Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt: Probleme der Überschneidung von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen unter besonderer Berücksichtigung des Verfügungsvertrages [1 ed.] 9783428503421, 9783428103423

Das Thema dieser Bochumer Dissertation führt in Kernbereiche der Verwaltungsrechtsdogmatik. Dabei wird untersucht, ob un

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Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt: Probleme der Überschneidung von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen unter besonderer Berücksichtigung des Verfügungsvertrages [1 ed.]
 9783428503421, 9783428103423

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GEORG BUTTERWEGGE

Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 865

Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt Probleme der Überschneidung von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen unter besonderer Berücksichtigung des Verfügungsvertrages

Von Georg Butterwegge

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Butterwegge, Georg:

Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt : Probleme der Überschneidung von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen unter besonderer Berücksichtigung des Verfügungsvertrages / Georg Butterwegge. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 865) Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10342-4

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: psb, Berlin Druck: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10342-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern und Herrn Siegmar Kemm

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2000 von der juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind bis Herbst 2000 berücksichtigt. Dank gebührt meinem Lehrer Professor Dr. Dr. h.c. Rolf Gravvert, der durch seine Anregungen sowie zügige und detaillierte Würdigung meiner Entwürfe das Zustandekommen der Arbeit entscheidend gefördert und mir inhaltlich alle Freiheiten gelassen hat. Professor Dr. Martin Burgi danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie für die damit verbundenen Anregungen. Schließlich danke ich auch noch dem Verein zur Förderung der Rechtswissenschaft e.V. der Ruhr-Universität für die Bewilligung eines Druckkostenzuschusses. Weiter danke ich meinem Bruder Gerald Butterwegge und Herrn Oliver Nölken für die Hilfe bei der Erstellung der Druckvorlage. Eine solche Arbeit ist stets nur möglich durch die ausdauernde Begleitung in der Zeit ihrer Entstehung. Besonderer Dank gilt daher meinen Eltern sowie Herrn Siegmar Kemm, die mich auch in schweren Stunden unterstützten und mir stets treu zur Seite standen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Bochum, im Januar 2001 Georg Butterwegge

Inhaltsverzeichnis Einleitung

15

/. Teil Begriffsbestimmungen

17

2. Teil Der Verpflichtungsvertrag A. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

18 18

I. Der nach materiellem Recht rechtmäßige Verwaltungsakt

18

II. Der nach materiellem Recht rechtswidrige Verwaltungsakt

19

1. Unmöglichkeit der Erfüllung?

19

2. Aufhebungsmöglichkeit / dolo-agit-Einrede

20

a) Grundsätzliche Möglichkeit der Aufhebung

21

b) Rücknahme oder Widerruf?

24

aa) Die Lehre vom Verwaltungsvertrag als Rechtsquelle

24

bb) Die Lehre von der generellen Rücknehmbarkeit

25

cc) Kritik

25

(a) Kritik aus der Literatur

25

(b) Weitere Kritik

26

(aa) Kritik an der Lehre von der generellen Rücknehmbarkeit .

26

(bb) Kritik an der Lehre vom Verwaltungsvertrag als Rechtsquelle

27

(α) Ermächtigungsgrundlage und Rechtmäßigkeitsmaßstab

27

(ß) Funktionen des Verwaltungsaktes

28

(αα) Materiell rechtliche Rechtskrafttheorie

29

10

Inhaltsverzeichnis (ßß) Prozessuale Rechtskrafttheorie

30

(γγ) Lösung der Problematik

30

(δδ) Folgerungen für die Vergleichbarkeit

31

(ααα) Vergleichbarkeit aufgrund struktureller Ähnlichkeiten zwischen Urteil und Verwaltungsakt

32

(ßßß) Vergleichbarkeit von Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag

33

(yyy)

Rechtmäßigkeit des Folgeaktes als Folge der Bestandskraft

(δδδ) Vergleich mit der Zusicherung (γ)

Verträge als Rechtsquellen

(δ) Auslegung von § 59 II Nr. 1 VwVfG

34 36 39 41

3. Lösung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kollisionsproblematik

42

4. Überprüfung des Ergebnisses

44

a) Erfüllender Verwaltungsakt und Europarecht

44

b) Erfüllender Verwaltungsakt und Effektivierung von § 60 I 2 VwVfG . . .

49

c) Verfassungsrechtliche Aspekte

51

d) Zivilrechtliche Konformität

52

aa) Verhältnis von Grund- und Verfügungsgeschäft

52

bb) Einredebehaftung

53

cc) Gegenleistung des Bürgers

53

dd) Ergebnis

56

e) Wertung von § 59 VwVfG

56

0 § 49 I 2. Hs. VwVfG

57

g) Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil

59

h) Auslegung von § 58 VwVfG

61

aa) § 58 I VwVfG

61

bb) § 58 II VwVfG

66

i) Prozessuale Bedenken

68

aa) Gerichtliche Verpflichtung zum Erlaß rechtswidriger Akte

68

bb) Prozessuales und verfahrensmäßiges Vorgehen in Konstellationen mit Drittbezug

71

Inhaltsverzeichnis cc) Zwischenergebnis j) Ergebnis

74 74

III. Prozessualer Annex: Die richtige Klageart bei Klagen aus dem Verwaltungsvertrag auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes

74

B. Der Erlaß von Verwaltungsakten aufgrund gesetzlichen Anspruches trotz eines Vertrages

76

C. Der Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten

78

I. Geltungsvorrang des Verwaltungsaktes

78

II. Konkludente Kündigung

78

III. Konkludente Aufhebung

81

1. Aufhebung durch Verwaltungsakt

81

2. Aufhebungs-oder Änderungsvertrag

81

IV. Nichtigkeit des vertragswidrigen Verwaltungsaktes V. Aufhebungsanspruch sui generis VI. Lösung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kollisionsproblematik 1. Nach materiellem Recht rechtmäßiger Verwaltungsakt

81 83 84 85

a) Ermessensbindung

85

b) Schadensersatzansprüche

86

c) Ergebnis

87

2. Nach materiellem Recht rechtswidriger Verwaltungsakt

87

3. Ergebnis

87

D. Der Erlaß von Verwaltungsakten zur Erfüllung eines nichtigen Vertrages I. Nichtigkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes

87 87

1. Darstellung des Meinungsstandes

87

2. Kritik

88

II. Generelle Rechtswidrigkeit des Erfüllungsaktes

90

1. Darstellung des Meinungsstandes

90

2. Kritik

90

III. Beurteilung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kollisionsproblematik 1. Ermessensverwaltungsakte a) Rechtswidrigkeit des Ermessensverwaltungsaktes

91 91 91

12

Inhaltsverzeichnis b) Vertrauensschutz, § 48 II 1 VwVfG c) Ergebnis

92 94

2. Gebundene Entscheidungen

94

E. Der Erlaß von Verwaltungsakten vor Abschluß eines VerwaltungsVertrages I. Wirksamkeit des Vertrages

94 95

II. Den Vertragspartnern bekannter entgegenstehender Verwaltungsakt III. Den Vertragspartnern nicht bekannter entgegenstehender Verwaltungsakt 1. Erkenntnis des entgegenstehenden Verwaltungsaktes vor Erlaß des neuen . .

96 96 97

2. Erkenntnis des entgegenstehenden Verwaltungsaktes nach Erlaß des neuen . 97

E

a) Nichtigkeit

97

b) Konkludente Aufhebung

98

c) Zwischenergebnis

99

IV. Ergebnis

99

Erlaß von Verwaltungsakten zur Vollstreckung aus dem Vertrag

99

I. Vollstreckung aus dem Vertrag

99

II. „Vertragsumfassende" Verwaltungsakte III. Ergebnis

101 102

G. Ergebnis zur Überschneidungsproblematik beim Verpflichtungsvertrag

102

3. Teil Der Verfügungsvertrag

103

A. Begriff

103

B. Existenz

104

I. Zivilrechtlicher Begriff der Verfügung II. Unterschiede zum öffentlich-rechtlichen Verfügungsvertrag

104 105

III. „Echte" Verfügungsvertrage

108

IV. „Unechte" Verfügungsverträge: „Bewirkungsverträge"

108

V. Zusammenfassung über die Vertragsarten VI. Untersuchung der Frage nach der Existenz von BewirkungsVerträgen 1. § 54 S. 2 VwVfG

109 109 109

Inhaltsverzeichnis 2. §58 I VwVfG

110

3. §5811 VwVfG

Ill

4. §59 II Nr. 1-3 VwVfG

Ill

5. § 62 S. 2 VwVfG

112

a) Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts

112

aa) Gesetzesvollzug als Aufgabe der Verwaltung

112

bb) Charakteristika von Erlaubnissen und Bewilligungen

113

cc) Kompetenz der Behörde

114

dd) Zwischenergebnis

115

b) Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts 6. Ergebnis

115 117

C. Folgerungen

117

I. Auswirkungen auf die bisher gefundenen Ergebnisse II. Vorliegen eines Bewirkungsvertrages III. Beurteilung vergleichbarer Fälle beim Bewirkungsvertrag

117 118 119

1. Aufhebbarkeit der Erfüllung

120

2. Vertragswidrige Verwaltungsakte

120

3. Nichtige Verträge

...120

4. Vor Abschluß des Vertrages erlassene Verwaltungsakte

121

5. Ergebnis

123

4. Teil Gesamtergebnis zur Frage nach dem allgemeinen Verhältnis von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen

Literaturverzeichnis

124

126

Einleitung Das Vervvaltungsverfahrensgesetz 1 sieht in § 9 zwei Möglichkeiten vor, wie das Verwaltungsverfahren zu beenden ist: durch Verwaltungsakt oder durch öffentlichrechtlichen Vertrag. Zu beiden Handlungsformen finden sich umfangreiche Regelungen. Gesetzlich nicht geregelt sind jedoch die Fälle, in denen beide Handlungsformen miteinander verbunden werden, obwohl sich der Gesetzgeber durchaus bewußt war, daß dieses Problem auftauchen wird 2 . In seiner Dissertation von 1986 geht Jürgen Fluck3 auf einige dieser Probleme ausführlich ein. Jedoch bemerkte Henke bereits 1987, die Ergebnisse erschienen „kühn, ζ. T. befremdlich" 4. Trotzdem setzten sich viele der dort gefundenen Ergebnisse im Laufe der Zeit als herrschende Meinung durch 5. Kreuzer 6 geht in seiner Dissertation ebenfalls auf einen Spezialfall der Kollision zwischen Verwaltungsaktsrecht und Vertragsrecht ein, jedoch isoliert und ohne die Bezüge zu ähnlich gelagerten Konstellationen herzustellen. In dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, wo die Schwächen der bisherigen Lösungsansätze bei der Überschneidung, also bei der Kombination und Kollision von vertraglicher Verpflichtung und Verwaltungsakt liegen und wie es möglich ist, diese auszugleichen, um zu einem ausgewogenen Ergebnis zu gelangen. Dabei wird von dem am heftigsten diskutierten (und wohl auch praktisch relevantesten) Fall ausgegangen, nämlich dem Verwaltungsakt, der der Erfüllung öffentlich-rechtlicher (Verpflichtungs-) Verträge dient. Im Anschluß werden die Folgeprobleme diskutiert, die sich aus den Überlegungen zum vertragserfüllenden Verwaltungsakt ergeben, nämlich der Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten und der

1

Für diese Arbeit zugrundegelegt wurden das Verwaltungsverfahrensgesetz der Bundesrepublik Deutschland sowie das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Ausführungen sind auf die entsprechenden Vorschriften in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der übrigen Länder übertragbar, da materiell keine Unterschiede bestehen. Eine Ausnahme gilt nur für das Land Schleswig-Holstein. Auf die Besonderheiten, die sich aus dem dort existierenden Institut des „unwirksamen" Vertrages ergeben (§ 126 LVwG), kann im Rahmen dieser Bearbeitung nicht eingegangen werden. 2 BT-DS 7/910, S. 79. 3 Fluck, Die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Verpflichtungsvertrages durch Verwaltungsakt, 1985. 4 Henke, Besprechung der Dissertation von Fluck, in: DÖV 1987, S. 125 (126). 5 Dazu sogl. unter 2. Teil, Α. II 2 a) aa). 6 Kreuzer, Der vertragswidrige Verwaltungsakt, 1988.

16

Einleitung

Erlaß von Verwaltungsakten vor Abschluß eines VervvaltungsVertrages. Schließlich wird auf das viel diskutierte Problem des Erlasses von Verwaltungsakten zur Zwangvollstreckung aus dem Vertrag vor dem Hintergrund der gefundenen Ergebnisse eingegangen. Als letztes wird untersucht, ob auch der sogenannte Verfügungs- bzw. Erf ül lungs vertrag existiert, und wenn ja, ob sich in diesem Fall Abweichungen gegenüber den oben gefundenen Ergebnissen ergeben und inwieweit diese Abweichungen gerechtfertigt erscheinen bzw. sich in ein harmonisches System einfügen. Diese Probleme werden dabei nicht isoliert betrachtet, sondern die Arbeit entwickelt ein allgemeines Konzept, wie die beiden Handlungsformen Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag im Kollisionsfall zueinander stehen. Auf die dabei entstehenden prozessualen Fragen wird ebenfalls an den entsprechenden Stellen eingegangen.

1. Teil

Begriffsbestimmungen Der öffentlich-rechtliche Vertrag umfaßt, bezogen auf das gesamte öffentliche Recht, unter anderem völkerrechtliche Verträge, staatsrechtliche Verträge und verwaltungsrechtliche Verträge. Insofern ist der in den §§ 54 ff. VvvVfG verwendete Begriff des öffentlich-rechtlichen Vertrages zu weit, sind doch dort nur die verwaltungsrechtlichen Verträge geregelt1. Im Rahmen dieser Arbeit interessieren nur diese verwaltungsrechtlichen Verträge. Bei diesen ist noch einmal zu unterscheiden zwischen subordinations- und koordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen. Unter ersteren sind solche Verträge zu verstehen, die von Parteien geschlossen werden, die sonst im Übef-/Unterordnungsverhältnis stehen, also vor allem zwischen der Verwaltung und dem Bürger 2. Koordinationsrechtliche Verträge sind hingegen Verträge, die zwischen grundsätzlich gleichgeordneten Vertragspartnern abgeschlossen werden, also vor allem von zwei Trägern öffentlicher Verwaltung3. Eine Kollisionsproblematik von Vertrag und Verwaltungsakt ist nur da denkbar, wo ein Verwaltungsakt erlassen werden kann, also im Subordinationsverhältnis. Daher sind im Rahmen dieser Arbeit auch vor allem subordinationsrechtliche Verträge von Interesse.

1 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Auflage, 1998, § 54 Rn. 20; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 54 Rn. 3; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage, 2000, § 54 Rn. 3; Meyer/ Borgs, VwVfG, 1982, § 54 Rn. 8; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Auflage, 1999, § 14 Rn. 7. 2 Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 12; Bosse, Der subordinationsrechtliche Vertrag als Handlungsform öffentlicher Verwaltung, 1974, S. 15 f. 3 Maurer ebda.

2 Butlcrweggc

. Teil

Der Verpflichtungsvertrag Bei den Überlegungen zur Kollisionsproblematik ist von dem Regelfall des öffentlich-rechtlichen Vertrages auszugehen, nämlich dem Verpflichtungsvertrag 1. Dieser liegt dann vor, wenn sich die Behörde in einem Vertrag nur zu einer Leistung verpflichtet, diese aber noch nicht erbracht wird, sondern der jeweilige Vertragspartner nur einen Anspruch auf Erfüllung der übernommenen Leistungspflichten erhält 2. Nun ist es denkbar, daß es im Zusammenhang mit dem Verpflichtungsvertrag verschiedentlich zu Kollisionen mit Verwaltungsakten kommen kann. Wie diese Konflikte zu beurteilen sind, wird im folgenden anhand der verschiedenen Konstellationen untersucht, in denen eine Kollision möglich ist.

A. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt Der häufigste Kollisionsfall ist wohl der Fall des vertragserfüllenden Verwaltungsaktes. Hier wird ein Verwaltungsakt erlassen, um eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Als Beispielsfall soll dienen, daß sich eine Behörde in einem Vertrag verpflichtet, eine Baugenehmigung zu erteilen. Hierbei sollen zwei Fälle untersucht werden: Der im Vertrag versprochene Verwaltungsakt ist nach materiellem Recht rechtmäßig oder rechtswidrig.

I· Der nach materiellem Recht rechtmäßige Verwaltungsakt In dem Vertrag kann sich die Behörde zum Erlaß eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes verpflichten. Ein solches Vorgehen hat der Gesetzgeber für den Verwaltungsvertrag selbst vorgesehen3. In diesem Fall entsteht keine Kollisionsproblematik; der Bürger erhält einen vertraglich konkretisierten Anspruch auf die Leistung. Die Behörde ist verpflichtet, den Verwaltungsakt wie versprochen zu erlassen. Probleme entstehen nur dann, wenn entweder der versprochene Verwaltungsakt zwar erlassen wird, jedoch mit 1 2 3

Erichsen, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1998, § 26 Rn. 2. Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 14. BT-DS 7/910, S. 79.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

19

Modifikationen, oder wenn eine spätere Rechtsänderung bewirkt, daß der versprochene Verwaltungsakt anders zu bewerten ist. Der erste Fall wird im folgenden noch untersucht werden4. Der zweite Fall wurde vom Gesetzgeber erkannt. Um unter diesen Umständen Kollisionsproblematiken zu vermeiden, wird der Behörde in § 60 I 1 VwVfG die Möglichkeit eingeräumt, unter gewissen Voraussetzungen den Vertrag anzupassen oder zu kündigen. Damit hat der Normgeber eine eindeutige Regelung geschaffen, wie in solchen Fällen die Kollisionsproblematik zwischen dem vertragserfüllenden Verwaltungsakt und der vertraglichen Verpflichtung zu lösen ist5. Insgesamt ist diese Konstellation also wenig problematisch.

II. Der nach materiellem Recht rechtswidrige Verwaltungsakt Es ist aber auch denkbar, daß der erfüllende Verwaltungsakt, für sich betrachtet, rechtswidrig ist. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn sich die Behörde in dem Vertrag zum Erlaß einer Baugenehmigung verpflichtet hätte, die dem materiellen Recht widerspricht. Der Vertrag ist rechtswidrig, aber nicht gemäß § 59 VwVfG nichtig6. Diese Vorschrift ist so zu verstehen, daß gerade nicht jede Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit führen soll, sondern nur in den enumerierten Fällen die Nichtigkeit begründet wird 7 . Das wird jedoch häufig nicht der Fall sein. Problematisch ist hier die Frage, ob sich eine Behörde zum Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes verpflichten kann und ob sie hieran später gebunden ist.

1. Unmöglichkeit der Erfüllung?

Nach der Ansicht Bullingers ist die Erfüllung eines solchen VerpflichtungsVertrages unmöglich8. Dabei will Bullinger jedoch nicht, wie oft unzutreffend behauptet9,

4

s. dazu unter 2. Teil, C. Auf die Frage, was mit dem erfüllenden Verwaltungsakt geschieht, wenn der zugrundeliegende Vertrag gekündigt wird, wird später (2. Teil, A II 4 a)) noch eingegangen. 6 Abweichend Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 2, der davon ausgeht, daß die Figur des schlicht rechtswidrigen Vertrages nicht existiert; es gebe nur rechtmäßige und nichtige Verträge. Warum dies so sein soll, ist unklar; auch wird die begriffliche Klarheit erhöht, wenn man von rechtswidrigen, wirksamen Verträgen spricht. 7 BT-DS 7/910, 81, Meyer/Borgs, § 59 Rn. 1; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 59 Rn. 2; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn. 1,7; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 37; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 1995, § 70 Rn. 10 ff. 8 Bullinger, Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: DÖV 1977, S. 812 (815 ff.). 9 Vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 60; Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 3.3. 5

2*

20

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

die Unmöglichkeit auf § 306 BGB i. V. m. § 62 VwVfG stützen, da er die Rechtsfolge für systemwidrig hält 10 . Dies wird damit begründet, daß die Regelung von § 59 VwVfG ansonsten nahezu vollständig unterlaufen würde. Jedoch möchte Bullinger die Konstellation so begreifen, „daß von Anfang an ein rechtliches Unvermögen des öffentlichen Vertragspartners vorlag, die geschuldete Leistung zu erbringen, und daß dieses Unvermögen nicht behoben zu werden vermag." 11 Die Annahme nur subjektiven Unvermögens versucht er damit zu begründen, „daß nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, der öffentliche Vertragspartner werde auf eine Ausnahmemöglichkeit oder eine Rechtsänderung hinwirken und so den Vertrag erfüllbar machen"12. Als Beispiel dafür nennt er die Möglichkeit der Gemeinde, den Bebauungsplan zu ändern, so daß die zugesagte Genehmigung rechtmäßig wird 13 . Diese Ansicht wurde schon früh kritisiert 14 . Hauptpunkt dabei ist, daß sie eine wesentliche Eigenschaft des Verwaltungsaktes verkennt, nämlich die Möglichkeit, ihn trotz seiner Rechtswidrigkeit wirksam zu erlassen. Dies ergibt sich aus §§ 43 ff. VwVfG. Damit ist es der Behörde jedoch gerade nicht unmöglich, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zu erlassen. Die Annahme einer Unmöglichkeit überzeugt daher nicht. Auch ist die Ansicht in sich nicht stimmig. Zwar könnte die Möglichkeit bestehen, einen Bebauungsplan zu ändern und so den Verwaltungsakt rechtmäßig werden zu lassen, jedoch spricht das weniger für die Annahme von subjektivem Unvermögen als vielmehr gegen die Annahme einer anfänglichen Unmöglichkeit. Die Behörde hat ja schließlich auch nach Abschluß des Vertrages noch die Möglichkeit, den Bebauungsplan entsprechend zu ändern. Dieser Umstand könnte sogar gegen die Annahme von Unmöglichkeit überhaupt sprechen. Mithin ist erkennbar, daß die Annahme eines anfänglichen Unvermögens auf eine Fiktion hinausläuft. Festhalten läßt sich somit, daß die Erfüllung eines Vertrages, die den Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes erforderlich macht, nicht unmöglich ist.

2. Aufhebungsmöglichkeit / dolo-agit-Einrede

Ein weiteres Problem liegt jedoch in der Frage, ob nicht der Erfüllung des Vertrages Einreden gegenüberstehen. So könnte die Verwaltung die dolo-agit-Einrede 10

Bullinger, DÖV 1977, S. 816. Ebda. 12 Ebda. 13 Ebda. 14 BonK in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 60; Meyer/Borgs, § 59 Rn. 28; Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 3.3; Ule/Laubinger, § 70 Rn. 28; Tschaschnig, Die Nichtigkeit subordinationsrechtlicher Verträge nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, 1984, S. 39; Fluck, S. 52 f.; Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979, S. 308; Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 292 f.; Blankenagel, Folgenlose Rechtswidrigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge?, in: Verwaltungsarchiv 76 (1985), S. 276 (289). 11

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

21

erheben mit der Begründung, sie könne nicht zum Erlaß eines Verwaltungsaktes gezwungen werden, den sie nach Erlaß sogleich wieder zurücknehmen kann15. Die dolo-agit-Einrede, die aus § 242 BGB abgeleitet wird 16 , ist gemäß der Verweisung aus § 62 S. 2 VwVfG auch auf Verwaltungsverträge anwendbar. Daher ist zu prüfen, ob die Behörde den erfüllenden Verwaltungsakt aufheben kann und nach welchen Regeln dies zu geschehen hat.

a) Grundsätzliche Möglichkeit

der Aufhebung

Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob der erfüllende Verwaltungsakt von der Behörde überhaupt aufgehoben werden kann oder ob die Kollision mit den vertraglichen Regelungen eine andere Betrachtungsweise nahelegt. Zwar können gemäß §§ 48,49 VwVfG Verwaltungsakte generell aufgehoben werden; durch die Kombination des Verwaltungsaktes mit der vertraglichen Verpflichtung könnte sich aber eine andere Betrachtungsweise abzeichnen. Zweifelhaft erscheint die Aufhebbarkeit deshalb, weil die Behörde sich durch den Vertrag auf die Ebene der Gleichordnung mit dem Bürger begeben hat, was auch dem Wesen des Vertrages entspricht. Bedient sich aber die Behörde des Mittels der Aufhebung, so wählt sie ein Mittel, das klassisch subordinierend ausgestaltet ist; sie verläßt also die Koordinationsebene des Vertrages. Zu bedenken ist aber, daß es sich bei dieser Konstellation um sog. subordinationsrechtliche Verträge handelt. Diese zeichnen sich gerade dadurch aus, daß die gesetzliche Ordnung des Vertragsgegenstandes ein Über- und Unterordnungsverhältnis der Vertragspartner zugrundelegt 17 . Lediglich die Konkretisierung und Ausgestaltung im Einzelfall wird durch die vertragschließenden Parteien auf der Gleichordnungsebene vorgenommen. Der Erlaß eines Verwaltungsaktes setzt notwendig hoheitliches Handeln voraus 18, die Aufhebung dieses Verwaltungsaktes ist nur actus contrarius zum Erlaß. Solche acti contrarli sind auch dem Zi vil recht bekannt und dort ebenfalls geregelt - erwähnt sei hier nur die Anfechtung von Willenserklärungen etc. Die Behörde begibt sich also bei der Aufhebung nicht auf eine höhere Stufe, womit sie das gewählte Koordinationsverhältnis stören würde, sondern sie bleibt nur auf der Stufe, die sie durch die versprochene (und vorgenommene) Erfüllungshandlung ohnehin schon betreten hatte. Mithin besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den vertragserfüllenden Verwaltungsakt aufzuheben. Fluck geht demgegenüber davon aus, daß die Behörde den Vertrag mit einem Aufhebungsvorbehält versehen muß, will sie ihre Aufhebungsrechte erhalten 19. 15

Fluck, S. 54. Schmidt, in: Staudinger, BGB, 1995, § 242 Rn. 777; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band, Allgemeiner Teil, 1987, § 10 II h); BGHZ 74, S. 293 (300). 17 Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, § 54 Rn. 46. 18 So schon Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht Band 2, 1919, S. 93. 16

22

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Dies leitet er daraus ab, daß der erfüllende Verwaltungsakt vom zugrundeliegenden Vertrag als Rechtsgrund abhängig sei 20 und dieser eine Einschränkung des Handlungsumfangs der Behörde bedeute21. Er begründet dies im einzelnen wie folgt: 1. Bei der beschriebenen Konstellation wird eine EinzelaktsVerpflichtung durch weitere Einzelakte vollstreckt. Dies sei mit der Konstellation vergleichbar, daß ein Verwaltungsakt aufgrund einer Zusicherung ergeht. In der Aufhebung des erfüllenden Verwaltungsaktes könne man zugleich regelmäßig die Aufhebung der Zusicherung sehen, die sich nach denselben Regeln vollzieht (§ 38 II VwVfG). Dies sei aber bei einem zugrundeliegenden Verwaltungsvertrag nicht ohne weiteres möglich, da dieser der Kündigung bedarf und diese sich von der Rechtsnatur her von der Aufhebung unterscheidet. Bereits aus diesen Gründen sei die Anwendbarkeit der gesetzlichen Aufhebungsvorschriften auf vertragserfüllende Verwaltungsakte zweifelhaft 22. 2. Der Bestand des Vertrages stehe grundsätzlich einer Aufhebung entgegen. Dies begründet Fluck damit, daß der Rückgängigmachung einer Leistung im Zivilrecht der Vertrag als Rechtsgrund entgegensteht. Über § 62 Satz 2 VwVfG gelten diese Grundsätze auch im öffentlichen Recht. Sofern also noch der Vertrag bestehe, könne der erfüllende Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden 23. Hierzu ist folgendes anzumerken: Es ist bereits fraglich, ob die Aufhebung des erfüllenden Verwaltungsaktes bei der Zusicherung so verstanden werden kann, daß auch die zugrundeliegende Verpflichtung mit aufgehoben wird 24 . Zuzustimmen ist Fluck allerdings insoweit, als er davon ausgeht, daß bei einem zugrundeliegenden Vertrag eine konkludente Aufhebung aufgrund der Wesensverschiedenheit der vertraglichen Kündigung nicht möglich ist. Der Schlußfolgerung, allein deshalb erscheine die Anwendbarkeit der Aufhebungsvorschriften fraglich, kann jedoch nicht gefolgt werden. Sinn macht diese Argumentation nur, wenn man davon ausgeht, daß die Abhängigkeit des Erfüllungsaktes vom Grundakt in immer derselben Art und Weise zu geschehen hat, daß sie also vorrechtlich disponiert ist. Es ist aber nicht ersichtlich, warum dies so sein sollte. Im Gegenteil ist es naheliegender, daß sich bei einem anderen Grundakt auch andere Rechtsfolgen ergeben können. Zieht man nun aus dem Umstand, daß mit der Aufhebung des erfüllenden Verwaltungsaktes nicht zugleich der zugrundeliegende Vertrag gekündigt wird die Schlußfolgerung, daß deshalb die Aufhebung nicht ohne weiteres möglich ist, so greift das zu kurz, gibt es doch konstruktive Möglichkeiten, auch bestehende Verträge dauerhaft nicht zu erfüllen 25. 19 20 21 22 23 24 25

Fluck, S. 74. Dazu sogl. unten. Fluck, S. 70 ff. Fluck, S. 71. Fluck, S. 71 ff. Dazu unten, 2. Teil, A II 2 b) cc) (b) β) δδ) δδδ) Dazu sogleich unten, 2. Teil, A II 4 d) bb).

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

23

Auch der Vergleich mit dem Zivilrecht vermag nicht zu überzeugen. Zwar sind die Grundsätze des Zivilrechts über § 62 Satz 2 VwVfG auch für das öffentliche Vertragsrecht anwendbar. Trotzdem steht die Rechtsgrundfunktion des Vertrages für die erfüllende Leistung einer Aufhebung nicht im Wege. Dies gilt aus zwei Gründen: Erstens bedarf ein zi vil rechtliches Erfüllungsgeschäft regelmäßig eines Rechtsgrundes 26 um dauerhaften Bestand zu haben, ein Verwaltungsakt braucht jedoch (außer der gesetzlichen Ermächtigung der Behörde zu seinem Erlaß 27) keinen weiteren Rechtsgrund um unangreifbar zu sein. Ergeht beispielsweise eine Baugenehmigung, so bedarf sie keines weiteren Rechtsgrundes, wird hingegen eine Sache übereignet, muß ein Rechtsgrund für die Übereignung gegeben sein, da ansonsten die Übereignung rechtsgrundlos und das Eigentum somit kondizierbar wäre. Deshalb ist die Situation des erfüllenden Verwaltungsaktes nicht mit der Situation der Erfüllungshandlungen im Zivilrecht vergleichbar. Eine Anwendung der entsprechenden zi vil rechtlichen Grundsätze kommt hier nicht ohne weiteres in Betracht. Die zivilrechtlichen Regelungen finden erst dann Anwendung, wenn sich nicht aus den Besonderheiten des Verwaltungsrechts etwas anderes ergibt, wie aus § 62 VwVfG ersichtlich ist. Im übrigen ist auch die Aufhebung eines Verwaltungsaktes keineswegs mit der zivilrechtlichen Kondiktion identisch. Vielmehr ist die Aufhebung des Verwaltungsaktes (wie bereits nachgewiesen) actus contrarius zum Erlaß; sie ist eher Gestaltungsrecht 28 als Anspruch. Daher entspricht sie nicht der Kondiktion, sondern der Anfechtung. Das Erfüllungsgeschäft kann aber ohne weiteres mit der Anfechtung angegriffen werden, so zum Beispiel, wenn durch einen Erklärungsirrtum nach § 119 BGB eine andere als die gewollte Sache übereignet wurde 29 . Daher greifen auch diese Bedenken gegen eine Aufhebbarkeit nicht durch. Aus dem Gesagten folgt, daß die Behörde nicht gezwungen ist, einen Aufhebungsvorbehalt in den Vertrag aufzunehmen. Vielmehr reicht die gesetzliche Ermächtigung in §§ 48, 49 VwVfG weiterhin für eine Aufhebung aus.

26 Flume , Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, Zweiter Band: Das Rechtsgeschäft, 3. Auflage, 1979, § 12 1 1; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 7. Auflage, 1989, § 18 II 2d). 27 Hiervon ist wiederum für den Bereich der sog. „gesetzesfreien Verwaltung" eine Ausnahme zu machen; vgl. hierzu Ossenbühl, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 23; Sachs, „Volenti non fit ini uria" - Zur Bedeutung des Willens des Betroffenen im Verwaltungsrecht, in: Verwaltungsarchiv 76 (1985), S. 398 (408). 28 Zum Begriff: Heinrichs, in: Palandt, BGB, 59. Auflage, 2000, vor § 104 Rn. 17; Brox t Allgemeiner Teil des bürgerlichen Gesetzbuchs, 23. Auflage, 1999, Rn. 580. 29 Hefermehl, in: Soergel, BGB, 12. Auflage, 1988, § 119 Rn. 11.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag b) Rücknahme oder Widerruf?

Als weitere Frage ist zu klären, nach welchen Regeln sich eine etwaige Aufhebung zu richten hat. Problematisch ist dabei vor allem, ob es sich bei dem vertragskonformen erfüllenden Verwaltungsakt um einen rechtmäßigen oder um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt, ob also eine Rücknahme oder nur ein Widerruf in Betracht kommt. Über diese Frage ist ein Meinungsstreit entstanden, der hier näher erörtert werden soll.

aa) Die Lehre vom Verwaltungsvertrag als Rechtsquelle Die Ansicht, die sich mittlerweile als herrschende Meinung durchsetzen konnte30, legt folgenden Gedanken zugrunde: Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag sind in dieser Konstellation strukturell vergleichbar. Beide dienen als Instrumente des Normenvollzuges der Konkretisierung von Normen 31. Der Verwaltungsakt ergeht als Erfüllungshandlung in bezug auf den Vertrag. Wenn die Vollstreckung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtmäßig ist, könne aufgrund derselben Funktion des Instruments auch für den Verwaltungsvertrag nichts anderes gelten32. Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei somit nicht mehr die gesetzliche Ausgangslage, sondern die vertraglich geschaffene, konkretisierte Lage33. Der Vertrag schirme deshalb den zu seiner Erfüllung erlassenen Verwaltungsakt vor dem Rückgriff auf die gesetzliche Lage ab 34 . Daher sei der vertragskonforme Verwaltungsakt stets rechtmäßig, so daß eine Rücknahme gemäß § 48 VwVfG ausscheidet. In Betracht käme allenfalls ein Widerruf gemäß § 49 VwVfG, dessen Voraussetzungen aber regelmäßig nicht vorlägen 35. Daher ist nach dieser Ansicht der vertragserfüllende Verwaltungsakt nahezu unaufhebbar. 30

Maßgebend geprägt und argumentativ belegt wurde diese Ansicht von Fluck\ Meyer hat diese Ansicht jedoch zuerst vertreten, vgl.: Das neue öffentliche Vertragsrecht und die Leistungsstörungen, in: NJW 1977, S. 1705 (1712); vgl. auch ders. in: Meyer/Borgs, § 54 Rn. 4, 78. 31

Fluck, S. 63. Ders., S. 65. 33 Ders., S. 65 f. 34 Fluck, S. 66: Meyer-Borgs, § 54 Rn. 4,78; Obermayer, Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: BayVBl. 1977, S. 546 (550); ders., Der nichtige öffentlich-rechtliche Vertrag nach § 59 VwVfG, in: Verwaltung und Rechtsbindung, 1979, S. 275 (278); ders., VwVfG, 2. Auflage, 1990, § 54 Rn. 129, § 59 Rn. 25; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 17; Scheuing, Selbstbindungen der Verwaltung, in: VVDStRL40, S. 153 (184); Henneke, in: Knack, § 54 Rn. 7.2; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 25; Martens, Einführung in die Praxis des Verwaltungsverfahrens, in: JuS 1978, S. 607 (611); Scherzberg, Grundfragen des verwaltungsrechtlichen Vertrages, in: JuS 1992, S. 205 (214); Schmidt-Aßmann/Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, 2. Auflage, 1992, S. 213 f.; Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, 1989, S. 251; für den Bereich des Steuerrechts vgl. Seer, Verständigungen im Steuerverfahren, 1996, S. 398 ff. 32

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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bb) Die Lehre von der generellen Rücknehmbarkeit Tschaschnig geht davon aus, daß bei einem wirksamen Verpflichtungsvertrag die Behörde zur Erteilung zwar verpflichtet sei, die Rücknahme nach § 48 VwVfG des daraufhin erlassenen rechtswidrigen Verwaltungsaktes aber ohne weiteres rechtlich möglich sei 36 . Dies wird damit begründet, daß die Wirksamkeit des Verpflichtungsvertrages nur die Erfüllungsverpflichtung begründe, den Verwaltungsakt zu erlassen; dieser müsse aber ebenfalls den Bestimmungen der §§ 35 ff. VwVfG genügen37. Der gegenüber der Zusicherung bestehende „Bindungsmehrwert" bestehe in einem vertraglichen Schadensersatzanspruch38. In Ausnahmefällen sei aber das Rücknahmeermessen dergestalt auf Null reduziert, daß eine Rücknahme rechtswidrig wäre, z.B. wenn die Leistung des Bürgers nicht mehr zurückerstattet werden könne 39 . Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist hiernach weiterhin die gesetzliche Lage, nicht die Vertragskonformität. Nach dieser Ansicht vollzieht sich die Aufhebung demnach als Rücknahme, § 48 VwVfG.

cc) Kritik Beide Ansichten vermögen nicht zu überzeugen. So ist gerade die letztgenannte Auffassung immer wieder auf Kritik und Ablehnung gestoßen. Die erste Ansicht hingegen konnte sich mittlerweile zu einer weit herrschenden Meinung verfestigen. Kritik hieran gab es zwar auch, blieb aber vereinzelt.

(a) Kritik aus der Literatur

Die Ansicht Tschaschnigs wird in der Literatur stark angegriffen. So wird ihr durchgehend vorgeworfen, sie ermögliche bedenkenlos die Rücknahme des Verwaltungsaktes und werde damit der Bindungswirkung, die der zugrundeliegende Verwaltungsvertrag hat, nicht gerecht 40. Auch die herrschende Meinung wird vereinzelt kritisiert, jedoch bisher ohne Alternativen aufzuzeigen. Ule/Laubinger werfen der Lösung vor, sie verwechsele Ermächtigungsgrundlage und Rechtmäßigkeitsmaßstab41. Auch Maurer hält die

35

Fluck S. 66 ff. Tschaschnig, S. 39. 37 Tschaschnig, S. 38. 38 Tschaschnig, S. 39. 39 Tschaschnig, S. 39 f. 40 Fluck S. 54; Schmidt-Aßmann/Krebs, tungsrecht, § 26 Rn. 25. 41 Ule/Laubinger, § 69 Rn. 15. 36

S. 214 Fn. 606; Erichsen, in: Erichsen, Verwal-

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Auffassung, der rechtswidrige aber trotzdem wirksame Vertrag bilde eine eigenständige Rechtsquelle, für „nicht akzeptabel"42.

(b) Weitere Kritik

An beiden Ansichten ist aber darüber hinaus weitere Kritik zu üben.

(aa) Kritik an der Lehre von der vollen Rücknehmbarkeit Die Ansicht von Tschaschnig verkennt, daß der öffentlich-rechtliche Vertrag gerade davor bewahren soll, daß jede Rechtswidrigkeit zur Unwirksamkeit führt 43 . Läßt man aber die Rücknahme nach § 48 VwVfG ohne weiteres zu, so wird diese gesetzliche Entscheidung unterlaufen. Bis auf die wenigen genannten Ausnahmefälle würde es keinen Unterschied machen, ob die Behörde nicht direkt durch Verwaltungsakt gehandelt hat oder ob sie sich zunächst der Handlungsform des Vertrages bediente. Die Kollisionsproblematik würde damit einseitig zugunsten des Verwaltungsaktes gelöst, ein Ergebnis, das angesichts der Bindungen des Vertrags nicht zu überzeugen vermag. Der Hinweis darauf, daß der Verwaltungsakt selbst den Anforderungen der §§35 ff. VwVfG genügen muß, ist nicht durchgreifend, da im vorliegenden Fall gerade problematisch ist, was Maßstab der Rechtswidrigkeitsprüfung ist. Fraglich ist, ob dies nach wie vor die gesetzliche Ausgangslage ist, oder ob nicht die Kollisionsproblematik etwas anderes gebietet. Eine weitere Schwäche der Ansicht Tschaschnigs ist darin zu sehen, daß er davon ausgeht, daß die Behörde zunächst zur Erteilung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes verpflichtet ist und sie ihn erst nach Erteilung widerrufen kann44. Es ist nicht einsichtig, warum die Behörde nicht direkt die Erfüllung des Vertrages verweigern kann, indem sie die dolo-agit-Einrede geltend macht. Schließlich ist dieses Verfahren für die Behörde erheblich einfacher und zeitsparender. Der Schadensersatzanspruch aus § 48 III VwVfG müßte wohl auch entstehen, wenn die mögliche Rücknahme dem vertraglichen Anspruch einredeweise entgegengehalten wird, denn die Einrede setzt gerade das Bestehen des Rückforderungsrechts voraus, dessen unmittelbare Folge der Anspruch aus § 48 III VwVfG ist.

42

Maurer, Der Verwaltungsvertrag - Probleme und Möglichkeiten, in: DVB1. 1989, S. 798 (803). 43 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-DS 7/910, S. 81. 44 So auch Schmidt-Aßmann/Krebs, S. 214 Fn. 606.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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(bb) Kritik an der Lehre vom Verwaltungsvertrag als Rechtsquelle Aber auch die herrschende Meinung vermag nicht zu überzeugen. Aus verschiedenen Gründen ergeben sich erhebliche Bedenken gegen die Annahme des zugrundeliegenden Verwaltungsvertrages als Rechtmäßigkeitsmaßstab.

(α) Ermächtigungsgrundlage und Rechtmäßigkeitsmaßstab Der Auffassung von Ule/Laubinger ist zuzustimmen45, daß diese Ansicht Ermächtigungsgrundlage und Rechtmäßigkeitsmaßstab vertausche. Dies geschieht deshalb, weil Grundlage für Flucks Überlegungen ein fehlerhafter Vergleich mit dem Fall ist, daß ein Verwaltungsakt rechtswidrig, aber wirksam erlassen und nun vollstreckt wird. In diesem Fall ist anerkannt, daß die Vollstreckungshandlung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes trotzdem rechtmäßig ist 46 . Fluck sieht in diesem Fall nun die Parallele für den vorliegend zu untersuchenden Fall des vertragserfüllenden Verwaltungsaktes. Der Vertrag sei Rechtsgrundlage und Erlaßgrund für den Verwaltungsakt, wie der Grundverwaltungsakt die Grundlage für die Vollstrekkungshandlung ist, weshalb ebenfalls der Vertrag vor dem Rückgriff auf die gesetzliche Lage abschirme 47. Daher sei er Rechtsquelle für die Frage der Beurteilung des Erfüllungsaktes. Diese Argumentation enthält zwei Prämissen: zum einen, daß die Fälle der Vollstreckung eines Verwaltungsaktes und die der Erfüllung eines Verwaltungsvertrages strukturell vergleichbar sind, und zum anderen, daß es sich bei Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag um Rechtsquellen handelt. Schon die erste Überlegung begegnet Bedenken, denn zwischen Vollstreckungshandlung und Grundverfügung besteht eine notwendige Abhängigkeit und ein notwendiger Zusammenhang, die beim Verhältnis zwischen Verpflichtungsvertrag und erfüllendem Verwaltungsakt nicht besteht. Die Vollstreckungshandlung bedarf denknotwendig einer Grundverfügung, da es ansonsten nichts zu vollstrecken gibt. Der erfüllende Verwaltungsakt bedarf jedoch keines weiteren zugrundeliegenden Aktes, der den Rechtsgrund darstellt. Zwar ist es durchaus möglich, einen solchen Rechtsgrund zu schaffen, wie die Regelung von § 54 VwVfG zeigt; eine Notwendigkeit hierfür besteht jedoch regelmäßig nicht. So könnte im oben genannten Beispielsfall die Baugenehmigung auch direkt von der Behörde erlassen werden, ohne daß der Umweg einer diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtung gewählt wird. Also stehen die Akte jeweils in einem unterschiedlichen Verhältnis zueinander, weshalb die beiden Fälle gerade nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind. Maßstab für 45

Ule/Laubinger, § 69 Rn. 15. Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 15; Maurer, Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 12. 47 Fluck, S. 66; so auch schon Meyer/Borgs, § 54 Rn. 4, 78. 46

28

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ist allein die gesetzliche Lage, nicht eine eventuell von den Parteien geschaffene Anspruchsgrundlage. Hieran zeigt sich, daß im öffentlichen Recht ein Unterschied zwischen Rechtsgrund und Rechtmäßigkeitsmaßstab existiert. Fluck begründet aber in seiner Arbeit nur, warum es sich bei dem Verpflichtungsvertrag um den Rechtsgrund für den Erlaß handelt, und schließt daraus auf den Rechtmäßigkeitsmaßstab.

