Vertragsanpassungsrecht: Vertragliche Vereinbarungen zur Erleichterung einer Vertragsänderung [1 ed.] 9783428526772, 9783428126774

Die Frage nach der inhaltlichen Bedeutung des Begriffes "Vertragsanpassungsrecht" wird in der Rechtswissenscha

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Vertragsanpassungsrecht: Vertragliche Vereinbarungen zur Erleichterung einer Vertragsänderung [1 ed.]
 9783428526772, 9783428126774

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Mu¨nsterische Beitra¨ge zur Rechtswissenschaft Band 182

Vertragsanpassungsrecht Vertragliche Vereinbarungen zur Erleichterung einer Vertragsa¨nderung

Von

Matthias Eckelt

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MATTHIAS ECKELT

Vertragsanpassungsrecht

Mu¨nsterische Beitra¨ge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakulta¨t der Westfa¨lischen Wilhelms-Universita¨t in Mu¨nster durch die Professoren Dr. Heinrich Do¨rner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles

Band 182

Vertragsanpassungsrecht Vertragliche Vereinbarungen zur Erleichterung einer Vertragsa¨nderung

Von

Matthias Eckelt

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakulta¨t der Westfa¨lischen Wilhelms-Universita¨t Mu¨nster hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet u¨ber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenu¨bernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 978-3-428-12677-4 Gedruckt auf alterungsbesta¨ndigem (sa¨urefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

„Man kann mit der Frage, wie weit veränderte Umstände die Abwicklung von Rechtsgeschäften ändern, drei Bände füllen, ohne weitschweifig zu sein. Darum geht es hier nicht.“ [Kegel, Gutachten für den 40. Deutschen Juristentag (1953)]

Vorwort Diese Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen. Die vorliegende Druckfassung berücksichtigt Rechtsprechung und Literatur bis zum ersten Quartal 2006. Eine wissenschaftliche Arbeit ist ohne die Hilfe Dritter nicht zu bewältigen. Daher sei an dieser Stelle denjenigen gedankt, die mich während der Anfertigung dieser Arbeit in unterschiedlichster Weise unterstützt haben. Der erste Dank gilt natürlich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Heinrich Dörner, der die Anregung zu dieser Untersuchung gab und mir als wissenschaftliche Hilfskraft an seinem Lehrstuhl zugleich die Möglichkeit eröffnete, wertvolle wissenschaftliche Erfahrungen zu sammeln. Bei ihm fand ich immer ein offenes Ohr für meine Fragen. Er stand mir jederzeit mit wertvollen Hinweisen und Anregungen zur Seite und hat das Gelingen der Arbeit durch eine kritische, jedoch stets geduldige Betreuung wesentlich gefördert. Herrn Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer, dem Zweitgutachter dieser Arbeit, danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die darin enthaltenen sprachlichen und inhaltlichen Anregungen. Für die Korrekturen von Rechtschreibfehlern und stilistischen Fehlgriffen danke ich sehr herzlich meinem Vater. Der letzte und größte Dank gebührt jedoch meinen beiden Eltern Margarete und Peter Eckelt und meiner Verlobten Anna vom Bauer, denen ich diese Arbeit widme. Sie haben mir auch in Zeiten der Müdigkeit und Anstrengung stets liebevoll und motivierend zur Seite gestanden. Karlsruhe, im Dezember 2007

Matthias Eckelt

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1. Teil „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

23

Erstes Kapitel Die Änderung und die Anpassung von Schuldverhältnissen

24

A. Planziel und Plandaten von Schuldverhältnissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

B. Fehlvorstellungen der Parteien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

C. Die Begriffe „Anpassung“ und „Änderung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Zweites Kapitel Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

27

A. Das anzupassende Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Entstehungsgrund der Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kooperationsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertragsanpassung und Leistungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anpassung und Vertrauensbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vertragsanpassung und Anfechtung von Willenserklärungen . . . . . . . . . . .

28 28 29 30 32 33 35

B. Das angepasste Schuldverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Modifizierung von Rechten und Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertragsanpassung und Leistungsstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertragsanpassung und Konkretisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vertragsanpassung und Vertragsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die planmäßige Beendigung des Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . 2. Die planwidrige Beendigung des Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . a) Der Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Beendigungsmöglichkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 38 39 40 40 41 41 41 42

10

Inhaltsverzeichnis Drittes Kapitel Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

44

A. Das Anpassungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertragstreue und Risikosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Grundsatz der Vertragstreue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Vertragsrisiko und seine Minimierung durch Anpassung . . . . . . . . 3. Die Bedeutung des Grundsatzes der Vertragstreue. . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Risikosphäre und Anpassungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Normative Schnittpunkte zur Bewertung rechtsgeschäftlicher Anpassungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verträge mit „verzögertem Leistungsaustausch“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Äquivalenzstörungen bei Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Primäre Planziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Begriff der „Leistungserschwerung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Grund der Leistungserschwerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Grad der Leistungserschwerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorhersehbarkeit von Leistungserschwerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorhersehbare Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Charakter des Anpassungsereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44 45 45 46 46 48

B. Das Anpassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Gestaltungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anpassungsbefugnis und Anpassungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorstufen von Gestaltungsmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anpassungsinteresse und Gestaltungsmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 59 60 61

49 49 51 51 51 53 54 55 56 58

2. Teil Gesetzliche Anpassungstatbestände

62

Erstes Kapitel Vertragsanpassungstatbestände im Allgemeinen Schuldrecht

62

A. Ergänzende Vertragsauslegung, §§ 157, 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 B. Das allgemeine Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 C. Die Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Normstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das geschützte Anpassungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Anpassungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64 65 66 67

D. Vermögensverschlechterung, § 321 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Inhaltsverzeichnis

11

Zweites Kapitel Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht

69

A. Schenkungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

B. Miet- und Pachtrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungen über die Miethöhe, §§ 557 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Anpassungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anpassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Landpachtverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71 71 71 71 73 75

C. Reisevertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Preisänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anpassung von Reiseleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76 76 77

D. Fehlen der Vergleichsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

Drittes Kapitel Vertragsanpassungstatbestände außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches

78

A. Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

B. Urheberrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

C. Versicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Über- und Unterversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prämien- und Bedingungsänderung in der Kranken- und Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 80 81

D. Arbeitnehmererfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

E. Verwaltungsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

Viertes Kapitel Vertragsanpassung nach der Konzeption des Gesetzgebers

84

A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

B. Anpassungsinteressen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

C. Anpassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

12

Inhaltsverzeichnis 3. Teil Vertragliche Anpassungstatbestände

87

Erstes Kapitel Systematisierungskriterien vertraglicher Anpassungstatbestände in Rechtsprechung und Literatur

87

A. Der Gegenstand der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 I. Haupt- und Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Anpassung der eigenen oder der gegnerischen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . 89 B. Der Maßstab und das Ziel der Anpassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 C. Der Zeitpunkt der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Zweites Kapitel Die Anpassungszuständigkeit als übergeordnetes Kriterium

91

A. Das Ziel der Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 B. Die Nachteile eines inhaltsbezogenen, objektivierten Maßstabes . . . . . . . . . . . I. Benachteiligung durch Schlechterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Benachteiligung durch den Grad der Schlechterstellung. . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rückführung der Äquivalenzverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92 93 93 94

C. Die Vorteile eines verfahrensbezogenen Maßstabes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Die Prüfungsreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 II. Der Anpassungsgrund als graduelle Abweichung von der Richtigkeitsgewähr eines Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Drittes Kapitel Einzelne Fallgruppen A. Hilfsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die konkludente Vertragsänderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Willensäußerungen mit eindeutigem Erklärungswert. . . . . . . . . . . . . . . . 2. Willensäußerungen mit nicht eindeutigem Erklärungswert . . . . . . . . . . II. Erklärungsfiktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragselemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Gestaltungsspielraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Neuverhandlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsnatur der Neuverhandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anpassungskompetenz bei gescheiterten Neuverhandlungen. . . . .

97 97 97 99 100 101 102 102 105 105 106

Inhaltsverzeichnis

13

B. Gestaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Recht zur einseitigen Vertragsanpassung und der Grundsatz des § 311 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Wesen von Gestaltungsrechten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Gestaltungsraum und seine Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestand und Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Normative Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Objektiviert-normative Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Objektive Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

C. Referenzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Automatikklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schiedsgutachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Richterliche Vertragsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112 112 113 114 114 115

D. Mischformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gestaltungs- und Hilfsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gestaltungs- und Referenzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Hilfs- und Referenzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 116 117 118

108 108 109 109 110 110 111

4. Teil Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

119

Erstes Kapitel Hilfsklauseln

119

A. Erklärungsfiktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 B. Neuverhandlungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Zweites Kapitel Gestaltungsklauseln

121

A. Anpassung und Identität des anzupassenden Schuldverhältnisses. . . . . . . . . . . 121 B. Leistungsbestimmung und Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die analoge Anwendung von §§ 315 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsbestimmung und Vertragsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Schutzzweck der §§ 315 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vergleichbarkeit der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Begriff des billigen Ermessens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122 122 123 124 125 127

C. Sittenwidrigkeit von Gestaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

14

Inhaltsverzeichnis Drittes Kapitel Referenzklauseln

129

A. Gleitklauseln, Spannklauseln und Kostenklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 B. Die analoge Anwendung der §§ 317 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 5. Teil Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

132

Erstes Kapitel Anpassung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

132

A. Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB und seine methodische Umsetzung. . . . . . . 132 I. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Informationsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 B. Besonderheiten bei der Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen 134 Zweites Kapitel Anpassungsklauseln und Einbeziehungskontrolle

135

A. § 305 BGB – Einbeziehung von Anpassungsregelungen in den Vertrag . . . . . 135 I. Die erstmalige Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen bestehenden Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Die Anpassung bestehender Allgemeiner Geschäftsbedingungen . . . . . . . . 136 B. § 305 c Abs. 1 BGB – Überraschende Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 C. § 305 b BGB– Vorrang der Individualabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Drittes Kapitel Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

139

A. Systeme zur Inhaltskontrolle von Anpassungsklauseln in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 B. Materielle Aspekte zur Konkretisierung des Begriffes der unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Benachteiligung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Umverteilung des gesetzlichen Vertragsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Schweigen des Gesetzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Grundsatz der Vertragstreue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das Vertragsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139 140 141 141 141 142 143

Inhaltsverzeichnis

15

II. Unangemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hilfsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gestaltungsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Referenzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wesentliche Rechte aus der Natur des Vertrages (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das System der Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die beteiligten Interessen und die Erforderlichkeit der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die hinreichend ausgewogene Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Ausgleich einseitiger Regelungen durch anderweitige Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Interessenabwägung im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Interessen des Anpassungsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhaltliche Strukturmerkmale von Vertragsanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Messbarkeit inhaltlicher Benachteiligung und ihre Auswirkung auf die Anpassungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Subjektive Äquivalenz und Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . (2) Die Strukturmerkmale im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Schlussfolgerungen für das Interesse des Anpassungsgegners. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Anpassungsinteresse des Anpassungsberechtigten . . . . . . . . . . aa) Gewinnsteigerung, Umstrukturierung und andere Leistungserschwerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Erforderlichkeit der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Interessenabwägung bei Anpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . aa) Angemessenheit durch gerechte Verteilung eines Risikos. . . . bb) Angemessenheit durch Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Angemessenheit im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Begriff des redlichen Vertragspartners. . . . . . . . . . . . . (2) Einzelne Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zeit und Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Pflicht zur Rücksichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Das Erfordernis einer Wertverschiebung . . . . . . . . . . . (d) Die Wahrscheinlichkeit des Anpassungsereignisses . (e) Der Angriffspunkt des Anpassungsereignisses. . . . . .

144 144 145 146 147 149 150 150 150 151 151 152 153 154 155 155 156 158 159 159 161 162 162 163 165 166 166 168 168 171 173 178 181

16

Inhaltsverzeichnis

C. Formelle Aspekte zur Konkretisierung des Begriffes der unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Transparenzgebot und seine Einzelgebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verständlichkeit und Tragweite von Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . 2. Der Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Elemente des Transparenzgebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die transparente Gestaltung von Anpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Anpassungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Umfang der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Zeitpunkt der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Gegenstand der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Maßstab der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Anpassungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

182 182 183 186 188 189 189 190 191 192 193 194

Viertes Kapitel Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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A. Folgerungen aus der spezifischen Benachteiligungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 I. Normative Hürden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Verzicht auf Verfahrensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 B. Gestaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Charakter von Gestaltungsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normative Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 307 BGB: Das grundlegende Bewertungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 308 Nr. 4 BGB: Generalklausel für Gestaltungsklauseln . . . . . . . . . . 3. § 309 Nr. 1 BGB: Das Fristerfordernis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verhältnis von §§ 307, 308 Nr. 4 und 309 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . III. Inhaltliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Anpassungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Umfang der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Anpassungsakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 197 198 198 198 201 202 203 209 209 210 212

C. Hilfsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Charakter von Hilfsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normative Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 307 BGB: Das grundlegende Bewertungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 308 Nr. 5 BGB: Einschränkungen für Erklärungsfiktionen . . . . . . . . 3. Das Verhältnis von §§ 307, 308 Nr. 4, 308 Nr. 5 und 309 Nr. 1 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhaltliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Anpassungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

213 213 214 214 215 217 218 220 221

Inhaltsverzeichnis

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2. Der Umfang der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Der Anpassungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 D. Referenzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Charakter von Referenzklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normative Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhaltliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Anpassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Umfang der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225 225 226 226 228 228 229

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Einleitung Die Frage nach der inhaltlichen Bedeutung des Begriffes „Vertragsanpassungsrecht“ wird in der Rechtswissenschaft, soweit sie überhaupt gestellt wird1, nur fragmentarisch und stets unterschiedlich beantwortet. Auch wenn über Möglichkeiten und Begründungen von Anpassungsvorgängen2 schon immer engagiert diskutiert und geschrieben wurde3 und wird4, unterblieb der Versuch, die Gesamtheit der dem Begriff „Vertragsanpassung“ zugeordneten Probleme zusammenfassend und systematisierend als einheitliche dogmatische Kategorie zu begreifen, welche klar darstellbar nach eigenen Regeln zu behandeln und zu lösen ist. „Tatsächlich“, so beispielsweise Gernhuber5, „kann dem Versuch einer umfassenden systematischen Durchdringung und Darstellung dieser juristischen Frage mit Skepsis begegnet werden, denn als rein formale Kategorie vereinigt die Anpassung eines Vertrages eine Vielzahl unterschiedlicher Tatbestände, deren Bedeutung für das Schuldverhältnis von höchster, aber auch von ganz peripherer Bedeutung sein kann“. Dem wäre nichts hinzuzufügen, wenn nicht ein wachsendes Un1 Herrmann, Jura 1988, 505 (505), spricht beispielsweise vom Recht der Vertragsanpassung, ohne dem Begriff allerdings einen eigenständigen Bedeutungsgehalt zuzumessen. 2 Veränderungen objektiver Gegebenheiten im Umfeld eines Rechtsverhältnisses finden sich allerdings nicht nur im Privatrecht, sondern gleichermaßen im Völker-, Staats- und Verwaltungsrecht; vgl. dazu Köbler, Die „clausula rebus sic stantibus“ als allgemeiner Rechtsgrundsatz, S. 6 ff. Vertragsanpassungsprobleme sind auch nicht auf den deutschen Rechtskreis beschränkt; vgl. dazu den Überblick bei Fenyves, Der Einfluss geänderter Verhältnisse auf Langzeitverträge, S. 27 ff. 3 Ein geschichtlicher Überblick über die Zeit von der Rezeption im 14. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts findet sich bei Rummel, Die „clausula rebus sic stantibus“ – eine dogmengeschichtliche Untersuchung. 4 Bilda, Dogmatik der Anpassungsklauseln in Verträgen (1967); Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen (1983); Horn, Vertragsbindung unter veränderten Umständen, NJW 1985, 1118 ff.; Herrmann, Vertragsanpassung, Jura, 1988, 505 ff.; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (1989); Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz (1990); Köbler, Die „clausula rebus sic stantibus“ als allgemeiner Rechtsgrundsatz (1991); Freund, Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen (1998); Lettl, Die Anpassung von Verträgen des Privatrechts, JuS 2001, 144 ff., 248 ff., 347 ff., 457 ff., 559 ff. und 660 ff.; für das schweizerische Privatrecht: Burkhardt, Vertragsanpassung bei veränderten Umständen in der Praxis des schweizerischen Privatrechts (1996). 5 Gernhuber, § 26 I 4, S. 611.

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Einleitung

behagen bei dem Versuch zu verzeichnen wäre, der zunehmenden Anzahl von gerichtlichen Einzelfallentscheidungen und in der Rechtswissenschaft diskutierten Problemen, die allgemein dem Begriff „Vertragsanpassung“ zugeordnet werden, auch ohne eine umfassende systematische Erfassung des Problemgegenstandes und einer strukturellen Vereinheitlichung der diskutierten Lösungsstrategien Herr zu werden. Auch wenn das Mittel einer Vertragsanpassung stets eine Vertragsänderung ist, werden in dieser Arbeit beide Begriffe nicht synonym verwandt. Vielmehr soll zunächst der Begriff der Vertragsänderung als formale Kategorie eingeführt werden und zwar als Überführung eines bestehenden Schuldverhältnisses in ein geändertes Schuldverhältnis im Rahmen eines definierten Änderungsverfahrens und unter Anerkennung eines geltend gemachten Änderungsinteresses. Unter Zuhilfenahme dieser Definition soll in einem ersten Teil die spezifische Problemstruktur, welche die Frage nach der Anerkennung eines Anpassungsrechtes aufwirft, analysiert werden und zwar zunächst in Abgrenzung zu bereits etablierten Problem- und Fallgruppen, welche formal ebenfalls zu einem Vertragsänderungsrecht einer Partei führen und bereits eine selbständige dogmatische Kategorie des Rechts bilden, und sodann, indem die das Spannungsverhältnis begründenden widerstreitenden Interessen der betroffenen Parteien positiv beschrieben werden. Auf diese Weise wird sich neben den bereits bekannten Begriffen „Anfechtung“, „Kündigung“, „Minderung“ oder „Leistungsbestimmung“ auch der Begriff „Anpassung“ als Grundlage für eine neue dogmatische Kategorie des Rechts definieren lassen und eine selbständige juristische Bedeutung erlangen, die auch die Etablierung eines „Vertragsanpassungsrechts“ legitimiert. Es wird sich zeigen, dass konstituierendes Element des Vertragsanpassungsrechts das Problem bildet, ob und inwieweit es einer Partei erlaubt sein soll, den Vertragspartner an dem Risiko nachvertraglich auftretender, bei Vertragsschluss jedoch nicht (vollständig) kalkulierbarer Leistungserschwerungen zu beteiligen. Nach der Analyse, welche Interessen bei der Frage, ob einer Vertragspartei ein Anpassungsrecht eingeräumt werden sollte, im Widerstreit liegen, ob überhaupt und wenn ja welche allgemeinen Prinzipien6 des geltenden Rechtes von dieser Frage berührt werden und schließlich wie das Zusammen6 In erster Linie geht es um den Grundsatz „pacta sunt servanda“ („Verträge müssen eingehalten (erfüllt) werden“), ein aus dem römischen Recht übernommener, heute noch gültiger Rechtsgrundsatz der Vertragstreue, der angeführt wird entweder, um zu betonen, dass Planungsrisiken bei demjenigen verbleiben, bei dem sie anfallen (Staudinger/Schmidt, § 242 Rn. 1016, 1017 und 1028), oder um hervorzuheben, dass der einmal geschlossene Vertrag den Parteien notfalls auch die gerichtliche Geltendmachung ermöglicht (Soergel/Wolf, § 305 Rn. 2; Staudinger/Löwisch, § 305 Rn. 2; Löwisch, AcP 165 (1965), 421 (422)).

