Actio Pauliana und fraudulent conveyances: Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts in England [1 ed.] 9783428538003, 9783428138005

Das englische Gläubigeranfechtungsrecht (fraudulent conveyances law) beruht auf einem Mosaik aus Gesetzen und Urteilen.

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Actio Pauliana und fraudulent conveyances: Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts in England [1 ed.]
 9783428538003, 9783428138005

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Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und anglo-amerikanischen Rechtsgeschichte

Band 29

Actio Pauliana und fraudulent conveyances Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts in England

Von Constantin Willems

Duncker & Humblot · Berlin

CONSTANTIN WILLEMS Actio Pauliana und fraudulent conveyances

Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und anglo-amerikanischen Rechtsgeschichte

Herausgegeben von Richard Helmholz, Knut Wolfgang Nörr und Reinhard Zimmermann

Band 29

Actio Pauliana und fraudulent conveyances Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts in England

Von Constantin Willems

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier hat diese Arbeit im Wintersemester 2010/2011 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-1167 ISBN 978-3-428-13800-5 (Print) ISBN 978-3-428-53800-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-83800-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2010 / 2011 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation unter dem Titel „Et etiam apud nos, quod Actioni Paulianae aliquo modo respondet. Zur Rezeption der kontinentalen Gläubigeranfechtung ins englische Recht“ angenommen. Teilweise konnte die bis zur Drucklegung erschienene Literatur in den Fußnoten noch berücksichtigt werden. Danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Thomas Rüfner, der die Arbeit angeregt, engagiert und interessiert betreut hat und mir jederzeit die notwendige akademische Freiheit gelassen hat. Großen Dank schulde ich ihm überdies für die langjährige und vielfältige Förderung, die mir als Mitarbeiter an seiner Professur seit meinem dritten Studiensemester zuteil wird. Herrn Professor Diederich Eckardt bin ich nicht nur für sein Zweitgutachten, sondern auch für zahlreiche weiterführende Hinweise sehr dankbar. David Ibbetson, Regius Professor of Civil Law an der University of Cambridge, ermöglichte mir einen Forschungsaufenthalt an seiner Fakultät; für seine freundliche Unterstützung danke ich herzlich. Den Herausgebern der „Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History“, den Herren Professoren Knut Wolfgang Nörr, Richard Helmholz und Reinhard Zimmermann, danke ich für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Für die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses gebührt mein Dank der Gerda Henkel Stiftung. Die Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen an der Professur und am Fachbereich bot mir die angenehme Atmosphäre, die für ein fruchtbares wissenschaftliches Schaffen unerlässlich ist. Insbesondere erwähnen möchte ich Christian Wagner, der nicht nur räumlich stets mein erster Ansprechpartner war, und Eva Quick, die freundlicherweise auch eine kritische Durchsicht der Arbeit übernommen hat. Meine Eltern und mein Bruder stehen mir immer mit Rat und Tat zur Seite. Ihnen dafür diese Arbeit zu widmen, ist das mindeste, was ich tun kann. Trier, im Dezember 2011

Constantin Willems

Inhaltsverzeichnis A. Einführung in die Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

I. Verortung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

II. Herangehensweise an das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

I. Überblick über das justinianische Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1. Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

2. Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

3. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

a) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

b) Objektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

c) Subjektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

d) Aktiv- und Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

4. Rechtsnatur und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

a) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

C. Rechtsentwicklungen in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

I. Zur Rezeption des römischen Rechts in England im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . .

46

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts in England im Speziellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

1. Römisches Gläubigeranfechtungsrecht als Gegenstand von Lehre und Praxis . .

48

a) Römisches Gläubigeranfechtungsrecht als Gegenstand der Lehre . . . . . . . . . .

48

aa) Vacarius und der Liber Pauperum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eine anonyme lectura zu den Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Römisches Recht an den Universitäten Oxford und Cambridge . . . . . . . .

48 52 53

b) Römisches Gläubigeranfechtungsrecht in der Fachgerichtspraxis . . . . . . . . . . aa) Ecclesiastical courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) „cordis dolore“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55 55 56 64

8

Inhaltsverzeichnis bb) Court of Chancery . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

cc) Court of Admiralty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

2. Kontinentale Einflüsse auf Gesetzesrecht und common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

a) Gesetzesrecht (statute law) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

aa) 25 Edw. III., stat. 5, c. 23 (1351) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorgeschichte der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Hintergründe der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zur kollektiven Haftung für Verbindlichkeiten eines Einzelnen . . . .

78 79 82 84

bb) Frühe Ansätze allgemeiner Gesetzgebung gegen Gläubigerverkürzung (1) 50 Edw. III. c. 6 (1376) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) 3 Hen. VII. c. 4 (1487) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 89 92 95 98

cc) 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Paraphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einordnung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) „presumably under strong Flemish influence“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Rechtslage nach flämischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vergleich zwischen den Gesetzen Karls V. und 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100 101 105 110 110

dd) 13 Eliz. I. c. 7 und 13 Eliz. I. c. 5 (1571) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) 13 Eliz. I. c. 7 (1571) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Paraphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Einordnung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) 13 Eliz. I. c. 5 (1571) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Paraphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Einordnung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123 124 124 125 130 130 131 137 140

117

ee) 1 Jac. I. c. 15 (1603-4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 (1) Paraphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 (2) Einordnung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 ff) 21 Jac. I. c. 19 (1623-4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (1) Paraphrase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (2) Einordnung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) Anon. (1535) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 bb) Lyte & son feme, et Gyles Peny (1541) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Inhaltsverzeichnis cc) dd) ee) ff) gg) hh) ii) jj) kk)

Anon. (1557) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Smith v. Mills / „Case de Bankrupts“ (1589) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pauncefoot v. Blunt / „Pauncefoot’s Case“ (1593) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilson v. Packman / „Packman’s Case“ (1595) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Watson’s Case (1595) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goodall v. Wyatt (1595) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Upton v. Basset (1595) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Twyne’s Case (1602) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 161 162 166 168 169 170 171 173 184

D. Ergebnisse der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Verzeichnis der zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Handschriftliche Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Übrige Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Verzeichnis der zitierten Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Abkürzungsverzeichnis A.D.

anno Domini

AnfG

Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz)

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

Bas.

Basilica

Bd.

Band

Begr.

Begründer

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

bzw.

beziehungsweise

c.

chapter, capitulum

C.

Codex (Iustiniani)

C.Th.

Codex Theodosianus

D.

Digesta

DNB

Dictionary of national biography

f.

folgende(r); Folio

ff.

folgende; Folios

Fn.

Fußnote

HBC

Handbook of British Chronology

hg.

herausgegeben

Hg.

Herausgeber

HRG

Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte

I.

Institutiones (Iustiniani)

INDEX

Quaderni camerti di studi romanistici

insb.

insbesondere

InsO

Insolvenzordnung

IPRax

Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

KTS

Konkurs, Treuhand, Sanierung; ab 2004: Zeitschrift für Insolvenzrecht

Labeo

Rassegna di diritto romano

LQR

The Law quarterly review

Abkürzungsverzeichnis MGH

11

Monumenta Germaniae historica

MS.

Manuscript

MüKo

Münchener Kommentar

m. w. N.

mit weiterem Nachweis

NNDI

Novissimo Digesto Italiano

RE

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft

RIDA

Revue internationale des droits de l’antiquité

Rn.

Randnummer

Rot. Parl.

Rotuli Parliamentorum

S.

Seite(n)

SDHI

Studia et documenta historiae et iuris

s.l.

sine loco

Sp.

Spalte(n)

stat.

statute

SZ

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung

SZ GA

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung

TR

Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis

u. a.

und andere

v.

von, versus

vgl.

vergleiche

VI

Liber Sextus

X

Liber Extra

ZEuP

Zeitschrift für europäisches Privatrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis; ab 1983: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZNR

Zeitschrift für neuere Rechtsgeschichte

ZRG

Zeitschrift für Rechtsgeschichte

ZZP

Zeitschrift für Zivilprozeß

Actioni Paulianae aliquo modo respondet. John Cowell, Institutiones Iuris Anglicani, I. 4, 6, § 8

A. Einführung in die Arbeit I. Verortung des Themas Auf dem Landtag von Merton im Jahre 1236 antworteten die englischen Barone und Grafen auf eine Anfrage, in einem Einzelfall ein Institut des römisch-kanonischen Rechts ins englische Recht zu übernehmen, dass sie die gewohnten und anerkannten Gesetze Englands nicht ändern wollten („nolunt leges Anglie mutare que usitate sunt et approbate“).1 In diesem dictum manifestierte sich beispielhaft die ablehnende Haltung seitens der englischen Juristen und des englischen Rechts, des common law, gegenüber einer Rezeption des auf dem Kontinent geltenden, auf römischrechtlichen Grundlagen fußenden Rechts, des später sogenannten ius commune. Diese „noble isolation“ des englischen Rechts, wie sie mitunter2 bezeichnet wurde, setzte sich freilich nicht flächendeckend durch3: etwa in der Rechtsprechung der kirchlichen Gerichte (ecclesiastical courts), des Court of Chancery, des Court of Admiralty oder auf dem Gebiet des Handelsrechts gab es starke kontinentale und damit letztlich römischrechtliche Einflüsse.4 1 20 Hen. III., c. 9 (1235-6) = The Provisions of Merton: „omnes Comites et Barones una voce responderunt quod nolunt leges Anglie mutare que usitate sunt et approbate“ (Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 4). Getroffen wurde diese Aussage anlässlich der Frage, ob ein nichtehelich geborenes Kind durch die nachfolgende Heirat der Eltern in den (bezüglich seines Erbrechts bedeutsamen) selben Status aufsteige wie ein ehelich geborenes Kind („utrum aliquis natus ante matrimonium habere poterit hereditatem, sicut ille qui natus est post“, Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 4). Die Weigerung der englischen Barone und Grafen und ihr Beharren auf den gewohnten und anerkannten Gesetzen Englands erfolgte trotz der Bitte der englischen Bischöfe, diese legitimatio per subsequens matrimonium anzuerkennen, da diese auch in Einklang mit dem Recht der Kirche stehe („quia ecclesia tales habet pro legitimis“, Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 4). Siehe generell zum „dictum of Merton“ etwa Schlosser, § 9, S. 240, oder Reimann, S. 361. 2 Baker, Introduction, 3. Aufl. (1990), S. 35. Die 4. Aufl. (2002), S. 29, verzichtet auf die Klassifizierung als „noble“ und spricht nur noch von „isolation“. In diesem Sinne auch Ibbetson / Lewis, S. 9: „Behind this, too, lay a strongly held ideological commitment to the insularity of the Common law and its separateness from the Civil law“. 3 Verwiesen werden soll hier nur exemplarisch auf die Worte von Pringsheim, Relationship, S. 347: „When I reviewed Roman law, and later on English law, from the German point of view, it struck me again and again that the two systems touch each other at many points“. 4 Schlosser, § 9, S. 240, Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 4 ff. und Roman Law, S. 35 ff., Scrutton, S. 2. Ferner zu römischrechtlichen Einflüssen auf die englische Rechtsprechung zwischen 1300 und 1600 in den Gerichten, die ihrer Natur nach eigentlich das common law anwendeten, Seipp, Reception, S. 388 ff.

14

A. Einführung in die Arbeit

Oftmals wird auch darauf verwiesen, dass das englische und das kontinentale Insolvenzrecht gemeinsame Wurzeln haben.5 Unklar ist allerdings, worin diese Wurzeln liegen. Teilweise wird im frühen englischen Insolvenzrecht des 16. Jahrhunderts eine Rezeption von oberitalienischem Statutarrecht ab dem 13. Jahrhundert ausgemacht,6 teilweise wird sich auf eine eine Anlehnung an kontinentale Vorgängergesetze aus den Niederlanden7 und Frankreich8 berufen, teilweise werden dem englischen Insolvenzrecht unmittelbare römischrechtliche Wurzeln zugeschrieben9, teilweise über das Handelsrecht vermittelte10. Wenn schon die Herkunft des englischen Insolvenzrechts im Allgemeinen umstritten ist, stellt sich dieselbe Frage ebenso im Speziellen für einzelne Rechtsinstitute. In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit die kontinentale Doktrin der actio Pauliana, der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtungsklage des justinianischen Rechts, mit der betrügerische Handlungen des später insolventen Schuldners zum Nachteil seiner Gläubiger angegriffen und die betrügerisch veräußerten Gegenstände in sein vollstreckbares Vermögen zurückgerufen werden konnten, Eingang in das englische Recht gefunden hat. Diese römischrechtliche Klage wurde auf dem gesamten europäischen Festland rezipiert11 und stellt etwa die Wurzel des geltenden deutschen Gläubiger- und Insolvenzanfechtungsrechts (§§ 1 ff. AnfG und §§ 129 ff. InsO) dar.12 Als im Juni 1982 der Bericht des von Kenneth Cork geleiteten „Review Committee on Insolvency Law and Practice“ (der sogenannte „Cork Report“) den sta5 Bei Pakter, Bankruptcy, S. 504, heißt es: „English bankruptcy has long been recognized as a civil law transplant“. Vgl. ferner etwa Rossi, S. 1, Roscoe, S. 170, Blackstone, Buch 2, S. 472, oder Del Marmol, S. 81. 6 So etwa Rossi, S. 4: „la maggioranza degli scrittori ammette, in genere, che l’origine del fallimento [nel diritto inglese] vada ricercata negli statuti italiani a partire dal XIII secolo“, mit Begründung auf S. 5 ff. Ebenso Roscoe, S. 170: „It may be that, like some of the origins of English maritime law, the theory of a bankruptcy law came from the Mediterranean, for in the trading towns of medieval Italy a system of bankruptcy law existed from an early period, and before Benvenuto Stracca, a learned lawyer of Ancona, wrote a treatise on the subject in 1584, a bankruptcy law of comparatively an elaborate character must have been in force“. 7 Riesenfeld, Bankruptcy, S. 356, Dalhuisen, § 2.02, 1 – 41, Paulus, Kaleidoskop, S. 1155, Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 328. 8 Paulus, Kaleidoskop, S. 1155. 9 Blackstone, Buch 2, S. 472: „In this respect our legislature seems to have attended to the example of the Roman law“. 10 Del Marmol, S. 81: „Par le canal de la ‚loi marchande‘, le droit romain du Bas-Empire pénétra dans le droit coutumier anglais (common law) et y introduisit l’institution de la cession de biens“. 11 Vgl. nur Ankum, Geschiedenis, S. 17 und 99 sowie Pauliana, S. 17 und 64 ff., Göranson, Actio Pauliana, S. 90. 12 Vgl. etwa Huber, Einführung, S. 7 f., Rn. 1, Thole, Gläubigerschutz, S. 288 ff., oder Paulus / Zenker, S. 8 mit Fn. 77; zu Einzelaspekten vgl. etwa Kummer, S. 393 ff. oder Eckardt, Anfechtungsklage, S. 7 ff. und Restitution, S. 158.

I. Verortung des Themas

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tus quo des englischen Insolvenzrechts niederzulegen suchte, wurde bezüglich der actio Pauliana festgestellt, dass diese nie in England eingeführt worden sei und das common law nie eine vergleichbare Klage entwickelt habe, wenngleich seit dem 16. Jahrhundert analoge gesetzlich eingeführte Rechtsmittel zur Verfügung standen.13 Nach Kohler ist das englische Recht selbständig zu denselben Ergebnissen wie das kontinentale Recht, sozusagen auf anderem Wege zum selben Ziel, gekommen.14 Glenn gibt zu, ein Einfluss des römischen Rechts sei zwar nicht in aller Exaktheit nachzuvollziehen,15 jedoch sei es unvorstellbar, dass das Wissen um die römischrechtliche Regelung in England nicht vorhanden gewesen sei.16 Ankum konstatiert noch weitergehend, die actio Pauliana sei in allen europäischen Ländern, England nicht ausgenommen, rezipiert worden.17 Bezüglich eines Gesetzes Elisabeth I. von 157118 stellt er fest, die Ähnlichkeit mit dem römischen Recht springe regelrecht ins Auge.19 Ein einheitlicher Stand der Forschung zu der Frage, ob und inwieweit die actio Pauliana in England rezipiert worden ist, existiert folglich nicht. Dies macht eine eingehende Beschäftigung mit dieser Fragestellung interessant, wie sie auch etwa von Ankum gefordert wird: „het zou de moeite lonen de oor13 Cork, S. 874, Rn. 1200: „The Paulian Action has never been introduced into England, and no comparable form of action has ever been developed by the Common Law; but analogous remedies have been provided by statute and have formed part of the law of England since the Sixteenth Century“. In diesem Sinne stellt auch Rossi, S. 125, die These auf, dass das englische Recht diese revokatorische Klage des kontinentaleuropäischen Rechts nie gekannt habe, sondern allenfalls die Rechtsfigur der fraudulent conveyances als analoges Rechtsmittel (vgl. zu dieser Rechtsfigur das Werk von Glenn, Fraudulent Conveyances, passim). Auch Riesenfeld, Evolution, S. 421, stellt fest, dass, während die actio Pauliana Vorbild für ähnliche Rechtsmittel in allen modernen kontinentalen Gesetzbüchern wurde, auch das englische Recht mitzog und Gläubiger gegen betrügerische Schuldner schützte („While the actio Pauliana became the model for similar remedies in all modern continental codes, it is a well known fact that English law also followed suit and protected creditors against fraudulent debtors.“). 14 Kohler, S. 201. 15 Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, § 60, S. 82: „One cannot describe with any exactness the impact of Roman law upon the English thought of earlier centuries, although it was inevitable that mercantile features of the great Code would trickle through all channels of the law merchant“. 16 Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, § 60, S. 83: „That this learning [Anm. d. Verf.: auf dem Gebiet des römischen Insolvenzrechts] was below the English horizon is incredible“. 17 Ankum, Geschiedenis, S. 17 und S. 99. 18 13 Eliz. I. c. 5 (1571). 19 Ankum, Pauliana, S. 69: „De gelijkenis mit de Romeinsrechtelijke Pauliana springt in het oog“.

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A. Einführung in die Arbeit

sprong van dit wetsartikel nader te onderzoeken“20 – Es wird der Mühe wert sein, Herkunft und Ursprünge des englischen Äquivalents der actio Pauliana einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen. Einem kontinentaleuropäischen Juristen, der nicht im englischen Rechtssystem aufgewachsen ist und dieses damit nicht gleichsam selbstverständlich als eigenartig voraussetzt, dürften Zusammenhänge zwischen römischem und englischem Recht dabei leichter ins Auge fallen als einem englischen Juristen, der von Anfang an im common law geschult ist.21 Gleichwohl ist mit Ibbetson zuzugeben, dass es dem englischen Rechtshistoriker grundsätzlich näher liegen mag, die Eigenheit seiner Rechtsordnung zu betonen, während der kontinentale Rechtshistoriker prinzipiell eher in Richtung einer gemeineuropäischen Rechtstradition zu arbeiten versucht ist.22 Die Arbeit soll damit zum einen bezüglich eines kleinen Mosaiksteins einen Beitrag zur oben angerissenen Problematik leisten, inwieweit das englische Recht trotz seiner isolierten Inselposition vom kontinentalen, auf rezipiertem römischen Recht beruhendem Recht beeinflusst wurde, und es soll der Versuch unternommen werden, auf dem Gebiet des Gläubiger- und Insolvenzanfechtungsrechts „den Mythos von der Isolation historisch in Frage zu stellen“23. Zum anderen kann die Betonung eventuell gemeinsamer Wurzeln von kontinentalem und englischem Recht auch vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Insolvenzanfechtungsrechts24 von Interesse sein. Eine kollisionsrechtliche Regelungen treffende „Europäische Verordnung für Insolvenzverfahren“ ist bereits seit dem 31. Mai 2002 in Kraft.25 Vor diesem HinterAnkum, Pauliana, S. 69. In diesem Sinne auch Pringsheim, Relationship, S. 347: „When I reviewed Roman law, and later on English law, from the German point of view, it struck me again and again that the two systems touch each other at many points. It is obvious that this relationship must be clearer to a person acquainted with German law (and therefore speaking as an outsider) than it is to an English student who understands his law by working within the system and appreciates it accordingly“. 22 Ibbetson, Selden Society, S. 4: „There is a strong element of fashion in the choice of perspective. Legal historians in England have tended to stress the separateness of the English experience, while continental scholars have been in the van of the movement to depict a genuinely European legal history transcending the separate histories of different countries or regions“. 23 So Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 8. 24 Vgl. hierzu etwa Vaquer, S. 421 ff., der Europa auf einem guten Weg bezüglich einer Vereinheitlichung auf dem Gebiet der actio Pauliana sieht (S. 439). Thole, Wertungen, S. 68, merkt an, dass die Internationalisierung auf dem Gebiet des Insolvenz- und Vollstreckungsrechts „europäische Handlungsperspektiven offengelegt“ habe. 25 Die Verordnung (EG) Nr. 1346 / 2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (= EuInsVO), veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. L 160 vom 30. 06. 2000, S. 1 ff., gilt „für Gesamtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben“ (Art. 1 Abs. 1 EuInsVO). Art. 4 20 21

I. Verortung des Themas

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grund fragt Flessner: „Sollte es da nicht möglich sein, wissenschaftlich einen Schritt weiter zu gehen, nämlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den einzelstaatlichen Insolvenzrechten festzuhalten und so jedenfalls eine europäische Verständigungsebene, einen insolvenzrechtlichen ‚Referenzrahmen‘ zu schaffen?“26 Wiederholt wird diesbezüglich darauf verwiesen, das kontinentale Recht möge sich doch auf dem Gebiet des Insolvenzrechts und Insolvenzanfechtungsrechts mit dem System des common law auseinandersetzen.27 Doch lediglich, wenn gemeinsame Wurzeln von englischem und kontinentalem Recht nachgewiesen werden können, lediglich, wenn das englische Recht sozusagen einen „europäischen Charakter“ hat, ist eine solche europäische Rechtsvereinheitlichung praktikabel.28 Gemeinsame Wurzeln wiederum sind nur denkbar, wenn statt der eingangs erwähnten „noble isolation“ das englische Recht sich kontinentalen Einflüssen geöffnet hat.29

Abs. 1 EuInsVO regelt, dass „für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren eröffnet wird,“ gilt. Dabei soll das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung insbesondere regeln, „welche Rechtshandlungen nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam sind, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen“ (Art. 4 Abs. 2 lit. m) EuInsVO). Für die Anfechtung gilt dabei allerdings nach Art. 13 EuInsVO eine Ausnahme für den Fall, dass „die Person, die durch eine die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligende Handlung begünstigt wurde, nachweist, dass für diese Handlung das Recht eines anderen Mitgliedstaats als des Staates der Verfahrenseröffnung maßgeblich ist und dass in diesem Fall diese Handlung in keiner Weise nach diesem Recht angreifbar ist“, was zur Folge hat, dass sich letztlich das „anfechtungsfeindlichste“ Rechtssystem durchsetzt (so Leible / Staudinger, S. 557). Gegenüber Drittstaaten gilt die entsprechende Regelung des § 339 InsO, vgl. MüKo BGB / Kindler, Vorbemerkung zu §§ 335 ff. InsO, Rn. 2 und § 339 InsO, Rn. 8 sowie Uhlenbruck / Lüer, § 339 InsO, Rn. 2 und 4. Vgl. zur EuInsVO und ihrer Umsetzung ferner Becker, S. 287 ff., Ehricke / Ries, S. 313 ff., Kranemann, S. 171 ff., Paulus, Europäische Insolvenzverordnung, S. 729 ff. oder Thole, Gläubigerschutz, S. 764 ff. sowie 807 ff. In den USA gilt seit dem 17. Oktober 2005 ein neues internationales Insolvenzrecht, vgl. dazu nur Rüfner, Neues internationales Insolvenzrecht in den USA, S. 1859 ff. m. w. N. 26 Flessner, S. 887. Das Ergebnis einer europäischen Arbeitsgruppe ist veröffentlicht in McBryde / Flessner / Kortmann, passim. Vgl. dazu etwa Thole, Wertungen, S. 90. 27 Vgl. etwa Latham, S. 183, oder Thole, Gläubigerschutz, insbes. S. 5, aber auch S. 90 f. und S. 207. 28 So Rüfner, Traditio, S. 233. Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof Dámaso Ruiz-Jarabo Colomer geht in seinen Schlussanträgen vom 16. Oktober 2008 in der Rechtssache Seagon / Deco Marty Belgium NV (C-339 / 07) auf die Geschichte der actio Pauliana ein und betont in Rn. 25: „Zweitausend Jahre sind genügend Zeit, damit sich das Recht und seine Anwender fortentwickeln können. Dem Genie der römischen Juristen ist es jedoch zu verdanken, dass die grundlegenden Identitätsmerkmale der actio pauliana bis heute intakt sind. Trotz der Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gibt es einen genetischen Code, der den Lösungen, die sie gegenüber Vermögensverfügungen zum Nachteil der Gläubiger zur Verfügung stellen, gemeinsam ist“. 29 Rüfner, Traditio, S. 233.

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A. Einführung in die Arbeit

II. Herangehensweise an das Thema Um eine sinnvolle Beschäftigung mit der Frage zu gewährleisten, inwieweit das englische Recht die kontinentale actio Pauliana rezipiert hat, ist zunächst der mögliche Rezeptionsgegenstand genau zu bestimmen. Dies erfordert in einem ersten Schritt eine Analyse der Quellenlage des Corpus Iuris Civilis, der vom oströmischen Kaiser Justinian (527 – 565) in Auftrag gegebenen Rechtssammlung,30 die, nachdem sie im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten war, nach ihrer Wiederentdeckung um 1060 zur Grundlage der juristischen Wissenschaft und Forschung an der Universität Bologna wurde und deren Rezeption jedenfalls das kontinentale Recht seit dieser Zeit prägte.31 Einzugehen ist insbesondere auf I. 4, 6, 6, auf D. 42, 8 (quae in fraudem creditorum facta sunt ut restituantur) sowie auf C. 7, 75 (de revocandis his quae per fraudem alienata sunt). Die höchst umstrittene Klassizität dieser Texte32 kann dabei dahinstehen, da sie für ihre Rezeption ohne Belang ist. In einem zweiten Schritt sollen anschließend die thematisch einschlägigen Zeugnisse auf dem Gebiet des englischen Insolvenz- und Gläubigeranfechtungsrechts analysiert werden. Nach einer kurzen, einleitenden Bemerkung über die Rezeption des römischen Rechts in England im Allgemeinen soll in den Schriften der großen englischen Juristen33, den sogenannten „books of authority“, in den englischen Gesetzen („statutes“), die sich mit Insolvenz- und Gläubigeranfechtungsrecht befassen34, sowie in von den Gerichten entschiedenen Rechtsfällen („cases“) im Speziellen nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden auf dem Gebiet der Anfechtung von betrügerischen Handlungen des Schuldners zum Nachteil seiner Gläubiger gesucht werden. Dabei soll an den jeweils einschlägigen Stellen auf parallele oder konträre Entwicklungslinien der Rezeption der actio Pauliana in Kontinentaleuropa eingegangen werden. Eine wichtige Etappe dieser Rezeption findet sich im oberitalienischen Statutarrecht des 12. und 13. Jahrhunderts35, das „auf der Basis des römischen Rechts […] eine eigenständige Ausprägung“ erlangte36. Wie bereits angedeutet, wird dieses teilweise als die Quelle des frühen englischen Insolvenzrechts geZum Corpus Iuris Civilis knapp Schlosser, § 1, S. 28 ff. Zur Rezeption des Corpus Iuris Civilis etwa Schlosser, § 2, S. 36 ff. 32 Hierzu eingehend etwa Ankum, Geschiedenis, S. 25 ff. sowie die Werke von Impallomeni, Studi; Lenel, Anfechtung, S. 3 ff., Solazzi, Revoca und neuerdings Grevesmühl. 33 Etwa Vacarius, Dyer, Moore, Bacon, Coke und (wenn auch deutlich später) Blackstone – vgl. zu diesen knapp Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 175 ff. 34 25 Edw. III. stat 5, c. 23 (1351), 50 Edw. III. c. 6 (1376), 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379), 3 Hen. VII. c. 4 (1487), 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3), 13 Eliz. I. c. 5 und c. 7 (1571), 1 Jac. I. c. 15 (1603-4) sowie 21 Jac. I. c. 19 (1623-4). 35 Hierzu m. w. N. Rocco, S. 179 ff. 36 Meier, S. 19. 30 31

II. Herangehensweise an das Thema

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sehen,37 sodass eine eingehendere Betrachtung vonnöten ist. Weiterhin soll – en passant – auf die Behandlung der genannten römischen Rechtsquellen bei Glossatoren, Ultramontani und Kommentatoren sowie Juristen des Humanismus, des usus modernus Pandectarum und der hollandse elegante school38 eingegangen werden sowie auf in Kontinentaleuropa ergangenes Gesetzesrecht, sofern sich Parallelen zur Rechtslage in England zeigen. Die Arbeit wird sich dabei auf die Entwicklung bis zur Herrschaft König James I. (1603 – 1625) beschränken. Unter James I. kam es in 1 Jac. I. c. 15 (1603-4) zum „Schulterschluss zwischen bankruptcy law und dem fraudulent conveyances law“39. Zudem war mit der in 21 Jac. I. c. 19 (1623-4) gipfelnden Gesetzgebung die Phase der Gesetze, die sich aus Erwägungen des Gläubigerschutzes strikt gegen den betrügerischen Schuldner richteten, beendet;40 spätere Gesetze, vor allem ab 4 & 5 Anne, c. 17 (1705), befassten sich vor allem mit dem Schutz des Schuldners, der Ermöglichung eines finanziellen Neuanfangs sowie der Verwaltung und Verteilung seines Vermögens.41 Insofern bietet sich die Regierungszeit James I. als Zäsur und damit als Endpunkt dieser Untersuchung an.

Vgl. Rossi, S. 4 ff. m. w. N. Hierzu generell m. w. N. Ankum, Geschiedenis, S. 104 ff. 39 So Thole, Gläubigerschutz, S. 105. 40 Vgl. etwa Del Marmol, S. 16: „il existait en Angleterre, dès le millieu du xvie siécle, un réglementation précise de l’insolvabilité commerciale charactérisée par une sévérité très grande vis-à-vis du débiteur, par l’égalité entre les créanciers et par une procédure donnant un aspect à la fois ‚public et privé‘ à l’institution de la faillite“. Siehe auch Levinthal, English Bankruptcy, S. 18. 41 Diesen Einschnitt nach der Gesetzgebung James I. betonen auch Levinthal, English Bankruptcy, S. 1 und 18, Holdsworth, History, Bd. 1, S. 471, Goode, S. 6 f. und zuletzt Kadens, S. 1236. Eine ausführliche Zusammenstellung von Nachweisen zu schuldnerfreundlichen Gesetzesentwürfen findet sich bei Kadens, S. 1250 f., insb. in Fn. 97. 37 38

B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht Als ein Exemplar der Digesten – zwischenzeitlich ob der Wirren der Völkerwanderung und des Niedergangs des Römischen Reichs in Vergessenheit geraten und letztmals im Jahre 603 in einem Brief Papst Gregors des Großen erwähnt1 – um 1060 in Oberitalien wiedergefunden und an der Universität von Bologna wissenschaftlich untersucht und erforscht wurde,2 wurde ihr Inhalt als ratio scripta angesehen.3 Eine textkritische Analyse, was dem klassischen römischen Recht entstammte und wo die Kompilatoren Justinians Anpassungen und Änderungen vorgenommen hatten, setzte erstmals im 16. Jahrhundert mit der Epoche des Juristischen Humanismus ein.4 Mithin ist, sucht man die Frage zu beantworten, inwieweit römisches Recht im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine Rezeption erfahren hat, als Ausgangspunkt nicht das klassische römische Recht des ersten und zweiten nachchristlichen Jahrhunderts, sondern das Recht so zu nehmen, wie es in der Kodifikation Justinians niedergelegt ist.5 Als Grundlage der Arbeit soll daher eine Analyse des justinianischen Rechts unternommen werden. In einem ersten Abschnitt wird ein kurzer Überblick über das justinianische Insolvenzrecht im Allgemeinen gegeben, insoweit es für das Verständnis der Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung im Speziellen erforderlich ist. In einem zweiten Abschnitt sollen sodann die justinianischen Quellen zur Insolvenzanfechtungsklage untersucht werden. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der sedes materiae in den drei Teilen der Kodifikation Justinians: in den Institutionen auf dem Fragment I. 4, 6, 6, in den Digesten auf dem Titel D. 42, 8 sowie im Codex auf dem Titel C. 7, 75. Schlosser, § 1, S. 34. Coing, Privatrecht, S. 9 und Schlosser, § 2, S. 36 f. 3 Vgl. dazu Zimmermann, Römisches Recht, S. 10, sowie kritisch Wieacker, S. 55 ff. 4 Siehe dazu ausführlich Coing, Privatrecht, S. 67 ff., oder knapp Schlosser, § 3, S. 68 ff. 5 In diesem Sinne auch Wacke, S. 421. Der rechtshistorischen Einleitung von Gerhardt – und ebenso der Dissertation von Ankum (Geschiedenis) – wirft Wacke vor: „Die Darstellung hätte – entgegen verbreiteter Übung – besser nicht mit dem klassischen römischen Recht beginnen sollen, dessen Erkenntnis das heute noch nicht erreichte Endziel moderner rechtshistorischer Forschung ist, sondern mit dem Zustand der justinianischen Rechtsquellen. Auf deren Grundlage nämlich hat man in den späteren Jahrhunderten weitergebaut, nicht auf dem insoweit versunkenen, nur durch komplizierte Rückschlüsse rekonstruierbaren Recht der römischen Klassik“. 1 2

I. Überblick über das justinianische Insolvenzrecht

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I. Überblick über das justinianische Insolvenzrecht Das Insolvenzrecht der nachklassischen und justinianischen Zeit beruht auf einem rein amtlichen Verfahren.6 Während in der Zwangsvollstreckung allgemein der Übergang zum Prinzip der Spezialexekution erfolgt ist, findet in den Fällen, in denen der Schuldner zahlungsunfähig ist, im Rahmen des Konkursverfahrens weiterhin ein Verfahren der Generalexekution statt.7 Dieses kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Schuldner überschuldet ist und mehreren Gläubigern gegenübersteht – ansonsten ist für einen einzelnen Gläubiger das Verfahren der Spezialexekution durch Pfändung des geschuldeten Gegenstandes oder bei Geldschulden die sonstiger Gegenstände aus dem Schuldnervermögen (pignus in causa iudicati captum) günstiger.8 Auf die Überschuldung kann etwa aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Schuldner vor seinen Gläubigern verborgen hat (severiores creditores formidans sese celaverit).9 Das Verfahren wird eingeleitet durch den Antrag eines Gläubigers oder mehrerer Gläubiger (postulatio) auf Einweisung aller Gläubiger gemeinsam in den Besitz des Schuldnervermögens (missio in possessionem).10 Gegebenenfalls kann die Vermögensverwaltung, also die Erhaltung, Vermehrung oder Nutzung des Schuldnervermögens, einem curator bonorum übertragen werden.11 Dieser ist vergleichbar mit dem Insolvenzverwalter des geltenden deutschen Rechts.12 Für alle übrigen Gläubiger des insolventen Schuldners besteht während einer Nachmeldefrist von zwei (für in derselben Provinz wie der Schuldner wohnende Gläubiger, also praesentes) oder vier Jahren (für auswärtige Gläubiger, also absentes) die Möglichkeit, sich dem gemeinsamen Verfahren anzuschließen.13 Kaser / Hackl, § 96, S. 623. Kaser / Hackl, § 96, S. 623 f., von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 158, S. 311. 8 Kaser / Hackl, § 96, S. 626, von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 316, Voci, S. 430, Wenger, S. 303, Bertolini, Bd. 3, S. 193 und Ankum, Geschiedenis, S. 35 ff., insb. S. 37. 9 Vgl. C. 7, 72, 10 pr.; siehe auch Spann, S. 47 und Forster, Konkurs als Verfahren, S. 121. 10 Vgl. C. 7, 72, 10 pr.: „creditores […] postulentque in possessionem rerum sese transmitti “ sowie Kaser / Hackl, § 96, S. 627, von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 316, Wenger, S. 304 oder Ankum, Geschiedenis, S. 37. 11 Kaser / Hackl, § 96, S. 627, von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 319, Ankum, Geschiedenis, S. 38, Spann, S. 47, Forster, Konkurs als Verfahren, S. 122. Vgl. auch den Digestentitel D. 42, 7 (De curatore bonis dando) und darin insbesondere D. 42, 7, 2 pr.: „ praetor adeatur isque curatorem curatoresque constituat ex consensu maioris partis creditorum“. 12 Dazu, dass diese Bezeichnung für den curator bonorum treffend ist, vgl. Gerhardt, S. 60. 13 Vgl. C. 7, 72, 10, 1: „ praesentes quidem in una eademque degentes provincia, in qua et possessores rerum commorantur, intra duorum annorum spatia, absentes autem intra quadrien6 7

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Anschließend wird mit Zustimmung des Richters zur Veräußerung der Vermögensgegenstände übergegangen.14 Das Schuldnervermögen wird zu Justinians Zeiten nicht mehr wie in klassischer Zeit en bloc an einen bonorum emptor im Rahmen einer sogenannten venditio bonorum veräußert, sondern es werden die verschiedenen Vermögensbestandteile einzeln veräußert im Rahmen einer sogenannten distractio bonorum.15 Der Erlös wird nach der Berücksichtigung von Vorzugsrechten wie Ab- oder Aussonderungsberechtigungen16 an die Gläubiger im Verhältnis der Höhe ihrer jeweiligen Ansprüche ausgekehrt.17 Folge der distractio bonorum ist die Infamie des insolventen Schuldners.18 Ausnahmsweise ist es dem insolventen Schuldner möglich, der distractio bonorum – und damit der Infamie – durch Abtretung seines gesamten Vermögens (cessio nium creditoribus possessionem antelato modo detinentibus suum debitum certum faciant “ sowie Kaser / Hackl, § 96, S. 628, von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 320, Voci, S. 430, von Seuffert, Konkursprozessrecht, S. 6 sowie Forster, Konkurs als Verfahren, S. 121. 14 So Kaser / Hackl, § 96, S. 628 oder von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 320. 15 Kaser / Hackl, § 96, S. 626 f., von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 321, Wenger, S. 304, Ankum, Geschiedenis, S. 35, Spann, S. 48, Forster, Konkurs als Verfahren, S. 121. Zur Abkehr von der Gesamtvollstreckung mit Abschaffung des Formularprozesses vgl. I. 3, 12 pr.: „cum ipsis ordinariis iudiciis etiam bonorum venditiones exspiraverunt et tantummodo creditoribus datur officio iudicis bona possidere et, prout eis utile visum fuerit, ea disponere“. 16 Vgl. C. 7, 72, 6 pr.: „si quidem debitoris tui ceteri creditores pignori res acceperunt, potiores eos quam te chirographarium creditorem haberi non ambigitur“; weiterhin kommt die pari passu-Verteilung nach C. 7, 72, 10, 1 nach C. 7, 72, 10 pr. nur zum Tragen „pecuniis debitis, pro quibus hypothecae non sunt constitutae“. Siehe auch Kaser / Hackl, § 96, S. 628 f., von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 321 f. 17 Vgl. C. 7, 72, 10, 1: „secundum debita satis eis fieri “, C. 7, 72, 6, 1: „ possessione bonorum itemque venditione aequali portione pro rata debiti quantitate omnibus creditoribus consuli potest “ sowie D. 42, 8, 6, 7: „in portionem vocandum […] ceteris creditoribus“ und „ par condicio omnium creditorum“; siehe auch von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 321 f. in Fn. 26, der die letztgenannte Quelle fälschlich als D. 42, 5, 6, 7 zitiert. Forster, Konkurs als Verfahren, S. 115 ff., betont, dass aus diesen Stellen keine generelle Geltung des Prinzips der Gläubigergleichheit (par condicio creditorum) herzuleiten ist, da dieses nur subsidiär Anwendung fand, nachdem alle Gläubiger mit vorrangigen Sicherheiten befriedigt worden waren. Ebenso auch del Pilar Pérez Álvarez, S. 139: „Por este medio [d. h. die missio in possessionem] la equidad es satisfecha, todos los acreedores que tengan titulos equivalentes tienen los mismos derechos a ser pagados“ und Kroppenberg, Insolvenz, S. 313, Fn. 313: „konkursrechtliche Gleichbehandlung aller ungesicherten Gläubiger“ (Hervorhebungen nicht im Original). Eine allgemeine Geltung dieses Prinzips wird dagegen vor allem in der nicht rechtshistorisch fundierten neueren Literatur propagiert, vgl. etwa Vorwerk, S. 46, oder Pluta, S. 121. Uhlenbruck, S. 8, scheint ebenfalls von der allgemeinen Gleichheit der Gläubiger im römischen Recht auszugehen, wenn er über die „par condicio omnium creditorum“ schreibt: „Beachtet man die neuere Rechtsentwicklung, so fällt auf, dass das Wort ‚omnium‘ offenbar in Vergessenheit geraten ist“. 18 Kaser / Hackl, § 96, S. 629, von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 324, Ankum, Geschiedenis, S. 38. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus C. 2, 11, 11 (siehe nächste Fußnote).

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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bonorum) an die Gläubiger zu entgehen.19 Eingeführt wurde diese Möglichkeit mit der lex Iulia de bonis cedendis,20 die darauf abzielte, „den Schuldner zur freiwilligen Erklärung seiner Insolvenz zu bewegen“.21 Diese Rechtswohltat (beneficium) wurde einem Schuldner allerdings nicht gewährt, wenn er sich seinen Gläubigern gegenüber betrügerisch verhalten hatte.22 Im Falle des Gläubigerbetrugs war dem insolventen Schuldner die cessio bonorum folglich verwehrt und dieser musste sich dem eingangs geschilderten entehrenden Verfahren der distractio bonorum unterwerfen.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage Wie soeben dargelegt wurde, konnten die Gläubiger eines insolventen Schuldners in den Besitz seines Vermögens eingewiesen werden, woraufhin in aller Regel die einzelnen Vermögensbestandteile veräußert wurden und der dadurch erzielte Erlös unter den nicht besonders gesicherten Gläubigern nach dem Verhältnis ihrer Forderungen ausgekehrt wurde. Um einen möglichst hohen Prozentsatz ihrer Forderungen zu erhalten, waren die Gläubiger also bestrebt, die Insolvenzmasse so groß wie möglich werden zu lassen. Dies war zum einen möglich durch eine optimale Vermögensverwaltung, also die bereits angesprochene Erhaltung, Vermehrung oder Nutzung des Schuldnervermögens. Daneben hatten die Gläubiger auch ein Interesse daran, Vermögensverfügungen, die der Schuldner unmittelbar vor der Insolvenz getätigt hatte und die sein Vermögen in betrügerischer Weise schmälerten, zu widerrufen und die veräußerten Gegenstände in die Insolvenzmasse zurückzuführen. 19 Vgl. C. 2, 11, 11: „Debitores qui bonis cesserint, licet ex ea causa bona eorum venierint, infames non fiunt“. Kaser / Hackl, § 96, S. 629, Kohler, Lehrbuch, S. 6, von Seuffert, Geschichte, S. 47 und Konkursprozessrecht, S. 6, Bertolini, Bd. 3, S. 193, Spann, S. 43 f. sowie zuletzt und ausführlich Forster, Konkurs als Verfahren, S. 89 ff. 20 Vgl. etwa den Titel von C.Th. 4, 20, „Qui bonis ex lege Iulia cedere possunt“ und Gaius, Inst. 3, 78: „Bona autem veneunt […] eorum, qui ex lege Iulia bonis cedunt“. Auf diese Stellen verweist auch Forster, Konkurs als Verfahren, S. 90, Fn. 530. Der Name findet sich weiterhin in C. 7, 71, 4 pr. a. A.: „Legis Iuliae de bonis cedendis beneficium“, vgl. Wlassak, Sp. 1995. 21 Vgl. von Bethmann-Hollweg, Bd. 3, § 159, S. 317 zu C. 7, 71, 4 pr. 22 Vgl. Forster, Konkurs als Verfahren, S. 102 ff., oder Pakter, cessio bonorum, S. 334 ff. Dies ergibt sich aus einem Papyrus aus dem Jahre 150 n. Chr. aus der John Rylands Library, Manchester, P. Ryl. 75, Z. 3 – 12: „προσαχθέντων Γλύκωνου Διονυσíου καì Ἀπολλωνíου Γλύκωνος μεθ᾽ ἕτερα Ἀρχ[έλ]αος ῥήτορ εἶπεν· ἄπορος ἐστιν ὁ Γλύκων καì ἐξíσταται. Μ[ο]υνάτιος εἶπεν· ζητηθήσεται ὁ πόρος αὐτο[ῦ], ἤδη μέντοι τύπος ἐστìν καθ᾽ ὅν ἔκρεινα πολλάκις καì τοῦτο δíκαιον εἶναί μοι φαίνεται ἐπì τῶν ἐ(κ)ξιστανο(με) – μένων ὥστε, εἴ τι ἐπì περιγρ[α]φῇ τῶν δανιστῶν ἐποίησαν, ἄκοιρον εἶναι“ (zitiert nach Hunt / Edgar, Bd. 2, S. 200 = Papyrus 259). Dass die cessio bonorum nicht jedem Schuldner möglich war, blickt ferner aus dem Titel von C.Th. 4, 20, „Qui bonis ex lege Iulia cedere possunt“, wonach diese gewissen Personen („ qui“) vorbehalten war, vgl. Wlassak, Sp. 1996, und Woeß, S. 496.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Für letzteren Fall gewährte das justinianische Recht eine Anfechtungsklage, deren Wurzeln, Name, Voraussetzungen, Rechtsnatur und Rechtsfolgen nunmehr anhand der uns im Corpus Iuris überlieferten Quellen, also insbesondere I. 4, 6, 6, D. 42, 8 sowie C. 7, 75, analysiert werden sollen.

1. Wurzeln Das Digestenfragment, das den Titel D. 42, 8, „quae in fraudem creditorum facta sunt ut restituantur“ – „dass zurückgegeben werden soll, was unter Betrug der Gläubiger getan wurde“23, einleitet, lautet wie folgt: D. 42, 8, 1 pr. – Ulpianus 66 ad edictum Ait praetor: „quae fraudationis causa gesta erunt cum eo, qui fraudem non ignoraverit, de his curatori bonorum vel ei, cui de ea re actionem dare oportebit, intra annum, quo experiundi potestas fuerit, actionem dabo. idque etiam adversus ipsum, qui fraudem fecit, servabo“. Der Prätor sagt: „Was des Betrugs willen getan wurde mit einem, der den Betrug genau kannte, über das gebe ich dem Vermögensverwalter (curator bonorum) oder dem, dem wegen dieser Angelegenheit eine Klage gegeben werden muss, eine Klage innerhalb eines Jahres, in dem die Möglichkeit, davon zu erfahren, bestand. Und dies werde ich auch so halten gegen die Person selbst, die den Betrug beging“. 23 Die Wendung „in fraudem creditorum“ treffend ins Deutsche zu übersetzen fällt schwer. Die Übersetzer ins Englische (Watson, Bd. 4, S. 559: „in fraud of creditors“), Französische (Hulot, Bd. 6, S. 414: „en fraude des créanciers“) und Spanische (D’Ors, Digesto, Bd. 3, S. 369: „en fraude de los acreedores“) nutzen die Möglichkeit ihrer Sprachen und lehnen sich schlichtweg an die lateinische Formulierung an. Die deutsche Übersetzung von Otto / Sintenis / Schilling, Bd. 4, S. 398, gibt die Titelrubrik von D. 42, 8 deutlich ungelenker mit „Vom Ersatz Dessen, worin die Gläubiger betrüglicherweise benachtheiligt werden“ wieder; die niederländische Übersetzung von Spruit, Bd. 5, S. 981, übersetzt „in fraudem creditorum“ mit „ter benadeling van schuldeisers“. Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler sind noch nicht zu D. 42, 8 vorgerückt. Im „ Index titulorum“ der Digesten (Bd. 2, S. 45) wird die Titelrubrik von D. 42, 8 mit „Daß rückgängig gemacht wird, was zum Nachteil der Gläubiger geschehen ist“ wiedergegeben; die Formulierung in den bereits übersetzten Fragmenten I. 4, 6, 6 und D. 22, 1, 38, 4 lautet ebenfalls „zum Nachteil seiner Gläubiger“ (Bd. 1, S. 230) bzw. „zum Nachteil der Gläubiger“ (Bd. 4, S. 103). Die vorgeschlagene Übersetzung mit „unter Betrug der Gläubiger“ versucht, dem Nominalstil des lateinischen Originals zu folgen und zugleich eine stärkere Übersetzung für „ fraus“ als „Nachteil“ auszudrücken. Dies deckt sich grundsätzlich mit der Ansicht von Krüger / Kaser, S. 151, dass „man ‚in fraudem creditorum‘ nicht einfach ‚zum Nachteil‘, sondern ‚zur Täuschung, zur bewußten Schädigung der Gläubiger‘ übersetzen muss“. Krüger / Kaser, S. 118 f., führen die Übersetzung von „ fraus“ mit „Nachteil“ auf eine Abhandlung Moritz Voigts zurück. In dieser vertritt Voigt zwar, dass die älteste technische Bedeutung von „fraus“ „Nachtheil, Benachtheiligung“ gewesen sei (S. 109) und dass diese Bedeutung auch noch dem prätorischen Edikt in D. 42, 8, 1 pr. über die actio Pauliana zugrunde liegt (S. 114 f.), dass aber in der Kaiserzeit „die mit fraus verbundene Bedeutung von Nachtheil überwuchert und verdeckt von den Bedeutungen Hinterlist, wie Betrug“ wurde (S. 117). Letzterer Bedeutungsinhalt sei daher den Fragmenten in D. 42, 8, die aus dieser Zeit stammten, zu eigen (S. 118 f.).

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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Während im ersten Satz des Prätors von einer (weiblichen) actio die Rede ist, beginnt Satz zwei mit dem (sächlichen) Pronomen id. Wie Lenel treffend bemerkt, wäre ein solcher grammatischer Schnitzer dem römischen Gerichtsmagistrat niemals unterlaufen.24 Die Quelle aus dem prätorischen Edikt, die Aufschluss über die vorjustinianische Zeit geben könnte, ist also offensichtlich interpoliert. Eine eindeutige Antwort auf die Frage, wie das vorjustinianische, klassische Insolvenzanfechtungsrecht gestaltet war, lässt sich aufgrund dieser Quellenlage somit nicht treffen. In der Literatur werden daher die verschiedensten Modelle bezüglich der klassischen Insolvenzanfechtung vorgeschlagen und diskutiert. Für diese Arbeit ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Positionen nicht notwendig; dennoch soll ein kurzer, holzschnittartiger Überblick andeuten, wie das Insolvenzanfechtungsrecht der klassischen Zeit ausgesehen haben mag. Vertreten werden grundsätzlich25 zwei Auffassungen, die beide davon ausgehen, dass es in klassischer Zeit zwei revokatorische Rechtsmittel26 bei Gläubigerbenachteiligung gegeben habe. Eines davon soll unstreitig ein Interdikt, das sogenannte interdictum fraudatorium,27 gewesen sein; lediglich die Rechtsnatur des anderen Rechtsmittels ist umstritten. 24 Die Empörung über eine solche Vorstellung ist noch aus den Worten Lenels herauszulesen: Lenel, Edictum, S. 436: „Unmöglich kann ferner der Prätor auf ein ‚actionem dabo‘ den Satz haben folgen lassen: idque etiam adversus ipsum qui fraudem fecit servabo. Idque!“ Zur selben Erkenntnis sind wohl vor Lenel im 20. Jh. auch schon einige humanistische Juristen des 16. Jh. gekommen. Nachgewiesen ist dies bei Ankum, Geschiedenis, S. 201 f. mit Verweis etwa auf den Kommentar des Baro zu I. 4, 6, 6 und der Bemerkung, dass dieser freilich nicht wie Lenel das Fragment für interpoliert hielt, sondern von einem ungenauen Sprachgebrauch auf Seiten des Prätors ausging. 25 Daneben steht die Ansicht von Xavier D’Ors (zusammengefasst in Interdicto, S. 201 ff.), es habe nur ein einziges Rechtsmittel gegeben, nämlich ein interdictum fraudatorium. Zwar seien in D. 42, 8 zwei Ediktsklauseln überliefert (D. 42, 8, 1 pr. und D. 42, 8, 10 pr.), jedoch sei von diesen nur die erste eine wirkliche Ediktsklausel, nämlich die, in der das Interdikt verheißen worden wäre, gewesen, während die zweite „la transcripción de la fórmula interdictal“ beinhaltet habe. Siehe dazu die Rezension von Impallomeni, Interdictum, S. 83 ff., der anmerkt, der Verfasser entferne sich bisweilen zu weit von der Quellenlage („talvolta prescindendo dalle fonti“, S. 90) und komme zu Ergebnissen, mit denen man oft nicht einverstanden sein könne („si potrà spesso dissentire dai risultati“, S. 90). 26 Neben diesen beiden revokatorischen Rechtsmitteln gab es wohl als weiteres, nicht revokatorisches, Rechtsmittel eine sogenannte denegatio actionis ob fraudem, mit der einem Dritten, der in Absprache mit dem Schuldner das Bestehen einer Forderung gegen diesen behauptete, um dadurch die Passiva des Schuldners betrügerischerweise zu vermehren und die Insolvenzquote der übrigen Gläubiger zu verringern, der klageweise geltend gemachte Beitritt zum Kreis der Profiteure der bonorum venditio verwehrt wurde. Genannt wird dieses explizit in D. 42, 5, 25. Nähere Informationen finden sich etwa bei Impallomeni, Studi, S. 6 ff., Talamanca, S. 884 oder Ankum, Geschiedenis, S. 60 ff. 27 Dieses wird – außerhalb der sedes materiae und daher wohl versehentlich – erwähnt in D. 36, 1, 69, 1 und 2 sowie in D. 46, 3, 96 pr. Der abschließende Passus in C.Th. 2, 16, 1 fiel dagegen der Redaktion Justinians zum Opfer und wurde nicht in C. 2, 27, 2 übernommen. Vgl. dazu Lenel, Anfechtung, S. 4.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Nach der einen Auffassung war dies auch schon in klassischer Zeit eine Anfechtungsklage, also eine actio.28 Nach der Gegenauffassung handelt es sich um eine restitutio in integrum, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.29 Zu erwähnen ist an dieser Stelle freilich auch die Auffassung Kupischs, dass „die begriffliche und terminologische Trennung zwischen in integrum restitutio und actio höchst fragwürdig im eigentlichen Wortsinn“ und es daher keineswegs zwingend sei, dass es sich um zwei von einander verschiedene Rechtsinstitute gehandelt habe.30 Diese klassischen Rechtsmittel – welcher Natur sie auch gewesen sein mögen – wurden von den Kompilatoren Justinians durch Veränderung der Texte aus den Schriften der älteren Juristen in ein einziges verschmolzen31 – diejenige actio, die im eben zitierten Digestenfragment D. 42, 8, 1 pr. gewährt wird.

2. Name Diese Klage, mit der betrügerische Machenschaften eines insolventen Schuldners vernichtet werden konnten, ist auch Gegenstand des Institutionenfragments I. 4, 6, 6: Item si quis in fraudem creditorum rem suam alicui tradiderit, bonis eius a creditoribus ex sententia praesidis possessis, permittitur ipsis creditoribus, rescissa traditione, eam rem petere, id est dicere eam rem traditam non esse et ob id in bonis debitoris mansisse. Ebenso wird, wenn jemand unter Betrug seiner Gläubiger seine Sache jemand anderem übereignet, nachdem sein Vermögen auf Urteilsspruch des Provinzstatthalters in Besitz genommen worden ist, seinen Gläubigern erlaubt, nach Aufhebung der Übereignung diese Sache zu verlangen, das heißt, zu sagen, dass diese Sache nicht übereignet wurde und deswegen im Vermögen des Schuldners geblieben sei. 28 So etwa Grützmann, S. 10, Rudorff, S. 68, von Schey, S. 122, Windscheid, Bd. 2, § 463, S. 662, Fn. 1, Palumbo, S. 6 und 8, Girard, Manuel, S. 452 und 453 mit Fn. 1, Brand, S. 4, Impallomeni, RE, Sp. 1011 und Interdictum, S. 84 sowie neuerdings Grevesmühl, S. 60 f. und im Anschluss an diesen Kroppenberg, Rezension, S. 436. 29 Etwa Lenel, Edictum, S. 436 f. und Anfechtung, S. 10, Ankum, Geschiedenis, S. 38 ff. und Synteleia, S. 779, Kipp, S. 2 (der daneben aber noch eine actio in factum für möglich hält), Rocco, S. 160 ff., anfänglich Impallomeni, Studi, S. 12 ff. und 158 f. sowie NNDI, S. 147 f., Stein / Juncker, S. 437, Talamanca, S. 884, Thomas, S. 375, Eckardt, Anfechtungsklage, S. 7 sowie neuerdings Gröschler, S. 247, Klinck, Benachteiligungsabsicht, S. 87, Benke, Defrauded Creditors, S. 26 und Kaser / Knütel, S. 69. 30 So Kupisch, S. 255. Zustimmung erfährt diese Auffassung etwa bei Harke, S. 385. 31 So etwa Lenel, Edictum, S. 436 f. und Anfechtung, S. 4, Kipp, S. 5, Palumbo, S. 25, Girard, Manuel, S. 453, Fn. 1, Rocco, S. 163 und 165, Impallomeni, Interdictum, S. 83 und NNDI, S. 147 und 148, Stein / Juncker, S. 437, Talamanca, S. 884, Wacke, S. 421, Martínez García de León, S. 15, Gröschler, S. 248, Benke, Defrauded Creditors, S. 26, Kroppenberg, Rezension, S. 434, Kaser / Knütel, S. 69.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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In seiner Paraphrase der Institutionen schreibt der byzantinische Rechtsgelehrte Theophilos32 zu ebendiesem Fragment, diese Klage werde „Pauliana“ genannt (λέγεται Paulianή).33 Theophilos gibt dieser Klage damit einen Namen, der auch in den Digesten in einem ursprünglich aus dem Werk des Paulus stammenden Fragment belegt ist: D. 22, 1, 38, 4 – Paulus 6 ad Plautium In Fabiana quoque actione et Pauliana, per quam quae in fraudem creditorum alienata sunt revocantur, fructus quoque restituuntur: nam praetor id agit, ut perinde sint omnia, atque si nihil alienatum esset: quod non est iniquum nam et verbum „restituas“, quod in hac re praetor dixit, plenam habet significationem, ut fructus quoque restituantur. Mit der actio Fabiana und auch mit der actio Pauliana, durch die das zurückgerufen wird, was unter Betrug der Gläubiger veräußert worden ist, werden auch Früchte erstattet: der Prätor wirkt nämlich darauf hin, dass alles so ist, als ob nichts veräußert worden wäre: dies ist nicht unbillig, denn auch das Wort „restituas“, das der Prätor in dieser Angelegenheit gesagt hat, hat die umfassende Bedeutung, dass auch die Früchte erstattet werden sollen.

In der sedes materiae der Anfechtungsklage wegen Gläubigerbetrugs, D. 42, 8, I. 4, 6, 6 sowie C. 7, 75, bleibt dieser Name dagegen unerwähnt.34 Dies wirft die Frage auf, inwieweit dieser Name klassisch, nachklassisch oder doch zumindest justinianisch ist, oder ob es sich um eine bloße spätere Einfügung handelt. Die Institutionenparaphrase des Theophilos zu I. 4, 6, 6 legt den Schluss nahe, dass die Klage nicht nur von einem Prätor eingeführt (Έσταì καì ἄλλη in rem [actio] ὑπὸ τοῦ praétoros ἐπινοηθεῖσα)35, sondern auch nach diesem benannt worden ist. 32 Theophilos war antecessor, also Professor, der Rechte in Konstantinopel. Zudem gehörte er der zehn Mitglieder starken Kommission an, die 528 n.Chr. von Kaiser Justinian mit der Ausarbeitung des Codex, also der Sammlung der Kaiserkonstitutionen, beauftragt wurde. Auch in der Kommission, die die Digesten zusammenstellte, wirkte Theophilos mit. Weiter war er maßgeblich an der Entstehung der Institutionen beteiligt. Er verfasste – wahrscheinlich als Vorlesungsmaterialien – eine griechische Zusammenfassung zu den ersten 19 Büchern der Digesten („ Index“), die allerdings nicht mehr erhalten ist, sowie eine griechische Paraphrase zu den Institutionen, die für das Thema dieser Arbeit von größerem Belang ist. Zu Leben, Werk und Wirken des Theophilos knapp Martindale, Prosopography, S. 1307 f. sowie ausführlich und kritisch Kübler, RE, Sp. 2138 ff. mit weiteren Nachweisen und Quellenbelegen. 33 Theophilos, zu I. 4, 6, 6 (= Ferrini, Theophilos, S. 420). 34 Erwähnung findet er – neben der erwähnten Paraphrase des Theophilos zu I. 4, 6, 6 und neben D. 22, 1, 38, 4 – in den Basiliken in einem Scholion des Stephanos zu Bas. 60, 5, 36 (Scholion Οὐ μόνος, Hb. V 369. Dort heißt es „Εì δὲ καì χρεώστης infrádem creditóρum ἐπώλησε τὸν ἴδιον οἰκέτην ἡμαρτηκότα, ἐνάγεται ὁ ἀγοράσας αὐτὸν τῇ νοξαλιᾷ, εì καì μέλλει ἐνάγεσθαι περì αὐτοῦ τοῦ δούλου ὑπὸ τῶν δανειστῶν τῇ Παυλιανῇ ἀγωγῇ“ = Scheltema / Holwerda, Bd. B.VIII, S. 3266) sowie in einem weiteren Basilikenscholion, das von Carolus Labbaeus transkribiert und bei Otto, Thesaurus juris Romani, Bd. 3, S. 1740 (mir nicht zugänglich) erstmals abgedruckt ist. Nach Collinet, S. 201 lautet dieses: „Ἰνρὲμ Παυλιανὴ διδομένη τοῖς δανεισταῖς ἐκποιεῖν τὰ ἐνέχυρα, αὕτη ἐπενοήθη παρὰ Παύλου τοῦ νομικοῦ “. 35 Theophilos, zu I. 4, 6, 6 (= Ferrini, Theophilos, S. 420).

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Rudorff hält Lucius Aemilius Paulus, Prätor im Jahre 191 v. Chr., für den Namenspatron.36 Grevesmühl glaubt, die Klage sei auf Lucius Aemilius Lepidus Paulus, Prätor im Jahre 53 v. Chr., zurückzuführen.37 Träfe seine Ansicht zu, könnte der Name bereits aus der klassischen Periode stammen.38 Grevesmühl versucht, den Widerspruch dieser Aussage mit der Tatsache, dass der Name in der sedes materiae nicht vorkommt, dadurch auszuräumen, dass der Name von den Kompilatoren bei der Zusammenfügung von actio Pauliana und interdictum fraudatorium zu einer einheitlichen Insolvenzanfechtungsklage gestrichen worden und einzig in D. 22, 1, 38, 4, also außerhalb der sedes materiae, übersehen worden und daher verblieben sei.39 Ein von Carolus Labbaeus transkribiertes Basilikenscholion40 erklärt den Namen damit, dass die actio Pauliana von dem spätklassischen Juristen Iulius Paulus erfunden wurde (Παυλιανὴ […], αὕτη ἐπενοήθη παρὰ Παύλου τοῦ νομικοῦ). Gegen diese Deutung spricht jedoch vor allem, dass das Scholion im weiteren Verlauf – um mit den Worten Lenels zu sprechen – „nur noch wirres Zeug zu melden weiß“41, etwa dass die Klage den Gläubigern gegeben werde, um Sicherheiten zu veräußern (Παυλιανὴ διδομένη τοῖς δανεισταῖς ἐκποιεῖν τὰ ἐνέχυρα), und dass es sich daher nicht aufdrängt, dieses Scholion als besonders vertrauenswürdige Quelle zu Rate zu ziehen. Weiterhin wird vertreten, dass der Name von einem vorjustinianischen Glossator stammt. Diese Ansicht stützt sich auf zwei Annahmen: Hätten erstens Justinians Kompilatoren selbst den Namen eingeführt, so hätten sie sicherlich auch einige Stellen in D. 42, 8 interpoliert; dass der Name dem Kompilator Theophilos bekannt war, spreche zweitens dagegen, dass eine nachjustinianische Einfügung vor36 Rudorff, S. 83. Lucius Aemilius Paulus war im Jahre 563 a.u.c., also 191 v. Chr., Prätor, wie sich aus dem Bericht des Titus Livius, Ab urbe condita libri 35, 24, ergibt: „Postero die praetores creati L. Aemilius Paulus, M. Aemilius Lepidus, M. Iunius Brutus, A. Cornelius Mammula, C. Livius et L. Oppius, utrique eorum Salinator cognomen erat “. Siehe zu diesem Elvers, Sp. 181 f. und Broughton, Bd. 1, S. 353. 37 Grevesmühl, S. 65. Lucius Aemilius Lepidus Paulus war Prätor im Jahre 53 v. Chr. und wird in dieser Funktion erwähnt bei Cicero, Pro Milone 24: „P. Clodius cum statuisset omni scelere in praetura vexare rem publicam, videretque ita tracta esse comitia anno superiore, ut non multos mensis praeturam gerere posset, – qui non honoris gradum spectaret, ut ceteri, sed et L. Paulum conlegam effugere vellet, singulari virtute civem, et annum integrum ad dilacerandam rem publicam quaereret, – subito reliquit annum suum, seseque in annum proximum transtulit “. Siehe zu diesem Will, Sp. 179, Weigel, S. 637 ff. und Broughton, Bd. 2, S. 228. Ebenfalls eine Benennung nach einem Prätor namens Paulus vermutet Solazzi, Storia, S. 14, ohne aber einen Vorschlag bezüglich der Person zu wagen. 38 So auch Palumbo, S. 14 und 25, anfänglich Lenel, Anfechtung, S. 18 sowie später Impallomeni, RE, Sp. 1009, der die Klassizität des Namens in NNDI, S. 147 noch kategorisch ausgeschlossen hatte. 39 Grevesmühl, S. 67. 40 Vgl. dazu bereits Fn. 34 a. E. 41 Lenel, Anfechtung, S. 17. Das vollständige Scholion ist abgedruckt bei Collinet, S. 201.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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liege.42 Aus diesen Annahmen wird gefolgert, dass der Name schon zuvor im allgemeinen, wenn auch nicht im offiziellen Gebrauch gewesen sei, und die Kompilatoren die nachklassische Ergänzung in D. 22, 1, 38, 4 deshalb nicht getilgt hätten.43 Andere Autoren vermuten dagegen, wenn auch ohne nähere Begründung ihrer Ansicht, der Name stamme gerade von den justinianischen Kompilatoren.44 Dies vermag vor dem Hintergrund, dass die Bezeichnung innerhalb der sedes materiae nicht ein einziges Mal vorkommt, nicht zu überzeugen. Letztlich wird die These vertreten, der Name actio Pauliana sei weder klassisch noch justinianisch.45 Die Bezeichnung in D. 22, 1, 38, 4 stamme nicht aus klassischer Zeit; sonst hätte – wie bei der zuvor genannten actio Fabiana – die Nennung des Namens genügt und der anschließende definierende Relativsatz (per quam quae in fraudem creditorum alienata sunt revocantur) wäre nicht vonnöten gewesen.46 Die Kompilatoren Justinians hätten die neu geschaffene Klage wiederum ohne spezifischen Namen schlicht und einfach als actio in factum, als Klage aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts,47 bezeichnet.48 Dieses Ergebnis lässt sich durch die zeitgenössischen griechischen Quellen stützen. Die griechische Übersetzung von D. 22, 1, 38, 4 in den Basiliken, Bas. 23, 3, 38, enthält nicht den Namen Pauliana, sondern spricht nur von einer Klage aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts (In Fabiana quoque actione et Pauliana ≈ Καì ἡ Φαβιανὴ καì ἡ ἴμφακτος).49 Auch die weiteren griechischen Bearbeitungen dieser Digestenstelle sprechen zwar von der actio Fabiana, dagegen aber nicht von actio Pauliana, sondern lediglich von 42 Impallomeni, Studi, S. 1 f., Fn. 1; in diesem Sinne auch Ankum, Geschiedenis, S. 63. Impallomeni bezeichnet freilich seine eigene These nur zehn Jahre später in RE, Sp. 1009, als „unwahrscheinlich“. 43 Impallomeni, Studi, S. 1 f., Fn. 1. Ebenso auch Solazzi, Revoca, S. 73. Im Ergebnis zustimmend D’Ors, Interdicto, S. 51 und Talamanca, S. 884, Fn. 3. 44 Girard, Manuel, S. 455 f.: „n’a peut-être pris son nom d’action Paulienne que dans les compilations de Justinien“. Ebenso auch Grützmann, S. 9 f.: „man kann hier den Kompilatoren Justinians ein Versehen schon zutrauen, ohne sie für große Ignoranten zu halten“. Auch Pringsheim, Rezension, S. 740, geht in diese Richtung: „Die Glosse in D. 22, 1, 38, 4 kann also auch – und wird wahrscheinlich – eine vorjustinianische oder von den Kompilatoren eingesetzte sein“. Im selben Sinne auch Arangio-Ruiz, S. 145 f., Fn. 1. 45 Collinet, S. 187 ff., insb. S. 193, Ferrini, Opere, S. 332 ff., Lenel, Edictum, S. 440, Kipp, S. 5 f. 46 Collinet, S. 190 und später auch Lenel, Edictum, S. 440. 47 Gröschler, S. 286 f. definiert treffend die actio in factum allgemein als einen Fall, in dem „der Prätor einen rechtlich bisher nicht erfaßten Lebenssachverhalt (factum) als schutzwürdig und mithin klagebegründend ansah“, beziehungsweise als Rechtsbehelf, der „sich aufgrund des magistratischen Ermessens aus dem typischen oder atypischen Lebenssachverhalt“ ergibt. 48 Diese Bezeichnung findet sich innerhalb des maßgeblichen Digestentitels in D. 42, 8, 10 pr., 2, 3, 12, 16 und 18 sowie in D. 42, 8, 14. 49 Dies bemerkt Collinet, S. 192. Das griechische Zitat aus den Basiliken findet sich ebendort sowie bei Scheltema / Holwerda, Bd. A.III, S. 1127.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

einer actio in factum.50 Aufgrund des begreiflichen Bedürfnisses in der Praxis, diese besonders wichtige actio in factum von anderen Klagen aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts abzugrenzen, sei die Klage von den Byzantinern um den konstantinopolitanischen Hochschullehrer Theophilos als actio Pauliana bezeichnet worden – eventuell, weil sie in den Digesten erstmals in einem Fragment des Iulius Paulus Erwähnung findet.51 Diese Bezeichnung habe wohl ein Leser über das „in factum“ im Originaltext von D. 22, 1, 38, 4 geschrieben und diese Glosse sei anstelle des originalen Wortlauts in die Florentina gelangt.52 Letztere Auffassung vermag am meisten zu überzeugen. Die eingehende Auseinandersetzung mit den lateinischen und vor allem den griechischen Quellen, die insbesondere Ferrini und Collinet leisten, ist wesentlich einleuchtender als die hypothetischen und zudem relativ unbegründeten Gegenansätze. Es ist demnach plausibel, anzunehmen, dass es sich bei dem Namen „Pauliana“ um eine Bezeichnung handelt, die erst zur Zeit der Schaffung der Digesten aufkam, in der justinianischen Kodifikation selbst aber ursprünglich nicht Erwähnung fand, sondern erst nach 533 in die Florentina gelangt ist. Für die Thematik dieser Arbeit ist die Entstehungszeit des Namens freilich nicht wesentlich. Der Einfachheit halber soll die justinianische Insolvenzanfechtungsklage, von der in der Folge die Rede sein wird, als actio Pauliana tituliert werden, ohne dass damit die Existenz dieses Namens auch schon in (vor-)justinianischer Zeit impliziert werden soll.53 3. Voraussetzungen Nach diesen Vorbemerkungen sollen nunmehr die Voraussetzungen der justinianischen Insolvenzanfechtungsklage betrachtet werden. Einzugehen ist dabei auf den Anwendbarkeitsrahmen der Klage, ihre objektiven und subjektiven Voraussetzungen sowie auf die Frage, wer aktiv bzw. passiv legitimiert ist, also klagen bzw. beklagt werden kann. 50 So Ferrini, Opere, S. 333 f. sowie Collinet, S. 192 ff. mit Bezugnahme auf Scholia des Stefanos (Scholion Ἐντεῦθεν, Hb. II 713. Dort heißt es „τὸ αυτὸ ἐστι καì ἐπì τῆς Φαβιανῆς καì ἐπὶ τῆς ἰμφακτουμ“ = Scheltema / Holwerda, Bd. B.IV, S. 1682) und des Kyrillos (Scholion Κυρíλλου, Hb. II 714. Dieses lautet „Ἡ Φαβιανὴ καὶ ἡ ἴμφακτος, δι᾽ἧ ἀνασχίζεται τὰ κατὰ περιγραφὴν τῶν δανειστῶν ἐκποιηθέντα“ = Scheltema / Holwerda, Bd. B.IV, S. 1683). 51 Dieser Ansicht sind wohl ebenfalls – wenn auch ohne Begründung – McBryde / Flessner / Kortmann, S. 53: „The challenge of an unfair transaction is often referred to as the Actio Pauliana after the Roman jurist Paulus, who described the doctrine in the second century BC“ sowie Ankum, Geschiedenis, S. 63 und Göranson, Återvinning, S. 47. 52 So Ferrini, Opere, S. 334 („La voce pauliana dovette penetrare in questo per opera di qualche sciolus, come avvenne di tanti altri glossemi“), Collinet, S. 194 f. sowie S. 206 und im Anschluss an beide Lenel, Edictum, S. 441. 53 In diesem Sinne auch Dernburg, System, S. 847: „Man pflegt die fraudatorische Klage des justinianischen Rechts Pauliana zu nennen“.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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a) Anwendbarkeit Anwendbar ist die Klage ab dem Zeitpunkt der missio in bona, mit der die Gläubiger des insolventen Schuldners in den Besitz seiner Vermögensgegenstände eingesetzt werden.54 Sie verjährt nach einem Jahr.55 Problematisch ist nur der Zeitpunkt, ab dem die Frist zu laufen beginnt. Teils wird diesbezüglich nach D. 42, 8, 1 pr. und 10 pr. auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom betrügerischen Verhalten des insolventen Schuldners abgestellt.56 Die Gegenansicht beruft sich dagegen überzeugend auf D. 42, 8, 6, 14: D. 42, 8, 6, 14 – Ulpianus 66 ad edictum Huius actionis annum computamus utilem, quo experiundi potestas fuit, ex die factae venditionis. Wir berechnen für diese Klage ein nützliches Jahr (annus utilis), in dem die Möglichkeit zum gerichtlichen Vorgehen bestand, vom Tag an, an dem der Verkauf getätigt wurde.

Demnach beginnt die Frist mit dem Tage des Verkaufs des Schuldnervermögens, der venditio bonorum.57 Die Bezeichnung der Fristdauer als „nützliches Jahr“ (annus utilis) kann mit Piekenbrock dahingehend erklärt werden, dass „es sich bei der vergleichsweise kurzen Jahresfrist, der die prätorischen Rechtsbehelfe unterlagen, nicht um ein tempus continuum gehandelt hat, sondern die für die Rechtsverfolgung „nützliche Zeit“ (utile tempus) maßgeblich war“58. Dies meint nur diejenige Zeit, in der der Anspruchsteller um die Begründung des Anspruchs wusste, und in der „die Rechtsverfolgung nicht durch höhere Gewalt oder den Stillstand der Rechtspflege unmöglich war“59.

54 Siehe etwa D. 42, 8, 6, 7: „qui debitam pecuniam recepit ante, quam bona debitoris possideantur, […] non timere hoc edictum“. 55 Siehe D. 42, 8, 1 pr. „intra annum, quo experiundi potestas fuit “, D. 42, 8, 10 pr.: „si non plus quam annus est, cum de ea re, qua de agitur, experiundi potestas est “ oder C. 7, 75, 6: „intra annum […] actionem permitti “. Vgl. dazu auch Eckardt, Anfechtungsklage, S. 7 mit Fn. 18. 56 Reinhart, S. 45, spricht von einem annus utilis „seit dem Zeitpunkte, wo der Kläger die Gewissheit hatte, dass er benachtheiligt worden war“. 57 So etwa von Schey, S. 155 f. Ihm zufolge meinen D. 42, 8, 1 pr. und 10 pr. die normale Verjährungsfrist; über einen Zeitpunkt, ab dem diese zu laufen beginne, sagten die Quellen nichts aus, sodass die Frist mit Verwirklichung des Tatbestandes, also ab dem Zeitpunkt der betrügerischen Veräußerung, anfange. D. 42, 8, 6, 14 mache jedoch klar, dass in der Praxis an den Zeitpunkt des Verkaufs des Schuldnervermögens angeknüpft wurde. Ebenso im Ergebnis Ankum, Geschiedenis, S. 101, Kummer, S. 396 und Combothecra, S. 39 f. 58 Piekenbrock, S. 102. Ebenso Heumann / Seckel, S. 608, Stichwort „utilis“, Bedeutung 1): „insbesondere dient [das Wort utilis] zur Bezeichnung der brauchbaren, zur Vornahme einer Rechtshandlung verwendbaren Zeit“. 59 Piekenbrock, S. 102.

