gesellschafters gemäß § 160 Abs. 1 BGB im Falle seines Ausscheidens aus der Gesellschaft.417 Das Rechtverhältnis, aus dem der ausscheidende Gesellschafter für den Zeitraum von fünf Jahren bis zu dessen Verjährung in Anspruch genommen werden kann, wurde nämlich begründet, als er noch Gesellschafter war, die Gesellschaft mithin noch seins war.418 Der Bürge hingegen haftet stets für eine fremde Forderung. Die im Gegensatz zur Bürgschaft um zwei Jahre verlängerte Verjährungsfrist der Gesellschafternachhaftung erklärt sich also vor dem Hintergrund des unternehmerischen Risikos.419 Nun ist neben der Verlängerung der regelmäßigen Verjährungsfrist aber auch eine Verkürzung der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 4 BGB Gegenstand der fraglichen Klausel.420 Dieser für den Bürgen offensichtliche Vorteil kann den Nachteil, den er durch eine Verlängerung der regelmäßigen Verjährungsfrist erfährt, allerdings nicht aufwiegen. Mit anderen Worten: Einen angemessen Interessenausgleich stellt die oben formulierte Klausel nicht her. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gläubiger, ohne zumindest grob fahrlässig zu sein, von den anspruchsbegründenden Umständen i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB keine Kenntnis erlangt, ist beim Bürgschaftsvertrag sehr gering – die Fälle, in denen § 199 Abs. 4 BGB anstatt § 195 BGB Anwendung findet, insofern ausgesprochen selten. Anspruchsbegründend wirkt die Fälligkeit der Hauptverbindlichkeit.421 Wer einen Kredit ausreicht, wird sich nur im allerseltensten Fall darauf berufen können, keine Kenntnis von der Fälligkeit seines Anspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gehabt zu haben, ohne dass seine Unkenntnis wenigstens auf grober Fahrlässigkeit beruht. Hat der Gläubiger sich für die Hauptverbindlichkeit gar eine Bürgschaft einräumen 415 416 417 418 419 420 421

Vgl. B. Fn. 259. Anders aber OLG München, WM 2012, 1768 (1770). Diesen Vergleich aber heranziehend OLG München, WM 2012, 1768 (1770). Schwab, AGB-Recht, Rn. 1646. Schwab, AGB-Recht, Rn. 1646. BGH, NJW 2015, 2571 (2572); gänzlich übersehend OLG München, WM 2012, 1768. Siehe bereits unter C. IV. 1. b) cc).

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lassen, unterstreicht dies im Besonderen die Bedeutung des Rückzahlungsanspruchs und verringert insofern nochmal die ohnehin schon seltenen Konstellationen, in denen der Gläubiger nicht wenigstens grob fahrlässige Unkenntnis von der Fälligkeit des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gehabt hat. Erfährt der Bürge nun für den absoluten Regelfall einen Nachteil und nur im Ausnahmefall einen Vorteil, weicht die Klausel in einer Weise von den Zielen des § 195 BGB ab, dass sie den Bürge erheblich benachteiligt. Sie ist daher mit wesentlichen Grundgedanken der regelmäßigen Verjährungsfrist unvereinbar. Je weiter formularvertragliche Regelungen neben Benachteiligungen des Kunden auch begünstigende Elemente enthalten, desto mehr wirken sie sich selbstverständlich darauf aus, inwiefern die fragliche Klausel doch nicht unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist, bedarf es hierfür schließlich einer nicht unerheblichen Benachteiligung des Kunden.422 Mit der Wirksamkeit der eingangs dargelegten AGB, die allerdings einen nachstehenden, den Bürgen begünstigenden Zusatz beinhaltet, hatte der BGH sich in einer neueren Entscheidung zu befassen: „Die Ansprüche aus der Bürgschaft verjähren mit Ablauf von fünf Jahren beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem diese Ansprüche fällig werden.“423 (Klausel Nr. 14 b))

Im Unterschied zur eingangs formulierten und für mit wesentlichen Grundgedanken des § 195 BGB unvereinbar befundenen Regelung bedingt jene Klausel – für den Bürgen offensichtlich vorteilhaft – § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab. Unabhängig von der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres, in dem die Bürgenschuld fällig geworden ist. Im Ergebnis kann diese Regelungswirkung die Benachteiligung des Bürgen jedoch nicht beseitigen und ist daher weiterhin unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.424 Zum einen ist dieser Vorteil nicht mit demjenigen kumulierbar, der dem Bürgen durch die Verkürzung der Frist aus § 199 Abs. 4 BGB widerfährt und sich aus der eingangs dargestellten Klausel ergibt.425 Beginnt nach der Klausel nämlich die fünfjährige Verjährungsfrist unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers mit dem Ende des Jahres, in dem die Bürgenschuld fällig geworden ist, hat § 199 Abs. 4 BGB keinen Anwendungsbereich mehr. So verjährt damit die Bürgenschuld in jedem Falle vor den in § 199 Abs. 4 BGB angeordneten zehn Jahren. Zum anderen begünstigt auch dieser Regelungszusatz den Bürgen wieder nur für den seltenen Fall, dass der Gläubiger mindestens infolge grober Fahrlässigkeit keine Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hat.426 Kommt der Vorteil des Bürgen nur selten zum Tragen und erfährt er demgegenüber regelmäßig einen nicht unerheblichen

422 423 424 425 426

Siehe B. Fn. 259. BGH, NJW 2015, 2571. A. A. BGH, NJW 2015, 2571. Dies verkennend BGH, NJW 2015, 2571 (2572 f.). Siehe bereits unter C. IV. 5. a) cc).

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Nachteil, bleibt für ihn unter dem Strich eine Benachteiligung, die zur Unvereinbarkeit mit der regelmäßigen Verjährungsfrist i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB führt. Die Verlängerung der regelmäßigen Verjährungsfrist ist letztlich mit und ohne den dargestellten Zusatz unwirksam. dd) Eigener Regelungsvorschlag Soweit mit der Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld versucht wird, für den Fall vorzubeugen, dass trotz Herantretens an den Hauptschuldner und der damit einhergehenden verjährungshemmenden Wirkung hinsichtlich der Hauptforderung die anschließende Geltendmachung der Bürgenschuld wegen Verjährung nicht mehr möglich ist, ergeben sich für den alternativen Regelungsvorschlag folgerichtig starke Gemeinsamkeiten mit demjenigen zum Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Hauptforderung gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB.427 So ist dieser Ausschluss ebenso darauf gerichtet zu verhindern, dass trotz rechtzeitiger Geltendmachung einer Forderung wegen der Verjährung der anderen der Bürge letztlich nicht in Anspruch genommen werden kann. Nur ist er dort für die Konstellation gedacht, dass zunächst gegen den Bürgen vorgegangen wird und dieser nicht die Einrede gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB wegen Verjährung der Hauptforderung soll erheben können.428 Dem Interesse des Gläubigers wird in beiden Fällen dadurch Rechnung getragen, dass die Verjährungsfristen zur Haupt- und Bürgschaftsforderung der beabsichtigten Reihenfolge ihrer Geltendmachung angepasst werden.429 Für den hiesigen Fall, in dem der Gläubiger offensichtlich beabsichtigt, den Hauptschuldner zunächst in Anspruch zu nehmen, bietet es sich für den Gläubiger an, die subsidiäre Bürgenschuld einer längeren Verjährungsfrist zu unterwerfen und als angemessenen Ausgleich für die Interessen des Bürgen im gleichen Verhältnis die Verjährungsfrist der Hauptverbindlichkeit zu verkürzen: Ansprüche des Gläubigers aus diesem Bürgschaftsvertrag verjähren nach Ablauf von vier Jahren. Die Verjährungsfrist der Hauptverbindlichkeit wird für Ansprüche aus diesem Vertrag auf zwei Jahre fingiert. (Klausel Nr. 14 c))

b) Ausschluss der Einrede der Verjährung der Bürgenschuld aa) Inhalt und Zweck der Klausel Denkbar ist eine Klausel in einem Bürgschaftsformular, die die Geltendmachung der Einrede der Verjährung der Bürgschaftsforderung ausschließt: Der Bürge verzichtet auf die Einrede der Verjährung der Bürgschaftsforderung. (Klausel Nr. 15) 427 428 429

Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (4). Siehe Fn. 427. Siehe Fn. 427.

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Der Steller, der sich bewusst lediglich für die Aufnahme einer solchen AGB in den Bürgschaftsvertrag und gegen eine (parallele) Regelung zur Einrede der Verjährung der Hauptforderung entscheidet – diese bleibt mit Klausel freilich unangetastet – wird regelmäßig davon ausgehen, dass die Bürgschaftsforderung vor der Hauptforderung verjähren wird. Da § 768 Abs. 1 S. 1 BGB dem Bürgen die Möglichkeit eröffnet, die Verjährungseinrede neben der Bürgschaftsforderung auch hinsichtlich der Hauptforderung zu erheben, wäre der Verzicht auf erstere für die Haftung des Bürgen im Ergebnis ohne Belang, wenn die Bürgschaftsforderung nach der Hauptforderung verjähren würde. Selbstverständlich würde der nicht zahlungswillige Bürge dann die Verjährungseinrede hinsichtlich der Hauptforderung erheben. Für den Gläubiger wäre insofern nichts gewonnen. Regelmäßig wird der Gläubiger dann davon ausgehen, dass die Bürgschaftsforderung zuerst verjähren wird, wenn er plant, sich zunächst an den Hauptschuldner zu halten und damit gemäß der §§ 203 ff. BGB die Verjährung der Hauptforderung zu hemmen. Zunächst an den Hauptschuldner wird sich der Gläubiger vernünftigerweise in jedem Fall dann wenden, wenn es sich um keine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt. Nimmt der Gläubiger einer nicht selbstschuldnerischen Bürgschaft den Bürgen vorrangig in Anspruch, wird der Bürge nämlich regelmäßig die Einrede der Vorausklage mit der Folge erheben, dass der Gläubiger doch wieder gezwungen ist, zunächst gegen den Hauptschuldner vorzugehen. bb) Einbeziehung der Klausel Weder in Rechtsprechung noch in der Literatur ist die Einbeziehung dieser formularvertraglichen Regelung diskutiert worden. Richtigerweise wird ein Ausschluss der Einrede der Verjährung grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil, da es sich um eine ungewöhnliche Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB handelt. Die Verjährungseinrede beruht auf vielerlei, teils sehr gewichtigen gesetzgeberischen Zielen, wie etwa dem Schutz vor Beweisnot, der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden.430 Je stärker nun die hinter einer Regelung stehenden Ziele sind, desto ungewöhnlicher wird oftmals auch eine vertragliche Abweichung für den Durchschnittskunden sein. Der typische Bürge wird bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages insbesondere für sich selbst nicht erwarten, auf ewig die Beweislast für das Nichtbestehen der Bürgschaftsforderung tragen zu müssen. Nun ließe sich hiergegen einwenden, dass dem Bürgen noch die abgeleitete Verjährungseinrede aus § 768 Abs. 1 S. 1 BGB zusteht und er daher – ganz nach seiner typischen Vorstellung – nicht darauf angewiesen ist, auf ewig den Beweis für das Nichtbestehen der Bürgschaftsforderung tragen zu müssen, um seine Haftung 430 Zum Zweck Rechtfrieden und Schutz des Rechtsverkehrs siehe Fn. 337 und 338; zum Schutz vor Beweisnot des Schuldners BGH, BKR 2003, 240 (241); Staudinger/Peters/Jacoby, Vorbemerkungen zu §§ 194 – 225 Rn. 5; MüKoBGB/Grothe, Vor § 194 Rn. 6; Jauernig/Mansel, BGB, § 194 Rn. 6; Palandt/Ellenberger, Überbl v § 194 Rn. 8.

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auszuschließen. Dieser Einwand lässt jedoch außer Betracht, dass der Bürge Beweise für das Nichtbestehen der Hauptforderung in aller Regel gar nicht selbst aufbewahren wird, da diese vielmehr in die Sphäre des Hauptschuldners fallen. Es handelt sich für den Bürgen bei der Hauptverbindlichkeit immer noch um eine fremde Schuld. Was hingegen den Beweis für das Nichtbestehen der Bürgschaftsforderung anbetrifft, wird er sich selbst in der Verantwortung sehen, ihn so zu sichern, dass er bis Eintritt der Verjährung herangezogen werden kann. cc) Wirksamkeit der Klausel Die Wirksamkeit einer Klausel solchen Inhalts ist – soweit ersichtlich – noch nicht durch die Rechtsprechung beurteilt worden. Auch die Literatur schweigt hierzu nahezu vollständig. Vereinzelt431 wird der formularvertragliche Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Verjährung seiner Bürgenschuld aber als unwirksam angesehen. Dem ist zuzustimmen. Ausweislich der Gesetzesbegründung432 zu den Neuregelungen des Verjährungsrechts im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung, sollte die Vertragsfreiheit in den §§ 194 ff. BGB gestärkt werden. Ein entsprechender Rückschluss auf die Wirksamkeit einer formularvertraglichen Regelung verbietet sich allerdings. Ein formularvertraglicher Verzicht auf die Verjährungseinrede hält der AGB-Inhaltskontrolle vielmehr nicht stand. Den Verjährungsvorschriften kommt ein erheblicher Gerechtigkeitsgehalt zu.433 Da ein Verzicht auf die Verjährungseinrede von den §§ 214 Abs. 1, 195 BGB abweicht und diese zumal zentrale Vorschriften des Verjährungsrechts sind, berührt er daher auch wesentliche Grundgedanken i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.434 Zusätzlich widerspricht der Verzicht gar dem Ziel dieser Vorschriften, den Schuldner – hier dem Bürgen – vor Beweisnöten zu schützen. So formulierte der BGH435, dass die zulässige Grenze zur Erweiterung der Verjährungsfrist dort überschritten ist, wo die Abwehr unbegründeter Ansprüche unzumutbar erschwert wird. Nach § 309 Nr. 8 b ff. BGB ist in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB und des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB per se eine Erleichterung der Verjährung von Ansprüchen des Verwenders wegen eines Mangels und in sonstigen Fällen – mit Ausnahme für spezielle Bauverträge – eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist unwirksam. Im Hinblick auf die Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. hielt der BGH436 eine Verjäh431 So auch Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 381. 432 BT-Drucks. 14/6040, S. 110. 433 Siehe Fn. 412. 434 Zur Einstufung des § 195 BGB als wesentlichen Grundgedanken i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB siehe S. 135 ff. 435 BGH, NJW 1990, 2065 (2066). 436 BGH, NJW 1990, 2065.

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rungsfrist von drei Jahren für unzumutbar. Da nun ein gänzlicher Verzicht stets über die Wirkung jeglicher Verlängerungen der Verjährungsfrist hinaus geht,437 kann er den Bürgen nur unzumutbar in Beweisnöte bringen. Ein formularmäßiger Verzicht auf die Einrede der Verjährung der Bürgenschuld benachteiligt den Bürgen somit unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. dd) Eigener Regelungsvorschlag Soweit mit dem Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Bürgenschuld beabsichtigt wird, zu verhindern, dass trotz rechtzeitiger Inanspruchnahme des Hauptschuldners die anschließende Inanspruchnahme des Bürgen erfolglos ist, weil dieser die Einrede wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung der Bürgenschuld geltend macht, ergeben sich für den alternativen Regelungsvorschlag keinerlei Unterschiede zur vorgeschlagenen Regelungsalternative hinsichtlich der formularvertraglichen Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld: Die Verjährungsfrist der Bürgschaftsforderung sollte aus besagtem Grund verlängert werden, während die Verjährungsfrist der Hauptverbindlichkeit im gleichen Umfang verkürzt werden sollte – Letzteres um den Bürgen nicht unangemessen zu benachteiligen.438 c) Vereinbarung der Fälligkeit der Bürgenschuld ab Inanspruchnahme des Hauptschuldners aa) Inhalt und Zweck der Klausel Bisweilen wird eine etwa folgendermaßen lautende Klausel dahingehend gedeutet, dass die Bürgenschuld erst ab Inanspruchnahme des Hauptschuldners fällig wird: „Sind die durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche des Gläubigers fällig und erfüllt der Hauptschuldner diese Ansprüche nicht, kann sich der Gläubiger an den Bürgen wenden, der dann auf Grund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch den Gläubiger Zahlung zu leisten hat.“439 (Klausel Nr. 16 a))

Ob diese Klausel tatsächlich einen solchen Regelungsgehalt besitzt, ist zweifelhaft.440 Sie trifft zwar eine Aussage darüber, wann der Schuldner zur Leistung ver437

Hierauf hinweisend Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 381. 438 Siehe den ausformulierten Regelungsvorschlag (Klausel Nr. 14 c)) unter C. IV. 5. b) aa). 439 So BGH, NJW 2013 1803; OLG München, WM 2006, 1813 (1814); OLG Dresden, WM 2011, 65 (67 f.); siehe auch das Formular bei Scholz/Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, S. 769. 440 Dagegen OLG Frankfurt, WM 2007, 1369; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14. Juni 2007 – 12 U 216/06 –, juris Rn. 30 ff.; OLG München, BKR 2012, 283 (284); Schwab, AGB-Recht, Rn. 488; Vogel, EWiR 2007, 683 (684); Harter, EWiR 2012, 619 (620).

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pflichtet ist (nach Aufforderung durch den Gläubiger), schweigt jedoch dazu, ab welchem Zeitpunkt der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Letzteres ist aber gerade die Definition der Fälligkeit der Leistung.441 Nahe liegt insofern, dass eine Zahlungsaufforderung daher nicht die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung begründet und eine Aufforderung vielmehr erst zulässig ist, wenn die Bürgenschuld fällig ist.442 Will man die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung unmissverständlich auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bürgen legen, bietet sich stattdessen die folgende schlichte Formulierung an: Die Bürgschaftsforderung wird erst fällig, nachdem die Hauptverbindlichkeit fällig geworden ist und der Gläubiger den Bürgen in Anspruch genommen hat. (Klausel Nr. 16 b))

Mit dieser Regelung wird vom Gesetz insoweit abgewichen, als dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung nicht mehr ausschließlich an die der Hauptverbindlichkeit gekoppelt ist,443 sondern es zusätzlich noch der Inanspruchnahme des Bürgen bedarf. Er hat es also selbst in der Hand hat, die Bürgschaftsforderung fällig zu stellen, so dass er letztlich – und das ist regelmäßig Hintergrund der Aufnahme einer solchen AGB in den Bürgschaftsvertrag – Einfluss auf die Verjährung der Bürgschaftsforderung nehmen kann. Dies nutzt ihm freilich nur, wenn er beabsichtigt, zunächst den Hauptschuldner in Anspruch zu nehmen. Nimmt der Gläubiger nämlich zunächst den Bürgen in Anspruch, kann währenddessen die Hauptforderung verjähren, was der Bürge auch gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB geltend machen kann. Geht der Gläubiger allerdings zunächst gegen den Hauptschuldner vor, kann die Bürgenschuld mangels Fälligkeit währenddessen hingegen nicht verjähren. Der Gläubiger ist jedenfalls dann gezwungen, zunächst gegen den Hauptschuldner vorzugehen, wenn die Bürgschaft nicht selbstschuldnerisch übernommen worden ist. Geht er nämlich als erstes gegen den Bürgen vor, wird dieser regelmäßig die Einrede der Vorausklage erheben. Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die Regelungsintention ausschließlich auf die nicht selbstschuldnerische Bürgschaft beschränkt. Denn auch im Falle einer selbstschuldnerischen Bürgschaft kann der Gläubiger sich dafür entscheiden, zunächst den Hauptschuldner in Anspruch zu nehmen. bb) Einbeziehung der Klausel Ob eine AGB, die die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bürgen bestimmt, überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB ist, wird unterschiedlich beurteilt. Während sich das OLG Dresden444 und das OLG 441 Vgl. BGH, WM 2007, 612 (613); OLG Frankfurt, WM 2007, 1369 (1370); Palandt/ Grüneberg, § 271 Rn. 1. 442 So OLG Frankfurt, WM 2007, 1369 (1370). 443 Vgl. unter C. IV. 1. b) cc) (1). 444 OLG Dresden, WM 2011, 65 (68).

