Zurechnungsfragen beim mittäterschaftlichen Versuch [1 ed.] 9783428494699, 9783428094691

Jüngere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gaben dazu Anlaß, die Problematik des Versuchsbeginns bei einer mittätersc

153 87 16MB

German Pages 162 Year 1998

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Zurechnungsfragen beim mittäterschaftlichen Versuch [1 ed.]
 9783428494699, 9783428094691

Citation preview

TORSTEN BUSER

Zurechnungsfragen beim mittäterschaftlichen Versuch

Strafrechtliche Abhandlungen . Neue Folge Herausgegeben von Dr. Eberhard Schmidhäuser em. ord. Professor der Rechte an der Universität Harnburg

und Dr. Friedrich-Christian Schroeder ord. Professor der Rechte an der Universität Regensburg

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 112

Zurechnungsfragen beim mittäterschaftlichen Versuch

Von

Torsten Buser

Duncker & Humblot . Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Ulrich Weber, Tübingen

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Buser, Torsten: Zurechnungsfragen beim mittäterschaftlichen Versuch I von Torsten Buser. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Strafrechtliche Abhandlungen; N.F., Bd. 112) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09469-7

Alle Rechte vorbehalten 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorft GmbH, Berlin Printed in Germany ~

ISSN 0720-7271 ISBN 3-428-09469-7 Gedruckt auf altenmgsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97068

Für Elke

Vorwort Diese Studie ist die überarbeitete Fassung meiner der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen im Sommer 1996 vorgelegten Dissertation. In der Folgezeit erschienene weitere Arbeiten zu den behandelten Problemen wurden in der nunmehr veröffentlichten Version berücksichtigt. Sie ist auf dem Stand vom Dezember 1997. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Ulrich Weber, rur seine wertvollen Ratschläge und die aufmerKsame Betreuung. Danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Hans-Ludwig Günther rur seine Bereitschaft zur Erstellung des Zweitgutachtens. Esslingen, im Januar 1998

Torsten Buser

Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................................................................ 15

l. Teil: Die Gesamtlösilllg illld die EinzellöSilllgen ............................................... 16 A. Die Rechtsprechilllg .................................................................................... 17

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn ............................................... 23 I. Die Lösilllgsansätze illlter Berücksichtigilllg der Beteiligilllgsiehre ............ 24 l. Die fonnaI-objektive Tätertheorie ........................................................ 25 a) Das Prinzip ..................................................................................... 25 b) Die Analyse ................................... ............................. .................... 25 2. Der rein kausale Ansatz ....................................................................... 26 a) Das Prinzip ..................................................................................... 26 b) Die Analyse .................................................................................... 27 aa) Die Vorverlager1U1g des Versuchsbeginns .................................. 27 (I) Die Unvereinbarkeit mit der Rege1illlgssystematik der §§ 22, 30 Abs. 2 Fall 3 StGB ........................................................... 27 (2) Die Unzulänglichkeit des rein kausalen Ansatzes ................... 28 (a) Die fehlende psychische Kausalität.. .................................. 28 (b) Die Ursächlichkeit illld die täterschaftliche Mitverantwortung .................................................................................. 29 (c) Die Nicht-Ursächlichkeit für den Handlilllgsvollzug des Anderen............................................................................. 29 (3) Die Unannehrnbarkeit der Ergebnisse .............. .. .................... 30 bb) Die Hinauszöger1U1g des Versuchsbeginns ................................. 30 3. Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnilllg .............................................. 30 a) Die Lehre von der Mittäterschaft als selbständiger Täterfonn .......... 31 aa) Das Prinzip ............................................................................... 31 (I) Die Bestimmilllg des Versuchsbeginns .................................. 32 (2) Die Zurechnilllg ..................................................................... 34 bb) Die Analyse .............................................................................. 35 (I) Der Gesamttatgedanke .......................................................... 35 (a) Das äußere Erscheinilllgsbild als GrlUldlage der Gesamttat.. ................................................................................... 35 (b) Der gemeinsame Tatentschluß als GrlUldiage der Gesamttat. .................................................................................... 36 (2) Der Zurechnilllgsgedanke ...................................................... 37 (a) Die konstitutive Funktion des § 25 Abs. 2 StGB ................ 38 (b) Die Möglichkeit einer einseitigen Handlilllgszurechnilllg ... 44

10

Inhaltsverzeichnis (c) Die kriminal politischen Erwägungen ................................. 47 (d) Die Erwägungen der materiellen Gerechtigkeit. ................. 48 b) Die Lehre von der Mittäterschaft als Sonderform der mittelbaren Täterschaft ...................................................................................... 51 aa) Das Prinzip ............................................................................... 51 (I) Die RechtsprechWlg ....... ....................................................... 51 (2) Das Schrifttum .............................................................. ........ 53 bb) Die Analyse ........................................................................ ...... 55 4. Die Lehre von der Tatherrschaft .......................................................... 59 a) Das Prinzip ..................................................................................... 59 b) Die Analyse .................................................................................... 60 aa) Die InnehabWlg der Tatherrschaft .............................................. 61 (I) Der Vergleich mit der HemmWlgsmacht des Mittäters bei der vollendeten Tat.. ............................................................. 63 (2) Der Vergleich mit der HemmWlgsmacht des Alleintäters ....... 64 bb) Die AusübWlg der Tatherrschaft ................................................ 64 (I) Die Unbeachtlichkeit der mangelnden Herrschaft des Mittäters über die AusfilhrungshandlWlgen seiner Genossen .......... 65 (a) Die Unmöglichkeit der AusübWlg der HemmWlgsmacht .... 66 (b) Die htkonsequenz bei der DatiefWlg des Versuchsbeginns ................................................................................ 67 (c) Die unzulässige Vorwirkung der Tatherrschaft................... 68 (2) Die ausreichende Mitwirkung im VorbereitWlgsstadium ........ 68 (a) Der Tatplan als Substrat für die QualifIkation der Beteiligungsform ......................................................................... 71 (b) Der Vergleich mit der Situation des Unterlassungstäters .... 72 5. Die subjektive Teilnahmetheorie ......................................................... 73 II. Die LÖSWlgsansätze Wlter Berücksichtigung der Versuchslehre ................ 74 1. Die gemischt subjektiv-objektive Versuchstheorie ............................... 75 2. Die RealisiefWlg des Tatentschlusses .............................. .. .. .. .............. 76 a) Das Prinzip ..................................................................................... 76 aa) Die Erforderlichkeit eines eigenen Wlmittelbaren Ansetzens ...... 76 bb) Die Erforderlichkeit eines eigenen die Gesamttat verstärkenden Verhaltens .......................................................................... 77 b) Die Analyse .................................................................................... 79 3. Der Aktunwert des Versuchs .................................. .... ......................... 81 C. Das Ergebnis ............................................................................................... 83 2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle ...................... 84 A. Die RechtsprechWlg .................................................................................... 84 I. Der Viehhändler-Fall .................................................... .......... .... ............. 85 II. Der Brandstifter-Fall ............................................................................... 86 m. Der Türklingel-Fall ....................... ......................................................... 87 IV. Der Münzhändler-Fall ........................................................................... 88

InhaltsvelZeichnis

11

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum ............................................... 91 I. Der Zurechnungsgegenstand ..................................................................... 93 1. Das Prinzip ......................................................................................... 93 2. Die Analyse ........................................................................ ................. 94 11. Die Zurechnungsbasis ............................................................................. 95 1. Die subjektive Bereitschaft jedes einzelnen der Beteiligten .................. 96 a) Das Prinzip ..................................................................................... 96 b) Die Analyse .................................................................................... 97 2. Die Bedeutung des Tatvorsatzes .......................................................... 98 a) Das Prinzip ................................................................ ... .................. 98 b) Die Analyse .................................................................................. 101 aa) Der dogmatische Zusammenhang zwischen Beteiligungs- und Versuchslehre ......................................................................... 102 bb) Die Bedeutung des VorsatzdefIzits beim Zurechnungsempfanger ..................................................................................... 103 (1) Die Unvergleichbarkeit mit der agent-provocateur-Problematik .................................................................................. 105 (2) Die Bedeutung der erfolgreichen psychischen Unterstützung .................................................................................... 105 (a) Die Konsequenzen fiir die Zurechnungsproblematik ........ 106 (b) Die Konsequenzen fIlr die Rücktrittsproblematik ............. 109 cc) Die Unbeachtlichkeit des Rücktritts des zur Tat Ansetzenden .. 113 dd) Die Unbeachtlichkeit des Irrtums des zur Tat Ansetzenden ...... 114 3. Die Bedeutung der gegenseitigen Motivationslage ............................. 114 a) Das Prinzip ................................................................................... 114 b) Die Analyse .................................................................................. 118 aa) Der Gesichtspunkt der Tatherrschaft ....................................... 118 bb) Der Vergleich mit der Anstiftung und der psychischen Beihilfe ........................................................................................ 120 cc) Die rechtliche Relevanz von Motivierung und Motiviertsein .... 120 dd) Die Unbeachtlichkeit des Motiviertseins in ähnlich gelagerten Fällen ..................................................................................... 123 (1) Der Vergleich mit der sukzessiven Mittäterschaft ................ 123 (2) Der Vergleich mit anderen Fallgestaltungen ........................ 124 4. Der Vergleich mit der Problematik des agent provocateur .................. 126 a) Das Prinzip ................................................................................... 126 b) Die Analyse .................................................................................. 126 m. Die "vermeintliche" Mittäterschaft ....................................................... 127 1. Das Prinzip ....................................................................................... 128 2. Die Analyse ....................................................................................... 128 a) Die Besonderheiten des untauglichen Versuchs ............................. 129 b) Die Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft ................. 129 aa) Die strukturellen ElWägungen ................................................. 130

12

Inhaltsverzeiclmis (1) Die Mittäterschaft als subjektiv-objektives Täterschaftsmerkmal ............................................................................. 131 (2) Die Zurechnungsbasis als subjektives Element .................... 133 bb) Der Vergleich mit ähnlich gelagerten Konstellationen ............. 136 ( 1) Die versuchte Beteiligung .................................................... 136 (a) Die rechtliche Behandlung der versuchten Beteiligung .... 136 (b) Die Konsequenzen ftlr die "vermeintliche" Mittäterschaft.............................................................................. 137 (aa) Die strukturelle Vergleichbarkeit... ............................ 137 (bb) Der Strafgrund ftlr die versuchte Beteiligung ............. 138 (ce) Der Erst-recht-Schluß aus § 30 StOB ......................... 139 (2) Die "vermeintliche" mittelbare Täterschaft .......................... 139 (3) Der Versuch des untauglichen Subjekts ............................... 140 ce) Die Unbeachtlichkeit der fehlenden gesetzlichen Normierung .. 140 dd) Die Zurechnung auch nicht-kriminellen Verhaltens ................. 141 ee) Die Strafwürdigkeit der "vermeintlichen" Mittäterschaft ......... 141 ft) Das kriminalpolitische Argument ............................................. 143 c) Die Rechtsfolgen einer "vermeintlichen" Mittäterschaft ................ 143 aa) Die Vollwertigkeit der Zurechnungsbasis ................................ 144 bb) Die unerhebliche Abweichung vom Kausalverlauf... ................ 145 cc) Der Vergleich mit ähnlich gelagerten Konstellationen .............. 146 (I) Das bösgläubige Werkzeug im Fall des § 25 Abs. I Fall 2 StOB .................................................................................. 146 (2) Der bösgläubig Handelnde in den Fällen der §§ 160,271 StOB .................................................................................. 147 d) Der Lösungsansatz unter Berücksichtigung der Beteiligungslehren ................................................................................................ 147 aa) Die subjektive Teilnahmetheorie ............................................. 148 bb) Die Tatherrschaftslehre ........................................................... 148 IV. Die vermeintliche Ansatzhandlung ....................................................... 149 C. Das Ergebnis ............................................................................................. 150 Literaturverzeiclmis ........................................................................................... 152 Sachregister ............................. ................................. .... .. ................................... 159

Abkürzungsverzeichnis a.a.O. Abs. a.F. Angekl.

am angegebenen Ort Absatz alte Fassung Angeklagtelr

Arun. AT BGH BGHR

Arunerkung Allgemeiner Teil Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof-Rechtsprechung-Strafsachen

BGHSt BT

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Besonderer Teil folgende fortfolgende

f.

fT. Fn.

FS

Fußnote Festschrift

GA JA

Juristische Arbeitsblätter

JK

Jura-Kartei, Beilage der Juristischen Ausbildung

JR

Juristische Rundschau

Jura JuS

Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Schulung-Kartei, Beilage der Juristischen Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kammergericht Kriminalistik Lehrheft

JuSK JW JZ

KG KR LH

Goltdammer's Archiv für Strafrecht

LK

Leipziger Kommentar zwn Strafgesetzbuch

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

NDt.B.StGB

Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes

NJW

Neue Juristische Wochenzeitschrift

NK

Nomos-Kommentar zwn Strafgesetzbuch

14

Abkürzungsverzeichnis

Nr.

Nwnmer

NStZ

Neue Zeitschrift flir Strafrecht

01shausensK 1. v. Olshausens Kommentar zum Strafgesetzbuch OLG

Oberlandesgericht

Pr.StGB

Preußisches Strafgesetzbuch

RG

Reichsgericht

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

Rn.

Randnwnmer

RStGB

Reichsstrafgesetzbuch

S.

Seite

SchlliA

Schleswigholsteinische Anzeigen

SchlHOLG

Schleswig-Hoisteinisches Oberlandesgericht

Sch/Sch

Schönke/Schröder, Kommentar zum Strafgesetzbuch

SchwZStR

Schweizerische Zeitschrift filr Strafrecht

SK

Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch

StGB

Strafgesetzbuch

StrAbh.

Strafrechtliche Abhandlungen

StV

Strafverteidiger

Vorbem.

Vorbemerkungen

VVG

Gesetz über den Versicherungsvertrag

wistra

Zeitschrift filr Wirtschaft, Steuer und Strafrecht

ZStW

Zeitschrift filr die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung Jüngere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs! geben dazu Anlaß, die Problematik des Versuchsbeginns bei einer mittäterschaftlich begangenen Tat einer erneuten eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Dabei überrascht es, daß dieser Bereich in den letzten Jahren im Schrifttum kaum Beachtung fand. Gibt es doch geradein diesem Grenzgebiet, in dem sich Versuchs- und Beteiligungsproblematik überschneiden, interessante Konstellationen, die dazu zwingen, die bisher in diesem Bereich gewonnenen Ergebnisse auf den Prüfstand zu stellen. Im Zentrum des Problemfeldes stand bisher die Frage, ob der Versuchsbeginn einzeln für jeden Beteiligten allein nach dem eigenen Handeln (Einzellösungen), oder einheitlich für alle Beteiligten nach den Beiträgen aller für die Gesamthandlung (Gesamtlösung), zu bestimmen ist. 2 Die Gesamtlösung hat sich in der Rechtsprechung durchgesetzt und ist auch im Schrifttum herrschend. Dennoch ist es angezeigt, Grundlagen und Ergebnisse der verschiedenen Lösungsansätze einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Diesem Komplex ist der 1. Teil gewidmet. Die dadurch gewonnenen Ergebnisse werden anschließend für die Problemfälle3 nutzbar gemacht. Dort wird es um die bisher kaum diskutierte Frage gehen, wie sich Vorsatzdefizite des sich objektiv im Versuchsstadium befindlichen Tatgenossen auf die Bestimmung des Versuchsbeginns für den anderen noch untätig gebliebenen Beteiligten auswirken. Dieser Komplex, der sich sowohl mit Zurechnungsfragen als auch Fragen des Rücktritts vom Versuch beschäftigt, wird im 2. Teil behandelt.

!

BGHNJW 1993,2251 f; BGHNJW 1995, 142 f.

Die Bezeichnungen "Einzellösung" und "Gesamtlösung" stammen von Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 1. 2

3 BGH NJW 1952,430 f; BGH MDR 1986,974; EGH NJW 1993,2251 f; BGH NJW 1995, 142 f.

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen Die Bestimmung des Versuchsbeginns bei Beteiligung mehrer an einer Straftat wirft in den verschiedensten Konstellationen Probleme auf. So könnte man sich im Bereich der Teilnahme die Frage stellen, ob bereits die durch den Gehilfen erfolgte Erbringung des Gehilfenbeitrags eine Versuchsstrafbarkeit für den noch untätig gebliebenen Haupttäter begründet. 4 Im Bereich der mittelbaren Täterschaft geht es darum, ob für den Hintermann der Versuch bereits dann beginnt, wenn er auf den Vordermann einwirkt, oder erst dann beginnt, wenn der Vordermann unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt. 5 Aufgrund der in der neueren Rechtsprechung aufgetauchten Probleme im Bereich der Mittäterschaft widmet sich die vorliegende Arbeit jedoch in ihrem I. Teil ausschließlich der Bestimmung des mittäterschaftlichen Versuchsbeginns. Nach der von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem überwiegenden Schrifttum vertretenen Gesamtlösung treten bei der Mittäterschaft alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium, sobald einer von ihnen zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Dieser Gesamtlösung wurden Einzellösungen entgegengesetzt, die den Versuchsbeginn für jeden Mittäter gesondert bestimmen. Da die verschiedenen Lösungsansätze in Fällen, in denen der Tatplan die Erbringung der Tatbeiträge der einzelnen Genossen in zeitlicher Abfolge vorsieht, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, gilt es im folgenden, die im einzelnen vorgebrachten Argumente einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Außerdem scheint mir, daß eine umfassende dogmatische Fundierung der Gesamtlösung, obwohl von Rechtsprechung und überwiegendem Teil der Literatur übernommen, bisher noch fehlt. Selbst Küper, der bisher am intensivsten für die Gesamtlösung eintrat, ist sich über den apodiktischen Charakter mancher seiner Äußerungen zur mittäterschaftlichen Zurechnung bewußt und sagt daher selbst, daß seine Studie eine umfassende dogmatische Grundlegung der von ihm favorisierten Lehre von der mittäterschaftlichen Tätigkeitsanrechnung nicht leisten könne. 6 Wie der Meinungs4 So beispielsweise, wenn der für die ÖffnWlg eines Tresors beauftragte Spezialist aus reiner Gefi111igkeit zugWlSten des noch nicht am Tatort erschienenen Haupttäters Wld ohne jegliches Tatinteresse den Tresor öffnet. Siehe dazu: Weber, der diese Frage in seinem nach FertigstellWlg dieser Arbeit in der Lenckner-FS erscheinenden Aufsatz "Probleme der Versuchsstrafbarkeit bei mehreren Tatbeteiligten" bejaht. Ebenso: Zopfs, Jura 1996, 19 ff., 24. 5 Siehe dazu: Eser, Sch/Sch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 54 f. 6 Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 5.

A. Die Rechtsprechung

17

umschwung Roxins7 zugunsten einer Einzellösung zeigt, ist entgegen der Auffassung Jungs8 die Frage, wann bei einer mittäterschaftlich begangenen Tat der Versuchsbeginn anzusetzen ist, noch nicht endgültig geklärt. Dieser Aufgabe stellen sich die folgenden Ausführungen, wobei zunächst die Problembewältigung durch die Rechtsprechung dargestellt wird (A.). Anschließend werden die im Schrifttum angebotenen Lösungswege diskutiert (B.), ehe die gewonnenen Ergebnisse zusammengefaßt werden (C.).

A. Die Rechtsprechung Bereits im Jahr 1883 beschäftigte sich das Reichsgericht im KüchentürenFale mit der Bestimmung des Versuchsbeginns bei einer mittäterschaftlich begangenen Tat. Küchenttlren-Fall: A und B hatten gemeinschaftlich den Entschluß gefaßt, einen Diebstahl zu begehen. Sie wurden dabei entdeckt, als A damit beschäftigt war, die Küchenttlre aufZubrechen, während B, die die Beute mitnehmen sollte, noch untätig daneben stand. 10

Die Strafbarkeit der B betreffend stellte sich das Reichsgericht die Frage, unter welchen Voraussetzungen ihr das Handeln des A angerechnet werden könne. I I Die Erforderlichkeit dieser Frage begründete es damit, daß "weder die bloße Mitwisserschaft, noch auch die an sich regelmäßig straflose Verabredung der gemeinsamen Ausfiihrung die Zustimmenden fiir die Handlungen eines anderen verantwortlich" mache. 12 Das Reichsgericht stellte sodann fest, daß bei dem selbst noch nicht ins Versuchsstadium eingetretenen Beteiligten eine Mittäterschaft an der Versuchshandlung nur dann angenommen werden könne, wenn er bei der Verabredung ein Versprechen abgegeben habe, sich zu irgendeiner Zeit während der Ausführung der Tat in einer ihn als Mittäter kennzeichnenden Weise zu verhalten. 13 Das Reichsgericht ließ es aber dabei nicht bewenden. Vielmehr stellte es weitere Anrechnungskriterien auf und beschritt somit zunächst nicht den Weg der Gesamtlösung. Zur Begründung dieser Vorgehensweise wies es darauf hin, daß wegen der bloßen Verabredung ohne hinzugekommenes Handeln eine Bestrafung nicht möglich sei:

7

Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 199; Roxin, Odersky-FS, 488 ff., 491 tT.

8 Jung,

JuS 1994, 355. RGSt 9, 3 ff. 10 RGSt 9, 3 ff., 8. 11 RGSt 9, 3 ff., 4. 12 RGSt 9, 3 ff., 4 f. 13 RGSt 9, 3 ff., 5.

9

2 Buser

1. Teil: Die GesamtlöSlUlg lUld die EinzellöslUlgen

18

"Denn gesetzt, die That wäre vollendet worden, so würde detjenige Teilnehmer an der VerabredWlg, welcher entgegen seiner Zusage, seine Mitwirkung, insbesondere nicht die von ihm übernommene, als Mitthäterschaft qualifIzierte, MitwirklUlg geleistet hat, als Mitthäter nicht gestraft werden. Es läßt sich aber nicht behaupten, daß, wenn es bloß bis zu der von einem Teilnehmer an der VerabredlUlg vollzogenen VersuchshandllUlg gekommen ist, die übrigen Teilnehmer an der VerabredWlg ihre Zusage der Mitwirkung erfilllt haben würden, lUld selbst, wenn sich dies behaupten ließe, so würde die gemeinschaftliche AusfiUuung, worin nach § 47 a.a.O. die Mitthäterschaft besteht, doch nur bevorgestanden haben, von ihnen aber nicht bewirkt worden sein, der VerurteillUlg also entgegenstehn, daß nicht wegen des bloßen Vorsatzes ohne hinzugekommene That, lUld regelmäßig nicht wegen bloßer VerabredlUlg ohne hinzugekommenes Handeln, eine Strafe verhängt werden kann. Sind die übrigen also wirklich in keinerlei Art bei der Ver'suchshandllUlg des anderen aus der Unthätigkeit herausgetreten, so können sie nicht wegen des bloßen Versprechens lUld Vorsatzes, dies demnächst thlUl zu wollen, schon als Mitthäter betrachtet werden.,,14

Bei der Festlegung der Anrechnungskriterien berücksichtigte das Reichsgericht sowohl den Inhalt der Verabredung als auch das Verhalten während der Tatausfiihrung: "Hinsichtlich der Art lUld des Maßes von Thätigkeit aber, was bei ihnen hierzu erforderlich ist, hat man einerseits zu berücksichtigen, daß nach § 47 a.a.O. nicht von einer gemeinschaftlichen AusfiUuung der VersuchshandllUlg des anderen Teilnehmers die Rede sein kann, sondern daß es sich um die gemeinschaftliche AusfiUuung der Straftat handelt, so daß es nicht notwendig ist, daß sich ihre Thätigkeit gerade auf jene VersuchshandllUlg bezogen habe, wenn sie sich nur auf die AusfiUuung der Straftat in irgend einem Stadium bezog. Andererseits muß nach dem obigen dasjenige, was die übrigen Teilnehmer an der VerabredlUlg schon gethan haben, hinsichtlich der Frage, ob sie als Mitthäter haften, nicht aus seiner äußerlichen Gestalt an sich, sondern in Gemäßheit der Rolle, die sie nach dem fuhalte der VerabredlUlg übernommen hatten, rechtlich gewürdigt werden, sodaß es genügt, wenn ihnen der gemeinsame Plan filr den ZeitpW1kt der VersuchshandllUlg des anderen irgend ein ThlUl oder Verhalten vorgeschrieben hat, welches sich von dem ThlUllUld Verhalten eines Wlbeteiligten Dritten lUlterschied, lUld daß sie sich demgemäß wirklich verhalten haben, während sie nach dem Plane erst künftig mit zur AusfiUuung der That selbst schreiten sollten. Dann sind sie thatsächlich in die AusfiUuung der von ihnen übernommenen Rolle bereits eingetreten, lUld bestimmt sich der Charakter dieser Rolle, ob als Mitthäterschaft oder ob als bloße Beihilfe, aus der ihnen durch die VerabredlUlg zugewiesenen GesamtleistlUlg. Es kann daher der von ihnen zur Zeit der VersuchshandllUlg des anderen entwickelte Grad der Thätigkeit, filr sich allein betrachtet sehr wohl ein sehr geringer, sich als gemeinschaftliche AusfiUuung der That äußerlich noch nicht darstellender gewesen sein: das entscheidet nicht. Handelten sie dabei der VerabredWlg gemäß, lUld sollten sie nach der letzteren demnächst als in einer der Mitthäterschaft qualifIzierten Weise eingreifen, so bildet auch schon die an sich lUlbedeutende Thätigkeit, womit der ~emeinsame Plan ihre Rolle beginnen ließ, einen Teil ihres Handelns als Mitthäter." S

14 IS

RGSt 9, 3 ff., 6. RGSt 9,3 ff, 6 f.

A. Die Rechtsprechung

19

Das Reichsgericht verlangte also von dem Tatgenossen, der seinen Tatbeitrag noch nicht erbrachte, kein Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes. Vielmehr forderte es von ihm ein Ansetzen zur Realisierung der ihm zugedachten Mittäterrolle. 16 Dabei knüpfte es an die Teilverwirklichung der eigenen Rolle innerhalb des Tatplans an17, indem es einerseits ein zeitliches Zusammentreffen von eigenem Beitrag und fremder Versuchshandlung ("zur Zeit der Versuchshandlung") und andererseits ein besonders auffälliges Verhalten ("irgend ein Thun oder Verhalten ... welches sich von dem Thun und Verhalten eines unbeteiligten Dritten unterschied") verlangte. 18 Das Reichsgericht schlug damit einen Mittelweg zwischen Einzel- und Gesamtlösung ein. 19 In dem zu entscheidenden Fall wies der gemeinsame Plan der B eine die Mittäterschaft begründende Mitwirkung bei der Wegnahme der Sachen zu. 20 Da die B, obgleich sie zur Versuchshandlung nichts beigetragen hatte, durch ihr bloßes Mitgehen im Zeitpunkt der Versuchshandlung des A doch ein Verhalten gezeigt hatte, das sich von dem eines unbeteiligten Dritten unterschied, lag "darin der Beginn der Ausführung der von ihr übernommenen Rolle".21 Das Reichsgericht wertete dies als ein Ansetzen zur Realisierung der ihr zugedachten Mittäterrolle und konnte so die Ausführungshandlung des Ader B zurechnen. Diese Linie fiihrte das Reichsgericht im selben Ja.ttr2 fort, indem es ausfiihrte, daß "der einzelne, sofern er nur zum Zwecke der Ausfiihrung des Entschlusses irgendwie thätig gewesen" sei, "mit fiir die von den anderen seinem Willen gemäß vorgenommenen Ausführungshandlungen" hafte, wenn seine So auch: Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 15. So auch: Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 6. 18 So auch: Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 16 (Fn. 17). 19 So auch: Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 200; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 452; Maurach/GIJssellZipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 308. Ähnlich auch: Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 710 (Fn. 77), wonach dieses Urteil mehr zu einer Einzellösung tendiere. Demgegenüber soll es sich hier nach Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 16 (Fn. 18), und Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 840 (Fn. 8), um eine "reine" Einzellösung handeln. Da sich jedoch das Reichsgericht eingangs ausdrücklich die Frage stellt, "was auch die übrigen gethan haben müssen, damit ihnen die Handlung des ersteren angerechnet werden könne", ist die zweitgenannte Ansicht abzulehnen. Denn hieraus ergibt sich, daß das Reichsgericht einerseits auf das Handeln der B abstellt (Gesichtspunkt der Einzellösung) und andererseits bei Bejahung der von ihm aufgestellten Voraussetzungen der B das Handeln des A anrechnet (Gesichtspunkt der Gesamtlösung). Dies beweisen auch die Schlußbemerkungen in RGSt 9, 3 ff., 9, wonach B nicht allein ftIr ihre eigene, ftIr sich allein rechtlich gleichgültige, sondern "zugleich ftIr die Thätigkeit ihres Ehemanns einzustehen" habe. 20 RGSt 9,3 ff., 9. 21 RGSt 9, 3 ff., 9. 22 RGSt 9, 75 ff. 16 17

2'

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

20

Tätigkeit "aus dem Vorsatze, die That als seine und der Complizen gemeinschaftliche zur Vollendung zu bringen", entspringe. 23 Es oolt jedoch auf, daß das Reichsgericht nun nicht mehr ein von dem Verhalten eines unbeteiligten Dritten unterscheidbares Tun forderte, sondern irgendein Tun ("irgendwie thätig") genügen ließ. Auch verzichtete das Reichsgericht auf das Erfordernis, im Zeitpunkt der Versuchshandlung tätig werden zu müssen. In dieselbe Richtung geht die in einer weiteren Entscheiduni 4 vom Reichsgericht im Jahr 1887 getroffene Feststellung, "daß Mitthäterschaft bei versuchten Vergehen schon darin liegen kann, daß jemand, dessen Vorsatz sich auf das Zustandekommen der That als seiner eigenen richtet, am Orte der That gegenwärtig und zum Eingreifen bereit war, ohne zu letzterem, weil nach dem verabredeten Plane die Zeit für seine Thätigkeit noch nicht gekommen war, bereits vorgeschritten zu sein,,25. Hier verlangte das Reichsgericht wieder die Anwesenheit am Tatort im Zeitpunkt der Versuchshandlung des anderen. ("am Orte der That gegenwärtig") Das Erfordernis eines eigenen und überdies auffälligen und mit der fremden Ausfiihrungshandlung zeitlich zusammentreffenden Verhaltens hat das Reichsgeriche6 im Jahr 1924 aufgegeben: "Jeder Mittäter muß hiernach zwar in irgendeiner Weise bei der Ausfuhrung mitwirken, aber es reicht aus, wenn er dies durch die WlmitteIbare Tätigkeit seiner Genossen tut, während er seine eigenhändige Tätigkeit aufVorbereitWlgs- oder BeihilfehandlWlgen beschränkt.... Erforderlich ist nur, daß irgendeiner der Mittäter eine HandlWlg vorgenommen hat, die mindestens einen Anfang der Ausfilhnmg enthielt, Wld daß alle Beteiligten diese HandlWlg auch für sich gelten lassen wollten.,>27

Das Reichsgericht bekannte sich damit zur Gesamtlösung. So brachte es seine Rechtsprechung zum Versuchsbeginn bei einer mittäterschaftlich begangenen Tat mit seiner von Beginn an28 verfolgten subjektiven Teilnahmetheorie, wonach für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nicht die objektive Beschaffenheit des geleisteten Beitrags, sondern die Willensrichtung des Handelnden entscheidend sei, in Einklang. Denn nach der subjektiven Teilnahmetheorie ist die Mittäterschaft nicht auf die unmittelbare Realisierung eines Tatbestandsmerkmals begrenzt, und es ist nicht erforderlich, daß sich je23 RGSt 9, 75 tT., 77 f 24 RGSt 15,295 tT. 25 RGSt 15,295 tT., 302.

RGSt 58, 279. RGSt 58, 279. 28 Siehe dazu insbesondere: RGSt 2, 160 ff., 162; RGSt 3, 181 tT., 182; RGSt 9, 75 tT., 77; RGSt 15,295 ff., 297 f; RGSt 26,345 tT., 346; RGSt 35, 13 ff., 15; RGSt 53, 138; RGSt 54, 152 tT., 153; RGSt 54, 245; RGSt 55, 60 f., 61; RGSt 56,329 f.; RGSt 57, 144 ff., 145. 26

27

A. Die RechtsprechWlg

21

der der Täter an Handlungen beteiligt oder Handlungen vorgenommen hat, welche sich als Ausführungshandlungen charakterisieren. 29 Vielmehr darf der Beitrag des Mittäters auch in einer Handlung bestehen, welche die Straftat lediglich vorbereitet. 30 Die Gesamtlösung wurde vom Reichsgericht im Reichsbahn-Fale l im Jahr 1943 bestätigt: Reichsbahn-Fall: A hatte eine falsche BescheinigWlg angefordert, die ZWlächst bei der Dienststelle ihres Ehemannes B Wld dann bei der Reichsbahn vorgelegt werden sollte, um Wlberechtigt Freifahrtscheine zu erhalten. 32

Dazu meinte das Reichsgericht, daß darin ein Betrugsversuch der A zu sehen see3 und daß Entsprechendes auch für den Ehemann gelten müsse, "falls er von dem Plane seiner Ehefrau Kenntnis gehabt und ihn gebilligt" habe. 34 Diese Rechtsprechung wurde durch den Bundesgerichtshof im VerfolgerFale 5 im Jahr 1958 fortgefiihrt: Verfolger-Fall: A, BI Wld B2 hatten vereinbart, einen Raubüberfall durchzufilhren Wld auf eventuelle Verfolger Wlter Inkaufnahme deren TötWlg zu schießen. Nach ihrem erfolglosen Raubversuch gab A einen Schuß auf einen vermeintlichen Verfolger, der tatsächlich BI war, ab, verfehlte diesenjedoch. 36

Diesen gegen den venneintlichen Verfolger gerichteten Mordversuch des A müsse sich BI als seine eigene Tat anrechnen und sich dafür als Mittäter bestrafen lassen. 37 Eine solche Bestrafung setze nicht voraus, daß BI selbst ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal des versuchten Mordes verwirklicht habe; es genüge nach ständiger Rechtsprechung eine geistige Mitwirkung, auch eine Vorbereitungshandlung in der Weise, daß der Mittäter dem ausfUhrenden Tatgenossen durch einen vor der Ausfiihrung gegebenen Rat zur Seite gestanden oder in irgendeinem Zeitpunkt in sonstiger Weise dessen Tötungswillen gestärkt habe. 38 Dabei müsse er zur Zeit der geistigen Mitwirkung den ganzen Erfolg der Straftat als eigenen mitverursacht haben, das heißt die etwaige Erschießung eines Verfolgers durch seinen Tatbeitrag sich zu eigen gemacht haRGSt 9, 75 ff., 77. RGSt 9, 75 fI, 77. 31 RGSt 77,172 ff. 32 RGSt 77, 172 ff., 172 f. 33 Das Anfordern einer BescheinigWlg ist jedoch hinsichtlich des geplanten Betrugs bloße VorbereitWlgshandlWlg Wld stellt daher noch keinen Betrugsversuch dar. 34 RGSt 77,172 ff., 175 f. 35 BGHSt 11, 268 ff. 36 BGHSt 11,268 ff., 268 f. 37 BGHSt 11,268 ff., 271. 38 So schon: BGHNJW 1951,410, für den Fall der VollendWlg. 29

30

22

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

ben wollen. 39 Dies sei mit der Feststellung des ein fiir allemal verabredeten Waffengebrauchs zur Verhinderung drohender Festnahme und der auf dieser Abrede beruhenden Gefahrengemeinschaft der Mittäter, die den A gewissermaßen zum Schießen verpflichtet habe, hinreichend begründet. 40 Es überrascht jedoch, daß der Bundesgerichtshof anschließend ausdrücklich feststellt, daß B I im fraglichen Zeitpunkt auch an der Tatherrschaft beteiligt gewesen sei. So hätte er bei der räumlichen Nähe seiner beiden Tatgenossen deren Tun jederzeit steuern und sie auffordern können, dieses Mal entgegen der Abrede nicht auf Verfolger zu schießen. 41 Daß er dies bis zur Abgabe des Schusses nicht getan habe, begründe seine Mitverantwortung auch fiir den auf ihn abgegebenen Schuß. 42 Aus dem oben Gesagten wird jedoch klar, daß der Bundesgerichtshof mit der Tatherrschaft kein neues Anrechnungskriterium einführen, sondern lediglich klarstellen wollte, daß selbst wenn man dieses Kriterium als erforderlich ansehen würde, BI als Mittäter des Mordversuchs anzusehen sei. Ebenfalls im Sinne der Gesamtlösung äußerte sich der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung43 aus dem Jahr 1981, wonach die Frage des Versuchsbeginns nicht rur jeden Beteiligten je nach seinem eigenen Tatbeitrag gesondert, sondern fiir alle Beteiligten einheitlich zu beantworten sei. 44 Versuch sei dann gegeben, wenn - sei es von einem, sei es von mehreren Beteiligten eine bestimmte zum Gesamtplan gehörende Einzelhandlung begangen worden sei, die nach der Vorstellung aller bei ungestörtem Fortgang des Geschehens unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmünden sollte. 45 Vor diesem Zeitpunkt beginne bei keinem Beteiligten der Versuch. 46 Der Bundesgerichtshof stellte also auch hier allein auf das Vorliegen eines gemeinsamen Tatplans ("nach der Vorstellung aller") ab. 47 Von dieser Ansicht wich der Bundesgerichtshof auch in späteren Entscheidungen48 nicht mehr ab: BGHSt 11, 268 f1, 272. BGHSt 11,268 tT., 272. 41 BGHSt 11,268 tT., 272. 42 BGHSt 11,268 tT., 272. 43 BGH NStZ 1981, 99. Siehe dazu: Geilen, JK 1981, StGB § 22 / 5. 44 BGHNStZ 1981,99. 45BGHNStZ 1981, 99. 46BGHNStZ 1981, 99. 47 Auch das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein legte die Gesamtlösung, ohne selbige jedoch explizit zu erwähnen, in SchlHOLG SchlHA 1951, 48 f zu Grunde. 48 BGH NJW 1980, 1759 f; BGH GA 1980,24 f; BGH MDR 1986, 974; BGHSt 36,249 tT.; BGH NJW 1993,2251 f; BGH NJW 1995, 142 f fu BGH NJW 1980, 1759 f, legte der Bundesgerichtshof die Gesamtlösung als so selbstverständlich zugrunde, daß sie gar in den Entscheidungsgrüllden unerwähnt blieb. Obwohl in BGH 39 40

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

23

"Bei der Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadiwn, sobald einer von ihnen zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob einzelne von ihnen ihren Tatbeitrag bereits im Vorbereitungsstadiwn erbracht haben. ,,,\9

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum Ebenso wie sich die Rechtsprechung zur Gesamtlösung bekennt, setzte sich dieses Konzept auch im überwiegenden SchrifttumsO durch. Obwohl sich Roxin51 und insbesondere Küpe~2 in ausführlicheren Beiträgen für die Gesamtlösung einsetzten, hat die Aussage Günthers, wonach die Gesamtlösung, ungeachtet des breiten Konsenses, dessen sie sich in der Literatur erfreue, auf noch GA 1980, 24 f, der eine Komplize nur mit dem Fluchtauto vor der auszuraubenden Poststelle wartete, während der andere die Kassiererin zur Herausgabe des Geldes bringen sollte, begnügte sich der Bundesgerichtshof mit der Begründung, daß die Angeklagten damit subjektiv die Schwelle zum 'Jetzt geht's los" überschritten und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung angesetzt hätten, weil ihr Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung hätte einmünden sollen. 49 BGHSt 11,268 ff., 272. 50 Ahrens, JA 1996,664 ff., 666; BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 620 (Rn. 104); Busch, LK, 9. Auflage, § 47 StGB, Rn. 26; Cramer, SchlSch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 61; Dencker, Kausalität und Gesamttat, 244 f; Erb, NStZ 1995, 424 ff., 426 (jedenfalls dann, wenn man für die Mittäterschaft auch Handlungen im Vorbereitungsstadiwn ausreichen lasse); Eser, SchlSch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 55; Geppert, JK 1995, StGB § 25 TI I 9a; Gores, Der Rücktritt des Tatbeteiligten, 125; Graul, JR 1995,427 ff., 429; Haft, Strafrecht AT, 6. Auflage, 221; Hauf, Strafrecht AT, 166; Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 713; Jakobs, Strafrecht AT, 2. Auflage, 629 (allerdings nur für den Versuch bei den Herrschaftsdelikten); Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 681; Jung, JuS 1994, 355; Kienapfel, Strafrecht AT, 4. Auflage, 556; Kahl, Strafrecht AT, 664 f; Kahl, JuS 1983, 180 ff., 181 f; Kaper, JZ 1979,775 ff.; Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft; Kapper, GA 1986, 437 ff., 446 f; Kapper, ZStW 105 (1993), 295 ff., 303; KapperlMosbacher, JuS 1995, 488 ff., 491; Laclener, StGB, 22. Auflage, § 22 StGB, Rn. 9; Maiwald, ZStW 93 (1981), 879 ff., 881, 883, 885; Maurach, Deutsches Strafrecht AT, 4. Auflage, 662; Maurach/GtJssel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 308 f; Mezger, LK, 8. Auflage, § 47 StGB, Arun. 7; Otto, JA 1980,641 ff., 646; Otto, Grundkurs Strafrecht, 4. Auflage, 281; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139; Roxin, JuS 1979, 1 ff., 13; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 452 ff.; Samson, SK, 6. Auflage, § 25 StGB, Rn. 131; Schmidhiiuser, Strafrecht AT, 2. Auflage, 351; Sonnen, JA 1995, 361 ff., 362; Steinke, KR 1979, 125 ff.; StofJers, MDR 1989,208 ff., 213; Stratenwerth, SchwZStR 97 (1980), 410 f; Stratenwerth, Strafrecht AT 1,3. Auflage, 237; TrtJndle, StGB, 48. Auflage, § 22 StGB, Rn. 18; Vogler, LK, 10. Auflage, § 22 StGB, Rn. 88 f, 94 f; Vogler, ZStW 98 (1986),331 ff., 341 f; Walder, SchwZStR 99 (1982), 225 ff, 246. 51 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 452 ff.; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139. 52 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft; Kaper, JZ 1979, 775 ff.

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

24

weitgehend nebulösen dogmatischen Grundlagen fuße 53 , immer noch Geltung. Es soll daher der Versuch unternommen werden, diesen die Gesamtlösung umrankenden "Nebelschleier,,54 zu lichten. Dabei gilt es, die für die Gesamtlösung vorgebrachten Argumentationslinien einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Besonderes Augenmerk ist jedoch auch auf die von den Vertretern der Einzellösungen entwickelten Modelle zu richten. Nachdem bereits Frank55 in seinem Kommentar zum RStGB56 in den Jahren von 1897 bis 1931 den Versuchsbeginn einzeln für jeden Tatgenossen allein nach dessen eigenen Handeln bestimmte, trat erst wieder im Jahr 1975 Schillini 7 für die von ihm so genannte Einzellösung ein. In der Folgezeit haben Rudolphi 58 (1979), Kratzsch59 (1983), Bloy60 (1985), ValdAgua61 (1986), Stein62 (1988), im Gegensatz zu seiner früheren Auffassung Roxin63 (1993), Roßmüller/Rohrer64 (1996) und Köhler65 (1997) von der Gesamtlösung abweichende Modelle zur Bestimmung des mittäterschaftlichen Versuchsbeginns beschritten. Bei der Behandlung dieser Problematik liegt die Schwierigkeit darin, daß die Bestimmung des mittäterschaftlichen Versuchsbeginns sowohl den Ergebnissen der Beteiligungslehre (I.) als auch dem geltenden Versuchsstrafrecht (11.) gerecht werden muß. Ob die Gesamtlösung dies zu leisten vermag oder einer der Einzellösungen der Vorzug zu geben ist, wird im folgenden unter Berücksichtigung der verschiedenen in der Literatur vertretenen Ansichten untersucht. L Die Lösungsansitze unter Berücksichtigung der Beteiligungslehre Für die Bestimmung des mittäterschaftlichen Versuchsbeginns werden in der Beteiligungslehre verschiedene Ansatzpunkte vertreten. So entschied sich Frank unter Anwendung der formal-objektiven Tätertheorie für eine Einzellösung (1.). Auch Schilling trat für eine Einzellösung ein, indem er einen rein Ganther, GA 1983, 330 fT., 332. Ganther, GA 1983, 330 fT., 332. ss Frank, RStGB, 18. Auflage, § 47 RStGB, Arun. v. 56 RStGB = Reichsstrafgesetzbuch. 57 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters. 58 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 fT.; Rudolphi, SK, 6. Auflage, § 22 StGB, Rn. 19a. 59 Kratzsch, JA 1983, 578 fT. 60 Bloy, Die Beteiligungsforrn als Zurechnungstypus im Strafrecht, 265 fT. 61 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 fI 62 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsforrnen1ehre, 322 fT. 63 Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 199; Roxin, Odersky-FS, 489 fT. 64 RoßmüllerlRohrer, MDR 1986, 986 fT. 6S KiJhler, Strafrecht AT, 541. 53

54

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

25

kausalen Ansatz in den Vordergrund stellte (2.). Zur Rechtfertigung der Gesamtlösung wird insbesondere die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung herangezogen (3.). Neben der Diskussion dieser Argumentationslinien wird Gegenstand der folgenden Untersuchung auch sein, ob die Gesamtlösung sowohl der Lehre von der Tatherrschaft (4.) als auch der subjektiven Teilnalunetheorie (5.) entspricht. J. Die formal-objektive Tätertheorie

a) Das Prinzip Bereits früh bekannte sich Frank66 zur Einzellösung. So gehöre nach der von ihm wegen des Wortlauts des § 47 RStGB vertretenen fonnal-objektiven Theorie zur Mittäterschaft ein gemeinschaftliches Ausführen derart, daß jeder eine Tatbestandshandlung vollziehe67 : "Vom Standpunkt der objektiven Theorie aus beurteilt, beginnt die Haftbarkeit der verschiedenen Personen als Mittäter für jede einzelne in dem Augenblick, in dem gerade sie eine Ausfilhrungshandlung vornimmt. Denn erst dadurch wird sie Mittäter. Wird das Delikt vollendet, obwohl nur ein Teil dieser Personen in das Stadium der Ausfilhrung getreten ist, so haftet als Mittäter nur dieser Teil. Bleibt es unvollendet, so sind sie und nur sie als Mittäter für den Versuch verantwortlich. Wohl aber können die übrigen wegen vorbereitender oder unterstützender Tätigkeit als Gehilfen haften.,>68

b) Die Analyse Der Ansatz Franks ist nicht weiterzuverfolgen. Die fonnal-objektive Theorie, auf die sich dessen Einzellösung stützt, ist überholt. Denn die fonnalobjektive Theorie ist insbesondere nicht in der Lage, für die verschiedenen Täterschaftsfonnen eine hinreichende Erklärung zu geben. So trägt sie vor allem der der Mittäterschaft innewohnenden Arbeitsteilung nicht genügend Rechnung, soweit nach ihr Mittäterschaft nur dann in Betracht kommen soll, wenn jeder der Genossen ein Stück der tatbestandlich umschriebenen Ausfiihrungshandlung vorgenommen habe. Bezüglich weiterer Schwachpunkte der formal-objektiven Theorie sei auf die umfangreiche Literatur hierzu verwiesen. 69 Frank, RStGB, 18. Auflage, § 47 RStGB, Anm. ll. RStGB, 18. Auflage, § 47 RStGB, Anm. ll. 68 Frank, RStGB, 18. Auflage, § 47 RStGB, Anm. V. 69 Siehe dazu insbesondere: BaumannlWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 604 (Rn. 37); eramer, SchlSch, 25. Auflage, Vorbem §§ 25 fI. StGB, Rn. 53 f. 66

67 Frank,

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

26

2. Der rein kausale Ansatz

a) Das Prinzip Schilling70 entwickelt die von ihm bevorzugte Einzellösung anhand des Verfolger-Falls7!. Er sieht im Tatplan, dem letzten gemeinsamen Vorgehen der Genossen, für jeden einzelnen die abschließende (psychische) Einwirkung auf seine "Werkzeuge" und damit bereits in diesem Zeitpunkt den beendeten Versuch hinsichtlich der von diesen "Werkzeugen (den Genossen)" zu vollendenden Tötungshandlungen. 72 Er argumentiert, daß die Willenseinigung unter den Mittätern dazu führe, "daß sich das vereinbarte fremde Handeln, auch soweit es dem eigenen Beitrag vorausgeht, als Ergebnis eigener Tätigkeit darstellt,,73. Denn die Verabredung beruhe häufig auf einer wechselseitigen Veranlassung, die stets eine wechselseitige psychische Bestärkung enthalte. 74 Aus diesem Grunde sei "das vereinbarte fremde Handeln von jedem Genossen mitverursacht und darum rur jeden ein eigener Erfolg,,75. Schilling kommt so zu dem Ergebnis, daß im Verfolger-Fall BI mit der Vereinbarung, auf etwaige Verfolger zu schießen, den A zum "Werkzeug seines Tötungswillens" bestimmt und somit bereits im Zeitpunkt dieser Verabredung die Versuchsschwelle übertreten habe. Dabei stützt er sich auf das Argument, daß das Handeln des anderen Tatgenossen als bloßer Kausalfaktor anzusehen sei: "Bezogen auf das eigene täterschaftliche Handeln bilden die anderen Beteiligten bloße Kausalfaktoren: Sie sind ein Stück des Kausalstrangs, der das eigene Handeln mit dem ftl.r alle Beteiligten übereinstinunenden Erfolg verbindet. Diese kausale Vermittlerrolle bedarf keiner besonderen 'ZurechnWlg': Die EinbeziehWlg einer 'fremden freien Subjektivität' stempelt nicht die vorangegangenen Beiträge zu bloßen (Vor-) BedingWlgen ftl.r das Setzen der Ursache oder zu bloßen Teilursachen mit Teilerfolgen; auch fiIhrt sie nicht zur bloßen Teilhabe an der Tatherrschaft im Unterschied zur Vollherrschaft. Vielmehr gilt das gleiche, wie wenn (selbsttätige) Kräfte der Wlbelebten oder belebten Natur eingesetzt werden.,,76

Eine Korrektur erfahrt das so gewonnene Ergebnis für den Fall, daß die einzelnen Beiträge der Genossen verabredungsgemäß erst nacheinander zu erbringen sind. Hier läßt Schilling den Versuch eines jeden Genossen nicht bereits mit der Verabredung, sondern erst beginnen, wenn er zur Erbringung des

Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters. BGHSt 11,268 ff. Siehe oben S. 21. 72 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 73 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 74 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 75 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 76 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 70

71

112. 113. 113. 113. 104.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

27

eigenen Tatbeitrags angesetzt habe. 77 Dies demonstriert Schilling anband eines Falls, in dem zwei Komplizen ihr Opfer mit zwei aufeinanderfolgenden Giftdosen töten wollen. Hier soll der Tötungsversuch desjenigen, der die zweite Giftdosis erbringen solle, erst mit der Erbringung der eigenen Giftdosis beginnen. Dies begründet er damit, daß es insbesondere für § 22 StGB78 angebracht sei, den Versuchseintritt nach der Nähe des Handeins zum letzten erfolgsgerichteten Tätigkeitsakt (Stadium des beendeten Versuchs) zu bestimmen. Da für diese Nähe der zeitliche Zusammenhang mit dem Schlußakt besonders bedeutsam sei, empfehle es sich, das Ansetzen auf diejenigen Betätigungsakte zu beschränken, die in den sich unmittelbar anschließenden Schlußakt gleichsam einmündeten. 79 b) Die Analyse Die von Schilling entwickelte Einzellösung ist aus mehreren Gründen unhaltbar. Während einerseits in Fällen, in denen sich der entscheidende Tatbeitrag in der psychischen Einwirkung auf einen Mitbeteiligten erschöpft, der Versuchsbeginn noch über § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB hinaus in den Vorbereitungsbereich verlagert wird (aa), wird in der von Schilling dargebotenen Korrektur seines rein kausalen Ansatzes der erst für den Beendigungsbereich eingeplante Tatgenosse begünstigt, indem er zu spät in die Versuchsstrafbarkeit einbezogen wird (bb).

aa) Die Vorverlagerung des Versuchsbeginns Die Schilling'sche Einzellösung ist mit der Regelungssystematik der §§ 22, 30 Abs. 2 Fall 3 StGB nicht vereinbar [(1»). Auch geht der von Schilling entwickelte rein kausale Ansatz in der Sache fehl [(2») und führt darüberhinaus zu unannehmbaren Ergebnissen [(3»). (1) Die Unvereinbarkeit mit der Regelungssystematik der §§ 22, 30 Abs. 2 Fall 3 StGB Küper stellt zutreffend fest, daß die Schilling'sche Einzellösung mit der Regelung des § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB nicht zu vereinbaren ist. Wenn Schilling bereits in der Verabredung einen beendeten Versuch sieht, läßt er die Schußabgabe selbst zu einem bloßen strafrechtlich unbeachtlichen "Überschuß 77 Schilling,

Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 114. StGB = Strafgesetzbuch. 79 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 114. 78

1. Teil: Die GesamtlÖSWlg Wld die EinzellösWlgen

28

an Betätigung"SO herabsinken. Diese auf die Verabredung bezogene Vordatierung der Versuchsbeendigung steht in "eklatantem Widerspruch zu § 30 Abs. 2 StGB, einer Bestimmung, die den Vorbereitungscharakter der mittäterschaftlichen Abrede voraussetzt und sie deshalb, in engen Grenzen, gesondert imter Strafe stellt"sl. Auch nach Rudolphi führt die Ansicht Schillings "zu einer erheblichen und mit § 22 StGB nicht mehr zu vereinbarenden Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit"s2. Hätte Schilling Recht, könnte das, was für den Alleintäter bloße Vorbereitung ist, für einen Mittäter bereits einen Versuch darstellen. (2) Die Unzulänglichkeit des rein kausalen Ansatzes

Gegen den rein kausalen Ansatz Schillings sprechen im wesentlichen drei Gründe: Die fehlende psychische Kausalität [(al], die fehlende täterschaftliche Qualität der nur-psychischen Einwirkung [(b)] und die fehlende Möglichkeit der Ursächlichkeit für den Handlungsvollzug des anderen [(cl], (a) Die fehlende psychische Kausalität Dem zwingenden Schluß Schillings von einer durch die Verbrechensverabredung vermittelten psychischen Kausalität zwischen dem Verhalten des einen Tatgenossen auf das Verhalten des anderen Tatgenossen ist nicht zu folgen. So erfülle nach Küper die bestärkende Einflußnahme auf die Motivation eines zur Tat Entschlossenen nur in einem kleinen Teil der in Betracht kommenden Fälle die logischen Bedingungen der Erfolgsursächlichkeit und auch dann sei angesichts der Komplexität des motivatorischen Kräftespiels Kausalität kaum jeweils nachweisbar, bliebe also letztlich Spekulation. s3 Ebenso argumentiert Herzberg, indem er darauf hinweist, daß die Vereinbarung nicht notwendig den behaupteten psychisch bestärkenden Effekt habe. So gebe es Fälle, in denen ein hinzukommender Mittäter die Tatentschlossenheit der anderen Genossen unberührt lasse oder gar abschwäche. Zudem bleibe die Frage offen, "wieso den Erfolg mitverursache, wer ohne jede Veränderung des äußeren Geschehens lediglich bewirkt, daß die Vollzugsperson in anderer psychischer Verfassung handelt"s4.

Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 61. Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 61; Kaper, JZ 1979, 775 tT., 783 f. So auch: Derksen, GA 1993, 163 tT., 166; Eser, Sch/Sch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 55; Roxin, Odersky-FS, 489 tT., 497; Vogler, GA 1977, 61 f1, 63. 82 Rudolphi, SK, 6. Auflage, § 22 StGB, Rn. 19a. So auch: Erb, NStZ 1995, 424 tT., 426; Ingelfinger, JZ 1995, 704 tT., 712; Joecks, wistra 1995, 58 tT., 60. 83 Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 56. 84 Herzberg, Täterschaft Wld Teilnalune, 60 (Fn. 8). 80 81

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

29

(b) Die Ursächlichkeit und die täterschaftliche Mitverantwortung

Zurecht stellt Küper als weiteren Einwand die Frage, inwiefern aus der Verursachung fremder Handlungsergebnisse in Verbindung mit dem eigenen Tatbeitrag gerade eine täterschaftliehe Verantwortung fiir den Erfolg resultieren soll, möge man den Kausalzusammenhang nun auf psychische Mitwirkung oder auf die Kombination solcher Faktoren gründen. Auf diese Weise entstehe "nicht mehr als ein Geflecht gegenseitiger Anstiftungs- und Förderungsakte, das nicht erklärt, weshalb die so Beteiligten den Deliktserfolg, der dabei herauskommt, allesamt als Täter zu verantworten haben,,85. Auch geht die These, daß die Mittäter schlichte, Naturkräften vergleichbare oder sonstwie beherrschte Werkzeuge ihrer Komplizen seien, fehl. Wären sie dies, könnten sie, so Küper, "schwerlich Täter sein - und gleichzeitig wiederum deren 'Beherrscher', sondern eigenverantwortlich handelnde Individuen, die gemeinsam das Tatgeschehen gestalten. ,,86 (c) Die Nicht-Ursächlichkeit fiir den Handlungsvollzug des Anderen Ein weiteres Manko der Schilling'schen Lösung sieht Küper darin, daß nur der Erfolg der Handlung des Tatgenossen, nicht aber dessen Verhalten als solches, zurechenbar sei: Betrachte man die Genossen eines Mittäters und ihre Tatbeiträge als bloße Kausalfaktoren, so lasse sich dem jeweiligen Mittäter eine von seinem Komplizen unmittelbar vorgenommene Tatbestandshandlung nur insoweit zurechnen, wie sie ihrerseits als Erfolgsherbeifiihrung adäquat begriffen werden könne. 87 Zurechenbar seien danach lediglich der Erfolg dieser Handlung und etwa von ihr umfaßte Erfolgsmomente. 88 Denn auf eine Bedingung kausal ZUTÜckfiihrbar und kraft Kausalität das Werk des Verursachers sei immer nur die Folge der causa, nicht aber das fremde Verhalten als solches. 89 Die Verursachung des Handeins eines anderen werde dadurch, daß es verursacht wird, nicht schon in jedem Betracht zum eigenen Tun, sondern sei fiir den Veranlasser nur bezüglich der Wirkungen ein eigener Erfolg. 90 Daraus ergebe sich eine dahingehend eingeschränkte Zurechnungsmöglichkeit, daß dem Tatgenossen solche Handlungsvollzüge, die spezifische Modalitäten der Rechtsgutsverletzung und damit den Handlungsunwert bezeichneten, konsequenterweise nicht zugerechnet werden könnten, sofern er den maßgeblichen 85 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 56. Auch Stratenwerth, SchwZStr 95 (1978),438 f., 439, ist der Ansicht, daß bei einem rein kausalen Ansatz die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme zwn unlösbaren Prolem werden müsse. 86 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 57. 87 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 57 f. 88 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 57 f. 89 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 57 f. 90 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 57 f.