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b) Objektive Voraussetzungen In objektiver Hinsicht ist ein betrügerisches Verhalten des insolventen Schuldners vonnöten,60 eine „Verkürzung der Gläubiger in Bezug auf die durch die missio ihnen gewährte Rechtsstellung“61. Im Digestentitel D. 42, 8 werden etliche Einzelfälle für ein solches gerere fraudationis causa aufgezählt. Dieses umfasste etwa die Veräußerung eines Gegenstandes,62 den Schulderlass,63 die Freigabe eines Pfandes,64 die Bevorzugung eines Gläubigers vor den anderen,65 das Eingehen einer weiteren Verbindlichkeit,66 das absichtliche Unterliegen im Prozess,67 das Verjährenlassen eines bestehenden Anspruchs,68 die Bestellung oder Aufgabe eines Nießbrauchs oder einer Dienstbarkeit beziehungsweise deren Nichtgebrauch,69 die Dereliktion einer dem Schuldner gehörigen Sache,70 die vorzeitige Begleichung einer Schuld71 sowie die vorzeitige Rückzahlung einer Mitgift,72 eine echte Schenkung73 oder eine wie auch immer deklarierte Schenkung unter Ehegatten,74 die Abgabe eines Schuldanerkenntnises, um das Bestehen einer Mitgift festzuschreiben,75 das Eingehen eines abstrakten Schuldversprechens,76 die Gewährung einer Sicherheit, auf die der andere Teil 60 Siehe etwa D. 42, 8, 1 pr.: „quae fraudationis causa gesta erunt“; D. 42, 8, 1, 1: „quaecumque in fraudem eorum [Anmerkung des Verf.: creditorum] alienata sunt“. 61 So von Schey, S. 136. 62 Etwa D. 42, 8, 1, 2: „rem alienavit “. 63 D. 42, 8, 1, 2: „acceptilatione vel pacto aliquem liberavit“; D. 42, 8, 17, 1: „Omnes debitores, qui in fraudem creditorum liberantur, per hanc actionem revocantur in pristinam obligationem“. 64 D. 42, 8, 2: „ pignora liberet “. 65 D. 42, 8, 2: „ quem alium in fraudem creditorum praeponat“. 66 D. 42, 8, 3 pr.: „se obligavit fraudandorum creditorum causa“; D. 42, 8, 3, 1: „contrahens“. 67 Dies ist möglich durch Abwesenheit vor Gericht sowie durch Aufgabe des weiteren Betreibens der Sache, D. 42, 8, 3, 1: „ad iudicium non adfuit vel litem mori patiatur“. 68 D. 42, 8, 3, 1: „a debitore non petit, ut tempore liberetur“. 69 D. 42, 8, 3, 1: „usum fructum vel servitutem amittit“; D. 42, 8, 4: „si non utatur servitutibus“; D. 42, 8, 10, 15: „ Per hanc actionem et usus fructus […] exigi potest “. 70 D. 42, 8, 5: „ si rem suam pro derelicto habuerit, ut quis eam suam faciat“. 71 D. 42, 8, 10, 12: „ Si, cum in diem deberetur, fraudator praesens solverit “. 72 D. 42, 8, 17, 2: „Si vir uxori, cum creditores suos fraudare vellet, soluto matrimonio praesentem dotem reddidisset, quam statuto tempore reddere debuit“. 73 D. 42, 8, 6, 11: „ Simili modo dicimus et si cui donatum est “. 74 D. 42, 8, 18: „ Etsi pignus vir uxori vel uxor viro remiserit, verior sententia est nullam fieri donationem existimantium. Quod sine dubio, si in fraudem creditorum fiat, actione utili revocabitur“. 75 D. 42, 8, 10, 14: „Si, cum mulier fraudandorum creditorum consilium inisset, marito suo eidemque debitori in fraudem creditorum acceptum debitum fecerit dotis constituendae causa“. 76 D. 42, 8, 10, 15: „ Per hanc actionem […] et huiusmodi stipulatio: ‚in annos singulos dena dari spondes?‘ exigi potest “.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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keinen Anspruch hat,77 die Übertragung einer erhaltenen Erbschaft auf einen Dritten.78 Unter die actio Pauliana fielen demnach sowohl Handlungen als auch Unterlassungen.79 Die Insolvenzanfechtungsklage erstreckte sich jedoch nur auf solche Verhaltensweisen, durch die das Vermögen des insolventen Schuldners vermindert wird, nicht auf solche, die lediglich verhindern, dass sein Vermögen größer wird.80 Im Digestentitel „ De diversis regulis iuris antiqui “, im Fragment D. 50, 17, 134 pr., definiert Ulpian die Gläubigerbenachteiligung in diesem Sinne treffend wie folgt: „ Non fraudantur creditores, cum quid non adquiritur a debitore, sed cum quid de bonis deminuitur“ – „Die Gläubiger werden nicht betrogen, wenn etwas nicht vom Schuldner erworben wird, aber [dann], wenn etwas aus seinem Vermögen vermindert wird“.81 D. 42, 8 nennt weitere Einzelfälle, in denen nach dieser Maxime der objektive Tatbestand der Gläubigeranfechtungsklage nicht erfüllt ist. Dazu gehören das Nichtgeltendmachen einer Forderung,82 das Ausschlagen einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses,83 die Emanzipation des Sohnes, damit dieser anstelle seines insolven77 D. 42, 8, 10, 13: „ Si cui solutum quidem non fuerit, sed in vetus creditum pignus acceperit, hac actione tenebitur, ut est saepissime constitutum“. 78 C. 7, 75, 1: „Si heres post aditam hereditatem ad eum cui cessit corpora hereditaria transtulit, creditoribus permansit obligatus. Si igitur in fraudem tuam id fecit, bonis eius excussis usitatis actionibus, si tibi negotium fuerit gestum, ea quae in fraudem alienata probabuntur revocabis“. 79 Vgl. D. 42, 8, 4: „In fraudem facere videri etiam eum, qui non facit quod debet facere, intellegendum est “. 80 D. 42, 8, 6 pr.: „ pertinet enim edictum ad deminuentes patrimonium suum, non ad eos, qui id agunt, ut non locupletentur“. Dass dies dem heutigen Rechtsverständnis zumindest in Deutschland nicht unähnlich ist, weist Kummer, S. 402, nach. 81 Nach Benke, Defrauded Creditors, S. 26, ist im Anschluss an dieses Fragment der objektive Tatbestand der actio Pauliana am treffendsten mit „ patrimonium deminuere“ zu umschreiben. 82 D. 42, 8, 6 pr.: „cum possit aliquid quaerere, non id agit, ut adquirat, ad hoc edictum non pertinet “. 83 D. 42, 8, 6, 2: „ Proinde et qui repudiavit hereditatem vel legitimam vel testamentariam, non est in ea causa, ut huic edicto locum faciat: noluit enim adquirere, non suum proprium patrimonium deminuit “ sowie 4: „Simili modo dicendum est et si filium suum emancipavit, ut suo arbitrio adeat hereditatem, cessare hoc edictum“. Ebenso C. 7, 75, 3: „Si paterna hereditate abstinuisti nec quicquam in fraudem creditorum ex bonis eius in te donationis iure transscriptum est, a privatis creditoribus praeses provinciae conveniri te non patietur“. Dasselbe gilt auch, wenn der insolvente Schuldner einen Sklaven ordnungsgemäß veräußert, obwohl dieser zum Erben eingesetzt worden ist, sodass die Erbschaft nun in das Vermögen des Erwerbers des Sklaven fällt, vgl. D. 42, 8, 6, 5; begründet wird dies damit, dass, wer eine ihm selbst zugefallene Erbschaft ausschlagen darf, ohne dass dies Raum für die Insolvenzanfechungsklage gibt, ebenso auch eine Erbschaft, die einer in seiner Gewalt stehenden Person zugefallen ist, ausschlagen darf.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

ten Vaters eine Erbschaft antritt,84 oder die Nichtherbeiführung einer Bedingung, von der eine den Schuldner begünstigende Forderung abhängt und deren Eintritt wohl allein der Willkür des Schuldners unterliegt.85 Umfasst sind also nur Handlungen und Unterlassungen, durch die der Schuldner seine Aktiva vermindert; es kann dem Schuldner dagegen nicht zugemutet werden, dass er sein Vermögen durch positives Tun vergrößern muss.86 Wissen die Insolvenzgläubiger von der Transaktion und stimmen sie dieser zu, so schließt dies den objektiven Tatbestand der actio Pauliana aus, „denn niemand kann die betrügen, die wissen und zustimmen“.87 Weiterhin ist erforderlich, dass der Betrug Auswirkungen für die Gläubiger des insolventen Schuldners hatte, was der Fall ist, wenn der Verkauf des durch das betrügerische Verhalten geschmälerten Schuldnervermögens (in justinianischer Zeit in Form der bonorum distractio) stattgefunden hat.88 c) Subjektive Voraussetzungen Subjektiv erforderlich ist auf Seiten des insolventen Schuldners die Absicht, seine Gläubiger zu verkürzen.89 D. 42, 8, 6, 3: „ si filium suum emancipavit, ut suo arbitrio adeat hereditatem“. D. 42, 8, 6, 1: „Unde si quis ideo condicioni non paret, ne committatur stipulatio, in ea condicione est, ne faciat huic edicto locum.“ Grevesmühl, S. 100, bezeichnet diese Bedingung als „Potestativbedingung“; dieser Name ergibt sich aus C. 6, 51, 7: „Sin autem aliquid sub condicione relinquatur […] potestativa […], quarum eventus […] ex honoratae personae voluntate […] pendeat“. 86 So auch von Schey, S. 144 und 146. Zu diesem Rechtsgrundsatz in Widerspruch zu stehen scheint D. 42, 8, 3, 1, wo die Klage durch das Nichtfortführen eines Gerichtsprozesses oder das Verjährenlassen eines Anspruchs begründet wird. In diesen Fällen wird es dem Schuldner doch zugemutet, dass er letztlich an der Vergrößerung seines Vermögens aktiv mitarbeiten muss. Laut Grevesmühl, S. 100, ist der Grund für diese Ausnahme, dass „die Klagerechte einen Bestandteil des gemeinschuldnerischen Vermögens“ bildeten. Als weiterer Grund kommt in Betracht, dass es bei diesen Fällen weniger um eine Vergrößerung des Schuldnervermögens, sondern vielmehr um eine Verhinderung dessen Verminderung geht, da der begonnene erfolgversprechende Prozess und der bestehende, noch nicht verjährte Anspruch bereits auf der Aktivaseite des Schuldnervermögens stehen, auf das die Gläubiger Zugriff nehmen können. Eine entsprechende Regelung enthält auch D. 38, 5, 1, 7 für die actio Fabiana, die von Paulus in D. 22, 1, 38, 4 in einem Atemzug mit der actio Pauliana genannt wird: „Quid si in lite vinci voluit? Si quidem condemnatus est data opera vel in iure confessus, dicendum erit Favianam locum habere: quod si noluit optinere, cum peteret, hic videndum. Et puto hunc deminuisse de patrimonio: actionem enim de bonis deminuit, quemadmodum si passus esset actionis diem abire“. Auch diese Klage soll also im Fall des absichtlichen Verlierens eines Prozesses sowie beim Verjährenlassen greifen; vgl. Solazzi, Revoca, S. 107 f., Fn. 8. 87 D. 42, 8, 6, 9: „nemo enim videtur fraudare eos, qui sciunt et consentiunt “. 88 Siehe D. 42, 8, 10, 1: „ si eventum fraus habuit, scilicet si hi creditores, quorum fraudandorum causa fecit, bona ipsius vendiderunt“. Siehe auch Ankum, Geschiedenis, S. 99. 84 85

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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Auf Seiten des vom Gläubigerbetrug profitierenden Dritten ist das Wissen um den hinter dem Verhalten des insolventen Schuldners stehenden Betrug vorausgesetzt.90 Diese prätorische Voraussetzung wurde wohl streng ausgelegt; bloßes Wissen um die Tatsache, dass der Vertragspartner andere Gläubiger hatte, genügte nicht, es war vielmehr eine Art „Teilnahme“ am Betrug des Schuldners erforderlich;91 dabei reichte es aber aus, dass der Dritte von der Existenz eines Gläubigers, der betrogen wird, wusste; Wissen bezogen auf alle Gläubiger war nicht vonnöten.92 Gegen einen gutgläubigen Dritten ist die Klage nur statthaft, wenn dieser unentgeltlich erworben hat, und zudem höhenmäßig beschränkt auf die erlangte Bereicherung (lucrum).93 d) Aktiv- und Passivlegitimation Weiterhin wichtig ist, wer die Klage anstrengen und wer mit ihr belangt werden konnte, mithin die Aktiv- und Passivlegitimation der actio Pauliana. 89 Siehe D. 42, 8, 1 pr.: „ fraudationis causa“; D. 42, 8, 10 pr.: „fraudandi causa“. Maßgeblich ist dabei die Person des Schuldners, vgl. D. 42, 8, 6, 12: Handelt etwa ein Hausherr durch seinen Sklaven oder Haussohn, so haftet er selbst. Agiert jedoch nur sein Sklave oder sein Sohn betrügerisch, so haftet der Hausherr – begrenzt auf die zu ihm durchgelangte Bereicherung – aus der actio de peculio oder der actio de in rem verso. Zugerechnet werden jedoch betrügerische Handlungen eines tutor oder curator, sodass die in das Vermögen des Mündels, Heranwachsenden oder furiosus gelangte Bereicherung herausgegeben werden muss, vgl. D. 42, 8, 10, 5. Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 7 f., betont zu Recht, dass für den subjektiven Tatbestand das bloße Bewusstsein des Schuldners um die Gläubigerschädigung nicht genügt, sondern dass vielmehr eine diesbezügliche Absicht, die „unredliche Motivation“, dass die Handlung „gerade auf die Schädigung der Gläubiger abzielte“, erforderlich ist. 90 Siehe D. 42, 8, 1 pr.: „ quae […] gesta erunt cum eo, qui fraudem non ignoravit“; D. 42, 8, 6, 8: „hoc edictum eum coercet, qui sciens eum in fraudem creditorum hoc facere suscepit“; D. 42, 8, 10 pr.: „sciente te“. 91 Vgl. D. 42, 8, 10, 2: „Quod ait praetor ‚sciente‘, sic accipimus ‚te consocio et fraudem participante‘: non enim si simpliciter scio illum creditores habere, hoc sufficit ad contendendum teneri eum in factum actione, sed si particeps fraudis est“. Ebenso D. 42, 8, 10, 4: „Alias autem qui scit aliquem creditores habere, si cum eo contrahat simpliciter sine fraudis conscientia, non videtur hac actione teneri“. 92 D. 42, 8, 10, 7: „ Illud certe sufficit, et si unum scit creditorem fraudari, ceteros ignoravit, fore locum actioni“. Die Klage greift nach D. 42, 8, 10, 8 jedoch nicht, wenn dieser Gläubiger, auf den sich sozusagen der Vorsatz des Dritten erstreckte, befriedigt worden ist. 93 D. 42, 8, 6, 11: „ Simili modo dicimus et si cui donatum est, non esse quaerendum, an sciente eo, cui donatum, gestum sit, sed hoc tantum, an fraudentur creditores: nec videtur iniuria adfici is qui ignoravit, cum lucrum extorqueatur, non damnum infligatur. In hos tamen, qui ignorantes ab eo qui solvendo non sit liberalitatem acceperunt, hactenus actio erit danda, quatenus locupletiores facti sunt, ultra non“. Ebenso C. 7, 75, 5: „Ignoti iuris non est adversus eum, qui sententia condemnatus intra statutum tempus satis non fecit nec defenditur, bonis possessis itemque distractis per actionem in factum contra emptorem, qui sciens fraudem comparavit, et eum, qui ex lucrativo titulo possidet, scientiae mentione detracta creditoribus esse consultum“. Vgl. auch Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 8 f.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Die Klage steht in erster Linie dem Insolvenzverwalter (curator bonorum) zu.94 Nach D. 42, 8, 1 pr. wird die Klagemöglichkeit auch „ei, cui de ea re actionem dare oportebit “, also dem, dem in dieser Sache eine Klage gewährt werden muss, eingeräumt.95 Diese Formulierung ist ungewohnt schwammig. Viel spricht dafür, dass an dieser Stelle in klassischer Zeit neben dem curator bonorum eine weitere konkrete Person stand, die im justinianischen Insolvenzrecht keine Rolle mehr spielte und daher durch die genannte Generalklausel ersetzt wurde.96 Wer dies in klassischer Zeit war, kann für die Zwecke dieser Untersuchung dahinstehen. In justinianischer Zeit kommt als möglicher is vor allem einer der Gläubiger in Betracht, der tätig wird, weil der Insolvenzverwalter untätig bleibt, oder, weil dieser nach Abschluss der distractio bonorum, nach Verteilung des Erlöses und damit nach Ende des Insolvenzverfahrens gar nicht mehr in Amt und Würden ist.97 Ebenfalls potentieller Kläger ist der Erbe eines Gläubigers.98 Mit der actio Pauliana belangt worden sein wird wohl in aller Regel derjenige, der die streitgegenständliche res vom insolventen Schuldner erlangt hat.99 Möglich ist die Klage aber auch gegen den, der diese res bösgläubig aus zweiter Hand, also vom Komplizen des Schuldners, erlangt; der gutgläubige Zweiterwerber kann grundsätzlich nicht belangt werden,100 es sei denn, er hat unentgeltlich erworben.101 Als Klagegegner kommt aber auch der Schuldner selbst, der seine Gläubiger betrogen hat, in Betracht.102 Ihn zu verklagen wird für die Gläubiger regelmäßig von nur geringem Interesse gewesen sein, da sie bereits zuvor die Möglichkeit hatten, auf sein Vermögen Zugriff zu nehmen, und da bei ihm wohl meistens „nichts mehr zu holen“ war.103 Denkbar ist eine Klage gegen den Schuldner selbst freilich in den D. 42, 8, 1 pr.: „ de his curatori bonorum […] actionem dabo“. Lenel, Anfechtung, S. 5, beschreibt dies pointiert mit „actio wem actio gebührt“. 96 So Ankum, Geschiedenis, S. 39: „Het is nl. onaannemelijk, dat de praetor het hier beloofde rechtsmiddel zou hebben verleend aan de curator bonorum ,vel ei, cui de ea re actionem dare oportebit‘. Wahrschijnlijk hebben de compilatoren deze vage aanduiding van de actief gelegitimeerde in de plaats gesteld van een in het klassieke recht bestaandem maar in na-klassieke tijd verdwenen person“. 97 Dazu, wenn auch von der Klassizität des Fragments ausgehend, von Schey, S. 149 f. 98 D. 42, 8, 10, 25: „ Haec actio heredi ceterisque successoribus competit “. 99 Siehe nur von Schey, S. 146. 100 D. 42, 8, 9: „ Is, qui a debitore, cuius bona possessa sunt, sciens rem emit, iterum alii bona fide ementi vendidit: quaesitum est, an secundus emptor conveniri potest. Sed verior est Sabini sententia bona fide emptorem non teneri, quia dolus ei dumtaxat nocere debeat, qui eum admisit, quemadmodum diximus non teneri eum, si ab ipso debitore ignorans emerit: is autem, qui dolo malo emit, bona fide autem ementi vendidit, in solidum pretium rei, quod accepit, tenebitur“. 101 Vgl. dazu soeben in und bei Fn. 93. 102 D. 42, 8, 1 pr.: „idque etiam adversus eum, qui fraudem fecit “. 94 95

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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Fällen, in denen er die veräußerte res absprachegemäß nach Abschluss des Insolvenzverfahrens von seinem Komplizen zurückbekommen hat, sowie in den Fällen, in denen für die Gläubiger zwar „nichts zu holen“ ist, diese aber wenigstens die Pönalisierungsfunktion der actio wahrnehmen wollen.104 Schließlich kann auch gegen den Erben des insolventen Schuldners geklagt werden, jedoch beschränkt auf das, was wirklich in sein Vermögen gelangt ist.105 Die Haftung des Erben war also diesbezüglich ausnahmsweise106 höhenmäßig durch die Erbschaftssumme beschränkt.

4. Rechtsnatur und Rechtsfolgen Aufgrund der Tatsache, dass die Quellen zur actio Pauliana des justinianischen Rechts sich aus Fragmenten zusammensetzen, die ursprünglich zu unterschiedlichen Rechtsmitteln verfasst worden sind, fällt es schwer, generelle Aussagen über die Rechtsnatur107 und die Rechtsfolgen der justinianischen Klage zu treffen. Da beide 103 So auch von Schey, S. 147 f. Auch Talamanca, S. 886, kann in der Klagemöglichkeit gegen den fraudator selbst keinen Sinn erkennen: „non si riesce a cogliere la giustificazione pratica di questa estensione“. 104 D. 42, 8, 25, 7: „Haec actio etiam in ipsum fraudatorem datur, licet Mela non putabat in fraudatorem eam dandam, quia nulla actio in eum ex ante gesto post bonorum venditionem daretur et iniquum esset actionem dari in eum, cui bona ablata essent. Si vero quaedam disperdidisset, si nulla ratione reciperari possent, nihilo minus actio in eum dabitur et praetor non tam emolumentum actionis intueri videtur in eo, qui exutus est bonis, quam poenam“. Siehe auch von Schey, S. 148. Die Pönalisierungsfunktion der Klage geht deutlich aus dem letzten Halbsatz hervor, wenngleich sie in Widerspruch zu D. 42, 8, 25, 1 zu stehen scheint: „haec actio rei restituendae gratia, non poenae nomine daretur“. Solazzi, Revoca, S. 192, und Ankum, Geschiedenis, S. 82, halten das Fragment unter anderem ob dieses Widerspruchs nicht für klassisch, wie dies etwa Grevesmühl, S. 147, Fn. 676, tut, sondern für einen aus der Hand eines christlichen, nachklassischen Glossators stammenden Text, den die Kompilatoren in die Digesten aufgenommen haben. Die Pönalisierungsfunktion der Klage (im justinianischen Recht) soll nach Solazzi, Revoca, S. 189, und Grevesmühl, S. 148, darin liegen, dass nicht in das Vermögen, sondern gegen die Person des insolventen Schuldners vollstreckt wurde. Zur starken Stellung der Personalexekution auch noch in klassischer und nachklassischer Zeit vgl. etwa Woeß, S. 488 ff. 105 D. 42, 8, 10, 25: „Haec actio […] et in heredes similesque personas datur“ (zur Textkritik siehe unten, Teil C, Fn. 22) und D. 42, 8, 11: „Cassius actionem introduxit in id quod ad heredem pervenit“. 106 Zur nach Erwerb der Erbschaft grundsätzlich unbeschränkten Erbenhaftung Kaser, Privatrecht, Bd. 1, S. 733 f. sowie zuletzt Rüfner, Antritt der Erbschaft, S. 286. 107 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass auch für das geltende deutsche Recht die Rechtsnatur der Gläubiger- und Insolvenzanfechtung umstritten ist. Grundsätzlich lassen sich die heute vertretenen Ansichten drei Kategorien zuordnen, namentlich Dinglichkeitstheorien, schuldrechtliche Theorie und haftungsrechtliche Theorien, vgl. im Überblick und m. w. N. zur InsO MüKo InsO / Kirchhof, Vorbemerkung vor §§ 129 bis 147 InsO, Rn. 12 ff., oder Uhlenbruck / Hirte, § 143 InsO, Rn. 1 ff. und zum AnfG Huber, Einführung, S. 16 f., Rn. 23 ff.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Aspekte in inhaltlichem Zusammenhang stehen und sich gegenseitig beeinflussen, bietet es sich an, sie unter gemeinsamer Überschrift zu behandeln.

a) Rechtsnatur Grundsätzlich sind Klagen, wie wir aus I. 4, 6, 2 wissen, in persönliche und dingliche Klagen zu unterteilen: Omnium actionum, quibus inter aliquos apud iudices arbitrosve de qua re quaeritur, summa divisio in duo genera deducitur: aut enim in rem sunt aut in personam. Die oberste Einteilung aller Klagen, mit denen zwischen irgendwelchen Leuten bei Richtern oder Schiedsrichtern über irgendetwas verhandelt wird, wird in zwei Arten geführt: sie sind nämlich entweder dinglich (in rem) oder persönlich (in personam).

In klassischer Zeit richtete sich die actio in personam gegen eine bestimmte verpflichtete Person, die actio in rem stellte man sich als Klage gegen einen konkreten Gegenstand vor, auf den der Kläger bei jedem zugreifen durfte, bei dem er sich gerade befand.108 In der Nachklassik bekam das Begriffspaar eine andere Bedeutung: Zwar verblieb die Unterscheidung in dingliche und persönliche Klagen; die actio in personam meinte aber nicht mehr eine Klage aus einem persönlichen Recht, sondern auf eine bestimmte Geldsumme, und die actio in rem nicht mehr eine Klage aus einem dinglichen Recht, sondern eine Klage, die auf einen anderen Vermögensgegenstand als Geld gerichtet war.109 Zu Zeiten Justinians unterschied man jedoch wieder nach dem klassischen Modell;110 in diesem Sinne schreibt auch Theophilos selbst, eine persönliche Klage trage diese Bezeichnung, weil sie gegen den Vertragspartner oder Delinquenten gerichtet werde,111 eine dingliche ihren Namen, weil sie nur bezogen auf körperliche oder unkörperliche Gegenstände möglich sei.112 108 Kaser, Privatrecht, Bd. 1, S. 224. Praktische Konsequenz daraus war, dass bei persönlichen Klagen Einlassungszwang, bei dinglichen Einlassungsfreiheit, wenn auch um den Preis des Verlusts der streitgegenständlichen Sache, bestand; vgl. Honsell / Mayer-Maly / Selb, S. 512 f. und ebenso – mit Vergleich zur Rechtslage im mittelalterlichen England (actio und writ) – Peter, S. 42. 109 Levy, S. 6, Kaser, Privatrecht, Bd. 2, S. 66 f. mit Nachweisen in Fn. 18. 110 Vgl. I. 4, 6, 1: „Namque agit unusquisque aut cum eo, qui ei obligatus est vel ex contractu vel ex maleficio, quo casu proditae actiones in personam sunt, per quas intendit adversarium ei dare aut dare facere oportere et aliis quibusdam modis: aut cum eo agit, qui nullo iure ei obligatus est, movet tamen alicui de aliqua re controversiam. Quo casu proditae actiones in rem sunt. Veluti si rem corporalem possideat quis, quam Titius suam esse affirmet, et possessor dominum se esse dicat: nam si Titius suam esse intendat, in rem actio est “. Siehe auch Levy, S. 6. 111 Theophilos, zu I. 4, 6, 1 (= Ferrini, Theophilos, S. 414): „καì λέγονται personaliai ἐπειδὴ κατὰ τοῦ συναλλάξαντος προσώπου ἢ κατὰ τοῦ ἁμαρτήσαντος κινοῦνται“. 112 Theophilos, zu I. 4, 6, 2 (= Ferrini, Theophilos, S. 415): „Κινῶ δέ τὴν in rem ἢ περὶ σωματικῶν ἢ περὶ ἀσωμάτικων“.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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Problematisch ist vor diesem Hintergrund bezüglich der actio Pauliana, dass der Text der Digesten und der (Paraphrase des Theophilos zu den) Institutionen an dieser Stelle einen Widerspruch aufweist. Nach D. 22, 1, 38, pr. und 4 scheint die Klage den persönlichen Klagen zuzugehören: D. 22, 1, 38, pr. – Paulus 6 ad Plautium Videamus generali, quando in actione quae est in personam etiam fructus veniant […] 4. In Fabiana quoque actione et Pauliana, per quam quae in fraudem creditorum alienata sunt revocantur, fructus quoque restituuntur […]. Wir wollen generell prüfen, wann von einer Klage, die persönlich (in personam) ist, auch Früchte erfaßt werden. […] 4. Auch bei der actio Fabiana und der actio Pauliana, durch die zurückverlangt wird, was unter Betrug der Gläubiger veräußert worden ist, sind die Früchte herauszugeben.

In seiner Paraphrase zu I. 4, 6, 6 zählt Theophilos113 sie dagegen den dinglichen Klagen zu, wenn er die Möglichkeit aufzeigt, […] κινεῖν τὴν in rem κατὰ τοῦ διακατέχοντος, ἥτις λέγεται Paulianή. […] die dingliche [Klage] gegen den Besitzer anzustrengen, die Pauliana genannt wird.

Ebenso bezeichnet das von Carolus Labbaeus transkribierte Basilikenscholion114 die actio Pauliana als „ἰνρὲμ Παυλιανὴ“, also als dinglich. Die dingliche Natur des in I. 4, 6, 6 behandelten Rechtsmittels ergibt sich jedoch nicht nur aus diesen beiden Kommentaren, sondern auch aus der Systematik des Abschnitts „de actionibus“ (I. 4, 6). In I. 4, 6, 3 wird statuiert, dass der Prätor dingliche und persönliche Klagen geschaffen habe, die in der Folge an Beispielen dargelegt werden sollten.115 Zunächst folgen darauf einige Beispiele zu dinglichen Klagen des Prätors,116 bevor ab I. 4, 8 persönliche Klagen des Prätors aufgezeigt werden.117 Aus dieser Systematik wird deutlich, dass das in I. 4, 6, 6 beinhaltete Rechtsmittel aus Sicht des Institutionengesetzgebers dinglicher Natur sein muss. Es drängt sich also die Frage auf, wie dieser Widerspruch zwischen Institutionen und Digesten aufzulösen ist, ohne eine der beiden Quellen als falsch zu bezichtigen.118 Theophilos, zu I. 4, 6, 6 (= Ferrini, Theophilos, S. 420). Vgl. dazu bereits Fn. 34 a. E. 115 I. 4, 6, 3: „aliae autem sunt, quas praetor ex sua iurisdictione comparatas habet tam in rem quam in personam, quas et ipsas necessarium est exemplis ostendere“. 116 Vgl. in I. 4, 6, 3: „ecce plerumque ita permittit in rem agere“ und die nachfolgenden Fragmente. 117 I. 4, 6, 8: „In personam quoque actiones ex sua iurisdictione propositas habet praetor“. 118 An dieser Stelle soll nur auf Ansätze eingegangen werden, die beide Quellen zu harmonisieren suchen, nicht auf solche, die paradigmatisch, ohne die Nennung von inhaltlichen Argumenten, eine der beiden Quellen als die zutreffende bezeichnen. Exemplarisch für diese letztgenannten Ansätze sei von Schey, S. 129, genannt: „So bleibt in der That nichts übrig, als zwischen der Autorität des Theophilus und Paulus zu wählen. Und da muss man sich 113 114

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Dabelow vertritt im Anschluss an Glück119, dass die Begriffe dingliche und persönliche Klage zur selben Zeit verschiedene Bedeutungen gehabt hätten, und dass teils auf das Subjekt, teils auf das Objekt sowie teils auf das Fundament der Klage abgestellt worden sei.120 Demnach habe die actio Pauliana gleichzeitig als dingliches (bezogen auf ihr Subjekt) und persönliches Rechtsmittel (bezogen auf ihr Objekt und Fundament) klassifiziert werden können.121 Diese Differenzierung innerhalb der Klagen selbst findet jedoch keinen Anklang in den Quellen und ist in Anbetracht der klaren Definitionen in I. 4, 6, 1 und in der Paraphrase dieses Fragments bei Theophilos unwahrscheinlich.122 Ein interessanter Ansatz findet sich bei von Savigny. Ihm zufolge gibt es „auch einige in rem actiones, die nur gegen bestimmte, einzelne Personen angestellt werden können“123. Zu diesen zählt er auch die Pauliana, die zwar, wie D. 22, 1, 38, 4 besagt, persönlich sei, aber bei Bedarf „durch Restitution zu einer in rem actio erhoben werden“ könne, was zu der missverständlichen Formulierung in I. 4, 6, 6 geführt haben könne.124 Weiterhin schlägt Wacke als zwischen beiden Quellen vermittelnden Ansatz vor, maßgeblich für die Rechtsnatur der Klage sei das „Substrat der anfechtbaren Vermögensminderung“: „die Fortgabe dinglicher Rechte begründet eine entsprechende actio in rem, die Aufgabe von Forderungsrechten eine actio in personam“125. wohl auf die Seite des klassischen Juristen stellen“. Combothecra, S. 31, geht dagegen davon aus, dass es im justinianischen Recht zwei einschlägige Klagen gegeben habe, eine dingliche, die nur in den Institutionen (I. 4, 6, 6) erwähnt wird, und eine persönliche, der der Digestentitel D. 42, 8 gewidmet ist. 119 Glück, S. 284. 120 Dabelow, S. 406 f. 121 Dabelow, S. 407 f. In diesem Punkt weicht Dabelow freilich erheblich von Glück ab, bei dem es auf S. 288 unmissverständlich heißt: „Ita denique actio quoque Pauliana ad eas actiones refertur, quae sunt in personam“. 122 Otto, S. 4: „dieselbe römische Klage kann nicht zugleich in rem und in personam gehen“. Ebenso Lenel, Anfechtung, S. 18. Allenfalls möglich wäre dies, wenn eine actio mixta vorläge, die eine Mischnatur aus persönlicher und dinglicher Klage hat (vgl. I. 4, 6, 20: „Quaedam actiones mixtam causam optinere videntur tam in rem quam in personam“). Jedoch statuiert I. 4, 6, 20, dass es nur drei Fälle solcher actiones mixtae gibt: die actio familiae erciscundae (Erbteilungsklage), die actio communi dividundo (Teilungsklage bei Miteigentum) sowie die actio finium regundorum (Grenzregelungsklage). Der Urheber der Institutionen kannte also neben den persönlichen und den dinglichen Klagen als dritte Kategorie die der gemischten Klage; nichtsdestotrotz ordnete er die in I. 4, 6, 6 enthaltene Gläubigeranfechtungsklage bewusst den dinglichen Klagen zu. 123 So von Savigny, System, Bd. 5, S. 26. 124 Siehe von Savigny, System, Bd. 5, S. 26 f. 125 Wacke, S. 421 f. Bei Jacques de Révigny ist in seinem Kommentar zu I. 4, 6, 6 überliefert, dass diese Auffassung bereits von gewissen Juristen („quidam“) seiner Zeit vertreten wurde. Dieser Ansicht folgte de Révigny nicht, da auch er von der Einheitlichkeit des in den Quellen genannten Rechtsmittels ausging. Vgl. die Edition von van Soest-Zuurdeeg, S. 213: „Dicunt quidam: in factum competit creditoribus in quorum fraudem facta est alienatio, ad

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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Die beiden letztgenannten Ansichten kranken freilich daran, dass sie zwar beide für sich gesehen ein tragbares und einleuchtendes Erklärungsmodell beinhalten, dieses aber nicht zureichend (von Savigny) bzw. gar nicht (Wacke) aus den einschlägigen Quellen belegen. Analysiert man dagegen das in den sich widersprechenden Quellen verwandte Vokabular, so fällt auf, dass D. 22, 1, 38, 4 eine Klage bezeichnet, „per quam quae in fraudem creditorum alienata sunt revocantur“. Das gemeinte Rechtsmittel ist also eine actio revocatoria. Das in I. 4, 6, 6 bezeichnete Rechtsmittel hat dagegen die Folge „rescissa traditione, eam rem petere“, also dass nach Vernichtung der Übereignung die Sache herausgefordert werden kann. Dies deutet ein zweistufiges Verfahren an: zunächst muss die Verfügung des betrügerischen Schuldners vernichtet werden („rescissa traditione“), anschließend kann die Sache herausverlangt werden („rem petere“). Ein solches zweistufiges Verfahren soll auch der ursprünglich anstelle der actio Pauliana stehenden in integrum restitutio zu Grunde gelegen haben.126 Das abschließende Herausverlangen einer Sache geht zweifelsfrei in rem, ist also dinglicher Natur. Möglich erscheint daher, dass die in den Digesten zusammengestellten Fragmente in D. 42, 8 sowie das Fragment D. 22, 1, 38, 4 nur die erste Stufe des in I. 4, 6, 6 genannten Rechtsmittels behandeln: die Vernichtung der Verfügung des betrügerischen Schuldners, welche ihrerseits in personam geht, also persönlicher Natur ist. So ist etwa aus D. 42, 8, 6, 8 ersichtlich, dass das behandelte Rechtsmittel nicht gegen jeden Inhaber des veräußerten Gegenstandes zulässig ist, sondern nur gegen den, bei dem als subjektive Voraussetzung Wissen um den Gläubigerbetrug gegeben ist: D. 42, 8, 6, 8 – Ulpianus 66 ad edictum Hoc edictum eum coercet, qui sciens eum in fraudem creditorum hoc facere suscepit, quod in fraudem creditorum fiebat: quare si quid in fraudem creditorum factum sit, si tamen is qui cepit ignoravit, cessare videntur verba edicti. Dieses Edikt bestraft den, der in dem Wissen, dass er dies unter Betrug der Gläubiger macht, etwas annahm, was unter Betrug der Gläubiger geschah: wenn etwas unter Betrug der Gläubiger gemacht wurde, wenn aber dennoch der, der empfangen hat, dies nicht wusste, scheinen daher die Worte des Edikts nicht zu greifen.

Insofern kann man die Klage nicht als actio in rem bezeichnen, da sie nicht gegen jeden Besitzer gegeben wird, sondern nur gegen bestimmte; das Fragment lässt also keinen anderen Schluss zu, als die Klage als persönliche anzusehen.127 revocanda incorporalia, set pauliana datur creditoribus ad revocanda corporalia in fraudem eorum alienata. Dico quod hoc nichil est, unde in factum in ista materia idem est quod pauliana“. 126 Vgl. etwa Lenel, Edictum, S. 438, ebenso Stagl, S. 124, Grevesmühl, S. 25 f. und Kroppenberg, Rezension, S. 434. 127 Dass die actio Pauliana des justinianischen Rechts eine persönliche Klage war, vertreten auch Ankum, Geschiedenis, S. 63 und 101 sowie Solazzi, Revoca, S. 95.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Möglich ist demnach, dass die Einordnung unter die dinglichen Klagen in I. 4, 6, 6 und den zitierten Kommentaren zu diesem Institutionenfragment aussagen möchte, dass, nachdem die Übereignung einer beweglichen Sache an einen Dritten vermittels der in den Digesten gewährten, dort unzweifelhaft persönlichen actio Pauliana aufgehoben worden ist („ rescissa traditione“), diese Sache von ihrem Inhaber auf dinglichem Wege herausverlangt werden kann („ permittitur ipsis creditoribus […] eam rem petere“).128 Wem neben den zuvor angerissenen Lösungsmöglichkeiten auch dieser Ansatz nicht zusagt, dem bleibt nur, sich mit besagtem Widerspruch einfach abzufinden.129

b) Rechtsfolgen Rechtsfolge der justinianischen actio Pauliana war, dass das betrügerische Verhalten des insolventen Schuldners mit rechtlichen Mitteln rückgängig gemacht wurde. Wie bereits der Titel von C. 7, 75 („ De revocandis his quae per fraudem alienata sunt“) deutlich macht, handelt es sich bei dem neugeschaffenen Rechtsmittel des justinianischen Rechts um eine actio revocatoria.130 Die Rückgängigmachung erfolgte, wie bereits die Titelrubrik von D. 42, 8 („Quae in fraudem creditorum facta sunt ut restituantur “) andeutet, im Wege der Restitution.131 D. 42, 8, 10, 19 statuiert als Grundregel „res restitui debet“, der streitbefangene Gegenstand muss restituiert werden. Dies geschah freilich nicht dergestalt, dass die Rechtsposition ipso iure auf die verkürzten Gläubiger überging; diese hatten vielmehr einen Anspruch auf Übertragung.132 Da der römischrechtliche Begriff der 128 In diesem Sinne kann man auch Palumbo, S. 32, verstehen: „Il carattere reale apparente dato all’azione dalle Istituzioni deriva anche dal risalto in cui è posto l’effetto rescissorio nei rapporti dei creditori“. 129 So Grützmann, S. 9: „Es bliebe nur übrig, den Widerspruch […] als vorhanden anzuerkennen“. Ebenso Kipp, S. 9: „No cabe, sin embargo, construir una teoría clara y precisa sobre la acción de impugnación en Derecho justinianeo, porque los compiladores no lograron llegar a un resultado armónico al unificar los tres recursos del Derecho clásico“. 130 Vgl. etwa Ankum, Geschiedenis, S. 62 f. und 82. Ebenso Talamanca, S. 883 ff. und Impallomeni, NNDI, S. 147. Formen von „revocare“ finden sich innerhalb der sedes materiae insgesamt 27 mal, nämlich in D. 22, 1, 38, 4, in D. 42, 8, 1 und 2, D. 42, 8, 6, 5 und 10, D. 42, 8, 7 und 10, 1, 6, 10, 11 und 22, D. 42, 8, 14, D. 42, 8, 17 pr., D. 42, 8, 18, D. 42, 8, 24 sowie in C. 7, 75, 1 und 4. 131 Formen von „restituere“ finden sich innerhalb der sedes materiae insgesamt 19 mal, nämlich in D. 22, 1, 38, 4 sowie in D. 42, 8, 6, 12, D. 42, 8, 7, D. 24, 8, 10 pr., 19, 20 und 23, D. 42, 8, 14, D. 42, 8, 25, 1, 4, 5 und 6. 132 Vgl. ausführlich Solazzi, Revoca, S. 213 ff. und kurz Palumbo, S. 86 f.: „La revoca non importa però ipso iure la rescissione degli atti in frode. Per l’alienazione della proprietà o dei diritti reali in genere occorre che alla revoca segue la trasmissione nei modi validi a favore dei creditori effetuata al loro rappresentante dal convenuto“. Ebenso Stein / Juncker,

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„res“ weiter war als der heutige Sachbegriff des BGB,133 fielen hierunter nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch unkörperliche wie etwa Klagen.134 Die Art und Weise der Restitution richtete sich nach der jeweiligen „res“:135 so waren etwa körperliche Gegenstände zu übereignen, dingliche Rechte zu übertragen, Klagen abzutreten, aufgegebene Verpflichtungen zu erneuern136. Eine Erstattung von Zinsen gab es grundsätzlich nicht; der eventuell entstehende Verzögerungsschaden war jedoch zu ersetzen.137 Nach Ablauf des Jahres, während dessen die Klage gewährt wird,138 wurde zwar nicht mehr vollumfänglich, aber immerhin noch auf die verbliebene Bereicherung (lucrum) gehaftet, da es ungerechtfertigt wäre, dem Betrüger die Früchte seines Betruges zu lassen.139 Problematisch ist, inwieweit auch Früchte erstattet werden mussten.140 Grundsätzlich galt im römischen Recht die Regel, dass der Eigentümer der Muttersache Eigentum an den Früchten erwirbt; Ausnahmen galten jedoch etwa für den gutgläubigen Besitzer, der Eigentum an den von ihm gezogenen Früchten erlangt.141 Die allgemeinste Regelung findet sich in D. 22, 1, 38, 4: auch die Früchte werden herausgegeben.142 In welchem Umfang jedoch die Früchte herauszugeben sind, wird aus dem einschlägigen Digestentitel dagegen nicht klar; es finden sich insoweit S. 437: „Auf Grund der restitutio konnten die dinglichen und obligatorischen Rechte vermittels reszissorischer Klagen geltend gemacht werden“. 133 Siehe etwa Rüfner, HKK §§ 90 – 103, Rn. 4. 134 D. 42, 8, 14: „Hac in factum actione non solum dominia revocantur, verum etiam actiones restaurantur“. 135 Vgl. dazu Solazzi, Revoca, S. 213 ff. 136 Vgl. zu diesem letztgenannten Fall D. 42, 8, 10, 23: „Si condicionalis fuit obligatio, cum sua condicione, si in diem, cum sua die restauranda est“. 137 D. 42, 8, 10, 22: „Propter quod etiam medii temporis commodum, quod quis consequeretur liberatione non facta, praestandum erit, dum usurae non praestentur, si in stipulatum deductae non fuerunt, aut si talis contractus fuit, in quo usurae deberi potuerunt etiam non deductae“; D. 42, 8, 17, 2: „Si vir uxori, cum creditores suos fraudare vellet, soluto matrimonio praesentem dotem reddidisset, quam statuto tempore reddere debuit, hac actione mulier tantum praestabit, quanti creditorum intererat dotem suo tempore reddi“. 138 Vgl. dazu oben, S. 31. 139 D. 42, 8, 10, 24: „Haec actio post annum de eo, quod ad eum pervenit, adversus quem actio movetur, competit: iniquum enim praetor putavit in lucro morari eum, qui lucrum sensit ex fraude: idcirco lucrum ei extorquendum putavit “. 140 Siehe hierzu auch Ankum, Geschiedenis, S. 101. Die römischen Quellen weisen freilich generell kein klares Bild zur zeitlichen Zuordnung von fructus und zum Umfang, in dem diese zu erstatten sind, auf, vgl. Rüfner, HKK §§ 90 – 103, Rn. 44 m. w. N. Zu den verschiedenen Aspekten der „nozione giuridica di fructus“ vgl. die Monographie von Cardilli, insb. S. 29 – 396. 141 So Kaser, Privatrecht, Bd. 1, S. 427; Rüfner, HKK §§ 90 – 103, Rn. 44. 142 D. 22, 1, 38, 4: „ fructus quoque restituuntur“. Dasselbe folgt auch aus D. 50, 17, 173, 1 „Cum verbum ‚restituas‘ lege invenitur, etsi non specialiter de fructibus additum est, tamen etiam fructus sunt restituendi “, vgl. D’Ors, Interdicto, S. 52.

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B. Die actio Pauliana im justinianischen Insolvenzrecht

Fragmente, die widersprüchlich scheinen.143 Nach D. 42, 8, 10, 20 sind die aus dem geschuldeten Gegenstand gezogenen, aber auch die schuldhaft nicht gezogenen Früchte herauszugeben; der Beklagte kann deren Herausgabe jedoch so lange verweigern, bis ihm die notwendigen Aufwendungen erstattet werden.144 D. 42, 8, 25, 4 dagegen statuiert, es müssten nur zum einen die Früchte herausgegeben werden, die zum Zeitpunkt der Veräußerung gleichsam „auf dem Halm“ standen, und zum anderen die Früchte, die nach dem Beginn des Prozesses gezogen wurden; alle zwischenzeitlich gezogenen Früchte sollten dagegen nicht zur Erstattung kommen.145 Maßgeblich ist nach diesem und den ihm folgenden Fragmenten, ob die Früchte sich jemals im Vermögen des Schuldners befunden haben. Die Fragmente aus D. 42, 8 kann man freilich dahin gehend harmonisieren, dass man sie in umgekehrter Reihenfolge liest: demnach meint Ulpian nur diejenigen Früchte, die schon zur Zeit der Veräußerung existierten, nicht aber die, die in der Zwischenzeit bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit hinzukamen.146 Diese eingeschränkte Verpflichtung zur Fruchtzahlung beruht wahrscheinlich auf derselben Überlegung, nach der ausdifferenziert ist, wann ein Unterlassen den Tatbestand der Klage erfüllt: Verhindert und rückgängig gemacht werden soll, was das Vermögen des insolventen Schuldners vermindert, nicht dagegen, was lediglich verhindert, dass sein Vermögen größer wird.147 Kaser bringt dies treffend auf den Punkt: „Die Gläubiger sollen durch die Veräußerung nichts verlieren, aber auch nichts gewinnen“148. 143 So auch Ankum, Geschiedenis, S. 101: „Komend tot de rechtsgevolgen der actie constateren wij, dat de passages die handelen over de op de verkrijger rustende plicht tot restitutie der vruchten tegenstrijdig schijnen“. 144 D. 42, 8, 10, 20: „Et fructus, non tantum qui percepti sunt, verum etiam hi, qui percipi potuerunt a fraudatore, veniunt, sed cum aliquo modo, scilicet ut sumptus facti deducantur: nam arbitrio iudicis non prius cogendus est rem restituere, quam si impensas necessarias consequatur: idemque erit probandum et si quis alios sumptus ex voluntate fideiussorum creditorumque fecerit “. 145 D. 42, 8, 25, 4: „Non solum autem ipsam rem alienatam restitui oportet, sed et fructus, qui alienationis tempore terrae cohaerent, quia in bonis fraudatoris fuerunt, item eos, qui post inchoatum iudicium recepti sint: medio autem tempore perceptos in restitutionem non venire“. 146 So die überwiegende Meinung, die zurückgeht auf Huschke, S. 107 ff. Im Anschluss an diesen ebenso Lenel, Edictum, S. 499, Fn. 1, Palumbo, S. 91 und Kaser, Restituere, S. 32, Fn. 5 und 6. Anders sieht dies Grevesmühl, S. 179 ff.; ihm zufolge gingen die Autoren der Fragmente, Ulpian und Venonius, von unterschiedlichen Sachbegriffen aus, die sich aus der klassischen bzw. vorklassischen Konzeption des Besitzes ergeben. Zur Kritik an der Herangehensweise Grevesmühls, textliche Widersprüche über die Zugehörigkeit der Autoren zu bestimmten Schulen aufzulösen, siehe generell die Rezension von Harke, S. 383 ff.; diesen Punkt der Kritik teilt auch Kroppenberg, Rezension, S. 440. 147 D. 50, 17, 134 pr.: „ Non fraudantur creditores, cum quid non adquiritur a debitore, sed cum quid de bonis deminuitur“. Vgl. ferner oben bei und in Fn. 80. 148 Kaser, Restituere, S. 33. Im Anschluss daran ebenso Ankum, Geschiedenis, S. 84: „Door de restitutie moeten de schuldeisers in de positie worden gebracht alsof de bedriegelijke handeling niet had plaats gehad; zij mogen er echter geen voordeel van genieten“.

II. Die justinianische Insolvenzanfechtungsklage

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Problematisch ist weiterhin, ob im Falle eines zum Nachteil der Gläubiger geschlossenen Geschäfts eine vom Dritten an den Schuldner gezahlte Gegenleistung im Gegenzug für die Herausgabe des veräußerten Gegenstandes wieder an den Dritten herauszugeben war. Nach der von Paulus überlieferten Auffassung des Proculus bestand jedenfalls kein Zurückbehaltungsrecht für den Fall, dass die Gegenleistung nicht herausgegeben wird, und in diesem Sinne wurde auch in einem kaiserlichen Reskript entschieden.149 Ulpian hielt dieses Ergebnis dagegen für ungerecht und forderte eine Berücksichtigung im Einzelfall: sollte von der Gegenleistung noch etwas im Vermögen des Schuldners verblieben sein, so soll dies herausgegeben werden, da die Gläubiger in Höhe der Gegenleistung ja keinem Betrug des Schuldners unterlegen sind.150

149 Siehe D. 42, 8, 7: „ Proculus existimat omnimodo restituendum esse fundum, etiamsi pretium non solvatur: et rescriptum est secundum Proculi sententiam“. 150 D. 42, 8, 8: „Ex his colligi potest ne quidem portionem emptori reddendam ex pretio: posse tamen dici eam rem apud arbitrum ex causa animadvertendam, ut, si nummi soluti in bonis exstent, iubeat eos reddi, quia ea ratione nemo fraudetur“.

C. Rechtsentwicklungen in England I. Zur Rezeption des römischen Rechts in England im Allgemeinen Eine volle Rezeption des römischen Rechts, wie sie auf dem europäischen Festland im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert stattgefunden hat, gab es in England nicht. Jedoch hatten eine frühe Rezeption des römischen Rechts im 12. und 13. Jahrhundert sowie insbesondere die Berücksichtigung römischrechtlicher Begrifflichkeiten bei der Auslegung des lokalen Rechts einen doch beachtlichen Einfluss auf das englische Recht.1 Schon kurz nach der Wiederentdeckung der Digesten in Italien zog es interessierte englische Juristen auf das europäische Festland, um sich dort in der neu entstehenden Wissenschaft unterweisen zu lassen; umgekehrt zog es auch italienische Juristen wie etwa Vacarius nach England, wo dieser römisches Recht unterrichtete und für die armen Studenten in seinem sogenannten Liber Pauperum zusammenfasste.2 Große römischrechtliche Einflüsse trägt auch das Werk De legibus et consuetudinibus regni Angliae von Henry de Bracton (gestorben 1268) in sich, in dem sich dieser, um das englische Recht seiner Zeit zu erläutern, römischrechtlicher Begrifflichkeiten bediente.3 Dieser starke römischrechtliche Einfluss ebbte gegen Ende des 13. Jahrhunderts merklich ab; bis zum 16. Jahrhundert wurden aufgrund eines neu entdeckten „strongly held ideological commitment to the insularity of the Common law and its separateness from the Civil law“ neue, autochthone Rechtsmittel entwickelt.4 1 Zwalve, S. 31: „Het Romeinse recht is in Engeland nooit gerecipieerd op de wijze zoals dat in de 15e en 16e eeuw in een groot aantal continentaal Europese landen geschiedde. De vroege receptie van het Romeinse recht en in het bijzonder de interpretatio passiva van het locale recht door middel van romeinsrechtelijke begrippen heeft echter wel degelijk invloed in Engeland gehad. Het Engelse recht draagt er nog steeds duidelijk herkenbare sporen van“. 2 So etwa Zwalve, S. 31 f., Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 10 f. und Ibbetson, Roman Law, S. 156. Eingehend zu Leben und Werk des Vacarius Liebermann, S. 305 ff. sowie die Einleitung bei de Zulueta, S. XIII ff. 3 Siehe dazu Jakobs, insb. S. 16 ff., Zwalve, S. 32, Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 11 f., Barton, Roman Law, S. 13 ff. und Ibbetson, Roman Law, S. 157. 4 Ibbetson / Lewis, S. 9: „This strong Roman influence on the Common law did not last beyond the end of the thirteenth century. Until the sixteenth century, English legal history is largely the story of the development of remedies based on indigenous procedures […]. Behind this, too, lay a strongly held ideological commitment to the insularity of the Common law and its separateness from the Civil law“.

I. Zur Rezeption des römischen Rechts in England

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Im 16. und 17. Jahrhundert kam es wiederum vermehrt zu römischrechtlichen Einflüssen auf das englische common law. Der nunmehr mögliche Druck des besagten Werks De legibus et consuetudinibus regni Angliae von Henry de Bracton sorgte dafür, dass dem englischen Juristen römischrechtliches Gedankengut in zitierfähiger Weise zugänglich wurde – schließlich war Bracton in den Augen seiner Landsleute englischer Richter, nicht kontinentaleuropäischer Rechtsgelehrter.5 Weitere, neu entstehende juristische Werke trugen starke Einflüsse des römischen Rechts beziehungsweise der kontinentalen Rechtstradition in sich.6 Neben dieser wissenschaftlichen Einflussnahme war auch die Rechtsprechung bestimmter Fachgerichte – sowohl der kirchlichen Gerichte, der sogenannten ecclesiastical courts, als auch des Court of Chancery und des Court of Admiralty – in hohem Maße vom rezipierten römischen Recht beeinflusst.7 Auch etliche Gerichtsurteile der Gerichte des common law auf dem Gebiet des Vertrags- und Deliktsrechts waren vom römischen Rechts und der kontinentalen Rechtstradition geprägt.8 Für sich genommen bloß Einzelfälle, die englische Rechtshistoriker teilweise durch bildhafte Sprache zu bagatellisieren suchten und suchen,9 ließen diese römischrechtlich beeinflussten Texte und Urteile in ihrer Gesamtheit doch deutliche Spuren im englischen Recht zurück.10 Ob sich derartige Spuren auch auf dem Gebiet des englischen Insolvenzanfechtungsrechts finden lassen, soll Gegenstand der nun folgenden Untersuchungen sein.

So Ibbetson / Lewis, S. 9 f. Vgl. Ibbetson / Lewis, S. 10, oder Stein, Civil law literature, S. 981 ff. Derartige Werke waren etwa die Institutiones Iuris Anglicani von John Cowell, die Νομοτεχνία, cestascavoir un Description del Common Leys d’Angleterre von Henry Finch oder die Symbolaeography von William West. Zu den beiden erstgenannten Werken siehe auch ausführlich Seipp, Reception, S. 420. 7 Vgl. nur Ibbetson, Roman Law, S. 156, Stein, Civil law literature, S. 979 f. oder Zimmermann, Roman Law, S. 35 ff. 8 Vgl. Ibbetson / Lewis, S. 10. 9 So spricht etwa Baker, Origins, S. 351 f. bezüglich einer eventuellen Rezeption der kontinentalen causa-Lehre von „superficial flirtations with Romanism“, oder Holdsworth, Reception, Teil 4, S. 254 schrieb, „We have received Roman law; but we have received it in small homoeopathic doses, at different periods, and as and when required“. 10 Vgl. dazu Ibbetson / Lewis, S. 10. 5 6

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C. Rechtsentwicklungen in England

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts in England im Speziellen Zunächst soll das römische Gläubiger- und Insolvenzanfechtungsrecht als Gegenstand von Lehre und Praxis untersucht werden. Ein Kanal, durch den eine Rezeption des römischen Gläubigeranfechtungsrechts in England möglich erscheint, ist die Lehre römischen Rechts an den Universitäten in Oxford und Cambridge sowie dessen praktische Anwendung durch ihre Absolventen. Daher soll auf die Anfänge der Lehre römischen Rechts in England mit besonderem Augenmerk auf die actio Pauliana eingegangen werden und sodann die praktische Anwendung auf den Gebieten analysiert werden, auf denen Juristen mit römischrechtlicher Ausbildung eingesetzt wurden. Zu betrachten sind dabei die Rechtsprechung der ecclesiastical courts, des Court of Chancery sowie des Court of Admiralty. Anschließend soll nach kontinentalen Einflüssen auf Gesetzesrecht und die ordentliche Gerichtsbarkeit des common law gesucht werden. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war das englische Gläubigeranfechtungsrecht „a mosaic of statutes and decisions“.11 Will man daher das Recht der „fraudulent conveyances“, also der betrügerischen Handlungen des später insolventen Schuldners zum Nachteil seiner Gläubiger, studieren und auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu dem auf dem europäischen Festland rezipierten spätrömischen Gläubigeranfechtungsrecht untersuchen, so muss man – um im Bild zu bleiben – die jeweiligen Mosaiksteine analysieren. Daher sollen die einschlägigen Gesetze („statutes“), die diesbezüglich relevanten Schriften der großen englischen Juristen („books of authority“) sowie die in der Praxis entschiedenen Rechtsfälle („cases“) des common law betrachtet werden. 1. Römisches Gläubigeranfechtungsrecht als Gegenstand von Lehre und Praxis a) Römisches Gläubigeranfechtungsrecht als Gegenstand der Lehre aa) Vacarius und der Liber Pauperum Der italienische Jurist Vacarius zählte zu den ersten, die in England römisches Recht lehrten. In der Cronica des Robertus de Monte heißt es zum Jahre 1149: Magister Vacarius gente Longobardus, vir honestus et iuris peritus, cum leges Romanas annos ab incarnatione domini 1149 in Anglia discipulos doceret, et multi tam divites quam pauperes ad eum causa discendi confluerent; suggestione pauperum de codice et digesta excerptos novem libros composuit, qui sufficunt ad omnes legum lites, que in scolis frequentari solent, decidendas, si quis eos perfecte noverit.12 11 12

So die plastische Beschreibung bei Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 80 f. Zitiert nach Bethmann, MGH, S. 498.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Der Rechtsgelehrte Meister Vacarius war also von Geburt aus Langobarde und lehrte im Jahre 1149 römisches Recht in England.13 Da sein Auditorium nicht nur aus reichen, sondern auch aus armen Studenten bestand, erstellte er auf Anregung der ärmeren eine Zusammenstellung von Ausschnitten aus Codex und Digesten in neun Büchern, „vollständig genug“, um sämtliche Rechtsstreitigkeiten, „welche in den Rechtsschulen abgehandelt zu werden pflegten“, zu entscheiden, wenn man sie nur völlig kannte.14 Dieses neunbändige Werk, in Anlehnung an seine Bestimmung Liber Pauperum, Buch für die armen Studenten,15 genannt, ist – teils fragmentarisch – in verschiedenen Handschriften überliefert;16 die Zusammenstellung einer Gesamtedition hat Francis de Zulueta für die Selden Society besorgt. Die Einteilung des Werks in neun Bücher durch Vacarius entspricht den ersten neun Büchern von Justinians Codex; jedoch wurden in Anbetracht des Zweckes, Studenten ein kurzes und erschwingliches, inhaltlich aber umfassendes Werk vorzulegen, einige Titel ergänzt, umgestellt oder weggelassen.17 Auch innerhalb der zitierten Konstitutionen und Fragmente hat Vacarius teilweise Kürzungen vorgenommen.18 13 Die Lehrtätigkeit des Vacarius fand entgegen einer Aussage bei Gervasius Cantuariensis (Gervase of Canterbury) in seinem Actus Pontificum 2, 238 (zitiert nach de Zulueta, S. XV: „Tunc leges et causidici in Angliam primo vocati sunt, quorum primus erat magister Vacarius. Hic in Oxonefordia legem docuit“) wohl nicht in Oxford statt. Schenkte de Zulueta, S. XIII ff., noch dem Zeugnis des Gervasius Glauben, darf diese Ansicht nunmehr als überholt gelten, vgl. de Zulueta / Stein, S. xxii f. Southern, S. 281, weist anhand historischer Gesichtspunkte nach, dass es sich bei der Passage, in der unser Satz enthalten ist, um eine spätere Einfügung in das Werk des Gervasius handelt. Landau, Origins, S. 175 ff., vermutet, dass Vacarius in Lincoln in den 1170ern und 1180ern lehrte und dass erst seine Schüler sein Werk nach Oxford brachten. 14 Die beiden Zitate in dieser Paraphrase, die das lateinische Original zur Perfektion treffen, sind entnommen aus von Savigny, Geschichte, Bd. 4, S. 422. 15 Insofern ist pauperum ein genitivus possessionis; man könnte auch von einem genitivus destinationis, einem Genitiv der Bestimmung, sprechen. Jedenfalls für die mittelmongolische Kasuslehre ist dieser Terminus belegt bei Poppe, S. 96. 16 Zu den verschiedenen Manuskripten eingehend de Zulueta, S. XXIV ff. Nicht aufgeführt wird dort die Handschrift, die sich im Stadtarchiv zu Trier unter der Signatur 842 (1636) finden lässt. Im Katalog von Kentenich von 1919, S. 3 für eine unvollständige Handschrift des Codex Iustinianus gehalten, wurde die wahre Natur des Manuskripts erst von Peter Weimar und Robert Feenstra entdeckt, vgl. Weimar, Glossators, S. 345, n. 287. Diese ist inzwischen allgemein anerkannt, vgl. nur Fowler-Magerl, S. 331 oder de Zulueta / Stein, S. xxxi. Ein ähnliches Schicksal erfuhr auch die von Wenck besprochene Handschrift, die ihm ebenfalls als Codexhandschrift angeboten wurde, die er jedoch aufgrund der eingestreuten Passagen aus den Digesten als Handschrift des Liber Pauperum identifizierte, vgl. Wenck, S. 62. Die folgenden Ausführungen zur actio Pauliana im Liber Pauperum beziehen sich auf die Trierer Handschrift sowie das Werk von de Zulueta. 17 Vgl. de Zulueta, S. XLIV. Dies gibt Vacarius in dem der Arbeit vorangestellten Prolog auch zu: „ Sed cum ea que in scolis frequentari solent magis eligerim, in novem ex iustiniano distribuitur libros, titulorum tamen in parte aucto in parte diminuto numero, et ob id necessitate quadam eorum ordine variato“, vgl. de Zulueta, S. 1. 18 Dazu eingehend de Zulueta, S. XL f.

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C. Rechtsentwicklungen in England

Die Anfechtung von betrügerischen Rechtshandlungen des insolventen Schuldners zulasten seiner Gläubiger behandelt Vacarius entsprechend dem Codex Justinians im siebten Buch seines Werks, jedoch nicht in Titel 75, sondern in Titel 80, der die Überschrift „Que in fraudem creditorum facta sunt ut restituantur“ trägt. Dort beschreibt Vacarius allerdings nicht die – wie in der Analyse der Voraussetzungen der justinianischen Insolvenzanfechtungsklage gesehen verhältnismäßig unergiebigen19 – Kaiserkonstitutionen C. 7, 75, 1 bis 6, sondern verschiedene Fragmente aus den Digesten, deren Inhalt bereits Gegenstand der Analyse des justinianischen Rechts war: D. 42, 8, 1 pr., D. 42, 8, 3, 1 und 2, D. 42, 8, 4, D. 42, 8, 5, D. 42, 8, 6 pr. (gekürzt, nur bis „non pertinet.“), 7, 8 (gekürzt) und 9, D. 42, 8, 10 pr., 1 (gekürzt, nur bis „ipsius vendiderunt “), 2 (gekürzt, nur bis „ fraudem participante“), 19, 20 (gekürzt, nur bis „facti deducantur“), 24 und 25, D. 42, 8, 11, D. 42, 8, 14 (gekürzt, nur bis „actione[s] cedant “) sowie D. 42, 8, 25, 7.20 Inhalt dieser Fragmente ist im einzelnen: die beiden Edikte des Prätors (D. 42, 8, 1 pr. sowie D. 42, 8, 10 pr.), das Erstrecken der Insolvenzanfechtungsklage auf gewisse Unterlassungen des insolventen Schuldners (D. 42, 8, 3, 1 und 2, D. 42, 8, 4 sowie D. 42, 8, 5), außer, wenn sie lediglich verhindern, dass sein Vermögen größer wird (D. 42, 8, 6 pr.), die subjektive Komponente der Anfechtungsklage (D. 42, 8, 6, 7,21 8 und 9 sowie D. 42, 8, 10, 2), der Umfang der Klage (D. 42, 8, 10, 19) und die Pflicht zur Fruchtherausgabe (D. 42, 8, 10, 20) sowie zur Herausgabe eines eventuell erzielten Gewinnes (D. 42, 8, 10, 24), die Erstreckung der Aktiv- und Passivlegitimation auf die Erben von Schuldner und Gläubiger (D. 42, 8, 10, 25 und D. 42, 8, 11)22 sowie letztlich die Klagemöglichkeit gegen den insolventen 19 In zwei Vacarius-Handschriften heißt es in diesem Sinne auch „Nihil plane e Cod., sed satis multa e Pandd. praesertim in marg.“, vgl. Wenck, S. 295, n. 380 sowie de Zulueta, S. 244 f., Fn. 2. 20 In der Edition von de Zulueta findet sich dies auf S. 244. Die Handschrift im Trierer Stadtarchiv, Signatur 842 (1636), beinhaltet auf der Vorderseite von f. 129 zudem D. 42, 8, 10, 18, worin der Fristbeginn des annus utilis auf den Tag der venditio bonorum festgesetzt wird. 21 In der Handschrift im Trierer Stadtarchiv, Signatur 842 (1636), befindet sich in margine zu D. 42, 8, 6, 7 der inhaltlich nahestehende Text von D. 42, 8, 24. 22 Die Handschrift im Trierer Stadtarchiv, Signatur 842 (1636), fügt in D. 42, 8, 10, 25 eine Verneinung bezüglich der Passivlegitimation des Erben ein: „ sed in heredes similesque personas non datur“. In der von Wenck behandelten Handschrift heißt es als Marginalglosse zu D. 42, 8, 10, 25: „Nota quod littera pisana ‚datur‘ sine negatione, et ita legit vac. et hoc consonat littere sequenti (nempe L. 11). bon. legunt ‚non datur‘, et supplent: iis non datur accio in solidum ratione rei, sed ratione perventionis“, vgl. Wenck, S. 295, n. 380. Siehe auch Ankum, Geschiedenis, S. 124, Fn. 3. Was nun der wahre Vacarius ist, mit oder ohne „non“, ist nicht auszumachen. Ein großer inhaltlicher Unterschied entsteht freilich nicht, da das folgende Fragment, D. 42, 8, 11, bestimmt: „Cassius actionem introduxit in id quod ad heredem pervenit“. Fest steht also, dass mit Cassius der Erbe nur im Umfang seiner Bereicherung haftet; ob dies eine Einschränkung von D. 42, 8, 10, 25 ohne „non“ oder eine Erweiterung von D. 42, 8, 10, 25 mit „non“ ist, dürfte praktisch keine Rolle spielen.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Schuldner selbst ob der Pönalisierungsfunktion der Insolvenzanfechtungsklage (D. 42, 8, 25, 7). Diese Quellen beinhalten offensichtlich alle wesentlichen Punkte des justinianischen Insolvenzanfechtungsrechts. Laut Scrutton hat sich die Arbeit des Vacarius auf die Teile des römischen Rechts beschränkt, die das englische Recht illustrieren konnten, da nach seiner Doktrin nur die Teile der römischen Rechtswissenschaft übernommen werden sollten, die in Einklang mit den Entwicklungen des englischen Rechts standen.23 Es lässt sich also festhalten, dass jedenfalls im Umfang dieser Quellen das römische Insolvenzanfechtungsrecht im 12. Jahrhundert Gegenstand der Lehre in England gewesen ist und wohl auch zumindest nicht in Widerspruch zum damaligen englischen Recht stand. Mithin sind zwei wichtige Voraussetzungen für eine mögliche Rezeption des römischen Insolvenzanfechtungsrechts in England erfüllt: die justinianischen Regeln waren in England einerseits ab dem 12. Jahrhundert bekannt und wurden dort im Wege der universitären Juristenausbildung24 verbreitet, und sie standen zweitens nicht im Widerspruch zum lokalen Recht, sodass bei Zweifelsfragen auf das römische Gedankengut zurückgegriffen werden konnte. Zwar fiel die Lehre des römischen Rechts im Allgemeinen und des Vacarius im Speziellen nicht lange auf fruchtbaren Boden; durch Johannes Saresberiensis ist uns überliefert, dass unter König Stephan, einem von 1135 bis 1154 regierenden Enkel Wilhelms des Eroberers, Vacarius und seine Lehren zum Schweigen gebracht wurden.25 Dies lag wohl weniger an einer persönlichen Abneigung des Königs gegen Vacarius und seine Lehren, sondern eher an einer generellen Angst davor, dass die systematische kontinentale Jurisprudenz die auf Gewohnheitsrecht beruhende englische Rechtsordnung infiltrieren und unterwandern würde26 – mithin handelte es sich um einen frühen Fall des in der Einführung in das Thema erwähnten „nolunt leges Angliae mutari “27. 23 Scrutton, S. 69: „[Vacarius’] lectures appear to have been directed to those parts of Roman Law which bore upon or illustrated the Law of England. For it was a principle of the Vacarian school that those parts only of the Roman Jurisprudence should be adopted which were in harmony with the development of the English Law. The former statutes of the Chair of Civil Law at Oxford contain the regulation: ,quam libet partem Corporis Iuris Civilis exponat, eosque praecipue titulos, qui ad usum et praxim in hoc regno conducunt.‘“. 24 Die in der Gerichtsbarkeit des common law (ab Henry II., der von 1154 bis 1189 regierte) tätigen Juristen hatten freilich in der Regel keine universitäre Ausbildung, sondern wurden ursprünglich in der Gerichtspraxis, ab 1340 in den sogenannten Inns of Court, Rechtsschulen, in denen die Studenten „den Rechtsstoff durch Plädierübungen erlernten“, ausgebildet, vgl. Lobban, S. 73 – 75. 25 Johannes Saresberiensis, Policraticus 8, 22 (= S. 579): „Tempore regis Stephani a regno iussae sunt leges Romanae, quas in Britanniam domus venerabilis patris Theobaldi Britanniarum primatis asciverat. Ne quis etiam libros retineret edicto regio prohibitum est et Vacario nostro indictum silentium“. Siehe auch de Zulueta, S. XIII f., und Liebermann, S. 310 f. 26 So Liebermann, S. 311. 27 Dies denkt auch Lange, S. 248, an.

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C. Rechtsentwicklungen in England

Die Unterdrückung war jedoch nicht von langer Dauer; entweder Stephan selbst oder sein Nachfolger hoben das Verbot wieder auf.28 Festzuhalten bleibt also, dass Kenntnis vom römischen Insolvenzanfechtungsrecht in England und dessen Konformität mit der englischen Rechtsordnung bestanden und damit die Basis für eine mögliche Rezeption des justinianischen Insolvenzanfechtungsrechts gesetzt war. bb) Eine anonyme lectura zu den Institutionen Vom Liber Pauperum beeinflusst ist die aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts stammende29 lectura zu den Institutionen, die in Edition von Francis de Zulueta und Peter Stein erschienen ist.30 Es handelt sich wohl um eine Mitschrift aus einer Institutionenvorlesung, wobei den Hörern ein Exemplar der Institutionen und des Liber Pauperum vorgelegen haben dürfte.31 Zum vierten Buch der Institutionen gibt es zwei unterschiedliche Kommentierungen. In der ersten heißt es zu I. 4, 6, 6, Anmerkung „in fraudem etc.“: Tunc competit actio creditoribus quando ex sententia presidis mittuntur in bonorum debitorum possessionem. Tunc namque, si aliquas res suas debitores prius alienaverit et in fraudem creditorum, competit creditoribus hec actio qua possunt aliquam rem petere, sic per traditionem in irritum tali casu deductam alienatam, quia adeo recinditur tale actio traditio quod neque etiam tradita intellegitur res.32 Den Gläubigern steht dann eine Klage zu, wenn sie auf Entscheidung des Provinzstatthalters in den Besitz des Schuldnervermögens eingesetzt wurden. Dann nämlich, wenn er zuvor irgendwelche eigene Sachen veräußerte, und dies unter Betrug seiner Gläubiger, steht 28 Siehe etwa von Savigny, Geschichte, Bd. 4, S. 421. Ebenso Holdsworth, History, Bd. 2, S. 148: „Stephen’s decree had but a transitory effect. Vacarius continued both to teach and to write“ und Pollock / Maitland, Bd. 1, S. 118 f.: „That Stephen endeavoured to silence him and to extirpate the books of civil and canon law we are told upon good authority. We are told also, and may well believe, that the royal edict was ineffectual“. In diesem Sinne auch Scrutton, S. 70. 29 So die Einordnung bei de Zulueta / Stein, S. xlv. 30 British Library, Royal Manuscript 4 B. IV., transkribiert und editiert von de Zulueta / Stein, S. 1 ff. 31 So de Zulueta / Stein, S. xliv. 32 Siehe de Zulueta / Stein, S. 112. Die zweite Kommentierung bemerkt lediglich zu „eam rem petere“: „Id est, creditor actione Pauliana et Faviana, patronus habet Calvisianam“, vgl. de Zulueta / Stein, S. 118. Daraus blickt, dass die Zuordnung des Begriffes „ Pauliana“ zu dem in I. 4, 6, 6 genannten Rechtsmittel in England auch schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts geläufig war. Der Prätor gewährte bei u. a. bei arglistigen Geschäften, die ein Freigelassener tätigte, um seinen Freilasser (patronus) zu beeinträchtigen, bei Testamentserbfolge die actio Fabiana, bei Intestaterbfolge die actio Calvisiana, vgl. Kaser, Privatrecht, Bd. 1, S. 252 und S. 709, di Paola, S. 152 ff., Krüger / Kaser, S. 153 f. sowie aus den einschlägigen Titeln des Corpus Iuris insb. D. 38, 5, 3, 3 und C. 6, 5, 2 pr.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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den Gläubigern diese Klage zu, mit der sie jedwede Sache fordern können, die so durch ungültige Übertragung veräußert und abgezogen wurde, weil so weit durch diese Klage die Übereignung wirkungslos gemacht wird, dass die Sache auch nicht einmal als übertragen angesehen wird.

Mithin waren gegen Ende des 12. Jahrhunderts nicht nur die von Vacarius verwendeten Fragmente aus dem einschlägigen Digestentitel D. 42, 8 bekannt und Gegenstand der Lehre, sondern auch die relevante Institutionenpassage I. 4, 6, 6. cc) Römisches Recht an den Universitäten Oxford und Cambridge Römisches Recht wurde seit dem frühen Mittelalter vor allem an den Universitäten Oxford und Cambridge gelehrt. Für Oxford ist die Lehre römischen und kanonischen Rechts jedenfalls ab dem Jahre 1195 belegt. Der Friese Menko berichtet in seiner Chronik, zwei seiner Landsleute, die Brüder Enno und Addo, hätten zu dieser Zeit in Oxford Tag und Nacht die Rechte, unter anderem anhand des Liber Pauperum, studiert: Oxonie etiam Decreta, Decretales, Liberum Pauperum, nec non et alios libros canonici iuris et legalis, vigilias dividendo, scripserunt, audierunt et glossaverunt.33 In Oxford schrieben sie auch die Dekrete, Dekretalen und den Liber Pauperum, und auch andere Bücher kirchlichen und weltlichen Rechts, ab, wobei sie sich die Nachtwachen teilten, hörten sie und versahen sie mit Glossen.

Vermutet wird, dass die Fakultät als einheitliche Fakultät für beide Rechte (schola utriusque iuris) etwa 1190 entstanden ist und als solche faktisch bis zum Jahr 1535 Bestand hatte, in dem König Henry VIII. im Zuge seiner Abkehr von der römischen Kirche den kanonistischen Teil der Fakultät schloss und die Lehre kanonischen Rechts in England unterband.34 Eine Trennung im Lehrplan zwischen weltlichem und kanonischem Recht erfolgte wohl erst im Jahre 1234, in dem durch den Liber Extra Papst Gregors IX. auch in England die Bulle Super specula bekannt wurde, in der Papst Honorius III. im Jahre 1219 Klerikern das Studium römischen Rechtes untersagt hatte.35 Aber auch danach blieben beide Rechtsschulen eng verbunden und waren etwa bis 1465 im selben Gebäude untergebracht; der Erwerb des Titels eines Doctor of Civil Law war weiterhin Voraussetzung, um Bachelor oder Doctor of Canon Law zu werden.36 Boyle sieht demzufolge das Studium römischen Rechts in Oxford vor 1380 gleichsam als bessere Hilfswissenschaft der Kanonistik an.37 33 Zitiert nach Weiland, MGH, S. 524. Was der Liber Pauperum freilich war, wusste Menko, wie er selbst zugab, nicht: „Quis hic sit, nescio“ (Weiland, MGH, S. 524, Fn. 39). 34 Vgl. Boyle, Canon Law, S. 532 f. 35 So Boyle, Canon Law, S. 536 f. 36 Vgl. Boyle, Canon Law, S. 539 ff. Die relevanten Vorschriften aus den Statuta Antiqua der Universität Oxford finden sich mit Interpretation bei Boyle, Curriculum, S. 136 ff.

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C. Rechtsentwicklungen in England

Seit der Abkehr vom Liber Pauperum als Grundlage der Lehre römischen Rechts an der Universiät Oxford beschränkte sich die offizielle Lehrtätigkeit darauf, dass das Digestum vetus (D. 1, 1 – D. 24, 2) und die ersten neun Bücher von Justinians Codex Jahr für Jahr abwechselnd gelesen wurden, während das übrige Corpus Iuris Civilis nur „cursorie“ von Studenten oder Doktoranden im Rahmen der Erlangung des Bachelor- oder Doktortitels unterrichtet wurde.38 1535 schloss König Henry VIII. im Zuge seiner Abkehr von der römischen Kirche den kanonistischen Teil der Fakultät sowohl in Oxford als auch in Cambridge. Parallel dazu stärkte er allerdings die Lehre des römischen Rechts, indem er jeweils einen Regius Chair of Civil Law stiftete.39 Der Regius Chair an der University of Oxford war erstmals mit John Story (ernannt 1541) besetzt; einer seiner Nachfolger (1587 – 1608) war etwa der berühmte italienische Völkerrechtler Alberico Gentili.40 Das genaue Entstehungsdatum der juristischen Fakultät Cambridge ist nicht bekannt, lag aber in jedem Fall vor 1250.41 Gelehrt wurden anfänglich römisches und kanonisches Recht; beide Teilfakultäten waren aber auch in Cambridge eng miteinander verbunden.42 Im römischen Recht wurden das Digestum novum (D. 39, 1 – D. 50, 17) sowie die Institutionen gelesen.43 Auch in Cambridge war das Studium des römischen Rechts grundsätzlich Voraussetzung für ein Studium kanonischen Rechts; von dem Erfordernis, drei bzw. fünf Jahre römisches Recht zu studieren, konnten Geistliche freilich dispensiert werden, um den Erfordernissen der Bulle Super specula gerecht zu werden.44 Einer der größten Kanonisten Englands, William Lyndwood (gest. 1446), residierte nach Studium und Promotion in Oxford in Gonville Hall, Cambridge.45 Erster Regius Professor of Civil Law in Cambridge 37 Boyle, Canon Law, S. 563 f.: „it mattered very little in the long run which of the two faculties one entered. The student of law at Oxford and at Cambridge was a student of canon law. Which faculty he began in, and which one he graduated from, depended not only on a choice of one faculty over the other, but on economic circumstances and clerical condition […]. At all events, competence in canon law was the goal, an expertise in Roman law the means“. 38 Barton, The Legal Faculties of Late Medieval Oxford, S. 298 und 302. 39 Siehe für Cambridge Baker, Law at Cambridge, S. 5 oder Leedham-Green, S. 37, für Oxford Barton, The Faculty of Law, S. 257. 40 Vgl. Barton, The Faculty of Law, S. 285 ff. Zu Gentili auch Coquillette, Civilian writers, S. 63 ff. 41 Leedham-Green, S. 19, Baker, Law at Cambridge, S. 3, Leader, S. 192 f. 42 Leader, S. 196 f.: „The faculties of civil and canon law were in theory and practice twinned, although they voted separately in congregation […]. As a then current adage had it, the canonist ignorant of the civil law is worth little; the civilian ignorant of canon law is worth nothing at all“. 43 Leader, S. 193. 44 So Leader, S. 194. 45 Baker, Law at Cambridge, S. 4, Boyle, Canon Law, S. 559, Leader, S. 199.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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war Sir Thomas Smith46 (ernannt 1542); ein weiterer prominenter Amtsinhaber war etwa der schon erwähnte John Cowell, der mit seinen Werken The Interpreter und Institutiones Juris Anglicani berühmt wurde.47

b) Römisches Gläubigeranfechtungsrecht in der Fachgerichtspraxis Auf der Suche nach frühen Anwendungsfällen einer der römischrechtlichen actio Pauliana vergleichbaren Regelung im englischen Recht bietet es sich an, zunächst diejenigen Gerichte zu untersuchen, deren Rechtsprechung unter größerem römischrechtlichem Einfluss stand: die ecclesiastical courts, der Court of Chancery und der Court of Admiralty.48 aa) Ecclesiastical courts Neben dem weltlichen Regime des common law stand im vorreformatorischen England exponiert die Jurisdiktion der kirchlichen Gerichte, der ecclesiastical courts.49 Deren Zuständigkeit erstreckte sich grundsätzlich über fünf Bereiche: Ehesachen, Verleumdung, Eid und Meineid, Zehntzahlungen sowie Nachlasssachen.50 Letztere umfassten Testamentsstreitigkeiten sowie die Zusammenstellung des Vermögens des Verstorbenen und die Zahlung von Schulden und Vermächtnissen daraus.51 Dabei konnten freilich Fälle auftreten, in denen das Vermögen des Verstorbenen nicht ausreichte, um seine Schulden zu begleichen, entweder unfreiwillig aufgrund von Schicksalsschlägen oder, weil der Verstorbene zu Lebzeiten Vermögensgegenstände weggegeben hatte.52 In diesen Fällen waren die kirchlichen Gerichte 46 So etwa Stein, Thomas Smith, S. 188. Leader, S. 338, führt Smith als den zweiten Lehrstuhlinhaber. Zu Smith siehe Coquillette, Civilian writers, S. 58 ff. und Stein, Thomas Smith, S. 186 ff. 47 Zu Cowell siehe etwa Coquillette, Civilian writers, S. 79 ff. 48 Vgl. nur Holdsworth, Reception, Teil 1, S. 397 f., Ibbetson, Roman Law, S. 156 oder Zimmermann, Roman Law, S. 35 ff. 49 Siehe dazu Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 126 ff. 50 Siehe Helmholz, Roman Canon Law, S. 1 f., Ferme, S. 7 oder Coquillette, Civilian writers, S. 29. 51 Helmholz, Roman Canon Law, S. 1. Zu den Nachlassstreitigkeiten zählte anfänglich auch die Eintreibung von Erbschaftsschulden („debt claims“), die später vor den ordentlichen Gerichten verhandelt wurde, vgl. Helmholz, Debt Claims, S. 8 ff. 52 Helmholz, Selden Society, S. 13: „It not infrequently happened that a man died with more debts outstanding than he had assets. It then fell to the Church to deal with the resulting probate problems“. Helmholz, Oxford History of the Laws of England, S. 411: „Two special problems arose in probating estates. They both involved men who died possessed of too little property to meet all the claims that would be made against them. One was usually involuntary – the bankrupt estate. The other was voluntary – the estate of anyone who had given away all his goods before he died“.

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C. Rechtsentwicklungen in England

demnach einerseits mit Insolvenzrecht und andererseits mit dem Recht gläubigerverkürzender Vermögensverfügungen betraut.53 Insofern lohnt ein Blick in die kirchliche Normgebung auf dem Gebiet des Nachlassrechts, will man etwas über Insolvenz- und Gläubigeranfechtungsrecht in einer Zeit erfahren, in der in England weltliche Gesetze gegen insolvente Schuldner noch nicht existieren. (1) „cordis dolore“ Eines der frühesten einschlägigen Zeugnisse ist ein nach seinen Anfangsworten „cordis dolore“ genanntes Provinzgesetz des Erzbischofs Johannes (de) Stratford aus dem Jahre 1342-3.54 Johannes (de) Stratford war unter anderem Lord Chancellor55 sowie Erzbischof von Canterbury von 1333 bis zu seinem Tod im Jahre 1348.56 Seine Ausbildung erfuhr er in Oxford, wo er einen Doktortitel im weltlichen sowie im kirchlichen Recht erlangte.57 Im „Provinciale“58 des englischen Bischofs und Kirchenrechtlers William Lyndwood59 wird das Gesetz wie folgt wiedergegeben: Cordis dolore concutimur, & infrà. Praesentis deliberatione Concilii, omnes & singulos in nostra Provincia, qui mortis vicinae conjecturam verisimilem obtinentes, ex malitia sive fraude universa bona seu qualitatem eorum tam notabilem etiam inter vivos donare, seu aliter alienare presumpserint, sic quod Ecclesia, Rex, sive alij creditores quibus sic donantes sive alienantes efficaciter tenebantur suis Iuribus: Uxoresve seu liberi eorundem suis portionibus de consuetudine vel de iure ipsis debitis irrecuperabiliter defraudantur, Assistentes insuper languentibus in extremis et alijs, huiusmodi donationes seu alienationes fieri consulentes et temere procurantes ipsosque languentes et alios consilijs aut suasionibus 53 Vgl. etwa Helmholz, Selden Society, S. 14: „it is wrong to suppose that the principles of bankruptcy law were unknown in England before the Tudor legislation. They were in frequent use before the Courts of the Church“ und S. 13, Fn. 30: „Actions to protect against fraudulent alienations were undertaken under a Canterbury Provincial Constitution of 1343, Cordis dolore“. 54 Siehe dazu Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 421 ff. Der Wortlaut des Gesetzes findet sich bei Wilkins, Bd. 2, S. 706 sowie mit ausführlicher Glossierung bei Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, S. 161 ff. Zur Datierung vgl. Haines, S. 397 f. 55 Er übte dieses Amt von 1330 bis 1334, 1335 bis 1337 und 1340 aus, vgl. Fryde, HBC, S. 86. 56 Zu seiner Biographie vgl. Fryde, HBC, S. 86, Emden, Bd. 3, S. 1796 ff., DNB / Kingsford, Bd. 19, S. 30 ff. sowie die Monographie von Haines, passim. 57 DNB / Kingsford, Bd. 19, S. 30. Zur Ausbildung in Oxford allgemein Haines, S. 6 ff. 58 Das „Provinciale“ beinhaltet Gesetzgebung aus der Kirchenprovinz Canterbury aus der Zeit der Erzbischöfe zwischen Stephen Langton (1207 – 1228) und Henry Chichele (1414 – 1443). Im März 1422 vollendete William Lyndwood die Zusammenstellung und Anordnung der Gesetze, 1430 vollendete er seine Glossierung; vgl. Ferme, S. 44 – 47. 59 William Lyndwood (1375 – 21. Oktober 1446), Doktor beider Rechte, später Kanzler des Erzbischofs von Canterbury Henry Chichele, am 21. Februar 1432 zum Keeper of the Privy Seal und am 27. Juni 1442 zum Bischof von St. David’s ernannt. Zu seiner Ausbildung vgl. oben, Fn. 45. Zu seiner Biographie vgl. ferner Ferme, S. 19 – 39.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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perversis a voluntate testandi nequiter avertentes, ex quibus liberam testamenti factionem impediri, ecclesias et alios supradictos suo iure non ambigitur maliciose privari, dictaeque fraudis sive malitiae conscios, ac si Donata sive Alienata recipientes, & ad hoc consilium dantes, auxilium vel favorem, majoris Excommunicationis sententiam incurrere volumus ipso facto. Donantes insuper bona sua hujusmodi in ipsa Provincia, aut ea taliter Alienantes, propter sui gravitatem excessus non obstante quacunque Absolutione impensa a praedicta sententia Ecclesiastica, careant sepultura. Caeterum, ne probationis fraudis & malitiae in hac parte difficultas hanc provisionem reddat inutilem; Statuimus, quod quotiescunque, aliqui dictae Provinciae bona sua omnia, sic ut praefertur, donaverint, aut alias quovis titulo alienaverint, seu in quantitate tam notabili quod appareat de residuo Ecclesiis vel Creditoribus aliis de suis debitis, uxoribus & liberis de suis portionibus supradictis non posse satisfieri sicut decet, Donatio seu Alienatio hujusmodi per malitiam sive fraudem eo ipso fieri censeatur, malitiae sive fraudis probatione ulteriori minime requisita.60 Durch den Schmerz Unseres Herzens werden Wir erschreckt, und so weiter. Nach Beratung des gegenwärtigen Konzils wollen Wir, dass alle und jeder einzelne in Unserer Provinz, die ihren nahen Tod als wahrscheinlich vermuten und die sich angemaßt haben, aus Arglist und Betrug ihr gesamtes Vermögen oder auch einen so bemerkenswerten Teil desselben unter Lebenden verschenkt oder anders veräußert zu haben, sodass Kirche, König oder andere Gläubiger, denen die, die so schenken oder veräußern, tatsächlich haften, um ihre Rechte, oder dass ihre eigenen Frauen und Kinder um die Anteile, die ihnen kraft Gewohnheit oder Gesetz geschuldet werden, unwiederbringlich betrogen werden, dass überdies bei solchen, die den Todkranken und anderen helfen, dass derartige Schenkungen oder Veräußerungen zu Stande kommen, und die ohne Not dafür entweder selbst anstatt des Kranken sorgen oder andere durch Ratschläge oder verkehrte Anraten von ihrem letzten Willen argerweise abbringen, aufgrund derer dann die Testierfreiheit beeinträchtigt wird, wenn unbestritten ist, dass die Kirchen und anderen oben Genannten eigenen Rechts böswillig beraubt werden, dass die Mitwisser des genannten Betrugs oder der Arglist, wenn sie Geschenktes oder Veräußertes empfangen haben, und dazu Rat gaben, Hilfe oder Unterstützung, sich durch diese Tat selbst die Strafe der Großen Exkommunikation zuziehen. Überdies sollen diejenigen, die ihr Vermögen in dieser Provinz auf diese Weise verschenken, oder die dieses so veräußern, wegen der Schwere ihrer Verfehlung, ungeachtet irgendeiner Absolution, die ihnen von der vorgenannten Kirchenstrafe erteilt wurde, kein Begräbnis haben. Damit nicht die Schwierigkeit der Beweisführung des Betrugs und der Arglist in dieser Hinsicht diese Verfügung nutzlos macht, setzen Wir weiterhin fest, dass jedes Mal, wenn irgendwelche Leute in der genannten Provinz ihr vollständiges Vermögen so, wie oben gesagt wurde, verschenken oder anderen unter welchem Titel auch immer veräußern, oder in einer so bemerkenswerten Menge, dass es so zu sein scheint, dass aus dem Rest den Kirchen und anderen Gläubiger bezüglich ihrer Schulden, den Frauen und Kindern bezüglich ihrer oben genannten [Erb-]Teile nicht genüge getan werden kann, wie es sich gehört, die Schenkung oder Veräußerung derart als durch Arglist oder Betrug geschehen von sich aus angesehen wird, wobei keineswegs weiterer Beweis der Arglist oder des Betrugs vonnöten ist.61 60

Zitiert nach Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, S. 161 ff.