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München445 auf den Standunkt stellen, eine solche Klausel sei nicht überraschend, stuft das OLG Frankfurt446 sie als überraschend ein. Im Schrifttum ist bislang – soweit ersichtlich – die Einbeziehung in den Vertrag nicht diskutiert worden. Im Ergebnis überzeugt es mehr, sie als nicht überraschend einzuordnen. Die Urteilsbegründung des OLG Dresden lässt sich für die Begründung der hier vertretenen Ansicht allerdings nicht fruchtbar machen. So hat es sich maßgeblich darauf gestützt, dass im konkreten Fall zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Fälligkeit der Bürgenschuld noch die Zahlungsaufforderung erforderlich war.447 Das OLG München begründet den fehlenden überraschenden Charakter lediglich mit der knappen Bemerkung, dass sich eine solche Regelung „im Rahmen dessen [bewegt], was bei Bürgschaftsverträgen redlich erwartet werden muss.“448 Richtig ist, dass eine Fälligkeitsregelung der alltäglichen Vertragspraxis entspricht und den Bürgen insofern nicht in seinem Vertrauen in den Rechtsverkehr und seine übliche Vertragsgestaltung enttäuschen kann. Insofern ist auch die Argumentation des OLG Frankfurt449 entkräftet, wonach der Klausel einen überraschenden Charakter beizumessen sei, da der Bürge aus ihr nicht unmittelbar ableiten könne, dass dies Auswirkungen auf die Verjährungsfrist habe. Handelt es sich nämlich um eine übliche Klausel, sind auch die hiermit einhergehenden Rechtsfolgen gängig und typischerweise im Bewusstsein des Bürgen verankert. Speziell für die Bürgschaft fehlt aber noch ein entscheidender Hinweis. Obwohl die Verjährung der Bürgschaftsforderung hinausgezögert wird, weicht die Klausel nicht von der typischen Vorstellung des Bürgen ab, grundsätzlich nicht weiter zu haften als der Hauptschuldner. Schließlich kann der Bürge gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB weiterhin die Einrede wegen Verjährung der Hauptverbindlichkeit erheben. cc) Wirksamkeit der Klausel Nach Ansicht des BGH450 soll zumindest grundsätzlich eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende vertragliche Vereinbarung zur Änderung der Fälligkeit der Bürgschaftsforderung möglich sein. Darüber, ob eine formularvertragliche Abrede dieses Inhalts wirksam ist, besteht jedoch Uneinigkeit.451 Letztlich überzeugt es mehr, eine solche formularvertragliche Regelung als unwirksam einzustufen. 445

OLG München, WM 2006, 1813 (1814). OLG Frankfurt, WM 2007, 1369. 447 OLG Dresden, WM 2011, 65 (68). 448 OLG München, WM 2006, 1813 (1814). 449 OLG Frankfurt, WM 2007, 1369 (1370). 450 BGHZ 175, 161; BGH, ZIP 2008, 2167; sich dem anschließend OLG Frankfurt, WM 2007, 1369 (1370). 451 Für die Wirksamkeit OLG Dresden, WM 2011, 65 (68 f.) – allerdings im Kontext einer damaligen dreißigjährigen und daher weniger relevanten Verjährungsfrist; so auch Schwab, AGB-Recht, Rn. 1647; gegen die Wirksamkeit Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB446

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Nicht angetastet wird mit einer solchen Regelung die Akzessorietät der Bürgschaft. Insbesondere bleibt die Akzessorietät in der Entstehung gewahrt, da die Entstehung der Bürgschaftsforderung von der Fälligkeit zu unterscheiden ist. Allerdings steht die Klausel im Widerspruch zu Gesetzeszwecken der §§ 194 ff. BGB. So ist ein Zweck etwa, den Schuldner vor überlangen Inanspruchnahmerisiken zu schützen,452 was aber dann unterlaufen wird, wenn mit der Klausel der Verjährungsbeginn der Bürgschaftsforderung von der Zahlungsaufforderung des Gläubigers abhängig gemacht wird, und damit allein in dessen Händen liegt.453 Insofern wird von Zielen und damit wesentlichen Grundgedanken des Verjährungsrechts i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB abgewichen. Dass zudem auch objektive Interessen (z. B. Rechtssicherheit und Rechtsfrieden), denen die §§ 194 ff. BGB Rechnung tragen,454 beeinträchtigt werden, ist an dieser Stelle unbeachtlich. Schließlich ist das AGB-Recht nur darauf gerichtet, die fehlende Einflussnahmemöglichkeit des Kunden auf die Vertragsgestaltung zu kompensieren,455 und entfaltet damit grundsätzlich keinen Drittschutz.456 Infolge der Abweichung vom Ziel des Verjährungsrechts, den Schuldner vor überlangen Inanspruchnahmerisiken zu schützen, sieht der Bürge sich auch nicht lediglich unerheblichen Nachteilen ausgesetzt. Zum Teil457 wird hiergegen eingewandt, das überlange Inanspruchnahmerisiko werde dadurch kompensiert, dass mit der Regelung auch ein Vorteil für den Bürgen einhergehe. So sei selbst im Falle einer selbstschuldnerischen Bürgschaft die Subsidiarität der Bürgenhaftung sichergestellt, denn der Gläubiger müsse immer zunächst den Hauptschuldner in Anspruch nehmen, bevor der Bürge leisten müsse. Dies ist in mehrfacher Hinsicht nicht überzeugend. Zunächst muss der Gläubiger nach der fraglichen Regelung gar nicht aktiv den Hauptschuldner in Anspruch nehmen. So nennt die AGB als Voraussetzung für die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung nämlich lediglich die Nichtzahlung des Hauptschuldners trotz Fälligkeit. Fälligkeit der Hauptforderung tritt aber nun in aller Regel zu einem vereinbarten Termin ein, so dass sie unabhängig von einem aktiven Vorgehen des Gläubigers gegen den Hauptschuldner ist. Und selbst wenn man aus der Klausel eine aktive Inanspruchnahme des Hauptschuldners durch den Gläubiger als Fälligkeitsvoraussetzung für die Bürgschaftsforderung ableiten wollte, kann dieser Umstand den Nachteil des Bürgen, der in seinem verlängerten InanspruchsnahmeRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 382; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 24; Vogel, EWiR 2007, 683 (684). 452 BGH, NJW-RR 2009, 378 (380). 453 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 382. 454 Vgl. unter C. IV. 1. b) cc) (3). 455 Siehe unter B. II. 1. b) aa). 456 Vgl. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 142 ff.; dies verkennend Schmidt, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 382. 457 Schwab, AGB-Recht, Rn. 1647.

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risiko besteht, nicht aufwiegen. Im Vergleich mit dem gesetzlichen Regelfall, der nicht selbstschuldnerischen Bürgschaft, formuliert die Klausel bei dieser Interpretation sogar nur ein Weniger an Subsidiarität. Während nach § 771 BGB vor Inanspruchnahme des Bürgen die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner versucht werden muss, müsste der Gläubiger nach der Klausel den Hauptschuldner lediglich zur Zahlung auffordern, ehe er gegen den Bürgen vorgehen könnte. Die Rechtsfolge des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wird für die in der Praxis häufiger vorkommende selbstschuldnerische Bürgschaft auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB korrigiert. Zwar genießt der Bürge insofern einen Vorteil, als dass der Gläubiger tatsächlich entgegen einer selbstschuldnerischen Bürgschaft zunächst gegen den Hauptschuldner vorgehen müsste, doch ist hierbei zweierlei zu bedenken. Zum einen ist es fraglich, ob dies wirklich als Vorteil für den Bürgen zu werten ist. Da die nicht selbstschuldnerische Bürgschaft den gesetzlichen Regelfall darstellt, ist eine Stärkung der Subsidiarität einer selbstschuldnerischen Bürgschaft wohl eher als für den Bürgen weniger nachteilhaft einzuordnen. Schwerer aber noch wiegt der Umstand, dass für den Gläubiger als Steller ein Anreiz für die Formulierung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft geschaffen wird, würde die AGB für den Fall einer selbstschuldnerischen Bürgschaft als wirksam beurteilt werden. Letztlich berührt die Klausel nicht nur wesentliche Grundgedanken der §§ 194 ff. BGB, sondern ist darüber hinaus für den Bürgen auch stark nachteilhaft und somit unwirksam gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. dd) Eigener Regelungsvorschlag Genauso wie bei der Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld und dem Ausschluss der Einrede wegen Verjährung der Bürgenschuld ist der Gläubiger als Steller der AGB auch bei der Vereinbarung der Fälligkeit der Bürgenschuld ab Inanspruchnahme des Hauptschuldners darauf bedacht zu verhindern, dass trotz rechtzeitiger Inanspruchnahme des Hauptschuldners die anschließende Inanspruchnahme des Bürgen erfolglos ist, weil dieser die Einrede wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung der Bürgenschuld geltend macht. Insofern entspricht der alternative Regelungsvorschlag auch denjenigen der beiden anderen Regelungen: Die Verjährungsfrist der Bürgenschuld sollte aus besagtem Grund verlängert werden und, um den Bürgen nicht unangemessen zu benachteiligen, die Verjährungsfrist der Hauptverbindlichkeit im gleichen Umfang verkürzt werden.458

458

Siehe den ausformulierten Regelungsvorschlag (Klausel Nr. 14 c)) uner C. IV. 5. b) aa).

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

175

d) Vereinbarung der Geltung eines Anerkenntnisses des Hauptschuldners auch gegenüber dem Bürgen aa) Inhalt und Zweck der Klausel Ab und an enthalten Bürgschaftsformularverträge eine Bestimmung, nach der Anerkenntnisse des Hauptschuldners auch Gültigkeit gegenüber dem Bürgen besitzen.459 Sie kann beispielsweise wie folgt formuliert sein: „Anerkenntnisse des Hauptschuldners entfalten ihre Wirkungen auch gegenüber dem Bürgen.“ (Klausel Nr. 17)

Freilich ist die Klausel nicht dergestalt zu verstehen, dass der Bürge neben der Hauptforderung zusätzlich auch für den (selbstständigen) Anspruch des Gläubigers gegen den Hauptschuldner aus einem Schuldanerkenntnis haften soll. Dies wäre keine bloße Wirkung eines Anerkenntnisses, sondern ein darüber hinaus gehender (unwirksamer) Austausch des Sicherungsgegenstandes. Vielmehr konzentriert sich die Klausel auf die Rechtsfolge des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch anerkennt. Für den Fall, dass sich ein Anerkenntnis des Hauptschuldners auf die gesicherte Hauptverbindlichkeit bezieht, soll nach der Klausel das erneute Beginnen der Verjährungsfrist auch für den Bürgen insofern wirken, als dass die Geltendmachung seiner abgeleiteten Verjährungseinrede gemäß § 768 Abs. 1 BGB zeitlich nach hinten verschoben wird. Hintergrund einer solch speziellen Regelung dürfte die Befürchtung des Gläubigers als Steller dieser AGB sein, im Falle eines Schuldanerkenntnisses des Hauptschuldners die Verjährung der Hauptforderung gegenüber dem Bürgen nicht mehr hemmen zu können. Diese Sorge basiert mutmaßlich auf zweierlei Annahmen: Zum einen, dass ein Anerkenntnis i. S. d. § 212 Abs. 1 S. 1 BGB ein Rechtsgeschäft ist, das die Verpflichtung des Bürgen erweitert und daher gemäß § 767 Abs. 1 S. 3 BGB nicht gegen den Bürgen wirkt, und zum anderen, dass die Erhebung der Klage gegen den Hauptschuldner mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht mehr zulässig ist und insofern auch keine gegenüber dem Bürgen wirkende Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eintreten kann. Diese Sorge ist allerdings unbegründet. Es ist allgemein anerkannt, dass es am Rechtsschutzbedürfnis einer Klage fehlt, wenn der Gläubiger über einen vollsteckbaren Titel hinsichtlich der Klageforderung verfügt, aus dem er die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben kann.460 Für denn Fall dass ein Schuldanerkenntnis in einer vollstreckbaren Urkunde i. S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO abgegeben wurde, liegt tatsächlich zunächst der Gedanke nahe, dass eine Klage des Gläubigers gegen den Hauptschuldner dann nicht zulässig ist, wenn der Hauptschuldner ein Schuldanerkenntnis abgegeben hat. Nun kann der Gläubiger trotz eines Vollstreckungstitels aber – und dies ist ebenso allgemein an459 460

So in OLG München, WM 2006, 687; OLG Düsseldorf, MDR 1975, 1019. BGH, NJW-RR 1989, 318 (319).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

erkannt – zulässig Klage gegen den Vollstreckungsschuldner erheben, „wenn er hierfür nach Lage der Dinge einen verständigen Grund hat.“461 Als „verständigen Grund“ hat der BGH462 die Konstellation eingestuft, in denen zwar ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, eine erneute Klage aber erforderlich ist, um mit ihr die Verjährung zu unterbrechen. Auch wenn es in diesem Fall um die Frage ging, ob die Wirkung der Rechtskraft einzuschränken war, kann die Rechtslage für eine Klage eines Gläubigers, der bereits ein Anerkenntnis des Hauptschuldners in den Händen hält, nicht anders sein.463 Schließlich geht es in beiden Konstellationen darum, dass der Kläger trotz Vollstreckungstitels die Verjährung des vollstreckbaren Anspruchs hemmen will. Will er die Sicherung seines Anspruchs nicht verlieren, ist dies im hiesigen Fall für den Gläubiger vor dem Hintergrund des § 768 Abs. 1 BGB auch bitter nötig. Insofern fehlt es seiner Klage richtigerweise jedenfalls nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Sie ist zulässig. bb) Einbeziehung der Klausel Mindestanforderung dafür, dass eine Klausel als überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB eingestuft werden kann, ist, dass sie von den gesetzlichen Bestimmungen abweicht. Selbstverständlich kann niemand von der Rechtsordnung überrascht werden. Entgegen der Ansicht des BGH464 und der h.Lit.465 stellt die vorangestellte Klausel aber nun gerade keine Abweichung von gesetzlichen Regelungen da, sondern gibt lediglich die Rechtslage wieder und wird damit stets Vertragsbestandteil.466 Die h.M.467 geht davon aus, dass die fragliche Klausel von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB abweicht. So sei ein Anerkenntnis ein Rechtsgeschäft, das die Verpflichtung des Bürgen i. S. d. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB erweitere. Diese Ansicht überzeugt aus zweierlei Gründen nicht. Zunächst wird insofern schon der allgemein anerkannten Definition des Rechtsgeschäfts widersprochen, nach der dieses ein Tatbestand aus mindestens einer Willenserklärung ist und an das die Rechtsordnung den Eintritt einer Rechtsfolge 461

BGH, NJW-RR 1989, 318 (319). BGHZ 93, 287 (289); a. A. LG Berlin, JW 1938, 2397; LG Bremen, DJ 1942, 171; LG Münster, DJ 1943, 325. 463 Reinicke/Holthusen, WM 2007, 93 (100). 464 BGH, WM 2007, 2230 (2231 f.). 465 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 359, B 381 Fn. 245; MüKoBGB/Habersack, § 768 Rn. 8; Beckmann, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, § 768 Rn. 8 Fn. 1; Reinicke/Holthusen, WM 2007, 93. 466 Für die Einbeziehung in den Vertrag OLG München, WM 2006, 684; wohl auch Jauernig/Stadler, BGB, § 768 Rn. 7. 467 OLG Düsseldorf, MDR 1975, 1019; Staudinger/Horn, BGB, § 767 Rn. 36; MüKoBGB/ Wurmnest, § 307 Rn. 232; MüKoBGB/Habersack, § 767 Rn. 15; Reinicke/Holthusen, WM 2007, 93 (94 f.). 462

IV. Abbedingung von Einreden des Bürgen

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knüpft.468 Ein Anerkenntnis i. S. d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss nach ganz h.M.469 jedoch nicht zwangsläufig eine Willenserklärung, sondern kann auch eine geschäftsähnliche Handlung sein. Darüber hinaus entspricht ein Anerkenntnis i. S. d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht der Vorstellung von einem Rechtsgeschäft i. S. d. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB, die in den Motiven zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches anklingen. Dort heißt es: „Durch ein solches Rechtsgeschäft wird im rechtlichen Effekte eine neue Verbindlichkeit geschaffen, für welche einzustehen der Bürge nicht versprochen hat. Die Haftung müsste durch besondere neue Vereinbarung übernommen werden.“470 Mit einem Anerkenntnis i. S. d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB übernimmt der Bürge freilich keine „neue Verbindlichkeit“. Vielmehr verlängert sich lediglich in zeitlicher Hinsicht seine Haftung für eine bereits bestehende Verbindlichkeit. Zum Teil471 wird kumulativ zur Abweichung von § 767 Abs. 1 S. 3 BGB vorgetragen, die fragliche Klausel weiche von einer Analogie zu § 768 Abs. 2 BGB ab.472 Dies kann schon allein deshalb nicht richtig sein, weil in diesem Fall die Voraussetzungen einer Analogie nicht vorliegen. So fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, ein Anerkenntnis sei ein Rechtsgeschäft i. S. d. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB. Dann nämlich würde das Anerkenntnis bereits auf Grund dieser Vorschrift nicht zu Lasten des Bürgen wirken. Es ist aber auch für sich genommen nicht überzeugend, in diesem Fall eine Abweichung von § 768 Abs. 2 BGB analog anzunehmen.473 Die befürwortende Ansicht474 zieht zur Begründung einen Vergleich zu einer Entscheidung des BGH475 heran, in dem eine Forderung eines Gläubigers gegen den Hauptschuldner zwar verjährt war, Letzterer aber durch Versäumnisurteil zur Zahlung verurteilt wurde. Der BGH entschied, dass die vom Urteil ausgehende Wirkung des § 218 BGB (heute § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB), die Ingangsetzung der neuen dreißigjährigen Verjährungsfrist, auf Grund einer entsprechenden Anwendung des § 768 Abs. 2 BGB nicht gegen den Bürgen wirke. In der Tat sind beide Konstellationen miteinander vergleichbar, doch fehlt es richtigerweise für beide Fälle an einer für die Analogie erforderlichen vergleichbaren Interessenlage zu § 768 Abs. 2 BGB. Mit § 768 Abs. 2 BGB geht 468

Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, § 4 Rn. 28 f. ; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 184; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 28 Rn. 2. 469 Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, § 212 Rn. 8; MüKoBGB/Grothe, § 212 Rn. 6; Palandt/ Ellenberger, § 212 Rn. 2; Jauernig/Mansel, BGB, § 212 Rn. 2; Reinicke/Holthusen, WM 2007, 93 (94). 470 Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 371 (Hervorhebung nicht im Original). 471 Reinicke/Holthusen, WM 2007, 93 (95, 98); a. A. OLG München, WM 2006, 684 (687). 472 Dass Abweichungen vom Richterrecht in den Anwendungsbereich des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB fallen zeigt Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 71 ff. 473 Vgl. OLG München, WM 2006, 684 (687). 474 Reinicke/Holthusen, WM 2007, 93 (95, 98). 475 BGHZ 76, 222.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

zwar de facto ein Bürgenschutz einher und auch die entsprechende analoge Anwendung des § 768 Abs. 2 BGB würde den Bürgen schützen, doch ist der Bürgenschutz nur ein Begleitumstand dieser Vorschrift. In Wahrheit ist § 768 Abs. 2 BGB einzig darauf gerichtet, den Sicherungszweck der Bürgschaft umzusetzen.476 Die Sicherung der Bürgschaft erschöpft sich nach § 768 Abs. 2 BGB in einer Sicherung der Hauptforderung, die sich allen gesetzlichen Einreden ausgesetzt sieht.477 Sowohl im Falle des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB bleiben indes alle gesetzlichen Einreden bestehen. Und auch dass die Möglichkeit der Geltendmachung der Einrede der Verjährung hinsichtlich der Hauptforderung in beiden Fällen eingeschränkt ist, widerspricht dem Sicherungszweck insofern nicht, als dass es wiederum das Gesetz ist, das einen Neubeginn der Verjährungsfrist der Hauptforderung bei einem Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) bzw. eine Ingangsetzung einer neuen Verjährungsfrist von dreißig Jahren nach rechtskräftiger Feststellung des Anspruchs (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB) anordnet. Diese Weite des Sicherungszwecks der Bürgschaft, die Berücksichtigung der nachträglichen gesetzlich angeordneten Veränderungen der Verjährungsfrist, ist auch rechtspolitisch gerechtfertigt. Nicht außer Acht gelassen werden darf nämlich, dass sich diese Fälle lediglich auf die abgeleitete Einrede der Verjährung beziehen und dem Bürgen daneben noch eine eigene Verjährungseinrede hinsichtlich der Bürgschaftsforderung zusteht, deren Schicksal nicht durch ein Anerkenntnis des Hauptschuldners oder dessen Säumnis bei Gericht beeinflusst wird. In aller Regel wird der Bürge also in den Fällen, in denen die Verjährungsfrist der Hauptforderung durch den Hauptschuldner zu Lasten des Bürgen verändert wird, vorher die Einrede wegen Verjährung der Bürgschaftsforderung geltend machen können und unterliegt damit einer rechtspolitisch vertretbaren Haftung. cc) Wirksamkeit der Klausel Da mit der fraglichen Klausel schon nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, unterliegt sie gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Damit bestehen keinerlei Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit.

476 477

Hierzu näher unter B. I. 1. b) cc) (6). Vgl. unter B. I. b) bb) (4).

