Zwischen Religion und Selbstbestimmung: Karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften vor neuen Herausforderungen anlässlich der gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung [1 ed.] 9783428540440, 9783428140442

Mit der Regelung zur Patientenverfügung legte der Gesetzgeber fest, dass der im Vorfeld geäußerte Wille des Patienten zu

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Zwischen Religion und Selbstbestimmung: Karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften vor neuen Herausforderungen anlässlich der gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung [1 ed.]
 9783428540440, 9783428140442

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Staatskirchenrechtliche Abhandlungen Band 53

Zwischen Religion und Selbstbestimmung Karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften vor neuen Herausforderungen anlässlich der gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung

Von

Franziska M. Buchwald

Duncker & Humblot · Berlin

FRANZISKA M. BUCHWALD

Zwischen Religion und Selbstbestimmung

Staatskirchenrechtliche Abhandlungen Herausgegeben von Otto Depenheuer · Alexander Hollerbach · Josef Isensee Matthias Jestaedt · Joseph Listl (†) · Wolfgang Loschelder Hans Maier · Paul Mikat (†) · Stefan Muckel Wolfgang Rüfner · Christian Starck · Arnd Uhle

Band 53

Zwischen Religion und Selbstbestimmung Karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften vor neuen Herausforderungen anlässlich der gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung

Von

Franziska M. Buchwald

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7247 ISBN 978-3-428-14044-2 (Print) ISBN 978-3-428-54044-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-84044-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinem Vater Matthias Buchwald

Vorwort Am Anfang stand die Idee: Patientenverfügungen in karitativen Einrichtungen. Während des Studiums wurde mir im Rahmen eines Praktikums das Spannungsfeld zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften vor Augen geführt. Mit der Gelegenheit zur Promotion eröffnete sich die Möglichkeit, diese Problematik zu analysieren und Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. Im Februar 2012 wurde die Arbeit von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen; die Disputation fand im Juli desselben Jahres statt. Für die Veröffentlichung wurde die Arbeit auf den Stand von Dezember 2012 aktualisiert. Am Ende stehen die Freude und der Dank. Im Rahmen dieses Vorworts habe ich nun die Gelegenheit, bereits ausgesprochenen Dank zu verschriftlichen und anderen Dank erstmals auszusprechen. Zunächst danke ich Herrn Prof. Dr. Bernd Grzeszick, LL.M., der mir neben meiner Arbeit an seinen Lehrstühlen in Mainz und Heidelberg die Gelegenheit zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema gab und mir die Freiheit ließ, diese Arbeit thematisch in eine Richtung zu entwickeln, die mir zu Beginn meiner Promotion noch nicht bekannt war. Auch den Herren Prof. Dr. Peter Axer, der die Arbeit zweitbegutachtete, und Prof. Dr. Stefan J. Geibel, Maître en droit, der den Vorsitz meiner Disputation übernahm, gilt mein Dank. Besonders danke ich Herrn Prof. Dr. Ansgar Hense, der mich ermutigte, dem Thema nachzugehen und mich in den unterschiedlichen Stadien mit Rat und Tat unterstützte. Meiner gesamten großen Familie, insbesondere meiner Mutter Beate Buchwald, meiner Schwester Johanna Schwartges und meinem Bruder Benedikt Buchwald, möchte ich an dieser Stelle für die mannigfaltige Unterstützung und Geborgenheit danken. Sie gaben und geben mir ein Zuhause und Raum zur Entfaltung. Ganz herzlicher Dank gebührt Patrick Hilbert. Er war immer bereit, die Wege meiner Gedanken nachzuvollziehen und mit mir zu erörtern. Auch mein Lebensweg wurde glücklicherweise zu unserem gemeinsamen Weg. Den vielen nicht ausdrücklich genannten Personen, die mir persönlich und fachlich während der Promotion zur Seite standen – meinen Paten, Freunden aus der Schul- und Studienzeit, Kollegen aus Mainz und Heidelberg, sowie Bekannten – gilt ebenfalls mein Dank. Die Arbeit ist demjenigen gewidmet, dem ich nicht mehr danken kann: Meinem Vater. Heidelberg im Dezember 2012

Franziska M. Buchwald

Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Hinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

1. Kapitel Der soziale Staat und die karitative Kirche

29

A. Die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und ihre Motivation . . . . . . . . . 30 B. Die soziale Tätigkeit des Staates und ihre Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Kooperationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2. Kapitel Wertungsdifferenzen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften in Bezug auf das Ende des Lebens

45

A. Leben und Selbstbestimmung – Grundsätzliches zu den Wertungen in Staat und Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 B. Wertung am Lebensende – das Beispiel ,Patientenverfügung‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

3. Kapitel Verfassungsrechtliche Grundlagen der karitativen Betätigung von religiösen Einrichtungen

73

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 C. Das Verhältnis zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und dem Recht auf Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 D. Der freiheitliche Gestaltungsraum für die karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . 107

10

Inhaltsübersicht 4. Kapitel Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zu Patientenverfügung und Behandlungswünschen

109

A. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 B. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 C. Ergebnis: Keine Verfassungswidrigkeit bei ausreichendem Gestaltungsraum . . . . . . . 116

5. Kapitel Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in Bezug auf das Lebensende

117

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme der Freiheit und als ultima ratio . . . . . . . . . . . . 118 B. Weigerungsrecht der Einrichtung und ihres Personals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 C. Vertragsgestaltung mit den Benutzern einer karitativen Kranken- oder Pflegeeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 D. Vorkehrungen in der karitativen Betreuungsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 E. Einfluss der Religionsgemeinschaft auf die karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . 188 F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen durch das kirchliche Arbeitsrecht . . . . . . . . . . 204 G. Umstrukturierung der karitativen Tätigkeit und Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 H. Lösungsansätze außerhalb des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 I. Fortführung der karitativen Arbeit ohne besondere Vorkehrungen zur Sicherung des Selbstverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 J. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Inhaltsübersicht

11

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Rechtstextverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Hinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Kapitel Der soziale Staat und die karitative Kirche

29

A. Die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und ihre Motivation . . . . . . . . . 30 I. Das Gebot der Nächstenliebe in der Tora sowie im Alten und Neuen Testament

31

II. Die Bedeutung und Organisation der Nächstenliebe in den Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Caritas in der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Diakonie in den evangelischen Kirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3. Zedaka in den Jüdischen Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4. Zakat im Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 B. Die soziale Tätigkeit des Staates und ihre Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Der Staat entdeckt die Armen und Bedürftigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Krankenversorgung und Pflege als Aufgabe im Sozialstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Verantwortung aufgrund des Sozialstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Verantwortung aus den Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 C. Kooperationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Staat und Religionsgemeinschaften auf demselben Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Koordinierung der Kooperation im Bereich der Wohlfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Chancen und Risiken der Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

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Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel Wertungsdifferenzen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften in Bezug auf das Ende des Lebens

45

A. Leben und Selbstbestimmung – Grundsätzliches zu den Wertungen in Staat und Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I. Wertungen des Staates und der Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Gesetzliche Wertungen und gesellschaftliche Vorstellungen im staatlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Die religiösen Vorstellungen und deren Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Gemeinsamer Ausgangspunkt: Lebensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Die Schutzpflicht des Staates für das Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Das hohe Gut des Lebens im Verständnis der Religionsgemeinschaften . . . . . . 48 III. Fortlaufende Entwicklung der Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Säkularisierungs- und Pluralisierungstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Individualisierung und Aktivierung des Autonomiegedankens . . . . . . . . . . . . . 51 3. Grundrechtliche Verortung des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen . . . . . 52 B. Wertung am Lebensende – das Beispiel ,Patientenverfügung‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Exemplarisch: Die Diskussion um eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 II. Zulässigkeit von Sterbehilfeformen und Patientenwünschen aus staatlicher Sicht

55

1. Die Verankerung der Patientenverfügung und der Behandlungswünsche in das Bürgerliche Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Formale Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Keine Reichweitenbeschränkung nach § 1901a Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . 58 c) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Missachtung des Patientenwillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 a) Strafbarkeit wegen Körperverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 b) Schadensersatzpflicht des Behandelnden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 c) Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Die strafrechtliche Bewertung der Sterbehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Inhaltsverzeichnis

15

III. Zulässigkeit von Sterbehilfeformen und Patientenwünschen aus religionsgemeinschaftlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. Vorstellungen und Verständnis der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Vorstellungen und Verständnis der evangelischen Kirchen . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Vorstellungen und Verständnis im jüdischen Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4. Vorstellungen und Verständnis im Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 IV. Zusammenfassend zu den Wertungsdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Kapitel Verfassungsrechtliche Grundlagen der karitativen Betätigung von religiösen Einrichtungen

73

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Die karitativen Einrichtungen als Grundrechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Die karitative Tätigkeit als religiöses Verhalten im Sinne von Art. 4 Abs. 1, 2 GG 75 III. Präzisierung des Schutzbereichs durch Betrachtung des religiösen Elements einer konkreten Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Schutzbereichsbestimmung unter Berücksichtigung von Wortlaut und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2. Konvertierung einer neutralen Handlung in eine religiöse Handlung . . . . . . . . 79 3. Verbleibende Abgrenzungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Keine Verengung im Sinne einer restriktiven Schutzbereichsbestimmung . . . . 83 IV. Grenzen der Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 I. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Der Charakter des Selbstbestimmungsrechts im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Das Recht auf die selbstständige Verwaltung der karitativen Tätigkeit . . . . . . . 87 a) Karitative Einrichtungen als Träger des Selbstbestimmungsrechts . . . . . . . . 87 b) Karitative Tätigkeiten als eigene Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) Schutz ihrer Angelegenheiten, nicht nur der inneren Angelegenheiten

91

bb) Eigene Angelegenheit auch bei öffentlicher Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . 91

16

Inhaltsverzeichnis cc) Schutz auch der Hilfsfunktionen für die karitative Tätigkeit . . . . . . . . . 93 dd) Begrenzung auf Belange, die nur die Religionsgemeinschaft angehen . 94 ee) Zwischenergebnis zum Gewährleistungsbereich in Bezug auf karitative Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Ordnen und Verwalten der karitativen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 d) Vom Gewährleistungsbereich umfasstes Verhalten der karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Grenze des Selbstbestimmungsrechts im ,für alle geltenden Gesetz‘ . . . . . . . . 97 a) Die Schrankendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 aa) Wörtliches Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Heckel’sche Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 cc) Bereichsscheidung und Jedermann-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 dd) Kein Sonderrecht und Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Ergebnis zur Schrankendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Das ,für alle geltende Gesetz‘ bei Versorgung, Pflege und Betreuung . . . . . 102 II. Die Privatautonomie der karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

C. Das Verhältnis zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und dem Recht auf Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 I. Tatbestandsabgrenzung und Sachverhaltszerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 II. Konkurrenzverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 D. Der freiheitliche Gestaltungsraum für die karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . 107 4. Kapitel Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zu Patientenverfügung und Behandlungswünschen

109

A. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Verletzung von Art. 4 Abs. 1, 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Eingriff in die Religionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Rechtfertigung des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Verletzung von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV . . . . . . . . . . . . . . . 113

Inhaltsverzeichnis

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B. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Verletzung von Art. 4 Abs. 1, 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Verletzung von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Rechtfertigung durch ein für alle geltendes Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 C. Ergebnis: Keine Verfassungswidrigkeit bei ausreichendem Gestaltungsraum . . . . . . . 116 5. Kapitel Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in Bezug auf das Lebensende

117

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme der Freiheit und als ultima ratio . . . . . . . . . . . . 118 I. Grenzen eines Rückzugs aus theologischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 II. Grenzen eines Rückzugs aus rechtlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Verpflichtung der Religionsgemeinschaften, sich karitativ zu betätigen . . . . . . 120 a) Keine verfassungsrechtliche Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Staatskirchenvertragliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Pflicht aus öffentlich-rechtlichen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Überblick über die öffentlich-rechtlichen Verträge im Bereich der Krankenversorgung und Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (1) Der Versorgungsvertrag zwischen Krankenhaus und Krankenkassen 123 (2) Der Versorgungsvertrag zwischen Pflegeeinrichtung und Landesverbänden der Pflegekassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Verpflichtung zur Erbringung der Dienste und Leistungen aus diesen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 cc) Erlöschen der Verpflichtung durch Auflösung der Verträge . . . . . . . . . . 125 (1) Fristgebundene Kündigung der Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (2) Fristlose Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (3) Aufhebung von Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Ergebnis zur Rückzugsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 III. Folgen eines Rückzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Folgen eines Rückzugs aus der Perspektive der Religionsgemeinschaften . . . . 128

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Inhaltsverzeichnis 2. Folgen eines Rückzugs aus staatlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Politische und ökonomische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Mögliche Verletzung einer Bestandsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Staatskirchenvertragliche Bestandsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Bestandsgarantie aus dem einfachen Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Verfassungsrechtliche Bestandsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Mögliche Verletzung eines Subsidiaritätsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 d) Mögliche Verletzung einer Verpflichtung des Staates, einen Raum für die karitative Tätigkeit zu sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 IV. Versuch der Vermeidung eines solchen Rückzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

B. Weigerungsrecht der Einrichtung und ihres Personals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Die Regelung des § 12 SchKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Voraussetzungen des Weigerungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Umfang des Weigerungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Keine Analogiefähigkeit des § 12 SchKG zur Übertragung auf die Situation am Lebensende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Kein verfassungsrechtliches Weigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 IV. Ergebnis zum Weigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C. Vertragsgestaltung mit den Benutzern einer karitativen Kranken- oder Pflegeeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 I. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften als Grundlage der Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 II. Krankenhausbehandlungsvertrag und Pflege-Heimvertrag als Gestaltungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 III. Grenzen der Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Keine grenzenlose Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Insbesondere: Das Koppelungs- und Verpflichtungsverbot aus § 1901a Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Keine Verpflichtung zur Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Keine Bedingung zur Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung . . . 148

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c) Folgerung aus § 1901a Abs. 4 BGB für die Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . 149 3. Bindung der Einrichtungen durch Selbstbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 IV. Konkrete Vorschläge zur Gestaltung der Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Vertragsimmanenter Ausschluss von Maßnahmen zur Beendigung des Lebens 150 2. Vertragliche Verpflichtung zur Errichtung einer Patientenverfügung . . . . . . . . 151 3. Vorabeinwilligung im Aufnahmevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4. Vertragsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 a) Aufschiebende oder auflösende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Unwirksamkeit einer Bedingungsklausel wegen § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB

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5. Pflege-Heimvertraglicher Leistungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Vereinbarkeit mit dem WBVG und dem SGB XI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Pflicht zur Leistungsanpassung nach § 8 Abs. 1 S. 1 WBVG und die Möglichkeit zum Ausschluss dieser Pflicht nach § 8 Abs. 4 WBVG . . . 156 bb) Anspruch auf entsprechende Änderung des Versorgungsvertrages beziehungsweise Neuabschluss des Versorgungsvertrages . . . . . . . . . . . . . 159 (1) Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages dem Grunde nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (2) Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages dem Inhalt nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (3) Achtung des Rahmenvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 cc) Auflösung der Spannungslage zwischen Pflegeeinrichtung und Benutzer durch Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (1) Fristloses Kündigungsrecht des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (2) Fristloses Kündigungsrecht des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (3) Folge einer Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Vereinbarkeit mit dem Koppelungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 aa) Der Wortlaut von § 1901a Abs. 4 BGB als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Analogie zu § 1901a Abs. 4 BGB statt Umgehung der Norm . . . . . . . . 167 (1) Planwidrige Lücke im Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (2) Vergleichbarkeit der Interessenlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 c) Leistungsausschluss und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 170 aa) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Keine überraschende Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

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Inhaltsverzeichnis cc) Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 dd) Inhaltskontrolle nach § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 d) Ergebnis: Pflege-Heimvertraglicher Leistungsausschluss verbunden mit Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 e) Der Vorhang zu – noch einige Fragen offen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 aa) Ablehnung der Aufnahme bei entsprechender Behandlungssituation . . . 174 bb) Vorgehen bei fehlendem Kündigungsrecht wegen Unzumutbarkeit . . . . 174 cc) Abstimmung mit Landespflegegesetzen und Beachtung ökonomischer Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 6. Leistungsausschluss im Krankenhausbehandlungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Auswirkungen des Kontrahierungszwanges auf einen Leistungsausschluss . 176 aa) Die Aufnahme- und Behandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Allgemeine Krankenhausleistungen beziehungsweise Krankenbehandlung und der Behandlungsabbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Begrenzung des Kontrahierungszwanges auf den Versorgungsauftrag . . 180 b) Zudem: Unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, 2 BGB 181 c) Ergebnis zum Leistungsausschluss im Krankenhausbehandlungsvertrag . . . 182 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

D. Vorkehrungen in der karitativen Betreuungsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 I. Überblick über das Betreuungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 II. Das religiöse Engagement in Betreuungsvereinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Einfluss des Betreuungsvereins auf die Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Der ehrenamtliche Betreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Der Vereinsbetreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Kein Einfluss über die betreuungsrechtliche Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Betreuungsvereinsrechtlicher Einfluss auf die Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Einfluss über das Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 3. Die Vereinsbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

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E. Einfluss der Religionsgemeinschaft auf die karitativen Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . 188 I. Das Verhältnis zwischen Einrichtungsträger und Religionsgemeinschaft . . . . . . . 189 1. Ausgangspunkt: Selbstständige Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Die Doppelexistenz von karitativen Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 3. Vereinigungen, die zur Religionsgemeinschaft gehören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4. Zugehörigkeit und Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 II. Nutzbarmachen der Verflechtungen zwischen Religionsgemeinschaft und Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Personeller Einfluss der Religionsgemeinschaft in den Gremien der Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Einfluss durch Lenkungsbefugnis der Satzungsautorität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Einfluss durch materielle Zugehörigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Kirchlich-karitative Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 III. Distanzierung der Religionsgemeinschaft von der Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. Namensrechtliche Distanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Distanzierung durch Verweigerung der Zugehörigkeitsentscheidung . . . . . . . . 201 3. Distanzierung durch den Dachverband im Wege des Ausschlusses aus dem karitativen Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen durch das kirchliche Arbeitsrecht . . . . . . . . . . 204 I. Der Gestaltungsraum im kirchlichen Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Regelungen zur Sicherstellung des Selbstverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1. Möglichkeit der Steuerung über die Bindung an Loyalitäts- und Leistungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes als Loyalitätskatalog der katholischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) EKD-Richtlinie über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes der EKD e.V. . . . . . . . 208 c) Vertragliche Einbeziehung der Loyalitätskataloge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Exkurs: Anerkennung des arbeitsrechtlichen Gestaltungsraums der Religionsgemeinschaften auf europäischer Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Kehrtwende nach den Urteilen des EGMR? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

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Inhaltsverzeichnis b) Anerkennung durch die Richtlinie 2000/78/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3. Leistungstreuepflichten bei der karitativen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Generell zu Leistungstreuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Leistungstreuepflichten bei Krankenversorgung, Pflege und Betreuung . . . . 213 4. Loyalität bei Tätigkeit in einer karitativen Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Loyalitätsobliegenheiten und ihre Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Loyalität bei der Tätigkeit in einer karitativen Einrichtung . . . . . . . . . . . . . 217 aa) Beispiele für die Loyalitätsanforderungen betreffend karitative Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Anforderungen betreffend den Lebensanfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 cc) Sicherstellung der Loyalität bezüglich der Vorstellung am Lebensende 218 c) Konsequenzen eines Verstoßes gegen Loyalitätsobliegenheiten . . . . . . . . . . 219 aa) Keine willkürliche Anforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 bb) Verstoß gegen die guten Sitten und den ordre public . . . . . . . . . . . . . . . 220 III. Nur bedingte Eignung der Sicherstellung im Rahmen des kirchlichen Arbeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

G. Umstrukturierung der karitativen Tätigkeit und Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 H. Lösungsansätze außerhalb des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 I. Fortführung der karitativen Arbeit ohne besondere Vorkehrungen zur Sicherung des Selbstverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 J. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 I. Weitere Bereiche mit Wertungsdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Die Präimplantationsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Behandlungsmethoden mit einem „unerlaubten Ursprung“ . . . . . . . . . . . . . . . . 234 3. Weitere Fälle der Sterbehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 II. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Rechtstextverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Einführung A. Hinleitung Hatte das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gesiegt und das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften verloren, als am 1. September 2009 mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts1 die Patientenverfügung im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert wurde? Der neue § 1901a BGB sieht seitdem gesetzlich2 vor, dass ein vorweg schriftlich fixierter Wille hinsichtlich Behandlungsmaßnahmen für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit einer Person von dessen Betreuer3 umgesetzt werden muss. Die Patientenverfügung ist nach § 1901a Abs. 3 BGB unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung verbindlich. Der Wille zu Sterben ist auch dann beachtlich, wenn der Sterbeprozess im engeren Sinne noch nicht begonnen hat, wenn also ein unumkehrbar tödlicher Krankheitsverlauf noch nicht eingetreten ist. Dagegen ist insbesondere die katholische Kirche in der jahrelangen Diskussion um eine gesetzliche Regelung immer wieder angetreten. Denn nach ihrer religiösen Vorstellung dürfe eine Patientenverfügung nur für den Fall Anwendung finden, dass sie sich auf eine Situation bezieht, in der die Sterbephase bereits begonnen hat. Mit der gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung stand fest, dass diese Vorstellung keine gesetzliche Anerkennung gefunden hatte. Der Bischof der Diözese Stuttgart-Rottenburg, Gebhardt Fürst, hat auf einer Tagung anlässlich der neuen gesetzlichen Regelung im Oktober 2009 erklärt: „Im Hinblick auf den Aspekt der Reichweite kommt für uns als Kirchen aufgrund unseres Menschenbildes nach wie vor eine solche Verfügung nicht zum Tragen, wenn der Tod nicht unmittelbar bevorsteht, z. B. bei anhaltendem Koma und fortgeschrittener Demenzerkrankung.“4 Diese Äußerung alleine als theologisches Statement zu einer neuen gesetzlichen Regelung zu sehen und ihr darüber hinaus keinerlei praktische Bedeutung zukommen zu lassen, würde die tatsächlichen Gegebenheiten außer Acht lassen. Einrichtungen, die zu Religionsgemeinschaften gehören, nehmen in erheblichem Umfang 1

Vom 29. Juli 2009, BGBl. I, S. 2286. Zuvor waren bereits in der Rechtsprechung entsprechende Grundzüge aufgestellt worden, vgl. nur BGHZ 154, 205 (210 f.); AG Siegen, RNotZ 2008, 351 (352 f.). 3 Werden Personenbezeichnungen aus Gründen der besseren Lesbarkeit lediglich in der männlichen oder weiblichen Form verwendet, so schließt dies selbstverständlich das jeweils andere Geschlecht mit ein. 4 Fürst, Das neue Gesetz zur Patientenverfügung. 2

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Einführung

an der Versorgung alter Menschen, Pflegebedürftiger und Kranker teil.5 Insbesondere die Diakonischen Werke, Caritasverbände und kirchliche Krankenhausverbände sind aus dem deutschen Sozialstaat nicht wegzudenken. Sie erfüllen öffentliche Aufgaben und entlasten den Staat damit zumindest organisatorisch.6 Der Grund für ihr Engagement in diesem Bereich ist aber nicht der Wille, eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen, sondern sie wollen einen religiösen Auftrag verwirklichen.7 Gerade dieser religiöse Auftrag aber ist es, der die Flexibilität einschränkt und eine Rückbindung der karitativen Tätigkeit an religiöse Lehren beansprucht. Mit ihrem religiösen Auftrag finden sich die Einrichtungen heute in einem veränderten Umfeld wieder, das sie vor neue Herausforderungen stellt. Es stellt sich nicht nur das Problem, dass die kirchlichen Einrichtungen einem zunehmenden ökonomischen Druck ausgesetzt sind, dem sie begegnen müssen, wenn sie nicht aufgeben oder beigeben wollen.8 Zudem verlieren die beiden großen Kirchen Mitglieder. Glaube wird immer mehr zu einer Privatsache und die Institution ,Kirche‘ mitsamt ihren Einrichtungen verliert an Unterstützung und Anerkennung.9 Die kirchlichen Lehren stoßen in Deutschland oftmals auf Unverständnis und Ablehnung; eine Identifikation mit den kirchlichen Vorstellungen wird seltener. Die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen laufen aufgrund dieser ökonomischen und gesellschaftlichen Einwirkungen Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Daraus könnten auch rechtliche Konsequenzen resultieren: Wird das Selbstverständnis nicht mehr gelebt und verwirklicht, sondern nur verbal kommuniziert, könnte eine restriktive Auslegung des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften zu einem Verlust der Sonderstellung der Religionsgemeinschaften 5

Im Jahr 2006 waren 33 % der Allgemeinkrankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft; sie hatten einen Bettenanteil von 32 % (dem standen 34 % staatliche Krankenhäuser mit einem Bettenanteil von 50 % gegenüber). Vgl. die Studie der prognos AG im Auftrag der kirchlichen Krankenhausverbände KKVD, DEKV von 2009, S. 7. Von den Pflegeeinrichtungen waren im Jahr 2007 knapp 26 % in kirchlicher Trägerschaft, vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2007, S. 20 i.V.m. der vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellten Sonderauswertung zur Pflegestatistik. 6 Zum Miteinander von Staat und Kirche im karitativen Bereich vgl. auch v. Campenhausen, in: Festschrift Zacher, S. 95 (95 f.); sowie in der 33. Sitzung des Verfassungsauschusses am 14. Januar 1953 bereits Müller, in: Feuchte (Hrsg.), Quellen zur Entstehung der Verfassung von Baden-Württemberg 4, S. 438. 7 Vgl. bspw. Deutscher Caritasverband, Leitbild des Deutschen Caritasverbandes, S. 5 (Präambel) sowie § 1 Abs. 1 Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen, die dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen sind, beschlossen von der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werks der EKD (Stand: 1. Januar 2011). 8 Dazu aus der Presse Wensierski, Heuschrecken unterm Kreuz, in: Der Spiegel 25/2007, S. 56 f.; vertiefend Wiemeyer, in: Gabriel (Hrsg.), Herausforderungen kirchlicher Wohlfahrtsverbände, S. 125 ff. 9 Gabriel, Caritas und Sozialstaat unter Veränderungsdruck, S. 160 ff. m. w. Nachw.; vgl. auch v. Campenhausen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR VII, § 157 Rdnr. 3; Waldhoff, in: Ständige Deputation des 68. Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Band I, S. D 20 ff.

A. Hinleitung

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führen.10 Dadurch, dass der religiöse Auftrag in der Welt verwirklicht wird, gerät er zudem immer wieder in eine Spannungslage zu staatlichen Vorgaben und anderen gesellschaftlichen Vorstellungen. Während einerseits Probleme auftreten, die keine religiöse Brisanz aufweisen und religiöse wie areligiöse Einrichtungen gleichermaßen treffen, gibt es anderseits Spannungsfelder, die durch die religiösen Vorstellungen ausgelöst werden und einer sensiblen Behandlung zuzuführen sind. So auch der Umgang mit der Anforderung, den Patientenwillen zu beachten. Grund dafür ist, dass den Kirchen insbesondere mit dem Recht auf Selbstbestimmung ihrer eigenen Angelegenheiten nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 GG und der Freiheitsgewährung aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet wird, ihr Proprium im weiten Umfang sicherzustellen und umzusetzen. Gleichwohl besteht dieser Freiheitsraum nicht schrankenlos. Es ist insofern der Frage nachzugehen, ob den karitativen Einrichtungen und den Religionsgemeinschaften Möglichkeiten eröffnet sind, sich der gesetzgeberischen Wertung der Patientenverfügung zu entziehen. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass ihre karitative Tätigkeit lediglich im Rahmen der religiösen Vorstellungen vom Leben und Sterben ausgeübt wird. Allerdings ist gleichzeitig fraglich, wieweit diese Möglichkeiten bestehen, denn eventuell könnte dann die nun rechtlich verankerte Verbindlichkeit des Patientenwillens in vielen Fällen leerlaufen. Jedenfalls könnte ihr ein längeres Procedere vorgeschaltet sein. Reicht der Freiheitsraum so weit, dass das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen auf Umwegen wieder entwertet wird, wenn sich ein Patient oder Pflegebedürftiger in die karitativen Hände begibt? Wäre dies der Fall hätte das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gesiegt und das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen verloren. Es zeichnet sich somit ab, dass sich auch nach der parlamentarischen Mehrheitsentscheidung das Spannungsfeld nicht aufgelöst hat. Anlässlich der Regelung zur gesetzlichen Verankerung der Patientenverfügung soll der karitative Bereich einer Darstellung und verfassungsrechtlichen Einordnung zugeführt werden. Zudem werden Möglichkeiten zur Auflösung der Spannungslage zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und den religiösen Vorstellungen aufgezeigt. Im Besonderen wird der Frage nachgegangen, welcher verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Rahmen für diese karitative Arbeit besteht und welche Lösungsansätze für Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen vorhanden sind, um ihre Teilnahme an der Alten- und Krankenversorgung im Rahmen ihrer religiösen Wertungen sicherzustellen. Besonderes Augenmerk wird dabei darauf gelegt, welche rechtlichen Möglichkeiten karitativen Einrichtungen eröffnet sind, um die Patientenverfügung (nicht) umzusetzen, und welche Grenzen der Gesetzgeber bei der Gestaltung von Gesetzen, die den karitativen Bereich in seinem materiellen Inhalt 10 Dazu bereits Geiger, ZevKR 26 (1981), S. 156 (174); vgl. bspw. Schlaich, Neutralität als Verfassungsprinzip, S. 207 der lediglich das verwirklichte Selbstverständnis in den Normbereich des Staatskirchenrechts stellt; a.A. Leisner, DÖV 1977, S. 475 (479).

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Einführung

treffen, zu beachten hat. Diese Frage stellt sich, wie das Zitat von Fürst verdeutlicht, im Besonderen aus der katholischen Sicht. Aktuell verdeutlicht sich die Problematik an Empfehlung des Diözesanen Ethikrates im Caritasverband Paderborn für die katholischen Einrichtungen: Die Einrichtungen sollten im Vorfeld einer Aufnahme prüfen, „ob die vorhandene rechtsverbindliche Verfügung ihrer jeweiligen Patienten bzw. Bewohner mit den moralischen Grundüberzeugungen ihres eigenen Leitbildes vereinbar“ seien und bei einer „gravierenden Diskrepanz sollte auf einen entsprechenden Vertragsschluss verzichtet werden“.11 Für die Untersuchung ist sich zu vergegenwärtigen, dass diesem Spannungsfeld drei Bezugspunkte zugrunde liegen. Nicht nur Staat und Kirche mit ihren karitativen Einrichtungen sind als beteiligte Institutionen auszumachen, sondern gerade auch der Einzelne verfolgt hier direkte Interessen, nämlich das Interesse selbstbestimmt leben und sterben zu können. Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen wird den verfassungsrechtlichen Positionen der Religionsgemeinschaft und ihrer Einrichtungen entgegenzuhalten sein.

B. Gang der Untersuchung Zunächst wird der sozial-karitative Bereich beschrieben: Wie und warum erbringen Staat und Religionsgemeinschaften Leistungen für Kranke und Pflegebedürftige? Dazu wird im ersten Kapitel das Sozialstaatsprinzip auf der einen und insbesondere das Gebot der Nächstenliebe auf der anderen Seite untersucht, sowie das Verhältnis der Beteiligten zueinander beschrieben. Anschließend widmet sich das zweite Kapitel den unterschiedlichen Vorstellungen vom Staat und seinen Bürgern zu den religiösen Vorstellungen betreffend die Situation am Lebensende, insbesondere zur Beachtung des Patientenwillens. Dazu wird sich dem von Wolfgang Rüfner geprägte Begriff der ,Wertungsdifferenzen‘ bedient. Für eine mögliche Auflösung der Spannungslage in karitativen Einrichtungen werden im dritten Kapitel zunächst die verfassungsrechtlichen Grundlagen der karitativen Arbeit dargestellt. Dabei ist insbesondere auf die Frage des Umfanges des von Art. 4 Abs. 1, 2 und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV gewährten Schutzes sowie auf deren Verhältnis zueinander einzugehen. Es wird sich im vierten Kapitel die Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit von § 1901a BGB anschließen. Dadurch wird die Frage nach Ansätzen von Lösungen für die Sicherstellung des religiösen Verständnisses auch bei der karitativen Arbeit unter Beachtung des Interesses des Einzelnen aufgeworfen, die im fünften Kapitel beantwortet werden soll. Im Ausblick wird auf weitere Problemfelder hingewiesen.

11 Diözesaner Ethikrat im Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V., Umgang mit Patientenverfügungen. Empfehlung, S. 17.

1. Kapitel

Der soziale Staat und die karitative Kirche Die Versorgung mit medizinischen und pflegerischen Leistungen findet in einem Bereich statt, der sich als ,sozial-karitativer Bereich‘ beschreiben lässt. Hier werden in Einrichtungen1 eine Vielzahl von Leistungen angeboten. In den Einrichtungen sollen die Gesundheit und das Leben des Einzelnen geschützt, den Bedürftigen und Kranken geholfen und sie geheilt werden. Diese Ziele verfolgen sowohl die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen als auch die staatlichen Akteure: Die Religionsgemeinschaften beten nicht nur für die Menschen, sondern in ihren Einrichtungen werden die Hilfsbedürftigen gepflegt und behandelt. Der Staat ist nicht nur Geldgeber, sondern die Kommunen und Länder tragen Krankenhäuser und andere Einrichtungen. Zudem sind die gesetzlichen Krankenkassen ebenso wie die Pflegekassen Teil der mittelbaren Staatsverwaltung2 und stehen gemäß § 87 Abs. 1 SGB IV unter staatlicher Rechtsaufsicht.3 Ausgangspunkt der Betrachtung ist folglich, dass sich Religionsgemeinschaften und Staat selbst oder mithilfe von ihnen initiierten und unterstützten Einrichtungen um die Hilfsbedürftigen der Gesellschaft sorgen. Religionsgemeinschaften und Staat agieren heute gleichzeitig auf demselben Aufgabenfeld: Der soziale Staat und die karitative Kirche begegnen sich, wodurch Spannungslagen entstehen können. Zunächst wird der sozial-karitative Bereich kurz dargestellt, um sich die Grundlagen der Tätigkeiten zu vergegenwärtigen. So kann es gelingen, die auftauchenden Einzelprobleme, hier die divergierenden Vorstellungen vom Leben und dessen Grenzen, einer tragfähigen Lösung zuzuführen. Schließlich handeln der Staat auf der einen Seite aus einer gesetzlichen Verantwortung und die Religionsgemeinschaften auf der anderen Seite aus einer religiösen Überzeugung heraus. Beide Aspekte gilt es hinreichend zu beachten. Dazu werden eingangs die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und ihre Motivation beschrieben. Anschließend sind die Grundlagen des staatlichen Engagements im sozialen Bereich zu bestimmen. 1 Es wird zwischen dem Träger als Rechtsperson, die durch ihre satzungsgemäßen Organe handelt, und der Einrichtung als Funktionseinheit, die zur Realisierung ihres Zweckes sachlicher und personaler Mittel bedarf, unterschieden. Dazu BVerfG, E 70, 138 (163) – Loyalitätspflicht; Geiger, Das Selbstverständnis katholischer Einrichtungen, S. 13; Stollmann, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, KHG, § 2 Rdnr. 7 f. 2 BVerfG, NVwZ-RR 2009, S. 361 (362); BVerfG, NVwZ 2005, S. 572 (573); dazu auch Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, 100, S. 4 f. (Stand: Juli 2012). 3 Vgl. Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, 200, S. 1 (Stand: Juli 2012).

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

A. Die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und ihre Motivation Die karitative Tätigkeit4 der Religionsgemeinschaften hat eine lange Tradition. Bevor sich weltliche Institutionen für die Versorgung der Bedürftigen der Gesellschaft herausbildeten, hatten sich die Religionsgemeinschaften dieses Aufgabenfeldes angenommen.5 Insbesondere die ersten Christen sorgten für den Nächsten,6 später entwickelte sich in den mittelalterlichen Klöstern eine christliche Krankenund Armenpflege. Der Zeit, in der weltliche Ordnungsgewalten zunehmend im eigenen Interesse die Versorgung der Armen übernahmen und den Religionsgemeinschaften eine nur ergänzende Funktion zukam – verstärkt durch die Säkularisation im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses von 18037 – folgte im 19. Jahrhundert mit dem Liberalismus ein Rückzug des Staates aus diesem Bereich. Gleichzeitig führten die soziale Not der Menschen und die Veränderung der Familienstrukturen in Deutschland zu einem intensiven Engagement von Vereinen im Bereich des Dienstes am Menschen.8 Die Zunahme freier Organisationen ließ Mitte des 19. Jahrhunderts die Idee einer – konfessionell und religiös getrennten – Zusammenfassung der einzelnen Vereine und Anstalten aufkommen.9 Worin dieses 4 Der Begriff ,karitativ‘ soll hier überkonfessionell die Tätigkeit beschreiben und nicht auf die ,Caritas‘, die der Katholischen Kirche zugeordnet ist, beschränkt sein, denn er wird auch vom einfachen Recht als Begriff gewählt, vgl. in § 118 Abs. 2 BetrVG den Ausdruck ,karitativen Einrichtungen‘. Zudem ist er auch dem Grunde nach nicht konfessionell gebunden. So definiert Liese, Geschichte der Caritas, Band 1, S. 1, die Caritas als die im christlichen Geist geübte Fürsorge für Arme und Hilfsbedürftige; vgl. zum Begriff des Karitativen im Sinne von § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BetrVG Thüsing/Pötters, RdA 2011, S. 280 ff. 5 Vgl. hierzu und zu Folgendem Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, S. 13 ff. m. w. Nachw. 6 Anknüpfend an die Erzählungen aus den Evangelien von der Fürsorge, Zuwendung und Hilfe für Arme, Kranke und Bedürftige (vgl. nur die Erzählung von Markus 12, 29 ff.; Matthäus 22, 37 ff.; Lukas 10, 25 ff., näheres zur neutestamentarischen Begründung vgl. sogleich unter I.) wird von den ersten christlichen Gemeinden dieses Gebot der Nächstenliebe aufgenommen und in Werken realisiert. Zu der tätigen Nächstenliebe in den christlichen Urgemeinden, deren Erwähnung in Apostelbriefen des Neuen Testaments und der Frage, ob es dort ein besonderes Diakonatsamt gab vgl. Hammann, Die Geschichte der christlichen Diakonie, S. 21 ff. Zu den Ansätzen der Institutionalisierung vgl. Luz, in: Ruddat/Schäfer (Hrsg.), Diakonisches Kompendium, S. 17 (31 ff.). 7 Dazu die knappe Darstellung bei Link, Kirchliche Rechtsgeschichte, § 17. 8 Dazu v. Campenhausen, in: ders./Ehrhardt (Hrsg.), Kirche – Staat – Diakonie, S. 17 ff.; vgl. auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 6 Rdnr. 6. 9 Der Hamburger protestantische Theologe Johann Hinrich Wichern gründete bereits 1849 den ,Central-Ausschuss für die Innere Mission‘ (grundlegend die Denkschrift von 1849 „Die innere Mission der deutschen evangelischen Kirche“, abgedruckt in: Wichern, Sämtliche Werke I, S. 175 ff.). Der Centralausschuss hatte aber keine Verbindung zur evangelischen Amtskirche. Zur Entwicklung und Organisation des Centralausschusses der Inneren Mission vgl. T. Brenner, Diakonie im Sozialstaat, S. 12 ff. Auf katholischer Seite gründete Lorenz Werthmann 1897 den ,Charitasverband für das katholische Deutschland‘, wobei eine Anerkennung durch die

A. Die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften

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Engagement wurzelt und wie die karitative Kirche heute organisiert ist, wird nun in Grundzügen geschildert.

I. Das Gebot der Nächstenliebe in der Tora sowie im Alten und Neuen Testament Bereits in der Tora10, die die fünf Bücher Mose umfasst, finden sich Gebote an den Menschen, die ihm aufgeben, wie er sich gegenüber seinen Mitmenschen verhalten soll. Im Buch Levitikus 19, 1811 heißt es: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der HERR.“ Die Nächstenliebe hat, wie diese Goldene Regel zeigt, ihren Ursprung im Judentum. Die fünf Bücher Mose sind aber auch Bestandteil des Alten Testaments der christlichen Religionen. Judentum und Christentum eint das Gebot der Nächstenliebe.12 Das Gebot der Nächstenliebe steht im Zentrum des Neuen Testaments: In Markus 12, 28 ff. wird Jesus von einem Schriftgelehrten nach den vornehmsten Gebot gefragt, und er antwortet, dass dies die Gebote der Gottesliebe und der Nächstenliebe seien. Die synoptischen Erzählungen finden sich bei Matthäus 22, 34 ff.; Lukas 20, 26 f. Zu Barmherzigkeit gegenüber dem Nächsten wird in Lukas 10, 25 ff. im Gleichnis vom barmherzigen Samariter aufgefordert13 und bei Matthäus 25, 40 wird der Bezug der Nächstenliebe zur Gottesliebe deutlich: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“14 Auch in den Gemeindebriefen wird wiederholt zur Nächstenliebe aufgerufen.15 Praktisch umgesetzt wird diese Nächstenliebe in der Barmherzigkeit zu anderen Menschen. Im Christentum haben sich dafür die Begriffe der Diakonie16 und Caritas17 herausgebildet, wobei Deutsche Bischofskonferenz erst 1916 erfolgte. Die „Verkirchlichung“ der Diakonie begann mit dem Ende der landesherrlichen Kirchenaufsicht im Jahre 1918, v. Campenhausen, in: ders./ Ehrhardt (Hrsg.), Kirche – Staat – Diakonie, S. 20; Neumann, Freiheitsgefährdung im kooperativen Sozialstaat, S. 17 f. Zuvor wurde bereits 1917 die Zentrale Wohlfahrtstelle e.V. gegründet. Sie bündelte die soziale Arbeit der Juden und Jüdischen Gemeinden in Deutschland. 10 Erläuternd zur Tora Millard, Bibel und Kirche 2010, S. 3. 11 Soweit keine anderen Angaben gemacht werden, wurde die Einheitsübersetzung der Bibel herangezogen. 12 Baeck, Judentum, Christentum und Islam, Werke Band 5, S. 472 (485). 13 Zu diesem „Basistext für die biblische Grundlegung der Diakonie“ vgl. M. Zimmermann/ R. Zimmermann, in: Festschrift Strohm, S. 44 ff. 14 Vgl. zur Begründung von Diakonie und Caritas aus neutestamentarischer Sicht Liese, Geschichte der Caritas, Band 1, S. 29 ff.; Luz, in: Ruddat/Schäfer (Hrsg.), Diakonisches Kompendium, S. 17 (20). 15 Dazu Liese, Geschichte der Caritas, S. 38 ff.; Luz, in: Ruddat/Schäfer (Hrsg.), Diakonisches Kompendium, S. 17 (28 ff.). 16 Altgriechisch diajom_a: Dienst; zum Wortstamm Luz, in: Ruddat/Schäfer (Hrsg.), Diakonisches Kompendium, S. 17 (17). 17 Lateinisch: Teuerung, Hochachtung, hingebende Liebe, uneigennütziges Wohlwollen.

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

diesen Begriffen nur insoweit eine konfessionelle Unterscheidung zukommt, als die Verbände der Religionsgemeinschaften sich auf protestantischer Seite unter dem Verband der ,Diakonie‘ organisieren, auf katholischer Seite unter dem Verband der ,Caritas‘. Die Juden verwenden den Begriff ,Zedaka‘. Während dieser Begriff ursprünglich mit ,Gerechtigkeit‘ übersetzt wurde, wird darunter heute auch die Pflicht zur Wohltätigkeit gegenüber Armen verstanden.18

II. Die Bedeutung und Organisation der Nächstenliebe in den Religionsgemeinschaften 1. Caritas in der katholischen Kirche Der Liebesdienst am Menschen stellt für die katholische Kirche einen Grundauftrag ihrer Gemeinschaft dar. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte in seinen Dokumenten Aussagen über die Bedeutung der Caritas gemacht und dabei herausgestellt, dass sie als Wesenselement, Lebensäußerung und Werk der Kirche eine zentrale Rolle spielt.19 Papst Johannes Paul II. hat den Liebesdienst der Kirche als „unverzichtbar“ bezeichnet, der zur Kirche gehöre.20 Das kirchliche Gesetzbuch, der Codex Iuris Canonici von 1983, enthält keinen eigenen Abschnitt über Caritas, nur in wenigen Bestimmungen wird sie erwähnt.21 Allerdings wird im Katechismus der Katholischen Kirche22 der Nächstenliebe das gesamte zweite Kapitel gewidmet, wobei hier insbesondere Ausführungen zur Liebe zu den Armen, nicht nur materieller Art, gemacht werden (Absätze 2443 ff.). Einen klaren Auftrag zur Nächstenliebe sprach auch Papst Benedikt XVI. in der Enzyklika ,Deus caritas est‘ im Jahr 2005 aus: „Das Wesen der Kirche drückt sich in einem dreifachen Auftrag aus: Verkündigung von Gottes Wort (kerygma-martyria), Feier der Sakramente (leiturgia), Dienst der Liebe (diakonia). Es sind Aufgaben, die sich 18

Vgl. zu der Zedaka ZWST e.V., Zedaka – Das Leitbild der ZWST, 2007. Völkl, caritas 67 (1966), S. 73, Darstellung der relevanten Stellen S. 73 ff., 123 ff.: Art. 8 Dekret über das Laienapostolat; vgl. auch Art. 42, 88 Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute. 20 Papst Johannes Paul II., Ansprache an die Laien im kirchlichen Dienst im Dom zu Fulda am 18. November 1980, abgedruckt in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 25 A, S. 136 (138): „Die Kirche ist gesandt, diese Liebe, die letztlich Gott selber ist, den Menschen durch Wort und Tat zu verkünden und zu vermitteln. (…) Von Anfang an war deshalb die Verkündigung des Wortes von der Tat der Liebe begleitet (…). Diakonie in all ihren Formen gehört unverzichtbar zur Verkündigung des Evangeliums.“ 21 Lehner, in: Manderscheid/Hake (Hrsg.), Wie viel Caritas braucht die Kirche – wie viel Kirche braucht die Caritas?, S. 79 (85). 22 Ecclesia Catholica, Katechismus der Katholischen Kirche, Neuübersetzung aufgrund der Editio Typica Latina von 2003. Unter einem ,Katechismus‘ wird ein Lehrbuch für den Glauben verstanden, dazu vertiefend Bellinger, in: Theologische Realenzyklopädie, Band 17, Stichwort: Katechismus. 19

A. Die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften

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gegenseitig bedingen und sich nicht voneinander trennen lassen. Der Liebesdienst ist für die Kirche nicht eine Art Wohlfahrtsaktivität, die auch anderen überlassen werden könnte, sondern er gehört zu ihrem Wesen, ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst.“23 Caritas stellt damit eine Grundfunktion der Kirche dar.24 Nur wenn die Kirche Dienst am Menschen begeht, erfüllt sie ihren Auftrag umfassend.25 Die katholische Caritas hat sich im Laufe der Kirchengeschichte zunehmend organisiert.26 In Deutschland sind die katholischen Einrichtungen, die karitativ tätig sind, nahezu einheitlich im 1897 gegründeten Deutschen Caritasverband und den jeweiligen Caritasverbänden der Diözesen zusammengeschlossen. 1916 wurde der Caritasverband von den Deutschen Bischöfen anerkannt, wodurch der Caritasverband in die römisch-katholische Weltkirche integriert wurde. Dachverband der deutschen Caritas ist der Deutsche Caritasverband e.V.27 Ihm gehören konstitutiv die Diözesan-Caritasverbände an. Ebenso sind einige Fachverbände als Mitglied des Deutschen Caritasverbandes e.V. anerkannt, beispielsweise der Katholische Krankenhausverband e.V. Die Caritasverbände der Diözesen wiederum gliedern sich in Dekanats-, Bezirks-, Kreis- und Ortscaritasverbände. Während sich der Deutsche Caritasverband gemäß § 1 Abs. 3 der Satzung28 primär auf die Koordinierung, die Interessenvertretung sowie Struktur- und Qualitätsentwicklung auf Bundesebene spezialisiert, nehmen die regionalen Verbände die karitative Tätigkeit basisnäher wahr und vollziehen damit die Liebesdienste je nach jeweiliger Tätigkeit unmittelbar. Daneben sollen auch in den Kirchengemeinden Werke der Nächstenliebe bewirkt werden.29

23

Papst Benedikt XVI., Enzyklika ,Deus caritas est‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 171, S. 33 f.; vgl. auch S. 31 ff.; vgl. auch Deutsche Bischofskonferenz, Berufen zur caritas, in: Die deutschen Bischöfe Nr. 91, S. 8. 24 Vgl. Lehner, in: Jahrbuch des DCV 1995, S. 16 ff. 25 Vgl. auch Homeyer, in: Kirchlicher Anzeiger für das Bistum Hildesheim Nr. 1/2004 S. 1 (9). 26 Zur Organisation der Caritas Hierold, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 1032 ff.; Falterbaum, Caritas und Diakonie, S. 2 ff. 27 Zum kirchenrechtlichen Status des Deutschen Caritasverbandes Falterbaum, Caritas und Diakonie, S. 40 ff. 28 Satzung des Deutschen Caritasverbandes e.V. vom 16. Oktober 2003 i. d. F. vom 18. Oktober 2005. 29 Vgl. auch den Ecclesia Catholica, Katechismus der Katholischen Kirche, Abs. 2179: „Die Pfarrei ist eine bestimmte Gemeinschaft von Gläubigen, die in einer Teilkirche auf Dauer errichtet ist und deren Seelsorge unter der Autorität des Diözesanbischofs einem Pfarrer als ihrem eigenen Hirten anvertraut wird (c. 515 § 1 CIC/1983). Sie ist der Ort, wo sich alle Gläubigen zur sonntäglichen Eucharistiefeier versammeln können. Die Pfarrei führt das christliche Volk in das liturgische Leben ein und versammelt es bei dieser Feier; sie gibt die Heilslehre Christi weiter; sie übt in guten und brüderlichen Werken die Nächstenliebe des Herrn aus.“

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

2. Diakonie in den evangelischen Kirchen Der christliche Auftrag zur Nächstenliebe ist konfessionsübergreifend. Auch die evangelischen Kirchen fühlen sich beauftragt, die Liebe Gottes durch ihr Handeln in die Welt zu tragen. In Art. 15 Abs. 1 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) heißt es:30 „Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Gliedkirchen sind gerufen, Christi Liebe in Wort und Tat zu verkündigen. Diese Liebe verpflichtet alle Glieder der Kirche zum Dienst und gewinnt in besonderer Weise Gestalt im Diakonat der Kirche; demgemäß sind die diakonisch-missionarischen Werke Wesens- und Lebensäußerung der Kirche.“31 Wie bei der Ausübung der Nächstenliebe auf der Seite der Katholiken ist auch bei der Diakonie32 in der evangelischen Kirche zwischen der Gemeindeebene und der Ebene der Vereinigungen zu unterscheiden. Soweit die diakonischen Dienste ebenfalls nicht immer direkt durch die Gemeinde selbst wahrgenommen werden, sondern durch rechtlich selbstständige Organisationen, wird sie auch hier als Erfüllung des Auftrags zur Nächstenliebe angesehen.33 Mithilfe der landeskirchlichen Diakoniegesetze werden zum einen grundlegende Ausführungen zur Diakonie und deren Verständnis gemacht, zum anderen die Organisation und das Zusammenwirken der Einrichtungen geregelt.34 Die Träger der diakonischen Einrichtungen sind in den Diakonischen Werken der Landeskirchen organisiert, wodurch die Zuordnung35 zur Kirche vermittelt werden kann.36 Die Diakonischen Werke der Landeskirche wiederum waren bis September 2012 neben Fachverbänden, der EKD selber und einigen Freikirchen im Diakonischen Werk der EKD e.V. (gegründet 197637) zusammengefasst.38 Im Oktober 2012 30

Abl. EKD 2005, S. 1 mit Änderung Abl. EKD 2008, S. 367. Diese Formulierung nehmen die Diakoniegesetze der Landeskirchen auf, so § 1 Abs. 3 S. 1 Diakoniegesetz Baden i. d. F. vom 15. Juni 2005 (GVBl. 8/2005, S. 89 ff.); § 2 Abs. 1 Diakoniegesetz Mecklenburgs i. d. F. vom 5. April 2008 (KABl. 2008, S. 23). 32 Zum Begriff und Bedeutung „diakonia“ vgl. H. M. Müller, in: ders., Bekenntnis – Kirche – Recht, S. 416 (416 ff.). 33 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 43 Rdnr. 3. 34 Eine Zusammenschau der Diakoniegesetze der Landeskirchen, die der EKD angehören, befindet sich bei Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, S. 59, 149 ff. 35 Vgl. dazu 3. Kap. B. I. 2. a) sowie 5. Kap. E. I. 3. und 4. 36 Nach der Rechtsprechung des BAG, E 125, 100 (114, Rz. 37) und des LAG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2009, Az: 8 TaBV 76/08, juris Rdnr. 57, 78 reicht allein die Mitgliedschaft für eine Zuordnung nach § 118 Abs. 2 BetrVG nicht aus. Es bedarf einer personellen und inhaltlichen Einflussmöglichkeit, vgl. dazu auch Reichold, NZA 2009, S. 1377 (1378 f.). 37 Zuvor wurde die evangelische Wohlfahrtspflege seit 1848 von dem ,Centralausschuss für die Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche‘, seit 1945 auch vom Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland organisiert. 38 Siehe § 3 der Satzung des Diakonischen Werkes; vgl. insgesamt dazu de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 43 Rdnr. 5; Falterbaum, Caritas und Diakonie, S. 59 ff. 31

A. Die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften

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wurde das Diakonische Werk mit „Brot für die Welt“ und dem „Evangelischen Entwicklungsdienst“ zum „Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung“. Das Werk „Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband“ übernimmt die Aufgaben der Wohlfahrtspflege. Dieses nimmt gemäß § 6 Abs. 1 bis 5 der Satzung39 organisatorische, repräsentative, landesverbandübergreifende und koordinierende Aufgaben wahr, auch als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege. 3. Zedaka in den Jüdischen Gemeinden Die Zedaka stellt als Gebot zur Wohltätigkeit (Zedaka) im Judentum eine religiöse Pflicht (hebräisch: mitzwa) dar und muss von jedem Juden erfüllt werden.40 Sie gehört neben der Lehre (Tora) und dem Gebet (Tefilla) zu den Säulen des Judentums. In der Tora wird die Pflicht zur Wohltätigkeit beispielsweise in Deuteronomium 15, 7 wie folgt beschrieben: „Wenn ein Armer in deiner Mitte ist, so verhärte nicht dein Herz und verschließe nicht deine Hand vor deinem armen Bruder. Geben sollst du ihm wiederholt und dein Herz sei nicht böse, wenn du ihm gibst.“ Der jüdische Gelehrte Moses Maimonides hat im 12. Jahrhundert die Pflicht der Zedaka in acht Stufen näher bestimmt: Zedaka wird danach auf unterster Stufe erfüllt, wenn mit Unfreundlichkeit gegeben wird; die höchste Stufe stellt die Hilfe zur Selbsthilfe dar.41 Die 1917 als Dachverband für jüdische Organisationen gegründete Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST) ist der kleinste Mitgliedsverband der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege. Der Gründung 1917 und der Zwangsauflösung der ZWST im Jahr 1939 folgte im Jahr 1951 die Neugründung der ZWST. Ihre Aufgabe besteht gemäß § 2 der Satzung der ZWST e.V. in der Vertretung der Landesverbände und jüdischen Gemeinden hinsichtlich jüdischer Sozialarbeit sowie Beratung der Mitgliederorganisationen und weiterer Verwaltungsaufgaben.42 Die Arbeit der ZWST basiert auf der religiösen Grundüberzeugung der Zedaka, wobei sie in besonderem Maße von der letzten Stufe der Zedaka geleitet ist.43 Jüdische Gemeinden sind Träger von insgesamt neun jüdischen Seniorenheimen in Deutschland.44 Zudem gibt es ein jüdisches Krankenhaus in Berlin.45 39

Satzung vom 14. Juni 2012. ZWST e.V., „Zedaka“ – Das Leitbild der ZWST, S. 1. 41 Vgl. zu den acht Stufen ZWST e.V., „Zedaka“ – Das Leitbild der ZWST, S. 2. 42 Vgl. § 2 der Satzung der ZWST e.V., zuletzt geändert am 11. Dezember 2012; zur Geschichte und Struktur der ZWST e.V.; vgl. auch Flierl, Freie und öffentliche Wohlfahrtspflege, S. 302 ff. 43 Vgl. ZWST e.V., „Zedaka“ – Das Leitbild der ZWST, S. 6. 44 Eigene Recherche, bestätigt von Goldschmidt, im Interview durch Krohn/Maierhof, in: dies., Deutschland – trotz alledem? Jüdische Sozialarbeit nach 1945, S. 136 (147). 45 Im Jahr 1932 gab es hingegen noch acht allgemeine Krankenhäuser und 13 Krankenhäuser im Verbund mit einem Altenheim bzw. für chronisch Kranke, siehe Flierl, Freie und 40

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

4. Zakat im Islam Auch der Islam kennt das Gebot der sozialen Wohltätigkeit. Der sogenannte Zakat ist eine der fünf Säulen des Islam und im Koran verankert.46 Das Gebot wird in erster Linie als ein an den einzelnen Muslim gerichtetes Gebot zur Abgabe eines festgelegten Anteils an Gewinn- und Vermögensarten verstanden, auf welche die Armen einen Anspruch haben.47 Während der Zakat früher von der muslimischen Regierung eingezogen und verteilt wurde, obliegt er heute der Gewissensentscheidung des Einzelnen.48 Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen in muslimischer Trägerschaft gibt es in Deutschland bislang nicht. Eine Organisation entsprechend der traditionellen Religionen in Deutschland fehlt.49

B. Die soziale Tätigkeit des Staates und ihre Motivation Die Tätigkeit der Religionsgemeinschaften wird im heutigen Sozialstaat von einer gesetzgebenden und verwaltenden Tätigkeit des Staates wesentlich begleitet und ergänzt. Der Frage, warum sich der Staat um soziale Belange seiner Bürger sorgt, wird im Folgenden nachgegangen.

I. Der Staat entdeckt die Armen und Bedürftigen Als zentrale Aufgabe musste im 19. Jahrhundert die soziale Frage beantwortet werden. Die Veränderung der Familienstrukturen, Massenverelendung und Industrialisierung sowie Urbanisierung hatten neue Probleme hervorgebracht, ohne eine Lösung zu präsentieren. Der vormals eher liberale Staat musste sich dieser Probleme annehmen, da sie so umfassend wurden, dass sie von Privaten, Genossenschaften und Religionsgemeinschaften nicht mehr gelöst werden konnten.50 Er reagierte mit verstärktem Engagement im Bereich der Fürsorge und der Hilfe für Bedürftige und Kranke. Mit der Sozialgesetzgebung unter der Führung des Reichskanzlers Otto von öffentliche Wohlfahrtspflege, S. 309. Heute gibt es das Jüdische Krankenhaus in Berlin, das von einer Stiftung der Jüdischen Gemeinde und dem Land Berlin getragen wird; Auskunft der ZWST vom 2. September 2011. 46 Koran, Sure 2, 3; 9, 60; 24, 56 – Übersetzung von Paret. Zu den fünf Säulen Ruthven, Der Islam, S. 218. 47 Abdullah, in: Lob-Hüdepohl (Hrsg.), Ethik im Konflikt der Überzeugungen, S. 59 (60); Heine, Herder Korrespondenz 2006, S. 302 (303); vertiefend Zysow, in: The Enzcyclopaedia of Islam, S. 406 ff. 48 Ruthven, Der Islam, S. 218. 49 Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, forderte aber die Gründung eines muslimischen Wohlfahrtverbandes, vgl. nur Interview mit Gabriele Schulz, in: Politik und Kultur, Beilage Islam. Kultur. Politik, Juli-August 2012, S. 8 f. 50 H. M. Müller, in: ders., Bekenntnis – Kirche – Recht, S. 416 (425).

B. Die soziale Tätigkeit des Staates und ihre Motivation

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Bismarck – der Einführung der Kranken- (1884), der Unfall- (1885) sowie der Invaliditäts- und Altersversicherung (1891) – begann der Aufbau des deutschen staatlichen Sozialsystems.51 Der erste Weltkrieg verschärfte die Notlage und der Staat übernahm die „soziale Gesamtverantwortung“52. In der Weimarer Reichsverfassung wurden die sogenannten sozialen Rechte aufgenommen, wenngleich sie nur Programmsätze darstellten.53 Seitdem trägt der Staat die Verantwortung für das soziale System,54 was auch in den Kompetenztiteln der Weimarer Reichsverfassung (Art. 7 Nr. 5, 7, 8 und Art. 9 Nr. 1 WRV) Ausdruck fand. Die Sozialgesetzgebung in dieser Zeit würdigte das bestehende duale Wohlfahrtssystem. So forderte § 6 Reichsjugendwohlfahrtsgesetz aus dem Jahr 192255 die Jugendämter auf, die Selbstständigkeit der freiwilligen Organisationen anzuerkennen und zu fördern sowie mit diesen zusammenzuarbeiten.56 Auch § 5 Abs. 4 der Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht57 sah eine Zusammenarbeit vor. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bekennt sich in Art. 20 Abs. 1 GG schließlich ausdrücklich zum Sozialstaat. Die „Wiederentdeckung“ der Armen und Bedürftigen durch den Staat als Thema seiner Politik wurde insbesondere von der katholischen Kirche kritisch betrachtet, und es wurde versucht, die Einflüsse des Staates auf die Caritas abzuwehren.58 Dazu wurde von der katholischen Soziallehre der Grundsatz der Subsidiarität59 bemüht, der auch heute noch Berücksichtigung findet.

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Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 20 Abs. 1 Rdnr. 100 m. w. Nachw. 52 Rannenberg, Tagesordnungspunkt Diakonie, S. 42; ähnlich auch M. Heckel, in: Festschrift Zacher, S. 235 (256); v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 163. 53 F. Hammer, Jura 2000, S. 57 (62); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 38. 54 v. Campenhausen, in: Festschrift Zacher, S. 95 (95). 55 Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922, RGBl. I, S. 633 ff. 56 Vgl. zu dieser Bestimmung Polligkeit, Das Reichsgesetzbuch für Jugendwohlfahrt, § 6 Ziff. 1 ff. 57 Vom 13. Februar 1924, RGBl. I, S. 100 ff. 58 H. M. Müller, in: ders., Bekenntnis – Kirche – Recht, S. 416 (425); Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (382). 59 Der Subsidiaritätsgrundsatz wird wegweisend formuliert in der Enzyklika von Papst Pius XI., Quadragesimo anno, abgedruckt in: Die sozialen Enzykliken Leos XIII. und Pius XI., S. 57 f.; aufgenommen auch von Papst Benedikt XVI., Enzyklika ,Deus caritas est‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 171, S. 39. Kritisch zu einer tragfähigen Rezeption des Subsidiaritätsprinzips durch das Grundgesetz Herzog, Der Staat 2 (1963), S. 399 (411 ff.).

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

II. Krankenversorgung und Pflege als Aufgabe im Sozialstaat 1. Verantwortung aufgrund des Sozialstaatsprinzips Das Grundgesetz bestimmt in Art. 20 Abs. 1 GG, dass die Bundesrepublik ein sozialer Rechtsstaat ist.60 Das Sozialstaatsprinzip ist als Staatszielbestimmung ein Ideal. Es zu erreichen, muss der Staat versuchen, wobei das Ziel aufgrund sich laufend ändernder Umstände niemals erreicht werden kann.61 Hans F. Zacher konkretisiert das Sozialstaatsziel, indem er vier Elemente herausstellt: die Bekämpfung der Not, das Streben nach sozialer Sicherheit, die Herstellung der Gleichheit und die allgemeine Wohlstandsmehrung einschließlich einer breiten Teilnahme daran.62 Das Sozialstaatsprinzip enthalte aber lediglich ein Staatsziel, keinen Staatsvorbehalt.63 Der Staat habe, so das Bundesverfassungsgericht, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen und einen sozialen Ausgleich zu finden.64 In dem Nichtannahmebeschluss zur Verfassungsmäßigkeit des Risikostrukturausgleichs führt es aus, dass der Schutz in Fällen von Krankheit in der sozialstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes eine der Grundaufgaben des Staates sei.65 Die Pflege wird in der zweiten Entscheidung zur Waisenrente ebenfalls als sozialstaatliche Aufgabe bezeichnet.66 Der Staat trägt Verantwortung dafür, dass die Bevölkerung durch ein funktionsfähiges Gesundheitswesen versorgt wird, wobei der Weg zum Erreichen dieses Ziels verfassungsrechtlich kaum vorgezeichnet ist.67 Jüngst hat das Bundesverfassungsgericht in dem Urteil zur Grundsicherung (Hartz IV) die Verantwortung des Staates für die Existenzsicherung dargestellt, wozu auch die Gesundheit und Hygiene zählen.68 Den Staat trifft folglich die Aufgabe, Krankenhäuser und Pflegeheime zu schaffen, zu unterhalten und den Bürgern den Zugang dazu auch in finanzieller Hinsicht zu ermöglichen.69 Er muss diese Aufgabe aber nicht unbedingt selber wahrnehmen, 60

Was unter den Begriff „sozial“ verstanden werden soll, hat der Verfassungsgeber nicht näher konkretisiert und auch nicht in den Beratungen angesprochen, vgl. dazu Zacher, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR II, § 28 Rdnr. 15 f. Kritik an der Weite des Begriffs übt Isensee, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1996, S. 47 (51). 61 Zur Entwicklungsoffenheit des Sozialstaatsprinzips vgl. Zacher, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR II, § 28 Rdnr. 3, 24, 70; ähnlich auch M. Heckel, in: Festschrift Zacher, S. 235 (237). 62 Zacher, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR II, § 28 Rdnr. 25, 32 ff. 63 Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR IV, § 73 Rdnr. 68. 64 BVerfG, E 22, 180 (204) – Jugendhilfe; E 94, 241 (263) – Kindererziehungszeiten; zur Gesundheitsfürsorge als Aufgabe des Sozialstaats auch BVerfG, E 44, 353 (375) – Drogenberatungsstelle. 65 BVerfG, E 113, 167 (215) – Risikostrukturausgleich; zur Gesundheitsfürsorge als Aufgabe des Sozialstaats auch BVerfG, E 44, 353 (375) – Drogenberatungsstelle. 66 BVerfG, E 40, 121 (133) – Waisenrente II; auch BVerfG, K 12, 308 (325). 67 Axer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR IV, § 95 Rdnr. 45. 68 BVerfG, E 125, 175 (222) – Hartz IV; dazu auch Huster, DVBl. 2010, S. 1069 (1069). 69 So zum Krankenhaus Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rdnr. 74.

C. Kooperationsverhältnis

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sondern die Aufgabe kann auch von anderen Akteuren erfüllt werden. Die Sicherstellung der Krankenhausversorgung und die Versorgung mit Pflegeleistungen sind öffentliche Aufgaben.70 Das Sozialstaatsprinzip lässt sich somit als ein „rechtspolitischer Anknüpfungspunkt zugunsten umfassender staatlicher Aktivität auf dem sozialen Sektor“71 bezeichnen. 2. Verantwortung aus den Grundrechten Auch in den Grundrechten des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, sowie – sofern die Menschenwürde soweit strapaziert werden mag – in Art. 1 Abs. 1 GG wurzelt die Verantwortung des Staates für die Krankenversorgung und die Pflege.72 Die Grundrechte bilden also neben dem Sozialstaatsprinzips die Grundlage für die Verantwortung des Staates in sozialen Angelegenheiten.73

C. Kooperationsverhältnis Die gleichzeitige Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen sowie die des Staates auf dem sozial-karitativen Gebiet erfordert die Klärung des generellen Verhältnisses beider zueinander, und speziell in diesem Bereich. Das Verhältnis von Staat und Kirche ist eines der umstrittensten Bereiche des Verfassungsrechts.74 Es wird im Wesentlichen durch die Prinzipien der Trennung von Staat und Kirche, Neutralität und Parität bestimmt.75 70 So bzgl. der Krankenhausversorgung Friedrich, in: Huster/Kaltenborn (Hrsg.), Krankenhausrecht, § 16 A Rdnr. 13; vgl. bspw. auch die gesetzlichen Feststellungen in § 3 S. 1 KHG Saarland; § 3 Abs. 1 KHG Bremen; zur Pflege vgl. § 9 SGB XI, auch wenn in § 8 Abs. 1 SGB XI darauf hingewiesen wird, dass die Pflege eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt; ferner BVerfG, K 12, 308 (330); Wißmann, VerwArch 2010, S. 284 (593). Einen Definitionsversuch der öffentlichen Aufgabe wagt in Anlehnung an die Abstufungsskala Isensees Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 288 f. 71 Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (387). 72 Zur Krankenhausversorgung Kaltenborn, in: Huster/Kaltenborn (Hrsg.), Krankenhausrecht, § 2 Rdnr. 5 f. m. w. Nachw. 73 Nach Burgi, NVwZ 2010, S. 601 (602) ergibt sich die Verantwortung für die stationäre Krankenversorgung zudem aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 a GG; vgl. auch Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (385). 74 In jüngerer Zeit kann dafür exemplarisch der „Streit“ um die Begrifflichkeiten ,Staatskirchenrecht‘ und ,Religionsverfassungsrecht‘ angeführt werden, vgl. dazu den Sammelband von Heinig/Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht, 2007. 75 BVerfG, E 102, 370 (393) – Körperschaftsstatus der Zeugen Jehovas; v. Campenhausen/ Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 19 ff.; Ehlers, ZevKR 45 (2000), S. 201 (203).

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

I. Staat und Religionsgemeinschaften auf demselben Feld Staat und Religionsgemeinschaften sorgen sich jeweils um die armen, kranken und hilfsbedürftigen Menschen. Damit agieren sie auf demselben Feld.76 Seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung 1919 ist in den gesamtdeutschen Verfassungen77 jedoch in (Art. 140 GG i.V.m) Art. 137 Abs. 1 WRV die Trennung von Staat und Kirche vorgesehen: Eine Staatskirche ist ausgeschlossen; institutionell dürfen Staat und Kirche nicht verbunden sein. Aus dieser Bestimmung wird zudem geschlossen, dass sich der Staat in Bezug auf Kirche und Religion neutral verhalten müsse.78 Diese beiden Grundprinzipien des Staatskirchenrechts (Trennung und Neutralität) hindern hingegen nicht daran, dass es Bereiche gibt, in denen Staat und Kirche gleichzeitig tätig sind und in denen es zu Berührung und Kooperation kommt. Eine strikte Trennung wird nicht verfolgt, denn dem Grundgesetz liegt nicht die Idee einer Trennung im laizistischen Sinne zugrunde,79 sondern vielmehr ist eine ,freundliche Trennung‘80 erkennbar. Das Grundgesetz selbst sieht bereits eine Koordination im Bereich der Schule (Art. 7 Abs. 3, 4, 5 GG), der Besteuerung (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5, 6 WRV), der Staatsleistungen (Art. 138 WRV) und der Anstaltsseelsorge (Art. 141 WRV) vor. Zudem steht das Gebot der Trennung und Neutralität im Kontext mit dem Gewährleistungsumfang aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG. Der Staat hat die Religionsfreiheit seiner Bürger zu achten und darüber hinaus auch zu schützen.81 Das Bundesverfassungsgericht geht vereinzelt sogar so weit, dem Bürger einen Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösen Gebieten zuzusichern.82 Der Staat darf deswegen zwar keine eigene Religion innehaben, aber er muss die Religionen seiner Bevölkerung kennen, respektieren und schützen. Eine völlige Indifferenz und Ignoranz des Staates gegenüber Religion ist somit nicht zu

76 Vgl. auch v. Campenhausen, in: Kötz/Rawert/Schmidt/Walz (Hrsg.), Non Profit Year Lawbook 2002, S. 1 (9); Ehlers, ZevKR 45 (2000), S. 201 (208). 77 Zur Stellung der Religionsgemeinschaften in der Deutschen Demokratischen Republik Kremser, JöR 40 (1991/1992), S. 501 (509 ff.). 78 Zum Inhalt und Verständnis des Neutralitätsprinzips vgl. Holzke, NVwZ 2002, S. 903 (905); Heinig, JZ 2009, S. 1136 ff. 79 So aber E. Fischer, Volkskirche ade!, S. 83 ff. (insbes. S. 91 ff.); dagegen Germann, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 16.4 (Stand: Oktober 2012); Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 143; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 96 ff. 80 Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 145; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 8 benutzt den Begriff der spezifischen, positiven Trennung; vgl. auch BVerfG, E 42, 312 (331) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt: „hinkende Trennung“; M. Brenner, VVDStRL 59 (1999), S. 264 (275 ff., 297): „freundliches Nebeneinander“. 81 Zur Schutzpflichtendimension von Art. 4 GG vgl. Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 623 ff.; Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 104 f.; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 149 ff. 82 BVerfG, E 41, 29 (49) – Simultanschule; E 93, 1 (16) – Kruzifix; E 108, 282 (200) – Kopftuch; dazu auch 5. Kap. A. III. 2. b) cc).

C. Kooperationsverhältnis

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fordern.83 Dies eröffnet Spielräume für eine Kooperation, denn wenn der Staat seine verfassungsrechtlichen Aufträge wahrnehmen will, muss er sich um die Schwächeren und Bedürftigen kümmern und gleichzeitig die Religionsausübung der Grundrechtsträger achten und schützen. Wenn und soweit Staat und Kirche beziehungsweise Staat und Bürger in demselben Bereich arbeiten und zusammenwirken, bedarf es einer Aufgabenverteilung. Dabei steht das Verbot der materiellen und institutionellen Vermengung von Staat und Kirche einer Kooperation84 zwischen Staat und karitativen Vereinigungen und ihren Verbänden in einzelnen Bereichen nicht entgegen. Vielmehr folgt dem Verbot des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV der verstärkte Bedarf an Koordinierung und Kooperation staatlicher und kirchlicher Funktionen.85 „Für Staat und Kirchen, die sich für dieselben Menschen, für dieselbe Gesellschaft verantwortlich fühlen, entsteht damit die Notwendigkeit verständiger Kooperation.“ 86

II. Koordinierung der Kooperation im Bereich der Wohlfahrt Der Koordinierung der Kooperation dient in dem hier zu untersuchenden Bereich des Wohlfahrts- und Gesundheitswesens unter anderem das Sozialgesetzbuch. In dessen Allgemeinem Teil ist bereits in § 17 Abs. 3 S. 1 SGB I ein Hinweis auf das Zusammenwirken von Staat und Religionsgemeinschaften gegeben: Die öffentlichen Träger der Sozialleistung werden hierin verpflichtet, mit den gemeinnützigen und freien Einrichtungen zusammenzuarbeiten. Es gibt auch in diesem Bereich einige Angebote der öffentlichen Hand. So sind bei der Krankenhausbehandlung mitunter Kommunen engagiert, die selber Träger von Einrichtungen sind.87 Im 83 Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 140 Rdnr. 31 (Stand: Februar 2003); Scheuner, in: Symposium Füllkrug, S. 1 (8). 84 Das Verständnis von Staat und Kirche in einem Kooperationsverhältnis ist nicht zu verwechseln mit der Koordinationslehre. Diese Lehre im Schrifttum versuchte insbesondere zu Beginn der Bundesrepublik das Verhältnis zwischen Staat und Kirche als eines der Gleichordnung und Gleichberechtigung, des partnerschaftlichen Nebeneinanders zu bestimmen. Zur Koordinationslehre Hesse, Der Rechtsschutz durch staatliche Gerichte im kirchlichen Bereich, S. 59 ff.; Marré, DVBl. 1986, S. 10 ff.; dagegen Meyer-Teschendorf, Staat und Kirche im pluralistischen Gemeinwesen, S. 6 ff. Den Verständniswandel darlegend Korioth, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 140 Rdnr. 10 (Stand: Februar 2003). 85 So M. Heckel, in: Festschrift Zacher, S. 235 (254 ff.); vgl. auch Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 145. Kirchhof, in: Festschrift Rüfner, S. 443 (446), geht davon aus, dass der Staat zur Zusammenarbeit verpflichtet sei. Zur Begründung der Kooperation bei der Erfüllung von Aufgaben vgl. Kazele, VerwArch 2005, S. 267 (271). 86 BVerfG, E 42, 312 (331) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt; vgl. auch Ehlers, ZevKR 45 (2000), S. 201 (208). 87 Im Zuge von Privatisierungstendenzen – nicht nur im formellen Sinn – sind öffentliche Krankenhäuser allerdings zunehmend an private Klinikbetreiber verkauft worden, vgl. Pföhler, Der Landkreis 2004, S. 647 (647).

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

jüngsten sozialversicherungsrechtlich organisierten Bereich, der Pflege, gibt es zwar nur wenige Einrichtungen von öffentlichen Trägern.88 Das beruht jedoch auf der Regelung des § 11 Abs. 2 S. 3 SGB XI, die seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 besteht und bestimmt, dass die freien und privaten Träger Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern haben. Damit kommt hier der Subsidiaritätsgedanke89 zum Tragen. In diesen gesetzlichen Ansätzen kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Spannungslage, die dann zutage tritt, wenn mehrere Institutionen in einem Bereich tätig sind, erkannt hat. Er begegnet ihr zum einen bereits dadurch, dass die Leistungsträger – einseitig – zur Zusammenarbeit verpflichtet werden. Zum anderen wird geboten, die Vielfalt der Träger90 beizubehalten, wobei den nicht-öffentlichen Trägern ein Vorrang eingeräumt wird. Mit der Konkretisierung des Subsidiaritätsgedankens, beispielsweise in § 11 Abs. 2 S. 3 SGB XI91 und § 72 Abs. 3 S. 2 SGB XI, versucht der Gesetzgeber die aufgezeigte Spannungslage zu entspannen.92 Das Verhältnis zwischen staatlicher Fürsorge und Freier Wohlfahrtspflege, die in Deutschland nicht unwesentlich von kirchlichen Einrichtungen getragen ist, war bereits im Jahr 1967 Gegenstand der sogenannten Sozialhilfeentscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Darin wurde ausgeführt, dass dem Staat kein Monopol auf soziale Betätigung zukomme, dem Staat aber die Gesamtverantwortung verbleibe.93 Die Träger der karitativen Einrichtungen leisten ebenso wie andere Träger der Freien Wohlfahrtspflege einen Beitrag zur Verwirklichung des Sozialstaats.94 Sichtbar wird die Koordinierung bei der Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW); hier arbeiten die Spitzenverbände der Freien

88 Nach dem Bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Erster Bericht zur Situation der Heime und die Betreuung der Bewohner und Bewohnerinnen, Abschnitt 3.1.4. sowie in Anlage 1 Tabelle A 1.10 (Stand: 2003), weist die Heimstruktur für die öffentlichen Träger 2003 nur 8 % der Einrichtungen und 9 % der Plätze auf. Ähnlich auch die Auswertung der aktuellen Daten aus Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2011, S. 18 nach der nur gut 5 % der Pflegeheime in öffentlicher Trägerschaft sind. 89 Vgl. in diesem Kapitel Fn. 59. 90 Neben der bereits mit § 11 Abs. 2 S. 3 SGB XI angesprochenen Normierung ist der Grundsatz der Trägervielfalt auch in § 1 Abs. 2 S. 1 KHG sowie in den KHG der Länder und in § 69 S. 3 SGB XI, der an die Pflegekassen gerichtet ist, verankert. 91 Nach der Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5952, S. 34 f. entspricht die Regelung dem Subsidiaritätsprinzip und konkretisiert den Grundsatz der Trägerpluralität. 92 Inwieweit der hier verankerte Grundsatz der Trägerpluralität Garantien dahingehend eröffnet, dass sich Einrichtungen darauf berufen können weiterzubestehen, und welche Folgerungen daraus gezogen werden können, wird im 5. Kap. A. III. 2. c) erläutert. 93 BVerfG, E 22, 180 (203 f.) – Jugendhilfe. 94 Vgl. Spiegelhalter, Der dritte Sozialpartner, S. 39, der pointiert sowohl den materiellen, als auch den ideellen Beitrag der Freien Wohlfahrtspflege zur Entlastung von Staat und Allgemeinheit darstellt; Hense, in: Festschrift Isensee, S. 1075 (1077).

C. Kooperationsverhältnis

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Wohlfahrt zusammen, um sich an Gesetzgebungsprozessen zu beteiligen und den Interessen der Mitglieder zum Ausdruck zu verhelfen.95

III. Chancen und Risiken der Kooperation Die Vorteile dieser Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaften im Bereich des Gesundheits- und Wohlfahrtswesens bestehen auf beiden Seiten. Michael Stolleis hat das Bild von „siamesischen Zwillingen, die sich nicht trennen können, ohne daß beide Schaden leiden“ verwendet.96 Die Religionsgemeinschaften verbreitern in erster Linie ihre Wirkungsmöglichkeiten, insbesondere sind sie eingebunden in ein System staatlicher Finanzierung und der Versorgung gesetzlich Versicherter. Kehrseite dieser Medaille ist die finanzielle Abhängigkeit und damit ein Verlust an Freiheit.97 Der Staat und die Gesellschaft profitieren von dem Zusammenwirken zum einen dadurch, dass der Staat (wenn auch nur teilweise in geringem Umfang) finanziell, zumindest stark personell und organisatorisch, entlastet wird.98 Darüber hinaus erweitert die Pluralität der Angebotsstruktur immer auch die Freiheit derjenigen, die einer Leistung bedürfen.99 Daneben ist auch die Bereitschaft, sich für Andere zu engagieren, bei religiösen Menschen stark ausgeprägt: Das Christentum setzt soziale Energien und Optionen frei, die zu einem gesteigerten ehrenamtlichen sozialen Engagement beitragen.100 Als hohes Risiko eines engen Zusammenwirkens wird immer wieder der Verlust der Glaubwürdigkeit der Kirche genannt.101 Ein Verlust der Glaubwürdigkeit droht 95 Der Bundesarbeitsgemeinschaft gehören die Spitzenverbände Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband, Deutsches Rotes Kreuz, Paritätischer Gesamtverband, Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden an. 96 Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (394); weniger bildlich Pabst, in: Festschrift Rüfner, S. 607 (607). 97 Mit der Finanzierung der kirchlichen Krankenhäuser befassen sich eingehend Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, 1986; Makoski, Kirchliche Krankenhäuser und staatlich Finanzierung, S. 283 ff. 98 So auch Mückl, in: Kämper/Thönnes (Hrsg.), Essener Gespräche 40, S. 41 (71); Link, in: Festschrift Listl 75, S. 705 (713); M. Heckel, AöR 134 (2009), S. 309 (314); Picken, in: Ständige Deputation des 68. Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Band II/1, S. O 67 (68 ff.). 99 Isensee, in: Festschrift Listl 70, S. 67 (77); Wiemeyer, in: Gabriel (Hrsg.), Herausforderungen kirchlicher Wohlfahrtsverbände, S. 125 (139). Ähnlich auch Clement, in: Marré/ Schümmelfelder (Hrsg.), Essener Gespräche 28, S. 41 (45 f.). 100 Köcher, Die neue Anziehungskraft der Religion, in: FAZ vom 12. April 2006, S. 5; Pompey, Zur Neuprofilierung der caritativen Diakonie der Kirche, S. 113; vgl. auch schon Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (394); vgl. zudem Kirchhof, in: Festschrift Rüfner, S. 443 (458). 101 Isensee, in: Festschrift Listl 70, S. 67 (78). Auf die Bedeutung der Glaubwürdigkeit der Kirchen wurde bereits 1980 hingewiesen von Papst Johannes Paul II., Ansprache an die Laien

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1. Kap.: Der soziale Staat und die karitative Kirche

nicht nur aufgrund ökonomischer Zwänge, sondern auch wenn eine Religionsgemeinschaft theoretisch etwas anderes predigt, als sie in ihren Einrichtungen praktisch zulässt. Unter besonderen Spannungen stehen die Vorstellungen des Lebensschutzes an seinem Anfang und seinem Ende. Hier fällt es den Einrichtungen schwer die religiösen Vorstellungen auch umsetzen zu können. Die spezielle Divergenz betreffend das Lebensende wird im folgenden zweiten Kapitel näher erläutert. Die Rückgewinnung und der Ausbau der Glaubwürdigkeit stellen die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen vor große Herausforderungen. Deswegen wird sich im fünften Kapitel auf die Suche nach Lösungsansätzen zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen im Bereich des Lebensschutzes in karitativen Einrichtungen begeben und so ein Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgaben geleistet.

im kirchlichen Dienst im Dom zu Fulda am 18. November 1980, abgedruckt in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 25 A, S. 136 (139).

2. Kapitel

Wertungsdifferenzen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften in Bezug auf das Ende des Lebens Wie soeben festgestellt, löst ein Kooperationsverhältnis immer auch Spannungen aus. Dies ist einer Zusammenarbeit und dem Zusammenwirken von zwei Institutionen, zudem in einer pluralen Gesellschaft, quasi immanent und folglich unausweichlich. Die karitativen Einrichtungen sind zunehmend Situationen ausgesetzt, in denen von den Individuen, die sich in eine karitative Einrichtung zur Versorgung begeben, andere Ziele verfolgt werden als von dem Träger der jeweiligen Einrichtung beziehungsweise dessen Religion. Sie bewerten die Situationen anders und ziehen unterschiedliche Schlüsse. Gründe für diese Entwicklung sind darin zu sehen, dass die Anzahl der gläubigen und kirchentreuen Personen abgenommen hat. Darüber hinaus ist für den Bereich der Krankenversorgung und Pflege zu beachten, dass sich die medizinischen Möglichkeiten erheblich potenziert haben. Zudem hat der Wille zur autonomen Entscheidung in der Gesellschaft zugenommen: Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung werden als ,moderne Ideen‘ bezeichnet.1 In diesem Kapitel werden die divergierenden Einstellungen bezüglich des Lebensendes dargestellt, die zwischen Religionsgemeinschaft auf der einen und dem Staat auf der anderen Seite bestehen. Dazu wird zunächst die Frage, wie solche Wertungsdivergenzen festgestellt werden, aufgeworfen, bevor die Wertungsdivergenzen dann bezüglich des Lebensendes dargelegt werden. Dabei erfolgt eine Auseinandersetzung mit der gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung, die durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts im BGB als Instrument der Patientenvorsorge verankert wurde. Die Einstellungen zum Patientenwille am Lebensende stehen in dieser Arbeit exemplarisch für Wertungsdivergenzen.2 Wolfgang Rüfner bezeichnet diese Divergenzen als „Wertungsdifferenzen“.3 Das fünfte Kapitel wird sich damit beschäftigen, die sich aus den Wertungsdifferenzen am Lebensende ergebende Spannungslage aufzulösen.4 1

Habermas, Faktizität und Geltung, S. 124 f. Zu weiteren problematischen Feldern, in denen Wertungsdifferenzen festgestellt werden kann vgl. aber die Darstellung im Ausblick. 3 In: Festschrift Hollerbach, S. 691 (691). 4 Eine solche Spannungslage aufgrund Wertungsdifferenzen hatte sich bereits bezüglich des Lebensanfanges ergeben, der im Streit um die Schwangerschaftskonfliktberatung innerhalb der katholischen Kirche gipfelte und im Laienwesen bis heute noch nicht zur Ruhe gekommen ist, 2

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

A. Leben und Selbstbestimmung – Grundsätzliches zu den Wertungen in Staat und Religionsgemeinschaften I. Wertungen des Staates und der Religionsgemeinschaften 1. Gesetzliche Wertungen und gesellschaftliche Vorstellungen im staatlichen Bereich Die Suche nach Wertungen des Staates ist begrifflich missverständlich. Eine Wertung setzt immer eine Bewertung voraus und diese kann per se nicht von einem Staat als Objekt vorgenommen werden. Allerdings können die hinter dem Objekt stehenden Subjekte eine Bewertung vornehmen. In einer repräsentativen Demokratie wird hingegen nicht auf die einzelne Meinung der Person abgestellt, sondern nach dem Mehrheitsprinzip entschieden. Mit ,Wertungen des Staates‘ sind also die Bewertungsergebnisse der Mehrheit des Staatsvolks gemeint; genauer die der Repräsentanten. Die Wertungen kommen durch Gesetze zum Ausdruck.5 In einer Norm verwirklicht sich ein Wert.6 Neben den einfachgesetzlichen Regelungen, denen eine mehrheitliche Bewertung entnommen werden kann, gibt die Verfassung Werte vor.7 2. Die religiösen Vorstellungen und deren Quellen Die Religionsgemeinschaften haben selbst eine (gegebenenfalls von den gesetzlichen und gesellschaftlichen Wertungen abweichende) Vorstellung davon, welcher Wert dem Leben eines Menschen zukommt. Wird der Mensch beispielsweise als ,Ebenbild Gottes‘ bezeichnet und daraus der Schluss gefolgert, dass das Leben des Menschen deswegen bis zum Ende zu schützen ist, ist diese religiöse Vorstellung zu akzeptieren.8 Die religiösen Vorstellungen bilden zusammen mit den vgl. nur Hanack, Dem Verbot des Bischofs trotzen, Frankfurter Rundschau vom 2. September 2010, S. D23; Demel, Donum Vitae: eine Vereinigung außerhalb der Kirche?, Anzeiger für die Seelsorge 2007, S. 29 ff. 5 Zu den Wertungen des Gesetzgebers vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 119 f.; Starck, Freiheit und Institution, S. 9 f.; das SG Dortmund, Urteil vom 28. März 2007, Az: S 22 AS 32/06, juris Rdnr. 25 spricht folglich von „gesetzgeberischen Wertungen des Staates“; Seelmann, Rechtsphilosophie, § 6 Rdnr. 2 ff. 6 Rüthers, Rechtsordnung und Wertordnung, S. 19, 26 f.; Starck, Freiheit und Institution, S. 23 ff. Kritisch zur Frage, ob von einer Norm auf ihre Wertung geschlossen werden kann Klement, Verantwortung, S. 138. 7 So die Wertordnungslehre des BVerfG, E 7, 198 (205) – Lüth; E 121, 317 (353, 356) – Rauchverbot in Gaststätten; Schapp, JZ 1998, S. 913 ff.; K. F. Röhl/H. C. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 275; Kahl, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 24 Rdnr. 19 ff. 8 Es entspricht dem Grundsatz staatlicher Neutralität und gesellschaftlicher Toleranz, diese Vorstellung der Religionsgemeinschaft und ihren Mitgliedern zu belassen.