(ß) Funktionen des Verwaltungsaktes Der Vergleich mit der Vollstreckung von Verwaltungsakten hinkt jedoch noch aus einem anderen Grund. Für die Beurteilung des VerwaltungsVertrages muß nur dann das gleiche gelten wie für den Verwaltungsakt, wenn diese tatsächlich dieselben Funktionen erfüllen. Zutreffend ist, daß beide die sog. Konkretisierungsfunktion erfüllen, daß sie also dazu dienen, das generell-abstrakte Gesetzesrecht auf den Einzelfall anzuwenden. Aus dieser Konkretisierungsfunktion nun jedoch auf die Rechtmäßigkeit der weiteren Maßnahmen zu schließen, kann nicht ohne weiteres überzeugen. Die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung des Verwaltungsaktes hängt nämlich mit einer ganz anderen Funktion zusammen, nämlich der Bestandskraftfunktion 48. Daß schließlich der Verwaltungsakt überhaupt vollstreckt werden kann, beruht auf der Titel- und Vollstreckungsfunktion 49. Bei dieser zweiten Funktion zeigt sich schon ein großer Unterschied zwischen Verwaltungsakt und -vertrag. Der Verwaltungsvertrag kann gemäß § 61 VwVfG gerade nicht ohne weiteres vollstreckt werden; ihm kommt keine Titelfunktion zu 50 . Hinsichtlich der ersten Funktion könnte man jedoch auf den ersten Blick Ähnlichkeiten mit dem Verwaltungs vertrag erkennen. Schließlich führt die Fehlerfolgenregelung von § 59 VwVfG dazu, daß der Verwaltungsvertrag ebenfalls trotz Rechtswidrigkeit nicht stets nichtig wird, ein Ergebnis, das der Regelung beim Verwaltungsakt sehr ähnlich ist. Trotzdem sind auch hier gewisse Unterschiede festzustellen. So kann die (schlichte) Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes innerhalb einer gewissen Frist durch Widerspruch bzw. Klage geltend gemacht werden, was beim Verwaltungs vertrag nicht möglich ist. Um nun die Frage zu klären, ob diese Unterschiede maßgeblich sind oder ob es sich nur um Unwesentlichkeiten handelt, die die generelle Vergleichbarkeit der Funktionen unberührt lassen, muß untersucht werden, was die Bestandskraft des Verwaltungsaktes ausmacht. Verglichen wird die Bestandskraft mit der Rechtskraft eines Urteils 51 . Auch die Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils ist rechtmäßig, selbst wenn es dem

48

Schmalz, Allgemeines Verwaltungsrecht und Grundlagen des Verwaltungsrechtsschutzes, 3. Auflage, 1998, Rn. 145; OVG Lüneburg, NVwZ 1989,880; P. & U. Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, § 35 Rn. 30. 49 Schmalz, Verwaltungsrecht, Rn. 146; Henneke, in: Knack, vor § 35 Rn. 6.3. 50 Hierzu sogleich unten, 2. Teil, A III.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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materiellen Recht zuwiderläuft. Über das Wesen der materiellen Rechtskraft ist ein Streit entstanden, der im folgenden kurz skizziert werden soll. Auch wenn stets darauf hingewiesen wird, daß dieser Streit ohne praktische Bedeutung sei 52 , so kommt es gerade in der hier vorliegenden Konstellation auf die Ursache der materiellen Rechtskraftwirkung an.

(oca) Materiell rechtliche Rechtskrafttheorie Nach der älteren materiell rechtlichen Theorie entsteht die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft dadurch, daß durch das rechtskräftige Urteil die materiellen Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien gestaltet werden 53. So werde die bisherige Rechtslage bestätigt und ein neuer Entstehens- oder Untergangsgrund für das materielle Recht geschaffen 54. Das unrichtige Urteil gestalte also die Rechtslage, indem es den zuerkannten Anspruch zum Entstehen, den aberkannten zum Erlöschen bringe 55. Nach Eintritt der Rechtskraft stimmen nach dieser Theorie also Urteilsausspruch und materielle Rechtslage notwendig überein, sei es durch Erklärung, sei es durch Gestaltung56. So wird die Möglichkeit einer „doppelten Rechtsordnung (Diskrepanz zwischen wahrer und materieller Rechtslage)" beseitigt, indem das Urteil die bisherige materielle Rechtslage verändert 57. Teilweise wird diese Theorie auch in der Variante vertreten, daß ein rechtskräftiges Urteil nur die unwiderlegbare Vermutung begründe, daß die vom Urteil ausgesprochene Rechtsfolge zu Recht bestehe58, was der Sache nach aber ebenfalls eine Veränderung der materiellrechtlichen Lage bedeutet59. 51 Schmalz, Verwaltungsrecht, Rn. 145; Maurer, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 3; Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, 1997, Rn. 583; Merten, Bestandskraft von Verwaltungsakten, in: NJW 1983, S. 1993 (1994); BVerfGE 60, S. 253 (269 f.); Erichsen/Knoke, Bestandskraft von Verwaltungsakten, in: NVwZ 1983, S. 185 (186). 52

Zeiss , Zivilprozessrecht, 9. Auflage, 1997, Rn. 561 ; Leipold, in: Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 21. Auflage, 1998, § 322 Rn. 26; Arwed Blomeyer, Zivilprozessrecht, 2. Auflage, 1985, § 88 III 3; Habscheid, Urteilswirkungen und Gesetzesänderungen, in: ZZP78 (1965), S. 401 (424); Schwab, Rechtskrafterstreckung auf Dritte und Drittwirkung der Rechtskraft, in: ZZP 77 (1964), S. 124 (132); Jürgen Blomeyer, Zum Streit über die Natur und Wirksamkeit der materiellen Rechtskraft, in: JR 1968, S. 407 (408, 411); Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, § 322 Rn. 12; insofern zutreffenderweise a. A. Martens, Rechtskraft und materielles Recht, in: ZZP 79 (1966), S. 404 (405). 53 Kohler, Der Prozeß als Rechtsverhältnis, 1888; Pagenstecher, Zur Lehre von der materiellen Rechtskraft, 1905. 54 Reichel, Rechtskraft und ungerechtfertigte Bereicherung, in: Festschrift für Adolf Wach Bd. III, 1913, S. 1(4); Martens, ZZP 79 (1966), S. 404 (405 f.). 55 RGZ 46, S. 336; 71, S. 309 (311); 75, S. 213 (215); 78, S. 389 (395); Reichel, S. 4. 56 Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 1. Aufl. 1967, § 10 III; Neuner, Die dogmatische Bedeutung der materiellrechtlichen und der prozessualen Rechtskrafttheorie, in: ZZP 54 (1929), S. 217 (240 f.). 57 Leipold, in: Stein/Jonas, § 322 Rn. 24.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Nach dieser Ansicht folgt also die Bindungsvvirkung der materiellen Rechtskraft aus der Bindung an das durch das Urteil geschaffene Recht, also der Sache nach aus Art. 97 I GG.

(ßß) Prozessuale Rechtskrafttheorie Nach der prozessualen Theorie besteht keine Einwirkung des Urteils auf das materielle Recht. Schließlich sei es Aufgabe des Urteils, über das bestehende materielle Recht zu entscheiden, nicht aber es zu ändern. Diesbezüglich machen lediglich die Gestaltungsurteile eine Ausnahme. Bei gegenteiliger Annahme wäre jedes Urteil ein Gestaltungsurteil, oder, wie es Hartmann pointiert formuliert: Es „wären alle Rechtsgeschäfte nur Wünsche"60. Diese Auffassung teilt sich wiederum in zwei Unteransichten. Die eine erklärt die Wirkung der materiellen Rechtskraft dadurch, daß sowohl die Parteien als auch das Gericht in nachfolgenden Prozessen an das Urteil gebunden sind 61 . Die Gegenmeinung stellt darauf ab, daß eine neue Verhandlung und Entscheidung über die rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge ausgeschlossen ist 62 .

(yy) Lösung der Problematik Will man diese Problematik lösen, so ist folgendes zu bedenken: Sinn der Rechtskraft ist der Schutz subjektiver, privater Rechte durch die Herstellung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit63. Um diesen Zweck zu erreichen, bedarf es aber keiner richterlichen Neugestaltung von Recht im Einzelfall 64 . Der Richter ist im Prozeß

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Pohle, Über die Rechtskraft im Zivil- und Strafprozeß, Juristische Blätter 1957, S. 113 (118); Jürgen Blomeyer, JR 1968, S. 409 (411). 59 So zutreffend Leipold, in: Stein/Jonas, § 322 Rn.25. 60 Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 54. Auflage, 1996, Einf. §§ 322-327, Rn. 9. 61 Hellwig, Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft, 1901, S. 12, 18; Arens/ Liike, Zivilprozessrecht, 6. Auflage, 1994, Rn. 359; RGZ 160, S. 163 (165); 167, S. 328 (334); BGHZ 3, S. 82 (86). 62 Bötticher, Kritische Beiträge zur Lehre von der materiellen Rechtskraft im Zivilprozeß, 1930, S. 139 ff.; Jauernig, Zivilprozessrecht, 25. Auflage, 1998, § 62 III 1; Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 21. Auflage, 1998, § 322 Rn. 8; BGHZ 34, S. 337 (339); 35, S. 338 (340); 36, S. 365 (367); NJW 1985, S. 2825 (2826); 1987, S. 371; BAG NJW 1955, S. 476 (477). 63

Leipold, in: Stein/Jonas, § 322 Rn. 30; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, Einf. §§ 322-327, Rn. 9.; BAG NJW 1984, S. 1710 (1711); Domke, Rechtsfragen der Bestandskraft von Verwaltungsakten, 1989, S. 40. 64 So auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Auflage, 1993, § 151 II 3 a).

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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auf die Rolle des Rechtsanvvenders beschränkt, er kann nicht neues Recht schaffen 65 . Stimmt sein Urteil mit der materiellen Rechtslage überein, so kann der Anspruch lediglich durchgesetzt werden, er wird aber nicht quasi noch einmal zur Entstehung gebracht. Weist der Richter aber entgegen der materiellen Rechtslage die Klage als unbegründet ab, so führt das nicht zum Untergang des Anspruchs. Es besteht lediglich keine Möglichkeit mehr, ihn durchzusetzen. Die insoweit getroffene Differenzierung zwischen unrichtigen Urteilen, die rechtsgestaltende Wirkung haben, und richtigen Urteilen, die dieser Wirkung entbehren, kann nicht überzeugen 66 . Auch der Bürger wird nicht die Vorstellung haben, daß durch das Gerichtsurteil neues Recht geschaffen, sondern lediglich sein (bestehendes) Recht durchgesetzt wird. Wird seine Klage zu Unrecht abgewiesen, so wird er nicht davon ausgehen, sein Anspruch sei nun untergegangen, sondern lediglich nicht durchsetzbar. Insofern entspricht die Laiensicht auch der richtigen rechtlichen Betrachtungsweise. Daher ist die prozessuale Rechtskrafttheorie vorzugswürdig.

(δδ) Folgerungen für die Vergleichbarkeit Ob indes die Überlegungen zum Wirkungsgrund der materiellen Rechtskraft tatsächlich auf die Bestandskraft des Verwaltungsaktes zu übertragen sind, bedarf zunächst noch einer genauen Untersuchung. Der Verwaltungsakt weist nämlich gegenüber dem Urteil eine Besonderheit auf, die einen entscheidenden Unterschied darstellen könnte. Stellt das Urteil im Prozeß regelmäßig nur eine bestehende Rechtslage fest (mit der Ausnahme der Gestaltungsurteile, die aber als besonders gelagerter Ausnahmefall hier außer Betracht bleiben), so wird im Verwaltungsrecht die Rechtslage durch den Verwaltungsakt regelmäßig konkretisiert und gestaltet67. Erst durch die Erteilung der Baugenehmigung darf der Bürger bauen, nicht schon davor, auch wenn alle Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung vorliegen. Zwar gibt es auch Verwaltungsakte, die keine gestaltende, sondern lediglich feststellende Wirkung haben, jedoch ist gerade der gestaltende Verwaltungsakt der Regelfall. Der Verwaltungsakt konkretisiert und gestaltet das Recht für den Einzelfall, das Urteil soll aber nur feststellen, wie die bestehende Rechtslage aussieht. Aus dieser Überlegung heraus ergeben sich Zweifel, ob die Bestandskraft des Verwaltungsaktes und die materielle Rechtskraft von Urteilen tatsächlich vergleichbar sind 68 , denn das entscheidende Argument für den Wirkungsgrund der materiellen Rechtskraft entfällt beim Verwaltungsakt.

65 Zutreffend Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Einf. §§ 322-327, Rn. 9. 66 Jauernig, Zivilprozessrecht, § 62 II 3 c). 67 Seibert, Die Bindungswirkung von Verwaltungsakten, 1989, S. 125; Domke, S. 40 f. 68 Seibert, S. 125 f.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

(ααα) Vergleichbarkeit aufgrund struktureller Ähnlichkeiten zwischen Urteil und Verwaltungsakt Bei der Lösung dieser Frage ist wiederum eine Besonderheit des Verwaltungsaktes zu berücksichtigen, nämlich die Möglichkeit, daß dieser rechtswidrig sein kann, ohne dadurch gleichzeitig nichtig zu sein. Das Verwaltungsverfahrensgesetz kennt also einen dritten Zustand der schlichten Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten. Daß diese nicht automatisch zur Nichtigkeit führt, hängt mit dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zusammen, der dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gleichwertig gegenübersteht69. Grund für die Bestandskraftwirkung ist also der Gedanke, daß der Bürger wissen soll, wie die ihn betreffende Rechtslage aussieht, und daß deshalb nicht jedweder Fehler sofort zur Unwirksamkeit führt, wodurch der Bürger sonst mit erheblichen Unsicherheiten an der Rechtslage belastet wäre. Um diesen Zweck zu erreichen, hat das Verwaltungs Verfahrensgesetz nicht den Weg gewählt, gewisse Fehler als unbeachtlich anzusehen70. Der Fehler führt schon zur Rechtswidrigkeit, die der Bürger innerhalb einer gewissen Frist geltend machen kann. Danach wird der Verwaltungsakt aber auch nicht rechtmäßig, er bleibt rechtswidrig, entfaltet jedoch Bestandskraft. Wird nun dieser Verwaltungsakt vollstreckt, so bleibt er rechtswidrig; durch die Vollstreckungshandlung wird also im Grunde ein rechtlich nicht gebilligter Erfolg herbeigeführt. Dieser Gedanke erhellt auch, warum die Behörde den rechtswidrigen Verwaltungsakt rechtmäßigerweise vollstrecken kann: Aus Gründen der Rechtssicherheit muß der Vollstreckungsakt so behandelt werden, als sei er rechtmäßig. Ansonsten wäre er vom Bürger angreifbar und könnte aufgehoben werden, was dem Sinn der Bestandskraft des Grundverwaltungsaktes zuwiderliefe. Mit anderen Worten: Wie aus den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen zu entnehmen ist, ist Voraussetzung einer rechtmäßigen Vollstreckung nur ein wirksamer (nicht nichtiger) Verwaltungsakt, nicht jedoch ein rechtmäßiger. Daher wird das Problem von der falschen Seite betrachtet, wenn man der Rechtsgrundwirkung des Verwaltungsaktes zu entnehmen versucht, daß dieser der entscheidende Rechtmäßigkeitsmaßstab für auf ihm beruhende Akte sei. Der Verwaltungsakt ist zwar Rechtsgrund für den Erlaß weiterer Akte; dies verleiht ihm aber nicht die Kraft, im maßgeblichen Verhältnis die gesetzliche Lage zu verändern, vielmehr bleibt „die ,wahre4 Rechtslage neben dem Verwaltungsakt bestehen"71. Lediglich aufgrund von Rechtssicherheitsüberlegungen wird ihm die Kraft verliehen, gleich einem Titel im

69

Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 43 Rn. 8; BVerfGE 60, S. 253 (269 f.); BVerwGE 44, S. 333 (336); BSG NJW 1987, S. 2462. 70 Von dieser Möglichkeit wird in jüngerer Zeit vor allem bei baurechtlichen Plänen Gebrauch gemacht; vgl. ζ. B. § 214 ff. BauGB. 71 Seibert, S. 123, 125. Wenn er trotzdem dem Verwaltungsakt materielle Wirkungen zuspricht, weil der Rückgriff auf das zugrundeliegende Recht verhindert wird, geht dies zu weit. Diese Wirkung läßt sich auch durch eine rein prozessuale Betrachtungsweise erklären.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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gerichtlichen Verfahren zu fungieren. Zwar wird die Rechtslage im Einzelfall gestaltet; daß diese Gestaltung aber bestandskräftig und rechtmäßigerweise vollstreckbar ist, hängt nicht mit der gestaltenden Wirkung selbst zusammen, sondern lediglich mit Überlegungen der Rechtssicherheit. Die Gestaltungsfunktion des Verwaltungsaktes ist von seiner Titelfunktion zu unterscheiden, da diese ihm nur aus Rechtssicherheitsgründen verliehen wurde. Diese Rechtssicherheitserwägungen sind es aber auch, die die materielle Rechtskraft von Gerichtsurteilen begründen. Daher ist trotz gewisser Unterschiede die materielle Rechtskraft von Urteilen mit der Bestandskraft von Verwaltungsakten strukturell vergleichbar. Sind aber schon feststellende Urteile und gestaltende Verwaltungsakte miteinander strukturell vergleichbar, so gilt dies umso mehr bei feststellenden Verwaltungsakten und feststellenden Urteilen und bei gestaltenden Verwaltungsakten und Gestaltungsurteilen. Im Ergebnis sind also alle Arten von Urteilen und Verwaltungsakten strukturell vergleichbar.

(ßßß) Vergleichbarkeit von Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag Aus den vorstehenden Überlegungen ist folgendes zu schließen: Ist die Bestandskraft strukturell vergleichbar mit der materiellen Rechtskraft von Urteilen, dann sind Folgeakte als rechtmäßig zu beurteilen, und zwar aus demselben Grund, der auch die Vollstreckung eines fehlerhaften, aber rechtskräftigen Urteils rechtmäßig macht. Es wurde soeben nachgewiesen, daß das rechtskräftige Urteil keine Veränderung der Rechtslage zur Folge hat. Kann eine solch weitgehende Wirkung aber nicht einmal ein Urteil erreichen, so erscheint die Annahme regelrecht kühn, daß Verwaltungsakt (und -vertrag) diese Wirkung zeitigen sollten. Der Unterschied zu einem Urteil liegt nämlich darin, daß dieses von einer unabhängigen Stelle erlassen wird, Verwaltungsakt und -vertrag jedoch von einer an der Entstehung des Rechtsverhältnisses beteiligten Stelle, gewissermaßen also von einer Partei 72. Es ist nicht erkennbar, warum eine Partei, die ja bestimmte Interessen verfolgt, in der Lage sein sollte, die Rechtslage zu verändern, und sei es auch im Falle des Vertrages einvernehmlich mit der anderen Partei. Sind also die Vollstreckungshandlungen aufgrund eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtmäßig, so beruht dies auf der ausdrücklich angeordneten Titelfunktion des Verwaltungsaktes aus Gründen der Rechtssicherheit 73. Im Gedanken der Rechtssicherheit und des dadurch begründeten

72

Maurer, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 3; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 43 Rn. 11. So ist auch der Hinweis zu verstehen, der Verwaltungsakt müsse „irgendwie zwangsweise durchgesetzt werden" können; dazu Peters, Der Zwang in der Verwaltung, S. 415, zitiert nach Pünder, Der Verwaltungszwang zur Durchsetzung von gemeindlichen Verwaltungsakten nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1961, S. 101 : so auch Arndt, Der Verwaltungsakt als Grundlage der Verwaltungsvollstrekkung, 1967, S. 21. 73

3 Bultcnvcggc

34

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Rechtsfriedens ist der entscheidende Grund für die Rechtskraft von Urteilen und damit auch für die Bestandskraft von Vervvaltungsakten zu sehen74. Der Vervvaltungsvertrag erfüllt diese Titelfunktion jedoch wie nachgewiesen gerade nicht; der Vertrag kann auch nicht in Bestandskraft erwachsen75. Demnach ist er auch nicht mit dem Verwaltungsakt in dieser Hinsicht vergleichbar, weshalb nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit von weiteren Akten geschlossen werden kann. Zwar ist zuzugeben, daß die Fehlerfolgenregelung von § 59 VwVfG ebenfalls bezweckt, dem Bürger Rechtssicherheit zu geben; insofern besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden Instituten. An dieser Stelle darf man jedoch zwei Fragen nicht verwechseln: die Frage nach dem Grund einer gesetzlichen Regelung und die nach dem Inhalt der Regelung. Mag der Grund für die Ausgestaltung der Fehlerfolgen in § 59 VwVfG auch mit dem Grund der Bestandskraft von Vervvaltungsakten und dem der Rechtskraft von Urteilen identisch sein, so ist bei diesen beiden die Titelfunktion ausdrücklich angeordnet, beim Vertrag besteht sie jedoch, wie an § 61 VwVfG erkennbar ist, ausdrücklich nicht.

(Y/Y) Rechtmäßigkeit des Folgeaktes als Folge der Bestandskraft Festzuhalten bleibt weitergehend auch, daß keineswegs stets davon ausgegangen wird, Folgeakte eines Verwaltungsaktes seien rechtmäßig. Dies wird für die Zwangsanwendung im Polizeirecht bestritten, sofern der Verwaltungsakt noch nicht bestandkräftig ist 76 . Begründet wird dies damit, daß der Rechtsschutz des Bürgers gegen die Vollstreckungsmaßnahmen sonst zu stark beschnitten wäre; er habe praktisch keine Möglichkeit, diesen Akt gerichtlich überprüfen zu lassen77. Diese Erwägungen sind zwar nicht unbestritten 78, verdienen jedoch im Ergebnis Zustimmung. Es kann in der Tat nicht angehen, daß ein noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt

74

Merten, in: NJW 1983, S. 1993 (1994). Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 49. 76 So zum Beispiel Zuleeg, Fälle zum Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2. Auflage, 1991, S. 160 f. (ohne weitere Begründung!); Würtenberger, in: Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, Band 2, 1992, Rn. 247 f.; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 11. Auflage, 1993. Rn. 298; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Auflage, 1998, Rn. 279; Möller/Wilhelm, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 3. Auflage, 1993, S. 109 f.; Schoch, Grundfälle zum Polizei- und Ordnungsrecht, 8. Teil, in: JuS 1995, S. 307 (309); VGH Mannheim VB1BW 1986, S. 299 (303); NVwZ 1989, S. 163; Schenke/Baumeister, Der rechtswidrig gewordene Verwaltungsakt, in: NVwZ 1993, S. 1 (2, dort Fn. 9). 75

77

VB1BW 1986, S. 299 (303); Schoch, JuS 1995, S. 307 (309); Möller/Wilhelm, S. 109 f. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Teil F Rn. 474; Pietzner, Rechtsschutz in der Verwaltungsvollstreckung, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993), S. 261 (268); Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 4. Auflage, 1996, Rn. 188; BVerwG NJW 1984, S. 2591 (2592). 78

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

35

rechtmäßig vollstreckt werden kann. Dies ist aus der Überlegung abzuleiten, daß auch das zivilrechtliche Urteil gemäß § 704 ZPO erst vollstreckt werden kann, wenn es entweder in Rechtskraft erwachsen ist oder wenn es für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde. Die Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit wird in diesem Fall von einer unparteiischen Stelle erlassen, nicht von einer Partei des Verhältnisses. Deshalb können die Möglichkeiten der Vollstreckung nicht schlechter sein als in einem Verfahren, in dem keine objektive Drittinstanz existiert 79. Daher ist dieser Ansicht zuzustimmen. Aus dieser Überlegung folgt aber, daß der Verwaltungsakt erst dann den Folgeakt vor dem Rückgriff auf die gesetzliche Ausgangslage abschirmt, wenn er bestandskräftig geworden ist 80 . Also ist die Abschirmung eine Folge der Bestandskraft des Verwaltungsaktes. Das zeigt wiederum, daß die Überlegung nicht ohne weiteres auf den Verwaltungsvertrag übertragbar ist, der eben nicht in Bestandskraft erwächst. Zwar hat er eine ähnliche Fehlerfolge, nämlich die Wirksamkeit und Bindung der Verwaltung trotz Rechtswidrigkeit, jedoch wird dieses auf einem anderen Weg erreicht als im Falle des Verwaltungsaktes und des Urteils. Die Besonderheit beim Vertrag liegt darin, daß der Bürger ihn gleichgeordnet im Zusammenspiel mit der Behörde abgeschlossen hat, sich ihm also gewissermaßen freiwillig unterzieht, während ihm das Urteil und der Verwaltungsakt einseitig hoheitlich aufoktroyiert werden. Deshalb stehen ihm auch Möglichkeiten zur Verfügung, gegen diese anzugehen (durch Widerspruch/Klage bzw. Berufung/Revision), während er beim Vertrag keine Möglichkeit hat, sich nachträglich gegen die Rechtswidrigkeit zu wehren. Strukturell sind also Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag nicht miteinander vergleichbar. Mit anderen Worten: Der Vollstreckungsakt eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes muß, um Wirksamkeit zu erlangen, deshalb rechtmäßig sein, weil er ebenso wie der Ausgangsakt einseitig durch die Behörde erfolgt; der Bürger hat an keinem der beiden Akte mitgewirkt. Da der Bürger regelmäßig gemäß Art. 19IV GG gegen rechtswidrige Akte der öffentlichen Gewalt vorgehen kann, muß der Vollstrekkungsakt selbst rechtmäßig sein um effektiv zu sein, drohte doch ansonsten seine Aufhebung, wodurch die Bestandskraft des Ausgangsaktes in Frage gestellt wäre. Weil der Bürger am Zustandekommen des Verwaltungsvertrages mitgewirkt hat und dieser Akt demnach nicht einseitig subordinierend, sondern zweiseitig koordinierend erlassen wurde 81, muß der Bürger im gewissen Rahmen dessen Rechtswidrig-

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Der VGH Mannheim, VB1BW 1986, S. 299 (303), verweist demgegenüber auf Art. 19 GG als tragendes Argument. Diese Überlegung mag zwar im Ergebnis zutreffen, in dieser Form dürfte sie aber zu weit gehen. Auf eine verfassungsrechtliche Lösung muß erst dann zurückgegriffen werden, wenn nicht schon aus einfachgesetzlicher Wertung sich dasselbe Ergebnis ergibt. 80 So ausdrücklich Würtenberger, in: Achterberg/Püttner, Rn. 247. 81 Wobei dies nur für den Erlaßakt gilt. Der Inhalt wird trotzdem regelmäßig subordinierender Art sein. 3=

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

keit akzeptieren. Hier kann ihm das Berufen auf die Rechtsschutzgarantie verwehrt sein, da er sich sonst widersprüchlich verhielte. Nur in besonders krassen Fällen ist der Vertrag nichtig; diese Folge ist jedoch auch unabhängig von weiteren Handlungen des Bürgers. Kann der Bürger sich aber gegen den rechtswidrigen Grundakt nicht wehren, dann ist es nur überzeugend, daß er sich auch gegen den rechtswidrigen Folgeakt nicht wehren kann, tragen doch die Erwägungen auch dort. Es ist also kein Grund ersichtlich, warum der Folgeakt beim Verwaltungs vertrag rechtmäßig sein muß, um dem Zweck gerecht zu werden, Rechtssicherheit zu gewährleisten. Diese wird durch die besondere Situation beim Vertrag auch dadurch erzielt, daß dem Bürger das Berufen auf die Rechtswidrigkeit des Akts verwehrt ist. Darum wurde auch darauf verzichtet, ihm Bestandskraft in der gleichen Art und Weise wie der des Verwaltungsaktes zu verleihen 82.

(δδδ) Vergleich mit der Zusicherung Dieses Ergebnis wird auch durch einen Vergleich mit der Zusicherung gestützt. Bei Erlaß des VwVfG war umstritten, ob die Zusicherung ein Verwaltungsakt ist oder nicht. Als herrschende Meinung hat sich mittlerweile zwar die (zutreffende) Erkenntnis durchgesetzt, daß es sich bei der Zusicherung tatsächlich um einen Verwaltungsakt handelt83, jedoch wird dies teilweise immer noch bestritten 84. Der Gesetzgeber wollte den Streit bei Erlaß des VwVfG nicht entscheiden und hat deshalb eine für beide Interpretationen offene Regelung geschaffen 85, die der Sache nach aber dazu führt, daß auf die Zusicherung alle wesentlichen Vorschriften über Verwaltungsakte anwendbar sind. Bereits vor Erlaß des VwVfG war jedoch an82 In diese Richtung geht auch Bauer, Die Bestandskraft von Verträgen zwischen Bund und Ländern, 1971, S. 117, wenn er annimmt, daß ein Vertrag zwischen Bund und Ländern keine Bindungswirkung dahingehend entfaltet, daß ein abweichend von der Vereinbarung erlassenes Gesetz ungültig wird. 83

Henneke, in: Knack, § 38 Rn. 3.4: Meyer/Borgs, § 38 Rn. 9; Kopp/Ramsauer, § 38 Rn. 2; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 38 Rn. 6; Krebs, Zur Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes auf verwaltungsbehördliche Zusagen, in: Verwaltungsarchiv 69 (1978), S. 85 (89); Martens, Die Praxis des Verwaltungsverfahrens, 1985, Rn. 289; Bull Rn. 614; BVerwG NVwZ 1986, S. 1011; NVwZ 87, S. 46; Ule/Laubinger, § 49 Rn. 1. 84 Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 33; Maiwald, Die verwaltungsbehördliche Zusicherung im Verwaltungsverfahrensgesetz, in: BayVBl. 1977, S. 449 (452); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 1994, § 53 Rn. 9,23; Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 60; ders., Das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, in: JuS 1976, S. 485 (491); Weides, Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. Auflage, 1993, § 2 III 11 ; Jakobs, Zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen Zusage von Auskunft und Vorbescheid, in: Jura 1985, S. 234 (235); Erichsen, Die Zusage, in: Jura 1991, S. 109 (llOf.); König, Rechtliche und tatsächliche Formen des Verwaltungshandelns, in: VR 1990, S. 401 (403); Palauro, Haftungsrelevante Probleme der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Zusage, 1983, S. 89, 101 ff. 85 BT-DS 7/910, S. 59.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

37

erkannt, daß die Zusicherung eine gewisse Bindungswirkung für die Verwaltung entfaltet 86. Fraglich ist nun, was die Bindungswirkung der Zusicherung zur Folge hat und warum dies so ist. Sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung finden sich dazu keine Hinweise. Stets wird nur auf die Bindungswirkung der Zusicherung aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung verwiesen 87, nie aber darauf, was genau sie zur Folge hat, außer daß die Behörde zum Erlaß verpflichtet ist. Anhand einer Normanalyse ist daher selbständig zu ermitteln, worin die Bindungswirkung der Zusicherung besteht. Hierbei sind zwei Möglichkeiten denkbar: entweder, daß die Behörde verpflichtet ist, den zugesicherten Verwaltungsakt zu erlassen, auch wenn er rechtswidrig ist, oder daß der Folgeakt stets rechtmäßig ist. Aufschlußreich ist hier, daß § 38 II VwVfG die meisten Regelungen, die für den Verwaltungsakt gelten, für die Zusicherung für anwendbar erklärt. Dies ist, wie erwähnt, damit zu erklären, daß der Gesetzgeber nicht die Frage entscheiden wollte, ob die Zusicherung ein Verwaltungsakt ist oder nicht. Er wollte nur, daß die Zusicherung in den wesentlichen Punkten denselben Regelungen unterliegt wie der Verwaltungsakt. Welche Ähnlichkeiten wesentlich sind, kann man daran erkennen, welche Normen für entsprechend anwendbar erklärt wurden. Bei dieser Betrachtung wird klar, daß auf fast alle Regelungen des 2. Abschnittes verwiesen wird, dessen amtliche Überschrift lautet: „Bestandskraft von Verwaltungsakten". Insbesondere die Vorschriften, die die Nichtigkeit regeln, und jene, die eine Aufhebung ermöglichen, werden für entsprechend anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber wollte also erreichen, daß die Wirkung der Zusicherung der Wirkung eines Verwaltungsaktes entspricht. Die Bindungswirkung der Zusicherung ist also mit der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes identisch, ihr kommen alle Funktionen zu, die einem bestandskräftigen Verwaltungsakt zukommen. Damit wird auch klar, daß die Zusicherung Titelfunktion hat und vollstreckbar ist. Ergeht also aufgrund der Zusicherung ein weiterer Folgeakt, so legt das die Annahme nahe, daß dieser gleich einem Vollstreckungsakt zu behandeln und deshalb rechtmäßig ist. Andererseits besteht aber auch ein Unterschied zwischen diesen Fällen. Die Titelfunktion bewirkt ein Privileg der Behörde, nicht des Bürgers. Nur sie kann aus dem Verwaltungsakt als Titel selbst vollstrecken. Bedenkt man im übrigen, daß der Grund für die Rechtmäßigkeit von Vollstreckungsakten die Rechtssicherheit ist, dann wird deutlich, daß der Folgeakt der Zusicherung durchaus nicht rechtmäßig zu sein braucht; der Zweck wird genausogut erreicht, wenn man von der Rechtswid86

Maurer, Das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, in: JuS 1976, S. 485 (491). Vgl. Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 38 Rn. 2, 55; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, § 38 Rn. 1 (wobei der Hinweis in Rn. 17, die Zusicherung hätte eine Reduktion des Entschließungsermessens zur Folge, als Hinweis darauf verstanden werden kann, daß der Folgeakt grundsätzlich selbständig zu bewerten ist, wobei die Tatbestandvoraussetzungen unter Berücksichtigung des Voraktes auszulegen sind); Henneke, in: Knack, § 38, Rn. 2.2; Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 59; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 33. 87

38

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

rigkeit des Folgeaktes ausgeht, denn der Bürger wird gegen den ihm zugesicherten Verwaltungsakt ja nicht selbst vorgehen; ein Dritter ist aber dadurch geschützt, daß er vor der Erteilung der Zusicherung gemäß § 38 I 2 VwVfG angehört werden muß, sofern dies vor Erlaß des zugesicherten Verwaltungsaktes erforderlich ist. Sinn dieser Vorschrift ist, daß die Bindung, die durch die Zusicherung erreicht werden soll, nicht gefährdet wird 88 . Aus diesem Regelungsgehalt läßt sich folgern, daß die Bindungswirkung eben nicht automatisch eintritt, sondern erst noch für die am Verfahren Beteiligten angeordnet werden muß. Ist dies aber geschehen, so ist kein Grund mehr ersichtlich, warum der Folgeakt rechtmäßig sein muß; er kann auch rechtswidrig wirksam ergehen89. Alle Beteiligten, die gegen diese Rechtswidrigkeit vorgehen könnten, sind bereits am Verfahren beteiligt gewesen und deshalb mit ihrem Vorbringen präkludiert. Einzige Ausnahme ist der Fall, in dem der Dritte zwar angehört wird, jedoch später ein rechtswidrig drittbelastender Verwaltungsakt erlassen wird. In diesem Fall wird von der herrschenden Meinung gefordert, daß der Dritte gegen die Zusicherung vorgehen soll 90 . Warum er diesen umständlichen Weg gehen sollte, vermag jedoch nicht zu überzeugen. Geht man mit den hier vorgetragenen Argumenten davon aus, daß die erteilte Zusicherung nicht zur automatischen Rechtmäßigkeit des Folgeaktes führt, daß also der Folgeakt in diesem Fall rechtswidrig ist, dann reicht es aus, wenn der Bürger gegen den Folgeakt vorgeht. Der Anspruch aus der Zusicherung ist von der Behörde ja bereits erfüllt worden; daher hat sich die Zusicherung erledigt. Hat der zugesicherte Verwaltungsakt später keinen Bestand, so folgt aus der Zusicherung nicht die Verpflichtung zur Neuerteilung 91. Die Funktion der Zusicherung, dem Bürger Gewißheit über das künftige Verhalten der Behörde zu verschaffen, so daß er eine Grundlage für eigene Dispositionen hat 92 , ist regelmäßig in dem Zeitpunkt erfüllt, in dem der zugesicherte Akt erlassen wird 93 . Auch in diesem Fall ist also kein Grund ersichtlich, warum der Folgeakt der Zusicherung rechtmäßig sein sollte. Rechtssicherheit läßt sich auch dann erreichen, wenn man von der Rechtswidrigkeit des Folgeaktes ausgeht. Auch für diesen Fall gilt daher: Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit ist nicht die Zusicherung, sondern die gesetzliche Lage.

88

Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 38 Rn. 46; Henneke, in: Knack, § 38 Rn. 3.3. So sind wohl auch Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 38 Rn. 17 sowie Pietzcker, Selbstbindungen der Verwaltung, in: NJW 1981, S. 2087 (2092) zu verstehen. 90 Meyer/Borgs, § 38 Rn. 35; Henneke, in: Knack, § 38 Rn. 4.5.1; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 38 Rn. 40. 91 Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 38 Rn. 53; OVG Münster, Urteil vom 20. 5. 1986 11 A 570 / 84 - n.v. (zitiert nach Stelkens). 92 Maurer, Kontinuitätsgewähr und Vertrauensschutz, in: Handbuch des Staatsrechts, Band 3, § 60 Rn. 87; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, § 38 Rn. 3. 93 Fiedler, Funktion und Bedeutung öffentlich-rechtlicher Zusagen im Verwaltungsrecht, 1977, S. 271 f. 89

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

39

Die Parallele zum Verwaltungs vertrag ist augenfällig: Legte der Gesetzgeber bei der Zusicherung noch großen Wert darauf, die Bestandskraftwirkung ausdrücklich anzuordnen, so hat er beim Verwaltungs vertrag darauf bewußt verzichtet. Statt dessen hat er eine eigene Art von Bindungswirkung für diese Handlungsform angeordnet, die sich von der Wirkung des Verwaltungsaktes unterscheidet. Hätte er gewollt, daß dem Vertrag eine ähnliche Fehlerfolge wie dem Verwaltungsakt zukommt, so hätte er die Regelung von § 59 VwVfG näher an die Normen der §§ 43 ff. VwVfG angelehnt. Aus diesem Vergleich wird also erkennbar, daß die Institute in ihrer Wirkung sehr verschieden sind. Kann aber nicht einmal die Zusicherung, die selbst der Bestandskraft fähig ist, dazu führen, daß der Folgeakt rechtmäßig wird, so kann dies erst recht nicht für den Verwaltungsvertrag gelten. Auch deshalb bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der herrschenden Meinung.

(γ) Verträge als Rechtsquellen Es ist darüber hinaus auch schon fraglich, ob es sich bei Verträgen überhaupt um Rechtsquellen - und damit um taugliche Rechtmäßigkeitsmaßstäbe - handelt94. Der klassische Fall des Vertrages ist der zi vil rechtliche Vertrag; in diesem Fall stehen sich zwei Rechtssubjekte (meist95) völlig gleichberechtigt gegenüber. Für die Frage nach der Rechtsquelleneigenschaft ist daher auch zunächst der zi vil rechtliche Vertrag zu betrachten. Dieser ist der Grund- und Ausgangsfall des Vertrages, und das öffentliche Vertragsrecht ist dem zi vil rechtlichen nachgebildet (§ 62 S. 2 VwVfG). Spricht man dem zi vil rechtlichen Vertrag die Eigenschaft einer Rechtsquelle zu, so könnte der einzelne im Rahmen der ihm verliehenen Privatautonomie Recht setzen96. Damit wären aber Rechtssetzer und Rechtsanwender identisch, was nicht zu überzeugen vermag. Rechtsanwendung und Rechtssetzung sind zwei verschiedene Vorgänge, die nicht miteinander vermischt werden dürfen. So formuliert Flume: „Wie der einzelne nicht in eigener Sache Richter sein kann, kann er auch nicht Gesetzgeber sein." 97 Zu bedenken ist weiterhin, daß ein derart weit gefaßtes Verständnis von Rechtsquelle dazu führt, daß der Begriff unscharf und verwischt wird; eine genaue Abgrenzung ist nicht mehr möglich. Wenn Rechtsquelle wirklich all das ist, was „Erkenntnisgrund für etwas als Recht" 98 ist, so wären auch viele Realhandlungen Rechtsquellen, da auch diese „Erkenntnisgrund für etwas als Recht" sind. Schließlich ist es erst dann möglich, einen Sachverhalt rechtlich zutreffend

94 Für den Verwaltungsvertrag ablehnend: Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge, 1979, S. 160. 95 Ausnahmen finden sich z.B. im Arbeitsrecht und bei großen Konzernen. 96 v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, 1. Band, 1840, § 6, S. 12. 97 Flume, § 1,S.5. 98 So die von Fluck gebrauchte Definition, S. 65; Ross, Theorie der Rechtsquellen, 1929, S. 291, 332 f.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

zu bewerten, wenn er vollständig bekannt ist. Überzeugender erscheint es, auf die Rechtsquellendefinition" zurückzugreifen, nach der eine generell-abstrakte Verhaltensregel vorliegen muß, die sich an eine unbestimmte Vielzahl von Personen wendet und sich auf eine unbestimmte Vielzahl von Fällen bezieht100. Hiernach ist der Vertrag aber keine Rechtsquelle. Legt man ein sehr weites Verständnis vom Begriff der Rechtsquelle zugrunde, so läßt sich darunter durchaus auch der öffentlich-rechtliche Vertrag subsumieren. Jedoch handelt es sich hier der Sache nach um eine perpetuatio principi: Es wird letztendlich nur damit Beweis geführt, daß die Prämisse wieder aufgegriffen wird. Der Begriff der Rechtsquelle mag durchaus so weit verstanden werden können; jedoch läßt sich damit nichts über die Rechtsfolgen im Falle einer Kollision aussagen. Vielmehr muß dieser Kollisionsfall umgekehrt untersucht werden. Es muß also erst der Frage nachgegangen werden, wie die beiden Rechtsinstitute zueinander stehen, und daraus können sich Rückschlüsse auf die Frage nach der Rechtsquelleneigenschaft des öffentlich-rechtlichen Vertrages ergeben 101. Richtig gestellt muß also die Frage lauten: Schirmt der Verwaltungsvertrag wirklich den auf seiner Grundlage erlassenen Verwaltungsakt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit vor einem Rückgriff auf die gesetzliche Lage ab 102 ? Hieran bestehen jedoch, wie gezeigt, erhebliche Zweifel. Gestützt wird dieser Befund auch dadurch, daß es Verträge gibt, die normative Wirkung haben (und damit jedenfalls Rechtsquellen darstellen), und daß bei diesen Verträgen die normative Wirkung allerdings stets ausdrücklich gesetzlich angeordnet wird. So entfalten Tarifverträge gemäß § 1 I T V G normative Wirkungen 103 , völkerrechtliche Verträge gemäß § 38 I lit. a) IGH-Statut ebenfalls. Eine Besonderheit sind die Verträge zur Errichtung kommunaler Zweckverbände. Die sogenannten Freiverbände werden gemäß § 9 I GkG ebenfalls durch öffentlich-rechtlichen Vertrag gegründet, durch den eine Verbandssatzung vereinbart wird 104 . Hieraus könnte

99 Ein präziserer Begriff ist der der Rechtserkenntnisquelle; vgl. Merten, Das System der Rechtsquellen, in: Jura 1981, S. 169. 100 Merten, Jura 1981, S. 170, der in diesem Zusammenhang von Rechtssätzen spricht. 101 So auch Büchner, S. 197. 102 So aber Fluck, S. 66; Meyer/Borgs, § 54 Rn. 4, 78; Henneke, in: Knack, § 54 Rn. 7.2; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 25; Obermayer, Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: BayVBl. 1977, S. 546 (550); ders., Der nichtige öffentlichrechtliche Vertrag nach § 59 VwVfG, in: Verwaltung und Rechtsbindung, S. 275 (278); ders., VwVfG, 2. Auflage, § 54 Rn. 129; § 59, Rn. 25; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 17; Scheuing, VVDStRL40, S. 153 (184); Martens, JuS 1978, 607 (611); Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1712); Scherzbetg, JuS 1992, S. 205 (214); Schmidt-Aßmann/Krebs, S. 213 f. 103 Dazu Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Auflage, 1996, § 198 II 3; Löwisch, Arbeitsrecht, 3. Auflage, 1991, § 3 Rn. 44; Kempen/Zachert, Tarifvertragsgesetz, 3. Auflage, 1997, § 1 Rn. 26. 104 Dazu: Gern, Deutsches Kommunalrecht, 2. Auflage, 1997, Rn. 568; ders., Kommunalrecht, 5. Auflage, 1992, Rn. 476.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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man den Schluß ziehen, daß der Gründungsvertrag normative Wirkungen entfaltet. Dies wäre aber zu kurz gegriffen, da es letztlich die Satzung ist, die normativ wirkt. Diese wird lediglich durch Vertrag festgelegt, was aber nicht zu normativen Wirkungen des Vertrages führt. Es zeigt sich also insgesamt, daß Verträgen nur sehr ausnahmsweise eine normative Wirkung beikommt, diese dann aber gesetzlich angeordnet wird. Eine solche Anordnung findet sich für den Verwaltungsvertrag jedoch nicht. Daher kann man nicht a priori annehmen, daß dem Verwaltungsvertrag Rechtsquelleneigenschaft zukommt.