V. Klauseln besonderer Bürgschaftsarten

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V. Klauseln besonderer Bürgschaftsarten 1. Bürgschaft auf erstes Anfordern a) Inhalt und Zweck einer Bürgschaft auf erstes Anfordern Ist der Bürge solvent genug, kann der Gläubiger sich bei Eingehung der Hauptverbindlichkeit mit dem Hauptschuldner sicher sein, in Höhe der Hauptforderung – notfalls eben durch Zahlung des Bürgen auf die Bürgschaftsforderung – befriedigt zu werden. Nicht gewährleistet ist jedoch seine umgehende Befriedigung. Ist der Bürge – wenn auch fälschlicherweise – der Ansicht, er müsse nicht zahlen, ist für die Durchsetzung der Bürgschaftsforderung zunächst eine gerichtliche Klärung mit gegebenenfalls anschließender Zwangsvollstreckung erforderlich. Muss der Gläubiger ein gerichtliches Verfahren anstrengen, um hinsichtlich der Bürgschaftsforderung befriedigt zu werden, kann ihn dies auf Grund der Dauer sowie seiner Pflicht zur Vorleistung von Prozesskosten in seiner wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeit am Markt einschränken, gar in seiner Existenz gefährden. Der Gläubiger kann mit Blick auf seine wirtschaftliche Situation also durchaus auf die rechtzeitige Begleichung der Hauptforderung bzw. die sofortige Zahlung auf die Bürgschaftsforderung angewiesen sein. Vor diesem Hintergrund hat die Wirtschaftspraxis die sogenannte „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ als Ersatz für das früher übliche Bardepot478 hervorgebracht. Für diese Bürgschaftsform ist im Bürgschaftsvertrag in der Regel unter dem Sicherungszweck ein etwa folgendermaßen lautender Passus eingefügt: „Der Bürge ist bereit, […] auf erste Anforderung zu zahlen.“479 (Klausel Nr. 18 a))

Mit dieser Klausel ist es dem Gläubiger möglich, direkt liquide Mittel vom Bürgen zu erhalten. Der Gläubiger muss hierfür lediglich die in der Bürgschaftsurkunde festgehaltenden Voraussetzungen erfüllen und im Streitfall dementsprechend auch nur dies darlegen und beweisen.480 Man kann insoweit vom „formalen Bürgschaftsfall“481 sprechen. Ob der „materielle Bürgschaftsfall“482 eingetreten ist, ist zunächst unerheblich. Es gilt der Grundsatz „erst zahlen, dann prozessieren.“ Sämtliche Einwände des Bürgen gegen seine Verpflichtung zur Leistung der Bürgschaftsforderung werden hierdurch in den Rückforderungsprozess des Bürgen gegen den Gläubiger verlagert und daher erst dort relevant.483 In dem Rückforderungsprozess sind Darlegungs- und Beweislast allerdings genauso verteilt wie im 478

BGH, NJW 1994, 380 (381); Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 323. BGH, NJW 1985, 1694; ähnlich BGH, NJW-RR 1990, 1265 (1266); NJW 1994, 380 (381); 1996, 717; 1998, 2280; 2002, 3627. 480 BGH, NJW 1994, 380 (381). 481 Vgl. BGH, NJW 1994, 380 (381); ausdrücklich Oepen, NJW 2009, 1110. 482 Vgl. Fn. 481. 483 Vgl. BGH, NJW 1994, 380 (381); 1997, 255; 1997, 1435; 1998, 2280. 479

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Prozess über den Zahlungsanspruch aus einer gesetzestypischen Bürgschaft.484 Die Pflicht des Bürgen zur Zahlung auf erstes Anfordern findet nur dort ihre Grenze, wo der Gläubiger seine formale Rechtsstellung offensichtlich missbraucht.485 Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage nach der rechtlichen Qualifizierung der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Diese ist im Hinblick auf die AGB-rechtliche Prüfung durchaus relevant. Zum Teil486 wird diese Form der Bürgschaft als Garantie verstanden. Begründet wird dieser Standpunkt maßgeblich damit, dass es der Bürgschaft auf erstes Anfordern an der Akzessorietät fehle. So könne der Bürge keine materiellen Einwände gegen seine Inanspruchnahme erheben, um diese abzuwenden. Diese Ansicht greift insofern zu kurz, als dass es der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht gänzlich an der Akzessorietät fehlt. Im Rückforderungsprozess kommt es nach wie vor darauf an, ob ein materieller Bürgschaftsfall vorliegt. Die Akzessorietät bleibt insoweit erhalten und unterscheidet die Bürgschaft auf erstes Anfordern weiterhin von der nichtakzessorischen Garantie. Vereinzelt487 wird die Bürgschaft auf erstes Anfordern als gemischttypischer Vertrag mit Elementen eines Darlehens- und Bürgschaftsvertrages eingestuft. Als Begründung wird insbesondere auf die Praktikabilität der Rückabwicklung der zu Unrecht angeforderten Leistung des Bürgen verwiesen.488 Darüber hinaus stützt sich eine Ansicht489 auf strukturelle Unterschiede, gerade im Bereich der Akzessorietät, und ordnet die Bürgschaft auf erstes Anfordern als einen Vertrag sui generis ein. Überzeugender ist es jedoch, mit der Rechtsprechung490 und der h.Lit.491 die Bürgschaft auf erstes Anfordern nach wie vor als Bürgschaft i. S. d. §§ 765 ff. BGB zu qualifizieren. Schließlich bleibt es durch den möglichen Rückforderungsprozess im Ergebnis dabei, dass der materielle Bürgschaftsfall ausschlaggebend für die Inanspruchnahme des Bürgen ist, mithin die §§ 765 ff. BGB das Maß bleiben. Entgegen 484 BGH, NJW 1989, 1606 (1607); MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 104; Palandt/Sprau, Vorb § 765 Rn. 14 b; Bydlinski, WM 1990, 1401; Tiedtke, ZIP 1990, 422; a. A. Canaris, in: Staub, Bankvertragsrecht I, Rn. 1148 a. 485 BGH, NJW 1994, 380 (381); 1996, 717 (718). 486 Eleftheriadis, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, S. 43 m. N. in Fn. 110; Weth, AcP 189 (1989), 303 ff.; Bydlinski, AcP 190 (1990), 165 (168 ff.); für die Identität von Bürgschaft und Garantie auf erstes Anfordern Schnauder, WM 2000, 2073 (2076 f.). 487 Dieckmann, DZWIR 2003, 177 (180 ff.). 488 Dieckmann, DZWIR 2003, 177 (180 ff.). 489 Kopp, WM 2010, 640 (642). 490 BGHZ 74, 244 (247); 139, 325 (328 ff.); 143, 381 (383 ff.); 148, 283, (285 ff.); BGH, WM 1994, 106 (107); 1996, 2228 (2229); NJW 1999, 2361 (2363). 491 Vgl. Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 30; MüKoBGB/ Habersack, § 765 Rn. 104; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 324; Oettmeier, Bürgschaft auf erstes Anfordern, S. 90 ff.; Horn, NJW 1980, 2153 (2155); Michalski, ZBB 1994, 106 (107); Canaris, ZIP 1998, 493 (499); Lang, WM 1999, 2329 ff.; Hahn, MDR 1999, 839 (840); Fischer, WM 2001, 1093 (1094).

V. Klauseln besonderer Bürgschaftsarten

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zum Teil492 geäußerter Bedenken ist die Rückabwicklung einer zu Unrecht angeforderten Bürgschaftsforderung möglich. Dies gilt insbesondere für eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht.493 Einige gewichtige Stimmen in der Literatur494 entnehmen dem Bürgschaftsvertrag selbst eine Anspruchsgrundlage zur Rückforderung des zu Unrecht Angeforderten. b) Einbeziehung der Klausel Sowohl nach Ansicht des BGH495 als auch der h.Lit.496 ist die formularvertragliche Pflicht zur Zahlung auf erstes Anfordern grundsätzlich überraschend und wird daher gemäß § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil, wobei Ausnahmen für die Übernahme dieser Bürgschaftsform im Bereich des internationalen Handelsverkehrs und im Falle der Übernahme durch einen gewerbsmäßigen Bürgen, insbesondere Kreditinstitute, zu machen sind.497 Dieser Sichtweise ist sich anzuschließen. Neben der Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern im internationalen Handelsverkehr und durch einen gewerbsmäßigen Bürgen ist diese Form der Bürgschaft auch im Bereich des Baugewerbes üblich.498 In dieser Branche spielt die Bürgschaft auf erstes Anfordern jedoch als Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft und nicht als Kreditbürgschaft eine Rolle.499 Von den genannten Ausnahmen abgesehen ist der Gebrauch von Bürgschaften auf erstes Anfordern unüblich. Der Bürge, der eine Vertragsurkunde mit einer Überschrift unterzeichnet, die das Wort „Bürgschaft“ enthält, geht typischerweise davon aus, gemäß den §§ 765 ff. BGB seine Gegenrechte geltend machen zu können, ehe er in Anspruch genommen werden kann. Der Zusatz „auf erstes Anfordern“ mag dem aufmerksamen Bürgen zwar vor Augen führen, dass es sich nicht um die klassische Bürgschaft gemäß der §§ 765 ff. BGB handelt, doch ist für ihn nicht ohne weiteres abzuleiten, welche schwerwiegenden und zum Teil komplizierten Rechtsfolgen sich hieraus 492

Siehe Fn. 488. St. Rspr. BGH, NJW 1979, 1500; 1989, 1606 (1607); 1992, 1881 (1883); 1997, 1435 (1437); 1999, 570; Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 37; Heinsius, Festschrift Merz, S. 179; Wilhelm, NJW 1999, 3519 (3524); immerhin für „gangbar“ hält diesen Weg auch Canaris, ZIP 1998, 493 (499). 494 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 104; Bydlinski, WM 1990, 1401 (1402 f.); Canaris, ZIP 1998, 493 (499 ff.). 495 BGH, NJW 2002, 3627. 496 MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 100; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 366; wohl auch Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 22. 497 Oepen, NJW 2009, 1110 (1112 ff.). 498 BGH, NJW 1997, 2598; Oepen, NJW 2009, 1110 (1112). 499 Vgl. zur Vertragserfüllungsbürgschaft etwa BGHZ 51, 229; 150, 299; zur Gewährleistungsbürgschaft etwa BGH, NJW 1997, 2598; NJW-RR 2007, 1319. 493

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

ergeben.500 Auch ein näherer Hinweis im Vertragstext zur Suspendierung der Gegenrechte des Bürgen501 vermag die umfangreichen und rechtlich nicht für jedermann gleich zu durchschauenden Folgen nicht in erforderlicher Weise zu erläutern. Dementsprechend kann auch eine drucktechnische Hervorhebung dieser Suspendierung im Vertragstext die Überraschung des Kunden durch eine solche Form der Bürgschaft nicht beseitigen.502 Angesichts der recht umfassenden Modifizierung der §§ 765 ff. BGB (Suspendierung sämtlicher Gegenrechte, Formalia für das Anfordern der Bürgschaftsforderung) dürfte eine drucktechnische Hervorhebung aller Besonderheiten der Bürgschaft auf erstes Anfordern auf Grund deren Fülle grundsätzlich keine geeignete Maßnahme sein, um den Überraschungseffekt einer solchen Bürgschaftsform zu beseitigen. c) Wirksamkeit der Klausel Der BGH503 und die h.Lit.504 halten eine Pflicht zur Zahlung auf erstes Anfordern im Formularvertrag grundsätzlich für unwirksam. Ausnahmsweise wirksam soll diese Form der Bürgschaft nach Ansicht des BGH jedoch dann sein, wenn sie von einem Unternehmen übernommen wird, zu dessen Geschäftsbetrieb ihre Übernahme typischerweise gehört,505 also allen voran von Kreditinstituten.506 In der Literatur wird sich punktuell für weitere Ausnahmen ausgesprochen. So sollen Pflichten zur Zahlung auf erstes Anfordern auch im internationalen Handelsverkehr,507 ebenso auch wenn sie von einer Konzernobergesellschaft für eine Untergesellschaft508 oder

500

Vgl. Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 75. Vgl. etwa BGH, NJW 1985, 1694. 502 A. A. Bydlinski, WM 1991, 257 (261); Heinsius, Festschrift Merz, S. 189. 503 BGH, NJW-RR 1990, 1265; NJW 2002, 3627. 504 Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 74; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 100; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 232; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 22; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 366; Palandt/Sprau, Einf v § 765 Rn. 14; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 220; Karst, NJW 2004, 2059; Oepen, NJW 2009, 1110 (1111 ff.); a. A. Heinsius, Festschrift Merz, S. 188 f.; für die Wirksamkeit in einer der Verschärfung der §§ 765 ff. BGB gerecht werdenden Erscheinungsform Bydlinski, WM 1991, 257 (261 f.). 505 BGH, NJW 2001, 1857 (1858); zustimmend Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkung zu §§ 765 – 778 Rn. 75; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 100; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 22; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 366. 506 Ausdrücklich erwähnt in BGH, NJW-RR 1990, 1265. 507 Oepen, NJW 2009, 1110 (1113 f.); Nielsen, ZBB 2004, 491. 508 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 22. 501

V. Klauseln besonderer Bürgschaftsarten

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generell von großen Unternehmen509 übernommen werden, wirksam sein. Richtigerweise ist eine formularvertragliche Bürgschaft auf erstes Anfordern in dieser Form lediglich wirksam im internationalen Handelsverkehr, bei der Übernahme durch gewerbsmäßige Bürgen für einen Hauptschuldner, der ebenso gewerbsmäßig Bürgschaften übernimmt, also insbesondere im interenen Bankenverkehr, sowie bei der Übernahme durch eine Konzernobergesellschaft für eine Tochtergesellschaft, deren Anteile die Konzernobergesellschaft zu 100 % hält. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern wurde als eine Bürgschaft wenngleich mit Sonderregeln qualifiziert.510 Damit handelt es sich bei den §§ 765 ff. BGB um das gesetzliche Leitbild, von dem mittels AGB abgewichen wird, sofern eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart wird.511 Mit der Vereinbarung einer solchen Bürgschaftsform wird von wesentlichen Grundgedanken des Bürgschaftsrechts, namentlich dem Akzessorietäts- und Subsidiaritätsprinzip i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB abgewichen. Beide allgemeinen Prinzipien der §§ 765 ff. BGB werden dadurch eingeschränkt, dass die auf ihnen aufbauenden Einwände gegen die Inanspruchnahme des Bürgen bis zu einem etwaigen Rückforderungsprozess suspendiert werden. Diese wesentlichen Grundgedanken werden auch derart eingeschränkt, dass der Bürge Nachteile von nicht unerheblichem Umfang erleidet.512 Er ist bereits bei dem im Bürgschaftsvertrag festgelegten bloß „formalen Bürgschaftsfall“, d. h. unabhängig vom „materiellen Bürgschaftsfall“ verpflichtet, an den Gläubiger die Bürgschaftsforderung zu zahlen. Diese lediglich formalen Voraussetzungen ziehen ein erhöhtes Missbrauchsrisiko der Liquiditätsentziehung nach sich, dem sich der Bürge ausgesetzt sieht.513 Darüber hinaus wird dem Bürgen für die Zeit des u. U. langwierigen Rückforderungsprozesses das Risiko der Insolvenz des Gläubigers auferlegt.514 Ferner sieht der Bürge sich im Streitfall im Gegensatz zur gesetzlich geregelten Bürgschaft mit der Vorleistung von Prozesskosten für den Rückforderungsprozess konfrontiert, die bei einer Bürgschaft nach den §§ 765 ff. BGB vom Gläubiger aufgebracht werden müssen, um eine Zahlung des Bürgen durchzusetzen.515 Diese mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern einhergehenden Nachteile können insbesondere nicht allein auf Grund des schützenswerten Interesses des Gläubigers an einer schnellen Befriedigung als unerheblich angesehen werden. Soweit zur Begründung der Wirksamkeit einer formularvertraglichen Pflicht zur Zahlung auf erstes Anfordern im Bürgschafts509 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 366. 510 Siehe unter C. V. 1. a). 511 Kritisch Bydlinski, WM 1991, 257 (261). 512 A. A. Heinsius, Festschrift Merz, S. 188 f.; Bydlinski, WM 1991, 257 (261 f.). 513 Hierauf hinweisend BGH, NJW-RR 1990, 1265 (1266); NJW 2002, 2388 (2389); 3627 (3628); Karst, NJW 2004, 2059 (2060). 514 BGH, NJW 1997, 2598 (2599); 2002, 2388 (2389); Karst, NJW 2004, 2059 (2060). 515 Oepen, NJW 2009, 1110 (1111).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

vertrag vorgetragen wird, sie belaste den Bürgen immer noch weniger als die Pflichten aus einer zweifelsfrei wirksamen (nicht als Zahlung auf erstes Anfordern vereinbarten) Garantie,516 hinkt dieser Vergleich deutlich. Zwar handelt es sich bei Letzterer im Gegensatz zur Bürgschaft um eine abstrakte Sicherheit, doch liegt der entscheidende Unterschied doch gerade in der Zahlung auf erstes Anfordern. Bei dieser Form der Bürgschaft müssen im Unterschied zur einfachen Garantie bloß formale Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Sicherungsgebers vorliegen. Das ist es, was zur Unangemessenheit dieser Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB führt. Was etwaige Ausnahmen vom Grundsatz der Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Abrede zur Zahlung auf erstes Anfordern anbetrifft, gilt Folgendes: Auch wenn bei der Inhaltskontrolle grundsätzlich eine überindividuell generalisierende und typisierende Betrachtungsweise angezeigt ist, da der Verwender der AGB eine einheitliche Grundlage schaffen will, kann eine Abwägung, wenn die AGB gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet wird, zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen. Schon das Gesetz unterscheidet schließlich in § 310 Abs. 3 (Verbrauchervertrag) und Abs. 1 (Vertrag mit Unternehmer). Eine Korrektur nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, die zur Angemessenheit der Regelung führt, ist insofern durchaus möglich. Im internationalen Wirtschaftsverkehr besteht die Besonderheit, dass eine Klage mit grenzüberschreitendem Bezug erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringt und daher der Gläubiger ein gewichtigeres Interesse an der Verlagerung des Prozessrisikos als bei Rechtstreitigkeiten im Inland hat.517 Vor diesen Hintergrund führt eine Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zur Angemessenheit der Klausel im internationalen Wirtschaftsverkehr. Auf den ersten Blick mag eine Korrektur über § 307 Abs. 1 S. 1 BGB auch in zwei weiteren Konstellationen zur Wirksamkeit führen: Für einen gewerbsmäßig handelnden Bürgen fällt bei der Interessenabwägung erheblich ins Gewicht, dass er das Risiko einer solchen Bürgschaftsform kennt und genau einkalkulieren wird. Die Interessenabwägung bei der Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern durch eine Konzernobergesellschaft fällt auf Grund ihrer besonderen wirtschaftlichen Beziehung zum Hauptschuldner und ihrem durchaus eigenen Interesse in der Förderung dessen ebenso anders aus. Einzig die proklamierte Ausnahme für die Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern durch ein „großes Unternehmen“ erscheint selbst auf den ersten Blick unbegründet. Zum einen ist – auch vor dem Hintergrund der gebotenen generell-typisierenden Betrachtungsweise im AGBRecht – schon sehr fraglich, ab wann ein Unternehmen als „groß“ eingeordnet werden soll. Zum anderen ist die Größe eines Unternehmens noch längst keine Garantie für deren gewohnten Umgang mit einer solchen Bürgschaftsform, was bei 516 517

Bydlinski, WM 1991, 257 (262). Oepen, NJW 2009, 1110 (1114).

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dem gewerbsmäßigen Bürgen der Fall ist und die Wirksamkeit in dieser Konstellation – jedenfalls auf den ersten Blick – vermuten lässt. Für beide Fälle gilt jedoch: Es wird ein entscheidender Faktor bei der Interessenabwägung übersehen. Nicht nur der zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtete Bürge sieht sich Nachteilen ausgesetzt, sondern auch der Hauptschuldner. Führt man sich vor Augen, dass der Bürge einen Erstattungsanspruch gegen den Hauptschuldner hat, wird der Hauptschuldner mittelbar ebenso zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. So verstehen sich auch die zahlreichen höchstrichterlichen Urteile zur formularvertraglichen Regelung eines (unwirksamen) Einbehalts zur Sicherung von Gewährleistungs- und Vertragserfüllungsansprüchen im Baugewerbe mit der ergänzenden Möglichkeit, diesen durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen.518 Zwar sind im Rahmen der Interessenabwägung Drittinteressen grundsätzlich unbeachtlich.519 Es ist jedoch anerkannt, dass die Interessen des Vertragspartners mit denen Dritter in einer Weise verflochten sein können, dass diese bei Würdigung seiner Interessen mittelbar mitbeachtet werden müssen.520 Ein solcher Fall der Verflechtung von Interessen liegt bei einer Pflicht zur Zahlung auf erstes Anfordern vor. Schließlich gibt der Bürge diese Pflicht an den Hauptschuldner über den Erstattungsanspruch weiter. Selbstverständlich nicht kompensiert wird dieser Nachteil dadurch, dass dem Hauptschuldner infolge der Bürgschaft ein Kredit gewährt wird. Eine solche Betrachtungsweise widerspräche dem Schutzzweck der AGB-Inhaltskontrolle, die auf einen angemessenen Vertragsinhalt, nicht aber auf die Steigerung der Möglichkeit eines Vertragsabschlusses gerichtet ist.521 Das bedeutet für den Fall, dass eine Pflicht im Bürgschaftsvertrag zur Zahlung auf erstes Anfordern von einem gewerbsmäßigen Bürgen übernommen wird, dass diese nur dann wirksam ist, wenn auch der Hauptschuldner gewerbsmäßig Bürgschaften übernimmt. Nur dann nämlich gäbe es keine besonderen Interessen des Hauptschuldners im Rahmen der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu berücksichtigen. Dies wird regelmäßig etwa dann der Fall sein, wenn im internen Bankenverkehr gebürgt wird, sich also eine Bank für eine andere Bank einzustehen verpflichtet. Übernimmt eine Konzernobergesellschaft eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, ist das mittelbar beeinträchtigte Interesse des Hauptschuldners nur dann unmaßgeblich, wenn die Konzernobergesellschaft sämtliche Anteile am Hauptschuldner hält, sprich die den Hauptschuldner benachteiligenden Folgen wirtschaftlich nur den Bürgen selbst treffen.

518 Vgl. nur BGH, NJW 1997, 2598; 2001, 1857; 2002, 2388; 2002, 3098; NJW-RR 2007, 1319; 2008, 830. 519 OLG Celle, NJW 1998, 82 (84); Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 93. 520 Vgl. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 147. 521 Allgemein zum Schutzzweck der Inhaltskontrolle siehe unter B. II. 1. b) aa).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

d) Eigener Regelungsvorschlag für gewerbsmäßige Bürgen, die für einen Hauptschuldner einstehen, der selbst nicht gewerbsmäßig bürgt Sofern die Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht im internationalen Handelsverkehr erfolgt, ein gewerbsmäßiger Bürge nicht für einen anderen gewerbsmäßigen Sicherungsgeber bürgt oder sich eine Konzernobergesellschaft für eine in der Konzernstruktur unterhalb dieser liegenden Gesellschaft verpflichtet, an der 100 % der Anteile gehalten werden, führt die mittelbare Verpflichtung des Hauptschuldners zur Zahlung auf erstes Anfordern über den Erstattungsanspruch des Bürgen gegen den Hauptschuldner dazu, dass das Ergebnis einer Interessenabwägung die Unwirksamkeit der Zahlung auf erstes Anfordern ist. Freilich wiegen die Benachteiligungen des Hauptschuldners nicht ganz so schwer wie die des Bürgen. Zum einen wird der Hauptschuldner nicht unmittelbar, sondern eben nur mittelbar zur Zahlung auf erstes Anfordern mitverpflichtet. Bevor er zahlen muss, bedarf es eines weiteren Schrittes, seiner Inanspruchnahme durch den Bürgen hinsichtlich des Erstattungsanspruchs. Wichtiger aber noch ist, dass dem Hauptschuldner im Gegensatz zum Bürgen mit dem gesicherten Kredit fremde Mittel zur Verfügung gestellt worden sind, so dass seine Inanspruchnahme „nur“ auf fremde Mittel beschränkt ist. Der Bürge hingegen verpflichtet sich zur Zahlung auf erstes Anfordern eigener Mittel. Jedenfalls die Benachteiligung des Hauptschuldners erkennend und offenbar im Vergleich zum Bürgen als weniger gravierend ansehend, wird vereinzelt522 vertreten, dass die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern formularvertraglich in Ausnahmefällen nur dann wirksam sei, wenn der Hauptschuldner auf die besonderen Risiken dieser Verpflichtungsform hingewiesen werde. Dies zielt hinsichtlich der Angemessenheit einer formularvertraglichen Zahlung auf erstes Anfordern zwar in die richtige Richtung, greift aber noch zu kurz: Einer bloßen Aufklärungspflicht wäre etwa auch dann Genüge getan, wenn der Hauptschuldner erst nach Übernahme der Bürgschaft belehrt werden würde. Für den Hauptschuldner, der über vollendete Tatsachen informiert wird, ist damit nicht viel gewonnen. Führt man sich zusätzlich noch vor Augen, dass der Bürgschaftsvertrag als ein den Hauptschuldner grundsätzlich begünstigender Vertrag auch ohne Kenntnis und Willen des Hauptschuldners abgeschlossen werden kann, bietet sich zur Kompensation dessen Benachteiligungen vielmehr an, die Wirksamkeit der Zahlungspflicht auf erstes Anfordern an die Aufklärung und Zustimmung des Hauptschuldners zu koppeln. Dann nämlich erst ist garantiert, dass der Hauptschuldner über die Risiken informiert ist und diese auch bereit ist einzugehen. Eine solche Regelung könnte folgendermaßen lauten: Der Bürge ist zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. Diese Bestimmung wird erst mit Zustimmung des Hauptschuldners wirksam. Der Bürge hat die Pflicht, diese Zustimmung vom Hauptschuldner einzuholen. Vor Einholung dieser Zustimmung hat der Bürge den Hauptschuldner über die mit einer Pflicht zur Zahlung auf erstes Anfordern verbundenen Risiken aufzuklären, insbesondere über die Art und Weise der Haftung des Bürgen und dessen Erstattungsanspruch gegenüber dem Hauptschuldner. (Klausel Nr. 18 b)) 522

Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 75.