Einleitung

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spiel von Anpassungsinteresse und Anpassungsverfahren ausgestaltet sein kann, ist in einem zweiten Teil die Frage zu untersuchen, ob der Gesetzgeber nicht doch das Problem auftretender Leistungserschwerungen erkannt, Lösungsstrategien bereit gestellt und Anpassungsrechte normiert hat. Hier wird sich zeigen, dass nur vereinzelt Regelungen geschaffen wurden, die sehr selektiv und jenseits eines verallgemeinerungsfähigen Prinzips7 konkrete Einzelprobleme betreffen. Dennoch bieten diese und die in § 313 BGB verankerte Geschäftsgrundlagenstörung8 Anlass, die gesetzgeberische Intention daraufhin zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen eine einmal getroffene Abmachung einem übergeordneten Interesse des Vertragspartners weichen muss und ob zumindest mit diesen Ausnahmen eine einheitliche Linie verfolgt wird. Die gesetzlich nur unzureichend kodifizierten Anpassungsmöglichkeiten und die strengen Voraussetzungen der Geschäftsgrundlagenstörung erkennend9, hat die Vertragspraxis stets versucht, das Risiko auftretender Leistungserschwerungen durch ein ausgefeiltes Programm rechtsgeschäftlich vereinbarter Anpassungsrechte und -techniken zu begrenzen10. In einem dritten Teil wird der Versuch unternommen, diese in eine Systematik einzugliedern. Als Maßstab für die Suche nach einem übergeordneten Systematisierungskriterium dient dabei die von einzelnen Anpassungsklauseln ausgehende Benachteiligungsgefahr, da sich letztendlich auch diejenigen Normen, die individual-11 oder formularvertraglich12 vereinbarten Anpassungsklauseln im Hinblick auf ihre Wirksamkeit Grenzen ziehen, überwiegend an dem Begriff 7 Die Väter des Bürgerlichen Gesetzbuches haben die Lehre von der clausula rebus sic stantibus abgelehnt; dazu Baur, S. 23 f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2, § 24, S. 36; Kegel, Gutachten zum 40. DJT (1953) I, S. 135 ff. 8 Die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage wird auf Grund ihrer dogmatischen Besonderheiten und ihres Umfangs allerdings nur als Grenzlinie eine Rolle spielen können. Das in dieser Arbeit untersuchte Problem beschäftigt sich vorrangig mit Anpassungsbemühungen auf Grund von Veränderungen im Umfeld des Vertrages, welche nicht an die Intensität der vertraglichen Störungen in Fällen einer Geschäftsgrundlagenstörung heranreichen. 9 Fikentscher, Schuldrecht, § 27 VI, Rn. 200. 10 Terminologisch und inhaltlich findet sich ein großes Angebot: Anpassungsklausel, Auffangklausel, Baisseklausel, Bedingungsanpassungsklausel, Beteiligungsklausel, Force-Majeure-Klauseln, Gleitklausel, Hardship-Klausel, Hausseklausel, Indexklausel, Korrekturklausel, Kostenelements- bzw. Kostenklausel, Leistungsvorbehaltsklausel, Listenpreisklausel, Loyalitätsklausel, Revisionsklausel, Sachwertklausel, Spannungsklausel, Sprechklausel, Tagespreisklausel, Umsatzklausel, Vertragsanpassungsklausel, Wertsicherungsklausel, Wettbewerbsklausel, Wirtschaftsklausel. 11 In erster Linie ist hier an den Begriff der Billigkeit in §§ 315 ff. BGB zu denken. 12 In erster Linie ist hier an den Begriff der unangemessenen Benachteiligung in § 307 Abs. 1 BGB zu denken.

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Einleitung

der Benachteiligung orientieren. Auf diese Weise kann bereits ein Rahmen geschaffen werden, der spätere normative Wertungen erleichtert. Da es für die anpassende Partei von herausragender Bedeutung ist, möglichst flexibel auf Leistungserschwerungen reagieren zu können13, wird sie bemüht sein, sich im Rahmen der vertraglichen Einigung für den späteren Fall einer notwendigen Vertragsanpassung eine möglichst einflussreiche Position in dem durchzuführenden Anpassungsverfahren zu sichern. Das Risiko der von der Änderung betroffenen Partei, benachteiligt zu werden, steigt aber mit dem Einfluss, den die andere Partei auf den neu zu findenden Interessenausgleich nehmen kann, so dass sich die Anpassungszuständigkeit als Systematisierungskriterium anbietet. Abschließend sind in einem vierten Teil die normative Anforderungen an individualvertragliche und in einem fünften Teil die normativen Anforderungen an formularmäßig vereinbarte Anpassungstatbestände vor dem Hintergrund der in den §§ 315 ff. BGB und §§ 305 ff. BGB vorgegebenen Rechtsbegriffe zu bestimmen. Die vorzunehmende Interessenabwägung muss sich – von dem Begriff der Benachteiligungsgefahr ausgehend – vor allem mit dem Zusammenspiel von inhaltlichen Anpassungsrechten und der gewählten Anpassungstechnik, der Bedeutung objektiver Bewertungsmaßstäbe und dem Erfordernis hinreichender Transparenz auseinandersetzen. Am Ende steht ein Prüfungsschema, das es bei entsprechender Offenheit für den Einzelfall ermöglicht, grundsätzlich jede Anpassungsklausel einer systematischen Prüfung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu unterziehen.

13 Herrmann, Jura 1988, 505 (505); Horn, NJW 1985, 1118 (1118); MatuscheBeckmann, NJW 1998, 112 (113).

1. Teil

„Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie Soweit die Anpassung eines Schuldverhältnisses als rechtlich relevantes und in der Fachliteratur diskutiertes Problem in Erscheinung tritt, resultiert es aus einem Spannungsverhältnis zwischen den Vertragsparteien1 im Hinblick auf die Bewältigung nicht kalkulierter, für das Vertragsgefüge aber bedeutsamer Ereignisse. Während sich die von der zumeist unerwarteten Entwicklung nicht betroffene Partei auf die unveränderte Gültigkeit der ursprünglichen Vereinbarung und damit auf Aspekte von Kontinuität, Stabilität und Rechtssicherheit2 beruft, verweist die gegnerische Partei darauf, die geforderte oder zu erbringende Leistung sei, regelmäßig aus Gründen erforderlicher Flexibilität gegenüber unerwarteten Entwicklungen3, Gegenstand eines Änderungsprozesses geworden und bestehe nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt. Vielmehr sei das alte Leistungsgefüge inzwischen einer, zumeist die inhaltliche Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung wieder herstellenden inhaltlichen Änderung unterlegen. Das dargestellte Spannungsverhältnis lässt sich auch als Frage formulieren, die Ausgangspunkt für den Gegenstand dieser Arbeit ist: Unter welchen Voraussetzungen kann, wenn überhaupt, eine einmal bestehende Leistungspflicht eine inhaltliche Änderung erfahren und ein Schuldverhältnis an veränderte Vertragsumstände „angepasst“ werden? In einem ersten Teil ist die gesuchte juristischen Kategorie „Anpassung“ ausgehend von einem formalen Begriff „Änderung“ zunächst gegen diejenigen Tatbestände abzutrennen, die ebenfalls eine Vertragsänderung bedingen, jedoch bereits eine eigene juristische Kategorie bilden. Sodann ist zu analysieren und im Einzelnen zu benennen, welche widerstreitenden Parteiinteressen bei der Beantwortung der Frage, ob ein Anpassungsrecht anerkannt werden kann, zu berücksichtigen sind und welche privatrechtlichen Grundprinzipien hiervon berühren würden. 1 Nach Herrmann, Jura 1988, 505 (509) geht es bei der Anpassung von Verträgen darum, dass „nach Abschluss des Vertrages der wettbewerbliche und der vertragliche Freiheitsschutz zusammenwirken.“ 2 Horn, NJW 1985, 1118 (1118); Lettl, JuS 2001, 144 (144). 3 Das sog. „Anpassungsereignis“; Lettl, JuS 2001, 144 (144).

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

Erstes Kapitel

Die Änderung und die Anpassung von Schuldverhältnissen A. Planziel und Plandaten von Schuldverhältnissen Menschliches Handeln ist seinem Wesen nach final. Auch Rechtsgeschäfte werden im alltäglichen Leben regelmäßig nur vorgenommen, um ein bestimmtes, meist wirtschaftliches Bedürfnis zu befriedigen. Es kann unterstellt werden, dass, von einigen Ausnahmen abgesehen, der Handelnde sein Ziel stets mit möglichst geringem Aufwand oder möglichst geringer Anstrengung zu erreichen gedenkt. In einer durch Spezialisierung gekennzeichneten Welt vollzieht sich die Befriedigung vorhandener Bedürfnisse vor allem durch Leistungsaustausch, sei es von Waren, Dienstleistungen oder Geld. Die Rechtsordnung bildet als gesellschaftliche Konstante hierfür das Rückgrat, indem sie mit dem schuldrechtlichen Vertrag ein Instrument zur Verfügung stellt, welches den Parteien die Möglichkeit eröffnet, unter selbständiger Kalkulation ihrer Mittel und Ziele eine bindende Vereinbarung zu treffen. Das geltende Recht ist dabei in erster Linie auf inhaltliche Neutralität ausgerichtet, so dass es die Parteien selbst sind, die eigenverantwortlich für ihr wirtschaftliches Wohlergehen im Rahmen von Vertragsbeziehungen zu sorgen haben.4 Der schuldrechtliche Vertragsschluss kann als Schlusspunkt der Planungs- und Verhandlungsphase der Parteien bezeichnet werden. Mit dem Übergang von unverbindlicher Überlegung und Information zu einer rechtlich bindenden Vereinbarung entscheiden beide Seiten, dass sie ihr anvisiertes Ziel zumindest teilweise erreichen können und dass ihnen dies die zu erbringende Gegenleistung wert ist. Die Vorstellungen einer jeden Partei über die Umstände, unter denen ihr der fragliche Vertrag günstig erscheint, werden allgemein als Motive des Vertragsschlusses bezeichnet.5 Den geschäftsrelevanten Umständen, die Gegenstand der Vorstellung sind, soll hier, auch in Anbetracht einer fehlenden eingängigen Terminologie, der Begriff Plandaten gegeben werden. Diese können die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft betreffen. Im Gegensatz dazu soll das (wirtschaftliche) Bedürfnis, das zu decken Ausgangspunkt des Entschlusses zum Vertrag war, Planziel genannt werden. Der Vertragsschluss ist in dieser Termi4

Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 1 I, S. 2 f. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 36 Rn. 37; Flume, Rechtsgeschäft, § 38 6, S. 699; Fikentscher, Geschäftsgrundlage, S. 24; umfassend zum Motivirrtum bereits die grundlegende Schrift von Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft (1879). 5

1. Kap.: Die Änderung und die Anpassung von Schuldverhältnissen

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nologie für jede Partei das Resultat einer Kalkulation der ihr (im Zeitpunkt des Vertragsschlusses6) bekannten Plandaten zur Erreichung eines klar definierten Planziels.

B. Fehlvorstellungen der Parteien Fehlvorstellungen, die sich Menschen von der Wirklichkeit machen, sind keine Seltenheit. Im Rahmen rechtlicher Bindungen können sie belastende Auswirkungen nach sich ziehen. Fehlerhafte Plandaten können dazu führen, dass die betroffene Partei ihr Planziel nicht oder nur teilweise erreichen kann, dass sich das Planziel verschiebt oder, es zu erreichen gänzlich an Sinn verliert. Dem Einzelnen ist ein Einblick in die vorgelagerte Willensbildung des Vertragspartners in der Regel nicht möglich. Die Vertragsparteien sind auch bei Kenntnis einzelner Umstände und subjektiver Momente nicht unbedingt gehalten, die Plandaten, das Planziel und die dem Vertragsschluss vorgelagerte Kalkulation der jeweils anderen Partei mehr, als im Vertragsinhalt ohnehin zum Ausdruck gekommen, zu berücksichtigen. Daher gilt allgemein: Jede Partei trägt das Risiko ihrer Willensbildung selbst und damit das Risiko einer später belastenden rechtlichen Bindung. Der geschlossene Vertrag ist „immun“7 gegenüber nicht berücksichtigten oder falschen Plandaten. Dieser Grundsatz kann als „notwendiges Korrelat“ zum Begriff der Vertragsfreiheit gesehen werden8 mit dem Ziel, Rechtssicherheit herzustellen. Für die einzelne Partei bedeutet das allgemein, dass sie sich im Vorfeld des Vertragsschlusses nicht nur über ihr Planziel klar werden muss, sondern dass eine umfassende Risikoabwägung erforderlich ist, welche Plandaten es zu berücksichtigen gilt und wie verlässlich diese sind. Kommt es dennoch zu Fehlern, muss sich jede Partei zunächst einmal an ihrer konkret gewordenen Entscheidung für den abgeschlossenen Vertrag festhalten lassen.

C. Die Begriffe „Anpassung“ und „Änderung“ Trotz des soeben beschriebenen Grundsatzes ist die Änderung eines Vertrages in der Rechtswirklichkeit keine Besonderheit. Der Inhalt und die Bindungswirkung eines Vertrages liegen in den Händen der Parteien und diese können über ihn – Einigkeit vorausgesetzt – nach Belieben rechtsgeschäftlich verfügen, § 311 Abs. 1 BGB. Aber auch gegen den Willen einer Partei unterliegt ein Vertrag nicht selten der einseitigen Änderbarkeit. Mit dem 6 7 8

Rothoeft, NJW 1986, 2211 (2212). Begriff nach Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2, § 24, S. 36. Bischoff, S. 8; Widmer, S. 20.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

Rücktritts- oder Kündigungsrecht, dem Anfechtungsrecht, dem Leistungsbestimmungsrecht, dem Leistungsstörungs- und Gewährleistungsrecht sowie der Geschäftsgrundlagenstörung finden sich vielfältige, juristisch detailliert beschriebene und anerkannte Fallkonstellationen, an die der Gesetzgeber einseitige Änderungsrechte geknüpft hat. Die aufgeworfene Frage, unter welchen Voraussetzungen eine einmal bestehende Leistungspflicht bei neuen Entwicklungen eine inhaltliche Änderung erfahren kann, stößt daher bereits durch die genannten Fallkonstellationen an eine unüberwindbare Grenze. Es muss ersichtlich die Enumeration und Analyse aller Tatbestände, die eine Änderung bewirken, schon auf Grund der Weite der formalen Kategorie Änderung, am Umfang der Darstellung scheitern. Unter den Begriff der Änderung lassen sich diverse, in ihrer Struktur sehr disparate Tatbestände subsumieren9, deren angeordnete Rechtsfolgen das Schuldverhältnis auf ganz eigene Art und in unterschiedlicher Intensität betreffen10. Die vorliegende Arbeit verfolgt jedoch nicht das Ziel einer umfassenden Darstellung sämtlicher Änderungstatbestände. Vielmehr soll mit dem Begriff der „Anpassung“ eines Vertrages eine weitere Fallkonstellation rechtsdogmatisch erschlossen werden, in welcher der Grundsatz der Unveränderbarkeit einmal geschlossener Verträge ebenfalls durch die Anerkennung eines Änderungsrechtes durchbrochen wird. Dem Begriff „Anpassung“ soll eine eigenständige juristische Bedeutung zugemessen werden, so dass es gerechtfertigt ist, von „Vertragsanpassungsrecht“ als einer eigenständigen dogmatischen Kategorie zu sprechen. Dies setzt zunächst voraus, dass die Begriffe „Änderung“ und „Anpassung“ nicht mehr synonym verwandt werden, denn im Sinne dieser Arbeit ist das Mittel der Änderung die Anpassung, nicht umgekehrt. Der Begriff „Änderung“ ist die übergeordnete Kategorie, der Begriff „Anpassung“ steht für einen Tatbestand, der zur Änderung eines Vertrages führt. Ein Vertrag kann geändert werden, indem man ihn kündigt, anficht oder eben „anpasst“. Eine vertragliche Leistungsverpflichtung ändert sich durch Leistungsbestimmung, Minderung oder eben durch „Anpassung“. Bereits an dieser Stelle wird behauptet, dass sich eine dogmatische Kategorie „Vertragsanpassungsrecht“ erschließen lässt. Eine in der Vertragspraxis in großer Zahl anzutreffende Menge an so genannten „Anpassungsklauseln“11, über deren Gestaltung und Zulässigkeit alles andere als Einigkeit 9

Den Versuch eines Überblicks unternimmt Lettl, JuS 2001, 144 ff., 248 ff., 347 ff., 457 ff., 559 ff. und 660 ff. 10 Skeptisch im Hinblick auf die Möglichkeit einer umfassenden systematischen Betrachtung auch: Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 I 4, S. 611. 11 Terminologisch und inhaltlich findet sich ein großes Angebot: Anpassungsklausel, Auffangklausel, Baisseklausel, Bedingungsanpassungsklausel, Beteiligungsklau-

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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herrscht, und verschiedene literarische Arbeiten, die bewusst den Begriff „Vertragsanpassung“ verwenden12, deuten den Weg. Es wird sich ferner zeigen, dass auch der Gesetzgeber den Begriff der Anpassung neben dem Begriff der Änderung zumindest partiell mit einer eigenständigen Bedeutung ausgestattet hat. Methodisch sollen zunächst bekannte Fallkonstellationen, die gleichermaßen ein Änderungsrecht normieren, von der gesuchten Fallkonstellation „Anpassung“ abgegrenzt werden und zwar durch eine kurze Analyse der hinter der Anerkennung des Änderungsrechtes stehenden Interessenabwägung. Sodann sollen die für die Kategorie „Vertragsanpassung“ relevanten und in ein Spannungsverhältnis tretenden Interessen der Parteien einer beschreibenden Analyse unterzogen werden. Schließlich soll ein Blick auf die tangierten privatrechtlichen Grundprinzipien und die für eine Vertragsanpassung verwendbaren Anpassungstechniken den hinter der juristischen Kategorie „Vertragsanpassungsrecht“ stehenden juristischen Problemgegenstand abschließend konturieren. Zweites Kapitel

Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände Eine abgrenzbare dogmatische Kategorie „Vertragsanpassungsrecht“ hat sich in der Rechtswissenschaft bislang nicht etabliert. Es verwundert daher nicht, dass Kommentare und Lehrbücher Fragen der Vertragsanpassung an verschiedenen Stellen verorten. Ausführungen finden sich im Zusammenhang mit denjenigen Normen, die (formularmäßigen) Anpassungsklauseln Grenzen ziehen, im Zusammenhang mit dem Leistungsbestimmungsrecht und im Zusammenhang mit der Geschäftsgrundlagenstörung. Wenn das sel, Force-Majeure-Klauseln, Gleitklausel, Hardship-Klausel, Hausseklausel, Indexklausel, Korrekturklausel, Kostenelements- bzw. Kostenklausel, Leistungsvorbehaltsklausel, Listenpreisklausel, Loyalitätsklausel, Revisionsklausel, Sachwertklausel, Spannungsklausel, Sprechklausel, Tagespreisklausel, Umsatzklausel, Vertragsanpassungsklausel, Wertsicherungsklausel, Wettbewerbsklausel, Wirtschaftsklausel. 12 Im Bereich rechtsgeschäftlicher Änderungen eines bestehenden Vertrages, insbesondere mittels einer entsprechenden Öffnungsklausel, hat sich der Begriff der Anpassung als Synonym zum Begriff der Änderung durchgesetzt (Beckmann, S. 4, unter Verweis auf die Werke von Bilda, Anpassungsklauseln in Verträgen und Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen; Lettl, JuS 2001, 144 ff.; für den österreichischen Raum Fenyves, S. 102. Nach Herrmann, Jura 1988, 505 ff., „bedeutet Vertragsanpassung weit verstanden, dass Verträge – meist lang- oder längerfristige Verträge –, von einer Vertragspartei nach einer gewissen Zeit an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse oder Erwartungen angepasst wird“, ohne dass er hierfür eine Begründung anführt oder aus der Definition nähere Schlussfolgerungen zieht.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

„Vertragsanpassungsrecht“ aber eine eigene dogmatische Kategorie bilden soll, müssen sich die ihr zu Grunde liegende Fallkonstellation gegen ähnliche Fallkonstellationen, die anderen dogmatischen Kategorien zugeordnet sind und anerkanntermaßen ebenfalls Änderungstatbestände normieren, randscharf abgrenzen lassen können. Dass dies möglich ist, soll in diesem Kapitel gezeigt werden. Wer etwas effektiv ändert, erreicht durch einen Prozess des Einwirkens auf den Gegenstand der Änderung, dass dieser von einem alten in einen neuen Zustand überführt wird. Die sich aus dieser allgemein sprachlichen Umschreibung ergebenden Elemente des Begriffes „Änderung“ beschreiben in einem weiten Sinne bereits die zentralen Parameter auch des rechtlichen Vorgangs „Änderung“: Ein bestehendes Schuldverhältnis wird – unter rechtlicher Anerkennung des geltend gemachten Änderungsinteresses – durch einen wirksames Änderungsverfahren in ein geändertes Schuldverhältnis überführt. Im Sinne dieser formalen Definition sollen in diesem Kapitel das anzupassende und das angepasste Schuldverhältnis als Anknüpfungspunkt für die Ausgrenzung bekannter Änderungstatbestände, die bereits etablierten dogmatischen Kategorien zuzuordnen sind, verwendet werden. Das Anpassungsinteresse und das Anpassungsverfahren hingegen können dann im dritten Kapitel für eine positive Beschreibung der Fallkonstellation „Vertragsanpassung“ nutzbar gemacht werden.