(δ) Auslegung von § 59 II Nr. 1 VwVfG Im übrigen sind die Vertreter der herrschenden Meinung nicht konsequent. So gehen sie für den Fall, daß eine Behörde sich zum Erlaß eines nichtigen Verwaltungsaktes verpflichtet, davon aus, daß der Vertrag sowohl gemäß § 59 II Nr. 1 VwVfG als auch gemäß § 59 I VwVfG i. V. m. § 306 BGB nichtig ist 105 . Der dem Vertrag entsprechende Verwaltungsakt ist die Zusicherung gemäß § 38 VwVfG. Diese teilt die rechtliche Bewertung des zugesicherten Verwaltungsakts: Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann nur rechtswidrig zugesichert werden, ein nichtiger Verwaltungsakt kann überhaupt nicht zugesichert werden; die Zusicherung ist ebenfalls nichtig 106 , da eine auf einen nichtigen Verwaltungsakt gerichtete Zusicherung offenkundig an einem besonders schweren Fehler leidet (§§ 38 II, 44 I VwVfG). Überwiegend wird diese Vorschrift jedoch so verstanden, daß sie einfach die ungenaue Terminologie von § 54 Satz 2 aufgreift und lediglich meint, daß die behördliche Leistung, wäre sie ein Verwaltungsakt, nicht nichtig sein darf 107 . Es wird also direkt auf den zur Erfüllung notwendigen Verwaltungsakt zurückgegriffen. Diese Annahme vermag jedoch nicht zu überzeugen. Sie beruht darauf, daß die herrschende Meinung im Rahmen derselben Prüfung die Maßstäbe wechselt. Wenn der Verwaltungsakt, zu dem sich die Behörde verpflichtet hat, nichtig ist, so sei der Erlaß unmöglich, weshalb § 306 ebenfalls zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führe. Ist aber der Vertrag selbst Maßstab für auf seiner Grundlage erlassene Verwaltungsakte, so wäre ein vertragskonform ergangener Verwaltungsakt rechtmäßig. Wenn die herrschende Meinung zur Nichtigkeit kommt, dann nur deshalb, weil sie zuerst die Konformität des Verwaltungsaktes mit dem Gesetz überprüft, um heraus-

105 Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 3.3,4; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn.16; Meyer/Borgs, § 59 Rn. 26, 33. 106 Meyer/Borgs, § 38 Rn. 24; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 38 Rn. 55; Liebetanz, in: Obermayer, § 38 Rn. 48,42; ders., Rechtsproblem der Zusicherung nach § 38 VwVfG, in: Festschrift für Theodor Maunz, 1981, S. 247 (251, 254). 107 So wohl Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 4; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 20; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn. 19; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 72.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

zufinden, ob der Verwaltungsakt nichtig ist, so daß der Vertrag insgesamt gemäß § 306 nichtig wäre, und danach bei Verneinung den Maßstab wechselt, um nun den Verwaltungsakt am Maßstab des Vertrages zu messen, der doch aber selbst von der Schwere der Rechtswidrigkeit des erfüllenden Aktes abhing. Wie hieraus deutlich wird, ist eine solche Wechselwirkung zwischen Vertrag und erfüllendem Akt verwirrend und inkonsequent und daher ausgeschlossen. Die Nichtigkeit kann sich konsequenterweise nach dieser Ansicht allein aus der speziellen Norm von § 59 II Nr. 1 VwVfG ergeben, die nicht in das Wechselspiel zwischen Grund- und Erfüllungsakt eingreift. Diese Erkenntnis gezogen hat allein Obermayer, der für den Fall des § 59 II Nr. 1 VwVfG keinen Fall von § 59 I VwVfG i.V.m. § 306 BGB sieht, der vielmehr den Anwendungsbereich von § 306 restriktiv auf die Leistung des Bürgers beschränkt 108. Ihm ist jedoch vorzuwerfen, daß die Gesetzesbegründung selbst von der parallelen Anwendbarkeit von § 59 II Nr. 1 VwVfG und § 59 I VwVfG i.V.m. § 306 BGB ausgeht109. Das zeigt aber, daß der Gesetzgeber selbst nicht von einer Rechtsgrundwirkung des Verwaltungsvertrages in der Weise ausging, daß der vertragskonforme Verwaltungsakt immer rechtmäßig ist, sondern daß er vielmehr umgekehrt davon ausging, daß der Vertrag in seiner Wirksamkeit von dem Erfüllungsakt abhängt. Auch das zeigt, daß die Lösung der herrschenden Meinung nicht dem geltenden Recht entspricht.

3. Lösung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kollisionsproblematik

Will man nun eine interessengerechte Lösung finden, so bedarf es einer Betrachtung des Systems des Verwaltungsrechts. Diesem ist die grundsätzliche Trennung von Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit eigen. Nicht nur die Regelung von § 44 VwVfG, sondern gerade auch die Regelung von § 59 VwVfG halten diese Trennung aufrecht. Aufgrund der systematischen Unterschiede zwischen der Fehlerfolgenregelung von § 59 VwVfG und der Bestandskraft von Verwaltungsakten kann aus den Rechtsfolgen des einen jedoch nicht auf die Rechtsfolgen des anderen Falls geschlossen werden. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß der zugrundeliegende öffentlich-rechtliche Vertrag die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes unberührt läßt. Es mag daher durchaus sein, daß es sich (je nach Verständnis des Begriffs) um eine Rechtsquelle handelt. Dieser Umstand hat jedoch keinesfalls zur 108

Obermayer, VwVfG, 2. Auflage, 1990, § 59 Rn 62; jetzt auch Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn 62; so wohl auch Tschaschnig, S. 107 f., jedoch bleibt unklar, ob er eine parallele Anwendung von § 59 II Nr. 1 i.V.m. § 44 I VwVfG und § 59 I VwVfG i.V.m. § 306 BGB annimmt. 109 BT-DS 7/910, S 82.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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Folge, daß die Frage nach der Rechtmäßigkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes nach der Vertragskonformität zu entscheiden ist. Daher ist davon auszugehen, daß ein vertragserfüllender Verwaltungsakt durchaus nach § 48 VwVfG rücknehmbar ist, da die Beurteilung seiner Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit nicht durch den Erlaßgrund ,Vertrag 4 beeinflußt wird. Allerdings erscheint es ebensowenig überzeugend, eine generelle Aufhebbarkeit anzunehmen, wie dies Tschaschnig tut. Dann nämlich läßt man völlig unbeachtet, daß sich die Behörde zum Erlaß des Verwaltungsaktes vertraglich verpflichtet hat, und daß § 59 VwVfG gerade davon ausgeht, daß auch rechtswidrige Verwaltungsverträge grundsätzlich wirksam sind. Eine angemessene Lösung muß diese Überlegungen berücksichtigen. Geeignete Stelle für diese Erwägungen ist das Rücknahmeermessen, das der Behörde gemäß § 48 I VwVfG zukommt 110 . Die Behörde kann eben nicht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 48 VwVfG ohne weiteres den Verwaltungsakt zurücknehmen. Vielmehr hat sie das ihr zukommende Rücknahmeermessen pflichtgemäß auszuüben. In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, daß der erfüllende Verwaltungsakt aufgrund eines Vertrages ergangen ist. So wird eine trennscharfe Einzelfallösung möglich. Für die richtige Ausübung des Rücknahmeermessens ist dabei zu beachten: 1. Die zugrundeliegende vertragliche Verpflichtung führt regelmäßig dazu, daß das Rücknahmeermessen dahingehend auf Null reduziert wird, daß die Rücknahme ausgeschlossen ist. Nur so läßt sich dem gesetzgeberischen Willen Rechnung tragen, daß auch der rechtswidrige Verwaltungs vertrag grundsätzlich wirksam ist. 2. In besonderen Ausnahmefällen kann jedoch das Ermessen auch dahingehend auszuüben sein, daß der erfüllende Verwaltungsakt zurückzunehmen ist, bzw. daß die Behörde dem vertraglichen Anspruch des Bürgers die dolo-agit-Einrede entgegenhält. Dies wird nur sehr selten der Fall sein, kommt aber dann in Betracht, wenn durch den rechtswidrigen Vertrag besonders wichtige Rechtsgüter bedroht werden. 3. Der Maßstab für die Frage, wann ein solcher Fall anzunehmen ist, ist aus dem Gesetz zu entnehmen. In § 49 II Nr. 5 läßt das VwVfG den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes zu, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. In § 60 I 2 VwVfG ist die Möglichkeit einer Kündigung aus gleichem Grund vorgesehen. Daraus ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber in diesen Konstellationen auf jeden Fall das Vertrauen des Bürgers in den Bestand der ihn begünstigenden Entscheidung zurückstellen möchte und dem öffentlichen Interesse den unbedingten Vorrang einräumt. Daher ist dies auch das Kriterium, wann 110 Diese Lösung deutet neuerdings auch Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 9, an. Er sieht als geeignete Stelle wohl auch das Rücknahmeermessen an, führt diese Ansicht allerdings fehlerhaft auf Fluck zurück, der gerade vom Gegenteil ausgeht; im einzelnen ist unklar, wie genau in diesen Fällen vorgegangen werden soll.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

von einer ausnahmsweisen Rücknehmbarkeit des vertragserfüllenden Verwaltungsaktes auszugehen ist.

4. Überprüfung des Ergebnisses

Das hier als Hypothese in den Raum gestellte Ergebnis muß selber den Anforderungen genügen, auf der Schnittgeraden zwischen dem Recht des Verwaltungsaktes und dem des Verwaltungsvertrages eine ausgewogene Lösung zu bieten. Daher soll die Hypothese an verschiedenen Kriterien und Einzelfällen gemessen werden, die eine Überprüfung der Richtigkeit ermöglichen.

a) Erfüllender

Verwaltungsakt

und Europarecht

Seit Anfang der neunziger Jahre hat die Rechtsprechung des EuGH 111 zur Rücknahme von gemeinschaftsrechtswidrigen Subventionen für erhebliches Aufsehen gesorgt. Eine angemessene Lösung hat diese Rechtsprechung zu berücksichtigen. Illustrieren läßt sich das an einem Beispielsfall. So ist die Konstellation denkbar, daß durch einen Verwaltungsvertrag eine Subvention versprochen wird, die durch Verwaltungsakt erteilt wird 112 . Ist nun diese Subvention rechtswidrig, weil sie gegen Europarecht verstößt 113, so stellt sich wiederum die Frage, inwieweit sie rücknehmbar ist. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europarechts 114 und des Fehlens eigener europarechtlicher Aufhebungsvorschriften wird dieses Verhältnis nach nationalem Recht abgewickelt, wobei die europarechtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Nach der bisher herrschenden Meinung wäre die Subvention überhaupt nicht rechtswidrig, sondern, aufgrund der Vertragskonformität, rechtmäßig, wenn der zugrundeliegende Vertrag zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig ist. Die Subvention müßte also nach § 49 VwVfG widerrufen werden, was aber das Vorliegen eines Widerrufsgrundes nach § 49 III VwVfG voraussetzt. An diesem wird es jedoch regelmäßig fehlen, liegt doch der eigentliche Fehler bereits in dem rechtswidrigen Vertrag, während die Voraussetzungen von § 49 III allesamt auf nachträglich eintretende Umstände abstellen. Allerdings ist eine Besonderheit bei 111 EuGH Slg. 1997, S. I - 1591 (1616, Rn. 24); 1990, S. I - 9 5 9 (1019, Rn. 61); 1990, S. I 3437 (3456, Rn. 19); nun auch BVerwGE 92, S. 81 (85). 1,2 Zu diesen Konstellationen vgl. Ehlers, Die Handlungsformen bei der Vergabe von Wirtschaftssubventionen, in: VerwArch 74 (1983), S. 112 ff; Oldiges, Richtlinien als Ordnungsrahmen der Subventionsverwaltung, in: NJW 1984, S. 1927 (1932); Menger, Zu den Handlungsformen bei der Vergabe von Subventionen, in: VerwArch 69 (1978), S. 93 ff. 113 Vgl. zur Sondersituation der Verletzung der Notifizierungspflicht: Schneider, Vertragliche Subventionsverhältnisse im Spannungsfeld zwischen europäischem Beihilferecht und nationalem Verwaltungsrecht, in: NJW 1992, S. 1197 ff. 114

Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, § 10 V, S. 287 ff.; Emmert, Europarecht, 1996, § 14 Rn. 14; Streinz, Europarecht, 4. Auflage, 1999, Rn. 200.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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§ 49 III VwVfG zu beachten. Absatz III betrifft nämlich nur einen Ausschnitt des Anwendungsbereichs von Absatz II, weshalb anerkannt ist, daß Absatz II neben Absatz III anwendbar bleibt 115 . Im Bereich von § 49 II VwVfG käme aber der Widerrufsgrund von Nr. 5 in Betracht. Hiernach darf ein rechtmäßiger, begünstigender Verwaltungsakt ex-nunc widerrufen werden, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. In dem Verstoß gegen europäisches Recht kann ein solcher schwerer Nachteil ohne weiteres gesehen werden, hat doch die Durchsetzung europäischen Rechts Vorrang 116. Allerdings ermöglicht Absatz II nur den Widerruf ex-nunc, nicht ex-tunc. Die weitergehende Möglichkeit nach Absatz III bleibt den Fällen vorbehalten, die in seinen Anwendungsbereich fallen 117 . Ein Widerruf ex-nunc ist jedoch in den Fällen nicht erfolgversprechend, in denen die Subvention bereits ausgezahlt und sofort verbraucht wurde, da hier die Rückforderung gemäß § 49a I VwVfG ausgeschlossen ist und auch der Rückgriff auf weitere Anspruchsgrundlagen wie den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verwehrt ist 118 . Crux des Widerrufs nach § 49 II Nr. 5 ist zudem, daß gemäß § 49 VI VwVfG bei schutzwürdigem Vertrauen des Bürgers diesem sein Vermögensnachteil auszugleichen ist, was dazu führen würde, daß der Bürger trotzdem den entsprechenden Betrag erhielte. Aus diesem Grunde müßte man sich mittels der dogmatisch unscharfen 119 „effet-uti le"-Rechtsprechung über diese Vorschrift schlicht hinwegsetzen. Dieser Weg erscheint jedoch dogmatisch zu unsicher und ist daher abzulehnen. Will man nun nicht auf die (durch ihre Unschärfe letztlich für die Rechtsanwendung unbrauchbare) „effet-uti^"-Rechtsprechung des EuGH 120 zurückgreifen, 115

Was im übrigen auch dem gesetzgeberischen Willen entspricht, vgl. BT-DS 13/1534, S. 6, wo die Rede davon ist, daß nur bezweckt wird, die Regelung des vormaligen § 44a BHO in die Norm von § 49 zu integrieren, ohne eine sachliche Änderung zu bewirken; so auch Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 49 Rn. 108; Suerbaum, Widerruf und Erstattung bei Geldund Sachleistungsverwaltungsakten nach der Novellierung des Verwaltungsverfahrensrechts, in: VerwArch 90 (1999), S. 361 (374 f.). 1.6

Dazu BVerwGE 92, S. 81 (85). Klappstein, in: Knack, § 49 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 49 Rn. 90; Suerbaum\, VerwArch 90 (1999), S. 361 (384). 1.8 Baumeister, Die Novellierung der §§ 48, 49,49a VwVfG, in: NVwZ 1997, S. 19 (23); Gröpl, Das Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 2. Mai 1996, in: VerwArch 88 (1997), S. 23 (39 m. Fn. 75); Erichsen, in: Erichsen § 29 Rn. 28; hieran zweifelt allerdings Suerbaum, VerwArch 90 (1999), S. 361 (386). 119 Vgl. zur Kritik von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 145 ff.; ders., Die gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe, in: NWVB1. 1998, S. 252 (254); Ehlers, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 69; ders., Die Einwirkungen des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf das Verwaltungsrecht, in: DVB1. 1991, S. 605 (612); Sommermann, Europäisches Verwaltungsrecht oder Europäisierung des Verwaltungsrechts?, in: DVB1. 1996, S. 889 (894); Bleckmann, Methoden der Bildung europäischen Verwaltungsrechts, in: DÖV 1993, S. 837 (840); Papier, Die Einwirkungen des europäischen Gemeinschaftsrechts auf das nationale Verwaltungs- und Verfahrens recht, in: Seminar zum 75. Geburtstag von Karl Bettermann, 1989, S. 57 ff. 1.7

46

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

müßte, um die Subvention aufzuheben, nach Ansicht der herrschenden Meinung zunächst der Vertrag gemäß § 60 I 2 VwVfG gekündigt werden. Der dort erforderliche Kündigungsgrund der Verhütung oder Beseitigung schwerer Gefahren für das Gemeinwohl liegt bei einer Beeinträchtigung der europarechtlichen Interessen regelmäßig vor. Auch stört es nicht, daß dieser Mangel bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlag und nicht erst später entstanden ist 121 . Trotzdem führt dieser Weg zu erheblichen Schwierigkeiten. Schließlich würde nur der Vertrag als Grundlage des Verwaltungsaktes ex-nunc wegfallen, der Verwaltungsakt bliebe aber weiterhin in der Welt. Da nun der Rechtmäßigkeitsmaßstab entfällt, demnach wieder auf den gesetzlichen Maßstab zurückzugreifen wäre, ist dieser Fall so zu behandeln, als wenn sich die gesetzliche Lage verändert hätte. Bei diesem Fall handelt es sich um das Problem des rechtswidrig gewordenen Verwaltungsaktes, wobei sich hier die Frage stellt, ob § 48 anwendbar ist. Die Klärung dieser Frage richtet sich danach, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes im Verwaltungsrecht abzustellen ist. Die herrschende Meinung stellt dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses ab 122 . Begründet wird dies einerseits mit der Gesetzesbegründung, die von diesem Zeitpunkt ausging123, andererseits mit der Systematik von § 49 II Nr. 3 u. 4, aus denen ebenfalls erkennbar werde, daß der Gesetzgeber die nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage dem Widerruf zuordne 124, und schließlich aus der Überlegung, daß die Bestandskraft sich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes beziehe125. 120

EuGH Slg. 1997, S. I - 1591 (1616, Rn. 24); 1990, S. I - 959 (1019, Rn. 61); 1990, S. I 3437 (3456, Rn. 12); nun auch BVerwGE 92, S. 81 (85). 121 Kopp/Ramsauer, § 60 Rn. 18; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 60 Rn. 29; Henneke, in: Knack, § 60 Rn. 9; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 60 Rn. 63; Schenke, Der rechtswidrige Verwaltungsvertrag nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, in: JuS 1977, S. 281 (290); anders nur Ule/Becker, Verwaltungsverfahren im Rechtsstaat, 1964, S. 71 f. 122 Knoke, Rechtsfragen der Rücknahme von Verwaltungsakten, 1989, S. 27; Battis , Allgemeines Verwaltungsrecht, 1985, Rn. 197; Maurer, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 52; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 17 Rn. 4; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, 1986, § 23 Rn. 74; Richter, Die Aufhebung von Verwaltungsakten auf Betreiben der Verwaltung und des Betroffenen, in: JuS 1990, S. 719 (720); Pickel, Die Rücknahme von Verwaltungsakten nach dem SGB X, in: NVwZ 1987, S. 454 (455); Pieroth, Interpretationsproblem § 48 IV VwVfG, in: NVwZ 1984, S. 681 (683); Dommach, Neuregelung der Rückforderung von Zuwendungen des Bundes, in: DÖV 1981, S. 122 (124); Sachs, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, § 48 Rn. 62; mit gewissen Einschränkungen auch Kopp, Der für die beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt bei verwaltungsgerichtlicher Anfechtungsund Verpflichtungsklage, in: Festschrift für Christian-Friedrich Menger, 1985, S. 693 (707); ders., Widerruf oder Rücknahme nachträglich rechtswidrig gewordener Verwaltungsakte?, in: BayVBl. 1989, S. 652; Kopp/Ramsauer, § 48 Rn. 33. 123

BT-DS 7/910, S. 68. Dommach, DÖV 1981, S. 122 (124); Knoke, S. 27; Pieroth, NVwZ 1984, S. 681 (683); Richter, JuS 1990, S. 719 (720). 125 Maurer, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 52. 124

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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Dagegen wird vertreten, daß § 48 VwVfG auch auf den „rechtswidrig gewordenen" Verwaltungsakt anwendbar ist 1 2 6 . Dies wird vor allem damit begründet, daß das systematische Argument nicht durchgreifend sei, da es sich hierbei nur um einen besonders gelagerten Spezialfall handele127. Im übrigen sei Zweck von § 48 VwVfG, die Aufhebung zu erleichtern, da an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein Interesse bestehe128. Schließlich unterscheidet eine weitere Ansicht danach, ob es sich um begünstigende oder belastende Verwaltungsakte handelt 129 , was mit dem Inhalt des Rechtswidrigkeitsurteils begründet wird. Als Anknüpfungspunkt scheide die Verletzung subjektiver Rechte beim begünstigenden Verwaltungsakt aus, so daß nur an einen objektiven Widerspruch zwischen der Regelung des Verwaltungsaktes und der Rechtsfolgenanordnung der Ermächtigungsgrundlage angeknüpft werden könne 130 . Deshalb könnten begünstigende Verwaltungsakte nicht rechtswidrig werden 131. Da begünstigende Verwaltungsakte als Dauerverwaltungsakte nicht denkbar seien, weil Dauerverwaltungsakte stets befehlend seien, diese aber nicht begünstigend wirken könnten, hätten sie sich mit Eintritt der Rechtsfolge erledigt, so daß kein Widerspruch zur Rechtslage mehr vorliegen könne. Von den genannten Ansichten vermag am ehesten die letzte zu überzeugen, differenziert sie doch zutreffend nach Art des Verwaltungsaktes und Anknüpfungspunkt des Rechtswidrigkeitsurteils. Jedoch kann auch ihr nicht voll zugestimmt werden. Es sind durchaus Dauerverwaltungsakte denkbar, die begünstigend wirken, nämlich zum Beispiel ein Bescheid, auf dessen Grundlage regelmäßig eine Subvention ausgezahlt wird. In diesem Fall wäre Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil der Verstoß gegen die materielle Rechtslage, jedoch erst ab dem Zeitpunkt, in dem sich die Rechtslage änderte. Eine Aufhebung ex-tunc ist also nach wie vor ausgeschlossen. Regelmäßig dürfte die Subvention allerdings nicht über einen längeren Zeitraum ausgezahlt werden, sondern es wird über jeden einzelnen Antrag neu entschieden,

126

Ule/Laubinger, § 63 Rn. 8; Lange, Vertrauensschutz nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, in: Jura 1980, S. 456 (459); ders., Probleme des Vertrauensschutzes im Verwaltungsrecht, in: WiVerw 1979, S. 15 (16 f.); Schenke, Die verwaltungsbehördliche Aufhebung nachträglich rechtswidrig gewordener Verwaltungsakte, in: DVB1. 1989, S. 433 ff.; ders., Widerruf oder Rücknahme rechtswidrig gewordener Verwaltungsakte?, in: BayVBl. 1990, S. 107; Schenke/Baumeister, Der rechtswidrig gewordene Verwaltungsakt, in: Jus 1991, S. 547 (549 ff.). 127

Lange, WiVerw 1979, S. 15 (16 f.); Schenke, DVB1. 1989, S. 433 (436 f.); Schenke/Baumeister, Jus 1991, S. 547 (550). 128 Lange, Jura 1980, S. 456 (459). 129 Mager, Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten, 1994, S. 137 f. ™ Mager, S. 134. m Mager, S. 137 f.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

also nur eine Zahlung pro Bescheid vorgenommen. In diesem Regelfall ist der letzten Ansicht uneingeschränkt zuzustimmen. Diese Erwägungen führen im hier problematischen Fall dazu, daß der Verwaltungsakt rechtmäßig bestehen bleibt und er deshalb widerrufen werden müßte. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht, wie bereits nachgewiesen. Die einzige Möglichkeit, nach der herrschenden Meinung diese Fälle zu lösen, wäre, daß man das EU-Subventionsrecht als gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB ansieht. Es besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, daß entgegen dem gesetzgeberischen Willen 1 3 2 § 134 BGB durchaus auf öffentlich-rechtliche Verträge anwendbar ist 133 . Allerdings führt entsprechend der zivilrechtlichen Dogmatik zu § 134 BGB nicht jede Rechtswidrigkeit zu dessen Vorliegen 134. Vielmehr bedarf es dazu eines qualifizierten Rechtsverstoßes135, würde doch sonst der gesetzgeberischen Wertung von § 59 VwVfG zuwidergelaufen, daß eben gerade nicht jede Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit führen soll, sondern nur besonders schwerwiegende Fälle. Ein Verbotsgesetz ist dann anzunehmen, wenn es mit Sinn und Zweck der Norm unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen136. Entscheidend dabei ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäftes (also gegen die Vertragsform), sondern auch gegen seine Wirksamkeit und damit gegen seinen (wirtschaftlichen) Erfolg wendet 137 . Um dies exakt bestimmen zu können, schlägt Bonk 1 3 8 eine dreistufige Prüfung vor, bei der folgende Voraussetzungen vorliegen müssen: 1. ein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsnorm, 2. ein bestimmter Rechtserfolg muß nach Wortlaut, Sinn und Zweck einer Rechtsnorm unbedingt ausgeschlossen sein,

132

BT-DS 7/910, S 81. Bull Rn. 699; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 41 ff.; Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 3.1; Ule/Laubinger, § 70 Rn. 21; Weyreuther, Ablösungsverträge, entgegenstehende Rechtsvorschriften und gesetzliche Verbote, in: Festschrift für Walter Reimers, S. 379 (383); Schimpf, S. 284 ff.; Tschaschnig, S. 114 ; Reckers, Gesetzeswidrige und gesetzesabweichende Regelungen in Verwaltungsverträgen zwischen Bürger und Staat, 1988, S. 171; Kopp/ Ramsauer, § 59 Rn. 4; Schneider, NJW 1992, 1197 (1198). 133

134

Heinrichs, in: Palandt, § 134 Rz. 1 ; Brox, in: Erman, BGB, 9. Auflage, 1993, § 134 Rn. 9; Jauernig, in: Jauernig, BGB, 9. Auflage, 1997, § 134 Rn. 8 ff.; Hefermehl, in: Soergel, § 134 Rn. 14 ff.; Sack, in: Staudinger, BGB, 13. Auflage, 1996, § 134 Rn 30 ff. 135 BVerwGE 89, S. 7(10); 98, S. 58 (63); OVG Münster NVwZ 1992, S. 988 (989); VGH München, BayVBl. 1995, S. 659 f. 136 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 51. 137 Ebda.; BGHZ 85, S. 39 (43 f.); 88, S. 240 (242); BGH DVB1. 1990, S. 39 (40); NJW 1996, S. 1954(1955). 138 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 52.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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3. durch den Vertrag müssen öffentliche Belange oder Interessen von einigem Gewicht beeinträchtigt werden, so daß nicht nur unwesentliche Bagatellfehler vorliegen dürfen. Dieser Prüfungsfolge ist zuzustimmen. Überprüft man anhand dieses Schemas das europäische Gemeinschaftsrecht auf seine Qualität, so wird man darin ohne weiteres ein Verbotsgesetz sehen können, denn es handelt sich um zwingende Normen 139 , da sie der anwendenden Behörde keinen Ermessensspielraum lassen, sie die unberechtigte Subventionsvergabe unbedingt verhindern sollen und schließlich die effektive Durchsetzung von EG-Recht auch ein öffentlicher Belang von einigem Gewicht ist. Also handelt es sich bei EG-Rechtsnormen tatsächlich um Verbotsgesetze140. Das wäre eine Möglichkeit, diese Fälle auch nach der herrschenden Meinung zu lösen. Es bleibt somit dabei, daß ein Widerruf nicht möglich ist. Einzig verbleibend wäre demnach die Möglichkeit eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach § 59 VwVfG i.V.m. § 134 BGB. Der Vertrag ist dann nichtig; in diesem Fall ist der erfüllende Verwaltungsakt wieder als rechtswidrig zu beurteilen 141. Eine Rücknahme gemäß § 48 VwVfG ist dann möglich. Geht man mit der hier vertretenen Ansicht davon aus, daß der Verwaltungsakt trotz vertraglicher Grundlage rechtswidrig ist, so kann er direkt gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen werden, ohne daß es vorher der Annahme des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz bedarf, da die Durchsetzbarkeit des Gemeinschaftsrechts eine diesbezügliche Ermessensbetätigung erfordert. Diese Fallkonstellation ist also im Ergebnis durch das Instrument des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach der bisher herrschenden Meinung lösbar, allerdings belastet mit erheblichen dogmatischen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten. Sie läßt sich jedoch auf einfachere Art und ohne dogmatische Unsicherheiten lösen, und zwar nach der hier vorgeschlagenen Ansicht. Das spricht dafür, daß diese Lösung vorzugswürdig ist. Der Vorteil liegt in der dogmatischen Klarheit und Sicherheit.

b) Erfüllender

Verwaltungsakt und Effektivierung von §6012 VwVfG

Damit ist aber noch nichts über sonstige Konstellationen ausgesagt, in denen der Vertrag, der zum Erlaß eines rechtswidrigen Subventionsbescheids verpflichtet,

139

Vgl. hierzu Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 1 Rn. 191, 198. Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 43a; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn. 9; BVerwGE 70, S. 41 (44 f.); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 53; im Ergebnis ebenso, jedoch wohl unter Gesichtspunkten des Effektivitätsgrundsatzes Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 25a. 141 Dazu unten 2. Teil, D. 140

4 Buttcrwcggc

50

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

nach § 60 I 2 VwVfG wegen eines drohenden schweren Nachteils für das Gemeinwohl gekündigt wird. Als Beispielsfall soll hier dienen, daß aufgrund eines Vertrages ein Verwaltungsakt erlassen wird, der eine rechtswidrige Subvention gewährt, wobei sich die Rechtswidrigkeit nicht aus einer Norm des Gemeinschaftsrechts ergibt. Durch diese Subventionsgewährung werden wichtige Gemeinwohlinteressen betroffen. Eine angemessene Lösung der Problematik muß auch vor dem Hintergrund der Vorschrift von § 601 2 VwVfG erfolgen. Sie ist eine spezialgesetzliche Ausprägung der clausula rebus sie stantibus, wobei hier erkennbar ist, daß sie im öffentlichen Recht im erweiterten Umfang gilt und auch dann Anwendung findet, wenn unabhängig vom Parteiwillen schwere Nachteile für das Gemeinwohl verhütet oder beseitigt werden müssen142. Wie sich aus der im Vergleich mit § 60 Satz 1 VwVfG unterschiedlichen Formulierung ergibt, wird auch der Fall der ursprünglichen, bei Vertragssehluß gegebenen schweren Nachteiligkeit von dieser Norm erfaßt 143. Das bedeutet aber, daß es durchaus Fälle geben muß, in denen eine schwere Nachteiligkeit anfänglich vorliegt, sich hieraus aber trotzdem kein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB ergibt. Ansonsten wäre der Anwendungsbereich von § 6012 VwVfG zu stark eingeschränkt, und es verblieben kaum Fälle, in denen er neben der Variante in Satz 1 noch eine eigenständige Bedeutung hätte. Ein Anwendungsfall von § 6012 VwVfG ist im obigen Beispiel gegeben. Will man hier aber dem Sinn der Vorschrift Rechnung tragen und den Gemeinwohl interessen gegenüber der vertraglichen Verpflichtung Geltung verschaffen, so bedarf es einer Einbruchstelle, an der diese Abwägungen vorgenommen werden können. Wie oben bereits erörtert wurde, gibt es diese Stelle jedoch nicht, sofern man der herrschenden Meinung folgt. Aus der ex-nunc-Rechtsfolge der Kündigung 142 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 60 Rn. 27; das wurde auch schon vor der Kodifikation des VwVfG verbreitet so gesehen, vgl. BVerwG DÖV 1956, S. 410 f.; DVB1. 1967, S. 619 (620); BGH NJW 1962, S. 2147; OVG Münster DVB1. 1975, S. 46 (47); OVG Saarlouis JZ 1961, S. 673; Menger, Höchstricherliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, in: VerwArch 52 (1961), S. 195 (210); Eckert, Leistungsstörungen in verwaltungsrechtlichen SchuldVerhältnissen, in: DVB1. 1962, S. 11 (16 f.); Forsthoff.\ Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Erster Band, 10. Auflage, 1973, S. 282 f.; Beinhardt, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im deutschen und französischen Recht, in: VerwARch 55 (1964), S. 210 (258 f.); Pieper, Zulässigkeit und Funktion des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Verhältnis Staat-Bürger, in: DVB1. 1967, S. 11 (18); Haueisen, Verwaltung und Bürger, in: DVB1. 1961, S. 833 (837); ders., Unterschiede in den Bindungswirkungen von Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlichem Vertrag, gerichtlichem Vergleich und Urteil, in: NJW 1963, 1329 (1331 f.); ders., Zum Problem des Vertrauensschutzes im Verwaltungsrecht, in: DVB1. 1964, S. 710 (711); Barocka, Vereinbarungen und Verträge im Wasserrecht, in: VerwArch 51 (1960), S. 1 (18 f.); Kottke, System des subordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrages, 1966, S. 126; Bisek, Der öffentlich-rechtliche Vertrag nach dem Musterentwurf, 1970, S. 154. 143

So auch Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 60 Rn. 63; Henneke, in: Knack, § 60 Rn. 9; Köhler, Die „clausula rebus sie stantibus" als allgemeiner Rechtsgrundsatz, 1991, S. 183; Kopp/Ramsauer, § 60 Rn. 18; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 60 Rn. 29; a.A. insoweit nur Ule/Becker, S. 71 f.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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ergibt sich vielmehr, daß es nach der Kündigung nicht mehr ohne weiteres möglich ist, einen auf vertraglicher Grundlage erlassenen Verwaltungsakt aufzuheben. Einzige Möglichkeit der Aufhebung wäre ein Widerruf gemäß § 49 II Nr. 5 VwVfG 1 4 4 . Doch dieser hat nur eine ex-nunc-, keine ex-tunc-Rechtsfolge. Diese Rechtsfolge wird der Behörde regelmäßig nicht weiterhelfen, kann sie doch auf bereits erbrachte Leistungen nicht mehr zurückgreifen. Die Effektivierung des Gedankens aus § 60 I 2 VwVfG ist aber ohne weiteres möglich, wenn man von einer ausnahmsweisen Rücknehmbarkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes ausgeht, sofern überragende Gemei η wohl interessen dies erfordern. So wie § 60 I 2 VwVfG eine absolute Ausnahmevorschrift darstellt, wird parallel dazu auch nur ausnahmsweise der erfüllende Verwaltungsakt rücknehmbar sein. So ist es möglich, eine Lücke, die das Vertragsrecht schafft, sinnvoll durch das Verwaltungsaktsrecht zu füllen. Diese Überlegungen ergeben also, daß von einer ausnahmsweisen Möglichkeit der Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes in besonderen Fällen auszugehen ist und stützen damit die oben aufgestellte Hypothese. Der genannte Beispielsfall läßt sich interessengerecht nur mit der hier vorgeschlagenen Lösung regeln, nicht mit der bisher herrschenden Meinung.

c) Verfassungsrechtliche

Aspekte

Gegen die Regelung von § 59 VwVfG werden immer wieder verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Ließen sich diese mittels der hier gefundenen Lösung ausräumen oder doch zumindest erheblich mildern, dann spräche das für diese Lösung. Ob die Regelung von § 59 VwVfG mit dem Grundgesetz vereinbar ist, insbesondere mit dem dort verankerten Rechtsstaatsprinzip, hängt davon ab, wie die Vorschrift ausgelegt wird 1 4 5 . Es kommt darauf an, daß ein angemessener Ausgleich zwischen Rechtssicherheit und Gesetzesbindung der Verwaltung gefunden, und nicht einseitig zugunsten der Rechtssicherheit entschieden wird. Erfassen die Nichtigkeitsgründe alle wesentlichen Rechtsverletzungen und bleibt die Rechtswirksamkeit auf eher nebensächliche Rechtsverstöße beschränkt, so begegnet die Norm keinen Bedenken146. Wie jedoch bereits gezeigt wurde, gibt es Fälle, in denen keine Nichtigkeitsfolge eintritt und in denen deshalb eine Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG möglich ist. Wurde die Leistung jedoch schon erbracht, das Vertragsverhältnis schon abgewickelt, dann kann der wesentliche Rechtsverstoß nicht mehr geahndet werden, wenn man eine Rücknahmemöglichkeit verneint. Die Vorschrift 144

Zur Anwendbarkeit dieser Norm neben § 49 III VwVfG s. schon oben. Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 51. 146 Ebda.; Bleckmann, Verfassungsrechtliche Probleme des Verwaltungs Vertrags, in: NVwZ 1990, S. 601 (603 f.). 145

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

von § 60 I 2 VwVfG beweist also, daß durchaus nicht alle wesentlichen Rechtsverstöße von § 59 VwVfG erfaßt werden, muß ein wesentlicher Verstoß doch wohl dann angenommen werden, wenn schwere Nachteile für das Gemeinwohl drohen oder bereits vorliegen. Die hier vorgeschlagene Lösung ermöglicht aber, eine angemessene Lösung unter Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit zu finden. Entnimmt man § 59 VwVfG, wie hier vorgeschlagen, daß nur eine Pflicht zum Erlaß entsteht, nicht aber der erfüllende Verwaltungsakt auch noch rechtmäßig wird, dann ist dieser wesentliche Fall ebenfalls mitumfaßt; der Vertrag wird zwar nicht nichtig, jedoch ist die Forderung mit einer dauernden Einrede behaftet, weshalb sie nicht durchsetzbar ist. Damit wird rechsstaatlichen Erwägungen hinreichend Rechnung getragen. Es zeigt sich mithin, daß bei der hier vorgeschlagenen Lösung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, bei der bisher herrschenden Meinung hingegen schon. Auch das spricht für diese Lösung.

d) Zivilrechtliche

Konformität

§ 62 Satz 2 VwVfG verweist auf die Vorschriften des BGB. Soweit es also nicht durch die öffentlich-rechtlichen Besonderheiten ausgeschlossen ist, sind die Verwaltungsverträge dogmatisch konform zum Zivilrecht zu behandeln. Also muß das Ergebnis auch diesem Kriterium standhalten.

aa) Verhältnis von Grund- und Verfügungsgeschäft Erster Anknüpfungspunkt hierfür ist das Verhältnis von Grund- und Verfügungsgeschäft. Hier gilt der zivilrechtliche Trennungs- und Abstraktionsgrundsatz - das Verfügungsgeschäft, das zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung vorgenommen wird, ist abstrakt von dieser zu betrachten und wird nicht von deren eventuellen Fehlern beeinflußt 147. Bei beiden Arten von Geschäften sind die Fehler eigenständig zu betrachten. Ausgleichsmöglichkeiten sind durch das Leistungsstörungsrecht gegeben. Legt man diese Überlegungen zugrunde, so zeigt sich, daß die hier vertretene Lösung eher mit den zivilrechtlichen Strukturen konform geht als die bisherige herrschende Meinung, die in diesem Punkt vollständig abweicht, geht sie doch von einer Wechselwirkung zwischen Grund- und Verfügungsgeschäft aus. Begründen ließe sich diese Abweichung allenfalls daraus, daß die öffentlich-rechtlichen Beson-

147 Bro)t, BGB-AT, Rn. 116; Brox, in: Erman, Einl. § 104 Rn. 22; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 6. Auflage, 1994, Rn. 224; Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 18 II 3 d), S. 327; Flume, § 12 III 1,S. 173 f.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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derheiten eine abweichende Betrachtung erfordern. Wie jedoch nachgewiesen, ist dies gerade nicht der Fall. Demnach stützt auch diese Überlegung das Ergebnis.

bb) Einredebehaftung Weiterhin geht das gefundene Ergebnis auch insoweit mit dem Zivilrecht konform, als es anerkennt, daß aus der schlichten Existenz einer Forderung nicht automatisch auf ihre Durchsetzbarkeit geschlossen werden kann 148 . Mit Anerkenntnis der Figur der dauerhaften, peremptorischen Einrede hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß dies gerade nicht der Fall sein soll. Die hier vertretene Lösung wird dieser Konstellation in besonderer Weise gerecht. Sie ermöglicht diese differenzierte Lösung. Gerade hierdurch ist es möglich, dem Sinn der Regelung von § 60 I 2 VwVfG in besonderer Weise Rechnung zu tragen und eine möglichst große Parallelität zum Zivilrecht zu entwickeln. Auch entspricht diese differenzierte Lösung am ehesten dem Gedanken von § 59 VwVfG, der zwischen Rechtswidrigkeit und Wirksamkeit streng trennt.

cc) Gegenleistung des Bürgers Jedoch entstehen an anderer Stelle Zweifel an der Richtigkeit der hier vorgeschlagenen Lösung. Problematisch ist die Gegenleistung des Bürgers. Kann die Behörde einredeweise die Erfüllung verweigern und hat der Bürger noch nicht geleistet, so stellt sich die Frage, inwieweit er berechtigt ist, seine Gegenleistung ebenfalls zu verweigern. Umgekehrt muß man sich fragen, ob der Bürger seine Leistung zurückfordern kann, wenn die Behörde die Erfüllung einredeweise verweigert. Richtigerweise sind beide Fragestellungen zu bejahen. Antwort hierauf gibt die Vorschrift von § 48 III VwVfG, wonach die Behörde den Vermögensnachteil a b zugleichen hat, der dadurch entsteht, daß der Bürger auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat. Hierbei ist zunächst der Fall zu untersuchen, daß die Gegenleistung des Bürgers in der Zahlung einer Geldsumme für einen bestimmten Zweck besteht. Der Bürger zahlt zwar eher aus dem Grund, daß er sich vertraglich zur Zahlung verpflichtet hat, als daß er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraute. Jedoch ist auch hier der synallagmatische Zusammenhang zwischen vertraglicher Leistung und Gegenleistung zu beachten. Der Bürger leistet indirekt durchaus im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes, da er sich im Vertrag nur deshalb zu einer Leistung verpflichtete, weil er im Gegenzug den dauerhaften Erlaß eines Verwaltungsaktes von der Behörde erwartete. Insofern ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes letztlich der entscheidende Grund für den Ver148

Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 14 II.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

tragsschluß und damit für die Gegenleistung. Der Fall, daß beide Vertragsparteien, sowohl Behörde als auch Bürger, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen sind, die Behörde aber den zunächst erlassenen Verwaltungsakt nachträglich wieder zurücknimmt, ist daher ein direkter Anwendungsfall von § 48 III VwVfG. Schwieriger ist die zweite Konstellation zu bewerten, bei der die Behörde die Erfüllung einredeweise verweigert und nun der Bürger ebenfalls die Leistung verweigern möchte. Hier muß man dem Bürger konsequenterweise auch die dolo-agitEinrede zur Seite stellen, wenngleich sich hier eher Bedenken ergeben. Die doloagit-Einrede dient letztlich nur der Vereinfachung der rechtlichen Abwicklung, sie wandelt nur die Rückforderung in eine Einrede um und verlegt damit den Zeitpunkt der Geltendmachung vor 149 . Also kann sie nur dann eingreifen, wenn der Bürger nach Erfüllung tatsächlich seine Leistung zurückverlangen könnte. Würde aber der Bürger erfüllen, obwohl die Behörde ihrerseits bereits die Leistung mittels der doloagit-Einrede verweigert hat, so hätte er gerade nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut, da überhaupt kein Verwaltungsakt erlassen wurde. Die Voraussetzungen von § 48 III VwVfG liegen streng genommen nicht vor. Allerdings ist zu bedenken, daß dies nur dadurch geschieht, daß auch die Behörde die dolo-agit-Einrede erhebt, daß also auch hier eine Rechtshandlung einredeweise antizipiert wird. Hieraus kann dem Bürger aber kein Nachteil entstehen; es kann keine Rolle spielen, wie sich die Rücknahme vollzieht, ausdrücklich oder als Einrede. Daher ist auch in diesem Fall § 48 III VwVfG anzuwenden. Weitere Zweifel hieran können sich noch daraus ergeben, daß der Bürger in dieser Konstellation nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut, weil er bereits weiß, daß die Behörde ihn zurücknimmt. Jedoch ist auch hier wieder die besondere Situation beim subordinationsrechtlichen Austauschvertrag zu bedenken. Der Bürger verpflichtet sich nur deshalb zu einer Gegenleistung, weil er darauf vertraut, daß der von der Behörde zu erlassende Verwaltungsakt Bestand haben wird. Auch hier vertraut er also auf den Bestand des Verwaltungsaktes und trifft deshalb eine Vermögensdisposition, indem er sich nämlich zu einer Gegenleistung verpflichtet. Es ist bei der Frage des Vertrauens auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Daher ist im Ergebnis auch hier ein Fall von § 48 III VwVfG gegeben. Man könnte auch überlegen, ob in dieser Konstellation nicht die Anwendung von § 320 BGB gemäß § 62 S. 2 VwVfG geboten ist. Generell ist § 320 BGB auch auf Verwaltungsverträge anwendbar 150, die Vorschriften scheinen auch den vorliegenden Fall zu regeln. Aus der Systematik von § 62 VwVfG ergibt sich jedoch, daß vorrangig auf das sonstige allgemeine Verwaltungsrecht zurückzugreifen und erst hilfsweise das Zivilrecht anwendbar ist. Hier ist eine interessengerechte Lösung mit Hilfe der verwaltungsrechtlichen Instrumente möglich. Es bleibt daher dabei, daß eine sachgerechte Lösung über § 48 III VwVfG zu erzielen ist. Die Anwendung von 149 150

Schmidt, in. Staudinger, § 242 Rn. 777. Meyer/Borgs, § 62 Rn. 20.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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§ 320 BGB beschränkt sich daher auf die Fälle, in denen die Behörde sich nicht zum Erlaß eines Verwaltungsaktes, sondern zu einer sonstigen Leistung verpflichtete, sowie auf die Fälle, in denen die Leistung des Bürgers nicht in einer Geldzahlung besteht. Interessanterweise erkennen die Vertreter der Gegenansicht, die nur den Weg über § 60 I 2 VwVfG gehen können, die Unbilligkeit ihres Ergebnisses, enthält doch § 60 I 2 VwVfG keine Ausgleichsregelung. Daher wird überwiegend gefordert, § 49 V VwVfG analog anzuwenden, um dieses unbillige Ergebnis zu vermeiden 151. Zwar ist das Ergebnis wertungsmäßig zutreffend, jedoch dogmatisch in dieser Form nicht haltbar. Zunächst bedarf es keiner analogen Anwendung, da bereits nachgewiesen wurde, daß eine Rücknahme durchaus möglich ist und die dort normierten Entschädigungsregelungen dann direkt anwendbar sind. Ist das nicht der Fall - entweder weil man die oben vertretene Konstruktion nicht anerkennt, oder weil es sich um eine Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG handelt, bei der nicht die Möglichkeit einer Rücknahme besteht, weil der versprochene Verwaltungsakt noch nicht erlassen wurde - , so ist zunächst noch die Frage zu klären, ob nicht vor einer analogen Anwendung der Verweis aus § 62 Satz 2 VwVfG auf die zi vil rechtlichen Regelungen greift. Erst wenn mit deren Hilfe kein Ausgleich möglich ist, kann die analoge Anwendung von § 49 V VwVfG in Betracht kommen. Gerade das Zivilrecht hält mit den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung und die Unmöglichkeit eine differenzierte Lösung für ebenjene Fälle bereit. Damit lassen sich alle Fälle interessengerecht lösen, in denen der Bürger sich zu einer Geldleistung verpflichtet hat. Aber auch sofern sich der Bürger zu einer sonstigen Leistung verpflichtete, hat die Behörde ihm den Wert dieser Leistung zu ersetzen, § 818 II BGB i.V.m. § 62 Satz 2 VwVfG. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn der Bürger Investitionen getätigt hat, die zu keiner Bereicherung der Behörde geführt haben. Doch auch in diesem Fall erscheint die analoge Anwendung von § 49 V VwVfG nicht interessengerecht, da eine Entschädigung für eine Kündigung dem zivilrechtlichen Vertragsrecht fremd ist. In der Regel dürfte nämlich die Kündigung gemäß § 60 I 2 VwVfG nur deshalb nötig sein, weil die Behörde bei Vertragssehluß fehlerhaft nicht berücksichtigt hat, daß eine Gemeinwohlgefährdung durch den Vertrag eintritt. Da die Behörde aber bei ihrer Entscheidung solche Erwägungen zugrunde zu legen hat, trifft sie regelmäßig ein Verschulden, so daß sie aus den Grundsätzen der c.i.c. dem Bürger haften muß 152 . Nur in den weni151

Meyer/Borgs, § 60 Rn. 23; Kopp/Ramsauer, § 60 Rn. 23; Henneke, in: Knack, § 60 Rn. 11; Bernsdorff,[ in: Obermayer, VwVfG, § 60 Rn. 71; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 53; Ule/Laubinger, § 71 Rn. 19; anders Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 60 Rn. 30, wo eine Lösung über die Institute des enteignenden Eingriffs oder der Aufopferung vorgeschlagen wird; insgesamt kritisch auch Kokott, Entschädigungsfragen bei der Ausübung des einseitigen Kündigungsrechts der Behörde beim öffentlich-fechtlichen Vertrag, in: Verwaltungsarchiv 83 (1992), S. 503 (513 ff.). 152 Vgl. hierzu Littbarski, Die Haftung aus culpa in contrahendo im öffentlichen Recht, in: JuS 1979, S. 537 ff.; Weber, Anmerkung zu OVG Münster, Urteil vom 13.4.1973, in: JuS

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

gen Ausnahmefällen, in denen die Behörde kein Verschulden trifft, weil zum Beispiel erst eine nachträgliche Änderung der Sachlage die Gemeinwohlgefährdung herbeigeführt hat, kommt noch eine analoge Anwendung von § 49 V VwVfG in Betracht. Dieser stellt einen Billigkeitsausgleich dar und hat im Zivilrecht keine vergleichbare Parallele. Dieser letzte Fall ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß die behördliche Gegenleistung der Erlaß eines Verwaltungsaktes ist, also eine hoheitliche, subordinierende Maßnahme. Hierin spiegelt sich der Widerspruch wieder, der Otto Mayer zu seiner vielzitierten Annahme führte, daß es den öffentlich-rechtlichen Vertrag überhaupt nicht gebe, da sich das Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger nicht durch eine koordinationsrechtliche Handlungsform regeln lasse153. Da sich aber mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß der öffentlich-rechtliche Vertrag existiert 154 und daran seit seiner gesetzlichen Anerkennung im VwVfG kein Zweifel mehr besteht, müssen die Besonderheiten des Vertrages bei seiner rechtlichen Behandlung Beachtung finden. Dies hat jedoch in der Weise zu geschehen, daß zunächst konsequent das gesetzliche Instrumentarium anzuwenden ist. Nur wenn dieses nicht ausreicht, kann auch über die analoge Anwendung geeigneter Vorschriften des VwVfG ein interessengerechtes Ergebnis herbeigeführt werden.

dd) Ergebnis Aus dem Gesagten folgt, daß die hier vertretene Lösung der Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen im Rahmen des Rücknahmeermessens auch den zivilrechtlichen Strukturen entspricht. Dies sogar erheblich besser als die bisher herrschende Meinung. Auch diese Überlegungen streiten also nicht gegen das gefundene Ergebnis, sondern sie stützen es.

e) Wertung von § 59 VwVfG

Allerdings könnte fraglich sein, ob das Ergebnis auch der Wertung von § 59 VwVfG entspricht. Hiernach soll gerade nicht jeder Fehler zur Nichtigkeit (und damit zur Unwirksamkeit) des Vertrages führen, sondern nur besonders schwerwiegende Fehler 155 . Wenn nun aber der erfüllende Verwaltungsakt als rechtswidrig

1974, 191 ; Henneke, in: Knack, § 54 Rn. 10; Wolff/Bachof/Stober ster DÖV 1974, S. 133 ff.; OVG Münster, OVGÈ 26, S. 45. 153

I, § 55 Rn. 44; OVG Mün-

Otto Mayer, Zur Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrage, in: AöR 3 (1888), S. 1 ff. Insbesondere seit Imboden, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1958; Stern, Zur Grundlegung einer Lehre des öffentlich-rechtlichen Vertrages, in: VerwArch 49 (1958), S. 106 ff.; vgl. aber auch schon Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1920. 154

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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nach § 48 VwVfG zurücknehmbar wäre, dann könnte diese Wertung umgangen werden. Fehler, die nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zur Nichtigkeit führen sollten, Fehler also, bei denen der Vertrag trotzdem wirksam bleibt, könnten nun zur faktischen Wirkungslosigkeit führen. Jedoch wurde bereits aufgezeigt, daß § 59 VwVfG im Zusammenhang mit § 44 VwVfG zu sehen ist. Durch die hier vorgeschlagene Lösung wird gerade die typische Differenzierung zwischen Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit aufrechterhalten. Im übrigen führt diese neue Lösung ja nicht zur uneingeschränkten Rücknehmbarkeit, sondern sie eröffnet nur die generelle Möglichkeit, den erfüllenden Verwaltungsakt zurückzunehmen. Der Wertung von § 59 VwVfG wird dann noch dadurch Rechnung getragen, daß das Rücknahmeermessen regelmäßig stark durch die vertragliche Verpflichtung dahingehend eingeschränkt ist, daß der erfüllende Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden kann. Für die verbleibenden Fälle, in denen überwiegende öffentliche Interessen ausnahmsweise die Rücknahme des erfüllenden Verwaltungsaktes rechtfertigen, ist ebenfalls kein WertungsWiderspruch zu § 59 VwVfG zu erkennen. Wie bereits nachgewiesen wurde, harmoniert diese neue Lösung mit der Vorschrift von § 60 I 2 VwVfG, die gerade eine Durchbrechung der Vertragsverbindlichkeit erlaubt. In dem Kriterium der überwiegenden öffentlichen Interessen liegt ohnehin eine Grenze, die gegenüber § 59 VwVfG besteht. Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß die hier vertretene Ansicht nicht gegen die Wertung von § 59 VwVfG verstößt.

f) § 4912. Hs. VwVfG

Bedenken gegen die hier vorgeschlagene Lösung ergeben sich aus der Norm von § 49 I 2. Hs. VwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt nicht widerrufen werden, wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müßte. Fraglich ist, ob dieser Norm ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen ist, der auch bei der Rücknahme gemäß § 48 VwVfG zu berücksichtigen ist 156 , oder ob es sich um eine spezielle Vorschrift handelt, die nur Anwendung findet, wenn tatsächlich ein Widerruf vorliegt. Will man dieser Frage auf den Grund gehen, so ist zunächst zu klären, wann ein Fall von § 49 I 2. Hs. VwVfG tatsächlich vorliegt. Zu fragen ist also danach, wann ein inhaltsgleicher Verwaltungsakt sofort wieder erlassen werden müßte. Das ist nur dann der Fall, wenn die Verwaltung strikt gebunden ist und sich weder die Sachlage

155 BT-DS 7/910, S. 81 ; Meyer/Borgs, § 59 Rn. \\ Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 2; Kopp/Ramsauer, § 59 Rn. 7; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 37; Ule/Laubinger, §70 Rn. 10 ff. 156 Klappstein, in: Knack, § 50 Rn. 3.2; Ule/Laubinger, § 64 Rn. 21.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

rechtlich relevant geändert hat noch die Rechtslage157. Es liegt nahe anzunehmen, daß dieser Gedanke als Ausdruck der allgemeinen Arglisteinrede „dolo-agit" durchaus universelle Geltung beanspruchen kann. Es würde keinen Sinn machen, einen Verwaltungsakt aufzuheben, der sofort wieder neu erlassen werden müßte; dies würde nur einen unnötigen Verwaltungsaufwand bedeuten. Ferner ist aber danach zu fragen, welche Vorstellung der Gesetzgeber bei Erlaß der Norm von § 49 I 2. Hs. VwVfG hatte. Dieser ging davon aus, daß der Widerruf aus Gründen der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ausgeschlossen sein muß, wobei er diese Erwägung insbesondere darauf stützt, daß sich die Behörde andernfalls widersprüchlich verhielte 158. Die Verankerung der Norm im Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns beleuchtet, daß der Gesetzgeber den Fall vor Augen hatte, bei dem ein rechtmäßiger Verwaltungsakt erlassen wird und bei dem keine Ermessensentscheidung möglich ist, sei es durch eine gebundene Entscheidung, sei es durch Ermessensschrumpfung 159. In dieser Konstellation wäre ein Widerruf in der Tat unsinnig; es ist schon gar kein Grund erkennbar, warum die Behörde den Verwaltungsakt zurücknehmen können sollte. Fraglich ist, ob dieser Gedanke auch in der hier problematischen Konstellation zum Tragen kommt. Wenn die Behörde den Verwaltungsakt zurücknehmen würde (oder einredeweise die Erfüllung verweigern würde), so könnte man zunächst davon ausgehen, daß der Bürger weiterhin den vertraglichen Erfüllungsanspruch hätte. Allerdings sind gewisse Unterschiede zu dem Fall zu erkennen, den der Gesetzgeber vor Augen hatte. Die Situation, daß die Verpflichtung zum Erlaß eines materiell rechtswidrigen Aktes besteht, hat der Gesetzgeber nicht bedacht. Es sind durchaus Gründe denkbar, aus denen die Verwaltung hier in der Lage sein sollte, den versprochenen Verwaltungsakt aufzuheben; auf diese wurde bereits eingegangen. Die Situation ist keineswegs so eindeutig wie in dem Fall der Verpflichtung zum Erlaß eines rechtmäßigen Aktes. Im übrigen ist zu bedenken, daß das Erheben einer Einrede bewirkt, daß die Leistung verweigert werden kann 160 . Insofern kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, daß der Anspruch tatsächlich noch weiterbesteht; vielmehr ist dies erst das Ergebnis der hier anzustellenden Untersuchung. Daher kann der Gedanke von § 49 I 2. Hs. VwVfG nicht ohne weiteres auf die hier fragliche Konstellation übertragen werden. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß sich aus § 49 I 2. Hs. VwVfG keine Bedenken gegen die hier vertretene Lösung ergeben.

157 158 159 160

Meyer/Borgs, § 49 Rn. 15; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 49 Rn. 13. BT-DS 7/910, S. 72; vgl. auch Klappstein, in: Knack, § 49 Rn. 5.1.1. Klappstein, in: Knack, § 49 Rn. 5.1.1 ; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, § 49 Rn. 13. Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 14 II.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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g) Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil

Zweifel an der hier vorgeschlagenen Lösung ergeben sich aus der Frage, an welchem Punkt des Verwaltungshandelns das Rechtswidrigkeitsurteil anknüpft. Der wirksame Verwaltungsvertrag bringt einen Anspruch des Bürgers auf Erlaß des versprochenen Verwaltungsaktes zur Entstehung. Erfüllt die Behörde nun diesen Anspruch, so hat sie eine ihr obliegende Pflicht erfüllt. Der Erlaß des Verwaltungsaktes kann also nicht Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil sein. Die einzige Möglichkeit, zu einer Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu gelangen, ist, auf den Inhalt des Aktes abzustellen, der dem materiellen Recht widerspricht. Ob eine solche separate Betrachtung möglich ist, soll im folgenden untersucht werden. Teilweise wird vertreten, zu den wesentlichen Bestandteilen eines Verwaltungsaktes gehörten nicht nur der Entscheidungssatz, sondern auch der ihm zugrundeliegende Sachverhalt und das darauf anzuwendende Recht 161 . Somit sei der Verwaltungsakt Rechtserkenntnisakt162, weshalb der Befehlsinhalt eines Verwaltungsaktes nicht isoliert zum Gegenstand eines Rechtmäßigkeitsurteils gemacht werden könne 163 . Gegenstand des Rechtmäßigkeitsurteils sei der in dem Verwaltungsakt enthaltene Subsumtionsschluß164. Sofern sich diese Annahme als richtig erweist, bestünde tatsächlich kein Anknüpfungspunkt für ein Rechtswidrigkeitsurteil; der Verwaltungsakt müßte als rechtmäßig beurteilt werden. Das würde die hier aufgestellte These widerlegen. Es erscheint jedoch fraglich, ob es sich bei dem Verwaltungsakt wirklich um einen Rechtserkenntnisakt handelt165. Eine Besonderheit der Verwaltung liegt nämlich darin, daß sie eine Doppelrolle einnimmt: Einerseits ist sie Entscheidungsträger, andererseits Partei, die eigene Interessen wahrnimmt 166 . Regelmäßig wird die Verwaltung sich des Verwaltungsaktes bedienen, um einen bestimmten Zweck zu erreichen 167. Dies ist der Grund für ihr Handeln, nicht die Subsumtion unter einen Tatbestand. Daher ist der Verwaltungsakt nicht als Rechtserkenntnisakt einzustufen, weshalb auch der Subsumtionsschluß für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nicht allein ausschlaggebend ist. Entscheidend ist auch, ob ein rechtswidriger Zustand herbeigeführt wurde, also ein Zustand, der der materiellen Rechtslage widerspricht. Es kommt damit nicht allein entscheidend auf die Pflicht-

161

Kleinlein, Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten, in: Verwaltungsarchiv 81 (1990), S. 149(158, 165). 162 Ebda, S. 158. 163 Ebda. 164 Ebda., S. 160. 165 Mager, S. 65 ff. 166 Mager, S. 70; Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 43; Seibert, S. 126. 167 Mager,S. 70.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Widrigkeit des Verwaltungshandelns an 168 , sondern auch darauf, ob ein dem materiellen Recht zuwiderlaufender Zustand erreicht wird 169 . Damit liegt dem öffentlichen Recht ein zweigliedriger Rechtswidrigkeitsbegriff zugrunde: Inhalt des Rechtswidrigkeitsurteils kann sowohl der Verstoß gegen das Gesetzmäßigkeitsprinzip sein als auch der nicht gerechtfertigte Eingriff in die rechtlich geschützte Sphäre des Betroffenen 170 . Als Beleg für diese Annahme lassen sich zwei Β ei spi eisfäll e heranziehen: zum einen das Verwaltungsrecht, zum anderen das Strafrecht. Das Polizeirecht kennt rechtswidrige Zustände, die unabhängig von pflichtwidrigem Verhalten einer Person sind und die diese zu einem Störer machen. Entscheidend ist hier allein der von der Rechtsordnung mißbilligte Zustand. Umgekehrt reicht auch das bloße Handlungsunrecht aus, wie es zum Beispiel in all den Fällen gegeben ist, in denen ein materiell rechtmäßiger Verwaltungsakt aufgrund formeller Mängel aufzuheben ist. Ein weiteres Beispiel ist das Strafrecht. Dort unterscheidet man auch zwischen Handlungs- und Erfolgsunwert 171. Beide können unabhängig voneinander bestehen. Wird ein Delikt beispielsweise nur versucht, so liegt lediglich Handlungsunwert vor; wird es vollendet, liegen Handlungs- und Erfolgsunwert vor; wird durch die nicht fahrlässige oder vorsätzliche Handlung einer Person eine andere verletzt, so liegt lediglich Erfolgsunwert, aber kein Handlungsunwert vor. Dies belegt, daß beide Formen des Unwerts im Strafrecht separat nebeneinander stehen. Ist dies aber möglich, so liegt es nahe, dasselbe auch für das öffentliche Recht anzunehmen. Übertragen auf den hier problematischen Fall bedeutet das folgendes: Erläßt die Behörde den vertraglich versprochenen Verwaltungsakt, so ist der Erlaßakt jedenfalls nicht rechtswidrig, denn der Bürger hat durch den wirksamen Vertrag einen Anspruch auf den Erlaß des Verwaltungsaktes erworben. Handlungsunwert kommt also dem Erlaß des Verwaltungsaktes nicht bei. Allerdings ändert dies nichts daran, daß der erlassene Verwaltungsakt im Widerspruch zum materiellen Recht steht 172 . Also ist ein Verwaltungsakt, der im Widerspruch zur Rechtsordnung steht, in der

168 So aber Rupp, Der maßgebende Zeitpunkt für die Rechtfertigung eines Verwaltungsakts, in: Weber/Ule/Bachof, Rechtsschutz im Sozialrecht, S. 173 (181); Olivet , Erfolgsunrechtslehre und Handlungsunrechtslehre aus der Sicht des öffentlichen Rechts, 1989, S. 8 für das öffentlich-rechtliche Schadensersatzrecht; für das zivilrechtliche Schadensersatzrecht Baun Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB, in: AcP 160 (1961), S. 465 (469). 169

Mager, S. 73 ff. sieht darin eine Besonderheit des öffentlichen Rechts. Da nur diese Konstellationen Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind, wird nicht auf die Frage eingegangen, ob diese Überlegungen auch für andere Rechtsgebiete Geltung beanspruchen. 170 So zutreffend Mager, S. 75. 171 Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, 3. Auflage, München 1997, § 10 Rn. 88. 172 Das erkennt auch Fluck, S. 65. Er spricht dem Verwaltungsakt ausdrücklich eine „gesetzesderogierende" Wirkung ab.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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Welt. Der Unwert, der das Rechtswidrigkeitsurteil begründet, ist als Erfolgsunwert gegeben. Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß Anknüpfungspunkt für das Rechts widrigkeitsurteil der dem materiellen Recht widersprechende Inhalt ist, daß also der Verwaltungsakt eine dem materiellen Recht zuwiderlaufende Entscheidung trifft. Dieser ist separat von dem Handlungsunwert zu sehen, der regelmäßig im Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht, hier jedoch aufgrund der vertraglichen (wirksamen) Verpflichtung entfällt. Diese Trennung unterstützt die hier aufgestellte These, da sie unterstreicht, daß die Besonderheit der Wirksamkeit eines Aktes trotz dessen Rechtswidrigkeit das gesamte Verwaltungsrecht durchzieht und daher bei Berücksichtigung dieses Gedankens eine konsequente Lösung möglich ist.

h) Auslegung von § 58 VwVfG

Ein Unterschied in den beiden Auffassungen ist auch bei der Auslegung von § 58 VwVfG zu erkennen. Diese Norm regelt die Frage, wann Dritte oder Behörden dem Vertrag zustimmen müssen.

aa) § 58 I VwVfG Insbesondere bei § 58 I VwVfG ist fraglich, wann ein Vertrag vorliegt, der in die Rechte eines Dritten eingreift. Dem Wortlaut nach müßten damit nur Verfügungsverträge 173 gemeint sein, da nur diese in die Rechte eines Dritten eingreifen können. Der Verpflichtungsvertrag selbst verspricht ja nur den Erlaß eines weiteren Aktes und führt damit keine Änderung der Ausgangslage herbei. Trotzdem geht die herrschende Meinung davon aus, daß bereits der Verpflichtungs ν ertrag zustimmungsbedürftig ist 1 7 4 . Lediglich eine kleine Minderauffassung, die zudem zum Teil aus der Zeit vor dem Erlaß des Verwaltungs Verfahrensgesetzes stammt, geht noch davon aus, daß nur der Verfügungsvertrag 175 zustimmungsbedürftig ist 176 .

173

Genauer: Bewirkungsverträge; dazu, sowie zu der Frage nach der Existenz dieser Verträge, vgl. unten 3. Teil. 174 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 58 Rn. 15; Kopp/Ramsauer, § 58 Rn. 7; Henneke, in: Knack, § 58 Rn. 4.3; Meyer/Borgs, § 58 Rn. 9 f.; Punke, S. 44; Friehe, Die Konkurrentenklage gegen einen öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrag, in: DÖV 1980, S. 673 (674); BVerwG BayVBl. 1988, S. 121 (122); OVG Münster NVwZ 1988, S. 370 (371). 175 Genauer: Bewirkungsverträge; dazu unten 3. Teil. 176 Redeker, Die Regelung des öffentlich-rechtlichen Vertrags im Musterentwurf, in: DÖV 1966, S. 543 (545); Bullinger, Zur Notwendigkeit funktionalen Umdenkens des öffentlichen und privaten Vertrags rechts im leistungsintensiven Gemeinwesen, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 678; ders., DÖV 1977, S. 812 (816; dort auch Fn. 24); Ule/Laubinger, §69 Rn. 15.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Bei näherem Hinsehen erscheinen jedoch die Argumente der herrschenden Meinung vor dem Hintergrund der hier vorgeschlagenen Lösung fraglich. So wird vorgetragen, die Rechtsbeeinträchtigung liege bereits in dem verpflichtenden Vertragsschluß 177 . Die Behörde könnte bei einer Klage eines Dritten auf die vertragliche Bindung hinweisen, weshalb zwar kein aktueller, wohl aber ein latenter Eingriff bestehe, der jederzeit realisiert werden könne 178 . Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum bereits in dem verpflichtenden Vertragsschluß eine Rechtsbeeinträchtigung liegen soll. Geht man richtigerweise davon aus, daß der Vertrag die Frage der Rechtmäßigkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes unberührt läßt, dann ändert der Vertrag auch nichts an der Rechtsstellung des Dritten. Die Vertrags Wirkung, die nur inter-partes besteht179, läßt ihn unberührt. Auch ein latenter, jederzeit realisierbarer Eingriff besteht nicht. Die Behörde kann den Dritten nicht ohne weiteres darauf verweisen, daß sie mit einem Bürger eine vertragliche Bindung eingegangen ist, da dies im Verhältnis zum Dritten keine Rolle spielt. Gestützt wird diese Überlegung auch durch einen Vergleich mit dem Zivilrecht. Verkauft jemand einem anderen ein Buch, das einem Dritten gehört, so kann der Dritte nicht gegen den Kaufvertrag vorgehen. Sein Recht an dem Buch wird durch den Vertrag nicht beeinträchtigt, sondern erst durch eine Übereignung. Selbst wenn diese droht, zum Beispiel weil der Verkäufer das Buch vom Dritten ausgeliehen hat, kann der Dritte allenfalls das Buch herausverlangen, nicht jedoch gegen den Vertrag vorgehen. Auch hier ist die Rechtslage also dahingehend, daß der verpflichtende Kaufvertrag den Dritten nicht in seinen Rechten beeinträchtigt und deshalb der Dritte gegen ihn nicht vorgehen kann. Durchgreifend scheint auf den ersten Blick ein ganz anderer Umstand zu sein: Vergleichbar ist die hier interessierende Situation mit der Zusicherung. Gemäß § 38 I 2 VwVfG darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten gegeben werden, sofern vor Erlaß des Verwaltungsaktes deren Anhörung erforderlich ist. Die Anhörungspflicht für den zugesicherten Verwaltungsakt wird also in das Zusicherungsverfahren vorverlagert. Das könnte dafür sprechen, eine ähnliche Vorverlagerung auch für den Verpflichtungsvertrag zu fordern. Näheren Aufschluß gibt hier ein Rückgriff auf die gesetzgeberische Motivation. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die Bindung, die durch die Zusicherung erreicht werden soll, nicht durch andere Stellen zu gefährden 180. Die Bindungswirkung gegenüber Dritten besteht also nicht a priori, sondern sie muß erst noch ausdrücklich gesetzlich ange-

177 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 58 Rn. 15; Punke, S. 44; Knuth, Konkurrentenklage gegen einen öffentlichrechtlichen Subventionsvertrag, in: JuS 1986, S. 523 (524). 178 Meyer/Borgs, § 58 Rn. 10. 179 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 58 Rn. 10; Scherzberg, JuS 1992, S. 205 (214 f.). 180 Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 38 Rn. 46; Henneke, in: Knack, § 38 Rn. 3.3; Kopp/Ramsauer, § 38 Rn. 25; BT-DS 7/910, S. 102.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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ordnet werden. Folglich muß dies auch für den Verwaltungsvertrag gelten. Eine solche ausdrückliche Anordnung fehlt aber. Die Anhörungspflicht wird eben nur für die Fälle gefordert, in denen durch den Vertrag in die Rechte eines Dritten eingegriffen wird. Demnach kann das Zustimmungserfordernis nur um den Preis einer Fiktion verlangt werden, nämlich einer Bindungswirkung, die gar nicht besteht. Ein gewisser Widerspruch scheint sich dann aber daraus zu ergeben, daß der Vertrag, der in seinen Rechtsfolgen an sich weitergehend als die Zusicherung ist und der dieser gegenüber einen Bindungsmehrwert 181 auf weist, hier erheblich schwächer ausgestaltet wäre, da er keine Bindung herbeizuführen vermag. Hätte sich der Bürger den Verwaltungsakt nicht vertraglich versprechen, sondern lediglich zusichern lassen, so wäre der Dritte gebunden; die Zusicherung entfaltet hier also eine stärkere Bindungswirkung. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, daß die Bindungswirkung keineswegs so groß ist, wie es im ersten Moment scheint. Immerhin bleibt die Zusicherung nach wie vor aufhebbar. Insofern ist der Verwaltungsvertrag immer noch „stärker" als die Zusicherung, wenngleich zuzugeben ist, daß diese zumindest gegenüber Dritten besseren Schutz bietet. Jedoch ist dieser Schutz nur vordergründig: Wenn nämlich bereits der Verpflichtungsvertrag zustimmungsbedürftig wäre, wäre er infinit unwirksam, wenn die Zustimmung auch nur eines betroffenen Dritten vergessen würde. Der auf seiner Grundlage erteilte Verwaltungsakt wäre rechtswidrig, ohne daß die Parteien davon Kenntnis hätten. Die Behörde könnte den Verwaltungsakt nach Kenntniserlangung zurücknehmen, ohne daß der Bürger einen besonderen Schutz aus dem Vertrag hinsichtlich des Rücknahmeermessens genießt. Wenn aber die Zustimmung nicht erforderlich ist, kann der Dritte nur bis zur Grenze der Verwirkung gegen die erteilte Genehmigung vorgehen. Das Rücknahmeermessen der Behörde ist durch den Vertrag gebunden. Im Ergebnis bietet also der Verwaltungsvertrag dann einen besseren Schutz, wenn nicht bereits der Verpflichtungsvertrag zustimmungsbedürftig ist. Die Konsequenz der herrschenden Meinung ist nämlich in gewisser Weise für den Bürger fatal. Ginge man mit ihr davon aus, daß der Verwaltungs vertrag den erfüllenden Verwaltungsakt gegenüber der sonstigen Rechtslage abschirmt, daß er also alleiniger Bewertungsmaßstab für die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Erfüllungsaktes ist, so müßte man im Interesse eines Dritten die Norm von § 58 VwVfG in der Tat so verstehen, daß bereits der Verpflichtungsvertrag in seine Rechte eingreift. Ansonsten könnte die Behörde sich gegenüber dem betroffenen Dritten auf die bindende vertragliche Verpflichtung berufen. Über diesen Weg wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter ohne weiteres möglich. Zwar weist der öffentlichrechtliche Vertrag nur inter-partes-Wirkung auf 182 , jedoch liegt die Besonderheit hier darin, daß die Behörde ein Vertragspartner ist, mit dem auch betroffene Dritte zu tun haben. Insofern ist die Wirkung in dieser Konstellation eher eine inter-omnes 181 182

Zum Begriff vgl. Tschaschnig, S. 39; Büchner, S. 194. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 58 Rn. 10; Scherzbeig, JuS 1992, S. 205 (214 f.).

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

als eine inter-partes Wirkung 183 . Die Behörde hätte die Möglichkeit, mit Hilfe des Bürgers die Rechtslage zu Lasten eines Dritten ohne dessen Zustimmung zu verändern. Da dies Ergebnis nicht interessengerecht sein kann, müßte man § 58 VwVfG in der Tat so verstehen, daß bereits der Verpflichtungsvertrag der Zustimmung Dritter bedarf. Die diesbezügliche herrschende Meinung kann unter jener Prämisse überzeugen. Das aber hat die merkwürdige Konsequenz, daß einerseits der Vertrag eine sehr intensive Bindungswirkung entfaltet (immerhin so stark, daß die Gesetzeslage verändert werden kann), daß auf der anderen Seite aber seine Wirksamkeit - und damit seine (rechtliche) Existenz - häufig fraglich ist 184 . Es sind nämlich Fälle denkbar, in denen in die Rechte einer sehr großen Personenzahl eingegriffen wird. Das kann sehr schnell geschehen. Hier ist zum Beispiel an die Fälle zu denken, in denen eine Baugenehmigung für die Erweiterung einer Fabrik vertraglich versprochen wird, die in einer Gemengelage mit Wohnbebauung liegt. Hier wird der betroffene Personenkreis häufig kaum überschaubar sein. Wenn die vertragschließenden Parteien auch nur eine betroffene Person vergessen, so scheitert daran der gesamte Vertrag. Diese Konsequenz kann nicht interessengerecht sein. Der Verwaltungsvertrag ist in seinen Rechtsfolgen weitergehend als der Verwaltungsakt, da jener zurücknehmbar ist, § 59 VwVfG jedoch nur die Möglichkeit der Nichtigkeit oder der Wirksamkeit vorsieht, ansonsten aber keine Aufhebbarkeit kennt. Es besteht lediglich die Möglichkeit der Kündigung in besonders gelagerten Ausnahmefällen, die in ihrem Anwendungsbereich gegenüber §§ 48, 49 VwVfG stark eingeschränkt sind. Ist das aber der Fall, so erscheint es widersinnig, den Verwaltungsvertrag, der aufgrund seiner Konsensualität ein Bindungsplus aufweist, von einem so schwer bestimmbaren Faktor abhängig zu machen wie der Zustimmung aller betroffener Personen. Die Folge wäre, daß der Vertrag dem Bürger ein Höchstmaß an Rechtssicherheit gibt, sofern er wirksam besteht, daß aber die Frage nach seiner Wirksamkeit nicht mit Sicherheit beantwortbar wäre. Gerade bei Vorhaben, die einen gewissen Umfang haben, würde sich der Vertrag also als Handlungsform verbieten, setzte man sich doch dem erheblichen Risiko aus, daß der Vertrag gar nicht erst wirksam ist 185 . Nun könnte man einwenden, daß der Bürger auch in diesem Fall nicht schutzlos ist, da das Institut der Verwirkung ihm auch dann Schutz gibt, wenn ein Verwaltungsakt aufgrund eines unwirksamen Vertrages erteilt wird. Insofern könnte man vermuten, daß in beiden Fällen der Bürger gleich gut geschützt wird. Allerdings ist zu bedenken, daß vielleicht zwar ein Dritter sein Anfechtungsrecht verwirkt, die Behörde unabhängig davon aber nicht gehindert ist, den erlassenen Verwaltungsakt wieder zurückzunehmen. Denn diese ist in ihrem Rücknahmeermessen durch den schwebend unwirksamen Vertrag nicht gebunden, und wenn beispielsweise der

183 184 185

Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 8. Henneke, in: Knack, § 58 Rn. 4.2. Diesbezüglich hat auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 30, Bedenken.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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Bürger von seiner Baugenehmigung noch keinen Gebrauch gemacht hat, so wird sie ohne große Schwierigkeiten die Genehmigung wieder zurücknehmen können, erst recht vor dem Hintergrund, daß auch Drittinteressen betroffen sind. Es zeigt sich also, daß der Vertrag zu einem sehr unsicheren Handlungsinstrument wird, wenn man das Zustimmungserfordernis gemäß § 58 I VwVfG bereits bei Verpflichtungsverträgen annehmen will. Geht man jedoch mit der hier gefundenen Lösung davon aus, daß der Vertrag nicht dazu führt, daß die Gesetzeslage verändert wird, so entfällt damit auch das stärkste Argument für eine weite Auslegung von § 58 I VwVfG. Die anderen Argumente tragen aus den genannten Gründen nicht. Der Wortlaut ist also eng auszulegen, so daß das Zustimmungserfordernis nur bei den Erfüllungsverträgen zu verlangen ist. Diese Lösung vermeidet die Schwierigkeiten, die die Regelung von § 58 I VwVfG bereitet. Der Dritte braucht dem Verpflichtungsvertrag nicht zuzustimmen, da er durch ihn seine Rechtsstellung noch nicht beeinträchtigt sieht. Dies ist erst mit dem Erlaß des erfüllenden Verwaltungsaktes der Fall, gegen den der Dritte nun vorgehen kann. Auf den Vertrauensschutz kann sich der Bürger gemäß § 50 VwVfG nicht mehr berufen, so daß die Position des Dritten nicht unzumutbar eingeschränkt wird. Das Rücknahmeermessen der Behörde kann in diesem Fall ganz anders ausgeübt werden, und zwar dahingehend, daß sie den Verwaltungsakt zurückzunehmen hat. Die Möglichkeit der Lösung dieser Problematik über die Norm von § 50 VwVfG besteht nur dann, wenn es sich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt. Ansonsten käme § 491 2. Hs. VwVfG zur Anwendung 186 , der den Widerruf verhindert, wenn der Bürger einen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt hat, was in der fraglichen Konstellation stets der Fall ist. Zu untersuchen bleibt allerdings die Frage, ob durch dieses Verständnis von § 58 VwVfG nicht wiederum die Position des vertragschließenden Bürgers zu stark eingeschränkt wird, was der gesetzlichen Wertung zuwiderlaufen würde, die ihm einen hohen Bindungswert zukommen läßt. Auch hier sieht sich der Bürger in der Gefahr, den vertraglichen Anspruch nicht realisieren zu können. Dennoch ist seine Position stärker als nach der herrschenden Meinung: Das Rücknahmeermessen der Behörde ist stark gebunden, der Dritte kann nicht infinit gegen den Verwaltungsakt vorgehen, da ihm die Verwirkung droht 187 . Diese könnte der Bürger auch dadurch herbeiführen, daß er Dritte, deren Zustimmung er gewiß bedarf, trotz fehlender diesbezüglicher Verpflichtung schon beim Vertragsabschluß zustimmen läßt. Der Bürger wird also in dieser Konstellation nicht schlechter gestellt, als wenn er direkt einen Verwaltungsakt durch die Behörde erhalten hätte - ein insgesamt interessengerechtes Ergebnis.

186 187

Klappstein, in: Knack, § 50 Rn. 3.2; öle/Laubinger, § 64 Rn. 21. Vgl. hierzu Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 55.

