Der Unternehmerregress nach Maßgabe der §§ 478, 479 BGB: Unter besonderer Berücksichtigung intertemporaler und internationalprivatrechtlicher Probleme [1 ed.] 9783428527298, 9783428127290

Gegenstand der Arbeit sind die §§ 478, 479 BGB, die Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen und innerhalb der

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Der Unternehmerregress nach Maßgabe der §§ 478, 479 BGB: Unter besonderer Berücksichtigung intertemporaler und internationalprivatrechtlicher Probleme [1 ed.]
 9783428527298, 9783428127290

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Band 185

Der Unternehmerregress nach Maßgabe der §§ 478, 479 BGB Unter besonderer Berücksichtigung intertemporaler und internationalprivatrechtlicher Probleme

Von

Stefanie Sendmeyer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

STEFANIE SENDMEYER

Der Unternehmerregress nach Maßgabe der §§ 478, 479 BGB

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dörner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles

Band 185

Der Unternehmerregress nach Maßgabe der §§ 478, 479 BGB Unter besonderer Berücksichtigung intertemporaler und internationalprivatrechtlicher Probleme

Von

Stefanie Sendmeyer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 978-3-428-12729-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Professor Dr. Heinrich Dörner (Lehrstuhl für Internationales Privatrecht und Bürgerliches Recht an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster). Sie wurde im August 2005 abgeschlossen und im Wintersemester 2006/2007 von der Juristischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Ende 2007 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Professor Dr. Heinrich Dörner. Nicht nur haben seine Betreuung und die mir gewährte wissenschaftliche Freiheit wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Durch die Aufnahme in seinen Mitarbeiterkreis zu Studienzeiten und die Anstellung an seinem Lehrstuhl während der Promotion hat er meine juristische Ausbildung maßgeblich geprägt sowie mein Interesse an der Wissenschaft geweckt und entscheidend gefördert. Darüber hinaus gebührt mein Dank Frau Professorin Dr. Petra Pohlmann für die Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Heinrich Dörner, Herrn Professor Dr. Dirk Ehlers und Frau Professorin Dr. Ursula Nelles danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in diese Schriftenreihe, dem Freundeskreis Rechtswissenschaft e.V. für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses. Besonders bedanken möchte ich mich zudem bei der Rechtswissenschaftlichen Fakultät für den Vorschlag und bei der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster für die Verleihung des Universitätspreises 2007 und die damit einhergehende finanzielle Förderung, mit der ich u.a. die Drucklegung finanzieren konnte. Weiter gilt mein Dank all denjenigen, die in unterschiedlicher Weise zum Gelingen dieser Dissertation beigetragen haben. Professor Dr. Ansgar Staudinger, dem damaligen Assistenten meines Doktorvaters, danke ich für die wertvollen Hinweise bei der Themenwahl und die Anregung des Themas. Bei meinem Kollegen Daniel Lübcke bedanke ich mich herzlich für die Hilfe bei der Formatierung der Arbeit. Besonderer Dank gilt meiner damaligen Kollegin Frau Stefanie Dornhegge, die die mühselige und zeitaufwändige Arbeit des Korrekturlesens auf sich genommen und so den Abschluss der Arbeit gefördert hat. Nicht zuletzt möchte ich mich bei der gesamten Lehrstuhlbesetzung, insbesondere bei meinen Weggefährten und Bürokollegen Dr. Mihael A. Pohar und

Vorwort

8

Dr. Alexander Henk sowie bei Nicole Strack, für die sehr schöne Zeit am Lehrstuhl, die gute Arbeitsatmosphäre und die freundschaftliche Unterstützung bedanken. Von ganzem Herzen danke ich meinem Lebensgefährten Michael Frese dafür, dass er auch in den schwierigeren Phasen der Promotion stets stärkend an meiner Seite stand. Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich meinen Eltern Monika und Werner Sendmeyer sowie meinem Bruder Florian Sendmeyer. Sie haben mich während meiner gesamten Ausbildung liebevoll begleitet und unterstützt. Ohne ihre Hilfe wäre vieles schwerer und manches nicht möglich gewesen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Münster, im März 2008

Stefanie Sendmeyer

Inhaltsübersicht Einleitung ................................................................................................................

29

1. Teil Der Rückgriff des Unternehmers im deutschen Recht

33

1. Kapitel Entstehung der Rückgriffsregelungen der §§ 478, 479 BGB A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ............................................................... I.

33 33

Kompetenz zum Erlass der Richtlinie .......................................................

34

II. Die Regressvorgabe in Art. 4 der Richtlinie..............................................

38

III. Umsetzungspflicht des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie..............

48

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB...................

56

I.

Umsetzung der Richtlinie im Rahmen der Schuldrechtsreform.................

56

II. Umsetzung der Regressvorgabe ................................................................

58

III. Die Regressregelungen in ihrer endgültigen Fassung................................

65

2. Kapitel Die Regresskette – Grundsätzliche Anwendungsvoraussetzungen der §§ 478, 479 BGB A. Der Unternehmer als Rückgriffsschuldner und -gläubiger......................... I.

67 67

Der Unternehmerbegriff ............................................................................

68

II. Anwendbarkeit der Regressregelungen auf Zulieferer ..............................

98

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette........................... 126 I.

Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs als Anwendungsvoraussetzung .... 126

II. Der Verbraucherbegriff ............................................................................. 139 C. Anforderungen an die Kaufsache .................................................................. 148 I.

Beschaffenheit der Kaufsache ................................................................... 148

II. Vorliegen eines Mangels ........................................................................... 168

10

Inhaltsübersicht 3. Kapitel Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB im Einzelnen

181

A. Einführung ...................................................................................................... 181 I.

Systematik der Regressregelungen ............................................................ 181

II. Ziel der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB .................................... 182 B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB ........................................................ 184 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 1 BGB .................................................... 184

II. Voraussetzungen der Norm im Einzelnen ................................................. 187 III. Zusammenfassung ..................................................................................... 205 C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB ................... 205 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 2 BGB .................................................... 205

II. Aufwendungen, die der Unternehmer nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte ................................................................................................ 207 III. Analoge Anwendung auf die Kosten, die im Rahmen anderer Rechtsbehelfe anfallen ......................................................................................... 232 IV. Regressfähige Kosten in der weiteren Regresskette .................................. 237 V. Zusammenfassung ..................................................................................... 238 D. Die Regelung des § 478 Abs. 3........................................................................ 239 I.

Die Vermutungsregel des § 476 BGB ....................................................... 239

II. Übertragung der Beweislastvermutung auf den Regress ........................... 242 E. Beschränkte Abdingbarkeit der Regressregelungen auf Grund des § 478 Abs. 4 BGB ............................................................................................ 244 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 4 BGB .................................................... 244

II. Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs ............................................ 248 III. Anderweitige Umgehung der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB ... 251 IV. Zusammenfassung ..................................................................................... 254 F.

Die Rügeobliegenheit im Regress, § 478 Abs. 6 BGB ................................... 254 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 6 BGB .................................................... 254

II. Voraussetzungen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB................................................................................................ 256 III. Besonderheiten der Rügeobliegenheit innerhalb der Regresskette ............ 257 G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB................................................. 259 I.

Regelung des § 479 Abs. 1 BGB ............................................................... 260

II. Regelung des § 479 Abs. 2 BGB ............................................................... 263 III. Zusammenfassung ..................................................................................... 272

Inhaltsübersicht

11

2. Teil Übergangsprobleme beim Regress nach §§ 478, 479 BGB

274

A. Die allgemeinen Überleitungsvorschriften des Art. 229 §§ 5 bis 7 EGBGB 274 I.

Überleitung von Schuldverträgen nach der Grundregel des Art. 229 § 5 EGBGB ............................................................................................... 274

II. Überleitung des Verjährungsrechts nach Art. 229 § 6 EGBGB ................. 277 B. Die Überleitung der Regressregelungen........................................................ 278 I.

Einführung in die Problematik................................................................... 278

II. Meinungsstand........................................................................................... 279 III. Stellungnahme ........................................................................................... 281 C. Zusammenfassung........................................................................................... 285 3. Teil Der Regress in grenzüberschreitenden Sachverhalten

286

1. Kapitel Einführung

286

2. Kapitel Der Regress im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts

287

A. Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ...................................................... 287 I.

Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ........ 287

II. Ausschluss des UN-Kaufrechts ................................................................. 288 III. Bedeutung des UN-Kaufrechts für Regressketten mit Auslandsbezug ...... 289 B. Regelungen des UN-Kaufrechts hinsichtlich eines Rückgriffs .................... 289 I.

Der Regress im UN-Kaufrecht .................................................................. 289

II. Vergleich mit den einzelnen Bestimmungen der §§ 478, 479 BGB .......... 290 III. Ergebnis..................................................................................................... 295 C. Kollision des UN-Kaufrechts mit den §§ 478, 479 BGB bzw. Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ...................................................................... 295 I.

Einführung in die Problematik................................................................... 295

II. Meinungsstand........................................................................................... 296 III. Stellungnahme ........................................................................................... 296 IV. Ergebnis..................................................................................................... 302

12

Inhaltsübersicht

D. Zusammenfassung........................................................................................... 303 3. Kapitel Der Regress im Anwendungsbereich des deutschen Kollisionsrechts

304

A. Ermittlung des Vertragsstatuts...................................................................... 304 B. Subjektive Anknüpfung.................................................................................. 304 I.

Grundsatz der Parteiautonomie.................................................................. 304

II. Schranken der Parteiautonomie – Möglichkeiten der Anwendung der §§ 478, 479 BGB trotz der Vereinbarung ausländischen Rechts ............... 305 III. Möglichkeiten der Umgehung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB und damit der §§ 478, 479 BGB in Inlandssachverhalten........................................... 328 IV. Zusammenfassung ..................................................................................... 333 C. Objektive Anknüpfung ................................................................................... 334 I.

Bestimmung der maßgeblichen Anknüpfungsnorm................................... 334

II. Anwendung der §§ 478, 479 BGB im Wege der Sonderanknüpfungen in den Fällen, in denen im Rahmen der objektiven Anknüpfung ausländisches Recht berufen ist ................................................................. 338 III. Anwendung der §§ 478, 479 BGB über den ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB in Fällen objektiver Anknüpfung ................................ 340 IV. Möglichkeiten der Umgehung der §§ 478, 479 BGB im Rahmen der objektiven Anknüpfung ............................................................................. 340 V. Zusammenfassung ..................................................................................... 342 4. Kapitel Substitution ausländischer Sachverhalte

344

Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussbetrachtung

345

A. Zusammenfassung ............................................................................................. 345 B. Schlussbetrachtung ............................................................................................ 353 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 355 Sachwortverzeichnis............................................................................................... 378

Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................................................................................................

29

1. Teil Der Rückgriff des Unternehmers im deutschen Recht

33

1. Kapitel Entstehung der Rückgriffsregelungen der §§ 478, 479 BGB A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie................................................................ I.

33 33

Kompetenz zum Erlass der Richtlinie........................................................

34

1.

Maßgebliche Kompetenzgrundlage....................................................

34

2.

Voraussetzungen der Kompetenznorm...............................................

35

a)

Förderung des Binnenmarktes ....................................................

35

b)

Kompetenzrechtliche Zweifel.....................................................

36

aa) Zweifel hinsichtlich des Erlasses der Richtlinie allgemein .

36

bb) Zweifel in Bezug auf die Vorgabe des Art. 4 der Richtlinie

37

Ergebnis .............................................................................................

38

II. Die Regressvorgabe in Art. 4 der Richtlinie ..............................................

38

3. 1.

Der Regelungsgehalt der Regressvorgabe..........................................

38

2.

Die Entstehung der Regressvorgabe in Art. 4 der Richtlinie..............

40

a)

Forderung einer quasi-subsidiarischen Herstellerhaftung im Grünbuch ....................................................................................

40

b)

Die Herstellerhaftung im Gesetzgebungsverfahren ....................

41

c)

Die Regressregelung im Gesetzgebungsverfahren......................

44

Sinn und Zweck der Regressregelung in Art. 4 der Richtlinie ...........

45

III. Umsetzungspflicht des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie..............

48

3. 1.

Meinungsstand ................................................................................... a)

Umsetzungspflicht nur hinsichtlich der Möglichkeit eines Rückgriffs ...................................................................................

49 49

14

Inhaltsverzeichnis b)

Umsetzungspflicht hinsichtlich eines effektiven Regressrechts .

50

Stellungnahme....................................................................................

52

a)

Wortlaut und Systematik ............................................................

52

b)

Historische Auslegung................................................................

54

c)

Teleologische Auslegung ...........................................................

55

Ergebnis .............................................................................................

56

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB...................

56

2.

3. I.

Umsetzung der Richtlinie im Rahmen der Schuldrechtsreform.................

56

1.

Streit über die Umsetzungsmöglichkeiten..........................................

56

2.

Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz............................................

57

II. Umsetzung der Regressvorgabe ................................................................

58

1.

Einführung .........................................................................................

58

2.

Analyse der sog. Regressfallen ..........................................................

59

a)

Die bisherige Rechtslage ............................................................

59

b)

Verstärkung der Regressfallen durch das modernisierte Schuldrecht .................................................................................

61

Die Regressregelung im Gesetzgebungsverfahren .............................

62

a)

Keine explizite Regressregelung im Diskussionsentwurf...........

62

b)

Einführung einer Regressregelung im Konsolidierten Diskussionsentwurf ....................................................................

63

Weitere Änderungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ...................................................................................

65

III. Die Regressregelungen in ihrer endgültigen Fassung................................

65

3.

c)

2. Kapitel Die Regresskette – Grundsätzliche Anwendungsvoraussetzungen der §§ 478, 479 BGB A. Der Unternehmer als Rückgriffsschuldner und -gläubiger......................... I.

67 67

Der Unternehmerbegriff ............................................................................

68

1.

Richtlinienkonforme Auslegung ........................................................

68

a)

Gebot der richtlinienkonformen Auslegung ...............................

68

b) 2.

Grundlagen des europäischen Unternehmerbegriffs...................

70

Die drei Elemente des Unternehmerbegriffs ......................................

71

a)

Funktionales Kriterium des Unternehmerbegriffs ......................

72

aa) Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit..............................

72

Inhaltsverzeichnis

b) c)

15

(1) Teilweise Übernahme des traditionellen Gewerbebegriffs.........................................................................

73

(a) Selbstständige, erkennbare, planmäßig auf Dauer angelegte Tätigkeit ..............................

73

(b) Ausschluss der freiberuflichen Tätigkeit ..............

75

(2) Modifikationen des traditionellen handelsrechtlichen Gewerbebegriffs ..........................................................

75

(a) Modifikation in Bezug auf die Gewinnerzielungsabsicht......................................

75

(b) Einbeziehung gesetzes- und sittenwidriger Handlungen ..........................................................

77

(3) Zusammenfassung .......................................................

77

bb) Ausübung einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit ........

77

(1) Definition der beruflichen Tätigkeit ............................

78

(2) Das Kriterium der Selbstständigkeit ............................

79

(a) Bedeutung der expliziten Nennung ......................

79

(b) Europarechtskonformität der Beschränkung ........

79

cc) In Ausübung der Tätigkeit...................................................

81

(1) Die sog. Dual-Use-Problematik ...................................

82

(a) Einführung in die Problematik .............................

82

(b) Meinungsstand .....................................................

82

(c) Stellungnahme......................................................

84

(2) Einordnung von Geschäften zur Existenzgründung.....

87

(a) Meinungsstand .....................................................

87

(b) Stellungnahme......................................................

87

(3) Einordnung von Geschäftserweiterungen ....................

89

(4) Einordnung von Geschäftsaufgaben ............................

89

(5) Einordnung von branchenfremden Geschäften ............

90

(6) Einordnung einer Nebenerwerbstätigkeit.....................

91

(7) Zusammenfassung .......................................................

91

Sachliches Begrenzungskriterium...............................................

91

Persönliches Begrenzungskriterium............................................

92

aa) Die beiden klassischen Rechtssubjekte ...............................

92

bb) Die „neue“ Kategorie der rechtsfähigen Personengesellschaften ...............................................................................

93

(1) Dogmatischer Hintergrund...........................................

93

16

Inhaltsverzeichnis (2) Begriffsbestimmung ....................................................

93

(3) Probleme im Zusammenhang mit dem nicht rechtsfähigen Verein .............................................................

95

cc) Ergebnis ..............................................................................

97

Zusammenfassung..............................................................................

97

II. Anwendbarkeit der Regressregelungen auf Zulieferer...............................

98

3. 1.

Einführung in die Problematik ...........................................................

98

2.

Reichweite der gesetzlichen Regelungen ...........................................

99

a)

Meinungsstand............................................................................

99

b)

Stellungnahme ............................................................................ 101 aa) Wortlaut und Systematik ..................................................... 101 bb) Historische Auslegung ........................................................ 104 cc) Teleologische Auslegung .................................................... 105

c)

Ergebnis...................................................................................... 107

3.

Analoge Anwendung.......................................................................... 108

4.

Vertragliche Ausweitung des Regresses auf Zulieferer...................... 109 a)

Individualvertragliche Regelung................................................. 109

b)

Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen................... 110 aa) Meinungsstand .................................................................... 111 bb) Stellungnahme..................................................................... 112 (1) Inhaltskontrolle am Maßstab des allgemeinen Kaufrechts.................................................................... 112 (a) Allgemeines Kaufrecht als Prüfungsmaßstab ....... 112 (b) Probleme bei der Bestimmung des Leitbilds im neuen Kaufrecht ................................................... 113 (2) Prüfung der einzelnen Bestimmungen ......................... 115 (a) Wegfall des Nacherfüllungsvorrangs (§ 478 Abs. 1 BGB)......................................................... 115 (b) Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs (§ 478 Abs. 2)....... 120 (c) Beweislastumkehr im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem der Mangel entstanden ist (§ 478 Abs. 3 BGB)......................................................... 121 (d) Hemmung der Verjährung (§ 479 Abs. 2 BGB) ... 123 cc) Ergebnis .............................................................................. 125

5.

Zusammenfassung.............................................................................. 125

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette........................... 126

Inhaltsverzeichnis I.

17

Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs als Anwendungsvoraussetzung .... 126 1.

Einführung in die Problematik ........................................................... 126

2.

Anwendung auf Lieferketten, die nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf enden.................................................................................. 127 a)

Analoge Anwendung .................................................................. 128

b)

Ausdehnung de lege ferenda....................................................... 131

3.

Sonderbehandlung der „um den Verbrauchsgüterkauf kupierten“ Lieferkette? ........................................................................................ 132

4.

Vertragliche Ausgestaltung von Lieferketten ohne Verbrauchsgüterkauf ............................................................................................ 134 a)

Verbot des Weiterverkaufs an Verbraucher................................ 134

b)

Ausweitung der Regressregelungen auf Lieferketten ohne Verbrauchsgüterkauf................................................................... 135 aa) Verwendung durch den Lieferanten oder einen anderen Verkäufer in der Lieferkette ................................................ 136 bb) Verwendung durch den Letztverkäufer oder einen anderen Käufer in der Lieferkette ..................................................... 136 (1) Wegfall des Nacherfüllungsvorrangs (§ 478 Abs. 1 BGB) ................................................................ 137 (2) Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs (§ 478 Abs. 2 BGB)..... 137 (3) Beweislastumkehr im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem der Mangel entstanden ist (§§ 478 Abs. 3, 476 BGB)..................................................................... 138 (4) Hemmung der Verjährung (§ 479 Abs. 2 BGB) .......... 138

5.

Zusammenfassung.............................................................................. 139

II. Der Verbraucherbegriff ............................................................................. 139 1.

Begriffsbestimmung anhand der Abgrenzung zum Unternehmerbegriff – Kontradiktorisches Verhältnis von Unternehmer- und Verbraucherbegriff? ........................................................................... 140

2.

Personales Element ............................................................................ 141 a)

Einzelpersonen und nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse....................................................................................... 141

b)

Rechtsfähige Personenzusammenschlüsse.................................. 142 aa) Private Sphäre rechtsfähiger Personenzusammenschlüsse .. 142 bb) Ausschluss juristischer Personen......................................... 143 cc) Ausschluss anderer rechtsfähiger Personenzusammenschlüsse ............................................................................... 144 (1) Übernahme des europäischen Verbraucherbegriffs ..... 145

18

Inhaltsverzeichnis (2) Systematische Auslegung der §§ 13, 14 BGB ............. 146 (3) Teleologische Erwägungen.......................................... 147 3.

Zusammenfassung.............................................................................. 147

C. Anforderungen an die Kaufsache .................................................................. 148 I.

Beschaffenheit der Kaufsache ................................................................... 148 1.

Sache im Sinne von § 90 BGB........................................................... 148

2.

Bewegliche Sache .............................................................................. 149

3.

Neu hergestellte Sache ....................................................................... 150 a)

Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB (nach nationalen Auslegungskriterien)................................................................... 150 aa) Die neu hergestellte Sache als Voraussetzung der Regressnormen.................................................................... 150 bb) Begriffsbestimmung............................................................ 151

b)

Analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf gebrauchte Sachen ........................................................................................ 152 aa) Regelungslücke ................................................................... 152 bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke..................................... 153 (1) Annahme einer planwidrigen Regelungslücke............. 153 (2) Ablehnung einer planwidrigen Regelungslücke .......... 153 (a) Genereller Ausschluss gebrauchter Sachen .......... 153 (b) Definition der geschlossenen Vertriebskette ........ 154 (c) Sinn und Zweck der Regressregelungen............... 155

c)

Korrektur auf Grund des europäischen Ursprungs der Regressregelungen – Richtlinienkonforme Auslegung und Rechtsfortbildung ....................................................................... 156 aa) Vorgaben der Richtlinie für den Regress ............................ 156 (1) Vorgaben der Richtlinie allgemein .............................. 156 (2) Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 4 der Richtlinie ..................................................................... 157 (3) Ausnahmefälle, in denen die Voraussetzungen gegeben sind........................................................................ 159 bb) Richtlinienkonforme Auslegung bzw. Rechtsfortbildung der Voraussetzung „neu hergestellt“ .................................. 160 (1) Meinungsstand............................................................. 160 (2) Stellungnahme – Möglichkeiten einer Korrektur anhand der europarechtlichen Vorgaben...................... 161 (a) Richtlinienkonforme Auslegung .......................... 161

Inhaltsverzeichnis

19

(b) Vorrang der richtlinienkonformen Auslegung? .... 162 (c) Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung ............... 163 (d) Konsequenzen für die Auslegung des Begriffs „neu hergestellt“ in den §§ 478, 479 BGB ........... 165 d) 4.

Ergebnis...................................................................................... 167

Zusammenfassung.............................................................................. 167

II. Vorliegen eines Mangels ........................................................................... 168 1.

Der Mangel als Voraussetzung der §§ 478, 479 BGB........................ 168 a)

Einführung.................................................................................. 168

b)

Mangelbegriff ............................................................................. 169 aa) Bestimmung des Mangels ................................................... 169 bb) § 434 Abs. 1 S. 3 BGB als Rechtfertigung für die Einführung der Regressregelungen ..................................... 170

c)

Gesonderte Mangelfeststellung in jedem vertraglichen Verhältnis ......................................................................................... 173

2.

Aufweichung des Erfordernisses einer mangelhaften Kaufsache....... 174

3.

Feststellung des Mangels im Verbrauchsgüterkauf ............................ 176 a)

Meinungsstand............................................................................ 176

b)

Stellungnahme ............................................................................ 177 aa) Erfordernis eines Urteils im Verbrauchsgüterkauf .............. 177 bb) Korrektur mit Hilfe der Streitverkündung nach den §§ 72 ff. ZPO ...................................................................... 177

c) 4.

Ergebnis...................................................................................... 180

Zusammenfassung.............................................................................. 180 3. Kapitel Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB im Einzelnen

181

A. Einführung ...................................................................................................... 181 I.

Systematik der Regressregelungen ............................................................ 181

II. Ziel der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB .................................... 182 B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB ........................................................ 184 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 1 BGB .................................................... 184

II. Voraussetzungen der Norm im Einzelnen ................................................. 187 1.

Grundsätzliche Voraussetzungen des Rückgriffs ............................... 187

2.

Rücknahmepflicht oder Minderung.................................................... 188

20

Inhaltsverzeichnis a)

Bestehende Gewährleistungspflicht des Letztverkäufers............ 188

b)

Rücknahme der Sache................................................................. 189 aa) Anwendungsfälle................................................................. 189 bb) Teleologische Reduktion in Bezug auf die Nachlieferung .. 190 (1) Einführung und Meinungsstand ................................... 190 (2) Stellungnahme ............................................................. 191 (a) Wortlaut und Gesetzesbegründung....................... 191 (b) Sinn und Zweck der Regelung ............................. 191 (aa) Interessenlage beim Rücktritt des Verbrauchers.............................................................. 192 (bb) Interessenlage bei der Nachlieferung durch den Letztverkäufer .............................. 192 (Į) Nachlieferungsbegehren gegenüber dem Lieferanten..................................... 193 (ȕ) Nachlieferung aus eigenen Lagerbeständen...................................... 194 (Ȗ) Interessenlage, wenn der Letztverkäufer auf die Nachbesserung beschränkt ist......................................... 195 (3) Ergebnis....................................................................... 195

c)

Minderung .................................................................................. 196

d)

Kleiner Schadensersatz............................................................... 197

3.

Analoge Anwendung auf Fälle der Nachbesserung?.......................... 197

4.

Durchsetzbares Minderungs- bzw. Rücktrittsrecht............................. 199 a)

Meinungsstand............................................................................ 199

b)

Stellungnahme ............................................................................ 200 aa) Wortlaut und Gesetzesbegründung...................................... 200 bb) Sinn und Zweck der Regelung ............................................ 200

c) 5.

Ergebnis...................................................................................... 201

Beschränkung auf das „reine Regressinteresse“................................. 202 a)

Meinungsstand............................................................................ 202

b)

Stellungnahme ............................................................................ 203

c)

Ergebnis...................................................................................... 204

III. Zusammenfassung ..................................................................................... 205 C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB ................... 205 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 2 BGB .................................................... 205

Inhaltsverzeichnis

21

II. Aufwendungen, die der Unternehmer nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte ........................................................................................................... 207 1.

Begriff der Aufwendungen................................................................. 208

2.

Pflicht zur Nacherfüllung................................................................... 208 a)

Vorliegen eines Nacherfüllungsanspruchs.................................. 208

b)

Überobligatorische Nacherfüllung im Sinne des § 439 Abs. 3 BGB ................................................................................ 209 aa) Unverhältnismäßigkeit der Kosten der Nacherfüllung ........ 209 (1) Berücksichtigung des Verkäuferverschuldens bei der Interessenabwägung............................................... 209 (2) Arten der Unverhältnismäßigkeit................................. 210 (3) Grenzen der Verhältnismäßigkeit ................................ 211 (a) Meinungsstand ..................................................... 211 (b) Stellungnahme...................................................... 212 (aa) Bestimmung der absoluten Unverhältnismäßigkeit ...................................................... 212 (bb) Bestimmung der relativen Unverhältnismäßigkeit ...................................................... 214 (c) Ergebnis ............................................................... 215 bb) Berücksichtigung der Interessen des Lieferanten bei der Interessenabwägung ............................................................ 216 cc) Reichweite des Leistungsverweigerungsrechts ................... 216 (1) Meinungsstand............................................................. 216 (2) Stellungnahme ............................................................. 217 (3) Ergebnis....................................................................... 220

3.

Zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Kosten ....................... 220 a)

Unmittelbare Kosten................................................................... 220

b)

Mittelbare Kosten/Handling- oder Gemeinkosten ...................... 222 aa) Einführung in die Problematik und Meinungsstand ............ 222 bb) Stellungnahme..................................................................... 223 cc) Ergebnis .............................................................................. 226

c)

Rechtsverfolgungskosten ............................................................ 226

d)

Kosten der nachzuliefernden Sache ............................................ 227

e)

Kosten einer Fremdbeschaffung bzw. einer Fremdreparatur ...... 229 aa) Einführung in die Problematik und Meinungsstand ............ 229 (1) Fristerfordernis ............................................................ 229

22

Inhaltsverzeichnis (2) Kürzung des Kostenerstattungsanspruchs.................... 230 bb) Stellungnahme..................................................................... 230 cc) Ergebnis .............................................................................. 231 III. Analoge Anwendung auf die Kosten, die im Rahmen anderer Rechtsbehelfe anfallen ......................................................................................... 232 1.

Einführung in die Problematik ........................................................... 232

2.

Voraussetzungen einer Analogie........................................................ 233 a)

Planwidrige Regelungslücke....................................................... 233 aa) Vorliegen einer Regelungslücke.......................................... 233 bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke..................................... 234 (1) Kosten im Rahmen der sekundären Gewährleistungsrechte ........................................................................... 234 (2) Verlust der Gewinnspanne........................................... 235

b) 3.

Vergleichbarkeit der Interessenlagen.......................................... 236

Ergebnis ............................................................................................. 237

IV. Regressfähige Kosten in der weiteren Regresskette .................................. 237 V. Zusammenfassung ..................................................................................... 238 D. Die Regelung des § 478 Abs. 3........................................................................ 239 I.

Die Vermutungsregel des § 476 BGB ....................................................... 239 1.

Regelungsgehalt des § 476 BGB........................................................ 239

2.

Einschränkungen der Vermutung....................................................... 240

II. Übertragung der Beweislastvermutung auf den Regress ........................... 242 E. Beschränkte Abdingbarkeit der Regressregelungen auf Grund des § 478 Abs. 4 BGB ............................................................................................ 244 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 4 BGB .................................................... 244 1.

Statuierung (faktisch) halbzwingenden Rechts .................................. 244

2.

Kritik an der Regelung des § 478 Abs. 4 BGB................................... 245

3.

Anwendung der §§ 307 ff. BGB neben § 478 Abs. 4 BGB................ 247

4.

Nichtanwendung auf Schadensersatzansprüche ................................. 247

II. Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs ............................................ 248 1.

Grundsätzliches.................................................................................. 248

2.

Möglichkeiten vertraglicher Ausgestaltung........................................ 248 a)

Pauschale Abrechnungssysteme ................................................. 248

b)

Andere Möglichkeiten des gleichwertigen Ausgleichs ............... 250

III. Anderweitige Umgehung der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB ... 251

Inhaltsverzeichnis

23

1.

Einschaltung eines Verbrauchers als Zwischenperson ....................... 252

2.

Ausschaltung der §§ 478, 479 BGB durch Ausschaltung des deutschen Rechts................................................................................ 253

IV. Zusammenfassung ..................................................................................... 254 F.

Die Rügeobliegenheit im Regress, § 478 Abs. 6 BGB ................................... 254 I.

Regelungsgehalt des § 478 Abs. 6 BGB .................................................... 254

II. Voraussetzungen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB................................................................................................. 256 1.

Personaler Anwendungsbereich des § 377 HGB................................ 256

2.

Anzeige- und Rügeobliegenheit nach § 377 HGB ............................. 256

III. Besonderheiten der Rügeobliegenheit innerhalb der Regresskette ............ 257 1.

Sog. Streckengeschäft ........................................................................ 257

2.

Reichweite der Genehmigungsfiktion ................................................ 258

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB................................................. 259 I.

Regelung des § 479 Abs. 1 BGB ............................................................... 260 1.

Sinn und Zweck der Vorschrift .......................................................... 260

2.

Analoge Anwendung des § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB ............... 261

3.

Analoge Anwendung des § 438 Abs. 3 BGB ..................................... 262

II. Regelung des § 479 Abs. 2 BGB ............................................................... 263 1.

Regelungsgehalt ................................................................................. 263

2.

Grundsätzliche Anwendungsvoraussetzungen ................................... 264

3.

Anwendung der Ablaufhemmung auf bereits verjährte Ansprüche.... 264

4.

Beginn der Ablaufhemmung .............................................................. 265 a)

Einführung in die Problematik.................................................... 265

b)

Meinungsstand............................................................................ 266

c)

Stellungnahme ............................................................................ 267 aa) Notwendigkeit einer Einschränkung des Anwendungsbereichs ............................................................................... 267 bb) Teleologische Reduktion des § 479 Abs. 2 BGB ................ 268 (1) Anknüpfung der Ablaufhemmung an die Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers ................................. 268 (2) Einschränkende Auslegung der Gewährleistungsansprüche als modifizierte Gewährleistungsansprüche ... 268

d) 5.

Ergebnis...................................................................................... 270

Anwendung auf Fälle, in denen der Letztverkäufer bereits verjährte Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat ............................................. 271

24

Inhaltsverzeichnis 6.

Höchstfrist.......................................................................................... 271

III. Zusammenfassung ..................................................................................... 272 2. Teil Übergangsprobleme beim Regress nach §§ 478, 479 BGB

274

A. Die allgemeinen Überleitungsvorschriften des Art. 229 §§ 5 bis 7 EGBGB 274 I.

Überleitung von Schuldverträgen nach der Grundregel des Art. 229 § 5 EGBGB ..................................................................................................... 274 1.

Maßgebliches Kriterium der intertemporalen Anknüpfung................ 275

2.

Besonderheiten bei Dauerschuldverhältnissen ................................... 276

3.

Möglichkeiten einer intertemporalen Rechtswahl .............................. 277

II. Überleitung des Verjährungsrechts nach Art. 229 § 6 EGBGB ................. 277 B. Die Überleitung der Regressregelungen........................................................ 278 I.

Einführung in die Problematik................................................................... 278

II. Meinungsstand........................................................................................... 279 III. Stellungnahme ........................................................................................... 281 1.

Ablehnung der akzessorischen intertemporalen Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkaufvertrag............................................................... 281

2.

Anwendung des Art. 229 §§ 5, 6 EGBGB ......................................... 282

3.

a)

Keine Besonderheit hinsichtlich § 478 Abs. 2 BGB................... 282

b)

Eigenständige Anknüpfung des § 479 BGB ............................... 283

Ergebnis ............................................................................................. 284

C. Zusammenfassung........................................................................................... 285 3. Teil Der Regress in grenzüberschreitenden Sachverhalten

286

1. Kapitel Einführung

286

2. Kapitel Der Regress im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts

287

A. Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ...................................................... 287 I.

Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ........ 287

Inhaltsverzeichnis

25

II. Ausschluss des UN-Kaufrechts ................................................................. 288 III. Bedeutung des UN-Kaufrechts für Regressketten mit Auslandsbezug ...... 289 B. Regelungen des UN-Kaufrechts hinsichtlich eines Rückgriffs .................... 289 I.

Der Regress im UN-Kaufrecht .................................................................. 289

II. Vergleich mit den einzelnen Bestimmungen der §§ 478, 479 BGB .......... 290 1.

§ 478 Abs. 1 BGB .............................................................................. 290

2.

§ 478 Abs. 2 BGB .............................................................................. 291

3.

§ 478 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 476 BGB ............................. 292

4.

§ 479 Abs. 2 BGB .............................................................................. 292

5.

§ 478 Abs. 4 BGB .............................................................................. 294

III. Ergebnis..................................................................................................... 295 C. Kollision des UN-Kaufrechts mit den §§ 478, 479 BGB bzw. Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ...................................................................... 295 I.

Einführung in die Problematik................................................................... 295

II. Meinungsstand........................................................................................... 296 III. Stellungnahme ........................................................................................... 296 1.

Verhältnis von UN-Kaufrecht zu nationalem Recht europarechtlichen Ursprungs ................................................................................ 296

2.

Übertragung der Argumente auf den Fall der §§ 478, 479 BGB........ 298 a)

Ablehnung einer Lösung über die allgemeinen Kollisionsgrundsätze................................................................................... 298

b)

Kollisionsnormen im UN-Kaufrecht........................................... 299

c)

Kollisionsrechtliche Absicherung aus Sicht des europäischen Rechts ......................................................................................... 301

d)

Kollisionsrechtlicher Schutz durch nationale Kollisionsnormen........................................................................................ 302

IV. Ergebnis..................................................................................................... 302 D. Zusammenfassung........................................................................................... 303 3. Kapitel Der Regress im Anwendungsbereich des deutschen Kollisionsrechts

304

A. Ermittlung des Vertragsstatuts...................................................................... 304 B. Subjektive Anknüpfung.................................................................................. 304 I.

Grundsatz der Parteiautonomie.................................................................. 304

II. Schranken der Parteiautonomie – Möglichkeiten der Anwendung der §§ 478, 479 BGB trotz der Vereinbarung ausländischen Rechts ............... 305

26

Inhaltsverzeichnis 1.

Immanente Schranken des Art. 27 EGBGB ....................................... 306 a)

Beschränkung durch Art. 27 Abs. 3 EGBGB ............................. 306 aa) Dispositive, de facto zwingende Rechtsnormen .................. 307 bb) Halbzwingendes Recht........................................................ 307

2.

b)

Wahl staatlichen Rechts.............................................................. 308

c)

Ergebnis...................................................................................... 309

Beschränkungen der Rechtswahl auf Grund von Verbraucherschutzüberlegungen – Anwendung der §§ 478, 479 BGB über Art. 29, Art. 29a (analog) EGBGB..................................................... 309 a) b)

Art. 29 EGBGB .......................................................................... 310 Art. 29a EGBGB......................................................................... 311 aa) Regelungsgehalt der Norm.................................................. 311 bb) Anwendung der Norm auf den Regressfall ......................... 313 (1) §§ 478, 479 BGB als Bestimmungen im Sinne des Art. 29a Abs. 1, Abs. 4 EGBGB .................................. 313 (2) Personaler Anwendungsbereich der Norm – Beschränkung auf Verbraucher?.................................. 314 (a) Wortlaut ............................................................... 314 (b) Systematische Auslegung..................................... 314 (c) Inhalt und Reichweite der in Bezug genommenen Richtlinien, insbesondere der kollisionsrechtlichen Vorgaben von Art. 7 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.............................. 315 (3) Ergebnis....................................................................... 317

c)

Analoge Anwendung des Art. 29a EGBGB in Anlehnung an die Ingmar-Rechtsprechung des EuGH.................................. 317 aa) Darstellung der Ingmar-Entscheidung................................. 317 bb) Übertragung der Grundsätze der Ingmar-Entscheidung auf andere Richtlinien ohne kollisionsrechtlichen Rechtssetzungsauftrag......................................................... 318 (1) Dogmatische Einordnung ............................................ 318 (a) Keine Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB .................................................... 319 (b) Analoge Anwendung des Art. 29a EGBGB ......... 319 (2) Sonderfall des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.............................................................................. 320 (3) Ergebnis....................................................................... 321

d)

Zusammenfassung ...................................................................... 321

Inhaltsverzeichnis 3.

4.

5.

27

Die §§ 478, 479 BGB als zwingende Bestimmungen im Sinne von Art. 34 EGBGB........................................................................... 322 a)

Regelungsgehalt des Art. 34 EGBGB......................................... 322

b)

Verbraucherschutzvorschriften als Eingriffsnormen im Sinne von Art. 34 EGBGB ................................................................... 322

c)

Übertragung der Grundsätze der Ingmar-Rechtsprechung.......... 324

d)

Ergebnis...................................................................................... 325

Anwendung der §§ 478, 479 BGB über den ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB ............................................................................. 325 a)

Der ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB.......................... 325

b)

§§ 478, 479 BGB als Kernbestand des deutschen Rechts........... 326

c)

Ergebnis...................................................................................... 327

Zusammenfassung.............................................................................. 327

III. Möglichkeiten der Umgehung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB und damit der §§ 478, 479 BGB in Inlandssachverhalten........................................... 328 1.

Schaffung der Voraussetzungen einer kollisionsrechtlich wirksamen Wahl ausländischen Rechts..................................................... 328

2.

Mögliche Unbeachtlichkeit einer solchen Rechtswahl nach den Grundsätzen der fraus legis ................................................................ 329 a)

Einführung in die Problematik.................................................... 329

b)

Dogmatische Einordnung der fraus legis .................................... 330

c)

Fraus legis im IPR ...................................................................... 330 aa) Allgemeine Bedeutung der fraus legis im IPR .................... 330 bb) Keine fraus legis im Fall der Umgehung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB.................................................................... 332

3.

Ergebnis ............................................................................................. 333

IV. Zusammenfassung ..................................................................................... 333 C. Objektive Anknüpfung ................................................................................... 334 I.

Bestimmung der maßgeblichen Anknüpfungsnorm................................... 334 1.

Keine Anknüpfung nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB............................... 334

2.

Anknüpfung nach Art. 28 EGBGB .................................................... 334 a)

Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB...................................... 334

b)

Ausweichklausel des Art. 28 Abs. 5 EGBGB............................. 335 aa) Akzessorische Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkaufvertrag ................................................................................. 336 bb) Anderes Zentrum des Leistungsaustauschs ......................... 337

3.

Zusammenfassung.............................................................................. 338

28

Inhaltsverzeichnis II. Anwendung der §§ 478, 479 BGB im Wege der Sonderanknüpfungen in den Fällen, in denen im Rahmen der objektiven Anknüpfung ausländisches Recht berufen ist ........................................................................... 338 1.

Anwendung der §§ 478, 479 BGB gemäß Art. 29a EGBGB ............. 339

2.

Anwendung der §§ 478, 479 BGB über Art. 34 EGBGB................... 340

3.

Zusammenfassung.............................................................................. 340

III. Anwendung der §§ 478, 479 BGB über den ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB in Fällen objektiver Anknüpfung ................................ 340 IV. Möglichkeiten der Umgehung der §§ 478, 479 BGB im Rahmen der objektiven Anknüpfung ............................................................................. 340 1.

Einschaltung einer ausländischen Zwischenperson als Strohmann .... 340

2.

Abschluss eines eigenständigen Vertrages über ein ausländisches Unternehmen...................................................................................... 341

3.

Ergebnis ............................................................................................. 342

V. Zusammenfassung ..................................................................................... 342 4. Kapitel Substitution ausländischer Sachverhalte

344

Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussbetrachtung

345

A. Zusammenfassung ............................................................................................. 345 B. Schlussbetrachtung ............................................................................................ 353 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 355 Sachwortverzeichnis............................................................................................... 378

Einleitung Gegenstand dieser Arbeit sind die §§ 478, 479 BGB, die im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung neu in das BGB eingefügt worden sind und der Umsetzung von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dienen. Die Vorschriften normieren erstmalig im deutschen Recht den Rückgriff des vom Verbraucher in Anspruch genommenen Letztverkäufers gegenüber den anderen Unternehmern innerhalb der Lieferkette. Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit dieser Regelung gegen die direkte Haftung des Herstellers sowohl gegenüber dem Verbraucher als auch gegenüber dem Letztverkäufer entschieden. Die Regressregelungen des § 478 Abs. 1 und Abs. 2 BGB – flankiert von den Regelungen der §§ 478 Abs. 3, 4, 6 und 479 Abs. 1 und 2 BGB – finden vielmehr nur im Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Vertragspartner Anwendung. Die Vorschriften modifizieren die Ansprüche, die dem Letztverkäufer bereits durch die allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln gegenüber dem Lieferanten als seinem Verkäufer zustehen. Der in Anspruch genommene Lieferant kann sich dann unter den Voraussetzungen der §§ 478 Abs. 5 und 479 Abs. 3 BGB seinerseits gegenüber seinem Verkäufer auf die in den §§ 478, 479 BGB normierten Regressregelungen berufen, ebenso wie auch jeder andere Käufer in der Lieferkette jeweils Regress bei seinem Verkäufer nehmen kann. Damit werden die Kosten der Gewährleistung letztlich an den Hersteller als denjenigen weitergeleitet, der den Mangel in aller Regel verursacht hat. Im Schrifttum sind die Regressnormen sowohl hinsichtlich ihrer rechtspolitischen Zielsetzung als auch hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung auf heftige Kritik gestoßen. Die §§ 478, 479 BGB werden „sowohl in der Sache als auch gesetzestechnisch als misslungen“1 bezeichnet. Ihnen wird gar „systemsprengende Wirkung“2 attestiert, da sie Dinge bewirkten, „die vom Standpunkt der tradierten Rechtsgeschäftslehre aus nur als Wunder erklärt werden können.“3 Die vorliegende Arbeit untersucht, wie sich der Regress gemäß den §§ 478, 479 BGB im Einzelnen gestaltet. Dabei wird zum einen auf die grundsätzlichen ___________ 1

W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1394; siehe auch Kelwing 249. Schubel, JZ 2001, 1113, 1120; ähnlich Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1796, die § 478 BGB-RE als „eine Neuregelung von nicht zu unterschätzender Sprengkraft“ bezeichnen. 3 Schubel, ZIP 2002, 2061. 2

30

Einleitung

Anwendungsvoraussetzungen der Normen eingegangen und insbesondere aufgezeigt, welche Anforderungen an die Person von Regressgläubiger und -schuldner zu stellen sind, inwieweit sich das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette als zwingende Voraussetzung der §§ 478, 479 BGB darstellt und unter welchen Umständen eine analoge Anwendung der Vorschriften auf gebrauchte Sachen in Betracht kommt. Zum anderen werden die einzelnen Regelungen der Regressnormen analysiert. Innerhalb dieser Untersuchung liegt der Schwerpunkt auf den Absätzen 1 und 2 des § 478 BGB, da diese beiden Vorschriften die maßgeblichen Regelungen enthalten, die durch § 478 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 6 BGB sowie § 479 Abs. 1 und Abs. 2 BGB lediglich ergänzt werden. Für die Bestimmung des genauen Regelungsgehalt der Normen ist dabei insbesondere auf das äußerst problematische und daher heftigst umstrittene Verhältnis dieser beiden Absätze zueinander einzugehen. Bei der Ermittlung des Anwendungsbereichs und der konkreten Rechtsfolgen der §§ 478, 479 BGB ist vor allem zwei Aspekten besondere Aufmerksamkeit zu widmen: Zum einen muss stets die europarechtliche Herkunft der Normen wie auch ihr konkreter Zweck berücksichtigt werden. Es ist daher sowohl der Wille des europäischen wie auch des deutschen Gesetzgebers zu ermitteln. Dabei ist insbesondere zu prüfen, inwieweit den Regressnormen verbraucherschützender Charakter beizumessen ist. Diesem Gesichtspunkt kommt deswegen eine so überragende Bedeutung – möglicherweise sogar eine gewisse Sprengkraft – zu, weil mit den Regressregelungen erstmalig Umsetzungsnormen verbraucherschützender Richtlinienvorschriften geschaffen worden sind, die gesetzlich normierte Auswirkungen auf Vertragsverhältnisse haben, an denen unmittelbar kein Verbraucher beteiligt ist. Zum anderen ist bei allen Auslegungsfragen der Interessenkonflikt zu berücksichtigen, der in den §§ 478, 479 BGB angelegt ist. Denn die Normen statuieren ein Regresssystem, dessen Anwendung letztlich davon abhängt, wie sich der letzte Vertrag in der Lieferkette gestaltet. Liegen dort bestimmte Voraussetzungen vor, greifen die Regressnormen grundlegend in die vertraglichen Beziehungen der Lieferkette ein und erlegen den jeweiligen Verkäufern eine Einstandspflicht für die Kosten auf, die im Rahmen der Gewährleistung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher entstanden sind. Dem Regresssystem liegt insoweit ein über die einzelnen Verträge hinausgehender Regelungsansatz zu Grunde, der einschneidende Änderungen für die Verträge in der vorgelagerten Vertragskette vorsieht. Dennoch hält der Gesetzgeber im Ergebnis an dem schuldrechtlichen Relativitätsgrundsatz fest. Dies zeigt sich etwa daran, dass er die regressrechtlichen Ansprüche nur im Rahmen der vertraglichen Beziehungen und dort grundsätzlich nur innerhalb der ohnehin bestehenden allgemeinen Gewährleistungsrechte für anwendbar erklärt. Dieser Regelungsansatz führt jedoch dazu, dass einerseits den Unternehmern der Lieferkette, die als Verkäufer tätig werden, eine Kostentragungspflicht auferlegt wird, welche der zwingenden Gewährleistungspflicht des

Einleitung

31

Letztverkäufers entspricht. Andererseits wird ihnen versagt, auf die konkrete Vornahme der Gewährleistung im Verbrauchsgüterkauf unmittelbar Einfluss zu nehmen, da diese ausschließlich von dem Letztverkäufer als Vertragspartner des Verbrauchers vorgenommen wird. Dieses Auseinanderfallen von Regulierungsmöglichkeit und Kostentragungspflicht erfordert ein ständiges Abwägen der Interessen des Letztverkäufers einerseits und der übrigen Unternehmer als (zumindest potentiellen) Regressschuldnern andererseits.4 Denn nur so lassen sich Auslegungsergebnisse finden, die das Risiko angemessen auf alle Beteiligten der Regresskette verteilen. Stärker noch als im materiellrechtlichen Bereich spiegelt sich der den §§ 478, 479 BGB immanente Interessenkonflikt bei der Bestimmung des intertemporalen und internationalprivatrechtlichen Anwendungsbereichs der Normen wider. Denn die jeweilige Anknüpfung und damit möglicherweise auch das anwendbare Sachrecht hängen entscheidend davon ab, ob maßgeblich auf das konkrete Verhältnis von Regressschuldner und -gläubiger oder aber – im Rahmen des vertragsübergreifenden Regelungsansatzes – auf den Verbrauchsgüterkauf abzustellen ist. Gerade der Bestimmung des internationalen Anwendungsbereichs kommt dabei im Zuge der fortschreitenden Globalisierung und angesichts der Internationalität des Warenverkehrs maßgebliche Bedeutung für die Praxis zu. Schließlich sind nur die wenigsten Lieferketten auf Deutschland beschränkt. Zumeist werden die Waren im Ausland hergestellt oder durch ausländische Groß- oder Zwischenhändler vertrieben. Für diese internationalen Lieferketten stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit der deutschen Regressvorschriften. Um eine abschließende Bewertung der §§ 478, 479 BGB vornehmen zu können, bedarf gerade diese für die Praxis bedeutsame Frage einer genauen Erörterung. Im Rahmen des internationalprivatrechtlichen Teils dieser Arbeit wird daher ausführlich auf diese Problematik eingegangen. Dabei wird zum einen das Verhältnis der deutschen Regressnormen zum UNKaufrecht beleuchtet. Zum anderen wird eine kollisionsrechtliche Prüfung der §§ 478, 479 BGB vorgenommen, in der insbesondere untersucht wird, inwieweit die Vorschriften etwa im Rahmen von Sonderanknüpfungen auch dann zur Anwendung berufen werden können, wenn der Vertrag insgesamt bzw. grundsätzlich einem ausländischen Vertragsstatut unterliegt. Ebenfalls eingegangen wird auf die Problematik, inwieweit die §§ 478, 479 BGB mit Hilfe kollisionsrechtlicher Regelungen umgangen werden können. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, aufzuzeigen, inwieweit sich die Regressnormen der §§ 478, 479 BGB mit den bekannten Methoden der Rechtsanwendung dahingehend auslegen und anwenden lassen, dass sie einerseits die Ziele des deutschen und die Vorgabe des europäischen Gesetzgebers verwirklichen ___________ 4

Schubel, ZIP 2002, 2061 f.; Schwab/Witt/Schubel 208.

32

Einleitung

und andererseits einen gerechten Ausgleich der beteiligten Unternehmer der Regresskette untereinander schaffen, ohne dass sich die Anwendung der Normen als „Wunder“ darstellt.

1. Teil

Der Rückgriff des Unternehmers im deutschen Recht 1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen 1. Kapitel

Entstehung der Rückgriffsregelungen der §§ 478, 479 BGB Die §§ 478, 479 BGB sind europarechtlichen Ursprungs und setzen Art. 4 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (im Folgenden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie)1 um.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bezweckt ausweislich ihres Art. 1 Abs. 1 „die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter zur Gewährleistung eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus im Rahmen des Binnenmarktes“.

Mit der Forderung, die kaufrechtliche Gewährleistung und damit einen Kernbereich der mitgliedstaatlichen Zivilrechtsordnungen anzugleichen und auf einem hohen Verbraucherschutzniveau festzuschreiben, erreicht sie gegenüber früheren, eher sektoral wirkenden Verbraucherschutzrichtlinien eine neue Qualität2 und stellt den bisherigen Höhepunkt auf dem Weg zu einem europäischen Privatrecht dar.3 ___________ 1

ABl. EG 1999 Nr. L 171, S. 12 ff.; ebenfalls abgedruckt in EuZW 1999, 498 ff.; NJW 1999, 2421 f.; ZIP 1999, 1845 ff. 2 Grundmann/Bianca/Gomez, Einl. Rn. 68; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 545; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27 f.; ähnlich auch Bitterich, JR 2004, 485; Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 66; ders., NJW 1999, 2393; von Sachsen Gessaphe, FS Sonnenberger 99. 3 Hondius, ZEuP 1997, 130; Hübner, EuZW 1999, Editorial zu Heft 16; ähnlich Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, 367, 380; Reich, NJW 1999, 2397, 2398; Schäfer/

34

1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

I. Kompetenz zum Erlass der Richtlinie 1. Maßgebliche Kompetenzgrundlage Die Richtlinie stützt sich ausweislich ihrer Präambel auf Art. 95 EGV, der die EG-Rechtsetzungsorgane ermächtigt, „Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten [zu erlassen], welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben“. Im ersten Erwägungsgrund wird zudem auf Art. 153 Abs. 1 und 3 EGV hingewiesen. Durch den Verweis auf diese Regelungen soll die Richtlinie allerdings nicht auf eine weitere Kompetenzgrundlage gestützt werden. Zwar enthält Art. 153 Abs. 3 lit. b) EGV eine eigenständige Kompetenznorm, welche die Gemeinschaft ermächtigt, Rechtsakte auch ohne Binnenmarktbezug zu erlassen, sofern diese der Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes dienen.4 Doch zum einen wird in der Präambel nur Art. 95 EGV, nicht aber Art. 153 Abs. 3 lit. b) EGV als Grundlage der Richtlinie genannt. Zum anderen ist der Wortlaut des ersten Erwägungsgrundes ausschließlich dem ebenfalls in Bezug genommenen Art. 153 Abs. 1, Abs. 3 lit. a) EGV entliehen. Diese Norm verweist lediglich auf die in Art. 95 EGV enthaltene Ermächtigungsgrundlage, deren Voraussetzungen erfüllt sein müssen.5 Daher ist davon auszugehen, dass der europäische Gesetzgeber mit dem Verweis im ersten Erwägungsgrund nur diese Norm, nicht dagegen den Art. 153 Abs. 3 lit. b) EGV in Bezug nehmen wollte.6 Auf diese Weise sollen neben der in Art. 95 EGV verpflichteten Kommission auch die in der damaligen Fassung des Artikels nicht genannten Organe der Gemeinschaft verpflichtet werden, bei ihrem Tätigwerden von einem hohen Verbraucherschutzniveau auszugehen.7

___________ Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1837; Schultze-Melling 23, 29 ff.; Staudinger/MatuscheBeckmann, Vorb. §§ 474 BGB Rn. 1; Tonner, BB 1999, 1769; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 723. 4 Siehe hierzu Schwarze/Berg Art. 153 EGV Rn. 17 f.; auch Heiderhoff 28. 5 EuGH, El Corte Inglés SA, Slg. 1996, I-1281, I-1303 Rn. 17 ff. (für die Vorgängernorm); Geiger Art. 153 EGV Rn. 8; Schwarze/Berg Art. 153 EGV Rn. 14 ff.; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 723 f. 6 Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 29 f.; wohl auch von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 723 f. 7 Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 29; diese Funktion des Art. 153 Abs. 3 lit. a) EGV verkennt von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 723 f. Seit dem Amsterdamer Vertrag werden der Rat und das Parlament bereits durch den neuen Art. 95 Abs. 3 S. 2 EG dazu verpflichtet, bei ihren Vorschlägen von einem hohen Verbraucherschutzniveau auszugehen.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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2. Voraussetzungen der Kompetenznorm a) Förderung des Binnenmarktes Die Kompetenznorm des Art. 95 EGV verlangt, dass die erlassene Maßnahme in der Hauptsache die Verwirklichung des Binnenmarktes bezweckt.8 Der in der Verbrauchsgüterkaufrichtinie geforderte Verbraucherschutz darf mithin „kein Selbstzweck, sondern [muss] Schlüssel zur Marktöffnung“ sein, muss also einen Beitrag zur Verbesserung des Binnenmarktes leisten.9 Dieser ergibt sich aus folgendem, der Richtlinie in den Erwägungsgründen 3 bis 6 zu Grunde gelegten Gedankengang:10 Durch die unterschiedlichen Kaufgewährleistungsrechte der einzelnen Mitgliedstaaten ergäben sich innerhalb des Binnenmarktes Unterschiede und Wettbewerbsverzerrungen, die den Verbraucher daran hinderten, grenzüberschreitend in der EG einzukaufen und so die europäischen Grundfreiheiten zu nutzen. Daher sei es erforderlich, die Gewährleistungsrechte der Mitgliedstaaten – sowohl für grenzüberschreitende wie auch für innerstaatliche Kaufverträge11 – einheitlich auf einem hohen Verbraucherschutzniveau festzuschreiben. Nur wenn der Verbraucher darauf vertrauen könne, dass ihm auch beim Kauf im europäischen Ausland ein Mindestmaß an Verbraucherschutz zukomme, werde er nämlich seine Grundfreiheiten innerhalb des Binnenmarktes wahrnehmen und damit zu dessen Verwirklichung beitragen. Die Schaffung eines angeglichenen, verbraucherfreundlichen Kaufgewährleistungsrechts innerhalb der EG dient daher zwar auch dem Verbraucherschutz, soll aber primär die Vollendung des Binnenmarktes bezwecken. Wenn daher von einem „doppelten Begründungsstrang“ der Richtlinie (Binnenmarktförderung und Verbraucherschutz) gesprochen wird,12 ist stets zu beachten, dass die Be___________ 8 EuGH, Abfallrichtlinie, Slg. 1993, I-939, I-968 Rn. 19; Rs. C-271/94, Slg. 1996 I-1689, I-1716 Rn. 32; Schwarze/Herrnfeld Art. 95 EG Rn. 8; Berg Art. 153 EGV Rn. 15; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 723 f. Fn. 58; anders Möstl, EuR 2002, 318, 327 f., 337 ff., 349 f. 9 Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, 367, 368; Bradgate/Twigg-Flesner 5; Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 3; Hänlein, DB 1999, 1641 Fn. 2; Reich, NJW 1999, 2397, 2398; Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829 f.; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 29; Welser/Jud, Vorb. Rn. 12; angedeutete bei Hondius, ZEuP 1997, 130, 132 f. 10 Die Überlegung fand sich schon im Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst; Hondius, ZEuP 1997, 130, 132; Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8. Als Alternative wurde eine Anpassung der internationalprivatrechtlichen Vorschriften in Erwägung gezogen; siehe Bradgate/Twigg-Flesner 3. 11 Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 618; Hänlein, DB 1999, 1641, 1642. 12 Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 71; ders., in: Grundmann/Medicus/ Rolland, 27, 30; ders., NJW 1999, 2393; siehe auch Grundmann/Bianca/Grundmann, Einl. Rn. 16; Höffe 5.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

gründungsstränge in einem Hierarchieverhältnis stehen und der Verbraucherschutz der Vollendung des Binnenmarktes dient bzw. dienen muss.

b) Kompetenzrechtliche Zweifel aa) Zweifel hinsichtlich des Erlasses der Richtlinie allgemein Teilweise13 wird bezweifelt, dass Art. 95 EGV die Kommission zum Erlass der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ermächtigt, da durch die Vorgaben der Richtlinie kein Beitrag zur Integration des Binnenmarktes geleistet werde. So könne schon die der Richtlinie zu Grunde liegende These, die Unterschiede der mitgliedstaatlichen Gewährleistungsrechte behinderten den freien Warenverkehr im Binnenmarkt, nicht ohne Weiteres als wahr unterstellt werden.14 Ebenso müsse die Existenz der in Erwägungsgrund 3 aufgezeigten Wettbewerbsverzerrungen auf Grund der nicht vereinheitlichten Gewährleistungsrechte bezweifelt werden.15 Außerdem bestünden auch nach Umsetzung der Richtlinie gravierende Hemmnisse für einen grenzüberschreitenden Verbrauchsgüterkauf, die der Verwirklichung des Binnenmarktes entgegenstünden, so etwa Sprachschwierigkeiten16 oder die sich aus der räumlichen Distanz zwischen Verbraucher und Verkäufer17 oder bei der Rechtsverfolgung18 ergebenden Probleme. Diese Kritik verkennt jedoch, dass dem europäischen Gesetzgeber bei der Prüfung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme ein relativ großer Ermessensspielraum zu gewähren ist19 und die Anforderungen nicht zu hoch gesteckt werden dürfen.20 Es kann daher nicht angezweifelt werden, dass die Schaffung eines angeglichenen hohen Verbraucherschutzniveaus dem Verbraucher den Zutritt zum europäischen Binnenmarkt erleichtert und ___________ 13 Bitterich, JR 2004, 485; Ehmann/Rust, JZ 1999, 853 f.; Honsell, JZ 2001, 278; Junker, DZWir 1997, 271, 275; Nietzer/Stein, ZVglRWiss 99 (2000), 41, 50; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 442; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 723 f.; S. Wolf, RIW 1997, 899, 903; zweifelnd auch Kelwing 24 ff.; Schultze-Melling 28; Wind 27 ff. 14 Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854; Honsell, JZ 2001, 278; Junker, DZWir 1997, 271, 275. 15 Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854; Jud, ZfRV 2001, 201, 219; Junker, DZWir 1997, 271, 275; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 724. 16 Junker, DZWir 1997, 271, 275; Mankowski, ZEuP 2003, 483, 486; Tonner, BB 1999, 1769, 1771; S. Wolf, RIW 1997, 899, 903. 17 Junker, DZWir 1997, 271, 275; Nietzer/Stein, ZVglRWiss 99 (2000), 41, 50; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 442; S. Wolf, RIW 1997, 899, 903. 18 Junker, DZWir 1997, 271, 275. 19 Müller-Graff, EuR 1989, 107, 128, 141; Schwarze/Herrnfeld Art. 95 EG Rn. 26; siehe auch Möstl, EuR 2002, 318, 325, 342, 349; Vorsmann 8 f. 20 Heiderhoff 29.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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damit zur Errichtung und zum Funktionieren desselben beiträgt.21 Insofern ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Kompetenznorm des Art. 95 EGV erfüllt sind und die Gemeinschaft die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie insgesamt erlassen durfte.

bb) Zweifel in Bezug auf die Vorgabe des Art. 4 der Richtlinie Kompetenzrechtliche Zweifel bleiben allerdings in Hinblick auf die in Art. 4 der Richtlinie enthaltene Vorgabe eines effektiven22 Regresses. Im Schrifttum findet sich die Auffassung,23 dass die Regressreglung nicht mehr von der Kompetenznorm des Art. 95 EGV gedeckt sei, da sie nicht direkt das Verhältnis zwischen dem Verbraucher als Käufer und dem Unternehmer als Verkäufer, sondern Verträge zwischen Gewerbetreibenden betreffe. Damit diene die Vorgabe primär dem Schutz des Letztverkäufers als einem kleinen und mittleren Gewerbetreibenden,24 und ein solcher sei – anders als der Verbraucherschutz – zur Integration des Binnenmarktes nicht notwendig.25 Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen. Die Regressvorgabe in Art. 4 der Richtlinie dient nicht (nur) dem Schutz der kleineren und mittleren Unternehmer, sondern bezweckt – ebenso wie die anderen Regelungen der Richtlinie – den wenn auch mittelbaren Schutz des Verbrauchers26 und damit die Integration ___________ 21 Ebenso Grundmann, in: Grundmann/Bianca, Einl. Rn. 16 ff.; Tonner, BB 1999, 1769, 1771; Vorsmann 8 f.; siehe hierzu aber auch die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Die Anwendung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, mit einer Analyse zur Frage der Zweckmäßigkeit der Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung (KOM [2007] 210 endg., S. 12) sowie das Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM [2006] 744 final). 22 Siehe hierzu 1. Teil, 1. Kapitel A. III. 23 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533; ders., WM 2002, 1376, 1386; Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 215; Doehner 72 ff.; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 154; Hoffmann, ZRP 2001, 347; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 3; Loose 9 ff.; Medicus, ZIP 1996, 1925; Micklitz, EuZW 1997, 229, 233; Tonner, BB 1999, 1769, 1772, 1773 f.; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 724, 734; Wind 27 ff.; zweifelnd auch Kelwing 188 f.; anders Schumacher 79 ff. 24 Jud, ÖJZ 2000, 661, 662 Fn. 4; Micklitz, EuZW 1997, 229, 233; Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 669; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 42; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 724, 734. 25 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 724, 734; siehe auch Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 215, 221. 26 Höffe 77 f.; Schurr, ZfRV 1999, 222, 227; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117; wohl auch Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533; anders Medicus, ZIP 1996, 1925, 1928; noch drastischer Honsell, JZ 2001, 278, 280.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

des Binnenmarktes. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: Wird dem Letztverkäufer die Regressmöglichkeit gegenüber anderen Teilen der Lieferkette gesichert, so dass er den Gewährleistungsschaden an einen seiner Vordermänner weiterleiten kann, verringert sich sein Insolvenzrisiko. Das wiederum dient dem Verbraucher, dem so ein solventer Schuldner für seine Gewährleistungsansprüche erhalten bleibt.27 Denn was würden diesem die durch die Richtlinie verbesserten Gewährleistungsrechte nützen, wenn sein Schuldner sie mangels Zahlungsfähigkeit nicht befriedigen könnte? Der Verbraucher kann also darauf vertrauen, dass ihm innerhalb des Binnenmarktes ein solventer Schuldner für seine Gewährleistungsrechte zur Verfügung steht, und wird so eher bereit sein, seine europäischen Grundfreiheiten tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Insofern dient die in Art. 4 der Richtlinie enthaltene Vorgabe dem Verbraucherschutz und dadurch wiederum der Errichtung und dem Funktionieren des Binnenmarktes. Die Voraussetzungen der Kompetenzgrundlage des Art. 95 EGV sind somit erfüllt.

3. Ergebnis Sowohl die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie insgesamt als auch die in Art. 4 enthaltenen Vorgabe für einen Regress sind mithin von der Kompetenznorm des Art. 95 EGV gedeckt, so dass sie vom europäischen Gesetzgeber erlassen werden durften. Dementsprechend wurde auch von keinem Mitgliedstaat eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG erhoben, um die angeblichen Kompetenzmängel geltend zu machen.28

II. Die Regressvorgabe in Art. 4 der Richtlinie 1. Der Regelungsgehalt der Regressvorgabe Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie greift nicht nur in das Verhältnis zwischen Verbraucher und Unternehmer ein, sondern erhält darüber hinaus auch eine Vorgabe für den unternehmerischen Verkehr, namentlich für den Regress ___________ 27 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533; Höffe 77 f.; Schumacher 83; Schurr, ZfRV 1999, 222, 227; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82. 28 Da eine Nichtigkeitsklage nicht erhoben wurde, besteht ohnehin und trotz kompetenzrechtlicher Zweifel eine Umsetzungspflicht; vgl. Höpker 14 f.; Kelwing 26; Schultze-Melling 29; Staudinger/Matusche-Beckmann, Vorb. §§ 474 BGB Rn. 2; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 724. Darüber hinaus ist der Frage nach der europarechtlichen Kompetenz zum Erlass der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie spätestens seit Inkrafttreten der nationalen Umsetzungsvorschriften die „praktische Relevanz“ genommen; Ehmann/ Rust, JZ 1999, 853, 854; anders insoweit Loose 9 f., 19.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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des an den Verbraucher verkaufenden Unternehmers gegenüber anderen Gliedern der Lieferkette. Diese Regressregelung findet sich in Art. 4 der Richtlinie, der folgendes bestimmt: „Haftet der Letztverkäufer dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson, so kann der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen. Das innerstaatliche Recht bestimmt den oder die Haftenden, den oder die der Letztverkäufer in Regress nehmen kann, sowie das entsprechende Vorgehen und die Modalitäten.“

Flankiert wird die Vorschrift von Erwägungsgrund Nr. 9: „Der Verkäufer muss dem Verbraucher gegenüber unmittelbar für die Vertragsgemäßheit der Güter haften. Dieser klassische Grundsatz ist in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verankert. Der Verkäufer muß allerdings nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts den Hersteller, einen früheren Verkäufer innerhalb derselben Vertragskette oder eine andere Zwischenperson in Regreß nehmen können, es sei denn, daß er auf dieses Recht verzichtet hat. Diese Richtlinie berührt nicht den Grundsatz der Vertragsfreiheit in den Beziehungen zwischen dem Verkäufer, dem Hersteller, einem früheren Verkäufer oder einer anderen Zwischenperson. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmen, gegen wen und wie der Verkäufer Regreß nehmen kann.“

Innerhalb der im deutschen Schrifttum ohnehin schon kontrovers diskutierten29 Richtlinie bildete diese Vorgabe den „eigentliche[n] Sprengstoff“.30 Dies liegt zum einen daran, dass durch diese Regelung sämtliche Bestimmungen der Richtlinie „quasi durch die Hintertür“31 auch auf solche Verträge erstreckt werden, an denen kein Verbraucher als Vertragspartei beteiligt ist.32 Zum anderen geht es bei den Vorgaben letztlich um die rechtspolitisch äußerst bedeutsame Frage, ob der Hersteller im Rahmen eines Regresses für die Kosten der kaufgewährleistungsrechtlichen Haftung einzustehen und damit die Folgen der verstärkten Verbraucherschutzrechte (mit) zu tragen hat, oder ob diese allein am ___________ 29 Die Richtlinie bzw. ihren Entwurf befürworteten etwa Hübner, EuZW 1999, Editorial zu Heft 16; Schiller, PHi 1999, 118, 124 ff., die aber die Bewertung letztlich von der Umsetzung abhängig macht; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 446; Schurr, ZfRV 1999, 222, 228 f.; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 47. Negativ zur Richtlinie oder ihrem Entwurf äußern sich etwa Honsell, JZ 2001, 278, 279, 283; Junker, DZWir 1997, 271 ff., 280 (sehr drastisch); Kircher, ZRP 1997, 290, 292, 293, 294; S. Wolf, RIW 1997, 899, 903 f. In der Wirtschaft wurde der Richtlinienentwurf von den Verbraucherschutzverbänden begrüßt, von den Produzenten dagegen abgelehnt; siehe Hondius, ZEuP 1997, 130, 132. 30 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 534; ähnlich Bradgate/Twigg-Flesner 227; Micklitz, EuZW 1999, 490; Schmidt-Räntsch, ZEuP 1999, 294. 31 Kircher, ZRP 1997, 290, 294. 32 Kircher, ZRP 1997, 290, 294; Medicus, in: Schulze/Schulte-Nölke, 33, 39; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 850; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 2; für den Richtlinienvorschlag schon Medicus, ZIP 1996, 1925, 1928.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

Handel hängen bleiben. Denn der Letztverkäufer kann die Kosten, die er gegenüber dem Verbraucher für die Gewährleistung aufwenden musste, nur dann auf den (für den Mangel verantwortlichen) Hersteller abwälzen, wenn ihm eine effektive Regressmöglichkeit gegen diesen oder andere Verkäufer in der Lieferkette eingeräumt wird.

2. Die Entstehung der Regressvorgabe in Art. 4 der Richtlinie Der in Art. 4 der Richtlinie vorgesehene Regress stellt sich als „Überbleibsel der zunächst geplanten direkten Herstellerhaftung“33 dar. Denn sowohl durch den Regress wie auch durch eine direkte Haftung wird der Hersteller in die kaufgewährleistungsrechtliche Verantwortung einbezogen. Er muss letztlich für die Kosten aufkommen, die im Rahmen der Gewährleistung entstehen: entweder indem er direkt den Ansprüchen des Verbrauchers ausgesetzt ist oder indem er von demjenigen in Regress genommen wird, der die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat.

a) Forderung einer quasi-subsidiarischen Herstellerhaftung im Grünbuch Bereits in dem Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst von 199334 wurde eine Herstellerhaftung gefordert: In einer modernen Konsumgesellschaft, in welcher der Wettbewerb eher zwischen den Marken der einzelnen Hersteller als zwischen den Verkäufern stattfinde, sei es erforderlich, neben dem Verkäufer auch den Hersteller in die Haftung mit einzubeziehen. Die Herstellerhaftung sollte allerdings gegenüber dem Verbraucher „quasisubsidiarisch“ ausgestaltet und damit nur dann möglich sein, wenn die Haftung des Verkäufers aus bestimmten Gründen nicht oder nur mit überdurchschnittlichen Anstrengungen durchsetzbar ist, etwa weil der Verkäufer vom Markt verschwunden ist, Insolvenz angemeldet hat oder wegen eines internationalen Vertrages nur im Ausland in Anspruch genommen werden kann.35 Zudem sollte die ___________ 33 Cziesielsky 135; fast wortgleich Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 862 Fn. 79; Höffe 77; Loose 9; ähnlich Hänlein, DB 1999, 1641, 1644 („in der […] Richtlinie nur noch Reste“); Hondius, ZEuP 1997, 130, 136 (Art. 3 Abs. 5 des Richtlinienentwurfes enthalte „etwas, was der action directe nahe kommt: Eine Art ‚Unterdrückte Mittelständler‘Forderung“); Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 93; Jud, ÖJZ 2000, 661, 664; SchmidtKessel, ÖJZ 2000, 668, 669; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 850 („Kompromiss“). 34 KOM (1995), 520 endg.; siehe dazu Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8 ff.; einen kurzen Überblick geben auch Bradgate/Twigg-Flesner 2 ff.; Kelwing 15 ff. 35 Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, 367, 370; Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 6; Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8, 18; Vorsmann 121; vgl. auch Bradgate/Twigg-Flesner 203, 226; Lehmann, JZ 2000, 280, 291 Fn. 120; Nguyen 23.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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Haftung des Herstellers auf die Nachlieferung und Nachbesserung beschränkt sein, so dass dem Verbraucher in den Fällen, in denen diese Rechtsbehelfe wegen Unmöglichkeit ausscheiden, nur noch der Verkäufer als Anspruchsgegner zur Verfügung stünde.36 Die Ausdehnung der Verantwortung auf den Hersteller bezweckte dabei nicht den Schutz des Händlers, sondern ausschließlich den des Verbrauchers: Ihm sollte in den Fällen, in denen eine Inanspruchnahme seines Vertragspartners aus den oben genannten Gründen scheitert, mit dem Hersteller ein weiterer Schuldner zur Verfügung gestellt werden, der wegen seiner größeren finanziellen Mittel im Regelfall besser in der Lage sein würde, die Ansprüche des Verbrauchers zu befriedigen.37

b) Die Herstellerhaftung im Gesetzgebungsverfahren Die im Grünbuch vorgeschlagene „quasi-subsidiarische“ Herstellerhaftung wurde auch in die internen Vorentwürfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vom Oktober 1995 und Januar 1996 aufgenommen.38 In den letztlich vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien vom 23. August 199639 wie auch in die endgültige Fassung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie fand sie als zu weitgehender Eingriff in die mitgliedstaatlichen Haftungssysteme dagegen keinen Eingang. Zwar wurde im Verlaufe des europäischen Gesetzgebungsverfahrens von verschiedener Seite die Einführung einer Herstellerhaftung gefordert, so etwa vom Wirtschafts- und Sozialausschuss40 und vom europäischen Parlament, das in seiner ersten Lesung im März 199841 die Haftung des Herstellers in einem neu einzufügenden Art. 3 Abs. 1a42 für bestimmte Fälle positivrecht___________ 36

Hassemer 169; Kelwing 18 f.; Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8, 17 f.; SchultzeMelling 27; Schumacher 63. 37 Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8, 17. 38 Hondius, ZEuP 1997, 130, 136; Lehmann, JZ 2000, 280, 291; Schumacher 64 ff. 39 ABl. EG 1996 Nr. C 307, S. 8 ff. 40 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, ABl. EG 1997 Nr. C 66, S. 7. 41 ABl. EG 1998 Nr. C 104, S. 30 ff. 42 Der vorgeschlagene Art. 3 Abs. 1a der Kaufrichtlinie lautete: „Abweichend von Absatz 1 kann der Verbraucher auch unmittelbar den Hersteller bzw. gegebenenfalls dessen Vertreter im Mitgliedstaat des Verbrauchers in Regreß nehmen, sofern – der Verkäufer des Verbrauchsgutes in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, – der Verkäufer seine Handelstätigkeit eingestellt oder sich an einem anderen Ort niedergelassen hat, ohne dies mitgeteilt zu haben,

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

lich normieren wollte. Keines der Änderungsbegehren wurde jedoch berücksichtigt. Zur Einführung einer direkten Herstellerhaftung findet sich in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nur noch der Hinweis in Art. 12 und Erwägungsgrund Nr. 23. Art. 12 der Richtlinie schreibt vor, dass die Kommission bis spätestens zum 7. Juli 2006 die Anwendung der Richtlinie zu überprüfen und Rat und europäischem Parlament einen entsprechenden Bericht vorzulegen hat, in dem „unter anderem zu prüfen [ist], ob Veranlassung besteht, eine unmittelbare Haftung des Herstellers einzuführen“. Und Erwägungsgrund Nr. 23 bestimmt, dass es sich angesichts „der zu erwartenden Erfahrung mit der Durchführung dieser Richtlinie […] als notwendig erweisen [kann], eine stärkere Harmonisierung in Erwägung zu ziehen, die insbesondere eine unmittelbare Haftung des Herstellers für ihm zuzuschreibende Mängel vorsieht.“

An dieser Stelle könnte die Richtlinie daher doch noch „den Dolch gegen die Hersteller im Gewande“43 tragen. Die juristische Wissenschaft wird sich demnach auch weiterhin mit den Vor- und Nachteilen einer möglicherweise in Zukunft geforderten Herstellerhaftung auseinanderzusetzen haben.44 Dabei kann sie an die durch das Grünbuch angestoßene Auseinandersetzung anknüpfen45 und die dort bereits angeführten Argumente für die zukünftigen Überlegungen ___________ – der Verkäufer nicht rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichtet werden kann.“ Der dazu gehörige, ebenfalls neu einzufügende Erwägungsgrund Nr. 6 sollte folgenden Wortlaut haben: „[...] In bestimmten Fällen ist es unter Umständen schwierig oder sogar unmöglich, seine Rechte gegenüber dem Verkäufer der verkauften Ware geltend zu machen. In diesen Fällen ist es wünschenswert, daß der Verbraucher bei Vertragswidrigkeit auch direkt den Hersteller oder – soweit möglich – dessen Vertreter in dem Mitgliedstaat des Verbrauchers in Regreß nehmen kann.“ 43 Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1836; siehe auch Bradgate/Twigg-Flesner 204, 206, 218; Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 48; Hänlein, DB 1999, 1641, 1645 (Herstellerhaftung als Fernziel); Jud, ÖJZ 2000, 661, 664; Lehmann, JZ 2000, 280, 291; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561 Fn. 5; Schiller, PHi 1999, 118, 128; Staudenmayer, NJW 1999, 2393, 2397. 44 Siehe eingehend Hassemer 167 ff. 45 Für die Einführung einer Herstellerhaftung: Bradgate/Twigg-Flesner 220 f., 223; Brüggemeier, JZ 2000, 529, 532; Cziesielsky 152, 154; Hassemer 241 ff.; Kelwing 256 ff., insb. 262 ff.; Lehmann, JZ 2000, 280, 291, §§ 452 lit. a und b seines Regelungsvorschlags, 293; Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8, 48 ff.; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 8; wohl auch Grundmann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 281, 310 f.; Hondius, ZEuP 1997, 130, 136. Gegen eine Herstellerhaftung: W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1423 ff.; Jud, ÖJZ 2000, 661, 665; dies., ZfRV 2001, 201, 201; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/ Konzen/Schmidt, 427, 433 f.; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 46; ders., NJW 1999, 2393, 2397; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 730.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

43

fruchtbar machen.46 Die in der Richtlinie gesetzte Frist zur Berichterstattung (und Stellungnahme) erscheint aber angesichts der hohen politischen Brisanz dieses Themas etwas kurz.47 Davon scheint auch die Kommission in ihrem Bericht auszugehen, den sie am 24. April 2007 vorgelegt hat in Gestalt der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Die Anwendung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, mit einer Analyse zur Frage der Zweckmäßigkeit der Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung48. Denn darin geht die Kommission zwar auf die verschiedenen Umsetzungsvarianten des Art. 4 der Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten ein und stellt die Modelle einer „unmittelbaren Produzentenhaftung“ dar, die in einzelnen Mitgliedstaaten, nämlich Belgien, Finnland, Lettland, Portugal, Spanien und Schweden, bestehen. Im Weiteren sind aber lediglich die Meinungen der verschiedenen Mitgliedstaaten zu den möglichen Auswirkungen einer unmittelbaren Herstellerhaftung im Bereich der Gewährleistung aufgeführt, welche die Kommission mit Hilfe von Fragebögen gesammelt hat. Sie selbst nimmt zu dieser Frage nicht abschließend Stellung und schlussfolgert lediglich, dass die „Tatsache, dass die unmittelbare Produzentenhaftung unterschiedlich geregelt ist, […] ein potentielles Problem für den Binnenmarkt dar[stellt].“ Daraus könne sie beim „derzeitigen Stand der Dinge allerdings noch keine endgültigen Schlüsse ziehen. Noch liegen nicht genügend gesicherte Erkenntnisse vor, um festzustellen, ob sich das Fehlen einer EU-Regelung zur unmittelbaren Produzentenhaftung negativ auf das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt ausgewirkt hat. Aus den dargelegten Gründen hat die Kommission beschlossen, von der Vorlage von Vorschlägen abzusehen und die Problematik im Rahmen des Grünbuchs weiter zu verfolgen.“49

Dieses Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz50 vom 8. Februar 2007 wirft im Anhang I unter Punkt 5.9 die Frage auf, ob eine „unmittelbare Haftung des Herstellers bei Vertragswid___________ 46 Für eine Herstellerhaftung wird zumeist angeführt, dass sie am ehesten dem Verantwortungsprinzip gerecht werde und für den Hersteller einen Anreiz schaffe, seine Produktqualität zu erhöhen; etwa Bradgate/Twigg-Flesner 219 f.; Cziesielsky 152; Lehmann, JZ 2000, 280, 291. Dagegen wird meist vorgebracht, dass sich eine solche Haftung nur schwer in die traditionelle Haftungsordnung einfügen lasse und das Verhältnis dieser Haftung zu den anderen vertraglichen Ansprüchen des Verbrauchers Schwierigkeiten bereite; etwa Böhle 27 Fn. 14; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1423 ff.; Jud, ÖJZ 2000, 661, 665; Schumacher 28; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 730. 47 Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 47; ders., NJW 1999, 2393, 2397. 48 KOM (2007) 210 endg. 49 KOM (2007) 210 endg., S. 14. 50 KOM (2006) 744 final.

44

1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

rigkeit“ eingeführt werden soll. Es bleibt also weiter abzuwarten, ob es zur Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung auf europäischer Ebene kommt.

c) Die Regressregelung im Gesetzgebungsverfahren Anders als die Einführung einer Herstellerhaftung war die im wirtschaftlichen Ergebnis (möglicherweise) ähnlich wirkende und ebenso brisante Regressregelung in Art. 4 der Richtlinie kaum Gegenstand größerer Änderungsbegehren im Gesetzgebungsverfahren. Zumeist wurde ihr Standort oder Wortlaut51 ohne inhaltliche Auswirkungen verändert: So war die Regressregelung im ursprünglichen Richtlinienvorschlag in Art. 3 Abs. 552 und im geänderten Richtlinienvorschlag53 in Art. 3 Abs. 7 enthalten, bevor sie im gemeinsamen Standpunkt vom 24. September 199854 in Art. 4 verankert wurde. Daneben ergaben sich kleinere inhaltliche Änderungen und Präzisierungen etwa der Gestalt, dass der Kreis der Regressgläubiger durch einen entsprechenden Zusatz auf Personen „innerhalb der Vertragskette“ reduziert55 oder der Regelungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung einer Regressregelung genauer spezifiziert wurde. Kontrovers diskutiert wurde lediglich die Frage, ob die Regressreglung zwingend auszugestalten sei. Denn sowohl der Wirtschaftsund Sozialausschuss56 als auch das europäische Parlament57 machten den Vorschlag, Art. 3 Abs. 5 des ursprünglichen Richtlinienvorschlags um folgenden Zusatz zu ergänzen: „Dieses Regressrecht wird […] ausgeübt, jedoch ohne daß diese genannten haftbaren Personen sich auf vertragsspezifische Gewährleistungsbedingungen betreffend die

___________ 51

So wurde etwa der Begriff „den Haftenden“ erst durch „die haftbaren Personen“ und später durch „den oder die Haftenden“ ersetzt. 52 Artikel 3 Absatz 5 des Vorschlags hat folgenden Wortlaut: „Haftet der Letztverkäufer dem Verbraucher gegenüber aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines vorausgegangenen Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson, so kann der Letztverkäufer den Haftenden nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in Regreß nehmen.“ 53

ABl. EG 1998 Nr. C 148, S. 12 ff. ABl. EG 1998 Nr. C 333, S. 46 ff. 55 Siehe hierzu auch Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 4. 56 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, ABl. EG 1997 Nr. C 66, S. 9. 57 Erste Lesung des Europäischen Parlaments zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, ABl. EG 1998 Nr. C 104, S. 37. 54

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

45

Haftpflicht berufen können, der sich der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher rechtmäßig nicht entziehen kann.“

Diese inhaltliche Änderung wurde im geänderten Vorschlag der Richtlinie jedoch nicht berücksichtigt. Vielmehr wurde sowohl in Art. 4 als auch in Erwägungsgrund Nr. 9 im gemeinsamen Standpunkt eine Beschränkung („es sei denn, daß er auf dieses Recht verzichtet hat“) angehängt, die deutlich macht, dass der Letztverkäufer auf sein Regressrecht verzichten kann, die Regelung also gerade nicht zwingender Natur ist. Zwar wurde diese Einschränkung in der zweiten Lesung des europäischen Parlaments wieder aus Art. 4 gestrichen; sie findet sich aber weiterhin im neunten Erwägungsgrund.

3. Sinn und Zweck der Regressregelung in Art. 4 der Richtlinie Aus dem soeben Dargestellten ergibt sich, dass sowohl die Regressregelung als auch die direkte Herstellerhaftung dasselbe Ziel verfolgen, nämlich den Hersteller in die kaufgewährleistungsrechtliche Haftung miteinzubeziehen. Fraglich ist jedoch, wem diese Einbeziehung letztlich zu Gute kommen soll. Für die im Grünbuch geplante Herstellerhaftung ist diese Frage nicht weiter schwierig: Die Haftung soll dem Verbraucher dienen. Ihm soll neben seinem eigentlichen Vertragspartner ein weiterer Schuldner an die Hand gegeben werden. Dadurch würde sichergestellt, dass die Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers in jedem Fall befriedigt werden, selbst dann, wenn der eigentliche Verkäufer – etwa wegen Insolvenz – als Schuldner ausfällt. Beim Regress stellt sich die Situation dagegen ein wenig anders dar. Dem Verbraucher wird nämlich kein weiterer Schuldner zur Verfügung gestellt. Vielmehr wird dem Verkäufer eine Regressmöglichkeit gegen den Hersteller oder einen anderen Verkäufer der Lieferkette eingeräumt. Auf den ersten Blick scheint der Schutz daher dem End- bzw. Letztverkäufer als dem typischerweise schwächsten Glied der Lieferkette bzw. als dem kleinen und mittleren Unternehmen zu dienen.58 Auch diese Personengruppe kann sich als durchaus schutzbedürftig erweisen. In der Europäischen Gemeinschaft finden sich daher auch Rechtsakte, die den Schutz von Unternehmern in marktschwachen Positionen bezwecken. So

___________ 58

Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 94; Hassemer 120 ff.; Höffe 77; Höpker 12 f.; Klose 13 ff.; Loose 10; Magnus, FS Siehr, 429 432; Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 669; Schumacher 80; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 42; a.A. Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 53; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 116 f.; siehe auch Wind 22 ff., 94. Nach Micklitz, EuZW 1999, 485, 492, gibt es dagegen überhaupt „kein subjektives Recht auf Regress“.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

fordert etwa die Handelsvertreterrichtlinie,59 dass dem Handelsvertreter nach Kündigung seines Vertrages ein Ausgleichsanspruch zusteht. Dabei gilt diese Regelung für alle Handelsvertreter, also unabhängig davon, ob es sich in concreto um ein marktschwaches oder marktmächtiges Unternehmen handelt.60 Gleiches würde auch für die Regressregelung gelten: Sie soll den Letztverkäufer als typischerweise schwächstes Glied der Kette schützen, gewährt den Schutz aber auch dann, wenn es sich um ein marktmächtiges Unternehmen handelt.61 Bei genauerer Betrachtung vermag die Interpretation des Art. 4 der Richtlinie als Schutzrecht zu Gunsten des Letztverkäufers als marktschwaches Unternehmen jedoch nicht zu überzeugen. Ausweislich der Erwägungsgründe will der europäische Gesetzgeber mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erreichen, dass der Verbraucher grenzüberschreitend einkauft und so die europäischen Grundfreiheiten nutzt. Nur so sei der Binnenmarkt zu vollenden und zu verwirklichen.62 Hauptanliegen ist nicht, den Letztverkäufer als marktschwachen und damit schutzbedürftigen Unternehmer zu schützen. Denn dieser Schutz mag zwar durchaus berechtigt sein, trägt allerdings nicht zur Verwirklichung des Binnenmarktes in der oben beschriebenen Weise bei. Der europäische Gesetzgeber durfte im Rahmen der Kompetenznorm des Art. 95 EGV aber nur Maßnahmen erlassen, die dieses Ziel bezwecken. Als Schutznorm zu Gunsten kleinerer und mittlerer Unternehmen ist die Regressregelung also weder vom Gesetzgeber konzipiert noch von der Kompetenznorm gedeckt. Bei der Vorgabe des Art. 4 geht es dem europäischen Gesetzgeber vielmehr darum, die durch den verbesserten Verbraucherschutz entstehenden Regresslücken zu schließen, damit nicht der Letztverkäufer die Kosten der Gewährleistung zu tragen hat, ohne für den Mangel der Kaufsache verantwortlich zu sein. Dabei wird mit der Regressnorm das Ziel weiter verfolgt, das im Grünbuch noch durch eine direkte Herstellerhaftung erreicht werden sollte: der Schutz des Verbrauchers. Denn die Verbesserung der Gewährleistungsrechte hilft dem Verbraucher letztlich nur, wenn ihm auch ein solventer Gewährleistungsschuldner an die Hand gegeben wird. Im Rahmen der Herstellerhaftung wurde dies dadurch erreicht, dass der Hersteller als weiterer Schuldner verpflichtet ___________ 59

Richtlinie 86/653/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 18. Dezember 1986 zur Koordnierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, ABl. EG 1986 Nr. L 382, S. 17 ff. 60 Insoweit ist der Schutz mit den Verbraucherschutzregelungen vergleichbar, bei denen es auch nicht auf die Schutzbedürftigkeit der konkreten Person, sondern lediglich auf ihre Einordnung als Verbraucher ankommt. 61 Dies problematisieren auch Magnus, FS Siehr 429, 432; Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 669; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 42; siehe auch Klose 14 f. 62 Siehe hierzu 1. Teil, 1. Kapitel A. I. 2. a), b) aa).

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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wird. Mit der Regressregelung geht die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nun einen anderen Weg: Da nur der Letztverkäufer als Anspruchsgegner zur Verfügung steht, muss sein Insolvenzrisiko reduziert werden, um sicherzustellen, dass ihm die Erfüllung der Ansprüche möglich und damit ein Rückgriff auf einen zweiten Schuldner nicht notwendig ist. Außerdem ergeben sich durch die effiziente Verteilung der Gewährleistungskosten und die letztliche Inanspruchnahme des Herstellers noch zwei weitere Aspekte, die dem Verbraucher zu Gute kommen: Zum einen wird der Hersteller durch die Gefahr einer Regressnahme veranlasst, bessere Produkte herzustellen.63 Zum anderen steigt möglicherweise die Bereitschaft des Verkäufers, die Ansprüche des Verbrauchers schnell und problemlos zu erfüllen, wenn er seinerseits bei seinen Vorverkäufern Regress nehmen kann.64 Hiergegen lässt sich auch nicht einwenden, dass das Insolvenzrisiko des Vertragspartners Teil der Vertragsfreiheit als solcher sei, der Vertragspartner also immer das Insolvenzrisiko des anderen Teils zu tragen habe65 und es nicht Aufgabe des Verbraucherschutzes sei, den Verbraucher vor der Zahlungsunfähigkeit des Verkäufers zu schützen.66 Denn zum einen gibt es auch in anderen europäischen Rechtsakten Vorschriften, die den Verbraucher zumindest mittelbar vor den Folgen einer Insolvenz seines Vertragspartners bewahren sollen. So verlangt etwa Art. 7 der Pauschalreiserichtlinie67, dass der Reisende gegen die Insolvenzrisiken des Reiseveranstalters abgesichert wird und für den Fall der Zahlungsunfähigkeit die Erstattung der vom Reisenden gezahlten Beträge und die Rückreise sicherstellt werden.68 Darüber hinaus finden sich ähnliche Bestimmungen in der Richtlinie 94/19/EWG über Einlagensicherungssysteme69 und der Richtlinie 97/9/EWG über Systeme für die Entschädigung der Anle___________ 63

Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 7; Höpker 14; Schultze-Melling 34. Vgl. AnwKomm/Büdenbender § 474 BGB Rn 10; Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 52 f.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 93, 100; Schumacher 83; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117. Dieses Argument führt auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme an; vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, ABl. EG 1997 Nr. C 66, S. 7. 65 Böhle 38; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1425; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 730. 66 Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 47. 67 Richtlinie 90/314/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl. EG 1990 Nr. L 158, S. 59 ff. Diese Vorgabe wurde durch § 651k BGB in Verbindung mit § 147b GewO umgesetzt; siehe dazu im Einzelnen H.-W. Eckert, DB 1994, 1069, 1074 f.; Führich Rn. 450 ff. 68 Führich Rn. 450; siehe auch H.-W. Eckert, DB 1994, 1069, 1074. 69 Richtlinie 94/19/EWG vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme, ABl. EG 1994 Nr. L 135, S. 5 ff. 64

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

ger70, die insbesondere Banken verpflichten, sich bestimmten Sicherungssystemen anzuschließen und so das Insolvenzrisiko zu kollektivisieren.71 Der Gedanke einer Insolvenzversicherung wird vereinzelt sogar als verallgemeinerungsfähig angesehen.72 Erst recht kann er aber vom europäischen Gesetzgeber in den Vorgaben einer Richtlinie normiert werden, wie es in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geschehen ist. Zum anderen wird die Vertragsfreiheit im Verbraucherschutzrecht ohnehin durch die zwingende Ausgestaltung vieler Normen stark beschnitten, so dass eine Beschränkung der Vertragsfreiheit auch in Bezug auf die Solvenz des Geschäftspartners möglich ist. Die Vertragsfreiheit soll allerdings nur in solchen Verträgen beschränkt werden, an denen Verbraucher beteiligt sind. In die Vertragsfreiheit des unternehmerischen Verkehrs soll dagegen nicht eingegriffen werden. So bestimmt der neunte Erwägungsgrund, dass das in Art. 4 vorgegebene Regressrecht dort seine Grenze findet, wo es in die Vertragsfreiheit des unternehmerischen Verkehrs eingreift. Der Verbraucherschutz wird mithin der Vertragsfreiheit des unternehmerischen Verkehrs nachgeordnet. Dadurch rückt allerdings die tatsächliche Einbeziehung des Herstellers – und damit auch das Ziel, dem Verbraucher einen solventen Gewährleistungsschuldner zu gewährleisten – in weite Ferne, da dieser gegenüber seinen Vertragspartnern in der Lieferkette das Regressrecht abbedingen kann. An dieser Stelle „spürt [man] regelrecht die Kreide, die der europäische Wolf hier gefressen hat.“73 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Regressregelung in erster Linie – wenn auch mittelbar – dem Verbraucherschutz dient.74

III. Umsetzungspflicht des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Trotz (oder gerade wegen) dieser von einem Beamten der Kommission für „eher harmlos“75 gehaltenen sprachlichen Fassung entbrannte im Schrifttum schon bald ein Streit über die in Artikel 4 enthaltene Umsetzungspflicht. Zwar herrschte Einigkeit dahingehend, dass Art. 4 der Richtlinie die Gesetzgeber der ___________ 70 Richtlinie 97/9//EWG vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABl. EG 1997 Nr. L 84, S. 22 ff. 71 Remien 529. 72 Remien 135, Tonner, VuR 1997, 225. 73 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533. 74 Ebenso Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 7; Höffe 77; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 250; Schultze-Melling 32 ff.; Schurr, ZfRV 1999, 222, 227; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 3; siehe auch K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/ Schmidt, 427, 452; explizit anders Hassemer 120 ff. 75 Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 42; ders., NJW 1999, 2393, 2396.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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einzelnen Mitgliedstaaten grundsätzlich dazu verpflichtet, die Möglichkeit eines Regresses einzuräumen. Umstritten war jedoch, welcher Spielraum dem nationalen Gesetzgeber bei der Einführung eines solchen Regresses zusteht, insbesondere, ob er verpflichtet ist, den Regress effektiv und zwingend auszugestalten. Dieser Streit hinsichtlich der Umsetzungspflicht ist auch nicht durch die Einführung der Regressnormen der §§ 478, 479 BGB in das deutsche Recht obsolet geworden, denn die Frage ist für die richtlinienkonforme Auslegung und damit das Verständnis der nationalen Normen weiterhin von Bedeutung.

1. Meinungsstand a) Umsetzungspflicht nur hinsichtlich der Möglichkeit eines Rückgriffs Zum Teil – insbesondere in frühen Stellungnahmen zu der Richtlinie – wird die Ansicht vertreten, dass Art. 4 nur die grundsätzliche Möglichkeit eines Rückgriffs fordert.76 Diese Auffassung wurde auch dem Diskussionsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes77 und den Umsetzungsregelungen anderer EU-Mitgliedstaaten78 zu Grunde gelegt. Der nationale und damit auch der deutsche Gesetzgeber müsse dem Verkäufer nur die rechtlichen Konstruktionen bieten, mit denen ein Rückgriff erreicht werden könne. Eine darüber hinausgehende Umsetzungspflicht bestehe nicht, so dass es dem Umsetzungsgesetzgeber freistehe, wie er das Rückgriffsrecht gestalte. Innerhalb dieser An-

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Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533; Ehmann/Sutschet 232; Höffe 78 ff.; St. Lorenz, FS Jayme 533, 536; Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 622; Peterl 48 f., 183; Rieger, VuR 1999, 287, 291; Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1835, 1836, 1837; Schimmel/Buhlmann 82, 159 („Regelungsanregung“); Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 850; ders., ZEuP 1999, 294, 298 f.; Schurr, ZfRV 1999, 222, 227; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 42 f.; ders., NJW 1999, 2393, 2396; Tonner, BB 1999, 1769, 1772, 1773 f.; wohl auch Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 72; Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 862; Loose 14 ff.; Schiller, PHi 1999, 118, 126; unentschlossen Hondius, ZEuP 1997, 130, 136; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 2; offen gelassen von Hoffmann, ZRP 2001, 347, 350; Lehr/Wendel, EWS 1999, 321, 326, 327; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 445. 77 Siehe die Begründung des Diskussionsentwurfs, abgedruckt bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 94. 78 In England etwa wurde die Richtlinie mittels der Sale and Supply of Goods to Consumers Regulations 2002 umgesetzt, die erst am 31. März 2003 in Kraft getreten ist. Dieses Regelwerk enthält keine eigenständige Regelung des Regresses, da der Letztverkäufer über die Rechtsbehelfe bei Vertragsbruch und auf Grund der allgemeinen Verjährungsfrist von sechs Jahren ausreichend und effizient Regress nehmen könne; siehe Arnold/Unberath, ZEuP 2004, 366, 383; Hassemer 158 f. (kritisch); Sobich, RIW 2003, 740, 745; zweifelnd Bradgate/Twigg-Flesner 1, 229 ff.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

sicht fordern jedoch viele,79 der deutsche Gesetzgeber müsse das Regressrecht kraft eigener Kompetenz effektiv ausgestalten. Denn die Richtlinie schaffe insofern Handlungsbedarf, als sich bei einem Untätigbleiben des Gesetzgebers die Lage des Letztverkäufers verschlechtere und gravierende Regresslücken entstünden. Es sei daher zumindest erforderlich, die Verjährungsfristen im Verbrauchsgüterkauf und im gewerblichen Kauf zu synchronisieren.80 Teilweise wird von Vertretern dieser Ansicht sogar die zwingende Ausgestaltung des Regresses gefordert.81

b) Umsetzungspflicht hinsichtlich eines effektiven Regressrechts Andere Autoren gehen davon aus, dass die Richtlinie einen effektiven Regress voraussetzt:82 Das Bestehen der bloßen – theoretischen – Möglichkeit des Regresses reiche nicht aus; vielmehr müssten die sog. Regressfallen eliminiert und dem Letztverkäufer ein effektiver Regress ermöglicht werden: Er müsse auf Grund der gesetzlichen Regelung in einer Vielzahl der Fälle tatsächlich Regress nehmen können. Daher sollten die Fristen der Kaufverträge von Gewerbe-

___________ 79

Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 42; wohl auch Schurr, ZfRV 1999, 222, 227. 80 Rieger, VuR 1999, 287, 291; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 850; Tonner, BB 1999, 1769, 1772, 1773 f.; wohl auch Schurr, ZfRV 1999, 222, 227. 81 Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1835; ähnlich Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854, 862. 82 AnwKomm/Pfeiffer Art. 4 RL Rn. 9; Bartelt 49; Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 215; P. Bydlinski, in: Schulze/Schulte-Nölke, 381, 397; Cziesielsky 66 f., 135 f.; Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 96; Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 81; Elb 97; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1423; dies., ZIP 2001, 1389, 1393 f.; Faber, JBl 1999, 413, 429; ders., IHR 2004, 177, 184 f.; Grundmann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 281, 309 f.; 311, 319; Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 28 ff.; Gsell, JZ 2001, 65, 73; Hassemer 116, 125 f.; Höpker 25 f.; Jorden 448 ff.; Jud, ÖJZ 2000, 661, 662, 664; dies., ZfRV 2001, 201, 203; Kelwing 190; Kircher, ZRP 1997, 290, 294; Klose 18 ff.; Lehmann, JZ 2000, 280, 290 f.; Magnus, FS Siehr 429, 434 ff.; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1928 f.; ders., in: Schulze/Schulte-Nölke, 33, 39; Micklitz, EuZW 1999, 485, 492; Mittmann 158 ff.; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 134; Nguyen 34 f.; Oetker/Maultzsch 213; Pick, ZIP 2001, 1173, 1176 f.; Reich, NJW 1999, 2397, 2399, 2400; Richter, AcP 206 (2006), 3, 13; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 249 f.; Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 671 Fn. 31, 672; Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, 1639; Schultze-Melling 44 ff.; Schumacher 74 ff.; Schwab, JuS 2002, 1, 6; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 726 f., 728; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 1; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 3 f.; Wind 46 f.; wohl auch Haas, BB 2001, 1313, 1320; Hänlein, DB 1999, 1641, 1644; Westermann, in: Schulze/SchulteNölke, 109, 116; ders., in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251, 276 f.; Witt, in: Schwab/ Witt, 30.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

51

treibenden denen der Verbrauchsgüterkaufverträge angeglichen83 und darüber hinaus Vorsorge dafür getragen werden, dass der Unternehmer seinen Vordermann so lange in Anspruch nehmen könne, wie ihm selbst eine Inanspruchnahme durch den Verbraucher drohe.84 Teilweise wird auch gefordert, auf die Rügeobliegenheit zu verzichten85 oder dem Regressschuldner die gleichen Beweiserleichterungen zuzuerkennen wie dem Verbraucher.86 Streit herrscht innerhalb dieser Auffassung darüber, ob die Vorgabe eines effektiven Regressrechts auch dessen zwingende Ausgestaltung erfordert, ob es also ausreicht, dass bei der Anwendung der gesetzlichen Regelungen zwar ein effektiver Rückgriff möglich ist, die Parteien aber ohne Weiteres von diesen gesetzlichen Vorgaben abweichen und einen Regress ausschließen können, oder eine solche Vereinbarung nicht zulässig ist. Die zwingende Ausgestaltung des Regressrechts wird dabei zumeist verneint: Die Regressregelungen seien dispositiv, so dass der Regress durch vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen werden könne.87 Diese Ansicht liegt auch vielen der mitgliedstaatlichen Regressregelungen zu Grunde.88 Andere Autoren gehen dagegen davon aus, dass der Regress nur dann effektiv sein könne, wenn er zwingend festgeschrie-

___________ 83 Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 215, 221; Grundmann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 281, 309 f.; 311, 319; Magnus, FS Siehr 429, 45; Pick, ZIP 2001, 1173, 1176. 84 P. Bydlinski, in: Schulze/Schulte-Nölke, 381, 397; Cziesielsky 67; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1423; dies., ZIP 2001, 1389, 1393, 1399; Gsell, JZ 2001, 65, 73; Medicus, in: Schulze/Schulte-Nölke, 33, 39; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 249 f. 85 Faber, JBl 1999, 413, 429; Micklitz, EuZW 1999, 485, 490; wohl auch Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 215; a.A. P. Bydlinski, in: Schulze/Schulte-Nölke, 381, 397 Fn. 93. 86 Magnus, FS Siehr 429, 437. 87 AnwKomm/Pfeiffer Art. 4 RL Rn. 10; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 34; P. Bydlinski, in: Schulze/Schulte-Nölke, 381, 397 Fn. 93; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1401; Faber, JBl 1999, 413, 429; Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 33; Höffe 78; Höpker 20 ff.; Janssen, EuLF 2003 (D), 181; ders., AW-Prax 2003, 347; Jorden 446 f.; Jud, ÖJZ 2000, 661, 662, 664; dies., ZfRV 2001, 201, 216; Kircher, ZRP 1997, 290, 294; Klose 24; Magnus, FS Siehr 429, 432 f., 434; Micklitz, EuZW 1999, 485, 489; Mittmann 162; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 136; Piltz, IHR 2002, 2 f.; Richter, AcP 206 (2006), 3, 13; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 442; Schurr, ZfRV 1999, 222, 228; Staudenmayer, NJW 1999, 2393, 2396; ders., in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 43; Staudinger, ZGS 2002, 63; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 29; Wind 19 ff.; wohl auch Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 673; Schmidt-Räntsch, ZEuP 1999, 294, 299; zweifelnd von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727. 88 So etwa der österreichischen (siehe Jud, ZfRV 2001, 201, 216; Piltz, IHR 2002, 2, 3; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 30) oder der griechischen Regelung (siehe Karampatzos, RIW 2004, 676, 680 f.).

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

ben sei, wenn es dem marktstärkeren Hersteller also nicht ohne weiteres möglich sei, das Rückgriffsrecht durch Parteivereinbarung auszuschließen.89

2. Stellungnahme a) Wortlaut und Systematik Zur Beantwortung der Frage, welche Umsetzungspflicht der Richtlinie in Bezug auf die Gestaltung des Unternehmerregresses zukommt, ist zunächst vom Wortlaut des Art. 4 Satz 1 der Richtlinie auszugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle sprachlichen Fassungen der Richtlinie verbindlich und daher zur Bestimmung des Wortsinns heranzuziehen sind.90 Nach Art. 4 in der deutschen Sprachfassung „kann“ der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen, wenn er dem Verbraucher auf Grund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson haftet. Dem deutschen Wortlaut lässt sich mithin nur entnehmen, dass die Möglichkeit zu einem – nicht notwendig effektiven – Regress gegeben sein muss.91 Die englische92 und die französische93 Fassung ___________ 89

Cziesielsky 66 f.; Kelwing 193 f.; Medicus, ZIP 1996, 1925; 1929; Micklitz, EuZW 1999, 485, 487; Pick, ZIP 2001, 1173, 1176; wohl auch Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 221; Reich, NJW 1999, 2397, 2399; Schultze-Melling 46 ff., insb. 51; im Rahmen der Haftung für Herstelleraussagen auch Vorsmann 123 f., 160. Für dieses Ergebnis plädiert auch Hassemer, 129, der allerdings zugesteht, dass eine solche Auslegung der Richtlinie dem Wortlaut nicht entnommen werden könne, 127 ff. 90 Siehe M. Schmidt, RabelsZ 59 (1995), 569, 574 ff.; Rusche, IPRax 2001, 420, 421. 91 So aber Jorden 447; Jud, ÖJZ 2000, 661, 662; Lehmann, JZ 2000, 280, 290; wie hier auch Schumacher 74. 92 Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in englischer Sprache lautet: „Right of redress – Where the final seller is liable to the consumer because of a lack of conformity resulting from an act or omission by the producer, a previous seller in the same chain of contracts or any other intermediary, the final seller shall be entitled to pursue remedies against the person or persons liable in the contractual chain. The person or persons liable against whom the final seller may pursue remedies, together with the relevant actions and conditions of exercise, shall be determined by national law.“ 93

Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in französischer Sprache lautet: „Action récursoire – Lorsque la responsabilité du vendeur final est engagée vis-à-vis du consommateur en vertu d’un défaut de conformité qui résulte d’un acte ou d’une omission du producteur, d’un vendeur antérieur placé dans la même chaîne contractuelle ou de tout autre intermédiaire, le vendeur final a le droit de se retourner contre le ou les responsable(s) appartenant à la chaîne contractuelle. Le droit national détermine le ou les responsable(s) contre qui le vendeur final peut se retourner, ainsi que les actions et les conditions d'exercice pertinentes.“

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

53

des Art. 4 sind dagegen strenger, da sowohl der englische Ausdruck „shall be entitled“ als auch die französische Formulierung „avoir le droit de“ eine stärkere Verpflichtung als das deutsche Wort „kann“ ausdrücken.94 Auf Grund der strengeren Bestimmungen in den anderen Sprachfassungen ist also davon auszugehen, dass die Norm nicht als Kann-Bestimmung konzipiert wurde, sondern vielmehr als Verpflichtung zur Gewährung eines grundsätzlich effektiven Regresses zu verstehen ist. Nur bei einer solchen Interpretation kommt Art. 4 S. 1 der Richtlinie auch ein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Denn jede Rechtsordnung mit kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln gewährt dem Letztverkäufer als Käufer ohnehin einen irgendwie gearteten Rückgriff gegenüber seinem Verkäufer. Diese Möglichkeit müsste nicht extra durch die Richtlinie vorgegeben werden. Ähnliches gilt auch für Art. 4 S. 2: Der durch diese Regelung eingeräumte gesetzgeberische Spielraum macht nur Sinn, wenn die Richtlinie vorher eine Umsetzungspflicht statuiert hat, in deren Rahmen der Umsetzungsspielraum genutzt werden kann. Des Weiteren muss Art. 4 im Zusammenhang mit dem neunten Erwägungsgrund gelesen werden, wonach dem Verkäufer nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts ein Regress gewährt werden muss, es sei denn, er hat auf dieses Recht verzichtet. Daraus ergibt sich, dass die mitgliedstaatlichen Umsetzungsnormen dem Letztverkäufer nur bei einem entsprechenden Verzicht den Rückgriff verwehren dürfen, da mit der Vorgabe eines Regresses nicht in die unternehmerische Vertragsfreiheit eingegriffen werden soll. An anderen Voraussetzungen darf der Regress dagegen nicht scheitern:95 Art. 4 S. 1 und Erwägungsgrund Nr. 9 enthalten bereits alle Voraussetzungen, an die der Regress geknüpft werden kann. Den Mitgliedstaaten verbleibt nach Art. 4 S. 2 nur ein eng begrenzter Spielraum hinsichtlich der Frage, gegen wen und auf welchem prozessualen Wege – nicht aber unter welchen Voraussetzungen – die Inanspruchnahme erfolgt.96 Sie können für den Regress mithin keine anderen als die in Art. 4 S. 1 statuierten Voraussetzungen festschreiben. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch das „kann“ in Art. 4 S. 1 der deutschen Fassung: Der Letztverkäufer kann nur dann Regress nehmen, wenn er nicht auf sein Recht verzichtet hat. Die Möglichkeit eines Verzichts zeigt zudem, dass das Regressrecht nicht zwingend, sondern dispositiv ausgestaltet ist, durch Parteivereinbarung ___________ 94 W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 249 f.; Schumacher 74 f.; siehe auch Klose 19; Schultze-Melling 49 f. 95 Cziesielsky 66; Jud, ÖJZ 2000, 661, 662; dies., ZfRV 2001, 201, 203; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 3. 96 Faber, IHR 2004, 177, 185; Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 29 f.; Kircher, ZRP 1997, 290, 294 Fn. 38; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1928; Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 671 f.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

also abbedungen werden kann.97 Dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss zu Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie, der die Vorgaben nur im Verhältnis des Verbrauchers zum Letztverkäufer, nicht aber in der Lieferkette, also in den für den Regress relevanten Vertragsverhältnissen, für unabdingbar hält.98 Der Wortlaut der verschiedenen Sprachfassungen und die Systematik von Art. 4 und Erwägungsgrund Nr. 9 deuten also auf ein effektives, aber durch Parteivereinbarung abdingbares Regressrecht hin. Dem Letztverkäufer muss also bei Anwendung der Umsetzungsnormen ein Regressrecht zustehen, das ihm auch tatsächlich einen (effektiven) Rückgriff ermöglicht. Es steht den Parteien aber frei, dieses Regressrecht durch entsprechende Vereinbarungen zu verändern oder ganz auszuschließen.

b) Historische Auslegung In diese Richtung zeigt auch die Entstehungsgeschichte der Regressvorgabe. Das europäische Parlament hatte in der zweiten Lesung vorgeschlagen, das Regressrecht des Letztverkäufers zwingend auszugestalten, um einen Gleichlauf mit den zwingenden Regelungen im Verhältnis zwischen Letztverkäufer und Verbraucher zu erreichen. Es ging also davon aus, dass die Regelung in der damaligen Fassung ihren Vorstellungen von einem effektiven Regress grundsätzlich entsprach und nur hinsichtlich des dispositiven Charakters Änderungsbedarf bestand.99 So ließ sich auch dem in der Richtlinie enthaltenen „Formblatt zu den Auswirkungen“ entnehmen, dass die Richtlinie keinerlei negative Auswirkungen auf die Einzelhandelsunternehmen habe, was nur bei der Gewährung eines effektiven Rückgriffs der Fall sein würde.100 Der Umstand, dass das Änderungsbegehren des europäischen Parlamentes keine Berücksichtigung im weiteren Gesetzgebungsverfahren fand, zeigt allerdings auch, dass Art. 4 kein zwingendes Rückgriffsrecht vorschreibt.

___________ 97 Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 33; Jud, ÖJZ 2000, 661, 662; dies., ZfRV 2001, 201, 216, Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 43; Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 29. 98 AnwKomm/Pfeiffer Art. 4 RL Rn. 10; Faber, JBl 1999, 413, 429 Fn. 140; Janssen, EuLF 2003 (D), 181 Fn. 6; Micklitz, EuZW 1999, 485, 489; Richter, AcP 206 (2006), 3, 13; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 442; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 43; ders., NJW 1999, 2393, 2396; Staudinger, ZGS 2002, 63. 99 Faber, JBl 1999, 413, 429 f. Fn. 139; Kircher, ZRP 1997, 290, 294 Fn. 39; ähnlich Jud, ZfRV 2001, 201, 216 Fn. 149. 100 Cziesielsky 67; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1929.

A. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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c) Teleologische Auslegung Entscheidend kommt es bei der Auslegung europäischer Rechtsakte auf den Sinn und Zweck, den Telos der jeweiligen Regelung an.101 Ziel der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und damit auch des Art. 4 ist es, durch die Angleichung der Kaufgewährleistungsrechte auf einem hohen Verbraucherschutzniveau das Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern, indem dieser auch für den Verbraucher geöffnet wird. Durch die Regressvorgabe soll dabei verhindert werden, dass der Letztverkäufer auf Grund der gestiegenen Gewährleistungskosten insolvent wird und als Anspruchsgegner des Verbrauchers ausfällt. Es geht bei dieser Reglung also nicht darum, die entstandenen Gewährleistungskosten in der Lieferkette gerecht zu verteilen und an den Unternehmer weiterzuleiten, der den Mangel zu verantworten hat. Bei der Auslegung der Regressregelung kommt es nicht darauf an, ob die Gewährung eines effektiven Regressrechts zur Erreichung dieses Ziels maßgeblich ist.102 Vielmehr ist entscheidend darauf abzustellen, ob es für den Verbraucherschutz erforderlich ist, dass dem Letztverkäufer ein effektives Regressrecht eingeräumt wird. Dies ist zu bejahen, da das Insolvenzrisiko des Letztverkäufers nur durch einen effektiven Regress minimiert wird. Insofern erfordert der Sinn und Zweck des Art. 4 der Richtlinie die Gewährung eines effektiven Regressrechts. Dieses Regressrecht ist nicht zwingend auszugestalten. Zwar ließe sich anführen, dass das Insolvenzrisiko des Letztverkäufers nicht reduziert und damit letztlich auch der Verbraucher nicht geschützt werde, wenn es dem marktstärkeren Hersteller möglich ist, das Rückgriffsrecht durch Parteivereinbarung auszuschließen.103 Die Richtlinie will den Verbraucherschutz aber ausweislich des neunten Erwägungsgrundes nur soweit verwirklichen, wie durch ihre Vorgaben nicht die Vertragsfreiheit im unternehmerischen Verkehr eingeschränkt wird. Insofern soll der Gleichlauf mit den zwingenden Rechten des Verbrauchers unterbrochen werden.104 Die Richtlinie will das Regressrecht mithin nicht zwingend ausgestalten, vielmehr soll es dem Lieferanten möglich sein, die Regressrechte im Verhältnis zum Letztverkäufer abzubedingen. Dies macht insofern Sinn, als der Unternehmer – anders als der Verbraucher – auf Grund seiner Geschäftserfahrung und der ihm zur Verfügung stehenden Mittel eher in der Lage ___________ 101 EuGH, Rs. 107/84, Slg. 1985, 2655, 2667 f. Rn. 12 ff.; Grundmann/Bianca/ Grundmann, Einl. Rn. 40. 102 So aber Cziesielsky 66; Jud, ZfRV 2001, 201, 202; Lehmann, JZ 2000, 280, 290; Schumacher 77 f.; wohl auch Westermann, in: Schulze/Schulte-Nölke, 109, 116. 103 Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 863; Micklitz, EuZW 1999, 485, 487; Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1835. 104 Anders Micklitz, EuZW 1999, 485, 487, der davon ausgeht, dass die Intention der Kommission gewesen sei, den Gleichlauf auch insoweit durchzuführen und das Rückgriffsrecht zwingend zu gestalten.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

ist, Verträge und deren Klauseln zu prüfen und richtig zu bewerten. Der europäische Gesetzgeber geht also davon aus, dass der Letztverkäufer selbst in der Lage ist, sich vor nachteiligen Klauseln zu schützen und damit sein Regressrecht zu sichern. Legt man diese Prämisse zu Grunde, ist der Verbraucher auch mit einem dispositiven Regressrecht hinreichend geschützt, da der Letztverkäufer sich in seinem eigenen Interesse vor für ihn nachteiligen Klauseln schützen und so sein Insolvenzrisiko eigenständig gering halten wird.

3. Ergebnis Es kann also festgehalten werden, dass Art. 4 der Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein effektives Regressrecht zu gewähren. Dieses muss aber nicht zwingend ausgestaltet, sondern kann vielmehr dispositiver Natur sein, damit die Vertragsfreiheit im unternehmerischen Verkehr nicht angetastet wird.

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB I. Umsetzung der Richtlinie im Rahmen der Schuldrechtsreform105 Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie einschließlich der in Art. 4 enthaltenen Regressregelung war von den Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 2002 umzusetzen.

1. Streit über die Umsetzungsmöglichkeiten In Deutschland entbrannte dabei eine heftige Diskussion über die Art und Weise, in der dies geschehen sollte. Die Umsetzungsmöglichkeiten wurden meist unter den Schlagworten „große“ und „kleine“ Lösung diskutiert, ohne dass die Begriffe jedoch einheitlich benutzt wurden.106 Im Wesentlichen ging es zum einen um den nunmehr schon alten107 Streit, ob die verbraucherschützenden Vorschriften – der Regelungstechnik des deutschen Gesetzesgebers bei früheren Richtlinien folgend – in Sondergesetzen oder im BGB zu regeln sind. Zum anderen – und noch kontroverser – wurde über die Frage gestritten, ob das ___________ 105

Zur Entstehungsgeschichte des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes siehe Canaris, Schuldrechtsmodernisierung IX ff.; J. Eckert, in: Eckert/Delbrück, 9 ff.; Zimmermann, JZ 2001, 171, 176 f.; zu den grundsätzlichen Motiven der Schuldrechtsreform siehe Lieb, AcP 183 (1983), 327 ff. 106 Auch Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 219, 221. 107 Siehe dazu schon Gilles, JA 1980, 1, 4.

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB

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BGB nur insoweit geändert werden sollte, wie es die Richtlinie erforderte,108 oder ob über den Umsetzungsbedarf hinaus das gesamte Kaufrecht109 oder gar das gesamte Schuldrecht110 modernisiert werden sollte. Letztlich ging es um die Frage, ob die bereits im Jahre 1992 ausgearbeiteten, dann aber nicht weiter verfolgten Vorschläge zur Modernisierung des Schuldrechts111 anlässlich der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie doch noch verwirklicht werden sollten oder nicht.

2. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Das Bundesjustizministerium entschied sich schließlich für eine umfassende Schuldrechtsmodernisierung auf dem „gut vorbereiteten Boden“112 des Entwurfs der Schuldrechtskommission aus dem Jahre 1992. Zwar wollte die Schuldrechtskommission kein Verbraucherschutzrecht konzipieren, sondern die Käuferrechte stärken. Der Schutz kommt aber letztlich derselben Personengruppe zu, die auch durch die Vorgaben der Richtlinie geschützt werden soll. Denn der Richtlinie geht es nicht um den Verbraucherschutz allgemein, son___________ 108

Gsell, JZ 2001, 65, 75; Knütel, NJW 2001, 2519; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1930, der in späteren Ausführungen aber von dieser Ansicht abweicht und sich für eine große Lösung einsetzt; vgl. Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 219, 221; wohl auch Schurr, ZfRV 1999, 222, 223. 109 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 530, 538; Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 219, 221; schon S. Wolf, RIW 1997, 899, 903 f. zum Richtlinienentwurf. 110 Amtenbrink/Schneider, VuR 1999, 293, 295; Anders, ZRP 2000, 293, 295; Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213 ff.; Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854; Geiger, JZ 2001, 473; Grundmann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 281, 283; Hänlein, DB 1999, 1641, 1645, 1647; Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 621; Micklitz, EuZW 1999, 485; Reich, NJW 1999, 2397, 2399; H. Roth, in: Koller/Roth/Zimmermann, 85; Schäfer/ Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1830, 1831, 1833 f., 1837; Schiller, PHi 1999, 118, 128; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 446; wegen der Unbilligkeit des Händlerregresses auch Schmidt-Räntsch, ZEuP 1999, 294, 298 f. 111 Die sog. Schuldrechtskommission hatte 1992 ihren Abschlussbericht (Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992) vorgelegt. Die Reform wurde jedoch 1996 offiziell zurückgestellt, weil zunächst die Ergebnisse der Arbeiten an der Kaufrechtsrichtlinie abgewartet werden sollten. Siehe zu dem Entwurf und seiner Bewertung: J. Eckert, in: Eckert/Delbrück, 9 ff.; W. Ernst, NJW 1994, 2177 ff.; ders., JZ 1994, 801 ff.; Geiger, JZ 2001, 473, 474; Gilles, JA 1980, 1, 2, 4; Lieb, AcP 183 (1983), 327 ff.; Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 620; A. Wolf, ZRP 1978, 249, 251 f.; ders., AcP 182 (1982), 80, 83 ff., 97 f.; Zimmermann, JZ 2001, 171, 176 f. 112 Micklitz, EuZW 1999, 485; so auch Amtenbrink/Schneider, VuR 1999, 293, 295 f., 300; Anders, ZRP 2000, 293, 295; Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854; Geiger, JZ 2001, 473, 374; Hänlein, DB 1999, 1641, 1645 f.; Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 621; Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1830, 1831, 1834; Schiller, PHi 1999, 118, 128; Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, 1639, 1645; kritisch gegenüber diesem Entwurf als Grundlage Gsell, JZ 2001, 65 ff.; Knütel, NJW 2001, 2519.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

dern nur um den Schutz des als Käufer gegenüber einem Unternehmer handelnden Verbrauchers. Daher veröffentlichte Justizministerin Herta DäublerGmelin im September 2000 einen 630 Seiten starken Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes,113 der auf Grundlage des Entwurfes aus dem Jahre 1992 die Vorschriften der Richtlinie 2000/35 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr114, der E-Commerce-Richtlinie115 und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen sollte. Er wurde von einer im Januar 2001 einberufenen Kommission zur Modernisierung des Schuldrechts zwar noch überarbeitet, nicht aber grundlegend verändert. Die am 6. März 2001 als Konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes116 vorgelegte Fassung wurde schließlich am 9. Mai als Regierungsentwurf vom Kabinett117 verabschiedet und parallel am 14. Mai als Fraktionsentwurf von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN118 in den Bundestag eingebracht.119 Dort unterlag er im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch mehreren Änderungen, wurde aber dann in zweiter und dritter Lesung als Gesetz verabschiedet. Am 1. Januar 2002 ist das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten.

II. Umsetzung der Regressvorgabe 1. Einführung Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung und der damit einhergehenden Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kam insbesondere der Regelung ___________ 113 Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, abgedruckt unter anderem bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 3 ff. 114 Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. EG 2000 Nr. L 2000, S. 35 ff. 115 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, ABl. EG 2000 Nr. L 178, S. 1 ff. 116 Konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf der Grundlage des Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, der hierzu vorliegenden Stellungnahmen und der Ergebnisse der Beratungen der Arbeitsgemeinschaften zu den einzelnen Komplexen und der Kommission Leistungsstörungsrecht, abgedruckt in den wesentlichen Auszügen unter anderem bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 349 ff. 117 BR-Drucks. 338/01. 118 BT-Drucks. 14/6040. 119 Die beiden Entwürfe sind textidentisch, zitiert wird im nachfolgenden ausschließlich aus dem Fraktionsentwurf, da der Regierungsentwurf für erledigt erklärt wurde; vgl. Dörner/Staudinger 12 Fn. 10.

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB

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über den Unternehmerregress große Bedeutung zu. Dies kündigten bereits die Reaktionen auf die entsprechenden Regelungen in der Richtlinie an120 und spiegelte sich auch im Schrifttum zu den deutschen Umsetzungsvorschriften wider: Ernst/Gsell121 sehen in den §§ 478, 479 BGB etwa ein „Novum im deutschen Kaufrecht [...], dem erhebliche Bedeutung zukommt“. Schubel122 attestiert dem Unternehmerregress gar „systemsprengende Wirkung“. Für das Interesse an der Umsetzung der Regressregelung in deutsches Recht lassen sich dieselben Gründe ins Feld führen, wie für das Interesse an der Richtlinienvorgabe auch: Bei der Ausgestaltung des Rückgriffs geht es letztlich darum, inwieweit die anderen Vorgaben der Richtlinie für den unternehmerischen Verkehr übernommen werden und wer die auf Grund des Verbraucherschutzes gestiegenen Gewährleistungskosten tragen muss. Während bei Art. 4 der Richtlinie aber darüber gestritten wurde, ob die Richtlinie überhaupt ein effektives Regressrecht vorschreibt, geht es bei den Umsetzungsvorschriften eher darum, wie ein effektives Regressrecht in concreto auszusehen hat und inwieweit es dafür erforderlich ist, die Regelungen zum unternehmerischen Kauf den Vorschriften zum neuen Verbrauchsgüterkauf anzupassen. Diese Fragen finden in den Vorgaben der Richtlinie zwar ihren Rahmen, bedürfen darüber hinaus aber weiterer rechtspolitischer Überlegungen.

2. Analyse der sog. Regressfallen a) Die bisherige Rechtslage Ausgangspunkt der Überlegungen musste dabei die bisherige Rechtslage sein. Denn auch vor der Schuldrechtsmodernisierung war es dem Verkäufer möglich, seinen Vorverkäufer auf Grund der zwischen ihnen bestehenden vertraglichen Beziehungen in Regress zu nehmen. Die letztliche Durchsetzung dieser Ansprüche scheiterte allerdings meistens an sog. Regressfallen.123 So konnte der Letztverkäufer seinen Vordermann etwa dann nicht mehr in Anspruch nehmen, wenn seine kaufrechtlichen Ansprüche zu dem Zeitpunkt, in dem er selbst vom Endkäufer/Verbraucher in Anspruch genommen wurde, bereits verjährt waren.124 Dieses Problem ergab sich bereits in rein kaufrechtli___________ 120

Siehe dazu 1. Teil, 1. Kapitel A I. 2. b) bb), II. und die dortigen Nachweise. W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1393. 122 Schubel, JZ 2001, 1113, 1120. 123 Siehe hierzu ausführlich auch Nguyen 40 ff. 124 Vgl. dazu Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 862; Höffe 78; Höpker 6; Janser 44; Jud, ÖJZ 2000, 661; KompaktKomm/Tonner § 479 BGB Rn. 1; Maultzsch, JuS 2002, 1171; Medicus, in: Schulze/Schulte-Nölke, 33, 36; Peterl 113; Schultze-Melling 58 f.; Schumacher 47; Schurr, ZfRV 1999, 222, 227; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727; 121

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

chen Lieferketten, wenn der Letztverkäufer die Ware erst ein halbes Jahr nach dem Einkauf absetzen konnte oder wenn der Endkäufer/Verbraucher seine Gewährleistungsrechte erst kurz vor Ende der Gewährleistungsfrist geltend machte. Noch gravierender zeigte sich die verjährungsrechtliche Regressfalle aber bei Bauhandwerkern, die ihre Materialien für das Bauwerk von einem Dritten erwarben:125 Führte das mangelhafte Material zu einem Mangel am Bauwerk, war der Handwerker nach § 638 Abs. 1 BGB a.F. für fünf Jahre ab Abnahme des Werkes den Gewährleistungsansprüchen des Bestellers ausgesetzt, konnte seinerseits aber den Dritten, von dem er die Materialien erworben hatte, nach § 477 BGB a.F. nur innerhalb von sechs Monaten ab Lieferung in Anspruch nehmen. Die verjährungsrechtliche Regressfalle war jedoch nicht der einzige Grund, aus dem der Rückgriff im alten Recht scheiterte. Der Letztverkäufer blieb nämlich auch dann auf den Gewährleistungskosten sitzen, wenn er der Rügeobliegenheit aus §§ 377, 378 HGB nicht nachgekommen war.126 Denn in einem solchen Fall galt die Ware als genehmigt und die Gewährleistungsansprüche gegenüber seinem Vordermann schieden auch im Wege des Regresses aus. Darüber hinaus scheiterte der Rückgriff, wenn der Vorverkäufer ihn durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen hatte.127 Einem solchen Ausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen waren zwar gewisse rechtliche Grenzen gesetzt, um einen seitengleichen Regress zu erreichen;128 durch Individualabrede war er aber ohne Weiteres möglich. Schließlich fand sich auch keine Anspruchsgrundlage, die dem Verkäufer erlaubte, die Kosten einer vertraglich vereinbarten Nachbesserung auf seinen Vordermann abzuwälzen. Insgesamt gewährte das bestehende deutsche Recht mithin kein effektives Regressrecht.

___________ Westermann, JZ 2001, 530, 540; Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251, 276. 125 Siehe Begründung des Diskussionsentwurfs, abgedruckt bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 94; Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 95; Medicus, in: Schulze/Schulte-Nölke, 33, 35; H. Roth, in: Koller/Roth/Zimmermann, 84; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 850; ders., ZEuP 1999, 294, 301 f. 126 Höpker 6; Medicus, in: Schulze/Schulte-Nölke, 33, 36; Schultze-Melling 59 f.; Schumacher 48; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727 f., 732; F. von Westphalen, DB 1999, 2553 f.; Westermann, JZ 2001, 530, 540. 127 Jud, ÖJZ 2000, 661; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561; Peterl 113; Schimmel/ Buhlmann 159 f.; Schultze-Melling 58; Schumacher 49 f.; siehe auch Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 21. 128 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 728; F. von Westphalen, DB 1999, 2553, 2554; dies verkennen Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82.

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB

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b) Verstärkung der Regressfallen durch das modernisierte Schuldrecht Wäre die Richtlinie ohne eine effektive Regressregelung umgesetzt worden, hätten sich diese Regressfallen noch verstärkt. Die gewährleistungsrechtliche Haftung des Letztverkäufers wird im Rahmen der Schuldrechtsreform nämlich sowohl auf weitere Fälle ausgeweitet wie auch grundsätzlich verschärft. So haftet der Letztverkäufer nach neuem Recht nach § 343 Abs. 1 S. 3 BGB etwa auch für Aussagen des Herstellers. Dem Letztverkäufer ist es nach neuem Recht (§ 475 BGB) nicht möglich, die Gewährleistung im Verhältnis zum Verbraucher abzubedingen. Und durch die neu eingefügte Beweislastumkehr (§ 476 BGB) ist es für den Verbraucher leichter nachzuweisen, dass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf ihn vorlag.129 Wäre nun im neuen Recht auf entsprechende Regelungen für den Rückgriff verzichtet worden, wäre es für den Letztverkäufer schwieriger gewesen, dem Lieferanten gegenüber den Zeitpunkt des Mangels zu beweisen, der in seinem Verhältnis zum Verbraucher nach § 476 BGB vermutet wird. Schwerer noch wiegt, dass sein Vorverkäufer die Gewährleistung und damit den Regress weiterhin hätte abbedingen können, während er dem Verbraucher gegenüber zwingend haftet.130 Darüber hinaus wären die Verjährungsfristen noch weiter auseinander geklafft: Im Verhältnis des Letztverkäufers zum Lieferanten wäre es bei der alten Verjährungsfrist von nur sechs Monaten geblieben; im Verhältnis zum Verbraucher betrüge die Verjährungsfrist dagegen zwei Jahre. Die Ansprüche des Letztverkäufers wären also regelmäßig bereits verjährt gewesen, ehe er die Sache an den Verbraucher abgesetzt hätte oder von diesem in Anspruch genommen worden wäre. Neben der Verschärfung der bestehenden Regressfallen wären durch die Umsetzung der Richtlinie ohne entsprechende Rückgriffsregelung auch neue Regressfallen geschaffen worden. Nach neuem Recht kann der Verbraucher vorrangig und nach seiner Wahl Nachbesserung oder Neulieferung verlangen. Bessert der Letztverkäufer nach, hätte er die dadurch entstandenen Kosten – zumindest vertraglich131 – mangels entsprechender Anspruchsgrundlage nicht auf seinen Vorverkäufer abwälzen können. Außerdem muss der Letztverkäufer dem Vorverkäufer nach neuem Recht grundsätzlich ein Recht zur zweiten Andienung gewähren. Dies bedeutet, dass ihm von seinem Lieferanten eine mangelfreie Sache nachgeliefert oder die mangelhafte Sache nachgebessert wird. ___________ 129

Vgl. dazu die Nachweise im 1. Teil, 3. Kapitel, D. II. Frankfurter Handbuch/Winkelmann 545; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561; Schimmel/Buhlmann 160; Schwab, JuS 2002, 1, 6. 131 Ob neben den vertraglichen Regressansprüchen noch andere Ansprüche bestehen, etwa ein Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag (W. Müller/Dörre, VersR 1999, 1333 ff.) oder Ansprüche im Rahmen des Innenregresses bei deliktischer Haftung (§§ 826, 840, 426 BGB; Grote, VersR 1994, 1269 ff.), ist ungewiss und macht die Einführung einer kaufrechtlichen Regressregelung nicht entbehrlich. 130

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

Dadurch könnte der Letztverkäufer – ohne entsprechende Regelung – die mangelhafte Sache nicht ohne Weiteres an seinen Lieferanten weiterleiten und trüge insbesondere im Falle der Nachbesserung der ihm vom Verbraucher im Rahmen des Rücktritts zurückgewährten Sache durch seinen Vordermann das Risiko, die bereits bestimmungsgemäß verkaufte, nunmehr reparierte Sache erneut absetzen zu müssen. Und auch in anderen Fallkonstellationen könnte sich für ihn das Risiko des erneuten Absatzes ergeben, das für ihn durchaus einen finanziellen Nachteil darstellen kann.132 Insgesamt wäre der Letztverkäufer bei der Verwirklichung der Schuldrechtsreform ohne effektive Regressregelung also noch häufiger der Haftung ausgeliefert und mithin Gefahr gelaufen, noch häufiger auf den Gewährleistungskosten sitzen zu bleiben.

3. Die Regressregelung im Gesetzgebungsverfahren a) Keine explizite Regressregelung im Diskussionsentwurf Bereits der Diskussionsentwurf versuchte, die soeben dargestellten Regressfallen zu schließen, um so ein effektives Regressrecht zu gewähren.133 Dies lässt sich jedoch nicht direkt dem vorgeschlagenen Gesetzestext, sondern erst der Begründung bzw. den vorgeschlagenen Änderungen des HGB entnehmen: Der Regress sollte durch die für alle Kaufverträge einheitlich festgeschriebene dreijährige Verjährung sichergestellt werden.134 Denn innerhalb dieser dreijährigen Frist habe der Letztverkäufer hinreichend Zeit, seine Ansprüche geltend zu machen, zumal die Lagerungszeiten immer kürzer würden und der Letztverkäufer es „selbst in der Hand [habe], für einen möglichst raschen Weiterverkauf zu sorgen und so die Gewährleistungslücken klein zu halten.“135 Um die verjährungsrechtliche Regressfalle im Baugewerbe zu schließen, wurde zudem die Verjährung von Ansprüchen aus der Lieferung mangelhafter Stoffe oder Materialien, die bestimmungsgemäß zur Herstellung eines Bauwerkes verwendet werden, mit der Verjährung von Ansprüchen bei Bauwerken synchronisiert. Neben der Synchronisierung der Verjährungsfristen sollte schließlich ein neu gefasster § 378 HGB136 den Regress auch dann ermöglichen, wenn der Letzt___________ 132

Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. I. Zu diesem Zeitpunkt ging die herrschende Meinung noch davon aus, dass die Richtlinie kein effektives Regressrecht vorschreibt; vgl. unter 1. Teil, 1. Kapitel A. III. 1. a). 134 Siehe Begründung des Diskussionsentwurfs, abgedruckt bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 94 f. 135 Begründung des Diskussionsentwurfs, abgedruckt bei Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 94. 136 § 378 HGB in der vorgeschlagenen Fassung sollte wie folgt lauten: 133

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB

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verkäufer seiner Rügeobliegenheit gegenüber dem Vorverkäufer nicht nachgekommen ist.137

b) Einführung einer Regressregelung im Konsolidierten Diskussionsentwurf Diese Lösung wurde im Schrifttum138 jedoch für nicht ausreichend befunden. Die Konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs vom 6. März 2001 enthielt daher eine ausdrückliche Rückgriffsregelung in seinem § 476139 und eine flankierende verjährungsrechtliche Regelung in § 203 Abs. 1.140 § 476 des ___________ „Hat der Käufer die Ware vor Entdeckung oder Erkennbarkeit des Mangels ganz oder teilweise im normalen Geschäftsverkehr verkauft oder der normalen Verwendung entsprechend verbraucht oder verändert, bleiben seine Rechte wegen des Mangels der Ware erhalten.“ 137 Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 221; Westermann, in: Schulze/Schulte-Nölke, 109, 116 f., 128, für den Fall, dass keine weiteren Absatzstufen zwischen Letztverkäufer und Hersteller geschaltet sind. 138 Vgl. 1. Teil, 1. Kapitel A. III. 1. a) und die dortigen Nachweise. 139 § 476 des konsolidierten Diskussionsentwurfs lautet: „§ 476 Rückgriff des Unternehmers

(1) Wenn der Unternehmer als Folge einer Nacherfüllung oder eines Rücktritts des Verbrauchers die verkaufte neu hergestellte Sache zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat, bedarf es für die in § 437 bezeichneten Rechte des Unternehmers gegen den Unternehmer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), wegen des vom Verbraucher geltend gemachten Mangels einer sonst erforderlichen Aufforderung zur Vertragserfüllung nicht. § 474 findet entsprechende Anwendung. (2) Der Unternehmer kann von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die der Unternehmer im Verhältnis zum Verbraucher nach § 438 Abs. 2 zu tragen hatte, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war. Der Unternehmer kann Ersatz nach Satz 1 wahlweise auch vom Hersteller verlangen, es sei denn, dieser Mangel stellt im Verhältnis des Herstellers zu seinem Käufer keinen Mangel dar. § 474 findet in den Fällen des Satzes 1 entsprechende Anwendung. (3) Die Absätze 1 und 2 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer und den Hersteller entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind. (4) Eine Vereinbarung, durch die von den Absätzen 1 bis 3 oder von § 203 Abs. 1 zum Nachteil des Rückriffsgläubigers abgewichen wird, ist unwirksam, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird.“ 140

§ 203 des konsolidierten Diskussionsentwurf lautet: „§ 203 Ablaufhemmung bei Rückgriffsansprüchen des Unternehmers und bei Mängeln eines verkauften Bauwerks.

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen

Konsolidierten Diskussionsentwurfs modifizierte einerseits die bereits bestehenden Gewährleistungsrechte des Letztverkäufers dergestalt, dass er seinem Vordermann keine Nacherfüllungsfrist setzen musste, und gewährte dem Letztverkäufer andererseits einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die durch die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher (rechtmäßig) entstanden waren. Durch diese Regelung sollte gewährleistet werden, dass dem Letztverkäufer einerseits nicht das Absatzrisiko einer neu gelieferten oder durch den Vorverkäufer nachgebesserten Sache aufgebürdet wurde und er andererseits die Kosten der Nacherfüllung auf seinen Vorverkäufer abwälzen konnte. Darüber hinaus kam dem Letztverkäufer beim Regress die Beweislastumkehr zu Gute, auf die sich der Verbraucher ihm gegenüber berufen konnte. Des Weiteren waren die Regelungen insofern halbzwingend ausgestaltet, als von ihnen zum Nachteil des Rückgriffsgläubigers nicht ohne die Einräumung eines gleichwertigen Ausgleichs abgewichen werden konnte. Schließlich war in § 203 eine Ablaufhemmung enthalten, die verhindern sollte, dass die Regressansprüche verjähren, bevor der Letztverkäufer seinerseits vom Verbraucher in Anspruch genommen wurde. An dem im Diskussionsentwurf enthaltenen Vorschlag zu einem neuen § 378 HGB wurde festgehalten. Bemerkenswert an der Regelung im Konsolidierten Diskussionsentwurf war die etwas versteckte Regelung des § 476 Abs. 2 S. 2.141 Danach konnte der Letztverkäufer den Ersatz der Aufwendungen nicht nur von seinem Vordermann, sondern auch vom Hersteller direkt verlangen, sofern der geltend gemachte Mangel auch im Verhältnis des Herstellers zu seinem Käufer einen Mangel darstellte. Die Norm enthielt demnach eine Herstellerhaftung ähnlich einer action directe:142 Der Letztverkäufer kann unmittelbar den Hersteller in ___________ (1) Die Verjährung der Ansprüche des Unternehmers gegen seinen Lieferanten oder den Hersteller wegen des Mangels einer an einen Verbraucher verkauften neu hergestellten Sache tritt frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. Die Ablaufhemmung endet spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache dem Unternehmer übergeben hat. Die vorstehenden Sätze finden auf die Ansprüche des Lieferanten gegen seinen Verkäufer und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen ihre jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung. (2) […]“. 141 So auch Kelwing 205; Schultze-Melling 61; Schumacher 92 f.; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 730; Westermann JZ 2001, 541. 142 Zur action directe siehe Hassemer 172 ff.; Peterl 147 ff. Auch in Umsetzungsvorschläge in der Literatur wurde eine direkte Herstellerhaftung gewährt; so etwa Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 862 f., die dem Letztverkäufer eine gesetzlich unabdingbare Garantiehaftung gegen den Vorverkäufer und den Hersteller zusprechen wollten, wenn er den Gewährleistungsprozess gegen den Verbraucher verloren hat. Danach sollten der Vorverkäufer und der Hersteller dem Letztverkäufer als Gesamtschuldner nach Kopfteilen haften, sofern nicht nur einen das überwiegende Verschulden trifft.

B. Die deutschen Umsetzungsnormen, insb. die §§ 478, 479 BGB

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Regress nehmen, ohne dass zwischen beiden Parteien eine vertragliche Beziehung bestehen muss. Diese Regelung fand allerdings keinen Eingang in den endgültigen Gesetzesentwurf.

c) Weitere Änderungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens Abgesehen von der Regelung des § 476 Abs. 2 S. 2 BGB wurde das im Konsolidierten Diskussionsentwurf vorgeschlagene Regresssystem weitgehend in den Regierungsentwurf übernommen. Die Regressregelungen wurden allerdings in § 478 BGB verschoben, die entsprechende Verjährungsregel dahinter, in § 479 BGB, aufgenommen und um eine Regelung zur Verjährung des Anspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB erweitert. Die meisten Änderungen darüber hinaus waren sprachlicher Natur, präzisierten den Regelungsgehalt der Normen oder waren dadurch bedingt, dass sich an anderen Stellen des Gesetzes Änderungen ergeben hatten. So wurde in § 478 Abs. 1 und Abs. 2 aufgenommen, dass die Beweislastumkehr „mit der Maßgabe Anwendung [findet], dass die Frist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbraucher beginnt“, bei Absatz 2 wurde der Passus „beim Verkauf einer neu hergestellten Sache“ ergänzt, und die Norm insgesamt wurde um den Hinweis erweitert, dass die §§ 377, 378 HGB unberührt bleiben, wobei die in § 378 HGB geplante Änderung beibehalten wurde. Im Gesetzgebungsverfahren erfuhren diese Normen des Gesetzesentwurfs kaum noch Änderungen. Zwar wurde die sowohl in § 478 Abs. 1 als auch Abs. 2 geregelte Beweislastumkehr in einem neu eingefügten Absatz festgeschrieben. Und auch die Regelung, dass der § 479 Abs. 1 und Abs. 2 BGB für die gesamte Lieferkette gilt, wurde nicht mehr in dem jeweiligen Absatz, sondern in einem dritten Absatz normiert. Dadurch bedingt veränderten sich die Nummern der Absätze in beiden Paragrafen und die Verweise innerhalb der Vorschrift; inhaltliche Änderungen gingen damit nicht einher. Solche ergaben sich nur in zweierlei Hinsicht: Zum einen wurde die in § 378 HGB vorgeschlagene Regelung ersatzlos gestrichen. Zum anderen wurde die zwingende Ausgestaltung der Regressnormen an die Vorschrift des § 475 BGB angeglichen: Es wurde ein Umgehungsverbot aufgenommen, der Schadensersatzanspruch wurde vom zwingenden Charakter ausgenommen und nachträgliche vertragliche Vereinbarungen wurden zugelassen.

III. Die Regressregelungen in ihrer endgültigen Fassung Damit lauten die §§ 478, 479 BGB in der ihnen durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gegebenen Fassung wie folgt:

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1. Teil, 1. Kap.: Entstehung der Rückgriffsregelungen „§ 478. Rückgriff des Unternehmers. (1) Wenn der Unternehmer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat, bedarf es für die in § 437 bezeichneten Rechte des Unternehmers gegen den Unternehmer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), wegen des vom Verbraucher geltend gemachten Mangels einer sonst erforderlichen Fristsetzung nicht. (2) Der Unternehmer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die der Unternehmer im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 zu tragen hatte, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 findet § 476 mit der Maßgabe Anwendung, dass die Frist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbraucher beginnt. (4) Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Lieferanten getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Unternehmers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443 sowie von den Absätzen 1 bis 3 und § 479 abweicht, kann sich der Lieferant nicht berufen, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Satz 1 gilt unbeschadet des § 307 nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. (5) Die Absätze 1 bis 4 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind. (6) § 377 des Handelsgesetzbuchs bleibt unberührt.

§ 479. Verjährung von Rückgriffsansprüchen. (1) Die in § 478 Abs. 2 bestimmten Aufwendungsersatzansprüche verjähren in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache. (2) Die Verjährung der in den §§ 437 und 478 Abs. 2 bestimmten Ansprüche des Unternehmers gegen seinen Lieferanten wegen des Mangels einer an einen Verbraucher verkauften neu hergestellten Sache tritt frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. Diese Ablaufhemmung endet spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache dem Unternehmer abgeliefert hat. (3) Die vorstehenden Absätze finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind.“ 1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

A. Der Unternehmer als Rückgriffsschuldner und -gläubiger

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2. Kapitel

Die Regresskette – Grundsätzliche Anwendungsvoraussetzungen der §§ 478, 479 BGB 1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

Mit den Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB ist der deutsche Gesetzgeber der Forderung nach einem effektiven Rückgriff des vom Verbraucher in Anspruch genommenen Letztverkäufers nachgekommen. Er hat sich mit diesen Regelungen gegen die direkte Haftung des Herstellers sowohl gegenüber dem Verbraucher als auch gegenüber dem Letztverkäufer entschieden. Die Regressregelungen des §§ 478, 479 BGB finden vielmehr nur auf den Regress im Verhältnis des Letztverkäufers gegen seinen Vertragspartner Anwendung, also entlang der vertraglichen Beziehung. Der in Anspruch genommene Lieferant wie auch jeder weitere Käufer in der Regresskette kann sich dann unter den Voraussetzungen der §§ 478 Abs. 5 und 479 Abs. 3 BGB seinerseits gegenüber seinem Verkäufer auf die in §§ 478, 479 BGB normierten Regressregelungen berufen, bis die Kosten der Gewährleistung letztlich an denjenigen weitergeleitet worden sind, der den Mangel verursacht hat. Vertreibt ein Hersteller seine Produkte über mehrere Zwischenhändler, bevor sie durch ein Einzelhandelsunternehmen an den Verbraucher verkauft werden, muss sich der Rückgriff entlang der einzelnen Vertragsbeziehungen der Lieferkette vollziehen. Der vom Verbraucher in Anspruch genommene Letztverkäufer kann also bei seinem Lieferanten Regress nehmen, dieser wiederum bei seinem Verkäufer, bis schließlich der Unternehmer, der die Sache vom Hersteller gekauft hat, sich bei diesem als seinem Vertragspartner erholen kann. Es ergibt sich mithin eine Kette von Regressnahmen, die rückwärts den vertraglichen Beziehungen folgt, die beim Vertrieb der Kaufsache entstanden sind. Damit diese Regresskette nicht an den Regressfallen scheitert, denen der Rückgriff nach den allgemeinen kaufgewährleistungsrechtlichen Regelungen unterliegt, kommen dem Regressgläubiger die Vorschriften der §§ 478, 479 BGB zu Gute. Liegen deren Voraussetzungen vor, steht dem Letztverkäufer – und unter den Voraussetzungen der §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB auch jedem anderen Käufer in der Lieferkette – ein effektives Rückgriffsrecht zu.

A. Der Unternehmer als Rückgriffsschuldner und -gläubiger Voraussetzung für die Anwendung der §§ 478, 479 BGB ist, dass sowohl der Rückgriffsschuldner als auch der Rückgriffsgläubiger Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sind. Denn ausweislich des Wortlauts des § 478 Abs. 1 und Abs. 2 BGB finden die Regressregelungen nur dann Anwendung, wenn es sich

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

bei dem Letztverkäufer um einen Unternehmer und bei dem Regressgläubiger um einen Lieferanten handelt, wobei dieser ausweislich der Legaldefinition des § 478 Abs. 1 BGB – Lieferant ist der „Unternehmer, der ihm [also dem vom Verbraucher in Anspruch genommenen Unternehmer] die Sache verkauft hatte“ – ebenfalls Unternehmer sein muss. Der Lieferant wiederum kann seinen Verkäufer nach Maßgabe der §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB nur dann in Regress nehmen, wenn dieser Unternehmer ist. Ebenso kann sich auch jeder andere in Anspruch genommene Unternehmer nur dann bei seinem Verkäufer erholen, wenn dieser gleichfalls Unternehmer ist. In der Regresskette müssen mithin sowohl der Regressgläubiger als auch der Regressschuldner Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sein.

I. Der Unternehmerbegriff Der Begriff des Unternehmers143 ist in § 14 BGB legaldefiniert und bezeichnet „eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt“.

1. Richtlinienkonforme Auslegung a) Gebot der richtlinienkonformen Auslegung Die Begriffsbestimmung in § 14 BGB144 ist – wie auch der Verbraucherbegriff in § 13 BGB – durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro ___________ 143 Zu beachten ist dabei, dass der Unternehmerbegriff in § 14 BGB nicht mit dem Unternehmerbegriff im Werkvertragsrecht identisch ist. In den §§ 631 ff. BGB wird der Begriff „Unternehmer“ für die Vertragspartei eines Werkvertrages verwendet, welche die Herstellung eines Werkes verspricht. Diese Person kann anders als der Unternehmer im Sinne des § 14 BGB auch zu privaten Zwecken tätig werden; vgl. AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 23; Flume, ZIP 2000, 1427, 1428; Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 1; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 9. 144 Neben den inhaltlichen Schwächen der Bestimmungen wird zu Recht insbesondere der Standort der Legaldefinitionen im Titel „Natürliche Personen“ kritisiert. Darüber hinaus dient die Festschreibung des Unternehmer- und Verbraucherbegriffs eher der Bestimmung des Anwendungsbereichs besonderer verbraucherschützender Vorschriften als der Regelung des Status bestimmter Rechtssubjekte; vgl. AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 29; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666 Fn. 2; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 11; Flume, ZIP 2000, 1427 f.; Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 139, 140; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 2, § 14 BGB Rn. 2.

A. Der Unternehmer als Rückgriffsschuldner und -gläubiger

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vom 27. Juni 2000145 in das BGB aufgenommen worden. Sie dient der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie146 und der grundsätzlichen Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs für sämtliche Verbraucherschutzrichtlinien. Sie wird aber darüber hinaus auch auf Fälle angewandt, die dem (rein) nationalen Recht unterstehen.147 Dementsprechend unterliegt § 14 BGB – wie auch § 13 BGB – grundsätzlich zwei verschiedenen Auslegungsregimen:148 Sofern er den persönlichen Anwendungsbereich solcher Normen beschreibt, die Vorgaben europäischer Richtlinien umsetzen, hat seine Auslegung richtlinienkonform zu erfolgen,149 muss sich also am Schutzzweck und Wortlaut der Richtlinie orientieren.150 Bei Auslegungszweifeln in diesem Bereich besteht das Recht bzw. für letztinstanzliche Gerichte die Pflicht, den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EG anzurufen.151 Bei rein nationalen Fallgestaltungen gilt das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung dagegen nicht, so dass eigentlich die Heranziehung autonomer Auslegungskriterien möglich bleibt. Allerdings wird vorgeschlagen, auch im Rahmen nationaler Fallgestaltungen akzessorisch am Verständnis des europäischen Teils, mithin richtlinienkonform auszulegen, um so die Anwendung zweier unterschiedlicher Auslegungsregime und die sich dadurch möglicherweise ergebenden unterschiedlichen Ergebnisse zu verhindern.152 ___________ 145 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, BGBl. I 2000, S. 897 ff., mit Berichtigung in BGBl I 2000, S. 1139 ff. 146 Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 Nr. L 144, S. 19 ff. 147 Z. B. bei der Ausfüllung des § 449 Abs. 1 HGB; vgl. hierzu Dörner, in: Schulze/ Schulte-Nölke, 177, 183; Staudinger, IPRax 2001, 183, 185. 148 In der Literatur werden solche Normen als Hybridnormen bezeichnet; vgl. Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, 177, 182 ff.; Schulze, ZfRV 1997, 183, 192; Staudinger, IPRax 2001, 183, 185; siehe auch Brandner 66 f.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 549; zur Anpassung des nationalen an das europäische Recht Basedow, AcP 200 (2000), 445, 473 ff., insb. 484 f. 149 Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 5; vgl. zur richtlinienkonformen Auslegung von Normen europäischen Ursprungs allgemein die Nachweise in 1. Teil, 1. Kapitel C. I. 3. c) bb) (2) (a) bis (c). 150 Reuter, in: Eckert/Delbrück, 99, 106; Horn, in: Horn/Lindacher/Wolf, § 24a AGBG Rn. 10; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 171 f.; siehe auch Faber, ZEuP 1998, 854, 859. 151 Staudinger, IPRax 2001, 183, 185; siehe zum Vorabentscheidungsverfahren Dauses 94 ff.; Geiger Art. 234 EGV Rn. 1 ff.; Herdegen Rn. 189 ff. 152 Bärenz, DB 2003, 375 f.; Brandner 99 ff., insb. 106, 138 f.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 9; Dörner: in: Schulze/Schulte-Nölke, 177, 184; St. Lorenz, FS Jayme 533, 534; Schulze, ZfRV 1997, 183, 192; Staudinger, IPRax 2001, 183,

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

Dies ist für die Auslegung des Unternehmerbegriffs im Anwendungsbereich der §§ 478, 479 BGB jedoch nicht weiter zu vertiefen. Da es sich bei den Regressnormen um Vorschriften handelt, die der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dienen, sind die §§ 13, 14 BGB in diesem Zusammenhang ohnehin richtlinienkonform auszulegen.

b) Grundlagen des europäischen Unternehmerbegriffs Auf Grund des europäischen Ursprungs muss der Unternehmerbegriff – wie auch der Verbraucherbegriff – des deutschen Rechts anhand der jeweiligen Definitionen im Gemeinschaftsrecht konkretisiert werden, die ihrerseits europäisch-autonom zu ermitteln sind.153 Dabei findet sich im europäischen Recht zwar keine einheitliche Definition des Unternehmerbegriffs;154 doch lassen sich den einzelnen Richtlinien die wesentlichen Elemente entnehmen, welche die Unternehmereigenschaft einer Person begründen.155 Sie ergeben sich aus der besonderen Stellung, die dem Unternehmer im europäischen Verbraucherschutzrecht zukommt: Die verbraucherschützenden Vorschriften der Richtlinien finden grundsätzlich nur dann Anwendung, wenn der Verbraucher mit einem Unternehmer kontrahiert. Der europäische Gesetzgeber geht nämlich nur in solchen Fällen von einer Störung des vertraglichen Gleichgewichts aus, die den Schutz des Verbrauchers als schwächere Vertragspartei erforderlich macht.156 Die einzelnen Elemente des europäischen Unternehmerbegriffs müssen folglich eine so starke Überlegenheit des Unternehmers im Verhältnis zum Verbraucher begründen, dass nicht mehr von einer gleichwertigen Verhandlungsposition ausgegangen werden kann und die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers anzunehmen ist. Die Überlegenheit des Unternehmers ergibt sich ___________ 185 f.; im Ergebnis auch Schimmel/Buhlmann 78 f. (für das Kaufrecht); etwas differenzierter Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 39 ff., insb. 50 ff. (für das Kaufrecht); Mayer/Schürn-brand, JZ 2004, 545 ff. 153 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 KaufRL Rn. 18; Brandner 85; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 4, § 13 BGB Rn. 5; Faber, ZEuP 1998, 854, 859; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 172; siehe zu den maßgeblichen Auslegungskriterien etwa Schulze, ZfRV 1997, 183, 189 ff. 154 In den Richtlinien werden unterschiedliche Begriffe für die Person des Unternehmers verwendet. So heißt er etwa „Gewerbetreibender“ in der Haustürwiderrufsrichtlinie, „Lieferer“ in der Fernabsatz-, „Kreditgeber“ in der Verbraucherkredit- und „Verkäufer“ in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie; vgl. MünchKomm/Micklitz, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 106; Staudinger/Weick, Vorb. §§ 13, 14 BGB Rn. 20. Auch im EG-Vertrag findet sich keine Definition; vgl. Rösler 127 f. 155 AnwKomm/Pfeiffer, Art. 1 KaufRL Rn. 18; MünchKomm/Micklitz, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 102; Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 67. 156 Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2051; Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze, 21, 27; siehe schon A. Wolf, AcP 182 (1982), 80, 98 f.

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dabei insbesondere auf Grund eines Wissensvorsprungs bezüglich der zur Verfügung stehenden Informationen157 und einer gewissen Routine bei der Abwicklung entsprechender Geschäfte („bereichsspezifische Geschäftskompetenz“)158 sowie auf Grund größerer wirtschaftlicher und struktureller Macht.159 Erst diese Faktoren ermöglichen einer Vertragspartei die übermäßige Durchsetzung ihrer vertraglichen Interessen und sind daher als Kriterien des europäischen Unternehmerbegriffs heranzuziehen. Diese Kriterien sind auch für den Unternehmerbegriff im Sinne der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie maßgeblich. Zwar enthielt deren ursprünglicher Entwurf einen anderen als den üblicherweise in Richtlinien verwendeten Verbraucherbegriff und stufte denjenigen als Verbraucher ein, der im Rahmen der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Waren nicht weiterveräußert, sondern ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zuführt, wodurch sich auch die Definition des Unternehmers verändert hätte. Doch diese neue Begriffsbestimmung wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu Gunsten der traditionellen Begriffsbestimmungen wieder aufgegeben.160

2. Die drei Elemente des Unternehmerbegriffs Der Unternehmerbegriff des deutschen (Zivil-)Rechts setzt sich aus drei konstitutiven Elementen zusammen, die als funktionale, sachliche und persönliche Kriterien bezeichnet werden.161 Erforderlich ist ein Handeln zu einem in § 14 BGB vorgegebenen Zweck (funktionales Kriterium) im Rahmen des Abschlusses oder der Anbahnung eines Vertrages (sachliches Kriterium) durch eine der in der Norm genannten Personen oder Personenzusammenschlüsse (persönliches Kriterium). Nur wenn diese Kriterien sowohl für den Regressgläubiger als auch für den Regressschuldner vorliegen, kommt die Anwendung der §§ 478, 479 BGB in Betracht.

___________ 157

Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 68, 73. Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 10. 159 Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 67; schon A. Wolf, ZRP 1978, 249, 253 f. 160 Micklitz, EuZW 1999, 485; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 30 f.; ders., in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 69; S. Wolf, RIW 1997, 899, 900. 161 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 3; für den Verbraucherbegriff auch Faber, ZEuP 1998, 854, 858 f. Bereits Preis, ZHR 158 (1994), 568, 575, forderte eine materiellrechtliche und eben keine statusrechtliche Typisierung. 158

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

a) Funktionales Kriterium des Unternehmerbegriffs In funktionaler Hinsicht erfordert § 14 BGB, dass die Person in Ausübung einer der in der Norm bestimmten Tätigkeiten handelt, mithin bei Abschluss des Vertrages einen gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zweck verfolgt. Diesem Kriterium kommt bei der Bestimmung der Unternehmereigenschaft maßgebliche Bedeutung zu.162 Denn zum einen wird der Unternehmer auf europäischer Ebene vorwiegend anhand dieses Merkmals definiert.163 Zum anderen lässt sich nur hieran eine Abgrenzung des Unternehmers vom Verbraucher vornehmen, da die anderen beiden Kriterien insofern nicht aussagekräftig sind: Das sachliche Kriterium ist bei beiden Begriffen identisch, das persönliche Kriterium des Unternehmerbegriffes erfasst sämtliche Personen und Personenzusammenschlüsse, so dass dadurch keine Einschränkung auf einen bestimmten Personenkreis erfolgt. Der gewerbliche oder selbstständige berufliche Zweck ergibt sich dabei nicht aus dem Willen der Parteien, sondern aus dem durch Auslegung zu ermittelnden objektiven Vertragszweck des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung der Begleitumstände,164 wobei eine Person, die als Unternehmer auftritt, als solcher zu beurteilen ist.165 Dabei ist die Zweckbestimmung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich.166 Eine nach Abschluss des Vertrages erfolgte Änderung der Zweckbestimmung wirkt sich auf die Qualifizierung der Tätigkeit und mithin die Einordnung der Person nicht aus.

aa) Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit Zur Bestimmung der einzelnen Voraussetzungen der gewerblichen Tätigkeit im Sinne von § 14 BGB kann der traditionelle Gewerbebegriff des deutschen ___________ 162 Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 138 f.; siehe auch MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 9 f. 163 Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1009; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 2; für den Verbraucherbegriff ebenso Faber, ZEuP 1998, 854, 865. 164 AnwKomm/Ring § 14 BGB Rn. 18; Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 4; Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze, 21, 37; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 27; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 42; für den europäischen Begriff Faber, ZEuP 1998, 854, 865, 869; anders Höffe 22. 165 BGH DB 2005, 718 f.; AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 Rn. 19 (für den europäischen Begriff); Kieselstein/Rückebeil, ZGS 2007, 54, 56; Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 137 f.; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 63. Sein Auftreten solle zumindest einen Anscheinsbeweis begründen; vgl. Mankowski, VuR 2004, 79, 82. 166 BGH Z 128, 156, 162; NJW 2002, 368, 369; Erman/Saenger § 13 BGB Rn. 19; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 2; MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 31 f.; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 551; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 31; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 43; für die Fernabsatz-Richtlinie Bodewig, DZWir 1997, 447, 449.

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Handelsrechts als Ausgangspunkt genommen werden.167 Danach ist unter einem Gewerbe eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte und auf Gewinnerzielung ausgerichtete, selbstständige Tätigkeit zu verstehen, die weder gesetzes- oder sittenwidrig noch freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Natur ist.168 Diese Begriffsdefinition ist allerdings im deutschen Recht nicht mehr unstreitig und wird zunehmend von Rechtsprechung und Literatur modifiziert.169 Sie kann daher nicht ohne weiteres für § 14 BGB übernommen werden. Darüber hinaus verbietet sich eine Übernahme auch auf Grund des europarechtlichen Ursprungs der Norm, der zu einer richtlinienkonformen Auslegung zwingt. Die einzelnen Elemente des traditionellen deutschen Gewerbebegriffs sind demnach auf ihre Vereinbarkeit einerseits mit dem Gemeinschaftsrecht und andererseits mit den neueren Entwicklungen im deutschen Handelsrecht zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.170

(1) Teilweise Übernahme des traditionellen Gewerbebegriffs (a) Selbstständige, erkennbare, planmäßig auf Dauer angelegte Tätigkeit Unproblematisch können aus dem traditionellen deutschen Gewerbebegriff das Kriterium der Selbstständigkeit, das Erfordernis einer dauerhaften, planvollen und zielgerichteten Tätigkeit sowie das Merkmal der Erkennbarkeit für die Begriffsbestimmung des § 14 BGB übernommen werden. Die strukturelle Überlegenheit einer Person ergibt sich erst aus ihrer Selbstständigkeit, also daraus, dass sie eigenständig über sämtliche ihrer Mittel verfügen und durch deren gezielten Einsatz die Vertragsverhandlungen beeinflussen kann. Zudem wird sie nur dann alle Vor- und Nachteile eines Vertragsschlusses sorgsam prüfen und so eine gewisse Routine entwickeln, Entscheidungen in ihrer gesamten wirtschaftlichen Tragweite zu erfassen, wenn sie das Geschäftsrisiko trägt und

___________ 167

MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 2, 18 Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 33; siehe auch Mankowski, VuR 2004, 79, 80. 168 BGH Z 33, 321, 324 f.; 95, 155, 157; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 1120 f.; Brox/Henssler Rn. 25; ähnlich Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 1 HGB Rn. 12; ebenso P. Hofmann 9 ff.; siehe auch W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 1 HGB Rn. 4; Soergel/ Pfeiffer § 14 BGB Rn. 11. 169 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 531 f.; Canaris, Handelsrecht 20 ff.; Hübner, Handelsrecht Rn. 22 ff.; Mankowski, VuR 2004, 79, 80; Oetker, Handelsrecht 12 ff.; Wiedemann/Fleischer 14 ff. 170 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 2, 18 ff.; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 11; Faber, ZEuP 1998, 854, 868.

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sich wirtschaftliche Fehlentscheidungen letztlich negativ auf ihr Vermögen auswirken.171 Des Weiteren ist die planvolle und zielgerichtete Nutzung der zur Verfügung stehenden Mittel notwendig, denn nur dann können die Vertragsverhandlungen zu Gunsten einer Partei beeinflusst werden. Dieses planvolle, organisatorische Handeln erfordert aber wiederum, dass die Tätigkeit auf gewisse Dauer angelegt ist.172 Der Unternehmer muss davon ausgehen, sie nicht nur einige Male, sondern öfters und über einen längeren Zeitraum hinweg auszuüben. Daher kommt es maßgeblich nicht auf Dauer an sich, sondern vielmehr darauf an, dass die Tätigkeit auf Dauer angelegt ist. Denn nur diese Ausrichtung – nicht aber das Zeitmoment für sich genommen – kann eine Schieflage zwischen Unternehmer und Verbraucher begründen.173 Schließlich bedarf es auch einer gewissen Erkennbarkeit der Tätigkeit. Zwar wird im Schrifttum teilweise die Ansicht vertreten, dass verbraucherschützende – anders als handelsrechtliche – Normen nicht der Rechtsklarheit, der Publizität oder dem Vertrauensschutz, sondern vielmehr dem Ausgleich vermuteter wirtschaftlicher Ungleichheit dienten und die Erkennbarkeit der Tätigkeit daher kein konstitutives Element darstellen könne.174 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass ohne eine nach außen erkennbare Tätigkeit des Unternehmers keine wirtschaftliche Ungleichheit vermutet werden kann. Tritt der Unternehmer nicht als solcher auf, stellt er sich quasi mit dem Verbraucher auf eine Stufe. Er verzichtet auf den zweckgerichteten Einsatz der Mittel, die seine strukturelle Überlegenheit begründen, und hat daher keine Möglichkeit, die Vertragsverhandlungen einseitig zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Daher streitet im europäischen Recht eine Vermutung für die Unternehmereigenschaft, wenn eine Person nach außen erkennbar als Unternehmer auftritt, und andersherum gegen eine solche, wenn sie nicht erkennbar als Unternehmer handelt.175

___________ 171 Faber, ZEuP 1998, 854, 873; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 32; siehe zum Unternehmerrisiko auch Junker, ArbR Rn. 102 f. 172 Brox/Henssler Rn. 26; Faber, ZEuP 1998, 854, 868 f.; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 19; siehe auch AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 10, 22; Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191. 173 Oetker, Handelsrecht 13 f.; Hübner, Handelsrecht Rn. 24; siehe auch Hk-BGB/ Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 3; anders Hassemer, Jura 2002, 841, 843 („dauerhaft“). 174 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 25. 175 Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 137 f.; zur Parallelproblematik bei Art. 5 EVÜ siehe den Giuliano/Lagarde-Bericht, BT-Drucks. 10/503, S. 33 ff., 55; für die Fernabsatz-Richtlinie Bodewig, DZWir 1997, 447, 449.

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(b) Ausschluss der freiberuflichen Tätigkeit Ebenso übernommen werden muss der Ausschluss der freiberuflichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten. Diese Einschränkung des Gewerbebegriffs wird zwar im neueren Schrifttum – auch für das Handelsrecht – kritisiert176 und erscheint insbesondere für den europäisch geprägten Unternehmerbegriff verfehlt. Denn sowohl die strukturelle Überlegenheit als auch der Erfahrungsvorsprung auf Grund der Geschäftsroutine, die den Unternehmerbegriff im Verbraucherschutzrecht prägen, sind nicht nur bei Gewerbetreibenden auszumachen, sondern auch bei Personen, die im Rahmen ihrer freiberuflichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Tätigkeit selbstständig handeln.177 Allerdings fallen Personen, die kein Gewerbe betreiben, nicht aus dem Anwendungsbereich des § 14 BGB heraus, sondern werden durch das Kriterium der selbstständigen beruflichen Tätigkeit aufgefangen.178 Diese Kategorie erfasst nämlich sämtliche der selbstständig ausgeübten freiberuflichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Tätigkeiten und wurde bewusst eingefügt, um die vom Gewerbebegriff ausgenommenen freien Berufe dem Unternehmerbegriff zu unterstellen.179 Es ist insoweit also nicht erforderlich, den traditionellen handelsrechtlichen Gewerbebegriff zu modifizieren. Vielmehr kann im Rahmen des § 14 BGB an dem Ausschluss freiberuflicher, künstlerischer und wissenschaftlicher Tätigkeiten aus dem Gewerbebegriff festgehalten werden.

(2) Modifikationen des traditionellen handelsrechtlichen Gewerbebegriffs (a) Modifikation in Bezug auf die Gewinnerzielungsabsicht Problematisch ist jedoch die Übernahme des Kriteriums der Gewinnerzielungsabsicht. Mit diesem Erfordernis versucht die deutsche Rechtsprechung, öffentlichrechtliche Unternehmen aus dem handelsrechtlichen Gewerbebegriff und damit aus dem Anwendungsbereich des Handelsgesetzbuchs auszunehmen.180 Dieses Kriterium stößt allerdings immer mehr auf Kritik, da kein teleo___________ 176

Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 1 HGB Rn. 19; K. Schmidt, DB 1994, 515, 516; anders Wiedemann/Fleischer 18 f. 177 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 20. 178 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 11; Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1007; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 20, 31; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 51. 179 Siehe hierzu MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 31. 180 Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 24 AGBGB Rn. 6a; Hübner, Handelsrecht Rn. 27; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 22; Preis, ZHR 158 (1994), 568, 588; Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 34.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

logischer Zusammenhang zwischen der Gewinnerzielungsabsicht und den anzuwendenden handelsrechtlichen Normen bestehe.181 Darüber hinaus begegnen dem Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht europarechtliche Bedenken. Der europäische Unternehmensbegriff geht nämlich über den traditionellen deutschen Gewerbebegriff hinaus und erfasst auch gemeinnützige und öffentlichrechtliche Unternehmen, die ihre Leistungen entgeltlich anbieten.182 Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 14 BGB müssen diese Unternehmen ebenfalls dem Unternehmerbegriff unterfallen. Es kann also nicht auf das zur Abgrenzung herangezogene Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht ankommen. Abzustellen ist vielmehr – wie nunmehr auch der BGH entschieden hat183 – allein auf die Entgeltlichkeit der Tätigkeit.184 Dies hat den Vorteil, dass sich die Bestimmung der Unternehmereigenschaft und die daran anknüpfende Anwendbarkeit verbraucherschützender Vorschriften nach objektiven Kriterien richtet und die Ermittlung der Gewinnerzielungsabsicht durch Motivationsforschung und auf Grund von Geschäftsinterna nicht mehr nötig ist.185 Zudem wird der Verbraucher auch in den Fällen geschützt, in denen er mit einem Unternehmer kontrahiert, der nur ideelle Interessen verfolgt oder seine Gewinne auf ein anderes Unternehmen des Konzerns verlagert.186 Der Unternehmerbegriff erfasst daher alle gesetzlichen Vermögensverwalter, die fremdes Vermögen verwalten, wie z. B. Insolvenz-, Zwangs- oder Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker187 sowie alle Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die entgeltliche Leistungen für den Bürger erbringen und deren Leistungsbeziehungen nicht ausschließlich öffentlichrechtlich organisiert sind.188 ___________ 181

Canaris, Handelsrecht 23; Hübner, Handelsrecht Rn. 26; Oetker, Handelsrecht 16 f.; Preis, ZHR 158 (1994), 568, 587; Wiedemann/Fleischer 15 f.; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 1 HGB Rn. 8 ff.; siehe allerdings auch die Begründung zum Handelsrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8444, S. 24. 182 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 23; Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 48. 183 BGH NJW 2006, 2250, 2251. 184 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 10, 22; Bülow/Artz 25; Dauner-Lieb u.a./ Ring § 12 Rn. 5, 10; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 3; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 23 f.; Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 2; Preis, ZHR 158 (1994), 568, 587; Soergel/Pfeiffer, § 14 BGB Rn. 13; Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 35; siehe für den europäischen Begriff Faber, ZEuP 1998, 854, 869 f.; a.A. Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191. 185 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 22; Staudinger/Habermann § 14 BGB Rn. 35. 186 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 22; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 13; Staudinger/Habermann § 14 BGB Rn. 35. 187 Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 2. 188 Siehe dazu 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. c) aa).

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(b) Einbeziehung gesetzes- und sittenwidriger Handlungen Ebenfalls zweifelhaft ist das Festhalten am Erfordernis einer rechtlich erlaubten Tätigkeit. Zum einen wird der Ausschluss gesetzes- und sittenwidriger Handlungen aus dem deutschen Kaufmannsbegriff immer stärker in Frage gestellt.189 Zum anderen streiten europarechtliche Gründe für einen Verzicht auf dieses Kriterium. Denn der Ausschluss solcher Handlungen aus dem Anwendungsbereich des § 14 BGB würde zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, dass der Gewerbetreibende, der sich gesetzes- oder sittenwidrig verhält, für seinen Rechtsbruch belohnt wird, weil er mangels Unternehmereigenschaft aus dem Anwendungsbereich vieler verbraucherschützender Normen fiele.190 Daher ist die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 14 BGB auch dann zu bejahen, wenn die Tätigkeit gesetzes- oder sittenwidrig ist.191

(3) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der europarechtlich interpretierte Gewerbebegriff des § 14 BGB die selbstständige, planmäßig auf Dauer angelegte und entgeltliche Tätigkeit erfasst, die nach außen erkennbar am Markt ausgeübt wird und nicht freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Natur ist.192 Anders als die traditionelle Begriffsbestimmung verzichtet diese Definition sowohl auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht als auch darauf, dass die Tätigkeit erlaubt ist. Es entfallen damit genau die Voraussetzungen, die auch im deutschen Handelsrecht heftig kritisiert werden.

bb) Ausübung einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit § 14 BGB stellt neben dem Betreiben eines Gewerbes alternativ auf die Ausübung einer „selbstständigen beruflichen Tätigkeit“ ab, umfasst also auch den selbstständig Berufstätigen.

___________ 189 Canaris, Handelsrecht 22; Hübner, Handelsrecht Rn. 31 f.; Oetker, Handelsrecht 15 f.; siehe auch W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 1 HGB Rn. 11. 190 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 26. 191 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 26; siehe auch die Begründung zum Handelsrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8444, S. 24, wo auf das Merkmal „erlaubt“ verzichtet wird. 192 Der Ausschluss der freiberuflichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeit ist allerdings nur in den Fällen möglich, in denen eine weitere Auffangkategorie für diese Tätigkeiten zur Verfügung gestellt wird.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

(1) Definition der beruflichen Tätigkeit Unter Beruf versteht die Rechtsprechung jede erlaubte, sinnvolle und auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient.193 Diese Definition hilft bei der Bestimmung der Unternehmereigenschaft im Rahmen des § 14 BGB allerdings kaum weiter. Die selbstständige berufliche Tätigkeit steht gleichbedeutend neben der Ausübung eines Gewerbes. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm als auch aus der Entstehungsgeschichte des § 14 BGB bzw. § 24a AGBG, da das alternative Element der selbstständigen beruflichen Tätigkeit nur deshalb in die Unternehmerdefinition eingefügt wurde, um auch selbstständige Tätigkeiten nicht gewerblicher Art, insbesondere die vom Gewerbebegriff ausgenommenen freien Berufe, zu erfassen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass beide Merkmale eine strukturelle Überlegenheit auf Seiten des Unternehmers und damit die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers begründen. Dementsprechend müssen dem Merkmal der selbstständigen beruflichen Tätigkeit die gleichen Elemente immanent sein, die auch die gewerbliche Tätigkeit ausmachen. Erforderlich ist demnach eine selbstständige,194 planmäßig auf Dauer angelegte und erkennbar ausgeübte Tätigkeit.195 Auf die Rechtmäßigkeit des Handelns darf es dagegen nicht ankommen, da andernfalls der selbstständig Berufstätige, der einer rechtsoder sittenwidrigen Tätigkeit nachgeht, privilegiert würde.196 Ebenso wenig kann das Kriterium der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage, auf das in der oben aufgeführten Berufsdefinition des deutschen Rechts abgestellt wird, herangezogen werden. Denn Unternehmer sind nicht nur natürliche, sondern auch – und in der Mehrzahl der Fälle – juristische Personen oder rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, die eine Lebensgrundlage weder schaffen noch erhalten können. Auch eine hilfsweise Anknüpfung an das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht ist nicht möglich, da gegen dieses Kriterium auch hier die schon im Rahmen der Gewerbedefinition ausgeführten Gründe197 sprechen. Maßgeblich ist vielmehr die Entgeltlichkeit der Tätigkeit. Unter beruflicher Tätigkeit im Sinne des § 14 BGB ist mithin eine selbstständige, planmäßig auf Dauer angelegte und erkennbar ausgeübte entgeltliche Tätigkeit zu verstehen. Die Definition entspricht damit im Wesentlichen dem oben dargestellten Gewerbebegriff und unterscheidet sich davon nur insofern, ___________ 193 BVerfG E 7, 377, 397; 50, 290, 362 ff.; BGH WM 1988, 857, 858; MünchKomm/ Micklitz § 14 BGB Rn. 31; ähnlich Preis, ZHR 158 (1994), 568, 586. 194 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. a) bb) (2). 195 MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 31; siehe für den europäischen Begriff Faber, ZEuP 1998, 854, 871. 196 Siehe bereits 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. a) aa) (2) (b). 197 Siehe 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. a) aa) (2) (a).

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als auch die freiberuflichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten erfasst werden, die vom Gewerbebegriff ausgeschlossen sind.

(2) Das Kriterium der Selbstständigkeit (a) Bedeutung der expliziten Nennung Der Wortlaut des § 14 BGB fordert eine „selbstständige berufliche Tätigkeit“. Allerdings kommt dem Wort „selbstständig“ keine eigenständige Bedeutung zu; es verdeutlicht lediglich, dass der abhängig beschäftigte Berufstätige nicht dem Unternehmerbegriff unterfällt. Denn die selbstständige berufliche Tätigkeit bildet den Gegenbegriff zu der abhängigen Tätigkeit eines Arbeitnehmers und erforderte eine persönliche Freiheit bei der Ausübung der Tätigkeit.198 Die so verstandene Selbstständigkeit ist aber bereits dem beruflichen Handeln im Sinne des § 14 BGB immanent, da nur dem selbstständig Berufstätigen die Verfügungsbefugnis über die kumulierten Mittel und damit die strukturelle Macht zukommt, die für den Unternehmer prägend ist. Da im deutschen Recht unter beruflicher Tätigkeit sowohl abhängige als auch selbstständige Beschäftigung verstanden wird,199 ist die explizite Nennung des Kriteriums der Selbstständigkeit zur Verdeutlichung durchaus sinnvoll. (b) Europarechtskonformität der Beschränkung Eine solche Einschränkung auf die selbstständige berufliche Tätigkeit lässt sich dem Wortlaut der meisten Verbraucherschutzrichtlinien – einschließlich der dem § 14 BGB zu Grunde liegenden Fernabsatzrichtlinie und der für den Regress maßgeblichen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – nicht entnehmen. Der deutsche Gesetzgeber weicht insofern mit dieser Formulierung vom Wortlaut der europäischen Normen ab. Möglicherweise ist der europäische Unternehmerbegriff aber von seinem Sinn und Zweck ebenfalls auf die selbstständige berufliche Tätigkeit beschränkt, so dass kein inhaltlicher Widerspruch zwischen den europäischen Vorgaben und den deutschen Umsetzungsnormen gegeben ist. Die Frage, ob dem europäischen Unternehmerbegriff ein selbstständiges Handeln immanent sein muss, ist umstritten. Teilweise wird vertreten, der Begriff umfasse auf europäischer Ebene auch unselbstständige Berufstätige, insbe-

___________ 198 Junker, ArbR Rn. 96 ff.; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 31; Preis, ZHR 158 (1994), 568, 591. 199 BVerfG E 50, 290, 362 ff.

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sondere Arbeitnehmer.200 Damit läge ein Widerspruch zwischen europäischem und deutschem Unternehmerbegriff vor, denn dieser erfasst Arbeitnehmer gerade nicht.201 Im europäischen Recht wird nicht strikt zwischen beruflichem und gewerblichem Handeln unterschieden. Im Gegenteil: Die Begriffe werden in Veröffentlichungen der Gemeinschaft teilweise synonym verwendet,202 so dass der systematische Zusammenhang eine Einschränkung der beruflichen Tätigkeit auf das selbstständige Handeln erforderlich macht, da ein solches zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbes ist.203 Für diese einschränkende Auslegung streiten auch teleologische Aspekte: Nur der selbstständige Berufstätige kann ebenso wie der Gewerbetreibende mit dem Einsatz seiner Arbeitsmittel taktieren. Demjenigen, der seinen Beruf nicht selbstständig, sondern – im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses – abhängig ausübt, fehlt diese strukturelle Überlegenheit mangels der entsprechenden Verfügungsmöglichkeit über die kumulierten Mittel. Da er sein Gehalt zudem unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens erhält, ist er nicht gezwungen, sich ständig die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidungen vor Augen zu führen, und entwickelt insofern nicht die für den Unternehmerbegriff notwendige Geschäftserfahrung. Damit ist der abhängige – anders als der selbständige – Berufstätige nicht mit dem Gewerbetreibenden, sondern viel eher mit dem schutzwürdigen Verbraucher vergleichbar.204 Er kann mithin nicht als Unternehmer eingeordnet werden. ___________ 200 Brandner 87; Fiebig, DB 2002, 1608, 1609; Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173, 174; Jud, ÖJZ 1997, 441, 442; Klose 106 f. Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666, 1667, sehen den unselbstständigen Arbeitnehmer weder als Unternehmer noch als Verbraucher an. 201 Arbeitnehmer sind vielmehr grundsätzlich als Verbraucher anzusehen; vgl. AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 14; Fiebig, DB 2002, 1608, 1609; Henssler, RdA 2002, 129, 134; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 2; Kemper, 27; Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 3; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 42. Das hat das BAG (NJW 2005, 3305 ff.) nunmehr auch für den Fall entschieden, in dem der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber den Arbeitsvertrag aushandelt; vgl. Kieselstein/Rückebeil, ZGS 2007, 54, 56; Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 3. 202 Faber, ZEuP 1998, 854, 874 f. 203 So hieß es im ersten Entwurf der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Art. 1 Abs. 2 noch: „Im Sinne dieser Richtlinie gilt als […] c) Verkäufer: jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft […].“ Im weiteren Verlauf des europäischen Rechtsetzungsverfahrens wurde die Unternehmerdefinition auf Vorschlag des europäischen Parlaments aus Gründen der Klarstellung um die gewerbliche Tätigkeit erweitert. Das lässt darauf schließen, dass der europäische Gesetzgeber die Begriffe der beruflichen und der gewerbliche Tätigkeit gleichbedeutend nebeneinander stellen und die berufliche Tätigkeit im Sinne von selbstständiger beruflicher Tätigkeit einschränken wollte. 204 Faber, ZEuP 19978, 854, 873; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 32; im Ergebnis auch Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 3; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 41 ff.

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Da der Unternehmerbegriff auch auf europäischer Ebene nur die selbstständige berufliche Tätigkeit erfasst,205 weicht § 14 BGB nicht von den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts ab, ist mithin gemeinschaftsrechtskonform. Zu diesem Ergebnis käme man allerdings auch dann, wenn man davon ausginge, dass der europäische Unternehmerbegriff auch die abhängige berufliche Tätigkeit mit einschließe.206 Denn mit der Beschränkung des Unternehmensbegriffs auf die selbstständige berufliche Tätigkeit ginge eine Ausweitung des Verbraucherbegriffs auf den unselbstständigen Berufstätigen einher: Der Arbeitnehmer wäre nach deutschem Recht nicht Unternehmer, sondern Verbraucher, so dass mehr Personen in den Schutzbereich des Verbraucherschutzrechts fielen, als von den europäischen Vorgaben erfordert. Diese überobligatorische Umsetzung zu Gunsten des Verbrauchers wäre auf Grund der in den Richtlinien enthaltenen Mindestschutzklauseln uneingeschränkt zulässig und würde keinen Verstoß gegen EU-Recht darstellen.207

cc) In Ausübung der Tätigkeit Anders als im Handelsrecht wird die Unternehmereigenschaft nicht durch den Status einer Person begründet.208 Erforderlich ist vielmehr ein Bezug der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zu dem konkret vorliegenden Rechtsgeschäft: Der Vertragsschluss muss einem Zweck dienen, der entweder der gewerblichen oder der selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, also geschäftlicher Natur ist. Die Frage, wann das der Fall ist, wird kontrovers diskutiert.

___________ 205

Faber, ZEuP 1998, 854, 873 f., 891; Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 58. 206 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 14; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1385; Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173, 174; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 30; mit anderer Begründung auch Klose 105 ff. 207 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 14; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2050, Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 6; Faber, ZEuP 1998, 854, 872; Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173, 174; Nguyen 15; Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 3; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 30; anders wohl Wind 72 f.; siehe zu der Minimalharmonisierung durch die Richtlinie generell und kritisch Amtenbrink/Schneider, VuR 1999, 293, 294 f., 300; Ring Rn. 7. 208 Siehe Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2050; Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze, 21, 27. Insofern stimmt es nicht, wenn Hensen, ZIP 2000, 1151, – wenn auch überzogen – schreibt: „Gleich nach der Geburt (§ 1 BGB) und dem Namen (§ 12 BGB) stellt das Leben seine Weichen. Der eine wird Verbraucher (§ 13 BGB), der andere Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB).“

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(1) Die sog. Dual-Use-Problematik (a) Einführung in die Problematik Problematisch sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Fälle, die in der Literatur unter dem Stichwort „Dual Use“ diskutiert werden. Dabei handelt es sich um Verträge, die zwar einerseits in Ausübung der gewerblichen bzw. selbstständigen beruflichen Tätigkeit geschlossen werden, mit deren Abschluss anderseits aber auch ein privater Zweck verfolgt wird, wie etwa der Kauf eines Wagens oder Computers, der sowohl für den Geschäftsbetrieb als auch für den privaten Gebrauch genutzt werden soll. Das funktionale Element des Unternehmerbegriffs erfordert jedoch die eindeutige Zuordnung des Handelns. Dieses muss also entweder einem gewerblichen bzw. selbstständigen beruflichen Zweck dienen, so dass die Person als Unternehmer einzustufen ist, oder es dient einem solchen Zweck gerade nicht und die Person ist als Verbraucher einzustufen. Die funktionalen Elemente des Unternehmer- und Verbraucherbegriffs stehen demnach in einem kontradiktorischen Verhältnis209 zueinander:210 Die Bejahung des funktionalen Elements für den einen führt immer auch zur Verneinung dieses Merkmals für den anderen Begriff. Eine Person kann bei Abschluss des gleichen Vertrages daher niemals Unternehmer und Verbraucher sein.211 Der Vertrag muss also auch bei gemischter Zwecksetzung entweder der privaten oder der gewerblichen Sphäre zugerechnet werden. Welches die maßgebliche Zweckrichtung sein soll, ist jedoch umstritten. (b) Meinungsstand Einige Stimmen im Schrifttum212 ordnen Dual-Use-Fälle grundsätzlich dem Unternehmerbegriff zu. Für den Verbraucherbegriff sei eine ausschließliche private Zwecksetzung erforderlich, weshalb Verträge, die einem gewerblichen bzw. selbstständigen beruflichen Zweck dienten, selbst dann als solche eines Unternehmers einzustufen seien, wenn daneben auch ein privater Zweck ver___________ 209

Zu Begriff und Inhalt des kontradiktorischen Gegenteils siehe Adomeit 32 ff.; Röhl 85. 210 Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666, 1669; Reuter, in: Eckert/Delbrück, 99, 105; Krebs, DB 2002, 517, 520; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 44. 211 Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666, 1669; Reuter, in: Eckert/Delbrück, 99, 105; Krebs, DB 2002, 517, 520; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 29, 44. 212 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 24; Bitterich 161 f. (für Art. 29a EGBGB); Bradgate/Twigg-Flesner 20; Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1385; Cziesielsky 11, 13; Erman/Saenger § 13 BGB Rn. 17; Faber, ZEuP 1998, 854, 886 ff., 891; Jauernig/Jauernig § 13 BGB Rn. 3; Kemper 27; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 576 (in Bezug auf den Verbraucherbegriff in Art. 29 Abs. 1 EGBGB); Mankowski, VuR 2004, 79, 80 f., 85; Schurr, ZfRV 1999, 222, 224; Stoffels Rn. 188; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 24a AGBG Rn. 26 (in Bezug auf den Unternehmerbegriff in § 24a AGBGB).

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folgt werde. Innerhalb dieser Auffassung werden jedoch unterschiedliche Gründe für die Einordnung angeführt. Teilweise wird bei Geschäften mit gemischter Zwecksetzung die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers verneint. 213 Denn auch bei einer nur teilweise gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Ausrichtung des Vertrages, könne sich der Handelnde auf sein Fachwissen und die durch planmäßiges Handeln bedingte strukturelle Überlegenheit berufen. Er sei „nur ganz oder gar nicht“ unterlegen.214 Teilweise wird diese Ansicht auch auf den Rechtsgedanken des § 344 HGB gestützt:215 Der Rechtsgedanke des § 344 Abs. 1 HGB, wonach die von einem Kaufmann getätigten Geschäfte im Zweifel auch dann als Handelsgeschäft im Sinne des § 343 HGB gewertet würden, wenn sie nur teilweise zum Geschäft des Handelsbetriebes gehöre, müsse auch für den Unternehmerbegriff des § 14 BGB gelten. Andere Teile des Schrifttums stufen dagegen alle Verträge, die in irgendeiner Form einem privaten Zweck dienen, als Geschäfte des Verbrauchers ein.216 Es komme für die Verbrauchereigenschaft nicht darauf an, ob der private Zweck überwiege oder nur neben den vorrangigen geschäftlichen Zielen mitverfolgt werde. Unternehmer kann nach dieser Auffassung nur sein, wer ein Geschäft zu einem ausschließlich gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zweck ausübt. Nach einer dritten Ansicht schließlich bestimmt sich der maßgebliche Zweck jedes Geschäfts anhand des wesentlichen Schwerpunkts des Vertrages:217 Handle eine Person bei Abschluss des Vertrages zu einem Zweck, der überwie___________ 213

Faber, ZEuP 1998, 886 ff.; Jauernig/Jauernig § 13 BGB Rn. 3; Kemper 27; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 576; Schurr, ZfRV 1999, 222, 225; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/ Hensen § 24a AGBG Rn. 26. 214 Faber, ZEuP 1998, 887 f.; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 576; ähnlich Kemper 27, der von einer „Unteilbarkeit des Handelns“ spricht. 215 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 24; Larenz/Wolf 766; Mankowski, VuR 2004, 79, 80 f., 85; Stoffels Rn. 188; ähnlich Preis ZHR 158 (1994), 568, 601 f. 216 Bodewig, DZWir 1997, 447, 449, der allerdings bei einer nur ganz geringfügigen privaten Nutzung die Verbrauchereigenschaft verneint; Erman (10. Aufl.)/Werner § 24a AGBG Rn. 19; F. von Westphalen, BB 1996, 2101; Lüderitz, FS Riesenfeld 147, 156 (für den Verbraucherbegriff in Art. 13 EuGVÜ). 217 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 26, Ring §§ 13, 14 BGB Rn 19; Bülow/Artz 22; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 8; S. Ernst, MDR 2003, 4, 5; Geimer, in: Geimer/Schütze, Art. 13 EuGVVO Rn. 18; Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 61; Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 2; Klose 109; Kropholler, IPR 481 (für Art. 29 EGBGB); Lehr/Wendel, EWS 1999, 321; Mittmann 59 f.; MünchKomm (4. Aufl.)/Basedow § 24a AGBG Rn. 32; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 803; Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 4; Pfeiffer, in: SchulteNölke/Schulze, 21, 37 f.; ders., in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 137 f.; ders., NJW 1999, 169, 173; Reinking, DAR 2002, 15, 22; Schimmel/Buhlmann 152; Schindler, JA 2004, 835; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 551; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 38, § 14 BGB Rn. 14; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 44 ff., insb. 47.

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gend gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Natur sei, müsse sie als Unternehmer eingestuft werden. Überwiege dagegen der private Zweck, liege ein Verbrauchergeschäft vor. Dabei komme es auf die aus der ex-ante-Sicht beabsichtigte überwiegende Nutzung an.218 Probleme ergeben sich innerhalb dieser Auffassung dann, wenn sich ein überwiegender Zweck nicht ermitteln lässt. Einerseits wird in diesen Zweifelsfällen – ohne weitere Begründung – der Rechtsgedanken des § 344 HGB herangezogen und das Geschäft dem unternehmerischen Bereich zugeordnet.219 Andererseits wird aber ebenso vertreten, im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes sei auf den privaten Zweck abzustellen und das Geschäft der privaten Sphäre zuzurechnen, so dass sich in diesen Fällen eine Vermutung für die Verbrauchereigenschaft ergäbe – sofern sich die Person nicht als Unternehmer geriere.220 (c) Stellungnahme Bei der Frage, wie die Dual-Use-Fälle einzuordnen sind, hilft der Wortlaut der §§ 13, 14 BGB nicht weiter. § 13 BGB stellt auf die nicht gewerbliche bzw. nicht selbstständige berufliche Tätigkeit ab, ohne dieses durch ergänzende Zusätze zu spezifizieren. § 14 BGB spricht von der – ebenfalls nicht weiter konkretisierten – gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit. Daher ließe sich sowohl das Wort „nicht“ in der Verbraucherdefinition weit auslegen und im Sinne von „auch nicht teilweise“ verstehen,221 so dass ein Vertrag mit gemischter Zweckrichtung immer dem Unternehmerbegriff zuzurechnen wäre. Ebenso könnte man aber auch argumentieren, dass § 14 BGB nicht von einer ausschließlichen oder überwiegenden geschäftlichen und § 13 BGB nicht von einer rein privaten Nutzung222 spricht, so dass die Mitverfolgung eines auch privaten Zwecks ausreichend für die Begründung der Verbrauchereigenschaft bzw. Verneinung der Unternehmereigenschaft sei. Da sich alle diese Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen des Wortsinns halten, lässt sich dem Wort___________ 218 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 19; Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 38. 219 Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 2; Schimmel/Buhlmann 152 (nur für Kaufleute). 220 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 19; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 8; Geimer, in: Geimer/Schütze, Art. 13 EuGVVO Rn. 18; Klose 112; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 34; St. Lorenz, NJW 2002, 1889, 1895; Pfeiffer, in: Schulze/SchulteNölke, 133, 137 f.; ders., NJW 1999, 169, 174; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 804; Soergel/Pfeiffer, § 13 BGB Rn. 55, § 14 BGB Rn. 14. 221 Faber, ZEuP 1998, 886. 222 Bodewig, DZWir 1997, 447, 449; Erman (10. Aufl.)/Werner § 24a AGBG Rn. 19. Diese Auslegung des Wortlauts wird teilweise auch von Vertretern der Gegenansicht zu Grunde gelegt, so etwa von Bodewig, DZWir 1997, 447, 449; MünchKomm (4. Aufl.)/Basedow § 24a AGBG Rn. 32. Bei dem von Faber, ZEuP 1998, 668, vorgebrachten Argument bezieht sich das „ausschließlich“ auf die gewerbliche Tätigkeit, wodurch der Norm ein vollständig anderer Aussagegehalt gegeben wird.

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laut keine eindeutige Aussage hinsichtlich der Einordnung von Dual-UseFällen entnehmen. Ebenso wenig lassen sich aus der Systematik oder den nationalen Gesetzesmaterialien Schlüsse zur Lösung des Auslegungsproblems ziehen. Entscheidend kommt es daher auf den Sinn und Zweck der Normen an: Die §§ 13 und 14 BGB beschreiben den Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Vorschriften, die auf Grund von Richtlinienvorgaben in das BGB aufgenommen wurden. Bei den Dual-Use-Fällen geht es demnach letztlich um die Frage, ob eine Person bei gemischter Zwecksetzung der Verträge noch schutzwürdig ist und dem Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Normen unterfällt oder nicht. Die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers liegt in seiner fehlenden strukturellen Macht und mangelnden Geschäftserfahrung begründet. Weder die Einsatzmöglichkeiten struktureller Macht noch die bereichsspezifische Kompetenz sind aber starre Kriterien, deren Vorliegen entweder bejaht oder verneint werden kann. Vielmehr sind beide Kriterien in gewissem Umfang davon abhängig, wie stark das Geschäft der geschäftlichen Sphäre zuzurechnen ist. Überwiegt der gewerbliche oder selbstständige berufliche Zweck kann davon ausgegangen werden, dass die Person die strukturelle Macht und die Geschäftskompetenz so einsetzen kann, dass sie der anderen Vertragspartei überlegen ist. Je mehr das Geschäft jedoch der Verfolgung privater Interessen dient, desto geringer wird die Möglichkeit sein, die Mittel und die Geschäftskompetenz zum eigenen Vorteil zu nutzen. Daher ist es angemessen, nicht pauschal auf eine Zweckrichtung abzustellen, sondern die Schutzbedürftigkeit einer Person erst dann zu verneinen, wenn der geschäftliche Zweck überwiegt und sie die Mittel, die ihre unternehmerische Überlegenheit begründen, auch tatsächlich einsetzen kann. Für Zweifelsfälle, in denen sich nicht bestimmen lässt, ob der geschäftliche oder der private Zweck überwiegt, muss jedoch einer der beiden Zweckrichtungen der Vorrang eingeräumt werden. Dabei kann nicht auf § 344 HGB zurückgegriffen werden, da eine nationale Norm nicht ohne weiteres im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung herangezogen werden kann.223 Außerdem soll § 344 HGB dem im Handelsrecht vorherrschenden Gedanken der Rechtsklarheit und Publizität Rechnung tragen und nicht dazu dienen, den Anwendungsbereich verbraucherschützender Vorschriften zu bestimmen. In solchen Zweifelsfällen ist vielmehr der privaten Zweckrichtung der Vorrang einzuräumen und die Person als Verbraucher einzustufen. Denn es widerspräche dem Sinn

___________ 223 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 19; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 174; Soergel/Pfeiffer, § 13 BGB Rn. 54, § 14 BGB Rn. 14.

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und Zweck des Verbraucherschutzes, die Beweislastverteilung zu Lasten des Verbrauchers zu verschlechtern.224 Insgesamt lässt sich also festhalten, dass in Dual-Use-Fällen auf den überwiegenden Zweck des Vertrages abzustellen ist. Sollte ein solcher nicht ermittelt werden können, ist dem privaten Zweck der Vorrang einzuräumen und der Vertrag als Verbrauchergeschäft einzustufen. Dieses Verständnis liegt bzw. lag auch dem europäischen Unternehmer- und Verbraucherbegriff zu Grunde, dem im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung maßgebliche Bedeutung für die Auslegung der §§ 13, 14 BGB zukommt. So fordert etwa der Giuliano/Lagarde-Bericht225 für den Verbraucherbegriff in Art. 5 EVÜ, dass der Vertragszweck im Wesentlichen außerhalb der beruflichen Tätigkeit liegen, die private Nutzung also überwiegen muss. In einer neueren Entscheidung hat der EuGH nunmehr für den Verbraucherbegriff in Art. 15 EuGVÜ allerdings ausgeführt, dass die Verbrauchereigenschaft bei Dual-Use-Fällen grundsätzlich verneint werden muss, „es sei denn, der beruflich-gewerbliche Zweck ist derart nebensächlich, dass er im Gesamtzusammenhang des betreffenden Geschäfts nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, wobei die Tatsache, dass der nicht beruflich-gewerbliche Zweck überwiegt, ohne Bedeutung ist“.226

Es ist daher zu befürchten, dass diese Einstufung von Dual-Use-Fällen in Zukunft auch für die Auslegung der §§ 13, 14 BGB ausschlaggebend sein wird. Ein solches Verständnis des Unternehmerbegriffs erscheint aber aus teleologischen Gründen nicht sinnvoll und etabliert mit dem Kriterium der nur ganz untergeordneten Rolle einen – im Vergleich zum Schwerpunktskriterium – noch unklareren Abgrenzungsmaßstab.227 Zumindest für die §§ 13, 14 BGB sollte es nicht herangezogen werden; vielmehr sollte am Kriterium des Schwerpunkts der Tätigkeit festgehalten werden.228 Da der nationale Verbraucherbegriff dadurch weiter ausgelegt wird als der neue europäische Verbraucherbegriff und damit eine Ausdehnung des Verbraucherschutzes auf von den Mindestanforderungen der Richtlinie nicht erfasste Fälle einhergeht, ist ein solches Vorgehen gemeinschaftsrechtlich zulässig.229 ___________ 224

Erman/Saenger § 13 BGB Rn. 17; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 8; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 34. 225 Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnissse anzuwendende Recht von Mario Giuliano und Paul Lagarde, BT-Drucks. 10/503, S. 33 ff., 55. 226 EuGH, NJW 2005, 653 ff. 227 Ebenso Mankowski, IPrax 2005, 503, 505 ff.; a.A. Gottschalk, RIW 2006, 577 f. 228 Mankowski, IPrax 2005, 503, 508 f.; Rösler/Siepmann, EWS 2006, 497, 500; a.A. Gottschalk, RIW 2006, 577 f. 229 Mankowski, IPrax 2005, 503, 509; Rösler/Siepmann, EWS 2006, 497, 500.

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(2) Einordnung von Geschäften zur Existenzgründung (a) Meinungsstand Problematisch ist ferner die Einordnung von Existenzgründungsgeschäften, also Geschäften, durch die der zukünftige Unternehmer sein Unternehmen begründet. Ein Teil des Schrifttums230 und nunmehr auch der BGH231 gehen davon aus, dass Geschäfte, durch die der zukünftige Unternehmer sein Gewerbe oder seine selbstständige berufliche Tätigkeit begründet, dem funktionalen Element des § 14 BGB genügen und demnach als Unternehmergeschäfte einzuordnen sind. Andere fordern dagegen, den Existenzgründer als Verbraucher einzuordnen, da auch er aus seiner Position als Verbraucher agiere und ihm noch die erforderliche Geschäftserfahrung fehle.232 (b) Stellungnahme Ob ein Existenzgründer dem Verbraucher- oder dem Unternehmerbegriff unterfällt, richtet sich im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung der §§ 13, 14 BGB maßgeblich nach den europäischen Vorgaben, also danach, wie das Gemeinschaftsrecht Existenzgründer einordnet. Der EuGH hat diese Frage im Jahre 1997 entschieden und bei einem zukünftigen Franchisenehmer bei Abschluss des Franchisevertrages die Verbrauchereigenschaft im Sinne des Art. 13 EuGVÜ verneint,233 ihn also als Unternehmer eingestuft. Obwohl diese Entscheidung nur die Auslegung einer verfahrensrechtlichen Regelung betrifft, lässt sich die darin manifestierte Wertung auch auf das materielle Verbraucherschutzrecht übertragen,234 da sowohl die Verfahrensregeln als auch die materiellen Vorschriften dem Verbraucherschutz dienen und somit von ihrer Schutz___________ 230 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 24; Brandner 86 f.; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2051; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 10; Erman/Saenger § 13 BGB Rn. 16; S. Ernst, MDR 2003, 4, 5; Geimer, in: Geimer/Schütze, Art. 13 EuGVVO Rn. 18; Reinking, DAR 2002, 15, 22; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 35, § 14 BGB Rn. 14; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 55 ff.; für die Richtlinie Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 58; Jud, ÖJZ 1997, 441, 442; Schurr, ZfRV 1999, 222, 224; wohl auch Kieselstein/Rückebeil, ZGS 2007, 54, 55; Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 67 f. 231 BGH ZIP 2005, 622 f. 232 MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 50 ff., § 14 BGB Rn. 27; Palandt/Heinrichs § 13 Rn. 3; Tonner, WuB I E 2. – 3.02, 301, 302 (allerdings nur bei situationsbedingtem Schutzbedarf); in diese Richtung für den europäischen Begriff Faber, ZEuP 1998, 854, 888 ff., 891. 233 EuGH, Benincasa, Slg. 1997, I-3767 ff. = JZ 1998, 896 ff.; siehe auch Mankowski, JZ 1998, 898 ff. 234 Mankowski, JZ 1998, 899; siehe auch BGH DB 2005, 718, 719; Geimer, in: Geimer/Schütze, Art. 13 EuGVVO Rn. 17; anders MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 55.

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richtung identisch sind. Der Existenzgründer wird im europäischen Verbraucherschutzrecht mithin bereits für solche Geschäfte als Unternehmer eingestuft, durch die er seine gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit begründet.235 Zwar wäre es dem deutschen Gesetzgeber möglich, über die europäischen Vorgaben hinaus auch Existenzgründer dem Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Normen zu unterstellen. Doch lassen sich hierfür keine Anhaltspunkte finden. Bereits im Rahmen des § 6 HWiG wurde die – auch in § 14 BGB – enthaltene Formulierung „in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit“ dahingehend ausgelegt, dass auch solche Personen erfasst werden, die den Vertrag zur Begründung des Unternehmens abschließen.236 Zudem hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Ausweitung des Verbraucherbegriffs auf Existenzgründer explizit festzuschreiben, wie er es etwa für Kredit- und Kreditmittlungsverträge in § 507 BGB getan hat.237 Freilich verfügt der Existenzgründer noch nicht über die Geschäftserfahrung, die andere, seit Jahren am Markt tätige Unternehmer haben. Allerdings wird diese Geschäftsroutine auch jemandem fehlen, der sein Unternehmen erst vor kurzem gegründet hat und nun die ersten Geschäfte tätigt.238 Stellte man lediglich auf das Vorhandensein ausreichender Geschäftskompetenz ab, würden die Grenzen von Unternehmer zu Unternehmer unterschiedlich beurteilt. Dies hätte zur Folge, dass für den Geschäftspartner dieser Person nicht mehr ohne Weiteres ersichtlich ist, ob er nun mit einem Unternehmer oder einem Verbraucher kontrahiert. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss daher – ähnlich wie bei den Regelungen zum Minderjährigenschutz – ein Fixpunkt gefunden werden, ab dem im Regelfall die Geschäftskompetenz einer Person, unabhängig vom konkreten Einzelfall, vermutet werden kann.239 Hierfür ist der Moment zu wählen, in dem eine Person Abschlüsse für ihr zukünftiges Gewerbe oder ihren zukünftigen Beruf vornimmt, denn bereits zu diesem Zeitpunkt entwickelt der Unternehmer seine strukturelle Macht, da er zumeist bereits in der Gründungsphase Mittel anhäuft, die ihm ein strategisches Taktieren möglich machen. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass Existenzgründer bereits in Ausübung ihrer gewerblichen und selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln und daher als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB einzustufen sind. ___________ 235 Mankowski, JZ 1998, 898 f.; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 35; Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 67 f. 236 BGH WM 1994, 1390, 1391 f. m.w.N.; a.A. Fischer/Machunsky § 6 HWiG Rn. 19. 237 BGH ZIP 2005, 622, 623; Brandner 86 f.; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 35. 238 Siehe auch MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 54; Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/ Schulze, 21, 36. 239 So auch Mankowski, JZ 1998, 898; Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze, 21, 36.

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(3) Einordnung von Geschäftserweiterungen Ebenfalls der gewerblichen bzw. selbstständigen beruflichen Sphäre zuzuordnen ist ein Vertrag, durch den der Unternehmer ein bereits bestehendes Geschäft erweitert.240 Hierfür lassen sich dieselben Gründe anführen, aus denen auch die Unternehmereigenschaft des Existenzgründers hergeleitet wurde. Es greifen nicht einmal die Bedenken, die gegen die Einordnung des Existenzgründers als Unternehmer vorgebracht werden und die sich darauf stützen, dass ein solcher noch aus seiner Position als Verbraucher heraus handele. Denn der Unternehmer, der sein Geschäft lediglich erweitert, befindet sich nicht in einem Übergangsstadium vom Verbraucher zum Unternehmer, sondern übt bereits bei Abschluss des Vertrages ein Gewerbe bzw. einen selbstständigen Beruf aus.

(4) Einordnung von Geschäftsaufgaben Fraglich ist ferner, ob dem Unternehmerbegriff des § 14 BGB Verträge unterfallen, durch die der Unternehmer seine Existenz aufgibt und sein Geschäft beendet. Auch diese Frage hat der EuGH für den europäischen Verbraucherund Unternehmerbegriff entschieden: In seiner sog. „di Pinto“-Entscheidung241 verneinte er die Verbrauchereigenschaft für den Fall, dass eine Person ihr Geschäft veräußert. Dem europäischen Unternehmerbegriff seien Geschäfte im Rahmen der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten auch dann zuzuordnen, wenn sie Ausnahmecharakter hätten und eher untypisch für den laufenden Geschäftsbetrieb seien. Der EuGH stellt für den europäischen Unternehmerbegriff damit auf das Vorliegen einer typisierten bereichsspezifischen Geschäftskompetenz ab. Es kommt nicht darauf an, dass der konkrete Vertrag ein Rechtsgeschäft des laufenden Betriebs darstellt, sondern lediglich darauf, dass die konkrete Tätigkeit mit dem ausgeübten Gewerbe bzw. dem selbstständigen Beruf in Zusammenhang steht. Diese Entscheidung ist auch für die Auslegung der §§ 13, 14 BGB heranzuziehen.242 Es ist nicht ersichtlich, dass der deutsche Gesetzgeber den Verbraucherbegriff auf solche Fälle ausweiten wollte, in denen ein Unternehmer seinen

___________ 240 Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 3; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 37, § 14 BGB Rn. 14. 241 EuGH, Di Pinto, Slg. 1991, I-1189 ff.; siehe auch Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 153 ff. 242 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 24; Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 KaufRL Rn. 55; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 172 f.; Soergel/Pfeiffer, § 14 BGB Rn. 14; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 61, § 14 BGB Rn. 46.

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Betrieb verkauft.243 Dies widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Normen. Denn derjenige, der sein Gewerbe bzw. seinen Beruf aufgibt, handelt aus der Position eines Unternehmers heraus und wird auch vom Rechtsverkehr als solcher eingeordnet. Er kann sich auch bei der Geschäftsaufgabe seiner strukturellen Überlegenheit bedienen, da ihm die entsprechenden Mittel und Strukturen bis zur endgültigen Beendigung seiner Tätigkeit zur Verfügung stehen. Außerdem besitzt er für den Abschluss dieses Vertrages eine hinreichende Geschäftskompetenz, da er zumindest den Wert seines Unternehmens kennt.244 Verträge, die der Aufgabe eines Geschäftes dienen, werden demnach vom Unternehmerbegriff des § 14 BGB erfasst.

(5) Einordnung von branchenfremden Geschäften Die soeben dargestellten Grundsätze gelten nicht nur für Geschäftsaufgaben, sondern auch für andere, sog. branchenfremde, also solche Geschäfte, die für das ausgeübte Gewerbe bzw. den Beruf eher ungewöhnlich sind.245 Zum einen hatte der EuGH seine Entscheidung nicht nur für Geschäftsaufgaben, sondern auf alle atypischen Geschäfte bezogen und befunden, dass bei der Bestimmung der Unternehmereigenschaft kein Unterschied zwischen Rechtsgeschäften des laufenden Geschäftsbetriebs und solchen mit Ausnahmecharakter gemacht werden könne.246 Zum anderen greifen die bereits für die Geschäftsaufgabe angeführten teleologischen Erwägungen. Daher ist eine Person auch dann als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB einzustufen, wenn sie im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit branchenfremde Geschäfte vornimmt.247

___________ 243 Dies wäre ohne weiteres zulässig gewesen, da damit eine Ausdehnung des Verbraucherschutzes einhergeht; vgl. MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 60; Tonner, WuB I E 2. – 3.02, 301, 302. 244 EuGH, Di Pinto, Slg. 1991, I-1189, I-1211 Rn. 18; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 61; siehe auch Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze, 21, 33 f. 245 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 25; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 61. 246 EuGH, Di Pinto, Slg. 1991, I-1189, I-1211 Rn. 15. 247 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 24; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 10; Mankowski, VuR 2004, 79, 81; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 172 f.; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 36, § 14 BGB Rn. 10, 14.

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(6) Einordnung einer Nebenerwerbstätigkeit Schließlich fallen gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeiten auch dann unter § 14 BGB, wenn sie als Nebenerwerb ausgeübt werden.248 Denn es kann nicht auf die Einordnung als Haupt- oder Nebenerwerb ankommen.

(7) Zusammenfassung In Ausübung der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit erfolgt ein Geschäft dann, wenn es bei Vertragsschluss objektiv einem Zweck dient, der geschäftlicher Natur ist. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, dass der Vertrag in den – sehr weit zu ziehenden – Bereich der typisierten bereichsspezifischen Geschäftskompetenz der Person fällt. In Ausübung der geschäftlichen Tätigkeit erfolgen nach der hier vertretenen Auffassung alle Geschäfte, die einem überwiegend gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zweck dienen, einschließlich der Verträge zur Existenzgründung und -erweiterung sowie Rechtsgeschäfte, die – wie die Geschäftsaufgabe – außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs liegen.

b) Sachliches Begrenzungskriterium Neben dem funktionalen Kriterium erfordert der Unternehmerbegriff als zweites – hier als sachlich bezeichnetes – Element den „Abschluss eines Rechtsgeschäfts“. Problematisch erscheint dieses Element in den Fällen, in denen die Begriffsbestimmung nicht erst für den Abschluss eines Rechtsgeschäfts, sondern bereits im vorvertraglichen Bereich maßgeblich wird, etwa im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses, beim Zusenden unbestellter Waren249 oder in den Fällen einer Gewinnzusage250. Diese Konstellationen würden mangels Vorliegen eines Rechtsgeschäfts nicht in den Anwendungsbereich der §§ 13, 14 BGB fallen. Im Schrifttum wird allerdings eine analoge Anwendung der Vorschriften auf solche Verpflichtungen befürwortet, die sich

___________ 248

AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 24; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 10; Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 2; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 38; siehe aber auch Mankowski, VuR 2004, 79, 82; MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 57. 249 Siehe hierzu § 241a BGB; ausführlich Berger, JuS 2001, 649 ff. 250 Siehe zu den Ansprüchen des Verbrauchers gegen den Unternehmer in diesen Fällen BGH NJW 2003, 3620 f.; Schröder/Thiessen, NJW 2004, 719, 721 f.

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bereits bei Anbahnung des Rechtsgeschäfts ergeben.251 Diese Möglichkeit ist jedoch für den Rückgriff nicht relevant und daher hier nicht weiter zu untersuchen. Denn die Regressnormen setzen jeweils abgeschlossene Kaufverträge über eine mangelhafte Kaufsache voraus, so dass die erforderlichen vertraglichen Beziehungen in der Regresskette vorliegen. In den aufgeführten Fällen vorvertraglicher Haftung liegen die Voraussetzungen der §§ 478, 479 BGB nicht vor, da dort der Regressgläubiger vom Verbraucher nicht auf Grund der Mangelhaftigkeit der gekauften Sache in Anspruch genommen wird.

c) Persönliches Begrenzungskriterium Mit dem persönlichen Kriterium wird schließlich bestimmt, welchen Rechtssubjekten die Unternehmereigenschaft zukommen kann.

aa) Die beiden klassischen Rechtssubjekte Zunächst erfasst der Unternehmerbegriff mit der natürlichen und der juristischen Person die beiden klassischen Rechtssubjekte des BGB. Als natürliche Personen können zum einen alle gewerblich oder selbstständig beruflich tätigen Einzelpersonen Unternehmer im Sinne von § 14 BGB sein, unabhängig davon, ob sie dem Kaufmannsbegriff des HGBs unterfallen.252 Zum anderen werden als juristische Personen solche Zusammenfassungen von Personen oder Gegenständen erfasst, denen als rechtlich geregelten Organisationen vom Gesetz eine eigene Rechtspersönlichkeit und damit – eine von den einzelnen Mitgliedern unabhängige – Rechtsfähigkeit verliehen wurde.253 Dies sind neben den juristischen Personen des Privatrechts auch die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sofern die Leistungsbeziehung privatrechtlich ausgestaltet ist.254 Denn der im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung zu Grunde zu legende europäische Unternehmerbegriff unterscheidet nicht zwischen diesen ___________ 251 Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 9, 11; Jauernig/Jauernig § 13 BGB Rn. 5, § 14 BGB Rn. 2; Kieselstein/Rückebeil, ZGS 2007, 54; Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 4, § 13 BGB Rn. 6; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 26, § 14 BGB Rn. 19; siehe zu den Problemen im Rahmen von Gewinnzusagen nach § 661a BGB MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 71 ff. 252 Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2051; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 3; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 10. 253 Siehe BGH Z 102, 103 ff.; 125, 368 ff.; Hk-BGB/Dörner, Vorb. §§ 21-89 BGB Rn. 1; Jauernig/Jauernig Vor § 21 BGB Rn. 1. 254 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 26; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 10; HkBGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 3; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 10; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 18; Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 48.

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beiden Arten juristischer Personen, sondern umfängt alle rechtsfähigen Zusammenschlüsse, die gewerblich oder beruflich tätig sind, ohne dass es auf die Rechtsform ankäme, in der sie agieren.255 Diesen – in personaler Hinsicht – weiten Unternehmerbegriff hat der deutsche Gesetzgeber übernommen, da vom Wortlaut des § 14 BGB neben den beiden klassischen Rechtsubjekten explizit auch die „rechtsfähigen Personengesellschaften“ als quasi dritte Kategorie erfasst werden, um sicherzustellen, dass alle rechtsfähigen Personenzusammenschlüsse dem Unternehmerbegriff unterfallen. Dem persönlichen Element des § 14 BGB kommt mithin keinerlei beschränkende Wirkung zu. Schließlich ergibt sich die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers aus der strukturellen Überlegenheit des Unternehmers, die sich ihrerseits auf die Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit gründet und nicht von der Organisationsform des überlegenen Vertragspartners abhängig ist.

bb) Die „neue“ Kategorie der rechtsfähigen Personengesellschaften (1) Dogmatischer Hintergrund Mit § 14 Abs. 2 BGB durchbricht der Gesetzgeber die dem BGB zu Grunde liegende Zweiteilung der Rechtssubjekte in natürliche und juristische Personen. Diese war im Laufe der Zeit bereits dadurch aufgeweicht worden, dass Personengesellschaften des Handelsrechts (Teil-)Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde256 und der BGH den nicht eingetragenen Verein oder die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu Trägern von Rechten und Pflichten erklärt hat. Die nunmehr in § 14 Abs. 2 BGB genannte dritte Kategorie der Rechtssubjekte ist im Rahmen der Auslegung der §§ 13, 14 BGB zu berücksichtigen:257 Es ist nicht mehr zwischen natürlichen und juristischen Personen zu unterscheiden, sondern eine Dreiteilung in die bereits genannten Rechtssubjekte plus die in § 14 Abs. 2 BGB genannten „rechtsfähigen Personengesellschaften“ vorzunehmen.

(2) Begriffsbestimmung Die rechtsfähige Personengesellschaft ist ausweislich der Legaldefinition in § 14 Abs. 2 BGB258 „eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausge___________ 255

MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 17; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 18. So kann etwa die offene Handelsgesellschaft nach § 124 Abs. 2 HGB Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, ist also rechtlich verselbstständigt. 257 Dies gilt insbesondere für die Bestimmung der Verbrauchereigenschaft dieser Rechtssubjekte; siehe hierzu im 1. Teil, 2. Kapitel B. II. 2. 258 Diese Definition ist dem früheren § 1059 Abs. 2 BGB a.F. entnommen. 256

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

stattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen“. Für sich genommen ist diese Definition nicht aussagekräftig und zu Recht als tautologisch kritisiert worden: Das Wort „rechtsfähig“ wird lediglich durch seine allgemein anerkannte Definition ersetzt, wonach Rechtsfähigkeit die Fähigkeit ist, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.259 § 14 Abs. 2 BGB besagt also nicht mehr als: „Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine solche.“260 Beinhalten soll diese dritte Kategorie Personenzusammenschlüsse, die mangels gesetzlich verliehener Rechtspersönlichkeit zwar keine juristischen Personen sind, denen aber dennoch (Teil-)Rechtsfähigkeit zugesprochen wird,261 also offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Partnerschaften, Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen sowie – seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 29. Januar 2001262 – auch die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts, soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt.263 Ebenfalls als rechtsfähige Personengesellschaft eingeordnet werden muss zudem die Wohnungseigentümergesellschaft, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt, denn insoweit hat der BGH264 auch diesem Personenzusammenschluss Rechtsfähigkeit zugesprochen. Nicht unter § 14 Abs. 2 BGB fallen dagegen (nach der jetzigen Rechtsprechung) solche Personenzusammenschlüsse, denen mangels Rechtsfähigkeit die Rechtssubjektsqualität fehlt, wie etwa die eheliche oder fortgesetzte Gütergemeinschaft, die Erben- oder die Bruchteilsgemeinschaft. Allerdings erfüllt jede der in diesem Verband zusammengeschlossenen natürlichen Personen als solche das personale Kriterium des § 14 BGB.265

___________ 259 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 27; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 11; Flume, ZIP 2000, 1427, 1428; Jauernig/Jauernig § 14 BGB Rn. 2; Kropholler § 14 BGB Rn. 2; siehe zu der Begriffsverwirrung im Gesellschaftsrecht insgesamt Beuthien, JZ 2003, 715 ff. 260 Hensen, ZIP 2000, 1151. 261 Daher ist Rechtsfähigkeit heute nicht mehr gleichbedeutend mit Rechtspersönlichkeit; siehe Hk-BGB/Dörner, Vorb. §§ 21-89 BGB Rn. 6. 262 BGH Z 146, 341 ff.; vgl. dazu K. Schmidt, NJW 2001, 993 ff.; kritisch Jauernig/Jauernig, Vor § 21 BGB Rn. 1, 4. 263 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn 27; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 4, Vorb. §§ 21-89 BGB Rn. 6a; Jauernig/Jauernig § 14 BGB Rn. 2; MünchKomm/Micklitz § 14 BGB Rn. 10; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 17; Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 61. 264 BGH NJW 2005, 2061 ff. 265 Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 17.

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(3) Probleme im Zusammenhang mit dem nicht rechtsfähigen Verein Fraglich ist jedoch, ob auch der nicht rechtsfähige Verein im Sinne des § 54 BGB von der Kategorie der rechtsfähigen Personengesellschaft erfasst wird. Ein nicht rechtsfähiger Verein ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Personen oder Gegenständen zu einem gemeinsamen Zweck, der körperschaftlich organisiert und gegenüber seinen Mitgliedern mehr oder weniger verselbstständigt ist.266 Der Gesetzgeber hat ihm – anders als dem rechtsfähigen Verein – keine eigene Rechtspersönlichkeit verliehen, sondern ihn nach § 54 S. 1 BGB den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, also dem Regelungsregime der §§ 714 ff. BGB unterstellt. Er ist demnach keine juristische Person. Aber auch die Einordnung als rechtsfähige Personengesellschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 BGB bereitet Probleme. Entgegen dem Wortlaut kommt dem nicht rechtsfähigen Verein zwar ohne Weiteres Rechtsfähigkeit zu. Denn für den nicht rechtsfähigen Idealverein ignorieren Rechtsprechung und Literatur den Verweis auf die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in § 54 S. 1 BGB als „gesetzgeberische Fehlentscheidung“267 und wenden stattdessen die Vorschriften über den als juristische Person bestehenden Idealverein analog an.268 Für den wirtschaftlichen Verein wird der Verweis zwar beachtet,269 so dass der nicht rechtsfähige wirtschaftliche Verein denselben Regelungen wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterliegt. Doch kommt dieser seit der oben bereits erwähnten Grundsatzentscheidung des BGH270 Rechts- und Parteifähigkeit zu, so dass auch der nicht rechtsfähige wirtschaftliche Verein als rechtsfähig einzustufen ist.271

___________ 266 Köhler 260; MünchKomm/Reuter § 54 BGB Rn. 1; Steding, NZG 2001, 721, 727; für den rechtsfähigen Verein Hk-BGB/Dörner, Vorb. §§ 21-89 BGB Rn. 3; Soergel/Hadding, Vor § 21 BGB Rn. 15, 44; siehe auch Weisbrod, S. 27 f. 267 Hk-BGB/Dörner § 54 BGB Rn. 1. 268 BGH Z 50, 325, 329 ff.; Hk-BGB/Dörner § 54 BGB Rn. 3; Jauernig/Jauernig § 54 BGB Rn. 4 ff.; Köhler 271; Larenz/Wolf 211 f.; MünchKomm/Reuter § 54 BGB Rn. 4 ff.; Steding, NZG 2001, 721, 727; siehe auch K. Schmidt, GesR 740 ff., 203. 269 Hk-BGB/Dörner § 54 BGB Rn. 3; Jauernig/Jauernig § 54 BGB Rn. 3 f.; siehe auch Palandt/Heinrichs § 54 BGB Rn. 1. 270 Vgl. die Nachweise in Fn. 262. 271 Hk-BGB/Dörner § 54 BGB Rn. 4; Larenz/Wolf 210 f.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1002 f.; Soergel/Hadding, Vor § 21 BGB Rn. 3, § 54 BGB Rn. 16. Ob dies dazu führt, dass der nicht rechtsfähige Verein entgegen § 50 Abs. 2 ZPO aktiv parteifähig ist, bleibt weiterhin umstritten; siehe nur Kempfler, NZG 2002, 411 ff.; bejahend K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1003; verneinend Jauernig/Jauernig, Vor § 21 BGB Rn. 4.

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Im Folgenden wird daher auch vom nicht eingetragenen – statt vom nicht rechtsfähigen – Verein gesprochen.272 Der nicht eingetragene Verein ist keine Personengesellschaft. Obwohl er gemäß § 54 S. 1 BGB – zumindest in seiner wirtschaftlichen Ausrichtung – den Regelungen des Gesellschaftsrechts unterliegt, ist er als Verein seinem Wesen nach doch grundverschieden von den Personengesellschaften des Bürgerlichen und des Handelsrechts, da in seiner Organisation die körperschaftlichen und nicht die personalen Elemente überwiegen.273 Allerdings wird der nicht eingetragene Verein wie die rechtsfähigen Personengesellschaften als Gesamthandsgemeinschaft verstanden.274 Dies entspricht auch der vom Gesetz vorgenommenen Einordnung von Personenzusammenschlüssen, die sich nicht an den dem § 14 Abs. 2 BGB zu Grunde liegenden Kategorien von juristischer Person und Personengesellschaft, sondern vielmehr an der Unterscheidung zwischen juristischer Person und Gesamthandsgemeinschaft orientiert.275 Nur von einer solchen Einteilung kann der nicht eingetragene Verein, der als einziger körperschaftlich organisierter Personenzusammenschluss keine juristische Person ist, überhaupt erfasst werden. Außerdem stellte sich die Diskussion um die Rechtsfähigkeit bestimmter Personenzusammenschlüsse immer als Frage der Rechtsfähigkeit der Gesamthand und nicht der Personengesellschaften dar,276 so dass auch hier eher zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Gesamthand als zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Personengesellschaft unterschieden wird. Auch für den Begriff der rechtsfähigen Personengesellschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 BGB ist daher von der Unterteilung in juristische Personen und rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften auszugehen, die auch den nicht eingetragenen Verein erfasst. Denn die neue Kategorie des § 14 Abs. 2 BGB wurde gerade deshalb aufgenommen, um neben den juristischen Personen auch andere rechtsfähige Personenzusammenschlüsse und so___________ 272

Larenz/Wolf 210; K. Schmidt, GesR 736 f.; Soergel/Hadding, § 54 BGB Rn. 1; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 37. Beuthien, JZ 2003, 715, 717 Fn. 28, schlägt die Begriffe „eintragbarer“ und „nicht eintragbarer Verein“ vor. 273 Jauernig/Jauernig § 54 BGB Rn. 1; Larenz/Wolf 211; K. Schmidt, GesR 733; Soergel/Hadding, Vor § 21 BGB Rn. 46; Steding, NZG 2001, 721, 727; Weisbrod, S. 30. 274 Köhler 271; Larenz/Wolf 210 f.; Soergel/Hadding § 54 BGB Rn. 16; Steding, NZG 2001, 721, 727; Weisbrod 29; siehe auch Beuthien, JZ 2003, 715, 722; K. Schmidt, GesR 736. 275 MünchKomm/Reuter, Vor § 21 BGB Rn. 7 ff.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996; siehe hierzu auch K. Schmidt, GesR 206 f.; Soergel/Hadding, Vor § 21 BGB Rn. 17. Auch Beuthien, JZ 2003, 715, 722, und Larenz/Wolf 210, scheinen diese Einordnung zu Grund zu legen. 276 Siehe hierzu ausführlich K. Schmidt, GesR 196 ff.; ders., NJW 2001, 993, 994 ff.

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mit sämtliche Rechtsträger zu erfassen. Schließlich stellt auch der zu Grunde liegende europäische Unternehmensbegriff nur auf das funktionale Kriterium ab, ohne Einschränkungen in personaler Hinsicht zu machen.277 Es kann daher für das personale Element keinen Unterschied machen, ob die rechtsfähigen Personenzusammenschlüsse – wie im Regelfall – personal oder – im Ausnahmefall des nicht eingetragenen Vereins – körperschaftlich organisiert sind. Im Gegenteil: Die körperschaftliche Organisation rückt das Rechtskonstrukt nur noch mehr in die Nähe einer – ebenfalls körperschaftlich organisierten – juristischen Person.278 Vom Unternehmerbegriff müssen also entsprechend § 14 Abs. 2 BGB auch körperschaftlich organisierte, rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften erfasst werden.279 Es erscheint daher sinnvoll, den Terminus „Personengesellschaften“ durch den genaueren Begriff der „Gesamthand“ oder der „Gesamthandsgemeinschaft“ zu ersetzen.

cc) Ergebnis Das personale Element des Unternehmerbegriffs erfüllen sämtliche Rechtsträger, also neben Einzelpersonen alle Personenzusammenschlüsse, denen (Teil-)Rechtsfähigkeit zuerkannt wird, unabhängig davon, ob sie dem Privatrecht oder dem Öffentlichen Recht zuzurechnen sind, und unabhängig davon, ob sie personal oder körperschaftlich organisiert sind.

3. Zusammenfassung In der Regresskette müssen sowohl der Regressgläubiger als auch der Regressschuldner Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sein. Dies sind alle natürlichen Personen, juristischen Personen und rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln. Dabei reicht es aus, dass die Tätigkeit nicht vollständig, sondern nur zu einem überwiegenden Teil diesem Zweck dient oder durch sie ein Geschäft erst begründet, erweitert oder verkauft wird.

___________ 277

Siehe dazu 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 1. b), 2. a) und die dortigen Nachweise. Siehe auch Soergel/Hadding, Vor § 21 BGB Rn. 17. 279 Im Ergebnis ebenso Krebs, DB 2002, 517, 519. 278

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

II. Anwendbarkeit der Regressregelungen auf Zulieferer 1. Einführung in die Problematik Das Ende der Regresskette wird in den §§ 478, 479 BGB nicht ausdrücklich angesprochen. Unproblematisch erfassen die Normen die gesamte Distributionskette, also jeden Unternehmer, der die Gesamtsache weiterveräußert, einschließlich des Herstellers. Fraglich ist aber, ob die Regresskette darüber hinaus auch den Zulieferer umfasst, also denjenigen, der in gewerblicher oder (selbstständiger) beruflicher Tätigkeit die Teile herstellt und/oder vertreibt, die der Hersteller zu einer Gesamtsache zusammensetzt und als Endprodukt auf den Markt bringt. Da der Zulieferer in aller Regel ebenfalls Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist, hängt die Anwendung der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB nach § 478 Abs. 5, § 479 Abs. 3 BGB entscheidend davon ab, ob er Teil der in diesen Vorschriften in Bezug genommenen „Lieferkette“ ist. Die Beantwortung dieser Frage und die daraus folgende Bestimmung der Reichweite der Regressregelungen ist sowohl für den Hersteller als auch für den Zulieferer von großer Bedeutung: Ist der Zulieferer Bestandteil der Lieferkette, finden die §§ 478, 479 BGB auch ihm gegenüber Anwendung, und der Hersteller kann unter den erleichterten Voraussetzungen dieser Normen Regress nehmen.280 Ist der Zulieferer dagegen kein Glied der Lieferkette, endet auch die Regresskette beim Hersteller und dieser kann sich im Verhältnis zu seinem Zulieferer nicht auf die Regressregelungen berufen. Ein Rückgriff ist in diesem Fall nur nach den Regeln des allgemeinen Kaufgewährleistungsrechts möglich281 und wird häufig an genau den Regressfallen scheitern, die durch Einführung der §§ 478, 479 BGB beseitigt werden sollten. Die Nachteile des verbesserten Verbraucherschutzes träfen den Hersteller mithin selbst dann, wenn der Mangel der Kaufsache nicht von ihm, sondern von einem Zulieferer verursacht wurde.

___________ 280 Wird der Zulieferer auf Grund der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB in Anspruch genommen, ist seine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung einstandspflichtig, da es sich um eine gesetzlich normierte Haftung handelt; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2564 Fn. 35; Schultze-Melling 90; siehe hierzu ferner Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 73. 281 Zwar wird vereinzelt versucht, einen Rückgriff über den Aufwendungsersatzanspruch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag oder den Innenregress bei deliktischen Handlungen zu gewähren. Diese Möglichkeit wird von der herrschenden Meinung aber abgelehnt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Hersteller beim Zulieferer Regress für Rückrufaktionen nimmt, die auf Grund eines mangelhaften Zuliefererteils nötig wurden. In diesen Fällen ist nach herrschender Meinung ein Regress über §§ 840, 426 BGB möglicht, weil es sich hierbei um Verpflichtungen des Herstellers aus § 823 BGB (Produktbeobachtungspflicht) handelt; siehe Grote, VersR 1994, 1269 ff.; W. Müller/Dörre, VersR 1999, 1333 ff.

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Die Bedeutung, die dieser Problematik zukommt, lässt sich an folgendem Beispiel282 verdeutlichen: H ist Hersteller von Stereoanlagen, die über mehrere Zwischenhändler vertrieben und schließlich von den jeweiligen Einzelhändlern (unter anderen dem Letztverkäufer LVK) auf den Markt gebracht werden. In die Anlagen sind Verstärker des Zulieferers Z eingebaut, die dem H unter Abbedingung der Gewährleistung verkauft wurden. Nachdem der Verbraucher V eine solche Stereoanlage des H von LVK gekauft hat, stellt er einen Mangel an der Stereoanlage fest, der auf den eingebauten Verstärker zurückzuführen ist, und macht kurze Zeit nach dem Kauf seine Mängelrechte gegenüber LVK geltend. Dieser kann nach Nachbesserung der Sache seinen Lieferanten, dieser wiederum seinen Vorverkäufer und der wiederum seinen Vorverkäufer in Regress nehmen, bis der Anspruch schließlich gegenüber H geltend gemacht wird. Da H den Mangel nicht verursacht hat, dieser vielmehr auf Grund des von Z gelieferten, mangelhaften Verstärkers besteht, will H seinerseits auf den Z als Hersteller und/oder Zulieferer des mangelhaften Teilstücks zurückgreifen. Ein solcher Rückgriff ist aber nur möglich, wenn dem Hersteller die Regresserleichterungen der §§ 478, 479 BGB zu Gute kommen, diese Vorschriften gemäß §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB also auch den Zulieferer erfassen. Denn nur dann müsste er sich nicht die vertragliche Abbedingung der Gewährleistung entgegen halten lassen (§ 478 Abs. 4 BGB) und könnte sich auf die Hemmung der Verjährung gemäß § 479 Abs. 2 BGB berufen. Wären die Regressregelungen gegenüber dem Zulieferer dagegen nicht anwendbar, weil dieser nicht Bestandteil der Lieferkette ist, könnte der Hersteller nur seine allgemeinen Mängelgewährleistungsrechte gegenüber dem Lieferanten geltend machen. Dieser Anspruch scheitert im Beispiel jedoch an der vertraglichen Abbedingung der Gewährleistungsrechte, die sich der Hersteller in diesem Fall entgegenhalten lassen muss. Darüber hinaus ist er möglicherweise bereits verjährt, weil dem Hersteller die Hemmung des § 479 Abs. 2 BGB nicht zu Gute kommt.

2. Reichweite der gesetzlichen Regelungen a) Meinungsstand Entsprechend ihrer praktischen Relevanz wurde die Frage nach der Reichweite der Regresskette schon kurz nach dem Inkrafttreten der neuen Rückgriffsregelungen problematisiert. Ein überwiegender Teil des Schrifttums vertritt dabei – zumeist allerdings ohne nähere Begründung – die Ansicht, der Hersteller bilde das Ende der Regresskette, könne also seinerseits nicht unter den ___________ 282 Ähnliche Beispiele bei Schubel, JZ 2001, 1113, 1118; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 396.

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erleichterten Regressbedingungen der §§ 478, 479 BGB bei seinen Zulieferern Regress nehmen.283 Daneben findet sich aber auch die gegenteilige Auffassung, wonach sich der Hersteller seinen Zulieferern gegenüber auf die neuen Regressnormen berufen könne, die Regresskette also nicht beim Hersteller ende.284 Schließlich komme es auch in den Fällen, in denen die Sache auf Grund eines fehlerhaften Einzelteils mangelhaft sei, entscheidend darauf an, die Gewährleistungskosten demjenigen Unternehmer aufzubürden, der den Mangel tatsächlich verursacht habe. Im neueren Schrifttum285 findet sich eine differenziertere Auffassung, die nach der Art des zugelieferten Teils unterscheidet: Der Hersteller könne beim Zulieferer Regress nach §§ 478, 479 BGB nehmen, wenn dieser ihn mit fertigen Produkteinheiten beliefere, die ohne substantielle Veränderung in das Endprodukt eingebaut würden. In den Fällen, in denen der Hersteller die zugelieferten Teile selbst (weiter-)verarbeite, scheide ein Rückgriff nach §§ 478, 479 BGB dagegen aus.

___________ 283 Andersen Luther/Steimle 92 f.; Bartelt 284 ff.; Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 73; Bereska, ZGS 2002, 59, 61; Böhle 167 f.; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXX; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 10; S. Ernst, MDR 2003, 4, 5; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1394; Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 71 f.; Gruber, NJW 2002, 1180, 1181; Heussen, MDR 2002, 12, 16; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 1, 17; Jacobs, JZ 2004, 225, 227 f.; Jauernig/Berger § 478 BGB Rn. 2; Johannsen, ITRB 2006, 112, 113; Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1977; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 32; Kropholler § 478 BGB Rn. 1; Loose 40 ff.; Mankowski, DB 2002, 2419 ff.; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 460 ff.; dies., BB 2002, 2561, 2565; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 115; Nguyen 178; Oechsler Rn. 335; Oetker/Maultzsch 213 f.; Römermann, Anwalt 4/2002, 13; Schindler, JA 2004, 835, 838 f.; Schlechtriem, Schuldrecht BT Rn. 96; K. Schmidt, in: DaunerLieb/Konzen/Schmidt, 427, 452 f.; Schubel, JZ 2001, 1113, 1116, 1118; SchultzeMelling 91 f.; Schumacher 225 f.; Schwab, JuS 2002, 1, 6 f.; Schwab/Witt/Schubel 215 f.; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 160; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 687; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 729; F. von Westphalen/Meier-Göring 59; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 397 f.; Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251, 253, 276 ff.; ders., NJW 2002, 241, 253; Wind 80 ff.; im Ergebnis auch Hassemer 136 (der dieser Einschränkung allerdings kritisch gegenübersteht); Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172, der dem Letztverkäufer den Regress verwehrt, wenn er von seinem Lieferanten nicht die Gesamtsache, sondern nur deren Einzelteile erwirbt; Schillo, IHR 2003, 257, 267. 284 Ball, ZGS 2002, 49, 52; Höpker 75 ff., insb. 81; Heß, NJW 2002, 253, 259 f.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 133 f.; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 3. 285 Klose 145 ff.