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2. Vermutungsklauseln in einer Ausfallbürgschaft a) Inhalte und Zweck von Vermutungsklauseln Die Ausfallbürgschaft ist zwar nicht als spezieller Bürgschaftstyp im Gesetz geregelt, jedoch allgemein als eigene Art der Bürgschaft anerkannt.523 Bei der Vereinbarung einer Ausfallbürgschaft verpflichtet sich der Bürge, lediglich für den endgültigen Ausfall an der Hauptverbindlichkeit einzustehen, also für das, was der Gläubiger trotz Anwendung gehöriger Sorgfalt, insbesondere der Verwertung anderer Sicherheiten und des Versuchs der Zwangsvollstreckung, nicht vom Schuldner erlangen kann.524 Daher ist der Ausfall an der Hauptforderung anspruchsbegründender Tatbestand.525 Darüber hinaus gelten für die Vollstreckungs- und Verwertungsgesuche des Gläubigers die Einschränkungen der §§ 772, 773 BGB nicht.526 Mit einer derartigen Steigerung der Subsidiarität der Bürgschaft ist die Ausfallbürgschaft die den Bürgen am wenigsten belastende Verpflichtungsart527 und damit das Gegenteil zur Selbstschuldbürgschaft.528 Gelegentlich vereinbaren Gläubiger und Ausfallbürge, dass ein Ausfall beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen vermutet wird. Es entspricht dem Interesse des Gläubigers, keine von vornherein aussichtslosen Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Hauptschuldner ergreifen zu müssen, um einen Ausfall zu beweisen und den Ausfallbürgen bei Bedarf in Anspruch nehmen zu können. Hierbei geht es nicht um die Modifizierung von Anspruchsvoraussetzungen, sondern um eine Beweiserleichterung. Großer Beliebtheit erfreut sich in der Praxis insbesondere die Vermutung eines Ausfalls nach Ablauf einer bestimmten Frist, in der der Hauptschuldner nicht leistet: „Benachrichtigt der Gläubiger den Ausfallbürgen über rückständige Beträge, so gilt der Ausfall spätestens sechs Monate vom Zeitpunkt der Anzeige über die rückständigen Beträge in Höhe der dann noch nicht bezahlten oder beigetriebenen rückständigen Beträge als festgestellt.“529 (Klausel Nr. 19 a))

523 Sie ist bereits in den Motiven zum BGB vorgesehen, vgl. Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Motive, S. 375. 524 BGH, WM 1972, 335 (337); NJW 1989, 1484 (1485); WM 1992, 1444 (1445); NJW 2002, 2869 (2870); Staudinger/Horn, BGB, § 771 Rn. 11; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 106 f.; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 58, 247 ff. 525 Vgl. BGH, NJW 2002, 2869; Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 41; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 107; Palandt/Sprau, Einf v § 765 Rn. 11; BankRHdb/Nobbe, § 91 Rn. 466; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1007. 526 BGH, NJW 2002, 2869 (2870); Staudinger/Horn, BGB, § 771 Rn. 11. 527 Staudinger/Horn, BGB, § 771 Rn. 11. 528 BGH, NJW 1998, 2138 (2141) mit Verweis auf Staudinger/Horn, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 765 – 778 Rn. 41; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 372; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 58. 529 Vgl. BGH, NJW 1998, 2138.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Darüber hinaus wird ab und an ein Ausfall vermutet, wenn der Hauptschuldner die Zahlungen einstellt und nur eine geringe Erfolgsaussicht auf Beitreibung der Hauptforderung besteht: „Der Ausfall gilt als festgestellt, wenn der Hauptschuldner die Zahlungen einstellt und aus der Verwertung dessen Vermögens keine nennenswerten Erlöse zu erwarten sind.“530 (Klausel Nr. 19 b))

Auch die bloße Kreditkündigung ist bisweilen Anknüpfungspunkt für eine Vermutung eines Ausfalls: „Der Ausfall gilt als festgestellt, wenn der Gläubiger den Kredit kündigt.“531 (Klausel Nr. 19 c))

b) Einbeziehung einer Vermutungsklausel Der BGH532 hat sich in einer Entscheidung explizit mit Klausel Nr. 19 a) und deren Einbeziehung in den Vertrag beschäftigt und sie als überraschend eingeordnet, sich also gegen ihre Einbeziehung ausgesprochen. Mit Recht hat sich die Literatur533 dem – soweit ersichtlich – vollends angeschlossen. Das besondere Charakteristikum einer Ausfallbürgschaft ist es, dass der Ausfallbürge gerade nur für den ausgefallenen Betrag der Hauptforderung haften soll. Im Übrigen soll er schadlos gehalten werden. So erklärt sich auch der synonym zur Ausfallbürgschaft gebräuchliche Begriff der Schadlosbürgschaft.534 Im krassen Widerspruch hierzu steht Klausel Nr. 19 a), soweit sie es dem Gläubiger ermöglicht, den Ausfallbürgen allein auf Grund eines zeitlichen Umstandes (hier: sechsmonatige Nichtzahlung), d. h. völlig unabhängig von einem tatsächlichen Ausfall, in Anspruch zu nehmen. Auf diese Weise verliert die Ausfallbürgschaft ihre Stellung als die den Bürgen am wenigsten belastende Verpflichtungsart. Wird die Vermutung des Ausfalls nämlich nicht widerlegt, haftet der Bürge nach Ablauf der sechsmonatigen Frist wie ein Selbstschuldner und somit strenger als die gesetzlich geregelte (nicht selbstschuldnerische) Bürgschaft. Dies nähert die Ausfallbürgschaft der selbstschuldnerischen Bürgschaft stark an,535 und das obwohl diese eigentlich ihr Ge530

Vgl Ruff, WuM 2005, 177 (182). Vgl. Raupach, in: Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, Rn. 3.157; Trapp, WM 1999, 301 (302). 532 BGH, NJW 1998, 2138. 533 Staudinger/Horn, BGB, § 771 Rn. 12; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 107; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 232; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 372; Erman/Roloff, BGB, § 305 c Rn. 14; Palandt/Sprau, § Einf v § 765 Rn. 11; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 58; Reinicke/ Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 148; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1678. 534 Vgl. Staudinger/Horn, BGB, § 771 Rn. 11; MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 106; Palandt/Sprau, Einf v § 765 Rn. 11; Graf Lamsdorff/Skora, Handbuch des Bürgschaftsrecht, Rn. 58; BankR-Hdb/Nobbe, § 91 Rn. 466; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1006. 535 BGH, NJW 1998, 2138 (2141). 531

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genstück ist.536 Der Ausfallbürgschaft nimmt die Vermutung letztlich derart ihren Charakter, dass sie ungewöhnlich im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB ist und grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil wird. Anders verhält es sich mit den Klauseln Nr. 19 b) und 19 c). Sie knüpfen nicht an eine Zeitspanne, sondern an die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners an und konkretisieren insofern einen Ausfall. Wie im Folgenden zu sehen sein wird, stellt dies allein zwar noch nicht ihre Üblichkeit i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB sicher, es bleibt aber immerhin dabei, dass der Ausfall das entscheidende Kriterium für die Inanspruchnahme des Bürgen ist. Klausel Nr. 19 c) entfernt sich im Ergebnis trotz Anknüpfung an die Zahlungsunfähigkeit zu weit von den Erwartungen eines typischen Bürgen an den Regelungsinhalt einer Ausfallbürgschaft und wird daher grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil. Berücksichtigt man, dass jedenfalls individualvertraglich schlichte Säumnisse von Darlehens- oder Zinstilgungen als außerordentlicher Kündigungsgrund vereinbart werden können,537 ist die Kündigung eines Darlehens allein kein ausreichend gewichtiges Indiz für einen (endgültigen!) Ausfall, so dass eine Vermutungsregelung hierfür nicht dem typischen Vorstellungsbild des Bürgen von einer Ausfallbürgschaft entsprechen würde. Der Ausfallbürge geht bei Übernahme der Bürgschaft typischerweise davon aus, gerade nicht gleich im Falle der Nichtleistung des Hauptschuldners in Anspruch genommen werden zu können, sondern erst, wenn der Gläubiger alles dafür getan hat, die gesicherte Forderung einzutreiben. Auch Klausel Nr. 19 c) nähert die Ausfallbürgschaft insofern der selbstschuldnerischen Bürgschaft, bezeichnenderweise ihrem Gegenstück, derart an, dass sie als unüblich i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB einzuordnen ist. Mit Klausel Nr. 19 b) hingegen bleibt die Ausfallbürgschaft das Gegenstück zur selbstschuldnerischen Bürgschaft. Nach wie vor ist die Inanspruchnahme des Ausfallbürgen für den Gläubiger nur die letztmögliche Option, um die Forderung einzutreiben. So greift nach Klausel Nr. 19 b) die Vermutung eines Ausfalls nur für den Fall, dass der Hauptschuldner die Zahlungen einstellt und aus der Verwertung dessen Vermögens keine nennenswerten Erlöse zu erwarten sind. Von einer echten Option, die Forderung eintreiben zu können, kann in diesem Fall keine Rede sein. Hinzu kommt: Sind keine nennenswerten Erlöse zu erwarten, kann der Ausfallbürge durch eine Zwangsvollstreckung natürlich auch nicht schadlos gehalten werden. Das maßgebliche Charakteristikum der auch sogenannten Schadlosbürgschaft bleibt also erhalten. Letztlich beruht Klausel Nr. 19 b) allein auf dem Gedanken, dass Offenkundiges nicht nachgewiesen werden muss.538 Es wäre eine bloße Förmelei, wenn der Gläubiger eine von vornherein aussichtslose Zwangsvollstreckung betreiben müsste, um sich die Inanspruchnahme des solventen Ausfallbürgen zu „verdienen“. Deshalb kann der Ausfallbürge nicht in seinem Vertrauen in die Verwendung üblicher 536 537 538

Vgl. Fn. 528. MüKoBGB/Berger, § 490 Rn. 57; wohl auch Staudinger/Mülbert, BGB, § 490 Rn. 53. Trapp, WM 1999, 301 (303).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Klauseln im Rechtsverkehr enttäuscht werden, soweit der Gläubiger sich den „Umweg“ über den Hauptschuldner mit Hilfe jener Vermutungsregelung erspart. Klausel Nr. 19 b) wird daher grundsätzlich Vertragsbestandteil. c) Wirksamkeit der Vermutungsklauseln Der BGH539 hat in seinem Urteil, in dem er Klausel Nr. 19 a) als überraschende Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB qualifiziert hat, explizit offen gelassen, ob er sie auch für unwirksam hält. Richtigerweise spricht sich die h.Lit540 für die Unwirksamkeit der AGB aus. Lediglich zum Teil wird eine differenzierende Handhabung vorgeschlagen.541 Gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB ist die Inhaltskontrolle nur für solche AGB eröffnet, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Mit „Rechtsvorschriften“ gemeint sind freilich nicht bloß solche im materiellen Sinn. Ebenso zählt hierzu etwa die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben.542 Anderenfalls fielen alle nicht speziell geregelten Vertragstypen stets aus dem Schutzbereich der §§ 307 ff. BGB heraus. In Unterscheidung zu anderen Bürgschaftsarten und damit als wesentliches Merkmal der nicht speziell geregelten Ausfallbürgschaft trifft den Gläubiger die Pflicht, vor der Inanspruchnahme des Bürgen die gehörige Sorgfalt bei der Beitreibung der Hauptschuld anzuwenden, insbesondere andere Sicherheiten zu verwerten und die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zu versuchen. Von dieser wesentlichen Pflicht ist der Gläubiger bis zum Beweis des Gegenteils befreit, soweit der vereinbarte Vermutungstatbestand greift. Sie ist die „Rechtsvorschrift“ i. S. d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, von der die eingangs dargestellten Vermutungsklauseln Nr. 19 a), b) und c) abweichen. Spezielles Charakteristikum der Ausfallbürgschaft ist es, dass die Inanspruchnahme des Bürgen nur möglich sein soll, soweit die Hauptforderung endgültig ausfällt. Mit anderen Worten: Wesentliche Pflicht des Gläubigers i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei einer Ausfallbürgschaft ist es, die gehörige Sorgfalt bei der Verwertung des Vermögens des Hauptschuldners anzuwenden, bevor er sich an den Ausfallbürgen halten kann. Insofern belastet die Ausfallbürgschaft den Bürgen im Vergleich weniger intensiv als die gesetzlich vorgesehene Form und die Selbstschuldbürgschaft. Nach Klausel Nr. 19 a) soll ein Ausfall allerdings schon dann 539

BGH, NJW 1998, 2138 (2141). MüKoBGB/Habersack, § 765 Rn. 107; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 372; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 148. 541 Trapp, WM 1999, 301 (307). 542 BGH, NJW 1985, 3013 (3014); 1998, 383; 2002, 1950 (1951); 2011, 1726 (1727); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 26; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 7; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 282; a. A. Staudinger/ Wendland, BGB, § 307 Rn. 295; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 433 f. 540

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vermutet werden, wenn sechs Monate nach Anzeige der Zahlungseinstellung verstreichen. Die Vermutung ist also maßgeblich an einen zeitlichen Faktor anstatt an die fehlende tatsächliche Möglichkeit der Schadloshaltung des Ausfallbürgen geknüpft. Damit nähert sich die Ausfallbürgschaft wider ihre Natur an die selbstschuldnerische Bürgschaft an. Als atypische Form zu den §§ 765 ff. BGB widerspricht Klausel Nr. 19 a) zwar insoweit nicht gesetzlichen Regelungen, schränkt aber die wesentlichen Pflichten des Gläubigers zu Lasten des Bürgen so ein, dass grundsätzlich der Vertragszweck gefährdet ist. Gleiches gilt für Klausel Nr. 19 c): Auch sie formuliert einen Tatbestand, nach dem ein Ausfall unabhängig von der tatsächlichen Möglichkeit zur Schadloshaltung des Ausfallbürgen vermutet wird. Allein die Tatsache, dass der gesicherte Kredit gekündigt wurde, lässt nicht mit hinreichender Sicherheit auf die Aussichtslosigkeit der vorrangigen Verwertung des Hauptschuldnervermögens schließen. Klausel Nr. 19 c) schränkt daher ebenso die wesentliche Pflicht des Gläubigers i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein, den Ausfallbürgen nur als letzte Möglichkeit zur Beitreibung der Forderung in Anspruch zu nehmen. In Anbetracht der maßgeblichen Änderung des Charakters der Ausfallbürgschaft geht damit auch grundsätzlich eine Vertragszweckgefährdung einher. Soweit zum Teil543 für das Kommunalkreditgeschäft in Erwägung gezogen wird, Vermutungen wie die der Klauseln Nr. 19 a) und 19 c) als wirksam einzustufen, ist dies nicht überzeugend. Die Ansicht beruht auf dem Gedanken, dass die Ausfallbürgschaft dort in der Regel für Schuldner übernommen wird, die der wirtschaftlichen Kontrolle der haftenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft unterliegen und damit der Gegenbeweis, der fehlende Ausfall des Schuldners, für den Ausfallbürgen leicht zu führen ist. Dies mag für den Regelfall zutreffen, lässt aber die im AGBRecht gebotene generalisierende Betrachtungsweise außer Acht. Denn dass die wirtschaftliche Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Ausfallbürgen über den Schuldner bloß den Regelfall darstellt, eine solche also nicht generell vorliegt, kann eine gruppenspezifische Betrachtung bei der Inhaltskontrolle aller Ausfallbürgschaften im Kommunalkreditgeschäft nicht rechtfertigen. Nicht interessensgerecht wäre eine solche Beurteilung für alle diejenigen Ausfallbürgen, die keine wirtschaftliche Kontrolle über den Schuldner ausüben und damit die Vermutung nicht einfach widerlegen können. Darüber hinaus würde eine Differenzierung in der Interessenabwägung danach, ob der öffentlich-rechtliche Ausfallbürge den Schuldner wirtschaftlich beherrscht oder nicht, unzulässig auf den Einzelfall abstellen. Der Vermutungstatbestand von Klausel Nr. 19 b) knüpft im Unterschied zu den beiden anderen Klauseln an die Erwartung an, dass keine nennenswerten Erlöse aus der Verwertung des Schuldnervermögens zu erwarten sind, diese insofern keine echte Option zur Beitreibung der gesicherten Forderung darstellt. Es wäre eine bloße Förmelei, obendrein kostenpflichtig und zeitintensiv, wenn der Gläubiger eine von vornherein aussichtslose Zwangsvollstreckung betreiben müsste, um sich die In543

Siehe Fn. 541.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

anspruchnahme des solventen Ausfallbürgen zu „verdienen“. Diese Vorgehensweise ist insofern unzumutbar und entspricht nicht einmal dem Interesse des Ausfallbürgen: Zum einen würde seine Zahlungspflicht hierdurch nur aufgeschoben werden, so dass ihn dies keineswegs schadlos i. S. d. Schadlosbürgschaft stellte. Zum anderen müsste er nach § 767 Abs. 2 BGB zusätzlich für die unnötig entstandenen Kosten der Zwangsvollstreckung aufkommen. Bringt der Gläubiger jene Vermutung eines Ausfalls in den Bürgschaftsvertrag mit ein, beruht dies also allein auf dem Gedanken, dass Offenkundiges nicht nachgewiesen werden muss – auch im Interesse des Ausfallbürgen.544 Klausel Nr. 19 b) nähert die Ausfallbürgschaft damit weder der selbstschuldnerischen Bürgschaft an noch schränkt sie wesentliche Pflichten des Gläubigers, insbesondere nicht seine Pflicht zur vorrangigen Verwertung des Schuldnervermögens, ein. Sie ist wirksam. 3. Ausschluss des § 777 Abs. 1 S. 2 BGB a) Inhalt und Zweck der Klausel Dem Bürgen ist es möglich, eine Verpflichtung nur auf bestimmte Zeit einzugehen (Zeitbürgschaft). Gemäß § 777 Abs. 1 S. 2 BGB wird der selbstschuldnerische Bürge nach Ablauf der vereinbarten Zeit von seiner Verpflichtung frei, wenn nicht der Gläubiger unverzüglich anzeigt, dass er ihn in Anspruch nehme. Die Beweislast hinsichtlich des Zugangs dieser Anzeige trifft nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen den Gläubiger. Vor diesem Hintergrund findet sich in selbstschuldnerischen Bürgschaftsformularverträgen des Öfteren eine Klausel, die wie folgt lautet: „Im Falle einer Zeitbürgschaft ist der Gläubiger nicht verpflichtet, dem Bürgen bei Fristablauf anzuzeigen, dass er ihn in Anspruch nimmt; auch ohne diese Anzeige besteht die Haftung des Bürgen fort, jedoch beschränkt auf den Umfang der verbürgten Ansprüche bei Fristablauf.“545 (Klausel Nr. 20)

Zunächst fällt ins Auge, dass die Klausel offen lässt, ob es sich bei der Bürgschaft des Formularvertrages tatsächlich auch um eine Zeitbürgschaft handelt („Im Falle einer Zeitbürgschaft“). Hat der Bürge eine Bürgschaft „befristet bis zum …“ übernommen, ist zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um eine zeitlich oder gegenständlich begrenzte Bürgschaft handelt. Die zeitliche Begrenzung kann den Sinn eines Endtermins (§ 163 BGB) haben, nach dessen Ablauf die Verpflichtung des Bürgen erlöschen soll. Sie kann aber auch die Verbindlichkeit, für die der Bürge einzustehen versprochen hat, dahingehend näher bestimmen, dass der Bürge nur für die innerhalb eines bestimmten Zeitraums begründeten Verbindlichkeiten (unbefristet!) haften soll.546 544

Siehe Fn. 538. Vgl. BGH, NJW 2004, 2232 (2234); OLG Hamm, NJW 1990, 54; ähnlich OLG Köln, NJW 1985, 2722 f. 546 Vgl. BGH, NJW 2004, 2232 (2233). 545

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Die Auslegung erfolgt regelmäßig nicht nach einer im AGB-Recht gebotenen objektiven Auslegung, sondern nach den §§ 133, 157 BGB, da es sich bei dieser Abrede in aller Regel um eine Individualabrede handelt.547 Schließlich muss das Datum im Formularvertrag zumeist individuell angepasst werden. Ergibt die Auslegung, dass es sich tatsächlich um eine Zeitbürgschaft handelt, schließt sich die Auslegung der oben genannten Klausel an: Nach dem Inhalt der fraglichen Klausel entledigt sich der Gläubiger seiner Pflicht, dem Bürgen bei Fristablauf anzuzeigen, dass er ihn in Anspruch nimmt. Damit ist freilich nicht nur der Verzicht auf den Nachweis gemeint,548 sondern auch auf die Abgabe der Anzeige selbst.549 Und trotz des Verzichts soll die Haftung des Bürgen beschränkt auf den Umfang der verbürgten Ansprüche bei Fristablauf – insoweit im Einklang mit § 777 Abs. 2 BGB – fortbestehen. Zu Recht wird der obigen Klausel die Regelungswirkung entnommen, dass aus einer zeitlich begrenzten Bürgschaft eine zeitlich unbegrenzte gemacht werde.550 Zwar sieht schon das Gesetz selbst mit einer Anzeige nach § 777 Abs. 1 S. 2 BGB eine derartige Verwandlung vor,551 doch bewirkt die Klausel, dass aus einer befristeten Bürgschaft eine von vornherein unbefristete Bürgschaft wird. Von erheblicher Bedeutung ist darüber hinaus, dass die Klausel aus einer zeitlich beschränkten eine gegenständlich beschränkte Bürgschaft macht.552 Die zeitliche Begrenzung („befristet bis zum …“) kann im Lichte der in der fraglichen Klausel angeordneten fortbestehenden Haftung nur als eine sachliche Beschränkung der (unbefristeten!) Haftung auf Verbindlichkeiten innerhalb des bestimmten Zeitraums verstanden werden. b) Vorrang der Individualabrede Mit Recht spricht eine zum Teil in der Literatur553 vertretene Ansicht der Klausel für den Regelfall schon unabhängig von ihrer Einbeziehung und Wirksamkeit ihre Geltung ab. Dies stützt sie auf den Vorrang der Individualabrede gemäß § 305 b BGB. 547 So auch OLG Hamm, NJW 1990, 54 f.; Tiedtke, DB 1990, 411; Voss, MDR 1990, 495; wohl auch Schröter, WM 1986, 16 f. 548 Eine solche Auslegung der Klausel unterstellt Voss, MDR 1990, 495 (497) dem OLG Hamm, NJW 1990, 54 (55). 549 So OLG Köln, NJW 1985, 2722 (2723); Schröter, WM 1986, 16 (17 f.); Tiedtke, DB 1990, 411; ders., NJW 2005, 2497 (2501 f.); Voss, MDR 1990, 495 (497). 550 So OLG Köln, NJW 1985, 2722 (2723); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 17; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 219; Damrau, EWiR 1986, 259 (260); Tiedtke, DB 1990, 411; Voss, MDR 1990, 495 (497). 551 Hierauf hinweisend Tiedtke, DB 1990, 491. 552 Tiedtke, DB 1990, 411; ders., NJW 2005, 2498 (2501 f.). 553 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 373; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1644.