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In „cordis dolore“ behandelt das Konzil der Kirchenprovinz Canterbury das Problem, dass dem Tode nahe Personen bösgläubig oder arglistig vor ihrem Tod ihr komplettes Vermögen oder einen großen Teil davon inter vivos verschenken oder veräußern, und dass ihre Gläubiger unwiderruflich um ihre Forderungen und ihre Frauen und Kinder unwiderruflich um ihre Erbanteile betrogen werden. Diese Personen, und jeder, der ihnen hilft oder sie unterstützt, wird durch dieses Gesetz daher ipso facto mit der Großen Exkommunikation bestraft (majoris Excommunicationis sententia). Zudem soll der Schenker oder Veräußerer kein kirchliches Begräbnis erhalten (careant sepultura)62, ungeachtet einer Absolution von dieser Kirchenstrafe (non obstante quacunque Absolutione impensa a praedicta sententia Ecclesiastica). 61 Eine englische Übersetzung findet sich bei Bullard / Bell, S. 62 f. Eine kurze, etwa einhundert Jahre jüngere Paraphrase des Textes findet sich in der wahrscheinlich zwischen 1445 und 1455 entstandenen (so Brandeis, Jacob’s Wells, S. XIII) Handschrift mit dem biblischen Titel „Jacob’s Wells“. Im Kontext werden Fälle aufgezählt, in denen die Strafe der Exkommunikation verhängt wird. Der Exkommunikation unterliegen demnach „[…] And alle þo arn acursyd þat on here dede-bedde alyenyn, or jyuen awey, here good in defrawde, & in hyndryng oþere men of here dette & of here ryjt, & in defraude of here wyves & chylderyn, to lettyn hem fro þe porcyoun þat longyth to hem, be ryjt & be custom of þe cuntre; And alle þat takyn wyttyngly swiche jiftes, or procure þerto, to do swiche fraude; & alleþat jeuyn þer-to couwseyl or styring, to bryngen oþere to swyche dedys. Ex constitwionibus Stratford, c. Cordis dolore.“ – „[…] auch alle, denen zur Last gelegt wird, dass sie auf dem Sterbebett liegend ihr Vermögen weggegeben haben unter Betrug und Behinderung anderer Leute um ihre Schuld und ihr Recht und unter Betrug ihrer Frauen und Kinder um ihren [Erb-]Teil, der ihnen nach Recht und Brauch dieses Ortes zusteht; und alle, die wissentlich irgendwelche Geschenke angenommen haben, oder dazu gebracht haben, irgendwelchen Betrug zu unternehmen; und alle, die mitgemacht haben durch Rat und Anleitung, andere zu solchen Taten zu bringen. Aus den Konstitutionen Stratfords, K[onstitution] ‚cordis dolore‘.“ Zitiert nach Brandeis, Jacob’s Wells, S. 21. 62 Die Verbindung zwischen Exkommunikation und Verwehren des kirchlichen Begräbnisses lässt sich zurückführen auf Papst Innozenz III., vgl. Boudinhon, S. 683. Im Liber Extra (X. 3, 28, 12) ist folgende Aussage überliefert: „Sacris est canonibus institutum, et utentium consuetudine approbatum, ut quibus non communicavimus vivis non communicemus defunctis, et ut careant ecelesiastica sepultura qui prius erant ab ecclesiastica unitate praecisi, nec in articulo mortis ecclesiae reconciliati fuerint. Unde, si contingat interdum, quod vel excommunicatorum corpora per violentiam aliquorum, vel alio casu in coemeterio ecclesiastico tumulentur, si ab aliorum corporibus discerni poterunt, exhumari debent et procul ab ecclesiastica sepultura iactari. […]“ – „In den Heiligen Kanones ist die Regel aufgestellt, und durch die Übung ihrer Nutzer anerkannt, dass Wir mit denen, mit denen Wir keine Gemeinschaft bilden, wenn sie leben, auch keine Gemeinschaft bilden, wenn sie verstorben sind, und dass die eines kirchlichen Begräbnisses entbehren sollen, die zuvor von der Einheit der Kirche abgeschnitten waren, wenn sie nicht im Angesicht ihres Todes mit der Kirche sich wieder versöhnt haben. Daher müssen, wenn es sich inzwischen ereignet, dass Körper von Exkommunizierten durch jemandes gewaltsames Handeln oder aus einem anderen Grund in einem kirchlichen Friedhof begraben worden sind, und wenn diese von anderen Körpern unterschieden werden können, diese exhumiert werden und weit weg vom kirchlichen Begräbnis[platz] geworfen werden. […]“.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Schließlich trifft das Konzil eine Anordnung bezüglich des Beweises von Betrug und Arglist, der in der Praxis problematisch sein kann. Festgesetzt wird eine Vermutung: jedes Mal, wenn jemand sein Vermögen in der genannten Weise veräußert, wird diese Veräußerung eo ipso als betrügerisch und arglistig angesehen, ohne dass weiterer Beweis nötig wäre (malitiae sive fraudis probatione ulteriori minime requisita). Zunächst fällt ins Auge, dass die Konstitution „cordis dolore“ nur dann greift, wenn der Veräußernde seine mors vicina befürchtet bzw. languens in extremis ist, also dem Tode nahe ist.63 Dies kann zum einen mit Helmholz dahingehend erklärt werden, dass im mittelalterlichen England das Sterbebett eines Mannes der Platz war, an dem seine Finanzlage geklärt wurde, an dem definitiv aufgestellt werden musste, was er und was man ihm schuldig war.64 Zum anderen waren – wie oben festgestellt – die kirchlichen Gerichte nur in gewissen Fällen zuständig, sodass sie im Rahmen von Nachlasssachen sich mit betrügerischen Vermögensveräußerungen beschäftigen durften, nicht aber, wenn ein Schuldner in der Blüte seines Lebens gläubigerverkürzende Veräußerungen getätigt hatte. Wer an der betrügerischen Veräußerung von Vermögensgegenständen eines später Verstorbenen beteiligt war, soll nach „cordis dolore“ der Strafe der Großen Exkommunikation (excommunicatio maior),65 also dem vollständigen Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft, anheimfallen. Diese Strafe sollte weiterhin ipso facto eintreten, also mit dem Zeitpunkt des Vergehens und wegen dieses Vergehens, ohne dass eine Entscheidung eines kirchlichen Gerichts nötig wäre.66 Im Umkehrschluss daraus kommt Helmholz zu der These, um die Konsequenz der Exkommunikation zu vermeiden und Absolution zu erlangen, habe man das Erlangte in das Vermögen des Verstorbenen zurückgeben müssen.67 63 Ein Verbot von „Schenkungen auf dem Siechbett“ kannte bereits das lübische Recht, vgl. Stobbe, S. 59. Die einschlägige Regelung (Codex III, Art. LXXXVI, zitiert nach Hach, S. 404; ähnlich bereits im Codex von 1294 Art. CLXXIV, Hach, S. 335) lautet: „Is eyn mensche kranck vnde ligget up dem bedde vnde is den luden schuldich he en schal des nene macht hebben dat he jemende deme enen vor den anderen jenich vordel do in der betalinge. weret dat he storue vnd hedde heymeliken weme wot gedan dat scholdeme weder bringhen to deme anderen gude vnde de schuldener scholden alle to liker delinge gan vnde delen dat gut na marktalen“. Das lübische Recht geht insofern also über cordis dolore hinaus, als es die anteilsmäßige Verteilung unter den Gläubigern anordnet. 64 Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 416: „In medieval England, a man’s death bed was often a place for reckoning up what he owed and what he was owed“. 65 Siehe zur Großen Exkommunikation Magnúsardóttir, Sp. 1454 f., Boudinhon, S. 678 und S. 680 sowie Logan, S. 14. 66 Die Figur der Exkommunikation ipso facto wurde im Jahre 1139 vom Zweiten Laterankonzil geschaffen und folgte automatisch auf das Vergehen, vgl. Magnúsardóttir, Sp. 1454. Siehe auch Boudinhon, S. 680 und Logan, S. 15. 67 So Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 421: „To avoid the consequences of excommunication and to merit absolution, transferees were required to return the fruits, i.e., the amount they had received without giving adequate consideration, to the decedent’s estate“

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Dies lässt sich zwar dem Text der Konstitution unmittelbar nicht entnehmen.68 Lediglich aus der Wendung „non obstante quacunque Absolutione“ kann man schließen, dass eine Absolutionsmöglichkeit grundsätzlich besteht. Der Gedanke, dass die materielle Rückgängigmachung des Vergehens auf weltlicher Seite erforderlich ist, um die daran anknüpfende Konsequenz auf kirchlicher Seite rückgängig zu machen, überzeugt freilich, wenn er sich auch nicht zwingend aus dem Gesetzestext ergibt. Zum einen ist dieser Gedanke konform mit der kanonischen Rechtsregel „ peccatum non remittitur nisi restituatur ablatum“ – „eine Sünde wird nicht vergeben, wenn das Weggegebene nicht zurückerstattet wird“.69 Diese Regel findet sich seit 1298 im Liber Sextus Papst Bonifaz VIII., Buch 5 als vierte Regel im Titel 13 („ De regulis iuris“).70 Dinus de Mugello hebt in seinem Kommentar hervor, dass sowohl Bereuen der Tat als auch Rückgabe zur Vergebung der Sünde notwendig sind.71 Ein weiterer Beleg ergibt sich aus dem Kontext der Gesetzgebung. Das Gesetz gehört zu einer Reihe von 17 Kanones. Hintergrund und Motivation der Normgebung ergeben sich deutlich aus dem ersten dieser Kanones: I. De pace ecclesiae et regni Angliae conservanda Superno Dei munere informatus, (illustris) rex Angliae Edwardus, pacem Anglicanae ecclesiae atque regni cupiens firmiter observari, nos, et caeteros coepiscopos dicti regni olim literis suis rogavit, ut communes malefactores (regni) et pacis sanctae ecclesiae, atque suae (wörtlich identisch ohne Nachweis (!) auch Graham, Landmarks, S. 99). Ebenso ferner Helmholz, Selden Society, S. 13: „[…] the ecclesiastical practice was […] to cite persons who had received goods from the decedent prior to his death so that they could be required, under pain of excommunication, to restore those assets for which they had not given consideration […]“. Zur Exkommunikation als prozessualem Vollstreckungsmittel in Kontinentaleuropa vgl. etwa Elsener, insb. S. 73 ff. Gilliard, S. 149, berichtet von einem Dokument in den Archives cantonales vaudoises, wohl aus dem Jahre 1397, „qui rapporte l’enterrement, en plain champ, d’un débiteur insolvable excommunié par l’officialité de Lausanne“ und stellt in Fn. 1 fest: „Bien entendu, le paiement des dettes successorales aurait permis d’assurer au corps une sépulture chrétienne“. 68 Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 427, Fn. 68 gibt zu, dass „cordis dolore“ nur die Exkommunikation als Strafe beinhaltet; die Rückgabepflicht, um diese Strafe zu vermeiden, sei „only indirectly“ enthalten. 69 Eine Verbindung zwischen dieser Regel des kanonischen Rechts und dem Vorgehen gegen bankrotte Schuldner stellt, wenn auch in anderem Kontext, Sauter, S. 69, auf. 70 Zitiert nach Dinus de Mugello, De regulis iuris, f. 25a. Bei Johannes Andreae, f. 160, heißt die Regel „ peccatum non dimittitur nisi restituatur ablatum“. Vgl. zur inhaltlichen Bedeutung die dort abgedruckten Kommentierungen sowie die bei Petrus de Ancharano, f. 190b ff. 71 Dinus de Mugello, De regulis iuris, f. 27a zur Regel „Peccati venia non datur nis[i] correcto“ – „Von der Sünde wird keine Verzeihung gewährt, wenn er sich nicht gebessert hat“: „Hec regula concordat cum prima precedenti: quod sicut in precedenti non remittitur peccatum nisi restituatur ablatum. ita hic non remittitur peccatum nec peccati pena nisi interveniat mentalis correctio“ – „Diese Regel geht Hand in Hand mit der vorherigen: sodass, wie nach der vorhergehenden die Sünde nicht erlassen wird, wenn das Weggegebene nicht zurückgegeben wird, nach dieser die Sünde und die Strafe für die Sünde nicht erlassen wird, wenn nicht geistige Besserung inzwischen eingetreten ist“.

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turbatores et violatores […] in singulis dioecesibus (ecclesiastica) compescantur censura, ipsos desiderans, pro suis gravibus in his excessibus, majoris excommunicationis sententia innodari, seu excommunicatos publice denunciari. Unde nos piae mentis dicti regis imitatione laudabili excitati, audaciam perfidorum hujusmodi compescere cupientes, omnes malefactores praedictos, taliter inposterum in Cantuar[ensi] provincia delinquentes scienter, praesentis auctoritate concilii majoris excommunicationis sententiam volumus et pronunciamus incurrere ipso facto; quorum absolutionem locorum ordinariis, seu, sedibus ecclesiarum cathedralium vacantibus, his, qui jurisdictionem episcopalem exercebunt ibidem, praeterquam in mortis articulo, reservamus. Caeterum, ut hujusmodi delinquentium facinora eo amplius evitentur, quo ipsi delinquentes excommunicati solennius fuerint denunciati; hoc facto provinciali concilio approbante, praecipimus, quod omnes et singuli malefactores praedicti in singulis cathedralibus, collegiatis, et parochialibus ecclesiis nostrae provinciae antedictae, prima dominica Quadragesimae, ac in festo corporis Christi, annuatim excommunicati publice nuncientur in genere, cum intimatione reservationis absolutionis praedictae.72 I. Dass der Friede in der Kirche und im Königreich England bewahrt werden soll Informiert durch die hohe Berufung Gottes hat der erlauchte König von England, Edward, weil er will, dass Friede in der englischen Kirche und in seinem Reich dauerhaft eingehalten werde, Uns und Unsere anderen Mitbischöfe im genannten Reich schriftlich ersucht, dass gemeine Übeltäter am Reich und des Friedens der Heiligen Kirche, und ihre Störer und Verletzer […] in den einzelnen Diözesen durch Androhung einer Kirchenstrafe gezügelt werden, weil er verlangt, dass diese für ihre schweren Vergehen gegen diese [Rechtsgüter] mit der Strafe der Großen Exkommunikation verknüpft werden, oder dass die Exkommunizierten öffentlich vermeldet werden. Daher wollen Wir und sprechen Wir aus, zur löblichen Nachahmung des frommen Geists des genannten Königs erregt, weil Wir wollen, dass die Kühnheit dieser Treulosen auf diese Art und Weise beschränkt wird, dass alle genannten Übeltäter, die so zukünftig in der Provinz Canterbury vorsätzlich ein Vergehen begehen, mit Autorität des gegenwärtigen Konzils sich die Strafe der Großen Exkommunikation zuziehen durch diese Tat selbst; Wir behalten die Absolution den Ordinarien der Orte, oder bei Vakanz der bischöflichen Sitze denen, die die bischöfliche Gerichtsgewalt ausüben, vor, außer bei Todesgefahr. Weiterhin, dass derartige Untaten der Delinquenten um so mehr dadurch vermieden werden, dass dieselben exkommunizierten Delinquenten feierlich vermeldet werden; Wir schreiben vor, wobei auch in dieser Sache das Konzil dieser Provinz zustimmt, dass alle vorgenannten Übeltäter in den einzelnen Kathedralen, Kollegiats- und Pfarrkirchen Unserer genannten Provinz am ersten Sonntag der Fastenzeit und an Fronleichnam jährlich allgemein öffentlich als exkommuniziert verkündet werden, mit der Bekanntgabe des genannten Vorbehalts der Absolution.

Dieser Text erhellt, dass die Große Exkommunikation ipso facto die „Standardstrafe“ in allen Fällen sein soll, in denen der Erzbischof auf Bitten des Königs zur allgemeinen Friedenswahrung einschreitet (majoris excommunicationis sententiam volumus et pronunciamus incurrere ipso facto). Ein Unterfall davon ist der in „cor72

Zitiert nach Wilkins, Bd. 2, S. 702 f.

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dis dolore“ genannte, dass jemand kurz vor seinem Tod sein Vermögen zum Nachteil seiner Gläubiger und anderer ansonsten begünstigter Personen veräußert.73 Die Möglichkeit der Absolution von dieser Strafe nennt der Kanon unmittelbar im Anschluss und behält sie grundsätzlich, d. h. außer bei Todesgefahr (praeterquam in mortis articulo), dem Ortsbischof vor (absolutionem locorum ordinariis […] reservamus). Als weitere Strafe sollen die Exkommunizierten an zwei hohen kirchlichen Feiertagen jedes Jahr öffentlich genannt werden (annuatim excommunicati publice nuncientur in genere), wobei jeweils auf die besagte Absolutionsmöglichkeit hingewiesen werden soll (cum intimatione reservationis absolutionis praedictae). Dieses wiederholte und deutliche Hinweisen auf die Absolutionsmöglichkeit spricht dafür, dass diese für den Normgeber von besonderer Bedeutung war. In Anbetracht der Motivation der Normsetzung, den Frieden in Kirche und Königreich zu bewahren („ De pace ecclesiae et regni Angliae conservanda“), wäre bloße Reue und Bußbereitschaft seitens der Übeltäter kaum für eine Absolution ausreichend. Insofern spricht der wiederholte und deutliche Hinweis auf die Absolutionsmöglichkeit dafür, dass diese erst nach Kompensation der Übeltat erfolgen sollte, also nachdem durch Wiederherstellung des status quo ante der öffentliche Friede gewährleistet war. Auch verurteilten die ecclesiastical courts generell bei schuldrechtlichen Klagen auf Herausgabe von Erbschaftsgegenständen den Beklagten zur Zahlung unter Androhung der Exkommunikation.74 Dieser Fall unterscheidet sich von einem Handeln in fraudem creditorum nur im Tatbestand, nicht aber in der Rechtsfolge: auch in diesem Fall besteht eine Herausgabepflicht, freilich deshalb, weil der Beklagte rechtsgrundlos besitzt, nicht weil ein zwischen dem verstorbenen Erblasser und seinem Komplizen vereinbarter Rechtsgrund wegen Gläubigerbetrugs nichtig ist. Die Exkommunikation wurde demnach von den kirchlichen Gerichten als Mittel eingesetzt, um die Urteilsvollstreckung durchzusetzen. Schließlich spricht auch die generelle Natur der Exkommunikation für diese These. Bereits im Liber Sextus heißt es in Buch 5, Titel 11 („ De sententia excommunicationis, suspensionis et interdicti “) „Cum medicinalis sit excommunicatio non mortalis: disciplinans non eradicans“75 – „weil die Exkommunikation auf die Heilung und nicht auf den Tod gerichtet ist, ist sie belehrend und nicht vernichtend“. Die Exkommunikation war also primär ein „religiöses Zuchtmittel“ und wurde in der Hoffnung verhängt, der Gestrafte möge auf den Pfad der Tugend zurückkehren und Buße tun, um so die Absolution zu erlangen.76 73 Ebenso Haines, S. 404: „Another malpractice was that of persons in extremis who distributed their goods inter vivos to the loss of their creditors and other rightful beneficiaries“. 74 Siehe dazu Helmholz, Debt Claims, S. 73. 75 Zitiert nach Johannes Andreae, f. 143. Vgl. auch den dort abgedruckten Kommentar sowie den bei Petrus de Ancharano, f. 161b ff. und Guido de Baisio, f. 135a ff. 76 So Magnúsardóttir, Sp. 1453 sowie Sp. 1456 und Logan, S. 15. Boudinhon, S. 678: „a medicinal rather than a vindicative penalty, being intended, not so much to punish the culprit, as to correct him and bring him back to the path of righteousness“.

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Somit spricht auch die systematische Einordnung der Konstitution für Helmholz’ These, man habe, um im Anwendungsbereich von „cordis dolore“ die Konsequenz der Exkommunikation zu vermeiden und Absolution zu erlangen, das Erlangte in das Vermögen des Verstorbenen zurückgeben müssen.77 Folgt man dieser Annahme, so kann man in „cordis dolore“ eine Art „actio Pauliana mit kirchenrechtlichen Mitteln“ sehen. Die Glossierung von „cordis dolore“ in Lyndwoods „ Provinciale“ verweist auf die einschlägigen Texte des Corpus Iuris Civilis zur Gläubigerverkürzung. Wiederholt zitiert werden unterschiedliche Fragmente aus dem Digestentitel D. 42, 8, „quae in fraudem creditorum facta sunt ut restituantur“78 sowie das inhaltlich korrespondierende Fragment D. 49, 14, 45 pr.79 Ebenfalls wird auf I. 4, 6, 680 und auf C. 7, 75, 581 sowie auf einschlägige Stellen bei Bartolus de Saxoferrato82 und Accursius83 verwiesen, sodass der Kommentator die gesamte sedes materiae des römischen Anfechtungsrechts bei Gläubigerverkürzung mit „cordis dolore“ in Verbindung bringt. Auch Helmholz weist darauf hin, dass die Kirche auf dem Gebiet des Nachlassrechts große Anleihen beim römischen Recht machte.84 Die Anordnung an den Empfänger betrügerisch veräußerter Gegenstände, diese in das insolvente Vermögen des Veräußerers zurückzugeben, konnte ein kirchlicher Gesetzgeber so nicht treffen. Die Kirche hatte keinen Zugriff auf Körper und Vermögen ihrer Glieder, sondern konnte diese nur gleichsam an der Seele, am Seelenheil strafen. Durch körperlichen Zwang und Vermögensexekution konnte ein kirchlicher Gesetzgeber niemanden zwingen, eine den Gläubigern des Veräußerers gegenüber betrügerische Vermögensverschiebung rückgängig zu machen. Was ein kirchlicher Gesetzgeber aber konnte, war, an den genannten Tatbestand eine hohe Kirchenstrafe wie die Exkommunikation zu knüpfen und auf diese nur dann im Wege der Absolution zu verzichten, wenn die Gegenstände zurückgegeben werden. Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 421. So etwa auf D. 42, 8, 17, 1 in Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „donare“ und „alienare“ (= S. 161), auf D. 42, 8, 10, 1 in Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „tenebantur“ (= S. 162) oder auf D. 42, 8, 10, 3 in Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „ Rex“ (= S. 162). Die letztgenannte gl. ad „ Rex“ spricht auch explizit von actiones revocatoriae, die nur dann vonnöten sind, wenn ein wirksames Geschäft geschlossen worden ist, da bei einem bloßen simulierten Geschäft die Gegenstände das Vermögen des Veräußerers nie verlassen haben. 79 D. 49, 14, 45 pr.: „ In fraudem fisci non solum per donationem, sed quocumque modo res alienatae revocantur, idemque iuris est et si non quaeratur: aeque enim in omnibus fraus punitur“. Zitiert etwa in Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „alienare“ und „Rex“ (= S. 161). 80 Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „irrecuperabiliter“ (= S. 163). 81 Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „recipientes“ (= S. 164). 82 Bartolus ad D. 42, 8, 10, 1 in Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „tenebantur“ (= S. 162). 83 Accursius ad I. 4, 6, 6 in Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, gl. ad „eo ipso“ (= S. 165). 84 Helmholz, Ecclesiastical Law, S. 389. 77 78

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Dadurch wurde mit kirchenrechtlichen Mitteln faktisch dasselbe wie mit Mitteln weltlichen Rechts erreicht. Kombiniert man diesen Gedanken mit der Tatsache, dass Johannes (de) Stratford an der Universität Oxford nicht nur kanonisches, sondern auch römisches Recht studiert hat und zum Doktor beider Rechte promoviert wurde, er somit einen gewissen Zugang auch zum römischen Recht hatte,85 und dem Rechtsgebiet, aus dem Lyndwoods Glossen stammen, so kann man in „cordis dolore“ einen Anwendungsfall einer mit der actio Pauliana vergleichbaren Regelung in Engand sehen. (2) Weitere Entwicklung Der Anwendungsbereich von „cordis dolore“ blieb nicht auf die südliche englische Kirchenprovinz Canterbury, der Johannes (de) Stratford als Erzbischof vorstand, beschränkt. Nahezu wörtlich wurde das Gesetz auch am 26. April 1466 auf dem Concilium provinciale Eboracense in der nördlichen Kirchenprovinz York in Kraft gesetzt86 und galt damit in ganz England.87 Anfänglich kooperierten die weltliche und die kirchliche Gerichtsbarkeit und erkannten die Zuständigkeitsbereiche der jeweils anderen an. So blieb etwa exkommunizierten Klägern der Gang vor die weltlichen Gerichte verwehrt, und teilweise wurden Exkommunizierte sogar auf Antrag des Bischofs durch die weltliche Macht verhaftet, wenn sie nicht binnen 40 Tagen Absolution suchten.88 Mit der Zeit versuchte die weltliche Gerichtsbarkeit jedoch zunehmend, mit der kirchlichen auf den Gebieten zu konkurrieren, auf denen letztere ursprünglich die alleinige Gerichtsbarkeit ausübte.89 Diese Tendenz begann schon unter Edward III. und Richard II. im 14. Jahrhundert und verstärkte sich nach der Abkehr König Henry VIII. von der römisch-katholischen Kirche unter dem Regime der Tudors und frühen Stuarts im 15. und 16. Jahrhundert.90 In diesem Zuge gelangte auch das Recht zugunsten verkürzter Gläubiger vermehrt in den Zugriffsbereich weltlicher Justiz.91 Auf dem Anwendungsgebiet von DNB / Kingsford, Bd. 19, S. 30. Zur Ausbildung in Oxford allgemein Haines, S. 6 ff. Abgedruckt bei Wilkins, Bd. 3, S. 601 sowie 679. 87 England ist organisatorisch in zwei Kirchenprovinzen, Canterbury und York, unterteilt, vgl. nur Lynch, S. 81. 88 So Helmholz, Ecclesiastical Law, S. 390. Vgl. zu den wechselseitigen Beziehungen auch Helmholz, Selden Society, S. 7. 89 So Helmholz, Roman Canon Law, S. 82 f. 90 Vgl. Helmholz, Roman Canon Law, S. 82 f. sowie 161; ebenso Helmholz, Oxford History of the Laws of England, S. 276 unter Bezugnahme auf 13 Eliz. c. 7. Ein Beispiel für den schrittweisen Niedergang der kirchlichen Gerichtsbarkeit findet sich bei Helmholz, Debt Claims, S. 77 ff., generelle Anmerkungen auch auf S. 81. 91 Dazu, dass die ecclesiastical courts in der Praxis auch noch nach dem Inkrafttreten weltlicher Gesetze auf dem Gebiet tätig blieben, etwa Helmholz, Oxford History of the Laws of England, S. 412 f. 85 86

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„cordis dolore“ wurde etwa am 4. März 1563 im House of Commons der Entwurf einer „Bill, that Gifts made by any Person of the Eighth Part of his Goods, within Eight Days before his Death, shall be void“ eingebracht.92 Dabei ist es nach Helmholz „not implausible“, dass kirchenrechtliche Regelungen wie „cordis dolore“ einen gewissen Einfluss auf die weltliche Gesetzgebung hatten und dass bei der Schaffung neuer Gesetze die schon existierenden Regeln jedenfalls zur Kenntnis genommen wurden;93 Divergenzen können mit der Motivation der Gesetzgebung, der Abkehr von der römisch-katholischen Kirche und damit dem Wunsch, etwas Neues zu schaffen, begründet werden.94 Wie dargelegt, kann „cordis dolore“ als einer der frühesten Anwendungsfälle eines der actio Pauliana vergleichbaren Rechtsmittels in England gesehen werden. Vermittels des Kirchenrechts fand die Idee der actio Pauliana einen ersten Weg in das englische Recht. bb) Court of Chancery Neben den ecclesiastical courts war auch der Court of Chancery in seiner Rechtsprechung vom römischen Recht beeinflusst. Entstanden aus der königlichen Kanzlei, deren Leiter, der Chancellor, das Staatssiegel („Great Seal of England“) in seiner Obhut hatte, mit dem königliche „writs“95 und Urkunden beglaubigt wurden, entwickelte sich der Court of Chancery, in dem die königlichen Beamten ergänzend zum bzw. abhelfend vom regulären Prozess vor den ordentlichen Gerichten des common law nach Billigkeitsgesichtspunkten („equity“) entschieden,96 zum Beispiel in Fällen, in denen der Kläger „destitute of 92 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 67. Im Verlauf dieses Parlaments findet dieser Gesetzesentwurf freilich keine weitere Erwähnung mehr. 93 Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 428. Vgl. auch Helmholz, Selden Society, S. 7: „In this instance, it would be incautious to speak of the secular courts wholly taking over part of a jurisdiction that had once belonged to the Church. Instead, it may be justifiable only to think that the rules of the Church courts provided background and perhaps inspiration for some features of the Tudor bankruptcy legislation“. 94 Helmholz, Bankruptcy before 1571, S. 428. 95 Seit dem 12. Jh. war das Verfahren vor den englischen Gerichten der sogenannte Writprozess. Seinen Namen trug er von den Klageformeln (writs), mit denen das Verfahren eingeleitet wurde. Unter writ (lateinisch breve) versteht man den „schriftlichen Befehl des Königs an den Sheriff (Vorsteher einer Grafschaft) oder einen anderen Gerichtsherren zur Ergreifung bestimmter Maßnahmen“. Der Kläger musste einen solchen writ bei der königlichen Kanzlei (Chancery) beantragen; dabei gab es ursprünglich bestimmte Blankettformulare, die an jeweils ähnlich gelagerte Sachverhalte angepasst wurden.Vgl. eingehend Peter, S. 15, 18 ff. 96 Vgl. etwa Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 99 ff., Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 27 ff. oder Scrutton, S. 152 f. In einem bei Cary, S. 11, überlieferten Fall wird das Verhältnis zwischen common law und equity wie folgt beschrieben: „Conscience never resisteth the law, nor addeth to it, but only where the law is directly in itself against the law of God, or the law of Reason; for in other things, Equitas sequitur legem“.

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all maner [of] remedie at the comune lawe“97 war, also keinen Rechtsschutz vor den Gerichten des common law erlangen konnte. Zwischen 1380 und 1488 war jeder Chancellor von Hause aus Kleriker, was in der Regel ein juristisches Studium in Oxford98 oder Cambridge bedeutete, und bis 1530 waren nur wenige Amtsinhaber Laien.99 Als Männer der Kirche waren diese Kanzler zumeist von ihrer Ausbildung her mit dem römisch-kanonischen Recht vertraut, das ja auch in den ecclesiastical courts Anwendung fand. Zudem hatte jeder Kanzler bis ins 17. Jahrhundert sechs bzw. später zwölf Mitarbeiter als „assistants in the Court to show what is the Equity of the Civil law, and what is Conscience“.100 Unter Charles I. (1625 – 1649) wurde angeordnet, dass die Hälfte der Mitglieder der Chancery „Civil lawyers“, also im römischen Recht ausgebildete Juristen sein müssten.101 In diesem Sinne definiert auch Sir Thomas Smith, der erste Regius Professor of Civil Law an der Universität Cambridge (ernannt 1542), in seiner Abhandlung über den englischen Staat („De Republica Anglorum. The common-wealth of England“) den Court of Chancery wie folgt als ein Gericht, das nach dem Vorbild des römischen Rechts agiert: And the Court of Chancerie is called of the common people the Court of Conscience, because that the Chancellor is not strained by rigor or forme of words of Law to judge but ex aequo and bono, and according to conscience as I have said. And in this Court the usuall and proper forme of pleading of England is not used, but the forme of pleading by writing, which is used in other countries according to the civill Law, and the triall is not by twelve men, but by the examination of witnesse, as in other Courts of the civill Law. The Judges of this court are the Lord Chancellour of England, Assistants, the Master of the Rols, and six Masters of the Chancery, which are commonly Doctors of the Civil Law.102

In der Formulierung Smith’, der Court of Chancery entscheide nach den Grundsätzen des Billigen und Guten, „ex aequo and bono“, klingt die berühmte Definition des Rechts an, die Ulpian zum Auftakt der Digesten in D. 1, 1, 1 pr. nach Celsus zitiert: „ius est ars boni et aequi“. Auch dadurch verdeutlicht Smith folglich die Nähe der Rechtsprechung dieses Gerichts zum römischen Recht. Der Court of Chancery dehnte seine Rechtsprechung mit der Zeit auf Bereiche aus, in denen vorher eine Alleinzuständigkeit der ecclesiastical courts bestanden hatte. Dies wird etwa deutlich aus einem Urteil von Lord Chancellor Robert Stillington (1467 – 1470) aus dem Jahr 1468.103 In dem Fall trug der Vertreter des Be97 Auszug aus einem Verfahren vor der Chancery aus dem Jahr 1441, zitiert nach Baildon, S. 132, Nr. 137. 98 Vgl. Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 28 oder Roman Law, S. 36. 99 Scrutton, S. 153. Ähnlich van Caenegem, S. 120 f. 100 Scrutton, S. 153. 101 Spence, S. 360, nota (b) und Scrutton, S. 154. 102 Smith, S. 115 f. 103 Y.B. Pasc. 8 Edw. IV (1486), folio 4b, plea 11. Vgl. dazu auch Cary, S. 18 f.: „So if a lessee for years demiseth parcel of the term to another, and covinously forfeiteth his whole

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klagten vor, wegen Wortbruchs sei vor den kirchlichen Gerichten zu klagen („Il semble que il serra mise de suer en court Christien par l’enfriendre de sa faith“) und die Chancery daher gar nicht zuständig. Der Lord Chancellor stimmte diesem Einwand zwar grundsätzlich zu, ließ im konkreten Einzelfall die Klage allerdings trotzdem zu, da dem Kläger durch den Wortbruch ein Schaden entstanden sei („Vous dites voier pur l’enfriendre del faith il doit suer la si petionem ipsam canonice injuria, mes en ceo case par ce que il est endamage par le non performance del promise il avera remedy icy “). Der Wortbruch ist nach dem Achten Gebot („Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen“) eine „Canonica injuria“, derentwegen der Weg zu den ecclesiastical courts eröffnet ist.104 Aus dem Fall wird allerdings deutlich, dass der Betroffene die durch den Wortbruch entstandenen Schäden zudem auch vor der Chancery geltend machen kann. Dies zeigt, dass die Chancery in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begann, Rechtsprechung auf dem Gebiet treuwidrigen Verhaltens eines Schuldners auszuüben.105 In der Rechtsprechung des Court of Chancery findet sich weiterhin folgender Fall aus dem Jahre 1476, der sich mit der Verkürzung eines Gläubigers befasst:106 En le Chancery en bill fuit abatu pur non sufficiency del matter, et le plaintiff dit que cel bill fuit misconceive, mes il monstra pur son matter que J. B. que est jades baron le defendant achata del pere le plaintiff que executor il est a Brig. certein biens al value de C. marks, etc. Et puis meme cestuy J. B. vient en Engleterre, et pour defraudre son dettor fist un done de ses biens a un tiel, etc. mes il continua son possession et prist Westminster, et morust, et ses biens continua en le possession la feme, etc. et puis el prist meme cestuy que est suppose destre defendant al baron, et ala en London, et emport meme le biens ove luy, et est seisie et possesse de eux, etc. le quel matter, etc. Et priomus que il respondra a cel matter et bille, et il aver copy de ceo, et issint agard le Court, quod nota, & c.107

lease for any condition broken, and taketh the land back in lease again, his lessee shall find help in Chancery (Crompton, 64, 65). And Stillington, the Chancellor (8 E. 4. 4 [1468 – 69]), was of the opinion that, pro laesione fidei or breach of the promise, a man was at the liberty to sue either in the spiritual court (Canonicae injuriae) or else in the Chancery, for the damage accrued by the breach“. 104 Siehe auch Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 22 f.: „Die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte ergab sich hier aus der religiösen Beteuerung des Eides und bezog sich damit auf jedes beschworene Versprechen. Da vor Gott aber auch bereits die einfache Lüge eine Sünde darstellt, war man mit der Annahme eines Eides sehr großzügig. […] Damit waren in weitem Umfang auf formlosen pacta beruhende Geschäftsschulden vor den geistlichen Gerichten klagbar geworden“. Diese Doktrin geht in ihrem Ausgang wohl auf den italienischen Kanonisten Huguccio (12. Jh.) zurück, der feststellte, wer „ein Versprechen gebe, müsse es im Rahmen seines Vermögens erfüllen, da er sonst der Sünde verfalle“ („ promissor non excusatur a peccato nisi adimplat promissum si potest “), vgl. Landau, Pacta, S. 462 mit Fn. 27. 105 Vgl. zu „fraud and fair play“ in der Rechtsprechung der Chancery Jones, Chancery, S. 422 ff. 106 Auf diesen Fall weisen Getzler / Macnair, S. 272 f. mit Fn. 13 hin. 107 Dieser Fall ist in den „year books“ überliefert: Y.B. Pasc. / Mich. 16 Edw. IV (1476), folio 9, plea 9. Eine Kurzzusammenfassung des Sachverhalts findet sich auch bei Cary, S. 18.

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C. Rechtsentwicklungen in England Auf die Abweisung seiner Klage („bill“) durch die Chancery als unzulänglich brachte der Kläger vor, seine Klage sei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er legte in seiner Sache [ergänzend] dar, dass J. B., der ehemalige Beklagte und Ehemann [der Frau des jetzigen Beklagten], vom Vater des Klägers, der in Brügge (?) Testamentsvollstrecker ist, gewisse Güter im Werte von 100 Mark gekauft hat, etc. Und dann kam eben dieser J. B. nach England, und um seinen Schuldner zu betrügen, verschenkte er seine Güter an einen anderen, etc., aber er blieb im Besitz und nahm sie mit nach Westminster, und starb, und seine Güter blieben im Besitz seiner Frau, etc. Und dann nahm diese der, von dem [nunmehr] angenommen wird, dass er Beklagter statt des [ersten] Ehemannes ist, [zur Frau] und ging nach London, und dieser nahm auch die Güter mit sich und nahm sie in Besitz, etc. Und [der Kläger] erbat, dass dieser sich in dieser Sache und Klage verantworten möge, und er erhielt eine Kopie davon, und dies gestand das Gericht zu, wie gesagt, etc.

Der Vater des Klägers hatte einem anderen in Brügge Güter für 100 Mark verkauft, den Kaufpreis aber wohl nicht erhalten. Anschließend zog der Käufer nach England. Um den Verkäufer zu betrügen, verschenkte er seine Güter nominell an einen Dritten, blieb aber in deren Besitz. Anschließend nahm er sie mit nach Westminster, wo er später verstarb. Seine Witwe nahm die Güter in Besitz, heiratete erneut, und ihr neuer Ehemann nahm die Güter mit nach London. Diesen verklagte nunmehr der Kläger. Der Court of Chancery entschied, dass er sich vor Gericht einlassen müsse. Auch in späteren Jahren beschäftigte sich der Court of Chancery wiederholt mit Fällen auf dem Gebiet der betrügerischen Gläubigerverkürzungen.108 Aus der Kanzlerschaft Sir Thomas Egertons (1596 – 1617), wahrscheinlich aus dem Zeitraum zwischen 1599 und 1604,109 stammt der folgende Fall: Flatman, being indebted to divers parties, exhibited a bill against his son and heir to be relieved against him for lands that he had conveyed to his son upon trust and confidence only with [the] intent thereby to [lead] his creditors to some easy composition. And afterwards the father compounded with his creditors and then sought to have his lands again from his son. But the court would not relieve him against his son because the ground of that conveyance was at first made with fraud to deceive creditors.110

Ein Schuldner namens Flatman hatte seinem Sohn seine Ländereien veräußert, um dadurch seine Gläubiger zu betrügen. In der Tat gelang es ihm in Anbetracht der nunmehr vorhandenen Vermögensmasse, sich mit seinen Gläubigern auf eine für ihn günstige Quote zu einigen. Von allen Altlasten befreit versuchte der ehemalige Schuldner nun, die Ländereien von seinem Sohn wiederzuerlangen, der sich allerdings weigerte, sodass es zum Prozess kam. Die Chancery unter Egerton verweigerte die Klage gegen den Sohn, da die Veräußerung unter Gläubigerbetrug 108

Bei Bryson, Bd. 1, S. 187 und 190, sind etwa Fälle belegt aus den Jahren 1588 und

1591. 109 110

So Bryson, Bd. 1, S. 318. Zitiert nach Bryson, Bd. 1, S. 320.

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geschehen sei. Dies steht in Einklang mit der Maxime „One who comes into equity must come with clean hands“, dass die Chancery als Billigkeitsgericht demjenigen nicht hilft, der in der Angelegenheit selbst nicht einwandfrei agierte. Diesem Grundsatz folgend wird Flatman die Klage „in equity“ verwehrt, da er nicht mit sauberen Händen erschienen ist. In Sachen Woodford v. Multon (1601) wird diese Entscheidung zur betrügerischen Gläubigerverkürzung bestätigt und um einen weiteren Aspekt erweitert: If a debtor will collude with some of his friends in fraud of his creditors, and the friend break trust with him, this Court will not punish the breach; yet Greene and Cotterell’s Case to the contrary (fraus non est fallere fallentem). But two doctors and I took order in such a case between Woodford and Multon, Mich. 42 & 43 Eliz [1601] by our report, that the goods so conveyed in fraud should be transferred to the benefit of the creditors.111

Ursprünglich entsprach es der in Sachen Flatman genannten Rechtsauffassung der Chancery, dass gemäß dem Rechtssprichwort „ fraus non est fallere fallentem“112 der Vorwurf des selbst betrügerischen Schuldners, sein Komplize, der Empfänger der betrügerisch veräußerten Gegenstände habe wiederum ihn betrogen, nicht gehört wird. Im Fall Woodford v. Multon (1601) entschieden dagegen der Berichterstatter113 und zwei im römischen Recht geschulte Beisitzer („doctors“), dass diese Gegenstände zu Gunsten der Gläubiger verwertet werden sollten. Die Nichtberücksichtigung des Betrugs im Innenverhältnis zwischen dem Betrüger und seinem Helfer soll nicht dazu führen, dass die Verkürzung der Gläubiger durch die betrügerische Handlung des Helfers perpetuiert wird. Demnach wurden die betrügerisch veräußerten Güter in die den Gläubigern zur Verwertung zu Verfügung stehende Vermögensmasse einbezogen. Die genannten Fälle belegen damit, dass sich auch der Court of Chancery mit betrügerischen, gläubigerverkürzenden Veräußerungen beschäftigte.

Cary, S. 13. Schon Ovid ruft in Vers 645 der ars amatoria – wenngleich in völlig anderem Kontext – dazu auf, Betrüger zu betrügen: „Fallite fallentes“. In England findet sich der Vers „ fallere fallentem non est fraus“ in der „Ballade on an Ale-seller“ von John Lydgate (ca. 1370 – 1451) als Überschrift zu Strophe neun (MacCracken, S. 431). Auch eine Geschichte von Robert Greene aus dem Jahre 1592 über Falschspieler, die einen Pferdedieb um ein gestohlenes Pferd betrügen und dabei selbst nur knapp dem Galgen entgehen („A pleasant tale of a hors, how at Vxbridge he cosened a Cony-catcher, and had like to brought him to his neckeuerse“) kulminiert in der Phrase „Fallere fallentem non est fraus“ (Greene, S. 14 f.). Ebenso heißt es in Justus Lipsius „Direction for Travailers“ aus demselben Jahr „Fallere fallentem non est fraus“ (Lipsius, S. 15). 113 Unklar ist, ob es sich um George Cary selbst handelt oder um William Lambert, auf dessen Arbeiten Carys Zusammenstellung beruht. 111

112

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cc) Court of Admiralty Der Court of Admiralty in London war als besonderer Gerichtshof zuständig auf dem Gebiet des Seerechts sowie periphär des Ehe- und Erbrechts.114 Auch dieses Gericht war in seiner Rechtsprechung vom römischen Recht beeinflusst: „Der Court of Admiralty bildete ein professionelles Monopol für die gelehrten ‚civilians‘, und auch das Verfahren entsprach römisch-kanonischen Grundsätzen.“115 Fälle aus der Rechtsprechung des Court of Admiralty sind ab dem Jahre 1524 überliefert.116 Dieser Gerichtshof befasste sich ebenfalls mit Fällen des Insolvenzrechts, wie aus dem folgenden Beispiel aus dem Jahre 1538 ersichtlich ist: Re Lappage; Goodwyn c. Lappye (1538) Quibus die et loco dominus ex consensu omnium creditorum Thome Lappage dum vixit de Gippes’ in comitatu Suffolchie defuncti qui jam fecerunt arrestum in tribus partibus navis appellate the Marye Katheryn et in naulo ac apparatu ejusdem atque in quinquaginta butts vini vocati Sacke et vijxx peciis reasons existentibus in eadem et de expresso consensu Radulphi Goodwyn ordinavit et interloquendo decrevit vizt quod pecunia proveniens collecta et levata seu colligenda et levanda ex rebus et mercimoniis que in dicta nave existebant jam venditis et districtis Necnon et pecunia que ex venditione trium partium navis ejusdem nauli et apparatus ejusdem veniet colligenda et recipienda inter creditores predictos sub modo et forma subsequente prout dies juxta modum vendicionis hujusmodi cedent distribuantur vizt quod unicuique creditori predicto aliqua portio prefate pecunie tradatur et solvatur major vel minor secundum ratas portiones summarum creditoribus predictis debitarum nulli tamen creditorum dictorum totum et integrum debitum suum solvatur Sed quod talis et tanta portio ex uniuscujusque creditoris debito defalcetur et detrahetur [ita?] quod ex hujusmodi defalcatione et detractione remaneat in toto tanta summa qualis et extendebat se ad valorem xiiij pannorum vizt lixli va viijd quos dictus Radulphus Goodwyn asserit sese tradidisse et deliberasse prefato Thome Lappage prout deducitur per dictum Goodwyn in quadam allegacione sua alias in hac causa per eum facta et apud acta remanente Quam quidem summam sic ut prefertur ex defalcacione et detractione premissis colligendam et defalcandam dominus voluit apud acta curie remanere donec et quousque animum suum ex allegatis et probatis per Goodwyn plenius informare possit antedictus Goodwyn intentionem suam in dicta allegacione deductam plene et sufficienter probaverit necne Et casu quo non apparuerit aut sufficienter non constiterit ex allegatis et probatis predictis intentionem dicti Goodwyn sufficienter et plane probatam et fundatam esse tunc voluit et decrevit dominus predictus quod summa ex defalcacione et detractione premissis remanent prefatis creditoribus secundum ratam portionem debiti uniuscujusque creditorum predictorum in plena solucione et satisfactione debitorum eorundem saltem quoad ex bonis venditis et destractis predictis id fieri poterit persolvatur Ita tamen quod primitus per jura-

114 Vgl. etwa Schlosser, § 9, S. 240 oder Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 123. Zu Natur und Geschichte Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 29 ff., oder Roman Law, S. 36 f. 115 Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 31 f. Vgl. auch Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 123. Zur Begründung für diese Verfahrensweise vgl. Nörr, S. 475 ff., insb. S. 480 ff. 116 Siehe van Caenegem, S. 121.

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mentum singulorum agentium juxta juris exigenciam corporaliter prestandum de veritate cujuslibet debiti petiti et quantitate [?] hujusmodi constare et liquere poterit Taxationem & c.117 In der Sache Lappage; Goodwyn gegen Lappye (1538) An diesem Tag und Ort ordnete der Herr an, nach Übereinkunft aller Gläubiger des verstorbenen Thomas Lappage, der damals in Ipswich118 in der Grafschaft Suffolk lebte, die schon Arrest angelegt hatten auf drei Teile des Schiffes namens Mary Katheryn und auf seine Fracht119 und Ausrüstung und auf 50 Butt120 eines Weines namens Sack121 und 140122 Kisten Rosinen, die in diesem waren, und mit ausdrücklicher Zustimmung des Radulph Goodwyn, und beschloss in einem Zwischenurteil, nämlich, dass das eingesammelte und eingetriebene oder das einzusammelnde und einzutreibende Geld aus den Sachen und Waren, die in besagtem Schiff waren und schon verkauft und zu Geld gemacht wurden oder noch nicht, und das Geld, das aus dem Verkauf der drei Teile des Schiffes, seiner Fracht und seiner Ausrüstung kommen mag, zu sammeln und zu erlangen ist von den genannten Gläubigern in der folgenden Art und Weise, wie die Tage dem Maße nach diesem Verkauf folgen, dass nämlich verteilt wird, dass jedem genannten Gläubiger ein Teil des genannten Geldes übereignet wird und mehr oder weniger gezahlt wird nach den Anteilen und Portionen der den genannten Gläubigern geschuldeten Summen, doch keinem der genannten Gläubiger soll seine ganze und volle Schuld bezahlt werden, sondern dass eine solche und so große Portion von der Schuld jedes Gläubigers genommen und derartig abgezogen wird, dass aus diesem Genommenen und Abzug im Ganzen eine so große Summe überbleibt, die sich auf den Wert von 14 Ballen, nämlich 59 Pfund, fünf Schilling und acht Pence, über die der genannte Radulph Goodwyn versicherte, dass sie ihm vom genanntem Thomas Lappage übereignet und übergeben worden sind, wie angeführt durch besagten Goodwyn in einer Behauptung, die anderswo in diesem Fall von ihm getätigt wurde und die bei den Akten vorliegt; unser Herr will, dass diese Summe, die so eingezogen wird durch die Wegnahme und den Abzug des zu sammelnden und abzuziehenden Vorgenannten, so lange bei den Gerichtsakten bleibt, bis sein Verstand sich aus dem von Goodwyn Behaupteten und Bewiesenen vollständig genug informieren kann und genannter Goodwyn seine in genannter Behauptung angeführte Absicht vollständig und genügend bewiesen haben wird oder nicht; und in dem Fall, in dem er nicht erscheinen oder es nicht genügend feststehen sollte aus dem genannten Behaupteten und Bewiesenen, dass die Absicht des genannten Goodwyn ausreichend und voll bewiesen und begründet sei, dann will und ordnet der genannte Herr an, dass die Summe aus der Wegnahme und dem Abzug verbleiben soll bei den genannten Gläubigern nach Anteil und Portion der Schuld jedes der genannten Gläubiger zur vollen Zitiert nach Marsden, S. 69 f. Ipswich wurde früher, etwa im Domesday Book, als „Gippeswick“ bezeichnet, siehe Stichwort „Ipswich“ in: Newen, Bd. 3, S. 478 f.; vgl. auch die Übersetzung bei Marsden, S. 198. 119 Im Wortsinne meint naulum primär das Frachtgeld, kann aber auch die Fracht selbst bezeichnen, vgl. Heumann / Seckel, S. 361, Stichwort „naulum“. 120 Butt ist ein altes englisches Hohlmaß, das zwei Hogsheads bzw. einer halben Ton, d. h. circa 572 Litern, entsprach, vgl. Noback / Noback, S. 551. 121 Sack ist ein weißer Starkwein aus Spanien oder von den Kanarischen Inseln, der sich in England ab dem 16. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute, vgl. Wilson, S. 599. 122 Diese Zahl ergibt sich nach Marsden, S. 199, aus der Multiplikation der 7 mit der hochgestellten 20 (einem „score“). Vgl. auch Baker, Law French, S. 19. 117 118

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C. Rechtsentwicklungen in England Zahlung und Befriedigung ihrer Schulden, wenigstens bis zu dem, was aus dem genannten verkauften und zu Geld gemachten Vermögen getan werden kann, dass ausgezahlt wird, doch so, dass zuerst durch Schwur der einzelnen Kläger, wie es das Recht erfordert, gemeinschaftlich Eid geleistet wird über das wahre Bestehen jeder eingeklagten Schuld und ihre Höhe, dass sie so feststehen und klar sein kann. Kosten etc.

Dem Nachlass eines Schuldners namens Thomas Lappage (oder Lappye) stehen verschiedene Gläubiger gegenüber, darunter Radulph Goodwyn. Die Gläubiger haben das Schiff des verstorbenen Schuldners nebst Fracht und Zubehör unter Arrest genommen und wollen dieses verkaufen und untereinander aufteilen. Der Richter (im Text bezeichnet als dominus) beschließt daher in einem Zwischenurteil, dass der Erlös aus dem Verkauf der arrestierten Sachen anteilig auf die Gläubiger je nach der Höhe ihrer Forderungen aufgeteilt werden soll („quod unicuique creditori predicto aliqua portio prefate pecunie tradatur et solvatur major vel minor secundum ratas portiones summarum creditoribus predictis debitarum“). Einstweilen nicht verteilt werden soll dagegen der Wert von 14 Ballen Stoff, nämlich 59 Pfund, fünf Schilling und 8 Pence. Bezüglich dieser Ballen behauptete Goodwyn, dass sie ihm von Lappage übereignet worden waren. Erst nach dem Abschluss der diesbezüglichen Beweisaufnahme soll entschieden werden, ob Goodwyn den Wert der Ballen tatsächlich herausverlangen kann. Falls nicht, soll dieser Betrag anteilig den übrigen Gläubigern ausgezahlt werden und die Quote erhöhen, die diese auf ihre Forderungen aus dem Vermögen des verstorbenen Schuldners erhalten. Der Fall zeigt zum einen, dass der Court of Admiralty schon im Jahre 1538 und damit deutlich vor dem ersten allgemeinen englischen Gesetz, 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3)123, den im römischen Recht wurzelnden124 und im kontinentalen Recht, etwa in den oberitalienischen125 und deutschen126 Stadtrechten, ausgeprägVgl. dazu unten, S. 100 ff. Siehe innerhalb der sedes materiae des römischen Rechts D. 42, 8, 6, 7. Vgl. aber auch die Anmerkung in Teil B, Fn. 17. 125 Im italienischen Statutarrecht ist von der Gleichbehandlung der Gläubiger etwa in den Mailänder statuta mercatorum von 1396 im freilich nur für bestimmte Kaufleute geltenden Kapitel XLVII. mit dem prägnanten Titel „ De bonis fugitivorum inter creditores aequaliter dividendis“ die Rede. 126 In den deutschen Stadtrechten findet ab der Mitte des 13. Jahrhunderts der Grundsatz der gleichen, anteilsmäßigen Befriedigung der Gläubiger Anwendung, vgl. nur Gerhardt, S. 72 f., Stobbe, S. 16 ff., Planitz, Arrestprozess, S. 104, Schultze, Gläubigeranfechtung, S. 253 f. sowie Arrestprozeß, S. 597 und zuletzt Spann, S. 142 f. und Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 10 ff. Im lübischen Recht findet sich etwa Art. CXXVIII. im Codex von 1263: „Si quispiam facultates alicuius propter debiti obligacionem occupare contenderit non minus quam primus secundus vel tercius obligatione gaudebit “ (Hach, S. 228); dem entspricht im Codex von 1294 Art. CXLIX.: „Is dat iemen enes anderen ghut de wech is gheuaren dor schult heuet mot to besettene nicht mer deleste dan also de erste de andere den also de dridde schal neten der besettinghe“ (Hach, S. 322). Die „Nüwe Stattrechten und Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryszgow“ von 1520 besagen: „Wenn die summa nit reichen das all froner bezalt werden mögen, wie es danach under sy geteilt werden sol: […] so sol man am vordristen von gemeinem gut des schuldners ußrichten, was unser Statt ußstat […]. Darnach boden und hußzinß. Desglei123 124

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ten127 Grundsatz der par condicio creditorum anwandte: Wenn das Vermögen des Schuldners nicht ausreichte, sollten seine Gläubiger im Verhältnis ihrer Forderungen jedenfalls so viel erhalten, wie das Schuldnervermögen hergab („saltem quoad ex bonis venditis et destractis predictis id fieri poterit persolvatur“). Zum anderen zeigt der Fall auch eine Durchbrechung dieses Prinzips: befinden sich die besagten Stoffballen im Eigentum des Gläubigers Goodwyn, weil dieser sie vom Schuldner noch zu dessen Lebzeiten übereignet bekam, so steht ihm diesbezüglich eine Art „Aussonderungsrecht“ zu, sodass er den Wert vollständig und nicht chen gedingten gesindlon […] dann uß dem übrigen gut ydem fröner nach marchzal siner schuld geben un bezalen und nit nach dem einer zum vordristen an der frönung stat wie bißhar beschehen, dann dadurch würd einer allein bezalt unn müsten die andern mangeln.“ (tract. I, tit. XIV, l. 13; zitiert nach Köbler, S. 86 = f. 31b; auszugsweise zitiert wird die Quelle auch bei Kohler, Lehrbuch, S. 38). Weitere Quellennachweise aus Hamburg, Bremen, Goslar und Frankfurt am Main bei von Meibom, S. 457, Fn. 57 – 61. 127 Umstritten ist, „ob die niederdeutschen Stadtrechte diesen Gedanken aus sich selbst entwickelt oder ob sie ihn rezipiert haben“ (Oertel, S. 29). Während eine direkte Rezeption Justinianischen Rechts kaum in Frage kommt, wird – etwa von Stobbe, S. 20 und Kohler, Lehrbuch, S. 33 – aufgrund inhaltlicher Übereinstimmungen eine Beeinflussung durch das italienische Statutarrecht für möglich erachtet. Oertel, S. 30 f., dagegen geht von einer „selbständigen Entwicklung der par condicio creditorum im deutschen Rechte“ aus und beruft sich dazu auf ähnliche Regelungen in den nordgermanischen Rechten (Westmannalagh und Grågås). Seine Argumentation gegen einen italienischen Einfluss vermag allerdings nicht zu überzeugen. Oertel beruft sich darauf, dass im lübischen und hamburgischen Recht auch auf dem Gebiet des Seewurfs ähnliche Ausdrücke („secundum marctal“, Art. XCIX. im Codex von 1263, Hach, S. 215; „na marktale“, Art. CXXXIV. im Codex von 1294, Hach, S. 313 f.) benutzt werden, und schließt daraus auf eine autonome, deutschrechtliche Entwicklung auch auf dem Gebiet der Gläubigergleichbehandlung. Demgegenüber ist freilich einzuwerfen, dass auch diese Regelung zur Verlustgemeinschaft beim Seewurf auf römisch-kontinentale Vorbilder zurückdeutet, vgl. nur Kaser / Knütel, S. 247 m. w. N. So lautet D. 14, 2, 1 zum Auftakt des Titels „ De lege Rhodia de iactu“: „ Lege Rhodia cavetur, ut, si levandae navis gratia iactus mercium factus est, omnium contributione sarciatur quod pro omnibus datum est “ – Durch die Lex Rhodia wird sichergestellt, dass, wenn um ein Schiff leichter zu machen Seewurf von Waren getätigt wurde, durch anteilige Beiträge aller ersetzt wird, was für alle hingegeben wurde. Im kontinentalen Seehandelsrecht wurde dieser Grundsatz übernommen. Im pisanischen Constitutum Usus von 1160 heißt es in Kap. XXVIIIa (zitiert nach Vignoli, S. 247 f.; vgl. zu dieser Stelle auch Schmidt-Gaedke, S. 259 f.): „dannum de iactu et de peioritione mercium propter iactum factum de toto havere quod in navi remaserit per libram adequetur“ – „der Schaden aus dem Seewurf und der Verschlechterung der Waren ob des getätigten Seewurfs soll ausgeglichen werden aus der ganzen Habe, die im Schiff verblieben ist, aufs Pfund“. Auch in den Rôles d’Oléron, Kap. XIV. (13. Jh.; zitiert nach Krieger, S. 129 f.) heißt es: „Une nef charge a Burdeux ou aillours et avent chose qu torment la prent en la mer et qe il ne poent eschaper saunz gettere darres et des vins […]. Cels qi serrount gete hors, deyvent estre aprisagez a foer de ceux, qi serrount venuz a sauvete et serrount venduz et partis livere a livere entre les marchaunz.“ – Ein Schiff lädt in Bordeaux oder sonstwo, und es ereignet sich, dass ein Sturm es auf dem Meer packt und sie nicht entkommen können, ohne Waren und Wein über Bord zu werfen […]. Das, was über Bord geworfen wurde, muss geschätzt werden gegenüber dem, was in Sicherheit gelangte, und dies muss verkauft werden und Pfund für Pfund geteilt werden unter den Kaufleuten.

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bloß anteilig ersetzt bekommen soll.128 Erforderlich dafür ist freilich, dass Goodwyn hinreichenden Beweis über seinen Eigentumserwerb führen kann („intentionem suam in dicta allegacione deductam plene et sufficienter probaverit“). Der Fall Goodwyn v. Lappage ist damit ein Zeugnis dafür, dass sich der Court of Admiralty auch mit Insolvenzrecht und der Verteilung des Schuldnervermögens auf die Gläubiger beschäftigte und dabei zu Ergebnissen kam, die der kontinentalen Rechtstradition entsprechen: Vorzugsrechte wurden berücksichtigt, ansonsten galt der Grundsatz der par condicio creditorum. dd) Zwischenergebnis Die vorgenannten Beispiele belegen, dass alle Fachgerichte, deren Rechtsprechung auf dem römischen Recht beruht, sich bereits frühzeitig mit Fällen auf dem Gebiet des Insolvenzrechts und des Rechts der gläubigerschädigenden Vermögensverfügungen beschäftigten. Dies war schon der Fall, bevor sich die ordentliche Gerichtsbarkeit diesen Themen widmete. Es gab also bereits eine von römisch-kontinentalem Recht beeinflusste Fachgerichtspraxis auf diesen Rechtsgebieten, bevor sich allgemeine Gesetze („statutes“) und die Rechtsprechung des common law diesen zuwandten. Die Falllösungen stehen dabei in Einklang mit der römischrechtlichen Rechtstradition: Auf dem Gebiet des Kirchenrechts findet sich mit der Konstitution „cordis dolore“ eine Regelung, in der man eine actio Pauliana mit kirchenrechtlichen Mitteln sehen kann. Der Court of Chancery fällt seine Entscheidungen „ex aequo et bono“ und hält sich daher an die Maxime, dass es aus Billigkeitserwägungen nicht als Betrug zu werten ist, wenn der Betrüger selbst betrogen wird („fallere fallentem non est fraus“); zudem können betrügerisch veräußerte Gegenstände zugunsten der Gläubiger verwertet werden. In der Rechtsprechung des Court of Admiralty schließlich findet der Grundsatz der par condicio creditorum Anwendung, wobei Vorzugsrechte jedoch nach römischrechtlichem Vorbild berücksichtigt werden. Durch die Praxis der Fachgerichte wurde somit gleichsam der Grundstein für eine Rezeption des Gläubigeranfechtungsrechts der kontinentalen actio Pauliana ins englische Recht gesetzt.

128 Der dem geltenden Insolvenzrecht entlehnte Begriff des Aussonderungsrechts ist dahingehend treffend, als das Eigentum ein solches i. S. v. § 47 InsO darstellt. Andererseits passt der Begriff insoweit nicht, als dass die Rechtsfolge der Aussonderungsberechtigung des Eigentümers nach § 47 S. 2 InsO i.V. m. § 985 BGB ein Anspruch auf Herausgabe und nicht auf vollständigen und vorzugsweisen Wertersatz ist. Vgl. nur MüKo InsO / Ganter, § 47 InsO, Rn. 38 oder Uhlenbruck / Brinkmann, § 47 InsO, Rn. 1 und 3.

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2. Kontinentale Einflüsse auf Gesetzesrecht und common law Ibbetson merkt mit Recht an, dass, auch wenn die soeben behandelten Gerichte eine wichtige Rolle in der englischen Rechtspraxis spielten, ihre Rolle nicht überschätzt werden dürfe.129 Insofern darf die Suche nach kontinentalen Einflüssen auf das englische Gläubigeranfechtungsrecht sich nicht mit Bemerkungen zu Entscheidungen der zweifellos römischrechtlich geprägten Fachgerichtspraxis begnügen, sondern es muss vor allem im allgemein als genuin englisch anerkannten Recht, dem Statutarrecht und den von den Gerichten des common law entschiedenen Fällen, nach kontinentalen Einflüssen geforscht werden. a) Gesetzesrecht (statute law) Sir Edward Coke130 beginnt seine Ausführungen zum Insolvenzrecht in den „Institutes of the Laws of England“ mit der Aussage, „Bankrott“ sei als Phänomen wie als Vokabel dem Engländer ursprünglich fremd gewesen.131 Gegen Engländer sei erst spät, nämlich unter König Henry VIII., aufgrund des zunehmenden Sittenverfalls auf Seiten der englischen Kaufleute ein entsprechendes Gesetz nötig geworden.132 129 Ibbetson, Roman Law, S. 156: „Although the ecclesiastical courts and the Admiralty did play an important part in English legal practice, this must not be overestimated“. 130 Sir Edward Coke (1552 – 1634) durchlief eine außergewöhnliche Karriere und zählt immer noch zu den einflussreichsten englischen Richtern aller Zeiten. Nach Ausbildung in Norwich, am Trinity College in Cambridge sowie an Clifford’s Inn in London war Coke unter anderem Anwalt an der King’s Bench (1580), Solicitor-General unter Elisabeth I. (1592), Speaker des House of Commons (1593), Attorney-General (1594), Chief Justice of the Common Pleas (1603 – 1613) und Chief Justice of the King’s Bench (1613 – 1616). Als juristischer Autor berühmt wurde er durch zwei Werke, „The Reports“ und „Institutes of the Laws of England“. Bei den „Reports“ handelt es sich um eine Sammlung von Grundsatzentscheidungen („leading cases“), die Coke von seiner Ankunft in London im Jahre 1571 bis zum Ende seiner richterlichen Karriere im Jahre 1616 festgehalten hatte und später in elf Bänden publizierte. Die „Institutes“ sind ein vierbändiges Werk; der erste Band beinhaltet einen Kommentar zu Thomas Littletons „New Tenures“, der zweite kommentiert verschiedene Gesetze, der dritte umfasst eine Abhandlung zum Strafrecht und der vierte hat die Gerichtsbarkeit und die einzelnen Gerichte zum Thema. In diesem vierten Band behandelt Kapitel 63 unter der Überschrift „The Court of Commissioners upon the Statute of Bankrupts“ das Insolvenzrecht. Zu Biographie und Werk siehe sehr ausführlich Bowen, passim, und kurz Simpson / Baker, S. 117 ff. Zur Entstehungsgeschichte der Reports aus den Mitschriften Cokes siehe Baker, Note-Books, S. 59 ff. Zum Ganzen auch Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 187 ff. 131 Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276†: „We have fetched as well the name as the wickednesse of bankrupts from foreign nations“. 132 Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276† f.: „neither do we find any complaint in parliament, or act of parliament made against any English bankrupt untill the 34 year of H. 8.“. Dass es in England schon nach common law oder in Einklang mit international anerkannten Handelsbräuchen, der sogenannten lex mercatoria, ein informelles Verfahren gegen „bankruptcy“ gegeben hat, ist unwahrscheinlich; jedenfalls besitzen wir keinerlei sichere Kenntnisse, vgl. Jenks, S. 382: „Whether or not any informal bankruptcy process existed at the

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Über den bankrotten Schuldner schreibt Coke: „He is called in Latin Decoctor, à Decoquendo, for consuming of his estate in riotous and delicate living“.133 Der Begriff decoctor kommt in der untersuchten sedes materiae der römischen Rechtsquellen nicht vor. Belegt ist er aus der lateinischen Prosa und Dichtung134 sowie aus einigen versprengten Stellen in den Institutionen des Gaius, im Codex Theodosianus und im Codex Justinianus135. Als Synonym für die Person des insolventen Schuldners wird dieser Begriff – soweit ersichtlich – erst im Mittelalter benutzt.136 So ist etwa ein Teil der Abhandlung „ De mercatura“ von Benvenuto Stracca aus Ancona, die erstmals in Venedig im Jahre 1553 erschien,137 mit „Tractatus de conturbatoribus sive decoctoribus“ betitelt.138 In diesem Werk definiert Stracca: common law, or was practised in any of the old local courts administering the Law Merchant, it seems impossible at present to say; but the former alternative, at least, is unlikely“. Die Gegenposition bezüglich des law merchant wird freilich, wenn auch ohne jeglichen Nachweis, im Werk von Odgers / Odgers, S. 1389, vertreten beziehungsweise schlichtweg kategorisch behauptet – „categorically declare[d]“, wie Levinthal, English Bankruptcy, S. 5, treffend bemerkt. Ebenso allerdings Fletcher, S. 7: „Originally, the common law did not concern itself with bankruptcy, which was an institution of the Law Merchant, a distinct body of law developed by a network of medieval courts scattered across Europe“. Natur und Herrschaft einer gesamteuropäischen lex mercatoria werden freilich in der neueren Literatur zunehmend kritisch gesehen, De Ruysscher, Creditor’s Rights, S. 194, spricht etwa von einer „romantic opinion of a lex mercatoria as a transnational body of rules created by merchants“. An der Existenz der lex mercatoria als „gesamteuropäisches Sonderrecht für Kaufleute“ festhaltend dagegen etwa Zimmermann, Der europäische Charakter, S. 30, Hanisch, S. 55 f. und Berman, S. 333, der von einem „integrated, developing system, a body of law“ ausgeht. 133 Coke, Institutes, Bd. 4, S. 277. 134 Der Thesaurus Linguae Latinae, Bd. 5 verweist in Sp. 197 etwa auf Cicero, Philippicae 2, 44, Seneca, De Beneficiis 4, 26, 3 sowie Catull, Carmen 41, 4 und 43, 5. 135 Der Thesaurus Linguae Latinae, Bd. 5 verweist in Sp. 198 und 205 auf Gaius, Inst. 4, 102 sowie die Konstitutionen C.Th. 14, 3, 15, C. 10, 32, 40 (= C.Th. 12, 1, 117) und C. 10, 72, 12. Stracca, S. 433, weist überdies darauf hin, dass der Begriff in C. 11, 10, 5, 2 und C. 11, 66, 2, 2 vorkommt. 136 Überlegungen zur Bedeutung des Begriffs zur Römerzeit finden sich bei Crook, S. 363 ff. und Völkl, S. 355 ff. Nach Crook, S. 376 kann eine saubere Bedeutung von „decoctor“ nicht herausgearbeitet werden; in klassischer Zeit bedeute der Begriff normalerweise, dass jemand insolvent sei, zumeist in unehrenhaftem Sinne („no tidy account of the meaning of decoquere can be achieved. The most we can assert is that in classical times calling a man a decoctor meant usually that he was an insolvent and often that he was a dishonourable insolvent“). Völkl, S. 358 f. bezeichnet die Verwendung des Begriffs in den in der vorangehenden Fußnote genannten Konstitutionen als „besonders treffendes Beispiel für den Vulgarismus als Stilphänomen im Sinne des Eindringens von laienhaften Ausdrücken und Vorstellungen in eine hochentwickelte Fachsprache“. Auch Kaser / Hackl, § 39, S. 281, Fn. 28 halten den Begriff für umgangssprachlich. 137 Benvenuto Stracca (teilweise: Straccha) lebte von 1509 bis 1578 und studierte Jura in Bologna. Zu Autor und Werk vgl. etwa Donahue, S. 78 f. 138 Stracca, S. 433 ff.

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Decoctor est, qui fortunae vitio, vel suo, vel partim fortunae, partim suo vitio, non solvendo factus foro cessit.139 Ein ‚decoctor‘ ist, wer durch Schicksalsschlag oder eigenen Fehler, oder teils durch Schicksalsschlag, teils durch eigenen Fehler zahlungsunfähig geworden vom Marktplatz verschwunden140 ist.

Die Etymologie des Begriffes ist laut Stracca wie folgt: Decoctor à decoquo verbo descendit, quod paulatim diminuere significat, & coquendo consumere. Item substantiam consumere, translatione sumpta ab his rebus, quae ad ignem diutius commoratae ad nihilum redigi solent. Unde decoctores, conturbatores, & bonorum consumptores dicuntur, quos recentiores Jurisc. fallitos, & cessantes vocant.141 Decoctor stammt vom Verb decoquo [„ich koche ein“] ab, das „allmählich vermindern“ bedeutet und „beim Kochen verbrauchen“. Ebenso „die Substanz verbrauchen“, nach vorgenommener Übertragung von seinen Sachen, die sich, gleichsam länger auf dem Feuer verweilt, gewöhnlich auf Null reduziert haben. Daher werden diejenigen decoctores („Einkocher“), conturbatores („Verwirrer“) und bonorum consumptores („Vermögensverbraucher“) genannt, die die neueren Rechtswissenschaftler falliti („Täuscher“) und cessantes („Abtreter“) nennen.