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b) Stellungnahme aa) Wortlaut und Systematik Für die Ansicht, die Regresskette ende beim Hersteller, wird vielfach der Wortlaut des § 478 BGB ins Feld geführt.286 In den ersten beiden Absätzen werde immer auf „die verkaufte neu hergestellte Sache“ oder den Lieferanten bzw. Hersteller „der Sache“ abgestellt, womit nur die neu hergestellte Sache als Ganzes gemeint sein könne, nicht aber deren einzelne Bestandteile und Komponenten. Schließlich seien diese nach der für den Sachbegriff herangezogenen Verkehrsanschauung gerade nicht mit „der Sache“ identisch.287 Dies gelte sowohl für Bestandteile, die ohne Weiterverarbeitung in das Endprodukt eingebaut werden als auch für solche, die vor oder durch ihren Einbau verändert werden. Auf den ersten Blick scheint das Wortlautargument durchaus überzeugend. Es greift jedoch in dieser Form zu kurz: Die beiden ersten Absätze betreffen zunächst nur das Verhältnis des Unternehmers, der an den Verbraucher verkauft hat, zu seinem Lieferanten. Nur in diesem Teil der Lieferkette muss es sich dem Wortlaut nach um die Gesamtsache handeln. Die Anwendung der Regelungen auf die weiteren Glieder der Lieferkette, also auf das Verhältnis des Lieferanten und anderer eventuell vorhandener Zwischenhändler zueinander und zum Hersteller sowie möglicherweise auf das Verhältnis des Herstellers zu seinen Zulieferern, ergibt sich erst aus § 478 Abs. 5 BGB und § 479 Abs. 3 BGB. Diese Vorschriften erklären die Regressregelungen „auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer“ für entsprechend anwendbar, wenn der Schuldner Unternehmer ist. In diesen Bestimmungen findet sich aber – anders als in § 478 Abs. 1 und 2 BGB – keine Beschränkung auf den Käufer oder Verkäufer der (Gesamt-)Sache, vielmehr wird nur generell von dem „Käufer in der Lieferkette“ und sei___________ 286 Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 10; S. Ernst, MDR 2003, 4, 5; Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 71 f.; Jacobs, JZ 2004, 225, 227 f.; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 460; dies., BB 2002, 2561, 2565; Oetker/Maultzsch 213 f.; Schultze-Melling 91; Schumacher 225 f.; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 160; F. von Westphalen/Meier-Göring 59; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 397 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 253; etwas vorsichtiger in Bezug auf § 478 Abs. 5 BGB Tröger, AcP 204 (2004), 115, 133. Römermann, Anwalt 4/2002, 13, stellt für die Bestimmung des Herstellerbegriffs auf den „Horizont des Verbrauchers“ ab. 287 Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 71 f.; Mankowski, DB 2002, 2419; MatuscheBeckmann, FS Kollhosser 459, 460; dies., BB 2002, 2561, 2565; Schultze-Melling 91; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 160; F. von Westphalen/Meier-Göring 59; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 397 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 253.

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nem „jeweiligen Verkäufer“ gesprochen.288 Es ist demnach zu prüfen, ob der Hersteller „Käufer in der Lieferkette“ und als solcher tauglicher Regressgläubiger im Sinne von § 478 Abs. 5 und § 479 Abs. 3 BGB ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beiden Vorschriften auf § 478 Abs. 1, Abs. 2 BGB verweisen und die dort getroffenen Regelungen auf den Lieferanten und jeden weiteren „Käufer in der Lieferkette“ für entsprechend anwendbar erklären. Daher ist auch zur Bestimmung der Lieferkette entscheidend auf die neu hergestellte Sache abzustellen, die dem Verbraucher schlussendlich verkauft wird. Diese wird von dem Hersteller aber nur ver-, nicht aber gekauft. Er kann mithin nicht „Käufer in der Lieferkette“ und dementsprechend nicht Regressgläubiger im Sinne von § 478 Abs. 5, § 479 Abs. 3 BGB sein, so dass die Regresskette bei dem Unternehmer endet, der die in § 478 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Bezug genommene Sache in ihrer Gesamtheit hergestellt hat.289 Für diese Auslegung streitet auch die systematische Stellung der Regelungen im Abschnitt des Verbrauchsgüterkaufs, der sich ausschließlich mit dem Verkauf einer konkreten (Gesamt-)Sache beschäftigt.290 Die in § 478 Abs. 5 und § 479 Abs. 3 BGB erwähnte Lieferkette scheint mithin nur solche Unternehmer zu umfassen, welche die letztlich an den Verbraucher verkaufte Gesamtsache veräußern, und nicht auch solche, die nur Einzelteile dieser Gesamtsache geliefert oder hergestellt haben. Dies zeigt sich auch daran, dass sich der durch die Lieferkette ziehende Strang von Verträgen über die Kaufsache auf der Zuliefererseite nicht weiterführen lässt, sondern sich in viele kurze Stränge auffächert, denen jeweils ein Vertrag für die einzelnen, von dem verkauften Produkt verschiedenen (Zulieferer-)Teile zu Grunde liegt.291 Möglicherweise wird aber dadurch, dass in den in Bezug genommenen Vorschriften (§§ 478 Abs. 1, Abs. 2, 479 Abs. 2 BGB) von einer neu hergestellten Sache gesprochen wird, auf den weiten Herstellerbegriff des § 4 Abs. 1 ProdHaftG verwiesen, der auch in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie292 und in § 434

___________ 288

Matthes, NJW 2002, 2505, 2506, geht davon aus, dass die Nennung des Lieferanten ohne ausdrücklichen Bezug zur gesamten Kaufsache nur deshalb eine Beschränkung enthält, weil der Begriff legaldefiniert ist als Person, die die Sache verkauft hat; siehe auch Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 460. 289 Böhle 167 f.; Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1977; Loose 40 f.; MatuscheBeckmann, FS Kollhosser 459, 460; Schultze-Melling 91; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 687; im Ergebnis ebenso Tröger, AcP 204 (2004), 115, 133, der allerdings dem Wortlautargument keine überragende Bedeutung beimessen will. 290 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 461; dies., BB 2002, 2561, 2565. 291 Mankowski, DB 2002, 2419, 2420; siehe auch Hassemer 141. 292 Ob der Herstellerbegriff tatsächlich identisch ist, ist umstritten; verneinend Schumacher 230 f. Fn. 557; bejahend Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 670.

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Abs. 1 S. 3 BGB zu Grunde gelegt wird.293 Danach sind dem Hersteller des Endprodukts diejenigen Personen gleichgestellt, die einen Grundstoff oder ein Teilprodukt herstellen.294 Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob die Normen den erweiterten Herstellerbegriff des Produkthaftungsgesetzes überhaupt in Bezug nehmen wollen, da sie nicht explizit vom Hersteller, sondern lediglich von „der neu hergestellten Sache“ sprechen.295 Der Wortlaut scheint eher gewählt worden zu sein, um Gebrauchtwaren aus dem Anwendungsbereich der Regressnormen auszuschließen, und nicht, um auf den in der Richtlinie und in § 4 Abs. 1 ProdHG verwendeten Herstellerbegriff zu verweisen. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, dass dieser Herstellerbegriff über die Verweisung in § 434 Abs. 1 S. 3 BGB für das gesamte Kaufrecht und damit auch für die §§ 478, 479 BGB gilt.296 Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen die Heranziehung des weiten Herstellerbegriffes dem Hersteller zu Gute kommt, da damit nur der Verbraucher geschützt werden soll.297 Und schließlich führt auch die Einordnung des Zulieferers als Hersteller im Sinne des weiten Herstellerbegriffs nicht dazu, dass er Bestandteil der Lieferkette wird. Dadurch würde lediglich erreicht, dass der Zulieferer als Hersteller selbst dann haftet, wenn sein (Teil-) Produkt von einer anderen Person in ein anderes Produkt eingebaut wird. Er wird dadurch aber nicht zum Hersteller der Gesamtsache, sondern eben nur zum Hersteller des Teilprodukts, der unter Umständen für die Gesamtsache haftet.298 Für die §§ 478, 479 BGB kommt es aber maßgeblich auf die konkrete Sache an, welche die Lieferkette durchläuft. Demnach kann der Zulieferer auch bei einer Einordnung als Hersteller nur dann Teil der Lieferkette sein, wenn die von ihm hergestellte Sache, also das konkrete Einzelteil, ohne weitere Verarbeitung an den Verbraucher verkauft wird. Das wäre etwa dann der Fall, wenn der Zulieferer die von ihm hergestellten Komponenten der Gesamtsache als Ersatzteile über den Letztverkäufer an den Verbraucher vertreibt.299 Wird die vom Zulieferer hergestellte Sache dagegen weiterverarbeitet oder in die Gesamtsache eingebaut, entsteht eine neue Sache, die mit dem vom Zulieferer gelieferten Einzelteil nicht mehr identisch ist und die als eigenständige Sache eine neue ___________ 293

Höpker 75 f.; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 460 f.; dies., BB 2002, 2561, 2565; anders Schultze-Melling 92. 294 Siehe etwa MünchKomm/Wagner § 4 ProdHaftG Rn. 4 ff.; Staudinger/Oechsler § 4 ProdHaftG Rn. 8 ff.; zur Haftung des Zulieferers in diesen Fällen siehe MünchKomm/Wagner § 4 ProdHaftG Rn. 16 ff.; Tiedtke, NJW 1990, 2961 ff. 295 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 460 f. 296 Lehr/Wendel, EWS 1999, 321, 324; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 460 f. 297 A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 399. 298 Palandt/Sprau § 4 ProdHaftG Rn. 4; Tiedtke, NJW 1990, 2961, 2964; siehe auch MünchKomm/Wagner § 4 ProdHaftG Rn. 16 ff.; anders wohl Staudinger/Oechsler § 1 ProdHaftG Rn.132 299 So auch A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 398 Fn. 18.

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Lieferkette begründet. Diese Lieferkette beginnt beim Hersteller der Gesamtsache und schließt mithin den Zulieferer der Einzelteile trotz seiner Qualifikation als Hersteller aus. Letzterer wäre also selbst bei Zugrundelegung des weiten Herstellerbegriffs des Produkthaftungsgesetzes nicht Teil der für die §§ 478, 479 BGB maßgeblichen Lieferkette und folglich von den Vorschriften nicht erfasst. Wortlaut und Systematik deuten demnach darauf hin, dass die Regressregelungen auf die Distributionskette beschränkt sind, also nur auf die Verhältnisse der Händler untereinander sowie der Händler zum Hersteller, nicht aber auf das Verhältnis des Herstellers zu seinen Zulieferern Anwendung finden; und zwar unabhängig davon, wie die zugelieferte Sache beschaffen ist und ob sie vor dem Einbau einer weiteren Verarbeitung bedarf oder nicht.

bb) Historische Auslegung Auch die Umstände des Gesetzgebungsverfahrens legen ein solches Auslegungsergebnis nahe. Gemäß der Begründung zum Regierungsentwurf soll mit Hilfe der §§ 478, 479 BGB der Aufwand für die Mängelbeseitigung bzw. Nachlieferung demjenigen auferlegt werden, der „den Fehler im Herstellungsprozess“ zu vertreten hat.300 Zwar stellt sich auch hier – wie bei der Auslegung des Wortes „Lieferkette“, das schließlich im Gesetzestext benutzt wurde – die Frage, ob der für den Fehler verantwortliche Zulieferer noch Bestandteil des Herstellungsprozesses ist. Allerdings ging es im Gesetzgebungsverfahren ausschließlich darum, dem Hersteller des Gesamtprodukts die Gewährleistungskosten aufzubürden und die einzelnen Händler durch die Gewährung eines effektiven Regresses schadlos zu halten. Inwieweit dem Hersteller bei der Lieferung eines fehlerhaften Einzelteils ebenfalls eine effektive Regressmöglichkeit zusteht, wurde nicht problematisiert, denn der Gesetzgeber ging immer vom Hersteller als endgültigen Regressgläubiger aus, da es maßgeblich um das vom Verbraucher gekaufte Endprodukt und nicht (auch) um dessen Einzelteile ging.301 Dementsprechend wurde die Einführung der Regressnormen auch nur vom Handel gefordert, während sie bei den Herstellern auf Widerstand stieß.302 Ähnlich bestand auch im europäischen Gesetzgebungsverfahren das Hauptanliegen darin, den Hersteller der letztlich verkauften Sache – und nicht den ___________ 300

Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, S. 247. 301 Jacobs, JZ 2004, 225, 228; Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1977; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2565; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 161; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 687. 302 Andersen Luther/Steimle 92 f.; siehe hierzu die Nachweise bei Schumacher 226.

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Zulieferer – in die Verantwortung zu nehmen. So wurde etwa im Grünbuch noch eine direkte Herstellerhaftung vorgesehen.303 In der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurde eine solche zwar nicht mehr gefordert und nur für den Fall angekündigt, dass die anderen Vorgaben der Richtlinie nicht ausreichen.304 Das Ziel, den Hersteller auch gewährleistungsrechtlich305 für Mängel an seinen Produkten haften zu lassen, wurde aber nicht aufgegeben, sondern mit der Vorgabe für einen effektiven Regress in Art. 4 der Richtlinie weiter verfolgt. Dabei sollen beide Rechtsinstitute dem Verbraucherschutz dienen, einmal indem dem Verbraucher ein zweiter Schuldner als Anspruchsgegner gegenübergestellt wird und einmal indem der Vertragspartner des Verbrauchers soweit geschützt wird, dass er als solventer Schuldner zur Gewährleistung gegenüber dem Verbraucher in der Lage ist. Um den Verbraucher zu schützen, reicht es aber aus, wenn der Letztverkäufer und die anderen Käufer in der Lieferkette beim Hersteller als dem (wahrscheinlich) finanziell potentesten Glied der Kette Regress nehmen können. Nicht erforderlich ist dagegen, auch diesem ein Regressrecht zu gewähren.

cc) Teleologische Auslegung Teilweise wird gegen das mit Hilfe der oben diskutierten Kriterien gewonnene Auslegungsergebnis angeführt, die Beschränkung des Anwendungsbereichs der §§ 478, 479 BGB auf die Lieferkette bis zum Hersteller widerspreche dem Sinn und Zweck der Regressregelungen306 oder sei zumindest rechtspolitisch nicht wünschenswert.307 Mit den Vorschriften solle erreicht werden, sämtliche mit der Gewährleistung entstandenen Kosten an denjenigen Unternehmer durchzureichen, der den Mangel zu vertreten habe. Beschränke man die Regelungen auf die Lieferkette bis zum Hersteller, bliebe dieser aber in den Fällen, in denen nicht er, sondern der Zulieferer den Mangel verursacht habe, ungerechtfertigterweise auf den Gewährleistungskosten sitzen, weil seine Regressnahme nach allgemeinem Kaufgewährleistungsrecht zumeist an den sog. Regressfallen scheitere. ___________ 303

Siehe hierzu im 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 2. a). Vgl. die Hinweis in Art. 12 und Erwägungsgrund Nr. 23 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie; siehe dazu 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 2. b) und die dortigen Nachweise. 305 Er haftet bereits für Fehler des Produkts im Rahmen des ebenfalls europäisch geprägten Produkthaftungsrechts. 306 Tröger, AcP 204 (2004), 115, 133 ff.; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 3; siehe auch Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84, die eine Beschränkung auf Hersteller nur dem Wortlaut, nicht aber dem Sinn und Zweck der Normen entnehmen. 307 Schumacher 226 ff., der allerdings die Möglichkeit einer analogen Anwendung verneint. 304

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Dieser Argumentation ist zuzugeben, dass die Regressregelungen ausweislich der Gesetzesbegründung308 bewirken sollen, sämtliche mit der Gewährleistung entstandenen Kosten an den Unternehmer durchzureichen, der den Mangel zu vertreten hat. Dies gilt aber nur innerhalb der Lieferkette bis zum Hersteller, da der Gesetzgeber durch die Weiterreichung der Kosten nur erreichen will, dass nicht der Einzelhändler die Nachteile eines verbesserten Verbraucherschutzes tragen muss.309 Der Hersteller soll die Kosten aus folgender Überlegung heraus tragen: Er stellt die Gesamtsache her. Er hat die Konstruktionsund Produktionshoheit im Herstellungsprozess und kann maßgeblich Einfluss auf die Gestaltung und Qualität der Sache nehmen.310 Der Händler, der das hergestellte Gesamtprodukt innerhalb der Lieferkette vertreibt, hat diese Einflussmöglichkeiten nicht; er ist beim Verkauf der Sache mehr oder weniger Hilfsperson des Herstellers.311 Es wäre daher nicht sachgerecht, ihm die Verantwortung für die Mangelfreiheit der Sache aufzubürden. Vielmehr muss es ihm möglich sein, die auf Grund des Mangels entstandenen Gewährleistungskosten an den verantwortlichen Hersteller weiterzuleiten und sich so schadlos zu halten.312 Für den Hersteller, der die Qualität und damit die Mangelfreiheit seiner Produkte beeinflussen kann, gilt dies dagegen nicht. Zwar ließe sich insbesondere in den Fällen, in denen das zugelieferte Teil ohne substantielle Änderung in die Gesamtsache eingebaut wird, argumentieren, der Zulieferer stelle sein Einzelteil eigenständig her und der Hersteller habe insofern – ähnlich dem Händler bezüglich der Gesamtsache – keinerlei Einfluss auf den Herstellungsprozess und damit die Qualität des Einzelteils, sei also wie die Unternehmer der Distributionskette schützenswert. Diese Sichtweise geht jedoch an der Realität vorbei. Denn in den Verantwortungsbereich des Herstellers fällt nicht nur die Herstellung der Sache selbst, sondern auch der Einkauf und Einbau fehlerhafter Einzelteile.313 Schließlich kann er die Einzelteile, die er in sein Produkt einbaut, frei auswählen, nach seinen Angaben ferti___________ 308 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6060, S. 247. 309 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6060, S. 247; siehe auch Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 166. 310 Jacobs, JZ 2004, 225, 228; Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1978; Loose 41 f.; Mankowski, DB 2002, 2419 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2565; Tiedtke/ Schmitt, ZIP 2005, 681, 687; Wind 82. 311 A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 399. Schumacher, 228, spricht von einer „weitgehende[n] Entfunktionalisierung des Handels“. 312 Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 10; Schumacher 228 f.; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 398 ff. 313 Böhle 170 f.; Jacobs, JZ 2004, 225, 228; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 462 f.; dies., BB 2002, 2561, 2565; SchultzeMelling 91 f.; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 399.

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gen lassen und vor deren Einbau auf Fehler überprüfen.314 Darüber hinaus kann er – anders als der Zwischenhändler – den Zulieferer austauschen, ohne dass sich damit das von ihm vertriebene Endprodukt ändert.315 Der Hersteller ist damit nicht in der gleichen – schwachen – Position wie der Letztverkäufer oder andere Glieder der Lieferkette. Im Gegenteil: Ebenso wie die Distributions- bestimmt er auch die Beschaffungskette und ist damit auch im Verhältnis zum Zulieferer derjenige, der die Qualität des Endprodukts bestimmt. Diese Risikoverteilung zwischen Zulieferer und Hersteller ist dem Gesetzgeber auch nicht fremd, da er sie in anderen zivilrechtlichen Normen, etwa im Produkthaftungsgesetz, das vorrangig den Hersteller als Anspruchsgegner der produkthaftungsrechtlichen Verantwortung nennt, ebenfalls vornimmt.316 Ein erleichterter Regress des Herstellers gegenüber dem Zulieferer wird auch von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht gefordert. Denn diese Vorgabe dient in erster Linie dem Verbraucherschutz.317 Da der Verbraucher nur gegenüber dem Letztverkäufer Gewährleistungsrechte geltend machen kann, soll dessen Stellung gestärkt und damit sein Insolvenzrisiko minimiert werden. Unter diesem Aspekt ist es nicht erforderlich, den Regress bis zum Zulieferer zu erstrecken.318 Zudem ist es sinnvoller, den Regress (nur) bis zum Hersteller zu gewähren, weil dieser typischerweise das wirtschaftlich potenteste Unternehmen der Kette ist. Darauf war auch schon die Herstellerhaftung des Grünbuchs ausgerichtet, auf der die Regressregelung in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie letztlich beruht. Unter teleologischen Gesichtspunkten ist daher keine Ausdehnung des Regresssystems auf das Verhältnis von Hersteller und Zulieferer erforderlich.

c) Ergebnis Festzuhalten ist, dass die Lieferkette beim Hersteller endet und den Zulieferer nicht (mehr) erfasst. Damit kann sich jener nicht auf die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB berufen.

___________ 314

Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 462 f.; Schumacher 229. Schumacher 229. 316 Mankowski, DB 2002, 2419, 2420; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 398 Fn. 23. 317 Vgl. hierzu 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 3. 318 So auch Schumacher 229 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 166. 315

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3. Analoge Anwendung In Betracht kommen kann aber eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf Zulieferer in den Fällen, in denen der Mangel des Endprodukts auf dem Mangel des gelieferten Einzelteils beruht. Eine solche rechtsfortbildende Analogie ist an zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss eine planwidrige Regelungslücke vorliegen, zum anderen muss die Interessenlage im gesetzlich geregelten Verhältnis von Händler und Hersteller mit derjenigen im gesetzlich nicht geregelten Verhältnis zwischen Hersteller und Zulieferer vergleichbar sein.319 Hier scheint schon das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke zweifelhaft.320 Zwar beschränkt der Gesetzgeber die Regressregelungen sowohl in den Normen selbst als auch in der Gesetzesbegründung auf die Distributionskette, regelt also nicht den Fall, dass der Mangel des Endprodukts durch ein fehlerhaftes Teil des Zulieferers verursacht worden ist. Doch allein das Fehlen einer entsprechenden Regelung begründet noch keine ausfüllungsbedürftige Lücke; vielmehr ist erforderlich, dass sich dieses Fehlen im gesetzgeberischen Regelungsplan und der zu Grunde liegenden Regelungsabsicht als planwidrig herausstellt.321 Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich teleologische Erwägungen für den Ausschluss der Zulieferer aus dem Anwendungsbereich der Regressregelungen finden, die die Beschränkung der §§ 478, 479 BGB auf die Distributionskette als eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers erscheinen lassen. Auszugehen ist dabei von der den §§ 478, 479 BGB zu Grunde liegenden Teleologie. Danach wird der Hersteller als Hauptverantwortlicher und mithin als Ende der Lieferkette angesehen, weil er – anders als der Handel – Einfluss auf den Herstellungsprozess hat und die Distributionskette dominiert.322 Der Gesetzgeber will die Regressreglungen denjenigen zu Gute kommen lassen, die typischerweise keinerlei Einfluss auf die Herstellung und damit die Qualität des von ihnen verkauften Produkts nehmen können und dennoch haften. Aus diesem Personenkreis ist der Hersteller aus den oben dargestellten Gründen aber gerade ausgeschlossen. Legt man diese teleologischen Erwägungen zu Grunde, ___________ 319 Zu den Voraussetzungen der analogen Anwendung F. Bydlinski 477 ff.; Larenz/Canaris 202 ff.; Palandt/Heinrichs Einl. Rn. 48 ff.; Pawlowski Rn. 476 ff.; Schwacke 105 ff. 320 Ebenso Böhle 169 f.; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 461 f., die in BB 2002, 2561, 2565, eine Regelungslücke noch für möglich hielt; Schultze-Melling 93; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 163; offen gelassen von Schumacher 228. Von einer Regelunglücke auszugehen scheint Tröger, AcP 204 (2004), 115, 133 f. 321 F. Bydlinski 473; Larenz/Canaris 191 ff., insb. 194. Die Feststellung einer Lücke ist immer das Ergebnis einer Wertung, die bereits das Ergebnis für die Lückenfüllung vorgibt; Röhl 651. 322 Siehe schon 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 2. b) cc) und die dortigen Nachweise; auch Böhle 170 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 164.

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ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Wortlaut bewusst so gestaltet hat, dass die Lieferkette beim Hersteller endet und damit der Anwendungsbereich der Regressnormen den Zulieferer nicht erfasst. Die Regelungslücke ist nicht planwidrig und bedarf dementsprechend auch keiner Ausfüllung. Die genannten Gründe sprechen nicht nur gegen das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, sondern zeigen gleichzeitig die unterschiedliche Interessenlage des Herstellers und des Letztverkäufers gegenüber dem jeweiligen Verkäufer auf. Denn auch gegenüber dem Zulieferer liegt die Produktionshoheit beim Hersteller, so dass er nicht in der gleichen schützenswerten Situation ist wie der Händler in der Distributionskette. Eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf das Verhältnis des Herstellers zu seinen Zulieferern scheidet demnach auch mangels der Vergleichbarkeit des geregelten mit dem nicht geregelten Sachverhalt aus.323

4. Vertragliche Ausweitung des Regresses auf Zulieferer Möglicherweise kann der Hersteller die Regressregelungen durch Individualabrede oder durch eine entsprechende Klausel in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Zulieferer ausweiten. Liefert der Zulieferer ein mangelhaftes Teil, das zu einem Fehler der Gesamtsache führt, könnte er dann auf Grund der den §§ 478, 479 BGB nachgebildeten, vertraglichen Vereinbarung diesem gegenüber unter erleichterten Voraussetzungen Regress nehmen und so die andernfalls bestehenden Regressfallen weitgehend vermeiden. Fraglich ist jedoch, ob und inwieweit eine solche Klausel wirksam ist.

a) Individualvertragliche Regelung Individualvertraglich können die Regelungen der §§ 478, 479 BGB auch für die Beschaffungskette, also für das Verhältnis zwischen Hersteller und Zulieferer und gegebenenfalls auch zwischen Zulieferer des Teilprodukts und dessen Hersteller vereinbart werden. Dem Hersteller des Gesamtprodukts wird die Durchsetzung einer solchen Regelung sicher nicht schwer fallen, da er im Re___________ 323 Im Ergebnis ebenso Böhle 168 ff.; Jacobs, JZ 2004, 225, 228; Johannsen, ITRB 2006, 112, 113; Loose 41 f.; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 462 f.; dies., BB 2002, 2561, 2565 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 15; Nguyen 178 f.; Palandt/Weidenkaff § 478 BGB Rn. 3; Plate 800; Schumacher 229; Schwab/Witt/Schubel 215 f. (zumindest nicht so kurze Zeit nach Inkrafttreten); Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 163 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 687; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 399 f.; Wind 82 f.

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gelfall wirtschaftlich mächtiger ist als der auf ihn angewiesene Zulieferer.324 Eine solche Klausel ist auch ohne weiteres wirksam.325 Denn es handelt sich zumeist um einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern, der grundsätzlich der vertraglichen Gestaltungsfreiheit unterliegt. Und selbst dann, wenn der Zulieferer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sein sollte, greift das Verbot der individualvertraglichen Abweichung von kaufrechtlichen Regelungen in § 475 Abs. 1 BGB nicht: Es erstreckt sich zum einen nicht auf die Regressvorschriften – dafür wurde ja gerade § 478 Abs. 4 BGB geschaffen –; zum anderen findet es schon deshalb keine Anwendung, weil kein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 BGB vorliegt,326 da der Verbraucher hier nicht in der Rolle des Käufers, sondern in der des Verkäufers auftritt und insofern nicht schützenswert ist.

b) Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Problematischer ist hingegen die Ausdehnung der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB auf die Beschaffungskette durch entsprechende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die dem Wortlaut der gesetzlichen Regressregelungen nachempfundenen Bestimmungen327 in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Hersteller und Zulieferer könnten insbesondere nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein, weil sie mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen wird, nicht vereinbar sind und damit den Vertragspartner des Verwenders, hier also den Zulieferer, im Zweifel entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Unwirksamkeit auf Grund der Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB kommt dagegen kaum in Betracht, da diese nach § 310 Abs. 1 BGB im unternehmerischen Verkehr und damit auch auf die vertraglichen Beziehungen der Beschaffungskette, die sich in der Praxis fast ausschließlich aus Unternehmern zusammensetzt, keine Anwendung finden. Die Klauselverbote sind aber insofern von Bedeutung, als ihre Wertungen bei der ___________ 324 Mankowski, DB 2002, 2419, 2420 f.; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65; siehe auch Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 464. 325 Mankowski, DB 2002, 2419, 2421; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; MatuscheBeckmann, FS Kollhosser 459, 463; dies., BB 2002, 2561, 2566; Sester/SchultzeMelling, PHi 2003, 82, 87; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 169; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 134, der im Ergebnis jedoch schon eine analoge Anwendung bejaht; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65. 326 Vgl. 1. Teil, 2. Kapitel B. I. 327 Andere Bestimmungen, die nur an den Wortlaut angelehnt sind, aber eine andere Deutung zulassen, sind oftmals nicht mit dem Transparenzgebot vereinbar, vgl. Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1976 f.

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Inhaltskontrolle nach § 307 BGB im unternehmerischen Verkehr berücksichtigt werden müssen.328

aa) Meinungsstand Die Frage nach der Zulässigkeit von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch welche die regressrechtlichen Regelungen der §§ 478, 479 BGB in die Beschaffungskette implementiert werden, ist im Schrifttum umstritten. Teilweise wird vertreten, solche Klauseln seien ohne weiteres mit dem gesetzlichen Leitbild vereinbar und damit vollumfänglich wirksam.329 Die §§ 478, 479 BGB enthielten gerade das gesetzliche Leitbild eines vertraglichen Regresses, mit dessen Hilfe die gewährleistungsrechtlichen Kosten auf die jeweils verantwortliche Person abgewälzt werden sollten, so dass eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Zulieferer nicht unangemessen benachteiligen könne.330 Dagegen wird argumentiert, die §§ 478, 479 BGB statuierten nur für die Liefer-, nicht aber für die Beschaffungskette das Leitbild eines vertraglichen Regresses, weshalb für die Inhaltskontrolle besagter Klauseln nicht diese Normen, sondern vielmehr die des allgemeinen Kaufrechts als Kontrollmaßstab heranzuziehen seien.331 Dabei müsse für jedes in der Klausel enthaltene und den Regressnormen nachempfundene Privileg (Verzicht auf den Nacherfüllungsvorrang, Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs, Beweislastumkehr und Verjährungshemmung) eine eigenständige Inhaltskontrolle vorgenommen werden.332 Diese fällt bei den Vertretern dieser Ansicht unterschiedlich aus: ___________ 328 BGH Z 103, 316, 328; Hk-BGB/Schulte-Nölke § 310 BGB Rn. 2; Hübner, Handelsrecht Rn. 517; MünchKomm/Kieninger § 307 BGB Rn. 72 ff.; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 41; von Sachsen Gessaphe, FS Sonnenberger 99, 101; im Ergebnis auch BGH NJW 1996, 389 ff. 329 Höpker 290 ff.; Mankowski, DB 2002, 2419, 2421; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2566 Fn. 47, 48 (in einer späteren Publikation ändert sie ihre Ansicht, siehe Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 464 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 174 ff.); Schubel, JZ 2001, 1113, 1118, der allerdings eher auf die Angemessenheit als das Leitbild abstellt; Schultze-Melling 115 f.; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 87 mit Klauselvorschlag; Tiedtke/ Schmitt, ZIP 2005, 681, 687; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 134, der eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf die Beschaffungskette bejaht und die Erstreckung der Regelungen im Wege von AGB nur für eine „Hilfslösung“ hält. 330 Mankowski, DB 2002, 2419, 2421; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2566. 331 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 464 ff.; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65, wohl auch Nguyen 180. 332 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 464 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 174; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65 ff.; im Ergebnis auch Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1976 ff.

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A. Wagner/Neuenhahn333 gelangen zu dem – wenn auch teilweise etwas vorsichtig formulierten – Ergebnis, dass keine der den einzelnen Regressprivilegien der §§ 478, 479 BGB nachgebildete Bestimmung wirksam ist. MatuscheBeckmann334 erachtet diejenigen Klauselbestimmungen als zulässig, die den Regelungen des § 478 Abs. 1 BGB (Verzicht auf Nacherfüllungsvorrang) und des § 479 Abs. 2 BGB (Ablaufhemmung) nachgebildet sind, und erklärt nur solche Klauseln für unwirksam, die dem § 478 Abs. 2 BGB (Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzes) und dem § 478 Abs. 3 BGB (Beweislastumkehr) entsprechen. Kessel/Passauer335 schließlich beschäftigen sich nur mit Klauseln, die inhaltsgleich mit § 478 Abs. 3 BGB und § 479 Abs. 2 BGB sind, und erklären diese für unzulässig.

bb) Stellungnahme (1) Inhaltskontrolle am Maßstab des allgemeinen Kaufrechts (a) Allgemeines Kaufrecht als Prüfungsmaßstab Die Zulässigkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit denen die regressrechtlichen Regelungen der §§ 478, 479 BGB auch für die Beschaffungskette übernommen werden sollen, hängt entscheidend davon ab, welches Leitbild als Maßstab für die Inhaltskontrolle solcher Klauseln heranzuziehen ist. Dabei sind als Leitbild336 eines vertraglichen Verhältnisses die wesentlichen Grundgedanken derjenigen dispositiven gesetzlichen Regelungen zu verstehen, die ein grundlegendes gesetzgeberisches Gerechtigkeitsprinzip enthalten,337 also auf materiellen Gerechtigkeitsgeboten und nicht bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen beruhen338 oder die einem wesentlichen Schutzbedürfnis des Vertragspartners des Klauselverwenders dienen.339 Zur Bestimmung des maßgeblichen Leitbildes ist dabei ausweislich des § 307 ___________ 333

A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65 ff. Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 464 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 174 ff. 335 Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1976 ff. 336 Siehe schon Schapp, DB 1978, 621 ff.; Weick NJW 1978, 11 ff., insb. 13 f. 337 Hk-BGB/Schulte-Nölke § 307 BGB Rn. 16; Schapp, DB 1978, 621; siehe auch Schubel, JZ 2001, 1113, 1114. 338 BGH Z 41, 151, 154; 89, 206, 211; 115, 38, 42; MünchKomm/Kieninger § 307 BGB Rn. 60 f.; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 27; Ring/Klingelhöfer 118; Stoffels Rn. 503; siehe auch Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 225, 226; Schapp, DB 1978, 621. 339 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rn. 133; M. Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rn. 72. 334

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Abs. 2 Nr. 1 von „der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird“, mithin von den Regelungen des dispositiven Rechts auszugehen, die den Sachverhalt regeln würden, wenn die zu prüfende Klausel nicht vereinbart worden wäre.340 Für den Regress des Herstellers gegenüber dem Zulieferer wären dies die Regelungen des allgemeinen Kaufgewährleistungsrechts, da die in den §§ 478, 479 BGB verankerten Regressregelungen in diesem Verhältnis gerade keine Anwendung finden.341 Da der Hersteller die Verantwortung für die Gesamtsache trägt, muss er auch die auf Grund der Mangelhaftigkeit der Sache entstandenen Kosten tragen und kann sich für einen Rückgriff gegenüber seinem Zulieferer nicht auf die Regressprivilegien der §§ 478, 479 BGB, sondern nur auf die Gewährleistungsregeln des allgemeinen Kaufrechts stützen. Wenn sich aber der Regress außerhalb der beim Hersteller endenden Lieferkette, also insbesondere innerhalb der Beschaffungskette, nach den allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln und nicht den Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB richtet, können im Verhältnis des Herstellers zu seinem Zulieferer auch nicht diese, sondern müssen jene als Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle der AGB angesehen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber in den §§ 478, 479 BGB ein vom allgemeinen Kaufrecht abweichendes Regressmodell kodifiziert hat. Zwar begründen die den Normen zu Grunde liegenden Wertungsentscheidungen das gesetzliche Leitbild eines Regresses; dieses jedoch nur innerhalb ihres Anwendungsbereichs, also innerhalb der Regresskette. Nur in den dort vorliegenden Vertragsverhältnissen lassen sich die in den §§ 478, 479 BGB enthaltenen Modifikationen des allgemeinen Kaufgewährleistungsrechts damit rechtfertigen, dass die entstandenen Gewährleistungskosten an den Verursacher des Mangels zurückgeleitet werden, um so das Insolvenzrisiko des Letztverkäufers zu minimieren und dem Verbraucher einen solventen Schuldner zu erhalten. Außerhalb der Regresskette und zu Gunsten des Herstellers greifen diese Gerechtigkeitserwägungen dagegen nicht. Wenn aber die – das Leitbild ausmachenden – wesentlichen Grundgedanken der Norm ihre Anwendung auf das Verhältnis des Herstellers zum Zulieferer gerade ausschließen, wie sollen sie dann als Leitbild für genau diesen Fall herangezogen werden? Den Normen ist für diesen Fall überhaupt kein Gerechtigkeitsprinzip und damit auch kein Leitbild zu entnehmen. (b) Probleme bei der Bestimmung des Leitbilds im neuen Kaufrecht Der Umstand, dass die Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts als Prüfungsmaßstab heranzuziehen sind, bedeutet aber nicht, dass jede hiervon ab___________ 340 341

Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 8, 25 f. Vgl. dazu oben im 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 2., 3.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

weichende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn von dem Leitbild der Normen, also von solchen Regelungen abgewichen wird, denen ein grundlegendes gesetzgeberisches Gerechtigkeitsprinzip zu Grunde liegt,342 und wenn diese Abweichung nach einer Abwägung der widerstreitenden Interessen beider Vertragsparteien nicht durch besondere Umstände gerechtfertigt werden kann.343 Dabei bereitet aber die Bestimmung des Leitbildes im neuen Kaufrecht Probleme.344 So wird teilweise vertreten, dass die Vorschriften des neuen Kaufrechts, die auf Grund der Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtinie in das BGB eingefügt worden sind, sich selbst dann nicht als Leitbild für den unternehmerischen Verkehr eignen, wenn sie einheitlich sowohl für Verbrauchsgüterkäufe als auch für das allgemeine Recht umgesetzt worden sind.345 Dies gelte zumindest dann, wenn die Norm nur aus Gründen der Einheitlichkeit und nicht auf Grund sachlicher Erwägungen in das allgemeine Kaufrecht aufgenommen wurde.346 Jedoch ergibt sich aus der Gesetzesbegründung347, dass die Einführung des neuen Kaufrechts insgesamt, also nicht nur in Bezug auf den Verbrauchsgüterkauf, mit sachrechtlichen Erwägungen und nicht (nur) damit begründet wurde, dass das Kaufrecht möglichst für alle Verträge einheitlich sein soll.348 Das zeigt sich auch daran, dass sich das neue Kaufrecht zum einen eng an das UN-Kaufrecht anlehnt, das ja gerade nur für Unternehmer gilt,349 und zum anderen daran, dass es sich im Wesentlichen mit den Vorschlägen der Schuldrechtskommission deckt, die ebenfalls nicht dem Verbraucherschutz verpflichtet waren. Zudem wurden die Vorgaben der Richtlinie, die der Gesetzgeber als nicht auf den unternehmerischen Verkehr übertragbar ansah, in einem eigenständigen Abschnitt geregelt. Es ist mithin davon auszugehen, dass sämtlichen Normen des allgemeinen Kaufrechts, also auch denen, die verbraucherschutzrechtlicher Provenienz sind, Leitbildfunktion zukommt, wenn ihnen ein grundlegendes gesetzgeberisches Gerechtigkeitsprinzip entnommen werden kann.350 ___________ 342 343

Siehe hierzu die Nachweise in 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (1) (a). Hk-BGB/Schulte-Nölke § 307 BGB Rn. 12 f.; Palandt/Heinrichs § 307 BGB

Rn. 8. 344

Siehe dazu ausführlich von Sachsen Gessaphe, FS Sonnenberger 99, 116 ff. Hassemer, ZGS 2002, 95, 98; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 26; Schubel, JuS 2002, 313, 314 f.; Westermann, JZ 2001, 530, 536; siehe auch Stoffels Rn. 66. 346 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXIV f.; Schwab/Witt/Schubel 126; Staudinger/Matusche-Beckmann, Vorb. §§ 474 BGB Rn. 16. 347 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 94 ff., 98, 208 ff. 348 Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 225, 231. 349 Siehe 3. Teil, 2. Kapitel A. II. 1. 350 Im Ergebnis auch Schultze-Melling 109 f.; Schwab/Witt/Schubel 166 f.; ZieglerRieder, ZIP 2001, 1789, 1794. 345

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Im Folgenden ist daher zunächst das Leitbild der kaufrechtlichen Normen zu bestimmen, von denen zu Lasten des Zulieferers abgewichen wird. Danach wird eine Interessenabwägung vorgenommen, um festzustellen, ob die Abweichung vom Leitbild des allgemeinen Kaufrechts tatsächlich eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB darstellt.

(2) Prüfung der einzelnen Bestimmungen In der folgenden Prüfung ist zu berücksichtigen, dass die Regressregelungen und damit auch eine ihnen nachgebildete Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insgesamt vier Modifikationen des allgemeinen Kaufgewährleistungsrechts enthält: Erstens ändert § 478 Abs. 1 BGB die bestehenden kaufgewährleistungsrechtlichen Ansprüche des Letztverkäufers gegenüber dem Lieferanten dahingehend ab, dass jener direkt die sekundären Rechtsbehelfe geltend machen kann, ohne seinem Verkäufer vorher ein Recht zur Nacherfüllung zu gewähren.351 Zweitens wird dem Letztverkäufer mit § 478 Abs. 2 BGB ein eigenständiger Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen eingeräumt, die er im Rahmen der Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher zu tragen hatte.352 Drittens kann sich der Letztverkäufer gemäß § 478 Abs. 3 BGB gegenüber seinem Lieferanten auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen.353 Und viertens enthält die in § 479 Abs. 2 BGB normierte Verjährungsregelung eine Ablaufhemmung der Verjährungsfrist dergestalt, dass die Ansprüche des Letztverkäufers über einen Zeitraum von fünf Jahren erst zwei Monate nach seiner Inanspruchnahme durch den Verbraucher verjähren.354 (a) Wegfall des Nacherfüllungsvorrangs (§ 478 Abs. 1 BGB) Durch eine Klausel, die in Anlehnung an die gesetzliche Regelung in § 478 Abs. 1 BGB auf die Nachfristsetzung verzichtet, wird der Nacherfüllungsvorrang und damit das Recht zur zweiten Andienung abbedungen. Der Gesetzgeber gibt dem Käufer gemäß § 437 BGB bei der Lieferung einer mangelhaften Sache fünf verschiedene Rechtsbehelfe an die Hand, nämlich das Recht zur Nacherfüllung, die Minderung, den Rücktritt, den Schadens- sowie den Aufwendungsersatzanspruch. Zwischen diesen Rechten kann der Käufer jedoch nicht frei wählen. Vielmehr stehen die Rechtsbehelfe in einem Rangverhältnis dergestalt, dass der Käufer seinem Verkäufer zunächst ein Recht zur zweiten ___________ 351

Vgl. dazu im Einzelnen 1. Teil, 3. Kapitel B. Vgl. dazu im Einzelnen 1. Teil, 3. Kapitel C. 353 Vgl. dazu im Einzelnen 1. Teil, 3. Kapitel D. 354 Vgl. dazu im Einzelnen 1. Teil, 3. Kapitel G. II. 352

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

Andienung gewähren muss.355 Dem Verkäufer wird also die Möglichkeit eingeräumt, mit einem zweiten Erfüllungsversuch seiner kaufrechtlichen Verpflichtung doch noch ordnungsgemäß nachzukommen. Erst wenn auch die Nacherfüllung scheitert, kann der Käufer die anderen vier Rechtsbehelfe geltend machen. Der in den AGB enthaltene Verzicht auf das Nacherfüllungserfordernis nimmt dem Verkäufer dieses Recht zur zweiten Andienung. Der Käufer kann direkt auf die sekundären Rechtsbehelfe zurückgreifen, ohne dem Verkäufer einen zweiten Erfüllungsversuch zuzugestehen. Fraglich ist, ob der Vorrang der Nacherfüllung und das damit einhergehende Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung als Leitbild des Kaufrechts zu qualifizieren sind. Dabei ist zu beachten, dass die soeben dargestellte Stufung der Rechtsbehelfe mit dem Vorrang der Nacherfüllung nicht nur von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verbindlich für alle Verbrauchsgüterkäufe vorgegeben, sondern auch von der Schuldrechtskommission für das gesamte Kaufrecht vorgeschlagen wurde.356 In der Gesetzesbegründung357 wird dazu ausgeführt: „Diese [alte] Rechtslage [der §§ 459 BGB a.F.] entspricht jedenfalls heute in vielen Fällen nicht mehr dem Rechtsempfinden der Kaufvertragsparteien. Bei Lieferung einer fehlerhaften Sache stehen im Rechtsbewusstsein des Käufers Nacherfüllungsansprüche im Vordergrund; er erwartet, dass die fehlerhafte Kaufsache repariert oder umgetauscht wird. Insbesondere das Fehlen eines Mängelbeseitigungsanspruchs trägt den heutigen Gegebenheiten beim Verkauf komplex zusammengesetzter technischer Geräte nicht Rechnung. Das AGB-Gesetz billigt gegenwärtig in § 11 Nr. 10 Buchstabe b die Vereinbarung des Rechts auf Nacherfüllung, sofern dem Käufer das Recht erhalten bleibt, bei deren Fehlschlagen Wandelung oder Minderung zu verlangen. In der Praxis sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zumeist ein Recht des Käufers auf Nacherfüllung vor, sei es durch Nachbesserung und/oder Neulieferung. Das entspricht regelmäßig sowohl den Interessen des Verkäufers als auch den Erwartungen des Käufers. Diese Interessenlage vernachlässigt das Bürgerliche Gesetzbuch, wenn es dem Verkäufer keine Möglichkeit zur zweiten Andienung gibt.“

Der Vorrang der Nacherfüllung dient mithin nicht nur dem Schutz der Verbraucher, sondern soll ganz allgemein den Interessen beider Kaufvertragsparteien, also sowohl denen des Käufers als auch denen des Verkäufers genügen.358 Beide wollen vorrangig an dem Kaufvertrag festhalten und die Kaufsa___________ 355 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 230; Augenhofer, ZGS 2004, 385, 388; Hoffmann, ZRP 2001, 347, 349; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371; Kelwing 153 ff.; St. Lorenz, NJW 2003, 1417 f.; MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 1; Olzen/Wank Rn. 374 f.; Schwab/Witt/ Schubel 185 ff. 356 Siehe hierzu Haas, NJW 1992, 2389, 2390, 2392 ff. 357 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 220. 358 Brambring, DNotZ 2001, 590, 595; Oechsler Rn. 141; Palandt/Weidenkaff § 437 BGB Rn. 2; Schubel/Th. Koch, DB 2004, 119, 120. Ehmann/Sutschet, 199 f., und St. Lo-

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che bzw. den Kaufpreis behalten. Daher ist es interessengerecht, einerseits dem Käufer ein Recht auf Reparatur oder Umtausch der Kaufsache zuzugestehen und ihn nicht auf andere Rechtsbehelfe zu verweisen, und andererseits dem Verkäufer durch das Recht zur zweiten Andienung die Möglichkeit zu geben, am Kaufvertrag festzuhalten und sich damit den erzielten Gewinn zu erhalten.359 Zudem werden durch diese Regelung die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung erhalten und der Grundsatz „pacta sunt servanda“ gestärkt.360 Dem Vorrang der Nacherfüllung und dem damit einhergehenden Recht zur zweiten Andienung des Verkäufers liegen mithin ein grundlegendes Gerechtigkeitsprinzip und elementare Rechtsprinzipien zu Grunde, so dass den Regelungen Leitbildcharakter zukommt.361 Daher wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, der Hersteller – als Käufer – könne das Recht des Zulieferers – als Verkäufer – zur zweiten Andienung in AGB nur dann ausschließen, wenn er ein besonderes Interesse habe, das diese Abweichung rechtfertige.362 Dabei wird ein solches Interesse zu Recht nicht in dem Umstand gesehen, dass der Hersteller durch die sofortige Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe sowohl Kosten als auch Zeit spart.363 Abgestellt wird vielmehr darauf, dass die Nacherfüllung den Interessen des Herstellers ebenso wenig entspreche wie denen des Letztverkäufers.364 Die Interessenlage eines klassischen Regressfalls stelle sich wie folgt dar: Der Verbraucher mache dem Letztverkäufer gegenüber seine Gewährleistungsrechte geltend, wobei er grundsätzlich zunächst auf die Nacherfüllung, d.h. Neulieferung oder Nachbesserung nach § 439 BGB, beschränkt sei. Der nacherfüllende Letztverkäufer könne dann – wie jeder andere Käufer innerhalb der Lieferkette ___________ renz, NJW 2003, 1417 f., gehen davon aus, dass der Nacherfüllungsvorrang in erster Linie den Interessen des Verkäufers dient. 359 Schimmel/Buhlmann 131; siehe auch Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1379. 360 Augenhofer, ZGS 2004, 385, 388; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXV; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 372; Laws, MDR 2002, 320, 323; St. Lorenz, NJW 2003, 1417; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 466; Zimmer/Eckhold, Jura 2002, 145, 149. 361 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXV; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 465 f.; Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 225, 241; Schimmel/Buhlmann 95; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 175; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65 f.; siehe auch Westermann/Westermann 9, 14 f. 362 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXV; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 466; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65 f.; noch enger Schimmel/Buhlmann, 95, die eine Einschränkung des Nacherfüllungsvorrangs durch AGB gänzlich ausschließen. 363 A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 66, die allerdings eine Kompensation der Bestimmung in den Fällen für möglich erachten, in denen dem Zulieferer die defekten Teile außerhalb der Gewährleistung zur Wiederaufarbeitung und zum Wiederverkauf an den Hersteller versprochen werden. 364 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 466 f.

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auch – die durch die Gewährleistung entstandenen Kosten auf seinen Vordermann abwälzen, so dass diese schließlich von dem für den Fehler zumeist verantwortlichen Hersteller zu tragen seien. Dessen Interesse gegenüber seinem Zulieferer bestehe ebenfalls in der Abwälzung der entstandenen Gewährleistungskosten, wohingegen er an einer Nacherfüllung seitens des Zulieferers kein Interesse mehr habe: Da die Kaufsache sich zumeist nicht bei ihm befinde, sei weder eine Nachbesserung möglich noch könne das neugelieferte mangelfreie Teilstück nachträglich in die mangelhafte Gesamtsache eingebaut oder – als einzelnes Teilstück – anderweitig verwendet werden. Mit genau dieser Interessenlage, aus der sich die Sinnlosigkeit einer Nacherfüllung ergebe, begründe der Gesetzgeber die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB für den Letztverkäufer. Da im Verhältnis zwischen Hersteller und Zulieferer genau diese Interessenlage gegeben sei und die Nacherfüllung für den Hersteller – sogar in noch stärkerem Maße – sinnlos sei, müsse auch dem Hersteller der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausbedungene Verzicht des Fristerfordernisses möglich sein.365 Der von dieser Ansicht zur Rechtfertigung herangezogenen besonderen Gründe bedarf es jedoch nur, wenn die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel tatsächlich von Normen mit Leitbildcharakter abweicht. Dies erscheint fraglich. Zwar entfällt der Vorrang der Nacherfüllung in den hier relevanten Fällen nicht bereits nach § 478 Abs. 1 BGB, da diese Norm gerade nicht den Hersteller als Käufer erfasst. Doch auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Regressregelungen gibt es gesetzliche Vorschriften, die dem Käufer dadurch, dass sie die Fristsetzung entbehrlich machen, die sofortige Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe erlauben.366 In diesen gesetzlich normierten Fällen muss es den Vertragsparteien möglich sein, den Vorrang der Nacherfüllung auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszuschließen. Darin kann keine Abweichung vom Leitbild des Kaufrechts gesehen werden, die einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Daher muss der vertragliche Ausschluss etwa dann möglich sein, wenn die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegen. Danach kann der Käufer die sekundären Rechtsbehelfe ohne vorherige Nacherfüllung dann geltend machen, „wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen“. Im Regressfall stellt sich die Interessenlage wie folgt dar: Dem Verkäufer als Regressschuldner ist daran gelegen, den Kaufvertrag – und damit seinen Gewinn – zu erhal___________ 365 Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 175 f.; im Ergebnis ebenso Schubel, JZ 2001, 1113, 1118; offen gelassen Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/ Schmidt, 225, 246. 366 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 21; Bamberger/Roth/Faust § 440 BGB Rn. 3; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 387, 394; Palandt/Weidenkaff § 440 BGB Rn. 10.

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ten. Dem Käufer als Regressgläubiger kommt es dagegen eher darauf an, die mangelhafte Sache bzw. die Mangelfolgen, die ihm durch ihren Verkauf an den Verbraucher entstanden sind, an den Verkäufer durchzureichen. Eine Nacherfüllung seitens des Regressschuldners würde für ihn zwar nicht grundsätzlich bedeuten, dass er auf den Mangelfolgen sitzen bleibt, da er entweder eine neue mangelfreie Sache im Wege der Nachlieferung erhält oder die mangelhafte Sache – sofern er sie, wie etwa beim Rücktritt, vom Verbraucher zurückerhalten hat – im Wege der Nachbesserung durch den Verkäufer repariert wird. Dem Regressgläubiger geht es aber, anders als dem Endkäufer, nicht um den Besitz der Sache, sondern um ihren gewinnbringenden Absatz. Dieser ist wegen der Mangelhaftigkeit der Sache nur dann möglich, wenn er – mit zusätzlichem Aufwand – einen neuen Käufer für die Sache findet, die er ohne den Mangel erfolgreich abgesetzt hätte. Gelingt ihm dies nicht, etwa weil sich das Marktumfeld geändert hat und/oder weil der Absatz einer Sache, die bereits vom Verbraucher benutzt und vom Verkäufer nachgebessert wurde, generell schwieriger ist, erleidet er einen finanziellen Schaden, der ihm bei Mangelfreiheit der ursprünglich gekauften Sache nicht entstanden wäre. Der Zweck der Nacherfüllung, nämlich ein Festhalten am Vertrag im Interesse beider Kaufvertragsparteien,367 kann mithin nicht erreicht werden, da der Regressgläubiger sein Interesse an der Nacherfüllung nur mit zusätzlichen Mühen und belastet mit dem Risiko wahren kann, die Sache erneut abzusetzen. Der Gesetzgeber hat für den Regress im Rahmen der §§ 478, 479 BGB pauschal erklärt, dass dieses Risiko einen besonderen Umstand darstellt, der dem Käufer die Geltendmachung der sekundären Gewährleistungsrechte erlaubt, ohne dass er dem Verkäufer vorher „Gelegenheit zu einer in dieser Situation zumeist sinnlosen Nacherfüllung“ geben muss.368 Dies ist letztlich eine gesetzlich normierte Ausfüllung der Regelung des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB.369 Da die beschriebene Interessenlage in gleicher Weise bei einem Regress außerhalb der Regressnormen vorliegt, kann auch im Verhältnis von Hersteller und Zulieferer davon ausgegangen werden, dass beim Rückgriff besondere Umstände nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegen, die zu einem Wegfall des Vorrangs der Nacherfüllung führen. Schließlich erscheint es auch hier unbillig, dem Regressschuldner die Nacherfüllung zu ermöglichen, die für den Regressgläubiger mit zusätzlichen Mühen und der Gefahr eines finanziellen Verlusts verbunden ist. Es muss daher auch dem Regressgläubiger außerhalb der Regresskette möglich ___________ 367 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 220. 368 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 369 W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1398 f.; Schumacher 122; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 126; Westermann, in: Schulze/Schulte-Nölke, 109, 128; ders., JZ 2001, 530, 540.

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sein, sich in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die sofortige Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe vorzubehalten. Dabei ist es unschädlich, dass die Klausel nicht den Wortlaut des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, sondern den Wortlaut des nicht anwendbaren § 478 Abs. 1 BGB übernimmt. Dies macht zwar eine Inhaltskontrolle erforderlich.370 Die Klausel weicht aber nicht vom gesetzlichen Leitbild ab, da sie lediglich den durch die Generalklausel des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB gesetzlich vorgegebenen Rahmen ausfüllt, indem sie die Interessenwertung der Norm konkretisiert. Mithin ist eine dem § 478 Abs. 1 BGB entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verhältnis des Herstellers zu seinem Zulieferer zulässig.371 (b) Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs (§ 478 Abs. 2) Eine den §§ 478, 479 BGB nachgebildete Klausel statuiert zudem einen verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruch im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB. Ein solcher Anspruch ist im allgemeinen Kaufrecht nicht vorgesehen. Aufwendungen, die der Verkäufer gegenüber seinem Käufer für die Reparatur oder Nachlieferung der Sache machen musste, kann er von seinem Vordermann außerhalb des Regelungsregimes der §§ 478, 479 BGB nur als Schadensersatz unter den Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 283 BGB geltend machen.372 Dies setzt zwingend ein Verschulden des Anspruchgegners voraus. Denn das Zivilrecht ist wesentlich von dem Grundsatz geprägt, dass ein Schadensersatzanspruch nur durch ein schuldhaftes Verhalten des Anspruchgegners entstehen kann; der Schuldner also nur haftet, wenn er den Schaden zu vertreten hat.373 Die Statuierung einer verschuldensunabhängigen Haftung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen widerspricht diesem Grundgedanken und eine entsprechende Klausel ist daher – unter Geltung des alten Rechts – grundsätzlich als unwirksam einzustufen.374 Nichts anderes kann nach dem neuen ___________ 370 Eine Ergänzung im Sinne des § 307 Abs. 3 BGB liegt schon dann vor, wenn durch AGB die Interessenswertung einer Norm konkretisiert wird, siehe hierzu BGH NJW 2001, 2012, 2013; 2014, 2015 f.; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 66; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rn. 7. 371 Im Ergebnis auch Schubel, JZ 2001, 1113, 1118. 372 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 19; Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Laws, MDR 2002, 320, 322. 373 BGH Z 114, 238, 242; 119, 152, 168 f.; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rn. 981, § 11 Nr. 7 AGBG Rn. 23; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 467; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 110; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 178; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rn. H 2. 374 BGH Z 114, 238, 242; 119, 152, 168 f.; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rn. 981; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rn. H 2.

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Recht gelten,375 da sich an dem zur Bewertung entsprechender Klauseln herangezogenen Grundsatz, dass eine Person nur haftet, wenn sie den Schaden zu vertreten hat, durch die Schuldrechtsreform nichts geändert hat.376 Zwar werden vereinzelt auch Klauseln, die eine verschuldensunabhängige Haftung gegenüber dem Unternehmer377 begründen, für wirksam erachtet, insbesondere wenn sie höherrangigen Interessen des Verwenders dienen378 oder auf dem Prinzip der Risikobeherrschung beruhen.379 Ein solches Interesse des klauselstellenden Herstellers kann aber nicht schon in einer problemlosen Weiterleitung der ihm entstandenen Kosten auf den Zulieferer gesehen werden. Ein schützenswertes Interesse an der Weiterleitung von Gewährleistungskosten billigt der Gesetzgeber mit den Regelungen der §§ 478, 479 BGB nämlich nur dem Handel und gerade nicht dem Hersteller zu, den er aus diesem Regelungssystem ausnimmt.380 Daher ist eine dem § 478 Abs. 2 BGB nachgebildete Klausel in den Einkaufs-AGB des Herstellers grundsätzlich unwirksam.381 (c) Beweislastumkehr im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem der Mangel entstanden ist (§ 478 Abs. 3 BGB) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die dem Hersteller die in § 478 Abs. 3 in Verbindung mit § 476 BGB enthaltene Beweislastumkehr zu Gute kommt, stößt ebenfalls auf Bedenken. Denn nach § 309 Nr. 12 BGB ist eine Klausel unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert. Diese Norm findet zwar nicht unmittelbar Anwendung auf den unternehmerischen Verkehr, ihre Wertung muss gemäß §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 310 Abs. 1 BGB aber auch hier – quasi als Leitbild

___________ 375

Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 110; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459,

467. 376 Siehe zur Übertragbarkeit gerichtlicher Entscheidungen zum AGB-Gesetz auf das neue Schuldrecht Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 225, 227. 377 Gegenüber Verbrauchern ist dies nicht möglich; vgl. Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 110. 378 BGH Z 114, 238, 242; 119, 152, 168 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 178; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rn. H 2; ablehnend gegenüber einer solchen Möglichkeit: Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBGB Rn. 981. 379 BGH NJW 1991, 1886, 1888; NJW 1992, 1761; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 110; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rn. H 2. 380 Siehe hierzu bereits 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 2., 3. 381 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 467; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 178; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 66; anders dagegen Schubel, JZ 2001, 1113, 1118.

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– herangezogen werden.382 Bei der den §§ 478 Abs. 3, 476 BGB nachgebildeten Bestimmung in AGB ist dabei auf das generelle Verbot der Beweislastumkehr abzustellen und nicht etwa auf § 309 Nr. 12 lit. a) BGB, wonach eine Beweislaständerung insbesondere dann vorliegt, wenn dem Vertragspartner die Beweislast für Umstände auferlegt wird, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen.383 Denn diese Regelung betrifft namentlich die Fälle, in denen der Verwender sich davon freizeichnen will, bei Schadensersatzansprüchen den Entlastungsbeweis für all die Umstände führen zu müssen, die in seinem alleinigen Verantwortungsbereich liegen.384 Es ist demnach zu prüfen, ob der Verwender mit der oben genannten Klausel die gesetzliche oder richterrechtliche385 Beweislast ohne ein entsprechendes überwiegendes Interesse abändert. Im allgemeinen Kaufrecht trägt der Käufer bei der Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte die Beweislast dafür, dass die Sache mangelhaft ist und der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.386 Die in § 476 BGB enthaltene Regelung, wonach bei einem Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit dem Gefahrübergang zeigt, vermutet wird, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, greift nur bei einem Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB.387 Im Verhältnis des Herstellers zu seinem Zulieferer kommt sie nicht zum Tragen, da in praxi beide Parteien Unternehmer sein werden, zumindest aber der Hersteller als letzter Regressschuldner in der Regresskette zwingend Unternehmer sein muss.388 Eine Ausdehnung der Beweislastumkehr des § 476 BGB auf dieses Verhältnis gemäß § 478 Abs. 3 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, da diese Vorschrift nur innerhalb der Lieferkette gilt und auch nicht im Wege der ___________ 382 BGH NJW 2006, 47, 49; Jauernig/Stadler § 309 BGB Rn. 21; Ring/Klingelhöfer 100; siehe zu der Vorgängernorm § 11 Nr. 15 AGBG M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 15 AGBG Rn. 29 f. 383 Im Ergebnis auch A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 66. 384 Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 15 AGBG Rn. 14; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 15 AGBG Rn. 15 ff.; siehe hierzu auch Palandt/Heinrichs § 309 BGB Rn. 99; Stoffels Rn. 1043. 385 Palandt/Heinrichs § 309 BGB Rn. 100; Ring/Klingelhöfer 100; Stoffels Rn. 1036. 386 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 217; BGH NJW 2004, 2299, 2300; Ehmann/Sutschet 231; Hk-BGB/Saenger § 434 BGB Rn. 24; zweifelnd und kritisch insoweit Schimmel/Buhlmann 99 ff. 387 Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Norm, aber aus ihrer systematischen Stellung im Untertitel über den Verbrauchsgüterkauf und der teleologischen Erwägung, dass die Beweislastumkehr nur dem schützenswerten Verbraucher, nicht aber einem Unternehmer zur Seite gestellt werden soll; siehe A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 66. 388 Denn aus § 478 Abs. 5 BGB ergibt sich, dass der Regressschuldner Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sein muss.

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Analogie auf die Beschaffungskette ausgeweitet werden kann.389 Daher ändert eine dem § 478 Abs. 3 BGB nachgebildete Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers die bestehenden gesetzlichen Beweislastverteilungsregeln ab. Es finden sich auch keine überwiegenden Interessen des Herstellers, die eine solche Klausel ausnahmsweise doch wirksam erscheinen lassen. Zwar wird es dem Hersteller schwer fallen, zu beweisen, dass das Zuliefererteil bereits bei Gefahrübergang auf ihn mangelhaft war, insbesondere dann, wenn diese Lieferung schon lange zurückliegt oder der Letztverkäufer das Einzelteil bereits nachgebessert hat. Allerdings würde es dem Zulieferer mindestens genauso schwer fallen, eine den §§ 476, 478 Abs. 3 BGB nachgebildete Vermutung zu widerlegen.390 Daher ist eine dem § 478 Abs. 3 BGB nachgebildete Bestimmung in den Allgemeinen Einkaufsbedingungen des Herstellers als unwirksam zu bewerten. 391 (d) Hemmung der Verjährung (§ 479 Abs. 2 BGB) Schließlich ist zu prüfen, ob in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers gegenüber seinem Zulieferer eine Bestimmung wirksam ist, wonach die Verjährung bis zu einer Dauer von fünf Jahren gehemmt wird. Dabei kann die Unwirksamkeit einer solchen Klausel nicht bereits daraus hergeleitet werden, dass die Rechtsprechung vor der Schuldrechtsreform Bestimmungen für unwirksam erachtete, welche die Gewährleistungsdauer auf drei Jahre verlängern392 oder den Fristbeginn ohne genaue Zeitangabe nach hinten verschieben.393 Denn das Verjährungsrecht wurde im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung grundlegend geändert.394 Im Kaufrecht verjähren die Ansprüche nunmehr nicht mehr in sechs Monaten, sondern grundsätzlich gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren bzw. gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei Bauwerken und Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden sind und deren Mangelhaftigkeit verursacht ___________ 389

Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 2., 3. Siehe hierzu Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 468 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 181 f. 391 Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 184; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 66; im Ergebnis auch Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1978. 392 BGH Z 110, 88, 92 ff.; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 AGBG Rn. 298; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 10f AGBG Rn. 15. 393 LG Frankfurt NJW-RR 1988, 917 f.; M. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 10f AGBG Rn. 15. 394 Ott, MDR 2002, 1, 4; siehe hierzu im Einzelnen Finkenauer, in: Ehmann/Sutschet, 289 ff.; Mansel/Budzikiewicz 21 ff.; Witt, in: Schwab/Witt, 1 ff.; für die kaufrechtliche Verjährung auch Schimmel/Buhlmann 86 ff. 390

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haben, in fünf Jahren. Zudem ist es verjährungsrechtlich nunmehr – anders als nach altem Recht – zulässig, die Frist durch Vereinbarung auf bis zu dreißig Jahre zu verlängern. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 202 Abs. 2 BGB,395 wonach nur solche Vereinbarungen unzulässig sind, die die Verjährung über eine Frist von dreißig Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschweren. Mit dieser Neuregelung will der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit im Verjährungsrecht stärken.396 Es ergibt sich mithin ein vollkommen gewandeltes Leitbild hinsichtlich der Verjährung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche. Auszugehen ist von einer zwei- bzw. fünfjährigen Verjährungsfrist, die auch einer vertraglichen Verlängerung durchaus Raum lässt. Das bedeutet, dass die alte Rechtsprechung hinsichtlich der Wirksamkeit von Bestimmungen, welche die Gewährleistungsfrist verlängern, nicht mehr herangezogen werden kann. Die Obergrenze, bis zu der eine Verlängerung der Verjährungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist, muss wesentlich höher angesetzt werden. Der BGH hat in einer neueren Entscheidung eine Verlängerung der Frist auf drei Jahre für zulässig erachtet.397 Aber auch eine Höchstfrist von fünf Jahren scheint durchaus angemessen zu sein.398 Für diese Grenze besteht im vorliegenden Fall auch ein überwiegendes Interesse des Herstellers. Auf Grund der Regelung des § 479 Abs. 2 BGB ist er bis zu fünf Jahren den Regressansprüchen seines Käufers ausgesetzt, während er selbst seinen Verkäufer nur zwei Jahre in Anspruch nehmen kann. Er ist damit fast zwangsläufig in der Regressfalle gefangen. Um dies zu verhindern, muss dem Hersteller zugestanden werden, sich zu schützen, indem er in seinen Einkaufs-AGB eine Verjährung festschreibt, deren Länge sich an der Frist anlehnt, die auch für die anderen Regressgläubiger als angemessen angesehen wird.399 Insgesamt ist damit eine dem § 479 Abs. 2 BGB nachempfundene Klausel, mit der die Verjährungsfrist über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren gehemmt wird, zulässig.

___________ 395

So auch Mansel, NJW 2002, 89, 96. Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 110 f.; Finkenauer, in: Ehmann/Sutschet, 289, 305 f.; Mansel, NJW 2002, 89, 96; Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 470; Palandt/Heinrichs § 202 BGB Rn. 1; Stoffels Rn. 950. 397 BGH NJW 2006, 47 f.; siehe auch Rinkler, ITRB 2006, 68, 69. 398 Jauernig/Berger § 438 BGB Rn. 2; siehe auch Palandt (64. Aufl.)/Heinrichs § 202 BGB Rn. 9. 399 Matusche-Beckmann, FS Kollhosser 459, 470; anders Kessel/Passauer, BB 2004, 1974, 1978. 396

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cc) Ergebnis Festhalten lässt sich demnach, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den §§ 478, 479 BGB nachgebildet ist, nicht in ihrer Gesamtheit als zulässig oder unzulässig bewertet werden kann. Vielmehr sind die in diesen Normen enthaltenen Regressprivilegien jeweils gesondert auf ihre Vereinbarkeit mit dem gesetzlichen Leitbild zu überprüfen. Dabei ergibt sich, dass die Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs (§ 478 Abs. 2 BGB) und die Umkehr der Beweislast im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem der Mangel entstanden ist, (§ 478 Abs. 3 BGB) gegen das gesetzliche Leitbild des allgemeinen Kaufrechts verstoßen und auch nicht durch eine besondere Interessenlage auf Seiten des Herstellers gerechtfertigt werden können. Sie sind mithin grundsätzlich nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Anders zu bewerten ist dagegen der Verzicht auf das Erfordernis zur Fristsetzung und der damit einhergehende Wegfall des Nacherfüllungsvorrangs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Da diese Bestimmung letztlich nur die Regelung des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB konkretisiert, entspricht sie dem gesetzlichen Leitbild und ist vollumfänglich wirksam. Gleiches gilt für eine Klausel, in der eine Hemmung und damit Verlängerung der Verjährung für eine Höchstdauer von bis zu fünf Jahren (§ 479 Abs. 2 BGB) bestimmt wird, da auch darin kein Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild gesehen werden kann.

5. Zusammenfassung Die Regresskette endet beim Hersteller, der die Gesamtverantwortung für die Kaufsache trägt. Eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf das Verhältnis des Herstellers zu seinem Zulieferer ist nicht möglich. Dem Hersteller ist es aber unbenommen, die Geltung der §§ 478, 479 BGB individualvertraglich mit dem Zulieferer zu vereinbaren. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind einer solchen Ausgestaltung aber auf Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Grenzen gesetzt, so dass nur eine Ausgestaltung gemäß den Regelungen der § 478 Abs. 1 BGB und § 479 Abs. 2 BGB möglich ist.400 Die Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs, angelehnt an § 478 Abs. 2 BGB, und einer Beweislastumkehr im Sinne der §§ 478 Abs. 3, 476 BGB sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. ___________ 400

Selbst diese wirksamen Klauseln entfalten dann keine Wirkung, wenn der Zulieferer eine entgegenstehende Abwehrklausel in seinen AGB hat; vgl. Mankowski, DB 2002, 2419, 2420; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64, 65 Fn. 4.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette I. Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs als Anwendungsvoraussetzung 1. Einführung in die Problematik Ihrem Wortlaut nach stellen die §§ 478, 479 BGB nicht nur Anforderungen an die Person von Rückgriffsgläubiger und -schuldner, sondern darüber hinaus auch an die Person des letzten Käufers innerhalb der Lieferkette. Denn § 478 Abs. 1 BGB sieht die Modifikationen der vertraglichen Gewährleistungsansprüche nur vor, wenn der Unternehmer die Kaufsache „zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat“, und § 478 Abs. 2 BGB findet nur Anwendung, wenn der Letztverkäufer „Aufwendungen […] im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2“ gemacht hat. In beiden Fällen ist demnach erforderlich, dass der Letztverkäufer von einem Verbraucher in Anspruch genommen worden ist. Dies ergibt sich auch aus der Systematik der Normen: Die Regressreglungen sind nicht im allgemeinen ersten Untertitel des achten Abschnitts, sondern im dritten Untertitel enthalten. Dort hat der deutsche Gesetzgeber jene Vorschriften eingestellt, die nicht für das allgemeine Kaufrecht, sondern nur für Verbrauchsgüterkäufe gelten, also für solche Kaufverträge, an denen ein Verbraucher als Käufer und ein Unternehmer als Verkäufer beteiligt sind.401 Die §§ 478, 479 BGB finden vom Wortlaut und der Systematik her also nur dann Anwendung, wenn am Ende der Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB steht. Dennoch ist zweifelhaft, ob die Einordnung des Letztkäufers als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB und damit das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette tatsächlich zwingende Anwendungsvoraussetzung der Regressregelungen ist. Bei vielen Kaufverträgen ist im Vorfeld nämlich nicht absehbar oder regelbar, ob die Kaufsache am Ende der Lieferkette tatsächlich von einem Verbraucher und nicht von einem Unternehmer gekauft wird.402 Dies ist insbesondere bei Verträgen über solche Gegenstände der Fall, die sowohl zum privaten als auch zum gewerblichen Gebrauch genutzt werden können. So kann etwa der gekaufte Computer sowohl für private als auch für gewerbliche Zwecke verwendet, das Kraftfahrzeug sowohl als Firmen- wie auch als Privatwagen genutzt werden. Darüber hinaus ist der vom Abnehmer verfolgte Verwendungszweck des Kaufgegenstandes dem Verkäufer – ge___________ 401

Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 37; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 531; Westermann/Buck 165 f. 402 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 5; Hassemer, ZGS 2002, 95, 101; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; Römermann, Anwalt 4/2002, 13; Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1834; Schwab/Witt/Schubel 216.

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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schweige denn dessen Lieferanten – meist nicht bekannt oder erkennbar.403 Dieser Umstand führt für den Regressschuldner in vielen Fällen zu einer sehr unsicheren Rechtslage: Erst der letzte Vertrag in der Lieferkette entscheidet darüber, welchem Regelungsregime die vertraglichen Beziehungen sämtlicher Zwischenhändler bis hin zum Hersteller hinsichtlich des Rückgriffs unterliegen. Schubel404 hat die grundlegende Veränderung der vertraglichen Beziehungen innerhalb der Lieferkette, die nachträglich durch einen (nicht geplanten) Endverkauf an einen Verbraucher erfolgt, in einem sehr einprägsamen Bild veranschaulicht: „Mitten auf dem Meer des Handelskaufrechts steht mit den §§ 478, 479 BGB ein gewaltiger Magnetberg, der die Beteiligten in vielen Fällen mit unsichtbarer Hand ergreift, ihnen die Verfolgung der in den vertraglichen Regelwerken vereinbarten Kurse unmöglich macht oder zumindest für schwer berechenbare Risiken sorgt.“

Grundsätzlich findet auf die vertraglichen Beziehungen von Unternehmern innerhalb der Lieferkette und damit auch auf den Regress das allgemeine Kaufrecht in Verbindung mit den handelsrechtlichen Vorschriften Anwendung. Der Rückgriff des Käufers gegenüber seinem Verkäufer kann in diesen Fällen an den so genannten Regressfallen405 scheitern. Verkauft der Letztverkäufer allerdings an einen Verbraucher, ändert sich das Regelungsregime für sämtliche Unternehmer der Lieferkette grundlegend. Das allgemeine Kaufgewährleistungsrecht kommt zwar weiterhin zur Anwendung. Es wird aber durch die Vorschriften der §§ 478, 479 BGB zu Gunsten des Käufers modifiziert und erweitert.

2. Anwendung auf Lieferketten, die nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf enden Auf Grund der Unsicherheit hinsichtlich des auf den Rückgriff anwendbaren Regelungsregimes wird im Schrifttum vielfach gefordert, die Anwendung der §§ 478, 479 BGB nicht von der Verbrauchereigenschaft des letzten Käufers abhängig zu machen, sondern die Normen auch auf solche Lieferketten anzuwenden, die nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf, sondern mit einem Verkauf an einen Unternehmer enden. Dies wird zumeist nur als rechtspolitische Forderung formuliert.406 Einige Autoren wenden die in den §§ 478, 479 BGB festge___________ 403

Hassemer, ZGS 2002, 95, 101; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; Schäfer/Pfeiffer, ZIP 1999, 1829, 1834; Schubel, JZ 2001, 1113, 1116 f. 404 Schubel, ZIP 2002, 2061 f. 405 Siehe hierzu 1. Teil, 1. Kapitel B. II. 2. 406 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXII f.; Brüggemeier, JZ 2000, 529, 534; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1422, die allerdings die Ausdehnung gerade deshalb befürworten, weil die Regressregelungen in ihrem Reformvorschlag abbedungen werden kann; Lehmann, JZ 2000, 280, 282, 288, 290; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1930; H. Roth, in: Koller/Roth/Zimmermann, 83 f.; Schultze-Melling 66 ff.; Schumacher 106 ff.; Trö-

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

schriebenen Regressregelungen aber auch analog auf solche Lieferketten an, die nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf enden.407 Gestützt werden sowohl die rechtspolitische Forderung als auch die analoge Anwendung darauf, dass das Bedürfnis des Letztverkäufers nach einem effektiven Rückgriff nicht von der Verbrauchereigenschaft des letzten Käufers abhängig sein könne.408 Der Regress sei ein allgemeines Rechtsinstitut, das mit Verbraucherschutz nichts zu tun habe und daher als Anwendungsvoraussetzung auch nicht die Beteiligung eines Verbrauchers am letzen Kaufvertrag erfordere.409 Außerdem führe das Erfordernis eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette zu der soeben dargestellten Rechtsunsicherheit hinsichtlich des anwendbaren Regelungssystems.410

a) Analoge Anwendung Die analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf Lieferketten, die nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf enden, stößt auf Bedenken, da sowohl das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke wie auch die Vergleichbarkeit des ungeregelten mit dem im Gesetz geregelten Fall zweifelhaft erscheinen. Zwar kann eine planwidrige Regelungslücke nicht mit dem Argument verneint werden, dem Letztverkäufer, der die Sache nicht an einen Verbraucher, sondern an einen Unternehmer absetze, stünden die im Gesetz geregelten kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche in Verbindung mit den entsprechenden handelsrechtlichen Regelungen zur Verfügung und er müsse damit nicht im rechtsleeren Raum Rückgriff nehmen.411 Doch ergibt sich eine Regelungslücke insofern, als der Regress eines Letztverkäufers, der an einen Unternehmer verkauft, anders ausgestaltet ist als bei einem Letztverkäufer, der an einen Verbraucher ver___________ ger, AcP 204 (2004), 115, 118 Fn. 13; zweifelnd ebenfalls Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 5; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; siehe auch Grundmann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 281, 319; Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 219, 229. 407 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 49; Dauner-Lieb u.a./ Büdenbender § 8 Rn. 100 (jeweils explizit nur für den unten beschriebenen Sonderfall); Kelwing 244 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 251, 252, der die analoge Anwendung aber nicht auf die Unabdingbarkeit ausdehnen will. 408 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXII f.; Kelwing 244 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563. 409 Medicus, ZIP 1996, 1925, 1930; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 118 Fn. 13; im Ergebnis auch Kelwing 246; Schultze-Melling 66 ff. Da es sich um ein generelles Problem handele, sei der Rückgriff eher im allgemeinen als im Verbrauchsgüterkaufrecht zu verorten; siehe Grundmann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 281, 319; Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 219, 229. 410 Brüggemeier, JZ 2000, 529, 534; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXIII. 411 So aber Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2564.

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kauft. Denn nur diesem wird durch die Regelungen der §§ 478, 479 BGB ein effektiver Regress gewährt, während der Rückgriff von jenem häufig an den Regressfallen des allgemeinen Kaufrechts scheitert. Um die Regelungslücke im Wege der Analogie schließen zu können, darf sie nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, muss also planwidrig sein. Die §§ 478, 479 BGB sollen ausweislich der Gesetzesbegründung412 lediglich verhindern, „dass der Einzelhändler allein die Nachteile eines verbesserten Verbraucherschutzes auch dann zu tragen hat, wenn der Grund für seine Haftung, nämlich der Mangel der Sache, nicht in seinem Bereich entstanden ist, sondern etwa – wie es in der Praxis die Regel sein wird – auf einen Fehler im Herstellungsprozess zurückzuführen ist.“

Der Gesetzgeber hat die Regressnormen also ausdrücklich nur für die Fälle geschaffen, in denen der Letztverkäufer einem erhöhten Gewährleistungsrisiko ausgesetzt ist, das sich aus der Verbrauchereigenschaft des Käufers ergibt. Die §§ 478, 479 BGB sollen den Letztverkäufer mithin nur von solchen Nachteilen entlasten, die ihn durch die Schuldrechtsreform und den gestärkten Verbraucherschutz treffen.413 Zwar erhöhen die meisten Neuerungen im Rahmen der Schuldrechtsreform das Gewährleistungsrisiko des Verkäufers unabhängig davon, ob er an einen Verbraucher oder an einen Unternehmer verkauft. Dies ergibt sich etwa aus der grundsätzlichen Veränderung des Mangelbegriffs. Zum einen haftet der Verkäufer nach dem neu eingefügten § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB für Aussagen bezüglich der Kaufsache, die nicht er, sondern der Hersteller oder dessen Gehilfe getroffen haben. Zum anderen haftet er nach der sog. IKEA-Klausel in § 434 Abs. 2 S. 2 BGB für die Fehlerhaftigkeit der Montageanleitung, die in aller Regel wieder nicht er, sondern der Hersteller entworfen hat.414 Darüber hinaus ist der Verkäufer – anders als nach altem Recht415 – auch beim Vorliegen eines unerheblichen Mangels zur Gewährleistung verpflichtet. Zudem kann der Umstand, dass das Kaufrecht vielerorts auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht verweist und sich daher die für diese Materie abstrakt getroffenen Aussagen auf das Kaufrecht auswirken, zu einer erhöhten Haftungsgefahr für den ___________ 412 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 413 Jud, ZfRV 2001, 201, 205 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; Sester/ Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84 f., 86; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686; im Ergebnis auch Matthes, NJW 2002, 2505 f.; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 7; Westermann, JZ 2001, 530, 540 f. 414 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 726. 415 § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. bestimmte: „Eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht.“; siehe dazu Palandt (61. Aufl.)/Putzo § 459 BGB a.F. Rn. 13.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

Letztverkäufer führen,416 etwa weil sich die Schadensersatzhaftung für Sachmängel an eine Art Garantiehaftung annähert.417 Und schließlich geht mit der Verlängerung der Verjährungsfrist von früher sechs Monaten auf nunmehr zwei Jahre eine Erhöhung des Gewährleistungsrisikos des Verkäufers einher. Doch ist zu berücksichtigen, dass es neben diesen allgemein geltenden Bestimmungen zu Lasten des Verkäufers im Abschnitt des Verbrauchsgüterkaufs Regelungen gibt, die nur denjenigen Unternehmer belasten, der an einen Verbraucher verkauft. So kommt etwa nur dem Verbraucher die Beweislastumkehr des § 476 BGB zu Gute.418 Außerdem wird der Gefahrübergang beim Versendungskauf nicht zu Gunsten des Verkäufers nach § 447 BGB modifiziert. Entscheidend aber ist die Regelung des § 475 BGB: Danach ist es einem Unternehmer, der an einen Verbraucher verkauft, vor Mitteilung des Mangels nicht möglich, zu dessen Lasten von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443 BGB abzuweichen. Er kann sich also, anders als ein Verkäufer, der die Sache an einen Unternehmer absetzt, nicht durch vertragliche Abreden vor dem durch die Schuldrechtsreform erhöhten Haftungspotenzial schützen. Er ist vielmehr darauf angewiesen, dass das Gesetz ihm einen effektiven Regress bietet, um so die Kosten, die er auf Grund des Verbraucherschutzes und der zwingenden Ausgestaltung der Normen zu tragen hat, an das für den Mangel verantwortliche Glied der Lieferkette weiterzuleiten. Der Unternehmer, der nicht an einen Verbraucher verkauft, kann dem erhöhten Gewährleistungsrisiko dagegen durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen entgehen. Die §§ 478, 479 BGB sollen den Letztverkäufer immer nur dann schützen, wenn er auf Grund der zwingenden Ausgestaltung des Verbrauchsgüterkaufs nicht in der Lage ist, das grundsätzlich erhöhte Haftungspotenzial durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu minimieren.419 Fehlt es dagegen an der zwingenden Ausgestaltung des letzten Vertrages, weil der Letztverkäufer nicht an einen Verbraucher verkauft hat, kann sich der Handel durch entsprechende Abreden selbst schützen und bedarf der Regressprivilegien der §§ 478, 479 BGB nicht. Außerdem dienen die Regressnormen dem Verbraucherschutz, indem sie den Letztverkäufer vor dem durch die verstärkte Gewährleistung erhöhten Insolvenzrisiko schützen, um so dem Verbraucher einen solventen Schuldner an die Seite zu stellen.420 Ein solcher Schutz ist nur nötig, wenn am Ende der Kette tatsächlich ein Verbraucher steht. Endet die Lieferkette dagegen mit dem Verkauf an einen Unternehmer, ist der Eingriff in die vertraglichen ___________ 416

Darauf weisen auch Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535 ff., 2539 f., hin. Siehe hierzu Schubel/Th. Koch, DB 2004, 119 ff. 418 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel D. I. 419 Im Ergebnis ebenso Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 9; St. Lorenz, FS Jayme 533, 536. 420 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 417

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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Beziehungen der Unternehmer nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes erforderlich und dementsprechend nicht gerechtfertigt. Es stimmt also durchaus mit dem Regelungsplan des Gesetzgebers überein, dass die §§ 478, 479 BGB nicht auf alle Fälle, sondern nur dann anzuwenden sind, wenn der letzte Vertrag in der Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf ist. Eine die Analogie begründende planwidrige Regelungslücke ist daher zu verneinen.421 Darüber hinaus fehlt es an der Vergleichbarkeit des gesetzlich nicht geregelten mit dem in den §§ 478, 479 BGB normierten Fall. Denn nur dann, wenn der Letztverkäufer tatsächlich von einem Verbraucher in Anspruch genommen worden ist, trifft ihn das auf Grund der verbraucherschützenden und zwingenden Vorschriften erhöhte Gewährleistungsrisiko, vor dem ihn die Regressregelungen schützen wollen. Bei Lieferketten, die nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf enden, ist dieses erhöhte Haftungspotenzial dagegen nicht gegeben. Außerdem ist in diesen Fällen kein Verbraucher involviert, der durch die Regressnormen zu schützen wäre. Insofern scheidet eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB aus: Die Regressnormen greifen nur in Lieferketten, die mit einem Verbrauchsgüterkauf enden.422

b) Ausdehnung de lege ferenda Fraglich ist, ob die Beschränkung der Regressregelungen auf Lieferketten, die mit einem Verbrauchsgüterkauf enden, rechtspolitisch sinnvoll ist. Schließlich führt die Anwendbarkeit unterschiedlicher Regelungsregime, abhängig davon, wie sich der letzte Vertrag in der Lieferkette gestaltet, zu der schon aufgezeigten Rechtsunsicherheit. Außerdem ist es dem Letztverkäufer möglich, mit der Wahl seines Vertragspartners a posteriori Einfluss auf seine Verträge mit dem Lieferanten zu nehmen. Es ist also zu befürchten, dass er Waren, die er als ___________ 421

Jacobs, JZ 2004, 225, 226; Bartelt 71 f.; Mansel/Budzikiewicz 161; MatuscheBeckmann, BB 2002, 2561, 2563; Schultze-Melling 69 f.; Schumacher 110; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686; F. von Westphalen/Meier-Göring 58 f. 422 So auch Bartelt 72 f.; Böhle 190; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 9; S. Ernst, MDR 2003, 4, 5; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1399; Grote/Petersen, PHi 2004, 70 f.; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 479; Hassemer 142 ff.; ders., Jura 2002, 841, 843 Fn. 10; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 4; Höpker 64; Jacobs, JZ 2004, 225, 226; Klose 119 ff.; Laws, MDR 2002, 320, 323; Marx, BB 2002, 2566, 2570; Matthes, NJW 2002, 2505 f.; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172 Fn. 3; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; Nguyen 107 f.; Palandt/Weidenkaff § 478 BGB Rn. 3; Plate 800; Römermann, Anwalt 4/2002, 13; Schindler, JA 2004, 835, 838; Schwab/Witt/Schubel 215 f. (zumindest nicht so kurze Zeit nach Inkrafttreten); Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84 f., 86; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 121; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 453 f.; F. von Westphalen/Meier-Göring 58 f.; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64 Fn. 3; Wind 77 f.; siehe für das österreichische Recht Welser/Jud § 933b ABGB Rn. 10.

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mangelhaft erkennt, an einen Verbraucher verkauft, um den Lieferanten nach den für ihn günstigeren §§ 478, 479 BGB in Regress nehmen zu können. 423 Die Ausdehnung der Regressnormen auf den gesamten unternehmerischen Verkehr würde allerdings zu einer nicht mehr tragbaren Einschränkung der Vertragsfreiheit führen. Die durch die §§ 478, 479 BGB vorgenommenen Beschränkungen lassen sich nur als Reflex des Verbraucherschutzes rechtfertigen. Es wird letztlich Waffengleichheit hergestellt. Die unternehmerische Vertragsfreiheit soll nur insoweit eingeschränkt werden, als der Verbraucherschutz es erfordert. Die Position des Handels gegenüber dem zumeist marktmächtigeren Hersteller wird daher nur geschützt, um dem Verbraucher – anstelle einer Herstellerhaftung – einen potenten (vertraglichen) Schuldner gegenüber zu stellen. In Fällen, in denen die Lieferkette nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf endet und der Handel dementsprechend nicht übermäßig und einseitig belastet wird, muss es beim freien Kräftespiel der Unternehmer bleiben. Eine Ausdehnung der §§ 478, 479 BGB ist daher auch als rechtspolitische Forderung abzulehnen.

3. Sonderbehandlung der „um den Verbrauchsgüterkauf kupierten“424 Lieferkette? Möglicherweise kommt eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB aber dann in Betracht, wenn die – als klassisches Verbrauchergut – grundsätzlich für den Verkauf an den Verbraucher bestimmte Kaufsache aus irgendwelchen Gründen in der Lieferkette „stecken bleibt“, der ursprünglich geplante oder erwartete Verkauf an den Verbraucher also nicht stattfindet. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Zwischenhändler den Fehler der Kaufsache bemerkt und vor dem Absatz an den Endkäufer Ansprüche gegen seinen Lieferanten geltend macht. Im Schrifttum findet sich die Auffassung, dass diese Fallkonstellation von den Fällen abweicht, in denen der Letztverkäufer an einen Unternehmer und nicht an einen Verbraucher – als Letztkäufer – verkauft.425 Zwar gehe es auch in diesen Fällen nicht um Verbraucherschutz, doch fordere hier eine den Normen immanente „Regresslogik“ die analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB.426 Der Unternehmer, der mit dem Endverkauf an einen Verbraucher rechne, verlasse sich auf die §§ 478, 479 BGB, während der Lieferant ohnehin ___________ 423

Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2564; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 84. 424 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563. 425 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn 49. Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 100; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 122, 135; F. von Westphalen/Meier-Göring 58 f. 426 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn 49; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 100; auch Oechsler Rn. 337, der allerdings die analoge Anwendung nur auf § 478 Abs. 1 und 2 BGB, nicht dagegen § 478 Abs. 3 und 4 BGB bezieht.

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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von einer entsprechenden Haftung ausgehe.427 Die Analogie erstrecke sich allerdings nicht auf die Beweislastregel des § 478 Abs. 3 BGB, weil diese Norm Nachteile aus einer non liquet Situation ausgleichen solle, die nur beim tatsächlichen Verkauf an einen Verbraucher entstehen könne.428 In den meisten Fällen ist während des Verkaufs innerhalb der Lieferkette gar nicht absehbar, an wen die Kaufsache letztlich abgesetzt wird und ob der Käufer gegenüber dem Letztverkäufer Mängelgewährleistungsrechte geltend macht.429 Das gilt auch für die angeblich klassischen Verbrauchsgüter, denn selbst eine Kaffeemaschine oder der dazugehörige Kaffee können sowohl von einem Verbraucher als auch von einem Unternehmer erworben werden. Eine vorherige Festlegung des Endkunden ist daher nicht möglich. Es kann auch nicht ausreichen, dass der Rückgriffsgläubiger mit einer durch Tatsachen belegten hohen Wahrscheinlichkeit beweist, dass die Ware bei planmäßigem Absatz an einen Verbraucher gelangt wäre.430 Außerdem ist der Letztverkäufer in den Fällen, in denen die Sache in der Lieferkette stecken bleibt, nicht dem durch den Verbraucherschutz erhöhten Gewährleistungsrisiko ausgesetzt. Er muss demnach nicht durch die Regressprivilegien geschützt werden. Da die §§ 478, 479 BGB nur das durch den Verbrauchsgüterkauf erhöhte Gewährleistungsrisiko ausgleichen, ist den Normen gerade keine allgemeine „Regresslogik“ zu entnehmen, welche die Anwendung dieser Vorschriften auf Lieferketten ohne Verbrauchsgüterkauf erfordert.431 Es kann daher keinen Unterschied machen, ob der Verbrauchsgüterkauf am Ende der Kette nicht vorliegt, weil der Letztkäufer ein Unternehmer ist oder weil die Kaufsache in der Lieferkette stecken bleibt. Eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf eine „um den Verbrauchsgüterkauf kupierte“432 Lieferkette kommt mithin nicht in Betracht.433 Am Verbrauchsgüterkauf als zwingender Anwendungsvoraussetzung der §§ 478, 479 BGB ist festzuhalten.

___________ 427

Tröger, AcP 204 (2004), 115, 121 f. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 122. 429 Matthes, NJW 2002, 2505 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2564 Fn. 34. 430 So aber Tröger, AcP 204 (2004), 115, 122 f. 431 Matthes, NJW 2002, 2505 f. 432 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563. 433 So auch Bartelt 73 ff.; Böhle 192 f.; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 9; Hassemer 144; Klose 119 ff.; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 8; Matthes, NJW 2002, 2505 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2564 Fn. 34; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 14; Nguyen 108; Plate 800; Reinicke/Tiedtke Rn. 787; Schindler, JA 2004, 835, 838; Schumacher 110 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 138 ff.; Wind 76 f.; im Ergebnis auch Bülow/Artz 125. 428

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4. Vertragliche Ausgestaltung von Lieferketten ohne Verbrauchsgüterkauf Das zweigleisige Regresssystem und die damit verbundene Rechtsunsicherheit lassen sich also nur durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen vermeiden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Lieferant – wie auch jeder andere Verkäufer innerhalb der Lieferkette – gemäß der Regelung des § 478 Abs. 4 BGB nicht ohne die Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs von den Regressregelungen oder den in dieser Norm genannten Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts abweichen darf. Es ist daher nicht möglich, die Anwendung der §§ 478, 479 BGB für Lieferketten auszuschließen, die mit einem Verbrauchsgüterkauf enden.

a) Verbot des Weiterverkaufs an Verbraucher Vorstellbar wäre aber eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Käufern und Verkäufern innerhalb der Lieferkette dahingehend, dass die Kaufsache nicht an einen Verbraucher oder einen Händler verkauft werden darf, der seinerseits an Verbraucher verkauft.434 Dadurch könnte zwar nicht verhindert werden, dass der Letztverkäufer entgegen der Abrede doch an einen Verbraucher verkauft und der Lieferant damit dem Regelungsregime der §§ 478, 479 BGB unterliegt. Doch könnte er etwa dem Aufwendungsersatzanspruch aus § 478 Abs. 2 BGB die ‚dolo agit‘-Einrede entgegenhalten und so eine Inanspruchnahme verhindern.435 Außerdem könnte er dem Regressanspruch des Letztverkäufers einen Schadensersatzanspruch gegenüberstellen, der sich darauf gründet, dass der Letztverkäufer entgegen der vertraglichen Abrede an einen Verbraucher verkauft und damit eine Pflicht aus dem Vertrag verletzt hat.436 Der Lieferant würde durch diese Vereinbarung zwar nicht direkt die Regelungen der §§ 478, 479 BGB oder die in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB aufgezählten Vorschriften des allgemeinen Kaufrecht abbedingen. Im faktischen Ergebnis verhindert er allerdings durch die ‚dolo agit‘-Einrede oder den auf die Pflichtverletzung gestützten Schadensersatzanspruch die Anwendung der Regressregelungen. Ein solches Verhalten stellt eine Umgehung der §§ 478, 479 BGB durch anderweitige Gestaltungen dar und ist nach § 478 Abs. 4 S. 3 BGB unzulässig.437 Darüber hinaus sind Verbote eines Weiterverkaufs an bestimmte Per___________ 434 Siehe hierzu Böhle 137; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 48; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 88. 435 Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 76; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508. 436 Böhle 137; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 88. 437 Wie hier auch Böhle 137; Klose 288 f.; Loose 143; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 48.

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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sonen kartellrechtlich problematisch438 und stellen einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, weil sie die Verfügungsfreiheit des Käufers als neuen Eigentümers einschränken.439

b) Ausweitung der Regressregelungen auf Lieferketten ohne Verbrauchsgüterkauf Den Unternehmern innerhalb der Regresskette bleibt zur Vermeidung eines zweigleisigen Regresssystems und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit nur die Möglichkeit, die Anwendung der §§ 478, 479 BGB auch für die Fälle zu vereinbaren, in denen die Lieferkette nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf, sondern mit dem Verkauf an einen Unternehmer endet. Eine solche Vereinbarung ist individualvertraglich ohne weiteres möglich. Die Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist jedoch problematisch. Teilweise wird zwar vertreten, es müsse uneingeschränkt zulässig sein, die Sonderregelungen über den Rückgriff durch entsprechende AGB des Letztverkäufers auf Fälle auszudehnen, in denen die Lieferkette mit dem Verkauf an einen Unternehmer ende.440 Die Aussage ist in dieser Allgemeinheit jedoch nicht zutreffend. Denn außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 478, 479 BGB bestimmt sich der Regress nach den allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsregelungen. Für die Frage, ob eine den §§ 478, 479 BGB nachgebildete Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB441 darstellt, ist in solchen Fällen daher nicht das Leitbild dieser Vorschriften,442 sondern vielmehr das den §§ 433 ff. BGB zu Grunde liegende Leitbild heranzuziehen.443 Dabei ist danach zu unterscheiden, ob der Verkäufer oder der Käufer die Klauseln verwendet.

___________ 438

Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 77; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508; SchultzeMelling 111 f.; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 88. 439 R. Koch, WM 2002, 2217, 2226. 440 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXIII; siehe auch Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; F. von Westphalen/Meier-Göring 59. 441 Siehe 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) und die dortigen Nachweise. 442 So aber F. von Westphalen/Meier-Göring 59. 443 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (1).

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

aa) Verwendung durch den Lieferanten oder einen anderen Verkäufer in der Lieferkette Der Lieferant kann in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber dem Letztverkäufer ohne weiteres die Anwendung der §§ 478, 479 BGB auch für solche Fälle vereinbaren, in denen die Lieferkette nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf, sondern dem Verkauf an einen Unternehmer endet. Gleiches gilt für jeden anderen Verkäufer innerhalb der Lieferkette gegenüber seinem Käufer. Denn durch eine den gesetzlichen Regressregelungen nachgebildeten Klausel verzichtet der Verkäufer auf sein Recht zur zweiten Andienung (§ 478 Abs. 1 BGB), gewährt dem Käufer einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Ersatz der gegenüber dem Verbraucher getätigten Aufwendungen (§ 478 Abs. 2 BGB), verändert die Beweislast zu Gunsten seines Vertragspartners (§ 478 Abs. 3 BGB) und hemmt den Ablauf der Verjährungsfrist für den Käufer auf bis zu fünf Jahre (§ 479 Abs. 2). Er räumt dem Käufer also freiwillig eine effektive Rückgriffsmöglichkeit ein, die nur dem Käufer zu Gute kommt und für ihn als Verwender letztlich sogar nachteilig ist. Zwar ist zweifelhaft, ob ein Unternehmer seinem Käufer ein solches Klauselwerk in praxi anbietet, rechtlich wäre es aber ohne Weiteres wirksam. Denn der Verwender kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer ihn benachteiligenden Klausel berufen, weil die Vorschriften über die Inhaltskontrolle nicht ihn, sondern nur seinen Vertragspartner schützen.444

bb) Verwendung durch den Letztverkäufer oder einen anderen Käufer in der Lieferkette Anders stellt sich die Situation dagegen in den Fällen dar, in denen nicht der Verkäufer seinem Käufer die Regressmöglichkeit nach §§ 478, 479 BGB einräumt, sondern vielmehr der Käufer sie in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber dem Verkäufer fordert. Der BGH hat dazu jüngst entschieden, dass eine Klausel, durch die sich ein Baumarktbetreiber die Regressrechte gegenüber seinem Lieferanten auch dann einräumen lässt, wenn er nicht an einen Verbraucher, sondern einen Unternehmer verkauft, in ihrer Gesamtheit unwirksam ist.445 Der Bewertung kann allerdings in dieser Allgemeinheit nicht ohne weiteres gefolgt werden. Vielmehr ist auch hier zu berücksichtigen, dass AGB, die den §§ 478, 479 BGB nachgebildet sind, nicht eine einheitliche Regressregelung, sondern vielmehr vier gesondert voneinander zu bewertende ___________ 444 BGH NJW 1987, 837, 838; NJW 1998, 2280, 2281; Hk-BGB/Schulte-Nölke § 307 BGB Rn. 9; Palandt/Heinrichs § 307 BGB Rn. 7. 445 BGH NJW 2006, 47, 50; siehe auch Rinkler, ITRB 2006, 68, 70.

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

137

Modifikationen des allgemeinen Kaufgewährleistungsrechts enthalten,446 die jeweils einer Einzelprüfung zu unterziehen sind.

(1) Wegfall des Nacherfüllungsvorrangs (§ 478 Abs. 1 BGB) Durch eine dem § 478 Abs. 1 BGB nachgebildete Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entfällt der Vorrang der Nacherfüllung und damit das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung. Dies stellt dann keinen Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild dar, wenn die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegen und der Nacherfüllungsvorrang auch nach dem Gesetz entfällt.447 Dazu ist ein besonderes Interesse des Verwenders – hier also des Letztverkäufers oder eines anderen Käufers in der Lieferkette – erforderlich, das die sofortige Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe rechtfertigt. Dabei stellt sich die Interessenlage in Lieferketten, die mit einem Verkauf an einen Unternehmer enden, ebenso dar, wie in den anderen Regressfällen auch:448 Der Regressgläubiger müsste bei einer Nacherfüllung durch den Regressschuldner eine Sache, für die er bereits einen Käufer gefunden hatte, erneut absetzen, was einerseits mit zusätzlichen Mühen verbunden ist und andererseits das Risiko eines finanziellen Schadens birgt, wenn der Absatz nicht gelingt. Dies ist dem Regressschuldner nicht zumutbar und berechtigt ihn, sich nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB sofort auf die sekundären Rechtsbehelfe zu berufen. Er muss daher auch eine entsprechende Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen und die Generalklausel im Sinne des § 478 Abs. 1 BGB ausfüllen können.

(2) Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs (§ 478 Abs. 2 BGB) Die Begründung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen verstößt gegen den Leitgedanken des BGB, wonach ein Schadensersatzanspruch auch im vertraglichen Bereich nur durch ein schuldhaftes Verhalten des Anspruchgegners entstehen kann.449 Es lässt sich auch kein besonderes Interesse des Verwenders – also des Letztverkäufers bzw. eines anderen Käufers in der Lieferkette – finden, durch das diese Abweichung vom gesetzlichen Leit___________ 446

Siehe 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2). Vgl. hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (a). 448 Siehe 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (a). 449 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (b). 447

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

bild gerechtfertigt werden könnte. Insbesondere greifen hier nicht die dem § 478 Abs. 2 BGB zu Grunde liegenden Erwägungen, dem Handel nicht die Nachteile des erhöhten Verbraucherschutzes aufzubürden. In den vorliegenden Fällen ist der Letztverkäufer nämlich gerade nicht einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt. Damit ist eine Klausel, die dem § 478 Abs. 2 BGB nachgebildet ist, nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie vom Käufer verwendet wird.

(3) Beweislastumkehr im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem der Mangel entstanden ist (§§ 478 Abs. 3, 476 BGB) Ebenfalls unwirksam ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die dem Käufer die in § 478 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 476 BGB enthaltene Beweislastumkehr zu Gute kommt. Eine solche Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 12 BGB.450 Ein rechtfertigendes überwiegendes Interesse des Letztverkäufers als Käufer bzw. eines anderen Käufers in der Lieferkette lässt sich nicht finden. Im Gegenteil: Die Beweislastumkehr soll im allgemeinen Kaufrecht nur dem als schützenswert erachteten Verbraucher, nicht aber einem Unternehmer zur Seite gestellt werden.451

(4) Hemmung der Verjährung (§ 479 Abs. 2 BGB) Eine faktische Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf fünf Jahre durch eine Klausel, die sich inhaltlich an die in § 479 Abs. 2 BGB normierte Ablaufhemmung anlehnt, ist zulässig.452 Das Leitbild der Verjährung hat sich auf Grund der Schuldrechtsmodernisierung grundlegend geändert: Neben der Anhebung der kaufrechtlichen Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre wurde auch die Vertragsfreiheit im Verjährungsrecht gestärkt, so dass die vertragliche Verlängerung von Verjährungsfristen nunmehr grundsätzlich zulässig ist.453 Es ist mithin kein Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild, wenn der Käufer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine fünfjährige Verjährungsfrist bzw. eine Ablaufhemmung im Sinne des § 479 Abs. 2 BGB ausbedingt.

___________ 450

Siehe hierzu ausführlich 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (c). Siehe die Nachweise im 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (c). 452 So auch Mansel/Budzikiewicz 161. 453 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (d). 451

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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5. Zusammenfassung Die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB finden nur auf Lieferketten Anwendung, die mit einem Verbrauchsgüterkauf enden. Eine analoge Anwendung auf Lieferketten, die mit einem Verkauf an einen Unternehmer abschließen, kommt nicht in Betracht, da weder eine planwidrige Reglungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage vorliegen. Dabei ist unerheblich, ob der Verbrauchsgüterkauf am Ende fehlt, weil der Letztverkäufer die Sache an einen Unternehmer als Endkäufer abgesetzt hat oder weil er den Mangel der Sache erkannt und diese vor dem Verkauf an den Verbraucher an seinen Lieferanten zurückgereicht hat. Dem Lieferanten oder einem anderen Verkäufer innerhalb der Regresskette steht es allerdings frei, die Anwendung der §§ 478, 479 BGB sowohl individualvertraglich als auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Fälle zu vereinbaren, in denen es nicht zu einem Absatz an den Verbraucher gekommen ist. Der Letztverkäufer wie auch jeder andere Käufer innerhalb der Regresskette können eine solche Vereinbarung dagegen nur individualvertraglich treffen. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber dem jeweiligen Verkäufer können sie dagegen nur solche Klauseln verwenden, die dem § 478 Abs. 1 BGB und dem § 479 Abs. 2 BGB nachgebildet sind. Die Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzes im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB oder die Veränderung der Beweislast im Sinne der §§ 478 Abs. 3, 476 BGB sind ihnen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht möglich.

II. Der Verbraucherbegriff Voraussetzung der Rückgriffsregelungen der §§ 478, 479 BGB ist also das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB am Ende der Lieferkette. Deren letzter Käufer muss mithin Verbraucher sein. Der Verbraucher ist in § 13 BGB legaldefiniert454 als „natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“. Der Begriff definiert sich demnach – ebenso wie der des Unternehmers – durch ein

___________ 454 Der Wortlaut der Norm ist insofern undeutlich, als er von „ihrer gewerblichen“ und „ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit“ spricht. Dies lässt vermuten, dass Verbraucher auch ist, wer außerhalb seines Gewerbes oder seiner selbstständigen beruflichen Tätigkeit anderweitig geschäftlich handelt; siehe dazu Flume, ZIP 2000, 1427, 1428. Allerdings ist ein Gewerbetreibender, der privat handelt, sehr wohl Verbraucher; siehe statt vieler AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 13, 16.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

funktionales, ein persönliches und ein sachliches Element,455 wobei der europäische Verbraucherbegriff im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung zu berücksichtigen ist.456

1. Begriffsbestimmung anhand der Abgrenzung zum Unternehmerbegriff – Kontradiktorisches Verhältnis von Unternehmer- und Verbraucherbegriff? Auf den ersten Blick scheinen die Begriffe des Unternehmers und des Verbrauchers in einem kontradiktorischen Verhältnis zu stehen.457 Eine Person könnte dann niemals gleichzeitig Verbraucher und Unternehmer sein, müsste aber immer einer der Kategorien zugeordnet werden, weil es neben diesen beiden Begriffen keine weitere (dritte) Zuordnungsmöglichkeit gäbe („tertium non datur“).458 Hätte man also mit der oben bereits erarbeiteten Begriffsbestimmung459 die Unternehmereigenschaft verneint, wäre die Person ohne Weiteres als Verbraucher einzustufen. Eine genaue Erörterung des Verbraucherbegriffs könnte entfallen. Die These, Verbraucher- und Unternehmerbegriff stünden in einem kontradiktorischen Verhältnis, ist jedoch zweifelhaft. Zwar lässt sich für das funktionale Element eine Kontradiktion bejahen.460 Insofern kann auf die zum Unternehmerbegriff gemachten Ausführungen461 verwiesen und das funktionale Element des Verbraucherbegriffs immer dann bejaht werden, wenn es für den Unternehmerbegriff verneint wurde. Diese Kontradiktion kann auf die gesamte Definition jedoch nur ausgeweitet werden, wenn die weiteren Voraussetzungen der beiden Definitionen jeweils identisch sind. Dies ist für das sachliche Kriterium zu bejahen. Auch für den Verbraucherbegriff erfolgt die fragwürdige Beschränkung auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts, so dass insofern auf die ___________ 455 MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 8. Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 4, spricht nur von zwei Elementen, da er das sachliche Kriterium nicht gesondert mit aufnimmt, sondern in das funktionale integriert. 456 BGH NJW 1994, 2759 f.; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 5; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 14; siehe dazu auch AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 18. 457 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 30 (für den europäischen Begriff); Höpker 55; Pfeiffer, NJW 1999, 169, 171; im Ergebnis ebenso MünchKomm (4. Aufl.)/Micklitz § 13 BGB Rn. 42; Soergel/Pfeiffer § 14 BGB Rn. 3; anders Staudinger/Weick § 14 BGB Rn. 3. 458 Henssler, RdA 2002, 129, 134, der diese Einordnung im Ergebnis jedoch ablehnt; siehe zum kontradiktorischen Gegenteil allgemein Adomeit 33. 459 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 460 Siehe 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. a) cc) (1) (a); anders für Arbeitnehmer Staudinger/ Weick § 13 BGB Rn. 53. 461 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. a).

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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Ausführungen zum Unternehmerbegriff verwiesen werden kann.462 Das personale Kriterium dagegen ist in beiden Legaldefinitionen unterschiedlich ausgestaltet: Während der Unternehmerbegriff neben natürlichen auch juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften erfasst, bleibt der Verbraucherbegriff auf natürliche Personen beschränkt. Es ist also möglich, dass Personen, die zwar nicht gewerblich bzw. selbstständig beruflich handeln, nicht aber das personale Element des § 13 BGB erfüllen, wie etwa ein gemeinnütziger Verein, nicht dem Verbraucherbegriff unterfallen.463 Die Verneinung der Unternehmereigenschaft führt in diesen Fällen mithin nicht unmittelbar zur Bejahung der Verbrauchereigenschaft. Die Kontradiktion zwischen den funktionalen Elementen der §§ 13, 14 BGB führt demnach zwar dazu, dass eine Person niemals sowohl Verbraucher als auch Unternehmer sein kann. Auf Grund der unterschiedlichen Ausgestaltung des personalen Kriteriums in den jeweiligen Definitionen kann allerdings ein zu privaten Zwecken handelnder Rechtsträger, der nicht natürliche Person ist, wie etwa die privat handelnde (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nicht als Verbraucher eingeordnet werden. Er kann auf Grund der Zweckrichtung nicht als Unternehmer, mangels Vorliegen der erforderlichen personalen Voraussetzung aber auch nicht als Verbraucher eingestuft werden. Er scheint vielmehr aus beiden Begriffen heraus zu fallen und einer bisher ignorierten dritten Gruppe anzugehören. Die Unternehmereigenschaft ergibt sich also nicht schon allein auf Grund der Verneinung der Verbrauchereigenschaft einer Person, so dass das personale Element zu erörtern ist.

2. Personales Element a) Einzelpersonen und nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse Das personale Kriterium des § 13 BGB beschränkt den Verbraucherbegriff auf natürliche Personen. Damit sind zum einen alle Einzelpersonen unabhängig von ihrem intellektuellen oder ökonomischen Status und damit unabhängig von ihrer individuellen Schutzbedürftigkeit erfasst,464 zum anderen alle Zusammenschlüsse natürlicher Personen, denen keine Rechtsfähigkeit zukommt,465 also etwa die Erbengemeinschaft. Denn bei einer nicht rechtsfähigen Gemeinschaft ___________ 462

Vgl. im Einzelnen 1. Teil, 2. Kapitel A. I. 2. b). So auch Henssler, RdA 2002, 129, 134. 464 AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 9; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2050; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 5; Palandt/Heinrichs § 13 BGB Rn. 2; Ring Rn. 5; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 22; siehe auch Faber, ZEuP 1998, 854, 859. 465 Krebs, DB 2002, 517; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 34. 463

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

werden die einzelnen (natürlichen) Personen berechtigt und verpflichtet, so dass die natürliche Person weiterhin Zuordnungspunkt bleibt.

b) Rechtsfähige Personenzusammenschlüsse Problematisch ist dagegen, ob auch rechtsfähige Zusammenschlüsse von Personen, bei denen nicht die natürliche Person, sondern die Gemeinschaft als solche Rechtsträger ist, dem personalen Element des § 13 BGB genügen.

aa) Private Sphäre rechtsfähiger Personenzusammenschlüsse Zunächst ließe sich argumentieren, dass solchen rechtsfähigen Personenzusammenschlüssen bereits die persönliche Sphäre fehlt, die Voraussetzung für privates Handeln ist. Stellte man nämlich darauf ab, dass die Gemeinschaft ausschließlich zur Verfolgung eines satzungsmäßigen bzw. im Gesellschaftsvertrag festgeschriebenen Ziels tätig wird, könnte man ihr Handeln auf Grund dieser Zweckrichtung grundsätzlich der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Sphäre zuordnen. Personenzusammenschlüsse würden dann schon in funktionaler Hinsicht nicht dem Verbraucherbegriff genügen, so dass dem personalen Element keine eigenständige Bedeutung mehr zukäme. Rechtssubjekte, die das personale Element des § 13 BGB nicht erfüllen, könnten mithin auch das funktionale Element des Verbraucherbegriffs nicht verwirklichen und wären auf Grund ihres Handels immer Unternehmer. Verbraucher- und Unternehmerbegriff stünden demnach doch in einem kontradiktorischen Verhältnis, weil der unterschiedlichen Ausgestaltung des personalen Kriteriums keine eigenständige Bedeutung zukäme. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. Die gewerbliche oder selbstständige berufliche Zwecksetzung kann nicht daraus hergeleitet werden, dass der rechtsfähige Personenzusammenschluss in Verfolgung des in seiner Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgeschriebenen Ziels handelt. Vielmehr ist zu fragen, welcher Sphäre dieser Zweck zuzurechnen ist: In Fällen, in denen die juristische Person oder die rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft einen Zweck verfolgt, der bei einer natürlichen Person als privat eingestuft würde, erscheint es sinnvoll, auch bei dem Personenzusammenschluss von einer privaten Zweckrichtung auszugehen.466 So ist etwa bei einem privaten Tanzklub, einem eingetragenen Reitverein oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit nicht unternehmerischer Zwecksetzung eine private Sphäre anzuerkennen. Sie können ___________ 466 Kemper 28; im Ergebnis auch AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 20; DaunerLieb/Dötsch, DB 2003, 1666; Elßner/Schirmbacher, VuR 2003, 247, 251.

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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daher Verträge abschließen, die nicht ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit dienen, und damit das funktionale Element des Verbraucherbegriffs erfüllen. Anders liegt es dagegen bei sämtlichen Personengesellschaften des Handelsrechts: Ihnen ist der gewerbliche Zweck bereits gesetzlich vorgegeben, weshalb ihr Handeln a priori gewerblich ist.467 Sie können niemals Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sein, da sie schon das funktionale Element nicht erfüllen. Dasselbe muss – zumindest faktisch – für die Kapitalgesellschaften gelten, da auch sie in praxi fast ausschließlich gewerbliche Zwecke verfolgen.468 Festzuhalten bleibt damit, dass juristischen Personen und rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften eine private Sphäre zugesprochen werden kann und sie daher bei entsprechender Tätigkeit das funktionale Kriterium des Verbraucherbegriffs erfüllen. Ihre Einordnung als Verbraucher hängt demnach entscheidend davon ab, ob der Personenzusammenschluss dem personalen Element des § 13 BGB genügt.

bb) Ausschluss juristischer Personen Das personale Element des Verbraucherbegriffs wird für juristische Personen fast469 einhellig verneint.470 Sie seien als Gegenstück zu den natürlichen Personen gerade nicht vom Verbraucherbegriff erfasst. Dieser Ausschluss juristischer Personen aus dem Verbraucherbegriff ist jedoch in rechtspolitischer Hinsicht auf Kritik gestoßen.471 Insbesondere daran, dass auch kleinere Idealvereine und Pfarrgemeinden ausgeschlossen seien, zeige sich, dass die Ein___________ 467 Kemper 28; siehe auch Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 47; anders Elßner/Schirmbacher, VuR 2003, 247, 251. 468 Kemper 28; Pfeiffer, in: Schutze/Schulte-Nölke, 133, 138 f.; siehe auch Soergel/ Pfeiffer § 13 BGB Rn. 47. 469 Für eine analoge Anwendung spricht sich MünchKomm (4. Aufl.)/Micklitz § 13 BGB Rn. 13 f., aus, der darauf hinweist, dass Idealvereine auch vom Verbraucherbegriff des HWiG erfasst wurden und durch § 13 BGB keine Verschlechterung dieser Rechtslage herbeigeführt werden sollte. Er spricht allerdings auch an, dass die §§ 13, 14 BGB der Rechtsvereinheitlichung dienen und eine Analogie insofern problematisch sei. Siehe hierzu etwas differenzierter jetzt MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 13 f. 470 EuGH NJW 2002, 205; AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 12; Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 20; Bodewig, DZWir 1997, 447, 449; Bülow/Artz 24; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 5; S. Ernst, MDR 2003, 4, 5; Faber, ZEuP 1998, 854, 862 f.; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 428; Kropholler § 13 BGB Rn. 2; Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, §§ 13, 14 BGB Rn. 3; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 46; siehe auch Krebs, DB 2002, 517, 518 f. 471 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 20; Faber, ZEuP 1998, 854, 862 f.; Flume, ZIP 2000, 1427, 1428; Kemper 28; Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 138; ders., in: Schulte-Nölke/Schulze, 21, 38 f.; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 46; wohl auch Schiller, PHi 1999, 118, 121.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

schränkung des Verbraucherbegriffs verfehlt sei. Schließlich könne ein von ehrenamtlichen Mitgliedern organisiertes Jugendtreffen eher mit einer Familienzusammenkunft als mit einem Kongress von Daimler-Chrysler verglichen werden.472 So forderte auch der europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zum Entwurf der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, den Verbraucherbegriff auf juristische Personen auszudehnen, die nicht im Rahmen ihrer wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit handeln.473 Eine Ausdehnung des Verbraucherbegriffs auf juristische Personen stößt jedoch auf Bedenken. Schließlich kommt auch der kleinen Pfarrgemeinde oder dem eingetragenen Sportverein durch die Akkumulierung der Mittel durch die Mitglieder eine größere wirtschaftliche und strukturelle Macht zu als dem einzelnen Mitglied. Die Organe der juristischen Person müssen sich zudem häufiger mit den im Rahmen ihrer Position aufkommenden Fragen befassen, so dass sie – ähnlich einem Gewerbetreibenden oder selbstständig Berufstätigen – eine bereichsspezifische Geschäftskompetenz entwickeln (können). Damit ist der Personenzusammenschluss weniger schutzwürdig als die einzelnen in ihm verbundenen Mitglieder. Diese werden hinreichend dadurch geschützt, dass nicht sie, sondern nur die juristische Person Haftungssubjekt ist, die natürliche Person also nicht mit ihrem privaten Vermögen für Verbindlichkeiten des Personenzusammenschlusses einstehen muss.

cc) Ausschluss anderer rechtsfähiger Personenzusammenschlüsse Etwas anders gestaltet sich die Lage mit Blick auf rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, die nicht als juristische Personen einzustufen sind. Denn nach der dem BGB – bisher474 – zu Grunde liegenden Zweiteilung der Rechtssubjekte in natürliche und juristische Personen konnten und mussten alle diese rechtsfähigen Personenzusammenschlüsse quasi als natürliche Person angesehen werden. Im Schrifttum findet sich dementsprechend oftmals die Ansicht, dass solche rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften Verbraucher im Sinne des § 13 BGB seien.475 Und auch der BGH ordnete Gesellschaften des bürgerlichen Rechts als Verbraucher – im Sinne des § 1 VerbrKrG – ein.476 ___________ 472

Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 138. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, ABl. EG 1997 Nr. C 66, S. 7; siehe auch Schiller, PHi 1999, 118, 121. 474 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel B. II. 2. b), 3. 475 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 21; Artz, JZ 2002, 457; Bülow/Artz 24 f.; Erman/Saenger § 13 BGB Rn. 6 (anders für den nicht rechtsfähigen Verein, vgl. Rn. 8); Faber, ZEuP 1998, 854, 862 f.; Flume, ZIP 2000, 1427, 1428; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 428; Hk-BGB/Dörner §§ 13, 14 BGB Rn. 2; Kemper 28; MünchKomm (4. 473

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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(1) Übernahme des europäischen Verbraucherbegriffs Die Einordnung rechtsfähiger Gesamthandsgemeinschaften als Verbraucher widerspricht allerdings dem europarechtlichen Verbraucherbegriff. Denn im europäischen Recht werden nur Einzelpersonen als natürliche Personen bezeichnet. Sämtliche rechtsfähige Zusammenschlüsse mehrerer natürlicher Personen unterfallen dagegen dem Begriff der juristischen Person.477 Dies lässt sich möglicherweise schon den englischen und französischen – ebenfalls verbindlichen478 – Sprachfassungen der Richtlinien entnehmen, die von „human person“ bzw. „toute personne physique“ sprechen.479 Diese Einteilung hat auch der EuGH in seiner Entscheidung in der Sache „Benincasa“480 zu Grunde gelegt und ausgeführt, der Verbraucherbegriff des § 13 EuGVÜ erfasse nur Einzelpersonen. Zwar betrifft diese Entscheidung unmittelbar nur die Auslegung des Verbraucherbegriffs in einer verfahrensrechtlichen Regelung. Die darin manifestierte Wertung lässt sich aber auf das materielle Verbraucherschutzrecht übertragen, da sowohl die maßgebliche Verfahrensregel als auch die materiellen Vorschriften der Richtlinien dem Verbraucherschutz dienen und somit von ihrer Schutzrichtung identisch sind.481 Dem nationalen Gesetzgeber steht es zwar grundsätzlich frei, den Schutzbereich der verbraucherschützenden Normen dadurch zu erweitern, dass er rechts___________ Aufl.)/Micklitz § 13 BGB Rn. 10, 16 (jetzt anders, allerdings wohl in Friktion zu seiner Auffassung hinsichtlich der analogen Anwendung auf Idealvereine, MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 17 f.); Oetker/Maultzsch 201; Pfeiffer, in: Schutze/Schulte-Nölke, 133, 138; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 48; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 36; Stoffels Rn. 196; Tonner, WuB I E 2. – 3.02, 301. 476 BGH WuB I E 2. – 3.02, 299 = BGH NJW 2002, 368 ff. 477 Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1385; Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1009; Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 55, Gomez, Einl. Rn. 92 f.; Höffe 21; Junker, DZWir 1997, 271, 272; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1926; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 550. Der Begriff der juristischen Person ist im Gemeinschaftsrecht nicht definiert; siehe Krebs, DB 2002, 517, 518; Rösler 128; Staudinger, IPRax 2001, 183, 185; Tonner, WuB I E 2. – 3.02, 301, 302. Soergel/Pfeiffer, § 13 BGB Rn. 48, geht daher – anders als hier – davon aus, dass mangels eines europäisch-autonomen Begriffs der juristischen Person von der deutschen Einteilung auszugehen sei. 478 Siehe hierzu M. Schmidt, RabelsZ 59 (1995), 569, 574 ff.; Rusche, IPRax 2001, 420, 421. 479 Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1009; Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 55; Höffe 21; Junker, DZWir 1997, 271, 272; Krebs, DB 2002, 517, 518; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1926; Mülbert, WM 2004, 905, 906 ff.; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 550. 480 EuGH, Benincasa, Slg. 1997, I-3767 ff.; siehe auch Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 37 ff. 481 Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, 177, 183; Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 47 f.; Staudenmayer, in: Schulte-Nölke/Schulte, 63, 67 f.; Staudinger, IPRax 2001, 183, 185; wohl auch Bradgate/Twigg-Flesner 20.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

fähige Personenzusammenschlüsse in den Verbraucherbegriff mit einbezieht, da hiermit eine Ausweitung und damit Erhöhung des Schutzniveaus einhergeht.482 Von dieser Option hat der deutsche Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern den europäischen Begriff ohne Abweichungen in das deutsche Recht übernommen.483 Daher ist davon auszugehen, dass nur Einzelpersonen von § 13 BGB erfasst werden.