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Oftmals stellt die Vereinbarung einer Zeitbürgschaft („befristet bis zum …“) eine Individualabrede dar.554 Im Widerspruch zu dieser Individualabrede steht die fragliche AGB, denn sie verwandelt die (individuell vereinbarte) Zeitbürgschaft durch den Ausschluss der Anzeigepflicht in eine gegenständlich beschränkte Bürgschaft.555 Diese Kollision löst § 305 b BGB auf: Die Individualvereinbarung geht der AGB vor, d. h. die fragliche Klausel kommt nicht zur Geltung. Es bleibt dabei, dass die Parteien eine Zeitbürgschaft vereinbart haben. Soweit die Zeitbürgschaft ausnahmsweise formularvertraglich vereinbart worden ist, tragen die folgenden Überlegungen zur Einbeziehung und Wirksamkeit der Klausel, auf die die h.M. rekurriert, ohne auf § 305 b BGB einzugehen. c) Einbeziehung der Klausel Während das OLG Hamm556 die grundsätzliche Einbeziehung der Klausel stillschweigend angenommen hat, indem es sich nur mit der Frage der Wirksamkeit auseinandergesetzt hat, halten der BGH557 und die h.Lit.558 die Klausel grundsätzlich für überraschend. Letztere Ansicht verdient den Vorzug. Typisches Merkmal einer Zeitbürgschaft – und damit fest in der Erwartungshaltung des durchschnittlichen Bürgen verankert – ist es, dass sie im Unterschied zur gegenständlich beschränkten Bürgschaft jedenfalls zunächst, d. h. bis zur Anzeige des Gläubigers, befristet ist. Die fragliche Klausel verwandelt die Zeitbürgschaft allerdings in eine bereits bei Vertragsschluss zeitlich unbeschränkte Bürgschaft.559 Mit der Eingehung einer ihrer Natur nach befristeten Bürgschaft, die von vornherein unbefristet ist, hat der durchschnittliche Bürge selbstverständlich nicht zu rechnen. Aus diesem Grund handelt es sich bei der fraglichen Regelung um eine grundsätzlich überraschende Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB. d) Wirksamkeit der Klausel Das OLG Hamm560 sowie eine vereinzelt vertretene Ansicht in der Literatur561 erachten die fragliche Klausel als wirksam. Demgegenüber vertreten das OLG

554

Siehe unter C. V. 3. a). Siehe unter C. V. 3. a). 556 OLG Hamm, NJW 1990, 54. 557 BGH, NJW 2004, 2232. 558 MüKoBGB/Habersack, § 777 Rn. 2; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 17; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1644; Tiedtke, NJW 2005, 2498 (2501). 559 Vgl. BGH, NJW 2004, 2232 (2234); Tiedtke, NJW 2005, 2498 (2501 f.). 560 OLG Hamm, NJW 1990, 54. 561 Schröter, WM 1986, 16 (17 f.). 555

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Köln562 sowie die ganz h.Lit.563 die Ansicht, die Klausel sei unwirksam. Letzterer Ansicht ist sich anzuschließen. Wesentlicher Grundgedanke i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB einer Zeitbürgschaft ist es, dass die Haftung des Bürgen – jedenfalls bis zur Anzeige gemäß § 777 Abs. 1 BGB – zeitlich beschränkt ist. Folgerichtig stuft der BGH564 die fragliche Klausel als „typengehaltsändernd“ ein, soweit sie die Zeitbürgschaft in eine von vornherein unbefristete und stattdessen gegenständlich beschränkte Bürgschaft verwandelt.565 Hieraus entstehen dem Zeitbürgen Nachteile von erheblichem Gewicht,566 auf Grund derer ihn die Klausel unangemessen benachteiligt: Im Gegensatz zur gegenständlich beschränkten Bürgschaft haftet der Bürge bei einer Zeitbürgschaft lediglich für bis Fristablauf fällig gewordene Verbindlichkeiten.567 Entsteht eine Forderung nach Übernahme der Bürgschaft, wird aber nicht vor Fristablauf fällig, wird der Zeitbürge – anders als der gegenständlich beschränkt haftende Bürge – von seiner Verpflichtung frei, wenn eine Anzeige seitens des Gläubigers gemäß § 777 Abs. 1 BGB unterbleibt. Diese Chance, einer Haftung zu entkommen, wird ihm mit der fraglichen Klausel genommen.568 Dass der Zeitbürge lediglich für bis Fristablauf fällig gewordene Forderungen einstehen muss, bringt für ihn auch im Falle der Inanspruchnahme hinsichtlich eines besicherten laufenden Kontokorrentkredites Vorteile mit sich. Um den Zeitbürgen wegen eines Kontokorrentkredites in Anspruch nehmen zu können, muss der Gläubiger den Kredit kündigen, also fällig stellen. Da die Parteien die Inanspruchnahme des Bürgen in der Regel nicht davon abhängig machen wollen, dass der Gläubiger den Kontokorrentkredit kündigt, wird eine Auslegung des Bürgschaftsvertrages zwar oftmals ergeben, dass die Haftung des Bürgen sachlich und nicht zeitlich beschränkt sein soll.569 Dennoch lassen sich diese Erwägungen nicht sche562

OLG Köln, NJW 1985, 2722. Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 17; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 373; Staudinger/Horn, BGB, § 777 Rn. 21; MüKoBGB/Habersack, § 777 Rn. 2; Jauernig/Stadler, BGB, § 777 Rn. 7; Erman/Herrmann, BGB, § 777 Rn. 7; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 219; Damrau, EWiR 1986, 259 (260); Tiedtke, DB 1990, 411 ff.; ders., NJW 2005, 2498 (2501 f.); Voss, MDR 1990, 495 (497 f.). 564 BGH, NJW 2004, 2232 (2234). 565 Siehe unter C. V. 3. a). 566 A. A. Schröter, WM 1986, 16 (17 f.). 567 Vgl. BGH, NJW 1984, 2461; 1989, 1856 (1858); NJW-RR 1989, 1324 (1326); NJW 2000, 3137 (3138); Staudinger/Horn, BGB, § 777 Rn. 3; MüKoBGB/Habersack, § 777 Rn. 5; Jauernig/Stadler, BGB, § 777 Rn. 6; Schröter, WM 1986, 16 (18); Tiedtke, DB 1990, 411 (412). 568 Damrau, EWiR 1986, 259 (260); Tiedtke, DB 1990, 411 (413); Voss, MDR 1990, 495 (498). 569 Vgl. RGZ 63, 11 (12 f.); BGH, WM 1974, 478 (479); 1988, 210 (212); NJW 2004, 2232 (2234); Staudinger/Horn, BGB, § 777 Rn. 5; MüKoBGB/Habersack, § 777 Rn. 6; Schröter, WM 1986, 16 (18); Tiedtke, DB 1990, 411 (412). 563

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

matisch auf alle Kontokorrentbürgschaften übertragen.570 Sichert nun ausnahmsweise doch eine Zeitbürgschaft einen Kontokorrentkredit, tilgt jede Einzahlung des Hauptschuldners auf sein Konto nach der Kündigung automatisch die Hauptverbindlichkeit. Demgegenüber kommen dem gegenständlich beschränkt haftenden Bürgen Einzahlungen des Hauptschuldners (bei Fortdauer des Kreditverhältnisses) erst zugute, wenn der Saldo gezogen wird. Ist das Konto zum Saldostichtag wieder höher belastet, wirkt sich die Einzahlung des Hauptschuldners nicht zugunsten des Bürgen aus.571 Ist die gesicherte Hauptverbindlichkeit bei Fristablauf fällig, ist die Haftung des Zeitbürgen gegenüber der des gegenständlich beschränkt haftenden Bürgen darüber hinaus schwächer. Während der Zeitbürge nicht für später fällig werdende (Verzugs-) Zinsen der gesicherten Forderung und Kosten der Rechtsverfolgung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner haftet,572 muss der gegenständlich beschränkt haftende Bürge hierfür aufkommen.573 Letztlich nimmt die fragliche Klausel dem Zeitbürgen ebenso die ihn schützende Informationsfunktion der Anzeigepflicht.574 So soll die Pflicht zur Anzeige den Zeitbürgen auch alsbald sicher wissen lassen, wie es um seine Haftung steht. Mit ihrem Ausschluss verbleibt für den Bürgen schlussendlich nur die Möglichkeit, sich beim Gläubiger zu erkundigen, ob er ihn in Anspruch nehmen wird. Die gesetzliche Rollenverteilung wird damit vertauscht. Der Gläubiger bräuchte sich um den Fristablauf gar nicht mehr zu kümmern.575

VI. Einzelne Klauseln 1. Einschränkung der Verpflichtung zur Übertragung von Sicherheiten a) Inhalt und Zweck der Klausel Zahlt der Bürge auf die Bürgschaftsforderung, geht gemäß § 774 Abs. 1 S. 1 BGB die Hauptforderung vom Gläubiger auf ihn über. Auch Teilleistungen des Bürgen führen zur cessio legis der Hauptforderung, freilich aber nur ihrer jeweiligen Höhe entsprechend. Mit der Hauptforderung gehen gemäß den §§ 412, 401 BGB auch neben der Bürgschaft bestehende akzessorische Sicherheiten auf den Bürgen über. Bestehen nicht akzessorische Sicherheiten an der Hauptforderung, ist der Gläubiger 570

BGH, NJW 1997, 684 (686); 2004, 2232 (2234); Tiedtke, DB 1990, 411 (412). Hierauf hinweisend Tiedtke, DB 1990, 411 (412). 572 Mugdan, Gesetzesmaterialien II, Protokolle, S. 1081; Staudinger/Horn, BGB, § 777 Rn. 9; MüKoBGB/Habersack, § 777 Rn. 14. 573 Hierauf hinweisend Tiedtke, DB 1990, 411 (412). 574 Vgl. OLG Köln, NJW 1985, 2722 (2723); Voss, MDR 1990, 495 (498). 575 Hierauf hinweisend Voss, MDR 1990, 495 (498). 571

VI. Einzelne Klauseln

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nach st. Rspr.576 verpflichtet, sie dem Bürgen nach dem typischen Sinn des Bürgschaftsvertrages rechtsgeschäftlich zu übertragen. Von dieser Verpflichtung versuchen sich Gläubiger teilweise mit etwa folgendermaßen lautender Klausel freizuzeichnen: „Sicherheiten, die dem Gläubiger vom Hauptschuldner oder von dritter Seite bestellt worden sind, hat der Gläubiger nur insoweit auf den Bürgen zu übertragen, als der Sicherungsgeber dem Bürgen seinen Anspruch gegen den Gläubiger auf Rückübertragung der Sicherheiten abgetreten oder sich mit der Übertragung auf den Bürgen ausdrücklich einverstanden erklärt hat. Dies gilt nicht für Sicherheiten, die kraft Gesetzes auf den Bürgen übergehen.“577 (Klausel Nr. 21)

Nicht einfach zu beantworten ist die Frage, welches Ziel der Gläubiger mit einer derartigen Klausel verfolgt. Es bedarf zunächst der Auslegung der AGB: Der BGH578 sieht in der Klausel einen Ausschluss des § 776 BGB. Dies überzeugt indes nicht.579 Dem Bürgen ist ein Rückgriff auf die andere Sicherheit nicht deshalb versperrt, weil der Gläubiger sie aufgibt, sondern weil er kraft der Klausel nicht dazu verpflichtet ist, sie auf den Bürgen zu übertragen. Zum Teil580 wird die Klausel so ausgelegt, dass der in Anspruch genommene Bürge nach ihr keinerlei Rückgriffansprüche gegen den nicht in Anspruch genommenen Sicherungsgeber einer nicht akzessorischen Sicherheit hat. Dem Bürgen werde niemals die weitere Sicherheit gemäß den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 Abs. 2 BGB analog abgetreten, weil der andere Sicherungsgeber keineswegs dem Gläubiger seine Zustimmung zur Übertragung seiner Sicherheit geben werde, wenn er hierzu nicht vertraglich verpflichtet sei. Schließlich wäre dies für ihn rein nachteilig. Der Bürge, der eben nicht mit dem Zugriff auf die weitere Sicherheit rechne, gebe im Verhältnis zu dieser eine selbstständige Verpflichtung ab. Demzufolge regele die Klausel das Innenverhältnis zwischen Bürgen und weiterem Sicherungsgeber dergestalt, dass sie aus dem Bürgen einen vorrangig haftenden Schuldner mache und den Drittsicherungsgeber reziprok dazu privilegiere. Vorzugswürdig ist eine im Schrifttum581 vorgenommene Auslegung, nach der auf Grund der vom Drittsicherungsgeber wohl niemals freiwillig erfolgenden Zustimmung zwar faktisch ein Ausschluss einer Abtretung der weiteren Sicherheit durch 576

BGH, NJW 1964, 1788; 1981, 748; 1985, 614; 1990, 903; 1995, 2635 (2636); 2000, 1566; 2001, 2327 (2330). 577 Vgl. BGH, NJW 1982, 2308; 1989, 2530. 578 Vgl. BGH, NJW 1982, 2308; 1989, 2530 (2531). 579 So mit Recht Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 21; MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 31; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 652; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1701; Tiedtke, BB 1984, 19 (23); ders., WM 1990, 1270 (1272); Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (275); dies., ZIP 1989, 1047. 580 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 607; Tiedtke, BB 1984, 19 (22 f.); ders., WM 1990, 1270 (1273). 581 Schwab, AGB-Recht, Rn. 1701; Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (275).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

den Gläubiger gemäß den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 Abs. 2 BGB analog an den Bürgen vorliege, das Innenverhältnis zwischen den verschiedenen Sicherungsgebern aber unberührt gelassen werde. So stehe dem Bürgen aus Gesamtschuldgrundsätzen gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (analog) nach wie vor ein originär eigener Anspruch gegen den Drittsicherungsgeber zu. Für diese Auslegung, d. h. der Wirkung der Klausel rein im Außenverhältnis spricht vor allem, dass akzessorische Sicherungsrechte von der Regelung ausdrücklich ausgenommen sind.582 Es leuchtet nicht ein, weshalb der Verwender das Innenverhältnis zwischen den Sicherungsgebern, das ihn schon gar nicht betrifft, dann auch nur für einen Teilbereich, nämlich die nicht akzessorischen Sicherungsrechte regeln sollte. An einer Teilregelung über das Verhältnis zum Bürgen kann er, da er selbst betroffen ist, hingegen sehr wohl ein Interesse haben. Darüber hinaus leuchtet nicht ein, dass sich der vorrangig in Anspruch genommene Bürge selbstständig verpflichten will, wenn er in jedem Fall mit einem Ausgleich vom Besteller eines akzessorischen Sicherungsrechtes rechnen kann. Die Übernahme einer selbstständigen Verpflichtung ist dem Bürgen nur dann zu unterstellen, wenn er davon ausgeht, gar keinen Ausgleich im Innenverhältnis zu erhalten. Auf Grundlage dieser Auslegung besteht der Nutzen der Klausel für den Gläubiger neben der Ersparnis des Arbeitsaufwandes, der mit der Übertragung der nicht akzessorischen Sicherheit auf den Bürgen verbunden ist, vor allem im Ausschluss des Risikos, die Sicherheit fehlerhaft zu übertragen.583 Muss der Gläubiger die nicht akzessorische Sicherheit mit der Klausel lediglich zurück übertragen, also an denjenigen, von dem er sie bekommen hat, ist für ihn die korrekte Übertragung ohne Schwierigkeiten verbunden. Muss er die Sicherheit aber in entsprechender Anwendung der §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 Abs. 2 BGB an den Bürgen übertragen, handelt es sich beim Übertragungsempfänger nicht nur um eine vom Sicherungsgeber abweichende Person; der Gläubiger muss darüber hinaus beachten, dass er die Sicherheit lediglich in Höhe des Ausgleichsanspruchs des Bürgen gegen den weiteren Sicherungsgeber überträgt. b) Einbeziehung der Klausel Der BGH584 hat die Einbeziehung der Klausel stillschweigend angenommen. Wohl in der Annahme, die Überlegungen für Einbeziehung und Wirksamkeit seien dieselben, beschränkt sich die Literatur ebenso wie der BGH fast ausschließlich auf Ausführungen zur Wirksamkeit der Klausel.585 Der Annahme des BGH, die Klausel werde grundsätzlich in den Bürgschaftsvertrag einbezogen, ist zuzustimmen. Freilich bedarf es hierfür einer Begründung. 582

Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (275). Schwab, AGB-Recht, Rn. 1701; Tiedtke, BB 1984, 19 (24); ders., WM 1990, 1270 (1273); Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (275); dies., ZIP 1989, 1047 (1048). 584 Vgl. BGH, NJW 1982, 2308; 1992, 3228. 585 Zur Einbeziehung äußert sich – soweit ersichtlich – nur Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 21, der sich grundsätzlich wohl gegen die Einbeziehung ausspricht. 583

VI. Einzelne Klauseln

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Der durchschnittliche Bürge geht typischerweise davon aus, einen Ausgleich von weiteren Sicherungsgebern zu erhalten, wenn sie dieselbe Hauptforderung sichern und er vorrangig in Anspruch genommen wird. Es ist offensichtlich und unbestritten, dass die zufällige Inanspruchnahme einer Person, wenn ebenso die Inanspruchnahme eines anderen Sicherungsgebers möglich ist, nicht entscheidend dafür sein kann, wer für den Ausfall des Hauptschuldners (in vollem Umfang) einzustehen hat (sog. „Wettlauf der Sicherungsgeber“). Ob die fragliche Regelung dem widerspricht, hängt vom Ergebnis der „altehrwürdigen“586 Diskussion ab, ob dem Bürgen für den Ausgleich mit dinglichen Sicherungsgebern eine privilegierte Stellung zukommt. Starke Stimmen im Schrifttum587 sprechen sich für eine Privilegierung des Bürgen aus: Werde der Bürge vorrangig in Anspruch genommen, gehe grundsätzlich die nicht akzessorische Sicherheit in Höhe seiner Leistungen auf ihn über, während bei einer erfolgreichen vorrangigen Inanspruchnahme des anderen Sicherungsgebers die Bürgschaft erlösche. Diese Ansicht stützt sich darauf, dass die Bürgschaft ein besonders risikoreiches Geschäft sei, weil der Bürge über sein bestehendes Vermögen hinaus auch zukünftig mit seinem ganzen Vermögen hafte und auch die Hemmschwelle, eine derartige Verpflichtung einzugehen, niedriger sei als bei einer Sicherheit, die bei der Bestellung ganz oder teilweise aus seinem Vermögen ausscheide.588 Das BGB schütze ihn daher stärker als andere Sicherungsgeber, was vor allem in den §§ 768 Abs. 2, 770, 771, 776 BGB zum Ausdruck komme. Konsequenz dieser Ansicht ist, dass dem Bürgen bei Geltung der Klausel kein Anspruch mehr gegen den anderen Sicherungsgeber eines nicht akzessorischen Rechts verbliebe. So schließt sie die Übertragung des Sicherungsrechts gemäß den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 Abs. 2 BGB analog aus. Ein Ausgleich gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (analog) kommt deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei dieser Vorschrift nur um einen anteiligen Ausgleichsanspruch handelt, der Bürge auf Grund der Privilegierung aber gerade umfassend Rückgriff nehmen können soll. Mit überzeugenderen Argumenten geht die h.M.589 davon aus, dass der Bürge gleichrangig neben Bestellern anderer Sicherheiten hafte. Werde der Bürge vorrangig in Anspruch genommen, gehe die andere Sicherheit nur in der Höhe auf den Bürgen über, wie er im Innenverhältnis Ausgleich verlangen könne. Werde der 586

So Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 643. Staudinger/Horn, BGB, § 774 Rn. 68; Larenz, SchuldR II/2, S. 481; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 638, 644 ff.; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 38 Rn. 103, § 45 Rn. 84 f.; Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1021; Tiedtke, BB 1984, 21 ff.; ders., WM 1990, 1270 (1273); ders., DNotZ 1993, 291 (293 ff.). 588 Ausführlich Tiedtke, DNotZ 1993, 291 (293). 589 So auch BGH, NJW 1982, 2308; 1992, 3228; 2001, 2327 (2330); 2009, 437 (438); MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 29 f.; Jauernig/Stadler, BGB, § 774 Rn. 12; Staudinger/ Looschelders, BGB, § 426 Rn. 271 f.; Erman/Böttcher, BGB, § 426 Rn. 52; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, S. 16; Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (274 f.); dies., ZIP 1989, 1047; Sitzmann, BB 1991, 1809 (1810 ff.). 587