5 Butlcnvcggc

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Dies streitet für die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses, da bei Annahme der bisher herrschenden Meinung die Gegenmeinung bei der Auslegung von § 58 I VwVfG vorgezeichnet ist, diese jedoch nicht zu überzeugen vermag.

bb) § 58 II VwVfG Mit der Auslegung der Norm von § 58 I VwVfG sind aber noch nicht alle Probleme im Bereich der Mitwirkung geklärt. Auch in § 58 II VwVfG findet sich eine Bestimmung, die die Wirksamkeit des Verwaltungsvertrages davon abhängig macht, ob in der vorgeschriebenen Form mitgewirkt wurde. Hier geht es um die Genehmigung, die Zustimmung und das Einvernehmen einer anderen Behörde. Ähnlich wie schon in Absatz I ist auch hier die Rede von einem Vertrag, der anstatt eines Verwaltungsaktes geschlossen wurde, so daß sich hier wieder die Frage stellt, ob damit nur Verfügungs 188- oder auch schon Verpflichtungsverträge gemeint sind. Wie auch schon bei Absatz I geht die herrschende Meinung davon aus, daß nur dann ein effektiver Schutz der Kompetenzordnung 189 möglich ist, wenn bereits Verpflichtungsverträge dem Mitwirkungserfordernis unterfall en 190 . Die Gegenansicht191 lehnt dies mit Hinweis auf den Wortlaut und dem Vergleich der Lage bei der Zusicherung ab 192 . Wenn nämlich die Behörde einen Verwaltungsakt zusichert, ohne die mitwirkungberechtigte Behörde einzuschalten, so ist die Zusicherung gemäß § 38 I 2 VwVfG zwar rechtswidrig, aber eben nicht nichtig, § 38 II i.V.m. § 44 III Nr. 4 VwVfG. Warum für den Verwaltungsvertrag etwas anderes, nämlich Unwirksamkeit, gelten solle, sei „schwerlich einzusehen"193. Hierzu ist folgendes zu bemerken: Der schlichte Vergleich mit der Rechtslage bei der Zusicherung kann nicht ausreichen. Schließlich handelt es sich hier durch die Wahl einer anderen Handlungsform auch um einen anderen Fall, der durchaus anders zu beurteilen sein könnte. Dies besonders dann, wenn die gesetzliche Ausprägung der Handlungsform ,Vertrag 4 eine andere Betrachtungsweise nahelegt. Zu bedenken ist, daß zwischen der Zusicherung und dem Vertrag ein großer Unterschied besteht, nämlich die Möglichkeit der Aufhebung. Die Zusicherung kann gemäß § 38 II i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG aufgehoben werden, der Vertrag nicht. Für ihn stehen nur die (regelmäßig nicht vorliegenden) Kündigungsgründe gemäß § 601 188

Besser: Bewirkungsverträge; vgl. dazu unten 3.Teil, Β IV. Der tragende Grund für § 58 II VwVfG; vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 58 Rn. 26. 190 BVerwG BayVBl. 1988, S. 121 (122); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 58 Rn. 26; Kopp/Ramsauer, § 58 Rn. 15; Meyer/Borgs, § 58 Rn. 16; Friehe, DÖV 1980, S. 673 (674). 191 Ule/Laubinger, § 69 Rn. 19; Bullinger, DÖV 1977, S. 812 (816); wohl auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 30. 192 Ule/Laubinger,§ 69 Rn. 19. 193 Ebda. 189

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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VwVfG zur Verfügung. Ansonsten bleibt als einzige Möglichkeit die Nichtigkeit, § 59 VwVfG, oder eben die Unwirksamkeit, § 58 VwVfG. Der Vertrag weist also gegenüber der Zusicherung einen „Bindungsmehrwert" 194 auf. Dadurch wird aber der Vertrag besonders „gefährlich 44, was die Konstellationen anbetrifft, in denen ein Drittbezug besteht oder andere Behörden mitwirkungsberechtigt sind. Gerade diesem Umstand trägt die Regelung von § 58 VwVfG Rechnung. Deshalb ist durchaus einsichtig, warum in diesem Fall etwas anderes gelten soll als bei der Zusicherung. Ausgehend von der Überlegung, daß der den rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Vertrag erfüllende Verwaltungsakt rechtswidrig und nicht rechtmäßig ist, ergibt sich hier die Lösung aus der Frage, inwieweit der erfüllende Verwaltungsakt noch rücknehmbar ist oder inwieweit die anderen Behörden noch beteiligt werden können. Geht man (unzutreffend) davon aus, daß der Vertragssehluß dazu führt, daß die Erfüllunghandlungen rechtmäßig werden, so steht man vor dem Problem, die gesetzlich normierten Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vollständig durch den Vertrag ersetzt 195 zu haben. Daraus folgt aber zwingend, daß alle wesentlichen Voraussetzungen des erfüllenden Verwaltungsaktes bereits beim Vertragssehl uß gefordert werden müssen, da danach keine Möglichkeit mehr bestünde, sie einzufordern. Zutreffenderweise sind jedoch die beiden Akte tatbestandlich getrennt zu betrachten, lediglich in der Rechtsfolge ergeben sich aufgrund der Verknüpfung Besonderheiten. Hieraus folgt, daß die Behörde, die den Vertrag mit dem Bürger schließt, weiterhin verpflichtet ist, den erforderlichen Mitwirkungsakt der anderen Behörde herbeizuführen. Tut sie dies nicht, so kann nichts anderes gelten, als wenn sie den versprochenen Verwaltungsakt direkt erlassen hätte: Der erfüllende Verwaltungsakt ist rechtswidrig, aber eben nicht nichtig, § 44 III Nr. 4 VwVfG. Versucht die Behörde jedoch, die erforderliche Mitwirkung herbeizuführen, wird aber z.B. die Zustimmung verweigert, so ist die Ausgangsbehörde gehindert, den versprochenen Verwaltungsakt zu erlassen; dieser wäre aufgrund des offenkundigen schweren Verstoßes gegen die Mitwirkungsbestimmungen gemäß § 44 I VwVfG nichtig 196 . Die Lage ist damit für den Bürger nicht schlechter, als wenn bereits der gesamte Vertrag aufgrund der fehlenden Mitwirkung gemäß § 58 II VwVfG unwirksam ist. Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß § 58 II VwVfG nur auf Verfügungsverträge 197 anwendbar ist. Diese Lösung geht mit dem eindeutigen Wortlaut konform und läßt sich zudem auch mit Sinn und Zweck der Vorschrift besser vereinbaren als die herrschende Meinung. Das spricht ebenfalls für das hier gefundene Ergebnis. 194

Zum Begriff vgl. Tschaschnig, S. 39; Büchner, S. 194. Insofern kann durchaus von einer „gesetzesderogierenden" Wirkung gesprochen werden; vgl. dazu allerdings Fluck, S. 65 u. oben Fn, der dies ausdrücklich verneint. 196 Meyer/Borgs, § 44 Rn. 24, 25. 197 Genauer: Bewirkungsverträge; dazu unten 3. Teil, Β IV. 195

5*

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag i) Prozessuale Bedenken

Gegen die hier vorgeschlagene Ansicht könnten jedoch prozessuale Bedenken bestehen. So ist einerseits fraglich, inwiefern das Verwaltungsgericht die Behörde dazu zwingen kann, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zu erlassen, andererseits, welche Konsequenzen sich in Konstellationen mit Drittbezug ergeben. Schließlich ist mit der Frage nach der Auslegung von § 58 VwVfG noch nichts über den prozessualen Drittrechtsschutz ausgesagt.

aa) Gerichtliche Verpflichtung zum Erlaß rechtswidriger Akte Ist der erfüllende Verwaltungsakt weiterhin an der materiellen Rechtslage zu messen, so hat die Wirksamkeit des schlicht rechtswidrigen Vertrages zur Folge, daß der Bürger aus dem Vertrag einen Anspruch auf den Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes hat. Diese Annahme irritiert zunächst, hätte sie doch zur Folge, daß der Bürger notfalls die Behörde gerichtlich zum Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes verpflichten könnte. Bei genauerer Betrachtung erkennt man jedoch, daß gemäß der Formulierung der VwGO die Rechtmäßigkeit des begehrten Verwaltungsaktes nicht Voraussetzung für die Begründetheit einer Verpflichtungsklage ist. § 113 V 1 VwGO erklärt diese dann für begründet, wenn die Ablehnung des begehrten Verwaltungsaktes rechtswidrig ist und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt. Auch wenn teilweise behauptet wird, daß die Ablehnung, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zu erlassen, nicht rechtswidrig sein könne 198 , so ist dieser Schluß durchaus nicht zwingend. Ob der begehrte Verwaltungsakt rechtmäßig ist, hat das Gericht nicht zu prüfen. Inhalt und Reichweite der gerichtlichen Entscheidung werden durch § 113 VwGO bestimmt; wie die Entscheidungsbefugnis des Gerichts aussieht, richtet sich nach dieser Norm 199 . Die Fehlerfolgenregelung von § 59 VwVfG legt die Annahme sogar nahe, daß es möglich ist, rechtmäßigerweise rechtswidrige Akte zu erlassen. Der Verwaltungsvertrag ist zwar rechtswidrig (und bleibt es auch), trotzdem soll er wirksam sein. Nicht weniger als die Wirksamkeit fordert das VwVfG, aber auch nicht mehr. Um dem Vertrag Wirksamkeit zu verleihen, ist es aber nicht nötig, daß der Erfüllungsakt ebenfalls rechtmäßig ist, sondern nur, daß er überhaupt vorgenommen werden kann. Ist das aber der Fall, so verlangt die Wirksamkeit der vertraglichen Verpflichtung, daß der Verwaltungsakt auch tatsächlich, trotz seiner Rechtswidrigkeit, erlassen wird. Geschieht dies nicht, so wird gegen die vertragliche Verpflichtung verstoßen, es würde also rechtswidrig gehandelt. Der streitige Fall ist also ein Beispiel

198

So Fluck, S. 57, der hier wohl einen Fall von Evidenz annimmt. Spannowsky, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Band II, 1998, § 113 Rn. 10; Redeker/Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Auflage, 1994, § 113 Rn. 1; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 1999, § 113 Rn. 2. 199

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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dafür, daß es durchaus möglich ist, rechtsvvidrigervveise den Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes zu unterlassen. Dieselben Überlegungen gelten auch für die Zusicherung. Hier ist, wie bereits nachgewiesen200, ebenfalls kein Grund ersichtlich, warum der zugesicherte Verwaltungsakt als rechtmäßig angesehen werden sollte, sofern er der Zusicherung entspricht, da die Bindungswirkung auch auf anderem Weg erzielt werden kann. Also besteht die Möglichkeit, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt wirksam zuzusichern, so daß der Bürger einen Anspruch auf den Verwaltungsakt erhält, mag dieser auch selbst rechtswidrig sein. Diesen Anspruch kann der Bürger selbstverständlich gerichtlich durchsetzen. Hier ist also ein weiteres Beispiel dafür zu sehen, daß es durchaus den Anspruch auf Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes geben kann. § 113 V VwGO ist so zu verstehen, daß es nur darauf ankommt, ob der Bürger einen Anspruch auf Erlaß des begehrten Verwaltungsaktes hat 201 , nicht entscheidend ist entgegen dem mißverständlichen Wortlaut die Frage, ob die Ablehnung rechtswidrig war und den Kläger in seinen Rechten verletzte. Lediglich die Existenz des Anspruchs wird vom Verwaltungsgericht geprüft, nicht die Frage, ob der Anspruch rechtmäßigerweise entstanden ist und ob er einen rechtmäßigen Inhalt hat. Ein Vergleich mit der Situation bei der Anfechtungsklage zeigt auch, daß es durchaus nichts Ungewöhnliches ist, daß das Gericht durch sein Urteil einen materiell rechtswidrigen Zustand wiederherstellt. Hat die Behörde zum Beispiel einen rechtswidrigen Verwaltungsakt erlassen und nimmt diesen nun zurück, wobei ihr aber ein formeller Fehler unterläuft, der nicht geheilt wird, so hebt das Gericht diesen Aufhebungsbescheid wiederum auf. Damit stellt es aber im Ergebnis die alte, rechtswidrige Ausgangslage wieder her. Dieser Fall zeigt, daß die Aufgabe des Verwaltungsgerichts nicht darin besteht, die Rechtmäßigkeit wiederherzustellen, sondern daß es lediglich in einem genau festgelegten Rahmen das Verwaltungshandeln überprüft. Im Falle der Verpflichtungsklage prüft das Gericht nur die Existenz des Anspruchs, nicht dessen Zustandekommen. Insofern besteht ein Unterschied zur gerichtlichen Kontrolldichte im Falle der Anfechtungsklage, bei der nicht nur die materielle Rechtmäßigkeit des streitigen Aktes überprüft wird, sondern auch die formelle, ob also auch die Art und Weise des Zustandekommens des Verwaltungsaktes rechtmäßig war. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß auch bei der Verpflichtungsklage formelle Voraussetzungen des ablehnenden Bescheides erfüllt sein müssen. 200

Dazu oben 2. Teil, A II 2 b) cc) (bb) β) (δδ) (δδδ). Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 113 Rn. 64; Schmidt, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 1998, § 113, Rn. 33; Weyreuther, Die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes und die „dadurch" bewirkte Verletzung „in... Rechten", in: Festschrift für Christian-Friedrich Menger, S. 681 (683 ff.). 201

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Dieser Ablehnungsbescheid stellt zwar selbst einen Verwaltungsakt dar 202 , und es kann passieren, daß bei Erteilung eines materiell rechtmäßigen Ablehnungsbescheides ein formeller Mangel unterläuft, der nicht geheilt wird. In diesem Fall zeigt sich aber die unterschiedliche Prüfungsdichte von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage: Für die Verpflichtungsklage kommt es eben nicht auf die Erlaßumstände an, daher reicht es für die Begründetheit nicht aus, daß der Ablehnungsbescheid formell rechtswidrig ist, sondern der Bürger muß überdies einen materiellen Anspruch auf Erlaß des begehrten Verwaltungsaktes haben. Ist dies nicht der Fall, wird die Klage abgewiesen. Zweifel an der Möglichkeit der gerichtlichen Verpflichtung zum Erlaß rechtswidriger Akte ergeben sich jedoch aus einem Vergleich mit der Situation beim Folgenbeseitigungsanspruch. Hier ist der Anspruch dann ausgeschlossen, wenn die Folgenbeseitigung nicht rechtlich zulässig ist 2 0 3 . Es ist also nicht möglich, daß der Folgenbeseitigungsanspruch auf die Vornahme rechtswidriger Akte gerichtet ist. Das legt die Annahme nahe, daß eine Verpflichtung zum Erlaß rechtswidriger Akte nicht bestehen kann. Trifft diese Annahme zu, dann wäre auch in der hier zu untersuchenden Konstellation die gerichtliche Verpflichtung zum Erlaß rechtswidriger Akte ausgeschlossen. Diese Folgerung kann jedoch nur dann gezogen werden, wenn die beiden Fälle tatsächlich miteinander vergleichbar sind. Dies erscheint allerdings fraglich. Beim Folgenbeseitigungsanspruch wird der Anspruch selbst dadurch ausgeschlossen, daß die Wiederherstellung rechtlich unzulässig ist. Bei der hier zu untersuchenden Frage geht es jedoch darum, ob ein bestehender Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden kann, wenn er auf den Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes gerichtet ist. Fraglich ist also nicht die Existenz des Anspruchs, sondern seine prozessuale Durchsetzbarkeit. Insofern besteht ein gravierender Unterschied zwischen beiden Konstellationen. Im übrigen ist auch zu bedenken, warum der Folgenbeseitigungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn die Folgenbeseitigung rechtswidrig ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch setzt voraus, daß ein rechtswidriger Zustand besteht204. Anknüpfungspunkt für das Rechtswid202

Henneke, in: Knack, § 35 Rn. 4.1.4. Maurer, Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 14; Bull, Rn. 1072; Battis , Rn. 385; Wolff/Bachof/ Stober I, § 52 Rn. 23; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage 1998, S. 318; Köckerbauer, Rechtsgrundlagen und Haftungsumfang des Folgenbeseitigungsanspruchs, in: JuS 1988, S. 782 (786); Schoch, Folgenbeseitigung und Wiedergutmachung im Öffentlichen Recht, in: VerwArch 79 (1988), S. 1 (24); VGH Mannheim, VB1BW 1983, S. 141; VGH München, DVB1. 1981, S. 1158 (1159); OVG Münster, OVGE 36, 239 S. (243); VG Köln, NJW 1980, S. 799. 204 Wolff/ Β ach of /Stober I, § 52 Rn. 13; Köckerbauer, JuS 1988, S. 782 (784); Schoch, VerwArch 79 (1988), S. 1 (43); Steinberg/Lubberger, Aufopferung - Enteignung und Staatshaftung, 1991, S. 381; Battis , Rn. 383; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Auflage, 1974, Rn. 248; Weyreuther, Empfiehlt es sich, die Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Verwaltungshandelns gesetzlich zu regeln? B-Gutachten, zum 47. Deutschen Juristentag, 1968, S. 67 ff., 88; OssenbühL S. 312 ff.; BVerwG NJW 1989, S. 2272 (2277); VG Neustadt, NJW 1965, S. 833 (834); BVerwG E 80, S. 178 f.; BVerwG, GewArch 1994, S. 103. 203

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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rigkeitsurteil beim Folgenbeseitigungsanspruch ist also der herbeigeführte rechtswidrige Zustand, nicht das rechtswidrige Verwaltungshandeln. Ziel ist es also, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, also wieder einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Daher erscheint es widersinnig, den Anspruch auch dann zuzulassen, wenn durch ihn wiederum ein rechtswidriger Zustand herbeigeführt würde (mit der möglichen Konsequenz, daß nun ein Dritter seinerseits einen Folgenbeseitigungsanspruch hätte). Die hier untersuchte Konstellation ist anders gelagert. Zwar ist der Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil wie bereits nachgewiesen205 der dem materiellen Recht zuwiderlaufende Zustand, jedoch ist dies keine Voraussetzung des Anspruchs. Der Anspruch entsteht dadurch, daß er durch einen wirksamen Vertrag eingeräumt wurde. Der Vertrag ist aber eben häufig auch dann wirksam, wenn die versprochene Leistung zum materiellen Recht in Widerspruch steht. Deshalb erscheint es keinesfalls widersinnig, daß sich der Anspruch auf den Erlaß eines rechtswidrigen Aktes richtet. Der Ausschluß dieser Konstellation beim Folgenbeseitigungsanspruch hängt also mit der Besonderheit seiner Begründung zusammen und läßt sich nicht auf die hier zu untersuchende Konstellation übertragen. Nach alledem ist davon auszugehen, daß der Bürger auch einen Anspruch auf Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes haben kann.

bb) Prozessuales und verfahrensmäßiges Vorgehen in Konstellationen mit Drittbezug Allein mit diesen Überlegungen sind aber noch nicht alle prozessualen Bedenken ausgeräumt. Insbesondere bei Konstellationen mit Drittbezug stellt sich neben den materiell-rechtlichen Fragen 206 auch die Frage nach der effektiven, prozessualen Durchsetzung. Erst wenn diese Problematik auch prozessual interessengerecht gelöst werden kann, sind die prozessualen und verfahrensrechtlichen Bedenken gegen die hier vorgeschlagene Lösung ausgeräumt. Zu unterscheiden sind zwei Konstellationen: zum einen der Drittschutz bereits im Verwaltungs verfahren und zum anderen der Drittschutz im gerichtlichen Verfahren. Eine Konstellation, in der Drittschutz fraglich scheint, ist die, daß die Behörde den versprochenen, rechtswidrig drittbelastenden Verwaltungsakt auch erläßt. Fraglich ist, ob der Dritte hier noch gegen den Verwaltungsakt vorgehen kann. Die richtige Antwort ist durch die Norm von § 50 VwVfG vorgezeichnet. Der Bürger kann sich nicht mehr auf Vertrauensschutz berufen. Demnach kann der Dritte also gegen den versprochenen Verwaltungsakt vorgehen.

205 206

Siehe dazu schon oben, 2. Teil, A II 4 g). Siehe dazu oben, 2. Teil, A II 4 h) aa).

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Es scheint, daß man dieser Lösung vorwerfen könnte, sie stelle den Bürger schlechter als die Gegenmeinung, nach der bereits der Vertrag zustimmungsbedürftig ist. Geht nämlich der Bürger davon aus, daß er alles wie begehrt erhalten hat, so wird er besonders großes Unverständnis zeigen, wenn trotz Vertrag und dessen Erfüllung ihm die Behörde ohne weiteres den begehrten Akt wieder entziehen kann. Im Ergebnis sind diese Bedenken jedoch nicht durchgreifend. Der Bürger wird nicht schlechter gestellt, als wenn bereits der Vertrag zustimmungsbedürftig wäre. Wenn wirklich alle Zustimmungsberechtigten zugestimmt haben, hat der Bürger zwar die größere Sicherheit. Wenn er aber auch nur einen übersieht, dann ist der Vertrag dauerhaft unwirksam. Ist der Vertrag jedoch wirksam und kann nur der erfüllende Verwaltungsakt aufgrund einer Drittanfechtung ohne weiteres zurückgenommen werden, so besteht diese Möglichkeit nicht unbegrenzt, denn der betroffene Dritte wird früher oder später in sonstiger Weise von dem Verwaltungsakt Kenntnis erlangen. Ab diesem Zeitpunkt droht ihm aber der Verlust seines Anfechtungsrechts durch das Institut der Verwirkung 207 . Spätestens nach einem gewissen Zeitraum wird er also nicht mehr redlicherweise gegen den Verwaltungsakt vorgehen können und damit sein Recht verlieren. Die Behörde ist in ihrem Rücknahmeermessen gebunden. In diesem Moment ist der Bürger also sicher. Ist aber bereits der Vertrag zustimmungsbedürftig, so hat der Bürger nichts, worauf er einen verstärkten Vertrauensschutz stützen könnte; der Vertrag ist ja schwebend unwirksam. Insofern besteht dann die Möglichkeit, daß die Behörde ohne große Schwierigkeiten den Verwaltungsakt aufhebt. Deshalb steht sich der Bürger besser, wenn der Vertrag nicht zustimmungsbedürftig ist. Die Stellung des Dritten ist zwar schlechter, andererseits wird er aber auch gegenüber dem Fall nicht schlechter gestellt, in dem die Behörde den Verwaltungsakt direkt erlassen hätte. Warum der Dritte aber besser als in diesem Fall gestellt sein sollte, ist nicht ersichtlich, so daß auch er keinen Nachteil erleidet, wenn man die Vorschrift in diesem Sinne auslegt. Rechtsschutzbedenken bezüglich des betroffenen Dritten bestehen also auch in dieser Konstellation nicht. Problematischer ist das gerichtliche Vorgehen. Wenn die Klage des Bürgers auf Erlaß eines drittbelastenden Verwaltungsaktes Erfolg hätte, würde die Behörde aufgrund des Urteils zum Erlaß dieses Aktes verpflichtet. Andererseits könnte man auch annehmen, sie sei zur Unterlassung verpflichtet, da das entgegenstehende Recht des Dritten Beachtung verlangt 208. Dies hätte evtl. die Folge, daß die Gerichte zweimal mit derselben Sache beschäftigt würden, zunächst mit dem Anspruch des Bürgers und anschließend gesondert mit der Verletzung nachbarschützender Rechte209. Ein solches Vorgehen erscheint aus prozessualer Sicht wenig effektiv und könnte es nahelegen, den Drittschutz bereits mit in die Entscheidung über den Anspruch auf 207

Vgl. hierzu Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 55. Fluck, S. 61; Weiß, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, 1971, S. 89. 209 Fluck, S. 61. 208

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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Erlaß des begehrten Verwaltungsaktes aufzunehmen, also bereits die Wirksam-

keit des Verpflichtungsvertrages von der Zustimmung des Dritten abhängig zu machen. Diese Sicht greift jedoch zu kurz. Solche prozessualen Probleme sind regelmäßig nicht auf materiell-rechtlicher Ebene zu lösen, sondern prozeßrechtlich. So hält denn auch die VwGO eine brauchbare Möglichkeit bereit, die vorliegende Problematik interessengerecht zu lösen. Werden nämlich die rechtlichen Interessen eines Dritten durch das laufende Verfahren berührt, so kann das Gericht diesen beiladen, § 65 I VwGO. Der Beigeladene wird nun in Kenntnis des Verfahrensstandes gesetzt. Im übrigen hat das Gericht auf die Stellung sachdienlicher Angaben hinzuwirken, § 86 III VwGO. Hat die Behörde mit der dolo-agit-Einrede aufgrund der Rechtswidrigkeit des Erfüllungsaktes die Erfüllung verweigert 210, so ist dieser Fall genauso zu behandeln, als hätte die Behörde den Verwaltungsakt zunächst erlassen, ihn dann aber wieder zurückgenommen 211. Wenn der betroffene Dritte gegen den Verwaltungsakt durch Anfechtung vorgegangen wäre, ehe die Behörde ihn zurückgenommen hätte, so wäre das Vertrauen des Bürgers gemäß § 50 VwVfG nicht schutzwürdig gewesen. Bringt der Dritte nun im Prozeß zum Ausdruck, daß er sich gegen den Verwaltungsakt wendet, dann ist die Interessenlage nicht anders, als wenn der Dritte zunächst den Verwaltungsakt angegriffen hätte und die Behörde ihn danach aufhebt. Daher ist in diesem Fall § 50 VwVfG analog anzuwenden; der Bürger kann sich auch hier nicht auf Vertrauen berufen. Lehnte man diese Analogie ab, so würde das zu einer umständlichen Förmelei führen. Das Gericht müßte dann die Behörde tatsächlich zum Erlaß verurteilen. Nach Erlaß könnte der Dritte Widerspruch hiergegen erheben und die Behörde nun in direkter Anwendung von § 50 VwVfG den Verwaltungsakt wieder zurücknehmen. Die Rechtskraft des Urteils stünde dem zwar nicht im Wege, da richtigerweise der Streitgegenstand aus zwei Elementen, nämlich Klageanspruch und Klagegrund, besteht212. Hier hat sich aber der Klagegrund, also der zugrundeliegende Lebenssachverhalt, geändert, weshalb es sich um einen neuen Streitgegenstand handelt. Ein solches Vorgehen ist jedoch ineffizient und nicht sinnvoll; die analoge Anwendung von § 50 VwVfG bietet hier den Ausweg. Das Gericht müßte also den Dritten auf diese Möglichkeit hinweisen bzw. den Sachverhalt dahingehend erforschen, ob der Dritte sich gegen den Verwaltungsakt wenden möchte.

210 Regelmäßig wird die Verweigerung der Behörde, den versprochenen, rechtswidrigen Verwaltungsakt zu erlassen, so auszulegen sein, daß sie die dolo-agit-Einrede geltend macht. Insofern sind die Fälle vergleichbar mit den Fällen, in denen die Behörde die Erfüllung einer Zusicherung verweigert (vgl. OVG Lüneburg, OVGE 38, S. 430 (432); VGH Mannheim, NVwZ 1991, S. 79 (80)). Voraussetzung ist natürlich, daß sie als Grund die Rechtswidrigkeit des versprochenen Verwaltungsakts geltend macht und nicht irgendeinen anderen Grund angibt. 211 s. dazu schon oben 2. Teil, A l l 2. 212 Rentiert, in: Eyermann, § 121 Rn. 23; Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 604; Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 1996, § 10 Rn. 9 f.; BVerwGE 52, S. 247 (249); 70, S. 110 (112); 96, S. 24 (25); NJW 1996, S. 737 f.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Versäumt das Gericht die Beiladung des Dritten, entweder aus schlichter Nachlässigkeit oder weil der Kreis zu unübersichtlich war, so wäre in der Tat ein zweiter Prozeß nötig. Das stellt jedoch keine Besonderheit dar, sondern ist regelmäßig in den Fällen gegeben, in denen durch die Einwirkung auf den Ausgangsbescheid der Verwaltungsakt und damit der Streitgegenstand verändert wird 2 1 3 . Warum dieses Vorgehen hier nicht ratsam scheinen sollte, ist nicht ersichtlich. Schließlich ist das Gericht aufgrund der fehlenden Beiladung auch nicht schutzwürdig.

cc) Zwischenergebnis Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß der hier vertretenen Ansicht keine Bedenken hinsichtlich der prozessualen Durchsetzbarkeit entgegenstehen. Die VwGO hält ein angemessenes Instrumentarium zur Lösung dieser Fälle bereit.

j) Ergebnis

Die Untersuchung hat ergeben, daß die hier vorgeschlagene Lösung der Kollisionsproblematik über die Berücksichtigung der vertraglichen Bindung im Rahmen des Rücknahmeermessens geeigneter ist als das Kriterium der herrschenden Meinung, um die verschiedenen Konstellationen interessengerecht zu lösen. Eine Aufhebung des erfüllenden Verwaltungsaktes ist in denselben Fällen wie bei der herrschenden Meinung möglich, darüber hinaus aber auch noch in einigen anderen Fällen, die wertungsmäßig nicht anders behandelt werden können. Zudem ermöglicht das neue Kriterium noch eine harmonische Auslegung von § 58 VwVfG. Schließlich fügt es sich besser als die bisher herrschende Meinung in die Systematik des Verwaltungsvertrages ein, die auf der Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Recht liegt. Auch stehen dem vorgeschlagenen Kriterium keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Daher ist von seiner Richtigkeit auszugehen.

I I I . Prozessualer Annex: Die richtige Klageart bei Klagen aus dem Verwaltungsvertrag auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes Ein immer wieder heftig diskutiertes Problem stellt die Frage nach der richtigen Klageart dar, wenn aus einem Verwaltungsvertrag auf Erlaß eines Verwaltungsaktes geklagt wird. Auch in diesem Fall wird häufig ein Kollisionsproblem zwischen Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag gesehen, wird doch zum Teil vertreten, daß die 213 Als Beispiel soll hier nur der Fall erwähnt sein, daß ein Verwaltungsakt mehrfach rechtswidrigerweise aufgehoben wird, bis schließlich eine Aufhebung rechtmäßig ist.

Α. Der vertragserfüllende Verwaltungsakt

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allgemeine Leistungsklage als generelles Mittel zur Durchsetzung von Ansprüchen aus Verträgen anzusehen ist 214 . Das wird mit dem Argument begründet, daß einige Besonderheiten der Verpflichtungsklage, wie das Vorverfahren, nicht zum vertraglich geregelten Vornahmeanspruch paßten215. Die Prüfung, ob die Nichterteilung des Vewaltungsaktes durch die Behörde recht- und zweckmäßig war, wenn bereits eine rechtsverbindliche Verpflichtung durch den Vertrag besteht, den Verwaltungsakt zu erlassen, erscheine wenig sinnvoll 216 . Auch werde der Bürger durch das Widerspruchsverfahren in ein Über-/Unterordnungsverhältnis gedrängt, das gerade der Gleichordnung eines Vertrages widerspricht 217. Selbst wenn die Vornahme einer hoheitlichen Handlung begehrt wird, so werde die Beziehung zwischen Bürger und Staat doch durch den Vertrag beeinflußt, so daß beide auf derselben Stufe stünden218. Für Klagen im Gleichordnungsverhältnis erscheine aber die allgemeine Leistungsklage als adäquatere Rechtsschutzform 219. Auch stelle die für das Vorverfahren geltende Fristregelung in § 70 I VwGO prinzipiell auf die Rechtsbehelfsbelehrung (§ 58 VwGO) ab, die bei einem Vertrag regelmäßig fehlen dürfte, so daß auch diese Regelung unangemessen erschiene 220. Teilweise wird auch behauptet, die Regelung von § 61 VwVfG enthalte eine Entscheidung dahingehend, daß grundsätzlich nur durch Leistungsklage, nicht durch Verpflichtungsklage im Verwaltungsrechtsweg geklagt werden könne, sofern der Vertragspartner sich nicht der sofortigen Vollstreckung unterworfen habe221. Die Gegenansicht hält auch in dieser Konstellation die Verpflichtungsklage für die richtige Klageart 222 . Dies wird damit begründet, daß die VwGO die Klagetypen nach dem Klageziel differenziert, nicht danach, aus welchem Verhältnis sie stammen 223 . Zwingende Gründe, hiervon abzuweichen, bestünden nicht 224 .

214 Faber, Verwaltungsrecht, 3. Auflage, 1992, § 26 II d); Baumanns, Die Zwangsvollstreckung öffentlichrechtlicher Verträge, 1978, S. 96. 215 Faber, § 26 II d); Henneke, in: Knack, § 61 Rn. 8; Baumanns, S. 96. 2,6 Henneke, in: Knack, § 61 Rn. 8. 217 Baumanns, S. 95. 218 Lerche, Die verwaltungsrechtliche Klage aus öffentlich-rechtlichen Verträgen, in: Staatsbürger und Staatsgewalt, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit, Band 2, 1963, S. 77. 219 Ebda., S. 78. 220 Meyer/Borgs, § 61 Rn. 4. 221 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 61 Rn. 3; Göldner, Gesetzmäßigkeit und Vertragsfreiheit im Verwaltungsrecht, in: JZ 1976, S. 352 (357). 222 Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 61 Rn. 75; Redeker, DÖV 1966, S. 543 (546); Wulff,\ Zwangsvollstreckung aus Verwaltungsverträgen, 1975, S. 106; Ule/Laubinger, § 72 Rn. 16. 223 224

Wulff, S. 103. Ule/Laubinger, § 72 Rn. 16.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Diese zweite Ansicht ist vorzugswürdig. Daß die Durchführung des Vorverfahrens nicht sinnvoll erscheint, überzeugt angesichts der Tatsache nicht, daß bei gebundenen Verwaltungsakten eine ähnliche Situation herrscht, das Vorverfahren aber dennoch durchzuführen ist. Schließlich spricht für die Verpflichtungsklage auch noch, daß die Ablehnung des Erlasses eines Verwaltungsaktes ebenfalls ein Verwaltungsakt ist. Dieser wird jedoch ohne die Einlegung von Widerspruch und Klage bestandskräftig. Wenn die Behörde also ablehnt, den vertraglich versprochenen Verwaltungsakt zu erlassen, so droht diese Ablehnung bestandskräftig zu werden. Etwas anderes würde nur gelten, wenn man eine kassatorische Leistungsklage anerkennt 225. Allerdings wurde diese nur für kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeiten entwickelt 226 . Auch enthält die VwGO eine abschließende Aufzählung der Klagearten, neben denen keine weiteren zuzulassen sind, so daß nicht von der Existenz einer kassatorischen Leistungsklage auszugehen ist 2 2 7 . Die allgemeine Leistungsklage kann also dem Rechtsschutzinteresse des Bürgers nicht genügen228. Im übrigen ist festzuhalten, daß § 61 VwVfG keine Entscheidung bezüglich der Frage nach der richtigen Klageart enthält. Der Regelungsgehalt erstreckt sich lediglich auf die Umstände der sofortigen Vollstreckung. Klagt der Bürger jedoch auf Erlaß des vertraglich versprochenen Verwaltungsaktes, so ist darin nicht bereits die sofortige Vollstreckung zu sehen; für eine Vollstreckung bedarf es nämlich noch eines Verpflichtungsurteils. Nach alledem ist davon auszugehen, daß das materielle Recht das Prozeßrecht nicht beeinflußt. Es bleibt dabei, daß die Verpflichtungsklage die richtige Rechtsschutzform ist, wenn der Erlaß eines Verwaltungsaktes begehrt wird. Daran ändert sich nach dem Gesagten auch dadurch nichts, daß sich der Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt nicht aus dem Gesetz, sondern aus einem Vertrag ergibt 229 . Streng genommen handelt es sich bei dieser Frage also gar nicht um eine Frage der Kollision von Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag, sondern um ein rein prozessuales Problem, das nach prozeßrechtlichen Vorschriften zu lösen ist.

B. Der Erlaß von Verwaltungsakten aufgrund gesetzlichen Anspruches trotz eines Vertrages Als nächstes ist die Frage zu untersuchen, ob der Bürger, der einen vertraglichen Anspruch auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes hat, trotzdem noch seinen An225

BayVGH BayVBl. 1976, S. 753 (754). BayVGH ebda. 227 Schoch, Der Kommunalverfassungsstreit im System verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, in: JuS 1987, S. 783 (789); Krebs, Rechtsprobleme des Kommunalverfassungsstreits, in: VerwArch 68 (1977), S. 189 (195 f.). 228 Fluck, S. 85. 229 Redeker, DÖV 1966, S. 543 (546); Obermayer-Bernsdoiff, § 61 Rn. 75; Wulff, S. 106. 226

Β. Erlaß von Verwaltungsakten aufgrund gesetzlichen Anspruches

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spruch auch auf das Gesetz stützen kann. Zur Illustration dieser Fallgruppe soll folgender Beispielsfall dienen: Eine Behörde verpflichtet sich zum Erlaß einer Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus, im Gegenzug verpflichtet sich der Bürger, eine von der Behörde genau bestimmte Anzahl von Stellplätzen zu schaffen. Diese ist jedoch viel zu hoch bemessen; hätte die Behörde sie als Nebenbestimmung zu einer Genehmigung erlassen, so wäre die Auflage rechtswidrig 230. Geht man davon aus, daß es sich bei der Norm von § 51 BauO NW 2 3 1 , aus der sich die Pflicht zur Errichtung von Stellplätzen ergibt, nicht um ein Verbotsgesetz handelt232, so könnte der Vertrag rechtswidrig, aber wirksam sein. Fraglich ist hier nun, ob der Bürger sich auch auf die (für ihn günstigere) gesetzliche Lage berufen kann und darauf seinen Anspruch stützt oder ob er an ein vertragliches Vorgehen gebunden ist. Allerdings dürfte diese Problematik eher theoretischer Natur sein; praktisch ist sie nicht denkbar, denn der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und es deshalb geregelt. Gemäß § 56 II VwVfG kann nur eine Gegenleistung vertraglich vereinbart werden, die auch Inhalt einer Nebenbestimmung sein könnte, wenn auf die behördliche Leistung ein Anspruch besteht. Wird gegen diese Vorschrift verstoßen, so ist gemäß § 59 II Nr. 4 VwVfG der Vertrag nichtig. Dem Bürger bleibt also nur der Rückgriff auf die gesetzliche Lage, da der vertragliche Anspruch nicht zur Entstehung gekommen ist. Insofern kann der Vertrag auch nicht einen Rückgriff auf die gesetzliche Lage verwehren. Wird dem Bürger hingegen eine Gegenleistung versprochen, die auch als Nebenbestimmung hätte ergehen können, so ist kein Grund ersichtlich, warum sich der Bürger auf die gesetzliche Grundlage stützen sollte. Dann ist nämlich davon auszugehen, daß die Behörde die Gegenleistung als Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt erlassen wird, so daß der Bürger ebenfalls nicht besser oder schlechter steht als mit seinem vertraglichen Anspruch. Im Ergebnis bereitet diese Fallgruppe also keine besonderen Schwierigkeiten.

230 Die genaue Anzahl der zu errichtenden Stellplätze ist in Verwaltungsvorschriften festgelegt (für Nordrhein-Westfalen abgedruckt beispielsweise in Fickert/Bork, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, 25. Auflage, 1997, § 51). Die dort genannten Zahlen sind nur Richtwerte und können im Einzelfall abweichend sein; die Festlegung ist aber gerichtlich voll überprüfbar, die Verwaltung hat diesbezüglich kein Ermessen {Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Die neue Bauordnung in Nordrhein-Westfalen, 1995, § 51 Rn. 9). 231 Für das Beispiel wird die nordrhein-westfälische Norm zugrunde gelegt. Ähnliche Normen sind aber auch in anderen Landes-Bauordnungen zu finden. 232 Dafür spricht, daß ein Rechtserfolg nicht unbedingt ausgeschlossen ist; vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 52.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

C. Der Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten Ein weiteres Problemfeld sind Verwaltungsakte, die dem Verwaltungsvertrag widersprechen. Generell ist davon auszugehen, daß der Bürger darauf vertraut, mit Vertragsschluß sei die Entscheidung der Verwaltung mit dem konkreten Inhalt verbindlich 233 , und daß dieses Vertrauen grundsätzlich auch schutzwürdig ist 234 . Erläßt nun die Behörde abweichend von ihrer vertraglichen Verpflichtung einen Verwaltungsakt, so stellt sich die Frage, inwieweit dieser wirksam ist und ob der Bürger ihn angreifen kann. Als Beispiel soll hier der Fall dienen, daß die Behörde den Erlaß einer Baugenehmigung ohne Nebenbestimmungen in einem Vertrag verspricht, nachher aber die Baugenehmigung mit einer Nebenbestimmung erläßt. Dabei sind wieder zwei Konstellationen zu unterscheiden: 1. die Nebenbestimmung ist nach materiellem Recht rechtswidrig 235; 2. die Nebenbestimmung ist nach materiellem Recht rechtmäßig 236.

I. Geltungsvorrang des Verwaltungsaktes Eine veraltete Ansicht ging vor Erlaß des VwVfG von einem Geltungsvorrang des vertragswidrigen Verwaltungsaktes aus 237 . Durch die Bestandskraftfähigkeit sei der Verwaltungsakt mit einer größeren Wirksamkeit gegenüber dem Vertrag ausgestattet. Diese Ansicht verkürzt jedoch das Problem der Kollision von Vertrag und Verwaltungsakt erheblich. Ob die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes gegenüber dem Vertrag nämlich tatsächlich größer ist, kann nicht a priori angenommen werden, sondern ist erst das Ergebnis einer Untersuchung. Daher ist diese Ansicht abzulehnen.

II. Konkludente Kündigung In dieser Konstellation erscheint es zunächst naheliegend, über eine konkludente Kündigung des Vertrages nachzudenken238. Der Erlaß des dem Vertrag widerspre-

233

Schuster, Wirksame öffentlich-rechtliche Verträge, 1990, S. 100. Schuster, S. 110; Schenke, JuS 1977, S. 281 (286); Haueisen, Zur Zulässigkeit, Wirksamkeit und Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags, in: NJW 1969, S. 122 (124); Bisek, S. 132. 235 Dazu unten 2. Teil C. VI 2. 236 Dazu unten 2. Teil C. VI 1. 237 Pieper, DVB1. 1967, S. 11 (18, Fn. 75); a. A. jedoch bereits Haueisen, NJW 1963, S. 1329(1331 f.). 238 So auch Fluck., S. 89 ff. 234

C. Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten

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chenden Verwaltungsaktes könnte zugleich als Kündigung gemäß § 60 VwVfG aufgefaßt werden. Nimmt man dies jedoch an, so stößt man auf zwei Probleme. Zum einen ist Voraussetzung für die Annahme einer konkludenten Kündigung, daß diese sowohl möglich als auch gewollt ist, zum anderen müßte dann der vom Vertrag abweichende Verwaltungsakt eine Doppelnatur aufweisen; er wäre sowohl vertragliche Willenserklärung als auch Verwaltungsakt 239. Schon die erste Voraussetzung stößt auf erhebliche Bedenken. Damit eine Kündigung erklärt werden kann, bedarf es eines Kündigungsgrundes gemäß § 601 VwVfG. Dieser kann entweder darin liegen, daß sich die für den Vertragssehl uß maßgeblichen Verhältnisse so wesentlich geändert haben, daß einer Partei nicht mehr zugemutet werden kann, an der ursprünglichen vertraglichen Regelung festzuhalten, § 60 I 1 VwVfG 2 4 0 . Oder es liegt der Kündigungsgrund gemäß § 6012 VwVfG vor, der besagt, daß die Behörde auch kündigen kann, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Regelmäßig wird jedoch weder der eine noch der andere Kündigungsgrund vorliegen. Der Regelfall wird eher so aussehen, daß sich die Behörde auf die gesetzliche Lage besinnt, ohne daß sich die Verhältnisse geändert haben und ohne daß ein besonders schwerer Nachteil für das Gemeinwohl droht. Insofern fehlt es regelmäßig schon an einem Kündigungsgrund. Im übrigen wird die Behörde häufig aber auch ihrerseits auf der Vertragserfüllung bestehen. Dann wird klar, daß ihre Erklärung nicht als Kündigung ausgelegt werden kann, kann sie doch nur dann Erfüllung verlangen, wenn der Vertrag noch besteht. Sollten diese Erwägungen jedoch im Einzelfall nicht durchgreifen, weil zum Beispiel tatsächlich ein Kündigungsgrund gemäß § 60 I 1 VwVfG vorliegt, so stellt sich immer noch die Frage, ob der abweichende Verwaltungsakt gewissermaßen eine Doppelnatur entfalten kann 241 . Dies wird zum Teil vertreten. So wird allein in der Wahl der Handlungsform des Verwaltungs Vertrages teilweise schon ein Verwaltungsakt gesehen242. Auch wird zum Teil angenommen, daß Willenserklärungen, die auf Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrages gerichtet sind, zugleich einen Verwaltungsakt gegenüber eventuellen Konkurrenten enthalten können 243 .

239

Fluck, S. 90. Hierin ist eine Ausprägung des allgemein geltenden Grundsatzes der clausula rebus sie stantibus zu erkennen; s. dazu Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 60 Rn. 1; Wolff/Bachof/ Stober I, § 54 Rn. 48; Köbler, S. 179 ff.; Stern, Die clausula rebus sie stantibus im Verwaltungsrecht, in: Festschrift für Paul Mikat, 1989, S. 775 (784); OVG Münster NVwZ 1991, S. 1106. 241 Fluck, S. 90. 242 Kopp, VwVfG, 6. Auflage, 1996, vor §§ 54 Rn. 12; § 60, Rn. 22; ders., BayVBl. 1980, S. 609 (611 f.); Schwarze, in: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., 1982, § 35 Rn. 4.1.1. 240

80

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Im Ergebnis vermögen diese Ansichten nicht zu überzeugen. So hat vor allem die Ansicht, die Wahl der Vertragsform stelle einen Verwaltungsakt dar, erhebliche Kritik erfahren 244. Dieser Kritik ist zuzustimmen. Das Verwaltungsverfahren wird durch die Annahme eines vorgeschalteten Verwaltungsaktes noch zusätzlich zersplittert und kompliziert 245 . Ein Grund, dies zu tun, ist aber im Hinblick auf effektiven Rechtsschutz nicht erkennbar. Es gibt genügend andere Möglichkeiten, dem Bürger Rechtsschutz zu gewähren. Im übrigen hätte dies zur kuriosen Konsequenz, daß man auch beim Erlaß eines Verwaltungsaktes einen vorgeschalteten Verwaltungsakt annehmen müßte, ein Ergebnis, das nicht überzeugen kann. Dies ließe sich allenfalls vermeiden, wenn man den Verwaltungsakt als originäre und eigentliche Handlungsform der Verwaltung ansieht und den Verwaltungsvertrag demgegenüber als Ausnahme, ein Ergebnis, das sich mit dem Wortlaut von § 54 VwVfG nicht vereinbaren läßt 246 . Aber auch die Ansicht, daß die vertragliche Willenserklärung gegenüber Dritten einen Verwaltungsakt darstellen könne, kann nicht überzeugen. Nicht nur, daß fraglich ist, ob Vertrags- oder Verwaltungsaktsrecht auf einen solchen Akt Anwendung findet 247 , sondern es ist auch unklar, inwiefern hier eine Regelung getroffen wird. Der Regelungsgehalt einer vertraglichen Willenserklärung ist für den Dritten nämlich lediglich der, den jede hoheitliche Maßnahme mit Außenwirkung in sich trägt. Dies kann aber nicht ausreichen, fordert doch § 35 VwVfG zusätzlich zu den Merkmalen Außenwirkung und hoheitliche Maßnahme noch das Vorliegen einer Regelung, also einen weitergehenden Regel ungsgehalt. In der vertraglichen Erklärung ist also auch kein Verwaltungsakt gegenüber Dritten zu sehen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß ein vertragswidriger Verwaltungsakt nicht als konkludente Kündigung angesehen werden kann. Zum ersten fehlt es regelmäßig an einem Kündigungsgrund, zum zweiten will die Behörde in der Regel den Vertrag nicht kündigen, und zum dritten kann die behördliche Erklärung nicht in einem doppelten Sinne verstanden werden, gleichzeitig als vertragliche Willenserklärung und als Verwaltungsakt.

243

Bleckmann, Subventionsrecht, 1978, S. 91 ; BVerwGE 7, S. 89 ff. Henneke, in: Knack, 6. Auflage, 1998, § 35 Rn. 4.1.1; Clausen, in: Knack, § 9 Rn. 3.3.1 ; Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL52, S. 248 (261); Schnapp, Besprechung von Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, in: AöR 108 (1983), S. 136 (140); Fluck, S. 90 f.; vgl. auch schon Bettermann, Anmerkung zu BverwG v. 13.3.1970, in: DVB1. 1971, S. 112; BVerwGE 14, S. 65 (67 ff.); DVB1.70, S. 866 (867); nunmehr auch Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 17. 244

245

Clausen, in: Knack, § 9 Rn. 3.3.1. Es widerspräche auch dem gesetzgeberischen Willen; vgl. BT-DS 7/910, S. 76 f. 247 Zuleeg, Die Zweistufenlehre, in: Festschrift für Ludwig Fröhler, S. 275 (285); Ehlers, VerwArch 74 (1983), S. 112 (119 ff.); Fluck, S. 90. 246

C. Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten

81

I I I . Konkludente Aufhebung Allerdings könnte man fragen, ob der Vertrag durch den vertragswidrigen Verwaltungsakt nicht aufgehoben wird. Hier sind wiederum zwei Möglichkeiten denkbar: einerseits die einseitige Aufhebung aufgrund eines Verwaltungsaktes, andererseits der Abschluß eines Aufhebungsvertrages.