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

30

Vollzugsakt nicht zufällig selbst (mit) vomelune. 91 Viele Delikte, über deren gemeinschaftliche Begehbarkeit kein ernstlicher Zweifel bestehe, würden sich auf diese Weise in gleichsam relativ eigenhändige Straftaten verwandeln, sobald mehrere Mittäter zusammenwirkten. 92 (3) Die Unannelunbarkeit der Ergebnisse Küper ist auch darin zu folgen, daß Schilling schwerlich für seine Auffassung Beifall erhoffen könne, daß im Verfolger-Fall bereits die Vereinbarung der Beteiligten, auf eventuelle Verfolger zu schießen, einen beendeten Tötungsversuch jedes Mittäters begründe - selbst wenn kein Schuß falle, ja ein wirklicher oder vermeintlicher Verfolger überhaupt nicht auftauche -. Soweit es Resultate gebe, deren Unhaltbarkeit evident sei, gehöre offenbar dieses daZU. 93

bb) Die Hinauszögerung des Versuchsbeginns

Was die von Schilling dargebotene Korrektur seines Ergebnisses für die Fälle, in denen der Tatgenosse über seine psychische Einwirkung hinaus weitere Tatbeiträge erbringen soll, anbelangt, so setzt der von Schilling festgelegte Versuchsbeginn zu spät ein. Auch hier ist Küper zu folgen, wonach der Gesetzgeber in § 22 StGB zu erkennen gebe, daß der Versuch auf das Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung, den Anfang der Ausführung, datiert werden müsse und nicht etwa auf einen Zeitpunkt, in dem der Täter fast schon wieder absetze, weil das Ende seiner Tätigkeit nahegerückt sei. 94 3. Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung

Das herrschende Schrifttum sieht die Mittäterschaft als selbständige Täterform und stützt die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung auf eine der Mittäterschaft inhärente Zurechnung (a). Vereinzelt wird die Lehre von der Tätig-

Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 58 f. Küper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 59 f. Gegen den rein kausalen Ansatz auch: Jakobs, Strafrecht AT, 2. Auflage, 629; Kapper, GA 1986,437 f1, 446; Maiwald, ZStW 88 (1976), 741 ff., 747; Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 656 (Fn. 366); Stratenwerth, SchwZStrR 95 (1978),438 f. 93 Küper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 51. So auch: lngelfinger, JZ 1995, 704 ff., 712; Stratenwerth, Strafrecht AT I, 3. Auflage, 237 (Rn. 841); Vogler, GA 1977,61 ff,63. 94 Küper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 63. 91

92

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

31

keitsanrechnung jedoch auch mit der Auffassung, die Mittäterschaft sei eine Sonderfonn der mittelbaren Täterschaft, in Verbindung gebracht (b). a) Die Lehre von der Mittäterschaft als selbständiger Täterfonn aa) Das Prinzip

Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung wurde am ausführlichsten von KüperS begründet. Er führt die Gesamtlösung auf ein "gesamttatbezogenes Zurechnungsprinzip,,96 zurück: "Dieser Ansicht liegt die Vorstellung zugrunde, daß sich die Mittäter zur Begehung einer gemeinsamen, aus den Tatbeiträgen aller Genossen gebildeten Deliktshandlung - einer Gesamttat - zusammenschließen. Der Versuchsakt auch nur eines Genossen ist als Objektivierung des kollektiven Willens Teilverwirklichung dieses gemeinschaftlichen Projekts, welches er über die Vorbereitungsschwelle hinausfUhrt; er wird deshalb allen Beteiligten zugerechnet. Das Rückgrat dieser Gesamttat ist der gemeinsame Tatentschluß, der Gesamtplan der Komplizen mit der darin festgelegten Aufgaben- und Rollenverteilung. Er bildet die Zurechnungsbasis, auf der die Haftung aller Genossen für die Aktionen der einzelnen Beteiligten beruht. Zugleich ist er die maßgebliche Grundlage für die Entscheidung der Frage, ob die Einzelhandlung eines Mitwirkenden bereits den Versuch der Gesamttat begründet oder deren Verwirklichung nur erst vorbereitet.,,97

Entscheidend ist dabei, daß Küper von "einer gemeinschaftlichen Tat, einer (projektierten) Gesamthandlung der Mittäter", ausgeht. 98 Dieser GesamttatGedanke nehme zwei wesentliche Funktionen wahr. 99 Zum einen gewinne er Bedeutung für die Frage, ob in dem von einem Beteiligten erbrachten Tatbeitrag lediglich eine Vorbereitungshandlung zu sehen sei oder ob es sich dabei um ein das Projekt in die Versuchsphase führendes Tun handele [(1)].100 Zum anderen bilde er die Grundlage für die Bestimmung der Mittäter-Eigenschaft in Abgrenzung zur bloßen Gehilfen-Eigenschaft der einzelnen Beteiligten und führe bejahendenfalls die Zurechnung dieses Einzelverhaltens für die Beteiligten herbei [(2)].101

Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft; Küper, JZ 1979,775 ff. Küper, JZ 1979,775 ff., 778. 97 Küper, JZ 1979,775 ff., 776 f. 98 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 17. 99 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 17 f. 100 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 21. 101 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 17 f. 95

96

l. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

32

(1) Die Bestimmung des Versuchsbeginns Was die Bestimmung des jeweiligen Einzelverhaltens als "Anknüpfungsversuch" anbelangt, so sei die Frage, ob die Einzelhandlung eines Mittäters noch der Vorbereitungsphase angehöre oder schon den Gesamtversuch der Genossen begründe, je nach der Struktur der vereinbarten Gesamttat und der Funktion, die dem einzelnen Tatbeitrag innerhalb dieser Einheit zukomme, verschieden zu beantwortenl02 : "Vor dem Horizont dieser - geplanten und in solchem Tatbeitrag schon teilweise realisierten - Kollektivleistung kann daher die Mitwirkung eines Komplizen Versuchscharakter gewinnen, auch wenn sie filr sich gesehen den Anforderungen des § 22 StGB nicht entspricht. § 22 StGB ist dann i. V.m. § 25 Abs. 2 StGB etwa so zu lesen: Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der gemeinschaftlichen Tat unmittelbar dazu ansetzt, den Tatbestand zusammen mit (einem) anderen Mittäter(n) zu verwirklichen.,,\03

Die Versuchsqualität des Mittäterverhaltens, das die Gesamthaftung begründet, wird also nicht wie beim "Einzelversuch" des Alleintäters bestimmt. Dies würde sonst - wie beim "Einzelversuch" - beim jeweiligen Mittäter den Willen zur selbständig-individuellen Tatbestandserfiillung voraussetzen. I04 Eben dieser Wille fehle aber jedem Genossen, der die (abschließende) Deliktsverwirklichung nicht selbst übernehmen, sondern sie anderen verantwortlich Handelnden überlassen und dabei durch bloße Verwirklichungsbeiträge mitwirken wolle \05, beziehungsweise demjenigen, der davon überzeugt sei, den Tatbestand überhaupt nur mit vereinten Kräften vollenden zu können. 106 Daher sei die Einzelhandlung des jeweiligen Mittäters, der das Deliktsprojekt in die Versuchsphase ruhre, ein Versuch schon dann und gerade deshalb, wenn und weil sie sich als Beginn einer gemeinsamen Tat begreifen ließe, die von der Gesamtheit der Genossen verwirklicht werden solle; ein derartiges Einzelverhalten kennzeichne den Stand des Gesamtgeschehens als Anfang der Ausfiihrung und beruhe auf dem Willen zur Mitverwirklichung des gemeinschaftlichen Deliktsplans. 107 Dies veranschaulicht Küper anhand des Geldtransporter-Falls I08 :

Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 26. Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 22 (Fn. 32). 104 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 19. 105 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 19. 106 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 22. 107 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 21. nun folgend: Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 705. I08BGHMDR 1977,807. 102

103

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

33

Geldtransporter-Fall: Der Fahrer eines Geldtransportwagens A hatte nach dem mit B und weiteren Komplizen verabredeten Plan die Aufgabe übernommen, beim Durchfahren einer bestimmten Straße die Lichthupe zu betätigen, wenn sich im Fahneug eine lohnende Geldmenge beflinde. Daraufhin sollte B mit seinem Wagen dem Geldtransportwagen den Weg versperren. B und die anderen Komplizen sollten den Geldtransportwagen besteigen, den A zum Schein und dessen Begleitpersonal wirklich bedrohen, um so die Fahrt in eine Garage zu erzwingen. Der Plan sah weiter vor, daß dort das Geld umgeladen und A mit den Transportbegleitern gefesselt zurückgelassen würde. Bei insgesamt drei Fahrten betätigte A die Lichthupe. Bei der ersten Fahrt fuhr B aus der Parklücke, bekam dann aber Bedenken und hielt an. Bei der zweiten und dritten Fahrt geschah nichts. 109

Küper stellt sich nun die Frage, ob das Betätigen der Lichthupe durch A eine bloße Vorbereitungshandlung oder einen, fiir B zurechnungsbegrüDdenden, "Anknüpfungsversuch" darstellte. 11 0 Das Ergebnis gewinnt er über eine Berücksichtigung des Tatplans: "Die Beurteilung hängt nämlich wesentlich davon ab, wie der Ablauf der vereinbarten Gesamttat geplant und welche Aufgabe der Initiative des A in diesem Zusammenhang zukam. Je nach der Struktur der von allen Komplizen geplanten gemeinschaftlichen Tat und je nach der Funktion, die der einzelne Tatbeitrag ftIr das Vorhaben hat, kann die Einzelhandlung eines Genossen ganz verschiedene Bedeutung gewinnen: Sie kann einerseits bloße Vorbereitungsmaßnahme ftIr die spätere, kollektive Tatbestandsverwirklichung sein, andererseits aber auch den Gesamtversuch bereits unmittelbar einleiten, so daß sie sich als Ansatzhandlung (zur gemeinschaftlichen Tat) i.S. des § 22 StGB darstellt.,,111

Demnach sei ein "Anknüpfungsversuch" zu bejahen, wenn das Betätigen der Lichthupe durch A nach dem verabredeten Deliktsplan den Sinn gehabt habe, gleichsam automatisch den Überfall auszulösen, ohne daß die in der Parklücke wartenden Komplizen noch Entscheidungen darüber zu treffen gehabt hätten, ob die Tat unter den konkreten Umständen durchfiihrbar sei. l12 Denn bei dieser Struktur der Gesamttat sei schon die Betätigung der Lichthupe eine Handlung, die im Hinblick auf die Automatik des vorgesehenen Tatablaufs direkt in das eigentliche Ausfiihrungsstadium einmünden solle. 1\3 Eine bloße Vorbereitungshandlung sei anzunehmen, wenn A die Komplizen lediglich auf eine günstige Gelegenheit zu einem gemeinsamen lukrativen Raub hinweisen solle. 114 Die in der Parklücke wartenden Komplizen hätten dann unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten noch zu entscheiden, ob 109 BGH MDR 1977, 807. Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 30; Kaper, JZ 1979, 775 ff., 780 f. 111 Kaper, JZ 1979,775 ff., 780. l12 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 30; Kaper, JZ 1979, 775 fI.; Kaper, JZ 1979,775 ff., 780. 113 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 30; Kaper, JZ 1979,775 fI., 780. 114 Kaper, JZ 1979,775 fI., 781. 110

3 Buser

34

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

die Situation es zulasse, von dieser Gelegenheit Gebrauch zu machen, oder ob eine Vertagung des Raubs auf die nächste Transportfahrt ratsam sei. 115 So läge zwischen der Handlung des A und dem in Aussicht genommenen Überfall eine derart deutliche Zäsur, daß man einen Versuch nicht bejahen könnte. 116 (2) Die Zurechnung Der zweite Aspekt des Gesamttatgedankens sei dessen Funktion als Haftungsprinzip, das die Möglichkeit biete, die individuellen Versuchshandlungen eines Genossen zugleich als Teilverwirklichung des Deliktsprojekts zu begreifen und auf diese Weise allen Beteiligten zuzurechnen. 117 Ob derjenige, dem die Einzelhandlung des anderen zugerechnet werden solle, Mittäter des (von den Komplizen unternommenen) Versuchs oder nur Gehilfe sei, richte sich nach dem Grundgedanken der Gesamtlösung allein nach der im gemeinsamen Tatplan übernommenen Rolle, nicht nach der Qualität des tatsächlich geleisteten Beitrags. 118 Da dem Mittäter die Ansatzhandlung jedes Komplizen wie eigenes Verhalten zugerechnet werde 119, brauche der Mittäter des versuchten Delikts selbst noch gar keinen eigenen Tatbeitrag geleistet haben. 120 Das Substrat für die dogmatische Qualifikation der Beteiligungsform könne deshalb nur die geplante Gestaltung des Handlungsablaufs sein. 121 Diesen Aspekt des Gesamttat-Gedankens demonstriert Küper wieder anband des Geldtransporter-Falls 122 . Hier stellt er sich die Frage, ob dem A seinerseits das Herausfahren des B aus der Parklücke zugerechnet werden könne. Für die Feststellung einer die Zurechnung voraussetzenden Mittäterschaft des AsteIlt er auf den Tatplan ab. Da sich die von A übernommene Aufgabe nicht in der Betätigung der Lichthupe erschöpft habe, sondern er im weiteren Verlauf durch Erbringung wesentlicher Beiträge, die der tatbestandlichen Ausführung des geplanten Delikts dienten, habe mitwirken sollen, kennzeichne diese umfassende Mitwirkung seinen Aufgabenkreis als mittäterschaftliehe Beteili-

Küper, JZ 1979, 775 ff., 78l. Küper, JZ 1979,775 tI, 78l. 117 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 17. 118 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 17. 119 Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 34. 120 Küper, JZ 1979,775 tI, 78l. 121 Küper, JZ 1979, 775 tI, 778. So auch: KüpperlMosbacher, Jus 1995, 488 ff., 491, wonach der die Verteilung der einzelnen Beiträge zeitlich und örtlich regelnde gemeinsame Tatentschluß Rechtfertigung der gegenseitigen Zurechenbarkeit sei, da ohne diese aus der subjektiven Übereinstimmung resultierenden Verbindung die einzelnen Verhaltensweisen als willkürliches Nebeneinander dastehen WÜrden. 122 BGH MDR 1977,807. Siehe oben S. 33. 115

116

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

35

gung.123 Das Verhalten des B könne daher dem A zugerechnet werden, so daß A auch dann wegen versuchten mittäterschaftlichen Raubs zu bestrafen sei, wenn man in seinem eigenen Verhalten noch kein unmittelbares Ansetzen im Sinne des § 22 StGB sähe. bb) Die Analyse

Im folgenden wird sowohl der Gesamttatgedanke [(1)] als auch der Zurechnungsgedanke [(2)] einer kritischen Würdigung unterzogen. (1) Der Gesamttatgedanke

Der Lehre von der Tätigkeitsanrechnung liegt, wie gesehen, die Vorstellung zugrunde, daß sich die Mittäter zur Begehung einer gemeinsamen, aus den Tatbeiträgen aller Genossen gebildeten, Deliktshandlung zusammenschließen. Da für diese - versuchte oder vollendete - Gesamttat jeder Genosse einstehen müsse, bestimme sich auch die Versuchsgrenze nach dieser Gesamttat. Die Gesamtlösung genauer unter die Lupe nehmend, stellt sich daher zunächst die Frage, unter welchen Kriterien die Handlungen verschiedener Personen zu einer Gesamttat zusammengefügt werden können. Diesbezüglich könnte man auf das äußere Erscheinungsbild [(a)] oder den gemeinsamen Tatentschluß [(b)] abstellen. (a) Das äußere Erscheinungsbild als Grundlage der Gesamttat Daß auf das bloße äußere Erscheinungsbild der Einzelbeiträge nicht abgestellt werden kann, veranschaulicht Schilling anband der zusammengesetzten mehraktigen Delikte, bei denen sich schon das Vorliegen des tatbestandsmäßigen Erfolgs nicht ohne Rückgriff auf den Willen des Handelnden ermitteln ließe. 124 So mache die lediglich zeitliche Aufeinanderfolge von Nötigung und Diebstahl noch nicht den tatbestandsmäßigen Erfolg des Raubs aus. 125 Als weiteres Beispiel führt er die Bestimmung der Versuchsgrenze an. Auch diese könne nur nach dem jeweiligen Tatplan bestimmt werden. 126 Auch sei es nicht möglich, einem außertatbestandlichen Beitrag eines Beteiligten mittäterschaftsbegründende Wirkung zuzumessen, ohne auf dessen Bedeutung für das Gesamtprojekt abzustellen. 127 123

Küper, JZ 1979,775 f1, 778.

124 Schilling,

Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 6l.

Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 61. 126 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 6l. 127 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 62. 125

3*

I. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

36

(b) Der gemeinsame Tatentschluß als Grundlage der Gesamttat

Kann somit auf das bloße äußere Geschehen nicht abgestellt werden, so fragt es sich, ob der gemeinsame Tatentschluß der Genossen dazu geeignet ist, deren Einzelbeiträge derart miteinander zu verknüpfen, daß daraus eine Gesamttat mit den oben beschriebenen Wirkungen entstehen kann. Schilling verneint dies aus zweierlei Gründen. Zum einen müsse der einzelne Genosse die Handlung individuell vollzogen haben. Der lediglich anteilige, weil gemeinschaftliche, Vollzug genüge rur dessen Strafbarkeit als Mittäter nicht. 128 Dies ergebe sich daraus, daß Mittäter nur sein könne, wer auch Alleintäter sein könne, was zur Folge habe, daß der Mittäter auch die persönlichen Tätermerkmale erfüllen müsse, um als solcher bestraft werden zu können. 129 Für die Tatbestandshandlung müsse dann dasselbe gelten wie fiir die persönlichen Tätermerkmale. 130 Schilling kommt so zu der Ansicht, daß die Mittäterschaft eine bloße Spielart mehrfacher Einzeltäterschaft sei. Für die Annahme zweier selbständiger Täterschaftsformen, nämlich der Alleintäterschaft als Täterschaft des Ganzen und der Mittäterschaft als Täterschaft am Ganzen, sei kein Raum. 13I Was die Forderung Schillings nach einem individuellen Handlungsvollzug durch jeden Genossen betrifft, so ist auf den Zurechnungsgedanken hinzuweisen. Sollte der Zurechnungsgedanke, so wie Küper annimmt, auf § 25 Abs. 2 StGB beruhen, so könnte diese Norm als Ausnahmevorschrift zu § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB angesehen werden. Statt der von § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB geforderten Begehung der Tat durch den Täter selbst, ließe § 25 Abs. 2 StGB die gemeinschaftliche Tatbegehung genügen. Diese Ausnahme beträfe dann aber nur die Tatbestandshandlung, nicht auch die persönlichen Tätermerkmale. Daß diese der Täter mit Ausnahme der strafmodifizierenden tatbezogenen persönlichen Tätermerkmale stets selbst erfüllen muß, ergibt sich aus den einzelnen Straftatbeständen in Verbindung mit § 28 StGB. Diesbezüglich würde § 25 Abs. 2 StGB keine Ausnahme machen. Insoweit ginge also die Argumentation Schillings, den Vergleich von Tatbestandshandlung und Tätermerkmale betreffend, ins Leere. Zum anderen argumentiert Schilling, daß ein solcher gemeinschaftlicher Tatentschluß, der nicht von mehreren einzelnen, sondern nur von allen zusammen getragen werde, in strafrechtlicher Hinsicht auf einer bloßen Fiktion beruhe. Durch die gegenseitige Verständigung und Verpflichtung, so Schilling, "entsteht gleichwohl kein verbrecherischer Gesamtakt, vielmehr gilt die Unrechts- und Schuldbewertung dem einzelnen Genossen: seinem Handeln, 128 Schilling,

Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 73. Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 73. 130 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 73. l3l Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 74. 129

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

37

d.h. seinem Willen und dessen Verwirklichung" 132. Der Zahl der beteiligten Einzelwillen entspreche notwendig die Zahl der Willensverwirklichungen. 133 Da jeder der Einzelwillen teils durch den Willensträger selbst, teils durch die Genossen verwirklicht werde, sei "Mittäterschaft mehrfache Täterschaft, nämlich mehrfache Willensträgerschaft und mehrfache Willensverwirklichung."134 Auch Küper teilt die Ansicht Schillings, daß der Gesamttatgedanke lediglich eine Fiktion sei 135, rechtfertigt ihn jedoch zurecht mit dem Grundprinzip der Mittäterschaft, das in einer, kraft der von jedem Beteiligten übernommenen Verantwortung für die Kollektivleistung, wechselseitigen Zurechnung auch der fremden Beteiligungen bestehe. 136 Da dieses Prinzip vom Gesetzgeber anerkannt sei, könne man von einer Gesamttat sprechen. J37 Die fehlende reale Existenz einer Gesamttat begründet daher kein Argument gegen die Gesamtlösung. Vielmehr muß sich die Diskussion auf den Zurechnungsgedanken konzentriere'1. Die Zurechnungslehre entstammt nicht aus dem Gesamttat-Gedanken, vielmehr ist die Konstruktion einer Gesamttat das Ergebnis einer Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge der Genossen. Somit hängt alles vom Zurechnungsgedanken ab. Mit ihm steht und fällt auch der Gesamttat-Gedanke. (2) Der Zurechnungsgedanke

Nach der Zurechnungslehre werden jedem Genossen auch die Tatbeiträge seiner Komplizen wie eigene Handlungen zugerechnet. Die Genossen haften damit für fremdes Tun. 138 Zunächst stellt sich die Frage, worauf der Zurechnungsgedanke beruht. Hier geht es insbesondere um die Frage nach der konstitutiven Funktion des § 25 Abs. 2 StGB [(a»). Desweiteren gilt es zu untersuchen, ob eine solche Zurechnung voraussetzt, daß alle Mittäter einen Tatbeitrag erbracht haben oder ob es der Gesamtlösung folgend möglich ist, auch einem noch untätig gebliebenen Tatgenossen bereits verwirklichte Tatbeiträge zuzurechnen [(b)]. Abschließend werden die Ergebnisse der Zurechnung mit kriminalpolitischen Überlegungen [(c)] und Erwägungen der materiellen Gerechtigkeit [(d)] verglichen.

132 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 73. 133 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 73. 134 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 73. 135 So auch: Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 f1, 854. 136 Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 54 f. 137 Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 55. 138 So auch: Kaper, JZ 1979,775 ff., 786.

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

38

(a) Die konstitutive Funktion des § 25 Abs. 2 StGB Die Möglichkeit, fiir fremdes Tun zu haften, stößt bei Schilling auf grundsätzliche Kritik. Er verneint sie, indem er die Versuche der älteren Literatur, die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung auf eine ontologische Brücke zwischen den einzelnen Tatgenossen zu stützen, kritisiert. Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung sei unhaltbar, weil sie eine "Ausdehnung der eigenen Persönlichkeit auf fremde Subjekte,,139, eine "Überleitung des eigenen Willens,,140 (vom Untätigen auf denjenigen Genossen, der seinen Tatbeitrag erbracht habe) oder eine "Übernahme der Willensbetätigung,,141 (des Untätigen durch den Genossen, der einen Tatbeitrag erbracht habe) voraussetze, was eindeutig dem ontologischen Befund widerspreche und daher "eine - jedenfalls fiir das Strafrecht unbeachtliche - bloße Fiktion,,142 sei. Die Tatsache, daß die Lehre von der Tätigkeitszurechnung eine Fiktion darstellt, spricht jedoch nicht gegen selbige, wenn sie der geltenden Rechtsordnung entspricht. 143 Damit hängt mit Ebert144 die Täterschaft des Beteiligten, der den Tatbestand durch sein eigenes Handeln nicht oder nicht vollständig erfüllt, von der Existenz eines rechtlichen Prinzips ab, welches ihm die Tatbeiträge der anderen als eigene Beiträge zurechnet, so daß er so behandelt werden kann, als hätte er selbst sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt. Küper entnimmt das gesamttatbezogene Zurechnungsprinzip der Regelung des § 25 Abs. 2 StGB. Dieses Prinzip wechselseitiger Handlungszurechnung sei durch § 25 Abs. 2 StGB angeordnee 45 und fuhre daher zwangsläufig zu einer entsprechenden Modifikation des Versuchsunrechts. 146 Für die Idee der Tätigkeitszurechnung gewinne § 25 Abs. 2 StGB eine konstitutive Funktion: "Die Vorschrift ordnet die wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge an, sofern materiell die Voraussetzungen gemeinschaftlicher Begehung vorliegen, wie immer sie im einzelnen zu definieren sind. Ist dies aber der Sinn des Gesetzes, dann besteht kein Hindernis, allen Beteiligten, die sich auf die gemeinsame Ausfiihrung eines Delikts geeinigt haben, eine diesem Plan entsprechende Mittäterleistung auch zuzurechnen, wenn sie sich lediglich als Versuch darstellt. Daß damit, bezogen auf die anderen Genossen, die Wirkung ihres jeweiligen Verhaltens - und nicht allein die-

Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 90. Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 91. 141 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 92. 142 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 94. 143 So auch: Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 54; Valdtigua, ZStW 98 (1986),839 ff, 854. 144 Ebert, Strafrecht AT, 178. 14S Kaper, JZ 1979, 775 ff., 786. 146 Kaper, JZ 1979, 775 ff., 787. 139

140 Schilling,

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

39

ses Verhaltens selbst - den Versuch begründet, ist die unvenneidliche Konsequenz solcher Tätigkeitsanrechnung.,,147 Die Frage, ob der Regelung des § 25 Abs. 2 StGB tatsächlich die von Küper beschriebene Funktion zukommt, steht auch unter dem Zeichen, welchem Täterbegriff zu folgen ist. Nach dem extensiven Täterbegrif'f48, wonach jeder, der eine Ursache für den Erfolg gesetzt hat, als Täter anzusehen ist, wäre eine die Täterschaft konstituierende Regelung nicht erforderlich. Nur nach dem restriktiven Täterbegriff 149, wonach nur deIjenige, der die Merkmale eines Tatbestands selbst erfüllt, als Täter anzusehen ist, stellt sich die Frage nach der konstitutiven Funktion des § 25 Abs. 2 StGB, da nur dann eine gesetzliche Normierung erforderlich wäre, um einen noch im Stadium der Untätigkeit gebliebenen Beteiligten als Täter bestrafen zu können. Da nach dem extensiven Täterbegriff somit im Grundsatz ohnehin keine Bedenken gegen eine Zurechnung zulasten des noch untätig gebliebenen Beteiligten bestehen, wird der folgenden Untersuchung der restriktive Täterbegriff zugrundegelegt. Schon Birkmeyer begründete die konstitutive Funktion des § 47 RStGB, dem Vorgänger des § 25 Abs. 2 StGB, folgendermaßen: "Die §§ 47 ff. haben die Aufgabe, die Teilnahme als eine besondere Schuldfonn zu regeln. Eine solche besondere Schuldfonn ist die Mitthäterschaft in unserem Sinne, insofern hier Jeder der Mitwirkenden nur einen Teil des verpönten Erfolges, und nur ihr Zusammenwirken den ganzen Erfolg verursacht. Sollte gleichwohl jeder als 'Thäter' bestraft werden, so war hierzu besondere Bestimmung notwendig. ,,1 SO

Diese konstitutive Funktion des § 25 Abs. 2 StGB stellt neben vielen anderen Vertretern des neueren Schrifttums 151 Herzberg recht deutlich heraus. So liege die Besonderheit der mittäterschaftlichen Zurechnung in der konstitutiven Relevanz, die der gesetzlichen Anerkennung des Mittäters zukomme. 152 Während § 25 Abs. 1 StGB immer nur sage, was schon die richtige SubsumtiKaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 60. Siehe dazu: Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, Vorbem §§ 25 ff. StGB, Rn. 8. 149 Siehe dazu: Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, Vorbem §§ 25 ff. StGB, Rn. 6. ISO Birkmeyer, Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, 105. 151 Ahrens, JA 1995, 664 ff., 666; Blei, Strafrecht 1. AT, 18. Auflage, 278; Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 61; Ebert, Strafrecht AT, 178; Ganther, GA 1983,333; Haft, Strafrecht AT, 6. Auflage, 195; Kienapfel, Strafrecht AT, 4. Auflage, 553; Kahl, Strafrecht AT, 664; Maurach/GtJssel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 310; Mayer, Strafrecht AT, 313; Stratenwerth, Strafrecht AT 1,3. Auflage, 234 (Rn. 827). 152 Herzberg, ZStW 99 (1987), 49 ff., 55. So auch: Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, 60, indem er davon ausgeht, daß Strafbarkeitslücken "durch den konstitutiven, d.h. strafbarkeitserweiternden § 25 Abs. 2 (§ 47 a.F.) geschlossen" werden könnten. Insbesondere will Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, 60 (Fn. 9), in Fällen, in denen die Kausalität zu verneinen und die Kriterien sowohl der Tatherrschaft als auch des Täterwillens unanwendbar seien, die Mittäterschaft nur auf § 25 Abs. 2 StGB gründen. 147

148

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

40

on unter einen Straftatbestand ergeben haben müsse, mache § 25 Abs. 2 StGB oft Beteiligte zu Tätern, die den Deliktstatbestand strenggenommen nicht erfüllt hätten. 153 Mit § 25 Abs. 2 StGB habe der Gesetzgeber Strafbarkeiten begründet, die nicht an die Verwirklichung sämtlicher Merkmale eines Straftatbestandes gebunden seien. 154 Diese Ansicht stößt bei einigen Autoren155 auf Widerspruch. Während Roxin neuerdings die Ansicht vertritt, daß sich aus § 25 Abs. 2 StGB ergebe, daß jeder Mittäter sich die Gesamttat und somit auch die von ihm nicht selbst verwirklichten Tatanteile zurechnen lassen müsse l56, argumentierte er früher von der Tatherrschaftslehre ausgehend, daß sich "mit diesem Ausweichen auf den allmächtigen Willen des Gesetzgebers,,157 das Problem, wie eine auf einen bestimmten Anteil beschränkte Herrschaft die strafrechtliche Haftung für die Gesamttat auslösen könne, nicht meistem lasse. So hielt es Roxin zum einen für "eine sehr sonderbare, mit dem Schuldprinzip schwerlich in Einklang zu bringende Annahme, daß jemand als Täter für etwas bestraft werden solle, was ein anderer aus eigener Verantwortung getan hat,,158. Zum anderen hielt er eine solche Möglichkeit mit dem Tatherrschaftsprinzip, wonach der Täter die Herrschaft über das Gesamtgeschehen haben müsse, für unvereinbar. 159 Daher sei die Vorstellung, daß das Gesetz den einzelnen auch für das haften lasse, was der andere Mittäter getan habe, abzulehnen. l60 Der Mittäter könne nicht für das Verhalten anderer anstatt für sein eigenes Tun bestraft werden. 161 Auch Schilling hält es für verfehlt, die Verhaltensanrechnung als gesetzlich angeordnet anzusehen. 162 Zum einen betreffe der Satz, daß fremdes Handeln wie eigenes anzusehen sei und deshalb der eigene Beitrag durch die Beiträge der Genossen vervollständigt werde, die Handlungslehre. 163 Zum anderen regelten die Strafrechtssätze keine Handlungsverknüpfungen, sondern drohten unmittelbar Straffolgen an. l64 Die Ansicht Schillings, daß Strafrechtssätze unmittel153 154

Herzberg, ZStW 99 (1987), 55. Herzberg, ZStW 99 (1987), 55.

155 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 277, 290; Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 75 f. (Fn. 191). 156 Roxin, Odersky-FS, 489 ff., 494. 157 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 277. 158 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 277. 159 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 277. 160 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 290. 161 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 290. 162 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 75 (Fn.191). 163 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 75. 164 Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters Wld des mittelbaren Täters, 75 f. (Fn. 191).

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

41

bar Straffolgen androhten, trifft jedoch nur fiir die Normen des Besonderen Teils des StGB zu. Die Regelungen des Allgemeinen Teils des StGB können durchaus andere Funktionen als die Setzung von Straffolgen ausüben. So beispielsweise die §§ 32 ff. StGB, die gar zu einer Rechtfertigung oder Entschuldigung der Tat führen und den Täter vor Straffolgen bewahren. Wegen dieser gravierenden Meinungsunterschiede gilt es im folgenden, den Regelungsinhalt des § 25 Abs. 2 StGB unter Anwendung der Auslegungsgrundsätze zu erforschen. Der reine Wortlaut des § 25 Abs. 2 StGB - "Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter)" -läßt keinen sicheren Schluß dafiir zu, daß damit eine wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge gesetzlich angeordnet sei. Ergiebiger könnte die Beantwortung der Frage sein, welcher Gesetzessinn sich aus dem Kontext, in dem sich § 25 Abs. 2 StGB befindet, ergibt. Dabei ist § 25 Abs. 2 StGB so zu interpretieren, daß er zum einen nicht in einem logischen Widerspruch zu den Normen, die mit ihm systematisch zusammenhängen - hier §§ 25 Abs. 1, 26, 27 StGB -, steht und ihm zum anderen ein eigenständiger Sinn165 zukommt. Die Systematik der §§ 25-27 StGB ist daher wie folgt zu charakterisieren: § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB markiert den Grundsatz, daß als Täter bestraft wird, wer die Straftat selbst begeht. Von diesem Grundsatz definieren die §§ 25 Abs.l Fall 2, 25 Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 StGB folgende vier Ausnahmen: Strafbar ist auch, wer die Straftat durch einen anderen begeht (§ 25 Abs. 1 Fall 2 StGB), wer die Straftat gemeinschaftlich begeht (§ 25 Abs. 2 StGB), wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat (§ 26 StGB) und wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat (§ 27 Abs. 1 StGB).I66 Für die hier interessierende Mittäterschaft kommen folgende drei Konstellationen in Betracht. Im ersten Fall erfiillen beide Mittäter alle Tatbestandsmerkmale je fiir sich. Im zweiten Fall erfiillt der eine Mittäter keine, der andere Mittäter alle Tatbestandsmerkmale. Im dritten Fall erfiillen beide Mittäter je fiir sich verschiedene Tatbestandsmerkmale und erst die Addition dieser Tatbestandsmerkmale führt zur vollen Deliktsverwirklichung. Der erste Fall ist bereits durch § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB erfaßt - jeder der Mittäter ist bereits nach § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB strafbar _.167 Der zweite Fall ist bezüglich 165 Ähnlich äußert sich, freilich in einem anderen Zusammenhang, Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformen1ehre, 319, wonach der unmittelbaren Wld mittelbaren Täterschaft, damit der Mittäterschaftsbegriff nicht überflüssig werde, ein anderer WertWlgsgesichtspunkt zugnmdeliegen müsse. 166 Nach dem restriktiven Täterbegriffhaben die §§ 25 Abs. I Fall 2, 25 Abs. 2, 26, 27 Abs. I StGB strafausdehnenden Charakter. Nach dem extensiven Täterbegriff haben §§ 25 Abs. I Fall 2, 25 Abs. 2 StGB überhaupt keine Funktion Wld die §§ 26, 27 Abs. 1 StGB strafeinschränkenden Charakter. 167 So auch: Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformen1ehre, 319.

42

1. Teil: Die GesamtlÖSWlg Wld die EinzellösWlgen

desjenigen Mittäters, der alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ebenfalls bereits durch § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB erfaßt - selbiger ist bereits nach § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB strafbar. 168 Dem Grundsatz folgend, daß zwei verschiedene Normen nicht den gleichen Sachverhalt regeln, ist festzustellen, daß § 25 Abs. 2 StGB diesen ersten Fall und im zweiten Fall die Strafbarkeit des Mittäters, der alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht, nicht regelt. Dem Grundsatz folgend, daß jeder Norm ein eigenständiger Sinn zukommt, ist festzustellen, daß im zweiten Fall die Strafbarkeit des Mittäters, der keine Tatbestandsmerkmale verwirklicht, und der dritte Fall von § 25 Abs. 2 StGB geregelt werden. Daraus ergibt sich desweiteren, daß für eine Strafbarkeit des Mittäters in diesen Konstellationen nicht erforderlich sein kann, daß er die Tatbestandsmerkmale selbst verwirklicht, da man dann wieder bei der bereits von § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB erfaßten Strafbarkeit angelangt wäre. Dieser Mangel der nach § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB grundsätzlich erforderlichen eigenen Tatbestandsverwirklichung wird gerade durch die Ausnahmevorschrift des § 25 Abs. 2 StGB ausgeglichen. Um im zweiten Fall den Mittäter, der keine Tatbestandsmerkmale erfüllt, einer Strafbarkeit zuführen zu können, bedarf es daher einer einseitigen Zurechnung der vom anderen Mittäter verwirklichten Tatbeiträge. Um im dritten Fall beide Mittäter einer Strafbarkeit zuführen zu können, bedarf es einer wechselseitigen Zurechnung der verschiedenen Tatbeiträge. In diesen Fällen kommt § 25 Abs. 2 StGB eine "selbständige Bedeutung,,169 zu. Sowohl unter systematischen als auch unter teleologischen Gesichtspunkten liegt der Sinn des § 25 Abs. 2 StGB also in einer konstitutiven Zurechnung der Tatbeiträge. Welchen Sinn sollte er sonst haben? Diesem Ergebnis liegt auch der historische Wille des Gesetzgebers zugrunde. Der heutige § 25 Abs. 2 StGB ("Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft") ging aus dem vor der Reform des Allgemeinen Teils durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts aus dem Jahr 1969 geltenden § 47 StGB a.F. ("Wenn Mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausfuhren, so wird Jeder als Thäter bestraft") hervor. § 47 StGB a.F. wiederum wurde wortgleich aus § 47 RStGB von 1871/72 übernommen. § 47 RStGB hatte seinen wortgleichen Vorgänger in § 47 NDt.B.StGB I70 von 1871. Das Pr.StGB I71 von 1851 - der Vorgänger des NDt.B.StGB - enthielt keine, die Mittäterschaft betreffende Regelung. Eine Regelung der Mittäterschaft fand somit erst im Gesetzgebungsverfahren zur Schaffung des NDt.B.StGB Eingang in die deutsche Strafgesetzgebung. Der zunächst vom Preußischen Justizministerium vorgelegte Entwurf enthielt keine Regelung zur Mittäterschaft. Diese Tatsache wur168 So auch: Ahrens, JA 1995, 664 11, 665; Stein, Die strafrechtliche BeteiligWlgsfonnenlehre, 319. 169 BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht, AT, 10. Auflage, 614 (Rn. 78). 170 NDt.B.StGB = Strafgesetzbuch des Norddeutschen BWldes. 17I Pr.StGB = Preußisches Strafgesetzbuch.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

43

de von vielen den Entwurf begutachtenden Autoren172 heftig kritisiert. Daher wurden in den die Schaffung des NDt.B.StGB betreffenden Lesungen verschiedene, die Mittäterschaft betreffende, Anträge gestellt. 173 Insbesondere auf Initiative von Kommissionsmitglied Schwarze fand § 47 Eingang in das NDt.B.StGB. Den Motiven zu § 47 NDt.B.StGB zufolge erschien es den Verfassern zweckmäßig, "den allgemeinen Gesichtspunkt, auf welchen die Schuld des Mitthäters zurückzuführen ist und in welchem sie ihre Begründung, insbesondere auch die gleichmäßige Beurtheilung der Mitthäter ihre Berechtigung findet, in dem Gesetze selbst festzustellen, zugleich aber auch die Gesetzesbestimmung so zu fassen, daß die erwähnte Vermischung der Kriterien der Mitthäterschaft und der Beihilfe abgewendet wird,,174. Auch wurde auf eine Bestimmung darüber, ob und inwieweit die vor der unmittelbaren Tatausfuhrung liegende Mitwirkung eines Beteiligten als eine Mittäterschaft aufzufassen sei, verzichtet, indem darauf hingewiesen wurde, daß im Einzelfall die richterliche Prüfung sich darauf zu richten habe, "ob nach Lage der Sache diese Thätigkeit als eine solche aufzufassen sei, daß sie sich als einen Theil gemeinschaftlicher Ausführung und die That selbst hierdurch zugleich als eine ge-

172 Meyer, Das Norddeutsche Strafrecht, 35; Held, Bemerkungen zu dem Entwurfe eines Strafgesetzbuchs fiI.r den Norddeutschen Bund, 31; Vollert, Kritik des Entwurfes eines Strafgesetzbuches fur den Norddeutschen Bund, 23 f; Binding, Der Entwurf eines Strafgesetzbuchs fiI.r den Norddeutschen Bund in seinen Grundsätzen, 97 f 173 Aus Schubert, GA 1982,208 f.: In der 1. Lesung vorn 08.10.1869 stellte Budde folgenden Antrag: "Als Miturheber sind zu bestrafen 1.) Alle diejenigen, welche die That mit einander beschlossen, vorausgesetzt, daß dieselbe in Folge dieser Beschlüsse vollständig oder bis zu einern strafbaren Versuche zur Ausfiihrung gebracht worden ist. - 2.) Diejenigen, welche zwar an dem Beschlusse der That nicht Theil genommen, aber zu deren Ausführung mitgewirkt haben, wenn die Umstände ergeben, daß sie durch ihre Mitwirkung den Entschluß zur That stillschweigend zu dem ihrigen gemacht, ihr Wille also nicht auf Unterstützung einer fremden That gerichtet gewesen ist." Dieser Antrag wurde mit vier gegen drei Stimmen abgelehnt. In der II. Lesung arn 04.12.1869 stellte Donandt folgenden Antrag: "Als Miturheber wird bestraft: wer die That mit beschlossen und bei und zu der Ausführung mitgewirkt hat." Auch dieser Antrag wurde mit vier gegen drei Stimmen abgelehnt. Schwarze stellte den Antrag: "Wenn mehrere zur Ausführung eines gemeinschaftlich beabsichtigten Verbrechens oder Vergehens ausdrücklich oder stillschweigend sich verbunden haben, so ist von ihnen jeder, welcher vor oder bei der That mitgewirkt hat oder bei der Ausführung gegenwärtig gewesen ist, als Mitthäter zu bestrafen." Dieser Antrag wurde ebenfalls mit vier gegen drei Stimmen abgelehnt. Donandt stellte den Antrag: "Wenn mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausfUhren, so wird jeder als Thäter bestraft." Dieser Antrag wurde mit vier gegen drei Stimmen angenommen. Dieser Antrag wurde in der m. Lesung vorn 10.12.1869 von Schwarze und Friedberg gestellt und sodann angenommen. 174 Aus Schwarze, Das Strafgesetzbuch fiI.r den Norddeutschen Bund, 65; Blum, Das Strafgesetzbuch fiI.r den Norddeutschen Bund nebst dem Einführungsgesetz, 80 f; Meyer, Strafgesetzbuch fiI.r den Norddeutschen Bund, 53.

44

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

meinschaftliche darstelle" 175. Daraus, daß nach den Motiven eine "gleichmäßige Beurteilung der Mitthäter" berechtigt und die Tat somit als eine "gemeinschaftliche" anzusehen sei, ergibt sich, daß auch die Gesetzesverfasser die auf einer konstitutiven Zurechnung basierende Vorstellung von einer Gesamttat verfolgten. Als Beleg dafür, daß den Gesetzesverfassern diese Sicht der Dinge vorschwebte, können auch die Ausfiihrungen von Schwarze, der als Kommissionsmitglied maßgeblichen Anteil an der Schaffung des § 47 NDt.B.StGB hatte, angeführt werden: "Der Thäter, welcher allein oder in VerbindWlg mit einem anderen Theilnehmer handelt, muß das Geschehene in seinem ganzen strafrechtlich in Betracht kommenden Umfange als seine That, beziehentlich als die gemeinschaftliche anerkennen, daher auch insbesondere das sich zurechnen lassen, was der Mitthäter oder der Gehilfe zur Ausfilhnmg der That beigetragen haben.... Der Erfolg ist als gewollter von jedem der Mitthäter zu vertreten, auch wenn es die HandlWlg des Einzelnen nicht war, welche ihn bewirkt hat; ... In allen diesen Fällen haftet jeder Mitthäter für den Erfolg der wissentlich Wld absichtlich verbWldenen Thätigkeit der übrigen Wld jedes Einzelnen.,,176

Es ist somit festzuhalten, daß die von Schilling und Roxin gegenüber der konstitutiven Funktion des § 25 Abs. 2 StGB vorgetragene Kritik nicht durchgreift. Der Gesetzgeber macht jeden Mittäter fiir die Tätigkeit seiner Genossen, soweit sie mit dem gemeinsam gebilligten Tatplan im Einklang steht, ebenso wie fiir sein eigenes Verhalten verantwortlich. Kraft dieser Zurechnung fremder Tätigkeit verwirklicht jeder einzelne Mittäter den Tatbestand durch eine Tätigkeit, die nach der Wertung des Gesetzes als sein eigenes Verhalten betrachtet wird. (b) Die Möglichkeit einer einseitigen Handlungszurechnung

Dennoch hält VaidAgua die Gesamtlösung fiir unannehmbar. Dabei weist er zunächst darauf hin, daß in Rechtsprechung und Schrifttum von einer wechselseitigen oder gegenseitigen Tätigkeits- beziehungsweise Handlungsanrechnung im Bereich der Mittäterschaft die Rede sei. 177 Wechselseitig oder gegenseitig sei die Zurechnung aber nur, wenn jeder Komplize, dem fremde Tätigkeit als eigenes Verhalten angerechnet werde, seinerseits auch etwas getan habe, was dem jeweils anderen als eigene Tätigkeit zugerechnet werden könne. 178 Daher passe die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung nur zu der Kon-

l7S Aus Schwarze, Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen BWld, 65; Blum, Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen BWld nebst dem Einfilhnmgsgesetz, 80 f; Meyer, Strafgesetzbuch für den Norddeutschen BWld, 53. 176 Schwarze, Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen BWld, 67 f 177 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 854 f 178 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 855.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

45

stellation, in der alle Mittäter eines vollendeten oder versuchten Delikts die ihnen nach dem gemeinsamen Tatplan jeweils zufallenden Tatbeiträge geleistet hätten. Unterlasse aber einer der Genossen, seinen Tatbeitrag zu leisten, so könne die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung der gesetzlichen Regelung der Mittäterschaft - sowohl beim vollendeten als auch beim versuchten Delikt nicht mehr gerecht werden. 179 Daß es nur eine wechselseitige Zurechnung geben könne, begründet ValdAgua anband des von ihm gebildeten BanküberfallBeispiels: Banküberfall-Beispiel: A, B, C, D lllld E vereinbaren einen Banküberfall derart, daß A, B lllld C Angestellte lllld Kllllden der Bank mit Hilfe von Feuerwaffen in Schach halten lllld D lllld E das Geld aus der Kasse nehmen sollen. C erscheint dann nicht am Tatort, worauf die übrigen Komplizen den Raub erfolgreich ausführen. ISO

ValdAgua ist der Ansicht, daß bei einer in Mittäterschaft vollendeten Straftat der am gemeinsamen Tatentschluß Beteiligte nicht als Mittäter bestraft werde, wenn dessen Beitrag ausgefallen sei. 181 Daher sei C zwar wegen seiner Beteiligung an der Verabredung gemäß § 30 Abs. 2 StGB, jedoch nicht als Mittäter zu bestrafen. 182 Für die Konstellation des mittäterschaftlichen Versuchs zieht ValdAgua daraus folgenden Schluß: "Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnllllg bei der Mittäterschaft versagt also, wenn einer deIjenigen, die im gemeinsamen Tatplan Mittäteraufgaben übernommen haben, den von ihm zugesagten Tatbeitrag nicht leistet lllld das Delikt trotzdem von den übrigen Komplizen vollendet wird. Dann muß sie aber auch versagen, wenn die tätig gewordenen Komplizen - llllter sonst gleichen Umständen - im Versuchsstadium stecken geblieben sind. Denn man würde dem Gesetz einen eklatanten Wertungswiderspruch llllterstellen, wenn man zu dem Ergebnis käme, daß deIjenige, der eine Mittäterrolle im gemeinsamen Tatplan übernommen, sonst aber nichts getan hat, als Mittäter eines Versuchs bestraft wird, falls die anderen, handelnden Genossen die Straftat nicht über das Versuchsstadium hinausgebracht haben, ande-

179 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 854. fu diesem Sinne äußert sich auch Rudo/phi, SK, 6. Auflage, § 22 StGB, Rn. 19a, wonach eine Handlllllgszurechnllllg, sofern sie überhaupt berechtigt sei, voraussetze, daß der jeweilige Mittäter das, was seine Mittäterschaft lllld damit die (wechselseitige) Handlllllgszurechnllllg begründe, bereits verwirklicht oder beim Versuch bereits zu verwirklichen begonnen habe; dies deshalb, da der Mittäter über den Handlllllgsllllwert der Teilnahme hinaus auch schon den der Mittäterschaft verwirklicht haben müsse. 180 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 854. 181 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 854. 182 Va/dagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 855. So argumentiert auch das Reichsgericht in RGSt 9, 3 ff., 6: " ... gesetzt, die Tat wäre vollendet worden, so würde deIjenige Teilnehmer an der Verabredllllg, welcher, entgegen seiner Zusage, keine Mitwirknng, insbesondere nicht die von ihm übernommene, als Mittäterschaft qualifIzierte Mitwirknng geleistet hat, als Mittäter nicht bestraft werden."

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

46

rerseits aber straflos bleibt, falls es den anderen gelWlgen ist, das Delikt zu vollenden.,,183

Ähnlich argumentiert nunmehr Roxin. Wenn eine Verabredung fiir die Mittäterschaft beim vollendeten Delikt nicht ausreiche, so Roxin, könne sie eine solche auch beim Versuch nicht begründen. 184 Es stellt sich somit die grundsätzliche Frage, ob eine mittäterschaftliche Zurechnung nur wechselseitig, also wenn beide Tatgenossen einen Tatbeitrag erbracht haben, oder auch eine einseitige Zurechnung zulasten eines noch untätig gebliebenen Tatgenossen möglich ist. Soweit Valdagua feststellt, daß das von ihm im Banküberfall-Beispiel gewonnene Ergebnis von niemandem bestritten werde, ist es an der Zeit, daß dies an dieser Stelle getan wird. C ist tatsächlich, soweit die durch seine Komplizen vollendete Tat im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses bliebl85 , wegen mittäterschaftlichen Raubs zu bestrafen, es sei denn, ihm kommt ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Fall 2 StGB zugute. Zwar könnte man argumentieren, daß C in dem Zeitpunkt, in welchem ihm bewußt wird, daß er seinen Tatbeitrag nicht mehr erbringen kann, den Vorsatz zur eigenen Tatbeteiligung verliert. Die Zurechnung basiert jedoch nicht auf einem beim untätig gebliebenen Komplizen vorhandenen Vorsatz im Zeitpunkt der Tat. Grundlage dessen, daß ihm die Handlungen von A, B, D und E zugerechnet werden, ist dessen Vorsatz im Zeitpunkt der Planung. Insoweit geht die von Küper angebotene Korrektur der mittäterschaftlichen Zurechnung, indem er neben dem gemeinsamen Tatentschluß als weitere Zurechnungsvoraussetzung verlangt186, daß der noch untätig gebliebene Tatgenosse noch im Zeitpunkt des Ausfiihrungsbeginns die Deliktsvollcndung mitbewirken will, fehl. 187 Damit wird auch die Regelung des § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB nicht bedeutungslos. Der Sinn des § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB liegt gerade darin, den durch die Verbrechensverabredung vermittelten verbrecherischen Willen schon und gerade dann zu bestrafen, wenn er noch nicht zum Versuch, sondern erst zu einer das geschützte Rechtsgut geringer gefährdenden Vorbereitungshandlung gefiihrt hat. 188 Während es also im Fall der bloßen Verbrechensverabredung im Sinne des § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB noch nicht zu Versuch oder gar Vollendung einer Tat kommt, erfaßt die Bestrafung wegen mittäterschaftlichen Versuchs nach §§ 22, 25 Abs. 2 StGB die Fälle, in denen dies gerade geschehen ist. Zwar ist Valdagua darin zuzustim183 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 856, 869. Odersky-FS, 489 ff., 492. 185 Diese Frage beantwortet sich nach den Regeln über die wesentliche AbweichWlg des Kausalverlaufs. 186 Küper, JZ 1979,775 ff, 781 f. 187 Siehe Wlten S. 103 f. 188 BGHSt 8,38 f1, 39. 184 Roxin,

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

47

men, daß es sich bei dieser Konstellation nicht um einen Fall der wechselseitigen Handlungszurechnung handelt. Daß die von § 25 Abs. 2 StGB vorgesehene Zurechnung eine wechselseitige sein muß, ist jedoch entgegen der Ansicht Valdaguas, abzulehnen. Dies wurde bereits oben für den Fall, daß ein Mittäter nicht alle Tatbestandsmerkmale, der andere aber alle erfiillt, festgestellt. 189 Auch hier findet eine Zurechnung nur in eine Richtung statt, und zwar werden nur die Handlungen des Mittäters, der alle Tatbestandsmerkmale erfiillt, dem anderen Mittäter zugerechnet. Eine Zurechnung in die andere Richtung ist nicht erforderlich, da jener Mittäter bereits durch § 25 Abs. 1 Fall I StGB erfaßt wird. Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung ist also auch dann anzuwenden, wenn einer derjenigen, die im gemeinsamen Tatplan Mittäteraufgaben übernommen haben, den von ihm zugesagten Tatbeitrag nicht mehr (da die Tat bereits vollendet) oc!er noch nicht (da die Tat im Versuchsstadium steckengeblieben ist) geleistet hat. (c) Die kriminalpolitischen Erwägungen Valdagua und neuerdings Roxin wenden desweiteren für das hierfiir gebildete Rücktritts-Beispiel kriminalpolitische Bedenken ein. Rücktritts-Beispiel: A lUld B vereinbaren die mittäterschaftliehe BegehlUlg einer Straftat derart, daß A den Anfang lUld B den letzten Teil der Ausführung übernimmt. A tritt nach der LeistlUlg seines Beitrags, jedoch bevor B zum Zuge kommen kann, freiwillig zurück, indem er sich, was B weiß, reumütig der Polizei offenbart.

Nach der Lehre von der Tätigkeitsanrechnung wird B jener Teil der Ausführung, der von seinem Genossen verwirklicht wurde, mit der Folge zugerechnet, daß der untätige B als Mittäter des versuchten Delikts zu bestrafen ist, während der allein handelnde A straffrei ausgeht. Dieses Ergebnis halten Valdagua und Roxin für kriminalpolitisch unsinnig, da für B aufgrunddessen, daß er wisse, daß das Vorhaben nun nicht mehr durchführbar sei, sowohl eine freiwillige Verhinderung der Vollendung, als auch ein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung zu verhindern und damit der Weg zu einem strafbefreienden Rücktritt versperrt sei. l90 Sie sehen hierin eine unannehmbare Vorverlagerung des Zeitpunkts, von dem an die Rücktrittsregelung des § 24 Abs. 2 StGB auf den Mittäter anzuwenden sei. 191 Valdagua gibt des weiteren zu bedenken, daß für den Fall, daß B damit rechne, daß er in jedem Fall wegen Versuchs bestraft werde, er leicht dazu neigen könne, das Delikt doch

189 190 191

Siehe oben S. 41 ff. Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 857; Roxin, Odersky-FS, 489 ff., 493 f. Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 869; Roxin, Odersky-FS, 489 ff., 493 f.

48

1. Teil: Die GesamtlöSWlg Wld die EinzellösWlgen

noch zu vollenden, falls ihm dies unter den konkreten Umständen möglich sei. 192 Den Bedenken, daß im Rücktritts-Beispiel die Regelung des § 24 Abs. 2 StGB in einem zu frühen Stadium angewendet würde, ist entgegenzuhalten, daß, da es sich in dieser Konstellation aus der Sicht des B um einen klassischen Fall des fehlgeschlagenen Versuchs handelt, dieses Ergebnis mit den Rücktritts-Grundsätzen durchaus vereinbar ist. Gegen die Befürchtung, daß B dazu neigen könne, das Delikt nun doch zu vollenden, ist einzuwenden, daß ein Täter eine Tat nicht deswegen begeht, weil er ohnehin strafbar ist, sondern weil er deren Vollendung für eigene Zwecke erreichen will. Zum anderen ist nicht davon auszugehen, daß ein durchschnittlicher Täter, der vor der Entscheidung steht, eine Tat zu vollenden, um die verästelten Probleme von Zurechnungs- und Rücktrittsproblematik weiß. Und wenn dem in einem besonderen Fall tatsächlich so wäre, dann würde er bedenken, daß ihm bei NichtVollendung immerhin die Strafmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB zugute kommen kann. Desweiteren gilt es zu beachten, daß, wenn B die Tat unter Verwendung des von A erbrachten Tatanteils vollendet, sowohl A als auch B zu bestrafen sind, da dem A dann die Rücktrittsmöglichkeit nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Fall 2 StGB verschlossen bliebe. Ein von ValdAgua und Roxin befiirchtetes StrafbarkeitsgeflUle zwischen A und B läge mithin nicht vor. Vollendet B die Tat ohne Verwendung des von A erbrachten Beitrags, so würde es sich um eine neue selbständige Tat des B handeln, fiir welche er dann berechtigtermaßen als Alleintäter und nicht als Mittäter an der alten Tat bestraft würde. Die Gefahr, daß B selbständig eine neue Tat begeht, besteht aber, da zwischen beiden Komplexen ein neuer Tatentschluß des B steht, unabhängig davon, ob ihm bei der ersten versuchten Tat die Handlungen des A zugerechnet werden. Zuguterletzt ist anzunehmen, daß B nicht vollenden können will, was er aufgrund der Offenbarung durch A an die Polizei erkanntermaßen gar nicht mehr vollenden kann. Nach alledem sind also die kriminalpolitischen Bedenken ValdAguas und Roxins nicht weiterzuverfolgen. (d) Die Erwägungen der materiellen Gerechtigkeit Die Gesamtlösung wird von einigen Autoren193 auch mit Erwägungen der materiellen Gerechtigkeit begründet. So sei ein Abstellen auf das vor dem Abbruch des Versuchs verwirklichte Handlungsgeschehen nicht sinnvoll, da es Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 857. Eser, SchiSch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 55; Gores, Der Rücktritt des Tatbeteiligten, 125; Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 713 (Fn. 108); Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 67, 70; Roxin, JuS 1979, 1 ff., 13; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139; Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 454; Steinke, KR 1979, 126 f.; Stratenwerth, Strafrecht AT 1,3. Auflage, 237 (Rn. 841); Vogler, LK, 10. Auflage, § 22 StGB, Rn. 89. 192 193

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

49

nicht einleuchte, daß bei einem arbeitsteiligen Zusammenwirken deIjenige, dessen Tatanteil zeitlich später angesetzt und deshalb meist umso gewichtiger sei, allein wegen der vorzeitigen Entdeckung des Unternehmens glimpflicher davonkommen solle als seine Komplizen. 194 Man käme sonst zu dem auch kriminalpolitisch nicht akzeptablen Ergebnis, daß belanglose Zufa1ligkeiten der Aufgabenverteilung über Strafbarkeit oder Straflosigkeit eines Mittäters entschieden. 195 Die Gesamtlösung neutralisiere dagegen, weil sie die Versuchsgrenze einheitlich bestimme, diesen angesichts der Gleichwertigkeit aller Tatanteile wenig sachgerechten Einfluß des Zeit-und Zufallsfaktors. 196 Dieses Zufallsargument stößt jedoch insbesondere bei Valdagua, Rudolphi und neuerdings Roxin auf Ablehnung. Valdagua ist der Ansicht, daß die Bestrafung der zuflUligen Nichtvornahme einer Versuchshandlung, um denjenigen, der sie vornehmen wollte, so zu behandeln wie denjenigen, den der Zufall nicht an der Durchfiihrung seines Vorhabens gehindert habe, dem Grundgedanken eines Tatstrafrechts widerspreche. 197 Danach fiihre der auf die Begehung einer Straftat gerichtete Wille nur dann zur Bestrafung, wenn er sich durch ein äußeres Verhalten ausdrücke, das den Erfordernissen eines bestimmten Straftatbestandes genüge. l98 Im Fall des versuchten Delikts bestehe das tatbestandsmäßige Verhalten aber darin, daß der Täter zur Verwirklichung eines Tatbestandes unmittelbar ansetze. 199 Daher sei im Rahmen des geltenden Tatstrafrechts die täterfreundliche Auswirkung von Zufälligkeiten zu akzeptieren, wenn diese der Grund dafür seien, daß das tatbestandsmäßige Verhalten selbst nicht vorgenommen werde. 2°O Roxin argumentiert neuerdings, daß der Umstand, daß von zwei Komplizen der ins Ausfiihrungsstadium Eingetretene 194 So früher: Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 453; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139. 195 So früher: Roxin, JuS 1979, 1 ff., 13; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139. 196 Kaper, JZ 1979, 775 ff., 787. 197 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 866. 198 Valdagua, ZStW 98 (1986),839 ff., 866. 199 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 866. So auch: Bloy, Die Beteiligilllgsfonn als Zurechnungstypus im Strafrecht, 266: "Auch der Täter eines versuchten Delikts ist wegen des Getanen, nicht (allein) wegen des Gewollten strafbar. Hält man daran fest, so erscheint es keineswegs sachwidrig, daß bei einem arbeitsteiligen Zusammenwirken derjenige, dessen Tatanteil zeitlich später angesetzt ist, im Unterschied zu seinen Komplizen ggf. straffrei davonkommt, wenn das Unternehmen vorzeitig abgebrochen wird"; Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 ff., 385: "Der Umstand, daß bei einer vorzeitigen EntdeckWlg des Tatplanes die Mittäter, die erst später ihren täterschaftsbegründenden Tatbeitrag hätten leisten sollen, glimpflicher davonkommen, fmdet seine Erklärung Wld Rechtfertigilllg daher allein in dem geltenden Recht, demzufolge ein - aus welchen Gründen auch immer - nicht betätigter verbrecherischer Wille für sich allein noch keine Versuchsstrafbarkeit zu begründen vermag." 200 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 866.