A. Leben und Selbstbestimmung

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sonstigen Vorstellungen der Religionsgemeinschaft ihr sogenanntes ,Selbstverständnis‘. In diesem Selbstverständnis9 äußert sich der religiöse Auftrag.10 Dort zeigt sich die Identität der Religionsgemeinschaft.11 Das Selbstverständnis kann, wie dem Begriff bereits anlastet, nur aus eigenen Quellen der Religionsgemeinschaften ermittelt werden. Als solche kommen deren Rechtssätze, Verlautbarungen und Antworten nach einer konkreten Anfrage bei den zuständigen Stellen der Religionsgemeinschaft in Betracht.12 Die – das Selbstverständnis mitkonstituierenden – religiösen Vorstellungen bleiben aber nicht allein im internen Bereich der Religionsgemeinschaften. Die religiösen Vorstellungen werden zur Grundlage des Handelns von Religionsgemeinschaften und ihren Einrichtungen und treten somit in die Welt hinaus.13 Die Religionsgemeinschaften erheben dann den Anspruch, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen sie ihr Selbstverständnis realisieren können.14 Dieser Anspruch wird ihnen grundsätzlich auch verfassungsrechtlich durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV gewährleistet.15 Im Folgenden wird erörtert, welche religiösen Vorstellungen vom Wert des Lebens und der Situation am Lebensende bestehen und wie sie sich zu den staatlichen Vorstellungen verhalten. Das fünfte Kapitel wird sich dann dieser festgestellten Wertungsdifferenzen annehmen und es wird der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten den Religionsgemeinschaften offenstehen, um ihre religiösen Vorstellungen umzusetzen, ihr Selbstverständnis zu realisieren.

9 Die Vorstellungen der Religionsgemeinschaften werden darüber hinaus auch in gewissem Umfang als Rechtskriterium herangezogen; vgl. dazu insgesamt Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, 1993; im Hinblick auf das Selbstverständnis von Religionsgemeinschaften Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, 1994. 10 So auch BVerfG, E 42, 312 (334) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt; Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 144. 11 Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, S. 16; Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 143. 12 Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 152 ff.: Zu beachten sind beispielsweise die Enzykliken des Papstes, bischöfliche Rundschreiben, Synodenbeschlüsse aber auch Schriften und Reden eines Sektengründers (OVG Münster, NVwZ 1991, S. 176 [178], hier aber zur Darlegung in Bezug auf Art. 4 Abs. 1, 2 GG), Konkordate und Kirchenrechtsverträge (BVerfG, E 53, 366 [393] – konfessionelle Krankenhäuser). 13 Sie werden beispielsweise im Wege von Leitbildern oder Leitkonzepten dem karitativen Tätigwerden in einer Einrichtung zugrunde gelegt. 14 Dazu Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 143 und Isensee, in: Festschrift Obermayer, S. 203 (211). 15 Vgl. dazu vertiefend 3. Kap. B. 2.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

II. Gemeinsamer Ausgangspunkt: Lebensschutz Dem Grunde nach besteht betreffend den Wertungen beziehungsweise der Bewertung des Lebens Übereinstimmung: Die Achtung des Lebens ist sowohl den großen in Deutschland vertretenen Religionsgemeinschaften als auch dem Staat ein wesentliches Anliegen. 1. Die Schutzpflicht des Staates für das Leben Dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG kommt nach der Funktion der Grundrechte sowohl ein abwehr- als auch ein leistungsrechtlicher Gehalt zu. Die Schutzpflicht, die den Staat bezüglich des Lebens trifft, gebietet es, sich schützend und fördernd vor das Leben zu stellen.16 Dem Leben kommt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ein „Höchstwert“ zu.17 Auch mit Ratifikation der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hat sich Deutschland gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EMRK dazu verpflichtet, das Leben effektiv zu schützen.18 Das deutsche Strafrecht verbietet folglich in § 212 StGB die Tötung eines anderen Menschen, sogar dann wenn die Tötung auf Verlangen des Getöteten erfolgt, § 216 Abs. 1 StGB. Allerdings gilt das Tötungsverbot nicht uneingeschränkt. Bereits tatbestandlich sind nicht alle Situationen erfasst (beispielsweise die Beihilfe zur Selbsttötung); zudem können auch Tötungen gerechtfertigt werden (beispielsweise bei Notwehr).19 Konsequenterweise wird das Leben deliktsrechtlich über § 823 BGB geschützt. 2. Das hohe Gut des Lebens im Verständnis der Religionsgemeinschaften Für die in Deutschland traditionell praktizierten Religionen ist das menschliche Leben ebenfalls hochwertig. Bereits die Zehn Gebote, die Teil der Tora sowie des Alten Testaments sind und sich somit an Juden und Christen richten, gebieten: „Du sollst nicht töten.“20 Papst Johannes Paul II. hat den Wert des Lebens für die ka16 BVerfG, E 39, 1 (42) – Schwangerschaftsabbruch I; E 46, 160 (164) – Schleyerentführung; E 88, 203 (251 f.) – Schwangerschaftsabbruch II; E 115, 118 (152) – Luftsicherheitsgesetz; zur Schutzpflicht auch Stern, DÖV 2010, S. 241 (244 f.). 17 BVerfG, E 46, 160 (164) – Schleyerentführung; so auch Lorenz, JZ 2009, S. 57 (58). 18 So auch EGMR, Urteil vom 17. Januar 2008, Beschwerde-Nr. 59548/00 Rdnr. 79 – Dodov/Bulgarien, abgedruckt in NJW-RR 2009, S. 1394 (1396): Art. 2 Abs. 1 S. 1 EMRK „verpflichtet die Vertragsstaaten nicht nur dazu, den Tod eines Menschen nicht „absichtlich“ herbeizuführen, sondern auch dazu, die zum Schutz des Lebens von Personen unter ihrer Hoheitsgewalt notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.“ 19 Zu den Grenzen des Tötungsverbots umfassend Dreier, JZ 2007, S. 261 ff. sowie S. 317 ff. 20 Exodus 20, 13 nach der Übersetzung in der Lutherbibel; anders die Einheitsübersetzung: „Du sollst nicht morden.“ Vgl. auch die Auslegung Luthers im Kleinen Katechismus, indem

A. Leben und Selbstbestimmung

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tholische Kirche in seiner Enzyklika21 ,Evangelium vitae‘ im Jahr 1993 zum Ausdruck gebracht. Darin bezeichnet er das Leben als das „wichtigste Gut im höchsten Maße“22, das es zu achten gelte. Das kommt auch in c. 1397 CIC zum Ausdruck, der Handlungen gegen das Leben unter Strafe stellt.23 Der Deutsche Caritasverband verpflichtet sich in seinem Leitbild ebenfalls dazu, dass „menschliche[.] Leben von Anfang bis Ende, von der Empfängnis bis zum Tod, zu achten, zu schützen und, wo Not ist, helfend zu begleiten.“24 Auch die evangelischen Kirchen betonen grundsätzlich den Wert des Lebens.25 Im jüdischen Glauben wird dem Leben ein unantastbarer, unendlicher Wert zugeschrieben.26

III. Fortlaufende Entwicklung der Wertungen Sowohl aufgrund von Säkularisierungs- und Pluralisierungstendenzen als auch aufgrund der zunehmenden Betonung des Individuums veränderten sich die Einstellung der Menschen zur Religion, zu Gott und den Religionsgemeinschaften sowie die Einstellung der Menschen zu sich selbst und ihrem Körper. Verbunden mit dem medizinischen Fortschritt führten und führen diese Veränderungen zu Wertungseine Verbindung zum Gebot der Nächstenliebe hergestellt wird: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir unserem Nächsten an seinem Leibe keinen Schaden noch Leid tun, sondern ihm helfen und fördern in allen Leibesnöten“, zitiert nach Deutscher Evangelischer Kirchenausschuß, Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, S. 508, Zeile 30 - 34. 21 Zum Charakter einer Enzyklika als päpstliches Rundschreiben zu pastoralen oder lehrhaften Fragen, ohne dass ihnen in der Regel Gesetzeskraft zukommt vgl. Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 447. 22 Papst Johannes Paul II., Enzyklika ,Evangelium vitae‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 120, S. 8. 23 Vgl. Rees, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 1138 (1148). Zum kirchlichen Strafrecht im CIC/1983 Ling, JZ 2004, S. 596 ff. 24 Deutscher Caritasverband e.V., Leitbild, unter Punkt 1. Ziele. 25 Evangelische Kirche in Deutschland, Rat, EKD-Texte 97, S. 5: „Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist dem Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Würde verpflichtet. Dies gilt für das menschliche Leben in all seinen Phasen; es gilt deshalb auch und in besonderer Weise an den Grenzen und Rändern des Lebens.“ Vgl. auch Synode der EKD, Achtung vor dem Leben in Hinblick auf Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin, 1987; Württembergische Evangelische Landeskirche, Zur Würde des Menschen und zum Wert des Lebens, S. 18 ff. m. w. Nachw. aus dem Bereich der EKD S. 20 f. Allerdings sind die Evangelischen Kirchen keine homogene Gruppe, die eine einheitliche Auffassung teilen, sondern in Landeskirchen unterteilt. Aufgrund ihrer Organisation, die anders als bei den Katholiken nicht hierarchisch, sondern von unten nach oben verläuft, ist eine Rückkoppelung an gesellschaftliche Vorstellungen eher gewahrt. 26 Zur Heiligkeit menschlichen Lebens in der jüdischen Medizinethik Holznienkemper, Organspende und Transplantation und ihre Rezension in der Ethik der abrahamitischen Religionen, S. 125 f.; Rosner, Biomedical Ethics and Jewish Law, S. 223; Nordmann, in: Körtner/ Virt/v. Engelhardt/Haslinger (Hrsg.), Lebensanfang und Lebensende in den Weltreligionen, S. 5 (6 ff.) jew. m. w. Nachw.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

differenzen zwischen Staat und Individuum auf der einen und den Religionsgemeinschaften auf der anderen Seite. Gleichzeitig professionalisierte und modernisierte sich das Sozialwesen, so dass es zu Veränderungen auch im Hinblick auf die personelle Struktur in karitativen Einrichtungen kam.27 1. Säkularisierungs- und Pluralisierungstendenzen Es liegt nicht fern, dass die hohe Wertung des Lebens durch den Verfassungs- und Gesetzgeber zumindest auch auf der Prägung der Gesellschaft durch die christlichen Religionsgemeinschaften und ihren Vorstellungen basiert.28 Unabhängig von der politischen Diskussion um eine christlich-jüdische Kultur29 kann mit dem Bundesverfassungsgericht konstatiert werden, dass das Christentum einen „prägenden Kultur- und Bildungsfaktor“30 darstellt. Davon ausgehend haben sich im Laufe des letzten Jahrhunderts die Verhältnisse allerdings geändert:31 Die großen Kirchen verlieren an Bedeutung,32 andere Religionen werden in der Gesellschaft und zunehmend auch im Staat verankert. Letzteres wird unter dem Stichwort ,Pluralisierungstendenzen‘33 diskutiert. Glaube wird mehr und mehr zu einer privaten Sache34, den Amtskirchen wird mit einer erhöhten Skepsis begegnet, eine „Entchristlichung“35 ist festzustellen. Matthias Hartwig weist insofern folgerichtig darauf hin, es sei ein Irrtum zu glauben, dass sich das „karitative Handeln gewissermaßen zwangsläufig in einer prästabilisierten Harmonie mit der weltlichen Ordnung befinde […], nur weil caritas als die große Schwester der sozialen Betätigung weltlicher Organe verstanden werden kann“.36 Dies wird bisweilen vernachlässigt, wenn eine 27

Dazu Henkelmann/Kunter, in: Damberg (Hrsg.), Soziale Strukturen und Semantiken des Religiösen im Wandel, S. 71 (72 ff., 85 f.). 28 Es sei nur bemerkt, dass sich im Mittelalter der Staat sogar den Wertungen der Kirche bedient hat, vgl. Rollecke, JZ 2005, S. 421 (421 f.). Zudem Rüfner, in: Festschrift Hollerbach, S. 691 (691). 29 Kritisch zum Begriff „christlich-jüdisch“ Graf, Wir sollten das Grundgesetz nicht taufen, SZ vom 13. Oktober 2010, S. 13. 30 BVerfG, E 93, 1 (23) – Kruzifix; vgl. auch Gärditz, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 5 Rdnr. 29 m. w. Nachw. 31 Vgl. insgesamt dazu auch Waldhoff, in: Ständige Deputation des 68. Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Band I, S. D 11 ff. 32 Ehlers, in: Pieroth (Hrsg.), Verfassungsrecht und soziale Wirklichkeit in der Wechselwirkung, S. 85 (98); Waldhoff, Bonner Rechtsjournal, Sonderausgabe 1/2009, S. 18 (21). 33 Ehlers, in: Pieroth (Hrsg.), Verfassungsrecht und soziale Wirklichkeit in der Wechselwirkung, S. 85 (101); ders., ZevKR 45 (2000), S. 201 (215 ff.); vgl. auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 7 Rdnr. 19; dazu auch Kreß, Ethik der Rechtsordnung, S. 29, 76. 34 Dazu Overbeck, in: Kämper/Thönnes (Hrsg.), Essener Gespräche 46, S. 7 (8). 35 Rüfner, in: Festschrift Hollerbach, S. 691 (691 f.); vgl. BVerwG, E 132, 358 (Rz. 49) hinsichtlich der Bürger in der ehemaligen DDR. 36 Hartwig, in: Grote/Marauhn (Hrsg.), Religionsfreiheit zwischen individueller Selbstbestimmung, Minderheitenschutz und Staatskirchenrecht, S. 509 (515).

A. Leben und Selbstbestimmung

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Kompatibilität zwischen „christlichen Glaubenselementen“ und Verfassungsrecht konstatiert wird,37 auch wenn diese Aussagen vorrangig im Kontext der aktuellen Diskussion um die Kompatibilität von Islam und Verfassung zu lesen sind. 2. Individualisierung und Aktivierung des Autonomiegedankens Sowohl im gesellschaftlichen als auch im persönlichen Bereich schwindet die Orientierung an einer Transzendenz zunehmend. Das Individuum ist in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Insofern überrascht es nicht, dass fortwährend dessen Autonomie gefordert und umgesetzt wird.38 Zugespitzt kann gesagt werden: Das Leben des Menschen verliert an Bedeutung, während die Autonomie des Menschen an dieser gewinnt. Zur Gewährung einer umfassenden Autonomie tritt der Schutz des Lebens zurück. Dieter Lorenz formuliert entsprechend: „In der zunehmenden Betonung individueller Autonomie als Grundlage einer selbstherrlichen Bestimmung über das Leben kommt also zugleich eine allgemeine Relativierung des Wertes menschlichen Lebens zum Ausdruck.“39 Auch im medizinischen und pflegerischen Bereich zeigt sich die Aktivierung des Autonomiegedankens. Die Selbstbestimmung des Patienten wird als „zentraler Ankerpunkt“ bezeichnet.40 Neue medizinische Möglichkeiten fordern die Selbstbestimmung heraus, beispielsweise die neuen Möglichkeiten in der Intensivmedizin. Die Gesetzgebung zur Patientenverfügung ist unter dem Gesichtspunkt der Autonomie des Menschen erfolgt.41 Die Patientenverfügung wird als „Mittel ,vorausverfügender‘ Selbstbestimmung“42 bezeichnet. Bestimmung über und Verantwortung gegenüber sich selbst – Selbstbestimmung und Selbstverantwortung – lassen dabei zwangsläufig nur wenig Raum für die Verantwortung vor einem Gott. Der Autonomiegedanke wird dabei auch auf das Grundgesetz zurückgeführt.43 Keinesfalls kann der Staat sich an den Wertungen und Vorstellungen der Religionsgemeinschaften wegen ihrer Eigenschaft als Religionsgemeinschaft orientieren. Dadurch würde die Wahrung der staatlichen Neutralität aufgehoben. Vielmehr generiert der Staat die Wertungen und Vorstellungen aus denen seiner Angehörigen.

37

Gärditz, in: Depenheuer/Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, § 5 Rdnr. 29. Dazu auch Röthel, AcP 211 (2011), S. 196 (197). 39 Lorenz, JZ 2009, S. 57 (64); ähnlich Holzhauer, FamRZ 2006, S. 518 (518): „Dem Aufstieg des Rechtsguts der Selbstbestimmung entspricht eine absteigende Linie beim Rechtsgut des Lebens.“ Abstrakter Kubiciel, JA 2011, S. 86 (86). 40 So Dreier, JZ 2007, S. 317 (321). 41 Vgl. die Gesetzesbegründung von Stünker u. a., BT-Drs. 16/8442, S. 2 f., 8; der Gesetzentwurf von Höfling, MedR 2006, S. 25 ff. wurde bezeichnenderweise als „Gesetz zur Sicherung der Autonomie und Integrität von Patienten am Lebensende“ betitelt. 42 So Dreier, JZ 2007, S. 317 (324). 43 Allerdings ist die verfassungsrechtliche Verortung umstritten, vgl. dazu sogleich unter 3. 38

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

Demnach findet hier die Rückkopplung an die Bevölkerung beziehungsweise das Staatsvolk statt. Diese werden durch die Abgeordneten repräsentiert.44 Während die evangelischen Kirchen diese Verstärkung des Autonomiegedankens im Wesentlichen mittragen, ist es insbesondere die katholische Kirche, die sich in der öffentlichen Wahrnehmung zum „Moralapostel“ geriert. 3. Grundrechtliche Verortung des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen Die verfassungsrechtliche Einordnung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ist umstritten.45 Die eigene Entscheidung über das Leben und sein Ende ist in der Nähe der Menschenwürde angesiedelt und damit nach teilweise vertretener Ansicht Ausdruck von Art. 1 Abs. 1 GG.46 Auf der Wahrung der Menschenwürde basiert auch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG wurzelnde Grundrecht umfasst das Recht über die eigene Persönlichkeit zu bestimmen.47 Zu entscheiden, ob man medizinisch behandelt werden will oder nicht, unterfällt damit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht.48 Allerdings wird es bei Entscheidungen am Lebensende nicht nur um die Frage nach der Gestaltung und Darstellung der Persönlichkeit gehen, also nicht darum (antizipativ), über die eigene Persönlichkeit zu bestimmen. Vielmehr führt die Entscheidung zu einer Bestimmung über die eigene Person, nämlich ob diese Person weiter existieren soll oder nicht. Das Leben ist aber als Zustand von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützt, so dass das Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen hier zu verorten wäre.49 Letztendlich sind einige Aspekte des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verankert, insbesondere die Frage nach dem Recht des Einzelnen sein Leben zu 44 Dabei ist zu beachten, dass eine Reihe von Interessenverbänden versuchen, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Zur Interessenvertretung der Kirchen siehe Ganslmeier, Kirchliche Interessenvertretung im pluralistischen Staatswesen, 2010; Kalinna, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, § 45; Turowski, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, § 46. 45 Umfassende Darstellung bei Kämpfer, Die Selbstbestimmung Sterbewilliger, S. 158 ff.; Panagopoulou-Koutnatzi, Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, S. 26 ff. 46 BGHZ 154, 205 (217); BGHSt 46, 279 (285); Röthel, AcP 211 (2011), S. 196 (210); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 1 I Rdnr. 157. 47 Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht BVerfG, E 6, 32 (41) – Elfes; E 54, 148 (153) m. w. Nachw.; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 2 Rdnr. 36 ff., für den hier zugrunde liegenden Aspekt Rdnr. 50; zum Allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Schutzgut des § 823 Abs. 1 BGB BGHZ, 13, 334 (337). 48 Für eine Verankerung in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG BVerfG, E 52, 131 (168) – Arzthaftungsprozess; BGHSt 55, 191 (204, Rz. 35); Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rdnr. 204 f. (Stand: Juli 2001). 49 Patientenautonomie als Ausfluss von Art. 2 Abs. 2 GG bei BVerfG, NJW 2011, S. 2113 (2114); Höfling, JuS 2000, S. 111 (114 f.); Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 2 II, Rdnr. 73; Hirsch/Niebler/Steinberger, Sondervotum zu BVerfG, E 52, 131, S. 170 (175 f.); Lang, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, Art. 2 Rdnr. 63 (Stand: Oktober 2012).

B. Wertung am Lebensende

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beenden sowie seiner Gesundheit und seinem Körper zu schädigen, andere wiederum sind Ausdruck des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.50 Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG kann insbesondere dann noch neben Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zur Anwendung kommen, wenn speziell persönlichkeitsbezogene Aspekte vorliegen.51 Die Menschenwürde ist dabei „Ausgangs- und Bezugspunkt“ der Selbstbestimmung.52 Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ist nicht absolut geschützt, sondern in Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG sowie in Art. 2 Abs. 1 GG sind Einschränkungsmöglichkeiten vorgesehen. Hierbei kann wiederum die Aufgabe des Staates, das Leben zu schützen, eine Rolle spielen. Lebensschutz und Selbstbestimmung des Einzelnen stehen folglich in einem Spannungsverhältnis.53 Der EGMR sieht das Recht des Einzelnen, die Art und Weise sowie den Zeitpunkt seines Todes selber zu bestimmen, als Ausdruck von Art. 8 Abs. 1 EMRK an.54

B. Wertung am Lebensende – das Beispiel ,Patientenverfügung‘ In der vorliegenden Arbeit ist es die Situation am Lebensende, die im Mittelpunkt stehen soll. Aktuellen Anlass dazu gibt die jüngere Gesetzgebung zu der Patientenverfügung im Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts.55 Dem entgegengesetzten Problemfeld am Lebensanfang wurde durch den Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftskonfliktberatung mittels Ausstellung eines Beratungsscheins einige Brisanz genommen. Im Bereich des Schwangerschaftsabbruchs steht zudem in den Krankenhäusern § 12 SchKG56 zur Verfügung, der ein Weigerungsrecht für die Mitwirkung am Abbruch vorsieht. Demnach wurden zentrale Fragen in Bezug auf den Lebensanfang, konkret bei der Abtreibung, im Wesentlichen einer für Staat und Kirche als Institution57 verträglichen Lösung zuge50

Ähnlich auch Panagopoulou-Koutnatzi, Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, S. 89 f., die zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten im engeren und im weiteren Sinne unterscheidet; Gärditz, ZfL 2010, S. 38 (38). 51 Kämpfer, Die Selbstbestimmung Sterbewilliger, S. 242 f. 52 Gärditz, ZfL 2010, S. 38 (38). 53 Eidam, GA 2011, S. 232 (234). 54 EGMR, Urteil vom 20. Januar 2011, Beschwerde-Nr. 31322/07, Leitsätze abgedruckt in: DÖV 2011, S. 324; siehe auch Müller-Terpitz, in: Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht, EMRK, Art. 14 Rdnr. 13. Ähnlich bereits EGMR, Urteil vom 29. April 2001, Beschwerde-Nr. 2346/02 Rdnr. 39 – Pretty/Vereinigtes Königreich, abgedruckt in NJW 2002, S. 2851 (2853). 55 Vom 29. Juli 2009, BGBl. I, S. 2286. 56 Schwangerschaftskonfliktgesetz vom 27. Juli 1992 (BGBl. I, S. 1398), zuletzt geändert durch Art. 36 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I, S. 1864). Zu § 12 SchKG vertieft unter 5. Kap. B. I. 57 Nicht unbeachtet bleiben sollte aber, dass dadurch für die Mitglieder der Kirche sowie für die schwangeren Frauen und ungeborenen Kinder neue Probleme und Risiken entstehen. So

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

führt.58 Entsprechend muss das Ziel formuliert werden, auch für die Situation am Lebensende, hier im speziellen bei den Fragen um die Beachtung des Patientenwillens, der im äußersten Fall den Willen zum Sterben umfasst, Lösungsansätze zu finden, bei denen die Interessen aller Beteiligten (des Einzelnen, der Religionsgemeinschaft und der Einrichtungen sowie des Staates) Beachtung finden. Es gilt, beide Selbstbestimmungsrechte, das des Einzelnen und das der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen, zu berücksichtigen.

I. Exemplarisch: Die Diskussion um eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung Die ständige Fortentwicklung der medizinischen Möglichkeiten führt unter anderem dazu, dass Krankheiten immer besser diagnostiziert werden können, jedoch die Therapiemöglichkeiten nicht selten hinter der Diagnose zurückbleiben.59 Häufig kann lediglich der Krankheitszustand aufrechterhalten bleiben, indem medizinische und pflegerische Maßnahmen eingeleitet werden, die zwar nicht heilend, aber lebensverlängernd wirken und den Tod somit hinauszögern. Aufgrund der demographischen Entwicklung gibt es zunehmend mehr kranke und leidende Menschen, die am Lebensende ein Leben führen, das der Gesunde oft als menschenunwürdig, qualvoll, selbstentfremdet und abschreckend bezeichnet. Um dieser Situation zu entgegnen, will der „mündige Patient“ eine autonome Entscheidung treffen, die von anderen Personen respektiert und umgesetzt werden soll. Zur Sicherung dieser Entscheidung wurde im anglo-amerikanischen Raum seit den 1960er Jahren über Patientenverfügungen diskutiert.60 Diese Idee des sogenannten living will wurde 1978 für den deutschen Raum von Wilhelm Uhlenbruck aufgenommen, der den Begriff „Patiententestament“61 verwendet hat. Mit einem ,Patiententestament‘ sollte dem Menschen ein selbstbestimmter Tod gewährleistet und damit Autonomie auch am Lebensende hergestellt werden. Es folgte eine lange und mal mehr, mal weniger breit geführte Auseinandersetzung mit diesem Instrument der Vorsorge. Erst zum 1. September 2009 wurde mit der durch das Dritte

wird beispielsweise diskutiert, ob sich Katholiken in dem Verein Donum vitae e.V. engagieren dürfen, dazu Uertz, Die politische Meinung 6/2001, S. 81 (84); Demel, Donum Vitae: eine Vereinigung außerhalb der Kirche?, Anzeiger für die Seelsorge 9/2007, S. 29 (34 f.). 58 Zu weiteren spannungsgeladenen Bereichen, die sich im Wesentlichen auch auf die Wertung des Lebens am Anfang richten, vgl. die knappe Darstellung im Ausblick. 59 Waltermann, Sozialrecht, Rdnr. 135. 60 Schweisheimer, DRiZ 1973, S. 15 (15 f.); Uhlenbruck, NJW 1978, S. 566 (568); Hoß, Behandlungsabbruch und Patientenverfügungen, S. 100; siehe auch Benzenhöfer/Hack-Molitor, Hessisches Ärzteblatt 2009, S. 411 (413); Rickmann, Zur Wirksamkeit von Patiententestamenten im Bereich des Strafrechts, S. 12 ff. 61 Uhlenbruck, NJW 1978, S. 566 (569).

B. Wertung am Lebensende

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Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts62 geschaffenen Regelung des § 1901a Abs. 1 BGB die Patientenverfügung definiert als schriftliche Festlegung einer volljährigen Person darüber, ob sie für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit „in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt“. Dem Gesetzesbeschluss im Bundestag waren eine Vielzahl von Kommissionen, Debatten, öffentlichen und gerichtlichen Auseinandersetzungen und Stellungnahmen vorhergegangen.63 Insbesondere die Frage nach der sogenannten Reichweite einer Patientenverfügung, also die Frage für welche Situation mit einer Patientenverfügung vorgesorgt werden kann, stand dabei immer wieder im Mittelpunkt der Diskussion. Die Diskussion um eine gesetzliche Regelung zu der Patientenverfügung und deren Ausgestaltung offenbarte auch die unterschiedlichen Sichtweisen zwischen Religionsgemeinschaften und Staat. Diese Wertungsdifferenzen lösen das in dieser Arbeit zu untersuchende Spannungsfeld betreffend der Beachtung des Patientenwillens in karitativen Einrichtungen aus. Im Folgenden werden deswegen sowohl die Sichtweisen des Staates als auch die der Religionsgemeinschaften vertieft dargestellt.

II. Zulässigkeit von Sterbehilfeformen und Patientenwünschen aus staatlicher Sicht 1. Die Verankerung der Patientenverfügung und der Behandlungswünsche in das Bürgerliche Gesetzbuch Das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts hat Regelungen in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen, in denen die Patientenverfügung als rechtliches Instrument der Willensbekundung anerkannt wird. Patientenverfügungen sind rechtliche Instrumente, die hinsichtlich einer medizinischen Behandlung an die Stelle des aktuellen Willens desjenigen treten sollen, der nicht mehr in der Lage ist,

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Drittes Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2286) m.W.v. 1. September 2009. Am 18. Juni 2009 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Abgeordneten Stünker u. a. zu einem Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts (BTDrs. 16/8442) auf Basis der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses vom 8. Juni 2009 (BT-Drs. 16/13314) beschlossen. Am 10. Juli 2009 folgte der Beschluss des Bundesrates. Die Veröffentlichung im Gesetzblatt folgte am 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2286). 63 Einige wichtige Stellungnahmen und Entwürfe in chronologischer Reihenfolge: Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, Sterbehilfe und Sterbebegleitung, S. 26, 137 ff.; EnqueteKommission Ethik und Recht der modernen Medizin, Zwischenbericht vom 13. September 2004, BT-Drs. 15/3700; Bundesministerium der Justiz, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts; Nationaler Ethikrat, Patientenverfügung, S. 30 ff.; Höfling, MedR 2006, S. 25 ff.; Geißendörfer/Tietze/Simon, BtPrax 2004, S. 43 ff.; sowie die in der Schlussabstimmung am 18. Juni 2009 vorliegenden Entwürfe: Bosbach u. a., BT-Drs. 16/ 11360; Zöller/Faust u. a., BT-Drs. 16/11493; Stünker u. a., BT-Drs. 16/8442.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

einen Willen zu bilden und zu erklären.64 Der Wille des Patienten, ob er eine Behandlung will oder nicht, ist somit auch für diesen Fall entscheidend. Während die Frage danach, ob eine medizinische Behandlung noch Sinn macht oder nicht,65 vom Arzt zu klären ist, ist die Frage danach, ob die medizinisch indizierte Behandlung dann tatsächlich durchgeführt wird oder nicht, vom Willen des Patienten abhängig. Eine andernfalls stattfindende Behandlung ist rechtswidrig und stellt eine (gefährliche) Körperverletzung dar, §§ 223, 224 StGB.66 Sofern der Patient noch in der Lage ist, seinen Willen zu bilden und zu äußern, ist der Patient zu fragen, ob er in eine Behandlung aktuell einwilligt.67 Probleme hinsichtlich der Einwilligung ergeben sich allerdings, wenn der Patient eben nicht mehr zu Willensbildung und Willensbekundung fähig ist. Sodann greift die Möglichkeit, einen Willen, der im Voraus gebildet und geäußert wurde, zu beachten. Die Kompensation des aktuellen Willens kann durch das Verfassen einer Patientenverfügung geschehen. Deren Wirksamkeitsvoraussetzungen sind nun gesetzlich normiert.68 § 1901a Abs. 1 BGB stellt dazu lediglich folgende Voraussetzungen auf: Es muss ein 64

Beckmann, MedR 2009, S. 582 (582). Zur medizinischen Indikation BGHZ 154, 205 (225); Beckmann, MedR 2009, S. 582 (582); Coeppicus, NJW 2011, S. 2085 (2088); G. Müller, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, § 1901b Rdnr. 2 (Stand: August 2012); Kumpmann/Vollmer, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, S. 37 (39 f.); Baltz, Lebenserhaltung als Haftungsgrund, S. 133; Kern, in: Laufs/ders. (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 49. Vgl. auch § 1901b Abs. 1 S. 1 BGB, in dem gesetzlich festgelegt ist, dass der Arzt die Indikation prüft. 66 BGHSt 11, 111 (112 f.) a.A. die herrschende Lehre jedenfalls hinsichtlich eines lege artis durchgeführten Heileingriffs, vgl. Bockelmann, NJW 1961, S. 945 (947 f.); Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rdnr. 8. Zur Einordnung der ärtzlichen Heilbehandlung vgl. insgesamt auch Eser/ Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 223 Rdnr. 27 ff. 67 Diese Voraussetzung wird in § 630d Abs. 1 S. 1 BGB (Beschluss des Bundestags vom 29. November 2012 zu BT-Drs. 17/11710 und 17/10488 veröffentlicht in BT-Plenarprotokoll 17/211, S. 25740B) normiert; vgl. Beschluss BR-Drs. 7/13. 68 Die rechtlichen Voraussetzungen einer solchen Patientenverfügung waren und sind auch immer noch umstritten. So wurde im Laufe der Diskussion um die Voraussetzungen gefordert, dass die Verfügung aktualisiert werden müsse, so Höfling, MedR 2006, S. 25 (26, 29): § 1 Abs. 2 Nr. 2 Gesetz zur Sicherung der Autonomie und Integrität von Patienten am Lebensende; Rachel/Klöckner/Heiderich, Sondervotum zum Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 15/ 3700, S. 42 Fn. 215 fordern für bestimmte Fallkonstellation eine Aktualisierung; Bosbach u. a., BT-Drs. 16/11360, S. 4: § 1901b Abs. 2 Nr. 2 BGB des Gesetzentwurfs. Teilweise wurde für die Patientenverfügung eine notarielle Form vorgeschrieben, so A. Albrecht, in: Hager (Hrsg.), Die Patientenverfügung, S. 51 (57); Seitz, ZRP 1998, S. 417 (421); Bosbach u. a., BT-Drs. 16/ 11360, S. 4: § 1901b Abs. 3 Nr. 2 BGB des Gesetzentwurfs. Auch wurde das Erfordernis einer (ärztlichen) Beratung vorgeschlagen, so Höfling, MedR 2006, S. 25 (26, 29): § 1 Abs. 2 Nr. 1 Gesetz zur Sicherung der Autonomie und Integrität von Patienten am Lebensende; BioethikKommission Rheinland-Pfalz, Bericht, S. 42 f.; Berger, JZ 2000, S. 798 (801); Rachel/ Klöckner/Heiderich, Sondervotum zum Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 15/3700, S. 42 Fn. 215 fordern für bestimmte Situationen eine Beratung; Bosbach u. a., BT-Drs. 16/ 11360, S. 4: § 1901b Abs. 2 Nr. 2 BGB des Gesetzentwurfs. Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird kritisiert, dass auf Errichtungsvoraussetzungen weitgehend verzichtet wird, so Röthel, AcP 211 (2011), S. 196 (201 ff.). 65

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schriftlich niedergelegter Wille eines einwilligungsfähigen Volljährigen vorliegen, der sich auf eine bestimmte Situation bezieht. Im Folgenden soll nun ein kurzer Überblick über diese Voraussetzungen gegeben werden. Im Anschluss wird die Rechtsfolge zu betrachten sein. a) Formale Kriterien Derjenige, der eine Patientenverfügung verfasst, muss einwilligungsfähig sein, und damit über die natürliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit verfügen.69 Bedeutung und Tragweite von medizinischen Maßnahmen sind zunächst vom Patienten zu erfassen und anschließend ist von ihm ein Wille zu bilden. Der Gesetzgeber hat sich zudem dafür entschieden, nur Volljährigen im Sinne des § 2 BGB die Möglichkeit zu geben, bezüglich Gesundheitsangelegenheiten mit einer Patientenverfügung vorzusorgen.70 Darüber hinaus muss eine Patientenverfügung nach § 1901a Abs. 1 BGB i.V.m. § 126 BGB schriftlich verfasst und vom Verfasser unterschrieben werden. Damit soll der Verfasser vor „übereilten oder unüberlegten Festlegungen“71 geschützt werden. Zudem soll erreicht werden, dass das Gewollte klarer dargestellt wird.72 Um von einer Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 BGB sprechen zu können, dürfen die Formulierungen darüber hinaus nicht allgemein gehalten sein, sondern es müssen konkrete Situationen und Handlungsanweisungen genannt werden.73 Das Gesetz spricht von „Entscheidungen über eine bestimmte ärztliche Maßnahme“. Allerdings ist fraglich, wie streng dieses Erfordernis bei der Auslegung einer Patientenverfügung zu beachten ist.74 Fehlt es an einer hinreichend konkreten 69 Kritik an der unreflektierten Verwendung des Begriffs durch die Rechtsprechung bei Gärditz, ZfL 2010, S. 38 (39). Zum Problem von Willensmängel Dölling, in: Festschrift Puppe, S. 1365 (1368 f.). 70 Anderer Vorschlag noch bei Rixen/Reinicke, Casebook Patientenverfügung, S. 20. Zum Ausschluss der Vertretung der Minderjährigen durch die gesetzlichen Vertreter wegen Höchstpersönlichkeit der Patientenverfügung AG Lüdinghausen, FamRZ 2004, S. 835; G. Müller, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), § 1901a Rdnr. 11 (Stand: August 2012); zur Höchstpersönlichkeit BGHZ 154, 205 (212 f.); E. Albrecht/A. Albrecht, MittBayNot 2009, S. 426 (431); T. Zimmermann, BWNotZ 1998, S. 101 ff.; Bedenken, auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht, gegen die Beschränkung auf Volljährige haben G. Müller, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, § 1901a Rdnr. 11 (Stand: August 2012); Spickhoff, FamRZ 2009, S. 1949 (1950); Roglmeier/Lenz, Die neue Patientenverfügung, S. 18; zu dieser Problematik insgesamt vgl. Sternberg-Lieben/Reichmann, NJW 2012, S. 257 ff. 71 BT-Drs. 16/8842, S. 13. 72 Ebenda; vgl. zum Schriftformerfordernis auch Olzen, JR 2009, S. 354 (356); Tamm, VuR 2009, S. 449 (454). 73 Vgl. BT-Drs. 16/8442, S. 14 f.; Höfling, NJW 2009, S. 2849 (2850); E. Albrecht/A. Albrecht, MittBayNot 2009, S. 426 (427 f.). Zu der Rechtslage vor der neuen Regelung in § 1901a BGB AG Siegen, RNotZ 2008, S. 351 (353). 74 Das LG Kleve, NJW 2010, S. 2666 (2668), hat eine Patientenverfügung akzeptiert, die formuliert, „dass im Falle einer zum Tode führenden Erkrankung von allen lebensverlängernden Maßnahmen abzusehen ist“ und die Betroffene festgelegt habe, dass sie nicht mehr behandelt werden wolle, „wenn mindestens zwei Ärzte festgestellt haben, dass ich kein menschenwür-

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Patientenverfügung, so ist der geäußerte Wunsch nach § 1901a Abs. 2 BGB zu beachten, weil er Anhaltspunkt für den mutmaßlichen Willen ist.75 Der mutmaßliche Wille des Patienten ersetzt folglich den tatsächlichen Willen, der aber tatsächlich gar nicht besteht, da der Patient unfähig ist, seinen Willen zu äußern und wohl auch, einen zu haben.76 b) Keine Reichweitenbeschränkung nach § 1901a Abs. 3 BGB Äußerst umstritten war im Gesetzgebungsprozess die Frage, ob die Reichweite einer Patientenverfügung beschränkt werden soll. Es war vom Gesetzgeber zu entscheiden gewesen, ob der Patient für alle Krankheitssituationen einen kompensatorischen Willen aufstellen kann oder aber ob die Patientenverfügung sich nur auf eine Situation beziehen darf, in der der Patient sich bereits im Sterbevorgang befindet und in der die Krankheit einen „irreversiblen tödlichen Verlauf“77 angenommen hat. Wenn eine allgemeine Reichweitenbeschränkung statuiert worden wäre, könnte beispielsweise bei Wachkomapatienten und Patienten mit schwerer Demenz78 regelmäßig kein wirksamer Behandlungsabbruch aufgrund des Willens durchgeführt werden. Begründet worden ist die Forderung nach einer Beschränkung mit der Schutzpflicht des Staates für das Leben aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG,79 der „Diskontinuität der Persönlichkeit“80, des „Antizipationsproblems“81 sowie mit einem „sozialmoralische(n) Druck“82. Allerdings hätte eine Reichweitenbeschränkung letztendlich ungerechtfertigter Weise in das Recht auf Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen.83 Zudem war bereits fraglich, ob eine diges Leben mehr führen kann und meine Schädigung nicht mehr zu beheben ist“. Zur Frage der Bestimmtheitsanforderungen G. Müller, DNotZ 2010, S. 169 (179 ff.); Götz, in: Palandt, BGB, § 1901a Rdnr. 5. 75 Beckmann, MedR 2009, S. 582 (584). 76 Kritik über das Abstellen auf den mutmaßlichen Willen bei v. Dewitz/Kirchner, MedR 2005, S. 134 (141 f.); Beckmann, MedR 2009, S. 582 (584). 77 So BGHZ 154, 205 (1. Leitsatz). 78 Betreffend fortgeschrittener Demenz ist aber bereits fraglich, ob überhaupt noch eine medizinische Indikation vorliegt, vgl. dazu Coeppicus, NJW 2011, S. 2085 (2088); Simon, Ethik Med 2004, S. 217 (224 f.). Betreffend irreversibler Bewusstlosigkeit Baltz, Lebenserhaltung als Haftungsgrund, S. 133 ff. 79 So der Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 15/3700, S. 38; Gesetzentwurf von Bosbach u. a., BT-Drs. 16/11360, S. 12, 15. 80 Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 15/3700, S. 38; Nationaler Ethikrat, Patientenverfügung, S. 20. 81 Holzhauer, FamRZ 2006, S. 518 (522); vgl. Bericht der Enquete-Kommission, S. 38 f.; dazu jüngst auch Röthel, AcP 211 (2011), S. 196 (204 ff.). 82 Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 15/3700, S. 40. 83 Vgl. Hufen, Geltung und Reichweite von Patientenverfügungen, S. 36 ff., 47; Gaßner, in: Hager (Hrsg.), Patientenverfügung, S. 32 ff., 47.

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Reichweitenbeschränkung auf eine ,unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit‘, einen ,irreversibel tödlichen Verlauf‘ oder ein ähnliches Erfordernis dem Bestimmtheitserfordernis84 entspricht.85 Letztendlich wurde in keinem der drei parlamentarischen Gesetzesentwürfe eine Reichweitenbeschränkung vorgeschlagen.86 § 1901a Abs. 3 BGB sieht folglich ausdrücklich vor, dass Patientenverfügung und mutmaßlicher Wille „unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung“ zu beachten sind. c) Rechtsfolge Was folgt nun aus dem Vorliegen einer Patientenverfügung? Nach § 1901a Abs. 1 S. 1 BGB prüft der Betreuer beziehungsweise i.V.m. Abs. 5 der Bevollmächtigte, ob die in der Patientenverfügung gemachten Feststellungen auf die aktuelle Situation des Patienten zutreffen. Sofern dies der Fall ist, hat der Betreuer dem antizipierten Willen gemäß S. 2 „Ausdruck und Geltung“ zu verschaffen; falls nicht hat er nach § 1901a Abs. 2 S. 1 BGB den mutmaßlichen Willen87 zu ermitteln. Das Gesetz geht demnach davon aus, dass derjenige, an den sich die Patientenverfügung – zumindest primär – richtet, der Betreuer beziehungsweise der Bevollmächtigte ist. Umstritten ist aber, ob in allen Situationen ein Betreuer oder Bevollmächtigter tätig werden muss, bevor der Wille des Patienten umgesetzt werden kann. So wird teilweise für den Fall, dass die Patientenverfügung eindeutig und klar formuliert ist und noch kein Betreuer bestellt oder Bevollmächtigter vorhanden ist, angenommen, dass der Arzt dennoch an die Patientenverfügung gebunden ist. Dagegen spricht der Wortlaut von § 1901a Abs. 1 S. 1, 2 BGB sowie § 1901b Abs. 1 S. 2 BGB, die einen Betreuer zwingend vorsehen. Dann muss aber in den Fällen, in denen kein Vertreter vorliegt, ein Betreuer zumindest vorläufig nach § 300 FamFG bestellt werden.88 Es soll noch darauf hingewiesen werden, dass das Gesetz jedenfalls nicht den Einrichtungsträger oder das Pflegepersonal dazu verpflichtet, dem Patientenwillen

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Hierzu BVerfG, E 114, 1 (53) – Übertragung von Lebensversicherungsverträgen; Grefrath, JA 2008, S. 710 (712 ff.). 85 Dazu Hufen, Geltung und Reichweite von Patientenverfügungen, S. 40 f. 86 Der Entwurf von Bosbach u. a., BT-Drs. 16/11360 sah für Patientenverfügungen, die sich auf eine Situation vor Einsetzen des Sterbeprozesses bezogen, höhere Anforderungen nach § 1901b Abs. 2 BGB-E vor. Der ursprüngliche Vorschlag der Abgeordnetengruppe sah hingegen sogar für alle Patientenverfügungen eine entsprechende Beschränkung vor, vgl. § 1901b Abs. 3 Nr. 1 BGB-E; nur unter ganz engen Bedingungen sollte bei schwerer Demenz und einem stabilen Wachkoma ein entsprechender Wille umzusetzen sein, vgl. § 1901b Abs. 3 Nr. 2 BGB-E sowie die Begründung auf S. 18; Entwurf abrufbar unter: http://www. ethikzentrum.de/plaintext/downloads/bosbach-ge-pv.pdf (Zugriff: 31. Dezember 2012). 87 Kritisch zum Begriff ,mutmaßlicher Wille‘ Beckmann, FPR 2010, S. 278 (279) sowie zu dessen Missbrauchspotential Höfling, GesR 2011, S. 199 (202). 88 Vgl. auch Olzen, JR 2009, S. 354 (358); Heitmann, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici (Hrsg.), BGB, § 1901a Rdnr. 26.

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Ausdruck und Geltung zu verschaffen.89 Diese Aufgabe wird dem Betreuer bzw. dem Bevollmächtigten übertragen: Es ist eben nicht Aufgabe des Personals oder der Einrichtung selbst, den Willen des Patienten umzusetzen. Ihre Verpflichtung besteht zum einen darin, die vertraglichen Pflichten einzuhalten und zum anderen, dem – vom Betreuer festgestellten – Willen des Patienten nicht zuwider zu handeln. Andernfalls handelt es sich um eine zurechenbare unerlaubte Handlung, die Schadensersatzansprüche auslösen und eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung zur Folge haben kann.90 Umstritten ist hingegen die Bindung des behandelnden Arztes an die Patientenverfügung.91 Dabei wird wohl zwischen Beachtlichkeit und Vollzug unterschieden werden müssen. Der Arzt hat den Inhalt einer Patientenverfügung zu erfassen und zu beachten, davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob er den Patientenwillen direkt vollziehen kann. Das Gesetz sieht selber vor, dass der Betreuer oder Bevollmächtigter die Festlegungen prüft, vgl. § 1901a Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB und nach § 1901b Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB soll ein Gespräch über die Situation geführt werden.92 Nur in Notfällen kann sich eine entsprechende direkte Bindung des Arztes ergeben.93 2. Missachtung des Patientenwillens Die Verbindlichkeit94 des Patientenwillens führt dazu, dass der festgestellte Wille auch beachtet werden muss; unabhängig davon, ob der Wille aktuell von einer noch einwilligungsfähigen Person geäußert, ob er vorab in einer Patientenverfügung dargelegt wurde oder ob er durch Behandlungswünsche oder sonstige Anhaltspunkte als mutmaßlicher Wille festgestellt wird.95 Der Wille begrenzt ebenso wie die medizinische Indikation die Behandlungsmöglichkeit. Kann ein entgegenstehender Wille festgestellt werden, so darf eine Behandlung nicht mehr erfolgen. Sollte eine Behandlung nichtsdestotrotz durchgeführt werden, so kann sich die behandelnde Person zum einen strafbar machen, zum anderen kann sie schadensersatzpflichtig sein. Davon abgesehen besteht ein Anspruch auf Unterlassen. Mit diesem gesetzlichen Rahmen wird dem Selbstbe89 Vgl. auch E. Albrecht/A. Albrecht, MittBayNot 2009, S. 436 (433); weiter aber Götz, in: Palandt, BGB, § 1901a Rdnr. 16 m. w. Nachw. 90 Vgl. sogleich unter 2. b). 91 BT-Drs. 17/8442, S. 15, geht davon aus, dass der Arzt ebenso wie an der Behandlung und Betreuung beteiligte Personen ,Adressaten‘ der Patientenverfügungen seien, wobei dieser Begriff wohl äußerst weit zu verstehen sein muss. 92 Noch weiter A. Albrecht/E. Albrecht, Die Patientenverfügung, Rdnr. 108 ff.; 140 ff. 93 Vgl. BT-Drs. 16/8442, S. 7. Zur Frage, was passiert, wenn ein Betreuer oder Bevollmächtigter nicht vorhanden ist Spickhoff, FamRZ 2009, S. 1949 (1953); Tamm, VuR 2009, S. 449 (456). 94 Eine weite Verbindlichkeit nimmt an Kühl, JA 2009, S. 881 (886) mit Hinweis auf BTDrs. 16/13314, S. 22. 95 Zu den unterschiedlichen Entscheidungswegen bei Behandlungsentscheidungen vgl. Beckmann, MedR 2009, S. 582 ff.

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stimmungsrecht des Einzelnen zur Durchsetzung verholfen und es entsprechend geschützt. a) Strafbarkeit wegen Körperverletzung Die behandelnde Person könnte sich strafbar machen wegen einer Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB, wenn die Körperverletzung mit Vorsatz erfolgt. Dies setzt voraus, dass eine Person körperlich misshandelt oder in ihrer Gesundheit geschädigt wurde. Auch für den Fall, dass ein Mensch entscheidungsunfähig wird, bleibt seine selbstbestimmte Entscheidung maßgeblich,96 er kann also weiter Opfer einer Körperverletzung sein.97 Die Bewusstlosigkeit steht einer körperlichen Misshandlung nicht entgegen.98 Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit liegt bei einer Weiterbehandlung vor, wenn dadurch in den Körper eingegriffen wird.99 Die weiterbehandelnde Person kann sich wegen einer Körperverletzung strafbar machen.100 Eine Rechtfertigung des Heileingriffs durch Einwilligung scheitert eben darin, dass eine Verweigerung der Einwilligung vorliegt. b) Schadensersatzpflicht des Behandelnden Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich durch eine Behandlung entgegen den Willen (aufgedrängte Behandlung101) eine Schadensersatzverpflichtung des Behandelnden beziehungsweise der Einrichtung ergeben könnte. Gläubiger der Forderung sind der Behandelte102 beziehungsweise die Rechtsnachfolger.103 Scha-

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GenStA Nürnberg, NStZ 2008, S. 343 (344) m. Verw. auf BGHSt 35, 246 (249); 37, 376 (378 f.); 40, 257 (262). 97 Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rdnr. 1 m. w. Nachw. 98 Eschelbach, in: v. Heintschel-Heinegg (Hrsg.), StGB, § 223 Rdnr. 19 (Stand: September 2012). 99 Bei der Weiterbehandlung durch einen Arzt ist umstritten, ob es sich bei einem ärztlichen Heileingriff überhaupt um eine Körperverletzung handelt. Dies wird aber in ständiger Rechtsprechung angenommen und ist auch in der Literatur teilweise anerkannt, dazu mit umfassenden Nachweisen Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 223 Rdnr. 28 ff. 100 So LG Fulda, Urteil vom 30. April 2009, Az: 16 Js 1/08 - 1 Ks, juris Rdnr. 64; BGHSt 55, 191 (196, Rz. 18); GenStA Nürnberg, NStZ 2008, S. 343 (344); Kamps, ZMGR 2009, S. 207 (208) auch bezogen auf Betreuer/Bevollmächtigte mindestens in Beihilfe und gegebenenfalls Angehörige. Anerkannt auch von BVerfG, NStZ-RR 2002, S. 169 (170). Aus der Literatur Hartmann, NStZ 2000, S. 113 (116); Eisenbart, Patienten-Testament und Stellvertretung in Gesundheitsangelegenheiten, S. 181 f.; Sternberg-Lieben, in: Festschrift Roxin, Band 1, S. 537 (556). Vgl. zudem Silberg, HFR 2010, S. 104 (114 ff.); Sternberg-Lieben, NJW 1985, S. 2734 (2737 f.) betreffend Irrtumsfragen. 101 Meyer-Götz, NJ 2006, S. 363 (366). 102 Spickhoff, VersR 2006, S. 1569 (1580) weist darauf hin, dass es nur wenige Fälle gebe, in denen derjenige, an dem die Weiterbehandlung stattgefunden hat und der dadurch gerettet wurde, Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangte, so aber in OLG München, MedR 2003, S. 174 ff.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

densersatzansprüche können sich bei einer vertraglichen Pflichtverletzung ergeben sowie aus Delikt.104 Der Aufnahmevertrag (Krankenhausbehandlungsvertrag oder Pflege-Heimvertrag) mit der karitativen Einrichtung105 bildet für den vertraglichen Anspruch die Grundlage. Die deliktische Haftung kann auf einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der körperlichen Integrität106 (§ 823 Abs. 1 BGB) sowie auf § 823 Abs. 2 BGB beruhen, wenn ein Schutzgesetz107 verletzt wurde. Auch für die Einrichtung kann sich eine deliktische Haftung ergeben. Zum einen ist der Krankenhausarzt108 grundsätzlich Verrichtungsgehilfe des Krankenhausträgers109 im Sinne des § 831 BGB, es sei denn er ist Chefarzt oder ein leitender Arzt.110 Auch das Pflegepersonal ist Verrichtungsgehilfe.111 Daneben kann die Einrichtung noch aus eigenem Verschulden wegen der Verletzung einer Organisationspflicht haften.112 c) Unterlassungsanspruch Hält die Missachtung des Patientenwillens an, so besteht ein Unterlassungsanspruch gegen den Behandelnden. „Eine gegen den Willen des Patienten durchgeführte künstliche Ernährung ist folglich eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.“113 Dieser Unterlassungsanspruch kann gegebenenfalls auch von dem Betreuer oder Bevollmächtigten des Patienten straffrei durchgesetzt werden, wenn das betreuungsrechtliche Verfahren eingehalten wurde.114

103 So im zivilprozessualen Streit in Folge des Traunsteiner Sterbefalls über Schadensersatzansprüche LG Traunstein, Urteil vom 7. Dezember 2005, Az: 3 O 3142/04, juris Rdnr. 24, in dem wegen fehlenden Verschuldens das Pflegeheim obsiegte; bestätigt durch OLG München, MittBayNot 2006, S. 424 ff. 104 Dazu Baltz, Lebenserhaltung als Haftungsgrund, S. 129 ff. 105 Vgl. dazu 5. Kap. C. II. 106 Vgl. BGHZ 154, 205 (210); siehe auch BGHSt 55, 191 (196, Rz. 18). 107 Die Körperverletzungsregelungen im StGB sind als Schutzgesetze anerkannt, vgl. nur Wagner, in: Münchener Kommentar BGB, § 823 Rdnr. 349, 369; zudem Kamps, ZMGR 2009, S. 207 (208). 108 Anders der Belegarzt, der kein Verrichtungsgehilfe ist. 109 BGH, VersR 1956, S. 221 (222); NJW 1975, S. 1463 (1465); Belling, in: Staudinger, BGB, § 831 Rdnr. 66 (Neubearbeitung 2008). 110 Jaeger, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, BGB, § 831 Rdnr. 6. 111 Belling, in: Staudinger, BGB, § 831 Rdnr. 66 (Neubearbeitung 2008). 112 Silberg, HFR 2010, S. 113. 113 BGHZ 163, 195 (197). 114 BGH, NJW 2011, S. 161 (162). Kritisch dazu H. Schneider, MittBayNot 2011, S. 102 (105); zustimmend Dölling, ZIS 2011, S. 345 (348).

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3. Die strafrechtliche Bewertung der Sterbehilfe Auch in der strafrechtlichen Bewertung der Sterbehilfe zeigt sich die Prägung durch den Autonomiegedanken. Die strafrechtliche Zulässigkeit der Sterbehilfe ist im Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes vom 25. Juni 2010 einer neuen Bewertung zugeführt worden.115 Darin wurde festgestellt, dass eine Unterlassung, eine Begrenzung oder ein Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen dann gerechtfertigt sind, wenn zum einen eine Behandlungsbezogenheit festgestellt werden kann und zum anderen mit dem Abbruch der Wille der betroffenen Person umgesetzt wird.116 In diesem Fall ist die Sterbehilfe gerechtfertigt, weil die Einwilligung der Person in die eigene Tötung wirksam ist.117 Die Unterscheidung der Sterbehilfeformen wurde bis dahin an den Begriffen aktive und passive Sterbehilfe in direkter oder indirekter Form vorgenommen. Als aktive Sterbehilfe wird die täterschaftliche Lebensverkürzung eines Patienten auf dessen Verlangen bezeichnet. Während die aktive Sterbehilfe in ihrer direkten Form auf die Lebensverkürzung abzielt und wegen § 216 StGB auch bei Einwilligung strafbar ist,118 geschieht dies in der indirekten Form als inkaufzunehmender Nebeneffekt beispielsweise im Rahmen einer Schmerzbehandlung.119 Die indirekte aktive Sterbehilfe ist nach gefestigter Rechtsprechung und Literatur gemäß § 34 StGB gerechtfertigt.120 Bei der passiven Sterbehilfe verzichtet der Patient auf Behandlungsmaßnahmen, und willigt damit gegebenenfalls auch nur mutmaßlich in das

115 BGHSt 55, 191 ff. Dem Urteil liegt ein für die hiesige Problematik interessanter Sachverhalt zugrunde: Die betreuenden Kinder einer Wachkomapatientin hatten auf Anraten ihres Anwaltes die Schläuche einer Ernährungssonde zerschnitten. Damit wollten sie die ärztlicherseits angeordnete und vom mutmaßlichen Willen der Patientin erfasste Nahrungszufuhr und damit ihr Leben beenden, nachdem das Heim die künstliche Ernährung erneut aufgenommen hatte. Die Patientin verstarb nach erneuter Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung in einem Krankenhaus eines natürlichen Todes. Der Anwalt wurde vom LG Fulda, ZfL 2009, S. 97 ff., wegen versuchten Totschlags in mittelbarer Täterschaft zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten zur Bewährung verurteilt. Dagegen legte der Anwalt Revision beim Bundesgerichtshof, Az: 2 StR 454/08 ein. 116 BGHSt 55, 191, 1. Leitsatz: „Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Maßnahme (Behandlungsabbruch) ist gerechtfertigt, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen entspricht (§ 1901a BGB) und dazu dient, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen.“ 117 BGHSt 55, 191 (204, Rz. 33 f.). Kritisch zur Verortung bei der Rechtfertigung und für die Verortung auf der Tatbestandsebene Gaede, NJW 2010, S. 2925 (2927). 118 Dazu Heyers, Passive Sterbehilfe bei entscheidungsunfähigen Patienten und das Betreuungsrecht, S. 19 ff. Auch der EGMR hat in der Entscheidung Koch (EuGRZ 2012, S. 616 ff.) kein Recht auf aktive Sterbehilfe aus der EMRK abgeleitet, sondern vielmehr verfahrensrechtliche Aspekte geprüft. 119 Nach medizinischer Einschätzung dürfte diese Form der Sterbehilfe aufgrund der Fortschritte in der Palliativmedizin kaum noch vorkommen, vgl. Borasio, Deutsches Ärzteblatt 2007, S. A 224 (226). 120 BGHSt 42, 301 (305), Lackner/Kühl, StGB, vor § 211 Rdnr. 7 m. w. Nachw.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

Unterlassen der Behandlung ein.121 Der Verzicht ist auch dann wirksam und beachtlich, wenn er im Vorhinein geäußert wurde und beziehungsweise oder der Patient sich noch nicht im Sterbeprozess befindet.122 Letzter Fall wird als passiver Sterbehilfe im weiteren Sinne bezeichnet; im Gegensatz dazu, dass der Patient sich bereits in einem Sterbeprozess befindet, so dass von passiver Sterbehilfe im engeren Sinne gesprochen wird.123 Der Behandlungsabbruch, der durch ein aktives Tun erfolgen muss,124 wurde aufgrund der sozialen Bedeutung, nur im Ergebnis überzeugend, als Unterlassen gewertet.125 Es wurden dann die Grundsätze der passiven Sterbehilfe für die strafrechtliche Bewertung herangezogen. Die Einordnung als Unterlassung wurde vom Bundesgerichtshof aufgegeben und die neue Kategorie des gerechtfertigten Behandlungsabbruchs geschaffen, durch welche die Einteilung in aktive und passive Sterbehilfe überlagert wird.126 Zulässig sind das Unterlassen einer lebenserhaltenden Behandlung, der Abbruch einer solchen und Handlungen der sogenannten indirekten Sterbehilfe.127 Das Gericht hat bei seiner Begründung auf die Wertungen des § 1901a BGB hingewiesen.128 Die Grenze zur Strafbarkeit markieren aber weiterhin §§ 216, 212 StGB.129 Demnach ist es weiterhin strafbar, zum Tode führende Maßnahmen zu ergreifen, wenn dies nicht im Rahmen einer Behandlung geschieht, auch wenn ein entsprechender Wille erkennbar ist. Wenn der Abbruch aber nicht behandlungsbezogen ist, ändert sich nichts an der Strafbarkeit der Handlung. Aktive Sterbehilfe ist dann weiter strafbar. Eine Rechtfertigung ist nur dann vorgesehen, wenn einem natürlichen Krankheitsvorgang sein Lauf gelassen wird.130 121

BGHSt 37, 376 (379). Dies folgt nun aus BGHSt 55, 191 ff. In eine andere Richtung weisend noch BGHZ 154, 205 ff. So wie hier aber auch Verrel, NStZ 2010, S. 671 (674); Gaede, NJW 2010, S. 2925 (2926). 123 Zu diesen Sterbehilfeformen auch Heyers, Passive Sterbehilfe bei entscheidungsunfähigen Patienten und das Betreuungsrecht, S. 23 ff.; H. Otto, NJW 2006, S. 2217 (2218). 124 Klassisch das Abstellen der Beatmung oder aber das Umstellen der Versorgung mit Nahrung auf Tee. 125 Dazu Kämpfer, Die Selbstbestimmung Sterbewilliger, S. 60 m. w. Nachw. 126 Kritik an dieser Unterscheidung bereits von Czerner, JR 2005, S. 94 (98); Beckmann, DRiZ 2005, S. 252 (252) m. w. Nachw.; vgl. auch den Entwurf zu § 216 Abs. 3 StGB der Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“, Abschlussbericht, S. 50; ferner LG Ravensburg, NStZ 1987, S. 229 f. 127 Der BGH sieht diese Verhaltensweisen als gerechtfertigt an, kritisch dazu Kubiciel, Ad Legendum 2011, S. 361 (367) m. w. Nachw. 128 BGHSt 55, 191 (198 f., Rz. 23 f.). 129 BGHSt 55, 191 (199, Rz. 25). Zur Abgrenzung vgl. auch Verrel, NStZ 2010, S. 671 (673 f.). 130 Brunhöber, JuS 2011, S. 401 (404). Noch nicht geklärt ist, ob die strafrechtliche Zulässigkeit eines Behandlungsabbruchs, einer Begrenzung oder eines Unterlassens medizinischer Maßnahmen auch für den Fall gilt, dass es sich nicht um eine letale Krankheit handelt, dazu Wilckens, MDR 2011, S. 143 (143 f.). 122

B. Wertung am Lebensende

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III. Zulässigkeit von Sterbehilfeformen und Patientenwünschen aus religionsgemeinschaftlicher Sicht Der soeben dargestellten Zulässigkeit von Sterbehilfeformen und Patientenwünschen aus staatlicher Sicht folgt nun die Zulässigkeit aus religionsgemeinschaftlicher Sicht. Während bei ersterer die rechtlichen Normen im Mittelpunkt stehen, ist der Blick nun im Wesentlichen auf moralische, genauer auf theologische Vorstellungen gerichtet. 1. Vorstellungen und Verständnis der katholischen Kirche Für die römisch-katholische Kirche ist die hierarchische Struktur kennzeichnend.131 Gemäß cc. 749, 756 § 1 CIC/1983, Abs. 85 Katechismus der katholischen Kirche (KKK) ist für die Gesamtkirche dem Papst zusammen mit dem Bischofskollegium das hoheitliche, das sogenannte ,besondere Lehramt‘ zugewiesen.132 Sie haben somit die Aufgabe, den Gläubigen die Glaubensinhalte und die Sitte darzulegen sowie die Verkündigung zu leiten und über sie Aufsicht zu führen.133 Die Darlegung der Glaubensinhalte geschieht unter anderem im Wege sogenannter Enzykliken oder durch Schreiben von Kongregationen. Auch die nationalen Bischofskonferenzen (in Deutschland die Deutsche Bischofskonferenz) nehmen ein begrenztes Lehramt wahr.134 Die verschiedenen Organe des Lehramtes haben sich auch zu der Situation von Menschen am Lebensende geäußert.135 Im Jahr 1995 veröffentlichte Papst Johannes Paul II. mit der Enzyklika ,Evangelium vitae‘ eine Verlautbarung, in der er den „heiligen Wert des menschlichen Lebens vom ersten Augenblick bis zu seinem Ende“136 darstellte und verteidigte. Bereits 1980 hat die Glaubenskongregation in ihrer Erklärung zur Euthanasie das ,Leben als Geschenk der Liebe Gottes‘137 bezeichnet. Nicht der Mensch, sondern Gott habe die Verfügungsmacht über das Leben. Für die katholische Kirche ist demnach das Leben zwar grundsätzlich unverfügbar 131 Aymans, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 315 (318); de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 18 Rdnr. 2 f. 132 Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 440 führt aus, dass neben dem besonderen Lehramt der Personen mit Bischofsweihe (Papst und Bischöfe) auch alle Gläubigen nach c. 747 CIC/ 1983 dafür Sorge zu tragen haben, dass das Evangelium richtig verkündet wird. 133 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 20 Rdnr. 5. 134 Dazu Zollitsch, Festrede zum 80. Geburtstag von Prof. P. Cornelius Petrus Mayer OSA, S. 15; vgl. c. 753 CIC/1983. Ausführlich Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, S. 9 (12). 135 Dazu auch Götz, Medizinische Ethik und katholische Kirche, S. 266 ff. 136 Papst Johannes Paul II., Enzyklika ,Evangelium vitae‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 120, S. 8. 137 Kongregation für die Glaubenslehre, Iura et bona I, in: Acta Apostolicae Sedis 72, S. 542 (544): „donum scilicet amoris Dei“; vgl. auch Deutsche Bischofskonferenz, Katholischer Erwachsenenkatechismus II, S. 311 sowie dies., Die Zukunft der Pflege im Alter, S. 15 ff.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

und der Tod darf nicht direkt herbeigeführt werden, gleichwohl wird eine Lebensverlängerung um jeden Preis nicht gefordert.138 Die katholische Kirche unterscheidet zwischen den verschiedenen Sterbehilfeformen139 und kommt dabei teilweise zu anderen Ergebnissen als der Gesetzgeber und die konkretisierenden staatlichen Rechtsanwender: Aktive Sterbehilfe, die gezielte Tötung eines Patienten auf dessen Verlangen, wird von der Kirche abgelehnt. Sie wird als „schweres Verbrechen gegen die Menschenwürde und gegen die Achtung, die man dem lebendigen Gott, dem Schöpfer schuldet“ bezeichnet.140 Passive Sterbehilfe als das Unterlassen einer lebensverlängernden Behandlung, wenn diese den Sterbeprozess bei unaufhaltsamen Grundleiden lediglich hinauszögern würde,141 ist nach Vorstellung der katholischen Kirche nur begrenzt zulässig. Die katholische Kirche geht von einer moralischen Zulässigkeit aus, wenn sich der Mensch im Sterbeprozess befindet (passive Sterbehilfe im engeren Sinne). Insbesondere bei Wachkomapatienten oder schwerst-demenzkranken Patienten kann hingegen von einem solchen Sterbeprozess noch nicht gesprochen werden.142 Deswegen lehnt die katholische Kirche es ab, dass bei diesen Patienten lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden.143 So hat Bischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, darauf hingewiesen, dass sich „Patienten im Wachkoma und Patienten mit schwerster Demenz […] nicht in der Sterbephase befinden.“144 Die minimale Versorgung des Patienten mit Wasser und Nahrung ist dementsprechend verpflichtend.145 Aus dieser Argumentation heraus hat die Kirche im Gesetzgebungsprozess um die Patientenverfügung immer eine Reichweitenbeschränkung gefordert, die eine Bindungswirkung der Patientenverfügungen auf die Fälle beschränkt, in denen der Sterbeprozess eingetreten ist (passive Sterbehilfe im engeren 138

Vgl. Ecclesia Catholica, Katechismus der Katholischen Kirche, Abs. 2278; Reiter, DRiZ 2005, S. 262 (263). 139 Dabei orientiert sich die Katholische Kirche ebenso wie die EKD auch in den jüngsten Stellungnahmen weiterhin an den gebräuchlichen rechtlichen Begriffen – aktive/passive; indirekte/direkte Sterbehilfe, vgl. auch die neue Ausgabe von Deutsche Bischofskonferenz und Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland u. a., Christliche Patientenvorsorge, S. 8. 140 Ecclesia Catholica, Katechismus der Katholischen Kirche, Abs. 2277; vgl. auch Papst Johannes Paul II., Enzyklika ,Evangelium vitae‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 120, S. 81; auch Reiter, DRiZ 2005, S. 262 (263). 141 BGHSt 40, 257 (260 f.) bezüglich der Hilfe beim Sterben; Schreiber, NStZ 2006, S. 473 (474); Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, vor § 211 Rdnr. 27. 142 Zum Wachkoma Nacimiento, in: Höfling (Hrsg.), Das sog. Wachkoma, S. 29 (46); Schuster, in: Augustin/Reiter/Schulze (Hrsg.), Christliches Ethos, S. 443 (446 f.); zudem Frieß, „Komm süßer Tod“, S. 170 f., Fn. 152. 143 Kongregation für die Glaubenslehre, Antworten auf Fragen der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten bzgl. der künstlichen Ernährung und Wasserversorgung samt Kommentar. 144 Zollitsch, zitiert nach: Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom 18. Juni 2009; wesentlich differenzierter Diözesaner Ethikrat für den Caritasverband im Erzbistum Paderborn e.V., Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz, S. 2 ff. 145 Kongregation für die Glaubenslehre, Antworten auf Fragen der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten bzgl. der künstlichen Ernährung und Wasserversorgung samt Kommentar.

B. Wertung am Lebensende

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Sinne). In der Handreichung zur „Christlichen Patientenvorsorge“, die von der Deutschen Bischofskonferenz, dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie weiteren Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) herausgegeben wird, empfiehlt die katholische Kirche „dringend“ den Wachkomapatienten nicht als Sterbenden zu sehen und entsprechende Behandlungswünsche im „Raum für ergänzende Verfügungen“ zu treffen.146 Darin kommt zum Ausdruck, dass „über menschliches Leben, in welchem Stadium auch immer, nicht verfügt werden darf“.147 Die katholische Kirche erkennt auch Maßnahmen der indirekten Sterbehilfe als ethisch zulässig an.148 Von indirekter Sterbehilfe wird gesprochen, wenn das Leiden des Patienten so erheblich ist, dass eine Linderung der Schmerzen unter Hinnahme einer unbeabsichtigten, aber unvermeidbaren lebensverkürzenden Wirkung zulässig sein soll.149 Reine Sterbehilfe hingegen umfasst die Maßnahmen, die der Schmerzenslinderung dienen, ohne dass sie lebensverkürzend wirken. Werden Maßnahmen der indirekten oder reinen Sterbehilfe ergriffen, so besteht aus katholischer Sicht nur dann ein Konflikt mit den Vorstellungen des Glaubens, wenn dabei Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer Bewusstseinstrübung führen, ohne dass diese aufgrund eines schwerwiegenden Grundes erfolgen.150 Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Leid eben auch zum Leben gehört und den Menschen zu einer Solidarität mit dem leidenden Christus führt.151 Zusammenfassend lässt sich demnach feststellen, dass sich staatliche Bindungswirkung und katholische Lehre in den Fällen widersprechen, in denen ein Patient wünscht, dass lebenserhaltende Maßnahmen unterlassen werden, obwohl der Sterbeprozess noch nicht begonnen hat. Auch die Frage, inwieweit schmerzlindernde und bewusstseinstrübende Maßnahmen zu ergreifen sind, ist konfliktträchtig. Offenbaren sich diese Differenzen in karitativen Einrichtungen, die der katholischen Kirche zugeordnet werden, können sich daraus Konflikte ergeben.

146 Deutsche Bischofskonferenz und Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland u. a., Christliche Patientenvorsorge, S. 22; Formular unter B. I. 4. Kritisch dazu insgesamt Coeppicus, NJW 2011, S. 3749 ff. 147 Deutsche Bischofskonferenz, Katholischer Erwachsenen Katechismus II, S. 307. 148 Deutsche Bischofskonferenz und Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland u. a., Christliche Patientenvorsorge, S. 8. 149 Vgl. H. Otto, NJW 2006, S. 2217 (2220). 150 Erstmals Papst Pius XII., Ansprache vom 24. Februar 1957; später Papst Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 120, S. 80 f. 151 Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung der Kongregation für Glaubenslehre zur Euthanasie, S. 9; Deutsche Bischofskonferenz, Katholischer Erwachsenenkatechismus II, S. 312.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

2. Vorstellungen und Verständnis der evangelischen Kirchen Anders als die katholische Kirche ist die evangelische Kirche nicht als Weltkirche organisiert. Die oberste Organisation der evangelischen Kirchen in Deutschland sind die Landeskirchen; ob die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hingegen bereits einen Status als Gesamtkirche erlangt hat, ist umstritten.152 Allerdings wird das Lehramt nicht von diesen Organen, sondern „in einem vielschichtigen, auf Konsens zielenden Prozeß unter Beteiligung verschiedener Verantwortungsträger wahrgenommen: der Bischöfe […] und der Gemeinden, deren Recht und Pflicht es ist, ,die ihnen dargebotene Verkündigung darauf zu prüfen, ob sie dem Evangelium gemäß ist‘“.153 Anders als in der katholischen Kirche gibt es kein institutionelles, streng hierarchisches Lehramt, sondern die Gemeinde trägt die Lehrverantwortung.154 Beispielsweise hat der Kirchenvorstand beziehungsweise das Presbyterium unter anderem die Aufgabe, dass „die rechte Lehre gewahrt“155 bleibt. Daraus folgt eine „protestantische Pluralität“156, die einer allgemeingültigen Feststellung über die Sicht der evangelischen Kirchen zur Sterbehilfe und Patientenverfügung im Weg steht. Gleichwohl verfügt die EKD mittlerweile über eine ,Bündelungsfunktion‘. Wesentliche Impulse gehen von ihren Organen aus. Sie sahen zunächst auch eine restriktive Beachtung des vorabgeäußerten Willens bei Wachkoma-Patienten und Demenzkranken vor. Im Jahr 2007 hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland aber Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen veröffentlicht,157 in der er Patientenverfügungen, die sich auf diese Krankheitszustände beziehen, nach einem bestimmten Zeitraum als bindend anerkennt. Vorausgesetzt wird allerdings ein stabiles, also anhaltendes Wachkoma beziehungsweise eine Demenzerkrankung im schweren Stadium.158 In diesen Situationen soll aufgrund des grundsätzlich anzuerkennenden Selbstbestimmungsrechts die Möglichkeit bestehen, im Vorfeld verbindlich über die Behandlung zu entscheiden.159 Von der ursprünglichen Linie der EKD hingegen hatte sich die Bayrisch152

Unklar insoweit de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 37 Rdnr. 2, § 44 Rdnr. 2. Bilaterale Arbeitsgruppe Deutsche Bischofskonferenz/Kirchenleitung der VELKD, Communio Sanctorum, S. 38. 154 Honecker, Evangelisches Kirchenrecht, S. 200 ff. 155 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 29 Rdnr. 2 m. Nachw. 156 Bartmann, in: Heun u. a. (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon, S. 368 (373). 157 Evangelische Kirche in Deutschland, Rat, Eckpunkte, 2007. 158 Ebd., S. 4 f.; vgl. auch Deutsche Bischofskonferenz und Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland u. a., Christliche Patientenvorsorge, S. 22. 159 Dazu auch die Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD, Sterben hat seine Zeit, S. 24: „In Fällen, in denen der Patient ohne Bewusstsein ist und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit trotz der Ausschöpfung aller medizinischer Möglichkeiten das Bewusstsein niemals wieder erlangen wird, ist gemäß dem voraus verfügten Willen des Patienten zu handeln, was auch heißen kann, dass man auf therapeutische Interventionen verzichtet und ihn sterben lässt. Diese Regel ergibt sich aus dem Gebot, zum Besten des Patienten zu handeln, was ein153

B. Wertung am Lebensende

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Lutherische Landeskirche bereits bei Erscheinen der zweiten Auflage der Christlichen Patientenverfügung entfernt und die dort noch vorgesehene standardmäßige Reichweitenbegrenzung nicht mitgetragen.160 In der evangelischen Kirche kommt auch in dieser Frage die religiöse Vielfalt, die sich in der Organisation der evangelischen Christen wiederspiegelt, zum Ausdruck. Trotz des protestantischen Pluralismus lässt sich insgesamt feststellen, dass aktive Sterbehilfe überwiegend auch weiterhin als aus religiöser Sicht nicht zulässig angesehen wird.161 Behandlungsabbrüche werden unabhängig davon, ob sie in dem Stadium in dem der Sterbeprozess bereits begonnen hat oder davor, vorgenommen werden, hingegen akzeptiert.162 Die als passive Sterbehilfe bekannte Form ist demnach grundsätzlich zulässig. 3. Vorstellungen und Verständnis im jüdischen Glauben In der jüdischen Religion fehlt es hingegen an einer übergeordneten Organisation. Die jüdischen Gemeinden werden von einem Rabbiner geleitet, der Zentralrat der Juden nimmt nur politische und repräsentative Aufgaben wahr, wobei die Autonomie der Mitgliedsgemeinden „höchste Priorität“ hat.163 Auch vom World Jewish Congress oder dem European Jewish Congress geht keine theologische Leitung aus. Ähnlich wie bei den evangelischen Kirchen gibt es im jüdischen Glauben keine institutionell verankerte hierarchische Struktur. Die Glaubenslehre ist an einer Vielzahl von Autoritäten orientiert, die hinsichtlich der hier interessierenden Bewertung von Sterbehilfe und dem Verständnis vom Wert des Lebens und seinen Grenzen unterschiedliche Standpunkte vertreten.164 Dementsprechend ist hinsichtlich des Selbstverständnisses auf die einzelnen Gemeinden, insbesondere deren Rabbiner abzustellen. Unabhängig von der gebotenen Einzelfallbetrachtung lässt sich verallgemeinernd sagen, dass aus jüdischer Sicht das Leben des Menschen von Gott gegeben ist: Es ist „grundsätzlich nicht erlaubt, frei über den Körper zu verfügen, sich willentlich Verletzungen zuzufügen oder Selbstmord zu begehen.“165 So wird von einigen schließt, dass man seine Sicht und seinen Willen so weit wie möglich – d. h. wie es mit dem Gebot der Fürsorge vereinbar ist – achtet.“ 160 Deutsche Bischofskonferenz und Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland u. a., Christliche Patientenverfügung, S. 20. 161 So auch Härle, Ethik, S. 300 f. 162 Dies kann auch der Pressemittlung Nr. 134/2010 der EKD zum BGH-Urteil im Fuldaer Sterbefall (BGHSt 55, 191 ff.) vom 25. Juni 2010 entnommen werden; zudem Härle, Ethik, S. 300. 163 So der Zentralrat der Juden, http://www.zentralratdjuden.de/de/topic/26.html (Zugriff: 31. Dezember 2012). 164 Einige Autoritäten bei Nordmann, Zwischen Leben und Tod, S. 57 ff. 165 Nordmann, Das Leben ist eine Leihgabe von unantastbaren Wert, NZZ vom 15. September 2001, S. 93.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

Autoritäten eine Sterbehilfe strikt abgelehnt, andere erlauben den Abbruch der Behandlung mithilfe medizinischer Geräte, sofern der Mensch im Sterben liegt. Es ist dabei gleichfalls umstritten, wann von einem Sterbenden („goses“) gesprochen werden kann.166 Auch hier ist insbesondere die Frage nach der passiven Sterbehilfe im weiteren Sinne besonders strittig.167 Damit können auch für den Bereich jüdischer Einrichtungen solche Wertungsdifferenzen festgestellt werden, die möglicherweise zu Konflikten in der Praxis führen. 4. Vorstellungen und Verständnis im Islam Eine zunehmend stärkere Bedeutung hat in der Bundesrepublik der Islam. Die Frage nach dem Wert des Lebens und der Zulässigkeit von Sterbehilfe und Patientenverfügung wird auch im Islam gestellt. Da der Islam eine ,Religion ohne Kirche‘168 darstellt, keine letztgültige religiöse Autorität kennt und sich die Lehre in praktischer Organisation äußert,169 ist der Stellenwert und die Akzeptanz einer Patientenverfügung ebenfalls schwer und niemals einheitlich zu ermitteln.170 Islamische Gruppierungen haben bislang noch keine Einrichtungen zur Kranken- oder Pflegeversorgung gegründet,171 so dass die institutionelle Problematik nicht aktuell ist. Probleme auf der Ebene des Religionsverfassungsrechts existieren hier insofern

166

Vgl. Martel, Junge Kirche 2005, S. 20 (20); Nordmann, Zwischen Leben und Tod, S. 51; Abraham, in: Guggenheim/Leupin/Nordmann/Patcas (Hrsg.), The value of human life, S. 45 (45 ff.). 167 Nordmann, Zwischen Leben und Tod, S. 49, 58, 59; dazu auch Abraham, in: Rosner (Hrsg.), Medicine and Jewish Law I, S. 123 (128 ff.). 168 Steinbach, in: Abromeit/Wever (Hrsg.), Die Kirchen und die Politik, S. 109. 169 v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 89. 170 Jedoch gelingt Ilkilic, Ethik Med 2008, S. 221 (223 f.) m. w. Nachw., eine gute Darstellung. Er kommt zu dem Schluss, dass aktive Sterbehilfe kategorisch abgelehnt wird, bei der Beurteilung der Zulässigkeit von passiver Sterbehilfe allerdings zu differenzieren ist: Eine Position im innerislamischen Pluralismus geht von einer Verpflichtung zur Therapie aus, unabhängig von der Aussicht auf Heilung. Andere hingegen stellen die Sterbehilfe hinsichtlich des Verzichts auf lebenserhaltende Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen frei. Nur dann kann der Einsatz einer Patientenverfügung auch religiös legitimiert werden. Vgl. auch ders., in: Körtner/Virt/v. Engelhardt/Haslinger (Hrsg.), Lebensanfang und Lebensende in den Weltreligionen, S. 165 (169 ff.). 171 Vgl. auch BT-Drs. 16/5033, S. 36. Ein Grund dafür ist darin zu suchen, dass in der islamischen Welt die Altenbetreuung noch überwiegend von der eigenen Familie geleistet wird, die diese Aufgabe als Ehre und Verpflichtung ansehen, vgl. Beinhauer-Köhler, in: dies./Benad/ Weber (Hrsg.), Diakonie der Religionen 2, S. 75 (159); Schirrmacher, Kindererziehung und Familienwerte im Islam, S. 2. In Berlin wurde 2007 das türkische Altenheim Türk Bakim Evi eröffnet, das zwar auch über einen Gebetsraum verfügt, aber keinen religiösen Zweck verfolgt, sondern einen Beitrag zur Pflege ehemaliger türkischer Gastarbeiter leisten soll. Betrieben wird das Altenheim, das seit Ende 2010 Internationales Pflegehaus Kreuzberg heißt und auch für Menschen anderer Kulturkreise geöffnet wurde, von der Marseille-Kliniken AG. Im Ruhrgebiet sind einige türkische Gemeinden ebenfalls Träger von Altenheimen.

B. Wertung am Lebensende

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noch nicht. Auf der individuellen Ebene hingegen können Wertungsdifferenzen im erheblichen Ausmaß auftreten.172

IV. Zusammenfassend zu den Wertungsdifferenzen Die Wertungen, die von Religionsgemeinschaften und Staat bezüglich des Lebensendes sowie der Situation von Sterbenden und ihrer Verfügungsmacht getroffen werden, divergieren teilweise: Der Gesetzgeber hat die Situation am Lebensende mit der gesetzlichen Verankerung der Patientenverfügung in das Bürgerliche Gesetzbuch weiter liberalisiert. Die Anerkennung des Patientenwillens erfolgt unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung und die Anforderungen der Vorausverfügung sind abgesehen von dem Schriftform- und dem Bestimmtheitserfordernis nur marginal. Die Gerichte hatten bereits vor Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts diese Gesetzgebung vorweggenommen und den Patientenwillen grundsätzlich anerkannt. Eine weitere Stärkung durch die Rechtsprechung erfuhr der Patientenwille dann durch das Fuldaer Sterbeurteil, in dem die Kategorie des straffreien Behandlungsabbruchs geschaffen wurde.173 Trotz all dieser Liberalisierungstendenzen bleibt die gezielte, aktive Tötung auf Verlangen strafbar. Während also hinsichtlich der aktiven Tötung (noch) eine Wertungskongruenz festzustellen ist, sieht die Lage im Rahmen der passiven Sterbehilfe anders aus. Für den Fall, dass der Sterbeprozess noch nicht begonnen hat, hat insbesondere die katholische Kirche ein enges Verständnis von der Zulässigkeit der Sterbehilfe und damit auch von der Verbindlichkeit des Patientenwillens. Auch für den jüdischen und muslimischen Glauben kann eine ähnliche Wertungsdifferenz festgestellt werden. Die evangelischen Kirchen haben sich jedoch überwiegend für die Zulässigkeit der Sterbehilfe in diesem Stadium ausgesprochen. Die Wertungsdifferenz zwischen Religionsgemeinschaften und Staat sowie Gesellschaft ist besonders dort brisant, wo die Religionsgemeinschaft über eine Vielzahl von karitativen Einrichtungen verfügt, in denen es auf den Patientenwillen ankommt. Dies ist der Fall bei der katholischen Kirche. Folglich kommt es besonders dort für das Beispiel der Wertungsdifferenzen am Lebensende auf eine Lösung beziehungsweise eine Auflösung an. Für ein katholisches Krankenhaus oder eine katholische Pflegeeinrichtung wird der Patientenwille, der sich auf eine Situation bezieht, in der noch kein irrreversibler tödlicher Verlauf der Krankheit eingetreten ist, zu einem „ethischen Problem“174.

172 Der Gesetzgeber hat insbesondere wegen Konflikten aufgrund divergierender religiöser Vorstellungen in § 1 Abs. 4a SGB XI auf die Bedeutung geschlechtsspezifischer und kultursensibler Pflege hingewiesen, ohne darauf einen Anspruch zu begründen; vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar SGB XI, § 1 Rdnr. 12 (Stand: Oktober 2008). 173 BGHSt 55, 191 (204, Rz. 33). 174 Vorrath, in: May/Charbonnier (Hrsg.), Patientenverfügung, S. 15 (17). Franz Vorrath ist Weihbischof in der Diözese Essen.

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2. Kap.: Wertungsdifferenzen

Der Lösung dieses ethischen Problems wird erst im fünften Kapitel nachgegangen. Um eine tragfähige Lösung zu finden, ist es zuvor im dritten Kapitel erforderlich, den Freiheitsraum von Religionsgemeinschaften und Einrichtungen sowie dessen Grenzen zu beschreiben. Dieser Freiheitsraum bietet sodann Raum für die Gestaltung der Lösungsansätze.

3. Kapitel

Verfassungsrechtliche Grundlagen der karitativen Betätigung von religiösen Einrichtungen Die Untersuchung der Möglichkeiten, die karitative Einrichtungen haben, um ihren karitativen Auftrag in einer Weise auszuführen, die nicht im Widerspruch zu ihrem religiösen Verständnis vom Leben und seinen Grenzen steht, bedarf einiger verfassungsrechtlicher Vorklärungen. Es ist zu klären, inwiefern das Grundgesetz karitatives Wirken und die Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften auf der einen Seite schützt, aber auf der anderen Seite auch Einschränkungsmöglichkeiten unterwirft. In den Blick zu nehmen sind dabei insbesondere Art. 4 Abs. 1, 2 GG (Religionsfreiheit) sowie die staatskirchenrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV (Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften) und Art. 138 Abs. 2 WRV (Kirchengutsgarantie). Den genannten religionsspezifischen1 Rechten stehen religionsunspezifische Grundrechte wie Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 9 Abs. 1 GG zur Seite, die hier aber keiner weiteren Darstellung zugeführt werden sollen.2 Die Untersuchung dieses „Netz(es) an Freiheitsrechten“3, bisweilen auch als „Koordinatensystem karitativer Betätigung“4 bezeichnet, gibt Aufschluss darüber, wie weit die „Räume der freien Selbstentfaltung“5 reichen, in denen sich die Einrichtungen beziehungsweise Religionsgemeinschaften karitativ betätigen können.6 Der Bestimmung dieses Freiheitsraumes wird sich im vierten Kapitel die Frage anschließen, ob durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, das eine reichweitenunbeschränkte Patientenvorsorge gesetzlich verankert hat, in verfassungswidriger Weise in die Rechte der karitativen Einrichtungen eingegriffen und ihr Freiheitsraum insofern geschmälert wird. 1 Die Unterscheidung erfolgt in Anlehnung an Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (705 ff.). 2 Dazu Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 ff.; Neumann, Freiheitsgefährdung im kooperativen Sozialstaat, S. 9 ff.; Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, S. 104 ff. 3 Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, S. 104. 4 Schwarz, EuR 2002, S. 192 (196). 5 Scheuner, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche 8, S. 43 (67). 6 Selbstverständlich können sich auch Individuen auf die Grundrechte berufen. Da es hier aber in erster Linie um die Frage geht, wie die karitativen Einrichtungen auf staatliche Regelungen reagieren können und wie weit ihre Rechte reichen, wird auf die individualrechtliche Ebene nur am Rande eingegangen.