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

weitere Sicherungsgeber vorrangig in Anspruch genommen, ginge die Bürgschaft – freilich ebenfalls anteilig – auf den anderen Sicherungsgeber über. Für diese Ansicht spricht, dass sich eine Privilegierung des Bürgen nicht aus dem Gesetz herleiten lässt. Der Hypothekenschuldner etwa genießt über § 1137 Abs. 1 BGB ebenso den Schutz des § 770 BGB wie der Bürge, die Einrede der Vorausklage wird in der Praxis weitestgehend ausgeschlossen, wenn sie es nicht schon gemäß § 349 HGB ist, und was § 776 BGB anbetrifft, regelt diese Vorschrift nicht das Verhältnis zwischen den Sicherungsgebern, sondern ausschließlich das Verhältnis zwischen Bürgen und Gläubiger. Wenn sich also eine Privilegierung schon mit Wertungen einzelner Normen nicht begründen lässt, kann diese auch nicht aus einer Gesamtschau dieser Vorschriften gefolgert werden.590 Letztlich weiß der Bürge auch oftmals nichts von der Bestellung einer weiteren Sicherheit. Ihn dann durch Übertragung der dinglichen Sicherheit schadlos zu stellen, übertrifft selbst seine eigenen Erwartungen. So ordnet das Gesetz in § 769 BGB für voneinander nichts wissenden Mitbürgen auch nur die gesamtschuldnerische Haftung an. Jeder, der sich verpflichtet, für eine Forderung einzustehen, muss auch damit rechnen, voll in Haftung genommen zu werden. Zwar schließt die fragliche Klausel die (anteilige) Übertragung des nicht akzessorischen Sicherungsrechts aus, doch verbleibt dem Bürgen ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (analog).591 Relevant ist hier insbesondere das Zusammentreffen von Bürgschaft und nicht akzessorischer Grundschuld. Bei den Bestellern dieser beiden Sicherheiten handelt es sich zwar de facto nicht um eine Mehrheit von Schuldnern i. S. d. § 421 BGB, da der Grundschuldbesteller im Gegensatz zum Bürgen „nur (mit dem Sicherungsgegenstande) haftet, aber nicht schuldet.“592 Aufgrund des hier passenden allgemeinen Rechtsgedankens einer anteiligen Haftung ist jedoch eine Analogie zu § 426 Abs. 1 S. 1 BGB angezeigt, nach der dem Bürgen für den Fall seiner vorrangigen Inanspruchnahme ein eigener Anspruch gegen den Grundschuldbesteller auf anteilige Übertragung der Grundschuld zusteht.593 Da dem Bürgen auch mit der fraglichen Klausel weiterhin ein Regressanspruch gegen den Besteller einer weiteren Sicherheit zusteht, ist ihre Einbeziehung unbedenklich. Dass dieser nicht durch den Gläubiger ohne sein Zutun auf ihn übergeht, sondern er diesen selbst beim Besteller der weiteren Sicherheit einfordern muss, ändert nichts an seiner Rechtsposition. Er bleibt auch weiterhin für die Erlangung des Regressanspruchs auf eine andere Person angewiesen, nur nicht mehr auf den Gläubiger, sondern auf den Besteller der weiteren Sicherheit. Dass sich sein An590

So aber Tiedtke, DNotZ 1993, 291 (294 f.). Schwab, AGB-Recht, Rn. 1701; Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (274), dies., ZIP 1989, 1047 (1048). 592 Dies zum Anlass nehmend, sich gegen eine anteilige Haftung auszusprechen Larenz, Schuldrecht II/2, S. 481. 593 Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (274); dies., ZIP 1989, 1047 (1048). 591

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spruch auf Übertragung nicht aus den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 Abs. 2 BGB analog ergibt, sondern aus § 426 Abs. 1 S. 1 (analog), ist ein juristischer, nicht aber ein das Interesse des Bürgen betreffender Unterschied. c) Wirksamkeit der Klausel Der BGH594 und die h.Lit.595 bejahen die Wirksamkeit der Klausel. Dem ist zuzustimmen, auch wenn sie zum Teil596 für unwirksam gehalten wird. Die fragliche Klausel weicht von den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 Abs. 2 BGB analog i. S. d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB ab.597 Da der Regress des Bürgen gegen den Hauptschuldner, aber auch gegen weitere Sicherungsgeber ein typisches Merkmal der Bürgschaft598 und somit ein wesentlicher Grundgedanke der Bürgschaftsrechts i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist, misst sich die fragliche Klausel an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Gemessen an diesem Maßstab ist sie wirksam. Schließlich ist sie mit dem wesentlichen Grundgedanken, dem Regress der Bürgen, vereinbar. Der Gläubiger hat als Steller der AGB ein berechtigtes Interesse an der Regelung, während dem Bürgen hierdurch keine erheblichen Nachteile entstehen. Der Gläubiger will mit der Klausel in erster Linie dem Risiko aus dem Weg gehen, bei einer Übertragung der weiteren nicht akzessorischen Sicherheit Fehler zu begehen und sich dadurch gegebenenfalls schadensersatzpflichtig zu machen. Dass dem Bürgen infolge der fehlenden Pflicht des Gläubigers zur Übertragung der weiteren Sicherheit der Anspruch aus den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 401, 426 BGB analog genommen wird, wirkt sich für ihn nicht nachteilig aus, da ihm ein eigener Anspruch aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (analog) gegen den Besteller der weiteren Sicherheit auf (anteilige) Übertragung zusteht. Dieser ist auch nicht weniger wertvoll, denn er ist auf dasselbe gerichtet. Der praktisch einzige, aber zu vernachlässigende Unterschied resultiert aus der Klausel dergestalt, dass mögliche Einwendungen des Bestellers der weiteren Sicherheit gegenüber dem Bürgen nicht erst bei der Geltendmachung der Sicherheit, sondern schon bei ihrer Erlangung erhoben werden können.599

594

BGH, NJW 1982, 2308; 1992, 3228. MüKoBGB/Habersack, § 774 Rn. 31; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 230; Schwab, AGB-Recht, Rn. 1699 ff.; Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (275). 596 Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 21; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 607, 652; Tiedtke, BB 1984, 19 (23 f.); ders., WM 1990, 1270 (1272 ff.). 597 Analogien sind ebenso kontrollfähig, vgl. Staudinger/Wendland, BGB, § 307 Rn. 293. 598 So MükoBGB/Habersack, § 774 Rn. 10. 599 Für den Fall einer Grundschuld als weitere Sicherheit Bayer/Wandt, JuS 1987, 271 (275). 595

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

2. Ausschluss des § 776 a) Inhalt und Zweck der Klausel § 776 BGB formuliert Schutzpflichten des Gläubigers gegenüber dem Bürgen. Gibt der Gläubiger Sicherheiten i. S. d. § 776 BGB oder seinen Anspruch gegen einen Mitbürgen auf, würde der Bürge, wenn er in Anspruch genommen werden könnte, nicht mehr auf die Sicherheiten zugreifen können, die sonst gemäß den §§ 774 Abs. 1 S. 1, 412, 401 BGB auf ihn übergegangen wären, bzw. nicht mehr seinen gesamtschuldnerischen Ausgleich vom Mitbürgen verlangen können. Da die Aufgabe der in § 776 BGB genannten Sicherheiten bzw. des Anspruchs gegen einen Mitbürgen das Erlöschen der Bürgschaft zur Folge hat, dient die Vorschrift letztlich der Sicherung des Regressanspruchs des Bürgen.600 Von diesen Schutzpflichten versuchen sich Gläubiger bisweilen freizuzeichnen. Nach einer Klausel, die der Rechtsverkehr hervorgebracht hat, soll die Rechtsfolge des § 776 BGB abbedungen werden, d. h. die Bürgschaft nicht erlöschen: „Die Bürgschaftsverpflichtung bleibt bestehen, wenn der Gläubiger ein seine Forderung gegen den Hauptschuldner sicherndes Recht, insbesondere ein Pfandrecht oder ein Recht gegen einen etwaigen Mitbürgen oder sonstige Sicherheiten und Vorzugsrechte aufgeben sollte.“601 (Klausel Nr. 22 a))

Derselbe Inhalt kann auch schlicht folgendermaßen gefasst sein: „Der Bürge verzichtet auf seine Rechte aus § 776 BGB.“602 (Klausel Nr. 22 b))

Die Zielrichtung hierbei ist evident: Der Gläubiger möchte keine Rücksicht auf den Regressanspruch des Bürgen nehmen müssen und Sicherheiten bzw. Ansprüche aufgeben können, ohne dass die Bürgschaft erlischt. Die besondere Bedeutung dieser vor allem in Bürgschaftsverträgen von Banken vorzufindenden Klausel603 wird allerdings nur mit Blick auf Nr. 14 AGB-Banken deutlich. Hiernach erwirbt die Bank an allen Wertpapieren und Sachen, an denen eine inländische Geschäftsstelle Besitz erlangt hat, sowie an Ansprüchen, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder zukünftig zustehen werden, ein Pfandrecht. Die Gläubigerbank hat jedoch kein Interesse daran, den Hauptschuldner in seiner geschäftlichen Tätigkeit einzuschränken. Dies aber geschieht, wenn die Bank ihm eine Zustimmung für Verfügungen über diese Gegenstände erteilen muss, jedoch nicht kann, weil sie ansonsten ihre Bürgschaftsforderung gemäß § 776 BGB verliert. Auf diese Erwägungen dürfte die Klausel maßgeblich zurückzuführen sein. Ob unter jeder von der Gläubigerbank zugelassenen Verfügung wirklich ein „Aufgeben“ i. S. d. § 776 BGB zu verstehen ist, ist allerdings fraglich. Gerade vor dem 600 601 602 603

Hierzu bereits unter B. I. 1. b) cc) (6). Vgl. BGHZ 78, 137; BGH, WM 1986, 95; 1994, 1064. Vgl. BGHZ 144, 52. Vgl. Fn. 601 und 602.

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Hintergrund, dass der Bank nicht daran gelegen ist, ihren Kunden in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit einzuschränken, spricht vieles dafür, die Zweckvereinbarung dieser Pfandrechte dahingehend zu verstehen, dass dem Kunden jedenfalls so lange, wie die Bank sie nicht geltend macht, die Möglichkeit der Verfügung über die belastenden Gegenstände verbleiben soll.604 Nach diesem Verständnis ist der Kreditnehmer also auch ohne „Aufgabe“ der Sicherungsrechte durch die Bank nicht von vornherein in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit eingeschränkt. b) Einbeziehung der Klausel Die Einbeziehung dieser Klausel ist – soweit ersichtlich – weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung diskutiert worden. Die Klausel wird grundsätzlich nicht Bestandteil des Bürgschaftsvertrages. Der Regress des Bürgen beim Hauptschuldner, aber auch bei anderen Sicherungsgebern ist typisches Merkmal der Bürgschaft.605 Demzufolge geht der durchschnittliche Bürge typischerweise davon aus, nach seiner Inanspruchnahme Regress nehmen zu können, sofern Mittel vorhanden sind. Oftmals wird der Bürge sich sogar nur auf Grund weiterer bestellter Sicherheiten von anderer Seite für die Bestellung der Bürgschaft entscheiden. Aber auch unabhängig davon, ob der Bürge von weiteren Sicherheiten für dieselbe Hauptschuld Kenntnis hat, rechnet er jedenfalls nicht damit, dass der Gläubiger – sofern denn weitere Sicherheiten bestehen – seinen Regressanspruch nach Belieben schmälern kann. Die fragliche Klausel ist daher unüblich und grundsätzlich überraschend gemäß § 305 c Abs. 1 BGB. c) Wirksamkeit der Klausel Nach einer Korrektur seiner Rechtsprechung hält der BGH606 die fragliche Klausel mittlerweile für unwirksam. Die ganz h.Lit.607 spricht sich ebenso für die Unwirksamkeit der Regelung aus. Dieser Ansicht ist sich anzuschließen. 604 So die neue Rspr. BGHZ 144, 52 (56); dem folgend Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 21; kritisch Vollkommer/Heinemann, JZ 2000, 1163 (1165). 605 Siehe Fn. 598. 606 BGHZ 144, 52; noch für die Wirksamkeit der Klausel BGHZ 78, 137 (141 ff.); 95, 350 (358 f.); 108, 179 (183). 607 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 11; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 370; Staudinger/Horn, BGB, § 776 Rn. 21; MüKoBGB/Habersack, § 776 Rn. 3; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 232; Jauernig/Stadler, BGB, § 776 Rn. 4; Erman/Herrmann, BGB, § 776 Rn. 1; Reinicke/ Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 604 ff.; Schwab, AGB-Recht, Rn. 679 ff.; Tiedtke, ZIP 1986, 150 (155); ders., JZ 2006, 940 (949); Vollkommer/Heinemann, JZ 2000, 1163 (1165); a. A. Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 228.

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Da § 776 BGB in engem Zusammenhang mit § 774 Abs. 1 BGB zu sehen und die Möglichkeit des Bürgen zum Regress ein typisches Merkmal der Bürgschaft ist,608 betrifft die Klausel einen wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB, den sie derart einschränkt, dass sie unvereinbar i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist. So sieht der Bürge sich durch die AGB erheblichen Nachteilen ausgesetzt. Auch wenn man dem Gläubiger an einer solchen Regelung auf Grund von Nr. 14 AGB-Banken oder einer ähnlichen Regelung ein berechtigtes Interesse zugesteht, schießt ein pauschaler Ausschluss, wie ihn die fragliche Klausel vorsieht, über das Ziel hinaus. Mit dem pauschalen Ausschluss der Rechtsfolge von § 776 BGB kann der Gläubiger auch Sicherheiten freigeben, die entweder durch gesonderte Vereinbarung mit dem Hauptschuldner oder von Dritten bestellt worden sind, ohne dass die Bürgschaft erlischt. Damit ist dem Gläubiger infolge der fraglichen Klausel nach dessen Belieben eine gar vollständige wirtschaftliche Entwertung des Regressanspruchs des Bürgen möglich. Ein effektiver Regress des Bürgen ist stark gefährdet. d) Eigener Regelungsvorschlag In seiner früheren Rechtsprechung hat der BGH609 die Wirksamkeit der fraglichen Klausel noch bejaht und die Grenze dort gezogen, wo der Gläubiger willkürlich zum Nachteil des Bürgen handelt. Eine solche willkürliche Freigabe von Sicherheiten sollte gemäß § 242 BGB nicht durch den Verzicht gedeckt sein. Vereinzelt610 wird sich dieser Ansicht in der Literatur angeschlossen. Eine Klausel, die dies aufgreift, und den Bürgen immerhin dann von seiner Verpflichtung entbindet, wenn der Gläubiger ohne gerechtfertigtes Interesse eine Sicherheit frei gibt oder eine Pflicht formuliert, nach der der Gläubiger die Interessen des Bürgen bei der Freigabe einer Sicherheit zu wahren hat, ist jedoch ebenso unwirksam. Unberücksichtigt blieben die erheblichen prozessualen Nachteile des Bürgen, die eine solche Regelung mit sich brächte.611 So müsste er gegen den Gläubiger prozessieren, um an sein Recht zu kommen. Ob er im Rechtsstreit obsiegt, ist gerade vor dem Hintergrund, dass er beweispflichtig ist und oft Tatsachen nicht kennt, von denen das Vorliegen der Willkür abhängt, ungewiss. Die ganz h.Lit.612 spricht sich für die Wirksamkeit einer Klausel aus, die das Bestehenbleiben der Bürgschaftsforderung für den Fall anordnet, dass der Gläubiger 608

Siehe Fn. 598. BGHZ 78, 137 (141 ff.); 95, 350 (358 f.). 610 Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 228. 611 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 606; Vollkommer/Heinemann, JZ 2000, 1163 (1165). 612 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 11; Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. 370; MüKoBGB/Habersack, § 776 Rn. 3; Jauernig/Stadler, BGB, § 776 Rn. 4; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 604; Schröter, WM 2000, 16 (18); a. A. Schwab, AGB-Recht, Rn. 1682. 609

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eine Sicherheit freigibt, die nur auf Grund von Nr. 14 AGB-Banken oder einer ähnlichen Regelung bestellt worden ist. Auch der BGH613 lässt seine Tendenz erkennen, eine solche Klausel für wirksam zu erachten. Neben dem berechtigten Interesse des Gläubigers, den Hauptschuldner nicht erheblich in dessen wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit einzuschränken, ist diesem Vorschlag auch zuzugeben, dass der Bürge sich schon deshalb keinen rechtlichen Nachteilen ausgesetzt sieht, weil die aufgegebenen Sicherheiten, die im Falle seiner Inanspruchnahme auf ihn übergehen würden, eben nur auf Grund der Nr. 14 AGB-Banken bzw. der vergleichbaren Regelung bestellt worden sind. Unberücksichtigt lässt diese Ansicht allerdings, dass der Bürge sich zwar keinen rechtlichen Nachteilen ausgesetzt sieht, wohl aber tatsächlichen. Die Regelung der Nr. 14 AGB-Banken ist derart weit gefasst, dass der Bürge nur noch schwer abschätzen kann, welche Sicherheiten auf ihn im Falle seiner Inanspruchnahme nach §§ 774 Abs. 1 S. 1, 412, 401 BGB für seinen Regressanspruch gegen den Hauptschuldner noch übergehen werden. Seine Aussicht auf einen erfolgreichen Regress kann aber gerade tragender Entscheidungsgrund für die Übernahme oder das Absehen von der Bestellung einer Bürgschaft sein. Daher ist es fraglich, inwiefern eine solche AGB dem Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügt. In Ansehung der Problematik um die Transparenz einer Klausel, die von der Rechtsfolge des § 776 BGB die Aufgabe derjenigen Sicherheiten ausklammert, die nur auf Grund von Nr. 14 AGB-Banken oder einer ähnlichen Regelung bestellt worden sind, empfiehlt es sich, zusätzlich noch die Pflicht des Gläubigers mit in den Bürgschaftsvertrag aufzunehmen, den Bürgen über bestehende Sicherheiten zur Hauptforderung, die eben nicht auf Grund von Nr. 14 AGB-Banken oder einer ähnlichen Regelung bestellt worden sind, mit Aushändigung des Formularvertrages zu informieren. So bleibt es dem Bürgen unbenommen, sich eine fundierte Meinung darüber zu bilden, ob ihm ein erfolgreicher Regress ausreichend wahrscheinlich erscheint und er die Bürgschaft bestellen möchte. Ein auch dem Transparenzgebot genügender Ausschluss des § 776 BGB könnte folgendermaßen lauten: Der Bürge wird von seiner Bürgschaftsverpflichtung nicht frei, wenn die Bank Sicherheiten aufgibt, die dem Pfandrecht auf Grund der Nr. 14 AGB-Banken unterliegen, und dies im Rahmen der ordnungsgemäßen Durchführung der Geschäftsverbindung zum Hauptschuldner geschieht. Die Bank verpflichtet sich, dem Bürgen mit Aushändigung dieses Bürgschaftsvertrages eine Auflistung aller Sicherheiten vorzulegen, die die Hauptforderung schon sichern und nicht auf Grund von Nr. 14 AGB-Banken bestellt worden sind. (Klausel Nr. 22 c))

613

BGHZ 144, 52 (56 ff.).