4 Buser

I. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

50

als Versuchstäter bestraft werde, der noch nicht in dieser Weise tätig Gewordene aber nur wegen Verabredung, wegen Anstiftung zum Versuch oder Beihilfe dazu, genau dem von jedem Beteiligten bisher verwirklichten Unrecht und dem Grundsatz eines danach differenzierenden Tatstrafrechts entspreche. 2OJ Wenn man demgegenüber darauf hinweise, daß die Rollenverteilung auch in anderer Weise hätte erfolgen können und deshalb von vornherein Mittäterschaft annehme, werde ein hypothetischer Kausalverlauf unzulässigerweise anstelle des tatsächlich Geschehenen zur Grundlage der Zurechnung gemacht. 202 Schließlich wird von Rudolphi eingewandt, daß das Zufallsargument verkenne, daß auf jeden Fall bereits eine Strafbarkeit wegen Teilnahme an dem Versuch des anderen Mittäters vorliege. 203 Zufälligkeiten beeinflussen tatsächlich häufig die Strafbarkeit des Täters. So entscheidet der Zufall, beispielsweise wenn aufgrund eines unvorhergesehenen Windstoßes der vom Täter abgefeuerte Pfeil das Opfer verfehlt, häufig über die Frage, ob wegen Versuch oder Vollendung zu bestrafen ist. Desweiteren spielt der Zufall für die Haftung beim fahrlässigen Erfolgsdelikt eine entscheidende Rolle. Auch ist Rudolphi darin zuzustimmen, daß der Zufall nicht zur Straflosigkeit des noch untätig gebliebenen Mittäters führt. Der noch untätig gebliebene Mittäter wird nach der Gesamtlösung wegen mittäterschaftlichen Versuchs nach §§ 22, 25 Abs. 2 StGB bestraft. Er bliebe aber auch nach den Einzellösungen nicht straflos, sondern könnte einer Strafbarkeit nach § 27 StGB wegen psychischer Beihilfe oder nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB wegen Verbrechensverabredung unterfallen. 204 Der Erwägung Rudolphis ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Zufall dem Täter bei Anwendung der Einzellösungen gegenüber der Anwendung der Gesamtlösung zwei Vorteile bringt. Zum einen erfolgt nach § 27 Abs. 2 StGB beziehungsweise nach § 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Fall 3 StGB eine obligatorische Strafmilderung, während nach der Gesamtlösung für ihn nur eine fakultative Strafmilderungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 2 StGB herausspringt. Zum anderen kann er im Falle des § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB nur wegen der Verabredung eines Verbrechens im Sinne des § 12 Abs. I StGB bestraft werden, während er im Fall der §§ 22, 25 Abs. 2 StGB auch für den Versuch eines Vergehens im Sinne des § 12 Abs. 2 StGB bestraft werden kann, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Dieser lediglich geringfiigige Unterschied ist aber nicht so gewichtig, daß allein aus diesem Grund die Entscheidung zugunsten der Gesamtlösung ausfallen müßte. Dennoch ist nicht zu verkennen, daß es das Ziel strafrechtlicher Dogmatik sein Roxin, Odersky-FS, 489 fI., 494. Roxin, Odersky-FS, 489 fI., 495. 203 Rudolphi, SK, 6. Auflage, § 22 StGB, Rn. 19a. 204 So auch: Rudolphi, Bockelmann-FS, 385 (Fn. 52); Rudolphi, SK, 6. Auflage, §

201

202

22 StGB •. Rn. 19a.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

51

kann, durch Zufall hervorgerufene Ergebnisse möglichst zu vermeiden. Dies hat beispielsweise der Gesetzgeber durch die Schaffung von abstrakten Gefährdungsdelikten versucht. 205 Daher kann auch unter der Prämisse, die beunruhigende Rolle des Zufalls zurückzudrängen, der Gesamtlösung der Vorzug gegeben werden. Außerdem würde es dem Charakter der gemeinsamen Tat widersprechen, für die Versuchsstrafbarkeit auf den zufällig festgelegten Zeitpunkt der Erbringung eines Tatbeitrags abzustellen. 206 Es hat sich gezeigt, daß die gegen die auf der konstitutiven Funktion des § 25 Abs. 2 StGB basierende Lehre von der Tätigkeitsanrechnung vorgebrachten Einwände nicht durchschlagen. Sie stellt daher einen wichtigen Pfeiler für die Gesamtlösung dar. b) Die Lehre von der Mittäterschaft als Sonderform der mittelbaren Täterschaft Die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung wird vereinzelt mit der Auffassung, die Mittäterschaft sei eine Sonderform der mittelbaren Täterschaft, in Verbindung gebracht. Da bei der mittelbaren Täterschaft der Versuch unstreitig spätestens dann beginnt, wenn der Vordermann unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt207 , kommt diese Ansicht zu demselben Ergebnis wie diejenigen, die eine konstitutiv angeordnete mittäterschaftliche Zurechnung annehmen. aa) Das Prinzip

Diese Auffassung fand vereinzelt sowohl in der Rechtsprechung [( 1)] als auch im Schrifttum [(2)] Anerkennung. (1) Die Rechtsprechung Erste diese Lehre betreffende Ansätze waren im Anschluß an die Ausfiihrungen Bindings208 in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu finden. So Siehe dazu: ArztIWeber, Strafrecht BT, LH2, 10 f., (Rn. 31 f.). So auch: KüpperlMosbacher, JuS 1995,488 ff., 491. 207 Eser, Sch/Sch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 54. 208 So fonnulierte Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, 1. Band, Strafrecht, 299 f: " ... ganz regelmäßig hat jeder Mittäter nur zwn Teil eigenhändig, zwn vielleicht bei weitem größeren Teil durch seine von ihm beauftragten und in seinem Namen handelnden Genossen gehandelt.... Und so darf, wenn nur die Handlung innerhalb der vereinbarten Grenzen geblieben ist, mit Fug und Recht von jedem 205 206



52

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

argumentierte das Reichsgericht zunächst209, daß das Wesen der Mittäterschaft darin liege, daß jeder Beteiligte den ganzen Erfolg als eigenen verursachen wolle. 210 Daher wolle jeder aufgrund eines gemeinschaftlichen Entschlusses und mit vereinten Kräften seine eigene Tätigkeit als mittelbarer Täter durch die Teilhandlungen der anderen vervollständigen und auch sie sich zurechnen lassen. 2l1 Ebenso äußerte sich das Reichsgericht in einer weiteren Entscheiduni 12 : Wenn die Rollen der Mittäter in der Weise verteilt seien, daß die Ausfuhrung der Tat in der Hauptsache einem von ihnen allein überlassen und dem anderen nur eine unterstützende Tätigkeit übertragen sei, so sei jeder von ihnen, auch soweit er bei solchem Zusammenwirken keine unmittelbare eigene Tätigkeit entfalte, doch wenigstens mittelbarer Täter, der durch das Tun des anderen zugleich seinen eigenen Willen als Urheber verwirkliche. 2I3 Insofern werde jeder Mittäter zum Werkzeug des anderen zur Ausführung der mit vereinten Kräften gewollten und vollbrachten Tat. Das Tun eines jeden Mittäters sei eine Kraft, deren der andere sich bediene, um den auch von ihm gewollten Erfolg zu verwirklichen. 214 Das Reichsgericht wurde später15 noch deutlicher: "Zur Annahme der Mittäterschaft ist erforderlich und ausreichend, daß jeder Beteiligte den ganzen Erfolg einer Straftat als eigenen verursachen will, aber auf Grund eines gemeinschaftlichen Entschlusses und mit vereinten Kräften, daß also jeder seine eigene Tätigkeit als mittelbarer Täter durch die Handlungen des oder der Genossen vervollständigen und auch diese sich zurechnen lassen will. Jeder Mittäter muß hiernach zwar - mit jener inneren Einstellung zur Tat - in irgendeiner Weise zur Ausfilhrung mitwirken. Es reicht aber aus, daß er dies durch die unmittelbare Tätigkeit des oder der Genossen tut, während er seine persönliche Tätigkeit auf Handlungen beschränkt, die sich äußerlich als Vorbereitungs- oder Beihilfehandlungen darstellen; es ist nicht erforderlich, daß jeder Tatgenosse ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. ,,216

Diese Linie wurde vom Reichsgericht217 weiterverfolgt und auch der Bundesgerichtshof 18 äußerte sich in dieser Richtung, ohne freilich den Begriff der gesagt werden, daß er den ganzen Verbrechenstatbestand, soweit er überhaupt zur Verwirklichung kam, auch in Verwirklichung seines eigenen schuldhaften Willens gesetzt hat: jeder ist Volltäter geworden, selten durch eigenhändige Verwirklichung des ganzen Tatbestandes, weit öfter durch zum Teil eigenhändiges, zum Teil das uneigenbändige Handeln seiner Stellvertreter." 209 RGSt 58, 279. 210 RGSt 58, 279. 211 RGSt 58, 279. 212 RGSt 63, 101 ff. 213 RGSt 63, 101 ff., 103. 214 RGSt 63, 101 ff., 103. 215 RGSt 66, 236 ff. 216 RGSt 66, 236 ff., 240. 217 ROSt 71, 23 ff.

B. Die Auseinandersetzlmg mit dem Schrifttwn

53

mittelbaren Täterschaft zu gebrauchen. In späteren Entscheidungen tauchte die Lehre von der Mittäterschaft als Sonderfonn der mittelbaren Täterschaft nicht mehr auf. (2) Das Schrifttum

Diese Argumentation wurde vereinzelt auch im Schrifttum aufgenommen. 219 Dabei war es Lange, der diese Lehre am deutlichsten fonnulierte. 22O So liege der Grund und die Rechtfertigung der Zurechnung zur Täterschaftdarin, daß "die Mittäterschaft ein Fall teilweiser mittelbarer Täterschaft,,221 sei. Lange begründet dies damit, daß jeder Mittäter, da jeder nur handele, weil auch die anderen handelten, nicht nur den Erfolg, sondern auch das Handeln der anderen mitverursache. 222 Der gemeinschaftliche Entschluß mache so jeden einzelnen Mittäter zum Veranlasser des Handeins der anderen. 223 Da die Teilhandlung, die jeder einzelne vornehme, auch zugleich das Mithandeln der anderen bewirke, stelle sie "eine teils eigenhändige, teils fremdhändige Begehung der ganzen Tat durch jeden einzelnen Mittäter, eine teils mittelbare, teils unmittelbare Täterschaft,,224 dar: "Jeder Mittäter will nicht nur seine Teilhandlung vornehmen und eine teilweise Verwirklichung des Tatbestandes, vielleicht nur eine Vorbereitung der eigentlichen Tat erzielen, sondern er will darüber hinaus seine Handlung als Mittel zu dem weiteren Zweck, das Mithandeln der anderen zu bewirken und zu fördern und so den Erfolg in seiner Gesamtheit herbeizufithren. Und zwar will er - und das ist das Entscheidende - dieses Mithandeln der anderen sich selber dienstbar machen, ihre Kräfte vor den eigenen Wagen spannen, den von ihm erstrebten Erfolg mit Hilfe der anderen verwirklichen. So sind in der Tat filr jeden Mittäter alle seine Genossen nur seine Gehilfen. Er kalkuliert, da die eigenen Kräfte nicht ausreichen, die Kräfte der anderen mit ein und rechnet sie den seinen zu, um mit Benutzung fremder Kräfte sein eigenes Ziel zu erreichen, sein eigenes Werk zu vollenden. Was aber der Täter in seinem Sinne sich in ganz realer Weise zurechnet, das muß ihm auch bei der Bewertung des Unrechtsgehalts seiner Tat zugerechnet werden. Hierin liegt der innere Grund filr die Zurechnung zur Täterschaft. ,>225

218BGHNJW 1951,410. Binding, Grundriss des Deutschen Strafrechts, AT, 159; Binding, Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen,!. Band, Strafrecht, 354; Hälschner, Das Preußische Strafrecht, 392 f.; Kohler, Leitfaden des Deutschen Strafrechts, 36 f.; Krauss, Str.Abh. 353,60 f.; Maurach, Strafrecht AT, 4. Auflage, 659. 220 lAnge, Der moderne Täterbegriffund der deutsche Strafgesetzentwurf, 55. 221 lAnge, Der moderne Täterbegriffund der deutsche Strafgesetzentwurf, 55. 222 lAnge, Der moderne Täterbegriffund der deutsche Strafgesetzentwurf, 55. 223 lAnge, Der moderne Täterbegriffund der deutsche Strafgesetzentwurf, 55. 224 lAnge, Der moderne Täterbegriffund der deutsche Strafgesetzentwurf, 58 ff. 225 lAnge, Der moderne Täterbegriffund der deutsche Strafgesetzentwurf, 58 ff. 219

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

54

Als Ergebnis stellt er fest, daß für jeden Veranlasser, der in eigener Sache handele, die von ihm Benutzten seine "Werkzeuge" seien, ob sie ihrerseits als Täter verantwortlich seien oder nicht. 226 Wie es Täter neben dem Täter gebe, so auch Täter hinter dem Täter. 227 Ebenso argumentiert Nowakowski, wonach Mittäterschaft zwischen mittelbarem und unmittelbarem Täter dort möglich sei, wo der Ausführende unter dem dominierenden Einfluß eines Hintermanns handele, ohne selbst verantwortungsfrei zu werden. 228 Auch Sax bringt die Mittäterschaft mit der mittelbaren Täterschaft in Zusarnrnenhang229 : "Auch der Mittäter verwirklicht den Straftatbestand, ... indem er teils selbst handelnd, teils durch die Hand des Tatgenossen, mit dem er in gemeinsamem Tatplan verbunden ist und dessen Handeln er als Tatherr bewußt mitbeherrscht, seine Straftat ausftlhrt. Da sich umgekehrt der Tatgenosse teilweise der Kräfte des ersteren zur Ausfilhrung der Tat bedient, die zugleich seine eigene ist, ist Mittäterschaft in der Tat wechselseitige mittelbare Täterschaft.,,230

Demnach sei der die Tat nur geistig unterstützende Tatgenosse Täter, da und sofern er hinter dem die äußere Tathandlung allein ausführenden Tatgenossen "wie der Hintermann hinter seinem Werkzeug" stehe und seine Tat "durch die Hand des Tatgenossen" , mit dem er sich zur Tat verbunden habe und dessen Handeln er nach dem Tatplan bewußt mitbeherrsche, ausführe. 231 Auch Schröder ist der Ansicht, daß die gegenseitige Zurechnung der Tatanteile der Zurechnung des Handeins des "Werkzeugs" bei der mittelbaren Täterschaft entspreche. 232 So fiihre jeder die Tat selbst und zugleich dadurch aus, daß er einen anderen für sich handeln lasse. 233 Wenn die Arbeitsteilung der Beteiligten in der Weise durchgefiihrt werde, daß jeder nur ein Teilstück der Tatbestandsvoraussetzungen verwirkliche, so wirke § 47 StGB a.F. als Strafausdehnungsgrund, und zwar als Sonderfall einer mittelbaren Täterschaft, bei der jeder Tatbeitrag des einen jedem der anderen Beteiligten wie ein eigener zugerechnet werde, so daß jeder von ihnen rechtlich als voll tatbestandsmäßig handelnd behandelt werden könne. 234 Obwohl diese Konzeption, da sie die Kollektivtat in verschiedene (mittelbare) Einzeltaten zerlegt235 , nicht zu der von Küper entwickelten Gesamtlösung paßt, kommt' auch Schröder zu dem Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage, vor § 47 StGB, Anm. I.5.B./C. Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage, vor § 47 StGB, Anm. I.5.B./C. 228 Nowakowski, JZ 1956, 545 ff., 549. 229 Sax, ZStW 69 (1957), 412 ff., 434 f. 230 Sax, ZStW 69 (1957), 412 ff., 434 f. 231 Sax, ZStW 69 (1957),412 ff., 434 f. 232 Schrikler, SchlSch, 17. Auflage, vor § 47 StGB, Rn. 43. 233 Schrikler, SchlSch, 17. Auflage, § 47 StGB, Rn. I. 234 Schrikler, SchlSch, 17. Auflage, § 47 StGB, Rn. I; Schrikler, JR 1958,426 ff., 427. 235 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 19 (Fn. 24). 226

227

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

55

Ergebnis, daß ein Versuch bereits dann vorliege, wenn einer der Mittäter eine den Anfang der Ausführung enthaltende Handlung vorgenommen habe und alle Beteiligten diese Handlung für sich gelten lassen wollten. 236 Während eramer seine Zustimmung zu dieser Lehre237 aufgab, ist sie heute noch bei Tröndle zu finden238 . bb) Die Analyse

Die überwiegende Ansicht im Schrifttum239 steht der Lehre von der Mittäterschaft als Sonderform der mittelbaren Täterschaft ablehnend gegenüber. So argumentiert beispielsweise leseheck, daß es bei der Mittäterschaft an der für die mittelbare Täterschaft charakteristischen alleinigen Tatherrschaft des Hintermanns gerade fehle. 240 So auch, ausgehend von der Tatherrschaftslehre, Roxin, da eine ablaufsgestaltende Willensmacht des neben der Tatbestandshandlung Stehenden nicht vorliege, wenn der sie Ausfiihrende auf der höchsten Tatherrschaftsstufe frei handele. 241 Dabei weist er darauf hin, daß "Willensherrschaft nicht mit Willenseinfluß gleichbedeutend" sei. 242 Nicht jeder, der mehr oder weniger starken Einfluß auf die Entschließung des unmittelbar Handelnden nehme, beherrsche deshalb schon die Tat, da einen solchen Einfluß auch Anstifter und Gehilfen hätten. Wolle man den Bereich der Teilnahme nicht zur Bedeutungslosigkeit degradieren und dadurch die gesetzgeberischen Zweckvorstellungen verfehlen, so Roxin weiter, müsse der Begriff der Herrschaft auf die Fälle beschränkt werden, in denen die maßgebende und Schröder, Sch/Sch, 17. Auflage, § 47 StGB, Rn. 25. Cramer, Sch/Sch, 19. Auflage, § 25 StGB, Rn. 45. 238 Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 25 StGB, Rn. 8. 239 Busch, LK, 9. Auflage, § 47 StGB, Rn. 29; Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 62; Derksen, GA 1993, 163 ff., 165 (Fn. 9), 166 f.; Herzberg, Täterschaft und Teilnalune, 56, 61; von Hippel, Deutsches Strafrecht,460 f., 474; lngelfinger, JZ 1995, 704 tf., 710; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 681; Kantorovicz, Tat und Schuld, 153; Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 19 (Fn. 24); Kaper, JZ 1979, 775 ff, 785; MaurachlGiJsseI/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 289; Mayer, Strafrecht AT, 153; Mezger, LK, 8. Auflage, § 47 StGB, Rn. 9; Puppe, GA 1984,101 tf., 112 (Fn. 43); Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 155; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 276; Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 tf., 373, 383; Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, 103 tf., 215 tf.; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Auflage, 107; Welzel, ZStW 58 (1939), 491 ff, 550. 240 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 681. 241 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 276. Ebenso: MaurachlGösseI/Zipf, Strafrecht AT2, 7. Auflage, 289, wonach die Lehre von der Mittäterschaft als Sonderfall der mittelbaren Täterschaft die Natur der Mittäterschaft als Innehabung und Ausübung kollektiver Tatherrschaft verfehle; hier ordne sich jeder Mitwirkende dem gemeinsamen Plan unter, werde aber nicht zwn Werkzeug. 242 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 144. 236

237

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

56

letzte Entscheidung über das, was geschehen solle, beim Hintermann liege. Roxin kommt so zu dem Schluß, daß dort, wo dem unmittelbar Handelnden eine freie Entscheidung bleibe, der Einfluß des Hintermanns sich nicht bis zur Herrschaft steigern könne. 243 Ähnlich kritisch äußert sich Küper zur Lehre von der Mittäterschaft als Sonderform der mittelbaren Täterschaft: Die Mittäter seien "nicht Deliktsbeteiligte, die einander gleichsam reziprok beherrschen und zugleich als Werkzeuge wechselseitig gesteuert werden"; sie seien vielmehr "gemeinsame und gleichrangige Gestalter des deliktischen Geschehens,,244. Auf derselben Argumentationsschiene bewegt sich Weizei, wonach Mittäterschaft, da keiner der Mittäter bloßes Werkzeug des anderen sein dürfe, eine selbständige Form der Täterschaft neben der Alleintäterschaft, nicht aber ein Fall teilweiser mittelbarer Täterschaft sei. 245 Insbesondere weist er darauf hin, daß bei der Mittäterschaft im klaren Gegensatz zur mittelbaren Täterschaft die finale Tatherrschaft nicht bei einem einzelnen, sondern bei allen zusammen liege. 246 Weil jeder die finale Tatherrschaft am Ganzen mitbesitze, er deshalb den Handlungsentschluß mittrage und an dessen in zweckmäßig ineinandergreifenden Teilakten sich vollziehender Durchfiihrung mitbeteiligt sei, sei er Mittäter am Ganzen und als Mittäter am Ganzen strafbar. Mittäterschaft sei nicht eine Sonderform der Alleintäterschaft, sondern der Täterschaft überhaupt, die entweder als Allein- oder als Mittäterschaft konkret auftrete. 247 Alle Versuche, Mittäterschaft auf Alleintäterschaft zurückzuführen, seien ebenso verfehlt wie überflüssig. 248 Denn Mittäterschaft sei mit der Alleintäterschaft gleich ursprünglich und genauso Täterschaft wie die Alleintäterschaft. Die Mittäterschaft sei "Täterschaft des Ganzen", die mittelbare Täterschaft sei "Täterschaft am Ganzen,,249. Da die Vertreter der Tatherrschaftslehre in der Lehre von der Mittäterschaft als einer Sonderform der mittelbaren Täterschaft ein Kind der subjektiven Teilnahmetheorie sehen25o, scheint es nahezuliegen, an dieser Stelle den Streit zwischen Tatherrschaftslehre und subjektiver Teilnahmetheorie zu entscheiden. Zunächst gilt es jedoch zu fragen, ob die Lehre von der Mittäterschaft als Sonderform der mittelbaren Täterschaft der Regelungssystematik des § 25 StGB entspricht. Bejahendenfalls könnte diese Lehre ohne Rücksicht auf die Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 144. Küper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 19 (Fn. 24); Küper, JZ 1979,775 ff., 785. Siehe auch: Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, 56,61; Rudolphi, BockelmannFS, 369 ff., 373, 383. 245 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Auflage, 107. 246 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 fI, 550. 247 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 fI, 550. 248 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 fI, 550. 249 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 fI, 550. 250 So auch: Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, 102 f. 243 Roxin, 244

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

57

Meinungsunterschiede zwischen Tatherrschaftslehre und subjektiver Teilnahmetheorie vertreten werden. Die Regelungssystematik des § 25 StGB stellt sich wie folgt dar: Die in § 25 StGB geregelte Täterschaft zerfällt in Einzelund Mehrtäterschaft. Die Einzeltäterschaft untergliedert sich in Alleintäterschaft (§ 25 Abs. I Fall I StGB) und einseitige mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. I Fall 2 StGB). Alleintäterschaft liegt vor, wenn der Täter die tatbestandsmäßige Handlung selbst vornimmt. Einseitige mittelbare Täterschaft liegt vor, wenn der Täter die tatbestandsmäßige Handlung durch einen anderen vornehmen läßt, der andere deswegen jedoch nicht oder, wenn es sich um den Fall des "Täters hinter dem Täter" handele51 , nicht im selben Maße wie der Hintermann strafbar ist. Bei der einseitigen mittelbaren Täterschaft erfolgt die Zurechnung nur in eine Richtung: vom unmittelbar Handelnden zum nicht-unmittelbar Handelnden. Die Mehrtäterschaft zerfällt in Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) und Nebentäterschaft. Die Mittäterschaft untergliedert sich in einseitige und mehrseitige Mittäterschaft. Einseitige Mittäterschaft liegt vor, wenn der eine Mittäter kein Tatbestandsmerkmal, der andere Mittäter alle Tatbestandsmerkmale erfullt. In diesem Fall läßt der eine Mittäter die tatbestandsmäßige Handlung durch den anderen vornehmen und beide sind (sofern für beide Rechtswidrigkeit und Schuld zu bejahen sind) für die Gesamttat strafbar. Bei der einseitigen Mittäterschaft erfolgt die Zurechnung nur in eine Richtung: Vom unmittelbar Handelnden zum nicht-unmittelbar Handelnden. Man kann sie jedoch nicht mit der einseitigen mittelbaren Täterschaft gleichsetzen, da hier jedenfalls beide Mittäter (sofern für beide Rechtswidrigkeit und Schuld zu bejahen sind) strafbar, dort aber nur der Hintermann in jedem Fall strafbar ist. 252 Mehrseitige Mittäterschaft liegt vor, wenn beide Mittäter mindestens ein Tatbestandsmerkmal erfullen, jedoch erst die Addition der von beiden Mittätern erfullten Tatbestandsmerkmale zur Tatbestandsverwirklichung fiihrt. In diesem Fall lassen die Mittäter die tatbestandsmäßige Handlung jeweils durch den anderen vornehmen und beide sind deswegen strafbar. Bei der mehrseitigen Mittäterschaft erfolgt die Zurechnung in beiden Richtungen: Bezüglich jedes einzelnen Tatbestandsmerkmals vom jeweils unmittelbar Handelnden zum jeweils nicht-unmittelbar Handelnden. Man kann sie daher auch wechselseitige mittelbare Täterschaft nennen. Man kann sie jedoch nicht mit der einseitigen mittelbaren Täterschaft gleichsetzen, da zum einen die Zurechnung hier in beiden Richtungen, dort nur in eine Richtung erfolgt, und zum anderen hier jedenfalls beide Mittäter (sofern für beide Rechtswidrigkeit und Schuld zu bejahen sind) strafbar sind, dort jedoch nur der Hintermann in Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, 217. So auch: Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsfonnen1ehre, 320, wonach fiir eine Mittäterschaft kein Raum bleibe, "wenn der Hintennann wegen völlig nonngemäBen Handelns des Vordennanns oder wegen vollständigen Fehlens von Vorsatz, Unrechtseinsicht oder Steuerungsfähigkeit beim Vordennann mittelbarer Täter" sei. 251

252

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

58

jedem Fall strafbar ist. Bei der Streitfrage, ob die Mittäterschaft eine Sonderform der mittelbaren Täterschaft darstellt, liegt die Wahrheit somit in der Mitte. Die mehrseitige Mittäterschaft ist ebenso eine wechselseitige mittelbare Täterschaft. Da jedoch § 25 Abs. 2 StGB die mehrseitige Mittäterschaft und damit die wechselseitige mittelbare Täterschaft im Auge hat und § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB nur die einseitige mittelbare Täterschaft betrifft, werden die Rechtsfolgen der wechselseitigen mittelbaren Täterschaft nicht durch § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB, sondern durch den, die Zurechnung konstitutiv begründenden, § 25 Abs. 2 StGB geregelt. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 25 StGB. Der Gesetzgeber muß mit dem Begriff "gemeinschaftliches Begehen" in § 25 Abs. 2 StGB etwas anderes gemeint haben als mit dem Begriff "durch einen anderen Begehen" in § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB. 253 Während der Begriff "gemeinschaftlich" eher einen Charakter des wechselseitigen Füreinander-Handelns in sich trägt, beschreibt der Ausdruck "durch einen anderen" mehr die Situation, daß nur der eine für den anderen handelt. Die Mittäter begehen eine gemeinsame, der mittelbare Täter zumindest auch eine eigene Tat. 254 Der Begriffvon der wechselseitigen mittelbaren Täterschaft steht somit nicht für einen Fall der mittelbaren Täterschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB, sondern stellt nur eine "anschauliche Betrachtungsweise,,255 rur die Zurechnungsproblematik innerhalb der mehrseitigen Mittäterschaft dar. Es handelt sich damit lediglich um einen Streit der Begriffe. Dies hat auch Baumann erkannt, indem er von einem "freilich nicht genau zutreffenden Bild wechselseitiger mittelbarer Täterschaft" spricht, das bei der stärker arbeitsteiligen Form der Mittäterschaft zur Tatbestandserfiillung erforderlich und insoweit richtig sei. 256 Da bei ihr ein Täter mit und durch den anderen handele, seien jedem Mittäter die Tatbeiträge des anderen so, als hätte er sie selbst vorgenommen, als eigene zuzurechnen. 257 Von einem Werkzeug im Sinne des Wortes könne freilich nicht die Rede sein. 258 Dem ist insbesondere deshalb zuzustimmen, da der Mittäter "keine untergeordnete Rolle spielt, sondern gleichermaßen Täter ist,,259. Abschließend ist somit festzustellen, daß die Lehre von der Mittäterschaft als einer Sonderform der mittelbaren Täterschaft dazu dient, den der Regelung des § 25 Abs. 2 StGB innewohnenden Zurechnungsgedanken bei mehrseitiger Mittäterschaft zu veranschaulichen. Nicht mehr und nicht weniger.

So auch: Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 109. Strafrecht AT, 2. Auflage, 616. 255 Maurach/GiJssel/Zipf, Strafrecht AT2, 7. Auflage, 289. 256 Baumann, JuS 1963,85 tf., 86. 257 Baumann, JuS 1963, 85 ff., 87. 258 BaumannIWeber, Strafrecht AT, 9. Auflage, 526. 259 BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 614 (Rn. 77). 253

254 Jakobs,

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

59

4. Die Lehre von der Tatherrschaft

a) Das Prinzip Zunächst war auch Roxin ein Befürworter der Gesamtlösung. Er versuchte, dieses Konzept mit der Tatherrschaftslehre zu begründen. Demnach beruhe die Gesamtlösung auf dem Grundgedanken der Mittäterschaft als einer gemeinsamen Tatherrschaft. 26O Die funktionelle Tatherrschaft habe der Tatgenosse inne, dem gemäß der in dem gemeinsamen Tatplan festgelegten Rollenverteilung eine Aufgabe zufalle, die, aus der Sicht des gemeinsamen Tatplans betrachtet, für die konkrete Deliktsverwirklichung von wesentlicher Bedeutung und damit unentbehrlich sei. 261 Wegen der Unentbehrlichkeit der von ihm übernommenen Aufgabe könne ein solcher Tatgenosse die geplante Deliktsverwirklichung dadurch scheitern lassen, daß er den von ihm erwarteten Tatbeitrag einfach nicht leiste. 262 Daher besitze er nicht nur die Herrschaft über seinen eigenen Tatbeitrag, sondern auch die (Mit-)Herrschaft über die ganze Tat. 263 Hierin erblickte Roxin das entscheidene Merkmal, das den (Mit-)Täter von dem bloßen Teilnehmer abhebt. 264 Roxin leitete nun die Gesamtlösung aus dieser Konzeption ab: "Da das Gesamtgeschehen der Mitherrschaft jedes einzelnen zugerechnet wird, ist jede AusfiUuungshandlung, die ein einzelner dem Tatplan entsprechend vornimmt, zugleich eine AusfiUuungshandlung aller.,,265 260 Roxin,

JuS 1979, I ff., 13; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139. Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 280. 262 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 280. 263 Ähnlich argumentiert Küper, JZ 1979,775 ff., 786, indem er die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung mit Gesichtspllllkten der Lehre von der fimktionellen Tatherrschaft in Einklang bringt: "Bei der Analyse mittäterschaftlicher Tatherrschaft, soweit damit eine über die eigene Rolle hinausgehende Beherrschung des gesamten Geschehensablaufs gemeint ist, muß zwischen der negativen und der positiven Komponente solcher Herrschaft unterschieden werden .... Die negative Komponente CHemmungsmacht') besteht darin, daß jeder Mittäter, der im Tatplan eine für das Gelingen des Delikts wesentliche Funktion übernommen hat, die ganze Aktion scheitern lassen kann, indem er seine Leistung verweigert oder zurückzieht. Er hat insofern die Tat in der Hand. Es liegt jedoch in der Natur dieser negativen Herrschaft, daß sie nicht an die Realisierung des jeweiligen Tatbeitrags gebunden ist. Sie wächst dem Mittäter vielmehr aufgrund der Rollenverteilung zu, die im gemeinsamen Deliktsplan getroffen wird: Diese Aufgabenkoordinierung und die hierbei übernommene Fllllktion verleihen den einzelnen Genossen die Macht, das ganze Unternehmen durch 'Leistungsverweigerung' zu verhindern. Unter dem Gesichtsptmkt der Tatherrschaft besteht daher insoweit kein Anlaß, für den Mittäter-Versuch zu fordern, daß jeder Komplize bereits mit der AusfiUuung des eigenen Beitrags, die 'negative' Mitherrschaft hat er ja ohne solche Tätigkeit inne." 264 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 279. . 265 Roxin, JuS 1979, 1 ff., 13; Roxin, LK, 10. Auflage, § 25 StGB, Rn. 139. 261

60

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

Die Forderung, daß nur denjenigen die Versuchsstrafbarkeit treffen dürfe, der durch eine eigene, als Anfang der Ausfiihrung zu qualifizierende Handlung seinen verbrecherischen Willen manifestiert habe, würde nach Roxin fiir die Versuchstäterschaft eine Eigenhändigkeit voraussetzen, die sich nicht begründen ließe. Sie würde vor allem verkennen, daß auch den Beiträgen derer, die durch ihr persönliches Tun ins Versuchsstadium eingetreten seien, selbständige Bedeutung nur durch ihre Beziehung auf die erwartete Handlung des anderen zukomme: "Die bisher Untätigen, die ihre Funktion erst in einem späteren Zeitpunkt auszuüben haben, halten deshalb das Geschehen in jedem Augenblick mindestens ebensosehr in der Hand wie die anderen; sie können deshalb die Mitherrschaft auch ohne jede äußere Tätigkeit innehaben, so daß schon aus diesem Grunde die Abgrenzung der Beteiligungsfonnen nur nach dem Tatplan erfolgen darf.,,266

Nach Roxin war also die Abgrenzung, ob derjenige Tatbeteiligte, der seinen Tatbeitrag noch nicht erbracht hat, Mittäter oder Gehilfe ist, ohne Rücksicht auf die bisher geleisteten Handlungsbeiträge allein nach dem Tatplan vorzunehmen. 267 Daß diese Lösung nicht der Tatherrschaftslehre widerspreche, begründete er damit, daß diese Lösung nicht etwa dazu führe, daß beim Versuch die Beteiligungsformen nach subjektiven Gesichtspunkten abgegrenzt würden. 268 Grundlage der Aufgliederung sei zwar der Tatplan, also "etwas nur Gedachtes, wenngleich zum Teil Realisiertes"?69 Aber auch der Plan sei "etwas Objektives und vor allem nur das Substrat fiir die Zuordnung der Beteiligungsformen", die sich in genau derselben Weise vollziehe wie beim vollendeten Delikt. ,,270 b) Die Analyse Ob die Lehre von der funktionellen Tatherrschaft fiir die Gesamtlösung ein tragfahiges Fundament darstellt oder eher dazu Anlaß gibt, einer der Einzellösungen zu folgen, hängt davon ab, ob dem noch untätig gebliebenen Tatgenossen eine die funktionelle Tatherrschaft ausmachende Hemmungsmacht zukommt (aa). Bejahendenfalls stellt sich die Frage, ob die bloße Innehabung dieser Tatherrschaft genügt oder ob deren Ausübung durch Erbringung eigener Tatbeiträge erforderlich ist (bb).

266 Roxin,

Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 454. Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 453. 268 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 455. 269 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 455. 270 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 455. 267 Roxin,

B. Die Auseinandersetzwlg mit dem Schrifttum

61

aa) Die Innehabung der Tatherrschaft Die These, daß dem noch untätig gebliebenen Beteiligten die von Roxin beschriebene Hemmungsmacht zukommt, wird von Valdagua bezweifelt. So müsse die grundsätzlich auch von ihm beffuwortete Lehre von der funktionellen Tatherrschaft bei der Mittäterschaft gerade zur Ablehnung der Gesamtlösung fiihren. 271 Dies begründet er damit, daß der Mittäter bezüglich der Versuchshandlung seines Genossen keine Tatherrschaft habe. Dabei nimmt er die bereits von Küper72 getroffene Unterscheidung der Tatherrschaft in eine Ablaufs- und eine Hemmungsmacht auf und behandelt die Frage, worin die Tatherrschaft des Allein- und des Mittäters sowohl für die vollendete als auch die versuchte Tat liegt. Während bezüglich der vollendeten Tat dem Mittäter nur eine Hemmungsmacht zukomme, habe der Alleintäter sowohl die Ablaufs- als auch die Hemmungsmacht inne: "hn Hinblick auf die ganze Tat hat der einzelne Mittäter ... nur die negative Seite der Tatherrschaft, die Henunungsmacht. Die positive Tatherrschaft, die Ablaufsoder Verwirklichungsmacht, steht dem einzelnen Mittäter ... zwar hinsichtlich seines eigenen Tatbeitrages, nicht aber bezüglich der ganzen Tat zu. Denn der Mittäter ist - anders als der unmittelbare Alleintäter oder der mittelbare Täter - auf freie (nicht auf Nötigung oder Irrtum beruhende) Willensentscheidungen und betätigungen anderer Menschen angewiesen, wenn er den Tatbestand verwirklicht sehen will, auf den sich sein eigenes Verhalten bezieht. Demgegenüber haben der unmittelbare Alleintäter und der mittelbare Täter im Hinblick auf die ganze Tat sowohl die positive als auch die negative Tatherrschaft, da sie es in der Hand haben, die Verwirklichung des Tatbestandes, auf die sich ihre Ablaufsmacht bezieht, zu vermeiden. ,,273

Bezüglich der versuchten Tat habe nur der Alleintäter, nicht jedoch der Mittäter eine Hemmungsmacht. 274 Die Hemmungsmacht bestehe darin, daß es der Mittäter kraft der wesentlichen Bedeutung der von ihm in dem gemeinsamen Tatplan übernommenen Rolle in der Hand habe, die Verwirklichung des betreffenden Tatbestands durch bloßes Fallenlassen seines Tatbeitrags zu verhindern275 : "Eine solche Henunungsmacht bezieht sich aber offenbar nicht auf die Versuchshandlungen, die seine Tatgenossen gemäß dem gemeinsamen Tatplan vor dem Zeitpunkt vornehmen, in dem sein eigener Tatbeitrag stattfmden soll. Er hat zwar auch diese Handlungen seiner Komplizen gebilligt, indem er sich am gemeinsamen Ta-

Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 fI, 861, 870. Küper, JZ 1979,775 fI, 786. 273 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 862. 274 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 862. 275 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 863. So bereits: Küper, JZ 1979, 775 ff., 786. 271

272

1. Teil: Die GesamtlÖSWlg Wld die EinzellösWlgen

62

tentschluß beteiligt hat, besitzt aber im Hinblick auf sie keine, wie auch inuner geartete, positive oder negative Tatherrschaft.,,276

Nur insoweit als der Mittäter die Vollendung des Delikts durch Unterlassen des ihm zufallenden Tatbeitrags verhindern könne, so Valdagua weiter, habe es einen Sinn, von einer Herrschaft des Mittäters über die ganze Tat zu reden. Wenn dem aber so sei, dann dürfe man sich nicht auf die Tatherrschaftslehre berufen, um die Gesamtlösung zu begründen. Denn im Hinblick auf die Versuchshandlungen seiner Tatgenossen habe der am gemeinsamen Tatentschluß Beteiligte keine Tatherrschaft, so daß er insoweit nach dem Grundgedanken der Tatherrschaftslehre nicht als Mittäter betrachtet werden könne. 277 Träfe nun Valdaguas Kritik zu, so könnte die Gesamtlösung nur von den Anhängern der subjektiven Teilnahmetheorie aufrechterhalten werden, es sei denn die Befürworter der Tatherrschaftslehre würden in der konstitutiven Funktion des § 25 Abs. 2 StGB eine Durchbrechung des Tatherrschaftsprinzips anerkennen. Die Kritik Valdaguas ist daher eingehend zu würdigen. Indem Valdagua argumentiert, daß es aufgrunddessen, daß dem Mittäter bezüglich der Versuchshandlung seines Genossen, also eines einzelnen Tatbeitrags eines anderen, keine Hemmungsmacht und damit keine Tatherrschaft zukomme, an einer Zurechnungsbasis fehle, geht er von einem falschen Ansatzpunkt aus. Bezugspunkt der Tatherrschaft ist nicht der einzelne Tatbeitrag eines anderen, sondern nur die vom Tatentschluß umfaßte - also nur gedachte - Vollendung des Delikts. Dies ergibt sich aus einer näheren Betrachtung des Begriffs der Hemmungsmacht. Die Hemmungsmacht umschreibt die zu irgendeinem Zeitpunkt gegebene Möglichkeit des Täters, die Tatvollendung zu hemmen, indem er seine rur die Tatvollendung erforderlichen Tatbeiträge nicht erbringt. Diese Möglichkeit hat der Mittäter jedoch nur, solange er seine Tatbeiträge noch nicht vollständig erbracht hat. Also bis zu einem Zeitpunkt, in welchem die geplante Tat noch nicht vollendet ist. Da bis zu diesem Zeitpunkt die geplante Tat nur in den Köpfen der Mittäter existiert, kann auch nur diese geplante Tat (und damit nicht die bis zu diesem Zeitpunkt objektiv verwirklichten Ausfiihrungshandlungen anderer Mittäter) Bezugspunkt rur die Bestimmung der Hemmungsmacht sein. So verstanden umschreibt die Hemmungsmacht nicht die Macht, Ausfiihrungshandlungen anderer Genossen zu verhindern, sondern die Macht, die geplante Tat zu verhindern. Dies zeigt auch ein Vergleich mit der Hemmungsmacht des Mittäters bei der vollendeten Tat [(1)] sowie ein Vergleich mit der Hemmungsmacht des Alleintäters [(2)].

276

277

Valdtigua, ZStW 98 (1986), 839 ff,. 863. Valdtigua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 863 f.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

63

(1) Der Vergleich mit der Hemmungsmacht des Mittäters bei der vollendeten Tat ValdAguas Auffassung beruht darauf, daß er bei der vollendeten Tat die Hemmungsmacht anhand des objektiv Geschehenen beurteilt. Dies ergibt sich aus seiner ungenauen Feststellung, daß der Mittäter beim vollendeten Delikt eine Hemmungsmacht "im Hinblick auf die ganze Tat,,278 habe. Da Valdagua mit dem Begriff "die ganze Tat" die objektiv verwirklichte Tatvollendung zu meinen scheint, bestimmt er die Hemmungsmacht bei der vollendeten Tat nach dem objektiv Geschehenen. Diese Fehldeutung überträgt er auf die versuchte Tat, indem er auch hier auf das objektiv Geschehene und somit auf die objektiv verwirklichten Ausfiihrungshandlungen der Genossen abstellt. ValdAgua verkennt dabei, daß auch bei der vollendeten Tat das subjektiv Gewollte Bezugspunkt der Hemmungsmacht ist. Bei der vollendeten Tat ist nicht danach zu fragen, ob der Mittäter die Möglichkeit hatte, die objektiv verwirklichte Tat zu verhindern, sondern es kommt darauf an, ob er die Möglichkeit hatte, die subjektiv gewollte Tat zu verhindern. Dieser Unterschied wird bei der vollendeten Tat dadurch verwischt, daß hier das objektiv Geschehene mit dem subjektiv Gewollten identisch ist. Er wird jedoch rur die versuchte Tat bedeutsam, da dort das objektiv Geschehene das subjektiv Gewollte nicht erreicht und damit der Gegenstand der Hemmungsmacht über das objektiv Geschehene hinausgeht. Nur so kann erklärt werden, warum der Mittäter rur den Versuch einer Tat bestraft wird, die objektiv nicht vollendet wurde. Er soll nicht nur rur die objektiv verwirklichte Ausruhrungshandlung seines Genossen, sondern fiir den Versuch der insgesamt intendierten Tat haften. Der Mittäter wird nicht deswegen bestraft, weil er die Macht über einzelne Ausruhrungshandlungen seiner Genossen hat, sondern, weil er die Macht bezüglich der intendierten Vollendung eines Delikts hat. Wenn A und B einen Raub derart vereinbaren, daß A dem Opfer Gewalt antun und B anschließend die Sachen des Opfers wegnehmen soll, und A ansetzt, B aber sehr zu seinem Verdruß seinen Tatbeitrag nicht mehr erbringen kann, dann soll B nicht deswegen bestraft werden, weil er die (ohnehin nicht vorliegende) Macht über den von A erbrachten Tatbeitrag hat, sondern deswegen, weil er durch Nichterbringen seines Tatbeitrags die Macht hatte, den geplanten Raub nicht zur Vollendung kommen zu lassen. Da der Raub gerade nicht zur Vollendung kam, sondern nur als etwas Gedachtes im Tatplan von A und B existiert, kann Bezugspunkt der Hemmungsmacht des B somit nur der Tatplan sein. Darauf, daß der Mittäter unbestrittenermaßen keine Hemmungsmacht bezüglich der von seinen Komplizen unternommenen Handlungen innehat, kommt es also nicht an. Es ist daher sowohl bei der vollendeten Tat als auch bei der versuchten Tat rur die 278

Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 tf., 862.

64

I. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

Bestimmung der Hemmungsmacht allein danach zu fragen, ob der Mittäter die geplante Gesamttat durch Fallenlassen seiner Tatbeiträge hätte hemmen können. Ob er auch die Einzelbeiträge seiner Komplizen hätte verhindern können, ist dagegen unbeachtlich. (2) Der Vergleich mit der Hemmungsmacht des Alleintäters

Auch der von Valdagua herangezogene Vergleich mit der Situation des Alleintäters fUhrt richtig getroffen zu demselben Ergebnis. Auch die Hemmungsmacht des Alleintäters bei der versuchten Tat richtet sich nicht nach dem objektiv Geschehenen, also nicht danach, ob der Alleintäter durch Nichterbringen der von ihm geplanten Beiträge die Tat verhindert hat. Welche Tat sollte er auch verhindern, ist doch objektiv eine solche noch gar nicht existent. Vielmehr kommt es darauf an, ob er die nur in seiner Vorstellungswelt existierende Tat durch Nichterbringung der von seinem Tatentschluß umfaßten Beiträge hätte hemmen können. Daß der Alleintäter dies immer kann, liegt klar auf der Hand. Fragt man sich nun nach der Hemmungsmacht des Mittäters bezüglich der versuchten Tat, so muß als deren Bezugspunkt konsequenterweise wie beim Alleintäter nicht das objektiv Geschehene, sondern das vom Tatentschluß umfaßte, also geplante Geschehen herangezogen werden. Wenn wir nun auf den Ausgangspunkt Valdaguas zurückkommen, so ist festzustellen, daß die nicht vorhandene Hemmungsmacht bezüglich der Versuchshandlung des Komplizen nicht die Tatherrschaft des Mittäters entfallen läßt, vielmehr kommt es auf die Hemmungsmacht nach dem Tatplan an. Genau das dürfte auch Roxin meinen, wenn er bei der Frage nach der Tatherrschaft auf den "Tatplan, also etwas nur Gedachtes, wenngleich zum Teil Realisiertes,,279 abstellt. Der Mittäter hat also auch beim Versuch Hemmungsmacht und damit auch Tatherrschaft.

bb) Die Ausübung der Tatherrschaft Da der noch untätig gebliebene Tatgenosse seinen Tatbeitrag noch nicht erbracht hat, bleibt zu klären, ob die soeben beschriebene bloße Innehabung der Tatherrschaft genügt, um ihm die Tatbeiträge seines Komplizen zurechnen zu können, ohne auf die konstitutive Funktion des § 25 Abs. 2 StGB zurückgreifen zu müssen. Dies wird von den Vertretern der Einzellösungen verneint. Sie fordern, daß zur Innehabung der Tatherrschaft auch deren Ausübung hinzukommen müsse. Problematisch ist dabei zunächst die Beantwortung der Frage, ob die mangelnde Herrschaft des Mittäters über die Ausführungshandlungen 279 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 455.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

65

seiner Genossen durch die Erbringung eigener Tatbeiträge ausgeglichen werden muß [(1)]. Desweiteren ist zu klären, ob jedenfalls beim mittäterschaftlichen Versuch eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium ausreichend ist [(2)]. (1) Die Unbeachtlichkeit der mangelnden Herrschaft des Mittäters über die Ausführungshandlungen seiner Genossen Rudolphi ist der Ansicht, daß sich die Mitherrschaft mehrerer Mittäter stets darauf gründe, daß jeder von ihnen im Ausführungsstadium einen fiir das Gelingen der geplanten Tatbestandsverwirklichung wesentlichen Tatbeitrag leiste: "Gtilndet sich die Mitherrschaft eines Mittäters damit aber allein darauf, daß er seinen Tatbeitrag unmittelbar beherrscht, und nicht zusätzlich darauf, daß er gleich einem mittelbaren Täter auch die Tatbeiträge seiner Komplizen beherrscht, so folgt daraus bei zeitlicher Aufeinanderfolge der von den einzelnen Mittätern zu leistenden Tatbeiträge zwingend, daß auch schon die realisierten Tatkomplexe jeweils nur von denen beherrscht werden, die dazu durch Erbringen ihres mittäterschaftsbegründenden Beitrages tatsächlich etwas beigetragen haben. Bleibt die geplante Tat im Versuchsstadium stecken, so sind daher Mittäter dieses Versuches allein diejenigen, die bis zum Scheitern der Tat ihren täterschaftsbegründenden Tatbeitrag schon erbracht oder zumindest zu dessen Leistung bereits unmittelbar angesetzt haben. Sie allein sind es, die die versuchte Tat beherrschen.,,280

Die eine Mittäterschaft begründende funktionelle Tatherrschaft könne, so Rudolphi, nicht allein auf eine im Vorbereitungsstadium entfaltete Aktivität gegründet werden, da zwischen dieser und der Tatbestandsverwirklichung notwendig die freie und voll verantwortliche Entscheidung des oder der anderen Tatbeteiligten stehe. 281 Der sich noch im Vorbereitungsstadium befindliche Beteiligte halte daher den tatbestandsmäßigen Geschehensablauf noch nicht in der Weise in den Händen, daß er die Tatbestandsverwirklichung durch Leisten seines Tatbeitrags ablaufen lassen könne. 282 Rudolphi vertritt damit eine Einzellösung. Ebenso argumentiert Valdagua: Man müsse davon ausgehen, daß die bloße Innehabung der Tatherrschaft nicht ausreiche, um die Mittäterschaft zu begründen. Auch die Ausübung der Tatherrschaft stelle eine unerläßliche Voraussetzung der Täterschaft dar. 283 Solange der Genosse, der eine Mittäterrolle in dem gemeinsamen Tatplan übernommen und aus diesem Grund die Tat280 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 tI., 386. So auch: Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, 266; Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 199. 281 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 fI., 374. 282 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 fI., 373. 283 Valdtigua, ZStW 98 (1986),839 tf., 864, 871 f.

5 Buser

I. Teil: Die Gesamtlösung Wld die Einzellösungen

66

herrschaft innehabe, diese Tatherrschaft nicht auch ausübe, könne er nicht als Mittäter eines versuchten Delikts betrachtet werden. 284 Ausübung der Tatherrschaft sei auch nicht die Beteiligung am gemeinsamen Tatentschluß. 285 Zwar erhalte jeder Genosse durch den gemeinsamen Tatentschluß die (Mit)Herrschaft über die ganze Tat. 286 Tue er aber nach dem Zustandekommen des gemeinsamen Tatentschlusses nichts, so übe er seine Tatherrschaft nicht aus. 287 So kommt auch Valdagua zu einer Einzellösung. Den Zeitpunkt des Beginns der Ausübung der Mitherrschaft des Mittäters legt er folgendermaßenfest: "Da die (negative) Herrschaft, die den Mittäter auszeichnet, darin besteht, daß er (wegen der BedeutWlg der von ihm übernommenen Rolle) die Macht hat, die VollendWlg des Delikts durch bloßes Unterlassen des zugesagten Tatbeitrags zu verhindern oder den Weg, der zur (eventuellen) VollendWlg ftUut, durch LeistWlg seines Tatanteils freizugeben, kann eine mittäterschaftsbegründende AusübWlg der Tatherrschaft erst dann vorliegen, wenn der Genosse, der die besagte Herrschaft (seit dem Zustandekommen des gemeinsamen Tatentschlusses) innehat, seine Macht derart einsetzt, daß der Weg Zur VollendWlg nicht versperrt, sondern (soweit es von ihm abhängt) frei wird. Dies erfolgt aber erst, wenn der jeweilige Genosse zur LeistWlg des zugesagten, ftl.r die VollendWlg des Delikts wesentlichen Tatbeitrags (im Sinne des § 22 StGB) wunittelbar ansetzt.,,288

Dieser von Rudolphi und Valdagua vorgetragenen Argumentation kann mit den oben gewonnenen Ergebnissen zum Begriff der Hemmungsmacht entgegnet werden [(a»). Auch ist die von Valdagua vorgenommene Datierung des Versuchsbeginns fehlerhaft [(b»). Des weiteren ist darauf hinzuweisen, daß Handlungen nicht nachträglich eine Tatherrschaft fiir ihr vorhergehende Handlungen anderer Beteiligter begründen können [(c»). (a) Die Unmöglichkeit der Ausübung der Hemmungsmacht Beim versuchten Delikt braucht der Mittäter seine Hemmungsmacht nicht auszuüben. Dies ergibt sich daraus, daß die Hemmungsmacht des Mittäters, wie oben gesehen, ausschließlich darin besteht, die geplante Tat durch Nichterbringen seiner Tatbeiträge zu verhindern. 289 Diese Macht, die geplante Tat Valddgua, ZStW 98 (1986), 839 ff,. 864. Valddgua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 864. 286 Valddgua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 864. 287 Valddgua, ZStW 98 (1986),839 ff., 864. 288 Valddgua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 872. 289 Die HemmWlgsmacht des Mittäters ist mit detjenigen des UnterlassWlgstäters vergleichbar. Auch dessen Macht über die Tat besteht darin, daß er die ihm als Garanten zum Schutz des betroffenen Rechtsguts zugedachten Maßnahmen gerade Wlterläßt. Er muß daher kein aktives TWl an den Tag legen, um seine HemmWlgsmacht auszuüben. Siehe Wlten: S. 72 f. 284

285

B. Die Auseinandersetzwlg mit dem Schrifttum

67

zu verhindern, kann der Mittäter also nur dadurch ausüben, daß er es unterläßt, seine Tatbeiträge zu erbringen. Unterläßt er die Erbringung seiner Tatbeiträge, führt dies aber gerade zu einem Wegfall seiner auf der gemeinsamen Tatplanung basierenden Tatherrschaft. Diejenigen, die eine Ausübung der Hemmungsmacht fordern, irren also in zwei wesentlichen Punkten: Zum einen führt die Ausübung der Hemmungsmacht (also die Nichterbringung der Tatbeiträge) gerade zum Wegfall der Tatherrschaft, da dadurch die Tat gerade verhindert wird. Zum anderen kann die Hemmungsmacht nur durch Unterlassen ausgeübt werden und nicht, wie die Vertreter der Einzellösungen fordern, durch Erbringung eigener Tatbeiträge. Es ist somit festzuhalten, daß der Mittäter die Hemmungsmacht nur innehat, ohne sie ausüben zu müssen. Sie wächst, wie Küper90 treffend formuliert hat, dem Mittäter aufgrund der im gemeinsamen Deliktsplan getroffenen Rollenverteilung zu und ist daher nicht an die Realisierung des jeweiligen Tatbeitrags gebunden. Voraussetzung für den mittäterschaftlichen Versuch ist insoweit nur, daß es zu irgendeiner Ansatzhandlung eines der Mittäter gekommen ist; dies verlangt § 22 StGB. (b) Die Inkonsequenz bei der Datierung des Versuchsbeginns

Die Unrichtigkeit der Forderung, daß jeder Mittäter seine Tatherrschaft aUsüben müsse, ergibt sich des weiteren aus der von ValdAgua fehlerhaft vorgenommenen Datierung des Versuchsbeginns. Demnach soll die mittäterschaftsbegrundende Ausübung der Tatherrschaft erst dann vorliegen, wenn der Genosse, der die negative Herrschaft innehabe, seine Macht derart einsetze, daß der Weg zur Vollendung nicht versperrt, sondern frei werde, was erst dann erfolge, wenn der jeweilige Genosse zur Leistung des zugesagten, für die Vollendung des Delikts wesentlichen Tatbeitrags unmittelbar ansetze. 291 Wenn man, wie ValdAgua, fordert, daß der jeweilige Tatgenosse, um als Mittäter bestraft werden zu können, seine Macht derart einsetzen müsse, daß der Weg zur Vollendung der Tat frei werde, so müßte man konsequenterweise fordern, daß selbiger sämtliche ihm zufallende für die Tatvollendung wesentlichen Tatbeiträge zu erbringen habe. Denn erbringt er nur einen Teil dieser Tatbeiträge, den anderen Teil nicht, so bliebe der Weg zur Vollendung weiterhin versperrt. Ihm könnten die von seinen Genossen erbrachten Tatbeiträge selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn er durch Erbringung eines Teils seiner Tatanteile gar ein Tatbestandsmerkmal erfüllt hätte. Die Überlegungen ValdAguas konsequent weiterverfolgt, wäre man bei Schillings angebotener Korrektur von dessen Einzellösung angelangt. Ein Tatgenosse könnte erst dann als Mittäter

290 291

Küper, JZ 1979,775 f1, 786. Valddgua, ZStW 98 (1986), 839 fT., 872.