Dass Coke in seinen Institutes den Begriff „decoctores“ verwendet, der mehr als im römischen Insolvenzrecht in der oberitalienischen Rechtssprache der aufkommenden Bologneser Rechtsschule beheimatet scheint,142 ist interessant. Insofern griff auch der große Sir Edward Coke, Autor eines der angesehensten englischen books of authority, die kontinentale insolvenzrechtliche Doktrin zumindest dem Namen nach auf. Dass die Nennung der kontinentalen Begrifflichkeit rein aus Selbstzweck, um des Zitierens willen erfolgt ist, ist möglich, aber unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es dagegen, dass auch die Inhalte des kontinentalen Rechts auf diesem Gebiet143 Coke zumindest in groben Zügen bekannt waren.144 Stracca, S. 434 (= De decoctoribus, Secunda Pars, Marginalnummer 2). Auch der Begriff des foro cedere findet sich bereits bei Seneca, De Beneficiis 4, 39, 2: „ Pecuniae etiam male creditae exactio est; et appellare debitorem ad diem possum et, si foro cesserit, portionem feram“. Rosenbach, S. 371, übersetzt dies mit „vom Forum gegangen“ und ergänzt in Fn. 21 „[d]as heißt, Konkurs gemacht hat“. 141 Stracca, S. 433 (= De decoctoribus, Prima Pars, Marginalnummern 1 und 2). 142 Stracca, S. 433 (= De decoctoribus, Prima Pars, Marginalnummern 1 und 2) führt als Beleg Accursius zu den beiden ersten in Fn. 135 genannten Konstitutionen aus dem Codex Justinianus, zu l. quilibet C. de decu. lib. 10 (= C. 10, 32, 40) und zu l. si aliquid C. de suscep. prae. & ar. (= C. 10, 72, 12), an. 143 Einzug in England gehalten hat der Begriff spätestens im Werk „Consuetudo vel lex mercatoria“, das der Kaufmann Gerard de Malynes (1586 – 1641; zu Autor und Werk siehe Cordes, S. 59 ff. und Donahue, S. 71) erstmals 1622 in London publizierte. Dort heißt es: „The Civilians are copious in the description of this argument, and have attributed unto this kind of people the name of Decoctor, which is derived from the word Decoquo, as it were to consume the substance of things by decrease and evaporation of boyling over the fire, otherwise called disturbers and consumers of other mens goods in the course of traffick. Neverthelesse they do observe great distinctions between these persons, as the treatise De Decoc139 140

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Dies wiederum könnte sowohl hinsichtlich seiner richterlichen Tätigkeit als auch hinsichtlich der von ihm zusammengestellten „Reports“ von Bedeutung sein. Auf diese beiden Aspekte soll später unter der Überschrift „cases“ eingegangen werden. aa) 25 Edw. III., stat. 5, c. 23 (1351) Wie soeben erwähnt wurde, ist Coke zufolge „Bankrott“ als Phänomen wie als Vokabel dem Engländer ursprünglich fremd gewesen.145 Das erste englische Gesetz auf diesem Gebiet, heißt es bei Coke weiter, sei demgemäß auch gegen Ausländer, namentlich Lombarden, erlassen worden.146 Bei diesem Gesetz handelt es sich um 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 (1351), das 23. Kapitel des fünften Gesetzes aus dem 25. Regierungsjahr König Edward III., dem Jahr 1351. Die Originalfassung ist auf law-French, der ab dem 14. Jahrhundert von den englischen Juristen genutzten anglo-normannischen Rechtssprache,147 geschrieben und lautet: Auxint parce que plusurs gentz du Roialme, quont fait contractes ove Lumbardz que sont nomez des compaignes demorantz en meisme le Roialme, queux Lombardz apres qils ount fait lours obligacions a lours Creansours, se sont sodeinement eschapez hors du Roialme, saunz gre faire a les ditz Creansours, en deceit & grant damage du poeple; acorde est & assentuz que si nul marchant de compaignie conue se oblige par la matiere, que la compaignie respoigne de la dette. Issint que autre marchant qu nest mie de la compaignie ne soit par tant grevez nempeschez.148 toribus, made by Benvenuto Straccha, appeares“ (Malynes, S. 158). Malynes setzt sich in seiner Arbeit in der Folge mit den Erörterungen Straccas auseinander. In Deutschland war der Begriff jedenfalls im Jahre 1582 bereits geläufig, wie sich aus dem Titel der aus diesem Jahr stammenden Dissertation von Entzlin, „ Disputatio de decoctoribus, quos vulgo fallitos et bancarottos appellant“, schließen lässt. 144 Zu Cokes Kenntnissen im kontinentalen Recht vgl. auch Martens, Willensmängel, S. 243 mit Fn. 78 und 80. 145 Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276†: „We have fetched as well the name as the wickednesse of bankrupts from foreign nations“. 146 Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276†: „And the first statute that we find against that crime, was indeed made against strangers, viz. against Lombards, who after they had made obligations to their creditors, suddenly escaped out of the realm without any agreement made with their creditors. It was therefore enacted, that if any merchant of the company knowledge himself bound in that manner, that then the company shall answer the debt: so that another merchant which is not of the company shall not be thereby grieved nor impeached“. 147 So Kerber, etwa auf S. 113. Stein, Continental Influences, S. 211, zufolge handelt es sich um „a bastard Norman dialect“. Vgl. auch Baker, Law French, S. 1 ff. 148 25 Edw. III. stat. 5, c. 23, in: Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 324. Als englische Übersetzung geben die Statutes of the Realm an: „Item, Whereas much People of the Realm, which have made Contracts with Lombards, that be named of the Companies dwelling in the same Realm, which Lombards after that they have made their Obligations to their Creansours, have suddenly escaped out of the Realm without Agreement made to their said Creansours, in deceit and great damage of the People: It is accorded and assented, That if any mer-

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Wenn ein lombardischer Kaufmann England verließ (se sont sodeinement eschapez hors du Roialme), obwohl er dort offenstehende Verbindlichkeiten hatte (apres qils ount fait lours obligacions a lours Creansours), sollte demnach die Handelsgesellschaft, der der flüchtige Kaufmann angehörte, für dessen Verbindlichkeiten haften (la compaignie respoigne de la dette). Aus dem Gesetzestext wird deutlich, dass mit den Verbindlichkeiten, die der flüchtige Kaufmann eingegangen ist, keine Gesellschaftsschulden gemeint sind, für die die Mitgesellschafter ohnehin haften müssten, sondern individuelle, persönliche Schulden des flüchtigen Mitgesellschafters (lours obligacions a lours Creansours). In dieser Vorschrift liegt freilich kein Anfechtungstatbestand begründet, sondern eine Erweiterung des Personenkreises, der für Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden kann;149 die Vorschrift zielte darauf ab, eine kollektive Haftung für die Verbindlichkeiten eines flüchtigen Mitgesellschafters zu schaffen.150 (1) Vorgeschichte der Gesetzgebung Die Idee einer kollektiven Haftung für Verbindlichkeiten ist in England älter als 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 (1351). Bereits im 13. Jahrhundert war es üblich geworden, ein Mitglied einer Gemeinschaft für Schulden eines anderen Mitgliedes haftbar zu machen und es diesem dann zu überlassen, bei dem anderen Regress zu nehmen.151 Dieser Tendenz wurde allerdings schon bald zuerst auf lokaler Ebene entgegengearbeitet,152 bevor es in 3 Edw. I. c. 23 (1275) allgemeines Gesetz wurde, dass kein Engländer für eine Forderung haften solle, für die er weder als Hauptschuldner einzustehen noch sich verbürgt habe.153 Erst 27 Edw. III. stat. 2, c. 17 (1353) dehnte dies auch auf Ausländer aus.154 chant of the Company, knowledge himself bound [by the Manner,] that the Company shall answer of the Debt. So that another Merchant which is not of the Company, shall not be thereby grieved or impeached“. 149 Dieselbe Feststellung zu einer ähnlichen Klausel im oberitalienischen Statutarrecht trifft Gaugler, S. 67. 150 Siehe Graham, Italian Banks, S. 226: „The somewhat belated subject of the Act was to impose collective responsibility upon [the Lombards] for the debts of any of their absconding colleagues“. 151 So Cadwallader, S. 155: „Also prevalent at this time was the practice of distraining a member or members of one community for debts owed by a fellow member at a town or a fair which they were attending, their goods, etc., were seized to pay the debt and they were left to recover from the debtor as best they may on return to their own town“. 152 Vgl. Ballard, S. 95: „The Charters to Dunwich, Marlborough, Newcastle-on-Tyne, and Winchester contain a clause exempting the burgesses of these towns from being attached for the debt of another, unless they were pledges or the principal debtors“. Ebenso Cadwallader, S. 201 mit Fn. 19. 153 So Cadwallader, S. 155: „A number of borough charters contained provisions to prevent this and it became general when it was enacted that ‚in no City, Borough, Town, Market, or Fair, there be no Foreign Person (which is of this Realm) distrained for any Debt wherefore he is not Debtor or Pledge; and whosoever doth it, shall be grievously punished,

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Ein gutes Beispiel für die vor diesem letztgenannten Gesetz und vor 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 (1351) gegenüber Ausländern angewandte Praxis ist der folgende Fall, der vor König Edward I. im Michaelmas-Term seines neunten bzw. zehnten Regierungsjahres (1281) verhandelt wurde: Mandatum fuit ballivis nundinarum Sancti Botulphi quod cum Philippus le Espicer, burgensis et mercator Regis Gloucestrie, quater viginti et novem libras tresdecim solidos et quatuor denarios versus Nicholaum de Bruges, septem libras versus Ledericum Bodery de Ipra, sex libras, quatuordecim solidos et octo denarios versus Michaelem le Sage de Ipra, vigenti [libras] et unam libram duos solidos et sex denarios versus Walterum Cosyn de Ipra, centum solidos versus Dauin Abraham, et vigenti solidos versus Cophinum Spreny de Ipra, coram ballivis Regis Suhantone sufficienter, ut dominus Rex acceperit, disrationaverit; et iidem Nicholaus, Ledericus et alii prefato Philippo de predicta pecunia in nullo satisfecerint nec ei, licet ipsi et communitates villarum predictarum super hoc sepius moniti extiterint, inde satisfacere curaverint, ut dicitur, per quod dominus Rex nuper eisdem [ballivis] mandavit quod bona et mercimonia mercatorum de Bruges et Ipra in nundinis predictis veniencia ad valenciam predicti debiti arestari et salvo custodiri facerent donec prefato Philippo de predicta pecunia secundum legem mercatoriam plenarie fuerit satisfactum; ac ipsi quedam bona et mercimonia mercatorum de Ipra in nundinis predicti arestari fecerint occasione predicta, in ipsorum dispendium non modicum et gravamen, ut Regi intimaverint. Dominus Rex quia jam intellexit quod predicta debita non sunt clara, eosdem mercatores de Ipra adjornavit hic, ad hunc diem, ad faciendum et recipiendum in premissis quod justitia suadebit. Et Johannes de Loe, Johannes Bardunk, Johannes Water Borth, Lambertus de Templo, Nicholaus filius Clementis, Johannes Credelyn, Michael de Loo, et quidam alii de communitate de Ipre venerunt. Et similiter predictus Philippus venit, et predicti mercatores de Ipra dicunt quod non debent predicto Philippo ad querelam nec ad breve sua respondere, quia dicunt quod dominus Rex, pater domini Regis nunc, concessit eis per cartam suam quod nulli mercatores de Ipra in terra Regis Anglie aliquo modo de rebus et mercandisis suis distringantur pro debito aliquo unde non sunt plegii vel debitores capitales, et vocant inde ad warantiam predictam cartam domini Regis que est in transmarinis partibus. Ideo datus est eis dies, in octabis Sancti Hilarii ubicumque, etc., ad habendam predictam cartam, etc. Postea ad hunc diem venit predictus Michael atornatus predictorum mercatorum et profert cartam domini Henrici regis, patris domini Regis nunc, in hec verba: […]155 and without Delay the Distress shall be delivered by the Bailiffs of the Place or by the King’s Bailiffs, if need be‘ [3 Edw. I. c. 23 (1275)]“. 154 Cadwallader, S. 155, Fn. 19: „The rule was not extended to foreigners from outside the realm until 27 Edw. III, St. 2, c.17 (1353)“. 155 Hall, Bd. 2, S. 33, gibt den Wortlaut der carta an dieser Stelle nicht wieder, sondern bietet nur eine Übersetzung auf S. 148 an: „Whereas the King lately granted to the burgesses and merchants of the town of Ypres, coming to England with things and merchandise to trade, safe conduct by land or sea, and paying due and right customs, provided that merchants of other countries did not avail themselves of their privilege: the grantees not to be impeded either by forfeiture of their goods, etc., by reason of any past or future state of warfare, nor by any dispute between English and foreign merchants; and they are not to be distrained for debts in respect of which they are not debtors or chief pledges, and, in case of dispute, to stand their trial before the justices for those parts: The King now ratifies the above grant, and grants further that the aforesaid merchants shall not forfeit goods for the defaults

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Qua carta audita et intellecta dictum est predictis mercatoribus quod eant inde sine die: et predicti mercatores habeant breve domini Regis ballivis nundinarum Sancti Botulphi [ad mercimonia (?)] sua deliberanda, etc.156 Beauftragt wurden die Gerichtsdiener des Markts des Heiligen Botulph, angesichts der Tatsache, dass Philipp, der Gewürzhändler, königlicher Bürger und Händler aus Gloucester, 89 Pfund 13 Shilling und vier Pence gegen Nicholaus aus Brügge, sieben Pfund gegen Lederius Bodery aus Ypern, sechs Pfund 14 Shilling und acht Pence gegen Michael le Sage aus Ypern, 21 Pfund zwei Shilling und sechs Pence gegen Walter Cosyn aus Ypern, 100 Shilling gegen Dauin Abraham und 20 Shilling gegen Cophinus Spreny aus Ypern vor den Gerichtsdienern des Königs von Southhampton hinreichend geltend gemacht hat, wie der Herr und König angenommen hat; und dieselben Nicholaus, Ledericus und die anderen befriedigten den genannten Philipp bezüglich des genannten Geldes keineswegs, noch sorgten weder sie selbst noch ihre Mitbürger aus den genannten Städten trotz ziemlich häufiger diesbezüglicher Ermahnung dafür, diesen wie gesagt diesbezüglich zu befriedigen, woraufhin der Herr und König neulich diese [Gerichtsdiener] beauftragte, dass sie sich darum kümmerten, dass Güter und Handelswaren der Händler aus Brügge und Ypern auf den genannten Märkten bis zum Wert der genannten Schulden beschlagnahmt werden und wohlbehalten bewacht werden, bis genannter Philipp bezüglich des genannten Geldes nach der lex mercatoria völlig befriedigt ist; und diese ließen die Güter und Handelswaren der Händler aus Ypern auf den genannten Märkten bei der genannten Gelegenheit beschlagnahmen, mit unmäßigem Aufwand und Belastung für sie, wie sie dem König eröffneten. Weil der Herr und König inzwischen erkannt hatte, dass die genannten Schulden nicht klar sind, terminierte er diese Händler aus Ypern hierher, an diesen Tag, um in der vorausgeschickten Angelegenheit zu tun und gutzuheißen, was die Gerechtigkeit empfiehlt. Und Johannes de Loe, Johannes Bardunk, Johannes Water Borth, Lambertus de Templo, Nicholaus, Sohn des Clemens, Johannes Credelyn, Michael de Loo, und gewisse andere aus der Gemeinde Ypern sind gekommen. Und ebenso ist genannter Philipp gekommen, und die genannten Händler aus Ypern sagen, dass sie dem genannten Philipp weder auf seine Klage noch auf seinen „writ“ antworten müssen, weil sie sagen, dass der Herr und König, der Vater des jetzigen Herrn und Königs, ihnen zugestanden hat durch sein Schreiben, dass keine Händler aus Ypern im Land des Königs von England in irgendeiner Weise an Sachen und Handelswaren in Anspruch genommen werden für eine Schuld, für die sie nicht Bürge oder Hauptschuldner sind, und sie berufen sich daher als Gewähr auf das genannte Schreiben des Herrn und Königs, dass sich jenseits des Meeres befindet. Daher ist ihnen ein Termin gegeben worden, in den Wochen nach dem Fest des Heiligen Hilarius, wo auch immer, etc., genanntes Schreiben vorzubringen. Später kommt an diesem Tag der genannte Michael als Vertreter der genannten Händler und bringt ein Schreiben des Herrn und Königs Heinrich vor, des Vaters des jetzigen Herrn und Königs, mit diesen Worten: […] Nach Anhörung und Beurteilung dieses Schreibens wurde den genannten Händlern gesagt, dass sie ohne weiteren Termin dahingehen mögen: und dass die genannten Händler einen „writ“ des Herren und Königs haben sollen gegen die Gerichtsdiener der Märkte des Heiligen Botolphs, dass ihnen [ihre Handelswaren] ausgeliefert werden, etc.

of their servants, subject to proof of ownership; nor lose their goods at death, whether testate or intestate, these being recoverable by their heirs on notice to the lord of the franchise and due proof. Dated Paris, 23 December [1261]“. 156 Hall, Bd. 2, S. 32 f.

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C. Rechtsentwicklungen in England

Aus dem Fall wird ersichtlich, dass ein Vorgehen gegen Kaufleute, die aus derselben Stadt wie der zahlungsunwillige Schuldner stammten, vom König grundsätzlich für zulässig gehalten wurde. Aus dem Text wird deutlich, dass diese Prozedur „secundum legem mercatoriam“ statthaft sei, also auf der lex mercatoria, dem Recht, das unter allen Kaufleuten gilt, beruhe. Im konkreten Fall jedoch konnten die aus Ypern stammenden Kaufleute sich erfolgreich auf ein Privileg („carta“) berufen, das ihnen von König Henry III. gewährt worden war, wonach kein Kaufmann aus Ypern in England in irgendeiner Weise mit seinem Vermögen in Anspruch genommen werden darf für eine Schuld, für die er weder Hauptschuldner noch Bürge ist („nulli mercatores de Ipra in terra Regis Anglie aliquo modo de rebus et mercandisis suis distringantur pro debito aliquo unde non sunt plegii vel debitores capitales“). Das Vorgehen gegen Landsleute des Schuldners war im 13. Jahrhundert folglich eine durchaus anerkannte Möglichkeit der Vollstreckung, wenn sich dieser weigerte, seine fälligen Schulden zu begleichen. Dieselbe Zielrichtung wird auch in 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 (1351) verfolgt. Levinthal sieht die Motivation dieses Gesetzes darin, dass sich die Vergrößerung des haftenden Personenkreises präventiv auswirken sollte, da alle Mitglieder einer Handelsgesellschaft nunmehr ein Interesse daran hätten, dass niemand aus ihrem Kreise trotz bestehender Verbindlichkeiten das Land verlässt.157 Man könnte in 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 folglich eine schlichte Kodifikation der „secundum legem mercatoriam“ geltenden Regelung gegenüber der Gruppe der oberitalienischen Kaufleute sehen. (2) Hintergründe der Gesetzgebung Analysiert man allerdings darüber hinaus den geschichtlichen Kontext, ergibt sich ein weiterer Aspekt aufgrund der Tatsache, dass sich 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 nicht etwa allgemein gegen ausländische Kaufleute richtete, sondern speziell und ausschließlich gegen „Lumbardz“, gegen „Lombarden“. Als „Lombarden“ wurden im England des 14. Jahrhunderts offiziell wie umgangssprachlich nicht nur die Bewohner der heutigen lombardischen Kernlande um Mailand, Pavia, Brescia und Bergamo bezeichnet, sondern auch die Kaufleute, die aus dem weiteren geographischen Umfeld, etwa aus Lucca oder Florenz stammten.158 Diese italienischen Kaufleute übten seit Anfang des 13. Jahrhunderts ihre Geschäfte auch in England aus und versorgten die dortige Oberschicht mit Seide, Wollprodukten oder GewürLevinthal, English Bankruptcy, S. 10. Siehe hierzu Whitwell, S. 176. Ebenfalls Van Niekerk, Bd. 1, S. 258, Fn. 269: „That is, merchants from North Italian cities such as Genoa, Venice, Florence, Pisa and not necessarily from the Lombardy region only“. Ebenso de Roover, S. 346: „the word ,lombard‘ in medieval sources […] is applied to any merchant from Lombardy and even from Tuscany or any other part of Italy“. 157 158

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zen.159 Neben diese Handelsgeschäfte traten mit der Zeit Geldgeschäfte. Obwohl die Bezeichnung als Bankiers das Metier ebenso gut beschrieben hätte, blieb es jedoch in den zeitgenössischen Dokumenten bei der Bezeichnung „merchants“.160 Durch diese Geschäfte, die auch mit dem englischen Königshaus abgewickelt wurden,161 kamen etliche italienische Kaufmannsfamilien zu Wohlstand und Vermögen. Diese Abhängigkeit von der Politik erwies sich jedoch als verhängnisvoll, als der hoch verschuldete König Edward III. 1345 „den Schuldendienst einstellt und seinen Bankiers Privilegien und Einkünfte aufkündigt“ und dadurch große Bankgesellschaften wie die Bardi und Peruzzi162 aus Florenz in den Bankrott trieb.163 Nachdem 1337 zwischen England unter Edward III. und Frankreich unter Philippe de Valois der Krieg ausgebrochen war, weigerte sich der englische König, seine Schulden bei seinen italienischen Financiers zu begleichen, während er gleichzeitig immer weitere Kreditsummen anforderte.164 Dass besagter Edward III. 1345 mit seinen „lombardischen“ Bankiers brach und diese auf ihren Forderungen sitzen blieben, und nur sechs Jahre später, 1351, unter seiner Herrschaft ein Gesetz gegen vor ihren Gläubigern flüchtige „Lumbardz“ entstand, gibt dieser Legislation einen gewissen pikanten Beigeschmack, da die wirtschaftliche Integrität der italienischen Kaufleute auch ob seiner Unfähigkeit, seine enormen Schulden zu begleichen, zerstört worden war. 159 Vgl. Whitwell, S. 175 f., Graham, Italian Banks, S. 152; Sapori, Frescobaldi, S. 1 f.: „La storia delle compagnie mercantili italiane in Inghilterra, a parte una quantità di minori, ha messo in evidenza quattro grandi società che si sono susseguite, in tre tempi, nello spazio di poco più che mezzo secolo: i Riccardi di Luca, che iniziarono la loro vita con Enrico III e crollarono nel 1300 durante il regno di Edoardo I; i Frescobaldi di Firenze, affermatisi con il primo Edoardo e caduti nel 1311 con Edoardo II; i Bardi e i Peruzzi, pure di Firenze, che giunsero al clamoroso fallimento – divenuto leggendario per una pagina appassionata della Cronica di Giovanni Villani – del 1338 negli anni di Edoardo III“. 160 So Whitwell, S. 177. Diese einheitliche Terminologie wird auch in der oberitalienischen Statutargesetzgebung verwendet, wie etwa aus Kapitel 66 der statuta mercatorum von Mailand hervorgeht: „ Item, quod praedicta omnia statuta, loquentia contra fugitivos, locum habeant tantum in Mercatoribus, & Campsoribus fugitivis […]“ – „Ebenso, dass alle vorgenannten Gesetze, die ‚gegen Flüchtige‘ sagen, nur gegen flüchtige Kaufleute und Bankiers Raum haben sollen […]“. 161 Siehe auch Weber, S. 128 f. sowie Goldthwaite, S. 130. 162 Zu den Familien der Bardi und Peruzzi kurz Sapori, Compagnie, S. LXV ff. 163 Reinhardt, S. 71. Vgl. auch Fryde, Farmers, S. 2 ff. Zum Bankrott der Bardi und der Peruzzi siehe auch Seidlmayer, S. 260, Weber, S. 139, Beardwood, S. 229 ff. oder Graham, Italian Banks, S. 150. 164 Siehe Russell, S. 96, der auf den folgenden Seiten nachweist, dass der Bankrott der beiden Bankiersfamilien zwar nicht nur, aber vornehmlich auf der Zahlungsverweigerung Edward III. lag: „The foregoing considerations may serve to establish the opinion that the failure of the Italian financiers is not solely to be attributed to the perfidy of Edward of England. It may, perhaps, be true that his were the most serious delinquencies, yet the disturbed state of Florentine affairs and the expenses in which the merchants were there involved, the loss of property they sustained, their persecution in France, and their repudiation by the King of Naples, must have been potent factors in the shattering of a business reputation, whose limits were alone determined by the civilisation of the age“ (S. 98 f.).

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Peruzzi konstatiert, nicht nur aus Verbundenheit zu seinen Vorfahren, zu Recht, „che l’Inghilterra ebbe gran colpa verso di noi, e se non fu allora la sola causa per cui decadde la prosperità della repubblica di Firenze, ne fu certamente una delle maggiori“.165 Vor diesem Hintergrund kann an der patriotischen Aussage Cokes, dass „as well the name as the wickednesse of bankrupts“ von anderen Nationen stamme, nur hinsichtlich des ersten Teils festgehalten werden.166 Wenn Coke schreibt, der Engländer sei „of all nations […] freest of bankruptcy“167 gewesen, lässt er außer Acht, dass nur die Insolvenz, in die Edward III. seine lombardischen Geldgeber drängte, ihn selbst vor dem Staatsbankrott bewahrte.168 (3) Zur kollektiven Haftung für Verbindlichkeiten eines Einzelnen Interessant sind freilich nicht nur die Hintergründe zu 25 Edw. III. stat. 5, c. 23, sondern ist auch die dort gesetzte Rechtsfolge für den Fall, dass lombardische Kaufleute das Land verlassen, obwohl sie offenstehende Verbindlichkeiten in England haben: dass in diesem Fall die Handelsgesellschaft, der der flüchtige Kaufmann angehörte, für dessen Verbindlichkeiten haften sollte. Bereits das römische Recht ordnete bisweilen eine Art Kollektivhaftung für die Unterschlagung (decoctio)169 eines Berufsgenossen an. So heißt es in C. 11, 10, 5: Impp. Theodosius, Valentinianus, AA. Aureliano comiti rerum privatarum. Iure provisum est fabricenses artibus propriis inservire, ut exhaustis laboribus immorentur cum subole professioni, cui nati sunt. Denique quod ab uno committitur, totius delinquitur periculo numeri, ut constricti nominationibus suis sociorum actibus quandam speculam gerant, et unius damnum ad omnium transit dispendium. Universi itaque, velut in corpore unius formae, unius decoctionis, si ita res tulerit, respondere cogentur. D. prid. Non. Nov. Constantinopoli Theodosio A. xvii et Festo conss. Die Kaiser Theodosius und Valentinianus an Aurelianus, den Minister des Kaiserlichen Privatschatzes. Peruzzi, S. 477. Dies stellt auch Treiman, Escaping the Creditor, S. 232, fest: „Coke apparently derived a great deal of patriotic solace from this Italian origin of the practice of fleeing, but in his zeal to exculpate his own countrymen he forced himself into an unnecessary exaggeration“. 167 Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276†. 168 Im Ergebnis ebenso wohl auch Cadwallader, S. 361: „It is thus perhaps without very much justification that Coke castigates the treacherous Lombard merchant who flees the country with his goods without settling his debts a few years later, for much of his credit no doubt fell with Florence and he no longer had reserves upon which he might draw in more pressing times“. 169 Zum Begriff „decoctor“ vgl. bereits oben, S. 75 ff. 165 166

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Es ist vom Recht vorgesehen, dass Arbeiter in kaiserlichen Waffenschmieden in ihrem Kunsthandwerk bleiben, sodass sie auch nach Erschöpfung ihrer Arbeitskraft mit ihrer Nachkommenschaft in dem Beruf bleiben, in den sie geboren wurden. Auch wird, was von einem begangen wird, auf Gefahr der gesamten Zahl begangen, sodass sie, gezwungen durch ihre Benennung, eine gewisse Wacht über die Taten ihrer Genossen betreiben, und die Schädigung eines einzelnen zum Nachteil aller übergeht. Daher werden sie gemeinsam, wie in Gestalt eines einzigen Körpers, gezwungen, die Unterschlagung eines einzelnen, wenn es sich so ereignet hat, zu verantworten. Gegeben in Konstantinopel am Tag vor den Nonen des Novembers im Jahre des 17. Konsulats des Kaisers Theodosius und dem Konsulat des Festus (4. November 439).

Ein Arbeiter in kaiserlichen Waffenschmieden (fabricensis) war nicht nur samt seiner Nachkommenschaft an seinen Beruf gebunden,170 sondern musste auch für eine von einem Berufsgenossen (socius) begangene Unterschlagung (decoctio) haften. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die Waffenschmiede eine Pflicht zur gegenseitige Überwachung treffe (ut […] suis sociorum actibus quandam speculam gerant) und sie daher kollektiv (universi itaque, velut in corpore unius formae)171 verantwortlich seien. Dieser Aspekt der kollektiven Haftung für die Verbindlichkeiten eines Mitgesellschafters findet sich jedoch nicht nur im römischen Recht, sondern in wesentlich ausgeprägterer Gestalt auch im oberitalienischen Statutarrecht.172 Bereits im Constitutum usus aus dem Jahre 1160, einer Kodifikation des Gewohnheitsrechts der Kaufleute der damals mächtigen Seemacht Pisa,173 wird als Grundform jeglicher Gesellschaft unter Familienfremden die societas omnium bonorum angesehen.174 So beginnt etwa Kapitel 22, „de societate facta inter extraneos“ wie folgt: Cum duo vel plures sotietatem fecerint ut omnia que habent vel aliquo modo habebunt sint communia et de partibus nichil expresse convenerint, equaliter omnia dividant cum ad divisionem venit.175 Wenn zwei oder mehr eine Gesellschaft aufmachen, sodass alles, was sie haben oder irgendwie haben werden, gemeinschaftlich sei, und bezüglich der Teile nichts ausdrücklich vereinbaren, mögen sie alles zu gleichen Teilen aufteilen, wenn es zur Teilung kommt.

Vgl. dazu De Robertis, S. 225 f., oder Kaser, Privatrecht, Bd. 2, S. 154 m. w. N. Schnorr von Carolsfeld, S. 158, vermutet, dass „corpus hier Körper bedeuten und gesagt sein [soll], daß ebenso, wie man ein Glied eines Leibes nicht bestraft, sondern für Taten etwa der Hand der Mensch und damit auch die anderen Glieder verantwortlich gemacht werden, es auch bei den fabricenses gehalten werden solle“. 172 Siehe mit weiteren als den in der Folge aufgeführten Beispielen Rocco, S. 210 f. Knapp dazu auch Lattes, S. 321. 173 Siehe dazu Schmitt-Gaedke, S. 3. 174 Vgl. Schmitt-Gaedke, S. 243. 175 Zitiert aus der ältesten bekannten Handschrift, dem sogenannten „Codex von Yale“ (vgl. Schmitt-Gaedke, S. 7), nach der Transkription von Vignoli, S. 205. 170 171

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Bei einer solchen societas omnium bonorum, einer Gesellschaft über das gesamte Vermögen der Beteiligten, wird auch die gemeinschaftliche Haftung für von einem einzelnen Mitglied eingegangene Verbindlichkeiten gegolten haben, wie sie D. 17, 2, 27 vorsieht: D. 17, 2, 27 – Paulus 6 ad Sabinum Omne aes alienum, quod manente societate contractum est, de communi solvendum est, licet posteaquam societas distracta est solutum sit. Igitur et si sub condicione promiserat et distracta societate condicio exstitit, ex communi solvendum est: ideoque si interim societas dirimatur, cautiones interponendae sunt. Jede Schuld, die während des Bestehens der Gesellschaft begründet wurde, ist gemeinsam zu begleichen, auch wenn sie erst nach Auflösung der Gesellschaft erfüllt werden muss. Also muss, auch wenn einer [der Gesellschafter] unter einer Bedingung zu leisten versprochen hatte und die Bedingung nach Auflösung der Gesellschaft eintritt, gemeinsam erfüllt werden: und deshalb muss man, wenn die Gesellschaft zwischenzeitlich getrennt wird, Sicherheiten leisten.

Jedenfalls der römischrechtlichen societas (omnium bonorum) war es demnach zu eigen, dass alle Mitgesellschafter für jegliche Verbindlichkeit, die während des Bestehens der Gesellschaft durch einen Gesellschafter begründet wurde, gemeinschaftlich einzustehen hatten. Dieses Prinzip wird auch im Recht der pisanischen Kaufleute gegolten haben. Weiterhin heißt es etwa in einem florentinischen Gesetz aus dem Jahre 1322 unter der Überschrift „de arbitrio Domini Potestatis et Capitanei contra fugientes cum rebus alienis de ponendo ad tormenta“ – „Über die Gewalt des Herrn Podestà und des Stadtkapitäns gegen mit fremden Sachen Flüchtige, diese vor die Folter zu stellen“: Statutum ed ordinatum est et firmatum quod Potestas et Capitaneus Florentie tam presentes quam futuri, scilicet quicunque eorum fuerit requisitus, habeant plenum arbitrium et liberam potestatem et teneatur cogere et ad tormenta ponere et omni alia via que eis vel alteri eorum videbitur investigare quoscunque mercatores, campsores […] ad requisitionem suorum creditorum, ut possint invenire et investigare et habere librum et libros predictorum creditorum et alias res mobiles et immobiles eorumdem et cuiuslibet eorum. […] Predicto etiam modo procedatur et observetur et fiat contra sotios, discipulos et factores qui negotia sotietatis et sotiorum seu magistrorum gesserint seu ad ipsa gerenda vel procuranda missi seu dimissi fuerint vel steterint, et in ipsis negotiis fraudem et dolum commiserunt et commiserint in futurum vel se a civitate Florentie et districtu absentaverint […].176 Es wird festgesetzt und angeordnet und bestätigt, dass der gegenwärtige wie zukünftige Podestà177 und der Stadtkapitän von Florenz oder wer auch immer von ihnen ersucht wird, 176 Statuta del Capitaneo del Popolo II 25, zitiert nach Caggese, Statuti della Repubblica Fiorentina, S. 108. Die Statuta del Capitaneo del Popolo von 1322 bilden zusammen mit den Statuta del Podestà von 1325 „die erste erhaltene Revision der Florentiner Statuten“, vgl. Coing / Wolf, S. 578. 177 Dieses zwischen dem 12. und dem 13. Jahrhundert aufkommende Amt meint einen die Alleinherrschaft ausübenden Beamten, dessen Befugnisse allerdings auf eine bestimmte Zeit

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volle Gewalt und freie Machtbefugnis haben und gehalten sein soll, jegliche Kaufleute und Bankiers zu zwingen und vor die Folter zu stellen und auf jedem anderen Weg, der von ihnen oder einem von ihnen gesehen wird, zu untersuchen […] auf Ersuchen ihrer Gläubiger, sodass sie das Buch oder die Bücher der genannten Gläubiger und andere bewegliche und unbewegliche Sachen von ihnen oder einem von ihnen finden und aufspüren und [in Beschlag] halten können. […] Auf die selbe Weise soll auch vorgegangen werden und [dies] beachtet werden und geschehen gegen Mitgesellschafter, Lehrlinge oder Handlungsgehilfen, die Geschäfte der Gesellschaft und ihrer Mitgesellschafter oder Lehrmeister führen oder an- oder ausgeschickt waren oder sind, diese zu führen, und bei diesen Geschäften Betrug und Arglist begangen haben und in der Zukunft begehen werden oder sich aus der Stadt Florenz und Umgebung fortbewegen […].

Befand sich ein Kaufmann oder Bankier mit fremden Sachen auf der Flucht, so konnten die beiden obersten Stadtmagistrate nicht nur gegen ihn in ihrem Ermessen stehende Maßnahmen wie Folter, Durchsuchung oder Beschlagnahme veranlassen, sondern auch „contra sotios, discipulos et factores“, also gegen seine Mitgesellschafter, Lehrlinge und Handlungsgehilfen.178 Maßnahmen gegen Mitgesellschafter waren also im Recht von Florenz bereits 1322 üblich. Zehn Jahre später, 1332, trug im ersten Buch des Florentiner „Statuto dell’Arte di Calimala“179 Kapitel 58 die Überschrift „Che ciascuno compagno sia costretto in tutto per li debiti del compagno“ – „Dass jeder Gesellschafter aufs Ganze verpflichtet sein soll für die Schulden seines Mitgesellschafters“.180 Entsprechende Regelungen sind auch aus den Mailänder statuta mercatorum überliefert. Früheste erhaltene Gesetzesedition ist die dritte Kompilation aus dem Jahre 1396; die ersten beiden Kompilationen von 1330 und 1343 wurden durch die jeweils nachfolgende Kompilation insoweit außer Kraft gesetzt, als die alten Bestimmungen nicht in die neue Sammlung übernommen wurden. Insofern kann leider nicht festgestellt werden, ob die zitierten Mailänder Statuten erst 1396 neu angefügt worden sind oder ob diese schon Teil der älteren Kompilationen waren.181 In Kapitel 44 der erhaltenen Kompilation von 1396 heißt es jedenfalls: (zwischen einem Jahr und fünf Jahren) begrenzt ist; später entwickelte sich aus einer Verfestigung dieses Amtes in zeitlicher und personeller Hinsicht die Stadtherrschaft, die Signoria, vgl. Seidlmayer, S. 186. Zum Amt eines Podestà siehe ferner Byrne, S. 921 f. m. w. N. 178 Nach Weber, S. 133, verbirgt sich hinter dem Begriff discipulus / discepolo der Lehrling und hinter facor / fattore der „Kommis“, also ein Kontorist oder kaufmännischer Handlungsgehilfe. 179 Die „Arte di Calimala“ war die Gilde der Tuchhändler, aus der Bankiersfamilien wie die Peruzzi und die Bardi hervorgingen; siehe Weber, S. 128, Dixon, S. 151. Zu den „Arti“ generell Sapori, Compagnie, S. XXIII ff. 180 Siehe Lastig, S. 440. Freilich bezieht sich dieses Kapitel nur auf solche Schulden, die im Buch der Gesellschaft eingetragen sind („quali debiti fossono scritti nel libro della loro compagnia“). Dazu, dass in Florenz seit den ersten uns bekannten Quellen die Solidarhaftung nur für Gesellschafts-, nicht für Privatschulden gilt und dass als Abgrenzungskriterium die Eintragung in den Geschäftsbüchern dient, vgl. Weber, S. 134 ff. 181 Siehe Coing / Wolf, S. 577 oder Feronelli, S. 77 ff.

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C. Rechtsentwicklungen in England Cum saepe accidat, quod aliqui, malo spiritu moti, negociationibus, & rebus ad credentiam acceptis in magnis quantitatibus, prout plus invenire, & accipere possunt, fraudolose se absentant, & fugam faciunt, & res suas immobiles, si quas habent, dimittunt impeditas, per aliquos falsos, seu nefarios contractus factos in fraudem creditorum, ad obviandum malitijs, & fraudibus talium fugitivorum, & qui simila vellent perpetrare, statuitur, quod Consules Iustitiae Negociatorum Mediolani, & quilibet eorum omnia statuta facta, & quae de caetero fierent per Commune Mediolani contra fugitivos, & eorum defensores, & fautores in favorem creditorum suorum, debeant, & teneantur summarie observare, & observari facere, & executioni mandare.182 Da es sich oft ereignet, dass irgendwelche Leute, von schlechtem Geist bewegt, nachdem sie Handelsgeschäfte und Sachen auf Vertrauensbasis in so großen Mengen angenommen haben, dass sie mehr erlangen, als sie annehmen können, sich betrügerischerweise absetzen und fliehen, und ihre unbeweglichen Sachen, so sie welche haben, als hinderlich abstoßen durch falsche oder schändliche Verträge, die unter Betrug ihrer Gläubiger gemacht sind, um Arglist und Betrügereien solcher Flüchtlinge, und wer Ähnliches zu verrichten vorhat, entgegenzutreten, wird statuiert, dass die Mailänder Konsuln der Handelsgerechtigkeit, und jeder einzelne von ihnen, gehalten werden, alle Gesetze, die bestehen und die weiterhin durch die Mailänder Gemeinde gegen Flüchtige und gegen ihre Verteidiger und Gönner zugunsten ihrer Gläubiger erlassen werden, insgesamt zu beachten und für ihre Beachtung und Vollstreckung zu sorgen.

Eines dieser Gesetze, Kapitel 51, statuiert: Item, quod patres, fratres, filij masculi, fratrum, & filij talium fugitivorum, & factores, & socij, & omnes ascendentes, & descendentes, qui cum eis stabunt ad unum panem, & vinum tempore fugae, vel per mensem ante fugam, teneantur, & obligati sint insolidum creditori eorum fugitivorum […]. Ebenso, dass Väter, Brüder, Söhne von Brüdern und Kinder solcher Flüchtigen, und Gehilfen und Mitgesellschafter, und alle Vor- und Nachfahren, die mit ihnen zur Zeit der Flucht oder im Monat vor der Flucht zu einem Brot und Wein zusammen waren, dem Gläubiger dieser Flüchtigen auf das Ganze haften und verpflichtet sein sollen […].

Ist ein Kaufmann flüchtig, treten also nach dem Mailänder Stadtrecht die Personen, die mit ihm in einer Wirtschaftseinheit zusammen leben oder arbeiten, für ihn in die Haftung ein. Darunter fallen auch seine Mitgesellschafter in einer Handelsgesellschaft (socij). Die Haftung von Gesellschaftern (socij oder sotii) für Verbindlichkeiten, die ein (flüchtiger) Mitgesellschafter eingegangen ist, war mithin den oberitalienischen, „lombardischen“ Statutarrechten zu eigen. Ebendiese Rechtsfolge weist auch 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 auf, dass nämlich die Gesellschaft für die Schuld haftet (que la compaignie respoigne de la dette). Letztlich wird damit in England gegen die lombardischen Kaufleute für denselben Tatbestand dieselbe Rechtsfolge angeordnet, wie dies auch in ihrer Heimat der Fall gewesen wäre. Dass dies auf bloßem Zufall beruht, ist unwahrscheinlich.183 182

Zitiert nach haec sunt statuta mercatorum, Mailand (1604).

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Im frühesten englischen Gesetz gegen „bankruptcy“ im weiteren Sinne lässt sich also deutlich eine Rezeption kontinentalen Rechts, namentlich des oberitalienischen Statutarrechts, ausmachen.184 bb) Frühe Ansätze allgemeiner Gesetzgebung gegen Gläubigerverkürzung Wenn auch noch nicht genuin insolvenzrechtliche Gesetze erlassen wurden, so finden sich doch weitere Regeln mit Bezug zum Thema in den Gesetzen 50 Edw. III. c. 6 (1376), 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) sowie in 3 Hen. VII. c. 4 (1487).185 (1) 50 Edw. III. c. 6 (1376) Das erste auch gegen Engländer gerichtete Gesetz, das thematisch die Gläubigerverkürzung betrifft, wenn auch noch nicht explizit von Bankrott und Insolvenz die Rede ist,186 ist 50 Edw. III. c. 6 (1376), das sechste Kapitel der Gesetzgebung im 50. Regierungsjahr König Edward III., also im Jahre 1376.187 183 Auch Graham, Italian Banks, S. 226, setzt die Erklärung der Gesetzgebung gegen „Lombarden“ mit der Insolvenz der Florentiner Bankhäuser in Verbindung, ohne jedoch auf die inhaltliche Nähe zum oberitalienischen Statutarrecht dieser Zeit einzugehen: „it occurred to me that there must be a link between the insolvent Italian banks of the fourteenth century and a pejorative reference, unsupported by any particulars, to the ‚Lombards‘ in Sir Edward Coke’s Institutes of the Laws of England“. 184 Dazu, dass etwa das englische Versicherungsrecht im 16. Jahrhundert ebenfalls auf starker Interaktion mit italienischen Kaufleuten beruht, vgl. Ibbetson, Insurance, S. 292. 185 Bereits zuvor waren einzelne Fälle vor den König getragen worden, in denen verkürzte Gläubiger um die Erlaubnis baten, Zugriff auf das Vermögen ihres Schuldners zu nehmen, der sich ins Kirchenasyl zurückgezogen hatte. So beschwerten sich etwa im Jahre 1347 die Einwohner von London bei Edward III., „que come Monsieur Roger Bavent […] eust emprunte des dites gentz, en diverse manere, & par diverses faitz, pluseurs Sommes d’argent […] soi mettant en le […] governement des Freres Preschours de Loundres, se adgoverne long temps entre eux.“ – „dass Herr Roger Bavent […] von verschiedenen Leuten auf verschiedene Art und Weise Geld geliehen hat […] und sich der Herrschaft der Predigerbrüder [d. h. des Ordo Praedicatorum, der Dominikaner] von London unterstellt hat, und lange Zeit bei ihnen aufhält.“ (Rot. Parl. Bd. 2, S. 187, vgl. zu diesem Fall Réville, S. 31). Der König gestand den Klägern daraufhin den Zugriff auf den Schuldner vermittels writ of debt zu: „Eyent lour suite par Brief de dette & d’accompt, & en autre manere a la Commone Ley.“ (Rot. Parl. Bd. 2, S. 188). 186 Siehe dazu Levinthal, English Bankruptcy, S. 11. Das erste Gesetz, dass auch in seinem Titel explizit von Bankrott handelt, ist 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) – „An Acte againste suche persones as doo make Bankrupte“. 187 Graham, Landmarks, S. 99, zitiert dieses Gesetz als aus dem Jahre 1351 stammend. Wie er zu diesem Datum kommt, ist nicht nachzuvollziehen. Réville, S. 31, spricht unter Verweis auf Rot. Parl. Bd. 2, S. 369 von einer „pétition au Parlement, en 1376“, die „l’attention bienveillante du roi“ auf diesen Missbrauch lenkte. Bei dem in Rot. Parl. Bd. 2, S. 369 abgedruckten Vorgang handelt es sich jedoch genau genommen um die Wiedergabe der königlichen Zustimmung zum vom House of Commons eingebrachten Gesetzesentwurf, wie aus der königlichen Antwort „ Le Roy voet“ ersichtlich ist.

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C. Rechtsentwicklungen in England

Die Originalfassung auf law-French lautet: ITEM, par ceo que diverses gentz enheritez des diverses tenementz, creanceantz diverses biens en monoie ou en merchandise des plusores gentz de Roialme, donnent lour tenementz & chateux a lour amys par collusion davoir ent les profitz a leur volente, & puis senfuent a la fraunchise de Westminster, ou Seint Martyn le grant en Loundres, ou autres tielx places privilegeez, & illoeqes vivent long temps a grant countenance dautry biens, & des profitz des ditz tenementz & chateux, tanq les ditz creditours seront molt leez de prender une petite parcelle de lour dette & relesser le remanant; ordeigne est & assentuz que tielx douns soient issint faitz par collusion, que les ditz creditours eient execucion des ditz tenementz & chateux, auxi avant come nul tiel doun nent eust este fait.188

Dieses Gesetz zielte auf betrügerische Gläubigerverkürzung ab und stritt gegen „historische Formen eines ‚Haftungsvermeidungstourismus‘“.189 Gerichtet war es gegen Personen, die ins Kirchenasyl (sanctuary)190 flüchteten (senfuent a la fraunchise de Westminster, ou Seint Martyn le grant en Loundres, ou autres tielx places privilegeez) und dort so lange aufhielten (illoeqes vivent long temps), bis ihre Gläubiger klein beigaben und sich mit einer geringen Marge ihrer Forderungen begnügten (tanq les ditz creditours seront molt leez de prender une petite parcelle de lour dette) und den Schuldnern den Rest ihrer Schulden erließen (& relesser le remanant). Ergab es sich später, dass das Vermögen des Schuldners doch größer war, als es sich für die Gläubiger zuvor dargestellt hatte, weil ihr Schuldner Liegenschafts- oder Fahrnissachen an seine Freunde weggeschenkt hatte (donnent lour tenementz & chateux a lour amys), betrügerischerweise aber weiterhin aus diesen Gewinne zog (par collusion davoir ent les profitz a leur volente) und mit diesen sein Leben im Kirchenasyl finanzierte (illoeqes vivent […] a grant countenance dautry biens, & des profitz des ditz tenementz & chateux), so wird kraft dieses Gesetzes angeordnet, dass, wenn sich herausstellt, dass dies kollusiv, also mit beiderseitigem Wissen und Willen, geschah (que tielx douns soient issint faitz par collusion), die Gläubiger in die verschenkten Sachen vollstrecken können (les ditz creditours eient execucion des ditz tenementz & chateux) und ihnen gegenüber die 188 50 Edw. III. c. 6, in: Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 396. Die Übersetzung ins Englische in den Statutes of the Realm lautet: „ITEM, Because that divers People [inherit] of divers Tenements, borrowing divers Goods in Money or in Merchandise of divers People of this Realm, do give their Tenements and Chattels to their Friends, by collusion thereof to have the Profits at their Will, and after doo flee to the Franchise of Westminster, of St. Martin le Grand of London, or other such privileged Places, and there do live a great Time with an high Countenance of another Man’s Goods and Profits of the said tenements and Chattels, till the said Creditors shall be bound to take a small Parcel of their Debt, and release the Remnant; It is ordained and assented, That if it be found that such Gifts be so made by Collusion, that the said Creditors shall have Execution of the said Tenements and Chattels, as if no such Gift had been made“. 189 So Thole, Gläubigerschutz, S. 104, bezogen auf 13 Eliz. I. c. 5 (1571). 190 Zum Kirchenasyl in England vgl. etwa Helmholz, „ius commune“ in England, S. 16 ff., Jones, Relations, S. 192 ff. und Sanctuary, S. 19 ff., Baker, Sanctuary, S. 8 ff., Cox, passim, Kaufman, S. 465 ff., McSheffrey, S. 483 ff., Thornley, S. 182 ff. oder Thomson, S. 327 ff.; weitere Literaturhinweise finden sich bei Helmholz, „ius commune“ in England, S. 21 f.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Schenkungen als ex tunc nichtig angesehen werden (auxi avant come nul tiel doun nent eust este fait). Aufsehenerregend bezüglich der Frage, ob sich ein Schuldner im Kirchenasyl verbergen dürfe, war ein Fall aus dem Jahre 1378, dem ersten Regierungsjahr Richard II., des Nachfolgers Edward III.191 Ein gewisser Robert de Haulay (Hawle) war zusammen mit seinem Komplizen, Shakyl (Shackle) wegen Geiselnahme im Tower of London eingesperrt; beide konnten jedoch entkommen und nahmen Zuflucht im Kirchenasyl der Westminster Abbey.192 Am 11. August 1378 stürmten Bewaffnete während des Hochamts die Abtei und töteten Hauley sowie einen Knecht der Abtei in der Kirche.193 Dies warf die Frage auf, inwieweit dies die rechtmäßige Tötung eines flüchtigen Gefangenen oder die rechtswidrige Tötung einer sich im Kirchenasyl befindlichen Person darstellte. Die Kirche, vertreten durch den Erzbischof von Canterbury, plädierte selbstverständlich auf letzteres und berief sich dabei auf alte Privilegien der Kirche.194 Für den König argumentierten auf der anderen Seite „certains Docteurs en Theologie de Canoun & de Civil “, „que en l’Esglise d’Engleterre ne soloit ne ne doit nully avoir Immunite pur dette, trespas, ne pur autre cause quelconque, sinoun pur cryme tant soulement “.195 Nach der Ansicht der vom König konsultierten, im römischen und im kanonischen Recht ausgebildeten Theologen galt die Immunität auf Kirchengelände demnach nicht, wenn der Asylsuchende sich wegen seiner Schulden („dette“) verbergen wollte, sondern nur, wenn er sich aufgrund eines Verbrechen („cryme“) verstecken wollte.196 Der König folgte dieser Meinung überwiegend, nahm aber solche Schuldner, die unverschuldet, etwa aufgrund von Schiffbruch, Feuer oder Raub („ par fortune de la 191 Vgl. zu diesem Fall Cadwallader, S. 238 f., Cox, S. 51 f., Stanley, S. 392 ff., Thornley, S. 186 und Rot. Parl. Bd. 3, S. 37. 192 Cadwallader, S. 238 f., Cox, S. 51, Stanley, S. 392 ff. 193 Rot. Parl. Bd. 3, S. 37, l. Sp.: „Robert de Haulay, Esquier, & une autre persone que estoit propre famuler & servant de mesme l’Esglise, si feurent moelt dispitousement & horriblement tuez en mesme l’Esglise a grant multitude des Gentz armez, a l’heure quant le Prestre y estoit chantant la haute messe“. 194 Rot. Parl. Bd. 3, S. 37, l. Sp.: „la Regalie notre Signeur le Roi, & des droitures de sa Coroune, & des ancienes Loyes de sa Terre“. 195 Rot. Parl. Bd. 3, S. 37, l. Sp. Vgl. ferner Helmholz, „ius commune“ and Sanctuary, S. 587. 196 In diesem Sinne auch Helmholz, „ius commune“ and Sanctuary, S. 587: „Indebtedness was not a crime at all, and certainly not one for which a debtor necessarily stood in danger of losing life or limb. Even in sanctuary, a debtor’s property was subject to the claims of his creditors under the canon law. It was only his body that was protected by the church’s immunity, and his body was not ordinarily threatened by the existence of creditors, even insistent creditors. Hence, it seemed, there should have been no reason under the ius commune to allow debtors to claim a privilege to take sanctuary in a church“ und Thornley, S. 186: „there neither was nor ought to be any immunity in cases of debt or trespass where life and limb were not endangered“. Ebenso Glenn, Sanctuary, S. 505 f.

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meer, ou par fu, robberie“), in den Zustand der Zahlungsunfähigkeit geraten waren, die aber jedenfalls ohne böse Absicht gegenüber ihren Gläubigern agiert hatten („sanz fraude ou collusion“), vom Verbot des Kirchenasyls aus und räumte diesen explizit die Möglichkeit ein, sich vom Kirchenasyl aus um eine Übereinkunft mit ihren Gläubigern zu bemühen („q’ils puissent en le moyen temps estre relevez assez [a faire] agree a ceux asquelx ils sont debtours“).197 Die Ausnahmeregelung bei Zahlungsunfähigkeit infolge von Schiffbruch, Feuer oder Raub steht dabei in Einklang mit der kontinentalen Rechtstradition.198 Dass sich das dadurch statuierte königliche Verbot der Zufluchtnahme im Schoße der Kirche für ihren Gläubigern gegenüber betrügerische Schuldner in der Praxis nicht durchsetzen konnte, zeigt die Erforderlichkeit weiterer gesetzgeberischer Maßnahmen, wie sie bereits ein Jahr nach Haulays Tod getroffen werden mussten. (2) 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) Ebenso befasst sich 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) mit dem Problem, dass ein Schuldner sich dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen sucht.199 Auf law-French heißt es ebendort: ITEM en cas de dette, ou les Dettours font douns & feoffementz feintz de lour terres & biens a lours amys & autres, et puis se retreient, & fuont as lieux de seint esglise privilegez, & illeoqes se tiegnent longement & preignont les profitz de lours ditz terres & biens issint donez par fraude & collusion, pourront lour creanceours ont este longement & encore sont delaiez de lour dettes & recovrir a tort & encontre bone foy & reson; ordeignez est & etabli 197 Rot. Parl. Bd. 3, S. 51: „Mes nientmeins, pour especial affection que notre dit Seigneur le Roi ad au dit lieu de Westminster plus que a aucun autre lieu de son Roiaume, & nomeement pour reverence du noble corps Sein Edward, & des autres grandz Reliqes que y sont, & pour cause des nobles pregenitours de notre dit Seigneur le Roi que reposent illoeques, est la volentee & entente de notre dit Seigneur le Roi, par l’advis dessus dit, que ceux qi par fortune de la meer, ou par fu, robberie, ou autre meschief, sanz fraude ou collusion, serront ensi empoveriz q’ils ne puissent paier ce q’ils doyvent, & volront pour tiel meschief entrer en le dit lieu de Westminster pour eschuire l’emprisonement de leur corps, puissent & soient foeffertz en tiel cas demorer fauvement & franchement en dit lieu, & y avoir Immunytee de lour persones, a celle entente q’ils puissent en le moyen temps estre relevez assez [a faire] agree a ceux asquelx ils sont debtours“. Vgl. dazu auch Cadwallader, S. 240. 198 Schon in C.Th. 4, 20, 1 wird festgesetzt, dass ein Schuldner im Rahmen der cessio bonorum privilegiert ist, wenn er sein Vermögen aufgrund von höherer Gewalt, insbesondere durch Raub, Schiffbruch oder Feuer, verloren hat („aut latrociniis abrogatam aut fortasse naufragiis incendioque conflatam vel quolibet maioris impetus infortunio atque dispendio […] afflictam“). In den Codex Justinians wurde diese Regelung freilich nicht aufgenommen. Vgl. dazu und zu ähnlichen Stellen ausführlich Forster, Konkurs als Verfahren, S. 97 ff., insb. 100 f., sowie Woeß, S. 505 ff. Eine ähnliche Ausnahme existierte später etwa auch in den Ordonnanzen von Antwerpen vom 21. Januar 1516, vgl. De Ruysscher, Insolvency in Antwerp, S. 314: „The last paragraph of the 1516 ordinance states that ‚fugitives‘ who had gone bankrupt because of unfortunate events such as fire, robbery or shipwreck were excluded from criminal prosecution“. 199 Allgemein hierzu Réville, S. 31 f. oder Treiman, Escaping the Creditor, S. 235 f.

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que apres ceo que les ditz creanceours ent eient portez lour briefs de dette & sur ceo capias agardez le Viscount face son retorn qil nad my pris les dictes persones a cause des tieux lieux privilegez en quelles ils sont ou seront entrez, adonqes apres tiel retourn fait soit [autre] brief grantez & fait al viscont; en quel brief soit compris que proclamacion se face overtement a la port del lieu issint privilegez ou tielles persones sont entrez, pour cynk semaignes continueles chescun semaigne un foiz, que meisme la persone soit au certein jour compris en mesme le brief devant les Justices le Roi pour y respondre au pleintif de sa demande & celle brief retournez par le Viscont que proclamacion est faite en la dite forme, & les dictes persones appellez ne veignent my, en propre person ne par attourne, soit jugement renduz envers eux sur le principal pour lour defaute & hors dycell jugement, soit execucion faite de lours terres & biens esteantz hors del lieu issint privilegez sion cestassavoir de ceux terres & biens issint donez par collusion, come dautres quelconques par dehors mesme la Franchise apres ce que tielle collusion ou fraude soit duement trovez; en mesme la manere come ceo deust avoir este fait si null dimise ent eust este fait, niencontresteant mesme la dimise. Mais nest my lentencion du Roi que par vertu de cest estatut nully soit forsclos de sa suitee envers tiuex dettours par coe cours de loy devant cest present estatut usez.200

Weigerte sich ein Schuldner, vor Gericht zu erscheinen, wenn seine Gläubiger vermittels writs of debt (briefs de dette)201 gegen ihn vorgingen, so hatten diese 200 2 Ric. II., s. 2., c. 3, in: Statutes of the Realm, Bd. 2, S. 12. In den Statutes of the Realm wird als englische Übersetzung angegeben: „ITEM, In case of Debt, where the Debtors make feigned Gifts and Feoffments of their Goods and Lands to their Friends and other, and after withdraw themselves and flee into Places of Holy Church privileged, and there hold them a long Time, and take the Profit of their said Lands and Goods so given by Fraud and Collusion, whereby their Creditors have been long and yet be delayed of their Debts and Recovery; wrongfully and against good Faith and Reason: It is ordained and established, that after that the said Creditors have thereof brought their Writs of Debt, and thereupon a Capias awarded, and the Sheriff shall make his return, that he hath not taken the said Persons, because of such Places privileged, in which they be or shall be entered, then after such Return made, another Writ shall be granted and made to the Sheriff, in which Writ shall be comprised, that Proclamation be made openly at the Gate of the Place so privileged, where such Persons be entered, by Five Weeks continually, every Week once, that the same Person be at a certain Day comprised in the same writ, before the King’s justices, there to answer to the Plaintiff of his demand: And upon this Writ, returned by the said Sheriff, that the Proclamation is made in the said Form, if the said Person called come not in proper Person nor by Attorney, Judgment shall be given against them upon the Principal for their Default: And out of the same Judgement Execution shall be made of their Goods and Lands, being out of the Place privileged, as well, that is to say, of those Lands and Goods so given by Collusion, as of any other out of the same Franchise, after that such Collusion or Fraud be duly found, in the same Manner as that ought to have been, if no [Devise] had been thereof made, notwithstanding the same [Devise.] But it is not the King’s Mind, that by virtue of this Statute any Man be barred of his Suit against such Debtors by the common Course of the Law, before the present Statute used“. 201 Die Blankettformel des writ of debt lautete: „ Rex vicecomiti salutem. Praecipe X. quod iuste et sine dilatione reddat A. centum libras quas ei debet et iniuste detinet, ut dicit. Et nisi fecerit et praedictus A. fecerit te securum de clamore suo prosequendo tunc summone eum per bonos summonitores quod sit coram iusticiariis nostris apud Westmonasterium tali die ostensurus quare non fecerit. Et habeas ibi summonitores et hoc breve…“. Zitiert nach Peter, S. 24. Frei übersetzt: „Der König grüßt den Sheriff. Befiehl X., dass er rechtens und

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grundsätzlich die Möglichkeit, einen writ of capias ad respondendum202 zu beantragen und damit das Aufgreifen sowie die zwangsweise Vorführung ihres Schuldners zu erlangen.203 Dieser Untersuchungshaft versuchten sich gerissene Schuldner dadurch zu entziehen, dass sie Schutz im Kirchenasyl suchten (se retreient, & fuont as lieux de seint esglise privilegez). Dies geschah mit dem Hintergedanken, dass Kirchen als heilige Orte nicht durch Gewalt entweiht werden durften, was in der Praxis dazu führte, dass Delinquenten in kirchlichen Gebäuden Zuflucht suchen konnten und dann dort vor Verfolgung sicher waren.204 Somit waren Orte des Kirchenasyls gleichsam „the most dangerous means of evasion by debtor“.205 Berühmte Kirchen, in denen so Zuflucht vor juristischer Verfolgung gesucht wurde, waren etwa Westminster Abbey, Durham Cathedral, Beverley Minster oder Beaulieu Abbey.206 Die Orte, an denen Kirchenasyl gesucht wurde, waren teils von nicht zu unterschätzender Größe – so soll etwa das „sanctuary“ in Westminster so groß wie ein ganzes Stadtviertel gewesen sein, in dem sich Flüchtige aller Art, vom Mörder bis zum insolventen Schuldner, versteckt hielten.207 ohne Verzug dem A. 100 Pfund zurückgibt, die er ihm schuldet und ohne Rechtsgrund zurückhält, wie [der Kläger] sagt. Und wenn er dies nicht tut – und vorgenannter A. dir Sicherheit stellt für seine zu verfolgende Klage –, dann lade ihn durch gute Gerichtsboten, dass er vor Unseren Richtern in Westminster an einem bestimmten Tage darlegen möge, warum er dies nicht tat. Und habe da Gerichtsboten und diesen writ“. 202 Die Blankettformel des writ of capias ad respondendum lautete: „Rex vicecomiti W. salutem. Praecipimus tibi quod capias A. si inventus fuerit in balliva tua et eum salvo custodias ita quod habeas corpus ejus coram justiciariis nostris apud Westmonasterium in Octabis Sanctae Trinitatis ad respondendum B. de placito quare vi et armis clausum et domum ipsius B. fregit et alia enormia et intulit ad damnum ipsius B. quinquaginta librarum, ut dicit. Et habeas tunc ibi hoc breve. Teste etc.“ Zitiert nach Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 548. Frei übersetzt etwa: „Der König grüßt den Sheriff von W. Wir ordnen an, dass du A. in deinem Gewahrsam festhältst, wenn er aufgefunden wird, und ihn sicher so bewachst, dass du seinen Körper vor Unsere Richter in Westminster in der Woche der Heiligen Dreifaltigkeit bringst, damit er B. bezüglich des Prozesses antwortet, warum er mit Gewalt und Waffen in Haus und Hof dieses B. einbrach und andere, nicht regelgerechte [Dinge tat] zum Schaden dieses B. in Höhe von 50 Pfund, wie [der Kläger] sagt. Und habe daher da diesen writ. Bezeugt von etc“. 203 Vgl. dazu Holdsworth, History, Bd. 8, S. 231. 204 So Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 512. 205 Levinthal, English Bankruptcy, S. 10. 206 Siehe Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 513 und Levinthal, English Bankruptcy, S. 10. Weitere Orte sind aufgezählt bei Cooke, S. 67. 207 Réville, S. 37: „Il y avait, à la vérité, de bien nombreux refuges, et par-dessus tout de trop spacieux, comme celui de Westminster, grand comme un quartier de ville, comme ceux de White-Friars, de Savoy, de Salisbury Court, de Wapping Stepney, véritables cours des miracles, repaires de tous les vagabonds, oú la justice du roi n’osait guère s’aventurer, où se cachaient à l’aise les coupables de toute catégorie, depuis l’assassin de haut style jusqu’au débiteur insolvable“. Dem folgend auch Treiman, Escaping the Creditor, S. 235. Rosser, S. 220 mit Fn. 234, berichtet von einer im Public Roll Office überlieferten Auflistung der Personen, die sich im Jahre 1532 im Kirchenasyl in Westminster Abbey befanden

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In diesem Fall kam das zitierte Gesetz Richard II. zum Tragen. Es wurde ein neuer writ geschaffen (soit [autre] brief grantez & fait al viscont), der vorschrieb, dass die Anordnung, der Schuldner habe an einem bestimmten Tag vor Gericht zu erscheinen, an der jeweiligen Kirchentür angeschlagen werden solle (en quel brief soit compris que proclamacion se face overtement a la port del lieu issint privilegez ou tielles persones sont entrez, pour cynk semaignes continueles chescun semaigne un foiz, que meisme la persone soit au certein jour compris en mesme le brief devant les Justices le Roi pour y respondre au pleintif de sa demande). Kam der Schuldner auch dieser Aufforderung nicht nach (les dictes persones appellez ne veignent my, en propre person ne par attourne), so erging gegen ihn eine Art Versäumnisurteil (soit jugement renduz envers eux sur le principal par lour defaute), das in sein gesamtes Vermögen, sowohl in Fahrnis als in Liegenschaften, vollstreckt werden konnte (hors dycell jugement, soit execucion faite de lours terres & biens). Für die zu behandelnde Fragestellung von besonderer Bedeutung ist dabei, dass, wenn der Schuldner, bevor er sich ins Kirchenasyl flüchtete, betrügerischerweise Vermögensgegenstände etwa an Freunde verschenkte (ou les Dettours font douns & feoffementz feintz de lour terres & biens a lours amys & autres), um sich aus deren Erträgen seine Zeit im Asyl zu finanzieren (preignont les profitz de lours ditz terres & biens issint donez par fraude & collusion), auch in diese betrügerisch veräußerten Vermögensgegenstände vollstreckt werden konnte und die betrügerischen Veräußerungen im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens als nichtig angesehen wurden (sion cestassavoir de ceux terres & biens issint donez par collusion, come dautres quelconques par dehors mesme la Franchise apres ce que tielle collusion ou fraude soit duement trovez; en mesme la manere come ceo deust avoir este fait si null dimise ent eust este fait, niencontresteant mesme la dimise). (3) 3 Hen. VII. c. 4 (1487) Bestätigt208 wurde diese Gesetzgebung ein Jahrhundert später durch 3 Hen. VII. c. 4. Dieses Gesetz Henry VII. lautet: ITEM que come sovent foitz de done dez biens & chatiaux soient faitz, a lentent pur defrauder lour creditourz de lour dueties, & cell persone ou personz que ou quels fet ou fount le dit feet de done fue ou fuent a seintuarie ou autres lieus privileges, & occupiont ou vivont ovesq lez ditz bienz & chateux, lour creditours esteantz nient paies: Il est ordeigne enacte & establie de lassent & auctorite suisdictes, que toutz feetz de done dez bienz & chatieux faitz ou affairs de confiance, all oeps de cell persone ou persones que ou quels feet ou fount mesme le feet del done, soiet voidez & de null effecte.209 (PRO, SP 1 / 70, S. 151 f.); allein in dem beschädigten und daher wohl unvollständigen Dokument seien 49 Namen aufgeführt, darununter etliche geflüchtete Schuldner („debtors“). Zur räumlichen Dimension des „sanctuary“ in St. Martin le Grand in London vgl. die sehr anschauliche Darstellung bei McSheffrey, S. 483 ff., insb. S. 489 ff. 208 Levinthal, English Bankruptcy, S. 13, Fn. 49, sieht 3 Hen. VII. c. 4 als deklaratorisch zu 2 Rich. II. stat. 2, c. 3 an und begründet dies mit der Verwendung des Wortes „establie“.

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Nach diesem Gesetz sind alle Geschenke von beweglichen Sachen (done dez biens & chatiaux), die der Schenker tätigte, um seine Gläubiger zu betrügen (a lentent pur defrauder lour creditourz de lour dueties), sich dann an einem Platz, an dem er vor der Verfolgung durch seine Gläubiger sicher war (a seintuarie ou autres lieus privileges), vor ihnen verbarg, und dort von ebendiesen verschenkten Sachen lebte (occupiont ou vivont ovesq lez ditz bienz & chateux), während die hintergangenen Gläubiger mit leeren Händen dastanden (lour creditours esteantz nient paies), null und nichtig (voidez & de null effecte). Diese Praxis, dass zahlungsunwillige Schuldner sich ins Kirchenasyl flüchteten, wurde von kirchlicher Seite im selben Jahr 1487 von höchster Stelle verurteilt. Als Papst Innozenz VIII. Kenntnis von der Tatsache erlangte, dass diese Praxis in England eingerissen sei,210 erließ er eine Bulle, in der er verlangte, quodque debitoribus aliorum ad dicta loca confugientibus, si hoc in fraudem fecerint creditorum, quoad bona eorum, immunitas hujuscemodi eis in aliquo non suffragetur.211 dass Schuldnern anderer Leute, die zu den genannten Orten flüchten, wenn sie dies unter Betrug ihrer Gläubiger getan haben, hinsichtlich ihres Vermögens keine wie auch immer geartete Immunität zugute kommen soll.

Nach dieser päpstlichen Bulle war also auch ein Zugriff auf das Vermögen des ins Kirchenasyl geflüchteten Schuldners möglich. In seiner Biographie über Henry VII. fasst Francis Bacon dies treffend zusammen: „howsoever the Person of the Sanctuarie-man was protected from his Creditors, yet his Goods out of Sanctuarie should not“.212 Besonders ins Auge fällt in der Bulle Innozenz’ VIII. die aus zahlreichen Fragmenten des Titels D. 42, 8 geläufige Formulierung „in fraudem creditorum“. 209 3 Hen. VII. c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 2, S. 513. Die englische Version hiervon in den Statutes of the Realm lautet: „An Acte agaynst fraudulent deedes of gyft: [PRAYEN the Comens in this present parliament assembled] that where [oftymes] dedes of gyfte of goodes and catall be made, to thentent to defraude ther creditours of their duties, and that persone or persones that maketh the seid dede of gyfte [goth] to seyntwarie or other places privyleged, and occupieth and levith with the seid goodis and catalles, theire creditours beyng unpayed, [That yt be] ordyned enacted and establisshed by thassent of the lordes spirituall and temporall [in this present] parlement assemblid and by auctorite of the same, that all dedes of gyfte of goodes and catalles, made or to be made of trust to those of that persone or persones that made the same dede of gyfte, be voide and of non effecte“. 210 Vgl. Wilkins, Bd. 3, S. 621 f.: „sicut accepimus, in Angliae regno nonnulla ecclesiastica, tam secularia quam religiosa loca fore noscuntur, quae tali gaudent immunitate“. Zurückgefürt wird die Überlieferung dort „ex reg. Morton fo. 6. a.“, also auf das Register von John Morton, Erzbischon von Canterbury 1486 – 1500. Bei Cherubini, Magnum Bullarium Romanum, Bd. 1, findet sich diese Bulle nicht auf den zeitlich einschlägigen Seiten 453 – 458, ebenso wenig wie bei Cocquelines, Bullarum Collectio, Bd. 3,3, auf S. 209 – 218. Zum (vorausgegangenen?) Schriftverkehr zwischen Henry VII. und Innozenz VIII. siehe Kaufman, S. 473 f. 211 Zitiert nach Wilkins, Bd. 3, S. 622. 212 Bacon, Henry VII., S. 39. Vgl. auch Glenn, Sanctuary, S. 511.

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Gesetze gegen Kirchenasyl blieben trotz der Bekräftigung und Klarstellung durch 3 Hen. VII. c. 4 weiterhin in der Diskussion.213 Im Februar 1558 wurde im House of Commons eine „Bill touching Sanctuaries“ bzw. „Bill, what Churches shall be reputed for Sanctuaries“ diskutiert.214 Der Abt von Westminster wurde geladen und brachte zugunsten des Kirchenasyls verschiedene königliche Garantien vor, um deren Fortführung er das Parlament bat.215 In der laufenden Legislaturperiode geschah dies allerdings nicht mehr. Am 8. April 1563 wurde eine „Bill, that Sanctuary shall not be allowable for Debt“ vom House of Commons beschlossen.216 Im House of Lords ging diese zwar ein, wurde allerdings weder diskutiert noch beschlossen.217 Auch das Parlament von 1566 beschäftigte sich mit der Problematik. Der Entwurf einer „Bill, how Sanctuary Persons shall be compellable for Payment of their Debts“ wurde ins House of Commons eingebracht.218 Nach Protesten, vor allem durch den Dekan der betroffenen Abtei von Westminster,219 wurde der Gesetzesentwurf jedoch letztlich am 4. Dezember 1566 mit knapper Mehrheit abgelehnt.220 Eine Abschaffung des Instituts des Kirchenasyls als solches wurde von staatlicher Seite erst deutlich später, unter König James I., durchgesetzt.221 21 Jac. 1. c. 28 (1623-4) bestärkte alle vorherigen Gesetze, die das Kirchenasyl beschränkten, und verbot jegliches zukünftiges Kirchenasyl.222 Dass auch dieses Gesetz zumindest kei213 Eine knappe Darstellung findet sich etwa bei Cox, S. 319 ff. oder bei Cadwallader, S. 249 ff. 214 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 48 und 49. 215 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 49: „The Lord Abbot of Westminster came into this House, and brought divers Patents of old Kings for Grants of Sanctuary; and required this House to consider for the Continuance of the same“. 216 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 67 und 72. 217 Der Eingang bei den Lords ist erwähnt im Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 617. 218 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 73. Siehe auch Kaufman, S. 467. 219 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 74: „Mr. Dean of Westminster, making his Oration for the Sanctuary, alleged divers Grants by King Lucius, and other Christian Kings; and Mr. Plouden, of his Councel, alleged the Grant for Sanctuary there, by King Edward, Five hundred Years past, (viz.) dated 1066, with great Reasons in Law, and Chronicles. Mr. Forde, a Civilian, also alleged divers Stories and Laws for the same. The Bill committed to the Master of the Rolls, &c. to peruse the Grants, and to certify the Force of the Law now for Sanctuaries“. 220 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 79: „The Bill to take away Sanctuary for Debt. – Vacat per Divisionem; with the Bill, 60; against, 77“. 221 Siehe auch Cooke, S. 67 oder Baker, Sanctuary, S. 13. 222 21 Jac. I. c. 28, in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1237: „And be it further enacted by the authoritie aforesaid, That all Statutes heretofore made that take away Sanctuary for any Offence, shall for soe much as concerneth the taking away of Sanctuary be revived, and shalbe and stand in force and power. […] And be it alsoe enacted by the autoritie of this present Parliament, That no Sanctuarie or Priviledge of Sanctuary shalbe hereafter admitted or allowed in any case“.

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nen durchschlagenden Erfolg hatte, wird daraus deutlich, dass König William III. 1696-7 „An act for the more effectual relief of Creditors in Cases of Escapes & for preventing Abuses in Prisons and pretended privileged Places“223 erlassen musste, welcher das Übel allerdings auch nicht völlig eindämmen konnte.224 (4) Zwischenergebnis Nach diesen Gesetzen kann also auf Vermögensgegenstände zugegriffen werden, die der Schuldner seinen Gläubigern gegenüber betrügerisch veräußert hat. Objektive Voraussetzung des in den zitierten Gesetzen gewährten Rechtsmittels ist jeweils, dass sich ein Schuldner im Kirchenasyl verbirgt; gegen einen zahlungsunwilligen Schuldner, der nicht in einem „sanctuary“ Zuflucht sucht, sind die Gesetze dagegen nicht einschlägig.225 Weiterhin ist objektiv vorausgesetzt, dass Vermögensgegenstände vom Schuldner an andere Personen weggegeben werden mit der Folge, dass seine Gläubiger nur noch in ein Weniger an Vermögen vollstrecken und ihre Forderungen daraus nicht vollständig befriedigen können. Der Schuldner muss seine Aktiva betrügerisch vermindert haben und dieser Betrug muss negative Auswirkungen für seine Gläubiger bezüglich der Begleichung ihrer Außenstände haben. Subjektiv erforderlich ist nach den ersten beiden zitierten Gesetzen, dass die betrügerische Veräußerung kollusiv geschah, dass also beide Parteien um den objektiven Tatbestand wussten und dessen Verwirklichung auch beide wollten. Das Gesetz Henry VII. nennt zwar ein subjektives Erfordernis nur für den Schuldner; dieser muss die Absicht haben, seine Gläubiger zu betrügen (a lentent pur defrauder lour creditourz de lour dueties). Vorsatz oder Wissen seitens des Dritten wird nicht explizit verlangt, jedoch wird die Person des Dritten in diesem Gesetz auch nicht genannt. Freilich setzt ein Ausnutzen der veräußerten Sachen durch den Schuldner (vivont ovesq lez ditz bienz & chateux) voraus, dass dies zumindest mit Wissen der Person geschieht, auf die diese Sachen übertragen wurden. Rechtsfolge der genannten Gesetze ist, dass die betrügerische Veräußerung nichtig ist (vgl. 3 Hen. VII. c. 4: voidez & de null effecte) und die Gläubiger des Schuldners in die betrügerisch veräußerten Sachen vollstrecken können (vgl. 50 Edw. III. c. 6: que les ditz creditours eient execucion des ditz tenementz & chateux, auxi avant come nul tiel doun nent eust este fait). Dies ist sowohl möglich, wenn sich die Sachen bei dem Dritten befinden, an den der Schuldner diese veräußert hat, 8 & 9 Gul. III. c. 27, in: Statutes of the Realm, Bd. 7, S. 271 ff. Cooke, S. 68 f. 225 Vgl. dazu auch Roberts, S. 13, Fn. (c): „The stat. 50 Ed. 3. c. 6 extended only to the case of persons who, to defraud their creditors of all remedy, conveyed their property in trust, and then eluded execution against their persons by flying to sanctuaries and privileged places; but it seems, that where their persons remained exposed to execution, such sale or assignment was not fraudulent within that act“. 223 224

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als auch, wenn der Schuldner selbst diese nutzt bzw. im Kirchenasyl von ihren Erträgen lebt.226 Levinthal merkt zu den genannten Gesetzen an, dass diese nur greifen, wenn der Schuldner betrügerisch Vermögen veräußert, um selbst davon zu profitieren, nicht aber dann, wenn er einzelne Gläubiger, die bereits Forderungen gegen ihn haben, gleichsam durch deren Erfüllung bevorteilte.227 Dieser Tatbestand steht im heutigen englischen und amerikanischen Recht als „fraudulent preference“ Seite an Seite mit der „fraudulent conveyance“.228 Beachtenswert ist ferner, dass das beschriebene Rechtsmittel nicht auf ein Insolvenzverfahren aufbaute.229 Sein Ergebnis kam nur dem Gläubiger, der die betrügerischen Veräußerungen angriff, zu Gute; eine anteilsmäßige Verteilung des Schuldnervermögens auf alle sich einem gemeinsamen Verfahren anschließenden Gläubiger gab es noch nicht. Somit musste jeder Gläubiger einzeln seine Forderungen sowie eventuell ihm gegenüber unwirksame Rechtsakte gegen den Schuldner geltend machen, solange beim Schuldner noch „etwas zu holen“ war;230 eine pari passuVerteilung des gesamten Schuldnervermögens auf alle Gläubiger existierte noch nicht.231 226 Der Fall, dass der flüchtige Schuldner die weggegebenen Sachen im Kirchenasyl nutzt, klingt an in 3 Hen. VII. c. 4: „occupiont ou vivont ovesq lez ditz bienz & chateux“. Zudem wird dort der Fall genannt, dass der Dritte die Sache bloß träuhänderisch für den Schuldner und zu dessen Gunsten bewahrt: „affairs de confiance, all oeps de cell persone ou persones que ou quels feet ou fount mesme le feet del done“. Dass der flüchtige Schuldner Sachen veräußert, um auch im Kirchenasyl von ihnen zu profitieren, wird bereits aus 50 Edw. III. c. 6 deutlich: „donnent lour tenementz & chateux a lour amys par collusion davoir ent les profitz a leur volente, & puis […] vivent long temps a grant countenance dautry biens, & des profitz des ditz tenementz & chateux“. Auch 2 Rich. II. stat. 2, c. 3 erwähnt, dass der veräußernde Schuldner weiter Profit aus den Sachen zieht: „ preignont les profitz de lours ditz terres & biens issint donez par fraude & collusion“. 227 Levinthal, English Bankruptcy, S. 13. 228 Vgl. nur Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 2 ff., insb. S. 6, „§ 4: The Preference as a Subject for treatment Along with the Fraudulent Conveyance“: „the preference and the fraudulent conveyance constitute a broad field of bankruptcy law; and, while it is necessary to distinguish between the two, yet they readily submit to treatment in the same book“. Im englischen Recht ist die enge Verknüpfung dieser beiden Figuren erstmals in 13 Eliz. I. c. 5 (1571) zu beobachten, vgl. Goode, S. 6: „This Elizabethan statute was later held by Lord Mansfield effective to avoid not only fraudulent conveyances but also fraudulent preferences“. Goode verweist bezüglich seiner Aussage zu Lord Mansfield auf den Fall Alderson v. Temple (1768) 98 E.R. 165 vom 10. Juni 1768. 229 Vgl. Finch, S. 10: „Early common law offered no collective procedure for administering an insolvent’s estate but a creditor could seize either the body of a debtor or his effects – but not both. Creditors, moreover, had to act individually, there being no machinery for sharing expenses“. Ebenso Helmholz, Oxford History of the Laws of England, S. 411: „before the Tudor period, no common law procedure existed to deal with bankruptcy“. Die „Tudor period“ wird ebendort in Fn. 10 präzisiert auf 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) sowie 13 Eliz. I. c. 5 und 7 (1571). 230 Vgl. hierzu Levinthal, English Bankruptcy, S. 13.

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cc) 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) Der Missstand, dass es jedem einzelnen Gläubiger überlassen war, seine Forderungen gegen den insolventen Schuldner durchzusetzen, und somit anders als auf dem europäischen Festland keine Rechtsgrundlage für eine zwar nur anteilige, dafür aber gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger bestand, war auch in England bekannt.232 So beschwerte sich etwa der Londoner Kaufmann Henry Brinklow233 unter seinem Pseudonym Roderyck Mors über diesen Zustand und regte eine für alle Beteiligten gerechtere Lösung nach kontinentalem Vorbild an: Another thing very nedefull to be loked upon, is this, that whan any marchant or other, by losse of goodes, by fortune of the see, evel servants, evyl detters, by fyre, ur other wyse, come to an after deale, and not able to pay his credyte at his due tyme, but by force of povertye is constrayned to demand longar tyme, then ye have a parcyal lawe in making of tachmentys, first come, first servyd: so one or ij shalbe all payed, and the rest shal have nothyng. And comonly ever the rych shal have the foredeale therof by this tachement, to the great damage and oppressyon of the pore. For lyghtly the rich have the first knouledge of soch things. Wherfor in that case, it were a godly way to make it in Ingland, as it is in dyverse contryes, whan any such chance falleth, that than the most in nomber of the credytors, and most in somme, shal bynde the rest to doo and gyve lyke tyme, as doo the most of the credytors. And if it be duly found, that the man be so farre at after deale, that he be not able to pay his whole credite in reasonable tyme, that than the lawe may bynd them, that every man may have pound and pound alyke, as farre as his goodya will goo, leavyng him some what, as the lawe shal thynk good. And this lawe shal be both neyborly and godly.234 Eine andere betrachtenswerte Sache ist, dass, wenn irgendein Kaufmann oder sonstiger durch Verlust seines Vermögens, durch Seenot, böswillige Diener oder Schuldner, durch Feuer oder sonstwie zu einem Nachteil kommt und nicht in der Lage ist, seine Schulden bei Fälligkeit zu bezahlen, sondern durch Armut dazu gezwungen wird, mehr Zeit zu fordern, man dann ein einzelnes Recht hat, die Pfändung zu betreiben, wer zuerst kommt, wird zuerst bedient: so werden ein oder zwei voll bezahlt, und der Rest bekommt nichts. Und meistens werden die Reichen den Vorteil aus dieser Pfändung haben, zu großem Schaden und Unterdrückung der Armen. Denn die Reichen haben leicht zuerst das Wissen von solchen Dingen. Weshalb es in diesem Fall gerecht wäre, es in England so zu machen, wie es in verschiedenen Ländern gemacht wird, wenn ein solcher Fall eintritt, dass dann von den 231 Diese wurde im englischen Recht durch das sogleich zu behandelnde Gesetz 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) eingeführt. Siehe etwa Goode, S. 6: „bankruptcy law in the modern sense of an official procedure for the collection and realization of a debtor’s estate for distribution among his creditors generally was first introduced in 1542 by a statute of Henry VIII, which […] directed that the bodies of the offenders and all their assets be taken by the requisite authorities and the assets sold to pay their creditors, a portion, rate and rate alike, according to the quantity of their debts’. Thus was introduced the principle of pari passu distribution, which is still the central principle of distribution of an insolvent’s free estate“. 232 Vgl. Tabb, S. 328: „In short, creditors needed protection from fraudulent and absconding debtors and from each other“. 233 Vgl. zu diesem und seinem Werk etwa Wood, S. 156 ff. 234 Brinklow, Kap. 17 (keine Seitenzählung). Leichter zugänglich findet sich ein Abdruck bei Holdsworth, History, Bd. 8, S. 232.

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Gläubigern die Mehrheit, bezüglich ihrer Anzahl und der Höhe ihrer Forderungen, den Rest bindet, ihm Zeit zu geben, wie es die meisten Gläubiger üblicherweise tun. Und wenn sich dann herausstellt, dass der Mann so weit im Nachteil ist, dass er nicht in der Lage sein wird, seine Schulden in vernünftiger Zeit zurückzuzahlen, dass dann jeder Mann Pfund und Pfund gleich haben soll, so weit sein Vermögen ausreichen soll, wobei ihm so viel übrig bleiben soll, wie das Recht für gut befinden mag. Und dieses Recht wird sowohl nachbarlich als auch gerecht sein.

Diesem Text von Henry Brinklow aus dem Jahre 1542 verdanken wir nicht nur das im Englischen bis heute sprichwörtliche „first come, first served“, sondern auch das Wissen um die Tatsache, dass in England nicht nur die kontinentalen Regelungen zum Insolvenzverfahren bekannt waren, sondern auch der Ruf nach einer entsprechenden Regelung laut wurde. Dieser Ruf sollte binnen eines Jahres erhört werden. (1) Paraphrase Unter König Henry VIII. wurde mit 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3)235 ein Gesetz erlassen, das überwiegend mit Sir Edward Coke als das früheste englische Insolvenzgesetz angesehen wird.236 Bereits der Titel, „An acte againste suche persones as doo make Bankrupte“, zeigt, dass sich dieses im Vergleich zu seinen Vorläufern zudem deutlich längere Gesetz explizit dem Rechtsgebiet der „bankruptcy“ widmet. Der Titel geht wohl bereits auf den ersten Entwurf dieses Gesetzes zurück, der am 25. Januar 1542 im House of Lords seine erste Lesung hatte. In den Protokollen heißt es zu diesem Datum „hodie 1a vice lecta est Billa contra eos qui faciunt Bankrupt, et quo modo eorum Creditoribus satisfiat “.237 235 Bereits im Jahr 1532 war ein thematisch einschlägiger Gesetzesentwurf bis zur zweiten Lesung im House of Commons gediehen, vgl. Elton, Reform, S. 147 mit Quellennachweis. 236 Etwa Cooke, S. 34, Countryman, S. 715, Del Marmol, S. 12, Finch, S. 10, Glenn, Rights, S. 263, Goode, S. 6, Hedley, S. 266, Jones, Bankruptcy, S. 11, Lester, S. 15, Levinthal, English Bankruptcy, S. 1 ff., Pakter, Bankruptcy, S. 485, Tabb, S. 329, Fn. 21, Treiman, Escaping the Creditor, S. 230 oder Kadens, S. 1239. Holdsworth, History, Bd. 1, S. 470, vertritt dagegen die Auffassung, das erste englische Insolvenzgesetz sei erst unter Elizabeth I. entstanden, da das Gesetz Henry VIII. sich eher mit der Vermeidung von Gläubigerbetrug als mit der Etablierung eines Insolvenzrechts beschäftigt habe. Dem streitet entgegen, dass die Gleichbehandlung aller Gläubiger als zentraler Punkt jeglicher Insolvenzgesetzgebung bereits in 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 enthalten ist. Dazu, dass 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 teilweise etwas zu euphorisch betrachtet wird, vgl. Paulus, Entwicklungslinien, S. 243: „Die anglo-amerikanische Literatur tendiert dazu, dieses Gesetz als Beginn jeglicher Insolvenzgesetzgebung zu bezeichnen“ und ebenso Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 328. 237 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 170. Die zweite und dritte Lesung fand am 11. April 1542 statt; an diesem Tag wurde das Gesetz auch vom House of Lords beschlossen (S. 222).