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit Den karitativen Einrichtungen könnte hinsichtlich ihres Wirkens der besondere Schutz von Art. 4 Abs. 1, 2 GG zukommen. Das Grundrecht der Religionsfreiheit ist sowohl hinsichtlich seines Schutzbereiches als auch seiner Schranken immer wieder Diskussionen in Rechtsprechung und Literatur ausgesetzt.7 Diese abschließend zu führen, kann und soll nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. Vielmehr werden im Wesentlichen die in dem hier interessierenden Bereich problematischen Aspekte beleuchtet.8 Deswegen wird sich auch darauf beschränkt werden, die karitativen Einrichtungen, in denen es im Zusammenhang mit dem Patientenwillen zu Spannungen kommen kann, zu betrachten. Es werden also beispielsweise nicht Kindergärten9 oder Fortbildungseinrichtungen in den Blick genommen, sondern Einrichtungen, in denen die hier interessierenden Wertungsdifferenzen auftreten: Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Betreuungsvereine. Deren Tätigkeit wird im Folgenden näher betrachtet.

I. Die karitativen Einrichtungen als Grundrechtsträger Träger von karitativen Einrichtungen sind teilweise als Orden organisiert10 oder die Kirchengemeinden werden selber direkt karitativ tätig. Oft aber treten sie in der Rechtsform privater Vereinigungen auf.11 In den häufigsten Fällen wird die Vereinsform gewählt. Zudem sind heute viele Träger (gemeinnützige) Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gGmbH); zum Teil wird karitativ auch in Form von Stiftungen sowie Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Aktiengesellschaften gewirkt.12 Diese selbstständig organisierten Einrichtungen sind juristische Personen im

7 Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich mittlerweile eine Vielfalt von kleinen und neuen Religionen gebildet hat, wird die Diskussion um eine restriktive Schutzbereichsbestimmung und eine Übertragung der Schranken aus Art. 136 Abs. 1 WRV über Art. 140 GG neu geführt. Vgl. nur Waldhoff, in: Ständige Deputation des 68. Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Band I, S. D 66 ff., und den entsprechenden Beschluss der Abteilung Öffentliches Recht, Punkt 18, in: dies. (Hrsg.), Band II/1, S. 92. 8 Eine umfassende Untersuchung des Gehalts und der Grenzen von Art. 4 Abs. 1, 2 GG aus jüngerer Zeit bei Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, 2006; Thaysen, Schrankenlose Toleranz oder Toleranz gegenüber Schranken?, 2008. 9 Zu Kindergärten vgl. Kämper, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, § 63. 10 Zu ihrer Grundrechtsträgereigenschaft vgl. Listl, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 841 (845 f.); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 79. 11 v. Tiling, Die karitativen Werken und Einrichtungen im Bereich der evangelischen Kirche, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 809 (813 f.). 12 Zur Rechtsform des Vereins, der GmbH sowie der Stiftung vgl. T. Bauer, Die GmbH als Rechtsform karitativer Einrichtungen der Kirche, S. 14 ff.; Ludemann/Negwer, Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 35 ff.

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit

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Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG13 und als solche Träger von Grundrechten, wenn die Grundrechte dem Wesen nach auf sie anwendbar sind.14 Während dies hinsichtlich der Freiheit zu glauben nicht der Fall ist, weil ,glauben‘ einen kognitiven Vorgang umschreibt, zu dem lediglich natürliche Personen in der Lage sind, steht der Anwendung der sonstigen Ausprägungen der Religionsfreiheit, der Freiheit zum Bekenntnis und zur Ausübung der Religion, Art. 19 Abs. 3 GG nicht entgegen.15 Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist aber, dass die Vereinigung die Pflege der Religion bezweckt.16 Das Bundesverfassungsgericht wendet Art. 4 Abs. 1, 2 GG hingegen direkt an, weil es in diesem Grundrecht ein sogenanntes Doppelgrundrecht17 erkennt.18 Ein unterschiedliches Ergebnis resultiert daraus nur bei ausländischen Vereinigungen.19

II. Die karitative Tätigkeit als religiöses Verhalten im Sinne von Art. 4 Abs. 1, 2 GG In der Rumpelkammerentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die karitative Tätigkeit dem Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1, 2 GG zugeordnet. Dort war zu entscheiden gewesen, ob das Sammeln von Altkleidern durch die katholische Landjugend zur Erlangung finanzieller Mittel für karitative Zwecke unter den Schutz der Religionsfreiheit fällt.20 Anders als in der Entscheidung zum Sammlungsgesetz,21 13 Zu den einzelnen Personenvereinigungen des Privatrechts P. M. Huber, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 19 Rdnr. 235 ff. 14 Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 75; Kästner, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte, Art. 4 Rdnr. 147 f.; Ludemann/Negwer, Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 23; Neumann, in: Gedächtnisschrift Jeand’Heur, S. 247 (251 f.); wohl auch v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 52. 15 BVerwG, E 64, 196 (199); BVerfG, E 19, 129 (132) – Umsatzsteuer; BVerfG, E 99, 100 (118) – St. Salvador; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 4 Rdnr. 35 f. (Stand: November 1988); Jeand’Heur/Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, Rdnr. 84; Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 169 f.; Kokott, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 9; Rottmann, in: Sondervotum zu BVerfG, E 53, 366 (409) – konfessionelle Krankenhäuser. 16 BVerfG, E 24, 236 (246 f.) – Aktion Rumpelkammer; E 99, 100 (118) – St. Salvador; Kokott, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 9; vgl. auch Mückl, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 4 Rdnr. 66 (Stand: August 2008). 17 Bezeichnung bei P. M. Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 19 Rdnr. 229. 18 BVerfG, E 19, 129 (132) – Umsatzsteuer; E 24, 236 (245 f.) – Aktion Rumpelkammer; E 42, 312 (332) – Bremer Mandatsklausel; so auch jüngst BVerfG, E 125, 39 (74) – Adventssonntage. Aus der Literatur Listl, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 439 (461); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 75, 79. 19 Für diesen Fall vgl. v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 52. 20 BVerfG, E 24, 236 ff. – Aktion Rumpelkammer. 21 BVerfG, E 20, 150 ff. – Sammlungsgesetz; anknüpfend an BVerwG, E 10, 199 (201). Zu berücksichtigen ist, dass die Entscheidung des BVerfG sich nicht speziell auf karitative

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

bei der das Bundesverfassungsgericht in Anlehnung an das vorangegangene bundesverwaltungsgerichtliche Urteil von einem „Grundrecht auf karitative Betätigung“ gesprochen hatte, das im Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG gründe, hat es das obig bezeichnete Verhalten als Ausübung der Religionsfreiheit angesehen.22 Allerdings versteht es das Grundrecht einheitlich als „die (innere) Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben, […] den Glauben zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten. Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glauben auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln.“23 Stellt das Handeln gemäß dem Glauben demnach eine Ausprägung des einheitlichen Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG dar, kann es auch dahinstehen, ob es sich dabei um eine Ausprägung der Bekenntnis- oder der Religionsausübungsfreiheit handelt.24

Sammlungen bezog, sondern es um eine abstrakte Normenkontrolle des Sammlungsgesetzes von 1934 in der Fassung von 1941 ging, das auch nicht religiös motivierte Sammlungen unter einen Erlaubnisvorbehalt stellte. Ein Wandel der Rechtsprechung zwischen der Entscheidung zum Sammlungsgesetz und der Rumpelkammer-Entscheidung kann demnach nicht erkannt werden. 22 BVerfG, E 24, 236 (245 f.) – Aktion Rumpelkammer; karitative Tätigkeit pauschal als Religionsausübung bezeichnet auch in BVerfG, K 12, 308 (329). 23 Zum einheitlichen Verständnis des Schutzbereiches vgl. BVerfG, E 32, 98 (106 f.) – Gesundbeter. In der Literatur haben sich zahlreiche Stimmen diesem Verständnis angeschlossen, zumeist bereits aus dem Grund, dass es andernfalls zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Glaubens-, Bekenntnis-, und Religionsausübungsfreiheit kommt. Vgl. Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 373 ff.; v. Campenhausen, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HbStR VII, § 157 Rdnr. 51; Wenckstern, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 50; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 4 Rdnr. 1; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 54; Kokott, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 13 ff.; Thaysen, Schrankenlose Toleranz oder Toleranz gegenüber Schranken?, S. 166 f.; Sacksofsky, VVDStRL 68 (2009), S. 7 (16). Teilweise wird aber auch eine wortlautorientierte Unterscheidung in diese drei Freiheiten unternommen, so bei Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 125 ff.; Kästner, JZ 1998, S. 974 (979 f.); Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 4 Rdnr. 64 ff. (Stand: November 1988); Hellermann, Die negative Seite der Freiheitsrecht, S. 138. 24 Sofern Mager, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 40 f., die Religionsausübungsfreiheit von der Bekenntnisfreiheit in der Weise abgrenzt, dass die Religionsausübungsfreiheit sich im Hauptzweck an einen Transzendenten richten müsse, während die Bekenntnisfreiheit auch an einen anderen Menschen gerichtet sei, kann diese Abgrenzung nur bei Vernachlässigung des Selbstverständnisses der christlichen Kirchen hinsichtlich der karitativen Tätigkeit eine Zuordnung zur Bekenntnisfreiheit eindeutig begründen. Schließlich richtet sich die Tätigkeit zwar nach außen hin an einen anderen Menschen, sie stellt aber eine Hinwendung an Gott dar, vgl. Pannenberg, Systematische Theologie 3, S. 210; Matthäus 25, 40 „Was ihr für meinen geringsten Bruder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Eine restriktive Auslegung des gesamten Schutzbereiches von Art. 4 Abs. 1, 2 GG, wie sie in der Literatur teilweise vertreten wird, hat das BVerfG in einem Beschluss vom 24. Oktober 2006 – 2 BvR 1908/03, DVBl. 2007, S. 119 (120), mangels Entscheidungserheblichkeit nicht weiter diskutiert. In dem darauf folgenden Beschluss zur Belegungspflicht in gesetzlichen Altenheimen, BVerfG, K 12, 308 (329), hat eine Kammer desselben Senats hingegen die karitative Tätigkeit erneut pauschal als Religionsausübung nach Art. 4 Abs. 2 GG bezeichnet.

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit

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Die Einrichtungen unternehmen die Tätigkeiten im Bereich Pflege, Versorgung, Unterstützung und ähnlichem mit dem Ziel, das religiöse Gebot der Nächstenliebe zu erfüllen. Unter diesem Gesichtspunkt ist im Grundsatz nicht zu beanstanden, die karitative Tätigkeit als Ausübung der Religion zu bezeichnen, jedenfalls als Verhalten, das von der Religionsfreiheit geschützt ist. Allerdings muss eine pauschale Einordnung der karitativen Tätigkeit als Religionsausübung und damit als Verhalten, das von Art. 4 Abs. 1 beziehungsweise Abs. 2 GG geschützt ist, kritisch betrachtet werden.25 Denn zum einen ginge damit eine enorme Ausweitung des Schutzbereiches einher, zum anderen könnten die Tätigkeiten, die dann den Schutz des Art. 4 GG genießen würden, nur schwer von den religionsunspezifischen Gewährleistungen abgegrenzt werden. Dies unterliefe die Systematik des Grundrechtskatalogs.26 Der Schutzbereich der Religionsfreiheit ist deshalb zu präzisieren.

III. Präzisierung des Schutzbereichs durch Betrachtung des religiösen Elements einer konkreten Handlung Zur Präzisierung des Schutzbereichs von Art. 4 Abs. 1, 2 GG ist das im Einzelfall getätigte Verhalten zu betrachten. Die konkrete Handlung muss ein religiöses Verhalten darstellen. 1. Schutzbereichsbestimmung unter Berücksichtigung von Wortlaut und Systematik Die Frage, wann es sich um Ausübung einer Religion handelt, muss im Kontext der übrigen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen gesehen werden. Fehlt es einer Handlung an einem religiösen Element, so vermittelt eben nicht Art. 4 Abs. 1, 2 GG den Schutz des Verhaltens, sondern möglicherweise die religionsunspezifischen Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG etc. Darüber hinaus kann auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV den Einrichtungen einen Freiheitsraum gewähren, wenn eine Religionsgemeinschaft die Einrichtung an ihrem besonderen Schutz teilhaben lässt.27 Es fehlt demnach dem Bundesverfassungsgericht an Präzision, wenn es formuliert: „Nach dem Selbstverständnis der katholischen und evangelischen Kirche umfaßt die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen und diakonischen Aufgabe ent25 So bereits Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 4 Rdnr. 102 ff. (Stand: November 1988); Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (388, 392 f.); Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (720 ff.); Faltin, Freigemeinnützige Krankenhausträger im System staatlicher Krankenhausfinanzierung, S. 36 f.; Classen, Religionsrecht, Rdnr. 397; Pabst, in: Festschrift Rüfner, S. 607 (620). 26 Vgl. auch Mager, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 41. 27 Vgl. dazu unter B. I. 2. a) sowie 5. Kap. E. I. 3. und 4.

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

spricht. […] Zu dieser karitativen Tätigkeit gehört die kirchlich getragene Krankenpflege.“28 Nicht alles, was in einer karitativen Einrichtung geschieht, ist auch Ausübung der Religion.29 Zweifellos ist dies bei dem Besuch eines Patienten aus areligiösen Gründen, da das Verhalten des Besuchers nicht durch die Religiosität der Einrichtung bestimmt ist. Sofern es aber um eine von dem Personal der Einrichtung vorgenommene Handlungen geht, könnte die Einordnung bereits anders zu bewerten sein. Zwar erscheinen die Handlungen nach außen hin neutral, jedoch werden sie vor dem Hintergrund begangen oder unterlassen, in der Gesamtheit einen religiösen Auftrag, nämlich den der Nächstenliebe beziehungsweise der Zedaka, zu erfüllen. Kann ein religiöser Hintergrund allein dazu führen, dass eine Handlung als religiöses Verhalten besonders geschützt ist? Zunächst einmal ist zu beachten, dass nicht auf einen Handlungsbereich, beispielsweise den Bereich der Pflege und Versorgung in der Krankeneinrichtung, sondern auf eine konkrete Handlung abzustellen ist.30 In der Rumpelkammerentscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht auch auf das Sammeln zu karitativen Zwecken und die Kanzelankündigung als konkrete Handlungen abgestellt.31 Wird die einzelne Handlung betrachtet und freiheitsrechtlich zugeordnet, so kann in Bezug auf die Freiheit der Religion und konkreter deren Ausübung nur entscheidend sein, ob der Handlung eine Religiosität32 innewohnt.33 Dieses dem Wortlaut entnommene Kriterium34 soll Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung von religiösem Verhalten und solchem Verhalten sein, das zwar nicht areligiös, aber jedenfalls religionsunspezifisch ist.35

28 BVerfG, E 53, 366 (392 f.) – konfessionelle Krankenhäuser; vgl. auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 38; Wenckstern, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 66. 29 Ähnlich auch Möllers, VVDStRL 68 (2009), S. 47 (75). 30 Dieses Abstellen auf die konkrete Handlung kommt einer Sachverhaltszerlegung nahe, die von der Literatur immer wieder gefordert wird, um künstliche Grundrechtskonkurrenzen zu lösen, vgl. dazu Stern, Staatsrecht III/2, S. 1378 ff. m. w. Nachw.; Hofmann, AöR 133 (2008), S. 523 (529). Erst wenn eine Handlung nicht mehr aus einem Bereich abgegrenzt und einzeln betrachtet werden kann, liegt eine Konkurrenzsituation vor, in der sodann das Grundrecht mit der engsten Schranke maßgeblich ist, vgl. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 1 Rdnr. 291. 31 BVerfG, E 24, 236 (247) – Aktion Rumpelkammer. 32 Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 433; Walter, Religionsverfassungsrecht, S. 512. 33 Insofern kann durch die dem Begriff ,Religion‘ zukommenden objektive Dimension der „Hypertrophie des Grundrechts“ (Kästner, JZ 1998, S. 974 ff.) entgegen getreten werden, so Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 87. 34 Eine Rückbesinnung auf den Wortlaut mahnt auch Mager, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 41, an, wenngleich sie im Ergebnis zu einer engeren Auslegung des Grundrechts auf ungestörte Religionsausübungsfreiheit kommt. 35 Auch Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 53, stellen zur Abgrenzung der Schutzbereiche auf die spezifische Beeinträchtigung eines bestimmten Grundrechts ab.

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit

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Das Abstellen auf eine innere Einstellung widerspricht auch nicht der Grundrechtsdogmatik, denn dort ist bei mehreren Grundrechten der Schutz von subjektiven Einstellungen abhängig.36 Zudem ist zu berücksichtigen, dass derjenige, der sich auf die Religionsfreiheit beruft, den religiösen Auftrag, der einer bestimmten Handlung zugrunde liegt, im Streitfall plausibel darlegen muss.37 Das Selbstverständnis des Grundrechtsträgers wird damit durch die Darlegung objektiviert, indem es nachvollziehbar gemacht werden muss.38 Dem folgt dann die staatliche Letztentscheidung darüber, ob es sich überhaupt um eine Religion handelt, die hier ausgeübt wird.39 2. Konvertierung einer neutralen Handlung in eine religiöse Handlung Nach außen hin unterscheiden sich die Handlungen des Personals in karitativen Einrichtungen jedoch regelmäßig nicht von denen des Personals in profanen Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Betreuungsvereinen. Eine – von außen betrachtet – neutrale Handlung konvertiert zu einer religiösen Handlung, wenn eine Person eine bestimmte Handlung vornimmt, um einen religiösen Auftrag zu erfüllen und sich dabei an ein religiöses Ge- oder Verbot hält. Es können also zwei Elemente verzeichnet werden: Zum einen ein subjektives Element,40 welches darin begründet liegt, dass die handelnde Person eine bestimmte Handlung aus der Motivation heraus vornimmt, einen religiösen Auftrag zu erfüllen und sich an ein Ge- oder Verbot der Religion zu halten. Zum anderen ein objektivierbares Element, denn das entsprechende Ge- oder Verbot der Religion muss tatsächlich bestehen. Das Ge- oder Verbot muss plausibel dargelegt werden können. In der Praxis ist es für den Fall, dass dieses Ge- oder Verbot dargelegt werden muss, einfacher, wenn es sich um eine der großen

36 Neumann, in: Gedächtnisschrift Jeand’Heur, S. 247 (249), mit Verweis auf ein ähnliches Problem bei der Bestimmung des Schutzbereiches der Kunstfreiheit. Auch bei der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG kommt es darauf an, ob die Personen einen gemeinsamen Zweck verfolgen, der sie innerlich verbindet und folglich von einer Ansammlung abgegrenzt werden kann. 37 BVerfG, E 83, 341 (353) – Baha’í, bezogen auf die Behauptung eine Religion und Religionsgemeinschaft zu sein. Plausibilität wurde verneint bei BVerfG, E 47, 327 (385) – Hessisches Universitätsgesetz; E 50, 256 (262). Aus der Literatur Kästner, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechtekommentar, Art. 4 Rdnr. 37; Sacksofsky, VVDStRL 68 (2009), S. 7 (18); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 80; Tillmanns, Jura 2004, S. 619 (622). v. Campenhausen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR VII, § 157 Rdnr. 94, fordert Nachvollziehbarkeit. 38 Die hieraus resultierende, wenn auch erst nachträgliche Erkennbarkeit greift damit die von Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (721), geforderte ,äußere Erkennbarkeit‘ auf. 39 BVerfG, E 83, 341 (353) – Baha’í; Neumann, in: Gedächtnisschrift Jeand’Heur, S. 247 (250). 40 Das subjektive Element wird auch in BVerfG, E 24, 236 (248) – Aktion Rumpelkammer, deutlich, wo die Motivation, mit der die Altkleidersammlung vorgenommen wird, ausschlaggebend ist; zustimmend Häberle, DÖV 1969, S. 385 (387).

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Religionsgemeinschaften handelt, als wenn es um eine Minderheitenreligion geht.41 Folglich muss das Religiöse zwar erkennbar sein, wenngleich nicht auf den ersten Blick.42 Sofern diese Voraussetzungen vorliegen, kann der neutrale Akt zur religiösen Handlung werden. Fraglich ist, ob eine bestimmte Qualität des religiösen Ge- oder Verbots zu fordern ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Gesundbeter-Entscheidung festgestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob es sich um ein imperatives Gebot handelt:43 Die Glaubensfreiheit umfasse es, auch nach solchen religiösen Überzeugungen zu handeln, „die für eine konkrete Lebenssituation eine ausschließlich religiöse Reaktion zwar nicht zwingend fordern, diese Reaktion aber für das beste und adäquate Mittel halten, um die Lebenslage nach der Glaubenshaltung zu bewältigen. Andernfalls würde das Grundrecht der Glaubensfreiheit sich nicht voll entfalten können.“44 Ob es sich dann aber tatsächlich frei entfalten darf, hängt davon ab, ob die Schranken des Grundrechts eingreifen oder nicht. Bei einer erforderlichen Abwägung wiegt ein imperatives Gebot grundsätzlich gewichtiger. Ein Tun (beziehungsweise eine Unterlassung) fällt demnach in den Schutzbereich der Religionsausübungsfreiheit, wenn ihr Unterlassen (beziehungsweise ihre Vornahme) gegen ein religiöses Ge- oder Verbot verstoßen würde, an dem sich der Grundrechtsträger – hier die karitative Einrichtung – verhaltensleitend orientiert. Solange sich eine Religion nicht hinsichtlich aller bestehenden Fragen und Ereignisse äußert und nicht bezüglich aller Fragen bestimmte Ver- oder Gebote aufstellt, können auch nicht alle Tätigkeiten eines Individuums oder alle Tätigkeiten in einer karitativen Einrichtung als Religionsausübung verstanden werden.45 Nur wenn sich für eine Handlung eine Haltung der Religion ergibt, so kann daran anknüpfend Religion ausgeübt werden.46 Als Beispiel soll eine später noch weiter zu untersu41 Vgl. auch Tillmanns, Jura 2004, S. 618 (622); zum Selbstverständnis des Grundrechtsträgers bei der Schutzbereichsbestimmung auch Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 189. 42 Eine wohl leicht darüber hinausgehende Erkennbarkeit, nämlich eine ,äußere Erkennbarkeit‘, fordern Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 655 (721 f.); Schwarz, EuR 2002, S. 192 (197). Ähnlich wie hier, fordert Möllers, VVDStRL 68 (2009), S. 47 (76), eine „objektiv nachvollziehbare[.] Erklärung des religiösen Kontexts, die nachweist, dass die betroffene Religion den geschützten Akt anders und zwar positiver bewertet als sein Unterlassen.“ Zudem Mückl, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 4 Rdnr. 104 (Stand: August 2008). 43 BVerfG, E 32, 98 (106 f.) – Gesundbeter; ähnlich BVerfG, E 104, 337 (351) – Schächten; E 108, 282 (297). Zustimmung bei Tillmanns, Jura 2004, S. 618 (622); dagegen BVerwG, E 94, 82 (87); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 556. 44 BVerfG, E 32, 98 (106 f.) – Gesundbeter. Der EGMR fordert bei Art. 9 EMRK eine verbindliche Vorgabe der Religion. Darstellung des Schutzbereiches bei Walter, in: Grote/ Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, Kap. 17 Rdnr. 51 ff. 45 So auch Mückl, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 4 Rdnr. 104 (Stand: August 2008). 46 In BVerfG, E 104, 337 (346) – Schächten, wurde die Berufsausübung, wegen der fehlenden Staatsangehörigkeit des Metzgers aus Art. 2 Abs. 1 GG, als betroffenes Grundrecht geprüft, wobei es aber um den Gehalt des Art. 4 Abs. 1, 2 GG verstärkt wurde. Dieses Vorgehen wurde in der Literatur zu Recht kritisiert. Stattdessen sollte auf die Grundrechtskonkurrenzen

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit

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chende Tätigkeit dienen: Das Anlegen beziehungsweise Nichtanlegen einer Magensonde zur künstlichen Ernährung sowie die damit verbundene Pflege kann zunächst als technischer Vorgang bewertet werden. Dann ist er allein dem medizinischtechnischen Bereich zuzuordnen und von den Freiheitsgewährleistungen des Art. 12 Abs. 1 GG geschützt, aber nicht von Art. 4 Abs. 1, 2 GG. In dem Moment aber, in dem die Religion eine handlungsweisende Aussage (hier den Auftrag das Leben zu erhalten) zu diesem zunächst neutralen Vorgang macht, und sich die karitative Einrichtung mit dieser Aussage identifiziert und ihrem Wirken zugrunde legt (was gegebenenfalls auch antizipativ durch eine bestimmte Bindung an eine Religionsgemeinschaft geschehen kann), wird der Vorgang zu einer religiösen Handlung. Folglich wird Religion ausgeübt. Etwas anderes würde beispielweise hinsichtlich der Frage gelten, ob ein bestimmtes Medikament der Firma X oder ein wirkungsgleiches der Firma Y verwendet werden soll. Wirken beide Medikamente gleich, wird es in der Regel an einem religiösen Gebot oder einer Empfehlung ein Medikament vorzuziehen, fehlen. Eine Entscheidung über die Verwendung eines Medikaments kann jedoch dann zur Religionsausübung werden, wenn die Religion eine ablehnende Einstellung gegenüber Medikamenten hat, die nur unter Zuhilfenahme embryonaler Stammzellen oder gentechnischer Veränderungen entwickelt wurden.47 Wie aber Betten gemacht werden, das Operationsbesteck gesäubert und geordnet wird, die Einrichtungen mit Besuchszeiten umgehen, wird nicht als Religionsausübung bezeichnet werden können; jedenfalls solange das nicht von der Religion bestimmt oder empfohlen wird.48 Die neutrale Handlung konvertiert nur dann zu einer Religionsausübung, wenn neben die Handlung ein religiöses Element tritt. Demnach kann festgehalten werden, wenn die Erfüllung eines religiösen Auftrags (in Form eines Gebots oder Verbots) von einer Handlung abhängt,49 diese Handlung Religionsausübung ist. Geht es aber nur um Sachgesetzlichkeiten50, und fehlt es an einer inhaltlichen Auswirkung auf den religiösen Auftrag,51 so fällt das Verhalten in die religionsunspezifischen Freiheiten. 3. Verbleibende Abgrenzungsschwierigkeiten Zweifellos ist eine solche Abgrenzung nicht ohne Schwierigkeiten durchzuführen, denn die Vorgänge haben sich nach außen hin teilweise soweit technisiert und zurückgegriffen werden; vgl. nur Classen, Religionsrecht, Rdnr. 166; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 57. 47 Vgl. dazu im Ausblick Abschnitt B. I. 2. 48 Solange gilt eben auch, dass das „Operationsbesteck (…) säkularisiert“ ist, Leisner, in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 17, S. 9 (20). 49 Siehe auch Badura, Der Schutz von Religion und Weltanschauung durch das Grundgesetz, S. 54. 50 So Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (722 f.). 51 Ähnlich auch Faltin, Freigemeinnützige Krankenhausträger im System staatlicher Krankenhausfinanzierung, S. 66.

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

professionalisiert, dass sie sich von einem säkularen Vorgang nicht mehr unterscheiden.52 Deswegen ist, wie bereits ausgeführt, die innere Seite der Handlung, die Motivation, entscheidend. Dabei kann die Frage, ob die Handlung überhaupt vorgenommen wird, um das Gebot oder Verbot der Religion zu beachten, nur aus der Sicht desjenigen beantwortet werden, der die Handlung begeht und sich auf das Freiheitsrecht beruft. Dieses Problem ist aber im Rahmen des karitativen Wirkens der Einrichtungen entschärft, denn dort steht eine Religionsgemeinschaft hinter dem Träger der Einrichtung53 und diese beiden haben bestimmte Parameter ihrer Tätigkeit, ihrer Motivation und Zusammenarbeit verschriftlicht.54 So kommt beispielsweise in der Satzung eines Trägervereins oder in Leitbildern einer Einrichtung zum Ausdruck, dass eine Verbindung zur Religionsgemeinschaft besteht und dass auf ihren Auftrag Bezug genommen und dieser damit für die Religionsgemeinschaft erfüllt wird. Ist die Verbindung der karitativen Einrichtung zu einer Religionsgemeinschaft festgestellt, kann auf der nächsten Stufe ermittelt werden, ob und wie die Religionsgemeinschaft sich zu welcher Frage äußert. Kommt es zwischen Einrichtungen und Religionsgemeinschaften zu unterschiedlichen Aussagen über das Verständnis des religiösen Auftrags, kann nicht der Staat allein Äußerungen der Religionsgemeinschaft als entscheidend zugrunde legen. Da sich die Einrichtungen selbst auf Art. 4 Abs. 1, 2 GG berufen können, ist zunächst ihr Verständnis ausschlaggebend. Ob und wie die Kirche auf ein von ihrer Haltung divergierendes Verständnis reagieren möchte, ist eine Frage, die sich im Verhältnis zwischen Einrichtung und Religionsgemeinschaft stellt und beispielsweise im Rahmen der Aberkennung als Einrichtung der Religionsgemeinschaft einer Lösung zugeführt werden kann.55

52

Dazu Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (716 f.); Neumann, in: Gedächtnisschrift Jeand’Heur, S. 247 (248, 253); ders., Freiheitsgefährdung im kooperativen Sozialstaat, S. 23. 53 An dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft, die sich eine Einrichtung zuordnet bzw. zuordnen lässt, muss sich die Einrichtung dann auch zunächst messen lassen, dazu Muckel, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 32 (Stand: April 2009); Uhle, in: Heinig/Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, S. 299 (307). Den Umstand, dass das Selbstverständnis auch ermittelt und bewiesen werden kann, legt Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 160 ff., explizit S. 164, für den Fall der Kirchen und Religionsgemeinschaften dar. 54 Zur vereinfachten Darlegung des Selbstverständnisses vgl. allgemein Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 282 f. 55 Vgl. dazu die Ausführungen hinsichtlich einer Zuordnung der Einrichtung zur Religionsgemeinschaft sogleich unter B. I., sowie vertieft im 5. Kap. E. I. 3. und 4. Classen, Religionsrecht, Rdnr. 158, hingegen geht von einem „gruppenbezogenen Religionsbegriff“ aus und verlangt damit, dass die Gebote von einer Religionsgemeinschaft ausgehen müssen. Damit wird aber die individuelle Religionsfreiheit entwertet. Die Tatsache, dass die Gebote von einer Religionsgemeinschaft aufgestellt werden, erleichtert zwar die Darlegung, eine darüber hinausgehende Begrenzung kann davon aber nicht ausgehen.

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit

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4. Keine Verengung im Sinne einer restriktiven Schutzbereichsbestimmung Mit dieser Abgrenzung können die Tätigkeiten in einer karitativen Einrichtung, die als Religionsausübung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 GG verstanden werden können, von denen abgegrenzt werden, die lediglich von Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG geschützt werden. Dabei handelt es sich nicht um eine echte Verengung des Schutzbereichs der Religionsfreiheit,56 sondern vielmehr um eine Auslegung, die vom Wortlaut ausgeht und die religiösen Handlungen schützen will, wodurch die systematischen Gegebenheiten des Grundgesetzes mit seinem gesamten Grundrechtskatalog gewahrt werden. Nur das – aber auch all das – was tatsächlich an Religion in einer Einrichtung ausgeübt wird, genauer was religionsspezifisch ist, kann vom Schutzumfang des Art. 4 Abs. 1, 2 GG umfasst sein. Unspezifische Verhaltensweisen hingegen fallen nicht in diesen Schutzbereich.

IV. Grenzen der Religionsfreiheit Art. 4 Abs. 1, 2 GG gewährt den karitativen Einrichtungen demnach verfassungsrechtlichen Schutz für ihr karitatives Tun, soweit es sich um religiöse Tätigkeit im hier verstandenen Sinne handelt. Allerdings darf in diese Freiheit dann eingegriffen werden, wenn eine Rechtfertigung des Eingriffs möglich ist. Zwar sieht der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1, 2 GG keinen Gesetzesvorbehalt für die Religionsfreiheit vor; gleichwohl ist aber in überzeugender Weise, ganz überwiegend anerkannt, dass auch vorbehaltlose Grundrechte einschränkbar sind.57 In der Literatur wird vielfach Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1 WRV als Schranke herangezogen.58 Das Bun56

Kritisch zu Verengungen der Schutzbereiche allgemein Kahl, AöR 131 (2006), S. 579 (605 f.), ders., Der Staat 43 (2004), S. 167 (184 ff.) m. umf. Nachw. aus dem Schrifttum auf S. 177 ff.; Erwiderung hierauf von Hoffmann-Riem, Der Staat 43 (2004), S. 203 ff. 57 Nachweise von vereinzelten Stimmen, die eine Einschränkbarkeit ablehnen, sowie eine umfassende Darstellung der Schrankenproblematik bei Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 481 ff., Nachw. auf S. 482 in Fn. 562. 58 BVerwG, E 112, 227 (231 f.) – Schächtentscheidung, dann aber wieder der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts folgend BVerwG, E 112, 314, 318 (wie in E 122, 227 der 3. Senat); E 116, 359 (360); E 121, 140 (148); Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 224 ff.; Kästner, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 4 Rdnr. 207 ff.; M. Heckel, AöR 134 (2009), S. 309 (377); Thaysen, Schrankenlose Toleranz oder Toleranz gegenüber Schranken?, S. 134 ff.; Mager, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 37; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 87 ff.; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 4; Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht, Rdnr. 129; umfassende Nachweise aus der älteren Literatur und Rechtsprechung bei Neureither, Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht, S. 136 in Fn. 43. Eine solche Schrankenübertragung ablehnend bei BVerfG, E 33, 23 (30 f.) – Eidesverweigerung aus Glaubensgründen: „Der Grundgesetzgeber hat die Glaubens- und Gewissensfreiheit aus dem Zusammenhang der Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung gelöst und ohne jeden Gesetzesvorbehalt in den an der Spitze der Verfassung stehenden Katalog unmittelbar verbindlicher Grundrechte aufgenommen (vgl. BVerfGE 19,

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

desverfassungsgericht geht hingegen mit einem erheblichen Teil der Literatur in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 4 Abs. 1, 2 GG so wie andere vorbehaltlose Grundrechte eingeschränkt werden kann.59 Für die Rechtfertigung eines Eingriffs ist von Nöten, dass das einschränkbare Gesetz verfassungsunmittelbare Schranken – in Gestalt von Grundrechten Dritter und sonstigen Rechtswerten mit Verfassungsrang – konkretisiert. Es ist kein durchschlagender Grund ersichtlich, warum hier entgegen des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1, 2 GG eine Schranke aus Art. 136 Abs. 1 WRV entnommen werden soll. Fehlt es einem Grundrecht an einer ausdrücklichen Schranke, so wird auf die verfassungsimmanenten Schranken abgestellt. So auch hier, denn warum soll der Rechtsanwender eine andere Schranke ziehen, als sie der Wortlaut vorsieht? Die Bestimmung in Art. 136 Abs. 1 WRV war historisch keine Schranke für die Religionsfreiheit, sondern ein Differenzierungsverbot und ist auch heute entsprechend zu verstehen.60 Eine engere Schranke kann 206 [219 f.]; 24, 236 [246]). Art. 136 WRV ist deshalb im Lichte der gegenüber früher (vgl. Art. 135 WRV) erheblich verstärkten Tragweite des Grundrechts der Glaubens- und Gewissensfreiheit auszulegen; er wird nach Bedeutung und innerem Gewicht im Zusammenhang der grundgesetzlichen Ordnung von Art. 4 Abs. 1 GG überlagert (…). Welche staatsbürgerlichen Pflichten im Sinne des Art. 136 Abs. 1 WRV gegenüber dem Freiheitsrecht des Art. 4 Abs. 1 GG mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden dürfen, läßt sich unter der Herrschaft des Grundgesetzes nur nach Maßgabe der in Art. 4 Abs. 1 GG getroffenen Wertentscheidung feststellen.“ 59 Erstmals hat das BVerfG, E 28, 243 (261) – Dienstpflichtverweigerung, die Einschränkbarkeit vorbehaltloser Grundrechte formuliert. In Bezug auf Art. 4 Abs. 1 GG dann in BVerfG, E 32, 98 (108) – Gesundbeter: „Diese vom Grundgesetz anerkannte Gemeinschaftsbindung des Individuums macht auch Grundrechte, die vorbehaltlos gewährleistet sind, gewissen äußersten Grenzziehungen zugänglich. Jedoch dürfen die Grenzen der Glaubensfreiheit – wie die der Kunstfreiheit (vgl. BVerfGE 30, 173 [193]) – nur von der Verfassung selbst bestimmt werden. Da die Glaubensfreiheit keinen Vorbehalt für den einfachen Gesetzgeber enthält, darf sie weder durch die allgemeine Rechtsordnung noch durch eine unbestimmte Klausel relativiert werden, welche ohne verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt und ohne ausreichende rechtsstaatliche Sicherung eine Gefährdung der für den Bestand der staatlichen Gemeinschaft notwendigen Güter genügen läßt. Vielmehr ist ein im Rahmen der Garantie der Glaubensfreiheit zu berücksichtigender Konflikt nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses grundlegenden Wertsystems zu lösen.“ Aus der Literatur Maurer, ZevKR 49 (2009), S. 311 (316 ff.); Waldhoff, in: Ständige Deputation des 68. Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Band I, S. D 71 f.; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 112; v. Sternberg-Ungern, Religionsfreiheit in Europa, S. 155; Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 136 WRV Rdnr. 54 (Stand: Februar 2003); Walter, Religionsverfassungsrecht, S. 515 ff.; Winter, Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 119 f.; Bayer, Das Grundrecht der Religions- und Gewissensfreiheit, S. 67 f.; Janz/Rademacher, NVwZ 1999, S. 706 (709); Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, S. 132 ff., 142; Germann, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 47 f. (Stand: Oktober 2012); Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 122 ff.; Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 487 ff.; Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 255 ff.; K. Fischer/Groß, DÖV 2003, S. 932 (939); Neureither, Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht, S. 135 ff.; Stern, in: ders., Staatsrecht IV/2, S. 1059 ff., insbes. 1061, zudem 1101. 60 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 112; Sacksofsky, VVDStRL 68 (2009), S. 7 (19).

A. Karitative Tätigkeit und die Religionsfreiheit

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der verfassungsändernde Gesetzgeber unter Beachtung der Vorgaben aus Art. 79 GG vornehmen. Die Problematik der Schrankenlosigkeit von Art. 4 Abs. 1, 2 GG ist dem Gesetzgeber prominent mit dem Streit um das Schächten vor Augen geführt worden.61 Er hätte damals entsprechend reagieren können, wenn er die Schrankenlosigkeit als Ursache von Problemen und Gefahren erkannt hätte. Stattdessen wurde der Konflikt um das Schächten mit dem neu eingeführten Passus in Art. 20a GG umgangen, der den Tierschutz verfassungsrechtlich verortet hat.62 Solange der Verfassungsgeber keine Änderung von Art. 4 GG beschließt, schützt die in ständiger Rechtsprechung entwickelte Dogmatik zur Beschränkung vorbehaltsloser Grundrechte die anderen Werte von Verfassungsrang hinreichend.63 Zwar ist zuzugeben, dass der dabei erforderlichen Abwägung immer auch ein gewisses Maß an Unsicherheit innewohnt,64 allerdings hat die Rechtspraxis für die Abwägung zwischen Werten von Verfassungsrang Kriterien entwickelt, mit deren Hilfe die Abwägung in nachvollziehbaren Bahnen verläuft und dadurch einen rationalisierten Effekt hat.65 Bei Bedarf kann der verfassungsändernde Gesetzgeber hier den Abwägungsspielraum minimieren, indem er eine ausdrückliche engere Schranke in den Wortlaut von Art. 4 Abs. 1, 2 GG aufnimmt. Konkretisiert das eingreifende Gesetz eine verfassungsimmanente Schranke, so kann der Eingriff in Art. 4 Abs. 1, 2 GG gerechtfertigt werden. Ist dies aber nicht der Fall, kann Art. 136 Abs. 1 WRV nicht zur Rechtfertigungsgrundlage herangezogen werden.

V. Ergebnis Im Recht auf freie Ausübung der Religion aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG finden viele Handlungen, die in einer karitativen Einrichtung vollzogen werden, verfassungsrechtlichen Schutz, sofern es sich um eine Handlung handelt, der eine religiöse Stellungnahme zugrunde liegt. Die Religionsfreiheit wird aber nicht schrankenlos gewährleistet, sondern ist durch verfassungsimmanente Grenzen begrenzt.

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Dazu Wittreck, Der Staat 42 (2003), S. 519 ff. Kluge, ZRP 2004, S. 10 (11); Funke, in: BT-Plenarprotokoll 14/237, S. 23662 B. 63 Maurer, ZevKR 49 (2004), S. 311 (331). 64 Abwägungsskeptisch Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 134 ff.; Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR V2, § 111 Rdnr. 175; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rdnr. 118 (Stand: November 2006). 65 Alexy, VVDStRL 61 (2002), S. 7 (18 ff., 21). 62

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen I. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften aus Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV ist nach seiner Inkorporierung in das Grundgesetz durch Art. 140 GG vollgültiges Verfassungsrecht.66 Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV sollte ursprünglich die Kirchenaufsicht beenden und ist historisch darauf angelegt, die Religionsgesellschaften vor Eingriffen des Staates in ihren Bereich zu schützen.67 Im Folgenden wird das heutige Verständnis des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften untersucht. 1. Der Charakter des Selbstbestimmungsrechts im Überblick Mit der Inkorporierung der Weimarer Kirchenrechtsartikel in das Grundgesetz hat sich dieses Verständnis nicht verändert.68 Es gewährleistet den Religionsgesellschaften das Recht, ihre Angelegenheiten selbstständig im Rahmen des ,für alle geltenden Gesetzes‘ zu ordnen und zu verwalten. Es soll sicherstellen, dass die Religionsgemeinschaften von „staatlicher Bevormundung, Aufsicht und Einschränkung“69 frei sein können. Aus dem freiheitsrechtlichen Charakter70 des Selbstbestimmungsrechts folgt zum einen eine abwehrrechtliche Dimension.71 Zum anderen impliziert die Gewährleistung eines Freiheitsraumes72 aber auch, dass ein Raum besteht, der von den Religionsgemeinschaften selbst ausgefüllt werden kann. Innerhalb dieses freiheitlichen Gestaltungsraums soll sich die Religion frei entfalten können. Dieser Aspekt verdient bei Betrachtung des Selbstbestimmungsrechts der 66 BVerfG, E 19, 206 (219) – Kirchenbausteuer; Hollerbach, in: Blumenwitz (Hrsg.), Konrad Adenauer und seine Zeit II, S. 367 (367, 377 f.); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 29; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 2; Borowski, Die Glaubensund Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 341 f. 67 Anschütz, in: ders./Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Band 2, S. 675 (682), bezogen auf die Gewährleistung der Religionsfreiheit im Ganzen aus der WRV; Ebers, Staat und Kirche im neuen Deutschland, S. 254; Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 68; Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 183 (185 f.). 68 Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 183 (193 ff., 202). 69 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 43. 70 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 44; Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 183 (186 f.); Mager, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 31; a. A. aber Wieland, Der Staat 25 (1986), S. 321 (327 f., 347 f.); dagegen eingehend Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 186 ff. 71 Zum abwehrrechtlichen Charakter vgl. Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 53; Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 73. 72 Christoph, ZevKR 34 (1989), S. 406 (420), spricht in ähnlicher Weise vom Freiraum, der den Einrichtungen trotz Schrankengesetzen noch verbleibt.

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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Religionsgemeinschaften insofern Beachtung, als es sich dabei nicht um die Einräumung eines bestimmten Selbstverwaltungsrechts handelt, sondern um die Anerkennung ihrer bestehenden Freiheit.73 Gleichwohl findet das Selbstbestimmungsrecht Grenzen in dem ,für alle geltenden Gesetz‘, wodurch auch der Gestaltungsraum für die Einrichtungen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verkürzt werden kann. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind demnach je nach Auslegung der Schrankenbestimmung begrenzt. Innerhalb dieser Grenzen können die Religionsgemeinschaften selber bestimmen, wie und wo sie tätig werden wollen. Es ist nun zu prüfen, inwieweit die karitative Tätigkeit vom Selbstbestimmungsrecht geschützt ist. 2. Das Recht auf die selbstständige Verwaltung der karitativen Tätigkeit Der Auftrag der Nächstenliebe und Zedaka wird im großen Umfang in karitativen Einrichtungen erfüllt; teilweise durch Orden, vorrangig aber durch Vereinigungen in privatrechtlicher Rechtsform wie Vereinen, gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Stiftungen.74 Die in diesen Rechtsformen betriebenen Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Betreuungsvereine könnten sich bei ihrer Tätigkeit zusätzlich zu dem Bereich, der bereits von Art. 4 Abs. 1, 2 GG geschützt ist, auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV berufen. a) Karitative Einrichtungen als Träger des Selbstbestimmungsrechts Die selbstständigen Vereinigungen müssen sich zunächst auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften berufen können. Dem Wortlaut nach sind die Religionsgesellschaften Träger dieses Rechts.75 Die Orden76 und privaten Vereinigungen stellen keine Religionsgesellschaft im Sinne der historisch gefestigten 73

Vgl. BVerfG, E 18, 385 (386) – Teilung einer Kirchengemeinde: „Damit erkennt der Staat die Kirchen als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten.“; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht S. 99; Fl. Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, S. 207 m. w. Nachw.; die besondere Bedeutung wird auch dargelegt bei de Wall/ Muckel, Kirchenrecht, § 11 Rdnr. 1 f. 74 Die Wahl der Rechtsform ist dabei nicht eingeschränkt BVerfG, K 12, 308 (330); Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, S. 28 f., 41; Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 72. 75 Synonym für ,Religionsgesellschaft‘ wird der Begriff ,Religionsgemeinschaft‘ gebraucht, so Pieroth/Görisch, JuS 2002, S. 937 (937 f.); vgl. auch Neureither, Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht, S. 199 f. 76 Zu der Eigenschaft der Orden als Träger der Religionsfreiheit und des Selbstbestimmungsrechts vgl. Listl, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 841 (845 f.).

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Auslegung dieses Begriffes dar. Unter ihm versteht das Bundesverwaltungsgericht in Anlehnung an Gerhard Anschütz77 einen „Verband, der die Angehörigen desselben Glaubensbekenntnisses oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse zu allseitiger Erfüllung der durch das Bekenntnis gestellten Aufgabe zusammenfasst.“78 Die karitativen Einrichtungen erfüllen jedoch nur partielle Aufgaben der Glaubensgemeinschaft, nämlich die Erfüllung des Auftrags zur tätigen Nächstenliebe beziehungsweise zur Zedaka, und kommen dem Wortlaut nach als Träger des Selbstbestimmungsrechts somit direkt nicht in Betracht. Hingegen erstreckt sich nach ständiger Rechtsprechung das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV auch auf die Einrichtungen, wenn die Vereinigungen den Religionsgesellschaften zugeordnet79 werden können. Dieser Rechtsprechung ist zuzustimmen. Die Grundlage für die weite Auslegung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Religionsgemeinschaften selbst nach ihren Ordnungsvorstellungen über ihre Organisation bestimmen und damit festlegen können, dass andere Rechtsträger ihre Aufgaben partiell erfüllen können.80 Wenn die Religionsgemeinschaften sich entsprechend für eine – partielle – Aufgabenerfüllung durch solche ihnen zuordbare Träger entscheiden, dann ist diese Organisationsentscheidung zu beachten. Schließlich kommt den Religionsgemeinschaften hinsichtlich ihrer Organisation eine Freiheit zu, so dass sich der Schutz auch auf die rechtlich selbstständigen, aber eben ihnen zuordbaren Einrichtungen erstreckt.81 Da den Religionsgemeinschaften Freiheit zur Ordnung und Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten zugestanden wird, ist es konsequent, wenn die Einrichtungen, denen sich die Religionsgemeinschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedienen, an dem Recht auf Selbstbestimmung teilhaben können.82 Zur Begründung dieses weiten Schutzes wird systematisch auf den über Art. 140 GG ebenfalls inkorporierten Art. 138 Abs. 2 WRV verwiesen, der den vermögensrechtlichen Schutz nicht nur auf die Religionsgemeinschaft an sich beschränkt, sondern auch auf religiöse Vereine erstreckt.83

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Anschütz, Weimarer Reichsverfassung, S. 633. BVerwG, E 123, 49 (54) m. w. Nachw. 79 Der Begriff der Zuordnung findet sich erstmals bei Smend, ZevKR 4 (1955), S. 71 (73) und wurde in der Goch-Entscheidung verwendet, BVerfG, E 46, 73 (85 et passim) – Stiftungen. Er ist seitdem ständiges Kriterium in der Rechtsprechung und hat darüber hinaus Eingang in die staatliche und kirchliche Gesetzgebung gefunden. 80 Vgl. BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht; Classen, Religionsrecht, Rdnr. 365. 81 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 52; Makoski, Kirchliche Krankenhäuser und staatliche Finanzierung, S. 186 ff. A.A. Wieland, Der Staat 25 (1986), S. 321 (344 f.); im Ergebnis zustimmend Kleine, Institutionalisierte Verfassungswidrigkeiten im Verhältnis zwischen Staat und Kirche, S. 154 ff.; Preuß, in: Alternativkommentar, GG, Art. 140 Rdnr. 45 (Stand: Oktober 2001); Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht, Rdnr. 185. 82 Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 193. 83 BVerfG, E 46, 73 (86) – Stiftungen; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 52; Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (727). 78

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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Die Zuordnung einer Vereinigung zur Religionsgemeinschaft setzt aus staatlicher Sicht dreierlei Gegebenheiten voraus:84 Zunächst müssen die Einrichtungen an der Verwirklichung eines Teiles des Auftrags der Kirchen oder Religionsgesellschaften im Geist ihrer Religiosität teilnehmen.85 Darüber hinaus müssen ein Einklang mit dem Bekenntnis der Religionsgemeinschaft sowie eine Verbindung mit deren Amtsträgern bestehen.86 Sofern eine Zuordnung festgestellt werden kann, können der Einrichtungsträger und die Einrichtung an dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft teilhaben. Sie haben jedoch kein originäres Recht auf Selbstbestimmung, sondern ein derivatives Recht, das sich aus dem der Religionsgemeinschaft ableitet.87 Die Religionsgemeinschaft lässt sie an ihrem Selbstbestimmungsrecht teilhaben,88 indem sie die Zuordnungsentscheidung trifft.89 Welche Konsequenzen folgen für die Einrichtungsträger aus dieser Zuordnung? Das Bundesverfassungsgericht geht zunächst davon aus, dass die Religionsgemeinschaften die Möglichkeit haben, die zugeordneten Einrichtungen selbstständig zu ordnen und zu verwalten.90 Da aber die Teilhabe an dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften den karitativen Einrichtungen einen eigenen Gestaltungsraum eröffnet, können die Einrichtungen diesen selber in Anspruch nehmen.91 Jedenfalls solange sie einer Religionsgemeinschaft zugeordnet sind. Die Einrichtungen selbst haben damit die Möglichkeit, alle Maßnahmen zu ergreifen, die zur Verfolgung der vom kirchlichen Grundauftrag her bestimmten Aufgaben zu treffen sind.92 Genau genommen ist ihr Aufgabengebiet hier auf die Aufgaben beschränkt, die ihnen partiell übertragen wurden. Gegen diese Teilhabe am Gewährleistungsbereich kann auch nicht eingewendet werden, dass die Einrichtungsträger damit zum einen selber 84

Vertiefend im 5. Kap. E. I. Dies kann bei der Erfüllung einer Grundfunktion bejaht werden, vgl. Ludemann/Negwer, Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 68 f. 86 Vgl. BVerfG, E 46, 73 (87) – Stiftungen; dazu Glawatz-Wellert, ZevKR 51 (2006), S. 352 (359 ff.); Glawatz, Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, S. 53 ff.; Rhode, AfkKR 175 (2006), S. 32 (59 ff.). 87 Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 194; Korioth, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 19 (Stand: Februar 2003); Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (727 f.); v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 175 f.; Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 153; ArbG Mönchengladbach, Beschluss vom 12. Juli 2001, Az: 4 BV 34/01, juris Rdnr. 48. 88 v. Campenhausen, in: ders./Erhardt (Hrsg.), Kirche, Staat, Diakonie, S. 10 (24). 89 Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 194. 90 Vgl. BVerfG, E 46, 73 (87) – Stiftungen: „Nach Art. 137 Abs. 3 WRV sind nicht nur die organisierte Kirche und die rechtlich selbständigen Teile dieser Organisation, sondern alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen“. So auch BVerfG, K 12, 306 (330). 91 Vgl. Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, S. 141. 92 Siehe BVerfG, K 12, 306 (330). 85

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

als partielle Vereinigung Gegenstand des Selbstbestimmungsrechts sind, beispielsweise aufgrund des kirchlichen Vereinsrechts, zum anderen auch Träger dieses Selbstbestimmungsrechts sind. Schließlich haben die Einrichtungen nur am Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften teil; den Gestaltungsraum können sie also nur dann nutzen, wenn er ihnen auch von den Religionsgemeinschaften zugewiesen ist und zugewiesen bleibt, das heißt nicht entzogen wurde. Die karitativen Einrichtungen und ihre Träger können also bei entsprechender Gewährung durch die Religionsgemeinschaften den ihnen zugestandenen freiheitlichen Raum gestalten. Sie können über eigene Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften eigenständig ordnen und verwalten. Dabei sind sie aber zum einen an die Vorgaben der Religionsgemeinschaft, zum anderen an die ,für alle geltenden‘ Gesetze im Sinne des Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV gebunden. b) Karitative Tätigkeiten als eigene Angelegenheiten Oftmals wird die karitative Tätigkeit in Literatur und Rechtsprechung generell als eigene Angelegenheit93 der Religionsgemeinschaften bezeichnet.94 Die Bedeutung der karitativen Tätigkeit für die Religionsgemeinschaften wurde bereits vertieft dargestellt.95 Nach dem jeweiligen Selbstverständnis sind Caritas und Diakonie bei den christlichen Kirchen und Zedaka in den jüdischen Gemeinden Aufgaben der Religionsgesellschaften. Es ist anerkannt, dass Wohltätigkeit „eine große Rolle als eine neben der Verkündigung unaufgebbare Lebensäußerung kirchlichen Lebens“96 spielt. Die karitativen Tätigkeiten dienen grundsätzlich dazu, den Auftrag der Religionsgemeinschaften, seinen Nächsten zu lieben und wohltätig zu sein, zu erfüllen. Da der Umfang des Schutzes und der Gewährleistung der karitativen Tätigkeit in der vorliegenden Arbeit im Mittelpunkt steht, ist eine eingehende Untersuchung erforderlich, um den Rahmen des Gewährleistungsbereiches zu erkennen.

93 Es ist darauf hinzuweisen, dass sich getreu des Wortlauts in Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRVan dem Begriff ,ihre Angelegenheiten‘ orientiert werden muss. Der Begriff ,eigene Angelegenheiten‘ geht wohl zurück auf Anschütz, Weimarer Reichsverfassung, S. 635, der von folgender Definition ausgeht: „die den Religionsgesellschaften eigenen Angelegenheiten“. 94 BVerfG, K 12, 306 (329); BVerfG, E 53, 366 (393 ff.) – konfessionelle Krankenhäuser. Im Schrifttum früh bei Mikat, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner (Hrsg.), Grundrechte IV/1, S. 111 (193); Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (725 f.); v. Campenhausen/ Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 39; Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 70; Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 40 (Stand: Februar 2003); Schwarz, EuR 2002, S. 192 (199); Germann, in: Epping/ Hillgruber (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 34 (Stand: Oktober 2012); Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 8; unklar Wieland, Der Staat 25 (1986), S. 321 (345). 95 Zu der Bedeutung für die Religionsgemeinschaft vgl. bereits 1. Kap. A. II. 96 v. Campenhausen/Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 39.

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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aa) Schutz ihrer Angelegenheiten, nicht nur der inneren Angelegenheiten Die karitative Tätigkeit verbleibt nicht im innerkirchlichen Bereich, sondern gerade bei der Erfüllung des Auftrags zur Nächstenliebe und Zedaka äußert und vollzieht sich die Religion im gesamtgesellschaftlichen Bereich. Die Religionsgemeinschaften wirken durch ihre Einrichtungen „in der Welt“.97 Da dem Wortlaut von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV eine lange verfassungsgeschichtliche Entwicklung vorausgeht,98 die einem weiten Gewährleistungsumfang entspricht, vermag es keinesfalls zu überzeugen, nur innerkirchliche Angelegenheiten als vom Selbstbestimmungsrecht erfasst, anzusehen.99 Insofern ist auch das Wirken in der Welt in Form der karitativen Tätigkeit in der Krankenbehandlung und Pflege sowie der Betreuung als eigene Angelegenheit anzuerkennen. Die Einrichtungen könnten diese Tätigkeit dann selbstständig ordnen und verwalten. bb) Eigene Angelegenheit auch bei öffentlicher Aufgabe Die karitative Tätigkeit äußert sich im Wesentlichen dort, wo der soziale Staat ebenfalls – zumindest mittelbar – engagiert ist. Fraglich ist deswegen, ob die kari97 BVerfG, E 70, 138 (162 ff.) – Loyalitätspflicht; siehe auch Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 68, 70 ff. 98 Der Wortlaut von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV spricht von „ihren Angelegenheiten“, wobei das Possessivpronomen anzeigt, dass es sich um solche Angelegenheiten handelt, an denen die Träger des Gewährleistungsbereiches ein Anliegen haben. Nach dem Wortlaut ist der Kreis der Angelegenheiten weit zu verstehen. Auch die Historie spricht für eine weite Gewährleistungsbestimmung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Autonomiebestrebungen noch auf Erlangung der Selbstbestimmung in inneren Angelegenheiten beschränkt. In den frühkonstitutionellen Verfassungen (vgl. § 71 der Verfassung des Königreichs Württemberg vom 25. September 1819 – abgedruckt bei E. R. Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte I, Nr. 55; § 57 Abs. 2 der Verfassung für das Königreich Sachsen vom 4. September 1831 – abgedruckt bei E. R. Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte I, Nr. 59) erfüllte sich diese Erwartung dann, wenn auch verbunden mit einem erheblichen Aufsichtsrecht des Staates, vgl. E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte I, S. 395. In der Diskussion um die Reichsverfassung von 1849 ist von dem Abgeordneten Gförer (abgedruckt in: Wigard [Hrsg.], Verhandlungen der deutschen Nationalversammlung, Band 3, S. 1786) dann darauf hingewiesen worden, dass eine Beschränkung des Umfangs des Selbstbestimmungsrecht auf innere Angelegenheiten, wie es das erste Minoritätserachten (abgedruckt in: Wigard [Hrsg.], Verhandlungen der deutschen Nationalversammlung, Band 3, S. 1632) vorsah, zu einer Verengung führen würde. Die Paulkirchenverfassung sah dementsprechend in § 147 Abs. 1 vor: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig.“ Gewährleistet werden sollte die Selbstbestimmung nicht nur über innere Angelegenheiten, sondern über ihre Angelegenheiten. Im Jahr 1919 sollte die Aufsicht des Staates über die Kirche endgültig beendet und damit in erster Linie eine institutionelle Entflechtung erreicht werden. Nach der Inkorporierung in das Grundgesetz rückte auch die Gewährleistung eines Raums zur Entfaltung des kirchlichen Wirkens in den Normbereich, vgl. Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 69; Hesse, JöR 10 (1962), S. 3 (23). 99 Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 7, nimmt ebenfalls eigene Angelegenheiten an, auch wenn das Handeln in den weltlichen Bereich hineinwirkt.

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

tative Tätigkeit trotz dieses staatlichen Engagements im Sozial- und Fürsorgebereich eine ,eigene Angelegenheit‘ darstellt oder ob die Angelegenheit durch den Staat „kolonialisiert“ wird und dem Gewährleistungsbereich entfällt. Die Sicherstellung der Versorgung von Pflegebedürftigen obliegt gemäß § 9 SGB XI100, die von Kranken gemäß § 6 Abs. 1 KHG dem Staat, genau genommen den Ländern,101 weswegen eine staatliche Angelegenheit angenommen werden könnte. Das Bundesverfassungsgericht stellt im St.-Marien-Beschluss hingegen fest: „Auch wenn der Staat die Erfüllung dieser Aufgabe in beträchtlichem Umfange gerade durch das Wirken der kirchlichen Einrichtungen gewährleistet sieht und deren Leistungen als feste Größe in seine gesundheitspolitische Planung einbezieht, bleiben die besondere Ausrichtung der christlichen Krankenhäuser, ihre karitative und diakonische Zielsetzung und die unmittelbare Beziehung ihres Wirkens zum kirchlichen Grundauftrag unberührt.“102 Dem ist zuzustimmen, denn die Grundrechte der karitativen Einrichtungen, die gerade darauf angelegt sind, die religiöse Motivation zu schützen, werden nicht durch eine Einbindung des Staates verwirkt oder es wird auf sie verzichtet. Das gilt auch für das Recht über diese Angelegenheiten selber bestimmen zu können. Das staatliche Regelungssystem kann zwar die eigenen Angelegenheiten beschränken, aber es kann nicht bereits den Gewährleistungsbereich verengen. Dafür spricht auch, dass es zwar Aufgabe des Staates ist, sich um das Dasein seiner Bürger und der Bevölkerung zu sorgen103, jedoch bestehen zur Erfüllung der verschiedenen Aufgaben unterschiedliche Verantwortungsstufen. Verantwortlichkeit bei der Versorgung mit medizinischen und pflegerischen Leistungen besteht in Form einer Letztverantwortung, einer Gewährleistungsverantwortung.104 Zuvörderst können und sollen andere an der Versorgung teilnehmen.105 Es handelt sich schließlich um eine öffentliche und nicht um eine staatliche oder hoheitliche Aufgabe.106 Insofern ist es Angelegenheit des Staates, der Bevölkerung eine Kranken100 Zum landesrechtlichen Sicherstellungsauftrag vgl. auch BVerfG, K 12, 308 (330, 336); BSG, E 88, 215 (221); BFH, E 213, 232 (234). 101 Burgi, NVwZ 2010, S. 601 (601). Die Krankenhausgesetze der Länder sind sich dieser Verantwortung bewusst, vgl. nur § 1 Abs. 2 KHGG NRW, dazu Prütting, Krankenhausgestaltungsgesetz NRW, § 1 Rdnr. 35; § 3 Abs. 1 S. 1 BremKrhG vom 12. April 2011 (Brem. GBl., S. 252). 102 BVerfG, E 53, 366 (399) – konfessionelle Krankenhäuser. 103 Zum Begriff der ,Daseinsvorsorge‘ siehe Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR IV, § 96, insbesondere Rdnr. 3, 10. BSG, E 88, 215 (221); E 96, 28 (35, Rz. 38 f.), weist diese Aufgabe gemäß Art. 30 GG den Ländern zu, was in § 9 SGB XI für den Bereich der Pflege einfachgesetzlich klargestellt werde. 104 Friesenhahn, in: Festschrift Klecatsky, S. 247 (250): „staatlicher Gesamtverantwortung“; Krahmer/Pöld-Krämer, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 11 Rdnr. 15: „(Letzt-) Verantwortung“; Hense, in: Fehling/Ruffert (Hrsg.), Regulierungsrecht, § 16 Rdnr. 63: „Sicherstellungs- oder Gewährleistungsverantwortung“. 105 Siehe Isensee, Kirchenautonomie und sozialstaatliche Säkularisierung in der Krankenpflegeausbildung, S. 54. 106 BVerfG, E 53, 366 (399) – konfessionelle Krankenhäuser; Maunz, Krankenhausreform durch Ländergesetze, S. 61; siehe auch Isensee, Kirchenautonomie und sozialstaatliche Sä-

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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und Pflegeversorgung zu gewährleisten. Die Erfüllung jedoch kann den Trägern der Wohlfahrtspflege oder Privaten überlassen bleiben, beziehungsweise muss es auch teilweise.107 So sieht § 17 Abs. 3 SGB I – für den Pflegesektor konkretisiert in § 11 Abs. 2 S. 2 SGB XI – vor, dass freigemeinnützige und private Träger Vorrang vor den öffentlichen Trägern haben. Festzuhalten bleibt, dass die karitative Betätigung als Tätigkeit, die zwar der Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips dient, aber von den karitativen Einrichtungen der Religionsgemeinschaften vorgenommen wird, weiterhin eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaften ist.108 cc) Schutz auch der Hilfsfunktionen für die karitative Tätigkeit Die in einer karitativen Einrichtung vollzogenen Handlungen reichen von seelsorgerischen, über medizinische und betreuende Tätigkeiten bis zu handwerklichen, technischen und verwaltenden Tätigkeiten. Fraglich ist, ob all diese Tätigkeiten dem besonderen Freiheitsbereich zuzuordnen sind. Die Angelegenheiten, die von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 GG geschützt sind, beschränken sich nicht nur auf direkt religiöses Verhalten.109 Ein Schutz nur der religiösen Ausübung würde der Existenz von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV widersprechen, denn diese Bestimmung hat nur dann einen Sinn, wenn sie über das religiös motivierte Verhalten des Art. 4 Abs. 1, 2 GG hinaus einen Gewährleistungsbereich innehat.110 Angelegenheiten, denen ein religiöses Element unmittelbar fehlt, die aber der Ausübung der korporativen Religionsfreiheit dienen, werden von der Verfassung ebenfalls unter den besonderen Schutz gestellt, anerkannterweise zum Beispiel die Buchführung111 oder die Vermögensverwaltung.112 Diese Aufgaben erfüllen eine

kularisierung in der Krankenpflegeausbildung, S. 54; Prütting, Krankenhausgestaltungsgesetz NRW, § 1 Rdnr. 35. Zu der Unterscheidung von öffentlicher Aufgabe und Staatsaufgabe vgl. Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 30 Rdnr. 14 f. (Stand: März 2006). 107 Eine ähnliche Unterteilung nach ,Ob und Wie‘ der Aufgabenerfüllung schon bei Leisner, DÖV 1977, S. 475 (484). Zum Subsidiaritätsprinzip allgemein Droege, in: Heun u. a. (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon, Sp. 2415 ff.; Herzog, Der Staat 2 (1963), S. 399 ff.; T. Brenner, Diakonie im Sozialstaat, S. 68 ff. Zum Subsidiaritätsgrundsatz im Bereich der Daseinsvorsorge auch Grzeszick, Wohlfahrt zwischen Staat und Markt, S. 28. 108 Somit kann auch im sozialen Bereich eine Abgrenzung der Aufgaben erfolgen, so dass eine Vermengung der Aufgaben (res mixtae) ausbleibt. Dass dies notwendig ist, zeigt Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 2. 109 So auch in Bezug auf die realen Voraussetzungen der karitativen Tätigkeit Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (726, 728). 110 Zum Verhältnis von Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV vgl. sogleich unter C. 111 BVerfG, NJW 1984, S. 970. 112 BVerfG, E 66, 1 (21) – Konkursausfallgeld; v. Campenhausen/Unruh, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 38; Germann, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 34.2 (Stand: Oktober 2012); Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 38 (Stand: Februar 2003); Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsge-

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

bestimmte Hilfsfunktion bezüglich des religiösen Auftrags und sind auch Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften.113 Insofern ist der Gewährleistungsbereich ebenfalls weit zu verstehen. dd) Begrenzung auf Belange, die nur die Religionsgemeinschaft angehen Allerdings ist im Wortlaut von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV noch angelegt, dass nur die Belange vom Schutz erfasst sind, die sich auch als ,ihre Angelegenheit‘ darstellen lassen. Dabei obliegt es nach ganz überwiegender Meinung den Religionsgemeinschaften selber, die sie angehenden Belange zu definieren.114 Dazu wird ihr Selbstverständnis herangezogen, wobei dem Staat zur Letztentscheidung eine Plausibilitätskontrolle obliegt.115 Ein Anliegen können die karitativen Einrichtungen aber nur bezüglich solcher Aufgaben und Begebenheiten haben, die einen Bezug zu ihrem Wirken haben. So kann durch kirchliches Recht nicht die Rechtssphäre von Außenstehenden geregelt werden.116 Im Zusammenhang mit der hier im Mittelpunkt stehenden Diskussion um die Durchsetzung des Patientenwillens in karitativen Einrichtungen ist dementsprechend festzustellen, dass der Wille hinsichtlich Maßnahmen am Lebensende eine Angelegenheit des einzelnen Menschen darstellt. Die Religionsgemeinschaft hat über den Willen des Einzelnen nicht zu entscheiden. Hier beginnt der höchstpersönliche Bereich des Individuums, in dem es nur selber entscheiden kann und in dem es nur an seine eigenen (ggf. auch religiösen) Vorstellungen und Erwartungen gebunden ist. Eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaft ist somit nicht die Bestimmung über den Körper eines Menschen und sei er auch Mitglied der Religionsgemeinschaft. Es ist auch nicht den Religionsgemeinschaften überlassen, eine Reichweitenbeschränkung von Patientenverfügungen festzulegen, denn dadurch würde in die weltliche Rechtssphäre der Individuen eingedrungen. Eine Bestimmung des weltlichen Status von Personen – auch der eigenen Mitglieder – obliegt den Religionsgemeinschaften gerade nicht.117 Ist der Einzelne Mitglied der Religionsgemeinschaft so verbleibt der Religionsgemeinschaft die Möglichkeit dessen Status als Mitglied zu bestimmen. Sie könnten entsprechende mitgliedschaftliche Konsequenzen an ein missbilligtes Verhalten knüpfen. meinschaften, S. 322; Jurina, Der Rechtsstatus der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Bereich der eigenen Angelegenheiten, S. 64. 113 Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 285, 322. 114 Vgl. v. Campenhausen/Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 31. 115 Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 159; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 6. 116 Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 7; vgl. auch Rüfner, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 877 (880). 117 Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 7.

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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ee) Zwischenergebnis zum Gewährleistungsbereich in Bezug auf karitative Tätigkeiten Damit ist verdeutlicht worden, dass die Tätigkeit der karitativen Einrichtungen auch in dem heutigen Sozialstaatsgefüge und unter den heutigen Bedingungen eine eigene Angelegenheit sein kann. Nicht verkannt werden darf hingegen, dass nicht alles, was Einfluss auf die karitative Tätigkeit hat, auch (nur) eine eigene Angelegenheit ist.118 Vielmehr kann sie gleichzeitig eine staatliche Angelegenheit, oder sogar lediglich eine individuelle Angelegenheit sein. Die Eröffnung des Gewährleistungsbereich des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV setzt nur voraus, dass die konkrete Tätigkeit in einer karitativen Einrichtung zumindest auch eine Angelegenheit der Religionsgemeinschaften ist. c) Ordnen und Verwalten der karitativen Tätigkeit Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV garantiert, dass die geschützten Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften selbstständig geordnet und verwaltet werden können. Das Ordnen bezieht sich auf eine originäre Rechtssetzungskompetenz in Bezug auf die eigenen Angelegenheiten.119 Was der Begriff des ,Verwaltens‘ umfasst, ist hingegen schwierig zu bestimmen.120 Jedenfalls bedeutet Verwaltung die Erledigung von Aufgaben. Im staatlichen Bereich sind das diejenigen Aufgaben des Gemeinwesens.121 Verwalten meint folglich nicht nur die Durchsetzung des staatlichen Rechts, sondern darüber hinaus alle Tätigkeiten, die zum Erreichen staatlicher Ziele vorgenommen werden. Der Begriff des Verwaltens in Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV ist entsprechend auszulegen und umfasst neben der Durchführung des von den Religionsgemeinschaften selber gesetzten Rechts auch die Tätigkeiten, „die zu einer zweckmäßigen Erfüllung der im Bereich der eigenen Angelegenheiten gestellten Aufgaben und Ziele notwendig sind.“122 Es geht also darum die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die jeweiligen Aufgaben zu verwirklichen.123 Die eigenen Angelegenheiten gemäß 118 Für die Unterscheidung, was Angelegenheit des Staates und was Angelegenheit der Kirche ist, kann es auf die Sichtweise ankommen, vgl. Neureither, Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht, S. 190. 119 Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 155. 120 Das Problem ist von der ,staatlichen Verwaltung‘ bekannt, für die in der Verwaltungsrechtswissenschaft anerkannt ist, dass sie sich nur beschreiben, nicht aber (positiv) definieren lässt; klassisch Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrecht I, S. 1; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 8. 121 Vgl. Stern, Staatsrecht II, S. 738. 122 Jurina, Der Rechtsstatus der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Bereich ihrer eigenen Angelegenheiten, S. 137. 123 v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 101; Muckel, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), GG, Art. 140/137 WRV Rdnr. 33 (Stand: August 2011).

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV können auf der Grundlage des Verständnisses der Religionsgemeinschaften gestaltet werden.124 d) Vom Gewährleistungsbereich umfasstes Verhalten der karitativen Einrichtungen Ausgehend von obiger Gewährleistungsbereichsbestimmung ist nun auf das Verwalten der karitativen Tätigkeit einzugehen. Die zu verwirklichende Aufgabe ist in diesem Zusammenhang das Gebot zur Nächstenliebe beziehungsweise zur Zedaka. Maßnahmen, die zu der Realisierung dieser Gebote getroffen werden, können unter dem Schutz von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV durchgeführt werden. So umfasst das Selbstbestimmungsrecht die Organisation in Bezug auf den Aufbau der Einrichtung sowie den Ablauf, das Personal, die Bestimmung der angebotenen Leistungen und des Konzeptes der Einrichtung.125 Im Folgenden wird als vom Gewährleistungsbereich umfasstes Verhalten insbesondere die Bestimmung der von der Einrichtung angebotenen Leistung sowie die des Leistungskonzeptes interessieren. Durch diese Bestimmungen kann in durchdringender Weise erreicht werden, dass das karitative Wirken im Sinne der religiösen Vorstellung ausgestaltet werden kann. Es geht bei ihnen auch um die Sicherstellung der religiösen Dimension des Handelns.126 So unterfällt dem Gewährleistungsbereich beispielsweise die Entscheidung darüber, welche Hilfsbedürftigen in einer Einrichtung Aufnahme finden und welche Leistungen unter welchen Bedingungen angeboten werden sollen.127 Die Entscheidung über die anzubietenden Leistungen wird dann über die Verträge mit dem Nutzer der Einrichtung gesichert – so im Heimvertrag oder Krankenhausbehandlungsvertrag. Folglich ist auch die Gestaltung dieser Verträge eine eigene Angelegenheit, denn sie dient dazu, den Auftrag zu erfüllen. Daran ändert nicht, dass sich zur Gestaltung der Verträge der staatlichen Rechtsordnung bedient wird.128 Neben der Bestimmung der Leistungen obliegt es den Einrichtungen auch, das Personal auszuwählen, auszubilden und so anzuweisen, dass ihre Handlungen den religiösen Vorstellungen entsprechen. 124

BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht; BVerfG, K 12, 308 (330). Siehe auch Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (729); Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, S. 147. 126 BVerfG, E 70, 138 (164) – Loyalitätspflicht: „Dieses Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht umfaßt alle Maßnahmen, die in Verfolgung der vom kirchlichen Grundauftrag her bestimmten karitativ-diakonischen Aufgaben zu treffen sind, z. B. Vorgaben struktureller Art, aber auch die Personalauswahl und die mit all diesen Entscheidungen untrennbar verbundene Vorsorge zur Sicherstellung der ,religiösen Dimension‘ des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses (vgl. BVerfGE 24, 236 [249]; 53, 366 [399]; 57, 220 [243]).“ Siehe auch BVerfG, K 12, 308 (330). 127 BVerfG, K 12, 308 (330); Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (729); Wißmann, VerwArch 2010, S. 584 (594). 128 Vgl. BVerfG, E 70, 138 (164 f.) – Loyalitätspflicht, in Bezug auf die Gestaltung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse. 125

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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Die Untersuchung des Gewährleistungsbereiches hat gezeigt, dass dieser sehr weit zu ziehen ist. Dadurch werden die Interessen der Religionsgemeinschaften dem Grunde nach in weitem Umfang sichergestellt. Dies entspricht dem freiheitlichen Grundgefüge, welches dem Grundgesetz insgesamt und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV im Besonderen zugrunde liegt. Die gegebenenfalls gegenläufigen Interessen des Einzelnen, auf die sich staatliche Schutzpflichten beziehen, sind dann auf der Ebene der Schranken zu berücksichtigen. 3. Grenze des Selbstbestimmungsrechts im ,für alle geltenden Gesetz‘ Entscheidend für die Reichweite des Selbstbestimmungsrechts ist demnach die Frage nach der Schrankenbestimmung.129 Der Gestaltungsraum der Religionsgemeinschaften stößt im ,für alle geltenden Gesetz‘ an seine Grenzen.130 Es ist eine schillernde Fragen des Staatskirchenrechts, wann ein Gesetz im Sinne von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV für „alle“ gilt. Das Schrankenverständnis wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers und ausführlich diskutiert. a) Die Schrankendiskussion Einer umfassenden Diskussion soll hier, wegen ihrer insgesamt nur geringen Bedeutung,131 kein umfassender Raum gegeben werden132, sondern es wird ein Überblick über die Schrankendiskussion geboten, bevor auf das ,für alle geltende Gesetz‘ im Bereich der Krankenversorgung, Pflege und Betreuung näher eingegangen wird. aa) Wörtliches Verständnis In der Weimarer Zeit wurde die Schrankenregelung des Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV wörtlich dahingehend ausgelegt, dass jedes für alle Personen verbindliche Gesetz das 129

Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 48; Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht, Rdnr. 184; Hesse, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 521 (544). 130 Teilweise wird hingegen angenommen, dass die Freiheitsrechte verfassungsimmanente Grenzen schon auf Tatbestandsebene finden, so Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 196 ff.; Tillmanns, Jura 2004, S. 618 (623); Zähle, AöR 134 (2009), S. 434 (437 ff.), zum ,ordre public‘-Vorbehalt. Kritisch Sachs, in: Merten/Papier (Hrsg.), HbGR II, § 39 Rdnr. 35 ff.; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 298, weist darauf hin, dass auch Tatbestandsbeschränkungen mit Wertungen einhergehen und verfolgt ein weites Tatbestandsverständnis. 131 v. Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG5, Art. 137 WRV Rdnr. 191; Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 599. 132 Dazu neben der umfassenden Kommentarliteratur nur J. Heckel, VerwArch 37 (1932), S. 280 (282); Hesse, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 521 (544 ff.); Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 230 ff.

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Selbstbestimmungsrecht der Kirchen einzuschränken vermochte:133 Wenn das Gesetz jedermann betreffe, sei es geeignet, das Selbstbestimmungsrecht einzuschränken. Der Zugrundelegung dieses Verständnisses auch unter der Geltung des Grundgesetzes steht hingegen entgegen, dass dann den Religionsgemeinschaften kaum noch Raum für eine Selbstentfaltung verbliebe und der Telos der Gewährleistung nicht erreicht werden könnte: Die Kirchenautonomie würde nicht stärker geschützt als die allgemeine Handlungsfreiheit.134 Die weite Auslegung wurde zudem als unvereinbar mit dem Umstand gesehen, dass die Aufsicht des Staates über die Kirchen mit Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV grundsätzlich abgeschafft werden sollte.135 bb) Heckel’sche Formel Im Jahr 1932 definierte der Staats- und Kirchenrechtler Johannes Heckel das für alle geltende Gesetz als „jedes für die Gesamtnation als politische, Kultur- und Rechtsgemeinschaft unentbehrliche Gesetz“.136 Dieser Schrankendefinition folgten Literatur und Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland zunächst,137 allerdings ist eine derartige Schrankenbestimmung so unbestimmt, dass sie im Einzelfall „alles andere als handhabbar“138 ist. Ob ein Gesetz für die Gesamtnation unentbehrlich ist, kann sich nur aus den Wertungen des darüber zu Befindenden ergeben. Kriterien, die diese Schrankenbestimmung weiter ausfüllten, gab und gibt es nicht. Darüber hinaus ist es nicht erklärbar, warum beispielsweise einige Normen im bauund polizeilichen Bereich für die Kirchen nicht verbindlich sein sollen, denn für die Gesamtnation können sie wohl nur schwerlich als unentbehrlich bezeichnet werden.139 Das Bundesverfassungsgericht wendete diese Auslegung überhaupt nicht an

133 RGZ 114, 220 (224); Anschütz, Weimarer Reichsverfassung, Art. 137 S. 636; Ebers, Staat und Kirche im neuen Deutschland, S. 292. 134 So Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 231, zustimmend Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 45 (Stand: Februar 2003). 135 Siehe Bock, Das für alle geltende Gesetz und die kirchliche Selbstbestimmung, S. 48, Fn. 15 m. Nachw. 136 J. Heckel, VerwArch 37 (1932), S. 280 (284). 137 Aus der Rechtsprechung BGHZ 22, 383 (387); BGHZ 34, 372 (374): „Normen elementaren Charakters, die sich als Ausprägungen und Regelungen grundsätzlicher, jedem Recht wesentlicher, für unseren sozialen Rechtsstaat unabdingbarer Postulate darstellen“; vgl. auch die Formulierung bei BSG, DÖV 1962, S. 786 (787); aus der Literatur vgl. die Nachweise bei Jurina, Der Rechtsstatus der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Bereich ihrer eigenen Angelegenheiten, S. 42 Fn. 108; eine ansatzweise positive Bewertung der Formel bei Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 232 ff. 138 Vgl. Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 45 (Stand: Februar 2003). 139 H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, S. 38 ff.; Jurina, Der Rechtsstatus der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Bereich ihrer eigenen Angelegenheiten, S. 44; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 109.

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und auch in der übrigen Rechtsprechung und der Literatur wurde ihr die Gefolgschaft gekündigt oder verweigert.140 cc) Bereichsscheidung und Jedermann-Formel Einen anderen Ansatz zur Bestimmung der Einschränkbarkeit des Selbstbestimmungsrechts bietet die von Helmut Quaritsch entwickelte Bereichsscheidungslehre.141 Sie unterscheidet zwischen dem inneren (innerkirchlichen) und dem äußeren (weltlichen und staatlichen) Bereich. Erster sei demnach einer staatlichen Einwirkung durch ein Gesetz gänzlich entzogen. Wirkt die Tätigkeit der Kirche oder Religionsgemeinschaft hingegen nach außen, so sei eine Einschränkung durch ein ,für alle geltendes Gesetz‘ zulässig. In den Außenbereich dürfe aber nur dann eingegriffen werden, wenn das Gesetz die Religionsgemeinschaft nicht in ihrer Besonderheit als Religionsgemeinschaft härter als die anderen Adressaten trifft, ihr religiöser Auftrag durch das Gesetz nicht beschränkt wird (sog. Jedermann-Formel).142 Die Unterscheidung in Innen- und Außenbereich führt dazu, dass die Schrankenklausel nur für den äußeren Bereich eine Bedeutung hat und damit den Wortlaut von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV missachtet. Gegen die Bereichsscheidung ist zudem einzuwenden, dass ihr eine Willkürlichkeit innewohnt,143 wenn sie danach vorgenommen wird, ob etwas nach „Natur der Sache oder Zweckbindung […] als eigene Angelegenheit der Kirche anzusehen ist“144. Konrad Hesse bringt gegen eine solche Unterscheidung vor, dass sie sich „in den vielfältigen Überlagerungen und Verzahnungen der Wirklichkeit staatlichen und kirchlichen Wirkens vielfach nicht durchführen“ lässt.145

140 Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 74; Hesse, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 521 (550), problematisiert den Begriff der „Nation als politische Kulturund Rechtsgemeinschaft“; H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes, S. 39; Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 45 (Stand: Februar 2003); Quaritsch, Der Staat 1 (1962), S. 289 (290 ff.); deutlich auch Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 171. 141 Quaritsch, Der Staat 1 (1962), S. 289 (294 ff.); BVerfG, E 18, 385 (387 f.) – Teilung einer Kirchengemeinde; E 72, 178 (189); BVerwG, NJW 1983, 2580 (2580); BAG, E 64, 131 (136); weitere Nachweise bei Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 Rdnr. 12, Fn. 74. 142 BVerfG, E 42, 312 (334) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt (Hervorhebungen im Original): „Trifft das Gesetz die Kirche nicht wie ein Jedermann, sondern in ihrer Besonderheit als Kirche härter, ihr Selbstverständnis, insbesondere ihren religiösen Auftrag beschränkend, also anders als normale Adressaten, dann bildet es insoweit keine Schranke.“ Zur Kritik daran Leisner, in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 17, S. 9 (15); weitere Einwände bei Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 603. 143 Selbst die Bereichsscheidung selber wurde in zweierlei Spielarten vorgenommen, vgl. dazu Bock, Das für alle geltende Gesetz und die kirchliche Selbstbestimmung, S. 254 f. 144 BVerfG, E 42, 312 (334) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt. 145 Hesse, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 521 (551).