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellöSWlgen

68

bestraft werden, wenn er seinen letzten Tatbeitrag erbracht hätte. Dies wäre eine unzulässige Hinausverlagerung der Versuchsstrafbarkeit. 292 (c) Die unzulässige Vorwirkung der Tatherrschaft Desweiteren vermag der dieser Einzellösung zugrundeliegende und allein auf die Tatherrschaftslehre abstellende Ansatz nicht zu erklären, warum der zeitlich später seinen Tatbeitrag erbringende Beteiligte nachträglich für das zuvor von seinen Tatgenossen verwirklichte Unrecht als Täter einstehen soll. Denn dieser Ansatz setzt voraus, daß für den zeitlich später seinen Tatbeitrag leistenden Mittäter täterschaftliches Unrecht, sowohl beim versuchten als auch beim vollendeten Delikt, erst mit Erbringung seines eigenen Beitrags beginnt. Dies hat auch Ingelfinger zutreffend erkannt, indem er feststellt, daß an allem, was zuvor von den Mitgenossen an Unrecht verwirklicht worden sei, der erst später seinen Teil beitragende Genosse folgerichtig mangels Tatherrschaft nur als Teilnehmer partizipieren könne. 293 Denn es sei kein Grund ersichtlich, weshalb der zeitlich später seinen Beitrag leistende Tatgenosse rückwirkend für das zuvor verwirklichte Unrecht als Mittäter haften solle, an dem er bis dato nur als psychischer Gehilfe beteiligt gewesen sei. 294 Dies veranschaulicht Ingelfinger an einem Fall, in dem bei einem geplanten Raub A das Nötigungsmittel anwendet und B die Sache anschließend wegnimmt: "hn Zeitpwtkt, als A den X niederschlägt, also einen gewichtigen Teil des RaubWl-

rechts verwirklicht, leistet B nach der tatherrschaftsorientierten EinzellösWlg lediglich psychische Beihilfe. Erst wenn er beginnt, wegzWlehmen, tritt er als Mittäter in das Geschehen ein. Gelingt die Wegnahme, so hätte B diesen Teil fraglos als (Mit)Täter verwirklicht, zur GewaltanwendWlg hingegen hätte er dann weiterhin lediglich psychische Beihilfe geleistet. Daß sich die psychische Beihilfe an der GewaltanwendWlg, deren Unrecht in diesem Zeitpwtkt bereits vorliegt, mit Erbringoog des eigenen Beitrags rückwirkend Wld automatisch zur Täterschaft wandelt, ist kamn zu erklären. Folge wäre, daß im Beispiel B nicht wegen mittäterschaftlichen Raubes bestraft werden könnte. Denn die RechnWlg psychische Beihilfe beZÜglich des Raubmittels plus (mit)täterschaftliche Beteiligoog an der We~ehand1Wlg ergibt Mittäterschaft am gesamten Raub, ist alles andere als plausibel. ,,295

(2) Die ausreichende Mitwirkung im Vorbereitungsstadium Auch Bloy96 verlangt einen eigenen Tatbeitrag des Mittäters. Er ist der Ansicht, daß die Gesamtlösung dazu führe, daß man ihm bei fehlendem eigeSiehe oben S. 30. Ingeljinger, JZ 1995, 704 t1, 713. 294 Ingeljinger, JZ 1995, 704 t1, 713. 295 Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 713. 296 Bloy, Die Beteiligoogsfonn als ZurechnWlgStypUS im Strafrecht, 265 ff. 292

293

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

69

nem Tatbeitrag nicht nur fremde Handlungen, sondern darüberhinaus sogar fremde Tatherrschaft zurechne, statt seine eigene - möglicherweise eben fehlende - Tatherrschaft als Zurechnungskriterium fiir das tatbestandliche Unrecht zu nehmen. Für die Handlungszurechnung müsse es "eine Grundlage im Verhalten des Mittäters selbst" geben. 297 Die Person, die sich zur Beteiligung an der geplanten Tat bereiterklärt habe, müsse sich als Mittäter erwiesen haben, damit ihr die Tatbeiträge der anderen zugerechnet werden könnten. 298 Ansonsten verfiele die Argumentation dem Zirkelschluß, daß die Handlungszurechnung statthaft sei, weil Mittäterschaft vorliege, während die Mittäterschaft auf der Zurechenbarkeit der Tatbeiträge der Komplizen beruhe?99 Außerdem lasse sich Tatherrschaft durch Untätigkeit nicht ausüben. 3OO Da der eingeplante, jedoch ausgebliebene Tatbeitrag der Sphäre der bloßen Vorbereitung verhaftet bleibe, müsse die Grenze zwischen Vorbereitung und Anfang der Ausführung durch Handlungen im sozialen Feld überschritten werden. So sei die gedankliche Ergänzung der fragmentarischen Tatausführung gemäß der ihr zugrundeliegenden Planung kein Ersatz fiir die Realisierung des Projekts bis zu dem Stadium, in dem alle prospektiven Mittäter ihr Mitwirkungsversprechen eingelöst hätten. 30\ Auch Stein ist der Ansicht, daß der mittäterschaftliche Versuch frühestens mit dem Anfang des eigenen mittäterschaftsnormwidrigen Verhaltens beginnen könne. 302 Dies sei eine zwingende Konsequenz aus dem Verständnis der Straftat als einer strafbedrohten Verhaltenspflichtverletzung. 303 Die Tatschuld, deren Sanktionierung die Mittäterschaftstatbestände anordneten, könne ausschließlich durch die (vorwerfbare) Verletzung einer mittäterschaftlichen Verhaltenspflicht verwirklicht werden. 304 Vor Beginn dieses mittäterschaftspflichtwidrigen Verhaltens sei keine Schuld vorhanden, die als mittäterschaftliches Delikt sanktioniert werden könne. 30s Außerdem müsse es, da der Mittäter nur fiir sein eigenes Verhalten und damit für die Manifestierung seines eigenen Willens bestraft werden könne, auf das Ansetzen jedes einzelnen Mittäters zu seinem eigenen Tatbeitrag

Bloy, Die Beteiligungsfonn als Zurechnungstypus im Strafrecht, 265. Die Beteiligungsfonn als Zmechnungstypus im Strafrecht, 265. 299 Bloy, Die Beteiligungsfonn als Zurechnungstypus im Strafrecht, 265. So auch Roxin, Odersky-FS, 489 ff., 494, wonach es eine petitio principii sei, wellll man aus der wechselseitigen Zurechnung mittäterschaftlicher Beiträge folgere, daß jemand, der noch keine Tatbeiträge geleistet habe, die Versuchshandlungen eines anderen als eigene gegen sich gelten lassen müsse. 300 Bloy, Die Beteiligungsfonn als Zmechnungstypus im Strafrecht, 266. 301 Bloy, Die Beteiligungsfonn als Zmechnungstypus im Strafrecht, 267. 302 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsfonnenlehre, 314, 329 f. 303 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsfonnenlehre, 314. 304 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsfonnenlehre, 314. 305 Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsfonnenlehre, 314. 297

298 Bloy,

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

70

ankommen. 306 Schließlich formuliert Puppe stellvertretend für all diejenigen, die für eine mittäterschaftliche Zurechnung eine eigene Ausführungshandlung des Mittäters fordern, daß bei der Mittäterschaft, da die Entscheidung über das Ob und Wie der Tat hier erst mit Beginn der Ausführung falle, nicht die bloße Verabredung im Vorbereitungsstadium, sondern nur die Plangemeinschaft im Ausfiihrungsstadium selbst, die Grundlage mittäterschaftlicher Zurechnung sein könne. 307 Das wirkliche arbeitsteilige Zusammenwirken mache die besondere Gefährlichkeit der Mittäterschaft aus und rechtfertige die gegenseitige Zurechnung trotz der Verantwortlichkeit des Tatgenossen. 308 Die Bedeutung der Verabredung des Tatplans erschöpfe sich darin, diese Zusammenarbeit vorzubereiten. 309 Für bloße böse Gedanken und finstere Zukunftspläne könne man ebensowenig als Mittäter bestraft werden wie als Alleintäter. 3\O Da auch Roxin davon ausgeht, daß Mittäterschaft einen erheblichen Tatbeitrag im Ausfiihrungsstadium voraussetze, gibt neuerdings auch er einer Einzellösung den Vorzug. Er argumentiert nunmehr, daß die Mitherrschaft des Mittäters über den Versuch nur möglich sei, wenn er im Versuchsstadium mitwirke.3\J Solange jemand seinen eigenen Beitrag nicht erbracht habe, entfalle die Mitbeherrschung des Geschehens und damit der Grund für eine mittäterschaftliche Zurechnung.3\2 Die Gesamtlösung könne daher nur mit der Auffassung vereinbart werden, die auch vorbereitende Handlungen für die Mittäterschaft ausreichen lasse. 313 Gegen die Ansicht, daß sich der Mittäter durch eigene Ausführungshandlungen im sozialen Feld als Mittäter erweisen müsse, spricht zum einen die Tatsache, daß selbst unter Berücksichtigung der engen Tatherrschaftslehre nicht das Vorliegen einer Tätigkeit im Ausfiihrungsstadium, sondern allein der Inhalt des Tatplans über die Qualifikation der Beteiligungsform entscheidet [(a»). Zum anderen spricht gegen die These, daß sich Tatherrschaft durch Untätigkeit nicht ausüben lasse, eine vergleichende Betrachtung mit der Struktur des mittäterschaftlichen Unterlassungsdelikts [(b»).

Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsfonnenlehre, 318. NStZ 1991, 571 tT., 572. 308 Puppe, NStZ 1991, 571 tT., 572. 309 Puppe, NStZ 1991, 571 tT., 572. 310 Puppe, NStZ 1991, 571 tT., 572. 311 Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 199. So bereits in ersten Ansätzen: Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 5. Auflage, 645 (Fn. 335); Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 656 (Fn. 366). 312 Roxin, Odersky-FS, 489 tT., 494. 313 Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 199. 306

307 Puppe,

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

71

(a) Der Tatplan als Substrat für die Qualifikation der Beteiligungsfonn Zunächst scheint für die Verfechter der engen Tatherrschaftslehre314, die die Erbringung eines Tatbeitrags im Ausführungsstadium verlangen, nahezuliegen, den Einzellösungen den Vorzug zu geben. Dieser Ansicht ist neuerdings Roxin. Wenn bei vollendeter Tat die Mittäter das Ausführungsstadium gemeinsam beherrschen müßten, sei es konsequent, auch für die Mittäterschaft bei versuchter Tat von jedem Mittäter einen wesentlichen Beitrag im Versuchsstadium zu verlangen. 315 Ähnlich argumentiert Valdagua, wonach darin, daß die noch untätig gebliebenen Beteiligten nach der Gesamtlösung als Mittäter angesehen würden, obwohl sie im Ausführungsstadium genauso wenig tätig gewesen seien wie der Organisator, der - trotz der überragenden Bedeutung seiner Rolle - nicht als Mittäter des versuchten Delikts betrachtet werden solle, ein Wertungswiderspruch zu sehen sei. 316 Die enge Tatherrschaftslehre zwingt jedoch keineswegs zur Anwendung der Einzellösungen. 317 Dies ergibt sich daraus, daß die Strafbarkeit der Beteiligten beim versuchten Delikt unter einem anderen Blickwinkel als beim vollendeten Delikt bestimmt wird. Beim vollendeten Delikt ist über eine Ex-post-Betrachtung festzustellen, ob der Beteiligte die ihm im Tatplan zugedachte mittäterschaftliche Rolle betätigt hat. Die Anhänger der engen Tatherrschaftslehre tun dies dadurch, daß sie sich die Frage stellen, ob der Beteiligte seine mittäterschaftliche Rolle gerade durch eine Handlung im Ausführungsstadium betätigt hat. Beim versuchten Delikt ist eine solche Ex-post-Betrachtung nicht möglich. Da die Tat im Versuch stekkengeblieben ist, konnte der noch untätig gebliebene Beteiligte seine mittäterschaftliche Rolle noch nicht betätigen, selbst wenn er noch so wollte. Das Steckenbleiben der Tat im Versuchsstadium darf den noch untätig gebliebenen Beteiligten jedoch nicht privilegieren. Daher ist bei der versuchten Tat eine 314 Bloy, Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, 196 11; GoI/os, Beiträge zur Verbrechenslehre, 104; GoI/os, Täterschaft und Teilnahme, Materialien zur Strafrechtsreform, Gutachten der Strafrechtslehrer, Band 1, 137; Gimbemat Ordeig, ZStW 80 (1968),91511,928,93111; Hardwig, JZ 1965,667 f1, 667; Herzberg, JZ 1991, 856 11; Herzberg, JuS 1974, 719 f1, 722; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, 66 tI.; Herzberg, ZStW 99 (1987), 49 tI., 60; Jescheck, Lehrbuch des Strafrechts AT, 4. Auflage, 616; Mayer, Strafrecht AT, 161; Puppe, NStZ 1991, 571 tI., 572; Roxin, Odersky-FS, 489 tI., 490, 497 f; Roxin, JA 1979, 519 tI., 522 f; Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 181 tI.; Roxin, StV 1986, 384 tI.; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 294 tI.; Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 tI., 374; Samson, SK, 6. Auflage, § 25 StGB, Rn. 122; Schmidhtiuser, Strafrecht AT, 2. Auflage, 289 f; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformen1ehre, 319 tI.; Stratenwerth, Strafrecht AT I, 3. Auflage, 233 (Rn. 823 0; Zieschang, ZStW 107 (1995),361 tI. 315 Roxin, Odersky-FS, 489 tI., 492, 497. 316 Valdtigua, ZStW 98 (1986), 839 tI., 868. Auch Joecks, wistra 1995, 58 tI., 60, hält die Gesamtlösung nur mit einem "weiten BegritI der Tatherrschaftslehre" vereinbar. 317 So auch: Erb, NStZ 1995,424 tI., 426.

72

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

Ex-ante-Betrachtung vorzunehmen. Es ist danach zu fragen, ob der Tatplan dem noch untätig gebliebenen Beteiligten eine mittäterschaftliche Rolle zugedacht hat. Der Tatplan stellt also "das Substrat fiir die dogmatische Qualifikation der Beteiligungsform,,318 dar. Daher ist beispielsweise im GeldtransporterFall319 hinsichtlich der Strafbarkeit des A nicht danach zu fragen, ob die Betätigung der Lichthupe eine fiir die mittäterschaftliche Qualifizierung ausreichende Handlung im Ausführungsstadium darstellt, sondern danach, ob der Tatplan fiir A eine derart wichtige Rolle vorsah, daß er als Mittäter zu qualifizieren ist. Dies war, da A auch im weiteren Verlauf wesentliche Tatbeiträge er sollte den Geldtransporter aufgrund der Blockade seiner Komplizen anhalten, sich scheinbar bedrohen und fesseln lassen sowie anschließend den Geldtransporter in eine Garage fahren - erbringen sollte, zu bejahen. "Allein diese im gemeinsamen Tatplan übernommene Rolle, nicht die Qualität des tatsächlich geleisteten Beitrags,,320 ist rur die Qualifikation der Beteiligungsform des A entscheidend. Die Gesamtlösung steht somit nicht im Widerspruch zur engen Tatherrschaftslehre. Da nach der Gesamtlösung die Beteiligungsform allein anhand des Tatplans zu bestimmen ist, muß es auch rur die Vertreter der engen Tatherrschaftslehre allein darauf ankommen, ob der Tatplan dem Beteiligten eine Tätigkeit im Ausführungsstadium beimißt. Daher ist Küper darin zuzustimmen, daß die Gesamtlösung "eine Präjudizierung der noch nicht ausdiskutierten Frage, wie der rur die Mittäterschaft erforderliche Tatbeitrag beschaffen sein muß,,321, vermeidet. Aufgrund dieser Neutralität der Gesamtlösung kann im Zusammenhang mit der Problematik des mittäterschaftlichen Versuchsbeginns eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der engen Tatherrschaftslehre unterbleiben. (b) Der Vergleich mit der Situation des Unterlassungstäters

Der von Bloy vertretenen Ansicht, wonach sich Tatherrschaft nicht durch Untätigkeit ausüben lasse, ist mit einer vergleichenden Betrachtung der Situation des Unterlassungstäters zu begegnen. Die Tatherrschaft des Unterlassungstäters ist mit derjenigen des Mittäters vergleichbar. Die Hemmungsmacht des Unterlassungstäters besteht darin, daß er die Möglichkeit hat, die Tat dadurch zu verhindern, daß er die ihm als Garanten zukommende Handlung zugunsten des gefährdeten Rechtsguts vornimmt. Auch er hat die Hemmungsmacht nur inne, ohne sie ausüben zu müssen. Diejenigen, die die Ausübung der Hemmungsmacht fordern, müssen also jedenfalls fiir die Situation

318 Kaper, JZ 1979, 775 ff., 778. 319 BGH MDR 1977, 807. Siehe oben S. 33. 320 Kaper, JZ 1979, 775 ff., 778. 321 Kaper, JZ 1979,775 ff., 787. Ebenso: Zieschang, ZStW 107 (1995),361 ff., 377. Ablehnend: Joecks, wistra 1995, 58 ff., 60; Valdcigua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 868.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

73

des Unterlassungstäters anerkennen, daß dieser seine Tatherrschaft durch Unterlassen ausübt. Für die Situation des Mittäters müßten sie dieselbe Konsequenz ziehen. Denn auch dem Mittäter kommt eine sich aus der Tatplanung als vorangegangenem gefahrschafIenden Tun ergebende "GarantensteIlung" zu. Eine solche GarantensteIlung hat bereits Mitsch für den Fall der Anstiftung entwickelt. Er läßt dem Anstifter eine "Garantenpflicht zur Verhinderung der Haupttatvollendung,,322 zukommen. Denn der Anstifter begründe "durch die Veranlassung der Haupttat eine Gefahr rur das durch die Haupttat angegriffene Rechtsgut,,323. Ebenso begründet der einen gemeinsamen Tatplan schmiedende Mittäter eine Gefahr für das durch die Gesamttat angegriffene Rechtsgut. Deshalb kommt sowohl dem Anstifter als auch dem Mittäter eine Erfolgsabwendungspflicht zu. Dieses jedenfalls der Veranschaulichung dienende Bild einer "GarantensteIlung" des Mittäters wird durch § 24 Abs. 2 StGB konkretisiert und verpflichtet diesen dazu, die geplante Tat zu verhindern. Solange er dies nicht tut, haftet er wie der Unterlassungstäter. Es ist daher festzuhalten, daß auch die Vertreter der Tatherrschaftslehre anerkennen sollten, daß jedenfalls die gemeinsame Tatplanung und die Innehabung der negativen Tatherrschaft genügen, den "Mangel" an positiver Tatherrschaft derart auszugleichen, daß der noch untätig gebliebene Beteiligte eben doch täterschaftliches Gewicht an dem vom anderen Tatgenossen verwirklichten Unrecht besitzt. 324 5. Die subjektive Teilnahmetheorie Der subjektiven Teilnahmetheorie, wonach die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme nicht nach dem Gewicht der Tatbeiträge, sondern nach dem Grad des Willens zur Tatherrschaft und dem eigenen Interesse am Taterfolg bestimmt wird, bereitet die Gesamtlösung keine Schwierigkeiten. Denn diese Lehre basiert auf der Äqivalenztheorie, wonach bei der Verursachung alle Bedingungen gleichwertig sind, und auf der daraus gezogenen Konsequenz, daß dann Mittäter jeder sein kann, der irgendeine Bedingung zum Taterfolg setzt325 . Folgt man dieser Lehre, muß der gemeinsame Tatentschluß als ursächliche Bedingung für das Handeln des zur Tat Ansetzenden genügen und eine Zurechnung dieser Handlung auslösen. Da somit ein weiterer objektiver Tatbeitrag rur die Zurechnung nicht für erforderlich erachtet wird, ist die Gesamtlösung ohne weiteres mit der subjektiven Teilnahmetheorie vereinbar. Mitsch, Straflose Provokation strafbarer Taten, 132. Straflose Provokation strafbarer Taten, 131. 324 So auch: Ingelfinger, JZ 1995, 704 fT., 713. 325 Siehe dazu: BaumannlWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 604 (Rn. 38). 322

323 Mitsch,

74

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

II. Die Lösungsansätze unter Berücksichtigung der Versuchslehre

Für die Bestimmung des mittäterschaftlichen Versuchsbeginns werden in der Versuchslehre verschiedene Ansatzpunkte vertreten. Nachdem festgestellt wurde, daß die Gesamtlösung innerhalb der Täterschaftsdogmatik Zustimmung verdient, gilt es im folgenden zu untersuchen, ob sie auch dem geltenden Versuchsstrafrecht gerecht wird. Diesbezüglich gab Günther zu bedenken, "ob die in § 25 Abs. 2 StGB vorgesehene ... Zurechnung fremder Tatbeiträge vollverantwortlich handelnder Mittäter die Versuchsvoraussetzung (eigenen) unmittelbaren Ansetzens i.S. des § 22 StGB überspielen"326 könne: "Der bloße Tatentschluß reicht zur Versuchsstrafbarkeit nicht aus. Für den gemeinsamen Tatentschluß, die Verbrechensverabredung, gilt nichts anderes, wie § 30 Abs. 2 StGB ausweist. Können dann fremde Tatbeiträge legitimieren, einen Beteiligten, der lediglich den gemeinschaftlichen Tatentschluß gefaßt und seinen kriminellen Willen sonst in keiner Weise betätigt hat, wegen mittäterschaftlichen Versuchs zu bestrafen?,,327

Lediglich Roxin versuchte zunächst, die Gesamtlösung auch mit dem geltenden Versuchsstrafrecht innewohnenden Argumenten zu begründen. Er war der Ansicht, daß ein Abstellen auf das vor dem Abbruch des Versuchs verwirklichte Handlungsgeschehen dem Wesen der Versuchsbestrafung widersprechen würde. Denn der Grund der Bestrafung liege nicht in der objektiven Rechtsgüterverletzung oder -gefährdung und damit nicht in dem, was bereits geschehen sei, sondern in dem, was aufgrund des verbrecherischen Willens der Beteiligten hätte geschehen sollen?28 Zwar genüge dieser Wille, auch wenn er sich manifestiert habe, zur Bestrafung allein nicht, sondern es müsse ein das Vorbereitungsstadium überschreitendes, unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung hinzukommen. 329 Aber dieses äußere Verhalten sei nicht um seiner selbst willen strafbar, sondern nur deshalb, weil sich in ihm kundtue, daß der deliktische Wille über das Stadium des Planens, Schwankens und Erwägens in die Sphäre der Realisierung vorgedrungen sei?30 Hierin sah Roxin den entscheidenden Ansatzpunkt: Wenn der Handelnde beim Versuch "nicht wegen des Getanen, sondern wegen des Gewollten strafbar" sei, könne man auch bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nur auf die geplante Gestaltung des Handlungsablaufs zurückgreifen. 33 ! Denn die gesetzlichen Beteiligungsformen bezögen sich auf das, was strafbar sei: "den in das RealisieGünther, GA 1983, 330 ff., 333. Günther, GA 1983,330 ff., 333. 328 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 453 329 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 453 330 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 453 331 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 453 326

327

f f f f

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

75

rungsstadium eingetretenen Handlungswillen und nicht auf das realisierte, objektiv tatbestandslose Verhalten,,332. Damit gab Roxin jedoch keine Antwort auf die Frage, ob die Regelung des § 22 StGB voraussetzt, daß jeder Mittäter durch sein eigenes Verhalten in die Versuchsphase gelangen muß, was bejahendenfalls eine Hinwendung zu den Einzellösungen zur Folge hätte. Daher überrascht es nicht, daß die Vertreter der Einzellösungen vorwiegend Aspekte der Versuchslehre in den Vordergrund stellen. Bei der Frage, ob die Gesamtlösung den Ergebnissen der Versuchslehre entspricht, gilt es, unter Zugrundelegung der gemischt subjektiv-objektiven Versuchstheorie (1.) zum einen zu klären, ob es unter Berücksichtigung des § 22 StGB erforderlich ist, daß jeder Mittäter zur Realisierung seines im gemeinsamen Tatplan enthaltenen Tatentschlusses ansetzen muß (2.). Zum anderen stellt sich die Frage, ob dem Verhalten des noch untätig gebliebenen Tatgenossen in Abgrenzung zur bloßen Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB ein derartiger Aktunwert zuzumessen ist, daß er nach § 22 StGB bestraft werden kann (3.). 1. Die gemischt subjektiv-objektive Versuchstheorie

Zunächst ist zu klären, ob die Versuchsstrafbarkeit überhaupt ein objektives Ansetzen erfordert. In diesem Zusammenhang vertreten RoßmüllerlRohrer die Ansicht, daß die Gesamtlösung, die ein mittäterschaftliches Ansetzen verlange, um es dann zuzurechnen, mit der geltenden Rechtslage nicht zu vereinbaren sei. 333 Da § 22 StGB eine subjektive Versuchsregelung enthalte, erfülle nach der von ihnen so genannten "Gesetzeslösung" bereits deIjenige den Versuchstatbestand, der im Sinne des Gesetzes "nach seiner Vorstellung ... unmittelbar angesetzt" habe. 334 Da es allein auf die Vorstellung von einer Ansatzhandlung ankomme und es sich mithin beim untauglichen Versuch stets nur um vorgestelltes Ansetzen handele, sei das tatsächliche Geschehen ohne Bedeutung. 335 Dieser Ansicht ist jedoch die Gefolgschaft zu versagen. Dem geltenden Strafrecht liegt im Gegensatz zur Auffassung von RoßmüllerlRohrer eine gemischt subjektiv-objektive Versuchstheorie zugrunde. Denn der kriminelle Wille allein ist kein legitimer Anknüpfungspunkt :fiir die Versuchsstrafbar-

Täterschaft Wld Tatherrschaft,6. Auflage, 453 f. RoßmüllerlRohrer, MDR 1996,986 ff., 988 f. 334 RoßmüllerlRohrer, MDR 1996, 986 ff., 988 f. 335 RoßmüllerlRohrer, MDR 1996, 986 tI, 988 f.

332 Roxin, 333

76

1. Teil: Die Gesamtlösung und die Einzellösungen

keit. 336 Da somit der Wille in irgendeinem Verhalten objektiviert sein muß, genügt die bloße Vorstellung eines solchen objektiven Verhaltens nicht fiir die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen. 337

2. Die Realisierung des Tatentschlusses a) Das Prinzip Rudolphi, Kratzsch und jetzt auch Roxin begründen ihre Einzellösungen mit Gesichtspunkten der Versuchslehre, kommen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während Rudolphi und Roxin von jedem Mittäter ein eigenes unmittelbares Ansetzen fordern (aa), lassen Kratzsch und Köhler bereits ein die Gesamttat verstärkende Verhalten genügen (bb).

aa) Die Erforderlichkeit eines eigenen unmittelbaren Ansetzens Die Ansicht, daß auch bei der Mittäterschaft die Versuchsstrafbarkeit voraussetze, daß jeder Mittäter selbst zu der Tatbestandsverwirklichung, das heißt zur Leistung des seine Täterschaft begründenden Beitrags unmittelbar angesetzt habe, ergibt sich nach Rudolphi zunächst aus den Grundsätzen der Versuchsiehre. Er ist der Meinung, daß die Versuchsbestrafung eben gerade voraussetze, daß der auf täterschaftliche Tatbestandsverwirklichung gerichtete Tatentschluß auch durch ein unmittelbares Ansetzen zur täterschaftlichen Tatbestandsverwirklichung realisiert worden sei. 338 Strafbar sei nach den §§ 22, 23 StGB allein der Versuch einer täterschaftlichen Tatbestandsverwirklichung. 339 Voraussetzung fiir das tatbestandliche Unrecht des Versuchs sei daher stets ein Zweifaches, nämlich "der Entschluß, einen gesetzlichen Straftatbestand als Täter zu verwirklichen, sowie der Umstand, daß die fragliche Person diesen Entschluß durch Handlungen bestätigt hat, die sich als das unmittelbare Ansetzen zur täterschaftlichen Verwirklichung des Tatbestandes darstellen" .340 Diese Voraussetzungen der Versuchsbestrafung hätten nicht nur in den Fällen einer beabsichtigten Alleintäterschaft, sondern "mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung" in gleicher Weise fiir die einer geplanten

336 Siehe dazu neben vielen: Baumann/WeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 541 (Rn. 17). 337 So auch: Ahrens, JA 1995, 664 ff., 668; Heckler, GA 1997, 73 ff., 79; Joecks, wistra 1995,58 ff., 59; Zopfs, Jura 1996, 19 ff., 22. 338 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 ff., 385. 339 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 ff., 384. 340 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 ff., 384.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

77

Mittäterschaft Gültigkeit. 341 Die Versuchsbestrafung eines jeden Mittäters erfordere daher, daß er unmittelbar zu dem seine Tatherrschaft begründenden Tatbeitrag angesetzt habe. 342 Fehle es daran bei einem Mittäter, so habe er sich zwar einer - allerdings nach § 30 Abs. 2 StGB nur bei Verbrechen strafbaren Deliktsverabredung und, falls ein anderer Mittäter bereits bis in das Versuchsstadium vorgedrungen sei, einer Beihilfe zu dessen Versuch schuldig gemacht, jedoch noch nicht eines täterschaftlichen Deliktsversuchs. 343 Wollte man auf ein unmittelbares Ansetzen zur täterschaftlichen Tatbestandvenvirklichung als Realisierung des auf täterschaftlicher Tatbestandsvenvirklichung gerichteten Tatentschlusses für den Mittäter verzichten, sofern nur ein anderer Mittäter zur täterschaftlichen Tatbestandsvenvirklichung bereits unmittelbar angesetzt habe, so Rudolphi weiter, so würde man ihn allein für seinen gerade noch nicht realisierten Tatentschluß strafen. 344 Auch Roxin sieht nunmehr in dem Verzicht auf ein Ansetzen des jeweils einzelnen Mittäters eine außerordentliche Überdehnung der Versuchsbestrafung, da dadurch der Versuch für den einzelnen Mittäter in das Stadium der Entschlußfassung zurtickverlegt würde. 345 Man käme so zu einem Versuch ohne jede tatbestandsnahe Gefahrdung durch den bisher Untätigen. 346 bb) Die Erforderlichkeit eines eigenen die Gesamttat verstärkenden Verhaltens

Auch nach Kratzsch soll für die Bestimmung des Versuchsbeginns an das eigene Verhalten des jeweiligen Mittäters angeknüpft werden. Dies ergebe sich aus Wort und Sinn des § 22 StGB, der für den Tatzeitpunkt mit dem Merkmal "Ansetzen" ausdrücklich ein Aktivitätselement voraussetze. 347 Mit diesem Tatbestandserfordernis solle sichergestellt werden, daß sich die für den Versuch charakteristische Gefahr der Tatbestandsverwirklichung in einem Verhalten des Täters objektiviere. 348 Es sei aus guten Gründen an keine Einschränkung geknüpft und gelte ausnahmslos für alle Mittäter. 349 Ein Verzicht auf dieses Erfordernis laufe letztlich darauf hinaus, daß die Beteiligung an ei-

Rudolphi, Bockehnann-FS, 369 tT., Rudolphi, Bockehnann-FS, 369 tT., 343 Rudolphi, Bockehnann-FS, 369 tT., 344 Rudolphi, Bockehnann-FS, 369 tT., 345 Roxin, Odersky-FS, 489 tT., 493. 346 Roxin, Odersky-FS, 489 ff., 493. 347 Kratzseh, JA 1983, 578 tT., 587. 348 Kratzseh, JA 1983,578 ff., 587. 349 Kratzseh, JA 1983, 578 tT., 587. 341

342

384. 384. 384. 385.

1. Teil: Die GesamtIösung und die Einzellösungen

78

ner Verbrechensabrede als Versuch bestraft werde. 350 Aus der Unabdingbarkeit des Aktivitätserfordernisses folge jedoch nicht, daß ein Mittäter nur dann wegen Versuchs belangt werden könne, wenn er mit seinem eigenen Tatbeitrag begonnen habe, vielmehr komme nach dem Grundgedanken des § 22 StGB hierfiir jedes Verhalten in Betracht, mit dem der betreffende Mittäter zugleich zu der gemeinsamen Gesamttat, die nicht nur aus seinem eigenen Beitrag, sondern auch aus den Beiträgen der anderen Tatgenossen bestehe, ansetze. 351 Bei der Frage, ob das Verhalten des Mittäters als "Ansetzen" im Sinne des § 22 StGB gewertet werden könne, sei zu berücksichtigen, daß bei der Mittäterschaft die "Gesamttat" deshalb "funktioniere", weil sich die Handlungen der Tatgenossen wechselseitig verstärken und ergänzen würden. 352 Seinen Lösungsweg veranschaulicht Kratzsch anband des Küchentüren-Falls353 • Das Verhalten der B (also das untätige Danebenstehen) wertet Kratzsch insofern als eine Verstärkung, als es dem A die Gewißheit der anschließenden Mitwirkung an der gemeinsamen Tat vermittelt habe, die er als Einzeltäter nicht oder jedenfalls nicht so durchgeführt hätte. 354 Diese verstärkende Tendenz ihres planmäßigen Mittuns rechtfertige es, ihr das Verhalten des A zuzurechnen, mit der Konsequenz, daß dieses ihrem eigenen Tatbeitrag hinzuzurechnen sei. 355 In dieser Verbindung stelle sich das Verhalten der B als eine Handlung dar, mit der sie unmittelbar zur Verwirklichung des gesamten Tatbestands angesetzt habe. 356 Kratzschs Lösungsversuch kommt somit der vom Reichsgericht zunächst beschrittenen Mittellösung nahe, unterscheidet sich von ihr jedoch darin, daß das Reichsgericht auf die Verwirklichung des eigenen Tatbeitrags durch den Tatgenossen abstellte, während es für Kratzsch darauf ankommt, ob dieser mit seinem den anderen Tatgenossen bestärkenden Verhalten unmittelbar zur Verwirklichung der Gesamttat ansetzt. Eine ähnliche Lösung vertritt Köhle~57, wonach der Versuchsbeginn des einen Mittäters auch für den anderen wirke, sofern die Beteiligten sich aktuell wechselseitig bestimmten.

Kratzseh, JA 1983, 578 f1, 587. Kratzseh, JA 1983, 578 f1, 587. 352 Kratzseh, JA 1983, 578 ff., 587. 353 RGSt 9, 3ff. Siehe oben S. 17. 354 Kratzseh, JA 1983, 578 ff., 587. m Kratzseh, JA 1983, 578 ff., 587. 356 Kratzseh, JA 1983, 578 ff., 587. 357 K(jhler, Strafrecht AT, 541. 350 351

B. Die Auseinandersetzwlg mit dem Schrifttwn

79

b) Die Analyse Küper hingegen vertritt die Ansicht, daß für das Verhalten jedes einzelnen Komplizen nicht die Anforderungen gelten würden, die § 22 StGB an den Versuch des Alleintäters stelle. 358 Nur ein Tatgenosse müsse seinen Willen zur Tatbestands(mit-)verwirklichung durch sein unmittelbares Ansetzen manifestieren, während für die übrigen bereits die Übernahme einer Mittäterrolle im gemeinsamen Plan genüge. 359 Dieser Befund erkläre sich aus der Eigenart der Mittäterschaft, die im Prinzip wechselseitiger Handlungszurechnung zum Ausdruck komme und zwangsläufig eine entsprechende Modifikation des Versuchsunrechts zur Folge habe. 360 Die Lösung des scheinbaren Widerspruchs zwischen Gesarntlösung und Versuchsstrafrecht konzentriert sich auf die Frage, ob die Voraussetzungen des § 22 StGB "nicht nur in den Fällen einer beabsichtigten Alleintäterschaft, sondern mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung in gleicher Weise auch für die einer geplanten Mittäterschaft,,361 gelten oder ob das Prinzip wechselseitiger Handlungszurechnung zwangsläufig zu einer entsprechenden "Modifikation des Versuchsunrechts,,362 führt. Zur Beantwortung dieser Frage ist es erforderlich, sich die Regelungssystematik der Normen des Allgemeinen Teils des StGB vor Augen zu halten. In Verbindung mit den Straftatbeständen des Besonderen Teils des StGB normiert § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB folgenden Grundsatz: Bestraft wird, wer die Tatbestandsmerkmale eines Strafiatbestands des Besonderen Teils des StGB durch eigenes Verhalten, durch aktives Tun und vollständig verwirklicht. Von diesem Grundsatz markiert das StGB drei Ausnahmen: 1.) Bestraft wird auch, wer die Tatbestandsmerkmale nicht durch eigenes Verhalten verwirklicht, wenn die Voraussetzungen der §§ 25 Abs. 1 Fall 2, 25 Abs. 2, 26 oder 27 Abs. 1 StGB vorliegen. 2.) Bestraft wird auch, wer die Tatbestandsmerkmale nicht durch aktives Tun verwirklicht, wenn die Voraussetzungen des § 13 StGB vorliegen. 3.) Bestraft wird auch, wer die Tatbestandsmerkmale nicht vollständig verwirklicht, wenn die Voraussetzungen der §§ 22, 23 Abs. 1 StGB vorliegen. Diese drei Ausnahmefälle können auch in kombinierter Weise auftreten; in extremster Weise also, wenn die Tatbestandsmerkmale nicht durch eigenes Verhalten, nicht durch aktives Tun und nicht vollständig verwirklicht werden. Der vorliegend zu behandelnde Fall des mittäterschaftlichen Versuchs besteht in einer doppelten Kombination der Ausnahmevorschriften der §§ 22, 23 Abs. 1 StGB einerseits und des § 25 Abs. 358 Küper,

JZ 1979,775 ff., 786 f. JZ 1979,775 ff., 786 f. 360 Kaper, JZ 1979, 775 ff., 786 f. 359 Kaper,

361 362

Rudolphi, Bockelrnann-FS, 369 ff., 384. Kaper, JZ 1979, 775 ff., 786.

80

I. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

2 StGB andererseits. Jede dieser Ausnahmevorschriften modifiziert den allgemeinen Grundsatz des § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB nur bezüglich des von ihr umfaßten Regelungsbereichs. §§ 22, 23 Abs. 1 StGB lassen daher nur die Erforderlichkeit der vollständigen Tatbestandsverwirklichung entfallen. Ob für die Bestrafung der teilweisen Tatbestandsverwirklichung eigenes Verhalten und aktives Tun erforderlich ist, unterliegt nicht der Regelungsmaterie der §§ 22, 23 Abs. 1 StGB, sondern allein derjenigen der §§ 25 Abs. 1 Fall 2, 25 Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 StGB beziehungsweise derjenigen des § 13 StGB. Um die soeben beschriebene Neutralität der §§ 22, 23 Abs. lStGB gegenüber den §§ 25 Abs. 1 Fall 2, 25 Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 StGB beziehungsweise zu § 13 StGB zu beschreiben, ist § 22 StGB wie folgt zu lesen: Trotz fehlender objektiver Tatbestandsverwirklichung wird wegen Versuchs bestraft, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar durch eigenes oder bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 25 Abs. 1 Fall 2, 25 Abs. 2, 26 oder 27 Abs. 1 StGB nicht durch eigenes Verhalten und durch aktives Tun oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 StGB nicht durch aktives Tun - ansetzt. Damit wird klar, daß die von Rudolphi geübte Kritik fehlgeht. Da das in § 22 StGB enthaltene Aktivitätselement also nur für mindestens einen der Mittäter gile63 , ist auch der Lösungsansatz Kratzsehs zu verwerfen. § 22 StGB fordert nicht, daß der Täter seinen Tatentschluß durch eigenes Verhalten betätigt364, sondern dies fordert § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB für den Fall der Alleintäterschaft. Da eine Alleintäterschaft anders überhaupt nicht denkbar ist, wird diese Selbstverständlichkeit von Rudolphi übersehen. Es bedarf also keiner von § 22 StGB "abweichenden gesetzlichen Regelung,,365. § 25 Abs. 2 StGB modifiziert auch nicht, so wie es Küper formuliert, das Versuchsstrafrecht, sondern modifiziert den Grundsatz des § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB, daß eigene Handlungen erforderlich sind, auch innerhalb des Versuchs. Eine andere Sicht der Dinge würde auch zu einem Wertungswiderspruch mit den bereits oben für den Fall der Vollendung dargelegten Ergebnissen366 führen. Sowohl beim vollendeten als auch beim versuchten Delikt basiert die Zurechnung auf dem Tatentschluß. Wenn schon bei der Vollendung 363 Im übrigen ist eine Aktivität nur von den Tatbeteiligten einforderbar, die auch tatsächlich durch aktives TWl zur VollendWlg des Delikts beitragen sollen. Denn es sind Konstellationen denkbar, in denen sich alle Tatbeteiligten auf ein Unterlassen beschränken; dies ist beispielsweise der Fall, wenn sowohl Mittäter A als auch der später hinzukommende Mittäter Beine RettWlg des Opfers verabredWlgsgemäß Wlterlassen auch in diesem Fall ist Mittäter B bereits in dem Zeitpunkt wegen mittäterschaftlichen Versuchs zu bestrafen, in dem Mittäter A die erste RettWlg Wlterlassen hat. 364 So auch Kühl, Strafrecht AT, 665, wonach § 22 StGB nicht zwingend eigenes Wlmittelbares Ansetzen verlange. Ebenso: Erb, NStZ 1995,424 ff., 426, 427 (Fn. 26); RoßmüllerlRohrer, MDR 1996, 986 ff., 988. 365 Rudolphi, Bockelmann-FS, 369 ff., 384. 366 Siehe oben S. 46 f.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

81

ein objektiver Tatbeitrag des noch untätig gebliebenen Genossen nicht erforderlich ist, dann erst recht nicht beim sich auf niedrigerer Verwirklichungsstufe befindenden Versuch. 3. Der Aktunwert des Versuchs

Valdflgua fUhrt des weiteren an, daß die Gesamtlösung dem Wesen der Versuchsstrafbarkeit widerspreche. 367 So laufe die Lehre von der Tätigkeitsanrechnung darauf hinaus, jemanden, der die "Feuerprobe der kritischen Situation,,368, die den spezifischen Aktunwert des Versuchs erst ausmache, noch nicht bestanden habe, einen Versuch anzulasten. 369 Dies sei eine unzulässige Gleichsetzung des Aktunwerts der Beteiligung an der Verabredung mit dem Aktunwert des Versuchs. 370 In diesem Zusammenhang kritisiert Valdflgua auch Roxins früheres Argument vorn Wesen der Versuchsstrafbarkeit, wonach der Täter einer versuchten Tat nicht wegen des Getanen, sondern wegen des Gewollten strafbar sei. Diese Auffassung könne nicht erklären, warum der verbrecherische Wille des untätigen Genossen plus die Manifestierung des deliktischen Willens eines anderen Komplizen ausreiche, um auch ersteren als Täter eines Versuchs zu bestrafen. 371 Denn auch in seiner inhaltsärrnsten Form des unbeendeten Versuchs setze das versuchte Delikt voraus, daß der Täter durch das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung des betreffenden Tatbestands zeige, daß der deliktische Wille in die Sphäre der Realisierung vorgedrungen sei. 372 Die Gesamtlösung nehme aber einen unter Umständen sogar fehlgeschlagenen Versuch bei dem Genossen an, dessen verbrecherischer Wille sich nur in der Beteiligung an der Verabredung geäußert habe. 373 Die Beteiligung an der Verabredung sei jedoch, wie sich aus § 30 Abs. 2 StGB eindeutig ergebe, noch nicht jenes Vordringen in die Realisierung, das erst die objektive Seite des Versuchstatbestands darstelle. 374 Der Argumentation Valdflguas ist entgegenzuhalten, daß die "Feuerprobe der kritischen Situation" nicht nur derjenige besteht, der gerade selbst handelt, Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 869. Dieser Begriff geht auf Bockelmann, Strafrechtliche Untersuchungen, 146 f., zurück. Demnach könne Versuch erst da vorliegen, wo der Verbrechensvorsatz die Feuerprobe der kritischen Situation bestanden habe. Diese Situation sei dann gegeben, wenn die letzte maßgebliche Entscheidung über das Ob der Tat geflUlt werde. 369 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 857, 869. 370 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 857 f., 869. 371 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 867. 372 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 867. 373 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 867. 374 Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 ff., 867. 367

368

6 Buser

1. Teil: Die GesamtlösWlg Wld die EinzellösWlgen

82

sondern auch derjenige, der sehenden Auges seinen Komplizen zur Tat ansetzen läßt. Er ist sich dessen bewußt, daß es in diesem Augenblick zu einer strafbaren Handlung kommen wird und daß er hierfür irgendwie mitverantwortlich ist. Dies wissend und dennoch das Tun des Genossen nicht hindernd, besteht er eine kritische Situation, die über diejenige der bloßen Verabredung hinausgeht. Zwar ist zuzugeben, daß der im Vordergrund handelnde Beteiligte subjektiv eine höhere Schwelle überschreiten muß, als der im Hintergrund stehende Beteiligte. Dieses Phänomen ist aber gerade der Grund dafiir, daß sich Personen - wie beispielsweise der Schreibtisch-Täter oder der Bandenchef von anderen Beteiligten im Vordergrund "vertreten" und so die unangenehme "Drecksarbeit" fiir sich verrichten lassen. Der im Hintergrund stehende Beteiligte ist jedoch deshalb nicht minder strafwürdig. Da die Strafwürdigkeit des im Hintergrund verweilenden Beteiligten derjenigen des im Vordergrund handelnden Beteiligten in nichts nachsteht, sollte er auch hinsichtlich der Strafbarkeit wegen mittäterschaftlichen Versuchs gleich behandelt werden. Da bei der mittäterschaftlichen Tat fremde und eigene Einzelleistungen normativ gleichwertig sind, haben auch die Beteiligten, die mit ihren eigenen Tatbeiträgen die Versuchsschwelle nicht erreichen, weil das Unternehmen vorher scheitert, "durch ihre Mitwirkung bei der Rollenverteilung und etwaige Vorbereitungshandlungen die gemeinsame Tat ins Werk gesetzt,,375, sobald ein Mittäter entsprechend dem Tatplan mit ihrer Verwirklichung beginnt. Darin liegt "kraft des Zurechnungsprinzips eine in diesem Bereich fiir die Versuchstäterschaft aller Beteiligten ausreichende Betätigung des kriminellen Willens,,376. Außerdem verkennt Valdagua, daß sich beim mittäterschaftlichen Versuch der verbrecherische Wille des noch Untätigen nicht nur in der Beteiligung an der Verabredung, sondern auch in der Ansatzhandlung des Komplizen äußert. Hierin liegt gerade der Unterschied zwischen einer Bestrafung wegen Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB und einer solchen wegen mittäterschaftlichen Versuchs nach §§ 22, 25 Abs. 2 StGB. Während bei der Verbrechensverabredung außer der Verabredung noch nichts passiert ist, hat beim mittäterschaftlichen Versuch mit der Ansatzhandlung des Komplizen ein Angriff in Richtung auf das geschützte Rechtsgut bereits begonnen. 377

Kaper, JZ 1979, 775 tr, 786 f. Kaper, JZ 1979,775 ff., 786 f 377 Daher triflt die Ansicht von Erb, JuS 1992, 197 ff., 201, wonach eine Strafbarkeit des einen Beteiligten nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB in Betracht komme, obwohl 375 376

der andere Beteiligte die verabredete Tat vollendet habe, nicht zu.

C. Das Ergebnis

83

C. Das Ergebnis Die Untersuchung hat gezeigt, daß die eingangs aufgestellte Behauptung, daß alle Mittäter einheitlich ins Versuchsstadium eintreten, sowohl der Beteiligungs- als auch der Versuchslehre entspricht. Die von den Vertretern der Einzellösungen vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Den Einzellösungen kann, da sie die Einheitlichkeit der Tat von Mittätern auflösen378 , nicht gefolgt werden. Zusammengefaßt kann gesagt werden, daß die Ansatzhandlung des ins Versuchsstadium eingetretenen Mittäters dem noch Untätigen zugerechnet werden kann, sofern dem Untätigen aufgrund der ihm vom Tatplan zugewiesenen Rolle Mittäterqualität zukommt. Ein weiteres Resumee kann dahingehend gezogen werden, daß die Ergebnisse der Gesamtlösung "unabhängig sind von der Frage, auf welche Weise, mit Hilfe welcher objektiven oder subjektiven Gesichtspunkte, man die Mittäterschaft im einzelnen näher abgrenzen will". 379

378 379

6"

Jakobs, Strafrecht AT, 2. Auflage, 629; Kahl, Strafrecht AT, 665. Stratenwerth, SchwZStR 97 (1980), 410 f., 411.

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle Die im 1. Teil durchgeführte Untersuchung betraf den "Normalfall" des mittäterschaftlichen Versuchs, also die Konstellation, in .der sowohl der ins Versuchsstadium eingetretene als auch der noch untätig gebliebene Genosse den Willen zur Tatvollendung haben. Einer genaueren Betrachtung bedarf es jedoch für die Fälle, in denen beim objektiv ins Versuchsstadium eingetretenen Beteiligten Vorsatzdefizite auftreten. Es wird also um die Frage gehen, ob eine unvorsätzlich vorgenommene Handlung eines "Schein" -Mittäters beziehungsweise eines von Anfang an ohne Tatentschluß in Erscheinung tretenden "vermeintlichen" Mittäters in der Lage ist, für die am Tatplan festhaltenden Beteiligten einen Versuch zu begründen. Gerade die Behandlung dieser "Problemfalle" wird die Gesamtlösung auf den Prüfstand stellen. Es ist daher zu untersuchen, ob die Gesamtlösung in der Lage ist, auch hier zu gerechten Ergebnissen zu gelangen. Während das Problem des ohne Vorsatz, also lediglich objektiv, ansetzenden Genossen zunächst nicht als solches erkannt wurde, mußte sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren mehrmals mit dieser Konstellation befassen. Zunächst werden die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Lösungen dargestellt (A.). Danach werden die Anmerkungen des Schrifttums diskutiert und wird der Versuch unternommen, unter Berücksichtigung der im 1. Teil gewonnenen Ergebnisse diese kritischen Fälle einer einheitlichen Lösung zuzuführen, die sowohl der Täterschafts- und Versuchsdogmatik entspricht als auch der materiellen Gerechtigkeit dient (B.). Abschließend werden die dadurch gewonnenen Ergebnisse zusammenfassend dargestellt (C.).

A. Die Rechtsprechung Bereits im Jahr 1951 hatte sich der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Viehhändler-Faleso mit einem Fall zu befassen, in dem einer der Beteiligten weder vom Tatplan wußte noch objektiv zur Tat ansetzte (1). Im Brandstifter-

380

BGHNJW 1952,430 f.

A. Die RechtsprechWlg

85

Falesl ging der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Jahr 1986 von einer Konstellation aus, in der der nur objektiv ansetzende Tatgenosse bereits im Zeitpunkt der Tatplanung keinen Tatentschluß hatte (H.). Im Jahr 1993 behandelte der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Türklingel-Fales2 das Problem des Vorsatzwegfalls des nur objektiv Ansetzenden zwischen Tatplanung und Tatausführung (III.). In einer neueren Entscheidung aus dem Jahr 1994 beschäftigte sich der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Müozhändler-Fales3 mit einem Fall, in dem der zur Tat lediglich objektiv Ansetzende von einem gemeinsamen Tatplan gar nichts wußte (IV.).

L Der Viehhlindler-Fall Viehhändler-Fall: Der Viehhändler C hatte mit seinen Bekannten BI Wld B2 verabredet, von der Weide des Bauern A Rinder zu stehlen. Dem BI, den C filr den Transport der Tiere gewinnen wollte, machte er vor, er beabsichtige im Einverständnis mit A, der sein Vieh hoch gegen Diebstahl versichert habe, einige Rinder von der Weide fortzuschaffen Wld zu verkaufen. Dem Bauern A komme es darauf an, seiner VersichefWlg einen angeblichen Viehdiebstahl melden zu können Wld so die Versicherungssumme zu erlangen, die höher sei als ein etwaiger Verkaufserlös. Da das Fahrzeug des BI filr eine Viehbellirderung nicht geeignet war, gewann dieser den ihm bekannten B2, der einen fahrbereiten Lkw besaß, filr den beabsichtigten Transport. BI Wld B2 waren der MeinWlg, die Tiere sollten fortgeschaffi werden, damit ihr Eigentümer A gegen seine VersichefWlgsgesellschaft Ansprüche wegen angeblichen Diebstahls erheben könne. C hatte den BI Wld B2 eine BelohnWlg in Aussicht gestellt. Die Tat wurde von BI Wld B2 ausgeftlhrt. 384 A gab bei seiner VersichefWlg jedoch keine SchadensmeldWlgab.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verneinte eine Strafbarkeit von BI und B2 wegen eines in Mittäterschaft versuchten Betrugs nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1,25 Abs. 2 StGB. 38S Voraussetzung für die Annahme ei-

3.

381

BGH MDR 1986,974

382

BGHSt 39, 236 ff.

= BGH wistra 1987,26 f. = BGHR § 22 StGB, Ansetzen

= BGH JuSK § 25 StGB, Nr.94/l = BGH MDR 1993,886 f.

= BGH NJW 1993, 2251 f. = BGH NStZ 1993, 489 f. = BGHR § 22 StGB, Ansetzen 17 = BGH StV 1993,466 f. 383 BGHSt 40,299 ff. = BGH JR 1995,425 ff. = BGH JuSK § 22 StGB, Nr.95/l = BGH JZ 1995,733 = BGH MDR 1995, 83 f. = BGH NJW 1995, 142 f. = BGH NStZ 1995, 120 f. = BGHR § 22 StGB, Ansetzen 18 = BGH StV 1995, 128 ff. = BGH wistra

1995,57 f. 384 BGH NJW 1952,430 f., 430. Die zu bejahende Frage, ob C nach §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 1 Fal12 StGB zu bestrafen war, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Strafbarkeit von BI Wld B2 nach §§ 242 Abs. 1,25 Abs. 2 StGB war zu verneinen, da beide irrtümlich von einem tatbestandsausschließenden Einverständnis des A ausgingen. 38S BGH NJW 1952, 430 f.