A. Das anzupassende Schuldverhältnis Sämtlichen Änderungstatbeständen ist gemein, dass Angriffspunkt ein zu änderndes Schuldverhältnis ist. Wie bereits einleitend dargestellt wurde, impliziert das Wort „Änderung“ einen ursprünglichen Zustand des Vorher und einen geänderten Zustand des Nachher, die sich erkennbar unterscheiden. Eine erste Ausgrenzungsmöglichkeit bekannter Änderungstatbestände bei der Suche nach den definierenden Momenten einer Fallkonstellation „Anpassung“ bietet somit der Blick auf die ursprüngliche Leistungsbeziehung. Damit ist gleichzeitig die Frage aufgeworfen, wie das „anzupassende“ Schuldverhältnis beschaffen sein muss bzw. welche schuldrechtlichen Beziehungen überhaupt „anpassbar“ im Sinne der zu findenden Kategorie „Vertragsanpassung“ sind. I. Der Entstehungsgrund der Leistungspflichten Als Quelle der rechtlichen Verpflichtung einer Partei zu einer Leistung stehen gesetzliche und rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse zur Verfügung13. Obwohl auch gesetzliche Schuldverhältnisse, also Rechtsverhält-

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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nisse, die in ihrer Entstehung auf der Erfüllung eines vom Gesetz näher beschriebenen Tatbestandes beruhen14, der nachträglichen Änderung zugänglich sind15, kommen diese als Gegenstand einer „Anpassung“ nicht in Betracht. Im Rahmen des Spannungsverhältnisses zwischen entstandener Leistungsverpflichtung und begehrter Anpassung des Leistungsinhalts muss der Grund der ursprünglichen Leistungsverpflichtung eine gewichtige Rolle spielen. Dem gesetzlichen Schuldverhältnis fehlt das spezifische Merkmal der freiwilligen Bindung und damit die Dispositionsmöglichkeit der Parteien im Hinblick auf die Entstehung des Schuldverhältnisses.16 Anders liegt es bei rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen. Hier verhilft der von den Parteien zum Ausdruck gebrachte Verpflichtungswille dem der Erklärung zu Grunde liegenden Interesse der jeweiligen Partei zur rechtlichen Geltung.17 Gegenstand einer „Anpassung“ können nur rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse sein. Soweit daher im Folgenden von Schuldverhältnissen die Rede ist, sind damit nur vertragliche gemeint. II. Kooperationsverträge Schuldrechtliche Verträge, insbesondere solche, bei denen die Hauptleistungspflichten synallagmatisch miteinander verknüpft sind, lassen sich idealiter als Kompromiss verstehen, bei dem die Parteien einen möglichst kleinen Einsatz ausgehandelt haben, um ihre Planziele weitestgehend zu erreichen. Der Moment der vertraglichen Einigung bildet den Abschluss der Verhandlungen und überführt einen dynamischen Vorgang insoweit in einen statischen, als eine weitere Verhandlung nicht mehr stattfindet. Eine nachvertragliche Kooperation der Parteien ist dann nur noch auf den Vollzug der Leistungspflichten gerichtet, wenn dies für den Austausch erforderlich ist.18 Nach § 242 BGB hat der Schuldner seine Leistung allerdings so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es fordern. Zur Erfüllung dieser Pflicht gehört nicht nur die Erfüllungshandlung, sondern auch ein Bündel an Begleitpflichten, die überwiegend als Nebenpflichten bezeichnet werden.19 13

Medicus, Schuldrecht I, § 2 I, Rn. 9. Larenz/Wolf, § 13 I 3, Rn. 13. 15 MünchKomm/Thode, § 305 Rn. 2; Soergel/Wolf, § 305 Rn. 37; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 II 2 a, S. 614. 16 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 14, S. 240. Bei den gesetzlichen Schuldverhältnissen übernimmt gleichsam das Gesetz die Gewähr für die Richtigkeit der von ihm selbst angeordneten Rechtsfolgen; Medicus, Allgemeiner Teil, § 21 II 1, Rn. 244. 17 Soergel/Wolf, § 305 Rn. 4. 18 Palandt/Heinrichs, § 242 Rn. 24 f. 14

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

Zu ihnen zählen auch Fürsorge- und Treuepflichten. Von den allgemeinen Sorgfaltspflichten ist die Fürsorgepflicht des Dienstberechtigten in § 618 Abs. 1 BGB besonders ausgeprägt. In Erweiterung dieser Einzelbestimmung ist die Fürsorgepflicht im Arbeitsverhältnis zu einer umfassenden Grundpflicht geworden20, die auch zur Änderung eines Vertrages verpflichten kann. So kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, den Arbeitnehmer an einem anderen als dem vereinbarten Dienstort zu beschäftigen21 oder jedem Arbeitnehmer Urlaub zu gewähren, auch ohne ausdrückliche gesetzliche, tarifliche, betriebliche oder arbeitsvertragliche Bestimmung22. Aus der Treuepflicht eines Gesellschafters kann sich dessen Rechtspflicht ergeben, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um bei wirtschaftlich unhaltbarer Lage der Gesellschaft einer erforderlich gewordenen Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen.23 Arbeits- und Gesellschaftsverträge weisen gegenüber anderen Verträgen Besonderheiten in ihrer vertraglichen Struktur auf. Gesellschafter verfolgen auf der Basis eines Gesellschaftsvertrages ein gemeinsames Ziel, so dass das spezifische Element der gegenläufigen Planziele entfällt, auch wenn der Gesellschaftsvertrag selbstverständlich Vertrauen in seine zunächst einmal konstante Geltung schafft. Die Einordnung des Arbeitsrechts ist seit langem umstritten. Jedenfalls enthält es neben rein privatrechtlichen Elementen auch sozialstaatliche Ausprägungen und dient dem Schutz des Arbeitnehmers als der sozial schwächeren Vertragspartei.24 Die Frage, ob auch Arbeits- und Gesellschaftsverträge als Gegenstand einer „Anpassung“ in Betracht kommen, kann nicht abschließend beantwortet werden. Nahe liegend ist jedenfalls, dass, wenn überhaupt, eine Übertragung der Ergebnisse nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Verträge möglich sein dürfte, was an dieser Stelle nicht vertieft werden kann.25 III. Vertragsanpassung und Leistungsbestimmung Die Frage, welchen Inhalt ein Schuldverhältnis nach seiner Änderung erlangt, ist von der Frage zu trennen, welchen Inhalt ein Schuldverhältnis im 19 Larenz, Schuldrecht I, § 10 II e, S. 138 f.; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 6 III, S. 107 ff. 20 BAG BB 1996, 1170 (1171); Erman/Edenfeld, § 611 Rn. 488 ff. 21 BAG NJW 1959, 1294. 22 BAG NJW 1956, 1254 und 1732 (1733 ff.). 23 BGH NJW 1960, 434. 24 Junker, § 1 V, Rn. 69; Söllner/Waltermann, § 6 I. 25 Auch die Regeln der Anfechtung von Verträgen lassen sich aus Gründen begrenzter Rückabwicklungsmöglichkeiten nur modifiziert auf Gesellschafts- und Arbeitsverträge übertragen.

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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Zeitpunkt seines Entstehens hat, worüber sich die Parteien also geeinigt haben. Bereits begrifflich deutet die Bewertung eines Vorgangs als Änderung auf das Erfordernis der Klarheit über den ursprünglich bestehenden Zustand hin. Etwas Unbestimmtes erstmalig festlegen (Erstbestimmung26) und etwas Bestimmtes verändern (Neubestimmung27) sind erkennbar verschiedene Vorgänge.28 Die für eine Änderung vorrangig vorzunehmende Bestimmung des (durch Richter oder Partei bestimmbaren) Inhalts des betroffenen Schuldverhältnisses29 stellt keine Anpassung im Sinne dieser Arbeit dar30 und ist von dieser terminologisch31 und inhaltlich32 abzugrenzen.33 Die Unbestimmtheit von Verträgen ist keine Seltenheit. Der von den Parteien beschlossene Regelungsplan umfasst gewöhnlich nur die Einigung über die essentialia negotii, also den Austauschzweck, die Parteirollen sowie die Art und den Umfang der beiderseitigen Leistungen.34 Soweit die Parteien nicht auf Allgemeine Geschäftsbedingungen zurückgreifen, basieren Vertragsschlüsse regelmäßig auf nur geringer Kommunikation.35 Entsprechend der Varianz der von den einzelnen Parteien verfolgten Planziele tritt die Bestimmung36 von Leistungspflichten und -modalitäten als recht26

Begriff nach Lettl, JuS 2001, 144 (145). Begriff nach Lettl, JuS 2001, 144 (145). 28 Anders Herrmann, Jura 1988, 505 (507), wohl eher aber im Hinblick auf die anzuwendenden Rechtsnormen der §§ 315 ff. BGB. 29 Am Beispiel „Preis“, BGH BB 1983, 921 (923); Lübke-Detring, S. 20. 30 Anders Lübke-Detring, S. 20 f., der zwischen Änderung und erstmaliger Festlegung keine begriffliche Differenzierung vornimmt. Auch sprachlich wird vielfach zwischen Leistungsbestimmung und Leistungsanpassung nicht unterschieden. So nennt Herrmann, Jura 1988, 505, einseitige Vertragsanpassungsklauseln auch Leistungsbestimmungsklauseln. 31 Gelegentlich wird in der Literatur die Leistungsbestimmung mittels ergänzender Vertragsauslegung als ein Rechtsprinzip bezeichnet, welches der Vertragsanpassung dient; vgl. Beckmann, S. 11 f. 32 Inhaltlich und terminologisch unterscheidet auch der BGH seit der Entscheidung BGH BB 1983, 921 (922) Preisvorbehaltsklauseln, in denen die Bestimmung des Preises einem späteren Zeitpunkt vorbehalten ist, und Preisanpassungsklauseln, mittels derer ein festgelegter Preis abgeändert werden kann; ebenso Bilda, MDR 1979, 89 (89 und 92). 33 Dabei soll nicht verkannt werden, dass zwischen dem Recht der Vertragsanpassung und dem Recht der Leistungsbestimmung auch Parallelen bestehen, die gegebenenfalls auch in rechtlicher Hinsicht nutzbar gemacht werden können. Vgl. hierzu insbesondere Teil 4. 34 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VIII 3 c, Rn. 115. 35 Medicus, Allgemeiner Teil, § 25 III 2 a, Rn. 340. 36 Terminologisch lässt sich der Begriff Bestimmung zwei unterschiedlichen Bereichen zuordnen. Er wird regelmäßig auch in Fallkonstellationen verwendet, in denen ein (wirklich vorhandener) Wille anhand der Fallumstände als zwar nicht unmittelbar geäußert, aber erkennbar und damit gültig bewertet wird. Streng genom27

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

liches Phänomen in sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen in Erscheinung. So kann der Grund für die Bestimmung in einer unbemerkt gebliebenen vertraglichen Regelungslücke37 und somit in dem für die Durchführung des Vertrages liegenden Erfordernis einer Bestimmung liegen. Andererseits kann sich das Recht zur (einseitigen) Leistungsbestimmung aber auch aus einem gesetzlich38 oder vertraglich39 eingeräumten Recht zur Bestimmung ergeben. 1. Gemeinsamkeiten Das Postulat einer genauen Abgrenzung von Anpassung und Bestimmung bedarf der vertiefenden Analyse, da sich der Unterschied bei oberflächlicher Betrachtung nicht zeigt. Sowohl die Bestimmung als auch die Anpassung betreffen Vorgänge im Rahmen vertraglicher und wirksamer Schuldverhältnisse. Das Resultat einer Anpassung stellt sich, so wie auch dasjenige einer Bestimmung, dar als die Etablierung einer bis dato nicht normierten Leistungspflicht oder -modalität, welche mit einschneidenden ökonomischen Konsequenzen für den betroffenen Vertragsteil einhergehen kann. Für eine strukturelle Gleichbehandlung beider Fallgestaltungen spricht daher ein ähnliches Schutzbedürfnis, wird doch die betroffene Partei als Ergebnis beider Vorgänge einer Verpflichtung ausgesetzt, zu deren Übernahme sie sich bei Vertragsschluss weder ausdrücklich noch schlüssig, kurz: gerade nicht bereit erklärt hat. Aus ihrer Sicht stellen sowohl Anpassung als auch Bestimmung Fälle fremdbestimmter Gestaltung eines bestehenden Rechtsverhältnisses dar, in dem sie Partei ist. Dieses Vorgehen erschwert die Kalkulation, ob mittels des Vertragsschlusses das angestrebte Planziel erreicht werden kann. Das Ergebnis beider Vorgänge lässt sich jedenfalls beschreiben als Einschränkung der aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit fließenden Gestaltungsfreiheit. Konsequenterweise berührt die Frage nach der Zulässigkeit eines solchen Vorgehens Aspekte des Schutzes der betroffenen Partei vor einer unzulässig belastenden Regelung.

men werden die somit geltenden Regelungen nicht bestimmt, sondern lediglich benannt, indem das tatsächlich Erklärte erläutert wird. Für die Abgrenzung der Begriffe Änderung und Bestimmung allein relevant sind jedoch diejenigen Fälle einer Bestimmung, in denen es um einen eindeutig nicht erklärten Willen geht. 37 MünchKomm/Mayer-Maly-Busche, § 157 Rn. 27 ff.; Soergel/Wolf, § 157 Rn. 123 ff. 38 Gesetzliche Eingriffsermächtigungen zugunsten einer Partei sind selten; Staudinger/Löwisch, § 305 Rn. 50; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 28 II 1 a, S. 645. 39 Die Möglichkeit zur Einräumung eines solchen Gestaltungsrechts ergibt sich aus den §§ 315 ff. BGB.

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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2. Anpassung und Vertrauensbruch Dementsprechend liegt der Unterschied auch nicht in der Rechtsfolge oder der Frage nach seiner Erheblichkeit im Rahmen eines gerechten Leistungsaustausches, sondern in dem der Einwirkung vorausgehenden Vertrauenselement der betroffenen Partei: Die Erstbestimmung von Leistungspflichten und -modalitäten bedeutet inhaltlich die Festlegung von bislang nicht Gestaltetem. Dagegen stellt sich die Anpassung von Leistungspflichten und Leistungsmodalitäten immer als die Modifikation schon konkretisierter, also festgelegter vertraglicher Inhalte dar. Abgrenzungskriterium der Anpassung von der Inhaltsbestimmung eines Schuldvertrages ist die Charakterisierung des Ergebnisses der Anpassung als Vertrauensbruch im Hinblick auf eine bestehende Regelung. a) Nun ließe sich einwenden, dass auch im Falle einer Anpassungsklausel, z. B. der vertraglichen Regelung über die Möglichkeit einer Preisanhebung, ein Vertrauen in das Fortbestehen der getroffenen Regelung berechtigterweise nicht bestehen kann, da der vereinbarte Preis zwar im Moment des Vertragsschlusses Gültigkeit erlangt, im nächsten Moment aber schon wieder hinfällig sein kann. In eine andere Richtung deutet § 309 Nr. 1 BGB, nach dem Preiserhöhungen in Formularverträgen innerhalb der ersten vier Monate schlechthin unzulässig sind, oder § 558 Abs. 1 S. 2 BGB, nach dem für Mieterhöhungen auch bei Neuabschluss eines Vertrages eine Wartezeit von 15 Monaten gilt. In diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber das Vertrauen der von einer Anpassung betroffenen Partei auf das Fortbestehen einer getroffenen Regelung gestärkt und damit deutlich gemacht, dass auch grundsätzlich veränderbare Verträge zunächst die Vermutung einer Konstanz in sich tragen.40 Wer einen inhaltlich bestimmten Vertrag schließt, rechnet regelmäßig damit, dass einer Anpassung Ausnahmecharakter, dem Vereinbarten hingegen zunächst Gültigkeit zukommt. b) Im Rahmen der Bestimmung von Leistungspflichten sieht es jedoch anders aus. Der Umstand, dass eine Regelung nicht erfolgt ist, kann auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein, die jeweils für sich eine andere Qualität aufweisen. Typischerweise liegt der Fall so, dass keine der Parteien daran gedacht hat, eine Regelung im Hinblick auf die entsprechende Vertragsdurchführungsproblematik zu treffen. Die Bestimmung des Vertragsinhalts (regelmäßig im Wege ergänzender Vertragsauslegung41) resultiert dann aus dem Bedürfnis nach einer die Lücke füllenden Regelung, um dem 40 Für Preiserhöhungsklauseln Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 1: „Preiserhöhungsklauseln höhlen das Vertrauen in den vereinbarten Preis aus und setzen ihn dem Risiko unüberschaubarer Preissteigerungen aus.“ 41 Zur ergänzenden Vertragsauslegung vgl. 2. Teil Erstes Kapitel A.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

gemeinsamen Parteiwillen zur Geltung zu verhelfen42, und bricht höchstens mit der Erwartungshaltung einer oder beider Parteien bei Vertragsschluss, eine weitergehende als die getroffene Regelung werde schon nicht erforderlich sein. c) Es ist aber auch möglich, dass die von der Bestimmung negativ betroffene Partei sehr wohl eine konkrete und vor allem abweichende Vorstellung vom Inhalt der gefundenen Regelung hatte, ihr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses realer Wille aber nicht zum Ausdruck gebracht wurde. Die daraufhin dennoch bestimmte Leistungspflicht stellt demgemäß einen konkreten Bruch mit der Erwartungshaltung einer Partei dar. Dieses Vertrauen wird jedoch von der Rechtsordnung nicht als beachtenswert anerkannt. Nur der kommunizierte Wille ist in seinem Bestand geschützt.43 Diese Wertung resultiert aus der Erkenntnis, dass anders als durch Erklärung der psychologische Vorgang Wille nicht erkannt werden und konsequenterweise auch nicht einen Vorgang in der Außenwelt bedingen kann44. d) Schließlich kann die Nichtregelung auch auf die Vereinbarung eines anfänglichen Leistungsbestimmungsrechts zurückzuführen sein, wenn die Parteien die Unvollständigkeit ihres Schuldverhältnisses gesehen, sich aber trotzdem haben binden wollen.45 Die Vereinbarung eines Gestaltungsrechts dieser Art stellt inhaltlich einen Bruch mit dem Vertragsprinzip und der damit einhergehenden Richtigkeitsgewähr rechtsgeschäftlich begründeter zweiseitiger Verpflichtungen dar.46 Soweit daher die bestimmungsberechtigte Partei von ihrem Gestaltungsrecht tatsächlich Gebrauch macht, mag zwar die betroffene Partei von der konkreten Auswahl unter mehreren möglichen Rechtsfolgen überrascht oder enttäuscht sein. Mangels eines feststehenden Leistungsprogramms und der korrespondierenden Notwendigkeit einer Bestimmung kann die erstmalige Bestimmung auch unbillig47 sein, niemals aber kann sie das Vertrauen in die dauerhafte Gültigkeit eines konkreten Leistungsinhalts brechen.

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Esser/Schmidt, § 10 I 2, S. 156 f.; Lüderitz, S. 386 ff. Medicus, Allgemeiner Teil, § 25 IV, Rn. 345; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 29 I 2, Rn. 3; Bischoff, S. 9. 44 Fikentscher, Geschäftsgrundlage, S. 24; Flume, Rechtsgeschäft, § 4 6, S. 54; Savigny, System III, S. 258. 45 Dieser Fall bildet die Grundlage der §§ 315 ff. BGB; vgl. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 14 III, S. 245 ff. 46 Soergel/Wolf, § 315 Rn. 1; MünchKomm/Gottwald, § 315 Rn. 4; Larenz, Schuldrecht I, § 6 II a, S. 76. 47 Das Gesetz beschränkt wegen der fehlenden Richtigkeitsgewähr im Falle einseitiger Leistungsbestimmung das Auswahlermessen der bestimmungsberechtigten Partei auf ein „billiges Ermessen“; vgl. MünchKomm/Gottwald, § 315 Rn. 4. 43

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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e) Konstituierendes Element einer „Vertragsanpassung“ im Sinne dieser Arbeit ist demnach der äußere Widerspruch eines nach dem Anpassungsakt48 festgelegten Vertragsinhalts zu einem ursprünglichen, früher geltenden Leistungsgefüge. Dies setzt die Bestimmtheit des Vertragsinhalts voraus. „Vertragsanpassung“ beginnt erst, wenn eine Leistungsbestimmung erfolgt ist. Insbesondere der Bruch mit dem Vertrauen auf das Fortbestehen des gefundenen Vertragsinhalts grenzt die Modifizierung von bereits gestalteten vertraglichen Inhalten („Vertragsanpassung“) von der inhaltlichen Festlegung von bislang nicht bestehenden Leistungspflichten und Leistungsmodalitäten („Leistungsbestimmung“) ab. Im Falle der Bestimmung fehlt es an der Bipolarität eines ursprünglich bestehenden und eines gewandelten Vertragsgefüges, denn das nach der Bestimmung ermittelte Ergebnis mag zwar in einen Widerspruch zur Erwartungshaltung des Vertragspartners oder zur Billigkeit im allgemeinen treten, nicht aber in einen Widerspruch zu einem ursprünglich bestehenden Vertragsinhalt. Der Vertragspartner einer bestimmungsberechtigten Partei wird im Falle der Bestimmung einer ihn betreffenden Leistungspflicht nie im Hinblick auf eine innegehabte Rechtsposition frustriert, die ihm genommen wird, sondern höchstens im Hinblick auf eine von ihm erwartete Rechtsposition. Nur die Modifikation einer anfänglich hinreichend bestimmten Leistungspflicht stellt sich damit als ein Fall einer „Vertragsanpassung“ dar. IV. Vertragsanpassung und Anfechtung von Willenserklärungen Ein Rechtsgeschäft ist unwirksam, wenn die von den Parteien beabsichtigten Rechtsfolgen deshalb nicht eintreten, weil ihnen die Rechtsordnung die Geltung versagt.49 Positivrechtlich normiert sind Tatbestände, die als Rechtsfolge die (relative) Nichtigkeit, Anfechtbarkeit und schwebende Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts vorsehen. Sowohl sprachlich50 als auch inhaltlich51 fallen diese Arten der Unwirksamkeit unter die formale Kategorie der Änderung, so dass auch hier eine Abgrenzung erforderlich ist. 48 Als Anpassungsakt ist allgemein die Vornahme der Anpassung zu verstehen, vgl. Köhler, Rückwirkende Vertragsanpassung, S. 611 f.; Lettl, JuS 2001, 144 (144). 49 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 44, Rn. 1. 50 Die Rechtsprechung hat teilweise unter Anwendung der §§ 138 Abs. 1, 139 BGB Verträge, die – wie häufig Bierlieferungsverträge – wegen der überlangen zeitlichen Bindung knebelnde Wirkung entfalten, „angepasst“. Anpassung bedeutet Änderung eines bestehenden Zustandes mit dem Ziel der Harmonisierung, ist also als Synonym für Änderung zu verstehen; BGH, MDR 1979, 663 (664); WM 1984, 88 (89 f.); WM 1985, 608 (611); WM 1987, 542 (543 ff.); dazu: Lettl, JuS 2001, 144 (145). 51 Die Abgrenzung zur Vertragsänderung im Sinne dieser Arbeit ist nicht offensichtlich: Auch die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts lässt sich begrifflich fassen