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C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

3. Ausschluss des § 769 BGB (Nebenbürgschaftsklausel) a) Inhalt und Zweck der Klausel Verbürgen sich mehrere für dieselbe Verbindlichkeit, haften sie gemäß § 769 BGB als Gesamtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernommen haben. Soll eine mehrfache Bestellung von Bürgschaften für dieselbe Verbindlichkeit zumindest für die Zukunft nicht ausgeschlossen sein, nehmen Gläubiger im Bürgschaftsformularvertrag häufig eine Bestimmung auf, nach der die in § 769 BGB angeordnete Gesamtschuldnerschaft von mehreren Bürgen abbedungen sein soll. Eine in der Praxis verwendete Klausel lautet etwa wie folgt: „Haften für die Ansprüche des Gläubigers mehrere Bürgen, so haftet der Bürge dieses Vertrages unabhängig von den anderen für jeden Teil der durch ihn verbürgten Forderung. Das Entstehen einer Gesamtschuldnerschaft ist ausgeschlossen.“614 (Klausel Nr. 23)

Die Klausel stellt zunächst klar, dass es sich bei der übernommenen Bürgschaft um eine sogenannte Nebenbürgschaft handelt. In Abgrenzung zur Teilbürgschaft, die sich auf einen individualisierten Teil einer einheitlichen Forderung bezieht, ist das Charakteristikum von Nebenbürgschaften, dass sie – betragsmäßig begrenzt – jeweils die gesamte Hauptschuld sichern.615 Die Klausel bezieht sich also jedenfalls nicht auf den Fall, dass mehrere Mitbürgen unbegrenzt haften, sondern ist wohl für die Sicherung einer Forderung durch mehrere Höchstbetragsbürgschaften konzipiert. Allerdings besteht eine additive Sicherung der Hauptforderung durch mehrere Höchstbetragsbürgschaften auch schon ohne eine solche Regelung. Es steckt schon im Begriff der Höchstbetragsbürgschaft, dass sie für die ganze, größere Hauptschuld gilt, bis diese vollständig getilgt ist.616 Für diese Nebenbürgschaft soll nach der Klausel außerdem eine Gesamtschuldnerschaft ausgeschlossen sein. Eine Gesamtschuldnerschaft ist für Nebenbürgschaften in § 769 BGB angeordnet, da diese Mitbürgschaften i. S. dieser Vorschrift sind.617 Wie weit dieser Ausschluss reicht und welches Ziel der Verwender mit der Aufnahme einer solchen AGB in den Bürgschaftsvertrag verfolgt, wird erst deutlich,

614

Vgl. BGH, NJW 1983, 2442; 1986, 3131 (3132); 1987, 374. Eingehend Siegmund, WM 2008, 2349 (2350). 616 Ganz h.M., vgl. RGZ 81, 414 (419); Staudinger/Horn, BGB, § 769 Rn. 13; Weitzel, JZ 1985, 824 (826 f.); Bayer, ZIP 1990, 1523 (1526); Siegmund, WM 2008, 2349. 617 So auch Tiedtke, JZ 1987, 491 (492 f.); von einer Mitbürgschaft „für jeden beliebigen Teil“ spricht Kanka, Jherings Jahrbücher 87, S. 124; diese Terminologie aufgreifend Weitzel, JZ 1985, 824 (826); für eine Mitbürgschaft nur soweit die Summe der Höchstbetragsbürgschaften die Hauptschuld übersteigt Staudinger/Horn, BGB, § 769 Rn. 13; eine Mitbürgschaft bis zur Höhe des mehrfach gesicherten Betrages annehmend Beeser, BB 1958, 970 (971); a. A. (mehrere Höchstbetragsbürgschaften nicht als Mitbürgschaften qualifizierend) Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 375; MüKoBGB/Habersack, § 769 Rn. 2; Wolf, NJW 1987, 2472 (2473 ff.); Bayer, ZIP 1990, 1523 (1526); Siegmund, WM 2008, 2349 (2350). 615

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wenn man den rechtlichen Gehalt der Regelung erfasst. Doch bereits die Auslegung der Klausel bereitet Probleme: Der BGH618 entnimmt der Klausel lediglich eine Regelungswirkung hinsichtlich des Außenverhältnisses. Es käme den Verwendern erkennbar darauf an, lediglich das Verhältnis zwischen Gläubiger und Bürgen zu regeln.619 An eine Regelung auch des Innenverhältnisses sind nach Ansicht des BGH insofern hohe Anforderungen zu stellen. Aus ihr müsste ausdrücklich hervorgehen, dass ein oder mehrere Bürgen vorrangig haften sollen.620 Vorzugswürdig ist allerdings gerade vor dem Hintergrund der im Rahmen der AGB-Kontrolle gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung621 eine teilweise in der Literatur622 vorgenommene Auslegung, nach der die Klausel auch das Innenverhältnis betrifft, d. h. eine Gesamtschuldnerschaft im Verhältnis zwischen den Bürgen ausschließt. Richtig ist, dass der Wortlaut keine Anhaltspunkte für eine auf das Außenverhältnis begrenzte Regelungswirkung bietet.623 Widersprüchlich ist insbesondere die Annahme des BGH624, die Beschränkung auf das Außenverhältnis sei der erkennbare Wille des Verwenders, wenn er gleichzeitig ausdrücklich eine Ausgleichspflicht nach Gesamtschuldgrundsätzen unter Nebenbürgen, die sich bis zu einem Höchstbetrag verpflichtet haben, bejaht.625 Wenn man von einer solchen Ausgleichspflicht unter Höchstbetragsbürgen ausgeht, realisiert sich gerade die vom Verwender erkannte Gefahr, die die Konstellation birgt, dass beide Bürgschaften die gesicherte Hauptforderung jeweils nur teilweise abdecken. Hält sich nämlich der Gläubiger zunächst nur an einen der Höchstbetragsbürgen und verlangt Letzterer von einem anderen Bürgen gesamtschuldnerischen Ausgleich, wird auch der zum Ausgleich verpflichtete Bürge in Höhe seiner Ausgleichszahlung gegenüber dem Gläubiger frei. Eine doppelte Haftung, im Innenverhältnis wie im Außenverhältnis, ist mit der Bürgschaft schließlich unvereinbar.626 Durch die Anrechnung der Ausgleichszahlung eines Bürgen auf die Bürgschaftsforderung schlägt die Zahlung im Innenverhältnis folglich auf das Außenverhältnis zum Gläubiger durch. Bejaht man also eine solche Ausgleichspflicht, stellt die Auslegung der Klausel durch den BGH 618 BGH, NJW 1983, 2442 (2443); 1986, 928 (930); 1986, 3131 (3132); 1987, 374 (375); dem folgend MüKoBGB/Habersack, § 769 Rn. 6; Weitzel, JZ 1985, 824 (829). 619 BGH, NJW 1983, 2442 (2443). 620 Vgl. Siegmund, WM 2008, 2349 (2350). 621 St. Rspr., vgl. nur BGH, NJW 1984, 738 (739); 1985, 320 (321); 1998, 3119 (3121); 2005, 3567 (3568); 2016, 2878 (2881). 622 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 610; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrechts, Rn. 224; Tiedtke, ZIP 1986, 150 (151); ders., JZ 1987, 491 (492). 623 Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 610; Tiedtke, JZ 1987, 491 (492). 624 Siehe Fn. 620. 625 Dies bejahend BGH, NJW 1986, 928 (930). 626 RGZ 81, 414 (421); Reinicke/Tiedtke, JZ 1983, 896 (897); Wolf, NJW 1987, 2472 (2473); Bayer, ZIP 1990, 1523 (1526).

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die Nebenbürgen in Höhe der Ausgleichsleistung im Ergebnis so, wie wenn sie doch Gesamtschuldner wären.627 Das bedeutet, dass die Klausel sowohl den Anspruch des Bürgen gegen den Gläubiger nach den §§ 774, 769, 426 Abs. 2 BGB als auch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ausschließt. So wird in § 774 Abs. 2 BGB die Haftung („nur“) als Gesamtschuldner nicht bestimmt, sondern vorausgesetzt und auch der Weg zur Anwendbarkeit des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ist ausschließlich durch § 769 BGB eröffnet.628 Mit der vom BGH befürworteten Ausgleichspflicht der Nebenbürgen im Hinterkopf wird der Gläubiger in der Praxis den gesamtschuldnerischen Ausgleich (der mit der oben formulierten Klausel nach Ansicht des BGH wohlgemerkt nicht ausgeschlossen ist) deshalb versuchen abzubedingen, weil er die Auswirkungen einer Ausgleichszahlung im Innenverhältnis auf das Außenverhältnis vermeiden will. Die Hauptforderung wäre insoweit nicht mehr gesichert. Richtigerweise aber sind die Befürchtungen des Gläubigers nach h.Lit. unberechtigt. Allein die Begründungen hierfür variieren. Zum Teil wird vertreten, mehrere Höchstbetragsbürgen, die zusammen nicht die Höhe der gesamten Forderung sichern, stellten keine Gesamtschuldner dar. Dann bestünde auch kein Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis, der auf das Außenverhältnis durchschlagen könnte. Dass kein Gesamtschuldverhältnis bestehe, wird einerseits629 damit begründet, dass die Höchstbetragsbürgschaften so auszulegen seien, dass § 769 BGB für diese Konstellation stillschweigend abbedungen werde. Eine stillschweigende Erklärung eines generellen Verzichts auf Ausgleichsansprüche kann einem Höchstbetragsbürgen jedoch nicht einfach unterstellt werden, zumal ein solcher nicht seinem Willen entspricht. Man stelle sich vor, zwei Höchstbetragsbürgen haben sich für alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen verbürgt. Ist die Forderung gegen den Hauptschuldner zu dem Zeitpunkt, in dem der eine Höchstbetragsbürge erfüllt, auf den Betrag fixiert, den er zahlt, muss der andere nicht mehr leisten.630 Dass nun der in Anspruch genommene Bürge haftet und der andere Bürge schadlos gehalten wird, kann schon deshalb nicht überzeugen, weil es oftmals nur vom Zufall abhängt, welchen Bürgen der Gläubiger als erstes in Anspruch nimmt. Bedenklich ist außerdem, dass Höchstbetragsbürgen im Hinblick auf einen Regress beim anderen Bürgen risikoreicher haften als unbegrenzt haftende Bürgen. Dabei soll die Begrenzung der Haftung auf einen Höchstbetrag nur dem Schutz des Bürgen dienen, d. h. allein vorteilhaft sein.

627 628 629 630

Wolf, NJW 1987, 2472 (2473); ähnlich Tiedtke, JZ 1987, 491 (492). Eingehend Tiedtke, JZ 1987, 491. Bayer, ZIP 1990, 1523 (1526). Vgl. Reinicke/Tiedtke, JZ 1983, 896 (897).

VI. Einzelne Klauseln

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Von anderer Seite wird vorgetragen, dass die gesicherten Forderungen den jeweiligen Höchstbetragsbürgschaften noch nicht konkret zugeordnet seien.631 Daher hafteten sie additiv und nicht für denselben Teilbetrag der Forderung. Doch auch diese Sichtweise krankt am fehlenden Parteiwillen. Allein auf Grund der Aufnahme einer den Bürgen schützenden Haftungsbegrenzung in den Bürgschaftsvertrag kann den Parteien, insbesondere dem Bürgen nicht die Absicht unterstellt werden, dass die (zufällige) vorrangige Inanspruchnahme eines Bürgen dafür entscheidend sein kann, ob dieser Bürge im Vergleich zum anderen übermäßig haftet. Vorzugswürdig ist die Ansicht,632 nach der es sich bei den Nebenbürgen um Gesamtschuldner handelt, sie also beide die gesamte und damit dieselbe Forderung bis zum jeweiligen Höchstbetrag sichern, der Bürge jedoch solange keinen gesamtschuldnerischen Ausgleich schuldet, wie die Gefahr besteht, dass er neben seiner Bürgschaftsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger insgesamt auf Grund etwaiger Ausgleichspflichten über seinen Höchstbetrag hinaus haftet. Auch nach dieser Ansicht besteht solange kein Ausgleichsanspruch, wie sich ein solcher für den Gläubiger nachteilig auf das Außenverhältnis auswirken könnte. Ist die Gefahr vor allem dadurch gebannt, dass der endgültige Umfang der Inanspruchnahme aller Bürgen durch den Gläubiger festgestellt ist, kann ein Ausgleich nach Gesamtschuldgrundsätzen in billiger Höhe633 erfolgen. Dass dieser Ansatz der richtige ist, zeigt der Wortlaut des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, nach dem ein Ausgleich nur erfolgt „soweit nicht ein anderes bestimmt ist.“ Durch die Übernahme einer Höchstbetragsbürgschaft ist gerade etwas anderes bestimmt, nämlich dass die Haftung des Bürgen auf den bestimmten Höchstbetrag beschränkt ist. „Beschränkung“ bedeutet – so hat schon das RG634 ausgeführt – „nicht nur, daß der Bürge dem Gläubiger höchstens die angegebene Summe zahlen will, sondern sie besagt auch, daß er aus der Bürgschaft in keiner Weise auf mehr haften will, auch nicht im Wege des Rückgriffs.“ Einen Vorteil genießt der Gläubiger mit der Verwendung dieser Klausel letztlich nicht. Soweit sie Höchstbetragsbürgschaften als Nebenbürgschaften deklariert, kommt der Klausel nur eine klarstellende Funktion zu, da Höchstbetragsbürgschaften stets bis zur festgelegten Höhe die gesamte Forderung sichern,635 woraus folgt, dass mehrere die Forderung sichernde Höchstbetragsbürgschaften schon ihrer Bestimmung nach nebeneinander stehen. Nichts anderes, als dass es sich bei der übernommenen Bürgschaft um eine Höchstbetragsbürgschaft handelt, bedeutet ein Ausschluss des Gesamtschuldverhältnisses im Außenverhältnis. Und was den 631 Wolf, NJW 1987, 2472 (2473 ff.); wohl auch Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 375; MüKoBGB/Habersack, § 769 Rn. 2. 632 Tiedtke, JZ 1987, 491 (492 f.). 633 Es ist im Einzelnen ist streitig, wie ein solcher zu erfolgen hat. Eine anschauliche Darstellung der vertretenen Positionen findet sich bei Siegmund, WM 2008, 2349 (2352 f.). 634 RGZ 81, 414 (421). 635 Siehe Fn. 617.

210

C. AGB-Kontrolle gängiger Klauseln im Kreditbürgschaftsvertrag

Ausschluss im Innenverhältnis anbetrifft, so hat dieser keinerlei Auswirkungen auf die Sicherung der Hauptforderung und damit die Interessen des Gläubigers. b) Einbeziehung der Klausel Der BGH636 hat die Einbeziehung der fraglichen Klausel stillschweigend angenommen, indem er sie für wirksam befunden hat. Das OLG Celle637 hat die Klausel für den Fall, dass zwei Ehegatten gemeinsam eine Höchstbetragsbürgschaft unterzeichnen, als überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB eingestuft. Diese Entscheidung beruhte allerdings ersichtlich auf den besonderen Umständen des Einzelfalles (Ehe, nur eine Bürgschaftsurkunde). In der Literatur ist die Frage, inwieweit es sich hierbei um eine überraschende Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB handelt – soweit ersichtlich – noch nicht erörtert worden.638 Richtigerweise wird die AGB grundsätzlich nicht Bestandteil eines Bürgschaftsvertrages. Zu den typischen Merkmalen einer Bürgschaft gehört, dass der in Anspruch genommene Bürge Regress nehmen kann – und zwar sowohl beim Hauptschuldner als auch bei den übrigen Sicherungsgebern.639 Dies gilt auch für den Bürgen, der lediglich eine Höchstbetragsbürgschaft übernimmt640 und an den sich die obige Klausel gerade richtet. Vor diesem Hintergrund geht der durchschnittliche (Höchstbetrags-)Bürge auch typischerweise davon aus, dass ihm ein solcher Anspruch auch gegen weitere Bürgen zusteht, die dieselbe Hauptforderung sichern. Die fragliche Klausel, die das Gesamtschuldverhältnis sowohl im Außen- als auch Innenverhältnis ausschließt, ist daher unüblich und überrascht den Bürgen grundsätzlich gemäß § 305 c Abs. 1 BGB. c) Wirksamkeit der Klausel Der BGH641 hält die obige Klausel für wirksam. Die wohl h.Lit.642 ist ihm gefolgt. Die Ansichten basieren freilich auf der irrigen Annahme, die Klausel regele lediglich 636 BGH, NJW 1983, 2442; 1986, 928 (930); 1986, 3131 (3132); 1987, 374 (375); 1987, 3126 (3127). 637 OLG Celle, NJW-RR 1990, 1006. 638 Losgelöst von der hier diskutierten Klausel immerhin für den Fall einer gemeinschaftlichen Übernahme einen Ausschluss des § 769 BGB für überraschend haltend Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 14. 639 Siehe Fn. 598. 640 Zur Rechtslage und dem Meinungsstand siehe unter C. VI. 3. a). 641 BGH, NJW 1983, 2442; 1986, 3131 (3132); 1987, 374 (375); 3126 (3127); 1992, 2286 (2287). 642 Schmidt, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, ABC der Klauseln und Vertragstypen, Bürgschaft Rn. B 375; MüKoBGB/Habersack, § 769 BGB Rn. 6; Beckmann, in: DaunerLieb/Langen, BGB, § 769 Rn. 6; Wolf, NJW 1987, 2472 (2473 Fn. 4).

VI. Einzelne Klauseln

211

das Außenverhältnis, also das Verhältnis zwischen Gläubiger und Bürgen.643 Einige Stimmen im Schrifttum644 halten die AGB in ihrer richtigen Auslegung hingegen für unwirksam. Letztere Ansicht verdient den Vorzug. Soweit die fragliche Klausel eine Höchstbetragsbürgschaft als Nebenbürgschaft qualifiziert, besitzt sie nur klarstellenden Charakter.645 Allerdings ist es ein typisches Merkmal der Bürgschaft, dass der in Anspruch genommene Bürge Regress nehmen kann – und zwar sowohl beim Hauptschuldner als auch bei den übrigen Sicherungsgebern.646 Dies gilt auch für den Bürgen, der lediglich eine Höchstbetragsbürgschaft übernimmt647 und an den sich die obige Klausel gerade richtet. Der gesamtschuldnerische Ausgleich unter mehreren dieselbe Hauptforderung sichernden Bürgen ist damit Teil eines wesentlichen Grundgedankens des Bürgschaftsrechts. Mit diesem ist die obige Klausel unvereinbar. Ein Ausschluss des § 769 BGB nimmt dem (Höchstbetrags)Bürgen die Möglichkeit, von anderen Bürgen Ausgleich zu verlangen:648 Er schließt zum einen den Anspruch gemäß der §§ 774, 769, 426 Abs. 2 BGB aus, da die gesamtschuldnerische Haftung in § 774 Abs. 2 BGB nicht angeordnet, sondern vorausgesetzt ist. Zum anderen nimmt er dem in Anspruch genommenen Bürge auch den Anspruch gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. So wird der Weg zur Anwendbarkeit des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ausschließlich durch § 769 BGB eröffnet. Während dem Bürgen hierdurch ein offensichtlicher und erheblicher Nachteil entsteht, hat der Gläubiger an einem solchen Ausschluss nicht einmal ein schutzwürdiges Interesse, da Ausgleichszahlungen im Innenverhältnis die Sicherung seiner Hauptforderung und damit sein Sicherungsinteresse nicht betreffen.649 Daher ist die obige Klausel gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

643

Hierzu ausführlich unter C. VI. 3. a). Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 610; dies., JZ 1983, 896 (897 f.); Tiedtke, ZIP 1986, 150 (151); ders., JZ 1987, 491 (492 f.); Graf Lambsdorff/Skora, Hdb des Bürgschaftsrecht, Rn. 224; Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit äußert Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke, (15) Bürgschaftsverträge Rn. 14. 645 Siehe Fn. 617; vgl. auch Staudinger/Horn, BGB, § 769 Rn. 13 („klarstellende Funktion“). 646 Siehe Fn. 598. 647 Siehe Fn. 641. 648 Siehe Fn. 645. 649 Hierzu ausführlich unter C. VI. 3. a). 644

D. Ergebnisse und Ausblick I. Ergebnisse Im Abschnitt B. I. „Grundlagen des Bürgschaftsrechts“ wurden sowohl die Akzessorietät als auch die Subsidiarität der Bürgschaft näher auf ihre Funktion, gesetzliche Ausprägung und Einschränkung sowie Einordung als allgemeines Rechtsprinzip untersucht. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: – Sowohl Akzessoriets- als auch das Subsidiaritätsprinzip sind ein allgemeines Rechtsprinzip der §§ 765 ff. BGB;1 – unter „Akzessorietät“ ist im Bürgschaftsrecht die einseitige Abhängigkeit der Bürgschaftsforderung von der besicherten Forderung hinsichtlich Entstehung, Fortbestand, Umfang, Zuordnung und Durchsetzbarkeit zu verstehen;2 – die Funktionen der Akzessorietät der Bürgschaft sind die Vereinfachungsfunktion (in rechtstechnischer Hinsicht) und die effektive Verwirklichung des Sicherungszwecks;3 – die gesetzlichen Ausnahmen vom Akzessorietätsprinzip dienen dem Fortbestand des Sicherungszwecks, dem Bürgerschutz und der Umsetzungsmöglichkeit praktischer Bedürfnisse des Rechtsverkehrs;4 – allen gesetzlichen Einschränkungen des Subsidiaritätsprinzips liegt die Wertung der Unzumutbarkeit der vorrangigen Durchsetzung der Hauptforderung zugrunde.5 Im Abschnitt B. II. „Grundlagen des AGB-Rechts“ wurden zunächst die Schutzzwecke der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle erarbeitet und anschließend die für diese Arbeit relevanten Tatbestände hinsichtlich Einbeziehung und Inhaltskontrolle der AGB untersucht. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: – Schutzzweck des § 305 c Abs. 1 BGB ist die Sicherung eines Mindestmaßes an Vertrauen in den Rechtsverkehr;6 1 2 3 4 5 6

Siehe unter B. I. 3. b). Siehe unter B. I. 1. b). Siehe unter B. I. 1. b). Siehe unter B. I. 1. b) cc) (6). Siehe unter B. I. 2. b). Siehe unter B. II. 1.

I. Ergebnisse

213

– Schutzzweck der Inhaltskontrolle von AGB ist die Kompensation der Beeinträchtigung der formalen Vertragsfreiheit sowie der materialen Vertragsfreiheit und -gerechtigkeit, die dann entsteht, wenn dem Vertragspartner des Verwenders die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Vertragsinhalt fehlt, was typischerweise bei der Verwendung von AGB der Fall ist;7 – die Realsierung des Schutzzwecks der Inhaltskontrolle geschieht sowohl in repressiver Hinsicht (unangemessene Benachteiligungen führen zur Unwirksamkeit der entsprechenden AGB) als auch in präventiver Hinsicht (volle Unwirksamkeit der AGB, insbesondere gilt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion). Für die Realisierung des Schutzzwecks in präventiver Hinsicht ist Zurückhaltung bei einer ergänzenden Vertragsauslegung infolge der Unwirksamkeit von AGB geboten;8 – das Wertungselement von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB („unangemessene Benachteiligung“) ist weiter zu verstehen als das des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB („nicht zu vereinbaren“) und des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB („Vertragszwecksgefährdung“);9 – § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB stellen Regelbeispiele dar und bewirken im Falle ihrer Tatbestandsmäßigkeit eine Beweislast- sowie Begründungslastumkehr bei der Anwendung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB;10 – § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB geht § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB außer im Falle der Beeinträchtigung von Kardinalspflichten vor;11 – ökonomische Überlegungen sind im Rahmen der Inhaltskontrolle aussagekräftige Kriterien, können aber nicht als alleiniger Maßstab für die Bewertung von AGB dienen.12 Im Abschnitt C. wurden gängige Klauseln in Bürgschaftsverträgen einer Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle unterzogen, wobei der Fokus der Untersuchung auf der Inhaltskontrolle lag. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: – Klausel Nr. 1 a)13 inklusive des Zusatzes Nr. 1 b)14 (Globalbürgschaft) wird grundsätzlich nicht in den Vertrag einbezogen. Ausnahmsweise doch einbezogen wird sie bei fehlender Diskrepanz von Klauselinhalt und subjektiver Vorstellung des Bürgen sowie bei einem individuellen Hinweis auf Bedeutung und Tragweite der Klausel. Keine grundsätzliche Ausnahme besteht für den Fall, dass der Bürge 7

Siehe unter B. II. 1. b) aa). Siehe unter B. II. 1. b) bb). 9 Siehe unter B. II. 2. c) bb) (2). 10 Siehe unter B. II. 2. c). 11 Siehe unter B. II. 2. c) dd). 12 Siehe unter B. II. 2. c) ee). 13 Siehe unter C. II. 1. a). 14 Siehe unter C. II. 1. a). 8

214

D. Ergebnisse und Ausblick

ein Geschäftsführer oder Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter „seiner“ Gesellschaft ist. Sie ist zudem grundsätzlich unwirksam. Ausnahme hiervon ist die Verbürgung eines Allein- oder Mehrheitsgesellschafters für „seine“ Gesellschaft hinsichtlich „aller künftigen Forderungen“. Im Falle der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit dieser Klausel ist eine ergänzende Vertragsauslegung angezeigt. Die Ergebnisse dieser lauten wie folgt: – Bei der Übernahme einer unbegrenzten Bürgschaft für ein Tilgungsdarlehen ist von einer Sicherung des für den bis zum Zeitpunkt der Verbürgung offenen Darlehensbetrages auszugehen;15 – bei der Übernahme einer Höchstbetragsbürgschaft für ein Tilgungsdarlehen ist ebenso von einer Sicherung des für den bis zum Zeitpunkt der Verbürgung offenen Darlehensbetrages auszugehen – allerdings auf den Höchstbetrag begrenzt;16 – bei der Übernahme einer unbegrenzten Bürgschaft für einen limitierten Kontokorrent- oder Dispositionskredit ist von einer Sicherung der Kreditforderung in Höhe der Kreditforderung zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft auszugehen;17 – bei der Übernahme einer Höchstbetragsbürgschaft für einen limitierten Kontokorrent- oder Dispositionskredit ist die Kreditforderung unabhängig davon, ob der Höchstbetrag ober- oder unterhalb der Kreditlinie liegt, in Höhe des Höchstbetrags gesichert;18 – bei der Übernahme einer unbegrenzten Bürgschaft für einen unlimitierten Kontooder Dispositionskredit ist die Kreditforderung in Höhe des Sollsaldos gesichert, der am Tag der Verbürgung besteht;19 – bei der Übernahme einer Höchstbetragsbürgschaft für einen unlimitierten Kontooder Dispositionskredit ist die Kreditforderung in Höhe des Sollsaldos gesichert, der am Tag der Verbürgung besteht – allerdings in Höhe des Höchstbetrages;20 – Klausel Nr. 221 (Vertragszinsen bei Globalbürgschaft) wird grundsätzlich in den Vertrag einbezogen und ist wirksam; der Bürge hat jedoch nicht für eine zwischen Hauptschuldner und Gläubiger vereinbarte Zinsänderung einzustehen, die sich negativ für ihn auswirkt;

15 16 17 18 19 20 21

Siehe unter C. II. 1. e) bb). Siehe unter C. II. 1. e) bb). Siehe unter C. II. 1. e) bb). Siehe unter C. II. 1. e) bb) (2) (b). Siehe unter C. II. 1. e) bb) (2) (c) (aa). Siehe unter C. II. 1. e) bb) (2) (c) (bb). Siehe unter C. II. 1. e) bb) (2) (c) (bb).