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

dd) Kein Sonderrecht und Abwägung Die mit der Bereichsscheidung einhergehenden Schwächen werden in dem St. Marien-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts deutlich. Es hätte für die Bereichsscheidung feststellen müssen, ob die Krankenversorgung durch kirchliche Krankenhäuser dem Außen- oder Innenbereich zugeordnet werden muss, wobei es anerkannt hat, dass nach „dem Selbstverständnis der katholischen und evangelischen Kirche […] die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen und diakonischen Aufgabe entspricht“,146 umfasst. Ein Rückzug der staatlichen Regelungskompetenz würde den Interessen des Staates aber nicht gerecht.147 Um diese Spannungslage aufzulösen, wurde im Ergebnis eine Abwägung vorgenommen. Das Bundesverfassungsgericht führte aus: „Art 137 Abs 3 Satz 1 WRV gewährleistet in Rücksicht auf das zwingende Erfordernis friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirchen (…) sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen als auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen.“148 Durch die Abwägung wurde die abstrakte Betrachtung im Wege der Jedermann-Formel um die Betrachtung im Einzelfall ergänzt.149 Dies wird dem staatskirchenrechtlichen Verhältnis und insgesamt dem verfassungsrechtlichen Verhältnis von Freiheitsträger und Freiheitsgewährleister besser gerecht als die Einordung in Bereiche. So kann gesichert werden, dass das gewichtigere Gut überwiegt. Gegen diesen Ansatz kann allerdings eingewendet werden, dass es sich bei ihm letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall handelt, da die „Abwägungsinstanz keine gesicherte Skala für Rang und Gewicht der abzuwägenden Güter vorfindet und daher mehr oder weniger verwiesen ist auf die willkürgefährdete, zufallsbeeinflußte, subjektive Wertung der Abwägungsbeteiligten“.150 Die Bedenken Walter Leisners, die Kirchen hätten „den Krieg um die Caritas gewonnen“, aber an „Sicherheit 146

BVerfG, E 53, 366 (392 f.) – konfessionelle Krankenhäuser. Bock, Das für alle geltende Gesetz und die kirchliche Selbstbestimmung, S. 254 f.; Borowski, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes, S. 604. 148 BVerfG, E 53, 366 (400 f.) – konfessionelle Krankenhäuser; ähnlich auch schon BVerfG, E 42, 312 (340) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt: „Staatliche Gesetze sollten nicht die den Kirchen wesentlichen eigenen Ordnungen beeinträchtigen und (…) kirchliche Gesetze nicht die für den Staat unabdingbare Ordnung kränken“. Dem folgend die überwiegende Meinung vgl. Muckel, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), GG, Art. 140/137 WRV Rdnr. 51, Fn. 220 m. w. Nachw. (Stand: August 2011); Kästner, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 140 Rdnr. 344 (Stand: April 2010). 149 Bock, Das für alle geltende Gesetz und die kirchliche Selbstbestimmung, S. 281; Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, S. 159; Jeand’Heur/Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, Rdnr. 204. 150 Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HbStR V2, § 111 Rdnr. 175. 147

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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verloren“151, sind nicht von der Hand zu weisen. Dem kann Abhilfe geschaffen werden, indem in die Abwägung nur dann eingetreten wird, wenn die beeinträchtigende Regelung kollidierendes Verfassungsrecht konkretisiert.152 Dadurch würde die Abwägung zumindest ein wenig objektiviert. Unabhängig davon, ob diese erhöhte Anforderung an das Gesetz gestellt wird, gilt es zu beachten, dass die Abwägung für den Fall des Schutzes von ebenfalls verfassungsrechtlichen Positionen, bereits stärker rationalisiert ist. Dann stehen sich in der Abwägung nämlich zwei verfassungsrechtliche Positionen gegenüber. Verfolgt das eingreifende Gesetz hingegen nicht den Schutz eines Gutes von Verfassungsrang, so liegt eine Rechtfertigung des Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften eher fern.153 Insgesamt kommt im Wortlaut der Norm zum Ausdruck, dass den Religionsgemeinschaften in ihrem Recht auf Bestimmung ihrer eigenen Angelegenheiten ein besonderer Freiheitsraum zur Verfügung steht. Das Adjektiv ,selbständig‘ unterstreicht die Bedeutung der gewährleisten Freiheit. Insofern wiegt das Interesse an Selbstbestimmung in der Abwägung von vornherein schwer. Es muss ein hohes Schutzniveau erreichen.154 Aufgeladen wird es zusätzlich dann, wenn es um eine Angelegenheit geht, die religiös motiviert ist. Dann eilt dem Recht auf Selbstbestimmung die grundrechtliche Position aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG zu Hilfe.155 b) Ergebnis zur Schrankendiskussion Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass die Grenzziehung ohne Abwägungsaufwand nicht möglich ist.156 Das karitative Wirken kann durch ein Gesetz eingeschränkt werden, wenn das Gesetz ein Gut schützt, das in der einzelfallbezogenen Abwägung ihm gegenüber höherrangig ist. Dabei kann sich die Abwägung an drei Punkten fixieren und ist insofern in einem gewissen Umfang vorbestimmt: Zum einen gilt es, der besonderen verfassungsrechtlichen Zusicherung eines eigenständigen Bereiches der Religionsgemeinschaften besonderen Schutz zu gewährleisten. Dabei ist zudem zu beachten, dass zusätzlich das Recht auf Religionsfreiheit die Abwägung determinieren kann. Des Weiteren können verfassungsrechtliche und damit per se gewichtige Positionen der Bestimmung über die eigenen Angelegenheiten Grenzen 151

Leisner, in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 17, S. 9 (18). Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 168 (210 ff.); ähnlich hinsichtlich eines Teils des Schutzbereiches auch Belling, AfkKR 173 (2004), S. 497 (512 f.). Kritisch dazu Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 174; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 11; Classen, Religionsrecht, Rdnr. 260; ablehnend Stern, in: ders., Staatsrecht IV/2, S. 1258. 153 Allgemein dazu Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 624. 154 So im Ergebnis auch Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 168 (208). 155 So auch Stern, in: ders., Staatsrecht IV/2, S. 1258. Näheres zum Verhältnis von Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV siehe unter C. 156 v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 110; Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 168 (211). 152

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

setzen. In diesem Rahmen lässt sich dann feststellen, dass sich die Bereichsscheidung insofern aktualisiert, dass das Abwägungsergebnis verschiedene Stufen offenbart, je nach Nähe zu religiösen Ge- oder Verboten sowie des Gewichts der entgegenzusetzenden Interessen und Güter.157 c) Das ,für alle geltende Gesetz‘ bei Versorgung, Pflege und Betreuung Bei der Versorgung, Pflege oder Betreuung in einer karitativen Einrichtung ist in die Abwägung an verfassungsrechtlichen Gütern oftmals das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beziehungsweise aus Art. 2 Abs. 2 GG zu berücksichtigen, sowie das Recht auf Unverletzlichkeit des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG einzustellen.158 Darüber hinaus sind die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung159 und der Schutz des Hilfesuchenden, die durch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG) verfassungsrechtlich legitimiert werden, relevant.160 Zusätzlich kann die Vertragsfreiheit der Patienten und Pflegebedürftigen aus Art. 2 Abs. 1 GG eine Beeinträchtigung rechtfertigen. Gesetze, die einen der oben genannten Zwecke verfolgen, sind an Werten von Verfassungsrang orientiert. Grundsätzlich kommen sie – vorbehaltlich einer Abwägung im Einzelfall – als ein ,für alle geltendes Gesetz‘ in Betracht. Sofern es sich um eigene Angelegenheiten handelt, die einen unmittelbaren Bezug zur Religion haben, ist die Position der Religionsgemeinschaften bei der Abwägung besonders gestärkt. Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG. Wenn die Einschränkung nicht nur organisatorische Auswirkungen, sondern auch Einfluss auf die Erfüllbarkeit des religiösen Auftrags oder die religiösen Vorstellungen hat, ist die aus der Religionsfreiheit resultierende besondere Schutzbedürftigkeit der karitativen Einrichtungen zu erkennen und in die Abwägung einzustellen.161 So hat beispielsweise die Gestaltung des Aufnahme- und Behandlungsvertrags für eine Einrichtung eine Nähe zur Erfüllbarkeit des religiösen Auftrags, wenn darin bestimmte Leistungen ausgeschlossen werden, weil sie mit den religiösen Vorstellungen nicht vereinbar sind.

157 Vgl. zu der Stufen-Abwägung Leisner, in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 17, S. 9 (17). 158 Vgl. 2. Kap. A. III. 3. 159 BVerfG, E 53, 366 (401) – konfessionelle Krankenhäuser; BVerfG, K 12, 308 (333 ff.). 160 Vgl. dazu Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (737). 161 Siehe dazu auch BVerfG, K 12, 308 (334); Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (391 f.).

B. Das Recht zur Selbstbestimmung bei karitativen Einrichtungen

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II. Die Privatautonomie der karitativen Einrichtungen Neben dem von den Religionsgemeinschaften abgeleiteten Recht der Einrichtung auf Selbstbestimmung ist noch gesondert auf die den Einrichtungsträgern zustehende Privatautonomie hinzuweisen. Dabei geht es um eine selbstbestimmte und eigenverantwortliche Teilnahme des Einzelnen am Rechtsleben.162 Die Privatautonomie ist verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 GG verankert. Über Art. 19 Abs. 3 GG haben an ihr auch juristische Personen, wie karitative Einrichtungen, teil.163 Fraglich ist aber, ob die Privatautonomie und die darin wurzelnde Vertragsfreiheit neben dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, an dem die Einrichtungsträger teilhaben, überhaupt noch eine eigene Bedeutung haben. Art. 2 Abs. 1 GG ist subsidiär gegenüber spezielleren Grundrechten.164 Auch wenn Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV formal kein Grundrecht ist,165 so stellt sich die Frage nach dem Verhältnis dennoch, denn sowohl Art. 2 Abs. 1 GG als auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV sind Freiheitsrechte und insofern kann auch hier das spezielle das allgemeine Recht verdrängen. Die Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften umfasst, wie bereits ausgeführt,166 die Bestimmung der Leistungen, die im Rahmen des karitativen Wirkens ausgeübt werden sollen. Über die Gestaltung der Verträge zwischen Nutzer und Einrichtungsträger wird diese Bestimmung bezüglich der Leistung gesichert, so dass auch darin ihre Angelegenheit im Sinne von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV zu sehen ist. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV stellt somit eine spezielle, die Vertragsfreiheit mitschützende Freiheitsgarantie167 dar, die Art. 2 Abs. 1 GG verdrängt. 162 BVerfG, E 72, 155 (170); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, S. 17, 19; Paulus/Zenker, JuS 2001, S. 1 (1). 163 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 47. 164 BVerfG, E 116, 202 (221) – Tariftreueerklärung: „Betrifft eine gesetzliche Regelung jedoch die Vertragsfreiheit gerade im Bereich beruflicher Betätigung, die ihre spezielle Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG gefunden hat, scheidet die gegenüber anderen Freiheitsrechten subsidiäre allgemeine Handlungsfreiheit als Prüfungsmaßstab aus (…).“ Vgl. BVerfG, E 68, 193 (223 f.) – Zahntechniker-Innungen; E 95, 173 (188) – Warnhinweise Tabakerzeugnisse; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rdnr. 103 (Stand: Juli 2001); Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HbStR VII, § 150 Rdnr. 61, 72 f., in Fn. 117 w. Nachw. auch für die a.A. 165 A.A. Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 31 m. w. Nachw. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften als Verfassungsbestimmung eigener Art verstehend Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 168 (214). 166 Vgl. in diesem Kapitel B. 2. d). 167 Formulierung von Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rdnr. 103 (Marginalie) (Stand: Juli 2001), der auf die Art. 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 3, 12, 14 Abs. 1 S. 1 2. Alt GG eingeht; ähnlich Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte, S. 166. Wohl auch Neureither, Staat und Freiheit im Staatskirchenrecht, S. 140 f., der davon ausgeht, dass Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV das für die Religionsgemeinschaft ist, was Art. 2 Abs. 1 GG für den Einzelnen ist. Unklar BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht, das anscheinend davon ausgeht, dass Art. 2 Abs. 1 GG um Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV ergänzt wird; anders wohl BVerfG, K 12, 308 (327 f.), das die Vertragsfreiheit bei Art. 12 Abs. 1 GG verortet und erst anschließend Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV prüft.

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

Wie bereits gesehen, steht die Gestaltungsfreiheit der Träger von karitativen Einrichtungen aber unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes.

C. Das Verhältnis zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und dem Recht auf Religionsfreiheit In den obigen Ausführungen ist nur im Ansatz angeklungen, in welchem Verhältnis das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV und das Grundrecht auf Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1, 2 GG stehen. Zweifelsohne stehen sie in einem Zusammenhang.168 Allerdings kann die Klärung dieser „schwer entrinnbaren Gemengelage“169 Klarheit bei der Bestimmung des Freiheitsraums für karitative Tätigkeiten bringen. Wie bereits oben näher erläutert, besteht ein eigener und exklusiver Gewährleistungsbereich des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften.170 Eine Schutzbereichskongruenz zwischen Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV ist abzulehnen.171

I. Tatbestandsabgrenzung und Sachverhaltszerlegung Das Verständnis von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV als eigenständige Gewährleistung mit einem originären Gewährleistungsbereich knüpft an die hier vertretene, am Wortlaut orientierte Auslegung des Art. 4 Abs. 1, 2 GG an. Dieser erfasst nur religionsspezifisches Handeln. Dies gilt auch für den Fall, dass die Institution handelt, denn darin, dass ein religiös institutionalisierter Verband tätig wird, kann alleine noch kein religiöses Verhalten gesehen werden.172 Das Selbstbestimmungsrecht ergänzt den Schutz für die Religionsgemeinschaft gerade um die Phase der Vorbereitung und es umfasst die Bedingungen, die zur Ausübung der Religion erforderlich sind. Die 168

Vgl. nur Jurina, Der Rechtsstatus der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Bereich ihrer eigenen Angelegenheiten, S. 56. 169 P. M. Huber, in: Heinig/Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, S. 155 (164). 170 Vgl. in diesem Kapitel B. I. 2. b) cc); Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 21 (Stand: Februar 2003); Hesse, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 521 (525); Muckel, Religiöse Freiheit und staatliche Letztentscheidung, S. 183; ders., in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Art. 140/137 WRV Rdnr. 27 (Stand: August 2011); Mückl, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 4 Rdnr. 177 (Stand: August 2008). 171 So aber Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 45; Walter, Religionsverfassungsrecht, S. 540 f.; Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, S. 155. 172 So kann es sich beispielsweise auch alleine um eine wirtschaftliche Betätigung handeln.

C. Selbstbestimmungsrecht und Recht auf Religionsfreiheit

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religionsneutralen Handlungen sind notwendige Gewährleistung173 für das religiöse Wirken. Oder anders gesprochen: „Die Gewährleistungen der Weimarer Kirchenartikel sind funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt.“174 Es geht dabei um die Verwaltung der eigenen Angelegenheiten und die eigene Organisation, die religionsunspezifisch sein können, aber es nicht sein müssen. Bevor also auf die Frage nach Konkurrenzen eingegangen wird, hat eine präzise Abgrenzung der Gewährleistungsbereiche175 zu erfolgen.176 Dabei wird deutlich, dass die Gewährleistungsbereiche eben nicht kongruent sind, auch wenn sie sich teilweise überschneiden. Relevant wird das Konkurrenzverhältnis nur bei Verhaltensweisen, die eine Religionsausübung darstellen.

II. Konkurrenzverhältnis Handelt es sich bei dem Verhalten um die Ausübung von Religion, so ist fraglich, welcher Gewährleistungsbereich verfassungsrechtlichen Schutz vermittelt und welche Schranken zur Anwendung kommen. Bei der Religionsausübung besteht folglich ein Konkurrenzverhältnis, so dass zu klären ist, ob das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV spezieller ist als Art. 4 Abs. 1, 2 GG,177 ob die beiden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ideal konkurrieren178 oder ob Art. 4 Abs. 1, 2 GG gegenüber Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV spezieller ist.179 Bei der Annahme einer Idealkonkurrenz zwischen Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV müsste die Beeinträchtigung zum einen an den verfassungsimmanenten Schranken des Art. 4 Abs. 1, 2 GG und zum anderen an dem ,für alle geltenden Gesetz‘ des Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV gemessen werden. Beiden Anforderungen müsste genügt werden. Da das überwiegende Verständnis der Schranken des Selbstbestimmungsrechts weiter ist als die verfassungsimmanenten Schranken des Art. 4 Abs. 1, 2 GG,180 kann es theoretisch zu 173

Erstmals BVerfG, E 53, 366 (399 f.) – konfessionelle Krankenhäuser. BVerfG, E 102, 370 (387) – Körperschaftsstatus Zeugen Jehovas. 175 Vgl. Hofmann, AöR 133 (2008), S. 523 (529). 176 In eine ähnliche Richtung geht das Bundesverfassungsgericht, wenn es auf die Bestimmung mit dem ,nächstliegenden Maßstab‘ abstellt, vgl. BVerfG, E 46, 73 (85) – Stiftungen; E 53, 366 (391) – konfessionelle Krankenhäuser; E 57, 220 (241 f.) – Volmarstein; E 70, 138 (162) – Loyalitätspflicht. 177 So Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 137 WRV Rdnr. 21 (Stand: Februar 2003). 178 v. Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG5, Art. 137 WRV Rdnr. 27 f.; so wohl auch noch, wenn auch gegenüber der Vorauflage (dort Rdnr. 6) weniger deutlich Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 140 Art. 137 WRV Rdnr. 8. 179 P. M. Huber, in: Heinig/Walter, Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, S. 155 (167). 180 Siehe in diesem Kapitel B. 3. b). 174

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3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

unterschiedlichen Ergebnissen in Bezug auf die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts und der Religionsfreiheit kommen. So kann ein Eingriff durch dieselbe staatliche Maßnahme zwar eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1, 2 GG darstellen, aber der Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht gerechtfertigt sein. Dem Verständnis von einem idealkonkurrierenden Verhältnis kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzesvorbehalt von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV dadurch ausgehebelt würde. Denn die Religionsfreiheit schützt nur die religiösen Handlungen; darüber hinaus ist der Gehalt von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV eröffnet und es bleibt der staatlichen Gewalt damit auch dessen Einschränkungsmöglichkeit. Auf diese Weise verbleibt dem Selbstbestimmungsrecht ein eigenständiger Gewährleistungsbereich mit eigenen Schranken in Bezug auf Verhaltensweisen, bei denen es sich nicht um Religionsausübung handelt.181 Die Annahme von Idealkonkurrenz zwischen Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV für den Fall, dass es sich bei dem Verhalten um Religionsausübung handelt, vernachlässigt aber, dass das Grundgesetz von dem besonderen Schutz der Ausübungsfreiheit ausgeht. Trotz der Korporierung der Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung in das Grundgesetz wird das religionsspezifische Handeln von Art. 4 Abs. 1, 2 GG geschützt. Ebenso wie das Individuum kann auch die Religionsgemeinschaft oder die religiöse Vereinigung Religion ausüben. Anders als unter der Geltung der WRV182 ist den Religionsgemeinschaften 181 Auf den ersten Blick problematisch erscheint noch, dass die Religionsgemeinschaften für den Fall, dass sie sich in einem religionsunspezifischen Verhalten verletzt sehen, keine Verfassungsbeschwerde erheben könnten. Teilweise wird aber bereits vertreten, dass Art. 137 Abs. 3 WRV den materiell-rechtlichen Gehalt von Grundrechten hat und insofern Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG entsprechend anzuwenden sei. Demnach kann auch das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden, so Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 22; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 3; Hollerbach, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStRVI2, § 138 Rdnr. 145; Hense, Glockenläuten und Uhrenschlag, S. 243 Fn. 344. Neureither, Recht und Freiheit im Staatskirchenrecht, S. 298, 300, sieht darin ein grundrechtsähnliches Recht und zieht einen Analogieschluss. Andere hingegen bemühen die Schutzpflichtendimension von Art. 4 Abs. 1, 2 GG, so Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 152. Da diese Dimension auch darauf ausgerichtet sei, die Bedingungen für die Religionsausübung zu schaffen, sei eine Verletzung dieser Schutzpflicht auch bei religionsunspezifischen Verhalten heranzuziehen. Jedenfalls aber ist der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG berührt, so Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 3; Mager, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 48. Insofern steht das Folgeproblem der verfassungsprozessualen Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV der hiesigen Abgrenzung und Verhältnisbestimmung nicht entgegen. Im Übrigen verbliebe dem Verfassungsgeber auch die Möglichkeit der Ergänzung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG sowie des BVerfGG. Vgl. dazu insgesamt die Übersicht bei Neureither, JuS 2007, S. 20 (22). 182 Unter der Geltung der WRV kam das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 135 „alle(n) Bewohner(n) des Reichs“ zu. Es wurde als Menschenrecht verstanden, vgl. Anschütz, in: ders./Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Band 2, S. 675 (683). Die Freiheitsrechte kamen juristischen Personen nach unserem heutigen Verständnis nicht zu, auch wenn es spezielle Gewährleistungen für einzelne Vereinigungen gab, siehe Schmitt, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Band 2, S. 572 (594). Ebers,

D. Der freiheitliche Gestaltungsraum für die karitativen Einrichtungen

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aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG – gegebenenfalls i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG – dieser Schutz zu gewähren. Deswegen ist die Religionsausübung durch Art. 4 Abs. 1, 2 GG geschützt, der insofern partiell spezieller ist. Es ist festzuhalten: Das Verhältnis von Religionsfreiheit zu Selbstbestimmungsrecht kann nicht abstrakt-generell bestimmt werden, sondern die Frage nach dem Verhältnis erfordert zunächst, das Verhalten in den einschlägigen Schutzbereich zu verorten.183 Daran anknüpfend ist die Frage nach der Konkurrenz zu stellen, wenn es sich um Religionsausübung handelt. Für den Fall ist Art. 4 Abs. 1, 2 GG spezieller.

D. Der freiheitliche Gestaltungsraum für die karitativen Einrichtungen Die obige Darstellung und Untersuchung der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen hat gezeigt, dass der Freiheitsraum in karitativen Einrichtungen auf zwei Pfeilern ruht: Zum einen ist die Religionsausübung gemäß Art. 4 Abs. 2 GG geschützt, zum anderen gewährleistet das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV, einen weiteren Bereich, der zur eigenen Gestaltung besteht, und trägt so dazu bei, dass die Religionsausübung in Form der karitativen Tätigkeit auch tatsächlich stattfinden kann. Dies hat zur Folge, dass Gesetzgeber und Rechtsanwender bei ihren Aktivitäten die verfassungsrechtlichen Rechte der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen Einrichtungen zu beachten haben. Selbstverständlich ist der Freiraum eingeschränkt und einschränkbar. Zwar sind die Religionsgemeinschaften als Institutionen einer Transzendenz nicht von dieser Welt, aber sie sind in dieser Welt.184 Da auch die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen einen Teil der Gesellschaft darstellen, sich aus ihr bilden und in der Gesellschaft tätig werden, können und müssen ihnen auch Grenzen gesetzt werden und gesetzt werden dürfen. Sie sind eben kein Staat im Staate, sondern eine Kirche im Staate. Deutlich wird das daran, dass auch die Verfassung vorsieht, ihre Freiheit an die Grenzen des ,für alle geltenden Gesetzes‘ stoßen zu lassen sowie an Grundrechte anderer und sonstige Güter von Verfassungsrang. Der den karitativen Einrichtungen zugeordnete Freiheitsraum ist zunehmend Einschränkungen aufgrund des immer dichter werdenden Regelungsnetzes ausgeStaat und Kirche im neuen Deutschland, S. 155, sieht darin auch ein Verbandsrecht. So war die korporative Ausübung der Religion (wenn auch teilweise in einem engeren Verständnis als heutzutage) von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV umfasst. 183 Ähnlich Stern, in: ders., Staatsrecht IV/2, S. 1242 f., der eine Zuordnung nach der Sachnähe zu den Bereichen ,Religion‘ und ,administrativer Sektor‘ vornimmt, je nachdem welchem Bereich die Angelegenheit näher steht. 184 BVerfG, E 70, 138 (162 ff.) – Loyalitätspflicht; Grzeszick, AöR 129 (2004), S. 168 (171); siehe auch Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 140 Rdnr. 68, 70 ff.

108

3. Kap.: Verfassungsrechtliche Grundlagen

liefert.185 Die gesetzlichen Regelungen greifen zumeist nicht unmittelbar in die Freiheitssphäre ein, sondern die Beeinträchtigung ist oft mittelbare Folge und auch nicht bezweckt.186 Gleichwohl geht damit im Ergebnis eine Verengung des freiheitlichen Gestaltungsraumes einher. Auch § 1901a BGB, der die Beachtlichkeit des Patientenwillens im BGB gesetzlich normiert, schränkt den Freiheitsraum der karitativen Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Betreuungsvereine ein.187 Deswegen muss die Regelung im vierten Kapitel auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung überprüft werden. Dabei ist zu untersuchen, ob die in diesem Kapitel herausgearbeiteten verfassungsmäßigen Rechte – das Recht zur Religionsausübung aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG sowie das Recht zur Selbstbestimmung der eigenen Angelegenheiten aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV – verletzt sind oder ob § 1901a BGB eine verfassungsgemäße Einschränkung des freiheitlichen Gestaltungsraumes darstellt. Darüber hinaus geben die hier zum freiheitlichen Gestaltungsraum in karitativen Einrichtungen gefundenen Ergebnisse Aufschluss darüber, welcher Rahmen den karitativen Einrichtungen für die Gestaltung ihrer Angelegenheiten von Seiten der Verfassung zur Verfügung steht. Im fünften Kapitel werden Lösungsansätze diskutiert, die es den karitativen Einrichtungen ermöglichen könnten, ihre Angelegenheiten in einer Weise zu gestalten, dass sie sich nicht in Widerspruch zu ihren religiösen Vorstellungen setzen müssen. Dies wird ihnen grundsätzlich durch den hier im näheren beschriebenen freiheitlichen Gestaltungsraum ermöglicht. Allerdings ist der Freiheitsraum, wie ebenfalls in diesem Kapitel festgestellt, Einschränkungen unterworfen. Innerhalb dieses verbleibenden Raumes haben sich die Lösungsansätze zu bewegen.

185

Isensee, in: Festschrift Listl 70, S. 67 (75). In mittelbar faktischen Beeinträchtigungen erblickt Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (389 f.) die eigentliche Gefahr für die karitative Tätigkeit. 187 Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Einschränkung des Freiheitsraumes durch § 1901a BGB erfolgt im 4. Kap. 186

4. Kapitel

Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zu Patientenverfügung und Behandlungswünschen Die Verengung des freiheitlichen Gestaltungsraumes der karitativen Einrichtungen wird am Beispiel der gesetzlichen Regelung zur Beachtung des Patientenwillens deutlich. Die §§ 1901a f. BGB beinhalten Regelungen, die vorwiegend in Einrichtungen zur Anwendung kommen beziehungsweise Wirkung entfalten, in denen Menschen gepflegt und medizinisch versorgt und betreut werden. Diese Einrichtungen sind unter anderem karitative Einrichtungen. Fraglich ist, ob durch diese Bestimmungen die karitativen Einrichtungen in Art. 4 Abs. 1, 2 GG in Gestalt der Religionsausübungsfreiheit oder in dem Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. 137 Abs. 3 S. 1 WRV verletzt sind.

A. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB § 1901a Abs. 1, 2 BGB erkennt nun ausdrücklich an, dass der Wille des Patienten der Behandlung Grenzen auch für den Fall setzt, dass er sich nicht mehr äußern kann. Mit der Umsetzung des ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willens „beauftragt“ er den Betreuer oder Bevollmächtigten. Ist der Wille des Patienten nach § 1901b BGB festgestellt, so ist er verbindlich und von allen beteiligten Personen zu beachten. Dies gilt nach § 1901a Abs. 3 BGB unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung. Wird der Wille missachtet, drohen dem Missachtenden die Strafbarkeit aus § 223 Abs. 1 StGB und Schadensersatzansprüche.1 Die Verbindlichkeit führt dazu, dass dem Wille des Patienten in den zu Religionsgemeinschaften gehörenden Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Betreuungsvereinen entsprochen werden muss, gleichwohl dieser Wille im Einzelfall nicht mit den religiösen Vorstellungen des Einrichtungsträgers vereinbar ist. Dann müssten die Einrichtungen Handlungen begehen, die gegen ihre religiösen Überzeugungen verstoßen, weswegen die Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB fraglich ist. Dadurch könnte die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG

1 Vertiefend zu dem Regelungsgehalt von § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB sowie zur straf- und schadensrechtlichen Bewertung vgl. 2. Kap. B. II. 1. und 2.

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4. Kap.: Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Patientenverfügung

verletzt werden. Zudem kommt ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV in Betracht.

I. Verletzung von Art. 4 Abs. 1, 2 GG 1. Eingriff in die Religionsfreiheit Wird also die Religionsausübungsfreiheit wie oben beschrieben2 als Freiheit verstanden, den religiösen Ge- und Verboten zu folgen und damit die religiösen Vorstellungen in der Welt zu verwirklichen, so kann sich die Vornahme einer bestimmten medizinischen Behandlung (beispielsweise die künstliche Ernährung) oder eine Unterlassung (beispielsweise die Abtreibungsweigerung) als Religionsausübung darstellen. Diese freie Gestaltung der medizinischen und pflegerischen Versorgung wird durch § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB eingeschränkt, denn hier wird gesetzlich festgestellt, dass der Wille des Patienten unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung beachtlich ist. Das führt dazu, dass der Patient auch vom Personal der Einrichtung sterben gelassen werden muss, wenn es den Vorstellungen der Religion widerspricht. Sie müssen den Willen des Patienten realisieren. Dies stellt zwar keinen Eingriff im klassischen Sinne dar, denn nicht § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB selbst verbietet, dass ein Patient entsprechend den Vorstellungen der Einrichtungen behandelt wird, sondern der Patient als Dritter bestimmt das durch seine eigene Patientenverfügung und seine eigenen Behandlungswünsche selber. Es fehlt an der Unmittelbarkeit des Eingriffs.3 Allerdings könnte dem Staat die Einwirkung zurechenbar sein,4 und so die fehlende Unmittelbarkeit kompensiert werden. Eine Zurechnung kann erfolgen, wenn der Staat das belastend wirkende Verhalten der Privaten entweder direkt bezweckt hat oder zumindest in Kauf genommen hat5 und der Staat insofern verantwortlich für die Beeinträchtigung ist.6 Dann entspricht die Einwirkung dem Staatswillen.7 Der freiheitliche Staat handelt hinsichtlich der Entscheidungen am Lebensende seiner Bürger neutral.8 Allerdings war es ihm 2

Vgl. dazu 3. Kap. III. Allerdings ist auch ein mittelbarer Eingriff rechtfertigungsbedürftig, vgl. aus der Rechtsprechung BVerfG, E 105, 252, 273 – Glykol; E 110, 177 (191) – Freizügigkeit von Spätaussiedlern; BVerwG, E 90, 112 (121). Aus der Literatur Hufen, Staatsrecht II, § 8 Rdnr. 9; Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 498; Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, S. 313 (313). 4 Zur Zurechnung im Grundrechtsbereich Sachs, in: Stern, Staatsrecht III/2, S. 129 ff.; Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 486. 5 Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, S. 313 (313). 6 Sachs, in: Stern, Staatsrecht III/2, S. 128. 7 Kriterium bei Sachs, JuS 1995, S. 303 (305). 8 Das hindert ihn gleichwohl nicht daran, bestimmte Schutzaufträge wahrzunehmen und beispielsweise die aktive Sterbehilfe strafrechtlich zu verfolgen. 3

A. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB

111

vorhersehbar, dass viele Menschen ihre Patientenverfügung ohne Reichweitenbeschränkung verfassen werden, wie es bereits in der Vergangenheit geschehen ist und Gegenstand staatlicher Gerichtsverfahren war. Aufgrund der umfassenden Öffentlichkeitsarbeit der Kirchen war es dem Gesetzgeber auch bewusst, dass diese Entscheidungen zumindest mit den katholischen Vorstellungen kollidieren werden würden, was aber in Kauf genommen wurde. Damit kann eine mittelbare Beeinträchtigung in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften festgestellt werden, sofern diese – wie beispielsweise katholische Einrichtungen – ein Selbstverständnis haben, das einer Reichweitenunbeschränktheit von Patientenverfügungen entgegensteht. Zudem knüpft das Gesetz in Verbindung mit den strafrechtlichen und schadensersatzrechtlichen Bestimmungen (§§ 223 f. StGB, §§ 280, 823 Abs. 1, 2 BGB)9 negative Folgen an ein Zuwiderhandeln gegen den (in einer Patientenverfügung festgelegten) Patientenwillen. Damit bewirken diese Gesetze letztlich eine Beeinträchtigung. Die karitativen Einrichtungen sind also in der Verwirklichung des religiösen Gebots beschränkt und folglich faktisch gezwungen, wider ihre religiösen Vorstellungen zu handeln beziehungsweise durch ihr Personal handeln zu lassen. Unter Zugrundelegung des weiten Eingriffsverständnisses liegt ein Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit vor, denn § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB erschwert die Ausübung der religiös motivierten karitativen Tätigkeiten. 2. Rechtfertigung des Eingriffs Der Eingriff ist aber zu rechtfertigen. Das vorbehaltslose Grundrecht der Religionsausübungsfreiheit kann durch verfassungsimmanente Schranken eingeschränkt werden.10 § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB könnte als gesetzliche Konkretisierung der Schranke den Eingriff rechtfertigen. Als eine Schranke kommt hier das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Patienten in Betracht. Zwar ist die verfassungsrechtliche Verortung des Selbstbestimmungsrechts umstritten,11 jedoch ist es als verfassungsimmanente Schranke anerkannt. Die beiden Verfassungspositionen müssen also im Wege der praktischen Konkordanz einem schonenden Ausgleich zugeführt werden.12 Dieser Ausgleich ist durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung herzustellen, denn das eingeschränkte Grundrecht darf nur soweit eingeschränkt werden, wie es das kollidierende Verfassungsgut erfordert. Insofern ist legitimes Ziel des Eingriffs in das Grundrecht der Religionsausübungsfreiheit die Sicherung des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen. § 1901a 9

Vgl. dazu insgesamt 2. Kap. B. II. 2. BVerfG, E 32, 98 (107 f.) – Gesundbeter; E 93, 1 (21) – Kruzifix. Zur Diskussion um die Schranke von Art. 4 Abs. 1, 2 vgl. im 3. Kap. A. IV. 11 Vgl. 2. Kap. A. III. 3. 12 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 72, 317 ff.; Lerche, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR V2, § 122 Rdnr. 5 m. w. Nachw. Kritisch zur praktischen Konkordanz FischerLescano, KJ 2008, S. 166 (173 ff.); ihre Bedeutung gerade in der heutigen Gesellschaft betonend Morlok/Krüper, NJW 2003, S. 1020 (1021). 10

112

4. Kap.: Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Patientenverfügung

Abs. 3 BGB, der bestimmt, dass der Wille des Patienten unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung gilt, stärkt die Stellung des Patientenwillens und verhilft ihm zur Anerkennung, so dass eine Eignung der Maßnahme festgestellt werden kann. Darüber hinaus ist fraglich, ob diese Feststellung auch erforderlich ist. Es geht hier streng genommen nur um eine Feststellung der Verbindlichkeit, die auch vorher anerkannt war,13 insofern ist die Maßnahme bereits mildestes Mittel. Schließlich ist sie in erster Linie an den Betreuer oder Bevollmächtigten gerichtet, so dass eine direkte Bindung nach überzeugender Ansicht ohnehin nur diesen trifft und insofern noch Handlungsspielräume der karitativen Einrichtungen eröffnet sind.14 Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne liegt nahe. Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen weist eine Nähe zur Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG, auf. Es ist demnach mit besonderem Gewicht bei der Abwägung zu berücksichtigen, auch wenn ihm das vorbehaltlose Grundrecht der Religionsfreiheit gegenüber steht. Darüber hinaus muss bei der Abwägung die Schwere des Eingriffs berücksichtigt werden,15 denn sie gibt das Gewicht an, gegenüber dem die Zwecke des eingreifenden Gesetzes überwiegen müssen. Bei der Schwere des Eingriffs in die hier betroffene Religionsfreiheit muss berücksichtigt werden, dass die Religionsausübung in der Form der karitativen Tätigkeit entsprechend den jeweiligen religiösen Vorstellungen nicht ausnahmslos unmöglich gemacht wird, sondern nur in einem Randbereich, dem Ende des Lebens. Gleichwohl dieser Bereich in Zukunft immer gewichtiger wird, da die Menschen immer älter werden und auf Hilfe, auch lebenserhaltende, angewiesen sind, ist der Eingriff betreffend der Gesamtheit des karitativen Betätigungsfeldes nicht vollumfassend. Es besteht in weitem Umfang auch mit diesen Bestimmungen zum Patientenwillen die Möglichkeit, andere Menschen so zu versorgen, dass den religiösen Überzeugungen entsprochen wird. Zudem bestehen, wie im fünften Kapitel festgestellt werden wird, Lösungsansätze, durch die jedenfalls teilweise ein Zuwiderhandeln gegen die religiösen Gebote vermieden werden kann, so dass „kompensatorische Maßnahmen“16 die Beeinträchtigung der Religionsfreiheit abmildern und durch die erreicht werden kann, dass die karitativen Einrichtungen den religiösen Vorstellungen nicht zuwider handeln müssen, auch wenn es ihnen nicht möglich ist, dieses entgegen dem Willen des betroffenen Patienten oder Pflegebedürftigen zu realisieren.

13

BGHZ 163, 195 (197); so im Grundsatz BGHZ 154, 205 (210 f.), wenngleich das Gericht hier eine Beschränkung der Reichweite annahm. Verbindlichkeit erkennt auch die Bundesärztekammer, Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung (2011), unter Punkt IV. an, abgedruckt in: Deutsches Ärzteblatt 2011, S. A 346 (2367). 14 Siehe bereits 2. Kap. B. II. 1. c). 15 Zur Schwere des Eingriffs als ein für die Abwägung wesentliches Kriterium BVerfG, E 121, 317 (346, 355) – Rauchverbot in Gaststätten; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 146; Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 625. 16 Michael/Morlok, Grundrechte, Rdnr. 625.

B. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 4 BGB

113

3. Ergebnis Der Eingriff durch § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB in die Religionsfreiheit ist verhältnismäßig und folglich gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1, 2 GG liegt nicht vor.

II. Verletzung von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV Darüber hinaus könnte § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften verletzen. Da hier aber ein religionsspezifisches Verhalten vorliegt und somit Art. 4 Abs. 1, 2 GG tatbestandlich bereits eröffnet ist, greift der im vorherigen Kapitel festgestellte Grundsatz der Spezialität ein. Folglich ist Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV nicht einschlägig und kann durch § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB nicht verletzt werden.

B. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 4 BGB Neben § 1901a Abs. 3 BGB könnte auch das Koppelungsverbot des § 1901a Abs. 4 BGB eine Verletzung der Religionsfreiheit darstellen. § 1901a Abs. 4 BGB regelt, dass niemand zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden kann und dass die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden darf.17

I. Verletzung von Art. 4 Abs. 1, 2 GG Die Religionsfreiheit könnte dadurch verletzt werden, dass die karitativen Einrichtungen bei der Gestaltung der Krankenhausaufnahme- und Pflege-Heimverträge die Vorgaben aus § 1901a Abs. 4 beachten müssen. Allerdings ist fraglich, ob die Vertragsgestaltung durch eine karitative Einrichtung als Religionsausübung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 GG verstanden werden kann. Der Abschluss ist nicht religiös geboten, auch nicht durch das Gebot dem Nächsten, dem Schwächeren zu helfen. Zwar ist der Vertragsschluss heute in vielen Fällen Voraussetzung dafür, dass die Hilfe durch das Personal überhaupt vollzogen wird. Die Vertragsgestaltung liegt dem karitativen Tun, nämlich der Pflege und der Versorgung, aber voraus. Sie steckt nur dessen Rahmen ab, ist also nicht selbst Religionsausübung, sondern nur deren Vorbereitung.

17

Vgl. vertiefend zum Regelungsinhalt 5. Kap. C. III. 2.

114

4. Kap.: Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Patientenverfügung

Insofern wird hier das oben beschriebene Verhältnis zwischen Art. 4 Abs. 1, 2 GG und Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV deutlich. Bei der Vertragsgestaltung handelt es sich nicht um ein religionsspezifisches Handeln, weswegen der Schutzbereich der Religionsfreiheit nicht eröffnet ist. Deshalb kann § 1901a Abs. 4 BGB die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG nicht verletzen.

II. Verletzung von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV 1. Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs Die Vertragsgestaltung könnte aber als religionsunspezifische Verhaltensweise vom Gewährleistungsbereich des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV umfasst sein. Die religionsunspezifischen Verhaltensweisen, insbesondere die Hilfsfunktionen des karitativen Tuns, sind hier geschützt. Die Entscheidung darüber, gegenüber wem sich karitativ betätigt und wie diese Tätigkeit näher ausgestaltet wird, ist eine Entscheidung über eigene Angelegenheiten.18 Die Entscheidung wird heute im Krankenhausbehandlungsvertrag oder Pflege-Heimvertrag sichtbar. Sie ist vom Gewährleistungsbereich umfasst. Die Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 BGB tritt insofern hinter Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 BGB zurück.19 Wenn der Staat in faktischer oder rechtlicher Hinsicht das Recht auf Selbstbestimmung beeinträchtigt, indem die Religionsgemeinschaften ihre eigenen Angelegenheiten nicht mehr selber ordnen und verwalten können, liegt ein Eingriff vor und es bedarf einer Rechtfertigung des staatlichen Handelns.20 § 1901a Abs. 4 BGB verkürzt die Möglichkeit zur Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Einrichtung und Empfänger der Leistung erheblich.21 Den Einrichtungen verbleibt, wie im fünften Kapitel gesehen werden wird, nur bei Pflegeeinrichtungen ein geringer Gestaltungsraum, um sicherzustellen, dass in den karitativen Einrichtungen keine Maßnahmen in Bezug auf das Ende des Lebens vorgenommen werden müssen, die im Widerspruch zu den religiösen Vorstellungen stehen. Damit wird der Gewährleistungsbereich beeinträchtigt.

18

Siehe nochmals Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (729). Vgl. zudem die Gewährleistungsbestimmung im 3. Kap. B. I. 2. d). 19 Zum Verhältnis des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften zur Vertragsautonomie vgl. oben 3. Kap. C. II. 20 Vgl. Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 169; Hufen, Staatsrecht II, § 23 Rdnr. 8. 21 Dazu 5. Kap. C. III. 2.

B. Verfassungsmäßigkeit von § 1901a Abs. 4 BGB

115

2. Rechtfertigung durch ein für alle geltendes Gesetz Wie gesehen gilt das Selbstbestimmungsrecht über die eigenen Angelegenheiten nicht unbeschränkt.22 Eine Schranke findet es in dem ,für alle geltenden Gesetz‘. § 1901a Abs. 4 BGB könnte ein ,für alle geltendes Gesetz‘ sein. Da § 1901a Abs. 4 BGB sich an all diejenigen richtet, die (Aufnahme)-Verträge abschließen, ohne dass im Gesetz eine Ausnahme geregelt ist, handelt es sich um ein für jedermann geltendes Gesetz.23 Die Bestimmung gilt für alle Vertragsformen und Vertragspartner. Darüber hinaus kann das Gesetz nur dann als Schranke fungieren, wenn es ein Gut schützt, das im konkreten Fall höherwertig ist als das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Ob es sich dabei um ein kollidierendes Verfassungsgut handeln muss, ist umstritten24, allerdings ist diese Frage vorliegend nicht entscheidend: § 1901a Abs. 4 BGB dient dazu, die Entscheidungen am Lebensende von vertraglichem Druck freizuhalten und soll damit der uneingeschränkten Selbstbestimmung des Einzelnen dienen. Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ist als Rechtsgut von Verfassungsrang anerkannt25 und kann folglich auch der engeren Ansicht genügen. Insofern ist hier das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften mit dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen abzuwägen. Dabei muss beachtet werden, dass das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen aufgrund seiner Nähe zur Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG mit erheblichem Gewicht in die Abwägung einzustellen ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die karitativen Einrichtungen nicht gänzlich ihrer Vertragsgestaltungsfreiheit verlustig gehen, denn wie zu zeigen sein wird, ist § 1901a Abs. 4 BGB relativ eng auszulegen. So verbleibt den Einrichtungen noch ein Gestaltungsraum, der es ihnen zwar nicht erlaubt, sich gegen das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zu stellen und es zu verletzen, sondern nur erlaubt, zu verhindern, dass ihren Vorstellungen zuwider in den Einrichtungen gehandelt werden muss. Ein Recht, zur Verwirklichung der Religion in personale Rechte anderer einzugreifen, besteht nicht.26 Insofern wird im fünften Kapitel ein angemessener Ausgleich gefunden. Dort wird auch festgestellt, dass § 1901a Abs. 4 BGB insbesondere wegen des Kontrahierungszwanges, dem sich die karitativen Einrichtungen und ihre Verbände aufgrund der vertraglichen Verpflichtung selber unterworfen haben, das Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt. Letztendlich kann die Angemessenheit unter Beachtung der im fünften Kapitel gefundenen Ergebnisse und damit insgesamt die Verhältnismäßigkeit folglich bejaht werden.

22

Vgl. das 3. Kap. B. 3. Zu dieser Stufung der Prüfung siehe Ziekow, Datenschutz und evangelisches Kirchenrecht, S. 59 f.; mit dritter Stufe Bock, Das für alle geltende Gesetz und die kirchliche Mitbestimmung, S. 281 f. 24 Vgl. 3. Kap. B. I. 3. dd). 25 Umstritten ist hingegen, wo es verfassungsrechtlich verortet wird, dazu 2. Kap. A. III. 3. 26 Hufen, NJW 2001, S. 849 (853). 23

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4. Kap.: Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Patientenverfügung

3. Ergebnis § 1901a Abs. 4 BGB stellt ein für alle geltendes Gesetz dar und vermag insofern das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV verfassungsgemäß einzuschränken. Es ist nicht verletzt.

C. Ergebnis: Keine Verfassungswidrigkeit bei ausreichendem Gestaltungsraum Sowohl § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 sowie dessen Abs. 4 BGB sind mit der Verfassung vereinbar. Jeweils werden Rechtsgüter geschützt, die im Einzelnen höherwertig sind als die Interessen der Religionsgemeinschaften. Das heißt aber zunächst nur, dass das Gesetz mit der Verfassung vereinbar ist und nicht, dass die Auffassung der Religionsgemeinschaften als solche nicht akzeptiert werden können. Sind die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen nicht gewillt, ihren Vorstellungen zuwider zu handeln, so können sie ihre Tätigkeit gegebenenfalls entsprechend anpassen. Dazu hat der Gesetzgeber bestimmte Gestaltungsräume freizuhalten, damit die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung gewahrt bleibt. Diese verbleibenden Spielräume sollen im fünften Kapitel dargestellt und untersucht werden. Sie tragen zur Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelungen bei und sind insofern von besonderer Bedeutung.

5. Kapitel

Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in Bezug auf das Lebensende Der den Religionsgemeinschaften und ihren karitativen Einrichtungen eröffnete Gestaltungsraum wurde im dritten Kapitel einer Untersuchung unterzogen. Dieser Freiheitsraum stößt an die gesetzlichen Vorgaben, die als Schranken tauglich sind. Im vierten Kapitel wurden § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB sowie § 1901a Abs. 4 BGB als taugliche Schranken bestimmt, weil sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Dabei wurde unter Verweis auf dieses Kapitel vorausgesetzt, dass die Verhältnismäßigkeit der eingreifenden Regelungen aufgrund eines verbleibenden ausreichenden Gestaltungsraums gewahrt wird. Diesen verbleibenden Gestaltungsraum gilt es nun konkreter herauszustellen. Damit sollen gleichzeitig die im zweiten Kapitel problematisierten Wertungsdifferenzen einem gangbaren Lösungsansatz zugeführt werden. Es ist für den konkreten Fall der Patientenverfügung beziehungsweise des Patientenwillens und der Situation am Lebensende, zu der Individuum und Religionsgemeinschaft unterschiedliche Vorstellungen haben, zu untersuchen, wie weit der Gestaltungsraum reicht und wo er möglicherweise an Grenzen stößt, die ihm die ,für allen geltenden Gesetze‘ setzen. Diese Arbeit tritt mit dem Anspruch an, einen Versuch zu wagen, dass die „karitative Praxis den Widerspruch zur Umwelt“1 in Bezug auf die Vorstellungen vom Lebensende durchhalten kann. Es sollen Möglichkeiten dargelegt werden, mit denen die karitativen Einrichtungen zum einen und die Religionsgemeinschaften als solche zum anderen erreichen können, dass den jeweiligen Vorstellungen ihrer Religion nicht zuwider gehandelt werden muss. Die Reaktionsmöglichkeiten und Lösungsansätze werden dabei aus rechtlicher Sicht in Bezug auf Zulässigkeit und Wirksamkeit diskutiert und untersucht. Ob die Einrichtungen (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Betreuungsvereine) beziehungsweise die Religionsgemeinschaften davon Gebrauch machen, ist eine Frage, die sich im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Arbeit nicht stellt. Sie ist den Trägern der Einrichtungen belassen und Frage innerkirchlicher Handhabung sowie zum Teil auch theologischer Entscheidungen.2 1

Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (677). Dies erfordert eine umfassende Auseinandersetzung mit Vor- und Nachteilen sowie den theologischen Grundlagen, vgl. Schuster, in: Augustin/Reiter/Schulze (Hrsg.), Christliches Ethos und Lebenskultur, S. 443 (452). 2

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme der Freiheit und als ultima ratio Eine umfassende Lösung der Probleme, die sich bei unterschiedlichen Wertungen des menschlichen Lebens und seinen Grenzen stellen, sowie eine Verhinderung neuer Probleme in karitativen Einrichtungen ließe sich mit einem Rückzug der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen aus der organisierten karitativen Krankenversorgung, Pflege und Betreuung erreichen. Ein Rückzug wäre die – zugegebenermaßen drastische – Reaktionsmöglichkeit auf einen engen staatlichen Rahmen, der sich auch auf die Inhalte der Religion auswirkt. Damit könnten die Religionsgemeinschaften aber ohne Weiteres Handlungen entgegen ihrer Lehren und ihres Selbstverständnisses in ihren Einrichtungen vermeiden. Ein Rückzug der Religionsgemeinschaften aus einem karitativen Bereich wäre nicht völlig abwegig: Bereits hinsichtlich der Schwangerschaftskonfliktberatung hat die katholische Kirche nach langer Diskussion letztendlich die Entscheidung getroffen, die Beratung, in deren Anschluss ein Beratungsschein im Sinne des § 219 Abs. 2 S. 2 StGB ausgestellt wird, zu beenden.3 Auch vor dem Hintergrund der Ökonomisierung des Sozialmarktes wird eine Diskussion um einen Rückzug geführt.4 Der dabei diskutierte Rückzug sollte nicht generell durch eine Aufgabe des Grundauftrags der Nächstenliebe und damit einem Teil des Selbstverständnisses vollzogen werden, sondern vielmehr sollte die karitative Tätigkeit auf die Gemeindeebene begrenzt werden.5 Diese Beispiele zeigen, dass ein Rückzug als Lösungsansatz diskutabel ist. Eine entsprechende Verlagerung und der Rückzug zumindest aus der verbandlich organisierten Krankenversorgung und Pflege und Betreuung können ,ultima ratio‘ sein. Dies gilt insbesondere dann wenn die staatlicherseits geschaffenen Regelungen und Rahmenbedingungen dazu führen, dass die Religionsgemeinschaften die Gefahr sehen, ihr Selbstverständnis nicht mehr verwirklichen zu können, so dass sie den Weg des Rückzugs aus dem karitativen Engagement im Bereich der Kranken- und Pflegeversorgung sowie der Betreuung wählen könnten. Ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Folgen ein solcher Rückzug möglich ist, wird untersucht, um sich zu vergegenwärtigen, ob die Religionsgemeinschaften dabei nicht bestimmte Anforderungen zu berücksichtigen 3 Sie beschränkt sich fortan auf die allgemeine Beratung im Sinne des § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz vom 27. Juli 1992 (BGBl. I, S. 1398), zuletzt geändert am 26. August 2009 (BGBl. I, S. 2990). Vgl. zum Ausstieg der katholischen Träger aus der Schwangerenkonfliktberatung vertiefend Beckmann, Der Streit um den Beratungsschein, 2000; Spieker, Kirche und Abtreibung in Deutschland, 2001. 4 Siehe bspw. die Überlegungen des Erzbistums Kölns aus dem Jahr 2004 hinsichtlich der Verminderung von Kindergartenplätzen, Bildungseinrichtungen und ähnlichen Einrichtungen, auch wenn damals die Caritas noch weitgehend verschont blieb; vgl. hierzu Schwaderlapp, Zukunft heute, S. 7 ff. Siehe auch W. Huber, Diakonisches Handeln zwischen Finanzdruck und christlicher Nächstenliebe, 7. Juni 2005, a. E. 5 Vgl. auch die Diskussion bei Eurich, Zeitschrift für evangelische Ethik 49 (2005), S. 58 (64).

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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haben. Zudem gibt die Untersuchung der Folgen eines Rückzugs Aufschluss darüber, wie weit und mit welcher Intensität und Dichte der Gesetzgeber Regelungen erlassen darf, ohne die Rechte der Religionsgemeinschaften und der karitativen Einrichtungen zu verletzen.

I. Grenzen eines Rückzugs aus theologischer Perspektive Am Rande ist darauf hinzuweisen, dass es innerhalb der Religionsgemeinschaften umstritten ist, ob die karitative Tätigkeit insgesamt nicht „unaufgebbar“6 ist.7 Es ist nicht ersichtlich, dass einem Rückzug aus der professionellen Kranken- und Pflegeversorgung die Theologie entgegenstünde. Denn zum einen verbleibt ein breiter Raum, in dem Nächstenliebe verwirklicht werden kann, und zum anderen kann das Individuum, das Adressat des Gebots der Nächstenliebe oder der Zedaka ist, sie durch sein individuelles Handeln, das religiös zumindest mitmotiviert ist, erfüllen.8 Der Kranke oder Pflege- beziehungsweise Betreuungsbedürftige würde als Nächster nicht allein gelassen werden, sondern könnte vom Gläubigen (wenn auch in weniger professionalisierter Weise) versorgt werden. In dem Umstand, dass sich eine Organisation der karitativen Tätigkeit mit Verbindung zu den Amtskirchen erst im Laufe der Geschichte9 entwickelt hat, kann ein Indiz dafür gesehen werden, dass es einer „amtskirchlich“ verankerten Trägerschaft nicht unbedingt bedarf. Allerdings wird in neuerer Zeit die Bedeutung des kirchlichen Engagements besonders betont und darauf hingewiesen, dass individuelles ehrenamtliches Engagement ohne die Organisation an Rückhalt verlieren würde.10 Insgesamt geht beispielsweise das katholische Verständnis so weit, dass die karitative Tätigkeit der Kirche als „opus 6

Diese Formulierung findet sich auch in § 1 Abs. 1 der alten Fassung des Kirchengesetzes über die Ordnung der diakonischen Arbeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen (Diakoniegesetz) vom 3. November 1976 (KABl. 1976, S. 130), Geltungszeitraum vom 15. Januar 1977 bis 31. Dezember 2003; vgl. auch Papst Johannes Paul II., Ansprache an die Laien im kirchlichen Dienst im Dom zu Fulda am 18. November 1980, abgedruckt in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 25 A, S. 136 (138): „unverzichtbar“. 7 Vgl. bereits die Diskussion bei den Essener Gesprächen 1973, abgedruckt in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche 8, S. 25 ff. 8 Pottmeyer, in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 17, S. 62 (67). 9 Erst Mitte des 19. Jahrhundert fand mit der Gründung des Central-Ausschusses für die innere Mission (1849) und des Caritasverbandes für das katholische Deutschland (1897) eine Institutionalisierung der karitativen Tätigkeit statt, vgl. dazu Schwarz, EuR 2002, S. 192 (195); v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 163 ff. Die Entwicklung begann außerhalb der Amtskirche, vgl. Stolleis, ZevKR 18 (1973), S. 376 (380) m. Nachw.; zur Bildung der karitativen Vereinigungen vgl. auch 1. Kap. A. 10 Lehner, in: Manderscheid/Hake (Hrsg.), Wie viel Caritas braucht die Kirche – wie viel Kirche braucht die Caritas?, S. 81 (94). Die Vorteile einer organisierten Religion werden dargestellt von Grzeszick, in: Heinig/Walter (Hrsg.), Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht?, S. 131 (136 f.). Diese Vorteile bestehen auch bei religiösen Vereinigungen, die partielle Aufgaben erfüllen.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

proprium“, als ureigenste Angelegenheit, verstanden wird.11 Einem Rückzug der Organisation der Religionsgemeinschaften aus dem karitativen Engagement bei Krankenversorgung, Pflege und Betreuung steht das Selbstverständnis der Religionen aber nicht entgegen, auch wenn es zum Selbstverständnis der großen Religionsgemeinschaften gehört, dass sie sich in irgendeiner Weise karitativ betätigen können.12 Diese Betätigung kann sich aber auch auf andere Bereiche als auf die professionelle Pflege und Krankenversorgung erstrecken. Für die karitative Religionsausübung muss also insgesamt Raum verbleiben.

II. Grenzen eines Rückzugs aus rechtlicher Perspektive 1. Verpflichtung der Religionsgemeinschaften, sich karitativ zu betätigen Einem Rückzug der karitativen Einrichtungen aus der Krankenversorgung und Pflege sowie der Betreuung könnte eine Grenze gesetzt sein, wenn es eine staatlicherseits bestehende Verpflichtung der Einrichtungen oder Religionsgemeinschaften gäbe, sich karitativ (in dieser Weise) zu betätigen. a) Keine verfassungsrechtliche Verpflichtung Eine entsprechende Pflicht könnte sich aus dem Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1, S. 1 GG, ergeben. Religionsgemeinschaften sind aber nicht verpflichtet, an der Verwirklichung der Ziele, die das Grundgesetz aufstellt, mitzuwirken, ebenso wenig, wie sie an Grundrechte gebunden sind.13 Zwar richtet der Staat gewisse Verfassungserwartungen an die Religionsgemeinschaften, weil er von deren gemeinwohlgerechten Aktivität ausgeht. Jedoch kann dem keine verbindliche Pflicht entnommen werden, karitativ tätig zu werden.14 Einer Verpflichtung stünde zudem bereits entgegen, dass dadurch das Recht, über seine eigenen Angelegenheiten zu bestimmen, ebenso wie das Grundrecht auf Religionsfreiheit, verletzt werden würde.15 Schließlich ist es den Religionsgemeinschaften belassen, darüber zu bestimmen, welche Aufgaben sie wahrnehmen wollen und was sie als Religionsaus11 Papst Benedikt XVI., Enzyklika ,Deus caritas est‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 171, S. 41. Insgesamt habe die Caritas eine „starke ekklesiologische Aufwertung“ durch diese Enzyklika erfahren, so Pompey, Zur Neuprofilierung der caritativen Diakonie durch die Kirche, S. 82. 12 Folglich darf der Staat kein Staatsmonopol auf soziale Tätigkeiten schaffen, und der Religion insofern jegliche Möglichkeiten zum karitativen Engagement nehmen, vgl. BVerfG, E 22, 180 (203) – Jugendhilfe; Scheuner, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche 8, S. 43 (59). 13 Vgl. nur Mückl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HbStR VII, § 159 Rdnr. 112. 14 Vgl. dazu Isensee, in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 25, S. 118 f. 15 Vgl. auch Isensee, in: Festschrift Listl 70, S. 67 (77).

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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übung definieren. Andernfalls läge ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG vor, denn die Freiheit umfasst auch die Entscheidung darüber, welche religiös motivierten Aufgaben erfüllt werden sollen und welche nicht. Folglich ist ein karitatives Engagement auch kein konstitutives Element einer Religionsgesellschaft im Sinne von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV.16 Für die Religionsgemeinschaften und karitativen Einrichtungen ergibt sich aus dem Grundgesetz keine Verpflichtung, sich karitativ zu betätigen. Unmittelbar aus der Verfassung bestehen folglich gegen einen Rückzug keine Einwände. b) Staatskirchenvertragliche Pflichten Die Religionsgemeinschaften haben aber Verträge mit dem Staat geschlossen, in denen sie sich zu entsprechenden Tätigkeiten vertraglich verpflichtet haben könnten.17 So sieht beispielsweise der Staatskirchenvertrag zwischen der Evangelischen Kirche Baden und dem Land Baden-Württemberg (EVKiBW)18 in Art. 13 vor: „(1) 1Die Kirchen und ihre Gliederungen, zu denen auch die Diakonie der Kirchen gehört, nehmen in Erfüllung ihres Auftrags im Rahmen der Gewährleistung der Artikel 6 und 87 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg Aufgaben der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege wahr. 2Sie unterhalten Heime, Dienste und sonstige Einrichtungen für Betreuung und Beratung. (2) Die Diakonischen Werke der evangelischen Kirchen in Baden und in Württemberg haben Anteil an der Gewährleistung der Wohlfahrtspflege in Artikel 6 und 87 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg. (3) Die Kirchen und ihre Gliederungen sind berechtigt, in Erfüllung ihres Auftrags Aufgaben als anerkannte Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen der für alle geltenden Gesetze wahrzunehmen. (4) Sie werden bei ihrer Aufgabenerfüllung nach den Absätzen 1 bis 3 im Rahmen der allgemeinen staatlichen Förderung angemessen berücksichtigt. (5) Der Vorrang der Aufgabenerfüllung durch die freien Träger der Wohlfahrtspflege ist von allen öffentlichen Stellen zu beachten.“

Eine Verpflichtung zu karitativer Arbeit lässt sich dieser relativ umfassenden Regelung der Diakonie jedoch nicht entnehmen.19 Bereits der Wortlaut lässt erkennen, dass sich die Verpflichtung bezüglich dieses Bereiches vielmehr auf das Land bezieht: Die Absätze 1 und 2 enthalten eine Zustandsbeschreibung der gegenwärtigen Situation. Deutlich wird der Angebotscharakter auch in Abs. 3. Dort 16

Zu den Merkmalen einer Religionsgemeinschaft siehe 3. Kap. B. I. 2. a). Zum Rechtscharakter der Staatskirchenverträge als bindende Verträge vgl. Hollerbach, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 253 (272 f.); v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 146 f.; Ehlers, ZevKR 46 (2001), S. 286 (292 ff., 302 ff.). 18 Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Evangelischen Landeskirche in Baden und mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vom 17. Oktober 2007, abgedruckt in GBl. 2008, S. 2 ff.; vgl. dazu Frisch, NVwZ 2008, S. 629 ff. 19 Maurer, in: Festschrift Strätz, S. 381 (397). 17

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

zeigt das Verb „berechtigt“ bereits an, dass es sich um ein Recht handelt.20 Eine Verpflichtung der Kirchen und ihrer Gliederungen ist hingegen nicht auszumachen. Eine deutliche Verpflichtung beinhaltet hingegen Abs. 5, sie trifft aber die öffentlichen Stellen. Auch die Gesetzesbegründung zu dem Gesetz zum Kirchenvertrag enthält nur den Hinweis, dass es sich um eine Übernahme der bestehenden Gewährleistungen handelt21 und somit lediglich um eine Bestätigung der gegenwärtigen Positionen. Diese Auslegung knüpft damit an die Vorstellungen der Mitglieder des Verfassungsausschusses an, die bei den Beratungen zur Landesverfassung BadenWürttembergs davon ausgingen, dass die Religionsgemeinschaften die Wohltätigkeitsdienste auf „freiwilliger Basis“22 ausüben. Die exemplarische Untersuchung des Vertrages des Landes Baden-Württemberg mit der Evangelischen Landeskirche in Baden und mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gilt im Ergebnis auch für die Bestimmungen der anderen Verträge23 zwischen einer Religionsge20 Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seinen Entscheidungen davon aus, dass in den Kirchenverträgen nach dem Zweiten Weltkrieg das karitative Wirken als „legitime Aufgabe der Kirchen anerkannt und die Berechtigung dazu den Kirchen gewährleistet worden“ sei, so BVerfG, E 24, 236 (248) – Aktion Rumpelkammer; E 53, 366 (393) – konfessionelle Krankenhäuser m. w. Nachw. 21 Gesetz zu dem Evangelischen Kirchenvertrag Baden-Württemberg und zu der Römischkatholischen Kirchenvereinbarung Baden-Württemberg, LT-Drs. 14/1940, S. 10; GBl. 2008, 1. 22 Schneider, in: Feuchte (Hrsg.), Quellen zur Entstehung der Verfassung von BadenWürttemberg 4, S. 438. 23 Art. 31 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 (RGBl. II, S. 679 ff.); Art. 11 des Vertrages des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Evangelischer Kirchenvertrag Berlin) vom 20. Februar 2006, abgedruckt in: GVBl., S. 715 ff.; Art. 8 des Vertrages zwischen dem Land Brandenburg und den evangelischen Landeskirchen in Brandenburg vom 8. November 1996, abgedruckt in: GVBl. 1997 S. 4 ff.; Art. 7 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Brandenburg vom 12. November 2003, abgedruckt in: GVBl. I 2004, S. 223 ff.; Art. 18 des Vertrages der Freien Hansestadt Bremen mit den Evangelischen Kirchen in Bremen vom 31. Oktober 2001, abgedruckt in: BremGBl. 2002, S. 15; Art. 11 des Vertrages zwischen der Freien Hansestadt Bremen und dem Heiligen Stuhl vom 21. November 2003, abgedruckt in: BremGBl. 2004, S. 151; Art. 18 des Vertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 29. November 2005, abgedruckt in: HmbGVBl. 2006, S. 429 ff.; Art. 10 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg vom 29. November 2005, abgedruckt in: HmbGVBl. 2006, S. 435 ff.; Art. 22 des Vertrages zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 20. Januar 1994, abgedruckt in: GVOBl., S. 559 ff.; Art. 10 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Mecklenburg-Vorpommern vom 15. September 1997, abgedruckt in: GVOBl. 1998, S. 2 ff.; Art. 20 des Staatsvertrages zwischen dem Freistaat Sachsen und den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen vom 24. März 1994, abgedruckt in: Sächs. GVBl., S. 1252 ff.; Art. 9 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Sachsen vom 2. Juli 1996, abgedruckt in: SächsGVBl. 1997, S. 17 ff.; Art. 18 des Vertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt vom 15. September 1993, abgedruckt in: GVBl. 1994, S. 173 ff., zuletzt geändert durch Vertrag vom 19. März 2002, GVBl., S. 130, 152; Art. 8 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Sachsen-Anhalt vom 15. Januar 1998, abgedruckt in: GVBl., S. 160 ff.; Art. 10 des

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meinschaft und dem Bund beziehungsweise den Ländern. Auch den anderen Staatskirchenverträgen, in denen die karitative oder diakonische Arbeit erwähnt wird, kann eine Verpflichtung, sich karitativ zu betätigen, nicht entnommen werden.24 c) Pflicht aus öffentlich-rechtlichen Verträgen Allerdings sind die Einrichtungen der Religionsgemeinschaften vertraglich teilweise zur Leistung von Diensten aufgrund von öffentlich-rechtlichen Verträgen verpflichtet, die sie mit den Kassen und ihren Verbänden eingegangen sind. Im hier interessierenden Bereich der karitativen Tätigkeit, die sich auf die Krankenversorgung und Pflege bezieht, gibt es öffentlich-rechtliche Verträge zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Kranken- und Pflegeleistungen.25 aa) Überblick über die öffentlich-rechtlichen Verträge im Bereich der Krankenversorgung und Pflege (1) Der Versorgungsvertrag zwischen Krankenhaus und Krankenkassen Die Leistungserbringer der stationären Krankenversorgung sind direkt über öffentlich-rechtliche Versorgungsverträge26 mit den Krankenkassen vertraglich verbunden. Ein Versorgungsvertrag wird nach §§ 108 Nr. 3, 109 Abs. 1 SGB V zwischen dem Krankenhaus und den Landesverbänden der Krankenkassen beziehungsweise den Verbänden der Ersatzkassen geschlossen. Ein Versorgungsvertrag darf nach § 109 Abs. 3 SGB V nur dann geschlossen werden, wenn das Krankenhaus leistungsfähig ist, wirtschaftlich arbeitet und wenn Bedarf für Krankenhausleistungen besteht.27 Ist das Krankenhaus in den Krankenhausplan28 aufgenommen, so Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2009, abgedruckt in: GVOBl., S. 264 ff.; Art. 19 des Vertrages des Freistaats Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen vom 15. März 1994, abgedruckt in: GVBl., S. 509 ff.; Art. 15 des Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen vom 11. Juni 1997, abgedruckt in: GVBl., S. 266 ff. 24 Hearing, in: Festschrift Listl 70, S. 783 f., erkennt in Art. 9 Vertrag Sachsen, Art. 15 Vertrag Thüringen, Art. 10 Vertrag Mecklenburg-Vorpommern, Art. 8 Vertrag Sachsen-Anhalt ebenfalls lediglich eine Garantie auf das Recht, im Bereich der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege mit eigenen Einrichtungen tätig zu werden; auch Art. 7 Vertrag Heiliger Stuhl – Brandenburg kann nur ein Recht der Religionsgemeinschaft entnommen werden. 25 Der Sicherstellungsauftrag obliegt nach § 69 SGB XI im Bereich der Pflege den Pflegekassen. Dieser stellt nach Neumann, VSSR 1994, S. 309 (309), eine Aufgabe, aber keine Befugnis dar. Zur Erfüllung des Auftrags werden die Verträge mit den Leistungserbringern geschlossen. 26 Zur Rechtsnatur des Versorgungsvertrags als öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.d. § 53 SGB X vgl. Knittel, in: Krauskopf, SGB V, § 109 Rdnr. 3 (Stand: Juli 2009); U. Becker, in: ders./ Kingreen (Hrsg.), SGB V, § 109 Rdnr. 3. 27 Vgl. zu den unbestimmten Rechtsbegriffen der ,Leistungsfähigkeit‘, der ,Wirtschaftlichkeit‘ und des ,Bedarfs‘ Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 45 ff.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

wird dadurch gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 SGB V der Versorgungsvertrag fingiert. Die Krankenhausversorgung erfolgt im Wesentlichen über die Plankrankenhäuser, für welche die Fiktion des Versorgungsvertrags gilt.29 (2) Der Versorgungsvertrag zwischen Pflegeeinrichtung und Landesverbänden der Pflegekassen Im Bereich der Pflege wird nach § 72 Abs. 2 SGB XI der Versorgungsvertrag zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Pflegeeinrichtungsträger oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger geschlossen. Er ist für alle Pflegekassen und die Pflegeeinrichtung unmittelbar verbindlich. Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Versorgungsvertrages sind in § 72 Abs. 3 SGB XI genannt. Pflegeeinrichtungen werden auf der einen Seite mit Abschluss eines Versorgungsvertrages für die Leistungserbringung zugelassen und auf der anderen Seite zu einer dem Vertrag entsprechenden Leistung verpflichtet, vgl. § 72 Abs. 4 SGB XI. Gemäß § 72 Abs. 1 S. 1 SGB XI dürfen nur zugelassene Einrichtungen Pflegeleistungen auf Kosten der Pflegekassen erbringen. Der Versorgungsvertrag bestimmt den Versorgungsauftrag und legt damit Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen fest, die durch die Einrichtung zu erbringen sind. Allerdings ist zu beachten, dass die Vereinbarungen zwischen dem Landesverband der Pflegekassen und den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land aus einem getroffenen Rahmenvertrag30 gemäß § 75 Abs. 1 S. 4 SGB XI verbindlich sind und somit vorgehen.31 bb) Verpflichtung zur Erbringung der Dienste und Leistungen aus diesen Verträgen Aus diesen Verträgen ergibt sich damit teilweise eine Verpflichtung, die vertraglich übernommen Leistungen auch zu erbringen: Der Versorgungsvertrag zwischen einer Pflegeeinrichtung und den Verbänden der Pflegekassen löst eine Pflicht zur pflegerischen Versorgung der Pflegebedürftigen aus, § 72 Abs. 4 S. 2 SGB XI.32 In noch engerem Maße besteht diese Pflicht für Krankenhäuser aufgrund ihres Versorgungsvertrages. Diese Wirkungen beziehen sich sowohl auf den echten als auch auf den nach § 109 Abs. 1 S. 2 SGB V fingierten Versorgungsvertrag der Plankrankenhäuser und Hochschulkliniken. Die Krankenhäuser sind verpflichtet, die 28 Zum Krankenhausplan vgl. Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 89 ff.; Quaas/Zuck, in: dies. (Hrsg.), Medizinrecht, § 25 Rdnr. 325 ff. 29 Vgl. Statistisches Bundesamt, Grunddaten der Krankenhäuser 2011, S. 15. 30 Dazu in diesem Kapitel Abschnitt C. IV. 5. a) bb) (3). 31 Böttiger/Clemens, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, SGB XI, § 72 Rdnr. 16. 32 Wilcken, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 1 (Stand: Dezember 2012).

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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Versicherten im Rahmen ihrer Aufgabenstellung und ihrer Leistungsfähigkeit zu behandeln,33 wobei die Grenzen durch den Versorgungsvertrag beziehungsweise den Krankenhausplan festgelegt sind. Insofern kann bereits hier festgehalten werden, dass die Einrichtungen nicht ohne Weiteres ihre Tätigkeit beenden und sich zurückziehen können. Dies folgt aus der vertraglichen Bindung, die die Einrichtungen und ihre Verbände mit den Kassenverbänden als staatlichen Verwaltungsstellen eingegangen sind. Allerdings könnten die bestehenden und Pflichten auslösenden Verträge aufgelöst werden, so dass die Verpflichtungen erlöschen. cc) Erlöschen der Verpflichtung durch Auflösung der Verträge (1) Fristgebundene Kündigung der Verträge Möglicherweise können die oben dargestellten Verträge gekündigt werden, womit auch die durch sie begründete Verpflichtung zur karitativen Tätigkeit entfiele. Für den Versorgungsvertrag von Pflegeeinrichtungen sieht § 74 Abs. 1 S. 1 SGB XI ein Recht zur Kündigung für beide Vertragsparteien vor, wobei im Gesetz für die Kündigung der Einrichtung keine weiteren Anforderungen aufgestellt werden. Es bedarf auch keiner Angabe von Gründen.34 Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt ein Jahr. Der Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 5 S. 1 SGB XI kann von der Trägervereinigung gekündigt werden, wobei auch hier kein Grund vorliegen muss und eine Jahresfrist vorgesehen ist. Der Versorgungsvertrag des Krankenhauses kann gemäß § 110 Abs. 1 SGB V ebenfalls mit einer Jahresfrist gekündigt werden, unabhängig davon, ob es sich um einen echten oder einen fingierten Versorgungsvertrag handelt.35 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der keine Einschränkung (anders als noch § 371 Abs. 2 S. 3 RVO) enthält.36 Allerdings ist der Krankenhausplan durch einen Feststellungsbescheid konkretisiert, so dass das Plankrankenhaus die Aufhebung dieses Verwaltungsaktes beantragen muss.37 Die Behandlungspflicht entfällt erst nach dem Wirksamwerden der Kündigung beziehungsweise nach Herausnahme aus dem Krankenhausplan.38 33 Rau, in: Orlowski/ders./Schermer/Wasem/Zipperer (Hrsg.), GKV-Kommentar, § 109 Rdnr. 22 (Stand: Mai 2009). 34 Knittel, in: Krauskopf, SGB XI, § 74 Rdnr. 2 f. (Stand: Januar 1996); Schütze, in: Udsching, SGB XI, § 74 Rdnr. 9. 35 BSG, E 82, 261 (265); Knispel, NZS 2006, S. 120 (123). 36 Diese Erweiterung hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung von BSG, E 59, 258 (265) vorgenommen, Knispel, NZS 2006, S. 120 (123). 37 Quaas, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, SGB V, § 110 Rdnr. 14; dies ist jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung, vgl. dazu ebd., Rdnr. 14; U. Becker, in: ders./Kingreen (Hrsg.), SGB V, § 110 Rdnr. 6; BT-Drs. 11/2237, S. 198. 38 BSG, NZS 1998 S. 427 (429); Rau, in: Orlowski/ders./Schermer/Wasem/Zipperer (Hrsg.), GKV-Kommentar, § 110 Rdnr. 5 (Stand: Mai 2009); vgl. auch: U. Becker, in: ders./

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

(2) Fristlose Kündigung Fraglich ist, ob die Einrichtungen daneben eine Möglichkeit zur fristlosen Kündigung beziehungsweise zu einer Kündigung mit verkürzter Frist haben. Fristlose Kündigungen sind in der Regel nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich.39 Zwar könnte darin, dass wegen geänderter Bedingungen religiösen Vorstellungen zuwider gehandelt werden muss, ein wichtiger Grund gesehen werden. Allerdings dürfte die Leistungserbringung dem Leistungserbringer darüber hinaus nicht weiter zumutbar sein. Daran aber bestehen Zweifel, denn um das festzustellen, müssen auch die Interessen des Vertragspartners beachtet werden und eine Abwägung der Interessen stattfinden. Eine Kündigung kommt, entsprechend dem in § 110 Abs. 2 S. 4 SGB V zum Ausdruck kommenden Gedanken, jedenfalls nicht in Betracht, wenn und solange die Einrichtung unverzichtbar ist zur Sicherstellung der Versorgung mit den entsprechenden Leistungen, sei es in geographischer oder in medizinischer Hinsicht.40 Dann überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherstellung der Versorgung mit Pflege- und Krankenleistungen. Zudem ist für die hier untersuchte Situation zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung den Patientenwillen zu beachten, bereits seit Längerem besteht. Die Einrichtungen haben das in der Regel auch befolgt, so dass eine Unzumutbarkeit aufgrund ihres tatsächlichen Verhaltens, nämlich der Weiterführung der Versorgung trotz der Verpflichtung, nur schwerlich angenommen werden kann. Gegen eine außerordentliche Kündigung spricht hinsichtlich des Versorgungsvertrags für Pflegeeinrichtungen zudem, dass in § 74 Abs. 2 SGB XI nur für die Verbände der Kassen eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vorgesehen ist.41 Insofern könnten die im SGB XI eingeräumten Kündigungsmöglichkeiten abschließend sein. Dafür spricht, dass das Telos der Regelung, die Sicherstellung der Versorgung, lediglich auf diese Weise erreicht werden kann. Auch im SGB V ist für die Krankenversorgungsverträge in § 110 Abs. 1 S. 1 SGB V nur eine fristgebundene Kündigung vorgesehen. Ein außerordentliches und fristloses Kündigungsrecht kann sich auch nicht aus § 59 SGB X ergeben. In dieser Bestimmung ist vorgesehen, dass bei wesentlicher Veränderung der Vertragsbedingungen gekündigt werden kann, wenn das Festhalten am Vertrag dem Vertragspartner nicht mehr zuzumuten ist und eine Vertragsanpassung nicht möglich ist oder ebenfalls nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 37 Abs. 1 SGB I gilt das SGB X auch für das Fünfte und Elfte Buch des Sozialgesetzbuches, so dass die §§ 53 ff. SGB X auf öffentlich-rechtliche Verträge im sozialrechtlichen Bereich anzuwenden sind. Jedoch hat der Gesetzgeber in § 69 S. 1, 2 SGB V bestimmt, dass die Beziehungen zwischen Kassen-/Verbänden und LeisKingreen (Hrsg.), SGB V, § 110 Rdnr. 6; Hess, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 110 Rdnr. 8 (Stand: Dezember 2010); a.A. Knittel, in: Krauskopf, SGB V, § 110 Rdnr. 11 (Stand: September 2008). 39 Dies kommt auch in § 314 Abs. 1 BGB zum Ausdruck. 40 Zur Unverzichtbarkeit vgl. Stollmann, NZS 2004, S. 350 (356). 41 So auch Leitherer, in: Kasseler Kommentar, SGB XI, § 74 Rdnr. 7 (Stand: Juli 2009).

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tungserbringern abschließend42 geregelt sind und somit könnte ein Rückgriff auf den Allgemeinen Teil des SGB (SGB X) abgeschnitten sein.43 Auch wenn der Umfang dieser Anordnung umstritten ist, ist die Abschließungsanordnung des § 69 SGB V hinsichtlich der speziell geregelten Kündigung aus dem SGB V allgemein anerkannt.44 Auch im Bereich der Pflege ist die Spezialität der pflegeversicherungsrechtlichen Regelung zu beachten.45 Es besteht folglich für die Einrichtungsträger keine Möglichkeit, die Verträge außerordentlich und fristlos zu kündigen. Sie müssen die Leistungen weiterhin erfüllen, wozu sie sich per Vertrag zeitlich verpflichtet haben. (3) Aufhebung von Verträgen Statt einer Kündigung ist jedoch auch eine einvernehmliche Aufhebung der Versorgungsverträge in Betracht zu ziehen. Die Träger der Einrichtungen könnten sich mit dem Anliegen des Rückzuges aus der Versorgung an die Verbände der Kassen richten. Diese sind aber grundsätzlich nicht zu einer Aufhebung verpflichtet. 2. Ergebnis zur Rückzugsmöglichkeit Demnach ist festzuhalten, dass ein Rückzug von der Kranken- und Pflegeversorgung sowohl für die Einrichtungen als auch für die Verbände der Einrichtungen aufgrund der Versorgungsverträge erst mit dem Abwarten der Kündigung möglich ist. Die Plankrankenhäuser müssen zudem aus dem Krankenhausplan herausgenommen werden. Dies setzt der Möglichkeit eines Rückzugs der Einrichtungen aus dem karitativen Bereich zeitliche Grenzen, hindert aber nicht generell an einem solchen Schritt. Eine Rückzugsmöglichkeit entspricht auch der Verfassung, denn es darf niemand gezwungen werden, sich religiös oder hier im speziellen, karitativ zu betätigen. Dies würde gegen die Freiheit, religiöse Handlungen nicht auszuüben, aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG, konkretisiert in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 4 WRV,

42 Zu einer einschränkenden Auslegung dieses Begriffs U. Becker/Kingreen, in: dies. (Hrsg.), SGB V, § 69 Rdnr. 37; Krasney, SGb 2006, S. 60 (61). 43 Dies ist umstritten, dazu m. Nachw. U. Becker/Kingreen, in: dies. (Hrsg.), SGB V, § 69 Rdnr. 39 ff.; für die grundsätzliche Anwendung von §§ 53 ff. SGB X neben dem SGB V dies., ebd., Rdnr. 39; dagegen Boerner, NJW 2000, S. 2718 (2718); betreffend der Verträge zum Vertragsarztrecht Axer, in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 8 Rdnr. 10 ff. 44 Vgl. auch U. Becker/Kingreen, in: dies. (Hrsg.), SGB V, § 69 Rdnr. 39; P. Becker, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 59 Rdnr. 22 (Stand: Oktober 2009); Boerner, NJW 2000, S. 2718 (2718), der die ähnliche zivilrechtliche Regelung des § 313 BGB hinzuzieht, die hier aber nicht als Kündigungsgrund dienen kann. 45 Engelmann, in: v. Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 59 Rdnr. 4; Heße, in: Rolfs/Giesen/ Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), SGB X, § 59 (Stand: Dezember 2012).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

verstoßen.46 Auf diese können sich auch die karitativen Einrichtungen über Art. 19 Abs. 3 GG berufen. Die Religionsgemeinschaften selber können gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV auch darüber bestimmen, ihre Verwaltung und Ordnung auf eine eigene Angelegenheit nicht mehr auszurichten und sich folglich von einer Tätigkeit zurückziehen.

III. Folgen eines Rückzugs Die Folgen eines Rückzugs der Religionsgemeinschaften aus der organisierten Nächstenliebe müssen aus zwei Perspektiven betrachtet werden: Zum einen aus Sicht der Religionsgemeinschaften, zum anderen aus Sicht des Staates. Ersteres soll hier nur knapp erfolgen, und darüber hinaus den Theologen überlassen bleiben. 1. Folgen eines Rückzugs aus der Perspektive der Religionsgemeinschaften Welche Folgen hätte ein Rückzug für den karitativen Auftrag, der eine „Grundfunktion“47 für die Religionsgemeinschaften erfüllt, und seine Ausführung. Zunächst ist zu beachten, dass ein Rückzug aus der organisierten karitativen Tätigkeit die Effektivität der karitativen Arbeit erheblich einschränken würde.48 Akte der Nächstenliebe wären in dem Bereich, auf den sich der Rückzug bezieht, auf den individuellen Bereich der Gläubigen sowie der einzelnen Gemeinden beschränkt, deren Wirkkreis aufgrund mangelnder Professionalität niemals den Umfang erreichen könnte, der heute mit der vorliegen Verbands- und Organisationsstruktur realisiert wird. Die Bereiche der medizinischen Versorgung und der Pflege können derzeit als Juwelen der kirchlichen Arbeit beschrieben werden. Wenn sich die Kirche hier organisatorisch zurückzieht, könnte sie einen enormen Verlust an gesellschaftlicher Achtung erleiden, weil ihnen der Vorwurf gemacht werden könnte, sich aus gesellschaftlichen Aufgaben herauszuhalten. Das mit einem Rückzug verfolgte Ziel, die Sicherstellung der Glaubwürdigkeit, würde auf anderer Stufe verfehlt, denn die Glaubwürdigkeit auf anderer Ebene würde voraussichtlich Schaden nehmen. Umstritten ist zudem, ob nicht die karitative Tätigkeit insgesamt „unaufgebbar“ ist49 und die Religionsgemeinschaften durch einen Rückzug einen wesentlichen Teil 46

Zur sogenannten ,negativen Religionsfreiheit‘ vgl. BVerfG, E 41, 29 (49) – Simultanschule; E 46, 266 (267) – Krankenhausaufnahme; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 23 ff.; kritisch zur immanenten negativen Seite der Grundrechte Hellermann, Die sogenannte negative Seite der Freiheitsgrundrechte, S. 127, betreffend die Religionsfreiheit. 47 Vgl. 1. Kap. A. II. 48 Eingehend Geiger, Das Selbstverständnis katholischer Einrichtungen, seine Bedeutung für Träger und Mitarbeiter, S. 7 f. 49 Vgl. dazu 1. Kap. C.

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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ihres Auftrages verfehlen würden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die karitative Tätigkeit in anderer Weise als durch die enormen Apparate, die hinter Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen stehen, verfolgt werden könnte. So könnte im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe oder der Unterstützung von Alten, Familien und perspektivlosen Menschen50 ein stärkeres Engagement erfolgen. Auch hier kann man für den Nächsten da sein. Die Religionsgemeinschaften könnten in Bereichen tätig werden, in denen sich keine so großen Wertungsdifferenzen auftun, wie im Bereich der Versorgung, Pflege und Betreuung. Insofern würde ein Rückzug aus diesem Bereich nicht mit der vollständigen Aufgabe des Selbstverständnisses und des karitativen Auftrags als solchem verbunden sein. 2. Folgen eines Rückzugs aus staatlicher Perspektive Welche Folgen aber träfen den Staat, wenn die karitativen Einrichtungen sich aus dem sozial-karitativen Bereich der Krankenversorgung und Pflege zurückzögen? Zum einen könnten politische Veränderungen und finanzielle Belastungen auftreten. Zum anderen ist danach zu fragen, inwiefern dann Regelungen und Prinzipien der Rechtsordnung verletzt oder strapaziert würden. Die Betrachtung der Folgen eines Rückzugs verdeutlicht insofern die Verantwortung des Staates für den sozial-karitativen Bereich. a) Politische und ökonomische Konsequenzen Teilweise wird befürchtet, dass eine Verweigerung des staatskirchenrechtlichen Angebots das Verhältnis zwischen Staat und Kirche erschüttern und dadurch die staatskirchenrechtliche Ordnung auseinandergeraten könnte, wenn die christlichen Kirchen die Kooperation in einem weiten Bereich verweigern würden.51 Dieses Argument ist zwar politisch beachtlich, kann aber rechtlich nur bedingt Aufschluss geben, und ist entsprechend nicht weiter zu verfolgen. Viel gewichtiger scheint aus praktischer Sicht das Problem des Staates, sich aufgrund der Gewährleistungsverantwortung gegebenenfalls selber um die Kranken- und Pflegeversorgung kümmern zu müssen, sofern sich nicht private oder andere Träger der Freien Wohlfahrt finden, die diese Aufgabe anschließend erfüllen. Aus einem Rückzug der Religionsgemeinschaften könnte somit eine enorme personelle, organisatorische und auch finanzielle Belastung des Staates folgen. b) Mögliche Verletzung einer Bestandsgarantie In rechtlicher Hinsicht könnte der Staat eine Bestandsgarantie für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Betreuungsvereine in kirchlicher Trägerschaft übernom50 Vertiefend zu dem Feld der Lebens- und Familienberatung Kaminsky/Henkelmann, in: Damberg (Hrsg.), Soziale Struktur und Semantiken des Religiösen im Wandel, S. 89 ff. 51 Rüfner, in: Festschrift Hollerbach, S. 691 (694 f.).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

men haben, die dann verletzt wäre, wenn sich die Religionsgemeinschaften und karitativen Einrichtungen von einem karitativen Bereich als Folge einer engen staatlichen Gesetzgebung oder von vom Staat ausgehenden sonstigen Faktoren zurückziehen. Sowohl den Verträgen zwischen Kirche und Staat (verbunden mit dem Zustimmungsgesetz des zuständigen Parlaments) als auch dem einfachen Gesetz und der Verfassung könnte eine Bestandsgarantie entnommen werden. aa) Staatskirchenvertragliche Bestandsgarantie In Verträgen mit den Religionsgemeinschaften könnte der Bestand dieser Einrichtungen durch den Staat, insbesondere durch die Länder, garantiert worden sein. Teilweise wird die karitative Tätigkeit dort genannt.52 Daraus könnte sich eine Bestandsgarantie für karitative Einrichtungen ergeben.53 Eine exemplarische Untersuchung von Art. 13 EvKiVBW54 (nun aus anderer Sicht) ergibt dabei allerdings, dass sich keine Bestandsgarantie feststellen lässt: Die Absätze 1 und 2 sind so formuliert, dass sie den bestehenden Zustand beschreiben. Eine darüber hinausgehende Garantie zukünftiger Wahrnehmung dieser Aufgaben kann dem Wortlaut nicht entnommen werden, denn auch aus den Art. 6 und 87 der Landesverfassung BadenWürttemberg, auf die Bezug genommen wird, ist keine Bestandsgarantie unabhängig von den Verhältnissen zu entnehmen.55 Hier sind die Grenzen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV gezogen.56 In Art. 13 Abs. 3 EvKiVBW wird die Verbform ,sind berechtigt‘ gewählt, wobei sich dieses Verb lediglich auf die Kinder- und Jugendhilfe bezieht. Bezüglich dieser Hilfsformen wird über die Absätze 1 und 2 eine Berechtigung eingeräumt, und damit die Position gestärkt. Den Absätzen 1 und 2 eine umfassende Bestandsgarantie, also beispielsweise auch für die karitative Krankenversorgung, Pflege und Betreuung, zu entnehmen, stehen somit systematische Bedenken entgegen.57

52 Vgl. bereits die Nachweise in diesem Kapitel, Fn. 23. Périsset, AfkKR 177 (2008), S. 464 (467), bezeichnet den Punkt, dass die Kirche bei ihrer Konkordatspolitik versucht, das Recht zu erhalten, im Bereich der Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen, Pflegezentren tätig werden zu können, als Eckpunkt der aktuellen Konkordatspolitik. 53 So Haering, in: Festschrift Listl 70, S. 761 (783), hinsichtlich § 9 Konkordat Sachsen, § 15 Konkordat Thüringen, § 10 Konkordat Mecklenburg-Vorpommern, § 8 Konkordat Sachsen-Anhalt. 54 Zum Wortlaut siehe in diesem Kapitel unter A. II. 1. b). 55 Vgl. dazu unter (3). Art. 10 LV BW wird hingegen zumindest indirekt eine Bestandsgarantie entnommen, vgl. Hollerbach, in: Feuchte (Hrsg.), Verfassung des Landes BadenWürttemberg, Art. 10 Rdnr. 9. 56 Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 6 Rdnr. 1, 6. 57 Zur Frage der Bindungswirkung und den Folgen eines Verstoßes gegen eine kirchenvertragliche Bestimmung vgl. Ehlers, in: Festschrift Maurer, S. 333 (338 ff.).