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

1. Soweit die Rechtsfolge der Nichtigkeit gesetzlich angeordnet wird, ist der Vertrag schon nicht anpassungsfähig52, er ist im Hinblick auf den Geltungsanspruch der von den Parteien intendierten Rechtsfolgen schlichtweg nicht existent53. Das ipso jure und von Anfang an unwirksame Rechtsgeschäft ist nichtig und wird nicht in einen Zustand der Nichtigkeit überführt54, so dass es bereits an dem erforderlichen Anpassungsakt55 fehlt. Wollen die Parteien den Vertrag in einen Zustand der Wirksamkeit überführen, so bedarf es stets einer Neuvornahme unter Einhaltung aller Wirksamkeitserfordernisse. 2. Nicht anders ist es im Ergebnis hinsichtlich der Überführung schwebend unwirksamer in wirksame oder unwirksame Rechtsgeschäfte. Diese Fallgruppe wird durch das Fehlen eines außerhalb des eigentlichen Rechtsgeschäfts liegenden Wirksamkeitserfordernisses gekennzeichnet, welches noch nachgeholt werden kann.56 Als gesetzlich angeordnete Rechtsfolge entzieht sich auch die schwebende Unwirksamkeit der Dispositionsmöglichkeit der Parteien.57 Im Unterschied zur anfänglichen Nichtigkeit ermöglicht das Gesetz allerdings die Herbeiführung der Wirksamkeit durch das Nachholen des ausgebliebenen Umstands, ohne dass es einer vollständigen Neuvornahme bedarf. 3. Aber auch die mittels rechtsgeschäftlicher Erklärung des Berechtigten eintretende Nichtigkeitsfolge stellt keinen Fall einer „Vertragsanpassung“ dar.58 Die abschließend normierten Vorschriften des BGB, welche die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts auslösen, enthalten als Überführung (Ausübung des Gestaltungsrechts) eines alten Zustands (Anfechtbarkeit) in einen neuen Zustand (Nichtigkeit) und, zumindest im Fall der Irrtumsanfechtung, auch unter Bruch des Vertrauens des Vertragspartners in die Gültigkeit des einmal festgelegten Leistungsprogramms, arg. ex § 122 Abs. 1 BGB. 52 A. A. Lettl, JuS 2001, 144 (145), der zumindest im Zusammenspiel der §§ 138, 139 BGB eine spezialgesetzliche Anpassungsregelungen sieht. 53 Nicht zu verwechseln mit dem Geschäft als vorgenommenem Akt, der als Geschehen selbstverständlich existent ist, Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 44 I 2, Rn. 7. 54 Zwar kann auch das nichtige Rechtsgeschäft angefochten werden, dies ist aber für die Unwirksamkeit nicht zwingend erforderlich, sondern hat andere Gründe; vgl. Medicus, Allgemeiner Teil, § 47 III 3, Rn. 728 ff. 55 Dieser Umstand wird verschleiert, wenn der Fall der Teilnichtigkeit als Anpassung bezeichnet wird. § 139 BGB erlaubt dem Richter keine inhaltliche Vertragskorrektur, sondern nur eine Entscheidung über die Gültigkeit des restlichen Geschäfts ohne den nichtigen Teil; vgl. Soergel/Hefermehl, § 139 Rn. 34 und 38. 56 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 44 IV 1, Rn. 49. 57 Anderenfalls handelt es sich um eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Bedingung, vgl. § 158 BGB. 58 Nach Horn, Vertragsdauer, S. 551 (558), zählen die §§ 119 Abs. 2, 2078, 2079 BGB auch zum gesetzlichen Anpassungsinstrumentarium.

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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Tatbestandsmerkmale, die bei Vertragsschluss vorliegende Umstände betreffen.59 Nicht die Anknüpfung an den Wegfall der Rechtsfolgen unterscheidet angefochtene von geänderten Rechtsgeschäften, sondern die gesetzlich angeordnete Relativierung des durch den Vertragsschluss dokumentierten Bindungswillens auf Grund eines bei Vertragsschluss vorliegenden Umstandes zeichnet anfechtbare Rechtsgeschäfte aus. In der rechtlichen Bewertung muss es einen Unterschied machen, ob die Einwirkung auf das Vertragsgefüge sich auf Umstände stützt, die bei Vertragsschluss vorliegen, oder durch eine Entwicklung bedingt wird, welche im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht vorliegt. Im ersten Fall geht es um die Erkennbarkeit eines Zustands, im zweiten um die Prognostizierbarkeit einer Entwicklung. Für die rechtliche Struktur der gesuchten Fallkonstellation „Vertragsanpassung“ ergibt sich somit eine Beschränkung auf wirksam begründete Rechtsgeschäfte.

B. Das angepasste Schuldverhältnis Ändern setzt, über das bereits Dargelegte hinaus, begrifflich auch voraus, dass das Resultat der Änderung ein von einem vorhergehenden abweichender Zustand ist. Auch die Analyse des „angepassten“ Schuldverhältnisses bietet die Möglichkeit Fallkonstellationen der Kategorie „Vertragsanpassung“ von ähnlichen Fallkonstellationen anderer Kategorien randscharf abzugrenzen. In einem sehr weiten Sinn lässt sich ein Schuldverhältnis als Rechtsverhältnis verstehen, in dem sich verschiedene Personen als einander zu bestimmten Leistungen berechtigt und verpflichtet gegenüberstehen.60 Charakteristische Elemente des Schuldverhältnisses sind die an dem Vertrag konkret beteiligten Rechtssubjekte61 und seine inhaltliche Ausgestaltung. Als Ausgangspunkt dient die Überlegung, als konstituierend für den Begriff der Anpassung lediglich eine inhaltliche Abweichung im Ergebnis zu fordern. Das Resultat des Eingriffs muss, um den Vorgang als Anpassung charakteri59

Anpassungsregelungen im Sinne dieser Arbeit betreffen daher stets solche Entwicklungen, die erst nachvertraglich entstanden sind. Vgl. zu diesem Problem auch BGH NJW 1980, 2518 (2519); 1985, 853 (854); Beckmann, S. 53 m. w. N. 60 Larenz, Schuldrecht I, § 2 I, S. 6. 61 Mittels des Vertragsschlusses wird festgelegt, wer berechtigt und wer verpflichtet sein soll, wer also von dem jeweils anderen etwas fordern kann oder zur Leistung verpflichtet sein soll. Änderungen in der personellen Struktur des Schuldverhältnisses unterscheiden sich hinsichtlich des Vertrauensschutzes des Betroffenen von anderen, inhaltlichen Änderungen erheblich. Unberücksichtigt bleiben daher in dieser Arbeit Änderungen in Form des Subjektwechsels, welche durch Zession (§ 398 BGB) oder Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB) herbeigeführt werden können.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

sieren zu können, ein Leistungsgefüge sein, welches inhaltlich in irgendeinem über- oder untergeordneten Aspekt nicht mit dem Inhalt des Ausgangsvertrages übereinstimmt. I. Die Modifizierung von Rechten und Leistungspflichten Inhaltlich steht der Leistungsanspruch im Zentrum des Schuldverhältnisses sowie die korrespondierende primäre Leistungspflicht des Schuldners, umrahmt von einem Bündel an Einzelpflichten, die entweder als „leistungsbegleitend“62 darauf gerichtet sind, den Leistungsvollzug zu sichern oder als „integritätssichernd“63 den Gläubigerbesitzstand zu wahren. Darüber hinaus können in Verträgen auch sog. Gestaltungsrechte begründet werden64, die als Abweichung vom schuldrechtlichen Vertragsprinzip regelmäßig eine Stärkung der Belange des Schuldners darstellen. Die systematische Betrachtung des Ergebnisses des Änderungsvorgangs kann daher gut anhand der Parameter Pflicht und Recht, als zentralen Elementen des Schuldverhältnisses, definiert werden.65 Das Resultat des ändernden Eingriffs muss sich, um den Vorgang als Änderung kennzeichnen zu können, als Änderung in der Struktur der den Parteien zustehenden Rechte oder den ihnen auferlegten Pflichten darstellen. Jedes Schuldverhältnis hat einen zeitlichen Anfang und ein Ende66, welche bei sofortiger Erfüllung praktisch in eins zusammenfallen können; meist liegt aber zwischen ihnen ein mehr oder minder langer Zeitraum.67 Das Schuldverhältnis ist dabei „von vornherein darauf angelegt, ein bestimmtes Ziel, nämlich die vollständige Erfüllung der Leistungspflichten, zu erreichen und in der vollständigen Erreichung dieses Ziels sein Ende zu finden“68. Diese Gerichtetheit des Schuldverhältnisses auf das Ziel der vollständigen Befriedigung eines konkreten Leistungsinteresses des Gläubigers bedingt mithin die rechtliche Identität des Schuldverhältnisses. Weder der 62

Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 5 II 1, S. 88 f. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 5 II 2, S. 89 f. 64 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 5 III, S. 91; sehr umfangreich zu diesem Thema, Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht (1964). 65 Zum Anpassungsgegenstand vgl. auch die umfangreiche Darstellung bei Lettl, JuS 2001, 456 (458 ff.). 66 Zum Zeitmoment im Schuldrecht vgl. MünchKomm/Kramer, Einleitung zu §§ 241 ff. Rn. 95 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 2 V, S. 27; sehr umfangreich zu diesem Thema, Christodoulou, Vom Zeitelement im Schuldrecht (1968). 67 Larenz, Schuldrecht I, § 2 V, S. 27. 68 MünchKomm/Heinrichs, § 362 Rn. 1; Larenz, Schuldrecht I, § 2 V, S. 27 f.; kritisch zum Zweck des Schuldverhältnisses in diesem Sinn, Gernhuber, Schuldverhältnis, § 2 I 4, S. 10. 63

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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Zeitpunkt der Einwirkung69 noch der Umstand, dass zur vollständigen Erfüllung der Leistungspflichten mitunter mehr oder weniger Anstrengung von einem der Vertragspartner erwartet wird70, sind Kriterien, die grundsätzlich die Ausgrenzung einer eigenen Fallgruppe aus dem Problemgegenstand erfordern. Soweit das Schuldverhältnis allerdings im Ganzen betroffen ist, ist streng zwischen änderndem und schuldersetzendem Vertrag71 zu unterscheiden, auch wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung im Ergebnis dieselbe ist. II. Vertragsanpassung und Leistungsstörungen Da der Vertrag seinem Grundsatz nach auf die Befriedigung des konkreten Gläubigerinteresses gerichtet, kann sich das Bedürfnis nach vertraglicher Korrektur aus einem Umstand ergeben, der die Verfehlung dieses Ziels begründet.72 Dabei ist unter dem Leistungsinteresse des Gläubigers nur sein durch das Schuldverhältnis als solches rechtlich sanktioniertes Interesse am Bekommen der Leistung zu verstehen, nicht ein darüber hinaus gehendes wirtschaftliches oder persönliches Interesse.73 Im Hinblick auf die Abgrenzung zur „Vertragsanpassung“ ist daher zu unterscheiden: Ist die Befriedigung des Gläubigers auf Grund veränderter Sachlage durch die reine Erfüllungshandlung (Naturalerfüllung74) des Schuldners nicht mehr möglich, dann erhält die Änderung seiner ursprünglichen Leistungspflicht bei zufälligen Durchführungshindernissen entlastenden75 und bei mangelhafter Anstrengung des Schuldners im Hinblick auf das Vertragsziel sanktionsrechtlichen76 Charakter. Dieser Fallgruppe gleich gelagert ist auch die Min69 Vertragsänderung ist daher zwar ein vermehrt in Dauerschuldverhältnissen auftretendes Problem, es ist aber auch in Schuldverhältnissen mit nur einem einmaligen Leistungsaustausch anzutreffen. 70 Auch der Grad der mit dem Anpassungsereignis einhergehenden Leistungserschwerung bietet keinen Anhaltspunkt für die Definition des Problemgegenstandes. 71 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 21 II, S. 333 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 7 II, III, S. 88 ff. 72 Rothoeft, NJW 1986, 2211 (2212). 73 Larenz, Schuldrecht I, § 2 V, S. 28. 74 Emmerich, Leistungsstörungen, § 1 I 2, S. 4. 75 In dem Sinne, dass er für die enttäuschten Gewinnerwartungen seines Gläubigers nicht kompensationshalber zur Verantwortung gezogen wird; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2, § 22, S. 1. 76 Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Zahlung des Verzugsschadens. Neben das ursprüngliche Gläubigerinteresse ist ein Interesse auf Ersatz des durch die Nichtleistung entstandenen Schadens getreten, welches durch die reine Vertragserfüllung nicht abgedeckt wird. Selbstverständlich ließe sich die Erweiterung der Leistungspflicht auch als Vertragsänderung verstehen.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

derung einer Leistungspflicht auf Grund der nur noch mangelhaft erfüllbaren Gegenleistung. Anders liegen die Dinge, wenn die Befriedigung des Gläubigerinteresses weiterhin möglich ist. Nur in diesem Fall liegt eine Konstellation vor, die als Gegenstand einer „Vertragsanpassung“ in Betracht kommt. III. Vertragsanpassung und Konkretisierung Der Vollständigkeit halber sei noch auf ein gelegentlich diskutiertes Problem hingewiesen, welches als Konkretisierung von Pflichten beschrieben wird.77 Tatsächlich handelt es sich dabei um ein Scheinproblem, welches aus der Ungenauigkeit des Begriffes Konkretisierung resultiert. Das Wort konkret ist ein Synonym für bestimmt oder auf etwas Bestimmtes bezogen. Konkretisieren bedeutet entsprechend „etwas durch Bestimmen im einzelnen verdeutlichen“. Bereits an anderer Stelle ist ausgeführt worden, dass zwischen der Bestimmung von anfänglich Unbestimmtem und der Änderung von anfänglich Bestimmtem zu trennen ist. Etymologisch ist es nur sinnvoll, unter Konkretisierung den Vorgang der Festlegung des ursprünglich Gewollten zu verstehen, sei es durch ergänzende Vertragsauslegung seitens des Richters, sei es, weil die Parteien in Erkenntnis der Unvollständigkeit ein entsprechendes Gestaltungsrecht (§§ 315 ff. BGB) vertraglich etabliert hatten. Soweit allerdings, und dies ist nicht gerade selten, unter Konkretisierung die Begründung einer bei Vertragsschluss anders (vor allem durch bewusste Nichtregelung) geregelten Pflicht verstanden wird, bekommt der Begriff Konkretisierung die Bedeutung Änderung. Was im Einzelnen gemeint ist, bedarf der genauen Betrachtung. Keinesfalls etabliert die Konkretisierung von Leistungspflichten eine eigene Fallgruppe. IV. Vertragsanpassung und Vertragsbeendigung Die „Vertragsanpassung“ stellt einen der Beendigung des Schuldverhältnisses vorgelagerten Rechtsakt dar.78 Was dem Schuldverhältnis (plan- oder unplanmäßig) ein Ende setzt, kann nicht im Sinne dieser Arbeit zugleich Anpassung eines Schuldverhältnisses sein79 und scheidet aus der Betrachtung aus80. 77

Freund, S. 30 unter Verweis auf Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 2 Rn. 37. Regelmäßig wird in der Literatur die Beendigung des Schuldverhältnisses teils nur begrifflich, teils auch inhaltlich als ein Unterfall der Änderung aufgefasst. Vgl. hierzu Beckmann, S. 9; Freund, S. 29; Bilda, Dogmatik der Anpassungsklauseln in Verträgen, S. 1; Lettl, JuS 2001, 144 ff.; differenzierend Fikentscher, Schuldrecht, § 27 VI, Rn. 200. 78

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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1. Die planmäßige Beendigung des Schuldverhältnisses Dies leuchtet für die planmäßige Beendigung des Schuldverhältnisses, die beiderseitige Erfüllung der Forderungen und die ihr gleichstehenden Rechtshandlungen, welche das Schuldverhältnis insgesamt beendigen, unmittelbar ein. Die störungsfreie Abwicklung des Tauschvorgangs erledigt den Grund der vertraglichen Kooperation und „entlässt die Parteien aus ihren Rollen als Gläubiger und Schuldner“81. Das auf die vollständige Befriedigung des Gläubigers gerichtete Schuldverhältnis erreicht durch die Verwirklichung dieses Zwecks, die Leistung des Schuldners, sein ihm vorbestimmtes Ende.82 Das eingangs erwähnte Spannungsverhältnis zeichnet sich im Falle der Anpassung vertraglicher Inhalte aber gerade durch die Ungeklärtheit der Konditionen aus, unter denen das Schuldverhältnis ein Ende finden kann. Insofern stellt auch die Erfüllung durch nur eine Partei oder die teilweise Erfüllung einer Schuld, soweit sich der Gläubiger damit einverstanden erklärt (§ 266 BGB), schon begrifflich keine Änderung der ursprünglichen Schuld dar. 2. Die planwidrige Beendigung des Schuldverhältnisses Trotz fortbestehender Erfüllungsmöglichkeit kann das einmal begründete Schuldverhältnis aber auch sein Ende in der Aufhebung der Bindungswirkung finden und somit im Hinblick auf das ursprünglich ins Auge gefasste Ziel der Leistungserbringung unplanmäßig oder planwidrig beendet werden.83 a) Der Aufhebungsvertrag Zunächst können die Vertragsparteien das vertragliche Schuldverhältnis durch einen erneuten Vertragsschluss aufheben (contrarius consensus84)85. 79 Damit soll nicht die Bedeutung der Beendigung eines Schuldverhältnisses mit dem Ziel der anschließenden Neugestaltung der vertraglichen Bindung verkannt (instruktiv dazu Baur, S. 109 ff.), sondern nur die unterschiedliche Struktur beider Vorgehensweisen herausgestellt werden. 80 Ausscheiden soll die Beendigung als eine der Änderung gleichgestellte Fallgruppe. Hingegen wird die Einräumung eines Kündigungsrechts als Kompensation für eine erfolgte oder geplante Vertragsänderung noch einer gesonderten Betrachtung zugeführt. 81 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 17, S. 275. 82 MünchKomm/Heinrichs, § 362 Rn. 1; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I, S. 235. 83 Nach Lettl, JuS 2001, 144 ff. stellt die (unplanmäßige) Vertragsbeendigung einen Grenzfall der Fallgruppe Vertragsanpassung dar. Terminologisch bezeichnet er die Änderung unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Vertrages als Vertragsanpassung im engeren Sinne.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

Denkbar ist es, den Aufhebungsvertrag als einen Unterfall des Anpassungsvertrages zu sehen, der gegebenenfalls eine ähnliche rechtliche Einordnung und Bewertung erfordert.86 Sowohl Vertragsanpassung als auch Vertragsaufhebung führen zu einer Modifizierung des Vertragsinhalts. Während aber die vertragliche Schuldaufhebung die gesamte „Basis des einst vorgestellten Leistungsprogramms“87 negiert, lässt der Anpassungsvertrag die Identität des Vertrages, und das meint vorrangig den einst erklärten Bindungswillen, unberührt88. Anpassung und Aufhebung der Schuld ist gemein, dass sich entgegen der ursprünglichen Erwartung der Parteien das Leistungsprogramm als revisionsbedürftig erwiesen hat. Während die Vertragsanpassung bei dem Geschäftszweck des ursprünglichen Vertrages ansetzt und ihn quasi „modernisiert“, motiviert die Parteien des Aufhebungsvertrages gerade die Negation des ursprünglichen Bindungswillens89 – regelmäßig in Erwartung des Scheiterns eines Modernisierungsversuchs. Grundsätzlich birgt die Aufhebung eines Vertrages andere Gefahren für den unvorsichtigen Teilnehmer am Rechtsverkehr als die Anpassung. Die erste Fallgruppe wird dominiert von der Frage, ob die Möglichkeit der alternativen Beschaffung für die Vertragsparteien gegeben ist und wie die Konditionen für die Beschaffung des durch den ursprünglichen Vertrag begehrten Gutes sind. Die zweite Fallgruppe enthält ihre Spannung aus der Frage, ob nach der Änderung des Vertrages eine Partei gerade durch das Fortbestehen der Bindung bei geänderten Konditionen benachteiligt wird. b) Sonstige Beendigungsmöglichkeiten Das Ergebnis, dass Beendigung und Anpassung eines Schuldverhältnisses eine unterschiedliche rechtliche Bewertung erfordern, ist nicht von der Art und Weise des Beendigungsprozesses abhängig und damit kein auf den Aufhebungsvertrag zugeschnittenes Ergebnis. Quantitativ ist neben der einvernehmlichen Aufhebung die einseitige Beendigung90 durch eine Partei weitaus öfter zu verzeichnen. In Betracht kommt ferner auch ein das Schuldverhältnis aufhebender richterlichen Gestaltungsakt als ‚ultima ratio‘. Das Erfordernis einer abweichenden Betrachtung und Bewertung von Auflösung und Anpassung ist nicht unbedingt das Resultat eines zwingend 84

MünchKomm/Thode, § 305 Rn. 45. Soergel/Wolf, § 305 Rn. 48; Staudinger/Löwisch, § 305 Rn. 68. 86 In diesem Sinne wohl Lettl, JuS 2001, 144 ff. 87 Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 21 II, S. 334. 88 Staudinger/Löwisch, § 305 Rn. 62; Larenz, Schuldrecht I, § 7 II, S. 85 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 27 I 2, S. 616 f. 89 Mot. II 78. 90 Dazu zählen vor allem Kündigung und Rücktritt. 85