(2) Systematische Auslegung der §§ 13, 14 BGB Die Einordnung rechtsfähiger Gesamthandsgemeinschaften als Verbraucher ließe sich auch nicht mit der Systematik der §§ 13, 14 BGB vereinbaren.484 Die beiden Normen gehen nämlich nicht von der klassischen Aufteilung des BGB in natürliche und juristische Personen aus. Vielmehr erweitern sie den Kreis der Rechtssubjekte um eine dritte Kategorie: Neben die natürlichen und juristischen Personen tritt die rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 BGB. Zwar findet sich diese dritte Kategorie nur in § 14 Abs. 2 BGB und damit in der Norm, die den Unternehmer definiert. Sie strahlt jedoch auf den Verbraucherbegriff aus, da beide Normen inhaltlich in sehr engem Zusammenhang stehen und zeitgleich in das BGB aufgenommen worden sind. Daher muss diese – die klassische Zweiteilung durchbrechende – dritte Kategorie auch beim personalen Element des § 13 BGB berücksichtigt werden: Vom Verbraucherbegriff sind nicht nur juristische Personen, sondern auch die – ebenfalls in § 13 BGB nicht genannten – rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften ausgeschlossen.485 In der Einführung dieser neuen Kategorie der rechtsfähigen Personengesellschaft in § 14 Abs. 2 BGB liegt auch der entscheidende Unterschied zum Verbraucherbegriff des § 1 VerbrKrG, den der BGH in der schon angeführten Entscheidung486 auszulegen hatte. Dieser deckt sich zwar mit dem wortgleichen § 13 BGB, allerdings liegt jenem noch die klassische Zweiteilung in natürliche und juristische Personen zu Grunde, so dass alle Personenzusammenschlüsse, ___________ 482 Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1009; Pfeiffer, in: Schulze/Schulte-Nölke, 133, 139; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 550 Fn. 31; Staudinger, IPRax 2001, 183, 186; Tonner, WuB I E 2. – 3.02, 301, 302; siehe auch MünchKomm (4. Aufl.)/Micklitz § 13 BGB Rn. 5 f.; Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 159. 483 BR-Drucks. 528/95, S. 11 f., für § 24a AGBG, der wortgleich in § 13 BGB überführt wurde; siehe hierzu auch Krebs, DB 2002, 517, 519; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 1. 484 Wie hier auch Mülbert, WM 2004, 905, 910. 485 Elßner/Schirmbacher, VuR 2003, 247, 248 ff.; Fehrenbacher/Herr, BB 2002, 1006, 1009, 1010; Krebs, DB 2002, 517, 518. 486 Siehe die Nachweise in Fn. 476.

B. Anforderungen an den letzten Vertrag in der Lieferkette

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die nicht dem Begriff der juristischen Person unterfielen, als natürliche Personen eingeordnet werden konnten.487 Darauf stellt auch der BGH bei seiner Auslegung entscheidend ab.488 Diese Leseart ist nach der den §§ 13, 14 BGB zu Grunde liegenden Dreiteilung in natürliche Personen, rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften und juristische Personen aber nicht mehr möglich. Rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, die nicht als juristische Person einzustufen sind, können nicht als natürliche Person, sondern müssen vielmehr als rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft im Sinne von § 14 Abs. 2 BGB eingeordnet werden.

(3) Teleologische Erwägungen Für den Ausschluss streiten schließlich auch teleologische Erwägungen. Einem rechtsfähigen Personenzusammenschluss kommt auf Grund der akkumulierten Mittel – ähnlich wie einer juristischen Person – sowohl eine gegenüber den einzelnen Gesellschaftern bzw. Mitgliedern gesteigerte wirtschaftliche und strukturelle Macht als auch eine gewisse bereichsspezifische Geschäftskompetenz zu. Er ist mithin nicht schutzbedürftig.

3. Zusammenfassung Der Verbraucherbegriff erfasst natürliche Personen, die auf Grund der Zweckrichtung ihres Handelns nicht dem Unternehmerbegriff unterfallen. Dabei werden nur Einzelpersonen und nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, wie etwa die Erbengemeinschaft, erfasst, bei denen die natürliche Person und nicht die Gemeinschaft als solche Rechtsträger ist. Juristische Personen und andere rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften können vom Verbraucherbegriff dagegen selbst bei entsprechend privater Zweckrichtung ihres Handelns nicht erfasst werden, da sie nicht dem personalen Element dieses Begriffes genügen.489 Sie sind einer neben dem Verbraucher und dem Unternehmer stehenden dritten Kategorie zu unterstellen,490 die von Krebs491 als Zivilperso___________ 487 BGH WuB I E 2. – 3.02, 299, 300 = BGH NJW 2002, 368 f.; MünchKomm (4. Aufl.)/Micklitz § 13 BGB Rn. 10 (jetzt allerdings anders, vgl. MünchKomm/Micklitz § 13 BGB Rn. 18); zweifelnd Krebs, DB 2002, 517 f. 488 BGH NJW 2002, 368 f. 489 Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666; Jauernig/Jauernig § 13 BGB Rn. 2; Mülbert, WM 2004, 905, 910 ff.; Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, §§ 13, 14 BGB Rn. 3. 490 Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666 f., 1669; Henssler, RdA 2002, 129, 134; Krebs, DB 2002, 517, 520, der allerdings einen Unternehmerbegriff vertritt, der von dem hier erläuterten abweicht. Eine solche Kategorie wird teilweise auch für den Arbeitnehmer angedacht; siehe Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173, 175.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

nen bezeichnet wird. Wie der Gesellschafts-Geschäftsführer einer GmbH492 muss aber der einzelne Gesellschafter, der nicht im Namen der Gesellschaft handelt, Verbraucher sein.493

C. Anforderungen an die Kaufsache Die Regressnormen erfordern nicht nur das Vorliegen einer Lieferkette, die aus Unternehmern besteht und mit einem Verbrauchsgüterkauf abschließt, sondern stellen darüber hinaus auch Anforderungen an den durch diese Kette gehandelten Kaufgegenstand.

I. Beschaffenheit der Kaufsache 1. Sache im Sinne von § 90 BGB Gemäß § 478 Abs. 1 und 2 BGB muss es sich bei dem durch die Lieferkette verkauften Gegenstand um eine Sache handeln. Sachen sind nach der Legaldefinition in § 90 BGB „körperliche Gegenstände“, also solche, die unabhängig von ihrem Aggregatzustand vom Raum abgrenzbar sind.494 Erfasst werden davon auch nicht körperliche495 Gegenstände, die durch entsprechende Behältnisse von der Umgebung abgegrenzt werden, wie etwa Mineralwasser in Flaschen oder Gas in Batterien. Erfolgt eine solche Abgrenzung nicht, sind nicht körperliche Gegenstände, wie Luft, Licht, Gas, fließendes Wasser, Strahlen, Elektrizität und Informationen, keine Sache im Sinne des § 90 BGB.496 Gleiches gilt für sämtliche Rechte.497 ___________ 491

Krebs, DB 2002, 517, 520. BGH Z 133, 220, 222 f.; AnwKomm/Ring §§ 13, 14 BGB Rn. 17; Dauner-Lieb u.a./Ring § 12 Rn. 7; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 30, 40; kritisch hierzu DaunerLieb/Dötsch, DB 2003, 1666, 1667. 493 Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666, 1668 f. 494 Hk-BGB/Dörner § 90 BGB Rn. 2; Soergel/Marly § 90 BGB Rn. 1; siehe auch Köhler 279; MünchKomm/Holch § 90 BGB Rn. 8. 495 Hierbei ist auf die Verkehrsanschauung und nicht auf die neueren physikalischen Erkenntnisse abzustellen, denen zufolge auch Strom und andere für uns nicht körperliche Gegenstände Substanz haben. 496 Ehmann/Sutschet 230; Lehmann, JZ 2000, 280, 281; MünchKomm/Holch § 90 BGB Rn. 8 f.; Schimmel/Buhlmann 153; Soergel/Marly § 90 BGB Rn. 1; Westermann/ Buck 166. 497 Bamberger/Roth/Fritzsche § 90 BGB Rn. 18 ff.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 80; siehe auch Palandt/Heinrichs, Überbl v § 90 BGB Rn. 2. 492

C. Anforderungen an die Kaufsache

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Die Regressvorschriften und die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs finden auf solche nicht körperlichen Gegenstände keine Anwendung. Zwar erklärt § 453 Abs. 1 BGB, dass „die Vorschriften über den Kauf von Sachen […] auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen entsprechende Anwendung [finden]“. Doch bezieht sich diese Verweisung nicht auf die Regelungen der §§ 478, 479 BGB, da es sich bei ihnen nicht um Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts, sondern um eine spezielle Regelungsmaterie handelt.498 Der Ausschluss dieser Gegenstände deckt sich mit den Vorgaben der Richtlinie, die ausweislich ihres Art. 1 Abs. 2 lit. b) keine Anwendung auf Strom sowie Wasser und Gas in nicht begrenztem Volumen finden.499 Für diese nicht körperlichen Gegenstände wird der notwendige Verbraucherschutz durch die für die entsprechenden Verträge zwingend geltenden500 Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Wasser, Strom, Gas und Fernwärme501 gewährleistet.502

2. Bewegliche Sache Die Kaufsache muss zudem beweglich sein. Aus dem Anwendungsbereich der Regressnormen scheiden damit sowohl Verkäufe über Grundstücke wie auch über Grundstücksbestandteile aus.503 Etwas anderes gilt nur, wenn das Zubehör der Immobilie oder das Gebäude selbst (etwa ein Gartenhaus) als bewegliche Sache gekauft wird.504 Diese Beschränkung der Regressnormen ergibt sich zwar nicht aus den §§ 478, 479 BGB selbst, da diese nur eine neu hergestellte, nicht aber eine bewegliche Sache fordern. Die Voraussetzung findet sich aber in § 474 Abs. 1 S. 1 BGB, der eine bewegliche Sache voraussetzt. Diese ___________ 498

Hk-BGB/Saenger § 474 BGB Rn. 3. Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 34 ff.; Lehr/Wendel, EWS 1999, 321, 322; Tonner, BB 1999, 1769, 1771; siehe auch Schwartze, ZEuP 2000, 544, 553. 500 Vergleiche dazu jeweils § 1 der Verordnungen, wonach die entsprechenden Bedingungen zum Zwangsinhalt eines jeden Vertrages mit Tarifkunden zu machen sind. 501 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, AVBEltV vom 21. Juni 1979, BGBl. I 1979, S. 676 ff.; Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden, AVBGasV vom 21. Juni 1979, BGBl. I 1979, S. 684 ff.; Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme, AVBFernwärmeV vom 20. Juni 1990, BGBl. I 1980, S. 742 ff.; Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser, AVBWasserV vom 20. Juni 1980, BGBl. I 1980, S. 750 ff.; siehe hierzu im Einzelnen Tegethoff/Büdenbender/Klinger, Einleitung 3 ff. 502 AnwKomm/Büdenbender § 474 BGB Rn 3. 503 Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 80; ausführlich Höpker 57 f.; siehe im Ergebnis auch MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 8. 504 Grundmann/Bianca/Serrano Art. 1 Kauf-RL Rn. 31. Dieses Problem wird von vielen Autoren nur angerissen, aber nicht entschieden; siehe etwa Bradgate/Twigg-Flesner 21 f.; Junker, DZWir 1997, 271, 278; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1926. 499

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

Norm statuiert die Grundvoraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften im Untertitel für den Verbrauchsgüterkauf. Sie ist somit auch für die §§ 478, 479 BGB zu beachten,505 die zum einen ebenfalls in diesem Untertitel verortet sind und die zum anderen am Ende der Lieferkette einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB fordern.506 Außerdem sollen die Regressprivilegien nur dem Letztverkäufer zu Gute kommen, der auf Grund der Anwendung der verbraucherschützenden Vorschriften einem erhöhten Haftungsrisiko durch die zwingende Ausgestaltung dieser Normen ausgesetzt ist.507 Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt sind, wenn es sich bei dem Kaufgegenstand also um eine bewegliche Sache handelt. Denn nur dann gelten die Vorschriften der §§ 474 ff. BGB, insbesondere die zwingende Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts gemäß § 475 BGB.

3. Neu hergestellte Sache a) Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB (nach nationalen Auslegungskriterien) aa) Die neu hergestellte Sache als Voraussetzung der Regressnormen Der Wortlaut der Regressnormen erfordert schließlich, dass sowohl der Verbrauchsgüterkauf wie auch jeder vorangegangene Kaufvertrag in der Lieferkette eine neu hergestellte Sache zum Gegenstand haben. Zwar erfordert der Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nur das Vorliegen einer beweglichen Sache, findet also – wie sich auch aus einem Umkehrschluss der §§ 474 Abs. 1 S. 2, 475 Abs. 2 BGB ergibt508 – auf neu hergestellte und gebrauchte Sachen Anwendung. Allerdings wird diese Voraussetzung in den §§ 478, 479 BGB beschränkt: Die Regressnormen finden ihrem Wortlaut nach nur auf solche Lieferketten Anwendung, denen als Kaufgegenstand eine neu hergestellte Sache zu Grunde liegt. Deren kontradiktorisches Gegenteil, die gebrauchten Sachen, werden von den Regressregelungen demnach ausgeschlossen. Diese Auslegung wird durch einen Blick in die Gesetzesbegründung zu § 478 BGB bestätigt. Dort wird ausgeführt, dass „bei gebrauchten Sachen […] ___________ 505

So auch Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 2. Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel B. I. 507 Siehe bereits 1. Teil, 2. Kapitel B. I. 2. a) sowie die dortigen Nachweise. 508 So auch AnwKomm/Büdenbender § 474 BGB Rn 3. 506

C. Anforderungen an die Kaufsache

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in aller Regel keine geschlossene Vertriebskette vor[liegt], die Erleichterungen bei dem Rückgriff rechtfertigen könnte.“509 Die Auslegung nach nationalen Auslegungskriterien ergibt also, dass die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB auf neu hergestellte Sachen beschränkt sind.510

bb) Begriffsbestimmung Ausweislich der Gesetzesbegründung sind für die Bestimmung, wann eine Sache neu und wann gebraucht ist, die im Rahmen des § 11 Nr. 10 AGBG a.F. entwickelten Abgrenzungskriterien heranzuziehen:511 Es ist entscheidend auf das gebrauchsabhängige Sachmängelgewährleistungsrisiko abzustellen.512 Danach ist eine Sache grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihrer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme nicht mehr neu, sondern gebraucht.513 Die Definition ist problematisch, wenn es sich bei dem Kaufgegenstand um ein Tier handelt. Da auf Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften gemäß § 90a BGB entsprechend angewandt werden und seit der Schuldrechtsreform nicht mehr die Spezialregelungen zum Viehkauf, sondern die Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts gelten,514 ist die Unterscheidung zwischen neu und gebraucht auch hier relevant. Für die Abgrenzung kann allerdings nicht auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch, also ein typischerweise mit dem Gebrauch entstehendes Risiko abgestellt werden, das über das allgemeine Lebens- und Gesundheitsrisiko hinausgeht.515 Denn bei vielen Tieren, etwa bei einer Hauskatze oder einem Hamster, fehlt es schon an einem bestimmungsgemäßen Gebrauch.516 Bei den Tieren, die einem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt werden können, etwa einem Reitpferd oder einer Milchkuh, ist oftmals problematisch, ab welchem Zeitpunkt das Tier bestimmungsgemäß gebraucht ___________ 509

Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248. 510 In den Niederlanden etwa wird der Regress auch für gebrauchte Sachen gewährt; siehe Janssen/Schimansky, IHR 2004, 95, 101. 511 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 245. 512 BGH NJW-RR 1986, 52 f.; siehe auch Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406; Schimmel/Buhlmann 153. 513 BGH NJW 1980, 1097, 1098; Eichelberger, ZGS 2007, 98 f.; Loose 42; Schimmel/Buhlmann 153; Schultze-Melling 70 f.; Schumacher 101; siehe auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 57 f.; Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406. 514 Diese Regelungen galten als „inhaltlich überholt“; siehe Medicus, in: Eckert/Delbrück, 51, 53; ders., ZIP 1996, 1925, 1930; Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251. 515 So aber BGH NJW-RR 1986, 52, 53; LG Aschaffenburg NJW 1990, 915 f. 516 Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406, 1407.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

wird.517 Das Abgrenzungskriterium des bestimmungsgemäßen Gebrauchs ist bei Tieren daher nicht brauchbar. Zu beachten ist allerdings, dass dieses Kriterium lediglich eine Konkretisierung des maßgeblichen Sachmängelgewährleistungsrisikos darstellt. Dieses wohnt Sachen grundsätzlich erst nach ihrer Ingebrauchnahme inne. Bei Tieren liegt das maßgebliche Sachmängelgewährleistungsrisiko dagegen bereits im allgemeinen Lebens- und Gesundheitsrisiko.518 Daher sind Tiere grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt als „gebraucht“ anzusehen und können mithin niemals „neu hergestellt“ im Sinne des § 478 Abs. 1 und 2 BGB sein.519

b) Analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf gebrauchte Sachen Fraglich ist, ob die Regressreglungen im Wege einer analogen Anwendung auf gebrauchte Sachen erstreckt werden können. Denn die Wortlaut- und damit Auslegungsgrenze kann im Rahmen einer Rechtsfortbildung überschritten werden.520 Dazu sind zum einen eine planwidrige Regelungslücke und zum anderen die Vergleichbarkeit des ungeregelten Falls mit dem im Gesetz geregelten Fall erforderlich.521

aa) Regelungslücke Der Wortlaut der Regressnormen ist eindeutig auf neu hergestellte Sachen beschränkt und schließt damit gebrauchte Sachen vom Anwendungsbereich aus. Der Regress bei Lieferketten, denen als Kaufgegenstand eine gebrauchte Sache zu Grunde liegt, richtet sich also nicht nach den §§ 478, 479 BGB, sondern nach den Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts, die keine effektive Rückgriffsmöglichkeit gewähren. Es besteht somit eine Regelungslücke.

___________ 517

Ist ein Reitpferd etwa eingeritten, wenn es einen Reiter auf seinem Rücken duldet, wenn es in allen drei Grundgangarten taktfrei geht oder wenn es bestimmte andere Dressurübungen beherrscht?; vgl. Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406, 1407 f. 518 Ähnlich auch Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406, 1408 f. 519 Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406, 1408 f.; Eichelberger, ZGS 2007, 98, 100 f.; a.A. wohl Westermann/Buck 172. Dagegen stellt Schindler, JA 2004, 835, 838, auf den Zeitpunkt ab, in dem das Neugeborene allein überlebensfähig ist. 520 Frisch 11 f.; siehe auch Staudinger 64 f. 521 Siehe bereits die Nachweise in Fn. 319 und 321.

C. Anforderungen an die Kaufsache

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bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke Der Gesetzgeber führt in der Gesetzesbegründung dazu aus: „Schließlich findet die Vorschrift nur auf „neu hergestellte“ Sachen Anwendung. Bei gebrauchten Sachen liegt in aller Regel keine geschlossene Vertriebskette vor, die Erleichterungen bei dem Rückgriff rechtfertigen könnte.“522 Der Ausschluss gebrauchter Sachen wird also nicht unmittelbar an die Beschaffenheit solcher Sachen geknüpft, sondern damit begründet, dass bei gebrauchten Sachen in aller Regel keine geschlossene Vertriebskette vorliege, welche die Anwendung der Regressnormen rechtfertige.

(1) Annahme einer planwidrigen Regelungslücke Im Schrifttum wird daher von der Planwidrigkeit der Regelungslücke in den Fällen ausgegangen, in denen eine gebrauchte Sache ausnahmsweise durch eine „geschlossene Vertriebskette“ gehandelt werde. Als Beispiele für solche Fälle werden der Verkauf von Antiquitäten bzw. Kunst und der in der Praxis relevante Fall des Gebrauchtwagenkaufs angeführt:523 Nehme etwa ein Autohersteller den Altwagen eines Kunden in Zahlung und verkaufe diesen an einen Gebrauchtwagenhändler weiter, der den Wagen seinerseits an einen Verbraucher verkaufe, liege dieselbe Rückgriffsproblematik vor wie bei neuen Sachen. Die Begründung des Gesetzgebers, die §§ 478, 479 BGB fänden auf gebrauchte Sachen keine Anwendung, weil es in aller Regel an einer „geschlossenen Vertriebskette“ fehle, greife in diesen Ausnahmefällen gerade nicht mehr. Die oben festgestellte Regelungslücke entspreche mithin nicht dem Regelungsplan des Gesetzgebers.

(2) Ablehnung einer planwidrigen Regelungslücke (a) Genereller Ausschluss gebrauchter Sachen Diese Ansicht stößt allerdings auf Bedenken. Zum einen ist der Aussage in der Gesetzesbegründung („Bei gebrauchten Sachen liegt in aller Regel keine geschlossene Vertriebskette vor, die Erleichterungen bei dem Rückgriff recht-

___________ 522

Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248. 523 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXII; Jacobs, JZ 2004, 225, 227; Jud, ZfRV 2001, 201, 206; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 123; Westermann, JZ 2001, 530, 540; siehe zur etwas anderen Interessenlage in diesen Fällen Schumacher 102 f.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

fertigen könnte.“524) nicht eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Anwendung der §§ 478, 479 BGB bei gebrauchten Sachen nur dann ausschließen wollte, wenn diese nicht durch eine geschlossene Vertriebskette verkauft werden. Zwar ist dieser Auffassung zuzugeben, dass der Gesetzgeber die Anwendung der §§ 478, 479 BGB mit dem Vorliegen einer geschlossenen Vertriebskette und nicht mit der Beschaffenheit der gebrauchten Sache als solcher begründet. Doch deutet einiges darauf hin, dass der Gesetzgeber gebrauchte Sachen grundsätzlich ausnehmen wollte. Schließlich spricht er nur davon, dass bei gebrauchten Sachen „in aller Regel“ keine geschlossene Vertriebskette vorliege. Er scheint daher durchaus in Betracht zu ziehen, dass es auch Ausnahmen gibt, also Fälle, in denen gebrauchte Sachen durch eine geschlossene Vertriebskette verkauft werden. In diesen Fällen liefe zwar die gesetzgeberische Begründung leer: Obwohl eine geschlossene Lieferkette und damit die Rechtfertigung für die Anwendung der §§ 478, 479 BGB gegeben wäre, kommen die Regressnormen nicht zur Anwendung. Der Gesetzgeber scheint diese Problematik auch erkannt zu haben, da andernfalls die Einschränkung „in aller Regel“ sinnlos wäre. Dennoch enthält die Gesetzesbegründung keine Ausnahme für durch eine geschlossene Lieferkette gelieferte gebrauchte Sachen. Es ist demnach davon auszugehen, dass der Gesetzgeber gebrauchte Sachen grundsätzlich – also unabhängig davon, ob sie in einer geschlossenen Lieferkette vertrieben werden oder nicht – vom Anwendungsbereich ausschließen wollte. Dafür spricht auch, dass der deutsche Gesetzgeber schon während des europäischen Gesetzgebungsverfahrens zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bemüht war, gebrauchte Sachen so weit wie möglich von den Vorgaben der Richtlinie auszunehmen.525 (b) Definition der geschlossenen Vertriebskette Zum anderen liegt in den von der Literatur beschriebenen Fällen, in denen ein Gebrauchtwagen oder eine Antiquität von einem Unternehmer erworben und dann über einen weiteren Unternehmer an einen Verbraucher verkauft wird, keine „geschlossene Vertriebskette“ im Sinne der Gesetzesbegründung vor. Unter einer Lieferkette ist zunächst eine Kette von Verträgen zu verstehen, durch die eine Sache vom Hersteller bis zum Endabnehmer vertrieben wird, ohne dabei zwischenzeitlich von einem der Glieder innerhalb der Lieferkette benutzt zu werden. Auch die in § 478 Abs. 5 BGB und § 479 Abs. 3 BGB in Bezug genommene Lieferkette beginnt bei dem Unternehmer, der die Sache in ihrer Gesamtheit hergestellt hat, und zieht sich über mehrere Unternehmer, bis sie beim Verbraucher endet. Für dieses Verständnis spricht des Weiteren, dass die Regressvorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie letztlich einen Ausgleich ___________ 524 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248. 525 Siehe insoweit die Information bei Micklitz, EuZW 1999, 485.

C. Anforderungen an die Kaufsache

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für die ursprünglich geplante, aber nicht eingeführte Herstellerhaftung treffen526 und daher ebenso wie diese dem Hersteller die Gewährleistungskosten aufbürden wollte, die durch die fehlerhaften Produkte entstanden sind. Geschlossen ist diese Kette von Verträgen nur dann, wenn sie beim Hersteller beginnt, über mehrere Zwischenhändler verläuft und bei dem Käufer endet, der die Sache ihrer Bestimmung gemäß gebraucht. Dies ist bei gebrauchten Gegenständen aber nicht möglich. Sie wurden nach ihrer Herstellung und dem Vertrieb durch eine erste Lieferkette bereits benutzt. Werden sie nach ihrem erstmaligen Gebrauch durch einen Endabnehmer erneut über mehrere Absatzstufen an einen zweiten Verbraucher verkauft, ist schon fraglich, ob diese zweite Vertragskette noch als Lieferkette im Sinne der Gesetzesbegründung angesehen werden kann. Zumindest ist die Lieferkette aber nicht mehr geschlossen. Sie wurde vielmehr zwischenzeitlich unterbrochen, so dass die Kaufsache externen Einflüssen ausgesetzt war. Ohne geschlossene Vertriebskette besteht nach Ansicht des Gesetzgebers aber kein Bedürfnis, den Unternehmern die Regresserleichterungen der §§ 478, 479 BGB zu Gute kommen zu lassen. Da bei gebrauchten Sachen keine geschlossene Vertriebskette in dem eben dargestellten Sinn vorliegt, kommt in diesen Fällen die Anwendung der Regressnormen selbst dann nicht in Betracht, wenn man deren Anwendung nur vom Vorliegen einer geschlossenen Lieferkette abhängig machen würde. (c) Sinn und Zweck der Regressregelungen Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck, welcher den Regressregelungen insgesamt zu Grunde liegt. Dem Handel sollen nicht die erhöhten Gewährleistungskosten aufgebürdet werden, die sich aus der Verbesserung des Verbraucherschutzes ergeben.527 Diese Kosten sollen vielmehr an das Glied der Lieferkette durchgereicht werden, das den Mangel der Kaufsache verursacht hat. Dies wird bei neu hergestellten Sachen zumeist der Hersteller sein, da dieser als einziger in der Regresskette die Produktionshoheit und damit auch die Möglichkeit hat, Fehler bei der Herstellung der Sache zu verhindern. Bei gebrauchten Sachen ist dies dagegen anders. Hier hat der Verkäufer des Letztverkäufers, also der Lieferant, die Sache zumeist nicht selbst hergestellt, sondern sie – wie etwa in dem oben dargestellten Fall des Gebrauchtwagens528 – von einem Verbraucher oder von einem Unternehmer erworben, der die Sache vor dem Weiterverkauf ebenfalls genutzt hat. Er konnte also auf die Sache ebenso ___________ 526

Siehe dazu 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 2. Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 528 Siehe 1. Teil, 2. Kapitel C. I. 3. b) bb) (1). 527

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

wenig einwirken wie ein Zwischenhändler auf eine neu hergestellte Sache. Zudem ist bei einer gebrauchten Sache die Gefahr viel höher, dass sie schon zu dem Zeitpunkt, zu dem der Lieferant sie erhalten hat, mangelhaft war, ohne dass er – anders als der Hersteller – dies hätte verhindern können, oder dass sie auf Grund der schon erfolgten Nutzung mangelhaft wird, ohne dass der Lieferant den Mangel verursacht hätte. Daher ist die Regresssituation bei gebrauchten Sachen nicht mit derjenigen bei neu hergestellten Sachen vergleichbar.529 Es entspricht demnach dem Regelungsplan des Gesetzgebers, gebrauchte Sachen aus den Regressregelungen auszunehmen, so dass die Regelungslücke nicht planwidrig ist. Eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf gebrauchte Sachen scheidet mithin aus rein nationaler Warte aus. Dies gilt selbst für die Fälle, in denen die gebrauchte Sache über mehrere Unternehmer an einen Verbraucher verkauft wird.

c) Korrektur auf Grund des europäischen Ursprungs der Regressregelungen – Richtlinienkonforme Auslegung und Rechtsfortbildung Dieses Auslegungsergebnis muss allerdings möglicherweise anhand der europarechtlichen Vorgaben korrigiert werden. Da die §§ 478, 479 BGB europarechtlicher Herkunft sind, müssen im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung und gegebenenfalls einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung auch der Wortlaut und insbesondere der Telos der Regressvorgabe in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie berücksichtigt werden.

aa) Vorgaben der Richtlinie für den Regress (1) Vorgaben der Richtlinie allgemein Die Richtlinie findet grundsätzlich auf neu hergestellte und gebrauchte Sachen Anwendung.530 Die noch im Grünbuch enthaltene Beschränkung auf bewegliche, neue und haltbare Konsumgüter531 wurde weder in den Richtlinienvorschlag noch in die endgültige Fassung der Richtlinie übernommen. Daher ___________ 529 Im Ergebnis, allerdings mit etwas anderer Begründung, so nunmehr auch Klose 163 f.; Loose 43; a.A. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 123. 530 Die Ausdehnung der Vorgaben auf gebrauchte Waren wurde wegen der damit einhergehenden erheblichen Belastungen für Gebrauchtwarenhändler stark kritisiert; vgl. Anders, ZRP 2000, 293, 294; Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 618, 621; Schiller, PHi 1999, 118, 128; ähnlich Westermann, JZ 2001, 530, 535. 531 Siehe hierzu Bradgate/Twigg-Flesner 4; Höffe 12; Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8, 16, 42 f. (kritisch zu den Begriffen neu und langlebig).

C. Anforderungen an die Kaufsache

157

gilt der in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorgegebene effektive Rückgriff nicht nur für neu hergestellte, sondern grundsätzlich auch für gebrauchte Sachen.532

(2) Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 4 der Richtlinie Fraglich ist allerdings, ob bei gebrauchten Sachen die Voraussetzungen des Art. 4 der Richtlinie gegeben sein können. Ausweislich dieser Norm „kann der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen“, wenn er „dem Verbraucher auf Grund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson“

haftet. Ein Regress des Letztverkäufers muss danach nur möglich sein, wenn die Mangelhaftigkeit der Sache, welche die Haftung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher auslöst, in einem Verhalten des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson begründet liegt. Haftet der Letztverkäufer dem Verbraucher etwa, weil das von ihm gekaufte Regal der Belastung durch mehrere Bücher auf Grund eines Konstruktionsfehlers nicht standhält, insofern also mangelhaft ist, muss ihm ein Rückgriff gegenüber dem Hersteller oder einem anderen Verkäufer in der Lieferkette gewährt werden, der dann seinerseits den Hersteller als seinen Verkäufer in Anspruch muss nehmen können. Ist das Regal mangelhaft, weil einer der Verkäufer innerhalb der Lieferkette es nicht ordnungsgemäß gelagert hat, so dass es etwa Wasserschäden aufweist, kann der Letztverkäufer zumindest diesen Verkäufer in Regress nehmen. Da die neu hergestellte Sache keinen externen Einflüssen ausgesetzt wird, ist dasjenige Glied der Lieferkette, das durch sein Verhalten die Vertragswidrigkeit im Verbrauchsgüterkauf verursacht hat, in aller Regel eindeutig zu bestimmen: Ein Mangel kann entweder durch einen Fehler im Herstellungsprozess oder ausnahmsweise durch falsche Lagerung oder unsachgemäßen Transport verursacht werden. Bei gebrauchten Sachen ist das anders. Ein Gebrauchtwagen etwa ist gerade nicht neu hergestellt, sondern wurde schon – über oftmals längere Zeit – benutzt. Wird dieser Wagen über eine weitere Absatzkette wieder verkauft und ___________ 532

Bartelt 81 f.; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 157; Hänlein, DB 1999, 1641, 1642; Hassemer 134 f.; Kelwing 243 f.; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 8; Knütel, NJW 2001, 2519, 2521; Nietzer/Stein, ZVglRWiss 99 (2000) 41, 42; Nguyen 111 f.; Schiller, PHi 1999, 118, 121; Schumacher 103 f.; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 3; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 123; siehe auch Bamberger/Roth/ Faust § 478 BGB Rn. 8; zweifelnd Jacobs, JZ 2004, 225, 227.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

stellt der zweite Endkäufer einen Mangel fest, ist dieser nicht mehr ohne weiteres auf ein Verhalten des Herstellers oder eines anderen Verkäufers in der Vertragskette zurückzuführen, sondern kann auch aus dem Gebrauch der Sache resultieren oder eine Verschleißerscheinung darstellen. Dem Letztverkäufer muss ein Regress aber nur dann gewährt werden, wenn sich der Mangel im Verbrauchsgüterkauf aus dem Verhalten des Herstellers oder anderer Glieder der Kette ergibt. Außerdem ist ein Regress nur gegen „den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette“ möglich. Für den oben beschriebenen Fall ist allerdings fraglich, ob die in Art. 4 der Richtlinie genannte Vertragskette nach dem Verkauf an einen Verbraucher fortgesetzt werden kann, indem die gebrauchte Sache erneut über mehrere Absatzstufen an einen weiteren Verbraucher verkauft wird. Zwar ließe sich argumentieren, dass derjenige, der die Sache zwischenzeitlich genutzt hat, Zwischenperson im Sinne des Art. 4 der Richtlinie ist. Doch scheinen damit eher Personen gemeint zu sein, die der Lieferkette – ohne Verkäufer zu sein – zumindest mittelbar angehören, etwa selbstständige Transportpersonen, welche die Sache vom Hersteller zum Zwischenhändler transportieren. Schließlich haften nur Personen innerhalb der Vertriebskette und nicht auch außerhalb dieser stehende Dritte. Der europäische Richtliniengeber scheint davon auszugehen, dass die Vertragskette beim Hersteller beginnt und beim Verbraucher endet. Dafür spricht auch, dass Art. 4 letztlich dazu dient, den Hersteller an der Gewährleistungshaftung zu beteiligen und so die Nichteinführung einer direkten Herstellerhaftung zu kompensieren.533 Daher ist bei gebrauchten Sachen, die von einem Verbraucher bereits – eventuell über längere Zeit – benutzt wurden, nicht mehr davon auszugehen, dass der Hersteller oder ein anderer Verkäufer, der die neu hergestellte Sache zum Weiterverkauf erworben hat, die Vertragswidrigkeit im zweiten Verbrauchsgüterkauf verursacht haben. Wahrscheinlicher ist, dass der Fehler aus dem längeren Gebrauch der Sache resultiert. Die Voraussetzungen des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie liegen dann nicht vor; der Letztverkäufer muss nicht die Möglichkeit zum Regress gegenüber seinem Verkäufer haben, da dieser die Vertragswidrigkeit ebenso wenig wie er verursacht hat. Wird die Vertragswidrigkeit nicht durch ein Verhalten einer Person innerhalb der Lieferkette ausgelöst, muss dem Letztverkäufer demnach kein Regress gewährt werden.

___________ 533

Vgl. hierzu 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 2.

C. Anforderungen an die Kaufsache

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(3) Ausnahmefälle, in denen die Voraussetzungen gegeben sind Etwas anderes würde gelten, wenn die gebrauchte Sache noch in einem engen Bezug zum Hersteller steht oder innerhalb der Vertragskette eine Person als diejenige auszumachen ist, die den Fehler verursacht hat. Etwa wenn ein Unternehmer der Vertragskette ein Regal als Ausstellungsstück nutzt und dann an den Verbraucher weiterverkauft: Macht der Verbraucher in diesem Fall geltend, dass das Regal von seiner Statik und entgegen seiner Zweckbestimmung nicht zum Lagern mehrerer Bücher geeignet ist, liegt ein Mangel vor, der eindeutig durch ein Verhalten des Herstellers und nicht durch den zwischenzeitlichen Gebrauch der Sache verursacht wurde. Für Fehler, die dagegen aus dem Gebrauch der Sache resultieren, etwa wenn die Sache Kratzer aufweist, muss kein Regress gewährt werden. Ähnliches gilt für Kunstgegenstände, Antiquitäten und Gebrauchtwagen. Zwar haftet der Lieferant in diesen Fällen nicht für Fehler, die in dem Alter oder Gebrauch der Sache begründet sind, etwa für das sich zersetzende Leinen eines Gemäldes oder den defekten Motor eines Wagens. Allerdings muss er für solche Fehler der Kaufsache einstehen, die durch sein Verhalten entstanden sind, also für von ihm eventuell vorgenommene Restaurationsarbeiten oder Reparaturen. Hat er das Gemälde etwa mit einem Schutzfilm oder ähnlichem beschichtet, haftet er für Mängel, die sich aus dieser Arbeit ergeben. Ebenso haftet der Unternehmer, wenn der gebrauchte Wagen vor dem Weiterverkauf an einen anderen Unternehmer einer Inspektion unterzogen wurde und der Endkäufer dennoch Mängel, etwa an den Bremsbelägen, feststellt, die durch eine ordnungsgemäße Inspektion hätten behoben werden müssen. Insofern gibt es durchaus Fälle, in denen die Richtlinie auch bei gebrauchten Sachen einen Regress fordert. Die Beschränkung der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB auf neu hergestellte Sachen verstößt daher zumindest in den eben dargestellten Fällen gegen die Vorgabe aus Art. 4 der Richtlinie.534 Die deutschen Umsetzungsnormen entsprechen nämlich in dieser Hinsicht weder den europäischen Vorgaben noch gehen sie über das dort statuierte Maß an Verbraucherschutz hinaus. Im Gegenteil: Die §§ 478, 479 BGB beschneiden das von der Richtlinie für alle Sachen vorgegebene Regressrecht in den Fällen, in denen es sich bei dem Kaufgegenstand um eine gebrauchte Sache handelt und der Mangel durch ein Verhalten der in Art. 4 der Richtlinie genannten Personen verursacht wird. In___________ 534

So allgemein für alle gebrauchten Sachen auch AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 3 Fn. 3, § 479 BGB Rn 3 Fn. 3; Bartelt 81 ff.; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXII; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 87 Fn. 93; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1402; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 157; Hassemer 135 f.; Höpker 88 ff.; Jud, ZfRV 2001, 201, 206; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 8; SchultzeMelling 71 f.; Schumacher 101 ff.; Wind 83 ff.; anders Böhle 194; weitergehend Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 8.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

nerhalb dieser Kette richtet sich der Regress nämlich nicht nach den §§ 478, 479 BGB, sondern nach dem allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht, bei dessen Anwendung kein effektiver Regress gewährleistet ist.

bb) Richtlinienkonforme Auslegung bzw. Rechtsfortbildung der Voraussetzung „neu hergestellt“ (1) Meinungsstand Im Schrifttum wird diskutiert, ob die richtlinienwidrige Beschränkung auf neu hergestellte Sachen korrigiert werden kann. Teilweise wird angedeutet, dass die §§ 478, 479 BGB richtlinienkonform dahingehend auszulegen seien, dass sie entgegen ihrem Wortlaut auch auf gebrauchte Güter Anwendung fänden.535 Die überwiegende Auffassung im Schrifttum hält jedoch an der Beschränkung auf neu hergestellte Sachen fest.536 Dies wird einerseits damit begründet, dass eine richtlinienkonforme Auslegung entgegen den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift selbst dann nicht möglich sei, wenn der Gesetzgeber die Richtlinie habe ordnungsgemäß umsetzen wollen.537 Andererseits wird davon ausgegangen, dass ein Regress nach §§ 478, 479 BGB nur bei neu hergestellten Sachen denkbar sei, da nur bei diesen, nicht aber bei Gebrauchtwaren, der Mangel schon bestanden haben kann, als der Letztverkäufer die Sache von seinem Lieferanten kaufte.538

___________ 535

In diese Richtung wohl Westermann, NJW 2002, 241, 252; siehe auch Hassemer 135 f. Einen Verstoß gegen das Europarecht hält auch Erman/Grunewald, § 478 BGB Rn. 2, für möglich. 536 Böhle 29; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXII; Elb 98; Höpker 88 ff.; Klose 164 f.; Laws, MDR 2002, 320, 323; St. Lorenz/Riehm Rn. 589; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172; Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, § 478 BGB Rn. 511; Schimmel/Buhlmann 160; Schultze-Melling 72; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681 f.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 123; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 2; Westermann/Buck 175; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1796; wohl auch Wind 84 ff. 537 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXII; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681 f.; im Ergebnis auch Schumacher 104 f.; zweifelnd auch Tröger, AcP 204 (2004), 115, 123 f. 538 Elb 98.

C. Anforderungen an die Kaufsache

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(2) Stellungnahme – Möglichkeiten einer Korrektur anhand der europarechtlichen Vorgaben (a) Richtlinienkonforme Auslegung Die Beantwortung der Frage, ob die §§ 478, 479 BGB richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden können, dass sie gebrauchte Sachen erfassen, hängt letztlich davon ab, wo die Grenzen einer richtlinienkonformen Auslegung zu ziehen sind. Nach Art. 249 Abs. 3 EG und dem in Art. 10 EG festgelegten Grundsatz der Gemeinschaftstreue sind die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten grundsätzlich – und soweit sie der Umsetzungspflicht unterliegen539 – zur richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet.540 Das bedeutet, dass das zur Umsetzung von Richtlinien erlassene deutsche Recht im Rahmen der nationalen Auslegungskriterien soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten ist, um dem von der Richtlinie verfolgen Ziel nachzukommen.541 Dabei tritt die richtlinienkonforme Auslegung neben den klassischen Auslegungskanon „als diese partiell verdrängende und überwölbende Auslegungsmethode“.542 Sie beansprucht grundsätzlich Vorrang, wenn die Auslegung anhand der nationalen Kriterien mehrere mögliche Interpretationsergebnisse bietet.543 Danach wäre eine Korrektur der §§ 478, 479 BGB dergestalt, dass sie gebrauchte Sachen erfassen, nicht möglich, da dieses Auslegungsergebnis mit Hilfe der nationalen Auslegungskriterien nicht gefunden werden kann.

___________ 539

Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 124. EuGH, Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891 ff.; Dorit Harz, Slg.1984, 1921, 1942 f. Rn. 26 ff.; Marleasing SA, Slg. 1990, I-4135, I-4159 Rn. 8; Faccini Dori, Slg. 1994, I-3325, I-3357 Rn. 26; siehe zur letzten Entscheidung Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 169 ff.; Brandner 91 ff.; Brechmann 256 ff.; Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598, 614 f., der die Pflicht allerdings aus dem nationalen Recht zieht; Frisch 66 ff.; Grundmann, ZEuP 1996, 399, 412; Häublein, ZBB 2004, 1, 3; Heiderhoff 87 ff.; Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 123; Staudinger 57 ff. 541 EuGH, Marleasing SA, Slg. 1990, I-4135, I-4159 Rn. 8; Faccini Dori, Slg. 1994, I-3325, I-3357 Rn. 26; Häublein, ZBB 2004, 1, 3; Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 123; Schimmel/Buhlmann 69 f. 542 Piekenbrock/Schulze, WM 2002, 521, 523; ähnlich Brandner 94 f. 543 Brechmann 273; Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 38; Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598, 616, 622 f.; Grundmann, JuS 2002, 768, 770; Häublein, ZBB 2004, 1, 3; Jarass/Bejin 67 f.; Piekenbrock/Schulze, WM 2002, 521, 523 Fn. 32; so auch Grundmann, ZEuP 1996, 399, 413, 415 ff., der darüber aber noch hinausgehen will. 540

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

(b) Vorrang der richtlinienkonformen Auslegung? Teilweise544 wird allerdings vertreten, dass die richtlinienkonforme Auslegung auch in Fällen möglich sei, in denen unter Heranziehung der nationalen Auslegungskriterien kein richtlinienkonformes Auslegungsergebnis gefunden werden könne. Denn diese Auslegungsmethode gehe den nationalen Auslegungskriterien grundsätzlich oder zumindest dann vor, wenn der nationale Gesetzgeber die Richtlinie ordnungsgemäß habe umsetzen wollen.545 Das Gericht sei bei der Auslegung nicht daran gehalten, sich nur auf die herkömmlichen Kriterien des nationalen Rechts und den durch sie gegebenen Auslegungsspielraum zu stützen, sondern könne diesen überschreiten, um der europarechtlichen Vorgabe zur Wirksamkeit zu verhelfen. Dies würde bedeuten, dass die §§ 478, 479 BGB entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut auch auf gebrauchte Sachen anzuwenden wären. Die Richtlinie richtet sich nur an die Gesetzgeber der Mitgliedstaaten, die verpflichtet werden, die europäischen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.546 Sie wirkt also im Verhältnis von privaten Rechtssubjekten nicht – wie etwa eine Verordnung547 – unmittelbar, sondern erst durch entsprechende Umsetzungsakte der Legislative. Die Judikative kann daher die Vorgaben der Richtlinie nur im Rahmen des von ihr anzuwendenden deutschen Rechts beachten, sie mithin nur im ihr durch den nationalen Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen durchsetzen.548 Wendete der Richter die Richtlinie nicht durch das nationale Recht vermittelt, sondern direkt an, indem er der richtlinienkonformen Auslegung gegenüber – und insbesondere entgegen – dem nationalen Auslegungskanon den Vorrang einräumte, würde der Richtlinie eine „horizontale Direktwirkung“549 beigemessen, die ihr gerade nicht zukommen soll.550 Außerdem ___________ 544 Hirsch, ZGS 2002, 1, 12 f.; wohl auch Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 128; M. Schmidt, RabelsZ 59 (1995), 569, 584 f., 586, 581. 545 Grundmann, in: Grundmann/Bianca, Einl. Rn. 53; ders., ZeuP 1996, 399, 414 ff., 420 ff.; ders., JuS 2002, 768, 771. 546 Schwarze/Biervert Art. 249 EG Rn. 29; Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 176; siehe zu den Ausnahmefällen, in denen einer Richtlinie unmittelbare Wirkung zukommen kann Geiger Art. 249 EGV Rn. 15 ff.; Herdegen Rn. 160 ff. 547 Geiger Art. 249 EGV Rn. 4 ff.; Herdegen Rn. 154; Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 176. 548 Brechmann 250 ff.; Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 123; siehe auch Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598, 612 ff. 549 Da sie diese unmittelbare Wirkung gerade nicht entfaltet, kann ihr auch kein normtheoretischer Vorrang eingeräumt werden, siehe dazu Brechmann 250 ff.; Frisch 74; Staudinger 68 f. 550 Brandner 98 f.; siehe auch Frisch 91; Grundmann, ZEuP 1996, 399, 409 ff.; Häublein, ZBB 2004, 1, 3; Piekenbrock/Schulze, WM 2002, 521, 528; Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 122.

C. Anforderungen an die Kaufsache

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verstößt ein solches Vorgehen gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung,551 da das Gericht nicht bereits bestehendes Rechts anwenden, sondern vielmehr selbst Recht setzen würde. Zudem gäbe es nach dieser Auffassung kein richtlinienwidriges nationales Recht. Der Gemeinschaftsgesetzgeber dagegen erachtet einen solchen Fall für möglich, denn der EG-Vertrag hält für diese Fälle entsprechende Handlungsmöglichkeiten bereit.552 Aus diesen Gründen ist der richtlinienkonformen Auslegung mit der herrschenden Meinung kein Vorrang vor den nationalen Auslegungskriterien einzuräumen.553 Vielmehr ist davon auszugehen, dass der nationale Gesetzgeber nur innerhalb des ihm durch nationale Auslegungskriterien zuteil werdenden Auslegungsspielraums das richtlinienkonforme Ergebnis wählen kann.554 Die richtlinienkonforme Auslegung stellt demnach keine Vorrang-, sondern lediglich eine Vorzugsregel dar. Auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 478 Abs. 1 und 2 BGB kann das mit Hilfe der nationalen Auslegungskriterien gefundene und den Vorgaben der Richtlinie widersprechende Ergebnis nicht mit Hilfe der richtlinienkonformen Auslegung korrigiert werden.555 (c) Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung Möglicherweise kann ein richtlinienkonformes Ergebnis im Wege einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung erreicht werden. Denn anders als die Auslegung wird die Rechtsfortbildung – im deutschen Recht – gerade nicht durch den Wortlaut der Norm begrenzt. Ob die vom europäischen Recht geforderte richtlinienkonforme Auslegung über die eigentliche Auslegung hinaus eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung erfasst, ist jedoch fraglich. Einer Ansicht zufolge ist eine solche richtlinienkonforme Rechtsfortbildung contra legem mit Hilfe der durch die Richtlinie bedingten Wertungsaspekte nicht mög-

___________ 551

Häublein, ZBB 2004, 1, 3; Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 531; siehe auch Tröger, AcP 204 (2004), 115, 124. 552 Siehe auch Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 532. 553 BGH ZBB 2002, 194, 196; Brandner 98 f.; Brechmann 250 ff.; Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598, 616 f.; Frisch 92 ff., insb. 97; Grundmann, ZEuP 1996, 399, 409 ff.; Häublein, ZBB 2004, 1, 3 f.; Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 531 ff.; Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 123; siehe auch Piekenbrock/Schulze, WM 2002, 521, 523, 525 f.; Staudinger 68 ff.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 124. 554 BGH ZBB 2002, 194, 196; Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598, 616 f.; Frisch 92 ff., insb. 97; Häublein, ZBB 2004, 1, 3 f.; Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 531 ff.; siehe auch Piekenbrock/Schulze, WM 2002, 521, 523, 525 f.; Staudinger 68 ff.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 124; im Ergebnis auch Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 126 f. 555 BGH ZBB 2002, 194, 196; Brandner 98 f.; Häublein, ZBB 2004, 1, 3 f.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 124.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

lich.556 Die richtlinienkonforme Auslegung ende vielmehr – wie jede Auslegungsmethode im deutschen Recht – am möglichen Wortsinn und könne darüber hinaus nicht erweitert werden. Sie widerspreche des Weiteren dem Art. 249 EG, da sie die positivrechtliche Setzung richtlinienkonformen Rechts verhindere und es genügen lasse, wenn das richtlinienkonforme Ergebnis im Wege der Rechtsfortbildung ermittelt werde, ohne sich im Wortlaut der Norm selbst zu finden.557 Andere Autoren gehen dagegen davon aus, dass eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung mit Hilfe einer nach nationalem Recht zulässigen Analogie möglich ist.558 Erforderlich dazu sei eine planwidrige Regelungslücke im nationalen Recht, die gesetzesimmanent und an der Teleologie der entsprechenden Vorschrift ausgerichtet geschlossen werden könne.559 Anders als im deutschen Recht wird auf europäischer Ebene nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung unterschieden.560 Der EuGH benutzt die Begriffe vielmehr synonym.561 Es kann also nicht entscheidend sein, ob das richtlinienkonforme Ergebnis durch Auslegung oder im Wege der Analogiebildung erreicht wurde. Die Rechtsfortbildung mit Hilfe einer Analogie oder teleologischen Reduktion, also das Ausfüllen von Gesetzeslücken, ist zudem eine Verpflichtung des deutschen Gesetzgebers.562 Er ist also auch nach nationalem Recht verpflichtet, nicht nur den Auslegungs-, sondern den Rechtsfortbildungsspielraum richtlinienkonform zu nutzen.563 Die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung stellt daher keinen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung ___________ 556 Brandner 99 Fn. 456; Brechmann 266 ff., insb. 272 f., der die Grenze allerdings eher in einer gesetzgeberischen Regelungsabsicht als dem Wortlaut selbst sieht; Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598, 643, 610 f.; Piekenbrock/Schulze, WM 2002, 521, 526; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681 f. (für die Auslegung der §§ 478, 479 BGB); siehe auch Büdenbender, ZEuP 2004, 36, 38; Franzen, JZ 2003, 321, 324, 327 f. Frisch, 109 ff., hält eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung zwar für zulässig, lehnt eine entsprechende Verpflichtung des nationalen Richters dagegen ab. Rüffler, ÖJZ 1997, 121, 126, spricht zwar zunächst davon, dass eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung nicht erforderlich sei, führt aber später aus, dass im österreichischen Recht ein richtlinienkonformes Ergebnis auch im Wege der Analogie erreicht werden könne. 557 Franzen, JZ 2003, 321, 327 f.; Frisch 111 f. Darauf, dass die richtlinienkonforme Auslegung die Setzung richtlinienkonformes Recht nicht ersetzen könne, weist auch Staudinger, 74, hin. 558 Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 531, 533; Jarass/Beljin 65 f., 67 f.; Staudinger 72 ff. (zur richtlinienkonformen Auslegung von Kollisionsnormen); wohl auch Heiderhoff 92 f.; siehe auch Bartelt 88 ff.; Jacobs, JZ 2004, 225, 227. 559 Staudinger 72; siehe auch Bartelt 89 f.; Frisch 110, der im Ergebnis aber nicht von einer Verpflichtung zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung ausgeht; Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 533; Grundmann, ZEuP 1996, 399, 417 ff. 560 Staudinger 72 f.; angedeutet auch bei Brechmann 266 f. 561 Staudinger 72 ff. 562 Jarass/Bejin 66. 563 Staudinger 72.

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dar.564 Folglich erscheint die zweite Ansicht, wonach die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung möglich ist, vorzugswürdig. (d) Konsequenzen für die Auslegung des Begriffs „neu hergestellt“ in den §§ 478, 479 BGB Die Regressnormen der §§ 478, 479 BGB können also im Rahmen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung auf gebrauchte Sachen ausgeweitet werden, wenn die Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind. Die dazu erforderliche Regelungslücke liegt vor, da die Vorschriften nur neu hergestellte Sachen erfassen. Diese ist unter Berücksichtigung der europäischen Vorgaben auch planwidrig. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung will der Gesetzgeber mit den §§ 478, 479 BGB die Vorgaben des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen.565 Wäre ihm bei Schaffung der Regressnormen bewusst gewesen, dass es nach den Vorgaben der Richtlinie erforderlich ist, zumindest in den oben beschriebenen Ausnahmefällen einen effektiven Regress zu gewähren, hätte er diese Fälle sehr wahrscheinlich den §§ 478, 479 BGB unterstellt.566 Schließlich hatte er den Willen zur vollständigen und korrekten Umsetzung der europäischen Vorgaben. Außerdem will er die Gewährleistungskosten an das Glied der Lieferkette weiterreichen, das den Mangel verursacht hat.567 Ließe sich auch bei gebrauchten Sachen klar nachweisen, wer den Mangel verursacht hat, müsste es dieser Aussage des Gesetzgebers zufolge einen Regress bei gebrauchten Sachen geben, wenn der Fehler eindeutig einer Person zugeordnet werden kann. Insoweit ist die Regelungslücke planwidrig.568 Die Interessenlage bei gebrauchten Sachen muss der im gesetzlich geregelten Fall vergleichbar sein. Bei neu hergestellten Sachen, die durch eine geschlossene Vertriebskette verkauft werden, beruht der Mangel im Verbrauchsgüterkauf in aller Regel auf einem Verhalten des Herstellers oder eines anderen Verkäufers in der Lieferkette. Der Letztverkäufer muss also letztlich gegenüber dem Verbraucher für einen Mangel einstehen, der durch das Verhalten eines anderen Verkäufers der Lieferkette verursacht wurde. Er soll aus diesem Grund die aufgewendeten Gewährleistungskosten von diesem Unternehmer ersetzt ___________ 564 Staudinger 72. Franzen, JZ 2003, 321, 327, sieht hierin eine Missachtung des Regelungsinstruments der Richtlinie. 565 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 566 A.A. Bartelt 89 f. 567 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 568 Zur Planwidrigkeit einer Regelungslücke, wenn der nationale Gesetzgeber die Richtlinie korrekt umsetzen wollte siehe Frisch 110; Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 531; auch Grundmann, ZEuP 1996, 399, 418.

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verlangen können. Dies ergibt sich sowohl aus Art. 4 der Richtlinie als auch aus den §§ 478, 479 BGB. Bei gebrauchten Sachen ist die Interessenlage diesem Fall dann vergleichbar, wenn eine Person der Lieferkette, die von dem Letztverkäufer verschieden ist, den Fehler eindeutig verursacht hat. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel der gebrauchten Sache nicht auf den vorherigen Gebrauch, sondern auf einen Fehler im Herstellungsprozess oder in der Lagerung der Sache zurückzuführen ist. Dazu ist aber zum einen erforderlich, dass die Sache nur kurzzeitig genutzt wird. Zum anderen darf sie nicht außerhalb der ursprünglichen Lieferkette, d.h. nicht von einem Verbraucher, benutzt worden sein. Denn nur dann greifen die Vorgaben des Art. 4 der Richtlinie569 und nur dann ist es gerechtfertigt, dem Letztverkäufer einen effektiven Regress gegen die anderen Glieder der Kette einzuräumen. Eine vergleichbare Interessenlage liegt zudem dann vor, wenn die gebrauchte Sache durch den Lieferanten neu aufbereitet wird, etwa durch eine Inspektion oder Wartung einschließlich Reparatur.570 Denn in diesen Fällen kann derjenige, der die Sache vor dem Verkauf instand setzt, ebenfalls auf die Sache einwirken und ist so zumindest für die Mängel verantwortlich, die durch seine Einwirkung auf die Sache entstehen oder hätten behoben werden müssen. Im oben genannten Beispielsfall des Gebrauchtwagens würde die Inspektion allerdings in aller Regel von dem Gebrauchtwagenhändler als Letztverkäufer und nicht von dem Autohersteller als Lieferanten vorgenommen, so dass die Voraussetzungen der §§ 478, 479 BGB selbst bei einer Analogiebildung nicht vorliegen, weil der Letztverkäufer selbst für den Mangel verantwortlich ist. Eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung darf allerdings nur in dem Rahmen erfolgen, in dem die Analogie im nationalen Recht zulässig ist. Die Analogiebildung ist daher nur insoweit möglich, wie der Voraussetzung der nationalen Norm überhaupt noch ein Anwendungsbereich verbleibt. Denn eine Analogie darf nicht dazu führen, dass eine in der Norm genannte Voraussetzung vollständig entfällt.571 Die §§ 478, 479 BGB sollen im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung nicht auf sämtliche gebrauchte Güter angewendet werden, sondern nur auf die oben beschriebenen Fallkonstellationen. In anderen Fallkonstellationen verbleibt es beim Ausschluss gebrauchter Sachen. Die Fälle, in denen die gebrauchte Sache repariert oder restauriert wird, fänden zudem Anklang im Gesetz. Immerhin ließe sich argumentieren, dass die Sache zumin___________ 569

Siehe 1. Teil, 1. Kapitel A. II. Jud, ZfRV 2001, 201, 206, die die Voraussetzung „neu hergestellt“ nicht auf die Sache an sich, sondern etwa die Wartung oder Inspektion bei Gebrauchtwagen beziehen will; ihr folgend Höpker 91. 571 Zum Gegenstück der Derogation einer Vorschrift im Wege der teleologischen Reduktion siehe Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 534. 570

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dest in Bezug auf die Reparatur bzw. Restauration „neu hergestellt“ ist. Insofern ist eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung zulässig, insbesondere weil zu erwarten ist, dass der BGH die Grenzen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung sehr weit ziehen wird, wenn er sich an den Grundsätzen der Heininger-Rechtsprechung572 orientiert.

d) Ergebnis Die §§ 478, 479 BGB sind im Rahmen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung analog auf gebrauchte Sachen anzuwenden, wenn sich der Mangel der Kaufsache entweder eindeutig auf einen Fehler im Herstellungsprozess oder ein Fehlverhalten eines anderen Verkäufers in der Regresskette zurückführen lässt oder der Lieferant die Kaufsache vor dem Verkauf an den Letztverkäufer neu aufbereitet hat. Da die Rechtslage in Bezug auf die Möglichkeiten und Grenzen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung aber unsicher ist und ein richtlinienkonformes Ergebnis möglicherweise nicht in allen Fallkonstellationen erreicht werden kann, sollte der Gesetzgeber die Voraussetzung „neu hergestellt“ aus den §§ 478, 479 BGB streichen. Denn nur mit einem Gesetz, das vollumfänglich und auch von seinem Wortlaut her den Vorgaben der Richtlinie entspricht, kommt ein Mitgliedstaat seiner Umsetzungspflicht nach573 und verhindert eine andernfalls zumindest mögliche Staatshaftung.574

4. Zusammenfassung Die §§ 478, 479 BGB finden nur Anwendung, wenn es sich bei dem Kaufgegenstand um eine bewegliche, neu hergestellte Sache handelt. Im Rahmen der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung kommt allerdings eine Anwendung auf solche gebrauchten Sachen in Betracht, die nur kurzzeitig von einem Verkäufer innerhalb der Lieferkette genutzt wurden und deren Mangel sich eindeutig aus einem Herstellungs- bzw. Lagerungsfehler, nicht also aus dem Gebrauch ___________ 572 BGH NJW 2002, 1881 ff.; siehe auch BGH NJW 2004, 2744 f. Diese Rechtsprechung geht zurück auf eine Entscheidung des EuGH, Rs. C-481/99, Heininger, NJW 2002, 281 ff.; siehe zu deren Auswirkungen Reiter/Methner, VuR 2002, 90, 91 ff. 573 EuGH, Rs. C-144/99, Slg. 2001, I 3541, I-3566 Rn. 21; Höpker 92 f.; Mayer/ Schürnbrand, JZ 2004, 545, 550. 574 EuGH, Dillenkofer, Slg. 1996, I-4845, I-4891 ff.; Franzen, JZ 2003, 321, 328; Grundmann, JuS 2002, 768, 772; Hochleitner/Wolf/Großerichter, WM 2002, 529, 530; Schulze/Schulte-Nölke, Casebook 177, 205; Reiter/Methner, VuR 2004, 52, 56 ff. Ob aus der Verletzung der Umsetzungspflicht des Art. 4 der Verbrauchgsgüterkaufrichtlinie eine Staatshaftung resultieren kann, ist im neueren Schrifttum umstritten; bejahend Bartelt 92 ff.; verneinend Wind, 85 ff.; siehe dazu auch Höpker 94 f.

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der Sache ergibt. Gleiches gilt für solche gebrauchten Sachen, die von einem Unternehmer repariert bzw. restauriert und dann an einen weiteren Unternehmer abgesetzt werden, der die Sache an einen Verbraucher verkauft, sofern der geltend gemachte Mangel auf dieser Reparatur bzw. Restauration basiert oder durch sie hätte behoben werden müssen. Da das Instrument der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung allerdings heftig umstritten ist und ein Mitgliedstaat seiner Umsetzungspflicht nur dann ausreichend nachkommt, wenn der Wortlaut des nationalen Gesetzes mit den Vorgaben übereinstimmt, ein richtlinienkonformes Ergebnis also bereits durch die Auslegung und nicht erst durch die Rechtsfortbildung erreicht werden muss, ist dem Gesetzgeber anzuraten, das Merkmal „neu hergestellt“ aus den §§ 478, 479 BGB zu streichen.

II. Vorliegen eines Mangels 1. Der Mangel als Voraussetzung der §§ 478, 479 BGB a) Einführung Die §§ 478, 479 BGB setzen nicht nur das Vorliegen einer beweglichen, neu hergestellten Sache voraus, sondern fordern darüber hinaus, dass diese Kaufsache mit einem Mangel behaftet ist, und zwar in jedem vertraglichen Verhältnis, das zwischen dem Verbraucher und dem letztlich in Regress genommenen Rückgriffsschuldner liegt, also sowohl im Verbrauchsgüterkauf als auch zwischen dem Letztverkäufer und seinem Lieferanten sowie in den weiteren Verträgen der Lieferkette. Schließlich ist jeder Unternehmer nur dann für den Fehler im Verbrauchsgüterkauf verantwortlich, wenn dieser bereits in seiner Vertragsbeziehung vorlag und sich durch die Lieferkette bis zum Verbraucher durchzieht. Das Erfordernis eines Mangels im Verhältnis des Verbrauchers zum Letztverkäufer ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut: Gemäß § 478 Abs. 1 BGB entfällt die Fristsetzung nur, „wenn der Unternehmer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat“; nach § 478 Abs. 2 BGB werden nur die Aufwendungen ersetzt, „die der Unternehmer im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 zu tragen hatte, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war.“ Das Vorliegen eines Mangels in den anderen vertraglichen Verhältnissen innerhalb der Lieferkette, also zwischen dem Letztverkäufer und dem Lieferanten sowie zwischen den anderen Unternehmern der Regresskette, ergibt sich für den eigenständigen Aufwendungsersatz des § 478

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Abs. 2 BGB ebenfalls direkt aus dem Wortlaut, denn der Anspruch setzt voraus, dass „der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war.“ Für die in § 478 Abs. 1 BGB enthaltenen Modifikationen ergibt sich die Voraussetzung erst aus dem systematischen Zusammenhang dieser Norm zu den allgemeinen Kaufgewährleistungsrechten. Denn § 478 Abs. 1 BGB modifiziert lediglich die Mängelgewährleistungsansprüche, die dem Letztverkäufer gegen seinen Lieferanten zustehen. Jener muss also seine Rechte aus § 437 BGB in Verbindung mit den jeweiligen Normen (§§ 439, 440, 323, 326 Abs. 5, 441, 442, 280, 281, 283, 311a, 284 BGB) geltend machen. Diese Rechte des Käufers setzen aber alle das Vorliegen eines Mangels voraus, so dass die Voraussetzungen des § 478 Abs. 1 BGB gegeben sind, wenn der Mangel bereits im Verhältnis von Letztverkäufer und Lieferant vorlag, wenn also die von ihm gekaufte Sache bereits bei Gefahrübergang mit einem Mangel behaftet war.

b) Mangelbegriff aa) Bestimmung des Mangels Die Sache ist zunächst dann mangelhaft, wenn sie zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs575 mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 BGB behaftet ist. Zur Bestimmung eines solchen ist gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB von den jeweiligen Vereinbarungen der Parteien hinsichtlich der Beschaffenheit der Sache, also vorrangig von subjektiven Kriterien auszugehen.576 Fehlt eine solche Vereinbarung, bestimmt sich der Mangelbegriff gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB danach, ob sich die Sache zu der vertraglich vorausgesetzten oder – wurde auch eine solche nicht vereinbart – der gewöhnlichen Verwendung eignet. Für den Fall, dass die Sache sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet, muss kumulativ577 die Beschaffenheit fehlen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der durchschnittliche Käufer578 nach Art der Sache erwarten ___________ 575 Das ist nach dem in § 446 BGB normierten Regelfall der Zeitpunkt der Übergabe der Sache an den Käufer. Abweichende Regelungen gelten für den Fall, dass sich der Käufer in Annahmeverzug befindet (§ 446 S. 3 i.V.m. S. 1 BGB), sowie beim Versendungskauf zwischen Unternehmern (§§ 447, 474 Abs. 2 BGB). 576 Siehe hierzu ausführlich Brox/Walker 33 ff.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 29; Ehmann/Sutschet 193, 195 ff.; Hk-BGB/Saenger § 434 BGB Rn. 1, 7 ff.; MünchKomm/Westermann § 434 BGB Rn. 5 ff.; Reinicke/Tiedtke Rn. 299 ff. 577 Huber, in: Huber/Faust, 301; MünchKomm/Westermann § 434 BGB Rn. 18; Schimmel/Buhlmann 112. 578 MünchKomm/Westermann § 434 BGB Rn. 18; Reinking, DAR 2002, 15, 16; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 434 BGB Rn. 24; Westermann/Buck 110.

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kann.579 Des Weiteren liegt ein Sachmangel nach § 434 Abs. 2 BGB dann vor, wenn die vereinbarte Montage der Kaufsache unsachgemäß durchgeführt wurde (§ 434 Abs. 2 S. 1 BGB) oder die Montageanleitung580 mangelhaft ist (§ 434 Abs. 2 S. 2 BGB).581 Dem Sachmangel steht es gemäß § 434 Abs. 3 BGB schließlich gleich, wenn ein Aliud oder eine zu geringe Menge geliefert wird. Neben dem Sachmangel oder den nach § 434 Abs. 3 BGB gleichgestellten Fällen ist die Sache dann mangelhaft, wenn sie zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit einem Rechtsmangel im Sinne des § 435 S. 1 BGB582 behaftet ist, wenn also Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können, die im Kaufvertrag nicht oder nur unzulänglich erwähnt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Rechtsmangel die Verwendung der Sache zum vereinbarten oder gewöhnlichen Gebrauch beeinträchtigt.583

bb) § 434 Abs. 1 S. 3 BGB als Rechtfertigung für die Einführung der Regressregelungen Die Verschärfung der Haftung des Verkäufers hinsichtlich öffentlicher Aussagen des Herstellers – oder dessen Gehilfen – durch die neu in das BGB eingefügte Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB wird im Schrifttum vielfach herangezogen, um die Statuierung eines effektiven Regressrechts zu rechtfertigen.584 ___________ 579

Hier wird subsidiär auf den objektiven Fehlerbegriff abgestellt; vgl. Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 29 f.; Huber, in: Huber/Faust, 300; MünchKomm/Westermann § 434 BGB Rn. 18; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 434 BGB Rn. 27. 580 Problematisch ist in diesem Zusammenhang, ob die Norm auch auf fehlerhafte oder fehlende Bedienungs- bzw. Gebrauchsanleitungen anwendbar ist; siehe hierzu Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1378; MünchKomm/Westermann § 434 BGB Rn. 36. 581 In dem Fall des § 434 Abs. 2 S. 2 BGB liegt dann kein Mangel vor, wenn der Käufer die Kaufsache trotz der fehlerhaften Anleitung ordnungsgemäß zusammenbauen konnte; vgl. hierzu Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 34 ff.; Huber, in: Huber/ Faust, 307. 582 Einem solchen Rechtsmangel gleichgestellt ist nach § 435 S. 2 BGB der Fall, dass „im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht.“ Diese Norm ist im Anwendungsbereich der §§ 478, 479 BGB jedoch nicht relevant, da sie sich nur auf den Kauf von Grundstücken und im Grundbuch eingetragenen Rechte bezieht. 583 Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 134; Huber, in: Huber/Faust, 312; Reinking, DAR 2002, 15, 18. 584 Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 31; Knoche, DB 2002, 1699, 1700 f.; Laws, MDR 2002, 320 und 322; Lehmann, JZ 2000, 280, 289; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725 f.; Westermann, in: Schulze/Schulte-Nölke, 109, 116; ders., JZ 2001, 530, 533, 541; ders., NJW 2002, 241, 252; siehe auch Kircher, ZRP 1997, 290, 294; Magnus, FS Siehr 429, 431; Reich, NJW 1999, 2397, 2400; in Bezug auf Art. 2 Abs. 2 lit. d) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, 367, 373; Cziesielsky 64 f., 135.

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Durch § 434 Abs. 1 S. 3 BGB werde eine Haftung des Letztverkäufers nicht durch sein eigenes, sondern durch das Verhalten bestimmter Dritter ausgelöst, auf das er selbst keinen Einfluss nehmen könne.585 Es wäre unter dem Aspekt der Gerechtigkeit daher nur schwer zu rechtfertigen, einerseits den Verkäufer für ein Verhalten des Herstellers haftbar zu machen und ihm andererseits keinen wirksamen Regress zu ermöglichen.586 Zwar ist dieser Auffassung insoweit zuzustimmen, als durch die Vorschrift die Haftung des Verkäufers in nicht unerheblichem Umfang erweitert wird,587 da – anders als nach alter Rechtslage588 – die Einbeziehung der Äußerungen in die jeweiligen Vertragsverhandlungen nicht mehr erforderlich ist;589 es vielmehr ausreicht, dass der Verkäufer eine Sache weiterverkauft, auf der etwa die Äußerung des Herstellers aufgedruckt ist. Im Rahmen der Schuldrechtsreform wurden jedoch viele Regelungen eingeführt, welche die Haftung des Verkäufers selbst dann verschärfen, wenn der Mangel nicht auf seinem Verhalten basiert. Dem § 434 Abs. 1 S. 3 BGB direkt vergleichbar ist etwa die Regelung der sog. IKEA-Klausel in § 434 Abs. 2 S. 2 BGB. Auch hier wird die verschärfte Haftung des Verkäufers nach neuem Recht nicht durch ein Verhalten des Verkäufers, sondern – zumindest im Regelfall – durch ein Verhalten des Herstellers ausgelöst, da dieser die Fehlerhaftigkeit der Montageanleitung zu verantworten hat.590 Aber auch die anderen Haftungsverschärfungen, die den Verkäufer durch die Schuldrechtsmodernisierung treffen, wie etwa die Annäherung der Schadensersatzhaftung für Sachmängel an eine Art Garantiehaftung, die Verlängerung der Gewährleistungsfrist von früher sechs Monate auf nunmehr zwei Jahre oder die im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs geltende Beweiserleichte___________ 585 Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 31; zur Richtlinie schon Amtenbrink/ Schneider, VuR 1996, 367, 373. 586 Westermann, NJW 2002, 241, 252. 587 Im Schrifttum ist umstritten, ob diese Norm eine Neuerung und Verschärfung der bisherigen Lage darstellt (so etwa Micklitz, EuZW 1999, 485, 486; Schiller, PHi 1999, 118, 122; Schimmel/Buhlmann 116 f.; Tonner, BB 1999, 1769, 1771) oder gar nicht so viele Änderungen mit sich bringt (Medicus, ZIP 1996, 1925, 1927; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 851; ders., ZEuP 1999, 294, 296; Schwab/Witt/Schubel 168; Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251, 255; etwas unklar Haas, BB 2001, 1313, 1314), sondern eher als logische Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu Beschaffenheitsvereinbarungen im Rahmen von Herstellerangaben über den Treibstoffverbrauch von Kraftfahrzeugen zu verstehen ist (Laws, MDR 2002, 320; ähnlich Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 35 Fn. 26). 588 BGH Z 16, 54, 56, NJW 1981, 1269, 1270; Lehmann, JZ 2000, 280, 286 f. 589 Medicus, in: Eckert/Delbrück, 51, 54; MünchKomm/Westermann § 434 BGB Rn. 21; Reinking, DAR 2002, 15, 16; Schwab/Witt/Schubel 168; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 557; angedeutet bei Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251, 255; siehe auch Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 225, 239. 590 So auch Hoeren/Martinek/Bohne § 478 BGB Rn. 2; Schlechtriem, Schuldrecht BT Rn. 93.

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rung des § 476 BGB,591 beruhen letztlich nicht auf seinem Verhalten, sondern vielmehr auf einem solchen des Herstellers. Schließlich ist es in aller Regel der Hersteller, der den Mangel der Kaufsache verursacht hat und damit die Gewährleistung auslöst. Der Verkäufer wird mithin nicht allein durch die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB, sondern vielmehr durch das der Reform zu Grunde liegende Gesamtkonzept „gebeutelt“592. Daher kann nicht eine Vorschrift allein als Rechtfertigung für die Einführung effektiver Regressregelungen herangezogen werden. Entscheidend für die Notwendigkeit eines effektiven Rückgriffs ist vielmehr, ob der Verkäufer sich gegen die Verschärfung seiner Haftung durch entsprechende vertragliche Abreden schützen kann. Schließlich steht es ihm im Rahmen der gesetzlichen Regelungen, insbesondere der §§ 307 ff. BGB, frei, die dispositiven Gesetzesvorschriften – und damit auch die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB593 – im Vertrag zu seinen Gunsten abzuändern. Er ist in diesen Fällen, insbesondere als Unternehmer, nicht darauf angewiesen, dass der Gesetzgeber ihm einen effektiven Regress ermöglicht. Es wäre ihm unter dem „Aspekt der Gerechtigkeit“ also durchaus zumutbar, die unter anderem durch die Regelung des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB verschärfte Haftung durch vertragliche Vereinbarungen auszugleichen. Erst wenn dem Verkäufer die Möglichkeit genommen wird, sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen vor den Haftungsverschärfungen des neuen Rechts zu schützen, muss ihm ein effektiver Regress eingeräumt werden. Die haftungsverschärfenden Regelungen sind nach § 475 BGB nur für den Verbrauchsgüterkauf zwingend ausgestaltet. Es ergibt sich also erst aus der Gesamtheit aller Haftungsverschärfungen in Verbindung mit der zwingenden Ausgestaltung der – an sich dispositiven – Regelungen durch die Vorschrift des § 475 BGB die Notwendigkeit eines effektiven Rückgriffs. Daher kann letztlich nur der § 475 BGB, nicht aber eine einzelne dispositive Norm, welche die Haftung des Letztverkäufers verschärft, die Einführung der §§ 478, 479 BGB rechtfertigen.594

___________ 591

Siehe dazu 1. Teil, 3. Kapitel D. I. Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535, 2540; Kelwing 31 ff. 593 Daher muss die Regelung auch nicht – wie teilweise gefordert (Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 621; wohl auch Hänlein, DB 1999, 1641, 1646) – auf Verbrauchsgüterkäufe beschränkt werden; so auch Schwartze, ZEuP 2000, 544, 557. 594 So auch MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 1. 592

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c) Gesonderte Mangelfeststellung in jedem vertraglichen Verhältnis Da der Mangel sich primär auf Grund der zwischen den Parteien vereinbarten Eigenschaften ergibt und der Fehlerbegriff innerhalb der einzelnen Verhältnisse variieren kann, muss die Mangelhaftigkeit der Sache für jedes Vertragsverhältnis gesondert festgestellt werden.595 Denn zum einen ist es möglich, dass die Sache zwar im Verhältnis des Letztverkäufers zum Verbraucher, nicht aber im Verhältnis des Lieferanten zum Letztverkäufer mangelhaft ist. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Lieferant dem Letztverkäufer eine unerheblich fehlerhafte Sache zu einem reduzierten Preis verkauft, die dieser dann als fehlerfrei und zum vollen Preis an einen Verbraucher weiterverkauft. Die Sache ist dann im Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Lieferanten nicht fehlerhaft, da in diesem Verhältnis der Verkauf einer fehlerhaften Sache vereinbart wurde.596 Ähnliche Fälle sind denkbar, wenn der Letztverkäufer auf Grund der Werbeaussagen des Herstellers haftet:597 Erfolgen diese Aussagen erst nach dem Verkauf des Herstellers an den Letztverkäufer, aber vor dem Verbrauchsgüterkauf, so liegt nur in diesem, nicht aber in jenem Verhältnis ein Fehler vor.598 Zum anderen sind Fallgestaltungen denkbar, in denen der Mangel nicht im Verbrauchsgüterkauf, sondern nur im Verhältnis des Letztverkäufers zum Lieferanten vorliegt. So wäre es etwa möglich, dass der Letztverkäufer die Sache ohne Wissen der Mangelhaftigkeit kauft und die Sache nach Feststellung des Mangels an einen Verbraucher verkauft, diesem gegenüber aber den Mangel offen legt bzw. die Beschaffenheit der Sache entsprechend dem Mangel modifiziert. Ebenso könnte sich der Mangel im Verhältnis zwischen Lieferant und Letztverkäufer aus einer Werbeaussage des Herstellers ergeben, die zwar den ___________ 595 Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 548 f.; Kelwing 240; St. Lorenz/Riehm Rn. 591; Matthes, NJW 2002, 2505, 2506; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 19; für die Richtlinie Jud, ÖJZ 2000, 661, 663. 596 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 9; Böhle 30 f.; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 373; Hoeren/Martinek/Bohne § 478 BGB Rn. 8; Huber, in: Huber/Faust, 403; St. Lorenz/Riehm Rn. 590; Plate 800; Schmidt-Räntsch Rn. 955; Westermann, NJW 2002, 241, 253; ähnlich Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 6. 597 Jud, ZfRV 2001, 201, 207; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 23; Reinicke/ Tiedtke Rn. 788 ff.; Schumacher 141 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 26 ff. Die Ausnahme der Nichtbeeinflussung der Werbeaussage soll nicht gelten, insofern ist die Norm teleologisch zu reduzieren; vgl. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 11; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686 f.; siehe zu der teleologischen Reduktion hinsichtlich der Ausnahmen auch Höpker 121 f. 598 In diesen Fällen ist möglicherweise ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Nebenpflichten gegeben; vgl. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 11 f.; Klose 168 ff.; St. Lorenz/Riehm Rn. 592; Oechsler Rn. 325; ebenso für die Richtlinie und das englische Recht Bradgate/Twigg-Flesner 231; siehe auch Bartelt 101 ff.; Loose 55 ff.; zu dem möglichen Schadensersatzanspruch auch Faber, IHR 2004, 177, 189.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

Letztverkäufer, nicht aber den Verbraucher in seiner Kaufentscheidung beeinflusst hat, so dass für diesen der Ausschlussgrund des § 434 Abs. 1 S. 3 letzter Halbsatz BGB greift. Der (rechtstreue) Unternehmer wird außerdem eine mangelhafte Sache nicht als mangelfreie Ware an den Verbraucher absetzen, sondern diese – im Rahmen möglicher Gewährleistungsansprüche – an seinen Verkäufer zurückreichen oder als fehlerhafte Ware mit den entsprechenden Vereinbarungen weiterverkaufen oder entsorgen. In beiden Fallkonstellationen ist die Sache entweder nur im Verbrauchsgüterkauf oder nur im Verhältnis der Unternehmer innerhalb der Lieferkette mit einem Mangel behaftet, so dass die Anwendung der §§ 478, 479 BGB ausscheidet. In den Fällen, in denen der Mangel nur im Verhältnis des Letztverkäufers zum Lieferanten, nicht aber im Verbrauchsgüterkauf vorliegt, scheitert ein Rückgriff daran, dass dem Letztverkäufer mangels Gewährleistungspflicht gegenüber dem Verbraucher keine entsprechenden Kosten entstanden sind, die er nach §§ 478, 479 BGB weiterreichen könnte. Liegt der Mangel dagegen nur im Verbrauchsgüterkauf vor, kann der Letztverkäufer zwar vom Verbraucher in Anspruch genommen werden. Er hat allerdings keine Möglichkeit, den so entstandenen Schaden auf seinen Lieferanten abzuwälzen: Sowohl die Anwendung der §§ 478, 479 BGB als auch die der allgemeinen Vorschriften der §§ 437 ff. BGB scheitert daran, dass im Verhältnis der beiden Unternehmer zueinander kein Fehler vorliegt.

2. Aufweichung des Erfordernisses einer mangelhaften Kaufsache Im Schrifttum wird das Vorliegen eines Mangels als zwingende Voraussetzung für die Anwendung der §§ 478, 479 BGB teilweise kritisiert: Der Regress solle auch bei einer mangelfreien Sache möglich sein, wenn der Letztverkäufer die Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers erfülle, weil er bei der ihm zur Verfügung stehenden Zeit und mit angemessenem Aufwand – also innerhalb eines vertretbaren Beurteilungsspielraums – davon ausgehen durfte, dass die Sache mangelhaft und er daher zur Gewährleistung verpflichtet sei.599 Die Anwendung der §§ 478, 479 BGB sei in diesen Fällen ohne das Vorliegen eines Mangels möglich. Der Lieferant bzw. Hersteller könne seine Haftung dadurch reduzieren, dass er über häufig auftretende Mängel informiere oder die Möglichkeit biete, die Sache in seinem Service-Netz zu überprüfen.600 Der Wortlaut des § 478 Abs. 1 und 2 BGB fordert allerdings ausdrücklich das Vorliegen eines Mangels im Verbrauchsgüterkauf. Ebenso nennt die Geset___________ 599 Schubel, ZIP 2002, 2061, 2064 f., 2071; Schwab/Witt/Schubel 214; Staudinger/ Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 45 ff. 600 Schubel, ZIP 2002, 2061, 2064 f.

C. Anforderungen an die Kaufsache

175

zesbegründung die mangelhafte Sache mehrfach als Voraussetzung für die Anwendung der Regressnormen. Anhaltspunkte, dass ein Rückgriff auch bei einer mangelfreien Sache möglich ist, sofern der Letztverkäufer den Mangel in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit und mit angemessenem Aufwand nicht habe feststellen können, finden sich mithin weder im Wortlaut noch in der Entstehungsgeschichte der Regressregelungen. Die in der Literatur gemachte Ausnahme widerspricht außerdem dem Sinn und Zweck der Regressregelungen. Die §§ 478, 479 BGB sollen die Gewährleistungskosten, die der Letztverkäufer auf Grund der verschärften Verkäuferhaftung zu tragen hat, an das Glied der Lieferkette weiterleiten, das den Mangel verursacht hat. Dadurch soll das Insolvenzrisiko des Handels vermindert werden, um so dem Verbraucher einen solventen Schuldner zu erhalten. Dieses Risiko entsteht für den Letztverkäufer aber nur, wenn er tatsächlich einer verschärften Mangelgewährleistung ausgesetzt ist, wenn er also von einem Verbraucher in Anspruch genommen wird, der sich auf die §§ 437 ff. BGB, insbesondere in Verbindung mit § 475 BGB, beruft. Dies wiederum ist nur möglich, wenn im Verbrauchsgüterkauf ein Mangel vorliegt, der diese Gewährleistung auslöst. Erfüllt der Letztverkäufer die Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers dagegen, ohne dass ein Mangel gegeben ist, handelt er nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung. Er ist in diesen Fällen keinem erhöhten Gewährleistungsrisiko ausgesetzt und bedarf nicht des Schutzes durch den Gesetzgeber in Form der Regressprivilegien der §§ 478, 479 BGB. Es wäre unbillig, einem Dritten, etwa dem Lieferanten, die durch ein Fehlverhalten des Letztverkäufers bei der Mangelfeststellung entstandenen Kosten anzulasten. Schließlich hat derjenige, der letztlich die Kosten der Gewährleistung tragen soll, grundsätzlich nicht die Möglichkeit, nachzuprüfen, ob der Letztverkäufer tatsächlich zur Gewährleistung verpflichtet gewesen ist, da er die Sache nicht selbst auf ihre Mangelhaftigkeit untersuchen kann. Er muss vielmehr darauf vertrauen, dass der Letztverkäufer die Voraussetzungen für die Gewährleistung ordnungsgemäß geprüft hat und er nur die Kosten tragen muss, die tatsächlich auf dem Mangelfall beruhen. Es erscheint mithin nicht ungerecht, dem Letztverkäufer das Risiko der Mangelfeststellung aufzubürden.601 Daher ist am Vorliegen eines Mangels im Verbrauchsgüterkauf als zwingender Voraussetzung für die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB festzuhalten.602 Es reicht nicht aus, dass der Letztverkäufer in der ihm zur Verfügung ___________ 601

Tröger, AcP 204 (2004), 115, 120. Ebenso wie hier Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 3; Loose 52, 53; Schumacher 131; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 120. Bartelt, 99 ff., und Klose, 173 ff.; gehen davon aus, dass von dem Erfordernis durch vertragliche Regelungen abgewichen werden kann. 602

176

1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

stehenden Zeit und mit angemessenem Aufwand von einem Fehler ausgehen konnte, die Sache aber tatsächlich mangelfrei ist.

3. Feststellung des Mangels im Verbrauchsgüterkauf a) Meinungsstand Fraglich ist schließlich, wann der Mangel im Verbrauchsgüterkauf für das Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Lieferanten, also für die Anwendung der §§ 478, 479 BGB hinreichend festgestellt ist. Oder anders formuliert: In welcher Form muss der Letztverkäufer, der seinen Lieferanten in Regress nimmt, nachweisen, dass die Sache im Verhältnis zum Verbraucher tatsächlich mangelhaft und er daher zu Recht seiner Gewährleistungspflicht nachgekommen ist? Zwar wird ein Mangel gemäß § 476 BGB – gegebenenfalls in Verbindung mit § 478 Abs. 3 BGB – grundsätzlich vermutet. Dies führt allerdings nicht in allen Problemfällen zu einer Lösung,603 da die Vermutung einerseits widerlegt werden kann und andererseits in den Fällen nicht greift, in denen sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Im Schrifttum wird teilweise ein Gerichtsurteil hinsichtlich der Gewährleistungspflicht im Verbrauchsgüterkauf gefordert, durch das der Mangel festgestellt wird.604 Von anderen Autoren wird dem Letztverkäufer zumindest angeraten, seinem Lieferanten den Streit zu verkünden, wenn er selbst vom Verbraucher in Anspruch genommen wird;605 denn nur mit einer Streitverkündung wirke das Urteil aus dem Prozess gegen den Verbraucher hinsichtlich des Bestehens eines Mangels auch gegen den Lieferanten. Nach anderer Ansicht ist es nicht erforderlich, dass der Mangel im Verbrauchsgüterkauf – in einem Rechtsstreit zwischen Letzt-

___________ 603

Schubel, ZIP 2002, 2061, 2063 f. Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Hoeren/Martinek/Bohne § 478 BGB Rn. 11; Klose 172 ff. (der allerdings aus ökonomischer Sicht eine vertragliche Abbedingung dieser Voraussetzung für notwendig erachtet); Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, § 478 BGB Rn. 510; Schultze-Melling 83 f. (allerdings mit Ausnahmen, in den Fällen, in denen der Letztverkäufer aus Kundenpflege handelt oder den Prozess im Vergleichswege beendet); F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 9; F. von Westphalen/MeierGöring 59; wohl auch Matthes, NJW 2002, 2505, 2507. 605 Bartelt 97 f.; Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Bitterich, JR 2004, 485, 487; Nguyen 137 f.; Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, § 478 BGB Rn. 510; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/ Konzen/Schmidt, 427, 441, F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 20; F. von Westphalen/Meier-Göring 59; Wind 90; in diese Richtung auch MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 20; für die vergleichbare niederländische Rechtslage ebenso Janssen/Schimansky, IHR 2004, 95, 102. 604

C. Anforderungen an die Kaufsache

177

verkäufer und Verbraucher – rechtskräftig festgestellt wird.606 Vielmehr reiche die bloße Geltendmachung.

b) Stellungnahme aa) Erfordernis eines Urteils im Verbrauchsgüterkauf Ein Urteil kann grundsätzlich nur Wirkungen im Verhältnis der Parteien zueinander entfalten.607 Wird also in einem Prozess über die Gewährleistung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher über das Vorliegen eines Mangels entschieden, gilt die dabei getroffene Entscheidung nur gegenüber den Parteien, also gegenüber dem Letztverkäufer und dem Verbraucher. Ein nicht am Prozess beteiligter Dritter – wie der Lieferant – muss sich das Urteil nicht entgegenhalten lassen. Insofern ist es für das Verhältnis des Letztverkäufers zum Lieferanten ohne Bedeutung, ob ein entsprechendes Urteil über den Mangel im Verbrauchsgüterkauf vorliegt. Wenn einem Urteil über den Verbrauchsgüterkauf aber ohnehin keine Wirkungen im Verhältnis von Regressgläubiger und -schuldner zukommt, ist es unsinnig, ein solches für die Anwendung der §§ 478, 479 BGB zu fordern.

bb) Korrektur mit Hilfe der Streitverkündung nach den §§ 72 ff. ZPO Etwas anderes könnte möglicherweise dann gelten, wenn man neben einem Urteil hinsichtlich des Mangels im Verbrauchsgüterkauf fordert, dass der Letztverkäufer dem Lieferanten in diesem Prozess gemäß den §§ 72 ff. ZPO den Streit verkündet.608 Wird dem Lieferanten nämlich der Streit verkündet, entfaltet das Urteil im Verbrauchsgüterkauf auch für und gegen ihn Wirkung: Unabhängig davon, ob der Streitverkündete – hier also der Lieferant – dem Rechtsstreit beitritt609 oder nicht,610 kann er ohne Zustimmung der streitverkün___________ 606 Böhle 123 ff.; Bülow/Artz 127; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 3; Kelwing 213 (für § 478 Abs. 2 BGB); Palandt/Weidenkaff § 478 BGB Rn. 11; Schindler, JA 2004, 835, 839; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2064; Schumacher 130 f.; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 15, 45; im Ergebnis auch Wieling/Finkenauer 36. 607 RG Z 148, 166 ff.; Jauernig, ZPO 205; Schellhammer Rn. 865. 608 Eine solche Streitverkündung ist insbesondere dann möglich, wenn die Partei für den Fall des ihr ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Regressanspruch gegen einen Dritten erheben zu können glaubt; vgl. OLG Köln NJW-RR 1991, 1535; Baumbach u.a./Hartmann § 72 ZPO Rn. 4; Schellhammer Rn. 1627; Zöller/Vollkommer § 72 ZPO Rn. 1, 5, 7. 609 In diesen Fällen bestimmt sich das Verhältnis des Dritten zu den Parteien gemäß § 74 Abs. 1 ZPO nach den Grundsätzen der Nebenintervention, §§ 68 ff. ZPO.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

denden Partei im Folgeprozess grundsätzlich611 solche Einwendungen nicht mehr geltend machen, die schon im ersten Prozess hätten vorgebracht werden können.612 Der Lieferant könnte gegen die Regressnahme durch den Letztverkäufer also nicht einwenden, es habe im Verhältnis des Letztverkäufers zum Verbraucher kein Mangel vorgelegen, wenn ein solcher im Prozess zwischen diesen Parteien rechtskräftig festgestellt wurde. Damit wäre zwar sichergestellt, dass das im Prozess zwischen dem Letztverkäufer und dem Verbraucher erstrittene Urteil hinsichtlich der Gewährleistungspflicht und dementsprechend hinsichtlich des Vorliegens eines Mangels im Verbrauchsgüterkauf auch gegenüber dem Lieferanten Wirkung entfaltet. Dies führt aber keineswegs zu einer Erleichterung des Rückgriffs insgesamt. Denn der Letztverkäufer muss nicht nur den Mangel im Verbrauchsgüterkauf, sondern auch den Mangel in seinem Verhältnis zum Lieferanten nachweisen. Da das Urteil des Verbrauchsgüterkaufs hierzu aber keine Aussagen enthält – und auch nicht enthalten kann –, bedarf es eines weiteren Prozesses, in dem festgestellt wird, ob im Verhältnis der Unternehmer zueinander eine mangelhafte Sache vorliegt. Die einzige Erleichterung der Streitverkündung liegt also darin, dass das Gericht in diesem Prozess nicht mehr das Vorliegen eines Mangels im Verbrauchsgüterkauf prüfen muss, sondern insoweit auf das Urteil aus dem ersten Prozess zurückgreifen kann. Der zusätzliche Prozess wird dadurch nicht verhindert. Im Gegenteil: Führt man den Ansatz, dass nur ein entsprechendes Urteil den Mangel hinreichend nachweist, konsequent fort, wäre der zweite Prozess zwingend erforderlich, wenn auch der Lieferant gegenüber seinem Verkäufer Regress nehmen will. Denn um seinen Rückgriff sicher zu stellen, müsste er mit einem Urteil beweisen, dass im Verhältnis zwischen ihm und dem Letztverkäufer ein Mangel vorliegt. Damit dieses Urteil aber für und gegen den Verkäufer des Lieferanten wirkt, müsste ihm vorher vom Lieferanten der Streit verkündet werden. Darüber hinaus müsste dem Verkäufer des Lieferanten bereits im Prozess von Letztverkäufer und Verbraucher der Streit verkündet werden. Denn nur wenn der Lieferant, dem vom Letztverkäufer der Streit verkündet wurde, seinerseits seinem Verkäufer den Streit verkündet – ___________ 610

Wie sich auch aus § 74 Abs. 2 ZPO ergibt, ist der Streiverkündete nicht dazu verpflichtet, dem Prozess beizutreten; siehe Baumbach u.a./Hartmann, Einf. §§ 72-74 ZPO Rn. 4; Schellhammer Rn. 1624; Zöller/Vollkommer § 72 ZPO Rn. 1. 611 Eine Ausnahme besteht für die Fälle des § 68 2. Hs. ZPO. Danach kann der Nebenintervent die Wirkung der Nebenintervention dadurch zerstören, dass er behauptet und eventuell beweist, die Hauptpartei habe den Rechtsstreit mangelhaft geführt, weil er daran gehindert worden sei, bestimmte Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder weil die Hauptpartei ihm unbekannte Angriffs- und Verteidigungsmittel schuldhaft nicht geltend gemacht habe; siehe dazu Putzo, in: Thomas/Putzo, § 68 ZPO Rn. 9 ff.; Zöller/Vollkommer § 68 ZPO Rn. 11 f. 612 Baumbach u.a./Hartmann, § 74 ZPO Rn. 5; Jauernig, ZPO 273 f.; Schellhammer Rn. 1633; Zöller/Vollkommer § 74 ZPO Rn. 7.

C. Anforderungen an die Kaufsache

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wozu er nach § 72 Abs. 2 ZPO berechtigt ist –, entfaltet das dort erstrittene Urteil hinsichtlich des Mangels im Verbrauchsgüterkauf auch diesem gegenüber Wirkung. Die Konsequenzen dieser Ansicht lassen sich an folgendem kurzen Beispiel verdeutlichen: Verkauft ein Hersteller über zwei Absatzstufen (Letztverkäufer und Lieferant) an den Verbraucher, bedürfte es zwingend zweier Prozesse, bis der Lieferant möglicherweise in einem dritten Prozess den Hersteller in Regress nehmen kann. Dem Hersteller seinerseits wurde bis dahin zweimal der Streit verkündet. Um Regress nehmen zu können, müsste also jeder Unternehmer der Lieferkette zwei Prozesse führen und gegebenenfalls an weiteren Prozessen als Streitverkündeter teilnehmen. Das Erfordernis, einen Mangel durch Gerichtsurteil nachzuweisen, würde mithin zu einer Flut an Klagen führen, welche die Kapazitäten der Justiz deutlich übersteigen dürfte.613 Darüber hinaus ließe sich diese Ansicht nicht mit dem Sinn und Zweck der Regressregelungen vereinbaren. Die §§ 478, 479 BGB dienen mittelbar dem Verbraucherschutz.614 Diesem widerspricht es, wenn der Verbraucher bei einer Klage auf Gewährleistung nicht nur seinem Vertragspartner, dem Letztverkäufer, sondern noch weiteren Unternehmern gegenübersteht – im oben angeführten Beispiel etwa dem Lieferanten und dem Hersteller –, die alle ein Interesse daran haben, dass der Verbraucher den Prozess verliert. Dadurch sinken zum einen seine Erfolgsaussichten hinsichtlich der Gewährleistungsklage. Zum anderen führt diese Streitverkündungskette für den Verbraucher zu einem „nicht unerheblichen Kostenrisiko“615, das ihn davon abhalten könnte, seine Rechte überhaupt gerichtlich geltend zu machen. Des Weiteren würde der Verbraucher zwingend einem Prozess ausgesetzt sein, wenn er Gewährleistungsansprüche geltend macht. Schließlich braucht der Letztverkäufer ein Urteil, um gegenüber seinem Lieferanten Regress zu nehmen. Dies würde außerdem dazu führen, dass der Letztverkäufer erst dann die Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers erfüllen wird, wenn er hierzu durch ein entsprechendes Urteil gezwungen ist. Seine Bereitschaft, die Ansprüche des Verbrauchers zu erfüllen, würde sinken. Dies liefe dem Zweck der §§ 478, 479 BGB zuwider, die diese Bereitschaft gerade erhöhen wollen, indem sie dem Letztverkäufer die Möglichkeit einräumen, die ihm durch die Gewährleistung entstandenen Kosten bei seinem Lieferanten wieder ausgleichen zu können. Die Ansicht, die zum Nachweis eines Mangels ein entsprechendes Urteil fordert, ist mit dem Sinn und Zweck der Regressregelungen mithin nicht vereinbar. ___________ 613

Vgl. auch Böhle 124. Vgl. unter 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 615 F. von Westphalen/Meier-Göring 59. 614

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1. Teil, 2. Kap.: Die Regresskette – Anwendungsvoraussetzungen

c) Ergebnis Das Erfordernis eines Urteils zum Nachweis eines Mangels führt in der Kombination mit der Streitverkündung zum einen zu erheblichen Problemen, was die praktische Handhabung angeht, und voraussichtlich zu einer Überlastung der Gerichte. Zum anderen ist diese Voraussetzung mit Überlegungen zum Verbraucherschutz, also mit Sinn und Zweck der Regressregelungen, nicht vereinbar. Daher kann ein Urteil zum Nachweis der Mangelhaftigkeit der Kaufsache nicht Voraussetzung der §§ 478, 479 BGB sein. Vielmehr muss es ausreichen, dass der Regressgläubiger den Mangel mit hinreichender Sicherheit geltend macht. Kommen dem Regressschuldner diesbezüglich Zweifel, kann er in einem Prozess gegen den Regressgläubiger klären lassen, ob im Verhältnis des Letztverkäufers zum Verbraucher ein Mangel vorlag.

4. Zusammenfassung Zwingende Voraussetzung der §§ 478, 479 BGB ist das Vorliegen eines Mangels sowohl im Verbrauchsgüterkauf wie auch im Verhältnis des Letztverkäufers zum Lieferanten und eventuell in weiteren Vertragsverhältnissen der Regresskette. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Mangel auf Grund des subjektiven Fehlerbegriffs für jedes Vertragsverhältnis gesondert festzustellen ist. Ausreichend für die Mangelfeststellung ist, dass der Regressgläubiger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Vorliegen eines Mangels behauptet.

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

A. Einführung

181

3. Kapitel

Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB im Einzelnen A. Einführung

A. Einführung I. Systematik der Regressregelungen Mit den in den §§ 478, 479 BGB enthaltenen Regelungen616 hat sich der deutsche Gesetzgeber sowohl gegen die noch vom Grünbuch geforderte direkte Herstellerhaftung617 als auch gegen eine Haftung des Herstellers gegenüber dem Letztverkäufer im Sinne einer action directe entschieden. Er gewährt den Regress vielmehr nur entlang der vertraglichen Beziehungen innerhalb der oben dargestellten Regresskette. Dabei erfolgt der Rückgriff nicht durch die Statuierung besonderer Regressrechte, sondern dadurch, dass die allgemeinen Kaufgewährleistungsrechte in vierfacher Weise zu Gunsten des Letztverkäufers modifiziert werden.618 Um die Effektivität des Systems zu gewährleisten, sind die Ansprüche des Letztverkäufers zudem halbzwingend ausgestaltet und können – auch individualvertraglich – nur bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs abbedungen werden. Die Entscheidung des Gesetzgebers, den Regress nur entlang bereits bestehender vertraglicher Beziehungen zu gewähren, führt dazu, dass sich die Abwicklung des Mangelfalls – anders als bei einer unmittelbaren Herstellerhaftung – in zwei Phasen vollzieht; Regulierungskompetenz und Kostentragungspflicht fallen auseinander:619 In einem ersten Schritt werden die Ansprüche des Verbrauchers durch den Letztverkäufer erfüllt, wobei es in erster Linie um die sachgerechte Regulierung des Gewährleistungsfalls geht. In der zweiten Phase der Abwicklung werden die durch die Gewährleistung entstandenen Kosten an das Glied der Absatzkette weitergeleitet, das den Schaden verursacht hat. Derjenige, der letztlich die Kosten zu tragen hat, kann mithin keinen unmittelbaren Einfluss auf die Art und ordnungsgemäße Durchführung der Regulierung nehmen. Bei der Auslegung der §§ 478, 479 BGB sind daher sowohl die Interessen ___________ 616 Zu dem Begriff „Regress“ in diesem Zusammenhang siehe Wendehorst, Jura 2004, 505, 506 f.: Die §§ 478, 479 BGB statuierten letztlich einen normalen Gewährleistungsanspruch, dessen Grundlage die Mangelhaftigkeit der Sache bilde. Da er allerdings daran geknüpft sei, dass der Schuldner seinerseits an einen Dritten geleistet habe, sei es durchaus vertretbar, in diesem Zusammenhang den Begriff „Regress“ zu benutzen. 617 Siehe hierzu 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 2. a). 618 Vgl. hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2). 619 Schubel, ZIP 2002, 2061, 2062 f., 2071; siehe auch Bitterich, JR 2004, 485, 487, 490.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

des Letztverkäufers als demjenigen, der die Gewährleistungsansprüche erfüllt, wie auch die des Lieferanten bzw. eines anderen Verkäufers innerhalb der Lieferkette zu berücksichtigen, der die Kosten der Gewährleistung letztlich zu tragen hat. Die beiden Abwicklungsstufen und die einzelnen Verträge in der Lieferkette sind miteinander zu „verzahnen“620, um eine ausgeglichene Lösung für alle Beteiligten der Regresskette zu erreichen, ohne dabei die Rechte des Verbrauchers zu schmälern.

II. Ziel der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB Ausweislich der Gesetzesbegründung621 dienen die §§ 478, 479 BGB der Umsetzung des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Sie sollen dem Letztverkäufer – sowie den anderen Käufern innerhalb der Regresskette – einen effektiven Regress gegenüber dem jeweiligen Verkäufer gewähren und so verhindern, „dass der Einzelhändler allein die Nachteile eines verbesserten Verbraucherschutzes auch dann zu tragen hat, wenn der Grund für seine Haftung, nämlich der Mangel der Sache, nicht in seinem Bereich entstanden ist, sondern etwa – wie es in der Praxis die Regel sein wird – auf einen Fehler im Herstellungsprozess zurückzuführen ist.“622

Die Gewährleistungskosten werden an dasjenige Glied der Lieferkette weitergereicht, das den Mangel der Kaufsache zu verantworten hat, um so einen gerechten Interessenausgleich623 und eine effiziente Risikoallokation624 innerhalb der Lieferkette zu erreichen. Durch diesen angestrebten Interessenausgleich kommt den §§ 478, 479 BGB Schutzwirkung in zweierlei Hinsicht zu: Einerseits wird der Letztverkäufer als kleines und mittleres Unternehmen625 gegenüber dem Hersteller geschützt, da durch die Regressregelungen seine Rechte gestärkt werden und sich sein Insol-

___________ 620

Schubel, ZIP 2002, 2061, 2063, 2071. Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 622 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 623 AnwKomm/Büdenbender § 474 BGB Rn. 1, 10; Schindler, JA 2004, 835, 838; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117, 125; siehe auch Gruber, NJW 2002, 1180, 1181; Medicus, SchuldR BT Rn. 80f; von Sachsen Gessaphe, FS Sonnenberger 99, 111. 624 Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 96; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117. 625 In der Rechtsrealität ist der Letztverkäufer nicht immer zwingend das im Vergleich zum Hersteller schwächere Glied, so etwa dann nicht, wenn große Handelskonzerne die Waren kleinerer Hersteller verkaufen. 621

A. Einführung

183

venzrisiko verringert.626 Andererseits dienen die Vorschriften mittelbar dem Verbraucherschutz,627 da die Minimierung des Insolvenzrisikos auf Seiten des Letztverkäufers dazu führt, dass dem Verbraucher sein – einziger – Gewährleistungsschuldner erhalten bleibt.628 Außerdem erhöht die Statuierung eines effektiven Rückgriffs die Bereitschaft des Letztverkäufers, die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers zu erfüllen629 und bietet für den Hersteller einen Anreiz, die Qualität seiner Produkte zu verbessern.630 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die beiden Schutzrichtungen nicht gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die §§ 478, 479 BGB sind nicht als primäres Schutzrecht zu Gunsten des Einzelhandels zu verstehen. Zum einen finden die Vorschriften unabhängig von der besonderen Schutzbedürftigkeit des Unternehmers und damit unabhängig von einem strukturellen Ungleichgewicht Anwendung.631 Zum anderen setzen die Normen zwingend das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette voraus.632 Der Letztverkäufer soll demnach unabhängig von den Umständen des Einzelfalls immer, aber auch nur dann geschützt werden, wenn sich die Nachteile als Folge des verbesserten Verbraucherschutzes darstellen. Diese Stufung der Schutzrichtungen entspricht der Vorgabe des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die ebenfalls nicht den Letztverkäufer, sondern vorrangig den Verbraucher schützen will.633 ___________ 626 Böhle, WM 2004, 1616, 1617; P. Bydlinski, in: Schulze/Schulte-Nölke, 381, 397; Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 96; Hoeren/Martinek/Bohne § 478 BGB Rn. 2; Jacobs, JZ 2004, 225, 226; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2562; Plate 800; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 452; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725; A. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395, 400; vorsichtiger Schlechtriem, JZ 1997, 441, 443; a.A. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 116 f. 627 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 1; Bartelt 68 ff.; Böhle 133 f.; HkBGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 1; Jacobs, JZ 2004, 225, 226; Matthes, NJW 2002, 2505; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2562, 2566; Schillo, IHR 2003, 257, 267; Schindler, JA 2004, 835, 838; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 452; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725; anders Medicus, ZIP 1996, 1925, 1928; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117. 628 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2562; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725. 629 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 1; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 1; Schillo, IHR 2003, 257, 267; Schindler, JA 2004, 835, 838; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117, der im Ergebnis aber nicht davon ausgeht, dass die §§ 478, 479 BGB einem verbraucherschützenden Zweck dienen; für Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Bitterich, JR 2004, 485. 630 Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117. 631 Tröger, AcP 204 (2004), 115, 116 f. 632 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel B. I. 633 So auch Bitterich, JR 2004, 485.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Bei der Auslegung der §§ 478, 479 BGB kommen daher der Gewährung eines angemessenen Ausgleichs innerhalb der Regresskette und dem Verbraucherschutz maßgebliche Bedeutung zu.

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB I. Regelungsgehalt des § 478 Abs. 1 BGB § 478 Abs. 1 BGB gewährt dem Letztverkäufer keinen eigenständigen Regressanspruch, sondern modifiziert die allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche, die dem Letztverkäufer gegenüber seinem Lieferanten zustehen, indem er ihn von dem Erfordernis der Fristsetzung befreit.634 Dadurch soll dieser „die Sache [gemeint sind wohl eher die durch die mangelhafte Sache im Rahmen der Gewährleistung entstandenen Nachteile635] möglichst problemlos an seinen Lieferanten ‚durchreichen‘, also weitergeben“ können.636 Grundsätzlich steht jedem Verkäufer ein Recht zur zweiten Andienung zu, d.h. er hat seinem Käufer gegenüber das Recht zur Nacherfüllung und somit zur Aufrechterhaltung des Kaufvertrages.637 Der Käufer hat nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung. Er kann nach seiner Wahl638 Nachbesserung der gelieferten oder Neulieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Dabei ist – wie nunmehr auch der BGH entschieden hat639 – eine Nachlieferung bei einer Stückschuld möglich, wenn die Sache nach dem hypothetischen Parteiwillen im Rahmen der Nacherfüllung durch eine gleichar-

___________ 634

Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 14; Bitterich, JR 2004, 485, 486; Westermann/Buck 174; St. Lorenz, FS Jayme 533, 537; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 21; H. Roth, in: Koller/Roth/Zimmermann, 83; a.A. F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 14. 635 Siehe auch Schumacher 121. 636 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 637 Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 7, 48; Huber, NJW 2002, 1004, 1005; MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 1; Reinking, DAR 2002, 15, 18; Schimmel/Buhlmann 131; Schwab/Witt/Schubel 185 ff. 638 Dies wird schon im Schrifttum zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kritisiert: Die Wahl sollte eher dem Verkäufer zustehen; siehe Brambring, DNotZ 2001, 590, 592; Cziesielsky 150 f.; Junker, DZWir 1997, 271, 279; Kircher, ZRP 1997, 290, 292; Matthiessen/Lindner, NJ 1999, 617, 621; Medicus, ZIP 1996, 1925, 1927; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 445; wohl auch Honsell, JZ 2001, 278, 279; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 569, 573; a.A. dagegen Schimmel/Buhlmann 138; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 9. 639 BGH NJW 2006, 2839, 2841 f.

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

185

tige und gleichwertige Sache ersetzt werden kann.640 Für die Geltendmachung der anderen in § 437 BGB genannten Rechte bedarf es dagegen entweder des erfolglosen Ablaufs einer Nacherfüllungsfrist oder besonderer Gründe,641 die eine solche Frist entbehrlich machen. Erst unter diesen zusätzlichen Voraussetzungen kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche geltend machen. Die allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte stehen mithin in einem Stufenverhältnis dergestalt, dass der Käufer zunächst nur Nacherfüllung verlangen kann und erst nach Ablauf – oder bei Entbehrlichkeit – einer entsprechenden Frist auf die anderen – sog. sekundären – Gewährleistungsrechte zugreifen kann. Man spricht vom Vorrang der Nacherfüllung.642 Dieser Vorrang würde ohne die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB auch im Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Verkäufer, dem Lieferanten, gelten. Der Nachteil, der durch die Mangelhaftigkeit der Sache entstanden ist, würde dadurch ausgeglichen, dass der Letztverkäufer in die Lage versetzt wird, die bei Lieferung einer mangelfreien Sache durch den Lieferanten vor dem Verbrauchsgüterkauf bestanden hätte. Dann hätte der Letztverkäufer vom Lieferanten nämlich für den Einkaufspreis eine Sache erhalten, die er an einen Verbraucher absetzen muss, um Gewinn zu erzielen und den Einkaufspreis, der sich aus dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand plus der Gewinnspanne des Lieferanten ergibt, zu kompensieren. Ist ihm der Absatz nicht möglich, macht er dagegen keinen Gewinn und bleibt auf den Kosten sitzen, die er für die Sache ursprünglich aufwenden musste. Durch das Recht zur zweiten Andienung würde nachträglich genau dieser Zustand hergestellt: Der Lieferant könnte in den Fällen, in denen der Verbraucher dem Letztverkäufer die mangelhafte Sache zurückgewährt hat, entweder die mangelhafte Sache nachbes___________ 640 Palandt/Weidenkaff § 439 BGB Rn. 15; H. Roth, NJW 2006, 2953 ff.; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 464; siehe auch St. Lorenz, NJW 2007, 1, 4. Die Frage, ob eine Nachlieferung bei der Stückschuld möglich ist, wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Teilweise wird dies dann bejaht, wenn es sich um vertretbare Sachen handelt (Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2119 f.; Henssler/Dedek, JuS 2004, 497, 499; Kamanabrou, ZGS 2004, 57, 59 ff.; im Ergebnis ähnlich F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 5 ff.), teilweise dann, wenn die Stückschuld funktional einem Gattungskauf vergleichbar ist (Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 380). Von anderen Autoren wird die Möglichkeit einer Nachlieferung bei einer Stückschuld gänzlich verneint; siehe etwa Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1379; Faust, ZGS 2004, 252 ff.; Reinking, DAR 2002, 15, 19; Schimmel/Buhlmann 84, 132; Schwab, JuS 2002, 1, 6; im Ergebnis auch Schwab/Witt/Schubel 177 f.; siehe auch Ebel, JA 2004, 566, insb. 568 ff., der zwischen subjektiver und objektiver Stückschuld differenziert. 641 Diese Gründe sind sowohl im allgemeinen Schuld- als auch im Kaufrecht normiert; vgl. dazu Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2116 ff.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 24. 642 Siehe statt aller Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 230.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

sern oder sie zurücknehmen und eine mangelfreie Sache neu liefern. Im Falle der Nachbesserung verbliebe die ursprünglich an den Verbraucher verkaufte und durch den Lieferanten reparierte Sache beim Letztverkäufer; im Falle der Neulieferung würde ihm gegen Rückgabe der mangelhaften eine neue mangelfreie Sache geliefert. Im Wege der Nacherfüllung erhielte er also eine (neugelieferte oder nachgebesserte) Sache, die er absetzen muss, um Gewinn zu erzielen und seinen Einkaufspreis zu kompensieren. Der Nacherfüllungsvorrang des Lieferanten entspricht aber nicht den Interessen des Letztverkäufers. Denn er müsste für eine Sache, die er ohne ihre Mangelhaftigkeit wirksam und wohl auch gewinnbringend an einen Verbraucher abgesetzt hätte, einen neuen Käufer in einem möglicherweise veränderten Marktumfeld finden. Er müsste dazu zusätzliche Mühen aufbringen, die bei Mangelfreiheit und erfolgreichem ersten Absatz nicht entstanden wären. Bereits diese Mühen können einen finanziellen Schaden darstellen. Schwerer aber wiegt, dass der erneute Verkaufsversuch immer die Gefahr birgt, dass die Sache nicht abgesetzt wird. Dies ist insbesondere hinsichtlich der nachgebesserten Kaufsache denkbar, die bereits von einem Verbraucher benutzt wurde, aber auch allgemein in den Fällen, in denen die Sache ohnehin schwer absetzbar (z. B. ein sog. Ladenhüter oder ein teurer Luxusartikel) oder nunmehr ihr technisch überarbeiteter Nachfolger auf dem Markt ist. Der Letztverkäufer würde dann nicht nur keinen Gewinn mit der Sache erzielen, sondern bliebe auch auf dem Einkaufspreis sitzen, also den Kosten, die er aufbringen musste, um die ursprüngliche Sache vom Lieferanten zu kaufen. Diese Gefahr eines finanziellen Schadens stellt für den Letztverkäufer einen Nachteil dar.643 Ähnlich wäre die Situation in den Fällen, in denen der Verbraucher dem Letztverkäufer gegenüber gemindert hat: Zwar behielte dieser einen Teil des Kaufpreises, den er vom Verbraucher erhalten hat. Insofern ist sein Verlust zunächst nicht so hoch wie bei einem Rücktritt des Verbrauchers. Auch könnte der Lieferant ihm gegenüber nicht nachbessern, da sich die mangelhafte Sache beim Verbraucher befindet. Möglich bleibt aber die Neulieferung einer mangelfreien gegen Rückgabe der mangelhaften Sache. Da der Letztverkäufer Letztere nicht zurückgewähren kann, da er sie an den Verbraucher verkauft und dieser sie behalten hat, muss er dem Lieferanten nach §§ 439 Abs. 4, 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB Wertersatz in Geld leisten. Dabei ist für die Berechnung der Einkaufspreis der Sache zu Grunde zu legen und wegen der Mangelhaftigkeit entsprechend § 441 Abs. 3 BGB zu kürzen.644 Der Verlust des Letztverkäufers ___________ 643 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXI; St. Lorenz, FS Jayme 533, 537; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 125 f. 644 Siehe Palandt/Grüneberg § 346 BGB Rn. 10; MünchKomm/Gaier § 346 BGB Rn. 45. Von den Autoren wird vorgeschlagen, dem Rücktrittsgegner in bestimmten Fällen den Gewinnanteil zu kürzen bzw. auf den objektiven Wert der Leistung abzustellen.