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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bb) Bestandsgarantie aus dem einfachen Gesetz Dem einfachen Recht könnte eine Bestandsgarantie aus dem ,Grundsatz der Trägerpluralität‘ entnommen werden. Für das Krankenhauswesen formuliert § 1 Abs. 2 S. 1 KHG, § 2 Abs. 3 SGB V das Ziel der Trägerpluralität, in dem dazu aufgefordert wird, die Vielfalt der Träger zu beachten.58 Für die Pflegeeinrichtungen gilt dieser Grundsatz nach § 11 Abs. 2 SGB XI. Das bedeutet, dass Vielfalt und Vielgestaltigkeit der Träger zu beachten sind. Neben öffentlichen Trägern sollen auch private und freigemeinnützige (darunter auch kirchliche) Träger an der Versorgung der Kranken und Pflegebedürftigen teilnehmen. Den Normen könnte eine Garantie für den Bestand bestimmter Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen entnommen werden. Wäre dies der Fall, so wäre der Staat gegebenenfalls verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass bestimmte kirchliche Einrichtungen an der Versorgung teilhaben. Allerdings sieht der Wortlaut der Normen zur Trägerpluralität vor, dass die Vielfalt zu „wahren“ beziehungsweise zu „beachten“ sei. In der Wahl dieser Verben kommt eine gewisse Passivität zum Ausdruck, die in der Form „bewahren“ noch stärker zum Ausdruck kommt. Eine Pflicht des Staates zu einer die Vielfalt fördernden Tätigkeit soll darin nicht begründet werden und damit auch nicht für den Bestand einzelner Einrichtungen oder Einrichtungsgruppen. Für gewöhnlich werden dazu Formulierungen wie „ist zu gewährleisten“, „zu garantieren“59 oder „werden gewährleistet“60 oder in Verbindung mit „zu fördern“61 gewählt.62 In das elfte Sozialgesetzbuch wurde der Grundsatz der Trägerpluralität aufgenommen, um zu verdeutlichen, dass mit der Einführung der Pflegeversicherung und der Strukturierung des Pflegesektors die Arbeit der Kirchen und der kirchlichen Einrichtungen nicht beeinträchtigt werden sollte, sondern sie weiterhin zu der pflegerischen Versorgung beitragen können; ihr Beitrag bleibe, so die Begründung im Gesetzesentwurf, unverzichtbar.63 Die Regelung dient damit in erster Linie einer Klarstellung und der Rücksichtnahme auf das Selbstverständnis der Einrichtungen. 58 Vgl. dazu und zu einigen landesrechtlichen Regelungen Hense, in: Fehling/Ruffert (Hrsg.), Regulierungsrecht, § 16 Rdnr. 42 ff. 59 § 1 Abs. 2 S. 2 KHG, der sich auf die finanzielle Sicherung der Krankenhausversorgung generell bezieht. 60 Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG; Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG; siehe auch § 1 Abs. 2 S. 3 Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg (LKHG) in der Fassung vom 29. November 2007, zuletzt geändert durch Art. 56 des Gesetzes vom 25. Januar 2012 (GBl. S. 65, 72), wonach die Wohlfahrtspflege der kirchlichen Krankenhäuser gewährleistet bleibt. 61 § 54 Patentanwaltsordnung vom 7. September 1966 (BGBl. I S. 557), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515); § 27 Abs. 2 S. 2 Seelotsgesetz in der Fassung vom 13. September 1984 (BGBl. I S. 1213), zuletzt geändert durch Art. 105 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864). 62 Entsprechend wird überwiegend auch Art. 89 Abs. 3 GG dahingehend ausgelegt, dass ein aktives Fördern nicht erforderlich sei, vgl. Gröpl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 89 Rdnr. 146 (Stand: Juni 2007); Ibler, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 89 Rdnr. 84 m. Nachw. auch zur Gegenmeinung. 63 BT-Drs. 12/5262, S. 93.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Hinsichtlich der Krankenversorgung bezieht sich § 2 Abs. 3 SGB V auf die Auswahl der Leistungserbringer und gibt dem Staat auf, dabei die Vielfalt zu achten. An Satz 2 wird aber deutlich, dass dies im Zusammenhang damit steht, die religiösen Bedürfnisse der Versicherten zu achten. § 1 Abs. 2 KHG stellt ein Kriterium für die Auswahlentscheidung der Feststellungsbehörde dar, wenn für ein Versorgungsgebiet eine Auswahl zwischen verschiedenen Krankenhäusern für den Krankenhausplan erforderlich ist.64 Somit kann den Normen weder nach dem Wortlaut, noch dessen Sinn und Zweck eine Bestandsgarantie für bestimmte Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen entnommen werden.65 Aus dem Grundsatz der Trägervielfalt folgt demnach nicht die Pflicht des Staates, sich mit Regelungen so zurückzuhalten, dass bestimmte Träger an der Versorgung weiter partizipieren. Nur eine gewisse Vielfältigkeit ist zu wahren, was aber nicht bedeutet, dass die religiösen Einrichtungen erhalten bleiben müssen. Auf die religiösen Bedürfnisse der Versicherten, denen gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 SGB V, § 2 Abs. 3 S. 1 SGB XI Rechnung zu tragen ist, könnte auch auf andere Weise geachtet werden, wie es beispielsweise im Rahmen der Krankenhausseelsorge geschieht oder in Ansätzen einer kultursensiblen Pflege66 zum Ausdruck kommt. cc) Verfassungsrechtliche Bestandsgarantie Möglicherweise könnte aber Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV eine Bestandsgarantie für die karitativen Einrichtungen entnommen werden. Falls dies der Fall ist, könnte der Gesetzgeber verpflichtet sein, sich bei seiner Tätigkeit betreffend materiellen Anforderungen soweit zurückzunehmen, dass das Engagement der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen nicht beendet wird. Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 GG sieht seinem Wortlaut nach einen besonderen Schutz von vermögenswerten Rechten der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie ihrer religiösen Vereine vor. Begründet wird dieser Schutz mit der religiösen Zweckrichtung dieser Vermögenspositionen, die dazu beitragen, dass die Religionsgemeinschaften ihre Angelegenheiten organisieren können:67 er dient 64

Möller, VSSR 2007, S. 263 (278). So Quaas/Zuck, in: dies. (Hrsg.), Medizinrecht, § 24 Rdnr. 64; Hense, in: Fehling/Ruffert (Hrsg.), Regulierungsrecht, § 16 Rdnr. 45; Harsdorf/Friedrich, KHG Kommentar, Tz. 7.4; Stollmann, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, KHG, § 1 Rdnr. 31; siehe auch Roller, in: Festschrift Strätz, S. 433 (442). Etwas anderes kann auch nicht abweichend durch die Landeskrankenhausgesetze, so bspw. § 1 Abs. 2 S. 3 LKHG Baden-Württemberg bestimmt werden, denn dadurch würden sie sich in Widerspruch zum KHG des Bundes setzen, das insofern vorgeht, vgl. Hense, in: Fehling/Ruffert (Hrsg.), Regulierungsrecht, § 16 Rdnr. 46. 66 Der Begriff der kultursensiblen Pflege ist seit dem 1. Juli 2008 in § 1 Abs. 4a SGB XI auch normiert. Er richtet sich an die Pflegebedürftigen und soll ihre Situation verbessern, auch wenn kein einklagbarer Anspruch entstehen soll, vgl. Krahmer, in: Klie/ders. (Hrsg.), SGB XI, § 1 Rdnr. 10a. 67 Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 140 Art. 138 WRV Rdnr. 13 (Stand: Februar 2003). 65

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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damit der Aufrechterhaltung des materiellen Substrats.68 Dabei beschränkt sich der Schutz aber nicht nur auf die Enteignung. Die Kirchengutsklausel soll ebenso vor „jeder Sinnentleerung des religiös gewidmeten Vermögens durch jede Form der Säkularisation“69 schützen. Wenn der Staat Regelungen trifft, die von den kirchlichen Trägern und Kirchen nicht mehr hingenommen werden können, weil dadurch entgegen ihres Selbstverständnisses gehandelt werden müsste, dann wird dem Vermögen quasi der religiöse Charakter genommen und es auf eine weltliche Basis gestellt. Solche säkularisationsähnlichen Akte sollen aber unzulässig sein70, so dass der Staat auch bei der Regelung materieller Voraussetzungen der Tätigkeiten Rücksicht walten lassen muss, damit das Kirchengut auch der kirchlichen Tätigkeit dienen kann. Wenn der Staat insofern verpflichtet wäre, die karitativen Einrichtungen zu garantieren, dann ließe sich daraus ableiten, dass der Staat nicht so weit regelnd tätig werden darf, dass den Religionsgemeinschaften zur Sicherung ihrer religiösen Vorstellungen faktisch keine andere Handlungsoption verbliebe, als die karitative Tätigkeit aufzugeben. In dem so herbeigeführten Rückzug könnte eine Nutzungsbeeinträchtigung zu sehen sein. Jedoch ist fraglich, ob der Bestandsschutz vor einer solchen Beeinträchtigung schützt, denn das Kirchengut selber wird hier nicht beeinträchtigt, nur seine spezielle Verwendungsmöglichkeit als Krankenhaus oder Pflegeheim. Fraglich ist folglich, ob sich der Schutz auf die konkrete Funktion – hier in Form von Pflege und medizinischer Versorgung – oder nur abstrakt auf die Funktion der karitativen Tätigkeit bezieht. Dem Wortlaut nach soll das Vermögen der Wohltätigkeit dienen können, so dass nur ein abstrakter Schutz der karitativen Tätigkeit erkannt werden kann. Dagegen kann aber eingewendet werden, dass Art. 138 Abs. 2 WRV im Kontext von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV zu sehen ist und bei einem nur abstrakten Schutz den Religionsgemeinschaften das Recht genommen wird, selber zu bestimmen, ob die Versorgung von Kranken zu den eigenen Angelegenheiten gehören soll oder beispielsweise die „unverfänglichere“ Versorgung von Obdachlosen mit warmen Mahlzeiten. Dieser Einwand offenbart aber, woran ein Schutz für die spezielle karitative Tätigkeit letztendlich scheitert: Die Entscheidung über die konkrete Nutzung ist eine Entscheidung, die von Art. 140 GG i.V.m Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV geschützt ist. Sie ist das Bestimmen über eigene Angelegenheiten, dass nun mal an die Grenzen der ,für alle geltenden Gesetze‘ stößt. Eine Bestandsgarantie für die Krankenversorgung und Pflege durch karitative Einrichtungen aus Art. 138 Abs. 2 WRV besteht nicht. In Anlehnung an den dogmatischen Satz zur

68 J. Heckel, in: ders., Gesammelte Schriften, S. 328 (330); Kästner, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 891 (892). 69 Depenheuer, Staatliche Finanzierung und Planung im Krankenhauswesen, S. 146. 70 Vgl. BVerwG, E 87, 115 (121); v. Campenhausen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG5, Art. 138 WRV Rdnr. 30; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), Art. 138 WRV Rdnr. 6; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 138 WRV Rdnr. 27; Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 140 Art 138 WRV Rdnr. 13 (Stand: Februar 2003) m. w. Nachw.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Abgrenzung von Art. 14 und 12 GG gilt: Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV schützt das Gut, nicht das Tun. Auch die Landesverfassungen gehen über die grundgesetzlichen Vorgaben nicht hinaus und eine Garantie für bestimmte karitative Tätigkeiten ergibt sich somit auch nicht aus den Verfassungen der Länder, die die karitative Tätigkeit der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen explizit erwähnen. Gemäß Art. 6 der Verfassung von Baden-Württemberg ist die „Wohlfahrtspflege der Kirchen und der anerkannten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften […] gewährleistet“. Danach ist der Bestand der Wohlfahrtspflege der Kirchen geschützt und ihnen ist ein Raum zur Entfaltung zu belassen.71 Zwar könnte hieraus eine über die des Grundgesetzes hinausgehende Garantie aufgrund des Wortlautes angenommen werden, jedoch wird diese Bestimmung dahingehend ausgelegt, dass nicht mehr gewährleistet werde, als in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV; das für alle geltende Gesetz sei Schranke der Garantie aus Art. 6 der Landesverfassung.72 Die sächsische Landesverfassung bestimmt in Art. 109 Abs. 3, dass die diakonische und karitative Arbeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften gewährleistet wird. Auch hier geht der Schutz aber nicht über Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV hinaus.73 dd) Ergebnis Eine Bestandsgarantie, die einem Rückzug der Religionsgemeinschaften aus der Krankenversorgung und Pflege sowie Betreuung entgegensteht, besteht nicht. Sollte der Weg des Rückzugs aus dem karitativen Bereich aufgrund staatlichen Handelns erfolgen, verletzt der Staat keine Bestandsgarantie. c) Mögliche Verletzung eines Subsidiaritätsgrundsatzes Mit dem Subsidiaritätsprinzip wurde in der Vergangenheit versucht, die sozialstaatliche Gestaltungsmacht des Gesetzgebers einzuschränken, indem es als verfassungsrechtliches Prinzip angesehen wurde:74 Solange die kleinere Einheit ihre Aufgaben selbst erfüllen könne, dürfe die größere Einheit nicht eingreifen.75 Zwar kann dem Grundgesetz seit der Neufassung von Art. 23 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG der Subsidiaritätsgrundsatz entnommen werden, allerdings bezieht er sich auf den Bereich der Europäischen Union.76 Eine Erwähnung in der Verfassung mit speziellem 71

Hollerbach, in: Feuchte (Hrsg.), Verfassung Baden-Württemberg, Art. 6 Rdnr. 4. Braun, Verfassung Baden-Württemberg, Art. 6 Rdnr. 5 f. 73 Degenhart, in: ders./Meissner (Hrsg.), Handbuch der Verfassung des Freistaates Sachsen, § 9 Rdnr. 8. 74 Vgl. die Nachweise bei Wegener, Staat und Verbände im Sachbereich Wohlfahrtspflege, S. 134 Fn. 105 und 106. 75 Dazu bereits die Nachw. im 1. Kap, Fn. 59. 76 Dazu Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 23 Rdnr. 99 ff. (Stand: Oktober 2009). Zur Situation nach dem Vertrag von Lissabon siehe Frenz, Jura 2010, S. 641 ff. 72

A. Rückzug als totale Inanspruchnahme

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Bezug auf den europarechtlichen Bereich macht einen Grundsatz noch nicht zu einem allgemeinen Verfassungsprinzip.77 In § 11 Abs. 2 S. 3 SGB XI ist der Subsidiaritätsgedanke für den Bereich der Pflege einfachgesetzlich normiert. Er soll hier den freien und privaten Trägern Vorrang vor öffentlichen Trägern einräumen. Es wird also deutlich, dass der einfachgesetzliche Subsidiaritätsgedanke nicht auf die Privilegierung der karitativen Einrichtungen gerichtet ist, sondern allgemein auf die von nicht-öffentlichen Trägern. Zudem kann das Subsidiaritätsprinzip ohnehin nur für den Fall Anwendung finden, dass sich eine kleinere Einheit findet, die sich bereit erklärt, die Aufgabe zu übernehmen. Dabei ist die Aufgabe, auf die sich das Subsidiaritätsprinzip bezieht, so zu erfüllen, wie dies von der Rechtsordnung vorgesehen ist, und damit auch unter Beachtung des Patientenwillens, selbst wenn sich dieser auf einen Behandlungsabbruch außerhalb der Sterbephase richtet. Dem Subsidiaritätsprinzip kann keinesfalls eine Verpflichtung entnommen werden, dass die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen ein Recht auf Teilhabe an der Versorgung der Kranken und Pflegebedürftigen in einer bestimmten Art und Weise haben. Es ist folglich auch nicht verletzt, wenn Regelungen erlassen werden, die dann zu einem Rückzug aus Bereichen der karitativen Tätigkeit führen. d) Mögliche Verletzung einer Verpflichtung des Staates, einen Raum für die karitative Tätigkeit zu sichern Ein Rückzug aus der karitativen Tätigkeit könnte eine staatliche Verpflichtung zur Realisierbarkeit der Grundrechte verletzen.78 Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist Art. 4 Abs. 1, 2 GG so auszulegen, dass der Staat „Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern“ habe.79 Diese Aussagen haben sich auf staatliche Sonderverhältnisse (die Schulen) bezogen, in denen der Religion eine Entfaltungsmöglichkeit für die individuelle Betätigung des Glaubens gegeben werden müsse. Der Übertragung dieser Anforderung auf den sozial-karitativen Bereich kann nichts Durchgreifendes entgegen gebracht werden. Zwar stehen die karitativen Einrichtungen im sozial-karitativen Bereich nicht in 77

Vertiefend T. Brenner, Diakonie im Sozialstaat, S. 76 ff. m. w. Nachw. Vgl. beispielsweise das weite Verständnis von Häberle, Die Wesensgehaltgarantie des Artikel 19 Abs. 2 Grundgesetz, S. 165: Der Gesetzgeber „hat Normenkomplexe zu schaffen, die die Grundrechte als Institute erst verwirklichen. Die Normenkomplexe stützen die Grundrechte als verfassungsrechtliche Institute gleichsam ,von unten‘. Sie verhelfen ihnen zu der von ihnen intendierten sozialen Wirklichkeit. Unter anderem des Institutscharakters der Grundrechte wegen ist die Verfassung auf die Ausgestaltung des Gesetzgebers angewiesen.“ Ebenfalls weit Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 104; zurückhaltender Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 4 Rdnr. 149 f.; zudem Pagels, Schutz- und förderpflichtrechtliche Aspekte der Religionsfreiheit, S. 124. 79 BVerfG, E 41, 29 (49) – Simultanschule, wenn auch auf die individuelle Religionsfreiheit bezogen; vgl. zudem BVerfG, E 93, 1 (16) – Kruzifix; OVG Berlin-Brandenburg, NVwZ 2010, S. 1310 (1312, 1314). 78

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

einem direkten Näheverhältnis zum Staat, allerdings sind die karitativen Einrichtungen auf die Einbindung in das öffentlich-rechtliche System angewiesen. Anders könnten sie ihre Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen praktisch nicht betreiben. Der Raum für die aktive Betätigung ist hierbei nicht nur für die Individuen zu sichern, sondern gerade auch für die korporierte religiöse Vereinigung, deren Auftrag es gerade ist, den religiösen Auftrag zur karitativen Tätigkeit zu erfüllen. Die Verpflichtung des Staates, Raum für die Realisierung einer Glaubensüberzeugung zu sichern, besteht aber jedenfalls nur, wenn dieser Realisierung überhaupt verfassungsrechtlicher Schutz gewährt ist. Würde der Staat beispielsweise einer Zwangsbehandlung, die vorliegen würde, wenn die karitativen Einrichtungen entgegen dem Patientenwillen weiter behandeln dürften, Raum geben, so würde er dadurch seiner Verpflichtung zum Schutz der körperlichen Integrität und des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG80 nicht gerecht werden. Art. 4 Abs. 1, 2 GG eröffnet eben keinen Raum zur unbeschränkten Realisierung der religiösen Vorstellungen. Allerdings trifft den Staat, insbesondere den Gesetzgeber, aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV die Pflicht, einen Raum zu sichern, in denen die karitativen Einrichtungen eigene Wege gehen können und so ihren religiösen Überzeugungen zumindest nicht zuwider handeln zu müssen. Deswegen besteht die Aufgabe des Gesetzgebers darin, bei der Gesetzgebung zu beachten, dass die karitativen Einrichtungen ihre religiöse Dimension sicherstellen können. Der Gesetzgeber erlässt dazu nicht selten ,Berücksichtigungsbestimmungen‘81, mit denen es den Religionsgemeinschaften ausdrücklich gestattet wird, eigene Wege zu gehen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Als prägnantes Beispiel kann hier § 33 KHGG NRW82 dienen. Danach gelten Bestimmungen zur Hygiene und zur Betriebsleitung nicht für Krankenhäuser, die von Religionsgemeinschaften oder diesen gleichgestellten oder ihnen zuzuordnenden Einrichtungen betrieben werden. Dabei wird erwartet, so kommt es im Wortlaut der Regelung ausdrücklich zum Ausdruck, dass die Religionsgemeinschaften in eigener Zuständigkeit Regelungen erlassen, die den Zielen dieser Vorschriften im Ergebnis entsprechen.83 Hat der Gesetzgeber entsprechende Regelungen getroffen oder bestehen aufgrund der Rechtslage hinreichende Möglichkeiten, so ist der Gesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung aus80

Vgl. dazu 2. Kap. A. III. 3. Begriff angelehnt an M. Heckel, VVDStRL 26 (1967), S. 5 (45); Müller-Volbehr, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 289 (292): „Berücksichtigungsklauseln“. Diese Regelungsform wird auch als „Öffnungsklausel“ (v. Hoyningen-Huene, RdA 2002, S. 65 ff.), „Kirchenklausel“ (Schoenauer, Die Kirchenklausel des § 9 AGG im Kontext des kirchlichen Dienst- und Arbeitsrechts), „Beachtensklauseln“ (M. Brenner, VVDStRL 59 [2000], S. 264 [276]) bezeichnet. Skeptisch gegenüber Ausnahmeregelungen für religiöse Gruppen Sacksofsky, VVDStRL 68 (2009), S. 7 (35 ff.). 82 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW, S. 702, ber. 2008, S. 157) zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 14. Februar 2012 (GV. NRW, S. 97). 83 Dazu Prütting, Krankenhausgestaltungsgesetz NRW, § 33 Rdnr. 1, 5. 81

B. Weigerungsrecht der Einrichtung und ihres Personals

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reichend nachgekommen. Fehlen entsprechende Bestimmungen oder Möglichkeiten, so kommt eine Schutzpflichtverletzung in Betracht. Ob vorliegend hinreichende Gestaltungswege geöffnet sind, kann erst eine genaue anschließende Untersuchung möglicher Instrumente zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen ergeben. Vorwegzunehmen ist an dieser Stelle aber, dass der Staat mithilfe der Eröffnung eigener Wege hier seiner Verantwortung gerecht wird.

IV. Versuch der Vermeidung eines solchen Rückzugs An den Folgen, die ein Rückzug der religiös-karitativen Organisationen aus der Versorgung von Pflegebedürftigen und Kranken sowie Betreuungsbedürftigen hätte, wird deutlich, dass er aus staatlicher Perspektive kein erstrebenswerter und ein verfassungsrechtlich zumindest strapaziöser Zustand ist. Auch für die Religionsgemeinschaften hätte ein Rückzug, wie erläutert, mit einiger Wahrscheinlichkeit, Nachteile. Zur Vermeidung von Nachteilen auf beiden Seiten ist es deshalb sinnvoll, nach einer Lösung zu suchen, mit der sich ein Rückzug vermeiden lässt. Die Lösungsansätze sind in dem freiheitlichen Gestaltungsraum zu suchen, der den Religionsgemeinschaften, Einrichtungen und Einrichtungsträgern verbleibt.

B. Weigerungsrecht der Einrichtung und ihres Personals Als mildere Alternative zu einem Rückzug käme eine Weigerung der Einrichtung in Betracht, bestimmte Maßnahmen durchzuführen. Ansätze eines Weigerungsrechts wurden bereits in Rechtsprechung und Literatur diskutiert, denn in dem sogenannten Traunsteiner Sterbefall84 wurde die hier für karitative Einrichtungen zu untersuchende Konstellation, dass sich die Einrichtung gegen den Willen des Patienten zu stellen versuchte, bereits aktuell. Auch im Fuldaer Sterbefall85 stand letztendlich die Weigerung der Pflegeheimleitung dem Abbruch der künstlichen Ernährung im Weg. Das Oberlandesgericht München hatte im Traunsteiner Fall ein Weigerungsrecht des Personals angenommen und eine Parallele zu § 12 SchKG gezogen,86 der Bundesgerichtshof hat dies abgelehnt. Im Folgenden wird die Frage, ob der Einrichtung und ihrem Personal ein Weigerungsrecht zusteht und damit eine Lösung für die karita84 BGHZ 163, 195 (199 f.); Vorinstanzen: die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts (AG Rosenheim, Beschluss vom 16. Juli 2002, Az: XVII 0062/99) ist nicht veröffentlicht; LG Traunstein, NJW-RR 2003, S. 221 ff.; OLG München, NJW 2003, S. 1743 ff. Der Kostenentscheidung des BGH folgten Verfahren, in denen es um Schadenersatz ging, vor dem LG Traunstein, PflR 2006, S. 390 ff. sowie dem OLG München, MittBayNot 2006, S. 424 ff. 85 BGHSt 55, 191 ff. 86 NJW 2003, S. 1743 (1745).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

tiven Einrichtungen zur Sicherstellung ihrer religiösen Vorstellungen eröffnet ist, untersucht.

I. Die Regelung des § 12 SchKG Dazu ist zunächst § 12 SchKG in seinen Grundzügen zu erläutern. Eine Person, die nicht an einem Schwangerschaftsabbruch teilnehmen möchte, sei es aus Gewissensgründen, sei es aus anderen Gründen, kann eine Mitwirkung daran verweigern. Im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG)87 hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 SchKG ausdrücklich ein Mitwirkungsverweigerungsrecht normiert, das bereits 1974 in Art. 2 Abs. 1 des 5. Strafrechtsreformgesetzes bestimmt war. Danach ist niemand verpflichtet an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken, es sei denn die Mitwirkung ist nach Abs. 2 notwendig, um von der Schwangeren eine nicht anders abwendbare Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung abzuwenden (sog. strenge medizinische Indikation). Mit dieser Regelung wird unter anderem die Gewissensentscheidung des um Mitwirkung Ersuchten geschützt,88 so dass es gar nicht zu einem Eingriff in die Gewissensfreiheit kommt, denn dem Konflikt wird durch die Eröffnung dieser Handlungsalternative aus dem Weg gegangen.89 Die Regelung geht aber, wie gleich deutlich werden wird, über den Schutz der Gewissensfreiheit hinaus. 1. Voraussetzungen des Weigerungsrechts Auf § 12 SchKG kann sich nach dem Wortlaut jeder berufen, der an einer Abtreibung mitwirken soll.90 Einschränkend wird § 12 SchKG dahingehend ausgelegt, dass nur Ärzte und Assistenzpersonal berechtigt sind, ihre Mitwirkung zu verweigern.91 Hingegen können sich nach überwiegender Meinung auch Krankenhausträger auf das Weigerungsrecht berufen.92 § 12 SchKG setzt keine bestimmten Anforderungen an eine Weigerung der Mitwirkung. Zwar ging es dem Gesetzgeber grund87 Vom 27. Juli 1992 (BGBl. I, S. 1398), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2975). 88 So BVerwG, E 89, 260 (262 f.). BVerfG, E 88, 203 (294) – Schwangerschaftsabbruch II, nimmt hingegen an, dass nach § 12 Abs. 1 SchKG das Allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sei; kritisch dazu Büchner, ZfL 2008, S. 2 (4). 89 Zu Handlungsalternativen Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 571. 90 Ob sich daraus auch ein Weigerungsrecht für die Beteiligung an einem pränatalen Diagnoseverfahren ergibt, ist äußerst umstritten. Dafür spricht, dass dieses Verfahren zumeist dazu führen soll, eine Entscheidung über eine Abtreibung zu treffen. Dazu insgesamt Beckmann, Arztberuf und Abtreibung, S. 17 (51), m. Nachw. auch zur Gegenmeinung. 91 Maier, NJW 1974, S. 1405 (1406), zur alten Regelung, auf die auch die Begründung zum SchKG (BT-Drs. 12/6643, S. 13; BT-Drs. 13/1850, S. 21) verweist. Weiter aber Merkel, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), StGB, § 218a Rdnr. 164. 92 Büchner, ZfL 2008, S. 2 (5 f.); Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, Rdnr. 338; zu Art. 2 Abs. 1 des 5. Strafrechtsreformgesetzes BayVGH, DVBl. 1990, S. 880 (881).

B. Weigerungsrecht der Einrichtung und ihres Personals

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sätzlich um den Schutz des Gewissens,93 aber als einen abschließenden Grund hat dies keine Verankerung im Gesetzeswortlaut gefunden.94 Es reicht demnach jedes Motiv für eine Weigerung aus.95 Eine Mitwirkung an einem Schwangerschaftsabbruch kann auch aus sonstigen Gründen verweigert werden, wobei eine Angabe des Grundes nicht erforderlich ist. Danach kann das medizinische Personal eines Krankenhauses in katholischer Trägerschaft eine Mitwirkung auch dann verweigern, wenn es selbst zwar keinem Gewissenskonflikt ausgesetzt ist, sich aber wegen Beachtung der Treuepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber an einer Mitwirkung gehindert sieht.96 2. Umfang des Weigerungsrechts Die Mitwirkung kann nach § 12 Abs. 2 SchKG nicht verweigert werden, wenn die Schwangere in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder des Todes gerät. Eine gewöhnliche medizinische Indikation löst diese Begrenzung noch nicht aus, sondern es ist vielmehr erforderlich, dass eine gesteigerte Gefahr für die Schwangere droht.97 Teilweise wird angenommen, dass sich in diesen Fällen ein Weigerungsrecht dann ergibt, wenn für den Mitwirkenden ein Gewissenskonflikt besteht und § 12 Abs. 2 SchKG deswegen unter dem Gesichtspunkt der Gewissensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG verfassungskonform auszulegen ist.98 Ein solches verfassungsrechtliches Weigerungsrecht kann aber nur den Trägern des Grundrechts auf Gewissensfreiheit zustehen, folglich nur den natürlichen Personen. Krankenhausträger – staatliche, private, kirchliche – können sich nicht darauf berufen. Für die kirchlichen Träger ergebe sich aber ein entsprechendes Recht aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.99 Der Umfang, in dem die Mitwirkung verweigert werden kann, wird per Auslegung begrenzt auf den eigentlichen Schwangerschaftsabbruch. Nicht erfasst sind nach überwiegender Auffassung die Nachversorgung und Nachbehandlung.100 93

BT-Drs. 7/1981, S. 18. Merkel, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), StGB, § 218a Rdnr. 167. 95 S. Bauer, Gewissensschutz im Arbeitsverhältnis, S. 77; Leuze, RdA 1993, S. 16 (19); Büchner, ZfL 2008, S. 2 (6); Esser, Der Arzt im Abtreibungsstrafrecht, S. 87. 96 Hirsch/Weißauer, Rechtliche Probleme des Schwangerschaftsabbruchs, S. 99 f., weisen in Bezug auf die alte Regelung darauf hin, dass private Krankenhäuser zur Weigerung schon aufgrund ihrer Möglichkeit zur Leistungsbegrenzung berechtigt seien. Dies geschieht auch tatsächlich in kirchlichen Krankenhäusern, vgl. bspw. § 3 Abs. 4 AVB der Klinik Vincentium Augsburg gGmbH. 97 T. Fischer, StGB, § 218a Rdnr. 11 (strenge medizinische Indikation); Büchner, ZfL 2008, S. 2 (7); Beckmann, Arztberuf und Abtreibung, S. 17 (50). 98 So Büchner, ZfL 2008, S. 2 (8); Esser, Der Arzt im Abtreibungsstrafrecht, S. 89 f. A.A. Kluth, MedR 1996, S. 546 (550, Fn. 52). 99 Büchner, ZfL 2008, S. 2 (9). 100 Merkel, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), StGB, § 218a Rdnr. 164; Büchner, ZfL 2008, S. 2 (5); Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, § 218a Rdnr. 86; S. Bauer, Gewissenschutz im Arbeitsrecht, S. 78. 94

140

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

II. Keine Analogiefähigkeit des § 12 SchKG zur Übertragung auf die Situation am Lebensende Eine entsprechende Regelung zur Konfliktvermeidung zum Ende des Lebens besteht bislang nicht. Der Bundesgerichtshof hatte eine Hinzuziehung von § 12 Abs. 1 SchKG auf die Situation in einem Pflegeheim, das sich weigerte, bei einem Wachkomapatienten die künstliche Ernährung einzustellen, abgelehnt: Im Rahmen einer Kostenentscheidung hatte er zu entscheiden, ob das Verlangen des Betreuers, die lebenserhaltenden Maßnahmen bei einem Wachkomapatienten abzubrechen, in die Gewissensfreiheit des Pflegepersonals eingreift. Dazu wird ausgeführt, die Gewissensfreiheit verleihe dem Pflegepersonal „kein Recht, sich durch aktives Handeln über das Selbstbestimmungsrecht des durch seinen Betreuer vertretenen Kl. hinwegzusetzen und seinerseits in dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen […]. Darin liegt auch der Unterschied zur Normsituation des § 12 SchKG, auf den sich das Oberlandesgericht München zu Unrecht beruft: Danach ist zwar niemand verpflichtet, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken. Die Vorschrift berechtigt aber auch niemanden, durch positives Tun in die Rechte Dritter einzugreifen, um Abtreibungen zu verhindern.“101 Dem Bundesgerichtshof ist darin zuzustimmen, dass weder Art. 4 Abs. 1, 2 GG noch § 12 Abs. 1 SchKG ein Recht geben, sich über das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren hinwegzusetzen und sie zu einer Austragung des Kindes zu zwingen. Es geht nicht darum, die Gewissensentscheidung des Personals durchzusetzen, sondern nur deren Konflikt zu lösen. Das Oberlandesgericht München hat hingegen eine „Parallele“102 zur Regelung aus dem SchKG gezogen, ohne von einer Analogie zu sprechen. Eine Analogie scheidet aber auch aus, denn diese würde eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Rechts- und Sachlage voraussetzen.103 Allerdings ist bereits fraglich, ob eine solche Lücke im Gesetz tatsächlich konstatiert werden kann, oder ob nicht lediglich eine gesetzliche Regelung wünschenswert ist, was aber nicht ausreichend sein kann, um eine planwidrige Regelungslücke festzustellen.104 Zudem lässt der enge Normzweck der Regelung, der sowohl vom einfachen als auch vom verfassungsgebenden Gesetzgeber anerkannt ist und sich auf die Situation am Lebensanfang bezieht, eine Analogie nicht zu.105 § 12 SchKG kann im Ergebnis nicht auf die Situation am Lebensende übertragen werden.

101

BGHZ 163, 195 (200). OLG München, NJW 2003, S. 1743 (1745). 103 Zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl. in diesem Kapitel C. IV. 5. b) bb). 104 Börsch, JA 2000, S. 117 (117). 105 S. Bauer, Gewissensschutz im Arbeitsverhältnis, S. 148. Zu der entsprechenden Regelung in Art. 2 Abs. 1 des 5. Strafrechtsreformgesetz Konzen/Rupp, Gewissenskonflikt im Arbeitsverhältnis, S. 153 f.; zur Analogiefähigkeit von Ausnahmevorschriften D. Schneider, JA 2008, S. 174 ff. 102

C. Vertragsgestaltung

141

III. Kein verfassungsrechtliches Weigerungsrecht Ein Weigerungsrecht für die (karitativen) Einrichtungen und das Personal ergibt sich auch nicht unmittelbar aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG. Der Entnahme eines konkreten Weigerungsrechtes steht zum einen die Unbestimmtheit der Verfassung entgegen. Auch die ungestörte Religionsausübung findet schließlich ihre Grenzen. Wo aber diese Grenzen grundsätzlich bestehen, und ob sie in diesem Fall begrenzen, dazu finden sich in Art. 4 Abs. 1, 2 GG keine Anhaltspunkte. Die konkrete Grenzziehung ist dem Gesetzgeber überlassen und er hat sie für den Lebensanfang auch wahrgenommen. Der Verfassungsgeber hatte weder diese Konstellation im Blick, noch könnte und sollte eine Verfassung dazu Regelungen enthalten. Damit würde die Kompetenz des Gesetzgebers unterlaufen. Zudem ist es vom Schutz des Art. 4 Abs. 1, 2 GG nicht umfasst, in einem solchen Umfang in die Rechte Anderer einzugreifen. Würde schlicht ein Weigerungsrecht angenommen, so liefe das auf eine Zwangsbehandlung hinaus und auf die Verletzung der körperlichen Integrität sowie einer Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen.106 Auch wenn Art. 4 Abs. 1, 2 GG einen weiten Schutzbereich umfasst, findet er an den verfassungsimmanenten Schranken seine Grenzen, so dass ein direkt aus der Verfassung abgeleitetes Weigerungsrecht nicht vorliegt.

IV. Ergebnis zum Weigerungsrecht Aus § 12 SchwKG ergibt sich kein Weigerungsrecht, weil es nicht auf die Situation am Lebensende übertragen werden kann. Auch aus der Verfassung direkt leitet sich kein Weigerungsrecht ab. Der Gesetzgeber hat hier keine entsprechende Regelung getroffen, die eine Weigerung des Behandlungsabbruchs erlaubt. Der Wille des Patienten ist also von Personal und Einrichtung zu befolgen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob es möglich ist, dass der Behandlungsabbruch durch andere Personen und Einrichtungen vollzogen wird. Dazu sind weitere Lösungsansätze zu diskutieren, die im Ergebnis zwar nicht zu einer Durchsetzung der religiösen Vorstellungen führen, aber zumindest sicherstellen, dass den Vorstellungen nicht zuwider gehandelt werden muss.

C. Vertragsgestaltung mit den Benutzern einer karitativen Kranken- oder Pflegeeinrichtung Die karitativen Einrichtungen können sich, wie soeben festgestellt wurde, nicht auf ein Gesetz berufen, das es ihnen erlaubt, die Behandlung zu verweigern. Folglich ist nach anderen Möglichkeiten zur Auflösung des Widerspruchs zwischen den 106

So auch BGHZ 163, 195 (199 f.); Hufen, NJW 2001, S. 849 (853).

142

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Vorstellungen der Religionsgemeinschaft und der geforderten karitativen Praxis zu suchen. Dazu bietet es sich an, die Verträge, die zwischen dem Träger und dem Benutzer einer Einrichtung geschlossen werden, so zu gestalten, dass die karitativen Einrichtungen den religiösen Vorstellungen nicht zuwider handeln müssen.107 Die Gestaltung der Verträge könnte dazu beitragen, das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften gegenüber abweichenden Vorstellungen der Individuen zu sichern und ihren religiösen Auftrag entsprechend eigener Vorstellungen zu erfüllen. Auf diese Weise könnte erreicht werden, dass nur solche Behandlungs- und Pflegemaßnahmen durchgeführt werden (müssen), die mit den Einstellungen der Religionsgemeinschaften vereinbar sind. Der Staat stellt für die Vertragsgestaltung den rechtlichen Rahmen des bürgerlichen Rechts bereit, dessen sich die Einrichtungsträger auch bedienen.108 Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Vertragsverhältnis zwischen Nutzer und Einrichtungsträger im Kontext des Sozialrechts stehen kann.109

I. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften als Grundlage der Vertragsgestaltung Die Gestaltung der Verträge110 zwischen Einrichtungsträger und Patienten beziehungsweise Pflegebedürftigen unterfällt dem Gewährleistungsbereich von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV. Das Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht der Religionsgemeinschaften, „alle eigenen Angelegenheiten gemäß den spezifischen kirchlichen Ordnungsgesichtspunkten, d. h. auf der Grundlage des Selbstverständnisses, rechtlich gestalten zu können.“111 ,Rechtlich gestalten‘ können die kirchlichen Einrichtungen in erster Linie im Rahmen der Vertragsgestaltung hinsichtlich der Benutzung ihrer Einrichtungen durch Nutzer. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften beinhaltet insofern den Gedanken der Privatautonomie.112 Abschluss und Gestaltung eines Vertrages sind frei.113 Die Träger 107 Nur sporadisch wird der Problembereich bislang erkannt und diskutiert. Erste Lösungsansätze gehen in Richtung einer Vertragsgestaltung, ohne jedoch eine umfassende Untersuchung der Möglichkeiten vorzunehmen, vgl. Uhlenbruck, NJW 2003, S. 1710 (1712); Thüsing, Krankenhausaufnahmevertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauseln, Rdnr. 36; Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, Sterbehilfe und Sterbebegleitung, Bericht, S. 117 ff.; vgl. zudem im Rahmen der Analyse des Traunsteiner Sterbefalles, bei dem es sich aber nicht um eine karitative Einrichtung handelte, Berg, Lebensbeendende Behandlungsbegrenzung bei Wachkomapatienten, S. 41 f. 108 Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (737). 109 Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 9. 110 Zur Einordnung der Verträge als privatrechtlicher Vertrag sowie zu deren Inhalt vgl. sogleich II. 111 BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht. 112 Vgl. dazu bereits 3. Kap. B. II.

C. Vertragsgestaltung

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von karitativen Einrichtungen können grundsätzlich frei entscheiden, wie sie ihre Verträge mit den Nutzern gestalten und ob sie es überhaupt zu einem Vertragsschluss kommen lassen wollen.114 Regelungen, bestimmte Leistungen auszuschließen, Verträge zu bedingen oder sich Kündigungsmöglichkeiten offenzuhalten, sind folglich zunächst zulässig. Den Einrichtungen ist es im Rahmen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zunächst selbst überlassen, darüber zu bestimmen, wem sie ihr Hilfsangebot zukommen lassen wollen.115 Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung bestätigt, in der ein kirchliches Altenpflegeheim gegen eine gesetzliche Belegungspflicht Verfassungsbeschwerde erhoben hatte.116 Die Privatautonomie kann aber schon um ihrer selbst willen nicht ausnahmslos gewährt werden.117 Bei Verträgen zur Aufnahme in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen118 liegt eine Grenze für die privatautonome Ausgestaltung der Verträge nahe, weil die Nutzer dieser Einrichtungen sich in einer bedürftigen Lage befinden und deswegen des individuellen Schutzes bedürfen. Zudem kann der Schutz gesellschaftlicher Standards und sonstiger öffentlicher Interessen119 Einschränkungen der Privatautonomie rechtfertigen. Diese Überlegungen sind auch dann zu beachten, wenn es um den Schutz der Autonomie der Religionsgemeinschaften geht. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV kennt eine Einschränkungsmöglichkeit für den Fall, dass es sich um ein ,für alle geltendes Gesetz‘ handelt. Darüber hinaus kann sich eine Einschränkung dann ergeben, wenn sich die Einrichtungsträger oder deren Verbände selbst dazu verpflichtet haben, bestimmte Verträge zu schließen und Leistungen zu erfüllen.120 Das Bundesverfassungsgericht weist entsprechend darauf hin, dass, wenn sich zur Gestaltung der Arbeitsverhältnisse des Privatrechts bedient werde, schlichte Folge

113 Vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rdnr. 101 (Stand: Juli 2001); siehe auch Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, § 1, S. 1 ff.; Petersen, Jura 2011, S. 184 (184). 114 Siehe auch Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, Sterbehilfe und Sterbebegleitung, Bericht, S. 117 ff. (These 28). 115 Vgl. Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (729). 116 BVerfG, K 12, 308 (331). 117 Siehe schon v. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, S. 28: „Allein so gewiß es ist, daß eine Privatrechtsordnung, welche den freien Willen entthronte, ihrem heiligsten Berufe untreu würde, so selbstverständlich ist es auch, daß kein Privatrecht, das nicht das soziale Chaos heraufbeschwören will, sich der Aufgabe entziehen kann, dem freien Spiel der Einzelwillen in der Erzeugung von Rechtsverhältnissen Schranken zu setzen. […] Wenn das moderne Recht hier den Grundsatz der Vertragsfreiheit durchführt, so kann doch auch hier nicht willkürliche, sondern nur vernünftige Freiheit gemeint sein. […] Schrankenlose Vertragsfreiheit zerstört sich selbst.“ Vgl. auch BVerfG, E 89, 214 (231) – Bürgschaftsverträge. 118 Zu diesen Verträgen ausführlicher II. 119 Paulus/Zenker, JuS 2001, S. 1 (4). 120 Sie haben dann durch Gebrauch ihres Selbstbestimmungsrechts dessen Umfang selber beschränkt, vgl. auch Hesse, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR I, S. 521 (537, 558 f.).

144

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

der Rechtswahl die Anwendung des Arbeitsrechts sei.121 Sofern sich die Kirche beziehungsweise die kirchlichen Einrichtungen des Privatrechts bedienen, müssen auch die Grenzen der Privatautonomie beachtet werden. Die wesentlichen Prinzipien des Privatrechts sind zu beachten.122 Gleichwohl ist auch hier von Verfassung wegen zu berücksichtigen, dass der Staat den Religionsgemeinschaften „eigene Wege offenzuhalten“ hat,123 damit sie das kirchliche Selbstverständnis verwirklichen können. Das Selbstbestimmungsrecht ist weiterhin maßgeblich.124 Die Gestaltungsfreiheit der Religionsgemeinschaften steht eben lediglich unter dem Vorbehalt des ,für alle geltenden Gesetzes‘.125 Dies gilt mutatis mutandis auch für die Gestaltung des Nutzungsverhältnisses. Den Religionsgemeinschaften und ihren karitativen Einrichtungen kann nicht entgegengehalten werden, dass sie aufgrund ihrer „sozialen Mächtigkeit“ hier ihren Grundrechtsschutz per se verlieren, weil sie selber an die Grundrechte gebunden seien.126 Allerdings kann die hervorragende Stellung127 der Religionsgemeinschaften im sozialen Bereich bei einer anzustellenden Abwägung von Interessen von einigem Gewicht sein.128

II. Krankenhausbehandlungsvertrag und Pflege-Heimvertrag als Gestaltungsgegenstand Die Beziehung zwischen einer Einrichtung und einem Nutzer ist gekennzeichnet durch die wechselseitige Inanspruchnahme und Erbringung von Leistungen. Zur Ausgestaltung und Bestimmung dieses Verhältnisses wird ein Vertrag zwischen Einrichtungsträger und Benutzer der Einrichtung geschlossen.129

121

§ 2. 122

BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht; dazu Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche,

v. Tiling, Betriebsübergang im Spannungsfeld von Kirchenfreiheit und staatlicher Arbeitsrechtsordnung, S. 324. Auch der CIC/1983, der in c. 1290 das weltliche Recht bei Verträgen und bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten grundsätzlich für verbindlich erklärt, erkennt das Privatrecht an. Zum Umfang der Rezeption vgl. Althaus, in: Münsterischer Kommentar CIC, c. 1290 Rdnr. 3 ff (Stand: August 1997). 123 BVerfG, E 53, 366 (405) – konfessionelle Krankenhäuser. 124 BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht. 125 Vgl. BVerfG, E 70, 138 (166) – Loyalitätspflicht. 126 Vgl. zur Frage der Grundrechtsbindung wegen sozialer Mächtigkeit Kästner, JuS 1977, S. 715 (720); Ziekow, Datenschutzrecht und evangelisches Kirchenrecht, S. 115 f. m. w. Nachw. 127 Vgl. dazu 1. Kap. Fn. 5. 128 Beispielsweise dann, wenn die karitative Einrichtung eine Monopolstellung hat, vgl. dazu in diesem Kapitel C. IV. 5. e) bb). 129 Oftmals erfolgt der Vertragsschluss unter Vertretung des Benutzers der Einrichtung durch einen Bevollmächtigten oder Betreuer.

C. Vertragsgestaltung

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Dem Krankenhausaufenthalt eines Patienten liegt ein Krankenhausbehandlungsvertrag zugrunde. Der privatrechtliche Vertrag130 war bislang nicht gesetzlich typisiert, wurde aber durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (sogenanntes Patientenrechtegesetz)131 in § 630a BGB als Behandlungsvertrag normiert. Er wird in der Regel zwischen Patient und Krankenhausträger geschlossen (totaler Krankenhausaufnahmevertrag)132 und als gemischter Vertrag mit dienstvertraglichem Schwerpunkt133 über die allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinne des § 2 KHEntG oder § 39 SGB V verstanden. Daneben kann ein Zusatzvertrag mit dem behandelnden Arzt (totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arzt-Zusatzvertrag) geschlossen werden. Arzt- und Krankenhausvertrag können aber auch getrennt voneinander abgeschlossen werden (gespaltener Arzt-/Krankenhausaufnahmevertrag).134 Die Bedeutung der Krankenhausaufnahme ist nicht zu unterschätzen, denn der einmal aufgenommene Patient hat einen Rechtsanspruch auf die zur Versorgung notwendigen Krankenhausleistungen.135 Diese Schlüsselstellung des Krankenhausbehandlungsvertrages spricht dafür, die Sicherstellung der religiösen Vorstellungen hier anzusiedeln.136 Auch mit den Pflegebedürftigen und Bewohnern einer Alten- und Pflegeeinrichtung besteht ein privatrechtliches Vertragsverhältnis.137 Dieses muss sich im Rahmen des Anwendungsbereichs von § 1 Abs. 1, 2 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG)138 an den in diesem genannten Anforderungen messen,139 130 BGHZ 89, 250 (255); 163, 42 (46); 175, 333 (Rz. 22 ff.); BGH, NJW 1984, S. 1820 (1820 f.). Klarstellend § 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Krankenhäuser, in: Deutsche Krankenhausgesellschaft, Muster Allgemeine Vertragsbedingungen für Krankenhäuser; siehe auch Thüsing, Krankenhausaufnahmevertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauseln, Rdnr. 1; Bunte, NJW 1986, S. 2351 (2352); Kutlu, AGBKontrolle bei stationärer Krankenhausaufnahme, S. 5; Genzel/Degener-Hencke, in: Laufs/Kern (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 88 Rdnr. 5, 7; Richardi/Fischinger, in: Staudinger, BGB, Vorbem. § 611 Rdnr. 117 (Neubearbeitung 2011). 131 BGBl. I 2013, S. 277 ff. 132 Zur weiteren Anwendung dieser Kategorien siehe BT-Drs. 17/10488, S. 18. 133 BGH, NJW 1990, S. 761 (766); Coester, in: Staudinger, BGB, § 307 Rdnr. 500 (Neubearbeitung 2006); Clausen, in: Terbille (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Medizinrecht, § 7 Rdnr. 14; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 611 Rdnr. 19. 134 Vgl. dazu Weidenkaff, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 611 Rdnr. 19. 135 Quaas/Zuck, in: dies. (Hrsg.), Medizinrecht, § 24 Rdnr. 82. 136 Zum Krankenhausbehandlungsvertrag Robbers/Wagener (Hrsg.), Die Krankenhausbehandlung, Band 1, Verträge zwischen Krankenhaus und Patient. 137 Thüsing, Heimvertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauseln, Rdnr. 1; Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge, S. 215 f.; Drasdo, NJW 2010, S. 1174 (1175). 138 Für das Heimrecht war bis 2006 der Bund zuständig. Nach der Föderalismusreform I ist diese Zuständigkeit entfallen, allerdings ist aufgrund Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der Bund für das bürgerliche Recht zuständig und hat somit die Kompetenz zur Regelung des Vertrags, der dem Heimaufenthalt zugrunde liegt; a. A. Höfling/Rixen, RsDE 2007, S. 1 (28 f.). Von dieser Kompetenz hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vor-

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

nach denen die Einrichtung unter anderem verpflichtet ist, gewisse Leistungen zu erfüllen. Der Pflege-Heimvertrag140 beinhaltet miet-, werk- und dienstvertragliche Elemente,141 ist aber nun spezialgesetzlich und abschließend im WBVG geregelt.142 Werden Pflegeleistungen ambulant angeboten, so wird zwischen dem Pflegedienst und dem Pflegebedürftigen gemäß § 120 Abs. 1 S. 1 SGB XI ein Pflegevertrag geschlossen, der nach Absatz 3 Art, Inhalt und Umfang der Leistungen sowie der Vergütungen beschreiben muss. Trotz öffentlich-rechtlicher Vorprägung143 ist auch der Pflegevertrag privatrechtlicher Natur.144

III. Grenzen der Vertragsgestaltung Allerdings unterliegen sowohl die Vertragsgestaltung der Pflege-Heimverträge als auch der Krankenhausaufnahmeverträge Grenzen, die sich aus dem Schutz der Privatautonomie (1.) und aus § 1901a Abs. 4 BGB ergeben (2.). Zudem ist zu beachten, dass sich die Einrichtungen und ihre Verbände durch sozialrechtliche Bindungen selbst Grenzen unterworfen haben (3.).

schriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2319 ff.) Gebrauch gemacht. Dessen Art. 1 enthält das Gesetz zur Regelung von Verträgen mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz – WBVG). Dazu auch Drasdo, NJW 2010, S. 1174 ff.; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, WBVG-Kommentierung, S. 2820 ff.; S. Weber, NZM 2010, S. 337 ff. Zur Anwendbarkeit auch auf gemeinnützige Vereine und Organisationen Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 1 WBVG Rdnr. 2. 139 Sofern es sich um eine Pflegeeinrichtung i.S.d. § 71 Abs. 2 SGB XI handelt und das WBVG nicht anwendbar ist, wird die entsprechende Anwendung gemäß § 119 SGB XI statuiert, wobei davon vor allem Verträge mit noch Minderjährigen erfasst sein werden, vgl. dazu Bassen, in: Udsching, SGB XI, § 119 Rdnr. 2. 140 Zum Heimvertrag für die vollstationäre Einrichtung als Unterfall des Wohn- und Betreuungsvertrags vgl. Möwisch/Hons, Der Heimvertrag, S. 1. 141 Vgl. Korbmacher, Grundfragen des Öffentlichen Heimrechts, S. 82; ähnlich Thüsing, Heimvertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rdnr. 1 (Stand: Juni 2010). 142 Thüsing, Heimvertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rdnr. 1 (Stand: Juni 2010); ähnlich Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 1 WBVG Rdnr. 3, der neben miet- und dienstvertraglichen Elementen auch auf kaufvertragliche Elemente abstellt. Zur Anwendung des WBVG auch nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes vgl. BT-Drs. 17/10488, S. 17. 143 Wilcken, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), SGB XI, § 120 Rdnr. 5 (Stand: Dezember 2012). 144 Dazu nun auch BGH, NJW 2011, S. 2955 (2957).

C. Vertragsgestaltung

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1. Keine grenzenlose Privatautonomie Da sich die Nutzer von Pflege- oder Versorgungsleistungen in einer bedürftigen Lage – zum Teil einer existenzbedrohenden – befinden,145 verlieren sie de facto an Einflussnahmemöglichkeiten, weil sie die Hilfe dringend benötigen, so dass die Gleichordnung der teilnehmenden Rechtssubjekte nicht mehr vollumfänglich gewährleistet ist. Deswegen werden unter dem Begriff ,Grenzen der Privatautonomie‘ staatlicherseits Schutzvorkehrungen zugunsten des Hilfesuchenden, des Pflegebedürftigen oder des Heimbewohners getroffen, die sich aber an den Grundrechten und Gewährleistungen, die dem Einrichtungsträger und der Einrichtung zukommen, messen lassen müssen.146 So sind das Verbraucherschutzrecht und das Recht über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB, Kontrahierungszwänge, die §§ 134 und 138 BGB sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten. 2. Insbesondere: Das Koppelungs- und Verpflichtungsverbot aus § 1901a Abs. 4 BGB Im Hinblick auf die Vertragsgestaltung zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen von karitativen Einrichtungen am Lebensende ist zudem das sogenannte Koppelungs- und Verpflichtungsverbot aus § 1901a Abs. 4 BGB in den Blick zu nehmen. Es soll vermeiden, dass die Entscheidung zur Errichtung einer (bestimmten) Patientenverfügung unter Druck vorgenommen wird.147 Diese Bestimmung kann dem Gestaltungsraum der Einrichtungsträger bei der Vertragsgestaltung erhebliche Grenzen setzen, die im Folgenden erörtert werden.148 Das ursprünglich nur im Bosbach-Entwurf149 enthaltene Koppelungs- und Verpflichtungsgebot wurde interessanterweise in einer gemeinsamen Stellungnahme vom Deutschen Caritasverband, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dem Kommissariat der deutschen

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Zum typischen Machtgefälle bei medizinischen Behandlungsverhältnissen Kutlu, AGBKontrolle bei stationärer Krankenhausbehandlung, S. 32 ff. 146 Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (737). 147 Dazu die Gesetzesbegründung (BT- Drs. 16/8442, S. 20) im Wortlaut: „In diesem Absatz wird nochmals verdeutlicht, dass es keinen wie auch immer gearteten Zwang zur Abfassung einer Patientenverfügung gibt. Außerdem wird ein allgemeines zivilrechtliches Koppelungsverbot statuiert. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragschlusses (§ 158 BGB) gemacht werden, z. B. beim Abschluss eines Heim- oder Versicherungsvertrages. Individuellem und gesellschaftlichem Druck zur Errichtung einer (bestimmten) Patientenverfügung soll entgegengewirkt werden.“ 148 Anders Lange, ZEV 2009, S. 537 (538), der § 1901a Abs. 4 BGB als einen bloßen Programmsatz bezeichnet. 149 BT- Drs. 16/11360, S. 5, 16, 22. § 1901b Abs. 5 BGB-E lautete: „Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Voraussetzung eines Vertragsschlusses gemacht werden.“

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Bischöfe begrüßt und gefordert.150 Dabei stand wohl im Interesse der Kirche, dass die Individuen nicht dazu gedrängt oder gezwungen werden sollten, sich gegen ein Weiterleben zu entscheiden, vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Weiterleben nicht unerhebliche ökonomische Konsequenzen hat. a) Keine Verpflichtung zur Patientenverfügung Nach § 1901a Abs. 4 S. 1 BGB kann niemand zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Eine solche Verpflichtung wäre unwirksam, wobei die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB auf die Verpflichtungsklausel selbst beschränkt sein muss, weil die Regelung von ihrem präventiven Zweck aus nicht auch den Vertrag im Ganzen scheitern lassen will.151 An der Nichtigkeit beispielsweise des Pflege-Heimvertrages hat der Pflegebedürftige, zu dessen Schutz die Regelung besteht, in der Regel kein Interesse. Was mit der aufgrund einer Verpflichtung entstandenen Patientenverfügung geschieht, beantwortet das Gesetz übrigens nicht; es bedarf dann einer intensiven Prüfung des Betreuers oder Bevollmächtigten nach § 1901a Abs. 1 S. 1 a.E. BGB, ob die Festlegungen auf die Situation zutreffen; gegebenenfalls ist der mutmaßliche Wille entscheidend.152 b) Keine Bedingung zur Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung Darüber hinaus dürfen nach § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden. Zum Begriff der Bedingung wird in der Gesetzesbegründung auf § 158 BGB verwiesen,153 der in Abs. 1 die aufschiebende Bedingung und in Abs. 2 die auflösende Bedingung bestimmt. Nach § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB soll es dem Einrichtungsträger nicht möglich sein, die Wirksamkeit eines Heimvertrages davon abhängig zu machen, ob eine Patientenverfügung mit einem bestimmten Inhalt vorliegt

150 Gemeinsame Stellungnahme, 3. März 2009, S. 3 f., 8; so auch nach Inkrafttreten des Gesetzes Deutscher Caritasverband e.V., Stellungnahme zur Verankerung des Rechtsinstituts Patientenverfügung im Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, S. 5. 151 Spickhoff, FamRZ 2009, S. 1949 (1954), der § 1901a Abs. 4 S. 1 BGB als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB einordnet und das Modalverb ,können‘ statt ,dürfen‘ als Ungenauigkeit des Gesetzgebers ausmacht. Es geht bei § 1901a Abs. 4 BGB nicht um eine inhaltliche Begrenzung des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen, sondern um eine Begrenzung des rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillens, vgl. zu der Abgrenzung Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 134 Rdnr. 13, 2. A.A. aber A. Albrecht/E. Albrecht, Die Patientenverfügung, Rdnr. 147. 152 Dazu Spickhoff, FamRZ 2009, S. 1949 (1954); Jürgens, Betreuungsrecht, § 1901a BGB Rdnr. 21; A. Albrecht/E. Albrecht, Die Patientenverfügung, Rdnr. 148. 153 BT- Drs. 16/13314, S. 20.

C. Vertragsgestaltung

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oder nicht.154 Eine solche Bedingung wäre ebenfalls nichtig, der Vertrag im Übrigen aber wirksam. c) Folgerung aus § 1901a Abs. 4 BGB für die Vertragsgestaltung Deutlich wird, dass § 1901a Abs. 4 BGB Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Vertragsvereinbarungen hat. Deswegen muss er als Grenze im Rahmen der Untersuchung der konkreten Vertragsgestaltung beachtet werden, um eine beständige Lösung zu finden. 3. Bindung der Einrichtungen durch Selbstbindung Eine weitere Einschränkung des Gestaltungsrahmens, der den Einrichtungen zur Verfügung steht, erfolgt durch den Inhalt der öffentlich-sozialrechtlichen Verträge. Die Einrichtungen und ihre Verbände verpflichten sich gegenüber den Kassen beziehungsweise deren Verbänden zu bestimmten Leistungen. Daraus resultieren Kontrahierungspflichten für die Versorgung mit Krankenhausleistungen aus § 109 Abs. 1 S. 2 SGB Vund die Versorgung mit Pflegeleistungen aus § 72 Abs. 4 S. 2 SGB XI.155 Um innerhalb des Vertragsverhältnisses nicht vertragsbrüchig zu werden, müssen die Einrichtungen die eingegangenen sozialrechtlichen Verpflichtungen beachten. Dadurch schränkt sich ihr Gestaltungsspielraum erheblich ein. Für Wohnpflegeverträge nach § 1 Abs. 1, 2 WBVG wird darauf in § 15 Abs. 1 WBVG hingewiesen. Die Regelungen des siebten und achten Kapitels des SGB XI sind vorrangig zu beachten, wenn Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden. Die Heimverträge müssen den §§ 69 – 92c SGB XI entsprechen. Ist dies nicht der Fall, so sind die Heimverträge unwirksam und die Lücke wird durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen.156 § 15 WBVG stellt darüber hinaus eine Grenze für die Verweigerung der Vertragsanpassung nach § 8 WBVG dar.157 Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass sowohl bei der Gestaltung des PflegeHeimvertrages als auch des Krankenhausbehandlungsvertrages die sozialrechtlichen Vorgaben zu beachten sind.

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Zwar handelt es sich hierbei um eine Potestativbedingung, bei der fraglich ist, ob es sich überhaupt noch um eine Rechtsgeschäft handelt, jedoch ist das Ereignis, das eintreten kann bzw. soll, ein objektives, nämlich das Vorliegen einer bestimmten Patientenverfügung bzw. eines zwingend objektivierten Patientenwillens, so dass die Wirksamkeit aus diesem Grund nicht in Frage gestellt wird, vgl. Bork, in: Staudinger, BGB, Vorbem. §§ 158-163 Rdnr. 16 m. w. Nachw. (Neubearbeitung 2010); Wolf, in: Soergel, BGB, Vor § 158 Rdnr. 23. 155 Vgl. in diesem Kapitel A. II. 1. c) aa) sowie bb), zudem betreffend die Krankenversorgung näher C. IV. 6. a) aa). 156 BT-Drs. 16/12409, S. 29; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 15 WBVG Rdnr. 1. 157 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzesentwurf, abgedruckt in: BT-Drs. 16/ 12882, S. 8.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

IV. Konkrete Vorschläge zur Gestaltung der Verträge Der Vertrag zwischen Einrichtung und Benutzer begründet auf beiden Seiten Rechte und Pflichten. Mithilfe der Vertragsgestaltung ließe sich erreichen, dass die Verpflichtungen der karitativen Einrichtungen nicht zu einem Zuwiderhandeln gegen die religiösen Vorstellungen führen, sondern auch im Konfliktfall mit dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen eine Lösung gefunden wird, die der Sicherstellung des religiösen Selbstverständnisses dient. Dazu könnte sich ein vertragsimmanenter Ausschluss von Maßnahmen zur Beendigung des Lebens (1.) oder eine vertragliche Verpflichtung zur Errichtung einer Patientenverfügung mit einem den Vorstellungen entsprechenden Inhalt anbieten (2.). Darüber hinaus könnte eine Vorabeinwilligung in die Weiterbehandlung (3.) oder eine Bedingung (4.) im Aufnahmevertrag vorgesehen sein. Letztendlich kommt auch ein Leistungsausschluss in einem Heimvertrag (5.) sowie im Krankenhausbehandlungsvertrag in Betracht (6.). Die rechtliche und praktische Wirksamkeit dieser Lösungsvorschläge wird im Folgenden untersucht. 1. Vertragsimmanenter Ausschluss von Maßnahmen zur Beendigung des Lebens Die Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, um das Leben nicht zu verlängern, sondern es enden zu lassen, könnten bereits per se nicht Gegenstand des Vertrages mit einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung und damit ausgeschlossen sein. Das Oberlandesgericht München hatte im Traunsteiner Sterbefall angenommen, dass sich aus einem Heimvertrag, der auf den Schutz des Lebens der Heimbewohner gerichtet sei, keine Verpflichtung, an der Beendigung des Lebens der Heimbewohner mitzuwirken, ergeben könne.158 Ebenso könnte argumentiert werden, dass auch der Krankenhausbehandlungsvertrag gerade auf die Heilung ausgerichtet ist und nicht darauf, ein Menschenleben enden zu lassen. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in dem Kostenbeschluss zum Traunsteiner Fall überzeugenderweise klargestellt, dass der Heimvertrag die Einrichtung nicht berechtigt, die künstliche Ernährung gegen den Willen des Patienten fortzusetzen.159 Ein Heimvertrag kann nicht das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ausschließen, denn diese Verträge werden gege158 OLG München, NJW 2003, S. 1743 (1744): „Der Vertrag ist auf die Bewahrung von Leben ausgerichtet. Letzteres ergibt sich schon aus der Zielsetzung der Bekl., welche sich der Pflege der Heimbewohner verschrieben hat. Bereits deren Firmierung enthält einen Hinweis auf die Tätigkeitsbegrenzung im Sinne einer Rehabilitation und Pflege. Dies war auch für den Kl. bei Abschluss des Heimvertrags offenkundig und vertraglich eindeutig definiert: […] Die von der Bekl. danach zu erbringende Leistung ist Geschäftsgrundlage für beide Vertragsparteien geworden und, soweit der Kl. am Heimvertrag festhalten will, auch für diesen bindend und nicht einseitig abänderbar. Letzteres wurde von ihm aus Sicht der Bekl. auch über seinen Betreuer akzeptiert, welcher folgerichtig drei Jahre lang bei unveränderter körperlicher Verfassung die Art der Ernährung geduldet und als vertragsgemäß anerkannt hat.“ Vgl. auch die Vorinstanz LG Traunstein, NJW-RR 2003, S. 221 (223). 159 BGHZ 163, 195 (199), bestätigt in BGHSt 55, 191 (196 f., Rz. 18).

C. Vertragsgestaltung

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benenfalls nicht durch den Patienten oder Pflegebedürftigen, sondern durch den Betreuer oder Bevollmächtigten in Vertretung geschlossen.160 Mit dem Vertrag einen Ausschluss vorzunehmen, würde die Höchstpersönlichkeit der Errichtung des Patientenwillens in Frage stellen. Zudem würde auch der Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Patientenentscheidung, wie er in § 1901a Abs. 1 S. 3 BGB zum Ausdruck kommt, de facto erschwert. Ein wirksamer vertragsimmanenter Ausschluss solcher Maßnahmen, die zu einer Beendigung des Lebens führen würden, kann demnach nicht vorliegen. In den in der Praxis verwendeten Krankenhausaufnahmeverträgen wird deutlich, dass es sich bei den Leistungen immer nur um Angebote handelt,161 die zwar angenommen werden können, aber nicht angenommen werden müssen. 2. Vertragliche Verpflichtung zur Errichtung einer Patientenverfügung In den Aufnahmeverträgen für Krankenhaus und Pflegeeinrichtung könnte eine Klausel aufgenommen werden, in der sich der Patient oder der Pflegebedürftige verpflichtet, eine Patientenverfügung mit einem Inhalt anzufertigen beziehungsweise einen entsprechenden Wunsch äußert, die den Einstellungen der Religionsgemeinschaft entspricht. Damit könnte sichergestellt werden, dass der Wille des Patienten der Haltung der Religionsgemeinschaft sowie ihrer Einrichtung nicht entgegenläuft. Eine solche Klausel ist aber in einem Pflegeheim für den Fall, dass derjenige, der aufgenommen werden soll, nicht mehr einwilligungsfähig und somit nicht mehr in der Lage ist, eine Patientenverfügung nach § 1901a Abs. 1 BGB zu verfassen,162 bereits kein geeignetes Instrument zur Sicherung des Selbstverständnisses. Zum einen kann eine Patientenverfügung als höchstpersönliche Entscheidung nicht durch einen Dritten errichtet werden.163 Zum anderen ist fraglich, ob und wie die Einrichtungen die Verpflichtung durchsetzen könnten. Vor dem Grundsatz der jederzeit freien Widerruflichkeit der Einwilligung (§ 1901a Abs. 1 S. 3 BGB164) könnte eine entsprechende Verfügung jederzeit zurückgenommen beziehungsweise ersetzt werden. Bereits aus diesem Grund scheint eine hier ansetzende Lösung nicht zielführend.

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Uhlenbruck, NJW 2003, S. 1710 (1712). Vgl. § 3 Abs. 4 der Muster-AVB: „Das Vertragsangebot des Krankenhauses erstreckt sich nur auf diejenigen Leistungen, für die das Krankenhaus im Rahmen seiner medizinischen Zielsetzung personell und sachlich ausgestattet ist.“ Abgedruckt in: Robbers/Wagener (Hrsg.), Die Krankenhausbehandlung, Band 1, Verträge zwischen Krankenhaus und Patient, S. 123. 162 Zur Voraussetzung der Einwilligungsfähigkeit vgl. nur A. Albrecht/E. Albrecht, Die Patientenverfügung, Rdnr. 152. 163 AG Lüdinghausen, FamRZ 2004, S. 835; Heitmann, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici (Hrsg.), BGB, § 1901a Rdnr. 10. 164 Dazu BT-Drs. 16/8442, S. 13. Vgl. auch die Ausführungen bei Sternberg-Lieben, Die objektiven Schranken der Einwilligung im Strafrecht, S. 262 f. 161

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Abgesehen davon könnte entsprechenden Klauseln in den Verträgen die Regelung des § 1901a Abs. 4 BGB entgegenstehen. Diese sieht in S. 1 vor, dass niemand zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden könne. Auch insofern könnten der Vertragsgestaltung Grenzen gesetzt sein. Das Verbot zielt darauf ab, das Interesse an einem raschen Tod nicht Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung werden zu lassen. Eine Vereinbarung, in der zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet wird, wäre dem Wortlaut nach nichtig.165 Allerdings könnte § 1901a Abs. 4 S. 1 BGB teleologisch reduziert werden müssen, weil der Zweck der Regelung der Nichtigkeit in diesem Fall entgegenstünde. So zielt die Regelung in erster Linie doch darauf ab, dass ein möglicherweise bestehendes Interesse eines Dritten an einem möglichst raschen und komplikationslosen Ableben des Betroffenen nicht zur Geltung gebracht werden kann.166 Die karitativen Einrichtungen würden hingegen den gegenläufigen Ansatz verfolgen: Sie würden durch die Verpflichtung versuchen, ihr religiöses Verständnis zu realisieren. Folglich handelt die Einrichtung hier nicht aus materiellem Interesse heraus, sondern aus einer immateriellen, transzendenten Haltung. Das Ziel der Handlung ist mit Tod im einen und dem Weiterleben im anderen Fall schließlich ein anderes. Allerdings unterscheidet sich das Ergebnis im Endeffekt nicht, denn es geht jeweils um eine Verkürzung der Autonomie des Patienten, eine teleologische Reduktion ist nicht angebracht. § 1901a Abs. 4 S. 1 BGB steht demnach einer vertraglichen Verpflichtung zur Errichtung einer den religiösen Vorstellungen entsprechenden Patientenverfügung ebenfalls entgegen. 3. Vorabeinwilligung im Aufnahmevertrag Der Patient könnte auch bereits im Krankenhausbehandlungsvertrag beziehungsweise im Pflege-Heimvertrag in alle Maßnahmen einwilligen, die am Lebensende nach der Vorstellung der Trägerreligion zu ergreifen sind. Eine solche Klausel hätte für die Einrichtungen den Vorteil, dass das Spannungsfeld zwischen Einrichtung und Betroffenen im Vorfeld entspannt wäre, allerdings zuungunsten des Patienten oder Pflegebedürftigen, der gegebenenfalls eigene Vorstellungen hat. Eine Einwilligung in eine bevorstehende Heilbehandlung wirkt grundsätzlich erst dann rechtfertigend, wenn der Einwilligungserklärung ein Aufklärungsgespräch vorausging,167 so dass eine Vorabeinwilligung keine Wirkung entfalten würde. Anders stellt sich dies bei noch nicht bevorstehenden Behandlungsmaßnahmen dar. Ihre Einwilligung oder Verweigerung wird in einer Patientenverfügung vorgenommen. Der Gesetzgeber hat nach langwieriger Diskussion im Rahmen des Gesetzgebungsver165

Kemper, in: Schulze u. a., BGB, § 1901a Rdnr. 10. Kemper, in: Schulze u. a., BGB, § 1901a Rdnr. 10. 167 Prinzip des „informed consent“, vgl. BVerfG, NJW 1979, S. 1925 (1929); RGSt 25, 375 (381 ff.); Katzenmeier, Aufklärungspflicht und Einwilligung, in: Laufs/ders./Lipp (Hrsg.), Arztrecht, Rdnr. 5; Hart, Jura 2000, S. 64 (65 ff.). 166

C. Vertragsgestaltung

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fahrens von dem Erfordernis einer Aufklärung abgesehen.168 Nach §§ 1901a f. BGB bedarf es einer solchen Aufklärung nicht. Auch die nach § 1901a Abs. 1 BGB zu beachtende Schriftlichkeit würde durch einen schriftlichen Vertrag eingehalten werden.169 Da eine solche Klausel die gesetzlichen Anforderungen allesamt erfüllen würde, läge mit einer Vorabeinwilligung im Vertrag gleichzeitig eine Patientenverfügung vor.170 Allerdings ist damit ebenfalls nur für die Fälle eine Lösung in Sicht, in denen der Patient oder Pflegebedürftige noch selber den Vertrag schließt. Auch für die Patientenverfügung muss eine Einwilligungsfähigkeit festgestellt werden können, vgl. § 1901a Abs. 1 S. 1 BGB. Die Höchstpersönlichkeit einer Patientenverfügung ist zu achten. Mit einer solchen ,Patientenverfügungsklausel‘ würde allerdings das Vertragsangebot der Einrichtung mit einer Patientenverfügung verbunden. Der Patient beziehungsweise Pflegebedürftige kann den Vertrag nur dann eingehen, wenn die Patientenverfügung mit entsprechendem Inhalt unterzeichnet wird. Damit würde ihm eine Patientenverfügung „untergeschoben“ werden.171 Dieser Lösungsansatz liefe § 1901a Abs. 4 BGB zuwider, denn dieser will eine Koppelung von Vertrag und Patientverfügung gerade verhindern. Folglich ist auch eine Vorabeinwilligung im Aufnahmevertrag nicht wirksam. 4. Vertragsbedingung a) Aufschiebende oder auflösende Bedingung Es könnte aber auch eine Vertragsbedingung in den Aufnahmeverträgen vereinbart werden. Bedingungen sind in § 158 Abs. 1, 2 BGB näher bestimmt und grundsätzlich zulässig. Zwei Konstellationen könnten hier dazu beitragen, die religiösen Vorstellungen zu sichern: Zum einen könnte ein Vertragsschluss bedingt sein dahingehend, dass eine Patientenverfügung mit einem Inhalt besteht, der den Vorstellungen der pflegenden oder behandelnden Einrichtung entspricht. Zum anderen könnte die Aufnahme in Heim oder Krankenhaus auf das Ereignis auflösend bedingt 168

Eine Aufklärung empfohlen hatte die Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“, Abschlussbericht, S. 17; Nationaler Ethikrat, Patientenverfügung, S. 33; EnqueteKommission Ethik und Recht der modernen Medizin, Zwischenbericht vom 13. September 2004, BT-Drs. 15/3700, S. 41; Aufklärung als Wirksamkeitsvoraussetzung hatten u. a. gefordert Höfling, MedR 2006, S. 25 (26, 29); Berger, JZ 2000, S. 798 (801); Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, Sterbehilfe und Sterbebegleitung, Bericht, S. 42 f.; teilweise auch Rachel/ Klöckner/Heiderich, Sondervotum zum Bericht der Enquete-Kommission, BT-Drs. 15/3700, S. 42 Fn. 215. 169 Für einen Heimvertrag ergibt sich eine Verpflichtung zur Schriftlichkeit bereits aus § 6 Abs. 1 S. 1 WBVG; für den Pflegevertrag bei häuslicher Pflege ist die Schriftform nur geboten, vgl. § 120 Abs. 2 S. 1 SGB XI; Krahmer, in: Klie/ders. (Hrsg.), SGB XI, § 120 Rdnr. 7. 170 Heitmann, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici (Hrsg.), BGB, § 1901a Rdnr. 340. 171 Thüsing, Krankenhausaufnahmevertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rdnr. 35 (Stand: Juni 2010).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

sein, dass der Patient lebensbeendende Maßnahmen wünscht, die mit den Vorstellungen der Religionsgemeinschaften bezüglich der Maßnahmen am Lebensende kollidieren würden. b) Unwirksamkeit einer Bedingungsklausel wegen § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB Der Wortlaut von § 1901a Abs. 4 BGB verbietet lediglich eine Verpflichtung zur Errichtung einer Patientenverfügung (S. 1) sowie das Bedingen eines Vertragsschlusses davon, ob eine Patientenverfügung vorgelegt oder errichtet wird (S. 2). Auch in § 158 BGB wird der Begriff der Bedingung genutzt und in der Gesetzesbegründung zu § 1901a Abs. 4 BGB wird auf diese Norm verwiesen.172 Unter einer Bedingung wird eine Bestimmung verstanden, die die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von einem Ereignis abhängig macht, wobei noch ungewiss ist, ob dieses in der Zukunft eintritt.173 § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB vermeidet eine Umgehung des Verpflichtungsverbotes aus S. 1.174 Denn wenn statt der vertraglichen Verpflichtung der Vertrag nur unter der Bedingung geschlossen wird, dass der Patient eine entsprechende Patientenverfügung errichtet und vorlegt, wäre es mit der Selbstbestimmung des Einzelnen nicht weit her. Zunächst ist fraglich, welche Bedingung zur Unwirksamkeit eines Vertrages führen kann. § 158 BGB unterscheidet in seinen Absätzen nach aufschiebenden und nach auflösenden Bedingungen. Aufschiebende Bedingungen lassen die Rechtsfolge des Rechtsgeschäfts erst mit Eintritt der Bedingung eintreten. Bis dahin ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam. Auflösende Bedingungen hingegen lassen die Wirkungen des Rechtsgeschäfts mit dem Eintritt des Bedingungsfalles175 entfallen.176 Fraglich ist, ob mit der Formulierung „zur Bedingung eines Vertragsschlusses“ nur aufschiebende Bedingungen im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB gemeint sind.177 Dafür könnte sprechen, dass nach dem Wortlaut der Vertragsschluss nicht bedingt sein darf. Allerdings entsteht der Vertrag auch bei einer aufschiebenden Bedingung mit der Abgabe zwei übereinstimmender Willenserklärungen. Gemeint sein muss demnach, dass der Vertrag nicht bedingt sein darf. Dieses Ergebnis wird dadurch gestützt, dass eine auflösende Bedingung in eine aufschiebende Bedingung umformuliert werden kann. Im Übrigen liegt es nahe, hier betreffend des Begriffs „Vertragsschluss“ einen Redaktionsfehler des Rechtsausschusses anzunehmen. Der Rechtsausschuss hatte dem Entwurf des § 1901a BGB den Absatz 4 erst kurz vor der 172

BT- Drs. 16/8442, S. 20. Bork, in: Staudinger, BGB, Vorbm. §§ 158 – 163 Rdnr. 4 (Neubearbeitung 2010). 174 Kemper, in: Schulze u. a., BGB, § 1901a Rdnr. 11. 175 Wolf, in: Soergel, BGB, Vor § 158 Rdnr. 2. 176 Petersen, Jura 2011, S. 275 (276). 177 In diese Richtung wohl Roglmeier/Lenz, Die neue Patientenverfügung, S. 28, die darauf abstellen, dass der Gesetzgeber die Aufnahme in eine Einrichtung nicht von der Errichtung einer Patientenverfügung abhängig machen wollte. Generell zur Bedingung als Instrument der Umgehung Wolf, in: Soergel, BGB, vor § 158 Rdnr. 22. 173

C. Vertragsgestaltung

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dritten Beratung hinzugefügt. Der Bosbach-Entwurf enthielt in § 1901b Abs. 5 BGB-E eine ähnliche Formulierung, die aber von „Voraussetzung eines Vertragsschlusses“ sprach.178 Nach der Gesetzesbegründung soll das Koppelungsverbot erreichen, dass individueller und gesellschaftlicher Druck, eine bestimmte Patientenverfügung zu errichten beziehungsweise nicht zu errichten, vermieden wird. Dabei war daran gedacht, dass Heime nicht nur solche Patienten aufnehmen, die auf kostenintensive Pflegmaßnahmen verzichten. Zudem sollte vermieden werden, dass Kranken- und Pflegeversicherungen Versicherungsverträge nur dann abschließen, wenn die Versicherungsnehmer eine Patientenverfügung vorlegen, die eine (kostenintensive) medizinische Behandlung beispielsweise im Wachkoma ablehnt.179 § 1901a Abs. 4 BGB ist insofern als schutzpflichtenerfüllende Norm, die entsprechend Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG den Lebensschutz sicherstellt, zu sehen.180 Allerdings geht es in den §§ 1901a f. BGB insgesamt um die Sicherstellung der Selbstbestimmung am Lebensende. Diese ist in beide Richtungen zu gewähren. Dementsprechend entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, wenn auch Druck durch den Vertragspartner, der darauf gerichtet ist, das Leben nicht zu beenden, also beispielsweise den religiösen Vorstellungen der Kirche zu entsprechen, grundsätzlich unzulässig sein soll. Es ist deshalb unzulässig, einen Krankenhausbehandlungsvertrag oder einen Wohn- und Betreuungsvertrag zu schließen, der auflösend und aufschiebend darauf bedingt ist, dass eine (bestimmte) Patientenverfügung errichtet oder vorgelegt wird.181 Deutlich wird insgesamt, dass § 1901a Abs. 4 BGB den Einrichtungen erhebliche Grenzen bei der Vertragsgestaltung setzt.182 5. Pflege-Heimvertraglicher Leistungsausschluss Bei Pflege-Heimverträgen könnte eine Vereinbarung dahingehend getroffen werden, dass Leistungen der Pflege und Versorgung für den Fall ausgeschlossen sind, 178 BT-Drs. 16/11360, S. 5: „Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Voraussetzung eines Vertragsschlusses gemacht werden.“ 179 Beispiel von Spickhoff, FamRZ 2009, S. 1949 (1954). 180 Es ging in der Debatte um die Patientenverfügung darum, wie die Entscheidung frei bleibt von Druck, der insbesondere aufgrund der Ressourcenknappheit und finanzieller Kosten ausgehen könnte, vgl. Jäger, in: Wortprotokoll der 128. Sitzung des Rechtsausschusses im 16. Bundestag, 4. März 2009, S. 94. Mit dem Koppelungsverbot wird auch versucht, das Leben eines Menschen vor der Einwirkung Fremder zu schützen. Insofern kann die Schutzpflicht hier herangezogen werden, vgl. zur Aktivierung der Schutzpflicht nur beim Schutz durch Fremdschädigungen Kirste, in: Anderheiden/Bardenheuer/Eckart (Hrsg.), Ambulante Palliativmedizin als Bedingung einer ars moriendi, S. 67 (81). 181 So im Ergebnis auch Heitmann, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici (Hrsg.), BGB, § 1901a Rdnr. 34; Spickhoff, FamRZ 2009, S. 1949 (1954). 182 Insofern kann Lange, ZEV 2009, S. 537 (538), nicht zugestimmt werden, wenn er § 1901a Abs. 4 BGB als bloßen Programmsatz bezeichnet.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

dass sie erbracht werden sollen, um einen Behandlungsabbruch zu begleiten, der religionswidrig (mit den Vorstellungen der jeweiligen Religion des Trägers unvereinbar) wäre. Bei den katholischen Einrichtungen wäre dies beispielsweise der Fall, wenn der Behandlungsabbruch sich nicht erst auf die Sterbephase bezieht, sondern auf passive Sterbehilfe im weiteren Sinne. Mit dieser Klausel könnte das Verständnis der Religionsgemeinschaft, deren Auftrag die Einrichtung erfüllen will, gesichert werden. Schließlich wollen die Pflegeeinrichtungen keinen Beitrag dazu leisten, einen – zwar dem Patientenwillen entsprechenden, aber der Vorstellung der Einrichtung vom Schutz des Lebens widersprechenden – Behandlungsabbruch umzusetzen. Weder personell noch räumlich. Eine derartige Vereinbarung ist auf ihre Vereinbarkeit mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz,183 das Bestimmungen zur Ausgestaltung des zivilrechtlichen Pflege-Heimvertragsverhältnisses enthält, zu prüfen, sofern der Anwendungsbereich gemäß § 1 Abs. 1, 2 WBVG eröffnet ist (a.). Des Weiteren ist die Vereinbarkeit mit § 1901a Abs. 4 BGB zu überprüfen, der, wie bereits oben erläutert, den Gestaltungsraum der Einrichtungen erheblich beschränkt (b.). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die meisten Heimverträge vorformuliert sind und deswegen den Anforderungen über die Bestimmungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB genügen müssen (c.). a) Vereinbarkeit mit dem WBVG und dem SGB XI aa) Pflicht zur Leistungsanpassung nach § 8 Abs. 1 S. 1 WBVG und die Möglichkeit zum Ausschluss dieser Pflicht nach § 8 Abs. 4 WBVG Da § 8 Abs. 1 S. 1 WBVG184 den Unternehmer185 verpflichtet, bei Änderung des Pflegebedarfs eine Leistungsanpassung vorzunehmen, muss der vertragliche Leistungsausschluss von Gesetzes wegen einhergehen mit einem Ausschluss der Leistungsanpassungspflicht. Die Möglichkeit des Ausschlusses der Anpassungspflicht

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Dazu in diesem Kapitel, Fn. 138. § 8 Abs. 1 WBVG: „Ändert sich der Pflege- oder Betreuungsbedarf des Verbrauchers, muss der Unternehmer eine entsprechende Anpassung der Leistungen anbieten. Der Verbraucher kann das Angebot auch teilweise annehmen. Die Leistungspflicht des Unternehmers und das vom Verbraucher zu zahlende angemessene Entgelt erhöhen oder verringern sich in dem Umfang, in dem der Verbraucher das Angebot angenommen hat.“ 185 Der Unternehmerbegriff orientiert sich an § 14 BGB, vgl. BT-Drs. 16/12409, S. 14. Es ist anerkannt, dass hierunter auch gemeinnützige juristische Personen fallen, da eine Gewinnerzielungsabsicht für die Gewerbsmäßigkeit nicht verlangt wird, vgl. Schmidt-Ränsch, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, § 14 Rdnr. 5 (Stand: Februar 2012); Micklitz, in: Münchener Kommentar BGB, § 14 Rdnr. 8. Der Unternehmer ist der Träger der Einrichtung. Im Folgenden wird von der Einrichtung bzw. dem Einrichtungsträger gesprochen. 184

C. Vertragsgestaltung

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ist in Abs. 4186 ausdrücklich vorgesehen, wenn auch an die Erfüllung von Voraussetzungen geknüpft. So muss der Ausschluss der Vertragsanpassung schriftlich und gesondert187 vereinbart werden und zwar zwingend bei188 Vertragsabschluss. Zudem muss die Einrichtung ein berechtigtes Interesse am Ausschluss der Leistungen darlegen. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes „berechtigtes Interesse“ können auch die verfassungsrechtlichen Positionen der Einrichtung eine Rolle spielen. Handelt es sich bei dem Unternehmer um eine Einrichtung, die tätig wird, um einen religiösen Auftrag (für eine Religionsgemeinschaft) zu erfüllen, dann kann zum einen das Grundrecht auf Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG und zum anderen das Recht auf Selbstbestimmung der eigenen Angelegenheiten aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV die Annahme eines solchen berechtigten Interesses begründen. Für den Fall nämlich, dass das berechtigte Interesse des Einrichtungsträgers verneint wird, ist ein Anpassungsausschluss nicht zulässig. Die Einrichtung müsste dann im Falle eines geänderten Pflegebedarfs, hier der Änderung des Behandlungsziels, die Leistungen anpassen. Damit würden die Einrichtungen aber entgegen ihren religiösen Vorstellungen handeln und ihren religiösen Auftrag verfehlen. Dies zu vermeiden, stellt ein berechtigtes Interesse dar, denn hierin ist ein legitimes189 – sogar ein verfassungsrechtlich anerkanntes Ziel – zu erkennen.190 Der Gesetzgeber wollte mit der Möglichkeit des Anpassungsausschlusses die Gestaltungsfreiheit des Unternehmers stärken.191 Diese ist im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts aber, wie oben bereits dargelegt,192 besonders stark ausgeprägt und erstreckt sich auch auf die Frage, wer Destinatär der Leistungen ist und wie sie

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§ 8 Abs. 4 WBVG: „Der Unternehmer kann die Pflicht, eine Anpassung anzubieten, durch gesonderte Vereinbarung mit dem Verbraucher bei Vertragsschluss ganz oder teilweise ausschließen. Der Ausschluss ist nur wirksam, soweit der Unternehmer unter Berücksichtigung des dem Vertrag zugrunde gelegten Leistungskonzepts daran ein berechtigtes Interesse hat und dieses in der Vereinbarung begründet. Die Belange behinderter Menschen sind besonders zu berücksichtigen. Die Vereinbarung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“ 187 Ob dieses Erfordernis im Sinne einer eigenen Vertragsurkunde auszulegen ist, so Drasdo, NJW 2010, S. 1174 (1177), oder ob es ausreicht, wenn sich die unterschriebene Vereinbarung und die Begründung des Unternehmers vom Vertragstext deutlich absetzt, dafür Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 8 WBVG Rdnr. 2 mit Hinweis auf BGHZ 148, 302 (304); BGH, NJW 2002, S. 3464 (3464), ist umstritten. Sofern die Handhabung durch Gerichte nicht geklärt ist, sollten sich Einrichtungsträger an der strengeren Anforderung orientieren und eine eigene Urkunde wählen. 188 Siehe dazu BT-Drs. 16/12409, S. 22. 189 Dazu BT-Drs. 16/12409, S. 22. 190 Dazu auch Neumann, Freiheitsgefährdung im kooperativen Sozialstaat, S. 9 ff.; Krahmer/Pöld-Krämer, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 11 Rdnr. 14, zu § 11 Abs. 2 SGB XI, der eine Berücksichtigung des Selbstverständnisses der Träger religiöser Einrichtungen vorsieht; sowie § 17 Abs. 3 SGB I. 191 Dazu BT-Drs. 16/12409, S. 22. 192 Vgl. 3. Kap. B. 2. d).