1. Aufhebung durch Verwaltungsakt

Zunächst könnte man über die Möglichkeit einer einseitigen Vertragsaufhebung durch Verwaltungsakt nachdenken. Diesbezüglich hat bereits Fluck nachgewiesen, daß dies dem Charakter des Vertrages und dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen zuwiderläuft, der sich in der Regelung von § 60 VwVfG manifestiert 248. Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

2. Aufhebungs- oder Änderungsvertrag

Eine weitere Möglichkeit könnte darin zu sehen sein, daß der Erlaß des abweichenden Verwaltungsaktes an den Bürger gleichzeitig als Angebot auf Abschluß eines Aufhebungsvertrages angesehen werden kann. Nimmt der Bürger den Verwaltungsakt mit abweichendem Inhalt hin, so könnte man darin die Annahme des Angebotes auf Abschluß eines Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrages erblicken. Diese Sichtweise ließe jedoch außer acht, daß § 57 VwVfG für den Abschluß eines Verwaltungs Vertrages die Schriftform vorschreibt. Ein Vertrag, der auf die Änderung oder Aufhebung eines Verwaltungsvertrages gerichtet ist, ist selbst stets Verwaltungsvertrag. Selbst wenn man das Angebot des Vertragsschlusses noch in einem schriftlichen Verwaltungsakt als formgerecht mitenthalten ansehen würde 249 , so fehlt es doch an einer schriftlichen Annahme des Bürgers. Daher kann man auch nicht den konkludenten Abschluß eines Aufhebungs- oder Änderungsvertrages annehmen.

IV. Nichtigkeit des vertragswidrigen Verwaltungsaktes Fluck geht davon aus, daß der vertragswidrige Verwaltungsakt gemäß § 44 I VwVfG nichtig ist. Dies leitet er aus folgenden Erwägungen ab:

248

Fluck., S 91 f. Auf die diesbezüglich durchgreifenden Bedenken wurde soeben eingegangen, s. o. 2. Teil C. II. 249

6 Butterwegge

82

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Zunächst leide der vertragswidrige Verwaltungsakt an einem besonders schweren Fehler. Dies begründet er damit, daß bereits in dem Widerspruch zur gesetzlichen Trennung in Koordinationsrecht und Subordinationsrecht ein besonders schwerer Fehler zu erkennen sei 250 . Diese Trennung lasse eine Vermengung beider Bereiche nicht zu. Auch müsse der Bürger an einer Aufhebung des VerwaltungsVertrages mitwirken; die Mitwirkung sei also unabdingbares Erfordernis zur Aufhebung der vertraglichen Rechtsposition251. Durch den kollidierenden Verwaltungsakt werde eine vertragliche Position aufgegeben; die Mitwirkung des Bürgers hieran fehle jedoch. Folge des Fehlens der notwendigen Bürgerbeteiligung sei regelmäßig die Nichtigkeit, weshalb auch im vorliegenden Fall nicht anders zu entscheiden sei 252 . Dieser Fehler sei auch offenkundig. Wenn der Fehler schon dem juristisch nicht geschulten Durchschnittsbürger auffällt, kann von Evidenz des Fehlers ausgegangen werden 253 . Da beim Verwaltungsvertrag die abstrakt-generelle Rechtslage bereits konkretisiert sei, könne der Bürger in der Regel ohne weiteres die Vertragswidrigkeit erkennen 254. Diese Ansicht verdient jedoch Kritik. Die besondere Schwere des Fehlers läßt sich nicht pauschal mit den vorgebrachten Argumenten bejahen. Es ist nicht ersichtlich, warum jede Abweichung von der vertraglich versprochenen Leistung einen besonders schweren Fehler darstellen sollte, da ansonsten dieses Kriterium jede Abgrenzungsschärfe verlöre. Vielmehr muß in jedem Fall neu festgestellt werden, ob der Fehler wirklich schwerwiegend ist. Dem Verwaltungsrecht ist es gerade eigentümlich, daß keine pauschalen Lösungen gesucht, sondern daß vielmehr die verschiedenen Interessen im Einzelfall in Ausgleich gebracht werden. Die zur Stütze vorgebrachten Argumente sind nicht tragend. Die Vermischung von Koordinationsund Subordinationsrecht kennzeichnet gerade die hier problematische Fallgruppe des vertragserfüllenden Verwaltungsaktes. Ein Verwaltungsakt kann nur im Subordinationsverhältnis ergehen. Geht man von der Möglichkeit der Vertragserfüllung durch Verwaltungsakt aus 255 , so erkennt man an, daß beide Handlungsformen, und damit auch Koordination und Subordination, miteinander vereinbar sind 256 . Zutreffend ist zwar, daß der Bürger an einer Aufhebung seiner vertraglichen Position mitwirken muß. Ob seine vertragliche Position durch den widersprechenden Verwaltungsakt jedoch tatsächlich nachhaltig beeinträchtigt (und damit aufgehoben) wird, 250

Fluck, S. 95. Fluck, S. 96. 252 Fluck, S. 96 f. 253 Fluck, S. 97; Meyer/Borgs, § 44 Rn. 9. 254 Fluck, S. 97. 253 Was man wohl muß. Immerhin setzt die Gesetzesbegründung selbst diese Möglichkeit voraus; vgl. BT-DS 7/910, S. 79. 251

256 Aus diesem Grund wirft Henke, DÖV 1987, S. 125 (126), in seiner Rezension Fluck vor, dieser hätte die Frage aufwerfen sollen, ob beide Handlungsformen überhaupt kombinierbar sind.

C. Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten

83

bedarf erst noch einer eingehenden Klärung. Tritt nämlich durch den abweichenden Verwaltungsakt keine Erfüllungswirkung ein, so würde die vertraglich eingeräumte Position nicht beeinträchtigt. Zwar droht der widersprechende Verwaltungsakt in Bestandskraft zu erwachsen. Daraus jedoch zu folgern, daß der vertragliche Anspruch beeinträchtigt wird, geht hier allerdings zu weit. Wie diese Problematik zu lösen ist, wird noch zu zeigen sein 257 . Auch die Annahme, daß die Abweichung vom Vertrag stets offenkundig sei, kann nicht überzeugen 258; vielmehr dürfte sie regelmäßig auf eine Fiktion hinauslaufen. Warum die Abweichung vom Vertrag stets offensichtlich sein soll, die Abweichung von der gesetzlichen Lage aber nicht, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Zwar wird in der Tat die gesetzliche Lage durch den Vertrag bereits konkretisiert, in vielen Fällen wird es aber trotzdem für den Bürger genauso schwer sein, eine Abweichung vom Vertrag festzustellen wie eine Abweichung vom Gesetz. Dies vor allem deshalb, weil dem Bürger nicht ohne weiteres erkennbar sein dürfte, ob der erteilte Verwaltungsakt tatsächlich dem vertraglichen Versprechen entspricht und nur die konkrete Ausgestaltung etwas anders ist, als er erwartet hatte, oder ob es sich um einen abweichenden Verwaltungsakt handelt. Das Problem dürfte darin liegen, daß Fluck hier zwei Fallgruppen gleichzeitig untersucht, die jedoch strukturell verschieden sind. Dies zwingt zu einer einheitlichen Lösung, die nicht für beide Fälle paßt. Er hält auch die Frage, ob eine Behörde eine vertragliche Verpflichtung mittels Verwaltungsakt vollstrecken kann, für einen Unterfall dieser Problematik. Das ist jedoch unzutreffend. Die Vollstreckung vertraglicher Forderungen widerspricht nicht dem Vertragsgegenstand oder -inhalt, sie ist nur ein Problem des richtigen Mittels der Durchsetzung vertraglicher Pflichten 259 . Dasselbe gilt für die Frage, ob der Inhalt eines Vertrages zum Inhalt eines später erlassenen Verwaltungsaktes gemacht werden kann. Auch dies ist lediglich eine Frage, ob so der Vertragsinhalt vollstreckbar gemacht werden kann 260 . Daher ist diese Ansicht ebenfalls abzulehnen.

V. Aufhebungsanspruch sui generis Einen anderen Sonderweg beschreitet Kreuzer. Er kommt zu dem Ergebnis, daß der vertragswidrige Verwaltungsakt zwar wirksam erlassen wurde, daß aber ein Aufhebungsanspruch sui generis gegen die Behörde bestehe, was sich als Annex 257

s. unten 2. Teil C VI. Punke, S. 255. 259 s. dazu unten 2. Teil, F. 260 Daher kann es nicht verwundern, daß das Bundesverwaltungsgericht in diesen Fällen nicht auf das Problem vertragswidriger Verwaltungsakte eingegangen ist; vgl. BVerwGE 50, S. 171 ff.; 59, S. 60 ff.; Flucks diesbezügliche Verwunderung hängt nur damit zusammen, daß er fehlerhaft beide Gruppen einheitlich behandelt. 258

6*

84

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

aus dem Vertrag ergebe 261. Er unterscheidet zwischen vertraglichem Erfüllungsanspruch und einem danebenstehenden Abwehranspruch 262. Nur wenn der vertragswidrige Verwaltungsakt der Verpflichtung genau zuwiderläuft, seien beide Ansprüche identisch 263 , ansonsten handele es sich um zwei verschiedene Ansprüche. Der vertragswidrige Verwaltungsakt führe nicht zum Entstehen eines Anspruchs auf Aufhebung (nur) wegen Rechtswidrigkeit, sondern löse einen vertraglichen Aufhebungsanspruch sui generis aus 264 . Aber auch diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen. Es ist nicht einsichtig, warum nicht auf die gesetzlich normierten, tatbestandlich scharf umrissenen Kriterien der §§ 48,49 VwVfG zurückzugreifen sein sollte, sondern statt dessen ein vertraglicher Aufhebungsanspruch sui generis konstruiert wird. Wie Verwaltungsakte aufzuheben sind, regelt das VwVfG in genau diesen Vorschriften. Zwar erkennt Kreuzer, daß die Abwicklung der Aufhebung über §§ 48,49 VwVfG zu vollziehen ist 2 6 5 ; jedoch ist dann fraglich, warum nicht der Vertrag zu einer Ermessensbindung und -reduktion führt, womit die Hilfskonstruktion eines Anspruchs sui generis überflüssig erscheint. Wenn nur eine Entscheidung der Behörde rechtmäßig ist, können §§ 48,49 VwVfG zur Anspruchsgrundlage für einen Aufhebungsanspruch des Bürgers werden 266 . Ergibt sich aber bereits durch Ermessensreduktion auf Null, daß eine Ermessensnorm zu einer gebundenen Entscheidung verpflichtet, besteht also schon eine gesetzliche Anspruchsnorm, dann ist es nicht überzeugend, einen Anspruch sui generis zu konstruieren. Im Ergebnis ist diese Ansicht daher ebenfalls abzulehnen.

VI. Lösung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kollisionsproblematik Es hat sich gezeigt, daß eine Lösung mittels eines rein vertraglichen Instrumentariums nicht gangbar ist. Daher ist eine Lösung zu entwickeln, die den Besonderheiten der Kollisionsproblematik gerecht wird. Wie bereits festgestellt wurde, läßt die zugrundeliegende vertragliche Verpflichtung die rechtliche Qualifikation des Erfüllungsaktes unberührt 267. Für die weitere Untersuchung ist also danach zu differenzieren, ob der vertragswidrige Verwaltungsakt nach materiellem Recht rechtmäßig oder rechtswidrig ist.

261 262 263 264 265 266 267

Kreuzer, S. 156 ff., 183. Kreuzer, S. 136 ff. Kreuzer, S. 136. Kreuzer, S. 156 ff. Kreuzer, S. 159. Klappstein, in: Knack, § 48 Rn. 6.1 ; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 48 Rn. 96. s. dazu oben 2. Teil, A II.

C. Erlaß von dem Vertrag widersprechenden Verwaltungsakten

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1. Nach materiellem Recht rechtmäßiger Verwaltungsakt

Diese Konstellation bereitet besondere Schwierigkeiten. Schließlich will der Bürger den Verwaltungsakt in der Form, die ihm versprochen wurde. Wenn man nun zutreffend annimmt, daß die maßgebliche Rechtslage nach dem Gesetz bestimmt wird, so ist der abweichend erlassene Verwaltungsakt rechtmäßig. Es fragt sich, was der Bürger hiergegen unternehmen kann. Verschiedene Möglichkeiten sind dabei denkbar: 1. Der Vertrag könnte eine Ermessensbindung dahingehend entfalten, daß er zu einer Aufhebung verpflichtet. 2. Der Bürger könnte vertragliche Haftungsansprüche geltend machen, da er nicht die vereinbarte Leistung erhalten hat. Diese beiden Varianten stehen grundsätzlich nicht in einem Exklusivitätsverhältnis, sondern in einem Stufenverhältnis. Zunächst hat der Bürger zu versuchen auf der FYimärebene Erfüllung zu verlangen. Nur wenn das scheitert, kann er noch auf der Sekundärebene versuchen Schadensersatz zu verlangen.

a) Ermessensbindung

Stellt der von der vertraglichen Verpflichtung abweichende Verwaltungsakt eine Erfüllung des Vertrages dar, so hat der Bürger seinen vertraglichen Anspruch verloren; dieser geht gemäß § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. § 362 BGB unter. In diesem Fall könnte er nichts mehr von der Behörde verlangen. Allerdings erhält der Bürger im vorliegenden Fall nicht die geschuldete Leistung, sondern weniger; die durch den konkreten Verwaltungsakt gewährte Leistung bleibt hinter der versprochenen zurück. Im Zivilrecht kann in diesem Fall der Bürger Nachlieferung verlangen, jedoch nicht unbegrenzt, sondern nur innerhalb einer bestimmten Frist, §§ 480, 477 BGB 2 6 8 . Im öffentlichen Recht kann nichts anderes gelten. Wird also ein vom versprochenen Verwaltungsakt abweichender Verwaltungsakt erlassen, so muß dem Bürger die Möglichkeit eingeräumt werden, gegen diesen Verwaltungsakt vorzugehen, um den versprochenen noch verlangen zu können. Fraglich ist demnach nur noch, wie dies zu geschehen hat. Da der Vertrag die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes unberührt läßt, liegt ein rechtmäßiger Verwaltungsakt vor, der nach § 49 VwVfG widerrufen werden müßte. Zwar erscheint die Aufhebung nach dieser Vorschrift auf den ersten Blick schwieriger. Auf den zweiten Blick zeigt sich jedoch, daß der Verwaltungsakt hier eine Doppelnatur aufweist. Einerseits wirkt er begünstigend, da er immerhin einen Vorteil gewährt, zum anderen aber belastend, da er die begehrte 268 Vgl. zu dem Sonderproblem des aliuds Putzo, in: Palandt, § 480 Rn. 2; BGHZ 115, S. 286 ff.

86

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Begünstigung nicht in vollem Umfang gewährt. Es handelt sich hier also um einen sog. Verwaltungsakt mit Mischwirkung 269 . In diesem Fall ist zu teilen zwischen Belastung und Begünstigung270. Daraus folgt, daß der abweichende Verwaltungsakt insoweit aufzuheben ist, wie er von der vertraglich versprochenen Leistung abweicht, also im Beispielsfall die Nebenbestimmung. Ist nur ein einheitlicher Verwaltungsakt gegeben, der sich nicht in zwei unterschiedliche Teile trennen läßt, dann ist auf die Sicht des Bürgers abzustellen271. Da der Verwaltungsakt nur den Erlaß des neuen, vertraglich versprochenen Verwaltungsaktes behindert, ist er aus Sicht des Bürgers belastend. Der Widerruf richtet sich dann nicht nach § 49 II, sondern nach § 49 I VwVfG, da sich der Verwaltungsakt durch die Abweichung von der vertraglichen Vereinbarung für den Bürger als belastender Verwaltungsakt darstellt. Im Rahmen des Widerrufsermessens muß dann wiederum der Vertrag dahingehend berücksichtigt werden, daß der vertragswidrige Verwaltungsakt (bzw. der vertragswidrige Teil) zu widerrufen ist. Der versprochene Verwaltungsakt muß dann wieder erlassen werden, Anspruchsgrundlage ist weiterhin der Vertrag. Dem steht auch nicht eine möglicherweise eingetretene Bestandskraft des abweichenden Verwaltungsaktes entgegen. Gemäß §§ 48 1,49 I VwVfG ist eine Aufhebung durch die Behörde auch nach Eintritt der Bestandskraft noch möglich. Diese Lösung ist interessengerecht. Dem Bürger entsteht, gleich dem Zivilrecht, ein Nachlieferungsanspruch, den er in dem Umfang gegen die Behörde hat, in dem diese die vertragliche Leistung nicht erbracht hat.

b) Schadensersatzansprüche

Kann der Bürger sich wie nachgewiesen stets gegen den vertragswidrigen Verwaltungsakt wehren, so führt das dazu, daß das Verhältnis schon auf Primärebene abgewickelt werden kann. Ein Rückgriff auf die Sekundärebene, also auf Schadensersatzansprüche, scheidet dann aus 272 .

269 Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 16 Rn. 9; Wolff/Bachof/Stober I, § 46 Rn. 24; § 51 Rn. 29; Ule/Laubinger, § 61 Rn. 27. 270 Erichsen ebda. 271 Obermayer, VwVfG, 2. Auflage, § 48 Rn. 21 ; Bronnemeyer, Der Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte nach § 49 VwVfG, 1994, S. 279 f. 272 Dies entspricht auch dem generellen Grundsatz im Staatshaftungsrecht, daß zunächst gegen den eigentlichen Akt der Behörde vorgegangen werden muß und nur, wenn der Primärrechtsschutz versagt, der Bürger auf die Sekundärebene zurückgreifen kann; vgl. dazu BVerfGE 58, S. 300 (324); zu vergleichbarer Situation bei der Amtshaftung Ossenbühl, S. 88 ff.

D. Erlaß von Verwaltungsakten zur Erfüllung eines nichtigen Vertrages

87

c) Ergebnis

Es zeigt sich, daß das Rücknahmeermessen das richtige Kriterium ist, um die Auswirkung des zugrundeliegenden Vertrages zu berücksichtigen. Der Bürger wird ausreichend geschützt, da er die Möglichkeit hat, gegen den (vertragswidrigen) Verwaltungsakt bei der Behörde vorzugehen, und er danach auch Erfüllung verlangen kann. Es bedarf keines Rückgriffs auf die Sekundärebene; für die Forderung von Schadensersatz bleibt regelmäßig kein Raum.

2. Nach materiellem Recht rechtswidriger Verwaltungsakt

Weicht der erlassene Verwaltungsakt sowohl von der vertraglich versprochenen Leistung als auch von der gesetzlichen Lage ab, so handelt es sich sogar um einen rechtswidrigen, belastenden Verwaltungsakt, der ohne weiteres zurücknehmbar ist. Auch in diesem Fall führt also die hier vorgeschlagene Lösung über das Rücknahmeermessen zu einem interessengerechten Ergebnis; es bedarf ebenfalls nicht des Rückgriffs auf Schadensersatzansprüche.

3. Ergebnis

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß eine angemessene Lösung wiederum über die differenzierte Auslegung der Regeln über den Verwaltungsakt zu geschehen hat, die im Lichte des kollidierenden Vertragsrechts zu betrachten sind.

D. Der Erlaß von Verwaltungsakten zur Erfüllung eines nichtigen Vertrages Eine weitere Fallgruppe sind schließlich die Verwaltungsakte, die zur Erfüllung einer vermeintlichen vertraglichen Verpflichtungen erlassen wurden, wobei die vertragliche Verpflichtung aufgrund von Nichtigkeit gar nicht bestand.

I. Nichtigkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes 1. Darstellung des Meinungsstandes

In dieser Konstellation wird teilweise vertreten, daß der vertraglose Verwaltungsakt regelmäßig nichtig sei 273 . Dies wird damit begründet, daß der Verwaltungsakt

273

Fluck, S. 115 f.

88

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

von seinem Rechtsgrund abhängig sei; ist dieser nichtig, so könne für den Erfüllungsakt nichts anderes gelten274. Der Vergleich zwischen Zivilrecht und öffentlichrechtlichem Vertragsrecht sei nicht stichhaltig. Zwar sei im Zivilrecht die Erfüllungshandlung auch unabhängig von dem zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäft zu beurteilen, jedoch liege dem auch die Besonderheit des Zivilrechts zugrunde, daß trotzdem der Sinngehalt in der vertraglichen Regelung liege 275 . Der erfüllende Verwaltungsakt brauche aber keine Sinngebung, da der Sinn stets der Normenvollzug sei 276 . Daß es dadurch gewissermaßen zu einem „Einheitsprinzip" von vertraglicher Verpflichtung und erfüllendem Verwaltungsakt komme, sei zutreffend, da der Gesetzgeber das Problem der Kombination beider Handlungsformen nicht erkannt habe, das Ergebnis der Nichtigkeitsfolge aber interessengerecht sei 277 . Bedenken, die aus der Überlegung folgen, daß Verwaltungsakte als nichtig bezeichnet werden, die der gesetzlichen Lage entsprechen, werden mit der Annahme aus dem Weg geräumt, in diesem Falle könne § 44 IV VwVfG analog angewendet werden. Dort ist die Teilnichtigkeit von Verwaltungsakten geregelt. Dieser Gedanke sei auch auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag anzuwenden, da so eine angemessene Lösung möglich sei. So sei nur der rechtswidrige, „vertragserfüllende" Verwaltungsakt nichtig 278 . Auch entspreche der Verwaltungs ν ertrag strukturell dem Verwaltungsakt mit Auflage. Diese sei aber regelmäßig ebenfalls nichtig, wenn der eigentliche Verwaltungsakt rechtswidrig ist 279 .

2. Kritik

Die Annahme, daß der Verwaltungsakt stets nichtig sei, der einen nichtigen Vertrag erfüllen soll, begegnet erheblichen Bedenken. Zunächst kann der schlichte Hinweis auf die Rechtsgrundabhängigkeit des Erfüllungsaktes nicht überzeugen. Zwar handelt es sich bei dem zugrundeliegenden Vertrag um den Rechtsgrund; jedoch teilen auch im Zivilrecht Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft nicht dasselbe Schicksal280. Vielmehr ist die Erfüllungshandlung abstrakt vom zugrundeliegenden Geschäft zu beurteilen 281. Daher ist aufgrund der Verweisungsnorm von § 62 S. 2 VwVfG auch für den Verwaltungsvertrag vom selben Verhältnis auszugehen; die Nichtigkeit des Verwaltungsvertrages schlägt nicht ohne weiteres auf seinen Erfüllungsakt durch 282 . 274 275 276 277 278 279 280 281

So wohl BVerwGE 17, S. 339 (341). Fluck, S. 110. Ebda. Ebda, S. 110 f. Ebda., S. 112. Ebda., S. 112 f. Tschaschnig, S. 37. Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 18 II 2 d); Flume , §1211.

D. Erlaß von Verwaltungsakten zur Erfüllung eines nichtigen V e r t r a g e s 8 9

Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, daß der Sinn des Grundgeschäftes im Zivilrecht ein anderer sei als beim Verwaltungsvertrag, da bei diesem durch das Grundgeschäft der Erfüllungshandlung der Sinn gegeben werde, bei jenem es aber keiner Sinngebung bedürfe, da der Verwaltungsakt selbst den Sinn des Normvollzugs in sich trage. Diese Überlegung läßt nämlich außer acht, daß das VwVfG selbst die Entscheidung getroffen hat, wann zivilrechtliche Überlegungen auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag zu übertragen sind und wann nicht. Die Regelung von § 62 S. 2 VwVfG hat diese Problematik normativ dahingehend gelöst, daß immer dann das Zivilrecht Anwendung findet, wenn dem nicht Besonderheiten des Verwaltungs Verfahrens entgegenstehen. Zwar ist ein Unterschied durchaus zu erkennen; es ist aber nicht ersichtlich, warum dieser Unterschied zu einer abweichenden Betrachtung zwingen sollte. Es ist keinesfalls erforderlich zu einem Einheitsprinzip zu kommen, da auch auf anderen Wegen ein interessengerechtes Ergebnis gefunden werden kann. Der gesetzgeberischen Entscheidung in § 62 S. 2 VwVfG ist dann aber Rechnung zu tragen, indem man auch hier von der grundsätzlichen Abstraktion von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft ausgehen muß. Allein aus dem Umstand, daß das Ergebnis einer Einheitslösung interessengerecht erscheint, kann noch nicht auf die tatsächliche Richtigkeit geschlossen werden. Ansonsten besteht die Gefahr von bloßer Billigkeitsrechtsprechung 283. Dies gilt umso mehr, als es auch andere Möglichkeiten gibt, die vorliegende Konstellation interessengerecht zu lösen 284 . Die analoge Anwendung von § 44 IV VwVfG kann ebenfalls nicht überzeugen. Voraussetzung einer Analogie ist neben der Planwidrigkeit der Regelungslücke auch die Vergleichbarkeit der Interessenlage285. Mag man die Planwidrigkeit noch bejahen, so kann man eine Vergleichbarkeit der Interessenlage in der vorliegenden Konstellation kaum annehmen. Ein Verwaltungsakt mit Nebenbestimmung ist als einseitige, hoheitliche Regelung nicht mit der zweiseitigen, vertraglichen Regelung zu vergleichen. Richtig mag zwar sein, daß § 56 VwVfG eine gewisse Rechtsfolgenharmonisierung zwischen den beiden Handlungsformen bezweckt. Diese kann jedoch kaum so weit gehen, daß die Regelungen über die Teilnichtigkeit eines Verwaltungsaktes auf vertragliche Akte angewendet werden. Der (vermeintlich) vertragserfüllende Verwaltungsakt ist eine Regelung, die auch ohne die vertragliche Gegenleistung sinnvoll ist. Die Auflage hingegen ist stets im Zusammenhang mit dem eigentlichen Verwaltungsakt zu sehen. Die Abhängigkeit der Akte voneinander ist also beim Vertrag eine viel geringere als im Falle der Auflage. Im übrigen er-

282 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn 12; Bernsdorff in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 117; Ule/Laubinger, § 70 Rn. 56. 283 Vgl. hierzu Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Auflage, 1977, S. 427. 284 Dazu sogl. unten. 285 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, 3. Aflage, 1992, Rn. 323, 327; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Auflage, 1992, S. 473 ff.

90

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

scheint eine derart schematische Betrachtung dieser Problematik generell nicht angemessen. Daher ist die analoge Anwendung von § 44 IV VwVfG abzulehnen; der vertraglose Verwaltungsakt ist nicht regelmäßig nichtig 286 .

II. Generelle Rechtswidrigkeit des Erfüllungsaktes 1. Darstellung des Meinungsstandes

Teilweise wird zwar erkannt, daß der vertraglose Verwaltungsakt nicht stets nichtig ist 2 8 7 . Als Lösung wird dann vorgeschlagen, den Verwaltungsakt als rechtswidrig anzusehen. Dies wird damit begründet, daß ein von der Rechtsordnung nicht anerkannter und deshalb nichtiger Verpflichtungsvertrag stets zur Rechtswidrigkeit des Erfüllungsaktes führe, also auch zu der eines Verwaltungsaktes 288. Beide Vertragspartner seien in einem solchen Fall zur LeistungsVerweigerung berechtigt 289.

2. Kritik

Aber auch diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen. So ist nicht einsichtig, warum die Rechtsgrundlosigkeit generell zur Rechtswidrigkeit führen soll. Ein Vergleich mit der zivilrechtlichen Situation zeigt, daß die Rechtsgrundlosigkeit nur zur Kondizierbarkeit führt. Der Folgerung von der Nichtigkeit des Vertrages auf die Rechtswidrigkeit des erfüllenden Verwaltungsaktes liegt dabei offensichtlich die Annahme zugrunde, der wirksame Vertrag schließe die Rücknahme aus. Es wird also davon ausgegangen, daß eine gewisse Kopplung der Akte besteht290. Aus den genannten Gründen ist diese Annahme jedoch abzulehnen291. Die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit beider Akte ist getrennt zu untersuchen. Selbst wenn man die in dieser Arbeit vertretene Ansicht ablehnt, kann jedoch nicht aus den Rechtsfolgen eines existenten Vertrages auf die eines nicht existenten geschlossen werden 292 . Wenn ein nichtiger Vertrag vorliegt, bedeutet dies, daß gerade kein Vertrag existiert, 286 So auch Ule/Laubinger, § 70 Rn. 56; Bernsdorff.\ in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 117; Redeker, DÖV 1966, S. 543 (548); Tschaschnig, S. 37 ff.; Funke, S. 245 ff.; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 12; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 46; BVerwG NJW 1980, S. 1294 ff; BVerwGE 17, S. 339 ff. 287 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 12; BVerwG NJW 1980, S. 1294 ff; BVerwGE 17, S. 339 ff; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 46. 288 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 12. 289 Ebda. 290 Das erkennt Fluck, S. 104. 291 Siehe dazu oben, 2. Teil, A II. 292 So zutreffend Fluck, S. 105.

D. Erlaß von Verwaltungsakten zur Erfüllung eines nichtigen Vertrages

91

weshalb hier erst recht der Verwaltungsakt allein am Gesetz zu messen ist, da nur dieses als Prüfungsmaßstab verbleibt. Ein weiterer Kritikpunkt ist auch die Frage, woran das Rechtswidrigkeitsurteil anknüpft. Dies vor allem dann, wenn die Behörde einen Verwaltungsakt aufgrund einer vermeintlichen vertraglichen Verpflichtung erläßt, dieser aber der gesetzlichen Lage entspricht und deshalb materiell rechtmäßig ist. Weder der Erlaßakt als solcher noch der mit dem Erlaß erzielte Erfolg taugen hier als Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil. Daher ist auch diese Ansicht abzulehnen.

I I I . Beurteilung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kollisionsproblematik Da die bereits bestehenden Lösungsansätze aus den genannten Gründen nicht überzeugen können, bedarf es einer neuen Lösung. Streng genommen ist dies kein Fall der Kollisionsproblematik, da gar kein Vertrag vorliegt. Wie bereits in den anderen Konstellationen ist auch hier davon auszugehen, daß der (vermeintlich) zugrundeliegende Vertrag die rechtliche Beurteilung des Erfüllungsaktes unberührt läßt. Der Verwaltungsakt ist also auf der Grundlage der gesetzlichen Ausgangslage zu beurteilen.

1. Ermessens verwaltungsakte a) Rechtswidrigkeit

des Ermessensverwaltungsaktes

Entspricht der erlassene Verwaltungsakt der materiellen Rechtslage, so ist er auf der Tatbestandsseite rechtmäßig. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes auch erfordert, daß die Rechtsfolge rechtmäßig ist. Auf dieser Seite ist das Ermessen zu berücksichtigen. Dieses müßte die Behörde gemäß § 40 VwVfG erkannt und richtig ausgeübt haben293. Wenn die Behörde aber davon ausgeht, daß sie aufgrund eines Vertrages zum Erlaß des versprochenen Verwaltungsaktes verpflichtet ist, so wird sie regelmäßig keine Ermessenserwägungen mehr anstellen, sondern den Verwaltungsakt einfach in der vertraglich versprochenen Art und Weise erlassen. Insofern liegt ein Ermessensfehler in Form des Ermessensnichtgebrauchs vor. Der Verwaltungsakt ist also regelmäßig rechtswidrig. Die Behörde kann den Verwaltungsakt, der aufgrund der fehlerhaften Ermessenserwägungen rechtswidrig ist - Maßstab ist hier erst recht nur das Gesetz - nach § 48 VwVfG zurücknehmen. In diesem Rahmen ist es selbstredend auch möglich, den

293

Ossenbiihi in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 13, 16; Maurer, Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 20 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 40 Rn. 75,77.

92

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Erlaß mit Blick auf die Rechtsvvidrigkeit des begehrten Verwaltungsaktes und die fehlende vertragliche Verpflichtung zu verweigern. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die Behörde durchaus Ermessenserwägungen angestellt habe. Dies wird jedoch teilweise getan294. Die Behörde habe das ihr eingeräumte Ermessen schon beim Vertragssehluß ausgeübt295. Daß diese Ermessenserwägungen ausreichend seien, wird durch einen Vergleich mit der isolierten Anfechtung von Nebenbestimmungen begründet. Auch dort „infiziere" nicht der Irrtum der Behörde den gesamten Verwaltungsakt 296. Diesem Vergleich kann so nicht gefolgt werden. Zum einen ist die Frage nach der richtigen Klageart bei der isolierten Anfechtung von Nebenbestimmungen keine Frage des materiellen Rechts, sondern eine prozessuale Frage 297; die Antwort ergibt sich also nicht aus dem VwVfG, sondern aus der VwGO. Allein deshalb kann aus ihrer Beantwortung nicht auf die materielle Rechtslage geschlossen werden. Zum anderen geht es aber auch um einen ganz anderen Fall. Stellt sich dort nämlich die Frage, inwieweit sich die Rechtswidrigkeit / Nichtigkeit eines Teils auf den Gesamtakt auswirkt, so geht es hier allein um die Frage, ob ein einheitlicher Verwaltungsakt rechtmäßig erlassen wurde. Die ordnungsgemäße Ermessensausübung kann nicht von der Frage nach der Tatbestandsmäßigkeit abgetrennt werden. Wie bereits nachgewiesen, können die Erwägungen, die die Behörde zum Vertragsabschluß bewegten, nicht als Ermessenserwägungen angesehen werden 298. Wenn man nun die vertraglichen Erklärungen mit Ermessenserklärungen gleichsetzt, so verkennt man, daß diese in ihrer Art nicht miteinander vergleichbar sind, und daß die Behörde andere Erwägungen anstellt, wenn sie den Vertrag schließt, als wenn sie dem Bürger gegenüber einseitig hoheitlich handelt. Mithin vermag Flucks Kritik nicht zu überzeugen. Es bleibt dabei, daß mangels ordnungsgemäßer Ermessensausübung der „vertraglose" Verwaltungsakt rechtswidrig ist.

b) Vertrauensschutz,

§ 48 II 1 VwVfG

Ein weiteres Problem liegt in der Frage, ob sich der Bürger in diesem Fall bei einer Rücknahme gemäß § 48 II 1 VwVfG auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht. Diese Frage wird strittig diskutiert. Teilweise wird vertreten, der Bürger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen 299 . Dies wird damit begründet, daß die Erfüllungshandlung nicht unberührt blei294

Fluck, S. 105 ff. Ebda., S. 105. 296 Ebda. 297 So zutreffend Pietzcker, Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen - unlösbar?, in: NVwZ 1995, S. 15(20). 298 Im Rahmen eines vorgeschalteten Verwaltungsaktes; siehe dazu auch oben, 2. Teil, CH. 295

D. Erlaß von Verwaltungsakten zur Erfüllung eines nichtigen Vertrages

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ben könne, wenn die Rechtsordnung dem Verpflichtungsvertrag die Anerkennung versage 300. Nach der Gegenansicht müssen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 48 VwVfG vorliegen 301 . Als Begründung wird angeführt, daß das Vertrauen des Bürgers weiterhin schutzwürdig sei 302 . Überzeugen kann allein die zweite Ansicht. Die erste geht davon aus, daß die rechtliche Beurteilung von Grundgeschäft und Erfüllungsakt aneinander gekoppelt ist. Wie bereits nachgewiesen wurde, ist dies jedoch nicht der Fall. Richtigerweise sind beide Akte getrennt zu untersuchen, lediglich bei Prüfung der einzelnen Voraussetzungen ist die Wertung zu berücksichtigen, die sich aus der Kombination der beiden Handlungsformen ergibt. Das bedeutet für den hier problematischen Fall: Grundsätzlich ist es nicht ausgeschlossen, daß der Bürger sich auf Vertrauen beruft. Der Rückschluß von der rechtlichen Qualifikation des Grundaktes auf den des Erfüllungsaktes ist nicht möglich. Damit ist allerdings noch nichts darüber gesagt, wie stark das Vertrauen des Bürgers geschützt wird. Dies ist wiederum unter Berücksichtigung der Kollisionsproblematik zu ermitteln. Ein so starker Vertrauensschutz wie im Fall des wirksamen Verwaltungs Vertrages kann nicht angenommen werden, liegt ein solcher doch gerade nicht vor. Eher muß man den nichtigen Vertrag - und damit die Wertung von § 59 - in der Weise berücksichtigen, daß eine Ermessensbindung dahingehend entsteht, den Verwaltungsakt zurückzunehmen 303. Das Gesetz will dem Vertrag gerade die Wirkung vollständig versagen; dies kann am effektivsten erreicht werden, wenn der erfüllende Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Das Vertrauen des Bürgers besteht zwar, da es durchaus möglich ist, auf einen (unerkannt) nichtigen Akt zu vertrauen. Aus der Nichtigkeitsfolge von § 59 VwVfG ergibt sich aber, daß dieses Vertrauen unter Abwägung der öffentlichen Belange regelmäßig nicht schutzwürdig ist. In besonders gelagerten Ausnahmefällen ist es jedoch durchaus denkbar, daß das Ermessen doch dahingehend ausgeübt werden muß, den Verwaltungsakt nicht zurückzunehmen. Das wird dann der Fall sein, wenn der Verwaltungs vertrag zum Schutze des Bürgers gemäß § 59 II Nr. 4 i.V.m. § 56 VwVfG nichtig ist. Ihm wäre aber nicht geholfen, wenn die Behörde deshalb den ihn begünstigenden Verwal299 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 59 Rn. 12; Bernsdorff.; in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 117; Erichsen, Die Nichtigkeit und Unwirksamkeit verwaltungsrechtlicher Verträge, in: Jura 1994, S. 47 (51). 300 Bonk ebda; Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 117. 301 Ule/Laubinger, § 70 Rn. 57; Beyer, Der öffentlich-rechtliche Vertrag, informales Handeln der Behörden und Selbstverpflichtungen Privater als Instrumente des Umweltschutzes, 1986, S. 76; Obermayer, BayVBl. 1977, S. 546 (552); Rebhan, Öffentlich-rechtliche Verträge im Bereich des Erschließungs-, Bauplanungs- und Bauordnungsrechts, 1972, S. 420; Schenke, JuS 1977, S. 281 (291); offenbar auch Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 7. 302 Schenke, JuS 1977, S. 281 (291). 303 So auch Bernsdoiff, in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 117.

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2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

tungsakt zurücknehmen kann. Eine Aufhebung ließe sich hier allenfalls darauf stützen, daß ansonsten der Bürger überhaupt keine Nebenbestimmung als Einschränkung seiner Genehmigung erhalten hätte, was die Behörde so nicht bezweckte. In diesem Fall ist das Ergebnis also nicht präjudiziert; es ist durch ordnungsgemäße, reguläre Ermessensausübung zu ermitteln. Dies Ergebnis ist auch interessengerecht. Gerade im Fall der Nichtigkeit gemäß § 59 II Nr. 4 i.V.m. § 56 VwVfG würde sonst eine ungerechte Folge entstehen. Handelt es sich nämlich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, dann würde dieser zurückgenommen, ohne daß die Ausgleichspflicht gemäß § 48 III VwVfG entstünde, da diese an die Schutzwürdigkeit des Vertrauens anknüpft. Hier wird besonders deutlich, daß eine Vorschrift, die dem Schutz des Bürgers dienen soll, in ihrem Sinn pervertiert und sich gegen ihn wenden würde.

c) Ergebnis

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß ein Ermessensverwaltungsakt, der aufgrund eines nichtigen Verwaltungsvertrages ergeht, rechtswidrig ist. Regelmäßig wird er deshalb zurückzunehmen sein, in besonderen Fällen ist es aber auch möglich, ihn zu belassen.

2. Gebundene Entscheidungen

Etwas anderes gilt für gebundene Entscheidungen. In diesem Fall steht der Behörde kein Ermessen zu. Entspricht die Entscheidung also dem materiellen Recht, so ist sie rechtmäßig. Ein Anknüpfungspunkt für ein Rechtswidrigkeitsurteil ist nicht ersichtlich. Diese Lösung ist auch interessengerecht. Würde man in dieser Konstellation von einer generellen Rechtswidrigkeit oder sogar Nichtigkeit ausgehen, dann hätte dies die kuriose Folge, daß die Behörde denselben Akt noch einmal erlassen müßte, den zuvor das Verdikt der Rechtswidrigkeit bzw. der Nichtigkeit traf. Dieses Ergebnis würde nur unnötig das Verfahren verzögern und wäre für alle Beteiligten nicht nachvollziehbar. Insgesamt zeigt sich, daß auch hier das gesetzliche Instrumentarium ausreichend ist und eine sachgerechte Lösung ermöglicht.

E. Der Erlaß von Verwaltungsakten vor Abschluß eines Verwaltungsvertrages Eine weitere Konstellation des Kollisionsfalles ist der Erlaß von Verwaltungsakten vor Abschluß eines Verwaltungsvertrages. Ein solcher Fall liegt beispielsweise

E. Erlaß von Verwaltungsakten vor Abschluß eines Verwaltungsvertrages

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vor, wenn die Behörde dem Bürger eine Baugenehmigung erteilt, dieser aber mit dem erteilten Verwaltungsakt unzufrieden ist (zum Beispiel aufgrund einer erteilten Nebenbestimmung), und er deshalb mit der Behörde nun einen Vertrag schließt, in dem sich die Behörde verpflichtet, eine (abweichende) Baugenehmigung zu erlassen. Besonders problematisch wird diese Fallkonstellation vor allem dann, wenn die Beteiligten nicht mehr wissen, daß das streitige Rechtsverhältnis bereits durch Verwaltungsakt konkretisiert wurde. Als Beispielsfall soll hier dienen, daß einem Bürger eine Erlaubnis erteilt wurde, dieser aber verstirbt und sein Rechtsnachfolger nichts von der Erlaubnis weiß.

I. Wirksamkeit des Vertrages Eine Möglichkeit, diese Fallgruppe zu lösen, wäre, den Vertrag bereits für unwirksam zu halten. Dann würde kein Kollisionsproblem entstehen. In Betracht kommt hier allein die Nichtigkeit des Vertrages nach § 59 II Nr. 3 VwVfG. Danach ist ein Vertrag nichtig, wenn die Voraussetzungen zum Abschluß eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- und Formfehlers i.S.v. § 46 VwVfG rechtswidrig wäre. Es ist jedoch unklar, wie diese Vorschrift genau zu verstehen ist. Teilweise wird angenommen, daß begrifflich überhaupt ein Vergleichs vertrag vorliegen muß, also ein subordinationsrechtlicher Vertrag, der der Beseitigung einer bei verständiger Würdigung der Rechtslage oder des Sachverhalts bestehenden Ungewißheit durch gegenseitiges Nachgeben dient 304 . Ist das der Fall, so tritt Nichtigkeit ein, wenn die Behörde den Abschluß des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewißheit nicht nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig halten konnte 305 . Nach der Gegenansicht liegen die Voraussetzungen dann vor, wenn insgesamt keine Vergleichslage gegeben war 306 . Zu bedenken ist hierbei folgendes: Liegt schon begrifflich kein Vergleich vor, so besteht die Gefahr, daß die Grenzen zwischen den einzelnen Vertragsarten verwischt werden. Im Grunde wäre dann jeder Vertrag, der von der gesetzlichen Lage abweicht, ein Vergleichsvertrag, bei dem die Voraussetzungen nicht vorliegen 307 . Wie aber aus dem Zusammenhang mit den übrigen Regelungen von § 59 VwVfG zu erkennen ist, soll dies gerade nicht geschehen. Daher ist davon auszugehen, daß § 59 II Nr. 3 VwVfG nur dann Anwendung findet, wenn zunächst begrifflich schon ein Vergleich vorliegt.

304 305 306 307

Bernsdorff in: Obermayer, VwVfG, § 59 Rn. 84. Ebda. Henneke, in: Knack, § 59 Rn. 4.3; Meyer/Borgs, § 59 Rn. 39 u. § 55 Rn. 1. So auch Schimpf, S. 274.

96

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

In der hier interessierenden Konstellation liegt begrifflich kein Vergleichsvertrag gemäß § 55 VwVfG vor. Es gibt keine bei verständiger Würdigung ungewisse Sach- oder Rechtslage. Zwar verkennen die Parteien die wahre Rechtslage, jedoch wäre dies bei verständiger Würdigung des Sachverhalts nicht passiert. Auch wollen die Parteien keinen Vergleichsvertrag schließen, da ihnen ja der entgegenstehende Verwaltungsakt unbekannt ist. Im übrigen fehlt es auch am gegenseitigen Nachgeben. Zwar einigen sich die Parteien auf eine Regelung, dies ist jedoch ein Vergleichsmoment, das in jedem Austauschvertrag logisch mitenthalten ist. Nichtigkeit gemäß § 59 II Nr. 3 VwVfG scheidet daher aus. Im Ergebnis ist der Vertrag daher in dieser Konstellation wirksam.