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Es handelt sich um das erste thematisch einschlägige Gesetz, das nicht mehr auf law-French, sondern in englischer Sprache verfasst ist. Von seinen Vorläufern unterscheidet es sich dahingehend, dass es weitschweifig, aufgeblasen, umständlich formuliert und voller Ausnahmetatbestände und salvatorischer Klauseln ist; dies ist typisch für die Gesetzgebung unter den Tudors seit Henry VIII.238 Aufgrund der Weitschweifigkeit von 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 soll auf eine Wiedergabe und Übersetzung des Gesetzes verzichtet werden und nur ein Abriss des Inhalts erfolgen.239 Vorgegangen werden konnte gegen einen Schuldner – dieser wird bezeichnet als „offendour“, also als jemand, der ein Verbrechen begeht240 –, wenn dieser einen sogenannten „act of bankruptcy“ begangen, nämlich sich entweder nach unbekannt abgesetzt („doo sodenlie flee to partes unknowne“) oder in sein Haus zurückgezogen hat („kepe theyre houses“). Gewisse hochrangige Beamte241 wurden ermächtigt,242 auf schriftlichen Antrag eines Betroffenen243 bezüglich Person und Vermögen des Schuldners die ihnen angemessen scheinenden Maßnahmen zu treffen.244 Weiterhin wurden sie befugt, eine Aufstellung über das Vermögen des Betroffenen zu machen245 238 Die Beschreibung bei Levinthal, English Bankruptcy, S. 14, trifft das Gesetz meisterlich: „The statute […] is typical of the legislation of Henry VIII. Like the many other statutes of the Tudors, it is a lengthy document, with a grandiose preamble, and full of pompous imperial phrases; it condescends to details, and teems with exceptions and saving clauses“. Goode, S. 6, bezeichnet die Präambel treffend als „thunderous“. 239 Ein solcher Abriss findet sich auch bei Holdsworth, History, Bd. 8, S. 236 f. 240 Vgl. Del Marmol, S. 12: „Le débiteur était traité comme un délinquant“. Ebenso Kadens, S. 1240: „The language of the Henrician law made clear the equation of bankrupt and criminal, for the statute used the word ‚bankrupt‘ only once, in the title, ‚An Act Against Such Persons As Do Make Bankrupt.‘ The remainder of the statute referred to the bankrupt only as the ‚offender‘“. 241 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 899 f.: „Lorde Chauncellor of Englande or Keaper of the great Seall, the Lord Treasourer, the Lorde President, Lorde Privey Seall, and other of the Kinges moste honorable Privie Counsaill and the Chief justice of eyther Benche“. 242 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „shall have power and auctoryte“. 243 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „upon everye complaint made to them in wryting“. 244 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „to take by theyre wisedomes and discreacions suche [orders] and directions, aswell with the bodies of suche offendoures aforesaide wheresoever they maie be had, as well in theyre houses as ellswhere by imprysonement of theyre bodies or otherwyse, as allso with theyre landes tenementes fees annuities and offices, whiche they have in fee simple fee tayle terme of lief terme of yeres or in the right of theyre wieves, asmuche as in the interest right and title of the same Offendoures shall extende or be“. 245 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „And to cause theyre saide landes tenementes fees annuities offices goodes catalls wares merchaundises and debtes to be searched viewed rented and appraised“.

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und dieses zu verkaufen.246 Danach sollte der erzielte Erlös unter den Gläubigern verteilt werden; wenn nicht genügend Masse für eine vollständige Befriedigung der Gläubiger erlöst wurde, sollten die Gläubiger anteilsmäßig, je nach Höhe ihrer Forderungen, Geld erhalten: „to everye of the saide Creditoures a porcion, rate and rate lyke, according to the quantitie of theyre debtes“.247 In dieser Klausel zeigte sich damit erstmals die in der römischen Rechtstradition verwurzelte248 und dem englischen Insolvenzrecht bis heute eigene pari passu-Verteilung des Schuldnervermögens auf alle Gläubiger. Auf Mitteilung, dass sich gewisse Vermögensobjekte des Schuldners bei anderen Personen befinden,249 konnten diese vorgeladen und befragt werden; erwiesen sich ihre Antworten als unzutreffend, so sollte strafweise der doppelte Wert des betrefflichen Vermögensgegenstands von ihnen geleistet werden250 und diese Summe in die unter den Gläubigern zu verteilende Masse einfließen.251 Sollte jemand unbefugt und betrügerisch versuchen, sich unter die Schar der Gläubiger zu mischen,252 drohte ihm dieselbe Strafe.253 246 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „and to make sale of the saide landes tenementes fees annuities and offices“. 247 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900. 248 Vgl. D. 42, 8, 6, 7 a. E.: „cum iam par condicio omnium creditorum facta esset“. Siehe dazu auch Klinck, Benachteiligungsabsicht, S. 83 ff., del Pilar Pérez Álvarez, S. 182 oder Thole, Gläubigerschutz, S. 61 f. sowie die kritischen Anmerkungen zur Natur dieses Prinzips im römischen Recht in Teil B, Fn. 17. 249 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „all and everye suche persone and persones so knowen supposed or suspected to have any suche goodes catalls wares merchandises or debtes in his or theyre custodie use occupacion keaping or possession, or supposed or suspected to be indebted to suche offendour or offendoures“. 250 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „And if any suche persone or persones upon suche examynacion doo not disclose plainelie declare and shewe the hole truthe of suche thinges as he or they shalbe examyned of concerning the premisses, [thanne] everye suche persone or persones so examyned and not declaring the plaine and hole truthe [of suche thinges as he or they shalbe examyned] concerning the premisses, upon due profe therof to be made before the saide Lordes therfore auctorysed as is aforesaide by witnes examynacion or otherwyse as to the same Lorde shall seme sufficient, shall lose and forfaite double the value of all suche goodes catalls wares merchaundises and debtes by them or any of them so concealed and not wholye and plainlie declared and shewed“. 251 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „And the same forfaicture to be distrybuted and imployed to and for the satisfaccion and paiment of the debtes of the saide creditour or creditoures in suche lyke maner rate and forme as is above declared concerning the ordering of the goodes and catalles of the saide offendoures keping theyre houses or fleing to places unknowne as is aforesaide“. 252 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „any persone or persones doo fraudentlye by covyne or collusion, claime or demaunde any debte duetie or other thing by wryting or otherwyse of any suche offendour or offendoures, other thenne suche as he or they can and doo prove to be due by right and conscience in the forme aforesaide“. 253 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „that than every suche persone and persones so craftelye demaunding or clayming any suche debte duetie or other

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Veranlasst oder duldet der insolvente Schuldner, dass jemand ohne rechtmäßigen Titel eine Forderung gegen ihn eintreibt,254 so kann zugunsten der Gläubiger in die infolge dieser Eintreibung hingegebenen Gegenstände vollstreckt werden.255 Sollte der Schuldner aus dem Herrschaftsbereich des Königs fliehen und für einen Insolvenzprozess nicht aufzufinden sein256 und sich auch nach öffentlicher Proklamation nicht stellen, so wurde, gleichsam in einem Versäumnisprozess, sein Vermögen verkauft und pro rata aufgeteilt.257 Beihilfe zur Verschaffung von Schuldnervermögen in dessen ausländisches Exil wurde mit Haft- oder Geldstrafe geahndet.258 Sollte der Schuldner später wieder zu Geld kommen, blieb er seinen Gläubigern weiterhin verpflichtet;259 die endgültige, entschuldende Wirkung des Insolvenzverfahrens („discharge“), wie sie dem späteren und heutigen englischen Insolvenzrecht zu eigen ist,260 existierte noch nicht.261 thing as is aforesaide shall forfaicte and lose double asmuche as he or they shall so claime or demaunde, and the same forfaicture to be levied recovered and imployed in maner and forme as is afore rehearsed“. 254 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „if any suche persone or persones whiche shall keape his or theyre houses or flee to parties unknowne as is aforesaide, of entent to delaie or defraude theyre creditoures, disceytefullye by covyne or collusion suffre or cause any other persone or persones to recover against him or them any debtes goodes catalls wares or merchaundises without a just cause and tytle so to doo“. 255 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900: „all the saide goodes and catalls of the saide offendours so recouvered, shalbe chardgeabe imployed ordered or delivered towarde the paiement of the true and due debte of the saide Creditour“. 256 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 901: „if any suche persone or persones whiche shalbe indebted, doo withdrawe himself out of this realme and other the Kinges Domynions, into any foreyne Realme or Countrey, to thintent there to abyde and remaine in defraude of his Creditoures“. 257 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 901: „that allso all goodes catalls landes tenementes and debtes of everye suche Offendour, shalbe by thordre and discreacion of the saide Lorde imployed and distributed amonges his Creditoures equallye and indifferentlye rate for rate, in lyke maner and forme as is afore declared“. 258 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 901: „everye persone or persones that shall willinglie helpe to ayde imbesill or convey suche persone or persones, theyre goodes catalles wares or merchaundises out of this Realme and other the Kinge Domynions into any foreyne Realme or place, knowing the saide persone or persones to departe or withdrawe themselves, or convey theyre saide goodes catalls wares and merchaundises for the cause and intent aforesaide, shall suffre suche peynes by imprysonement of theyre bodyes, or paie suche fyne to our Soveraigne Lorde the King his heyres or successoures, as to the saide Lordes having auctorytie by vertue of this present Acte, shall seme meate and convenient for theyre saide offence or offences“. 259 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 901: „the saide Creditoure and Creditoures and everye of them shall and maie have theyre reamedie for the recoverye and levying of the residew of theyre saide debte [and] duetyes wherof they shall not be fullye satisfied and paie“.

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(2) Einordnung und Würdigung Zunächst fällt auf, dass von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners, von Insolvenz, in 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 nicht die Rede ist. Dies mag den kontinentalen Juristen verwundern,262 zumal das Gesetz als „An acte againste suche persones as doo make Bankrupte“ betitelt ist. Dies erklärt sich freilich damit, dass das englische Recht bezüglich „bankruptcy“ an ein Verhalten des Schuldners, nicht an seine finanzielle Situation anknüpft.263 Der Schuldner begeht einen sogenannten „act of bankruptcy“ – er setzt sich entweder nach unbekannt ab („doo sodenlie flee to partes unknowne“) oder zieht sich in sein Haus zurück („kepe theyre houses“).264 260 So Levinthal, Early History, S. 224 mit Fn. 11 und Pakter, Bankruptcy, S. 485, der das Rechtsinstitut „discharge“ auf S. 491 als „the earmark of modern Anglo-American bankruptcy“ bezeichnet. 261 Eingeführt wurde diese durch 4 & 5 Anne, c. 17 (1705); vgl. dazu knapp Goode, S. 7 oder Levinthal, English Bankruptcy, S. 18 ff. 262 In Deutschland erklärt § 17 Abs. 1 InsO die Zahlungsunfähigkeit („Insolvenz des Vermögensträgers“, Uhlenbruck / Uhlenbruck, § 19 InsO, Rn. 1) zum allgemeinen Eröffnungsgrund. Uhlenbruck weist jedoch mit Recht darauf hin, dass eigentlich der in § 19 InsO genannte und nur für juristische Personen geltende Insolvenzgrund der Überschuldung („Insuffizienz des Vermögens“) „der sich aus dem rechtlichen Wesen des Insolvenzverfahrens ergebende klassische Insolvenzgrund“ ist. Diese Zweiteilung im deutschen Recht geht zurück auf die Konkursordnung von 1877, in der § 94 Zahlungsunfähigkeit verlangte, während § 193 zusätzlich Überschuldung als Voraussetzung für eine Verfahrenseröffnung gegen eine Aktiengesellschaft zuließ, vgl. MüKo InsO / Drukarczyk / Schüler, § 19 InsO, Rn. 3 f. Begründet wird die prinzipielle Anknüpfung an die Zahlungsunfähigkeit in § 94 KO mit ansonsten auftretenden „praktischen Inkonvenienzen“, wenngleich auch die Gesetzesbegründung zugeben muss: „In der That möchte es auf den ersten Blick scheinen, als ob nur der Zustand der wirklichen Überschuldung (der Vermögensunzulänglichkeit) ein Verfahren rechtfertigen könnte“, vgl. Hahn, S. 291. Die preußische Konkursordnung von 1855 differenzierte zwischen dem Konkurs eines Kaufmannes, bei dem an die Zahlungseinstellung angeknüpft wurde, und dem eines Nichtkaufmanns, für dem Vermögensunzulänglichkeit verlangt wurde, vgl. Dernburg, Lehrbuch, S. 267 und Meier, S. 95. 263 So plakativ Treiman, Acts of Bankruptcy, S. 193: „In short, conduct, not financial embarassment, was the gist of the offense“. Die Anmerkung von Delaney, S. 14, „Note that bankrupt was a verb to describe a socially unapproved action, not an adjective, to describe a financial condicion“, dürfte wohl dahingehend zu berichtigen sein, dass es sich weder um ein Verb, noch um ein Adjektiv handelt, sondern vielmehr um ein Substantiv. 264 Zu diesen „acts of bankruptcy“ siehe Treiman, Acts of Bankruptcy, S. 192 ff., der behauptet, dass „keeping house“ genuin englischer Natur ist und auf dem Grundsatz „an Englishman’s home is his castle“ beruht, während das „fleeing to parts unknown“ auch auf dem europäischen Festland üblich war. Ebenso Delaney, S. 13, der Treiman in dieser Passage allerdings durchweg als „Tremain“ zitiert. Schon C. 7, 72, 10 pr. nennt das Problem, dass ein Schuldner „severiores creditores formidans sese celaverit “, sich also aus Angst vor seinen gestrengen Gläubigern verbirgt. Forster, Konkurs als Verfahren, S. 121, meint, dass bei diesem Verbergen „insbesondere an seine Flucht zu denken ist“, ebenso Spann, S. 47. Das „keeping house“ klingt an in D. 2, 4, 21: „Sed etsi is qui domi est interdum vocari in ius potest, tamen de domo sua nemo extrahi debet “ und in der lex gemina dieser Stelle, D. 50, 17, 103: „Nemo de domo sua extrahi debet “ (vgl. zu letzterer auch Cadwallader, S. 405).

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Aufgrund dieses Fehlverhaltens, nicht aufgrund seiner Insolvenz, treffen den Schuldner die statuierten Rechtsfolgen.265 Da das Gesetz jedoch zugleich die pari passu-Verteilung des Schuldnervermögens anordnet, zu der es ja nur kommen kann, wenn die Vermögensmasse des Schuldners nicht zur vollständigen Befriedigung seiner Gläubiger ausreicht, ist die Überschuldung des Schuldners damit indirekt vorausgesetzt, auch wenn sie nicht unmittelbar als Anwendungsvoraussetzung genannt wird. Insofern ist es gerechtfertigt, 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 nicht nur als „bankruptcy act“, sondern auch als „Insolvenzgesetz“ zu bezeichnen. Insgesamt zeigten sich in diesem Gesetz zwei für ein Insolvenzrecht in heutigen Sinne wichtige Punkte: die kollektive Vermögensverwaltung sowie die anteilige Gläubigerbefriedigung.266 Bezüglich betrügerischer Rechtshandlungen des Schuldners lassen sich in 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 drei neue Punkte ausmachen. Zum einen handelt es sich dabei um die Sanktion für falsche Angaben in dem Verfahren, in dem sich im Besitz eines Dritten befindliche Vermögensgegenstände des Schuldners der Insolvenzmasse dienstbar gemacht werden sollen. Die vorausgehenden Gesetze hatten nur statuiert, dass eine betrügerische Veräußerung nichtig ist und die Gläubiger in die betrügerisch veräußerten Sachen vollstrecken können; nähere Modalitäten waren freilich noch nicht reglementiert. 265 Siehe auch Kadens, S. 1240: „Honest insolvents, whose losses were brought on by forces outside their control and who, without deception, presented their disability to their creditors, did not come within the intendment of the act“. 266 Dazu eingehend Levinthal, English Bankruptcy, S. 14 f. Darüber hinaus wird teilweise in 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 eine Regelung zum Schutze nicht nur der Gläubiger, sondern auch des Schuldners gesehen, vgl. den Hinweis bei Levinthal, English Bankruptcy, S. 14, Fn. 31. Nach Crabb, S. 468 etwa ist das Gesetz mit Augenmerk auf die schuldnerschützende Wirkung der cessio bonorum des römischen Rechts entstanden („It is supposed that the framers of this act had an eye to the imperial law, which, softening the rigor of the Ten Tables, directed that, if a debtor ceded all his goods to his creditors, he was secured from being dragged to prison“. Dass Crabb auf die „Ten Tables“ verweist, spricht nicht gerade für vertiefte rechtshistorische Kenntnisse.). Dafür findet sich jedoch kein Anhalt im Gesetzestext; vielmehr richtet sich das Gesetz gegen betrügerische Bankrotteure und behandelt sie wie Kriminelle, vgl. Cooke, S. 34 und 37, Del Marmol, Tab. II auf S. 86, Levinthal, English Bankruptcy, S. 14, Fn. 31, Reeves, Bd. 4, S. 383. Die Fehleinschätzung Crabbs klärt sich auf, wenn man die „Commentaries on the Laws of England“ von Blackstone zu Rate zieht, die jener in margine zitiert. Blackstone schreibt in seiner Erläuterung über das Insolvenzrecht, Buch 2, Kapitel 31, „Of Title by Bankruptcy“, S. 471 f.: „we are told by Sir Edward Coke, that we have fetched as well the name, as the wickedness, of bankrupts from foreign nations. But at present the laws of bankruptcy […] confer some privileges, not only on the creditors, but also on the bankrupt or debtor himself “. Die Wendung „at present“ verweist an dieser Stelle jedoch auf die Zeit Blackstones und nicht auf die Zeit dieser Gesetzgebung. Crabbs Irrtum kommt wohl dadurch zustande, dass er den zeitlichen Sprung Blackstones um 200 Jahre von einem Satz auf den nächsten ignoriert. Renouard, S. 29 f., bezieht die Aussage Blackstones ebenfalls fälschlicherweise auf 34 & 35 Hen. VIII. c. 4.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Zum anderen erwähnenswert ist die Sanktionierung des Falles, dass ein Dritter auf Veranlassung des Schuldners unbefugt und betrügerisch versucht, sich unter die Schar der Gläubiger zu mischen.267 Dies entspricht dem Anwendungsbereich der römischrechtlichen denegatio actionis ob fraudem,268 also einer Verweigerung der Klagemöglichkeit des vorgeblichen Gläubigers. Dies zeigt, dass bezüglich betrügerischer Rechtshandlungen des Schuldners in 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 auch gegen mit diesem zusammenwirkende Dritte vorgegangen werden konnte.269 Darüber hinaus geht die folgende Passage, die von den Rechtsfolgen der den Gläubigern gegenüber betrügerischen Geltendmachung unbegründeter Ansprüche durch mit dem bankrotten Schuldner nicht zusammenwirkende Dritte handelt: […] if any suche persone or persones whiche shall keape his or theyre houses or flee to parties unknowne as is aforesaide, of entent to delaie or defraude theyre creditoures, disceytefullye by covyne or collusion suffre or cause any other persone or persones to recover against him or them any debtes goodes catalls wares or merchaundises without a just cause and tytle so to doo, proceding bona fide without fraude or covyne, that [than] upon complainte therof made to the aforesaide Lordes having auctorytie by this present Acte as is aforesaide, the same Lordes shall have power and auctorytie by vertue herof, to convent and call before them the saide Recouverer or Recouverers, and after suche fraude discyte covyne or collusion shall plainlie appere to be duelie proved before the saide Lordes auctorysed as is aforesaide, all the saide goodes and catalls of the saide offendour so recouvered, shalbe chardgeabe imployed ordered or delivered towarde the paiement of the true and due debtes of the saide Creditour, after the maner forme and rate as is afore specified, by the discreacion of the saide Lorde having auctorytie by this present Acte, the aforesaide false and fained recoverye notwithstanding; so that allwaies suche false and fained recoveries shall not be in force or any execucion therby had, of or upon any goodes catalles landes or tenementes of any suche offendour or offendoures, until suche tyme as all his or theyre true and due debtes and dueties shalbe fullye satisfied and paide to his or theyre creditoures: And nevertheless after that saide true [and due] debtes shalbe fullye satisfied and paide as is aforesaide, aswell the bodye of the saide Offendour as his landes tenementes goodes and catalls, shalbe charged and liable to the execution of the saide recoverye according to the tenour force and effecte of the same.270 […] wenn so jemand oder solche, die sich in ihr Haus zurückziehen oder an unbekannte Orte fliehen wie zuvor gesagt, in der Absicht, ihre Gläubiger hinzuhalten oder zu betrügen, betrügerisch durch arglistige Täuschung oder Kollusion es dulden oder verursachen, dass ein anderer oder mehrere gegen ihn oder sie Schulden, Güter, bewegliche Sachen, Waren oder Handelsgüter ohne rechtmäßigen Grund und Titel eintreibt, und dabei gutgläubig, ohne Betrug und arglistige Täuschung ist, dass dann auf Beschwerde an die genannten 267 Vgl. Del Marmol, S. 13: „la punition des créanciers présentant des créances entachées de fraudes“. 268 Vgl. hierzu oben Teil B, Fn. 26. 269 Ebenso Cooke, S. 36: „All persons fraudulently colluding with the bankrupt to conceal his property, or to prove ficticious debts, were made liable to certain forfeitures“. 270 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900.

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Lords, die durch dieses Gesetz wie genannt befugt sind, diese Lords hiermit ermächtigt und befugt sein sollen, den oder die genannten Eintreibenden zu versammeln und vorzuladen, und, nachdem solch Betrug, List, arglistige Täuschung oder Kollusion vollständig ordnungsgemäß bewiesen zu sein scheint vor den genannten und wie genannt befugten Lords, sollen alle genannten Güter und beweglichen Sachen der genannten Missetäter, die so eingetrieben wurden, anrechenbar benutzt, bestimmt oder überbracht werden zur Zahlung der wahren und fälligen Schuld der genannten Gläubiger, nach Art und Weise und Anteil wie zuvor festgesetzt, nach dem Ermessen der genannten Lords, die durch dieses Gesetz befugt sind, ungeachtet der genannten falschen und vorgetäuschten Eintreibung; sodass solch falsche und vorgetäuschte Eintreibungen immer nicht in Kraft sein sollen oder darauf beruhende Vollstreckungen, von oder in Güter, bewegliche Sachen, Land oder Lehen eines oder mehrerer solcher Missetäter: Und nichtsdestotrotz sollen, nachdem diese genannten wahren und fälligen Schulden vollständig befriedigt und bezahlt sind wie genannt, sowohl der Körper des genannten Missetäters als auch sein Land, Lehen, Güter und bewegliche Sachen angerechnet werden und verantworten für die Vollstreckung der genannten Eintreibung, nach ihrem Inhalt, Kraft und Folge.

Wenn ein bankrotter Schuldner in der Absicht, seine Gläubiger hinzuhalten oder zu betrügen („of entent to delaie or defraude theyre creditoures“), betrügerisch, durch arglistige Täuschung oder Kollusion („disceytefullye by covyne or collusion“) duldet oder verursacht, dass ein gutgläubiger Dritter („other persone […] proceding bona fide without fraude or covyne“) gegen ihn eine Schuld ohne Rechtsgrund und Titel („without a just cause and tytle“) eintreibt, stehen die eingetriebenen Vermögensbestandteile trotzdem zur anteiligen Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung, ungeachtet der falschen und vorgetäuschten Eintreibung („the aforesaide false and fained recoverye notwithstanding“). Die falsche und vorgetäuschte Eintreibung oder eine aufgrund dieser erfolgte Vollstreckung soll nicht gelten („shall not be in force“). Reicht das Vermögen des bankrotten Schuldners dagegen aus, um seine übrigen Schulden zu begleichen, so haftet er weiter persönlich und mit seinem Vermögen der Forderung des Dritten. Obwohl in dieser Klausel von Kollusion („disceytefullye by covyne or collusion“) die Rede ist, wird aus dem weiteren Kontext deutlich, dass der Dritte, der die Forderung gegen den bankrotten Schuldner geltend macht, nicht weiß, dass die von ihm geltend gemachte Forderung so nicht durchsetzbar ist.271 Wäre dieser Mitwisser, wäre die Phrase „proceding bona fide without fraude or covyne“ sinnlos. Zudem würde der Schluss der Klausel überraschen, dass nämlich die Forderung des Dritten nicht völlig unwirksam ist, sondern nur vorerst unberücksichtigt bleibt. Die Forderung, die der gutgläubige Dritte geltend macht, soll im Rahmen der pari passu-Verteilung nach 34 & 45 Hen. VIII. c. 4 nicht berücksichtigt werden („shall 271 Die gegenteilige Deutung legen freilich die Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900 nahe, wo es in margine zur einschlägigen Passage heißt: „Collusive Recoveries against Debtors in fraud of their Creditors shall be set aside by the Lord Chancellor in favour of the Creditors“. Ebenso scheint auch Riesenfeld, Bankruptcy, S. 422 mit Fn. 158, diese Klausel zu verstehen: „Already the first true English bankruptcy act, the law of 1542, dealt with the problem of fraudulent recoveries suffered or caused by the bankrupt“ (Unterstreichung nicht im Original).

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not be in force“). Wurde trotzdem auf diese Forderung gezahlt, so ist auch diese Zahlung als unwirksam anzusehen („shall not be in force […] any execucion therby had“). Erst, wenn alle anderen Gläubiger vollständig befriedigt worden sind („after that saide true [and due] debtes shalbe fullye satisfied and paide“), soll der gutgläubige Dritte befriedigt werden. Folglich ist die Forderung des gutgläubigen Dritten als bis zum Abschluss des Verteilungsverfahrens nach 34 & 45 Hen. VIII. c. 4 aufschiebend bedingt anzusehen („shall not be in force […] until suche tyme as all his or theyre true and due debtes and dueties shalbe fullye satisfied and paide to his or theyre creditoures“). In moderner Terminologie würde man darauf abstellen, dass der Dritte zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch keinen begründeten Anspruch gegen den Schuldner hatte, damit nicht als Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) anzusehen und folglich nicht bei der pro rata-Befriedigung zu berücksichtigen ist. Insofern ist festzuhalten, dass die Klausel die Geltendmachung von Forderungen durch mit dem bankrotten Schuldner nicht zusammenwirkende Dritte behandelt. Dies stellt einen beachtlichen Unterschied zur actio Pauliana dar, nach der auf Seiten des Dritten „Teilnahme“ am Betrug des Schuldners erforderlich war.272 Gegen einen gutgläubigen Dritten war die actio Pauliana nur einschlägig, wenn dieser unentgeltlich erworben hatte, und war zudem in der Höhe auf die erlangte Bereicherung (lucrum) beschränkt.273 Weitergehende, mit der actio Pauliana als Insolvenzanfechtungsklage vergleichbare Regelungen oder Nichtigkeitstatbestände beinhaltet das Gesetz Henry VIII. nicht. In 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 kann damit zwar ein Meilenstein der englischen Insolvenzrechtsgesetzgebung gesehen werden, wenngleich das Gesetz „riddled with inadequancies and uncertainties“274 war. Erhellendes zur Behandlung des Problems, wie Rechtshandlungen des insolventen Schuldners zum Nachteil seiner Gläubiger zu behandeln sind, beinhaltet das Gesetz dagegen nicht.

272 Vgl. D. 42, 8, 10, 2: „Quod ait praetor ‚sciente‘, sic accipimus ‚te consocio et fraudem participante‘: non enim si simpliciter scio illum creditores habere, hoc sufficit ad contendendum teneri eum in factum actione, sed si particeps fraudis est“. Vgl. dazu auch Klinck, Benachteiligungsabsicht, S. 96 f. Ebenso D. 42, 8, 10, 4: „ Alias autem qui scit aliquem creditores habere, si cum eo contrahat simpliciter sine fraudis conscientia, non videtur hac actione teneri“. 273 D. 42, 8, 6, 11: „Simili modo dicimus et si cui donatum est, non esse quaerendum, an sciente eo, cui donatum, gestum sit, sed hoc tantum, an fraudentur creditores: nec videtur iniuria adfici is qui ignoravit, cum lucrum extorqueatur, non damnum infligatur. In hos tamen, qui ignorantes ab eo qui solvendo non sit liberalitatem acceperunt, hactenus actio erit danda, quatenus locupletiores facti sunt, ultra non“. 274 So Jones, Bankruptcy, S. 17.

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(3) „presumably under strong Flemish influence“ Stefan Riesenfeld schreibt, „[t]here can be no doubt that the first English ‚acte againste suche persones as doo make Bankrupte,‘ passed in 1542 / 43, was inspired by the northern European models, as the title reproduces the Flemish expressions“.275 Im selben Sinne behauptet sein Schüler276 Jan Dalhuisen, dass 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 „presumably under strong Flemish influence“277 stand. Schließlich merkte Christoph Paulus, der ebenfalls in der akademischen Tradition Riesenfelds steht278, kürzlich an, dass sich „praktisch sämtliche Regelungen von den kontinentalen Vorgängergesetzen aus den Niederlanden und Frankreich herleiten“ lassen.279 (a) Die Rechtslage nach flämischem Recht In den Niederlanden und in Belgien waren kurz vor dem Erlass von 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) in den Jahren 1531 und 1540 durch Kaiser Karl V. zwei Gesetze mit einschlägigen Vorschriften erlassen worden.280 Bei diesen Gesetzen handelt es sich um das „Groot Placaat“, veröffentlicht am 15. November 1531, Kapitel VII, sowie um das „Eeuwig Edict“ vom 4. Oktober 1540, Kapitel II und III.281 Riesenfeld, Bankruptcy, S. 356. Vgl. Paulus, Nachruf Riesenfeld, S. 503. 277 Dalhuisen, § 2.02, 1– 41. Zu einem anderen Beispiel niederländischen Einflusses auf das englische Recht im 16. Jahrhundert siehe etwa Ibbetson, Insurance, S. 295 f. 278 Vgl. dazu etwa Paulus, Nachruf Riesenfeld, S. 502 f. Zudem besorgt Paulus die Fertigstellung des von Riesenfeld unvollendeten Manuskripts „Insolvency Proceedings“ für die „International Encyclopedia of Comparative Law“. 279 Paulus, Kaleidoskop, S. 1155. Auch Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 328, spricht unter Verweis auf Paulus von einem „deutlich erkennbaren Einfluss der niederländischen Gesetzgebung“. 280 Dalhuisen, § 2.02, 1– 35 ff. Hintergrund der Gesetzgebung war, dass Karl V. die unterschiedlichen Gewohnheitsrechte, die in seinem Reich galten, sammeln und sich zur Billigung vorlegen lassen wollte, vgl. Zwalve, S. 24. Bereits zuvor gab es in einzelnen Städten lokale Bestimmungen. Gut belegt sind diese etwa für Antwerpen, wo sich einschlägige Regelungen bereits im städtischen „Keurboek“ aus dem 14. Jahrhundert finden lassen und in den Jahren 1516 und 1518 Ordonnanzen erlassen wurden, denen bereits die drei Charakteristika Verwertung des gesamten Schuldnervermögens statt nur der durch die Gläubiger gepfändeten Gegenstände, verpflichtendes Konkursverfahren statt gesonderter Vollstreckung durch die einzelnen Gläubiger sowie anteilige Gläubigerbefriedigung statt Befriedigung nach dem Prioritätsprinzip zu eigen waren, vgl. De Ruysscher, Insolvency in Antwerp, S. 307 –315 und Creditors’ Rights, S. 193 –200. In diesen Ordonnanzen macht De Ruysscher starke Einflüsse des oberitalienischen Statutarrechts sowie des (rezipierten) römischen Rechts aus, vgl. Creditors’ Rights, S. 194, 195, 198, 199, 200 sowie Insolvency in Antwerp, S. 311 mit Fn. 13, 312 mit Fn. 21, 313, 314 mit Fn. 26. Daneben hält De Ruysscher, Insolvency in Antwerp, S. 312, Fn. 21 sowie S. 315 eine Beeinflussung durch das Recht der Hansestädte für möglich. Dabei beruft er sich auf die Darstellung des hamburgisch-lübischen Rechts, wie sie sich bei Planitz, Handels- und Verkehrsrecht, S. 24 f. findet. Vgl. dazu ferner Planitz, Arrestprozess, S. 104 f. mit Quellenbelegen in Fn. 1 und 2. 275 276

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Auch in Frankreich wurde vor 1542-3 durch König François I. ein einschlägiges Gesetz erlassen; die „Déclaration prescrivant l’usage de la procédure extraordinaire et la contrainte par corps, et restreignant le droit d’asile, à l’égard des banqueroutiers frauduleux ou fugitifs“ vom 10. Oktober 1536282 ist jedoch jünger als das „Groot Placaat“ Karls V. und kann die flämische Gesetzgebung daher nicht beeinflusst haben. Im „Groot Placaat“ Karls V. beschäftigt sich Kapitel VII mit dem Insolvenzrecht. En tot remedie tegens de banqueroeten en fugitiven, hebben wy gestatueert, en statueren, dat alle Koopluyden en Koopwyven, en alle andere persoonen, hen die koopmanschap onderwindende, die frauduleuselyk en by bedrog sullen gelt, silver, koopmanschappen, of schulden van andere Koopluyden, of personen, vervoeren en wegdragen, en dewelke men heet Banquerouten, zyn en zullen wesen gehouden en geacht, als openbaire dieven, en voir sulke hebben wy die verklaart, ende verklaren by desen; en insgelyks alle den geenen, die deselve sustineren, ontfangen en verswygen sullen, oick die geene, die het bedrog en abuys van den voirsz. banquerouten weten sullen, en waar sy hen vluchtig gemaikt sullen hebben, ten zy, dar sy het selve verklairen en openbaren den Officier en Wethouderen van der plaatsen dair sy wesen souden; mitsgaders die geene, die hen der fauten van de voirsz. banquerouten frauduleuselyk onderwinden sullen, of in heure absentie met hen doen sullen eenigerhande koopmanschap, of negociatie, by geselschap, ofte andersints, en dait toe die geene, die hen seggen, uytgeven, ofte simuleren te wesen crediteures van den voirsz. banquerouten, en met henluyden gebruyken van cessie, transport, en simulatie, of in eeniger manieren hen assisteren en helpen sullen, totten beleyden van heuren fraude en bedrog; en allen die voirgenoemde en elken van hen, hebben wy gepriveert en priveeren van der vryheyd, versekertheyt en liberteyt van allen Steden, Vryheden, Dorpen ende andere Plekken, hebbende privilegie van vryheyd; consenterede en ordonnerende, dat die voirsz. Banquerouten, heure Facteurs, Bystanders, en andere boven verklairt, die voir sulke bevonden en bekent sullen wesen, en dewelke vluchten en trekken sullen in Steden, Dorpen, of andere geprivilegieerde Plaatsen, geene uytgesondert, en die goeden, die sy aldaar gebrocht souden hebben, of doen brengen, sullen van daar genomen worden, sonder praejudicie nochtans van den Privilegien en Vryheden van de voirsz. Steden, Dorpen, of andere vrye en geprivilegieerde Plaatsen in andere saicken, en dar die voirsz. Banqueroeten en anderen, vooren verhaalt, en hoiren complicen, na dar sy voir sulke bekent, bevonden, en verwonnen sullen wesen, als dieven en violateurs van der gemeynder welvaart, openbairlyk gestraft en gepunieert sullen wesen, sonder gracie, of verdrag, anderen ten exempele, ende dar de goeden by den voorsz. Banquerouten en heuren complicen getransporteert, gestelt en in sekere plaatse bewaart sullen wesen, tot conservatie van den rechten van heure crediteuren, als in der redelykheyt behooren sol. Ende voirts, dat de Huysvrouwen van de Koopmans, die banquerouten maicken sullen, en dewelke vrouwen in de tegenwoordugheyd, ofte absentie van haren mans haat der koopmanschap openbairlyck en ordinairlyck onderwonden, en bouticken gehouden souden hebben, het ware inkoopen, of verkoopen, gehouden sullen wesen te verantwoorden de schulden van hare mans, gemaikt en gecontracteert, staande huwelyk. 281 Vgl. zu diesen beiden Gesetzen Ankum, Geschiedenis, S. 368 f. sowie zum „Eeuwig Edict“ Wessels, S. 218 ff. 282 Abgedruckt in Ordonnances des Rois de France. Règne de François I er, Bd. 8, S. 187 ff.

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Ende voirts willen wy en ordonneren, dar alle Koopluyden en Koopvrouwen, dewelke schandaleuselyk, en om heuren debiteuren te bedriegen, hen vuyt onsen Landen geabsenteert souden hebben, den tyd van veertig dagen gesommeert zynde, by openbaire uytroepine ter plaatse van heure residentie, in onsen voirsz. Landen weder te keren, binnen andere veertig dagen, omme heure crediteurs te voldoen, indien zy ‘t selve nyet en doen binnen die voirsz. leste veertig dagen, naastvolgende die voorschreve sommatie, en insgelycks allen anderen banquerouten, vluchtig zynde, en hoiren complicen, boven verklairt, sullen bebannen worden tot eeuwigen dage vuyt onse voirsz. Landen en Heerlykheden, sonder nimmermeer in den selven te mogen wederkeeren. En boven dien verklaren wy allen den contracten, gemaikt soo voorsz. is, by simulatie, circumventie, en fraude, negeen en van onweerden, willende, dat alle die crediteuren van den voirsz. Banqurouten, en van heuren complicen, ofte anderen fugitiven, ofte vluchtigen, komen en concurreren sullen in deelinge, tot vergalinge van heuren schult, op de goeden van de voirsz. Banquerouten, heuren complicen, en andere fugitiven, die men sal mogen gekrigen na de groote en advenant van heure schult, sonder preferentie, niet jegenstaande, dar eenige van den voirsz. crediteuren den anderen gepreveniert mochten hebben, arrest te doen op die goeden van den voirsz. Banquerouten, en van heuren complicen, alwaar ‘t soo, dat ‘t selve geschiede in geprivilegieerden plaatsen, niet jegenstande oick die Costuymen, Statuyten, of Privilegien van de voirsz. Plekken, indien daar eenige waren ter contrarie, die welke wy nyet en verstaan, noch en willen in dien gevalle, als boven, stant te grypen, maar soe verre des nood zy, hebben wy deselve gederogeert, en derogeren by desen.283 Und als Abhilfe gegen die Bankrotteure und Flüchtigen haben Wir angeordnet und ordnen Wir an, dass alle Kaufleute und Kauffrauen – und alle anderen Personen, die Handel treiben –, die betrügerisch und unter Betrug Geld, Silber, Handelswaren oder Schulden von anderen Kaufleuten oder sonstigen Personen wegschaffen und wegtragen und die man Bankrotteure heißt, als öffentliche Diebe angesehen und für solche gehalten werden sollen, und als solche haben Wir sie erklärt und erklären Wir sie hiermit; und ebenso alle diejenigen, die diese unterstützen, unterhalten oder verschweigen, auch diejenigen, die um den Betrug und Missbrauch wissen, und wohin sie geflohen sind, und nicht den Amtsleuten und ihren Beigeordneten die Stellen, von denen sie wissen, erklären und offenbaren; ebenso diejenigen, die während des Ausbleibens der genannten Bankrotteure betrügerisch [ihr Geschäft] betreiben oder in ihrer Abwesenheit mit ihnen selbst Handel treiben oder Verhandlungen, als Gesellschaft oder sonst wie, und diejenigen, die sagen, vorgeben oder simulieren, Gläubiger der genannten Bankrotteure zu sein, und ihnen durch Abtretung, Abtransport und Simulation oder in anderer Weise assistieren oder helfen, zur Förderung ihres Betruges; und allen vorgenannten und jedem einzelnen von ihnen haben Wir aberkannt und erkennen Wir die Freiheit, Sicherheit und Immunität aller Städte, Freistädte (Vrijheiden), Dörfer und anderer Orte ab, die ein Freiheitsprivileg haben; und Wir lassen zu und ordnen an, dass die vorgenannten Bankrotteure, ihre Kommisse, Gehilfen und die anderen oben Genannten, die für solche befunden und anerkannt worden sind, und die in Städte, Dörfer und andere privilegierte Orte ohne Ausnahme flüchten und fahren sollten, und die Güter, die sie dahin gebracht haben oder bringen, von da genommen werden, gleichwohl ohne Beeinträchtigung der Privilegien und Freiheiten der genannten Städte, Dörfer oder anderen privilegierten Orte, in anderen Sachen, und dass die genannten Bankrotteure und anderen Genannten und ihre Komplizen, nachdem sie für solche angesehen und befunden wurden, als Diebe und Verletzer der gemeinen Wohlfahrt öffentlich gestraft werden sollen, ohne Gnadenakt oder 283

Zitiert nach vande Water, Bd. 1, S. 415 f.

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Absprache, anderen zum Beispiel, und dass die Waren von den genannten Bankrotteuren und ihren Komplizen wegtransportiert, weggestellt und an sicherem Ort aufbewahrt werden sollen, zur Wahrung der Rechte ihrer Gläubiger, wie es sich redlicherweise gehört. Und weiterhin, dass die Ehefrauen der Kaufleute, die Bankrott machen, welche in Gegenwart oder Abwesenheit ihrer Männer das Handelsgeschäft öffentlich und offensichtlich betrieben haben, und Geschäfte veranstaltet haben, Wareneinkauf oder -verkauf, gehalten sind, die Schulden ihrer Männer zu verantworten, die vertraglich oder sonstwie während der Ehe begründet wurden. Und weiterhin wollen Wir und ordnen Wir an, dass alle Kaufleute und Kauffrauen, die skandalöserweise und um ihre Gläubiger zu betrügen sich hinfort aus unseren Landen abgesetzt haben, für insgesamt 40 Tage an ihrem Wohnort durch öffentliches Ausrufen, in unsere genannten Lande binnen weiterer 40 Tage zurückzukehren, um ihre Gläubiger zu befriedigen, geladen werden, und wenn sie dies nicht binnen der letztgenannten 40 Tage tun, der genannten Aufforderung Folge leistend, und ebenso alle andere Bankrotteure, Flüchtige und ihre genannten Komplizen, verbannt werden sollen aus unseren genannten Landen und Herrschaftsgebieten auf ewige Zeit, sodass sie nie wieder in dieselben zurückkehren mögen. Und obendrein erklären Wir alle Verträge, geschlossen, wie oben gesagt, durch Simulation, Umgehung und Betrug, für nichtig und ohne Wert, in dem Willen, dass alle Gläubiger der vorgenannten Bankrotteure und ihrer Komplizen oder anderer Flüchtiger kommen und zusammenlaufen sollen zur Teilung, zur Vergeltung ihrer Schulden aus den Gütern der vorgenannten Bankrotteure, ihrer Komplizen und anderer Flüchtiger, die sie bekommen sollen nach der Größe und Reihenfolge ihrer Schuld, ohne Bevorzugung, wobei nicht entgegenstehen soll, dass einige der genannten Gläubiger den anderen dadurch zuvorgekommen sein mögen, dass sie die Güter der genannten Bankrotteure und ihrer Komplizen haben in Beschlag nehmen lassen, oder dass dasselbe an privilegierten Orten geschah, und weiterhin die Bräuche, Statuten und Privilegien der genannten Orte, wenn da einige gegenteilig sein sollten, nicht entgegenstehen sollen, die Wir weder so verstehen, noch von denen Wir in diesem Fall – wie oben stand – wollen, dass sie greifen, und sofern dies nötig sein mag, haben Wir diese außer Kraft gesetzt und setzen Wir diese außer Kraft.284

Das „Groot Placaat“ richtet sich gegen flüchtige Schuldner und „Banquerouten“ und definiert diese als „alle Koopluyden en Koopwyven, en alle andere persoonen, hen die koopmanschap onderwindende, die frauduleuselyk en by bedrog sullen gelt, silver, koopmanschappen, of schulden van andere Koopluyden, of personen, vervoeren en wegdragen“, also als Kaufleute, die betrügerisch Vermögensbestandteile wegschaffen. Ebenso richtet sich Kapitel II des „Eeuwig Edict“ gegen Personen, „die hen absenteeren sullen van der plekke van heure residentie sonder betalen of vergenoegen hun crediteurs en heymelyke transporteren of verswygen sullen heurlieden goeden om deselve te bedriegen“,285 die sich also entweder von ihrem Wohnort absetzen, ohne ihre Gläubiger zu befriedigen, oder heimlich Güter wegschaffen oder verstecken in der Absicht, ihre Gläubiger zu betrügen. Nach Ankum beziehen sich diese gesetzlichen Regelungen damit nur auf solche Schuldner, die offensichtlich bankrott – von ihm auch bezeichnet als ἄπορος286 – waren. Unter diesen Begriff 284 285 286

Eine deutsche Übersetzung befindet sich auch bei Sauter, S. 60 ff. Zitiert nach vande Water, Bd. 1, S. 421. Der Begriff findet sich etwa in P. Ryl. 75, Z. 5, im Volltext zitiert in Teil B, Fn. 22.

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fasst Ankum nur diejenigen Schuldner, die sich von ihren Wohnsitzen entfernen, ohne ihre Gläubiger zu befriedigen, oder die versuchen, Vermögensgegenstände heimlich fortzuschaffen, um ihre Gläubiger zu betrügen.287 Angeknüpft wurde also nicht an die Zahlungsunfähigkeit als solche, sondern an eine Handlung, mit der sich der Schuldner dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen suchte. Nach dem „Groot Placaat“ werden alle Bankrotteure und ihre Komplizen jeglicher Art als „openbaire dieven“, als offenbare, ertappte Diebe angesehen. Bestätigt wurde dies durch das „Eeuwig Edict“, das vorschrieb, diese sollten „gehouden ende geacht worden voor openbare dieven, als straet-schenders ende vyanden vander ghemeene welvaert“,288 also als ertappte Diebe, Straßenräuber und Feinde des Gemeinwohls behandelt werden. Alle Mitwisser werden weiterhin durch das „Groot Placaat“ verpflichtet, ihr Wissen mit den offiziellen Stellen zu teilen. Die weggeschafften Güter werden beschlagnahmt – auch wenn sie sich an privilegierter Stelle befinden – und zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung sichergestellt. Zudem sollen auch die Ehefrauen der Missetäter für alle nach der Hochzeit von ihren Ehegatten eingegangenen Verbindlichkeiten haften – das Problem, dass der Ehemann Vermögenswerte bei seiner Frau verbarg, um dadurch dem Zugriff seiner Gläubiger zu entgehen, war also auch schon im 16. Jahrhundert gang und gäbe.289 Alle flüchtigen Schuldner sollen ferner 40 Tage an ihrem Wohnort durch öffentliche Zustellung geladen werden, sich binnen weiterer 40 Tage zur Begleichung ihrer Schulden einzufinden; ließen sie diese Frist verstreichen, so sollten sie auf Lebzeiten aus dem Herrschaftsbereich Karls V. verbannt werden. Anschließend folgt die für eine Erforschung der actio Pauliana interessante Klausel. Alle simulierten oder unter Umgehung oder Betrug geschlossenen Verträge werden für nichtig und ohne Wert („negeen en van onweerden“) erklärt. Dass ein solcher Vertrag nichtig war, blickt auch aus Kapitel III des „Eeuwig Edict“: „Voorts hebben wij verklaert en verklaren, dat alle contracten ende appoinctementen gemaeckt metten banckerouten ende fugitiven […] alle alienatien, verkoop, transport ende cessien van haren goedere, rechten ende actien, ghedaen nae dien syluyden banckerourters ende fugitiven geweest zijn, als prejudiciabele der ghemeene welvart, ende sooverre dat se den schuldenaers prejudicie dragen, sullen wesen nul ende van onweerden“.290

Ankum, Geschiedenis, S. 368. Zitiert nach vande Water, Bd. 1, S. 421. 289 Schon für das zweite nachchristliche Jahrhundert ist die Praxis belegt, dass ein Schuldner sein Vermögen seiner Frau übertrug, um dadurch seinen Gläubigern Armut vortäuschen und mit ihnen einen Vergleich abschließen zu können. So heißt es in der Verteidigungsrede des Apuleius, Apologia 75, über den Vater seines Anklägers Rufinus: „ Pater eius […] cum creditoribus depaciscitur. Pleraque tamen rei familiaris in nomen uxoris callidissima fraude confert.“ Vgl. dazu auch Völkl, S. 361. 290 Zitiert nach vande Water, Bd. 1, S. 422. 287 288

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Weiter haben Wir erklärt und erklären Wir, dass alle mit Bankrotteuren und Flüchtigen geschlossenen Verträge und Verabredungen […] oder Kauf, Transport und Zession von ihren Gütern, Rechten und Klagen, vollzogen, nachdem diese Leute Bankrotteure und Flüchtige waren, wenn schädlich für das Allgemeinwohl und sofern sie für die Gläubiger Schaden bringen, nichtig und ohne Wert sein sollen.

Jedweder Vertrag mit einer bereits bankrotten oder flüchtigen Person war demnach nichtig, wenn er dem Allgemeinwohl oder den Gläubigern dieser Person schädlich war.291 Später beschreibt Hugo de Groot292 dasselbe Prinzip in seiner „Inleidinge tot de Hollandsche rechts-geleerdheid“,293 Buch 3, Teil 1, § 27: „Insgelijcs zijn van onwaerde alle verbintenissen aengegaen by banckbreuckighe schuldenaers, tot verkortinge van haer inschulders (in fraudem creditorum)“.294 Ebenso sind ohne Wert alle Verbindlichkeiten, eingegangen von bankrotten Schuldnern, in der Absicht, die Gläubiger zu verkürzen (in fraudem creditorum).

Ebenso heißt es noch in der „Censura Forensis“ des Simon van Leeuwen295 (1662): Hi, qui insolventiae insimulati, bonis suis cedunt, aut fuga consulunt, quos Banco-ruptores vulgo vocant, bona sua alienando aut in alium transferendo, nihil agunt.296 Die, die der Insolvenz beschuldigt sind und ihr Vermögen abtreten, oder die Flucht zur Hilfe ziehen, die im Volksmund Bankrotteure heißen, wenn sie Vermögensgegenstände veräußern oder auf einen anderen übertragen, bewirken [dadurch in rechtlicher Hinsicht] nichts.

Auf einen wesentlichen Unterschied zwischen der actio Pauliana des römischen Rechts und den Gesetzen Karls V. weist Lichtenauer hin: während das römische Recht eine Anfechtungsklage gewährte, waren nach Kapitel III des „Eeuwig Edict“ Handlungen zahlungsunfähiger Personen zum Nachteil ihrer Gläubiger ipso iure nichtig.297 291 Siehe zu den Nichtigkeitsklauseln im „Groot Placaat“ und im „Eeuwig Edict“ auch Kohler, S. 22 und S. 201. 292 Vgl. zu diesem kurz Zimmermann, Römisch-holländisches Recht, S. 26 ff. 293 Siehe dazu kurz Schlosser, § 4, S. 97. 294 So de Groot, Buch 3, Teil 1, § 27 (= Fockema Andreae, Bd. 1, S. 123). Ebenso Buch 2, Teil 5, § 3: „[De burger-wet h]eeft oock verboden alle achter uit-vaerders ofte banckbreeckers (banque-rotiers), dat is die schuilen ofte weg-loopen met unbetalde schulden, eenige vervremdinghe te doen van hare goederen waer door de inschulders eenichzins zouden konnen zijn verkort, op straffe van onwaerde“ (= Fockema Andreae, Bd. 1, S. 39). 295 Vgl. zu diesem knapp Zimmermann, Römisch-holländisches Recht, S. 44 f. 296 Simon van Leeuwen, S. 157 (= Censura Forensis II, 12, 9). 297 Lichtenauer, S. 195: „Een belangrijk probleem was dat van de nietigheid of vernietigbaarheid van rechtshandelingen, door insolvente personen verricht ten nadele van hun schuldeisers. In dit opzicht streed het Romeinse recht, dat een actie tot vernietiging gaf, met het Eeuwig Edict d.d. 4 October 1540 van Karel V, dat in zijn art. 3 absolute nietigheid uitsprach […]“. Ankum, Geschiedenis, S. 369 mit Fn. 5, kritisiert diese Bemerkung als ungenau,

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Neben den Nichtigkeitsregelungen für Geschäfte, die ein offensichtlich insolventer Schuldner abgeschlossen hatte, gab es außerhalb der beiden analysierten Gesetze Karls V. die Möglichkeit, andere in fraudem creditorum erfolgte Rechtsgeschäfte als unwirksam erklären zu lassen.298 So entschied etwa ein Gericht der Stadt Brügge am 24. Mai 1479 (?)299 auf Antrag des Gläubigers eines Vaters, der seinen minderjährigen Kindern eine Hypothek als Sicherheit für den ihnen zustehenden, von ihm verwalteten Teil des Nachlasses der Mutter eingeräumt hat, dass diese Hypothek ungültig sei, und folgte dabei jedenfalls im Ergebnis der Argumentation des antragstellerischen Anwalts, dass diese „in fraudem van den crediteurs“ eingeräumt wurde.300 Diese Möglichkeit des Unwirksamerklärens einer Verfügung entspricht dogmatisch – anders als die Gesetze Karls V. – der Konstruktion des römischen Rechts mit der actio Pauliana als Anfechtungsklage. Anwendung als Institut des niederländischen Privatrechts findet die actio Pauliana als Anfechtungsklage auch bei Nicolaus Everardus301 in consilium XX;302 dort löst der Rechtsgelehrte und Richter einen Fall, in dem es darum geht, ob eine Frau, nachdem sie sich mit jemandem kirchlich verlobt hat und übereingekommen ist, ihr Vermögen ihrem zukünftigen Mann zu geben, vor der Hochzeit ihr Vermögen wirksam veräußern kann, unter ausgiebigem Rückgriff auf die Behandlung der einschlägigen Stellen durch Bartolus de Saxoferrato, Baldus de Ubaldis, Paulus de Castro, Cinus de Pistoia und Johannes Faber.303 da Lichtenauer nicht differenziert zwischen dem offensichtlich insolventen Schuldner, dessen Handlungen in fraudem creditorum nichtig sind, und dem nicht offensichtlich insolventen Schuldner, dessen betrügerische Handlungen gegebenenfalls mit einer actio Pauliana anfechtbar sind (dazu sogleich im Text). Die Widersprüchlichkeit des ersten Teils zum römischen Recht ist nichtsdestotrotz bemerkenswert. 298 Siehe Ankum, Geschiedenis, S. 347 ff. m. w. N. 299 Die Originalquelle (Brugge, Rijksarchief, Archief Proosdij Sint-Donaas, nr. 1510, f. 159 ff.) war mir leider nicht zugänglich. Als Datum gibt Ankum, Geschiedenis, S. 347 den 24. Mai 1479 an, Strubbe, S. 454, Fn. 24 denselben Tag im Vorjahr, 1478. 300 Vgl. Ankum, Geschiedenis, S. 347 und Strubbe, S. 454 ff. 301 Nikolaus Everardus (Nicolaas Everaerts) lebte von 1461 / 2 bis 1532. Der Doktor beider Rechte der Universität Leuven war etwa mit Erasmus von Rotterdam freundschaftlich verbunden und war ein Schützling Karls V. Eine Sammlung seiner Urteile, die er als Präsident des Gerichtshofs der Grafschaft Holland sowie als Gerichtsrat und später Präsident des Obersten Gerichtshofs der Niederlande, des Groote Raad in Mechelen, fällte, erschien posthum im Jahre 1554 als „Responsa sive consilia“. Die Urteile zeugen von Everardus’ profunden Kenntnissen des römischen und kanonischen Rechts sowie dessen Bearbeitung seit den Glossatoren. Daneben sind von Everardus ein Buch zur juristischen Argumentation („Topicorum seu de locis legalibus liber“, 1516) und ein kleines Lehrbuch zum römischen Recht („ Nomenclatura legum“, 1551 ebenfalls posthum veröffentlicht) überliefert. Zu Leben und Werk vgl. knapp Feenstra, S. 194 sowie ausführlicher van Kuyk, Sp. 358 ff. und ten Raa, Sp. 214 ff. 302 Vgl. dazu Ankum, Geschiedenis, S. 348. 303 Everardus, consilium XX, S. 74 f.: „utrum mulier, postquam cum aliquo sponsalia in facie sanctae matris ecclesiae contraxit, & postquam de bonis hinc inde in subsidium futuri matrimonij importandum plene conventum & stipulatum extitit, ante tamen quod matrimonium inter eos contractum sit, possit valide sua bona alienare“. Neben der actio Pauliana

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Weiterhin werden im „Groot Placaat“ die Grundzüge des folgenden Insolvenzverfahrens geschildert: alle Gläubiger sollen zusammenlaufen (also ein Konkurs im wörtlichen Sinne!) zur Aufteilung des Schuldnervermögens. Befriedigt werden sollen sie „na de groote en advenant van heure schult“, nach der Größe und Reihenfolge ihrer Schuld. Dies deckt sich größtenteils mit der Schilderung des alten niederländischen Insolvenzrechts, wie sie sich bei Ankum304 findet: der Schuldner, der seine Außenstände nicht mehr begleichen konnte, wurde unter bestimmten Voraussetzungen für insolvent erklärt. Dies hatte zur Folge, dass er die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verlor und dieses durch einen oder mehrere Kommissare verwaltet und zu Geld gemacht wurde. Der Erlös wurde anschließend auf die Gläubiger verteilt. Abschließend wird festgesetzt, dass es keinem Gläubiger zu Gute kommen soll, dass er vorher schon das Vermögen des insolventen Schuldners in Beschlag nehmen ließ. Es sollte also die par condicio creditorum gelten.305 Weiterhin sollte es irrelevant sein, wenn der Schuldner seine Güter an einen privilegierten Ort geschafft hatte. Lokale Gesetze, die dem Vorgenannten entgegenstanden, wurden letztlich außer Kraft gesetzt. (b) Vergleich zwischen den Gesetzen Karls V. und 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 In der Folge werden die Gesetze Karls V. und 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 einander gegenübergestellt, um herauszufinden, ob sich der von Riesenfeld306 und Dalhuisen307 geäußerte, aber kaum bzw. nicht belegte Verdacht des starken flämischen Einflusses bestätigen lässt. Terminologisch fällt zunächst auf, dass in Flandern von „banquerouten“ die Rede ist, während in England das etymologisch verwandte „bankrupts“308 verwendet wird. Schon Coke weist in seinen Institutes darauf hin, dass das Wort „bankrupt“ wird auch auf das senatusconsultum Velleianum eingegangen, das das Verbot der Bürgschaft unter Ehegatten vorsah. 304 Siehe zum Folgenden Ankum, Geschiedenis, S. 367: „Het is voor ons voldoende te weten, dat de onvermogende debiteur (hetzij koopman, hetzij geen koopman), die niet meer in staat is zijn schulden te voldoen, onder bapaalde voorwarden failliet kan worden verklaard, en dar daarna met het beheer van zijn vermogen één of meer curatoren of commissarissen worden belast, die het vermogen te gelde maken en de opbrengst onder de gezamenlijke schuldeisers verdelen. Door het faillissement wordt de debiteur beschikkingsonbevoegt“. 305 Erwähnt wird dieses Prinzip in D. 42, 8, 6, 7 a. E. Siehe zur Position dieses Prinzips im römischen Recht allerdings die Anmerkung in Teil B, Fn. 17. Zur Gleichbehandlung der Gläubiger im kontinentalen Recht vgl. die Anmerkung in Fn. 125 ff. 306 Riesenfeld, Bankruptcy, S. 356. 307 Dalhuisen, § 2.02, 1– 41. Zu einem anderen Beispiel niederländischen Einflusses auf das englische Recht im 16. Jahrhundert siehe etwa Ibbetson, Insurance, S. 295 f. 308 Anzumerken ist freilich, dass das Wort nur in der Überschrift, nicht mehr im eigentlichen Gesetzestext vorkommt. Siehe dazu Jones, Bankruptcy, S. 16.

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„from foreign nations“ stamme.309 Er selbst sah in Anlehnung an Cowell die etymologischen Wurzeln in den französischen Worten „banque“ (Tisch) und „route“ (Spur); gemeint sei, dass ein Kaufmann seinen Geschäftstisch weggenommen habe, sodass nur noch dessen Spur zu sehen sei.310 Skene dagegen leitete das Wort vom Zerbrechen des Geschäftstisches eines insolventen Kaufmannes her.311 Es ist belegt, dass dies auf dem Markt von Medina di Campo gegen genuesische Kaufleute praktiziert wurde.312 In Statuten des genuesischen Rechts findet sich wiederum ein Statut, das „ De bancheriis rumpentibus“, „Über brechende Bankiers“, überschrieben ist.313 Dieses Statut zeigt folglich einen weiteren etymologischen Ansatz auf: die Person des bancherius, der in den Statuten deutlich von seinem bancum unterschieden wird,314 bricht (finanziell) ein, wird also zum rumpens. Dies kann nicht nur einem Bankier zustoßen, sondern auch anderen Kaufleuten, wie es aus einem anderen Statut, „ De bancheriis et aliis rumpentibus“, deutlich Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276†. Coke, Institutes, Bd. 4, S. 276†: „for banque in the French is mensa, and a banquer or eschanger is mensarius and route is a signe or mark, as we say, a cart rout is the signe or mark where the cart hath gone – metaphorically it is taken for him that hath wasted his estate, and removed his banque, so as there is left but a mention thereof“. Cowell, Interpreter, Eintrag „Bankrupt“: „The composition of the french word I take to be this (banque i. mensa) & (route i. vestigium) metaphorically taken from the signe left in the earth, of a table once fastened unto it, & now taken away. So that the original seemeth to have sprung from those Romain (mensary) which (as appeareth by many wrighters) had their (tabernas & mensas) in certaine publique places, whereof, when they were disposed to flie, & deceive men that had put them in trust with their monies, they left but the signes or carcases behinde them“. 311 Skene, S. 49, Eintrag „Dyour“: „Because the doer thereof, as it were, breakis his banke, stall or seat, quhair he used his traffique of before“. Dieser Definition folgen auch Blackstone, Buch 2, S. 272, Fn. e, Renouard, S. 28, Levinthal, English Bankruptcy, S. 2, Treiman, Acts of Bankruptcy, S. 189, Fn. 2, Del Marmol, S. 12 und Hertner, Sp. 428. 312 Escriche, S. 343 f., Eintrag „bancarrota“: „La palabra bancarrota y juntamente su odiosidad tren su origen de la antigua y famosa feria de Medina del Campo, villa situada en el corazon de Castilla, y en otro tiempo una de las principales plazas de comercio de Europa. Los Genoveses, que eran los que allí ejercian el giro de letras y el cambio de monedas, se colocaban en la plaza principal con sus mesas ó mostradores y un banquillo de madera para sentarse; y cuando alguno de ellos faltaba maliciosamente á la buena fo, los cónsulos ó magistrados de la feria le imponian entre otras penas la de hacer quebrar solemnemente ante el gentío inmenso el citado banquillo, declarándole al mismo tiempo indigno de allernar con los hombres de bien, y escluyéndole para siempre de la feria de Medina. Este rompimento de la banca ó banquillo dié lugar á la fomacion de la parabla banca-rota, que luego se generalizó en Europa, para designar el estado de insolvencia culpable ó fraudulenta“. Auf diesen Eintrag verweist Treiman, Acts of Bankruptcy, S. 190, Fn. 2. 313 Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVIII, Augustae Taurinorum (1901), Sp. 574. Eine Datumsangabe trägt dieses Statut nicht; aus dem Vorwort dieses Bandes der Historiae Patriae Monumenta wird jedoch ersichtlich, dass als Grundlage drei Quellensammlungen dienten, wovon die erste aus dem Zeitraum zwischen 1191 und 1339 stammt, die zweite Quellen zwischen 1270 und 1339 und die dritte Quellen zwischen 1120 und dem 15. Jahrhundert beinhaltet, vgl. Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVIII, Augustae Taurinorum (1901), S. viii. 314 Diese Unterscheidung wird etwa deutlich in Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVIII, Augustae Taurinorum (1901), Sp. 544 oder 554. 309 310

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wird.315 In einem weiteren Statut wird bereits die Ligation „bancherotus“ verwendet.316 Unabhängig davon, welchem dieser etymologischen Herleitungsansätze man folgen möchte, steht jedenfalls fest, dass der englische Begriff „bankrupt“ dem kontinentalen Sprachgebrauch, wie er sich etwa in den Gesetzen Karls V. („banquerouten“ bzw. „banqueroeten“) in Flandern und François I. („banqueroutiers“ bzw. „banques routes“) in Frankreich findet, entlehnt ist. Sowohl die Gesetze Karls V. als auch 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 richten sich zudem gegen ein bestimmtes Verhalten des Schuldners und knüpfen nicht an die Tatsache an, dass dieser zahlungsunfähig ist. Dabei ist beiden die Flucht als untunliches Verhalten gemein; daneben steht in Flandern das Wegschaffen von Gütern, in England das Zurückziehen ins eigene Haus. Weitere Voraussetzung ist jeweils eine Beeinträchtigung der Gläubiger, Gläubigerbetrug (Flandern) bzw. Nichtbegleichung offener Schulden (England). Diese Anknüpfung an ein Verhalten schlägt sich auch in der Kriminalisierung der Missetäter nieder. Diese werden in Flandern wie „openbaire dieven“317 behandelt. In 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 werden bankrotte Schuldner als „offendours“318 bezeichnet. 1559 wurden dem englischen Parlament darüber hinaus Überlegungen vorgelegt, „that bankruptcy be made felony“, dass Bankrott also als Verbrechen („felony“)319 angesehen werden möge.320 Diese Gleichbehandlung des flüchtigen Schuldners mit dem Dieb ist für das kontinentale Recht typisch.321 Ensprechende 315 Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVIII, Augustae Taurinorum (1901), Sp. 656 ff. Nach diesem Statut mussten Bankiers Bürgen stellen, die im Falle eines Bankrotts einzustehen hatten: „Quod si dicti bancherii vel aliquis eorum rumperet, vel efficeretur aliter non solvendo, qualitercumque non solvetur, dicti fideiussores eorum in solidum usque in quantitatem usque in quam intercessissent teneantur et debeant pro ipso bancherio solvere cum effectu“. 316 Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVIII, Augustae Taurinorum (1901), Sp. 564. 317 Siehe vande Water, Bd. 1, S. 414. 318 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900. 319 „Felony“ bezeichnet ein schweres Verbrechen wie Mord, Totschlag oder Diebstahl, das theoretisch mit dem Tode bestraft werden konnte, vgl. Veall, S. xxv. Die Todesstrafe für betrügerische Bankrotteure wurde später unter Königin Anne 1706 tatsächlich eingeführt, allerdings während ihrer Geltung bis 1820 nur in vier Fällen vollstreckt, vgl. Kadens, S. 1270 ff. m. w. N. 320 Im Calendar of the Manuscripts of the Most Hon. The Marquis of Salisbury, K.G., Perserved at Hatfield House, Hertfordshire, London (1883), S. 164, sind „Considerations delivered to the Parliament, 1559“ (Nr. 587) aufgeführt. Consideration 17 lautet: „That bankruptcy be made felony, and bankrupts’ goods and lands sold and divided among their creditors after the statute 34 Henry VIII. ch. [4], provided that if all his creditors join in petition for his pardon he have it allowed for the first time. Where a poor thief doth steal a sheep or pick a purse, they come away with hundreds and thousands at least, and undo a great many honest men.“ Vgl. zur Kriminalisierung der Bankrotteure auch Tawney / Power, Bd. 1, S. 328, Elton, Parliament, S. 297, Jones, Bankruptcy, S. 19, Pakter, Bankruptcy, S. 504. 321 Vgl. etwa Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 326 f. oder Paulus, Kaleidoskop, S. 1150, der exemplarisch auf Tit. XXIII, § 1 a. E. der Reichspolizeiordnung von 1577, abgedruckt bei Schmelzeisen, S. 72, verweist.

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Regelungen finden sich nicht nur im flämischen, sondern etwa auch im zeitgenössischen spanischen322 und deutschen323 Recht. Es fragt sich, wie diese Behandlung des flüchtigen Schuldners erklärt werden kann. Für das deutsche Recht sieht Planitz die Begründung für diese Gleichstellung von Flucht des zahlungsunfähigen Schuldners und Diebstahl darin, dass der Flüchtende dadurch, dass er durch Flucht die Zahlung verweigert, gleichsam ein „diebisches Entführen des Geschuldeten“ aus dem Gerichtsbezirk tätigt.324 Dies ist insofern interessant, als das römische Recht an eine Verurteilung wegen Diebstahls (furtum) dieselbe Konsequenz wie an die Insolvenz knüpfte, nämlich die Infamie.325 Forster dagegen sieht als „gemeinsame inhaltliche Basis dieser Normen“ eine Dekretale Papst Innozenz III., die im Liber Extra (X 3, 49, 6) überliefert ist.326 In dieser heißt es: „ fugiens ad ecclesiam […] non est violenter ab ecclesia extrahendus, […] nisi publicus latro fuerit, vel nocturnus depopulator agrorum“ – ein ins Kirchenasyl Geflüchteter darf nicht gewaltsam aus der Kirche gezogen werden, es sei denn, er ist „ publicus latro“ oder „nocturnus depopulator agrorum“. Panormitanus definiert diese beiden Ausnahmen in seinem Kommentar zu X 3, 49, 6. Ein „publicus latro“ sei, „qui palam et publice furat“ – „wer vor den Augen der Leute und öffentlich stiehlt“, ein „nocturnus depopulator agrorum“, „qui obsidet stratam publicam disrobando transeuntes“ – „wer eine öffentliche Straße blockiert, um die Vorbeigehenden auszurauben“.327 Demnach wären die Vorschriften, die den bankrotten Schuldner mit dem „ publicus latro“ gleichsetzten, darin motiviert, ihn im Einklang mit dem kanonischen Recht dem Kirchenasyl entziehen zu können. In diesem Sinne heißt es auch in einer Bulle Papst Pius V. vom 3. November 1570, Bankrotteure seien Dieben und Straßenräubern gleich („ furibus et latronibus similes“) zu behandeln,328 damit sie sich von diesen in keiner Hinsicht unterschieden („ut ab illis in nihilo differant“).329 322 In Spanien wird etwa in einem Gesetz Fernando II. und Isabel I. vom 9. Juni 1502 gegen Bankrotteure angeordnet: „Nos por la presente declaramos, los que ansí se alzaren, ser públicos ladrones y verdaderos robadores“, vgl. Novisima Recopilacion de las Leyes de España, Bd. 3, Lib. XI, Tit. XXII, Ley II, S. 536. Ebenso heißt es in einer Antwort König Felipe II. auf eine Petition vor den Córtes de Córdoba im Jahre 1570: „poderse proceder contra ellos criminalmente como contra ladrones y robadores“, vgl. Novisima Recopilacion de las Leyes de España, Bd. 3, Lib. XI, Tit. XXII, Ley VI, S. 536 f. Siehe dazu auch Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 326 m. w. N., auch zu älteren Zeugnissen. 323 Auf deutschem Boden finden sich etwa im Braunschweiger Stadtrecht Klauseln, nach denen die Flucht des Schuldners „für ain diebstal zuhalten“ sei, bzw. dass die städtischen Magistrate dieses Verhalten „ pro furto tenent“, vgl. Hänselmann / Mack, S. 400 (Nr. 533 = Vehme vom 12. Mai 1337) sowie mit Nachweisen Planitz, Arrestprozess, S. 64 mit Fn. 1 und 2 sowie Gerhardt, S. 63 mit Fn. 121. 324 Planitz, Arrestprozess, S. 65. 325 Siehe nur Honsell, § 59, S. 173. 326 Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 326 f. Siehe ferner Speciale, S. 156 oder Gortázar Rotaeche, S. 48 f. 327 Panormitanus, ad X 3, 49, 6 = Sirks, Panormitanus, f. 349 b. Vgl. auch Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 327, Fn. 24. 328 Vgl. dazu etwa Speciale, S. 154 f.

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Weiterhin ist dem flämischen und dem englischen Recht eine Haftung von Komplizen jeglicher Art gemeinsam: diese haften nach flämischem Recht ebenso wie der insolvente Schuldner; nach englischem Recht müssen sie, wenn sie falsche Auskunft geben oder eine in Wirklichkeit nicht bestehende Forderung anmelden, den doppelten Wert der bei ihnen befindlichen Sachen des Schuldners zahlen. Nach beiden Rechten ist das Vermögen des insolventen Schuldners aufzulisten und sicherzustellen. Nach flämischem Recht haften Ehefrauen für nach der Hochzeit eingegangene Verbindlichkeiten ihres Ehemannes; in England sind dementsprechend auch solche Gegenstände in das vollstreckbare Vermögen einzubeziehen, die sich „in the right of theyre wieves“330 befinden. In beiden Rechtsordnungen findet sich weiterhin die Regelung, dass der flüchtige Schuldner über eine gewisse Frist zur Rückkehr in einer weiteren Frist aufgefordert wird. In Flandern betragen beide Fristen 40 Tage; Rechtsfolge im Falle der Zuwiderhandlung ist, dass die Täter „sullen bebannen worden tot eeuwigen dage vuyt onse voirsz. Landen en Heerlykheden, sonder nimmermeer in den selven te mogen wederkeeren“,331 also aus dem Herrschaftsbereich des Königs verbannt werden. In England beläuft sich die Frist auf drei Monate, „and offendoures shalbe adjudged taken and demed to all intente and purposes out of the Kinge protection“,332 d. h. die Täter werden geächtet.333 Zudem wird in beiden Ländern entschieden, keine Bevorzugung des „frühen Vogels“ unter den Gläubigern zu dulden, sondern die par condicio creditorum einzuhalten. In England bekommt jeder Gläubiger „a porcion, rate and rate lyke, according to the quantitie of theyre debte“,334 in Flandern „na de groote en advenant van heure schult, sonder preferentie“.335 Zuständig sind in Flandern „den Officier en Wethouderen“,336 also lokale Beamte, während in England die höchsten Würdenträger des Reiches mit der Durchführung betraut werden. In der Praxis wurde die Zuständigkeit jedoch bald auf 329 Cherubini, Magnum Bullarium Romanum, Bd. 2, S. 315. Weiter heißt es dort: „necnon qui se bona sua decoxisse simulantes, illa in fraudem creditorum suorum occultant, & eorum pecuniam totum in eorum utilitatem forsan converterint, ut eorum creditores ad secum componendum facilius alliciant, ultimi supplicii, & ea qua fures ipsi, de jure vel consuetudine, aut particulari vel municipali statuto plecti solent, puniri debeant“. Siehe auch Cocquelines, Bullarum Collectio, Bd. 4,3, S. 132. 330 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900. 331 Siehe vande Water, Bd. 1, S. 415. 332 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 901. 333 Lehmberg, S. 181, übersetzt die soeben wiedergegebene Konsequenz kurz und treffend mit „outlawed“. 334 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900. 335 Siehe vande Water, Bd. 1, S. 415. 336 Siehe vande Water, Bd. 1, S. 414.

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sogenannte „commissioners“ übertragen.337 Gemeinsam ist beiden Ländern jedenfalls die Zuständigkeit öffentlicher Beamter. Somit bestehen in fast allen zentralen Punkten inhaltliche Übereinstimmungen zwischen den Gesetzen Karls V. und 34 & 35 Hen. VIII. c. 4. Diese legen in der Tat den Schluss nahe, dass es einen Einfluss der flämischen Gesetzgebung Karls V. auf die Gesetzgebung Henry VIII. gab. Schwierig ist es dagegen, für die Nichtigkeitsregelungen im „Groot Placaat“ und im „Eeuwig Edict“ ein Äquivalent in 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 zu finden. Nach dem „Groot Placaat“ werden alle simulierten oder unter Umgehung oder Betrug geschlossenen Verträge für nichtig und wertlos, für „negeen en van onweerden“338, erklärt. Dass die Wendung, „that allwaies suche false and fained recoveries shall not be in force“339 einen anderen Aussagegehalt hat, wurde bereits gezeigt.340 Nach Kapitel III des „Eeuwig Edict“ sind „alle contracten ende appoinctementen gemaeckt metten banckerouten ende fugitiven […] alle alienatien, verkoop, transport ende cessien van haren goedere, rechten ende actien, ghedaen nae dien syluyden banckerourters ende fugitiven geweest zijn, als prejudiciabele der ghemeene welvart, ende sooverre dat se den schuldenaers prejudicie dragen, […] nul ende van onweerden“.341 Ein Vertrag mit einer bankrotten oder flüchtigen Person war demnach nichtig, wenn er für das Allgemeinwohl oder seine Gläubiger schädlich war. Eine derartige Klausel bietet 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 nicht. Jedoch waren entsprechende Regelungen bezüglich des Einzelvollstreckungsverfahrens gegen ins Kirchenasyl geflüchtete Schuldner bereits in 50 Edw. III. c. 6 (1376),342 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379)343 sowie 3 Hen. VII. c. 4 (1487)344 enthalten. Insofern kann man konstatieren, dass 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 zwar bezüglich des Insolvenzrechts im Allgemeinen beachtliche Anleihen bei der zeitgenössischen 337 Jones, Bankruptcy, S. 15: „The designated authorities – the work would devolve upon commissioners, but this was not stated – were empowered to search, view, rent, appraise, or sell any of these items to the benefit of the creditors“. Mit 13 Eliz. I. c. 7 (1571) wurden diese „commissioners“ auch offiziell in den Gesetzestext aufgenommen; vgl. dazu S. 126 f. 338 Siehe vande Water, Bd. 1, S. 415. 339 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900. 340 Siehe oben, S. 107 ff. 341 Zitiert nach vande Water, Bd. 1, S. 422. 342 50 Edw. III. c. 6, in: Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 396: „auxi avant come nul tiel doun nent eust este fait“. 343 2 Ric. II., s. 2., c. 3, in: Statutes of the Realm, Bd. 2, S. 12: „ sion cestassavoir de ceux terres & biens issint donez par collusion, come dautres quelconques par dehors mesme la Franchise apres ce que tielle collusion ou fraude soit duement trovez; en mesme la manere come ceo deust avoir este fait si null dimise ent eust este fait, niencontresteant mesme la dimise“. 344 3 Hen. VII. c 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 2, S. 513: „que toutz feetz de done dez bienz & chatieux faitz ou affairs de confiance, all oeps de cell persone ou persones que ou quels feet ou fount mesme le feet del done, soiet voidez & de null effecte“.

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Gesetzeslage in Flandern macht,345 bezüglich der Frage, wie Rechtshandlungen des insolventen Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligten, zu behandeln sind, dagegen keine Anleihen an der kontinentalen Rechtspraxis tätigt. Der Nachweis von „strong Flemish influence“ wirft die Frage auf, wie es zu einer derartigen Beeinflussung des englischen Rechtes durch das niederländische kommen konnte. Verbindungen zwischen beiden Ländern bestanden zahlreich. Beide Herrscher, Karl V. und Henry VIII., standen, wenngleich sie nicht immer „good brothers and perpetual allies“ waren, in regem diplomatischen Kontakt und suchten – wenn es ihnen jeweils politisch opportun schien – die Unterstützung des anderen in Bündnisfragen, sowohl in persönlichen Gesprächen als auch durch Unterhändler.346 Zudem war für englische Kaufleute, die Außenhandel betrieben, der Seeweg in die Niederlande eine naheliegende Option.347 Gerade auf dem Gebiet des Stoff- und Wollhandels bestanden wesentliche Warenverkehrsströme.348 Somit kommen sowohl politische als auch ökonomische Motive als Begründung für die Beeinflussung des englischen Rechts durch das niederländische in Betracht. dd) 13 Eliz. I. c. 7 und 13 Eliz. I. c. 5 (1571) Unter Königin Elizabeth I. entstanden in ihrem 13. Regierungsjahr (1571) zwei thematisch zusammenhängende, aber räumlich getrennte einschlägige Gesetze. 13 Eliz. I. c. 7 (1571) wird auch als „Bankruptcy Act“ bezeichnet, 13 Eliz. I. c. 5 (1571) ist bekannt unter den Namen „Statute of Fraudulent Conveyances“.349 Weiterhin wurde unter Elizabeth I. im Jahr 1584 mit 27 Eliz. I. c. 4 „An Act against covenous and fraudulent conveyaunces“ erlassen.350 Trotz des einschlägig klingenden Titels befasst sich das Gesetz jedoch nicht mit der Rückgängigmachung von Vermögensverfügungen eines Schuldners, die seinen Gläubigern gegenüber betrügerisch sind. 27 Eliz. I. c. 4 beschäftigt sich zwar mit betrügerischen Veräußerungen, wenn auch nur von Liegenschaften („Landes Tenementes Leases Estates and Hereditamentes“). Das Gesetz sollte Zweiterwerber von Liegenschaftsrechten, die eine hinreichende Gegenleistung erbracht haben („for Money or other good Considerations“), vor ihnen nachteiligen vorherigen Verfügungen des Grundstücksinha345 Paulus, Entwicklungslinien, S. 243, wirft 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 sogar vor, „dass von der Überschrift bis hin zu den einzelnen Anordnungen nichts Originäres in dem Gesetz enthalten ist“. 346 Vgl. sehr ausführlich Rodríguez-Salgado, S. 611 ff. 347 Zur Geschichte der Handelsbeziehungen zwischen England und den Niederlanden vgl. Postan, S. 282 ff. 348 Siehe etwa de Smedt, Bd. 1, S. 47 und 49 oder North / Thomas, S. 132 f. 349 Vgl. Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 87, Fn. 24. 350 Abgedruckt ist dieses in Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 709 ff.

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bers schützen. Als Rechtsfolge wird angeordnet, dass die erste Verfügung gegenüber dem Zweiterwerber relativ351 nichtig bzw. rechtsfolgenlos sein soll („to be utterly voide frustrate and of none effecte“). Da dieses Gesetz damit keinen direkt mit der kontinentalen actio Pauliana vergleichbaren Rechtsgehalt aufweist, sind an dieser Stelle nur „Bankruptcy Act“ (13 Eliz. I. c. 7) und „Statute of Fraudulent Conveyances“ (13 Eliz. I. c. 5) zu behandeln. (1) 13 Eliz. I. c. 7 (1571) (a) Entstehungsgeschichte Der Versuch eines weiteren Gesetzes gegen „bankruptcy“ nach 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) wurde bereits im Jahr 1563 unternommen. Am 8. März 1563 wurde der Entwurf einer „Bill for the Order of Bankrupts“ im House of Commons verlesen, am 13. März eine „Bill for the Order of the Persons Lands and Goods, that shall be Bankrupts“.352 Drei Tage später, am 16. März wurde eine neue „Bill for the Order of Bankrupts, their Lands and Goods“ eingebracht, und zwar von allerhöchster Stelle, „by Commission from the Lord Chancellor“.353 Nach mehrfacher Überarbeitung wurde diese am 6. April beschlossen.354 Am Folgetag ging dieser Gesetzesentwurf bei den Lords ein und wurde erstmals gelesen, die zweite Lesung fand am 9. April statt.355 Dort wurde ein Änderungsvorschlag erarbeitet und an die Commons zurückgeleitet; am 10. April wurde im House of Commons nämlich über eine weitere Klausel, die die Lords hinzugefügt haben wollten, abgestimmt.356 Anschließend votierte auch das House of Lords für den neuen Entwurf.357 Unter den Statutes, die 1563 verabschiedet wurden, findet sich ein solches Gesetz allerdings nicht.358 Elton vermutet, das Gesetz sei an einem Veto des (Privy) Council gescheitert.359 Ein neuer Versuch wurde im Jahr 1571 unternommen. Im Journal of the House of Lords heißt es, am 11. April 1571 habe man angeordnet, dass die Mitglieder des Ausschusses für eine „Bill of Bankrupts“ Abgeordnete der Commons zur Diskussion sowie andere Personen um ihrer Expertise auf dem Gebiet willen einberufen sollen.360 Am 12. Mai hatte die daraufhin entworfene „Billa, for Orders for Bank351 Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 710: „only as against that Person and Persons […] which have purchased […] for Money or other good Consideration the same Landes“. 352 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 68 f. 353 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 69. 354 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 70 und 72. 355 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 616 f. 356 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 72. 357 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 618. 358 Siehe etwa die Aufzählung in Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 401. 359 Elton, Studies, S. 146, Fn. 259. 360 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 673. Ebenso D’Ewes, S. 143.