86

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

nes strafbaren Versuchs sei, daß nicht nur ein verbrecherischer Wille vorhanden sei, sondern daß er sich auch in ein äußeres Verhalten umsetze, das nach der Meinung des Täters den beabsichtigten Erfolg herbeifiihre und das über bloße Vorbereitungshandlungen hinausgehe, also den Anfang einer Ausführung der gewollten Straftat enthalte. 386 An dieser Voraussetzung fehle es aber hier: "Zwar glaubten die Angekl., als sie beim Fortschaffen der Rinder mithalfen, der Bauer werde danach das Fehlen der Tiere als Diebstahl seiner Versicherung wahrheitswidrig melden, um sie zu täuschen und zur Auszahlung der Versicherungssumme zu veranlassen. Der nach Meinung der Angekl. vorgetäuschte Diebstahl wäre filr die von ihnen erwartete spätere wahrheitswidrige Diebstahlsmeldung des Bauern aber nur Vorbereitungshandlung gewesen. Zur Ausftlhrung des Betrugs, auch nur in der Form des Versuchs, konnte es nach dem Sachverhalt gar nicht kommen. Die bloße Meinung der Angekl., es werde dazu kommen, genügt nicht, ihre Strafbarkeit zu begründen, sonst würde der rein innere verbrecherische Wille, auch ohne daß er sich in einem Verhalten äußert, das den Beginn der Ausführung des gewollten Verbrechens enthält, bestraft werden. 387

n. Der Brandstifter-Fall Brandstifter-Fall: BI und B2 hatten zusammen mit A verabredet, das Werkstattgebäude der von ihnen betriebenen AutohandelsfIrma in Brand zu setzen, um die Feuerversicherungssumme zu erlangen. A drang vereinbarungsgemäß in die Werkstatthalle ein und verschüttete dort Benzin. Entgegen der Anweisung der nicht am Tatort anwesenden BI und B2 ZÜIldete er aus unbekannt gebliebenen Gründen das Benzin nicht an, so daß es zu keinem Brandschaden kam. Der Bundesgerichtshof ging mangels anderweitiger Sachverhaltsaufklärung zugunsten von BI und B2 davon aus, daß A, um die im voraus gezahlte Belohnung zu erhalten, nur zum Schein auf den Tatplan eingegangen sei. 388

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verurteilte BI und B2 wegen Verabredung eines Versicherungsbetrugs nach §§ 265 Abs. 1, 30 Abs. 2 Fall 3 StGB. Er verneinte aber einen den BI und B2 zurechenbaren Versuch eines Versicherungsbetrugs nach §§ 265 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB. Dies wurde damit begründet, daß A, wenn er von vornherein nur die Absicht gehabt habe, einen Brandlegungsversuch durch Ausschütten von Benzin vorzutäuschen, nicht zur Verwirklichung des Versicherungsbetrugs im Sinne des § 22 StGB angesetzt habe. 389 Damit würde es an einem den BI und B2 zure-

BGH NJW 1952, 430 f., 430. 1952, 430 f. 388 BGH MDR 1986, 974. 389 BGH MDR 1986, 974. 386

387 BGH NJW

A. Die Rechtsprechung

87

chenbaren die Grenze vom Vorbereitungs- zum Versuchsstadium überschreitenden Tatbeitrag fehlen. 390 IIL Der Türklingel-Fall Türklingel-Fall: BI und B2 hatten vereinbart, ein Ehepaar in deren Haus zu überfallen und auszurauben. Später beschlossen sie, einen dritten Mittäter zu gewinnen, und sprachen A darauf an. Dieser sagte nach einigem Zögern seine Beteiligung zu. Ob er tatsächlich mitwirken wollte oder seine Zusage nur zum Schein abgab, blieb ungeklärt. Später offenbarte er sich der Polizei und war jedenfalls von diesem Zeitpunkt ab nicht (mehr) bereit, sich an der geplanten Tat zu beteiligen. Er informierte die Polizei über den Stand der Planung, während er BI und B2 in dem Glauben ließ, daß er die Tat zusammen mit ihnen ausführen werde. Der Tatplan sah vor, daß A an der Haustür klingeln und die Ehefrau, die voraussichtlich öffnen würde, überwältigen sollte. BI sollte dann sofort in die Wohnung stürmen, den Ehemann in seine Gewalt bringen und ihn mit einem Telefonkabei oder einem ähnlichen Gegenstand fesseln. Anschließend sollten den Eheleuten die Augen verbunden werden. Danach sollte B2 hinzukommen und die Eheleute zur Herausgabe der Tresorschlüssel oder zur Angabe der Zahlenkombination fiIr den Tresor zwingen. BI, B2 und A fuhren zum Tatort. Während B2 im Pkw blieb, ging A, gefolgt von BI, zur Haustür und klingelte. Dies war fiIr die am Tatort erschienene Polizei das Zeichen zum Zugriff, so daß sie BI, B2 und Asogleich festnahm. 391

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs war der Ansicht, daß B I und B2 sich lediglich einer Verabredung zum Verbrechen nach §§ 239a Abs. 1, 250 Abs. 1, 30 Abs. 2 Fall 3 StGB schuldig gemacht, die geplante Tat indessen noch nicht versucht hätten, da für eine mittäterschaftliehe Zurechnung in diesem Fall kein Raum sei: "Zwar kann schon das Klingeln an der Haustür Versuch sein, wenn nach dem fiIr die Begehung eines Raubes oder einer Erpressung gefaßten Tatplan das Opfer sofort nach dem Öffnen der Tür überfallen werden soll .... Als Ausführungsbeginn ist es den anderen Tatbeteiligten aber nur zuzurechnen, sofern es sich fiIr den Handelnden als mittäterschaftlicher Tatbeitrag darstellt, also von dem Willen getragen ist, gemeinschaftlich mit den anderen Beteiligten zum Zwecke der Tatausführung zusammenzuwirken. ,,392

Da A zur Mitwirkung an der Tat nicht (mehr) bereit gewesen sei, so der 2. Strafsenat weiter, habe es an einem solchen mittäterschaftlichen Tatbeitrag gerade gefehlt. 393 Als A an der Haustür geklingelt und der Polizei damit das Zeichen zum Zugriff gegeben habe, habe er dadurch die Tat nicht fördern, son-

BGH MDR 1986, 974. 391 BGH NJW 1993, 2251 f., 2251. 392BGHNJW 1993,2251 f.,2251. 393 BGHNJW 1993,2251 f., 2251. 390

88

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

dem gerade verhindern wollen. 394 Wiewohl sein Handeln äußerlich der mit BI und B2 getroffenen Abrede entsprochen habe, habe darin "kein mittäterschaftlicher Tatbeitrag, weil er damit nicht den Willen verband, die verabredete Tat zur Ausführung zu bringen und zu seinem Teil daran mitzuwirken", gelegen. 395 Sein Handeln, das für ihn selbst kein Versuch gewesen sei, könne daher BI und B2 nicht als Beginn der Tatausfiihrung zugerechnet werden. 396 BI und B2 hätten mithin nicht das Versuchsstadium erreicht und seien folglich nur einer Verabredung zum Verbrechen schuldig zu sprechen. 397 IV. Der Münzbändler-Fall Münzhändler-Fall: B lernte in einer Gaststätte einen Mann namens C kennen. Beide sprachen darüber, "wie man zu Geld kommen könne". C erzählte dem B, ihm sei der Münzhändler A bekannt, der seine VersicheTWlg betrügen wolle. Er machte dem B den Vorschlag, diesen in seinem Haus "zu überfallen Wld zu berauben; der Münzhändler sei mit allem einverstanden". Nachdem C dem B filr seine "Mitwirkung" 50 000 DM versprochen hatte - von denen 15 000 DM im voraus gezahlt werden sollten, die restlichen 35 000 DM sollte sich B aus dem Tresor des Münzhändlers A nehmen dürfen -, erklärte sich B bereit, den Überfall durchzuftlhren. Die zum Schein zu raubenden Münzen sollten C übergeben werden. C wies den B an, gegenüber dem Münzhändler A nicht zu erkennen zu geben, daß er wisse, daß dieser dem Überfall zugestimmt habe. Einige Tage vor der Ausfilhrung der Tat zahlte C dem B 15 000 DM Wld teilte ihm Namen Wld Adresse des zu überfallenden Münzhändlers A mit. Dieser war allerdings nicht, wie C dem B glauben machte, mit dem Überfall einverstanden. Der geplante "Raub" wurde von B mit einem weiteren Beteiligten Wlter Einsatz einer ScheinwatTe durchgefilhrt. Die Gesamtbeute hatte einen Wert von 350 000 bis 400 000 DM. Dem bei der Tat gefesselten Wld in den Waschkeller seines Hauses verbrachten Münzhändler A gelang es, sich zu befreien Wld die Polizei zu alarmieren. Noch am Tattag meldete er seiner VersicheTWlg den Schadensfall. 398

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verurteilte B wegen in Mittäterschaft begangenen versuchten Betrugs nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1,25 Abs. 2 StGB. 399 Die mittäterschaftliehe Qualität des B bejahte er, indem 394 BGH NJW 1993,2251 f., 2251. 39S BGH NJW 1993,2251 f., 2251. 396BGHNJW 1993,2251 f.,2251. 397 BGH NJW 1993,2251 f., 2251. 398 BGHNJW 1995,142 f., 142. 399 Die zu bejahende Frage, ob C nach §§ 249 Abs. 1,250 Abs. 1 Nr. 2,239 Abs. 1 Fall 1, 240 Abs. 1, Abs. 2; 25 Abs. 1 Fall 2; 52 StGB zu bestrafen war, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Strafbarkeit von B nach §§ 249 Abs. 1,250 Abs. 1 Nr. 2,239 Abs. 1 Fall 1, 240 Abs. 1, Abs. 2, 123 Abs. 1,145 d Abs. 1 Nr. 1; 52 StGB war zu verneinen: Schwerer Raub, FreiheitsberaubWlg, NötigWIg Wld Hausfriedensbruch waren abzulehnen, da B von einem tatbestandsausschließenden Einverständnis des A ausging. Vortäuschen einer Straftat war abzulehnen, da B aufgTWIddessen, daß eine

A. Die Rechtsprechung

89

er auf der Grundlage der Vorstellung des B von dem gesamten Tatablauf davon ausging, daß er eine ihn als Mittäter qualifizierende Stellung im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Münzhändler und C innegehabt habe, die Durchführung des Raubüberfalls nach seiner Vorstellung unabdingbare Voraussetzung für die Schadensanzeige an die Versicherung gewesen sei und er im Hinblick auf die ihm zugesagte Belohnung in Höhe von 50 000 DM auch ein Täterinteresse an der Tatausfiihrung gehabt habe. Zunächst stellte der 4. Strafsenat klar, daß für eine Tatbeteiligung als Mittäter lediglich ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tatbestandsverwirklichung fordernder und sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkender Tatbeitrag notwendig sei. 4OO Daher sei mittäterschaftliches Handeln beim Betrug zum Nachteil einer Versicherung nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Mittäter keinen Einfluß auf die Schadensmeldung nehme. 401 Mittäter eines solchen Betrugs könne vielmehr auch sein, wer selbst an den Verhandlungen mit der Versicherung nicht beteiligt sei und die Belohnung für die Schaffung der Voraussetzungen zur Täuschung und Schädigung der Versicherung bereits vor der Schadensmeldung erhalten habe. 402 Die Strafbarkeit des B wegen Versuchs begründete der 4. Strafsenat wie folgt: "Die Straftat, die der AngekI. begehen wollte - gemeinschaftlicher Betrug zum Nachteil der Versicherung des Münzhändlers -, konnte nicht vollendet werden, weil der Münzhändler tatsächlich Opfer eines Raubüberfalls geworden war und er nach den Feststellungen 'die Versicherung nicht betrttgen wollte und nicht betrogen hat'. Der Angekl. hat sich jedoch wegen (untauglichen) Versuchs des Betrugs (§§ 263 I, rr, 22, 23, 25 rr StGB) strafbar gemacht. ... Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung der Tat unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Dies ist dann der Fall, wenn Handlungen vorgenommen werden, die nach dem Tatplan im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfilliung fUhren sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen.... Bei der Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium, sobald einer von ihnen zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob einzelne von ihnen ihren Tatbeitrag bereits im Vorbereitungsstadium erbracht haben.... Diese Kriterien gelten auch filr den untauglichen Versuch, dessen Strafwürdigkeit in der - filr sich gesehen schon gefiihrlichen - Auflehnung gegen die rechtlich geschützte Ordnung begründet ist. ... rechtswidrige Tat des C in mittelbarer Täterschaft vorlag, nicht eine solche vortäuschte und das versuchte Vortäuschen nicht unter Strafe steht.(Siehe dazu: Ahrens, JA 1996, 664 fI, 664; Geppert, JK 1995, StGB § 25 rr / 9a; Joerden, JZ 1995, 735 f.; Zopfs, Jura 1996,19 fI, 19 (Fn. 2) Eine Strafbarkeit von B nach §§ 249 Abs. 1,250 Abs. 1 Nr. 2, 239 Abs. 1 Fall 1; 25 Abs. 1 Fall 2; 52/27 Abs. 1 StGB war aus subjektiven Gründen zu verneinen. Eine Strafbarkeit von B nach §§ 263 Abs. 1,30 Abs. 2 Fall 3 StGB war zu verneinen, da es sich beim verabredeten Betrug nicht um ein Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB handelt. 400BGHNJW 1995, 142 f. 401 BGH NJW 1995, 142 f. 402 BGH NJW 1995, 142 f.

90

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle Entscheidend ist hier die Vorstellung des Täters von der Tauglichkeit der Handlung, die als unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i.S. des § 22 StGB anzusehen ist. ... Die nach dem Täterplan maßgebliche Handlung, die zur unmittelbaren Tatbestandserftlllung führen könnte, wenn sie geeignet wäre, ist hier so zu betrachten, als wäre sie tauglich.... Zwar war der nach Ansicht des Angekl. vorgetäuschte Raubüberfall für den erwarteten beabsichtigten Betrug zum Nachteil der Versicherung nur Vorbereitungshandlung ... ; dadurch daß die Schadensmeldung durch den vermeintlichen Mittäter (den Münzhändler) nach dem Überfall 'tatplangemäß' - nach dem Tatplan zur Täuschung der Versicherung - erfolgte, wurde jedoch, was sich der Angekl. als nach seiner Vorstellung mittäterschaftlieh Handelnder zurechnen lassen muß, die Grenze von der Vorbereitung zum Versuch überschritten ... .'.403

Der 4. Strafsenat sah sich durch das im Türklingel-Fall getroffene Urteil des 2. Strafsenats nicht gehindert, so wie geschehen, zu entscheiden: "Eine Abweichung in einer Rechtsfrage liegt nicht vor. Die Unterschiede liegen im Tatsächlichen. Bei dem vom 2. Strafsenat entschiedenen Sachverhalt ist die Vollendung der Tat deshalb gescheitert, weil der zur unmittelbaren Ausführung bestimmte Mittäter, der den anderen seine Beteiligung zugesagt hatte, entweder seine Zusage nur zum Schein abgegeben hatte oder jedenfalls später nicht mehr bereit war, sich an der geplanten Tat zu beteiligen, und die Polizei informierte. Wegen des Grundsatzes, daß alle Mittäter in das Versuchs stadium eintreten, sobald einer von ihnen zur Tatbegehung unmittelbar ansetzt, hatte der 2. Strafsenat die Rechtsfrage zu entscheiden, ob der verabredete Tatbeitrag des 'Schein' -Mittäters den übrigen Mittätern als Teil der gemeinsam geplanten Tat zurechenbar war. Das hat der 2. Strafsenat verneint. In dem vom erkennenden Senat zu beurteilenden Fall war mit demjenigen, der den Akt zum Eintritt in das Versuchsstadium tatplangemäß vornahrn, keine Absprache getroffen worden. Dun war der Tatplan nicht bekannt. Er war selbst das Opfer einer Straftat und hat dies seiner Versicherung zutreffend gemeldet. Der in der Vorstellung des Angekl. hierdurch begonnene gemeinschaftliche Betrug konnte von vornherein nicht gelingen, weil Tatbestandsmerkmale, die der Angekl. aufgrund eines durch einen Dritten bei ihm hervorgerufenen Irrtum für gegeben hielt (Täuschung der Versicherung durch den mit seinem Einverständnis Überfallenen) nicht vorlagen.'.404

Dieser Fall eines untauglichen Versuchs sei mit dem vom 2. Strafsenat entschiedenen Sachverhalt nicht zu vergleichen. 405 Zur Frage des untauglichen Versuchs habe sich der 2. Strafsenat in seiner Entscheidung auch nicht geäußert. 406 Für die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs würden aber besondere Kriterien gelten. Da es hier allein auf die Vorstellung des Täters von der Tauglichkeit der Handlung ankomme, könne ihm daher die innere Beziehung zur Tatausfiihrung desjenigen, der "tatplangemäß" den Akt zum Eintritt in das Versuchsstadium vornehme, nicht zugutekommen. Vielmehr sei der "objektive 403BGHNJW 404BGHNJW 40S BGH NJW 406 BGH NJW

1995,142 f 1995, 142 f, 143. 1995, 142 f, 143. 1995, 142 f

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

91

Tatbeitrag" eines venneintlichen Mittäters, der nach der Vorstellung der am Tatplan festhaltenden Beteiligten zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetze, diesen zuzurechnen. 407 Daher sei für den Fall des untauglichen Versuchs zu entscheiden, daß sich alle Mittäter das Handeln eines nur vermeintlichen Mittäters zurechnen lassen müßten, mit dem dieser nach ihrer Vorstellung zur Tat unmittelbar ansetze. 408 Aufgrund dieser besonderen Kriterien für die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs sei eine Divergenz zur Entscheidung des 2. Strafsenats nicht gegeben. 409 Deshalb begegne auch die Ansicht, daß aus den vom 3. Strafsenat im Brandstifter-Fall und vom 2. Strafsenat im Türklingel-Fall getroffenen Entscheidungen folgen könnte, daß wenn schon das Handeln des "Schein" -Mittäters den anderen Beteiligten nicht zuzurechnen sei, dies erst recht für das Handeln eines von vornherein nur "vermeintlichen" Mittäters gelte, jedenfalls für den untauglichen Versuch Bedenken. 410

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum Das Problem des "venneintlichen" beziehungsweise "Schein" -Mittäters hat in der Literatur ein breites Echo gefunden. 411 Die Lösung dieses Problems bedarf einer näheren Betrachtung des mittäterschaftlichen Zurechnungsprinzips. 412 Hierbei ist von der im l. Teil getroffenen Feststellung, daß Grundlage der mittäterschaftlichen Zurechnung grundsätzlich der vom gemeinsamen Tatentschluß getragene Tatplan ist, auszugehen. Welche Kriterien diesem entscheidenden Strafbarkeitsmerkmal zukommen, gilt es im folgenden anband der von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle zu untersuchen. Die vier Fälle haben allesamt gemeinsam, daß derjenige Beteiligte, der objektiv zur Tat ansetzt beziehungsweise ansetzen soll, mangels Vorsatzes nicht BGH NStZ 1994, 534 f., 535. BGH NStZ 1994, 534 f., 535. 409 BGH NJW 1995, 142 f., 143. 410 BGH NStZ 1994, 534 f., 535. 411 Siehe dazu: Ahrens, JA 1996, 664 ff.; Dencker, Kausalität und Gesamttat, 239 ff.; Erb, NStZ 1995, 424 ff.; Eser, Sch/Sch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 55a; Geppert, JK 1995, StGB § 25 11 / 9a; Graul, JR 1995,427 ff.; Hauf, JA 1995, 776 ff.; Hauf, NStZ 1994,263 ff.; Hauf, Strafrecht AT, 168; Heckler, GA 1997, 72 ff.; Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff.; Joecks, wistra 1995, 58 ff.; Joerden, JZ 1995, 735 f.; Jung, JuS 1994, 355; Jung, JuS 1995, 360; Kühl, Strafrecht AT, 664; Kühne, NJW 1995, 934; KüpperIMosbacher, JuS 1995, 488 ff.; Lackner, StGB, 22. Auflage, § 22 StGB, Rn. 9; Otto, JK 1994, StGB § 25 11, 7; Roxin, Odersky-FS, 489 ff.; Sonnen, JA 1995,361 ff.; TriJndle, StGB, 48. Auflage, § 22 StGB, Rn. 18; Zopfs, Jura 1996, 19 ff. 412 So auch: Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 706. 407 408

92

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

zu bestrafen ist, der noch im Hintergrund verweilende beziehungsweise nur vorbereitend tätig gewordene Beteiligte aber bis zuletzt davon ausgeht, daß die Tat gemeinschaftlich durchgefiihrt werde. 413 Sie unterscheiden sich jedoch dahingehend, daß nur im Türklingel- und im Brandstifter-Fall eine Kommunikation zwischen dem nur objektiv zur Tat Ansetzenden und dem noch untätig gebliebenen Genossen bezüglich einer Deliktsplanung (Tatplan) vorlag. Türklingel- und Brandstifter-Fall wiederum sind hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts des Vorsatzdefizits verschieden gelagert. Denn die mittäterschaftliche Tat setzt sich aus einer Planungsphase und einer Ausführungsphase zusammen, so daß auch hinsichtlich der subjektiven Befindlichkeit der Beteiligten zwischen dem im Planungsstadium vorhandenen Tatentschluß (Tatentschluß im Planungsstadium) und dem im Ausfiihrungsstadium vorhandenen Tatentschluß (Tatentschluß im Ausführungsstadium) zu differenzieren ist. Während der Bundesgerichtshof im Türklingel-Fall annahm, daß der nur objektiv zur Tat Ansetzende seinen Tatentschluß erst zwischen Kommunikation und Ansatzhandlung verlor, ging er beim Brandstifter-Fall zugunsten des noch untätig gebliebenen Beteiligten davon aus, daß bereits im Zeitpunkt der Kommunikation ein Tatentschluß des später Handelnden nicht vorlag. Münzhändlerund Viehhändler-Fall wiederum unterscheiden sich dadurch, daß es nur im Münzhändler-Fall zu einer objektiven Ansatzhandlung kam, während im Viehhändler-Fall eine solche ausblieb. Diese vier Konstellationen stehen damit in Bezug auf den unmittelbar handelnden Genossen in folgendem Stufenverhältnis: 1.) Türklingel-Fall: Tatplan plus Tatentschluß im Planungsstadium plus Ansatzhandlung plus kein Tatentschluß im Ausführungsstadium. 2.) Brandstifter-Fall: Tatplan plus kein Tatentschluß im Planungsstadium plus Ansatzhandlung plus kein Tatentschluß im Ausfiihrungsstadium. 3.) Münzhändler-Fall: Kein Tatplan plus kein Tatentschluß im Planungsstadium plus Ansatzhandlung plus kein Tatentschluß im Ausführungsstadium. 4.) Viehhändler-Fall: Kein Tatplan plus kein Tatentschluß im Planungsstadium plus keine Ansatzhandlung plus kein Tatentschluß im Ausführungsstadium. Türklingel-, Brandstifter- und MÜßzhändler-Fall gemeinsam ist also die den Zurechnungsgegenstand betreffende Problematik, ob der nur objektiv zur Tat ansetzende Genosse selbst in das Versuchsstadium eingetreten sein muß (1.). Da sich der Türklingel-Fall von den restlichen Konstellationen darin unterscheidet, daß nur ihm ein von einem gemeinsamen Tatentschluß getragener Tatplan im Planungsstadium zugrundelag, gilt es in Bezug auf die Zurechnungsbasis zu klären, ob ein späterer Wegfall des Tatentschlusses im Ausführungs413 Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 705 int, wenn er feststellt, daß Brandstifter-, Türklingel- Wld Münzhändler-Fall gemein hätten, daß eine VerabredWlg Wld ein Tatplan zwar bestanden habe, es zur vollständigen VerwirklichWlg des Plans aber nicht gekommen sei. Denn gerade im Münzhändler-Fall lag ein gemeinsamer Tatplan nicht vor.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

93

stadium die mittäterschaftliehe Qualität des nur objektiv zur Tat Ansetzenden entfallen läßt und damit die zunächst gegebene Zurechnungsbasis wieder aufgehoben wird (11.). Im Brandstifter-, Münzhändler- und Viehhändler-Fall wird es mangels gemeinsamen Tatentschlusses im Planungsstadium weiterhin darauf ankommen, ob nur die im Besonderen Teil des StGB auftauchenden Tatbestandsmerkmale im Sinne des § 22 StGB versucht werden können oder ob auch eine die Zurechnung auslösende lediglich "vermeintliche" Mittäterschaft möglich ist (III.). Schließlich wohnt allein dem Viehhändler-Fall das Problem inne, ob auch eine lediglich vermeintliche Ansatzhandlung genügt, um den noch nicht ins Versuchsstadium eingetretenen Beteiligten als Mittäter bestrafen zu können (IV.). L Der Zurechnungsgegenstand Da im TÜfklingel-, Brandstifter- und MÜllZhändler-Fall der nur objektiv zur Tat Ansetzende mangels Vorsatzes selbst nicht in den strafrechtlich relevanten Versuchsbereich gelangt, stellt sich zunächst die Frage, ob allein schon aus diesem Grund dessen Handlung einem anderen Beteiligten nicht mehr zugerechnet werden kann. 1. Das Prinzip

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs argumentiert im TÜfklingel-Fall, daß das Handeln des A aufgrunddessen, daß es für ihn selbst kein Versuch gewesen sei, BI und B2 nicht als Beginn der Tatausführung zugerechnet werden könne. 414 Dies präzisiert Otto, wonach die Gesamtlösung auf der logischen Voraussetzung, daß einer der Mittäter in das Versuchsstadium gelangt sei, beruhe. 415 Die bloße Vorstellung der anderen Mittäter, diese Situation liege vor, könne die Realisierung durch einen der Mittäter nicht ersetzen. 416 Da im TÜfklingel-Fall das Handeln des A nicht mehr vom Tatplan getragen gewesen sei, habe er mit dem Klingeln nicht unmittelbar zur Tat angesetzt, sondern andere Ziele verwirklicht. 417 Sein Handeln könne deshalb BI und B2, wie der Bundesgerichtshof zutreffend festgestellt habe, nicht als Beginn der Tatausführung zugerechnet werden.4\8 Auch Jung befürwortet die vom 2. Strafsenat getroffene Entscheidung, indem sie darauf hinweist, daß die BeBGHNJW 1993,2251 f., 2251. Otto, JK 1994, StGB § 25 II, 7. 416 Otto, JK 1994, StGB § 25 II, 7. 417 Otto, JK 1994, StGB § 25 II, 7. 418 Otto, JK 1994, StGB § 25 II, 7. 414

41S

94

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

strafung wegen eines mittäterschaftlieh begangenen Versuchs auch voraussetze, daß das Verhalten des A in den Bereich des Versuchs hineinrage. 419 Ebenso äußern sich KüpperIMosbacher420 und Joerden421 , wonach zumindest einer der Beteiligten überhaupt in den strafrechtlich relevanten Versuchsbereich vorgedrungen sein müsse, um dessen Beitrag dem anderen als Versuchsbeginn im Rahmen der Mittäterschaft zurechnen zu können. In diesem Zusammenhang weist Joerden darauf hin, daß sich der nur objektiv ansetzende Beteiligte nicht im Rahmen des gemeinsamen Tatplans halte. 422 Alles, was nicht von einem gemeinsamen Tatplan gedeckt sei, bleibe als "Exzeß" gleichsam bloße Privatsache des einzelnen Beteiligten und könne nicht den anderen Mittätern angelastet werden. 423 Schließlich argumentiert Erb, daß mangels unmittelbarem Ansetzen einer Person zur Tatbestandsverwirklichung ein Einstieg in die Grundsätze der Versuchsstrafbarkeit nicht möglich sei. 424 Auch RoßmüllerlRohrer sind der Ansicht, daß im Wege der Gesamtlösung nur ein die Versuchsgrenze überschreitendes Verhalten und damit nur ein strafbarer Tatbeitrag zugerechnet werden könne. 425 Die bloße Vorstellung des noch untätig gebliebenen Beteiligten, daß die Versuchsgrenze überschritten sei, mache das fremde Verhalten nicht zu einem strafbaren Ansetzen und genüge mithin nicht. 426 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs sei daher bei der Behandlung des Münzhändler-Falls einem Zirkelschluß verfallen, indem er zunächst die Schadensmeldung des A über die subjektive Sicht des B in einen versuchsbegründenden Akt verwandelt habe, um diesen anschließend dem B als Versuchsbeginn zurechnen zu können. 427 2. Die Analyse

Der 2. Strafsenat und ihm folgend Otto, Jung, KüpperlMosbacher, Joerden, Erb und RoßmüllerlRohrer scheinen bei der Gesamtlösung die Versuchsqualität des Mittäterverhaltens wie beim Einzeltäter bestimmen zu wollen, um anschließend diesen Einzelversuch den anderen Tatgenossen zuzurechnen. Ein solches Zurechnungsprinzip wohnt indes, wie oben bereits dargestellt WUf-

Jung, JuS 1994, 355. KupperlMosbacher, JuS 1995,488 ff., 492. 421 Joerden, JZ 1995, 735 f., 735. 422 Joerden, JZ 1995, 735 f., 735. 423 Joerden, JZ 1995, 735 f., 735. 424 Erb, NStZ 1995,424 ff., 427. 425 RoßmUller/Rohrer, MDR 1996, 986 ff., 987. 426 RoßmallerlRohrer, MDR 1996, 986 ff., 987. 427 RoßmallerlRohrer, MDR 1996, 986 ff., 987. 419

420

B. Die Auseinandersetzwlg mit dem Schrifttum

95

de428, der Gesamtlösung nicht inne. 429 Bei der Ansatzhandlung des A muß es sich gerade nicht um einen sämtliche Versuchsvoraussetzungen erfüllenden Einzelversuch handeln, sondern es genügt ein sogenannter Anknüpfungsversuch. Dieses Defizit der Versuchsvoraussetzungen kann sich sowohl auf objektive als auch auf subjektive Strafbarkeitseiemente430 beziehen, so daß auch das vorsatzlose Ansetzen einer Zurechnung flihig ist. Mit dieser wichtigen Zwischenfeststellung ist auch der Argumentation Ottos die Basis entzogen. Da es gar nicht notwendig ist, daß der Ansetzende alle für einen Einzelversuch erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, muß man nicht, so wie Otto formuliert, auf die bloße Vorstellung der anderen Mittäter, die Situation eines durch den Ansetzenden vorgenommenen Einzelversuchs liege vor, abstellen, um so die beim Ansetzenden noch fehlenden Merkmale durch die Vorstellung des noch untätig Gebliebenen, diese Merkmale lägen vor, zu ersetzen. Auch der Hinweis Joerdens auf einen Exzeß des vorsatzlos ansetzenden Beteiligten trifft nicht zu. Seine objektive Ansatzhandlung hält sich innerhalb des vom noch untätig gebliebenen Beteiligten geschmiedeten Tatplans und ist daher von dessen Tatentschluß voll umfaßt. Eine die Situation des Mittäterexzesses begründende Divergenz zwischen objektiver Handlung des einen Beteiligten und subjektiver Vorstellung des anderen Beteiligten ist somit nicht gegeben. Da nur objektive Merkmale der Zurechnung fähig sind, kommt es für die Bejahung eines Zurechnungsgegenstandes allein auf das Vorhandensein einer objektiven Handlung an. Entgegen Joerden ist es diesbezüglich jedoch unbeachtlich, ob der objektiv zur Tat ansetzende Beteiligte durch diese Handlung seinen Tatentschluß oder den eines anderen Beteiligten betätigt. Als erstes Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, daß der Umstand, daß der zur Tat ansetzende Genosse mangels eigenen Tatvorsatzes nicht wegen Versuchs bestraft werden kann, die Frage, ob dessen Handeln zulasten des anderen noch untätig gebliebenen Beteiligten als Zurechnungsgegenstand dienen kann, nicht beeinflußt. Sein Handeln kann, sofern eine Zurechnungsbasis gegeben ist, den anderen Mittätern zugerechnet werden.

n. Die Zurechnungsbasis Im Türklingel-Fall ist in der Vereinbarung zwischen BI und B2, ein Ehepaar in deren Haus zu überfallen und auszurauben, und in der späteren Zusage Siehe oben S. 32 tT. So auch: Ingelfinger, JZ 1995, 704 tT., 705. 430 Bei einem sich auf subjektive Strafbarkeitselemente beziehendem Deftzit kommt freilich eine Bestrafung des nur objektiv Ansetzenden wegen Versuchs nicht in Betracht. 428

429

96

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

des A., sich hieran zu beteiligen, ein von einem gemeinsamen Tatentschluß im Planungsstadium getragener gemeinsamer Tatplan zu sehen. Damit war zunächst die Voraussetzung für eine mittäterschaftliche Zurechnung der Ansatzhandlung des A zulasten von BI und B2 gegeben. Nun stellt sich die Frage, ob der Umstand, daß sich A noch vor seiner Ansatzhandlung der Polizei offenbarte und daher von diesem Zeitpunkt ab nicht (mehr) bereit war, sich an der geplanten Tat zu beteiligen, diese zunächst vorhandene Zurechnungsbasis wieder zerstörte. Hauf verneint dies, indem er den Gesichtspunkt, daß es auf die subjektive Bereitschaft jedes einzelnen Mittäters ankommt, abstellt (1.). Die Stimmen, die von einer nicht vorhandenen Zurechnungsbasis ausgehen, verweisen indes darauf, daß nur ein mittäterschaftlich erbrachter Tatbeitrag einer Zurechnung zugänglich gemacht werden könne. In diesem Zusammenhang ist der Ansicht Ingelfingers, wonach klar auf der Hand liege, daß von einem gemeinsamen Tatentschluß aller am Geschehen Beteiligten keine Rede sein könne, wenn der unmittelbar zur Tat Ansetzende keinen Willen mehr habe, die Tat zu vollenden431 , nicht zu folgen, da ein von einem gemeinsamen Tatentschluß getragener Tatplan zumindest zu einem früheren Zeitpunkt vorhanden war. Man wird sich daher die Frage stellen müssen, ob der bloße spätere Vorsatzwegfall die Mittäter-Eigenschaft des zur Tat Ansetzenden entfallen läßt, mit der Folge, daß dessen Tatbeitrag dem anderen Genossen nicht zugerechnet werden kann (2.). Auch wird es darauf ankommen, ob eine Zurechnung voraussetzt, daß der erbrachte Tatbeitrag auf einer noch im Ausfiihrungsstadium vorhandenen gegenseitigen Motivationslage basiert (3.). Schließlich drängt sich ein Vergleich mit der Problematik des agent provocateurauf(4.). 1. Die subjektive Bereitschaft jedes einzelnen der Beteiligten

a) Das Prinzip Jeder Mittäter wird nach seiner eigenen subjektiven Bereitschaft bestraft und ist aufgrund der Zurechnung so zu behandeln, als ob er die Tat eigenhändig begangen hätte. Daher sind alle rechtlichen Wertungen bei ihm und nur bei ihm vorzunehmen. 432 Auf diesen Grundsatz stützt Hauf seine ablehnende Haltung gegenüber der Türklingel-Entscheidung des 2. Strafsenats. So sei es bedenklich, daß lediglich die den BI und B2 verborgen gebliebene innere Distanzierung des A zur Tatausfiihrung sie vor einer Bestrafung wegen Versuchs des geplanten Verbrechens bewahren soll, da es bei der Bewertung des Klingelns als versuchsbegrüDdenden Akt auf die innere Beziehung des diesen Akt 431 432

1ngelfinger, JZ 1995, 704 tT., 706. Schröder, JR 1958,427 ff., 427.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

97

Vomelunenden zur Tatausführung nicht ankommen könne. 433 Denn richtigerweise sei jeweils auf die subjektive Sicht derjenigen Beteiligten abzustellen, für die der Eintritt in das Versuchsstadium der mittäterschaftlichen Begehung geprüft werde. 434 Die fehlende subjektive Komponente bei dem den ersten Akt setzenden Beteiligten vermöge nichts an der subjektiven Bereitschaft der anderen zum Einstieg in die Tatausführung zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zu ändern. 435 Dadurch will Hauf eine ungerechtfertigte Privilegierung der am Tatplan Festhaltenden vermeiden. 436 Dogmatisch stützt er seine Position darauf, daß der mittäterschaftlichen Zurechnung nur objektive Tatbeiträge unterlägen, subjektiv aber jeder Beteiligte für sich selbst hinter der Tat stehen müsse. 437 Gehe es demnach um den Versuchseintritt nach der Gesamtbetrachtung, so sei richtigerweise zwischen objektiver und subjektiver Komponente des Versuchs zu trennen. 438 Die objektive, durch die erste das Rechtsgut in nahe konkrete Gefahr bringende Handlung verwirklichte Komponente, die A auch im Türklingel-Fall vorgenommen habe, sei zurechnungsfllhig. 439 Die subjektive, durch die Einstellung "Jetzt geht's los" vermittelte Komponente sei dagegen nicht zurechnungsfahig. 440 Hinsichtlich ihrer sei auf jeden einzelnen Beteiligten, für den der Eintritt in das Versuchsstadium der mittäterschaftlichen Begehung geprüft wird, abzustellen. 441 Damit habe zwar A infolge seines Sinneswandels nicht in das Versuchsstadium eintreten können, hinsichtlich der anderen Tatgenossen BI und B2 sei jedoch ein Versuch der geplanten Straftat zu bejahen. 442 b) Die Analyse Der von Hauf hervorgehobene und auch in der Sache zutreffende Umstand, daß bei der Mittäterschaft nur objektive Beiträge zugerechnet werden können,

Hau!. NStZ 1994,263 ff., 265 f; Hau!. Strafrecht AT, 168. Hau!. NStZ 1994,263 ff., 265 f.; Hau!. JA 1995, 776 ff.; 779. 435 Hau!. NStZ 1994, 263 ff., 265 f 433

434

436 437

So auch: Heckler, GA 1997,72 ff., 80.

Hau!. NStZ 1994,263 ff., 265 f; Hau!. Strafrecht AT, 168; Hau!. JA 1995, 776

ff.; 779. 439

Hau!. NStZ 1994,263 ff., 265 f; Hau!. Strafrecht AT, 168. Hau!. NStZ 1994,263 ff., 265 f.; Hau!. Strafrecht AT, 168; Hau!. JA 1995, 776

440

Hau/, NStZ 1994,263 ff., 265 f; Hau/, Strafrecht AT, 168; Hau!. JA 1995, 776

441

Hau/, NStZ 1994,263 ff., 265 f; Hau!. Strafrecht AT, 168; Hau/, JA 1995, 776

442

Hau!. NStZ 1994,263 ff., 266; Hau/, Strafrecht AT, 168; Hau/, JA 1995, 776 ff;

438

ff.,779.

ff.,779. ff.,779. 779.

7 Buser

98

2. Teil: Die AnwendWlg der Gesamtlöswtg auf die kritischen Fälle

den subjektiven Tatbestand aber jeder Genosse selbst und allein erfiillen muß, trifft nicht den Kern der Problematik des "vermeintlichen" beziehungsweise "Schein" -Mittäters. Hauf beschäftigt sich allein mit den Konsequenzen, die eine mittäterschaftliche Zurechnung nach sich zieht, indem er sich fragt, ob es nach erfolgter Zurechnung für die Strafbarkeit der Beteiligten auf die subjektive Befindlichkeit des Handelnden oder des anderen Genossen ankommt. Diese Frage betrifft allein den Zurechnungsgegenstand. Ihr vorgelagert ist jedoch das Problem, ob für eine mittäterschaftliche Zurechnung eine Zurechnungsbasis vorhanden und damit überhaupt eine Zurechnung möglich ist. Auf die allein interessierende Frage, ob das Klingeln an der Haustür, also ein objektiver Beitrag, den Tatgenossen zugerechnet werden kann, kann mit Erwägungen, die sich ausschließlich auf den Zurechnungsgegenstand beziehen, keine Antwort gegeben werden. 443 2. Die Bedeutung des Tatvorsatzes a) Das Prinzip Das die Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zu tragen scheinende Argument besteht darin, daß das Handeln des A den anderen Tatbeteiligten nur zugerechnet werden könne, sofern es sich für den Handelnden als mittäterschaftlicher Tatbeitrag darstelle, also von dem Willen getragen sei, gemeinschaftlich mit den anderen Beteiligten zum Zwecke der Tatausfiihrung zusammenzuwirken. 444 Damit stellt der 2. Strafsenat neben dem gemeinsamen vorsätzlich geschmiedeten Tatplan - dem Tatentschluß im Planungsstadium eine weitere Zurechnungsvoraussetzung auf, nämlich einen im Zeitpunkt der Ansatzhandlung auf die Vollendung der geplanten Tat gerichteten Vorsatz des Ansetzenden - dem Tatentschluß im Ausfiihrungsstadium -. Dabei überrascht es, daß es für die Strafbarkeit von B I und B2 auf ein bei A vorhandenes subjektives Tatbestandsmerkmal ankommen soll. Dies umsomehr, als der Bundesgerichtshof den Vorsatz als ein Schuldmerkmal ansieht, gemäß § 29 StGB aber jeder Beteiligte ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft wird. Ohne nähere Begründung stellen auch Kühl, Tröndle und Graul allein auf das Erfordernis eines mittäterschaftlichen Beitrags ab. So teilt Kühl lediglich mit, daß für eine Zurechnung vorausgesetzt werde, daß der Ansetzende noch einen Tatbeitrag erbringen und nicht etwa durch sein Klin-

443 So auch: Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff, 707. 444BGHNJW 1993,2251 f., 2251.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

99

geln an der Tür des Raubopfers der Polizei ein Zeichen geben wolle. 445 Bei Tröndle ist der Hinweis zu finden, daß das Erfordernis, daß einer der Mittäter die Grenze zwischen Vorbereitungshandlung und Versuch überschreiten müsse, nicht gegeben sei, wenn der betreffende Tatbeteiligte nicht mehr mit dem Willen gehandelt habe, die Tat zur Ausführung zu bringen. 446 Auch Graul ist der Ansicht, daß es "an der entscheidenden Mittäterschaftsvoraussetzung eines übereinstimmenden Tatentschlusses = Deliktsverwirklichungswillens in der Person des Handelnden im Zeitpunkt des Versuchsbeginns,,447 fehle. Ähnlich äußert sich Jung: Die Annahme eines zurechenbaren strafbaren Versuchs habe der 2. Strafsenat zurecht daran scheitern lassen, daß A nicht als Mittäter gehandelt habe. 448 Ihm habe im entscheidenden Zeitpunkt der Wille gefehlt, die Tat zur Ausführung zu bringen. 449 Daß er zum Schein weiter mitgemacht habe, ändere hieran nichts. 450 Der § 25 Abs. 2 StGB inhärente Zurechnungsmechanismus könne daher folgerichtig auch nicht zulasten von BI und B2 in Gang gesetzt werden. 451 Namentlich komme es nicht in Betracht, von der inneren Tatseite zu abstrahieren und den zum Schein erbrachten äußeren Tatbeitrag für die Zurechnung genügen zu lassen. 452 Auch Zopfs ist der Ansicht, daß das Handeln desjenigen, der mit seinem Tatbeitrag die Versuchsgrenze der Gesamttat überschreite, von dem Willen getragen sein müsse, damit die Gesamttat zu versuchen, und darauf ausgerichtet sei, die Tatbeiträge der anderen Mittäter zu ergänzen. 453 Bestehe dieser Wille beziehungsweise diese Zweckrichtung nicht, so fehle die Basis für eine Zurechnung dieser Handlung. 454 Dies deshalb, da der gemeinsame Tatentschluß als subjektive Voraussetzung die Grundlage sei, vermittels derer der objektive Tatbeitrag des einen Mittäters dem jeweils anderen zugeordnet werden könne, da dieser den Tatbeitrag als Ergänzung seines eigenen verstanden wissen wolle und umgekehrt. 455 Der gemeinsame Tatentschluß verbinde daher nicht nur individuellsubjektiv die einzelnen Tatbeiträge miteinander, sondern führe zu dem kollek445 Kühl, Strafrecht AT, 664. Ingelfinger, JZ 1995,704 tf., 704 (Fn. 5),706 sieht in dieser Aussage eine Stellungnahme Kilhls zugunsten der vom 2. Strafsenat getroffenen Entscheidung. 446 TrlJndle, StGB, 48. Auflage, § 22 StGB, Rn. 18. 447 Graul, JR 1995,427 tf., 428. 448 Jung, JuS 1994, 355. 449 Jung, JuS 1994, 355. 450 Jung, JuS 1994, 355. 451 Jung, JuS 1994,355. 452 Jung, JuS 1994, 355. Vorsichtiger drückt sie sich in Jung, JuS 1995, 360 aus, wonach es lediglich zweifelhaft sei, ob es angehe, objektive Tatbeiträge auch dann zuzurechnen, wenn das subjektive Band der Mittäterschaft zerrissen sei. 453 Zopfs, Jura 1996, 19 fI, 23. 454 Zopfs, Jura 1996, 19 fI, 23. 455 Zopfs, Jura 1996, 19 fI, 23.



100

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

tiven Bewußtsein, daß die Tatbeiträge aufeinander abgestimmt seien und zusammenwirkten. 456 Erst letzteres ennögliche die Zuordnung fremden Handelns, da das fremde Handeln nicht nur einseitig als Ergänzung eigenen Handelns gewünscht werde, sondern seitens des Handelnden auch als entsprechend ausgerichtete Ergänzung erbracht werde und gewollt sei. 457 Daher müsse der Handelnde, so Zopfs weiter, um die Versuchsgrenze der Gesamttat zu überschreiten, seinen Tatbeitrag auf eine Ergänzung durch Beiträge anderer ausrichten und mit dem Willen handeln, die Gesamttat zu vollenden. 458 Sofern mittäterschaftliches Handeln zugerechnet werden solle, müsse sich die Frage nach dem Vorliegen einer Handlung danach richten, ob sie im Sinne des gemeinsamen Tatentschlusses - sei dieser auch nur einseitig angenommen - tatsächlich eine solche Handlung darstelle. 459 Der gemeinsame Tatentschluß könne fiir die Frage des Vorliegens einer solchen Handlung nun nicht durch eine individuelle Sichtweise ersetzt werden. 46O Soweit jemand ein mittäterschaftliches Delikt begehen wolle, müsse er eben auch mittäterschaftlieh zu diesem Delikt ansetzen. 461 Könne er das mittäterschaftliche Delikt gar nicht begehen (weil die Voraussetzungen der Mittäterschaft nicht vorlägen), so handele es sich um den Versuch eines Alleintäters, zu dem er nach seiner Vorstellung unmittelbar ansetzen müsse. Mittäterschaftliehe Zurechnungslösungen seien dafiir jedoch nicht heranzuziehen. 462 Zopfs unterscheidet sich jedoch von den übrigen Autoren darin, daß er fiir eine Zurechnung des Versuchsbeginns nicht fordert, daß der Handelnde zu dem Zeitpunkt, zu dem er seinen Tatbeitrag erbringt, als Mittäter handelt, sondern es ausreichen läßt, daß dieser lediglich als Gehilfe mit dem Willen handelt, den ersten Beitrag zur Deliktsverwirklichung zu leisten. 463 Auch Dencker ist der Ansicht, daß die Zurechnung eine "Gemeinschaftlichkeit" des Handeins verlange. 464 Diese aber sei nur bei einem auch subjektiv vom Handelnden dem gemeinsamen Projekt entsprechend vorgenommenen Tun gegeben. 465 Dies begründet Dencker damit, daß der außerhalb der Person des noch Untätigen liegende Vorsatz des Handelnden fiir den Untätigen eine objektive Qualität habe. 466 Daher sei das vorsatzlose Handeln ungeachtet des äußeren Erscheinungsbildes auch objektiv Zopfs, Jura 1996, 19 ff,23. Zopfs, Jura 1996, 19 ff,23. 458 Zopfs, Jura 1996, 19 ff,23. 459 Zopfs, Jura 1996, 19 ff,23. 460 Zopfs, Jura 1996, 19 ff, 24. 461 Zopfs, Jura 1996, 19 ff,24. 462 Zopfs, Jura 1996, 19 ff,24. 463 Zopfs, Jura 1996, 19 fI, 24. 464 Dencker, Kausalität Wld Gesamttat, 241. 465 Dencker, Kausalität Wld Gesamttat, 241. 466 De,!cker, Kausalität Wld Gesamttat, 241. 456 457

B. Die Auseinandersetzwlg mit dem Schrifttwn

101

nicht dem Gesamtprojekt entsprechend und könne mithin nicht als Anfang der Ausführung dieses Projekts begriffen werden. 467 Schließlich argumentiert Ahrens, daß der gemeinsame Tatentschluß, welcher als mittäterschaftliches Tatbestandmerkmal zwingend erfüllt sein müsse und aufgrund dessen einem Mittäter der Tatbeitrag des anderen vorgeworfen werde, fehle, wenn der sich bereits im Versuchsstadium befindliche Mittäter zuvor seinen Vorsatz aufgegeben habe. 468 Die strafrechtliche Kooperation sei gewissermaßen zerbrochen, so daß nunmehr jeder Täter fiir sein Handeln als Einzeltäter zu belangen sei. 469 b) Die Analyse Der dieser Argumentation zugrundeliegende Gedanke ist tatsächlich nicht neu. So stellt bereits Küper in seiner Besprechung des Geldtransporter-Falls470 fest, daß die ganze Betrachtungsweise, die wiederum deutlich mache, daß die Versuchsqualität der Mittäter-Einzelhandlung stets aus dem Horizont der projektierten Gesamttat bestimmt werden müsse, freilich voraussetze, daß der Fahrer des Geldtransporters beim Herausfahren aus der Parklücke überhaupt noch den Willen gehabt habe, das Transportfahrzeug aufzuhalten und damit einen ersten Beitrag zur Deliktsverwirklichung zu leisten. 471 Nur dann könne dessen Tatbeitrag dem Fahrer des Geldtransporters zugerechnet werden. Ein näherer Blick auf die dogmatischen Zusammenhänge zwischen Beteiligungs- und Versuchslehre (aa) sowie auf die Bedeutung des beim "Zurechnungsempfänger" auftretenden Vorsatzdefizits (bb) zeigt jedoch ebenso wie ein Vergleich mit der Situation, in der der "Zurechnungsabsender" strafbefreiend zurücktritt (ce) sowie der Hinweis auf die Unbeachtlichkeit eines Irrtums des zur Tat Ansetzenden (dd), daß die subjektive Einstellung des Beteiligten im Zeitpunkt seines Tuns die einmal durch den Tatplan und den gemeinsamen Tatentschluß im Planungsstadium vermittelte Mittätereigenschaft unberührt läßt.

f. Ahrens, JA 1996, 664 fT., 666. ~9 Ahrens, JA 1996,664 fT., 666. 470 BGH MDR 1977, 807 f S. 33. 471 Kaper, Versuchsbeginn und Mittäterschaft, 29. ~7 Dencker, Kausalität und Gesamttat, 241

468

102

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlöSWlg auf die kritischen Fälle

aa) Der dogmatische Zusammenhang zwischen Beteiligungs- und Versuchslehre Die UnbeachtIichkeit des Tatentschlusses im Ausfiihrungsstadium fiir die mittäterschaftliche Zurechnung ergibt sich daraus, daß der vorsätzlich geschmiedete Tatplan zur Charakterisierung der Qualität des Beteiligten als Mittäter dient472 , das spätere tatplangemäße Tun der Genossen aber allein die Qualität des Deliktsstadiums beeinflußt. Denn der Tatplan und der gemeinsame Tatentschluß im Planungsstadium machen die Beteiligten zu Mittätern. Sie befinden sich zu diesem Zeitpunkt jedoch erst im Stadium der Verabredung473 , so daß diesem Deliktsstadium entsprechend lediglich eine Bestrafung wegen Verbrechensverabredung in Betracht kommt. Sobald einer der Mittäter zur projektierten Gesamttat ansetzt, betreten sie das Stadium des Versuchs, so daß dementsprechend eine Bestrafung wegen Versuchs in Betracht kommt. 474 Mit der Erfüllung des letzten Tatbestandsmerkmals ist das Stadium der Vollendung erreicht, so daß nun eine Bestrafung wegen Vollendung erfolgt. Was nun die subjektive Einstellung des Beteiligten betrifft, muß unterschieden werden zwischen dem sich auf die Tatplanung beziehenden und in deren Zeitpunkt vorliegenden Vorsatz - dem Tatentschluß im Planungsstadium - und dem sich auf das tatplangemäße Tun beziehenden und in dessen Zeitpunkt vorliegenden Vorsatz - dem Tatentschluß im Ausführungsstadium -. Tatplan und Tatentschluß im Planungsstadium betreffen die Mittäterqualität und damit die allein 472 Die Relevanz der gemeinsamen TatplanWlg fiI.r die BestimmWlg der Mittätereigenschaft der Beteiligten ergibt sich daraus, daß sich die BeantwortWlg der Frage, ob ein Tatbeitrag als Teilstück der arbeitsteiligen DeliktsbegehWlg anzusehen ist, nach der in der gemeinsamen TatplanWlg vorgenommenen RollenverteilWlg richtet. Ablehnend dazu jedoch: Derksen, GA 1993, 163 tI, 167. Kritisch dazu auch: Stein, Die strafrechtliche BeteiligWlgsformenlehre, 326 f. 473 Dies ergibt sich daraus, daß die WillenseinigWlg von mindestens zwei Personen zur gemeinsamen mittäterschaftlichen Ausfühnmg eines Verbrechens eine Verabredung im Sinne des § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB darstellt. Siehe dazu: OLG Hamm NJW 1959, 1237; BGH NStZ 1982, 244; BGH NStZ 1993, 137 f., 138; BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 687 (Rn. 52 f.); Busch, LK, 9. Auflage, § 49a StGB, Rn. 31; Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 25; Dreher, GA 1954, 11 f1, 14; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 704; KohlrauschILange, StGB, 43. Auflage, § 49a StGB, Anm. V.I.; Kaper, JR 1984, 265 tI, 265; Kapper, JR 1993,292 tI, 292; Ladener, StGB, 22. Auflage, § 30 StGB, Rn. 6; Letzgus, Vorstufen der BeteiligWlg, 110; MaurachlG6ssel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 373; Roxin, LK, 10. Auflage, § 30 StGB, Rn. 70; Samson, SK, 6. Auflage, § 30 StGB, Rn. 19; Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Auflage, 644; Stratenwerth, StrafrechtATI, 3. Auflage, 254 (Rn. 921); Tr6ndle, StGB, 48. Auflage, § 30 StGB, Rn. 12. 474 So auch: BGHSt 8,38 f1, 39; BGHSt 14, 378 fT., 380; BGH NStZ 1983,364; Backmann, JuS 1981,336 tI, 342; Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 38; Dreher, GA 1954, 11 tI, 20; Maurach, JZ 1961, 139 fT., 145; Schr6der, JuS 1967,289 fT.,294; Vogler, ZStW 98 (1986), 331 fT., 343.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

103

hierauf basierende Zurechnungsproblematik. Das tatplangemäße Tun betrifft allein die Qualität des Deliktsstadiums. Der sich auf dieses Tun beziehende Tatentschluß im Ausfiihrungsstadium kann daher nur die Verantwortlichkeit des Beteiligten für das die Tat in das jeweilige Deliktsstadium führende Tun betreffen. Der Tatentschluß im Ausfiihrungsstadium betrifft damit nur die Strafbarkeit des Beteiligten bezüglich der von ihm selbst verwirklichten Beiträge. Der einzelne Beteiligte kann also nur dann wegen Versuchs oder Vollendung bestraft werden, wenn er entweder den in das jeweilige Deliktsstadium führenden Beitrag selbst vorsätzlich erbracht hat oder ihm dieses durch einen anderen Genossen verwirklichte Tun aufgrund seiner durch Tatplan und Tatentschluß im Planungsstadium vermittelten Mittätereigenschaft zugerechnet werden kann. Dies ergibt sich daraus, daß es für das Strafbarkeitsmerkmal der Mittätereigenschaft nicht darauf ankommt, ob sich das Delikt in der Verabredungs-, Versuchs- oder Vollendungsphase befindet. Daher kann auch ein Wegfall des sich lediglich auf die das Delikt in diese jeweilige Phasen führende Tun beziehenden Tatentschlusses im Ausführungsstadium nichts an der bereits vorhandenen Mittätereigenschaft ändern. Denn Mittätereigenschaft und Deliktsverwirklichungsstufe sind unabhängig nebeneinander stehende Strafbarkeitsmerkmale des Allgemeinen Teils des StGB, die sich gegenseitig nicht zu beeinflussen vermögen. Damit liegt die ausschließliche Funktion des Tatentschlusses im Ausführungsstadium innerhalb des mittäterschaftlichen Gefüges auf der Hand: Dieser sich auf die Verwirklichung der projektierten Tat beziehende und im Zeitpunkt des eigenen Handeins vorliegende Tatentschluß im Ausführungsstadium begründet die Strafbarkeit für das selbst verwirklichte Tun. Auf die Zurechnung der von den anderen Genossen erbrachten Beiträge oder der von ihm selbst verwirklichten Beiträge zulasten seiner Genossen ist er ohne Einfluß. bb) Die Bedeutung des Vorsatzdejizits beim Zurechnungsempjänger Die Funktion des Tatentschlusses im Ausführungsstadium innerhalb des mittäterschaftlichen Gefüges kann auch anband der in Bezug auf den Türklingel-Fall umgekehrt gelagerten Konstellation ermessen werden, in der nicht der zur Tat Ansetzende, sondern der noch untätig Gebliebene, also der Zurechnungsempfänger, ein Vorsatzdefizit aufweist. Denn sollte ein beim Zurechnungsempfänger vorhandenes Vorsatzdefizit dessen Mittätereigenschaft unberührt lassen, so könnte für ein solches beim zur Tat nur objektiv Ansetzenden vorliegendes Vorsatzdefizit nichts anderes gelten.

104

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlöSWlg auf die kritischen Fälle

Ausdrücklich hat sich mit dieser Problematik, soweit ersichtlich, nur Küper beschäftigt.475 So stellt er sich bei der Erörterung des Geldtransporter-Falls476 die Frage, ob sich die bei der zweiten und dritten Fahrt nicht am Tatort erschienenen Komplizen das Handeln des A zurechnen lassen müssen, obwohl sie sich möglicherweise schon im Vorbereitungsstadium entschlossen hatten, am Überfall auf das Transportfahrzeug nicht mehr mitzuwirken. Er verneint eine solche eigentlich in der Konsequenz der Gesamtlösung liegende Zurechnung mit dem Argument, daß die Komplizen im Versuchszeitpunkt nicht mehr als Mittäter qualifiziert werden könnten. 477 Für eine solche Qualifikation als Mittäter genüge nur in der Regel, aber nicht stets, die Übernahme einer mittäterschaftlichen Beteiligungsrolle im Deliktsplan; auch das weitere Verhalten bis zum Versuchsbeginn müsse berücksichtigt werden: "Sollten die Komplizen bereits in der VorbereitWlgsphase den Entschluß aufgegeben haben, ihre zur De1iktsverwirklichWlg notwendigen Beiträge zu erbringen, so haben sie sich an der 'Gesamttat' lediglich derart beteiligt, daß ihre MitwirkWlg zwar zum Versuch, nicht aber zur VollendWlg ftlhren konnte. Ein solches Verhalten ist der subjektiv-tatbestandslosen Wld deshalb straflfeien BeteiligWlg eines bloßen 'agent-provocateur' vergleichbar Wld muß dogmatisch entsprechend behandelt werden. Die Möglichkeit, den Genossen des Adessen VersuchshandlWlg als einen gemeinschaftlichen 'Gesamtversuch' des Raubs zuzurechnen, von dem sie nur nach RücktrittsgrWldsätzen wieder entlastet werden können, scheitert deshalb daran, daß ihnen bei AusftlhrWlgsbeginn der Wille fehlte, die DeliktsvollendWlg mitzubewirken. Sie sind infolgedessen von vorneherein nicht Mittäter des von A begangenen Versuchs ... ; auf die RücktrittsvoraussetzWlgen kommt es somit nicht mehr an. ,,478

Den entscheidenden Vergleichsgesichtspunkt sieht Küper darin, daß der Beteiligte, der nachträglich - aber noch im Vorbereitungsstadium - den Willen zur Vollendung des Delikts aufgebe, prinzipiell nicht anders behandelt werden könne als der echte agent provocateur, dem dieser Wille von vornherein fehle: "Der Gehilfe etwa, der dem Haupttäter das gelieferte Gift vor Versuchsbeginn gegen ein harmloses Pulver austauscht, muß ebenso Wld aus den gleichen Gründen straflos ausgehen wie derjenige, der von Anfang an ein Wltaugliches Mittel liefert: beide haben sich am Versuch des Haupttäters nicht mit VollendWlgswillen beteiligt. Für den Versuch der mittäterschaftlichen Tat kann nichts anderes gelten. - Dabei ist freilich zu beachten, daß ein 'VollendWlgswille' bereits dann vorliegt, wenn der Beteiligte damit rechnet Wld in Kauf nimmt, daß es aufgrWld seiner bisherigen MitwirkWlg zur vollen De1iktsverwirklichWlg kommen kann (bedingter Vorsatz). Ein nachträglicher Rückzug vor Beginn der AusftlhrWlg, der das bisher Geleistete nicht völlig neutralisiert, bringt dem 'Mittäter' deshalb nur dann Straffreiheit nach Kaper, JZ 1979, 775 fT., 781 f; Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 31 f BGHMDR 1977, 807 f S. 33. 477 Kaper, JZ 1979,775 fT., 781; Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 31 f 478 Kaper, JZ 1979, 775 ff., 781 f; Kaper, Versuchsbeginn Wld Mittäterschaft, 31 f Ebenso: Zopfs, Jura 1996, 19 ff., 20 (Fn. 8). 475

476

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

105

agent-provocateur-Regeln ein, wenn er entweder überzeugt ist, daß es zur Deliktsverwirklichung der eigenen weiteren Beteiligung bedarf, oder wenn er darauf vertraut, daß ihm durch Gegenaktivität die Verhinderung der Tatausfilhrung gelingen werde. ".179

Küper folgend läßt also der bloße Vorsatzwegfall die Mittätereigenschaft eines noch untätig gebliebenen Genossen erlöschen. Küpers Gedanken konsequent weitergefiihrt müßte dann auch im umgekehrten Fall der beim zur Tat nur objektiv Ansetzenden vorliegende bloße Vorsatzwegfall auch dessen Mittätereigenschaft entfallen lassen, so daß dessen Tatbeitrag einer Zurechnung nicht zugefiihrt werden könnte. Küpers Lösung gibt jedoch zu einigen Bedenken AnIaß. 480 Zum einen geht sein Vergleich mit der agent-provocateurProblematik in der Sache fehl [(1)]. Zum anderen verkennt seine Lösung die Bedeutung der im gemeinsamen vorsätzlich geschmiedeten Tatplan zum Ausdruck gebrachten erfolgreichen gegenseitigen psychischen Unterstützung innerhalb des mittäterschaftlichen Gefüges [(2)]. (I) Die Unvergleichbarkeit mit der agent-provocateur-Problematik

Der von Küper angefiihrte Vergleich mit der Straflosigkeit des agent provocateur geht fehl, da es hier um zwei verschiedene und damit auch rechtlich unterschiedlich zu bewertende Sachverhalte geht. Der die Tat in mittäterschaftlicher Weise mitplanende Genosse beteiligt sich zumindest in der Planungsphase mit Vollendungswillen an der projektierten Tat. Demgegenüber fehlt dieser Vollendungswille dem agent provocateur bereits von Anfang an. Daher hat sich nur der agent provocateur am Versuch des Haupttäters ohne Vollendungswillen beteiligt. Dies hat zur Folge, daß es beim agent provocateur mangels Vollendungswillen bereits an einer Basis für eine Bestrafung fehlt. Der durch die Tatplanung in Erscheinung getretene Genosse hat jedoch durch die Planung eine solche Basis für eine mittäterschaftliche Zurechnung gelegt. Diese von ilun verantwortlich begründete Zurechnungsbasis bewirkt, daß er nur über die Rücktrittsregeln einer Bestrafung entgehen kann. (2) Die Bedeutung der erfolgreichen psychischen Unterstützung Daß der spätere Vorsatzwegfall entgegen Küpers Ansicht die einmal gegebene Mittätereigenschaft unberührt läßt, ergibt sich des weiteren aus einer Betrachtung des Problems, wie sich die Aufgabe der Mitwirkung eines Mittäters 479 480

Kaper, JZ 1979, 775 ff., 781 f. (Fn. 68). Daß Kaper durch diese These den Grundgedanken seiner Lehre von der Tätig-

keitsanrechnung wieder preisgibt, sehen auch: Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, 317 (Fn. 18); Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 fT., 858 f.