2. Kap.: Vertragsanpassung und andere Änderungstatbestände

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unterschiedlichen Grades an Betroffenheit der Parteien. Sowohl der Wegfall des Anspruches auf das begehrte Gut als auch die Verschlechterung der Konditionen können für die betroffene Partei wirtschaftlich einschneidende Einbußen hervorbringen.91 Anpassung und Aufhebung korrespondieren aber unterschiedlichen Elementen des rechtsgeschäftlich erheblichen Zweckwillens der Parteien, welcher ein gemeinsames Element der gegenseitigen Bindung92 und ein auf jeder Seite selbständiges Element der Verfolgung eines eigenen Sachzwecks93 beinhaltet. Während die Anpassung den bei Vertragsschluss bestehenden Geschäftswillen relativiert, betrifft das Aufhebungsbegehren den ursprünglichen Bindungswillen94. Entsprechend dem Rangverhältnis der Willenselemente bei Vertragsschluss muss auch dessen Negation einer unterschiedlichen Bewertung zugänglich gemacht werden. Der Abschluss eines Vertrages setzt sowohl den Willen beider Parteien zur rechtlichen Bindung als auch den Willen voraus, ein bestimmtes Geschäft abzuschließen. Während allerdings der Rechtsbindungswille für das Zustandekommen der vertraglichen Bindung schlechthin konstituierend ist, spielt der sog. Geschäftswille zunächst eine untergeordnete Rolle. Er kann unvollständig und irrtumsbehaftet sein oder sogar gänzlich fehlen, ohne dass davon der (ggf. vorläufig wirksame) Anspruch der anderen Vertragspartei betroffen ist. Wenn aber das „Ob“ gegenüber dem „Wie“ der vertraglichen Bindung für das Verpflichtetsein der Parteien von übergeordneter Bedeutung ist, so kann dessen Aufhebung nicht auf derselben Stufe stehen. Aus dieser Erkenntnis resultieren zwei Aussagen: Soweit im Rahmen der Zulässigkeit von Aufhebung und Anpassung normative Kriterien heranzuziehen sind, muss hinsichtlich der Negation der Vertragsbindung konsequent auch ein höherer Maßstab angelegt werden als im Rahmen der Relativierung des konkreten Inhalts. Darüber hinaus folgt aus den obigen Überlegungen, dass ein Vertrag, wenn beide Instrumente in Rede stehen, stets vorrangig anzupassen ist.95 91 Horn spricht im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen sogar von der möglichen existenziellen Bedeutung eines Vertrages; Horn, Vertragsdauer, 551 (565). 92 Fikentscher, Geschäftsgrundlage, S. 26; Emmerich, Grundlagen, S. 454. 93 Fikentscher, Geschäftsgrundlage, S. 9; Flume, Rechtsgeschäft, § 26 5 b, S. 513; Koller, Risikozurechnung, S. 25. 94 Undeutlich Herrmann, Jura 1988, 505, nach dem im Falle einer Änderung die Vertragsbindung zwar nicht aufgehoben, aber modifiziert wird. Begrifflich ist es aber widersprüchlich, von einer modifizierbaren Bindung zu sprechen, da der Begriff Bindung (deutlicher noch „Verbindlichkeit“) gerade durch ein Element des Feststehens charakterisiert wird. Eine Bindung besteht, aber mit ihr können verschiedene (und damit auch modifizierbare) Zwecke verfolgt werden. Wird ein Schuldverhältnis geändert, wird mit dem geänderten Schuldverhältnis von der ändernden Partei bei fortbestehender Bindung ein anderer Sachzweck verfolgt.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

Drittes Kapitel

Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen Die der Kategorie „Vertragsanpassungsrecht“ zuzuordnenden Fallkonstellationen lassen sich aber nicht nur durch Ausgrenzung ähnlicher Tatbestände, die gleichermaßen eine Vertragsänderung bewirken, sondern auch durch eine beschreibende Analyse der den juristischen Regelungsbedarf hervorrufenden widerstreitenden Interessen der Parteien ermitteln. Zu diesem Zweck sollen im dritten Kapitel unter den Stichworten Anpassungsinteresse und Anpassungsverfahren weitere signifikante Strukturen der zu definierenden Kategorie „Vertragsanpassung“ ermittelt werden. Auf diese Weise wird sich zeigen, dass ein anerkennenswertes Bedürfnis nach Anpassungstatbeständen besteht.

A. Das Anpassungsinteresse96 Lässt sich die Anpassung eines Schuldverhältnisses im Ergebnis als Modifizierung vertraglicher Rechte und Pflichten darstellen, ergibt sich für die Parteien zwangsläufig, dass wenigstens eine Partei von der Anpassung (zumindest auch) benachteiligt wird. Eine Anpassung ohne den Verlust von innegehabten Rechtspositionen ist nicht denkbar.97 Das Ergebnis der Anpassung kann in einer Umstrukturierung des Vertrages bestehen, durch die jede Partei sich ausgleichende Vorteile und Nachteile zugesprochen erhält. Aber selbst in diesen – zugegebenermaßen seltenen – Fällen lässt sich eine partielle Benachteiligung feststellen, die ihre Rechtfertigung finden muss.98 Die rechtsgeschäftliche oder gesetzlich angeordnete Möglichkeit einer nach95 Eine Erkenntnis, die sich auch im Bereich der Geschäftsgrundlagenlehre durchgesetzt hat; vgl. BGHZ 47, 48 (51); 133, 316 (327); MünchKomm/Roth, § 242 Rn. 644; Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 42. 96 Die Verwendung des Begriffes Anpassungsinteresse birgt eine Gefahr: Sprachlich wohnt dem Begriff Anpassung ein Anspruch auf Harmonisierung mit einem bestimmten Umstand inne, dessen Erheblichkeit regelmäßig nicht mit der Vorstellung beider Parteien übereinstimmt. Ob eine Anpassung tatsächlich das Vertragsverhältnis harmonisiert oder vielmehr nach der Vorstellung der anderen Partei stört, ist Gegenstand einer subjektiven Einschätzung, so dass die Verwendung der Begriffe Anpassung und Anpassungsinteresse den vorhergehenden Zustand als unangepasst festlegen und damit auch ein Bedürfnis nach Anpassung suggerieren. Soweit die Begriffe dennoch verwendet werden, geht eine vorweggenommene Wertung mit ihm nicht einher. 97 Der BGH sieht hingegen in der Anpassung eines Vertrages an das ursprünglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis keine Benachteiligung und grenzt diese Vorgehensweise begrifflich und inhaltlich gegen die Schlechterstellung des Vertragspartners ab; BGH NJW 1999, 1865 (1866).

3. Kap.: Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

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träglichen Beeinflussung bestehender Vertragsstrukturen setzt daher, als Folge der damit einhergehenden Betroffenheit wenigstens einer Partei, stets ein anzuerkennendes Anpassungsinteresse voraus, welches Grundlage für entsprechende gesetzliche Vorschriften oder eine wirksame rechtsgeschäftliche Vereinbarung ist. I. Vertragstreue und Risikosphäre Die Diskussion um die Zulässigkeit von Anpassungsregelungen wird in der Literatur gerne mit dem Hinweis begonnen, das Interesse an einer Vertragsanpassung gerate in ein Spannungsfeld mit dem Grundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda)99 und es wird betont, dass der Anpassungsberechtigte nicht berechtigt sei, Umstände, die aus seiner Risikosphäre stammen, auf den Vertragspartner abzuwälzen100. Diese Feststellungen bergen die Gefahr eines vorentscheidenden Missverständnisses, welches die Bedeutung des Vertragstreuegrundsatzes verkennt und dem Begriff der Risikosphäre eine zu große Bedeutung zumisst. 1. Der Grundsatz der Vertragstreue Mit der Frage nach den Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wurde bereits festgestellt, dass ohne das Vorliegen einschlägiger Regelungen die einmal begründete vertragliche Leistungspflicht einer Partei bindend ist. Das vertraglich geschaffene Recht ist von seiner Ausrichtung geschützt gegen spätere Entwicklungen. Für die Forderung ergibt sich, dass die Rechtsmacht des Gläubigers inhaltlich durch die Berechtigung charakterisiert wird, dass die Leistung des Schuldners an ihn notfalls mittels Klage und Zwangsvollstreckung zu bewirken ist. Könnte die Erbringung der Vertragsleistung nicht erzwungen werden und hinge sie ausschließlich vom 98 Erhöht beispielsweise der Verkäufer seinen Verkaufspreis, um eine auf die Sache gemachte, erforderlich gewordene Verwendung, die zugleich eine Qualitätssteigerung bedingt, auszugleichen, kann nicht ohne weiteres eine Schlechterstellung des Käufers abgelehnt werden. Ob nach seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen der Käufer überhaupt eine Interesse an der Verbesserung der Kaufsache hat und hierfür auch die Preissteigerung hinzunehmen gewillt ist, kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, selbst wenn objektiv (gemessen an einem Marktwert) Kaufgegenstand und Kaufpreis als zueinander angemessen zu bewerten sind. 99 Horn, Vertragsdauer, 551 (567); Beckmann, S. 1; Freund, S. 25; Schünemann, VersR 2004, 817 (818). 100 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 Rn. 470; Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 44; Soergel/Stein, § 10 Nr. 4 AGBG Rn. 41; früher auch MünchKomm/Kötz, 2. Auflage (1984), § 11 Nr. 1 AGBG Rn. 10; Lettl, JuS 2001, 559 (562).

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

Wohlwollen der Parteien ab, könnte auch die Sicherheit des Rechtsverkehrs nicht mehr gewährleistet werden. Die Anerkennung der Vertragsfreiheit impliziert daher ein Bekenntnis zum Grundsatz, dass Verträge eingehalten werden müssen (pacta sunt servanda). Damit ergibt sich auch für den Vorgang „Vertragsanpassung“ das Erfordernis einer Rechtsquelle, die inhaltlich den Grundsatz der Vertragsbindung aufheben oder zumindest in seiner Reichweite einschränken kann101. In Betracht kommen objektives Recht und die Ausübung der Vertragsfreiheit als actus contrarius102. 2. Das Vertragsrisiko und seine Minimierung durch Anpassung Der schuldrechtliche Vertragsschluss ist nicht nur der Moment der Festlegung von Leistungspflichten und Rechten, er markiert auch den Zeitpunkt der Verteilung des Vertragsrisikos. Gemeint ist damit die Gefahr, das vertragliche Planziel auf Grund späterer Entwicklungen nicht zu erreichen.103 Dieses Vertragsrisiko verwirklicht sich immer dann, wenn es an Regelungen fehlt, die eine Korrektur und Anpassung an die Planziele der Parteien ermöglichen. Änderung von Plandaten und das Fehlen von Reaktionsmöglichkeiten durch vertragliche oder gesetzliche Bestimmungen sind zwei Aspekte, die einen Vertragsschluss in diesem Sinne riskant machen. Bedeutsam für diese Arbeit ist vor allem der letztere, da es den Parteien gegeben ist, durch entsprechende Regelungen das Risiko zu entschärfen.104 Ohne vertragliche oder gesetzliche Regelungsprogramme für den Fall unerwartet eintretender oder sich ändernder Plandaten ist die Leistung so zu erbringen, wie sie der Vertrag wörtlich benennt. Der Berechtigte kann sie – überspitzt gesagt – rücksichtslos und unverändert einfordern. Das Recht der Vertragsanpassung wird somit zur Suche nach Normen und den dahinter stehenden Grundsätzen, die eine Rücksichtnahme auf vertragliche Störfälle vorschreiben und so das bestehende Vertragsrisiko einer oder beider Parteien minimieren. Es geht daher um die Verteilung von Vertragsrisiken. 3. Die Bedeutung des Grundsatzes der Vertragstreue Die Verteilung eines solchen Vertragsrisikos ist allerdings kein signifikantes Merkmal des Vorgangs „Vertragsanpassung“. Genauso drängen beispielsweise auch das allgemeine Leistungsstörungsrecht, das Gewährleis101

Soergel/Wolf, § 305 Rn. 37. Staudinger/Löwisch, § 305 Rn. 3; MünchKomm/Thode, § 305 Rn. 38 ff. 103 Bischoff, S. 17; Fikentscher, Geschäftsgrundlage, S. 27; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 2 III, S. 34 ff. 104 Bischoff, S. 20 ff.; Ulmer, AcP 174 (1974), 167 (182 f.). 102

3. Kap.: Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

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tungsrecht oder die Irrtumslehre in bestimmten Bereichen den Grundsatz der Vertragstreue zurück und führen auftretende Störfälle unter Aufteilung des Vertragsrisikos unter den Parteien differenzierten Lösungen zu. Für die Frage der Zulässigkeit einer Anpassungsnorm kommt dem Grundsatz pacta sunt servanda daher keine entscheidende Bedeutung zu.105 Dies sei am Beispiel der Irrtumsanfechtung erläutert: Schließen die Parteien einen schuldrechtlichen Vertrag und unterliegt eine Partei einem Irrtum, so wird der Grundsatz der Vertragstreue verdrängt durch die Möglichkeit der betroffenen Partei zur Anfechtung. Auf diese Weise minimiert sich das Vertragsrisiko der anfechtungsberechtigten Partei. Es lässt sich aber nicht ohne Weiteres sagen, inhaltlich ginge es um die Umverteilung eines sich aus dem Grundsatz der Vertragstreue eigentlich ergebenden vertraglichen Risikos zugunsten der sich irrenden Partei, denn ob ein Irrtum überhaupt und wenn ja welcher beachtlich ist, folgt aus einer selbstständigen Abwägung betroffener Interessen. Das Gesetz etabliert an dieser Stelle eine Risikoverteilung. Diese fällt mit der Anfechtungsmöglichkeit auf der einen Seite und der Pflicht zum Ersatz des Vertrauensschadens auf der anderen Seite differenziert aus. Der Grundsatz der Vertragstreue ist insofern kein Argument gegen eine gesetzliche oder rechtsgeschäftlichen Regelung einer auftretenden Vertragsstörung oder Erschwerung der Vertragsdurchführung, sondern die Beschreibung der Folgen aus der fehlenden Normierung einer konkreten Risikoverteilung. Pacta sunt servanda bedeutet lediglich, dass im Falle der Veränderung von Plandaten ohne eine dieses Problem regelnde Rechtsquelle die Parteien an die Durchführung des aus der Sicht der betroffenen Partei fehlerhaften oder änderungsbedürftigen Vertrages gebunden sind.106 Mit anderen Worten: Ohne zusätzliche Regelungen gilt auch im Falle auftretender Leistungserschwerungen nur das tatsächlich geregelte. Eine Billigkeitskorrektur oder eine Vertragsauflösung erfolgt gerade nicht. Auch für eine Fallgruppe Vertragsanpassung stellt der Grundsatz der Vertragstreue kein rechtliches Hindernis dar. Es gilt nicht, ihn zu überwinden, sondern im Falle einer vertraglichen Regelung die zulässigen Grenzen einer solchen Minimierung zu diskutieren.107 Das erforderliche Anpassungsinte105 A. A. der BGH NJW 2004, 1588 (1588), der (allerdings im Zusammenspiel mit § 308 Nr. 4 BGB) aus dem Grundsatz der Vertragstreue eine Vermutung für die Unwirksamkeit einer einseitigen Anpassungsregelung ableiten will. 106 A. A. Burck, DB 1978, 1385, der im Grundsatz der Vertragstreue auch das Vertrauen einer Vertragspartei geschützt sieht, dass eine nachträgliche Änderung der Relation der Vertragsleistungen nicht zu seinen Lasten geht. 107 Nach Beckmann, S. 36, sind die Parteien grundsätzlich frei, den Grundsatz der Vertragsbindung durch die ihnen zustehende Vertragsfreiheit auch im Hinblick auf die Gestaltung von Preisveränderungen aufzuheben.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

resse tritt nicht in ein Abwägungsverhältnis mit dem Interesse der betroffenen Partei an der Einhaltung des Vertrages. Diese Gegenüberstellung ist lediglich Ausdruck der Frage, ob eine bestehende Regelung Anwendung findet. Wenn ja, obsiegt das Anpassungsinteresse, wenn nicht, das Interesse an einer unveränderten Erfüllung des ursprünglichen Vertragsgefüges. Über die Wirksamkeit von vertraglichen oder das Eingreifen gesetzlicher Regelungen sagt diese Gegenüberstellung nichts aus und führt die Diskussion auch nicht weiter. 4. Risikosphäre und Anpassungsinteresse Nun kann für die Abwägung der Interessen möglicherweise von Bedeutung sein, ob der Umstand, welcher Grundlage der Anpassung ist, aus der Risikosphäre des Anpassungsberechtigten stammt oder nicht.108 Grundsätzlich sind die Überlegungen zur Gewichtung der betroffenen Interessen einem späteren Kapitel vorbehalten. Da jedoch der Begriff der Risikosphäre als für diese Arbeit unergiebig bewertet wird, soll er bereits an dieser Stelle aus der Diskussion ausgeklammert werden. Unter einer Risikosphäre lässt sich zweierlei verstehen. Zum einen kann mit diesem Begriff die Betroffenheit von einer Anpassung bezeichnet werden, so dass er als Synonym zu dem hier verwendeten Begriff des Vertragsrisikos aufzufassen ist. Zum anderen, und in diesem Sinne wird er zumeist gebraucht, kann er als Kriterium verstanden werden, nach dem die Zulässigkeit von Anpassungsklauseln zu bewerten ist.109 Dieser Standpunkt ist abzulehnen.110 Die Ermittlung von Risikosphären in diesem Sinne ist gerade das Ziel und nicht ein Argument im Rahmen der Interessenabwägung. Soweit sich mit anderen Kriterien sagen lässt, dass eine Anpassungsklausel unwirksam ist, fällt der Umstand, der Grundlage der Anpassung sein sollte, in die Risikosphäre des Verwenders. Der Begriff der Risikosphäre, so man ihn denn als Argument gelten lassen will, suggeriert eine bereits vorgegebene partielle Interessenabwägung, die neben weiteren Kriterien Bedeutung erlangt. Tatsächlich kennt aber weder das Gesetz eine umfassende Definition des Begriffes noch existiert eine auch nur in Grundzügen anerkannte Beschreibung durch Rechtsprechung und Literatur. In dieser Arbeit wird auf den Begriff der Risikosphäre daher verzichtet.111 108 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 Rn. 470; Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 44; Soergel/Stein, § 10 Nr. 4 AGBG Rn. 41; früher auch MünchKomm/Kötz, 2. Auflage (1984), § 11 Nr. 1 AGBG Rn. 10; Lettl, JuS 2001, 559 (562). 109 Soergel/Stein, § 10 Nr. 4 AGBG Rn. 41; Löwe, in: Löwe/v. Westphalen/ Trinkner, § 10 Nr. 4 Rn. 15; Freund, S. 159; Lettl, JuS 2001, 559 (562). 110 Zweifelnd auch Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (71).

3. Kap.: Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

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5. Normative Schnittpunkte zur Bewertung rechtsgeschäftlicher112 Anpassungsregelungen Als Ausdruck von Vertrags- und Gestaltungsfreiheit ist es den Parteien dem Grunde nach erlaubt, erkannte Vertragsrisiken durch die Aufnahme von Anpassungsklauseln zu minimieren. Abgesehen von den absoluten Grenzen der §§ 134, 138, 242 BGB kennt das Gesetz für Individualvereinbarungen mit §§ 315 ff. BGB allerdings auch eine wertausfüllungsbedürftige Grenze, die es möglicherweise zu beachten gilt, und für Formularverträge begrenzen die §§ 307 ff. BGB die Etablierung von Risikoregelungen. In diesen Fällen gewinnt das Anpassungsinteresse, welches auf seine Berechtigung und sein Gewicht hin zu überprüfen ist, an überragender Bedeutung. Hilfreich wäre es daher, wenn sich bereits dem Gesetz im Hinblick auf die Anerkennung und Reichweite von Anpassungsinteressen Wertungen entnehmen ließen. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stellt beispielsweise auf wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abstellt, von denen nicht abgewichen werden darf. Schon ein erster Blick auf das geltende Recht offenbart aber die argumentative Not: Während stets die Vertragstreue als wesentlicher Grundgedanke unserer Rechtsordnung und als Gegenspieler zur Etablierung einer eigenständigen Risikoverteilung hervorgehoben wird, existieren benennbare Grundsätze zur Vertragsanpassung eher selten. Dennoch kann eine Abwägung nicht schlechthin zur Unzulässigkeit einer Anpassungsregelung führen: § 311 Abs. 1 BGB normiert, dass Verträge rechtsgeschäftlich geändert werden können, was auch die §§ 308 Nr. 4 und 5, 309 Nr. 1 BGB voraussetzen. II. Verträge mit „verzögertem Leistungsaustausch“ Schuldrechtliche Verträge sind ihrem Wesen nach darauf angelegt, in einem bestimmbaren Zeitpunkt planmäßig beendet zu werden.113 Die Etablierung von Vertragspflichten und ihre Erfüllung können in wenigen Augenbli111

Soweit der Begriff Risikosphäre verstanden wird als Kriterium für die Beherrschbarkeit eines Risikos, wird er unter dem Stichwort „Vermeidbarkeit“ des Anpassungsereignisses noch eine Rolle spielen; vgl. dazu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. d) dd) (2) (b). 112 Die Suche nach Kriterien zur Verteilung des Vertragsrisikos dient ausschließlich der späteren Bewertung von rechtsgeschäftlichen Anpassungsklauseln im Hinblick auf ihre Wirksamkeit. Soweit das Gesetz Anpassungsregelungen enthält, ist die Analyse der gesetzgeberischen Zielsetzung und ihrer rechtsdogmatischen Begründung lediglich rechtshistorischer Natur. Gesetzesvorschläge will die Arbeit nicht unterbreiten. 113 MünchKomm/Heinrichs, § 362 Rn. 1; Larenz, Schuldrecht I, § 18 I, S. 235; Horn, Vertragsdauer, 551 (559).