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rupts“ ihre erste Lesung im House of Lords.361 Zwei Tage später, am 14. Mai, fand die zweite Lesung statt und der Gesetzesentwurf wurde formgerecht aufgeschrieben („commissa est ad ingrossandum“).362 Am 16. Mai wurde der dort überarbeitete Entwurf zum dritten Mal gelesen, beschlossen und an das House of Commons weitergeleitet.363 Dort traf die Vorlage noch am selben Tag an, wurde am 17. Mai das erste, am 21. Mai das zweite und am 24. Mai das dritte Mal gelesen, woraufhin abgestimmt wurde.364 Die Boten aus dem House of Lords, die an diesem Tag andere Gesetzesentwürfe vorbeibrachten, verlangten bei dieser Gelegenheit, dass sechs Abgeordnete der Commons das Gesetz mit den Lords beraten mögen.365 Am Folgetag wurde das Ergebnis dieser Beratung im House of Commons vorgestellt.366 Bereits am Vortag, am 24. Mai 1571, war der diskutierte Entwurf der Commons, versehen mit einer neuen Klausel (Proviso) und gewissen Änderungen, von den Lords akzeptiert worden.367 (b) Paraphrase Da trotz des Erlasses von 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) die Probleme mit bankrotten Schuldnern weiter zugenommen hatten,368 versuchte 13 Eliz. I. c. 7 (1571)369 zunächst, die „acts of bankruptcy“, also diejenigen Tatbestände, bei deren Vorliegen jemand als „bankrupt“ galt, zu erweitern und klarer zu definieren. Nunmehr sollten nicht nur diejenigen englischen Kaufleute, die sich in ihr Haus zurückziehen oder fliehen, als „bankrupt“ gelten, sondern auch die, die das Reich verlasJournal of the House of Lords, Bd. 1, S. 685. Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 685. Ebenso D’Ewes, S. 146. Vgl. Bowen, S. 27: „engrossed (written in legal form by a professional copyist)“. 363 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 687. Ebenso D’Ewes, S. 147 und S. 184. 364 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 90, 91 und 92. Vgl. D’Ewes, S. 146. 365 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 92. Ebenso D’Ewes, S. 188. Dies war eine durchaus übliche Praxis, die von beiden Häusern ausgehen konnte, vgl. etwa nur für die Regierungszeit Elizabeth I. seitens der Commons am 4. Dezember 1565 (Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 625) und am 16. Dezember 1601 bezüglich eines „Act for the better Observation of certain Orders in the Exchequer“ (Journal of the House of Lords, Bd. 2, S. 255) oder seitens der Lords am 19. Mai 1571 bezüglich einer „Bill for coming to the Church and receiving of the Communion“ (Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 91) und am 15. Februar 1576 bezüglich einer „Bill against diminishing and impairing the Coins of this Realm“ (Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 106). 366 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 92. Ebenso D’Ewes, S. 188. 367 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 695. Ebenso D’Ewes, S. 149. 368 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 539: „Forasmuch as notwithstanding the Statute made agaynst Banckruptes in the xxxiiij yere of the Raigne of our late Soveraigne Lord Kynge Henry the Eight, those kynde of persons have and doo still encrease into greate and excessive numbers, and are lyke more to do“. 369 Dieses Gesetz behandelt Nicholas Fuller in seiner Vorlesung („reading“) in Gray’s Inn im Jahre 1587, London, British Library, Ms. Hargrave 398, ff. 173v – 170 (rückwärts); vgl. dazu Baker, Readings, S. lxiv, 46 und 343. 361 362

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sen, ins Kirchenasyl fliehen oder sich sonstwie absentieren oder es absichtlich zu einer gerichtlichen Festnahme und Ächtung kommen lassen, wenn dies in der Absicht geschieht, ihre englischen Gläubiger um ihre Forderungen zu betrügen.370 Eingeschränkt wird dagegen der persönliche Anwendungsbereich von 13 Eliz. I. c. 7 insofern, als nur noch einheimische Kaufleute erfasst sein sollen.371 Damit folgt das Gesetz der Regelung Karls V. im „Groot Placaat“.372 Ob man daraus freilich schließen kann, dass Nicht-Kaufleute auch nicht als bankrott erklärt werden konnten,373 erscheint vor dem Hintergrund fraglich, dass Nicht-Kaufleute immer noch in den Anwendungsbereich der Gesetzgebung Henry VIII. fielen.374 Daneben sollte eine weitere Schwachstelle von 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 ausgemerzt werden. Unter Henry VIII. wurden hohe Kronbeamte um den Lord Chancellor375 dazu ermächtigt, nach freier Willkür diejenigen Maßnahmen bezüglich Person und Vermögen des Betroffenen zu ergreifen, die sie für adäquat erachteten. Diese Regelung erwies sich jedoch als nicht praxisfest; eine Dezentralisierung sowie eine klarere Beschreibung der behördlichen Kompetenzen und Aufgaben war vonnöten, um ein ordnungsgemäßes Vorgehen gegen Bankrotteure zu gewähleisten. Daher erklärte 13 Eliz. I. c. 7 zum einen, dass der Lord Chancellor bzw. Lord Keeper of the Great Seal376 auf schriftlichen Antrag geeignete Leute mit dem weiteren Vor370 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 539: „hathe or at any tyme hereafter shall departe the realme, or begyn to kepe his or her House or Houses, or otherwyse to absent hym or her self, or take Sanctuary, or suffer hym or her self wyllingly to be arrested for any Debt or other Thinge not growen or due for Monye delyvered Wares sold or any other just or lawfull cause or good consideration or purposes, hath or will suffer hym or her self to be outlawed, or yeld hym or her self to prysion, or departe from his or her Dwellyng House or Houses, to thentent or purpose to defraude or hynder any of his or her Credytors“. 371 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 539: „any Merchaunte or other person using or exercysinge the Trade of Merchaundize by way of Bargaynynge Exchaunge Rechaunge Bartrie Chevisaunce or otherwyse, in Grosse or by Retayle, or seeking his or her Trade of lyvinge by buyinge and sellinge, & being Subject borne of this Realme or of any the Queens Domynions, or Denizen“. Duffy, S. 284, sieht diese Einschränkung in wirtschaftlichen Erwägungen begründet. 372 Die Regelungen „tegens de banqueroeten en fugitiven“ in Kapitel VII des „Groot Placaat“ betreffen auch nur „alle Koopluyden en Koopwyven, en alle andere persoonen, hen die koopmanschap onderwindende“ (zitiert nach vande Water, Bd. 1, S. 415 f.). 373 In diesem Sinne etwa Finch, S. 8: „Non-traders could thus not be declared bankrupts“. 374 Ebenso waren auch im flämischen Recht vom „Eeuwig Edict“, anders als vom „Groot Placaat“, nicht nur „alle Koopluyden en Koopwyven“, sondern auch „andere schuldenaars, van wat conditie, of qualiteyt zy zyn,“ und somit auch Nichtkaufleute erfasst, vgl. vande Water, Bd. 1, S. 421. Auf diese Tatsache weist Forster, Konkursprozess des gemeinen Rechts, S. 327 hin. 375 Roscoe, S. 171 bezeichnet die zuständigen Amtsträger als „more or less equivalent to the Privy Council“. Ebenso bereits Renouard, S. 29: „une commission composée de membres du conseil privé“. 376 Lord Chancellor bzw. Lord Keeper of the Great Seal sind zwei Bezeichnungen für dasselbe Amt. Unter Elizabeth I. wurde ein adliger Amtsinhaber zum Lord Chancellor, ein bürgerlicher zum Lord Keeper of the Great Seal ernannt, was der etwas weniger vornehme Titel

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gehen beauftragen sollte. Aufgrund dieses Tätigwerdens „by comission“ werden diese Personen auch als „commissioners“, als „Beauftragte“, bezeichnet.377 Levinthal vermutet, dass diese in der Regel Gläubiger waren, die ja naturgemäß ein Eigeninteresse an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens gegen den Bankrotteur hatten.378 Bei Gerard de Malynes heißt es dagegen, die „commissioners“ hätten „Councellors at the Law“ sein müssen und ihre Tätigkeit zusammen mit einigen Bürgern oder Kaufleuten ausgeübt, als Kassenwarte („treasurer“) freilich ein oder zwei Gläubiger eingesetzt.379 Die „commissioners“ wurden befugt, Person und Vermögen des Bankrotteurs festzusetzen und zu veranlassen, dass sein komplettes Vermögen durchsucht, verwaltet und wertmäßig taxiert wird.380 Nach Eintragung bei einem der königlichen Courts of Record hatten sie das Vermögen des Bankrotteurs zu verkaufen und anteilsmäßig unter seinen Gläubigern aufzuteilen.381 Für bestimmte grundherrliche Rechte galten Sonderregelungen.382 Zudem wurde festgesetzt, dass die „commissioners“ dem Bankrotteur gegenüber Rechenschaft bezüglich der Vermögensverwaltung und -verwertung zu geben hatten und dass ein eventueller Überschuss an ihn oder seine Rechtsnachfolger auszukehren sei.383 war, vgl. Baker, Institutes, 4. Aufl., S. 100 und Bowen, S. 17. So wurde etwa Sir Thomas Egerton, Lord Keeper of the Great Seal, eine Woche nach seiner Erhebung zum Lord Ellesmere am 19. Juli 1603 folgerichtig auch zum Lord Chancellor ernannt, siehe Bowen, S. 280. 377 Vgl. nur Levinthal, English Bankruptcy, S. 17. 378 Levinthal, English Bankruptcy, S. 17. 379 Malynes, S. 158: „The Commissioners appointed by the Lord Chancellour under the great Seale, to execute this Commission of the Statute of Bankrupt, must be Councellors at the Law, joined with some Citizens or Merchants, which are to seize of the party (which by the said Commission is proved to be a Bankrupt) all goods, debts, chattels and movables into their hands, and to appoint one or two of the Creditors to be Treasurers of the same“. Siehe dazu auch Holdsworth, History, Bd. 8, S. 238 und Kadens, S. 1243. 380 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 539: „by vertue of this Acte and of such Comission, shall have full powre and auctorytie to take by theyr dyscretions such order and dyrection, with the body and bodies of such person wheresoever he or she may be had, […] & cause their saide Landes Tenementes Fees Annuyties Offices Goodes Catalls Wares Merchaundizes and Debtes to be searched viewed rented and appraysed to the best value thay may“. 381 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 539: „by Dede intended, inrolled in one of the Queenes Majesties Courtes of recorde, to make sale of the saide […] or otherwise to order the same for true Satisfaction and Payment of the said Creditors, that is to saye, To everye of the said Creditors a porcion, rate and rate lyke, according to the quantitie of his or theyre Debtes“. 382 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540: „That all and every person or persons to whome any such Sale of Copyehold or Customarie Lande or Tenemente shalbe made, shall before such tyme as they or any of them shall enter or take any profite of the same Landes or Tenementes, agree & compound with the Lordes of the Manors of whome the same shalbe holden for such Fynes or incomes as heretofore hath ben most usuall & accustomed to be yeelded or payed therefore“. 383 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540: „That such of the said Comissioners […] shall upon lawfull Request to them made by the said Banckrupt, not only make a

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Darüber hinaus erhielten die „commissioners“ die Befugnis, solche Vermögensgegenstände des Bankrotteurs ausfindig zu machen, die sich in den Händen anderer Personen befinden, und Forderungen einzutreiben, die dem Bankrotteur zustehen.384 Bei unvollständiger oder falscher Auskunft im Rahmen dieses Verfahrens musste der Aussagende den doppelten Wert des Vermögensgegenstandes strafweise an die Gläubiger bezahlen.385 Selbiges sollte auch für diejenigen gelten, die betrügerisch Vermögensgegenstände des Bankrotteurs zurückhalten.386 Wenn dabei mehr Strafgeld eingetrieben werden sollte als nötig, um die Gläubiger vollständig zu befriedigen, sollte der Überschuss jeweils hälftig an die Staatskasse fallen und unter den örtlichen Armen verteilt werden.387 Flüchtige Bankrotteure sollten durch öffentliche Proklamation an fünf aufeinanderfolgenden Markttagen geladen und im Falle ihres Nichterscheinens geächtet werden.388 Mitwissern und Unterstützern drohte eine im Ermessen des Lord Chancellor oder Lord Keeper of the Great Seal stehende Freiheits- oder Geldstrafe.389 true Declaration to the same Banckruptes of the employinge and bestowing of theyr said Landes Tenementes Offices Fees Goodes Cattells & Debtes so payde and satysfied to theyre said Creditors, but also make Payment of the Overplus of the same (yf any such shalbe)“. 384 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540: „have full Powre and Aucthoritie to send for […] all & everie suche person and persons so knowne suspected or supposed to have any suche Goodes Cattelles Wares Marchaundizes or Debtes in his or theyre Custody Use Occupation Kepyng or Possession, or supposed or suspected to be indebted to such Offendor or Offendours, & upon theyre Appearaunce to examine them“. 385 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540: „Then everye such person or persons so denyinge to sweare, or being examyned do not declare the playne and whole Trueth concerning the Premisses, upon due Proofe thereof to be made before the said Commissioners […], shall lose & forfayte double the Value of all such Goodes Cattelles Wares Merchaundises and Debtes by them or any of them so concealed & not wholly and playnly declared and shewed“. 386 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540: „every such person or persons so craftelye demaunding clayming havyng possessing or detayning any suche Debte Duetye or other Thynge as is aforesaid, shall forfayte and lose double as much as he or they shall so clayme demaunde detayne or possesse, which sayd Forfayture shalbe levyed recovered and imployed in maner and fourme as is afore rehearsed“. 387 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540 f.: „That yf it shall fortune the Creditors of any suche Banckrupt as is aforesaid to be satisfied and payed of theyr Debtes and Dueties […] and that there shall remayne an Overplus of the saide Forfayture of the said double values, That then thone Moytie of the said Overplus of the said Forfaytures of the double values so remayning, shalbe by the saide Comissioners […] payde unto the Quenes Majestie her Heyres and Successors, and thother Moytie thereof shall be by the said Commissioners employed and dystributed to any amongst the Poore within the Hospitalles in every Citie Towne or Countie where any such Banckrupt shall happen to be“. 388 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 541: „yf any such person or persons which is or shalbe indebted, do of purpose withdrawe hym or themselves out or from his or theyr usuall Mansion House or Houses, That then uppon Complaynte thereof […] the same Comissioners […] have full Powre and Aucthoritie to awarde Fyve Proclamations made in the Queens Name, uppon Fyve sundrie Market Dayes in suche Places neare the Place where such Banckrupte hath moste commonly dwelled or made his Abode, comaunding hym or

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In dem (in der Praxis wahrscheinlich regelmäßig eintretenden) Fall, dass das Vollstreckungsverfahren durch die „commissioners“ nicht zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger ausreicht, blieb diesen bezüglich des noch offenen Teils ihrer Forderungen der gewöhnliche Rechtsweg, der durch die in 13 Eliz. I. c. 7 geschilderten „bankruptcy proceedings“ nicht ausgeschlossen wird.390 Die Befugnisse der „commissioners“ sollten sich nicht nur auf die Vermögensmasse beschränken, über die der Bankrotteur zum Zeitpunkt seiner „bankruptcy“ verfügte, sondern sich auch auf solche Vermögenswerte erstrecken, die dieser später erwerben sollte.391 Letztlich wird einschränkend festgesetzt, dass das Gesetz nicht für Ländereien gelten soll, die der Bankrotteur gutgläubigen Dritten als Sicherheiten bestellt hat.392 them by the same Proclamations in the Queens Name to returne with all convenient spede, and to yelde his or theyr Body before the sayd Commissioners […], at suche tyme and place as by the said Proclamation shalbe appoynted; And yf the said person do not accordinge to such Proclamation repayre and yeelde his or theyr Body as is aforesaid, That then the Bodye of all and every such Offendor or Offendours shalbe adjudged taken and deemed to all Intentes and Purposes out of the Queens Protection“. 389 13 Eliz I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 541: „also every person and persons that shall wyllyngly and wyttynglye help to hyde or convey or shall willingly and wyttyngly receave detaine or keepe secretly any person or persons so demanded by Proclamation as is aforesayd, shall suffer suche Paynes by Ymprysonment of his or theire Bodyes, or paye suche Fyne to our Soverayne Ladye the Queenes Majestie her Heyres & Successors, as to the said Lord Chauncelor or Lorde Keper of the Greate Seale (being informed thereof) by the Comissioners […] shall seeme meete and convenyent for theyr sayde Offence or Offences“. 390 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 541: „yf the Creditors of any such Offendour […] be not fully satisfied or otherwyse contented for theyre Debtes and Dueties by the Wayes and Meanes before specyfied and declared, That then the said Creditor or Creditors and everye of them shall and maye have theyr Remedye for the Recoverye & levyng of the Resydue of theyr said Debtes or Dueties whereof they shal not be fully payde or otherwyse contented in Fourme aforesaid agaynst the sayd Offendor or Offendors, in lyke maner and fourme as they should & might have had before the making of this Acte“. 391 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 541: „That yf anye person or persones which is or shalbe published and declared to be a Banckrupt by vertue of this Acte, shall at any tyme after, purchase any Landes Tenementes Hereditamentes Free or Copye, Offyces Fees Goodes or Cattels, Or that any Landes Tenementes Hereditamentes Free or Copie, Offyces Fees Goodes or Cattels shall descend revert or by any Meanes come to any suche person or persons being Banckruptes as is aforesaid, before such tyme as theyr Debtes due to theyr Creditors shalbe fullye satysfied and payd or otherwyse agreed for, That then the sayd […] shall by vertue of this Acte be by the said Comissioners […], be barganed solde extended delyvered and used for and towarde the payment of the said Credytors, in suche lyke maner and fourme“. 392 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 541: „Provided alwayes, That this Acte shall not extend to any Landes Tenementes or Heredytamentes Free or Copye hold which heretofore have been assured by any such Banckrupt, or heereafter shalbe assured by any Banckrupt, before he become Banckrupt; So alwayes that such Assurance be made bona fide and not to the Use of the Banckrupt hymselve onely or of his Heyres; And that the parties to whose Use such Assurance hath or shalbe made be not at or before the makyng of

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C. Rechtsentwicklungen in England

(c) Einordnung und Würdigung Festzustellen ist, dass 13 Eliz. I. c. 7 (1571) sein Ziel erreichte, durch genaue Definition der Kompetentenzen der „commissioners“ die Schwachstellen von 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 auszumerzen und für die Praxis geeignete, funktionelle „bankruptcy proceedings“ zu schaffen. Sucht man nach Passagen, die der kontinentalen actio Pauliana nahekommen, ist allenfalls der folgende Abschnitt maßgeblich: „the said Comissioners or the moste parte of them shall by vertue hereof and of the said Comission, have full Powre and Aucthoritie to send for and call before them, by such processe wayes or meanes as they shall thynke convenyent by theyr dyscretions, all & everie suche person and persons so knowne suspected or supposed to have any suche Goodes Cattelles Wares Marchaundizes or Debtes in his or theyre Custody Use Occupation Kepyng or Possession, or supposed or suspected to be indebted to such Offendor or Offendours, & upon theyre Appearaunce to examine them and every of them“.393

Die „commissioners“ hatten die Befugnis, solche Vermögensgegenstände des Bankrotteurs ausfindig zu machen, die sich in den Händen anderer Personen befinden, und Forderungen, die dem Bankrotteur zustehen, einzutreiben. Auch die actio Pauliana stand in erster Linie dem Insolvenzverwalter (curator bonorum) zu.394 Jedoch diente diese Klage der Wiedererlangung betrügerisch veräußerter Vermögensgegenstände. Die zitierte Passage aus 13 Eliz. I. c. 7 drückt dagegen nicht aus, dass solche Gegenstände ausfindig gemacht werden sollen, die der Bankrotteur veräußert hat. Erfasst sind vielmehr solche Vermögensgegenstände, die dieser nur einer anderen Person zur Aufbewahrung gegeben hat. Die Rede ist gerade nicht von auf den Dritten übertragenem Eigentum, sondern von bloßen besitzrechtlichen Positionen („Custody Use Occupation Kepyng or Possession“). Die genannte Klausel betrifft folglich bloß die Bestimmung des vollstreckbaren Vermögens des Bankrotteurs, nicht die Wiedererlangung betrügerisch veräußerter Vermögensgegenstände. (2) 13 Eliz. I. c. 5 (1571) Der Wiedererlangung betrügerisch veräußerter Vermögensgegenstände wurde vielmehr im Jahre 1571 ein eigenes Gesetz gewidmet, das „Statute of Fraudulent Conveyances“, 13 Eliz. I. c. 5.395 such Assurance privy or consenting to the fraudulent Purpose of any such Banckrupt to deceave his creditors“. 393 13 Eliz. I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 540. 394 D. 42, 8, 1 pr.: „de his curatori bonorum […] actionem dabo“. 395 Dieses Gesetz behandelt William Whitaker in seiner Vorlesung („reading“) im Middle Temple im Sommer 1627, London, British Library, Ms. Hargrave 91, ff. 330 – 337; vgl. dazu Baker, Readings, S. lxiv, 178 und 330.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Während die frühe englische Gesetzgebung in 50 Edw. III. c. 6 (1376), in 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) sowie in 3 Hen. VII. c. 4 (1487) zwar betrügerische Veräußerungen eines nicht zahlungswilligen Schuldners seinen Gläubigern gegenüber unwirksam machte, wenn sich dieser ins Kirchenasyl geflüchtet hatte, waren den Gläubigern in Fällen, in denen zwar eine betrügerische Veräußerung getätigt worden war, der Schuldner jedoch nicht Zuflucht im Schoße der Kirche gesucht hatte, die Hände gebunden.396 Dass diese Fälle in der Praxis vorkamen, zeigt etwa ein Brief aus dem Jahre 1463:397 gegen den Herren des Briefschreibers war ein writ of fieri facias erlassen worden, aufgrunddessen in Höhe von 200 Mark in sein Vermögen vollstreckt werden sollte. Der Herr wies jedoch seine Untergebenen an, dem Sheriff auszurichten, er habe sein ganzes Vermögen an zwei Bekannte verschenkt, sodass kein Vermögen übrig sei, in das vollstreckt werden könne. In einer solchen Situation halfen den Gläubigern die behandelten früheren Gesetze gegen „fraudulent conveyances“ nicht weiter, sodass für den Gesetzgeber der Bedarf bestand, eine weitergehende Regelung zu treffen.398 (a) Entstehungsgeschichte Bereits 1563 beschäftigte sich das Parlament mit „fraudulent conveyances“. Eine „Bill to avoid fraudulent Gifts of Goods to deceive Creditors“ bzw. „Bill to avoid fraudulent Gifts of Lands or Tenements, Goods or Chattels“ scheiterte in der Schlussabstimmung im House of Commons mit 63 zu 89 Abgeordnetenstimmen.399 396 Schon Bacon, Statute of Uses, S. 28, bemerkt, dass 50 Edw. III. c. 6 und 2 Rich. II., stat. 2, c. 3 „only in cases of sanctuary men“ einschlägig waren. In diesem Sinne auch Ross, S. 31: „The most glaring loophole of these statutes is that they only covered fraudulent conveyances where the debtor actually entered a legally defined safe haven“. 397 Auf diesen verweist Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 85. Die relevante Passage, zitiert nach Gairdner, Bd. 2, S. 135 f., lautet: „Please it your good mastership to wete that a fieri facias is come out of the Exchequir for Hue Fen to the Shireff of Norffolk to make levy of CC. mark of the propir goods and catels of my masters […] whech sent us word […] that we shuld lete the Shiref undirstand that my master […] mad a dede of gift of all his goods and catels to Master Prewet and Clement Parston and other, so that my master hath no goods wereof he shuld make levy of the forseid summe“. Ein ähnlicher Sachverhalt liegt auch Twyne’s Case (1602), Mich. 44 Eliz. I. = Coke, Reports, Bd. 3, S. 80b ff. = 76 ER 809 zugrunde, der später, S. 173 ff., behandelt wird. 398 In diesem Sinne auch Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 84 f. Glenn unterstellt dort, Francis Bacon habe 13 Eliz I. c. 5 nicht für relevant gehalten: „It is significant that Francis Bacon […] had something to say about fraudulent conveyances, after Elisabeth’s Act had been passed, and that he does not even mention this statute. Instead, Bacon considered that the fraudulent conveyance, from the standpoint of creditors’ rights, had been fully covered by previous legislation which related to the right of sanctuary“. In der Tat erwähnt Bacon in seiner Darstellung 13 Eliz. I, c. 5 (1571) nicht. Dies dürfte jedoch eher daran liegen, dass er über das Statute of Uses, 27 Hen. VIII., c. 10 (1536), schreibt und in seinem Überblick bloß „the whole course of statute law, before this statute, touching uses“ darstellen möchte, nicht, was danach geschah, vgl. Bacon, Statute of Uses, S. 29.

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13 Eliz. I. c. 5 (1571) geht wohl zurück auf eine Anregung von William Cecil,400 dem späteren Lord Burghley. In einem Dokument aus dem Jahre 1566 mit dem Titel „Articles touching the Parliament“ zählt Cecil, zu diesem Zeitpunkt Secretary of State von Königin Elizabeth I., verschiedene regelungsbedürftige Materien auf; jedem Gesetzgebungsvorhaben wird dabei ein königlicher Justizbeamter zugeordnet, der für den jeweiligen Gesetzesentwurf verantwortlich gemacht wird.401 Mit dem Entwurf eines Gesetzes gegen betrügerische Geschenke zu Lasten der Gläubiger eines bankrotten Schuldners wird James Dyer,402 der Chief Justice of the Common Pleas, betraut.403 Am 1. Oktober 1566 wird eine „Billa, for the making void of Fraudulent Gifts and Alienations“ im House of Lords eingebracht und zum ersten, am 3. Oktober zum zweiten Mal gelesen und an eine Kommission um Dyer weitergegeben.404 Diese Kommission entwirft in der Folge eine „Billa, to make void fraudulent Gifts, Bargains, and Alienations, made for the deceiving of the Creditors“ sowie eine „Billa, for the avoiding of Fraudulent Gifts, Bargains, etc. and for the Punishment of Bankrupts“, die schließlich am 17. Oktober 1566 als „Billa, against Fraudulent Gifts of Goods and Chattels, and also a Remedy against Bankrupts“ verabschiedet wird.405 Als „Bill to avoid fraudulent Gifts, and an Order for Bankrupts“ wird dieser von den Lords verabschiedete Gesetzesentwurf am 23. Oktober 1566 erstmals im House of Commons gelesen, am 9. Dezember 1566 zum zweiten Mal sowie an Mr. Seckford406 weitergegeben.407 Am 19. Dezember 1566 wird nach der dritten Lesung zur Abstimmung übergegangen; für eine Weiterleitung an eine Kommission zwecks Erweiterung des Gesetzesentwurfs stimmen 60, gegen das Gesetzesvorhaben 76 Ab399 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 67, 69, 70 und 71. Parallel wurde ein entsprechender Vorschlag auch im House of Lords diskutiert, vgl. Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 616 – 618. 400 William Cecil (1520 – 1598) studierte am St. John’s College, Cambridge, und wurde in Gray’s Inn ausgebildet. Er war vertrauter Diener Elizabeth I., zunächst ab ihrem Regierungsantritt als Chief Secretary of the State, ab 1572 als Lord High Treasurer of England. Am 25. Februar 1571 wurde er zu Lord Burghley ernannt. Vgl. DNB / Jessopp, Bd. 3, S. 1315 ff. 401 Vgl. Elton, Parliament, S. 73. Dieses Dokument findet sich nach Elton, Parliament, S. 73, Fn. 62, im Public Record Office, State Papers, 12 / 107, f. 146 f. 402 James Dyer wurde in Broadgates Hall, Oxford, und am Middle Temple ausgebildet. 1552 wurde er serjeant-at-law, 1553 war er Sprecher des House of Commons. Seit 1556 war er Richter am Court of Common Pleas und am Court of Queen’s Bench. Seit dem 22. Januar 1559 hatte er das Amt des Chief Justice of the Common Pleas inne. Vgl. DNB / Rigg, Bd. 6, S. 286 f. sowie Simpson / Watkins, S. 162. 403 Elton, Parliament, S. 74. 404 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 627 f. 405 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 630, 631, 634. 406 Thomas Seckford erfuhr seine Ausbildung in Cambridge und in Gray’s Inn, vgl. Hasler / Redstone, Bd. 3, S. 362 ff. 407 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 75 sowie 79.

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geordnete.408 Damit war der Vorstoß gescheitert. Trotzdem sollte ein entsprechender Entwurf im nächsten Parlament im Jahre 1571 konsensfähig werden. Im Jahr 1571 begannen House of Commons und House of Lords ungefähr gleichzeitig, sich mit der Problematik betrügerischer Veräußerungen zu beschäftigen. Am 10. April 1571 wurde eine „Bill against fraudulent Gifts and Conveyances“ zum ersten Mal im House of Commons gelesen.409 Am Folgetag fand die zweite Lesung statt und es wurde eine Kommission eingesetzt, die diesen Gesetzesentwurf erweitern sollte, da der Abgeordnete Dalton410 den Antrag gestellt hatte, die Wirkung des Gesetzes auf Betrug bezüglich „heriots“411 zu erweitern.412 Später referierte „Mr. Seckford, Master of the Requests“413 über die „Bill of fraudulent Gifts and Conveyances“ und schlug vor, dass eine Kommission eingesetzt werden möge, bestehend aus Sir John White,414 Herrn Seckford selbst sowie den Abgeordneten Manwood,415 408 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 80. Bemerkenswert ist dabei, dass die Anzahl der Stimmen festgestellt wurde. Gewöhnlich wurde im House of Commons mündlich abgestimmt, indem alle Abgeordneten gleichzeitig „Aye!“ oder „No!“ schrien und der Sprecher dann zu entscheiden hatte, welche Seite lauter und damit in der Überzahl war. Befand er sich darüber im Zweifel, wurde ein weiteres Mal dergestalt abgestimmt, dass die Befürworter des Gesetzesvorschlags den Raum verließen und an der Türe gezählt wurden, während die Gegner des Gesetzesvorschlages sitzen blieben. Nur in diesem Fall wurde also die genaue Stimmenzahl festgestellt. Da jedoch im Parlamentssaal große Raumknappheit herrschte, musste ein Befürworter befürchten, bei der Stimmabgabe auch seinen Sitzplatz zu verlieren, sodass oftmals die Bequemlichkeit über die politische Überzeugung triumphierte. Es ist überliefert, dass jedenfalls Sir Edward Coke als Sprecher des Jahres 1593 dieses Abstimmungsverfahren bewusst einsetzte, wenn er einen Gesetzesvorschlag abgelehnt haben wollte. Vgl. zu diesem Verfahren Bowen, S. 27. Ob dies auch bei dem oben geschilderten Gesetzgebungsverfahren der Fall war, kann freilich nicht belegt werden; die numerische Abstimmung spricht jedenfalls für große Uneinigkeit im House of Commons. 409 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 84. 410 James Dalton wurde in Christ Church, Oxford, ausgebildet, erwarb dort 1551 den Bachelor und genoss anschließend eine Ausbildung in Lincoln’s Inn, vgl. Hasler / Sutherland, Bd. 2, S. 8 f. 411 Nach Miesegaes, S. 33, leitet sich dieses Wort von „ her“ (Heer) und „od“ (Gut) ab und meinte ursprünglich das Kriegsgerät, das beim Tod eines Mannes nur auf seinen nächsten männlichen Verwandten übergeht. Später wandelte sich die Wortbedeutung; unter heriot verstand man die Abgabe von Tieren an einen Grundherrn durch den Erben eines ländlichen Lehensverhältnis, vgl. Abels, S. 236. Ross, S. 37, zufolge handelt es sich allgemein um die Dienste, die ein Lehnsmann seinem Lehnsherren schuldet. Dies ist wohl zu weit gegriffen. 412 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 84. Ebenso D’Ewes, S. 160. 413 Master of the Requests war die Amtsbezeichnung der Richter am Court of Requests, die auch eine römischrechtliche bzw. kanonische Ausbildung genossen hatten, vgl. Leadham, S. xvi: „the court was composed of professional lawyers, civilians and canonists, and the judges were styled Masters of Requests“. Siehe zum Court of Requests auch Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 119 f. oder Carter, S. 170 ff. 414 Sir John White war Kaufmann und im Handel mit Spanien aktiv, vgl. Hasler / Mimardière, Bd. 3, S. 611. 415 Roger Manwood wurde am Inner Temple ausgebildet und war 1571 serjeant-at-law, vgl. Hasler / Pickering, Bd. 3, S. 15 ff.

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Geffrey,416 Lovelace,417 Mounson,418 Bell,419 Fleetwood,420 Thomas421 und Robert Snagg,422 Baker423 und Dalton, die sich am Nachmittag des Folgetages in der Temple Church treffen sollte.424 Diese Kommission war im Vergleich zur allgemeinen Besetzung des House of Commons im Jahr 1571 sehr kompetent besetzt; 41,7% der Mitglieder hatten eine universitäre Ausbildung in Oxford oder Cambridge genossen (von allen Parlamentariern hatten dies 23,7%), zudem waren alle Kommissionsmitglieder bis auf den ominösen Mr. Baker entweder Kaufmann oder „lawyer“ mit einer Ausbildung an einem der Inns of Court, was einer Quote von 91,7 % (im House of Commons allgemein: 28,9%) entspricht.425 Ob dies daran lag, dass die Materie für Kaufleute und Juristen von gesteigertem Interesse war oder an einer generell hohen Quote dieser Berufsgruppen in parlamentarischen Kommissionen, kann freilich in diesem Rahmen nicht endgültig festgestellt werden. Am 12. April fand im House of Lords die erste Lesung einer „ Billa, for the avoiding of Fraudulent Deeds and Gifts“ statt.426 An dieser bestand wohl größerer Arbeitsbedarf; jedenfalls kam es am 20. April zur ersten Lesung einer „Billa, against Fraudulent Gifts, Alienations“, die an eine Kommission aus dem Earl of Sussex,427 Viscount Hereforde,428 den Bischöfen von Hereford429 und Meneven430 John Jeffrey lernte in Gray’s Inn, vgl. Hasler / Fuidge, Bd. 2, S. 374 f. William Lovelace wurde in Gray’s Inn ausgebildet, vgl. Hasler / Fuidge, Bd. 2, S. 491 ff. 418 Robert Monson erfuhr seine Ausbildung in Cambridge und in Lincoln’s Inn, vgl. Hasler / Fuidge, Bd. 3, S. 66 f. 419 Robert Bell wurde in Cambridge und im Middle Temple ausgebildet, vgl. Hasler / Hasler, Bd. 1, S. 421 ff. 420 William Fleetwood lernte in Eton, in Brasenrose und / oder Broadgates Hall, Oxford, sowie am Middle Temple und hatte im Jahre 1571 das Amt des „recorder of London“ inne, vgl. Hasler / Hasler, Bd. 2, S. 133 ff. 421 Thomas Snagge erfuhr seine Ausbildung in Gray’s Inn, vgl. Hasler / Mimardière, Bd. 3, S. 410. 422 Robert Snagge wurde, anders als sein Bruder, am Middle Temple ausgebildet, vgl. Hasler / Hasler, Bd. 3, S. 408 f. 423 Wer genau der Abgeordnete Baker war, ist unklar. Es könnte sich sowohl um John Pistor alias Baker (Hasler / Hasler, Bd. 3, S. 224) als auch um den im Parlament deutlich aktiveren Tristam Pistor (Hasler / Harding, Bd. 3, S. 224 f.) gehandelt haben; über beider Hintergrund ist nichts bekannt. 424 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 84. Ebenso D’Ewes, S. 160, bei dem die Schreibweisen der Namen teils variieren. So wird der Master of the Requests „Seckford“ geschrieben, statt den Herren Geffrey und Lovelace kommt ein „Mr. Geoffry Loveland“ vor, nur Thomas, nicht aber Robert Snagg war Kommissionsmitglied und statt „Mr. Baker“ war „Mr. Barber“ involviert. 425 Die Vergleichswerte aus der allgemeinen Zusammensetzung des House of Commons sind errechnet anhand der Statistiken bei Hasler / Hasler, Bd. 1, S. 6, 14 und 73. 426 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 673. Ebenso D’Ewes, S. 144. 427 Thomas Radclyffe, 3rd Earl of Sussex, wurde in Cambridge und in Gray’s Inn ausgebildet, vgl. DNB / Dunlop, Bd. 16, S. 579 ff. 428 Walter Devereux, 2nd Viscount Hereforde, vgl. DNB / Lee, Bd. 5, S. 893 ff. 416 417

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sowie den Herren von Graye,431 Lumley,432 Hastings,433 Hunsdon434 und Buckherst435 sowie Justice Southcott436 und Chief Justice of the Common Pleas Dyer, den Urheber des ursprünglichen Gesetzesentwurfes nach dem von Cecil erteilten Regierungsauftrag, weitergeleitet wurde.437 Am Folgetag wurde erstmals ein neuer Entwurf gleichen Titels gelesen.438 An diesem Tag verlangten die Lords zudem, dass einige Mitglieder der Commons zu ihnen geschickt würden; diesen wurde anschließend eröffnet, dass sich die Commons auf die wesentlichen Gesetzgebungsvorhaben konzentrieren möchten, worunter auch ein Gesetz „Against fraudulent Gifts, and Conveyances of Lands and Goods“ fallen sollte.439 Die Lords beschäftigten sich weiter intensiv mit der Thematik. Am 25. April wurde eine neue Version einer „ Billa, for the avoiding of Fraudulent Gifts, Alienations, &c.“ gelesen.440 Diese wurde am nächsten Tag zum zweiten Mal gelesen und sodann an eine Kommission aus den genannten Herren sowie den Herren von Burghley (diesen Titel trug William Cecil seit dem 25. Februar 1571)441 und 429 John Scory hatte in Cambridge studiert und den Grad eines Bachelor of Divinity erlangt und war von 1551 – 1552 Mitglied einer Kommission, die die kirchlichen Gesetze überarbeitete, vgl. DNB / Archbold, Bd. 17, S. 946 f. 430 Richard Davies wurde in New Inn Hall, Oxford, ausgebildet und promovierte dort zum Doctor of Divinity, vgl. DNB / Tout, Bd. 5, S. 599 ff. 431 Arthur Grey, 14th Baron Grey de Wilton, vgl. DNB / Dunlop, Bd. 8, S. 612 ff. 432 John Lumley, 1st Baron Lumley, studierte am Queen’s College, Cambridge, vgl. DNB / Goodwin, Bd. 12, S. 272 ff. 433 Henry Hastings, 5th Baron Hastings de Hastings, später 3rd Earl of Huntingdon, vgl. DNB / Henderson, Bd. 9, S. 126 ff. 434 Henry Carey, 1st Baron Hunsdon de Hunsdon, vgl. DNB / Lee, Bd. 3, S. 977 ff. 435 Thomas Sackville, Baron Buckhurst, später 1st Earl of Dorset, studierte in Hart Hall, Oxford, und am St. John’s College, Cambridge, sowie im Inner Temple, vgl. DNB / Lee, Bd. 17, S. 585 ff. 436 John Southcote, ausgebildet am Middle Temple, war seit 1562-3 Justice of the Queen’s Bench, vgl. DNB / Rigg, Bd. 18, S. 685. 437 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 675. Ebenso D’Ewes, S. 144. 438 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 675. Das Einbringen eines Gesetzes am Folgetag verwundert D’Ewes, S. 144, und führt zu folgenden Ausführungen: „The Bill against fraudulent Gifts, Alienations, &c. was read primâ vice, but it should rather seem, That this Bill was read secundâ vice, in respect that it had its first reading before on Friday the 20th day of this instant April; and being then committed, was either now upon the bringing in of it again by the Committees, read the second time; or else some Additions or Amendments thereof annexed unto it, by the said Committees, were now read the first time, and not the Bill it self; but whether it were th’one or the other, it may easily be conjectured, that this Bill was dashed in the House, upon the said reading this Forenoon; for on Wednesday the 25th day of this instant April ensuing, a new Bill (as is very probable) with this very Title, had its first reading“. 439 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 85. Ebenso D’Ewes, S. 178. 440 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 676. Ebenso D’Ewes, S. 144. 441 Vgl. DNB / Jessopp, Bd. 3, S. 1319.

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Northe,442 Serjeant Bareham443 sowie dem königlichen Solicitor weitergegeben.444 Die Einbeziehung auch dieses letztgenannten königlichen Justizbeamten, des Solicitor General („Solicitator Dominae Reginae“), des zweithöchsten Kronanwalts und Stellvertreter des Attorney General, zu diesem Zeitpunkt Sir Thomas Bromley,445 spricht dabei für ein hohes Interesse der Krone an einer Gesetzgebung auf diesem Gebiet.446 Zudem zeigt sich der hohe Einfluss von William Cecil und James Dyer, die den Gesetzesentwurf von seinem Anfang an durchgehend begleiteten. Zum dritten Mal gelesen und beschlossen sowie ans House of Commons weitergeleitet wurde das Gesetz am 1. Mai.447 Das House of Commons nahm diesen Entwurf gerne auf, zumal das eigene Vorhaben auf diesem Gebiet ins Stocken geraten war.448 Am 2. Mai hatte diese „Bill against fraudulent Gifts and Conveyances“ ihre erste Lesung bei den Commons, am 11. Mai die zweite.449 Am 14. Mai kam eine zuvor nicht erwähnte „Bill for Assurances and Conveyances of Lands to be made without Covin“ zur zweiten Lesung und wurde an eine Kommission aus dem „recorder of London“, William Fleetwood, sowie den Herren Mershe,450 Stanhopp,451 Gryce,452 Sampole,453 Norton,454 Alford455 Roger North, 2nd Baron North, besuchte Peterhouse, Cambridge, vgl. DNB / Bushby, Bd. 14, S. 614 ff. 443 Nicholas Barham studierte in Gray’s Inn und wurde 1567 serjeant-at-law, vgl. DNB / Rigg, Bd. 1, S. 1107 f. 444 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 677. Ebenso D’Ewes, S. 144. 445 Sir Thomas Bromley erwarb in Oxford den B.C.L. (1560) und lernte später am Inner Temple. Seit 1569 war er Solicitor General, vgl. DNB / Garnett, Bd. 2, S. 1308 ff. oder Simpson / Baker, S. 78. 446 So Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 89. 447 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 678. Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 87. Ebenso D’Ewes, S. 145 sowie S. 180. 448 Vgl. Elton, Parliament, S. 296: „Bills for the act started virtually simultaneously in both Houses, but when the Commons ran into difficulties over theirs they gratefully accepted the official one coming from the Lords“. In diesem Sinne auch Elton, Studies, S. 146. 449 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 87. Dieser Nachweis fehlt bei D’Ewes. 450 John Marsh, ausgebildet in Lincoln’s Inn, war Londoner Kaufmann, vgl. Hasler / Mimardière, Bd. 3, S. 20 ff. 451 Edward Stanhope, ein weitläufiger Verwandter William Cecils, erfuhr seine Ausbildung in St. John’s, Cambridge, wo er 1563 den M.A. erlangte, sowie in Gray’s Inn, vgl. Hasler / Cassidy / Hasler, Bd. 3, S. 436 f. 452 William (le) Grice war Anwalt („attorney“), vgl. Hasler / Jones, Bd. 2, S. 226. 453 Thomas St. Paul wurde in Lincoln’s Inn ausgebildet, vgl. Hasler / Hasler, Bd. 3, S. 332 f. 454 Thomas Norton erfuhr seine Ausbildung in Michaelhouse, Cambridge, wo er 1570 den M.A. erwarb, und am Inner Temple, vgl. Hasler / Hasler, Bd. 3, S. 145 ff. 455 Francis Alford studierte am Trinity College, Cambridge, erlangte dort 1549 den Grad eines B.A., studierte weiter in Christ Church, Oxford, in Frankreich sowie von 1557 – 1559 in Padua und galt als „learned in the civil laws“, vgl. Hasler / Fuidge / Phillips, Bd. 1, S. 335 ff. 442

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und Dalton weitergeleitet, die sich mittags um zwei Uhr in der Temple Church treffen sollte.456 Schließlich wurde die „Bill against fraudulent Gifts and Conveyances“ am 16. Mai zum dritten und letzten Mal gelesen und in der Folge beschlossen.457 Am nächsten Tag wurde sie abschließend im House of Lords eingeführt.458 (b) Paraphrase Der „Acte agaynst fraudulent Deedes Gyftes Alienations, &c.“ zielte auf die Nichtigmachung betrügerischer Veräußerungen ab, deren Häufigkeit Überhand genommen hatte.459 Angeordnet wurde, dass jedwede Veräußerung460 bezüglich Fahrnis und Liegenschaften, wenn sie arglistig und betrügerisch („contryved of Malyce Fraude Covyne Collusion or Guyle“) und unter Gläubigerverkürzung oder -betrug („to delaye hynder or defraude Creditors“) geschehen war, gegenüber den Gläubigern dieser Person und deren Erben, Rechtsnachfolgern und Nachlassverwaltern („againste that person or persons his or theyre Heyres Successors Executors Administrators & Assignes“) relativ nichtig und rechtsfolgenlos sein soll („to be clearely and utterly voyde frustrate and of none Effecte“).461 Aus der Tatsache, dass diese Rechtsfolge in 13 Eliz. I. c. 5 nicht nur gesetzt („ordeyned and enacted“) sondern auch erklärt wird („declared […] by thautoritie of this present Parliament“), schließt Edward Coke, dass die Nichtigkeit solcher Verfügungen bereits zuvor unter dem common law gegolten habe: „ Nota bien cest parol ‚Declare‘ en l’Act de 13 Eliz. par que le Parliament expound que cest fuit le common ley devant“.462 456 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 89. Ebenso D’Ewes, S. 183, bei dem die Namen Marsh, Stanhop, Grice, Sampoole einer abweichenden Schreibweise unterliegen. 457 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 90. Dieser Nachweis fehlt bei D’Ewes. 458 Journal of the House of Lords, Bd. 1, S. 688. 459 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 537: „For the avoyding and abolysshing of faigned covenous and fraudulent Feoffmentes Gyftes Grauntes Alienations Conveyaunces Bondes Suites Judgementes and Executions, aswell of Landes and Tenements as of Goodes and Catals, more commonly used and practysed in these dayes, then hathe ben seene or hard of heretofore“. 460 William Whitaker stellt in seiner Vorlesung (London, British Library, Ms. Hargrave 91, f. 330a, ja divisio, Rn. 2) klar, dass nur derjenige eine betrügerische Vermögensverfügung tätigen kann, der überhaupt verfügen kann, also „geschäftsfähig“ ist („detre prover home able de faire fraudulent conveyance est necessary de prover luy able de faire conveyance“). 461 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 537 f. William Whitaker bemerkt in seiner Vorlesung (London, British Library, Ms. Hargrave 91, f. 331a, ja divisio, Rn. 8), dass eine Teilnichtigkeit nicht in Betracht kommt („le Conveyance […] sera vel entierment fraudulent vel entierment bone“), sondern dass, wenn das Geschäft nur teilweise betrügerisch war, es trotzdem insgesamt nichtig ist („ou part fuest covenous et part loyall par le mixture tout fuest voyd“). 462 Coke, Reports, Bd. 3, S. 82.

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Weiterhin soll jeder Teilnehmer und Mitwisser („all and every the parties to such faygned covenous or fraudulent […] Alienation […], or beinge privy and knowynge of the same“), der diesbezüglich falsch aussagt („wittingly and willingly put in ure avowe mayntaine justefie or defend the same“), das Geschäft sei in gutem Glauben und gegen hinreichende Gegenleistung („made bona fide and upon good consyderation“) geschehen, zur Strafe den Wert der beweglichen Sache bzw. den Jahreswert der Liegenschaft abgeben.463 Einzutreiben ist die Strafe vermittels „writ of debt“ vor jedem königlichen „Court of Record“.464 Die Einnahmen daraus fallen hälftig an die Krone und an die verkürzten Gläubiger.465 Entschuldigung für Nichterscheinen oder Gestellungsversprechen des Beklagten sind nicht zulässig.466 Zudem folgt auf die rechtskräftige Verurteilung ein halbes Jahr Haft ohne Ersetzungsmöglichkeit durch Sicherheitsleistung oder Hausarrest.467 In der Folge werden zwei Ausnahmen468 aus dem Anwendungsbereich statuiert. Zum einen sollen „commen recoveris“469 von Liegenschaften wirksam sein, zum anderen soll das Gesetz nicht greifen, wenn ein „wryte of Formedowne“470 erlassen ist oder wird.471 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538. 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538: „to be recovered in any of the Queens Courtes of Record by Action of Debt Byll Playnt or Information“. 465 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538: „the one Moitie whereof to be to the Queens Majestie, her Heyres and Successors, and thother Moitye to the partye or parties greeved by suche fayned and Fraudulent Feoffement Gyfte Graunte Alyenation“. 466 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538: „none Essoyne Protection or Wager of Lawe shalbe admitted for the Defendaunt or Defendauntes“. 467 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538: „and also beinge thereof lawfully convycted, shall suffer imprysoment for one halfe yere withoute Baile or Maynepryse“. 468 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538. 469 Bei der „common recovery“ handelt es sich um eine Art Scheinprozess, entwickelt um 1440, der dazu dienen sollte, Land zu verlehnen und dabei ein bestehendes Erblehen zu umgehen; die folgende Schilderung des Prozesses beruht auf Biancalana, S. 4 und S. 250 sowie Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 282: der Erwerber des Landes klagte vor dem Court of Common Pleas gegen den Veräußerer, der sich durch einen Bevollmächtigten („warrantor“) vertreten ließ. Einstweilig wurde sodann einer Partei Bestandsschutz („continuance“) zugesprochen. Bei der Wiederaufnahme des Verfahrens blieb der Bevollmächtige säumig. Dies hatte zur Folge, dass das Gericht urteilen musste, dass der Erwerber das Land vom Veräußerer herausverlangen kann und dieser auf einen (in der Praxis freilich meist wertlosen) Ausgleichsanspruch gegen den von ihm eingesetzten Bevollmächtigten verwiesen wird. Diese Konstruktion wurde gebilligt, da den künftigen Erben des Veräußerers zwar das eigentlich in Erblehen stehende Grundstück verloren ging, statt dessen allerdings – jedenfalls theoretisch – ein gleichwertiger Anspruch auf Land gegen den Bevollmächtigten in das Vermögen des Veräußerers gelangte, sodass seinen künftigen Erben rechtlich gesehen kein Nachteil entstand. 470 Nach dem Gesetze de donis, 13 Edw. I. c. 1 (1285), soll bei Schenkungen an eine Person und ihre leiblichen Erben der Wille des Schenkers, der ausdrücklich in der Form des Geschenks (forma doni) dargelegt ist, beachtet werden (vgl. Statutes of the Realm, Bd. 1, S. 71 f.: „[…] In casu eciam cum quis dat tenementum alicui & heredibus de corpore suo exeuntibus, durum videbatur & adhuc videtur hujusmodi donatoribus & heredibus donatorum 463 464

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Zudem ist eine Vernichtung einer Veräußerung nicht möglich, wenn der Empfänger guten Glaubens war und eine hinreichende Gegenleistung gezahlt hat („upon good Consyderation, & bona fide“).472 Letztlich wird die Geltungsdauer des Gesetzes beschränkt auf das Ende der ersten Sitzung des nächsten Parlaments.473 Diese Beschränkung der Geltungsdauer wurde durch 14 Eliz. I. c. 11 (1572)474 und 27 Eliz. I. c. 11 (1584-5)475 jeweils verlängert, bevor 29 Eliz. I. c. 5 (1586-7) die Fortdauer des Gesetzes „for ever“ anordnete.476 quod voluntas ipsorum in donis suis expressa non fuerit prius nec adhuc est observata […]. Propter quod dominus Rex, perpendens quod necessarium & utile est in preadictis casibus apponere remedium, statuit quod voluntas donatoris sciendam formam in carta doni sui manifeste expressam de cetero observet […].“ – „[…] Auch in dem Fall, wenn jemand einem anderen und den aus seinem Körper hervorgehenden Erben Land gibt, erschien es hart und scheint es noch heute hart für solche Schenker und Erben der Schenker, dass ihr bei der Schenkung ausgedrückter Wille nicht beachtet wurde und heute noch nicht beachtet wird […]. Daher bestimmt unser Herr und König, erwägend, dass es notwendig und nützlich ist, in den genannten Fällen ein Rechtsmittel zu geben, dass der Wille des Schenkers, in der Form im Schenkungsdokument offensichtlich ausgedrückt, beachtet werden soll.“). Das Geschenk konnte vermittels des sogenannten „writ of formedon“ (von forma doni) gerichtlich durchgesetzt werden. Dieser lautete nach Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 540: „Rex vicecomiti M. salutem. Praecipe A. quod juste et sine dilatione reddat B. manerium de N. cum pertinentiis quod C. dedit D. et E. uxori ejus et haeredibus de corporibus ipsorum D. et E. exeuntibus et quod post mortem praedictorum D. et E. praefato B. filio et haeredi praedictorum D. et E. descendere debet per formam donationis praedicti, ut dicit. Et nisi fecerit etc.“ – „Der König grüßt den Sheriff von M. Schreibe dem A. vor, dass er, wie es Recht ist und ohne Verspätung, dem B. das Landgut von N. samt Zubehör zurückgibt, das C. dem D. und dessen Frau E. und ihren leiblichen Erben gegeben hat und das nach dem Tod der genannten D. und E. auf genannten B., den Sohn und Erben der genannten D. und E. übergehen soll aufgrund der genannten Schenkung, wie er sagt. Und wenn er dies nicht tut, usw.“. Vgl. ferner Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 272 ff., oder Petersdorff, S. 12 Fn. *. 471 Zum inneren Zusammenhang dieser beiden Ausnahmetatbestände vgl. Biancalana, S. 258: Die Rechtsfigur der „common recovery“ wurde unter anderem deshalb geschaffen, weil aufgrund der nach de donis, 13 Edw. I. c. 1 (1285), geltenden Rechtslage um den „writ of formedon“ eine Veräußerung von in Erblehen stehendem Land so lange nicht möglich war, wie die Linie des Veräußerungswilligen noch fortbestand, sodass Umgehungstatbestände in der Praxis notwendig wurden. 472 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538. Zur Frage, wann von „good consideration“ die Rede sein kann, vgl. den Rechtsfall Upton v. Basset (1595; unten, S. 171), der an die Werthaltigkeit der Gegenleistung anknüpft. In diesem Sinne heißt es auch in der Vorlesung von William Whitaker, London, British Library, Ms. Hargrave 91, f. 331, ja divisio, Rn. 7: „consideracion come cest statut intend […] doyt etre valuable consideracion“. 473 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538. Glenn, Fraudulent Conveyances, Bd. 1, S. 88, spricht daher von einer „emergency measure“. 474 14 Eliz. I. c. 11 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 602 f.: „[…] And where also in the Parliament begunne and holden at Westminster the second day of Aprill in the thirteenth yere of the Raigne of our said Soveraigne Lady the Queene, one Acte and Statute was then and there made, for the avoyding and abolishing of fayned covenous and fraudulent Feoffamentes Giftes Grauntes Alienacions Conveyaunces Bondes Suites Judgementes and Exe-

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(c) Einordnung und Würdigung Wie schon bei 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 fällt auf, dass auch 13 Eliz. I. c. 5 sehr umständlich formuliert und dadurch nicht leicht zu überblicken ist. Vor allem die Aneinanderreihung vieler ähnlicher Begriffe statt der Verwendung eines abstrakten Begriffes beeinträchtigt die Lesbarkeit. Während etwa in 3 Hen. VII. c. 4 (1487) von „done dez biens & chatiaux“ die Rede ist, mit denen „dueties“ gegenüber „lour creditours“ umgangen werden, spricht 13 Eliz. I. c. 5 von „Feoffmentes Gyftes Grauntes Alienations Conveyaunces Bondes Suites Judgementes and Executions, aswell of Landes and Tenements as of Goodes and Catals“, mit denen „juste and lawfull Actions Suites Debtes Accomptes Damages Penalties Forfaitures Heriotte Mortuaries and Releefs“ zu Lasten von „his or theyre Heyres Successors Executors Administrators & Assignes and every of them, whose Actions Suites Debtes Accomptes Damages Penalties Forfaiture Heriotte Mortuaries and Releyfes, by such guylefull covenous or fraudulent Devyses and Practyses as is aforesaid, are shall or mought be in any wyse dysturbed hyndered delayed or defrauded“ beeinträchtigt werden. Doch ist diese umständliche Formulierungsweise wahrscheinlich der Natur des common law als Fallrecht geschuldet; in der gerichtlichen Praxis wurde wohl von listigen Anwälten zu argumentieren versucht, der ihrem Klienten vorgeworfene Tatbestand sei vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst.477 Mithin stellt das Gesetz eine Aktualisierung des bestehenden Rechts dar, mit der sich zu Lasten der Gläubiger auftuende Schlupflöcher gestopft werden sollten.478 cucions, entituled An Acte againste fraudulent Deedes Giftes Grauntes Alienations, &c., whiche Acte and Statute was then made to endure unto thend of the first Session of the next Parlyament; […] Be yt therefore now enacted by the Queenes moste excellent majestie, with the Assent of the Lordes Spirituall and Temporall and the Commons in this present Parliament assembled and by the aucthoritie of the same, That the same Actes […] shall contynue bee and endure in full force and effect untyll the ende of the next Parlyament“. 475 27 Eliz. I. c. 11 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 718 f.: „[…] And where also in the Parliament begunne & holden at Westminster the second day of Aprill in the xiij yere of her Majesties Reigne, one Acte was then and there made for the avoyding and abolishing of fayned covenous and fraudulent Feoffementes Giftes Grantes Alienations Bandes Suites Judgementes and Executions, intituled An Acte against fraudulent Deedes Giftes Grauntes Alienations, &c. […] This acte to continue till the ende of the next Parliament nowe next insuing“. 476 29 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 769: „[…] And where in the Parliament begonne and holden at Westminster the seconde daye of Aprill in the thirtenth yere of her Majesties Raigne, an Acte was then and there made, for the avoydinge and abolishinge of fayned covenouse and fraudulent Feoffementes Giftes Grauntes Alienacions, Bandes Suytes Judgementes and Execucions; entituled An Acte againste fraudulent Deedes Giftes Grauntes Alienacions, &c. […] Be it Inacted by the Quenes Majestie, with thassent of the Lordes Spirituall & Temporall, and the Commons in this present Parliament assembled, and by the Authoritie of the same, That the said Acte above remembered […] shall from henceforthe be remayne and contynue in force and effecte for ever“. 477 Ross, S. 31 f. 478 Vgl. auch Ross, S. 32: „13 Eliz., c. 5 seems to have been passed in order to keep statutory law up to date“ und S. 31: „The most glaring loophole of these statutes [50 Edw. III.

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Interessant ist weiterhin, dass die Strafzahlungen der Teilnehmer und Mitwisser wegen unrichtiger Angaben bezüglich Gutgläubigkeit und hinreichender Gegenleistung nicht etwa vollständig den Gläubigern zu Gute kommen sollen, sondern jeweils hälftig an die Krone und an die verkürzten Gläubiger fallen.479 Daraus ist erkennbar, dass 13 Eliz. I. c. 5 nicht nur auf den Gläubigerschutz abstellte, sondern ebenso „pönale und nicht zuletzt fiskalische Interessen“ eine Rolle spielten.480 Bezüglich betrügerischer Veräußerungen zu Lasten der Gläubiger des insolventen Schuldners ordnet 13 Eliz. I. c. 5 an, dass diese „clearely and utterly voyde frustrate and of none Effecte“ sein sollen. Diese Formulierung verläuft ersichtlich parallel zu den behandelten Gesetzen des flämischen Rechts, in denen die Veräußerungen als „negeen en van onweerden“ und als „nul ende van onweerden“ erklärt werden.481 Somit schließt 13 Eliz. I. c. 5 in England bezüglich des Punktes, in dem 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 nicht dem Vorbild des flämischen Rechts folgte, die verbliebene Lücke. Die angeordnete Nichtigkeit sollte dabei freilich „onely as againste that person or persons his or theyre Heyres Successors Executors Administrators & Assignes and every of them, whose Actions Suites Debtes Accomptes Damages Penalties Forfaiture Heriotte Mortuaries and Releyfes, by such guylefull covenous or fraudulent Devyses and Practyses as is aforesaid, are shall or mought be in any wyse dysturbed hyndered delayed or defrauded“ gelten. 13 Eliz. I. c. 5 ordnete damit keine absolute Nichtikeit erga omnes, sondern eine bloß relative Nichtigkeit gegenüber dem Personenkreis an, der durch die Verfügung in seinen Rechten gegenüber dem insolventen Schuldner verkürzt wurde. Dass 13 Eliz. I. c. 5 eine gewisse Ähnlichkeit zur actio Pauliana des römischen Rechts aufweist, merkt John Cowell482 in seinen Institutiones Iuris Anglicani zu I. 4, 6 an: § 8. Et etiam apud nos, quae actioni Paulianae aliquo modo respondet, a statuto Regni suppeditata [am Rand: an. 13. Eliza. c. 5], quod omnem sive terrarum sive bonorum alienationem irritam reddit, quae a debitore in fraudem creditorum facta est, & praeterea poenam omnibus infligit, qui eiusdem conscij sunt, & ut legitimam defendunt. § 8. Und auch bei uns [existiert ein Rechtsmittel], das der actio Pauliana irgendwie entspricht, durch königliches Statut [am Rand: im Jahre 13 Eliza. c. 5] geschaffen, das jede c. 6, 2 Ric. II. stat. 2, c. 3, 3 Hen. VII. c. 4] is that they only covered fraudulent conveyances where the debtor actually entered a legally defined safe haven. Parliament corrected the problem by passing 13 Eliz. c. 5“. 479 13 Eliz. I. c. 5 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 538: „the one Moitie whereof to be to the Queens Majestie, her Heyres and Successors, and thother Moitye to the partye or parties greeved by suche fayned and Fraudulent Feoffement Gyfte Graunte Alyenation“. 480 So Thole, Gläubigerschutz, S. 105. Ähnlich bereits Glenn, Fraudulent Conveyances, S. 89. 481 Siehe vande Water, Bd. 1, S. 416 sowie S. 422. 482 Vgl. zu diesem bei und in Fn. 47.

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Veräußerung von Land oder Gütern unwirksam macht, die vom Schuldner unter Gläubigerbetrug gemacht wurde, und außerdem all denen eine Strafe auferlegt, die davon wissen und diese als rechtens verteidigen.

ee) 1 Jac. I. c. 15 (1603-4) Charakteristisch für das englische Recht einschließlich der Regierungszeit Elizabeth I. war es, dass „bankruptcy law“ (13 Eliz. I. c. 7) und „law of fraudulent conveyances“ (13 Eliz. I. c. 5) als zwei unabhängige Rechtsmaterien nebeneinander standen und in verschiedenen Gesetzen behandelt wurden. Eine Überwindung dieser Trennung, gleichsam „ein Schulterschluss zwischen bankruptcy law und dem fraudulent conveyances law“483 fand erst484 unter Elizabeth Nachfolger, James I., statt. (1) Paraphrase In der Amtszeit James I. wurde 1603-4 „An Acte for the better Reliefe of the Creditors againste suche as shall become Bankruptes“ (1 Jac. I. c. 15) erlassen, also ein Gesetz zur besseren Abhilfe von Gläubigern gegen Bankrotteure. Als Motivation für 1 Jac. I. c. 15 werden zwei Punkte genannt: Betrügereien unter Kaufleuten nähmen immer mehr zu, da zum einen die Definition, wer als „bankrupt“ anzusehen sei, nicht weitgehend genug sei, und zum anderen die Befugnisse der „commissioners“ nicht ausreichend seien.485 Bezüglich dieses zweiten Kritikpunktes bemerkt Kadens zu Recht, dass, wenn der Schuldner sich nicht an der Aufklärung und Zusammenstellung der Vermögensmasse, in die vollstreckt werden konnte, beteiligte, es für die Gläubiger schwer war, an ihr Geld zu kommen.486 Bezüglich des ersten Kritikpunktes wird in 1 Jac. I. c. 15 neben den schon aus der Gesetzgebung von Henry VIII. und Elizabeth I. bekannten „acts of bankruptcy“ ein weiterer Tatbestand genannt: auch, wer zu Lasten seiner Gläubiger betrügerisch So Thole, Gläubigerschutz, S. 105. Vgl. Cadwallader, S. 464: „Strangely enough, it is only at this point that the making of a fraudulent conveyance is made an act of bankruptcy“. Siehe auch Glenn, Fraudulent Conveyaces, Bd. 1, S. 97. 485 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031: „For that Fraudes and Deceiptes as new Diseases daylie increase amongst such as live by buyinge and sellinge, to the hinderance of Traffique and mutuall Commerce, and to the general Hurte of the Realme, by such as wickedly and wilfullie become Banckrupte; and for that the description of a Bankrupt in former Statutes is not so fullie expressed, nor the power given therebie to the Commissioners for Banckruptes soe large as is meete“. 486 Kadens, S. 1236: „Unfortunately for creditors, collection has always required at least some debtor participation. Especially in an age in which the coercive reach of public authorities was limited, as was the case in early modern England, the creditors could not get their money if the debtor did not cooperate in turning over or disclosing his assets“. 483 484

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Vermögensgegenstände veräußert („make or cause to be made any fraudulent Graunte or Conveyance […], to the intente or wherebie his her or theire Creditors, […] shall or may be defeated or delayed for the Recoverie of theire juste and true Debte“), gilt nunmehr als Bankrotteur.487 1 Jac. I. c. 15 macht damit „fraudulent conveyances“ zu „acts of bankruptcy“ und stellt somit eine Verknüpfung zwischen den beiden zuvor getrennt behandelten Rechtsmaterien her. Auch gegen diesen neuen Typ von „bankrupts“ soll nach dem in 13 Eliz. I. c. 7 geschilderten Verfahren vorgegangen werden.488 Ferner wird den Gläubigern des Bankrotteurs eine Frist von vier Monaten gesetzt, um ihre Forderungen bei den „commissioners“ anzumelden; nach deren Ablauf dürfen letztere zur Aufteilung des Schuldnervermögens unter die angemeldeten Gläubiger übergehen.489 Hat der Bankrotteur Liegenschaftsrechte an Familienangehörige oder -fremde veräußert, ohne dass dies im Rahmen einer Mitgiftbestellung oder gegen hinreichende Gegenleistung geschieht, können die „commissioners“ ungeachtet der Veräußerung über diese verfügen.490 487 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031: „That all and everie suche person and persons usinge or that shall use the Trade of Merchandize, […] and beinge a Subjecte borne of this Realme or any the Kinges Dominions, or Denizen, who at any tyme sythence the firste day of this present Parliament, or at any tyme hereafter shall departe this Realme; or beginne to keepe his or her House or Houses, or otherwise to absent hym or her selfe, or take Sanctuarie; or suffer hym or her selfe willinglie to be arrested for any Debte or other Thinge not growen or due for Money delivered Wares solde or any other juste or lawfull cause, or good Consideration or Purposes; or hath or will suffer hym or her selfe to be outlawed, or yeelde hym or her selfe to prison; or willinglie or fraudulentlie hath or shall procure hym or her selfe to be arrested, or his or here Goods Money or Chattels to be attached or sequestred; or departe from his or her Dwellinge Howse; or make or cause to be made any fraudulent Graunte or Conveyance of his her or theire Landes Tenementes Goodes or Chattels, to the intente or wherebie his her or theire Creditors, beinge Subjectes borne as is aforesaide, shall or may be defeated or delayed for the Recoverie of theire juste and true Debte; or beinge arrested for Debte, shall after his or her Arreste lie in prison Sixe moneths or more upon that Arreste, or upon any other Arreste or Detention in prison for Debte, and lie in prison Sixe Moneths upon such Arrest or Detention, shall be accounted and adjudged a Bankrupte to all intentes and purposes“. 488 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031: „That the like Commissions Orders Benefittes and Remedies which are and be provided and limitted by the saide former Acte of Parliament made in xiij nuper Elizabeth Regine againste any Bankruptes therein described, […] shalbe had pursued taken and expounded againste suche person and persons that are herein expressed to be Bankruptes“. 489 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031: „if the Creditors come not in within fower monethes, then the Commissioners to have power to distribute“. 490 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031: „if any person which hereafter is or shall be a Bankrupt by intent of this Statute, shall convey or procure, or cause to be conveyed to any of his Children, or other person or persons, any Mannours Landes Hereditamentes Offices Fees Annuities Leases Goodes Chattels, or transferre his Debtes into other Mens Names, excepte the same shall be purchased conveyed or transferred for or upon ma-

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Wenn ein Bankrotteur sich auf die nach 13 Eliz. I. c. 7 angeordnete fünffache Proklamation hin nicht den „commissioners“ stellt, so haben diese nunmehr die Befugnis, diesen suchen, verhaften und zur Vernehmung vorführen zu lassen.491 Anschließend hat er sich über sein Vermögen und von ihm betrügerisch veräußerte Vermögensgegenstände einzulassen,492 also gleichsam einen „Offenbarungseid“ zu leisten.493 Tut er dies nicht, so ist er einzusperren.494 Leistet er einen Meineid, so ist er an den Pranger zu stellen, ein Ohr an diesen festzunageln und anschließend abzuschneiden.495 Diese Maßnahmen sollten dazu dienen, den bankrotten riage of any of his or her Children, bothe the parties maried beinge of the yeeres of consent, or some valuable Consideration, shalbe in the power and authoritie of the Commissioners in this behalfe to be appointed, or the more parte of them, to bargaine sell grante convey demise or otherwise to dispose thereof“. 491 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1032: „And that if upon five severall Proclamations made in some publike place the partie offendinge appeare not before the saide Commissioners and yelde his her or theire Bodies to them or some of them, the saide Commissioners or the greater parte of them shall or may awarde a Warrant to such fit person or persons as they thinke meete to apprehend the Bodie and Bodies of the saide Offendor and Offendors and to bringe hym her or them so offendinge before the saide Commissioners wheresoever the saide Partie or Parties offendinge may be founde, in place priviledged or not, to be examined by the saide Commissioners or the greater parte of them“. 492 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1032: „And that it shall be lawfull for the saide Commissioners or the greater parte of them to examine the saide Offendor or Offendors upon such Interrogatories touchinge the Landes Tenementes Goodes Chattels Debtes Bils Bondes Bookes of Account and such other thinges as may tende to disclose his her or theire Estate, or the secret Grauntes Conveyances and eloyninge of his her or theire Landes Tenementes Goodes Money and Debtes as they shall thinke meete“. 493 Ein solcher Eid, dass der Schuldner „nichts beiseite gebracht hat“ (Woeß, S. 522), war auch dem römischen Recht bekannt. Zu Ciceros Zeiten bereits war ein „bonam copiam ejurare“ möglich (vgl. Cicero, Ad familiares 9, 16, 7); später ordnete Justinian in Novelle 135 an, dass man einen Schuldner zwar nicht zur Abtretung seines Vermögens zwingen könne (vgl. den Titel der Konstitution, „ΠΕΡΙ ΤΟΥ ΜΗ ΑΝΑΓΚΑΖΕΣΘΑΙ ΤΙΝΑΣ ΕΚΣΤΑΣΙΩΙ ΧΡΗΣΑΣΘΑΙ“), dass jener in diesem Fall aber einen Eid auf die Heilige Schrift leisten müsse, „dass ihm keine Gelegenheit auf Sachen oder Gold offen gelassen ist, woraus er das Erfüllen der Schuld bewirken kann“ („ὅρχον δὲ πρὸς τῶν προσκυνητῶν παρέχειν λογίων, ὡς οὔ τις αὐτῷ πρόφασις πραγμάτων χάριν ὑπολέλειπται ἤ χρυσίου, ὅθεν τὴν τοῦ χρέους ποιήσεται πλήρωσιν“). Ebenso auch Dabelow, S. 135 f. und S. 144 f. Anders verstehen diese Konstitution etwa Wlassak, Sp. 1997, Zachariä von Lingenthal, S. 234 und von BethmannHollweg, Bd. 3, § 159, S. 325. 494 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1032: „And that if therein the Offendor or Offendors shall refuse to be examined or to answer fullie to everie Interrogatorie to hym to be ministred by the said Commissioners or the greater parte of them, it shall be lawfull for the saide Commissioners or the greater parte of them to comit the saide Offendor or Offendors to some straite or close Imprisonment, there to remaine untill hee shee or they shall better conforme hym or herselfe“. 495 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1032: „And that if upon his her or theire Examination, it shall appeare that he shee or they have committed any wilfull or corrupte Perjurie tendinge to the hurte or damage of the Creditors of the saide Bankerupte to the value of Tenne Poundes of lawfull money of England or above, the Partie so offendinge shall or may thereof bee indicted in any of the Kinges Majesties Courtes of Recorde, and

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Schuldner abzuschrecken und zur Kooperation mit den „commissioners“ zu bewegen.496 Personen, die verdächtigt sind, Vermögensgegenstände des Bankrotteurs in Besitz zu haben, und die trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Verhör unentschuldigt fernbleiben, dürfen nunmehr verhaftet und festgehalten werden, bis sie sich vor den „commissioners“ einlassen.497 Zudem steht Zeugen neuerdings eine Aufwandsentschädigung („Costes and Charges“) zu, andererseits droht ihnen eine Strafe für Meineid entsprechend 5 Eliz. I. c. 9.498 Nach diesem Gesetz fällige Geldbußen können nur die Gläubiger einklagen, woraufhin das Geld zu ihrer Befriedigung eingesetzt wird.499 Auch wird die Eintreibung dem Bankrotteur zustehender Schulden erleichtert; gutgläubige Schuldner werden freilich geschützt.500 Bekräftigt wird die schon in 13 Eliz. I. c. 7 statuierte Pflicht der „commissioners“ zur Rechenschaft gegenüber dem Bankrotteur und zur Auszahlung eines eventuell verbleibenden Überschusses.501 Werden „commissioners“ ob ihrer Tätigkeit verklagt, so sollen sie sich als „nicht schuldig“ bekennen, wenn sie ihre Tätigkeit ordnungsgemäß ausgeführt haben, und im Falle des Obsiegens vor Gericht ihre Kosten erstattet bekommen.502 Letztlich wird festgesetzt, dass die „commissioners“ ihre Tätigkeit auch nach dem Tod des Bankrotteurs zu Ende zu bringen befugt sind.503 (2) Einordnung und Würdigung 1 Jac. I. c. 15 erweitert die „acts of bankruptcy“ wie gezeigt um den Tatbestand der „fraudulent conveyances“: Als „bankrupt“ soll auch gelten, „who […] make or cause to be made any fraudulent Graunte or Conveyance of his her or theire Landes Tenementes Goodes or Chattels, to the intente or wherebie his her or theire Creditors, beinge Subjectes borne as is aforesaide, shall or may be defeated or delayed for the Recoverie of theire juste and true Debte“.504 wer […] ein betrügerisches Darlehen oder eine solche Veräußerung seines Grundbesitzes, seiner Ländereien, Güter oder beweglichen Sachen tätigt oder in die Wege leitet, in der Abbeinge lawfullie convicted thereof, shall stande upon the Pillorye in some publike place by the space of Two Houres, and have one of his Eares nailed to the Pillorie and cut off“. 496 Vgl. Kadens, S. 1244: „Only in the seventeenth century did laws begin to address the problem of debtor noncooperation by including penalties intended to frighten or coerce the debtor into participating in the bankruptcy process“. 497 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1032 f. 498 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1033. 499 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1033. 500 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1033. 501 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1033. 502 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1033 f. 503 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1034. 504 1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031.

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C. Rechtsentwicklungen in England

sicht, dass, oder wodurch, seine Gläubiger, die auch wie genannt Untertanen sind, um die Eintreibung ihrer gerechten und wahren Schuld gebracht oder hingehalten werden.

Neben dieser erstmaligen Verknüpfung von „bankruptcy“ und „fraudulent conveyances“ ordnet 1 Jac. I., c. 15 auch an, dass betrügerische Vermögensveräußerungen eines bankrotten Schuldners einer weiteren Verfügung über dieselben Gegenstände durch die „commissioners“ nicht entgegenstehen: „Be it further enacted, That if any person which hereafter is or shall be a Bankrupt by intent of this Statute, shall convey or procure, or cause to be conveyed to any of his Children, or other person or persons, any Mannours Landes Hereditamentes Offices Fees Annuities Leases Goodes Chattels, or transferre his Debtes into other Mens Names, excepte the same shall be purchased conveyed or transferred for or upon mariage of any of his or her Children, bothe the parties maried beinge of the yeeres of consent, or some valuable Consideration, shalbe in the power and authoritie of the Commissioners in this behalfe to be appointed, or the more parte of them, to bargaine sell grante convey demise or otherwise to dispose thereof, in as ample manner as if the saide Banckerupte had bene actuallie seised or possessed tereof, or the Debtes were in his owne name of the like Estate or Interest to his or theire owne use, at such tyme as hee or shee became Banckerupt; And that everie such Graunte Bargaine Sale Conveyance and Disposition of the saide Commissioners or of the greater parte of them shall be good and availeable to all Intents Constructions and Purposes in the Lawe againste the Offender or Offenders his Heires Executors Administrators and Assignes, and such Children and persons as shall be subjecte to this Statute, and againste all other person and persons clayminge by from or under suche Offendor or Offendors, or such saide other persons, to whome suche Conveyance shall be made by the saide Banckerupte, or by his meanes or procurement“.505 Weiterhin sei in Kraft gesetzt, dass, wenn jemand, der nach diesem Gesetz ein Bankrotteur ist oder sein wird, Anwesen, Ländereien, Erblande, Ämter, Gebühren, jährliche Einkünfte, Pachten, Güter oder bewegliche Sachen übereignet oder dafür sorgt oder verursacht, dass übereignet wird an seine Kinder, oder andere Personen, oder ihm zustehende Schulden auf andere Personen überträgt, außer, wenn dies gekauft, verfügt oder übertragen wird anlässlich einer Heirat eines seiner Kinder, wenn beide Eheleute geschäftsfähig sind, oder gegen hinreichende Gegenleistung, es in der Macht und Befugnis der in dieser Angelegenheit zu ernennenden „commissioners“ liegt, oder der Mehrheit von ihnen, zu handeln, verkaufen, verpfänden, übertragen, verpachten oder anderswie darüber zu verfügen, genau so, wie wenn der genannte Bankrotteur sie in Besitz hätte, oder die Schulden in seinem Namen in gleichem Zustand und Interesse zu seinem eigenen Nutzen wären, zu der Zeit, als er oder sie bankrott wurde; und dass jede solche Verpfändung, Handel, Verkauf, Übereignung und Verfügung der genannten „commissioners“ oder der Mehrheit von ihnen gut und gültig sein soll in jeglicher rechtlicher Hinsicht gegen den oder die Missetäter, seine Erben, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Rechtsnachfolger, und solche Kinder und Personen, die unter dieses Gesetz fallen, und gegen alle anderen Personen, die von einem oder mehreren solchen Missetätern etwas fordern, oder solch genannte Personen, an die eine solche Übereignung getätigt wurde durch den genannten Bankrotteur, oder durch sein Dazutun.

Die „commissioners“ haben demnach – gleichsam als Konkursverwalter – die Verfügungsbefugnis auch über solche Vermögensgegenstände, die der bankrotte 505

1 Jac. I. c. 15 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1031.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Schuldner bereits zuvor betrügerischerweise an andere Personen veräußert hat.506 Dadurch, dass die Unwirksamkeit betrügerischer Vermögensverfügungen gegenüber den „commissioners“ explizit genannt wird, wird auch auf die nach 13 Eliz. I. c. 5 ergangene Rechtsprechung eingegangen. So war in „Pauncefoot’s Case“ (1593) und „Packman’s Case“ (1595) die Auslegung der Klausel „creditors and others“ betrieben worden, denen gegenüber nach 13 Eliz. I. c. 5 die Nichtigkeit gelten soll. Dadurch, dass 1 Jac. I. c. 15 die „commissioners“ als von der Unwirksamkeit betrügerischer Vermögensverfügungen erfasst nennt, wird diese Frage dem richterlichen Ermessen entzogen und vom Gesetzgeber selbst beantwortet. Interessant sind auch die beiden Ausnahmefälle, in denen eine Veräußerung des Bankrotteurs doch wirksam sein soll: die Mitgiftbestellung an volljährige Kinder sowie die Veräußerung gegen hinreichende Gegenleistung. Die Mitgiftbestellung wurde in Kontinentaleuropa bereits im oberitalienischen Statutarrecht des 13. Jahrhunderts als Ausnahme von der Nichtigkeitsfolge anerkannt. So besagte etwa das Stadtrecht von Vercelli laut Statut vom 21. März 1227:507 § CLXVI. De alienationibus factis a patre vel avo vel proavo et filio paterno in filios vel alios liberos. Item statutum est quod omnes donationes et omnes alienationes facte a patre vel avo vel proavo paterno in filium vel filiam nepotem vel neptem pronepotem vel proneptem a suprascripto tempore infra et que de cetero fient non valeant ipso iure nec quoad proprietatem nec quoad possessionem in preiudicium creditorum patris avi vel proavi paterni. set de predictis bonis sic donatis vel alienatis per inde satisfiat creditoribus paternis avi vel proavi paterni ac si predicta donatio vel alienatio facta non fuisset. de hoc autem statuto et superiori excipiuntur dotes date vel que deinceps dabatur. Ita quod in dotibus datis et dandis serventur leges et consuetudines et alia statuta que in dotibus consueverunt servari.508 § 166. Über Veräußerungen, getätigt vom Vater oder Großvater oder Urgroßvater oder Onkel väterlicherseits an Söhne oder andere Kinder. Ebenso ist festgesetzt, dass alle Schenkungen und alle Veräußerungen, getätigt vom Vater oder Großvater oder Urgroßvater väterlicherseits an Sohn oder Tocher, Enkel oder Enkelin, Großenkel oder Großenkelin, von der genannten Zeit an509 und weiter nicht gelten sollen 506 In diesem Sinne auch Thole, Gläubigerschutz, S. 105: „Dem trustee wurde gemäß 1 Jac. I c. 15 die Ausübung des Anfechtungsrechts überlassen und seine Zugriffsmöglichkeiten auf das anfechtbar weggegebene Vermögen erstreckt“. Terminologisch richtiger erscheint es freilich, in Einklang mit 13 Eliz. I. c. 5, wonach eine solche Weggabe von Vermögen „clearely and utterly voyde frustrate and of none Effecte“ sei, statt von Anfechtung von (relativer) Nichtigkeit zu sprechen. Wie Thole geht auch Countryman, S. 716, diesbezüglich von Anfechtbarkeit aus („after the Act of 1604, fraudulent conveyances were avoidable in bankruptcy“). 507 „Currente A.D.I. M.CC.XXVII. indictione XIIII. die veneris XII. ante kalendas aprilis. Hec sunt statuta et ordinamenta dacta per dominum Bonifacium de Poltronis potestatem Vercellarum ad sonum campane coadunati “. Zitiert nach Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVI, Teil 2, Augustae Taurinorum (1876), Sp. 1155 f., § CLXV. 508 Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVI, Teil 2, Augustae Taurinorum (1876), Sp. 1156 f., § CLXVI. 509 Gemeint ist wohl das in § CLXV genannte Jahr 1210. Historiae Patriae Monumenta, Bd. XVI, Teil 2, Augustae Taurinorum (1876), Sp. 1156, § CLXV.

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von Gesetzes wegen weder hinsichtlich Eigentum noch hinsichtlich Besitz zum Nachteil der Gläubiger des Vaters, Großvaters oder Urgroßvaters väterlicherseits. Sondern dass er aus den vorgenannten, so geschenkten oder veräußerten Vermögensgegenständen ebenso Genüge tut den Gläubigern des Großvaters väterlicherseits oder des Urgroßvaters väterlicherseits, wie wenn die vorgenannte Schenkung oder Veräußerung nicht gemacht worden wäre. Von diesem Statut aber und den vorherigen sind ausgenommen Mitgiften, die gegeben worden sind oder hinterher gegeben wurden. Sodass bezüglich gegebener und zu gebender Mitgiften die Gesetze und Bräuche und anderen Statuten eingehalten werden, die eingehalten zu werden pflegten.