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ausgestaltet sein sollen.193 Darüber hinaus läuft ein solches Interesse nicht den grundsätzlichen Interessen der Allgemeinheit zuwider, denn mit einem Ausschluss der Anpassungspflicht geht noch keine Berechtigung zur Zwangsbehandlung einher.194 Für die materielle Wirksamkeit eines solchen Anpassungsausschlusses ist weiter zu berücksichtigen, dass das berechtigte Interesse gemäß § 8 Abs. 4 S. 2 WBVG nach dem Willen des Gesetzgebers im sogenannten „Leistungskonzept“ gründen muss. Die Einrichtungen müssen dabei darauf achten, dass sich ihr Leistungskonzept, wenn sie an der Versorgung gesetzlich-versicherter Personen teilnehmen, aus dem Versorgungsvertrag195 nach § 72 SGB XI ergibt.196 Der Versorgungsvertrag wird zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Einrichtungsträger beziehungsweise einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger geschlossen und ist für alle Pflegekassen unmittelbar verbindlich, vgl. § 72 Abs. 2 SGB XI. Der Versorgungsvertrag bestimmt den Versorgungsauftrag und legt damit Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen fest, die durch die Einrichtung zu erbringen sind. Allerdings ist zu beachten, dass in Bezug auf die notwendige Ausstattung bereits der Rahmenvertrag Vereinbarungen enthält, die gemäß § 75 Abs. 1 S. 4 SGB XI verbindlich sind und somit vorgehen.197 Rahmenverträge werden zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land geschlossen. Sie gelten gemeinsam und einheitlich und sollen eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherstellen. Folglich muss auch im Hinblick auf den Rahmenvertrag eine Abstimmung erfolgen. Aufgrund von § 15 Abs. 1 WBVG198 wäre die Vereinbarung eines Ausschlusses der Angebotsanpassungspflicht unwirksam, wenn sie dem Versorgungsvertrag wi-

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Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (728); siehe auch BVerfG, K 12, 306 (331), wo die Entscheidung darüber, welcher Hilfebedürftige dort Aufnahme finden soll, dem Selbstbestimmungsrecht zugeordnet wird. 194 So folgt aus dem Ausschluss der Anpassungspflicht ein Kündigungsrecht, vgl. dazu sogleich unter cc). 195 Zum Versorgungsvertrag im Rahmen der Pflegeversicherung vgl. Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 89 ff.; Quaas, NSZ 1995, S. 197 ff. 196 So BT-Drs. 16/12409, S. 22; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 3 WBVG Rdnr. 2. 197 Böttiger/Clemens, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, SGB XI, § 72 Rdnr. 16; dazu dann sogleich unter bb) (3); Wigge, in: Wannagat/Eichenhofer (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 9 (Stand: Februar 2001). 198 § 15 Abs. 1 WBVG: „In Verträgen mit Verbrauchern, die Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nehmen, müssen die Vereinbarungen den Regelungen des Siebten und Achten Kapitels des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie den aufgrund des Siebten und Achten Kapitels des Elften Buches Sozialgesetzbuch getroffenen Regelungen entsprechen. Vereinbarungen, die diesen Regelungen nicht entsprechen, sind unwirksam.“

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derspräche.199 Es ist deswegen erforderlich, dass der Versorgungsvertrag einen solchen Ausschluss zulässt. Dies ist unter dem Gesichtspunkt, dass die Einrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag geschlossen wurde, im Rahmen des dort Vereinbarten auch nach § 72 Abs. 4 S. 1 SGB XI verpflichtet sind, die Pflege und Versorgung gesetzlich Versicherter zu übernehmen200, folgerichtig. Deswegen muss im Versorgungsvertrag bestimmt sein, dass die Pflegeeinrichtung einen Ausschluss der Anpassungspflicht für den Fall vereinbaren dürfen, dass die verlangten Leistungen zu einem Ergebnis führen, das mit der religiösen Vorstellung hinsichtlich des Lebensendes unvereinbar ist. Eine solche Vereinbarung ist in den Versorgungsverträgen soweit ersichtlich noch nicht enthalten. Folglich ist der hier vorgestellte Lösungsansatz momentan nicht geeignet, das religiöse Verständnis sicherzustellen. Dazu bedarf es einer Änderung des Versorgungsvertrages oder einer Kündigung des Versorgungsvertrages verbunden mit dem Neuabschluss eines neuen Versorgungsvertrages. bb) Anspruch auf entsprechende Änderung des Versorgungsvertrages beziehungsweise Neuabschluss des Versorgungsvertrages Fraglich ist, ob auf eine entsprechende Änderung beziehungsweise einen Neuabschluss des Versorgungsvertrages ein Anspruch besteht. Ein bestehender Versorgungsvertrag könnte angepasst werden nach § 59 Abs. 1 SGB X. Allerdings stellt § 74 Abs. 1 SGB XI für den Versorgungsvertrag eine spezielle Regelung dar, so dass die allgemeine Vorschrift des § 59 Abs. 1 SGB X keine Anwendung findet.201 Eine Veränderung des Vertragsinhalts könnte jedoch im Wege einer Teilkündigung in Verbindung mit einer Änderungskündigung erreicht werden.202 Hierbei ist für den Einrichtungsträger die einjährige Kündigungsfrist nach § 74 Abs. 1 S. 1 SGB XI zu beachten. Eine (Teil)-Kündigung durch die Pflegeeinrichtung ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Einrichtung danach einen Anspruch auf den Abschluss eines neuen Versorgungsvertrages mit dem von ihr gewünschten Inhalt hat. (1) Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages dem Grunde nach Auf einen Versorgungsvertrag besteht bei Vorliegen der in § 72 Abs. 3 S. 1 SGB XI genannten Voraussetzungen ein Anspruch. Dafür muss die Pflegeeinrichtung 199

BT-Drs. 16/12409, S. 22. Plantholz/Schmäing, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 21. 201 Engelmann, in: v. Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 59 Rdnr. 4. 202 Wilcken, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), SGB XI, § 74 Rdnr. 1 (Stand: Dezember 2012); Plantholz/Schmähing, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 74 Rdnr. 6. Zur Kündigung des Versorgungsvertrags siehe in diesem Kapitel unter A. II. 1. c) cc) (1). 200

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

gemäß § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 71 SGB XI unter der Verantwortung einer Pflegekraft geführt werden.203 Darüber hinaus hat die Pflegeeinrichtung die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche, pflegerische Versorgung zu bieten, sowie ihre Beschäftigten ortsüblich zu bezahlen, vgl. § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI. Hier ist fraglich, ob die Einrichtungen, sofern sie einen entsprechenden Leistungsausschluss vornehmen, eine leistungsfähige pflegerische Versorgung garantieren können, denn es erfolgt bei einem Ausschluss der Pflegeversorgung für den Fall des Abbruchs der Behandlung außerhalb des Sterbeprozesses keine absolut umfassende Versorgung aller Pflegebedürftigen. Eine solche verlangt aber das SGB XI auch nicht. Vielmehr muss die übernommene Versorgung durchgehend und entsprechend den medizinisch-pflegerischen Erkenntnissen erbracht werden können.204 § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und 4 SGB XI sollen die Qualität der Pflegeleistungen in einer zugelassenen Einrichtung sicherstellen, aber nicht das Versorgungsangebot erweitern. Die übernommene Pflege ist entsprechend der Qualitätsanforderungen zu erbringen. Bei einer Versorgung, die zwangsbehandelnd wirken würde, indem sie sich über den Willen des Patienten hinwegsetzt, müsste diskutiert werden, ob die Pflegeeinrichtung die Voraussetzungen überhaupt erfüllt. Wegen § 74 Abs. 2 sowie Abs. 1 S. 1 2. Hs. SGB XI,205 der ein Kündigungsrecht für den Fall einräumt, dass die Einrichtung wiederholt gröblich gegen die Pflicht verstößt, Pflegebedürftigen ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu ermöglichen (vgl. § 2 Abs. 1 SGB XI),206 könnte ein Anspruch auf Zulassung abgelehnt werden. Allerdings soll der Ausschluss gerade nicht zu einer Zwangsbehandlung führen. Die Pflegeeinrichtung müsste vorher, wie gleich noch auszuführen ist, den Vertrag kündigen, wenn von dem Pflegebedürftigen verlangt wird, eine ausgeschlossene Leistung anzubieten.207 Ob für eine Einrichtung, die religionswidrige Leistungen ausschließt, überhaupt noch 203

Hiervon darf auch nicht im Fall einer Pflegeeinrichtung von Glaubensgemeinschaften abgewichen werden. Das BSG, E 82, 252 ff., hatte im Jahr 1998 darüber zu entscheiden, ob die Zulassung zur Versorgung der gesetzlich Pflegeversicherten auch dann erfolgen kann, wenn keine Pflegefachkraft gemäß § 71 SGB XI die ständige Verantwortung für einer Einrichtung innehat. Das BSG hatte eine Rechtfertigung des Eingriffs in die Religionsfreiheit der Vereinigung ,Christliche Wissenschaftler‘ angenommen, weil zum einen die Gesundheit der Menschen auf dem Spiel stehe, zum anderen es sich nicht um rein innere Angelegenheiten des Vereins handle. Aus Art. 4 GG sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, auf die für eine Leistungspflicht der Pflegeversicherung in typisierender Weise aufgestellten Qualitätsvoraussetzungen bei einzelnen Glaubensrichtungen zu verzichten. 204 Plantholz/Schmäing, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 14. 205 Plantholz/Schmäing, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 74 Rdnr. 10, zum noch ungeklärten Verhältnis von Abs. 1 zu Abs. 2, der eine fristlose Kündigung vorsieht. 206 § 2 Abs. 1 SGB XI verlangt unter anderem die Beachtung der Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechte aus dem Grundgesetz, die strafrechtlich (§§ 223, 239, 240 StGB), zivilrechtlich und betreuungsrechtlich besonders geschützt sind, dazu Klie, in: ders./Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 2 Rdnr. 4. 207 Eine Zwangsbehandlung würde zudem den Standard der humanen Pflege (§ 11 Abs. 1 S. 2 SGB XI) verletzen. Vgl. zu diesem Grundsatz Krahmer/Pöld-Krämer, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 11 Rdnr. 9.

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ein Bedarf besteht, ist nicht anspruchsausschließend.208 Insofern kann der Abschluss eines Versorgungsvertrags nicht unter dem Gesichtspunkt verweigert werden, dass sich niemand in eine solche Einrichtung begeben würde. Abgesehen davon, dass nicht alle Personen einen reichweitenunbeschränkten Patientenwillen haben,209 entspricht es der wettbewerbs- und marktorientierten Ausgestaltung der Pflegeversorgung bei der Zulassung,210 dass die Landesverbände der Pflegekassen sich dem Abschluss eines Versorgungsvertrags aus diesem Grund nicht verweigern können. Dem Grunde nach haben die Pflegeeinrichtungen auch bei Ausschluss dieser religionswidrigen Leistungen einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages. (2) Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages dem Inhalt nach Allerdings ist bei Bestehen eines Anspruches auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages fraglich, ob dieser mit einem entsprechenden Leistungskonzept und einer Zulassung, die Angebotspflicht auszuschließen, zustande kommen muss. Da es sich bei dem Versorgungsvertrag um einen – öffentlich-sozialrechtlichen – Vertrag handelt, ist es grundsätzlich eine Frage der Verhandlung, welchen Inhalt der Versorgungsvertrag hat.211 Jedoch führt der Rechtsanspruch auf einen Versorgungsvertrag dazu, dass dieser nur dann abgelehnt werden darf, wenn eine Voraussetzung nicht beziehungsweise ein Grund zur Kündigung vorliegt.212 Erfüllt die Einrichtung die soeben dargestellten Anforderungen, so muss sie zugelassen werden. Ein Angebot des Einrichtungsträgers, das den Anforderungen genügt, muss folglich auch angenommen werden. Zudem ist in § 11 Abs. 2 SGB XI bestimmt, dass „bei der Durchführung dieses Buches […] die Vielfalt der Träger von Pflegeeinrichtungen zu wahren sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit zu achten [sind]. Dem Auftrag kirchlicher und sonstiger Träger der freien Wohlfahrtspflege, kranke, gebrechliche und pflegebedürftige Menschen zu pflegen, zu betreuen, zu trösten und sie 208 BSG, E 88, 215 (220 ff.); E 96, 28 (37 f., Rz 42 f.), bezüglich der finanziellen Förderung von Pflegeeinrichtungen durch die Länder; Leitherer, in: Kasseler Kommentar, SGB XI, § 72 Rdnr. 21 (Stand: Juli 2009); Wilcken, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 6 (Stand: Dezember 2012); Neumann, VSSR 1994, S. 309 (315 f.). Zur fehlenden Bedarfsprüfung vgl. die Gesetzesbegründung, in der zum Ausdruck kommt, dass ein geschlossener Pflegemarkt vermieden werden soll, BT-Drs. 12/5262, S. 136. 209 So auch die Einschätzung von A. Albrecht/E. Albrecht, Die Patientenverfügung, Rdnr. 105; vgl. zudem den Schutzbrief für lebenserhaltenden Therapie der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), abgedruckt bei Schobert, NJW 2000, S. 2724 (2725). 210 BSG, E 96, 28 (37 f., Rz. 42 f.); BT-Drs. 12/5262, S. 136; Plantholz/Schmäing, in: Klie/ Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 18. 211 Zum generellen Inhalt eines Versorgungsvertrags vgl. Plantholz/Schmäing, in: Klie/ Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 73 Rdnr. 5. 212 Dazu auch Quaas, NSZ 1995, S. 197 (201).

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im Sterben zu begleiten, ist Rechnung zu tragen.“ Daraus ergibt sich jedenfalls die Verpflichtung, das Selbstverständnis der kirchlichen Einrichtungsträger bei der Auslegung der Normen und deren Anwendung, insbesondere auch bei dem Abschluss von Verträgen, zu berücksichtigen.213 Die Zulassung einer Begrenzung des Leistungsumfanges und die einfach-gesetzlichen Vorgaben, in denen selbst wiederum die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV zum Ausdruck kommen, leisten einen Beitrag dazu, die religiösen Vorstellungen zu berücksichtigen. Es besteht folglich grundsätzlich ein Anspruch auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit diesen Inhalten. (3) Achtung des Rahmenvertrags Der Möglichkeit, den Leistungsausschluss und den Ausschluss zur Anpassungspflicht in dem Versorgungsvertrag zu vereinbaren, könnte aber der Rahmenvertrag entgegenstehen. Ein Rahmenvertrag wird nach § 75 Abs. 1 S. 1 a. E. SGB XI zur Sicherstellung einer wirksamen und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgung zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen und den Landesvereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen geschlossen.214 Hinsichtlich des Vertragsinhalts besteht gemäß Abs. 3 eine Pflicht, die Personalausstattung zu vereinbaren. Die Inhalte aus Abs. 2 sind verhandelbar und nicht abschließend.215 Die im Rahmenvertrag getroffenen Vereinbarungen sind gemäß § 75 Abs. 1 S. 4 SGB XI verbindlich.216 Daraus wird überwiegend abgeleitet, dass Vereinbarungen aus dem Versorgungsvertrag, die den Rahmenverträgen widersprechen, unwirksam sind.217 Insofern muss darauf geachtet werden, dass die Rahmenverträge eine Ausnahme betreffend das Leistungsangebot zulassen oder eine Änderung der Rahmenverträge vorgenommen wird. Sofern eine Änderung angestrebt wird, kann eine Initiative auch von dem Wohlfahrtsverband ausgehen, unter dessen Dach sich die Einrichtungen einer Religionsgemeinschaft organisiert haben. § 75 Abs. 1 S. 2 SGB XI erkennt sie als Vertragspartner von Rahmenverträgen an. Das Gesetz räumt damit die Möglichkeit ein, die Interessen von karitativen Pflegeeinrichtungen eines religiösen Verbandes bei den Verhandlungen zu den Rahmenverträgen besonders zu berücksichtigen. An 213

Trenk-Hinterberger, in: Wannagat/Eichenhofer (Hrsg.), SGB XI, § 11 Rdnr. 13 (Stand: Februar 1995); Wagner, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 11 Rdnr. 13 (Stand: Juni 2006). 214 Beteiligt an dem Vertragsschluss sind zudem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung und der Verband der privaten Krankenversicherung. 215 Böttiger/Clemens, in: Prütting (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Medizinrecht, SGB XI, § 75 Rdnr. 4. 216 Zum Charakter als Normsetzungsvertrag Schütze, in: Udsching, SGB XI, § 75 Rdnr. 13; Plantholz, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 75 Rdnr. 9; vertiefend zu Normsetzungsverträgen Castendiek, Der sozialrechtliche Normsetzungsvertrag, 2000. 217 So Schütze, in: Udsching, SGB XI, § 75 Rdnr. 13; Knittel, in: Krauskopf, SGB XI, § 75 Rdnr. 9 (Stand: Januar 1996). A.A. vorsichtig Schulin, VSSR 1994, S. 285 (295); differenzierend Plantholz, in: Klie/Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 75 Rdnr. 10.

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der gesetzlichen Regelung wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Situation, dass die Einrichtung karitativ entsprechend ihrem Selbstverständnis tätig werden will, erkannt und anerkannt218 hat. Bereits heute existieren Rahmenverträge, die einen begrenzten Versorgungsauftrag zulassen. In § 12 Abs. 1 der Bundesempfehlung219 für die Rahmenverträge nach § 75 SGB XI zur vollstationären Pflege heißt es, dass die Pflegeeinrichtung verpflichtet sei, „die pflegebedürftigen Menschen entsprechend dem Versorgungsauftrag zu versorgen, die die Leistungen dieser Einrichtung in Anspruch nehmen wollen“; dies gelte nicht, „wenn entsprechend dem Versorgungsauftrag die Leistungskapazität der Einrichtung erschöpft ist oder die besondere – von der Einrichtung betreute – Zielgruppe einer Aufnahme entgegensteht.“220 Daraus wird deutlich, dass der Versorgungsvertrag durchaus auf bestimmte Leistungen und Zielgruppen beschränkt sein kann. Insofern steht einem Ausschluss von Leistungen, die dem religiösen Verständnis widersprechen, die sozialrechtlichen Verträge und damit § 15 Abs. 1 WBVG nicht im Wege, sofern die sozialrechtlichen Verträge entsprechende Öffnungsklauseln enthalten oder in dieser Hinsicht geändert werden. cc) Auflösung der Spannungslage zwischen Pflegeeinrichtung und Benutzer durch Kündigung Wenn und soweit ein wie oben beschriebener Leistungsausschluss stattfindet und die Einrichtung auch nicht verpflichtet ist, den Vertrag anzupassen, ist noch fraglich, wie die Spannungslage zwischen den beiden Selbstbestimmungsrechten aufgelöst wird. Zwar ist durch den Leistungsausschluss gesichert, dass die Einrichtung Raum und Personal nicht anbieten muss, damit ein Behandlungsabbruch bereits vor dem Eintritt in die Sterbephase durchgeführt werden kann. Die Einrichtung kann ihr religiöses Verständnis folglich sichern und über ihre eigenen Angelegenheiten bestimmen. Allerdings ist das Selbstbestimmungsrecht der Person, die den religionswidrigen Behandlungsabbruch gewünscht oder gewollt hat, noch nicht beachtet und dieser Wille nicht durchgesetzt. Für den Patienten wird die Spannungslage erst dann

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Osthen, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 75 Rdnr. 7 (Stand: Dezember 2005). Die Bundesempfehlungen beruhen auf § 75 Abs. 6 SGB XI, wonach der Spitzenverband ,Bund der Pflegekassen‘ und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Rahmenverträge abgeben sollen. Die daraufhin abgegebene Gemeinsame Empfehlung gemäß § 75 Abs. 5 SGB XI zum Inhalt der Rahmenverträge nach § 75 Abs. 1 SGB XI zur vollstationären Pflege ist vom 25. November 1996. 220 Das Kündigungsrecht nach § 8 Heimgesetz bleibt davon unberührt, wobei sich dieses Recht des Einrichtungsträgers nach neuer Rechtslage aus § 12 WBVG ergibt, vgl. unten unter cc) (3). 219

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

aufgelöst, wenn der Vertrag gekündigt wird. Es gilt deshalb zu untersuchen, ob eine Kündigung möglich ist und welche Konsequenzen sie hätte. (1) Fristloses Kündigungsrecht des Verbrauchers Ein fristloses Kündigungsrecht steht nach § 11 Abs. 3 WBVG dem Verbraucher (Pflegebedürftigen) zu, wenn er einen wichtigen Grund dafür hat, dass ihm die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Da er an einer schnellen und unkomplizierten Umsetzung seines Willens interessiert ist und dieser Grund sogar verfassungsrechtlichem Schutz aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unterliegt,221 steht ihm ein Kündigungsrecht zu. Selbst ein Abwarten der Kündigungsfrist ist ihm in diesen Fällen nicht zumutbar. Sein Selbstbestimmungsrecht liefert folglich den wichtigen Grund für die fristlose Kündigung. Da eine Kündigung in den hier interessierenden Situationen nur noch vom Betreuer oder Bevollmächtigten durchgeführt werden kann, ist dieser in einem solchen Fall verpflichtet, die Kündigung auszusprechen. Andernfalls würde er es versäumen, dem Patientenwillen „Ausdruck und Geltung zu verschaffen“, wie es § 1901a Abs. 1 S. 2 BGB vorsieht.222 Er würde damit seine Pflichten als Betreuer oder Bevollmächtigter verletzen. (2) Fristloses Kündigungsrecht des Unternehmers Dem Unternehmer (Einrichtung) steht nach der Konzeption des WBVG ein fristloses Kündigungsrecht nach § 12 Abs. 4 S. 1 WBVG nur zur Verfügung, wenn ein in § 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 bis 4 WBVG genannter wichtiger Grund vorliegt.223 Eine abweichende Vereinbarung wäre gemäß § 16 WBVG unwirksam. § 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 lit. b WBVG nennt als wichtigen Grund, dass der Unternehmer eine fachgerechte Pflege- oder Betreuungsleistung nicht erbringen kann, weil der Unternehmer eine Anpassung der Leistungen aufgrund eines Ausschlusses nach § 8 Abs. 4 WBVG nicht anbietet. Wie oben dargelegt, könnte ein solcher Ausschluss bei Verankerung im Versorgungsvertrag wirksam vorgenommen werden.224 Darüber hinaus ist zudem erforderlich, dass dem Unternehmer ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Ob etwas zumutbar ist oder nicht, kann nur nach Würdigung aller Interessen für den Einzelfall festgestellt werden. Ein Festhalten am Vertrag bei gleichzeitigem Ausschluss der Leistungen führte hier 221

Vgl. dazu 2. Kap. A. III. 3. Allgemein zur Haftung des Betreuers Roth, in: Dodegge/ders., Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, S. 277. 223 Gemäß § 12 WBVG kann der Unternehmer generell nur aus wichtigem Grund kündigen, wobei die Kündigung gemäß Abs. 4 S. 2 regelmäßig fristgebunden ist; zu einer Kündigung aus wichtigen Grund gemäß § 12 Abs. 1 S. 3. Nr. 3 vgl. LG Freiburg, Urt. vom 5. Juli 2012, Az: 3 S 48/12, juris. 224 5. Kap. C. IV. 5. a) aa). 222

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dazu, dass sich die Einrichtung über das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen hinwegsetzen würde. Damit würde den Beschäftigten drohen, dass sie sich wegen einer Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB) strafbar machten.225 Der Einrichtung würde zudem eine Pflicht zum Schadensersatz (§§ 823, 280 BGB) drohen.226 Die haftungsrechtlichen und strafrechtlichen Risiken begründen folglich die Unzumutbarkeit. Zudem ist auch hier das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften zu beachten, das der Einrichtung zugesteht, die religiöse Dimension ihres Wirkens sicherzustellen. Das Festhalten ist somit regelmäßig nicht mehr zumutbar.227 (3) Folge einer Kündigung Mithilfe einer Kündigung kann die Spannungslage demnach gelöst werden: Die Pflegeeinrichtung muss nicht entgegen der religiösen Vorstellungen handeln und der Pflegebedürftige wird nicht zwangsbehandelt, sondern der Behandlungsabbruch wird an anderer Stelle durchgeführt und ihm das Sterben entsprechend seinem Willen ermöglicht. Es folgt eine Verlegung in eine andere Einrichtung oder die Versorgung durch Angehörige beziehungsweise ambulante Pflegedienste sowie gegebenenfalls den Hausarzt. Das WBVG enthält noch Regelungen in Bezug auf die Frage, wer nach einer Kündigung die Kosten für einen Umzug des Verbrauchers in eine andere Einrichtung zu tragen hat. Hieraus könnten sich für die Einrichtung noch wirtschaftliche Probleme ergeben, die eine wie oben skizzierte Lösung zwar nicht unzulässig machten, aber jedenfalls nachteilig auf die Einrichtung wirkten und deswegen nicht außer Acht bleiben dürfen. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 WBVG muss der Einrichtungsträger für den Fall, dass der Verbraucher nach § 11 Abs. 3 S. 1 WBVG aufgrund eines vom Unternehmer zu vertretenden Kündigungsgrundes gekündigt hat, auf Verlangen des Verbrauchers den Nachweis eines angemessenen Leistungsersatzes zu zumutbaren Bedingungen erbringen und er ist zur Übernahme der Umzugskosten in angemessenem Umfang verpflichtet. Allerdings kann die Auslegung von § 13 Abs. 1 S. 1 WBVG nicht ergeben, dass mit einem Leistungsausschluss aufgrund der religiösen Vorstellungen des Unternehmers ein Kündigungsgrund vorliegt, der vom Unternehmer zu vertreten ist. Hier spricht bereits der Wortlaut dafür, dass hiervon Umstände umfasst sein sollen, die in den Verantwortungsbereich im Sinne von Verschulden des Unternehmers fallen. Die religiösen Vorstellungen hingegen sind nicht verschuldet. Zudem bezweckt die Norm den Schutz des Verbrauchers.228 Dies spricht 225

2. Kap. B. II. 2. Vgl. dazu neben den obigen Ausführungen OLG München, MittBayNot 2006, S. 423 ff., im Anschluss an LG Traunstein, PflR 2006, S. 390 ff., das den Schadenersatzanspruch aufgrund fehlenden Verschuldens mit der Begründung ablehnte, dass die Strafbarkeitsfrage hinsichtlich eines Behandlungsabbruches zum damaligen Zeitpunkt ungeklärt gewesen sei. Aus heutiger Sicht müsste der Fall aufgrund der zwischenzeitlich geklärten rechtlichen Lage anders entschieden werden. 227 Im Einzelfall aber kann eine Kündigung unwirksam sein, vgl. dazu unter e) bb). 228 Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 11 WBVG Rdnr. 1. 226

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gegen eine Kostenübernahme, denn der Verbraucher hat hier von Beginn an über den Leistungsausschluss Bescheid gewusst, vgl. § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 WBVG,229 so dass er einen Umzug in Kauf nehmen musste. Er ist insofern nicht schützenswert. Die Einrichtung hingegen kann den Willen des Patienten bei Vertragsschluss nicht vorhersehen und auch nicht steuern, da sie dann Zwang ausüben würde, der eine darauf gerichtete Klausel gemäß § 1901a Abs. 4 BGB unwirksam machen würde.230 Die Kostentragung des Verbrauchers ist insofern interessengerecht. dd) Zwischenergebnis Die Bestimmungen des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz sowie die sozialrechtlichen Vorgaben lassen einen Leistungsausschluss von religionswidrigen Maßnahmen bei Anpassung der Versorgungs- und gegebenenfalls der Rahmenverträge zu. Damit läge eine Möglichkeit vor, die karitative Tätigkeit in einer karitativen Pflegeeinrichtung an den religiösen Vorstellungen auszurichten und ihnen nicht zuwider handeln zu müssen. Dieser Lösungsansatz ist aber noch daraufhin zu überprüfen, ob der Ausschluss mit § 1901a Abs. 4 BGB vereinbar ist (b.) und ob diese Vereinbarung auch als Allgemeine Vertragsbedingung wirksam ist (c.). b) Vereinbarkeit mit dem Koppelungsverbot Wenn eine Kündigungsmöglichkeit des Vertrages – unter der Voraussetzung, dass der Leistungsausschluss nach WBVG und SGB XI zulässig ist – besteht, hängt die Beendigung eines Vertrags von dem Vorliegen einer bestimmten Patientenverfügung ab. Dadurch könnte aber gegen das Koppelungsverbot aus § 1901a Abs. 4 BGB verstoßen werden. Die Rechtsfolge unterscheidet sich bei den hiesigen Verträgen nicht: Bei einer auflösenden Bedingung verliert das Rechtsgeschäft seine Wirksamkeit ex-nunc;231 ebenso bei einer Kündigung.232 Auch eine drohende Kündigung könnte den Patienten davon abhalten, seine Patientenverfügung noch einmal zu ändern. Obwohl die Abänderbarkeit, wie sich aus der unbeschränkten Widerrufsmöglichkeit gemäß § 1901a Abs. 1 S. 3 BGB ergibt, ohne Weiteres zulässig ist.

229 Dem Unternehmer obliegt hiernach sogar, dass er den Verbraucher bereits vorvertraglich auf den Ausschluss der Angebotspflicht hinweist. So soll es dem Verbraucher möglich sein, die Angaben vor Vertragsschluss prüfen zu können, dazu Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 3 WBVG Rdnr. 3. 230 Vgl. bereits die Feststellungen zu der vertraglichen Verpflichtung im Aufnahmevertrag sowie der Vorabeinwilligung oben unter 2. sowie 3. 231 BGHZ 133, 331 (334). 232 BGHZ 73, 350 (354); Gaier, in: Münchener Kommentar BGB, § 314 Rdnr. 23.

C. Vertragsgestaltung

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aa) Der Wortlaut von § 1901a Abs. 4 BGB als Grenze Der Wortlaut der Norm, der lediglich eine Bedingung für unwirksam erklärt, steht einem Ausschluss einer Leistungsanpassung mit Kündigungsmöglichkeit nicht entgegen.233 Der Wortsinn („Bedingung“) setzt der Auslegung eine Grenze.234 Jedoch könnte diese Lösung das Gesetz und zwar konkret § 1901a Abs. 4 BGB umgehen. Es ist zu berücksichtigen, dass eine Gesetzesumgehung zunächst einmal nicht unzulässig ist.235 § 1901a Abs. 4 BGB ordnet auch kein allgemeines Umgehungsverbot236 an, sondern verbietet mit S. 2 nur die Umgehung des Verpflichtungsverbotes aus S. 1. bb) Analogie zu § 1901a Abs. 4 BGB statt Umgehung der Norm Allerdings könnte die Vereinbarung eines Ausschlusses der Leistungsanpassung, verbunden mit der Möglichkeit zu kündigen, gemäß § 134 BGB nichtig sein, wegen einer Umgehung von § 1901a Abs. 4 BGB durch diese Vertragsgestaltung. Die überwiegende Meinung entscheidet die Frage, ob es sich um eine unzulässige Umgehung eines Verbotsgesetzes handelt, danach, ob ein Analogieschluss zur Verbotsnorm gezogen werden kann.237 Dem entsprechend ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, um § 1901a Abs. 4 BGB auf den Fall der Kündigung analog anzuwenden und somit zu einer Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 134 BGB zu kommen. Eine Analogie setzt zweierlei voraus: Es muss erstens eine planwidrige Gesetzeslücke238 und zweitens eine ähnliche Interessenlage vorliegen.239

233

Anders wohl Schwab, in: Münchener Kommentar BGB, § 1901a Rdnr. 53. Zum Wortsinn als Grenze Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 322 m. w. Nachw.; F. Müller/Christensen, Juristische Methodik I, Rdnr. 310; Klatt, Theorie der Wortlautgrenze, S. 19 ff. Kritik an der Wortlautgrenze Lembke, Einheit durch Erkenntnis?, S. 121 ff.; Depenheuer, Der Wortlaut als Grenze, 1988, bezogen auf die Verfassungsinterpretation; als Grenze anerkannt von BVerfG, E 93, 37 (81) – Mitbestimmungsgesetz SchleswigHolstein; BVerfG, NJW 2011, S. 3428 (3430, Rz. 72). 235 RGZ 155, 138 (146): „Tarnungsgeschäft“; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 1121. 236 Ausdrückliche Umgehungsverbote finden sich beispielsweise in §§ 306a, 506 S. 2 BGB; § 75 d S. 2 HGB. 237 Teichmann, JZ 2003, S. 761 (765 ff.); Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 1121; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 45 Rdnr. 27; nun auch Armbrüster, in: Münchener Kommentar BGB, § 134 Rdnr. 15. Die a.A. stellt dagegen auf ein selbständiges Rechtsinstitut des allgemeinen Umgehungsverbotes ab, so noch Mayer-Maly/Armbrüster, in: Münchener Kommentar BGB4, § 134 Rdnr. 14. Andere erkennen darin einen Verstoß gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB, Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, § 134 Rdnr. 153 (Neubearbeitung 2011). 238 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 370 ff.; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rdnr. 144. 239 Rüthers/C. Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rdnr. 889; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 381; D. Schneider, JA 2008, S. 174 (175); K. F. Röhl/H. C. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 635, wollen nur auf Ähnlichkeit und Gleichbehandlung abstellen. 234

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

(1) Planwidrige Lücke im Gesetz Eine planwidrige Gesetzeslücke liegt dann vor, wenn von einem Gesetz aufgrund seines verfolgten Zwecks die Regelung eines Tatbestandes erwartet wird, diese aber ausbleibt.240 § 1901a Abs. 4 BGB ist darauf gerichtet, die Entscheidung darüber, ob eine Patientenverfügung errichtet wird oder nicht, von Druck freizuhalten, der von einem bereits eingegangenen oder in Aussicht gestellten Vertrag ausgehen kann. Der Druck kann von einer auflösenden Bedingung ausgehen, die, wie oben dargelegt,241 vom Wortlaut erfasst ist, aber auch von einer außerhalb des Wortlauts liegenden Kündigungsmöglichkeit. Insofern liegt es nahe zu erwarten, dass auch für diesen Fall ein Verbot aufgestellt worden ist. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber jedenfalls diesen Fall nicht gesehen hat. Dafür spricht insbesondere, dass sich die Gesetzgebungsverfahren des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes und des Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts überschnitten haben. Damit liegt die erste Voraussetzung für eine analoge Anwendung von § 1901a Abs. 4 BGB vor. (2) Vergleichbarkeit der Interessenlagen Hinzutreten muss aber noch das Vorliegen einer ähnlichen Interessenlage. Für den Vergleich der Interessenlagen muss untersucht werden, auf welchen Interessen die gesetzliche Regelung basiert. Dazu ist auf den Hintergrund und den Zweck der Norm abzustellen.242 Wie bereits ausgeführt, soll § 1901a Abs. 4 BGB sicherstellen, dass der Staat seiner Schutzpflicht sowohl in Bezug auf das Leben als auch in Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen nachkommt.243 Ein Vergleich der zugrundeliegenden Sachverhalte ergibt zunächst, dass bei einer Kündigung und bei einer auflösenden Bedingung die Rechtsfolgen der Beendigung jeweils ex-nunc eintreten. Jedoch unterscheiden sich sowohl das Ob als auch das Wie der Beendigung. Zum einen bedarf es bei der Kündigung einer Erklärung, während der Bedingungseintritt keiner gesonderten Erklärung bedarf.244 Eine Einrichtung muss sich also noch einmal mit dem konkreten Fall beschäftigen und die Sachlage und ihre Motivation prüfen. Erst daraufhin ist die Kündigung auszusprechen. Die Beendigung bei dem Bedingungseintritt verläuft hingegen „automatisch“. Zudem führt der Eintritt einer auflösenden Bedingung grundsätzlich zur Beendigung, während bei der hier vorgeschlagenen Kündigung wegen Ausschluss der Leistungsanpassung noch zu prüfen ist, ob die Beendigung nicht nach § 12 Abs. 1 S. 3 2. Hs. WBVG für den Pflegebedürftigen unzumutbar ist. Insofern gibt das Kündigungsrecht eine flexiblere Lösung zur Hand. Wertungsmäßig ist also ein Unterschied zwischen einer Kündigung und einer Bedingung zu erkennen. Zudem ist das Leis240 241 242 243 244

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 375, Fn. 21. Soeben unter aa). Dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 382. Vgl. in diesem Kapitel unter C. III. 2. Wolf, in: Soergel, BGB, Vor § 158 Rdnr. 17.

C. Vertragsgestaltung

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tungskonzept bereits vor Vertragsschluss darzulegen, während der Pflegebedürftige auf eine Bedingung erst bei Vertragsschluss hingewiesen wird. Bei einem Leistungsausschluss ist gemäß § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 5 WBVG erforderlich, dass die Information des Verbrauchers „rechtzeitig“ vor Abgabe der Willenserklärungen erfolgt. Wurde er entsprechend informiert und hat sich gleichwohl für die Versorgung und Betreuung durch und in dieser Einrichtung entschieden, ist dieser Akt der Selbstbestimmung auch zunächst als solcher zu behandeln.245 Schließlich besteht bei der Auswahl der Pflegeeinrichtung die freie Wahl, vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB XI.246 Solange eine solche freie Wahlmöglichkeit besteht,247 würde es die selbstbestimmte Handlung der Person mit Füßen treten, den hier angedachten Lösungsweg als mit § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB analog für unvereinbar zu behandeln. Die rechtliche Unwirksamkeit einer solchen Lösung des Konflikts der sich widersprechenden Vorstellungen über einen Leistungsausschluss mit Kündigungsmöglichkeit würde darüber hinaus die Ausstrahlung der Verfassung verkennen. Ein Analogieschluss bedarf immer einer Bewertung der zugrunde liegenden Sachverhalte.248 Diese Bewertung ist durch die Verfassung beeinflusst.249 Insofern bedarf es einer Verfassungsorientierung.250 Das Grundgesetz stellt die karitative Tätigkeit der Kirchen, wie bereits oben ausführlich ausgeführt,251 unter den besonderen Schutz von Art. 4 Abs. 1, 2 GG sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV. Über einen Leistungs- und Anpassungsausschluss kann das karitative Wirken im Rahmen der religiösen Vorstellungen gesichert werden, wodurch – mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts – Vorsorge für die religiöse Dimension des Wirkens getroffen wird.252 Kommt es mit dem hier vorgeschlagenen Weg dazu, dass auf der einen Seite 245 Der Wohn- und Betreuungsvertrag wird allerdings häufig durch den Betreuer oder Bevollmächtigten mit Wirkung für und wider den Pflegebedürftigen abgeschlossen (§§ 1902, 1896 BGB), vgl. Jürgens, Betreuungsrecht (§ 1896 BGB), Rdnr. 23. Nicht selten jedoch erfolgte die Auswahl der Einrichtung bereits im Vorfeld durch den Betroffenen selbst. Nach § 1901 Abs. 3 BGB hat der Betreuer Wünsche des Betreuten zu beachten. Die Wünsche können beispielsweise in Betreuungsverfügungen (vgl. § 1901c S. 1 BGB) geäußert werden. Auch die Vorsorgevollmacht (vgl. § 1901c S. 2 BGB) des Bevollmächtigten kann entsprechend begrenzt werden. 246 Hierzu BSG, E 96, 233 (236 ff., Rz. 16); Klie, in: ders./Krahmer (Hrsg.), SGB XI, § 2 Rdnr. 6; zur Bedeutung des Wahlrechts für die Wohlfahrtsverbände vgl. T. Brenner, Diakonie im Sozialstaat, S. 82 ff. 247 Besteht faktisch keine freie Wahlmöglichkeit, weil sich die Einrichtung regional in einer Monopolstellung befindet, so läge die analoge Anwendung näher, vgl. in diesem Abschnitt e) bb). 248 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 381. 249 Vgl. auch Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 178, 183. 250 Zur verfassungsorientierten Auslegung Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rdnr. 448; Lüdemann, JuS 2004, S. 27 (28); Simon, EuGRZ 1974, S. 85 (86 ff.); Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 178 ff.; kritisch zu dieser Auslegung Lembke, Einheit durch Erkenntnis?, S. 247 f. 251 Vgl. 3. Kap. 252 BVerfG, E 70, 138 (164) – Loyalitätspflicht; K 12, 308 (330).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht verletzt wird – es findet keine Zwangsbehandlung statt – und muss den religiösen Vorstellungen der karitativen Einrichtung auf der anderen Seite nicht zuwider gehandelt werden, so setzt sich auf einfach-gesetzlicher Ebene die Lösung durch, die beiden Positionen bestmöglich zur Wirksamkeit verhilft. Auch das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ist kein absolutes Rechtsgut, das es unter allen Umständen zwangsweise durchzusetzen gilt. (3) Zwischenergebnis Eine analoge Anwendung von § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB ist für den Fall der Kündigung aufgrund des Ausschlusses der Leistungsanpassung nicht geboten. § 1901a Abs. 4 S. 2 BGB wird insofern nicht umgangen. Fraglich bleibt, ob der hier vorgeschlagene Lösungsweg mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar ist. c) Leistungsausschluss und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen aa) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB Der Pflege-Heimvertrag wird in den meisten Fällen vorformuliert und soll für eine Vielzahl von Fällen eingesetzt werden, so dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Die §§ 305 ff. BGB sind auch auf Verträge nach dem WBVG anzuwenden. Das WBVG soll zwar abschließend sein, so dass es fraglich ist, ob Vorschriften des Besonderen Schuldrechts noch Anwendung finden können. Einer Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften steht dies jedoch nicht im Weg.253 Es bedarf damit einer wirksamen Einbeziehung in den Vertrag (§ 305 Abs. 2 BGB) sowie einen zulässigen Inhalt der Klausel. bb) Keine überraschende Klausel Der Leistungsausschluss könnte eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB darstellen. Dann wäre nach § 306 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit des Ausschlusses die Folge. Klauseln, die so weit gehen, dass der Verbraucher mit ihnen vernünftigerweise nicht rechnen muss, werden nicht Vertragsbestandteil.254 Bei einem Pflege-Heimvertrag ist ein Leistungsausschluss nicht als ungewöhnlich255 anzusehen, schließlich ist er sogar vom Gesetzgeber im WBVG, das verbraucherschutzorientiert ausgestaltet ist, vorgesehen. Da zudem die Vereinbarung gesondert 253 Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 1 WBVG Rdnr. 3; Drasdo, NJW 2010, S. 1174 (1176); für das alte Heimgesetz vgl. die Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei BGH, NJW 2005, S. 824 ff.; BGHZ 157, 309 (311); Gaiser, NJW 1999, S. 2311 ff. 254 Dazu die Gesetzesbegründung zum AGB-Gesetz in BT-Drs. 7/3919, S 19. 255 Zum Begriff ,ungewöhnlich‘ Berger, in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, § 305c Rdnr. 5.

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getroffen werden muss, sticht sie schon durch ihre Gestaltung hervor. Ein überraschender Effekt256 geht von einer solchen Ausschlussklausel nicht aus. cc) Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB Der Ausschluss der Anpassung der Leistung in der hier beschriebenen Art, nämlich im Vorfeld des Vertragsschlusses unter transparenten Bedingungen, verstößt auch nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn vereinbart wird, dass der Verwender die versprochene Leistung ändern oder von ihr abweichen kann. Eine vor Vertragsschluss ausgeschlossene Leistung wird aber gerade nicht versprochen. Unter der Berücksichtigung der religiösen Interessen der Einrichtung ist dem anderen Vertragsteil die Änderung auch zumutbar,257 so dass die Klausel auch deswegen nicht unwirksam ist. dd) Inhaltskontrolle nach § 307 BGB Der Leistungsausschluss könnte den Vertragspartner unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligen. Die Inhaltskontrolle ist nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Der Leistungsausschluss könnte zwar als negative Leistungsbeschreibung der Kontrollfreiheit unterliegen,258 jedoch ist jedenfalls das Transparenzgebot zu beachten. Auch darüber hinaus unterzieht die Rechtsprechung gemäß dem offenen Wortlaut und Schutzzwecks die Leistungsangebote teilweise der Inhaltskontrolle.259 Der Leistungsausschluss schränkt das Leistungsversprechen ein beziehungsweise modifiziert es, so dass die Inhaltskontrolle nicht gemäß § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.260 Insofern ist auch zu prüfen, ob der Leistungsausschluss unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist. Da es sich um einen Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer handelt (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 WBVG) sind bei der Beurteilung, ob es sich um eine unangemessene Benachteiligung handelt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Dem Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wird nur dann entsprochen, wenn zwei Elemente vorliegen: Zum einen kommt es auf die äußere Gestaltung des Vertrages an. „Unübersichtlichkeit, Verschleierung und Verstecken nachteiliger Klauseln oder Aufspaltung des Regelungsgehalts auf mehrere Klauseln, so dass sich

256

Dazu Berger, in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, § 305c Rdnr. 6. Schließlich ist das Selbstbestimmungsrecht des Pflegebedürftigen wegen des Kündigungsmechanismus, vgl. 5. Kap. C. IV. 5. A. cc), nicht beeinträchtigt. 258 Zur Kontrollfreiheit von Leistungsbeschreibungen Wurmnest, in: Münchener Kommentar BGB, § 307 Rdnr. 1, 12 ff.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 307 Rdnr. 44. 259 BGHZ 146, 138 (140); Wurmnest, in: Münchener Kommentar BGB, § 307 Rdnr. 12 ff. 260 Schulte-Nölke, in: Schulze u. a., BGB, § 307 Rdnr. 8. 257

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

der nachteilige Gehalt erst im Zusammenwirken ergibt, führen zu Intransparenz.“261 Hier gibt § 8 Abs. 4 S. 1 WBVG bereits die Gestaltung in Form einer gesonderten Vereinbarung vor. Es sollte aber im Hauptvertrag ein Hinweis auf den gesondert vereinbarten Leistungsausschluss aufgenommen werden, um Bedenken bezüglich der Transparenz auszuräumen. Zudem ist in dem Ausschluss der Leistung darauf hinzuweisen, dass sich bei Änderung des Betreuungsbedarfs ein Kündigungsrecht ergibt.262 Damit ist dann gleichzeitig das Element der Bestimmtheit angemessen erfüllt, da dem Vertragspartner seine Rechte und Pflichten, die aus dem Ausschluss folgen, noch einmal verdeutlicht werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Situation, in der ein solcher Ausschluss der Leistung erfolgt, weil religiösen Vorstellungen widersprochen wird, so weit wie möglich263 beschrieben wird. Ein pauschaler Ausschluss der Leistungen, die den Vorstellungen der Religionsgemeinschaft widersprechen, ist nicht geeignet, eine Festlegung bezüglich einer so wesentlichen und existenziellen Frage zu beantworten. So sollte beispielsweise ein Hinweis darauf erfolgen, dass sich der Ausschluss auf die Situation bezieht, in der der Behandlungsabbruch außerhalb der Sterbephase im engeren Sinne stattfinden soll und wann dies beispielsweise der Fall ist. Im Zentrum der nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB durchzuführenden Inhaltskontrolle steht eine Interessenabwägung mit dem Ziel, das Verbot unangemessener Benachteiligung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vor dem Hintergrund der beiden widerstreitenden Interessen zu konkretisieren.264 Bei den zu berücksichtigenden Interessen handelt es sich sowohl auf Nutzer- als auch auf Trägerseite zwar um verfassungsrechtlich geschützte Positionen:265 Auf der einen Seite das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, auf der anderen Seite das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft und die Religionsfreiheit. Da die Menschenwürde besonders schützenswert ist und diese auch bezüglich eines menschenwürdigen Sterbens aktiviert wird, wird angenommen, dass ein Leistungsausschluss jedenfalls dann unangemessen ist, wenn er sich auch auf die Phase bezieht, in der der Sterbeprozess bereits begonnen hat.266 Dann liegt ein Fall von passiver Sterbehilfe im engeren Sinne vor. Selbst für karitative Einrichtungen, die der katholischen Kirche zugehörig sind, ist der Behandlungsabbruch dann aber mit den religiösen Vorstellungen vereinbar. Fraglich ist, ob Unangemessenheit auch vorliegt, wenn sich der Ausschluss auf den Fall bezieht, dass der Sterbeprozess noch nicht 261

Kieninger, in: Münchener Kommentar BGB, § 307 Rdnr. 55. Vgl. in diesem bereits in diesem Kapitel C. IV. 5. unter a) cc). 263 Zu der geforderten Transparenz nur im Rahmen des Möglichen vgl. BGH, NJW 1998, S. 3114 (3116). 264 Schulte-Nölke, in: Schulze u. a., BGB, § 307 Rdnr. 12; Wurmnest, in: Münchener Kommentar BGB, § 307 Rdnr. 33. 265 Bezogen auf den Krankenhausaufnahmevertrag Thüsing, Krankenhausaufnahmevertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rdnr. 36 (Stand: Juni 2010). 266 Ebd. 262

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begonnen hat – so im strittigen Fall des Wachkomas und der schweren Demenz. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Einrichtungen im Falle der Unwirksamkeit der Klausel entgegen ihres religiösen Verständnisses vom Leben und Sterben behandeln müssten. Patienten und Pflegebedürftige – gegebenenfalls vertreten durch deren Betreuer oder Bevollmächtigte – haben vor der Aufnahme hingegen grundsätzlich noch die Möglichkeit, eine andere Pflegeeinrichtung auszuwählen. Diese Handlungsalternative legt es nahe, eine unangemessene Benachteiligung zu verneinen. Anders liegt es aber im Fall von Einrichtungen, die eine regionale Monopolstellung haben.267 Eine solche ist ein den Vertragsschluss begleitender Umstand der gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB zu beachten ist und im konkreten Fall zur Unwirksamkeit führen kann.268 ee) Zwischenergebnis Auch wenn Leistungen durch vorformulierte Vertragsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen werden sollen, ist dieser Ausschluss in der Regel wirksam. d) Ergebnis: Pflege-Heimvertraglicher Leistungsausschluss verbunden mit Kündigung Über eine Vereinbarung im Pflege-Heimvertrag, die Versorgungs- und Pflegeleistungen ausschließt, wenn diese einen Behandlungsabbruch außerhalb der Sterbephase begleiten sollen, können die religiösen Vorstellungen über den Wert des Lebens am Lebensende effektiv gesichert werden. Dies kann regelmäßig auch im Wege Allgemeiner Vertragsbedingungen erfolgen. Allerdings bedarf es zunächst einer Abstimmung mit den Versorgungsverträgen und den Rahmenverträgen. Sobald einem Ausschluss keine sozialrechtlichen Einwände mehr entgegengebracht werden können, haben die Einrichtungen die Möglichkeit, eine Vertragsänderung in Angriff zu nehmen, wobei sie sich an die Vorgaben des WBVG halten müssen. Mit dem hier vorgeschlagenen Weg ist dies möglich. e) Der Vorhang zu – noch einige Fragen offen Mit der Feststellung der grundsätzlichen rechtlichen Wirksamkeit des Lösungsansatzes sind aber noch nicht alle Fragen geklärt. Auch wenn sie keinen direkten Bezug zu der rechtlichen Bewertung eines Leistungsausschlusses haben, bedarf es teilweise ihrer Klärung, denn die karitativen Einrichtungen müssen sich der Konsequenzen nicht nur in rechtlicher Hinsicht bewusst sein.

267

Dazu sogleich unter e) bb). Hier könnte auch bereits die Kündigung gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 lit. b 2. Hs. WBVG dem Pflegebedürftigen unzumutbar sein. 268

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

aa) Ablehnung der Aufnahme bei entsprechender Behandlungssituation So ist fraglich, wie die karitativen Einrichtungen verfahren können, wenn sich der aufzunehmende Pflegebedürftige bereits in einer Situation befindet, in der lebensbeendende Maßnahmen ergriffen werden müssten, die den Vorstellungen der Religion zuwider laufen oder diese bereits absehbar sind.269 Nach § 72 Abs. 4 S. 1 SGB XI besteht die Verpflichtung zur Aufnahme und Versorgung der Pflegebedürftigen nur im Rahmen des Versorgungsauftrages.270 Ein allgemeiner Kontrahierungszwang besteht bei Pflegeeinrichtungen jedenfalls nicht. Deutlich wird das auch daran, dass Ausnahmen von einer Aufnahmepflicht im Rahmen des Versorgungsvertrages für zulässig erachtet werden.271 Folglich gilt auch hier das zum Leistungsausschluss Gesagte. bb) Vorgehen bei fehlendem Kündigungsrecht wegen Unzumutbarkeit Darüber hinaus bedarf es der Klärung, was zu geschehen hat, wenn die Kündigung eines Pflegebedürftigen in einem Fall unzumutbar ist, zum Beispiel wenn die Sterbebegleitung in einem anderen Heim oder Hospiz nicht möglich ist und auch bei Angehörigen keine Versorgung stattfinden kann. Besonders für den Fall, dass eine Einrichtung in einem bestimmten Gebiet eine Monopolstellung hat, ist an derartige Situationen zu denken. Eine zwangsweise Behandlung eines Patienten – darauf wurde mehrfach hingewiesen – darf nicht vorgenommen werden. Wird das Vertragsverhältnis nicht beendet, so kann ein Kompromiss wie folgt aussehen: Die räumlich-technischen Voraussetzungen sind weiter von der Einrichtung zu stellen. Die pflegerischen Aufgaben werden aber von dem Arzt nicht an das Pflegepersonal der Einrichtung delegiert, sondern selbst vorgenommen oder an Angehörige, Bekannte oder auch ambulante Pflegedienste delegiert. Ein ähnlicher Kompromiss wurde beispielsweise in Vorfeld des Fuldaer Sterbehilfefalles geschlossen, der am 25. Juni 2010 vom Bundesgerichtshof entschieden wurde. In dem später aufgekündigten Kompromiss einigten sich das Pflegeheim und die Betreuer darauf, dass „sich das Personal nur noch um die Pflegetätigkeiten im engeren Sinn kümmern, während […] die Betreuer selbst die Ernährung über die Sonde einstellen, die er-

269 Beispielsweise bei einem Wachkomapatienten der nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftig ist und aus dem Krankenhaus verlegt werden soll. 270 Quaas, NSZ 1995, S. 197 (199); Osthen, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 72 Rdnr. 29 (Stand: April 2002). 271 So Knittel, in: Krauskopf, SGB XI, § 72 Rdnr. 23 (Stand: Dezember 1996.); Wigge, in: Wannegat/Eichendorfer (Hrsg.), SGB XI, § 72 Rdnr. 18 (Stand: 2001); Schütze, in: Udsching, SGB XI, § 72 Rdnr. 21; enger Crößmann/Goberg/Iffland/Mangels, Taschenkommentar Heimgesetz, § 5 Rdnr. 7.

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forderliche Palliativversorgung durchführen und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.“272 cc) Abstimmung mit Landespflegegesetzen und Beachtung ökonomischer Konsequenzen Zur umfassenden Betrachtung dieses Lösungsansatzes ist noch darauf hinzuweisen, dass gemäß § 9 S. 2 SGB XI die Länder dazu ermächtigt sind, das Nähere zur Planung und Förderung von Pflegeeinrichtungen zu bestimmen. Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassenen Landespflegegesetze können zusätzliche Erschwernisse für die Einrichtung enthalten. Ohne eine Förderung in Bezug auf Investitionen ist die Einrichtung nicht konkurrenzfähig. Würden einer Einrichtung Investitionen verwehrt, weil sie einen Angebotsausschluss vorgenommen hat, so wäre der juristisch mögliche Weg ökonomisch wohl nicht gangbar. Wird im Landespflegegesetz bestimmt, dass sich an die finanzielle Förderung von Heimplätzen ein Belegungsrecht, eine Aufnahmeverpflichtung anschließt, ist das nach einem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts mit der Verfassung vereinbar.273 Bestehen solche Aufnahmeverpflichtungen, so ist fraglich, ob die oben gefundene Lösung tauglich ist, denn diese würde einer Belegung teilweise entgegenstehen. Allerdings ist dabei vorgesehen, dass der Versorgungsvertrag der Einrichtung zu beschränken ist. Dann kann bezüglich der ausgeschlossenen Angebote auch kein Belegungsrecht bestehen. Der beschränkte Auftrag geht somit vor. Zudem können die Investitionsaufwendungen gesondert berechnet werden, vgl. § 82 Abs. 3, 4 SGB XI, so dass die Einrichtungen dann doch über die finanzielle Deckung verfügen. 6. Leistungsausschluss im Krankenhausbehandlungsvertrag Im Bereich der Krankenhäuser könnte ein vertraglicher Leistungsausschluss ebenfalls einen Lösungsansatz darstellen, um die Einrichtungen vor einem eigenhändigen Verstoß gegen ihre religiösen Vorstellungen zu schützen. Leistungsbegrenzungen werden bereits heute von einigen katholischen Krankenhäusern zur Sicherstellung der „Sittengesetze der katholischen Kirche“ vorgenommen. Solche beziehen sich auf den Schwangerschaftsabbruch und die Sterilisation.274 Der Leistungsausschluss für die Mitwirkung an einem Behandlungsabbruch betreffend eine Person, bei der der Sterbeprozess noch nicht begonnen hat, könnte im 272

BGHSt 55, 191 (193, Rz. 7). BVerfG, K 12, 308 (329 ff.); dazu Muckel, GesR 2008, S. 21 f.; Wißmann, VerwAch 2010, S. 584 ff. 274 Vgl. § 3 Abs. 4 AVB der Klinik Vincentium Augsburg gGmbH. Zur katholischen Lehre betreffend des Schwangerschaftsabbruchs Papst Johannes Paul II., Enzyklika ,Evangelium vitae‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 120, S. 71 ff., bezüglich der Sterilisation bereits Papst Paul VI., Enzyklika ,Humanae vitae‘, in: Acta Apostolicae Sedis 60 (1968), S. 565. 273

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Krankenhausbehandlungsvertrag erfolgen.275 Die Vertragsgestaltung basiert häufig auf dem Wortlaut des Musters Allgemeiner Vertragsbedingungen (AVB) der Deutschen Krankenhausgesellschaft.276 Der Vertrag entscheidet über die Rechte und Pflichten sowohl des Krankenhausträgers als auch der Patienten betreffend die Maßnahmen im Krankenhaus und ist damit ähnlich wie der Pflege-Heimvertrag als Regelungsort geeignet.277 Jedoch könnten diesem Lösungsansatz zum einen die Einordnung in ein öffentlich-rechtliches System und die daraus resultierenden sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben sowie zum anderen die Patientenrechte entgegenstehen. a) Auswirkungen des Kontrahierungszwanges auf einen Leistungsausschluss Dem Ausschluss von Leistungen, die bei einem Behandlungsabbruch zu erbringen sind, könnte der den Krankenhäusern auferlegte Kontrahierungszwang entgegenstehen. aa) Die Aufnahme- und Behandlungspflicht Die Vertragsfreiheit des Krankenhausträgers ist bei dem Abschluss der Krankenhausbehandlungsverträge erheblich eingeschränkt.278 So besteht bezogen auf allgemeine notwendige Krankenhausleistungen (§ 2 Abs. 2 KHEntG) beziehungsweise die Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs. 1 SGB V)279 ein Kontrahierungszwang.280 Gegenüber gesetzlich Versicherten folgt der Kontrahierungszwang aus § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V, sofern es sich um eine per Versorgungsvertrag übernommene Leistung handelt.281 Sofern die Krankenhäuser in ein öffentlich-rechtliches System der Planung und Finanzierung eingebunden sind, haben sie aufgrund der Monopolstellung auch gegenüber nicht gesetzlich Versicherten eine Aufnahme- und

275

Zum Krankenhausaufnahmevertrag vgl. oben unter II. Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V., Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB), Behandlungsverträge und Wahlleistungsvereinbarungen für Krankenhäuser. 277 In diese Richtung geht auch der Vorschlag von Thüsing, Krankenhausaufnahmeverträge, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauseln, Rdnr. 36 (Stand: Juni 2010), der aber Bedenken hinsichtlich der „unangemessenen Benachteiligung“ in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB hat. 278 Siehe Kern, in: Laufs/ders. (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 40 Rdnr. 25: „Für Krankenhäuser besteht die grundsätzliche Abschlussfreiheit im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit de iure nicht mehr.“; Rehborn, in: Huster/Kaltenborn (Hrsg.), Krankenhausrecht, § 12 Rdnr. 27 ff. 279 Zur weitgehenden Deckungsgleichheit der Begriffe Krankenbehandlung sowie allgemeine Krankenhausleistungen vgl. Kutlu, in: Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht, § 2 KHEntG Rdnr. 1; Schmidt, in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 39 SGB V Rdnr. 216 (Stand: Februar 2007). 280 Vgl. auch BGH, NJW 1990, S. 761 (762). 281 Rehborn, in: Huster/Kaltenborn (Hrsg.), Krankenhausrecht, § 12 Rdnr. 29. 276

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Behandlungspflicht.282 Einige Länder sehen einen Kontrahierungszwang auch ausdrücklich in den Landeskrankenhausgesetzen vor.283 Bei Notfällen bestehen die Verpflichtungen ohnehin schon aufgrund der allgemeinen Pflicht zu helfen, andernfalls droht die Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung, § 323c StGB. Besteht ein Kontrahierungszwang, so wirkt er sich in zweierlei Hinsicht aus. Zum einen steht er einer Aufnahmeverweigerung durch ein Krankenhaus entgegen. Ein Patient mit einem Anspruch auf Krankenhausbehandlung darf nicht abgelehnt werden, wenn das Krankenhaus fähig und berechtigt ist, die erforderlichen Leistungen zu erbringen. Zum anderen dürfen einem Patienten aber auch Behandlungen nicht verweigert werden, wenn das Krankenhaus die Leistungen erbringen kann und erbringen muss. Andernfalls würde der Zweck des Kontrahierungszwanges, die Sicherstellung der medizinischen Versorgung, umgangen werden. Folglich ist die Möglichkeit des Krankenhausträgers, Leistungen auszuschließen, durch den Kontrahierungszwang begrenzt. Es bedarf der Untersuchung der Frage, auf welche Leistungen der Kontrahierungszwang bezogen ist. bb) Allgemeine Krankenhausleistungen beziehungsweise Krankenbehandlung und der Behandlungsabbruch Folglich ist zu untersuchen, ob die Leistungen, die im Falle eines Behandlungsabbruches zu erfolgen haben, überhaupt solche sind, die als allgemeine Krankenhausleistung nach § 2 Abs. 2 KHEntG beziehungsweise als Krankenbehandlung im Sinne von § 39 Abs. 1 SGB V zu erbringen sind und auf die sich der Kontrahierungszwang somit bezieht. Dafür muss zunächst eine Krankheit vorliegen. Darunter wird ein regelwidriger Zustand – bezogen auf Körper, Geist und Seele – verstanden, der eine ärztliche Behandlung notwendig macht oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.284 Die Behandlungsbedürftigkeit – und damit vorausgesetzt die Behandlungsfähigkeit285 –

282 Genzel/Degener-Hencke, in: Laufs/Kern (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 89 Rdnr. 17. 283 Eine Darstellung der landesgesetzlichen Bestimmungen, die einen Kontrahierungszwang auslösen, findet sich bei Rehborn, in: Huster/Kaltenborn (Hrsg.), Krankenhausrecht, § 12 Fn. 62, wobei beachtet werden muss, dass der gesetzlich normierte Kontrahierungszwang teilweise, z. B. in § 3 Abs. 1 HmbKHG vom 17. April 1991 (HmbGVBl., S. 127), geändert durch Gesetz vom 6. Oktober 2006 (HmbGVBl., S. 510), auf die Notfallversorgung beschränkt ist. 284 Zum Krankheitsbegriff vgl. BSG, E 13, 134 (136); E 35, 10 (12), bezogen auf die Reichsversicherungsordnung (RVO). Der von der Rechtsprechung entwickelte Krankheitsbegriff gilt auch unter dem SGB V, vgl. BT-Drs. 11/2237, S. 170. § 14 Abs. 2 SGB XI zählt Erscheinungen auf, die eine Krankheit darstellen. 285 Muckel/Ogorek, Sozialrecht, § 8 Rdnr. 92.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

müssen festgestellt werden.286 Eine Krankheit ist nur dann behandlungsbedürftig, wenn sie mit einer gewissen Erfolgsaussicht medizinisch behandelt werden kann.287 Personen, die einen Behandlungsabbruch wünschen, sind in irgendeiner Weise in einem regelwidrigen Zustand und damit liegt eine Krankheit vor. In den für einige Religionsgemeinschaften problematischen Fällen, in denen der Sterbeprozess medizinisch noch nicht begonnen hat,288 ist die Behandlungsfähigkeit auch noch gegeben. Selbst wenn der Sterbeprozess bereits begonnen hat, liegt Behandlungsfähigkeit vor, da der mögliche Eintritt des Todes gegenüber der Erkrankung als Verschlimmerung anzusehen ist:289 Die Verhütung einer Verschlimmerung, Verlängerung des Lebens und Linderung der Beschwerden sind gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V verfolgbare Ziele der Behandlung.290 Die erforderliche Aussicht auf Erfolg der Behandlung meint also nicht unbedingt die Heilung einer Krankheit. Darüber hinaus muss beachtet werden, dass es sich auch um eine krankenhausbehandlungsbedürftige Situation handeln muss.291 Die Behandlung gerade in einem Krankenhaus muss notwendig sein, um das Behandlungsziel zu erreichen. Hier bedarf es einer Abgrenzung zum Pflegefall.292 Gerade bei Wachkomapatienten und Schwerst-Demenzkranken liegt der Ausschluss der Krankenhausbehandlung aus diesem Grund nicht fern. Diese Grundleiden lösen den Leistungsanspruch des Kranken und die Leistungserbringungspflicht des Krankenhauses noch nicht aus. Sie können in Pflegeeinrichtungen oder gegebenenfalls zu Hause mit ambulanten Pflegedienstleistungen und ärztlicher Behandlung versorgt werden. Jedoch kann zu dem Grundleiden eine weitere Krankheit treten, die einen Krankenhausbehand286 Schmidt, in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 39 SGB V Rdnr. 162 ff. (Stand: April 2010); Genzel/Degener-Hencke, in: Laufs/Kern (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 82 Rdnr. 113. 287 Knispel, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), SGB V, § 39 Rdnr. 20 (Stand: Dezember 2012). 288 Dieses Problem stellt sich in erster Linie bei katholischen Krankenhäusern, vgl. dazu 2. Kap. B. III. 1. 289 Vgl. Muckel/Ogorek, Sozialrecht, § 8 Rdnr. 92; im Ergebnis auch BSG, E 47, 83 (85). 290 Zur Linderung von Krankheitsbeschwerden vgl. Kraftberger, in: Hänlein/Kruse/Schuler (Hrsg.), SGB V, § 27 Rdnr. 57. 291 BSG, E 47, 83 (85); E 92, 300 (305, Rz. 16); vgl. auch § 1 Abs. 3 der Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 24. März 2003, BAnz. 205 Nr. 41, S. 2937 ff. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und ihr zum anderen mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss, um sie zu heilen oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Zur Krankenhausbehandlung als „ultima ratio“ vgl. Muckel/Ogorek, Sozialrecht, § 8 Rdnr. 124. Zu der Abgrenzung dieses Merkmals von der bloßen Behandlungsbedürftigkeit vgl. Noftz, in: Hauck/ders., SGB V, § 39 Rdnr. 63 (Stand: November 2011). 292 Zipperer, in: Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/ders. (Hrsg.), SGB V, § 39 Rdnr. 17 (Stand: Oktober 2007). Eine Legaldefinition der Pflegebedürftigkeit findet sich in § 14 Abs. 1 SGB XI.

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lungsbedarf auslöst und es diesbezüglich zu einer Aufnahme und Behandlung des Patienten in einem Krankenhaus kommt.293 Gehört dann der Abbruch der Behandlung zu den allgemeinen Krankenhausleistungen? Der Abbruch ist auf das Sterben gerichtet und soll damit eigentlich nichts zur Behandlung der Krankheit beitragen. Insofern könnte die Einordnung der bei einem Abbruch erforderlichen Handlungen als Krankenbehandlung beziehungsweise allgemeine Krankenhausleistung fraglich sein. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krankenhausleistung gerade um eine Komplexleistung beziehungsweise Gesamtleistung handelt.294 Deutlich wird das auch durch die Formulierung in § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V, in der durch das Wort „insbesondere“ darauf hingewiesen wird, das nicht nur die aufgezählten Leistungen als Krankenhausbehandlung zu erbringen sind, sondern alles, was medizinisch notwendig ist. Unstreitig gehört dazu auch, dass der behandelnde Krankenhausarzt die nach § 1901b Abs. 1 BGB erforderlichen Schritte der Prüfung und des Dialogs mit dem Betreuer beziehungsweise dem Bevollmächtigten zu führen hat.295 Darüber hinaus meint die ärztliche Behandlung nach § 28 SGB V, die Bestandteil der Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist, dass die Regeln der ärztlichen Kunst zu befolgen sind. Danach muss die Behandlung ihre Grenze im Willen des Patienten finden.296 Sobald der Patient eine Behandlung nicht mehr will, ist sie zu beenden. Es bedarf eines Behandlungsabbruchs.297 Andernfalls würde der Arzt sowohl mit standes- als auch mit schadens- sowie strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert.298 Dies entspricht dem in § 70 Abs. 2 SGB V festgehaltenen Grundsatz der humanen Krankenbehandlung.299 Auch auf Leistungen, die bei einem Behandlungsabbruch zu tätigen sind, kann sich der Kontrahierungszwang beziehen. Allerdings ist fraglich, was von dem Moment an zu geschehen hat, in dem die lebensverlängernden Maßnahmen abgebrochen wurden. Wird beispielsweise die künstliche Ernährung eingestellt, so verstirbt der Patient nicht direkt. Auch hier kann eine Krankenbehandlung stattfinden, wenn es um die Leidensminderung des Patienten geht. Diese palliativmedizinischen Maßnahmen sind als allgemeine Krankenhausleistungen beziehungsweise Krankenbehandlungen anzubieten,300 sofern 293

So bei OLG Frankfurt a.M., NJW 1998, S. 2747 ff. Noftz, in: Hauck/ders., SGB V, § 39 Rdnr. 112 (Stand: November 2009); Hellkötter, in: Hänlein/Kruse/Schuler (Hrsg.), SGB V, § 39 Rdnr. 51. 295 Dazu BGH, NJW 2011, S. 161 (162 f.). 296 Kraftberger, in: Hänlein/Kruse/Schuler (Hrsg.), SGB V, § 28 Rdnr. 12. 297 Kern, in: Laufs/ders. (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 54b Rdnr. 2, 6; Ulsenheimer, Die ärztliche Sterbehilfe, ebd., § 132 Rdnr. 35; Engländer, JZ 2011, S. 513 (514). 298 Vgl. dazu bereits 2. Kap. B. 2. 299 Zum Grundsatz der humanen Krankenbehandlung siehe Genzel/Degener-Hencke, in: Laufs/Kern (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 83 Rdnr. 45 ff.; zu der Frage nach der Anwendungsweite des Gebots und zu den Folgen bei einem Verstoß Baltzer, KHR 2007, S. 1 (2 f., 5). 300 Genzel/Degener-Hencke, in: Laufs/Kern (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 83 Rdnr. 48. 294

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

diesbezüglich der Versorgungsauftrag besteht. Jedoch nur soweit und solange die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit überhaupt noch besteht. Kann eine Versorgung auch in einem Pflegeheim oder bei Angehörigen oder in einem Hospiz vorgenommen werden, so besteht keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit mehr. Dabei ist fraglich, ob alleine die medizinische Sicht ausschlaggebend ist, oder ob auch für den Fall, dass keine andere Unterbringungsmöglichkeit besteht, eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegt.301 Der Große Senat des Bundessozialgerichts hat dies dahingehend entschieden, dass nur medizinische Gründe eine Krankenhausbehandlung erforderlich machen.302 Wie weit diese medizinischen Gründe im Einzelfall aber gehen, ist nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen, so dass solche Gründe für den Fall von Wachkomapatienten und Dauerbeatmungspatienten teilweise angenommen werden.303 Damit ist festzuhalten, dass der Behandlungsabbruch beziehungsweise die Handlungen, die es dafür bedarf, grundsätzlich vom Kontrahierungszwang erfasst sind, da die Maßnahmen als Krankenbehandlung beziehungsweise allgemeine Krankenhausleistungen eingeordnet werden können. cc) Begrenzung des Kontrahierungszwanges auf den Versorgungsauftrag Die Leistungen, die im Falle eines Behandlungsabbruches getätigt werden müssen, könnten aber dann nicht vom Kontrahierungszwang erfasst sein, wenn der Versorgungsvertrag betreffend diese Leistungen begrenzt ist. § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V spricht von der Verpflichtung zur Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nur im Rahmen des Versorgungsauftrags. Damit steht der Versorgungsauftrag „im rechtlichen Mittelpunkt, wenn es um den Inhalt und die Grenzen des Leistungsspektrums von Krankenhäusern geht.“304 Der Versorgungsauftrag ergibt sich gemäß § 8 Abs. 1 S. 4 KHEntG entweder aus dem Versorgungsvertrag nach § 109 SGB V oder aus dem Krankenhausplan i.V.m. dem Feststellungsbescheid nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 3 KHG.305 Zwar fehlen detaillierte Angaben zu dem Versor301 Vgl. dazu die unterschiedlichen Rechtsansichten im 3. und 1. Senat des BSG: BSG, E 92, 300 (Rz. 15 ff, 18) sowie BSG, GesR 2006, S. 472 (474 f.), wobei der 1. Senat schließlich eine Divergenzanfrage an den Großen Senat vornahm, vgl. BSG, GesR 2007, S. 276 ff. Dazu insgesamt Schmidt, in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, § 39 Rdnr. 165 ff. (Stand: April 2010). 302 BSG, E 99, 111 (115, Rz. 15). 303 Vgl. zur Einzelfallbetrachtung BSG, E 100, 164 (174 ff., Rz. 23 ff.); Schmidt, in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, § 39 Rdnr. 165b a.E. (Stand: April 2010). 304 Fr. Becker, in: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NordrheinWestfalen (Hrsg.), Krankenhäuser im Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit, S. 49 (50); ähnlich Kies, Der Versorgungsauftrag des Plankrankenhauses, S. 131. 305 Zum Versorgungsauftrag aus dem Feststellungsbescheid zur Aufnahme in den Krankenhausplan vgl. Quaas/Zuck, in: dies. (Hrsg.), Medizinrecht, § 24 Rdnr. 75.

C. Vertragsgestaltung

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gungsauftrag, jedoch ist in der Regel vorgesehen, dass der Krankenhausplan und der Feststellungsbescheid oder der Versorgungsvertrag Angaben zu den Fachabteilungen, der Bettenzahl, der Versorgungsstufe (beispielsweise der Grundversorgung), sowie zu besonderen und teilstationären Leistungen enthalten.306 Für eine Begrenzung der Krankheitsfälle darüber hinaus gibt es keine Anhaltspunkte. Eine solche Begrenzung wäre auch unter dem Gesichtspunkt problematisch, dass es gerade bei der Krankenversorgung darum geht, den Bedarf zu decken. Nach dem insofern deutlichen Wortlaut von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V sowie § 2 Abs. 2 KHEntG soll eine umfassende Krankenhausversorgung stattfinden. Zwar kann es gemäß § 109 Abs. 1 S. 4, 5 SGB V planmodifizierende und plankonkretisierende Vereinbarungen zwischen Kassenverbänden und Krankenhausträgern geben, allerdings beziehen sie sich auf die Bettenzahl und Leistungsstruktur.307 Der Kontrahierungszwang bezieht sich damit auf den umfassenden Versorgungsvertrag. Ein Leistungsausschluss im Krankenhausbehandlungsvertrag ist nicht wirksam, weil der Kontrahierungszwang umfassend besteht. b) Zudem: Unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, 2 BGB Ein Leistungsausschluss im Krankenhausbehandlungsvertrag könnte zudem nicht im Wege einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vorgenommen werden. Der Ausschluss der Leistung wäre zwar nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB, denn bei der Aufnahme in ein Krankenhaus liegen Situationen, in denen es auf diese Leistungen ankommt, nicht fern, so dass damit zu rechnen ist, eine Bestimmung zu vereinbaren.308 Allerdings darf die Klausel auch nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1, 2 BGB sein.309 Bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung stehen sich wiederum mit dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und dem der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen verfassungsrechtlich geschützte Positionen310 gegenüber. Der Patient jedoch hat im Besonderen ein Interesse an einer schnellen Behandlung im Krankenhaus. Seine Auswahlmöglichkeit ist im Falle eines dringenden Aufnahmebedarfs beschränkt. Ein Verweis auf andere Krankenhäuser scheidet, anders als bei Pflegeeinrichtungen, aus. Eine Versorgung von Zuhause ist ebenfalls nicht möglich, sonst würde die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bereits nicht bestehen. Folglich überwiegt hier das Interesse des Patienten am Ab306

Fr. Becker, in: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NordrheinWestfalen (Hrsg.), Krankenhäuser im Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit, S. 49 (50 f.). 307 Dazu Knittel, in: Krauskopf, SGB V, § 109 Rdnr. 23 f. (Stand: Juli 2009). 308 Thüsing, Krankenhausaufnahmevertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauseln, Rdnr. 36 (Stand: Juni 2010). 309 Zur Kontrollfähigkeit des Leistungsausschlusses vgl. bereits in diesem Kapitel C. 5. c) aa). 310 Thüsing, Krankenhausaufnahmevertrag, in: v. Westphalen/ders. (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rdnr. 36 (Stand: Juni 2010).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

bruch einer Behandlung. Eine Klausel, durch die Leistungen für den Fall eines religionswidrigen Behandlungsabbruchs ausgeschlossen werden, wäre folglich unangemessen und damit auch aus diesem Grund unwirksam. c) Ergebnis zum Leistungsausschluss im Krankenhausbehandlungsvertrag Damit ist festzuhalten, dass die Pflicht des Krankenhausarztes auch die Beendigung der Behandlung umfasst. Er darf nicht weiterhandeln und muss deswegen die zum Abbruch erforderlichen Maßnahmen ausführen. Im Anschluss an einen Behandlungsabbruch stellt sich die Frage, ob die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit noch vorliegt. Der Krankenhausarzt muss diese ebenso wie bei der Aufnahme des Patienten (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V) laufend überprüfen.311 Fällt die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit weg, so wird die Leistung nicht von der Krankenkasse vergütet und der Anspruch auf Behandlung entfällt ebenso. Der Patient kann dann in stationären Pflegeeinrichtungen gepflegt werden, wobei eine ärztliche Behandlung hinzutreten kann. Gegebenenfalls kann auch eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung nach § 37b SGB V beansprucht werden.312 Sind die Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit aber weiter erfüllt, so muss die Leistung weiter erbracht werden. Ein Ausschluss kommt insofern nicht in Betracht

V. Ergebnis Es kann folglich festgestellt werden, dass die Gestaltung des Vertrages im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patient nicht in der Weise erfolgen kann, dass neben dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen auch das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen Einrichtungen immer gewahrt ist. Hier wurden die Krankenhäuser passiv durch die zweiseitigen Verträge und haben sich die Krankenhäuser aktiv durch die Versorgungsverträge einem Regelungssystem unterworfen, das es ihnen unmöglich macht, die religiösen Vorstellungen in allen Fällen einzuhalten. Anders stellt sich das bei Pflegeeinrichtungen dar. Sie haben bei Änderung der sozialrechtlichen Verträge eine Möglichkeit, sich karitativ entsprechend ihren Vorstellungen vom Lebensende zu betätigen. Dazu müssten sie einen heimvertraglichen Leistungsausschluss vereinbaren. Es zeigt sich insgesamt, dass die Tätigkeit in Einrichtungen, die einem engen Regelungssystem unterworfen sind, unter „Zügeln“ erfolgt. Diese Zügel sind, so zeigt es die Unter311

Zipperer, in: Orlowski/Schermer/Rau/Wasem/ders. (Hrsg.), SGB V, § 39 Rdnr. 24 (Stand: Oktober 2007). 312 Ein Zuschuss für eine Versorgung in einem Hospiz nach § 39a SGB V wird in den hier interessierenden Fällen wohl schon wegen der Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung entfallen, vgl. § 2 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung nach § 39a S. 4 SGB V vom 13. März 1998 in der Fassung vom 14. April 2010.

D. Vorkehrungen in der karitativen Betreuungsarbeit

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suchung eines Leistungsausschlusses im Krankenhaus deutlich, nicht immer goldene. Sie dienen zum einen der Sicherstellung der Erfüllung staatlicher Aufgaben sowie verfassungsrechtlicher Schutzpflichten. Das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV, das auch das Recht umfasst, selber über die anzubietenden Leistungen einer Einrichtung und über die Aufzunehmenden zu entscheiden, findet seine Grenze. Für die karitativen Pflegeeinrichtungen verbleibt hingegen ein erweiterter freiheitlicher Gestaltungsraum. Damit bestehen für die Pflegeversorgung durch Einrichtungen von karitativen Trägern Möglichkeiten, eigene Wege für die Versorgung offen zu halten.

D. Vorkehrungen in der karitativen Betreuungsarbeit Auch bei der betreuungsrechtlichen Tätigkeit karitativer Vereinigungen könnten die Wertungsdifferenzen zwischen Religionsgemeinschaft und Betreuten sichtbar werden und zu Problemen führen. Das Vorsorgeinstrument der Patientenverfügung ist in das Betreuungsrecht eingefügt worden und entfaltet vorrangig dort seine Wirkungen.313 Die religiösen Vereinigungen sind in nicht unerheblichem Umfang im Betreuungswesen engagiert. Es gibt eine große Anzahl von Betreuungsvereinen314.

I. Überblick über das Betreuungswesen Die Betreuung richtet sich an Menschen, die nicht (mehr) in der Lage sind, ihre persönlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen. Ihnen wird gemäß § 1896 BGB nach Einschaltung des Betreuungsgerichts ein amtlicher Betreuer zur Seite gestellt, der die Aufgabe hat, für den Betreuten, je nach Einsetzung, alle oder einzelne Angelegenheiten in dessen Interesse wahrzunehmen.315 Eine Betreuung ist aber nur dann im Sinne des § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB erforderlich, wenn keine Bevollmächtigung ausgesprochen wurde (Grundsatz der Subsidiarität der Betreuung).316 Während der Betreuer vom Gericht bestellt wird und unter staatlicher Aufsicht betreut, ist dem Bevollmächtigten durch Rechtsgeschäft Vertretungsmacht eingeräumt worden. 313

Vgl. 2. Kap. B. II. 1. c). Der katholischen Kirche sind nach Angaben der Caritas über 300 Betreuungsvereine der Caritas und der Fachverbände Sozialdienst Katholische Frauen (SkF), Katholischer Verband für soziale Dienste in Deutschland (SKM) und Kath. Jugendfürsorge zugehörig, vgl. http://kathbetreuungsvereine.de/uber-uns/ [Zugriff: 31. Dezember 2012]. 156 Betreuungsvereine befinden sich in diakonischer Trägerschaft, vgl. http://rdlive2.diakonie-server.de/adressen-5176.htm [Zugriff: 31. Dezember 2012]. 315 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 76 Rdnr. 7. 316 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 76 Rdnr. 20; G. Müller, in: Bamberger/ Roth (Hrsg.), BGB, § 1896 Rdnr. 24 ff. (Stand: August 2012). Vgl. dazu allerdings BGH, NJW 2011, S. 2135 (2136, Rdnr. 14, 15). 314

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Für beide Instrumentarien kann vorgesorgt werden: Durch eine Betreuungsverfügung oder eine Vorsorgevollmacht.317 An der Betreuung, die im Jahr 1992 an Stelle von Vormundschaft und Pflegschaft getreten ist, wird die Aktivierung des Autonomiegedankens318 exemplarisch deutlich.319 So sind die Wünsche des Betreuten bei allen Handlungen des Betreuers nach § 1901 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen, soweit dies dem Betreuer zumutbar ist.

II. Das religiöse Engagement in Betreuungsvereinen Eine Vielzahl von karitativen Vereinigungen ist als Betreuungsverein anerkannt und somit an der Betreuung in dreierlei Hinsicht beteiligt: So kann eine Vereinsbetreuung gemäß § 1900 Abs. 1, 2 BGB von dem Betreuungsverein übernommen werden oder die Betreuung durch einen Vereinsbetreuer des Betreuungsvereins gemäß § 1897 Abs. 2 S. 1 BGB erfolgen. Darüber hinaus geben die Betreuungsvereine ehrenamtlichen Betreuern Hilfestellung und bilden sie aus, was gemäß § 1908f Abs. 1 Nr. 2 BGB Voraussetzung für die Anerkennung als Betreuungsverein ist. Auch dieses Engagement könnte an die Anforderung geknüpft werden, dass es nicht unter Missachtung religiöser Vorstellungen verwirklicht wird. Insofern stellt sich auch im Betreuungswesen die Frage, ob die religiösen Betreuungsvereine einen Einfluss auf die Art und Weise der Betreuung nehmen können.