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

cken nahezu zeitgleich geschehen – zwingend ist diese Vorgehensweise jedoch nicht. Es ist den Parteien unbenommen, unter Abkehr von der Grundregel des § 271 BGB für den Leistungszeitpunkt einer oder beider Parteien einen späteren Zeitpunkt zu bestimmen. Zahlungen können gestundet, Lieferfristen vereinbart werden. In diesen Fällen liegt zwischen dem Vertragsschluss und der vollständigen Erfüllung ein Zeitraum, in dem die wechselseitigen Forderungen als Ansprüche darauf gerichtet sind, die bereits festgelegten Leistungen später zu erhalten. Denkbar ist auch, dass auf Grund des Umfanges der Leistungspflicht das Schuldverhältnis ein zeitliches Moment erhält, auch wenn die Parteien augenblicklich mit der Erfüllungshandlung beginnen.114 Man denke etwa an die Errichtung großer Bauwerke oder den Aufbau eines umfangreichen Computernetzwerkes. Dauerschuldverhältnissen schließlich ist eigentümlich, dass Leistungen während eines bestimmten Zeitraumes fortgesetzt oder wiederholt werden sollen.115 Unabhängig von einzelnen Schlussfolgerungen, die man aus der Qualifikation eines Rechtsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis ziehen kann, besteht zweifelsohne auch in diesem Fall zwischen der Etablierung des Pflichtenprogramms und den einzelnen erzwingbaren Schuldnerhandlung ein mitunter erheblicher Zeitraum. Die Gefahr, dass Plandaten sich verändern und negativ auf das Planziel auswirken, wächst, wenn auch nicht unbedingt linear, so doch mit der Zeit grundsätzlich an.116 Zwischen dem Zeitraum, in dem eine Leistung zu erbringen ist, und den Planzielen der Parteien besteht eine Relation: Je stärker der beiderseitige Leistungsaustausch verzögert wird, desto unsicherer wird die Möglichkeit der Parteien, ihre Planziele mit dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgelegten Pflichtenprogramm zu erreichen, weil die Parteien entweder die empfangenen Leistungen nicht mehr verwenden oder die geschuldeten Leistungen nicht mehr mit dem gleichen Aufwand erbringen können. Der ursprüngliche Vertrag kann unerwartet zu einem Verlustgeschäft oder zu einer lästigen, weil überteuerten Bindung werden. Darüber hinaus kann das Leistungsgefüge auch schleichend, z. B. inflationsbedingt, in eine Schieflage geraten. Für den Problemgegenstand ergibt sich, dass es um dasjenige Vertragsrisiko geht, welches Resultat einer Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und seiner Erfüllung ist. Will man das Problem schlagwortartig erfassen, bietet sich der Begriff „verzögerter Leistungsaustausch“ an. 114

Horn, Vertragsdauer, 551 (562). Horn, Vertragsdauer, 551 (560 ff.), grenzt Dauerschuldverhältnisse von (sonstigen) langfristigen Verträgen ab (Langzeitverträge im engeren Sinne). 116 Fenyves, S. 5; Entzian, NVersZ 1998, 65 (65); Fricke, VersR 1996, 1449; Baur, S. 21, betont, „dass das bei langfristig angelegten Verträgen geltende Gefüge von Lieferungs- und Zahlungspflichten der Vertragsparteien in ein Spannungsverhältnis zu Veränderungen des vertraglichen Umfelds in der Zeit gerät.“; Horn, Vertragsdauer, 551 (562 und 568). 115

3. Kap.: Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

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III. Äquivalenzstörungen bei Verträgen Bislang ist stets gesagt worden, das zu minimierende Vertragsrisiko liege darin, das von einer oder beiden Vertragsparteien gesteckte Planziel auf Grund der zeitlichen Verzögerung der Leistungserbringung zu verfehlen. Die Beschreibung des Vertragsrisikos erfordert daher einen Blick auf die möglichen Planziele der Parteien. Dabei bedingt die Vielzahl der denkbaren Planziele das Erfordernis, nach einer möglichst groben Einteilung zu suchen. 1. Primäre Planziele In einem weiten Sinne liegt das Ziel der meisten zweiseitig verpflichtenden, schuldrechtlichen Verträge in der Deckung eines Bedarfes an Gütern und Dienstleistungen, die man unabhängig vom Angebot anderer nicht erlangen oder selbstständig erbringen kann. Solche Verträge weisen als Gegenleistung regelmäßig die Zahlung von Geld aus, bezeichnet als Preis, Zins oder Entgelt.117 Austauschverträge dieser Art werden charakterisiert durch die synallagmatische Verknüpfung den Vertrag typisierender, primärer Leistungspflichten. Das korrespondierende Recht zur Forderung der Leistung kann als das primäre Planziel der Parteien betrachtet werden, um derenthalben sie den Vertrag schließen.118 Wer einen Kaufvertrag als Käufer abschließt, verfolgt das vorrangige Ziel, den Kaufgegenstand übereignet zu bekommen. Entsprechend kommt es dem Verkäufer auf die Zahlung des Kaufpreises und die Abnahme der Ware an. Störungen im Bereich der primären Vertragsziele sind durchgehend einer gesetzlichen Regelung zugeführt worden. Insbesondere das allgemeine Leistungsstörungsrecht und das speziellere Gewährleistungsrecht normieren Rechtsfolgen für den Fall, dass eine Partei die ihr obliegende Leistung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbringt und minimieren so das für die gegnerische Partei bestehende Risiko, ihre primären Planziele zu verfehlen. Gegenstand des Vertragsrisikos der Fallgruppe Vertragsanpassung sind daher nicht die primären Planziele. Vielmehr ist davon auszugehen, dass beide Vertragsparteien weiterhin in der Lage sind, die Leistungen wie vereinbart zu erbringen. 2. Der Begriff der „Leistungserschwerung“ Der Entscheidung zum Vertragsschluss liegt aber nicht nur die Frage zu Grunde, ob mit der vertraglichen Einigung auch der Gegenstand des Interesses erworben oder die begehrte Leistung gefordert werden kann, sondern 117 118

Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 1 I, S. 2; Luhmann, S. 6. Larenz, Schuldrecht I, § 2 I, S. 8.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

gleichermaßen, ob die hierfür zu erbringende eigene Leistung die Gegenleistung wert ist. Das von den Parteien gewählte Verhältnis der gegenseitigen Leistungspflichten wird allgemein als Äquivalenzverhältnis bezeichnet119, selbst wenn nach einer objektiven Bewertung der auszutauschenden Werte, diese als zueinander nicht äquivalent (gleichwertig) bezeichnet werden müssten120. Der Begriff der Äquivalenz wird daher vorrangig durch subjektive Elemente geprägt. Ob die versprochenen Leistungen einander entsprechen, ist eine Frage, die in erster Linie die Parteien zu beantworten haben, auch wenn „im freien Spiel der Kräfte der Kompromiss zwischen den sich im Vertrag gegenübertretenden Interessen durch die Stärke ihrer Position bestimmt wird“121. Äquivalent ist demnach zunächst, was die Parteien für äquivalent halten.122 Die Vertragsfreiheit der Parteien, die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung autonom zu bestimmen, findet ihre Grenzen lediglich in den §§ 134, 138, 242 BGB. In Fällen auffälliger Schieflagen hat sich der Gesetzgeber durch die Anordnung der (Teil-)Nichtigkeit eine Korrektur vorbehalten. Hierin liegt die objektive Seite des Äquivalenzverhältnisses. Charakteristisch für den Vorgang „Vertragsanpassung“ ist, dass mit der Möglichkeit der Anpassung des Vertragsinhalts das Risiko einer nachträglichen Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses (Leistungserschwerung) minimiert wird.123 Dafür muss zunächst geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen das Äquivalenzverhältnis überhaupt als betroffen bezeichnet werden kann. Die Schwierigkeit bei der Feststellung, ob sich die Veränderung äußerer Umstände auf das Äquivalenzverhältnis ausgewirkt hat, resultiert aus dem Umstand, dass eine solche Bewertung einen übergeordneten Wertmesser, den beide Parteien als verbindlich ansehen, voraussetzt. Im Falle des § 313 BGB, der den Parteien, wie noch zu zeigen sein wird, die Korrektur erheblicher Äquivalenzverschiebungen ermöglicht, wird dieser Wertmesser durch die Geschäftsgrundlage gebildet, beispielsweise durch tatsächlich Umstände von wertgebender Bedeutung, von deren Fortbestand Schuldner und Rechtsverkehr ausgehen.124 119

Fikentscher, Schuldrecht, § 27 III 5 b, Rn. 181; Larenz, Schuldrecht I, § 21 II, S. 324 f.; Medicus, Allgemeiner Teil, § 17 II 2, Rn. 177; Steindorff, BB 1983, 1127 (1129). 120 Fikentscher, Schuldrecht, § 27 III 5 b, Rn. 181. 121 Medicus, Allgemeiner Teil, § 32 II, Rn. 473. 122 Horn, Vertragsdauer, 551 (567). 123 BGH NJW 1999, 1985; BGHZ 62, 314 (316); Beckmann, S. 1; Steindorff, BB 1983, 1127 (1129); Horn, Vertragsdauer, 551 (566 ff.), nennt den Leistungsaustausch bei Äquivalenzstörungen das Anpassungsinteresse im engeren Sinne und bezeichnet die Neuordnung vertraglicher Kooperation als Anpassungsinteresse im weiteren Sinne.

3. Kap.: Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

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Nicht jeder Umstand, dessen Änderung Ausgangspunkt für eine Anpassungsklausel darstellt, bildet hingegen auch ein Element der Geschäftsgrundlage. Vielmehr erhebt die zur Anpassung berechtigte Partei gerade durch die Formulierung einer Anpassungsklausel einen Umstand zum Gradmesser ihrer eigenen Äquivalenzvorstellungen. Die Frage, ob damit der objektive Wert von Leistung und Gegenleistung betroffen ist, wird hierdurch nicht unbedingt beantwortet. Für die Beschreibung des hinter dem Vorgang Vertragsanpassung stehenden tatsächlichen Konfliktpotentials der Parteien ist daher zunächst auf eine weite, subjektive Fassung des Begriffes Äquivalenzverschiebung zurückzugreifen. Danach liegt eine Leistungserschwerung vor, soweit durch die Veränderung nachträglicher Umstände, die Vertragsbeziehung sich für eine Partei aus ihrer Sicht als ungünstiger darstellt.125 Um dem Begriff der Äquivalenzstörung die für die juristische Diskussion erforderlichen Konturen zu geben, sind jedoch von vornherein einigen Einschränkungen zu machen. a) Der Grund der Leistungserschwerung Die Gründe für eine Leistungserschwerung können vielfältig sein. Sie können die eigene Leistung, die zu erbringen größere Schwierigkeiten bereitet, oder die gegnerische Leistung betreffen, an der man in der nunmehrigen Form ein geringeres Interesse hat. Eine verbreitete Anpassungsklausel ist beispielsweise die Kostenklausel126, also eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zur Steigerung des Preises oder Entgelts einer Leistung zur Abwälzung von Kostensteigerungen im Rahmen der Leistungserbringung. Demgegenüber zielt eine marktpreisorientierte Klausel127 darauf ab, dem Anbieter dasjenige Entgelt zu sichern, welches er in Abhängigkeit von der Entwicklung des Marktwertes seiner zu erbringenden Leistung im Erfüllungszeitpunkt verlangen könnte. 124 Fikentscher, Schuldrecht, § 27 III 5 b, Rn. 181; Larenz, Schuldrecht I, § 21 II S. 324 ff.; Flume, Rechtsgeschäft, § 26 6 a, S. 518 f.; typische Beispiele sind die Stabilität der Währung, der bestehenden Gesetzgebung oder des Wirtschaftssystems. 125 Lettl, JuS 2001, 248 (249), unterteilt Äquivalenzverschiebungen in zwei Fallgruppen: Im Falle einer Leistungserschwerung wird die Leistung für den Schuldner schwieriger, als bei Vertragsschluss angenommen, und bei Leistungsentwertungen ist für den Gläubiger die Leistung weniger wert oder schlechter verwendbar, als bei Vertragsschluss angenommen. 126 Beckmann, S. 5 f.; Baur, S. 100 ff.; Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (75). 127 BGH NJW 1982, 331 (332); Beckmann, S. 6; Kunth/Wollburg, BB 1985, 230 (232); Herrmann, Jura 1988, 505 (507).

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

aa) Die Leistungserschwerung muss grundsätzlich objektivierbar sein. Erforderlich ist dazu, dass das Anpassungsereignis, also die Realisierung einer zur Leistungserschwerung führenden konkreten Vertragsgefahr, einer nach allgemeinen Maßstäben wertenden Beschreibung zugänglich ist. Die Darstellung einer Anpassung als zulässig kann nicht ohne eine Abwägung der beteiligten Interessen auskommen. Für eine Leistungserschwerung ist ein Ereignis zu fordern, das sich, wenn auch nur mittelbar, auf das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung auswirken kann. Hierzu zählt neben wertbildenden Umständen auch der Wert der Leistung selbst, wie ihn beispielsweise eine Marktanalyse ausgibt. Die Änderung solcher Plandaten, die sich allgemeinen Wertmaßstäben entziehen, kann hingegen nicht zu einer Leistungserschwerung führen.128 bb) Die Leistungserschwerung ist stets das Ergebnis eines Anpassungsereignisses. Nicht die erst nachträglich registrierte Unausgewogenheit der Leistungsrelationen bei Vertragsschluss, sondern nur die nachvertragliche Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses bildet den zulässigen Anhaltspunkt einer Vertragsanpassung im Sinne dieser Arbeit. Für die Lösung von Leistungserschwerungen deutet sich daher an, dass auch der Höhe nach eine Begrenzung auf die tatsächliche Leistungsverschiebung geboten ist, so dass der Anpassungsberechtigte nicht berechtigt sein kann, ein Anpassungsereignis mit nur geringen Auswirkungen auf den Vertrag zum Anlass einer umfänglichen Sanierung desselben zu nehmen. b) Der Grad der Leistungserschwerung Ohne bereits an dieser Stelle Lösungsmöglichkeiten für das erst zu bestimmende Rechtsproblem Vertragsanpassung vorzustellen, ist die nunmehr in § 313 BGB einer Regelung zugeführte Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage zu betrachten. Das Problem der Anpassung von Verträgen ist insbesondere als „ultima-ratio-Lösung“ in Fällen erheblicher Äquivalenzstörungen bekannt.129 Grundsätzlich ist es die persönliche Angelegenheit der Vertragsparteien, ob sie ihre Planziele erreichen. Dieser Grundsatz rechtsstaatlicher Neutralität ist als Charakteristikum des Grundsatzes der Privatautonomie bekannt.130 Das Gesetz ist nicht darauf ausgerichtet, durch 128 Ausnahmsweise kann auch die Verwendbarkeit der Leistung zum Gegenstand einer Anpassungsklausel gemacht werden, wenn diesem Umstand im Wirtschaftsverkehr ein entsprechendes Gewicht zugeordnet werden kann. So ist es durchaus denkbar, dass der Zwischenhändler für riskante Geschäfte mit seinem Zulieferer eine Anpassungsregelung für den Fall vereinbart, dass der Absatzmarkt für den geplanten Verkauf der Wahre aus politischen, rechtlichen oder tatsächlichen Gründen entfällt. 129 BGH NJW 1962, 250 (252); Horn, Vertragsdauer, 551 (567).

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einen Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg ungünstige von günstigen Geschäften zu trennen, um daran Rechtsfolgen zu knüpfen. Das Recht kennt jedoch auch Konstellationen, in denen es einer Partei verwehrt ist, den Gegner am Vertrag festzuhalten. Die Besonderheit der Situation kann es erforderlich machen, der eigentlich berechtigten Partei ihre Rechtsposition mit Rücksicht auf den Vertragspartner abzusprechen. Ein Einbruch in den Grundsatz der Vertragsbindung und Rechtssicherheit ist nach der Rechtsprechung immer dann geboten, wenn ein Festhalten am Vertrag Treu und Glauben widersprechen und zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnissen führen würde.131 Zur Feststellung des Ausmaßes der untragbaren Äquivalenzverschiebung operieren Gesetz und Rechtsprechung vor allem mit dem Begriff der Zumutbarkeit.132 „Vertragsanpassung“ ist jedoch nicht erst an das Vorliegen unerträglicher Äquivalenzverschiebungen gebunden. Die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage bildet vielmehr einen gesetzlich normierten Sonderfall. Das Interesse an einer Anpassung entsteht hingegen bereits viel früher und kann sich auch auf geringe Verschiebungen des Äquivalenzverhältnisses beziehen. Schon kleinere Leistungserschwerungen können in Massenverträgen von Versicherungen oder Banken in der Summe große wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen, ohne dass im Einzelfall von einer unzumutbaren Änderung der Verhältnisse gesprochen werden kann133, und der Vermieter eines Hauses möchte die Miete anpassen, ohne dass er eine Existenzgefährdung nachweisen kann. Der Nachweis eines Anpassungsinteresses kann in diesen Fällen nicht auf Aspekte von immanenter Vertragsgerechtigkeit gestützt werden. Die Störung der Geschäftsgrundlage löst ein seit langem diskutiertes Problem, das höchstens als Grenzfall der hier gesuchten Fallgruppe Vertragsanpassung bezeichnet werden kann.134 IV. Vorhersehbarkeit von Leistungserschwerungen Soweit es um die Verteilung bestehender Vertragsrisiken in Anpassungsregelungen geht, spielt der Begriff der Vorhersehbarkeit scheinbar eine bedeutsame Rolle.135 Im § 313 BGB ist die fehlende Vorhersehbarkeit Voraus130

Larenz, Schuldrecht I, § 6 I, S. 78 f.; Medicus, Allgemeiner Teil, § 17 II, Rn. 176 ff. 131 BGH 128, 230 (238); Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 24. 132 Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 24 und 40 m. w. N. 133 Fricke, VersR 1996, 1449. 134 Baur überschreibt bereits das einleitende Kapitel seiner Arbeit mit: „Unzureichende Reichweite der Vertragsanpassung wegen Veränderung der Geschäftsgrundlage“, Baur, S. 21. Danach resultiert die Legitimation des (vertraglichen) Anpassungsrechts gerade auch aus der fehlenden Lösung des Problems durch § 313 BGB.

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setzung für das Anpassungsrecht des Betroffenen. Auch vertragliche Anpassungsklauseln werden gerne danach beurteilt, ob die darin geregelten Anpassungsereignisse vorhersehbar waren.136 Es hat den Anschein, dass die Minimierung vorhersehbarer Vertragsrisiken grundsätzlich unzulässig, eine Regelung im Hinblick auf Unvorhergesehenes möglicherweise zulässig ist. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass nicht vorauszusehende Veränderungen der Verhältnisse allgemein für den Schuldner befreiend wirken, gibt es nicht.137 Auf der anderen Seite gibt es aber auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass ein voraussehbares Risiko nicht einer Partei auferlegt werden kann, die von ihm zunächst nicht betroffen ist. Die Verwendung des Begriffes „vorhersehbar“ verschleiert das an dieser Stelle relevante Problem. Zutreffend ist, dass es in erster Linie die Sache eines jeden ist, der einen Vertrag schließt, sich im Vorfeld über alle Plandaten zu informieren und bei entsprechender Unsicherheit ihrer Entwicklung vom gesamten Geschäft Abstand zu nehmen.138 Nicht in jedem Fall ist es ihm aber verwehrt, stattdessen eine Regelung zu etablieren, die bei bestehender Unsicherheit das vertragliche Risiko für ihn minimiert. Vorhersehbare Entwicklungen stellen nicht uneingeschränkt ein Argument gegen die Zulässigkeit von entsprechenden Anpassungsklauseln dar. Das erforderliche Anpassungsinteresse resultiert nicht aus dem Umstand, dass ein bestimmtes Risiko nicht oder doch vorhersehbar war und nicht zwingend ist der Anpassungsgegner bei voraussehbaren Entwicklungen schutzbedürftiger. Anpassungsklauseln können demnach zulässigerweise sowohl vorhersehbare als auch nicht vorhersehbare Risiken betreffen. 1. Vorhersehbare Entwicklungen Vorhersehbare Ereignisse oder Entwicklungen liegen begriffsnotwendigerweise in der Zukunft. Der Begriff Vorhersehbarkeit beinhaltet dabei nicht sicheres Wissen, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, sondern vor allem Kenntnis von Umständen, die eine solches nahe legen. Aus einer ex-antePerspektive ist nahezu jedes Ereignis ungewiss, sieht man einmal von 135 BGH NJW 1999, 1865; OLG Schleswig, AGBE III § 9 Nr. 100, 457 (460); LG Stuttgart, AGBE I § 9 Nr. 109, 408 (409); LG Frankfurt, BB 1984, 942; Reinking/Eggert, Der Autokauf, B III 6 a, Rn. 95; Staudinger/Coester-Waltjen, § 11 Nr. 1 AGBG Rn. 21; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 41; Trinkner, in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 13; Soergel/Stein § 11 Nr. 1 AGBG Rn. 12; Dörner, NJW 1979, 241 (248); Lettl, JuS 2001, 347 (350). 136 BGH NJW 1999, 1865; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 15; Freund, S. 158; Lettl, JuS 2001, 347 (350); Salje, NZG 1998, 161 (164). 137 So schon RG 147, 42 (56). 138 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 15.