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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erhöht sich dadurch im Ergebnis auf den Einkaufspreis minus den anteiligen Gewinn, den er aus dem Geschäft mit dem Verbraucher erzielen konnte. Bei erfolgreichem Absatz der neu gelieferten Sache kann er diesen Verlust kompensieren und aus dem Geschäft den vollen sowie aus dem ursprünglichen Geschäft den anteiligen Gewinn erzielen. Gelingt ihm der Absatz dagegen nicht, bleibt er auf dem oben dargestellten Kosten sitzen. Der Letztverkäufer bliebe damit bei einer Nacherfüllung seitens des Lieferanten in den Fällen, in denen ihm ein Absatz der nachgebesserten oder neu gelieferten Sache nicht gelingt, auf den Kosten sitzen, die durch die Lieferung der mangelhaften Sache entstanden sind, ohne dass er für diesen Mangel verantwortlich wäre. Dies soll durch die Regressnormen gerade verhindert werden. Daher645 bestimmt § 478 Abs. 1 BGB, dass es bei der Geltendmachung der Rechte des Letztverkäufers gegenüber dem Lieferanten keiner sonst erforderlichen Fristsetzung bedarf. Dadurch entfällt der Vorrang der Nacherfüllung und damit das Recht zur zweiten Andienung:646 Der Letztverkäufer kann ohne Fristsetzung und demnach direkt auf die sekundären Rechtsbehelfe – Rücktritt, Minderung, Schadens- und Aufwendungsersatz – zurückgreifen. Er muss keine vom Lieferanten nachgebesserte oder neu gelieferte Sache absetzen und ist damit nicht den Gefahren ausgesetzt, die mit einem erneuten Absatzversuch einhergehen. Da der Verzicht auf den Vorrang der Nacherfüllung den Interessen des Letztverkäufers bzw. des Regressgläubigers in der Regresskette gilt, ist es ihm auch möglich, auf die Begünstigung des § 478 Abs. 1 BGB zu verzichten und von seinem Lieferanten Nacherfüllung zu verlangen.647

II. Voraussetzungen der Norm im Einzelnen 1. Grundsätzliche Voraussetzungen des Rückgriffs Grundvoraussetzung des § 478 Abs. 1 BGB ist zunächst, dass der Regressgläubiger Bestandteil der im zweiten Kapitel erläuterten Regresskette, also Un___________ Diese Einschränkungen sind m.E. hier nicht relevant, da sie nur in Betracht kommen, wenn es um einen Rücktritt geht, nicht dagegen dann, wenn der Vertrag im Rahmen der Nachlieferung aufrechterhalten werden soll. 645 Um dem Letztverkäufer dieses Absatzrisiko zu nehmen; vgl. Dauner-Lieb u.a./ Büdenbender § 8 Rn. 87; Westermann, NJW 2002, 241, 252 f. 646 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 38; Böhle 32; ders., WM 2004, 1616, 1617; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 482; Hassemer, ZGS 2002, 95, 100 f.; Jacobs, JZ 2004, 225, 229; Janser 45; Jud, ZfRV 2001, 201, 210; St. Lorenz/Riehm Rn. 590; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 29. 647 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 39; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 482; Jacobs, JZ 2004, 225, 229; Schultze-Melling 73.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

ternehmer in einer Lieferkette ist, die mit einem Verbrauchsgüterkauf endet.648 Kaufgegenstand muss eine bewegliche neu hergestellte Sache649 sein, deren Mangelhaftigkeit einerseits dazu führt, dass der Verbraucher den Letztverkäufer in Anspruch nimmt, und andererseits im Verhältnis des Letztverkäufers zum Lieferanten eine Gewährleistungspflicht begründet.650

2. Rücknahmepflicht oder Minderung Darüber hinaus erfordert § 478 Abs. 1 BGB, dass der Letztverkäufer die „Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat“.

a) Bestehende Gewährleistungspflicht des Letztverkäufers Bei der Formulierung „zurücknehmen musste“ geht es nicht darum, dass den Letztverkäufer eine Rücknahmepflicht trifft, sondern dass dem Verbraucher ein Anspruch auf solche Rechtsbehelfe zusteht, die dem Letztverkäufer im Gegenzug ein Recht auf Rücknahme der Sache gewähren.651 In der Gesetzesbegründung heißt es, die Rücknahmepflicht muss „Folge eines entsprechenden Anspruchs des Verbrauchers“ sein.652 Der Letztverkäufer muss auf Grund eines der in § 437 BGB aufgezählten Gewährleistungsrechte dem Verbraucher gegenüber zur Gewährleistung verpflichtet sein und dadurch ein Recht zur Rücknahme der Sache erhalten. Der § 478 Abs. 1 BGB greift mithin weder dann, wenn der Letztverkäufer die Ansprüche des Verbrauchers aus Kulanz erfüllt, also ohne hierzu gesetzlich verpflichtet zu sein, etwa weil der Anspruch verjährt oder die Sache im Verhältnis des Letztverkäufers zum Verbraucher nicht mangelhaft war653 oder weil der Verbraucher den Mangel bei Vertragsschluss ___________ 648

Siehe 1.Teil, 2. Kapitel A. und B. Vgl. 1. Teil, 2. Kaptiel C. I. 3. 650 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel C. II. 651 So auch Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 17; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 18. 652 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248. 653 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 32; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 17; Bereska, ZGS 2002, 59; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90; Ehmann/Sutschet 233; Hassemer, Jura 2002, 841, 843; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 5; St. Lorenz/Riehm Rn. 589; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172; Ott, in: Ott/Lüer/ Heussen, § 478 BGB Rn. 511; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2064; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 14; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 730; F. von 649

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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kannte654, noch wenn sich die Pflicht zur Rücknahme aus einem vertraglichen Rücktritts- oder einem Widerrufs- bzw. Anfechtungsrecht ergibt.655 Ebenso wenig findet die Vorschrift Anwendung, wenn die Minderung nicht berechtigterweise vorgenommen wurde, der Letztverkäufer also nicht zur Minderung verpflichtet war.656 Denn nur wenn der Letztverkäufer den Gewährleistungsansprüchen des Verbrauchers auch tatsächlich ausgesetzt ist, bedarf er des Schutzes der §§ 478, 479 BGB. Entstehen die Kosten dagegen aus einem Grund, der nicht in der Mangelhaftigkeit der Sache begründet liegt, sondern auf ein Verhalten des Letztverkäufers zurückgeht, ist eine Weiterleitung auf den Lieferanten bzw. den Hersteller nicht gerechtfertigt.

b) Rücknahme der Sache aa) Anwendungsfälle Eine Rücknahmepflicht bzw. ein Rücknahmerecht des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher sieht der Gesetzgeber in drei Fällen vor:657 Erstens ergibt es sich, wenn der Letztverkäufer dem Verbraucher im Rahmen der Nacherfüllung eine neue Sache liefert, denn dann kann er nach § 439 Abs. 4 BGB die mangelhafte Sache zurückfordern. Zweitens ist die Sache nach § 346 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 437 Nr. 2, 1. Var., 440, 323, 326 Abs. 5 BGB dann zurückzugewähren, wenn der Verbraucher vom Vertrag zurücktritt. Und drittens kann der Letztverkäufer die Sache nach § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 281 Abs. 5 BGB bzw. § 281 Abs. 5, 283 S. 2 BGB zurückfordern, wenn der Verbraucher großen Schadensersatz verlangt.658 Neben diesen Fällen, in denen das Gesetz dem Letztverkäufer im Rahmen seiner Gewährleistungspflicht ein Rücknahmerecht gewährt, greift der § 478 ___________ Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 7; F. von Westphalen/MeierGöring 59; Wieling/Finkenauer 36. 654 Vgl. § 442 BGB. 655 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 17; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 373; Ehmann/Sutschet 233; Hassemer, Jura 2002, 841, 843; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 5; Höpker 108 ff.; Jacobs, JZ 2004, 225, 229; Oechsler Rn. 324; Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, § 478 BGB Rn. 511, 516; Schmidt-Räntsch Rn. 953; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2063; Westermann/Buck 175. 656 Bereska, ZGS 2002, 59, 60; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 19; Schwab/Witt/Schubel 212. 657 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 658 F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 5, 11, geht zu Unrecht davon aus, dass der § 478 Abs. 1 BGB in Fällen des Schadensersatzes nicht greife und hier weiterhin eine Fristsetzung erforderlich sei.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Abs. 1 BGB dann, wenn der Verbraucher die mangelhafte Sache direkt zurückweist.659 In diesem Fall liegt zwar keine gewährleistungsrechtliche Rücknahmepflicht vor, doch muss der Letztverkäufer auch hier die Sache wieder zurücknehmen und – ähnlich wie bei der Nacherfüllung – einen erneuten Erfüllungsversuch unternehmen. Der Umstand, dass der Verbraucher den Mangel schon vor Erfüllung des Vertrages erkennt, vermag hinsichtlich der Regressrechte des Letztverkäufers keinen Unterschied zu machen.

bb) Teleologische Reduktion in Bezug auf die Nachlieferung (1) Einführung und Meinungsstand Die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB auf die Fälle der Nachlieferung stößt auf Bedenken. Zwar wird vielfach die Auffassung vertreten,660 die Norm erfasse auch die Fälle, in denen der Letztverkäufer die Sache auf Grund einer Nachlieferung zurücknehmen musste. Es findet sich aber auch die Ansicht, der § 478 Abs. 1 BGB sei nicht anzuwenden, wenn sich die Rücknahmepflicht des Letztverkäufers im Rahmen einer Neulieferung aus § 439 Abs. 4 BGB ergebe.661 Dies wird allerdings unterschiedlich begründet. Teilweise wird vertreten, dass die beiden ersten Absätze des § 478 BGB in einem Exklusivitätsverhältnis stünden: § 478 Abs. 2 BGB regele abschließend die Fälle der Nacherfüllung, während § 478 Abs. 1 BGB nur die sekundären Rechtsbehelfe und demnach nicht die Nachlieferung erfasse.662 Nach anderer Ansicht ist dem Lieferanten so lange ein Recht zur zweiten Andienung einzuräumen, wie eine Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher möglich sei. Erst wenn der Verbraucher seine sekundä___________ 659

Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 19; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 126. Bereska, ZGS 2002, 59; Böhle 104 ff.; ders., WM 2004, 1616, 1617; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 375; Ehmann/Sutschet 233; Hassemer, Jura 2002, 841, 843; Hoeren/Martinek/Bohne § 478 BGB Rn. 12; Höpker 95 ff.; Jacobs, JZ 2004, 225, 229; Klose 188 ff.; Kropholler § 478 BGB Rn. 3; St. Lorenz/Riehm Rn. 589; Nguyen 124 f.; Oechsler Rn. 323; Schimmel/Buhlmann 160; Schmidt-Räntsch Rn. 952; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 125 f., 135; Wind 94 f.; wohl auch St. Lorenz, FS Jayme 533, 537; zweifelnd Bülow/Artz 128. 661 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 21 ff.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 87; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397 f.; Loose 63 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 770; Schumacher 133 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 682; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 735; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 4. 662 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 21 ff.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 87; Schumacher 139; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 735; ablehnend Böhle 104 ff.; siehe auch Bartelt 63 f. Wind, 124, spricht zwar von einem Exklusivitätsverhältnis zwischen Abs. 1 und Abs. 2, meint damit aber, dass dem Letztverkäufer ein Wahlrecht zwischen den beiden grundsätzlich anwendbaren Regressmodellen zustehe. 660

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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ren Gewährleistungsrechte geltend mache, sei die Nacherfüllung für den Letztverkäufer sinnlos und das Recht zur zweiten Andienung entfalle.663 Im neueren Schrifttum findet sich schließlich die Auffassung, § 478 Abs. 1 BGB sei seinem Sinn und Zweck nach nicht auf die Fälle der Nachlieferung anwendbar.664

(2) Stellungnahme (a) Wortlaut und Gesetzesbegründung Unstreitig wird die Neulieferung im Rahmen der Nacherfüllung vom Wortlaut des § 478 Abs. 1 BGB erfasst, da § 439 Abs. 4 BGB für diese Fälle eine Rücknahmepflicht bzw. ein Rücknahmerecht des Letztverkäufers begründet. Dieses richtet sich nach dem gleichen Regelungsregime wie die Rücknahme beim Rücktritt oder beim großen Schadensersatz. Zudem wird die durch § 439 Abs. 4 BGB begründete Rücknahmepflicht in der Gesetzesbegründung explizit als Anwendungsfall des § 478 Abs. 1 BGB aufgeführt.665 (b) Sinn und Zweck der Regelung Zweifelhaft ist jedoch, ob die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB auf die Fälle der Nachlieferung dem Sinn und Zweck der Norm entspricht.666 Mit den §§ 478, 479 BGB will der Gesetzgeber die durch den Mangel der Sache entstandenen Nachteile an das verantwortliche Kettenglied weiterleiten, um so eine möglichst problemlose Durchreichung der Mangelfolgen zu gewährleisten.667 Dabei begründet nicht nur der finanzielle Verlust als solcher, sondern auch das Verwertungs- bzw. Absatzrisiko einen regressfähigen Nachteil.668 Die Vorschriften tragen daher zum einen Sorge, dass der Letztverkäufer die tatsächlich erlittenen finanziellen Nachteile auf seinen Vordermann abwälzen kann. Zum anderen verhindert die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB mit dem Wegfall des Fristerfordernisses, dass dem Letztverkäufer ein zusätzliches Absatzrisiko ___________ 663 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 24 ff.; im Ergebnis auch W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397 f., die dem Letztverkäufer das Recht zur zweiten Andienung auch im Regress erhalten wollen. 664 Klose 188 ff. (eingeschränkt); Loose 63 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 770; Schumacher 133 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 682. 665 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 666 So auch Reinicke/Tiedtke Rn. 770; Schumacher 133 ff. 667 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 668 Vgl. 1. Teil, 3. Kapitel B. I.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

aufgebürdet wird. Denn ist dem Lieferanten eine Nacherfüllung nicht gestattet, erhält der Letztverkäufer keine weitere Sache, die er absetzen muss. (aa) Interessenlage beim Rücktritt des Verbrauchers Die Interessenlage von Rückgriffsgläubiger und -schuldner bei einem Rücktritt des Verbrauchers lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: Der Letztverkäufer LVK hat einen Lagerbestand von 100 Stereoanlagen, die er für je 200 Euro vom Hersteller H erworben hat. Eines dieser Geräte verkauft er für 300 Euro an den Verbraucher V, der wegen eines Defekts der Boxen kurze Zeit nach dem Kauf seine Gewährleistungsrechte geltend macht und – auf Grund besonderer Umstände im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigterweise – den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Nach der Rückabwicklung hat der Letztverkäufer 99 neue Stereoanlagen und das mangelhafte – vom Verbraucher zurückgegebene – Gerät auf Lager. Bei einer Nacherfüllung durch den Lieferanten erhält er entweder ein neues Gerät und gibt dafür die defekte Anlage zurück oder diese wird nachgebessert. In jedem Fall hat er wie vor dem Geschäft mit V einen Lagerbestand von 100 Stereoanlagen (bei der Nachbesserung ist eine davon repariert und vermutlich schwerer absetzbar). Er trägt also das Risiko, eine bereits einmal bestimmungsgemäß verkaufte Sache erneut abzusetzen, hat aber die Chance, durch diesen Verkauf den geplanten Gewinn zu erzielen. Nach § 478 Abs. 1 BGB kann der Letztverkäufer im Wege des Rücktritts auch die mangelhafte Sache direkt an den Lieferanten zurückgeben und den Einkaufpreis zurückfordern. Er hat also nur noch 99 Anlagen auf Lager und steht so, als habe er die mangelhafte Sache nie erworben. Er kann zwar keinen Gewinn mehr aus dem Verkauf der Sache ziehen, läuft aber auch nicht Gefahr, die Sache nicht mehr absetzen zu können und so auf den Kosten sitzen zu bleiben, die ihm durch ihren Erwerb entstanden sind. Die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB ist für ihn daher dann günstig, wenn sich der Absatz der Sache als schwierig erweist. Ist der Absatz dagegen ohne Weiteres möglich, kann er auf die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB verzichten und versuchen, die vom Lieferanten nachgelieferte oder nachgebesserte Sache abzusetzen und Gewinn zu erzielen.669 (bb) Interessenlage bei der Nachlieferung durch den Letztverkäufer Diese Interessenlage kann nicht pauschal auf den Fall der vom Verbraucher geltend gemachten Nachlieferung übertragen werden.670 Bei dieser sind vielmehr verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden, die nicht immer mit ___________ 669 670

Vgl. die Nachweise unter 1. Teil, 3. Kapitel B. I. a. E. So aber Tröger, AcP 204 (2004), 115, 125; wohl auch Wind 94 f.

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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der Interessenlage beim Rücktritt vergleichbar sind. Zu unterscheiden ist zum einen danach, ob der Letztverkäufer seinerseits gegenüber dem Lieferanten Nacherfüllung geltend macht oder ob er gegenüber dem Verbraucher aus eigenen Lagerbeständen nachliefert und gegenüber dem Lieferanten sein sofortiges Rücktrittsrecht nach § 478 Abs. 1 BGB ausübt. Zum anderen ist danach zu differenzieren, welche Nacherfüllungsalternative der Letztverkäufer gegenüber dem Lieferanten wählt bzw. gemäß § 439 Abs. 3 BGB wählen kann, ob er also seinerseits ebenfalls Neulieferung oder stattdessen Nachbesserung geltend macht. (Į) Nachlieferungsbegehren gegenüber dem Lieferanten Verlangt der Verbraucher vom Letztverkäufer Nachlieferung, muss dieser die mangelhafte Kaufsache zurücknehmen und ein anderes Gerät nachliefern. Der Gesetzgeber scheint davon ausgegangen zu sein, dass der Letztverkäufer diese nachzuliefernde Sache beim Lieferanten besorgt und diesem im Gegenzug die mangelhafte Sache, die er seinerseits vom Verbraucher zurück bekommen hat, nach § 439 Abs. 4 BGB zurückgewährt. Dies entspricht dem vom Gesetzgeber erklärten Ziel des § 478 Abs. 1 BGB, „die Sache [bzw. die durch die mangelhafte Sache im Rahmen der Gewährleistung entstandenen Nachteile] möglichst problemlos an seinen Lieferanten ‚durchreichen‘, also weiter[zu]geben“.671 In dieser Fallkonstellation hat der Letztverkäufer gerade ein Interesse daran, dass der Lieferant ihm bzw. dem Verbraucher gegenüber nachliefert, also von seinem Recht zur zweiten Andienung Gebrauch macht. Der in § 478 Abs. 1 BGB normierte Verzicht des Fristerfordernisses ist für ihn dabei ohne Belang, da es für den von ihm gewählten Rechtsbehelf (Nachlieferung) überhaupt keiner Frist bedarf. Ein Fristverzicht ist auch nicht notwendig, um dem Letztverkäufer das Absatzrisiko hinsichtlich der nachgelieferten Sache zu nehmen. Denn er erfüllt mit der ihm vom Lieferanten nachgelieferten Sache nur den bereits geschlossenen Vertrag mit dem Verbraucher nach. Ihn trifft nicht das Risiko, für die nachgelieferte Sache einen neuen Abnehmer zu finden, vielmehr reicht er die Sache an den Verbraucher weiter, um so seiner Gewährleistungspflicht nachzukommen. Er steht demnach auch ohne die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB so, als hätte der Lieferant ihm von vornherein eine mangelfreie Sache geliefert. Der Umstand, dass er – anders als beim Rücktritt unter Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB – auch noch den Gewinn aus einem geglückten Verkauf auf seinem Konto hat, resultiert daraus, dass bei der Nacherfüllung der Kaufvertrag mit dem Verbraucher erhalten bleibt, während er beim Rücktritt rückabgewickelt wird. ___________ 671 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

(ȕ) Nachlieferung aus eigenen Lagerbeständen Der Letztverkäufer wird aber insbesondere in den Fällen, in denen sich der Absatz der Sache als schwierig erwiesen hat, nicht die Nachlieferung durch den Lieferanten vornehmen lassen, sondern aus eigenen Lagerbeständen heraus erfüllen. So kann er seine Ware auf den Markt bringen und bleibt nicht auf den Kosten sitzen, die er für den Einkauf aufwenden musste. Er setzt in diesem Fall eine Sache gewinnbringend an den Verbraucher ab und könnte – bei Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB – die mangelhafte Sache gegen Rückzahlung des Einkaufspreises an den Lieferanten zurückreichen, ohne eine neue Sache abnehmen zu müssen. Dadurch würde er nicht nur von dem Risiko des erneuten Absatzes der mangelhaften Sache befreit, wie es § 478 Abs. 1 BGB vorsieht. Er hätte vielmehr durch die Nachlieferung aus eigenen Beständen auch den Einkaufspreis hinsichtlich einer zweiten Sache kompensiert, die er sonst möglicherweise nicht hätte absetzen können. Bei einer Marktlage, bei der sich der Absatz der Sachen als schwierig gestaltet und mit einem gewinnbringenden Absatz nicht zu rechnen ist, verhindert er so, auf den Kosten sitzen zu bleiben, die er für den Einkauf der Sache aufgewendet hat. Dabei ist dieses Risiko nicht durch den Mangel der Sache bedingt, sondern beruht auf seiner unternehmerischen Entscheidung. Im Ergebnis wird also durch die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB das Absatzrisiko des Letztverkäufers stärker minimiert, als es ohne den Mangelfall oder dann möglich wäre, wenn der Verbraucher zurücktritt. Am oben beschriebenen Beispielsfall verdeutlicht: Der Letztverkäufer hätte nach der Nachlieferung gegenüber dem Verbraucher nur noch 98 neue Stereoanlagen und ein mangelhaftes Gerät auf Lager plus den Gewinn aus dem mit dem Verbraucher abgeschlossenen Geschäft. Da er bei Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB hinsichtlich der mangelhaften Sache gegenüber dem Lieferanten zurücktreten könnte, hätte er letztlich 98 Stereoanlagen auf Lager plus den Gewinn aus einem erfolgreich abgewickelten Geschäft. Er stünde daher in Bezug auf das Absatzrisiko besser als bei einer mangelfreien Lieferung seitens des Lieferanten oder bei einem Rücktritt des Verbrauchers, der ebenfalls von § 478 Abs. 1 BGB erfasst wird. Denn in diesen beiden Fällen hätte er jeweils 99 Anlagen, die er absetzen muss, um den Einkaufspreis zu kompensieren. Er läuft bei einer Nachlieferung aus eigenen Beständen also in einem Fall weniger Gefahr, die Sache nicht absetzen zu können und auf ihren Anschaffungskosten sitzen zu bleiben. Die Regressregelung soll den Letztverkäufer aber nicht besser stellen, sondern seine Gewährleistungsrechte gegenüber dem Lieferanten nur soweit modifizieren, wie dies für die Abwälzung der Gewährleistungskosten erforderlich ist. Daher ist der § 478 Abs. 1 BGB teleologisch zu reduzieren: Die Norm findet keine Anwendung, wenn der Letztverkäufer aus eigenen Lagerbeständen

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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nachliefert.672 In dieser Fallkonstellation muss der Letztverkäufer seinem Lieferanten also ein Recht zur zweiten Andienung in Form der Nachlieferung gewähren. Er steht nämlich auch ohne Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB genauso wie in dem Fall, in dem der Lieferant eine mangelfreie Ware geliefert hätte. Da ihm kein erhöhtes Absatzrisiko aufgebürdet wird, bedarf es auch keines Ausgleichs dieses Risikos durch § 478 Abs. 1 BGB. (Ȗ) Interessenlage, wenn der Letztverkäufer auf die Nachbesserung beschränkt ist Etwas anders gestaltet sich allerdings die Interessenlage in den Fällen, in denen der Letztverkäufer zwar aus eigenen Lagerbeständen gegenüber dem Verbraucher nachliefert, der Lieferant ihm gegenüber aber – die auf Grund der Nachlieferung vom Verbraucher zurückgenommene Sache – nachbessert. Zwar kann der Letztverkäufer als Käufer grundsätzlich zwischen den beiden Varianten der Nacherfüllung wählen. Es ist jedoch denkbar, dass die Nachbesserung gegenüber der Neulieferung relativ unverhältnismäßig ist und er daher gemäß § 439 Abs. 3 BGB auf diese als einzige Möglichkeit der Nacherfüllung verwiesen wird. In dieser Fallkonstellation erhält der Letztverkäufer zwar keine neue Sache, die er absetzen muss. Er muss aber eine Sache absetzen, die bereits verkauft und möglicherweise benutzt und zudem repariert worden ist. Dies wird – zumindest zum normalen Preis – kaum möglich sein. Insofern erhöht sich durch den Mangelfall und die durch den Lieferanten vorgenommene Nachbesserung das Absatzrisiko. Dies will der § 478 Abs. 1 BGB gerade verhindern. Der Letztverkäufer muss sich daher – im Falle des § 439 Abs. 3 BGB – nicht auf die Nachbesserung durch den Lieferanten verweisen lassen, sondern kann diesem gegenüber nach § 478 Abs. 1 BGB direkt den Rücktritt erklären.

(3) Ergebnis Das Fristerfordernis entfällt nach § 478 Abs. 1 BGB nicht in allen Fällen, in denen der Verbraucher gegenüber dem Letztverkäufer Nachlieferung verlangt, sondern nur dann, wenn diesem durch den Mangelfall und die Nacherfüllung des Lieferanten ein zusätzliches Absatzrisiko aufgebürdet wird. Dies ist lediglich dann der Fall, wenn der Lieferant nicht nachliefern kann und der Letztverkäufer nach § 439 Abs. 3 BGB auf die Nachbesserung verwiesen ist, nicht dagegen dann, wenn er aus eigenen Lagerbeständen nachliefert. Denn sonst stünde er durch die Regressregelung besser, als wenn der Lieferant ordnungsgemäß erfüllt hätte oder der Verbraucher zurückgetreten wäre. Ferner bedarf es der in ___________ 672

So wie hier auch Klose 188 ff.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

§ 478 Abs. 1 BGB normierten Regresserleichterung dann nicht, wenn der Letztverkäufer vom Lieferanten Nachlieferung verlangt, weil es in dieser Fallkonstellation ohnehin keiner Frist für die Geltendmachung des gewünschten Rechtsbehelfs bedarf. Zu berücksichtigen ist in diesen beiden letztgenannten Fällen, dass dem Letztverkäufer lediglich der Verzicht des Fristerfordernisses verweigert wird, die Fallkonstellation allerdings grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Norm fällt. Dies ergibt sich aus der Begründung des Gesetzgebers, der die Nachlieferung insgesamt von § 478 Abs. 1 BGB erfasst sieht. Die anderen Regresserleichterungen, etwa § 478 Abs. 3 BGB oder § 479 Abs. 2 BGB, finden demnach auch auf Fälle Anwendung, in denen dem Letztverkäufer der Verzicht auf das Fristerfordernis nicht zu Gute kommt.

c) Minderung § 478 Abs. 1 BGB findet nicht nur Anwendung, wenn den Letztverkäufer eine Rücknahmepflicht im oben beschriebenen Sinne trifft, sondern auch, wenn der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat. War der Letztverkäufer zur Minderung gegenüber dem Verbraucher verpflichtet, steht ihm dieses Recht auch gegenüber seinem Lieferanten direkt zu, also ohne diesem zuvor ein Recht zur zweiten Andienung gewähren zu müssen. Der Letztverkäufer soll den durch die Minderung entstandenen Schaden durchreichen können, ohne einem – mit der Nacherfüllung durch den Lieferanten einhergehenden – Absatzrisiko ausgesetzt zu sein.673 Dabei kann er allerdings nicht den gesamten Minderungsbetrag geltend machen, sondern nur den von ihm gezahlten Kaufpreis in der gleichen Weise, also um den gleichen Prozentsatz herabsetzen, wie er dies im Verhältnis zum Verbraucher seinerseits musste.674 Schließlich gilt auch in seinem Verhältnis zum Lieferanten die Regelung des § 441 Abs. 3 S. 1 BGB, die zur Berechnung des Minderungsbetrags von dem Kaufpreis ausgeht, den die Parteien, hier also Letztverkäufer und Lieferant (nicht Letztverkäufer und Verbraucher), vereinbart haben. Dem Letztverkäufer bleibt seine Handelsspanne mithin zumindest insoweit erhalten, wie er den Kaufvertrag in seiner ursprünglichen Form aufrechterhalten konnte.675

___________ 673

Vgl. dazu 1. Teil, 3. Kapitel B. I. Böhle, WM 2004, 1616, 1619; Höpker 129 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 24; Nguyen 149; Schumacher 153, Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 31; kritisch hierzu Schultze-Melling 74 f. 675 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 36; Böhle, WM 2004, 1616, 1619; Höpker 129 ff.; Schumacher 153. 674

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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d) Kleiner Schadensersatz Nicht vom Wortlaut des § 478 Abs. 1 BGB erfasst ist der kleine Schadensersatz nach §§ 439 Nr. 3, 280, 281, 283, 311a Abs. 2 BGB. Bei diesem Anspruch handelt es sich weder um die in § 437 Nr. 2 und § 478 Abs. 1 BGB genannte Minderung, noch begründet er eine Rücknahmepflicht des Letztverkäufers. Vielmehr wird in einem solchen Fall nur der Ersatz des durch den Mangel verursachten Minderwertes der Kaufsache gewährt, während der Käufer die Kaufsache behält.676 Dies entspricht im wirtschaftlichen Ergebnis einer Minderung. Daher ist der § 478 Abs. 1 BGB analog auf den kleinen Schadensersatzanspruch anzuwenden.677

3. Analoge Anwendung auf Fälle der Nachbesserung? Vom Wortlaut der Norm ebenfalls nicht erfasst ist die Nachbesserung als eine der beiden Nacherfüllungsmöglichkeiten: In diesem Fall unterliegt der Letztverkäufer weder einer Rücknahmepflicht, noch ist er zur Minderung des Kaufpreises verpflichtet. Im Schrifttum ist die Nichtanwendung des § 478 Abs. 1 BGB auf die Fälle der Nachbesserung auf Kritik gestoßen: Die Norm sei analog auf die Fälle anzuwenden, in denen der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher nachbessere.678 Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Va-

___________ 676 Hk-BGB/Saenger § 437 BGB Rn. 10; Huber, in: Huber/Faust, 360; St. Lorenz/Riehm Rn. 539; Zimmer/Eckhold, Jura 2002, 145, 151. 677 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 30; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 20; Bartelt 184 f.; Böhle 100 ff.; ders., WM 2004, 1616, 1617 f.; Dauner-Lieb u.a./ Büdenbender § 8 Rn. 87; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXI; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 375; Ehmann/Sutschet 233; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 5; Höpker 98 ff.; Jacobs, JZ 2004, 225, 229 f.; Klose 196 f.; St. Lorenz/Riehm Rn. 589; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561 Fn. 10; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 18; Nguyen 128 f.; Oetker/Maultzsch 215; Palandt/Weidenkaff § 478 BGB Rn. 10; Reinicke/Tiedtke Rn. 771; Schumacher 137 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 22; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 682; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 124 f.; Wind 96 f.; im Ergebnis auch W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1398 f.; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172; anders Loose 68 f. 678 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 20; Böhle 119 ff.; ders., WM 2004, 1616, 1617 f.; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXI; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 8; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1398 f.; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 5; Jud, ZfRV 2001, 201, 214 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 23; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 126; Westermann, in: Schulze/Schulte-Nölke, 109, 128; ders., JZ 2001, 530, 540; siehe auch Höpker 65; Westermann, NJW 2002, 241, 253; Wind 98 ff.; a.A. Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172; zweifelnd Jacobs, JZ 2004, 225, 229; St. Lorenz, FS Jayme 533, 537.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

rianten der Nacherfüllung sei nicht gerechtfertigt.679 Dem Letztverkäufer dürfe auch bei der Nachbesserung nicht das Absatzrisiko für die nachgelieferte Sache aufgebürdet werden.680 Außerdem lasse sich die Entbehrlichkeit der Frist beim Regress aus einem verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken ziehen, so dass sie in § 478 Abs. 1 BGB nicht ohne Weiteres beschränkt werden könne.681 Die Interessenlage im Falle der Nachbesserung stellt sich jedoch anders dar, als in den Fällen, in denen der Letztverkäufer die Sache zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert bzw. kleinen Schadensersatz geltend gemacht hat. Es geht nicht darum, die mangelhafte Sache oder deren Minderwert durch die Lieferkette zurückzureichen, sondern darum, die durch die Nachbesserung entstandenen zusätzlichen Kosten auf den Lieferanten abzuwälzen. Dies erfolgt nicht mit Hilfe der allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche und der Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB, sondern über den auf Geld gerichteten Aufwendungsersatzanspruch des § 478 Abs. 2 BGB. Danach kann der Letztverkäufer die für die Nachbesserung aufgewandten Kosten ersetzt verlangen, sofern sie erforderlich waren.682 Da es sich bei dieser Norm nicht um einen in § 437 BGB genannten Gewährleistungsanspruch handelt, kann der Lieferant die Einstandspflicht nicht durch eine Nacherfüllung abwenden. Ihm steht kein Recht zur zweiten Andienung zu, er darf also weder eine mangelfreie Sache nachliefern, noch kann er die mangelhafte Sache nachbessern, da dies bereits durch den Letztverkäufer geschehen ist. Der Letztverkäufer erhält also weder eine neue noch eine nachgebesserte Sache, die er erneut absetzen müsste. Vielmehr wird der ursprüngliche Kaufvertrag aufrechterhalten und lediglich die dazu erforderlichen Kosten werden weitergeleitet. Da dem Letztverkäufer also überhaupt kein Absatzrisiko aufgebürdet wird, bedarf es keiner analogen Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB auf die Fälle der Nachbesserung.683 Für sie hält der § 478 Abs. 2 BGB eine abschließende und angemessene Regelung bereit.

___________ 679 Böhle 120; ders., WM 2004, 1616, 1617 f., 1624; Jud, ZfRV 2001, 201, 214 f.; Wind 99. 680 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXI; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 8. 681 W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1398 f.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 126; Westermann, in: Schulze/Schulte-Nölke, 109, 128; ders., JZ 2001, 530, 540. 682 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel C. II. 2., 3. 683 So auch Klose 193 ff.; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 10; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 18; Oetker/Maultzsch 215; Reinicke/Tiedtke Rn. 772; Schumacher 135 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 683; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 127, 135; im Ergebnis auch Loose 65 ff.

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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4. Durchsetzbares Minderungs- bzw. Rücktrittsrecht a) Meinungsstand Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass das Fristerfordernis nach § 478 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur dann entfällt, wenn sich der Verbraucher gegenüber dem Letztverkäufer auf die sekundären Rechtsbehelfe beruft, also vom Vertrag zurücktritt, den Kaufpreis mindert oder Schadens- bzw. Aufwendungsersatz verlangt. Erforderlich ist dafür jeweils, dass die Frist zur Nacherfüllung erfolglos abgelaufen oder entbehrlich ist. In der Literatur ist allerdings umstritten, ob die Norm Anwendung findet, wenn der Letztverkäufer die Nacherfüllungsfrist ungenutzt verstreichen lässt oder durch sein Verhalten die Gründe für die Entbehrlichkeit der Frist setzt, etwa indem er die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher ernsthaft und endgültig verweigert.684 Unter Berufung auf den Wortlaut des § 478 Abs. 1 BGB, der keinerlei entsprechende Einschränkung enthält, wird teilweise vertreten, dass es nicht darauf ankomme, ob der Letztverkäufer durch sein Verhalten die Gründe für den Übergang zu den sekundären Gewährleistungsrechten gesetzt habe oder nicht.685 Zumindest sei die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB dann geboten, wenn die sekundären Rechtsbehelfe für den Lieferanten kostengünstiger seien als eine Nacherfüllung.686 Andererseits wird eine teleologische Reduktion der Vorschrift gefordert:687 Der § 478 Abs. 1 BGB sei dann nicht anzuwenden, wenn der Verbraucher die sekundären Gewährleistungsrechte nur deshalb geltend machen könne, weil der Letztverkäufer seiner Nacherfüllungspflicht nicht nachgekommen sei688 bzw. er durch sein Verhalten die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung nach § 440 BGB verursacht habe.689 Schließlich scheide die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB auch dann aus, wenn der Letztverkäufer sich ordnungsgemäß verhalte und dem Nacherfüllungsbegehren des Verbrauchers innerhalb der gesetzten Frist nachkomme. Einer dritten Ansicht zufolge findet § 478 Abs. 1 BGB zwar Anwendung, sei aber durch die Bestimmungen der §§ 254, 323 Abs. 6 ___________ 684

Dadurch wird die Frist nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 18; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 7; Reinicke/Tiedtke Rn. 778; Schumacher 126 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 18; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 684. 686 Schwab/Witt/Schubel 212 f.; Schubel, ZIP 2002, 2061, 206; unter Berufung auf diesen auch Bülow/Artz 129. 687 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 33; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90; Klose 200 ff.; Nguyen 141; Oechsler Rn. 327; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 130, 135; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 12; in rechtspolitischer Hinsicht auch Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172 Fn. 9. 688 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 33; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1172 Fn. 9. 689 F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 12. 685

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

BGB eingeschränkt: Habe der Letztverkäufer die Gründe dafür, dass der Verbraucher sich auf die sekundären Gewährleistungsrechte berufe, überwiegend durch sein Verhalten und sein Verschulden gesetzt, könne er gegenüber dem Lieferanten nicht Regress nehmen.690

b) Stellungnahme aa) Wortlaut und Gesetzesbegründung Der Wortlaut des § 478 Abs. 1 BGB fordert lediglich, dass der Letztverkäufer die „Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat“. Davon sind auch die Fälle erfasst, in denen der Letztverkäufer durch sein Verhalten die Gründe für den Übergang zu den sekundären Rechtsbehelfen setzt. Denn auch wenn er die Geltendmachung dieser Rechte durch eine ordnungsgemäße Nacherfüllung hätte abwehren können, trifft ihn eine Rücknahmepflicht im Sinne des § 478 Abs. 1 BGB bzw. liegen alle Voraussetzungen der Minderung oder des kleinen Schadensersatzes vor.691 In diese Richtung deutet auch die Gesetzesbegründung, in der eine Rücknahmepflicht nur dann verneint wird, wenn sie nicht „Folge eines entsprechenden Anspruchs des Verbrauchers war“, nicht aber, wenn der Letztverkäufer durch sein Verhalten den Übergang zu den sekundären Rechtsbehelfen ermöglicht hat.692 Eine entsprechende Einschränkung lässt sich mithin weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte des § 478 Abs. 1 BGB entnehmen.

bb) Sinn und Zweck der Regelung Die §§ 478, 479 BGB sehen die Weiterleitung der Gewährleistungskosten allerdings nur dann vor, wenn sie auf einem Mangel der Kaufsache basieren, den der Lieferant bzw. Hersteller verursacht hat. Daher muss dem Letztverkäufer das Absatzrisiko hinsichtlich einer neugelieferten oder nachgebesserten Sache nach § 478 Abs. 1 BGB nur dann genommen werden, wenn das mit dem Verbraucher zunächst erfolgreich abgeschlossene Geschäft auf Grund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache und damit auf Grund eines Verhaltens des Lieferanten scheitert. Der Letztverkäufer soll eine Sache, die er ohne den Mangelfall erfolgreich abgesetzt hätte, nicht noch ein zweites Mal absetzen müssen. ___________ 690

So auch Bartelt 192 f., 204 ff., 209, 221 ff., 225; Loose 73 f. Schubel, ZIP 2002, 2061, 2069; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 684; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 128; anders Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90. 692 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248; siehe hierzu auch Schwab/Witt/Schubel 213. 691

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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In den Fällen, in denen der Letztverkäufer die Nacherfüllung nicht ordnungsgemäß innerhalb der gesetzten Frist vornimmt oder durch sein Verhalten Gründe setzt, deretwegen die Fristsetzung entbehrlich ist, scheitert das Geschäft mit dem Verbraucher jedoch nicht alleine auf Grund der Mangelhaftigkeit der Sache. Das Scheitern des Verbrauchsgüterkaufs ist vielmehr maßgeblich auf das Verhalten des Letztverkäufers zurückzuführen: Hätte er sein Recht zur zweiten Andienung gegenüber dem Verbraucher genutzt und die Nacherfüllung ordnungsgemäß vorgenommen, hätte er das Geschäft mit dem Verbraucher aufrechterhalten und die Sache erfolgreich absetzen können. Ihm wären dadurch keine Kosten entstanden, da er die für die Nacherfüllung aufgewandten Kosten nach § 478 Abs. 2 BGB vom Lieferanten hätte ersetzt bekommen.693 Da die ursprüngliche Absatzmöglichkeit also nicht durch die Mangelhaftigkeit der Sache, sondern durch das Verhalten des Letztverkäufers zunichte gemacht wird, ist es gerechtfertigt, diesem das erneute Absatzrisiko aufzubürden.694 Dies ergibt sich bereits aus dem Sinn und Zweck des § 478 Abs. 1 BGB, so dass es einer Heranziehung der §§ 254, 323 Abs. 6 BGB nicht bedarf.695

c) Ergebnis Der § 478 Abs. 1 BGB ist teleologisch zu reduzieren und findet keine Anwendung auf Fälle, in denen der Letztverkäufer erst durch sein Verhalten die Geltendmachung der sekundären Gewährleistungsrechte ermöglicht. Die Norm findet dagegen durchaus Anwendung, wenn sich der Übergang zu den sekundären Rechtsbehelfen aus den gesetzlichen Regelungen ergibt, etwa weil die Frist aus anderen Gründen entbehrlich ist oder der Letztverkäufer die Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern darf. Dadurch wird sichergestellt, dass der Letztverkäufer nicht – wie vereinzelt befürchtet696 – zu einer Nacherfüllung verpflichtet ist, wenn die sekundären Rechtsbehelfe im konkreten Gewährleistungsfall wesentlich kostengünstiger sind.697

___________ 693

Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel C. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 130, 135. 695 Eine Kürzung des Regressanspruchs nach § 254 BGB käme lediglich beim Schadensersatzanspruch, nicht aber im Falle des Rücktritts oder der Minderung in Betracht. Denn das dem Mangel nachfolgende Verhalten des Letztverkäufers ist nicht mehr für die Entstehung oder Erweiterung des Mangelunwerts verantwortlich und kann somit nicht als Mitverschulden im Sinne dieser Norm gewertet werden; vgl. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 129; siehe auch Ehmann/Sutschet 233. 696 Schubel, ZIP 2002, 2061, 2069, 2071. 697 Tröger, AcP 204 (2004), 115, 129 f. 694

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

5. Beschränkung auf das „reine Regressinteresse“ a) Meinungsstand Problematisch ist schließlich, inwieweit die §§ 478, 479 BGB und damit auch der § 478 Abs. 1 BGB auf das sog. „reine Regressinteresse“ beschränkt sind, inwieweit also der Letztverkäufer seinem Lieferanten gegenüber nur die Rechtsbehelfe geltend machen darf, die er seinerseits gegenüber dem Verbraucher erfüllt hat bzw. inwieweit er nur die ihm dadurch entstandenen Kosten liquidieren kann. An einem Beispielsfall verdeutlicht: Es stellt sich die Frage, ob etwa der Letztverkäufer, demgegenüber der Verbraucher gemindert hat, seinerseits vom Vertrag mit dem Lieferanten zurücktreten kann. Im Schrifttum wird teilweise vertreten, der § 478 Abs. 1 BGB greife nur, wenn die geltend gemachten Rechte das Regressinteresse des Unternehmers nicht überschreiten.698 Dabei wird vereinzelt für jeden vom Verbraucher geltend gemachten Rechtsbehelf explizit aufgeführt, welche Gewährleistungsrechte dem Letztverkäufer zustehen:699 Böhle700 ist der Auffassung, dass der Letztverkäufer in den Fällen, in denen der Verbraucher vom Vertrag zurücktrete, entweder ebenfalls vom Vertrag zurücktreten oder Nachlieferung, Minderung oder den Teil des Schadensersatzes statt der Leistung verlangen könne, welcher der Minderung entspreche. Bei einer Minderung seitens des Verbrauchers könne der Letztverkäufer dagegen nur die drei letztgenannten Rechtsbehelfe geltend machen. Verlange der Verbraucher Schadensersatz, könne der Letztverkäufer die dadurch entstandenen Nachteile nur dann auf den Lieferanten weiterleiten, wenn auch diesen ein Verschulden treffe, ansonsten sei er auf Nachlieferung, Minderung bzw. den der Minderung entsprechenden Teil des Schadensersatzes oder den Rücktritt beschränkt. Klose701 geht davon aus, dass der Letztverkäufer in den Fällen, in denen der Verbraucher vom Vertrag zurücktritt, gegenüber seinem Lieferanten zwar Rücktritt, Minderung und Nacherfüllung in Form der Neulieferung oder Nachbesserung, nicht aber nach § 478 Abs. 1 BGB privilegierte Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Bei einer Minderung seitens des Verbrauchers könne der Letztverkäufer gegenüber seinem Lieferanten nicht nur mindern und nachliefern, sondern auch zurücktreten, nicht aber Schadensersatzansprüche geltend machen oder eine Nachbesserung verlangen. Nach § 478 Abs. 1 BGB privilegierte Schadensersatzansprüche könne der Letztverkäufer ___________ 698 Bitterich, JR 2004, 485, 488; Böhle 83 ff.; ders., WM 2004, 1616, 1618 f.; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173, 1174; Oetker/Maultzsch 216 f.; Schumacher 147 ff.; für die vorgeschaltete Lieferkette W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1399; siehe auch Nguyen 146 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 253. 699 Böhle 83 ff.; ders., WM 2004, 1616, 1619 ff.; Klose 216 ff. 700 Böhle 83 ff.; ders., WM 2004, 1616, 1619 ff. 701 Klose 216 ff.

B. Die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB

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gegenüber seinem Lieferanten auch in den Fällen, in denen er vom Verbraucher auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden sei, nur dann geltend machen, wenn sein Verschulden auf einem vorwerfbaren Verhalten des Lieferanten beruhe. Nach anderer Ansicht ist eine solche Beschränkung auf das reine Regressinteresse abzulehnen.702 Der Vorrang der Nacherfüllung müsse im Regress vielmehr grundsätzlich für alle vom Letztverkäufer geltend gemachten Gewährleistungsrechte entfallen, unabhängig davon, welchen Rechtsbehelf der Verbraucher gewählt habe. Aufgabe eines effizienten Regresses sei schließlich nicht nur die Weiterreichung des gegenüber dem Letztverkäufer geltend gemachten Rechtsbehelfs, sondern – unabhängig hiervon – die Weiterleitung der negativen Auswirkungen der Äquivalenzstörung insgesamt.703

b) Stellungnahme Weder dem Wortlaut noch der Gesetzesbegründung lässt sich eine Beschränkung auf das sog. reine Regressinteresse entnehmen. Der § 478 Abs. 1 BGB schreibt lediglich fest, dass es in den aufgeführten Fällen einer sonst für die Rechtsbehelfe erforderlichen Frist nicht bedarf, ohne dass zwischen den einzelnen Rechtsbehelfen differenziert würde. Allerdings sollen die Regressregelungen ausweislich der Gesetzesbegründung704 verhindern, „dass der Einzelhändler allein die Nachteile eines verbesserten Verbraucherschutzes auch dann zu tragen hat, wenn der Grund für seine Haftung […] nicht in seinem Bereich entstanden ist“. Er soll demnach nur die Gewährleistungsfolgen weiterreichen können, die er auf Grund eines vom Lieferanten bzw. Hersteller zu verantwortenden Mangels gegenüber dem Verbraucher zu tragen hatte. Denn nur in diesen Fällen erscheint es gerechtfertigt, dem Lieferanten bzw. Hersteller die Kosten aufzubürden. Nicht von den Regressregelungen erfasst werden daher solche Nachteile, die nicht durch den Lieferanten bzw. Hersteller, sondern durch den Letztverkäufer selbst verursacht worden sind. Dazu reicht es aus, wenn die – auf Grund des ___________ 702 Bartelt 197 ff.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 22; Reinicke/Tiedtke Rn. 774 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 35; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 131, 135; Wind 106 ff.; wohl auch Höpker 126 f., 128 f.; für die vorgeschaltete Lieferkette Jud, ZfRV 2001, 201, 210. Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 683 f., verneinen zwar eine Beschränkung auf das Regressinteresse, gehen aber davon aus, dass der Letztverkäufer immer gleich belastet wird, egal welchen Rechtsbehelf der Verbraucher ihm gegenüber geltend macht; im Ergebnis auch Loose 75 ff. 703 Tröger, AcP 204 (2004), 115, 131. 704 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247.

204

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

vom Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangels anfallenden – Gewährleistungskosten durch ein Verhalten des Letztverkäufers erhöht werden, etwa weil er sich gegenüber dem Lieferanten nicht auf die Rechtsbehelfe beruft, die der Verbraucher ihm gegenüber geltend gemacht hat, sondern eine kostenintensivere Gewährleistung verlangt. Denn auch in diesem Fall würde die Anwendung des § 478 Abs. 1 BGB dazu führen, dass der Letztverkäufer nicht nur die Kosten weiterreicht, die ihm durch den Mangelfall entstanden sind, sondern dem Lieferanten bzw. Hersteller würden darüber hinaus Kosten aufbürdet, die durch sein eigenes Verhalten entstehen. Dies ist nicht gerechtfertigt und von den Regressregelungen nicht bezweckt.

c) Ergebnis Der § 478 Abs. 1 BGB ist mithin insoweit teleologisch zu reduzieren: Dem Letztverkäufer steht seinem Lieferanten gegenüber grundsätzlich nur das Recht zu, dass der Verbraucher ihm gegenüber geltend gemacht hat. Mindert der Verbraucher also gegenüber dem Letztverkäufer, kann dieser nur die dadurch entstandenen Kosten auf den Lieferanten weiterleiten. Tritt der Verbraucher vom Kaufvertrag zurück, steht dem Letztverkäufer in erster Linie ein Rücktrittsrecht zu. Bei einem Schadensersatzbegehren des Verbrauchers ist eine Weiterleitung auf den Lieferanten nur möglich, wenn auch die weiteren Voraussetzungen eines solchen Anspruchs, insbesondere ein Verschulden, vorliegen. Dem Letztverkäufer stehen die anderen als die vom Verbraucher geltend gemachten Rechtsbehelfe allerdings dann zu, wenn sie den vom Verbraucher geltend gemachten Gewährleistungsrechten in finanzieller Hinsicht gleichgestellt sind oder für den Lieferanten sogar die kostengünstigere Variante darstellen.705 Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für den Letztverkäufer eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellt, wenn er – etwa bei der Minderung oder Nachbesserung durch den Lieferanten – die Sache behält. Denn dann trifft ihn das Risiko, diese defekte oder reparierte Sache erneut abzusetzen, was für ihn einen finanziellen Nachteil darstellt.706 Dies muss mit in die Wertung darüber einfließen, ob der Rechtsbehelf gleichwertig oder kostengünstiger ist.707 Dem Letztverkäufer steht es allerdings frei, nach dem Mangelfall auf sein Recht aus

___________ 705

Ebenso Bitterich, JR 2004, 485, 488; Schumacher 148 ff. Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. I. und die dortigen Nachweise. 707 Insofern kann nicht pauschal behauptet werden, die Minderung stehe dem Letztverkäufer beim Rücktritt des Verbrauchers immer zu; so aber Böhle, WM 2004, 1616, 1622. 706

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

205

§ 478 Abs. 1 BGB zu verzichten und statt der sekundären Rechtsbehelfe die Nacherfüllung zu wählen.708

III. Zusammenfassung Die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB dient dazu, den Letztverkäufer nicht mit dem Absatzrisiko für eine neu gelieferte bzw. nachgebesserte Sache zu belasten, wenn er die mangelhafte Sache ohne ihre Mangel erfolgreich an einen Verbraucher verkauft hätte. Die Norm greift zum einen dann, wenn den Letztverkäufer eine Rücknahmepflicht bzw. ein Rücknahmerecht hinsichtlich der mangelhaften Sache trifft, der Verbraucher also zurücktritt oder den großen Schadensersatz geltend macht, zum anderen dann, wenn der Verbraucher berechtigterweise mindert oder – in analoger Anwendung – den kleinen Schadensersatz beansprucht. Bei einer Nacherfüllung entfällt das Fristerfordernis dagegen grundsätzlich nicht. Der Letztverkäufer kann allerdings eine nach § 439 Abs. 3 BGB nur in Form der Nachbesserung mögliche Nacherfüllung durch den Lieferanten verweigern. Der § 478 Abs. 1 BGB findet ferner keine Anwendung auf Fälle, in denen der Letztverkäufer erst durch sein Verhalten die Geltendmachung der sekundären Gewährleistungsrechte ermöglicht, oder Fälle, in denen der Letztverkäufer über das reine Regressinteresse hinaus Kosten an den Lieferanten weiterleiten will.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB I. Regelungsgehalt des § 478 Abs. 2 BGB Der § 478 Abs. 2 BGB gewährt dem Unternehmer einen eigenständigen709 Anspruch auf „Ersatz der Aufwendungen […], die [er] im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte“. Mit Hilfe dieser Norm kann der Letztverkäufer die ihm durch die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher entstandenen Kosten entlang der Lieferkette weiterleiten. Anders ___________ 708

Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 647. Albrecht/Flohr/Lange 47; Andersen Luther/Steimle 94; AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 5; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 23; Bartelt 61; Böhle 33, 41; Brox/Walker 110; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 89; Medicus, in: Eckert/ Delbrück, 51, 59; Hoeren/Marti-nek/Bohne, Teil 1 Rn. 568; Jacobs, JZ 2004, 225, 230; Jud, ZfRV 2001, 201, 205; St. Lorenz/Riehm Rn. 594; Medicus, SchuldR BT Rn. 80f; Ott, in: Ott/Lüer/Heussen, § 478 BGB Rn. 515; Schlechtriem, Schuldrecht BT Rn. 94; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2062; Schwab/Witt/Schubel 207; Schumacher 157; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 731; F. von Westphalen/Meier-Göring 58; Westermann/Buck 176; Zerres, VuR 2002, 3, 14. 709

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

als noch in der konsolidierten Fassung des Diskussionsentwurfs710 vorgesehen steht ihm dieser Kostenerstattungsanspruch aber nicht unmittelbar gegen den Hersteller, sondern gegen seinen Vertragspartner, den Lieferanten, zu. Der Anspruch setzt – anders als der konkurrierende Schadensersatzanspruch – kein Verschulden voraus.711 Ebenso wenig erfordert er den erfolglosen Ablauf einer Nacherfüllungsfrist.712 Denn bei dem Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 BGB handelt es sich um einen regressrechtlichen, nicht in § 437 BGB aufgezählten Anspruch. Er ist mithin nicht Teil des hierarchisch aufgebauten Systems der Kaufgewährleistungsrechte. Der Letztverkäufer kann die Nacherfüllung vielmehr vornehmen, ohne dem Lieferanten Gelegenheit zu geben, den Mangel seinerseits entweder direkt gegenüber dem Verbraucher oder gegenüber dem Letztverkäufer zu beheben.713 Der Regressanspruch des § 478 Abs. 2 BGB stellt in zweifacher Hinsicht ein „Novum unter den kaufrechtlichen Ansprüchen“714 dar. Zum einen enthält das BGB mit dieser Vorschrift erstmals eine Anspruchsgrundlage für den Regress innerhalb vertraglicher Lieferketten. Die Weiterleitung der durch die – vertraglich vereinbarte – Nacherfüllung entstandenen und gemäß § 476a BGB a.F. vom Letztverkäufer zu tragenden Kosten war nach altem Recht nämlich nur auf Grund besonderer vertraglicher Abreden oder im Rahmen eines verschuldens-

___________ 710

§ 476 Abs. 2 des konsolidierten Diskussionsentwurfs lautete: „Der Unternehmer kann von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die der Unternehmer im Verhältnis zum Verbraucher nach § 438 Abs. 2 zu tragen hatte, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war. Der Unternehmer kann Ersatz nach Satz 1 wahlweise auch vom Hersteller verlangen, es sei denn, dieser Mangel stellt im Verhältnis des Herstellers zu seinem Käufer keinen Mangel dar. § 474 findet in den Fällen des Satzes 1 entsprechende Anwendung.“ 711 Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXXI f.; Ehmann/Sutschet 234 f.; Janser 45; Laws, MDR 2002, 320, 322; St. Lorenz/Riehm Rn. 594; H. Roth, in: Koller/Roth/Zimmermann, 83; Schmidt-Räntsch Rn. 957; MatuscheBeckmann, BB 2002, 2561, 2562; Schumacher 157; Schwab/Witt/Schubel 207; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733; F. von Westphalen/Meier-Göring 58; Westermann/Buck 176; Zerres, VuR 2002, 3, 14. 712 Im Ergebnis ebenso Hassemer, Jura 2002, 841, 848; Oechsler Rn. 329. 713 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 15; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90 Fn. 98; Jacobs, JZ 2004, 225, 230 f.; Tröger, ZGS 2003, 296, 299 Fn. 23. Der Hersteller bzw. Lieferant kann den Letztverkäufer nicht verpflichten, vom Hersteller autorisierte Werkstätten oder speziell eingerichtete Servicestellen für die Nacherfüllung in Anspruch zu nehmen; so aber Böhle 139 ff.; ders., NJW 2003, 3680, 3682 f. 714 Tröger, ZGS 2003, 296; ähnlich zur Regressreglung insgesamt W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1393 („Novum im deutschen Kaufrecht“); siehe auch Westermann, NJW 2002, 241, 252.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

207

abhängigen Schadensersatzanspruchs möglich.715 Zum anderen gewährt § 478 Abs. 2 BGB dem Letztverkäufer einen der Selbstvornahme vergleichbaren Anspruch, der dem Kaufrecht an sich fremd ist.716 In praktischer Hinsicht bleibt die Norm allerdings hinter ihrer dogmatischen Bedeutung zurück: Der § 478 Abs. 2 BGB bildet nicht den Kern der Regressregelungen, sondern ist nur als Ergänzung der allgemeinen kaufgewährleistungsrechtlichen Ansprüche zu verstehen. Der Regress vollzieht sich vorrangig nicht über diesen eigenständigen Anspruch, sondern über § 478 Abs. 1 BGB.717

II. Aufwendungen, die der Unternehmer nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte Für die Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB müssen – wie auch bei § 478 Abs. 1 BGB – zunächst die grundsätzlichen Anwendungsvoraussetzungen vorliegen.718 Des Weiteren muss es sich bei den im Wege des Rückgriffs geltend gemachten Kosten um „Aufwendungen [handeln], die der Unternehmer im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte“.719

___________ 715 Zwar wurde vereinzelt versucht, zwischen dem Letztverkäufer und dem Lieferanten ein Geschäftsbesorgungsverhältnis nach §§ 675, 611 ff. BGB zu konstruieren, um so die für die Erfüllung der Gewährleistungspflicht aufgewendeten Kosten nach §§ 675, 670 BGB – oder §§ 683 S. 1, 670 BGB – überleiten zu können (vgl. F. von Westphalen, DB 1999, 2553, 2556; für den hier nicht relevanten Fall, dass ein Vertragshändlervertrag vorliegt, Ehmann/Sutschet 235; Kelwing 196 ff.; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 253; Schultze-Melling 55; Schumacher 158; F. von Westphalen, DB 1999, 2553, 2555). Dieser Lösungsansatz vermag allerdings nicht zu überzeugen (im Ergebnis auch Kelwing 198, 201; Schumacher 158 f.). Denn der Verkäufer nimmt mit der Erfüllung der Gewährleistung gegenüber dem Verbraucher vorrangig seine eigenen und nicht etwa die Interessen des Herstellers wahr (Jorden 468 f.; Kelwing 198; W.-H. Roth, in: Ernst/ Zimmermann, 225, 253; Schultze-Melling 55; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 728), so dass kein fremdes Geschäfts vorliegt. 716 St. Lorenz, NJW 2003, 1417 ff.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 33; Schubel, JZ 2001, 1113, 1116; Schumacher 159; siehe zum Verzicht auf das Selbstvornahmerecht im Kaufrecht Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1379; siehe aber auch LG Gießen ZGS 2004, 238, 240. 717 So auch St. Lorenz, FS Jayme 533, 537; anders dagegen Bartelt 129; Höpker 155; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2062; Schwab/Witt/Schubel 207 (§ 478 Abs. 2 BGB stelle den „Kern der Gesamtregelung“ dar, dem Abs. 1 käme dagegen nur „flankierende Bedeutung“ zu); ähnlich AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 7; Bitterich, JR 2004, 485, 486; Böhle 33, 41 (§ 478 Abs. 2 BGB sei die „logisch vorrangige Norm“). 718 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 1. mit den dortigen Nachweisen auf die entsprechenden Stellen im 1. Teil, 2. Kapitel. 719 Teilweise werden die Aufwendungen erst auf Rechtsfolgenseite geprüft, siehe etwa Schumacher 161 ff.; Tröger, ZGS 2003, 296.

208

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

1. Begriff der Aufwendungen Der Begriff der Aufwendungen ist in diesem Zusammenhang irreführend.720 Denn darunter wird im Rahmen von § 256 BGB und § 670 BGB die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen bzw. die Übernahme oder Eingehung von Verbindlichkeiten verstanden.721 Aufwendungen im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB sind dagegen keine freiwilligen Vermögensopfer, weil der Letztverkäufer nach § 439 Abs. 2 BGB gesetzlich verpflichtet ist, die Kosten der Nacherfüllung zu tragen.722 Außerdem erbringt er diese Kosten, um sich selbst, nicht einen anderen, von der Gewährleistungspflicht zu befreien.723

2. Pflicht zur Nacherfüllung a) Vorliegen eines Nacherfüllungsanspruchs Regressfähig im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB sind nur die Kosten, die dem Unternehmer im Rahmen der durchgeführten724 Nacherfüllung entstanden sind und die er nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte. Der Letztverkäufer muss daher zur Nacherfüllung verpflichtet gewesen sein. Nimmt er die Gewährleistung aus Kulanz vor, liegen die Voraussetzungen des Regressanspruchs nach § 478 Abs. 2 BGB nicht vor, und die entstandenen Kosten können nicht auf den Lieferanten abgewälzt werden.725 Gleiches gilt, wenn der Letztverkäufer die ___________ 720

Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 105; Schultze-Melling 78 f.; Schumacher 161; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 50; siehe dazu bereits Jorden 467 f. Deswegen wird vorgeschlagen, nicht von „Aufwendungen“ und Aufwendungsersatzanspruch, sondern von Kosten und Kostenerstattungsanspruch zu sprechen; vgl. Böhle 34; anders dagegen Bartelt 130 ff.; Hassemer 131 Fn. 82; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 29; Nguyen 151; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 435, die an dem Begriff der Aufwendungen auch für § 478 Abs. 2 BGB festhalten. 721 BGH NJW 1989, 1284, 1285; BAG BB 1998, 25, 27, 2528; Hk-BGB/Schulze §§ 256, 257 BGB Rn. 2, § 670 BGB Rn. 3; Jauernig/Stadler §§ 256, 257 BGB Rn. 2, Mansel § 670 BGB Rn. 2. 722 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 11; Böhle 34; Schumacher 161; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 50; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 15; anders Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 24; siehe auch Wind 112. 723 Schumacher 161; siehe auch Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 105. 724 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 7; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 25; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 89; Höpker 138; Huber, in: Huber/ Faust, 404; Marx, BB 2002, 2566, 2570; Olzen/Wank Rn. 443; Schumacher 160; Tröger, ZGS 2003, 296 f. 725 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 8; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 25; Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Böhle 46 f., 49; Brox/Walker 110; S. Ernst, MDR 2003, 4, 6; Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 15; Janser 45; Marx, BB 2002,

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

209

Nacherfüllung ausschließlich auf Grund einer vertraglich vereinbarten Garantie durchführt.726

b) Überobligatorische Nacherfüllung im Sinne des § 439 Abs. 3 BGB Fraglich ist aber, ob und inwieweit der Verkäufer die Kosten einer Nacherfüllung auf den Lieferanten weiterreichen kann, deren Durchführung er gemäß § 439 Abs. 3 BGB hätte verweigern können.

aa) Unverhältnismäßigkeit der Kosten der Nacherfüllung Ausweislich des § 439 Abs. 3 BGB kann „der Verkäufer […] die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“ Ihm wird also – wie auch durch § 275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB727 – ein Leistungsverweigerungsrecht728 für die Fälle eingeräumt, in denen der Käufer eine unverhältnismäßige Art der Nacherfüllung fordert. Die Bestimmung, wann die Nacherfüllung unverhältnismäßig ist, bereitet allerdings Probleme.

(1) Berücksichtigung des Verkäuferverschuldens bei der Interessenabwägung Vorzunehmen ist dazu eine Interessenabwägung, bei der von den in § 439 Abs. 3 S. 2 BGB aufgeführten Kriterien auszugehen ist. Zu berücksichtigen sind danach „insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könn-

___________ 2566, 2569; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; Plate 799; Schumacher 160; Sester/ Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 85; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 16. 726 Frankfurter Handbuch/Winkelmann 549; Höpker 140; Schumacher 160; im Ergebnis auch Fritzsche, Fall 27 Rn. 47; Köhler/Fritzsche, Fall 14 Rn. 25 f. (allerdings über § 254 BGB). 727 Hk-BGB/Schulze § 275 BGB Rn. 18, Saenger § 439 BGB Rn. 4; ungenau insofern Huber, NJW 2002, 1004, 1007. 728 AnwKomm/Büdenbender § 439 BGB Rn 6; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 25; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 163; Huber, NJW 2002, 1004, 1007.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

te.“ Daneben kann auch anderen Bewertungspunkten Bedeutung zukommen, da die Aufzählung in § 439 Abs. 3 BGB nicht abschließend ist. Im Schrifttum wird vielfach ein mögliches Verschulden des Verkäufers in die Interessenabwägung einbezogen,729 da dieses Kriterium auch bei einer Interessenabwägung im Rahmen des § 275 Abs. 2 BGB730 berücksichtigt werde. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn anders als in 275 Abs. 2 S. 2 BGB wird das Verschulden des Verkäufers in § 439 Abs. 3 BGB nicht explizit als Kriterium aufgeführt. Die Aufnahme in den Indizienkatalog der einen, nicht aber der anderen Norm lässt darauf schließen, dass das Verschulden als Kriterium nur dann herangezogen werden soll, wenn es in der Norm ausdrücklich genannt wird.731 Außerdem ist das Kaufgewährleistungsrecht verschuldensunabhängig ausgestaltet. Dementsprechend kann ein Verschulden nicht für das Leistungsverweigerungsrecht aus § 439 Abs. 3 BGB maßgeblich sein.732

(2) Arten der Unverhältnismäßigkeit Die Interessenabwägung muss ergeben, dass die Nacherfüllung unverhältnismäßig ist. Dabei ist zwischen der absoluten und der relativen Unverhältnismäßigkeit zu unterscheiden.733 Absolut unverhältnismäßig ist die Nacherfüllung dann, wenn ihre Kosten insgesamt, also sowohl hinsichtlich der Nachlieferung als auch hinsichtlich der Nachbesserung, gemessen an dem (Nach-)Erfüllungsinteresse des Käufers unverhältnismäßig sind. Relative Unverhältnismäßigkeit bedeutet, dass die eine Nacherfüllungsvariante im Verhältnis zur anderen (unverhältnismäßig) kostenintensiver ist. Dies ist nur denkbar, wenn die Nacherfüllung insgesamt verhältnismäßig ist.

___________ 729 J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 167; Huber, NJW 2002, 1004, 1007; Jauernig/Berger § 439 BGB Rn. 34; Oechsler Rn. 143; Oetker/Maultzsch 97; Palandt (64. Aufl.)/Putzo § 439 BGB Rn. 17; Staudinger/Matusche-Beckmann § 439 BGB Rn. 48; Westermann/Buck 132 f.; im Ergebnis auch Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121; Reinicke/Tiedtke Rn. 448; siehe auch Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 72 f., die anraten, die Nacherfüllung so lange als unverhältnismäßig abzulehnen, bis das eigene Verschulden feststeht. 730 Siehe § 275 Abs. 2 S. 2 BGB. 731 Kirsten, ZGS 2005, 66, 70 f. 732 Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 384 f., 394; Kirsten, ZGS 2005, 66, 70 f.; Klose 247 f.; Schwab/Witt/Schubel 179; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 27. 733 Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2120 ff.; Kirsten, ZGS 2005, 66, 67; MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 21; Oetker/Maultzsch 98; Reinicke/Tiedtke Rn. 443; Staudinger/Matusche-Beckmann § 439 BGB Rn. 40.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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(3) Grenzen der Verhältnismäßigkeit (a) Meinungsstand Die Grenze zwischen Verhältnismäßigkeit und Unverhältnismäßigkeit wird im Schrifttum für beide Arten der Nacherfüllung kontrovers diskutiert. Teilweise wird davon ausgegangen, dass sich die Grenze stets aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergebe und nicht pauschal durch prozentuale Quoten festgesetzt werden könne.734 Die überwiegende Ansicht nimmt dagegen – zumeist ohne Begründung – eine Schematisierung in Form solcher Quote vor.735 Dabei ergibt die Fülle der vorgeschlagenen Grenzen ein schillerndes Bild: Für die absolute Unverhältnismäßigkeit wird eine Grenzziehung bei 100 %,736 110 %,737 120 %,738 130 %739 oder 150 %740 des Wertes der Kaufsache vorgeschlagen. Vereinzelt wird die Unverhältnismäßigkeit auch bejaht, wenn die Kosten der Nacherfüllung über denen der Minderung liegen.741 Die relative Unverhältnismäßigkeit wird angenommen, wenn die Kosten der einen Nacherfüllungsvariante die der anderen um 10 %,742 20 %,743 25 %744 oder 30 %745 übersteigen. ___________ 734

Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 386, 394; Staudinger/MatuscheBeckmann § 439 BGB Rn. 43; in Bezug auf absolute Grenzen auch F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 27; siehe auch Henssler/Dedek, JuS 2004, 497, 499; Hoeren/Martinek/Wolff § 439 BGB Rn. 24 f. 735 LG Ellwangen NJW 2003, 517 f.; Ackermann, JZ 2002, 378, 382 ff.; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121 f.; Böhle 42; ders., WM 2004, 1616, 1624; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 168 ff.; Erman/Grunewald § 439 BGB Rn. 10; Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 73; Huber, NJW 2002, 1004, 1008; Kirsten, ZGS 2005, 66, 72; MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 24; Oetker/Maultzsch 99; Reinicke/Tiedtke Rn. 446 ff.; Schimmel/Buhlmann 136; Schwab/Witt/Schubel 174; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 27; Westermann/Buck 132. 736 Böhle 42; ders., WM 2004, 1616, 1624; Grote/Petersen, PHi 2004, 70, 73; Klose 248 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 449; siehe auch Westermann/Buck 132; bei Unvertretbarkeit ebenso Huber, NJW 2002, 1004, 1008. 737 J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 170, jedoch nur für den Verbraucher als Verkäufer. 738 Kirsten, ZGS 2005, 66, 72, allerdings nicht als starre Grenze, sondern als Richtwert. 739 MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 24; Reinicke/Tiedtke Rn. 450 ff.; Huber, NJW 2002, 1004, 1008 (bei Vertretbarkeit); siehe auch Erman/Grunewald § 439 BGB Rn. 10; a.A. Westermann/Buck 132. 740 Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 168 ff.; Oetker/Maultzsch 99; Schultze-Melling 121; siehe auch Oechsler Rn. 142. Allerdings wird als Korrektiv herangezogen, dass die Nacherfüllung dann unverhältnismäßig ist, wenn sie die Grenze von 200 % des Mangelunwerts überschreitet. 741 Ackermann, JZ 2002, 378, 382 ff., insb. 384. 742 Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2122; Böhle 42; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 171; Klose 251 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 446; Schultze-Melling 121; dagegen Oetker/ Maultzsch 98; Schwab/Witt/Schubel 174.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

(b) Stellungnahme (aa) Bestimmung der absoluten Unverhältnismäßigkeit Die vorgeschlagenen Quoten bieten der Praxis zwar eine klare Auslegungsregel, um die Grenze der (absoluten) Verhältnismäßigkeit zu bestimmen, und garantieren dadurch ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Sie orientieren sich allerdings allesamt ausschließlich an dem Wert der Kaufsache als Ausgangspunkt. Andere Kriterien oder die konkreten Umstände des Einzelfalls werden nicht herangezogen. Insbesondere werden die immateriellen Interessen des Verbrauchers am Erhalt einer mangelfreien Sache oder die immateriellen Nachteile, die er eventuell durch die Nacherfüllung, etwa bei einer Reparatur, erleidet, nicht berücksichtigt. Bereits aus dem Wortlaut des § 439 Abs. 3 BGB ergibt sich aber, dass für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nicht nur der Wert der Kaufsache, sondern auch die Bedeutung des Mangels und andere Aspekte, wie etwa die immateriellen Interessen des Verbrauchers, eine Rolle spielen.746 Die Grenze zur absoluten Unverhältnismäßigkeit kann also nicht anhand einer Quote bestimmt werden, die sich ausschließlich am Wert der Kaufsache orientiert und alle anderen Kriterien ignoriert. Dies gilt unabhängig davon, bei welcher Quote die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit angenommen wird. Das Abstellen auf bestimmte Quoten ist auch mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht vereinbar. Durch die Regelung des § 439 Abs. 3 BGB soll der Verkäufer geschützt werden: Er kann die Nacherfüllung verweigern, wenn sie für ihn mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.747 In diesen Fällen tritt das Interesse des Käufers am Erhalt einer mangelfreien Sache hinter den Interessen des Verkäufers zurück. Der Verkäufer bedarf dieses Schutzes aber nur, wenn die Nacherfüllung seinen Interessen widerspricht und für ihn einen Nachteil darstellt. Dies ist nicht immer der Fall. Im Gegenteil: Der Nacherfüllungsanspruch ist grundsätzlich auch für den Verkäufer vorteilhaft und damit in seinem Interesse:748 Er erhält dadurch die Chance, den Kaufvertrag aufrecht zu erhalten und seinen Gewinn aus dem mit dem Käufer getätigten Geschäft zu behalten. Dies wäre ihm bei einem Rücktritt oder einer Minderung des Käufers ___________ 743 LG Ellwangen NJW 2003, 517; Kirsten, ZGS 2005, 66, 73 (nicht als starre Grenze); siehe auch Höpker 142. 744 F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 27. 745 Wohl MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 24. 746 Siehe Augenhofer, ZGS 2004, 385, 389 ff. 747 Vgl. Medicus, in: Eckert/Delbrück, 51, 55; Huber, NJW 2002, 1004, 1005; Kirsten, ZGS 2005, 66, 68; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 85; wohl auch Ackermann, JZ 2002, 378, 379; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 12; anders Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 49; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 383. 748 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel A. II. 4. b) bb) (2) (a).

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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nicht bzw. nicht vollumfänglich möglich. Erst wenn die Kosten der Nacherfüllung die Gewinnspanne des Verkäufers übersteigen, er also für die Aufrechterhaltung des Vertrages mehr aufwenden muss, als er dadurch gewinnen würde, wird die Nacherfüllung für ihn nachteilig. Erst ab diesem Zeitpunkt bedarf er des Schutzes vor einer Nacherfüllung, erst ab diesem Zeitpunkt kann eine Nacherfüllung für ihn unverhältnismäßig sein. Die Grenze der Verhältnismäßigkeit ist also letztlich durch den Betrag markiert, den der Verkäufer beim Rücktritt verliert, also den Gewinn749 aus seinem Geschäft mit dem Verbraucher. Dieser kann sowohl über als auch unter der vorgeschlagenen Grenze von 100 %, 110 %, 120 %, 130 % oder 150 % des Wertes der Kaufsache liegen. Bei der Bestimmung der absoluten Unverhältnismäßigkeit muss also von dem Betrag ausgegangen werden, den der Letztverkäufer durch die Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe verlieren würde. Darüber hinaus müssen aber sämtliche der in § 439 Abs. 3 BGB genannten Kriterien und die jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung des immateriellen Interesses des Käufers am Erhalt einer mangelfreien Sache bei der Feststellung der absoluten Unverhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Dadurch lassen sich nur grobe Leitlinien für die Bestimmung der absoluten Unverhältnismäßigkeit festlegen. Dabei bildet der Betrag, den der Verkäufer beim Rücktritt verliert, den Ausgangspunkt für die Bestimmung der absoluten Unverhältnismäßigkeit. Ob aber bereits ab diesem Zeitpunkt oder erst bei Hinzutreten weiterer Aspekte die Unverhältnismäßigkeit zu bejahen ist, welche Anforderungen also im Einzelnen an ihr Vorliegen zu stellen sind, ist problematisch. Dazu bestimmt der § 439 Abs. 3 BGB zwar, dass die Schwelle für die Verweigerung der Leistung niedriger anzusetzen ist als bei § 275 Abs. 2 BGB.750 Denn während diese Norm für das Leistungsverweigerungsrecht „einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht“, erfordert der § 439 Abs. 3 BGB lediglich, dass die Nacherfüllung „nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“ So heißt es auch in der Gesetzesbegründung, der § 439 Abs. 3 BGB enthalte „eine gegenüber § 275 Abs. 2 [...] niedrigere Schwelle für die Begründung einer Einrede des Verkäufers“.751

___________ 749 Der zusätzliche finanzielle Nachteil, den er durch das Risiko des erneuten Absatzes erleidet, wird ihm nach § 478 Abs. 1 BGB genommen; vgl. 1. Teil, 3. Kapitel B. I. 750 Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2120; Böhle 41 f.; Huber, NJW 2002, 1004, 1007; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 381; Reinking, DAR 2002, 15, 18; Schwab/Witt/Schubel 178 f.; Westermann/Buck 129. 751 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 232.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Allerdings sieht Art. 3 Abs. 3 S. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nur die relative, nicht aber die absolute Unverhältnismäßigkeit als Ausschlussgrund der Nacherfüllung vor.752 Daraus lässt sich schließen, dass der Verkäufer die Nacherfüllung nach dem europäischen Sekundärrechtsakt nur dann verweigern darf, wenn die vom Verbraucher gewählte Nacherfüllungsvariante für ihn relativ unverhältnismäßig ist. Bei absoluter Unverhältnismäßigkeit bleibt er dagegen zur Nacherfüllung verpflichtet. Er kann sich nicht darauf berufen, dass die Nacherfüllung für ihn kostenintensiver ist als die Erfüllung der sekundären Rechtsbehelfe. Nach der Richtlinie soll der Einwand der Unverhältnismäßigkeit also nur das Wahlrecht des Verbrauchers hinsichtlich der Art der Nacherfüllung einschränken, nicht aber das Nacherfüllungsrecht als solches. Insofern wird das Interesse des Käufers an der Nacherfüllung und damit dem Erhalt einer mangelfreien Sache grundsätzlich höher eingestuft, als die finanziellen Nachteile, die dem Verkäufer dadurch entstehen. Legt man dieses Verständnis der europäischen Vorgabe im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung des § 439 Abs. 3 BGB zu Grunde, darf das dort normierte Verweigerungsrecht nicht dazu genutzt werden, das Nacherfüllungsrecht des Verbrauchers gänzlich auszuhebeln. Die deutsche Umsetzungsnorm ist einschränkend auszulegen: Der Einwand der absoluten Unverhältnismäßigkeit darf nicht vorschnell bejaht werden, sondern ist an Anforderungen zu knüpfen, die nicht erheblich unter denen des § 275 Abs. 2 BGB liegen.753 Die Grenze der Verhältnismäßigkeit darf dabei jedoch nicht so hoch angesetzt werden, dass der Verkäufer faktisch zur Nacherfüllung verpflichtet ist. Denn dann käme der Nacherfüllungsanspruch einem verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch gleich, was mit der Systematik des deutschen Rechts nicht vereinbar wäre.754 (bb) Bestimmung der relativen Unverhältnismäßigkeit Bei der relativen Unverhältnismäßigkeit gestaltet sich die Interessenlage anders. Hier erhält der Verbraucher in jedem Fall eine mangelfreie Sache. Er muss sich nicht mit sekundären Rechtsbehelfen abfinden. Durch den Einwand der relativen Unverhältnismäßigkeit wird lediglich sein Wahlrecht hinsichtlich der Nacherfüllungsvariante eingeschränkt, da der Verkäufer nur die gewählte Art der Nacherfüllung, nicht aber die Nacherfüllung insgesamt verweigern ___________ 752 Bamberger/Roth/Faust § 439 BGB Rn. 53; Hänlein, DB 1999, 1641, 1643; Kirsten, ZGS 2005, 66, 67; MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 21; Staudinger/Matusche-Beckmann § 439 BGB Rn. 42. 753 MünchKomm/Westermann § 439 BGB Rn. 21; Staudinger/Matusche-Beckmann § 439 BGB Rn. 42; siehe auch Bamberger/Roth/Faust § 439 BGB Rn. 53, 55. 754 Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121; Huber, NJW 2002, 1004, 1008; Kirsten, ZGS 2005, 66, 69.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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kann. Bei einer Interessenabwägung steht also auf der einen Seite das Interesse des Verbrauchers daran, die Art der Nacherfüllung zu wählen, und auf der anderen Seite das Interesse des Verkäufers, die Nacherfüllung auf die für ihn günstigste Art und Weise durchzuführen. Das Interesse des Käufers daran, dass die Nacherfüllung auf eine bestimmte Art durchgeführt wird, ist jedoch nicht so hoch anzusetzen. Schließlich wird sein finales Interesse, eine mangelfreie Sache zu erhalten, in jedem Fall befriedigt. Die Interessenabwägung ist also schon bei einem geringen Kostenunterschied zwischen den beiden Nacherfüllungsvarianten zu Gunsten des Verkäufers zu entscheiden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Vorgaben der Richtlinie. Denn dort wird die relative Unverhältnismäßigkeit explizit als Ausschlussgrund der Nacherfüllung vorgesehen. Es ist also richtlinienkonform, sie nur an geringe Anforderungen zu knüpfen und schon bei einer geringwertigen Differenz der beiden Alternativen zu bejahen. Allerdings kann auch hierfür keine starre Quote festgelegt werden. Denn neben dem Kostenunterschied sind auch bei dieser Art der Unverhältnismäßigkeit die jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalls zu beachten. Insbesondere ist zu berücksichtigen, welche immateriellen Nachteile für den Verbraucher mit der jeweiligen Art der Nacherfüllung verbunden sind, etwa welche Unannehmlichkeiten durch eine Reparatur im Haus des Verbrauchers entstehen oder wie lang die Wartezeiten für die Neulieferung einer mangelfreien Sache sind. (c) Ergebnis Festhalten lässt sich mithin, dass die Nacherfüllung frühestens dann absolut unmöglich sein kann, wenn ihre Kosten die der Minderung und des Rücktritts übersteigen. Dabei kann die genaue Grenze immer erst nach Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls festgelegt werden. Sie darf weder so tief liegen, dass der Verbraucher sein Nacherfüllungsrecht vorschnell verliert, noch so hoch, dass die Nacherfüllung einem verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch gleichkommt. Bei der relativen Unverhältnismäßigkeit ist die Schwelle niedrig anzusetzen. Hier reicht es aus, dass die Kosten der einen Nacherfüllungsvariante die der anderen übersteigen und die andere Variante nicht mit besonderen Unannehmlichkeiten für den Verbraucher/Käufer verbunden ist.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

bb) Berücksichtigung der Interessen des Lieferanten bei der Interessenabwägung Die Grenzen der Verhältnismäßigkeit und die Erfolgsaussichten der Nacherfüllung sind aus der Sicht des Letztverkäufers zu beurteilen.755 Maßgeblich sind daher nur die Kosten, die ihm durch die Nacherfüllung entstehen. Ob dem Lieferanten oder demjenigen, der die Kosten letztlich zu tragen hat, niedrigere oder höhere Kosten durch die Nacherfüllung entstanden wären, ist unerheblich.756 Der Lieferant oder ein anderer Verkäufer in der vorgeschalteten Lieferkette ist nicht Vertragspartner des Verbrauchers und damit nicht zur Nacherfüllung diesem gegenüber berechtigt und verpflichtet. Er kann keinen Einfluss auf die Durchführung der Nacherfüllung oder die Höhe der Nacherfüllungskosten nehmen. Er wird an der Gewährleistung nur insoweit beteiligt, als er nach abgeschlossener Nacherfüllung dem Letztverkäufer die entstandenen Kosten erstatten muss. Er muss sich nicht gegenüber dem Nacherfüllungsbegehren des Verbrauchers schützen. Dieses Schutzes bedarf nur der Letztverkäufer als Vertragspartner des Verbrauchers. Sein Schutz würde aber ausgehöhlt, wenn nicht auf seine konkrete Situation, sondern auf die seines Lieferanten oder anderer Unternehmer in der Lieferkette abgestellt würde. Außerdem wäre es dem Letztverkäufer kaum möglich, innerhalb der Nacherfüllungsfrist zu ermitteln, auf wessen Situation abzustellen ist und welches die für diese Person kostengünstigste Art der Nacherfüllung ist.757

cc) Reichweite des Leistungsverweigerungsrechts (1) Meinungsstand Liegen die Voraussetzungen des § 439 Abs. 3 BGB vor, steht dem Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Das bedeutet, er kann die Nacherfüllung bzw. die vom Verbraucher gewählte Nacherfüllungsvariante verweigern. Es steht ihm aber frei, diese trotz der damit verbundenen unverhältnismäßigen Kosten vorzunehmen. Fraglich ist allerdings, ob bzw. in welchem Umfang er die unverhältnismäßigen Kosten dann über § 478 ___________ 755

Bülow/Artz 130; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2066, 2071 (der Hersteller könne allerdings den Beurteilungsspielraum des Letztverkäufers insoweit einschränken, als er diesem Informationen über kostengünstigere Nacherfüllungsvarianten oder ein kostenloses Servicenetz zur Verfügung stelle); Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 85; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 67; Tröger, ZGS 2003, 296, 300. 756 Ihm steht keine dem § 439 Abs. 3 BGB vergleichbare Einrede zu; siehe Hassemer, ZGS 2002, 95, 101; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2062, 2065; Schumacher 159. 757 Schubel, ZIP 2002, 2061, 2065; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 67; im Ergebnis auch Ehmann/Sutschet 235.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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Abs. 2 BGB auf den Lieferanten abwälzen kann. Dies wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Teilweise wird dem Letztverkäufer der Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB in seiner Gänze versagt:758 Er sei so zu stellen, als habe er den Einwand des § 439 Abs. 3 BGB geltend gemacht. Dann wäre der Verbraucher auf den Rücktritt oder die Minderung verwiesen, so dass keine Kosten für eine Nacherfüllung entstanden wären. Nach anderer Ansicht kann der Letztverkäufer die Kosten ersetzt verlangen, die bei Durchführung der kostengünstigeren Alternative ebenfalls angefallen wären.759 Der Anspruch nach § 478 Abs. 2 BGB werde lediglich um den Betrag gekürzt, den der Letztverkäufer im Gegensatz zur kostengünstigeren Alternative mehr habe aufwenden müssen. Dabei ist innerhalb dieser Auffassung umstritten, ob sich die Kürzung des Anspruch direkt aus den §§ 478, 479 BGB ergibt760 oder erst mit Hilfe des Rechtsgedankens aus § 254 BGB erreicht werden kann.761

(2) Stellungnahme Weder dem Wortlaut noch der Gesetzesgeschichte lässt sich eine eindeutige Aussage dazu entnehmen, inwieweit der Letztverkäufer die Kosten einer überobligatorischen Nacherfüllung auf seinen Lieferanten abwälzen kann. Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut des § 478 Abs. 2 BGB, dass nur die „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen“ im Sinne des § 439 Abs. 2 BGB regressfähig sind. Ob der Kostenerstattungsanspruch dadurch hinsichtlich ___________ 758 Hassemer, ZGS 2002, 95, 101; Jud, ZfRV 2001, 201, 213; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173; Oetker/Maultzsch 218; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 85; Tröger, ZGS 2003, 296, 299 f.; St. Lorenz/Riehm Rn. 594; wohl auch Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 25; Westermann/Buck 176; unklar MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 27, 29; Schindler, JA 2004, 835, 839. 759 Bartelt 166 ff.; Bitterich, JR 2004, 485, 487; Böhle 49 f.; Bülow/Artz 130; DaunerLieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 91 (allerdings nur, wenn der Letztverkäufer überobligatorisch nachbessert und Nachlieferung kostengünstiger wäre); Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 14; S. Ernst, MDR 2003, 4, 7; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1396; Höpker 141 ff.; Jacobs, JZ 2004, 225, 230; Klose 253 f.; Loose 85 f.; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2066, insofern ungenau, als er auch davon spricht, die Kostentragungsphase werde vom „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ beherrscht; Schumacher 172 ff.; Schwab/Witt/Schubel 208 f.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685; Westermann, NJW 2002, 241, 252; Wind 114 f.; offen gelassen von Frankfurter Handbuch/Winkelmann 550. 760 Jacobs, JZ 2004, 225, 230; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2066; Schumacher 172 ff.; Schwab/Witt/Schubel 209; wohl auch Bartelt 166 ff.; Wind 115; in etwas anderem Zusammenhang Klose 255 f. 761 Bitterich, JR 2004, 485, 487; S. Ernst, MDR 2003, 4, 7; Höpker 144; Westermann, NJW 2002, 241, 252. W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1396, haben einen selbstständigen Rückgriffsanspruch vorgeschlagen, der auch Minderung und Rücktritt umfasst. In seinem Anwendungsbereich sollte § 254 BGB berücksichtigt werden.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

der gesamten Kosten der überobligatorischen Nacherfüllung ausgeschlossen oder nur auf die Höhe der verhältnismäßigen Kosten beschränkt ist, lässt sich allerdings nicht entnehmen. Ähnliches gilt für die Gesetzesbegründung. Dort heißt es: „Übernimmt der Letztverkäufer etwa zur Kundenpflege aus Kulanz darüber hinaus Kosten, die ihn an sich zur Verweigerung der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 RE berechtigen würden, so kann er diese auch nicht nach § 478 Abs. 2 Satz 1 RE von seinem Lieferanten ersetzt verlangen.“762

Auch hier ist nicht klar, ob mit den nicht regressfähigen Kosten die der gesamten Nacherfüllung oder lediglich diejenigen gemeint sind, die über die für eine verhältnismäßige Nacherfüllung zu tätigenden Aufwendungen hinausgehen. Maßgeblich für die Frage, inwieweit die Kosten einer überobligatorischen Nacherfüllung erforderlich und damit regressfähig sind, ist daher der Sinn und Zweck der Regressnormen. Der Letztverkäufer soll mit Hilfe der §§ 478, 479 BGB die Kosten weiterleiten können, die ihm im Rahmen der Gewährleistung gegenüber dem Verbraucher entstehen und die ausschließlich auf dem vom Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangel beruhen. Regressfähig sind mithin die Kosten, die unabhängig vom Verhalten des Letztverkäufers entstanden sind, nicht aber diejenigen, die durch sein eigenes Verhalten verursacht wurden. Bei einer überobligatorischen Nacherfüllung durch den Letztverkäufer sind demnach die finanziellen Einbußen regressfähig, die dem Lieferanten auch dann entstanden wären, wenn der Letztverkäufer von seinem Leistungsverweigerungsrecht nach § 439 Abs. 3 BGB Gebrauch gemacht hätte. Denn diese Kosten sind unabhängig vom Fehlverhalten des Letztverkäufers entstanden und damit auf den durch den Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangel zurückzuführen. Ob solche Kosten bei einer unverhältnismäßigen Nacherfüllung entstehen, hängt von der Art der Unverhältnismäßigkeit ab. Bei der relativen Unverhältnismäßigkeit bleibt der Letztverkäufer nach § 439 Abs. 3 S. 3, 1. Hs. BGB zur anderen Art der Nacherfüllung verpflichtet. Ihm wären also auch bei ordnungsgemäßem Verhalten Kosten für die Nacherfüllung entstanden.763 Diese – bei der verhältnismäßigen Nacherfüllungsvariante anfallenden – Aufwendungen basieren allein auf dem vom Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangel und können durch ein Verhalten des Letztverkäufers nicht abgewendet oder verringert werden. Der Letztverkäufer erhöht ___________ 762 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249. 763 So erkennt auch Jud, ZfRV 2001, 201, 213, dass die hypothetische Ermittlung der verhältnismäßigen Kosten deshalb schwierig ist, weil nach § 439 Abs. 3 BGB berücksichtigt werden muss, ob auf die andere Art der Nacherfüllung zurückgegriffen werden kann.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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die Nacherfüllungskosten lediglich insoweit, als er die relativ unverhältnismäßige, d.h. die letztlich teurere Nacherfüllungsvariante vornimmt. Insofern darf ihm der Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 BGB auch nur in dieser Höhe verweigert werden. Die Kosten, die auch bei der verhältnismäßigen Nacherfüllungsvariante entstanden wären, müssen dagegen regressfähig sein. Sie kann der Letztverkäufer auf seinen Lieferanten abwälzen. Bei der absoluten Unverhältnismäßigkeit hätte der Letztverkäufer die Nacherfüllung insgesamt verweigern können, so dass gar keine Kosten im Sinne des § 439 Abs. 2 BGB entstanden wären. Allerdings hätte er auch bei der Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe finanzielle Nachteile erlitten; ihm wären etwa Kosten für die Überweisung des Minderungsbetrages oder die Abholung der zurückgegebenen Sache entstanden.764 Dabei handelt es sich zwar nicht um Nacherfüllungskosten, wie sie in § 478 Abs. 2 BGB vorausgesetzt werden. Die Kosten finden ihren Ursprung aber ebenfalls ausschließlich in dem vom Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangel und nicht in dem Fehlverhalten des Letztverkäufers. Sie sind den Nacherfüllungskosten insofern vergleichbar. Und auch der Sinn und Zweck der §§ 478, 479 BGB erfordert, dass der Letztverkäufer diese Kosten im Rahmen einer absolut unverhältnismäßigen Nacherfüllung auf seinen Lieferanten muss abwälzen können. Denn die Regressnormen sollen letztlich dem Verbraucherschutz dienen.765 Verweigerte man dem Letztverkäufer in den Fällen der absolut unverhältnismäßigen Nacherfüllung die Abwälzung der Kosten, die auch bei der Erfüllung der sekundären Gewährleistungsrechte entstanden wären, würde er aller Voraussicht nach auf sein Verweigerungsrecht bestehen. Dies ginge zu Lasten des Verbrauchers, dem dadurch die Nacherfüllung versagt würde. Um also zu erreichen, dass der Letztverkäufer nicht zu Lasten des Verbrauchers faktisch dazu gezwungen wird, sein Verweigerungsrecht bei einer absolut unverhältnismäßigen Nacherfüllung auszuüben, muss sichergestellt werden, dass der Letztverkäufer in dieser Fallkonstellation die Kosten ersetzt bekommt, die ihm bei ordnungsgemäßer Erfüllung der sekundären Gewährleistungsrechte entstanden wären. Dabei sind aber nur die Kosten regressfähig, die der Letztverkäufer dann, wenn er den Einwand des § 439 Abs. 3 BGB geltend gemacht und den Verbraucher auf die sekundären Rechtsbehelfe verwiesen hätte, auch tatsächlich an seinen Lieferanten hätte weiterleiten können. Das sind nur solche, die bei der Durchführung der Minderung oder des Rücktritts oder bei Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs anfallen, wie etwa die Kosten für die Abholung der Sache oder die Überweisung des Minderungsbetrages. Sie sind nämlich über § 478 Abs. 2 BGB analog regressfähig.766 Der Minderungsbetrag, den ___________ 764

Vgl. hierzu im Einzelnen 1. Teil, 3. Kapitel C. III. 1. Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 766 Siehe hierzu sogleich 1. Teil, 3. Kapitel C. III. 2. a) bb) (1), b), 3. 765

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

der Letztverkäufer dem Verbraucher (zurück-)zahlen muss, und – beim Rücktritt – der gesamte Gewinn aus dem Geschäft mit dem Verbraucher sind dagegen nicht im Rahmen der überobligatorischen Nacherfüllung regressfähig. 767 Diese Verluste kann der Letztverkäufer auch bei ordnungsgemäßem Verhalten, wenn er also den Verbraucher auf den Rücktritt oder die Minderung verweist, nicht auf den Lieferanten abwälzen. Denn diese Schadenspositionen werden von den allgemeinen verschuldensunabhängigen Gewährleistungsrechten nicht erfasst und können daher auch über die §§ 478 Abs. 1, 437 Nr. 2 BGB nicht auf den Lieferanten weitergeleitet werden.

(3) Ergebnis Der Letztverkäufer kann mithin die Kosten einer von ihm durchgeführten relativ oder absolut unverhältnismäßigen Nacherfüllung nach § 478 Abs. 2 BGB von seinem Lieferanten ersetzt verlangen. Der Anspruch ist allerdings im ersten Fall um den Betrag zu kürzen, den die tatsächlich vorgenommene Nacherfüllungsvariante teurer war als die andere. Im zweiten Fall ist der Anspruch auf die Kosten zu reduzieren, die dem Lieferanten bei Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe entstanden wären.

3. Zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Kosten Die Kosten müssen des Weiteren zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlich gewesen sein. Dabei kommt es nicht auf die Art der Kosten an. Erfasst werden sowohl die in § 439 Abs. 2 BGB aufgezählten „Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten“768 als auch Kosten anderer Art. Die Aufzählung in § 439 Abs. 2 BGB ist nur beispielhaft und damit nicht abschließend.769

a) Unmittelbare Kosten Zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlich und dementsprechend nach § 478 Abs. 2 BGB regressfähig sind zunächst sämtliche Kosten, die unmittelbar ___________ 767

Siehe sogleich 1. Teil, 3. Kapitel C. III. 2. a) bb) (2), b), 3. Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 15; Janser 45; Marx, BB 2002, 2566, 2568; Tröger, ZGS 2003, 296, 297; Westermann, NJW 2002, 241, 252. 769 Dass es sich in § 439 Abs. 2 BGB nicht um eine abschließende Aufzählung handelt, ergibt sich aus dem Wort „insbesondere“; vgl. Böhle 41; Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Palandt/Weidenkaff § 439 BGB Rn. 11; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 15. 768

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

221

durch die Nacherfüllung entstanden sind. Dies gilt – sofern sie zur Behebung des Mangels grundsätzlich tauglich waren770 – unabhängig davon, ob die Nacherfüllung im Ergebnis erfolgreich war oder nicht.771 Erfasst werden etwa die Materialkosten auszutauschender Einzelteile, der während der Nacherfüllung verbrauchte Strom772 und die Arbeitskosten der Personen, welche die Nachbesserung ausführen, beispielsweise der Arbeitslohn des Mechanikers. Der Letztverkäufer kann für die durchgeführte Nacherfüllung aber keine über diese Arbeits- und Materialkosten hinausgehende Vergütung verlangen.773 Ebenfalls regressfähig sind die Transport- und Wegekosten. Das gilt – bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit nach § 439 Abs. 3 BGB – selbst dann, wenn die Kaufsache nach Vertragsschluss an einen anderen Ort verbracht wurde und damit der Belegenheits- und Erfüllungsort für die Nacherfüllung mit dem ursprünglichen Erfüllungsort nicht identisch ist.774 Denn anders als der § 476a S. 2 BGB a.F.775 enthält der § 439 Abs. 2 BGB keine Regelung dahingehend, dass der Verkäufer die Kosten der Nachbesserung nicht zu tragen hat,

___________ 770

So auch Loose 82 f.; ähnlich Klose 232 f.; siehe auch Bartelt 173 f. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 25; Höpker 140; Jacobs, JZ 2004, 225, 230; Klose 232 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 31; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2066; Tröger, ZGS 2003, 296, 300; Wind 113; etwas differenzierter Schumacher 165 ff.; anders wohl Bartelt 174. 772 Andersen Luther/Steimle 92; Böhle, NJW 2003, 3680, 3682; Marx, BB 2002, 2566, 2569 f.; Tröger, ZGS 2003, 296, 297. 773 Andersen Luther/Steimle 92; Bitterich, JR 2004, 485, 488; Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 107 f.; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 12; Jacobs, JZ 2004, 225, 231; Tröger, ZGS 2003, 296, 300; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 443 (kein „Reparaturmarkt mit Abschlusszwang“); Schumacher 163 f.; siehe auch F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 30; unklar Höpker 139, 151; anders Bartelt, 151 f., der den Gewinn dann ersetzen will, wenn der Letztverkäufer durch die Nacherfüllung auf einen anderen gewinnbringenden Reparaturauftrag verzichten muss. 774 J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 175; Hoeren/Martinek/Wolff, Teil 1 Rn. 478; Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 382; Palandt/Weidenkaff § 439 BGB Rn. 12; Schwab/Witt/Schubel 181; anders S. Ernst, MDR 2003, 4, 6. Dem Lieferanten bzw. dem Hersteller stehen kaum Mittel zur Verfügung, den Belegenheitsort der Kaufsache durch entsprechende Vereinbarungen vertraglich festzulegen, da solche Klauseln sowohl in europarechtlicher wie auch in kartellrechtlicher Hinsicht auf Bedenken stoßen; vgl. Matthes, NJW 2002, 2505, 2511. 775 § 476a BGB a.F. lautet: „Ist an Stelle des Rechts des Käufers auf Wandlung oder Minderung ein Recht auf Nachbesserung vereinbart, so hat der zur Nachbesserung verpflichtete Verkäufer auch die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. Dies gilt nicht, soweit die Aufwendungen sich erhöhen, weil die gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als den Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des Empfän771

222

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

„soweit die Aufwendungen sich erhöhen, weil die gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als den Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des Empfängers verbracht worden ist, es sei denn, das Verbringen entspricht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache.“776

Auf die Übernahme einer solchen Regelung wurde bewusst verzichtet, da der Verkäufer bereits über das Verweigerungsrecht des § 439 Abs. 3 BGB hinreichend geschützt wird und eine solche Einschränkung der Vorgabe des Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie widersprochen hätte.777

b) Mittelbare Kosten/Handling- oder Gemeinkosten aa) Einführung in die Problematik und Meinungsstand Problematisch ist die Regressfähigkeit sog. „Handlingkosten“778 oder „Gemeinkosten“779, also solcher Kosten, die im weiteren Rahmen der Erfüllung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche anfallen, wie etwa die (anteiligen) Personalkosten der Mitarbeiter, die mit der Organisation der Nacherfüllung befasst sind und beispielsweise die Reklamation des Kunden entgegennehmen, die (Verwaltungs-)Kosten, wie Telefongebühren und Porti, oder der finanzielle Aufwand für das Betreiben einer Werkstatt und das Bereithalten von Ersatzteilen. Diese Belastungen sind zwar unzweifelhaft vom Verkäufer zu tragen, können also in keinem Fall auf den Verbraucher abgewälzt werden. Unter welchen Voraussetzungen sie regressfähig im Sinne von § 478 Abs. 2 BGB sind, ist aber umstritten. Vereinzelt wird vertreten, der Letztverkäufer könne nur die Arbeitskosten bzw. den durchschnittlichen Lohn für die mit dem Mangelfall mittelbar befassten Personen (z. B. Sachbearbeiter), nicht dagegen die Verwaltungskosten (z. B. Porto) auf den Lieferanten weiterleiten.780 Nach einer anderen Ansicht ___________ gers verbracht worden ist, es sei denn, das Verbringen entspricht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache.“ 776 Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 382; Palandt (64. Aufl.)/Putzo § 439 BGB Rn. 12; etwas vorsichtiger Matthes, NJW 2002, 2505, 2511; siehe auch F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 17. 777 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 231; siehe hierzu Huber, NJW 2002, 1004, 1006. 778 Bitterich, JR 2004, 485, 488; Marx, BB 2002, 2566 ff.; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 64. 779 Böhle 58; ders., NJW 2003, 3680, 3681; Jacobs, JZ 2004, 225, 231; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 436. 780 S. Ernst, MDR 2003, 4, 6 f.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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kann der Letztverkäufer im Wege des Rückgriffs dagegen alle Gemeinkosten ersetzt verlangen, die auch dem Lieferanten bzw. dem Hersteller bei der (Selbst-)Abwicklung des Gewährleistungsfalls entstanden wären.781 Des Weiteren wird vertreten, dass der Letztverkäufer im Wege des Rückgriffs einen fixen Betrag für die Gemeinkosten ansetzen könne, der sich an den Kosten des konkreten Gewährleistungsfalls orientiere.782 Es findet sich aber auch die Auffassung, dass nur die Handlingkosten weitergeleitet werden können, die kausal auf den Gewährleistungsfall zurückzuführen sind, die also bei Lieferung einer mangelfreien Sache nicht oder nicht so entstanden wären.783 Von anderen wird (im Ergebnis wohl ähnlich) als maßgeblich erachtet, dass die Kosten im Zuge der Abwicklung des konkreten Gewährleistungsfalls entstanden sind784 oder ohne die Erwartung des konkreten Mangelfalls nicht oder nicht in dieser Höhe angefallen wären.785 Einige Autoren stellen schließlich darauf ab, ob die kostenverursachende Leistung nach objektiven Gesichtspunkten primär dem Zweck der Nacherfüllung dient und während dieser verbraucht wird.786

bb) Stellungnahme Weder dem Wortlaut des § 478 Abs. 2 BGB oder des § 439 Abs. 2 BGB noch der Gesetzesbegründung lassen sich Kriterien dazu entnehmen, wann die mittelbaren Kosten zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlich waren und damit regressfähig im Sinne von § 478 Abs. 2 BGB sind. Auszugehen ist daher vom Sinn und Zweck der Regressnormen. Die Vorschriften sollen verhindern, „dass der Einzelhändler allein die Nachteile eines verbesserten Verbraucherschutzes auch dann zu tragen hat, wenn der Grund für seine Haftung […] nicht in seinem Bereich entstanden ist“.787 Der Letztverkäufer soll nur die Kosten auf seinen Lieferanten bzw. den Hersteller weiterleiten können, die durch die

___________ 781

K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 436 f. Höpker 152 f. 783 Marx, BB 2002, 2566, 2569; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 64; Tröger, ZGS 2003, 296, 297; wohl auch Bartelt 153 f.; Schultze-Melling 81 f. 784 Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 112 ff., 129. 785 Klose 239 f. 786 Böhle 59 ff.; ders., NJW 2003, 3680, 3681 f.; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 371, 382 (Aufwendungen zielgerichtet zum Zwecke der Nacherfüllung erbracht); Wind 118 f.; für § 439 Abs. 2 BGB F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 439 BGB Rn. 14. 787 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 782

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Nacherfüllung angefallen sind, nicht aber solche, die er als sog. Sowieso-Kosten auch unabhängig vom konkreten Gewährleistungsfall aufgewendet hätte.788 Für diese Abgrenzung kann nicht darauf abgestellt werden, ob die Kosten auch beim Lieferanten bzw. Hersteller selbst angefallen wären. Denn die Regressnormen wollen gerade nicht den Hersteller so stellen, wie er stünde, wenn er die Kaufsache selbst an den Verbraucher verkauft hätte.789 Das Regresssystem der §§ 478, 479 BGB ist nicht vom Hersteller zum Verbraucher („von oben“), sondern vom Letztverkäufer zum Hersteller („von unten“) gedacht.790 Es geht um die Weiterleitung der dem Letztverkäufer tatsächlich entstandenen Kosten. Der § 478 Abs. 2 BGB muss also auch solche Kosten erfassen, die bei einer durch den Hersteller vorgenommenen Nacherfüllung nicht angefallen wären. Außerdem führt die Auffassung zu nicht gerechtfertigten Unterschieden hinsichtlich der Regressfähigkeit der Kosten, die für die Anschaffung eines Werkzeuges aufgewendet werden: Besitzt der Hersteller nämlich ein zur Nacherfüllung erforderliches Werkzeug, könnte der Letztverkäufer die Anschaffungskosten nicht ersetzt verlangen, wenn er das Gerät für die Nachbesserung besorgen muss. Müsste der Hersteller das Werkzeug dagegen selbst erst besorgen, könnte der Letztverkäufer die entsprechenden Anschaffungskosten über § 478 Abs. 2 BGB geltend machen. Dies erscheint willkürlich. Die Meinung, es komme darauf an, ob die Kosten auch beim Hersteller so entstanden wären, ist demnach abzulehnen. Willkürlich erscheint auch die Auffassung, derzufolge der Letztverkäufer – neben den unmittelbaren Kosten der Gewährleistung – nur die Arbeitskosten bzw. den durchschnittlichen Lohn für die mit dem Mangelfall mittelbar befassten Personen, nicht dagegen die Verwaltungskosten im Wege des Rückgriffs geltend machen kann. Denn für eine Aufspaltung in regressfähige Arbeits- und nicht regressfähige andere Kosten lässt sich keine Rechtfertigung finden. Die Ansicht ist mithin ebenfalls abzulehnen. Auch das Kriterium der Kausalität kann zur Bestimmung der Regressfähigkeit der Kosten nicht herangezogen werden. Bei konsequenter Anwendung des ___________ 788

Bitterich, JR 2004, 485, 488; Böhle 48 f.; ders., NJW 2003, 3680, 3681; Jacobs, JZ 2004, 225, 231; Matthes, NJW 2002, 2505, 2509. Anders allerdings die Praxis, etwa in dem Positionspapier des Zentralverbandes der Elektrotechnik- und Elektroindustrie e. V. vom 28. Juni 2002, auf das Marx, BB 2002, 2566, 2568, verweist. Darin wird die Ansicht vertreten, dass die gesamten Handlingkosten nicht regressfähig seien, da sie sowieso entstanden wären, weil der Handel entsprechende Vorrichtungen für solche Reklamationsfällen hätte treffen müssen. 789 So aber K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 437; ebenfalls kritisch hinsichtlich der Ausgestaltung von unten nach oben und mit der Forderung an die Hersteller, die Gewährleistung von oben her zu organisieren: Schubel/Th. Koch, DB 2004, 119, 122, 124. 790 Darauf weist selbst K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 437, hin.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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Kausalitätskriteriums wären die Arbeitskosten nämlich nur dann zu ersetzen, wenn die mit der Nacherfüllung befasste Person auf Grund des konkreten Gewährleistungsfalls eingestellt wurde bzw. ihr Gehalt nur für die Durchführung der Mangelbeseitigung erhält. Da der Arbeitslohn aber im Regelfall unabhängig von einem konkreten Mangelfall gezahlt wird, wären die Löhne nicht regressfähig. Dieses Ergebnis widerspricht sowohl dem Sinn und Zweck der §§ 478, 479 BGB als auch den europarechtlichen Vorgaben und ist auch von den Vertretern dieser Auffassung nicht gewollt. Es lässt sich auch nicht argumentieren, dass das Ladenpersonal in der für den Mangelfall aufgewendeten Zeit anderen Arbeiten hätte nachgehen können, diese auf Grund des konkreten Gewährleistungsfalls also liegen bleiben, oder dass der Arbeitnehmer für den konkreten Gewährleistungsfall zusätzlich zu vergütende Überstunden machen muss.791 Denn für § 439 Abs. 2 BGB kommt es gerade nicht darauf an, dass in der maßgeblichen Zeit anderweitig Gewinn hätte erwirtschaftet werden können.792 Daher werden im Rahmen des § 478 Abs. 2 BGB die entstandenen Aufwendungen unabhängig hiervon erstattet. Sachgerechte Lösungen, die sowohl mit dem Wortlaut der §§ 439 Abs. 2, 478 Abs. 2 BGB als auch mit dem Sinn und Zweck der Regressregelungen zu vereinbaren sind, ergeben sich nur, wenn man für die Regressfähigkeit der im Rahmen der Nacherfüllung entstandenen Kosten darauf abstellt, ob die Leistung objektiv und primär auf die Nacherfüllung gerichtet ist. Regressfähig sind die Kosten also nur dann, wenn sie der Nacherfüllung dienen oder währenddessen verbraucht werden. Im Einklang mit § 439 Abs. 2 BGB und § 478 Abs. 2 BGB werden damit einerseits sämtliche Arbeits-, Material-, Wege-, Transportund Mangelermittlungskosten ersetzt, die durch die Gewährleistung entstehen. Andererseits wird der Letztverkäufer nicht überprivilegiert, weil er nur den Aufwand ersetzt verlangen kann, der durch die konkrete Gewährleistung entsteht. Darüber hinausgehende Kosten muss er selber tragen, so etwa dann, wenn er zur Nacherfüllung ein neues Werkzeug anschafft, das nicht primär in der Nacherfüllung aufgeht bzw. durch sie nicht verbraucht wird, sondern auch für weitere Zwecke verwendet werden kann.793

___________ 791 So aber Böhle, NJW 2003, 3680, 3681 f.; S. Ernst, MDR 2003, 4, 7; Marx, BB 2002, 2566, 2569. 792 S. Ernst, MDR 2003, 4, 7; Tröger, ZGS 2003, 296, 297. 793 Diesbezüglich kann der Letztverkäufer das Werkzeug abschreiben, so dass er einen steuerlichen Vorteil erhält; vgl. Böhle, NJW 2003, 3680, 3682.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

cc) Ergebnis Die mittelbaren Kosten der Nacherfüllung werden über Art. 478 Abs. 2 BGB nur insoweit ersetzt, wie die ihnen zugrunde liegende Leistung objektiv und primär auf die Nacherfüllung gerichtet ist.

c) Rechtsverfolgungskosten Schließlich kann der Letztverkäufer in gewissem Maße auch Rechtsverfolgungskosten (Sachverständigengutachten oder Anwaltskosten) gegenüber seinem Lieferanten geltend machen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den Kosten, die konkret zur Ermittlung des Mangels, seiner Ursache(n) oder den Möglichkeiten der Behebung erforderlich sind, und denjenigen, die auf Grund eines Gewährleistungsprozesses entstehen. Die Kosten zur Mangelfeststellung sind zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlich und dementsprechend regressfähig.794 Der Letztverkäufer kann also die Kosten für ein eventuell erforderliches Sachverständigengutachten795 oder die zum Auffinden des Mangels notwendigen Rechtsanwaltskosten796 auf den Lieferanten abwälzen. Schließlich setzt der Anspruch gemäß § 439 Abs. 1 BGB voraus, dass ein Mangel vorliegt. Daher muss der Letztverkäufer vor Vornahme der Gewährleistung prüfen, ob die Sache tatsächlich mangelhaft und er zur Nacherfüllung verpflichtet ist. Voraussetzung für die Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB ist allerdings, dass tatsächlich ein Mangel vorliegt. Stellt sich im Laufe der Untersuchung heraus, dass die Sache nicht mangelhaft ist, sind die bis dahin für die Mangelermittlung aufgewendeten Kosten nicht regressfähig.797 Ebenfalls nicht von § 478 Abs. 2 BGB erfasst werden die Kosten eines verlorenen Gewährleistungsprozesses. Diese muss der Letztverkäufer selbst tragen.798 Die durch den Prozess entstandenen Kosten hätte er nämlich verhindern ___________ 794 Bartelt 156; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 378; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 12; S. Ernst, MDR 2003, 4, 6; Nguyen 155; Schumacher 174 f.; siehe zu § 439 BGB allgemein Hoeren/Martinek/Wolff § 439 BGB Rn. 29; Jauernig/Berger § 439 BGB Rn. 37; Palandt/Weidenkaff § 439 BGB Rn. 11 (der sich auf BGH NJW 1991, 1604 für § 476 a BGB a.F. beruft); Staudinger/Matusche-Beckmann § 439 BGB Rn. 32; Tröger, ZGS 2003, 296 f. 795 J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 378; S. Ernst, MDR 2003, 4, 6; Hoeren/Martinek/ Wolff § 439 BGB Rn. 29; Palandt/Weidenkaff § 439 BGB Rn. 11. 796 BGH NJW-RR 1999, 813, 814; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 378; S. Ernst, MDR 2003, 4, 6; Hoeren/Martinek/Wolff § 439 BGB Rn. 29; Palandt/Weidenkaff § 439 BGB Rn. 11. 797 Marx, BB 2002, 2566, 2570. 798 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 25; Matthes, NJW 2002, 2505, 2509; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 29; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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können, indem er den Ansprüchen des Verbrauchers ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Der Aufwand wurde nicht durch den Mangel selbst, sondern erst durch die zusätzliche Entscheidung des Letztverkäufers hervorgerufen, die Rechtslage gerichtlich klären zu lassen.799 Für die Beseitigung des Mangels und die Nacherfüllung ist der Prozess nicht erforderlich. Der Letztverkäufer steht deshalb immer vor der Frage, ob er entweder ohne Prozess nachbessert und das Risiko eingeht, die Nacherfüllungskosten nicht erstattet zu bekommen, weil sich später herausstellt, dass ein Mangel und damit die Voraussetzungen für einen Gewährleistungsanspruch nicht vorlagen, oder ob er stattdessen klagt, um sich Sicherheit hinsichtlich seiner Gewährleistungspflicht zu verschaffen, dann aber die Kosten für diesen Prozess selbst tragen muss.

d) Kosten der nachzuliefernden Sache Probleme bereitet des Weiteren die Frage, ob der Letztverkäufer im Rahmen des § 478 Abs. 2 BGB auch die Kosten für die nachzuliefernde Sache auf den Lieferanten bzw. den Hersteller abwälzen kann. Schließlich erleidet der Letztverkäufer bei der Nachlieferung aus eigenen Beständen einen finanziellen Verlust, weil er die nachzuliefernde Sache zu einem früheren Zeitpunkt selbst gegen Bezahlung beim Lieferanten erworben hat. Diese Kosten lassen sich allerdings nicht als Aufwendungen im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB oder § 439 Abs. 2 BGB auffassen. Denn die finanziellen Mittel für den ursprünglichen Erwerb der Sache hat der Unternehmer unabhängig vom konkreten Gewährleistungsfall aufgewendet: Er hat die Kaufsache vom Lieferanten erworben, um sie seinerseits zu verkaufen und aus diesem Verkauf Gewinn zu erwirtschaften, nicht, um sie – ohne Gewinn – an den Verbraucher nachzuliefern. Die Mittel dienen mithin nicht primär der Nacherfüllung, sondern der Gewinnerzielung durch den Verkauf. Schon aus diesem Grund kann der Letztverkäufer die Kosten für den Erwerb einer Sache, die er dem Verbraucher aus seinen eigenen Lagerbeständen nachliefert, nicht über § 478 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen.800

___________ Schmidt, 427, 441; Schumacher 164 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 63; Tröger, ZGS 2003, 296, 298; siehe auch S. Wolf, RIW 1997, 899, 903; anders etwa in den Niederlanden, siehe Janssen/Schimansky, IHR 2004, 95, 101. 799 Faber, IHR 2004, 177, 186. 800 So im Ergebnis auch AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 16 f.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 15, 19; St. Lorenz, FS Jayme 533, 537, der immer nur von „Nachbesserung“, nicht Nacherfüllung spricht; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 34; Schumacher 178; anders Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 488; Höpker 153 f.; Schlechtriem, Schuldrecht BT Rn. 94; Tiedtke/ Schmitt, ZIP 2005, 681, 684.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Darüber hinaus soll der regressrechtliche Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB ausweislich der Gesetzesbegründung nur ergänzend zu den allgemeinen Kaufgewährleistungsrechten bestehen: „Dem „Rückgriff“ des Letztverkäufers [sollen] in erster Linie seine eigenen kaufrechtlichen Rechte und Ansprüche [dienen].“801 Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der von § 478 Abs. 1 BGB erfassten und modifizierten allgemeinen Kaufgewährleistungsrechte des § 437 BGB kann sich der Letztverkäufer auf § 478 Abs. 2 BGB berufen. Lassen sich die von ihm geltend gemachten Nachteile dagegen über § 478 Abs. 1 BGB abwickeln, steht ihm nur dieser Weg der allgemeinen Gewährleistung offen. Die Nachlieferung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher wird von § 478 Abs. 1 BGB erfasst, so dass der durch den Erwerb der Sache erlittene finanzielle Verlust nur über die §§ 437, 478 Abs. 1 BGB ersetzt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Letztverkäufer aus eigenen Beständen nachliefert. In diesen Fällen wird der § 478 Abs. 1 BGB zwar mit dem Ergebnis teleologisch reduziert, dass der Letztverkäufer dem Lieferanten ein Recht zur zweiten Andienung geben muss. Dennoch fällt die Fallkonstellation grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Norm,802 so dass der Rückgriff auf § 478 Abs. 2 BGB bezüglich dieser Kosten gesperrt ist.803 Ein anderes Verständnis würde auch das über die teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 BGB erreichte Ergebnis804 konterkarieren. Könnte der Letztverkäufer nämlich die Kosten der nachgelieferten Sache – eventuell abzüglich des Wertes der an ihn zurückgegebenen mangelhaften Sache – über § 478 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen, stünde er so, als habe er dem Lieferanten gegenüber – mit Hilfe des § 478 Abs. 1 BGB – direkt den Rücktritt erklärt: Er hätte eine Sache erfolgreich an den Verbraucher abgesetzt und bekäme den Einkaufspreis für die nachgelieferte Sache abzüglich des Wertes der durch den Verbraucher an ihn zurückgegebenen mangelhaften Sache oder unter Rückgabe derselben zurück. Er hätte sein Absatzrisiko stärker minimiert, als es zur Abwälzung der Mangelfolgen erforderlich wäre, und letztlich über § 478 Abs. 2 BGB genau das Ergebnis erzielt, das im Rahmen einer teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 1 BGB verhindert werden soll.805 Mithin können die Kosten der vom Letztverkäufer an den Verbraucher nachgelieferten Sache nicht über § 478 Abs. 2 BGB auf den Lieferanten abgewälzt werden. ___________ 801

Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 802 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) bb) (3). 803 Anders Bartelt, 144 ff., der § 478 Abs. 2 BGB für die vorrangige Norm hält. 804 Vgl. 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) bb). 805 So auch Schumacher 178.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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e) Kosten einer Fremdbeschaffung bzw. einer Fremdreparatur aa) Einführung in die Problematik und Meinungsstand Problematisch ist schließlich, ob die Kosten der Nacherfüllung dann regressfähig im Sinne des § 478 Abs. 1 BGB sind, wenn der Letztverkäufer die Nacherfüllung nicht selbst vornimmt, sondern durch eine dritte Person außerhalb der Lieferkette vornehmen lässt. Denn – anders als bei einer Nacherfüllung durch den Letztverkäufer oder den Lieferanten – müsste der Regressschuldner nicht nur die Kosten der Nacherfüllung selbst, sondern auch die Vergütung des mit der Nacherfüllung beauftragten Dritten und damit letztlich die Handelsspanne seines Konkurrenten tragen. Um dies zu verhindern, wird im Schrifttum versucht, die Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB auf Fälle einer Fremdbeschaffung oder Fremdreparatur auszuschließen oder zu beschränken.

(1) Fristerfordernis Teilweise wird dem Letztverkäufer in dieser Fallkonstellation ein Erstattungsanspruch aus § 478 Abs. 2 BGB erst dann zuerkannt, wenn er seinem Lieferanten vor der Nacherfüllung durch einen Dritten ein Recht zur zweiten Andienung eingeräumt hat, ihm also eine Nacherfüllungsfrist gesetzt hat und diese erfolglos abgelaufen ist.806 Dabei sei die Frist zur Nacherfüllung derjenigen anzupassen, die der Verbraucher dem Letztverkäufer gesetzt habe.807 Dies wird einerseits darauf gestützt, dass die Absätze 1 und 2 des § 478 BGB in einem Exklusivitätsverhältnis stünden:808 Das Erfordernis der Nachfristsetzung entfiele nur im Falle des § 478 Abs. 1 BGB, im Falle des § 478 Abs. 2 BGB bleibe es dagegen bestehen. Schließlich solle über § 478 Abs. 2 BGB nur das Verschuldens-, nicht auch das Fristsetzungserfordernis ausgeschaltet werden. Andererseits wird vertreten, für die Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB sei in diesen Fällen nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Nacherfüllung durch einen Dritten vorgenommen worden ist, sondern auf den Moment davor.809 Zu diesem Zeitpunkt sei der Letztverkäufer noch verpflichtet, seinem Lieferanten ein Recht zur zweiten Andienung einzuräumen. Der Lieferant kön___________ 806 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 12; Böhle 54 ff.; ders., NJW 2003, 3680, 3681; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173; Oetker/Maultzsch 218; wohl auch Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 25. 807 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 14. 808 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 13; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 90. 809 Böhle 54 ff.; ders., NJW 2003, 3680, 3681; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

ne die Nacherfüllung vornehmen und dem Letztverkäufer entstünden keine Aufwendungen im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB.