III. Einfluss des Betreuungsvereins auf die Betreuung 1. Der ehrenamtliche Betreuer Der ,ehrenamtliche Betreuer‘ erhält lediglich Weiterbildung und Hilfe von dem Betreuungsverein. Er entzieht sich dabei „weitgehend der hierarchischen Beeinflussung“320 durch den Verein. Einfluss auf den ehrenamtlichen Betreuer kann von Seiten der Religionsgemeinschaft aber kommen, wenn der ehrenamtliche Betreuer Mitglied derselben ist321 und dann über seinen Status als Mitglied gesteuert wird. Für den Fall, dass der ausgewählte Betreuer individuell eine Wertungsdifferenz zwischen den eigenen Vorstellungen und den des zu Betreuenden feststellt, könnte er die Übernahme verweigern. § 1898 Abs. 1 BGB sieht zwar eine Übernahmeverpflich317

Vgl. zur Abgrenzung OLG Frankfurt a.M., DNotZ 2004, S. 937 ff. Vgl. oben 2. Kap. A. III. 2. 319 Einen Überblick über die Gesetzesänderungen geben Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 76 Rdnr. 1 ff. 320 Broll, Steuerung kirchlicher Wohlfahrtpflege, S. 282; siehe auch Dodegge, in: ders./ Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, S. 106. 321 Ähnlich wie bei der Schwangerschaftskonfliktberatung. 318

D. Vorkehrungen in der karitativen Betreuungsarbeit

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tung vor. Dies gilt aber nicht für den Fall, dass die Betreuung dem Betreuer unter Berücksichtigung seiner familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann. Hat der Betreuer entsprechende religiöse Bedenken, so entfällt die Zumutbarkeit. Aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG folgt, dass der Schutz religiöser Interessen gegenüber der Pflicht zur Übernahme überwiegt. Damit werden auch die Interessen des Betreuten berücksichtigt, denn ihm würde nicht geholfen werden, wenn der vom Gericht auserwählte Betreuer möglicherweise aufgrund von religiösen Vorstellungen, die von denen des Betreuten abweichen, den Willen nicht (unmittelbar) Ausdruck und Geltung verleihen würde. Der einzelne Betreuer ist nach Auslegung des Begriffs „zumutbar“ in den oben genannten Fällen nicht zur Übernahme verpflichtet und kann für den Fall, dass er individuell eine Wertungsdifferenz zwischen seinen Vorstellungen und denen des Betreuten feststellt, die Übernahme verweigern oder nach § 1908b BGB die Entlassung beantragen. 2. Der Vereinsbetreuer Ein Einfluss des Betreuungsvereins besteht hingegen beim Vereinsbetreuer. Er ist bereits arbeitsrechtlich mit dem Betreuungsverein verbunden.322 Auch besteht eine besondere betreuungsrechtliche Verbindung, da der Betreuer vom Verein vergütet wird und der Verein den Vereinsbetreuer beaufsichtigen muss.323 a) Kein Einfluss über die betreuungsrechtliche Aufsicht Der Verein könnte bei einer Betreuung durch einen seiner Vereinsbetreuer auf diese Betreuung Einfluss im Wege der betreuungsrechtlichen Aufsicht nehmen. § 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB sieht vor, dass der Betreuungsverein die Mitarbeiter zu beaufsichtigen hat. Diese betreuungsvereinsrechtliche Aufsicht soll aber gerade nicht dazu führen, dass der Betreuer den Betreuten nicht mehr persönlich betreut; der Betreuer soll „weitestgehend eigenverantwortlich und ohne Einschränkung durch detaillierte Anweisungen“324 handeln. Damit wird die Aufsicht des Betreuungsvereins also inhaltlich nicht umfassend eingeräumt,325 sondern beschränkt. Der Betreuer muss sich, das stellt § 1901 Abs. 3 BGB klar, an den Wünschen und Vorstellungen 322 Es ist umstritten, ob ein Vereinsbetreuer immer arbeitsrechtlich mit dem Verein verbunden sein muss oder ob auch die freie, ehrenamtliche Mitarbeit ausreicht. Letzteres nehmen an Jaschinski, NJW 1996, S. 1521 ff.; Diederichsen, in: Palandt, BGB70, § 1897 Rdnr. 6. A.A. aber die wohl überwiegende Meinung OLG Hamm, NJW-RR 2001, S. 651 (651 f.); LG München I, FamRZ 2000, S. 321 (321 f.); Bienwald, in: Staudinger, BGB, § 1897 Rdnr. 36 (Neubearbeitung 2006); Schwab, FamRZ 1992, S. 493 (498); Dodegge, FPR 2004, S. 664 (665); vgl. auch BT-Drs. 11/4528, S. 126; nun so auch anerkannt vom BGH, NJW 2011, S. 2727 (2728, Rdnr. 21). 323 Vgl. § 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB. 324 Coen, NJW 1999, S. 535 (535); zur persönlichen Betreuung auch Roth, in: Dodegge/ ders., Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, S. 238. 325 Vgl. auch Bienwald, in: Staudinger, BGB, § 1897 Rdnr. 37 (Neubearbeitung 2006).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

des Betreuten orientieren. Es widerspräche dem Zweck der Aufsicht des Vereins, der darin liegt, die Interessen des Betreuten zu schützen, wenn sich die Aufsicht auch auf eine Überprüfung der betreuenden Maßnahme anhand der religiösen Lehren und dem Selbstverständnis bezöge. Über die Bindung des Vereinsbetreuers im Rahmen der betreuungsrechtlichen Aufsicht durch den Verein können die religiösen Vorstellungen des Betreuungsvereins demnach nicht sichergestellt werden. Sie scheidet als Lösungsansatz für die Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in karitativen Betreuungsvereinen aus. b) Betreuungsvereinsrechtlicher Einfluss auf die Betreuung Als betreuungsrechtliches steuerndes Instrumentarium kann der karitative Betreuungsverein aber seine gemäß § 1897 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Einwilligung zu der Betreuung durch einen Vereinsmitarbeiter einsetzen. Der Verein kann für den Fall, in dem es absehbar ist, dass eine Betreuung Maßnahmen von einem Mitarbeiter erfordert, die nicht im Einklang mit den Lehren der zugehörigen Religionsgemeinschaft stehen, die Einwilligung verweigern. Dann kommt es von vornherein nicht zu einer Kollision von Wertungen. Diese Einwilligung ist auch bei einer Änderung des Betreuungsumfangs erforderlich, vgl. § 1908d Abs. 3 S. 2 BGB. Wird ein der kirchlichen Lehre widersprechender Wille des Betreuten im Nachhinein ermittelt, was bei der Feststellung des mutmaßlichen Willens eines einwilligungsunfähigen Patienten der Fall sein kann, könnte der Betreuungsverein einen Antrag auf Entlassung des Betreuers gemäß § 1908b Abs. 4 BGB stellen. Dem Wortlaut nach ist dieser Entlassungsantrag nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft, was auch dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Vorschrift, der in der Sicherung der Personalhoheit des Vereins liegt,326 entspricht. Es ist also zunächst kein Grund ersichtlich, warum den religiösen Betreuungsvereinen diese Möglichkeit nicht offen stehen sollte, um zu verhindern, dass die eigenen Mitarbeiter entgegen der religiösen Vorstellungen des Vereins handeln müssen. Für den Fall der Entlassung als Vereinsbetreuer besteht dann aber gemäß § 1908b Abs. 4 S. 2 BGB die Möglichkeit, dass die Betreuung durch den Vereinsmitarbeiter nun durch diesen als Privatperson vorgenommen werden soll.327 Fraglich könnte aber sein, ob ein Verein, der in vielen Fällen Entlassungsanträge stellt, überhaupt noch als Betreuungsverein anerkannt werden kann. § 1908f Abs. 2 S. 2 BGB sieht vor, dass eine Anerkennung widerruflich ist. Ein Widerruf der betreuungsrechtlichen Anerkennung liegt dann nicht fern, wenn der Verein entgegen der Anforderung aus § 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB keine ausreichende Zahl geeigneter 326

BT-Drs. 11/4528, S. 154. Allerdings könnte eine solche Übernahme dann gegen die Loyalitätsanforderungen, die Teil der Arbeitsverträge mit kirchlichen Einrichtungen sind, verstoßen. Dann hätte der Betreuer die Möglichkeit, sein Einverständnis in die Weiterführung zu verweigern, wenn er ein Interesse an Weiterbeschäftigung beim kirchlichen Betreuungsverein hat. 327

D. Vorkehrungen in der karitativen Betreuungsarbeit

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Mitarbeiter, also auch geeigneter Betreuer,328 zur Verfügung stellen kann. Die Mitarbeiter müssen geeignet sein, die Aufgaben zu erledigen. Wenn sie im Vorfeld einer Betreuerbestellung bereits für einige Betreuungen wegen ihrer religiösen Brisanz nicht in Betracht kommen, kann dies fraglich sein. Das Vorliegen dieses Erfordernisses müsste entsprechend der Zuständigkeit der Länder329 von Land zu Land je nach den dortigen Verhältnissen beantwortet werden. Insofern wäre die Inanspruchnahme des betreuungsvereinsrechtlichen Einflusses auf die Vereinsbetreuerbestellung als Lösungsansatz nur bedingt zielführend. Allerdings ist fraglich, ob eine Nichtanerkennung eines Vereins darauf beruhen darf, dass die Eignung der Mitarbeiter wegen der religiösen Prägung des Vereins zu verneinen ist. Hierbei könnte es erforderlich sein, die religiöse Motivation zu berücksichtigen und unter Beachtung von Art. 4 Abs. 1, 2 GG sowie Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV zu einer engen Auslegung des Begriffs der Eignung zu kommen. Solange das Betreuungswesen weiter gewährleistet bleibt, muss dies geschehen. Andernfalls verletzt die jeweils zuständige Betreuungsbehörde verfassungsrechtlich bedeutenden Rechte der karitativen Betreuungsvereine, ohne dass dies zum Schutz anderer Rechte und Interessen erforderlich ist. Es kommt damit auf die jeweiligen Verhältnisse an, ob dieser Lösungsansatz im Betreuungsrecht auf Dauer die karitative Betreuungsarbeit im Rahmen der religiösen Vorstellungen sicherstellen kann. c) Einfluss über das Arbeitsrecht Die Betreuungsvereine könnten zudem über die arbeitsrechtlichen Instrumentarien Einfluss auf die Art und Weise der dienstlichen Tätigkeit, die in der Betreuungsleistung besteht, nehmen. Sie können sich zwar nicht über den Willen des Betreuten hinwegsetzen und beispielsweise eigene Betreuungsmaßnahmen treffen. Einwirkungsmöglichkeiten für kirchliche Betreuungsvereine könnten aber dennoch bestehen. So könnten die Betreuungsvereine den Betreuer anweisen,330 nur solche Betreuungen zu übernehmen, die er im Einklang mit den religiösen Vorstellungen seines Arbeitgebers erledigen kann. Der auserwählte Betreuer könnte sich gemäß § 1898 Abs. 2 BGB gegenüber dem Vormundschaftsgericht weigern, die Betreuung zu übernehmen, weil sie ihm nach Abs. 1 nicht zumutbar sei. Da der Betreuungsverein aber bereits die Möglichkeit hat, in die vorgeschlagene Betreuung nicht einzuwilligen, spielt § 1898 Abs. 2 BGB in dem hier problematischen Zusammenhang keine Rolle.331 328

Schwab, in: Münchener Kommentar BGB, § 1908f Rdnr. 4. Die Länder sind nach § 1908f Abs. 2, 3 BGB zuständig und verantwortlich für die Anerkennung. Dazu haben sie Ausführungsgesetze zum Betreuungsrecht geschaffen, vgl. dazu den Überblick bei Dodegge/Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, S. 725 ff. 330 Vgl. dazu Coen, NJW 1999, S. 535 (539). 331 Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 1898 BGB auch für den Vereinsbetreuer siehe Schwab, in: Münchener Kommentar BGB, § 1898 Rdnr. 2; offen gelassen bei BayObLG, FamRZ 1994, S. 1061 (1062). 329

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Sofern die Vereinsbetreuung gemäß § 1908b Abs. 4 S. 1 BGB beendet wird und der Betreuer die Betreuung als Privatperson gemäß S. 2 übernimmt, könnte wiederum ein Verstoß gegen die Loyalitätsobliegenheiten vorliegen,332 wenn entsprechende vorher formuliert und Teil des Arbeitsverhältnisses geworden sind. Auch wenn der Verstoß zwar im privaten Bereich geschieht, weist er eine Nähe zur beruflichen Tätigkeit des Vereinsbetreuers auf, so dass arbeitsrechtliche Konsequenzen hier in Betracht kommen können.333 3. Die Vereinsbetreuung Wenn ein Verein eine religionswidrige Betreuung übernehmen soll (sog. Vereinsbetreuung), die dann durch eine Einzelperson ausgeübt wird, kann der Verein die Betreuung gemäß § 1900 Abs. 1 S. 2 BGB verweigern. Da dann die Behörde die Betreuung wahrnehmen kann, ist hier eine Begrenzung der Möglichkeit, die Einwilligung zu verweigern, auch nicht erforderlich.

IV. Ergebnis Der weite, einfachgesetzlich ausgestaltete freiheitliche Gestaltungsraum, der im Betreuungswesen besteht, kann das Problem der unterschiedlichen Auffassungen von der Grenze des Lebens zwischen religiösem Betreuungsverein und Betreuer sowie Betreuten in den meisten Fällen lösen. Insofern ist das Spannungsfeld hier aufgrund einer harmonisierenden einfach-gesetzlichen Ausgestaltung weithin gelöst. Die Gesetze sehen hinreichende Möglichkeiten vor, um das Selbstverständnis momentan zu berücksichtigen.

E. Einfluss der Religionsgemeinschaft auf die karitativen Einrichtungen Anliegen der Religionsgemeinschaften ist es, in der Welt zu wirken.334 Gerade der diakonische Auftrag ist darauf angelegt. Dabei verfolgen die Religionsgemeinschaften religiöse Vorstellungen, die die Basis ihres Selbstverständnisses bilden.335 Formuliert eine Religionsgemeinschaft ihre religiösen Vorstellungen in Bezug auf das Leben und Sterben und deren Grenzen, so ist es den Vorstellungen immanent, 332

Zu Loyalitätsobliegenheiten der bei Religionsgemeinschaften Beschäftigten F. II. 4. Zu den arbeitsrechtlichen Möglichkeiten vertieft unter F. 334 Dies erkennt auch das staatliche Recht an, vgl. BVerfG, E 70, 138 (163) – Loyalitätspflicht. 335 Dazu bereits 2. Kap. B. III. 1.; Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 143 f. 333

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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dass sie auch verwirklicht werden sollen. Die Kongruenz zwischen Lehre und karitativer Praxis ist aber ein Ideal und kann nicht immer realisiert werden. Auch wenn die Gestaltungsmöglichkeiten der karitativen Krankenhäuser im Falle des Behandlungsabbruchs auf unüberwindbare Hindernisse stößt. Bei karitativen Pflegeeinrichtungen und Betreuungsvereinen bestehen, wie festgestellt,336 Möglichkeiten, dass der Widerspruch der karitativen Praxis zur Umwelt durchgehalten werden kann. Es ist zu beachten, dass die Einrichtungsträger rechtlich selbstständige Organisationen sind. Ihre Einrichtungen sind zwar Vermittler der religiösen Vorstellungen. Sie erfüllen partielle Aufgaben der Religionsgemeinschaft, aber sind eben von der Religionsgemeinschaft zu unterscheiden. In erster Linie ist es eine die Religionsgemeinschaft betreffende Frage, ob die für sie tätigen Einrichtungen ihrer Lehre und ihren Vorstellungen entsprechend handeln. Im folgenden Abschnitt soll deswegen untersucht werden, ob den Religionsgemeinschaften Möglichkeiten eröffnet sind, die religiöse Dimension des Wirkens der karitativen Einrichtungen zu sichern. Schließlich sind es die Religionsgemeinschaften, die über ihre Glaubwürdigkeit entscheiden müssen. Es ist also nach ihren Möglichkeiten zu suchen, die Tätigkeit der karitativen Einrichtungen zu steuern.337 Denn ein Auseinanderfallen von Lehre und Praxis kann auch hier feststellbar sein, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass für die Einrichtungen Personal handelt. Dieses Personal folgt gedanklich nicht immer den gegebenenfalls strengen Lehren der Religionsgemeinschaft.338

I. Das Verhältnis zwischen Einrichtungsträger und Religionsgemeinschaft 1. Ausgangspunkt: Selbstständige Einrichtungen Ausgangspunkt ist der Umstand, dass die Religionsgemeinschaften den karitativen Auftrag, den sie erfüllen wollen, nicht direkt selber erfüllen. Vereinigungen, beispielsweise in der Form von eingetragenen Vereinen oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung,339 wirken als karitative Träger von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Betreuungsvereine. Die Einrichtungsträger bilden mit der Religionsgemeinschaft keine Einheit, sondern sie sind selbstständige Einrichtungen. Nur noch selten sind die Gemeinden selber als Körperschaft des öffentlichen Rechts Träger einer karitativen Einrichtung. 336

Vgl. in diesem Kapitel C. IV. 5. und D. III. 2., 3. Mittlerweile wird zunehmend versucht, über das Profil der Einrichtung die Kirchlichkeit der Einrichtung zu wahren, vgl. dazu Henkelmann/Kunter, in: Damberg (Hrsg.), Soziale Struktur und Semantiken des Religiösen im Wandel, S. 71 (86). 338 Zu dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Steuerung vgl. in diesem Kapitel unter F. 339 Dazu T. Bauer, Die GmbH als Rechtsform karitativer Einrichtungen, S. 14 ff. 337

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Die Träger treten im Rechtsverkehr weitestgehend als Vereinigungen in den Rechtsformen des staatlichen, weltlichen Rechts auf.340Auf sie findet das staatliche Recht demnach grundsätzlich Anwendung. Die rechtlichen Vorgaben sollen die Sicherheit des Rechtsverkehrs, die Rechte der Mitglieder und die schutzwürdigen Interessen Dritter sowie der Öffentlichkeit gewährleisten.341 Das staatliche Recht ist von dem Grundsatz der Satzungs- und Vereinsautonomie geprägt.342 Die Einrichtungen sollen im Rahmen des Rechts über ihre Organisation und ihre Tätigkeit selber entscheiden können.343 Unter Beachtung dieser Autonomie, die Schutz in Art. 9 Abs. 1 GG findet,344 scheint es fraglich, ob es überhaupt einen Ansatz dafür geben kann, dass die Religionsgemeinschaft einen Einfluss auf die Einrichtung dahingehend ausüben können, dass die Einrichtungen ihr Wirken an den religiösen Vorstellungen der Religionsgemeinschaft ausrichten. 2. Die Doppelexistenz von karitativen Vereinigungen Allerdings endet mit der Eröffnung des staatlichen Rechtskreises der Einfluss auf die Vereinigungsorganisation und -tätigkeit nicht. Vielmehr begeben sich die Einrichtungsträger freiwillig auch in den kirchenrechtlichen Einfluss. Damit kommt es zu einer „Doppelexistenz“345 der Vereinigungen: Einer im kirchlichen und einer im weltlichen Recht.346 Die Vereinigungen werden, sofern sie sich dem kirchenrecht340

Teilweise sind aber auch die Kirchengemeinden oder Orden direkt Träger der karitativen Einrichtung; hierzu Ludemann/Negwer, Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 24, 25. 341 BVerfG, E 84, 372 (378) – Lohnsteuervereine. 342 Zur Anerkennung der Vereinsautonomie als Grundsatz des einfachgesetzlichen Zivilrechts vgl. Beuthien, in: ders./Gummert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, § 1 Rdnr. 17 f.; siehe zu den rechtlichen Grundlagen der Vereinsautonomie ausführlich Herrmann, Die rechtliche Organisation international tätiger kirchlicher Hilfswerke, S. 156 ff.; zur GmbH Zöllner, in: Baumbach/Hueck (Hrsg.), GmbHG, § 45 Rdnr. 6. Auch BVerfG, E 83, 341 (359) – Baha’í, anerkennt den Grundsatz der Vereinsautonomie. 343 Deutlich wird das beispielsweise an den vielen dispositiven Bestimmungen im Vereinsrecht, vgl. § 40 BGB. Für die GmbH wird die Satzungsautonomie in § 45 GmbHG erkennbar. 344 Schöpflin, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, § 21 Rdnr. 55 (Stand: November 2012); H. Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 9 Rdnr. 48. 345 Bürgel, Die Beziehung der katholischen Kirche zu ihren Vereinigungen im kirchlichen Recht und im Recht der Bundesrepublik Deutschland, S. 151. 346 Zur doppelten rechtlichen Stellung Rüfner, in: Festschrift Geiger, S. 620 (624); vgl. auch Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rdnr. 6343; bzgl. Orden BVerwG, NJW 1987, S. 206 (207); Wolff, in: Beuthien/Gummert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, § 7 Rdnr. 19 m. w. Nachw. Die Doppelstellung kommt beispielsweise in Bischof von Würzburg, Bischöfliches Diskret über die Zuordnung und das Zusammenwirken von Caritasverbänden, Caritasvereinen, Kirchenstiftungen, Pfarreien und Pfarrgemeinschaften, die an der Erfüllung des caritativen Grundauftrages der Kirche von Würzburg teilhaben, vom 1. Oktober 2008 unter Punkt II. 1. zum Ausdruck: „Die Caritasvereine und -verbände sind grundsätzlich

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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lichen Einfluss unterstellen, zu kirchlichen Einrichtungen, nachdem sie sich zuvor nur im staatlichen Rechtskreis befanden. Die staatliche Rechtsordnung selbst anerkennt das kirchliche Vereinsrecht im Rahmen des ,für alle geltenden Gesetzes‘, denn die Organisation der religiösen Vereine ist eine Angelegenheit der Religionsgemeinschaften und damit von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV erfasst.347 Die Doppelexistenz wird an den Vereinigungen deutlich, die sich im katholischen Bereich bewegen: Das kanonische Recht sieht in cc. 298 – 329 CIC/1983 ein eigenständiges kirchliches Vereinsrecht vor.348 Mit der freien349 Wahl dieser Vereinsformen und der entsprechenden Anerkennung durch die kirchliche Autorität erhalten die Einrichtungsträger einen kanonischen Status.350 Dieser Status verdeutlicht zum einen, dass es sich bei der Vereinigung um eine kirchliche Vereinigung handelt. Zum anderen bewirkt er eine Aufsicht der kirchlichen Autorität nach c. 305 CIC/1983351 sowie das Bestehen weiterer Pflichten.352 Folglich erlangt die Kirche einen Einfluss, auch wenn das kanonische Recht ebenfalls von einem Grundsatz der Vereinsautonomie353 ausgeht.354

eingetragene Vereine im Sinne des bürgerlichen Rechtes und private Vereine im Sinne des kanonischen Rechts.“ 347 Vgl. zu den Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften im Kontext der karitativen Tätigkeit bereits 3. Kap. B. I. 2. b). 348 Dazu de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 18 Rdnr. 73 ff.; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 461 ff.; Rüfner, in: Festschrift Geiger, S. 620 (624 ff.). 349 Die Freiheit der Rechtsformwahl kommt auch zum Ausdruck in Deutsche Bischofskonferenz, Kriterien für die kirchenamtliche Genehmigung von Satzungen und Satzungsänderungen von katholischen Vereinigungen, abgedruckt in: Die deutschen Bischöfe, Hirtenschreiben und Erklärungen Nr. 59, S. 14 ff., unter Punkt 1 und 2; Tillmanns, Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend und seine Mitgliedsverbände, Teilband 1, S. 183. 350 Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 594. Zum konstitutiven Erfordernis einer Anerkennung nach c. 299 § 3 CIC/1983 vgl. m. Nachw. auch zur Gegenmeinung Tillmanns, Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend und seine Mitgliedsverbände, Teilband 1, S. 186 ff. 351 § 1 im deutschen Wortlaut: „Alle Vereine von Gläubigen unterliegen der Aufsicht der zuständigen kirchlichen Autorität, die dafür zu sorgen hat, daß in ihnen die Unversehrtheit von Glaube und Sitte bewahrt wird, und die darüber zu wachen hat, daß sich keine Mißbräuche in die kirchliche Disziplin einschleichen; deshalb hat sie die Pflicht und das Recht, diese nach Maßgabe des Rechtes und der Statuten zu beaufsichtigen; sie unterstehen auch der Leitung eben dieser Autorität gemäß den Bestimmungen der folgenden Canones.“ 352 Dazu insgesamt Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 597 ff. 353 Zu Aspekten der Vereinsautonomie im kanonischen Recht siehe Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 496 ff., ferner S. 464: „relative Eigenständigkeit“, da der Einfluss der kirchlichen Autorität je nach Rechtscharakter der Vereinigung variiert; siehe auch Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 597: „gestufte Einflussnahme“; Rüfner, in: Festschrift Geiger, S. 620 (625); Schnizer, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 563 (569, 573). 354 Beispielsweise hat sich der Caritasverband für die Diözese Würzburg als privater kanonischer Vereine organisiert, vgl. § 1 Abs. 2 S. 2 der Satzung: „Der Caritasverband ist ein privater rechtsfähiger Verein des kanonischen Rechts“.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Die karitativen Vereinigungen sind nur zum Teil kanonische Vereine im Sinne des CIC, oftmals sind sie lediglich als ,freier Zusammenschluss‘ organisiert.355 c. 215 CIC/1983 gibt den Gläubigen die Freiheit, Vereinigungen zum „Zwecke der Caritas […] frei zu gründen und zu leiten“.356 Auf diese Vereinigungen selbst hat die katholische Kirche grundsätzlich keinen Einfluss, sondern nur auf deren Mitglieder, sofern sie Mitglieder der Kirche sind.357 Insofern könnten sich die Gläubigen bei der Vereinigungsgründung allein dem weltlichen Vereinigungsrecht unterwerfen. Jedoch können auch diese freien Zusammenschlüsse zu kirchlichen Vereinigungen werden, wenngleich sie auch nicht zu kanonischen Vereinen werden, sofern sie sich eine in c. 215 CIC/1983 genannte Zwecksetzung geben sowie mit der kirchlichen Autorität in irgendeiner Weise verbunden sind.358 Diese Verbindung entsteht aus eigener Initiative und ist meist satzungsrechtlich verankert.359 Sie stellt sich als Angebot an die Kirche dar, sie als eine ihrer Vereinigungen anzuerkennen. Der Begriff „kirchliche Vereinigungen“ wird hier somit als Oberbergriff für kanonische Vereine und sonstige Vereinigungsformen des kanonischen Rechts sowie Vereinigungen, die sich per Satzung selbst der kirchlichen Autorität unterstellen, verstanden.360 Auch einige evangelische Landeskirchengesetze sehen vor, dass den karitativ tätigen Einrichtungen die kirchliche Rechtspersönlichkeit verliehen werden kann.361 Insofern ist Vereinigungen im evangelischen Bereich diese Doppelexistenz mittlerweile nicht mehr fremd.362 Die Gestaltung des kirchenrechtlichen Status der Werke ist aber weiterhin einem hohen Maß an Vielfalt unterworfen.363 Zumeist ergibt sich der kirchenrechtliche Status noch durch eine kirchliche Anerkennung nach

355 Von dem Vereinsrecht wird bislang eher spärlich Gebrauch gemacht, vgl. Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 596. 356 c. 215 CIC/1983 gehört systematisch nicht zum Vereinsrecht, vgl. Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 595, die diese Vereinigungen dennoch als nicht-kanonische Vereine bezeichnet. Teilweise werden sie als kirchliche Vereinigungen bezeichnet, wenn sie eine Verbindung zu kirchlichen Autoritäten haben, so Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 474. 357 Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 595 m. w. Nachw. 358 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 474. 359 Vgl. den Vorschlag bei Ludemann/Negwer, Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 78. 360 Ähnlich auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 464. 361 Vgl. § 1 S. 3 Kirchengesetz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands über die Stellung lutherischer kirchlicher Werke zur Vereinigten Kirche – Werkegesetz i. d. Fassung v. 6. November 1997, ABl. Bd. VII, S. 52. 362 Dazu Kästner/Couzinet, Der Rechtsstatus kirchlicher Stiftungen staatlichen Rechts des 19. Jahrhunderts, S. 30 m. w. Nachw. in Fn. 99. Ferner Munsonius, Die juristische Person des evangelischen Kirchenrechts, S. 81, vgl. auch S. 43 ff., wo verschiedene Regelungen vorgestellt werden, die das Verhältnis von den evangelischen Kirchen zu ihren Werken bestimmen. 363 Munsonius, Die juristische Person des evangelischen Kirchenrechts, S. 51.

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

193

entsprechender satzungsrechtlicher Organisation des privatrechtlichen Werkes.364 Ein ausgeprägtes Recht der Vereinigungen wie bei der katholischen Kirche existiert aber nicht.365 3. Vereinigungen, die zur Religionsgemeinschaft gehören Die Zugehörigkeit einer Einrichtung zur Religionsgemeinschaft ist entscheidend dafür, dass die Einrichtung überhaupt „Gegenstand des kirchlichen Leitungshandelns“366 ist. Die Zugehörigkeit kann sich zum einen aus dem kanonischen beziehungsweise kirchenrechtlichen Status einer Vereinigung ergeben. Darüber hinaus versuchen die Vereinigungen selber, in hohem Maße durch Gestaltung ihrer Satzung sowie durch das Schaffen von Leitbildern eine Zugehörigkeit zu erreichen. Dabei sind sie zwar in Bezug auf Regelungen, die den Rechtsverkehr nach außen betreffen, an die Vorgaben des staatlichen Rechts gebunden, da diese vereinsrechtlichen Normen ,für alle geltende Gesetze‘ im Sinne von Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV sind.367 Jedoch kann die innere Organisation und die Ein- beziehungsweise Unterordnung zu den Religionsgemeinschaften frei ausgestaltet werden.368 Auch dies stellt eine autonome Entscheidung der Vereinigung dar.369 Dabei kann sich daran orientiert werden, ob die Religionsgemeinschaften mit der konkreten Ausgestaltung der Beziehungen eine Zugehörigkeit anerkennen. Ein stark ausgeprägter Fremdeinfluss – hier der Religionsgemeinschaft beziehungsweise deren Vertreter – ist bei kirchlichen Vereinigungen also nicht schädlich, solange der Verein nicht zur „bloßen Verwaltungsstelle oder zu einem bloßen Sondervermögen“370 der Religionsgemeinschaft wird. 4. Zugehörigkeit und Zuordnung Werden die Vereinigungen schließlich Vereinigungen der Religionsgemeinschaften, sogenannte kirchliche Vereinigungen, so kann diese kirchenrechtliche 364 Munsonius, Die juristische Person des evangelischen Kirchenrechts, S. 86; zudem bereits Wasse, Die Werke und Einrichtungen der evangelischen Kirche, S. 78. 365 Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, S. 41. 366 Rhode, AfkKR 175 (2006), S. 32 (35). 367 Muckel, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 826 (837). 368 Muckel, ebd., S. 837; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Rdnr. 6532 ff. 369 BVerfG, E 83, 341 (359) – Bahai‘í; Bürgel, Die Beziehungen der katholischen Kirche zu ihren Vereinigungen im kirchlichen Recht und im Recht der Bundesrepublik Deutschland, S. 162; Muckel, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 826 (832 ff.). Beachte auch Schockenhoff, NJW 1992, S. 1013 (1017 f.), der vertritt, dass die staatliche Vereinsautonomie für die kirchlichen Vereine nicht gelte und zwar auch nicht modifiziert, da es sich bei diesen Regelungen nicht um ein für alle geltendes Gesetz handle. 370 BVerfG, E 83, 341 (360) – Baha’í; KG, in: OLGZ 1974, S. 385 (390); BayObLG, NJW 1980, S. 1756 (1757); Muckel, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 826 (839); nur bedingte Zustimmung bei Flume, JZ 1992, S. 238 (240).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Entscheidung auch Auswirkungen auf den staatlichen Rechtsbereich haben. Denn mit der Entscheidung darüber, dass die Vereinigung der Religionsgemeinschaft zugehörig ist, zeichnet sich auch die Antwort auf die Frage der Zuordnung ab. Die Anerkennung einer Einrichtung als zu der Religionsgemeinschaft gehörende (Zugehörigkeit) soll zur aus Gründen der Klarheit von der Zuordnung der Einrichtung zu der Religionsgemeinschaft unterschieden werden.371 Dies entspricht dem Grundsatz, dass staatliches und kirchliches Recht sich zunächst unverbunden gegenüber stehen.372 Die Frage der Zuordnung einer Einrichtung wird aus staatlicher Perspektive gestellt. Und zwar dann, wenn gefragt wird, ob auch ein Verein als eine „Umfeldorganisation“373 an dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV teilhat.374 Die Rechtsprechung hat diese Entscheidung häufig in den Fällen zu treffen, in denen es auf die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) in einer Einrichtung ankommt.375 Eine zugeordnete Vereinigung kann sich, wie bereits oben ausgeführt,376 auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften berufen. Insofern besteht eine rechtliche Relevanz im staatlichen Rechtsraum:377 Die Zuordnung stellt die im staatlichen Rechtsraum relevante Erscheinung einer im religionsgemeinschaftlichen Raum zu treffenden Entscheidung dar. Im religionsgemeinschaftlichen Bereich stellt sich diese Entscheidung als die Entscheidung über die Zugehörigkeit dar.378 Auch wenn Gegenstand der Frage nach Zugehörigkeit und Zuordnung jeweils ist, ob die Einrichtung zu der Religionsgemeinschaft gehört oder nicht, ist die Zugehörigkeitsfrage aus der Innenperspektive, die Zuordnungsfrage aus der Außenperspektive zu beantworten.

371 Bisweilen wird diese Unterscheidung nicht immer vorgenommen, vgl. beispielsweise die sogenannte Zuordnungsrichtlinie der EKD, Abl. EKD 2007, S. 405. 372 Zu diesem Grundsatz Rüfner, in: Festschrift Geiger, S. 620 (627); de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 1 Rdnr. 5; Demel, Handbuch Kirchenrecht, S. 592. 373 So Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 52. 374 Die ,Zuordnung‘ ist schließlich auch zu einem vom Gesetzgeber verwendeten Rechtsbegriff geworden, der in einigen Gesetzen (so in § 9 Abs. 2 AGG; § 75 Abs. 1 S. 2 SGB XI; § 2 Abs. 3 LKHG Baden-Württemberg) verwendet wird, um auch den Einrichtungen einen weiteren Freiheitsraum gewährleisten und insofern dem Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV gerecht werden zu können. 375 Vgl. § 118 Abs. 2 BetrVG, dessen Wortlaut mit der Verwendung des Possessivpronomens „ihre“ zum Ausdruck bringt, dass eine Zuordnung erforderlich ist. Dazu die Rechtsprechung aus jüngerer Zeit BAG, Beschluss vom 5. Dezember 2007, Az: 7 ABR 72/06, juris Rdnr. 31 f.; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juli 2010, Az: 26 TaBV 843/10, juris Rdnr. 37 ff.; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2009, Az: 8 TaBV 76/08, juris Rdnr. 56 ff. 376 Vgl. 3. Kap. B. I. 1. 377 Conring, in: Hermann (Hrsg.), Diakonische Existenz im Wandel, S. 157 (159). 378 Die Entscheidung kann auch negativer Art sein, so dass die Zugehörigkeit verweigert oder aberkannt wird, vgl. dazu unten III. 2.

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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Deutlich wird die unterschiedliche Perspektive in erster Linie daran, dass die staatlichen Rechtsanwender bei der zu entscheidenden Zuordnungsfrage zwar in erster Linie auf das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft und insofern auf die Entscheidung der Religionsgemeinschaft über die Zugehörigkeit einer Einrichtung abstellen. Damit respektiert der Staat die Entscheidung für eine Verbindung der beiden und ordnet die Einrichtungsträger aus staatskirchenrechtlicher Perspektive den Religionsgemeinschaften zu.379 Gleichwohl verbleibt den staatlichen Stellen eine, wenn auch beschränkte, Prüfung. Dabei muss festgestellt werden, dass die Vereinigung auch eine Einrichtung der Religionsgemeinschaft sein will.380 Darüber hinaus wird auf Plausibilität geprüft,381 ob die Einrichtung einen religiösen Auftrag erfüllen will, der mit einem Auftrag der Religionsgemeinschaft kongruent ist. Zudem ist festzustellen, dass zwischen Einrichtung und der Religionsgemeinschaft eine Verbindung besteht. Die Evangelische Kirche in Deutschland orientiert sich mit ihren Kriterien für die Zugehörigkeit einer Vereinigung an den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien für eine Zuordnung. Das Gericht hatte in einer ein katholisches Krankenhaus betreffenden Entscheidung ausgeführt, dass das Krankenhaus „zwar der Kirche nicht inkorporiert, also nicht Teil der amtskirchlichen Organisation“ sei, es ihr aber zugeordnet ist, wenn „es teilhat an der Verwirklichung eines Stückes Auftrag der Kirche im Geist katholischer Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der katholischen Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern der katholischen Kirche.“382 Dies greift die Zuordnungsrichtlinie der EKD auf und formuliert: „Grundlegende Kennzeichen diakonischer Werke und Einrichtungen als Wesens- und Lebensäußerungen der Kirche sind die Erfüllung eines kirchlichen Auftrags im Einklang mit dem Selbstverständnis der Kirche sowie die kontinuierliche Verbindung zur Kirche. Die Erfüllung des Auftrags vollzieht sich in der Dienstgemeinschaft aller Mitarbeitenden in beruflicher und ehrenamtlicher Tätigkeit.“383

379

BVerfG, E 46, 73 (77, 87 ff.) – Stiftungen; E 53, 366 (394) – konfessionelle Krankenhäuser: „ […] das Marien-Hospital W. ist ein eingetragener Verein. Der Träger des Krankenhauses ist mithin zwar der katholischen Kirche nicht unmittelbar inkorporiert; er ist ihr aber zugeordnet im Sinn der oben angestellten Erwägungen. Dies folgt aus der in der Satzung festgeschriebenen Zweckbestimmung und aus der gesamten Struktur der Einrichtung.“ BVerfG, E 53, 366 (396 f.) – konfessionelle Krankenhäuser, bzgl. GmbH. 380 Rhode, AfkKR 175 (2006), S. 32 (60). 381 Zu dieser Plausibilitätsprüfung Rhode, AfkKR 175 (2006), S. 32 (58 f.); Bälz, KuR 2008, 240 S. 35 (42). Enges Verständnis der Plausibilität bei ArbG Hamburg, Beschluss vom 10. April 2006, Az: 21 BV 10/05, juris Rdnr. 61 ff. Vgl. aus jüngerer Zeit die Prüfung des VGH Mannheim, NVwZ-RR 2010, S. 270 ff. 382 BVerfG, E 46, 73 (87) – Stiftungen. 383 § 2 der Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Art. 15 Abs. 2 Grundordnung der EKD über die Zuordnung diakonischer Einrichtungen zur Kirche – Zuordnungsrichtlinie, 8. Dezember 2007, Abl. EKD 2007, S. 405 ff.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

II. Nutzbarmachen der Verflechtungen zwischen Religionsgemeinschaft und Einrichtungen Karitative Vereinigungen können wie gesehen entweder bereits wegen ihres Status als kanonischer beziehungsweise kirchlicher Verein oder aufgrund der satzungsgemäß eingeräumten Befugnisse für die Religionsgemeinschaft eine Verbindung zu derselben haben.384 Sie gehören damit, mit unterschiedlicher Bindung, zu der Religionsgemeinschaft. Die zwischen der Religionsgemeinschaft und den Einrichtungsträgern bestehenden kanonischen beziehungsweise kirchenrechtlichen oder satzungsrechtlichen Verflechtungen könnten einen bestimmenden Einfluss der Religionsgemeinschaft ermöglichen und eine Steuerungsmöglichkeit der karitativen Tätigkeit erlauben.385 So könnten die Religionsgemeinschaften erreichen, dass ihre religiösen Vorstellungen – auch die von den Grenzen des Lebens und dem Umgang mit dem Sterben – umgesetzt werden und ihnen nicht zuwider gehandelt werden muss. Verschiedene Einflussmöglichkeiten sind dazu zu untersuchen. 1. Personeller Einfluss der Religionsgemeinschaft in den Gremien der Vereinigung Zunächst kann an einen personellen Einfluss von kirchlichen Amtsträgern auf die Tätigkeit der Vereinigung gedacht werden. Viele karitative Vereine oder Gesellschaften sehen in ihrer Satzung beispielsweise vor, dass zumindest ein Geistlicher der Religionsgemeinschaft in den Organen des Einrichtungsträgers zu sitzen hat, beispielsweise im Vorstand oder Kuratorium. Bei anderen wird das Organmitglied von einer kirchlichen Autorität bestellt und abberufen. Die Organe gelten als „Werkzeug zur Willensbildung und zum Willensvollzug“.386 Das Organmitglied selbst hat demnach über seinen Sitz und seine Stimme im Organ einen Einfluss auf die Vereinigung. Es kann die Tätigkeitsbegrenzung in einer Einrichtung anregen und zur Diskussion stellen. Allerdings ist diese Art von Einfluss noch recht schwach und führt nicht zu einer hinreichenden Lösung des Problems, vor dem die Religionsgemeinschaft steht. Die Deutsche Bischofskonferenz hat aber in Punkt 5 der Kriterien für die kirchenamtliche Genehmigung von Satzungen und Satzungsänderungen von katholischen Vereinigungen die Anforderung aufgestellt, dass – sofern ein Priester dem Vorstand einer Vereinigung angehört387 – Beschlüsse, welche die Glaubens- und Sittenlehre sowie die kirchliche Rechtsordnung betreffen, gegen den 384

Dazu auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 463. Vornehmlich wird hier die Situation der karitativen Einrichtungen, die der katholischen Kirche zugehörig sind, untersucht, da sich hier die Wertungsdifferenzen qualitativ und quantitativ am deutlichsten zeigen beziehungsweise zeigen werden. 386 RGZ 3, 123 (129). 387 Aus cc. 317, 324 CIC/1983 ergibt sich, dass ein Priester für kanonische Vereinigungen nicht erforderlich ist, er ist es deswegen auch erst recht nicht für freie Zusammenschlüsse, vgl. Schulz, in: Münsterischer Kommentar CIC, c. 324 Rdnr. 4 (Stand: Mai 1989). 385

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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begründeten Einspruch des Priesters nicht gefasst werden können.388 Insofern eröffnet sich eine weitergehende Einwirkungsmöglichkeit der katholischen Kirche beziehungsweise ihrer Amtsträger. Weiterer personeller Einfluss kann durch die Beteiligung eines Seelsorgers in dem Ethischen Komitee erreicht werden. Immer mehr Krankenhäuser verfügen über ein sogenanntes Klinisches Ethik Komitee (KEK) und auch bei Pflegeeinrichtungen wird die Idee des Ethik-Komitees umgesetzt.389 In diesen zumeist interdisziplinären Gremien findet eine Beratung über ein ethisches Problem statt und dadurch wird die Entscheidungsfindung desjenigen, der die Entscheidung zu treffen hat, begleitet.390 Der Seelsorger kann die theologische Antwort oder Sichtweise auf eine ethische Frage einbringen und so die Entscheidungsfindung des Verantwortlichen begleiten und gegebenenfalls lenken.391 2. Einfluss durch Lenkungsbefugnis der Satzungsautorität Vereine, die Mitglied eines Caritasverbandes sind, müssen sich teilweise bereits satzungsgemäß der Aufsicht des Bischofs unterstellen.392 Kanonische Vereine unterstehen zudem, wie bereits dargestellt,393 der Aufsicht nach c. 305 CIC/1983. Sofern die karitativen Einrichtungsträger die Rechtsform eines privaten kanonischen Vereins innehaben, unterliegen sie der „Lenkungsbefugnis“ aus c. 323 § 2 CIC/ 1983.394 Diese umfasst zur Wahrung der Glaubens- und Sittenlehre395 die Möglichkeit, dass es einem Verein verboten wird, in einem bestimmten Bereich tätig zu 388 Deutsche Bischofskonferenz, Kriterien für die kirchenamtliche Genehmigung von Satzungen und Satzungsänderungen von katholischen Vereinigungen, abgedruckt in: Die deutschen Bischöfe, Hirtenschreiben und Erklärungen Nr. 59, S. 14 ff., Punkt 5. 389 Zur Ethikberatung in Pflegeeinrichtungen Bockenheimer-Lucius, Ethik Med 2007, S. 320 ff.; dies./May, Ethik Med 2007, S. 331 ff. 390 Geißendörfer, Die Selbstbestimmung des Entscheidungsunfähigen an den Grenzen des Rechts, S. 436 m. Nachw. 391 Vgl. exemplarisch die Präambel der Satzung des Klinischen Ethikkomitees des Diakoniekrankenhauses Friederikenstift gGmbH: „Die Bildung eines Ethik-Forums und eines Ethik-Komitees ist Konsequenz des Leitbilds und der Qualitätspolitik im Friederikenstift; auf deren Grundlage werden sie tätig. Sie sollen dabei helfen, den diakonischen Auftrag des Hauses durch die Aufnahme medizin-ethischer Erkenntnisse und auf der Basis des christlichen Glaubens zu sichern.“ 392 Ludemann/Negwer, Rechtsformen kirchlich-caritativer Einrichtungen, S. 90; vgl. bspw. die Mustersatzung für die Stadt- und Kreiscaritasverbände im Erzbistum Köln vom 18. Juli 2011, Abl., S. 164 (165) unter § 5 Abs. 1 lit g). 393 Vgl. oben E. I. 2. 394 Im deutschen Wortlaut: „Der kirchlichen Autorität steht es auch zu, unter Wahrung der den privaten Vereinen eigenen Autonomie darauf zu achten und dafür zu sorgen, daß eine Zersplitterung der Kräfte vermieden und die Ausübung ihres Apostolats auf das Gemeinwohl hingeordnet wird.“ Zur Lenkungsbefugnis vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 521, 522 f. 395 Vgl. c. 305 § 1 CIC/1983.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

werden.396 Die besondere Aufsicht umfasst, sofern die Vereinstätigkeit zu einem schweren Schaden für die kirchliche Lehre beziehungsweise Disziplin wird oder den Gläubigen zum Ärgernis gereicht, auch das Auflösungsrecht.397 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass damit der kirchliche Verein zwar aufgelöst ist. Aufgrund der Doppelexistenz der Vereinigung entscheidet über den Status der Vereinigung im staatlichen Recht weiterhin das staatliche Recht in Verbindung mit dem Satzungsrecht. Bei Einrichtungen, die den Diakonischen Werken zugehören, kann die Kirchenleitung im Wege vereinsrechtlicher Mittel die Erfüllung von Mitgliedschaftspflichten sichern.398 3. Einfluss durch materielle Zugehörigkeitskriterien An die Zugehörigkeit von Einrichtungen stellen die Religionsgemeinschaften eine Reihe von Anforderungen. Diese sind in kirchlichen Gesetzen und Bestimmungen enthalten.399 Dabei werden auch Anforderungen in materieller Hinsicht aufgestellt. Über die Definition von Anforderungen für die Anerkennung einer Einrichtung als eine eigene Einrichtung kann Einfluss auf die Einrichtungsträger genommen werden.400 Die Religionsgemeinschaften kommen damit ihrer „Definitionskompetenz“ hinsichtlich dessen, was Religionsgemeinschaft ist und was nicht, nach.401 Zur Lösung des Problems, dass in Einrichtungen Tätigkeiten vollzogen werden, die nicht in Einklang mit den religiösen Vorstellungen stehen, könnte von den Einrichtungen gefordert werden, dass sie bestimmte Handlungen nicht vornehmen beziehungsweise vornehmen lassen. Entsprechende Anforderungen materieller Art werden bereits heute von einigen Diözesen in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche aufgestellt. So sehen kirchliche Diözesanbestimmungen vor, dass in der katholischen Kirche zugeordneten Krankenhäusern keine Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden dürfen.402 396

Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 521, 523. Vgl. c. 326 § 1 2. Hs. CIC/1983. Zur behördlichen Auflösung des privaten kanonischen Vereins vgl. Schnizer, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 578 (583). 398 Glawatz, Die Zuordnung privatrechtlich organisierter Diakonie zur evangelischen Kirche, S. 65. 399 Eine weitreichende Zusammenstellung findet sich für die katholische Kirche bzw. die katholischen Bistümer bei Rhode, AfkKR 175 (2006), S. 32 (47 ff.). 400 So auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, § 43 Rdnr. 7, dort auch dazu, dass die Einrichtungen der Religionsgemeinschaft Einfluss gewähren müssen, wenn sie anerkannt werden wollen. 401 Conring, in: Hermann (Hrsg.), Diakonische Existenz im Wandel, S. 157 (160), zur Zuordnungsrichtline der EKD. 402 So die Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 1996 (KA 1996, Nr. 198, 5.203), zuletzt geändert am 27. März 2001 (KA 2001, 397

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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Eine, die hier interessierenden Fälle des Lebensendes erfassende Zugehörigkeitsvoraussetzung könnte lauten, dass die Einrichtungen nur dann zugehörig sein können, wenn auch am Lebensende keine Maßnahmen angeboten und vollzogen werden, die den religiösen Vorstellungen widersprechen. Damit würde die Zugehörigkeitsentscheidung davon abhängig gemacht, dass karitative Einrichtungen ihren Versorgungsauftrag entsprechend der oben vorgestellten Lösung403 beschränken und sich die Möglichkeiten der privatrechtlichen Vertragsgestaltung zu eigen machen. Sollte die Einrichtung diesen Anforderungen nicht genügen, so kann ihr die Zugehörigkeit aberkannt werden. Sie kann dann zwar weiter eine Vereinigung sein, die sich religiös betätigt, aber eben nicht mehr eine, die sich religiös im Sinne der Religionsgemeinschaft betätigt. Zudem kann es ihr gegebenenfalls untersagt werden, sich weiterhin als Einrichtung einer Religionsgemeinschaft zu bezeichnen, wenn sie eine entsprechende Bezeichnung, beispielsweise ,katholisch‘, in ihrem Namen führt.404 Die Anforderungen im Wege materieller Zugehörigkeitsvoraussetzungen zur Geltung zu bringen, würde auch den kirchlichen Grundsatz der Vereinsautonomie nicht verletzen: Dadurch wird zwar das Ziel, aber nicht das Mittel zur Verwirklichung vorgeschrieben. 4. Kirchlich-karitative Vereinbarungen Die Religionsgemeinschaften könnten außerdem mit den Einrichtungen Vereinbarungen treffen, in denen sich die jeweilige Einrichtung verpflichtet, bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Auf diese Weise könnten die unter C. vorgeschlagenen Lösungsansätze auch als Anforderung an die Einrichtungsträger gestellt werden. Solche innerkirchlichen, zwischenkirchlichen Verträge sind dem Religionswesen nicht gänzlich fremd.405 So könnte ein Muster von Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Pflegeeinrichtungen ausgearbeitet werden. Die Verwendung dieses Musters könnte zwischen Amtskirche/Religionsgemeinschaft und Einrichtungsträger/Verband vereinbart werden. Ein entsprechender Vertragsschluss wäre Ausdruck der Selbstbestimmung und der Vereinsautonomie.

Nr. 80, 5.138): „Zielsetzung und Tätigkeit haben sich an der Glaubens- und Sittenlehre und an der Rechtsordnung der Kirche auszurichten. Das Krankenhaus nimmt deshalb unter keinen Umständen Schwangerschaftsabbrüche vor.“ 403 Vgl. C. IV. 5. 404 Dazu sogleich unter III. 1. 405 Dazu Christoph, ZevKR 34 (1989), S. 406 (433).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

III. Distanzierung der Religionsgemeinschaft von der Einrichtung Letztendlich bleibt der Religionsgemeinschaft noch die Distanzierung von der Einrichtung. Sie könnte sich von einer Einrichtung distanzieren, die sich durch ihr Verhalten in einen Widerspruch zu der Lehre und den religiösen Vorstellungen der Religionsgemeinschaft setzt. Eine solche Distanzierung kann sowohl im staatlichen als auch im kirchlichen Rechtskreis wurzeln und dort auch sichtbar werden. 1. Namensrechtliche Distanzierung Die Religionsgemeinschaft kann sich namensrechtlich von der Einrichtung distanzieren. Nach kanonischem Recht ist das Tragen der Bezeichnung „katholisch“ für einen Zusammenschluss oder einen Verein gemäß cc. 215 i.V.m. 216 2. Hs, 300 CIC/ 1983 von der Zustimmung der kirchlichen Autorität abhängig.406 Da die Vereinigung mit dieser Bezeichnung in der Öffentlichkeit als eine Einrichtung der katholischen Kirche erscheint, besteht ein Interesse der Kirche daran, dass diese Bezeichnung nur ,glaubenskonforme‘ Einrichtungen im Namen führen.407 Die Zustimmung kann auch wieder entzogen werden. Zudem kann sie an Voraussetzungen geknüpft werden, beispielweise an die Erfüllung bestimmter Verhaltensweisen beziehungsweise das Unterlassen bestimmter Tätigkeiten.408 Damit kann die besondere Einhaltung des religiösen Verständnisses in den karitativen Einrichtungen gefordert werden. So wie verlangt wird, dass keine Schwangerschaftsabbrüche in katholischen Krankenhäusern stattfinden dürfen, kann auch verlangt werden, dass sich die Einrichtungen grundsätzlich nicht an lebensbeendenden Maßnahmen außerhalb der Sterbephase beteiligen, wenn der Ausschluss von Leistungen rechtlich zulässig ist. Ein Entzug der Zustimmung ist als Widerruf gemäß c. 47 CIC/1983 zu behandeln, wofür überwiegend ein wichtiger Grund gefordert wird.409 Ein solcher liegt vor, wenn „neue Umstände hinzugetreten oder sichtbar geworden sind, die einer erneuten 406 c. 300 CIC/1983 im deutschen Wortlaut: „Kein Verein darf sich ohne die Zustimmung der gemäß c. 312/1983 zuständigen kirchlichen Autorität die Bezeichnung ,katholisch‘ zulegen.“ 407 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 529; vgl. auch Bürgel, Die Beziehung der katholischen Kirche zu ihren Vereinigungen im kirchlichen Recht und im Recht der Bundesrepublik Deutschland, S. 250; Tillmanns, in: Festschrift Mühlsteiger, S. 699 (705, 709). 408 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, S. 477; nur wenig konkretisierte Anforderungen bislang in Deutsche Bischofskonferenz, Grundsätzen für die Anerkennung katholischer Organisationen im Sinne des Dekrets des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Apostolat der Laien (Nr. 24), vom März 1981, abgedruckt in: Die deutschen Bischöfe, Hirtenschreiben und Erklärungen Nr. 59, S. 13. 409 Zum Widerruf der Zustimmung Tillmanns, in: Festschrift Mühlsteiger, S. 699 (712 f., 725); Forderung eines wichtigen Grundes auch bei Socha, in: Münsterischer Kommentar CIC, c. 47 Rdnr. 3 (Stand: April 1992); anders Kalb, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 118 (125).

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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Erteilung der Zustimmung entgegenstünden“, beispielsweise dann, wenn „beharrlich gegen die kirchliche Glaubens- und Sittenlehre“ verstoßen wird.410 Stimmt der Umgang mit den Patienten und Pflegebedürftigen nicht mit der Lehre überein, werden also entgegen der Auffassung der Kirche Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen oder lebensbeendende Maßnahmen bei Personen außerhalb des Sterbeprozesses ergriffen, kommt ein solcher Widerruf in Betracht. Der Bischof der USDiözese Phoenix, Thomas J. Olmsted, hat Ende 2010 einem Krankenhaus die Zustimmung, sich länger als „katholisch“ zu bezeichnen entzogen, nachdem es dort zu einem Schwangerschaftsabbruch gekommen war.411 Diese Form der ,kanonischen Distanzierung‘ kann möglicherweise im staatlichen Recht durchgesetzt werden. Die Kirche könnte einen Anspruch auf Unterlassung des Gebrauchs der Bezeichnung „katholisch“ aus § 12 BGB vor staatlichen Gerichten geltend machen. Es ist anerkannt, dass auch die Religionsgemeinschaften einen Anspruch aus § 12 BGB auf Unterlassung haben können; jedenfalls dann, wenn durch die Verwendung des Begriffs „katholisch“ der Eindruck entsteht, dass die Einrichtung der katholischen Amtskirche zugehört.412 Auch die evangelische Kirche kann unter Umständen einen Unterlassungsanspruch gegen Vereinigungen haben, die sich als „evangelisch“ bezeichnen.413 Jedoch steht dieser Schutz dem der katholischen Kirche nach, denn die Verwendung dieser Bezeichnung ist bereits aufgrund des anderen Selbstverständnisses weitaus pluraler.414 2. Distanzierung durch Verweigerung der Zugehörigkeitsentscheidung Unabhängig von der namensrechtlichen Distanzierung, die nur für den Fall, dass sich die Einrichtung entsprechend bezeichnet, möglich ist, verbleibt den Religionsgemeinschaften die Möglichkeit, sich auch im Übrigen von der karitativen Einrichtung beziehungsweise ihrem Träger zu distanzieren. Die Religionsgemeinschaften können erklären, dass sie eine Einrichtung nicht als kirchlich anerkennen.

410

Tillmanns, in: Festschrift Mühlsteiger, S. 699 (713). Vgl. dazu Diözese Phoenix, Pressemitteilung vom 21. Dezember 2010. 412 BGHZ 124, 173 (181); BGHZ 161, 216 (220); Säcker, in: Münchener Kommentar BGB, § 12 Rdnr. 25, 145, 185; Tillmanns, in: Festschrift Mühlsteiger, S. 699 (703); Emmerich, JuS 1994, S. 433 (434); kritisch Renck, NJW 2005, S. 1470 (1471 f.); ders., NVwZ 2001, S. 859 (862 f.); wohl auch Busche, JR 2006 S. 153 (153); zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 BGB ausführlich Bürgel, Die Beziehung der katholischen Kirche zu ihren Vereinigungen im kirchlichen Recht und im Recht der Bundesrepublik Deutschland, S. 238 ff. 413 LG Kassel, ZevKR 31 (1986), S. 362 (364 ff.); Lehmann, ZevKR 53 (2008), S. 296 (315). 414 Lehmann, ZevKR 53 (2008), S. 296 (316). 411

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Die An- oder Aberkennung der Religionsgemeinschaftszugehörigkeit einer Einrichtung ist eine religionsgemeinschaftliche Entscheidung.415 Sie stellt eine eigene Angelegenheit im Sinne von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV dar.416 Insofern unterliegt die Entscheidung der Selbstbestimmung. Die Religionsgemeinschaften haben es selber in der Hand, wen sie sich als Vereinigung zurechnen lassen wollen und wen nicht. Sie können sich öffentlich von der Einrichtung distanzieren.417 Der bekannteste Fall der Ablehnung der Zugehörigkeit ist der des Vereins ,Donum Vitae‘. Der von katholisch-gläubigen Laien nach dem Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftskonfliktberatung im Sinne des §§ 5 ff. SchKG gegründete Verein engagiert sich weiter in der Schwangerschaftskonfliktberatung mit Ausstellung eines Beratungsscheins.418 Die deutschen Bischöfe hatten sich zu diesem Verein am 20. Juni 2006 dahingehend geäußert, dass der private Verein ,Donum Vitae‘ eine Vereinigung außerhalb der katholischen Kirche sei und seine Beratungsstellen weder von der Deutschen Bischofskonferenz noch von einzelnen deutschen Bischöfen anerkannt seien.419 Trotz Kritik420 hat diese Ablehnungsentscheidung Bestand. Die Form der Distanzierung im staatlichen Bereich ist die Umkehrung der Zuordnung. Die Zuordnung ist die nach außen sichtbare und vom staatlichen Rechtsanwender auf Plausibilität überprüfbare Entscheidung der Religionsgemeinschaft, ob die Einrichtung zu ihr gehört oder nicht. Die Distanzierung im kirchlichen Bereich kann mit Aberkennung umschrieben werden.

415

Auch bei den Ausführungen von Christoph, ZevKR 54 (2009), S. 354 (357), aus Anlass des Erlasses der Zuordnungsrichtlinie des Rates der EKD, wird dies deutlich. 416 Zur Organisation als eigene Angelegenheit vgl. BVerfG, NJW 1999, 350; Mainusch, ZevKR 49 (2004), S. 285 (286 ff.); Bälz, KuR 2008, 240 S. 35 (41); ferner Christoph, ZevKR 34 (1989), S. 406 (426). 417 Vgl. dazu den 3. Leitsatz von Kirchlicher Arbeitsgerichtshof, Urteil vom 27. Februar 2009, Az: M 13/08, juris: „ […] Kommt der Bischof zu dem Ergebnis, dass eine privatrechtliche verselbständigte Einrichtung nicht mehr Teil hat an der Verwirklichung eines Stückes Auftrag der Kirche im Geist katholischer Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der katholischen Kirche und in Verbindung mit ihm, so muss er durch einen rechtsverbindlichen Akt zum Ausdruck bringen, dass eine bisher bestehende Verbindung mit ihm aufgegeben wird. Dies muss zur Vermeidung einer Irreführung im Rechtsverkehr auch nach außen in Erscheinung treten. Er muss gewährleisten, dass die betroffene Einrichtung sich nicht mehr katholisch nennen darf. Sie darf sich auch nicht mehr als einem historisch mit der katholischen Kirche so verbundenen Verband wie dem Kolpingwerk zugehörig bezeichnen.“ 418 Zur Frage der kirchenrechtlichen Zulässigkeit der Schwangerschaftskonfliktberatung durch den Verein „Donum Vitae e. V.“ Tillmanns, NJW 2001, S. 873 f.; Sala, NJW 2001, S. 1773 f. 419 Erklärung zu Donum Vitae e.V., abgedruckt in: ABl. Bistum Magdeburg, 7/2006, Nr. 14. 420 So in der Gegenrede von Demel, Donum Vitae: eine Vereinigung außerhalb der Kirche?, in: Anzeiger für die Seelsorge 9/2007, S. 29 ff.

E. Einfluss auf die karitativen Einrichtungen

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Wird die Zugehörigkeit des Einrichtungsträgers negativ beschieden beziehungsweise eine Zugehörigkeit widerrufen, so muss daraus auch die Konsequenz folgen, dass die Zuordnung nicht festgestellt werden kann. Die Religionsgemeinschaften entscheiden, wie bereits dargelegt,421 selber darüber, wer ihnen zugehörig sein soll und wer nicht. Darin liegt eine eigene Angelegenheit. Eine davon abweichende Entscheidung des Staates über das Verhältnis Einrichtungsträger und Religionsgemeinschaft würde eine Verletzung sowohl des Rechts auf Selbstbestimmung der eigenen Angelegenheiten nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV sowie des Neutralitätsgebots darstellen. Der nicht mehr zu einer Religionsgemeinschaft zugehörigen Einrichtung und ihrem Träger verbleiben dann die Freiheitsrechte insbesondere aus Art. 9 Abs. 1, 12 Abs.1 GG sowie gegebenenfalls aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG. 3. Distanzierung durch den Dachverband im Wege des Ausschlusses aus dem karitativen Werk Teilweise wird zudem in Satzungen von Verbänden bestimmt, dass eine karitative Einrichtung von der Mitgliedschaft in einem karitativen Werk ausgeschlossen werden kann. So sieht § 4 Abs. 2 lit. b der Satzung des Diakonischen Werkes Rheinland422 vor, dass Mitglieder, die die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nicht mehr erfüllen oder in sonstiger Weise den Interessen zuwiderhandeln, auf Vorschlag des Vorstandes durch den Diakonischen Rat ausgeschlossen werden können. Dies ermöglicht dem karitativen Werk, Einfluss darauf zu nehmen, dass die religiösen Vorstellungen der Religionsgemeinschaft eingehalten werden. Diese Sanktionsmöglichkeit ist hingegen nur dann eröffnet, wenn ein Zuwiderhandeln gegen die religiösen Vorstellungen die Tatbestandsvoraussetzungen der satzungsrechtlichen Ausschlussmöglichkeit erfüllt. Zudem könnten gegebenenfalls Einzelfälle vorliegen, wie beispielsweise die Tatsache, dass die karitative Einrichtung einen Raum wegen einer bestehenden Monopolsituation423 noch zur Verfügung stellen muss, die einem Ausschluss im Wege stehen.

IV. Ergebnis Es bestehen Möglichkeiten, dass die Religionsgemeinschaften Einfluss auf die karitativen Einrichtungsträger und ihre Arbeit nehmen können, weil Religionsge421

Vgl. oben unter I. Satzung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland e. V. in der Fassung vom 25. Mai 2011, abgedruckt in: KABl. EKiR 2011, S. 464 ff. Ähnlich bspw. auch § 6 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 Satzung Bezirkscaritasverband Gießen e.V. vom 10. September 2003: Erlöschen der Mitgliedschaft durch Ausschluss eines Mitglieds wegen eines die Zwecke oder das Ansehen des Verbandes schädigenden Verhaltens sowie wegen grober äußerer Verstöße gegen kirchliche Grundsätze. 423 Vgl. dazu in diesem Kapitel unter C. IV. 5. e) bb). 422

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

meinschaften und Vereinigungen nicht, wie es zunächst scheint, rechtlich losgelöst voneinander existieren. Die rechtlich zwar grundsätzlich eigenständigen Einrichtungen lassen sich den Religionsgemeinschaften zuordnen und gewähren aufgrund ihrer Organisation einen Einfluss. Dadurch unterwirft sich die Einrichtung auch den religiösen Vorstellungen und es kann eine Steuerung in weiten Bereichen erfolgen. Allerdings kann diese Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft von beiden Seiten beendet werden. Auf die Vereinstätigkeit hat die Religionsgemeinschaft dann gegebenenfalls nur über den Status der Vereinsmitglieder als Mitglieder der Religionsgemeinschaft Einfluss.

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen durch das kirchliche Arbeitsrecht Als die wesentliche Herausforderung, die Glaubwürdigkeit der karitativen Einrichtungen zu erhalten, wird die religiöse Prägung des Handelns der Mitarbeiter genannt.424 Da die Mitarbeiter diejenigen sind, die die karitativen Tätigkeiten auch real in Gang setzen, ist der Weg, mit ihrer Hilfe das religiöse Verständnis und die religiösen Vorstellungen der hinter der Einrichtung stehenden Religionsgemeinschaft zu transportieren, besonders vielversprechend. Gleichzeitig ist er aber besonders steinig, denn zum einen haben auch die Mitarbeiter die staatliche Rechtsordnung zu beachten. Der sozial-karitative Bereich ist nicht weltfremd, sondern sowohl der Staat als auch diejenigen, die Hilfe benötigen, stellen profane Anforderungen. Zum anderen existiert eine „Kluft zwischen den humanwissenschaftlichen Konzepten in den Köpfen der Mitarbeiter und den theologischen Prämissen im Selbstverständnis der kirchlichen Einrichtungen.“425 Diese Kluft könnte mithilfe arbeitsrechtlicher Instrumente überwunden, beziehungsweise überbrückt werden. Dazu wird im Folgenden das besondere kirchliche Arbeitsrecht dargestellt und innerhalb dieses Rahmens nach Lösungsansätzen gesucht.

424

v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 169; Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 665 (686). Die Bedeutung der Glaubwürdigkeit wird auch von den Kirchen erkannt, vgl. im Ansatz Papst Benedikt XVI., Enzyklika ,Deus caritas est‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 171, S. 49 ff.; Overbeck, in: Kämper/Thönnes (Hrsg.), Essener Gespräche 46, S. 7 (11), spricht davon, dass die Caritas „authentisch“ sein müsse. 425 Kloos, in: Augustin/Reiter/Schulze (Hrsg.), Christliches Ethos und Lebenskultur, S. 309 (310). Zudem hat eine „humanwissenschaftliche Professionalisierung“ stattgefunden, so Kaminsky/Henkelmann, in: Damberg (Hrsg.), Soziale Struktur und Semantiken des Religiösen im Wandel, S. 89 (104).

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

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I. Der Gestaltungsraum im kirchlichen Arbeitsrecht Die Ordnung des religionsgemeinschaftlichen Dienstes wird überwiegend als eine eigene Angelegenheit im Sinne des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV eingeordnet.426 Der Dienst in den beiden großen christlichen Kirchen ist dadurch gekennzeichnet, dass alle Beschäftigten in einer kirchlichen Einrichtung an dem Sendungsauftrag der Kirche teilhaben, was mit dem Begriff der Dienstgemeinschaft427 umschrieben wird. Den Religionsgemeinschaften, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind, ist die Möglichkeit eröffnet, öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zu begründen, auch wenn es sich nicht um geistliche Amtsträger handelt.428 Darüber hinaus können sie, wie es in der Realität vornehmlich geschieht, das Privatrecht zur Ausgestaltung ihrer Beschäftigungsverhältnisse wählen.429 Folge dieser Rechtswahl ist dann die Anwendung des staatlichen Arbeitsrechts,430 wobei den Religionsgemeinschaften ein besonderer Gestaltungsspielraum aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften verbleibt.431 Im Zusammenspiel von Vertragsfreiheit und Selbstbestimmungsrecht ist es den Religionsgemeinschaften folglich möglich, den kirchlichen Dienst nach dem jeweiligen Selbstverständnis zu ordnen.432 Es obliegt ihnen und ihren Einrichtungen, die Personalauswahl zu treffen, das Personal entsprechend zu organisieren und sich um die Sicherstellung der religiösen Dimension bei dem Handeln der Beschäftigten zu sorgen.433 Dazu können sie selber Regelungen treffen, das sogenannte kirchliche Arbeitsrecht. Gleichzeitig sind sie aber nicht davon entbunden, das ,für alle geltende Gesetz‘ zu beachten, denn sofern ein solches das Arbeitsverhältnis regelnde Bestimmungen trifft, ist das Selbstbestimmungsrecht

426 BVerfG, E 70, 138 (164) – Loyalitätspflicht; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 137 WRV Rdnr. 10; Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 189; a.A. Preuß, Alternativkommentar, GG, Art. 140 Rdnr. 48 (Stand: Oktober 2001). 427 Zum Begriff der Dienstgemeinschaft vgl. Richardi, in: ders. u. a. (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 327 Rdnr. 51 ff.; Aymans, in: Listl/Schmitz (Hrsg.), HbkathKiR, S. 242 (250); Hirschfeld, Die Dienstgemeinschaft im Arbeitsrecht der evangelischen Kirche, S. 55 ff.; kritisch Overbeck, in: Kämper/Thönnes (Hrsg.), Essener Gespräche 46, S. 7 (19) m. w. Nachw. 428 Richardi, in: ders. u. a. (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrechts, § 327 Rdnr. 21; ders., Arbeitsrecht in der Kirche, § 1 Rdnr. 18. 429 BVerfG, E 70, 138 (164) – Loyalitätspflicht. 430 BVerfG, E 70, 138 (165) – Loyalitätspflicht. 431 v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 179 ff.; Mummenhoff, NZA 1990, S. 585 (586). 432 So Rüfner, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HbStKiR II, S. 901 (902); vgl. auch Thüsing/FinkJamann/v. Hoff, ZfA 2009, S. 159 (198). 433 Richardi, in: ders. u. a. (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrechts, § 327 Rdnr. 32. Wichtig kann in diesem Zusammenhang auch die Ausbildung des Personals sein, vgl. dazu Isensee, Kirchenautonomie und sozialstaatliche Säkularisierung in der Krankenpflegeausbildung, S. 6 et passim.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV begrenzt.434 Staatliche Regelungen des Arbeitsrechts sehen teilweise Ausnahmen für das Arbeitsverhältnis zwischen Religionsgemeinschaft beziehungsweise ihren Einrichtungen und dem Arbeitnehmer vor, zudem können unbestimmte Rechtsbegriffe unter Berücksichtigung der kirchlichen Vorstellungen und Regelungen auszulegen sein. Das kirchliche Arbeitsrecht modifiziert in den Fällen das staatliche Arbeitsrecht.

II. Regelungen zur Sicherstellung des Selbstverständnisses Die beiden christlichen Kirchen haben zur Ordnung ihrer Arbeitsverhältnisse Regelungen getroffen, um den kirchlichen Dienst entsprechend dem besonderen Leitbild der Dienstgemeinschaft gestalten zu können. Sie füllen damit den Gestaltungsspielraum aus, der ihnen qua Verfassung eröffnet wird und der vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zu Loyalitätspflichten vom 4. Juni 1985435 bestätigt wurde.436 Durch die besondere arbeitsrechtliche Gestaltung soll erreicht werden, dass die Beschäftigten der Religionsgemeinschaft und der ihr zugehörenden Einrichtungen die ihnen übertragenden Aufgaben entsprechend den Grundsätzen und Zielen der Kirche erfüllen. Die Mitarbeiter sollen dazu verpflichtet werden, kirchliche Werte einzuhalten und zu verwirklichen.437 Ob auch die Mitarbeiter in karitativen Einrichtungen im Pflege- und Betreuungsbereich sowie der medizinischen Versorgung dazu angehalten werden können, die religiösen Werte und Vorstellungen betreffend der Situation am Lebensende zu verwirklichen, wird zu untersuchen sein. 1. Möglichkeit der Steuerung über die Bindung an Loyalitäts- und Leistungsanforderungen Die Religionsgemeinschaften haben für ihre Beschäftigten Richtlinien entworfen, um ihr Verhalten zu steuern. Bereits bei der Einstellung eines Beschäftigten entfalten ihre Anforderungen vorbeugende Wirkung und dienen dazu, Tätigkeiten des Personals, die dem kirchlichen Selbstverständnis entgegenlaufen, zu vermeiden.438 434 Es ist anerkannt, dass das Kündigungs- und Kündigungsschutzrecht ebenso wie das Befristungsrecht als für alle geltende Gesetze dem Selbstbestimmungsrecht Schranken setzen können, vgl. Richardi, in: ders. u. a. (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 328 Rdnr. 20. Zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vgl. sogleich unter 2. b). 435 BVerfG, E 70, 138 ff. – Loyalitätspflicht. 436 Arntzen, Loyalität und Loyalitätsprobleme in kirchlichen Arbeitsverhältnissen, S. 173. 437 Vgl. Broll, Steuerung kirchlicher Wohlfahrtspflege, S. 279. 438 Im Vorfeld einer Beschäftigung können die Einrichtungen bei der Auswahl derjenigen Personen, die für die Einrichtung tätig werden und den karitativen Auftrag vollziehen sollen, ein besonderes Augenmerk auf die Lebensweise und Vorstellungen des Bewerbers legen. Die Vorgaben für die Personalauswahl sind zum einen Ausdruck der allgemeinen Vertragsfreiheit, zum anderen als eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaft vom Selbstbestimmungsrecht umfasst. So sollte bereits vor der Einstellung eines Bewerbers seine Einstellung zu be-

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

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Durch die Anforderungen soll eine Art der Verhaltenssteuerung bewirkt und bezweckt werden, um die Aufrechterhaltung des kirchlichen Selbstverständnisses in der karitativen Einrichtung zu erreichen. Auch bei der Ausübung der Tätigkeit bestehen Möglichkeiten, die zu der Sicherstellung des Selbstverständnisses beitragen können.439 Dies geschieht im Wege von Leistungstreuepflichten und Loyalitätsobliegenheiten.440 Die beiden großen christlichen Kirchen haben sogenannte Loyalitätskataloge aufgestellt und damit die Anforderungen an die Mitarbeiter formuliert. a) Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes als Loyalitätskatalog der katholischen Kirche Die Deutsche Bischofskonferenz hat für die deutschen Diözesen die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GrOrdkathK) am 22. September 1993 verabschiedet.441 Im Jahr 2011 wurde sie von der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz geändert.442 Sie ist als kirchenrechtliche Verlautbarung der Bischöfe verabschiedet und anschließend von den Bischöfen als Diözesangesetz443 umgesetzt worden.444 Über Art. 2 Abs. 2 S. 2 GrOrdkathK a. F. wurde bewirkt, dass sie auch bei der Anerkennung kirchlicher

stimmten Situationen (so auch zum Lebensende) erfragt werden, so dass ein späterer Konflikt vermieden wird. Art. 3 Abs. 5 GrOrdkathK für den Bereich der katholischen Kirche und § 2 Abs. 4 der Arbeitsrechtsregelung über die berufliche Mitarbeit in der bayrischen evangelischen Kirche und ihrer Diakonie sehen das auch vor (zum Fragerecht des kirchlichen Arbeitgebers vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 6 Rdnr. 13 f.). Auf der anderen Seite führt eine Einstellung einer Person, von der die Einrichtung weiß, dass ihre Vorstellungen im Widerspruch oder Konflikt zu den kirchlichen Vorstellungen stehen, im Konfliktfall dazu, dass eine Kündigung wegen dieses Grundes treuwidrig wäre, siehe auch Dütz, NJW 1994, S. 1369 (1371). Als sozial ungerechtfertigt trotz Loyalitätsverstoß sieht auch das BAG eine Kündigung an, wenn der kirchliche Arbeitgeber von den abweichenden Vorstellungen wusste, so in BAG, NJW 2012, 1099 (1102). 439 Als ultima ratio (Mummenhoff, NZA 1990, S. 585 [589]) kann eine Kündigung in Betracht kommen, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt. Zum gestuften Vorgehen im Falle eines Loyalitätsverstoßes vgl. Arntzen, Loyalität und Loyalitätsprobleme in kirchlichen Arbeitsverhältnissen, S. 184 ff., bzgl. GrOrdkathK und Fey, AuR 2005, S. 349 (352), bzgl. der Richtlinie der EKD, dort § 5 Abs. 2. Die evangelischen Kirchen sind durch einen hohen Grad an Meinungspluralität gekennzeichnet, der eine hohe Hürde für Kündigungen darstellt, vgl. Fey, ebd. 440 Dazu sogleich unter 3. und 4. 441 NJW 1994, S. 1394 f. 442 Die deutschen Bischöfe Nr. 95, S. 20 ff. 443 Zum Status der Grundordnung vgl. Arntzen, Loyalität und Loyalitätsprobleme in kirchlichen Arbeitsverhältnissen, S. 163 f. 444 Zum Nachweis der wortlautgleichen Umsetzung in den Diözesen vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 4 Rdnr. 33 in Fn. 55.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Einrichtungen beachtet werden soll,445 was über das Satzungsrecht der Einrichtung erfolgte.446 Am 20. Juni 2011 allerdings haben die Bischöfe die Grundordnung geändert, so dass nach dem neu gefassten Art. 2 Abs. 2 GrOrdkathK nun auch kirchliche Rechtsträger, die nicht der bischöflichen Gesetzgebungsgewalt unterliegen, verpflichtet sind, bis spätestens zum 31. Dezember 2013 diese Grundordnung durch Übernahme in ihr Statut verbindlich zu übernehmen. Wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, haben sie im Hinblick auf die arbeitsrechtlichen Beziehungen nicht am Selbstbestimmungsrecht der Kirche gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV teil.447 Nach Art. 1 S. 2 GrOrdkathK müssen die Mitarbeiter anerkennen und ihrem Handeln zugrunde legen, dass sich Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind, an der Glaubensund Sittenlehre und an der Rechtsordnung der katholischen Kirche auszurichten haben.448 Für den individualarbeitsrechtlichen Bereich sind Art. 3 GrOrdkathK bei der Begründung neuer Dienstverhältnisse sowie die Art. 4 und 5 der GrOrdkathK449 bezüglich der Loyalitätsanforderungen und den Konsequenzen bei Verstößen gegen diese zu beachten. b) EKD-Richtlinie über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes der EKD e.V. Der Rat der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat 2005 eine Richtlinie nach Art. 9b GO EKD450 über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes der EKD451 erlassen, die auf die EKD und das Diakonische Werk der EKD beschränkt ist. § 1 Abs. 1 S. 2 der EKDRichtlinie empfiehlt den Gliedkirchen und deren Diakonischen Werken eine entsprechende Regelung.452 § 3 der Richtlinie stellt Anforderungen bei der Begründung, 445 Dazu Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 4 Rdnr. 37 ff.; zur Umsetzung der Grundordnung im verfassten kirchlichen Bereich und den zugeordneten Institutionen vgl. Dütz, NJW 1994, S. 1369 (1374). 446 Diese satzungsrechtliche Übernahme hatte bislang nur konstitutive Wirkung, dazu Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur Rom, GesR 2010, S. 497 (501 f.), kritisch dazu Muckel, GesR 2010, S. 503 (504) m. w. Nachw. Für den Fall einer fehlenden Übernahme sei das allgemeine staatliche Arbeitsrecht anzuwenden, so Richardi, NZA 1994, S. 19 (23 f.). 447 Die geänderte Grundordnung musste von den Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt werden, vgl. bspw. KABl. Paderborn 8/2011, S. 187. 448 Dütz, NJW 1994, S. 1369 (1374). 449 Eingehend zu Art. 4 und 5 GrOrdkathK Arntzen, Loyalität und Loyalitätsprobleme in kirchlichen Arbeitsverhältnissen, S. 173 ff.; Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 107 ff. 450 Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 2003 (ABl. EKD 2004, S. 1, 153), zuletzt geändert am 5. November 2008 (ABl. EKD, S. 367). 451 Abl. EKD 2005, S. 413 ff.; zur Rechtsnatur vgl. Fey, AuR 2005, S. 349 (351). 452 Kirchengesetze der Landeskirchen setzen die Richtlinie um, vgl. bspw. Evangelische Landeskirche Baden, Richtlinie über die Zuordnung selbstständiger diakonischer Einrichtun-

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§ 4 der Richtlinie stellt Anforderungen während des Arbeitsverhältnisses auf. § 5 regelt die Konsequenzen eines Verstoßes gegen berufliche Anforderungen. Um einen Glaubwürdigkeitsverlust zu vermeiden, gilt aber auch dann, wenn eine entsprechende Regelung fehlt, der Grundsatz, dass sich die Mitarbeiter an den kirchlichen Prinzipien zu orientieren haben.453 c) Vertragliche Einbeziehung der Loyalitätskataloge In der Grundordnung der katholischen Kirche sowie der Richtlinie der EKD mitsamt ihren gliedkirchenrechtlichen Umsetzungen sind die Loyalitätsanforderungen und die Sanktionsmöglichkeiten bezeichnet. Die beiden Regelungen wirken im Verhältnis zwischen Kirche und Einrichtung; im privatrechtlichen Verhältnis zwischen Einrichtung und Bediensteten hingegen sind sie nicht anwendbar.454 Allerdings sieht Art. 7 Abs. 1 GrOrdkathK sowie Art. 3 Abs. 1 ARRG-EKD455 vor, dass die Arbeitsbedingungen durch paritätisch besetzte Kommissionen von Arbeitnehmern und Dienstgeber gestaltet werden sollen. Sie haben sogenannte Arbeitsvertragsrichtlinien beschlossen,456 die aber keine Tarifverträge sind und denen demnach keine normative Wirkung zukommt. Deswegen werden die Inhalte privatrechtlich in das Arbeitsverhältnis einbezogen.457 Die Arbeitsvertragsrichtlinien sind bei Inbezugnahme im Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 BGB der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterworfen.458 Dabei sind aber gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB die arbeitsrechtlichen Besonderheiten zu beachten.459

gen zur Landeskirche (Zuordnungsrichtlinie), GVBl. 2010, S. 81; die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Bayern hat bereits seit 2000 eine „Arbeitsrechtsregelung über berufliche Mitarbeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und ihrer Diakonie für den Bereich der privaten Dienstverhältnisse“, ABl. 2001, S. 6. 453 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 6 Rdnr. 41, mit Verweis auf die biblische Begründung in 1. Timotheus 4, 12. 454 Vgl. auch Reuter, Herder Korrespondenz 1994, S. 194 (195). 455 Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 10. November 1988 (ABl. EKD, S. 366), zuletzt geändert durch Art. 4 Kirchengericht-OrganisationsG vom 6. November 2003 (ABl. EKD, S. 414). 456 Im Bereich der Caritas die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) i. d. F. vom 1. März 2011; AVR des Diakonischen Werkes der EKD abgedruckt in Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.), AVR-Kommentar, Teil B. 457 Zum Erfordernis der Einbeziehung und zur fehlenden normativen Wirkung vgl. BAG, NZA 2006, S. 611 (616); noch offen gelassen bei LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2000, Az: 9 Sa 3/00, juris Rdnr. 27; vgl. auch § 1a AVR-Diakonisches Werk: „dienstvertraglich vereinbaren“. 458 BAG, NZA 2011, S. 634 (637); NZA 2006, S. 872 (873 f.); v. Tiling, NZA 2007, S. 78 (78). A.A. BAG, NZA-RR 2010, S. 7 (11 f.); dagegen Reichold, NZA 2009, S. 1377 (1381). 459 BAG, NZA 2011, S. 634 (638).

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

2. Exkurs: Anerkennung des arbeitsrechtlichen Gestaltungsraums der Religionsgemeinschaften auf europäischer Ebene Bevor eine weitere Untersuchung des arbeitsrechtlichen Ansatzes erfolgt, ist darauf hinzuweisen, dass der arbeitsrechtliche Gestaltungsraum, der den Religionsgemeinschaften nach nationalem Recht gewährleistet wird, auf europäischer Ebene anerkannt wird und somit der arbeitsrechtliche Lösungsansatz weiterhin effektiv verfolgt werden kann. a) Kehrtwende nach den Urteilen des EGMR? Vor dem Hintergrund neuer Urteile des EGMR könnte daran gezweifelt werden. Allerdings hindern die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Obst gegen Deutschland (Beschwerde-Nr. 425/03)460 und Schüth gegen Deutschland (Beschwerde-Nr. 1620/03)461 die Religionsgemeinschaften grundsätzlich nicht daran, Loyalitätsanforderungen aufzustellen und entsprechend einschneidende Konsequenzen an einen Verstoß zu stellen. Zunächst wird durch das Urteil des EGMR nur eine Verletzung der Konvention durch die Bundesrepublik Deutschland festgestellt. Jedoch sind die deutschen Gerichte verpflichtet, die Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen, so dass sich durch diese gerichtliche Entscheidungen des Einzelfalls eine Kehrtwende hätte ergeben können, weil nun auch die nationalen Gerichte an diese Entscheidungen gebunden sind, vgl. § 46 Abs. 1 EMRK,462 sofern sie über die Rechtmäßigkeit arbeitsrechtlicher Maßnahmen, beispielsweise einer Kündigung, zu entscheiden haben. Der EGMR hatte in dem Verfahren Schüth gegen Deutschland gerügt, dass die Arbeitsgerichte bei der Kündigung des Kirchenmusikers Schüth, der ein gemeinsames Kind mit einer nicht mit ihm verheirateten Frau erwartete, keine angemessene Abwägung der konkurrierenden Rechte und Interessen vorgenommen hatten.463 Im 460 EGMR, Urteil vom 23. September 2010, Beschwerde Nr. 425/03, nichtamtliche Übersetzung: EuGRZ 2010, S. 571 ff. 461 EGMR, Urteil vom 23. September 2010, Beschwerde Nr. 1620/03, nichtamtliche Übersetzung: EuGRZ 2010, S. 560 ff. 462 Zur Verpflichtung der Nationalstaaten und der Stellen, die ihre Gewalt ausüben MeyerLadewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Art. 46 Rdnr. 22. 463 Dazu insbesondere aus Rz. 67: „La Cour relève d’abord que, dans leurs conclusions, les juridictions du travail n’ont fait aucune mention de la vie de famille de fait du requérant ni de la protection juridique dont celle-ci bénéficiait. Les intérêts de l’Eglise employeur n’ont ainsi pas été mis en balance avec le droit du requérant au respect de sa vie privée et familiale, garanti par l’article 8 de la Convention, mais uniquement avec son intérêt d’être maintenu dans son emploi […].“ Zudem Rz. 69: „Elle relève cependant que la cour d’appel du travail n’a pas examiné la question de la proximité de l’activité du requérant avec la mission de proclamation de l’Eglise, mais qu’elle semble avoir repris, sans procéder à d’autres vérifications, l’opinion de l’Eglise employeur sur ce point. Or, dès lors qu’il s’agissait d’un licenciement intervenu à la suite d’une décision du requérant concernant sa vie privée et familiale, protégée par la Convention, la Cour considère qu’un examen plus circonstancié s’imposait lors de la mise en balance des droits et

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

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Fall des für die Öffentlichkeitsarbeit der Mormomenkirche zuständigen Beschäftigten Obst hatte der EGMR die Abwägung der deutschen Gerichte hinsichtlich der Kündigung des Mitarbeiters, der sich in einer gehobenen und öffentlichkeitswirksamen Stellung befindet, schließlich aber gebilligt. Auch im Fall Siebenhaar gegen Deutschland wurde auf die Bedeutung der Interessenabwägung hingewiesen. Der EGMR stellte einen Verstoß gegen die EMRK durch die gerichtlichen Entscheidungen im Fall der katholischen Kindererzieherin in einem evangelischen Kindergarten, die sich für eine Religionsgemeinschaft engagiert, deren Grundauffassung oder Tätigkeit im Widerspruch zum Auftrag der evangelischen Kirche stand, aber nicht fest.464 Aufgrund der Entscheidungen werden die kirchlichen Arbeitgeber wohl gehalten sein, in Zukunft die Belange der Religionsgemeinschaft und des Arbeitnehmers intensiver abzuwägen465 und diese Abwägung darlegen zu können.466 Darüber hinaus könnte sich aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2010467 Änderungsbedarf bei dem Procedere einer Kündigung ergeben. In dem zugrundeliegenden Fall war dem Chefarzt eines katholischen Krankenhauses gekündigt worden, weil er nach erfolgter Scheidung eine zweite Ehe eingegangen war. Trotz des Verbotes in Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 GrOrdkathK fiel hier die Interessenabwägung zugunsten des Arztes aus, denn anderen Ärzten im Krankenhaus wurde aufgrund desselben Umstandes nicht gekündigt, weswegen die Weiterbeschäftigung dem Gericht für die Religionsgemeinschaft zumutbar scheint. Aufgrund der im Einzelfall vorliegenden zeitlichen Umstände sei die Kündigung zudem treuwidrig. Im Ergebnis stellte das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest. Das Bundesarbeitsgericht hat dieses Judikat im Wesentlichen bestätigt und die Bedeutung der Abwägung im Nachklang auch zu den Entscheidungen des EGMR betont.468 b) Anerkennung durch die Richtlinie 2000/78/EG Die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf469 erkennt in Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 an, dass „die Kirchen und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfasintérêts concurrents en jeu (voir Obst précité, §§ 48 – 51), d’autant qu’en l’espèce le droit individuel du requérant s’opposait à un droit collectif. …“. Über die Höhe einer Entschädigung nach Artikel 41 EMRK wurde am 28. Juni 2012 entschieden. 464 EGMR, Urteil vom 3. Februar 2011, Beschwerde-Nr. 18136/02; Leitsätze in DÖV 2011, S. 364. 465 So auch Joussen, Vortrag am 31. Januar 2010, vgl. dazu Risini/Böhm, DVBl. 2011, S. 878 (879). Ähnlich bewertet auch Plum, NZA 2011, S. 1194 (1201), dass sich aus den Urteilen des EGMR keine Zeitenwende für das kirchliche Arbeitsrecht ergebe. 466 Thüsing, in: Kämper/Thönnes (Hrsg.), Essener Gespräche 46, S. 129 (159). 467 LAG Düsseldorf, MedR 2011, S. 169 ff. 468 BAG, NJW 2012, S. 1099 ff. 469 Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, Abl. L 303 vom 2. Dezember 2000, S. 16.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

sungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen [können], dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten.“ Dabei sind aber die Bestimmungen der Richtlinie im Übrigen einzuhalten. Der nationale Gesetzgeber hat Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie mit § 9 Abs. 1, 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgesetzt.470 Verhaltensanforderungen sind weiterhin möglich.471 Die Europäische Kommission hat im Aufforderungsschreiben K(2008)0103, S. 4 ff., aus dem Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/2362, S. 6 zwar die Umsetzung in § 9 Abs. 1 AGG gerügt, nicht jedoch § 9 Abs. 2, in dem die Möglichkeit zu Verhaltensanforderungen zugesichert wird. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der arbeitsrechtliche Gestaltungsraum der Religionsgemeinschaften auch durch das Europarecht anerkannt wird, wenngleich es dennoch an einigen Stellen auch Grenzen setzt. Für den Bereich der Europäischen Union entspricht das der Kirchenerklärung zur Schlußakte des Vertrags von Amsterdam,472 die nun in Art. 17 AEUV auch direkt im Vertrag verankert ist. 3. Leistungstreuepflichten bei der karitativen Arbeit Es bedarf der Untersuchung, wie eine Verhaltenssteuerung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgen kann. Dabei muss zwischen Leistungstreuepflichten und Loyalitätsobliegenheiten unterschieden werden.473 Beide haben unterschiedliche Bezugspunkte. a) Generell zu Leistungstreuepflichten Leistungstreuepflichten betreffen den dienstlichen Bereich. Durch Leistungstreuepflichten wird der Arbeitnehmer verpflichtet, die Arbeit entsprechend dem Willen der Vertragsparteien zu erledigen. Der Arbeitnehmer muss danach alles unterlassen, was den Vertragszweck oder Leistungserfolg beeinträchtigen, vereiteln 470 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I, S. 1897), zuletzt geändert durch Art. 15 Abs. 66 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I, S. 160). 471 Dabei stellen sich aber Fragen nach der Reichweite, denn die Richtlinie eröffnet diese Möglichkeit ebenso wie das AGG nicht grenzenlos. Werden die Personen wegen anderer Diskriminierungsgründe als der Religion oder Weltanschauung diskriminiert, bspw. wegen der sexuellen Identität, so ist fraglich, ob dies zulässig ist. Diskutiert wird das vornehmlich am Beispiel der praktizierten Homosexualität, die sich als Verhalten beschreiben lässt und deswegen teilweise vom Verbot der Diskriminierung ausgenommen wird, so ArbG Stuttgart, NJOZ 2011, S. 1309 (1310 ff.); Kamanabrou, RdA 2006, S. 321 (328); J.-H. Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, § 9 Rdnr. 17; Thüsing, in: Münchener Kommentar BGB, AGG § 9 Rdnr. 23; a.A.: Schlachter, in: Erfurter Kommentar, AGG § 9 Rdnr. 4; Unruh, Religionsverfassungsrecht, Rdnr. 198 f. 472 Zum rechtlichen Charakter und der Bedeutung der Amsterdamer Kirchenerklärung Grzeszick, ZevKR 48 (2003), S. 284 ff. 473 So auch Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 6 Rdnr. 24 ff.