II. Den Vertragspartnern bekannter entgegenstehender Verwaltungsakt Zunächst ist der Fall zu untersuchen, wie die Rechtslage ist, wenn den Vertragspartnern bekannt ist, daß zunächst das Verhältnis durch Verwaltungsakt anders geregelt wurde. In diesem Fall ist davon auszugehen, daß die Vertragspartner eine neue, von der bisherigen Lage abweichende Rechtslage schaffen wollten. Steht eine vertragliche Abmachung im Widerspruch zum vorangegangenen Verwaltungsakt, so ist der Vertrag gemäß § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. §§133,151 BGB dahingehend auszulegen, daß die Parteien zunächst die Aufhebungsverpflichtung des Verwaltungsaktes vereinbart haben. Die Behörde ist also nicht nur dazu verpflichtet, den versprochenen Verwaltungsakt zu erlassen, sondern auch diesem entgegenstehende Akte aufzuheben. Aus den vorangegangenen Überlegungen folgt auch, daß der Vertrag nur dahingehend ausgelegt werden kann, daß die Behörde sich zur Aufhebung des entgegenstehenden Verwaltungsaktes verpflichtet, nicht jedoch dahin, daß sie mit der vertraglichen Willenserklärung zugleich den vorherigen Verwaltungsakt unmittelbar mitaufhebt. Diese zweite Sichtweise scheidet aus, und zwar aufgrund der wesensmäßigen Verschiedenheit von vertraglicher Willenserklärung und Verwaltungsakt 308 , den die Aufhebung darstellt 309.

I I I . Den Vertragspartnern nicht bekannter entgegenstehender Verwaltungsakt Schwieriger ist es zu beurteilen, wenn den Vertragspartnern der entgegenstehende Verwaltungsakt nicht mehr bekannt ist. Dieser Fall dürfte zwar selten vorkommen, 308 309

Siehe dazu oben 2. Teil, C III 2. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 48 Rn. 1.

E. Erlaß von Verwaltungsakten vor Abschluß eines V e r w a l t u n g s v e r t r a g e s 9 7

ist aber durchaus denkbar, wenn zum Beispiel längere Zeit zwischen dem ursprünglichen Verwaltungsakt und der erneuten Vorstellung bei der Behörde vergangen ist. Dann entsteht das Problem, daß zwei widersprechende Akte existieren könnten. Hier liegt also ein besonders schwerer Kollisionsfall zwischen Vertrag und Verwaltungsakt vor. Um diese Problematik zu lösen, sind wiederum zwei Fälle voneinander zu unterscheiden: Der Fall, daß die Behörde vor Erlaß des versprochenen Verwaltungsaktes den entgegenstehenden Akt erkennt, und der Fall, daß sie diesen nicht erkannt hat.

1. Erkenntnis des entgegenstehenden Verwaltungsaktes vor Erlaß des neuen

Erkennt die Behörde vor Erlaß des versprochenen Verwaltungsaktes, daß ein entgegenstehender Verwaltungsakt noch in der Welt ist, so gilt dasselbe wie in dem Fall, daß sie den entgegenstehenden Verwaltungsakt vor Vertragssehl uß erkannt hat. Sie hat alles zu unternehmen, was in ihren Möglichkeiten steht, um dem Vertrag zur Durchsetzung zu verhelfen. Dazu gehört aber auch, daß sie den vorherigen Verwaltungsakt aufhebt. Für den Bürger handelt es sich wohl stets um einen belastenden Verwaltungsakt, da er schließlich der Durchsetzung seiner Forderung im Wege steht 310 . Daher ist die Aufhebung sowohl nach § 48 I als auch nach § 49 I VwVfG regelmäßig unproblematisch.

2. Erkenntnis des entgegenstehenden Verwaltungsaktes nach Erlaß des neuen

Erkennt die Behörde nicht, daß bereits ein zur vertraglichen Verpflichtung widersprüchlicher Verwaltungsakt existiert, so wird sie regelmäßig den versprochenen Akt erlassen. Fraglich ist, was in diesem Fall passiert.

a) Nichtigkeit

Der zweite Verwaltungsakt könnte gemäß § 44 I VwVfG nichtig sein. Das ist der Fall, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Es muß sich um einen besonders schweren Fehler handeln, der mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen zu vereinbaren ist. Er muß für die Rechtsordnung schlechthin unerträglich sein 311 . Eine solche Unerträglichkeit könnte man durchaus noch in den widerstreitenden Regelungen sehen.

3,0

Vgl. zur diesbezüglichen Problematik schon oben, 2. Teil, C VI 1 a).

7 Bullern egge

98

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Problematischer ist hier das Merkmal der Offenkundigkeit. Offenkundigkeit bezieht sich nicht nur auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes, sondern auch auf die tatsächlichen Umstände, die diese begründen 312. Die Tatsache, daß weder Behörde noch Bürger diesen Widerspruch bemerkt haben, zeigt gerade, daß der Fehler nicht offenkundig, also nicht ohne weiteres erkennbar war. Ist dies aber der Fall, so kann nicht von der Nichtigkeit des widersprechenden Verwaltungsaktes ausgegangen werden.

b) Konkludente

Außiebung

Eine weitere Möglichkeit ist es jedoch, in dem abweichenden Verwaltungsakt eine konkludente Aufhebung des vorherigen Verwaltungsaktes zu sehen. Stehen mehrere Regelungsakte auf derselben Stufe, dann gilt die Regel „lex posterior derogat legi priori" 313 . Der zeitlich spätere Akt hat Vorrang gegenüber dem zeitlich früheren. Diese Wirkung entspricht der Annahme einer konkludenten Aufhebung 314. Fraglich ist lediglich, ob diese Aufhebung rechtmäßig ist, fehlen doch mangels Kenntnis des entgegenstehenden Aktes die erforderlichen Ermessenserwägungen. Diese können auch nicht durch die Erwägungen ersetzt werden, die zum Erlaß des neuen Verwaltungsaktes geführt haben. Die Behörde hat nämlich regelmäßig bezüglich des Erlasses keine Ermessenserwägungen mehr angestellt, sondern den Verwaltungsakt allein aufgrund der vertraglichen Verpflichtung erlassen. Aus den genannten Gründen verbietet sich auch der Rückgriff auf die Überlegungen, die zum Abschluß des Vertrages geführt haben315. Mangels ordnungsgemäßer Ermessensausübung ist die Rücknahme daher als rechtswidrig anzusehen. Trotzdem ist sie aber wirksam, da kein Nichtigkeitsgrund gemäß § 44 VwVfG erkennbar ist. Diese Annahme fügt sich harmonisch in das System des Verwaltungsrechts ein. Die Behörde hat zwar einen Fehler gemacht, nämlich rechtswidrig gehandelt, da sie einen widersprüchlichen Akt erlassen hat. Dieser Fehler bezieht sich jedoch nur auf die Aufhebung des vorangegangenen Aktes, nicht auf den sonstigen Inhalt des neu erlassenen Verwaltungsaktes. Anknüpfungspunkt für das Rechtswidrigkeitsurteil sind lediglich die Ermessenserwägungen, also Erlaßumstände, nicht aber die Rechts3.1

Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 44 Rn. 100 f.; BVerwG NJW 1971, S. 578; BFH NVwZ 1987, S. 533 (534); OVG Lüneburg, OVGE 39, S. 370 (371 f.); OVG Lüneburg, NdsVBI. 1997, S. 112. 3.2 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 44 Rn. 118. 313 Engisch, Einführung in das juristische Denken, 8. Auflage, 1983, S. 163; Hensel, Die Rangordnung der Rechtsquellen, insbesondere das Verhältnis von Reichs- und Landesgesetzgebung, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Band II, 1932, S. 314; Renck, Zum Anwendungsbereich des Satzes „lex posterior derogat legi priori", in: JZ 1970, S. 770; Schneider, Gesetzgebung, 1982, Rn. 647. 314 In diese Richtung auch Fluck, S. 88. 3,5 s. dazu auch oben 2. Teil, D III 1 a).

F. Erlaß von Verwaltungsakten zur Vollstreckung aus dem Vertrag

99

Widrigkeit des hergestellten Zustandes, die gerade nicht gegeben ist. Dadurch wird die Aufhebung auch nicht nichtig, lediglich schlicht rechtswidrig. Gegen diese Rechtswidrigkeit wird der Bürger jedoch kaum vorgehen; diesbezüglich hätte er auch kein Rechtsschutzbedürfnis. Ebenso ist die Behörde aufgrund des Vertrages zu einer Rücknahme gemäß § 48 VwVfG nicht berechtigt. Also entsteht aus der Rechtswidrigkeit im Ergebnis kein Nachteil.

c) Zwischenergebnis

Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß in dem nachfolgenden, widersprüchlichen Verwaltungsakt die konkludente Aufhebung des vorherigen Verwaltungsaktes zu erblicken ist.

IV. Ergebnis Diese Fallgruppe ist dahingehend zu lösen, daß der Vertrag die Behörde verpflichtet, den vorherigen, entgegenstehenden Verwaltungsakt aufzuheben. Dies kann auch konkludent mit dem Neuerlaß geschehen. Auch diese Konstellation läßt sich also durch die schlichte Anwendung der Aufhebungsregeln interessengerecht lösen.

F. Erlaß von Verwaltungsakten zur Vollstreckung aus dem Vertrag Aus den bisher angestellten Überlegungen läßt sich auch auf die Frage zurückschließen, ob der Verwaltungsakt als Mittel der Vollstreckung von Forderungen aus dem Vertrag zulässig ist.

I. Vollstreckung aus dem Vertrag Diese Frage wird heute generell verneint 316, jedoch mit unterschiedlicher Begründung. Nach einer Ansicht daif die Behörde das Koordinationsverhältnis nicht verlassen und ist deshalb gehindert, Forderungen durch Verwaltungsakt durchzuset316 Maurer, Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 6, § 14 Rn. 55; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 28 Rn. 1; Bull Rn. 705; Ule/Laubinger, § 72 Rn. 14; BVerwGE 50, S. 171 (175); OVG Münster DÖV 1967, S. 722 f.; Erichsen, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, in: VerwArch 68 (1977), S. 65 (71 f.); Henneke, in: Knack, § 54 Rn. 11, § 61 Rn. 8; Meyer/Borgs, § 61 Rn. 3; Lerche, S. 84 f; früher jedoch a.A. Eckert, DVB1. 1962, S. 11 (21); OVG Münster, OVGE 16, S. 12(18). 7*

100

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

zen 317 . Wenn die Behörde mit dem Bürger eine einvernehmliche Regelung trifft und sich damit auf die Ebene der Gleichordnung begibt, müsse sie konsequenterweise auch bei der Durchsetzung vertraglicher Leistungsansprüche auf dieser Ebene bleiben 318 . Dies gelte umso mehr, als der Verwaltungsakt primär der Konkretisierung von Rechtsnormen diene und die verwaltungseigene Vollstreckung lediglich Folge dieser Befugnis sei, bei vertraglich konkretisierten Ansprüchen der einzige Sinn des Verwaltungsaktes jedoch in seiner Funktion als Vollstreckungstitel bestehe319. Nach der Gegenauffassung ist der Grund für das Titelerfordernis die Norm von § 61 VwVfG, die nur unter bestimmten Voraussetzungen die sofortige Zwangsvollstreckung zuläßt 320 . Die Vorschrift gehe erkennbar davon aus, daß die Behörde aus einem von ihr abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag nur dann vollstrecken darf, wenn sich der Vertragspartner der sofortigen Vollstreckung unterworfen hat 321 . Bedenkt man, daß es dem subordinationsrechtlichen Vertrag eigentümlich ist, daß die Behörde dem Bürger gerade nicht vollständig gleichgeordnet gegenübersteht, sondern vielmehr weiterhin in einem begrenzten Umfang von den ausschließlich ihr verliehenen Hoheitsrechten Gebrauch macht, so erscheint die zweite Auffassung überzeugender. Gerade beim subordinationsrechtlichen Vertrag handelt die Behörde noch hoheitlich gegenüber dem Bürger, erläßt sie doch regelmäßig zur Erfüllung einen Verwaltungsakt, der gemäß § 35 S. 1 VwVfG immer eine hoheitliche Maßnahme darstellt. Auch wurde bereits nachgewiesen, daß es der Behörde nicht verwehrt ist, den zur Vertragserfüllung erlassenen Verwaltungsakt wieder zurückzunehmen322. Zwar wird letztlich die Möglichkeit der Rücknahme regelmäßig an der ordnungsgemäßen Ausübung des Rücknahmeermessens scheitern, da hier der Vertragsschluß zu berücksichtigen ist; in besonders gelagerten Fällen ist es aber durchaus möglich, daß das Ermessen anders ausgeübt werden kann. Verwaltungsvertrag bedeutet also nicht die völlige Gleichordnung der Beteiligten bezüglich der Rechte und Pflichten aus dem Vertrag, also bezüglich des Inhaltes; vielmehr ist die Besonderheit des öffentlich-rechtlichen Vertrages in seinem Zustandekommen zu sehen, bei dem der Bürger (zumindest theoretisch) gleichberechtigt beteiligt ist. Wie der Umfang, in dem die Behörde nach wie vor Hoheitsrechte beim Vertrag gegenüber dem Bürger ausüben kann, genau zu bestimmen ist, wird durch das VwVfG, nämlich durch die §§ 54 ff., festgelegt. In der Tat legt der Wortlaut der Vorschrift des § 61 VwVfG („Jeder Vertragschließende ...") nahe, daß sich auch der Bürger der sofortigen Vollstreckung unterwerfen kann. Der ausdrückliche Hin3,7

Bosse, S. 91 ; Maurer, Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 6. Maurer, Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 6; Meyer/Borgs, § 61 Rn. 3. 3,9 Maurer, Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 6. 320 Henneke, in: Knack, § 61 Rn. 2; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 61 Rn. 3; Ule/Laubinger, § 72 Rn. 14 ( „...ergibt sich implizit aus § 61"). 321 Ule/Laubinger, § 72 Rn. 14. 322 Vgl. dazu oben, 2. Teil, A II. 318

. Erlaß von Verwaltungsakten zur

l l u n g

s e

Vertrag

101

weis darauf würde leerlaufen, wenn es der Behörde ohnehin freistünde, ihre Ansprüche mittels Verwaltungsakt durchzusetzen. Aus diesem Grund normierte der Gesetzgeber § 61 VwVfG auch in der heutigen Weise323. Für diese gesetzgeberische Entscheidung maßgebend mag zwar gewesen sein, daß er es als unbillig empfand, in einem von Koordination geprägten Verhältnis einen so starken Einbruch subordinationsrechtlicher Instrumentarien zuzulassen; für die heutige Rechtslage entscheidend ist jedoch nicht die Motivation, sondern ausschließlich die niedergelegte gesetzliche Lage. Daher ergibt sich die Unzulässigkeit der Vollstreckung vertraglicher Forderungen durch Verwaltungsakt allein aus § 61 VwVfG.

II. „Vertragsumfassende" Verwaltungsakte Um diese Problematik zu umgehen, erließ die Verwaltung eine Zeit lang Verwaltungsakte, die den Inhalt des vorangegangenen Vertrages zu ihrem Inhalt erklärten und ihn so vollstreckbar machten324. Zum Beispiel wurde ein vertraglich versprochener Dispens durch Verwaltungsakt erteilt, in dem die Vertragserfüllung zur Auflage gemacht wurde 325 . Hierzu ist folgendes zu bemerken: Strenggenommen handelt es sich hier auch um Verwaltungsakte, die vom Vertrag abweichen. Dehalb werden sie teilweise auch im Rahmen dieser Fallgruppe diskutiert 326 . Legt man dieser FaiIgruppe jedoch ein so weites Verständnis zugrunde, so führt das dazu, daß nahezu jeder Kollisionsfall von vertraglicher Verpflichtung und Verwaltungsakt ein vom Vertrag abweichender Verwaltungsakt ist. Selbst die Verweigerung des Erlasses des versprochenen Verwaltungsaktes stellt dann einen vom Vertrag abweichenden Verwaltungsakt dar 327 . Damit wird diese Fallgruppe aber inhaltlich unscharf und deshalb dogmatisch nicht mehr greif- und handhabbar. Daher muß man diese Gruppe möglichst eng betrachten 328. Legt man aber das hier vertretene, enge Verständnis der Fallgruppe zugrunde, so wird der Unterschied zum vorliegenden Fall schnell klar. Besteht doch der Sinn hier nur darin, die vertragliche Forderung durch Verwaltungsakt vollstreckbar zu machen. Dann kann aber nichts anderes gelten, als wenn die Behörde ohne Umweg versucht, die vertragliche Forderung zu vollstrecken. Auch diesem Verwaltungsakt steht die Norm von § 61 VwVfG entgegen.

323

BT-DS 7/910, S. 83. Vgl. hierzu Götz, Hauptprobleme des verwaltungsrechtlichen Vertrags, in: JuS 1970, S. 1 (4); BVerwG NJW 1980, S. 1294 ff.; Fluck, S. 77. 325 Götz ebda. 326 Fluck, S. 77 ff. 327 Auch die Ablehnung eines begehrten Verwaltungsaktes ist Verwaltungsakt; s. dazu Henneke, in: Knack, § 35 Rn. 4.1.4. 328 Dazu auch oben, 2. Teil, C IV. 324

102

2. Teil: Der Verpflichtungsvertrag

Im Ergebnis kann also auch hier nichts anderes gelten, als wenn die Behörde die Forderung direkt durch Verwaltungsakt vollstrecken wollte. Daher ist auch diese Hilfskonstruktion abzulehnen.

III. Ergebnis Die Untersuchung hat ergeben, daß aufgrund der Norm von § 61 VwVfG eine Zwangsvollstreckung aus dem Vertrag durch Verwaltungsakt nicht ohne weiteres möglich ist. Das gilt auch für andere Verwaltungsakte, deren Sinn allein darin liegt, den Vertragsinhalt vollstreckbar zu machen.

G. Ergebnis zur Überschneidungsproblematik beim Verpflichtungsvertrag Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Werden beim Verpflichtungsvertrag Vertrag und Verwaltungsakt kombiniert, so hat regelmäßig das Recht des VerwaltungsVertrages Vorrang. Dies geschieht jedoch nicht im Wege der Verdrängung der verwaltungsaktbezogenen Vorschriften, sondern in der Weise, daß diese Vorschriften im Lichte des Vertragsrechts ausgelegt werden. Im Einzelfall kann dies dazu führen, daß sich das Recht des Verwaltungsaktes durchsetzt. Dadurch ist eine harmonische Lösung der verschiedenen Konstellationen möglich, die trotzdem streng am Maßstab des Gesetzes arbeitet.

3. Teil

Der Verfügungsvertrag Eine besondere Situation stellt sich im Fall des sogenannten Verfügungsvertrages. Strenggenommen handelt es sich dabei nicht um einen Kollisionsfall, wird doch kein Verwaltungsakt mehr erlassen, sondern der Vertrag enthält bereits die gesamte Regelung. Trotzdem wird im Rahmen dieser Arbeit auf die daraus resultierenden Probleme eingegangen, könnten sie doch Auswirkungen auf die bisher gefundenen Ergebnisse haben. Kollision ist hier letztlich nicht in einem engen Sinne zu verstehen, sondern in einem weiten, dahingehend, daß die vertraglichen Regelungen mit solchen kollidieren können, für die der Normalfall den Verwaltungsakt vorsieht.

A. Begriff In der verwaltungsrechtlichen Literatur wird gemeinhin zwischen verschiedenen Formen des Verwaltungsvertrages unterschieden. Ein Unterscheidungskriterium stellt dabei auf den Regelungsgegenstand bzw. die Vertragswirkungen ab und unterscheidet zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungs- bzw. Verfügungsverträgen 1. Unter dem Begriff des Verfügungsvertrages wird dabei ein Vertrag verstanden, der nicht nur die Erfüllung verspricht, sondern selbst die Rechtsänderung unmittelbar herbeiführt 2. Die Behörde würde also beispielsweise nicht nur den Erlaß der Baugenehmigung im Vertrag versprechen, sondern sie unmittelbar durch den Vertrag erteilen. Im folgenden ist nun zu untersuchen, ob diese Art von Verträgen überhaupt existiert, und wenn ja, was sich daraus für das Kollisionsverhältnis von Vertrags- und Verwaltungsaktrecht ergibt.

1 Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn.14; Ule/Laubinger, § 68 Rn. 15, wobei darauf hingewiesen wird, daß das VwVfG diese Unterscheidung nicht ausdrücklich aufgreift, sie aber in der Amtlichen Begründung zu § 50 S. 1 anklingt (BT-DS. 7/910, S. 79); Bonk in: Stelkens/ Bonk/Sachs, § 54 Rn. 115; Henneke, in: Knack, § 54 Rn. 7.2; Meyer/Borgs, § 54 Rn. 52 ff.; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 50. 2 Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 117; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 50; Meyer/ Borgs, § 54 Rn. 60.

104

. Teil: Der Verfungsvertrag

B. Existenz Zunächst ist der Frage nach der Existenz des Verfügungsvertrages nachzugehen. Es könnte sich dabei nämlich auch um einen Verpflichtungsvertrag handeln, der den erfüllenden Akt gleich mitenthält, also um die Kombination von Verpflichtung und erfüllendem Verwaltungsakt in einem Vertrag. Die Vertragsparteien könnten also nur ungenau formuliert haben. Sie könnten tatsächlich meinen, daß der Erfüllungsakt nur gleichzeitig mit dem Verpflichtungsgeschäft erfolgen soll. Diese Konstruktion ist dem Recht nicht fremd, sie findet sich bei den meisten Bargeschäften des täglichen Lebens im Zivilrecht. In diesem Fall gelten dieselben Regeln, die auch für den Verwaltungsakt gelten, der den Verpflichtungsvertrag erfüllt. Stellt der Verfügungsvertrag aber tatsächlich eine eigene Vertragsform dar, so könnte sich für die oben diskutierte Kollisionsproblematik eine abweichende Betrachtung ergeben. Bei der Untersuchung soll dabei so vorgegangen werden, daß zunächst der Begriff des Verfügungsvertrages näher beleuchtet wird, um dann die Frage nach der Existenz des VerfügungsVertrages nachzugehen.

I. Zivilrechtlicher Begriff der Verfügung Nähert man sich der Frage nach der Existenz von Verfügungsverträgen, so ist zunächst darüber Klarheit zu erlangen, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Auszugehen ist dabei von dem zivilrechtlichem Begriff, ist doch das öffentliche Vertragsrecht dem Zi ν il recht nachgebildet3, entstammt doch der Begriff ursprünglich dem Zivilrecht und erklärt § 62 S. 2 VwVfG schließlich auch die Vorschriften des BGB für ergänzend anwendbar. Der Begriff der Verfügung ist im BGB selbst nicht bestimmt. In der Literatur zum Zivilrecht hat sich freilich ein feststehender Begriff der Verfügung herausgebildet, auf den hier zurückzugreifen ist. Sie wird charakterisiert als ein Rechtsgeschäft, durch das unmittelbar ein Recht übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird 4 . Dabei bezieht sich die Verfügung immer auf ein bestehendes Recht, niemals auf ein erst noch zu begründendes. Verfügt werden kann nur etwas, was schon existiert. So ist denn auch die Eigentumsübertragung eine Verfügung nur hinsichtlich der Übertragung, nicht aber hinsichtlich des Ervverbs des Eigentums5. Anderenfalls

3

Das ergibt sich aus BT-DS 7/910, S. 79, 83. Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 18 II 3 c); Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, 4. Auflage, 1913, Vorbem. vor §§ 104 ff. VII 4 ; Coing , in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Auflage, 1957, Einl. vor §§ 104 ff. Rn. 63; BGH 1, S. 294 (304); Battes , in: Erman, Einl. § 305 Rn. 10; Brox, in: Erman, Einl. § 104 Rn. 16; Vollkommer, in: Jauernig, BGB, § 305 Rn. 8; Jauernig, in: Jauernig, BGB, vor § 104 Rn. 10; Heinrichs, in: Palandt, vor § 305 Rn. 6; Überbl. vor § 104 Rn. 16; vgl. auch Ule/Laubinger, § 68 Rn. 15. 5 Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 18 II 3 c). 4

Β. Existenz

105

wäre auch eine Abgrenzung zwischen Verpflichtung und Verfügung nicht möglich, begründet doch auch der Verpflichtungsvertrag ein Recht, nämlich ein Forderungsrecht.

II. Unterschiede zum öffentlich-rechtlichen Verfügungsvertrag Legt man dieses Verständnis der Verfügung zugrunde, so zeigt sich, daß der von der Literatur bisher verwendete Begriff Unscharf ist. Nimmt man nämlich eine Verfügung nur dann an, wenn auf ein bereits bestehendes Recht eingewirkt wird, so kann der vertragliche Ausspruch der Baugenehmigung keine Verfügung in diesem Sinne sein. Denn die Wirkung der Baugenehmigung besteht ja gerade darin, daß erst durch sie der Bürger berechtigt wird, zu bauen6. Vorher darf auf dem betreffenden Grundstück nicht gebaut werden. Es besteht also noch gar kein Recht, auf das eingewirkt werden könnte; der Vertrag würde es im Beispielsfall erst schaffen, es begründen. Allenfalls könnte man die Annahme einer Verfügung damit begründen, daß das Eigentumsrecht des Bürgers inhaltlich verändert wird, denn nach Erteilung der Baugenehmigung hat er das Recht, auf seinem Eigentum zu bauen. Allerdings setzt eine wirksame Verfügung die Verfügungsmacht des Verfügenden voraus7. So kann auch nur dann eine Verfügung angenommen werden, wenn der Verfügende das entsprechende Recht als eigenes innehat. Typischerweise verfügt die Behörde aber nicht gleich einem Privaten über eigene Rechte8. Die Behörde ist im Beispielsfall nicht Eigentümerin des Grundstücks, sondern der Bürger; also liegt auch mangels Verfügungsmacht seitens der Behörde keine Verfügung vor. Wenn demgegenüber in der Rechtsprechung vereinzelt angenommen wurde, die Widmung einer Straße durch die Behörde sei eine Verfügung (im zivilrechtlichen Sinne) über das Eigentumsrecht des Grundstücksinhabers 9, so beruhte dies nur auf einer mißverständlichen Formulierung; die Verfügung liegt tatsächlich in der Zustimmung des Eigentümers zur Widmung 10 . Insgesamt zeigt sich also, daß in diesen Fällen ein Unterschied zum zivilrechtlichen Verfügungsbegriff besteht. Das legt den Gedanken nahe, den Begriff der öffentlich-rechtlichen Verfügung eventuell dahingehend anders zu verstehen, daß dort auch die Rechtsbegründung eine Verfügung darstellt. Auch die Überlegung, daß ein struktureller Unterschied zwischen der zivilrechtlichen und der öffentlich-rechtlichen Verfügung besteht, stützt diese Erwägung. Der eigentliche Sinn des zivilrechtlichen Verfügungsbegriffs

6 Dürr/Middeke, Baurecht für Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, 1999, Rn. 258; BVerwGE 48, S. 242; NJW 1984, S. 1473 (1474). 7 Flume , § 115 c); Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage § 18 II c). 8 Gusy, Öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Staat und Bürgern, in: DVB1. 1983, S. 1222(1228). 9 BGHZ 101, S. 24 (26). 10

So im Ergebnis auch BGHZ 101, S. 27.

106

. Teil: Der Verfungsvertrag

liegt nämlich darin, daß die Rechtsgeschäfte, die Verfügungen sind, zu ihrer Wirksamkeit die Verfügungsmacht des Verfügenden voraussetzen11, im Gegensatz zu nur verpflichtenden Geschäften. Aufgrund der besonderen Situation im Verwaltungsrecht ist die Behörde stets verfügungsberechtigt; diese Berechtigung ergibt sich aus der behördlichen Aufgabe des Normvollzugs und der gesetzlichen Kompetenzordnung. Schließlich ist noch ein weiterer Unterschied zwischen der zivil- und der öffentlich-rechtlichen Verfügung zu sehen: Die Wirkung der zivilrechtlichen Verfügung ist absolut, die der Verpflichtung hingegen nur relativ 12 . Wird im öffentlichen Recht dem Bürger durch Vertrag eine Rechtsposition eingeräumt, also beispielsweise das Recht zu bauen, dann ist dies stets eine absolute Rechtsposition; die Position wirkt für und wider jedermann. Gerade in der Absolutheit liegt einer der entscheidenden Gründe für die Unterscheidung von zivilrechtlichem Verpflichtungsund Verfügungsgeschäft 13. Insofern könnte man durchaus darüber nachdenken, einen eigenen Begriff der öffentlich-rechtlichen vertraglichen Verfügung zugrundezulegen. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch Zweifel an dieser Sichtweise. Die aufgezeigten strukturellen Unterschiede machen eine abweichende Betrachtung nicht erforderlich. Die Besonderheit im öffentlichen Recht besteht zwar darin, daß eine dem Bürger eingeräumte Rechtsposition stets absolut wirkt. Andererseits ergeben sich aber aus der Eigenart des öffentlichen Rechts noch andere Besonderheiten, die fraglich erscheinen lassen, inwieweit auf den Gedanken der Absolutheit eines Rechts noch abgestellt werden kann. Die absolute Wirkung der zivilrechtlichen Verfügung bedeutet nämlich, daß mit der eingetretenen Rechtsänderung die Zuordnung des Rechts gegenüber jedermann neu geregelt wurde 14. Eine Sache kann also mehrfach verkauft, aber nicht mehrfach übereignet werden. Die Lage bei den eingeräumten öffentlichen Rechten stellt sich indes anders dar: Die Behörde wird häufig durchaus noch in der Lage sein, die erteilte Rechtsposition wieder zu entziehen15. Umgekehrt hat der Bürger durch die „Verfügung" der Behörde zwar ein absolutes Recht erhalten, er ist aber trotzdem nicht automatisch über dieses verfügungsbefugt. Um zu ermitteln, ob dies der Fall ist, bedarf es stets noch der Klärung der Frage, ob eine Rechtsnachfolge möglich ist, ob also die eingeräumte Rechtsposition als Verwaltungsakt personen- oder sachbezogen ist 16 . So kann zum Beispiel eine vertraglich eingeräumte Baugenehmigung auf den Käufer des Grundstückes übertragen werden (vgl. z. B. § 75 II BauO NW), eine vertraglich eingeräumte Gaststättenerlaubnis kann hingegen der Bürger nicht einfach auf seinen Nachpächter übertragen 17. 11 12 13 14 15 16

Flume , § 11 5 c); Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 18 II c). Larenz, Allgemeiner Teil, 7. Auflage, § 18 II c). Ebda. Ebda. s. dazu sogleich unten, 3. Teil, Β 5 a) bb). Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 56.

Β. Existenz

107

Insofern existieren zwar große strukturelle Unterschiede zur zivilrechtlichen Verfügung. Diese führen aber nur dazu, daß der Begriff des Verfügungsvertrages im öffentlichen Recht noch schwieriger von dem des VerpflichtungsVertrages abgrenzbar ist. Umso wichtiger erscheint es, auf ein scharf umrissenes, präzises Abgrenzungskriterium zurückzugreifen, wobei sich hier aus den obengenannten Gründen der zivilrechtliche Begriff anbietet. Tragender Grund für eine Gleichbehandlung der Begriffe dürfte folgende Überlegung sein: Würde auch die Rechtsbegründung eine Verfügung darstellen, so wäre jeder Verpflichtungsvertrag auch gleichzeitig ein Verfügungsvertrag. Dies deshalb, weil durch den Verpflichtungsvertrag auch ein Recht begründet wird, nämlich das Recht, die Erfüllung zu verlangen. Unter anderem aus diesem Grund ist auch im Zivilrecht die Begründung eines Rechts keine Verfügung 18. Diesbezüglich bestehen auch keine Besonderheiten des öffentlichen Rechts, die ein Abweichen vom zivilrechtlichen Begriff notwendig erscheinen lassen. Aus diesen Überlegungen ist insgesamt zu folgern, daß der Begriff der Verfügung so zu verstehen ist, wie er im BGB verwendet wird, so daß der Fall, in dem die Genehmigung durch den Vertrag selbst erteilt wird, kein Fall eines (echten) Verfügungsvertrages ist. Präziser dürfte hier der in der Literatur synonym verwendete Begriff des „Erfüllungsvertrages" 19 sein, bedarf doch die vertraglich versprochene Leistung keiner weiteren Erfüllung mehr. Aber auch dieser Begriff ist im Grunde ungenau, könnte man doch darunter einen Vertrag verstehen, der lediglich auf die Erfüllung einer bestehenden Verpflichtung gerichtet ist, also beispielsweise ein Übereignungsvertrag. Das ist aber im Beispielsfall nicht so; hier liegt das Kuriosum eines Vertrages vor, bei dem Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft in einem Akt zusammenfallen. Um diesbezüglich Klarheit zu erlangen, sollte man nicht davon ausgehen, daß es nur Verpflichtungs- und Verfügungsverträge gibt, sondern daß es darüber hinaus auch noch eine dritte Gruppe gibt, die hier als „Bewirkungsverträge" bezeichnet werden, da sie weder verpflichten, noch verfügen, sondern die Rechtsfolge unmittelbar selbst bewirken. Verfügungs- und Bewirkungsverträge sollen dabei im folgenden näher betrachtet werden.

17 Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 13. Auflage, 1999, § 2 Rn. 21 ; VGH Mannheim, DVB1. 1974, S. 240 (242). 18 Siehe dazu schon oben; Coing , in: Staudinger, 11. Auflage, vor §§ 104 ff., Rn. 63. 19 Vgl. nur Henneke, in: Knack, § 54 Rn. 7.2; Kopp, VwVfG, 6. Auflage, § 54 Rn. 16.

108

. Teil: Der Verfungsvertrag

III. „Echte" Verfügungsverträge Unter dem Begriff der „echten" Verfügungsverträge sind Verträge zu verstehen, die ausschließlich eine bestehende Rechtsposition ändern, übertragen, belasten oder aufheben, diese also nicht begründen. Eine Gegenleistung wird nicht festgelegt. Beispiele für einen echten Verfügungsvertrag sind die öffentlich-rechtliche Abtretung, die öffentlich-rechtliche Aufrechnung oder der öffentlich-rechtliche Verzicht 20 . Durch diese Verträge wird eine unmittelbare Rechtsänderung herbeigeführt, also im zivilrechtlichen Sinne verfügt. Gerade diese „echten" Verfügungsverträge bereiten allerdings keine Probleme, wenn es um die Kollision mit vertraglichen Verpflichtungen geht. Regelmäßig wird es unmöglich sein, den gewünschten Rechtserfolg durch eine andere Handlungsform zu erreichen, weshalb eine Kollision mit einem Verwaltungsakt nicht denkbar ist.

IV. „Unechte" Verfügungsverträge: „Bewirkungsverträge" Daneben könnten auch noch „unechte" Verfügungsverträge existieren, die im folgenden als Bewirkungsverträge bezeichnet werden. Darunter sind solche Verträge zu verstehen, die eine Rechtsänderung nicht nur versprechen, sondern sie selbst unmittelbar bewirken. Im Unterschied zum Verpflichtungsvertrag wird hier nicht nur der Erlaß eines Verwaltungsaktes versprochen (Beispiel: „Hiermit verpflichten wir uns, eine Baugenehmigung zu erteilen."), sondern die gewünschte Wirkung wird durch den Vertrag selbst herbeigeführt (Beispiel: „Aufgrund dieses Vertrages sind Sie berechtigt zu bauen."). Man könnte diese Gruppe auch als „verwaltungsaktersetzende Verträge" bezeichnen. Sie unterscheiden sich von den „echten" Verfügungsverträgen dadurch, daß in ihnen häufig auch eine Gegenleistung des Bürgers versprochen wird und daß sie „statt" eines Verwaltungsaktes erlassen werden können, sowie dadurch, daß sie sich auch auf noch nicht bestehende, erst neu zu begründende Rechte beziehen können21.

20

Vgl. zu deren Existenz als eigenem öffentlich-rechtlichem Institut: Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung, 1984, S. 58 ff.; zur Abtretung Stober, Zur Abtretbarkeit öffentlich-rechtlicher Forderungen an Private, in: JuS 1982, S. 740 (742 ff.). 21 Für eine begriffliche Trennung spricht sich auch Kawalla, S. 65 f., aus. Er schlägt den Begriff des rechtsgestaltenden VerwaltungsVertrages vor. Dies jedoch nur, um eine Verwechslung von Verfügung im Sinne von Erlaß eines Verwaltungsaktes von der vertraglichen Verfügung zu unterscheiden. Dabei verkennt er jedoch das eigentliche Problem, daß der bisher gebrauchte Begriff des Verfügungsvertrages sowohl solche im zivilrechtlichen Sinne als auch Bewirkungsverträge - und damit zwei völlig unterschiedliche Vertragstypen - umfaßt. r

Β. Existenz

109

V. Zusammenfassung über die Vertragsarten Faßt man die Überlegungen der beiden zuvor genannten Punkte zusammen, so kann man den Verfügungsvertrag wie folgt charakterisieren: Es ist zwischen echtem und unechtem Verfügungsvertrag zu unterscheiden, wobei die zweite Art besser als „Bewirkungsvertrag" bezeichnet wird. Echte Verfügungsverträge, bei denen ein bestehendes Recht unmittelbar geändert wird, sind ζ. B. öffentlich-rechtliche Abtretung und Erlaß. Bei diesen Verträgen entsteht regelmäßig keine Kollision mit einem Verwaltungsakt, so daß sie in der weiteren Bearbeitung außer Betracht bleiben. Interessant sind hier allein die Bewirkungsverträge. Bei diesen wird nicht nur die Erfüllung versprochen, sondern sie wird sogleich unmittelbar bewirkt.

VI. Untersuchung der Frage nach der Existenz von Bewirkungsverträgen Allerdings ist damit noch nichts über die Frage gesagt, ob es Bewirkungsverträge überhaupt gibt. Man könnte auch davon ausgehen, daß der Bewirkungsvertrag nur eine faktische Zusammenfassung zweier verschiedener Handlungen ist, nämlich Verpflichtung und Erfüllung 22 . Damit wird auch am ehesten der zivilrechtlichen Dogmatik entsprochen, die regelmäßig vergleichbare Konstellationen (Barkauf) ebenso regelt. Der Verfügungsvertrag könnte also existieren, aber er wäre in der (einzig interessierenden) Form des BevvirkungsVertrages kein eigenständiges Institut, sondern nur eine besondere Art, wie die Behörde die beiden Akte Verpflichtung und Erfüllung vornimmt. Andererseits ist auf den ersten Blick auch nicht erkennbar, warum die Behörde an die zivilrechtliche Beurteilung gebunden sein sollte. Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Besonderheiten könnte eine abweichende Betrachtung geboten sein; es könnte eine dritte Art von Verträgen existieren, die eigenständig öffentlich-rechtlich ist. Ob diese besondere Vertragsart im öffentlichen Recht wirklich besteht, ist Gegenstand der weiteren Erörterung. Da die bisherige Lage nicht eindeutig ist, hat eine genaue Untersuchung zu erfolgen, ob der Bewirkungsvertrag tatsächlich existiert.

1. § 5 4 S. 2 V w V f G

Erster Anknüpfungspunkt für diese Frage ist § 54 S. 2 VwVfG. Man könnte § 54 S. 2 VwVfG so verstehen, daß er die Existenz des Bewirkungsvertrages voraus-

22 So vor allem Obermayer, VwVfG, 2. Auflage, 1990, § 54 Rn. 19; ders., BayVBl. 1977, S. 546 (547); diese Möglichkeit sieht auch Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54 Rn. 117; vgl. nun aber Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, 3. Auflage, § 54 Rn. 80, der von der Existenz von Bewirkungsverträgen ausgeht.

110

. Teil: Der Verfungsvertrag

setzt23. Schließlich erwähnt er die Möglichkeit der Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu schließen. Die Formulierung könnte man so auffassen, daß der Vertrag den Verwaltungsakt ersetzt, was für die Annahme eines BevvirkungsVertrages spricht. Andererseits ist zu bedenken, daß mit dieser Formulierung nur die Möglichkeit eines subordinationsrechtlichen Vertrages gemeint sein könnte24. Es ist keineswegs selbstverständlich, daß dieser existiert. So sah z. B. noch Otto Mayer den Vertrag als untaugliche Handlungsform im Subordinationsverhältnis an 25 . Für dieses Verständnis spricht auch § 56 VwVfG, der für den Fall eines Vertrages nach § 54 S. 2 VwVfG besondere Voraussetzungen anordnet. Im übrigen geht dieser Sinn auch aus der amtlichen Begründung 26 hervor. Diese zweite Bedeutung ist demzufolge auch anerkannt 27. Da der mißverständliche Wortlaut nur auf eine ungenaue Formulierung des Gesetzgebers zurückgeht, läßt er keine Rückschlüsse auf die Frage nach der Existenz des Bewirkungsvertrages zu 28 .

2. § 5 8 1 V w V f G

Teilweise wird § 58 I VwVfG ins Feld geführt, um die Existenz von Bewirkungsverträgen zu begründen29. Die dort angeordnete Vertragsnichtigkeit erscheine unnötig, weil der betroffene Dritte ein selbständiges Anfechtungsrecht gegen den vertragserfüllenden Verwaltungsakt habe. Dieser Ansicht ist zwar zuzugeben, daß in der Tat kein Grund besteht, das Zustimmungserfordernis auf Verpflichtungsverträge auszudehnen30. Jedoch handelt es sich hierbei um eine perpetuatio principi: Es wird die Existenz von Bevvi rkungs Verträgen vorausgesetzt. Existieren diese nicht, so würde das Zustimmungserfordernis gemäß § 58 I VwVfG sich eben doch auf

23

Tschaschnig, S. 30, der davon ausgeht, daß gesetzlich geregelter Normalfall nur der Bewirkungsvertrag ist, nicht aber der Verpflichtungsvertrag. 24 Schimpf.\ S. 75; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 1 ; Bleckmann, VerwArch 63 (1972), S. 404 (409); Kottke, S. 7. 25 Otto Mayer, AöR 3 (1888), S. 1 ff.; ders., Deutsches Verwaltungsrecht, geht allerdings von der Existenz des koordinationsrechtlichen Vertrages aus; vgl. zur Konzeption des öffentlich-rechtlichen Vertrages bei Otto Mayer insgesamt Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages, 2000, S. 27 ff. 26 BT-DS 7/910, S. 79 ff. 27 Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, § 54 Rn. 79; Meyer/Borgs, § 54 Rn. 45; Kopp/Ramsauer, § 54 Rn. 48; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 13; Erichsen, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 1 ; Kottke, S. 8. 28 Das verkennt Kawalla, S. 39. Aus der Formulierung des Gesetzgebers, in bestimmten Fällen gebe es neben dem verwaltungsrechtlichen Verpflichtungsgeschäft ein Erfüllungsgeschäft, schließt er, daß dies ein Verfügungsvertrag sein müsse. Erfüllungsgeschäft kann aber durchaus auch der Erlaß eines versprochenen Verwaltungsaktes sein. Die Gesetzesbegründung gibt also die von Kawalla vertretene Auslegung nicht her. 29 30

Schimpf, S. 75; Bullinger, Peters-GS, S. 667 (678). s. dazu oben, 2. Teil, A II 4 h) aa).

Β. Existenz

111

Verpflichtungsverträge erstrecken. Der Sinn kann hier darin gesehen werden, einer möglichen Verwirkung des Anfechtungsrechts entgegenzuwirken, oder auch darin, die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der vertraglichen Verpflichtung vom Vertragsschluß an zu gewährleisten. Im übrigen verbleiben als Anwendungsfall auch noch die Fälle, in denen die behördliche Leistung nicht im Erlaß eines Verwaltungsaktes, sondern in einer sonstigen Handlung besteht31. Die Folge der Vertragsnichtigkeit ist also keineswegs unnötig. Im Ergebnis läßt sich aus § 58 I VwVfG also nicht auf die Existenz von Bewirkungsverträgen schließen.

3. § 5 8 I I V w V f G

§ 58 II VwVfG scheint zunächst für die Existenz eines BewirkungsVertrages zu sprechen. Dort ist von einem Verwaltungs vertrag die Rede, der einen Verwaltungsakt ersetzt. Jedoch sollte man diesen Hinweis nicht überbewerten. Die Annahme eines Bevvirkungsvertrages kann mit seiner Hilfe nur dann bewiesen werden, wenn es ausschließlich verfügende, also gestaltende Verwaltungsakte, gäbe. Dies ist jedoch nicht der Fall; genauso gibt es befehlende und feststellende Verwaltungsakte32. Der Anwendungsbereich von § 58 II VwVfG könnte auf diese letzten beiden Arten beschränkt sein. Auch ist durchaus denkbar, § 58 II VwVfG dahingehend zu verstehen, daß der Gesetzgeber nur die Fälle des Verpflichtungs Vertrages erfassen wollte, bei denen die Erfüllung im Erlaß eines Verwaltungsaktes besteht und hierbei unscharf formulierte. Dafür spricht die amtliche Begründung 33. § 58 II VwVfG ist also für die zu klärende Frage unergiebig.