106

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

während der Tatausfiihrung auf seine eigene Strafbarkeit auswirkt. Dabei ist die Betrachtung sowohl auf die Zurechnungsproblematik [(a)] als auch auf die Rücktrittsproblematik [(b)] zu lenken. (a) Die Konsequenzen fiir die Zurechnungsproblematik Eine solche Konstellation lag dem vom 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Polizistenmörder-Fa1l481 zugrunde. Polizisterunörder-Fall: Die einer Justizvollzugsanstalt entflohenen A und B entschlossen sich, im Falle drohender Verhaftung von ihren Schußwaffen Gebrauch zu machen, um sich die Flucht auch unter billigender Inkaufnahme der Tötung von Polizeibeamten freizuschießen. B machte den A darauf aufinerksam, daß sie von der Polizei beobachtet würden. Als sie auf der Straße von zwei Polizisten aufgefordert wurden, sich auszuweisen, erschoß A zunächst den vor B stehenden Polizisten CI, um sich der Festnahme zu entziehen. B erhob sofort beide Arme zum Zeichen der Aufgabe und ließ sich dann in dieser Stellung rückwärts gegen eine Hecke fallen, rutschte daran herunter und blieb schließlich mit angewinkelten Armen auf dem Bürgersteig neben der Hecke liegen. Sodann erschoß A den anderen herangetretenen Polizisten C2, um zu verhindern, daß er und B festgenommen werden. Nun sprang B auf und lief weg. A bemerkte das Sich-fallen-Iassen und das Weglaufen des B nicht, wähnte ihn vielmehr noch in unmittelbarer Nähe. Ehe er sich entfernte, gab er auf die beiden Polizisten C3 und C4 nacheinander mit direktem Tötungsvorsatz weitere, aber ihr Ziel verfehlende Schüsse ab. 482

Dem Bundesgerichtshof stellte sich nun die Frage, ob sich B neben dem Schuß des A auf den Polizisten Cl trotz innerlicher Distanzierung auch die Schüsse des A auf die Polizisten C2, C3 und C4 zurechnen lassen mußte. Zwar trat hier im Gegensatz zum Türklingel-Fall das subjektive Defizit bei dem Beteiligten ein, dem eine Handlung zugerechnet werden soll. Dennoch taucht auch hier das Problem auf, wie sich ein später eingetretenes Defizit im subjektiven Bereich auf die Zurechnungsproblematik auswirkt. Die Lösung mußte sich also auch hier auf die Frage konzentrieren, ob B im Zeitpunkt der von A abgegebenen Schüsse noch die eine Zurechnung voraussetzende Mittätereigenschaft innehatte. Würde man neben Tatplan und gemeinsamem Tatentschluß im Planungsstadium auch den Vorsatz im Zeitpunkt des Handeins des anderen Genossen zur Zurechnungsvoraussetzung erheben, so müßte man eine Zurechnung der Schüsse zulasten des B verneinen. Dies tat der 5. Strafsenat aber gerade nicht. Vielmehr begründete er eine Zurechnung der von A abgegebenen Schüsse zulasten des B, indem er auf die Fortwirkung der von B erbrachten Beiträge abstellte. So sei die Sinnesänderung des B ohne Bedeutung, weil seine vor den Schüssen geleisteten - die Mittäterschaft begründenden - Beiträge während des gesamten Tatgeschehens fortgewirkt hätten. 483 Im BGHSt 37, 289 ff. BGHSt 37, 289 ff., 290 f. 483 BGHSt 37, 289 ff., 293. 481

482

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

107

Rahmen der wertenden Betrachtung des Verhältnisses des B zum Tatgeschehen wäre sein Aufgeben nur dann rechtlich erheblich gewesen, wenn es A bekannt geworden wäre. 484 Nur dann wäre es geeignet gewesen, einen Einfluß auf das weitere Handeln des A zu nehmen. 485 Da A das Aufgeben des B nicht zur Kenntnis nahm und sich daher bis zum Schluß des Tatgeschehens von B gedeckt fühlte, bejahte der 5. Strafsenat eine Zurechnung zulasten des B. 486 Nach dem 5. Strafsenat ist also zumindest der beim Zurechnungsempfanger eintretende bloße Vorsatzwegfall den Zurechnungsmechanismus betreffend unbeachtlich. Diese Rechtsprechung verdient, freilich unter der Prämisse, daß die konkludente Verabredung oder die von B erbrachten Beiträge eine ausreichende Zurechnungsbasis darstellen, Beifall. 487 Dies deshalb, da das bloße "geistige Sich-Absetzen,,488 von der geplanten Tat nicht genügt, eine Zurechnung zu verhindern. Denn der Wegfall des Tatkonsenses vor Beginn der Versuchshandlung ändert nichts an der Existenz der durch die frühere Tatbeteiligungshandlung geschaffenen Gefahr der Tatbegehung. Dies hat Beulke eindrucksvoll bewiesen, indem er feststellt, daß die durch die gemeinsame Planung in die Außenwelt gelangte Aufforderung, eine Tat zu begehen, nicht allein durch einen bloßen Sinneswandel des Auffordernden wieder aus der Welt geschafft werden könne. 489 Dies zeige, so Beulke weiter, auch ein Vergleich mit der Situation des Teilnehmers sowie des Alleintäters. 490 Da selbst der bloße Teilnehmer im Vorbereitungsstadium Straffreiheit nur durch erfolgreiche Rückgängigmachung seines Tatbeitrags erzielen könne, müsse dasselbe erst recht fiir die in der gemeinsamen Tatplanung enthaltene Aufforderung zur mittäterschaftlichen Tatbegehung gelten. 491 Solange der Dritte die Aufforderung noch rur gültig erachten dürfe, ruhre nur die völlige Annullierung der Aufforderung zur Straflosigkeit. 492 Eine rein innere Abkehr von der Tatausfiihrung genüge dagegen nicht. 493 Dasselbe gelte auch rur den Alleintäter. 494 Gebe dieser seinen Verwirklichungswillen zwischen Abschluß der Tathandlung und Erfolgseintritt auf, so sei er dennoch wegen eines vollendeten Delikts

BGHSt 37, 289 ff., 293. BGHSt 37, 289 ff., 293. 486 BGHSt 37, 289 ff., 293 f. 487 Zustimmend auch: BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 616 (Rn. 86 f.). 488 So: Lenckner, GaUas-FS, 281 ff., 286. 489 Beulke, JR 1980,423 ff., 424. 490 Beulke, JR 1980,423 ff., 424. 491 Beulke, JR 1980,423 ff., 424. 492 Beulke, JR 1980,423 ff., 424. 493 Beulke, JR 1980,423 ff., 424. 494 Beulke, JR 1980,423 ff., 424. 484 485

108

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

zu bestrafen. 495 Dem ist auch deshalb zuzustimmen, da es allein auf den im Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung vorliegenden Vorsatz ankommt. Die Begründung hierfiir liefert Weber, indem er auf § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB in Verbindung mit § 8 StGB hinweist496 : Schließe ein Tatumstandsirrtum bei Begehung der Tat den Vorsatz aus, so folge daraus, daß der Vorsatz zur Zeit der Tat gegeben sein müsse. 497 § 8 StGB bestimme aber die Zeit der Tat nach der Handlung oder Unterlassung. 498 Daraus folgert Weber zutreffend, daß der Vorsatz bei Erfolgsdelikten mit zeitlich gestrecktem Kausalverlauf bei Erfolgseintritt nicht mehr vorzuliegen brauche. 499 Auf den Polizistenmörder-Fall übertragen bedeutet dies, daß für die Bestimmung des Vorsatzzeitpunkts an die gemeinsame Tatplanung anzuknüpfen ist. Sie stellt die letzte von B auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Handlung dar. Auf den Zeitpunkt, in dem die Schüsse von A abgegeben wurden, ist, da dieser als Eintritt des von der Planung des B bezweckten Erfolgs zu werten ist, nicht mehr abzustellen. Ein in diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhandener Vorsatz des B ist somit für dessen Qualifizierung als Mittäter unschädlich. Freilich begründet der 5. Strafsenat sein Ergebnis damit, daß die die Mittäterschaft des B begründenden Beiträge500 während des gesamten Tatgeschehens trotz Aufgabe fortwirkten. 50l Diese Beiträge sieht der 5. Strafsenat darin, daß B durch seine Präsenz als solche und das ständige Tragen einer Schußwaffe dem A die Sicherheit gegeben habe, bei einer Konfrontation mit der Polizei nicht allein zu stehen. 502 Er scheint damit nicht bereits auf die im Verabredungszeitpunkt vorhandene Plangemeinschaft, sondern auch auf die in der Folgezeit von B erbrachten Beiträge abzustellen. Für die Lösung des Problems, ob ein Vorsatzwegfall die Zurechnung verhindert, kommt es indessen nicht darauf an, ob die Zurechnung lediglich auf die vorangegangene Verabredung gestützt wird 503 oder darüber hinaus, so wie es beispielsweise Roxin fordert 504, Beulke, JR 1980,423 fI., 424. BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 1O .. Auflage, 423 (Rn. 15,17). 497 BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10 .. Auflage, 423 (Rn. 15, 17). 498 BaumannlWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10 .. Auflage, 423 (Rn. 15, 17). 499 BaumannlWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10 .. Auflage, 423 (Rn. 15, 17) . .500 Ob die zwischen A Wld B getroffene konkludente Vereinbarung derart konkretisiert war, daß von einem die Mittäterschaft begründenden gemeinsamen Tatentschluß im PlanWlgsstadium gesprochen werden kann, ist eine Tatfrage, deren BeantwortWlg nicht Gegenstand der vorliegenden UntersuchWlg ist. Siehe dazu: Erb, JuS 1992, 197 ff.; Herzberg, JZ 1991, 856 ff.; Puppe, NStZ 1991,571 ff.; Roxin, JR 1991,206 ff.; Stein, StV 1993,411 ff. 501 BGHSt 37, 289 ff., 293. 502 BGHSt 37, 298 ff., 291, 293. 503 Dafür spricht einiges. Die WirkWlg der Beiträge des B ist mit derjenigen der vom gemeinsamen Tatentschluß getragenen TatplanWlg identisch. Denn sie besteht in der gewollten psychischen Unterstützung des A. Angenommen A Wld B hätten geplant, 495

496

B. Die AuseinandersetzWlg mit dem Schrifttum

109

ein im Ausführungsstadium erbrachter Tatbeitrag erforderlich ist. Dies betrifft allein die Frage des Zustandekommens der Zurechnungsbasis50S und nicht das vorliegend behandelte Problem des nachträglichen Wegfalls der Zurechnungsbasis. (b) Die Konsequenzen für die Rücktrittsproblematik

Auch ein Vergleich mit der mit der vorliegenden Konstellation im Zusammenhang stehenden Rücktrittsproblematik stellt die Richtigkeit der vom 5. Strafsenat getroffenen Entscheidung unter Beweis. Was die Strafbarkeit des B anbelangt, so hätte sich der 5. Strafsenat der Vollständigkeit halber die weitere Frage stellen müssen, ob B vorn Versuch wirksam nach § 24 Abs. 2 StGB zurückgetreten ist. Da die Tat C3 und C4 betreffend nicht zur Vollendung gelangte, kommt es diesbezüglich gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 Fall 1 StGB auf sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, an. Bezüglich der C2 betreffenden vollendeten Tat kommt es gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 Fall 2 StGB zusätzlich darauf an, ob die Tat unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wurde. Bezüglich des Schusses auf C2 kommt dem B also nur dann ein strafbefreiender Rücktritt zugute, wenn der Tatbeitrag des B für die Tötung des C2 nicht mehr kausal war. Er häUe daher alles tun müssen, was objektiv notwendig und geeignet erschien, um seinen Tatbeitrag jede tatvollendende Wirkung zu nehmen. 506 Da sein Beitrag gerade in der erfolgreichen psychischen Unterstützung des A lag, bedeutet dies, daß das bloße Sichlossagen von der Tat oder des anderen Tatbeteiligten beziehungsweise das stillschweigende Sichentfemen vorn Tatort nicht ausreichte. 507 Vielmehr muß der Beteiligte seine möglicherweise psychisch noch weiterwirkende Unterstützung beseitigen. 508 Dazu ist zumindest erforderlich, daß er seine Aufgabe derart manifestiert, daß diese auch zur Kenntnis des anderen Beteiligten gelangt.509 Nur dann wäre in Betracht zu ziehen, daß das weitere Handeln des daß B den A aus einem verborgenen Hinterhalt Rückendecklmg geben sollte, B selbige aber nicht vorgenommen hätte, so wirkte auch hier regelmäßig die von B gewollte und durch den gemeinsamen Tatentschluß vermittelte psychische UnterstützWlg fort, ohne daß es zu einem von B erbrachten Beitrag gekommen sein müßte. Auch dieses Beispiel zeigt, daß die Wirklmg einer solchen durch den gemeinsamen Tatplan vermittelten psychischen UnterstützWlg von der bloßen Aufgabe des Vorsatzes des Genossen unbeeinflußt bleibt. 504 Roxin, JR 1991, 206 ff. 505 Und damit die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe. 506 Eser, SchISeh, 25. Auflage, § 24 StGB, Rn. 98. 507 Eser, SchlSch, 25. Auflage, § 24 StGB, Rn. 98. sos Eser, SchlSch, 25. Auflage, § 24 StGB, Rn. 98. 509 Die bloße Nichterbringung eines Tatbeitrags wird jedoch für den Fall, daß es sich um einen für die VollendWlg des verabredeten Delikts notwendigen Tatbeitrag handelt, als ausreichend erachtet. Siehe dazu: BGH GA 1974, 243 f., 243; BGH NStZ

110

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

anderen Beteiligten nicht mehr durch die psychische Unterstützung motiviert wird. Dies stellte bereits das Reichsgericht bei der Behandlung des Schmieresteher-Falls51o fest. Schmieresteher-Fall: Al, A2 und B hatten vereinbart, daß B bei einem Diebstahl durch Al und A2 Wache zu stehen habe. Zu einem Zeitpunkt, in dem noch keine Sachen weggenommen worden waren., entfernte sich B stillschweigend vom Tatort. 511

Das Reichsgericht verneinte einen strafbefreienden Rücktritt durch das Sichentfernen vom Tatort, indem es darauf hinwies, daß die strafbefreiende Wirkung des Rücktritts voraussetze, daß die vom Zurücktretenden zum Teil schon verwirklichte Tat nicht vollendet worden sei. S12 Im Fall der Mittäterschaft sei diese Voraussetzung fiir den zurücktretenden Mittäter erfüllt, wenn in der vollendeten Tat kein Tatbeitrag des Zurücktretenden enthalten sei. 513 Solange das vom zurücktretenden Mittäter bereits verwirklichte Tun in der Gesamthandlung ursächlich fortwirke, sei die schließlich eingetretene Vollendung mindestens zum Teil auch sein Werk, so daß solange die strafbefreiende Wirkung des Rücktritts nicht Platz greifen könne. 514 Vielmehr sei zu solcher Wirkung notwendig, daß es entweder dem zurücktretenden Mittäter gelinge, auch die übrigen Mittäter zum Rücktritt zu bestimmen oder daß seinem bereits ins Werk gesetzten Tun die ursächliche Wirkung für den Eintritt des strafbaren Erfolgs entzogen werde. S1S Da aber das Weggehen des B von Al und A2 nicht wahrgenommen worden sei, habe bei ihnen das durch das Wachestehen des B bewirkte Gefühl der Sicherheit gegen Überraschung, worin der Tatbeitrag des B gelegen habe, bis zum Zeitpunkt der Vollendung des Diebstahls fortgewirkt. 516 Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Tun des B und 1989,318 f, 319; Baumann/WeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 577 (Rn. 39); Eser, Sch/Sch, 25. Auflage, § 24 StGB, Rn. 89; Gares, Der Rücktritt des Tatbeteiligten, 165 f; Küper, JZ 1979, 775 ff., 778; Lenckner, Gallas-FS, 295; Otto, JA 1980, 707 ff., 708 f; Otto, Jura 1992,423 ff., 431; Rudolphi, SK, 6. Auflage, § 24 StGB, Rn. 39; von Scheurl, Rücktritt vom Versuch und Tatbeteiligung mehrerer, 77 f, 121 ff.; Steinke, KR 1979, 125 ff., 127. Hiergegen gibt Küper, JR 1984,265 ff., 272 zutreffend zu bedenken, daß die Anerkennung einer Verhinderung durch Unterlassen die Gefahr, daß das Rücktrittsprivileg auch Komplottanten zugutekomme, die ihren Tatentschluß nicht freiwillig aufgegeben hätten, erhöhe. Diese Gefahr ließe sich erheblich vermindern, wenn ft1r den Rücktritt eine nach außen erkennbare Dokumentation des Verhinderungswillens gefordert würde. 510 RGSt 54, 177 ff. 511 RGSt 54, 177 ff., 177. 512 RGSt 54,177 ff., 178. 513 RGSt 54, 177 ff., 178. 514 RGSt 54, 177 ff., 178. 515 RGSt 54, 177 tT., 178. 516 RGSt 54, 177 tT., 178 f

B. Die AuseinandersetzWlg mit dem Schrifttum

111

der Vollendung der Tat sei also nicht unterbrochen worden und die strafbefreiende Wirkung des Rücktritts deshalb ausgeschlossen. 517 Dies sei eine selbstverständliche Folge des durch die Beteiligung an einer strafbaren Handlung fiir den Einzelnen begründeten Abhängigkeitsverhältnisses; er bleibe im Gegensatz zum Alleintäter nicht freier Herr seiner Tat. 518 Aufgrund der auf die Mittätereigenschaft basierenden Zurechnung und der Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts war B somit wegen eines mittäterschaftlich begangenen vollendeten Diebstahls zu bestrafen: "WeM die übrigen ftlr ihren Teil innerhalb des bisherigen Planes handeln - also keinen sogenannten 'Exzeß' begehen -, muß der Zurücktretende sich ihr Tun, eben wegen seines früheren Einverständnisses, zurechnen lassen, sodaß, weM das planmäßige Tun der übrigen zusammen mit dem Tatbeitrage des Zurücktretenden die vollendete Tat ergibt, der Zurücktretende ftlr die Gesamttat haftet. Davon kann er sich mindestens solange nicht befreien, als er nicht den übrigen seinen Rücktritt von der - noch nicht vollendeten - Tat zur Kenntnis bringt und sie dadurch nötigt, einen neuen Entschluß zu fassen. Das ergibt sich aus dem Wesen der Mittäterschaft in Verbindung mit der rechtlichen Eigenart des Rücktritts vom Versuch. ,,519

Da B nur stillschweigend davongegangen ist, haftet er also nicht bloß fiir das bis zum Weggang Geschehene, sondern auch fiir die gesamte, sich unter der Wirkung seines Tatbeitrags und seines bisherigen Einverständnisses vollzogene, spätere Ausfiihrung. Diese bezüglich der erforderlichen Manifestation der Aufgabe eines Beteiligten zutreffende und bis heute fortgefiihrte Rechtsprechuni 20 zeigt, daß der bloße Vorsatzwegfall die Mittätereigenschaft eines Beteiligten unberührt läßt. 521 Würde man auch einen Vorsatz im Ausfiihrungsstadium verlangen, "würden die Anforderungen an den strafbefreienden Rücktritt vom Versuch unterlaufen,,522. Es wäre daher seltsam, wenn der auf der Ebene der Strafaufhebungsgründe im Bereich des Rücktritts vom Versuch die Strafbarkeit des 5l7RGSt54, 177ff., 179. 518RGSt54, 177ff., 179. 519 RGSt 54, 177 fI, 178 f 520 RGSt 55, 105 fI, 106; RGSt 59, 412 ff., 413; RG JW 1934,692; BGH NJW 1951,410; BGHSt 11,268 ff., 272; BGH JR 1958,426 ff., 426; BGH GA 1965,283; BGH GA 1966,209; BGHSt 28,346 ff., 348; OLG Köln, JR 1980,422 ff., 423. 521 Dies zeigt auch der Umstand, daß in der Literatur die Problematik des Aufgebens des Tatvorsatzes innerhalb der Rücktrittsproblematik, also auf einer die Zurechnungsebene nachfolgenden Strafbarkeitsebene, behandelt und insbesondere an der Frage gemessen wird, ob die Aufgabe des einen Genossen die durch den anderen Genossen durchgeftllute Tat zu einer "anderen" als der gemeinsam verabredeten Tat werden läßt. Siehe dazu: Eser, Sch/Sch, 25. Auflage, § 24 StGB, Rn. 76; Gores, Der Rücktritt des Tatbeteiligten, 177,217; Grilnwald, Welzel-FS, 701 fI, 713 f; Küper, JR 1984, 265 ff., 269, 271; Lenckner, Gallas-FS, 281 ff., 300. 522 BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 423 (Rn. 17).

112

2. Teil: Die AnwendWlg der GesarntlöSWlg auf die kritischen Fälle

Beteiligten unberührt lassende bloße Vorsatzwegfall auf der Tatbestandsebene zur Verneinung einer Zurechnung fUhren würde. Denn einem Umstand, der sich auf der Ebene der Strafaufhebungsgrlinde nicht zugunsten des Betroffenen auswirkt, kann diese Wirkung nicht auf der ihr vorgeschalteten Tatbestandsebene zugemessen werden. Eine andere Sicht der Dinge käme einer Umgehung der vom Gesetzgeber in § 24 Abs. 2 Satz 2 Fall 2 StGB aufgestellten Rücktrittsvoraussetzungen gleich. Daß B die Rücktrittsvoraussetzungen erfüllen muß, um einer Bestrafung als Mittäter entrinnen zu können, zeigt auch ein Vergleich mit der folgenden Konstellation: Angenommen, im Polizistenmörder-Fall hätte sich B nicht freiwillig in die Hecke fallen lassen, sondern weil ihn ein von A unbemerkt hinzugekommener Polizist C5 mit gezückter Pistole dazu aufgefordert hätte. Hier hätte B seine Mitwirkung an der Tat des A unfreiwillig aufgegeben. Gleichzeitig hätte er in dem Zeitpunkt, in dem er sich in die Hecke fallen ließ, seinen Tatvorsatz aufgegeben, denn ab diesem Zeitpunkt konnte er aufgrund der Gewißheit, nun nicht mehr gemeinsam mit A sich der Polizisten C2, C3 und C4 durch Erschießung entledigen zu können, keinen Vorsatz mehr hegen. Würde man nun allein auf den Wegfall des Vorsatzes abstellen, so käme man zu dem kriminalpolitisch nicht wünschenswerten Ergebnis, daß ihm die weiteren von A abgefeuerten Schüsse nicht zugerechnet werden könnten. Auf das Kriterium der Freiwilligkeit käme es für die Strafbarkeit des B gar nicht mehr an. Dasselbe Problem entsteht, wenn ein Beteiligter aufgrund von ihm unbeeinflußbarer Umstände nicht seinen für die Tatvollendung erforderlichen Tatbeitrag erbringen kann. Dies zeigt das Verkehrsstau-Beispiel: Hier hatten A und B einen Diebstahl dahingehend vereinbart, daß A nachts in eine Bank einbrechen und B später mit dem für das Aufbrechen des Tresors erforderlichen Werkzeug hinzukommen sollte. Noch bevor A in das Innere der Bank gelangt war, blieb B auf dem Weg zum Tatort in einem Verkehrsstau stecken, so daß er nicht mehr an den Tatort gelangen konnte. Dies nicht ahnend drang nun A in die Bank ein, um tatbereit auf die Ankunft des B zu warten. Würde man hier auf den Vorsatzwegfall abstellen, könnte man dem B die von A ausgefiihrten Akte nicht zurechnen. Denn ab dem Zeitpunkt, in dem ihm im Verkehrsstau stehend klar wird, daß er seinen für die Tat erforderlichen Tatbeitrag nicht werde erbringen können, verliert er automatisch den Willen, die geplante Tat zu vollenden. Was man erkanntermaßen nicht vollenden kann, kann man eben auch nicht mehr vollenden wollen. All dies zeigt, daß ein Vorsatzdefizit des Zurechnungsempfangers dessen Mittätereigenschaft unberührt läßt. Dann kann für den Fall eines beim zur Tat nur objektiv Ansetzenden vorliegenden Vorsatzdefizits nichts anderes gelten. Beide bleiben trotz des in ihrer Person auftretenden Vorsatzdefizits Mittäter. Dies hat zur Folge, daß sich im Polizistenmörder-Fall der sich in die Hecke fallen lassende B das Handeln des anderen Genossen zurechnen lassen muß und daß im Türklingel-Fall der an der Haustür klingelnde A einen mittäter-

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

113

schaftlichen Tatbeitrag erbringt. Dem späteren Vorsatzwegfall kommt eine die Zurechnungsbasis unberührt lassende andere Bedeutung zu: Zugunsten des Zurechnungsempfängers wirkt er strafbefreiend, wenn der Zurechnungsempfanger die Tat aufgibt und die strengen Rücktrittsvoraussetzungen erfüllt. Zugunsten des zur Tat nur objektiv Ansetzenden A wirkt er dahingehend, daß der zur Tat nur objektiv Ansetzende für die von ihm vorsatzlos erbrachte Handlung nicht einzustehen hat und dieser bei Erfüllung der Rücktrittsvoraussetzungen nicht wegen Verbrechensverabredung zu bestrafen ist. Zurückgeblendet auf den TÜfklingel-Fall bedeutet dies, daß der bloßen Sinnesänderung des A nur in Bezug auf dessen eigene Strafbarkeit, nicht jedoch in Bezug auf die Strafbarkeit von BI und B2 eine rechtliche Relevanz zukommt. 523 A ist von der nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB strafbaren Verbrechensverabredung gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 Fall 1 StGB strafbefreiend zurückgetreten und ist mangels Vorsatzes auch nicht nach §§ 249 Abs. 1,22,23 Abs. 1,25 Abs. 2 StGB zu bestrafen. BI und B2 müssen sich die Ansatzhandlung des A zurechnen lassen und sind deshalb nach §§ 249 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen mittäterschaftlich versuchten Raubs zu bestrafen. Die ebenso mitverwirklichte nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB strafbare Verbrechensverabredung tritt dahinter in Gesetzeskonkurrenz zurück. 524 cc) Die Unbeachtlichkeit des Rücktritts des zur Tat Ansetzenden Auch ein Vergleich mit einer anderen im Zusammenhang mit der Rücktrittsproblematik stehenden Konstellation untermauert das soeben gefundene Ergebnis. Tritt derjenige Genosse, der den Anfang übernommen hatte, noch rechtzeitig nach § 24 Abs. 2 StGB zurück, so ist dem anderen Genossen, da es sich beim Rücktritt um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB handelt525, der Teil der Ausführung des ersten Genossen gleichwohl zuzurechnen. 526 Die nachträgliche Willensaufgabe kommt dem noch untätig gebliebenen Beteiligten also nicht zugute. Warum sollte ihm dann ein im Ausfiihrungsstadium eintretender Vorsatzwegfall seines Genossen zugutekommen? Auf beide Willensdefizite hat er ja gleichermaßen keinen Einfluß. Es entspricht nur der materiellen Gerechtigkeit, wenn die noch untätig gebliebenen Beteiligten in beiden Fällen gleichermaßen bestraft werden. Ein StrafbarkeitsgefaIle zwischen beiden wäre kaum zu erklären. So auch: Heckler, GA 1997, 73 ff., 79. Dieses Subsidiaritätsverhältnis zwischen der VerbrechensverabredWlg Wld der vorbereiteten Haupttat sieht auch Ahrens, JA 1996,664 ff., 666. 525 Baumann/WeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 564 (Rn. 5), 591 (Rn. 40). 526 So auch: Mezger, LK, 8. Auflage, § 47 StGB, Anm. 7; Steinke, KR 1979, 125 ff., 126. Ebenso fUr das Verhältnis zwischen dem Haupttäter Wld dem zurücktretenden Anstifter: Mitsch, Straflose Provokation strafbarer Taten, 95. 523

524

8 Buser

114

2. Teil: Die AnwendWlg der Gesamt1ösWlg auf die kritischen Fälle

dd) Die Unbeachtlichkeit des Irrtums des zur Tat Ansetzenden Desweiteren ist darauf hinzuweisen, daß jeder Mittäter fiir das Handeln der übrigen nur im Rahmen seines Vorsatzes haftet. 527 Daher f,illt ihm der Exzeß des anderen Mittäters nicht zur Last. 528 Außerdem hat fiir ihn der error in objecto des anderen Mittäters keine Bedeutung, solange sich die Tätigkeit des anderen Mittäters im Rahmen des Einverständnisses hält. 529 Dies ergibt sich daraus, daß, da die Mittäterschaft die gleichzeitige Täterschaft mehrerer Beteiligter ist, jeder Mittäter in vollem Umfang als Täter behandelt wird. Daher ist es fiir die Haftung eines jeden Mittäters ohne Bedeutung, welche rechtliche Beurteilung der Tatanteil der anderen Beteiligten bei diesen erfährt. Entscheidend ist allein, wie jeder Mittäter als eigenhändiger Täter aller Tatanteile zu beurteilen wäre. 530 Ist also in den Irrtumsfällen die subjektive Befindlichkeit des anderen Genossen unbeachtlich, so muß dasselbe auch fiir die Fälle des vorsatzlosen Ansetzens gelten. Eine unterschiedliche Beurteilung dieser Konstellationen würde einer dogmatischen Grundlage entbehren. Als Fazit kann somit festgehalten werden, daß auch in den Fällen des mittäterschaftlichen Versuchs der Grundsatz gilt, daß die Strafbarkeit des einen Täters nicht von der Persönlichkeitsstruktur eines anderen Täters abhängen ciarf31 und damit die mangelnde subjektive Einstellung des einen Beteiligten die Strafbarkeit des anderen Beteiligten unberührt läßt. 532

3. Die Bedeutung der gegenseitigen Motivationslage Zur Ablehnung einer Zurechnung gelangen diejenigen, die verlangen, daß noch im Zeitpunkt der Erbringung des eigenen Tatbeitrags eine durch den gemeinsamen Tatentschluß vermittelte gegenseitige, Motivationslage vorliegen müsse. a) Das Prinzip In diesem Zusammenhang stellt Welzel fest, daß jeder Mittäter sowohl seinen Willen als auch denjenigen seiner Genossen durchführe: Dabei sei maß-

Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 95. Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 95. 529 Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 96. 530 So auch: Schröder, JR 1958,427 f., 428. 531 So auch: Walder, SchwZStR 99 (1982), 225 tI, 246. 532 So auch: Heck/er, GA 1997, 72 tI, 80. 527 528

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

115

gebend, daß jeder der Beteiligten Mitträger des Tatentschlusses sei. 533 Dies bedeute, daß jeder bei Vornahme seines Teilakts nicht nur seinen Willen zur Tat, sondern gleichzeitig auch den der übrigen mit durchführe. 534 Das sei wesensnotwendig für diejenigen Beteiligten, welche Teilakte der tatbestandsmäßigen Ausfiihrungshandlung vornähmen. 535 Denn wie jeder von ihnen Teile der Tat selbst ausfiihre und darum notwendig den Tatwillen habe, so führe er auch den Tatentschluß der anderen Beteiligten aus, die die weiteren Teile der Ausfiihrungshandlung übernommen hätten. 536 Die die Zurechnungsproblematik betreffende Folge aus Welzels Überlegungen zog zunächst Puppe. Da die einzelnen Genossen frei handelnde Personen seien, müsse der die Zurechnung begründende gemeinsame Tatentschluß etwas anderes sein als die bloße inhaltliche Koinzidenz im übrigen voneinander unabhängiger Einzelentschlüsse. Vielmehr hätten sich die Mittäter durch einen Unrechtspakt miteinander verbunden und sich gegenseitig faktisch verpflichtet. Mit einem Beitrag zur Tatausfiihrung erfülle dann jeder Tatgenosse zu seinem Teil diesen Unrechtspakt, worin sich dessen faktische Wirksamkeit realisiere. Darin, so Puppe weiter, liege der Einfluß des Mittäters auf den Beitrag des Genossen, aufgrund dessen er ihm zugerechnet werde. 537 Der Einfluß eines Mittäters auf den Tatbeitrag des anderen sei dadurch charakterisiert, daß der andere mit seinem Tatbeitrag auch dessen Willen mitvollziehe. 538 Daraus ergibt sich Puppes Lehre von der wechselseitigen Anstiftung als Grundlage der mittäterschaftlichen Zurechnung. Weil jeder Mittäter mit einen Unrechtspakt geschlossen habe, der sich motivierend in den Ausführungshandlungen der Tatgenossen ausgewirkt habe, sei jeder Mittäter (Mit-)Anstifter seiner Tatgenossen. 539 Für die Konstellation des späteren Vorsatzwegfalls zieht Puppe folgende Konsequenz: "Die Situation des Anstifters ist analog der des Mittäters, der sich vor Beginn der Tatausfilhrung von dem Tatplan lossagt, den die Tatgenossen dann unter Verwertung seiner im Vorbereitungsstadium geleisteten Beiträge ohne ihn durchführen. Auch hier ist der Rücktritt nicht vollständig, so daß eine Haftung als Gehilfe übrigbleibt. Es entflillt ~doch ... die Haftung des Mittäters, weil deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind."

Einen weiteren Gesichtspunkt bringt Küper ins Spiel. So soll den Beiträgen der Genossen, die durch ihr persönliches Tun das Vorbereitungsstadium überschritten haben, Versuchsbedeutung in aller Regel erst durch ihre Beziehung Welzel, ZStW 58 (1939), 491 tT., 551. Welzel, ZStW 58 (1939), 491 tT., 551. 535 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 tT., 551. 536 Welzel, ZStW 58 (1939), 491 tT., 551. 537 Puppe, GA 1984, 101 tT., 112. 538 Puppe, GA 1984, 101 tT., 112 (Fn. 43). 539 Puppe, GA 1984, 101 tT., 119 (Fn.5 8). 540 Puppe, GA 1984, 101 tT., 119 (Fn. 59). 533

534

8'

116

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

auf die erwarteten Handlungen der übrigen Mittäter zukOinmen. 54 \ Ähnlich äußert sich Valdagua, indem er darauf hinweist, daß die Nichtberücksichtigung der Erwartungen des Mittäters im Hinblick auf die Leistungen seiner Tatgenossen die Vorstellung, die er von seinem eigenen Tatbeitrag habe, verzerren würde. 542 Bei der Behandlung des Problems des "vermeintlichen" beziehungsweise "Schein" -Mittäters nahmen Ingelfinger, Graul, Erb und Joecks diese Gedanken wieder auf. Ingelfinger begründet seine Ansicht, daß keine hinreichende Grundlage dafür vorhanden sei, den Beteiligten die "Versuchshandlung" des ohne Vorsatz Ansetzenden zuzurechnen543 , damit, daß die negative Herrschaft über den Erfolg der Gesamttat als Voraussetzung für eine mittäterschaftliehe Zurechnung nicht genüge. 544 Vielmehr müsse ein psychisch motivierender Einfluß auf den fremdhändig verwirklichten Tatteil hinzukommen. 545 So erwecke das bloße Abstellen auf die sich auf den Gesamterfolg beziehende Hemmungsmacht Unbehagen; weil dann letztlich allein die Herrschaft über den Geamterfolg ausreichen würde, dem Mittäter auch das Unrecht der einzelnen Handlungen seiner Komplizen zur Last zu legen. 546 Das Befremdliche daran sei, daß der Mittäter hinsichtlich dieser Handlungen keine Herrschaft besitze, diese ihm aber letztlich dennoch in täterschaftsbegründender Weise zugerechnet würden. 547 Die Rechtfertigung für die wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge bei der Mittäterschaft könne demnach nicht ausschließlich in einem faktischen Beherrschungsmoment des Tatganzen gefunden werden. 548 Entscheidend seien vielmehr zwei Momente: Zum einen sei die Verwirklichung des Plans objektiv nur durch den Beitrag eines jeden Mittäters möglich. 549 Zum anderen besitze jeder Mittäter hinsichtlich des Beitrags des jeweiligen anderen Genossen wesentlichen psychischen Einfluß. 550 Diese gegenseitige Motivationsgrundlage basiere auf dem gemeinsamen Tatplan - der gemeinsamen Unrechtsvereinbarung - und dem funktionell wesentlichen Teil, den jeder Mittäter den anderen darin zu übernehmen verspreche. 55 \ Jeder

Küper, Versuchsbeginn. und Mittäterschaft, 68 f. Valdagua, ZStW 98 (1986), 839 f1, 842. 543 Ingelfinger, JZ 1995, 704 f1, 713 f. 544 Ingelfinger, JZ 1995, 704 f1, 710 f. 545 Ingelfinger, JZ 1995, 704 f1, 710 f. 546 Ingelfinger, JZ 1995,704 ff., 711. 541 Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 711. 548 Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 711. 549 Ingelfinger, JZ 1995,704 ff., 711. 5SO Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 711. 55\ Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 711. 54\

542

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

117

Mittäter leiste seinen Beitrag, weil er wisse, daß der oder die anderen ebenso ihren Beitrag leisten würden552 "Der Tatplan schafft eine Abhängigkeit des einzelnen Genossen von seinen Kom-

plizen, die bei dem Vollzug des eigenen Tatbeitrags motivierend wirkt. Basis hierzu ist die getroffene Unrechtsvereinbarung. Jeder Mittäter besitzt aufgrund des gemeinsamen Tatentschlusses und der bestehenden funktionellen Abhängigkeit der mittäterschaftlichen Beiträge voneinander Einfluß auf die Handlungsmotivation des jeweils anderen Beteiligten.,,55)

Wegen der Erforderlichkeit eines solchen psychischen Einflusses auf den anderen müsse der gemeinsame Tatentschluß noch im Zeitpunkt der Vornahme einer objektiv die Versuchsgrenze überschreitenden Handlung vorliegen: "Denn nur dann wird diese Handlung auch um der anderen Beteiligten willen vorgenommen zur Erfi1l1ung der Unrechtsvereinbarung. Nur dann kann der von dem am Tatplan Festhaltenden durch die Unrechtsvereinbarung gewonnene Einfluß auf den Ausfilhrenden motivierend wirken. Der die Handlung Vollziehende muß sich demnach bewußt sein, durch Leistung seines Beitrags eine Unrechts vereinbarung zu erflUlen. Nur dann beruht die Vornahme der Handlung auf dem motivierenden Einfluß der anderen Tatgenossen. Daraus folgt, daß Ausfilhrungshandlungen eines 'Schein' -Mittäters ebenso wie solche eines vermeintlichen Mittäters fiIr die tatbereiten Beteiligten keinen Versuch begründen können.,,554

Auch Graul stellt auf die fehlende gegenseitige Motivationslage im Ausfiihrungsstadium ab. Sie argumentiert ebenso wie Ingelfinger, daß auf der Grundlage der Tatherrschaftslehren für eine Zurechnung fremden Verhaltens "das wirkliche Vorliegen eines gemeinsamen Tatentschlusses - im Zeitpunkt der vermeintlichen Versuchshandlung - unabdingbar" sei. 555 Denn nur dann habe der eine Mittäter auf die nicht selbst vorgenommenen Tatbeiträge des anderen "aufgrund der beiden bewußten gegenseitigen Abhängigkeit jenen positiven psychischen Einfluß,,556, der es zusammen mit der auf der im gemeinsamen Tatplan festgelegten Rollenverteilung beruhenden negativen Tatherrschaft über das Gesamtgeschehen rechtfertige, jeden einzelnen Tätigkeitsakt des einen dem jeweils anderen so zuzurechnen, als habe er ihn selbst vollzogen. 557 Ähnlich argumentiert Erb, wonach die entscheidende Voraussetzung der Mittäterschaft darin bestehe, daß eine Betätigung zwecks Realisierung eines gemeinschaftlichen deliktischen Plans stattfinde. 558 Ansonsten würde man sich über die Tatsache hinwegsetzen, daß der soziale Sinngehalt einer 552lngelfinger, JZ 1995, 704 ff., 711. 553lngelfinger, JZ 1995, 704 ff., 708 f. 554lngelfinger, JZ 1995,704 ff., 714. 555 Graul, JR 1995,427 ff., 429. 556 Graul, JR 1995,427 fI, 429. 557 Graul, JR 1995,427 tT., 429. 558 Erb, NStZ 1995,424 ff., 425.

118

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

menschlichen Verhaltensäußerung nur dann zutreffend erfaßt werden könne, wenn die mit ihr verfolgte Intention in die Betrachtung einbezogen werde. 559 Schließlich fonnuliert Joecks, daß es nicht ausreiche, wenn der aktiv Tätige sein Tun nicht in Ausfiihrung eines gemeinsamen Plans entfalte, da eine Tat nur gemeinschaftlich begehen könne, wer von den Plänen des anderen wisse. 560 Ingelfinger, Graul, Erb und Joecks verneinen somit eine Zurechnung zulasten des noch untätig gebliebenen Beteiligten, wenn der objektiv ansetzende Beteiligte im Ausfiihrungsstadium ohne Vorsatz handelt. So habe weder im Brandstifter-Fall noch im Türklingel-Fall der "Schein"-Mittäter mangels Vollendungswillen einen Beitrag zur Erfiillung der Unrechtsvereinbarung und damit einen mittäterschaftlichen Beitrag erbringen wollen. 561 Da dieses Handeln nicht von der Zusage der Beteiligten motiviert gewesen sei, könne es diesen nicht als mittäterschaftlicher Versuch zur Last gelegt werden. 562 Auch im MÜßZhändler-Fall könne die objektive "Versuchshandlung" nicht zugerechnet werden, da es an einem positiven Einfluß des Angeklagten auf die "Ausfiihrungshandlung" fehle. 563 b) Die Analyse Indem neben der funktionellen Tatherrschaft ein wesentlicher und noch im Ausfiihrungsstadium vorhandener psychischer Einfluß des Genossen gefordert wird, wird in dem Vorhandensein einer solchen gegenseitigen Motivationsgrundlage eine zusätzliche Voraussetzung für eine mittäterschaftliche Zurechnung gesehen. Ob diese Forderung eine tragfähige Grundlage findet, gilt es zunächst über Erwägungen der Tatherrschaftslehre (aa) und anschließend über einen Vergleich der Mittäterschaft mit der Anstiftung und der psychischen Beihilfe (bb) zu ennessen. Im Mittelpunkt der Analyse wird die Frage nach der rechtlichen Relevanz von Motivierung und Motiviertsein innerhalb des mittäterschaftlichen Gefüges stehen (cc). Das Ergebnis der Untersuchung wird dann anband von ähnlich gelagerten Fällen veranschaulicht (dd). aa) Der Gesichtspunkt der Tatherrschaft Ingelfingers Ausgangsbasis, wonach die negative Herrschaft über den Erfolg der Gesamttat als Voraussetzung für eine mittäterschaftliche Zurechnung Erb, NStZ 1995,424 fI., 428. Joecks, wistra 1995, 58 fI., 60. 561 Ingelfinger, JZ 1995,704 fI., 714. 562 Ingelfinger, JZ 1995,704 fI., 714. 563 Ingelfinger, JZ 1995,704 ff., 714; Graul, JR 1995,427 fI., 429. 559

S60

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

119

nicht genüge, gibt zu Bedenken Anlaß. So soll der auf der Unrechtsvereinbarung basierende Einfluß eines jeden Genossen auf die Handlungsmotivation des anderen den Mangel an positiver faktischer Herrschaft ausgleichen und zusammen mit der Innehabung der negativen Tatherrschaft über den Gesamterfolg das mittäterschaftIiche Unrecht begründen. 564 Diese Sicht der Dinge setzt jedoch voraus, daß der Umstand, daß der Mittäter weder hinsichtlich der Deliktsvollendung noch bezüglich der Handlungen seiner Genossen eine Ablaufsmacht besitzt, tatsächlich einen ausgleichungspflichtigen Mangel darstellt. Daß es aber fiir die mittäterschaftliche Zurechnung auf eine Herrschaft des Mittäters über die von seinen Genossen verwirklichten Tatbeiträge nicht ankommen kann, wurde bereits oben dargelegt und bedarf daher an dieser Stelle keiner näheren Erläuterung. 565 Es ist daher zumindest zweifelhaft, ob das Nichtvorhandensein dieses innerhalb des mittäterschaftIichen Gefüges unbeachtlichen Kriteriums einer Ausgleichung über andere Hilfskonstruktionen bedarf. Ein weiterer Gesichtspunkt spricht gegen Ingelfingers Ausgangsüberlegungen. Selbst bei Annahme einer solchen Ausgleichungsbedürftigkeit wäre das Erfordernis einer gegenseitigen noch im Ausfiihrungsstadium vorliegenden Motivationslage nicht geeignet, den "Mangel an positiver Herrschaft" zu beheben. Ingelfinger vermag nicht zu erklären, welches "Mehr" an Herrschaft bezüglich der von den Genossen zu erbringenden Beiträge durch eine gegenseitige psychische Beeinflussung erreicht werden kann. So muß sich Ingelfinger fragen lassen, warum das Phänomen, daß Mittäter häufig auch um der anderen willen tätig werden, dem Mittäter eine Herrschaft über deren Beiträge verschaffen soll. Die Antwort hierauf gibt Roxin: "Mag sein Interesse an dem Vorgang noch so groß und sein psychischer Einfluß noch so erheblich sein; solange die unmittelbar Handelnden in ihren Entschlüssen frei sind, hängt es allein von ihnen ab, was sie tun, so daß von einer Mitherrschaft des Außenstehenden nicht die Rede sein kann.,,566

Selbst wenn sich ein Genosse dem anderen innerlich untergeordnet und ihm die Ausführung der Tat anheimgestellt habe, so Roxin weiter, beherrsche dieser doch, solange er frei und ungenötigt handele, das Geschehen in demselben Maße wie der andere und sei daher Mittäter. 567 Als erstes Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, daß eine im Ausfiihrungsstadium vorliegende gegenseitige Motivationslage die mangelnde Herrschaft des einen Genossen über die Ausfiihrungshandlungen des anderen

S64 565

lngelfinger, JZ 1995, 704 f1, 713. Siehe oben S. 62 t1

Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 281. 567 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 279. 566

120

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlöSWlg auf die kritischen Fälle

Genossen nicht "heilen" kann. Damit gibt es unter Zugrundelegung der Tatherrschafts lehre keinen Grund, Ingelfingers These zu folgen. bb) Der Vergleich mit der Anstiftung und der psychischen Beihilfe

Desweiteren ist darauf hinzuweisen, daß die Forderung nach einer gegenseitigen Motivationslage im Ausfiihrungsstadium die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft einerseits und Anstiftung sowie psychischer Beihilfe andererseits verwischen würde. Da auch dort der Ausfiihrende den Willen des Anstifters beziehungsweise des psychisch motivierenden Gehilfen mitverwirklicht, kann hierin kein Kriterium fiir die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Anstiftung beziehungsweise psychischer Beihilfe gesehen werden. 568 .So stellt auch Puppe darauf ab, daß die durch die Tatfeme des Anstifters und die Handlungsfreiheit des Täters bedingte Wertdifferenz bei der Mittäterschaft durch das Gewicht des eigenen Tatbeitrags des Mittäters auszugleichen sei. 569 Es ist daher eine höchst fragwürdige Konstruktion, wenn man das Merkmal der gegenseitigen im Ausfiihrungsstadium vorliegenden Motivationslage quasi durch die Hintertür als Zurechnungsvoraussetzung innerhalb des mittäterschaftlichen Gefüges in die Abgrenzungsproblematik zwischen Täterschaft und Teilnahme einführen würde. cc) Die rechtliche Relevanz von Motivierung und Motiviertsein

Was nun die von Ingelfinger gezogenen Konsequenzen anbelangt, so steht und fällt deren Richtigkeit mit der Beantwortung der Frage, welche Bedeutung der gegenseitigen Motivation innerhalb des mittäterschaftlichen Gefüges zukommt. In diesem Zusammenhang gilt es zunächst, zwischen den zwei Stadien des mittäterschaftlieh begangenen Delikts - dem Planungs- und dem Ausfiihrungsstadium - zu unterscheiden. Während die die gegenseitige Motivierung des anderen auslösenden Handlungen der einzelnen Genossen - die Motivierung - der Planungsphase angehören, ist die nach Ingelfinger fiir die Zurechnung erforderliche gegenseitige Motivationslage - das Motiviertsein - der Ausfiihrungsphase zuzuordnen. Da die durch den Beteiligten vorgenommene Motivierung stets im Zusammenhang mit dem dadurch bewirkten MotiviertS68 So auch: Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 297, wonach das Bewußtsein des Einbrechers, gleichzeitig zum Nutzen eines Beteiligten zu handeln, nicht dafür ausreichen könne, diesen Beteiligten zum Mittäter zu qualifizieren, da auch der Anstifter, dem ein Teil der Beute versprochen worden sei, deshalb noch nicht zum Mittäter werde. 569 Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß dieser "eigene Tatbeitrag" des Mittäters im Ausfilhrungsstadiwn erbracht werden muß.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

121

sein des Handelnden zu sehen ist, sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Zum einen der Fall, in dem die Motivierung bis in die Ausführungsphase fortwirkt, und zum anderen der Fall, in dem die Motivierung noch vor Eintritt in die Ausführungsphase zurückgenommen wird. Der oben bereits diskutierte Polizistenmörder-Fall570 hat gezeigt, daß die bis ins Ausführungsstadium fortwirkende und damit zum Motiviertsein des Handelnden fiihrende erfolgreiche Motivierung eine mittäterschaftliche Zurechnung in Gang setzt. Man könnte daher geneigt sein, die mittäterschaftliche Zurechnung zulasten des B auf das Motiviertsein des A zurückzuführen und somit dieses Motiviertsein zur Zurechnungsvoraussetzung zu erheben. Eine solche Sicht der Dinge wäre jedoch verfehlt. Während die im Planungsstadium vorgenommene gegenseitige Aktionskoordinierung und Motivierung die mittäterschaftliche Zurechnung begründet, stellt das Motiviertsein des Handelnden nur die tatsächliche Folge der Motivierung dar. Das Motiviertsein ist jedoch keinesfalls ein zurechnungsbegründendes Merkmal. Dies hat der Vergleich mit der Rücktrittsproblematik gezeigt. Ein Mittäter wird unter anderem auch deshalb bestraft, weil er einen anderen in einer mittäterschaftlichen Weise zu einer Tat motiviert hat, nicht jedoch deshalb, weil sich der andere auch noch in der Ausführungsphase von jenem motiviert fühlt. Er kann seiner Strafbarkeit nur entgehen, wenn er die Wirkung seiner Motivierung unter Erfüllung der strengen Rücktrittsvoraussetzungen beseitigt. Der auf anderen Gründen basierende Wegfall der Motivationswirkung nützt ihm nichts. Zurückgeblendet auf den Türklingel-Fall bedeutet dies, daß der bei A eingetretene Wegfall der Motivationswirkung dem B nur dann zugute gekommen wäre, wenn dieser Wegfall eine Folge von Rücktrittsbemühungen des B gewesen wäre. Dies ergibt sich auch aus der wesentlichen Bedeutung des vorsätzlich geschmiedeten gemeinsamen Tatplans. Indem im Tatplan verabredet wird, wer wann und wo welche Beiträge zu erbringen hat, offenbart sich dessen entscheidende Funktion. Im Tatplan wird festgelegt, welches Gewicht den einzelnen zu erbringenden Beiträgen zukommt. Bereits im Zeitpunkt der Planung wird die Mittätereigenschaft der Beteiligten festgelegt und damit die Verantwortung der Beteiligten für die durch deren Genossen zu verwirklichenden Beiträge übernommen. Innerhalb der gegenseitigen Verabredung legen die Beteiligten fest, daß jeder den Beitrag des anderen für sich gelten lassen will. Anhand dieser Aktionskoordinierung haben die Beteiligten das Fundament für die Zurechnung der später erbrachten Beiträge gemauert. Ob sich die Beteiligten dann im Ausführungsstadium an den Inhalt dieser Aktionskoordinierung halten, ist keine Frage der Zurechnungsbasis, sondern eine solche des Zurechnungsgegenstands. Ab dem Zeitpunkt der gemeinsamen Aktionskoordinierung und gegenseitigen Motivierung steht die Zurechnungsbasis fest. 570

BGHSt 37, 289 fI. Siehe oben S.107 f.

122

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

Hinzukommen muß nun noch ein mit dieser Zurechnungsbasis allein objektiv kongruierender Zurechnungsgegenstand. Weicht also ein Beteiligter im Ausfiihrungsstadium objektiv von der ihm im Tatplan zugedachten Rolle ab, so fehlt es an der erforderlichen Kongruenz zwischen Zurechnungsbasis und dem von ihm verwirklichten Tatbeitrag und damit an einem Zurechnungsgegenstand. Ist jedoch eine objektive Kongruenz gegeben, so kommt es auf die subjektive Befindlichkeit des Beteiligten im Zeitpunkt seines Handeins nicht mehr an. Desweiteren gilt es zu bedenken, daß grundsätzlich jeder Beteiligte nach seiner eigenen subjektiven Bereitschaft bestraft wird. So argumentiert Schröder zutreffend, daß der Mittäter aufgrund der Zurechnung so zu behandeln sei, als ob er die Tat eigenhändig begangen hätte, was zu dem Ergebnis führe, daß alle rechtlichen Wertungen bei ihm und nur bei ihm vorzunehmen seien. 571 Auch stellte bereits das Reichsgericht zutreffend fest, daß, wie zum Tätervorsatz nicht das Bewußtsein der Strafbarkeit des eigenen Tuns gehöre, auch der Mittätervorsatz nicht die Tatsache oder die Art der Strafbarkeit des wirklichen oder vermeintlichen Mittäters, sondern nur die Tatsache und die Art der von diesem erwarteten Mitwirkung zur Ausfiihrung der Tat zu umfassen brauche. 572 Ein etwaiger Irrtum über die Strafbarkeit eines wirklichen oder vermeintlichen Mittäters sei ohne strafrechtlich erheblichen Einfluß auf die Vorstellung, aufgrund deren der eigene Tatbeitrag geleistet und die eigene Mitwirkung zur Verwirklichung der Tat unternommen werde. 573 Es gibt daher keinen Grund :für die Annahme, daß die Mittäterschaft eines Beteiligten von den "ihm ganz gleichgültigen und :für den Handlungsverlauf unerheblichen inneren Vorgängen in der Person eines anderen,,574 abhängen soll. Würde es darauf ankommen, ob das Tun eines anderen Genossen von dem gemeinsamen Tatentschluß getragen ist, so würde man zwangsläufig genötigt, die Täterschaft des einen Genossen von der Seelenverfassung des anderen Genossen abhängig zu machen. 575 Da der zur Tat ansetzende Genosse bei der Ausführung frei ist, darf aber sein Wollen nicht für die Strafbarkeit des noch untätig gebliebenen Genossen entscheidend sein. Die Feststellung, daß der Motivationswegfall die Zurechnungsfrage unberührt läßt, steht auch nicht im Widerspruch zu der im Polizistenmörder-Fall getroffenen Feststellung, daß sich ein Mittäter selbst bei eigenem Vorsatzwegfall wegen der von ihm ausgehenden Motivation eines anderen Beteiligten dessen Handlungen zurechnen lassen muß. Dies liegt daran, daß das Bestehen Schr6der, JR 1958,427 t1, 427. RGSt 63,101 ff,. 104 f. 573 RGSt 63,101 ff., 104 f. 574 Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 291. 575 So auch: Roxin, Täterschaft Wld Tatherrschaft, 6. Auflage, 296.