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bestimmten, juristisch regelmäßig irrelevanten natürlichen Entwicklungen ab.139 Tatsächlich geht es um die Wahrscheinlichkeit des Eintrittes eines Ereignisses. Ob denkbare, wahrscheinliche, überwiegend wahrscheinliche oder nur sichere Ereignisse vorhersehbar genannt werden, bleibt regelmäßig ungeklärt. Gelegentlich wird auch der Begriff „völlig unvorhersehbar“ gebraucht140, der die Skepsis gegenüber dem Begriff nur noch verstärkt141. Waren der Jom-Kippur-Krieg und die ihn begleitende Erdölkrise des Jahres 1973 vorhersehbar? In dem berühmten Ölpreissteigerungsfall142 warf der BGH dem Verkäufer des Heizöls (der seine Lieferung auf Grund des erhöhten Beschaffungspreises eingestellt hatte) vor, er hätte seit Juni 1973 mit kriegerischen Entwicklungen im Nahen Osten rechnen müssen und sich durch entsprechende Einlagerungen von Heizöl dagegen absichern können.143 Daraus lässt sich schließen: Im Juni 1973 hat sich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Anpassungsereignisses – unspezifisch gesagt einer kriegsbedingten Ölkrise – so erhöht, dass nunmehr von einer Vertragspartei erhöhte Anstrengungen verlangt werden konnten. Tatsächlich enthielt der Öllieferungsvertrag der Parteien keine Anpassungsregelung. Sollte die Zulässigkeit einer solchen Klausel nunmehr davon abhängen, wie zeitlich nahe der Verpflichtungsvertrag an dem Eintritt des Krieges liegt? Hätte sich das Anpassungsinteresse im Sinne dieser Arbeit im Juni 1973 erhöht oder ist es gesunken? Die Frage, ob ein Vertragsrisiko minimiert werden darf, hängt nicht davon ab, wie wahrscheinlich das zu regelnde Anpassungsereignis ist. Auch die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit eines Haftungsausschlusses beispielsweise ist nicht danach zu beurteilen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Haftungsfall eintritt. Das Bestehen eines Anpassungsinteresses ist abstrakt zu lösen. Tatsächlich bedingt erst das Fehlen einer Anpassungsregelung die argumentative Not, dennoch – beispielsweise im Rahmen von § 313 BGB – zu einer Verteilung des Risikos zu gelangen. Als Argument in der allgemeinen Beurteilung der Zumutbarkeit oder in sonstigen Billigkeitserwägungen mag der Begriff der Vorhersehbarkeit eine (wohl eher untergeordnete) Bedeutung haben.144 Die Fallgruppe Vertragsanpassung wird durch diesen Begriff nicht bestimmt, da ein Anpassungsinteresse sowohl 139 In diesem Sinne vorhersehbar ist beispielsweise die nächste Sonnenfinsternis oder der Umstand, dass jeder Mensch einmal sterben wird, nicht aber der Zeitpunkt seines Todes. 140 Köhler, JA 1979, 498 (503). 141 Die Verwendung eines Begriffes wie völlig unvorhersehbar (eine genauso überflüssige Wortverdoppelung wie ganz tot) zeigt lediglich die Schwierigkeiten einer inhaltlichen Präzisierung und das grundsätzliche begriffliche Unbehagen auf. 142 BGH JR 1979, 60. 143 BGH JR 1979, 60 (61); im konkreten Fall ging es allerdings um nachvertragliche Pflichten.

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bei vorhersehbaren als auch bei nicht vorhersehbaren Leistungserschwerungen besteht.145 2. Der Charakter des Anpassungsereignisses Der Begriff der Vorhersehbarkeit hat angedeutet, dass dem Eintritt eines Anpassungsereignisses nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit zugemessen werden kann. Sicheres Wissen, welches die Aufnahme einer konkreten Regelung in den Vertrag bedingen könnte, ist selten. Überwiegend stehen die Parteien vor dem Problem, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses konkrete Aussagen über den Zeitpunkt und das Ausmaß des Anpassungsereignisses nicht machen zu können. Dennoch stehen sie unter dem Druck der bestehenden Formulierungsverantwortung: Was sie als Regelung zur Verteilung des Vertragsrisikos nicht in den Vertrag aufnehmen, kann später nicht berücksichtigt werden. Der Grundsatz der Vertragstreue erzwingt an dieser Stelle die Aufnahme von Anpassungsklauseln146, ohne damit bereits etwas über die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen zu sagen. Ist aber der genaue Zeitpunkt, das tatsächliche Ausmaß oder sogar die Art des Anpassungsereignisses ungewiss, folgt für die Formulierungsverantwortung der Parteien automatisch entweder die Unmöglichkeit einer Regelung oder das Erfordernis einer flexiblen Regelung, die sämtliche denkbare Gefährdungen einschließt. Dieser Gestaltungsraum charakterisiert Anpassungsregelungen. Er ist die zulässige oder unzulässige Antwort auf das Problem. Das Vertragsrisiko wird durch seine nur partielle Bestimmbarkeit charakterisiert. Die Leistungserschwerung erwächst insofern aus einem nicht kalkulierbaren und nur in diesem Sinne „unvorhersehbaren“ Anpassungsereignis. Dafür genügt schon das Fehlen einer Komponente, sei es Zeit, Ort, Ausmaß oder Art des Risikos.

B. Das Anpassungsverfahren I. Der Gestaltungsspielraum In rechtlicher Hinsicht ist unter dem soeben geforderten Gestaltungsspielraum nichts anderes zu verstehen als die Rechtsmacht, im Falle des Eintrit144

Verfehlt ist es mit Lettl, JuS 2001, 347 (350), Wirtschaftsklauseln, die nicht das Merkmal der Unvorhersehbarkeit als Beschreibung des Anpassungsereignisses in die Klausel aufgenommen haben, dieses mittels Auslegung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hinzuzufügen. 145 Im Ergebnis mit abweichender Begründung wohl auch Beckmann, S. 54 f.; Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (70 f.); Köndgen/König, ZIP 1987, 129 (137). 146 Baur, S. 23 f.

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tes eines Anpassungsereignisses unter einer Anzahl verschiedener Rechtsfolgen eine passende auszuwählen. Gegenstand der Rechtsfolge ist die Änderung bestehender Leistungspflichten oder Rechte des betroffenen Vertrages. Wie sich aus § 311 Abs. 1 BGB ergibt, ist jedes Schuldverhältnis durch einen Vertrag der Parteien grundsätzlich änderbar.147 Gemeinsam haben die Parteien daher die Macht, ihren bereits geschlossenen Vertrag der unliebsamen Entwicklung anzupassen. Die Privatautonomie schließt jedoch auch das Recht ein, einen Vertrag nicht abzuschließen. Wie bereits im Rahmen der Einigung über den anzupassenden Vertrag kann davon ausgegangen werden, dass beide Parteien genau den Inhalt wählen, der die Verwirklichung ihres Planziels weitestgehend ermöglicht. Nicht anders ist es mit der Ausübung eines gemeinsamen Gestaltungsspielraumes. Ohne einen Anlass fehlt der Suche nach einem den Vertrag ändernden Kompromiss die Motivation. Soweit daher nur eine Partei von dem Anpassungsereignis betroffen ist, kann von einer Lösung des Vertragsrisikos nicht gesprochen werden, wenn man sich auf die Regelung des § 311 Abs. 1 BGB verlässt. Anders ist es, wenn der Gestaltungsspielraum einer Partei überlassen ist, diese die Rechtsfolge also allein bestimmen kann. Die fehlende Bindung an das Einverständnis der andern Partei ermöglicht eine Verteilung des Vertragsrisikos, die im Vorfeld bestimmt werden kann. Ein bestehendes Anpassungsinteresse setzt daher stets die Übertragung von Gestaltungsmacht auf die andere Partei voraus. Das Anpassungsverfahren besteht dann darin, von dieser Macht Gebrauch zu machen. II. Anpassungsbefugnis und Anpassungsakt Unter einem Gestaltungsrecht ist „das einer bestimmten Person zustehende Recht, durch einseitigen Akt, meist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Rechtsverhältnis zumeist mit einer anderen Person entweder zu Stande zubringen, oder inhaltlich näher zu bestimmen, es zu ändern oder aufzuheben“148, zu verstehen. Kennzeichen ist also eine Rechtsmacht, die es in Abweichung zum Konsensprinzip dem Berechtigten ermöglicht, nach seinem Willen eine Rechtsfolge zur Geltung zu bringen, die den Rechtskreis eines anderen berührt oder betrifft. Ein solcher Bruch mit der rechtsgeschäftlichen Dogmatik bedarf einer Rechtfertigung, die sich aus dem Gesetz ergeben kann. Entgegen dem Wortlaut des § 311 BGB ist aber auch die rechtsgeschäftliche Einräumung eines Gestaltungsrechts möglich.149 Der Einräumende unterwirft sich damit der einseitigen Bestimmung durch sei147 148 149

Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 II 1, S. 612. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 15 V 1, Rn. 65. s. 3. Teil Drittes Kapitel B. I.

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1. Teil: „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie

nen Vertragspartner. Gestaltungsrechten, unabhängig davon worauf sie gerichtet sind, liegt eine gleichförmige Struktur zu Grunde. Damit die gestaltende Rechtswirkung eintreten kann, bedarf es einer Erklärung und eines Gestaltungsgrundes. Besonderheiten im Bereich von Gestaltungsrechten, die ein Rechtsverhältnis ändern, bestehen in diesem Bereich nicht. Auch ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Anpassungsrecht bedarf zu seiner Geltung einer Anpassungserklärung, für die § 130 BGB gilt. Terminologisch bieten sich die Begriffe „Anpassungsbefugnis“ und „Anpassungsakt“ an150, die beide Gegenstand einer juristischen Überprüfung sein können. Da die Kehrseite eines Gestaltungsrechts das Unterworfensein der anderen Partei unter die Rechtsmacht des Anpassungsberechtigten ist, bedarf es grundsätzlich der Sicherung des Betroffenen. Formal stellt bereits das Erfordernis einer Gestaltungserklärung einen ersten Schutz dar, indem es den Zugang einer hinreichend bestimmten, bedingungsfeindlichen und unwiderruflichen Willenserklärung aufstellt. Die entscheidende Begrenzung des Eingriffs erfolgt jedoch durch den Gestaltungsgrund („Anpassungsgrund“).151 III. Vorstufen von Gestaltungsmacht Die Übertragung von Gestaltungsmacht ist – in einem weiteren Sinn verstanden – nicht nur möglich, indem man dem Vertragspartner ein Gestaltungsrecht in dem gerade besprochenen Sinne einräumt. Zwischen einem Anpassungsvertrag und einem Gestaltungsrecht im rechtlichen Sinne liegen weitere Anpassungstechniken, die vorerst allgemein als Vorstufen von Gestaltungsmacht bezeichnet werden können. Beispiele hierfür sind Erklärungsfiktionen sowie Neuverhandlungs-, Schieds- oder Automatikklauseln. Ihnen ist gemein, dass sie auf ein anderes Anpassungsverfahren zurückgreifen, welches gegenüber dem Änderungsvertrag erleichterte Voraussetzungen normiert, andererseits das Anpassungsergebnis aber nicht allein an die Entscheidung einer anpassungsberechtigten Partei knüpft. Die vertragliche und die einseitige Anpassung eines Vertrages sind die Formen, welche im Hinblick auf den Begriff des Gestaltungsraumes am weitesten auseinander liegen. Terminologisch ist auf die bereits eingeführten Begriffe „Anpassungsgrund“ und „Anpassungsakt“ zurückzugreifen. Die vertragliche Absprache eines erleichterten oder auch nur gegenüber dem Erfordernis eines Änderungsvertrages abgewandelten Anpassungsprozesses kann allgemein als Anpassungsgrund bezeichnet werden. Andererseits ist auch mit dem Begriff des Anpassungsaktes nicht nur die Ausübung eines einseitigen Rechtes, 150

Lettl, JuS 2001, 144; Köhler, in: FS für Steindorff (1990), S. 611. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 15 V 4 a, Rn. 74; Becker, AcP 188 (1988), 24 (24 ff.). 151

3. Kap.: Die Anerkennung von Anpassungstatbeständen

61

sondern allgemein die Umsetzung des eingeräumten, zumeist erleichterten Anpassungsprozesses zu verstehen. IV. Anpassungsinteresse und Gestaltungsmacht Das rechtlich anerkannte Anpassungsinteresse findet seine erzwingbare, vollständige Befriedigung nur, wenn es durch einen entsprechenden Gestaltungsspielraum gedeckt wird.152 Haben die Parteien beispielsweise vereinbart, unerwartete Kostensteigerungen einer Partei umzulegen, anderseits aber nur eine Überprüfung zu Beginn eines jeden Jahres festgelegt, bleibt das Anpassungsinteresse aus Gründen, die das Anpassungsverfahren betreffen, hinter der übertragenen Gestaltungsmacht zurück und der Anpassungsberechtigte trägt trotz materieller Regelung einen Teil des Risikos, denn selbstverständlich kann sich die Kostensteigerung auch zu Jahresbeginn einstellen. Umgekehrt kann aber mit der Einräumung von Gestaltungsmacht die Gefahr verbunden sein, dass der Berechtigte sich weitaus größere Änderungen vorbehält, als zur Minimierung des im Anpassungsgrund genannten Risikos erforderlich ist. Vereinbaren die Parteien wie im obigen Beispiel die Verteilung des Risikos von Kostensteigerungen und räumen sie gleichzeitig einer Partei in diesen Fällen eine pauschale, nicht näher zu bestimmende Umlage ein, so kann dies die berechtigten Partei zum Zwecke einer unzulässigen Gewinnsteigerung ausnutzen. Der Kampf um eine weitestgehende Risikoverteilung findet sich daher auf der Ebene der Vereinbarung eines Anpassungsprozesses wieder. Die Herausforderung für die Formulierung von Anpassungsklauseln liegt demnach für den Verwender darin, ein optimales Zusammenspiel von Anpassungsinteresse und Gestaltungsmacht zu gewährleisten, für den Vertragspartner darin, sich zumindest keiner Gestaltungsmacht zu unterwerfen, die nicht dem berechtigten Anpassungsinteresse entspricht.

152

Ähnlich Lettl, JuS 2001, 456 (460).

2. Teil

Gesetzliche Anpassungstatbestände Nachdem die einer dogmatischen Kategorie „Vertragsanpassungsrecht“ zu Grunde liegenden Fallkonstellationen nach den sie determinierenden widerstreitenden Interessen der Parteien herausgestellt wurden und der Vorgang „Vertragsanpassung“ von ähnlichen Vorgängen, die gleichermaßen zu einer Vertragsänderung führen, abgegrenzt wurde, soll ein Blick auf diejenigen Rechtsnormen geworfen werden, welche in ihrer Rechtsfolge die Änderung eines Schuldverhältnisses vorsehen. Zu untersuchen ist, ob der Gesetzgeber das Problem auftretender Leistungserschwerungen erkannt, Lösungsstrategien bereit gestellt und somit in Abkehr vom Grundsatz der Unveränderbarkeit einmal getroffener schuldrechtlicher Vereinbarungen unter den Änderungstatbeständen auch „Vertragsanpassungstatbestände“ geschaffen hat.

Erstes Kapitel

Vertragsanpassungstatbestände im Allgemeinen Schuldrecht A. Ergänzende Vertragsauslegung, §§ 157, 242 BGB Eine ausdrückliche Regelung der ergänzenden Auslegung von Verträgen1 durch den Gesetzgeber ist nicht erfolgt; Rechtsprechung und Literatur stützen das Rechtsinstitut daher auf §§ 157, 242 BGB2. Die ergänzende Vertragsauslegung dient der Lückenfüllung3, indem sie im Falle einer fehlenden, für den geplanten Leistungsaustausch aber erforderlichen rechtsgeschäftlichen Regelung den Vertrag um einen Interessenausgleich ergänzt, 1

Die Lückenfüllung durch ergänzende Auslegung ist nicht auf Verträge beschränkt, sondern bei allen Rechtsgeschäften möglich. Für diese Arbeit ist allerdings nur die Ergänzung von schuldrechtlichen Verträgen erheblich. 2 BGHZ 9, 273 (277); 68, 41 (47); Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VI Rn. 108. 3 Sie ist damit im Falle unwirksamer Vertragsbestimmungen stets eine Alternative zur Anpassung des Vertrages durch eine Partei; für Versicherungsverträge: BGHZ 117, 92 (98 f.); Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (113) m. w. N.

1. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Allgemeinen Schuldrecht

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welcher dem hypothetischen Willen der Parteien entspricht.4 Je nach Inhalt des gefundenen Interessenausgleichs kann die ergänzende Vertragsauslegung somit zu einer Erweiterung oder einer Einschränkung der Vertragspflichten führen. Relevanz erlangen, im Gegensatz zur erläuternden Auslegung des realen Willens, die Wertungen und Verhältnisse im Zeitpunkt der Auslegung.5 Der Begriff der Erweiterung der Vertragspflichten suggeriert, dass ein von den Parteien einvernehmlich beschlossenes exklusives Leistungsprogramm nachträglich um eine zusätzliche Pflicht ergänzt wird. Wenn zum Beispiel6 beim Verkauf eines Geschäftes unter den Parteien darüber ein Streit entsteht, ob der Verkäufer auch verpflichtet ist, dem Käufer seine Kundenliste auszuhändigen, und der Vertrag hierüber ausdrücklich nichts bestimmt, die Frage nach dem Sinn und Zweck des Vertrages aber zu bejahen ist, dann liegt hierin vom Standpunkt des Verkäufers aus, der die Kundenliste zu behalten gedenkt, eine Erweiterung des Vertragsgegenstandes. Diese Erweiterung berechtigt jedoch nicht zu dem Schluss, dass sich zwei Verträge gegenüberstehen, etwa ein ursprünglicher Vertrag (Verkauf eines Geschäfts zu einem bestimmten Preis) und ein geänderter Vertrag (Verkauf eines Geschäfts inklusive der dazu gehörenden Kundenliste für einen bestimmten Preis), selbst wenn der reale, aber nicht zum Ausdruck gekommene Wille einer Partei bei Vertragsschluss gerade auf die Ablehnung des nunmehr ermittelten Ergebnisses gerichtet war. Konstituierendes Element einer Vertragsanpassung ist aber, dass sich der nach dem Anpassungsakt festgelegte Vertragsinhalts von dem ursprünglichen, früher geltenden Leistungsgefüge unterscheidet und somit in einen Widerspruch tritt zu dem, was ursprünglich gewollt und vereinbart war. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung stehen sich äußerstenfalls der hypothetische Wille im Zeitpunkt der Ergänzung und der reale, aber nicht erkennbare Wille im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegenüber. Mit der Erkennbarkeit eines realen entgegenstehenden Willens einer Partei endet der Anwendungsbereich der ergänzenden Vertragsauslegung.7 Die Erweiterung von Vertragspflichten im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung stellt daher inhaltlich einen Akt der Bestimmung von unbestimmt Gebliebe4 BGHZ 90, 69 (74); BGH NJW 1993, 2935 (2936); Lettl, JuS 2001, 248 (248); der BGH hat gelegentlich auch auf die ergänzende Vertragsauslegung zurückgegriffen, wenn die auszufüllende Lücke auf der Unwirksamkeit einer Anpassungsregelung beruhte, vgl. BGH NJW 1984, 1177 (1178); kritisch hierzu Schlosser, Jura 1984, 637 (641). 5 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VI 4 d, Rn. 119. 6 Beispiel nach Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VI 5 a, Rn. 121. 7 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VI 5 a, Rn. 120; Lettl, JuS 2001, 248 (249).

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

nem und nicht der Änderung von Bestimmtem dar.8 Das Ergebnis der Auslegung kann selbst den Gegenstand einer Anpassung festlegen, ist aber nie Ergebnis einer solchen.

B. Das allgemeine Leistungsstörungsrecht Das Schuldverhältnis ist ein auf einen Zweck – die Befriedigung des Gläubigers – gerichtetes Ganzes von Rechtsbeziehungen zwischen bestimmten Personen.9 Das Leistungsstörungsrecht normiert Rechtsfolgen für den Fall der Störung dieses Vertragszwecks. Anders formuliert beantwortet es die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein bestehendes, wirksames und rechtsgeschäftlich begründetes Schuldverhältnis zu ändern ist, wenn die Befriedigung des Gläubigerinteresses nicht wie geplant eintritt. Insofern könnte der Normenkomplex des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auch für den hier herausgearbeiteten Problemgegenstand gesetzliche Wertungen hervorbringen.10 Andererseits ist die Durchführung des Leistungsaustausches und damit die Erreichung des Zwecks in seiner ursprünglichen Form, d.h. durch so genannte Naturalerfüllung11, weiterhin ungestört möglich. Das Leistungsstörungsrecht regelt dagegen Unregelmäßigkeiten bei der Abwicklung eines Schuldverhältnisses, die den vertraglich verabredeten oder sonst wie geschuldeten Leistungstransfer effektiv beeinträchtigen und damit am Primärzweck des Schuldverhältnisses rühren. Danach kommt es als Rechtsquelle für das Interesse einer Partei an der Anpassung des Schuldverhältnisses, welches weiterhin durch Naturalerfüllung zu seinem vorgesehenen Ende geführt werden kann, grundsätzlich nicht in Betracht.