4. § 59 I I Nr. 1 - 3 V w V f G

Ein Anhaltspunkt für die Existenz von Bewirkungsverträgen könnte sich aus § 59 II Nr. 1-3 VwVfG ergeben. Dort ist die Rede von einem Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt. Nun könnte man annehmen, daß ein Vertrag nur dann einen dem Verwaltungsakt entsprechenden Inhalt haben kann, wenn der Vertrag bereits selbst die Rechtsänderung vornimmt 34. Allerdings würde dieses Verständnis zu kurz greifen, läßt es doch unberücksichtigt, daß es auch beim Verpflichtungsvertrag einen Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt geben kann, nämlich die Zusicherung gemäß § 38 VwVfG, die selbst einen Verwaltungsakt darstellt 35. Es handelt

31

Das erkennt zutreffend Schimpf, S. 77. Maurer, Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 44 ff.; Henneke, in: Knack, § 35 Rn. 52 ff.; R & U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn. 139 ff. 33 BT-DS 7/910, S. 79 f. 34 Schimpf S. 75. 32

112

. Teil: Der Verfungsvertrag

sich also um einen Verwaltungsakt, der zum Erlaß eines weiteren Verwaltungsaktes verpflichtet. Also kann dem Wortlaut von § 59 II Nr. 1-3 VwVfG ebenfalls nichts über die Existenz von Bewirkungsverträgen entnommen werden.

5. § 6 2 S. 2 V w V f G

§ 62 S. 2 VwVfG erklärt die Vorschriften des Zivilrechts für ergänzend anwendbar. Es entspricht aber der zivilrechtlichen Vertragsdogmatik, daß Verfügungen rechtsgrundlos keinen Bestand haben, sondern sie dazu immer einer causa bedürfen, sei es einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung. Ein Bewirkungsvertrag zeichnet sich aber dadurch aus, daß er der causa entbehrt. Das spricht auf den ersten Blick dafür, die Existenz eines Bevvirkungsvertrages abzulehnen36. Bei genauerem Hinsehen ergibt sich jedoch aus Wortlaut und Systematik von § 62 VwVfG, daß die zivilrechtlichen Vorschriften nur ergänzend herangezogen werden. Also kann der Hinweis auf das Zivilrecht erst dann greifen, wenn sich die Frage nicht aus den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts beantworten läßt. Auf diese ist daher vorrangig vor denen des Zivilrechts zurückzugreifen.

a) Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts

Aus diesen Grundsätzen könnte sich etwas für die Frage nach der Existenz des Bevvi rkungsvertrages ergeben.

aa) Gesetzesvollzug als Aufgabe der Verwaltung Aufgabe der Verwaltung ist der Gesetzesvollzug. Fraglich ist also, in welcher Form (oder welchen Formen) sie dieser Aufgabe nachkommen kann. Diese Frage wird durch § 54 VwVfG beantwortet. Dort wird geregelt, daß die Verwaltung eben auch Gesetzesvollzug mittels Verträgen ausführen kann. Das aber legt den Schluß nahe, daß die Gesetzeskonkretisierung auch mittels Verwaltungsvertrag geschehen kann, und zwar auch unmittelbar ohne Zwischenschaltung eines Verwaltungsaktes. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe des Gesetzesvollzuges hat die Verwaltung die Wahl zwischen den beiden Handlungsformen. § 54 VwVfG ist also so zu verstehen, 35 Meyer/Borgs, § 38 Rn. 9; Knack-Henneke, § 38 Rn. 3.4; Krebs, VerwArch 69 (1978), S. 85 (89); Kopp/Ramsauer, § 38 Rn. 2; Liebetanz, in: Obermayer, § 38 Rn. 6; Martens, Verwaltungsverfahren, Rn. 289; Bull, Rn. 614; Ule/Laubinger, § 49 Rn. 1; BVerwG NVwZ 1986, S. 1011; NVwZ 1987, S. 46; a.A. Maiwald, BayVBl. 1977, S. 449 (452); König, VR 1990, S. 401 (403); Maurer, JuS 1976, S. 485 (491); ders., Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 60; Jakobs, Jura 1985, S. 234 (235); Palauro, S. 89, 101 ff.; Weides, 2 III 11; Wolff/Bachof/ Stober I, § 53 Rn. 9, 23; Erichsen, in: Erichsen § 12 Rn. 33. 36 Das tut mit dieser Begründung Obermayer, 2. Auflage, 1990, § 54 Rn. 19.

Β. Existenz

113

daß die Verwaltung neben der traditionellen hoheitlichen Handlungsform des Verwaltungsaktes noch die des VerwaltungsVertrages zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung hat. Wenn schon durch einseitige hoheitliche Handlungen Normvollzug möglich ist, dann muß dies umso mehr durch einvernehmliche Regelung mit dem Bürger möglich sein. § 54 VwVfG ist demnach so zu verstehen, daß es Bewirkungsverträge gibt.

bb) Charakteristika von Erlaubnissen und Bewilligungen Einen anderen Ansatz wählt Kawalla. Er unterscheidet zwischen verpflichtenden und gestaltenden Regelungen, wobei er bei den verpflichtenden Regelungen eine prinzipielle Austauschbarkeit von Vertrag und Verwaltungsakt annimmt37. Bei gestaltenden Regelungen, also bei Bewirkungsverträgen, sei es überaus fraglich, ob eine Regelung auch durch Vertrag erfolgen könne38. Nach seiner Auffassung liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, wenn sich die Behörde in einem Fall für die Vertragsform und im anderen Fall für den Verwaltungsakt entscheide, da durch gestaltende Rechtsgeschäfte endgültige Verhältnisse bewirkt würden, die nicht so leicht aus der Welt zu schaffen seien wie Rechtsgeschäfte rein obligatorischer Natur 39. Auch aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Rücknahme sei eine Erlaubnis 40 nicht durch Verwaltungsvertrag zu erteilen, da gemäß § 54 S. 1 VwVfG Rechtsvorschriften entgegenstünden41. Indes bestehen Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme. Es ist nämlich nicht erkennbar, warum die fehlende Möglichkeit der Rücknahme der vertraglich bedungenen Leistung (hier also der Genehmigung) stets zur Unwirksamkeit führen soll. Zwar ist zuzugeben, daß die Aufhebungsmöglichkeit von den verschiedenen Gesetzen gefordert wird. Das kann aber in der Konsequenz nur so weit gehen, daß nur einem Bewirkungsvertrag, der keine Möglichkeit der Rückgängigmachung enthält, Rechtsvorschriften entgegenstehen, nämlich das jeweils einschlägige Fachrecht. Umgekehrt formuliert bedeutet das, daß die Behörde in einen solchen Vertrag eben Kündigungs- oder Rücktrittsgründe aufnehmen muß, die die verwaltungsaktbezogenen Regelungen auch bei vertraglichem Handeln berücksichtigen 42. Daß dieses Vorgehen für die am Vertrag beteiligten Parteien zum Teil recht umständlich ist, kann nicht dazu führen, die Möglichkeit als solche gänzlich abzulehnen. Geschieht 37

Kawalla, S. 42, wobei der Sache nach nur die (unstrittige!) Existenz des Verpflichtungsvertrages bestätigt wird. 38 Ders., S. 43 ff. 39 Kawalla, S. 52 f. 40 Kawalla erwähnt hier nur speziell die Bauerlaubnis; die Gedanken lassen sich jedoch ohne weiteres auf andere Erlaubnisse übertragen (s. S. 56). 41 Ders., S. 55; im Ergebnis wohl auch Grundei, Besprechung von Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, in: JR 1977,482. 42 In diesem Sinne auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 27. 8 Butlcrwcgge

114

. Teil: Der Verfungsvertrag

dies aber, so ist auch nicht ersichtlich, warum gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen werden sollte. Zwar steht die Wahl der Handlungsform im Ermessen der Verwaltung 43, in dessen Rahmen von einer generellen Bindung der Verwaltung an Art. 3 I GG auszugehen ist, jedoch kann nur dann ein Verstoß vorliegen, wenn wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich behandelt wird 44 . Wesentlich gleich sind aber schon die Fälle nicht, in denen der Bürger sich auf die Handlungsform des Vertrages nicht einläßt. In den übrigen Fällen liegt immer dann ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vor, wenn der Sachverhalt anders gelagert ist und die Wahl der anderen Handlungsform deshalb in diesem Fall gemäß § 10 S. 2 VwVfG einfacher und zweckmäßiger erscheint. Nur bei genau gleich gelagerten Sachverhalten ist von einer Selbstbindung der Verwaltung gemäß Art. 3 I GG auszugehen. Daher läßt sich jedenfalls aus Art. 3 I GG nicht ableiten, daß die Handlungsform „Bewirkungsvertrag" für die Erteilung von Erlaubnissen und Bewilligungen generell ausgeschlossen ist. Als Ergebnis läßt sich demnach festhalten, daß es den Charakteristika von Erlaubnissen und Bewilligungen nicht grundsätzlich widerspricht, sich der Handlungsform des Vertrages zu bedienen. Jedoch muß beachtet werden, daß den verwaltungsaktbezogenen Regelungen vergleichbare Aufhebungsmöglichkeiten in den Vertrag aufgenommen werden. Geschieht dies nicht, so ist die Handlungsform unzulässig, da ihr Rechtsvorschriften entgegenstehen, § 54 S. 1 VwVfG.

cc) Kompetenz der Behörde Bedenken können sich aber aus einem anderen Grund ergeben. Unterstellt man die Existenz von Bewirkungsverträgen, so bedeutet dies, daß die Behörde in der Lage ist, durch einvernehmliche Regelung mit dem Bürger die Rechtslage in diesem Bereich zu ändern. Das erscheint deshalb bedenklich, weil eine Handlung, die in den Kompetenzbereich der Behörde fällt, nun auch unter Mitwirkung des Bürgers vorgenommen werden kann. Kompetenz aber bedeutet Zuständigkeit, Zuständigkeit bedeutet Verantwortung 45. Die Behörde würde also durch die Zulassung des Bewirkungsvertrages in die Möglichkeit versetzt, ihre Zuständigkeit und damit ihre

43

Henneke, in: Knack, vor § 54 Rn. 8.2 f.; Wolff/ Bachof/Stober I, § 54 Rn. 4; Scherzberg, JuS 1992, S. 205 (209); Ehlers, VerwArch 74 (1983), S. 112 (131); Oldiges, NJW 1984, S. 1927 (1932); Maurer, DVB1. 1989, S. 198 (805); Reckers, S. 81 ff.; Kunig, Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten, in: DVB1. 1992, S. 1193 (1196); Krebs, VVDStRL52, S. 248 (262 f.). 44 BVerfGE 1, S. 14 (52); 4, S. 144 (155); 50, S. 177 (186); 51, S. 295 (300); 60, S. 16 (42); 61, S. 138 (147); 76, S. 256 (329); 78, S. 249 (287); 83, S. 1 (23); 89, S. 132 (141 f.); Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, 4. Auflage, 1999, Art. 3 Rn. 10; Jarass/Piewth, Grundgesetz, 4. Auflage, 1997, Art. 3 Rn. 5; Osterloh, in: Sachs, Grundgesetz, 2. Auflage, 1999, Art. 3 Rn. 8; vgl. auch Rn. 13 ff. zur sog. „neuen Formel". 45 Bull Rn. 146; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Auflage, 1976, § 72 I a) 2, S. 14.

Β. Existenz

115

Verantwortung zu delegieren und auf den Bürger zu übertragen. Diese Möglichkeit scheint den Strukturen des Allgemeinen Verwaltungsrechts zu widersprechen; lediglich im (kleinen) Bereich der freien Verwaltung wäre dann noch Raum für den Bewirkungsvertrag. Pointiert ausgedrückt hieße das: „Die Bauerlaubnis würde [...] in der Weise Zustandekommen, [ — ] daß der Bürger unter zustimmender Mitwirkung der Behörde sich die Erlaubnis selbst erteilt" 46 . Bei diesen Überlegungen muß jedoch beachtet werden, daß die Strukturen sich vor allem aus der gesetzlichen Kodifikation des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergeben und erst danach aus außergesetzlichen Überlegungen. Das Verwaltungsverfahrensgesetz sieht ein Handeln durch Vertrag ausdrücklich vor. Auch in dem Fall, daß die Behörde mit dem Bürger nur einen Verpflichtungsvertrag schließt, statt an diesen einen Verwaltungsakt zu richten, kooperiert sie mit dem Bürger, übergibt also einen Teil ihrer Verantwortung an diesen. Dann gibt es aber kaum einen Unterschied zu dem hier interessierenden Fall, daß die Behörde einen Bewirkungsvertrag schließt. Gerade in diesem Sinne ist § 54 S. 2 VwVfG zu verstehen, daß es nämlich im Interesse der Kooperation durchaus möglich ist, daß die Behörde den Bürger an der ihn betreffenden Entscheidung beteiligt. Daher greifen auch diese Bedenken nicht durch.

dd) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, daß aufgrund der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts davon auszugehen ist, daß es eine besondere Art von öffentlich-rechtlichen Verträgen gibt, die Bewirkungsverträge. Bei diesen wird die gewünschte Rechtsfolge nicht erst über einen Zwischenakt erreicht, sondern unmittelbar durch den Vertrag bewirkt.

b) Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts

Aus den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts könnte sich jedoch eine andere Betrachtungsweise ergeben. Völlig außer Betracht bleiben können diese nicht, da sie gemäß § 62 Satz 2 VwVfG ergänzende Anwendung finden. Verstieße nun die Existenz von Bewirkungsverträgen eklatant gegen die Grundstrukturen des Zivilrechts, so spräche dies gegen deren Existenz. Schließlich können die Vorschriften des BGB nur dann entsprechend angewendet werden, wenn der Vertrag zumindest in seinen Grundzügen noch den Vorstellungen des BGB entspricht. Zweifel hieran ergeben sich vor allem aus dem bereits erwähnten Umstand, daß dem Zivilrecht Bewirkungsverträge, also Verträge, die selbst unmittelbar ein Recht begründen und nicht mehr der Erfüllung bedürfen, fremd sind. Vielmehr ist die 46

8*

Schimpf, S. 78.

116

3. Teil: Der Verfiigungs ν ertrag

zi vil rechtliche Lage so, daß regelmäßig ein Rechtsgrund für einen Verfügungs vertrag gefordert wird. Rechtsgrundlos sind lediglich die Verpflichtungsverträge, die den Rechtsgrund für eine spätere Verfügung bilden. Jedoch bedürfen diese stets noch eines weiteren Vertrages, des Erfüllungsgeschäftes. Vor allem Obermayer hat aus diesem Grund die Existenz des „Verfügungsvertrages" (womit er der Sache nach den Bewirkungsvertrag meint) bestritten 47. Dies begründet er damit, daß der gesamten Systematik des Vertragsrechts widersprochen werde. Wenn man ein einheitliches Geschäft annehme, stünde kein handhabbares Rückabwicklungssystem mehr zur Verfügung, da das gesamte Vertragssystem auf der Zweigleisigkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft aufbaue 48. Im übrigen rügt er (nicht näher substantiiert) „dogmatisch erhebliche Ungereimtheiten" und fehlende Rechtssicherheit49. Bei der Frage nach der Vereinbarkeit des Bevvirkungsvertrages mit den Grundstrukturen des Zivilrechts ist von folgender Überlegung auszugehen: Das Zivilrecht findet gemäß § 62 Satz 2 VwVfG nur ergänzende Anwendung. Gibt es also öffentlich-rechtliche Besonderheiten, die eine abweichende Betrachtung erfordern, so sind diese zunächst zu beachten. Nur wenn das nicht der Fall ist, wird auf das Zivilrecht zurückgegriffen. Es stellt sich also die Frage, warum das Zivilrecht die Unterscheidung zwischen Grund- und Erfüllungsgeschäft, also zwischen Verpflichtungsund Verfügungsvertrag, vornimmt. Diese Unterscheidung ist nach Flume damit zu begründen, daß der Rechtsgrund die Rechtsänderung legitimiert 50 und ihr damit Bestand verleiht. Eine Rechtsänderung kann also nicht ohne Rechtsgrund erfolgen, da sie ansonsten als illegitim angesehen werden müßte. Einer solchen Legitimation bedarf aber die Behörde im öffentlichen Recht nicht, da diese nicht in einer der zivilrechtlichen Lage entsprechenden Situation handelt. Im Zivilrecht stehen sich zwei Parteien gegenüber, die sich aufgrund ihrer Vertragsfreiheit binden können. Diese Vertragsfreiheit resultiert aus der allgemeinen Handlungsfreiheit 51. Die Behörde handelt jedoch nicht aufgrund von Handlungsfreiheit (diese steht ihr auch gar nicht zu 52 ), sondern aus Gründen des Gesetzesvollzuges in Wahrnehmung der ihr

47

Obermayer, 2. Auflage, 1990, § 54 Rn. 19. Ebda. 49 Ebda. 50 Flume § 12 1 1. 51 BVerfGE 8, S. 274 (328); 65, S. 196 (210): 70, S. 115 (123); 74, S. 129(151 f.);Jarass/ Pieroth, Art. 2 Rn. 4; Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Band I, 1998, Art. 2 I Rn. 53 (jedoch nur als Auffanggrundrecht); Murswiek, in: Sachs, Art. 2 Rn. 54; Dreier, Grundgesetz, 1996, Art. 2 Rn. 24, 47; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 136; Kunig, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 4. Auflage, 1992, Art. 2 Rn. 29. 52 Ehlers, in: Erichsen, Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 28; Krebs, VVDStRL 52, S. 248 (256); Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52, S. 190 (219); Wolff/Bachof/Stober I, § 54 II 1, Rn. 4; Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 25; 48

C. Folgerungen

117

verliehenen Kompetenz53. In der Wahrnehmung dieser Aufgabe ist auch der Rechtsgrund für Verfügungen zu sehen. Aufgrund dieser Besonderheit ist der öffentlichrechtliche Vertrag also anders zu beurteilen als der zivilrechtliche. Wie bereits nachgewiesen wurde, ergibt sich aus der Systematik von § 62 VwVfG, daß in diesem Fall die öffentlich-rechtlichen Besonderheiten den Vorrang genießen. Zugleich liegt auch kein eklatanter Widerspruch zum Zivilrecht vor, sondern nur eine Sondersituation aufgrund der öffentlich-rechtlichen Besonderheiten. Etwas anderes könnte sich nur noch aus der Überlegung ergeben, daß zumindest die Leistung des Bürgers eines Rechtsgrundes bedarf 54. Hier ist aber der synallagmatische Zusammenhang mit der Leistung der Behörde zu berücksichtigen. Rechtfertigung für die Leistung des Bürgers ist die Leistung der Behörde, um derentwillen er seine erbringt. Zwar reicht dies im Zivilrecht nicht aus; aber ein solcher Vertragstyp ist dem Zivilrecht aufgrund der anderen Situation auch gänzlich unbekannt. Daher ergibt sich auch aus diesem Umstand nichts anderes.

6. Ergebnis

Aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts ergibt sich, daß der Bewirkungsvertrag aufgrund der öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen durchaus besteht, da über den Rechtsgrund des Gesetzesvollzuges hinaus kein weiterer Rechtsgrund für Verfügungen seitens der Behörde erforderlich ist. Insofern ist die Situation vergleichbar mit einem Verwaltungsakt, der ebenfalls keinen besonderen Rechtsgrund braucht. Dieser liegt nämlich immer schon vor - in der Aufgabe der Behörde, Gesetze zu vollziehen. Dieser Befund steht nicht in einem solchen Widerspruch zum Zivilrecht, daß er unauflösbar wäre.

C. Folgerungen I. Auswirkungen auf die bisher gefundenen Ergebnisse Allerdings ist fraglich, ob durch die Annahme der Existenz von Bewirkungsverträgen nicht das bisher gefundene Ergebnis in Frage gestellt wird, daß der Verwaltungsvertrag gerade nicht die Gesetzeslage verändert. Wenn es Bewirkungsverträge gibt, also Verwaltungsverträge mit gestaltender Wirkung, so wird durch diese eben

ders., DVB1. 1989, S. 798 (805); Henke, JZ 1984, S. 441 (445); Göldner, JZ 1976, S. 352 (358). 53 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, A III 2 a), Rn. 26; Krebs, VVDStRL 52, S. 248 (256). 54 Obermayer, 2. Auflage, § 54 Rn. 19.

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. Teil: Der Verfiungsvertrag

doch die Rechtslage verändert. Also ist es durchaus möglich, Verträge zu schließen, die die Rechtslage im Einzelfall ändern. Zu bedenken ist allerdings, daß oben ein anderer Fall erörtert wurde. Dort wurde die Änderung der Rechtslage erst durch den Verwaltungsakt, nicht bereits durch den Vertrag vorgenommen. Die rechtsändernde Wirkung des Vertrages kann aber nur dann vorliegen, wenn er selbst die Änderung vornimmt, nicht sofern er nur zum Erlaß eines solchen Verwaltungsaktes verpflichtet. Liegt aber wie im obigen Ausgangsfall ein Kollisionsfall mit einem Verwaltungsakt vor, so ist kein Wertungswiderspruch zu diesem Fall ersichtlich, handelt es sich doch dabei um einen ganz anderen Sachverhalt. Zwar gibt es auch Ähnlichkeiten. So wird im obigen Fall in gewisser Weise auch die Rechtslage verändert, nämlich ein Anspruch begründet. Jedoch geht die Rechtsänderung nicht weiter als bis zum Inhalt des Vertrages, es wird also lediglich ein Anspruch geschaffen. Der Inhalt dieses Anspruchs kann aber durchaus noch der Erlaß eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes sein. Die Rechtsänderung geht also nur dahin, daß ein Anspruch geschaffen wird, den es vorher noch nicht gab. Die Ähnlichkeiten sind demnach nicht so ausgeprägt, als daß sie eine notwendige Gleichbehandlung rechtfertigen könnten. Gerade die nachgewiesene Existenz von Bevvirkungsverträgen belegt dieses Ergebnis. Würde bereits jeder Verpflichtungs ν ertrag zu einer Rechtsänderung im Einzelfall führen, dann wäre im Ergebnis kein Unterschied mehr zum Bewirkungsvertrag festzustellen. Wenn nämlich bereits der Verpflichtungsvertrag im maßgebenden Verhältnis die Rechtslage so konkretisiert, daß er die weiteren Erfüllungsakte vor dem Rückgriff auf die gesetzliche Lage abschirmt, dann hätte das zur Folge, daß jedenfalls für den Einzelfall die Rechtslage durch den Verpflichtungsvertrag geändert würde. Dann gäbe es aber nur Bewirkungsverträge 55, die Konstruktion der Verpflichtungs Verträge erschiene fragwürdig. Wie man den Gesetzesmaterialien entnehmen kann, ging der Gesetzgeber aber davon aus, daß es Verpflichtungsverträge gibt 56 . Daher läßt sich auch hieraus entnehmen, daß das oben gefundene Ergebnis zutreffend ist. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die vorangegangenen Überlegungen zum Bewirkungsvertrag nichts an den oben gefundenen Ergebnissen ändern.

II. Vorliegen eines Bewirkungsvertrages Mit der Annahme der Existenz des Bewirkungsvertrages ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, inwiefern im Einzelfall auch tatsächlich ein Bewirkungsvertrag vorliegt, denn jedenfalls ist § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB zu 55 56

Von dieser Überlegung geht offenbar Tschaschnig, S. 30 f., aus. BT-DS 7/910, S. 79.

C. Folgerungen

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entnehmen, daß die vertraglichen Willenserklärungen auszulegen sind. Dabei ist davon auszugehen, daß die Behörde nur selten die Rechtsänderung durch den Vertrag selbst herbeiführen will; Regelfall des behördlichen Handelns wird nach wie vor der Verwaltungsakt sein57. Für diese Auslegung spricht einerseits der Wille des Gesetzgebers, ging dieser doch davon aus, daß die Behörde zur Erfüllung häufig noch einen Verwaltungsakt erlassen muß58. Andererseits streitet für diese Auslegung auch die Überlegung, daß die Behörde sich im Regelfall immer der klassischen Handlungsform bedienen und nur in Ausnahmen auf besondere, ungewöhnliche Konstruktionen zurückgreifen wird. Im übrigen hat auch der Bürger ein erhebliches Interesse daran, daß die Behörde keinen Bewirkungsvertrag abschließt, setzt er sich doch dadurch der Regelung von § 58 VwVfG aus, die ihn mit schwer kalkulierbaren Risiken belastet. In vielen Fällen könnte er, wie gezeigt59, kaum erkennen, wer alles gemäß § 58 I VwVfG dem Vertrag zustimmen muß, damit dieser wirksam wird. Sind daher keine besonderen Anhaltspunkte vorhanden, die auf einen abweichenden Willen der Behörde schließen lassen, so ist ihre Erklärung dahingehend auszulegen, daß sie nur Verpflichtung und Erfüllung in dieselbe Urkunde aufnehmen wollte 60 . Wird also in dem Vertrag die Baugenehmigung selbst ausgesprochen, so ist dies regelmäßig so auszulegen, als wäre ein Verpflichtungsvertrag geschlossen worden, der sogleich erfüllt wurde. Besonders eindeutig ist der Fall, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt ist. Umgekehrt kann aus ihrem Fehlen nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, daß die Behörde einen Bewirkungsvertrag schließen wollte. Sie muß diesen Willen eindeutig zum Ausdruck bringen. Dies kann zum Beispiel wie folgt geschehen: „Dieser Vertrag berechtigt Sie unmittelbar dazu zu bauen. Dabei haben Sie folgendes zu beachten [...]." Hingegen wäre folgende Formulierung so auszulegen, daß nur Verpflichtung und Erfüllung zusammenfallen: „Hiermit erteilen wir Ihnen die Genehmigung zu bauen. Dabei haben Sie folgendes zu beachten |...]".

I I I . Beurteilung vergleichbarer Fälle beim Bewirkungsvertrag Geht man jedoch von der Existenz des Bevvi rkungsvertrages aus, so sind damit keineswegs alle Probleme geklärt. Schwierig ist vor allem die Frage zu beantworten, ob nicht durch ein gewisses Maß an Formulierungsgeschick zwei völlig unterschiedliche Rechtsfolgen bewirkt werden. Zu untersuchen ist deshalb, ob die Rechtslage in den untersuchten Fallkonstruktionen im Ergebnis für beide Vertrags-

57

So auch Schimpf, S. 79. BT-DS 7/910, S. 79. 59 s. dazu oben, 2. Teil, A II 4 h) aa). 60 Als „praktische Lösungsmöglichkeit" schlägt das auch Kawalla, S. 56 f., vor; so auch Maurer, Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 27; ebenso schon Redeker, DÖV 1966, S. 543 (545). 58

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. Teil: Der Verfungsvertrag

typen identisch ist. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist anschließend zu untersuchen, ob diese Unterschiede gerechtfertigt erscheinen oder nicht.

1. Aufhebbarkeit der Erfüllung

Schließt die Behörde einen Verpflichtungs vertrag, den sie anschließend auch erfüllt, so wäre bei überragendem Gemeinwohlinteresse die Baugenehmigung zurücknehmbar. Mangels eines Verwaltungsaktes könnte jedoch in dem Fall, daß die Behörde einen Bewirkungsvertrag wählt, daß also kein erfüllender Verwaltungsakt mehr nötig ist, dieser auch nicht zurückgenommen werden. Allerdings besteht hierzu auch gar kein Anlaß. Durch § 60 I 2 VwVfG wird der Behörde die Möglichkeit eingeräumt, den Vertrag mit Wirkung ex-nunc zu kündigen. Der Bürger durfte also erst bauen, dann darf er es nicht mehr. Genau das entspricht aber der Situation bei der Rücknahme des erfüllenden Verwaltungsaktes. Hier ergeben sich also keine Unterschiede in der Rechtsfolge, was das oben für den Verpflichtungsvertrag gefundene Ergebnis stark stützt.

2. Vertragswidrige Verwaltungsakte

Bei der Fallgruppe der vertragswidrigen Verwaltungsakte ist nur eine Konstellation denkbar, nämlich die, daß ein Verwaltungsakt erlassen wird, der mit dem Sinn des Vertrages kollidiert. Beispielsweise läge ein solcher Fall vor, wenn die Behörde vertraglich dem Bürger das Recht zuspricht, eine gewisse Menge Wasser kostenlos zu beziehen, und ihm später ein Kostenbescheid zugeht. Nicht denkbar ist die Konstellation, daß der Erfüllungsakt vom versprochenen Akt abweicht, da Bewirkungsverträge gerade keiner Erfüllung mehr bedürfen. Auch in diesem Fall wird ein Verwaltungsakt erlassen, der geeignet ist, den vertraglich intendierten Zweck zu unterlaufen. In diesem Fall kann nichts anderes gelten als im Fall des Verpflichtungs Vertrages: Der Vertrag entfaltet eine Nebenpflicht dahingehend, daß die Behörde alle Dinge zu unterlassen hat, die dem Vertragszweck zuwiderlaufen. Dadurch entsteht eine Aufhebungsverpflichtung der Behörde. Daher ergibt sich auch hier kein Unterschied zur Lage beim Verpflichtungsvertrag.

3. Nichtige Verträge

Ist der Bewirkungsvertrag nichtig, so entfaltet er überhaupt keine Bindungswirkung. Das dem Bürger versprochene Recht ist nie zur Entstehung gelangt; die Lage ist also vergleichbar mit der Erteilung eines nichtigen Verwaltungsaktes. Hier scheint ein gewisser Widerspruch zu dem oben gefundenen Ergebnis zu bestehen, wurde doch dort festgestellt, daß auf dem vermeintlichen Vertrag beruhende

C. Folgerungen

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Vervvaltungsakte regelmäßig rechtswidrig sind, in Ausnahmefällen sogar rechtmäßig, jedoch nur ganz ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 44 VwVfG nichtig. Der Bürger steht also besser, wenn er mit der Behörde einen (nichtigen) Verpflichtungs vertrag schließt, als wenn er mit ihr einen Bewirkungsvertrag abschließt. Dieses Ergebnis verwundert im ersten Moment, steht sich doch der Bürger in dem Fall, daß er bereits die gesamte Leistung erhalten hat (was eigentlich zu einer stärkeren Position führen müßte), schlechter, als wenn er die Leistungen in zwei Akten erhält. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, daß dieser Widerspruch nur vermeintlich besteht. Der Bewirkungsvertrag ist keineswegs „stärker" als der Verpflichtungsvertrag. Im Gegenteil ist er sogar schwächer ausgeprägt. Als Beispiel sei wiederum auf § 58 VwVfG verwiesen, der nur auf den Bewirkungsvertrag, nicht aber auf den Verpflichtungsvertrag Anwendung findet. Dies stellt sogar eine elementare Schwäche des Bewirkungsvertrages dar. Der hier vorliegende Fall ist aber systematisch durchaus mit dem Fall der Unwirksamkeit aufgrund fehlender Zustimmung vergleichbar. In beiden Fällen wird die Unwirksamkeit deshalb angeordnet, weil es keine Möglichkeit mehr gibt, sonst die von der Rechtsordnung mißbilligte Folge zu verhindern. Ist bei der Kombination von Verpflichtungsvertrag und erfüllendem Verwaltungsakt immer noch die Korrektur am Erfüllungsakt möglich, so scheidet diese Variante beim Bewirkungsvertrag aus. Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch die Überlegung, daß der Bewirkungsvertrag der Rechtsfolge nach eher einem Verwaltungsakt als einem Verpflichtungsvertrag ähnelt. Schließlich wird die gewünschte Rechtsfolge unmittelbar herbeigeführt, es bedarf keines weiteren Erfüllungsaktes. Deshalb ist es aber auch sinnvoll, die Wirkung eines nichtigen Bewirkungsvertrages an die Rechtsfolge eines nichtigen Verwaltungsaktes anzugleichen. Ein nichtiger Verwaltungsakt entfaltet aber ebenfalls keine Rechtswirkungen, so daß vor dem Hintergrund dieser Parallelität die Besonderheit des Bewirkungsvertrages gegenüber dem Verpflichtungsvertrag in dieser Konstellation durchaus sinnvoll erscheint. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß gegenüber dem Verpflichtungsvertrag der Unterschied besteht, daß der gewünschte Rechtserfolg bei Nichtigkeit nicht herbeigeführt wird, dieses Ergebnis aber durch die Besonderheit des Bewirkungsvertrages erklärbar ist.

4. Vor Abschluß des Vertrages erlassene Verwaltungsakte

Diese Fallgruppe bereitet besondere Schwierigkeiten. Die Problematik liegt hier darin, daß der vorangegangene Verwaltungsakt nicht durch einen nachfolgenden Verwaltungsakt aufgehoben wird, sondern daß hier die Rechtsänderung unmittelbar durch den Vertrag bewirkt wird. Ein Akt würde also nicht durch einen anderen, gleichartigen Akt aufgehoben, sondern durch einen verschiedenartigen. Fraglich ist, wie diese Konstellation gelöst werden kann. 9 Butterwcggc

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Die oben vorgeschlagene Lösung, der Verwaltungsakt enthalte die konkludente Aufhebung des vorherigen Aktes, kann hier nicht gelten, da es eben keinen erfüllenden Verwaltungsakt gibt. Auch wurde bereits nachgewiesen, daß aufgrund der Verschiedenartigkeit von vertraglicher Willenserklärung und Verwaltungsakt (einen solchen stellt die Aufhebung dar 61 ) der vertraglichen Erklärung nicht eine gleichzeitige Aufhebung untergeschoben werden kann62. Ist dies aber der Fall, dann könnten zwei widerstreitende Rechtsakte existieren und miteinander kollidieren, ein Ergebnis, das nicht zu überzeugen vermag. Als Lösungsmöglichkeit kann man in Betracht ziehen die lex-posterior-Regel anzuwenden. Zwar handelt es sich nicht um dieselbe Art von Rechtsakt, jedoch sind beide Rechtsakte, Verwaltungs vertrag und Verwaltungsakt, auf derselben Stufe anzusiedeln. Beide sind gleichwertige Handlungsinstrumente der Verwaltung bei ihrer Aufgabe des Normvollzugs. Daher erscheint es generell nicht ausgeschlossen, daß in diesem Fall der Verwaltungsvertrag den früheren Verwaltungsakt aufhebt. Dagegen spricht jedoch, daß die Möglichkeit der Verwaltung, einen Verwaltungsakt aufzuheben, im Gesetz in den §§ 48, 49 VwVfG abschließend geregelt ist. Daher verwundert es, daß der Behörde weitere Möglichkeiten zur Verfügung stehen sollten, ohne Berücksichtigung der Aufhebungsvorschriften die Bestandskraft des Verwaltungsaktes aufzuheben. Betrachtet man jedoch den Charakter eines Bevvi rkungsvertrages genauer, so schafft dies die nötige Klarheit. Der Bewirkungsvertrag ist ein Vertrag, der die Regelung, die sonst ein Verwaltungsakt enthält, unmittelbar selbst herbeiführt, ohne daß es eines weiteren Umsetzungsaktes bedarf. Wie oben festgestellt wurde, kann der Bewirkungsvertrag gleichberechtigt an die Stelle des Verwaltungsaktes treten; die Verwaltung hat die Möglichkeit, die geeignetere Handlungsform zu wählen. Daraus folgt aber, daß dann die Behörde auch die Möglichkeit haben muß, die Aufhebung eines Verwaltungsaktes vertraglich vorzunehmen. Der Verwaltungsvertrag ist also so auszulegen, daß neben der Bewirkung der eigentlichen Rechtsfolge gleichzeitig zwischen den Vertragspartnern die unmittelbare Aufhebung von allen (möglicherweise) entgegenstehenden Akten vereinbart wurde. Über diesen Weg ist die lex-posterior-Regel also auch hier anwendbar. Fraglich ist, ob dieses Ergebnis nicht auch schon in der Konstellation des Verpflichtungsvertrages einschlägig gewesen wäre. Auch dort hätte die Möglichkeit bestanden, bereits den Vertrag dahingehend auszulegen, daß er selbst unmittelbar die entgegenstehenden Verwaltungsakte aufheben soll. Allerdings besteht der Unterschied darin, daß dort eben kein Bewirkungsvertrag, sondern nur ein Verpflichtungsvertrag vorlag. Dessen Wirkung besteht aber nur darin, daß eine Anspruchsgrund-

61 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 48 Rn. 241 ; Klappstein, in: Knack, § 48 Rn. 5\ Meyer/ Borgs, § 48 Rn. 73; Maurer, Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 20; Obermayer, VwVfG, 2. Auflage, § 48 Rn. 36. 62

s. oben 2. Teil, C I L

C. Folgerungen

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läge für den versprochenen Verwaltungsakt entsteht63, nicht darin, die gewünschte Rechtsfolge selbst herbeizuführen. Der Existenz einer Anspruchsgrundlage steht der vorherige Verwaltungsakt aber nicht im Wege, sondern erst der Erfüllung. Daher entsteht auch erst auf dieser Ebene die Kollisionsproblematik und ist deshalb auch erst dort zu lösen. Die hier gefundene Lösung, daß der Vertrag den entgegenstehenden Verwaltungsakt mit aufhebt, ist also nicht all gemeingültig, sondern hängt mit den Besonderheiten des Bewirkungsvertrages zusammen. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, daß die Aufhebung des vorigen Verwaltungsaktes beim Bewirkungsvertrag durch den Vertrag selbst geschieht, beim Verpflichtungsvertrag erst durch den Erlaß des vertraglich versprochenen Verwaltungsaktes. Beide Fallgruppen führen aber zum selben Ergebnis, nämlich daß die vertragliche Regelung sich durchsetzt.

5. Ergebnis

Die Betrachtung ergibt also, daß die Fälle unabhängig von der Vertragsart fast immer zum gleichen Ergebnis führen. Eine Ausnahme stellt insoweit nur die Konstellation des nichtigen Vertrages dar. Bei dieser rechtfertigt sich jedoch die unterschiedliche Behandlung aus den typischen Unterschieden zwischen Bewirkungsund Verpflichtungsvertrag.

63

s. dazu schon oben, 2. Teil, A II.

4. Teil

Gesamtergebnis zur Frage nach dem allgemeinen Verhältnis von Verwaltungsakten und Verwaltungsverträgen Aus dem Gesagten kann man für das Kollisionsproblem von Vervvaltungsvertragen und Verwaltungsakten folgendes festhalten: 1. Die Kollisionsproblematik von Vervvaltungs ν ertrag und Verwaltungsakt spiegelt das sich im Allgemeinen Verwaltungsrecht generell stellende Problem wider, einen gerechten Ausgleich zwischen den beiden sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsätzen von Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und Vertrauensschutz des Bürgers zu finden. Die Lösung dieses Problems darf aber nicht abstrakt von den gesetzlichen Vorschriften aufgrund allgemeiner Billigkeitserwägungen geschehen, sondern sie hat die gesetzgeberischen Vorgaben zu beachten. Das gesamte Verwaltungsrecht ist von dieser Problematik durchzogen, weshalb der Gesetzgeber im VwVfG umfangreiche Regelungen getroffen hat, um zu einem interessengerechten Ausgleich zu kommen. Nur vor diesem Hintergrund kann daher eine angemessene Lösung gefunden werden. 2. Die Regelungen von §§ 54 ff. VwVfG haben grundsätzlich Vorrang vor den Regelungen über den Verwaltungsakt. 3. Dies heißt jedoch nicht, daß sie diese Regelungen verdrängen. Vielmehr ist ihr Verhältnis dergestalt, daß beide Regelungskomplexe nach wie vor Anwendung finden. Der Ausgleich findet so statt, daß die Vorschriften über den Verwaltungsakt im Lichte der Regelungen über den Verwaltungsvertrag auszulegen sind. Geeignete Stelle, um eine angemessene Lösung des Konflikts zu ermöglichen, ist das Ermessen. Im übrigen sind die verwaltungsaktsbezogenen Normen stets unter Berücksichtigung des Vertragsrechts auszulegen; es sind also die vertraglichen Besonderheiten und Wertungen bei der Auslegung der Normen zu berücksichtigen. Durch diese Verlagerung auf die Rechtsfolgenseite wird zweierlei ermöglicht: Zum einen eine flexible Handhabung der Kollisionsproblematik zugunsten der Einzelfallgerechtigkeit, zum anderen auch eine erhebliche Rechtssicherheit des Bürgers durch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Vertrages. 4. Konkret bedeutet dies, daß vertragskonforme Verwaltungsakte, die dem materiellen Recht widersprechen, rechtswidrig und damit grundsätzlich rücknehmbar sind. Allerdings ist das Rücknahmeermessen stark eingeschränkt; eine Rücknahme ist nur möglich, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu be-

4. Teil: Gesamtergebnis

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seitigen- Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, der §§ 49 II Nr. 5, 60 I 2 VwVfG zugrundeliegt. 5. Sowohl bei § 58 I als auch bei Absatz II VwVfG bleibt es bei der durch den Wortlaut der Norm vorgezeichneten Auslegung, daß das Zustimmungserfordernis nur dann gilt, wenn es sich um einen Bewirkungsvertrag handelt, nicht aber bei Verpflichtungsverträgen. Nur so ist es möglich, dem Vertrag den vom Gesetz vorgesehenen Bestand und dem Bürger die beabsichtigte Sicherheit zu verleihen. 6. Die Wahl der richtigen Klageart bestimmt sich nicht nach materiellem, sondern nach Prozeßrecht. Daher ist die Frage nach der richtigen Klageart für Klagen auf Erlaß eines Verwaltungsaktes aus einem Verwaltungs vertrag allein prozeßrechtlich zu beantworten. Die Antwort wird durch § 42 I VwGO gegeben, wonach die richtige Klageart die Verpflichtungsklage ist. Bei diesem Ergebnis bleibt es. 7. Vertragswidrige Verwaltungsakte sind nach der materiellen Rechtslage zu beurteilen. Aus dem Vertrag ist die Nebenpflicht zu entnehmen, entgegenstehende Rechtsakte aus der Welt zu schaffen. Die Aufhebung richtet sich nach §§ 48, 49 VwVfG. 8. Verpflichtet sich die Behörde in einem wirksamen Vertrag zum Erlaß eines Verwaltungsaktes, der einem bereits bestehenden inhaltlich widerspricht, so ist die Kollision dahingehend aufzulösen, daß der Vertrag die Behörde verpflichtet, den vorherigen, entgegenstehenden Verwaltungsakt aufzuheben. Dies kann auch konkludent mit dem Erlaß des neuen Verwaltungsaktes geschehen. 9. Verwaltungsakte, die zur Erfüllung eines nichtigen Vertrages erlassen werden, sind nicht per se nichtig, sondern sie sind nach der materiellen Rechtslage zu beurteilen. Dabei werden Ermessensverwaltungsakte regelmäßig rechtswidrig sein, da die Behörde das ihr zustehende Ermessen nicht erkannt hat. Gebundene Entscheidungen hingegen sind regelmäßig rechtmäßig, sofern der ergangene Verwaltungsakt mit der gesetzlichen Lage übereinstimmt. 10. Es ist grundsätzlich nicht nur zwischen zwei, sondern zwischen drei Formen des Verwaltungsvertrages zu differenzieren: Neben dem Verpflichtungsvertrag gibt es noch den Verfügungsvertrag und den Bewirkungsvertrag. Der Verpflichtungsvertrag ist ein Vertrag, in dem sich die Behörde lediglich zur Vornahme einer Handlung (in der vorliegenden Untersuchung: Erlaß eines Verwaltungsaktes) verpflichtet. Der Verfügungsv ertrag hingegen ist ein Vertrag, der auf die unmittelbare Änderung eines bestehenden Rechts gerichtet ist, vor allem öffentlich-rechtliche Abtretung und öffentlich-rechtlicher Verzicht. Neben diesen Formen gibt es aber auch noch den Bewirkungsvertrag, einen Vertrag, der die Rechtsfolge nicht nur verspricht, sondern selbst unmittelbar die Rechtsänderung herbeiführt. Entgegen der verbreiteten Terminologie handelt es sich hierbei nicht um einen Verfügungsvertrag, da nicht auf ein bestehendes Recht eingewirkt wird. Um terminologische Unschärfen zu vermeiden, ist daher der hier vorgeschlagene, eigenständige Begriff „Bewirkungsvertrag" zu verwenden.

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