571

572

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

123

einer auf einem gemeinsamen Tatplan und Tatentschluß basierenden gegenseitigen Motivationslage stets zu einer Zurechnung führt, deren Nichtvorliegen eine solche jedoch nicht ausschließen muß. Da es somit auf die Vorstellung des Getragenseins von einem gemeinsamen Tatentschluß nicht ankommt, bleibt als Zurechnungsbasis allein der Tatentschluß im Planungsstadium übrig. dd) Die Unbeachtlichkeit des Motiviertseins in ähnlich gelagerten Fällen

Die Frage, ob noch im Ausführungsstadium eine gegenseitige Motivationslage vorhanden sein muß, läßt sich ohnehin nicht auf die vorliegende Problematik des "vermeintlichen" beziehungsweise "Schein" -Mittäters begrenzen. Vielmehr gibt es neben den Bereichen der sukzessiven Mittäterschaft [( 1») die unterschiedlichsten Fallgestaltungen [(2»), in denen ein Tatgenosse einen Tatbeitrag erbringt, ohne von seinem Komplizen im Zeitpunkt seines Tuns hierzu motiviert zu sein. (1) Der Vergleich mit der sukzessiven Mittäterschaft

Eine Mittäterschaft soll auch dann vorliegen, wenn sich jemand an einer Tat beteiligt, die bereits begonnen, aber noch nicht zum Abschluß gebracht worden ist. 576 Die Unbeachtlichkeit einer gegenseitigen Motivationslage im Ausführungsstadium müssen jedenfalls auch diejenigen annehmen, die in diesen Fällen der sukzessiven Mittäterschaft vertreten, daß der im Verlauf der Tat sich anschließende Mittäter sich auch diejenigen Umstände zurechnen lassen muß, die schon vor seinem Anschluß verwirklicht waren. 577 Demnach soll eine Siehe dazu: Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 91. So: BGHSt 2,344 ff.; BGHSt 6, 248 f1, 251; BGH GA 1966,210; BGH MDR 1966, 197; BGH MDR 1969, 533; BGH MDR 1971,545; BGH JZ 1981,596; BGH MDR 1981,265; BGH NStZ 1984,548 f.; BGH StV 1984, 507; BGH NStZ 1985, 70 f; BGH StV 1994,240; Busch, LK, 9. Auflage, § 47 StGB, Rn. 17; Furtner, JR 1960, 367 ff., 368; Küpper, GA 1986,437 ff., 448 ff.; Maurach, Strafrecht AT, 4. Auflage, 661; Niese, NJW 1952, 1146 f, 1147; Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 25 StGB, Rn. 9; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Auflage, 107. Kritisch dazu: Baumann/WeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 621 (Rn. 107); Bockelmann, Strafrecht AT, 189; Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 91; Ebert, Strafrecht AT, 180; Gössel, Jescheck-FS L 537 ff., 552 ff.; Herzberg, JuS 1975, 35 ff., 36; Herzberg, Täterschaft und Teilnahme, 71 f, 152 f; Jakobs, Strafrecht AT, 2. Auflage, 628; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 679; Küper, JZ 1981, 568 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 303 f.; Mayer, Strafrecht AT, 313; Ono, Jura 1987, 246 ff., 253 f; Preisendanz, StGB, 30. Auflage, § 25 StGB, Anm. IV.7.; Roxin, JA 1979,519 ff., 525; Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 195; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 289 ff.; Rudolphi, Bockelmann-FS, 576

577

124

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

Zurechnung also erfolgen, obwohl die von seinem Tatgenossen erbrachten Beiträge nicht von einer gegenseitigen Motivation getragen waren. Vielmehr handelten seine Tatgenossen zunächst aus rein egoistischen Gründen. Soll es somit in diesen Fällen der sukzessiven Mittäterschaft möglich sein, Beiträge, die nicht auf einer gegenseitigen Motivationslage im Ausfiihrungsstadium beruhen, zuzurechnen, so muß dies auch in den Konstellationen der "vermeintlichen" beziehungsweise "Schein" -Mittäterschaft möglich sein. (2) Der Vergleich mit anderen Fallgestaltungen Daß der Mittäter nicht immer auch um der anderen Genossen willen tätig wird578 , sei anband der folgenden vier Beispiele veranschaulicht. 1.) Im Komplizenwechsel-Beispiel vereinbart A zunächst mit seiner Frau B die gemeinsame Durchführung eines Raubs. Um sich bei einer eventuellen Entdeckung einer Bestrafung wegen Raubversuchs entziehen zu können, wird die Tat derart arbeitsteilig geplant, daß A den D um 17.50 Uhr durch einen Faustschlag niederstrecken und gefesselt und geknebelt hinter einem Busch liegenlassen und B um 18.00 Uhr an den Tatort kommen und dem D die Geldbörse entwenden soll. Als A von einem Seitensprung der B erfährt, überlegt er es sich anders und möchte statt B seinen Freund C an der Tat beteiligen. Er vereinbart mit C, daß dieser um 17.55 Uhr an den Tatort kommen soll, um seinerseits das Geld an sich zu nehmen. A erbringt seinen Tatbeitrag. Aufgrund eines Verkehrsstaus kommt C jedoch zu spät, so daß B die Geldbörse an sich nehmen kann. Auch hier stellt sich die Frage, ob sich B die Gewaltanwendung des A zurechnen lassen muß, obwohl A bei seinem Handeln nicht mehr durch den mit B geschmiedeten Tatplan, sondern durch die mit C getroffene Vereinbarung motiviert war. Im Gegenteil, A wollte gar der B einen Streich spielen, indem er ihr die Geldbörse vorenthalten wollte. Den Gedanken Ingelfingers konsequent durchgeführt, könnte man B nicht wegen Raubs bestrafen, da mangels Vorliegens einer gegenseitigen Motivationslage im Zeitpunkt der Gewaltanwendung selbige nicht der B zugerechnet werden könnte. Ihr Seitensprung, der bei A zu einer Motivationsänderung geführt hat, käme ihr also zugute, ohne daß sich in ihrer eigenen subjektiven Befindlichkeit irgendetwas geändert hätte. 2.) Dieselbe Problematik würde im Urlaubsfreude-Beispiel auftreten. Auch hier soll die Vereinbarung zwischen A und B denselben Inhalt wie im Komplizenwechsel-Beispiel haben. Nur soll hier erschwerend hinzukommen, daß aufgrunddessen, daß A und B den D nicht besonders mögen, 375 ff., 377 f.; Samson, SK, 6. Auflage, § 25 StGB, Rn. 123 f.; Schilling, Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters, 105 f.; Schmidhtiuser, Strafrecht AT, 2. Auflage, 291 f.; See/mann, JuS 1980, 571 ff., 572 f.; Stratenwerth, Strafrecht AT I, 3. Auflage, 232 (Rn. 819). 578 So auch: Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 278.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

125

vereinbart wird, daß A den D krankenhausreif schlagen soll. Am nächsten Tag bekommt A von D überraschend eine derart hohe Schenkung, daß er an einer Beraubung des D nicht mehr interessiert ist. Da er sich jedoch am selben Tag mit C, der Frau des D, anfreundet, beschließen A und C, daß D krankenhausreif geschlagen werden soll, damit A und C anschließend gemeinsam einen Urlaub verbringen können. So geschieht es. Von der Vorfreude auf einen gemeinsamen Urlaub mit C getrieben, verpaßt A dem D einige schwere Faustschläge. Daraufhin kommt B und bemächtigt sich der Geldbörse des D. Auch hier hat A seinen Tatbeitrag nicht deshalb erbracht, weil B anschließend ihren Beitrag erbringen würde. Aufgrund der hohen Schenkung war ihm dies vielmehr völlig gleichgültig. Mangels gegenseitiger Motivationslage im Zeitpunkt des Ausfiihrungsstadiums müßte eine Zurechnung der Gewaltanwendung zulasten der B verneint werden. 3.) Im Spielzeugpistolen-Beispiel verabreden A und B, daß A den D mit einer Spielzeugpistole bedrohen und B die Geldbörse entwenden soll. Inzwischen hat A wie unser TÜTklingler die Polizei benachrichtigt. A vereinbart mit dem Polizeibeamten, daß dieser, sobald B auf die Geldbörse zugreife, einschreiten solle. Der Polizist kommt jedoch aufgrund eines Unfalls nicht zum Tatort. Während A den sich tatsächlich bedroht fühlenden D in Schach hält, schnappt sich B blitzschnell die Geldbörse und verschwindet. Auch hier stellt sich die zu bejahende Frage, ob sich B, obwohl A im Zeitpunkt seines Handeins nicht mehr den Willen der B mitverwirklichen wollte, die durch A vorgenommene Bedrohung zurechnen lassen muß. 579 Von mannigfach denkbaren Fallgestaltungen sei schließlich noch eine vierte herausgegriffen. Im Schaufenster-Beispiel plant A die alleinige Durchfiihrung eines Einbruchsdiebstahls. Er will die mit einer Alarmanlage versehene Schaufensterscheibe eines Schmuckgeschäfts einschlagen und anschließend 20 Sekunden lang so viel wie möglich aus der Auslage abräumen. Um die Entdekkungsgefahr nach Ertönen des Alarms zu minimieren, möchte er auf keinen Fall länger an der Auslage hantieren. Unmittelbar vor der Tat kommt B hinzu und fragt, ob sie auch etwas von der Beute abhaben könne. Daraufhin sagt A der B zu, daß, nachdem er die Scheibe eingeschlagen habe, B sich auch 20 Sekunden lang an der Auslage bedienen dürfe. So geschieht es. Da also A ohnehin vorhatte, die Scheibe einzuschlagen, war er hierzu nicht durch die spätere Vereinbarung mit B motiviert worden. Soll damit eine Zurechnung der von A vorgenommenen Zerstörung der Fensterscheibe zulasten der Bausgeschlossen sein, obwohl ihr nur dadurch die Beuteerlangung ermöglicht werden konnte? Man sieht also, daß die Aufwertung des Motiviertseins zu einer Zurechnungsvoraussetzung in der Praxis zu den seltsamsten Ergebnissen führen würde. Es sprechen daher nicht nur dogmatische Gesichtspunkte, sondern auch solche der Ergebnisorientierung dafiir, die in der Planungsphase erfolgte Motivierung 579 Jung,

JuS 1994, 355.

126

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

neben der mittäterschaftlichen Aktionskoordinierung als Zurechnungsvoraussetzung genügen zu lassen.

4. Der Vergleich mit der Problematik des agent provocateur a) Das Prinzip Jung und Ingelfinger versuchen desweiteren, die Entscheidung des 2. Strafsenats anband eines Vergleichs mit der agent-provocateur-Problematik zu stützen. So zieht Ingelfinger aus der Mitteilung Jungs, daß, was A selbst betreffe, die Situation derjenigen des agent provocateur vergleichbar sei, folgenden Schluß: Überschreite ein bloßer Provokateur als "Schein" -Mittäter die Versuchsgrenze, so ginge es zu weit, die Beteiligten wegen Handlungen zu bestrafen, die allein der Provokateur vollzogen habe. 580 Auch in Fällen, in denen ein agent provocateur jemanden zur Tat verleite, werde der Provozierte nur für eigenes Verhalten zur Verantwortung gezogen. 581 b) Die Analyse Auch ein Vergleich mit der agent-provocateur-Problematik kann nicht dazu fUhren, im Fall des vorsatzlos objektiv ansetzenden Genossen eine Zurechnung abzulehnen. So kann zum einen aus dem Umstand, daß der Provozierte nur für eigenes Verhalten bestraft wird, nichts für die vorliegende Problematik gewonnen werden. Der Provozierte wird nicht deshalb nur für eigenes Handeln bestraft, weil er gerade von einem agent provocateur angestiftet wird, sondern dies liegt in der Eigenart der Anstiftung. Während der Mittäter aufgrund der durch § 25 Abs. 2 StGB vermittelten Zurechnungsmöglichkeit auch wegen fremder Handlungen bestraft wird, haftet der Angestiftete nur für die eigene Tat. Zum anderen hat die agent-provocateur-Problematik lediglich Auswirkungen auf die Strafbarkeit desjenigen, bei dem das Vorsatzdefizit vorliegt: Bei der Anstiftung auf die Strafbarkeit des agent provocateur, bei der Mittäterschaft auf die Strafbarkeit des vorsatzlos ansetzenden Genossen. Als zweites Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, daß der Umstand, daß der zur Tat ansetzende Genosse ohne Vollendungswillen handelt, die Frage, ob dessen Handeln dem anderen noch untätig gebliebenen Beteiligten zugerechnet werden kann, nicht beeinflußt. Sein Handeln kann, da die durch den vom gemeinsamen Tatentschluß getragenen Tatplan vermittelte gegenseitige Aktionskoordinierung und psychische - wenn auch letztendlich 580 581

Ingelfinger, JZ 1995, 704 tT., 714. Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 714.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

127

erfolglose - Motivierung eine ausreichende Zurechnungsbasis darstellt, den anderen Mittätern zugerechnet werden.

m. Die "vermeintliche" Mittäterschaft Im Gegensatz zum TÜfklingel-Fall zeichnen sich Brandstifter-Fall, Münzhändler-Fall und Viehhändler-Fall dadurch aus, daß das Vorsatzdefizit des objektiv zur Tat ansetzenden Beteiligten bereits im Zeitpunkt der Tatplanung vorlag. Der objektiv zur Tat ansetzende Beteiligte hatte weder im Planungsnoch im Ausführungsstadium einen Tatentschluß. Er war somit zu keiner Zeit Mittäter. Das im Brandstifter- und Münzhändler-Fall durch A an den Tag gelegte Verhalten stimmte lediglich äußerlich mit den Vorstellungen der noch untätig gebliebenen Beteiligten überein. 582 Subjektiv gingen sie von der Mittäterschaft des A aus. Sie haben sich die objektiv untauglichen Handlungen des A als taugliche Handlung im Sinne eines unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung vorgestellt. 583 Angesichts des zwischen den jeweiligen Konstellationen bestehenden Stufenverhältnisses überrascht es, daß der 4. Strafsenat im Münzhändler-Fall, in dem kein gemeinsamer Tatplan gegeben war und ein Tatentschluß weder im Planungs- noch im Ausführungsstadium vorlag, zu einer Zurechnung kommt, obwohl der 3. Strafsenat im Brandstifter-Fall, in dem wenigstens eine objektive gemeinsame Tatplanung gegeben war sowie der 2. Strafsenat im TÜfklingel-Fall, in dem neben dem gemeinsamen Tatplan sogar ein Tatentschluß im Planungsstadium vorlag, eine Zurechnung ablehnten. Es ist damit eine Divergenz zwischen den Entscheidungen des 4. Strafsenats und der anderen beiden Strafsenate gegeben. 584 Denn wenn schon das Handeln eines Beteiligten, dessen Vorsatzdefizit erst nachträglich eintritt, den anderen Beteiligten nicht zuzurechnen ist, muß dies erst recht für das Handeln eines Beteiligten gelten, dessen Vorsatzdefizit von Anfang an vorlag. Dies folgt daraus, daß die zweite Konstellation weniger verlangt als die erste und "es folglich ungerecht erscheint, ein Mehr an Mittäterschaft straflos zu lassen, das Weniger aber zu bestrafen,,585. Angesichts dieser Divergenz ist auf die Erwägungen des 4. Strafsenats und deren Haltbarkeit ein besonderes Augenmerk zu richten.

So auch: Ingeljinger, JZ 1995, 704 ff., 706. So auch: Sonnen, JA 1995, 361 f, 362. 584 So auch: Dencker, Kausalität Wld Gesamttat, 243; Erb, NStZ 1995,424 ff., 425; Joecks, wistra 1995, 58 ff., 58; Zopfs, Jura 1996, 19 ff., 22. 585 KUpperlMosbacher, JuS 1995,488 ff., 492. 582

583

128

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlÖSWlg auf die kritischen Fälle

1. Das Prinzip Besonderes Unbehagen bereitet die im MÜllZhändler-Fall allein auf Erwägungen des untauglichen Versuchs gestützte und die Zurechnungsproblematik außer Acht lassende Begründung des 4. Strafsenats. So sei die Strafwürdigkeit des untauglichen Versuchs in der schon gefährlichen Auflehnung gegen die rechtlich geschützte Ordnung begründet. Was die subjektive Seite betrifft, wird zwar zutreffend festgestellt, daß hier die Vorstellung des Täters von der Tauglichkeit der als unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung anzusehenden Handlung ausreichend sei. Was die objektive Seite betrifft, wird, ohne auf die Problematik der Zurechnungsbasis einzugehen, nur lapidar darauf hingewiesen, daß sich B die Schadensmeldung durch den ''vermeintlichen" Mittäter A als nach seiner Vorstellung mittäterschaftlich Handelnder zurechnen lassen müsse, so daß die Grenze von der Vorbereitung zum Versuch überschritten sei. 586 Aufgrund dieser Erwägungen kommt der 4. Strafsenat zu dem allgemeinen Postulat, daß sich im Fall des untauglichen Versuchs alle Mittäter das Handeln eines nur "vermeintlichen" Mittäters zurechnen lassen müßten, mit dem dieser nach ihrer Vorstellung zur Tat unmittelbar ansetze. 587

2. Die Analyse Aufgrunddessen, daß den Erwägungen des 2. Strafsenats im Türklingel-Fall nicht gefolgt und damit dessen Lösung nicht über den Weg eines Erst-rechtSchlusses auf den MÜllZhändler-Fall angewendet werden kann, sowie aufgrund der die Zurechnungsbasis betreffenden Begründungslücke auf Seiten des 4. Strafsenats, gilt es nun, die Folgen eines in ''vermeintlicher'' Mittäterschaft begangenen Delikts grundlegend zu durchleuchten. Die Haltung der Literatur zur Lösung des 4. Strafsenats ist bereits durch deren die TürklingelEntscheidung betreffende Stellungnahme vorgezeichnet. Bei der Erörterung dieses Problems ist sowohl auf die Besonderheiten des untauglichen Versuchs (a) als auch auf die Möglichkeit einer ''vermeintlichen'' Mittäterschaft (b) einzugehen. Danach werden die Rechtsfolgen einer "vermeintlichen" Mittäterschaft beleuchtet (c). Abschließend wird untersucht, inwiefern der hier entwickelte Lösungsansatz den Beteiligungslehren gerecht wird (d).

S86BGHNJW 1995,142 f BGHNStZ 1994, 534 f, 535.

587

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

129

a) Die Besonderheiten des untauglichen Versuchs Einen Hinweis darauf, auf welcher Basis sich die vom 4. Strafsenat angenommene Zurechnung stützt, sucht man bei dessen Entscheidungsgründen vergebens. Allein die Ausführungen zum untauglichen Versuch tragen nicht zur Beantwortung der Frage bei, ob ein ohne gemeinsamen Tatentschlusses vollzogener Tatbeitrag den anderen Genossen zugerechnet werden kann. Zwar ist es richtig, daß es für die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs darauf ankommt, ob der Täter den Versuch für tauglich hält. Aber auch beim untauglichen Versuch bedarf es einer objektiven, wenn auch untauglichen, Ausführungshandlung, die dem noch untätig gebliebenen Beteiligten zugerechnet werden muß. Daher stellt Ingelfinger zutreffend fest, daß erst objektiver Tatbestand und Tatentschluß zusammen das Unrecht auch des untauglichen Versuchs begründen. 588 Ausschließlich mit den Erwägungen zum untauglichen Versuch kann der 4. Strafsenat auch nicht die Divergenz der von ihm getroffenen Entscheidung mit denjenigen der beiden anderen Senate kaschieren. Denn in allen drei Fallgestaltungen handelt es sich um einen untauglichen Versuch. 589 Sowohl im Fall des bereits im Planungszeitpunkt "vermeintlichen" Mittäters (Viehhändler-, Brandstifter- und Münzhändler-Fall), als auch im Fall des nur im Ausführungszeitpunkt "scheinbaren" Mittäters (TürklingelFall) irren sich die übrigen Beteiligten über dessen subjektive Bereitschaft zur Tat und über die objektiven Auswirkungen der Handlung. Entweder mußten also beide Fehlvorstellungen gleichsam zu Ungunsten der Irrenden wirken oder die Beteiligten in beiden Fällen entlasten. 590 b) Die Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft Neben der den untauglichen Versuch betreffenden Thematik ist die Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft zu diskutieren. Dies deshalb, da sich der den strafbaren Versuch ausmachende Vorsatz sowohl auf die Tatbestandsmerkmale als auch auf die TäterschaftsmerkmaIe beziehen kann. So sind drei Versuchs-Konstellationen denkbar: 1.) Versuchter Tatbestand plus "tatsächliche" Täterschaft, 2.) vollendeter Tatbestand plus "vermeintliche" Täterschaft sowie 3.) versuchter Tatbestand plus "vermeintliche" Täterschaft. Bei der vorliegenden Konstellation handelt es sich um den letztgenannten Fall, also um ein Defizit im objektiven Bereich in zweierlei Hinsicht. Zum ei588 Ingelfinger, JZ 1995,704 ff., 714. So auch: Geppert, JK 1995, StGB § 25 II / 9a; Joerden, JZ 1995,735 f., 736. 589 So auch: Erb, NStZ 1995,424 ff., 425; Joecks, wistra 1995, 58 ff., 59; Zopfs, Jura 1996, 19 ff., 22. 590 KüpperlMosbacher, JuS 1995,488 fI, 492; Graul, JR 1995,427 ff., 428.

9 Buser

l30

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

nen handelt es sich um einen versuchten Betrug, zum anderen um eine "vermeintliche" Mittäterschaft. Ein lediglich versuchter Betrug deshalb, weil die Versicherung nicht durch Vorspiegelung falscher Tatsachen - A wurde ja tatsächlich beraubt - getäuscht wurde. Eine nur "vermeintliche" Mittäterschaft591 deshalb, weil ein von einem gemeinsamen Tatentschluß getragener Tatplan nicht vorlag. Dabei soll der Begriff der "vermeintlichen" Mittäterschaft lediglich das im Bereich der Täterschaftsmerkmale liegende Defizit umschreiben, jedoch keineswegs die Beantwortung der Frage präjudizieren, ob dieses Defizit zur Strafbarkeit in Form einer "vollendeten" Mittäterschaft oder "versuchten" Mittäterschaft oder zur Straflosigkeit führt. Diese beiden .in der vorliegenden Kombination auftretenden "Versuchs" -Komponenten - versuchter Betrug und "vermeintliche" Mittäterschaft - machen das spezifische Gepräge des Falls aus. Da A weder Mittäter des B war noch B die Schadensmeldung selbst abgab, gilt es zu untersuchen, ob eine solche "vermeintliche" Mittäterschaft eine die Zurechnung der Ausführungshandlung des A begründende Basis darstellt. Es geht also um die Zurechnung von Verhalten einer Person, die zwar fiir einen Mittäter gehalten wird, aber in Wirklichkeit kein Mittäter ist. Damit stellt sich die Frage, ob "das rechtstreue Verhalten eines Bürgers allein durch tatsächlichen Irrtum eines Deliktsbereiten in dieser durch Irrtum verfälschten Form als Tatbeitrag zugerechnet werden"s92 kann. Das Hauptaugenmerk ist hierbei auf strukturelle Erwägungen zu richten (aa), ehe ein Vergleich mit ähnlich gelagerten Konstellationen herangezogen wird (bb). Auch wird man sich die Frage stellen müssen, ob die "vermeintliche" Mittäterschaft einer gesetzlichen Normierung bedarf (cc) und ob § 25 Abs. 2 StGB auch die Zurechnung nicht-kriminellen Verhaltens zuläßt (dd). Schließlich wird auf die Strafwürdigkeit eines in "vermeintlicher" Mittäterschaft begangenen Delikts (ee» und kriminalpolitische Erwägungen (:ff) einzugehen sein. 00)

Die strukturellen Erwägungen

Um der Lösung des Problems gerecht werden zu können, ist die Frage nach der strukturellen Möglichkeit einer auf einer "vermeintlichen" Mittäterschaft 591 Obwohl B seine Be10hnWlg bereits Wlabhängig vom Gelingen des Betrugs erhielt, ist dessen die Mittäterschaft kennzeichnende Tatinteresse an der BegehWlg des Betrugs vom 4. Strafsenat bejaht worden. So auch: BGHR, StGB, § 25 Abs. 2, Mittäter, 3, wonach der Umstand, daß der Beteiligte die Be10hnWlg schon vor der Anme1dWlg der angeblichen Diebstahlsschäden erhalten habe, seinem wirtschaftlichen Interesse am Gelingen des Gesamtplans nicht entgegenstehe. Hiergegen wendet Joecks, wistra 1995, 58 ff., 58, ein, daß es bei einer solchen Sicht der Dinge keine entlohnte Beihilfe mehr gäbe. Kritisch dazu auch: KüpperlMosbacher, JuS 1995, 488 ff, 490; RoßmüllerIRohrer, MDR 1986,986 ff., 988. 592 Kühne, NJW 1995, 934; Zieschang, ZStW 107 (1995),361 ff., 381 (Fn. 75).

B. Die AuseinandersetzWlg mit dem Schrifttum

131

basierenden Zurechnung zu stellen. Dabei wird es zum einen darauf ankommen, ob eine "vermeintliche" Mittäterschaft überhaupt in das strafrechtliche Gefüge eingebettet werden kann [(1)] Zum anderen gilt es zu klären, ob sie bejahendenfalls eine ausreichende Zurechnungsbasis hergibt [(2)]. (1) Die Mittäterschaft als subjektiv-objektives Täterschaftsmerkmal Bloy lehnt die Konstruktion einer "vermeintlichen" Mittäterschaft ab, indem er sich allein auf die Frage der Strafbarkeit einer bloßen ''versuchten Täterschaft" beschränkt: So sei der strafbare Versuch "die täterschaftlich begangene versuchte Straftat, nicht die in versuchter Täterschaft begangene Straftat".593 Den Versuch könne man nicht als "versuchte Täterschaft" interpretieren, da der Handelnde sonst wegen eines Verhaltens zur Rechenschaft gezogen werde, das weder Täterschaft noch Teilnahme sei. S94 Der Versuch stelle aber nicht eine eigenständige Beteiligungsform dar, sondern eine Deliktsverwirklichungsstufe, auf der die Beteiligungsformen keine anderen seien als auf der der Vollendung. s9s Bloy verkennt jedoch, daß auch in den Fällen der "vermeintlichen" Mittäterschaft der Beteiligte nicht wegen versuchter Täterschaft, sondern wegen eines versuchten Delikts bestraft werden soll. Für dessen Bestrafung genügt es selbstverständlich nicht, daß er nur Täter sein will, sondern dessen Vorsatz muß sich gerade auch auf die Verwirklichung eines bestimmten Delikts beziehen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß in den hier behandelten Fällen die Strafbarkeit wegen bloßen Versuchs keineswegs darauf basieren soll, daß nur eine "vermeintliche" Mittäterschaft vorliegt, sondern darauf, daß es nicht zu einer objektiven Vollendung des projektierten Delikts gekommen ist. In den Fällen der "vermeintlichen" Mittäterschaft ist eine Bestrafung wegen Versuchs dadurch zu erreichen, daß die die Mittäterschaft ausmachenden Elemente als die jeweiligen Deliktsmerkmale ergänzende Täterschaftsmerkmale angesehen werden. Welcher Art die die Mittäterschaft ausmachenden Täterschaftsmerkmale sind, zeigen die folgenden Überlegungen: Häufig wird das die Mittäterschaft ausmachende Täterschaftsmerkmal mißverständlich als "gemeinsamer Tatentschluß" charakterisiert. s96 Dies führt vielfach zu der Fehldeutung, daß es sich dabei um ein subjektives Merkmal handele. Dies wiederum könnte zu der Annahme führen, daß aufgrunddessen, daß die subjektiven Täterschaftsmerkmale bei jedem Mittäter selbst erfüllt sein müssen,

Die Beteiligllilgsform als ZurechnWlgStypUS im Strafrecht, 265. Die Beteiligllilgsform als Zurechnllilgstypus im Strafrecht, 265. 595 Bloy, Die Beteiligllilgsform als ZurechnWlgStypUS im Strafrecht, 265. S96 So neben vielen: Cramer, Sch/Seh, 25. Auflage, § 25 StGB, Rn. 70. 593 Bloy,

594 Bloy,

132

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlÖSWlg auf die kritischen Fälle

bei Nichtvorliegen eines "gemeinsamen Tatentschlusses" eine Bestrafung als Mittäter ausscheidet. Dies geht jedoch fehl. Denn der "gemeinsame Tatentschluß" stellt die Summe der Tatentschlüsse der einzelnen Genossen dar. Beim mittäterschaftlichen Versuch setzt sich also der "gemeinsame Tatentschluß" aus dem Tatentschluß des noch untätig gebliebenen Beteiligten und dem Tatentschluß des bereits unmittelbar handelnden Beteiligten zusammen. Wie aber soll ein Merkmal wie der "gemeinsame Tatentschluß", das sich nicht nur auf eine bestimmte subjektive Befindlichkeit des noch untätig Gebliebenen, sondern auch auf eine bestimmte subjektive Befindlichkeit des bereits unmittelbar Handelnden bezieht, allein dem subjektiven Bereich des nochuntätig Gebliebenen zuzuordnen sein? Die innere Beziehung des nur objektiv zur Tat ansetzenden Beteiligten zu seiner Tat muß vielmehr für die hier allein interessierende Tat des noch untätig gebliebenen Beteiligten zum Bereich der äußeren Täterschaftsmerkmale gerechnet werden, weil sie einen Umstand darstellt, der außerhalb der Person des noch untätig gebliebenen Beteiligten liegt.597 Daher ist auf die bereits oben598 erläuterte Trennung zwischen Tatplan und Tatentschluß im Planungsstadium einerseits und Tathandlung und Tatentschluß im Ausfiihrungsstadium andererseits hinzuweisen. Der im Planungsstadium vorhandene Tatplan und die im Ausfiihrungsstadium vorhandene Tathandlung sind objektive Täterschaftsmerkmale. Obwohl also der Tatplan häufig nur in den Köpfen der einzelnen Mittäter existiert, ist er dem objektiven Bereich zuzuordnen. Der im Planungsstadium vorhandene und sich auf den Tatplan beziehende Tatentschluß des einzelnen Genossen und der im Ausfiihrungsstadium vorhandene und sich auf die Tathandlung beziehende Tatentschluß des einzelnen Genossen sind subjektive Täterschaftsmerkmale. Damit wird auch die strukturelle Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft deutlich. Sie ist ebenso wie in den Normalfällen des Versuchs dadurch gekennzeichnet, daß ein objektives Merkmal nicht, das sich hierauf beziehende subjektive Merkmal jedoch gegeben ist. Bei der ''vermeintlichen'' Mittäterschaft gibt es somit zwei mögliche Konstellationen: 1.) Tatplan plus Tatentschluß im Planungsstadium bloß eines der Beteiligten oder 2.) kein Tatplan plus Tatentschluß im Planungsstadium bloß eines der Beteiligten. Die erste Konstellation wohnt dem Brandstifter-Fall inne: A, BI und B2 haben objektiv geplant, das Werkstattgebäude in Brand zu setzen. Tatentschluß, den so geplanten Versicherungsbetrug tatsächlich zu begehen, hatten aber nur BI und B2. Die zweite Konstellation ist dem MÜßZhändler-Fall und dem ViehhändlerFall zuzuordnen: Ein Tatplan liegt objektiv nicht vor - A und B traten weder in Kontakt noch war ein stillschweigendes Einverständnis gegeben -. B hatte 597 Dies hat auch Dencker, Kausalität Wld Gesamttat, 241, erkannt, ohne jedoch mit diesem Gedanken die strukturelle Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft zu begründen. 598 Siehe oben S. 102 f.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

133

jedoch Tatentschluß hinsichtlich eines stillschweigenden Einverständnisses zwischen ihm und A zur Begehung eines Betrugs. In allen drei Fällen liegt somit eine ''venneintliche'' Mittäterschaft vor. Auch ein Vergleich mit der umgekehrten Konstellation unterstreicht die Möglichkeit einer "venneintlichen" Mittäterschaft. Wenn die irrige Verkennung eines tatsächlich vorliegenden Willenskonnexes gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB zum Vorsatzausschluß führt und damit eine Haftung nach § 25 Abs. 2 StGB ausschließt599, muß die spiegelbildliche Konstellation, also die irrige Annahme eines tatsächlich nicht vorliegenden Willenskonnexes auch spiegelbildlich dadurch gelöst werden, daß dieser umgekehrte Irrtum zur Strafbarkeit führen kann. Ein solches Zusammenspiel zwischen objektiven und subjektiven Mittäterschaftsmerkmalen erkennt auch Gössel, wonach die finale Tatherrschaft des Kollektivs ein objektives Moment sei. 600 Neben diesem objektiven Moment sei subjektiv der Vorsatz zur Teilhabe an der Tatherrschaft des Kollektivs erforderlich. 601 (2) Die Zurechnungsbasis als subjektives Element Ist damit die strukturelle Möglichkeit einer ''venneintlichen'' Mittäterschaft gegeben, sind im folgenden deren die Zurechnungsproblernatik betreffenden Konsequenzen zu erörtern. Denn nur, wenn man bereits den bei einem der Beteiligten vorliegenden Tatentschluß im Planungsstadium als Zurechnungsbasis ausreichen läßt, kann ein in "venneintlicher" Mittäterschaft begangenes Delikt strafrechtlich sanktioniert werden. Dies verneint Ahrens, wonach der bloße Glaube an eine Zurechnung noch kein strafwürdiges Aufbegehren gegen die Rechtsordnung darstelle, sondern sich dieses Aufbegehren in einer einem objektiven Straftatbestand entsprechenden Handlung manifestieren müsse. 602 Einzig Heckler hält eine Zurechnung für möglich. Während er bei der "tatsächlichen" Mittäterschaft die Zurechnung auf das Vorliegen eines gemeinsamen Tatplans stützt, läßt er hierfür bei der "venneintlichen" oder "Schein"Mittäterschaft die Vorstellung der am Tatplan Festhaltenden oder irrig von einem Tatplan Ausgehenden genügen. 603 Er ist der Ansicht, daß sich nach der in § 22 StGB verorteten Ansatzfonnel die Beantwortung der Frage, ob zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt und damit das Versuchsstadium erreicht So: Maurach/GiJsse/lZipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 300 ( GiJssel, Jescheck-FS, 537 tr., 554. 601 GiJssel, Jescheck-FS, 537 ff., 554. 602 Ahrens, JA 1996, 664 ff., 669. 603 Heckler, GA 1997,73 ff., 80. 599

600

134

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

worden sei, nach der Vorstellung des Täters von der Tat richte. 604 Diese subjektive Tatsachenbasis sei der objektiv-rechtlichen Beurteilung der Frage zugrunde zu legen, ob der Täter schon zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt habe. 605 Daraus folgert Heckler, daß in den Fällen, in denen die Zurechnungsvoraussetzungen allein nach der Vorstellung des am Tatplan Festhaltenden vorlägen, dieser das Versuchsstadium gleichwohl erreicht habe. 606 Denn wenn dessen Vorstellungsbild von der Tat darüber entscheide, ob die vorgenommene Handlung als Betätigung des Tatentschlusses (objektiv) den Eintritt in das Versuchsstadium bedeute, dann könne es keinen Unterschied machen, ob er diese Handlung selbst vornehme oder sich zurechnen lassen wolle. 607 Da die Tätervorstellung die Bewertungsgrundlage fur die Frage des Versuchsbeginns bilde, erreiche der am Tatplan Festhaltende oder irrig von einem Tatplan Ausgehende das Versuchsstadium daher wie jeder andere auch, sobald aufgrund des von ihm vorgestellten Tatbilds nach objektiven Kriterien ein Versuch anzunehmen sei. 608 Zu eben diesem vorgestellten Tatbild gehöre aber auch die Vorstellung, ihm könne die fremde (vermeintliche) versuchsbegrundende Handlung mittäterschaftlich zugerechnet werden. 609 Die die Zurechnungsbasis bei der ''vermeintlichen'' oder "Schein" Mittäterschaft betreffenden Ausfiihrungen Hecklers verdienen aufgrund der folgenden Erwägungen Beifall. Bei der "tatsächlichen" Mittäterschaft ergeben der Tatplan sowie ein bei beiden Beteiligten vorliegender Tatentschluß im Planungsstadium die Zurechnungsbasis fur die Tathandlung. Die Frage, ob bereits der Tatentschluß im Planungsstadium eine ausreichende Zurechnungsbasis darstellt, braucht dort aufgrunddessen, daß mit dem gemeinsamen Tatplan auch das objektive Element der Mittäterschaft vorliegt, nicht erörtert zu werden. Die Beantwortung dieser Frage rur den Fall, daß ein gemeinsamer Tatplan nicht vorliegt, hängt somit von der genauen Charakterisierung der Zurechnungsbasis ab: Zurechnungsbasis ist nicht der von einem gemeinsamen Tatentschluß getragene gemeinsame Tatplan, sondern die Zurechnungsbasis ist fur jeden Beteiligten, da es ja auch nur up1 dessen Bestrafung geht, nicht aber um die Bestrafung eines Kollektivs, gesondert festzustellen. Zurechnungsbasis ist damit der sich im Planungsstadium auf einen gemeinsamen Tatplan beziehende Tatentschluß des jeweiligen Beteiligten, dessen Strafbarkeit in Rede steht. Dies deshalb, da Grundlage der Zurechnung der einzelnen Tatteile "nicht der rein tatsächliche Einfluß ist, den ein Mittäter auf das Han604 Heckler,

Heckler, 606 Heckler, 607 Heckler, 608 Heckler, 609 Heckler, 605

GA GA GA GA GA GA

1997, 72 fI, 78. 1997,72 fI, 78. 1997,72 ff., 78. 1997,72 ff., 79. 1997,72 ff., 79. 1997,72 ff., 79.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

135

deIn des anderen gehabt hat oder hätte haben können"610, sondern allein die Tatsache, daß das Verhalten des einen Beteiligten dem Willen des anderen Beteiligten entspricht. Freilich muß dieser Wille nach außen getreten sein, da niemand wegen bloßer finsterer Gedanken bestraft werden kann. 61 I Daher wendet auch Roxin ein, daß die Gesamtlösung zu einer Strafbarkeit wegen Mittäterschaft beim Versuch führe, obwohl schlechterdings nichts geschehen sei. 612 Diese Kritik geht jedoch ins Leere. Denn im Brandstifter-Fall ist der Wille von BI und B2 dadurch nach außen getreten, daß sie die Tat mit Abis ins Detail planten. Im MÜßZhändler-Fall fehlt es zwar an einer solchen in die Außenwelt getretenen Planung zwischen A und B, aber B hat dadurch, daß er die Tat mit C geplant und anschließend A überfallen hat, seinen Willen deutlich in der Außenwelt manifestiert. Bei der lediglich "vermeintlichen" Mittäterschaft ist daher zulasten des einen Tatentschluß innehabenden Beteiligten eine ausreichende Zurechnungsbasis vorhanden. Ingelfinger befürchtet nun, daß im MÜßZhändler-Fall aufgrunddessen, daß zwischen der Ausfiihrungshandlung des A und dem Plan des B jeglicher innere Zusammenhang fehle, "auf das für die Zurechnung von Tatbeiträgen bei der Mittäterschaft sonst nach der Rechtsprechung so wichtige 'Rückgrat' des gemeinsamen Tatentschlusses ... völlig verzichtet,,613 werde. Dem ist jedoch entgegenzuhalten' daß der Tatplan innerhalb der Vorstellungswelt des in Rede stehenden Betroffenen Berücksichtigung findet. Gerade dies ist die klassische Versuchskonstellation. Auch beim Versuch des Alleintäters findet die Möglichkeit, daß ein tatsächlich nicht eingetretener Erfolg dem Handeln des einzelnen hätte objektiv zugerechnet werden können, allein in der Vorstellungswelt des Versuchstäters Berücksichtigung. Außerdem behält der allein in der Vorstellungswelt eines der Beteiligten existierende Tatplan dahingehend seine Bedeutung, daß dieser das Substrat für die Qualifizierung des Beteiligten als Gehilfen oder Mittäter darstellt. So ist der Tatentschluß im Planungsstadium selbstverständlich nur dann Zurechnungsbasis, wenn der vom noch untätig gebliebenen Beteiligten ins Auge gefaßte Tatbeitrag einen solchen mittäterschaftlicher Art darstellt. 614

Schröder, JR 1958, 427 f. Siehe oben S. 75 f. 612 Roxin, Odersky-FS, 489 f1, 496. 613 Ingelfinger, JZ 1995, 704 ff., 706. 614 Daher dürften die Anhänger der engen Tatherrschaftslehre, die nur in einem im Ausft1hrungsstadiwn erbrachten Tatbeitrag einen solchen mittäterschaftlicher Art erblicken, im Münzhändler-Fall nicht zu einer Bestrafimg des B kommen, da der in der Vorstellungswelt des B existierende Tatplan keinen von ihm im Ausft1hrungsstadiwn des Betrugs zu erbringenden Tatbeitrag vorsah. 610

611

136

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

bb) Der Vergleich mit ähnlich gelagerten Konstellationen

Diese Möglichkeit einer "venneintlichen" Mittäterschaft für den Fall einer Vereinbarung mit· einem tatunwilligen Beteiligten oder gar einer fehlenden Vereinbarung kann auch anband eines Vergleichs mit ähnlich gelagerten Konstellationen untennauert werden. In Betracht kommen insoweit sowohl die versuchte Beteiligung [( 1)] und die "venneintliche" mittelbare Täterschaft [(2)] als auch der Versuch des untauglichen Subjekts [(3)]. (1) Die versuchte Beteiligung (a) Die rechtliche Behandlung der versuchten Beteiligung Das Problem des "venneintlichen" Beteiligten wurde bisher nur im Zusammenhang mit den in § 30 StGB geregelten Begehungsfonnen diskutiert. Richtigerweise wurde dort das Problem, welche Bedeutung dem Mangel an Ernstlichkeit zukommt, als reines Vorsatzproblem behandelt. 61S So ist im Fall der versuchten Anstiftung der beim Angestifteten vorhandene Mangel an Ernstlichkeit für die Strafbarkeit des Anstifters nach § 30 Abs. 1 StGB unbeachtlich. 616 Auch auf die Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 StGB ist die subjektive Befindlichkeit des anderen ohne Einfluß. So kommt es für die Strafbarkeit des Sichbereiterklärenden nach § 30 Abs. 2 Fall 1 StGB nicht darauf an, ob die Aufforderung, auf die das Sichbereiterklären folgt, ihrerseits ernst gemeint iSt. 617 Auch im Fall der Annahme des Erbietens kommt es für die Bestrafung nach § 30 Abs. 2 Fall 2 StGB nicht auf die Ernstlichkeit des Erbietens durch den anderen an. 618 Diese Grundsätze gelten auch für den Fall der Verbrechensverabredung, so daß, wenn von zwei Verabredenden der eine nur zum eramer, SchlSch, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 26. BGHSt 7, 234 ff., 238; Blei, NJW 1958, 30; Cramer, SchlSch, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 28; Eser, Strafrecht TI, 214 (Rn. 13); Roxin, LK, 10. Auflage, § 30 StGB, Rn. 18; Schröder, JuS 1967,289 tT., 294. Abweichend: Letzgus, Vorstufen der Beteiligung,183. 617 BGHSt 10, 388 ff., 389; Blei, NJW 1958, 30; Cramer, SchlSch, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 27; Schröder, JuS 1967,289 tT., 294. Abweichend: Eser, Strafrecht TI, 214 (Rn. 12). 618 BGHSt 10, 388 tT.; Cramer, SchlSch, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 28; Eser, Strafrecht TI, 214 (Rn. 13); MaurachlGössellZipf, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 373; Otto, ZStW 87 (1975), 539 ff., 569 (Fn. 105); Preisendanz, StGB, 30. Auflage, § 30 StGB, Anm. 4b; Roxin, LK, 10. Auflage, § 30 StGB, Rn. 92; Schröder, JuS 1967, 289 tT., 294 (Fn. 36); Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 30 StGB, Rn. ll. Abweichend: RGSt 1, 338 ff., 340 ff.; RG GA 1894, 122 ff., 122; RGSt 57, 243 ff., 245 f.; Blei, NJW 1958, 30; JescheckIWeigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 705; KohlrauschILange, StGB, 43. Auflage, § 49a StGB, Anm. Y.3.; Letzgus, Vorstufen der Beteiligung, 184 f.; Schmidhauser, Strafrecht AT, 2. Auflage, 646. 615 616

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

137

Schein mitwirkt, dennoch der andere nach § 30 Abs. 2 Fall 3 StGB zu bestrafen iSt. 619 (b) Die Konsequenzen für die "venneintIiche" Mittäterschaft

Eine mit der "venneintIichen" Mittäterschaft vergleichbare Lage ist bei der versuchten Beteiligung unverkennbar. (aa) Die strukturelle Vergleichbarkeit Dies ergibt sich zunächst aus der sich aus den folgenden Erwägungen ergebenden strukturellen Vergleichbarkeit der beiden Konstellationen. Ebenso wie bei der Mittäterschaft ist bei der Beteiligung nach § 30 StGB in Planungsstadium und Ausführungsstadium zu unterscheiden. Das im Planungsstadium liegende Anstiften, Sichbereiterklären, Annehmen des Erbietens und Verabreden ist ebenso wie der mittäterschaftliche Tatplan ein objektives Merkmal. Der hierauf gerichtete Vorsatz des Beteiligten ist ebenso wie der Tatentschluß des Mittäters ein subjektives Merkmal. Sind beide Merkmale gegeben, so wird der Beteiligte bestraft, ohne daß es auf die subjektive Befindlichkeit des anderen im Zeitpunkt der Planungsphase ankommt. Dasselbe muß dann auch für den Fall der venneintIichen Mittäterschaft gelten. Gerade diese strukturelle Vergleichbarkeit verkennt Puppe, wenn sie folgendermaßen argumentiert: "Eine Plangemeinschaft muß wirklich zustande gekommen sein und dazu gehört beiderseitige ernsthafte Tatbereitschaft. Es genügt nicht, daß der eine an die Tatbereitschaft des anderen glaubt, auch dann nicht, wenn dieser sie ilun eindeutig erklärt hat. Wer dem anderen Tatbereitschaft vorspiegelt, macht sich nicht einmal nach § 30 StGB wegen Verabredung eines Verbrechens strafbar, sondern allenfalls wegen psychischer Beihilfe, sofern der andere die Tat wirklich ausführt und sich dabei durch das Vertrauen auf seine Mitwirkung bestärkt fiIhlt. ,.620

Puppes Argumentation geht fehl, weil sie auf die Straflosigkeit desjenigen abstellt, der nur zum Schein ein Verbrechen verabredet. Richtigerweise hätte sie jedoch die Situation des Beteiligten, der von der Mittätereigenschaft des 619 BGH NJW 1951,666 f.; BGH NJW 1953, 1760; Blei, NJW 1958, 30; Busch, LK, 9. Auflage, § 49a StGB, Rn. 30; Cramer, SchISeh, 25. Auflage, § 30 StGB, Rn. 29; Eser, Strafrecht II, 214 (Rn. 14); Letzgus, Vorstufen der Beteiligung, 183; Schröder, JuS 1967,289 fI., 294. Abweichend: RGSt 58, 392 tI., 393; KG GA 1971, 54 f., 55; KohlrauscMAnge, StGB, 43. Auflage, § 49a StGB, Anm. V.I.; Maurach, Strafrecht AT, 4. Auflage, 704; Maurach, JZ 1961, 137 ff., 139; MaurachlGössel/Zip/, Strafrecht AT 2, 7. Auflage, 372; Roxin, LK, 10. Auflage, § 30 StGB, Rn. 61; Samson, SK, 6. Auflage, § 30 StGB, Rn. 20; Schmidhtiuser, Strafrecht AT, 2. Auflage, 646; Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 30 StGB, Rn. 12. 620 Puppe, NStZ 1991, 571 ff. Thr diesbezüglich zustinunend: Hau/, NStZ 1994,263 ff.,264.

138

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

anderen ausgeht, mit der Situation gerade desjenigen, der trotz der fehlenden Bereitschaft des anderen wegen Verbrechensverabredung zu bestrafen ist, abstellen müssen. Auch die Tatsache, daß der nach § 30 StGB Beteiligte nur für eigenes Handeln bestraft wird, der Mittäter jedoch aufgrund des eigenen Verhaltens auch für die fremde Ansatzhandlung zur Verantwortung gezogen wird, ändert nichts an der strukturellen Vergleichbarkeit beider Konstellationen. Dies liegt in der Natur der dem § 30 StGB unterliegenden Regelungsmaterie. Eine Strafbarkeit nach § 30 StGB kommt nur dann in Betracht, wenn die projektierte Tat gerade nicht ins Ausfiihrungsstadium gelangt. Daher kommt es in den Fällen des § 30 StGB nicht auf die Ausfiihrungshandlungen und darauf gerichtete subjektive Elemente anderer Beteiligter an. Desweiteren ist darauf hinzuweisen, daß die Haftung des Mittäters für fremdes Verhalten ebenfalls wie die Strafbarkeit des nach § 30 StGB Beteiligten in dessen im Planungsstadium liegenden Verhalten begründet ist. Der Mittäter haftet aufgrund seines sich auf die projektierte Tat beziehenden Tatentschlusses im Planungsstadium. Ebenso ist für die Bestrafung des Beteiligten nach § 30 StGB die projektierte Tat nicht ohne Bedeutung. So entscheidet die Art des verabredeten Delikts über das Ob und Wie der Bestrafung. (bb) Der Strafgrund für die versuchte Beteiligung Diese vergleichbare Konstellation könnte man jedoch dann nicht heranziehen, wenn die Strafbarkeit der versuchten Beteiligung auf einem für die "vermeintliche" Mittäterschaft nicht zutreffenden Strafgrund basieren würde. In diese Richtung argumentiert Kühne. So sei im Fall der "vermeintlichen" Mittäterschaft wie auch bei der versuchten Beihilfe der Tatbeitrag so weit in den bloßen bösen Gedanken verlagert, daß eine nach außen wirksame Rechtsgutsgefährdung nicht mehr ersichtlich sei. 621 Deshalb bestehe, anders als bei der versuchten Anstiftung, wo eine deutliche Außenwirkung mit Gefährdungspotential festzustellen sei, weder Interesse noch Legitimation der Gesellschaft, mit Sanktionen zu intervenieren. 622 Kühne verkennt jedoch, daß sowohl im Fall der versuchten Anstiftung als auch im Fall der ''vermeintlichen'' Mittäterschaft keine Rechtsgutsgefährdung nach außen vorliegt. In beiden Fällen handelt es sich um einen untauglichen Versuch, so daß weder bei der versuchten Anstiftung noch bei der "vermeintlichen" Mittäterschaft das ins Visier genommene Rechtsgut einer Gefahr ausgesetzt ist. Dasselbe gilt für die Beteiligungsformen nach § 30 Abs. 2 StGB.

621 622

Kahne, NJW 1995, 934. Kahne, NJW 1995, 934.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

139

(cc) Der Erst-recht-Schluß aus § 30 StGB Im Zusammenhang mit der dem § 30 StGB innewohnenden Regelungssystematik bleibt abschließend zu klären, ob nicht aus der Tatsache, daß die versuchte Beihilfe straflos ist, auch die Straflosigkeit des in "vermeintlicher" Mittäterschaft begangenen Delikts zu folgen hat. Da jedoch die Mittäterschaft gegenüber der Beihilfe ein Mehr an Strafwürdigkeit in sich trägt, ist ein solcher Schluß nicht zulässig. Vielmehr ist aus der Regelung des § 30 StGB ein Erst-recht-Schluß zu ziehen. Wenn bereits die versuchte Beteiligung Strafe nach sich zieht, muß dies erst recht für eine ''vermeintliche'' Mittäterschaft gelten. (2) Die ''vermeintliche'' mittelbare Täterschaft Auch ein Vergleich mit der Konstellation der "vermeintlichen" mittelbaren Täterschaft unterstreicht die Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft. So ist eine "vermeintliche" mittelbare Täterschaft anzunehmen, wenn der Hintermann subjektiv von seiner Tatherrschaft und der Werkzeugeigenschaft des Vordermanns ausgeht, der Vordermann objektiv aber kein Werkzeug des Hintermanns ist. Jedenfalls diejenigen, die in den Fällen der "vermeintlichen" mittelbaren Täterschaft den Hintermann wegen eines in mittelbarer Täterschaft begangenen - versuchten oder vollendeten - Delikts bestrafen623 , müssen auch in den Fällen der ''vermeintlichen'' Mittäterschaft zu einer Bestrafung des noch untätig gebliebenen Beteiligten wegen eines in Mittäterschaft begangenen Delikts gelangen. Die Vergleichbarkeit der beiden Konstellationen ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Das die Täterschaft ausmachende objektive Element ist bei der mittelbaren Täterschaft die Werkzeugeigenschaft des Vordermanns, bei der Mittäterschaft der gemeinsame Tat623 Für vollendete mittelbare Täterschaft: RGSt 42, 151 fT., 155 f.; RGSt 57, 274; RGSt 60,365 fT., 370; Baumann, JZ 1958,230 f1, 232 fT.; Baumann, JuS 1963, 51 fT., 59; Baumann, JuS 1963, 85 fT., 96 f.; Baumann/WeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 626 (Rn. 124), 633 (Rn. 152); Niethhammer, 0lshausensK, § 48 RStGB, Arun. 8; Schr6der, Sch/Sch, 17. Auflage, Vorbem § 47 StGB, Rn. 22, 94; Zimmerl, Aufbau des Strafrechtssystems, 145. Für versuchte mittelbare Täterschaft: Herzberg, Täterschaft und Tatherrschaft, 45; Letzgus, Vorstufen der Beteiligung, 30 (Fn. 48); Maurach, Strafrecht AT, 4. Auflage, 675; Samson, Strafrecht I, 7. Auflage, 211 fT.; Samson, SK, 6. Auflage, § 25 StGB, Rn. 112. Für versuchte mittelbare Täterschaft in Tateinheit mit vollendeter Anstiftung: Roxin, LK, 11. Auflage, § 25 StGB, Rn. 146 f Für vollendete Anstiftung: Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, Vorbem §§ 25 fT. StGB, Rn. 79; Graul, JR 1995,427 fT., 429; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, 5. Auflage, 671; Lackner, StGB, 22. Auflage, § 25 StGB, Rn. 5; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Auflage, 271 fT.; Stratenwerth, Strafrecht AT I, 3. Auflage, 262 (Rn. 959 f); von Uthmann, NJW 1961, 1908 f, 1909. Für versuchte Anstiftung: Kadel, GA 1983,299 fT., 308 f

140

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

plan. Das die Täterschaft ausmachende subjektive Element ist bei der mittelbaren Täterschaft der sich auf die Werkzeugeigenschaft beziehende Vorsatz des Hintermanns, bei der Mittäterschaft der sich auf den gemeinsamen Tatplan beziehende Tatentschluß im Planungsstadium. Geht nun der Hintermann von der tatsächlich nicht vorhandenen Werkzeugeigenschaft des Vordermanns aus, so ist hier aufgrund des Mangels im objektiven Bereich eine ähnliche Konstellation gegeben, wie dort, wo ein noch untätig gebliebener Mittäter von einem tatsächlich nicht vorhandenen gemeinsamen Tatplan ausgeht. Ebenso wie sich derjenige, der "mittelbarer Täter sein will", die Handlungen des Vordermanns zurechnen lassen muß, muß sich derjenige, der "Mittäter sein will", die Handlungen des anderen Beteiligten zurechnen lassen. (3) Der Versuch des untauglichen Subjekts Beachtung ist in diesem Zusammenhang auch dem Versuch des untauglichen Subjekts zu schenken. Auch hier handelt es sich um den Irrtum des Täters über seine Täterqualität. Jedenfalls diejenigen, die eine Strafbarkeit des untauglichen Subjekts befiirworten624, sollten auch die Möglichkeit einer "vermeintlichen" Mittäterschaft bejahen. Denn sie stützen sich darauf, daß sich die Strafbarkeit des untauglichen Subjekts daraus ergebe, daß sein Wille auf die Verwirklichung tatbestandlichen Unrechts gerichtet sei. Diese Erwägung trifft auch auf einen Beteiligten zu, der sich irrigerweise fiir einen Mittäter eines "vermeintlichen" Mittäters hält. Wie das untaugliche Subjekt will auch dieser in täterschaftlicher Weise ein Delikt begehen. cc) Die Unbeachtlichkeit der fehlenden gesetzlichen Normierung

Trotz der zugunsten einer "vermeintlichen" Mittäterschaft sprechenden strukturellen Argumente ist zu überlegen, ob einer solchen die fehlende ausdrückliche gesetzliche Normierung entgegensteht. So ist Kühne der Ansicht, daß der 4. Strafsenat contra legern die Strafbarkeit des "Versuchs der Mittäterschaft" eingefiihrt habe. 625 Eine ausdrückliche gesetzliche Normierung der Strafbarkeit einer "vermeintlichen Mittäterschaft" ist jedoch, da das Problem der "vermeintlichen" Mittäterschaft stets in Bezug auf das im Schilde gefiihrte Delikt gesehen werden muß, nicht erforderlich. Denn in der vorliegenden Konstellation soll eine Bestrafung nicht wegen versuchter Mittäterschaft, sondern wegen eines mittäterschaftlich versuchten Delikts erfolgen. B wird nicht 624 So insbesondere: BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 547 (Rn. 30); Eser, SchiSch, 25. Auflage, § 22 StGB, Rn. 76; Rudolphi, SK, 6. Auflage, § 22 StGB, Rn. 26 ff.; Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 22 StGB, Rn. 28. 625 Kahne, NJW 1995, 934. Ebenso: Dencker, Kausalität Wld Gesamttat, 244.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttwn

141

dafür bestraft, weil er lediglich versucht, Mittäter zu sein. Er wird vielmehr dafür bestraft, weil er mittäterschaftlieh versucht, einen Betrug zu begehen. 626 Da also nicht die bloße "versuchte Täterschaft" bestraft werden soll, ist dafür auch keine besondere Vorschrift erforderlich. Eine besondere Vorschrift war nur für die Bereiche erforderlich, in denen es mangels eines mittäterschaftliehen Zurechnungsgegenstands konstruktiv nicht zu einer Haftung für objektives Handeln anderer Individuen kommen kann; also bei den Begehungsformen des § 30 StGB. Das Problem läßt sich also nicht auf die ''versuchte Täterschaft" reduzieren. Denn niemand will nur eine Teilnahme- oder Täterform, sondern stets ein Delikt vollenden.

dd) Die Zurechnung auch nicht-kriminellen Verhaltens Auch der Einwand Kühnes, daß § 25 Abs. 2 StGB wechselseitige Zurechnung von nur kriminellem Verhalten bezwecke627 , ist unzutreffend. Denn aus § 29 StGB ergibt sich, daß sich ein Mittäter aufgrunddessen, daß alle rechtlichen Bewertungen bei jedem Beteiligten einzeln und gesondert anzustellen sind, auch das schuldlose Handeln und damit ein nicht-kriminelles Verhalten seines Genossen zurechnen lassen muß.

ee) Die Strafwürdigkeit der "vermeintlichen" Mittäterschaft Auch gilt es, die Konstruktion der "vermeintlichen" Mittäterschaft an ihren Ergebnissen zu messen. Insbesondere unter dem Hinweis auf die "Merkwürdigkeit" der über die "vermeintliche" Mittäterschaft erzielten Ergebnisse, erntete die vom 4. Strafsenat entwickelte Lösung bei Küpper/Mosbacher heftige Kritik. Demnach würde eine Zurechnung zu merkwürdigen Ergebnissen führen, wenn sowohl der Tatplan als auch die entsprechende Versuchshandlung lediglich in der Vorstellung des noch Untätigen existierten. 628 Dies spreche dafür, daß zumindest einer der Beteiligten überhaupt in den strafrechtlich relevanten Versuchsbereich vorgedrungen sein müsse, um dessen Beitrag dem anderen als Versuchsbeginn im Rahmen der Mittäterschaft zuzurechnen. 629 Lasse man dagegen im MÜßZhändler-Fall die bloße Vorstellung des B vom Versuchsbeginn des A ausreichen, so Küpper/Mosbacher weiter, müsse ein zurechenbarer Versuch sogar dann bejaht werden, wenn A überhaupt nicht an