I. Ergebnisse

215

– der Bürge haftet für eine umgeschuldete „Anlassforderung“ sowie für eine novierte Forderung zur Ablösung dieser;22 – Klausel Nr. 3 a)23 (Haftung für Vertragszinsen) und Nr. 3 b)24 (Haftung für Vertragszinsen mit variablem Zinssatz) wird grundsätzlich in den Vertrag einbezogen und ist wirksam; – Klausel Nr. 425 (Haftung für Zinsen, Provisionen und Kosten über den Betrag einer Höchstbetragsbürgschaft hinaus) wird weder grundsätzlich Vertragsbestandteil noch ist sie wirksam; – Klausel Nr. 526 (Haftung für an die Stelle der Hauptverbindlichkeit getretene Ansprüche aus Bereicherungsrecht und Rückgewährschuldverhältnis) wird grundsätzlich Vertragsbestandteil und ist wirksam; – Klausel Nr. 6 a)27 und Nr. 6 b)28 (Zahlung des Bürgen als Sicherheitsleistung) wird zwar grundsätzlich Vertragsbestandteil, ist jedoch unwirksam. Einen wirksamen Regelungsvorschlag formuliert Klausel Nr. 6 c);29 – Klausel Nr. 7 a)30 (Verpflichtung zu einer weiteren Sicherheitsleistung) wird grundsätzlich kein Vertragsbestandteil und ist unwirksam. Mit dem wirksamen Regelungsvorschlag der Klausel Nr. 7 b)31 wird ein kleiner Teilzweck der unwirksamen Klausel Nr. 7 a) erreicht; – Klausel Nr. 832 (Ausschluss des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB) wird weder grundsätzlich Vertragsbestandteil noch ist sie wirksam; – Klausel Nr. 933 (Ausschluss der Einrede der Stundung wegen Vermögenslosigkeit) wird grundsätzlich Vertragsbestandteil und ist wirksam; – Klausel Nr. 10 a)34 (Ausschluss der abgeleiteten Verjährungseinrede) wird grundsätzlich kein Vertragsbestandteil und ist unwirksam. Ein wirksamer Regelungsvorschlag ist in den Klauseln Nr. 10 b)35 und c)36 formuliert; 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Siehe unter C. II. 1. e) dd) (1). Siehe unter C. II. 2. a). Siehe unter C. II. 2. a). Siehe unter C. II. 3. a). Siehe unter C. II. 4. a). Siehe unter C. III. 1. a). Siehe unter C. III. 1. d). Siehe unter C. III. 1. d). Siehe unter C. III. 2. a). Siehe unter C. III. 2. d). Siehe unter C. IV. 1. a) aa). Siehe unter C. IV. 1. b) cc). Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (1). Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (4). Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (1).

216

D. Ergebnisse und Ausblick

– Klausel Nr. 11 a)37 (Ausschluss des § 770 Abs. 1 BGB) wird grundsätzlich Vertragsbestandteil und ist wirksam; – Klausel Nr. 11 b)38 (Erfüllungspflicht des Bürgen trotz einer durch den Hauptschuldner tatsächlich erklärten Anfechtung) wird grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil und ist unwirksam. Ein wirksamer Regelungsvorschlag ist in Klausel Nr. 539 formuliert; – Klausel Nr. 12 a)40 (Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB) allein wird weder Vertragsbestandteil noch ist sie wirksam. Mit dem Zusatz der Klausel Nr. 12 b)41 wird Klausel Nr. 12 a) Vertragsbestandteil und ist wirksam; – Klausel Nr. 13 a)42 (Ausschluss der Einrede der Vorausklage) wird grundsätzlich Vertragsbestandteil, ist aber nur mit dem Klauselzusatz Nr. 13 b)43 wirksam; – Die Klauseln Nr. 14 a)44 und 14 b)45 (Verlängerung der Verjährungsfrist der Bürgenschuld) werden grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil und sind unwirksam; ein wirksamer Regelungsvorschlag ist in Klausel Nr. 14 c)46 formuliert; – Klausel Nr. 1547 (Ausschluss der Einrede der Verjährung der Bürgenschuld) wird grundsätzlich kein Vertragsbestandteil und ist unwirksam. Ein Regelungsvorschlag ist in Klausel Nr. 14 c)48 formuliert; – Die Klauseln Nr. 16 a)49 und 16 b)50 (Fälligkeit der Bürgenschuld ab Inanspruchnahme) werden zwar grundsätzlich Vertragsbestandteil, doch sind sie unwirksam. Ein wirksamer Regelungsvorschlag ist in Klausel Nr. 14 c)51 formuliert; – Klausel Nr. 1752 (Geltung eines Anerkenntnisses des Hauptschuldners) wird grundsätzlich Vertragsbestandteil und ist nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle, da sie nicht von den gesetzlichen Bestimmungen abweicht;

37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Siehe unter C. IV. 2. a). Siehe unter C. IV. 2. a). Siehe unter C. II. 4. a). Siehe unter C. IV. 3. a). Siehe unter C. IV. 3. a). Siehe unter C. IV. 4. a). Siehe unter C. IV. 4. c). Siehe unter C. IV. 5. a). Siehe unter C. IV. 5. a) cc). Siehe unter C. IV. 5. a) dd). Siehe unter C. IV. 5. b) aa). Siehe unter C. IV. 5. b) aa). Siehe unter C. IV. 5. c) aa). Siehe unter C. IV. 5. c) aa). Siehe unter C. IV. 5. a) dd). Siehe unter C. IV. 5. d) aa).

I. Ergebnisse

217

– Klausel Nr. 18 a)53 (Bürgschaft auf erstes Anfordern) wird lediglich dann Vertragsbestandteil, wenn die Bürgschaft im internationalen Wirtschaftsverkehr übernommen wird oder sich jemand verbürgt, der gewerbsmäßig Bürgschaften übernimmt. Sie ist nur wirksam im internationalen Wirtschaftsverkehr, wenn ein gewerbsmäßiger Bürge für einen gewerbsmäßigen Bürgen einsteht oder wenn eine Konzernobergesellschaft für eine Tochtergesellschaft bürgt, an der sie sämtliche Anteile hält. Einen wirksamen Regelungsvorschlag für gewerbsmäßige Bürgen, die für einen nicht gewerbsmäßig bürgenden Hauptschuldner einstehen, formuliert Klausel Nr. 18 b)54 ; – die Vermutungsklauseln Nr. 19 a)55 und c)56 werden grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil und sind unwirksam. Vermutungsklausel Nr. 19 b)57 wird grundsätzlich Vertragsbestandteil und ist wirksam; – Klausel Nr. 2058 (Ausschluss des § 777 Abs. 1 S. 2 BGB) ist in der Regel schon als Individualabrede nicht Gegenstand der AGB-Kontrolle. Ist die Klausel ausnahmsweise doch als AGB zu qualifizieren, wird sie grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil und ist unwirkam; – Klausel Nr. 2159 (Einschränkung der Verpflichtung zur Übertragung von Sicherheiten) wird grundsätzlich Vertragsbestandteil und ist wirksam; – Die Klauseln Nr. 22 a)60 und Nr. 22 b)61 (Ausschluss des § 776 BGB) werden grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil und sind unwirksam. Ein wirksamer Regelungsvorschlag ist in Klausel Nr. 22 c)62 formuliert; – Klausel Nr. 2363 (Ausschluss des § 769 BGB, Nebenbürgschaftsklausel) wird grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil und ist unwirksam.

53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63

Siehe unter C. V. 1. a). Siehe unter C. V. 1. d). Siehe unter C. V. 2. b). Siehe unter C. V. 2. b). Siehe unter C. V. 2. b). Siehe unter C. V. 3. a). Siehe unter C. VI. 1. a). Siehe unter C. VI. 2. a). Siehe unter C. VI. 2. a). Siehe unter C. VI. 3. a). Siehe unter C. VI. 3. a).

218

D. Ergebnisse und Ausblick

II. Ausblick für die Klauselpraxis Eine AGB-Inhaltskontrolle ist letztlich immer eine Interessenabwägung. Vor diesem Hintergrund besteht stets eine gewisse Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Wirksamkeit einer jeweiligen AGB. Nichtsdestotrotz lassen sich bei einer Gesamtschau aller in dieser Arbeit vorgenommenen Untersuchungen von Klauseln Leitlinien für die Inhaltskontrolle derjenigen AGB in Kreditbürgschaften aufstellen, die das Akzessorietäts- oder Subsidaritätsprinzip berühren: 1. Eine AGB, die das Akzessorietätsprinzip durchbricht, ist in der Regel unwirksam. Diese These wird gestützt durch die unwirksamen Klauseln Nr. 864 (Ausschluss des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB), Nr. 11 a)65 und 11 b)66 (Ausschluss des § 770 Abs. 1 BGB) und der großteils unwirksamen Klausel Nr. 18 a)67 (Bürgschaft auf erstes Anfordern). 2. Eine AGB, die das Akzessorietätsprinzip intensiviert, ist in der Regel wirksam. Diese These wird von den wirksamen Klauseln Nr. 3 a)68 (Haftung des Bürgen für Vertragszinsen u. a.) und Nr. 3 b)69 (Haftung des Bürgen für variablen Vertragszinssatz) gestützt. 3. Eine AGB, die das Subsidiaritätsprinzip durchbricht, ist in der Regel unwirksam. Diese These wird gestützt durch die unwirksamen Klauseln Nr. 12 a)70 (Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB), der großteils unwirksamen Klausel Nr. 18 a)71 (Bürgschaft auf erstes Anfordern) und der unwirksamen Klauseln Nr. 19 a)72 und c)73 (Vermutungsklauseln bei Ausfallbürgschaft). 4. Eine AGB, die das Subsidiaritätsprinzip intensiviert, ist in der Regel wirksam. Diese These wird gesützt von der formularvertraglichen Ausfallbürgschaft, deren Wirksamkeit per se nicht in Frage gestellt wird.74 Für AGB, die trotz Durchbrechung des Akzessorietäts- oder Subsidiaritätsprinzips wirksam sind, lassen sich die folgenden Leitlinien aufstellen. Es überrascht nicht, dass die wirksamen Durchbrechungen auf dieselben Wertungen zurückzu-

64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

Siehe unter C. IV. 1. a). Siehe unter C. IV. 2. a). Siehe unter C. IV. 2. a). Siehe unter C. V. 1. a). Siehe unter C. II. 2. a). Siehe unter C. II. 2. b) bb). Siehe unter C. IV. 3. a). Siehe unter C. V. 1. a). Siehe unter C. V. 2. a). Siehe unter C. V. 2. a). Siehe unter C. V. 2. a).

II. Ausblick für die Klauselpraxis

219

führen sind wie die der bereits gesetzlich vorhandenen Ausnahmen von den beiden allgemeinen Rechtsprinzipien der §§ 765 ff. BGB:75 5. Eine AGB, die das Akzessorietätsprinzip durchbricht, jedoch nicht dem Sicherungszweck76 der Bürgschaft widerspricht, ist oftmals wirksam. Diese These wird gestützt durch die wirksame Klausel Nr. 577 (Haftung für an die Stelle der Hauptverbindlichkeit getretene Ansprüche aus Bereicherungsrecht und Rückgewährschuldverhältnis), in diesem Zusammenhang auch durch die Sicherung der novierten Forderung, die die sog. „Anlassforderung“ bei einer Globalbürgschaft ablöst,78 sowie durch die wirksame Klausel Nr. 979 (Ausschluss der Einrede der Stundung wegen Vermögenslosigkeit). 6. Eine AGB, die das Akzessorietätsprinzip durchbricht, jedoch praktischen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs Rechnung trägt, ist oftmals wirksam. Diese These wird gestützt durch die wirksamen Klauseln Nr. 10 b),80 c)81 und 14 c)82 (Regelungsvorschlag zur Verjährung der Bürgschafts- bzw. Hauptforderung) sowie durch die Wirksamkeit von Klausel Nr. 18 a)83 (Bürgschaft auf erstes Anfordern) im internationalen Wirtschaftsverkehr und dem dazugehörigen wirksamen Regelungsvorschlag der Klausel Nr. 18 b).84 7. Eine AGB, die das Subsidiaritätsprinzip durchbricht, jedoch dem Umstand Rechnung trägt, dass eine Inanspruchnahme zunächst des Hauptschuldners unzumutbar ist, ist oftmals wirksam. Diese These stützen die wirksamen Klauseln Nr. 19 b)85 (Vermutungsklausel bei Ausfallbürgschaft) sowie Nr. 12 a)86 in Verbindung mit Nr. 12 b)87 (Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB).

75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87

Siehe unter B. I. 1. b) cc) (zur Akzessorietät) und unter B. I. 2. b) (zur Subsidiarität). Siehe unter B. I. 1. b) aa). Siehe unter C. II. 4. a). Siehe unter C. II. 1. e) dd) (2). Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (1). Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (4). Siehe unter C. IV. 1. b) cc) (4). Siehe unter C. IV. 5. b) aa). Siehe unter C. V. 1. a). Siehe unter C. V. 1. d). Siehe unter C. V. 2. a). Siehe unter C. IV. 2. c) cc). Siehe unter C. IV. 3. a).

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Sachwortverzeichnis Abtretung 27, 118 f., 127 f., 197 Akzessorietät 21 – 35, 38 ff., 83, 95, 100, 103 f., 107, 112, 114, 116, 135 ff., 141 ff., 147, 149 –152, 173, 180, 212 – Akzessorietätsprinzip 24, 28, 39 f., 103, 107, 135 f., 138, 141, 149, 212, 218 f. Anerkenntnis 175 – 178, 216 – Schuldanerkenntnis 175 Anfechtung 145 ff., 149 – 152, 216 Anlassforderung 76 – 82, 84 ff., 88, 93 f., 99 ff., 103 f., 215, 219 Anlassrechtsprechung 76 ff. Anpassungssymmetrie 108 Aufrechnung 28, 35 f., 152 – 157 Ausfallbürgschaft 187 – 192, 218 f.

Gesellschafter 17, 91 f., 132, 165 – Alleingesellschafter 81 f., 89, 91, 214 – Mehrheitsgesellschafter 81 f., 89, 91, 214 – Minderheitsgesellschafter 89 ff. Globalbürgschaft 76 f., 80, 82, 84, 96, 124 f., 213 f., 219

Begründungslast 64, 213 Bereicherungsrecht 113 ff., 147, 151, 181, 215, 219 Bürgenschutz 23 f., 33 ff., 142, 178 Bürgschaft auf erstes Anfordern 159, 179 – 186, 217 ff.

Legalzession

Cessio Legis

29, 117, 160, 196

Dispositionskredit

95 – 99, 214

Einrede 28, 32, 34 – 37, 41, 133, 135 – 138, 140, 142 – 146, 149 f., 153 ff., 157 – 160, 162 f., 167 – 172, 174, 178, 200, 215 f., 219 – Einrede der Vorausklage 35 ff., 41, 138, 140, 154, 158 – 163, 168, 171, 216 – Stundungseinrede 137 – Verjährungseinrede 137 – 142, 144, 168 f., 175, 178, 215 Einwendung 28, 201 Geltungserhaltende Reduktion 53, 93 f., 101 f., 213 Geschäftsführer 81 f., 89 – 92, 214

Handlungsbevollmächtigter 81 f., 89 f. Höchstbetragsbürgschaft 77, 79, 85 – 88, 95 f., 99, 109, 111, 119, 121 f., 126, 148, 153, 206, 208 – 211, 214 f. Kardinalpflichten 67, 72, 213 Kontokorrentkredit 33, 76, 98, 103 f., 126, 195 f. 157, 160

Missbrauchsrisiko 48 f., 51 f., 183 Mitbürgschaft 206 Nebenbürgschaft 206, 211, 217 – Nebenbürge 207 ff. Novation 103 f. Ökonomische Analyse

73, 133

Privatautonomie 44, 51, 54 f., 61, 84, 94 Provision 105, 109 f., 112, 133, 215 Prozesskosten 139, 153, 156 f., 160 f., 179, 183 Quotenschaden

121, 123, 125, 127 f.

Rechtsprinzip 19, 31, 38 – 41, 44, 83, 155, 212, 219 Regelbeispiel 63, 67, 72, 213 Richtigkeitsgewähr 44 f., 51 Rückgewährschuldverhältnis 113 – 116, 215, 219

Sachwortverzeichnis Selbstschuldnerische Bürgschaft 138 – 141, 159, 168, 171, 174, 188, 191 f. – Selbstschuldner 161, 170, 188 Sicherheitsleistung 117, 123, 125 f., 128, 215 Sicherungsabrede 76 ff., 80 – 88, 90, 92, 94, 96, 98 – 104 – Globale Sicherungsabrede 77, 80, 90, 98, 102, 104 Sicherungszweck 24 f., 30, 33 f., 40, 83, 101, 104 f., 118, 132, 134 ff., 142 f., 147 f., 178 f. Stundung 26, 136, 137, 215, 219 – Stundungseinrede siehe Einrede Subsidiarität 21, 35 – 38, 40 f., 72, 155 f., 173 f., 187, 212 – Subsidiaritätsprinzip 19 f., 40 f., 155 f., 183, 212, 218 f. Transaktionskosten 46, 73, 129, 132 f. Transparenzgebot 88, 91, 108 f., 205 Umschuldung

103 ff.

237

Verbot der Fremddisposition 85, 87 Verhältnismäßigkeit 55 – Verhältnismäßigkeitsprinzip 54 f., 94 Verjährung 137 – 140, 142 ff., 162 f., 165, 167 – 178, 215 f., 219 – Verjährungseinrede siehe Einrede – Verjährungsfrist 138 f., 142, 144 f., 162 – 167, 169 f., 172, 174 f., 177 f., 216 Vermutungsklausel 187 f., 190, 217 ff. Vertragsfreiheit 43 f., 48, 50 f., 169, 213 Vertragsgerechtigkeit 48, 51 Vertragsgestaltungsfreiheit 49, 50 Vertragszweck 62, 68 f., 71, 191 – Vertragszweckgefährdung 71, 191, 213 Vollstreckungsabwehrklage 139 Zinsen 100 ff., 105, 109 f., 112, 114 ff., 133, 147, 151 f., 196, 215 – Fester Zinssatz 106 f. – Variabler Zinssatz 106, 108 – Vertragszinsen 100, 105 ff., 110, 112, 214 f., 218

Lebenslauf Lukas Hüttemann geboren am 17.03.1988 in Bergisch Gladbach

Berufserfahrung seit 08/2018 12/2013 – 05/2015

Linklaters LLP, Düsseldorf und Frankfurt a. M. Rechtsanwalt, Associate im Fachbereich Investment Funds Linklaters LLP, Frankfurt a. M. Wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Fachbereichen Kapitalmarktrecht, Banking und Restrukturierung/Insolvenz

Rechtsreferendariat (01/2016 – 02/2018) 01/2016 – 02/2018 Oberlandesgericht Köln Rechtsreferendariat (Dienststelle: Landgericht Köln) 02/2018 Justizministerium NRW, Düsseldorf, Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 10/2017 – 12/2017 Noerr LLP, London Rechtsreferendar im Corporate/M&A und Litigation 12/2016 – 09/2017 Noerr LLP, Düsseldorf Rechtsreferendar im Fachbereich Banking Litigation 09/2016 – 11/2016 Verwaltung des Deutschen Bundestages, Berlin Rechtsreferendar im Sekretariat des Bundesfinanzausschusses

Studium der Rechtswissenschaften und Promotionsstudium 02/2020 Universität zu Köln, Bestehen der Disputation 10/2013 Universität zu Köln, Promotionsstudium Doktorand bei Frau Prof. Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb 10/2015 – 12/2015 University of California in Berkeley (Boalt Hall) Forschungsaufenthalt als Visiting Scholar im Rahmen der Promotion 09/2013 OLG Köln, Bestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung 10/2007 Universität zu Köln, Aufnahme des Studiums der Rechtswissenschaften

Nebenberufliche Tätigkeiten 06/2013 – 06/2015 Universität zu Köln Korrektor universitärer Klausuren und Hausarbeiten 07/2007 – 09/2013 Tennistrainer (u. a. TC Lohmar, TF Bielstein, Vft Gummersbach, TC 80 Gummersbach) – Inhaber der DTB B-Lizenz Leistungssport