In Vercelli galt demnach, dass Geschenke und andere Veräußerungen an Familienmitglieder ipso iure nichtig sind zugunsten der Gläubiger des Schuldners, wobei für die Mitgift eine Ausnahme bestand. Diese Ausnahme war in den oberitalienischen Statutarrechten fest verwurzelt.510 Sowohl die Mitgiftbestellung als auch die Bevorzugung desjenigen, der gegen wirksame Gegenleistung erhalten hat, finden sich als Ausnahmetatbestände zur Gläubigeranfechtung erstmals in den Siete Partidas des Königs von Kastilien-León Alfonso X., genannt el Sabio (der Weise), die wohl im Jahre 1265 fertiggestellt wurden.511 In Partida V, Titulo XV, Ley VII heißt es:

510 Siehe etwa für das Stadtrecht von Padua Rocco, S. 211 f. sowie für das Stadtrecht von Venedig Cassandro, S. 106. Auch in der sedes materiae des römischen Gläubigeranfechtungsrechts befasst sich ein Fragment, D. 42, 8, 25, 1, mit der Frage, inwieweit die Mitgift zurückgefordert werden könne. Demnach haftet grundsätzlich bezüglich der Mitgift, wer von dem Gläubigerbetrug wusste. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für den letzten Unterfall, in dem beide Ehegatten gutgläubig sind. Dass der Mann nicht haften soll, weil er die Frau „undotiert“ nicht geheiratet hätte, steht mit der oben genannten Grundregel in Einklang und beruht wohl eher auf praktischen Erwägungen (vgl. Stagl, S. 127, mit Verweis auf Accursius, Glosse „Indotatam“ zu D. 42, 8, 25, 1). Die Frau soll dagegen haften, da sie sich in einer ähnlichen Position befinde, als ob sie unentgeltlich etwas erlangt hätte. Da sich die Mitgift jedoch in den Händen ihres Mannes befindet, kann sie diese nicht herausgeben und muss daher Sicherheit leisten (so Stagl, S. 127. Nach Solazzi, Revoca, S. 247, ist die Passage „aut certe cavere eam debere, quod consecuta fuerit se restituturam“ dagegen interpoliert, da es keine logische Erklärungsmöglichkeit für die mit aut angeschlossene Phrase gebe.). In dieser Situation soll also der favor dotis – im Gegensatz zu der vergleichbaren Situation, in der die Frau eine Schenkung erhalten hätte – darin bestehen, dass die Mitgift für die Dauer der Ehe erhalten bleibt; einen über die Sicherheitsleistung hinausgehenden Erfolg haben die Gläubiger des insolventen Schuldners nur, wenn die Ehe zwischen dessen Tochter und seinem Schwiegersohn in die Brüche geht (Stagl, S. 127. Solazzi, Revoca, S. 248, weist mit Recht darauf hin, dass dies wohl nicht einhellige Meinung unter den römischen Juristen war, wie sich aus dem „ quidam existimant“ ergibt; es werde aus dieser Formulierung nicht einmal klar, ob der Autor des Fragments, Venuleius, dieser Meinung folgte; aus der Phrase „ quidam existimant “ folge weiter, dass andere Juristen wohl der Meinung waren, gegen die gutgläubige Tochter des fraudator stehe, genauso wie gegen ihren Ehemann, den Gläubigern ihres Vaters keine Klage zu.). Festzuhalten bleibt also, dass die Privilegierung der Mitgift gegenüber anderen Veräußerungen an Familienmitglieder auch schon im römischen Recht praktiziert wurde, wenn auch nicht in der absoluten Form, in der diese Privilegierung in den oberitalienischen Städten des Mittelalters ausgeprägt war.

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Como si el debdor enagena sus bienes, a daño de acquellos acquien deviesse algo, que se puede revocar tal enagenamiento Personal debdor dezimos que es aquel quando la persona tan solamente es obligada por el debdo e non los bienes. E tal debdor como este, acaesce a las vegadas que des pues que es condẽnado, en juyzio, que pague las debdas e ha mãdado el judgador fazer entrega de los bienes del que los enagena todos porque nõ puedan fallar de lo suyo, de que entreguẽ a aquellos que lo deven aver. E porende dezimos, que tal enagenamiento como este, puedẽ revocar aquellos, que devẽ ser entregados en ellos, desde el dia que lo supierẽ, fa sta un año. Porque se da a entender, que pues que todo lo suyo enagena desta manera, que lo faze maliciosamente e cõ engaño. Esso mesmo dezimos que seria, si tal debdor diesse en su vida, o mãdasse en su testamento alguna cosa de las suyas a otro. Ca si de lo que finca, nõ pudiessen ser entregados, e pagados aquellos, aquiẽ deviesse algo, que se puede revocar tal donacion, o manda, en la manera que de suso diximos. E si por aventura aquella cosa non la enagenasse dandola o mandãdola en su testamento, mas la vendiesse o la cãmiasse, o la diesse en dote o a peños, estõce dezimos que si pudiesse ser provado, que aquel que rescibiesse la cosa en alguna destas maneras sobredichas, sabia que el debdor fazia este enagenamento maliciosamente, o cõ engaño, que puede ser revocado fasta aquel tiẽpo que de suso diximos. Fueras ende si aquel que oviesse por alguna de las razones sobredichas recebida la cosa fuesse huerfano. Ca este atal nõ seria tenudo de la tornar si non le diessen lo que avia dado por ella, maguer le provassen que era sabidor del engaño. Mas si el engaño del enagenamiento nõ fuesse provado, assi como sobre dicho es: o no fuesse fecita demãda sobre el fasta aquel tiempo que de suso diximos, non lo podria despues demandar que se quitasse por esta razõ.512 Wie, wenn der Schuldner sein Vermögen veräußert, zum Schaden von denen, denen er etwas schuldet, man diese Veräußerung zurückrufen kann Persönlichen Schuldner nennen Wir jemanden, wenn nur seine Person verpflichtet ist für eine Schuld und nicht sein Vermögen. Zuweilen ereignet es sich, dass, nachdem ein solcher Schuldner in einem Gerichtsverfahren verurteilt wurde, seine Schulden zu bezahlen, und der Richter ihm aufgegeben hat, sein Vermögen auszuhändigen, er alles veräußert, damit sie [d. h. seine Gläubiger] nichts aus seinem Vermögen finden können, das er abgeben soll an sie, die sie haben sollen. Und deswegen sagen Wir, dass diejenigen, an die [sein Vermögen] hätte abgegeben werden sollen, eine solche Veräußerung zurückrufen können bis zu einem Jahr seit dem Tag, von dem an sie es wussten. Denn es versteht sich, dass, wenn er also sein ganzes Vermögen so veräußert hat, er dies arglistig und betrügerisch getan hat. Dasselbe, sagen Wir, soll gelten, wenn ein solcher Schuldner zu Lebzeiten eine Sache aus seinem Vermögen einem anderen schenkt oder in seinem Testament vermacht. Denn wenn von dem, was bleibt, die nicht befriedigt und ausgezahlt werden können, denen er etwas schuldet, kann man dieses Geschenk oder Vermächtnis zurückrufen, wie Wir oben gesagt haben. Und wenn es sich ereignet, dass er diese Sache nicht übereignet, indem er sie verschenkt oder in seinem Testament vermacht, sondern sie verkauft oder eintauscht oder sie als Mitgift gibt oder als Pfand, dann sagen Wir, dass dann, wenn bewiesen werden kann, dass der, der die Sache auf eine der genannten Arten erhalten hat, weiß, dass der Schuldner diese Veräußerung arglistig oder betrügerisch getan hat, zurückgerufen werden kann innerhalb der Zeit, 511 Vgl. zu den Siete Partidas etwa Forster, Konkurs als Verfahren, S. 233 ff. oder Schlosser, § 2, S. 57 m. w. N. 512 Zitiert nach López de Tovar, Bd. 3, S. 111 f.

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die Wir oben genannt haben, außer, wenn derjenige, der aus einem der genannten Gründe die Sache erhalten hat, ein infans ist. Denn dieser wird nicht gehalten, sie zurückzugeben, wenn sie ihm nicht geben, was er für sie gegeben hat, auch wenn sie beweisen, dass er um den Betrug wusste. Aber wenn der Betrug bei der Veräußerung nicht bewiesen wird, wie oben gesagt: oder wenn in der oben genannten Zeit nicht deswegen geklagt wird, kann man später nicht fordern, dass aus diesem Grund etwas zurückgenommen wird.513

Die Regelung der Siete Partidas besagt, dass bei unentgeltlichen Veräußerungen eines insolventen Schuldners zum Nachteil seiner Gläubiger vermutet wird, dass dieser betrügerisch agierte („se da a entender, […] que lo faze maliciosamente e cõ engaño“). Hat der Schuldner dagegen für eine Gegenleistung veräußert („la vendiesse o la cãmiasse“) oder hat er eine Mitgift oder ein Pfand bestellt („la diesse en dote o a peños“), greift diese Vermutung der Benachteiligungsabsicht nicht, sondern das Veräußerte kann nur in das Vermögen des Veräußerers zurückgerufen werden („puede ser revocado“), wenn dem Empfänger nachweislich die Arglist des Veräußerers positiv bekannt war („si pudiesse ser provado, que aquel que rescibiesse la cosa […] sabia que el debdor fazia este enagenamento maliciosamente, o cõ engaño“). Beide in 1 Jac. I. c. 15 genannten Ausnahmefälle514 von der Nichtigkeitsfolge, sowohl die Mitgiftbestellung als auch die Bevorzugung desjenigen, der gegen wirksame Gegenleistung erhalten hat, stehen damit erkennbar in kontinentaler Tradition. ff) 21 Jac. I. c. 19 (1623-4) Zwanzig Jahre nach 1 Jac. I. c. 15 wurde unter König James I. mit 21 Jac. I. c. 19 (1623-4) ein weiteres Gesetz gegen bankrotte Schuldner erlassen.515 (1) Paraphrase 21 Jac. I. c. 19 ist als „An acte for the Discripcion of a Banckrupt and Releife of Credytors“ betitelt. Die Auswirkungen zugunsten der Gläubiger des bankrotten Schuldners werden rückwirkend auf die vorhergehende Gesetzgebung James I. und Elizabeth I. ausgedehnt.516 Anschließend werden einige weitere „acts of bankEine englische Übersetzung dieses Gesetzes findet sich bei Scott, S. 1172. Die Bevorzugung von Dritten, die gegen hinreichende Gegenleistung erworben haben, findet sich – anders als der favor dotis – schon vorher in der englischen Gesetzgebung: bereits 27 Eliz. I c. 4 (= Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 710) besagte, dass ein Ersterwerber, der gutgläubig und gegen hinreichende Gegenleistung („upon or for good Consideration and bona fide“) erwirbt, dieses Gesetz nicht zu fürchten hat. 515 Zur Entstehungsgeschichte vgl. Kadens, S. 1253 f. m. w. N. Das Gesetz bespricht Phillip Jermyn in seiner Vorlesung („reading“) im Middle Temple im Jahre 1629, Cambridge, University Library, MS. Dd.5.51, Part II, ff. 81 – 87v; vgl. dazu Baker, Readings, S. lxvii, 179 und 390. 513 514

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ruptcy“ aufgeführt, die auch die Rechtsfolgen nach 13 Eliz. I c. 7 und 1 Jac. I. c. 15 nach sich ziehen sollen.517 Da die Bestimmungen der vorausgehenden Gesetze keine Regelungen zu Ehefrauen enthielten, die Gegenstände aus dem Vermögen ihres Gatten zu Lasten seiner Gläubiger veräußerten,518 werden die „commissioners“ auch gegen die Ehefrauen der Bankrotteure mit Befugnissen ausgestattet. Weiterhin wird nunmehr nicht nur der Meineid,519 sondern auch das mangelhafte Aufdecken von betrügerischen Vermögensverfügungen oberhalb einer „Bagatellgrenze“ von 20 Pfund durch den bankrotten Schuldner520 unter Ehren- und Schandstrafe gestellt: er soll für zwei Stunden öffentlich am Pranger stehen, ein Ohr soll an diesen festgenagelt und anschließend abgeschnitten werden.521 Dieselbe Strafe soll auch den bankrotten Schuldner treffen, der nicht nachweisen kann, dass seine Vermögenssituation auf bloßem „casuall Losse“ beruht.522 Außerdem bestimmt das Gesetz erweiterte Untersuchungsbefugnisse der „commissioners“ gegenüber Hab und Gut des bankrotten Schuldners sowie gegenüber den Gläubigern hinsichtlich der Berechtigung ihrer Forderungen.523 Dadurch, dass die „commissioners“ befugt wurden, die Häuser und Aufenthaltsräume der bankrotten Schuldner aufzubrechen, wurde der Praxis des „keeping house“ ein Ende bereitet.524 516 21 Jac I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1227: „That all and singuler the aforesaid Statutes and Lawes heretofore made against Banckeruptes and for Releife of Creditors, shalbe in all thinges largelie and beneficially construed and expounded for the Aid Help and Releife of the Creditors of such person or persons as already be or hereafter shall become Banckrupt“. 517 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1227. 518 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1227 f.: „the Banckruptes Wives doe daylie conceale and convey away, and cause to be conveyed away much part of their Husbandes Moneyes Wares Goodes Marchandize and other Estate, to person or persons unknowne to any but such Wives, by reason whereof much of the Banckruptes Estate is concealed and detayned from the Creditors“. 519 Dies ordnete bereits 1 Jac. I. c. 15 an, siehe oben, Fn. 495. 520 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1228: „if any Banckrupt shall […] be found fraudulentlie or deceiptfully to have conveyed away his or her Goodes Chattelles Landes Tenementes Offices Fees Rentes or Annuities or other Estate or any parte thereof, to the Value of twentie Poundes or above, to the End and Purpose […] to defraud delay or hinder his or her Creditors of the same“. 521 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1228: „shalbe set upon the Pillory in some publique Place, for the space of Two Houres, and have one of his or her Eares nayled to the Pillory and cutt off“. 522 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1228: „cannott make it appeare unto the said Commissioners that he or she hath sustained some casuall Losse, whereby he or she is disabled to pay what he or she then owed“. 523 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1228. 524 So Tabb, S. 331, Fn. 40.

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Auch Forderungen, die ein königlicher Buchhalter („Accomptant“) geltend macht, dürfen von den „commissioners“ zugunsten der übrigen Gläubiger untersucht werden.525 Selbst Gegenstände, die der bankrotte Schuldner für hinreichende Gegenleistung („upon good Consideracion“) an einen Dritten veräußert hat, aber dennoch weiter wie eigene nutzt,526 sollen zugunsten der Gläubiger verwertet werden, da sie im Eigentum des bankrotten Schuldners zu stehen scheinen („are reputed the Owners thereof“).527 Hat ein bankrotter Schuldner Vermögensgegenstände unter einer Bedingung oder mit Rücktrittsmöglichkeit veräußert („upon condicion or power of Redempcion“), so dürfen die „commissioners“ das für den Ausfall der Bedingung bzw. den Rücktritt Nötige tun, etwa eine bestimmte Geldsumme bis zu einem bestimmten Datum zahlen.528 Nach einer Klausel zugunsten von gutgläubigen Erwerbern schließt 21 Jac. I. c. 15 mit der Regelung, dass sämtliche einschlägigen Gesetze, die bisher nur auf Engländer oder andere Untertanen der englischen Krone anwendbar waren, nunmehr auch gegen Ausländer („Strangers borne aswell Aliens as Denizens“) gelten sollen.529 (2) Einordnung und Würdigung Bemerkenswert sind an 21 Jac. I. c. 19 zumindest vier Punkte. Erstens wird im Falle von „fraudulent conveyances“ der Ehefrau des bankrotten Schuldners eine Untersuchungsbefugnis der „commissioners“ begründet. Zwar erlaubte bereits 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, auch solche Gegenstände in das vollstreckbare Vermögen einzubeziehen, die sich „in the right of theyre wieves“530 befanden. Dies galt allerdings nicht mehr für Gegenstände, die die Ehefrauen bereits betrügerischerweise weiterveräußert hatten. So findet sich als Begründung („Reasons“) dieser Klausel in einem wahrscheinlich ebenfalls aus dem Jahre 1624 stammenden531 Flugblatt mit dem Titel „A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts“, frühere Gesetze seien den Gläubigern kaum nützlich gewesen, da bankrotte Schuldner in dem Wissen, dass ihre Frauen nicht vernommen würden, Vermögensgegenstände 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1228 f. Vgl. hierzu etwa die Konstellation in Twyne’s Case (unten, S. 173), bei der die Gegenstände treuhänderisch („in trust“) beim Veräußerer verblieben sind. 527 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1229. 528 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1229. 529 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1229. 530 34 & 35 Hen. VIII., c. 4, in: Statutes of the Realm, Bd. 3, S. 900. 531 Diese Datierung wird bei Pollard, S. 61, Nr. 1365.5 vorgeschlagen; das Exemplar im Public Record Office, SP 14 / 160, Nr. 74, ist nach Pollard, S. 61, Nr. 1365.5 und Kadens, S. 1247, Fn. 84 jedenfalls auf den 13. März 1624 datiert. 525 526

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unter Betrug ihrer Gläubiger über ihre Ehefrauen an ihnen unbekannte Außenstehende veräußern ließen.532 Zweitens wird gegen den bankrotten Schuldner, der von ihm getätigte „fraudulent conveyances“ nicht offenlegt oder dessen finanzielle Zwangslage selbstverschuldet ist und nicht auf Fahrlässigkeit oder Zufall („casuall Losse“) beruht,533 wohl aus Abschreckungserwägungen534 und als ultima ratio535 eine Ehren- und Schandstrafe verhängt: er muss zwei Stunden öffentlich am Pranger stehen, ein Ohr wird an den Pranger genagelt und anschließend536 abgeschnitten. Somit war für jedermann gegenwärtig (aufgrund des Anprangerns) und zukünftig (aufgrund des Ohrabschneidens) erkenntlich, dass dieser Person nicht zu trauen sei, da sie schon einmal ihre Gläubiger „übers Ohr gehauen“ hat.537 Diese Strafe war üblich für den Dieb, dem der bankrotte Schuldner ja etwa in Flandern gleichgestellt war538 und auch in England gleichgestellt werden sollte.539 Bereits in einer Ordonnanz François I., gegeben am 10. Oktober 1536 in Lyon, wird das Anprangern als Strafe für den bankrotten Schuldner verhängt: „Voulons en oultre et ordonnons que contre lesd. banquerot532 Siehe A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts: „For want of this, the former lawes are of small use for the Bankrupt, knowing the wives are not to be examined; convay their goods by their wives helpe to persons unknowne to themselves, or any others then their wives“. 533 Siehe A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts: „Without casuall losse it is a wilfull wrong“. 534 A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts: „Bankrupts increase, and trade decreaseth: the best remedy will be feare of corporall punishment“. 535 A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts: „This corporall punishment is onely in case of wilfull fraud and deceit, and where that fraud and deceit doth continue after monition and warning by the Commissioners“. 536 21 Jac. I. c. 19 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1228: „and have one of his or her Eares nayled to the Pillory and cutt off“. Diese Praxis wurde auch in Deutschland, wenngleich in umgekehrter Reihenfolge, geübt, vgl. Erler, Sp. 1228: „Im späteren Mittelalter taucht das Ohrabschneiden als Diebstahlsstrafe auf […]. Oft werden die abgeschnittenen Ohren an den Pranger geheftet“. Der in Deutschland ebenfalls geläufige Begriff des „Schlitzohrs“ hat mit dieser Praxis unmittelbar nichts zu tun, vgl. etwa Kluge, S. 811, Stichwort „Schlitzohr“. 537 Ebenso für Deutschland Erler, Sp. 1228: „Das Anhaften ist eine Art Verklarung, wie auch der Bestrafte durch das Fehlen eines Ohres meist als Dieb gekennzeichnet ist. Denn im Gegensatz zu der Regel, dass die Leibesstrafen ablösbar sind, ist das beim Ohrabschneiden als Strafe des Diebstahls nicht der Fall. Hier ist die Ablösung ausgeschlossen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Leibesstrafe als Milderung der an sich verwirkten Todesstrafe aufgefasst wurde“. 538 Behandlung als „openbaire dieven“, vgl. vande Water, Bd. 1, S. 414. 539 Angedacht war, „that bankruptcy be made felony“, vgl. Tawney / Power, Bd. 1, S. 328, Elton, Parliament, S. 297. Das Anprangern und Ohrenabschneiden war im England des 17. Jahrhunderts überdies eine gebräuchliche Behandlung für Betrüger jeglicher Art, vgl. Veall, S. 7 und im Anschluss an diesen treffend Kadens, S. 1248: „Pillorying and cutting off the ear was a common seventeenthcentury punishment for crimes ranging from […] forgery and coin-clipping to […] giving short weight“.

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tiers soit procedé extraordinairement, […] a la pugnition […] corporelle, apposition au carcant et pillory“.540 Drittens beinhaltet 21 Jac. I. c. 19 eine Klausel, in der das dem englischen Recht eigene Prinzip der „reputed ownership“ zum Ausdruck kommt.541 Dieses ermöglicht die Ausdehnung des Zugriffsbereichs der „commissioners“ zugunsten der Gläubiger des bankrotten Schuldners auf solche Gegenstände, die sich derartig in seinem Verfügungsbereich befinden, dass er ihr Eigentümer zu sein scheint.542 Hat also der bankrotte Schuldner Gegenstände mit Billigung des Dritten, dem er diese zuvor gegen hinreichende Gegenleistung veräußert hat, derartig in Besitz, dass es den Anschein erweckt, er sei immer noch Eigentümer („reputed the Owners thereof“), so sind die „commissioners“ befugt, diese Gegenstände zugunsten der Gläubiger zu verwerten („the said Commissioners […] shall have power to sell and dispose the same to and for the benefitt of the Creditors“). Diese Option griff damit die Rechtsprechung aus Twyne’s Case (1602)543 auf, wonach die Absicht zur Benachteiligung der Gläubiger unter anderem vermutet wurde, wenn der bankrotte Schuldner eine einem Dritten veräußerte Sache aufgrund eines Treuhandverhältnisses („trust“) selbst als Begünstigter („beneficiary“) in Besitz hatte.544 „A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts“ bezeichnet die Praxis, dass scheinbar veräußerte Gegenstände dennoch weiter als eigene genutzt werden, dementsprechend auch als „badge of fraud“545. Bedeutsam ist viertens die Ausdehnung der Wirkung dieses und der vorherigen einschlägigen Gesetze auf Ausländer. Für fremde Kaufleute sollte zukünftig dasselbe gelten wie für einheimische. gg) Zwischenergebnis Festzuhalten ist, dass bezüglich der englischen Gesetzgebung gegen Gläubigerbetrug eine Anlehnung an kontinentales Recht an vielen Stellen deutlich erkennbar ist. Inhaltliche und formulierungstechnische Übereinstimmungen lassen sich nahezu in jedem einschlägigen Gesetz zwischem dem 14. und dem 17. Jahrhundert ausZitiert nach Ordonnances des Rois de France. Règne de François I er, Bd. 8, S. 189. 541 Zu diesem Prinzip, auch in seiner geschichtlichen Dimension, vgl. Rudolph, S. 1 ff. 542 Vgl. Rudolph, S. 1. 543 Siehe unten, S. 173 ff. 544 So auch Getzler / Macnair, S. 276, die zudem kontinentaleuropäische Einflüsse vermuten, wenn auch nicht nachweisen: „The doctrine [of reputed ownership] was set out by the statute 21 Jac. 1, c. 19 (1623-24), though again the legislation may be seen as a codification of curial practice, also likely to have been borrowed from Civilian doctrine though possibly finding its immediate source in Scots law“. Vgl. ferner zum Verhältnis zwischen Twyne’s Case und dem Prinzip der „reputed ownership“ Rudolph, S. 25 und S. 64 ff. 545 A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts: „This possession of the Bankrupt is a badge of fraud“. 540

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machen und bestehen überwiegend zum flämischen Recht in Ausprägung der Gesetze Karls V., aber auch zum Statutarrecht der oberitalienischen Städte, zum französischen, zum deutschen und zum spanischen Recht. Dies ist bedeutsam in Hinblick auf die abschließend zu 21 Jac. I. c. 19 getätigte Aussage, dass sich erst ab diesem Zeitpunkt die einschlägigen englischen Gesetze auch wieder gegen Ausländer richteten. 25 Edw. III. stat. 5, c. 23 (1351) zielte seinem Wortlaut nach nur auf „Lumbardz“, auf italienische Kaufleute, die in England Handel betrieben, ab. Diesbezüglich liegt es nahe, sich an deren einheimischer Rechtsordnung zu orientieren. Von 13 Eliz. I. c. 7 (1571) bis 1 Jac. I., c. 15 (1603-4) richteten sich die einschlägigen Gesetze wie dargelegt nur gegen solche bankrotten Schuldner „being Subject borne of this Realme or of any the Queens Domynions, or Denizen“, also gegen Untertanen der englischen Krone. Interessant ist daher, dass auch und gerade in diesen Gesetzen eine signifikante Nähe des englischen Rechts zum kontinentalen auszumachen ist. Die Nichtgeltung gegenüber Fremden macht deutlich, dass es gerade nicht um Gleichbehandlung von Kaufleuten aller Nationen und die Schaffung einheitlicher Wirtschaftsbedingungen in England wie auf dem europäischen Festland ging. Ein Anwendungsfall einer transnational geltenden „lex mercatoria“ liegt eben nicht vor. Möglich erscheint daher, dass die ersichtlich bewusste Anlehnung an das kontinentale Recht erfolgte, weil es sich um gute im Sinne von bewährten Regelungen handelte. b) Common law Das englische Rechtssystem beruht freilich nicht nur auf Gesetzen, sondern vor allem auf Präzedenzfällen, dem sogenannten common law. In diesem „case law“ Spuren einer Rezeption römischen und kontinentalen Rechts auszumachen, ist schwierig. Ibbetson merkt pointiert an, in englischen Fällen seien wesentlich mehr Verweise etwa auf Vergil und Cicero zu finden als auf die Heerscharen kontinentaler Rechtsgelehrter.546 Die folgende Analyse soll zum einen einen Überblick darüber bieten, inwiefern und in welchen Fallkonstellationen betrügerische Veräußerungen („fraudulent conveyances“) in der Rechtspraxis eine Rolle spielten. Zum anderen soll der Anwendungsbereich und damit die Relevanz der soeben besprochenen Gesetze dargestellt werden. Des Weiteren soll an den Stellen, an denen es sich anbietet, die Suche nach kontinentalen Einflüssen auf die in England getroffenen Entscheidungen gewagt werden. Für den kontinentalen Juristen darf zuvor kurz in Erinnerung gerufen werden, dass zivilrechtliche Fälle im common law in der Verhandlung auf einen einzigen 546 Ibbetson, Selden Society, S. 19: „We find far more references to Virgil and Cicero than to the host of civilian and canonist writers“.

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Streitpunkt, den sogenannten „issue“, heruntergebrochen wurden; es wurde also nie über den ganzen Fall in allen relevanten Facetten entschieden, sondern nur bezüglich dieser einen Rechts- oder Tatfrage.547 Zudem ist eine kurze Vorbemerkung zur Datierung der Rechtsfälle vonnöten. Die Datumsangabe englischer Rechtsfälle erfolgte grundsätzlich nach dem jeweiligen „law term“ und Regierungsjahr des Königs. Das Gerichtsjahr der common law courts bestand aus vier Abschnitten, den sogenannten law terms:548 Michaelmas549 begann am 9. / 10. Oktober und dauerte bis zum 28. / 29. November, Hilary550 begann am 23. / 24. Januar und endete am 12. /13. Februar, Easter551 (oftmals abgekürzt mit Pasch. für Paschae) begann grundsätzlich am 14. Tag nach Ostern („quindene“) und endete eine Woche nach Christi Himmelfahrt, Trinity552 begann am Montag acht Tage nach dem Dreifaltigkeitssonntag und endete normalerweise drei Wochen nach dem Geburtsfest Johannes des Täufers. Problematisch wird die Datierung, wenn der Regierungantritt eines Königs und damit der Anfang seiner jeweiligen Regierungsjahre mitten in einen der „law terms“ fällt.553 In diesem Fall ist der term beiden Jahren zuzuschreiben.554 Weitere Schwierigkeiten bei der Datierung ergeben sich aufgrund der Tatsache, dass bis 1752 das neue Jahr in England nicht mit dem 1. Januar, sondern mit dem 25. März (Mariä Verkündigung) begann.555 Dies kann bei der Datierung von Fällen, die im Easter term eines Jahres verhandelt und entschieden wurden, relevant werden. 547 Elton, Constitution, S. 149: „the principle that the whole case be reduced to one specific point in dispute (the issue), so that the full complex of troubles was never considered or settled“. 548 Vgl. dazu generell Cheney, S. 98 ff. 549 Vgl. Cheney, S. 136 ff. 550 Vgl. Cheney, S. 112 ff. 551 Vgl. Cheney, zur Grundregel S. 99 und zu den einzelnen Daten S. 120 ff. 552 Vgl. Cheney, zur Grundregel S. 99 und zu den jeweiligen Daten S. 128 ff. 553 Dies ist in der behandelten Zeitspanne etwa für den Michaelmas term in der Regierungszeit von Königin Elizabeth I. der Fall (vgl. Cheney, S. 105): Elizabeth I. bestieg am 17. November 1588 den Thron (Cheney, S. 38), der Michaelmas term begann in der relevanten Periode immer am 9. / 10. Oktober und endete am 28. November (Cheney, S. 141). 554 Vgl. Cheney, S. 104: „in certain reigns the regnal year changes in the course of a term; in strict practice this term ought to be ascribed to both years“. 555 Zur Sinnhaftigkeit und Ursprüngen dieser Methode vgl. Cheney, S. 12: „Less logical, but far more convenient, widespread, and important to the English historian was the use of 25 March after Christmas as the opening of the year. The origin of this practice is obscure, but can perhaps be traced to the influence of the abbey of Fleury, itself under Cluniac influence, and largely responsible for the increased emphasis laid upon devotions to the Virgin Mary in the early eleventh century“. Siehe auch Kadens, S. 1237.

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Wann genau innerhalb eines terms ein Urteil gefällt wurde, ist den Datierungen der Fälle nicht zu entnehmen. Dies ist freilich vor dem Hintergrund irrelevant, dass bis 1677 alle Urteile in ihrer Wirksamkeit auf den ersten Tag des „terms“ fingiert wurden.556 In der Folge werden die Rechtsfälle – soweit möglich – mit der originären englischen Datierung nach law term und Regierungsjahr sowie einer – auf dem Werk Cheneys beruhenden – Datierung nach dem Gregorianischen Kalender versehen. aa) Anon. (1535) Einen interessanten Fall warf im Jahr 1535 ein „Rechtslehrling“557 namens Barber gegenüber seinem Ausbilder, dem Justice of the Common Pleas Anthony Fitzherbert, auf: Barber Apprenti demande de Fitzherbert ou on morust intestat, et fuit in dette a divers persons, s. a un 40 li. a aut. 20 li. pour l’obligation, et avoit 40 li. in biens, et l’Ordinary commit l’administracion, et l’administrator compound pour 40 li. ove le debtee, pour que etc. et dona a luy 10 li. in satisfaction pur 40, et prist acquit de luy que le debtee avoit receu 40 li. si les 30 li. sera assetz al’autres debtors, entant que l’administrator avoit discharge 40 li. de debt testatori. Fitz. N’est question mes que il serait: car l’acquit n’est material, si le verite soit comme vous dits.558 Ein Auszubildender namens Barber fragt Fitzherbert, wenn jemand ohne Testament verstirbt und bei verschiedenden Personen in der Schuld stand, etwa bei einem mit 40 Pfund und beim anderen mit 20 Pfund aus Vertrag, und 40 Pfund in seinem Vermögen hatte, und der Ordinarius jemandem die Nachlassverwaltung anvertraut, und der Nachlassverwalter sich mit dem Gläubiger über 40 Pfund vergleicht, dass er etc., und er ihm 10 Pfund als Befriedigung für die 40 gab, und eine Quittung von ihm bekam, dass der Gläubiger 40 Pfund erhalten habe. [Die Frage war,] ob die 30 Pfund [vollstreckbares] Vermögen für die anderen Gläubiger559 seien, weil der Nachlassverwalter 40 Pfund aus der Schuld des Erblassers entlastet habe. Fitzherbert [antwortete]: Es steht doch außer Frage, dass es so ist: da die Quittung unerheblich ist, wenn die Wahrheit so ist, wie Ihr [, Barber,] sagt.

Der Erblasser verstarb nicht nur ohne Testament,560 sonden auch ersichtlich insolvent, da seinem Vermögen von 40 Pfund Schulden von mindestens 60 Pfund, wahrscheinlich deutlich mehr, gegenüberstanden. Vgl. Cheney, S. 104. Diesen Begriff verwendet Thomas Rüfner in der Übersetzung des ursprünglich auf englisch verfassten Beitrags von Lobban, S. 78. Zur Juristenausbildung in England vor 1700 generell Lobban, S. 73 – 81. 558 Der Fall findet sich in den year books, Y.B. Pasch. 27 Hen. VIII. plea 17, folio 6a. 559 Auf Y.B. Pasch. 27 Hen. VIII. plea 17, folio 6a heißt es zwar eindeutig „debtors“, damit müssen aber andere Gläubiger, nicht Schuldner gemeint sein. 560 Dafür spricht, dass er „intestat “ verstirbt und ein „administrator“, nicht ein „executor“ eingesetzt wird. Nichtsdestotrotz heißt es später „testatori “, was auf einem Versehen beruhen muss. 556 557

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Dafür, dass der Erblasser über mehr als 60 Pfund verschuldet war, spricht zum einen, dass später gefragt wird, ob seine „autres debtors“561 in sein restliches Vermögen vollstrecken können, womit nicht nur der im Sachverhalt genannte Gläubiger gemeint sein kann, dem 20 Pfund zustehen. Zudem wäre es für den ersten Gläubiger wenig lukrativ gewesen, nur 10 Pfund anzunehmen, wenn ihm anteilsmäßig bei einem Erblasservermögen von 40 Pfund und Erbschaftsschulden von 60 Pfund auf regulärem Wege 26,66 Pfund zugestanden hätten. Insofern „lohnt“ sich die Absprache des ersten Gläubigers mit dem Nachlassverwalter nur, wenn sein Anteil unter 10 Pfund liegen würde, was erst ab Erbschaftsschulden von mehr als 160 Pfund der Fall ist. Der Nachlassverwalter – eingesetzt durch den Bischof („l’Ordinary“), da in Nachlassangelegenheiten nach wie vor die kirchliche Gerichtsbarkeit zuständig war562 – traf nun mit einem Gläubiger, dessen Forderung sich höhenmäßig mit dem Gesamtvermögen der Erblassers deckte, die Übereinkunft, ihm nominell die vollen 40 Pfund zu überschreiben, tatsächlich aber nur 10 Pfund auszuzahlen. Fitzherbert kommt zu dem Ergebnis, dass die anderen Gläubiger in die nicht ausgezahlten 30 Pfund vollstrecken können, „car l’acquit n’est material “ – da der Absprache keine Bedeutung zukomme. Nichts ausgesagt wird dagegen über die Frage, ob der erste Gläubiger die erhaltenen 10 Pfund wieder herausgeben muss. Insofern schweigt der Fall bezüglich eines relevanten Punktes. Nach (rezipiertem) römischen Recht wäre nur das, was auch wirklich ausgezahlt wurde – in diesem Fall die 10 Pfund – gegebenenfalls nach der actio Pauliana herauszugeben. Dies hängt davon ab, wann die Zahlung getätigt wurde.563 Nach D. 42, 8, 6, 7564 und D. 42, 8, 10, 16565 ist eine Zahlung auf eine fällige Schuld wirksam, wenn sie vor der missio in bona erfolgte. War dagegen bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet, sind gleichrangige Gläubiger gleich zu behandeln. Die nicht ausgezahlten 30 Pfund unterfallen dagegen auf keinen Fall der actio Pauliana. Sie müssen nicht erst in das Schuldnervermögen zurückgerufen werden, Vgl. dazu soeben Fn. 559. Vgl. oben den Abschnitt zur kirchlichen Gerichtsbarkeit der „ecclesiastical courts“, S. 55 ff. 563 Vgl. etwa Johnston, Scaevola, S. 58, Wubbe, S. 480 oder Klinck, Benachteiligungsabsicht, S. 86 f. und unten, Fn. 590. 564 D. 42, 8, 6, 7: „ Sciendum Iulianum scribere eoque iure nos uti, ut, qui debitam pecuniam recepit ante, quam bona debitoris possideantur, quamvis sciens prudensque solvendo non esse recipiat, non timere hoc edictum: sibi enim vigilavit. Qui vero post bona possessa debitum suum recepit, hunc in portionem vocandum exaequandumque ceteris creditoribus: neque enim debuit praeripere ceteris post bona possessa, cum iam par condicio omnium creditorum facta esset“. 565 D. 42, 8, 10, 16: „Si debitorem meum et complurium creditorum consecutus essem fugientem secum ferentem pecuniam et abstulissem ei id quod mihi debeatur, placet Iuliani sententia dicentis multum interesse, antequam in possessionem bonorum eius creditores mittantur, hoc factum sit an postea: si ante, cessare in factum actionem, si postea, huic locum fore“. 561 562

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sondern haben es nie verlassen. Die auf sie bezogene Absprache ist nur ein vorgetäuschtes Geschäft (simulatio) und damit nichtig. Insofern deckt sich die Entscheidung Fitzherberts mit einer Anmerkung, die Lyndwood bei der Erläuterung von „cordis dolore“ in seinem „Provinciale“ trifft: Sed scias, quod in hoc casu potius dicitur Alienatio simulata & imaginata, quam vera et facta in fraudem. hae namque Alienationes differunt, quia Alienatio simulata est, ut patet in l. emptor ff.566 de aqua. plu. arc et l. nuda ff. de contrahen. emp. et l. imaginaria ff. de re. ju. et l. qui sub imagine. C. de distra. pig. Et in talibus non requiruntur actiones revocatoriae, quia sic alienata de bonis non exeunt: secus tamen est, quando sit Alienatio vera & in fraudem, quia nunc necessariae sunt actiones revocatoriae.567 Aber du musst wissen, dass in diesem Fall die Veräußerung eher als simuliert und vorgespielt bezeichnet wird denn als wirklich, aber betrügerisch vollzogen. Denn diese Veräußerungen unterscheiden sich, da die Veräußerung simuliert ist, so wie es offensichtlich ist aus D. 39, 3, 12, D. 18, 1, 55, D. 50, 17, 16 und C. 8, 27, 10 pr. Und in solchen Fällen werden revokatorische Klagen nicht benötigt, weil das so Veräußerte das Vermögen nicht verlässt: anders ist es dagegen, wenn es eine wirkliche, aber betrügerische Veräußerung gibt, weil jetzt revokatorische Klagen vonnöten sind.

Diese Unterscheidung befindet sich in Einklang mit der kontinentalen Doktrin der Abgrenzung zwischen simulatio und actio Pauliana, wie sie von Bartolus de Saxoferrato und Baldus de Ubaldis entwickelt worden ist.568 Insofern kann in dem von Barber angefragten Fall zwar keine Berücksichtigung der Doktrin zur actio Pauliana gesehen werden; der Fall wird jedoch ebenso, wie dies nach (rezipiertem) römischen und kanonischem Recht geschehen wäre, nach einem Grundsatz gelöst, der sich bereits in D. 18, 1, 55 findet: „ Nuda et imaginaria venditio pro non facta est et ideo nec alienatio eius rei intellegitur“ – „Der ‚nackte‘ und vorgespielte Kauf gilt als nicht geschehen und daher wird auch keine Veräußerung der betrefflichen Sache angenommen“. bb) Lyte & son feme, et Gyles Peny (1541) Der Fall zwischen einem gewissen Lyte und seiner Frau auf der einen und Gyles Peny auf der anderen Seite („Lyte & son feme, et Gyles Peny“)569 stammt aus dem 566 Vgl. Söllner, S. 140: „Im Mittelalter wurden die Digesten mit dem Zeichen ‚ff‘ abgekürzt (wahrscheinlich ein verballhorntes π von ‚pandectae‘; nach anderer Ansicht ein durchquertes D von ‚Digesta‘). Von daher stammt die Redewendung ‚Etwas aus dem ff. kennen‘“. 567 Lyndwood, Lib. III, Tit. 11, S. 162, nota t ad Rex. 568 Vgl. dazu Coing, Simulatio, S. 402 ff., insb. S. 408 ff., oder Wesener, S. 339 ff. So heißt es etwa zu C. 4, 35, 22 bei Baldus, C. mandati, l. Per diversas, bei Rz. 3 = Sirks, Baldus, Codex, Bd. 4, S. 205: „multum refert inter simulatum, & factum in fraudem: quia simulatum est ipso iure nullum, sed istud quod fit in fraudem debitoris est aliquod sed obstat exceptio doli, nisi lex procedit ultra annullando“. Dass die simulatio zur Nichtigkeit und nicht bloß zur Vernichtbarkeit der betrefflichen Rechtshandlung führt, stellt Baldus auch in Cons. 5, 189, fest: „agere de simulatione est agere de nullitate“. 569 Dyer, f. 49, Ziffern 7 ff.

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Easter term des 33. Regierungsjahres Henry VIII., also aus dem Jahr 1541570 und ist damit älter als 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3). Jemand hatte Geld „zu Nutzen und Vorteil“ („al use et oeps“) einer Frau hinterlegt, das ihr an ihrem Hochzeitstag übergeben werden sollte.571 Vor der Hochzeit widerrief der Deponent dieses Geschenk.572 Aus dieser knappen Sachverhaltsschilderung zeigt sich, dass der Fall sich nicht unmittelbar mit Gläubigerbetrug beschäftigt. Bei der Erörterung, warum der Widerruf des Geschenks zulässig sei, wird im Rahmen der Unterscheidung zwischen vollzogener und noch zu vollziehender Schenkung jedoch auf 50 Edw. III, c. 6 (1376) und damit auf das englische Recht gegen Gläubigerbetrug eingegangen: Et il semble que ceux parolx ne chaungeront le case, car le propertie de argent ne poit estre alter per parolx de use ou behoufe, & ceo est prouve per lestatut fait Anno 50. E. 3. capitulo 6. de fraudulent dones fait de biens & chateux a defrauder les Creditors, le ley devaunt fuit que done des biens a son opes ne fuisset bone mes le proprietie fuit maintenaunt en le donee. Et cest paroll (use) voyde, ou autrement lestatute ust estre faite en vayne. Car si le propertye ust remainder toutes foites en le donor, donques le Creditor purroit aver execution de ceux, coment que cest estatute ne unque ust estre faite, per que &c.573 Und es scheint, dass diese Worte den Fall nicht ändern, weil das Eigentum am Geld nicht geändert werden kann durch durch die Worte „zu Nutzen und Vorteil“, und dies wird bewiesen durch das Gesetz 50 Edw. III, c. 6 über betrügerische Geschenke von Gütern und beweglichen Sachen, um die Gläubiger zu betrügen; das zuvor genannte Gesetz besagt, dass Geschenke von Gütern zu jemandes Vorteil nicht wirksam sind, aber das Eigentum inzwischen beim Beschenkten war. Und dieses Wort („Nutzen“) ist nichtig, oder sonst ist das Gesetz vergebens gemacht worden. Denn wenn das Eigentum jedes Mal beim Schenker geblieben ist, dann können die Gläubiger in dieses vollstrecken, wie wenn das Gesetz nie gemacht worden wäre, und daher usw.

50 Edw. III, c. 6 besage, wenn etwas zugunsten eines Dritten, aber zulasten der Gläubiger des Schenkers verschenkt wurde, habe der Beschenkte Eigentum erworben („le proprietie fuit maintenaunt en le donee“), die Schenkung sei allerdings nicht wirksam gewesen („done des biens […] ne fuisset bone“) – eine Formulierung, die bei einem deutschen Juristen unterschwellig Trennungs- und Abstraktionsprinzip anklingen lässt. Diese Rechtsfolge von 50 Edw. III, c. 6, dass den Gläubigern des Schenkers gegenüber die Schenkung als ex tunc nichtig angesehen werde, belege also, dass eine vollzogene Schenkung, wenn auch unter Gläubigerbetrug, grundsätzlich dazu 570 Easter 33 Hen. VIII. erstreckte sich vom 4. bis zum 30. Mai 1541, vgl. Cheney, S. 38 und 124. 571 Dyer, f. 49a, Ziffer 7: „home de argent, baile certaine summe dargent a un autre, al use et oeps dun femme, et a luy ceo a delivrer al iour de son marriage“. 572 Dyer, f. 49a, Ziffer 7: „devant le mariage, le baillor countermaunde & revoke le dit money“. 573 Dyer, f. 49b, Ziffer 15.

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führe, dass der Beschenkte Eigentum erwerbe; denn wenn das Eigentum im Falle einer Schenkung unter Gläubigerbetrug beim Schenker bliebe, wäre das Gesetz überflüssig. Diese als obiter dictum geäußerte Bemerkung unterstreicht die Zielrichtung von 50 Edw. III, c. 6: Eine Schenkung unter Gläubigerbetrug ist – wenn sie in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt – ipso iure als von Anfang an nichtig anzusehen, sodass der Inhaber des Schenkungsgegenstandes zur Herausgabe verpflichtet ist. cc) Anon. (1557) Ein Fall aus dem Trinity term des 3. bzw. 4. gemeinsamen Regierungsjahres von Philip und Mary (1557)574 wird von Dyer berichtet, jedoch ohne Namensangabe der Parteien.575 Ein Erbe wurde verklagt aus einer Bürgschaft, die der Erblasser eingegangen war. Er versuchte, sich unter Berufung auf den Grundsatz „riens per descent “ zu verteidigen: er besitze keine Erbschaftsgegenstände.576 Nichtsdestotrotz wurde er verurteilt, und das Urteil sollte nunmehr mittels eines writ of elegit 577 vollstreckt werden. Der Sheriff fand jedoch kein vollstreckbares Vermögen vor, da der Erbe nach Erlass des Urteils betrügerischerweise sein komplettes Vermögen veräußert hatte.578 Für den heutigen deutschen Juristen liegt in diesem Sachverhalt ein Anwendungsfall der Regelungen zum Gläubigerbetrug durch einen nicht mehr zahlungsfähigen Schuldner. Das wenige Jahre zuvor erlassene Gesetz 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) wird allerdings nicht angesprochen. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen steht dem Erben nach der maßgeblichen Schilderung des Sachverhalts nur ein Gläubiger gegenüber. In diesem Fall ist kein Konkursverfahren vonnöten; dieser Gläubiger kann sich im Wege der Einzelvollstreckung aus dem vorhandenen bzw. greifbaren Vermögen des Schuldners befriedigen. Des weiteren sollen die Rechtsfolgen des Gesetzes nur den Schuldner treffen, der sich entweder nach unbekannt absetzt („doo sodenlie flee to partes unknowne“) oder in sein Haus zurückzieht („kepe theyre houses“); die bloße, wenn auch absicht574 Trin. 3 & 4 Philip and Mary begann am 18. Juni und endete am 7. Juli 1557, vgl. Cheney, S. 38 und 132. 575 Dyer, f. 149a, Ziffer 80. 576 Vgl. Black’s Law Dictionary, Stichw. „riens per descent“: „The plea of an heir who is sued for the ancestor’s debt and who received no land or assets from the ancestor“. 577 Der writ of elegit war eine alternative Möglichkeit zum writ of fieri facias, geschaffen durch das Statute of Westminster II 1285, c. 18, die ein Vollstreckungsgläubiger wählen konnte (daher „elegit “), um zu erreichen, dass ihm alle beweglichen Sachen des Vollstreckungsschuldners sowie die Hälfte seiner Liegenschaften als passive Sicherheit ausgehändigt wurden, die er zwar besitzen darf, bis sein Anspruch erfüllt ist, aber nicht verkaufen bzw. verwerten kann. Vgl. dazu Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 66. 578 Dyer, f. 149a, Ziffer 80: „quicquid habuit alienavit […] pandaunt le briefe per covyn“.

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lich und zulasten der Gläubiger herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit stellte noch keinen „act of bankruptcy“ dar. Nach 50 Edw. III. c. 6 (1376), 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) sowie 3 Hen. VII. c. 4 (1487) konnte nur gegen einen betrügerischen Schuldner vorgegangen werden, wenn sich dieser ins Kirchenasyl („sanctuary“) geflüchtet hatte. Insofern zeigt der Fall gut auf, warum 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 wie bereits seine „Vorgängernormen“ zu kurz griff und Erweiterungen, wie sie im „Statute of Fraudulent Conveyances“, 13 Eliz. I. c. 5, und im „Bankruptcy Act“, 13 Eliz. I. c. 7 (1571), geschaffen wurden, vonnöten waren. Gelöst wurde der geschilderte Fall letztlich nach den allgemeinen Regeln des common law. Auf die Bezeugung hin („ sur un ‚testatum est‘“), dass der Beklagte Vermögen hatte, als der writ of elegit erlassen wurde, wurde ein weiterer writ (wahrscheinlich ebenfalls elegit) ausgegeben, nach dem gepfändet werden konnte, was dem Erben an dem Tag, an dem der erste writ of elegit erlassen wurde, gehört hatte („un novel briefe […] issera al vicount dextend ceo que il habuit die Iurata per Nisi prius“). Im Endeffekt konnten also die Gegenstände, die der Erbe an dem Tag, an dem der erste writ of elegit ergangen war, noch in seinem Vermögen hatte, bei Dritten gepfändet werden. dd) Smith v. Mills / „Case de Bankrupts“ (1589) Recht kompliziert ist der Sachverhalt des sogenannten „Case de Bankrupts“ von 1589579, wie er von Coke wiedergegeben wird580. Gregory Smith und andere Londoner Kaufleute klagten gegen Thomas Mills wegen widerrechtlichen Sachbesitzes („action sur le case, sur trover et conversion“).581 Ursprünglich gehörten die streitgegenständlichen Waren, die einen Wert von 24 Pfund hatten, dem Kaufmann John Cook, der jedoch insolvent wurde und sowohl den Klägern in Höhe von 273 Pfund, 12 Schilling als auch dem Robert Tibnam in Höhe von 64 Pfund verpflichtet war. Auf Antrag der Kläger wurden „commissioners“ nach 13 Eliz. I. c. 7 (1571) eingesetzt. Danach gab Cook die Waren an Tibnam als Teilzahlung auf seine Schuld. An579 Coke, Reports, Bd. 2, S. 25 datiert den Fall auf Trin. 31 Eliz. I. (30. Mai – 18. Juni 1589, vgl. Cheney, S. 39 und 133), Moore, S. 594 auf Pasch. 31 Eliz. I. (16. April – 12. Mai 1589, vgl. Cheney, S. 39 und 125). 580 Coke, Reports, Bd. 2, S. 25 ff. Die Schilderung bei Moore, S. 594, fällt dagegen sehr knapp aus: „ Accion sur le case sur trover et convercion de biens. fuit adjuge que sale fait per un bankrupt puis commission de bankrupcy agard est void, comment que les commissioners n’ont seisy les biens“. Vgl. zum Fall auch McCoid, S. 251. 581 Die Klage aus „trover and conversion“ ist einschlägig, wenn der Kläger eine ihm gehörige Sache verloren und der Beklagte diese gefunden hat („trover“) und nicht an den Kläger herausgibt, sondern sie für sich selbst nutzt („conversion“). Vgl. zu Namen und Entstehungsgeschichte Ames, S. 277.

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schließend verkaufte die Insolvenzkommission die Waren an die Kläger. Gleichzeitig weigerte sich Mills, zu diesem Zeitpunkt Handlungsgehilfe („adonques factor“) des Tibnam, sich als Insolvenzgläubiger den übrigen Gläubigern anzuschließen, und machte geltend, die besagten Sachen seien seinem Herrn und Meister („son master“) geschenkt und stünden daher in dessen Eigentum. Schließlich gelangten die Waren zu Mills, der sie verarbeitete. Die Kläger verlangten diese nunmehr als ihnen gehörig heraus. Der Klage wurde letztlich stattgegeben; dabei behandelte der Richter, Chief Justice Sir Christopher Wray, unter anderem die Frage, ob die Schenkung an Tibnam wirksam war und ob der gutgläubige Erwerber unter dem geltenden Statutarrecht schutzwürdig sei. Die Wirksamkeit der Schenkung an Tibnam wird aus Wertungsgesichtspunkten abgelehnt; alles andere wäre ungerecht, gewissenlos und ein großer Rechtsfehler („ceo serra unequal & unconscionable & ßra grand defect in la ley“). Weitere Argumente sind nicht erforderlich, da die Schenkung bereits grundsätzlich an 13 Eliz. I. c. 7 scheitert: Ein von den „commissioners“ getätigtes Geschäft (wie der Verkauf der Waren an die Kläger) ist demnach gültig und rechtskräftig nicht nur gegenüber dem insolventen Schuldner, sondern auch gegenüber jedem, der ein Recht aus einem nach Insolvenzeintritt mit dem insolventen Schuldner getätigten Geschäft geltend macht (also gegenüber Tibnam, der sich auf die nach Insolvenz empfangene Schenkung beruft).582 Zwar enthält das Gesetz am Ende eine Klausel für gutgläubig getätigte Veräußerungen, jedoch stellt das Gericht fest, dass diese grundsätzlich nur zur Folge hat, dass den Gutgläubigen nicht die im Gesetz bezeichnete Strafe trifft, jedoch nicht, dass die Veräußerung wirksam wird.583 Im Anschluss daran erwägt das Gericht verschiedene Ausnahmen zum Grundsatz, die aber alle abgelehnt werden. So wird etwa erwähnt, dass Tibnam ja auch Gläubiger des Cook war und ihm demnach grundsätzlich ein Anspruch auf Befriedigung zustand, die „commissioners“ die Waren aber nur an die Kläger veräußerten und damit nicht „To every of the said creditors a portion, rate and rate alike“, wie es seit 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 geschuldet war. Dieses Argument wird jedoch widerlegt durch die Aussage, Mills habe sich stellvertretend für Tibnam wirksam geweigert, 582 Vgl. 13 Eliz I. c. 7 in: Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 539: „and that every Dyrection Order Bargayne Sale and other Thynge done by the said persons so aucthoryzed […] shalbe good and effectuall in the Lawe […] agaynste the said Offendour […] and agaynste all other person and persons clayming by from or under suche Offendour […] by any Acte had made or done after suche person shall become Bankrupt“. Siehe auch Countryman, S. 716: „the debtor’s postbankruptcy transfer of his goods to a single creditor in partial payment of that creditor’s claim would not prevent the commissioners who administered the Bankruptcy Act from later passing good title to the same goods to a bona fide purchaser“. 583 Coke, Reports, Bd. 2, S. 26: „Et le court resolve que le proviso concernant dones & grants bona fide, ne fait alcun done ou grant bone […] mez exclude eux hors del penalty inflict per […] le proviso“.

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als Gläubiger am Insolvenzverfahren teilzunehmen, während die Kläger dies taten. Ihnen stünden demnach die Waren zu, da sie wachsam gewesen seien und sich zeitig und geschickt um die Eintreibung ihrer Außenstände gekümmert hätten. Unterstrichen wird diese Gedankenführung durch die Maxime584 „vigilantibus & non dormientibus iura subveniunt “.585 Diese letztgenannte Passage sowie das zuvor angesprochene Problem erinnern damit unverkennbar an D. 42, 8, 24: D. 42, 8, 24 – Scaevola libro singulari quaestionum publice tractatarum Pupillus patri heres extitit et uni creditorum solvit: mox abstinuit hereditate paterna: bona patris veneunt: an id quod accepit creditor revocandum sit, ne melioris condicionis sit quam ceteri creditores? An distinguimus, per gratificationem acceperit an non, ut, si per gratificationem tutorum, revocetur ad eandem portionem, quam ceteri creditores fuerint laturi: sin vero iuste exegerit, ceteri creditores neglexerint exactionem, interea res deterior facta sit, vel mortalitate vel subductis rebus mobilibus vel rebus soli ad irritum perductis, id quod acceperit creditor revocari nullo pacto potest, quoniam alii creditores suae neglegentiae expensum ferre debeant. Quid ergo, si, cum in eo essent, ut bona debitoris mei venirent, solverit mihi pecuniam, an actione revocari ea possit a me? An distinguendum est, is optulerit mihi an ego illi extorserim invito et, ut si extorserim invito, revocetur, si non extorserim, non revocetur? Sed vigilavi, meliorem meam condicionem feci, ius civile vigilantibus scriptum est: ideoque non revocatur id quod percepi. Ein unmündiges Kind wurde Erbe seines Vaters und befriedigte einen der Gläubiger. Bald darauf lehnte es die Erbschaft vom Vater ab: das Vermögen des Vaters wurde verkauft: ist etwa das, was der Gläubiger erhielt, zurückzurufen, damit er nicht in einer besseren Lage sei als die anderen Gläubiger? Oder müssen wir unterscheiden, ob er aus Gefälligkeit erhielt oder nicht, sodass, wenn er durch die Gefälligkeit der Vormünder [erhielt], zurückgerufen wird zur selben Quote, die den anderen Gläubigern gegeben wird: wenn er aber gerechtfertigt ausgegeben hat, die anderen Gläubiger sich nicht um die Eintreibung kümmern, inzwischen die Sache schlechter geworden ist, entweder durch Sterblichkeit oder Entziehung von Mobilien oder Vernichtung von Immobilien, kann das, was der Gläubiger erhalten hat, schlechterdings nicht zurückgerufen werden, weil die anderen Gläubiger ihre Nachlässigkeit als Ausgabe tragen müssen. Was also, wenn, wenn es so wäre, dass das Vermögen meines Schuldners verkauft werden sollte, er mir Geld gegeben hat, kann dies mit der Klage von mir zurückgefordert werden? Oder muss man unterscheiden, ob dieser mir darbot oder ich es ihm gegen seinen Willen entriss und, wenn ich es ihm gegen seinen Willen entriss, wird es zurückgerufen, wenn nicht, dann nicht? Aber ich war [doch nur] wachsam, machte meine Lage besser, und das Zivilrecht ist [doch] für die Wachsamen geschrieben: daher kann das, was ich erlangt habe, nicht zurückgerufen werden.

584 Zur Bedeutung und Verwendung lateinischer Maximen im englischen Recht allgemein vgl. etwa Jolowicz, S. 213 ff., Pound, S. 827 ff., Vinogradoff, S. 339 ff. oder Stein, Regulae Iuris, insbes. S. 154 ff. 585 Bereits in einem vor der King’s Bench im Jahre 1341 verhandelten Fall, Y.B. Trin. 15 Edw. III. pl. 29 (= Pike, S. 236 ff.; auf diesen Fall verweist auch Pound, S. 828, Fn. 94) wirft der Beklagtenvertreter dem Kläger vor, sein Vorbringen erfolge zu spät: „Vigilantibus et non dormientibus, &c.; par quei nel ust il prie adonques?“ Die Rechtsmaxime war also in England durchaus bekannt.

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Ein Vormund586 befriedigt für ein unmündiges Kind, das seinen Vater beerbt hat, zunächst einen der väterlichen Gläubiger, lehnt dann aber die Erbschaft – wohl wegen Überschuldung – ab.587 Rechtsfrage ist, ob nach dem Verkauf des väterlichen Vermögens (bonorum venditio) das, was besagter Gläubiger erhielt, zurückzugeben ist, damit er nicht in einer besseren Lage ist als die anderen Gläubiger. Erwogen wird als Differenzierungskriterium, ob er aus Gefälligkeit588 erhielt oder nicht, mit der Folge, dass er, wenn er durch die Gefälligkeit des Vormunds erhielt, zurückgerufen wird auf dieselbe Quote, die auch die anderen Gläubigern erhalten. Jedenfalls aber, wenn der Vormund rechtmäßig gegeben hat, wenn die anderen Gläubiger sich also nur noch nicht um die Eintreibung gekümmert haben und nun weniger vollstreckbare Masse vorhanden ist, so müssten diese sich ihre Nachlässigkeit entgegen halten lassen. Nach der Nennung eines Parallelfalls, ob zurückgefordert werden könne, „wenn es mit dem Vermögen meines Schuldners so stand, dass es verkauft werden musste“,589 und dieser trotzdem zahlt, kulminiert das Fragment in der Aussage „Aber ich war [doch nur] wachsam, machte meine Lage besser, und das Zivilrecht ist [doch] für die Wachsamen geschrieben: daher kann das, was ich erlangt habe, nicht zurückgerufen werden.“590 Die Ähnlichkeit dieser berühmten Passage aus D. 42, 8, 24, „sed vigilavi, meliorem meam condicionem feci, ius civile vigilantibus scriptum est“ zu „vigilantibus & 586 Dass nicht das Mündel selbst, sondern „selbstverständlich“, wie Wubbe, S. 476 es ausdrückt, der Vormund bezahlt hat, ergibt sich nicht nur aus den Grundregeln des römischen Personenrechts, sondern auch im Fragment selbst aus der Tatsache, dass später darauf abgestellt wird, ob der tutor aus Gefälligkeit gehandelt hat. 587 Zur nach Erwerb der Erbschaft grundsätzlich unbeschränkten Erbenhaftung Kaser, Privatrecht, Bd. 1, S. 733 f. Einem pupillus war es ausnahmsweise erlaubt, von einer Erbschaft zurückzutreten, nachdem er sich in deren Belange eingemischt hatte, vgl. Johnston, Scaevola, S. 50 mit Fn. 133 und Verweis auf D. 29, 2, 57, pr. 588 Klinck, Benachteiligungsabsicht, S. 84 und Insolvenzanfechtung, S. 5 spricht von „Begünstigung“. 589 Übersetzung nach Wubbe, S. 477, der in Fn. 5 anmerkt: „Offensichtlich miserables Latein, aber man versteht, was gemeint ist“. 590 Johnston, Scaevola, S. 58 ff. hält das komplette Ende des Fragments für interpoliert, wenngleich er nur mit Bedauern von dem Satz ius vigilantibus scriptum Abstand nimmt: „It is sad to have to abandon this fine phrase“ (S. 59, Fn. 157). Den Interpolationsverdacht begründet er damit, dass sich aus D. 42, 8, 6, 7 und D. 42, 8, 10, 16 die generelle Regel herleiten lasse, dass eine Zahlung auf eine fällige Schuld vor missio in bona wirksam, danach unzulässig sei – „the first of these demonstrates vigilance, the second fraud“ (S. 58). Dem widerspreche es, dass in D. 42, 8, 24 nur auf die Wachsamkeit, nicht aber auf die zeitliche Komponente abgestellt werde. Die alternative Deutung, zwar werde nur die Wachsamkeit genannt, die zeitliche Komponente (Stattfinden vor der missio in bona) sei im Fragment impliziert, erwägt Johnston zwar (S. 59), verwirft sie aber – m. E. vorschnell – zugunsten des von ihm favorisierten Interpolationsverdachts (S. 60). In diesem Sinne auch die Rezension von Giaro, S. 57: „scheint der Text – entgegen dem Verfasser [Johnston] – doch auf den Zeitpunkt der Zahlung hinzudeuten (cum in eo esset, ut bona… venirent bedeutet wohl, dass die missio noch nicht stattgefunden hat)“ und S. 60: „Nach der Depuration des zweiten Teils von D. 42, 8, 24 stellt der Verfasser fest: ‚Regrettably this does not leave us with a comprehensible residue.‘ Eben!“. Wie Johnston dagegen Burdese, S. 418.

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non dormientibus iura subveniunt“ im „Case de Bankrupts“ liegt auf der Hand. Es fällt schwer, zu glauben, dass diese auf bloßem Zufall beruhen sollte. Vielmehr scheint die Passage eine bewusste Auseinandersetzung mit der Lösung des dem konkreten Fall entsprechenden Problems im römischen Recht zu beinhalten: Es wird sich nicht nur auf eine passende Maxime des römischen Rechts berufen, sondern vielmehr im Rahmen eines Falles, der sich mit der Unwirksamkeit der Verfügung eines bankrotten Schuldners befasst, auf ein Fragment aus dem inhaltlich korrespondierenden Digestentitel D. 42, 8 zurückgegriffen. Ob die Verwendung dieser Maxime allerdings auf das Urteil des den Fall entscheidenden Richters, Sir Christopher Wray,591 zurückgeht oder der Interpretation entstammt, die Sir Edward Coke dem Urteil in seinen Reports gibt, kann nicht geklärt werden, wenngleich die Zusammenschau mit den zu „Twyne’s Case“592 gewonnenen Erkenntissen für die zweite Möglichkeit streitet. Letztlich ist anzumerken, dass die Maxime „vigilantibus & non dormientibus iura subveniunt “ aus dem „Case de Bankrupts“ im anglo-amerikanischen Rechtskreis auch heute noch in dieser Form Anwendung findet.593 ee) Pauncefoot v. Blunt / „Pauncefoot’s Case“ (1593) Innerhalb der Besprechung von „Twyne’s Case“594 bei Sir Edward Coke wird „Pauncefoot’s Case“ behandelt.595 Dieser spielte sich vor der Exchequer Chamber596 591 Sir Christopher Wray (1522 – 1592), Chief Justice sowie Speaker des House of Commons, wurde in Buckingham (Magdalene) College, Cambridge, erzogen, bevor er 1545 seine juristische Ausbildung in Lincoln’s Inn aufnahm, vgl. Hasler / Bindoff, Bd. 3, S. 653, ebenso Simpson / Watkins, S. 550 und Foss, S. 762. Wrays Zeit in Cambridge dürfte sich somit mit den Anfangszeiten der römischrechtlichen Lehre an der Universität Cambridge überschnitten haben – seit 1540 lehrte dort ein von König Henry VIII. selbst ausgewählter und besoldeter Regius Professor of Civil Law. Seinem alten College war Wray bis an sein Lebensende verbunden und stiftete dort vermächtnishalber ein Stipendium (fellowship), vgl. Hasler / Bindoff, Bd. 3, S. 654. Seine klassische Bildung ließ er auch etwa in seiner Antrittsrede vor der Königin durchblicken, in der er Plato zitierte (überliefert bei Campbell, S. 201: „quoted Plato ‚de Legibus‘“). Bemerkenswert ist weiterhin, dass Wray im Jahre 1571 Speaker des House of Commons war, als die beiden einschlägigen Gesetze 13 Eliz. I. c. 5 und 7 geschaffen wurden, siehe etwa D’Ewes, S. 156. 592 Vgl. dazu unten, S. 173 ff. 593 Beispiele aus der neueren amerikanischen Rechtsprechung, in der diese lateinische Wendung wörtlich wiedergegeben wird, sind etwa der Fall Dalton v. Dalton, Court of Appeal for British Columbia vom 6. September 2006, 2006 BCCA 390, oder der Fall R. v. Mehta, Ontario Court of Justice vom 22. Juni 2007, 2007 ONCJ 305. Auch der Labour Court of Leshoto beruft sich in einem Urteil vom 1. Juni 2006 in Sachen Rangoanana v. Lesotho Standard Bank Ltd. auf diese Maxime, vgl. 2006 LSLC 7. 594 Siehe unten, S. 173 ff. 595 Coke, Reports, Bd. 3, S. 82. 596 Zur Exchequer Chamber vgl. Elton, Constitution, S. 148.

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im Michaelmas term des 35. und 36. Regierungsjahres Elizabeth I. (1593)597 ab. Pauncefoot war angeklagt, sich des Besuches des anglikanischen Gottesdienstes zu verweigern („recusancy“), und daher zu beabsichtigen, nach Übersee zu fliehen. Um die Königin um das zu verkürzen, was ihr aufgrund dieser Verbrechen zugestanden hätte, verschenkte er alle Liegenschaften und Fahrhabe von größerem Wert und gab vor, dass dies gegen ausreichende Gegenleistung („consideration“) geschehen sei. Anschließend flüchtete er „ouster le mere“ und wurde dafür geächtet. Die im Fall aufgeworfene Rechtsfrage war, ob die Schenkung, mit der die Königin um die ihr zustehenden Geldbußen gebracht wurde, gültig war. Eine Nichtigkeit nach 50 Edw. III. c. 6 (1376) lehnte das Gericht ab, da das Gesetz seinem Wortlaut nach nur zugunsten von Gläubigern greift und nur zulasten von Schuldnern, die ins Kirchenasyl flüchten, nicht aber zugunsten der Krone als Berechtigter an Bußgeldern zulasten von Schuldnern, die aus dem Herrschaftsgebiet der Königin fliehen. Auch die Anwendbarkeit von 3 Hen. VII. c. 4 (1487) wurde verneint, wenn auch teilweise argumentiert wurde, die Präambel spreche zwar von Gläubigern, der folgende Gesetzeswortlaut besage aber nur, dass alle Geschenke nichtig sind, und dies gelte erga omnes. Gelöst wurde der Fall schließlich über 13 Eliz. I. c. 5 (1571). Dort wird Nichtigkeit angeordnet, wenn die Veräußerung betrügerisch zulasten von „creditors and others“ erfolgt sei. Die Krone sei zwar nicht Gläubiger des Pauncefoot, falle aber als jemand, der Grund zur Klage bzw. Anspruch auf Strafe oder Buße gegen den Delinquenten hat, unter die Phrase „and others“. Mithin wurde die Schenkung des Pauncefoot aufgrund von 13 Eliz. I. c. 5 als der Krone gegenüber nichtig angesehen. Dieses Ergebnis beruht auf einer extensiven Auslegung von 13 Eliz. I. c. 5. Coke legt dar, dass dies von den Richtern beabsichtigt war: da Lug und Trug dieser Tage immer mehr zunähmen, hätten die Richter entschieden, „dass alle Gesetze gegen Betrug frei und großzügig ausgelegt werden sollen, um Betrug zu unterdrücken“ („que touts Statutes faits encounter fraud serra liberalment et beneficialment expound a suppresser fraud “).598 597 Mich. 35 & 36 Eliz. I. erstreckte sich vom 9. Oktober bis zum 28. November 1593, vgl. Cheney, S. 39 und 141. 598 Coke, Reports, Bd. 3, S. 82. Eine extensive Auslegung wird später auch in 21 Jac. I. c. 19 (1623-4) gefordert: „all and singuler the aforesaid Statutes and Lawes heretofore made against Banckeruptes and for Releife of Creditors, shalbe in all thinges largelie and beneficially construed and expounded for the Aid Help and Releife of the Creditors of such person or persons as already be or hereafter shall become Banckrupt“ (Statutes of the Realm, Bd. 4, S. 1227). Den zunehmenden Werteverfall beschreibt Coke mit folgendem elegischen Distichon: „Quaeritur, ut crescunt tot magna volumina legis? – In promptu causa est, crescit in orbe dolus.“ Die Sentenz kommt bereits in seiner Antrittsrede als Speaker des House of Commons im Jahre 1593 vor: „And to him that might ask, Quid causa ut crescant tot magna vo-

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ff) Wilson v. Packman / „Packman’s Case“ (1595) „Packman’s Case“ aus dem Jahre 1595599 ist sowohl bei Coke als auch bei Moore überliefert.600 Jemand verstarb ohne Testament und ein Familienfremder wurde mit der Nachlassverwaltung beauftragt. Der nächste Verwandte klagte daraufhin vor der kirchlichen Gerichtsbarkeit („in Spiritual Court“) auf Aufhebung. Während dieses Verfahren schwebte, verkaufte der Verwalter, um den Kläger um den Ertrag seines Prozesses bringen, das Vermögen des Verstorbenen an den Beklagten, Packman. Später widerrief das kirchliche Gericht durch Urteil die Einsetzung als Nachlassverwalter und übertrug dem Kläger, Wilson, die Verwaltung des Nachlasses. Wilson klagte daher gegen Packman auf Herausgabe („action sur le case sur trover“).601 Entschieden wurde, dass diese Klage nicht begründet sei („ fuit resolve, que le accion ne gist“). Die Veräußerung an Packman wurde durch den Widerruf der Verfügungsbefugnis des ersten Nachlassverwalters nicht unwirksam. Zwar ist im Falle der betrügerischen Veräußerung 13 Eliz. I. c. 5 (1571) einschlägig, jedoch hat dies nur die relative Nichtigkeit gegenüber den Gläubigern des betrügerisch Veräußernden zur Folge. Jeder außenstehende Gläubiger kann den ersten Nachlassverwalter, auch nach seiner Abberufung, „in debt“ verklagen. Dem zweiten Nachlassverwalter gegenüber bleibt die Verfügung dagegen wirksam („ Mes si le done soit par covin, ce serra void per le statute de 13 Eliz. vers creditor; mes ceo remain bon vers le second Administrator“). Dies verwundert in Hinblick auf die Tatsache, dass 13 Eliz. I. c. 5 (1571) die Nichtigkeit anordnet, wenn die Veräußerung betrügerisch zulasten von „creditors and others“ begangen wurde. Es wäre zumindest nicht fernliegend gewesen, den zweiten Nachlassverwalter als zu den besagten „others“ gehörig anzusehen. Erst die weitere Schilderung des Falles macht deutlich, warum sich der neue Nachlassverwalter nicht auf die Nichtigkeit der Schenkung berufen kann. Wilson ging gegen die Einsetzung des ersten Nachlassverwalters im Rahmen eines als „Citation“ bezeichneten Verfahrens vor („sua Citation“). Dieses hat – anders als ein lumina legis? It may be answered, In promptu causa est, crescit in orbe malum.“, D’Ewes, S. 459 f. Die genaue Herkunft dieser Maxime ist nicht bekannt; auch Coquillette, Lawmakers, S. 195, Fn. 36 muss zugeben: „I am still researching the full classical derivation of the [maxim]“. 599 Datiert ist der Fall auf Hil. 37 Eliz. I. Das 37. Regierungsjahr Elizabeth I. begann am 17. November 1594, der Hilary term dauerte vom darauffolgenden 23. Januar bis zum 12. Februar (vgl. Cheney, S. 39 und 117). Nach heutiger Zeitrechnung spielte sich der Fall demnach im Jahr 1595 ab. Da bis 1752 das Jahr in England mit dem 25. März begann (vgl. Cheney, S. 12 f.), wäre nach zeitgenössischer Datierung die Jahresangabe 1594 korrekt. 600 Der Fall findet sich bei Coke, Reports, Bd. 6, S. 19 und bei Moore, S. 396; bei letzterem wird der Beklagte mit „Pateman“ angegeben. Die folgenden Zitate sind der Version bei Coke entnommen. 601 Zur „action sur le case sur trover“ vgl. oben, Fn. 162.

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Vorgehen im Wege des „Appeal “ – den bloß ex nunc wirkenden Widerruf der Einsetzung als Nachlassverwalter, nicht aber eine Vernichtung ex tunc zur Folge („ceo fuit par Citation que est a countremander ou revoker le former Lettres de administracion, & Appeal, que touts foits est a reverser un former sentence, car le Appeal suspend le former sentence, autrement du Citation“). Daher war die erste Nachlassverwaltung bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie widerrufen wurde, wirksam („le primer administration fuit loyal tanque ceo fuit countermand “) und der erste Nachlassverwalter hatte im Rahmen der Schenkung Veräußerungsbefugnis. Dadurch, dass Wilson mit dem falschen verfahrenstechnischen Mittel die Einsetzung des ersten Nachlassverwalters beseitigen ließ, nahm er sich die Möglichkeit, in seiner Eigenschaft als neuer Nachlassverwalter gegen die Schenkung an Packman vorzugehen. Der Fall lässt aber anklingen, dass sich ein gewöhnlicher Gläubiger auf die Nichtigkeit der betrügerischen Veräußerung nach 13 Eliz. I. c. 5 hätte berufen können („ Mes si le done soit par covin, ce serra void per le statute de 13 Eliz. vers creditor“). gg) Watson’s Case (1595) Moore gibt „Watson’s Case“ aus dem Jahre 1595602 wieder, der im Gegensatz zum vorgenannten Fall über 13 Eliz. I. c. 5 (1571) gelöst werden konnte.603 Die Frau des nicht näher bezeichneten Beklagten war als Testamentsvollstreckerin eingesetzt worden. Um die Gläubiger des Erblassers zu betrügen („ per fraud a deceiver les creditors“) verschenkte sie sein Vermögen, behielt aber dennoch den Besitz an den veräußerten Erbschaftsgegenständen („retain en son possession“). Insgesamt verblieb ihr dadurch so viel, dass dies ausgereicht hätte, um die Erbschaftsgläubiger zu befriedigen. Anschließend heiratete sie den Beklagten und verstarb später. Ihr Mann kam dadurch in den Besitz der betrügerisch veräußerten Erbschaftsgegenstände. Watson und andere Gläubiger des Erblassers klagten nunmehr ihre Forderungen gegen den Beklagten als Testamentsvollstrecker („come executor“) seiner Frau ein. Der Beklagte plädierte dagegen „ plene administravit“, d. h. er habe die Erbschaft vollständig verwaltet. Diese Verteidigung führte dazu, dass er im Prozess unterliegen sollte. Dadurch, dass der Beklagte „ plene administravit“ plädierte, sich also darauf berief, dass er über das gesamte Vermögen der Verstorbenen verfügt habe und nichts mehr übrig sei, woraus er die Kläger befriedigen könne,604 habe er – so das Gericht – konklu602 Datiert ist auch dieser Fall auf Hil. 37 Eliz. I. Das 37. Regierungsjahr Elizabeth I. begann am 17. November 1594, der Hilary term dauerte vom darauffolgenden 23. Januar bis zum 12. Februar (vgl. Cheney, S. 39 und 117). Nach heutiger Zeitrechnung spielte sich der Fall demnach im Jahr 1595 ab. Da bis 1752 das Jahr in England mit dem 25. März begann (vgl. Cheney, S. 12 f.), wäre nach zeitgenössischer Datierung die Jahresangabe 1594 korrekt. 603 Moore, S. 396. 604 Williams, S. 1201: „The essential part of the plea of plene administravit is, that the said defendant has no goods, which were of the […] testator […] in the hands of the said defendant, as executor, to be administered“.

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dent zugegeben, dass er Testamentsvollstrecker sei. Als solcher müsse er auch die sich in seinem Beseitz befindlichen Erbschaftsgegenstände herausgeben,605 die das Vermögen seiner verstorbenen Gattin nie verlassen hätten, weil die Veräußerung betrügerisch gewesen sei, „come avantdit per le statute 13. Reginae“. hh) Goodall v. Wyatt (1595) Der von Moore geschilderte Rechtsstreit zwischen Goodall und Wyatt wurde im Jahre 1595606 vor dem Court of King’s Bench607 ausgetragen.608 Sir John Pakington verlehnte Land durch Vertrag („ fist feofment per indenture“) an Woodley unter der Bedingung, dass, wenn Pakington binnen eines Jahres nach Woodleys Tod dessen Erben, Testamentsvollstreckern oder Nachlassverwaltern 100 Mark („centum marcas“) zahlt, der genannte Vertrag und die Belehnung nichtig und rechtsfolgenlos („vacua & nullius effectus“) sein sollte. Anschließend verlehnte Woodley die ihm verpfändeten Ländereien an einen gewissen A., der wiederum den Kläger, Goodall, belehnte. Woodley starb später ohne Testament. Während der besagten Jahresfrist vereinbarte Pakington mit dem Nachlassverwalter („administrator“) und zugleich Erben des Woodley, diesem zwar zunächst die vollen 100 Mark zu zahlen, im Anschluss allerdings so viel wieder zurückzubekommen, dass de facto bloß 32 Pfund von den 100 Mark („32 l. des 100 marks“) an den Nachlassverwalter bezahlt wurden.609 Anschließend nahm Pakington das Land wieder in Besitz und behauptete, die Bedingung sei eingetreten und die Belehnung damit unwirksam.610 Goodall klagte daher „in ejectione firmae“, also auf Wiedereinsetzung in die Ländereien bzw. Schadensersatz.611 605 Williams, S. 1201: „if the executor plead […] plene administravit, it is now held, that he is liable only to the amount of assets proved to be in his hands“. 606 Datiert ist auch dieser dritte Fall auf Hil. 37 Eliz. I. Das 37. Regierungsjahr Elizabeth I. begann am 17. November 1594, der Hilary term dauerte vom darauffolgenden 23. Januar bis zum 12. Februar (vgl. Cheney, S. 39 und 117). Nach heutiger Zeitrechnung spielte sich der Fall demnach im Jahr 1595 ab. Da bis 1752 das Jahr in England mit dem 25. März begann (vgl. Cheney, S. 12 f.), wäre nach zeitgenössischer Datierung die Jahresangabe 1594 korrekt. 607 Zum Court of King’s Bench vgl. Elton, Constitution, S. 147. 608 Moore, S. 708 f. 609 So weit die Schilderung des Falles bei Moore, S. 708 f. 610 Insofern ergänzt Hughes, S. 208 in seiner verkürzenden Übersetzung zu Moores Werk („abridgement“) einen weiteren, für das Verständnis des Sachverhalts wesentlichen Punkt. 611 Vgl. Blackstone, Bd. 3, S. 199: „A writ then of ejectione firmae, or action of trespass in ejectment, lieth, where lands or tenements are let for a term of years; and afterwards the lessor, reversioner, remainder-man, or any stranger, doth eject or oust the lessee of his term. In this case he shall have his writ of ejection, to call the defendant to answer for entering on the lands so demised to the plaintiff for a term that is not yet expired, and ejecting him. And by this writ the plaintiff shall recover back his term, or the remainder of it, with damages“. Die action of ejectment war damit Rechtsbehelf zur Herausgabe von Immobilien (Gordley, S. 511).

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Der Court of King’s Bench entschied zugunsten des Klägers612 („ pro querente“), was auch von der Revisionsinstanz613, der Exchequer Chamber, von „touts les Justices“ bestätigt wurde. Ausschlaggebend war, dass Pakingtons Zahlung betrügerisch („covenous et fraudulent “) war und damit nicht genügte, um die Bedingung eintreten zu lassen. ii) Upton v. Basset (1595) Der Fall Upton v. Basset wurde 1595614 im Rahmen eines Prozesses wegen der Verletzung eines Rechtes an Land („en transgression“ bzw. „in trespass“)615 vom Court of Common Pleas616 entschieden.617 Jemand hatte sein Land unter Betrug auf Zeit verpachtet („homme fait lease pur ans par covin et fraud“). Später verpachtete er dasselbe Land gutgläubig und unentgeltlich ein weiteres Mal („bona fide, mes sans fine ou rent reserve“). Entschieden wurde – auf den ersten Blick überraschenderweise –, dass die zweite Verpachtung nicht die erste vernichtet („que le second lessée n’avoidera le primer lease“). Begründet wurde dies damit, dass nach dem common law derjenige zur Anfechtung618 berechtigt sein sollte, dem ein zeitlich früheres Recht zusteht („par le common ley estate fait par fraud sera avoide solement par cesty que ad former droit, title, interest, det, ou demand “). Zudem wurde – obiter – angemerkt, dass ein Käufer eine seinem eigenen Geschäft vorausgehende betrügerische Verfügung nur dann anfechten könne, wenn er 612 Wer genau der in der Fallbezeichnung bei Moore, S. 708, mit „Wiat“ bzw. bei Hughes, S. 208, mit „Wyatt“ bezeichnete Beklagte ist, wird aus der Sachverhaltsschilderung nicht deutlich. Es besteht zum einen die Möglichkeit, dass es sich um den im Sachverhalt namenlosen Nachlassverwalter handelt. Dagegen spricht freilich, dass eine Klage „in ejectione firmae“ nur Sinn macht gegen den, der die streitgegenständlichen Ländereien besitzt bzw. besetzt hält. Somit kommt m. E. nur in Betracht, dass Wyatt die Ländereien in Pakingtons Namen bzw. aus einem von diesem abgeleiteten Recht besitzt. 613 Ursprünglich galt im common law der Grundsatz, eine Gerichtsentscheidung sei unveränderlich. Später wurde der Court of King’s Bench befugt, im Fall von Verfahrensfehlern („error“) trotz eines vorherigen Urteils erneut zu entscheiden. Unter Elizabeth I. wurde die Exchequer Chamber zur „correction of errors“ ermächtigt, vgl. Elton, Constitution, S. 147 ff. 614 Trin. 37 Eliz. I.; dieser term erstreckte sich vom 20. Juni bis zum 9. Juli 1595, vgl. Cheney, S. 39 und S. 133. 615 Vgl. Deakin / Johnston / Markesinis, S. 413: „Any direct interference with land in the possession of another is trespass […]. ‚Interference‘ may take the form of entering land or part of it, or of remaining there after the withdrawal of permission, or of dispossessing of the occupant“. 616 Zum Court of Common Pleas vgl. Elton, Constitution, S. 147 f. 617 Coke, Reports, Bd. 3, S. 83. 618 Während dem englischen Recht ansonsten eher ein Konzept der (relativen) Nichtigkeit als der Anfechtung zugrundeliegt, lässt die von Coke, Reports, Bd. 3, S. 83, verwendete Formulierung „sera avoide solement par cesty“ die Erforderlichkeit eines Anfechtungsaktes anklingen.