So auch: Heckler, GA 1997,72 ff., 77 (Fn. 31). Kühne, NJW 1995, 934. So auch: Geppert, JK. 1995, StGB § 25 II / 9a; Hugger, JuS 1990,972 ff., 977; RoßmüllerlRohrer, MDR 1996, 986 ff., 986. 628 KüpperlMosbacher, JuS 1995,488 ff., 492. 629 KüpperlMosbacher, JuS 1995,488 ff., 492. 626

627

142

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

die Versicherung schreibe, B dies aber annehme. 630 Wer so argumentiert, verkennt jedoch, daß im Müozhändler-Fall mit der Schadensmeldung des A eine Ausführungshandlung nicht nur in der Vorstellungswelt des B, sondern tatsächlich existierte. Eine Zurechnung im Müozhändler-Fall läßt keineswegs den zwingenden Schluß darauf zu, daß es für eine mittäterschaftliche Zurechnung bereits genügt, daß der Beteiligte lediglich annimmt, eine Ausführungshandlung des anderen läge vor. Da eine Ausführungshandlung objektiv vorlag, ging es hier allein um die Frage der Zurechnungsbasis. Gewinnbringender erscheint an dieser Stelle die Erörterung des Problems, daß es bei Anerkennung der Strafbarkeit bei lediglich "vermeintlicher" Mittäterschaft für die Strafverfolgungsorgane ein Leichtes wäre, eine Person durch Vortäuschen eines Tatplans und anschließende Vornahme einer nur objektiven Ansatzhandlung in den strafbaren Bereich zu bringen. So zum Beispiel, wenn im Brandstifter-Fall A ein Polizeibeamter gewesen wäre und allein aus dem Grund gehandelt hätte, BI und B2 hinter Gitter zu bringen. Man muß sich tatsächlich die Frage stellen, ob es gerecht wäre, B I und B2 einer Bestrafung wegen mittäterschaftlich versuchten Raubs zuzuführen, obwohl es der Polizist A von Anfang an nur hierauf angelegt hätte. Bei der Beantwortung kann hier nicht ohne weiteres auf die bei der agent-provocateur-Problematik zugunsten einer Strafbarkeit des Angestifteten vorgebrachten Argumente abgestellt werden, denn der Angestiftete wird dort für das eigene Verhalten - die eigene Haupttat - bestraft, während der Mittäter hier allein die Tat plant, selbst aber nicht unmittelbar Hand anlegt. Vielmehr ist auf die Strafwürdigkeit der bereits in der Planungsphase liegenden gewollten gegenseitigen Aktionskoordinierung und psychischen Beeinflussung abzustellen. Denn hierin liegt das Schwergewicht der Strafwürdigkeit des Mittäters. Dies insbesondere deshalb, da es häufig Konstellationen gibt, in denen die spätere tatsächlich erfolgte Beteiligung des Mittäters hinter der im Planungsstadium geplanten Beteiligung zurückbleibt. Da der Schwerpunkt der Strafwürdigkeit des Mittäters in der Planungsphase angelegt ist, ist es auch legitim, in den Fällen, in denen sich Strafverfolgungsorgane an der Planung beteiligen, den einen Tatentschluß innehabenden Mitplaner zu bestrafen. Er ist schließlich nicht gezwungen, die von den Strafverfolgungsorganen angebotene Tat mitzukoordinieren und dafür seine Beteiligung zuzusagen. Dies basiert vielmehr auf einem eigenen Tatentschluß. Etwaige Unbilligkeiten können wie bei der agent-provocateurProblematik auf der Strafzumessungsebene ausgegHchen werden: Zum einen kommt eine Strafmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB in Betracht, zum anderen ist zugunsten des Betroffenen die Art und Intensität der Einwirkung631 sowie

630 631

KüpperlMosbacher, JuS 1992,488 fT., 492. Triindle, StGB, 48. Auflage, § 46 StGB, Rn. 35c.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

143

die Tatsache, daß der Tatentschluß erst durch diese Einwirkung hervorgerufen wurde, zu berücksichtigen. jJ) Das kriminalpolitische Argument Abschließend ist auch noch auf eine kriminalpolitische Erwägung hinzuweisen. Würden die lediglich in der Planungs- und Vorbereitungsphase tätig gewordenen Beteiligten stets straflos ausgehen, wenn sich deren ''venneintlicher" Mittäter tatsächlich als deren Opfer herausstellt, so würde dies einer Flut von Schutzbehauptungen im Strafverfahren Tür und Tor öffnen. Denn die wegen eines gegen das Opfer gerichteten Raubs Beschuldigten könnten im Strafverfahren632 stets mit der Behauptung, daß kein Raub gegen das Opfer, sondern letztlich ein Betrug gegen eine hinter dem Opfer stehende Versicherung geplant gewesen sei, und sie daher von der Mittäterschaft des Opfers ausgegangen seien, versuchen, einer Bestrafung zu entgehen. Die Möglichkeit einer solchen naturgemäß schwer zu widerlegenden Schutzbehauptung sollte bereits durch deren rechtliche Irrelevanz im Keime erstickt werden. c) Die Rechtsfolgen einer "venneintlichen" Mittäterschaft Für die Lösung des Brandstifter-Falls und des MÜDZhändler-Falls ist somit festzuhalten, daß in beiden Fällen eine ausreichende Zurechnungsbasis vorhanden ist. Im Brandstifter-Fall müssen sich BI und B2 das Ausschütten des Benzins durch A zurechnen lassen, da diese Handlung des A im Planungsstadium vom Tatentschluß des BI und des B2 umfaßt war. Deshalb hätten BI und B2 nach §§ 265 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen eines in Mittäterschaft versuchten Versicherungsbetrugs bestraft werden müssen. 633 Im Münzhändler-Fall muß sich B die Schadensmeldung des A zurechnen lassen, da diese Handlung des A im Planungsstadium vom Tatentschluß des B umfaßt war. Deshalb wurde B zurecht nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 2,22, 23 Abs. 1,25 Abs. 2 StGB wegen eines in Mittäterschaft versuchten Betrugs bestraft. 634 632 Wie bereits innerhalb des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen den Gesellschafter der Firmengruppe Flowtex, Manfred Schmider, geschehen. 633 Nach ihrer Vorstellung wollten BI und B2 mit dem A einen eigennützigen Versicherungsbetrug zum Nachteil der Versicherung begehen. Die Tathandlung sollte das Inbrandsetzen des gegen Feuersgefahr versicherten Werkstattgebäudes sein. Die betrügerische Absicht des BI und des B2 liegt darin, daß sie das Ziel verfolgten, sich durch eine Täuschung der Versicherung eine Versicherungsleistung zu verschaffen, auf die nach ihrer Vorstellung kein Anspruch besteht. 634 Nach seiner Vorstellung wollte B mit dem A einen fremdnützigen Betrug zum Nachteil der Versicherung begehen: Die Täuschungshandlung sollte die Schadensme1-

144

2. Teil: Die Anwendoog der GesamtlÖswtg auf die kritischen Fälle

Da in diesen beiden Fällen aufgrunddessen, daß nicht alle objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt wurden, ohnehin nur eine Strafbarkeit wegen Versuchs in Betracht kommt, gilt es abschließend zu klären, ob der noch untätig gebliebene Beteiligte wegen Versuchs oder Vollendung zu bestrafen ist, wenn sein "vermeintlicher" Mittäter alle Tatbestandsmerkmale erfüllt und damit die Tat objektiv vollendet wird. Eine solche Konstellation liegt dem BleiwestenBeispiel zugrunde: A plant zum Schein mit dem tatbereiten B, zu einem bestimmten Termin auf C zu schießen, um diesen anschließend gemeinsam berauben zu können. Bereits vor dieser Verabredung vereinbarten A und C unter Einschaltung der Polizei, daß C am besagten Termin mit einer kugelsicheren Bleiweste erscheinen soll, damit der von A auf ihn abgefeuerte Schuß ihm nichts anhaben könne. Nach Abgabe des Schusses und in dem Augenblick, in dem B über den am Boden liegenden C herfallen würde, sollte die Polizei den B festnehmen. Aus unerfindlichen Gründen greift nun C zu einer veralteten und untauglichen Weste, so daß der von A abgefeuerte Schuß sein Ziel findet und den C verletzt. Die strukturelle Situation der "vermeintlichen" Mittäterschaft scheint auch in dieser Konstellation neben der Bestrafung des B wegen versuchten schweren Raubs nur eine Strafbarkeit wegen versuchter schwerer Körperverletzung nahezulegen. Das subjektive Täterschaftsmerkmal - der Tatentschluß des B im Planungsstadium - ist gegeben; das objektive Täterschaftsmerkmal - der Tatentschluß des A im Planungsstadium und damit der gemeinsame Tatplan - ist nicht gegeben. Es ist daher fraglich, ob allein schon dieses Defizit im Bereich des objektiven Täterschaftsmerkmals zu einer Strafbarkeit wegen bloßen Versuchs fUhrt, obwohl die schwere Körperverletzung objektiv vollendet wurde. Bei der Klärung dieses Problems muß man sich erneut die Konsequenzen einer Zurechnung vor Augen führen (aa). Auch ist die Problematik der Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf zu beachten (bb). Desweiteren ist auf die in ähnlichen Konstellationen vorkommende Problematik hinzuweisen (cc). aa) Die Vollwertigkeit der Zurechnungsbasis

Eine bloße Bestrafung wegen Versuchs würde verkennen, daß der Tatentschluß des B im Planungsstadium eine vollwertige Zurechnungsbasis darstellt. doog des A sein. Der Irrtwn sollte in der Fehlvorstelloog der Versichertmg über das Vorliegen eines Versichertmgsfalls liegen. Die Vennögensverfügung sollte die Auszahloog der Versichenmgssurnme sein. Der Vennögensschaden sollte darin liegen, daß die Versichenmg die Versichenmgssumme auszahlt, obwohl sie nach § 61 VVG von der AuszahloogsverpflichtWlg frei wird, wenn A den Versichertmgsfall vorsätzlich selbst herbeigefiUut hat. Die Bereichertmgsabsicht des B liegt darin, daß er dem A einen ihm nicht zustehenden ood damit rechtswidrigen sowie stoffgleichen Vennögensvorteil verschaffen wollte.

B. Die Auseinandersetzwlg mit dem Sehrifttwn

145

Aufgrund dieser Zurechnungsbasis werden dem noch untätig gebliebenen Beteiligten sämtliche Tatbeiträge des im Ausfiihrungsstadium handelnden Genossen zugerechnet. Diese Gesamtheit der objektiven Tatbeiträge führt in Kombination mit dem darauf gerichteten Tatentschluß im Planungsstadium zu einer Bestrafung wegen vollendeter Tat. Dies ist auch gerechtfertigt, hat doch der noch untätig gebliebene B genau das erreicht, was er von Anfang an wollte: nämlich die schwere Körperverletzung des C. Dieses Moment würde keine Berücksichtigung finden, wenn B wegen bloßen Versuchs bestraft werden würde. B ist somit wegen versuchten schweren Raubs in Tateinheit mit vollendeter schwerer Körperverletzung, jeweils in Mittäterschaft begangen, zu bestrafen. Die "vermeintliche" Mittäterschaft führt also keineswegs stets zu einer bloßen Bestrafung wegen versuchter Tat, sondern sie kann auch zu einer Bestrafung wegen vollendeter Tat führen. Der Mittäter wird schließlich nicht wegen versuchter Mittäterschaft, sondern wegen einer in (wenn auch "vermeintlicher") Mittäterschaft begangenen - versuchten oder vollendeten - Tat bestraft. bb) Die unerhebliche Abweichung vom Kausalverlauf

Anders müßte man entscheiden, wenn der Umstand, daß A ohne Vorsatz handelt und es nur aufgrund des Versehens des C zu einer schweren Körperverletzung kommt, eine wesentliche Abweichung von dem von B vorgestellten Kausalverlauf darstellen würde. Dann wäre das Geschehen nicht mehr vom im Planungsstadium gefaßten Tatentschluß des B umfaßt, so daß eine Bestrafung wegen vollendeter vorsätzlicher schwerer Körperverletzung nicht in Betracht käme. Eine Abweichung im Kausalverlauf ist jedoch bedeutungslos, wenn sie sich noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt.635 Ob sich das Versehen des C noch innerhalb der Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung hält, ist eine im Rahmen dieser Arbeit nicht zu behandelnde Tatfrage. Im vorliegenden Zusammenhang geht es jedoch darum, ob die bloße Tatsache, daß A ohne Vorsatz handelt, eine wesentliche Abweichung im Kausalverlauf darstellt. Dies ist zu verneinen. 636 Da es dem B allein darum geht, den C außer Gefecht zu setzen, um ihn anschließend berauben zu können, es ihm in der Regel jedoch gleichgültig ist, ob dieser Erfolg durch einen "tatsächlichen" oder "vermeintlichen" Mittäter verwirklicht wird, kann allein die Tatsache, daß ein "vermeintlicher" Mittäter handelt, nicht zu einer wesentlichen Abwei635 Siehe dazu: emmer, Seh/Seh, 25. Auflage, § 15 StGB, Rn. 55.

636 So auch für den Fall der "venneintliehen" Verleitung zur Falschaussage: Lackner, StGB, 22. Auflage, § 160 StGB, Rn. 4. Ablehnend für den Fall der "venneintliehen" mittelbaren Täterschaft: Schroeder, Der Täter hinter dem Täter, 170.

10 Buser

146

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlÖSWlg auf die kritischen Fälle

chung im Kausalverlauf führen. Außerdem würde die Tatsache, daß ein nur ''vermeintlicher'' Mittäter handelt, an der rechtlichen Bewertung der von B an den Tag gelegten Planung und des von ihm damit verbundenen verbrecherischen Willens nichts ändern. cc) Der Vergleich mit ähnlich gelagerten Konstellationen

Zur Bestätigung dieses Ergebnisses kann auch auf die ähnliche im Bereich der "vermeintlichen" mittelbaren Täterschaft [( I)] sowie innerhalb besonderer Konstellationen der §§ 160,271 StGB [(2)] vorkommende Problematik abgestellt werden. (1) Das bösgläubige Werkzeug im Fall des § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB Ein geradezu klassisches Problem stellt der Fall dar, in dem im Bereich der mittelbaren Täterschaft nach § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB der Hintermann von der Gutgläubigkeit des Vordermanns ausgeht, der Vordermann aber tatsächlich bösgläubig ist. Auch hier stellt sich die Frage, ob das Defizit im Bereich der objektiven Täterschaftsmerkmale - hier die fehlende Werkzeugeigenschaft des Vordermanns - stets zu einer Bestrafung wegen Versuchs führt. Diejenigen Autoren, die den Hintermann als mittelbaren Täter bestrafen wollen, sollten konsequenterweise eine vollendete Tat annehmen. Denn ebenso wie im Bereich der Mittäterschaft, muß sich auch der Hintermann sämtliche vom Vordermann erbrachten und von seinem Vorsatz umfaßten Handlungen über § 25 Abs. 1 Fall 2 StGB zurechnen lassen. So formuliert Küper treffend, daß die Tatbestandsverwirklichung in mittelbarer Täterschaft "eine aus dem eigenen Handeln des mittelbaren Täters (Einwirkung) und dem zurechenbaren Verhalten des Tatmittlers (eigentliche Ausführung) bestehende normative Einheit" und damit "eine Gesamttat mehrerer Beteiligter" sei. 637 Rechnet man so die Ausführungshandlungen des Vordermanns dem Hintermann zu, so besteht keine Möglichkeit, den Hintermann wegen bloßen Versuchs zu bestrafen. 638 Wegen eines versuchten Delikts nicht, weil ihm sämtliche dieses Delikt verwirklichende Handlungen zugerechnet werden. Wegen versuchter mittelbarer Täterschaft nicht, da eine solche Bestrafung das StGB nicht vorsieht. Täter werden eben nicht wegen versuchter Täterschaft, sondern wegen in Täterschaft versuchter Delikte bestraft:.

637 638

Kaper, JZ 1983, 361 ff., 369. Diese Konsequenz sieht auch Graul, JR 1995,427 ff., 429.

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

147

(2) Der bösgläubig Handelnde in den Fällen der §§ 160,271 StGB Dieselbe Konstellation ist im Bereich des § 160 StGB gegeben, wenn die Beweisperson ihre Aussage entgegen der Annahme des Täters bösgläubig macht. Auch hier ist wegen vollendeter Verleitung zur Falschaussage zu bestrafen. 639 Denn der Verleitende wird nicht wegen Verleitung, sondern wegen Verleitung zur Falschaussage bestraft. Da der vom Verleitenden gewollte die Rechtspflege gefährdende äußere Erfolg eintritt, ist ihm die Falschaussage zuzurechnen. Sein Tun ist nicht darum weniger strafwürdig, weil entgegen seiner Vorstellung der Verleitete nicht gutgläubig ist. 640 Denn der vom Verleitenden gewollte die Rechtspflege gefährdende äußere Erfolg tritt sowohl bei vorsätzlicher wie bei unvorsätzlicher Falschaussage ein. 641 Ebenso ist im Bereich des § 271 StGB zu entscheiden642, wenn der Täter irrtümlich davon ausgeht, die Urkundsperson handele gutgläubig. d) Der Lösungsansatz unter Berücksichtigung der Beteiligungslehren Abschließend stellt sich die Frage, ob sich die hier entwickelte Konzeption sowohl nach der subjektiven Teilnahmetheorie (aa) als auch nach der Tatherrschaftslehre (bb) halten läßt.

639 Für vollendete Verleitung zur Falschaussage: BGHSt 21, 116 f1, 118; ArztIWeber, Strafrecht BI, LH 5, 109 f (Rn. 361); BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AI, 10. Auflage, 694 (Rn. 84); Frank, RStGB, 18. Auflage, § 160 RStGB, Arun. IV.; Hruschka, JZ 1967,210 f1, 211 f; HruschkalKässer, JuS 1972, 709 ff., 713 f; Kohlrausch/Lange, StGB, 43. Auflage, § 160 StGB, Arun. III; Lackner, StGB, 22. Auflage, § 160 StGB, Rn. 4; Lenckner, Sch/Sch, 25. Auflage, § 160 StGB, Rn. 9; Mezger, LK, 8. Auflage, § 160 StGB, Arun. 2; Rudolphi, SK, 5. Auflage, § 160 StGB, Rn. 4; Vonnbaum, Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, 300 f; Vonnbaum, NK., 2. Lieferung, § 160 StGB, Rn. 218 f; Wessels, Strafrecht BI 1, 19. Auflage, 156 (Rn. 762). Für versuchte Verleitung zur Falschaussage: RGSt 11,418 ff., 420; RG GA 1917 (Band 64), 369 ff.; Bockelmann, Strafrecht BI 3, 34; Gallas, Engisch-FS, 600 ff., 619 f; Maurach/Schroeder, Strafrecht BI 2, 6. Auflage, 186 f; Otto, JuS 1984, 161 ff., 171; Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 160 StGB, Rn. 3; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 1l. Auflage, 534. 640 BGHSt 21,116 ff., 118. 641 Hruschka, JZ 1967,210 ff., 21l. 642 ArztIWeber, Strafrecht BI, LH 4, 168 (Rn. 461); BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AI, 10. Auflage, 694 (Rn. 87); Cramer, Sch/Sch, 25. Auflage, § 271 StGB, Rn. 30; Hruschka, JZ 1967,210 ff., 212.

10·

148

2. Teil: Die AnwendWlg der GesamtlösWlg auf die kritischen Fälle

aa) Die subjektive Teilnahmetheorie Die subjektive Teilnahmetheorie bereitet dem hier entwickelten Lösungsansatz keine Schwierigkeiten. Nach der subjektiven Teilnahmetheorie ist die Willensrichtung des Beteiligten entscheidend. Demnach ist Mittäterschaft gegeben, wenn der Beteiligte ein eigenes Interesse am Taterfolg hat und mit Willen zur Tatherrschaft handelt. 643 Es genügt also, wenn ein Beteiligter mit seinem Tatbeitrag nicht nur fremdes Tun lordern will (animus socii), sondern dieser Beitrag Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll (animus auctoriS).644 Daher ist nach der subjektiven Teilnahmetheorie Täterschaft eines Beteiligten auch dann möglich, wenn entgegen seiner Vorstellung nicht er, sondern ein anderer Beteiligter die objektive Tatherrschaft innehat. 645 Diese subjektive Befindlichkeit (animus auctoris) deckt sich mit dem vom Beteiligten im Planungsstadium gefaßten und die Zurechnungsbasis ausmachenden Tatentschluß. Der hier entwickelte Lösungsansatz ist daher mit der subjektiven Teilnahmetheorie zu vereinbaren. 646 bb) Die Tatherrschaftslehre Auf den ersten Blick scheint die hier vertretene Konzeption mit der Tatherrschaftslehre nicht vereinbar zu sein. So stellt Graul fest, daß auf der Grundlage einer dem Tatherrschaftsgedanken verpflichteten Auffassung eine Zurechnung fremder Tatbeiträge aufgrund bloß eingebildeter Mittäterschaft nicht in Betracht komme. 647 Begründet man jedoch die Tatherrschaft des Mittäters allein mit seiner auf die gewollte Tat bezogenen Hemmungsmacht, ohne auf eine gegenseitige Motivationslage im Ausfiihrungsstadium abzustellen, könnte eine so verstandene Tatherrschaftslehre auch im MÜßZhändler-Fall zu einer Bejahung einer täterschaftlichen Verantwortlichkeit des B gelangen. Denn B hatte es in der Hand, den von seiner Vorstellung umfaßten Betrug durch Nichterbringen seines Tatbeitrags hemmen zu können. Der Betrug der Versicherung konnte nach seiner Vorstellung nur gelingen, wenn er den A zum Schein überfallen würde. B hatte daher die tatsächliche Macht, den von seinem Vorsatz umfaßten Betrug zu hemmen. Dies genügt, da sich die Hemmungsmacht stets nur auf die von der Vorstellung des Beteiligten umfaßte Tat BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 618 (Rn. 100). BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 619 f. (Rn. 101). 645 BaumannIWeberlMitsch, Strafrecht AT, 10. Auflage, 614 (Rn. 76). 646 Auch Graul, JR 1995,427 fI, 429 ist der Ansicht, daß die vom 4. Strafsenat im Münzhändler-Fall getroffene EntscheidWlg mit einer "extrem subjektiven Theorie" gehalten werden könne. 647 Graul, JR 1995,427 fI, 429. 643

644

B. Die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum

149

beziehen muß. 648 Man kann auch nicht argumentieren, daß es aufgrunddessen, daß der Betrug unter keinen Umständen vollendet werden konnte, keine Tat gab, die es zu hemmen galt. Ansonsten wäre eine Bestrafung wegen eines in Mittäterschaft begangenen untauglichen Versuchs nicht denkbar: Wenn A und B planen, den C zu erschießen, D jedoch zuvor beide Pistolen entlud, so sind A und B nach erfolgter Ansatzhandlung wegen versuchten mittäterschaftlichen Totschlags zu bestrafen. Dies, obwohl die Tötung des C von Anfang an undurchführbar war und daher weder A noch B die Macht hatten, diese Tat zu hemmen. Auch hier ist der Umstand, daß D die Täter durch sein Eingreifen "entmachtet" hat, rur deren Bestrafung unschädlich. Unter dieser Prämisse ist die hier entwickelte Lösung auch unter der Tatherrschaftslehre vertretbar. Nur wer zusätzlich zur Hemmungsmacht eine gegenseitige Motivationslage im Ausfiihrungsstadium verlangt, kann der hier vertretenen Konzeption nicht folgen. IV. Die vermeintliche Ansatzhandlung Allein dem Viehhändler-Fall wohnt die Problematik inne, daß es hier bereits an einer Ansatzhandlung fehlt. 649 Hier ging der 2. Strafsenat offensichtlich davon aus, daß A seiner Versicherung gegenüber noch gar keine zur Erlangung der Versicherungssumme erforderliche Diebstahlsmeldung abgab. Also fehlte es hier bereits am Zurechnungsgegenstand. 650 Zu einer Bestrafung von BI und B2 wegen eines mittäterschaftlich versuchten Betrugs könnte man nur kommen, wenn man hierfiir allein deren verbrecherischen Willen genügen lassen würde. Dies scheinen RoßmüllerlRohrer tun zu wollen, wonach es ein "wirkliches Ansetzen" im Sinne eines objektiven Versuchstatbestands nur beim tauglichen Versuch gebe, beim untauglichen Versuch es aber stets um "vorgestelltes Ansetzen" gehe. 651 Dies deshalb, da Grund der Strafbarkeit die in den Vorstellungen des Täters liegende Gefährlichkeit sei. 652 Nach dem bisSiehe oben S. 63 tI Dies verkennen KUpperlMosbcher, JuS 1995,488 tI, 491, indem sie in der hier~ zu ergangenen Entscheidung des 2. Strafsenats einen Widerspruch zur im Münzhandler-Fall ergangenen Entscheidung des 4. Strafsenats sehen. Denn der entscheidende Unterschied liegt eben gerade darin, daß es nur im Münzhandler-Fall zu einer objektiven Ansatzhandlung des A gekommen ist. 650 Diese Feststellung wendet jedoch Joerden, JZ 1995, 735 f., 736 zu Unrecht auf den Münzhändler-Fall an. 6SJ RoßmUllerlRohrer, MDR 1986, 986 ff., 988. 6S2 RoßmUllerlRohrer, MDR 1986, 986 ff., 990. Daher bejahen RoßmUlierlRohrer die Strafbarkeit von BI und B2 im Brandstifter- und im TOrklingel-Fall wegen mittllterschaftlichen Versuchs und verneinen die Strafbarkeit von B im MOnzbandler-Fall einzig deswegen, weil sie dessen Mittllter-Eigenschaft ablehnen. Sie sind der Ansicht, 648

649

150

2. Teil: Die Anwendung der Gesamtlösung auf die kritischen Fälle

her Gesagten und unter Zugrundelegung der gemischt subjektiv-objektiven Versuchstheorie ginge dies jedoch zu weit. 653 So stellte auch der 2. Strafsenat zutreffend fest, daß es für die Annahme eines strafbaren Versuchs nicht genüge, daß nur ein verbrecherischer Wille vorhanden sei. Vielmehr sei es erforderlich, daß dieser sich auch in ein äußeres Verhalten umsetze, das nach der Meinung des Täters den beabsichtigten Erfolg herbeiführe und das über bloße Vorbereitungshandlungen hinausgehe, also den Anfang einer Ausführung der gewollten Straftat entbalte. 654 In der Konstellation des Viehhändler-Falls gibt es aber keine objektive Ansatzhandlung, die man BI und B2 aufgrund der gleichwohl vorhandenen Zurechnungsbasis zurechnen könnte. Deren innerer verbrecherischer Wille hat sich eben nicht in einem nach § 22 StGB erforderlichen den Beginn der Ausführung des gewollten Verbrechens charakterisierenden Verbalten geäußert. BI und B2 wurden daher zurecht nicht wegen eines in Mittäterschaft versuchten Betrugs nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB bestraft. Damit wird klar, daß es sich bei der Ansicht Roxins, wonach vom Standpunkt der Gesamtlösung aus der bloß eingebildete Eintritt eines Beteiligten ins Versuchsstadium genüge655 und der von Dencker geäußerten Auffassung, daß die Gesamtlösung allein auf die Vorstellung des noch untätig gebliebenen Beteiligten abstelle, ohne daß es darauf ankomme, ob der "venneintliche" oder "Schein" -Mittäter überhaupt tätig geworden sei656 um Mißinterpretationen der Gesamtlösung handelt.

C. Das Ergebnis Die Untersuchung hat gezeigt, daß unter Zugrundelegung der Gesamtlösung auch in den Fällen der "venneintlichen" beziehungsweise "Schein"Mittäterschaft eine Zurechnung der Ansatzhandlung zulasten des noch untätig gebliebenen Beteiligten zu erfolgen hat. 657 Dies resultiert daraus, daß zum einen in den Fällen der "tatsächlichen" Mittäterschaft (Türklingel-Fall) das sich auf den Tatentschluß im Ausführungsstadium beziehende Defizit des einen Beteiligten die bereits im Planungsstadium festgelegte Mittätereigenschaft daß BI und B2 nicht das Verhalten des A zugerechnet, sondern deren Vorstellung, A setze an, als vorgestelltes gemeinschaftliches Ansetzen zur Last zu legen sei. Das gemeinschaftliche Ansetzen brauche nur nach der Vorstellung desjenigen vorzuliegen, dessen Strafbarkeit geprüft werde. 6S3 Siehe oben S.75 f. 6S4 BGH NJW 1952, 430 f., 430. So auch: Zopfs, Jura 1996, 19 fI., 23. 6SS Roxin, Odersky-FS, 489 ff., 496. 6S6 Dencker, Kausalität und Gesamttat, 244. 6S7 Diese Konsequenz siCht - freilich unter Ablehnung der Gesamtlösung - auch Roxin, Odersky-FS, 489 fI., 496.

c. Das Ergebnis

151

beider Beteiligten nicht mehr beseitigt. Zum anderen läßt in den Fällen der "vermeintlichen" Mittäterschaft (Brandstifter-Fall und Münzhändler-Fall) das sich auf den Tatentschluß im Planungsstadium beziehende Defizit des einen Beteiligten die bereits im Planungsstadium zulasten des anderen Beteiligten festgelegte Zurechnungsbasis unberührt. Allein in den Fällen, in denen es bereits objektiv an einer Ansatzhandlung und damit an einem Zurechnungsgegenstand fehlt (Viehhändler-Fall), kommt eine Bestrafung der Beteiligten wegen Versuchs nicht in Betracht. Da diese Ergebnisse sowohl der Beteiligungs- und Versuchsdogmatik entsprechen als auch der materiellen Gerechtigkeit dienen, bewährt sich die Gesamtlösung auch in den kritischen Fällen des mittäterschaftlichen Versuchs. Es besteht somit kein Grund, sich von der in diesem Punkt bewährten Rechtsprechung abzuwenden. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn die Rechtsprechung' so wie in der Entscheidung des Münzhändler-Falls geschehen, einheitlich für die Strafbarkeit eines Mittäters allein auf dessen eigene subjektive Befindlichkeit abstellen würde.

Literaturverzeichnis Ahrens, Claus: Venneintliche Mittäterschaft lllld Versuchsstrafbarkeit; JA 1996, 664 ff. Arzt, Gllllther I Weber, Ulrich: Strafrecht, Besonderer Teil, Ein Lehrbuch in 5 Heften,

LH 2: Delikte gegen die Person (Randbereich), Schwerpunkt: Gefährdllllgsdelikte, Bielefeld, 1983.

- Strafrecht, Besonderer Teil, Ein Lehrbuch in 5 Heften, LH 4: Wirtschaftsstraftaten, Vennögensdelikte (Randbereich), Fälschllllgsdelikte, Bielefeld, 1980. - Strafrecht, Besonderer Teil, Ein Lehrbuch in 5 Heften, LH 5: Delikte gegen den Staat, gegen Amtsträger lllld durch Amtsträger, Bielefeld, 1982.

Backmann, Leonhard: Strafbarkeit des vor Tatbeginn zurückgetretenen Tatbeteiligten wegen vollendeter Tat? - BGHSt 28, 346; JuS 1981, 336 tf. Baldus, Paulheinz I Willms, Günther: Strafgesetzbuch, Leipziger Korrunentar, 1. Band, Einleitllllg, §§ 1-79 StGB, 9. Auflage, BerlinlNew York, 1974 (zitiert: Bearbeiter, LK, 9. Auflage).

Baumann, Jürgen: Mittelbare Täterschaft oder AnstiftlUlg bei Fehlvorstellllllgen über den Tatrnittler, JZ 1958,"230 fT. - Täterschaft lllld Teilnahme; JuS 1963,51 fT. - Täterschaft lllld Teilnahme; JuS 1963,85 fT.

Baumann, Jürgen I Weber, Ulrich: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 9. Auflage, Bielefeld, 1985.

Baumann, Jürgen I Weber, Ulrich I Mitsch, Wolfgang: Strafrecht, Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 10. Auflage, Bielefeld, 1995.

Beulke, Wemer: Anmerkllllg zu OLG Köln, JR 1980,422 f.; JR 1980,423 ff. Binding, Karl: Der Entwurf eines Strafgesetzbuchs ft1r den Norddeutschen Blllld in seinen Grundsätzen, Leipzig, 1869.

- Grundriss des Deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, Leipzig, 1907. - Strafrechtliche und strafprozessuale Abhandlungen, 1. Band, Strafrecht, München! Leipzig, 1915.

Birkmeyer, Karl: Die Lehre von der Teilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts, Berlin. 1890.

Blei, Hennann: Anmerkung zu BGH NJW 1957, 1770 f.; NJW 1958, 30. - Strafrecht -I. Allgemeiner Teil- Ein Studienbuch, 18. Auflage, München, 19P3.

Bloy, Rene: Die Beteiligungsfonn als Zurechnungstypus im Strafrecht, Berlin, 1985. Blum, Hans: Das Strafgesetzbuch ft1r den Norddeutschen Bund nebst dem Einführungsgesetz, ZürichlLeipzig, 1870.

Literaturverzeichnis

153

Bockelmann, Paul: Strafrecht, Besonderer Teil / 3 (Ausgewählte Delikte gegen Rechtsgüter der Allgemeinheit), München, 1980. - Strafrechtliche Untersuchungen, Göttingen, 1957.

Dencker, Friedrich: Kausalität und Gesamttat, Berlin, 1996. Derksen, Roland: Heimliche Unterstützung fremder Tatbegehung als Mittäterschaft; GA 1993, 163 f1 Dreher, Eduard: Grundsätze und Probleme des § 49a StGB; GA 1954, 11 tT. Ebert, Udo: Strafrecht - Allgemeiner Teil, Heidelberg, 1985. Erb, Volker: Mord in Mittäterschaft - BGH, NJW 1991, 1068; JuS 1992, 197 tT. - Zur Konstruktion eines untauglichen Versuchs der Mittäterschaft bei scheinbarem unmittelbarem Ansetzen eines vermeintlichen Mittäters zur Verwirklichung des Tatbestandes; NStZ 1995,424 tT.

Eser, Albin: Strafrecht n, Schwerpunkte: Fahrlässigkeit, Unterlassung, Vt'lfsuch, Tatbeteiligung, Konkurrenzen, 3. Auflage, München, 1980. Frank, Reinhard: Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Einfilhrungsgesetz, 18. Auflage, Tübingen, 1931 (zitiert: Frank, RStGB). Freiesleben, Hans / Hörchner, Max / Kirchner, earl / Niethhammer, Emil: J. v. Olshausens Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 12. Auflage, Berlin, 1942 (zitiert: Bearbeiter, OlshausensK, 12. Auflage). Furtner, Georg: Zur Frage der Anrechnung erschwerender Umstände bei nachfolgender Beihilfe und nachfolgender Mittäterschaft; JR 1960, 367 tT. Gallas, Wilhelm: Beiträge zur Verbrechenslehre, Berlin, 1968. - Täterschaft und Teilnahme, Materialien zur Strafrechtsreform, Gutachten der Strafrechtslehrer, Band 1, Bonn, 1954. - Verleitung zum Falscheid; Festschrift für Karl Engisch, 600 tT., Frankfurt, 1969.

Geilen, Gerd: Zum Versuchsbeginn bei Mittäterschaft; JK 1981, StGB § 22 / 5. Geppert, Klaus: Zur Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs bei nur vermeintlicher Mittäterschaft; JK 1995, StGB § 25 n / 9a. Gimbemat Ordeig, Enrique: Gedanken zum TäterbegritT und zur Teilnahmelehre; ZStW 80 (1968),915 tT. Gores, Claus-JÜTgen: Der Rücktritt des Tatbeteiligten, Berlin, 1982. Gössel, Karl-Heinz: Sukzessive Mittäterschaft und Täterschaftstheorien; Festschrift für Jescheck I, 537 tT., Berlin, 1985. Graul, Eva: Anmerkung zu BGHSt 40, 299; JR 1995, 427 tT. Grünwald, Gerald: Zum Rücktritt des Tatbeteiligten im künftigen Recht; Festschrift für Welzel, 701 tT., BerlinlNew York, 1974. Günther, Hans-Ludwig: Literaturbericht zu Wilfried Küper: Versuchsbeginn und Mittäterschaft; GA 1983, 330 tT. Haft, Fritjof: Strafrecht - Allgemeiner Teil - Eine Einftlhrung für Anfangssemester, 6. Auflage, München, 1994. Hardwig, Wemer: Über den BegritT der Täterschaft; JZ 1965,667 tT.

154

Literaturverzeichrris

Hauf, C1aus-Jürgen: Die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zu Versuch und Rücktritt, JA 1995, 776 fI. - Neuere Entscheidungen zur Mittäterschaft unter besonderer Berücksichtigung der Problematik der Aufgabe der Mitwirkung eines Beteiligten während der Tatausfiihrung bzw. vor Eintritt in das Versuchsstadium - Zugleich eine Besprechung der Urteile des BGH, NStZ 1991,280 und NStZ 1993,489 -; NStZ 1994,263 fI. - Strafrecht Allgemeiner Teil, Kurzlehrbuch, NeuwiedlKriftellBerlin, 1996.

Hälschner, Hugo: Das Preußische Strafrecht, Bonn, 1855. Heckler, Andreas: Versuchsbeginn bei vermeintlicher Mittäterschaft; GA 1997, 72 ff. Held, Hermann Gustav: Bemerkungen zu dem Entwurfe eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund, Dresden, 1870. Herzberg, RolfDietrich: Grundflille zur Lehre von Täterschaft und Teilnahme - Erster Teil. Geltungsgrenzen des Tatherrschaftskriteriums; JuS 1974, 719 fI. - Grundflille zur Lehre von Täterschaft und Teilnahme - Zweiter Teil. Ge1tungsgrenzen des Tatherrschaftskriteriums; JuS 1975, 35 fI. - Mittäterschaft durch Mitvorbereitung: eine actio communis in causa?; JZ 1991,856

ff.

- Täterschaft, Mittäterschaft und Akzessorietät der Teilnahme; ZStW 99 (1987), 49

fI.

- Täterschaft und Teilnahme, München, 1977.

Hippel, Robert von: Deutsches Strafrecht, Zweiter Band, Das Verbrechen, Allgemeine Lehren, Berlin, 1930. Hruschka, Joachim: Anstiftung zum Meineid und Verleitung zum Falscheid; JZ 1967, 210 fI. Hruschka, Joachim / Ktisser, Wolfgang: Der praktische Fall, Strafrecht: Die Eidesbrüder, JuS 1972, 709 ff. Hugger, Heiner: HIV-Übertragung als mitherrschaftliche Beteiligung an fremder Se1bstverletzung - BayObLG, NJW 1990, 131; JuS 1990, 972 ff. Ingelfinger, RaIph: "Schein"-Mittäter und Versuchsbeginn; JZ 1995, 704 fI. Jagusch, Heinrich / Mezger, Edmund / Schaefer, August / Werner, Wolfhart: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 1. Band, Einleitung und §§ 1-152 StGB, 8. Auflage, Berlin, 1957 (zitiert: Bearbeiter, LK, 8. Auflage). Jtihnke, Burkhard / Laujhiltte, Heinrich Wilhelm / Odersky, Günter: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, §§ 25-27 StGB, 11. Auflage, BerlinlNew York, 1993 (zitiert: Bearbeiter, LK, 11. Auflage). Jakobs, Günther: Strafrecht - Allgemeiner Teil - Die Grundlagen und die Zurechnungslehre, 2. Auflage, BerlinlNew York, 1991. Jescheck, Hans-Heinrich: Lehrbuch des Strafrechts - Allgemeiner Teil, 4. Auflage, Berlin, 1988. Jescheck, Hans-Heinrich / Weigend, Thomas: Lehrbuch des Strafrechts - Allgemeiner Teil, 5. Auflage, Berlin, 1996. Jescheck, Hans-Heinrich / Ruß, Wolfgang / Willms, Günther: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, Großkommentar, 1. Band, Einleitung. §§ 1-31 StGB, 10. Auflage, BerlinlNew York, 1985 (zitiert: Bearbeiter, LK, 10. Auflage).

Literaturverzeichnis

155

Joecks, Wolfgang.: Anmerkung zu BGH wistra 1995,57 f; wistra 1995,58 ff. Joerden, Jan C.: Anmerkung zu BGH JZ 1995, 733 ff.; JZ 1995, 735 f Jung, Heike: Rechtsprechungsübersicht zu BGH NJW 1993,2251: Versuch bei Mittäterschaft; JuS 1994, 355. - Rechtsprechungsübersicht zu BGH NJW 1995, 142: Strafbarkeit des untauglichen Versuchs bei venneintlicher Mittäterschaft; JuS 1995, 360 f

Kadel, Bertold: Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft - versuchte mittelbare Täterschaft; GA 1983, 299 ff. Kantorovicz, Hennann: Tat und Schuld, ZürichlLeipzig, 1933. Kienapfel, Diethelm: Strafrecht - Allgemeiner Teil - Mit Einfithrung in progranunierter Fonn, 4. Auflage, BerlinlNew York, 1984. Kohler, Josef: Leitfaden des Deutschen Strafrechts, Leipzig, 1912. Köhler, Michael: Strafrecht Allgemeiner Teil, BerlinlHeidelberg, 1997. Kohlrausch, Eduard / Lange, Richard: Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen, 43. Auflage, Berlin, 1961 (zitiert: KohlrauschILange, StGB, 43. Auflage). Kratzseh, Dietrich: Die Bemühungen um Präzisierung der Ansatzfonnel (§ 22 StGB) ein absolut untauglicher Versuch? (Teil 2); JA 1983, 578 ff. Krauss, Wolfgang: Die mittelbare Täterschaft im geltenden und künftigen Recht; Str.Abh. 353. Kühl, Kristian: Strafrecht - Allgemeiner Teil, MÜllchen, 1994. - Versuch in mittelbarer Täterschaft - BGHSt 30,363; JuS 1983, 180 ff.

Kühne, Hans-Heiner: Strafbarkeit der versuchten Mittäterschaft?; NJW 1995, 934. Küper, Wilfried: Der Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft; JZ 1983,361 ff. - Versuchsbeginn und Mittäterschaft, HeidelbergIHamburg, 1978. - Versuchs- und Rücktrittsprobleme bei mehreren Tatbeteiligten; JZ 1979, 775 ff. - Zur Problematik des Rücktritts von der Verbrechensverabredung; JR 1984,265 ff. - Zur Problematik der sukzessiven Mittäterschaft; JZ 1981, 568 ff.

Küpper, Georg: Anmerkung zu BGHSt 39,88; JR 1993,292 ff. - Anspruch und wirkliche Bedeutung des Theorienstreits über die Abgrenzung von Täterschaft und Teihtalune; GA 1986,437 ff. - Der gemeinsame Tatentschluß als unverzichtbares Moment der Mittäterschaft, ZStW 105 (1993); 295 ff.

Küpper, Georg / Mosbacher, Andreas: Untauglicher Versuch bei nur vermeintlicher Mittäterschaft - BGH NJW 1995, 142; JuS 1995,488 ff. Lackner, Karl: Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 22. Auflage, MÜllchen, 1997 (zitiert: Lackner, StGB, 22. Auflage). Lange, Richard: Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf, BerlinlLeipzig,1935. Lenckner, Theodor: Probleme beim Rücktritt des Beteiligten; Festschrift fllr Gallas, 281 ff.,BerlinlNewYork, 1973. Letzgus, Klaus: Vorstufen der Beteiligung, Berlin, 1972.

156

Literaturverzeichnis

Maiwald, Manfred: Literaturbericht zu Georg Schilling: Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters; ZStW 88 (1976), 741 ff. - Literaturbericht zu Küper, Wi1fried: Versuchsbeginn und Mittäterschaft; ZStW 93 (1981), 879 ff. Maurach, Reinhart: Die Problematik der Verbrechensverabredung; JZ 1961, 139 ff. - Deutsches Strafrecht, Allgemeiner Teil, 4. Auflage, Karlsruhe, 1971. Maurach, Reinhart / Schroeder, Friedrich-Christian: Strafrecht, Besonderer Teil, Tei1band 2, Straftaten gegen Gemeinschaftswerte, Ein Lehrbuch, 6. Auflage, Heide1berglKarlsruhe, 1981. Maurach, Reinhart / Gössel, Kar1 Heinz / Zipf, Heinz: Strafrecht - Allgemeiner Teil Teilband 2, 7. Auflage, Heidelberg, 1989. Mayer, He1lmuth: Strafrecht Allgemeiner Teil, Stuttgart/BerlinlKölnlMainz, 1967. Meyer, Hugo: Das Norddeutsche Strafrecht - Eine Beurthei1ung des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs fiIr den Norddeutschen Bund, Halle, 1869. - Strafgesetzbuch fiIr den Norddeutschen Bund, Berlin, 1871. Mitsch, Wolfgang: Straflose Provokation strafbarer Taten, Würzburg,

19~6.

Neumann, illfrid / Schild, Wolfgang: Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, Aufbauwerk in Loseblattform, 2. Lieferung, Baden-Baden, 1995 (zitiert: Bearbeiter, NK, 2. Lieferung). Niese, Werner: Anmerkung zu BGH, Urt. vom 24.4.1952 - 3 StR 48/52 -; NJW 1952, 1146. Nowakowski, Friedrich: Tatherrschaft und Täterwille; JZ 1956, 545 ff. Dtto, Harro: Die Aussagede1ikte, §§ 153-163 StGB; JuS 1984, 161 ff. - F ehlgeschlagener Versuch und Rücktritt; Jura 1992, 423 ff. - Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, 4. Auflage, BerlinlNew York, 1992. - Personales Unrecht, Schuld und Strafe; ZStW 87 (1975),539 ff. - Täterschaft, Mittäterschaft, mittelbare Täterschaft; Jura 1987,246 ff. - Versuchsbeginn bei Mittäterschaft; JK 1994, StGB, § 25 II / 7. - Versuch und Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten (1. Teil); JA 1980,641 ff. - Versuch und Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten (2. Teil); JA 1980, 707 ff. Preisendanz, Holger: Strafgesetzbuch, Lehrkommentar, 30. Auflage, Berlin, 1978 (zitiert: Preisendanz, StGB, 30. Auflage). Puppe, Ingeborg: Der objektive Tatbestand der Anstiftung; GA 1984, 101 ff. - Wie wird man Mittäter durch konkludentes Verhalten? - Zugleich eine Besprechung des Urteils des 5. Strafsenats des BGH Urt. vom 15.1.1991 - 5 StR 492/90 -; NStZ 1991,571 ff. RoßmU/ler, Christian / Rohrer, Guido: Versuch und Mittäterschaft - Anmerkungen zu BGHSt 40,299 = MDR 1995,83 -; MDR 1996, 986 ff. Roxin, Claus: Anmerkung zuBGHUrt. vom 15.1.1991- 5 StR492/90 -; JR 1991,206 ff.

Literaturverzeichnis

157

- Anmerkung zu BGH Urt. vom 29.1.1986 - 2 StR 613/85 -; StV 1986,384 ff. - Die Mittäterschaft; JA 1979, 519 ff. - Tatentschluß ood Anfang der Ausführung beim Versuch; JuS 1979, 1 ff. - Täterschaft ood Tatherrschaft, 5. Auflage, BerlinlNew York, 1990. - Täterschaft ood Tatherrschaft, 6. Auflage, BerlinlNew York, 1994. - Zur Mittäterschaft beim Versuch; Festschrift fiir Odersky, 489 ff., BerlinlNew York,1996.

Rudolphi, Hans-Joachim: Zur Tatbestandsbezogenheit des Tatherrschaftsbegriffs bei der Mittäterschaft; Festschrift fiir Bockehnann, 369 ff., München, 1979. Rudolphi, Hans-Joachim / Horn, Eckhard / Samson, Erich / Günther, Hans-Ludwig: Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch - Band I - Allgemeiner Teil (§§ 179b StGB), 6. Auflage, Neuwied, 1995 (zitiert: Bearbeiter, SK, 6. Auflage). - Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch - Band TI - Besonderer Teil (§§ 80358 StGB), 5. Auflage, Neuwied, 1994 (zitiert: Bearbeiter, SK, 5. Auflage).

Samson, Erich: Strafrecht I, Wiederholoogs- ood Vertiefungskurs in den Kerngebieten des Rechts, 7. Auflage, Frankfurt, 1988. Sax, Walter: Dogmatische Streifzüge durch den Entwurf des Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuches nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission; ZStW 69 (1957), 412 ff. Scheurl, Gootram von: Rücktritt vom Versuch ood Tatbeteiligoog mehrerer, Berlin, 1972. Schilling, Georg: Der Verbrechensversuch des Mittäters ood des mittelbaren Täters, KölnlBerlinlBonnlMünchen, 1975. Schmidhäuser, Eberhard: Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Tübingen, 1984. Schönke, Adolf / Schröder, Horst: Strafgesetzbuch Kommentar, 17. Auflage, München, 1974 (zitiert: Bearbeiter, Sch/Sch, 17. Auflage). - Strafgesetzbuch Kommentar, 19. Auflage, München, 1978 (zitiert: Bearbeiter, Sch/Sch, 19 . Auflage). - Strafgesetzbuch Kommentar, 25. Auflage, München, 1997 (zitiert: Bearbeiter, Sch/Sch, 25. Auflage).

Schroeder, Friedrich-Christian: Der Täter hinter dem Täter, Berlin, 1965. Schröder, Horst: Anmerkung zu BGHSt 11,268 ff.; JR 1958,427 f - GrWldprobleme des § 49a StGB; JuS 1967,289 ff.

Schubert, Werner: Die Quellen zum Strafgesetzbuch von 1870/71; GA 1982,191 ff. Schwarze, Friedrich Oskar: Das Strafgesetzbuch fiir den Norddeutschen Bood, Leipzig, 1870. Seelmann, Kurt: Mittäterschaft im Strafrecht; JuS 1980,571 ff. Sonnen, Bernd-Rüdeger: Vermeintliche Mittäterschaft; JA 1995,361 ff. Stein, Ulrich: Anmerkung zu BGH Urt. vom 15.l.l991 - 5 StR 492/90 -; StV 1993, 411 ff. - Die strafrechtliche Beteiligoogsformenlehre, Berlin, 1988.

158

Literaturverzeiclmis

Steinke, Wolfgang: Mittäterschaft und Versuchsbeginn; KR 1979, 125 ff. Sto.fJers, Kristian F.: Versuchsbeginn und Mittäterschaft; MDR 1989,208 ff. Stratenwerth, Günter: Literaturbericht zu Georg Schilling: Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters; SchwZStR 95 (1978), 438 f. - Literaturbericht zu Wilfried Küper: Versuchsbeginn und Mittäterschaft; SchwZStR 97 (1980), 410 f. - Strafrecht - Allgemeiner Teil I - Die Straftat, 3.Auflage, Köln1BerlinlBonnlMünehen, 1981.

Trändie, Herbert: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 48. Auflage, München, 1997 (zitiert: Tröndle, StGB, 48. Auflage). Uthmann, Jörg von: Objektive und subjektive Tatherrschaft; NJW 1961, 1908 f. Valdagua, Conceicao: Versuchsbeginn des Mittäters bei den Herrschaftsdelikten; ZStW 98 (1986), 839 ff. Vogler, Theo: Literaturbericht zu Georg Schilling: Der Verbrechensversuch des Mittäters und des mittelbaren Täters; GA 1977, 61 fI - Versuch und Rücktritt bei der Beteiligung mehrerer an der Straftat; ZStW 98 (1986), 331 ff.

Vollert, A: Kritik des Entwurfes eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund, Jena, 1870. Vormbaum, Thomas: Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, Berlin, 1972. Walder, Hans: Straflose Vorbereitung und strafbarer Versuch; SchwZStR 99 (1982), 225 ff. Weber, Ulrich: Probleme der Versuchsstrafbarkeit bei mehreren Tatbeteiligten, Festschrift für Lenckner, 1998. Welzel, Hans: Das Deutsche Strafrecht, 11. Auflage, Berlin, 1969. - Studien zum System des Strafrechts; ZStW 58 (1939), 491 ff.

Wesseis, Johannes: Strafrecht - Allgemeiner Teil - Die Straftat und ihr Aufbau, 27. Auflage, Heidelberg, 1997. - Strafrecht - Besonderer Teil / 1 - Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 19. Auflage, Heidelberg, 1995.

Zimmerl, Leopold: Aufbau des Strafrechtssystems, Tübingen, 1930. Zopfs, Jan: Vermeintliche Mittäterschaft und Versuchsbeginn; Jura 1996, 19 ff. Zieschang, Frank: Mittäterschaft bei bloßer Mitwirkung im Vorbereitungsstadium?; ZStW 107 (1995),361 ff.

Sachregister Ablaufsmacht 61, 119 Abstraktes Gefahrdungsde1ikt 51 Agent provocateur 104, 105 ff., 126 ff., 142 Alleintäter 28, 32, 36,48, 56, 57, 61 f., 64, 70, 76, 79 f., 100, 107, 111, 135 Annahme des Erbietens 136 ff. Anstiftung 29, 50, 55, 73, 113, 115, 120, 126, 136, 142 Äquivalenztheorie 73 Beihilfe 18,20,43,50,52, 77 entlohnte ... 130 psychische ... 50, 68, 120, 137 versuchte ... 138 Betrug 21,86,88 ff., 130, 141, 143, 148, 149 f. Diebstahl 86, 110 ff., 149 Eigenhändigkeit 20, 30, 51 ff., 60, 96, 122 Einbruchsdiebstahl 125 Einzellösung 15 ff., 50, 60, 64 ff., 75, 83 Einzeltäterschaft 57 Erpressung 87 Error in objecto 114 Exzeß 94 f., 111, 114 Fahrlässiges Erfolgsdelikt 50 Formal-objektive Tätertheorie 24 ff. Freiheitsberaubung 88 Garantenstellung 73 Gefahrengemeinschaft 22 Gehilfe 16, 25, 31, 34, 44, 53, 55, 60, 100, 104, 115, 135 Gemischt subjektiv-objektive Versuchstheorie 75 ff., 150 Gesarnthandlung 31

Gesamtlösung 15 ff., 34 f., 37, 44, 48 ff., 54,59,61 f., 68, 70 f., 73 ff., 79, 81, 83 f., 93 ff., 104, 135, 150 f. Gesarnttat 31,33 ff., 40,64, 77 f., 99 ff., 104, 111, 116, 118, 146 Gesetzeskonkurrenz 113 Gesetzeslösung 75 Haftung 31, 40,138 Handlungslehre 40 Handlungsunwert 45 Haupttäter 16, 104 f., 113 Hausfriedensbruch 88 Hernrnungsrnacht 59 ff., 66 f., 72, 116, 148 f. Hintermann 16,56 f., 139 f., 146

Irrtum 85, 90, 108, 114 ff., 122, 130, 133 f., 140, 144, 147 Kausaler Ansatz 26 ff. Kausalverlauf Abweichung vorn ... 46,145 ff. hypothetischer ... 50 Körperverletzung 144 f. Mehraktige Delikte 35 Mehrtäterschaft 57 Mitherrschaft 59 f., 119 Mittäterschaft einseitige ... 57 rnehrseitige ... 57 f. sukzessive 123 ff. "tatsächliche" 133 "vermeintliche" 127 ff. Mittelbare Täterschaft 16, 31,41,51 ff., 61,65,89 einseitige ... 57 f. "vermeintliche" ... 139 ff. wechselseitige ... 54, 58 Mittellösung 19, 78

160

Sachregister

Miturheber 43, 52 Mitverantwortung 22, 29 Mord 21 f. Motivation 28, 114 fT., 149 Motiviertsein 120 fT. Motivierung 120 fT., 127 Nebentäterschaft 57 Nötigung 88 Objektive Theorie 25 Raub 21, 35, 46, 87 fT., 104, 113, 124, 142 fT. Rücktritt 15, 46 fT., 104, 106, 109 fT., 115, 121 Schuldprinzip 40 Sichbereiterklären 136 fT. Strafaufhebungsgrund 111 fT. Strafmilderung 48,50, 142 Subjektive Teilnahmetheorie 20, 25, 56 f., 62, 73 fT., 148 Tatentschluß 31, 35 f., 45 f., 48, 64, 66, 73 ff., 80, 84 f. ... im Ausführungsstadium 92 fT., 98, 102 f., 127, 132, 150 .. . im Planungsstadium 92 fT., 96, 98, 102 f., 106, 123, 127, 132, 133 ff., 138, 140, 144 f., 151 TäterbegrifT extensiver ... 39,41 restrikti ver ... 39, 41 Täterinteresse 89 Tätermerkmale 36 Täterschaftsmerkmale 129 fT., 144 Täterwille 39 Tatherrschaft 22,26,39 f., 55, 77, 118 fT. fmale ... 56, 133 funktionelle ... 59 ff., 65, 118 gemeinsame ... 59 kollektive ... 55 negative ... 61 f., 66, 73, 116 fT. positive ... 61 f., 73, 119 Ausübung der ... 64 fT. Innehabung der ... 61 ff., 119 Lehre von der ... 25, 40, 55 fT., 59 fT., 148 f.

Vorwirkung der ... 68 Tätigkeitsanrechnung 16, 25 Lehre von der ... 30 fT., 59, 81, 105 Tatinteresse 16, 130 Tatplan 16, 18, 22, 26, 33 f., 44 f., 47, 49,59 fT. 65,67, 70, 71 fT, 75, 84 tT., 89 f. Tatstrafrecht 49 f. Tatvorsatz 98 fT. Teilnahme 16, 18,20,44 f., 50, 59, 68, 107,120,131 Totschlag 149 Unterlassen 45, 62, 66 f., 70, 72 fT., 80, 108, 110 Verabredung 17 f., 22, 26 f., 33, 45 f., 50, 70, 81 f., 87 f., 92, 102, 107 f., 121, 144 Verbrechensverabredung 28, 46, 50, 74 f., 82, 113, 136 fT. Verleitung zur Falschaussage 147 Versicherungsbetrug 86, 132, 143 Versuch Anknüpfungs ... 32 f. , 95 beendeter ... 27, 30 des untauglichen Subjekts 140 fT. Einzel... 32, 95 fehlgeschlagener ... 48, 81 Gesamt... 31 Unbeendeter ... 81 untauglicher ... 75, 89 fT., 128 fT., 138 fT., 149 Versuchte Anstiftung 136 fT. Verwirklichungsmacht 61 Vollherrschaft 26 Vordermann 16,51,57,139 f., 146 Werkzeug 26, 29, 52, 54 fT., 58, 139 f., 146 Zufall 48, 50 f. Zurechnung 16,26,29 fT., 34 fT. einseitige .. . 44, 46 gegenseitige ... 70 konstitutive ... 42, 44, 58

Sachregister wechselseitige ... 37 f., 41 f., 44 ff., 69, 79, 116 ZurechnWlgsbasis 62, 93, 95 ff., 105, 107, 109, 113, 121 ff., 127, 131, 133 ff., 142 ff., 150 f.

11 B..-

161

ZurechnWlgsgegenstand 92 ff., 98, 121 f., 141, 149, 151