(2) Kürzung des Kostenerstattungsanspruchs Nach anderer Auffassung kann der Letztverkäufer die Kosten der Nacherfüllung grundsätzlich auch dann nach § 478 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen, wenn diese von einem außerhalb der Lieferkette stehenden Dritten vorgenommen wurde.810 Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die Kosten erforderlich waren. Dies sei bei den anfallenden Gewinnmargen des Dritten in aller Regel nicht der Fall, so dass diese Kosten nicht regressfähig seien. Denn nach § 478 Abs. 2 BGB habe der Letztverkäufer die Nacherfüllungsaufwendungen möglichst gering zu halten und die Kosten einer von einem Dritten vorgenommenen Nacherfüllung seien im Vergleich zu denen, die bei einer Nachbesserung oder Nachlieferung durch den Lieferanten angefallen wären, nicht in der Höhe erforderlich.811 Außerdem würde die nach anderer Ansicht erforderliche Einbindung des jeweiligen Vordermannes, also letztlich aller Verkäufer bis hin zum Hersteller, zu einer Schachtel-Nachfristsetzung führen, die zum einen wenig praktikabel sei und zum anderen eine effektive Abwicklung des Mangelfalls verhindere.812

bb) Stellungnahme Nach dem Wortlaut der §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 BGB sind nur die „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen“ regressfähig. Dadurch sollen nur die Kosten auf den Lieferanten bzw. Hersteller weitergeleitet werden, die auf dem von diesem verursachten Mangel basieren und nicht in einem Verhalten des Letztverkäufers begründet liegen. Es ist also – wie schon bei der Bestimmung der regressfähigen Kosten einer unverhältnismäßigen Nacherfüllung – zu ermitteln, welche Kosten auch bei einem ordnungsgemäßen Verhalten des Letztverkäufers entstanden wären und damit ausschließlich auf dem ___________ 810 Bartelt 137 ff.; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 13; Klose 233 ff., 257 ff.; Marx, BB 2002, 2566, 2569; Oechsler Rn. 329; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2068; Schumacher 178 ff.; Schwab/Witt/Schubel 210 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 55; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 684 f.; Tröger, ZGS 2003, 296, 298 f.; wohl auch Jacobs, JZ 2004, 225, 230; Wind 115 ff. Nach MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 30, steht dem Regressschuldner in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch zu, der den Aufwendungsersatzanspruch nach § 254 Abs. 2 BGB analog kürzt. 811 Klose 257 ff.; Schumacher 178 ff.; Tröger, ZGS 2003, 296, 299; wohl auch Nguyen 155. 812 Bitterich, JR 2004, 485, 487 f.; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2067.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

231

Mangel beruhen. Dabei bereitet allerdings die Frage Probleme, welche Anforderungen an das ordnungsgemäße Verhalten des Letztverkäufers zu stellen sind. Aus § 478 Abs. 2 BGB ergibt sich für den Letztverkäufer letztlich ein Recht zur Selbstvornahme: Er kann die Nacherfüllung selbst durchführen und die Kosten von seinem Vordermann ersetzt verlangen. Er soll dem Lieferanten gerade kein vorrangiges Recht zur zweiten Andienung einräumen,813 muss ihm also keine Frist zur Nacherfüllung setzen. Vielmehr muss der Letztverkäufer als derjenige, der gegenüber dem Verbraucher zur Gewährleistung verpflichtet ist, selbst entscheiden können, wie er die Nacherfüllung im Einzelnen vornimmt. Erst bei der Frage, inwieweit die Kosten erstattungsfähig sind, können dann die Interessen des Lieferanten bzw. Herstellers berücksichtigt werden. Auf dieser Ebene kann es aber lediglich noch darauf ankommen, ob die Kosten erforderlich waren, nicht aber darauf, ob sie durch die vom Letztverkäufer selbst oder durch die von einem Dritten vorgenommene Nacherfüllung entstanden sind. Als Vergleichsmaßstab zur Bestimmung der Erforderlichkeit sind die Kosten heranzuziehen, die dem Letztverkäufer bei einer selbst durchgeführten Nacherfüllung entstanden wären. Da diese in aller Regel nicht feststellbar sind, wenn die Gewährleistung durch einen Dritten vorgenommen wurde, müssen hilfsweise die Kosten herangezogen werden, die bei einer Nacherfüllung durch den Lieferanten entstanden wären. Es ist dem Letztverkäufer durchaus zumutbar, sich vor der Beauftragung eines außerhalb der Lieferkette stehenden Dritten bei seinem eigenen Geschäftspartner zu erkundigen, welche Kosten diesem bei einer Nachbesserung bzw. Neulieferung entstünden. In beiden Fällen müsste der Lieferant zumindest keinen Gewinn für die Vornahme der Gewährleistung erstatten. Denn ihm selbst wäre ein solcher nicht entstanden und der Letztverkäufer hätte diesen nicht ersetzt verlangen können.814 Diese Kosten basieren also nicht auf dem Mangel und damit nicht auf einem Verhalten des Lieferanten bzw. Herstellers, sondern ausschließlich auf einer Fehlentscheidung des Letztverkäufers, der die Gewährleistung nicht auf die kostengünstigste Weise durchgeführt hat.

cc) Ergebnis Der Letztverkäufer kann die Kosten über § 478 Abs. 2 BGB erstattet verlangen, die auch ihm selbst oder dem Lieferanten entstanden wären, da diese ausschließlich auf dem vom Lieferanten bzw. Hersteller zu verantwortenden Man___________ 813 814

Siehe dazu 1. Teil, 3. Kapitel C. I. Vgl. hierzu 1. Teil, 3. Kapitel C. II. 3. a) und die dortigen Nachweise.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

gel basieren. Nicht regressfähig sind dagegen die Kosten, die darüber hinaus durch die Beauftragung eines außerhalb der Regresskette stehenden Dritten entstehen, also insbesondere dessen Vergütung.

III. Analoge Anwendung auf die Kosten, die im Rahmen anderer Rechtsbehelfe anfallen 1. Einführung in die Problematik Nach § 478 Abs. 2 BGB kann der Letztverkäufer nur die Kosten auf den Lieferanten abwälzen, die er „im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 zu tragen hatte.“ Vom Wortlaut der Norm werden demnach nur die Kosten erfasst, die im Rahmen der Nacherfüllung anfallen. Der Letztverkäufer erleidet aber auch bei der Abwicklung der Minderung oder des Rücktritts oder bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs finanzielle Einbußen. Beim Rücktritt etwa verliert er seinen Gewinn, da das Geschäft mit dem Verbraucher rückabgewickelt wird. Außerdem muss er gegenüber dem Verbraucher die Kosten für einen eventuell notwendigen Rücktransport oder einen gegebenenfalls erforderlichen Ausbau tragen.815 Denn Erfüllungsort der Rückgewährverpflichtung ist grundsätzlich816 – wie schon nach altem Recht817 – der Ort, an dem sich die mangelhafte Sache dem Vertrag entsprechend befindet.818 Bei der Minderung muss der Letztverkäufer dem Verbraucher den Kaufpreis in der Höhe erstatten bzw. erlassen, in der dieser gemindert hat. Er verliert also anteilig seinen Gewinn aus dem Geschäft mit dem Verbraucher. Darüber hinaus muss er nach § 270 Abs. 1 BGB die Kosten für die Übermittlung des Geldes, also zum Beispiel die Überweisungsgebühren, tragen. Beim Schadensersatz schließlich muss er dem Verbraucher den Schaden ersetzen, der durch die Lieferung der mangelhaften Sache entstanden ist. Im Schrifttum wird teilweise gefordert, § 478 Abs. 2 BGB analog auf die Fälle der sekundären Rechtsbehelfe anzuwenden: Der Letztverkäufer solle auch ___________ 815 St. Lorenz/Riehm Rn. 524; St. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1895. Nicht zu tragen hat er dagegen die eventuell ebenfalls angefallenen Einbaukosten. Diese Kosten können nur über den in § 284 BGB geregelten Aufwendungsersatzanspruch oder über § 280 BGB verlangt werden, wozu ein Verschulden erforderlich ist; vgl. St. Lorenz/Riehm Rn. 524, 542; Kaiser, JZ 2001, 1057, 1069; St. Lorenz, ZGS 2004, 408 ff.; siehe auch OLG Köln NJW-RR 2006, 677. 816 Ausnahmen können sich auf Grund der Verkehrssitte ergeben; so sind etwa Kleidungsstücke im Laden zurückzugeben; siehe Kaiser, JZ 2001, 1057, 1069. 817 BGH Z 87, 104, 109 ff. 818 Arnold, Jura 2002, 154, 156; Kaiser, JZ 2001, 1057, 1069; St. Lorenz, ZGS 2004, 408, 410 f.; ders., NJW 2005, 1889, 1895; St. Lorenz/Riehm Rn. 524; Palandt/Heinrichs § 269 BGB Rn. 16; siehe auch OLG Köln NJW-RR 2006, 677.

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

233

die Kosten auf seinen Lieferanten abwälzen können, die bei der Abwicklung der Minderung, des Rücktritts oder eines Schadensersatzanspruchs anfallen.819

2. Voraussetzungen einer Analogie Die analoge Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB auf die sekundären Rechtsbehelfe setzt allerdings zum einen eine planwidrige Regelungslücke voraus und erfordert zum anderen, dass die im Rahmen der Minderung oder des Rücktritts und bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs angefallenen Kosten hinsichtlich ihrer Regressfähigkeit mit denen der Nacherfüllung vergleichbar sind.820

a) Planwidrige Regelungslücke aa) Vorliegen einer Regelungslücke Wie soeben dargestellt, entstehen dem Letztverkäufer bei der Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe finanzielle Einbußen, die nicht vom Wortlaut des § 478 Abs. 2 BGB erfasst werden. Er kann diese Nachteile auch nicht über andere Vorschriften, insbesondere die allgemeinen Gewährleistungsregeln, auf seinen Lieferanten abwälzen. Denn beim Rücktritt kann er vom Lieferanten nach § 346 Abs. 1 BGB nur die empfangene Leistung, also den von ihm gezahlten Kaufpreis, zurückgewährt verlangen. Dies erfasst weder den entgangenen Gewinn noch die Kosten, die ihm durch die Abholung und den eventuellen Ausbau beim Verbraucher entstehen. Ähnlich verhält es sich bei der Minderung: Hier kann der Letztverkäufer nach §§ 441, 478 Abs. 1 BGB den Kaufpreis gegenüber dem Lieferanten nur um den Prozentsatz mindern, um den er ihn selbst gegenüber dem Verbraucher mindern musste.821 Dieser Betrag liegt unter dem, den er seinerseits dem Verbraucher erstattet hat. Der Letztverkäufer bleibt also auf dem anteiligen Verlust der Handelsspanne als auch auf den Kos___________ 819 W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1394, 1395, die in ihrem Reform-Entwurf (§ 480 Abs. 1, abgedruckt in ZIP 2000, 1462, 1463) einen selbstständigen Regressanspruch sowohl für den Fall der Nacherfüllung als auch des Rücktritts und der Minderung vorsehen; Tröger, ZGS 2003, 296, 298; siehe auch Kelwing 235 ff.; ablehnend Wind 113. Matthes, NJW 2002, 2505, 2507, spricht zwar an einer Stelle davon, dass nach § 478 Abs. 2 BGB alle Aufwendungen ersetzt werden müssten, die mit der „Wahrnehmung der Mängelrechte“ verbunden seien, meint hiermit aber, wie er an anderer Stelle deutlich macht, nur die Aufwendungen der Nacherfüllung. 820 Siehe zu den Voraussetzungen einer analogen Anwendung die Nachweise in Fn. 319, 321. 821 Vgl. 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. c).

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

ten für die Übermittlung des Geldes sitzen. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs schließlich kann der Letztverkäufer zwar sämtliche Kosten auf den Lieferanten abwälzen. Allerdings setzt der Schadensersatzanspruch ein Verschulden voraus, auf das der Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 BGB bewusst verzichtet. Insofern besteht hinsichtlich der Regressfähigkeit der Kosten, die im Rahmen der sekundären Gewährleistungsrechte entstehen, eine Regelungslücke.822

bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke (1) Kosten im Rahmen der sekundären Gewährleistungsrechte Die Regelungslücke muss planwidrig, darf also mit der zu Grunde liegenden Regelungsabsicht nicht vereinbar sein.823 Der Gesetzgeber will mit § 478 Abs. 2 BGB ausweislich der Gesetzesbegründung die Aufwendungen der Nacherfüllung auch dann auf den Lieferanten abwälzen, wenn diesen kein Verschulden trifft.824 Schließlich soll der Letztverkäufer nicht auf den Kosten sitzen bleiben, die – unabhängig von seinem eigenen Verhalten – lediglich auf Grund des vom Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangels entstehen. Dies wird zwar in der Regel nur bei den Kosten der Nacherfüllung der Fall sein, weil diese ohne Zutun des Letztverkäufers ausschließlich auf Grund des Mangels entstehen. Bei den Kosten der sekundären Rechtsbehelfe ist es dagegen meist anders. Denn oftmals wird dem Verbraucher die Geltendmachung dieser Rechte erst dadurch ermöglicht, dass der Letztverkäufer die Frist zur Nacherfüllung erfolglos hat verstreichen lassen oder durch sein Verhalten Gründe gesetzt hat, welche die Fristsetzung als Ganze entbehrlich machen. Dann beruhen die entstandenen Kosten nicht mehr ausschließlich auf dem vom Lieferanten bzw. Hersteller zu vertretenden Mangel, sondern auf einem Verhalten des Letztverkäufers selbst. Diese Kosten sind nicht regressfähig. Es ist allerdings möglich, dass die Frist ohne ein Verschulden des Letztverkäufers abgelaufen oder aus Gründen entbehrlich ist, die nicht in seiner Person begründet liegen, etwa weil eine Nacherfüllung in beiden Varianten unmöglich oder unverhältnismäßig ist. In diesen Fällen entstehen die Kosten – wie bei der Nacherfüllung – auf Grund eines Mangels, den der Lieferant bzw. Hersteller zu verantworten hat. Der Letztverkäufer seinerseits hat nicht dazu beigetragen, dass die Minderungs- oder Rücktrittskosten entstanden sind. Nach dem Rege___________ 822

A.A. Jacobs, JZ 2004, 225, 230. Siehe hierzu bereits die Nachweise in Fn. 321. 824 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248 f. 823

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

235

lungsplan des Gesetzgebers hätten diese Kosten von § 478 Abs. 2 BGB erfasst werden müssen. Insofern ist die aufgezeigte Regelungslücke planwidrig. Dies entspricht auch dem Regelungsplan des europäischen Gesetzgebers, der den Letztverkäufer von allen Kosten freistellen will, die ausschließlich auf Grund des vom Hersteller zu vertretenen Mangels entstanden sind.825

(2) Verlust der Gewinnspanne Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der deutsche Gesetzgeber den Regress vorrangig über die allgemeinen Gewährleistungsrechte gewähren will. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Dem ‚Rückgriff‘ des Letztverkäufers dienen [...] in erster Linie seine eigenen kaufrechtlichen Rechte und Ansprüche.“826 Der § 478 Abs. 2 BGB soll nur ergänzend hierzu die Nachteile auf den Lieferanten weiterleiten, die bei der Durchführung der Gewährleistung entstehen und die von den allgemeinen Gewährleistungsrechten nicht erfasst werden. Das ist zwar neben dem vom Gesetzgeber beschriebenen „Aufwand“827, den der Unternehmer tätigen muss, um den Kaufvertrag aufrecht zu erhalten, grundsätzlich auch der Aufwand, den er zur Durchführung der sekundären Rechtsbehelfe aufzuwenden hat. Die Regressfähigkeit erstreckt sich aber nicht auf die finanziellen Nachteile, die der Letztverkäufer durch den (anteiligen) Verlust seiner Gewinnspanne erleidet. Denn zum einen würde das über die allgemeinen, durch § 478 Abs. 1 BGB modifizierten Gewährleistungsrechte erreichte Ergebnis konterkariert, wenn der Letztverkäufer über die analoge Anwendung des als Ergänzungsnorm gedachten § 478 Abs. 2 BGB doch noch den gesamten Nachteil auf den Lieferanten abwälzen könnte. Zum anderen handelt es sich bei diesen Kosten nicht um einen Aufwand, den der Letztverkäufer tätigt, um die Gewährleistung durchzuführen. Im Gegenteil: Dieser Nachteil ist der durch den Mangel direkt entstandene Schaden. Er entsteht nicht erst durch die Gewährleistung. Diese Kosten sollen nach dem Regelungsplan des Gesetzgebers nicht von § 478 Abs. 2 BGB erfasst, sondern über die allgemeinen Kaufgewährleistungsrechte abgewickelt werden. Die Regelungslücke entspricht insofern nur hinsichtlich der beim Rücktritt entstehenden Abholungs- und Ausbaukosten sowie der bei der Minderung anfallenden Überweisungskosten nicht der Regelungsabsicht des Gesetzgebers und ist planwidrig. Hinsichtlich des Verlusts der Gewinnspanne bei der Geltendmachung der sekundären Rechts___________ 825

Vgl. hierzu 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 3. Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 827 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248 f. 826

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

behelfe entspricht die Lücke dagegen dem Regelungsplan des Gesetzgebers. Der dadurch entstandene Nachteil ist nicht über § 478 Abs. 2 BGB erstattungsfähig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Regelungsplan des europäischen Gesetzgebers. Zwar muss der Letztverkäufer nach Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Regress nehmen können, wenn er dem Verbraucher auf Grund der Gewährleistungsregeln haftet. Er soll dadurch aber nur von den Nachteilen freigestellt werden, die er auf Grund des Mangels gegenüber dem Verbraucher zu tragen hat. Er soll also so gestellt werden, als habe er vom Lieferanten niemals eine mangelhafte Sache erhalten. Dazu muss er nicht den entgangenen Gewinn geltend machen können. Denn auch wenn ihm diese Möglichkeit nicht zusteht, erleidet er durch die Inanspruchnahme seitens des Verbrauchers keinen Nachteil, ihm entgeht lediglich ein Vorteil. Die Richtlinie will aber nur die erlittenen Nachteile entlang der Kette weiterleiten, nicht dagegen entgangene Gewinnchancen. Den europäischen Vorgaben ist mithin genügt.

b) Vergleichbarkeit der Interessenlagen Um die – hinsichtlich der Abholungs-, Ausbau- und Überweisungskosten – planwidrige Regelungslücke durch die analoge Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB zu schließen, muss die Interessenlage in Bezug auf die Regressfähigkeit der durch die Minderung oder den Rücktritt entstandenen Kosten mit der bei der Nacherfüllung vergleichbar sein. Bei der Nacherfüllung muss der Letztverkäufer die von § 439 Abs. 2 BGB genannten Kosten aufwenden, um seiner Gewährleistungspflicht nachzukommen und das Geschäft mit dem Verbraucher aufrecht zu erhalten. Die Kosten sollen regressfähig sein, weil sie einzig auf dem vom Lieferanten bzw. Hersteller verursachten Mangel basieren und nicht durch ein Verhalten des Letztverkäufers entstehen. In den Fällen, in denen der Verbraucher sich aus Gründen, die nicht in einem Verhalten des Letztverkäufers liegen, direkt auf die sekundären Rechtsbehelfe berufen kann, stellt sich die Interessenlage ebenso dar. Der Letztverkäufer hat nicht durch sein Verhalten die Gewährleistung ausgelöst. Diese beruht vielmehr ausschließlich auf dem vom Lieferanten bzw. Hersteller zu verantwortenden Mangel. Außerdem sind die Abholungs-, Ausbau- und Überweisungskosten nicht der eigentliche Nachteil der Gewährleistung (das wäre der vollständige bzw. anteilige Verlust der Handelsspanne). Sie entstehen vielmehr – wie auch die Nacherfüllungskosten – im Zuge der Ausführung der Gewährleistung. Sie sind damit mit den Kosten der Nacherfüllung vergleichbar und müssen ebenso

C. Der eigenständige Regressanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB

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wie diese regressfähig sein: Der Letztverkäufer muss auch sie auf seinen Lieferanten weiterleiten können.828

3. Ergebnis Der § 478 Abs. 2 BGB ist daher analog auf die Kosten anzuwenden, die im Zuge der Ausübung der Minderung und des Rücktritts entstehen, wenn dem Letztverkäufer der Übergang von den primären zu den sekundären Gewährleistungsrechten nicht vorgeworfen werden kann.

IV. Regressfähige Kosten in der weiteren Regresskette Nach § 478 Abs. 2, Abs. 5 BGB kann der Lieferant die Kosten, die er dem Letztverkäufer nach § 478 Abs. 2 BGB erstatten musste, von seinem Vordermann ersetzt verlangen.829 Zwar handelt es sich hierbei nicht um Aufwendungen, die er „im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte.“ Die Kosten beruhen vielmehr darauf, dass er dem Letztverkäufer die Kosten ersetzt hat, die diesem bei der Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher entstanden sind. Aber zum einen erklärt der § 478 Abs. 5 BGB die vorstehenden Absätze nur für entsprechend anwendbar, lässt also gewisse Modifikationen zu. Zum anderen erfordert der Sinn und Zweck der Norm die Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB auf diese Kosten. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung830 soll durch die Ausweitung der Regressreglungen auf die vorgeschaltete Lieferkette erreicht werden, „dass die Nachteile aus der Mangelhaftigkeit einer Sache letztlich der zu tragen hat, in dessen Bereich der Mangel entstanden ist.“ Um dies zu erreichen, muss der Lieferant von seinem Vordermann die Kosten ersetzt bekommen, die er selbst gegenüber dem Letztverkäufer zu tragen hatte, und zwar unabhängig davon, ob es sich um solche im Sinne des § 439 Abs. 2 BGB oder solche nach § 478 Abs. 2 BGB bzw. § 478 Abs. 2 BGB analog handelt. ___________ 828

Im Ergebnis wohl ebenso Tröger, ZGS 2003, 296, 298. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 26; Bartelt 288; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1395; Höpker 329 f.; Jacobs, JZ 2004, 225, 230; Kelwing 215; Marx, BB 2002, 2566, 2567; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2562 Fn. 14; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1174; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 51; Nguyen 164 f.; Oetker/Maultzsch 221; Schultze-Melling 82; Schumacher 222 f.; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 51; Westermann, NJW 2002, 241, 252; Wind 146 f.; wohl auch Tröger, AcP 204 (2004), 115, 131 f. 830 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249. 829

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Der jeweilige Verkäufer muss selbst die Kosten erstatten, die im Verhältnis des Letztverkäufers zum Verbraucher noch nicht angefallen sind und sich erst dadurch ergeben, dass etwa dem Lieferanten bei der Rückabwicklung des Vertrages mit dem Letztverkäufer zusätzliche Kosten anfallen, etwa weil er die Sache bei diesem abholen muss.831 Dies gilt allerdings nur insofern, als es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche handelt, die dem reinen Regressinteresse entsprechen.832 Auch der Lieferant kann seinem Vordermann gegenüber also nur die Kosten geltend machen, die ihm durch den Mangelfall und den dadurch bedingten Regress entstanden sind.

V. Zusammenfassung Der § 478 Abs. 2 BGB enthält eine eigenständige Anspruchsgrundlage, mit welcher der Letztverkäufer von seinem Lieferanten die Kosten ersetzt verlangen kann, die ihm durch die Nacherfüllung entstehen. Regressfähig sind dabei sowohl die unmittelbaren Kosten der Nacherfüllung als auch solche Handlingkosten, die objektiv und primär der Nacherfüllung dienen oder währenddessen verbraucht werden. Von § 478 Abs. 2 BGB nicht erfasst sind dagegen die Kosten der nachgelieferten Sache, die der Letztverkäufer aus eigenen Beständen nachliefert, sowie die Kosten eines verlorenen Gewährleistungsprozesses. Außerdem wird der Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB gekürzt, wenn der Letztverkäufer die Kosten der Nacherfüllung durch sein eigenes Verhalten erhöht hat. So muss er bei der relativen Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 439 Abs. 3 BGB die Kosten in der Höhe selbst tragen, in der die tatsächlich vorgenommene Nacherfüllungsvariante teurer war als die andere. Bei der absoluten Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 439 Abs. 3 BGB ist der Anspruch auf die Kosten zu reduzieren, die dem Lieferanten auch bei Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe entstanden wären. Beauftragt der Letztverkäufer schließlich einen außerhalb der Regresskette stehenden Dritten mit der Durchführung der Nacherfüllung, kann er nur die Kosten erstattet verlangen, die auch ihm selbst oder dem Lieferanten entstanden wären, nicht dagegen diejenigen, die darüber hinaus anfallen, wie etwa die Vergütung des Dritten. In analoger Anwendung der Norm werden schließlich auch die Kosten erfasst, die im Zuge der Ausübung der Minderung und des Rücktritts entstehen, sofern dem Letztverkäufer der Übergang von den primären zu den sekundären Gewährleistungsrechten nicht vorgeworfen werden kann. ___________ 831 Dies wird im Schrifttum teilweise als Domino-Effekt bezeichnet; siehe Marx, BB 2002, 2566, 2567; vgl. auch Bitterich, JR 2004, 485, 488. 832 Vgl. zu diesem Problem bereits 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 5.

D. Die Regelung des § 478 Abs. 3 BGB

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D. Die Regelung des § 478 Abs. 3 BGB Der § 478 Abs. 3 BGB erklärt die Vermutungsregel des § 476 BGB im Verhältnis von Letztverkäufer und Lieferant bzw. in der vorgelagerten Lieferkette mit der Maßgabe für anwendbar, dass die Frist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbraucher beginnt.

I. Die Vermutungsregel des § 476 BGB Ausweislich des § 476 BGB „wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war“, wenn „sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel [zeigt] [...], es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.“ Die Norm setzt die entsprechende Vorgabe in Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie um und soll verhindern, dass der Verkäufer die Gewährleistung gegenüber dem Verbraucher mit dem – nur schwer zu entkräftenden – Einwand abwendet, dieser habe den Mangel durch den Gebrauch der Kaufsache selbst verursacht.833 Eine solche Regelung ist im bisherigen Recht nur im Rahmen eines unselbstständigen Garantievertrages834 oder als sog. tatsächliche Vermutung835 konstruiert worden.

1. Regelungsgehalt des § 476 BGB Der § 476 BGB verändert bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB die Beweislast hinsichtlich des Zeitpunktes, in dem ein Sachmangel836 vorliegt. Sofern sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten seit dem Gefahrübergang auf den Käufer zeigt, muss der Verbraucher ___________ 833 AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn. 2; Staudinger/Matusche-Beckmann § 474 BGB Rn. 2. 834 Frankfurter Handbuch/Winkelmann 540 f.; Schimmel/Buhlmann 157; Westermann, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 251, 263; ders., NJW 2002, 241, 251. 835 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXX; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 42; Höffe 58; Rieger, VuR 1999, 287, 289 f. Fn. 32; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 852; ders., ZEuP 1999, 294, 296; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 560 („zeitlich auf sechs Monate ab Lieferung begrenzte Generalisierung der Rechtsprechungspraxis durch eine gesetzliche Festlegung“). 836 Die Vermutung greift nur bei Sach-, nicht bei Rechtsmängeln; vgl. Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 436; MünchKomm/St. Lorenz § 476 BGB Rn. 7; Staudinger/MatuscheBeckmann § 476 BGB Rn. 8. Auf Grund der Art des Mangels bedarf es gar keiner Regelung gemäß § 476 BGB; vgl. AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn 7. Teilweise wird allerdings eine analoge Anwendung des § 476 BGB auf Rechtsmängel gefordert; vgl. KompaktKomm/Tonner § 476 BGB Rn. 5.

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

nicht nachweisen, dass die Sache bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war. Gleiches gilt für den Fall, dass sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten seit dem Zeitpunkt zeigt, in dem der Käufer in Annahmeverzug geraten ist.837 Für das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen seines Anspruchs, insbesondere das Vorliegen eines Mangels, trägt der Letztverkäufer allerdings weiterhin die Beweislast.838 Dies gilt nach nunmehr verfestigter Rechtsprechung des BGH auch für den Umstand, dass ein nachweislich erst nach Gefahrübergang aufgetretener Sachmangel auf einen sog. Grundmangel zurückzuführen ist, der bereits vor diesem Zeitpunkt vorlag.839

2. Einschränkungen der Vermutung Die Vermutung greift nicht, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Damit scheidet die Anwendung des § 476 BGB unstreitig für alle verderblichen Waren aus, da diese in aller Regel nicht sechs Monate haltbar sind.840 Gleiches gilt für Gegenstände, die nur eine kurze Nutzungsdauer haben oder sich schnell abnutzen.841 Ebenso wenig greift die Vermutung bei Mängeln, die sich als klassische Umgangs- und Bedienungsfehler darstellen, wie etwa abgerissene Knöpfe und andere augenscheinliche äußere Beschädigungen,842 oder bei Mängeln, bei denen der Entstehungszeitpunkt nicht zuver-

___________ 837 AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn 10; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 437. Die Auffassung, wonach die Frist für die Beweislastumkehr auch in Fällen des Annahmeverzugs erst mit der Ablieferung beginnen soll (Gsell, JZ 2001, 65, 73 f.), vermag nicht zu überzeugen. Denn sonst wäre es dem Käufer möglich, durch den Annahmeverzug die Beweislastumkehr zu verlängern; vgl. AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn 10; Kelwing 103; im Ergebnis auch Frankfurter Handbuch/Winkelmann 541 f. 838 BGH WM 2004, 1489, 1490 f.; AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn 3; Brox/Walker 107; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 543; Oetker/Maultzsch 208; Reinking, DAR 2002, 15, 23; ders., AnwBl 2004, 607, 611; Westermann/Buck 168 f. 839 BGH NJW 2004, 2299, 2300 f., bestätigt durch BGH NJW 2005, 3490, NJW 2006, 434; anders MünchKomm/St. Lorenz § 476 BGB Rn. 4; St. Lorenz, NJW 2004, 3020, 3021; wohl auch Reinking, AnwBl 2004, 607, 611; H. Roth, ZIP 2004, 2025, 2026; siehe auch St. Lorenz, NJW 2007, 1, 3 f. 840 Albrecht/Flohr/Lange 46; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 362; Ehmann/Sutschet 231; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 542; Haas, BB 2001, 1313, 1319; Hassemer, Jura 2002, 841, 844; St. Lorenz, NJW 2004, 3020, 3021; St. Lorenz/Riehm Rn. 587; Reinicke/Tiedtke Rn. 739; Rieger, VuR 1999, 287, 289 Fn. 30; Westermann/Buck 168. 841 Staudinger/Matusche-Beckmann § 476 BGB Rn. 31. 842 AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn. 15; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 41; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 542 f.; Haas, BB 2001, 1313, 1319; Hoeren/Martinek/Bohne § 476 BGB Rn. 12; Rieger, VuR 1999, 287, 289 Fn. 31; Schimmel/Buhlmann 157 f.; Westermann/Buck 168.

D. Die Regelung des § 478 Abs. 3 BGB

241

lässig zurückgerechnet werden kann, wie etwa bei Tierkrankheiten.843 Der BGH hat entschieden, dass es für die Unvereinbarkeit mit der Art des Mangels nicht allein ausreiche, dass der Entstehungszeitpunkt eines Mangels typischerweise nicht zuverlässig festgestellt werden könne, weil der Mangel jederzeit hätte auftreten können; die Unvereinbarkeit aber dann anzunehmen sei, wenn der Mangel bei Gefahrübergang auch einem fachlich nicht versierten Käufer hätte auffallen müssen.844 Problematisch ist die Anwendung der Vermutung auf Gebrauchtwaren. Im Schrifttum findet sich vielfach die Aussage, § 476 BGB gelte nur für neu hergestellte Sachen, weil die Vermutung bei gebrauchten Sachen nicht mit der Art der Sache vereinbar sei.845 Schließlich könne ein Mangel bei gebrauchten Sachen nur eine Verschleißerscheinung sein846 und es bestehe kein entsprechender allgemeiner Erfahrungssatz hinsichtlich der gewöhnlichen Verwendung und Gebrauchsdauer der Sache.847 Der Ausschluss der Vermutung des § 476 BGB bei gebrauchten Sachen vermag in dieser pauschalen Form und mit der oben dargestellten Begründung allerdings nicht zu überzeugen. Zum einen widerspricht er den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Denn der europäische Rechtsakt gilt für neu hergestellte und gebrauchte Sachen gleichermaßen.848 In richtlinienkonformer Auslegung muss also grundsätzlich auch die Umsetzungsnorm des § 476 BGB auf gebrauchte Sachen Anwendung finden.849 ___________ 843

AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn. 15; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 362; Ehmann/Sutschet 231; Elb 97; Hk-BGB/Saenger § 476 BGB Rn. 4; Hoeren/Martinek/ Bohne § 476 BGB Rn. 13; Reinicke/Tiedtke Rn. 739; Staudinger/Matusche-Beckmann § 476 BGB Rn. 33; E. von Westphalen, ZGS 2005, 210, 212; Westermann/Buck 168; enger Augenhofer, ZGS 2004, 385, 387; siehe auch BGH NJW 2006, 2250, 2252. 844 BGH NJW 2005, 3490, 3492, NJW 2006, 2250, 2252 ff.; siehe hierzu St. Lorenz, NJW 2007, 1, 4. 845 AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn 14; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 41; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 362; Ehmann/Sutschet 231; Haas, BB 2001, 1313, 1319; Hassemer, Jura 2002, 841, 844; Laws, MDR 2002, 320, 323; St. Lorenz/Riehm Rn. 587; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2566 Fn. 49; Reinicke/Tiedtke Rn. 737; Schimmel/Buhlmann 157 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 251; Zimmer/Eckhold, Jura 2002, 145, 154. 846 Haas, BB 2001, 1313, 1319; St. Lorenz/Riehm Rn. 587; Schimmel/Buhlmann 157 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 251. 847 AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn. 14; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 362; St. Lorenz/Riehm Rn. 587; Westermann, NJW 2002, 241, 252; differenzierter Bülow/ Artz 122 f. 848 Vgl. hierzu 1. Teil, 2. Kapitel C. I. 3. c) aa) (1). 849 OLG Köln ZGS 2004, 40; Augenhofer, ZGS 2004, 385, 387; Hoeren/Martinek/Bohne § 476 BGB Rn. 11; St. Lorenz, NJW 2004, 3020, 3021; MünchKomm/St. Lorenz § 476 BGB Rn. 16; Reinking, DAR 2002, 15, 23; ders., AnwBl 2004, 607, 609; H. Roth, ZIP 2004, 2025, 2026, 2027; Westermann/Buck 168, die diese Aussage allerdings durch die weite Anwendung der Ausnahmen fast wieder aushebelt; im Ergebnis auch

242

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Zum anderen gibt es gerade bei neuwertigen Gebrauchtwaren, wie einem Jahreswagen, oftmals entsprechende Erfahrungssätze, welche Mängel als Verschleißschäden zu werten sind und welche nicht.850 Die Nichtanwendung des § 476 BGB kann in diesen Fällen also nicht allein darauf gestützt werden, dass die Vermutung nicht mit der „Art der Sache“ vereinbar ist, weil es sich um eine gebrauchte Sache handelt. Hinzukommen muss vielmehr, dass sich der geltend gemachte Mangel als eine für gebrauchte Sachen typische Abnutzung oder Verschleißerscheinung darstellt und die Vermutung daher mit der „Art des Mangels“ nicht vereinbar ist.851

II. Übertragung der Beweislastvermutung auf den Regress Der Letztverkäufer kann sich gegenüber seinem Lieferanten nicht auf die Regelung des § 476 BGB berufen, da es sich bei der vertraglichen Beziehung zwischen diesen beiden Personen nicht um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Der Letztverkäufer geriete dadurch in eine Regressfalle: Um eine Inanspruchnahme durch den Verbraucher zu verhindern, müsste er die Vermutung des § 476 BGB entkräften und nachweisen, dass die Sache erst nach Gefahrübergang auf den Verbraucher mangelhaft wurde. Um seinerseits den Lieferanten in Anspruch zu nehmen, müsste er diesem gegenüber beweisen, dass der Mangel der Kaufsache bereits mit Gefahrübergang auf ihn vorgelegen hat. Es wird dem Letztverkäufer allerdings Schwierigkeiten bereiten, den Beweis gegenüber dem Lieferanten zu führen, dass die Sache bereits mangelhaft gewesen ist, als die Gefahr vom Lieferanten auf ihn übergegangen ist, wenn er schon gegenüber dem Verbraucher die Vermutung des § 476 BGB nicht hat entkräften können.852

___________ Hk-BGB/Saenger § 476 BGB Rn. 4; KompaktKomm/Tonner § 476 BGB Rn. 6; Wietoska, ZGS 2004, 8, 9. 850 Augenhofer, ZGS 2004, 385, 387; Höpker 171; F. von Westphalen/Meier-Göring 69; siehe auch Wietoska, ZGS 2004, 8, 9. 851 Elb 96; Hk-BGB/Saenger § 476 BGB Rn. 4; Höpker 171; St. Lorenz, NJW 2004, 3020, 3021; ders., NJW 2005, 1889, 1894; MünchKomm/St. Lorenz § 476 BGB Rn. 16; H. Roth, ZIP 2004, 2025, 2026 f.; E. von Westphalen, ZGS 2005, 210, 212; siehe auch AnwKomm/Büdenbender § 476 BGB Rn 15; Bülow/Artz 122 f.; Staudenmayer, in: Grundmann/Medicus/Rolland, 27, 45; Wietoska, ZGS 2004, 8, 9. 852 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248; siehe auch Böhle 127 f.; Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854, 862; Ehmann/Sutschet 234; Höffe 78; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 21; MatuscheBeckmann, BB 2002, 2561; dies., FS Kollhosser 459, 468 f.; Maultzsch, JuS 2002, 1171; Oechsler Rn. 333; Schumacher 183 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 181 f.; siehe für die Richtlinie bereits Magnus, FS Siehr 429, 437.

D. Die Regelung des § 478 Abs. 3 BGB

243

Daher hat der Gesetzgeber den § 478 Abs. 3 BGB geschaffen und dem Letztverkäufer – und über § 478 Abs. 5 BGB auch jedem anderen Käufer in der Kette – ermöglicht, sich dem – jeweiligen (unternehmerischen) – Verkäufer gegenüber auf die Beweislastvermutung des § 476 BGB zu berufen. Dabei beginnt die sechsmonatige Frist nicht mit dem Gefahrübergang der Sache auf den Letztverkäufer, sondern erst mit der Übergabe der Sache an den Verbraucher. In den Fällen, in denen die Sache innerhalb der Lieferkette längere Zeit gelagert und erst nach mehreren Jahren an den Verbraucher abgesetzt wurde, kann sich der Unternehmer daher noch weit nach Ablauf von sechs Monaten nach Erhalt der Sache auf die Vermutung berufen. Sofern sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten seit dem Gefahrübergang auf den Verbraucher zeigt, steht dem Regressgläubiger die Beweislastumkehr bis zu dem Zeitpunkt zu, in dem seine Ansprüche gegen den Regressschuldner verjähren. Auf Grund der Regelung des § 479 Abs. 2 BGB kann dies bis zu fünf Jahre nach Gefahrübergang auf ihn der Fall sein.853 Gerade diese zeitliche Verschiebung des Fristbeginns der Beweislastvermutung ist in der Literatur auf heftige Kritik gestoßen.854 Sinnvoller sei es, die Vermutungsregel nur dann anzuwenden, wenn der Unternehmer die Kaufsache innerhalb von sechs Monaten weiterverkaufe.855 Dadurch würden die Glieder der Lieferkette zu kurzen Lagerzeiten motiviert und die Abwicklung des Mangelfalls in der Regresskette beschleunigt. Allerdings sprechen sachgerechte Erwägungen dafür, den Beginn der sechsmonatigen Frist an den Gefahrübergang auf den Verbraucher zu koppeln. Denn erst dieser nimmt die Sache in Gebrauch. Die Unternehmer in der Lieferkette benutzen die Sache in aller Regel nicht, sondern verkaufen sie unbenutzt an ihre Abnehmer weiter. Die Gefahr, dass die Sache infolge ihres Gebrauches mangelhaft wird, besteht mithin erst ab dem Zeitpunkt, in dem die Sache dem Verbraucher übergeben wird, also ab Gefahrübergang auf ihn. Innerhalb der Lieferkette kann die Sache nicht auf Grund eines Gebrauchs mangelhaft geworden sein, der Mangel muss vielmehr schon bestanden haben.856 Daher ist der Fristbeginn für die Vermutung innerhalb der Regresskette auf den Zeitpunkt zu verschieben, in dem die Sache ihrer tatsächlichen Nutzung zugeführt wird. Dadurch wird dem Letztverkäufer nicht ermöglicht, Regress zu nehmen, obwohl die Kaufsache auf Grund der langen ___________ 853

Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel G. 6. W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397, 1398 f.; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 546 ff.; Jud, ZfRV 2001, 201, 208. 855 W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397 (zum Entwurf); für eine entsprechende Regelung in AGB auch Schultze-Melling 15 ff.; a.A. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 30; siehe auch Matthes, NJW 2002, 2505, 2509 f. 856 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 30; Jud, ZfRV 2001, 201, 208; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 22; Schmidt-Räntsch Rn. 960. 854

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1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Lagerzeiten Qualitätseinbußen erlitten hat.857 Denn ein durch die Lagerung oder den Transport der Kaufsache entstandener Mangel ist normalerweise als Lagerungs- oder Transportschaden zu erkennen, so dass der § 476 BGB nicht greift. Insgesamt ist es daher sachgerecht, dem Letztverkäufer und den anderen Käufern innerhalb der Regresskette die Fristverschiebung der §§ 478 Abs. 3, 476 BGB zu Gute kommen zu lassen.858 Diese gilt aber nur in den Fällen der §§ 437 ff., 478 Abs. 1 BGB und des § 478 Abs. 2 BGB. In den Fällen eines nicht nach § 478 Abs. 1 BGB modifizierten Gewährleistungsanspruchs gilt die Vermutungsregel hinsichtlich der Fristverschiebung nicht.859 E. Beschränkte Abdingbarkeit, § 478 Abs. 4 BGB

E. Beschränkte Abdingbarkeit der Regressregelungen auf Grund des § 478 Abs. 4 BGB I. Regelungsgehalt des § 478 Abs. 4 BGB 1. Statuierung (faktisch) halbzwingenden Rechts Nach § 478 Abs. 4 BGB ist der Regress zwar grundsätzlich dispositiv.860 Die Regelungen sind nach Mitteilung des Mangels oder bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs ohne weiteres abdingbar. Durch das Erfordernis des gleichwertigen Ausgleichs werden die Regressvorschriften und die anderen Mangelgewährleistungsregelungen innerhalb der Regresskette allerdings faktisch zwingendes Recht.861 Sie sind letztlich nur in der konkreten Ausgestaltung, nicht aber im Ergebnis abdingbar.862 Durch diese Regelung soll einerseits ___________ 857

So aber Matthes, NJW 2002, 2505, 2510. So auch Bartelt 245 f.; Böhle 126 ff.; Wind 127. 859 S. Ernst, MDR 2003, 4, 8; wohl auch Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 31; anders auf Grund der ansonsten divergierenden Ergebnisse von § 478 Abs. 2 BGB einerund den Schadensersatzansprüchen andererseits Hassemer, Jura 2002, 841, 847 f.; anders ebenfalls Bartelt 246 ff. 860 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247; Huber, in: Huber/Faust, 406; Janser 45; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; Schmidt-Räntsch Rn. 961; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 86; siehe auch Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1797. 861 Bartelt 254; Bitterich, JR 2004, 485, 486; St. Lorenz, FS Jayme 533, 538 f.; St. Lorenz/Riehm Rn. 596; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2562; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 38; Janssen, AW-Prax 2003, 347; siehe auch AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 44. 862 Laws, MDR 2002, 320, 322; St. Lorenz, FS Jayme 533, 539 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 43; siehe auch Schumacher 211. 858

E. Beschränkte Abdingbarkeit, § 478 Abs. 4 BGB

245

ein Gleichlauf mit § 475 BGB erreicht werden.863 Andererseits soll „angesichts der Vielfalt der Vertriebsformen und der unterschiedlichen zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen unter den beteiligten Kaufleuten“ eine vertragliche Ausgestaltung des Rückgriffsrechts zumindest in dem durch § 478 Abs. 4 BGB gestreckten Rahmen möglich bleiben.864

2. Kritik an der Regelung des § 478 Abs. 4 BGB Die Regelung des § 478 Abs. 4 BGB ist im Schrifttum auf Grund des „beispiellosen Einschnitts in den Grundsatz der Vertragsfreiheit“865 auf heftige Kritik gestoßen.866 Die (faktisch) zwingende Ausgestaltung der Regressregelungen werde von der Richtlinie nicht vorgegeben.867 Zudem sei sie im professionellen Handelsverkehr unangemessen.868 Eine AGB-Kontrolle anhand der §§ 307 ff. BGB führe zu hinreichenden und zudem flexibleren Lösungen als die starre Regelung des § 478 Abs. 4 BGB.869 Schließlich sei eine einseitige Ausgestaltung auf Grund der Nachfragemacht des Handels nicht zu befürchten.870 Daher wird einerseits gefordert, die Norm entweder insgesamt zu streichen oder zumindest auf Allgemeine Geschäftsbedingungen zu beschränken.871 Andererseits wird die Norm teleologisch auf das Regressinteresse reduziert und nur dann angewandt, wenn dies für die Gewährung eines effektiven Rückgriffs und den Schutz vor Regressfallen erforderlich ist. 872

___________ 863 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 34; Höpker 216 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 38; Schumacher 207; siehe auch Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 10. 864 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247; siehe auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXX f. 865 Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 8. 866 Elb 99; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1401; Janssen, AW-Prax 2003, 347; HkBGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 8; St. Lorenz, FS Jayme 533, 538 f.; MünchKomm/ St. Lorenz § 478 BGB Rn. 38; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733; Westermann, NJW 2002, 241, 253; etwas zurückhaltender Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 34; Jud, ZfRV 2001, 201, 217. 867 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733; Westermann, NJW 2002, 241, 253. 868 Elb 99; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1401; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733. 869 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733 f.; etwas vorsichtiger Jud, ZfRV 2001, 201, 217; siehe auch Westermann, NJW 2002, 241, 253; a.A. Böhle 132 ff. 870 K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 439. 871 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733, 935. 872 Böhle 142 ff.; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1401; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173.

246

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

In der Tat stößt die zwingende Ausgestaltung der Regressregelungen auf Bedenken. In Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist nämlich nur ein dispositiver Regress vorgeschrieben:873 Gemäß diesem Artikel in Verbindung mit dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie muss dem Verkäufer nur dann ein Regress gewährt werden, wenn er nicht auf dieses Recht verzichtet, sich also nicht auf eine Abbedingung eingelassen hat. Die Richtlinie will ausdrücklich nicht die Vertragsfreiheit im unternehmerischen Verkehr einschränken. Dementsprechend sind die Regressregelungen in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten nicht zwingend ausgestaltet.874 Allerdings steht es den Mitgliedstaaten frei, zwingend ausgestaltete Regressregelungen zu treffen.875 Dadurch wird zum einen ein höheres Verbraucherschutzniveau gewährleistet als in der Richtlinie vorgeschrieben.876 Denn dadurch, dass der Letztverkäufer dem Lieferanten gegenüber keine Vertragsklauseln mit einem geringeren Schutz verwenden kann, als dieser seinerseits dem Verbraucher bieten muss, wird das Insolvenzrisiko des Letztverkäufers zu Gunsten des Verbrauchers stärker als nötig minimiert. Zum anderen dient die zwingende Ausgestaltung dem effet utile des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.877 Auch eine teleologische Reduktion kommt angesichts der insoweit klaren Aussage des deutschen Gesetzgebers nicht in Betracht. Denn dieser erlaubt die vertragliche Abweichung von den gesetzlichen Regressregelungen nur bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs, setzt den Schutz des Letztverkäufers vor Regressfallen also höher an als die Vertragsfreiheit im Handelsrecht. Dies gilt allerdings nur, wenn sich der Letztverkäufer auch tatsächlich in einer Regressfalle befindet und die durch den stärkeren Verbraucherschutz bei ihm ent___________ 873

Siehe hierzu 1. Teil, 1. Kapitel A. III. So etwa in England (Bradgate/Twigg-Flesner 235 ff., die darin allerdings eine nicht hinreichende Umsetzung der Richtlinie sehen) und Österreich (Faber, IHR 2004, 177, 183; Hassemer 155 f.). Ebenfalls zwingend ist die Regressregelung in den Niederlanden (vgl. Janssen/Schimansky, IHR 2004, 95, 101 f.; Hassemer 154) und in Portugal, wo neben der Regressregelung auch eine gesetzliche Herstellerhaftung eingeführt wurde (vgl. Hassemer 191 ff.). 875 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 2; Bitterich, JR 2004, 485, 486; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 156; Jorden 465; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 23; St. Lorenz, FS Jayme 533, 538; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 38; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 86; F. von Westphalen, DB 1999, 2553, 2555 f. 876 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 2; Bartelt 256; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 86; F. von Westphalen, DB 1999, 2553, 2555 f. Nach Bitterich, JR 2004, 485, 486; Gebauer/Wiedmann/Leible, Kap. 9 Rn. 156; KompaktKomm/Tonner, § 478 BGB Rn. 23, wird die Vorgabe des Art. 4 nicht von der Mindestklausel in Art. 8 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfasst. 877 Bitterich, JR 2004, 485, 486; Gebauer/Wiedmann/Leible Kap. 9 Rn. 156; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 23; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 38. 874

E. Beschränkte Abdingbarkeit, § 478 Abs. 4 BGB

247

standenen Nachteile auf das verantwortliche Glied der Regresskette weitergereicht werden. Es muss mithin eine Fallkonstellation vorliegen, die entweder dem § 478 Abs. 1 oder dem § 478 Abs. 2 BGB unterfällt.

3. Anwendung der §§ 307 ff. BGB neben § 478 Abs. 4 BGB Der § 478 Abs. 4 BGB ist ausweislich der Gesetzesbegründung als Ergänzung zu den §§ 307 ff. BGB zu verstehen:878 Die Vorschriften zur AGBKontrolle finden auch innerhalb der Regresskette Anwendung.879 Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einer Inhaltskontrolle gemäß den §§ 307 ff. BGB nicht standhält, ist demnach auch bei Gewährung des von § 478 Abs. 4 BGB geforderten gleichwertigen Ausgleichs nicht möglich. Gleiches gilt in verjährungsrechtlicher Hinsicht für eine Klausel, die mit der Regelung des § 202 BGB nicht vereinbar ist.880

4. Nichtanwendung auf Schadensersatzansprüche Nach § 478 Abs. 4 S. 2 BGB gilt die in Satz 1 der Norm enthaltene Regelung nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen. Diese können mithin auch ohne Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs abbedungen werden. Befindet sich eine solche Vereinbarung allerdings in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ist eine Inhaltskontrolle anhand der §§ 307 ff. BGB erforderlich. Darüber hinaus kann eine Klausel, welche die Gewährleistungsrechte des Letztverkäufers insgesamt beschränkt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie zumindest für den Schadensersatz gilt. Denn wie bei einer Inhaltsprüfung gemäß den §§ 307 ff. BGB ist auch bei § 478 Abs. 4 BGB eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich.881

___________ 878

Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249. 879 Böhle 37; ders., NJW 2003, 3680, 3682; Höpker 226 ff.; Pfeiffer, in: DaunerLieb/Konzen/Schmidt, 225, 243; Schmidt-Räntsch Rn. 961; Schubel, JZ 2001, 1113, 1118 („zusätzliches Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit“); Schumacher 207; Westermann/Buck 178; Westermann, NJW 2002, 241, 253. 880 Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 84. 881 Hassemer, Jura 2002, 841, 846. Huber, in: Huber/Faust, 407, vergleicht den § 478 Abs. 4 BGB mit einem „Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit, nur eben bezogen auf Individualvereinbarungen.“

248

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

II. Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs 1. Grundsätzliches Probleme ergeben sich im Zusammenhang mit § 478 Abs. 4 BGB vorwiegend bei der Frage, wann ein gleichwertiger Ausgleich vorliegt, der es den Parteien erlaubt, von den in §§ 478, 479 BGB enthaltenen Regressregelungen und den dort in Bezug genommenen kaufgewährleistungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen. Dazu muss zum einen deutlich erkennbar sein, dass der vertraglich vereinbarte Vorteil den Verzicht des Unternehmers auf die Regressrechte ausgleichen soll und nicht bloß eine aus anderen Gründen vorgenommene Rabattgewährung oder ähnliches darstellt.882 Zum anderen muss die vertragliche Vereinbarung den gesetzlichen Regelungen gleichwertig sein. Dabei sind an die Gleichwertigkeit des Ausgleichs strenge Anforderungen zu stellen.883 Sie ist jeweils anhand des konkret-individuellen Vertragsverhältnisses festzustellen,884 so dass allgemeingültige Aussagen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des gleichwertigen Ausgleichs nicht möglich sind. Im Folgenden wird dementsprechend nur kurz auf die grundsätzlich denkbaren Gestaltungen eingegangen.

2. Möglichkeiten vertraglicher Ausgestaltung a) Pauschale Abrechnungssysteme Die Gesetzesbegründung885 nennt als gleichwertigen Ausgleich „pauschale Abrechnungssysteme“. Dieses Modell wird auch im Schrifttum vorrangig als Möglichkeit vorgeschlagen, von den gesetzlichen Regressregelungen abzuweichen.886 Durch die Pauschalisierung der Regressansprüche solle einerseits der ___________ 882

AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 43; Frankfurter Handbuch/Winkelmann

546. 883

AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 43; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1401 f.; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 546; im Ergebnis auch F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 27 f. 884 Bartelt 262 f.; Böhle 146 f.; Frankfurter Handbuch/Winkelmann 546; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 491; im Ergebnis auch F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 27 ff.; anders wohl Loose 128. 885 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249. 886 Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 35; Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 81 f.; Böhle 147 ff.; Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 126 f.; Ehmann/Sutschet 235; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 18; Haas, BB 2001, 1313, 1320; Hoeren/Martinek/Bohne, Teil 1 Rn. 571, § 478 BGB Rn. 20; Gruber, NJW 2002, 1180, 1181; HkBGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 11; Janser 46; Marx, BB 2002, 2566, 2567; Loose 134 f.; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173; Pfeiffer, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt,

E. Beschränkte Abdingbarkeit, § 478 Abs. 4 BGB

249

zeit- und kostenaufwändige Rücklauf einzelner mangelhafter Waren durch die (gesamte) Lieferkette bzw. die ebenfalls aufwändige Abrechnung der Aufwendungen jeder einzelnen Reparatur vermieden, andererseits aber der Letztverkäufer so gestellt werden, wie er bei eben einer solchen Abrechnung stünde.887 Dabei ist ein pauschales Abrechungssystem sowohl als pauschale Rabattgewährung888 wie auch als Festsetzung von Gewährleistungspauschalen889 möglich. Bei der ersten Variante erhält der Letztverkäufer bei Verzicht sämtlicher Regressrechte alle gelieferten Waren zu einem bestimmten Rabatt. Bei der zweiten Variante wird dem Letztverkäufer – unabhängig von dem im Einzelfall vorliegenden Mangel – für jeden Gewährleistungsfall ein im Vorfeld festgesetzter Betrag gezahlt (etwa Walkman 20 Euro, Videorekorder 40 Euro). Solche pauschalen Abrechnungssysteme können zwar grundsätzlich einen gleichwertigen Ausgleich darstellen. Die Pauschalisierung birgt jedoch immer die Gefahr, dass sie zwar grundsätzlich, nicht aber im maßgeblichen Vertragsverhältnis einen gleichwertigen Ausgleich bietet.890 Da die Gleichwertigkeit aber immer anhand des konkret-individuellen Vertrages zu bestimmen ist, müsste die Vereinbarung in diesen Fällen verworfen werden. Es bliebe bei den gesetzlichen Regelungen. Darüber hinaus bereitet die exakte Festlegung der gewährten Pauschale oder des vereinbarten Rabatts in der Praxis Probleme. Denn die festgesetzten Pauschalen müssen wertmäßig den Verzicht auf sämtliche Regressrechte ausgleichen. Dazu ist zu ermitteln, wie viele der gelieferten ___________ 225, 243; Schubel, JZ 2001, 1113, 1118; Schultze-Melling 112; Staudinger/MatuscheBeckmann § 478 BGB Rn. 114; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 29 (etwas zweifelnd); mit gewissen Zweifel auch Bartelt 264 ff.; skeptisch Klose 307 ff.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 44; Schimmel/Buhlmann 161; siehe auch Mansel, NJW 2002, 89, 97; Schumacher 213; Zerres, VuR 2002, 3, 14. 887 Marx, BB 2002, 2566, 2567; Schultze-Melling 112; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 115. 888 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn 43; Böhle 147, 149 ff.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 88; J. Eckert, Schuldrecht BT Rn. 381; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 18; S. Ernst, MDR 2003, 4, 7; Höpker 246, 247 ff.; Janser 46; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; R. Koch, WM 2002, 2217, 2226; Palandt/Weidenkaff § 478 BGB Rn. 22; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 442; Schultze-Melling 113; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 86; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 115; zweifelnd Frankfurter Handbuch/Winkelmann 546; dagegen F. von Westhalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 27. 889 Andersen Luther/Arentz 130; AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn 43; Bartelt 269 f.; Böhle 147, 152; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 18; Höpker 246; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 442 f.; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 86 f. 890 Bartelt 266 ff.; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 87; siehe auch Klapperich, in: Flohr/Klapperich, 131; St. Lorenz, FS Jayme 533, 540; von Sachsen Gessaphe, FS Sonnenberger 99, 115; Wind 138 f.; für eine weniger strenge Anwendung des § 478 Abs. 4 BGB Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 80 ff.; Dauner-Lieb, in: Abels/Lieb, 89, 126 f.

250

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Geräte an Verbraucher verkauft werden (nur dann greifen die §§ 478, 479 BGB891), wie häufig ein Gewährleistungsfall auftritt bzw. tatsächlich geltend gemacht wird und schließlich wie hoch die im Normalfall entstehenden Gewährleistungskosten sind. Um dies überhaupt ermitteln zu können, bedarf es einer breiten Erfahrungsbasis, die vielfach nur bei bereits am Markt eingeführten Massenprodukten gegeben sein dürfte.892

b) Andere Möglichkeiten des gleichwertigen Ausgleichs Neben der Vereinbarung pauschaler Abrechnungssysteme finden sich im Schrifttum weitere Vorschläge, wie ein gleichwertiger Ausgleich erreicht werden kann. Dazu zählen insbesondere die unentgeltliche Mitlieferung zusätzlicher Kaufgegenstände,893 die Gewährung von Kaufpreisrabatten,894 die Begleichung des Regressfalls durch die Hingabe von Warengutschriften895 oder in Form eines Buchungsausgleichs,896 die Gewährung weitreichender Stundungen,897 die Vereinbarung von Verjährungsverlängerungen,898 Beweiserleichterungen899 oder Versicherungslösungen900 und die Einbindung des Lieferanten in die Nacherfüllung, um das Entstehen von Nacherfüllungskosten auf Seiten des Letztverkäufers zu verhindern.901 Vereinzelt wird auch vertreten, ein gleichwer-

___________ 891

Siehe dazu 1. Teil, 2. Kapitel B. I. Böhle 150 f.; Höpker 246; Loose 135; Matthes, NJW 2002, 2505, 2507; Richter, AcP 206 (2006), 3, 14; Schumacher 213; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 86 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 120; siehe auch Kelwing 220. 893 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn. 43; Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 35; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 18; Hassemer 148; Loose 136 f. (nur für Massenware); Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 115; kritisch Wind 139. 894 Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 82 f.; Loose 136 f. 895 Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 18; Matthes, NJW 2002, 2505, 2509; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 44; Nguyen 174 f.; Schultze-Melling 124 f.; Sester /Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 87; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 123; Wind 140; differenzierter Bartelt 272 ff.; Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 74 f.; Loose 135 f.; kritisch KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 27; Schumacher 215 f. 896 Matthes, NJW 2002, 2505, 2509; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 87. 897 AnwKomm/Büdenbender § 478 BGB Rn 43; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 18; S. Ernst, MDR 2003, 4, 7; Janser 46. Peterl 184; Schultze-Melling 113; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 115; kritisch Wind 139. 898 Höpker 246. 899 Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 85 f.; Böhle 157 f.; Höpker 246; Kelwing 219. 900 Höpker 250 f.; Westermann, NJW 2002, 241, 253. 901 KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 26; Loose 138; hinsichtlich des Prozessrisikos Bartelt 270 ff.; Böhle 158 ff. 892

E. Beschränkte Abdingbarkeit, § 478 Abs. 4 BGB

251

tiger Ausgleich könne dadurch erreicht werden, dass der Lieferant den Letztverkäufer bei dessen Marketingmaßnahmen unterstütze.902 Die unentgeltliche Mitlieferung zusätzlicher Kaufgegenstände und der Ausgleich in Form eines reinen Buchungsausgleichs oder in Form von Warengutschriften gewähren dem Letztverkäufer jedoch schon von der Grundkonzeption keinen gleichwertigen Ausgleich.903 Denn der Letztverkäufer müsste die neu gelieferte oder durch entsprechende Gutscheine erworbene Ware erst an einen weiteren Verbraucher absetzen, um den finanziellen Wert der Warengutscheine, des Buchungsausgleichs oder der zusätzlich gelieferten Ware zu erlangen. Ihm wird dadurch ein erneutes Absatzrisiko aufgebürdet, das dem Letztverkäufer durch die Regressregelungen gerade genommen werden soll.904 Bei den anderen Lösungsvorschlägen kommt dem Wert des vertraglich vereinbarten Vorteils nicht eine solche Bedeutung zu, dass er den Verzicht auf sämtliche Regressrechte ausgleichen könnte. Vielfach – wie etwa bei der Stundung oder den Beweiserleichterungen – ist es auch gar nicht möglich, dem Vorteil einen in Geld messbaren Wert zuzuweisen, um ihn so den voraussichtlich entstehenden Regresskosten gegenüber stellen zu können. Die Vorschläge sind insoweit in praxi nicht brauchbar. Außerdem stellen sich bei all diesen alternativen Lösungsansätzen die bereits für die pauschalen Abrechnungssysteme aufgezeigten Probleme hinsichtlich der Bestimmung des angemessenen Betrages. Die bisher gemachten Vorschläge zur Vereinbarung eines gleichwertigen Ausgleichs sind daher allesamt abzulehnen. Es bleibt abzuwarten, ob es überhaupt möglich ist, einen gleichwertigen Ausgleich auf anderem Wege als durch die Vereinbarung pauschaler Abrechnungssysteme zu schaffen.905

III. Anderweitige Umgehung der Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB Neben der – beschränkten – Möglichkeit vertraglicher Ausgestaltung kommt auch eine Umgehung der gesetzlichen Regressregelungen in Betracht. Dabei werden in der Literatur zwei denkbare Umgehungsmöglichkeiten diskutiert: Zum einen könnte durch die Einschaltung von Zwischenpersonen die Anwendung der Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs und damit auch der §§ 478, 479 BGB vermieden werden. Zum anderen könnten die Verträge durch die Einschaltung ausländischer Unternehmer aus dem räumlichen Anwendungsbereich ___________ 902 Andersen Luther/Arentz 130; Bartelt 274 f. („WinWin-Vereinbarungen“); Schultze-Melling 113 f. 903 So auch Böhle 155 ff.; im Grundsatz auch Klose 311 f.; anders wohl Loose, 136 (für Massenware). 904 Vergleiche hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. I. 905 Zweifelnd auch Bereska, ZGS 2002, 59, 62.

252

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

des deutschen Rechts und damit der deutschen Regressnormen herausgenommen werden.

1. Einschaltung eines Verbrauchers als Zwischenperson Die Anwendung der §§ 474 ff. BGB kann zwar grundsätzlich dadurch verhindert werden, dass der Unternehmer nicht selbst als Verkäufer auftritt, sondern im Rahmen eines Agenturvertrages lediglich einen Kaufvertrag zwischen zwei Verbrauchern vermittelt. Denn in dieser Fallgestaltung liegt – wie der BGH entschieden hat906 – keine unzulässige Umgehung des Verbraucherschutzrechts nach § 475 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn die Konstruktion eines Agenturvertrages auf Grund der Interessenlage des Falls gerechtfertigt erscheint.907 Die Überlegungen sind aber auf die Fälle der §§ 478, 479 BGB nicht übertragbar. Denn in dieser Fallkonstellation besteht keine Regresskette, in der die mangelhafte Sache von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer und von diesem an einen Verbraucher abgesetzt wird. Derjenige, der den Vertrag zwischen den Verbrauchern vermittelt, ist nicht Verkäufer, sondern nur Vermittler und kommt daher als Regressgläubiger nicht in Betracht. Der Unternehmer, der die Sache an den Verbraucher in der Rolle des Verkäufers verkauft hat, haftet diesem nach §§ 474 ff. BGB. Diese Umgehungssituation macht im wirtschaftlichen Ergebnis für keinen der beteiligten Unternehmer Sinn und erscheint innerhalb der klassischen Vertriebsketten zudem lebensfremd. Als Umgehungshandlung denkbar wäre lediglich, dass der Lieferant – der nach der Legaldefinition in § 478 Abs. 1 BGB Unternehmer sein muss – einen Verbraucher als Strohmann einsetzt. Dieser wäre nämlich mangels Unternehmereigenschaft nicht tauglicher Regressgläubiger; die Regresskette wäre unterbrochen und der Lieferant könnte sich der Regresshaftung entziehen. Entweder könnte der als Strohmann eingesetzte Verbraucher dann aber den Lieferanten nach §§ 474 ff. BGB in Anspruch nehmen oder die Konstruktion scheitert bereits daran, dass ein Verbraucher, der auf Grund einer wirksamen Abrede für einen Unternehmer tätig wird, ebenfalls als Unternehmer einzustufen ist908 und die Regresskette so nicht unterbrochen wäre. Nach einer neueren Entscheidung ___________ 906

BGH DB 2005, 825 ff. = ZGS 2005, 150 ff. OLG Stuttgart NJW 2004, 2169, 2170; Katzenmeier, NJW 2004, 2632, 2633; St. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1895; ders., NJW 2007, 1, 7; Reinicke/Tiedtke Rn. 758; offen gelassen bei Reinking, AnwBl 2004, 607, 608. Teilweise wird noch weitergehend von einer grundsätzlichen Zulässigkeit ausgegangen; siehe etwa Kelwing 298 f.; Maultzsch, ZGS 2005, 175 ff.; Oetker/Maultzsch 200 f.; oder – noch enger – die Zulässigkeit solcher Vertragsgestaltungen grundsätzlich verneint, siehe C. Hofmann, JuS 2005, 8 ff. 908 BGH, NJW 2002, 2030; Palandt/Heinrichs § 14 BGB Rn. 2. Anders Cziesielsky, 37 Fn. 162 (Geschäft mit einem festen Strohmann unwirksam nach § 134 BGB). 907

E. Beschränkte Abdingbarkeit, § 478 Abs. 4 BGB

253

des BGH909 ist zudem denkbar, dass der Verbraucher, der die Sache vom Strohmann erwirbt, direkt den Lieferanten nach §§ 474 ff. BGB in Anspruch nehmen kann. Eine Umgehung der §§ 478, 479 BGB wird durch Einschaltung eines Verbrauchers als Strohmann also so oder so nicht (bzw. nicht mit dem bezweckten Ergebnis) erreicht.910

2. Ausschaltung der §§ 478, 479 BGB durch Umgehung des deutschen Rechts Es besteht eventuell die Möglichkeit, die Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB auszuschalten, indem der Verkauf an den Letztverkäufer durch einen im Ausland ansässigen Lieferanten erfolgt.911 Denn in diesem Fall kann der gesamte Kaufvertrag und damit auch die Regressmöglichkeit einer ausländischen Rechtsordnung oder dem UN-Kaufrecht unterstellt und die Anwendung des deutschen Rechts, einschließlich der §§ 478, 479 BGB, ausgeschlossen werden. Diese Fallgestaltung kann nicht als Umgehungsgeschäft im Sinne der §§ 478 Abs. 4, 475 Abs. 1 S. 2 BGB für unwirksam erklärt werden.912 Denn das UNKaufrecht bzw. die ausländische Rechtsordnung verdrängt die Regressvorschriften bereits auf internationalprivatrechtlicher Ebene. Das Umgehungsverbot in § 478 Abs. 4 S. 3 BGB findet auf den Sachverhalt keine Anwendung. Allerdings enthält auch das Kollisionsrecht Schutzvorschriften, die in den beschriebenen Fallkonstellationen möglicherweise die deutschen Regressvorschriften gegenüber dem ausländischen Recht zur Anwendung bringen. Des Weiteren könnte die Anwendung des ausländischen Rechts nach den Grundsätzen der fraus legis im IPR ausscheiden. Auf diese Problematik wird im dritten Teil der Arbeit ausführlich eingegangen.913

___________ 909

BGH ZGS 2007, 70, 71 f. Im Ergebnis auch Klose 287 f. 911 Böhle 135 f.; Gruber, NJW 2002, 1180, 1181; Johannsen, ITRB 2006, 112, 115; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 88; anders KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 31. 912 Gruber, NJW 2002, 1180, 1181 Fn. 13; Höpker 355; Johannsen, ITRB 2006, 112, 114; Klose 293 ff.; Loose 142; St. Lorenz, FS Jayme 533, 545; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 137; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 44; Richter, AcP 206 (2006), 3, 26; Schultze-Melling 101; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 88; nicht ganz klar F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 33; anders Bellinghausen, in: Abels/Lieb, 71, 75 f.; Erman/Grunewald § 478 BGB Rn. 19. 913 Siehe 3. Teil, 3. Kapitel B. II., III. und C. II., III., IV. 910

254

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

IV. Zusammenfassung Die Regressvorschriften und die anderen Mängelgewährleistungsregelungen innerhalb der Regresskette sind nach § 478 Abs. 4 BGB zwar nach Mitteilung des Mangels oder bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs abdingbar. Durch das Erfordernis, einen gleichwertigen Ausgleich für das Abweichen von den gesetzlichen Regressregelungen zu vereinbaren, stellen sich die §§ 478, 479 BGB aber faktisch als zwingendes Recht dar. Zwar sind pauschale Abrechnungssysteme als gleichwertiger Ausgleich durchaus möglich. Ihre konkrete Ausformung bereitet aber erhebliche Probleme, da die Angemessenheit der festgesetzten Pauschalen zum einen schwer und nur mit erheblichem statistischen Aufwand zu ermitteln ist und zum anderen immer die Gefahr besteht, dass der festgesetzte, grundsätzlich angemessene Betrag für das maßgebliche konkrete Vertragsverhältnis gerade keinen gleichwertigen Ausgleich darstellt und damit unwirksam ist. Ob neben den pauschalen Abrechnungssystemen noch andere vertragliche Gestaltungen möglich sind, bleibt abzuwarten. Die bisher gemachten Vorschläge vermögen nicht zu überzeugen. Sie enthalten entweder schon vom Grundsatz her keine den gesetzlichen Vorschriften gleichwertigen Regelungen oder sie gewähren eine in Geld nur schwer messbare Leistung, so dass eine Gleichwertigkeit mit dem gesetzlichen Regresssystem kaum festgestellt werden kann. Die Regressvorschriften dürfen auch nicht durch sog. Umgehungsgeschäfte umgangen werden. Um die Anwendung der zwingenden Regressregelungen zu verhindern, bleibt damit lediglich die Möglichkeit, den Vertrag zwischen Regressschuldner und -gläubiger dem deutschen Recht insgesamt zu entziehen und so die Geltung der §§ 478, 479 BGB bereits auf internationalprivatrechtlicher Ebene auszuschließen.

F. Die Rügeobliegenheit im Regress, § 478 Abs. 6 BGB I. Regelungsgehalt des § 478 Abs. 6 BGB Der § 478 Abs. 6 BGB bestimmt, dass § 377 HGB unberührt bleibt. Das bedeutet, dass die in dieser handelsrechtlichen Norm statuierte Untersuchungsund Rügeobliegenheit auch innerhalb der Regresskette Anwendung findet. Dies ist an sich selbstverständlich und bedürfte keiner Klarstellung durch § 478 Abs. 6 BGB. Der Hinweis wurde aufgenommen, um deutlich zu machen, dass der Gesetzgeber sein Vorhaben aufgegeben hat, durch einen neu einzuführenden § 378 HGB914 die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB in ___________ 914

Der geplante § 378 HGB lautete:

F. Die Rügeobliegenheit im Regress, § 478 Abs. 6 BGB

255

den Fällen auszusetzen, in denen der Letztverkäufer an einen Verbraucher verkauft.915 Die geplante Änderung war im Schrifttum auf heftige Kritik gestoßen,916 da der Vorschlag zu stark in die handelsrechtlichen Beziehungen eingegriffen,917 zu einer Privilegierung des Letztverkäufers gegenüber anderen Kaufleuten geführt918 und möglicherweise den Einzelhandel dazu motiviert hätte, verspätet als mangelhaft erkannte Ware an Verbraucher zu veräußern, um die eigenen Mangelrechte zu erhalten.919 Die Beibehaltung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit innerhalb der Regresskette ist mit den europäischen Vorgaben vereinbar.920 Denn nach Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie muss dem Letztverkäufer nur dann ein effektiver Regress gewährt werden, wenn die „Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson“ verursacht wurde. Dies ist aber gerade nicht der Fall, wenn sie darauf beruht, dass der Letztverkäufer seiner Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Außerdem scheint der europäische Gesetzgeber in der Auferlegung einer Rügeobliegenheit keine gravierende Belastung zu sehen, da er in Art. 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bestimmt hat, dass selbst dem Verbraucher eine solche Obliegenheit auferlegt werden kann.921 ___________ „Hat der Käufer die Ware vor Entdeckung oder Erkennbarkeit des Mangels ganz oder teilweise im normalen Geschäftsverkehr verkauft oder der normalen Verwendung entsprechend verbraucht oder verändert, bleiben seine Rechte wegen des Mangels der Ware erhalten.“ 915

Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 93; Schubel, ZIP, 2002, 2061, 2069 f. Bamberger/Roth/Faust § 478 BGB Rn. 37; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 93; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400 f.; Jud, ZfRV 2001, 201, 218 Fn. 185; Knütel, NJW 2001, 2519, 2521; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 252 ff., 256; Schubel, JZ 2001, 1113, 1119, 1120; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 732; positiv dagegen Kelwing 228 f.; Pick, ZIP 2001, 1173, 1180. f. 917 W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400 f.; Jud, ZfRV 2001, 201, 218 Fn. 185; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 252 ff., 256; Schubel, JZ 2001, 1113, 1119 f. 918 Böhle 173; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 5 Fn. 19, Rn. 93; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 732. 919 Knütel, NJW 2001, 2519, 2521; Richter, AcP 206 (2006), 3, 15; Schubel, JZ 2001, 1113, 1119; siehe auch Hübner, Handelsrecht Rn. 640. 920 Bitterich, JR 2004, 485, 489; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400 f.; Jud, ZfRV 2001, 201, 217, 218 Fn. 185; Magnus, FS Siehr 429, 434 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 2, 52; W.-H. Roth, in: Ernst/Zimmermann, 225, 252 ff., 256; SchmidtKessel, ÖJZ 2000, 668, 672; Schubel, JZ 2001, 1113, 1119, 1120; Schumacher 190 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 478 BGB Rn. 153; anders Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1378, 1386; Kircher, ZRP 1997, 290, 294; wohl auch Reich, NJW 1999, 2397, 2402 f. 921 Siehe dazu W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1401; Jud, ZfRV 2001, 201, 217; Magnus, FS Siehr 429, 435; Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668, 672; Schumacher 190 f. 916

256

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

II. Voraussetzungen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB 1. Personaler Anwendungsbereich des § 377 HGB Der § 377 HGB setzt ein beiderseitiges Handelsgeschäft voraus. Die Norm greift nur, wenn beide Parteien Kaufleute im Sinne des HGB sind.922 Sind der Regressgläubiger oder der Regressschuldner kein Kaufmann, sondern lediglich Unternehmer im Sinne des § 14 BGB (etwa weil sie Freiberufler sind), finden daher zwar die Regressvorschriften, nicht aber § 377 HGB Anwendung. Die Vorschrift kann auch nicht analog auf Unternehmer angewandt werden.923 Zum einen stellen die §§ 345 ff. HGB innerhalb des HGB Ausnahmevorschriften dar, die der analogen Anwendung nicht bzw. nur in engen Grenzen zugänglich sind.924 Zum anderen fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Handelsrechtsreform nämlich am Kaufmannsbegriff festgehalten und die Möglichkeit verworfen, die handelsrechtlichen Regelungen auch auf Unternehmer anzuwenden.925 Damit hat er deutlich gemacht, dass das HGB nur auf Kaufleute, nicht aber auf Unternehmer im Sinne des § 14 BGB Anwendung finden soll.

2. Anzeige- und Rügeobliegenheit nach § 377 HGB Nach § 377 Abs. 1 HGB ist der Käufer eines beiderseitigen Handelsgeschäfts verpflichtet, „die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.“ Er muss also offene, d.h. ohne Untersuchung feststellbare, und durch eine angemessene Untersuchung erkennbare926 Mängel unverzüglich

___________ 922

Brox/Henssler Rn. 399; Oetker, Handelsrecht 221; Wiedemann/Fleischer 312 f. Canaris, Handelsrecht 438 f.; Höpker 305 f. (für §§ 478, 479 BGB ); Janssen 50; MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 8 f.; Oetker, Handelsrecht 221 f.; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 377 HGB Rn. 4. 924 Padeck, Jura 1987, 454, 455. 925 Siehe die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften, Handelrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 13/8444, S. 22 f. 926 Die Untersuchungsobliegenheit ist lediglich für die Erkennbarkeit des Mangels und die Berechnung der Rügefrist von Bedeutung; vgl. MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 27 f., 54 ff.; Oetker, Handelsrecht 225; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/ Morck, § 377 HGB Rn. 7. 923

F. Die Rügeobliegenheit im Regress, § 478 Abs. 6 BGB

257

nach Ablieferung der Ware rügen.927 Mängel, die sich erst später zeigen und bei einer ordnungsgemäßen, gebotenen Untersuchung der Kaufsache nicht erkennbar gewesen wären, muss der Käufer nach § 377 Abs. 3 HGB unverzüglich nach deren Entdeckung rügen;928 in der Regresskette also grundsätzlich dann, wenn er von dem Verbraucher als Letztkäufer und erstmaligem Nutzer der Sache in Anspruch genommen wird, weil er dann von der Mangelhaftigkeit der Sache erfährt. Kommt er der Rügeobliegenheit929 nicht nach, „gilt die Ware [nach § 377 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HGB] als genehmigt.“ Sie ist in Bezug auf den nicht gerügten Sachmangel als vertragsgemäß anzusehen.930 Die Art und Weise wie auch der Umfang der Untersuchung richten sich nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der in der jeweiligen Branche herrschenden Verkehrsauffassung und der entsprechenden Handelsbräuche.931 Danach ist es bei der Lieferung größerer Mengen ausreichend, repräsentativ gezogene Stichproben zu nehmen.932 Bei originalverpackter Markenware reicht in der Regel sogar eine bloß äußerliche Prüfung.933

III. Besonderheiten der Rügeobliegenheit innerhalb der Regresskette 1. Sog. Streckengeschäft Probleme bereitet die Rügeobliegenheit innerhalb der Regresskette dann, wenn es sich um ein sog. Streckengeschäft934 handelt. Liefert der Verkäufer nicht an seinen Käufer, sondern direkt an den Käufer des Käufers, bleibt die ___________ 927 Brox/Henssler Rn. 410; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 377 HGB Rn. 35; Janssen 160 ff.; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 377 HGB Rn. 7 ff. 928 G. Müller, ZIP 2002, 1178, 1181; MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 68 f.; Oetker, Handelsrecht 230. 929 Zum Begriff der Obliegenheit in § 377 HGB Padeck, Jura 1987, 454, 457. 930 BGH Z 101, 337, 348; Brox/Henssler Rn. 416 ff.; Canaris, Handelsrecht 448; Oetker, Handelsrecht 230 f. 931 BGH WM 1970, 1400, 1402, NJW 1976, 625 f.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 377 HGB Rn. 25; Janssen 106; MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 33; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck § 377 HGB Rn. 8; siehe auch P. Hofmann 202. 932 RG Z 106, 359, 362; BGH NJW 1977, 1151; P. Hofmann 202; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 377 HGB Rn. 27; KompaktKomm/Tonner § 478 BGB Rn. 38; MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 34; Oetker, Handelsrecht 227; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 377 HGB Rn. 8; Wiedemann/Fleischer 308 f. 933 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung XXVII; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 487; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 377 HGB Rn. 26; MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 36; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 377 HGB Rn. 8; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727 f.; Wiedemann/Fleischer 308 f. 934 Siehe zum Begriff etwa BGH NJW 1986, 1166 f.; Padeck, Jura 1987, 454; W.-H. Roth, in: Koller/Roth/Morck, § 377 HGB Rn. 16.

258

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Rügeobliegenheit grundsätzlich bestehen.935 Der Käufer verliert seine Gewährleistungsrechte bei unterlassener Rüge durch den zweiten Käufer selbst dann, wenn dieser kein Kaufmann ist.936 Er muss daher durch vertragliche Vereinbarungen dafür Sorge tragen, dass der zweite Käufer eine ordnungsgemäße Untersuchung und gegebenenfalls Rüge vornimmt, oder er muss eine eigene Untersuchung der Kaufsache beim zweiten Käufer durchführen.937 Eine solche Vereinbarung ist in der Regresskette nicht möglich. Liefert der Lieferant die über den Letztverkäufer verkaufte Sache direkt an den Verbraucher aus, hat der Letztverkäufer keine Möglichkeit, die Untersuchung und rechtzeitige Rüge eventuell entdeckter Mängel sicherzustellen. Ihm selbst ist es nicht möglich, die Untersuchung durchzuführen, da sich die Sache nicht in seinem Einflussbereich befindet. Auf Grund der Regelung des § 475 Abs. 1 BGB kann er den Verbraucher aber weder zur Duldung einer von ihm vorgenommenen Untersuchung noch dazu verpflichten, die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit zu übernehmen. Der Letztverkäufer würde seine Gewährleistungsrechte gegenüber dem Lieferanten und damit seine Regressmöglichkeit verlieren, ohne dass ihm ein Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte. Dies ist mit den europäischen Vorgaben eines effektiven Rückgriffs nicht vereinbar. In richtlinienkonformer Auslegung des § 377 HGB kann sich die Rügeobliegenheit in diesen Fällen daher nicht aus § 377 Abs. 1, Abs. 2 HGB, sondern aus § 377 Abs. 3 HGB ergeben. Der Letztverkäufer muss den Mangel gegenüber dem Lieferanten erst dann unverzüglich anzeigen, wenn er seinerseits vom Verbraucher aus Mängelgewährleistungsrechten in Anspruch genommen wird.938

2. Reichweite der Genehmigungsfiktion Unterlässt es der Letztverkäufer, seinem Lieferanten die Inanspruchnahme durch den Verbraucher unverzüglich mitzuteilen, verliert er grundsätzlich seine ___________ 935 RG Z 96, 13, 14 f.; BGH Z 110, 130, 139 f.; BGH NJW 1978, 2394; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 377 HGB Rn. 34; Oetker, Handelsrecht 228; siehe auch Wiedemann/ Fleischer 311 f. 936 BGH Z 110, 130, 141 f. Die Anwendung des § 377 HGB auf Verbraucher stieß zwar auch auf Kritik. Diese stützte sich aber in erster Linie darauf, dass die Übertragung der Rügepflicht auf den Leasingnehmer mit der Interessenlage beim Leasingvertrag nicht vereinbar sei; siehe Canaris, AcP 190 (1990), 410, 428 ff.; Knops, JuS 1994, 106, 109 ff. 937 Padeck, Jura 1987, 454, 455. 938 Bartelt 126 f.; Böhle 173; Klose 373 ff.; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508 f.; Nguyen 136; K. Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, 427, 435; Schubel, ZIP 2002, 2061, 2070; Schumacher 192; Schurr, ZfRV 1999, 222, 228; F. von Westphalen, DB 1999, 2553 f.; siehe auch MünchKomm HGB/Grunewald § 377 HGB Rn. 71, 89; Oechsler Rn. 331; Oetker, Handelsrecht 225; Schultze-Melling 116 ff.

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

259

Gewährleistungsrechte und damit auch die Regressmöglichkeit. Dies gilt selbst dann, wenn er die Anzeige nur kurzzeitig verzögert.939 Er kann allerdings trotz der Verletzung der Rügeobliegenheit die Kosten ersetzt verlangen, die auch bei ordnungsgemäßer Einbeziehung des Lieferanten bzw. des Herstellers entstanden wären.940 Denn diese Kosten sind unabhängig von dem Fehlverhalten des Regressgläubigers entstanden und basieren ausschließlich auf dem vom Regressschuldner zu verantwortenden Mangel. Wie bereits bei den Kosten der überobligatorischen Nacherfüllung dargelegt, soll der Regressgläubiger diese Kosten auf seinen Vordermann abwälzen können.941 Dies lässt sich an folgendem von Matthes942 – allerdings in anderem Zusammenhang – angeführten Beispiel veranschaulichen: Der Letztverkäufer LVK liefert dem Verbraucher V eine Badewanne. Diese zeigt kurz nach dem Einbau kleinere Haarrisse, weshalb V Nachbesserung verlangt. LVK kommt diesem Nachbesserungsverlangen erst vier Wochen später nach, weil er überlastet ist und zudem den entsprechenden Speziallack nicht früher besorgen konnte. Durch die nicht rechtzeitig erfolgte Versiegelung der Risse ist nunmehr nicht nur die Oberfläche der Wanne, sondern auch der Wannenkörper defekt. Als LVK seinen Lieferanten, den Wannenhersteller H, nach § 478 Abs. 2 BGB auf Aufwendungsersatzanspruch in Anspruch nimmt, führt dieser aus, er hätte bei rechtzeitiger Anzeige des Mangels eigene Mitarbeiter geschickt und den entsprechenden Spezialkleber zur Beseitigung des Mangels besorgen können, so dass die Haarrisse rechtzeitig versiegelt worden wären. In diesem Beispielsfall kann der Letztverkäufer zwar nicht die Kosten zur Reparatur des Wannenkörpers auf den Lieferanten abwälzen, weil diese infolge der unterbliebenen bzw. verspäteten Mängelanzeige und damit durch sein Fehlverhalten entstanden sind. Die Kosten für die Versiegelung der Haarrisse wären aber auch bei rechtzeitiger Mängelanzeige entstanden. Sie sind daher regressfähig.

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB Die Regressbestimmungen des § 478 BGB werden flankiert von der verjährungsrechtlichen Vorschrift des § 479 BGB. Die Norm regelt zum einen die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB und statuiert zum anderen eine Ablaufhemmung, nach der die Verjährung der in den ___________ 939 Ebenso – wenn auch kritisch – Ebenroth/Boujong/Joost/Müller § 378 HGB Rn. 3; Klose 348 f.; anders Schubel, ZIP 2002, 2061, 2070 f. 940 Schubel, ZIP 2002, 2061, 2071; ähnlich zumindest bei entsprechender Vereinbarung in AGB Matthes, NJW 2002, 2505, 2508; anders Loose 101 ff. 941 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel C. II. 2. b). 942 Matthes, NJW 2002, 2505, 2508.

260

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

§§ 437 ff. (in Verbindung mit § 478 Abs. 1) BGB und in § 478 Abs. 2 BGB genannten Ansprüche für die Dauer von fünf Jahren frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauches erfüllt hat. In § 479 Abs. 3 BGB schließlich ist bestimmt, dass die Regelungen der ersten beiden Absätze auf alle Käufer innerhalb der Regresskette Anwendung finden, sofern der jeweilige Regressschuldner Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist.

I. Regelung des § 479 Abs. 1 BGB 1. Sinn und Zweck der Vorschrift Ausweislich des § 479 Abs. 1 BGB verjährt der in § 478 Abs. 2 BGB geregelte Kostenerstattungsanspruch in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache. Dabei bezieht sich der Begriff „Ablieferung“ auf das jeweils maßgebliche Vertragsverhältnis.943 Eine solche verjährungsrechtliche Regelung des Anspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB ist notwendig, um dessen Verjährung sowohl im Hinblick auf die Fristdauer als auch den Fristbeginn mit der Verjährung der kaufgewährleistungsrechtlichen Ansprüche zu synchronisieren.944 Denn die kaufrechtliche Verjährungsvorschrift des § 438 BGB bestimmt in ihrem ersten Absatz lediglich, dass die in § 437 Nr. 1 und 3 BGB genannten Ansprüche, also der Nacherfüllungs- sowie der Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch, grundsätzlich in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache verjähren. In § 438 Abs. 4 und Abs. 5 BGB, jeweils in Verbindung mit § 218 BGB, werden der Rücktritt und die Minderung für unwirksam erklärt, „wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft.“ Der Aufwendungsersatzanspruch des § 478 Abs. 2 BGB wird von § 438 BGB dagegen nicht erfasst.945 Ohne den § 479 Abs. 1 BGB würde er daher gemäß § 195 BGB erst nach drei Jahren verjähren, wobei die Frist nach § 199 Abs. 1 BGB „mit dem Schluss des Jahres [beginnt,] in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.“

___________ 943 AnwKomm/Büdenbender § 479 BGB Rn 2; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 479 BGB Rn. 2. 944 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249 f.; siehe auch Böhle 176; Hoeren/Martinek/Bohne § 479 BGB Rn. 2; Mansel/Budzikiewicz 158. 945 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249 f.; siehe auch Böhle 39; Mansel/Budzikiewicz 158.

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

261

2. Analoge Anwendung des § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB Der § 479 Abs. 1 BGB enthält anders als § 438 Abs. 1 BGB keine Regelung, wonach sich die Frist „bei einem Bauwerk und bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat“ auf fünf Jahre verlängert. Ebenso wenig enthält sie eine Fristverlängerung auf 30 Jahre für die Fälle, in denen „der Mangel in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, besteht.“ Diese scheinbare Lückenhaftigkeit erklärt sich daraus, dass der regressrechtliche Kostenerstattungsanspruch weder in den Fällen denkbar ist, in denen ein Rechtsmangel im Sinne des § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorliegt, noch in solchen Anwendung findet, in denen es sich – wie in § 438 Abs. 1 Nr. 2, 1. Var. BGB – bei der Kaufsache um ein Bauwerk, also nicht um eine bewegliche Sache handelt.946 Es bedarf dementsprechend keiner Regelung, welche die Frist des Kostenerstattungsanspruchs in diesen Fällen verlängert. Etwas anderes gilt aber für die Regelung, wonach sich die Verjährung bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, auf fünf Jahre verlängert. Denn in einer solchen Fallgestaltung kann der regressrechtliche Kostenerstattungsanspruch aus § 478 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden, wenn der Letztverkäufer die mangelhaften Baumaterialien von seinem Lieferanten erworben hat. Der § 479 Abs. 1 BGB ist insofern also lückenhaft. Die Regelungslücke entspricht auch nicht dem Plan des Gesetzgebers, da dieser in der Gesetzesbegründung nämlich davon ausgeht, einen „Gleichlauf bei der Verjährung sämtlicher vertraglicher Ansprüche erreicht [zu haben], die aus der Lieferung einer mangelhaften Sachen folgen.“947 Er will also, dass der regressrechtliche Anspruch den Ansprüchen aus § 437 BGB in verjährungsrechtlicher Hinsicht vollumfänglich gleichgestellt ist. Dazu gehört auch, dass sich die Frist in dem in § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB genannten Fall entsprechend verlängert.948 Die Interessenlage bei der Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs in § 478 Abs. 2 BGB muss außerdem derjenigen entsprechen, die in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB vorliegt. Nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB rechtfertigt es die Besonderheit der Kaufsache, die Verjährungsfrist zu verlän___________ 946

Siehe dazu 1. Teil, 2. Kapitel C. I. 2. Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 250. 948 Wie hier auch Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 496; Schumacher 194. 947

262

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

gern. Dadurch wird ein Gleichlauf zum Werkvertragsrecht hergestellt.949 Für die Fristverlängerung macht es keinen Unterschied, ob die Besonderheit bei einem in § 437 BGB genannten Anspruch oder bei einem Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB vorliegt. Im Gegenteil: Die fünfjährige Verjährungsfrist in § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB wurde gerade eingeführt, um die Regressfalle zu schließen, die sich für den Letztverkäufer nach altem Recht daraus ergab, dass er dem Verbraucher fünf Jahre haftete, seinen Lieferanten in diesen Fällen aber nur zwei Jahre in Anspruch nehmen konnte.950 Es wäre widersinnig, für die Verjährung des regressrechtlichen Anspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB wieder eine kürzere Frist einzuführen, als die, die im Verhältnis des Letztverkäufers zum Verbraucher gilt. Zwar wird dem Letztverkäufer auch durch § 479 Abs. 2 S. 2 BGB eine fünfjährige Verjährung zugestanden. Dies gilt aber nur dann, wenn er die Sache seinerseits innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist verkauft hat.951 Die in § 479 Abs. 2 BGB statuierte Ablaufhemmung gewährt daher keinen hinreichenden Schutz. Der § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB ist demnach analog auf den Kostenerstattungsanspruch aus § 478 Abs. 2 BGB anzuwenden.952

3. Analoge Anwendung des § 438 Abs. 3 BGB Der § 479 Abs. 1 BGB enthält des Weiteren keine dem § 438 Abs. 3 BGB vergleichbare Regelung, wonach der Anspruch nach der regelmäßigen Frist verjährt, wenn der Verkäufer, also der Regressschuldner, den Mangel arglistig verschwiegen hat. Es ist aber davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auf Grund des angestrebten Gleichlaufs in verjährungsrechtlicher Hinsicht953 die Verjährungsfrist des Kostenerstattungsanspruchs – wie bei den anderen Gewährleistungsrechten – verlängern wollte, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Die Lücke entspricht damit nicht dem Plan des Gesetzgebers. Und auch die Interessenlage in diesem Fall ist vergleichbar mit derjenigen, die der Regelung des § 438 Abs. 3 BGB zu Grunde liegt: Verschweigt der Verkäufer den Mangel arglistig, soll er nicht in den Genuss der kurzen kauf___________ 949

Höpker 189; Jauernig/Berger § 438 BGB Rn. 7. Siehe hierzu 1. Teil, 1. Kapitel B. II. 2. 951 Vgl. dazu im Einzelnen 1. Teil, 3. Kapitel G. II. 3., 4. 952 An dieser Frage hat sich nunmehr ein Streit entfacht: So wie hier auch Höpker 188 f.; Loose 104 ff.; Schumacher 193 f.; für alle Fälle des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 496. Die herrschende Ansicht im Schrifttum geht dagegen davon aus, dass eine analoge Anwendung nicht in Betracht kommt; vgl. Bartelt 300 f.; Erman/Grunewald § 479 BGB Rn. 1; Klose 315 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 479 BGB Rn. 5; Reinicke/Tiedtke Rn. 782; Staudinger/Matusche-Beckmann § 479 BGB Rn. 3; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685; Wind 153. 953 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel G. I. 1. sowie die dortigen Nachweise. 950

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

263

rechtlichen Verjährung kommen. Die Ansprüche des Käufers sollen vielmehr nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung beurteilt werden, um so letztlich das Verhalten des Verkäufers zu sanktionieren. Diese Sanktionsfunktion ist auch bei dem Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Letztverkäufer Nacherfüllungsansprüche, ein Rücktrittsbegehren oder den Aufwendungsersatzanspruch nach § 478 Abs. 2 BGB geltend macht. Schließlich resultieren alle Ansprüche aus der Lieferung einer mangelhaften Sache. Und auch inhaltliche Unterschiede lassen sich zwischen den Ansprüchen nicht ausmachen. Der Aufwendungsersatzanspruch ist vielmehr inhaltlich mit dem Schadensersatzanspruch vergleichbar.954 Damit muss die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs auch hinsichtlich des arglistigen Verschweigens des Verkäufers der Verjährung der anderen mangelbedingten Ansprüche gleichgestellt sein. Der § 438 Abs. 3 BGB gilt damit in analoger Anwendung auch für die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB.955

II. Regelung des § 479 Abs. 2 BGB 1. Regelungsgehalt Kernstück der verjährungsrechtlichen Regressregelung ist die Ablaufhemmung956 in § 479 Abs. 2 BGB. Eine solche Ablaufhemmung schiebt die Been___________ 954

Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel C. I. Bartelt 300 f.; Haas, in: Haas u.a., § 5 Rn. 496; Höpker 188 f.; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173 Fn. 24; Oetker/Maultzsch 219; Loose 104 ff.; Schumacher 193 f.; Staudinger/Matusche-Beckmann § 479 BGB Rn. 2; a.A. Bamberger/Roth/Faust § 479 BGB Rn. 3; Erman/Grunewald § 479 BGB Rn. 1; Klose 315 f.; MünchKomm/St. Lorenz § 479 BGB Rn. 5; Reinicke/Tiedtke Rn.782; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685; Wind 153. 956 Durch die Ausgestaltung als Ablaufhemmung unterscheidet sich § 479 Abs. 2 BGB von seinem Vorbild, der österreichischen Regelung des § 933b Abs. 2 ABGB, die eine eigenständige Verjährungsfrist normiert; vgl. Jud, ZfRV 2001, 201, 215 f.; Pick, ZIP 2001, 1173, 1176; H. Roth, in: Koller/Roth/Zimmermann, 83; Schumacher 198; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 732. Diesbezüglich sind eher Parallelen mit der Regelung in Art. 18 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verjährung beim internationalen Warenkauf vom 14. Juni 1974 (abgedruckt in Staudinger/Magnus, Anh. II zum CISG Rn. 31) erkennbar, die ebenfalls eine Ablaufhemmung statuiert. Die Norm lautet: „Ist ein Rechtsverfahren gegen einen Käufer von dessen Abnehmer eingeleitet worden, so wird die in diesem Übereinkommen vorgesehene Verjährungsfrist in bezug auf den Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer unterbrochen, wenn der Käufer den Verkäufer innerhalb dieser Frist schriftlich von der Einleitung des Verfahrens verständigt.“; 955

siehe dazu Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 18 VerjÜbk Rn. 5 f.

264

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

digung der Verjährung um eine bestimmte Zeit oder bis zu einem bestimmten Ereignis auf. Die Frist selbst wird also nicht ausgesetzt wie bei der Hemmung, sondern am Ende verlängert.957

2. Grundsätzliche Anwendungsvoraussetzungen Die Regelung des § 479 Abs. 2 BGB greift nur innerhalb der oben bereits dargestellten Regresskette.958 Erforderlich ist also, dass Regressschuldner und -gläubiger Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sind und der letzte Vertrag der Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB ist. Von der Regelung erfasst werden sowohl die in § 437 BGB genannten und durch § 478 Abs. 1 BGB modifizierten kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche wie auch der in § 478 Abs. 2 BGB geregelte regressrechtliche Kostenerstattungsanspruch.

3. Anwendung der Ablaufhemmung auf bereits verjährte Ansprüche Die Ansprüche des Letztverkäufers gegenüber seinem Lieferanten dürfen noch nicht verjährt sein. Denn eine Ablaufhemmung ist – schon denklogisch – nur möglich, wenn der Anspruch noch nicht verjährt ist, die Verjährungsfrist also noch läuft.959 Ist der Anspruch auf Grund der Verjährungseinrede nicht mehr durchsetzbar, geht sie dagegen ins Leere. Die in § 479 Abs. 2 BGB normierte Ablaufhemmung kann also nicht dazu führen, dass ein bereits verjährter Anspruch wieder durchsetzbar wird und so quasi wiederauflebt.960 Denn das ___________ 957 Larenz/Wolf 312 f.; Schumacher 197. Eine Verkürzung durch die Ablaufhemmung ist nicht möglich; siehe für § 479 Abs. 2 BGB AnwKomm/Büdenbender § 479 BGB Rn 5; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 96; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1174 Fn. 26; Peterl 185. 958 Siehe hierzu im Einzelnen 1. Teil, 2. Kapitel. 959 So auch Bamberger/Roth/Faust § 479 BGB Rn. 6; Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 397; Heß, NJW 2002, 253, 259 Fn. 82; Loose 107 ff.; Reinicke/Tiedtke Rn. 785; Schumacher 197 f.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686. Die Voraussetzung liegt auch den von Westermann/Buck, 177 f., und Larenz/Wolf, 312 f., gebildeten Beispielen zu Grunde. 960 So auch Bamberger/Roth/Faust § 479 BGB Rn. 6 ff.; Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 397; Kelwing 224; Loose 107; Mansel/Budzikiewicz 160; dies., Jura 2003, 1, 10; Raue, JURA 2007, 427, 428 f.; Reinicke/Tiedtke Rn. 785; Schumacher 197 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686. Klose, 317 ff. („vorrangige Verjährungsregel“ von fünf Jahren), und MünchKomm/St. Lorenz § 479 BGB Rn. 11, lehnen die Qualifikation des § 479 Abs. 2 BGB als Ablaufhemmung ab. Vielfach wird auch vertreten, dass § 479 Abs. 2 BGB eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist wieder aufleben lässt; vgl. AnwKomm/Büdenbender § 479 BGB Rn. 3; Bartelt 309; Böhle 177, 181 f.; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 96; Erman/Grunewald § 479 BGB Rn. 2; W. Ernst/Gsell, ZIP

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

265

Wiederaufleben bereits verjährter Ansprüche ist mit dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit nicht vereinbar und bedeutet einen dogmatischen Bruch mit dem gesamten Verjährungsrecht. Es wäre außerdem rechtspolitisch bedenklich, da für den Verkäufer ein Anreiz geschaffen würde, mangelbehaftete Sachen, die er über zwei Jahre auf Lager hat, noch an den Verbraucher abzusetzen, um so seine eigenen Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten wiederaufleben zu lassen.961

4. Beginn der Ablaufhemmung a) Einführung in die Problematik Nach dem Wortlaut der Norm greift die Ablaufhemmung während des Laufs der Verjährungsfrist, wenn der Letztverkäufer gegenüber seinem Lieferanten Ansprüche „wegen des Mangels einer an einen Verbraucher verkauften neu hergestellten Sache“ geltend macht. Die Erfüllung der vom Verbraucher geltend gemachten Gewährleistungsansprüche markiert lediglich den Beginn der zweimonatigen Frist, nach deren Ablauf die Verjährung eintritt.962 Der § 479 Abs. 2 BGB setzt damit nur den Verkauf der Sache an einen Verbraucher voraus. Allerdings ist die Einrede der Verjährung nur denkbar, wenn überhaupt ein Annspruch entstanden ist, welcher der Verjährung unterliegt. Daher kann sich auf eine Ablaufhemmung nur berufen, wem ein Anspruch zusteht. Erforderlich ist daher neben dem Verkauf der Sache vom Letztverkäufer an den Verbraucher auch, dass die vom Letztverkäufer gegen den Lieferanten geltend gemachten Ansprüche entstanden sind. Die Inanspruchnahme des Letztverkäufers durch den Verbraucher und die Erfüllung der von diesem geltend gemachten Gewährleistungsansprüche ist dagegen nur für die Fristberechnung erforderlich, nicht aber als Voraussetzung für die Ablaufhemmung genannt. Diese Normgestaltung ist zwar unschädlich, wenn der Letztverkäufer gegenüber dem Lieferanten den Kostenerstattungsanspruch des § 478 Abs. 2 BGB geltend macht. Denn dieser Anspruch entsteht erst dann, wenn der Letztverkäufer dem Nacherfüllungsbegehren des Verbrauchers nachgekommen ist.963 Die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 BGB greift mithin erst dann, wenn der Letztverkäufer die ___________ 2001, 1389, 1400; Höpker 194; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1174; Schultze-Melling 96 f. („schwebend verjährt“); Staudinger/Matusche-Beckmann § 479 BGB Rn. 5; von Sachsen Gessaphe, FS Sonnenberger 99, 113; Wind 155. 961 W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400; Schumacher 198 f. 962 Harke, ZGS 2004, 14; Heß, NJW 2002, 253, 259; Höpker 198; Kelwing 224; Raue, JURA 2007, 427, 428; Schumacher 199 f.; Witt, in: Schwab/Witt, 1, 38; dies verkennt Bereska, ZGS 2002, 59, 61. 963 Vgl. hierzu 1. Teil, 3. Kapitel C. II. 2. a) und die dortigen Nachweise.

266

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

Gewährleistungsrechte des Verbrauchers erfüllt hat und dadurch in die Regresssituation geraten ist.964 Etwas anderes gilt allerdings für die kaufgewährleistungsrechtlichen Ansprüche aus § 437 BGB. Diese entstehen bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Gefahr der mangelhaften Sache auf den Letztverkäufer übergeht und gegebenenfalls die Frist zur Nacherfüllung, die dem Lieferanten gesetzt wurde, erfolglos abgelaufen ist bzw. Gründe vorliegen, die eine solche Fristsetzung entbehrlich machen. Nicht erforderlich ist, dass der Letztverkäufer die Rechte des Verbrauchers bereits erfüllt hat.965 Er könnte sich also auf § 479 Abs. 2 BGB berufen, ohne sich in einer Regresssituation zu befinden. Stellte er etwa fest, dass der ganze Posten der ihm vom Lieferanten verkauften Waren mangelhaft ist, könnte er hinsichtlich aller von ihm innerhalb von zwei Jahren ab Lieferung vom Lieferanten an einen Verbraucher abgesetzten Sachen seine Gewährleistungsrechte geltend machen und sich auf die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 BGB berufen. Es käme nicht darauf an, dass auch tatsächlich sämtliche Verbraucher den Mangel der Kaufsache geltend machen und den Letztverkäufer dadurch zur Gewährleistung verpflichten.

b) Meinungsstand Um zu verhindern, dass der Letztverkäufer sich auch dann auf § 479 Abs. 2 BGB berufen kann, wenn er die Ansprüche des Verbrauchers noch nicht erfüllt hat, wird im Schrifttum eine einschränkende Auslegung der Norm gefordert.966 Teilweise wird die Norm teleologisch dahingehend reduziert, dass die Ablaufhemmung erst mit Erfüllung der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers967 oder mit Einigung der Parteien über die Prüfung des angeblichen Mangels968 greife. Teilweise wird dem Lieferanten gegen die gewährleistungsrechtlichen Ansprüche des Letztverkäufers so lange eine auf § 242 BGB gestützte Einrede gewährt, wie dieser den Ansprüchen des Verbrauchers noch nicht nachgekommen ist.969 ___________ 964

So wie hier auch Loose 110 f.; Klose 323 f. Bamberger/Roth/Faust § 479 BGB Rn. 10; Böhle 177; Mansel/Budzikiewicz 159; ungenau insofern Peterl 184 f. 966 Böhle 181 ff.; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400; Mansel/Budzikiewicz 160; MünchKomm/St. Lorenz § 479 BGB Rn. 13; Oetker/Maultzsch 220; Schumacher 199 ff.; im Ergebnis auch Magnus, RIW 2002, 577, 583. Wind, 155 f., lässt offen, wie genau die von ihr geforderte Einschränkung des § 479 Abs. 2 BGB erfolgen soll. 967 Böhle 181 ff.; W. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400; Nguyen 188 f. 968 Kelwing 224 f. 969 Höpker 200 f.; Mansel/Budzikiewicz 160; MünchKomm/St. Lorenz § 479 BGB Rn. 13; Schumacher 201. 965

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

267

c) Stellungnahme aa) Notwendigkeit einer Einschränkung des Anwendungsbereichs Die verjährungsrechtliche Regelung des § 479 BGB steht in systematischem Zusammenhang zu den Regressregelungen in § 478 BGB. Ausweislich der Gesetzesbegründung stellt die Norm „eine notwendige Ergänzung zu den Rückgriffsansprüchen aus § 478 RE“ dar.970 Sie muss also an die gleichen Voraussetzungen geknüpft werden, wie die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB oder der Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 BGB. Diese erfordern jeweils, dass der Letztverkäufer vom Verbraucher in Anspruch genommen und damit in die Regresssituation gekommen ist.971 Diese Voraussetzungen müssen daher auch für die Anwendung des § 479 BGB vorliegen. Nur diese systematische Auslegung ist mit dem Sinn des § 479 BGB vereinbar. Der Letztverkäufer soll sich nämlich nur dann auf die verjährungsrechtliche Erleichterung berufen können, wenn er seinerseits den Gewährleistungsansprüchen des Verbrauchers ausgesetzt ist und diese erfüllt hat. Schließlich dienen die Regressnormen dazu, die durch den verbesserten Verbraucherschutz beim Letztverkäufer anfallenden Nachteile auf das Glied der Lieferkette weiterzuleiten, das den Mangel verursacht hat.972 Aus diesem Grund wird auch die Ablaufhemmung in § 479 Abs. 2 BGB gewährt. Hat der Letztverkäufer aber gar keine Nachteile zu tragen, weil er vom Verbraucher nicht in Anspruch genommen worden ist, kann er auch keine – durch den verbesserten Verbraucherschutz entstandenen – Nachteile auf den Lieferanten abwälzen. Für die Anwendung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB ist aus teleologischer Sicht kein Raum.973 Der § 479 Abs. 2 BGB muss daher dahingehend eingeschränkt werden, dass er auch in den Fällen, in denen Ansprüche aus § 437 BGB geltend gemacht werden, nur dann Anwendung findet, wenn für den Letztverkäufer eine Regresssituation besteht.

___________ 970 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 250. 971 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. II. und C. II. 2. a). 972 Vgl. 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 973 So auch Bartelt 312 f.; Mansel/Budzikiewicz 160 f.; siehe auch Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685 f.

268

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

bb) Teleologische Reduktion des § 479 Abs. 2 BGB (1) Anknüpfung der Ablaufhemmung an die Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs kann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion dergestalt erreicht werden, dass die Ablaufhemmung erst mit Erfüllung der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers greift. Denn diese Ansicht führt – wenn man den nachträglichen Wegfall der Verjährungseinrede bei bereits verjährten Ansprüche ablehnt974 – zu einer nicht hinnehmbaren Verkürzung der Verjährungsfrist und vergrößert letztlich die verjährungsrechtliche Regressfalle, die durch die Einführung der Regressnormen gerade verhindert werden sollte.975 Die Ablaufhemmung würde nämlich nur dann greifen, wenn der Letztverkäufer innerhalb der geltenden, grundsätzlich zweijährigen976 Verjährungsfrist die Sache an den Verbraucher abgesetzt und darüber hinaus die von diesem geltend gemachten Gewährleistungsrechte erfüllt hat. Dies wird ihm in einer Vielzahl der Fälle nicht möglich sein, denn auch dem Verbraucher steht eine Verjährungsfrist von zwei Jahren zu. Verkauft der Letztverkäufer die Sache etwa ein Jahr nach Lieferung durch den Lieferanten an den Verbraucher weiter und macht dieser erst nach anderthalb Jahren seine Gewährleistungsrechte geltend, wäre es dem Letztverkäufer überhaupt nicht möglich, innerhalb der Verjährungsfrist die Ansprüche des Verbrauchers zu erfüllen. Seine Ansprüche gegenüber dem Lieferanten wären bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Ablaufhemmung bereits verjährt. Die Ablaufhemmung könnte nicht greifen und er bliebe auf den Gewährleistungskosten sitzen. Dies ist mit dem Sinn und Zweck des § 479 BGB wie auch mit den im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung zu berücksichtigenden Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht zu vereinbaren. Die Einschränkung des Anwendungsbereichs muss daher auf anderem Wege erfolgen.

(2) Einschränkende Auslegung der Gewährleistungsansprüche als modifizierte Gewährleistungsansprüche Für die einschränkende Auslegung ist vielmehr von folgender Überlegung auszugehen: Im Kaufrecht stellt der Gesetzgeber für den Beginn der Verjährung nicht auf den Zeitpunkt ab, in dem der Anspruch als solcher entsteht, son___________ 974

Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel G. II. 3. So auch Schumacher 200 f. 976 Vgl. aber auch die Ausnahmen nach § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB und § 438 Abs. 3 BGB, die jeweils im Rahmen einer analogen Anwendung zu berücksichtigen sind; vgl. hierzu 1. Teil, 3. Kapitel G. I. 2., 3. 975

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

269

dern auf die „Ablieferung der Sache“. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Verjährungsfrist, und zwar auch dann, wenn noch nicht alle Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs vorliegen (etwa weil die Frist zur Nacherfüllung noch nicht abgelaufen ist). Verjährungsbeginn und Anspruchsentstehung müssen demnach nicht zwingend zusammenfallen. Damit kann auch die Ablaufhemmung – bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen – schon zu einem Zeitpunkt eintreten, in dem der Anspruch noch nicht entstanden ist. Da aber die Einrede der Verjährung nur gegen einen tatsächlich entstandenen Anspruch möglich ist, kommt auch die Geltendmachung einer Ablaufhemmung nur in Betracht, wenn überhaupt ein Anspruch besteht, der verjähren kann. Der § 479 Abs. 2 S. 1 BGB setzt den Verkauf an einen Verbraucher innerhalb der Verjährungsfrist voraus. Die Ablaufhemmung kann daher unabhängig davon, ob die Ansprüche des Letztverkäufers schon entstanden sind, und unabhängig davon, ob dieser die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat, bereits dann greifen, wenn der Letztverkäufer die Sache an den Verbraucher verkauft. Berufen kann er sich hierauf aber erst, wenn ihm überhaupt ein Anspruch zusteht. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 478 Abs. 2 BGB ist in seiner Verjährung schon ab Verkauf der Sache an den Verbraucher gehemmt, auf die Ablaufhemmung berufen kann sich der Letztverkäufer aber erst, wenn die Voraussetzungen des § 478 Abs. 2 BGB vorliegen, er mithin die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat und in die Regresssituation gekommen ist. Die kaufgewährleistungsrechtlichen Ansprüche des Letztverkäufers gegen den Lieferanten nach § 437 BGB entstehen zwar bereits mit Gefahrübergang der Kaufsache (und eventuell Ablauf einer Nacherfüllungsfrist bzw. Vorliegen von Gründen, die eine solche Fristsetzung entbehrlich machen). Sie werden aber erst dann durch § 478 Abs. 1 BGB modifiziert, wenn der Letztverkäufer die Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verbraucher erfüllt hat. Stellt man für die Anwendung der Ablaufhemmung auf die durch § 478 Abs. 1 BGB modifizierten Ansprüche aus § 437 BGB ab, so beginnt die Verjährung zwar mit Ablieferung der Sache an den Letztverkäufer.977 Berufen könnte er sich auf § 479 Abs. 2 BGB aber erst dann, wenn die Ansprüche durch die Regressvorschrift modifiziert wurden, wenn er also die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat.978 Unter den in § 479 Abs. 2 BGB genannten Ansprüchen aus § 437 BGB sind mithin nicht die regulären Gewährleistungsrechte des Letztverkäufers zu verstehen, sondern die durch § 478 Abs. 1 BGB modifizierten Ansprüche. Die ___________ 977

Das Fristerfordernis entfällt nach § 478 Abs. 1 BGB; vgl. 1. Teil, 3. Kapitel B. Ähnlich wie hier, wenn auch mit anderer Begründung, Kelwing, 246 ff. Ihrer Ansicht nach soll die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt laufen, in dem der Letztverkäufer durch den Verbraucher in Anspruch genommen worden ist und damit Kenntnis von den anspruchsbegründenden Voraussetzungen erlangt hat. 978

270

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

entsprechende Passage der Norm ist zu lesen als „die in §§ 437, 478 Abs. 1 BGB genannten Ansprüche.“ 979 Für diese Auslegung spricht zum einen, dass die Norm überschrieben ist mit „Verjährung der Regressansprüche“. Zwar existieren neben § 478 Abs. 2 BGB keine weiteren Regressansprüche. Doch ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber hiermit die allgemeinen, im Regressfall durch § 478 Abs. 1 BGB modifizierten Gewährleistungsrechte in Bezug nehmen wollte. Schließlich sind diese modifizierten Ansprüche nur bei einem Rückgriff denkbar und damit letztlich regressrechtliche Ansprüche. Zum anderen macht es nur dann Sinn, dem Letztverkäufer die Verjährungshemmung zu gewähren, wenn er sich auch auf die anderen Modifikationen des § 478 Abs. 1 BGB berufen kann. Denn nur so wird der Letztverkäufer vollumfänglich vor den Regressfallen geschützt und damit der Zweck der Normen verwirklicht. Da sich diese einschränkende Auslegung direkt aus dem § 479 Abs. 2 BGB ergibt, muss dem Lieferanten keine auf § 242 BGB gestützte Einrede für den Fall gewährt werden, dass der Letztverkäufer sich auf § 479 Abs. 2 BGB beruft, ohne die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt zu haben.

d) Ergebnis Der § 479 Abs. 2 BGB ist dahingehend auszulegen, dass die Ablaufhemmung zu dem Zeitpunkt einsetzt, in dem der Letztverkäufer an den Verbraucher verkauft, also alle Voraussetzungen dafür vorliegen, dass der Letztverkäufer in eine Regressfalle geraten kann. Berufen kann er sich auf die Ablaufhemmung aber erst, wenn sein Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB tatsächlich entstanden ist oder die allgemeinen Gewährleistungsansprüche durch § 478 Abs. 1 BGB modifiziert sind. In beiden Fällen ist erforderlich, dass der Letztverkäufer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat.

___________ 979 So auch im neueren Schrifttum Klose 323 ff.; Loose, 110 f., der für die Ansprüche aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB davon ausgeht, dass der Letztverkäufer die Voraussetzungen eines Regresses seinem Lieferanten gegenüber im Regelfall erst dann geltend machen kann, wenn er vom Verbraucher über den Mangel in Kenntnis gesetzt wurde. Ansonsten enthalte § 479 Abs. 2 BGB eine „immanente Schranke“, wonach die Ablaufhemmung erlösche, wenn der Letztverkäufer nicht mehr durch den Verbraucher in Anspruch genommen werden könne.

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

271

5. Anwendung auf Fälle, in denen der Letztverkäufer bereits verjährte Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat Da sich der Letztverkäufer nur dann auf § 479 Abs. 2 BGB berufen kann, wenn ihm ein Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB oder die Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB zustehen, scheidet die Ablaufhemmung aus, wenn der Letztverkäufer die Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers aus Kulanz trotz bestehender Verjährungseinrede erfüllt.980 Denn in diesen Fällen sind die Ansprüche aus § 478 Abs. 2 BGB bzw. §§ 437, 478 Abs. 1 BGB nicht gegeben.981 Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung: Der Letztverkäufer, der nicht zur Gewährleistung verpflichtet ist und sie lediglich aus Kulanz vornimmt, soll den dadurch erlittenen Schaden nicht auf seinen Vordermann abwälzen können. Ähnliches gilt für die Fälle, in denen der Letztverkäufer durch eigenes Verhalten die Verjährungsfrist gegenüber dem Verbraucher verlängert, etwa durch die zulässige Vereinbarung einer Fristverlängerung oder dadurch, dass er dem Verbraucher den Mangel arglistig verschweigt und dadurch die dreijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 3 BGB greift.982 Zwar ist der Letztverkäufer hier zur Erfüllung der Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers auch nach Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist verpflichtet. Nach Ablauf dieser Frist wären die Ansprüche aber ohne sein Verhalten verjährt. Ab diesem Zeitpunkt kann er daher keinen Regress mehr bei seinem Lieferanten nehmen, da die Inanspruchnahme ausschließlich durch sein fristverlängerndes Verhalten noch möglich ist und dies sich gegenüber dem Regressschuldner nicht nachteilig auswirken soll.

6. Höchstfrist Zum Schutz des Regressschuldners983 hat der Gesetzgeber die Ablaufhemmung auf die Dauer von höchstens fünf Jahren ab Ablieferung der Sache des Regressschuldners an den Regressgläubiger beschränkt.984 Die Verjährung tritt ___________ 980 Bereska, ZGS 2002, 59, 61; Böhle 183 f.; Klose 325 ff.; Mansel, NJW 2002, 89, 95; Mansel/Budzikiewicz 161; MünchKomm/St. Lorenz § 479 BGB Rn. 14; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 479 BGB Rn. 3; Witt, in: Schwab/Witt, 38 f.; anders Harke, ZGS 2004, 14. 981 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. a) und C. II. 2. a). 982 Bamberger/Roth/Faust § 479 BGB Rn. 12; Klose 327. Dies gilt auch, wenn der Letztverkäufer dem Verbraucher im Rahmen der Garantie eine längere Verjährung einräumt; Fritzsche, Fall 27 Rn. 47; Köhler/Fritzsche, Fall 14 Rn. 25 f. 983 Bamberger/Roth/Faust § 479 BGB Rn. 9; Brox/Walker 110; Hassemer 134; Kropholler § 479 BGB Rn. 1; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1174. 984 Kritisch hierzu Bartelt 319 f.