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C. Rechtsentwicklungen in England

für eine hinreichende Gegenleistung („valuable consideration“) erworben habe. Zwar heiße es in der Präambel und im Gesetzestext von 13. Eliz. I. c. 5 (1571) bezüglich des Wertes der Gegenleistung bloß indifferent „good consideration“, doch sei dies im Sinne von „valuable consideration“ zu verstehen. Die im Kontext benutzten Verben „paid“ und „given“ bedeuteten, dass etwas Reales ausgetauscht werden müsse, „considerations de nature ou sank“, ein persönliches oder verwandtschaftliches Verhältnis, genügten damit nicht. Der Gehalt dieser Entscheidung findet sich auch im Rechtswörterbuch „Les termes de la ley“ von John Rastell aus dem Jahre 1624 zum Stichwort „consideration“: Auxy la est consideration de nature ou sanke, & valuable consideration, & pur ceo si home soit endet a diuers auters, & nient obstant in consideration de naturall affection done touts ses biens a son fils ou cosin, ceo serra entend destre un fraudulent done deins lact de 13. Eliz. ca. 5. pur ceo que cest act entend un valuable consideration.619 Es gibt persönliche oder verwandtschaftliche Gegenleistung, und auch entgeltliche Gegenleistung; wenn daher jemand verschiedenen anderen gegenüber verschuldet ist und trotzdem für persönliche Zuneigung als Gegenleistung sein gesamtes Vermögen an seinen Sohn oder Cousin schenkt, wird dies als betrügerisches Geschenk im Sinne von 13. Eliz. I. c. 5 verstanden, weil dieses Gesetz eine entgeltliche Gegenleistung meint.

Die Entscheidung in „Upton v. Basset“ befindet sich damit im Einklang mit der im 16. Jahrhundert entstehenden Lehre,620 wie eine Gegenleistung („consideration“) beschaffen sein muss, damit die Leistung einklagbar ist.621 619 Rastell, S. 91b, Eintrag „consideration“. In den früheren mir zugänglichen Auflagen von 1525, 1567, 1598, 1609 und 1618 wird das Stichwort „consideration“ nicht besprochen. 620 In der rechtshistorischen Literatur wird diskutiert, inwieweit die englische Doktrin der „consideration“ auf die kontinentale causa-Lehre des römisch-kanonischen Rechts zurückzuführen ist, vgl. knapp Zimmermann, ius commune, S. 16 f. m. w. N. Baker, Origins, S. 336 umreißt die Frage und mögliche Lösungsansätze treffend: „was it a wholly indigenous development; and if so, was it an incidental consequence of the exigencies of the forms of action or a direct result of juristic speculation about contractual liability? Alternatively, was it something reflected or borrowed from the canon law or the civil law? And if so, was the influence brought to bear on the common law directly through Renaissance humanism, or indirectly by way of the canonist chancellors or ecclesiastical judges?“. Bejaht wird eine Rezeption etwa von Benke, Consideration, S. 7 ff. und 24, Simpson, S. 375 ff., Zimmermann, Obligations, S. 554 ff. Bereits bei Cowell, Interpreter, Eintrag „Consideration“ heißt es: „Consideration (consideratio) is that with us, which the Grecians called συναλλαγμα: that is, the materiall cause of a contract, without the which no contract bindeth“. Auf der anderen Seite stellt etwa Markesinis, S. 55 beide Konzepte als ähnlich, aber in ihrer Entstehung unabhängig dar. Ibbetson, Consideration, S. 67 ff. geht in seiner Herleitung gar nicht auf die causa-Lehre ein. Baker, Origins, S. 351 f. streitet vehement gegen die These einer Rezeption der kontinentalen causa-Lehre: „Of one thing we may be sure: the law of consideration was English. Of course, we know that St. German had some slight acquaintance with the canonist learning of causa, and that Plowden was able to quote a brief civilian definition of nudum pactum. But these superficial flirtations with Romanism had no noticeable effect on the history of consideration […]. The most we can say of Roman influence is that St. German and Plowden were curious to see whether foreign solutions were capable of adaption to fill the jurisprudential void“.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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jj) Twyne’s Case (1602) „Twyne’s Case“ von 1602 gilt in der Überlieferung bei Coke623 als „fountainhead“624 (d. h. als „Urquell“), als „cause célèbre“625 bzw. als „noch heute ‚leading case‘ auf dem Gebiete der Gläubigeranfechtung“626 und geradezu als Neuinkraftsetzung von 13 Eliz. I. c. 5.627 Thole stellt fest, dass die Erkenntnisse des Falles „in den folgenden Jahrhunderten mit wachsendem Erfolg in die Prozesswirklichkeit hinein“ wirkten.628 „Twyne’s Case“ ist zum einen bedeutsam, weil er die Praktikabilität von 13 Eliz. I. c. 5 dadurch erleichterte, dass eine Vermutungsregel aufgestellt wurde, wann eine Veräußerung durch einen Schuldner als seinen Gläubigern gegenüber betrügerisch anzusehen ist;629 zum anderen gilt der Fall als eine Art Vorläufer des englischen Rechtsinstituts der „reputed ownership“, die es ermöglicht, zugunsten der Gläubiger des bankrotten Schuldners auf Gegenstände zuzugreifen, die sich derartig in seinem Verfügungsbereich befinden, dass er ihr Eigentümer zu sein scheint.630 Selbst der U.S. Supreme Court ging noch im Jahre 1895 in der Rechtssache Davis v. Schwartz ausdrücklich und eingehend auf den Fall ein.631 622

621 Vgl. dazu etwa Ibbetson, Consideration, S. 72: „The essence of the idea of consideration was that it should be something given (loosely) in exchange for the promise. From this it followed almost inevitably that the consideration had to be of some real value. In principle no question would be raised about the relative value of the consideration and the promise; so long as some consideration had been given, no matter how small it was, the promise would be actionable“. Bezüglich der Frage, ob auch „natural love and affection“ als consideration akzeptiert werden, verweist Ibbetson, Consideration, S. 81 auf den Fall Hardford v. Gardner (1589): „This is no consideration, for it should exist between every man; and if this promise was sufficient, every promise would bind every man because this natural love should be between everyone (L.I. MS Hill 123b f. 85)“. Vgl. aber auch Getzler / Macnair, S. 273 f.: „It was early decided that natural affection for family, which was good consideration to effect a transfer of property without a resulting back under implied trust doctrine, was nonetheless insufficient to protect a transfer from the statutory jurisdiction against fraudulent conveyances“. Siehe zur consideration auch Barton, Consideration, S. 72 ff. sowie Baker, Origins, S. 343 ff. und Oxford History of the Laws of England, S. 862 ff. 622 Pasch. 44 Eliz. I. begann am 21. April und endete am 17. Mai 1602, vgl. Cheney, S. 39 und S. 125. 623 Coke, Reports, Bd. 3, S. 80b ff. Dies entspricht der Version in 76 ER 809. Daneben wird der Fall, wenn auch leicht abgewandelt, an weniger prominenter Stelle wiedergegeben in der zeitlich vorausgehenden Fallsammlung von Moore, S. 638 f. 624 Vgl. etwa Davis, S. 590 sowie – wenn auch kritisch dazu – Clark, S. 511. 625 So Thole, Gläubigerschutz, S. 106. 626 Rudolph, S. 25, Fn. 90. Zwar schreibt Rudolph im Jahre 1932, jedoch gilt die Aussage auch noch für den heutigen Tag weiter. 627 Roberts, S. 545: „Ten years after the passing of the statute 13 Eliz. c. 5. the great case, called Twyne’s case, in the Reports, was determined, which, as it is short, it may be as well to introduce a second time in this place“. 628 Thole, Gläubigerschutz, S. 106. 629 Siehe etwa Riesenfeld, Cases, S. 371. 630 Rudolph, S. 25 und S. 64 ff.

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C. Rechtsentwicklungen in England

Der Fall beruhte auf dem folgenden Sachverhalt. Pierce hatte Schulden in Höhe von 400 Pfund bei Twyne und in Höhe von 200 Pfund bei C.632 Letzterer klagte daher mit einem writ of debt gegen Pierce. Als der writ anhängig wurde, hatte Pierce ein Vermögen von 300 Pfund. Sein ganzes Vermögen schenkte633 Pierce heimlich dem Twyne als Erfüllung seiner Schuld, blieb aber im Besitz der Vermögensgegenstände und nutzte diese als ihm gehörig. Später wurde zugunsten des C gegen Pierce geurteilt. Doch als der Sheriff von Southampton versuchte, das Urteil aufgrund eines writ of fieri facias zu vollstrecken, hielten ihn Untergebene des Twyne gewaltsam ab und machten geltend, die Gegenstände seien dem Twyne wirksam geschenkt worden. Gegen Twyne wurde nunmehr ein Strafprozess wegen der oben beschriebenen betrügerischen Schenkung im Sinne von 13 Eliz. I. c. 5 (1571) vor der Star Chamber angestrengt. Bei der Star Chamber, benannt nach den vergoldeten Sternen an ihrer Decke in Westminster Palace, handelt es sich um einen außerordentlichen Gerichtshof, vor allem für Strafprozesse.634 Trotzdem wird der Fall an dieser Stelle und nicht im Rahmen der römischrechtlich geprägten Fachgerichte behandelt, da die Star Chamber zum einen kein solches im eigentlichen Sinne ist635 und zum anderen der Fall hauptsächlich in Form seiner Darstellung durch den common lawyer Sir Edward Coke Bedeutung erlangt hat. Eingeleitet wurde das Verfahren durch eben diesen Sir Edward Coke in seiner Eigenschaft als Generalstaatsanwalt, „ En Information per Coke l’Attorney general le Roign“636. Ein solches Anhängigmachen durch den Generalstaatsanwalt ex officio war die typische Einleitung eines Verfahrens vor der Star Chamber.637

631 155 U.S. 631 ff. (1895). Erwähnt wird der Fall auch etwa in Sachen Sumner v. Hicks, 67 U.S. (2 Black) 532 (1862) sowie Shelby v. Guy, 24 U.S. 361 (1826). 632 Coke, Reports, Bd. 3, S. 80b, spricht nur von „C.“. Derselbe Fall ist in der Sammlung von Moore, S. 638 f. unter dem Titel „Chamberlain vers Twyne & autres“ geführt, als Kläger wird dort „Brian Chamberlain“ genannt. Ross, S. 102 vermutet, da in dem Fall bei Moore mit einem gewissen Awdley noch ein weiterer, dritter Gläubiger des Twyne genannt wird, habe Coke den Kläger absichtlich zu „C.“ anonymisiert. Zwalve, S. 234 geht dagegen nur von der Existenz eines weiteren Gläubigers aus. 633 Zwalve, S. 234 spricht davon, dass das Vermögen an Twyne „verkocht […] ter voldoening van de schuld die hij nij hem had“, also verkauft wird, um seine bestehenden Schulden zu begleichen. Demgegenüber ist bei Coke, Reports, Bd. 3, S. 80b, jedoch von einer Schenkung, „en secret fait general done per fait […] al Twyne en satisfaction de son debt“, die Rede. 634 Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 118: „it was an extraordinary or supplementary court of law, particularly for cases with a criminal element“. Siehe auch Barton, Roman Law, S. 45. 635 Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 118: „the court did not become a court of conscience in the same way as the Chancery“. 636 Coke, Reports, Bd. 3, S. 80b. 637 Vgl. nur Baker, Introduction, 4. Aufl., S. 506.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Die Star Chamber, hochkarätig besetzt mit Lord Keeper of the Great Seal Sir Thomas Egerton, Lord Chief Justice of the Queen’s Bench Sir John Popham sowie Chief Justice of the Common Pleas Sir Edmund Anderson, kam zu dem Ergebnis, dass 13 Eliz. I. c. 5 einschlägig sei, Twyne nicht gutgläubig erworben habe und dass die Veräußerung stattgefunden habe, um die anderen Gläubiger des Pierce zu verkürzen. Ausgeurteilt wurde, dass Twyne des Betrugs schuldig sei und mit seinen Untergebenen zusammen überdies des Landfriedensbruchs.638 Begründet wird diese Entscheidung bei Coke639 anhand von sechs „ensigns et marks de fraud “, die das Gericht für einschlägig hält: Et en cest case divers points fueront resolve. I. Que cest done ad les ensigns et marks de fraud. 1. Pur ceo que le done est general sans exceptions de son apparel ou ascun chose de necessity: Car est communement dit, quod dolosus versatur in generalibus. 2. Le donor continue en possession, et use eux come owner de eux, et pour reason de ceo il trade et traffick ove auters, et eux defraud et deceive. 3. Ceo fuit fait en secret, Et dona clandestina sunt semper suspiciosa. 4. Ceo fuit fait pendant le brief. 5. Icy fuit trust enter les parties, car le donor possesse tout, et use eux comme les biens propres, et fraud est touts foits apparel et clad ove trust, et trust est le cover de fraud. 6. Cest fait contain que le done fuit fait, honestly, truly, & bona fide: Et clausulae inconsuetae semper inducunt suspicionem. II. […]640 Und in diesem Fall wurden verschiedene Punkte geklärt. I. Dass unter Anzeichen und Indizien von Betrug geschenkt wurde. 1. Aufgrund der Tatsache, dass das Geschenk generell ist, ohne Ausnahme [etwa] seiner Kleidung oder irgendeines anderen Bedarfsgegenstandes: Denn es wird gemeinhin gesagt „quod dolosus versatur in generalibus“ („dass der Betrüger allgemein spricht“). 2. Der Schenker bleibt in Besitz [der Gegenstände] und benutzt sie wie ihr Eigentümer, und indem er somit mit anderen handelt und verkehrt, betrügt und täuscht er sie. 3. Dieses wurde heimlich gemacht, und „dona clandestina sunt semper suspiciosa“ („heimliche Geschenke sind immer verdächtig“). 4. Dieses wurde während des [schwebenden] Verfahrens getan. 5. Hier bestand ein Treuhandverhältnis („trust“) zwischen den Parteien, weil der Schenker alles [nach wie vor] in Besitz hat und wie eigenes Vermögen nutzt, und Betrug ist jedes Mal bekleidet und überzogen mit einem Treuhandverhältnis, und ein Treuhandverhältnis ist der Deckmantel des Betruges. 6. Es ist [in den Vertrag explizit] auf638 Coke, Reports, Bd. 3, S. 83b: „Et par le Judgement de tout le Court, Twyne fuit convict de fraud, & il & touts les auters de Riot“. 639 Moore, S. 638 f. führt dagegen acht Gründe auf: „Primes, fuit general sans ascun exception. 2. Fuit antidated ove direccion de faire son skill de preventer Warburton. 3. Twyne ne fuit al feasance ne sealing de ceo, mes ceo fuit fait en son absence. 4. Fuit agree destre gard secret. 5. Twyne nunques avoit possession del fait, mes ceo fuit gard par le frere de Pearce. 6. Pearce mesme ad tout le use des biens, et inhabite le meason, et achate, et vend, et occide en sa meason les cattel, et alter eux et consume le coine, pur sustenance de lui et son family, nient ob-stant le fait de done per tout le temps apres: et ils ceo colour per accompt fait come semble annualment per Pearce al Twyne pur shew tantum, mes nul denier d’argent vient al purse de Twyne. 7. Que Pearce mesme apres le fait de done esteant lessor del subsidy, assesse luy mesme al 7 l. biens, lou il n’avoit riens si le fait fuissoit bone. 8. Twyne mesme puis le fait de done, viz. Hill. 42 Eliz. purchase extent use sur un Statut hors del Chancery pur aver execuccion des biens de Pearce pur debt due a luy “. 640 Coke, Reports, Bd. 3, S. 80b f.

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C. Rechtsentwicklungen in England

genommen worden, dass das Geschenk ehrlich, wirklich und gutgläubig gemacht wurde: und „clausulae inconsuetae semper inducunt suspicionem“ („[solch] ungewöhnliche Klauseln sind immer verdächtig“). II. […]

Erstens war das Geschenk an Twyne global und Pierce hat nichts für den eigenen Lebensbedarf zurückbehalten. Dies sei betrügerisch, denn gemeinhin heiße es „quod dolosus versatur in generalibus“. Zweitens blieb der Schenker im Besitz der verschenkten Sachen und nutzte sie, als ob sie noch ihm gehörten. Drittens ging die Schenkung heimlich vonstatten, und „dona clandestina sunt semper suspiciosa“. Viertens wurde die Veräußerung während des schwebenden Gerichtsverfahrens („ pendant le brief “) getätigt. Fünftens bestand zwischen den Parteien ein „trust“, „et trust est le cover de fraud “. Sechstens und letztens enthielt die Schenkungsurkunde die Aussage, dass die Schenkung ehrlich, wirklich und gutgläubig getätigt worden sei („honestly, truly, and bona fide“), und „clausulae inconsuetae semper inducunt suspicionem“. Der Beweis subjektiver Tatbestandsmerkmale wie dolus, fraus oder culpa durch Vermutungen hat im kontinentalen Recht Tradition.641 Auch in England war es durchaus üblich, zu Beweiszwecken auf Vermutungsregeln zurückzugreifen.642 Interessant sind die lateinischen Zitate, mit denen Coke die Erörterung ausschmückt.643 Plucknett wirft Coke vor, er habe sich lateinische Maximen wie diese selbst ausgedacht, um dadurch seinen Aussagen „einen Anstrich altehrwürdiger Herkunft“644 zu verleihen.645 Ebenso vermutet Jolowicz, dass viele dieser Maximen von Coke selbst geprägt wurden, dass dieser dabei allerdings auf andere Autoren zurückgriff.646 Vor diesem Hintergrund soll versucht werden, die Herkunft der drei genannten Maximen aus Twyne’s Case nachzuvollziehen. 641 Siehe dazu Giuliani, S. 23 f. mit Fn. 12. Bereits bei Azo, S. 120 f., heißt es zu C. 2, 21 (20), 6: „debet ergo dolus probari ex indiciis perspicuis, […] intellige dolum probari debere ex indiciis perspicuis“. 642 Vgl. dazu die Beiträge des zweiten Teils des von Richard H. Helmholz und W. David H. Sellar in dieser Schriftenreihe herausgegebenen Bandes „The Law of Presumptions: Essays in Comparative Legal History“: insbesondere zu Vermutungsregeln im frühen englischen common law Seipp, Presumptions, S. 117 ff., zu Vermutungen vor den „ecclesiastical courts“ Helmholz, Presumptions, S. 137 ff., und zu Vermutungen und Indizien in der angloamerikanischen Rechtstradition Shapiro, S. 153 ff. Ein kurzer Überblick findet sich bei Martens, Presumptions, S. 230 ff. 643 In der Fallschilderung bei Moore, S. 638 f. fehlen diese Zitate. 644 So die treffende Übersetzung bei Vogenauer, Bd. 2, S. 767. 645 Plucknett, S. 283: „He [Coke] also had a very curious habit of using passably good Latin maxims which usually had an air of antiquity about them, in spite of the fact that he himself invented them“. 646 Jolowicz, S. 215, „he [Coke] was himself a great coiner of maxims and perhaps did not wish people to enquire too cloosely into their antecedents“. Im Anschluss daran ebenso Stein, Regulae Iuris, S. 161, ähnlich Vogenauer, Bd. 2, S. 767.

II. Zur Rezeption kontinentalen Gläubigeranfechtungsrechts

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Die erste Maxime, „quod dolosus versatur in generalibus“, findet sich noch an einer weiteren Stelle in Cokes Reports, in Doddrington’s Case.647 In seinem ausführlichen Kommentar zu Englefield’s Case (1590) verwendet Francis Moore die ähnliche Phrase „et dolosus versatur in universalibus“.648 Das mittlere Zitat, „dona clandestina sunt semper suspiciosa“ erinnert an eine Konstitution Justinians, überliefert in C. 4, 35, 23 pr.:649 Imp. Iustinianus A. Iohanni pp. Anastasio divae memoriae principi iustissima constitutio conscripta est tam humanitatis quam benivolentiae plena, ut ne quis alienum subeat debitum cessione in eum facta et amplius consequatur a debitore his, quae praestavit cessionis auctori, exceptis quibusdam casibus, qui specialiter illi sanctioni continentur. Sed cum hi, qui circa lites morantur, eandem piam dispositionem in sua natura remanere minime concesserunt, invenientes machinationem, ut partem quidem debiti venditionis titulo transferant in alium creditores, reliquam autem partem per coloratam cedant donationem, generaliter Anastasianae constitutioni subvenientes sancimus nulli licere partem quidem debiti cedere pecuniis acceptis et venditione actionum habita, partem autem donationis titulo videri transferre, sed, si voluerit, pure totum debitum donare et per donationem actiones transferre, non occulte nec per artes clandestinas pecunias suscipere, publice autem simulatam donationem celebrare, sed undique puram et non dissimulatam facere donationem: huiusmodi enim cessionibus non adversamur. [a. 531 – 532] Der Erhabene Kaiser Justinian an den Prätorianerpräfekten Johannes. Von Kaiser Anastasius, vergöttlichten Andenkens, ist die sehr gerechte Konstitution verfasst worden, voll sowohl von Menschlichkeit als auch Wohlwollen, dass nicht jemand eine fremde Schuld, die an ihn durch Abtretung übertragen wurde, übernimmt und mehr vom Schuldner erlangt wird als das, was er dem Zedenten vorher gezahlt hatte, außer in gewissen Fällen, die in diesem Gesetz aufgeführt sind. Aber da die, die sich mit Rechtsstreitigkeiten befassen, es nicht zulassen, dass diese fromme Vorschrift in ihrer Natur bestehen bleibt, indem sie einen Mechanismus erfinden, sodass die Gläubiger einen gewissen Teil der Schuld unter dem Titel eines Kaufs an einen anderen übertragen, den übrigen Teil aber abtreten durch eine vorgespiegelte650 Schenkung, setzen Wir fest, um der anastasianischen Konstitution allgemein zur Hilfe zu kommen, dass es niemandem erlaubt ist, einen gewissen Teil der Schuld abzutreten, nachdem Geld angenommen wurde und ein Kauf von Klagen stattgefunden hat, einen [anderen] Teil aber scheinbar unter dem Titel einer Schenkung zu übertragen, sondern, wenn derjenige wollte, rein die ganze Schuld zu schenken und durch Schenkung Klagen zu übertragen, nicht versteckt und durch heimliche Künste Geld anzunehmen, aber öffentlich eine vorgespielte Schenkung zu vollziehen, sondern eine von allen Seiten reine und nicht vorgespielte Schenkung zu machen: denn Wir sind nicht gegen derartige Abtretungen. [im Jahre 531 – 532].

Dieser Text befasst sich mit einer Fortführung der lex Anastasiana, nach der ein Zessionar die abgetretene Forderung nur in Höhe des Kaufpreiseses, den er an den Coke, Reports, Bd. 2, S. 34. Moore, S. 321. 649 Liebs, S. 68 führt dieses Zitat auf C. 4, 35, 23 pr. zurück. 650 So der Übersetzungsvorschlag für „coloratam“ zu eben dieser Stelle von Heumann / Seckel, S. 78, Stichwort „colorare“, Bedeutung 2). 647 648

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Zedenten gezahlt hat, eintreiben darf.651 Justinian verbietet eine Umgehung dieser Regelung, indem er anordnet, dass, wenn die Forderung im Rahmen der Abtretung teils an den Zessionar verkauft und teils verschenkt wird, sodass er eigentlich die komplette Forderung eintreiben könnte, obwohl er dem Zedenten nur den Teil sub titulo venditionis bezahlen musste, diese Teilung der Abtretung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil nicht zulässig ist.652 Eine Schenkung hat „ pura et non dissimulata“ zu sein; dagegen ist eine Schenkung „ per artes clandestinas“ nicht zulässig. Dies ist es auch, was Coke in der Maxime „dona clandestina sunt semper suspiciosa“ zum Ausdruck bringt. Das dritte Zitat findet wiederum keinen offensichtlichen Anklang in den justinianischen Quellen. Vogenauer merkt allerdings bezüglich anderer Sentenzen in Cokes Werk an, diese seien „fast wörtlich in der weitverbreiteten Topik des niederländischen Richters Nicolaus Everardus von Middelburg enthalten.“653 Bezüglich der dritten Maxime, „clausulae inconsuetae semper inducunt suspicionem“, ist diese Anmerkung zielführend. In seinem consilium XIX schreibt Everardus, „quod clausulae insolitae inducunt fraudis praesumptionem“, dass also ungewohnte Klauseln die Annahme von Betrug anzeigten.654 Everardus führt seine Bemerkung auf den Kommentar des Baldus zu D. 27, 7, 7 zurück. Bei Baldus heißt es: Item allegatur haec gl. quod clausulae insolitae inducunt fraudis praesumptionem: clausulae vero consuetae non inducunt praesumptionem fraudis.655 Ebenso wird diese Glosse verstanden, dass ungewöhnliche Klauseln die Annahme von Betrug anzeigen: gewohnte Klauseln aber zeigen nicht die Annahme von Betrug an.

Die Ähnlichkeit dieser Passagen mit der von Coke verwandten Maxime springt geradezu ins Auge. Sowohl das Subjekt (clausulae) als auch das Prädikat (inducunt) sind identisch; bezüglich des Objekts wird ein Synonym benutzt (suspicionem statt praesumptionem), ebenso ist inconsuetae Synonym zu insolitae, zudem ist bei Baldus auf der Kehrseite von clausulae consuetae die Rede. Diese Maxime scheint Coke besonders gut gefallen zu haben. Im Journal of the House of Commons wird er aus der Sitzung vom 17. Februar 1621 im Zusammenhang mit der Wiederwahl des Sheriff of Leycestershyre ein weiteres Mal mit dieser Wendung zitiert.656 Vgl. Kaser, Privatrecht, Bd. 2, S. 435. Siehe dazu eingehender Rennpferdt, S. 3 f. 653 Vogenauer, Bd. 2, S. 767. In dem von Hassall editierten „Catalogue of the library of Sir Edward Coke“ findet sich dagegen keine Erwähnung Everardus’. 654 Everardus, consilium XIX, S. 74, Z. 29 f. 655 Baldus, D. de conditionibus institutionum, l. Si quis sub conditione, bei Rz. 4 = Sirks, Baldus, Infortiatum, S. 102. 651 652

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Das Studium der consilia des Everardus führt jedoch neben der Verortung dieses Zitats noch zu einer weiteren Erkenntnis, die die Stellung von Cokes Version von Twyne’s Case als „Urquell“ des anglo-amerikanischen Rechts der „fraudulent conveyances“ in einem anderen Licht erscheinen lässt. Maßgeblich dafür ist der in consilium CCVIII behandelte Fall: Casus talis est: Quidam A. habens tres proles donavit eis una cum aliis prolibus nascituris ex futuro coniugio per eum contrahendo, trecentas libras grossorum, reservando tamen sibi potestatem revocandi dictam donationem, quando eidem placeret, & statim post hoc contraxit matrimonium, & prolem unam ex secunda uxore suscitavit, & mortuus est. Vertitur iam quaestio de istis trecentis libris inter dictas proles ex una & secundam coniugem ex alia, dictis prolibus sustinentibus hanc summam eis deberi vigore donationis per patrem eis factae: muliere sustinente contrarium, videlicet donationem ea inscia & ignorante factam, tanquam in fraudem factam, non debere sortiri effectum: Quaeritur quid iuris.657 Der Fall ist so: Ein gewisser A. hatte drei Kinder und schenkte ihnen zusammen mit weiteren Kindern, die aus einer von ihm zukünftig zu schließenden Ehe geboren werden sollten, 300 Pfund in Grossi, behielt sich aber dabei die Möglichkeit vor, die genannte Schenkung zu widerrufen, wann immer es ihm gefiel, und sofort danach schloss er eine Ehe und zeugte ein Kind mit der zweiten Frau, und starb. Schon wird die Frage aufgeworfen über diese 300 Pfund zwischen den genannten Kindern auf der einen Seite und der zweiten Frau auf der anderen Seite, wobei die genannten Kinder behaupten, dass ihnen diese Summe geschuldet sei kraft der durch ihren Vater getanen Schenkung: die Frau behauptet das Gegenteil, nämlich dass die Schenkung, die ohne ihr Wissen und Mitwissen gemacht wurde, und gleichsam unter Betrug gemacht wurde, keine Auswirkungen haben dürfe. Gefragt wird, was rechtens ist.

Dass A. die Schenkung an seine Kinder betrügerisch und zu Lasten seiner zweiten Ehefrau getätigt hat, kann diese nicht eindeutig beweisen, sodass die Entscheidung anhand von Indizien getroffen werden muss: Istis tam non obstantibus contrarium est de iure dicendum, pro cuius deductione oportet praesupponere, quod alienatio facta in fraudem alicuius, venit revocanda per illum, in cuius fraudem facta est, per text. in §. item si quis in fraudem. Inst. de action. & ff. quae in fraud. cred. per totum. Et quia fraus sive dolus non potest liquide probari sed duntaxat per indicia, coniecturas, & praesumptiones. l. dolum. C. de dolo, & est tex. iuncta glo. in c.ij. de renun. lib. vj. Est igitur videndum, ex quibus in casu praesenti paersumatur658 dolus. Et quidem in praesenti casu dolus praesumitur ex multis, Primo ex eo, quia dictus A. ut in facto praesupponitur, maiorem partem bonorum donavit, videlicet, summam tricentarum librarum grossorum, ergo praesumitur id in fraudem fecisse, per tex. iuncta glo. in l. novum, in verbo prope eius substantia. ff. de leg. iij. & per ea quae habentur & notantur in l. omnes. §. Lucius. ff. de his quae in fraud. cred. negari autem non potest, quin per huiusmodi donationem patrimonium suum intricavit, quare praesumitur fraus. l. summa sum ratione, in princ. ff. de peculio. 656 Journal of the House of Commons, Bd. 1, S. 526: „Sir Edw. Coke: – Clausulae inconsuetae inducunt suspicionem. – Hath woven in Sir Tho. Beaumond’s by a special Return, and Manucaptors“. 657 Everardus, consilium CCVIII, S. 516. 658 Der Schreibfehler findet sich auch im Original.

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Secundo, praesumitur hic dolus ex eo, quia donavit coniunctae & domesticae personae, videlicet propriis filiis, per tex. in l. data. C. de donat. & l. penul. post princip. ff. de bonis libert. Tertio, praesumitur hic dolus ex alio, quia ista donatio facta est clam, quod prohibetur inter personas familiares & coniunctas. d. l. data: est enim semper praesumptio contra actum clandestinum. l. fin. ff. de ritu nupt. &. c. unico, ut eccles. bene. cum similibus. Quarto, ex alio praesumitur fraus, quia iste donans post donationem repertus est possidere ea quae donavit, quare praesumitur, quod huiusmodi donatio fraudulenter facta est, vel ad minus, quod non sit vera donatio, sed solum imaginaria vel simulata, per tex. in l. sicut. § supervacuum. ff. quib. mod. pig. vel hypo. sol. & in l. qui sub imagine. C. de distract. pig. & per consequens erit habenda pro non facta, l. nuda ff. de contrah. empt. cum similibus. Quinto praesumitur fraus in casu isto ex alio, quia statim post donationem factam dictus A. convolavit ad secunda vota, quare propter propinquitatem actus qui subsecutus est, cui actui haec donatio plurimum fuit praeiudicalis, praesumitur dolo esse facta, arg. l. si ventri. §. sin. iuncta glos. & ibi Bart. Ang. & doct. ff. de privil. credito. nam ex actu, qui incontinenti sequitur, sumitur efficax praesumptio fraudis. l. iij. ff. de pign. acti. Maxime hic, cum in contractu nuptiarum suarum ipse tacuit, nihil exprimendo de hac summa, quam filiis suis paulo ante donaverat: nec potest dictus A. se excusare per ignorantiam, quia in facto proprio non cadit probabilis ignorantia. l. quanquam. ff. ad Velleia. & c. ab excommunicato, de rescrip. Liquet ergo quomodo in casu nostro dolus pluribus modis praesumitur, quos etiam firmat Bart. in l. post contractum. ff. de donat. & ibi sequuntur eum quasi omnes, & doct. in d. l. omnes. §. Lucius, & in l. si quis post hac. C. de bonis proscrip. & in praeall. §. item si quis in fraudem.659 Dessen ungeachtet muss man von Rechts wegen gegenteilig entscheiden; zur Herleitung dieses Ergebnisses ist vorauszusetzen, dass eine jemandem gegenüber betrügerische Veräußerung getätigt wurde, und diese [dann] durch den, demgegenüber sie betrügerisch gemacht wurde, zurückgerufen werden kann, vgl. I. 4, 6, 6 und D. 42, 8 im Ganzen; und weil Betrug oder Arglist nicht mit Gewissheit bewiesen werden kann, sondern nur durch Indizien, Mutmaßungen und Vermutungen, vgl. C. 2, 20, 6 und Text mit Glosse in VI 1, 7, 2, muss man also schauen, woraus in diesem Fall auf Arglist geschlossen werden kann. Und jedenfalls im vorliegenden Fall kann dies aus vielen Punkten geschlossen werden, Erstens daraus, weil der genannte A., wie es im Tatbestand vorausgesetzt wird, den Großteil seines Vermögens verschenkte, nämlich 300 Pfund; also wird vermutet, dass er dies unter Betrug getan hat, vgl. D. 42, 8, 17, 1. Und es kann nicht verneint werden, dass er durch eine solche Schenkung sein Vermögen in Schwierigkeiten brachte, weshalb Betrug vermutet wird, vgl. D. 15, 1, 21 pr. Zweitens wird hier deswegen Arglist vermutet, weil er einer ihm verbundenen und zur Familie gehörigen Person schenkte, nämlich seinen eigenen Kindern, vgl. C. 8, 53, 27 pr. und D. 38, 2, 50, 3. Drittens wird hier Arglist aus einem anderen Gesichtspunkt vermutet, weil jene Schenkung heimlich gemacht wurde, was zwischen zu einer Familie gehörigen und verbundenen Personen verboten ist, vgl. C. 8, 53, 27 pr. Denn es besteht immer die Vermutung gegen die heimliche Tat, vgl. C. 13, 7, 3 und X 3, 12, 1.

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Everardus, consilium CCVIII, S. 516 f.

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Viertens wird Betrug aus einem anderen Grund vermutet, weil befunden wurde, dass jener Schenker nach der Schenkung weiterhin das besaß, was er verschenkt hat, woraus vermutet wird, dass eine solche Schenkung betrügerisch gemacht wurde, oder zumindest, dass es keine wirkliche Schenkung sei, sondern nur eine dem Schein nach bestehende oder vorgetäuschte, vgl. D. 20, 6, 8, 7 und C. 8, 27, 10 pr., und daher ist sie für nicht geschehen zu halten, vgl. D. 18, 1, 55 und ähnliche Texte. Fünftens wird Betrug in diesem Fall vermutet aufgrund einer anderen Tatsache, weil sofort nach der Schenkung besagter A. zum zweiten Ehegelübde eilte, weshalb wegen der Nähe des Aktes, der nachfolgte und dem diese Schenkung am meisten nachteilig war, vermutet wird, dass sie mit Arglist gemacht wurde, vgl. D. 42, 5, 24 pr. und dazu Bartolus, Angelus und die doctores. Denn aus dem Akt, der sofort folgt, wird eine wirksame Vermutung von Betrug gezogen; vgl. C. 4, 24, 3. Insbesondere, da er selbst hier in seinem Heiratsvertrag schwieg und nichts über die Summe darlegt, die er seinen Kindern kurz zuvor geschenkt hatte, kann besagter A. sich nicht durch Unwissen entschuldigen, weil in einer eigenen Angelegenheit Unwissen [nur] unwahrscheinlich auftritt, vgl. D. 16, 1, 7 und X 1, 3, 41. Deutlich wird also, wie in unserem Fall Arglist auf viele Arten vermutet wird, die auch Bartolus bestätigt, vgl. D. 39, 5, 15, und dort folgen ihm quasi alle, auch die doctores, vgl. D. 42, 8, 17, 1, C. 9, 49, 9 pr. und I. 4, 6, 6.

Aufgeführt werden von Everardus also sechs Indizien, bei deren Vorliegen auf Arglist bzw. Betrug geschlossen werden kann. Diese werden jeweils mit Belegstellen aus dem Corpus Iuris Civilis, aus den sie behandelnden Werken von Bartolus de Saxoferrato und von Angelus de Ubaldis sowie aus dem Liber decretalium extra decretum Gratiani vagantium Papst Gregors IX. und dem Liber sextus Papst Bonifaz VIII. unterfüttert und stehen damit in voller Rechtstradition des kontinentalen ius commune. Die Tatsache, dass Betrug anhand von sechs „ praesumptiones“ nachgewiesen werden kann, geht zurück auf den am Ende des Textes bei Everardus zitierten Kommentar des Bartolus;660 dieser wiederum beruft sich auf eine Glosse von Dinus de Mugello661 zu D. 42, 8, 17, 1, in der von fünf Indizien des Betrugs die Rede ist.662 660 Bartolus, D. de donationibus, l. Post contractum, bei Rz. 1 – 10 = Sirks, Bartolus, S. 124 ff. Bartolus schreibt dort ebenfalls von „sex praesumptiones“, wann etwas „ factum metu penae delicti commitendi “ sei: „donavit omnia bona […], donat coniunctae personae […], post donationem […] ipse reperiatur possidere […], est facta clam […], de propinquo sequatur delictum […], sit sub conditione“ – „er schenkte all sein Vermögen […], er schenkte einer [ihm persönlich] verbundenen Person […], nach der Schenkung […] bewerkstelligte er, dass er [weiterhin] Besitz ausübte […], es ist heimlich gemacht worden […], die Übeltat folgte zeitlich nahe darauf […], es geschah unter einer Bedingung“. Diesen Indizien entsprechen weitgehend die „ praesumptiones fraudis“ des Everardus, wobei das dritte und das vierte in der Reihenfolge vertauscht sind und das sechste inhaltlich abweicht: statt auf eine Bedingung verweist Everardus darauf, dass man sich bezüglich eigener Taten regelmäßig nicht auf Unwissen berufen kann. 661 Dinus de Mugello studierte Zivilrecht in Bologna bis 1278 und lehrte im Anschluss daran in Pistoia (1279 – 1284) und Bologna (1284 – 1296), wo er nach 1289 als erster Zivilrechtslehrer überhaupt ein Gehalt von der Stadt erhielt. Zu seinem Werk zählen unter ande-

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Die sechs kontinentalen „ praesumptiones fraudis“, die sich bei Everardus finden, sollen nunmehr den ebenfalls sechs „ensigns et marks de fraud “, die laut Coke in Twyne’s Case den Ausschlag gegeben haben, gegenübergestellt werden. Erstens sei das Geschenk an Twyne betrügerisch, da es global war und Pierce nichts für den eigenen Lebensbedarf zurückbehalten hat. Ebenso findet sich als erstes Indiz bei Everardus, A. habe den Großteil seines Vermögens verschenkt; also werde vermutet, dass er dies unter Betrug getan hat. Zweitens blieb der Schenker Pierce im Besitz der verschenkten Sachen und nutzte sie, als ob sie noch ihm gehörten. In ebendiesem Sinne lautet die vierte praesumptio des Everardus, Betrug werde vermutet, weil der Schenker nach der Schenkung weiterhin besaß, was er verschenkt hatte. Drittens geschah die Schenkung in Twyne’s Case heimlich. Auch bei Everardus besagt das dritte Argument, dass die Schenkung heimlich gemacht wurde. Viertens sei die Veräußerung während des schwebenden Gerichtsverfahrens, also alsbald nach dessen Anstrengung, getätigt worden. Die Entsprechung hierzu findet sich im fünften Indiz des Everardus, nach dem Betrug vermutet wird, weil die zweite Heirat des A., für die die Schenkung an seine Kinder am meisten nachteilig war, zeitlich unmittelbar nachfolgte. Während in Twyne’s Case die Schenkung für den Kläger C in dem von ihm angestrengten Prozess nachteilig war, war sie dies im von Everardus behandelten Fall für die Ehefrau bezüglich der von ihr eingegangenen Ehe. In beiden Fällen gab es also einen nahen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Schenkung und dem rechtlichen Verhältnis, das durch sie beeinträchtigt wurde. Fünftens habe zwischen den Parteien ein „trust“ bestanden, „et trust est le cover de fraud “.663 Ein „trust“ meint ein Treuhandverhältnis, bei dem eine Person („settlor“) ihr zustehende Vermögensrechte auf eine andere Person („trustee“) überträgt und ihr aufgibt, diese zu einem bestimmten Zweck bzw. für eine bestimmte Person („cestui que trust“ oder „beneficiary“) einzusetzen; die begünstigte Person kann rem Zusätze („additiones“) zur Glosse des Accursius. Zu Leben und Werk vgl. Weimar, Dinus, S. 171 f. sowie von Savigny, Geschichte, Bd. 5, S. 447 ff. 662 Dinus de Mugello, Super digesto novo, gl. in ff. Que in fraudem creditorem, lex Omnes. Dort heißt es: „[…] ergo fraudem presumitur propter venditionem omnium bonorum […], item presumitur fraus si fiat alienatio in coniunctum […], item si alienatio fiet clam […], item si post contractum et alienationem de proximo sequatur maleficium […], item presumitur fraus si alienans post maleficium perpetratum inveniat possidere rem quam ante distraxerat“ – „[…] also wird Betrug vermutet wegen des Verkaufs des gesamten Vermögens […], ebenso wird Betrug vermutet, wenn die Veräußerung an eine [dem Veräußerer persönlich] verbundene Person erfolgt […], ebenso, wenn die Veräußerung heimlich geschieht […], ebenso, wenn nach dem Vertrag und der Veräußerung die Missetat ganz kürzlich folgt […], ebenso wird Betrug vermutet, wenn der Veräußerer nach Begehen der Missetat bewerkstelligt, dass er die Sache besitzt, die er vorher veräußert hat“. 663 Dies erinnert an ein Zitat des Heiligen Hieronymus (ep. 52, 6): „ per fideicommissa legibus inludimus“ – „durch Fideikommisse betrügen wir die Gesetze“, vgl. Johnston, Trust, S. 46.

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dabei freilich auch der „settlor“ selbst sein.664 Ein solches Treuhandverhältnis wird in der Regel mit einer Person abgeschlossen, der das Vertrauen („trust“) des Übertragenden gehört. Auch das zweite Argument bei Everardus besagt, dass Arglist vermutet wird, weil Adressat der Schenkung dem Schenker vertraute Personen („coniunctae & domesticae personae“), nämlich die eigenen Kinder, waren. Sechstens und letztens enthalte die Schenkungsurkunde die Aussage, dass die Schenkung ehrlich, wirklich und gutgläubig getätigt wurde („honestly, truly, and bona fide“), und „clausulae inconsuetae semper inducunt suspicionem“. Dies ist ebenso ungewöhnlich und damit verdächtig wie im Fall bei Everardus die Tatsache, dass A. in seinem Heiratsvertrag darüber schweigt, dass er kurz zuvor sein komplettes Vermögen auf seine Kinder übertragen hat. Zudem darf daran erinnert werden, dass der Satz „ quod clausulae insolitae inducunt fraudis praesumptionem“ bei Everardus bereits an anderer Stelle, in consilium XIX, vorkommt.665 Alle sechs „ensigns et marks de fraud“ in Twyne’s Case haben demnach eine Entsprechung in den ebenfalls sechs kontinentalen „ praesumptiones fraudis“ bei Everardus. Diese Gegenüberstellung lässt somit deutlich erkennen, woran sich – wenn nicht gar das Gericht, das über Twyne’s Case zu entscheiden hatte, – jedenfalls Sir Edward Coke als Berichterstatter des Falles orientierte, als er nach einer Begründung suchte, warum die Schenkung an Twyne betrügerisch im Sinne von 13 Eliz. I. c. 5 war: an der kontinentalen Lehre der sechs „ praesumptiones fraudis“, die in ihrem Ursprung auf den Glossator Dinus de Mugello, auf den großen Kommentator Bartolus de Saxoferrato und in dieser Ausprägung auf den niederländischen Rechtsgelehrten Nicolaus Everardus von Middelburg zurückgeht. Cokes Überlieferung von Twyne’s Case, von der englischen Rechtswissenschaft als „fountainhead“, als „Urquell“ ihres Rechts der „fraudulent conveyances“ angesehen, ist also in Wahrheit nicht mehr, aber auch nicht weniger als die exakte Rezeption der kontinentalen Doktrin auf diesem Rechtsgebiet.666 Diese Erkenntnis wider664 Vgl. etwa Helmholz / Zimmermann, S. 39, Herman, S. 87 oder kurz Rüfner, Trust and Treuhand, S. 324. Lange Zeit wurde – zurückgehend auf Francis Bacons Vorlesung über das Statute of Uses aus dem Jahre 1599 – vertreten, dass sich der „trust“ dogmatisch auf das fideicommissum des römischen Rechts zurückverfolgen lasse (vgl. Bacon, S. 19 sowie im Überblick Helmholz / Zimmermann, S. 31 ff.), mit dem zumeist dem Erben aufgegeben wurde, nach dem Tode des Erblassers gewisse Transaktionen durchzuführen, die dieser von Gesetzes wegen nicht durch Vermächtnis anordnen konnte (vgl. zum Fideikommiss Kaser, Privatrecht, Bd. 1, S. 757 ff. oder Johnston, Trust, S. 45 ff.). Dass diese Verbindung nunmehr generell abgelehnt wird, geht wohl mehr als auf die Forschungsergebnisse zu möglichen germanischen Wurzeln auf das dictum von Maitland, S. 127 zurück: „I have long been persuaded that every attempt to discover the genesis of our use in Roman law breaks down“. 665 Everardus, consilium XIX, S. 74, Z. 29 f. 666 Schon Macnair, S. 273, stellt fest, dass die Bedeutung von „presumptions“ für den Beweis von Vorsatz grundsätzlich wohl auf den Satz „dolum ex indiciis perspicuis probari convenit“ aus C. 2, 20, 6 zurückgeht.

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spricht der grundsätzlich in England vertretenen These, dass die englischen common lawyers angeführt von Coke „especially insular and resistant to external ideas“ waren.667 Nicht nur die ersten beiden legislativen Maßnahmen gegen „bankruptcy“ und „fraudulent conveyances“, 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 sowie 13 Eliz. I. c. 5 und 7, sondern auch die judikative Umsetzung dieser Gesetze orientierten sich demnach stark am kontinentalen Vorbild der Niederlande; Twyne’s Case ist damit nicht nur der „leading case“ des englischen Rechts zum Gläubigerbetrug, sondern zugleich Paradebeispiel für eine unterschwellige Rezeption des ius commune in England. kk) Zwischenergebnis Die dargestellten chronologisch angeordneten Fälle zeigen, wie im Zeitraum zwischen 1535 und 1602 die Gerichte des common law immer wieder mit Fällen auf dem Gebiet betrügerischer Vermögensverfügungen, der sogenannten „fraudulent conveyances“, beschäftigt waren. In Zusammenschau mit dem vorausgehenden Abschnitt über die englische Gesetzgebung wird deutlich, dass auf diesem Rechtsgebiet erkennbar eine Interaktion zwischen Judikative und Legislative stattfand. Selbstverständlich berücksichtigten auf der einen Seite die Gerichte die vom Parlament erlassenen Gesetze. Oftmals wurden aber auch auf der anderen Seite von den Gerichten entschiedene Fälle zum Anlass für den Gesetzgeber, gewisse Rechtsprobleme explizit einer gesetzlichen Lösung zuzuführen. Zudem fällt auf, dass gerade die beiden Fälle aus dieser Epoche, die den größten Einfluss auf die nachfolgenden Rechtsentwicklungen nehmen sollten, „Case de Bankrupts“ (1589) sowie „Twyne’s Case“ (1602), erkenntlich vom kontinentalen ius commune geprägt sind: die Formulierung „vigilantibus & non dormientibus iura subveniunt “ im „Case de Bankrupts“ inkorporiert die kontinentale Doktrin des „sibi vigilavit “, die auf D. 42, 8, 6, 7 und D. 42, 8, 24 zurückgeht, ins common law; die in „Twyne’s Case“ aufgestellten „ensigns et marks de fraud “ entsprechen den kontinentalen „praesumptiones fraudis“, wie sie auf Dinus de Mugello und Bartolus de Saxoferrato zurückgehen und sich bei Nicolaus Everardus von Middelburg finden und dort auf Passagen aus der sedes materiae wie das Institutionenfragment I. 4, 6, 6 und den Digestentitel D. 42, 8 zurückgeführt werden. In beiden Rechtsfällen ist freilich nicht nur die terminologische Nähe auffällig, sondern auch die starke inhaltliche Anlehnung des englischen common law an das kontinentale ius commune. Mithin ist festzuhalten, dass sich auch auf dem Gebiet des common law eine, wenn auch versteckte, Rezeption des kontinentalen Rechts der actio Pauliana ausmachen lässt. 667

So etwa Stein, Continental Influences, S. 213.

D. Ergebnisse der Arbeit Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob und inwieweit die actio Pauliana, die Gläubigeranfechtungsklage des römischen Rechts und des kontinentaleuropäischen ius commune, in das englische Recht rezipiert worden ist, sind folgende Erkenntnisse gewonnen worden: 1. Schon die ersten Zeugnisse der Lehre römischen Rechts in England, der Liber Pauperum des Vacarius (um 1149) und ein anonymes Skript einer Institutionenvorlesung (Ende des 12. Jahrhunderts), behandelten die relevanten Passagen der justinianischen Quellen zur actio Pauliana, den Digestentitel D. 42, 8 und das Institutionenfragment I. 4, 6, 6. 2. Die kirchlichen Gerichte, die „ecclesiastical courts“, beschäftigten sich im Rahmen von Nachlassstreitigkeiten auch mit Fällen, in denen der Verstorbene vor seinem Tod betrügerisch über Vermögensgegenstände zum Nachteil seiner Gläubiger verfügt hatte. Eines der frühesten einschlägigen Zeugnisse ist ein nach seinen Anfangsworten „cordis dolore“ benanntes Gesetz aus der Kirchenprovinz Canterbury (1342-3). In der Absolution von der Exkommunikation desjenigen, der betrügerisch über Vermögensgegenstände verfügt hat, für den Fall der Rückgabe der betrügerisch veräußerten Gegenstände kann man eine Art „actio Pauliana mit kirchenrechtlichen Mitteln“ sehen. 3. Auch die anderen beiden Gerichte, bei denen die Rechtsprechung durch im römischen Recht ausgebildete Richter erfolgte, der Court of Chancery (ab 1468-9) und der Court of Admiralty (1538), befassten sich bereits vor der ersten einschlägigen staatlichen Gesetzgebung mit Fällen auf dem Gebiet des Insolvenzrechts und der betrügerischen Gläubigerbenachteiligung. 4. Das erste staatliche Gesetz, das von Sir Edward Coke für einschlägig gehalten wird, 25 Edw. III., stat. 5, c. 23 (1351), ordnet im Falle flüchtiger „lombardischer“ Kaufleute die Haftung ihrer Mitgesellschafter an und damit dieselbe Rechtsfolge, die diese auch nach den Statutarrechten ihrer oberitalienischen Heimat getroffen hätte. Insofern liegt ein Einfluss des oberitalienischen Rechts auf die englische Gesetzgebung nahe. 5. Nachfolgende Gesetze, namentlich 50 Edw. III. c. 6 (1376), 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 (1379) sowie 3 Hen. VII. c. 4 (1487), suchten den Fall zu reglementieren, dass sich ein Schuldner ins Kirchenasyl („sanctuary“) zurückgezogen hatte und dort unbehelligt von seinen Gläubigern aus den Erträgen zuvor betrügerisch an Freunde veräußerter Vermögensgegenstände lebte. Diese Gesetzgebung blieb jedoch wohl überwiegend fruchtlos.

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D. Ergebnisse der Arbeit

6. Ein umfassendes gesetzlich fixiertes Insolvenzrecht wurde in England erstmals mit 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 (1542-3) geschaffen. Deutlich erkennbar sind die Anleihen, die dabei am niederländischen Recht gemacht wurden, wie es sich in Kapitel VII des „Groot Placaat“ Karls V. (1531) findet. Der von Riesenfeld und Dalhuisen behauptete „strong Flemish influence“ ist offensichtlich. 7. Unter Elizabeth I. wurden 1571 zwei relevante Gesetze geschaffen, ein „Bankruptcy Act“, der die Verfahrensvorschriften seines Vorgängergesetzes präzisierte, und ein „Statute of fraudulent conveyances“, das sich gegen betrügerische Vermögensverfügungen richtete. In diesem Gesetz wurde mit der Nichtigkeit betrügerischer Vermögensverfügungen der Teil des „Groot Placaat“ Karls V., der nicht unter Henry VIII. rezipiert worden war, in das englische Recht übernommen. 8. Erst unter James I. wurden in 1 Jac. I. c. 15 (1603) das Insolvenzrecht und das Recht der Gläubigerverkürzung vereint, indem die Liste der „acts of bankruptcy“ um den Tatbestand der „fraudulent conveyances“ erweitert wurde. Mit der Bestimmung, dass hierunter weder die Mitgiftbestellung noch die Leistung gegen hinreichende Gegenleistung fallen soll, wird ein Punkt Element des englischen Rechts, der sich bis auf die Siete Partidas des Königs Alfonso X. von Kastilien-León (1265) zurückführen lässt. 9. In der Rechtsprechung des common law sind die beiden Fälle, die den größten Einfluss auf die nachfolgenden Rechtsentwicklungen nehmen sollten, „Case de Bankrupts“ (1589) sowie „Twyne’s Case“ (1602), ersichtlich vom kontinentalen ius commune geprägt: der „Case de Bankrupts“ inkorporiert die kontinentale Doktrin des „ sibi vigilavit “, die auf D. 42, 8, 6, 7 und D. 42, 8, 24 zurückgeht, ins common law, „Twyne’s Case“ die „ praesumptiones fraudis“ des kontinentalen Rechts, die etwa Dinus de Mugello, Bartolus de Saxoferrato oder Nicolaus Everardus von Middelburg aus I. 4, 6, 6 und D. 42, 8 herleiten. Im Ergebnis ist Hans Ankum also zuzustimmen, wenn er bezüglich des englischen Rechts sagt, dass die Ähnlichkeit mit der kontinentalen actio Pauliana regelrecht ins Auge springe. Das englische Recht der „fraudulent conveyances“ ist von seinem Ursprung her geprägt vom kontinentalen Recht der actio Pauliana des ius commune. Die Arbeit weist damit in der Tat bezüglich eines kleinen Mosaiksteins die Beeinflussung des englischen Recht trotz seiner isolierten Inselposition durch das kontinentale, auf rezipiertem römischen Recht beruhende Recht nach. Diese Entdeckung gemeinsamer Wurzeln, dieses Ausmachen eines „europäischen Charakters“ im englischen Recht der „fraudulent conveyances“ zeigt zugleich, dass es zwischen den Rechtskreisen des englischen und des kontinentalen Rechts eine gemeinsame Basis gibt, von der aus eine Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Gläubigeranfechtungsrechts praktikabel ist. In diesem Sinne kann erneut in Anlehnung an Hans Ankum gefolgert werden: Es war der Mühe wert, Herkunft und Ursprünge des englischen Äquivalents der actio Pauliana einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen.

Verzeichnis der zitierten Literatur Handschriftliche Quellen Cambridge, University Library, MS. Dd.5.51, Part II, ff. 81 – 87v: Aug. 1629. Lector Mr. Phillip Germyn sur 21 Jac. c. 19 de bankrupts (stand als Scan zur Verfügung). London, British Library, MS. Hargrave 91, ff. 330 – 337: Mr. Whitaker’s lecture 1627 Summer sur lestatut de 13 El. ca. 5 de fraudulent conveyances (stand als Scan zur Verfügung). London, British Library, MS. Hargrave 398, ff. 173v – 170 (rückwärts): Le lier de Monsieur Fulwer sur Lestatute de Bankrupts fait 13 Eliz. (stand als Scan zur Verfügung). Trier, Stadtarchiv, Signatur 842 (1636): Liber Pauperum des Vacarius.

Übrige Literatur Abels, Richard: Stichwort „Heriot“, in: The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England, hg. von Michael Lapidge u. a., Oxford u. a. (2004), S. 235 f. A Briefe of the Bill exhibited against Bankrupts, s.l. (1624?). Acher, Jean: Essai sur la nature de l’action paulienne, in: Revue trimestrielle de droit civil 5 (1906), S. 85 ff. Adkin, Benaiah Whitley: Copyhold and other land tenures of England, 3. Aufl., London (1919). Ames, James Barr: The History of Trover, in: Harvard Law Review 11 (1897), S. 277 ff. und S. 374 ff. Ankum, Johan Albert: De geschiedenis der „actio Pauliana“, Zwolle (1962); zitiert: Ankum, Geschiedenis. Ankum, Johan Albert: De Pauliana buiten fallissement in het Nederlandse Recht sedert de Codificatie, Zwolle (1962); zitiert: Ankum, Pauliana. Ankum, Johan Albert: „interdictum fraudatorium“ et „restitutio in integrum ob fraudem“, in: Synteleia Vincenzo Arangio-Ruiz, Bd. 2, Neapel (1964), S. 779 ff.; zitiert: Ankum, Synteleia. Arangio-Ruiz, Vincenzo: Istituzioni di diritto romano, 14. Aufl., Napoli (1977). Azo: Lectura super codicem. Hugolini apparatus in tres libros, Augustae Taurinorum (1966). Bacon, Francis: The History of the Reigne of King Henry the Seventh, London (1628); zitiert: Bacon, Henry VII. Bacon, Francis: Reading on the Statute of Uses, London (1785); zitiert: Bacon, Statute of Uses.

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Verzeichnis der zitierten Literatur

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Sirks, Adriaan Johan Boudewijn: Bartoli a Saxoferrato In primam Digesti Novi partem commentaria, Augustae Taurinorum (1574), hg. von A. J. B. Sirks auf CD-ROM, Frankfurt am Main (2005); zitiert: Sirks, Bartolus. Sirks, Adriaan Johan Boudewijn: Ubaldi Perusini Iurisconsulti In primam & secundam Infortiati partem Commentaria, Venetiis (1577), hg. von A. J. B. Sirks auf CD-ROM, Frankfurt am Main (2005); zitiert: Sirks, Baldus, Infortiatum. Sirks, Adriaan Johan Boudewijn: Baldi Ubaldi Perusini iurisconsulti In I – XI Codicis Libros Commentaria, Venetiis (1577), hg. von A. J. B. Sirks auf CD-ROM, Frankfurt am Main (2005); zitiert: Sirks, Baldus, Codex. Sirks, Adriaan Johan Boudewijn: Nicolai Tudeschii Catinensis Siculi, Abbatis Panormitani, Commentaria in Tertium Decretalium Librum, Bd. 6, Venetiis (1588), hg. von A. J. B. Sirks auf CD-ROM, Frankfurt am Main (2005); zitiert: Sirks, Panormitanus. Skene, John: De verborum significatione. The Exposition of the Terms and Difficill Wordes, London (1641). Smith, Thomas: The common-wealth of England, London (1640). Söllner, Alfred: Einführung in die römische Rechtsgeschichte, 4. Aufl., München (1989). Solazzi, Siro: La revoca degli atti fraudolenti nel diritto romano, 2. Aufl., Napoli (1934); zitiert: Solazzi, Revoca. Solazzi, Siro: Per la storia dell’actio Pauliana, Modena (1901); zitiert: Solazzi, Storia. Southern, Richard William: Master Vacarius and the Beginning of an English Academic Tradition, in: Medieval learning and Literature, essays presented to Richard William Hunt, hg. von J. J. G. Alexander und M. T. Gibson, Oxford (1976), S. 257 ff. Spann, Michael: Der Haftungszugriff auf den Schuldner zwischen Personal- und Vermögensvollstreckung. Eine exemplarische Untersuchung der geschichtlichen Rechtsquellen ausgehend vom Römischen Recht bis ins 21. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung bayerischer Quellen, Münster (2004). Speciale, Giuseppe: Fures, latrones publici, decocti fraudulenti: il confugium per i falliti da Innocenzo III a Benedetto XIII, in: Rivista internazionale di diritto comune 7 (1996), S. 149 ff. Spence, George: The equitable jurisdiction of the Court of Chancery Bd. 1, Philadelphia (1846). Spruit, Johannes Emil: Corpus iuris civilis. Tekst en vertaling, Zutphen, Bd. 1 Instituten (1993), Bd. 5 Digesten 35 – 42 (2000). Stagl, Jakob Fortunat: Favor dotis – die Privilegierung der Mitgift im System des römischen Rechts, Wien u. a. (2009). Stanley, Arthur Penrhyn: Historical Memorials of Westminster Abbey, London (1968). Statutes of the Realm, Bd. 1, London (1810), Bd. 2, London (1816), Bd. 3, London (1817), Bd. 4, London (1819); zitiert: Statutes of the Realm. Stein, Friedrich / Juncker, Josef: Grundriß des Zivilprozeßrechts und des Konkursrechts, 3. Aufl., Tübingen (1928).

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Verzeichnis der zitierten Literatur

Stein, Peter: Continental Influences on English Legal Thought, 1600 –1900, in: The Character and Influence of the Roman Civil Law – Historical Essays by Peter Stein, London (1988), S. 209 ff.; zitiert: Stein, Continental Influences. Stein, Peter: English civil law literature, in: Ins Wasser geworfen und Ozeane durchquert. Festschrift für Knut Wolfgang Nörr, hg. von Mario Ascheri u. a., Köln u. a. (2003), S. 979 ff.; zitiert: Stein, Civil law literature. Stein, Peter: Regulae Iuris. From Juristic Rules to Legal Maxims, Edinburgh (1966); zitiert: Stein, Regulae Iuris. Stein, Peter: Sir Thomas Smith: A Renaissance Civilian, in: The Character and Influence of the Roman Civil Law – Historical Essays by Peter Stein, London (1988), S. 186 ff.; zitiert: Stein, Thomas Smith. Stobbe, Otto: Zur Geschichte des älteren deutschen Konkursprozesses. Als Einleitung in das heutige Recht, Berlin (1888). Stracca, Benvenuto: De Mercatura, Cambiis, Sponsionibus, Creditoribus, Fidejussoribus, Debitoribus, Decoctoribus, Navibus […], Amstelodami (1659). Strubbe, Egied I.: De receptie in de Vlaamse rechtsbanken van midden veertiende tot einde vijftiende eeuw, in: TR 29 (1961), S. 445 ff. Tabb, Charles Jordan: The Historical Evolution of the Bankruptcy Discharge, in: American Bankruptcy Law Journal 65 (1991), S. 325 ff. Talamanca, Mario: Stichwort „Azione revocatoria (dir. rom.)“, in: Enciclopedia del diritto, Bd. 4, Varese (1959), S. 883 ff. Tawney, Richard Henry / Power, Eileen: Tudor Economic Documents, Bd. 1, London (1965). ten Raa, Christiaan Marius Günther: Stichwort „Everaerts, Nicolaas“, in: Nationaal Biografisch Woordenboek, Bd. 7, Brussel (1977), Sp. 214 ff. Thesaurus Linguae Latinae, Bd. 5, Lipsiae (1909 – 1934). Thole, Christoph: Die tatbestandlichen Wertungen der Gläubigeranfechtung, in: ZZP 121 (2008), S. 67 ff.; zitiert: Thole, Wertungen. Thole, Christoph: Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht. Anfechtung und verwandte Regelungsinstrumente in der Unternehmensinsolvenz, Tübingen (2010); zitiert: Thole, Gläubigerschutz. Thomas, Joseph Antony Charles: Textbook of Roman Law, Amsterdam u. a. (1976). Thomson, John Aidan Francis: The Transformation of Medieval England 1370 – 1529, London / New York (1983). Thornley, Isobel D.: The Destruction of Sanctuary, in: Tudor Studies Presented by the Board of Studies in History in the University of London to Albert Frederick Pollard, hg. von Robert William Seton-Watson, London u. a. (1924), S. 182 ff. Treiman, Israel: Acts of Bankruptcy: A Medieval Concept in Modern Bankruptcy Law, in: Harvard Law Review 52 (1937), S. 189 ff.; zitiert: Treiman, Acts of Bankruptcy. Treiman, Israel: Escaping the Creditor in the Middle Ages, in: The Law Quarterly Review 43 (1927), S. 230 ff.; zitiert: Treiman, Escaping the Creditor.

Verzeichnis der zitierten Literatur

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Uhlenbruck, Wilhelm: Einhundert Jahre Konkursordnung, in: Einhundert Jahre Konkursordnung, hg. von Wilhelm Uhlenbruck, Köln (1977), S. 3 ff. Uhlenbruck, Wilhelm: Insolvenzordnung. Kommentar, hg. von Wilhelm Uhlenbruck, Heribert Hirte und Hein Vallender, 13. Aufl., München (2010); zitiert: Uhlenbruck / Bearbeiter. van Caenegem, Raoul Charles: Judges, Legislators and Professors. Chapters in European Legal History, Cambridge (1987). vande Water, Johan: Groot Placaatboek vervattende alle de placaten, ordonantien en edicten, der edele mogende heeren staten ’s lands van Utrecht, Bd. 1, Utrecht (1729). van Leeuwen, Simon: Censura Forensis, Lugduni Batavorum, 1662. Van Niekerk, Johan Petrus: The development of the principles of insurance law in the Netherlands from 1500 to 1800, Bd. 1, Kenwyn (1998). van Soest-Zuurdeeg, Lisbeth Josephina: La Lectura sur le titre de actionibus (Inst. 4, 6) de Jacques de Révigny. Edition du texte, précédee de prologmènes, Leiden (1989). Vaquer, Antoni: Traces of Paulian Action in Community Law, in: Few Features in Contract Law, hg. von Reiner Schulze, München (2007), S. 421 ff. Veall, Donald: The Popular Movement for Law Reform 1640 – 1660, Oxford (1970). Vignoli, Paola: I costituti della legge e dell’uso di Pisa (Sec. XII). Edizione critica integrale del testo tràdito dal „Codice Yale“ (ms. Beinecke Library 415), Roma (2003). Vinogradoff, Paul: Les maximes dans l’ancien droit commun anglais, in: Révue historique de droit français et étranger 2 (1923), S. 333 ff. Voci, Pasquale: Stichwort „Esecuzione forzata (dir. rom.)“, in: Enciclopedia del diritto, Bd. 15, Varese (1966), S. 422 ff. Völkl, Artur: Insolvenz ohne Vollstreckungsverfahren im klassischen Rom, in: Ars boni et aequi. Festschrift für Wolfgang Waldstein zum 65. Geburtstag, hg. von Martin Josef Schermaier und Zoltán Végh, Stuttgart (1993), S. 355 ff. Vogenauer, Stefan: Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent. Eine vergleichende Untersuchung der Rechtsprechung und ihrer historischen Grundlagen, Bd. 2, Tübingen (2001). Voigt, Moritz: Über den Bedeutungswechsel gewisser die Zurechnung und den öconomischen Erfolg einer That bezeichnender technischer lateinischer Ausdrücke, Leipzig (1872). Vorwerk, Sabine: Von der typenübergreifenden Gemeinschaft der insolvenzbeteiligten Gläubiger. Die par condicio omnium creditorum als fester Bestandteil des Insolvenzverfahrens, Marburg (2007). Wacke, Andreas: Zur Geschichte und Dogmatik der Gläubigeranfechtung, in: ZZP 83 (1970), S. 418 ff. Watson, Alan: Corpus iuris civilis. The Digest of Justinian, Philadelphia (1985). Weber, Max: Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter, Amsterdam (1970). Weigel, Richard D.: The Career of L. Paullus, Cos. 50, in: Latomus 38 (1979), S. 637 ff. Weiland, Ludwig: Emonis et Menkonis Werumensium Chronica, in: Monumenta Germaniae Historia, hg. von Georg Heinrich Pertz, Bd. 23, Hannover (1874), S. 454 ff.; zitiert: Weiland, MGH.

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Verzeichnis der zitierten Literatur

Weimar, Peter: Herrmann Kantorowicz / William Warwick Buckland, Studies in the Glossators of the Roman Law, Cambridge (1938), Reprint with addenda and corrigenda by Peter Weimar, Aalen (1969); zitiert: Weimar, Glossators. Weimar, Peter: Stichwort „Dinus de Rossonis (Mugellanus; – nach 1298)“ in: Juristen. Ein biographisches Lexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, hg. von Michael Stolleis, München (1995); S. 171 f.; zitiert: Weimar, Dinus. Wenck, Carl Friedrich Christian: Magister Vacarius. Primus Iuris Romani in Anglia Professor, Lipsiae (1820). Wenger, Leopold: Institutionen des römischen Zivilprozessrechts, München (1925). Wesener, Gunter: Das Scheingeschäft in der spätmittelalterlichen Jurisprudenz, im Usus modernus und im Naturrecht, in: Festschrift für Heinz Hübner, hg. von Gottfried Baumgärtel, Hans-Jürgen Becker, Ernst Klingmüller und Andreas Wacke, Berlin / New York (1984), S. 327 ff. Wessels, Johannes Wilhelmus: History of the Roman-Dutch Law, Clark (2005). Whitwell, Robert Jowitt: Italian Bankers and the English Crown, in: Transactions of the Royal Historical Society (New Series) 19 (1903), S. 175 ff. Wieacker, Franz: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2. Aufl., Göttingen (1967), Nachdruck Göttingen (1996). Wilkins, David: Concilia Magnae Britanniae et Hiberniae, Bd. 2 und 3, Londini (1737). Will, Wolfgang: Stichwort „Aemilius – [I 15] Lepidus Paullus, L.“, in: Der Neue Pauly, Bd. 1, Stuttgart / Weimar (1996), Sp. 179. Williams, Edward Vaughan: A Treatise on the Law of Executors and Administrators, Bd. 2, London (1832). Wilson, Hanneke: Stichwort „Sack“, in: The Oxford Companion to Wine, hg. von Janis Robinson, 3. Aufl., Oxford (2006), S. 599. Windscheid, Bernhard: Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, 7. Aufl., Frankfurt am Main (1891). Wlassak, Moriz: Stichwort „cessio bonorum“, in: Paulys Reaclencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, hg. von Wilhelm Kroll und Karl Mittelhaus, Bd. 3,2, Stuttgart (1899), Sp. 1995 ff. Woeß, Friedrich von: Personalexekution und cessio bonorum im römischen Recht, in: SZ 43 (1922), S. 485 ff. Wood, Neal: Foundations of political economy: some early Tudor views on state and society, London (1994). Wright, George Newen: A New and Comprehensive Gazetteer; Being a Delineation of the Present State of the World, Bd. 3, London (1836). Wubbe, Felix Bernard Jozef: Ius vigilantibus scriptum, in: Felix B. J. Wubbe: Ius vigilantibus scriptum – ausgewählte Schriften / oeuvres choisies, hg. von Pascal Pichonnaz, Freiburg / Schweiz (2003), S. 475 ff. Zachariae von Lingenthal, Karl Eduard: Aus und zu den Quellen des römischen Rechts, in: SZ 8 (1889), S. 206 ff.

Verzeichnis der zitierten Literatur

211

Zimmermann, Reinhard: Das römisch-kanonische ius commune als Grundlage europäischer Rechtseinheit, in: JZ 1992, S. 8 ff.; zitiert: Zimmermann, ius commune. Zimmermann, Reinhard: Der europäische Charakter des englischen Rechts, ZEuP 1993, S. 4 ff.; zitiert: Zimmermann, Der europäische Charakter. Zimmermann, Reinhard: Römisches Recht und europäische Kultur, in: JZ 2007, S. 1 ff.; zitiert: Zimmermann, Römisches Recht. Zimmermann, Reinhard: Römisch-holländisches Recht – ein Überblick, in: Das römisch-holländische Recht. Fortschritte des Zivilrechts im 17. und 18. Jahrhundert, hg. von Robert Feenstra und Reinhard Zimmermann, Berlin (1992), S. 9 ff.; zitiert: Zimmermann, Römisch-holländisches Recht. Zimmermann, Reinhard: Roman Law and the Harmonisation of Private Law in Europe, in: Towards a European Civil Code, hg. von Arthur Hartkamp, Martijn Hesselink, Ewoud Hondius, Carla Joustra, Edgar du Perron und Muriel Veldman, 3. Aufl., Nijmegen (2004), S. 21 ff.; zitiert: Zimmermann, Roman Law. Zimmermann, Reinhard: The law of obligations, Cape Town (1990); zitiert: Zimmermann, Obligations. Zulueta, Francis de: The liber pauperum of Vacarius, edited for the Selden Society, London (1927). Zulueta, Francis de / Stein, Peter: The Teaching of Roman Law in England around 1200, London (1990). Zwalve, Willem Jans: Hoofdstukken uit de Geschiedenis van het Europese Privaatrecht, Bd. I, Inleiding en zakenrecht, Groningen (1993).

Verzeichnis der zitierten Rechtsquellen Antike Rechtsquellen vor Justinian C.Th. 2, 16, 1 25 C.Th. 12, 1, 117 76 C.Th. 14, 3, 15 76

Gaius, Inst. 3, 78 23 Gaius, Inst. 4, 102 76 P. Ryl. 75 23 Justinianische Gesetzgebung

C. 2, 11, 11 22, 23 C. 2, 20, 6 183 C. 2, 27, 2 25 C. 4, 35, 23 pr. 177 C. 7, 71, 4 pr. 23 C. 7, 72, 6 pr. 22 C. 7, 72, 6, 1 22 C. 7, 72, 10 pr. 21, 22, 105 C. 7, 72, 10, 1 21, 22 C. 7, 75, 1 33 C. 7, 75, 6 31 C. 10, 32, 40 76 C. 10, 72, 12 76 C. 11, 10, 5 84 C. 11, 10, 5, 2 76 C. 11, 66, 2, 2 76 D. 2, 4, 21 105 D. 17, 2, 27 86 D. 18, 1, 55 159 D. 22, 1, 38, 4 24, 27, 28, 30, 34, 40, 41, 43 D. 22, 1, 38 pr. und 4 39 D. 27, 7, 7 178 D. 29, 2, 57 pr. 165 D. 36, 1, 69, 1 und 2 25 D. 38, 5, 1, 7 34 D. 42, 5, 25 25 D. 42, 7, 2 pr. 21 D. 42, 8, 1 pr. 24, 25, 26, 32, 35, 36, 130 D. 42, 8, 1, 1 32 D. 42, 8, 1, 2 32 D. 42, 8, 2 32 D. 42, 8, 3 pr. 32

D. 42, 8, 3, 1 32, 34 D. 42, 8, 4 32 D. 42, 8, 5 32 D. 42, 8, 6 pr. 33 D. 42, 8, 6, 1 34 D. 42, 8, 6, 2 33 D. 42, 8, 6, 3 34 D. 42, 8, 6, 7 22, 31, 50, 117, 158, 165, 184, 186 D. 42, 8, 6, 8 35, 41 D. 42, 8, 6, 9 34 D. 42, 8, 6, 11 32, 35, 109 D. 42, 8, 6, 12 35 D. 42, 8, 6, 14 31 D. 42, 8, 7 45 D. 42, 8, 8 45 D. 42, 8, 9 36 D. 42, 8, 10 pr. 25, 35 D. 42, 8, 10, 1 34 D. 42, 8, 10, 2 35, 109 D. 42, 8, 10, 4 35, 109 D. 42, 8, 10, 5 35 D. 42, 8, 10, 7 35 D. 42, 8, 10, 8 35 D. 42, 8, 10, 12 32 D. 42, 8, 10, 13 33 D. 42, 8, 10, 14 32 D. 42, 8, 10, 15 32 D. 42, 8, 10, 16 158, 165 D. 42, 8, 10, 19 42 D. 42, 8, 10, 20 44 D. 42, 8, 10, 22 43

Verzeichnis der zitierten Rechtsquellen D. 42, 8, 10, 23 43 D. 42, 8, 10, 24 43 D. 42, 8, 10, 25 36, 37, 50 D. 42, 8, 11 37, 50 D. 42, 8, 17, 1 32, 181 D. 42, 8, 17, 2 32, 43 D. 42, 8, 18 32 D. 42, 8, 24 50, 164, 184, 186 D. 42, 8, 25, 1 37, 148 D. 42, 8, 25, 4 44 D. 42, 8, 25, 7 37 D. 46, 3, 96 pr. 25

213

D. 49, 14, 45 pr. 63 D. 50, 17, 103 105 D. 50, 17, 134 pr. 33, 44 D. 50, 17, 173, 1 43 I. 3, 12 pr. 22 I. 4, 6, 1 38, 40 I. 4, 6, 2 38 I. 4, 6, 3 39 I. 4, 6, 6 24, 25, 26, 41 I. 4, 6, 8 39 I. 4, 6, 20 40 Nov. 135 144

Nachjustinianische juristische Quellen Bas. 23, 3, 38 29 Bas. 60, 5, 36 27 Theophilos, Paraphrasis Institutionum, I. 4, 6, 1 38

Theophilos, Paraphrasis Institutionum, I. 4, 6, 2 38 Theophilos, Paraphrasis Institutionum, I. 4, 6, 6 27

Antike nichtjuristische Quellen Catull, Carmen 41, 4 76 Catull, Carmen 43, 5 76 Cicero, Ad familiares 9, 16, 7 144 Cicero, Philippicae 2, 44 76

Cicero, Pro Milone 24 28 Livius, Ab urbe condita libri 35, 24 Seneca, De Beneficiis 4, 26, 3 76 Seneca, De Beneficiis 4, 39, 2 77

28

Englische Gesetze („statutes“) (1235-6) 20 Hen. III., c. 9 13 (1275) 3 Edw. I. c. 23 79 (1285) 13 Edw. I. c. 1 138 (1351) 25 Edw. III. stat 5, c. 23 18, 78, 155, 185 (1353) 27 Edw. III. stat. 2, c. 17 79 (1376) 50 Edw. III. c. 6 18, 89, 122, 131, 160, 162, 167, 185 (1379) 2 Ric. II. stat. 2, c. 3 18, 92, 122, 131, 162, 185 (1487) 3 Hen. VII. c. 4 18, 95, 122, 131, 140, 162, 167, 185 (1536) 27 Hen. VIII., c. 10 131 (1542-3) 34 & 35 Hen. VIII. c. 4 18, 72, 101, 125, 161, 163, 186

(1571) 13 Eliz. I. c. 5 15, 18, 123, 130, 162, 167, 168, 169, 172, 173, 186 (1571) 13 Eliz. I. c. 7 18, 123, 125, 155, 162, 186 (1572) 14 Eliz. I. c. 11 139 (1584) 27 Eliz. I. c. 4 123, 150 (1584-5) 27 Eliz. I. c. 11 139 (1586-7) 29 Eliz. I. c. 5 139 (1603-4) 1 Jac. I. c. 15 18, 19, 142, 155, 186 (1623-4) 21 Jac. I. c. 19 18, 19, 150, 155 (1623-4) 21 Jac. 1. c. 28 97 (1696-7) 8 & 9 Gul. III. c. 27 98 (1705) 4 & 5 Anne, c. 17 19

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Verzeichnis der zitierten Rechtsquellen Englische Rechtsfälle („cases“)

(1476) Y.B. Pasc. / Mich. 16 Edw. IV, folio 9, plea 9 67 (1486) Y.B. Pasc. 8 Edw. IV, folio 4b, plea 11 66 (1535) Y.B. Pasc. 27 Hen. VIII. plea 17, folio 6a 157 (1538) Goodwyn c. Lappye 70 (1541) Lyte & son feme, et Gyles Peny 159 (1557) Anon. 161 (1589) Smith v. Mills = Case de Bankrupts 162, 184, 186 (1590) Englefield’s Case 177

(1593) Pauncefoot v. Blunt = Pauncefoot’s Case 166 (1593) Pauncefoot’s Case 147 (1595) Goodall v. Wyatt 170 (1595) Packman’s Case 147 (1595) Upton v. Basset 171 (1595) Watson’s Case 169 (1595) Wilson v. Packman = Packman’s Case 168 (1601) Woodford and Multon 69 (1602) Twyne’s Case 131, 154, 173, 184, 186

Personenverzeichnis Accursius 63 Alfonso X. 148, 186 Angelus de Ubaldis 181

Innozenz III. 120 Innozenz VIII. 96 Iulius Paulus 28

Bacon, Francis 18, 96, 131 Baldus de Ubaldis 116, 159, 178 Bartolus de Saxoferrato 63, 116, 159, 181, 183, 184, 186 Blackstone, William 18 Bonifaz VIII. 181 Bracton, Henry de 46 Brinklow, Henry 100

Jacques de Révigny 40 James I. 19, 97, 142, 150, 186 Johannes (de) Stratford 56, 64 Johannes Faber 116 Johannes Saresberiensis 51 Justinian 18

Cecil, William 132, 135 Charles I 66 Cinus de Pistoia 116 Coke, Edward 18, 75, 78, 101, 117, 137, 162, 166, 168, 173, 183, 185 Cowell, John 13, 55, 118, 141

Lucius Aemilius Lepidus Paulus 28 Lucius Aemilius Paulus 28 Lyndwood, William 54, 56, 159

de Groot, Hugo 115 Dinus de Mugello 60, 181, 183, 184, 186 Dyer, James 18, 132, 135, 161 Edward III. 64, 78, 83, 89 Egerton, Thomas 68, 175 Elizabeth I. 123, 142, 186 Everardus, Nicolaus 116, 178, 183, 184, 186 François I. 111 Gentili, Alberico 54 Gregor IX. 181

Karl V. 110, 123, 186

Malynes, Gerard de 77, 127 Moore, Francis 18, 162, 168, 169, 170 Paulus de Castro 116 Philippe de Valois 83 Pius V. 120 Richard II. 64, 95 Robertus de Monte 48 Smith, Thomas 55, 66 Stillington, Robert 66 Story, John 54 Stracca, Benvenuto 76 Theophilos 27, 28, 38 Vacarius 18, 46, 48, 185

Henry III. 82 Henry VII. 95 Henry VIII. 53, 64, 75, 101, 123, 186

William III. 98 Wray, Christopher 163, 166