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

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oder gefährden könnte.474 Dabei betrifft die Leistungstreuepflicht nicht das „ ,dass‘ der Durchführung sondern das ,wie‘.“475 Die Treuepflicht ist keine Besonderheit für die Beschäftigten in karitativen Einrichtungen, sondern sie ist generell Bestandteil eines (arbeitsrechtlichen) Schuldverhältnisses. Die Allgemeinen Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas (AVR-Caritas)476 sehen in § 1 Abs. 1 S. 3 vor, dass die Mitarbeiter „den ihnen anvertrauten Dienst in Treue und in Erfüllung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten zu leisten“ haben.477 Damit orientieren sie sich an Art. 1 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GrOrdkathK). Über die Leistungstreuepflichten wirkt sich die Verantwortung der Mitarbeiter für die Erfüllung der karitativen Aufgaben im Rahmen der Vorstellungen der Religionsgemeinschaft aus.478 b) Leistungstreuepflichten bei Krankenversorgung, Pflege und Betreuung Der Arbeitsvertrag mit einer Pflegekraft, einem Arzt oder einen Betreuer ist darauf gerichtet, dass sie die medizinische und pflegerische Versorgung beziehungsweise die Betreuungsarbeit leisten. Allerdings sollen diese Ziele so erreicht werden, dass dabei die religiösen Vorstellungen der Einrichtungen nicht beeinträchtigt werden. Der Arbeitgeber könnte die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers in einer Weise konkretisieren, so dass neben dem medizinischen, pflegerischen oder betreuungsrechtlichen Arbeitserfolg der Auftrag der Religionsgemeinschaft erfüllt werden muss. Der Erfolg besteht in karitativen Tätigkeiten eben nicht nur allein darin, dass die Einrichtungen einen medizinischen, pflegerischen oder betreuerischen Erfolg erzielen. Wie bereits dargestellt, geht es den karitativen Einrichtungen nicht darum, eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen, sondern sie wollen bei einem religiösen Auftrag mitwirken. Das macht es erforderlich, dass die religiösen Vorstellungen bei der Erfüllung der Aufgabe auch gewahrt bleiben. Nur dann können die Religionsgemeinschaften ihren Auftrag vollumfassend erfüllen. Für den hier zu untersuchenden Fall könnte eine Leistungstreuepflicht in dem Umfang erkannt werden, dass die Mitarbeiter bei der Versorgung und Betreuung keine Handlungen begehen dürfen, die dem religiösen Auftrag widersprechen. 474

Allgemein für Schuldverhältnisse BVerfG, E 70, 138 (141) – Loyalitätspflicht; BGHZ 93, 29 (39); BGH, NJW 1978, S. 260 (260); NJW 1983, S. 998 (998); Sutschet, in: Bamberger/ Roth (Hrsg.), BGB, § 241 Rdnr. 46 (Stand: August 2012); für das Arbeitsverhältnis v. Noftz, Lebensführungspflichten im evangelischen Kirchenrecht, S. 35. 475 Schoenauer, Die Kirchenklausel des § 9 AGG im Kontext des kirchlichen Dienst- und Arbeitsrechts, S. 181. 476 Abgedruckt in Deutscher Caritasverband, AVR: Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes, S. 7 ff. 477 Zu den allgemeinen und besonderen Dienstpflichten vgl. §§ 4, 5 AVR-Caritas. 478 Deutlich wird das aus § 4 Abs. 1 der Richtlinie über die Anforderungen der beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie, ABl. EKD 2005, S. 413.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Jedoch stoßen Leistungstreuepflichten auch an Grenzen. Die Leistungstreuepflichten werden im Endeffekt über § 242 BGB präzisiert und konkretisiert.479 Der Grundsatz aus Treu und Glauben beherrscht als generalverklausulierter Grundsatz das gesamte Rechtsleben.480 Er kann begrenzend oder erweiternd wirken. Erforderlich ist immer eine Interessenabwägung.481 Den genannten Treuevorstellungen des kirchlichen Arbeitgebers kann entgegengehalten werden, dass sie die Interessen des Arbeitnehmers unberücksichtigt lassen. Zwar wiegt das Interesse der Religionsgemeinschaft beziehungsweise ihrer karitativen Einrichtung, das sie an einer religionskonformen Erledigung ihrer Aufgaben haben, auf der einen Seite schwer, schließlich gewährleistet auch die Verfassung grundsätzlich ein Handeln nach den religiösen Vorstellungen.482 Auf der anderen Seite sind immer auch die Konsequenzen für den Arbeitnehmer in die Abwägung einzustellen. Wenn er sich strafbar machen würde oder Schadensersatzansprüchen ausgeliefert wäre, wenn er einer Treuevorstellung des Arbeitgebers folgen würde, so kann in einer solchen Leistungstreueanforderung keine Verpflichtung erkannt werden. In diesen Fällen stoßen die Leistungstreuepflichten an ihre Grenzen. Wie auch die Loyalitätsobliegenheiten an die Grenzen des Willkürverbots, der guten Sitten und des ordre public483 stoßen, so besteht auch für die Leistungstreuepflicht eine ähnliche Grenze. Fordert der kirchliche Arbeitgeber, dass die Mitarbeiter alles tun, um bei der Behandlung die im ersten Kapitel dargestellten religiösen Vorstellungen zu verwirklichen, würde damit zu einer Körperverletzung beziehungsweise zu einer Beihilfe zur Körperverletzung aufgefordert, wenn der Patient oder Pflegebedürftige eine weitere Behandlung ablehnt. Die Leistungstreuepflicht stößt hier an die Grenzen, die der Grundsatz von Treu und Glaube vorgibt. Sie kann vom Arbeitgeber auch nicht für den Fall, dass dieser damit seinem religiösen Auftrag entsprechend seinem Selbstverständnis nachkommt, verlangt werden. Für den Arbeitnehmer wäre eine Realisierung dieser Pflicht, aufgrund einer möglichen Strafe und gegebenenfalls Schadensersatzforderungen, unzumutbar. Eine Treuepflicht besteht insofern nicht. Für den Fall, dass die Leistungsverpflichtung der Einrichtung bereits beschränkt ist, beispielsweise in einer Weise wie es oben für die Pflegeeinrichtungen vorgeschlagen wurde,484 besteht keine Verpflichtung, den Behandlungsabbruch durchzuführen. Handelt ein Mitarbeiter dennoch in einer vertragswidrigen Weise, so ist Anknüpfungspunkt für die Sicherstellung der religiösen Vorstellungen mangels Leistungspflicht an welche die Treuepflicht anknüpfen könnte nicht die Leis479 Zum Verhältnis zwischen § 242 BGB und § 241 Abs. 2 BGB vgl. Roth/Schubert, in: Münchener Kommentar BGB, § 242 Rdnr. 170 ff. 480 BGHZ 85, 39 (48); BAG, NJW 2005, S. 775 (778); Heinrichs, in: Palandt, BGB, § 242 Rdnr. 1 f.; Schulze, in: ders. u. a., BGB, § 242 Rdnr. 1. 481 BGHZ 49, 148 (153). 482 Vgl. im 3. Kap. A. III. 483 Vgl. sogleich unter c). 484 In diesem Kapitel unter C. 5.

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

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tungstreuepflicht. Vielmehr ist dann der Wirkungsbereich der Loyalitätsobliegenheiten eröffnet. 4. Loyalität bei Tätigkeit in einer karitativen Einrichtung a) Loyalitätsobliegenheiten und ihre Grenzen Loyalitätsobliegenheiten gehen weiter als die Leistungstreuepflichten und dienen dazu, dass die Religionsgemeinschaften sogar das Verhalten der Mitarbeiter im privaten, außerdienstlichen Bereich steuern können.485 Dafür werden die Loyalitätskataloge aufgestellt, die Teil der Arbeitsverträge werden.486 Die Loyalitätsobliegenheiten sind Ausdruck der Dienstgemeinschaft der Mitarbeiter einer Religionsgemeinschaft. Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nach dem Verständnis der Kirchen eben kein reines Arbeitsverhältnis,487 das beendet ist, sobald der Beschäftigte sich nicht mehr unter dem Dach der karitativen Einrichtung befindet. Bildlich gesprochen ist das ,Dach der karitativen Einrichtung‘ das gesamte Himmelszelt. Und das ist umfassend. Mit Hilfe von Loyalitätsobliegenheiten könnte der Betreuer, der die ehemals bestehende Vereinsbetreuung als Privatperson übernehmen will,488 gebunden und gehalten sein, die Übernahme abzulehnen. Auch ein Krankenhausarzt eines Krankenhauses oder eine Pflegekraft könnten außerhalb ihrer Tätigkeit in der Einrichtung gehalten werden, den religiösen Vorstellungen der Religionsgemeinschaft, zu der sie zumindest mittelbar in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis stehen, nicht zuwider zu handeln. Die Möglichkeit der Religionsgemeinschaften, Loyalitätsanforderungen an ihre Mitarbeiter zu stellen, besteht aber gerade im außerdienstlichen Bereich nicht grenzenlos.489 Die Grenzziehung hat zu berücksichtigen, dass zwischen der Möglichkeit, Loyalitätsanforderungen aufzustellen, und der Möglichkeit, diese durchzusetzen beziehungsweise durchsetzen zu lassen, unterschieden werden muss. Allerdings sind die Religionsgemeinschaften dazu verpflichtet, eine Konkordanz

485 Richardi, in: ders. u. a. (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrechts, § 328 Rdnr. 13; ders., Arbeitsrecht in der Kirche, § 6 Rdnr. 25 f.; Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 106; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 180; vgl. auch den Wortlaut von § 4 Abs. 2 S. 2 der Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes der EKD vom 1. Juli 2005 (Abl. EKD 2005, S. 413). 486 Vgl. dazu bereits in diesem Kapitel F. II. 1. a) bis c). 487 Das Arbeitsverhältnis wird dabei aber nicht zu einem „kirchlichen Statusverhältnis“ (BVerfG, E 70, 138 [166] – Loyalitätspflicht), sondern die Arbeitnehmer haben sich der Dienstgemeinschaft vertraglich zugeordnet. 488 Vgl. in diesem Kapitel D. III. 2. C. 489 Davon abgesehen haben die Religionsgemeinschaften je nach Nähe zur Verkündung und Religionszugehörigkeit der Beschäftigten Abstufungen bei der Aufstellung von Loyalitätsanforderungen vorgenommen.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

zwischen staatlicher und kirchlicher Ordnung herzustellen.490 Dies ergibt sich schon daraus, dass die Religionsgemeinschaften infolge der Wahl des Privatrechts eben auch an die Grundprinzipien dieser Rechtsordnung gebunden sind. Das ,für alle geltende Gesetz‘ gilt auch für sie. Deswegen müssen die Religionsgemeinschaften bei der Aufstellung von Loyalitätspflichten die Grundprinzipien der Rechtsordnung beachten.491 Als Grundprinzipien erkennt das Bundesverfassungsgericht die Einhaltung des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie der guten Sitten (vgl. § 138 Abs. 1 BGB) und des ordre public, wie er nun in Art. 6 EGBGB zum Ausdruck kommt, an.492 Diese sind ,für alle geltende Gesetze‘, die der Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften Grenzen setzen.493 Dadurch wird sichergestellt, dass Religionsgemeinschaften und Kirchen an ihre Arbeitnehmer keine inakzeptablen Anforderungen stellen,494 was wiederum die Gerichte bei arbeitsgerichtlichen Entscheidungen auch überprüfen können und müssen.495 Die Religionsgemeinschaften dürfen bei der Aufstellung von Loyalitätsobliegenheiten zum einen keine Willkür walten lassen. Davon ist auszugehen, wenn sich eine Anforderung in keiner Weise sachlich auf den religiösen Auftrag bezieht.496 Solange aber der religiöse Auftrag für eine entsprechende Anforderung einen sachlichen Grund liefert, ist die Loyalitätsanforderung insofern unbedenklich. Die Einhaltung der guten Sitten (§ 138 BGB) macht es den Religionsgemeinschaften rechtlich unmöglich, Anforderungen aufzustellen, die dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden497 widersprechen. Mit den guten Sitten wird vor allem auf die der Rechtsordnung immanenten rechtsethischen Werte und Prinzipien und damit auf den ordre public nach Art. 6 EGBGB verwiesen.498 Bei einem Konflikt zwischen außerrechtlichen Moralvorstellungen und der im Recht verkörperten Wertvorstellung hat das Recht, sofern es nicht verfassungswidrig ist, den Vorrang.499 Die Anwendung der kirchlichen Vorstellungen muss in Anlehnung an Art. 6 S. 2 EGBGB mit den Grundrechten der Arbeitnehmer vereinbar sein.500

490 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 6 Rdnr. 34; Mummenhoff, NZA 1990, S. 585 (589 ff.); vgl. auch BVerfG, E 42, 313 (340) – Inkompatibilität/Kirchliches Amt. 491 BVerfG, E 70, 138 (168) – Loyalitätspflicht. 492 Vgl. BVerfG, E 70, 138 (168) – Loyalitätspflicht. 493 Siehe auch Weiß, in: Festschrift Listl 75, S. 511 (518). 494 v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 182. 495 BVerfG, E 70, 138 (168) – Loyalitätspflicht. 496 Zur Willkür vgl. Mummenhoff, NZA 1990, S. 585 (587 f.). 497 So die nicht wirklich präzisierende Formulierung aus den Motiven zum BGB (zu § 826 BGB, Motive II, S. 727), die von der Rechtsprechung übernommen wurde, RGZ 80, 219 (221); BGHZ 10, 228 (232). 498 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rdnr. 3. 499 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rdnr. 6. 500 U. Hammer, Handbuch kirchliches Arbeitsrecht, S. 211.

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

217

b) Loyalität bei der Tätigkeit in einer karitativen Einrichtung Loyalität kann von den Religionsgemeinschaften auch dann gefordert werden, wenn sie sich karitativ betätigen. Arbeitnehmer und der Träger der karitativen Einrichtung treffen dazu im Wege von vertraglichen Bestimmungen Regelungen über die Loyalitätsobliegenheiten und die Folgen von Verstößen.501 aa) Beispiele für die Loyalitätsanforderungen betreffend karitative Betätigung Die bei karitativen Einrichtungen Beschäftigten haben sich arbeitsvertraglich502 als Mitglieder der Dienstgemeinschaft Loyalitätsanforderungen unterworfen. So sehen die Arbeitsvertragsrichtlinien der karitativen Werke Loyalitätsanforderungen vor. § 4 Abs. 2, 3 AVR der Caritas lautet beispielsweise: „Bei der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben sind die allgemeinen und für einzelne Berufsgruppen erlassenen kirchlichen Gesetze und Vorschriften zu beachten. Der Dienst in der katholischen Kirche erfordert vom katholischen Mitarbeiter, dass er seine persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen der katholischen Kirche einrichtet. Die persönliche Lebensführung des nichtkatholischen Mitarbeiters darf dem kirchlichen Charakter der Einrichtung, in der er tätig ist, nicht widersprechen.“Aus dem Bereich des Krankenhauses ist die Bestimmung eines Vertrages zwischen einem Chefarzt und dem Träger eines Krankenhauses – einem katholischen Orden – bekannt, in der es hieß:503„Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, daß als wichtiger Grund i.S. des § 626 BGB insbesondere auch Tatbestände in der Person oder im Verhalten des Chefarztes anzusehen sind, die angesichts des katholischen Charakters des Krankenhauses von besonderem Gewicht sind und eine weitere Tätigkeit des Chefarztes für den Krankenhausträger unzumutbar machen. Dazu gehört auch – ohne Rücksicht auf gesetzliche Regelungen – jede auf einen Schwangerschaftsabbruch oder auf eine Sterbehilfe gerichtete ärztliche Tätigkeit, die nicht im Einklang mit den Vorschriften der katholischen Kirche steht.“ Zudem war festgehalten, dass der Arzt bei der Erfüllung seiner Aufgaben in seiner „ärztlichen Verantwortung bei Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz – auch dem kirchlichen – unterworfen“ ist. In diesem Vertag wurde die

501

Von den Grenzen der Loyalitätsobliegenheiten zu unterscheiden, ist die Frage danach, welche Konsequenzen im Einzelfall aus einem Verstoß gegen sie folgen. Beispielsweise bedarf es für eine Kündigung einer Interessenabwägung (EGMR, EuGRZ 2011, S. 560 ff., 571 ff.). Dabei könnte überlegt werden, in die Abwägung einzustellen, dass bestimmte Anforderungen für den Arzt aufgrund seiner gegenüber dem Patienten übernommenen Verantwortung unannehmbar seien, so H. Otto, EWiR 1994, S. 463 (464). 502 Die AVR wirken trotz ihrer Tarifvertragsähnlichkeit nicht normativ, vgl. BAG, NZA 2006, S. 611 (615 f.). 503 Zitiert nach BAG, NJW 1994, S. 3032 (3032); ähnlich ein Vertrag zitiert bei LAG Düsseldorf, MedR 2011, S. 169 (169).

218

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

ärztliche Tätigkeit, die nicht im Einklang mit den katholischen Vorschriften steht, mit einer Kündigung sanktioniert. bb) Anforderungen betreffend den Lebensanfang Die soeben dargestellte Klausel zwischen dem Krankenhaus in katholischer Trägerschaft und einem Chefarzt verdeutlicht, dass die katholische Kirche ihren Beschäftigten die Teilnahme an einem oder das Eintreten für einen Schwangerschaftsabbruch untersagt, so auch § 5 Abs. 2 Nr. 1 GrOrdkathK. Hier wird ein Widerspruch zu den oben bestimmten Grundprinzipien der Rechtsordnung verneint. Wenn ein Arzt bereits öffentlich für die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs eintritt, ist sogar eine Kündigung gerechtfertigt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Anschluss an das noch anders lautende Urteil des Bundesarbeitsgerichts504 entschieden, dass einem Arzt, der gegen die Loyalitätsobliegenheiten verstößt, indem er öffentlich gegen das Verbot der Abtreibung Stellung nimmt, verfassungsgemäß gekündigt werden könne, da dies von der kirchlichen Lehre und dem kirchlichen Selbstverständnis als Verbrechen505 eingeordnet werde. Nicht erforderlich ist dabei, dass sich die Loyalitätsanforderungen nur an solche Arbeitnehmer richten, die der spezifisch kirchlichen Aufgabe nahestehen.506 Es bleibt danach grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was „die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert“, was „spezifisch kirchliche Aufgaben“ sind, was „Nähe“ zu ihnen bedeutet, welches die „wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre“ sind und was als – gegebenenfalls schwerer – Verstoß gegen diese anzusehen ist. „Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine ,Abstufung‘ der Loyalitätspflichten eingreifen soll, ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit.“507 cc) Sicherstellung der Loyalität bezüglich der Vorstellung am Lebensende Die Vorstellungen der Religionsgemeinschaften zum Lebensende könnten mit einer Loyalitätsobliegenheit zusätzlich zu der Leistungstreuepflicht gesichert werden. Mit den Vorschriften und der Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche ist es nicht vereinbar, wenn bei Wachkomapatienten oder Demenzkranken die künstliche Ernährung abgebrochen oder nicht begonnen wird. Dies ergibt sich, wie 504

BAG, NJW 1984, S. 826 (829). c. 1398 CIC/1983. 506 BVerfG, E 70, 138 (165 ff.) – Loyalitätspflicht. Vgl. zu der Frage nach der Funktionsspezifizität einer Tätigkeit auch BAG, E 34, 195 (205 f.); BAG, NJW 1984, S. 826 ff. 507 BVerfG, E 70, 138 (168) – Loyalitätsplicht. Die Kirchen haben diese Aufforderung zur Regelung wahrgenommen und die oben dargestellten Loyalitätskataloge geschaffen, vgl. II. 1. a) sowie b). 505

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

219

oben ausführlich erläutert,508 aus den kirchenamtlichen Stellungnahmen. Sollte ein Krankenhausarzt an einem Behandlungsabbruch mitwirken, welcher der religiösen Vorstellung widerspricht, könnte darin eine Verletzung der Loyalitätsobliegenheit gesehen werden. Wenn eine Pflegekraft fern ihres Dienstes eine Person versorgt, bei der die Behandlung außerhalb der Sterbephase abgebrochen wurde, ist darin ebenfalls eine Verletzung der Loyalitätsobliegenheiten zu sehen. Auch bei einem Vereinsbetreuer509 wäre eine übernommene Betreuung entgegen den Vorstellungen des Vereins entsprechend treuwidrig. Denn dadurch würden die Verhaltensweisen, die im Arbeitsverhältnis ausgeschlossen sind, in den privaten Bereich verlagert, was der Glaubwürdigkeit der Einrichtung und ihrer Religionsgemeinschaft schaden würde. Um in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Betreuungsvereinen den Beschäftigten zu verdeutlichen, was von ihnen verlangt wird, sollte eine Klarstellung510 durch die religionsgemeinschaftlichen Gremien erfolgen, welche Vorstellungen am Lebensende mit dem religiösen Verständnis vom Leben und dessen Grenzen nicht mehr vereinbar sind und welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen sich daran anschließen könnten. Vor dem Hintergrund einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist dies auch im Interesse der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen. c) Konsequenzen eines Verstoßes gegen Loyalitätsobliegenheiten Die Ärzte wären für den Fall des Vorliegens von Loyalitätsobliegenheiten zwar nicht gehindert, einen Abbruch vorzunehmen und der Betreuer und die Pflegekraft nicht gehindert, die Person dennoch privat zu betreuen oder zu pflegen, aber sie müssten mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen, als ultima ratio sogar mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses.511 Dazu müssten die Loyalitätsobliegenheiten dem bei der karitativen Einrichtung Beschäftigtem aber zumutbar sein. Die Loyalitätsanforderungen müssen schließlich die oben aufgezeigten Grenzen des Willkürverbots sowie der guten Sitten und des ordre public beachten. aa) Keine willkürliche Anforderung Ein Verstoß gegen das Verbot der Willkür liegt nicht vor. Verhaltensanforderungen an die Mitarbeiter in karitativen Einrichtungen, die sich auf Behandlungsmethoden, ärztliche und pflegerische Leistungen beziehen, sollen sicherstellen, dass die in einer karitativen Einrichtung ausgeübten Tätigkeiten auch den religiösen 508

Vgl. 2. Kap. B. III. Vgl. oben D. III. 2. 510 Ähnlich bereits Dütz, NJW 1994, S. 1369 (1369 f.). 511 § 5 Abs. 1 GrOrdkathK führt dazu folgende Konsequenzen eines Verstoßes gegen Loyalitätsobliegenheiten auf: „klärendes Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere Maßnahme (z. B. Versetzung, Änderungskündigung)“. 509

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

Vorstellungen entsprechen. Dem religiösen Auftrag soll nicht zuwider gehandelt werden. Darin ist ein sachlicher Grund zu erkennen, der Willkür ausschließt. bb) Verstoß gegen die guten Sitten und den ordre public Möglicherweise verstößt die Anforderung aber gegen die guten Sitten. Ziel der Loyalitätsanforderung ist es, das Leben des Patienten weiter zu erhalten und dessen Leben damit zu schützen. Das entspricht sogar der verfassungsrechtlichen Bewertung aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zum Lebensschutz, weswegen ein Verstoß gegen die guten Sitten fern liegt. Jedoch führt die Klausel dazu, dass derjenige, der gegen den Willen des Patienten weiter behandelt oder weiterbehandeln lässt, das Selbstbestimmungsrecht des Patienten missachtet. Die Rechtsordnung sieht vor, dass sich dadurch strafbar gemacht werden kann.512 Aus diesem Grund kann für den Arzt eine Unzumutbarkeit der Loyalitätsanforderungen vorliegen. Zudem kommt in § 1901a BGB die gesetzliche Wertung zum Ausdruck, dass der Wille des Patienten unabhängig von Art und Stadium einer Krankheit laut Abs. 3 verbindlich ist. Der Umstand, dass gemäß § 1901a Abs. 1 S. 1, 2, Abs. 4 BGB ausdrücklicher Adressat dieser Bestimmung der Betreuer beziehungsweise Bevollmächtigte ist, ändert daran nichts, denn dem Gesetz liegt jedenfalls insgesamt die Wertung der Verbindlichkeit des Patientenwillens zugrunde.513 Würde von kirchlichen Mitarbeitern über eine arbeitsvertragliche Einbeziehung entsprechender Loyalitätsobliegenheiten verlangt, dass sie die Lehrmeinung der Religionsgemeinschaft am Lebensende bei der Behandlung und Pflege von Personen zu realisieren haben und deswegen dem Willen des Patienten nur dann Folge zu leisten haben, wenn die verlangten Handlungen mit den Vorstellungen der Religionsgemeinschaft vereinbar sind, so läge darin eine Aufforderung, sofern die Situation es erfordert, eine strafbare beziehungsweise deliktische Handlung zu begehen. Aufgrund der Verbindlichkeit auch des antizipativen Patientenwillens ist eine entgegen dem Patientenwillen durchgeführte Behandlung aber rechtswidrig.514 Wird entgegen dem Patientenwillen gehandelt, so kommt eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung in Betracht.515

512

Vgl. 2. Kap. B. II. 2. Ob hingegen deswegen auch der Arzt und das Pflegepersonal Adressat der Patientenverfügung sind, oder nur der Betreuer, muss hier nicht entschieden werden. Eine umfassende Bindung wird angenommen in BT-Drs. 16/8442, S. 11, sowie von Diederichsen, in: Palandt, BGB71, § 1901a Rdnr. 20, 24; Reus, JZ 2010, S. 80 (82); Bindung nur des Arztes angenommen bei Renner, ZNotP 2009, S. 371 (375); wohingegen E. Albrecht/A. Albrecht, MittBayNot 2009, S. 426 (433) m. w. Nachw. darlegen, dass nur der Betreuer bzw. Bevollmächtigte Adressat der Patientenverfügung ist. 514 OLG München, NJW-RR 2002, S. 811 (811). 515 Dazu 2. Kap. B. II. 2.a). 513

F. Sicherstellung religiöser Vorstellungen

221

Da sich eine Sittenwidrigkeit bei einer Vereinbarung, die die Begehung von Straftaten zum Inhalt hat, zweifelsohne feststellen lässt,516 können entsprechende Loyalitätsobliegenheiten von den Religionsgemeinschaften nicht gefordert werden.517 Hier setzt das ,für alle geltende Gesetz‘ der Selbstbestimmung eine Grenze. Das deutsche Strafrecht stellt darüber hinaus eine Form des ordre public dar:518 Was einen Straftatbestand verwirklicht, kann von staatlicher Seite nicht akzeptiert werden; es steht nicht zur Disposition der Strafrechtsunterworfenen.519 Eine Loyalitätsanforderung, die einen eventuellen Strafrechtsverstoß verlangt, kann von den staatlichen Gerichten nicht beachtet werden.520 Verlangt der Patient in einer Patientenverfügung einen Behandlungsabbruch auch für den Fall, dass er sich noch nicht im Sterbeprozess befindet, also beispielsweise bei einem Wachkoma oder einer schweren Demenz, so darf diesem Willen nicht zuwider gehandelt werden. Auch der Betreuer ist per Gesetz dazu verpflichtet, dem Willen des Patienten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Die Religionsgemeinschaft darf in diesen Fällen nicht verlangen, dass sich die Arbeitnehmer an die religiöse Lehrmeinung halten und sich damit gegen das staatliche Verbot wenden müssten.

III. Nur bedingte Eignung der Sicherstellung im Rahmen des kirchlichen Arbeitsrechts Die besonderen Möglichkeiten, die das kirchliche Arbeitsrecht eröffnen, stoßen für den Fall eines Behandlungsabbruches im Sinne der ,passiven Sterbehilfe im weiteren Sinne‘ an ihre Grenzen. Von Arbeitnehmern kann nicht verlangt werden, dass sie sich gegen den Patientenwillen stellen und weiterbehandeln. Es ist ihnen aber zumutbar, die Versorgung zu beenden und auch einen Behandlungsabbruch nicht zu begleiten oder umzusetzen, wenn die Maßnahme in der Einrichtung nicht durchgeführt werden muss. In Pflegeeinrichtungen und bei Betreuungsvereinen ist dies der Fall. Dann besteht auch eine Obliegenheit als Privatperson einen Abbruch nicht zu begleiten oder umzusetzen. Vereinsbetreuer und Pflegekraft in einer Pflegeeinrichtung ist es in diesem Rahmen also zumutbar, den Anforderungen zu entsprechen und die religiösen Vorstellungen zu wahren. Von einem Krankenhausarzt hingegen kann nicht verlangt werden, sich an die religiöse Anforderung zu halten, weil eine Pflicht zum Abbruch der Behandlung besteht. Muss das Krankenhaus behandeln, so 516 Vgl. BGH, NJW 1995, S. 2026 (2027); Sack/Fischinger, in: Staudinger, BGB, § 138 Rdnr. 666 ff. (Neubearbeitung 2011); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, § 18 2b, S. 368; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rdnr. 42. 517 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob § 134 BGB oder § 138 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages führt. 518 Rohe, JZ 2007, S. 801 (805). 519 Waldhoff, in: Ständige Deputation des 68. Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Band I, S. D 166, 169. 520 Vgl. oben F. 4.

222

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

kann auch der Arzt nicht angehalten werden, beispielsweise die Versorgung zu verweigern.521 Der Arzt muss behandeln, weil es Auftrag des Krankenhauses ist und weil er sich sonst strafbar machen würde. Würde hier Loyalität von der Religionsgemeinschaft gefordert, würde der Arzt auch die Pflicht zur ärztlichen Behandlung, die dem Krankenhaus auferlegt ist, verletzen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob es den Beschäftigten unzumutbar ist, sich als Privater beispielsweise nicht öffentlich gegen die kirchliche Sicht aussprechen zu dürfen. Für den Fall der Situation am Lebensanfang hat das Bundesverfassungsgericht bei einem Arzt eine Zumutbarkeit angenommen.522 Es ist ihnen zumutbar, entsprechende Äußerungen in der Öffentlichkeit zu unterlassen.523 Bewegen sich die arbeitsrechtlichen Instrumente also in dem hier vorgestellten Rahmen, dann können sie einen, wenn auch nicht umfassenden, Beitrag zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in einer karitativen Einrichtung leisten. Allerdings, und diese Lehre müssen Arbeitsgerichte und Einrichtungsträger aus den Urteilen des EGMR zur Kündigung bei kirchlichen Arbeitsverhältnissen ziehen, ist bei Verletzung der Loyalitätsobliegenheiten ein behutsamer Rechtsfolgenausspruch zu wählen.

G. Umstrukturierung der karitativen Tätigkeit und Einrichtungen Ein weiterer Lösungsansatz zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in einer karitativen Einrichtung könnte in der Umstrukturierung der karitativen Tätigkeit liegen. Während bislang die Einrichtungsträger vornehmlich als Verein, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Stiftung oder GmbH organisiert sind, könnten sich in Zukunft zunehmend Genossenschaften neubilden beziehungsweise die Einrichtungsträger dazu umwandeln.524 Die eingetragene Genossenschaft ist nach § 1 Abs. 1 GenG525 darauf ausgerichtet, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder 521

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Arzt wegen individueller religiöser oder gewissenhafter Bedenken die weitere Behandlung verweigern und an einen anderen Arzt (des Krankenhauses) übertragen kann, so Hufen, NJW 2011, S. 849 (853). 522 BVerfG, E 70, 138 ff. – Loyalitätspflicht. 523 Die Situation am Lebensende unterscheidet sich vom Lebensanfang dadurch, dass die Positionen der Religionsgemeinschaften wesentlich deutlicher sind. So sieht für den Bereich der katholischen Kirche der CIC/1983 in c. 1398 direkt vor, dass einem Abbruch der Schwangerschaft eine Exkommunikation folge. Für den Bereich am Lebensende sind die Ansichten wesentlich differenzierter. Nur für den Fall der aktiven Sterbehilfe sind die Positionen relativ eindeutig. 524 Die Anregung, auch in diese Richtung Lösungsansätze zu suchen, gab Prof. Dr. Stefan J. Geibel, Maître en droit, auf dem Seminar zum Kirchen- und Staatskirchenrecht am 26. Januar 2011 in Heidelberg. 525 Genossenschaftsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I, S. 2230), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I, S. 1102).

G. Umstrukturierung der karitativen Tätigkeit und Einrichtungen

223

deren soziale oder kulturelle Belange zu fördern. Die medizinische, pflegerische oder betreuende Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen stellt einen sozialen Belang dar, so dass ein genossenschaftlicher Förderzweck vorliegt.526 Ein bislang als Verein, GbR oder GmbH organisierter Einrichtungsträger, der sich die Versorgung von Mitgliedern zur Aufgabe macht, würde diese gesetzliche Zweckanforderung erfüllen, so dass die Tätigkeit auch in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft (eG) ausgeübt werden könnte. Um sich nun nur im Rahmen der religiösen Vorstellungen (vom Leben und Sterben) betätigen zu müssen, könnte die Satzung die Geschäfte an die religiösen Vorgaben der Religionsgemeinschaften koppeln und die Tätigkeit insofern auf religiös-konforme Handlungen begrenzen. Damit könnte durch eine Umwandlung der karitativen Träger eine Orientierung an den religiösen Maximen gesichert werden. Der Gründung einer Genossenschaft steht nicht entgegen, dass die Mitglieder, die soziale Hilfe benötigen, für gewöhnlich nicht in der Lage sein werden, die entsprechenden hohen finanziellen Mittel aufzubringen. Für die erforderlichen Investitionen der Einrichtungen können seit der Reform des Genossenschaftsrechts im Jahr 2006 auch investierende Mitglieder527 per Satzung zugelassen werden, vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 GenG, die einen Großteil des erforderlichen Kapitals aufbringen könnten. Mitglieder einer Genossenschaft können auch Körperschaften oder Personengesellschaften sein.528 Auch die Frage, ob Genossenschaften steuerrechtlich privilegiert werden können, wird bejaht,529 so dass sich daraus kein Einwand gegen die Gründung einer Genossenschaft ergibt. Allerdings ist die Umstrukturierung auf Genossenschaften im Ergebnis nicht zielführend, denn die gesetzliche Zweckbegrenzung auf Mitgliedergeschäfte widerspricht dem theologischen Verständnis. Der Zweckbegrenzung nach sollen sich die Geschäfte der Genossenschaft auf die Förderung der sozialen Belange der Mitglieder beziehen. Zwar können Nichtmitgliedergeschäfte gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG in der Satzung zugelassen werden, jedoch dürfen sie nicht den Hauptzweck bilden.530 Die karitative Tätigkeit soll aber eben nicht auf Personengruppen begrenzt

526

Zum selbstständigen Hauptzweck der Förderung sozialer und kultureller Belange der Mitglieder Geibel, in: Henssler/Strohn (Hrsg.), Gesellschaftsrecht, GenG, § 1 Rdnr. 6; Schulte, in: Lang/Weidmüller (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz, § 1 Rdnr. 2; kritisch zum Begriff und zur Reichweite von „sozial“ Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 1 Rdnr. 15. 527 Dazu Kober, ZfgG 60 (2010), S. 37 ff. 528 Helios, in: ders./Strieder (Hrsg.), Handbuch der Genossenschaft, § 1 Rdnr. 5; Geibel, in: Henssler/Strohn (Hrsg.), Gesellschaftsrecht, GenG, § 1 Rdnr. 36. 529 Hippeli/Matheis, ZfgG 59 (2009), S. 234 (240 ff.). 530 Geibel, in: Henssler/Strohn (Hrsg.), Gesellschaftsrecht, GenG, § 8 Rdnr. 6; Fandrich, in: Pöhlmann/ders./Bloehs, GenG, § 8 Rdnr. 8; Helios, in: ders./Strieder (Hrsg.), Handbuch der Genossenschaft, § 1 Rdnr. 10. Zu den auch ohne Satzungsausnahme zugelassenen Geschäften Schulte, in: Lang/Weidmüller (Hrsg.), Genossenschaftsgesetz, § 8 Rdnr. 10.

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5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

sein, sondern sich an alle „Nächsten“531 richten, die Hilfe bedürfen. Durch eine genossenschaftliche Organisation könnte dies unmittelbar nicht erreicht werden, denn dazu müsste der Nächste noch Mitglied werden. Selbst wenn das theologische Verständnis überwunden wird oder die Genossenschaftsanteile von nur ganz geringer Höhe sind, sind auch für den Fall, dass der Einrichtungsträger genossenschaftlich organisiert ist, die Einwände, die sich bereits bei der Untersuchung der Vertragsgestaltung offenbart haben,532 diesem Lösungsansatz entgegenzuhalten. Denn auch die genossenschaftlich organisierten karitativen Einrichtungen müssten sich in das sozialrechtliche Gefüge einordnen. Auch diese Einrichtungen müssten zur Versorgung der Versicherten zugelassen werden, womit grundsätzlich eine Versorgungsverpflichtung einhergeht. Diese Versorgungsverpflichtung kann für das Zweckgeschäft der karitativen Genossenschaft mit Mitgliedern oder das Nichtmitgliedergeschäft533 in Pflegeeinrichtungen, bei dem es wiederum eines Aufnahmevertrages bedarf, zwar wie gesehen ausgeschlossen werden. Aber bei Krankenhäusern ergibt sich auch hier keine andere Zulässigkeit des Ausschlusses religionswidriger Leistungen. Daran ändert die genossenschaftliche Satzungsbestimmung nichts. Theoretisch wäre zwar eine private Versorgung außerhalb des Sozialrechts möglich, aber dann würde den vielen gesetzlich Versicherten die karitative Hilfe nicht zukommen können oder finanzielle Mittel müssten in einer eher unrealistischen Höhe von den Religionsgemeinschaften selber oder durch Spenden aufgebracht werden. Wenngleich die Organisationsform der eingetragenen Genossenschaft für die soziale und karitative Arbeit grundsätzlich offen steht und diese Rechtsform für die Zukunft eine alternative Organisation darstellt, so kann sie in dem hier zu untersuchenden Fall keinen zusätzlichen Beitrag zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in den Einrichtungen leisten.

H. Lösungsansätze außerhalb des Rechts Im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Betrachtung liegt es nahe, rechtliche Lösungen zu finden. Dennoch sollte auf Lösungsansätze außerhalb des Rechts und solche, die rechtliche Ansätze begleiten, hingewiesen werden. Als wesentliches Element bei dem Versuch, eine Lösung für die Kollision der Vorstellungen zu finden, ist der Dialog zwischen den Beteiligten zu nennen. Kommunikation zwischen der 531 Die Exegese des Wortes „Nächster“ ergibt, dass es sich um den Nahestehenden handelt, unabhängig davon, ob er Mitglied des Volkes Israel ist; auch Fremde sind als Nahestehende zu begreifen, vgl. Haslinger, Diakonie, S. 227 ff. Papst Benedikt XVI., Enzyklika ,Deus caritas est‘, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 171, S. 48, betont, dass die Kirche ein Ort der gegenseitigen Hilfe und Dienstbereitschaft für all diejenigen, die Hilfe bedürfen, sein müsse, „auch wenn diese nicht zur Kirche gehören.“ 532 Vgl. in diesem Kapitel C. IV. 5. sowie 6. 533 Zu den Geschäftsbeziehungen der eG vgl. Helios, in: ders./Strieder (Hrsg.), Handbuch der Genossenschaft, § 1 Rdnr. 19, 22.

I. Fortführung der karitativen Arbeit

225

Kirche im Allgemeinen und als Wahrer der kirchlichen Vorstellungen auch der karitativen Einrichtungen auf der einen Seite sowie den Patientenverbänden und Patienten auf der anderen Seite ist wichtig, um die Verhältnisse und Vorstellungen zu offenbaren und das Konfliktpotential offenzulegen. Zum einen ist eine generelle Diskussion über die Situation am Lebensende und die Gründe der Religionsgemeinschaften, unbeschränkte Patientenverfügungen nicht anzuerkennen, zu führen. Hierbei sollte immer auch eine Rückkopplung zu aktuellen medizinischen Erkenntnissen erfolgen, um beispielsweise die Situation von Wachkomapatienten oder Patienten mit Demenz im fortgeschrittenen Stadium zu berücksichtigen. Dazu hat eine öffentliche Auseinandersetzung mit Darstellung und Erläuterung der jeweiligen Standpunkte stattzufinden. Zum anderen ist der Dialog zwischen Einrichtung und Patient zu suchen. Einen Beitrag dazu leisten auch die Ethik-Konsile und Komitees der karitativen Einrichtungen. Der Dialog ist insbesondere beim Aufnahmegespräch zu führen. Dabei sollte eine Einrichtung nach einer Patientenverfügung und deren Reichweite fragen. Dies geschieht bereits in einigen Einrichtungen formalisiert bei der Aufnahme eines Patienten oder eines Pflegebedürftigen.534 Es sollte aber ein „behutsamer Umgang“535 gefordert werden, denn Sterben und Tod stellen in der Gesellschaft noch immer kein Thema dar, über das sich jeder Mensch unterhalten will. Wer als 20jähriger in ein Krankenhaus aufgenommen wird, sieht sich persönlich mit dieser Fragestellung vielleicht nicht konfrontiert, beispielsweise wenn er sich nur zur Behandlung einer Blinddarmentzündung in das Krankenhaus begibt. Sollte sich herausstellen, dass eine vorhandene Patientenverfügung oder die Vorstellung eines Patienten im Widerspruch zur Lehre der Religionsgemeinschaft steht, sollte ein Gespräch zwischen dem Personal der Einrichtung und dem Patienten beziehungsweise dessen Vertreter gesucht werden.536 Für den Leistungsausschluss bei Pflegeeinrichtungen537 ist ein offensiver Umgang mit der Wertungsdifferenz ohnehin aus rechtlicher Sicht erforderlich.

I. Fortführung der karitativen Arbeit ohne besondere Vorkehrungen zur Sicherung des Selbstverständnisses Neben den aufgezeigten Möglichkeiten, einen Widerspruch der karitativen Praxis zu den religiösen Verlautbarungen zu vermeiden, indem sich entweder die Religionsgemeinschaften und ihre karitativen Einrichtungen aus dem spannungsgeladenen Bereich zurückziehen (so die unter A. diskutierte Gestaltungsmöglichkeit), oder die 534 So bspw. im Marienhospital Düsseldorf, das dem Katholischen Krankenhausverband Düsseldorf (KKVD) zugehörig ist. 535 Neszmélyi, Patientenverfügungen – Möglichkeiten des Umgangs, S. 50. 536 Neszmélyi, Patientenverfügungen – Möglichkeiten des Umgangs, S. 51. 537 Vgl. in diesem Kapitel C. IV. 5.

226

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

übrigen Lösungsansätze verfolgt werden (so die unter C. aufgezeigte vertragliche Gestaltung des Benutzungsverhältnisses oder die unter D. untersuchte Nutzung der betreuungsrechtlichen Einflussmechanismen in Verbindung mit den Zugehörigkeitsentscheidungen der Religionsgemeinschaft unter E., oder die arbeitsrechtliche Ausgestaltung gemäß den Ausführungen bei F.), bleibt als Möglichkeit auch die schlichte Nicht-Reaktion. Die karitativen Einrichtungen könnten ihre Tätigkeit wie bisher ausüben, selbst wenn sich die Grundlagen der Arbeit in den Krankenhäusern, den Pflegeeinrichtungen und im Betreuungsverein so ändern, dass die Praxis im Widerspruch zur Lehre steht. Fraglich ist jedoch, ob die Religionsgemeinschaften nicht gehalten sind, ihr Selbstverständnis auch zu verwirklichen und in den Einrichtungen zur Geltung zu bringen. Insbesondere stellt sich die Frage nach den Konsequenzen, die ein ständiges Missachten oder Umgehen des Selbstverständnisses der Religionsgemeinschaften in karitativen Einrichtungen mit sich bringen würde. Zwar wird grundsätzlich nicht nur das Bilden des Selbstverständnisses sondern auch der Umgang und die Pflege des Selbstverständnisses eine Entscheidung sein, die allein die Religionsgemeinschaften zu treffen haben. Gleichwohl ist zu beachten, dass wenn das Selbstverständnis nicht mehr gelebt und verwirklicht werden würde, dies zu einem Verlust der Sonderstellung der Religionsgemeinschaften führen könnte.538 Die, bei Abwägungen vorzunehmende, Gewichtung kirchlicher Belange könnte dadurch ganz allgemein abnehmen.539 Auch in finanzieller Hinsicht könnte es zu einer Änderung der Staatspraxis, beispielsweise bei der Unterstützung der diakonischen Arbeit kommen.540 Andere hingegen reduzieren den Maßstab ein wenig: Es könne den Religionsgemeinschaften nicht verwehrt werden, sich an hohen Idealen auszurichten und idealisierte Ansprüche an sich und ihre Mitglieder zu stellen, es müsse aber zumindest ein Bemühen sichtbar werden, dass sie ihr eigenes Wirken an diesen Idealen auszurichten versuchen.541 Andernfalls würde ein Glaubwürdigkeitsdefizit entstehen, das sich bei der Rechtsanwendung äußern könnte. Jedenfalls wird immer wieder darauf hingewiesen, dass sich in einer von Abwägung geprägten Rechtsanwendung die „Gewichtung der kirchlichen Belange“ geändert hat und sich weiter ändern kann.542 Diese sich aus kirchlicher Sicht als ,Gefahr‘ darstellende 538

Bspw. Schlaich, Neutralität als Verfassungsprinzip, S. 207, der lediglich das verwirklichte Selbstverständnis in den Normbereich des Staatskirchenrechts stellt; ferner BVerwG, E 61, 152, (160): „Inhaltlich geht es nicht bloß um ein abstraktes Bekenntnis, sondern vor allem um das konkrete Wirken in einer religiösen Gemeinschaft, also um ein verwirklichtes Bekenntnis.“ In diesem Fall ging es um den Bekenntnisbegriff des § 11 Abs. 1 Nr. 3 WPflG und ob die Scientology Kirche Deutschland – Hubbard Scientology Organisation München e.V. ein Bekenntnis in diesem Sinne darstellt. Vgl. auch Isensee, in: Festschrift Listl 70, S. 67 (80): „Die realen Voraussetzungen des Staatskirchenrechts bilden sich zurück.“; ders., in: Marré/Stütting (Hrsg.), Essener Gespräche 25, S. 104 (127); a.A.: Leisner, DÖV 1977, S. 475 (479). 539 Vgl. den Hinweis bei Muckel, GesR 2008, S. 21 (22). 540 Ehlers, ZevKR 45 (2000), S. 201 (214). 541 Isak, Das Selbstverständnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften, S. 148 f.; besonderer Bezug auf die Caritas bei Geiger, Das Selbstverständnis katholischer Einrichtungen, S. 4. 542 Muckel, GesR 2008 S. 21 (22).

J. Ergebnis

227

Situation sollte nicht verkannt werden, sondern vielmehr durch eine stringentere religiös orientierte Ausrichtung der karitativen Einrichtungen, wenn auch nicht gebannt, so zumindest nicht geschürt werden.543 Eine Fortführung der karitativen Arbeit ohne besondere Vorkehrungen für die Einhaltung der religiösen Vorstellungen stellt folglich erst einmal ein internes Problem der Religionsgemeinschaften selbst dar. Sie leisten damit einen Beitrag zur „Selbstsäkularisierung“.544 Wenn die Religion nicht mehr erkennbar ist, kann sich aber auch das Verhältnis zwischen „pseudo“-karitativen Einrichtungen und Staat und damit auch insgesamt zwischen Religionsgemeinschaften und Staat verändern.

J. Ergebnis Die in diesem Kapitel untersuchten und erläuterten Lösungsansätze zeigen, dass der freiheitliche Gestaltungsraum für die karitative Betätigung von zwei Akteuren ausgefüllt werden kann. Zum einen reichen die verfassungsrechtlich gewährten Freiheitsräume so weit, dass die Einrichtungsträger und ihre Verbände selber die Achtung des religiösen Verständnisses zur Geltung bringen können. So hat sich bei der Untersuchung der Vertragsgestaltung gezeigt, dass die einfachen Gesetze hier bestimmte Spielräume belassen, die von den karitativen Einrichtungsträgern und den Verbänden genutzt werden können.545 Gegebenenfalls, und hier kommt dann der zweite Akteur ins Spiel, müssen diese Gestaltungsräume aber auch dann ausgefüllt werden, wenn die Religionsgemeinschaften die Ausnutzung dieses Gestaltungsraumes als Voraussetzung für ihre Zugehörigkeit festlegen.546 Kommen die Einrichtungen dieser Anforderung nicht nach, so könnte ihnen womöglich die Zugehörigkeit verweigert werden. Darüber hinaus kann die Religionsgemeinschaft auch Anforderungen an das Personal stellen, das in einer karitativ-kirchlichen Einrichtung tätig wird.547 Gleichwohl stößt der Gestaltungsraum immer wieder an Grenzen. Da die Einrichtungen eben in der Welt tätig werden, und diese Umwelt durch Pluralität gekennzeichnet ist, bleibt es nicht aus, dass die religiösen Vorstellungen sich nicht immer voll verwirklichen lassen.548 Sie können mit anderen Zielen und Aufgaben des Staates konkurrieren und ihnen auch nachgeordnet sein. Staat und Kirche sind eben nicht eins, sondern sie sind – aus guten Gründen – getrennt. Die Auseinandersetzung 543 Ähnlich auch die Mahnung bei Muckel, GesR 2010, S. 503 (504 f.), anlässlich des Urteils der Apostolischen Signatur vom 31. März 2010 zu der Frage nach der Anwendung der Grundordnung. 544 Isensee, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1996, S. 47 (65). 545 Vgl. unter C. IV. 5. betreffend der Aufnahmevertragsgestaltung in einer Pflegeeinrichtung, D. betreffend Betreuungsvereinen. 546 Vgl. unter E. 547 Vgl. unter F. 548 Vgl. unter C. IV. 6. betreffend die Behandlungsvertragsgestaltung im Krankenhaus.

228

5. Kap.: Inanspruchnahme des freiheitlichen Gestaltungsraums

mit Lösungsansätzen zeigt aber, dass die karitativen Einrichtungen und die Religionsgemeinschaften über Möglichkeiten verfügen, ihre religiösen Vorstellungen jedenfalls bei der karitativen Pflege und Betreuung in Fragen betreffend das Leben und seine Grenzen nicht zu verletzen. Und so steht am Ende der Betrachtung der konkreten Wertungsdifferenz zwischen Religionsgemeinschaften und Staat beziehungsweise der Gesellschaft sowie der Lösungsansätze die Erkenntnis, dass es zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen keinen Sieger und keinen Verlierer gibt. Stattdessen finden sich ausgleichende Lösungsansätze, mit denen in weiten Teilen erreicht werden kann, dass der Wille des Patienten umgesetzt wird, dabei aber die religiösen Vorstellungen der Einrichtungsträger nicht in allen Fällen missachtet werden müssen. Für den Bereich der Pflege und Betreuung können in weiten Bereichen Vorkehrungen getroffen werden. Im Krankenhaus stößt das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften aber an seine Grenzen, weil hier ein besonders dichtes staatliches Regelungsnetz besteht. Die in diesem Kapitel diskutierten Möglichkeiten, die teilweise auch ein Überdenken und gegebenenfalls Ändern der bisherigen Praxis mit sich bringen, können genutzt werden, um einer Selbstsäkularisierung entgegenzutreten. Es wurden nur Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt. Mehr kann das Recht hier nicht leisten. Jetzt sind die Religionsgemeinschaften und die Einrichtungen gefragt.

Zusammenfassung und Ausblick A. Zusammenfassung der Ergebnisse 1. Religionsgemeinschaften und staatliche Stellen agieren heute gleichzeitig auf demselben Feld: Sie sorgen sich jeweils um kranke, pflegebedürftige und alte Menschen. Im ersten Kapitel wurde die Motivation der Religionsgemeinschaften für das karitative Engagement sowie die Motivation der staatlichen Stellen für diese Form der Daseinsfürsorge dargelegt. Der Staat handelt aufgrund seiner gesetzlichen Verantwortung, die Religionsgemeinschaften aus einer religiösen Überzeugung heraus.1 Der soziale Staat und die karitativen Kirchen beziehungsweise Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen legen ihrem Handeln dabei aber jeweils unterschiedliche Wertungen zugrunde.2 Besonderes hinsichtlich der Bewertung des Lebens und seiner Grenzen differieren die Vorstellungen des Staates, die sich in den staatlichen Gesetzen niederschlagen, von denen der Religionsgemeinschaften. Die unterschiedlichen Bewertungen des Lebens und seiner Grenzen wurden in der Vergangenheit vor allem an der Diskussion um die Zulässigkeit der Abtreibung deutlich und gipfelten in dem Streit über die katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen. Mit dem medizinischen Fortschritt ist auch die Frage nach dem Lebensende in die gesellschaftliche Diskussion gerückt. Insbesondere die Fragen nach der Zulässigkeit von Sterbehilfe in ihren verschiedenen Formen und nach der Anerkennung eines antizipiert geäußerten Patientenwillens in Form einer Patientenverfügung bedurften einer Antwort durch die jeweiligen Institutionen. 2. Im zweiten Kapitel wurden folglich die Bewertungen des Lebens und seiner Grenzen durch den Staat auf der einen und die Religionsgemeinschaften auf der anderen Seite dargelegt. Die Antworten, die von Religionsgemeinschaften und Staat bezüglich des Lebensendes sowie der Situation von Sterbenden und ihrer Verfügungsmacht gefunden werden, divergieren teilweise: Der Gesetzgeber hat die Situation am Lebensende mit der gesetzlichen Verankerung der Patientenverfügung im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 1901a f. BGB) weiter liberalisiert. Eine zusätzliche Stärkung durch die Rechtsprechung erfuhr der Patientenwille dann durch das sogenannte Fuldaer Sterbeurteil vom 25. Juni 2010, in dem die Kategorie des straffreien Behandlungsabbruchs geschaffen wurde. Trotz dieser Liberalisierungsten1 Die jeweiligen Motivationen für das Handeln werden im 1. Kap. unter A. bzw. B. dargestellt. Anschließend wird unter C. das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften auf dem Gebiet der Wohlfahrt näher beleuchtet. 2 Grundsätzliches dazu, wie die Wertungen gewonnen und ermittelt werden können im 2. Kap. unter A. I.

230

Zusammenfassung und Ausblick

denzen bleibt die gezielte, aktive Tötung auf Verlangen strafbar. Während also hinsichtlich der aktiven Tötung (noch) eine Wertungskongruenz festzustellen ist, sieht die Lage im Rahmen der passiven Sterbehilfe anders aus. Für den Fall, dass der Sterbeprozess noch nicht begonnen hat, hat insbesondere die katholische Kirche ein enges Verständnis von der Zulässigkeit der Sterbehilfe und damit von der Anerkennung des Patientenwillens. Auch für den jüdischen und muslimischen Glauben konnte eine ähnliche Wertungsdifferenz festgestellt werden. Die evangelischen Kirchen haben sich überwiegend für die Zulässigkeit der Sterbehilfe in diesem Stadium ausgesprochen. 3. Auch wenn der Staat und große Teile der Gesellschaft Vorstellungen haben, die von denen der Religionsgemeinschaften abweichen, so werden deren Vorstellungen in der deutschen Rechtsordnung dennoch größtenteils akzeptiert. Diese Akzeptanz basiert auf dem im dritten Kapitel dargestellten verfassungsrechtlich gewährten Schutz der Religion und der Religionsgemeinschaften. Zum einen gewährt die Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, 2 GG das Recht, einen Glauben zu haben und nach ihm zu handeln. Dies gilt aber nur im Rahmen der verfassungsimmanenten Schranken. Zudem haben die Religionsgemeinschaften sowie die ihnen zugehörigen Einrichtungen auch die Möglichkeit, gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV über ihre eigenen Angelegenheiten selbstständig zu bestimmen, auch wenn dabei die Grenze des für alle geltenden Gesetzes zu beachten ist.3 Aus dem Grundgesetz resultiert ein freiheitlicher Gestaltungsraum für Religionsgemeinschaften und karitative Einrichtungen, der allerdings aufgrund des immer dichter werdenden Regelungsnetzes zunehmend Einschränkungen ausgesetzt ist. 4. Regelungen, die den freiheitlichen Gestaltungsraum beeinträchtigen, müssen auf ihre Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben überprüft werden. Die gesetzliche Bestimmung aus § 1901a BGB, die den Willen des Patienten als verbindlich statuiert, begrenzt die Verhaltensmöglichkeiten der Einrichtungen. Allerdings ergab die Untersuchung im vierten Kapitel, dass sowohl § 1901a Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 3 BGB als auch dessen vierter Absatz mit den verfassungsrechtlichen Bestimmungen vereinbar sind. Es werden mit diesen Regelungen jeweils Rechtsgüter geschützt, die im Einzelnen höherwertig sind als die Interessen der Religionsgemeinschaften. Das heißt aber zunächst nur, dass das Gesetz mit der Verfassung vereinbar ist, und nicht, dass die Auffassung der Religionsgemeinschaften als solche nicht akzeptiert werden können. 5. Sind die Religionsgemeinschaften und ihre Einrichtungen nicht gewillt, ihren Vorstellungen hinsichtlich des Lebensschutzes zuwider zu handeln, so können sie ihre Tätigkeit gegebenenfalls entsprechend anpassen. Dazu hat der Gesetzgeber bestimmte Gestaltungsräume freizuhalten, damit die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung gewahrt bleibt. Im fünften Kapitel wurde untersucht, wie dieser Gestaltungsraum fruchtbar gemacht werden kann, um zu verhindern, dass Einrich3 Zum Verhältnis von den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Religionsfreiheit und dem Selbstbestimmungsrecht vgl. im 3. Kap. den Abschnitt C.

A. Zusammenfassung der Ergebnisse

231

tungen und Religionsgemeinschaften Handlungen ausüben lassen müssen, die im Widerspruch zu den religiösen Vorstellungen stehen. 6. Ein kompletter Rückzug der religiös-karitativen Organisationen aus der Versorgung von Pflegebedürftigen und Kranken sowie Betreuungsbedürftigen wäre mit einiger Wahrscheinlichkeit für alle Beteiligten mit Nachteilen verbunden. Deshalb ist nach einer Lösung zu suchen, mit der sich ein Rückzug vermeiden lässt.4 7. Es besteht kein einfachgesetzliches oder verfassungsrechtliches Recht dazu, die Handlungen, die für einen vom Patientenwillen umfassten Behandlungsabbruch zu ergreifen sind, zu verweigern. Dies ergab die Untersuchung von möglichen Rechten zur Weigerung der Einrichtungen und des Personals, die Durchführung lebensbeendender Maßnahmen zu verweigern.5 Der Wille des Patienten ist zu beachten und umzusetzen. 8. Eine Möglichkeit, den Widerspruch zwischen den Vorstellungen der Religionsgemeinschaft und der geforderten karitativen Praxis aufzulösen, ist im Rahmen der Gestaltung der Verträge, die zwischen dem Träger und dem Benutzer einer Einrichtung geschlossen werden (Pflege-Heimvertrag und Krankenhausbehandlungsvertrag), zu suchen.6 Die Träger der Einrichtungen können sich dazu auf den im dritten Kapitel dargestellten freiheitlichen Gestaltungsraum stützen. Im fünften Kapitel7 wurde eingehend untersucht, ob und wie sich die karitativen Pflegeeinrichtungen zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen eines heimvertraglichen Leistungsausschlusses bedienen können. Es wurde aufgezeigt wie Pflegeeinrichtungen bei entsprechender Abstimmung mit den sozialrechtlichen Verträgen eine Möglichkeit hätten, sich karitativ gemäß ihren Vorstellungen vom Lebensende zu betätigen. Die Untersuchung hat betreffend die karitativen Krankenhäuser allerdings weiterhin ergeben,8 dass die Gestaltung des Vertrages im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patient nicht in der Weise erfolgen kann, dass neben dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen auch die Vorstellungen der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen Einrichtungen vollständig gewahrt sind. Das Regelungssystem ist hier für die Krankenhäuser aufgrund zweiseitiger Verträge sowie der Versorgungsverträge zu engmaschig für die vollständige Realisierung der religiösen Vorstellungen. Insgesamt zeigte sich, dass die Tätigkeit in Einrichtungen der Pflege- und Krankenversorgung einem engen Regelungssystem unterworfen sind, um die Erfüllung staatlicher Aufgaben sowie verfassungsrechtlicher Schutzpflichten sicherzustellen. Das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV, das auch das Recht umfasst, über die anzubietenden 4

Um diese Konsequenzen zu vermeiden, schließt sich dem Abschnitt A. im fünften Kapitel eine umfassende Untersuchung von Lösungsansätzen an. 5 Dazu im 5. Kap. der Abschnitt B. 6 Zum Verhältnis zwischen Benutzer der Einrichtung und dem Träger sowie den Vertragstypen und den Gestaltungsmöglichkeiten vgl. im 5. Kap. C. die Abschnitte I. bis III. 7 Unter C. IV. 5. 8 Unter C. IV. 6.

232

Zusammenfassung und Ausblick

Leistungen und darüber, wer in die Einrichtung aufgenommen wird, zu entscheiden, findet hier seine Grenzen. 9. Für das karitative Engagement in Betreuungsvereinen hingegen konnte dargelegt werden, dass das einfachgesetzliche Recht einen hinreichend weiten freiheitlichen Gestaltungsraum bietet, der es erlaubt, das Problem der unterschiedlichen Auffassungen von der Grenze des Lebens zwischen religiösem Betreuungsverein und Betreuer sowie Betreuten in den meisten Fällen zu lösen.9 Insofern kann das Spannungsfeld aufgrund einer harmonisierenden einfach-gesetzlichen Ausgestaltung zurzeit gelöst werden. Die Gesetze sehen hinreichende Möglichkeiten vor, um das religiöse Selbstverständnis zu berücksichtigen. 10. Die im Bereich der Pflege und Betreuung von kranken und alten Menschen tätigen Einrichtungen sind vorwiegend rechtlich selbständige Träger und somit organisatorisch zunächst von der Religionsgemeinschaft zu unterscheiden. Zur Sicherstellung ihres Selbstverständnisses wollen die Religionsgemeinschaften aber auf die Einrichtungen Einfluss nehmen. Im Abschnitt E. des fünften Kapitels wurde dargelegt, über welche Mechanismen die Religionsgemeinschaften verfügen, um Einfluss auf die Tätigkeiten in den Einrichtungen nehmen zu können, denn Religionsgemeinschaften und religiöse Vereinigungen existieren nicht rechtlich losgelöst voneinander. Die zwar grundsätzlich eigenständigen Einrichtungen lassen sich den Religionsgemeinschaften zuordnen und gewähren aufgrund ihrer Organisation einen Einfluss. Dadurch unterwirft sich die Einrichtung grundsätzlich auch den religiösen Vorstellungen und es kann eine Steuerung in weiten Bereichen erfolgen. 11. Als weiterer Lösungsansatz wurde im Abschnitt F. des fünften Kapitels eine Steuerung des in den Einrichtungen tätigen Personals über das sogenannte kirchliche Arbeitsrecht10 diskutiert. Es kann einen Beitrag zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen der Religionsgemeinschaften leisten, indem es die Beschäftigen einer Einrichtung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst. Die Frage, welches Verhalten (Tun oder Unterlassen) die Religionsgemeinschaften von den für sie tätigen Personen verlangen können, hängt insbesondere davon ab, welcher Gestaltungsraum den Einrichtungsträgern selber verbleibt. So ist dem Pflegenden und dem Betreuer zuzumuten, die Versorgung zu beenden und einen Behandlungsabbruch nicht zu begleiten oder umzusetzen, wenn diese Maßnahme in der Einrichtung nicht durchgeführt werden muss. Handlungen, die aus strafrechtlicher Sicht aber unzulässig sind, können auch von den Religionsgemeinschaften und ihren Einrichtungsträgern nicht erzwungen werden. 12. Eine Umwandlung der Rechtsträger in eingetragene Genossenschaften kann – wie im Abschnitt G. des fünften Kapitels dargelegt wird – keinen zusätzlichen Beitrag zur Sicherstellung der religiösen Vorstellungen in den Einrichtungen leisten. 9

Im Abschnitt D. des 5. Kapitels. Zur Wirkungsweise dieses kirchlichen Arbeitsrechts und der Frage nach der Anerkennung dieses kirchlichen Gestaltungsraums auch nach jüngeren Entscheidungen des EGMR vgl. insbesondere II. 1. und 2. 10

B. Ausblick

233

13. Abgesehen von rechtlichen Reaktionen sollten die Einrichtungen Möglichkeiten schaffen, um den Dialog mit dem Patienten oder Pflegebedürftigen direkt zu finden, um möglicherweise entstehende Missverständnisse im Vorfeld zu klären und falsche Erwartungen auszuräumen.11 14. Eine Fortführung der karitativen Arbeit ohne besondere Vorkehrungen für die Einhaltung der religiösen Vorstellungen insgesamt kann zu Folgeproblemen für die Religionsgemeinschaften führen, denn sie säkularisieren sich damit selber.12 Dies kann gegebenenfalls zu einem Verlust, jedenfalls aber zu einer Veränderung der Privilegierungen führen. 15. Die Betrachtung der konkreten Wertungsdifferenzen zwischen Religionsgemeinschaften und Staat beziehungsweise der Gesellschaft sowie deren Lösungsansätze ließ erkennen, dass es zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen keinen Sieger und keinen Verlierer gibt. Stattdessen konnten ausgleichende Lösungsansätze entwickelt werden, mit denen erreicht werden kann, dass der Wille des Patienten umgesetzt wird, dabei aber die religiösen Vorstellungen der Einrichtungsträger nicht in allen Fällen missachtet werden müssen.

B. Ausblick I. Weitere Bereiche mit Wertungsdifferenzen Die unterschiedlichen Wertungen zwischen Religionsgemeinschaften beziehungsweise den Einrichtungen und den Empfängern der Leistungen als Personen, an denen der karitative Auftrag erfüllt werden soll, wurden hier für den Bereich des Lebensendes untersucht. Dabei wurden auch Lösungsansätze präsentiert, die es ermöglichen, dass die karitativen Einrichtungen den „Widerspruch zur Umwelt“ durchhalten können. Jedoch stellt sich diese Problematik nicht nur in der hier näher untersuchten Situation, sondern auch in anderen Fällen. Damit wird deutlich, dass sich die karitativen Einrichtungen immer neuen, andersartigen ethischen Fragen stellen müssen.13 Teilweise bedarf es für die Klärung der Fragen einer genauen Analyse im Einzelfall, weil sich die Krankheitsbilder sowie die Behandlungsmethoden unterscheiden. Darüber hinaus kann sich die Beantwortung dieser Fragen aber an den hier aufgezeigten Lösungsansätzen orientieren. Somit kann die Arbeit für bereits offenbarte sowie für die sich in der Zukunft wohl noch offenbarenden Problemfelder einen Anhaltspunkt bieten und Orientierung bei dem Auffinden konkreter Lösungen für die spezifischen Felder sein. 11 12 13

Vgl. die Hinweise im Abschnitt H. des 5. Kapitels. Dazu im 5. Kap. unter I. Vgl. auch Kluth, in: Festschrift Rüfner, S. 459 (464).

234

Zusammenfassung und Ausblick

1. Die Präimplantationsdiagnostik Aktuell ist die Frage nach der Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik (PID) geworden. Hierzu hatte der Bundesgerichtshof am 6. Juli 2010 festgestellt, dass sie nicht nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 1 Embryonenschutzgesetz strafbar ist.14 Damit bestand kein gesetzliches Verbot für die Durchführung einer PID. Die Frage nach der Zulässigkeit der PID beschäftigte daran anschließend den Bundestag.15 Am 8. Juli 2011 beschloss der Bundestag das Präimplantationsdiagnostikgesetz16, das die PID in engen Grenzen erlaubt.17 Die katholische Kirche trat seit jeher gegen diese Untersuchungsmethode ein.18 Die Deutsche Bischofskonferenz sprach sich nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs eindeutig für ein klares Verbot der PID aus.19 Auch der Deutsche Caritasverband hatte sich im November 2010 dahingehend positioniert, dass eine PID nicht zulässig sein dürfe – auch nicht bei sogenannten Hochrisikopaaren.20 Ebenso hat der Rat der EKD an seiner Auffassung, dass die PID gesetzlich verboten werden müsse, festgehalten.21 Gleichwohl wird auch diese Entscheidung des Rates in die Verantwortung des Einzelnen gelegt.22 Die Kritik der Religionsgemeinschaften hielt auch nach dem Gesetzesbeschluss an. Hier treten wie bei der Frage nach dem Umfang der Verbindlichkeit des Patientenwillens neue Wertungsdifferenzen zwischen Umwelt und Religionsgemeinschaften auf. 2. Behandlungsmethoden mit einem „unerlaubten Ursprung“ Behandlungsmethoden und Behandlungsmittel beruhen teilweise auf ethisch umstrittenen Forschungen. Dabei werden beispielsweise embryonale Stammzellen zur Behandlung von Krankheiten verwendet.23 Zum Teil basiert auch die Entwick14

BGHSt 55, 191 ff. Zum Urteil des BGH und der rechtspolitischen Diskussion Kreß, ZRP 2010, S. 201 ff.; vgl. auch Kersten, JZ 2011, S. 161 (165). 16 Vom 21. November 2011 (BGBl. I, S. 2228 f.). 17 Zu den unterschiedlichen Regelungsmodellen Kreß, Hessisches Ärzteblatt 2011, S. 149 (149 ff.). 18 Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion Dignitas Personae über einige Fragen der Bioethik, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 183, S. 29 ff. 19 Deutsche Bischofskonferenz, Pressemitteilung vom 17. März 2011: Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zur Präimplantationsdiagnostik (PID), S. 4. 20 Deutscher Caritasverband e. V., Stellungnahme: Werdende Eltern und Menschen mit Behinderung unterstützen, Präimplantationsdiagnostik verbieten, S. 4. 21 Evangelische Kirche in Deutschland, Rat, Pressemittelung vom 15. Februar 2011: Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Präimplantationsdiagnostik (PID), unter II. 22 Ebd., unter III. 23 So wird an einer Methode geforscht, bei der Stammzellen einen querschnittsgelähmten Patienten wieder heilen sollen, indem sie dort eingespritzt werden, wo es zu einer Verletzung 15

B. Ausblick

235

lung von Arzneimitteln oder Impfstoffen auf der Verwendung von Material mit – aus der Sicht der katholischen Kirche – sittlich verwerflichem Ursprung. Hier enthält die Instruktion ,Dignitas Personae‘ eine gewisse Lockerung durch Abgrenzung von Verantwortlichkeiten, klärt jedoch die Lage von karitativen Einrichtungen, in denen solche Behandlungsmethoden oder Behandlungsmittel zum Einsatz kommen können, nicht.24 Insbesondere für katholische Krankenhäuser kann sich hier ein weiteres Spannungsfeld auftun. 3. Weitere Fälle der Sterbehilfe Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts mit der Verankerung der Patientenverfügung in das Bürgerliche Gesetzbuch sowie die Ausführungen des Bundesgerichtshofes im Fuldaer Sterbefall und der Einführung des Begriffs des behandlungsbezogenen Behandlungsabbruchs keine generelle Zulässigkeit der Sterbehilfe zur Folge hatte.25 Die als aktive Sterbehilfe26 bezeichneten Handlungen sind weiter aus §§ 212, 216 StGB strafbar. Die Ablehnung der Zulässigkeit der aktiven Sterbehilfe durch den Staat wird von den Religionsgemeinschaften geteilt. Die Bundesärztekammer hat auf dem 114. Ärztetag im Juni 2011 die Tötung auf Verlangen sowie die Beihilfe zur Selbsttötung ebenfalls abgelehnt und § 16 der Musterberufsordnung-Ärzte insoweit präzisiert.27 Die aktive Sterbehilfe wird gesamtgesellschaftlich – noch – abgelehnt. Nur vereinzelt werden Stimmen laut, die auch hier eine Legalisierung fordern.28 Sollten sich die befürwortenden Stimmen irgendwann durchsetzen, bietet sich für die karitativen Einrichtungen eine Lösung an, die dem Ansatz in § 12 SchKG ähnelt. Selbst wenn eine Verpflichtung zur aktiven Sterbehilfe gesetzlich geregelt werden würde, so müsste der Gesetzgeber hier im Besonderen die Grundrechte und verfassungsrechtliche Gewährleistungen berücksichtigen. Es sollte ein Weigerungsrecht – unabhängig von den Gründen – für die Mitwirkenden normiert werden. Klare Handlungen gegen das Leben können nicht verlangt werden. Ob sie aber überhaupt erlaubt

des Rückenmarks kam, vgl. P. Bethge, Spiel mit der Hoffnung, Der Spiegel 42/2010, 18. Oktober 2010, S. 188. 24 Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion Dignitas Personae über einige Fragen der Bioethik, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 183, S. 44 ff. 25 Vgl. auch Engländer, JZ 2011, S. 513 (519). 26 Gegen die weitere Bezeichnung als aktive Sterbehilfe spricht sich T. Fischer, BLJ 2011, S. 1 (2), aus. 27 Anlage zum Beschlussprotokoll zu Beschlussantrag III-01 (Muster-) Berufsordnung des 114. Deutschen Ärztetags, S. 7; dazu Ratzel/Lippert, GesR 2011, S. 536 (538). 28 So der Gesetzentwurf der Humanistischen Union, die mit ihrem Entwurf zu § 216 Abs. 2 StGB die Tötung aufgrund eines ausdrücklichen und ernstlichen Verlangens als rechtmäßig erklären möchte, Humanistische Union e.V., Selbstbestimmung am Lebensende, S. 7. Zudem Hoerster, NJW 1986, S. 1786 (1791); Kusch, NJW 2006, S. 261 ff.; Lüderssen, JZ 2006, S. 688 (691 ff.).

236

Zusammenfassung und Ausblick

werden dürfen, ist umstritten.29 Entsprechende Vorschläge werden immer wieder gemacht, haben bislang aber keine Aussicht auf eine parlamentarische Unterstützung und Zustimmung.

II. Schluss Im Ausblick bleibt folgendes festzustellen: Die Kirchen beklagen vielerorts die Abkehr der Menschen vom Glauben und den religiösen Vorstellungen, die von den Religionsgemeinschaften vertreten werden. Die Idee einer pluralistischen Gesellschaft bedeutet aber, dass verschiedene Anschauungen der Individuen geäußert, toleriert und erhalten bleiben sollen. Diesen Pluralismus können die Kirchen und ihre Einrichtungen im Gesundheits- und Wohlfahrtswesen lebendig30 halten und ihn somit auch als Chance und nicht nur als Risiko sehen.31 Die in den sozialgesetzlichen Regelungen propagierte Vielfalt der Träger von Wohlfahrtseinrichtungen ist dabei das rechtliche Anknüpfungsmoment. Diese Eigenart stellt gerade eine Chance für die Kirchen und ihre Einrichtungen dar. Die Erhaltung einer religiös-motivierten Einstellung zum Leben ist anzuerkennen, insbesondere aufgrund der besonderen Neutralitätsverpflichtung des Staates32 in religiösen Angelegenheiten seiner Bürger und der Gewährleistung der korporativen Religionsfreiheit. Und auch wenn es an einem religiösen Hintergrund fehlt, ist eine Kongruenz zwischen kirchlichen und individuellen Auffassungen möglich. Das von einem (momentanen) Mainstream abweichende Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften, das sich in einer „Begrenzung“ der menschlichen Selbstbestimmung äußert, kann zudem eine Chance sein, abweichende Anschauungen zu erhalten. Den Religionsgemeinschaften wird damit die Möglichkeit gegeben, als „Anbieter“ von Pflegemaßnahmen unter Beachtung ihres Selbstverständnisses ihren Auftrag in der Welt zu realisieren. Solange die karitativen Einrichtungen offen gegenüber allen Gesellschaftsgruppen sind,33 kann dieses Angebot 29 Nach überwiegender Auffassung kann das Verbot aktiver Sterbehilfe aber aufgehoben oder verändert werden, ohne dass die Verfassung, insbesondere Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG dem entgegenstünde; so Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. Art. 2 II Rdnr. 85; Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 2 Rdnr. 100; Zippelius, JuS 1983, S. 659 (661). A.A. Lorenz, JZ 2009, S. 57 (64), der den Lebensschutz dann nicht mehr gewährleistet sieht; Corell, Alternativkommentar, GG, Art. 2 Abs. 2 Rdnr. 71 (Stand: 2001); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 2 Rdnr. 207. 30 Isensee, Kirchenautonomie und sozialstaatliche Säkularisierung in der Krankenpflegeausbildung, S. 80. 31 Vgl. dazu bereits den Diskussionsbeitrag von Geissler, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche 8, S. 119 f. 32 So auch Scheuner, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche 8, S. 43 (65 ff.). 33 Caritas und Diakonie sind von dem Gedanken getragen, dass die Dienste der Nächstenliebe an allen Mitmenschen, unabhängig von deren Glauben, auszuüben sind und nicht nur an Mitgliedern der eigenen Religion. In Bezug auf gesetzlich versicherte Personen besteht diese Anforderung wegen der Kontrahierungszwänge, vgl. 5. Kap. C. III. 3.

B. Ausblick

237

auch von denjenigen angenommen werden, die sich aus areligiösen Gründen für die Lebenserhaltung in den genannten Situationen entscheiden. Der Einzelne profitiert von einer solchen Vielfalt, wird doch durch eine solche Ausweitung des Leistungsspektrums seine persönliche Freiheit erweitert.34 Er kann denjenigen, der ihm Leistungen der medizinischen und pflegerischen Versorgung darbringen soll, selber aussuchen. So schreiben es auch die Sozialgesetze, beispielsweise in § 2 Abs. 2 S. 1 SGB XI, vor. Mit der Gewährleistung dieser Freiheit erfüllt der Staat die Aufgabe, für eine Trägerpluralität zu sorgen. Dieses für alle Beteiligten gewinnende Moment darf nicht in Vergessenheit geraten.

34

Scheuner, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche 8, S. 43 (70).

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Sachwortverzeichnis Abwägung 80, 85, 102, 112, 126, 144, 181, 211, 214, 226 Allgemeine Geschäftsbedingungen 147, 170, 172, 176, 181, 209 Allgemeines Persönlichkeitsrecht 52 f., 62 Analogie 167 Antizipationsproblem 58 Arbeitsrecht – AGG 212 – Bedeutung 204, 206 – EGMR 210 – eigene Angelegenheit 205 – Leistungstreuepflichten 212 f. – Loyalitätsobliegenheiten 188, 215 – staatliches 206 Arbeitsrecht, kirchliches 188, 204, 212, siehe zudem Arbeitsrecht Aufklärung 153 Aufnahmevertrag 62, 96, 142, 224 – Ablehnung 174 – Gestaltungsgrenzen 146 – Heimvertrag 146 – Krankenhaus 145 – Krankenhausbehandlungsvertrag 145 – Kündigung Pflegeheim 166 – Leistungsausschluss 150, 155, 173, 182 – Vertragsbedingung 155 – Vorabeinwilligung 152 Autonomie 45, 51, 63, 184 Barmherzigkeit 31 Bedingung 153 f., 167 Behandlungsabbruch 64, 69, 141, 156, 163, 165, 172, 175, 177 – 180, 182, 189, 235 Behandlungsbedürftigkeit 178 Behandlungsvertrag 102, 145 Belegungspflicht 143 Belegungsrecht 175 Berücksichtigungsbestimmung 136 Bestandsgarantie 129 – einfachgesetzliche 131

– staatskirchenvertragliche 130 – verfassungsrechtliche 132 Betreuer – ehrenamtlicher 184 – Vereinsbetreuer 185 Betreuungsverein 183 f. – Anerkennung 186 – Aufsicht 185 – Einfluss 184 – Entlassungsantrag 186 Betreuungsverfügung 184 Betreuungswesen 183, 188 Betriebsverfassungsrecht 194 Bischofskonferenz 65 f., 202, 207, 234 Bundesärztekammer 235 Caritas 32 – Bedeutung 32 – Caritasverband 30, 33, 49, 147, 197 – Organisation 33 Central-Ausschuss für die Innere Mission 30 Codex Iuris Canonici 32 – Vereinsrecht 191 Demenz 58, 66, 68, 178, 218 Diakonie 32, 34 – Diakonisches Werk 34 Diakoniegesetze 34 Dialog 179, 224 f. Dienstgemeinschaft 205 Donum Vitae 202 Doppelexistenz 191, 192 Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts 55, siehe Patientenverfügung Ehrenamt 43, 184 eigene Angelegenheit 203, 205 – Leistungsangebot 96, 183 – Personal 96 – Vertragsgestaltung 96

Sachwortverzeichnis – Zugehörigkeit 202 f. Eingriff 110 Einrichtungsträger 189, 222, 224 – Distanzierung 200 – Doppelexistenz 190, 198 – Kanonische Vereine 197 – Selbständigkeit 189 – Umstrukturierung 222 – Zugehörigkeit 193 – Zuordnung 193 Einwilligung 56, 61, 63, 151 f., 186 Einwilligungsfähigkeit 57, 151, 153 EKD-Richtlinie 208 EMRK 48, 53, 63, 80, 211 Enzyklika – Deus caritas est 32 – Evangelium vitae 49, 65 Ethikkomitee 197, 225 Evangelische Kirche in Deutschland 34 Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung 35, siehe Diakonie Existenzsicherung 38 Fortschritt, medizinischer 45, 49, 51, 54, 225 Freie Wohlfahrtspflege 35, 42 – Bundesarbeitsgemeinschaft 42 Freiheitsraum 73, 107 f., 116 f., 227 Fuldaer Sterbefall 71, 137, 174, 229, 235 für alle geltendes Gesetz – abstrakt 102 – konkret 102 Genossenschaften 224 Gesamtverantwortung 37, 42 Gesetzesumgehung 167 Gewährleistungsverantwortung 92, 129 Gewissen 138 f. Glaubwürdigkeit 43, 128, 189, 204, 219 Grundfunktion 33 Grundordnung 207 Grundprinzipien der Rechtsordnung 216 Gute Sitten 220 Heimvertrag 62, 146, siehe Aufnahmevertrag Hospiz 180

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Inhaltskontrolle 171 innere Angelegenheiten 91 Interessenverbände 52 Islam 36, 51 kanonische Vereine 192 karitative Einrichtungen – Grundrechtsträger 74 karitative Tätigkeit – Aufgabe 119 – Diakonie und Caritas 31, siehe Diakonie und Caritas – eigene Angelegenheiten 90 – Gebot der Nächstenliebe 31 – Hilfsfunktionen 93 – Historie 30 – Religionsfreiheit 75, 83 – Rückzug 119 – Verpflichtung 121 – Zedaka 35 Katechismus 32, 65 Kirchengutsgarantie 73, 133 kirchliche Vereinigungen 192 Konkurrenzen – Idealkonkurrenz 105 – Spezialität 105 Kontrahierungspflicht 115, 149, 174, 176 f., 179 f. Kontrahierungszwang 179, siehe Kontrahierungspflicht Konzil, Zweites Vatikanisches 32 Kooperation 39 – Spannungen 45 – Vor- und Nachteile 43 – Wohlfahrts- und Gesundheitswesen 41 Koordination 40 f. Koppelungsverbot 113, 115, 147, 154, 166 körperliche Unversehrtheit 39, 48, 62, 102 Körperverletzung 56, 61, 165 Krankenhausbehandlungsvertrag 144, 145, 182, siehe zudem Aufnahmevertrag Krankenhausleistungen 177 – Humanität 179 – Komplexleistung 179 – Kontrahierungspflicht 176 Krankenhausplan 132, 180 Krankenkasse 29, 123, 182 Krankheit 177

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Sachwortverzeichnis

kultursensible Pflege 132 künstliche Ernährung 81, 110, 218 Landeskrankenhausgesetze 177 Landespflegegesetze 175 Landesverfassungen 134 Leben 39, 49, 52 Lebensschutz 48, 53, 155, 220 – Religionsgemeinschaften 48 – Staat 48 Lehramt 65, 68 Leistungstreuepflichten 215 Loyalitätsanforderungen 206, 208 f., 217, 222 Loyalitätsobliegenheiten 215 Menschenwürde 52 f., 112, 115 mutmaßlicher Wille 59 Nächstenliebe 31 – 34, 96, 118 Nächster 224, 236 Namensrecht 200 Neutralität 39 f., 51, 110, 203 öffentlich-rechtliche Verträge 123, 149 öffentliche Aufgaben 26, 39, 91 öffentliche Träger 42 Öffnungsklausel 136, 163 Ökonomisierung 26, 118 ordre public 216, 220 Palliativversorgung 175, 179, 182 Parität 39 Patientenrechtegesetz 145 Patiententestament 54 Patientenverfügung 25, 51, 55, 110 – Adressat 59, 220 – Definiton 55 – Diskussion 54 – Gesetz 53, 55 – Verfassungsmäßigkeit 116 – vertragliche Errichtungspflicht 151 – Voraussetzungen 59 Persönlichkeit 39 Pflegekassen 29, 124, 158, 161 f. Pflegeversicherung 42 Pflegevertrag 146 Plankrankenhäuser 124

Plausibilität 195 Pluralisierung 49 f. Präimplantationsdiagnostik 234 praktische Konkordanz 111 Privatautonomie 102 f., 142, 146, 205 – Grenzen 143, 147 Professionalisierung 50, 82, 119, 128 Proprium 27, 120 Rahmenvertrag 124 f., 158, 162 Reichweitenbeschränkung 25, 58 f., 66, 94, 109, 111 Religionsfreiheit 73 f., 85, 104, 109 – 111, 113, 120, 135, 141, 172, 185, 203, 230, 236 – Grenzen 83 – karitative Tätigkeit 75 – Schrankenlosigkeit 85 – Schutzbereichspräzisierung 83 – Verhältnis zum Selbstbestimmungsrecht 104 Rückzug 30, 118 Rumpelkammerentscheidung 75, 78 Säkularisierung 49, 227 f. Satzungen 196 f., 203 Satzungsautorität 197 Schächtentscheidung 85 Schadensersatz 61, 165 Schutzpflicht 48, 58, 97, 137, 155, 168, 183, 231 Schwangerschaftsabbruch 53, 138, 140, 175, 198, 200 f., 217 f. Schwangerschaftskonflikt 53, 118, 138, 202 Selbstbestimmung 45 – Einzelner 53 – Patient 51 f. – Pflegebedürftige 160 – Schwangere 140 Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften 25, 73, 86, 102, 104, 110, 128, 133, 142, 162, 169 – eigene Angelegenheiten 90, 95, 114, siehe zudem eigene Angelegenheit – freiheitsrechtlicher Charakter 86 – für alle geltendes Gesetz 115 – Ordnen und Verwalten 95 – Schrankenbestimmung 97, 102 – Träger 87, 194

Sachwortverzeichnis – Verhältnis zur Religionsfreiheit 104 – Vertragsgestaltung 142 Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen 25, 27, 52 f., 61, 102, 111, 115, 141, 164 Selbstbestimmungsrecht des Patienten 52, 111 Selbsttötung 48, 63 Selbstverständnis 47, 94, 118, 120, 131, 133, 162, 188, 204 f., 207, 226 – Quellen 47 Sonderverhältnis 135 sozial-karitativer Bereich 29 Sozialhilfeentscheidung 42 Sozialstaat 36, 120 – Entstehung 36 – Grundrechte 39 – Sozialstaatsprinzip 37 f., 102 Spitzenverbände 35, 42 Staatskirchenvertrag 121, 130 Stammzellen 234 Sterbehilfe – aktive 63, 235 f. – Evangelische Kirchen 68 – gerechtfertigter Behandlungsabbruch 64 – indirekte 63 – Islam 70 – Judentum 70 – Katholische Kirche 66 – passive 63 – Strafrecht 63 Subsidiarität 37, 42, 134 – Betreuung 183 Tötung auf Verlangen 48, 71 Trägervielfalt 42, 131 f., 161, 237 Transparenzgebot 171, 219 Traunsteiner Sterbefall 137, 150 Trennung von Staat und Kirche 39 f. überraschende Klausel 170, 181 Unmittelbarkeit 110

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Verantwortung 229 Vereinigung 190, siehe Einrichtungsträger Vereinsautonomie 190 Vereinsbetreuer 185 Vereinsbetreuung 188 Verhältnis von Staat und Kirche – Grundprinzipien 40 – Kooperation 39 Versorgungsauftrag 180 Versorgungsvertrag 123 f., 158 f., 180 – Änderung 159 – Anspruch 159, 161 – Kündigung 125 Vertragsgestaltung 96, 103, 113 f., 141, 146 – Bedingung 148 – konkret 183 – Kontrahierungspflicht 149 Vorsorgevollmacht 184 Wachkoma 25, 66, 68, 178, 180, 218 Weigerungsrecht 53, 137, 235 – Analogiefähigkeit 140 – Schwangerschaftskonfliktgesetz 138 – verfassungsrechtliches 141 Wertung 46 Wertungsdifferenzen 28, 45, 71, 233 – Ursachen 50 Willkür 219 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz 145 Wohnpflegevertrag 149, siehe Heimvertrag Zakat 36 Zedaka 32, 35 – Organisation 35 Zehn Gebote 48 Zentrale Wohlfahrtsstelle 35 Zugehörigkeit 193 f. Zuordnung 89, 193 f. Zuordnungsrichtlinie 195, 202