272

1. Teil, 3. Kap.: Der Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB

damit selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen der Ablaufhemmung fünf Jahre nach Ablieferung an den Regressgläubiger ein. Eine Hemmung aus anderen Gründen ist allerdings auch nach Ablauf der Höchstfrist weiterhin möglich,985 sofern ein Hemmtatbestand im Verhältnis von Regressschuldner und Regressgläubiger vorliegt.986 Im Rahmen der hier vertretenen Auslegung verbleibt der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB nur ein schmaler Anwendungsbereich. Da der Letztverkäufer die Sache innerhalb von zwei Jahren an den Verbraucher absetzen muss und diesem wiederum eine zweijährige Verjährungsfrist zusteht, stehen dem Letztverkäufer in der Regel höchstens vier Jahre lang die regressrechtlichen Ansprüche zu. Die Höchstfrist von fünf Jahren könnte gar nicht erreicht werden. Der Regelung bezüglich der Höchstfrist kommt im Verhältnis von Letztverkäufer und Lieferant daher nur dann Bedeutung zu, wenn sich die Frist in diesem Verhältnis ohne Verschulden des Letztverkäufers verlängert, etwa weil die Vertragsparteien in Verhandlungen über anspruchsbegründende Umstände eingetreten sind und die Verjährung gemäß § 203 BGB gehemmt wird. Allerdings kommt der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB in der vorgeschalteten Regresskette Bedeutung zu, etwa im Verhältnis des Lieferanten zu seinem Verkäufer oder im Verhältnis dieses Verkäufers zum Hersteller. Denn hier kommt eine Ablaufhemmung auch über einen längeren Zeitraum in Betracht, da jeder Verkauf innerhalb der Kette einer zweijährigen Verjährung unterliegt. Vertreibt der Hersteller die Kaufsache also über einen Lieferanten und den Letztverkäufer an den Verbraucher, würde er ohne die Regelung des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB bis zu sechs Jahre für die Mangelhaftigkeit der Sache haften. Die Vorschrift kappt hier die Haftung des Regressschuldners.

III. Zusammenfassung Der § 479 Abs. 1 BGB regelt die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB. Die dort festgesetzte zweijährige Verjährung wird in analoger Anwendung des § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB in den Fällen auf fünf Jahre verlängert, in denen es sich bei der Kaufsache um eine solche handelt, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat. Hat der Lieferant den Mangel arglistig verschwiegen, verjährt der Anspruch aus § 478 ___________ 985 Höpker 207 f.; Jud, ZfRV 2001, 201, 215; Mansel, NJW 2002, 89, 95; Mansel/ Budzikiewicz 159; dies., Jura 2003, 1, 10 f.; Schumacher 197; Staudinger/MatuscheBeckmann § 479 BGB Rn. 20. 986 Der Letztverkäufer, der einen langen Rechtsstreit mit dem Verbraucher führt, muss dem Lieferanten daher den Streit verkünden, um die Hemmwirkung des § 204 Nr. 6 BGB auch im Verhältnis zu diesem zu erreichen; siehe Bereska, ZGS 2002, 59, 61.

G. Die Regelung der Verjährung in § 479 BGB

273

Abs. 2 BGB nach § 438 Abs. 3 BGB analog nach den Vorschriften über die regelmäßige Verjährung. Der § 479 Abs. 2 BGB statuiert eine Ablaufhemmung, wonach die Verjährung der sich aus den §§ 437, 478 Abs. 1 BGB und § 478 Abs. 2 BGB ergebenden Ansprüche des Letztverkäufers für die Dauer von fünf Jahren frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem dieser die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. Der Ablauf der Verjährung ist dabei ab dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Letztverkäufer die Sache an den Verbraucher abgesetzt hat. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Ansprüche des Letztverkäufers gegenüber dem Lieferanten zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren. Er muss die Sache also innerhalb der Verjährungsfrist an den Verbraucher abgesetzt haben. Berufen kann sich der Letztverkäufer zudem erst dann auf die Regelung, wenn die Voraussetzungen des § 478 Abs. 2 BGB bzw. der Modifikation des § 478 Abs. 1 BGB vorliegen, er also die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat.

m Regress

2. Teil

Übergangsprobleme beim Regress nach §§ 478, 479 BGB Die in den §§ 478, 479 BGB normierten Regressregelungen sind durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden. Wie bei jeder Gesetzesänderung ist zu klären, auf welche Sachverhalte die neuen Vorschriften anzuwenden sind. A. Allgemeine Überleitungsvorschriften

A. Die allgemeinen Überleitungsvorschriften des Art. 229 §§ 5 bis 7 EGBGB Diese Frage wird in der Regel – mangels allgemeiner kodifizierter Überleitungsvorschriften1 – im Rahmen der jeweiligen Reform mitgeregelt. Geschieht dies nicht, kann auf allgemeine ungeschriebene Regelungen zum Übergangsrecht zurückgegriffen werden.2

I. Überleitung von Schuldverträgen nach der Grundregel des Art. 229 § 5 EGBGB Die Überleitung von Schuldverhältnissen in das durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz reformierte Recht richtet sich grundsätzlich nach der Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 5 EGBGB. Nach dessen Satz 1 sind „auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, […] das Bürgerliche Gesetzbuch, das AGB-Gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Verbraucherkreditgesetz, das Fernabsatzgesetz, das Fernunterrichtsschutzgesetz, das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, das Teilzeit-Wohnrechtegesetz, die Verordnung über Kundeninformationspflichten, die Verordnung über

___________ 1

Heß 131; ders., NJW 2002, 253, 254. So beurteilen sich Schuldverhältnisse nach einem allgemeinen Grundsatz etwa nach dem Recht, das zum Zeitpunkt ihrer Entstehung gilt bzw. gegolten hat; vgl. Avenarius, NJ 1993, 63; Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 331 f.; Palandt (64. Aufl.)/Heinrichs Art. 170 EGBGB Rn. 4; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 1; siehe auch Heß 143 f. 2

A. Allgemeine Überleitungsvorschriften

275

Informationspflichten von Reiseveranstaltern und die Verordnung betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden.“

Verträge, die vor dem Stichtag des 1. Januar 2002 geschlossen wurden, beurteilen sich also auch nach diesem Datum nach dem alten Recht. Auf Verträge, die nach diesem Zeitpunkt geschlossen wurden und werden, findet dagegen das neue Recht Anwendung. Dies gilt sowohl für die Entstehung als auch für die Durchführung und Beendigung des Vertrages.3

1. Maßgebliches Kriterium der intertemporalen Anknüpfung Maßgebliches Kriterium für die intertemporale Anknüpfung vertraglicher Ansprüche ist der Vertragsschluss, also der Zeitpunkt, in dem die Annahmeerklärung wirksam wird.4 Andere zeitlich vorausgehende oder nachfolgende Ereignisse haben keine Auswirkungen auf die intertemporale Einordnung des Schuldverhältnisses. Ein vor dem Stichtag geschlossener Vorvertrag5 oder ein vor diesem Zeitpunkt abgegebenes, aber erst danach angenommenes Angebot6 stellen ebenso wenig einen intertemporalen Anknüpfungspunkt dar wie die dem Vertragsschluss nachfolgende Lieferung bzw. Leistung7 oder der Bedingungseintritt.8

___________ 3 Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 10; Heß 144; ders., NJW 2002, 253, 255; Knoche, DB 2002, 1699; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 29. 4 Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 7; Ehmann/Sutschet 315; Heß, NJW 2002, 253, 255; Ott, MDR 2002, 1, 3 f.; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 10; Ziegler/ Rieder, ZIP 2001, 1789, 1793; für Art. 232 § 1 EGBGB ebenso Palandt (64. Aufl.)/ Heinrichs Art. 232 § 1 EGBGB Rn. 6; siehe auch Heß 148. 5 Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 12; F. von Westphalen/Meier-Göring 76. 6 Brambring, DNotZ 2001, 590; Dauner-Lieb u.a./Büdenbender § 8 Rn. 13, Mansel § 14 Rn. 7; Ott, MDR 2002, 1, 3 f.; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 10; F. von Westphalen/Meier-Göring 76 f. In diesen Fällen wird aber teilweise von einer konkludenten Rechtswahl dahingehend ausgegangen, dass auf den Vertrag das alte Recht Anwendung finden solle; vgl. Heß, NJW 2002, 253, 255; zu früheren Gesetzesänderungen (Art. 232 § 1 EGBGB) Oetker, NJ 1993, 257 f.; siehe aber auch Avenarius, NJ 1993, 63. 7 Ehmann/Sutschet 315; Westermann/Westermann 11; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1793; so aber wohl Witt, in: Schwab/Witt, 45. 8 Brambring, DNotZ 2001, 590; Hertel, DNotZ 2001, 742, 744; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 13; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1793; für Art. 232 § 1 EGBGB ebenso Oetker, NJ 1993, 257, 258; Palandt (64. Aufl.)/Heinrichs Art. 232 § 1 EGBGB Rn. 6; anders Ott, MDR 2002, 1, 4.

276

2. Teil: Übergangsprobleme beim Regress

2. Besonderheiten bei Dauerschuldverhältnissen Für Dauerschuldverhältnisse gilt nach Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB eine Übergangsfrist von einem Jahr ab dem Stichtag des 1. Januar 2002. Das heißt: Dauerschuldverhältnisse im Sinne dieser Vorschrift wurden – sofern sie nicht schon vorher vertraglich dem neuen Recht unterstellt worden sind – bis zum 31. Dezember 2002 nach altem Recht behandelt. Ab dem 1. Januar 2003 unterliegen sie dann ausschließlich dem neuen Recht, und zwar selbst dann, wenn sie vor dem Stichtag des 1. Januar 2002 geschlossen worden sind.9 Diese Regelung gewinnt für eine Vielzahl kaufrechtlicher Verträge gerade im Rahmen dauerhafter Lieferbeziehungen Bedeutung, da die Definition des Dauerschuldverhältnisses im Sinne des Art. 229 § 5 S. 2 BGB weiter ist als im materiellen Recht (etwa in §§ 308 Nr. 3, 309 Nr. 1, Nr. 9, 313, 314 BGB).10 Während dort nämlich zusätzlich zu dem zeitlichen Element erforderlich ist, dass während der Laufzeit des Vertrages ständig neue beiderseitige Leistungs-, Neben- und Schutzpflichten entstehen,11 kommt es für den Begriff im intertemporalen Recht nur auf die Laufzeit des Vertrages an.12 Es werden daher auch Rahmenkaufverträge und Ratenlieferungsverträge erfasst, bei denen die Lieferung von Anfang an bestimmt ist und die Leistungspflichten nicht ständig neu begründet werden (etwa ein Zeitungsabo). Diese weite Auslegung ist erforderlich, da die Verträge andernfalls, wenn sie vor dem Stichtag geschlossen worden sind, bis zum Ende ihrer Laufzeit nach altem Recht zu beurteilen wären.13 Dies wäre mit dem Sinn und Zweck der Überleitungsvorschriften, einen zügigen Übergang von dem altem auf das neue Recht zu gewährleisten und so ein Nebeneinander von altem und neuem Recht zu verhindern,14 nicht vereinbar.

___________ 9 Strittig ist in diesem Zusammenhang, ob auch die Einzellieferungen bis 2003 dem neuen Recht unterfallen; bejahend Kirsch, NJW 2002, 2520, 2523; verneinend Westermann/Westermann 11 f. 10 Heß, NJW 2002, 253, 256; Kirsch, NJW 2002, 2520, 2523; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 35; anders Ott, MDR 2002, 1, 3; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1793. 11 Erman/Hohloch § 314 BGB Rn. 12; Hk-BGB/Schulze § 313 BGB Rn. 21, § 314 BGB Rn. 3; Palandt/Grüneberg § 314 BGB Rn. 2; weiter E. Flohr, in: Flohr/Klapperich, 3 ff. 12 Heß, NJW 2002, 253, 256; Kirsch, NJW 2002, 2520, 2523; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 35; a.A. Ott, MDR 2002, 1, 3; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1793. 13 Kirsch, NJW 2002, 2520, 2522. 14 Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 2; Heß, NJW 2002, 253, 254; Kirsch, NJW 2002, 2520, 2522.

A. Allgemeine Überleitungsvorschriften

277

3. Möglichkeiten einer intertemporalen Rechtswahl Abweichend von den genannten objektiven intertemporalen Anknüpfungsmomenten ist es den Parteien grundsätzlich möglich, das in intertemporaler Hinsicht anwendbare Recht zu wählen. Eine solche Rechtswahl ist uneingeschränkt zulässig, wenn die Parteien für vor dem Stichtag geschlossene Verträge die Geltung des neuen Rechts bestimmen.15 Die Vereinbarung, dass sich die nach dem Stichtag geschlossenen Verträge nach dem alten Recht beurteilen, ist dagegen nur insoweit zulässig, als dadurch nicht die zwingenden Vorschriften des neuen Rechts abbedungen werden.16 Diese sind in intertemporaler Hinsicht rechtswahlfest. Von den hier maßgeblichen §§ 478, 479 BGB, die zumindest faktisch zwingendes Recht sind,17 kann demnach auch im Rahmen einer intertemporalen Rechtswahl nur bei Gewährung eines angemessenen gleichwertigen Ausgleichs abgewichen werden.

II. Überleitung des Verjährungsrechts nach Art. 229 § 6 EGBGB Die Verjährung wird eigenständig nach Art. 229 § 6 EGBGB übergeleitet. Nach dessen Absatz 1 finden die Verjährungsvorschriften des neuen Rechts „auf die an diesem Tag [1. Januar 2002] bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung.“ Allerdings beurteilen sich die vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Ereignisse, wie der Beginn der Verjährung oder der Eintritt einer Hemmung bzw. Ablaufhemmung, und die auf einen solchen Zeitpunkt zurückwirkende Unterbrechung weiterhin nach dem alten Recht. Eine nach altem Recht bestehende Unterbrechung wird dabei nach Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB ab dem Stichtag durch die Hemmung substituiert.18 Hinsichtlich der Länge der Verjährungsfrist gelten die Absätze 3 und 4 des Art. 229 § 6 EGBGB. Es ist festzustellen, wann der Anspruch nach altem und wann nach neuem Recht verjährt. Dabei sind nicht nur die normalen Verjährungsfristen – mit dem in Regressfällen nicht relevanten subjektiven Fristbeginn –, sondern auch die Höchstfristen zu berücksichtigen.19 Ist die Frist nach ___________ 15 Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 4, 13; Heß, NJW 2002, 253, 258; Höpker 353; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 47. 16 Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 5; Heß, NJW 2002, 253, 255 f.; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 48 f.; F. von Westphalen/Meier-Göring 73 f.; Westermann/Westermann, 11; siehe auch Brambring, DNotZ 2001, 590; Hümmerich/Holthausen, NZA 2002, 173, 181; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1793; für Art. 232 § 1 EGBGB wohl weiter Oetker, NJ 1993, 257, 258. 17 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel E. I. 1. 18 Heß, NJW 2002, 253, 257; siehe auch Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 396. 19 Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 28 ff.; Witt, in: Schwab/Witt, 46 ff.

278

2. Teil: Übergangsprobleme beim Regress

altem Recht kürzer, findet dieses Recht hinsichtlich der Länge der Verjährungsfrist Anwendung. Ist die Frist dagegen nach neuem Recht kürzer, greift das neue Recht, es sei denn, die Verjährung tritt danach später ein, weil die Verjährungsfrist erst ab dem 1. Januar 2002 zu berechnen ist. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass für bestehende und noch nicht verjährte Ansprüche hinsichtlich der Länge der Frist grundsätzlich das Recht gilt, nach dem die Verjährung früher eintritt.20

B. Die Überleitung der Regressregelungen I. Einführung in die Problematik Diese Überleitungsvorschriften gelten grundsätzlich auch für die Überleitung der Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB. Das bereitet dann keine Probleme, wenn alle Verträge der Regresskette, einschließlich des Verbrauchsgüterkaufs, vor dem Stichtag geschlossen wurden. Denn dann werden alle Vertragsverhältnisse nach altem Recht behandelt. Da der Letztverkäufer nicht nach den verschärften Verbraucherschutzregelungen haftet, bedarf er der §§ 478, 479 BGB nicht. Diese Normen sollen nur die durch die neue Rechtslage erhöhten Haftungsgefahren ausgleichen. Ebenso unproblematisch ist es, wenn alle Verträge erst nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden bzw. werden oder wenn sie zwar vor dem Stichtag geschlossen wurden, es sich aber ausschließlich um Rahmen- oder Ratenlieferungsverträge handelt. Denn dann unterliegen sämtliche Verträge der Lieferkette – zumindest ab dem 1. Januar 200321 – dem neuen Recht. Probleme ergeben sich bei der Überleitung der Regressvorschriften dann, wenn der Verbrauchsgüterkaufvertrag nach dem 1. Januar 2002 wirksam geworden ist, sich also nach neuem Recht beurteilt, während das für den Regress maßgebliche Vertragsverhältnis zwischen Regressgläubiger und -schuldner bereits vor diesem Datum wirksam geworden ist und daher dem alten Recht unterfällt. Wurde etwa der Verbrauchsgüterkaufvertrag nach dem Stichtag geschlossen, die restlichen Verträge der Lieferkette dagegen schon vor diesem Datum, dann findet nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB auf den Verbrauchsgüterkauf neues, auf die anderen Verträge der Regresskette dagegen altes Recht Anwendung. Dadurch haftet der Letztverkäufer dem ___________ 20

Siehe auch Dauner-Lieb u.a./Mansel § 14 Rn. 28; St. Lorenz/Riehm Rn. 673 ff.; Witt, in: Schwab/Witt, 44 ff.; ungenau insofern Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1798, die auf die jeweils kürzere Frist abstellen. 21 Ab diesem Zeitpunkt werden Dauerschuldverhältnisse, die nach altem Recht geschlossen wurden, dem neuen Recht unterstellt; vgl. in diesem Teil A. I. 2.

B. Die Überleitung der Regressregelungen

279

Verbraucher nach den verschärften Gewährleistungsregeln des neuen Rechts. Seinerseits kann er aber den Lieferanten nur auf Grund der Regelungen des alten Gewährleistungsrechts in Anspruch nehmen und sich grundsätzlich nicht auf die (neuen) §§ 478, 479 BGB berufen. Es kommt zu einem „intertemporalen Auseinanderfallen der relevanten Vertragsbeziehungen“,22 wodurch dem Letztverkäufer der Rückgriff gegenüber seinem Lieferanten erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird, da ihm die durch das Zusammenspiel von altem und neuen Schuldrecht verschärften Regressfallen drohen.23

II. Meinungsstand Im Schrifttum wird versucht, die Regressfallen, die durch das Nebeneinander von altem und neuen Recht entstehen, zu verhindern, indem nicht nur der – nach dem Stichtag geschlossene – Verbrauchsgüterkauf, sondern auch sämtliche – vor diesem Datum geschlossenen – Verträge der Regresskette hinsichtlich des Rückgriffs dem neuen Recht unterstellt werden.24 Der Regress sei akzessorisch an den Verbrauchsgüterkauf anzuknüpfen, da er nicht Bestandteil des zwischen dem Letztverkäufer und Lieferanten geschlossenen Vertrages sei, sondern vielmehr „Annex des zwischen Letztverkäufer und Verbraucher geschlossenen Kaufvertrages.“ Dort finde die Regelung ihren rechtlichen Grund.25 Für das in Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB benannte „Schuldverhältnis“ als intertemporalen Anknüpfungspunkt komme es daher maßgeblich auf den Verbrauchsgüterkauf an. Der Abschluss des Vertrages zwischen den Unternehmern, also zwischen Regressschuldner und -gläubiger, sei dagegen irrelevant. Schließlich erfordere die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, dass die Mitgliedstaaten dem Letztverkäufer ab dem 1. Januar 2002 einen effektiven Regress gewährten.26 Nach anderer Ansicht ist eine intertemporale Anknüpfung der Regressregelungen an den Verbrauchsgüterkauf nicht möglich.27 Die Rückgriffsmöglichkeit ___________ 22

Knoche, DB 2002, 1699. Vgl. hierzu 1. Teil, 1. Kapitel B. II. 2. b). 24 Knoche, DB 2002, 1699, 1700 f.; Nguyen 99 ff.; im Ergebnis auch F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 36, der in seinen Nachweisen allerdings die Vertreter der Gegenansicht zitiert. 25 Knoche, DB 2002, 1699, 1701. 26 Knoche, DB 2002, 1699, 1700 f.; so auch Pfeiffer, ZGS 2002, 17, der im Ergebnis allerdings der Gegenansicht folgt. 27 Bartelt 332 f.; Bereska, ZGS 2002, 59, 62; Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 397 f.; Heß, NJW 2002, 253, 259 f.; 348 ff.; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 12; Palandt/Heinrichs Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 6; Pfeiffer, ZGS 2002, 17; Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 31, Peters Art. 229 § 6 EGBGB Rn.10, 18, MatuscheBeckmann § 479 BGB Rn. 24 ff.; F. von Westphalen/Meier-Göring 60; Westermann/ 23

280

2. Teil: Übergangsprobleme beim Regress

des Letztverkäufers stelle vielmehr einen Bestandteil des gewährleistungsrechtlichen Systems dar und richte sich dementsprechend grundsätzlich nach dem Recht, das auf das zu Grunde liegende Vertragsverhältnis, hier also den Vertrag zwischen dem Letztverkäufer und seinem Lieferanten, Anwendung finde.28 Allerdings wird auch im Rahmen dieser Auffassung die Anwendung einzelner Regelungen der §§ 478, 479 BGB auf vor dem Stichtag geschlossene Verträge für möglich erachtet. So wird etwa vertreten, dass der § 478 Abs. 2 BGB als gesetzlicher Aufwendungsersatzanspruch bei Vorliegen seiner Voraussetzungen ab dem 1. Januar 2002 unabhängig davon eingreife, welchem Recht der Vertrag zwischen Letztverkäufer und Lieferant unterstehe.29 Der Letztverkäufer könne sich daher auch dann auf § 478 Abs. 2 BGB berufen, wenn der Vertrag mit dem Lieferanten vor dem Stichtag geschlossen worden sei, der Aufwendungsersatzanspruch aber erst nach diesem Datum entstanden sei. Andere gehen davon aus, dass die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 BGB auch auf ein grundsätzlich dem alten Recht unterliegendes Vertragsverhältnis Anwendung findet.30 Die in § 479 Abs. 2 BGB genannten Ansprüche aus §§ 437, 478 Abs. 1 BGB und § 478 Abs. 2 BGB seien insoweit durch die alten Gewährleistungsrechte substituierbar, da sie funktionsäquivalent seien.31 Innerhalb dieser Ansicht ist allerdings umstritten, ob sich die Ablaufhemmung nur auf solche Ansprüche bezieht, die am Stichtag, also am 1. Januar 2002, noch nicht verjährt waren,32 oder ob die Anwendung des § 479 Abs. 2 BGB – in analoger Anwendung des Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB33 – auch dann möglich ist, wenn die Regressforderung nach altem Recht bereits verjährt ist.34 ___________ Pfeiffer 249 f.; Wind 317 f.; Witt, in: Schwab/Witt, 39; im Ergebnis auch SchultzeMelling 77 f., 82 f. 28 Bartelt 332 f.; Bereska, ZGS 2002, 59, 62; Heß, NJW 2002, 253, 259 f.; F. von Westphalen/Meier-Göring 60. 29 Bereska, ZGS 2002, 59, 62; Nguyen 101 (die die akzessorische Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkauf vertritt); Schultze-Melling 82 f.; F. von Westphalen, in: Henssler/ von Westphalen, § 478 BGB Rn. 36; dagegen Höpker 349; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 12. 30 Bartelt 336 f.; Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 397 f.; Heß, NJW 2002, 253, 259 f.; Nguyen 101 f. (die die akzessorische Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkauf vertritt); Pfeiffer, ZGS 2002, 17; Schultze-Melling 77; Staudinger/Peters Art. 229 § 6 EGBGB Rn.10, 18, Matusche-Beckmann § 479 BGB Rn. 24 ff.; Westermann/Pfeiffer 249 f.; Witt, in: Schwab/Witt, 39. 31 Bartelt 336 f.; Heß, NJW 2002, 253, 259 f; dagegen Höpker 353. 32 Bartelt 336 f.; Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 397 f.; Heß, NJW 2002, 253, 259 f.; Schultze-Melling 77 f.; Staudinger/Peters Art. 229 § 6 EGBGB Rn.10, 18; Witt, in: Schwab/Witt, 39. 33 Pfeiffer, ZGS 2002, 17, 18; Westermann/Pfeiffer 250. 34 Pfeiffer, ZGS 2002, 17, 18; siehe auch Staudinger/Matusche-Beckmann § 479 BGB Rn. 25 ff.; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 36; Westermann/Pfeiffer 250; dagegen Höpker 352 f.

B. Die Überleitung der Regressregelungen

281

III. Stellungnahme 1. Ablehnung der akzessorischen intertemporalen Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkaufvertrag Nach Art. 229 § 5 EGBGB ist für die Überleitung eines jeden Vertragsverhältnisses der Zeitpunkt seines Zustandekommens maßgebend. Es gibt keine Regelung, wonach sich Verträge einer Lieferkette nach dem Recht richten, das auf den am Ende dieser Vertragskette stehenden Verbrauchsgüterkauf Anwendung findet. Nach neuem Recht beeinflusst das Vorliegen eines solchen Vertrages zwar ganz maßgeblich die Rückgriffsmöglichkeiten innerhalb der Regresskette. Liegt nämlich ein solcher Vertrag vor, vollzieht sich der Regress nicht nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht, sondern nach der verschärften Haftung der §§ 478, 479 BGB. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll sich der Regress aber auch innerhalb der §§ 478, 479 BGB grundsätzlich nach den allgemeinen Gewährleistungsregeln vollziehen.35 Die Regressnormen modifizieren und ergänzen diese Rechte lediglich; sie gewähren dem Regressgläubiger jedoch keinen außerhalb des Gewährleistungssystems stehenden Anspruch. Der Regress ist damit auch im Anwendungsbereich der §§ 478, 479 BGB ein Teil des Gewährleistungssystems. Als solcher muss er sich nach dem Recht richten, das auf den zu Grunde liegenden Vertrag von Regressgläubiger und -schuldner Anwendung findet. Er kann also schon dogmatisch nicht im Rahmen einer akzessorischen Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkauf angeknüpft werden. Darüber hinaus würde eine solche Anknüpfung zu Problemen führen, weil die Modifikationen und Ergänzungen der §§ 478, 479 BGB, die auf das neue Gewährleistungsrecht abgestimmt sind, auf die allgemeinen Gewährleistungsregeln des alten Rechts Anwendung fänden. Schließlich stieße ein solches Vorgehen auch auf verfassungsrechtliche Bedenken: Sämtliche Vereinbarungen, welche die Parteien in der Vergangenheit hinsichtlich des Rückgriffs geschlossen haben, wären an § 478 Abs. 4 BGB zu messen. Böten sie keinen gleichwertigen Ausgleich – wovon auf Grund der in dieser Norm gesetzten hohen Anforderungen im Zweifel auszugehen ist –, wären sie unwirksam. Die Rechtsverhältnisse würden nach dem neuen Recht umgestaltet, obwohl die Parteien keine Möglichkeit hatten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen, da die Regelungen der §§ 478, 479 BGB bei Abschluss ihres Vertrages noch gar nicht bekannt oder gültiges Recht waren. Es würde also zu Lasten des Regressgläubigers ganz erheblich in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen, ohne dass dies durch „überragende ___________ 35 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247.

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2. Teil: Übergangsprobleme beim Regress

Belange des Gemeinwohls“36 gerechtfertigt wäre. Es läge mithin eine verbotene Rückwirkung37 und damit ein Verstoß gegen das Rechtstaatsprinzip vor. Nach alledem bleibt festzuhalten, dass sich die intertemporale Anknüpfung der Regressvorschriften nach dem Recht richtet, das auf den zu Grunde liegenden Vertrag zwischen Regressgläubiger und -schuldner Anwendung findet.

2. Anwendung des Art. 229 §§ 5, 6 EGBGB Wurde der Vertrag zwischen Regressgläubiger und -schuldner vor dem Stichtag geschlossen, unterliegt er nach Art. 229 § 5 EGBGB also mitsamt der Rückgriffsmöglichkeit grundsätzlich dem alten Recht. Der Letztverkäufer kann sich nicht auf die in § 478 BGB enthaltenen Regelungen (Wegfall des Vorrangs der Nacherfüllung, Aufwendungsersatz, Beweislastumkehr, faktisch zwingendes Recht) berufen.

a) Keine Besonderheit hinsichtlich § 478 Abs. 2 BGB Dies gilt auch hinsichtlich des in § 478 Abs. 2 BGB normierten Aufwendungsersatzanspruchs. Der Umstand, dass die Voraussetzungen des Anspruchs nur dann gegeben sein können, wenn der am Ende der Lieferkette stehende Verbrauchsgüterkauf dem neuen Recht unterfällt und der Letztverkäufer dem Nacherfüllungsbegehren des Verbrauchers nachgekommen ist, erlaubt keine von Art. 229 § 5 EGBGB abweichende Überleitung. Eine Anknüpfung an den Zeitpunkt, in dem die anspruchsbegründenden Voraussetzungen vorliegen, ist nur bei gesetzlichen Schuldverhältnissen möglich.38 Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und unabhängig vom Willen der Parteien ergeben. Das Vorliegen eines Vertrages ist nicht erforderlich. Dies ist bei dem Aufwendungsersatzanspruch des § 478 Abs. 2 BGB nicht der Fall. Denn er findet seinen Ursprung in dem Vertrag des Letztverkäufers mit dem Lieferanten bzw. in den jeweiligen Vertragsverhältnissen der vorgeschalteten Lieferkette.39 Nur dann, wenn zwischen Regressgläubiger und -schuldner ein Kaufvertrag vorliegt, kommt überhaupt ein Regress und ___________ 36

BVerfG E 101, 239, 263. Im Ergebnis so auch MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 12; Wind 317; siehe auch Höpker 348 f. 38 Staudinger/Löwisch Art. 229 § 5 EGBGB Rn. 17 ff.; für Art. 232 § 1 EGBGB ebenso Palandt (64. Aufl.)/Heinrichs Art. 232 § 1 EGBGB Rn. 5, 7; siehe hierzu ausführlich Heß 159 ff. 39 So auch MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 12. 37

B. Die Überleitung der Regressregelungen

283

damit auch die Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB in Betracht. Der Gesetzgeber will den Rückgriff nämlich nur entlang der vertraglichen Beziehungen innerhalb der Regresskette gewähren. Einen Regressanspruch, der unabhängig von den vertraglichen Beziehungen besteht, hat er in der Gesetzesbegründung ausdrücklich abgelehnt, da ein solcher mit dem deutschen Haftungssystem nicht vereinbar sei.40 § 478 Abs. 2 BGB erfordert daher zwingend, dass ein Kaufvertrag zwischen Regressgläubiger und -schuldner besteht. Dem Umstand, dass die Rechtsfolgen der Norm dann im Rahmen dieses vertraglichen Schuldverhältnisses unabhängig vom Willen der Parteien eintreten, kommt keine Bedeutung zu. Auch andere gesetzliche Gewährleistungsrechte treten unabhängig vom Willen der Parteien ein und setzen lediglich das Vorliegen eines Vertrages voraus. Zu gesetzlichen Schuldverhältnissen werden sie dadurch nicht. Da der Aufwendungsersatzanspruch des § 478 Abs. 2 BGB nicht als gesetzlicher, sondern als vertraglicher Anspruch einzustufen ist, richtet sich seine Anwendung in intertemporaler Hinsicht nach Art. 229 § 5 BGB: Er findet wie auch die anderen Regelungen des § 478 BGB nur Anwendung, wenn der zwischen Regressgläubiger und -schuldner bestehende Vertrag nach neuem Recht zu beurteilen ist.

b) Eigenständige Anknüpfung des § 479 BGB Die intertemporale Anknüpfung der in § 479 BGB normierten Verjährungsregeln richtet sich nach Art. 229 § 6 EGBGB. Die Anwendung des § 479 Abs. 1 BGB, der die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs des § 478 Abs. 2 BGB regelt, setzt dabei allerdings voraus, dass ein solcher Aufwendungsersatzanspruch auch tatsächlich gegeben ist. Dies ist – wie eben gezeigt – nur dann der Fall, wenn der Vertrag zwischen Regressgläubiger und -schuldner dem neuen Recht unterliegt. Die Regelung ist also nur dann anwendbar, wenn der gesamte Vertrag dem neuen Recht unterliegt. Der § 479 Abs. 2 BGB findet nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB dann Anwendung, wenn die am 1. Januar 2002 bestehenden Ansprüche noch nicht verjährt sind. Die Sonderregelung des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB, wonach die Ansprüche grundsätzlich nach der kürzeren Frist – beim Kaufgewährleistungsrecht wäre dies die Regelung des § 477 BGB a.F. – verjähren, findet keine Anwendung, da der § 479 Abs. 2 BGB eine Ablaufhemmung statuiert und keine Fristverlängerung enthält.41 Es ist also möglich, dass die Regelung des § 479 ___________ 40

Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 248; siehe auch 1. Kapitel, 1. Teil A. II. 2. b). 41 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel G. II. 1.; anders, weil faktische Fristverlängerung Magnus, RIW 2002, 577, 584; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 13; so wie hier auch Bar-

284

2. Teil: Übergangsprobleme beim Regress

Abs. 2 BGB auf Verträge Anwendung findet, die vor dem Stichtag des 1. Januar 2002 geschlossen wurden. Die in dieser Norm vorausgesetzten Rechte aus §§ 437, 478 Abs. 1 und Abs. 2 BGB sind zwar bei Vertragsverhältnissen, die sich nach altem Recht richten, nicht gegeben. Sie können aber im Wege einer intertemporalen Substitution42 ersetzt werden, da die Gewährleistungsrechte des alten und des neuen Rechts ihrem Sinn und Zweck nach funktionsgleich sind.43 Die § 479 Abs. 2 BGB findet aber als Ablaufhemmung nur auf solche Ansprüche Anwendung, die noch nicht verjährt sind.44 Dies wird angesichts der kurzen Verjährungsfrist nach dem alten Recht selten der Fall sein.

3. Ergebnis Da die Regelungen des § 478 BGB auf die Verträge der Lieferkette, die vor dem Stichtag des 1. Januar 2002 geschlossen wurden, keine Anwendung finden und auch die Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 BGB nur auf die Ansprüche anzuwenden ist, die nach altem Recht noch nicht verjährt sind, steht dem Letztverkäufer in den hier behandelten Übergangsfällen kein effektives Regressrecht zu. Dies ist zwar unbefriedigend, muss jedoch hingenommen werden, weil die Anwendung der Überleitungsvorschriften kein anderes Ergebnis zulässt. Es ist kein Weg ersichtlich, dem Regressgläubiger in den Übergangsfällen einen effektiven Regress zu gewähren. Zwar ließe sich argumentieren, dass die Überleitungsvorschriften hinsichtlich des Rückgriffs lückenhaft sind. Es findet sich aber keine Überleitungsvorschrift, die in analoger Anwendung zur Lösung des Problems herangezogen werden könnte. Denkbar wäre allenfalls, den §§ 478, 479 BGB einen eigenständigen – quasi normimmanenten – intertemporalen Anwendungsbefehl zuzusprechen, ähnlich wie er im Internationalen Privatrecht den Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB zukommt.45 Eine solche Konstruktion ist im intertemporalen Recht aber nicht möglich. Sie würde zu einer unzulässigen Rückwirkung führen, da der Gesetzgeber in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingreifen würde. Außerdem ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber die Regressregelungen erst ab dem 1. Januar 2002 für anwendbar erklärt.46 Denn erst für Verträge, die nach diesem ___________ telt 336 f., der allerdings zu Unrecht von einer zulässigen unechten Rückwirkung ausgeht. 42 Siehe zu dem Begriff Heß, NJW 2002, 253, 259 Fn. 84. 43 Heß, NJW 2002, 253, 259 f.; auch Bartelt 336; offen gelassen von Bereska, ZGS 2002, 59, 62. 44 Vgl. dazu 1. Teil, 3. Kapitel G. II. 3. 45 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 3. 46 Siehe Art. 9 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Modernisierung ders Schuldrechts vom 26. November 2001, BGBl. I 2001, S. 3138 ff., S. 3187.

C. Zusammenfassung

285

Zeitpunkt geschlossen wurden, fordert der europäische Gesetzgeber einen effektiven Regress.

C. Zusammenfassung Für die Anwendung der Regressregelungen des § 478 BGB kommt es in intertemporaler Hinsicht gemäß Art. 229 § 5 EGBGB entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem der Vertrag zwischen Regressgläubiger und -schuldner geschlossen wurde. Als Bestandteil des Gewährleistungssystems findet die Vorschrift nur auf solche Verträge der Regresskette Anwendung, die nach dem Stichtag des 1. Januar 2002 – bzw. für Dauerschuldverhältnisse nach dem Stichtag des 1. Januar 2003 – geschlossen wurden. Die verjährungsrechtlichen Regelungen des § 479 BGB können dagegen nach Art. 229 § 6 EGBGB auch auf Verträge angewendet werden, die vor diesem Stichtag geschlossen wurden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Ansprüche des Regressgläubigers gegen den Regressschuldner noch nicht verjährt sind. Auf Grund dieser intertemporalen Regelungen ist in den Übergangsfällen kein effektives Regressrecht gegeben: Selbst wenn sich der Verbrauchsgüterkauf bereits nach neuem Recht vollzieht, der Letztverkäufer also der verschärften Haftung ausgesetzt ist, finden die §§ 478, 479 BGB auf Verträge der Regresskette, die vor dem Stichtag geschlossen wurden und deren Ansprüche gemäß § 477 BGB a.F. bereits nach sechs Monaten verjährt sind, keine Anwendung. Dieses Ergebnis ist zwar unbefriedigend; es ist aber sowohl mit den Vorstellungen des deutschen Gesetzgebers als auch mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vereinbar.

3. Teil

Der Regress in grenzüberschreitenden Sachverhalten 1. Kapitel

Einführung Die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB sind nationales deutsches Recht. Sie finden dementsprechend nur auf solche Sachverhalte Anwendung, die dem deutschen Recht unterliegen. Dies ist bei Lieferketten, bei denen alle Beteiligten ihren Sitz in Deutschland haben und sich kein anderweitiger Bezug zu einer ausländischen Rechtsordnung ergibt, ohne Weiteres der Fall. Bedingt durch die fortschreitende Globalisierung und die Internationalität des Warenverkehrs sind jedoch viele Lieferketten nicht auf Deutschland beschränkt. Oftmals weisen die einzelnen, von ihnen erfassten Verträge neben dem Bezug zum deutschen auch Beziehungen zu einem ausländischen Recht auf, etwa weil die Waren im Ausland hergestellt oder über ausländische Zwischenhändler vertrieben werden. Ob und wann diese Lieferketten – zumindest hinsichtlich der Regressmöglichkeit – dem deutschen Recht unterliegen und damit die §§ 478, 479 BGB Anwendung finden, richtet sich nach den Kollisionsnormen der lex fori, also des Staates, dessen Gerichte über den Rechtsstreit zu entscheiden haben. Dabei sollen im Folgenden nur die Konstellationen beleuchtet werden, in denen deutsche Gerichte angerufen werden, in denen also die Kollisionsnormen des deutschen Rechts das anwendbare Recht berufen.1 Dazu ist zunächst zu prüfen, ob sich der grenzüberschreitende Sachverhalt nach den Regelungen des UNKaufrechts als vereinheitlichtem, international geltendem Sachrecht im Bereich des Kaufvertragsrechts beurteilt. Ist dies nicht der Fall, ist anhand der Art. 27 ff. EGBGB zu ermitteln, welche Rechtsordnung zur Anwendung auf den konkreten Regressfall berufen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die §§ 478, 479 BGB möglicherweise auch dann zur Anwendung kommen können, wenn der Kaufvertrag insgesamt einem ausländischen Vertragsstatut unterliegt. ___________ 1

Zu den Anpassungsproblemen, die enstehen, wenn nach deutschem Kollisionsrecht sowohl die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB als auch ausländische Vorschriften zur Anwendung kommen, die dem Letztverkäufer einen Direktanspruch gegen den Hersteller gewähren, siehe Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 100 ff.; Wind 359 f.

A. Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

2. Kapitel

Der Regress im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts Der deutsche Gesetzgeber hat grenzüberschreitende Verträge über die Lieferung von Waren dem Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (im Folgenden: UN-Kaufrecht bzw. CISG)2 unterstellt. Dieses Übereinkommen enthält für zahlreiche Staaten weltweit geltendes vereinheitlichtes Sachrecht und wurde zum 1. Januar 1991 in deutsches Recht transformiert.

A. Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts I. Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts Das UN-Kaufrecht findet auf grenzüberschreitende Kaufverträge über Waren3 Anwendung, wenn die Parteien entweder ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten des Abkommens haben (Art. 1 Abs. 1 lit. a] CISG) oder wenn „die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen“ (Art. 1 Abs. 1 lit. b] CISG).4 Dabei ist zwar strittig, ob Art. 1 Abs. 1 lit. a) CISG eine – den Art. 27 ff. EGBGB vorgehende – einseitige Verweisung auf das deutsche Sachrecht als lex fori enthält, in dessen Rahmen das UN-Kaufrecht als speziellerer Regelungskomplex Anwendung findet,5 oder ob die Vorschrift dahingehend zu verstehen ist, dass die Normen des Übereinkommens als vereinheitlichtes Sachrecht unmittelbar Anwendung finden.6 Unstreitig ist aber, dass im Ergebnis die Regelungen des Abkommens ___________ 2

Wiener UN-Übereinkommen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf, BGBl. 1989 II, S. 588 ff., abgedruckt in Jayme/Hausmann, Ordnungsnummer 77. 3 Vgl. zu dem Begriff „Waren“ MünchKomm HGB/Benicke Art. 1 CISG Rn. 16 ff.; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 1 CISG Rn. 34 ff.; Staudinger/Magnus Art. 1 CISG Rn. 42 ff. 4 Mit dieser „Vorschaltlösung“ findet das UN-Kaufrecht auch in den Fällen Anwendung, in denen an dem Vertrag Parteien aus Nichtvertragsstaaten beteiligt sind; vgl. Herber/Czer-wenka § 1 CISG Rn. 17; Kropholler, IPR 477; M. Lorenz, in: Witz/Salger/ Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 12; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 725; Schlechtriem/ Schwenzer/Ferrari Art. 1 CISG Rn. 69 f.; Westermann, DZWir 1995, 1, 4. 5 Mittmann 28 ff., insb. 32 f.; von Bar, in: von Bar/Mankowski, 66 ff., insb. 69 f.; siehe auch Wartenberg 26 ff. 6 Brunner Art. 1 CISG Rn. 1; Höpker 353; Janssen 47; ders., EuLF 2003 (D), 181 f.; M. Lorenz, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 11; MünchKomm HGB/Benicke Art. 1 CISG Rn. 29; Piltz, IHR 2002, 2 , 3; ders., AW-Prax 2002, 259; Martiny, in:

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

auf kollisionsrechtlicher Ebene den Vorschriften des EGBGB und auf materiellrechtlicher Ebene den kauf- und handelsrechtlichen Bestimmungen des BGB bzw. des HGB vorgehen. Im Rahmen der kollisionsrechtlichen Vorschaltlösung verweist Art. 1 Abs. 1 lit. b) CISG zur Bestimmung des Anwendungsbereichs selbst auf die (an sich verdrängten) unvereinheitlichten Kollisionsnormen der lex fori. Für die Fälle, in denen die Art. 27 ff. EGBGB das Recht eines Mitgliedstaates berufen, der keinen Vorbehalt nach Art. 95 CISG erklärt hat,7 sind die Regelungen des Abkommens vorrangig vor den unvereinheitlichten materiellrechtlichen Regelungen des berufenen Rechts.

II. Ausschluss des UN-Kaufrechts Die Anwendung des UN-Kaufrechts kann aus einem der in Art. 2 ff. CISG aufgeführten Gründe ausgeschlossen sein. Dabei kommt im Rahmen der Regressproblematik letztlich nur dem sog. „Opting-out“, der Abwahlmöglichkeit in Art. 6 CISG, Bedeutung zu. Der Ausschluss des Art. 2 lit. a) CISG8 von Waren für den persönlichen oder familiären Gebrauch ist schon deshalb nicht einschlägig, weil die Regressnormen nur dann greifen, wenn sowohl der Regressgläubiger als auch der Regressschuldner Unternehmer sind.9 Nach Art. 6 CISG steht es den Parteien frei, die Geltung des UN-Kaufrechts abzubedingen. Eine solche Abwahl erfolgt in der Praxis zumeist routinemäßig.10 Sie kann sowohl für das ganze Regelungswerk als auch für einzelne

___________ Reithmann/Martiny, Rn. 724; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 1 CISG Rn. 63; Schlechtriem, UN-Kaufrecht Rn. 8, 11; Staudinger/Magnus Art. 1 CISG Rn. 85. 7 Kropholler, IPR 478; von Bar, in: von Bar/Mankowski, 70. 8 Mit dem Ausschluss soll ein Konflikt mit den nationalen, insbesondere auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zurückgehenden Verbraucherschutzbestimmungen vermieden werden (Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 2 CISG Rn. 7; Wartenberg 11, 52 f.; siehe schon Herber/Czerwenka § 2 CISG Rn. 8), was jedoch auf Grund der Tatsache, dass die Verbrauchereigenschaft in beiden Regelungskomplexen nicht anhand identischer Kriterien bestimmt wird, nicht immer gelingt; vgl. W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412; Janssen, VuR 1999, 324, 325; MünchKomm HGB/Benicke Art. 2 CISG Rn. 8; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 1 CISG Rn. 7 ff., 24 ff.; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 12, Magnus Art. 2 CISG Rn. 29; siehe auch Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 10; S. Wolf, RIW 1997, 899, 900; für das Grünbuch bereits Schnyder/Straub, ZEuP 1996, 8, 40 Fn. 106, 45; anders wohl Nietzer/Stein, ZVglRWiss 99 (2000) 41, 48. 9 So auch Höpker 354; Piltz, IHR 2002, 2, 3; für Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Magnus, ZEuP 1999, 642, 646. 10 Janssen, EuLF (D) 2003, 181, 184; Schillo, IHR 2003, 257 ff.; siehe zu einer entsprechenden Studie, wonach nur 8 % der befragten Unternehmen das CISG wählten, während 37 % es bewusst abwählten, Sommerer, AW-Prax 2002, 19 ff.

B. Regelungen des UN-Kaufrechts hinsichtlich eines Rückgriffs

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Normen vorgenommen werden.11 Bedingen die Parteien die Anwendung des UN-Kaufrechts ab, wird das anwendbare Recht nach den Kollisionsnormen des Forumstaates ermittelt. Eine konkludente Abwahl kann dabei auch darin liegen, dass die Parteien die Geltung eines bestimmten Rechts vereinbaren. Allerdings muss dazu explizit die Geltung des unvereinheitlichten Rechts (also des BGB bzw. des HGB) vereinbart sein.12

III. Bedeutung des UN-Kaufrechts für Regressketten mit Auslandsbezug Die einzelnen Verträge einer Regresskette unterliegen nach den vorstehenden Ausführungen immer dann den Regelungen des UN-Kaufrechts, wenn die beiden jeweils beteiligten Unternehmer ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben oder wenn die deutschen Kollisionsnormen das Recht eines Vertragsstaates zur Anwendung berufen. Dabei ist es unerheblich, welchem Recht die anderen Verträge der Lieferkette, insbesondere der am Ende der Regresskette erforderliche Verbrauchsgüterkauf, unterstehen.

B. Regelungen des UN-Kaufrechts hinsichtlich eines Rückgriffs I. Der Regress im UN-Kaufrecht Das UN-Kaufrecht enthält keine den §§ 478, 479 BGB vergleichbaren Regressregelungen.13 Der Rückgriff richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Gewährleistungsvorschriften, die der Regelungskomplex bereithält: Der Käufer bzw. Regressgläubiger kann gemäß Art. 45 Abs. 1 CISG in Verbindung mit den Art. 46 bis 52 und 74 bis 77 CISG Erfüllung verlangen, vom Vertrag zurücktreten (sog. Vertragsaufhebung), den Kaufpreis mindern und bzw. oder Schadensersatz verlangen. Besondere Modifikationen zur Vermeidung von Regressfallen kommen ihm dabei nicht zu Gute. Allerdings gewährt ihm das UN-Kaufrecht – ___________ 11

Herber/Czerwenka § 6 CISG Rn. 5; Kropholler, IPR 478 f.; MünchKomm/Westermann Art. 6 CISG Rn. 8; Piltz, IHR 2002, 2, 5; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 733; Schillo, IHR 2003, 257, 259; siehe auch Piltz, AW-Prax 2002, 259. 12 M. Lorenz, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 6 CISG Rn. 9 ff.; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 134; MünchKomm HGB/Benicke Art. 6 CISG Rn. 5 f.; Piltz, IHR 2002, 2, 5; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 725; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 6 CISG Rn. 21 ff.; Schlechtriem, UN-Kaufrecht Rn. 20; Staudinger/Magnus Art. 6 CISG Rn. 24; siehe auch Brunner Art. 6 CISG Rn. 3; Piltz, AW-Prax 2002, 259 f. 13 Bitterich, JR 2004, 485, 489; Grundmann/Bianca/Bridge Art. 4 Kauf-RL Rn. 50; Herber, IHR 2004, 89, 93; Janssen, EuLF 2003 (D), 181 f.; ders., AW-Prax 2003, 347; Mittmann 156; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 10; Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 51; Richter, AcP 206 (2006), 3, 25.

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

anders als das Gewährleistungsrecht des BGB – gemäß Art. 45, 74 ff. CISG einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch. Ob das UN-Kaufrecht im Gegensatz zu dem Regresssystem der §§ 478, 479 BGB wirklich – wie oftmals behauptet14 – das für den Regressschuldner günstigere Recht ist, kann daher erst durch einen Vergleich der einzelnen Bestimmungen festgestellt werden.

II. Vergleich mit den einzelnen Bestimmungen der §§ 478, 479 BGB 1. § 478 Abs. 1 BGB Nach § 478 Abs. 1 BGB kann sich der vom Verbraucher in Anspruch genommene Letztverkäufer – bzw. ein anderer Käufer in der Regresskette – seinem Verkäufer gegenüber direkt auf die sog. sekundären Rechtsbehelfe berufen, also zurücktreten, mindern oder Schadens- bzw. Aufwendungsersatz verlangen. Er muss ihm im Rahmen des Rückgriffs kein Recht zur Nacherfüllung einräumen. Nach Art. 48 Abs. 1 des UN-Kaufrechts kann der Verkäufer dagegen auch noch nach der Lieferung und damit zu einem Zeitpunkt nachbessern oder nachliefern, in dem der Letztverkäufer bereits vom Verbraucher in Anspruch genommen worden ist und bei seinem Verkäufer Regress nehmen will. Dieses Recht zur zweiten Andienung15 kann der Lieferant als Regressschuldner einem Minderungsbegehren des Letztverkäufers als Regressgläubiger entgegenhalten, da es nach Art. 50 S. 2 CISG Vorrang vor der Minderung hat. Gleiches muss wohl auch für ein Rücktrittsbegehren des Regressgläubigers gelten. Zwar ist dem Verkäufer als Regressschuldner die Nacherfüllung ausweislich des Wortlauts des Art. 48 Abs. 1 CISG nur „vorbehaltlich des Artikels 49“ möglich, das bedeutet, der Käufer kann trotz der vom Verkäufer angebotenen Nacherfüllung den Rücktritt erklären. Dieser Rechtsbehelf setzt jedoch nach Art. 49 Abs. 1 lit. a) CISG voraus, dass die Mangelhaftigkeit der Sache einen wesentlichen Vertragsbruch darstellt.16 Die Lieferung einer mangelhaften Sache kann jedoch dann nicht als wesentliche Vertragsverletzung angesehen werden, wenn die Möglichkeit besteht, den Mangel in zumutbarer Weise durch die

___________ 14 H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 136 f.; Nguyen 94; Piltz, IHR 2002, 2, 6 ff.; Richter, AcP 206 (2006), 3, 13; siehe auch Nietzer/Stein, ZVglRWiss 99 (2000), 41, 48 f.; Piltz, AW-Prax 2002, 259, 261. 15 Herber/Czerwenka § 48 CISG Rn. 2; Salger, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 48 CISG Rn. 2. 16 Siehe dazu Botzenhardt 166 ff.; Herber/Czerwenka § 49 CISG Rn. 4 ff.; Piltz 233 ff.; Schlechtriem, UN-Kaufrecht Rn. 188 ff., 111 ff.

B. Regelungen des UN-Kaufrechts hinsichtlich eines Rückgriffs

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Nacherfüllung des Verkäufers zu beheben.17 Dadurch dass der Letztverkäufer dem Lieferanten – und dieser wiederum seinem Verkäufer – im Regelfall ein Recht zur zweiten Andienung einräumen muss, wenn er bereits von dem Verbraucher – bzw. dem Käufer – in Anspruch genommen worden ist, wird ihm das Absatzrisiko hinsichtlich der nachgelieferten bzw. nachgebesserten Sache aufgebürdet, das ihm durch die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB gerade genommen werden soll.18 Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Letztverkäufer die durch dieses Risiko entstehenden Kosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs geltend machen kann. Dies ist nach UN-Kaufrecht – anders als nach dem unvereinheitlichten deutschen Recht – ohne ein Verschulden seitens des Lieferanten möglich. Denn Art. 48 Abs. 1 S. 2 CISG bestimmt, dass „der Käufer […] das Recht [behält], Schadensersatz nach diesem Übereinkommen zu verlangen.“ Er kann nach dieser Norm also auch ohne Verschulden die Kosten ersetzt verlangen, die ihm durch die Nacherfüllung seitens seines Verkäufers entstehen.19 Ihm wird dadurch das Absatzrisiko hinsichtlich der nachgelieferten bzw. nachgebesserten Sache genommen. Der Regressschuldner steht mithin hinsichtlich des Absatzrisikos bei Anwendung des UN-Kaufrechts nicht schlechter als in den Fällen, in denen sich der Regress nach den §§ 478, 479 BGB vollzieht.20

2. § 478 Abs. 2 BGB Nach § 478 Abs. 2 BGB kann der Letztverkäufer von seinem Lieferanten die Aufwendungen ersetzt verlangen, die ihm durch die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher entstanden sind und die er nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte. Er kann dadurch die Kosten, die ihm bei der Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher entstanden sind, unabhängig von einem Verschulden des Lieferanten auf diesen abwälzen.21 Dies wäre im Rahmen des allgemeinen Schadensersatzanspruchs nicht möglich. Im UN-Kaufrecht ist eine solche Regelung nicht erforderlich. Der Letztverkäufer kann die Kosten gegenüber seinem Lieferanten im Rahmen des allgemeinen, verschuldensunabhängigen Schadenser___________ 17

Botzenhardt 211 ff.; Brunner Art. 48 CISG Rn. 10; Herber/Czerwenka § 48 CISG Rn. 9; Piltz 234, 220 f; Salger, in: Witz/Salger/ Lorenz, Art. 48 CISG Rn. 2; siehe auch Cetiner 130 ff. 18 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. I. 19 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 CISG Rn. 21; siehe zum verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch auch Brunner Art. 74 CISG Rn. 3; Herber/ Czerwenka § 74 CISG Rn. 3, 5; Witz, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 74 CISG Rn. 15. 20 So auch Schillo, IHR 2003, 257, 263. 21 Siehe hierzu ausführlich 1. Teil, 3. Kapitel C.

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

satzanspruchs geltend machen. Dadurch steht er genau so, wie er bei Anwendung des § 478 Abs. 2 BGB stünde.22

3. § 478 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 476 BGB Nach § 478 Abs. 3 BGB kommt dem Letztverkäufer die Vermutung des § 476 BGB zu Gute: Wenn sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang auf den Verbraucher zeigt und es mit der Art der Sache und des Mangels vereinbar ist, wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang auf den Regressgläubiger mangelhaft war. Dieser muss im Rahmen des Rückgriffs nicht beweisen, dass der geltend gemachte Mangel bei Gefahrübergang auf ihn bereits bestand.23 Eine solche Beweislastumkehr ist im UNKaufrecht nicht vorgesehen. Nach den aus den Grundsätzen des Übereinkommens heraus entwickelten Beweislastregelungen24 muss der Käufer, der sich – hier im Rahmen des Rückgriffs – auf die Gewährleistungsrechte beruft, nach Annahme der Ware als Erfüllung nachweisen, dass ein Mangel vorliegt und dieser bereits bei Gefahrübergang auf ihn bestanden hat.25 Insofern steht der Letztverkäufer bei einem Rückgriff hinsichtlich der Beweislastverteilung nach UN-Kaufrecht schlechter als bei Anwendung der deutschen Regressnormen der §§ 478, 479 BGB.26

4. § 479 Abs. 2 BGB Der § 479 Abs. 2 BGB normiert eine Ablaufhemmung für den Regressfall. Danach kann die Verjährung der Gewährleistungsrechte für die Dauer von fünf Jahren ab Ablieferung der Sache beim Unternehmer frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintreten, in dem dieser die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. Der Regressschuldner hat daher – bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser Norm – bis zu fünf Jahre lang die Möglichkeit, seine ansonsten grundsätzlich nach zwei Jahren verjährenden Ansprüche geltend zu machen. ___________ 22

So auch Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 51. Siehe hierzu ausführlich 1. Teil, 3. Kapitel D. 24 Vgl. Herber/Czerwenka § 4 CISG Rn. 8, Art. 8 CISG Rn. 15; Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 CISG Rn. 9; Witz, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 7 CISG Rn. 31. 25 Bamberger/Roth/Saenger Art. 35 CISG Rn. 14; Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 87; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 CISG Rn. 10; Staudinger/Magnus Art. 35 CISG Rn. 55, Art. 46 CISG Rn. 68. 26 Im Ergebnis ebenso Bitterich, JR 2004, 485, 489; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 135. 23

B. Regelungen des UN-Kaufrechts hinsichtlich eines Rückgriffs

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Diese Regelung gilt auch im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts, wenn das deutsche Recht nach den kollisionsrechtlichen Normen der lex fori zur Anwendung berufen wird.27 Denn das UN-Kaufrecht selbst enthält keine verjährungsrechtlichen Regelungen.28 Derartige, das UN-Kaufrecht ergänzende Vorschriften sind zwar in dem Übereinkommen über die Verjährung beim internationalen Warenkauf vom 14. Juni 197429 enthalten. Darin findet sich sogar eine Ablaufhemmung für die Fälle des Rückgriffs. In Art. 18 Abs. 2 des Übereinkommens heißt es nämlich: „Ist ein Rechtsverfahren gegen einen Käufer von dessen Abnehmer eingeleitet worden, so wird die in diesem Übereinkommen vorgesehene Verjährungsfrist in bezug auf den Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer unterbrochen, wenn der Käufer den Verkäufer innerhalb dieser Frist schriftlich von der Einleitung des Verfahrens verständigt.“

Deutschland hat das Übereinkommen jedoch nicht gezeichnet. Seine Regelungen kommen daher nicht zur Anwendung. Die Verjährung richtet sich stattdessen nach dem von den Kollisionsnormen des Forums berufenen Recht. Verweisen diese auf das deutsche Recht, findet § 479 Abs. 2 BGB demnach auch im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts Anwendung. Dem steht auch nicht die in Art. 39 Abs. 2 CISG geregelte Ausschlussfrist entgegen, wonach der Käufer „in jedem Fall das Recht [verliert], sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie nicht spätestens innerhalb von zwei Jahren, nachdem ihm die Ware tatsächlich übergeben worden ist, dem Verkäufer anzeigt, es sei denn, daß diese Frist mit einer vertraglichen Garantiefrist unvereinbar ist.“

Zwar handelt es sich hierbei um eine absolute Ausschlussfrist, die nicht gehemmt werden kann.30 Da die Vorschrift aber nicht als Verjährungsregel einzu___________ 27 Brunner Art. 39 CISG Rn. 17; Höpker 354; M. Lorenz, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 4 CISG Rn. 30; Magnus, RIW 2002, 577, 583; Piltz 60 f.; Schlechtriem, UNKaufrecht Rn. 348; Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 39 CISG Rn. 28; Wind 335; anders Janssen, EuLF 2002 (D), 181, 184; wohl auch Johannsen, ITRB 2006, 112, 114. 28 Bamberger/Roth/Saenger Art. 39 CISG Rn. 12; Cetiner 224; Gruber, NJW 2002, 1180, 1181 Fn. 8; Janssen 214, 216; Kropholler, IPR 476; M. Lorenz, in: Witz/Salger/ Lorenz, Art. 4 CISG Rn. 29; Magnus, RIW 2002, 577; MünchKomm/Huber Art. 45 CISG Rn. 28; Nietzer/Stein, ZVglRWiss 99 (2000), 41, 49 f.; Piltz 60 f.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 731; Staudinger/Magnus, Anh. II zum CISG Rn. 1; etwas undeutlich insofern von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 734. 29 Übereinkommen über die Verjährung beim internationalen Warenkauf vom 14. Juni 1974, abgedruckt in Staudinger/Magnus, Anh. II zum CISG Rn. 31. 30 Cetiner 224; Janssen 214; Magnus, RIW 2002, 577, 578; Salger, in: Witz/Salger/ Lorenz, Art. 39 CISG Rn. 14; Schlechtriem, UN-Kaufrecht Rn. 160; Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 39 CISG Rn. 23; Staudinger/Magnus Art. 39 CISG Rn. 63; Stürner, BB 2006, 2029, 2033.

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

ordnen ist, sperrt sie die Anwendung der Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 BGB nicht.31 Die Ausschlussfrist in Art. 39 Abs. 2 CISG führt allerdings dazu, dass die Ablaufhemmung im Anwendungsbereich des Übereinkommens stark eingeschränkt, wenn nicht gänzlich ihrer Wirkung beraubt ist:32 Nach Ablauf der Ausschlussfrist sind sämtliche Gewährleistungsrechte des Käufers gegen seinen Verkäufer ausgeschlossen. Dies gilt auch in den Fällen eines Rückgriffs. Dabei ist es unerheblich, ob die Ansprüche bereits verjährt sind oder nicht. Es kommt daher gar nicht mehr darauf an, dass die Verjährungsfrist nach § 479 Abs. 2 BGB in ihrem Ablauf gehemmt ist.33 Denn selbst ein Anspruch, der noch nicht verjährt ist, kann wegen der Ausschlussfrist des Art. 39 CISG nach zwei Jahren nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden. Die Ablaufhemmung der deutschen Regressregelungen findet daher im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts nur für zwei Jahre Anwendung, innerhalb derer der Regressgläubiger die von seinem Käufer geltend gemachten Mängel gegenüber seinem Regressschuldner geltend machen muss. Da der Käufer aber seinerseits ebenfalls zwei Jahre Zeit hat, Ansprüche geltend zu machen, wird der Regressgläubiger diese Ausschlussfrist oftmals nicht einhalten können. Schließlich ist sie abgelaufen, bevor sein Käufer ihm gegenüber die Mängel überhaupt anzeigen muss. Auch in verjährungsrechtlicher Hinsicht ist der Letztverkäufer also bei der Anwendung des UN-Kaufrechts schlechter gestellt als unter dem Regelungsregime der §§ 478, 479 BGB.

5. § 478 Abs. 4 BGB Die deutschen Regressnormen sind auf Grund der Regelung des § 478 Abs. 4 BGB im Ergebnis zwingendes Recht, von dem zu Lasten des Regressgläubigers nicht abgewichen werden kann.34 Das gesamte UN-Kaufrecht ist dagegen nach Art. 6 CISG dispositiv. Der Verkäufer kann die für ihn nachteiligen Normen, insbesondere den verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch, auch für den Fall des Rückgriffs ohne Weiteres abbedingen. Dadurch können dem Letztverkäufer und jedem weiteren Regressschuldner in der Regresskette sämtliche Regressmöglichkeiten genommen werden. ___________ 31 Brunner Art. 39 CISG Rn. 17; Höpker 354; Magnus, RIW 2002, 577, 583; Schlechtriem, UN-Kaufrecht Rn. 348; Staudinger/Magnus Art. 39 CISG Rn. 71; anders wohl Hassemer 208 f. Auch Salger, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 39 CISG Rn. 14, geht davon aus, dass es sich bei Art. 39 Abs. 2 CISG nicht um eine Verjährungsfrist handelt. 32 So im Ergebnis auch Bitterich, JR 2004, 485, 489; Magnus, RIW 2002, 577, 578. 33 Siehe auch Magnus, RIW 2002, 577, 578. 34 Vgl. 1. Teil, 3. Kapitel E. I. 1.

C. Kollision von UN-Kaufrecht und §§ 478, 479 BGB

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III. Ergebnis Zusammenfassend lässt sich mithin feststellen, dass die Anwendung des UN-Kaufrechts für den Regressgläubiger ungünstiger ist und dieser Regelungskomplex ihm keine den §§ 478, 479 BGB gleichwertige Regressmöglichkeit bietet.35 Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass seine Regelungen auch im Falle eines Rückgriffs dispositiv sind. Darüber hinaus stehen dem Regressgläubiger weder beweis- noch verjährungsrechtliche Erleichterungen zu. C. Kollision von UN-Kaufrecht und §§ 478, 479 BGB

C. Kollision des UN-Kaufrechts mit den §§ 478, 479 BGB bzw. Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie I. Einführung in die Problematik Die unterschiedliche Ausgestaltung der gewährleistungs- bzw. regressrechtlichen Regelungen im UN-Kaufrecht und in den §§ 478, 479 BGB bereitet Probleme. Denn einerseits ist Deutschland als Mitgliedsstaat des Wiener Übereinkommens verpflichtet, seine völkerrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten und das UN-Kaufrecht auf alle Verträge anzuwenden, die seinem Anwendungsbereich unterfallen. Andererseits muss Deutschland als Mitgliedsstaat der Europäischen Union nach Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 249 Abs. 3 EG seiner Umsetzungspflicht nachkommen und die Vorgaben der Richtlinien so in deutsches Recht umsetzen, dass ihnen Wirkung zukommt. Dies gilt auch hinsichtlich der in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltenen Vorgabe, dem Letztverkäufer, der vom Verbraucher auf Grund „einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson“ in Anspruch genommen wird, eine effektive Regressmöglichkeit zu gewähren. Es ist also zu entscheiden, welcher dieser Verpflichtungen der Vorrang einzuräumen ist und welche Regelungen auf den Regressfall anzuwenden sind, der dem Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts unterfällt.

___________ 35 Daher wird geraten, das UN-Kaufrecht nicht abzubedingen; vgl. Janssen, AWPrax 2003, 347, 348; ders., EuLF 2002 (D), 181, 184; St. Lorenz, FS Jayme 533, 547; Piltz, IHR 2002, 2, 8; Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 53 f.; im Ergebnis auch Faber, IHR 2004, 177, 194; a.A. Schillo, IHR 2003, 257, 264 ff., 268. In der Literatur wird vielfach vertreten, das CISG gewähre dem Lieferanten einen hinreichenden Regress, der den Vorgaben des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie genüge; vgl. Reich, NJW 1999, 2397, 2403; siehe auch Piltz, IHR 2002, 2, 4; Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 51.

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

II. Meinungsstand In der Literatur überwiegt die Ansicht, dass das UN-Kaufrecht die Regressnormen der §§ 478, 479 BGB verdränge.36 Dadurch werde die europarechtliche Vorgabe in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht missachtet, da diese kein zwingendes Regressrecht vorschreibe.37 Vereinzelt wird aber auch die Ansicht vertreten, dass die §§ 478, 479 BGB neben dem UN-Kaufrecht weiterhin Anwendung fänden.38 Der Verbraucherschutz sei vom Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ausdrücklich ausgenommen. Seine Regelungen könnten daher auch nicht die §§ 478, 479 BGB verdrängen, da es sich bei diesen gerade um verbraucherschützende Normen handele.39 Außerdem würde durch die Anwendung des UN-Kaufrechts ein effektiver Regress im Bereich der Mitgliedstaaten der EU verhindert und damit eine europarechtliche Zielsetzung missachtet.40 Schließlich findet sich die Auffassung, dass das UN-Kaufrecht zwar vorrangig vor den §§ 478, 479 BGB anzuwenden, allerdings im Einklang mit diesen Normen bzw. den zu Grunde liegenden Vorgaben der Richtlinie auszulegen sei.41

III. Stellungnahme 1. Verhältnis von UN-Kaufrecht zu nationalem Recht europarechtlichen Ursprungs Der vorliegende Meinungsstreit ist eingebettet in die im Schrifttum kontrovers geführte Grundsatzdiskussion über das Verhältnis des UN-Kaufrechts zu den unvereinheitlichten nationalen Vorschriften europarechtlichen Ursprungs. Im Rahmen dieser Diskussion wird zum einen vertreten, dass das Richtlinien-

___________ 36

Gruber, NJW 2002, 1180, 1181; Hassemer 208 f.; Janssen, EuLF 2002 (D), 181, 184; Johannsen, ITRB 2006, 112, 113 ff.; Klose 291, 293; St. Lorenz, FS Jayme 533, 543, 547; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 134 f.; Nguyen 92 f.; Ostendorf/Neumann/ Ventsch, IHR 2006, 21, 24 Fn. 32; Piltz, AW-Prax 2002, 259, 260 f.; ders., IHR 2002, 2, 4 f.; Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 51; siehe auch AnwKomm/Pfeiffer Art. 4 RL Rn. 11; Faber, IHR 2004, 177, 194; Staudinger, ZGS 2002, 63; ders., NJW 2001, 1974, 1978; Stürner, BB 2006, 2029, 2033; Wind 334 f. 37 Piltz, IHR 2002, 2, 4; Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 51. 38 Schillo, IHR 2003, 257, 267; insoweit unklar Hk-BGB/Saenger §§ 478, 479 BGB Rn. 4. 39 Schillo, IHR 2003, 257, 267. 40 Schillo, IHR 2003, 257, 267. 41 Mittmann 164 ff.

C. Kollision von UN-Kaufrecht und §§ 478, 479 BGB

297

recht dem UN-Kaufrecht gegenüber vorrangig sei.42 Dies wird zum Teil auf die Regelung des Art. 90 CISG gestützt, wonach das UN-Kaufrecht bereits geschlossenen oder in Zukunft zu schließenden völkerrechtlichen Übereinkünften, also auch EG-Richtlinien gegenüber nachrangig ist.43 Zum Teil wird der Vorrang des umgesetzten Richtlinienrechts aber auch unmittelbar dem Gemeinschaftsrecht entnommen. Denn dieses enthalte – etwa in Art. 7 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – eigenständige, dem UN-Kaufrecht vorgehende Kollisionsnormen, die auf das im Rahmen ihrer Umsetzung erlassene deutsche unvereinheitlichte Recht verwiesen.44 Zum anderen wird dem UN-Kaufrecht Vorrang vor dem EU-Richtlinienrecht oder zumindest dem darauf basierenden nationalen Verbraucherschutzrecht eingeräumt.45 Dies wird teilweise darauf gestützt, dass dem UN-Kaufrecht als dem qualitativ besseren Recht der Vorrang zukommen müsse,46 teilweise damit begründet, dass der Gesetzgeber schon bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen nicht durch die Umsetzung von Richtlinienrecht habe verletzen wollen.47 Oftmals wird diese Ansicht dahingehend eingeschränkt, dass das UN-Kaufrecht dann nicht vorrangig sei, wenn der jeweilige Mitgliedstaat nach Art. 94 CISG einen Vorbehalt gegen die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts erklärt habe. Liege ein solcher Vorbehalt vor, komme nicht das Wiener Übereinkommen, sondern das auf den Richtlinien beruhende Recht zur Anwendung.48 ___________ 42

Herber/Czerwenka Art. 90 CISG Rn. 4; Herber, MDR 1993, 105 f.; Staudinger, NJW 2001, 1974, 1978 Fn. 68; Westermann, DZWir 1995, 1, 5; Witz, in: Witz/Salger/ Lorenz, Art. 90 CISG Rn. 3. 43 Herber/Czerwenka Art. 90 CISG Rn. 4; Herber, MDR 1993, 105 f.; Witz, in: Witz/ Salger/Lorenz, Art. 90 CISG Rn. 3. 44 Staudinger, NJW 2001, 1974, 1978. 45 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 29; Bitterich 503 f.; ders., JR 2004, 485, 489; Bradgate/Twigg-Flesner 7; Brunner Art. 90 CISG Rn. 3; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412; Herber, IHR 2004, 89, 91 ff. (in Änderung seiner früher vertretenen Auffassung); Janssen, AW-Prax 2003, 347, 348; ders., VuR 1999, 324, 326 f.; ders., EuLF 2002 (D), 181, 183 f.; Magnus, ZEuP 1999, 642, 646; Mittmann 41 f.; MünchKomm HGB/Benicke Art. 2 CISG Rn. 8; Piltz, AW-Prax 2002, 259, 260; Schlechtriem/ Schwenzer/Ferrari Art. 90 CISG Rn. 3 ff., Art. 2 CISG Rn. 26; Schumacher 76 f.; Schurr, ZfRV 1999, 222, 225; Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 12; Staudinger/Weick § 13 BGB Rn. 12, Magnus Art. 2 CISG Rn. 10, Art. 90 CISG Rn. 4; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 734; Wartenberg 47 ff. 46 Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 90 CISG Rn. 3 ff. 47 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 29; Herber, IHR 2004, 89, 91 ff, 94 (in Abkehr von seiner bisherigen Ansicht); Soergel/Pfeiffer § 13 BGB Rn. 12; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 734; im Ergebnis auch W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412 f. 48 Bitterich, JR 2004, 485, 489; Brunner Art. 90 CISG Rn. 3; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412; Herber, IHR 2004, 89, 91 ff.; Janssen, AW-Prax 2003, 347, 348; ders., VuR 1999, 324, 326 f.; ders., EuLF 2002 (D), 181, 183 f.; Magnus, ZEuP 1999, 642, 646; Mittmann 41 f.; MünchKomm/Huber Art. 90 CISG Rn. 2; Staudinger/Magnus Art. 90 CISG Rn. 4; Wartenberg 47 ff.

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

2. Übertragung der Argumente auf den Fall der §§ 478, 479 BGB Zur Beantwortung der Frage, ob das UN-Kaufrecht in seinem Anwendungsbereich die §§ 478, 479 BGB verdrängt, können die in dieser Diskussion angeführten Argumente fruchtbar gemacht werden. Denn das grundsätzliche Verhältnis dieses Regelungskomplexes zum Richtlinienrecht ist auch für die Frage entscheidend, welche Regelungen auf den Rückgriff anzuwenden sind.

a) Ablehnung einer Lösung über die allgemeinen Kollisionsgrundsätze Das Verhältnis der Regelungen des UN-Kaufrechts zu dem der Richtlinienumsetzung dienenden Recht des BGB, einschließlich der Regressnormen der §§ 478, 479 BGB, bestimmt sich vorrangig nach den in den Regelungswerken selbst enthaltenen Kollisionsnormen. Nur wenn sich solche Regelungen nicht finden, kann auf die im Schrifttum zur Diskussion gestellten allgemeinen Regelungsgrundsätze für Fälle kollidierender Gesetze zurückgegriffen werden. Ungeachtet dessen, dass die allgemeinen Grundsätze nur dann herangezogen werden können, wenn keine geschriebenen Regelungen zur Auflösung der Kollision existieren, ist ihre Anwendung im vorliegenden Konfliktfeld auch aus anderen Gründen abzulehnen. Der Grundsatz, wonach das UN-Kaufrecht als das „qualitativ bessere“ Gesetz vorrangig sei, vermag schon dogmatisch nicht zu überzeugen, da dem deutschen Recht ein solcher Vorrang des besseren Rechts fremd ist.49 Darüber hinaus ist nicht erkennbar, anhand welcher Kriterien diese Wertung vorgenommen worden ist oder vorgenommen werden sollte. Die Regel, wonach das später erlassene Gesetz bzw. das später gezeichnete Übereinkommen vorrangig ist (lex posterior-Regel), würde zu unterschiedlichen Ergebnissen in den verschiedenen Ländern führen, abhängig davon, wann das jeweilige Land dem Übereinkommen beigetreten bzw. Mitglied der EU geworden ist:50 In Staaten, die erst das Wiener Übereinkommen gezeichnet haben und dann der europäischen Union beigetreten sind, würde das Recht europarechtlicher Herkunft vorrangig sein, weil dieses als das spätere Gesetz anzusehen ist. In Staaten, die bereits Mitglied der Europäischen Union waren, als sie das UN-Kaufrecht in ihr Recht transformierten, käme dem UN-Kaufrecht als dem späteren Gesetz der Vorrang zu. Die vorrangige Rechtsordnung würde sogar innerhalb der einzelnen Staaten variieren: Richtlinien, die vor dem Inkrafttreten des UN-Kaufrechts umgesetzt worden sind, würden durch das Übereinkommen verdrängt, solche, die erst nach diesem Zeitpunkt umgesetzt worden sind bzw. umgesetzt werden, hätten dagegen Vorrang vor dem UN-Kaufrecht. ___________ 49 50

W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412. Janssen, VuR 1999, 324, 326; ders., EuLF 2002 (D), 181, 182 f.; Wartenberg 23.

C. Kollision von UN-Kaufrecht und §§ 478, 479 BGB

299

Die Bestimmung des anwendbaren Regelungskomplexes hinge damit nicht vom jeweiligen Gehalt der Normen, sondern einzig davon ab, wann sie erlassen worden sind. Die Anwendung der lex posterior-Regel führt im vorliegenden Kollisionsfall mithin zu uneinheitlichen und willkürlichen Ergebnissen und ist daher abzulehnen. Der Spezialitätsgrundsatz schließlich kann zwar nicht auf alle Kollisionen zwischen dem auf Richtlinien basierenden Recht und dem UN-Kaufrecht angewandt werden, da letzteres nicht alle der in den Sekundärrechtsakten erfassten Fälle beinhaltet.51 Allerdings lässt sich argumentieren, dass der Grundsatz zur Auflösung der vorliegenden Kollision heranzuziehen ist, weil beide Regelunsgkomplexe Vorschriften enthalten, die dem Regressgläubiger Ansprüche gegen seinen Verkäufer einräumen. Das UN-Kaufrecht ist dabei insofern spezieller, als es nicht für die Abwicklung aller, sondern nur für die Abwicklung grenzüberschreitender Warenverträge Regeln aufstellt. Es fände damit vorrangig vor den §§ 478, 479 BGB Anwendung.52 Auch der Spezialitätsgrundsatz tritt aber hinter den Kollisionsnormen zurück, die in den jeweiligen Regelungskomplexen selbst enthalten sind. Bevor also weiter auf ihn einzugehen ist, muss genauer beleuchtet werden, inwieweit das UN-Kaufrecht, das BGB oder die Richtlinien Regelungen zur Auflösung der Kollision von UN-Kaufrecht und den §§ 478, 479 BGB enthalten.

b) Kollisionsnormen im UN-Kaufrecht Im UN-Kaufrecht findet sich in Art. 90 CISG eine Regelung für die Fälle, in denen der Regelungskomplex mit anderen völkerrechtlichen Übereinkommen kollidiert. Danach geht „dieses Übereinkommen [...] bereits geschlossenen oder in Zukunft zu schließenden völkerrechtlichen Übereinkünften, die Bestimmungen über in diesem Übereinkommen geregelte Gegenstände enthalten, nicht vor, sofern die Parteien ihre Niederlassung in Vertragsstaaten einer solchen Übereinkunft haben.“

Die Richtlinien der Europäischen Union und das auf ihnen basierende nationale Recht sind aber – anders als EG-Verordnungen53 und der EG-Vertrag selbst54 – keine völkerrechtlichen Übereinkünfte im Sinne des Art. 90 CISG.55 ___________ 51 AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 29; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412; Janssen, VuR 1999, 324, 326; ders., EuLF 2002 (D), 181, 182; Mittmann 45; Schurr, ZfRV 1999, 222, 225; Wartenberg 22. 52 Herber, IHR 2004, 89, 93; anders wohl Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 88. 53 MünchKomm/Huber Art. 90 CISG Rn. 2; Witz, in: Witz/Salger/ Lorenz, Art. 90 CISG Rn. 3. 54 Herber/Czerwenka Art. 90 CISG Rn. 4.

300

3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

Um den auf Richtlinien basierenden Vorschriften Vorrang einzuräumen, können die Vertragsstaaten allerdings einen entsprechenden Vorbehalt nach Art. 94 CISG erklären. Ausweislich dieser Vorschrift können „zwei oder mehrere Vertragsstaaten, welche gleiche oder einander sehr nahekommende Rechtsvorschriften für Gegenstände haben, die in diesem Übereinkommen geregelt werden, [...] jederzeit erklären, dass das Übereinkommen auf Kaufverträge und ihren Abschluss keine Anwendung findet, wenn die Parteien ihre Niederlassung in diesen Staaten haben.“

Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei diesen Staaten um Mitgliedsstaaten handelt oder nicht.56 Ein solcher Vorbehalt ist jedoch hinsichtlich der auf Richtlinien basierenden Vorschriften von Deutschland nicht erklärt worden. Es bleibt daher dabei, dass das UN-Kaufrecht vorrangig vor diesen Regelungen anzuwenden ist. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Art. 90 CISG in analoger Anwendung auch die Sekundärrechtsakte der Gemeinschaft erfasst. Dies ist allerdings nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen einer Analogie sind nicht gegeben. Zwar findet Art. 90 CISG keine Anwendung auf Richtlinien. Dies stellt aber keine planwidrige Regelungslücke dar, weil die Mitgliedstaaten den Vorrang des auf Grund von Richtlinien angeglichenen Rechts vor dem UNKaufrecht dadurch erreichen können, dass sie einen entsprechenden Vorbehalt nach Art. 94 CISG erklären.57 Diese Möglichkeit werden die Mitgliedstaaten für die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auch erkannt haben. Schließlich ist diese eng an das UN-Kaufrecht angelehnt bzw. diesem sogar nachgebildet.58 Für eine analoge Anwendung des Art. 90 CISG bleibt daher kein Raum. ___________ 55

AnwKomm/Pfeiffer Art. 1 RL Rn. 29; Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 89 f.; W. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1412; Herber, IHR 2004, 89, 92 (in Abkehr seiner bisherigen Ansicht); Janssen, VuR 1999, 324, 326 f.; ders., EuLF 2002 (D), 181, 183; Magnus, ZEuP 1999, 642, 646 f.; Mittmann 37 ff.; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 134; MünchKomm/Huber Art. 90 CISG Rn. 2; Piltz, IHR 2002, 2, 4; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 90 CISG Rn. 3; Staudinger/Magnus, Art. 90 CISG Rn. 4; Stürner, BB 2006, 2029, 2033; Wartenberg 23, 44 ff.; siehe auch Schurr, ZfRV 1999, 222, 225; anders Witz, in: Witz/Salger/Lorenz, Art. 90 CISG Rn. 3. 56 Für Nichtmitgliedstaaten, die dem Übereinkommen beitreten, ist allerdings Art. 90 Abs. 3 CISG zu berücksichtigen. 57 Herber, IHR 2004, 89, 92 f.; Janssen, VuR 1999, 324, 327; Mittmann 39 ff.; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 136; Piltz, IHR 2002, 2, 4. 58 Das UN-Kaufrecht wird vielfach als Auslegungshilfe der Richtlinie herangezogen; vgl. Heiderhoff 217 f.; Höffe 10; Lehr/Wendel, EWS 1999, 321, 322; St. Lorenz, FS Jayme 533; Tonner, BB 1999, 1769, 1770; siehe auch Hänlein, DB 1999, 1641; Schäfer/ Pfeiffer, ZIP 1999, 1829; Schiller, PHi 1999, 118, 120; Staudenmayer, in: Grundmann/ Medicus/Rolland, 27, 32 f.; ders., NJW 1999, 2393 f.; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725. Dagegen sehen es Grundmann, in: Grundmann/Bianca, Einl. Rn. 6, und Medicus, ZIP 1996, 1925, als problematisch an, dass der Verbraucherschutz mit einem Recht für Gewerbetreibende, das nur im grenzüberschreitenden Sachverhalt zur Anwen-

C. Kollision von UN-Kaufrecht und §§ 478, 479 BGB

301

Nach den Kollisionsnormen des Wiener Übereinkommens gehen die Regelungen des UN-Kaufrechts daher den Vorschriften vor, die auf Grund von Richtlinien in das unvereinheitlichte nationale Recht übernommen wurden, also auch den §§ 478, 479 BGB.

c) Kollisionsrechtliche Absicherung aus Sicht des europäischen Rechts Die Nichtanwendung der europäischen Verbraucherschutzregelungen im Anwendungsbereich des Wiener Überkommens bedeutet aber möglicherweise eine Verletzung der Umsetzungspflicht. Denn die neueren Verbraucherschutzrichtlinien – einschließlich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – enthalten nicht nur Vorgaben für rein nationale Sachverhalte, sondern darüber hinaus auch eine kollisionsrechtliche Absicherung des von ihnen geforderten Mindestschutzes. Nach dem im vorliegenden Konflikt maßgeblichen Art. 7 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie haben „die Mitgliedstaaten [...] die erforderlichen Maßnahmen [zu treffen], damit dem Verbraucher der durch diese Richtlinie gewährte Schutz nicht dadurch vorenthalten wird, dass das Recht eines Nichtmitgliedstaats als das auf den Vertrag anzuwendende Recht gewählt wird, sofern dieser Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Mitgliedstaaten aufweist.“

Die Mitgliedsstaaten müssen also verhindern, dass die von ihnen umzusetzenden Vorgaben durch die Anwendung einer anderen Rechtsordnung verdrängt werden. Dies gilt allerdings nur für die Vorgaben, die der europäische Gesetzgeber zwingend vorschreibt, das heißt gerade nicht für den in Art. 4 der Richtlinie vorgeschriebenen Regress.59 Denn bereits in rein nationalen Sachverhalten ist es nach den Bestimmungen des europäischen Gesetzgebers möglich, durch vertragliche Vereinbarungen auf das von den Mitgliedstaaten gewährte effektive Rückgriffsrecht zu verzichten. Eine Abbedingung muss daher erst Recht in internationalen Sachverhalten, etwa durch die Wahl eines ausländischen Rechts, möglich sein. Der durch Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie gewährte kollisionsrechtliche Schutz erstreckt sich nicht auf die Regressvorgabe in Art. 4 des Sekundärrechtsakts. Diese Bestimmung enthält – auch hinsichtlich der Effektivität des Rückgriffs – lediglich eine Vorgabe für nationale, nicht aber für internationale Sachverhalte. Den auf Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie basierenden Regressvorschriften kommt demnach kein aus der Richtlinie herzuleitender Anwendungsbefehl in grenzüberschreitenden Fällen zu. Unabhängig davon, ob ___________ dung kommt, vereinbar sein soll; ähnlich auch Bradgate/Twigg-Flesner 7; Junker, DZWir 1997, 271, 277 f.; Schlechtriem, JZ 1997, 441, 442 f. 59 Dieser ist nämlich auf europäischer Ebene dispositiv; vgl. 1. Teil, 1. Kapitel A. III.

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3. Teil, 2. Kap.: Der Regress unter dem UN-Kaufrecht

der Rückgriff nach den Vorschriften des Wiener Übereinkommens den europäischen Vorgaben in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie entspricht, liegt also kein Verstoß gegen die Umsetzungspflicht vor, wenn die deutschen Umsetzungsnormen der §§ 478, 479 BGB durch die Bestimmungen des UNKaufrechts verdrängt werden.60

d) Kollisionsrechtlicher Schutz durch nationale Kollisionsnormen Ein Vorrang der §§ 478, 479 BGB ließe sich damit nur noch auf Grund eines Anwendungsbefehls des deutschen Gesetzgebers erreichen, der dem Anwendungsbefehl aus Art. 1 CISG vorgeht. Ein solcher ergibt sich aber noch nicht allein daraus, dass es sich bei den §§ 478, 479 BGB um (faktisch) zwingende Vorschriften des nationalen Rechts handelt.61 Erforderlich ist vielmehr, dass diesen Normen tatsächlich ein Anwendungsbefehl zu entnehmen ist oder sie auf Grund der kollisionsrechtlichen Schutznormen des deutschen Rechts zur Anwendung berufen werden. Wie im nächsten Kapitel noch genauer ausgeführt werden wird, unterfallen die §§ 478, 479 BGB aber weder den verbraucherschützenden Sonderanknüpfungen, mit Hilfe derer nationale Normen auch auf internationale Sachverhalte zur Anwendung gebracht werden,62 noch handelt es sich bei den Vorschriften um zwingende Regelungen im Sinne des Art. 34 EGBGB63 oder um einen Bestandteil des deutschen ordre public.64 Ein Vorrang der deutschen Regressnormen ergibt sich daher auch nicht auf Grund eines Anwendungsbefehls des deutschen Gesetzgebers.

IV. Ergebnis Festhalten lässt sich damit, dass die Regelungen des UN-Kaufrechts den Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB vorgehen. Im Anwendungsbereich des Übereinkommens richtet sich der Rückgriff nach den Gewährleistungsvorschriften, die dieser Regelungskomplex bereithält. Darin liegt kein Verstoß gegen die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

___________ 60

Anders Schillo, IHR 2003, 257, 267. Im Ergebnis ebenso Piltz, IHR 2002, 2, 4 f.; ders., AW-Prax 2002, 259, 260 f.; Regular/Kannowski, IHR 2004, 45, 51; siehe auch Janssen, VuR 1999, 324, 325. 62 Vgl. 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. und C. I. 1., II. 1. 63 Hierzu im Einzelnen 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 3. und C. II. 2. 64 Siehe hierzu 1. Teil, 3. Kapitel B. II. 4. und C. III. 61

D. Zusammenfassung

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D. Zusammenfassung Im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts, also dann, wenn die beiden jeweils beteiligten Unternehmer ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben oder die deutschen Kollisionsnormen das Recht eines Vertragsstaates zur Anwendung berufen und dieser Regelungskomplex nicht abbedungen ist, richtet sich der Rückgriff innerhalb der Regresskette nach den Bestimmungen dieses vereinheitlichten Rechts. Danach kann der Regressgläubiger nur im Rahmen der allgemeinen Gewährleistungsregelungen Rückgriff nehmen. Er steht dadurch schlechter als bei Anwendung der §§ 478, 479 BGB. Denn die Regelungen des UN-Kaufrecht sind auch im Falle eines Rückgriffs dispositiv. Darüber hinaus stehen dem Regressgläubiger weder beweis- noch verjährungsrechtliche Erleichterungen zu. Da die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nur regressrechtliche Vorgaben für nationale Sachverhalte enthält und die Bestimmung in Art. 4 der Richtlinie nicht von dem kollisionsrechtlichen Schutz des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie erfasst wird, liegt kein Verstoß gegen den europäischen Sekundärrechtsakt vor.

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3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

3. Kapitel

Der Regress im Anwendungsbereich des deutschen Kollisionsrechts Unterliegt ein grenzüberschreitender Vertrag nicht den Regelungen des UNKaufrechts, bestimmt sich das anwendbare Recht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts.

A. Ermittlung des Vertragsstatuts Regressansprüche sind nach deutschem Verständnis als vertragliche Ansprüche zu qualifizieren und unterliegen daher dem Recht, das zur Anwendung auf den Vertrag zwischen Regressgläubiger und Regressschuldner berufen ist, dem sog. Vertragsstatut.65 Dieses ermittelt ein deutsches Gericht anhand der Art. 27 ff. EGBGB. Danach bestimmt sich die auf den Regress anwendbare Rechtsordnung vorrangig nach dem von den Parteien gewählten Recht (subjektive Anknüpfung) und sekundär nach dem Recht der engsten Verbindung (objektive Anknüpfung).

B. Subjektive Anknüpfung I. Grundsatz der Parteiautonomie Nach Art. 27 Abs. 1 S. 1 EGBGB „unterliegt [der Vertrag] dem von den Parteien gewählten Recht“. Als wählbare Rechtsordnungen kommen dabei nicht nur die in Betracht, die einen Bezug zu dem jeweiligen Rechtsgeschäft aufweisen. Vielmehr kann auch eine Rechtsordnung gewählt werden, zu der die Parteien keinen Bezug haben, die also quasi neutral ist.66 Gemäß Art. 27 Abs. 1 S. 3 EGBGB ist es zudem möglich, die Anwendung eines bestimmten Rechts nicht für den ganzen Vertrag, sondern nur für einen Teil des Vertrages zu vereinbaren. Voraussetzung einer solchen Teilrechtswahl ist allerdings, dass der entsprechende Vertragsteil vom restlichen Vertrag ab___________ 65 So auch Gruber, NJW 2002, 1180, 1181; St. Lorenz, FS Jayme 533, 542; Staudinger, ZGS 2002, 63; im Ergebnis auch Schultze-Melling 99 ff. 66 Erman/Hohloch Art. 27 EGBGB Rn. 7 f.; Looschelders Art. 27 EGBGB Rn. 11; Mankowski, RIW 2003, 2, 4 f.; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 22; Palandt/Heldrich Art. 27 EGBGB Rn. 3; Rauscher 238; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 63; von Hoffmann/Thorn 433.

B. Subjektive Anknüpfung

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trennbar ist, es durch die Rechtswahl also nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen kommt.67 Versteht man den Regress als Geltendmachung der Gewährleistungsrechte des Regressgläubigers gegen den Regressschuldner, nachdem er seinerseits von einem Abkäufer in Anspruch genommen worden ist, ist die Möglichkeit der Abspaltung und damit der Teilrechtswahl gegeben. Denn die Folgen einer Leistungsstörung sind unproblematisch als eigenständiger Teil des Vertrages zu verstehen. Der Lieferant – und jeder weitere Verkäufer in der Regresskette – kann mithin das anwendbare Recht grundsätzlich frei wählen. Dabei ist es auch möglich, nur die regressrechtlichen Fragen dem gewählten Vertragsstatut zu unterstellen. Der Regressschuldner kann demnach die Anwendung der für ihn ungünstigen, faktisch zwingenden §§ 478, 479 BGB umgehen, indem er für die rechtliche Beurteilung seiner vertraglichen Beziehungen – zumindest hinsichtlich des Rückgriffs – nicht das deutsche, sondern ein ausländisches Recht wählt.

II. Schranken der Parteiautonomie – Möglichkeiten der Anwendung der §§ 478, 479 BGB trotz der Vereinbarung ausländischen Rechts Die Rechtswahl unterliegt hinsichtlich ihrer Wirkungen aber gewissen Schranken, die dazu führen, dass das gewählte Recht nicht uneingeschränkt zur Anwendung kommt. Die Grenzen der Parteiautonomie ergeben sich dabei aus verschiedenen rechtspolitischen Erwägungen und haben eine unterschiedliche Zielsetzung. Nicht zuletzt deswegen variieren sie stark in ihrer konkreten Ausgestaltung und dogmatischen Einordnung. Es lassen sich vier Fallgruppen unterscheiden. Erstens findet sich eine Schranke in Art. 27 EGBGB selbst. Der deutsche Gesetzgeber will mit der Regelung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB verhindern, dass seine zwingenden Vorschriften dann abgewählt werden, wenn es sich um einen rein nationalen Sachverhalt handelt oder wenn ein nichtstaatliches Recht gewählt wird. Zweitens wird die Parteiautonomie auf Grund von Verbraucherschutzüberlegungen eingeschränkt: Nach Art. 29 EGBGB darf einem Verbraucher durch die Rechtswahl nicht der ihm durch die zwingenden Bestimmungen seines Aufenthaltsortes zukommende Schutz entzogen werden. Nach Art. 29a EGBGB sind – bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser ___________ 67 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 27 EGBGB Rn. 27; Hk-BGB/Staudinger Art. 27 EGBGB Rn. 8; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 94; ähnlich Kropholler, IPR 462 f.; Rauscher 239 f. Eine solche Teilrechtswahl ist allerdings in praxi selten, da sie zu einer Zersplitterung der vertraglichen Beziehungen führt, die von den Parteien in aller Regel nicht gewollt ist; siehe Junker, IPR Rn. 350; Kropholler, IPR 462 f.; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 91. An die Verneinung der Abspaltung sind zudem hohe Anforderungen zu stellen; vgl. Erman/Hohloch Art. 27 EGBGB Rn. 21; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 71.

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3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

Norm – die Bestimmungen zur Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien auch dann anzuwenden, wenn die Parteien die Anwendung eines Drittstaatenrechts vereinbart haben. Drittens kann durch eine Rechtswahl nicht die Anwendung der sog. Eingriffsnormen, also der Vorschriften verhindert werden, die auch international zwingende Geltung beanspruchen (Art. 34 EGBGB). Denn diese Schutzvorschriften sollen unabhängig von der gewählten Rechtsordnung auf internationale Sachverhalte Anwendung finden. Viertens findet sich eine Schranke in der ordre public-Klausel. Die deutsche Rechtordnung untersagt die Anwendung des gewählten Rechts dann, wenn das dadurch gefundene Ergebnis nicht mit den Grundprinzipien des deutschen Rechts vereinbar ist.

1. Immanente Schranken des Art. 27 EGBGB Der Art. 27 EGBGB gestattet den Parteien keine uneingeschränkt wirksame Rechtswahl. Die Norm schränkt den Grundsatz der Parteiautonomie in zweierlei Hinsicht ein.

a) Beschränkung durch Art. 27 Abs. 3 EGBGB Die Parteiautonomie unterliegt der Grenze des Art. 27 Abs. 3 EGBGB, wonach durch eine Rechtswahl in reinen Binnensachverhalten diejenigen inländischen Normen nicht abbedungen werden dürfen, „von denen nach dem Recht jenes Staates durch Vertrag nicht abgewichen werden kann (zwingende Bestimmungen)“. Weist der Vertrag also – abgesehen von der Wahl des ausländischen Rechts – ausschließlich Bezüge zum deutschen Recht auf, deutet also keines der in Art. 28 EGBGB genannten Merkmale auf eine andere Rechtsordnung,68 finden die zwingenden Bestimmungen des deutschen Rechts trotz der Rechtswahl Anwendung. Zwingende Bestimmungen im Sinne der Vorschrift sind dabei die Normen, die innerhalb der jeweiligen Rechtsordnung nicht abdingbar sind, von denen die Parteien also materiellrechtlich nicht abweichen können.69 Auf ihren internationalen Geltungswillen kommt es – anders als bei Art. 34 EGBGB – nicht an. ___________ 68 Erman/Hohloch Art. 27 EGBGB Rn. 26; Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 130; Kropholler, IPR 466 Fn. 49, 299; Rauscher 265; Soergel/von Hoffmann Art. 27 EGBGB Rn. 87 ff.; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 121 ff. 69 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 27 EGBGB Rn. 32; Hay 132; Leible, in: SchulteNölke/Schulze, 353, 360; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 89, 98; Rauscher 265; Soergel/von Hoffmann Art. 27 EGBGB Rn. 85; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 130; von Bar, IPR II Rn. 452; von Hoffmann/Thorn 434.

B. Subjektive Anknüpfung

307

aa) Dispositive, de facto zwingende Rechtsnormen Die Regressregelungen in den §§ 478, 479 BGB sind zwar grundsätzlich dispositiv ausgestaltet. Denn § 478 Abs. 4 BGB bestimmt, dass sich der Lieferant lediglich auf solche Vereinbarungen nicht berufen kann, die vor Mitteilung eines Mangels an diesen getroffen wurden und die zum Nachteil des Letztverkäufers von den Regress- und Mangelgewährleistungsvorschriften abweichen, ohne dass ihm ein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Durch das Erfordernis eines gleichwertigen Ausgleichs werden sie aber de facto zwingendes Recht.70 Auch faktisch zwingende Normen, wie die §§ 478, 479 BGB, müssen aber von Art. 27 Abs. 3 EGBGB erfasst werden.71 Denn für die Anwendung dieser Regelung ist nicht entscheidend, dass die Bestimmungen im materiellen Recht als zwingend bezeichnet sind, sondern dass sich ihr zwingender Charakter durch Auslegung ergibt.72

bb) Halbzwingendes Recht Die §§ 478, 479 BGB sind zudem nur halbzwingendes Recht: Dem Regressschuldner ist die Abbedingung der gesetzlichen Regelungen nur dann untersagt, wenn diese für den Regressgläubiger nachteilig ist. Stellt die vertragliche Vereinbarung dagegen einen gleichwertigen Ausgleich zur gesetzlichen Regelung dar oder begünstigt sie gar den Regressgläubiger, ist sie zulässig. Die Statuierung lediglich halbzwingenden Rechts ist im Rahmen des Art. 27 Abs. 3 EGBGB zu berücksichtigen: Solche Normen können sich nicht ohne Weiteres gegen die anderslautende Rechtswahl durchsetzen.73 Sie sind vielmehr nur dann als zwingende Vorschriften im Sinne des Art. 27 Abs. 3 EGBGB einzuordnen, wenn sie einer Vertragspartei für den konkreten Fall tatsächlich die Abbedingung der gesetzlichen Vorschriften verbieten. Die Regressnormen sind dementsprechend nur dann als zwingende Vorschriften einzustufen, wenn die Wahl der ausländischen Rechtsordnung vor Mitteilung des Mangels erfolgt und die gewählte Rechtsordnung weder einen gleichwertigen Ausgleich im Sinne des § 478 Abs. 4 BGB noch eine Abweichung von den §§ 478, 479 BGB zu Gunsten des Letztverkäufers enthält. ___________ 70

Siehe 1. Teil, 3. Kapitel E. I. 1. So im Ergebnis auch Höpker 355; St. Lorenz, FS Jayme 533, 543, 547; siehe auch Wind 331 f. 72 Erman/Hohloch Art. 27 EGBGB Rn. 26; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 89. 73 So aber scheinbar St. Lorenz, FS Jayme 533, 543, 547, MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 10; Staudinger, IPRax 2001, 183, 184 (am Beispiel des § 449 Abs. 1 S. 1 HGB). 71

308

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

Diese Feststellung ist nur durch einen Günstigkeitsvergleich der deutschen mit den gewählten ausländischen Regressregelungen möglich. Zwar wird bei der Anwendung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB ein Günstigkeitsvergleich grundsätzlich abgelehnt und die zwingende Vorschrift des deutschen Rechts auch dann angewandt, wenn die Anwendung der ausländischen Rechtsordnung für den Vertragspartner günstiger wäre.74 Dies ergibt sich aber daraus, dass eine zwingende Norm die vertragliche Gestaltung des Rechtsverhältnisses materiellrechtlich insgesamt und unabhängig davon verbietet, ob die vertragliche Vereinbarung für die schutzbedürftige Partei einen Vorteil darstellt oder nicht. Bei halbzwingenden Normen dagegen ist schon auf materiellrechtlicher Ebene ein Günstigkeitsvergleich zwischen der gesetzlichen und der vertraglichen Regelung vorzunehmen. Stellt sich dabei heraus, dass die vertragliche Abweichung für die schutzbedürftige Partei nicht nachteilig ist, regelt sich das Verhältnis nach den vertraglichen Vereinbarungen und nicht nach den gesetzlichen Vorschriften. Gleiches muss auch im Rahmen des Art. 27 Abs. 3 EGBGB gelten. Auch hier muss die gesetzliche Rechtslage mit der Vereinbarung, hier der gewählten Rechtsordnung, verglichen werden. Schließlich stellt die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung nichts anderes dar, als eine von der gesetzlichen (deutschen) Regelung abweichende vertragliche Vereinbarung. Die Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB sind daher nur dann als zwingende Bestimmungen im Sinne des Art. 27 Abs. 3 EGBGB anzusehen, wenn die gewählte ausländische Rechtsordnung keinen gleichwertigen Ausgleich im Sinne des § 478 Abs. 4 BGB gewährt und zum Nachteil des Regressgläubigers von den §§ 478, 479 BGB abweicht. Nur in diesen Fällen setzen sich die deutschen Regressnormen gegenüber der gewählten Rechtsordnung durch. Da diese im Vergleich zu den Regressregelungen vieler anderer Staaten allerdings sehr streng sind, wird die Wahl eines ausländischen Rechts häufig dazu führen, dass der Regressgläubiger durch die Rechtswahl benachteiligt wird und infolgedessen die §§ 478, 479 BGB Anwendung finden.

b) Wahl staatlichen Rechts Darüber hinaus bleiben – unabhängig vom Vorliegen eines Binnensachverhalts – in den Fällen, in denen die Parteien nichtstaatliche Regelungswerke, wie etwa die UNIDROIT-Prinzipien75, die lex mercatoria76 oder die Prinzipien des ___________ 74

Vgl. etwa Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 130. Siehe hierzu Frick, RIW 2001, 416 ff.; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 33; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 48. 76 Siehe hierzu Mankowski, RIW 2003, 2, 12 ff.; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 35 ff.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 72 f.; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 49, Sturm/Sturm, Einl. IPR Rn. 102 ff. 75

B. Subjektive Anknüpfung

309

europäischen Vertragsrechts (PECL)77, zur Grundlage des Vertrages machen, die zwingenden Bestimmungen des Vertragsstatuts, also des (staatlichen) Rechts, das ohne die vorgenommene Wahl auf die vertraglichen Beziehungen Anwendung fände, grundsätzlich anwendbar.78 Die Parteien können daher durch die Wahl nichtstaatlichen Rechts die Anwendung der – ohne die Wahl berufenen – §§ 478, 479 BGB dann nicht verhindern, wenn das nichtstaatliche Recht keinen den Regressnormen des deutschen Rechts vergleichbaren Schutz gewährt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien ihre Streitigkeiten nicht der staatlichen, sondern der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellen. Denn nach § 1025 Abs. 3 S. 1 ZPO ist vor Schiedsgerichten die kollisionsrechtliche Wahl nichtstaatlichen Rechts möglich.79 Hier fänden die §§ 478, 479 BGB daher keine Anwendung.

c) Ergebnis Die §§ 478, 479 BGB finden im Falle einer Rechtswahl zu Gunsten eines ausländischen Rechts grundsätzlich zum einen dann Anwendung, wenn es sich um einen rein nationalen Sachverhalt im Sinne des Art. 27 Abs. 3 EGBGB handelt, zum anderen, wenn die Parteien ein nichtstaatliches Recht gewählt haben und ihren Rechtsstreit nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellen.

2. Beschränkungen der Rechtswahl auf Grund von Verbraucherschutzüberlegungen – Anwendung der §§ 478, 479 BGB über Art. 29, Art. 29a (analog) EGBGB Eine weitere Schranke findet die Parteiautonomie in dem kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzgedanken. Dabei ist zwischen Art. 29 EGBGB und Art. 29a EGBGB zu unterscheiden. Während die erste Kollisionsnorm die verbraucherschützenden Wertungen des EVÜ übernimmt, das Deutschland durch die Art. 27 bis 37 EGBGB inkorporiert hat, setzt die zweite die europarechtlichen Vorgaben der verbraucherschützenden Richtlinien um.

___________ 77

Siehe hierzu Zimmermann, Jura 2005, 289 ff. Kropholler, IPR 464 f.; Looschelders Art. 27 EGBGB Rn. 12; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 33; von Bar, IPR II Rn. 425; von Hoffmann/Thorn 433. 79 Kropholler, IPR 465; Looschelders Art. 27 EGBGB Rn. 12; Mankowski, RIW 2003, 2, 12; siehe auch Brödermann/Rosengarten Rn. 643 f. 78

310

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

a) Art. 29 EGBGB Nach Art. 29 Abs. 1 EGBGB können die Parteien – ähnlich wie in reinen Binnensachverhalten – durch die Rechtswahl nicht die Geltung der zwingenden Bestimmungen des Staates abbedingen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies gilt allerdings nur, wenn die Normen der gewählten Rechtsordnung hinter dem Schutzstandard der zwingenden Bestimmungen des Aufenthaltsstaates zurückbleiben. Sind sie für den Verbraucher dagegen günstiger, beurteilt sich der Sachverhalt nach den Vorschriften des gewählten Rechts. Um das für den Verbraucher günstigere Recht zu ermitteln, sind die beiden Rechtsordnungen hinsichtlich der Ergebnisse im konkreten Fall miteinander zu vergleichen (Günstigkeitsprinzip).80 Die Kollisionsnorm des Art. 29 Abs. 1 EGBGB kann allerdings nicht die §§ 478, 479 BGB zur Anwendung berufen. Unabhängig davon, ob der Vertrag unter den in Nr. 1 bis 3 der Norm genannten Umständen zustande gekommen ist – was bei Verträgen innerhalb einer Vertriebskette ohnehin unwahrscheinlich ist –, liegen die Voraussetzungen der Kollisionsnorm im Regressfall nicht vor. Denn Art. 29 Abs. 1 EGBGB setzt voraus, dass es sich bei dem Berechtigten um eine Person handelt, die den Vertrag nicht im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit schließt, die also Verbraucher ist. Regressschuldner im Sinne der §§ 478, 479 BGB kann aber nur sein, wer Unternehmer im Sinne des § 14 BGB und damit gerade nicht Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist. Zwar greift die Verbraucherdefinition in § 13 BGB nicht ohne Weiteres auch für den Art. 29 EGBGB, da der Begriff innerhalb des EVÜ und damit auch für Art. 29 EGBGB autonom zu bestimmen ist. Allerdings decken sich die Definitionen in den beiden Regelungskomplexen, so dass die Verbrauchereigenschaft auch im IPR bejaht werden muss, wenn sie für das materielle Recht festgestellt wurde.81 Weder der Letztverkäufer noch ein anderer Käufer der Regresskette ist mithin vom personalen Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB erfasst. Die Kollisionsnorm lässt sich auch nicht im Rahmen einer analogen Anwendung auf Unternehmer erstrecken.82 Eine Analogiebildung ist schon auf Grund ___________ 80 Erman/Hohloch Art. 29 EGBGB Rn. 17; Hk-BGB/Staudinger Art. 29 EGBGB Rn. 1; Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 130 f.; Mäsch 32 ff.; Kropholler, IPR 484; Rauscher 253; Siehr 150; Staudinger/Magnus Art. 29 EGBGB Rn. 100, 106 ff.; von Bar, IPR II Rn. 442; von Hoffmann/Thorn 453. 81 Im Ergebnis auch Kropholler, IPR 481 f.; Rauscher 248; von Hoffmann/Thorn 451 f. 82 St. Lorenz, FS Jayme 533, 544; Mankowski, RIW 1998, 287, 288 f.; Palandt/Heldrich Art. 27 EGBGB Rn. 3; Rauscher 252; im Ergebnis auch MünchKomm/Martiny Art. 29 Rn. 7 f.; Soergel/von Hoffmann Art. 29 EGBGB Rn. 13; Staudinger/Magnus Art. 29 EGBGB Rn. 31.

B. Subjektive Anknüpfung

311

des Ausnahmecharakters der Norm ausgeschlossen.83 Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen einer analogen Anwendung nicht vor: Art. 29 EGBGB dient dem kollisionsrechtlichen Schutz des Verbrauchers als der schwächeren Vertragspartei. Eine solche Schutzbedürftigkeit ist bei einem Unternehmer nicht gegeben. Die Beschränkung des Art. 29 EGBGB auf Verbraucher entspricht daher sowohl dem Plan des Gesetzgebers als auch der Teleologie der Vorschrift. Die Anwendung der §§ 478, 479 BGB bei der Wahl eines ausländischen Vertragsstatuts kommt mithin über Art. 29 Abs. 1 EGBGB nicht in Betracht.84

b) Art. 29a EGBGB aa) Regelungsgehalt der Norm Die deutschen Regressnormen sind in den Fällen, in denen sich der Sachverhalt auf Grund einer Rechtswahl grundsätzlich nach einem ausländischen Recht richtet, möglicherweise über Art. 29a Abs. 1 EGBGB anwendbar. Durch diese Norm soll gewährleistet werden, dass der europäische Schutzstandard, den die Verbraucherschutzrichtlinien statuieren, nicht durch die Wahl eines sog. Drittstaatenrechts ausgeschlossen wird, wenn der Vertrag einen engen Zusammenhang zu einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums aufweist. Die Regelung ist damit – bezogen auf den Bereich der europäischen Gemeinschaft – mit Art. 27 Abs. 3 EGBGB vergleichbar85 und setzt die kollisionsrechtlichen Vorgaben der Klauselrichtlinie,86 der Richtlinie zum Schutze der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien,87 der

___________ 83 St. Lorenz, FS Jayme 533, 544; Mankowski, RIW 1998, 287, 288 f.; Palandt/Heldrich Art. 27 EGBGB Rn. 3; Rauscher 252. 84 So auch Höpker 355 f.; St. Lorenz, FS Jayme 533, 543, 544; siehe auch Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 92. 85 Leible, in: Schulte-Nölke/Schulze, 353, 369; Reithmann/Martiny/Freitag Rn. 419; siehe auch Paefgen, ZEuP 2003, 266, 289 f. 86 Richtlinie 93/13/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG 1993 Nr. L 95, S. 29 ff. 87 Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten, ABl. EG 1994 Nr. L 280, S. 83 ff.

312

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

Fernabsatzrichtlinie,88 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher89 um. Sie ist – anders als die anderen Vorschriften im ersten Unterabschnitt des fünften Abschnitts – nicht aus dem EVÜ übernommen worden.90 Für sie gilt dementsprechend nicht das in Art. 36 EGBGB normierte Gebot der einheitlichen Auslegung, sondern das der richtlinienkonformen Auslegung anhand der in den entsprechenden Richtlinien enthaltenen Vorgaben.91 Der Art. 29a EGBGB beruft nicht die Richtlinie selbst, sondern das jeweilige nationale Recht zur Anwendung, das ihrer Umsetzung dient.92 Weist der Vertrag einen engen Zusammenhang zu verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums auf,93 ist dies das Recht des Staates, zu dem der Sachverhalt die engste Verbindung hat.94 Das nationale Recht findet sowohl dann Anwendung, wenn seine Regelungen über das europäische Mindestschutzniveau hinausgehen,95 als auch dann, wenn das gewählte Drittstaatenrecht im Ergebnis des konkreten Falls für den Verbraucher ___________ 88 Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 Nr. L 144, S. 19 ff. 89 Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/916/EWG des Rates und der Richtlinie 97/77/EG und 98/77/EG, ABl. EG 2002 Nr. L 271, S. 16 ff. 90 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 29a EGBGB Rn. 6; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 1; MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 9, bezeichnen die Vorschrift als „Fremdkörper“. Die Probleme des Nebeneinanders von Richtlinienkollisionsrecht und EVÜ sollen durch das Grünbuch behoben werden; siehe dazu Ehle, GPR 2003-04, 49, 50, 51; zum Grünbuch allgemein Martiny, ZEuP 2003, 590 ff. 91 Bitterich 321 ff.; Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 4; Freitag/Leible, EWS 2000, 342, 349; Hk-BGB/Staudinger Art. 29a EGBGB Rn. 2; Looschelders Art. 29a EGBGB Rn. 4; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 1; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 19. 92 MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 72 ff., 78; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 2; R. Wagner, IPRax 2000, 250, 254. 93 Der Bezug zu mehreren Mitgliedstaaten reicht für die Anwendung der Norm aus; vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro, BT-Drucks. 14/2658, S. 50; Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 17; Staudinger, RIW 2000, 416. 94 Gesetzesbegründung zum Fernabsatzgesetz, BT-Drucks. 14/2658, S. 50; Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 17; Freitag/Leible, EWS 2000, 342, 345; Rauscher 257; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 52, 38; siehe dazu auch Paefgen, ZEuP 2003, 266, 277 f. 95 Bitterich 423; MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 75; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 53; Stoffels Rn. 228; siehe zu den Einschränkungen 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) bb) (2) (c).

B. Subjektive Anknüpfung

313

günstiger wäre. Anders als bei Art. 29 Abs. 1 EGBGB findet im Rahmen des Art. 29a EGBGB kein Günstigkeitsvergleich statt.96

bb) Anwendung der Norm auf den Regressfall Für die Anwendung des Art. 29a EGBGB auf den Regressfall reicht es nicht aus, dass der Regressgläubiger und der Regressschuldner für den Vertrag das Recht eines sog. Drittstaates vereinbaren und der Vertrag einen engen Bezug zu einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes aufweist.

(1) §§ 478, 479 BGB als Bestimmungen im Sinne des Art. 29a Abs. 1, Abs. 4 EGBGB Voraussetzung der Kollisionsnorm ist weiter, dass es sich bei den §§ 478, 479 BGB zum einen um Bestimmungen zur Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien handelt, die in Art. 29a Abs. 4 EGBGB aufgeführt sind. Zum anderen müssen die konkreten Umsetzungsnormen dem Verbraucherschutz dienen.97 Dieses zweite Erfordernis ergibt sich daraus, dass die Kollisionsregelung ausdrücklich nur solche Vorschriften erfasst, die der Umsetzung verbraucherschützender Richtlinien dienen. Außerdem trägt der Art. 29a EGBGB die amtliche Überschrift „Verbraucherschutz für besondere Gebiete.“98 Die §§ 478, 479 BGB erfüllen beide Voraussetzungen.99 Ausweislich der Gesetzesbegründung setzen die Regressregelungen die Vorgabe aus Art. 4 der ___________ 96 Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 21; Hk-BGB/Staudinger Art. 29a EGBGB Rn. 13; Freitag/Leible, EWS 2000, 342, 347; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 5; Rauscher 257; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 54; R. Wagner, IPRax 2000, 250, 254 f.; zur Gemeinschaftsrechtskonformität dieser Regelung siehe MünchKomm/ Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 79 ff.; Staudenmayer, in: Lando/Magnus/Novak-Stief, 57, 65 f. Bitterich, 407 ff., legt die Vorschrift richtlinienkonform dahingehend aus, dass sie nur anwendbar sei, wenn das gewählte Drittstaatenrecht ungünstiger für den Normadressaten sei. 97 Staudinger, in: Schulze/Schulte-Nölke, 295, 311; ders., ZGS 2002, 63; F. von Westphalen/Meier-Göring 60. 98 Hk-BGB/Staudinger Art. 29a EGBGB Rn. 7; Staudinger, in: Schulze/SchulteNölke, 295, 311. 99 So wie hier auch Schultze-Melling, 103, der das Problem allerdings nur für die objektive Anknüpfung erörtert und eine Anwendung des Art. 29a EGBG daher im Ergebnis ablehnt; anders Höpker 355 f.; Staudinger, ZGS 2002, 63, die jeweils die Anwendung des Art. 29a EGBGB verneinen, weil die §§ 478, 479 BGB nicht (vorrangig) dem Verbraucherschutz dienen würden.

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3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

Verbrauchsgüterkaufrichtlinie um,100 also einer Verbraucherschutzrichtlinie, die gemäß Art. 29a Abs. 4 Nr. 4 EGBGB von Art. 29a Abs. 1 EGBGB erfasst ist. Und auch wenn die §§ 478, 479 BGB nur auf Verträge Anwendung finden, an denen unmittelbar kein Verbraucher beteiligt ist, dienen sie dem Verbraucherschutz.101

(2) Personaler Anwendungsbereich der Norm – Beschränkung auf Verbraucher? Fraglich ist jedoch, ob die Vorschrift auch dann angewandt werden kann, wenn keine der am maßgeblichen Vertrag beteiligten Parteien Verbraucher ist und es sich vielmehr – wie im Regressfall – um einen Vertrag zwischen Unternehmern handelt. (a) Wortlaut Der Kollisionsnorm selbst lässt sich keine Beschränkung auf Verbraucher entnehmen.102 Anders als bei Art. 29 EGBGB, der ausdrücklich nur bei Verträgen greift, deren Zweck „nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Berechtigten (Verbraucher) zugerechnet werden kann“, findet sich in Art. 29a EGBGB keine entsprechende Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs. (b) Systematische Auslegung Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus dem systematischen Zusammenhang. Zwar wird vielfach vertreten, Art. 29a EGBGB müsse im systematischen Zusammenhang zu der angeblich vorrangigen103 Regelung des Art. 29 EGBGB ausgelegt werden und sei wie diese auf Verbraucher zu beschränken.104 Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen. Zwischen den ___________ 100 Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 247. 101 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 102 Bitterich 332; Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 12; Looschelders Art. 29a EGBGB Rn. 17; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 835; MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 16; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 3; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 35; Stoffels Rn. 220; anders wohl Staudinger, in: Schulze/SchulteNölke, 295, 311. 103 Bitterich 485 ff.; Hk-BGB/Staudinger Art. 29 EGBGB Rn. 2; Looschelders Art. 29a EGBGB Rn. 10; St. Lorenz, FS Jayme 533, 541; Palandt/Heldrich Art. 29 EGBGB Rn. 1; Rauscher 255; Staudinger, RIW 2000, 416, 419. 104 Hk-BGB/Staudinger Art. 29a EGBGB Rn. 7; Staudinger, ZGS 2002, 63; siehe auch Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 92; Rauscher 256.

B. Subjektive Anknüpfung

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beiden Normen besteht kein systematischer Zusammenhang. Sie sind nämlich verschiedenen Ursprungs: Während Art. 29 EGBGB als Bestandteil des EVÜ in das deutsche Recht inkorporiert wurde, setzt Art. 29a EGBGB die kollisionsrechtlichen Vorgaben der neueren Verbraucherschutzrichtlinien um. Die Normen unterfallen dementsprechend keinem einheitlichen Auslegungsregime: Art. 29 EGBGB unterliegt dem Gebot der einheitlichen Auslegung in Art. 36 EGBGB; Art. 29a EGBGB ist dagegen richtlinienkonform anhand der Inhalte der jeweiligen Richtlinien auszulegen.105 Schon diese Unterschiede machen eine systematische Auslegung unmöglich. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob der Art. 29 EGBGB in der Tat die vorrangige Kollisionsnorm ist oder nicht vielmehr dem Art. 29a EGBGB nachgeht.106 Schließlich basiert letzterer auf Rechtsakten der Europäischen Union und ist als Norm europäischen Ursprungs grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen. (c) Inhalt und Reichweite der in Bezug genommenen Richtlinien, insbesondere der kollisionsrechtlichen Vorgaben von Art. 7 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Im Schrifttum findet sich die Auffassung, dass der kollisionsrechtliche Schutz des Art. 29a EGBGB auf Verbraucher beschränkt sei, weil die durch Art. 29a EGBGB in Bezug genommenen Richtlinien nur auf Verträge Anwendung fänden, an denen ein Verbraucher und ein Unternehmer beteiligt seien.107 Die Argumentation greift zwar in dieser Form für den Unternehmerregress zu kurz. Denn die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthält in ihrem Art. 4 auch Regelungen für das Verhältnis des (unternehmerischen) Letztverkäufers zu den andern Unternehmern innerhalb der Lieferkette. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Art. 29a EGBGB lediglich die kollisionsrechtlichen Vorgaben der einzelnen Richtlinien umsetzt. Sein Schutz kann und soll mithin nur so weit reichen, wie die jeweiligen kollisionsrechtlichen Gebote greifen.108 Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie schreibt in ihrem Art. 7 Abs. 2 vor, dass „die Mitgliedstaaten […] die erforderlichen Maßnahmen [zu treffen haben], damit dem Verbraucher der durch diese Richtlinien gewährte Schutz nicht dadurch vorent-

___________ 105

Siehe 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) aa) sowie die dortigen Nachweise. Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 24 ff.; Kegel, in: Kegel/Schurig, 677; Kropholler, IPR 485; Staudinger/Magnus Art. 29 EGBGB Rn. 24 f., Art. 29a EGBGB Rn. 25. 107 Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 12; Freitag/Leible, EWS 2000, 342, 344; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 835; MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 16; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 5; Rauscher 256; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 35; Stoffels Rn. 220; siehe auch Looschelders Art. 29a EGBGB Rn. 17; Staudinger, in: Schulze/Schulte-Nölke, 295, 311. 108 So auch Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 5; Rauscher 257; Staudinger, ZGS 2002, 63. 106

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3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

halten wird, dass das Recht eines Nichtmitgliedstaates als das auf den Vertrag anzuwendende Recht gewählt wird, sofern dieser Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Mitgliedstaaten aufweist.“

Diese Vorgabe kann nur dahingehend ausgelegt werden, dass dem Verbraucher der in der Richtlinie gewährte Schutz nicht dadurch vorenthalten werden darf, dass der Unternehmer die Anwendung eines Drittstaatenrechts vereinbart. Die Rechtswahl ist nur in dem konkreten Vertragsverhältnis zwischen dem Letztverkäufer und dem Verbraucher („dieser Vertrag“) begrenzt. Für den Regress innerhalb der Lieferkette ist sie dagegen erlaubt. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Vereinbarung eines Drittstaatenrechts innerhalb der Lieferkette mittelbar zu Lasten des Verbrauchers auswirkt. Denn der kollisionsrechtliche Schutz kann nur demjenigen zu Gute kommen, dem auch der Schutz der Richtlinie insgesamt zu Gute kommt. Außerdem widerspräche eine Erstreckung der kollisionsrechtlichen Vorgabe in Art. 7 Abs. 2 auf die in Art. 4 enthaltene Regressvorgabe, also die Beschränkung der Rechtswahlfreiheit auch in diesem Verhältnis, dem Willen des europäischen Gesetzgebers.109 Ausweislich des neunten Erwägungsgrundes soll die „Richtlinie […] nicht den Grundsatz der Vertragsfreiheit in den Beziehungen zwischen dem Verkäufer, dem Hersteller, einem früheren Verkäufer oder einer andere Zwischenperson [berühren].“ Die Mitgliedstaaten müssen dem Letztverkäufer daher nach Art. 4 der Richtlinie zwar einen effektiven Regress gewähren, dieser muss aber nicht zwingend ausgestaltet sein. Der Letztverkäufer kann vielmehr durch vertragliche Vereinbarungen auf sein Regressrecht verzichten. Wenn der effektive Regress aus europäischer Sicht aber schon in nationalen Sachverhalten durch entsprechende Abreden zwischen den Parteien abdingbar ist, müssen die Parteien ihn in ihrem jeweiligen Verhältnis erst recht dadurch ausschließen können, dass sie das Recht eines solchen Staates wählen, der kein effektives Regressrecht vorsieht. Der kollisionsrechtliche Schutz von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie erstreckt sich mithin nicht auf die Regressvorgabe in Art. 4.110 Die kollisionsrechtliche Vorgabe beschränkt sich vielmehr – wie die entsprechenden Vorgaben der anderen Richtlinien auch – auf solche Verträge, bei denen sich ein Unternehmer und ein Verbraucher gegenüber stehen. Anders als in den Fällen, in denen der deutsche Gesetzegeber lediglich solche Richtlinienvorgaben überobligatorisch umsetzt, die grundsätzlich von dem kollisionsrechtlichen Gebot des Sekundärrechtsakts erfasst werden, kann sich der in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie normier___________ 109 Zwar können die Mitgliedstaaten grundsätzlich zwingende Regressregelungen festschreiben; vgl. hierzu 1. Teil, 3. Kapitel E. I. 2. Hier geht es aber um die Frage, inwieweit der europäische Gesetzgeber den kollisionsrechtlichen Schutz auf die Regressvorgabe erstrecken wollte. Dies ist nach dem eben Gesagten zu verneinen. 110 So auch Bitterich, JR 2004, 485, 490; Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 83; Hoeren/ Martinek/Bohne, Teil 1 Rn. 537; St. Lorenz, FS Jayme 533, 543 f.; Staudinger, in: Schulze/Schulte-Nölke, 295, 311; ders., ZGS 2002, 63.

B. Subjektive Anknüpfung

317

te Schutz nicht auf die überobligatorische Umsetzung der Regressvorgabe erstrecken. Eine solche Erstreckung ist nämlich nur dann möglich, wenn die kollisionsrechtliche Schutzregelung die Normen auch dann erfasst hätte, wenn sie nicht überobligatorisch umgesetzt worden wären. Dies ist bei den Regressregelungen aber gerade nicht der Fall. Insofern ist der Art. 29a EGBGB dahingehend einzuschränken, dass er nur Verbraucherverträge erfasst, da nur sie von dem kollisionsrechtlichen Schutz der Richtlinie gedeckt werden.

(3) Ergebnis Die §§ 478, 479 BGB, welche die regressrechtliche Vorgabe in deutsches Recht umsetzen, können nicht über Art. 29a EGBGB zur Anwendung berufen werden.111

c) Analoge Anwendung des Art. 29a EGBGB in Anlehnung an die Ingmar-Rechtsprechung des EuGH In Betracht kommt schließlich, die §§ 478, 479 BGB bei der Wahl eines Drittstaatenrechts im Rahmen einer analogen Anwendung des Art. 29a EGBGB basierend auf den Grundsätzen der sog. Ingmar-Rechtsprechung des EuGH anzuwenden.112 Auf Grund dieser Rechtsprechung kann Richtlinienbestimmungen nämlich auch ohne ausdrückliches kollisionsrechtliches Regelungsgebot international zwingender Charakter zukommen. Diese Möglichkeit besteht unter Umständen auch für Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

aa) Darstellung der Ingmar-Entscheidung In der Rechtssache Ingmar GB Ltd./Eaton Leonhard Technologies Inc.113 hatte der EuGH entschieden, dass die Art. 17 und 18 der Handelsvertreterrichtlinie „unabhängig davon, welchem Recht der Vertrag nach dem Willen der Par___________ 111 Im Ergebnis ebenso Bartelt 323 f.; Bitterich, JR 2004, 485, 489; Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 92; Hk-BGB/Staudinger Art. 29a EGBGB Rn. 7; Johannsen, ITRB 2006, 112, 114; Nguyen 96; Piltz, IHR 2002, 2, 5; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 7; Staudinger, in: Schulze/Schulte-Nölke, 295, 311; ders., ZGS 2002, 63; F. von Westphalen/Meier-Göring 60; wohl auch St. Lorenz, FS Jayme 533, 544 f.; a.A. R. Koch, WM 2002, 2217, 2226; Looschelders Art. 29a EGBGB Rn. 17. 112 In diese Richtung deutet Andersen Luther/Arentz 134. 113 EuGH, Rs. C-381/98, Ingmar, IPrax 2001, 225 f., BB 2001, 10 f.; siehe dazu Bitterich 463 ff.; ders., VuR 2001, 155 ff.; Freitag/Leible, RIW 2001, 287 ff.; Kindler, BB 2001, 11 ff.; Reich, EuZW 2001, 51 f.

318

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

teien unterliegen soll, anwendbar sind, wenn der Sachverhalt einen starken Gemeinschaftsbezug aufweist, etwa weil der Handelsvertreter seine Tätigkeit im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt.“114 Und dies obwohl die Handelsvertreterrichtlinie keinerlei kollisionsrechtliches Gebot dergestalt enthält, dass sich ihre Regelungen gegenüber der Rechtswahl eines Drittstaatenrechts durchsetzen. Der europäische Gerichtshof leitete einen kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehl aus dem Sinn und Zweck der Richtlinie ab: Nur dann, wenn sich die Vorschriften bei starkem Gemeinschaftsbezug gegen das gewählte Recht eines Drittstaates durchsetzten, könnten der Handelsvertreter geschützt, Wettbewerbsverzerrungen abgebaut und die Niederlassungsfreiheit im Bereich des Handelsvertreterberufs gestärkt werden.115

bb) Übertragung der Grundsätze der Ingmar-Entscheidung auf andere Richtlinien ohne kollisionsrechtlichen Rechtssetzungsauftrag (1) Dogmatische Einordnung Ein ungeschriebener kollisionsrechtlicher Anwendungsbefehl lässt sich auch anderen Richtlinien entnehmen, denen ein entsprechendes ausdrückliches Schutzgebot fehlt.116 Dies betrifft insbesondere ältere Verbraucherschutzrichtlinien, wie die Haustürwiderrufsrichtlinie117, die Verbraucherkreditrichtlinie118 und die Pauschalreiserichtlinie119.

___________ 114

EuGH, Rs. C-381/98, Ingmar, IPrax 2001, 225 f., BB 2001, 10, 11 Rn. 25. EuGH, Rs. C-381/98, Ingmar, IPrax 2001, 225 f., BB 2001, 10, 11 Rn. 24, 25; vgl. auch Bitterich, VuR 2002, 155, 156; Kindler, BB 2001, 11, 12. 116 Bitterich, VuR 2002, 155, 156, 160; Dörner, JR 1995, 18, 20 (für das HWiG); Kindler, BB 2001, 11, 12; Kropholler, IPR 501; Looschelders Art. 34 EGBGB Rn. 17; Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 137; Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 271 ff.; Reithmann/Martiny/Freitag Rn. 418; Staudinger, NJW 2001, 1974, 1977; siehe auch Reich, EuZW 2001, 51, 52. 117 Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. EG 1985 Nr. L 372, S. 31 ff. 118 Richtlinie 87/102/EWG vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. EG 1987 Nr. L 42, S. 48 ff., geändert durch die Richtlinie 90/88/EWG vom 22. Februar 1990, ABl. EG 1990 Nr. L 61, S. 14 f. 119 Richtlinie 90/314/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl. EG 1990 Nr. L 158, S. 59 ff. 115

B. Subjektive Anknüpfung

319

(a) Keine Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB Anders als die Umsetzungsnormen der – der Ingmar-Entscheidung zu Grunde liegenden – Handelsvertreterrichtlinie (in Deutschland § 89b HGB)120 können die auf diesen Sekundärrechtsakten beruhenden nationalen Vorschriften allerdings nicht als Eingriffsnormen im Sinne von Art. 34 EGBGB zur Anwendung berufen werden.121 Denn es handelt sich um verbraucherschützende Regelungen. Würde man sie als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB verstehen, ergäbe sich ein Widerspruch zu Art. 29 EGBGB.122 Dort wird nämlich der kollisionsrechtliche Verbraucherschutz an Voraussetzungen geknüpft, die für Art. 34 EGBGB nicht vorliegen müssen. Außerdem wurde mit Art. 29a EGBGB eigens eine spezielle Kollisionsnorm eingeführt, welche die kollisionsrechtlichen Vorgaben der Verbraucherschutzrichtlinien umgesetzt. (b) Analoge Anwendung des Art. 29a EGBGB Verbraucherschutzregelungen europäischen Ursprungs können daher nur über Art. 29a EGBGB, eventuell über Art. 29 EGBGB, zur Anwendung berufen werden. Da in dieser Norm aber nur die neueren Verbraucherschutzrichtlinien aufgeführt sind, die einen ausdrücklichen kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehl enthalten, kommt ihre Anwendung auf andere europäische Verbraucherschutzregelungen ohne ausdrückliche kollisionsrechtliche Anordnung nur im Rahmen einer analogen Anwendung in Betracht. Die Voraussetzungen einer solchen Anwendung sind für die älteren Verbraucherschutzrichtlinien gegeben. Es besteht eine planwidrige Regelungslücke. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des Art. 29a EGBGB sämtliche der kollisionsrechtlichen Gebote in den verschiedenen Richtlinien umsetzen und in einer einheitlichen Kollisionsnorm zusammenfassen wollte. Dabei hat er vor der Ingmar-Entscheidung des EuGH verkannt, dass Richtlinien auch dann einen Anwendungsbefehl enthalten können, wenn ein solcher nicht explizit in dem Sekundärrechtsakt festgeschrieben ist.123 Nach der Entscheidung hätte die Regelung zwar nachgebessert und um die entsprechenden Richtlinien erweitert werden können. Die diesbezügliche Untätigkeit des Gesetzgebers führt ___________ 120 Bitterich, VuR 2002, 155, 161 f.; Hay 134 f.; Kindler, BB 2001, 11, 12; Looschelders Art. 34 EGBGB Rn. 17; siehe aber auch Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 271 f. 121 Bitterich, VuR 2002, 155, 161 f.; Felke, RIW 2001, 30, 33 ff.; Paefgen, ZEuP 2003, 266, 287; Reithmann/Martiny/Freitag Rn. 405; anders Coester-Waltjen/Mäsch 104 f.; Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 138; Staudinger/Magnus Art. 34 EGBGB Rn. 42. 122 BGH NJW 1997, 1697, 1699; Felke, RIW 2001, 30, 35; Paefgen, ZEuP 2003, 266, 287; Reithmann/Martiny/Freitag Rn. 405. Dörner, JR 1995, 18, 20 f. will die ungeschriebene Kollisionsnorm des HWiG neben Art. 29 EGBGB anwenden. 123 Siehe aber bereits Dörner, JR 1995, 18, 20.

320

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

jedoch nicht dazu, dass die Regelungslücke planmäßig wird.124 Denn es ist davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber auch weiterhin die kollisionsrechtlichen Vorgaben des europäischen Gesetzgebers erfüllen und den kollisionsrechtlichen Schutz auf die alten Verbraucherschutzrichtlinien erstrecken will. Da er nach der EuGH-Entscheidung aber keine über Art. 29a EGBGB hinausgehenden Regelungen getroffen hat, bleibt der kollisonsrechtliche, europäisch initiierte Verbraucherschutz im dogmatischen Gefüge der deutschen Kollisionsnormen nur über Art. 29a EGBGB, eventuell noch über Art. 29 EGBGB, möglich. Die in der Norm enthaltene Aufzählung bleibt mithin planwidrig lückenhaft. Die Vergleichbarkeit der Interessenlage ist ebenfalls gegeben. Schließlich erfordern die Richtlinien ohne ausdrückliche kollisionsrechtliche Vorgabe ihrem Sinn und Zweck nach die Anwendung der auf ihnen beruhenden Umsetzungsnormen auch in den Fällen, in denen dem Verbraucher auf Grund der Wahl eines Drittstaatenrechts nicht der Standard zu Gute kommt, den die Richtlinien vorsehen. Sie sind damit mit denjenigen Sekundärrechtsakten vergleichbar, die einen ausdrücklichen Anwendungsbefehl enthalten und in Art. 29a EGBGB aufgeführt sind. Art. 29a EGBGB erfasst mithin in analoger Anwendung die europäischen Verbraucherschutzbestimmungen, die auf Richtlinien ohne ausdrücklichen kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehl zurückgehen.125

(2) Sonderfall des Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Hinsichtlich der Regressvorgabe in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gestaltet sich die Lage jedoch anders als in den oben dargestellten Sekundärrechtsakten: Der Richtlinie wurde grundsätzlich ein kollisionsrechtlicher Anwendungsbefehl beigefügt. Dieser bezieht sich nur nicht auf die Vorgabe in Art. 4. Der europäische Gesetzgeber beschränkt den kollisionsrechtlichen Schutz damit ganz bewusst und will gerade nicht, dass sich der Regress gegenüber dem gewählten Drittstaatenrecht durchsetzt.126 Insofern ist darin, dass die Regressvorgabe des Art. 4 der Richtlinie keinen kollisionsrechtlichen Anwen___________ 124 So aber Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 29a EGBGB Rn. 8; Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 26; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 845. 125 Bitterich 469 f., 472 ff.; ders., VuR 2002, 155, 161 f.; Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 270 ff.; Paefgen, ZEuP 2003, 266, 291 f.; Reithmann/Martiny/Freitag Rn. 418; etwas zweifelnd Martiny, ZEuP 2003, 590, 603. 126 Bitterich, JR 2004, 485, 490; St. Lorenz, FS Jayme 533, 543 f.; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 135 f.; Staudinger, ZGS 2002, 63 f.; siehe bereits 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) bb) (2) (c) und die dortigen Nachweise.

B. Subjektive Anknüpfung

321

dungsbefehl enthält, eine bewusste Entscheidung des europäischen Gesetzgebers und gerade keine planwidrige Regelungslücke zu sehen. Des Weiteren liegt keine mit den in Art. 29a Abs. 4 EGBGB aufgezählten Richtlinien vergleichbare Interessenlage vor. Denn während diese sich alle ihrem Sinn und Zweck nach gegenüber dem gewählten Drittstaatenrecht durchsetzen wollen, wird es in Art. 4 der Richtlinie gerade gestattet, die Regressvorgabe durch vertragliche Vereinbarungen bzw. die Wahl eines Drittstaatenrechts abzubedingen.127 Die Tatsache, dass Art. 4 der Richtlinie nicht vom kollisionsrechtlichen Schutzgebot des Art. 7 Abs. 2 erfasst wird, entspricht daher sowohl dem Plan des europäischen Gesetzgebers als auch dem Telos der Regressvorgabe. Eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht.128

(3) Ergebnis Eine Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf die Fälle, in denen eine andere Rechtsordnung als Vertragsstatut vereinbart wurde, ist im Rahmen einer analogen Anwendung des Art. 29a EGBGB anhand der Grundsätze der IngmarRechtsprechung des EuGH nicht möglich.

d) Zusammenfassung Die §§ 478, 479 BGB unterfallen weder dem Anwendungsbereich des Art. 29 EGBGB noch dem des Art. 29a EGBGB. Denn beide Normen setzen voraus, dass an dem Vertragsverhältnis, innerhalb dessen die Rechtswahl vorgenommen wird, ein Verbraucher beteiligt ist. Für Art. 29 EGBGB ergibt sich dies aus der Norm selbst, für Art. 29a EGBGB daraus, dass sich die kollisionsrechtliche Schutzvorgabe des Art. 7 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht auf die Regressvorgabe in Art. 4 und damit nur auf die Verbrauchsgüterkaufverträge erstreckt. Auch eine analoge Anwendung des Art. 29a EGBGB in Anlehnung an die Ingmar-Rechtsprechung des EuGH scheidet aus, da sich Art. 4 der Richtlinie auch unter Zugrundelegung der anhand dieses Urteils entwickelten Grundsätze kein kollisionsrechtlicher Anwendungsbefehl entnehmen lässt.

___________ 127

Siehe soeben und 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) bb) (2) (c) sowie die dortigen Nachweise. 128 Staudinger, ZGS 2002, 63 f.; so auch Bartelt 324 f.; Bitterich, JR 2004, 485, 490; St. Lorenz, FS Jayme 533, 543 f.; gegen eine analoge Anwendung des Art. 34 EGBGB mit gleicher Argumentation H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 135 f.

322

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

3. Die §§ 478, 479 BGB als zwingende Bestimmungen im Sinne von Art. 34 EGBGB Die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB könnten als zwingende Bestimmungen im Sinne des Art. 34 EGBGB gesondert anzuknüpfen sein.129

a) Regelungsgehalt des Art. 34 EGBGB Nach Art. 34 EGBGB berührt die durch die Art. 27 ff. EGBGB ermittelte Rechtsordnung „nicht die Anwendung der Bestimmungen des deutschen Rechts, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln“. Eingriffsnormen im Sinne dieses Artikels sind allerdings nur solche Vorschriften, die (als wirtschafts- und sozialpolitische Regeln) überwiegend öffentlichen Interessen dienen und nicht lediglich aus Gerechtigkeitsgründen die Interessen der Vertragsparteien ausgleichen.130 Erfasst werden also etwa die Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB,131 nicht aber die Generalklauseln der §§ 138 und 242 BGB.132 Erforderlich ist darüber hinaus ein gewisser Inlandsbezug.133

b) Verbraucherschutzvorschriften als Eingriffsnormen im Sinne von Art. 34 EGBGB Verbraucherschutzvorschriften, die auf Grund von Richtlinien in das deutsche Recht übernommen worden sind, stellen grundsätzlich keine Eingriffnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB dar.134 Sie dienen nämlich überwiegend dem ___________ 129

Art. 34 EGBGB enthält selbst zwar keine Anknüpfungskriterien, er eröffnet aber den Weg zu einer Sonderanknüpfung; vgl. Dörner, JR 1995, 18, 19 f.; ders., LM Art. 29 EGBGB Nr. 3/4, Bl. 7; Mankowski, RIW 1998, 287, 290; ders., in: von Bar/Mankowski, 259. 130 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 29a EGBGB Rn. 11 ff.; Heiderhoff 353; HkBGB/Staudinger Art. 34 EGBGB Rn. 3; Kropholler, IPR 498; Mankowski, in: von Bar/ Mankowski, 262; Rauscher 266; Soergel/von Hoffmann Art. 34 EGBGB Rn. 3; von Hoffmann/Thorn 469; siehe auch Coester-Waltjen/Mäsch 103. 131 von Hoffmann/Thorn 469. 132 Hk-BGB/Staudinger Art. 34 EGBGB Rn. 3; Kegel, in: Kegel/Schurig, 692; Kropholler, IPR 498; MünchKomm/Martiny Art. 34 EGBGB Rn. 18; Rauscher 266; von Hoffmann/Thorn 470. 133 Hk-BGB/Staudinger Art. 34 EGBGB Rn. 7; Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 138; Kropholler, IPR 498; Looschelders Art. 34 EGBGB Rn. 25; siehe auch Rauscher 266. 134 BGH NJW 1997, 1697, 1699; OLG Hamm NJW-RR 1989, 496; Coester-Waltjen/ Mäsch 104 f.; Heiderhoff 353; Kropholler, IPR 500 f.; St. Lorenz, FS Jayme 533, 540 f.;

B. Subjektive Anknüpfung

323

Ausgleich typischer vertraglicher Ungleichgewichtslagen und nicht dem öffentlichen Interesse.135 Außerdem wird der kollisionsrechtliche Verbraucherschutz abschließend über die Sonderanknüpfung der Art. 29 und 29a EGBGB gewährleistet.136 Ein Rückgriff auf Art. 34 EGBGB kommt nur dann in Betracht, wenn die verbraucherschützenden Vorschriften neben dem Charakter als Verbraucherschutznorm überwiegend marktsteuernde Funktion haben, also einem öffentlichen Interesse dienen.137 Die Regressnormen der §§ 478, 479 BGB dienen einerseits dem Schutz des Verbrauchers und – zumindest teilweise – des Letztverkäufers, anderseits soll durch die Gewährung eines effektiven Rückgriffs ein gerechter Interessenausgleich innerhalb der Lieferkette geschaffen werden.138 Es sollen also die Interessen der einzelnen Vertragsparteien innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisse der Lieferkette ausgeglichen werden. Ein marktsteuerndes Interesse der deutschen Normen ist – anders als möglicherweise bei der Regressvorgabe auf europäischer Ebene139 – nicht zu erkennen. Es lassen sich auch keine Hinweise dahingehend finden, dass der deutsche Gesetzgeber die §§ 478, 479 BGB als international zwingende Normen konzipiert hat.140 Indem er sie faktisch zwingend ausgestaltet hat, ließ er ihnen zwar einen höheren Stellenwert zukommen als der europäische Gesetzgeber. Doch auch nach deutschem Recht ___________ Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 270 f.; ders., RIW 1998, 287, 289 ff.; Paefgen, ZEuP 2003, 266, 286; Rauscher 254, 257; Staudinger, RIW 2000, 416, 417; von Hoffmann/Thorn 470 f.; grundsätzlich auch Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 138; siehe auch Staudinger/Magnus Art. 29 EGBGB Rn. 90; R. Wagner, IPRax 2000, 250, 252. Daran ändert auch nicht, dass der Giuliano/Lagarde-Bericht, BTDrucks. 10/503, S. 33 ff., 60, den Verbraucherschutz als Anwendungsfall des – mit Art. 34 EGBGB inhaltlich übereinstimmenden – Art. 7 Abs. 2 EVÜ nennt; vgl. Bitterich, VuR 2002, 155; Heiderhoff 353. Mäsch, 159 ff., geht dagegen davon aus, dass Art. 34 EGBGB eine „allgemeine Ausweichklausel“ enthält, die auch auf verbraucherschützende Normen passe. 135 Heiderhoff 353; Kropholler, IPR 501; Paefgen, ZEuP 2003, 266, 286; von Hoffmann/Thorn 470. 136 Siehe auch Bitterich 491. 137 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 29a EGBGB Rn. 15; Staudinger, IPRax 2001, 183, 184 (am Beispiel des § 449 Abs. 3 HGB). In diesen Fällen können die Vorschriften aber nur entweder zwingend im Sinne der Art. 29 und 29a EGBGB oder international zwingend im Sinne von Art. 34 EGBGB sein. Denn die beiden Einordnungen schließen sich gegenseitig aus: Im ersten Fall sind die anwendbaren Normen dem Vertragsstatut zu entnehmen; im zweiten Fall beanspruchen sie ihre Geltung gerade unabhängig vom Vertragsstatut; vgl. Kropholler, IPR 501. 138 Siehe 1. Teil, 3. Kapitel A. II. 139 Die Richtlinie soll der Verwirklichung des Binnenmarktes dienen; vgl. dazu im Einzelnen 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 2. 140 St. Lorenz, FS Jayme 533, 544; Staudinger, ZGS 2002, 63, 64 Fn. 7; siehe auch Bitterich, JR 2004, 485, 490.

324

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

sind die Regressnormen vom Grundsatz her als dispositive Regelungen konzipiert.141 Bei den §§ 478, 479 BGB handelt es sich daher nicht um international zwingende Normen.142 Sie werden mithin nicht als Eingriffsnormen im Sinne von Art. 34 EGBGB zur Anwendung berufen.

c) Übertragung der Grundsätze der Ingmar-Rechtsprechung Der international zwingende Charakter der §§ 478, 479 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Normen der Umsetzung einer europäischen Vorgabe dienen.143 Zwar ist es durchaus möglich, Regelungen, die der nationale Gesetzgeber nicht als international zwingend konzipiert hat, in Anlehnung an die Ingmar-Rechtsprechung des EuGH auf Grund ihres europarechtlichen Ursprungs als Eingriffsnormen einzustufen.144 Das setzt allerdings voraus, dass die europäische Vorgabe international zwingenden Charakter hat und die Umsetzungsnorm aus europäischer Warte als Eingriffsnorm zu qualifizieren ist. Dies ist bei der Regressvorgabe in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gerade nicht der Fall:145 Sie ist bereits für nationale Sachverhalte als dispositive Regelung vorgeschrieben, so dass ihr aus europäischer Sicht schon nicht intern, erst recht aber nicht international zwingender Charakter zukommt. Außerdem würden die Regressnormen, selbst wenn man ihren international zwingenden Charakter unterstellte, nicht dem Anwendungsbereich des Art. 34 EGBGB unterfallen. Denn die Regressvorgabe in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie soll auf europäischer Ebene ausschließlich den Verbraucher schützen.146 Auf Grund dieser Schutzrichtung können die Grundsätze der Ingmar-Rechtsprechung nur im Rahmen einer analogen Anwendung des Art. 29a EGBGB als der den europäisch initiierten kollisionsrechtlichen Verbraucher___________ 141

Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/ 6040, S. 249. 142 Im Ergebnis ebenso Bartelt 326 f.; Bitterich, JR 2004, 485, 490; Doehner 48; Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 93; Johannsen, ITRB 2006, 112, 114; St. Lorenz, FS Jayme 533, 544; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 10; Nguyen 96 f.; Piltz, IHR 2002, 2, 5; Staudinger, ZGS 2002, 63, 64; F. von Westphalen/Meier-Göring 60; Wind 338 f.; im Ergebnis auch Höpker, 356, allerdings mit der Begründung, dass die Normen nicht dem Verbraucher-, sondern dem Letztverkäuferschutz dienen würden; anders SchultzeMelling 102, 104. 143 So aber wohl Schultze-Melling 102, 104. 144 Siehe 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. c) bb). 145 Siehe hierzu bereits 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. c) bb) (2). 146 Vgl. 1. Teil, 1. Kapitel A. II. 3.

B. Subjektive Anknüpfung

325

schutz abschließend regelnden Norm gelten.147 Da in diesem Rahmen ausschließlich auf die Einordnung der Vorgabe aus europäischer Sicht abzustellen ist, gilt dies selbst dann, wenn den Umsetzungsnormen aus nationaler Sicht noch andere Schutzzwecke zukommen bzw. sie noch andere Ziele verfolgen.

d) Ergebnis Die Regressreglungen der §§ 478, 479 BGB sind keine international zwingenden Normen und können daher nicht als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB zur Anwendung auf einen Sachverhalt berufen werden, der nach der Wahl der Parteien einem ausländischen Recht unterliegt.

4. Anwendung der §§ 478, 479 BGB über den ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB Schließlich wäre in den Fällen, in denen bei Anwendung des gewählten ausländischen Rechts kein effektiver Regress gewährt wird, eine Korrektur mit Hilfe des ordre public dergestalt möglich, dass die §§ 478, 479 BGB auf den Regressfall anzuwenden sind.

a) Der ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB Dem ordre public kommt grundsätzlich nur eine Abwehrfunktion hinsichtlich der ausländischen materiellen Rechtsordnung zu.148 Denn nach Art. 6 S. 1 EGBGB ist „eine Rechtsnorm eines anderen Staates […] nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist“. Es wird also lediglich die Anwendung der fremden Rechtsordnung im konkreten Fall verhindert. Die dadurch entstehende Lücke wird durch den Geist der ausländischen Rechtsordnung geschlossen.149 Nur wenn dies nicht möglich ist, kommt die

___________ 147

Siehe hierzu schon 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. c) bb) (1). Siehe Bamberger/Roth/St. Lorenz Art. 6 EGBGB Rn. 3; Coester-Waltjen/Mäsch 105 Fn. 32; Kropholler, IPR 244 f.; MünchKomm/Sonnenberger Art. 6 EGBGB Rn. 3; Staudinger/Blumenwitz Art. 6 EGBGB Rn. 15; von Hoffmann/Thorn 270 f. 149 Brödermann/Rosengarten Rn. 92; Junker, IPR Rn. 282; Looschelders Art. 6 EGBGB Rn. 12; von Hoffmann/Thorn 275; Winkler von Mohrenfels, in: Koch/Magnus/ Winkler von Mohrenfels, 31. 148

326

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

Anwendung der entsprechenden Regelungen des deutschen Rechts in Betracht.150 Art. 6 EGBGB setzt voraus, dass der „Kernbestand der inländischen Rechtsordnung“,151 mithin ein elementarer Grundsatz des deutschen Rechts, verletzt wird und dessen Missachtung zu unseren Gerechtigkeitsvorstellungen in einem so starken Widerspruch steht, dass es untragbar wäre, die ausländische Vorschrift anzuwenden.152 Dabei kann die Verletzung auch darin liegen, dass im ausländischen Recht eine entsprechende Vorschrift fehlt153 oder eine eklatante Verletzung des Schwächerenschutzes vorliegt.154 An die Bejahung eines Verstoßes sind jedoch grundsätzlich strenge Voraussetzungen zu stellen.155 Er ist noch am ehesten auf dem Gebiet des Ehe- und Familienrechts anzunehmen.156 Im Schuldvertragsrecht ist ein ordre public-Verstoß dagegen kaum denkbar.157 Er ist zwar vereinzelt dann angenommen worden, wenn die Anwendung des ausländischen Rechts dazu führte, dass dem Verbraucher bei Haustürgeschäften kein Widerrufsrecht eingeräumt wurde.158 Dies erklärt sich aber daraus, dass es zu diesem Zeitpunkt keine andere Möglichkeit gab, den europäisch initiierten kollisionsrechtlichen Verbraucherschutz außerhalb der Voraussetzungen des Art. 29 EGBGB durchzusetzen, da der Art. 29a EGBGB noch nicht eingeführt worden war.

b) §§ 478, 479 BGB als Kernbestand des deutschen Rechts Durch die Nichtgewährung eines effektiven Rückgriffs, also dadurch, dass dem Letztverkäufer durch die Anwendung eines fremden Rechts der Regress ___________ 150 Brödermann/Rosengarten Rn. 92; Coester-Waltjen/Mäsch 105, siehe auch Fn. 32; Junker, IPR Rn. 282; Looschelders Art. 6 EGBGB Rn. 12; von Hoffmann/Thorn 276; Winkler von Mohrenfels, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 31. 151 Siehe grundlegend die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 10/504, S. 42 ff. 152 BGH Z 54, 132, 140; 56, 180, 191; Coester-Waltjen/Mäsch 106; Hk-BGB/Dörner Art. 6 EGBGB Rn. 4 f.; Looschelders Art. 6 EGBGB Rn. 10; Siehr 490; Soergel/Kegel Art. 6 EGBGB Rn. 25; Staudinger/Blumenwitz Art. 6 EGBGB Rn. 112. 153 Bamberger/Roth/St. Lorenz Art. 6 EGBGB Rn. 9; Junker, IPR Rn. 282; Palandt/ Heldrich Art. 6 EGBGB Rn. 5; Soergel/Kegel Art. 6 EGBGB Rn. 8. 154 Heiderhoff 357. 155 Kropholler, IPR 246 f.; Looschelders Art. 6 EGBGB Rn. 10; MünchKomm/Sonnenberger Art. 6 EGBGB Rn. 14. 156 Vgl. hierzu nur die Rechtsprechungsübersicht bei Palandt/Heldrich Art. 6 EGBGB Rn. 18 ff.; siehe auch MünchKomm/Sonnenberger Art. 6 EGBGB Rn. 15. 157 Vgl. hierzu ebenfalls die Rechtsprechungsübersicht bei Palandt/Heldrich Art. 6 EGBGB Rn. 16; siehe auch Looschelders Art. 6 EGBGB Rn. 38. 158 LG Bamberg NJW-RR 1990, 694; wohl auch Siehr 155 f.; abgelehnt dagegen von OLG Hamm NJW-RR 1989, 496, 497; OLG Düsseldorf NJW 1991, 2220.

B. Subjektive Anknüpfung

327

abgeschnitten wird, werden die grundlegenden Wertvorstellungen des deutschen Rechts nicht missachtet.159 Vor der Schuldrechtsreform war auch im deutschen Recht kein effektiver Regress vorgesehen und die Weiterreichung der Gewährleistungskosten scheiterte an den sog. Regressfallen.160 Die Einführung der §§ 478, 479 BGB erfolgte nicht etwa deshalb, weil die Nichtgewährung eines effektiven Rückgriffs als ein Verstoß gegen die Wertvorstellungen des deutschen Rechts angesehen wurde. Vielmehr sollen die Regressnormen die Vorgabe in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen und ausschließlich die durch den verstärkten Verbraucherschutz entstehenden Kosten weiterreichen.

c) Ergebnis Die §§ 478, 479 BGB kommen mithin nicht zur Anwendung, um einen ordre public-Verstoß nach Art. 6 EGBGB zu korrigieren.

5. Zusammenfassung Die deutschen Regressnormen können bei der Wahl eines ausländischen Rechts nur in zwei Fallkonstellationen zur Anwendung gelangen. Erstens nach Art. 27 Abs. 3 EGBGB dann, wenn der Sachverhalt außer der Wahl des ausländischen Rechts keine internationalen Bezüge aufweist, es sich also um einen reinen Inlandssachverhalt handelt. Zweitens dann, wenn die Parteien ein nichtstaatliches Recht gewählt haben und das deutsche Recht im Rahmen der objektiven Anknüpfung zur Anwendung berufen ist. Liegt ein solcher Fall nicht vor, ist die Wahl des ausländischen Rechts uneingeschränkt wirksam. Die §§ 478, 479 BGB werden weder über die verbraucherschützende Sonderanknüpfung des Art. 29 EGBGB noch über die des Art. 29a EGBGB zur Anwendung berufen. Denn beide Normen setzen die Verbrauchereigenschaft einer der Parteien voraus, die bei Verträgen zwischen Regressschuldner und Regressgläubiger nicht gegeben ist. Eine analoge Anwendung des Art. 29a EGBGB in Anlehnung an die Ingmar-Rechtsprechung des EuGH scheidet aus, weil dem – den deutschen Regressnormen zu Grunde liegenden – Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kein kollisionsrechtlicher Anwendungsbefehl zu entnehmen ist. ___________ 159 So auch Bitterich, JR 2004, 485, 490; Johannsen, ITRB 2006, 112, 114; St. Lorenz, FS Jayme 533, 544; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 10; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 136; Staudinger, ZGS 2002, 63, 64; F. von Westphalen/Meier-Göring, 60; im Ergebnis auch Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 93; Höpker, 356; Wind 339. 160 So auch Bitterich, JR 2004, 485, 490; siehe zur alten Rechtslage 1. Teil, 1. Kapitel B. II. 2. a).

328

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

Die Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB können sich mangels international zwingenden Charakters auch nicht als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB gegenüber dem gewählten ausländischen Recht durchsetzen. Ihre Anwendung kommt ferner nicht im Rahmen der Korrektur eines ordre publicVerstoßes nach Art. 6 EGBGB in Betracht. Denn die Gewährung eines effektiven Rückgriffs in Gestalt der §§ 478, 479 BGB ist nicht Kernbestand der deutschen Rechtsordnung.

III. Möglichkeiten der Umgehung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB und damit der §§ 478, 479 BGB in Inlandssachverhalten 1. Schaffung der Voraussetzungen einer kollisionsrechtlich wirksamen Wahl ausländischen Rechts Die kollisionsrechtliche Wahl eines ausländischen Rechts führt dazu, dass die §§ 478, 479 BGB nicht zur Anwendung gelangen.161 Der Regressschuldner kann sich daher durch eine solche Rechtswahl den zwingenden Vorschriften der §§ 478, 479 BGB entziehen. Bei einem rein nationalen Sachverhalt ist eine kollisionsrechtlich wirksame Rechts- und damit Abwahl der deutschen Regressnormen allerdings gemäß Art. 27 Abs. 3 EGBGB – wie gesehen – nicht möglich.162 Um die deutschen Regressnormen wirksam abzuwählen, reicht also die Wahl eines ausländischen Rechts allein nicht aus. Hinzukommen muss ein internationaler Bezug; der Sachverhalt muss ein ausländisches Element aufweisen. Die Voraussetzungen für eine kollisionsrechtlich wirksame Rechtswahl kann der Lieferant als Regressschuldner in reinen Inlandsfällen bewusst schaffen, indem er dem Vertrag mit dem Regressgläubiger einen internationalen Bezug vermittelt. Diesen könnte er etwa dadurch herbeiführen, dass er sich beim Vertrag mit dem Letztverkäufer einer ausländischen Zwischenperson bzw. einer ausländischen Zweigniederlassung als Strohmann bedient, den Vertrag im Ausland abschließt oder die Ware über einen ausländischen Zwischenhändler bzw. eine ausländische Zweigniederlassung liefern lässt. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass er den Tatbestand und die Anknüpfungsmomente tatsächlich ver___________ 161

Vgl. dazu soeben 3. Teil, 3. Kapitel B. Sofern die gewählte ausländische Rechtsordnung nicht eine für den Verbraucher günstigere, d.h. für den Lieferanten ungünstigere Regressreglung vorsieht; siehe hierzu 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 1. b). Eine solche Rechtsordnung würde aber sicherlich nicht gewählt werden, um die Anwendung der §§ 478, 479 BGB zu verhindern. 162

B. Subjektive Anknüpfung

329

wirklicht und nicht bloß vortäuscht. Denn vorgetäuschte, aber in Wirklichkeit nicht vorliegende Umstände sind unbeachtlich.163

2. Mögliche Unbeachtlichkeit einer solchen Rechtswahl nach den Grundsätzen der fraus legis a) Einführung in die Problematik In der bewussten Schaffung eines Auslandsbezugs in einem ansonsten rein nationalen Sachverhalt wird teilweise eine unzulässige Gesetzesumgehung gesehen: Werde das ausländische Element in der Absicht geschaffen, die Grenze des Art. 27 Abs. 3 EGBGB zu umgehen und die zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts durch die Wahl eines ausländischen Rechts auszuschließen, liege eine unzulässige Manipulation der Anknüpfungsmomente vor.164 Dadurch werde zwar nicht die Rechtswahl als solche hinfällig, aber der umgangene Art. 27 Abs. 3 EGBGB finde weiterhin Anwendung, so dass die intern zwingenden Bestimmungen des deutschen Rechts trotz der Wahl des ausländischen Rechts anwendbar blieben. Dies müsste konsequenterweise auch für die §§ 478, 479 BGB gelten: Ihre Anwendung könnte der Regressschuldner bei einer ansonsten wirksamen Rechtswahl zu Ungunsten des deutschen Rechts dann nicht abwählen, wenn er die Voraussetzungen der kollisionsrechtlichen Rechtswahl in fraudulöser Weise herbeigeführt hat.165

___________ 163 Dieses Phänomen wird als „Simulation“ bezeichnet; siehe Hay 110; Heeder 284 f.; Junker, IPR Rn. 185; Schurig, in: Kegel/Schurig, 491 f.; Soergel/Kegel, Vor Art. 3 EGBGB Rn. 143; von Hoffmann/Thorn 266 f. 164 OLG Hamm NJW-RR 1989, 496, 497; Coester-Waltjen/Mäsch 107 f.; Hay 110; Mäsch 121 f.; Soergel/von Hoffmann Art. 27 EGBGB Rn. 92; von Hoffmann/Thorn 265 f.; beschränkt auf Fälle der verwerflichen Manipulation auch Heeder 285 ff.; siehe auch Lando, RabelsZ 57 (1993), 155, 164 f.; kritisch Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 27 EGBGB Rn. 35, St. Lorenz, Einl. IPR Rn. 73. 165 Im Schrifftum findet sich oftmals der Gedanke, dass die Wahl bzw. Anwendung eines ausländischen Rechts auf den Rückgriff dann missbräuchlich sei, wenn an dem Vertrag nur inländische Parteien beteiligt seien oder wenn sich die Kaufsache trotz Beteiligung ausländischer Unternehmen ausschließlich in Deutschland befinde; siehe Böhle 136; Matthes, NJW 2002, 2505, 2508; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 137; Schillo, IHR 2003, 257, 267; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82, 88; F. von Westphalen, in: Henssler/von Westphalen, § 478 BGB Rn. 33. Dies wird allerdings nicht mit einer fraus legis im IPR, also einer Umgehung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB, begründet, sondern eher als abstrakte Gerechtigkeitsüberlegung dargestellt oder – fälschlicherweise – unmittelbar aus § 478 Abs. 4 BGB hergeleitet.

330

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

b) Dogmatische Einordnung der fraus legis Allein der Umstand einer fraus legis, dass also der Tatbestand in verwerflicher Weise und mit dem Ziel, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen oder zu verhindern, manipuliert wurde, kann allerdings nicht ohne Weiteres dazu führen, dass ein Gericht statt der an sich einschlägigen Vorschrift diejenige anwendet, die ohne die Manipulation gelten würde. Die Beachtung einer fraus legis ist nämlich nicht losgelöst vom Gesetz, sondern nur im Rahmen der Auslegung oder Rechtsfortbildung möglich: Die umgangene Rechtsnorm muss dahingehend ausgelegt (oder fortgebildet) werden können, dass sie ihrem Sinn und Zweck nach die Anwendung auch in dem Fall fordert, in dem sie rechtsmissbräuchlich umgangen werden sollte.166 Die fraus legis kann damit nicht im Rahmen eines eigenständigen Rechtsinstituts167 zur Unbeachtlichkeit des manipulierten Sachverhalts führen, sondern nur im Wege der Auslegung und Rechtsfortbildung der umgangenen Norm selbst. Aus dem Sinn und Zweck des Art. 27 Abs. 3 EGBGB als umgangener Norm muss sich ergeben, dass er und mit ihm die zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts auf den manipulierten Sachverhalt angewendet werden wollen.

c) Fraus legis im IPR aa) Allgemeine Bedeutung der fraus legis im IPR168 Diese Grundsätze zur Behandlung der rechtsmissbräuchlichen Manipulation von Tatbeständen sind auch im IPR zu berücksichtigen. Die in verwerflicher Weise vorgenommene Umgehung von Anknüpfungsnormen in der Absicht, eine andere – günstigere – Rechtsordnung auf den Fall zur Anwendung zu bringen, vermag für sich selbst genommen nicht dazu zu führen, dass der rechtsmissbräuchlich geschaffene Anknüpfungspunkt unbeachtlich ist. Voraussetzung ist vielmehr auch im Kollisionsrecht, dass sich die Nichtbeachtung der Umgehungshandlung im Rahmen der Auslegung bzw. Rechtsfortbildung aus

___________ 166

Flume, BGB AT 350 f.; Medicus, BGB AT Rn. 660 f.; Rütten 4, 65 ff., insb. 70, 75; Schurig, in: Kegel/Schurig, 482 f.; ders., RabelsZ 65 (2001), 746, 757; Soergel/Kegel, Vor Art. 3 EGBGB Rn. 136; ausführlich Teichmann, JZ 2003, 761, 765 ff. 167 Heeder 81 ff.; MünchKomm/Mayer-Marly/Armbrüster § 134 BGB Rn. 11 ff. 168 Coester-Waltjen/Mäsch 107; Hay 110 f.; Heeder 333; MünchKomm/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 756 ff.; Palandt/Heldrich, Einl. Art. 3 EGBGB Rn. 25 f.; Schurig, in: Kegel/Schurig, 474 ff.; Soergel/Kegel, Vor. Art. 3 EGBGB Rn. 136; Staudinger/Blumenwitz Art. 6 EGBGB Rn. 55 ff., Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 29; von Hoffmann/Thorn 262 ff.

B. Subjektive Anknüpfung

331

dem Sinn und Zweck der umgangenen Kollisionsnorm selbst ergibt.169 Dieses Verständnis liegt auch einer Entscheidung des BGH170 zu Grunde, in der die Beachtung eines Anknüpfungspunktes auf Grund der rechtsmissbräuchlichen Manipulation der Anknüpfungspunkte abgelehnt wurde.171 Andere Entscheidungen, in denen eine fraus legis im IPR berücksichtigt worden wäre, existieren – soweit ersichtichtlich – nicht.172 Auch in den von der Literatur zitierten Gerichtsentscheidungen wird eine fraus legis allenfalls diskutiert, letztlich aber immer abgelehnt.173 Sie können also nicht herangezogen werden, um die fraus legis im IPR – abweichend vom Verständnis dieser Rechtserscheinung im materiellen Recht – als eigenständiges Rechtsinstitut zu etablieren. Daher muss sich die Nichtberücksichtigung des fraudulös herbeigeführten Anknüpfungspunktes auch im Kollisionsrecht aus dem Sinn und Zweck der Kollisionsnorm ergeben, die zu umgehen versucht wird. Der manipulierte Sachverhalt ist danach letztlich nur unbeachtlich, wenn er die Voraussetzungen des erforderlichen Anknüpfungspunktes nicht erfüllt. In den Fällen, in denen die Umgehungshandlung dem Anknüpfungsmoment genügt, kommt eine Berücksichtigung der fraus legis dagegen kaum in Betracht. Denn grundsätzlich gibt der Gesetzgeber feste Anknüpfungspunkte vor. Werden diese bejaht, findet sich keine Rechtfertigung, die berufene Rechtsordnung nicht anzuwenden, weil der Anknüpfungspunkt in rechtsmissbräuchlicher Weise verwirklicht wurde. So geht auch die herrschende Meinung davon aus, dass die Ausnutzung der im Gesetz angelegten Möglichkeiten, das günstigste Recht zur Anwendung zu berufen, keine fraus legis darstelle. Schließlich habe der Gesetzgeber die Umgehungsmöglichkeit durch die Statuierung sog. instabiler Anknüpfungspunkte selbst geschaffen und einer Manipulation nicht entgegengewirkt.174 Da das IPR grundsätzlich von der Gleichwertigkeit der einzelnen Rechtsordnungen aus___________ 169 Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 631 ff.; Rütten 135 ff.; Schurig, in: Kegel/ Schurig, 482 f.; ders., RabelsZ 65 (2001), 746, 757; Soergel/Kegel, Vor Art. 3 EGBGB Rn. 139 ff. 170 BGH Z 78, 318 ff. 171 Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 631 f. 172 Siehe hierzu ausführlich Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 631. 173 Die Entscheidungen stützen sich allesamt nicht auf eine Fraus legis, sondern gelangen aus anderen Gründen zur Anwendung des deutschen Rechts. So wurde etwa in den von von Hoffmann/Thorn, 266 Fn. 250, zitierten Entscheidungen (OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 1018 f.; LG Hamburg NJW-RR 1990, 495 ff.) die Anwendung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB bejaht, weil das ausländische Element bei Vertragsschluss bereits weggefallen war (siehe dazu sogleich unten). 174 Brödermann/Rosengarten Rn. 110; Erman/Hohloch, Einl. Art. 3 EGBGB Rn. 45; Looschelders, Vorb. Art. 3-6 EGBGB Rn. 29 f.; Palandt/Heldrich, Einl. Art. 3 EGBGB Rn. 26; Schurig, in: Kegel/Schurig, 481; Soergel/Kegel, Vor Art. 3 EGBGB Rn. 143; Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 632; von Hoffmann/Thorn 264; im Ergebnis auch MünchKomm/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 759; St. Lorenz, FS Jayme 533, 545.

332

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

geht, kann die durch das deutsche Kollisionsrecht vorgenommene Verweisung auf ein ausländisches Recht nicht deshalb als verwerflich angesehen werden, weil dies zu anderen Ergebnissen als das deutsche Sachrecht führt.175 Dem Umstand, dass der Anknüpfungspunkt in rechtsmissbräuchlicher Weise herbeigeführt wurde, kommt mithin keine Bedeutung zu.

bb) Keine fraus legis im Fall der Umgehung des Art. 27 Abs. 3 EGBGB Legt man diese Erkenntnisse für die hier relevante Frage zu Grunde, ob in dem rechtsmissbräuchlich geschaffenen Auslandsbezug ein nicht zu berücksichtigender Tatbestand liegt, ergibt sich Folgendes: Die Tatsache, dass die Parteien von der ihnen zustehenden Rechtswahlfreiheit Gebrauch machen und sich dies zu Lasten der schwächeren Partei auswirkt, stellt keine rechtsmissbräuchliche Manipulation der Anknüpfungsmomente dar.176 Denn die Ausübung der Parteiautonomie ist vom Gesetzgeber gerade gewollt: Jede Partei soll das für sie günstigste – und damit zwangsläufig auch das für die andere Partei ungünstigste – Recht frei wählen. Dem Schutz des schwächeren Vertragspartners wird in diesen Fällen hinreichend durch andere Schutzmechanismen (etwa durch die Art. 29, 29a EGBGB) Rechnung getragen.177 Liegen aber die Voraussetzungen für eine auf kollisionsrechtlicher Ebene wirksame Rechtswahl vor, kann es nicht mehr darauf ankommen, dass diese durch die rechtsmissbräuchliche Herbeiführung des Auslandsbezugs bewirkt wurden.178 Entsprechende Anhaltspunkte sind der Norm nicht zu entnehmen. Eine Beschränkung der Wirkungen einer solchen Rechtswahl lässt sich in diesem Fall nur noch über die Art. 29, 29a, 34 EGBGB bzw. im Rahmen einer ordre public-Prüfung vornehmen, was für die Regressnormen jedoch nicht in Betracht kommt.179 Allerdings ist das künstlich geschaffene ausländische Element dann nicht beachtlich, wenn es nicht hinreichend ist, um einen nationalen Sachverhalt im ___________ 175

Rütten 134. Bamberger/Roth/St. Lorenz, Einl. IPR Rn. 73; Erman/Hohloch, Einl. Art. 3 EGBGB Rn. 45; MünchKomm/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 779 (Lösung über die Auslegung von „Binnensachverhalt“), Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 11; Palandt/Heldrich, Einl. Art. 3 EGBGB Rn. 26; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 29, Art. 29 EGBGB Rn. 92; im Ergebnis auch St. Lorenz, FS Jayme 533, 545; von Hoffmann/Thorn 266. 177 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 27 EGBGB Rn. 35; Erman/Hohloch, Einl. Art. 3 EGBGB Rn. 45; Mankowski, in: von Bar/Mankowski, 632; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 29; im Ergebnis auch Junker, IPRax 1993, 1, 10. 178 Bamberger/Roth/St. Lorenz, Einl. IPR Rn.l 73; MünchKomm/Martiny Art. 27 EGBGB Rn. 11; Staudinger/Magnus Art. 27 EGBGB Rn. 29. 179 Vgl. dazu ausführlich 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2., 3. und 4. 176

B. Subjektive Anknüpfung

333

Sinne des Art. 27 Abs. 3 EGBGB zu verneinen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es nicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegt, weil beispielsweise der Vertrag durch ein ausländisches Unternehmen angebahnt, letztlich aber von einem deutschen geschlossen wurde.180 Ist also der künstlich geschaffene Auslandsbezugs im Rahmen des Art. 27 Abs. 3 EGBGB nicht relevant, bleibt es bei der Anwendung dieser Regelung und damit auch bei der Geltung der zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts.

3. Ergebnis Haben die Parteien in einem Sachverhalt mit einen hinreichend starken Auslandsbezug die Geltung eines ausländischen Rechts vereinbart, finden die §§ 478, 479 BGB auch dann keine Anwendung, wenn das internationale Element in der Absicht geschaffen wurde, die Anwendung der intern zwingenden deutschen Vorschriften zu verhindern.181

IV. Zusammenfassung Der Letztverkäufer und der Lieferant bzw. die anderen Unternehmer der Regresskette können das auf ihren Vertrag anwendbare Recht grundsätzlich frei wählen. Vereinbaren sie die Geltung ausländischen Rechts, finden die deutschen Regressnormen der §§ 478, 479 BGB keine Anwendung. Die Vorschriften sind weder auf Grund der verbraucherschützenden Sonderanknüpfungen der Art. 29 und 29a EGBGB noch als Eingriffsnormen im Sinne von Art. 34 EGBGB zu berücksichtigen. Die Nichtgewährung eines effektiven Rückgriffs, den die Anwendung des ausländischen Rechts nach sich ziehen könnte, stellt auch keinen ordre public-Verstoß dar. Voraussetzung für eine solche uneingeschränkt wirksame Rechtswahl ist jedoch, dass die Parteien ein staatliches Recht wählen und dass der Vertrag zwischen dem Regressschuldner und -gläubiger einen internationalen Bezug aufweist. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Bezug an sich gegeben ist oder von einer Partei bewusst geschaffen wurde, um die Grenze des Art. 27 Abs. 3 EGBG zu umgehen.

___________ 180

OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 1018 f.; LG Hamburg NJW-RR 1990, 495 ff. Im Ergebnis auch St. Lorenz, FS Jayme 533, 545; wohl auch Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 93; Gruber, NJW 2002, 1180, 1181. 181

334

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

C. Objektive Anknüpfung Haben die Parteien keine Rechtswahl vorgenommen, wird das anwendbare Recht im Wege der objektiven Anknüpfung ermittelt.

I. Bestimmung der maßgeblichen Anknüpfungsnorm 1. Keine Anknüpfung nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB Die gegenüber Art. 28 EGBGB vorrangig zu berücksichtigende182 Anknüpfungsregel des Art. 29 Abs. 2 EGBGB, wonach „Verbraucherverträge, die unter den in Absatz 1 bezeichneten Umständen zustande gekommen sind, [mangels Rechtswahl] dem Recht des Staates [unterliegen], in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“, findet im Regressfall keine Anwendung. Denn die Vorschrift ist auf solche Verträge beschränkt, an denen ein Verbraucher beteiligt ist.183 Die für den Rückgriff maßgeblichen Verträge zwischen Regressgläubiger und Regressschuldner werden – mangels Verbrauchereigenschaft einer der Parteien – weder direkt noch analog erfasst.184

2. Anknüpfung nach Art. 28 EGBGB Damit ist im Regressfall auf die Anknüpfungsregelungen in Art. 28 EGBGB abzustellen. Nach dem in Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB enthaltenen allgemeinen Grundsatz „unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist.“

a) Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB Für vertragliche Ansprüche wird nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB „vermutet, dass der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder, wenn es sich um eine

___________ 182

Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 29 EGBGB Rn. 19; Junker, IPR Rn. 375; Looschelders Art. 29 EGBGB Rn. 8; MünchKomm/Martiny Art. 29 EGBGB Rn. 62; Rauscher 254; von Hoffmann/Thorn 450; siehe auch Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 133. 183 Siehe hierzu 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. a). 184 Vgl. 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. a) und die dortigen Nachweise.

C. Objektive Anknüpfung

335

Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, ihre Hauptverwaltung hat.“

Dabei ist unter der vertragscharakteristischen Leistung diejenige zu verstehen, die dem Vertrag sein spezifisches Gepräge gibt und damit von anderen Vertragstypen abgrenzt.185 Dies ist in aller Regel die der Zahlung gegenüberstehende Leistung, beim Kauf also die Leistung des Verkäufers, genauer: die Lieferung der Kaufsache.186 Diese Anknüpfung gilt auch für die §§ 478, 479 BGB bzw. die Regressvorschriften anderer Staaten. Denn bei diesen Normen handelt es sich aus Sicht des für die Qualifikation maßgeblichen deutschen Rechts187 um vertragliche Ansprüche. Dabei ist unerheblich, dass es im Regressfall nur um Fragen der Gewährleistung geht, da das nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB ermittelte Recht das gesamte Vertragsverhältnis einschließlich der Fragen der Gewährleistung und damit des Rückgriffs regelt.188 Die deutschen Regressnormen der §§ 478, 479 BGB finden demnach – da es sich um eine Sachnormverweisung handelt – dann Anwendung, wenn der Regressschuldner als Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seine Hauptverwaltung in Deutschland hat.

b) Ausweichklausel des Art. 28 Abs. 5 EGBGB Die in Art. 28 Abs. 2 EGBGB normierte Vermutung kann nach der sog. Ausweichklausel189 in Art. 28 Abs. 5 EGBGB widerlegt werden, „wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat hat.“ Dazu muss eine Gesamtabwägung aller Umstände ergeben, dass die engste Verbindung im konkreten Einzelfall aus-

___________ 185 Bamberger/Roth/Spickhoff Art. 28 EGBGB Rn. 9; Hk-BGB/Staudinger Art. 28 EGBGB Rn. 7; Junker, IPR Rn. 362; Looschelders Art. 28 EGBGB Rn. 28; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 122; MünchKomm/Martiny Art. 28 EGBGB Rn. 33; Soergel/von Hoffmann Art. 28 EGBGB Rn. 23; von Hoffmann/Thorn 441 f. 186 Hk-BGB/Staudinger Art. 28 EGBGB Rn. 19; Höpker 356; Junker, IPR Rn. 362; Looschelders Art. 28 EGBGB Rn. 29; MünchKomm/Martiny Art. 28 EGBGB Rn. 35; von Bar, IPR II Rn. 496; von Hoffmann/Thorn 441. 187 Vgl. hierzu Brödermann/Rosengarten Rn. 116 ff.; Hay 98 ff.; Kropholler, IPR 113 ff.; von Bar, in: von Bar/Mankowski, 636 ff.; von Hoffmann/Thorn 222 ff. 188 Hk-BGB/Staudinger Art. 32 EGBGB Rn. 6; MünchKomm/Spellenberg Art. 32 EGBGB Rn. 36 ff.; siehe auch Ermann/Hohloch Art. 32 EGBG Rn. 9; Palandt/Heldrich Art. 32 EGBGB Rn. 5. 189 Zum Begriff siehe Geisler 86, 88.

336

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

nahmsweise190 nicht zu der nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB berufenen, sondern zu einer anderen Rechtsordnung besteht.

aa) Akzessorische Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkaufvertrag Zunächst wäre denkbar, den Vertrag zwischen Letztverkäufer und Lieferant bzw. den Regress im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses akzessorisch an den Verbrauchsgüterkauf bzw. den letzten Vertrag der Lieferkette anzuknüpfen.191 Schließlich ist der Rückgriff gegenüber dem Lieferanten letztlich nur Konsequenz der Inanspruchnahme des Letztverkäufers durch den Verbraucher. Die Verträge der Lieferkette sind insofern zumindest im Regressfall miteinander verbunden. Im deutschen Recht entscheidet sich sogar das anwendbare Regressregime, also die Frage, ob sich der Rückgriff nach den §§ 478, 479 BGB oder nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht richtet, nach der Einordnung dieses letzten Vertrages in der Lieferkette.192 Wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, kommt diesem letzten Vertrag maßgeblicher Einfluss auf die Ausgestaltung des Rückgriffs zu. Es ist dogmatisch durchaus möglich, die engste Verbindung in Anlehnung an einen anderen Vertrag zu bestimmen.193 Dies setzt aber einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Verträgen voraus, der sie als einheiliches Ganzes erscheinen lässt und es rechtfertigt, die jeweiligen Verpflichtungen aus den verschiedenen Rechtsgeschäften einem einheitlichen Vertragsstatut zu unterstellen.194 Ein solcher Zusammenhang wird insbesondere dann angenommen, wenn das anzuknüpfende Vertragsverhältnis so von einem anderen Vertrag dominiert wird – etwa weil es lediglich der Vorbereitung oder Ausführung dieses Vertrages dient oder dessen Erfüllung sichert –, dass ihm kaum eigenständige Wirkung zukommt.195 Bestehen die einzelnen Verträge dabei nicht zwischen den identischen Vertragsparteien, sondern zwischen mehreren Perso___________ 190 Vgl. Hay 148; Junker, IPR Rn. 368; Magnus, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 133; Kropholler, IPR 472 f.; Martiny, ZEuP 2003, 590, 600; noch strenger Mankowski, ZEuP 2003, 483, 485. 191 Dies wird im Rahmen der intertemporalen Anknüpfung vereinzelt vertreten; siehe dazu 2. Teil B. I., II. und die dortigen Nachweise. Im Ergebnis ist diese Ansicht aber abzulehnen; vgl. 2. Teil B. III. 1. 192 Vgl. dazu 1. Teil, 2. Kapitel B. I. 193 BAG WM 1968, 524 ff.; LG Hamburg RIW 1993, 144, 145; Geisler 260 ff.; Kegel, in: Kegel/Schurig, 665; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 165; MünchKomm/ Martiny Art. 28 EGBGB Rn. 115 ff.; Soergel/von Hoffmann Art. 28 EGBGB Rn. 115 ff.; von Hoffmann/Thorn 448 f. 194 MünchKomm/Martiny Art. 28 EGBGB Rn. 116 f.; von Hoffmann/Thorn 448. 195 Geisler 260 ff.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 165; MünchKomm/Martiny Art. 28 EGBGB Rn. 121 f., 124.

C. Objektive Anknüpfung

337

nen, so kann der Vertrag mit dem Dritten grundsätzlich nur dann dem Recht des Hauptvertrages unterstellt werden, wenn sich der Dritte dem Hauptvertrag unterworfen hat.196 Denn zur Wahrung seiner kollisionsrechtlichen Interessen darf er zumindest nicht zu seinen Lasten dem ihm fremden Recht des Hauptvertrages unterworfen werden. Jeder Vertrag innerhalb der Lieferkette hat einen eigenständigen Inhalt. Die Vertragsverhältnisse der Lieferkette stehen meist nur insoweit zueinander in Beziehung, als der Käufer die Gewährleistungsrechte gegenüber seinem Verkäufer gerade deswegen geltend macht, weil er seinerseits von seinem Abkäufer in Anspruch genommen wurde. Die Regressansprüche selbst ergeben sich aber ausschließlich aus dem Vertrag, den er mit seinem Verkäufer geschlossen hat. Dies gilt auch im deutschen Recht. Hier kommt dem Verbrauchsgüterkauf am Ende der Lieferkette zwar insoweit Einfluss zu, als er die Anwendung der §§ 478, 479 BGB nach sich zieht. Doch durch diese Regressnormen werden lediglich die dem Regressgläubiger als Käufer zustehenden Gewährleistungsansprüche modifiziert.197 Der Vertrag zwischen Regressschuldner und Regressgläubiger wird damit – auch hinsichtlich des Rückgriffs – nicht von dem letzten Vertrag der Lieferkette dominiert. Darüber hinaus kommt eine akzessorische Anknüpfung nur dann in Betracht, wenn sich der Regressschuldner als Dritter im Verhältnis zum Verbrauchsgüterkaufvertrag dem Recht unterwirft, das auf dieses – als Hauptvertrag qualifizierte – Vertragsverhältnis Anwendung findet. Wenn es sich bei diesem Recht nicht um sein Heimatrecht oder ein für ihn günstiges Recht handelt – was bei den §§ 478, 479 BGB ja gerade nicht der Fall ist –, wird er sich dazu ohne Vorliegen besonderer Gründe kaum veranlasst sehen. Eine akzessorische Anknüpfung dieses Vertrages an den letzten Vertrag der Lieferkette für Fragen des Rückgriffs scheidet damit aus. Hieraus ergibt sich keine engste Verbindung, welche die Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB widerlegen könnte.

bb) Anderes Zentrum des Leistungsaustauschs Die engste Verbindung kann sich weiter daraus ergeben, dass mehrere objektive Elemente auf ein anderes Recht weisen als dasjenige, das nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB zur Anwendung berufen ist. Dazu muss sich die andere Rechtsordnung aber nach einer Gesamtabwägung aller Umstände als „Zentrum ___________ 196 MünchKomm/Martiny Art. 28 EGBGB Rn. 118, 122; Soergel/von Hoffmann Art. 28 EGBGB Rn. 116; von Hoffmann/Thorn 448. 197 Vgl. dazu 1. Teil, 3. Kapitel A. I.

338

3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

des Leistungsaustauschs“ darstellen.198 Dies kann nicht pauschal oder anhand von Fallgruppen festgestellt werden. Es kommt maßgeblich auf die einzelnen Umstände des konkreten Einzelfalls an. Im Regressfall wäre eine von Art. 28 Abs. 2 EGBGB abweichende Anknüpfung etwa dann denkbar, wenn der deutschen Letztverkäufer den Vertrag zwar mit einem ausländischen Lieferanten schließt, der Vertrag aber durch ein deutsches Unternehmen angebahnt wurde, die Vertragsverhandlungen wie auch der Vertragsschluss in Deutschland und in deutscher Sprache erfolgten, der Vertrag durch ein deutsches Unternehmen erfüllt wurde und dieses auch die vertragliche Nachbetreuung übernimmt. Denn in diesem Fall ist es gerechtfertigt, das Zentrum des Leistungsaustauschs nicht am Sitz des Verkäufers, sondern in Deutschland anzusiedeln.199 Auch hier sind allerdings die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, so dass keine abschließende Aussage getroffen werden kann.

3. Zusammenfassung Die Anknüpfung regressrechtlicher Ansprüche richtet sich grundsätzlich nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB. Berufen ist das Recht des Staates, in dem der Regressschuldner als Verkäufer seinen Sitz hat. Allerdings kann in Ausnahmefällen nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB auch das Recht eines anderes Staates angewandt werden, wenn der Vertrag zwischen Regressgläubiger und Regressschuldner hierzu eine engere Beziehung als zu dem Recht aufweist, das nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB zur Anwendung berufen ist. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn mehrerer objektive Elemente derart auf ein anderes Recht weisen, dass sich dieses nach einer Gesamtabwägung aller Umstände als Zentrum des Leistungsaustauschs darstellt. Eine Anknüpfung nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB kommt mangels Verbrauchereigenschaft einer der am Vertrag beteiligten Parteien nicht in Betracht.

II. Anwendung der §§ 478, 479 BGB im Wege der Sonderanknüpfungen in den Fällen, in denen im Rahmen der objektiven Anknüpfung ausländisches Recht berufen ist Die deutschen Regressnormen können aber möglicherweise im Rahmen von Sonderanknüpfungen auch dann Anwendung finden, wenn der Vertrag zwi___________ 198

Soergel/von Hoffmann Art. 28 EGBGB Rn. 99; von Hoffmann/Thorn 447; im Ergebnis auch Erman/Hohloch Art. 28 EGBGB Rn. 17; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 116; Palandt/Heldrich Art. 28 EGBGB Rn. 3 f.; Staudinger/Magnus Art. 28 EGBGB Rn. 129 ff.; von Bar, IPR II Rn. 490. 199 So auch Höpker 357; St. Lorenz, FS Jayme 533, 544, 547.

C. Objektive Anknüpfung

339

schen Regressgläubiger und Regressschuldner an sich nach Art. 28 Abs. 2 oder Abs. 5 EGBGB einem ausländischen Recht unterliegt. Als solche Sonderanknüpfungen kommen zum einen die verbraucherschützende Kollisionsnorm des Art. 29a EGBGB,200 zum anderen die Berücksichtigung der §§ 478, 479 BGB als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB in Betracht.

1. Anwendung der §§ 478, 479 BGB gemäß Art. 29a EGBGB Die Anwendung des Art. 29a EGBGB scheidet schon deshalb aus, weil diese Regelung nur bei der Wahl eines Drittstaatenrechts einschlägig ist, nicht aber dann, wenn ein solches Recht auf Grund objektiver Anknüpfung berufen wird.201 Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift gelangen die Umsetzungsnormen der Verbraucherschutzrichtlinien nur dann zur Anwendung, wenn der „Vertrag auf Grund einer Rechtswahl nicht dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftraum“ unterliegt. Dies entspricht auch den Vorgaben der zu Grunde liegenden Richtlinien, die den kollisionsrechtlichen Schutz nur im Falle der Rechtswahl, nicht aber im Rahmen einer objektiven Anknüpfung fordern.202 Insofern ist davon auszugehen, dass die Beschränkung vom Umsetzungsgesetzgeber bewusst übernommen wurde. Eine analoge Anwendung des Art. 29a EGBG auf die Fälle, in denen das Drittstaatenrecht im Wege der objektiven Anknüpfung berufen wird, scheidet mithin aus.203 Darüber hinaus scheiterte die Anwendung der §§ 478, 479 BGB über Art. 29a EGBGB ohnehin daran, dass Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht kollisionsrechtlich abgesichert ist und die seiner Umsetzung dienenden Regressnormen deshalb nicht von der Kollisionsnorm erfasst werden.204

___________ 200 Anders als im Rahmen der subjektiven Anknüpfung ist die Regelung des Art. 29 EGBG bei der objektiven Anknüpfung als vorrangige Kollisionsnorm und nicht als Sonderanknüpfung zu berücksichtigen; vgl. 3. Teil, 3. Kapitel C. I. 1. 201 Bitterich 336, 461 f.; ders., VuR 2002, 155, 160 f.; Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 11; MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn. 33; Palandt/Heldrich Art. 29a EGBGB Rn. 4; Rauscher 255 f.; Staudenmayer, in: Lando/Magnus/NovakStief, 57, 64 f.; Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rn. 34; Staudinger, ZGS 2002, 63; R. Wagner, IPRax 2000, 250, 253. 202 Erman/Hohloch Art. 29a EGBGB Rn. 26; R. Wagner, IPRax 2000, 250, 253. 203 Bitterich 461 f.; MünchKomm/Martiny Art. 29a EGBGB Rn.33; Rusche, IPRax, 420, 424; kritisch in Bezug darauf, dass die Richtlinien nur bei subjektiver Rechtswahl gelten Leible, in: Schulte-Nölke/Schulze, 353, 366 ff. 204 Siehe hierzu 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 2. b) bb).

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3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

2. Anwendung der §§ 478, 479 BGB über Art. 34 EGBGB Die Sonderanknüpfung der Eingriffsnormen setzt sich auch gegenüber der objektiven Anknüpfung durch. Die Anwendung der §§ 478, 479 BGB im Rahmen dieser Anknüpfung scheitert aber daran, dass es sich bei den Regressnormen nicht um international zwingende Bestimmungen im Sinne des Art. 34 EGBGB handelt.205

3. Zusammenfassung Mit Hilfe der Sonderanknüpfungen kann eine Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf einen Sachverhalt, der nach Art. 28 Abs. 2 oder Abs. 5 EGBGB einem ausländischen Recht unterliegt, nicht erreicht werden.

III. Anwendung der §§ 478, 479 BGB über den ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB in Fällen objektiver Anknüpfung Im Rahmen der objektiven Anknüpfung ist es – wie auch bei einer Rechtswahl – ausnahmsweise möglich, deutsche Vorschriften anzuwenden, weil die Anwendung des berufenen ausländischen Rechts nicht mit den Wertvorstellungen des deutschen Rechts vereinbar ist und die durch Nichtanwendung der ausländischen Regelung entstehende Lücke nicht durch den Geist der ausländischen Rechtsordnung geschlossen werden kann.206 Die Nichtgewährung eines effektiven Rückgriffs stellt allerdings keinen Verstoß gegen den ordre public dar, weil die Regressmöglichkeit nach §§ 478, 479 BGB kein wesentlicher Grundsatz des deutschen Rechts ist.207

IV. Möglichkeiten der Umgehung der §§ 478, 479 BGB im Rahmen der objektiven Anknüpfung 1. Einschaltung einer ausländischen Zwischenperson als Strohmann Der Regressschuldner wird darauf bedacht sein, dass die für ihn ungünstigen deutschen Regressnormen bei einer objektiven Anknüpfung nicht zur Anwendung gelangen. Fraglich ist aber, ob er die Anwendung einer ausländischen ___________ 205

Siehe ausführlich 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 3. Vgl. 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 4. a) und die dortigen Nachweise. 207 Siehe hierzu 3. Teil, 3. Kapitel B. II. 4. b) sowie die dortigen Nachweise. 206

C. Objektive Anknüpfung

341

Rechtsordnung – wie bei der subjektiven Anknüpfung208 – durch eine Manipulation der maßgeblichen Anknüpfungspunkte, insbesondere des Aufenthalts oder Sitzes des Verkäufers, herbeiführen kann. Seinen eigenen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz ins Ausland zu verlegen, wird im Regelfall nicht in Betracht kommen. Denkbar ist aber die Einschaltung einer ausländischen Zwischenperson als Strohmann. Solche Konstellationen können etwa dann gegeben sein, wenn zwischen dem ausländischen Unternehmen und dem deutschen Lieferanten enge Verbindungen, insbesondere Abtretungsvereinbarungen hinsichtlich der Forderungen existieren, die dem Lieferanten gegenüber dem Letztverkäufer entstehen. In diesen Fällen ist der Sitz des ausländischen Strohmanns allerdings zumeist der einzige Auslandsbezug, den der Vertrag aufweist. Die anderen Elemente weisen in aller Regel auf das deutsche Recht als dasjenige des Staates, in dem der Vertrag sich vollzieht und abgewickelt wird. Daher wird die nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB zu Gunsten des ausländischen Rechts bestehende Vermutung durch Art. 28 Abs. 5 EGBGB widerlegt, weil der Sachverhalt im konkreten Fall enger mit einer anderen Rechtsordnung verbunden ist. Die geplante Umgehung hat keinen Erfolg.

2. Abschluss eines eigenständigen Vertrages über ein ausländisches Unternehmen Etwas anderes ergibt sich aber dann, wenn das zur Umgehung benutzte ausländische Unternehmen nicht als Strohmann fungiert und der Vertrag zwischen ihm und dem Letztverkäufer als eigenständiges Vertragsverhältnis zu werten ist. Denn in diesem Fall ist der Art. 28 Abs. 5 EGBGB nicht einschlägig. Es besteht in aller Regel keine engere Verbindung zum deutschen Recht. Es bleibt nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB bei der Anknüpfung an den Aufenthalt bzw. Sitz des Verkäufers, der hier zur Anwendung des ausländischen Rechts führt. Diese Fallgestaltung ist auch nicht als Gesetzesumgehung unbeachtlich. Sie kann nicht als rechtsmissbräuchliche Manipulation der Anknüpfungspunkte gewertet werden.209 In einem solchen Fall bleibt für die Annahme einer Gesetzesumgehung nämlich kein Raum. Durch die Einschaltung der Zwischenperson wird nicht die Anwendung des deutschen Rechts auf den faktisch mit dem deutschen Lieferanten geschlossenen Vertrag verhindert. Vielmehr wird ein eigenständiger (zweiter) Vertrag zwischen anderen Vertragsparteien geschlossen. Auf den Vertrag, an dem der deutsche Lieferant als Verkäufer und die ausländi___________ 208

Vgl. dazu 3. Teil, 3. Kapitel B. III. Im Ergebnis ebenso MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 47; siehe auch Klose 294 f. 209

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3. Teil, 3. Kap.: Der Regress im deutschen IPR

sche Zwischenperson als Käufer beteiligt sind, findet weiterhin die Regelung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB und damit deutsches Recht Anwendung. Es liegt also keine Umgehung der Kollisionsnormen vor. Die Anwendung der §§ 478, 479 BGB gegenüber dem Lieferanten scheitert in dieser Fallkonstellation nicht auf kollisionsrechtlicher Ebene. Auf materiellrechtlicher Ebene aber liegen die Voraussetzungen der Regressvorschriften nicht vor. Denn der Regressgläubiger (hier das ausländische Unternehmen) kann in der vorgeschalteten Lieferkette nur die Kosten auf den Regressschuldner (hier den deutschen Lieferanten) weiterleiten, die ihm durch die Befriedigung der regressrechtlichen Ansprüche seines eigenen Käufers (hier des Letztverkäufers) entstanden sind. Da der Vertrag zwischen dem ausländischen Unternehmen und dem Letztverkäufer aber dem ausländischen Recht unterliegt, wird hier oftmals eine Rückgriffsmöglichkeit fehlen, weil die Gewährleistungs- und Regressansprüche vertraglich wirksam ausgeschlossen wurden. Der Letztverkäufer kann seinen (ausländischen) Lieferanten nicht in Anspruch nehmen, so dass diesem keine Kosten entstehen, die er auf den deutschen Lieferanten weiterleiten müsste.

3. Ergebnis Im Rahmen der objektiven Anknüpfung bieten sich kaum Möglichkeiten, Einfluss auf das anwendbare Recht zu nehmen. Da der Verkäufer seinen Aufenthalt bzw. Sitz sicher nicht ohne Weiteres ins Ausland verlegt, bleibt letztlich als potentielle Umgehungshandlung nur die Einschaltung einer ausländischen Zwischenperson. Wird diese als Strohmann tätig, weist der gesamte Sachverhalt trotz der Manipulation einen engeren Bezug zum deutschen Recht auf, das nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB zur Anwendung berufen wird. Ist der Vertrag mit dem ausländischen Unternehmen als ein selbstständiges, vom deutschen Lieferanten nicht beeinflusstes Vertragsverhältnis zu werten, kann der Lieferant zumindest auf materiellrechtlicher Ebene einen Rückgriff nach §§ 478, 479 BGB verhindern, da die deutschen Regressvorschriften zwar Anwendung finden, ihre Voraussetzungen aber im konkreten Fall in der Regel nicht vorliegen dürften.

V. Zusammenfassung Die objektive Anknüpfung regressrechtlicher Ansprüche richtet sich nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB. Danach findet das Recht des Staates Anwendung, in dem der Regressschuldner als Verkäufer seinen Sitz hat. Weisen allerdings mehrere objektive Elemente derart auf ein anderes Recht, dass sich dieses nach einer Gesamtabwägung aller Umstände als Zentrum des Leistungsaustauschs darstellt, wird dieses über Art. 28 Abs. 5 EGBGB zur Anwendung berufen. Eine vorrangige Anknüpfung nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB kommt ebenso wenig

C. Objektive Anknüpfung

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in Betracht wie die Sonderanknüpfung der §§ 478, 479 BGB nach Art. 29a EGBGB oder als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBGB. Schließlich lässt sich eine Nichtanwendung der deutschen Regressnormen auch nicht im Wege des Art. 6 EGBGB korrigieren. Der Regressschuldner kann die Anwendung der §§ 478, 479 BGB in rein nationalen Sachverhalten nicht dadurch verhindern, dass er sich einer ausländischen Zwischenperson als Strohmann bedient. Denn in diesen Fällen bleibt das deutsche Recht über Art. 28 Abs. 5 EGBGB anwendbar. Schaltet der deutsche Lieferant allerdings eine ausländische Zwischenperson so in die Lieferkette, dass diese einen eigenständigen Vertrag mit dem deutschen Letztverkäufer abschließt, kann er erreichen, dass die Voraussetzungen der §§ 478, 479 BGB auf materiellrechtlicher Ebene nicht vorliegen. C. Objektive Anknüpfung

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3. Teil, 4. Kap.: Substitution ausländischer Sachverhalte

3. Teil, 4. Kap.: Substitution ausländischer Sachverhalte

4. Kapitel

Substitution ausländischer Sachverhalte Welchem Recht der letzte Vertrag am Ende der Lieferkette unterliegt, ist für die Ermittlung des auf den Vertrag zwischen Regressgläubiger und Regressschuldner anwendbaren Rechts unerheblich. Die Tatbestandvoraussetzungen der deutschen Normen können im Wege der Substitution grundsätzlich durch einen ausländischen Tatbestand ersetzt werden.210 Erforderlich dazu ist jedoch, dass das fremde Rechtsinstitut sowohl im Hinblick auf die Voraussetzungen als auch auf die Wirkungen dem deutschen funktionell gleichwertig ist, mit ihm also in wesentlichen Elementen übereinstimmt.211 Für die §§ 478, 479 BGB bedeutet das Folgendes: Die Voraussetzungen der Vorschriften werden durch einen ausländischen Sachverhalt dann erfüllt, wenn bei hypothetischer Anwendung des deutschen Rechts der letzte Kaufvertrag als Verbrauchsgüterkaufvertrag im Sinne des § 474 Abs. 1 BGB zu werten ist und eine Rücknahme- oder Minderungspflicht bzw. eine Nacherfüllungspflicht begründet.212 Da die §§ 478, 479 BGB insbesondere die zwingende Ausgestaltung der Normen im Verbrauchsgüterkauf kompensieren sollen,213 ist insbesondere auch zu prüfen, ob der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher einer zwingenden Haftung ausgesetzt war und diese nicht durch vertragliche Vereinbarungen verhindern konnte. Dabei ist davon auszugehen, dass dies bei Verbrauchsgüterkaufverträgen innerhalb der europäischen Union grundsätzlich der Fall ist. Denn harmonisierte Rechtsfiguren sind in aller Regel gleichwertig.214 Ist also der dem ausländischen Recht unterliegende letzte Vertrag der Lieferkette als Verbrauchsgüterkaufvertrag zu qualifizieren, der gegenüber dem Letztverkäufer eine Rücknahme- oder Minderungspflicht bzw. eine Nacherfüllungspflicht statuiert, die dieser nicht vertraglich abbedingen kann, sind die Voraussetzungen der §§ 478, 479 BGB zu bejahen. Andernfalls scheitert die Anwendung der Regressnormen. ___________ 210 Kropholler, IPR 231 ff.; St. Lorenz, FS Jayme 533, 545 f.; Siehr 475; Winkler von Mohrenfels, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 32; siehe ausführlich von Bar, in: von Bar/Mankowski, 699 ff. 211 Kropholler, IPR 232 f.; MünchKomm/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 614; Siehr 475; Staudinger/Sturm/Sturm, Einl. IPR Rn. 224; von Bar, in: von Bar/Mankowski, 702 f.; Winkler von Mohrenfels, in: Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, 32 f.; siehe auch St. Lorenz, FS Jayme 533, 546. 212 St. Lorenz, FS Jayme 533, 546; MünchKomm/St. Lorenz § 478 BGB Rn. 11; Wind 353 f.; im Ergebnis auch Matthes, NJW 2002, 2505, 2510; H.-F. Müller, IHR 2005, 133, 137. 213 Siehe hierzu 1. Teil, 2. Kapitel C. II. 1. b) bb). 214 MünchKomm/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 615; so auch Dutta, ZHR 171 (2007), 79, 85 f.; Wind 353 f.

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussbetrachtung A. Zusammenfassung

A. Zusammenfassung Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, ein effektives, nicht notwendig zwingendes Regressrecht für den Verkäufer zu schaffen, der an einen Verbraucher verkauft hat und durch die Richtlinie einer verschärften Gewährleistungspflicht ausgesetzt ist. Der deutsche Gesetzgeber ist diesem Regelungsauftrag mit den neu ins BGB eingeführten §§ 478, 479 BGB nachgekommen. Dabei hat er die europäische Vorgabe insofern überobligatorisch umgesetzt, als er die Abbedingung der Regressregelungen nur bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs erlaubt und ihnen damit im faktischen Ergebnis zwingenden Charakter zukommen lässt. (2) Sowohl Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie als auch die nationalen Umsetzungsnormen der §§ 478, 479 BGB dienen dem Verbraucherschutz. Die deutschen Vorschriften bezwecken darüber hinaus einen gerechten Ausgleich innerhalb der Lieferkette und sollen verhindern, dass der Letztverkäufer die Kosten der vom Verbraucher geltend gemachten Gewährleistung auch dann tragen muss, wenn der Mangel der Kaufsache nicht von ihm, sondern vom Hersteller oder einem anderen Unternehmer in der Lieferkette verursacht worden ist. Dem Schutz des Letztverkäufers kommt daneben keine eigenständige Bedeutung zu; er ist lediglich Mittel zur Erreichung des Verbraucherschutzes und der gerechten Risikoallokation in der Lieferkette. (3) Die §§ 478, 479 BGB finden nur Anwendung, wenn sowohl der Regressgläubiger als auch der Regressschuldner Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sind. Vom personalen Anwendungsbereich der Regressnormen erfasst werden daher natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln. Dabei kommt es zur Bestimmung der Unternehmereigenschaft maßgeblich darauf an, dass der Vertrag in den – sehr weit zu ziehenden – Bereich der typisierten, bereichsspezifischen Geschäftskompetenz der jeweiligen Person fällt. Erfasst werden dadurch alle Geschäfte, die einem überwiegend gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Zweck

346

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

dienen, einschließlich Verträgen zur Existenzgründung und -erweiterung sowie Rechtsgeschäften, die – wie die Geschäftsaufgabe – außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs liegen. Der erforderliche gewerbliche oder selbstständige berufliche Zweck ergibt sich aus der Ausübung einer selbstständigen, planmäßigen, auf Dauer angelegten und entgeltlichen Tätigkeit, die nach außen erkennbar am Markt ausgeübt wird. (4) Die Regresskette endet beim Hersteller. Eine analoge Anwendung der §§ 478, 479 BGB auf das Verhältnis des Herstellers zu seinem Zulieferer ist nicht möglich. Der Hersteller kann die Geltung der in den Regressnormen enthaltenen Regelungen für diese Rechtsbeziehung aber individualvertraglich vereinbaren. Ebenso kann er in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen solche Bestimmungen treffen, die den Regelungen des § 478 Abs. 1 BGB (Verzicht des Fristerfordernisses) und des § 479 Abs. 2 BGB (Ablaufhemmung) nachgebildet sind. Die Statuierung eines an § 478 Abs. 2 BGB angelehnten verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs und eine Beweislastumkehr im Sinne der §§ 478 Abs. 3, 476 BGB sind dagegen auf Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. (5) Die §§ 478, 479 BGB setzen zwingend einen Verbrauchsgüterkauf am Ende der Regresskette voraus. Eine analoge Anwendung auf solche Lieferketten, die mit dem Verkauf an einen Unternehmer abschließen, scheidet aus. Dabei ist es unerheblich, ob der Verbrauchsgüterkauf am Ende der Kette fehlt, weil der Letztverkäufer die Sache an einen Unternehmer als Endabnehmer abgesetzt hat oder der geplanten Verkauf an den Verbraucher unterblieben ist, weil der Letztverkäufer die als mangelhaft erkannte Sache an seinen Lieferanten zurückgereicht hat. Die einzelnen Unternehmer der Regresskette können aber – sowohl in ihrer Funktion als Verkäufer wie auch in ihrer Rolle als Käufer – die Anwendung der in den §§ 478, 479 BGB enthaltenen Regressregelungen individualvertraglich für den Fall vereinbaren, dass die Lieferkette nicht mit einem Verbrauchsgüterkauf endet. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist dies nur einem Unternehmer in der Rolle des Verkäufers möglich. Ein Unternehmer, der in der Rolle des Käufers handelt, kann lediglich solche Klauseln wirksam vereinbaren, die dem § 478 Abs. 1 BGB und dem § 479 Abs. 2 BGB nachgebildet sind. Die Statuierung eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs im Sinne des § 478 Abs. 2 BGB und die Veränderung der Beweislast im Sinne der §§ 478 Abs. 3, 476 BGB sind ihm auf Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht möglich. (6) Verbraucher sind natürliche (Einzel-)Personen und nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, die auf Grund der Zweckrichtung ihres Handelns nicht dem Unternehmerbegriff unterfallen. Die Verbraucherdefinition stellt in Hinblick auf das funktionale Element das kontradiktorische Gegenteil zum Un-

A. Zusammenfassung

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ternehmerbegriff dar. Das erforderliche personale Element ist enger: Juristische Personen und andere rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften werden selbst bei entsprechender Zweckrichtung ihres Handelns nicht erfasst. (7) Die §§ 478, 479 BGB finden nur Anwendung, wenn es sich bei dem Kaufgegenstand um eine bewegliche, neu hergestellte Sache handelt. Im Rahmen der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung ist allerdings in zwei Fallgestaltungen eine analoge Anwendung auf gebrauchte Sachen möglich: Dies betrifft zum einen gebrauchte Sachen, die nur kurzzeitig von einem Verkäufer innerhalb der Lieferkette genutzt worden sind und deren Mangel sich eindeutig nicht aus dem Gebrauch der Sache, sondern einem Herstellungs- bzw. Lagerungsfehler ergibt. Zum anderen werden gebrauchte Sachen dann erfasst, wenn sie vom Lieferanten repariert bzw. restauriert worden sind und der geltend gemachte Mangel auf dieser Reparatur bzw. Restauration basiert oder durch sie hätte behoben werden müssen. Da das Instrument der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung allerdings heftig umstritten ist und die Umsetzungspflicht grundsätzlich erfordert, dass ein richtlinienkonformes Ergebnis bereits im Wege der Auslegung und nicht erst durch richtlinienkonforme Rechtsfortbildung erreicht wird, ist dem Gesetzgeber anzuraten, dass Merkmal „neu hergestellt“ in den §§ 478, 479 BGB zu streichen. (8) Die Kaufsache muss sowohl im Verbrauchsgüterkaufvertrag wie auch im Verhältnis von Regressgläubiger und -schuldner mangelhaft im Sinne der §§ 434, 435 BGB sein. Nicht ausreichend ist, dass der Letztverkäufer den Umständen nach von einem Mangel ausgehen durfte, dieser aber tatsächlich nicht vorlag. Für den Nachweis des Fehlers im Verhältnis zum Verbraucher reicht es aus, dass der Regressgläubiger einen solchen gegenüber dem Regressschuldner mit hinreichender Sicherheit geltend macht. Ein entsprechendes gerichtliches Urteil ist nicht erforderlich. (9) Nach § 478 Abs. 1 BGB entfällt für den Letztverkäufer das Fristsetzungserfordernis, d.h. er muss dem Lieferanten kein Recht zur zweiten Andienung gewähren, sondern kann direkt die sekundären Rechtsbehelfe geltend machen. Die Regelung dient dazu, dem Letztverkäufer das Absatzrisiko für eine neu gelieferte bzw. nachgebesserte Sache zu nehmen, wenn er die mangelhafte Sache bereits erfolgreich an einen Verbraucher verkauft hatte. Die Norm greift zum einen dann, wenn dem Letztverkäufer eine Rücknahmepflicht bzw. ein Rücknahmerecht hinsichtlich der mangelhaften Sache zusteht, der Verbraucher also zurücktritt oder großen Schadensersatz geltend macht, zum anderen dann, wenn der Verbraucher berechtigterweise mindert oder – in analoger Anwendung der Norm – kleinen Schadensersatz beansprucht. Die Regelung greift nicht, wenn die Geltendmachung der sekundären Rechtbehelfe erst durch ein Verhalten des Letztverkäufers ermöglicht worden ist. Zudem ist die Norm teleologisch auf das Regressinteresse zu reduzieren. Dem Letztverkäufer steht

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Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

daher nur der Rechtsbehelf zu, den der Verbraucher ihm gegenüber geltend gemacht hat, es sei denn, der Rechtsbehelf, den er gegenüber seinem Lieferanten geltend machen will, ist diesem finanziell gleichwertig oder stellt für den Lieferanten die kostengünstigere Alternative dar. (10) Bei einer Nacherfüllung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher entfällt das Fristerfordernis in aller Regel nicht. Für die Nachbesserung ergibt sich das schon aus dem Wortlaut des § 478 Abs. 1 BGB. Eine analoge Anwendung der Norm auf diese Fälle kommt nicht in Betracht. Hinsichtlich der Nachlieferung gegenüber dem Verbraucher ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift vorzunehmen: Das Fristerfordernis gegenüber dem Lieferanten entfällt weder in den Fällen, in denen der Letztverkäufer von ihm Nachlieferung verlangt, noch dann, wenn er aus eigenen Beständen nachliefert. Es entfällt lediglich dann, wenn der Letztverkäufer gegenüber seinem Lieferanten nach § 439 Abs. 3 BGB auf die Nachbesserung verwiesen ist. Denn es ist ihm nicht zumutbar, eine nachgebesserte Sache erneut absetzen zu müssen. Trotz der teleologischen Reduktion des § 478 Abs. 1 BGB kann sich der Letztverkäufer aber auch in den Fällen der Nachlieferung gegenüber dem Verbraucher auf die anderen Regressmodifikationen der §§ 478, 479 BGB berufen. (11) Der § 478 Abs. 2 BGB gewährt dem Letztverkäufer einen eigenständigen verschuldensunabhängigen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Aufwendungen, die er durch die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher zu tragen hatte. Regressfähig sind dabei alle Kosten, die unmittelbar durch die Nacherfüllung entstanden sind, sowie die mittelbaren Kosten, die objektiv und primär der Nacherfüllung dienten oder währenddessen verbraucht wurden. Nicht von § 478 Abs. 2 BGB erfasst sind die Kosten der nachzuliefernden Sache und die Mehrkosten, die sich daraus ergeben, dass die Nacherfüllung von einem außerhalb der Regresskette stehenden Dritten durchgeführt worden ist. Der Erstattungsanspruch ist ferner in den Fällen zu kürzen, in denen der Letztverkäufer von dem ihm zustehenden Leistungsverweigerungsrecht aus § 439 Abs. 3 BGB keinen Gebrauch gemacht hat: Hätte er die Nacherfüllung insgesamt verweigern können, weil sie absolut unverhältnismäßig ist, kann er nur die Kosten ersetzt verlangen, die bei Geltendmachung der sekundären Rechtsbehelfe entstanden wären. Nimmt er eine Nacherfüllungsvariante vor, die gegenüber der anderen relativ unverhältnismäßig ist, kann er nur den Betrag ersetzt verlangen, der durch die kostengünstigere Nacherfüllungsvariante angefallen wäre. Die Unverhältnismäßigkeit ergibt sich in diesen Fällen ausschließlich aus der Sicht des Letztverkäufers; die Interessen des Regressschuldners bleiben unberücksichtigt. (12) § 478 Abs. 2 BGB ist analog auf die Kosten anzuwenden, die im Zuge der Ausführung der sekundären Rechtsbehelfe entstehen, sofern der Letztverkäufer den Übergang zu diesen Rechtsbehelfen nicht zu vertreten hat. Die Re-

A. Zusammenfassung

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gressfähigkeit erstreckt sich dabei nicht auf die finanziellen Nachteile, die der Letztverkäufer durch den (anteiligen) Verlust seiner Gewinnspanne erleidet. (13) Nach § 478 Abs. 3 BGB kann sich der Letztverkäufer in den Fällen der §§ 437 ff., 478 Abs. 1 BGB und des § 478 Abs. 2 BGB auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen. Dabei beginnt die sechsmonatige Frist erst mit Ablieferung der Kaufsache an den Verbraucher. (14) Durch die Regelung in § 478 Abs. 4 BGB werden die grundsätzlich dispositiven Vorschriften der §§ 478, 479 BGB faktisch zu zwingendem Recht: Von diesen Vorschriften sowie den allgemeinen Normen des Kaufgewährleistungsrechts kann der Regressschuldner nur bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs abweichen. Ein solcher setzt voraus, dass die vertragliche Vereinbarung eine den gesetzlichen Vorschriften gleichwertige Regelung enthält und dem Letztverkäufer im konkreten Einzelfall einen angemessenen Ausgleich für die Abbedingung der §§ 478, 479 BGB gewährt. Von den bisher in der Literatur gemachten Vorschlägen für eine solche Regelung vermögen nur die pauschalen Abrechnungssysteme diesen Kriterien gerecht zu werden. Ihre konkrete Ausformung bereitet aber in der Praxis erhebliche Probleme, da die Angemessenheit der festgesetzten Pauschalen zum einen nur schwer und mit erheblichem statistischen Aufwand zu ermitteln ist und zum anderen immer die Gefahr besteht, dass der festgesetzte, grundsätzlich angemessene Betrag für das maßgebliche konkrete Vertragsverhältnis gerade nicht gleichwertig und die getroffene Vereinbarung damit unwirksam ist. Ob neben den pauschalen Abrechnungssystemen noch andere vertragliche Gestaltungen möglich sind, bleibt abzuwarten. (15) Die Anwendung der zwingenden Regressregelungen kann jedoch dann ausgeschlossen werden, wenn der Vertrag zwischen Regressschuldner und -gläubiger dem deutschen Recht entzogen ist. Inwieweit dies möglich ist, bestimmt sich ausschließlich nach den internationalprivatrechtlichen Regelungen. Eine Umgehung nach § 478 Abs. 4 S. 3 BGB liegt darin jedenfalls nicht. (16) Nach § 478 Abs. 6 BGB obliegt dem Letztverkäufer, der gleichzeitig Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB ist, die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB. Er verliert seine Regressansprüche, wenn er den Mangel der Kaufsache nicht unverzüglich rügt. Innerhalb der Regresskette beschränkt sich seine Rügeobliegenheit allerdings in der Regel – insbesondere bei originalverpackter Markenware oder bei versteckten Mängeln – darauf, dem Lieferanten unverzüglich seine Inanspruchnahme durch den Verbraucher mitzuteilen. Der Letztverkäufer kann außerdem selbst in den Fällen, in denen er seiner Obliegenheit nicht nachgekommen ist, die Kosten weiterleiten, die auch bei ordnungsgemäßer Einbeziehung des Lieferanten entstanden wären.

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Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

(17) Nach § 479 Abs. 1 BGB verjährt der Aufwendungsersatzanspruch des § 478 Abs. 2 BGB – wie auch die anderen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche – in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache. Um den angestrebten Gleichlauf der Verjährung vollumfänglich zu erreichen, sind der § 438 Abs. 1 Nr. 2, 2. Var. BGB und der § 438 Abs. 3 BGB analog anwendbar. Eine analoge Anwendung der restlichen in § 438 BGB enthaltenen Regelungen ist nicht erforderlich, da die Vorschriften keine Bedeutung für regressrechtliche Fallgestaltungen haben. (18) Der § 479 Abs. 2 BGB statuiert eine Ablaufhemmung, wonach die Verjährung der sich aus den §§ 437 ff., 478 Abs. 1 BGB und § 478 Abs. 2 BGB ergebenden Ansprüche des Letztverkäufers frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem dieser die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. Sie ist auf höchstens fünf Jahre beschränkt. Die Anwendung der Vorschrift setzt voraus, dass die Ansprüche des Letztverkäufers gegen den Lieferanten noch nicht verjährt sind. Die Hemmung muss also innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung der Sache an den Letztverkäufer einsetzen. Die Hemmung tritt ab dem Zeitpunkt ein, in dem der Letztverkäufer die Sache an den Verbraucher abgesetzt hat, in dem also alle Voraussetzungen dafür vorliegen, dass der Letztverkäufer in eine Regressfalle geraten kann. Berufen kann er sich auf die Ablaufhemmung aber erst dann, wenn sein Anspruch aus § 478 Abs. 2 tatsächlich entstanden ist oder die allgemeinen Gewährleistungsansprüche durch die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB modifiziert worden sind. In beiden Fällen ist erforderlich, dass der Letztverkäufer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat. (19) Die Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB finden nach §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB entsprechende Anwendung auf die vorgeschalteten Verträge der Regresskette. Der vom Letztverkäufer in Anspruch genommene Lieferant kann daher seinerseits seinen Verkäufer in Regress nehmen, und dieser kann sich wiederum an seinen Verkäufer wenden. Die Kette setzt sich solange fort, bis die Ansprüche gegenüber demjenigen Verkäufer geltend gemacht werden, der den Mangel verursacht hat. Dies wird in der Regel, nicht aber zwingend, der Hersteller sein. Die Weiterleitung vollzieht sich allerdings nur innerhalb der oben bereits beschriebenen Regresskette, sie endet daher zwangsläufig auch dann beim Hersteller, wenn der Fehler auf einem mangelhaften Zuliefererteil basiert. (20) Die intertemporale Anknüpfung der Regressregelungen des § 478 BGB, einschließlich des Aufwendungsersatzanspruchs des § 478 Abs. 2 BGB, richtet sich nach Art. 229 § 5 EGBGB. Danach kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem der Vertrag zwischen Regressgläubiger und -schuldner geschlossen worden ist. Eine akzessorische Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkaufvertrag kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift findet damit nur auf solche

A. Zusammenfassung

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Verträge Anwendung, die nach dem Stichtag des 1. Januar 2002 – bzw. für Dauerschuldverhältnisse nach dem Stichtag des 1. Januar 2003 – geschlossen worden sind. (21) Die verjährungsrechtliche Regelung des § 479 Abs. 2 BGB wird nach Art. 229 § 6 EGBGB angeknüpft. Sie kann auch auf Verträge angewendet werden, die vor dem Stichtag des 1. Januar 2002 bzw. 1. Januar 2003 geschlossen worden sind. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Ansprüche des Regressgläubigers gegen den Regressschuldner zun diesem Zeitpunkt noch nicht – nach der damals noch geltenden sechsmonatigen Frist des § 477 BGB a.F. – verjährt waren. (22) Im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts richtet sich der Rückgriff innerhalb der Lieferkette nach den Bestimmungen dieses Regelungskomplexes. Die deutschen Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB werden verdrängt. Dies ergibt sich aus den Kollisionsnormen des Wiener Übereinkommens, die ihre Nachrangigkeit nur gegenüber „völkerrechtlichen Übereinkünften“, nicht aber gegenüber den auf Richtlinien basierenden Umsetzungsnormen erklären. Ein hiermit konkurrierender Anwendungsbefehl des europäischen Gesetzgebers existiert nicht, weil sich die in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltene kollisionsrechtliche Schutzvorgabe gerade nicht auf die Regressregelung erstreckt. Ebenso wenig lässt sich den §§ 478, 479 BGB ein entsprechender Anwendungsbefehl des deutschen Gesetzgebers entnehmen, da die Vorschriften weder als Eingriffsnormen noch als Kernbestand des deutschen Rechts qualifiziert werden können. (23) Im UN-Kaufrecht findet sich keine spezielle regressrechtliche Vorschrift. Der Rückgriff vollzieht sich ausschließlich nach den allgemeinen Gewährleistungsregelungen. Auf Grund des im UN-Kaufrecht normierten verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs steht dem Regressgläubiger zwar eine effektive Regressmöglichkeit zu, die den Regelungen des § 478 Abs. 1 und Abs. 2 BGB mindestens gleichwertig ist. Allerdings fehlen sowohl beweis- als auch verjährungsrechtliche Erleichterungen. Die schwerwiegendsten Nachteile des UN-Kaufrechts ergeben sich aber aus seinem dispositiven Charakter: Während von den §§ 478, 479 BGB nur bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs zu Lasten des Regressgläubigers abgewichen werden kann, stehen die Regelungen des UN-Kaufrechts gänzlich zur Dispositon der Parteien. Daher ist die Anwendung dieser Normen für den Käufer in seiner Rolle als Regressgläubiger ungünstiger als die Anwendung der deutschen Regressvorschriften. (24) Die Regressansprüche sind Teil des Gewährleistungsrechts und unterliegen dem Recht, das zur Anwendung auf den Vertrag zwischen Regressgläubiger und Regressschuldner berufen ist, dem sog. Vertragsstatut. Dieses bestimmt sich nach den Art. 27 ff. EGBGB. Die §§ 478, 479 BGB finden im

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Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

Rahmen der subjektiven Anknüpfung dann Anwendung, wenn die Parteien deutsches Recht vereinbart haben. Im Rahmen der objektiven Anknüpfung werden sie berufen, wenn entweder der Regressschuldner als Verkäufer seinen Sitz bzw. seine Niederlassung in Deutschland hat oder wenn – trotz Sitz bzw. Niederlassung des Verkäufers im Ausland – mehrere objektive Elemente derart auf das deutsche Recht weisen, dass sich dieses nach einer Gesamtabwägung aller Umstände als Zentrum des Leistungsaustauschs darstellt. Eine akzessorische Anknüpfung an den Verbrauchsgüterkauf scheidet aus. Welchem Recht dieser Vertrag unterliegt, ist unerheblich, sofern dieses gegenüber dem Letztverkäufer eine Rücknahme- oder Minderungspflicht bzw. eine Nacherfüllungspflicht statuiert, die nicht vertraglich abdingbar ist. Denn dann können die diesbezüglichen Voraussetzungen der §§ 478, 479 BGB durch den nach ausländischem Recht verwirklichten, dem deutschen Recht funktionell äquivalenten Tatbestand substituiert werden. (25) Berufen die Kollisionsnormen ein ausländisches Vertragsstatut, können die deutschen Regressregelungen der §§ 478, 479 BGB auch nicht im Wege von Sonderanknüpfungen zur Anwendung gebracht werden: Der Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB scheitert daran, dass an dem maßgeblichen Vertrag zwischen Regressschuldner und -gläubiger unmittelbar kein Verbraucher beteiligt ist. Der ohnehin nur im Rahmen der subjektiven Anknüpfung zu berücksichtigende Art. 29a EGBGB erfasst die §§ 478, 479 BGB nicht, da diesen nicht der kollisionsrechtliche Schutz des europäischen Gesetzgebers zuteil wird, der mit der Kollisionsnorm durchgesetzt werden soll. Aus diesem Grund scheitert auch eine Anwendung der deutschen Regressregelungen in Anlehnung an die Grundsätze der Ingmar-Entscheidung des EuGH. Die §§ 478, 479 BGB lassen sich ferner nicht als Eingriffsnormen im Sinne des Art. 34 EGBG qualifizieren. Ebenso wenig kommt die Anwendung der Vorschriften über den ordre-public-Vorbehalt nach Art. 6 EGBGB in Betracht, denn durch die Nichtgewährung eines effektiven Rückgriffs werden keine grundlegenden Wertvorstellungen des deutschen Rechts missachtet. (26) Da sich die §§ 478, 479 BGB nicht gegenüber dem zur Anwendung berufenen Vertragsstatut durchsetzen können, steht zu befürchten, dass sich deutsche Lieferanten wie auch andere Verkäufer der Regresskette in eine fremde Rechtsordnung flüchten. Dabei bietet sich vor allem die Wahl ausländischen Rechts an. Diese ist in kollisionsrechtlicher Hinsicht aber nur dann wirksam, wenn die Parteien staatliches Recht wählen und der Vertrag zwischen Regressschuldner und -gläubiger einen internationalen Bezug aufweist. Bestehen nur Beziehungen zum deutschen Recht, ist die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung nur möglich, wenn die dort normierten Regelungen einen gleichwertigen Ausgleich im Sinne des § 478 Abs. 4 BGB darstellen. Denn nur dann kann von den grundsätzlich nach Art. 27 Abs. 3 EGBGB für anwendbar erklärten §§ 478, 479 BGB abgewichen werden. Liegt dagegen ein internationaler Bezug

B. Schlussbetrachtung

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vor, ist es unerheblich, ob dieser von einer Partei bewusst geschaffen wurde, um die Grenze des Art. 27 Abs. 3 EGBG zu umgehen: Die Wahl des ausländischen Rechts ist auch in kollisionsrechtlicher Hinsicht wirksam und führt zu einer Abbedingung der deutschen Regressnormen. (27) Im Rahmen der objektiven Anknüpfung bleibt als potentielle Umgehungshandlung letztlich nur die Einschaltung einer ausländischen Zwischenperson. Wird diese als Strohmann tätig, weist der gesamte Sachverhalt trotz der Manipulation aber weiterhin einen so engen Bezug zum deutschen Recht auf, dass dieses nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB zur Anwendung berufen wird. Ist der Vertrag mit dem ausländischen Unternehmen dagegen als ein selbstständiges, vom deutschen Lieferanten nicht beeinflusstes Vertragsverhältnis zu werten, fehlt es an einer rechtsmissbräuchlichen Manipulation der Anknüpfungspunkte. Der deutsche Lieferant wird überhaupt nicht Vertragspartei des Letztverkäufers, die §§ 478, 479 BGB finden dementsprechend keine Anwendung.

B. Schlussbetrachtung Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass sich das vom deutschen Gesetzgeber gewählte Konzept, den Regress entlang der vertraglichen Beziehungen zu gewähren, mit der Dogmatik des deutschen Zivilrechts vereinbaren lässt. Die Regelungen der §§ 478, 479 BGB lassen sich sämtlich „vom Standpunkt der tradierten Rechtsgeschäftslehre“ erklären. Sie stellen im System des deutschen Zivilrechts kein „Wunder“ dar. Auch der den Regressnormen immanente Konflikt zwischen den Interessen des Letztverkäufers einerseits und des Lieferanten und der weiteren Verkäufer der Regresskette andererseits lässt sich dahingehend auflösen, dass die Interessen aller Parteien hinreichend gewürdigt werden und das Risiko der Gewährleistungshaftung gerecht innerhalb der Regresskette verteilt wird. Dies gilt auch für die intertemporale und internationalprivatrechtliche Anwendung der Normen. Die Regressvorschriften der §§ 478, 479 BGB können nach einer abschließenden Wertung mithin keinesfalls als „misslungen“ bezeichnet werden. In den Normen wirken allerdings die Probleme fort, die bereits in der Regressvorgabe des europäischen Gesetzgebers angelegt sind: Dadurch, dass dieser von seiner Forderung einer direkten, quasi-subsidiarischen Herstellerhaftung Abstand genommen und daher versucht hat, das ursprünglich mit dieser Haftung verfolgte Ziel im Wege des Regresses durchzusetzen, hat die Vorgabe einen Großteil ihrer Sprengkraft, aber auch ihrer verbraucherschützenden Wirkung eingebüßt. Dies zeigt sich auch an den deutschen Umsetzungsnormen der §§ 478, 479 BGB: Sie dienen neben einem gerechten Interessenausgleich hinsichtlich der Gewährleistungskosten in der Lieferkette zwar auch dem Verbraucherschutz. Denn die Normen tragen dazu bei, dem Verbraucher einen solven-

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Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

ten Schuldner zu erhalten, indem sie dem Letztverkäufer die Weiterleitung der entstandenen Gewährleistungskosten ermöglichen und so sein Insolvenzrisiko reduzieren. Des Weiteren erhöht die Möglichkeit eines effektiven Rückgriffs die Bereitschaft des Letztverkäufers, die Ansprüche der Verbraucher zu erfüllen, und schafft Anreize für den Hersteller, die Qualität seiner Produkte zu erhöhen. Dies steht allerdings insgesamt unter dem Vorbehalt, dass der Letztverkäufer tatsächlich als solventer Schuldner erhalten bleibt, um zum einen überhaupt die Ansprüche des Verbrauchers erfüllen und um zum anderen die Kosten der Gewährleistung auf den Hersteller abwälzen zu können. Die Solvenz des Letztverkäufers wird durch die Regelungen der §§ 478, 479 BGB aber nicht vollständig gewährleistet. Die Insolvenzgefahr ergibt sich gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation aus den verschiedensten Gründen. Tritt einer dieser Gründe ein, läuft der durch die §§ 478, 479 BGB intendierte Verbraucherschutz ins Leere. Darüber hinaus ist die Gewährung eines Rückgriffs entlang der vertraglichen Beziehungen nahezu zwangsläufig auf nationale Lieferketten beschränkt. Denn unterliegt einer der Verträge in der Regresskette einem ausländischen Recht, wird es auf Grund der unterschiedlichen Ausgestaltung der ressrechtlichen Vorschriften in den einzelnen Rechtsordnungen in der Regel nicht möglich sein, die Gewährleistungskosten bis zu dem für den Mangel verantwortlichen Hersteller weiterzuleiten. Allerdings kann auch nicht ein Recht, etwa das Recht des Verbrauchsgüterkaufvertrages – schließlich dienen die Regressnormen dem Verbraucherschutz –, für die gesamte Regresskette maßgeblich sein. Denn dies würde dazu führen, dass sämtliche Verträge der vorgelagerten Lieferkette ebenfalls diesem Recht unterlägen, selbst dann, wenn sie keinerlei Beziehung dazu haben. Verkauft also ein italienischer Letztverkäufer an einen deutschen Verbraucher, müsste sich die gesamte, rein italienische Lieferkette nach deutschem Recht richten, um die Durchreichung der Mangelschäden zum Hersteller zu garantieren. Dies ist mit den Grundsätzen des deutschen Kollisionsrechts nicht vereinbar. In Anbetracht der Probleme, die in den Regressregelungen als solchen angelegt sind und die den verbraucherschützenden Aspekt der Regelungen nicht unerheblich schmälern, sollte erneut darüber nachgedacht werden, ob nicht die unmittelbare Haftung des Herstellers gegenüber dem Verbraucher oder dem Letztverkäufer auf lange Sicht die sinnvollere Alternative darstellt. Die im Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM (2006) 744 final) aufgeworfene Frage zur Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung bietet hierfür einen guten Impuls.

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Sachwortverzeichnis Absatzrisiko 64, 194 ff., 198, 200 f., 205, 228, 251, 291 action directe 64 Agenturvertrag 252 Allgemeine Geschäftsbedingungen 110 ff., 135 ff. – geltungserhaltende Reduktion 247 – Inhaltskontrolle 111 ff., 136, 245, 247 – Leitbild 111 ff., 135 ff. Anknüpfung – akzessorische 280, 337 – intertemporale 275 ff. – intertemporale akzessorische 281 – objektive 304, 334 ff. – subjektive 304 ff. Anknüpfungspunkt – instabiler 331 Anwendungsbefehl 318 ff. – intertemporaler 284 – kollisionsrechtlicher 318 ff. Arbeitnehmer 79 ff., 147 Aufwendungen 207 f. Aufwendungsersatzanspruch 120 f., 137 f., 205 ff., 282 f., 291 f. Auslegung – analoge Anwendung 91, 108 ff., 128 ff., 152 ff., 197 f., 232 ff., 261 ff., 310 f., 317 ff. – Gebot der einheitlichen Auslegung 312, 315 – richtlinienkonforme 49, 68 ff., 156 ff., 214, 241 f., 258, 268, 312, 315 ff. – teleologische Reduktion 190 ff., 199 ff., 228, 246, 268 ff. Ausweichklausel 335 ff. Beschaffungskette 107, 109 ff. Beurteilungsspielraum 174 ff., 216 Beweislastumkehr 61, 65, 121 ff., 130, 133, 138, 239 ff., 292 – Fristverschiebung 244

Binnensachverhalt 306 ff., 332 ff. Di Pinto Entscheidung 89 f. Distributionskette 98, 104 ff. Eingriffsnormen 319 ff., 322 ff., 340 Einkaufspreis 185 f., 194 f., 228 Einrede 134 f., 209 ff., 266 ff. Erfüllungsort 221, 232 europarechtliche Regressvorgabe 38 ff., 295 ff. – effektives Regressrecht 50 ff. Exklusivitätsverhältnis 190, 229 Fehlverhalten des Letztverkäufers 175, 218 f., 234, 272 Fraus legis 253, 329 ff., 340 f. Fremdbeschaffung 229 ff. Fremdreparatur 229 ff. Garantie 209, 271 Gefahrübergang 169, 239 ff. Gesamthandsgemeinschaft 96 f., 142 ff. geschlossene Vertriebskette 151 ff. Giuliano/Lagarde-Bericht 74, 86, 323 gleichwertiger Ausgleich 134, 244 f., 248 ff., 307 ff. – Buchungsausgleich 250 f. – Kaufpreisrabatt 250 – pauschale Abrechnungssysteme 248, 254 – Stundung 250 – Versicherungslösungen 250 Grünbuch – über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst 40 f. – zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz 43 f. Günstigkeitsvergleich 308, 310, 313

Sachwortverzeichnis Handelsgeschäft 83, 256 Handelsvertreterrichtlinie 46, 317 f. Heininger Entscheidung 167 Hersteller – Aussagen des 61, 170 – Begriff 103 Herstellerhaftung 40 ff. – quasi-subsidiarisch 40 f. Ingmar-Entscheidung 317 ff., 324 f. Insolvenzrisiko 38, 47, 55 f. – Insolvenzversicherung 48 Interessenausgleich 182, 323 Interessenlage eines klassischen Regressfalls 117 juristische Person 92 f., 140 ff. kleine und mittlere Unternehmen 45 Kollisionsgrundsätze – lex posterior-Regel 298 – Spezialitätsgrundsatz 299 Kontradiktion 140 f. Kosten – Abholungskosten 219, 233 – Ausbaukosten 232 ff. – Erforderlichkeit 220 ff. – Gemeinkosten 222 ff. – Gewinnspanne 185, 213, 235 f. – Handlingkosten 222 ff., 238 – Kausalität 224 – Kosten der nachzuliefernden Sache 227 – Mangelermittlungskosten 225 – Materialkosten 220 f. – Rechtsverfolgungskosten 226 – Rücktrittskosten 234 – Übermittlungskosten 219, 232 ff. – Wegekosten 221 Kostenerstattungsanspruch siehe Aufwendungsersatzanspruch Kostentragungspflicht 181 Kulanz 188, 208, 218, 271 lex fori 286 lex mercatoria 308 Magnetberg 127

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Mangel 168 ff. – Grundmangel 240 – IKEA-Klausel 129, 171 Mangelfeststellung 173 f. Minderung 188 f., 196, 232 ff. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament 43 f. Nacherfüllung – Nachbesserung 195, 197 f., 208 ff. – Nachlieferung 190 ff. – Recht zur zweiten Andienung 115 ff., 184 ff. – Sinnlosigkeit einer 119 – Vorrang der 116 ff., 137, 184 ff. – Wegfall des Vorrangs der 115 ff., 137, 184 ff. natürliche Person 92 f., 140 ff. ordre public 325 ff., 340 – Kernbestand der inländischen Rechtsordnung 326 pacta sunt servanda 117 Parteiautonomie – Schranken 305 ff. Pauschalreiserichtlinie 47, 318 Personengesellschaft – rechtsfähig 93 ff. Prinzipien des europäischen Vertragsrechts 309 Prozess 176 ff. – Urteil 176 ff. Rechtswahl 304 ff. – intertemporal 277 – Teilrechtswahl 304 f. Regressfallen 59 ff. Regresskette 67 ff., 237 f. Regresslogik 132 f. Regulierungskompetenz 181 richtlinienkonforme Rechtsfortbildung 163 ff. Risikoallokation 182 Rücknahmepflicht 188 ff. Rügeobliegenheit 254 ff. – Genehmigungsfiktion 258 – Streckengeschäft 257

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Sachwortverzeichnis

Sache 148 ff. – gebraucht 152 ff. – neu hergestellt 150 ff. – Tiere 151 Schachtel-Nachfristsetzung 230 Schiedsgerichtsbarkeit 309 Schuldrechtsreform 56 ff. – Diskussionsentwurf 49, 58, 62 ff. – konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs 58, 63, 206 – Regierungsentwurf 58, 65, 104 Selbstvornahme 207, 231 Streitverkündung 176 ff. Streitverkündungskette 179 Stückschuld 184 f. Substitution 344 – intertemporale 284 Überleitung 274 ff. – Dauerschuldverhältnisse 276 f. – Stichtag 275, 276 Umgehung 134 f., 251 ff., 328 ff., 340 ff. – Strohmann 252, 328, 340 ff. Umsetzung – Staatshaftung 167 – überobligatorische 81, 86, 317 – Umsetzungspflicht 48 ff., 295 ff. UNIDROIT-Prinzipien 308 UN-Kaufrecht 287 ff. – Ausschlussfrist 293 f. – Übereinkommen über die Verjährung beim internationalen Warenkauf 293 Unternehmerbegriff 68 ff. – atypische Geschäfte 90 – bereichsspezifische Geschäftskompetenz 71, 144, 147 – berufliche Tätigkeit 77 ff. – Dual Use 82 ff. – Existenzgründung 87 f. – freie Berufe 75 ff. – funktionales Kriterium 72 ff. – Geschäftsaufgabe 89 f. – Geschäftserweiterung 89 – gewerbliche Tätigkeit 72 ff. – Gewinnerzielungsabsicht 75 ff. – persönliches Kriterium 92 ff. – sachliches Kriterium 91 – tertium non datur 140

Unvereinbarkeit 241 Unverhältnismäßigkeit 209 ff. – absolute 212 ff. – Leistungsverweigerungsrecht 209 – Quoten 211 ff. – relative 214 f. Unzumutbarkeit 199 Verbot des Weiterverkaufs 134 Verbraucherbegriff 139 ff. Verbraucherschutz 33 ff., 45 ff., 55 f., 105 ff., 128 ff., 309 ff., 314 ff., 319 ff., 322 ff. – kollisionsrechtlicher 309 ff., 322 ff. Verbrauchsgüterkauf 126 ff., 176 ff. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 33 ff. – Kompetenzgrundlage 34 ff. – Vorentwürfe 41 Verein, nicht rechtsfähiger 95 verjährte Ansprüche 264, 271, 278 Verjährung 59 ff., 259 ff., 283 f. 292 ff. – Ablaufhemmung 123 ff., 138 f., 263 ff., 292 ff. – arglistiges Verschweigen 263 – Fristbeginn 260, 277 – Gleichlauf 261 – Höchstfrist 271 f. – Verlängerung 124 vertragscharakteristische Leistung 335 Vertragsfreiheit 47 ff., 245 ff. – im Verjährungsrecht 124, 138 Vertragsstatut 304 völkerrechtliche Übereinkommen 299 völkerrechtliche Verpflichtung 297 Vorabentscheidungsverfahren 69, 358 Vorschaltlösung 288 Wettbewerbsverzerrungen 35 f., 318 Zentrum des Leistungsaustauschs 337 Zulieferer 98 ff. Zweigniederlassung 328 zwingendes Recht 51 ff., 244 ff., 306 ff. – de facto 307 – halbzwingend 244 ff., 307