C. Die Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB Über den Wegfall oder das Fehlen der Geschäftsgrundlage lässt sich ohne weiteres eine eigenständige Arbeit schreiben. Rechtsprechung und Literatur haben, gestützt auf § 242 BGB, das Rechtsinstitut der Geschäftsgrundlage entwickelt und über einen langen Zeitraum in immer detailliertere Fallgruppen und Anwendungsbereiche unterteilt. Auf Grund der überragenden Bedeutung, die dieser Rechtsgrundsatz im Verlaufe der Zivilrechtsgeschichte in Theorie und Praxis seit dem Ersten Weltkrieg erlangt hat, wurde er im 8 A. A. Lettl, JuS 2001, 248 (248 f.), der in der ergänzenden Vertragsauslegung ein allgemeines gesetzliches Anpassungsinstrumentarium sieht. 9 Larenz, Schuldrecht I, § 20, S. 275. 10 Zumindest Lettl, JuS 2001, 144 (145 f.) zählt das allgemeine Leistungsstörungsrecht zu den spezialgesetzlichen Anpassungsregelungen. 11 Emmerich, Leistungsstörungen, § 1 I, S. 2.

1. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Allgemeinen Schuldrecht

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Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in § 313 BGB nunmehr ausdrücklich verankert. I. Die Normstruktur Tatbestandlich setzt § 313 Abs. 1 BGB eine Störung der subjektiven oder objektiven Geschäftsgrundlage voraus. Zur subjektiven Geschäftsgrundlage gehören nach ständiger Rechtsprechung die bei Abschluss des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut.12 Nicht zur Geschäftsgrundlage gehören damit einseitige Erwartungen einer Partei und der Vertragsinhalt selbst. Die objektive Geschäftsgrundlage bilden diejenigen Umstände und allgemeinen Verhältnisse, deren Vorhandensein oder Fortdauer objektiv erforderlich ist, damit der Vertrag im Sinne der Intentionen beider Vertragsparteien noch als eine sinnvolle Regelung bestehen kann.13 Schließlich ist im Hinblick auf den Problemgegenstand von Bedeutung, dass § 313 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass der betroffenen Partei die unveränderte Vertragserfüllung nicht mehr zugemutet werden kann. Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde.14 Die Rechtsfolge von § 313 Abs. 1 BGB lautet, dass „Anpassung des Vertrages verlangt werden (kann)“. Damit nimmt die Vorschrift zumindest auch am Recht der Vertragsanpassung im Sinne dieser Arbeit Teil. Trotz der umfassenden Kasuistik deckt § 313 Abs. 1 BGB jedoch nur einen vergleichsweise kleinen Bereich derjenigen Fallkonstellationen ab15, welche die Frage nach der Anerkennung eines Vertragsanpassungsrechts aufwerfen. Die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage bildet nur einen gesetzlich normierten Sonderfall, da § 313 BGB auf Tatbestandsseite ein hohes Maß an einseitiger Betroffenheit voraussetzt, andererseits aber das auf seine Berechtigung drängende Interesse an einer Vertragsanpassung bereits wesentliche früher entsteht. Für die Kautelarpraxis stellt § 313 BGB höchstens eine letzte Sicherheit, aber keine praktische Lösung für eingetretene Leistungserschwerungen 12 BGH 128, 230 (236); Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 4 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung. 13 Larenz, Schuldrecht I, § 21 II, S. 324 f.; Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 7. 14 BGH 128, 230 (238); Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 19. 15 Ebenso Beckmann, S. 12.

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

dar.16 Auch die Art der zu berücksichtigenden Belastung wird durch das Erfordernis, dass das Anpassungsereignis die Geschäftsgrundlage betreffen muss, stark eingeschränkt. Wie bereits erarbeitet wurde, liegt der Schwerpunkt des Anpassungsinteresses auf Fallgestaltungen, bei denen das eintretende Problem bekannt, allerdings in seinem Ausmaß nicht kalkulierbar ist. Mit der Kenntnis des Vertragsrisikos endet aber regelmäßig die Anwendbarkeit des § 313 BGB17, solange nicht beide Parteien davon ausgegangen sind, dass die erkannte Gefahr nicht eintreten werde18. Die Leistungserschwerung betrifft in der Regel auch nicht die objektive Geschäftsgrundlage. Zumeist wird trotz der Leistungserschwerung der Vertrag noch als sinnvolle Regelung bestehen bleiben können. Aber selbst wenn die Leistungserschwerung dem Bereich der Geschäftsgrundlage zuzuordnen ist, bedarf es quantitativ einer unzumutbaren Verschiebung in der Struktur der vertraglichen Rechte und Pflichten, was, wie schon gesagt, nur in den selteneren Fällen gegeben ist. II. Das geschützte Anpassungsinteresse Aus den Voraussetzungen für das Eingreifen von § 313 Abs. 1 BGB lässt sich schließen, dass für die Anerkennung des Anpassungsinteresses einerseits die subjektiven Beziehungen beider Parteien zu den die Leistungserschwerung herbeiführenden Umständen19 und andererseits eine in Treu und Glauben wurzelnde Berücksichtigung materialer Vertragsgerechtigkeit20 von hervorgehobener Bedeutung sind. Das Interesse des Anpassungsberechtigten wird demnach nur geschützt, wenn auch die Gegenpartei an dem gestörten Vorstellungsbild in bestimmter Weise teilhat. Nur dann kann sie an dem Risiko des Auseinanderfallens von Vorstellung und Wirklichkeit beteiligt werden.21 Eine solche Teilhabe entspricht insbesondere bei Verträgen, in denen planungsfähige Geschäftsleute „Normalverbrauchern“ gegenüberstehen, regelmäßig nicht der Wirklichkeit. Typischerweise sind diese Verhältnisse von einem Übergewicht an möglicher Marktbeobachtung und Konjunkturverfolgung geprägt. Die Annahme einer gemeinsamen Vorstellung und eines gemeinsamen Irrtums, von dem sich beide Parteien haben leiten lassen, gerät stets dann ins Wanken, wenn der Vertragsinhalt mehr 16

Baur, S. 21 ff. BGH NJW 1981, 1668; NJW 2002, 3695 (3698); Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 18; Ulmer, AcP 174 (1974), 167 (185). 18 BGHZ 112, 259, (261); Palandt/Heinrichs, § 313 BGB Rn. 18. 19 MünchKomm/Roth, § 242 Rn. 592. 20 Larenz, Richtiges Recht, S. 65 ff. 21 MünchKomm/Roth, § 242 Rn. 623. 17

1. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Allgemeinen Schuldrecht

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diktiert als ausgehandelt erscheint. Für die Verteilung bekannter kalkulatorischer Schwierigkeiten steht daher in der Regel § 313 Abs. 1 BGB nicht zur Verfügung. Für den Betroffenen einer Leistungserschwerung ist es darüber hinaus auch keine Lösung, erst die „Zumutbarkeitsgrenze“ abwarten zu müssen, um dann unter Zuhilfenahme richterlicher Vertragskorrektur entsprechenden Ausgleich zu erhalten. Mit Hilfe von § 313 Abs. 1 BGB lassen sich daher nur unerwartete Störfälle größeren Ausmaßes korrigieren. Diese Möglichkeit entspricht allerdings nicht dem vorrangigen Interesse der Vertragspraxis, die weit vor dem Eingreifen von § 313 BGB nach Lösungen für Leistungserschwerungen Ausschau hält.22 III. Das Anpassungsverfahren Das Anpassungsverfahren im Falle einer rechtlich relevanten Geschäftsgrundlagenstörung ist mehrstufig. Unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit für den Anpassungsgegner und der ursprünglichen vertraglichen Regelung ist der Vertrag im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung der neuen Tatsachenlage anzupassen. § 313 Abs. 1 BGB verschafft dem Anpassungsberechtigten einen rechtlich beachtlichen Anspruch auf Vertragsanpassung. Die Anpassung tritt hingegen nicht mehr kraft Gesetzes ein. Nach neuer23, wenn auch umstrittener24 Rechtsansicht ist zunächst zwischen den Parteien über das Ausmaß der Anpassung zu verhandeln.25 Im Falle ergebnisloser Verhandlungen ist die betroffene Partei berechtigt, das Gericht anzurufen, jedoch nicht gerichtet auf Zustimmung zur Vertragsänderung, sondern auf die nach dem veränderten Vertragsinhalt geschuldete Leistung.26

D. Vermögensverschlechterung, § 321 BGB § 321 BGB gibt dem aus einem gegenseitigen Vertrag vorleistungspflichtigen Teil eine dilatorische Einrede, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Teils, des Vorleistungsberechtigten, nachträglich eine solche Ver22

Beide Themen behandelt Schlicher, Geschäftsgrundlage und Anpassungsklauseln im Zivilrecht, VR 1999, 32. 23 Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 29; Horn, Neuverhandlungspflicht, AcP 181 (1981), 255 (276); Horn, NJW 1985, 1118 (1125); Eidenmüller, ZIP 1995, 1063 (1067). 24 MünchKomm/Roth, § 242 Rn. 653 f.; kritisch auch Martinek, AcP 198 (1998), 329 (330). 25 Anders als nach bisher geltendem Recht; BGHZ 54, 145 (155); NJW 1972, 152 (153). 26 Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 29; differenzierend Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (922 ff.).

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

schlechterung eintritt, dass dadurch der Anspruch des Vorleistungspflichtigen auf die Gegenleistung für seine Vorleistung gefährdet wird. Inhaltlich erhält somit eine Partei ein bei Vertragsschluss nicht bestehendes Recht, so dass die Vorschrift des § 321 BGB eine Anpassungsnorm im Sinne des Problemgegenstandes darstellen könnte. Der Grundgedanke und Normzweck von § 321 BGB ist ungeklärt. Unbestritten ist die Vorschrift nach dem Willen des historischen Gesetzgebers27 in einem Zusammenhang mit den Vorschriften der §§ 610 a. F., 775 Abs. 1 Nr. 1 und 1133 BGB zu sehen und sollte als partielle Übernahme der alten Clausula-Lehre einen außergewöhnlichen Fall der Vertragsänderung darstellen.28 Auf der anderen Seite ist eine systematische Nähe zu den Vorschriften über die synallagmatische Struktur von Verträgen nicht zu leugnen, so dass in § 321 BGB auch eine besondere Ausprägung dieses Prinzips gesehen wird.29 Nach allgemeiner Auffassung ist § 321 BGB jedoch kein verallgemeinerungsfähiges Prinzip zu entnehmen.30 Soweit die Voraussetzungen des § 321 BGB erfüllt sind, wird dem Vorleistungspflichtigen das Recht gewährt, seine Vorleistung zu verweigern. § 321 BGB enthält demnach eine echte Einrede. Auf Tatbestandsseite setzt die Norm eine bestehende Vorleistungspflicht, eine nachträgliche Vermögensverschlechterung des Vorleistungsberechtigten und eine daraus resultierende Gefährdung des Anspruchs des Vorleistungspflichtigen voraus. Der frustrierte Vertragszweck für den Gläubiger liegt darin, dass er seine Leistung grundsätzlich nur erbringen will, wenn er sicher sein kann, die dafür versprochene Gegenleistung zu erhalten. Dieser Grundsatz ist in verallgemeinerter Form für gegenseitige Verträge durch den Begriff der synallagmatischen Verknüpfung der Leistungspflichten ausgedrückt und findet seine rechtliche Anerkennung in der Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB). Durch die vereinbarte Vorleistungspflicht hat sich der Vorleistungspflichtige jedoch dieses Schutzes begeben, § 320 Abs. 1 S. 1 a. E. BGB. Dieser Verzicht auf den Schutz des § 320 Abs. 1 BGB stellt einen Vertrauensvorschuss31 dar, der im Falle der Frustration durch die Vermögensverschlechterung des Vorleistungsberechtigten durch die Gewährung der Einrede des § 321 BGB rechtlichen Schutz erfährt32. Nach überwiegender Ansicht beschränkt sich die Bedeutung des § 321 BGB auf die Begründung des geschilderten Einrederechts. Eine weitergehende Wirkung, insbesondere durch völlige Beseitigung der Vorleistungspflicht, wird hingegen abgelehnt.33 27

Prot. I, S. 631 ff. Palandt/Heinrichs, § 321 Rn. 2; MünchKomm/Emmerich, § 321 Rn. 1. 29 Gernhuber, Schuldverhältnis, § 15 IV 1, S. 364 f.; Soergel/Wiedemann, § 321 Rn. 2 ff. 30 Palandt/Heinrichs, § 321 Rn. 2; Larenz, Geschäftsgrundlage, S. 102 ff. 31 „Kreditgewährung“ vgl. MünchKomm/Emmerich, § 321 Rn. 2. 32 Larenz, Schuldrecht I, § 15 I, S. 207; Larenz, Geschäftsgrundlage, S. 104. 28

2. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht

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Die Struktur von § 321 BGB ist dogmatisch schwerlich in die Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuches zu integrieren. Die in diesem Zusammenhang relevante Frage lautet: Wieso stellt gerade der mit der vereinbarten Vorleistungspflicht einhergehende Vertrauensvorschuss einen Umstand dar, welcher den Grundsatz der Vertragsbindung insoweit relativieren kann, als das Vertrauen des Vorleistungspflichtigen in die Liquidität des Vorleistungsberechtigten durch eine Vermögensverschlechterung frustriert wird? Genau so gut ließe sich jedes beliebige vertraglich übernommene Risiko als ein Vertrauensvorschuss deklarieren, welchen es dann zu korrigieren gilt, sobald nur die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des entsprechenden Risikos sich eklatant erhöht hat. Der Sinn der Vorschrift ergibt sich dementsprechend auch aus seiner Nähe zum Leistungsstörungsrecht. Nicht eine Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses oder der Eintritt einer Leistungserschwerung ist Voraussetzung für den Rechtserwerb des Vorleistungspflichtigen, sondern die Gefährdung des Vertragszweckes. Tritt eine Partei in eine Vorleistungspflicht, begibt sie sich automatisch ihres Schutzes aus § 320 BGB (vgl. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB a. E.). Die Gewährung eines „Rückholrechts“ ist in diesem Zusammenhang eine logische Konsequenz. Kann eine Vorleistungspflicht nicht ohne den Verlust der Rechte aus § 320 BGB vereinbart werden, muss der Schutz wieder hergestellt werden können, wenn es darauf ankommt. § 321 BGB ermöglicht es somit den Parteien, den Leistungsaustausch sukzessive erfolgen zu lassen, ohne dass eine Partei um den Verlust ihrer Leistung fürchten müsste. Diese Überlegungen und die Tatsache, dass das Einrederecht mit dem Wegfall der Gefährdung durch eine Sicherheitsleistung seinerseits nicht mehr besteht, charakterisieren § 321 BGB als eine Norm, die zumindest keine Vertragsanpassungsinteressen schützt. Zweites Kapitel

Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht A. Schenkungsrecht Nach § 519 BGB erhält der Schenker eine dilatorische Notbedarfseinrede34 gegen den Erfüllungsanspruch des Beschenkten, wenn er durch die Erfüllung Gefahr liefe, seinen eigenen Unterhalt bestreiten oder die ihn tref33

A. A.: MünchKomm/Emmerich, § 321 Rn. 28 und 32. Das Wort „soweit“ ist auch zeitlich, als „solange“, zu verstehen, Larenz, Schuldrecht II/1, § 47 II 1 c, S. 205. 34

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

fenden Unterhaltsverpflichtungen nicht weiterhin erbringen zu können. Von ihrer Systematik stellt die Vorschrift § 519 BGB eine Anpassungsnorm dar, weil sie tatbestandlich ein wirksames, bestimmtes Schuldverhältnis voraussetzt, in welchem der Schenkungsschuldner unter bestimmten Voraussetzungen in den Genuss einer Rechtsergänzung gelangt. Auf Grund des verzögernden Charakters hat die Bestimmung auch nicht die Beendigung des gesamten Schuldverhältnisses zum Ziel. In seiner ersten Alternative schützt das Gesetz das durch die Schenkung gefährdete Existenzminimum des Schenkers. Das rechtlich anerkannte Interesse liegt nicht in der Verfehlung eines mit der Schenkung verfolgten Zweckes des Versprechenden, sondern in der Relativierung des Interesses des Beschenkten am Bekommen der Leistung, welches nicht ohne Rücksicht auf die soziale Situation des Schuldners Geltung beanspruchen soll. Dieser Gedanke ist nicht verallgemeinerungsfähig und erklärt sich aus der einseitig verpflichtenden Struktur des Schenkungsvertrages. Grundsätzlich stellt die drohende Verarmung des vertraglich Verpflichteten keinen Grund dar, diesem das Recht zu geben, die Leistung zu verweigern. Der Gläubiger ist grundsätzlich nicht gehalten bei der Verfolgung des Ziels der Vertragserfüllung Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation des Schuldners zu nehmen. Der Grundsatz der Vertragsbindung wird im Falle eines Schenkungsversprechens durch die vom Schenker bekundete Selbstlosigkeit35 relativiert. Diese Wertung findet juristisch Ausdruck in dem Umstand, dass der durch das Leistungsversprechen der einen Partei etablierten Vertragsbindung keine synallagmatisch verknüpfte Gegenleistung und somit keine Leistungsverpflichtung der anderen Partei gegenüber steht. Die zweite Alternative stellt insofern einen Sonderfall dar, als das rechtlich anerkannte und zur Geltung gelangte Interesse der anpassenden Partei nicht dem geänderten Vertragsverhältnis entspringt. Es lässt sich nicht sagen, dass die konstante Erfüllbarkeit der zuvor begründeten Unterhaltsverpflichtung als sekundärer Zweck in das begründete Schenkungsversprechen eingegangen ist. Dementsprechend ist § 519 BGB als Billigkeitsvorschrift zu verstehen36, welche die Interessen der unterhaltsberechtigten Partei, in Abweichung von dem Grundsatz, dass eine begründete Verpflichtung die verpflichtete Partei nicht von weiteren Verpflichtungen abhält, schützt. § 519 BGB wird durch § 528 BGB ergänzt, welcher den Notbedarfsfall des Schenkers nach vollzogener Schenkung regelt und einen Herausgabeanspruch des Schenkers nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung begründet. Der gesetzliche Schutzzweck 35 „Altruismus soll den Schenker nicht in Not bringen“, vgl. Prot. II, 22; MünchKomm/Kollhosser, § 519 Rn. 1. 36 Palandt/Putzo, § 519 Rn. 1.

2. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht

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deckt sich mit § 519 BGB. Die rechtliche Begründung des Anpassungsinteresses des Schenkers ist grundsätzlich nicht geeignet außerhalb eines Schenkungsversprechens die Rechte- und Pflichtenstruktur eines Vertrages zu beeinflussen.37 Sie erhalten ihre Bedeutung aus dem Umstand, dass der Schenker sich im Rahmen der einseitigen Verpflichtung als uneigennützig erwiesen hat.

B. Miet- und Pachtrecht I. Regelungen über die Miethöhe, §§ 557 ff. BGB 1. Normstruktur Das ehemalige Gesetz zur Regelung der Miethöhe, nunmehr Bestandteil des BGB38, ist ein Musterbeispiel für eine gesetzliche Regelung, welche im Rahmen eines typischerweise auf lange Zeit angelegten Vertragsverhältnisses die Voraussetzungen normiert, unter denen eine nachträgliche Veränderung eines bestehenden Leistungsgefüges einseitig möglich ist. Im Untertitel 2 platziert, erfassen die §§ 557 ff. BGB grundsätzlich alle Mietverhältnisse über Wohnraum.39 Allerdings ist bereits zu Beginn der Untersuchung auf den rechtspolitischen Hintergrund und deren Umsetzung im Mietrecht hinzuweisen. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz vor übermäßigen Mieterhöhungen und der verfassungsmäßigen Garantie der selbstbestimmten Nutzung und Verfügung über Hausbesitz und -eigentum wird in den §§ 557 ff. BGB durch ein grundsätzliches Verbot der Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung (§ 573 Abs. 1 S. 2 BGB) bei gleichzeitiger Normierung einzelner, abschließender und im folgenden darzustellender Anpassungstatbestände gelöst, quasi als Ausgleich für eine übermäßige Bindung an den Mietvertrag (Bestandschutz).40 2. Das Anpassungsinteresse a) § 557 b BGB erlaubt Vereinbarungen zur Bindung der Mietpreissteigerung an einen vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland. Damit ist es dem 37 Vgl. zu dieser Art von Vorschrift aber auch die §§ 605 Nr. 1, 671 BGB. Darüber hinaus ist dieser Rechtsidee auch in den §§ 816 I 2, 822, 988, 2287 und 2329 BGB verwirklicht. 38 Mietrechtsreform-Gesetz vom 19.6.2001 (BGBl. 1149), in Kraft getreten am 1.9.2001. 39 Palandt/Weidenkaff, § 557 Rn. 2; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 557 Rn. 2. 40 Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Vor. §§ 557–557 b Rn. 15 ff.

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

anpassungsberechtigten Vermieter gestattet, seinen aus der Vermietung resultierenden Gewinn insofern konstant zu halten, als erwartet werden kann, dass die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten in etwa der Entwicklung des Mietpreises für Wohnraum entspricht. In der Konsequenz dieser Vereinfachung liegt die Gefahr, dass die Entwicklung nicht kongruent verläuft, der Vermieter also im günstigsten Falle Gewinne, im Übrigen Verluste macht. Der Gesetzeszweck besteht darin, den Parteien einen einfacheren Wert als Referenzwert an die Hand zu geben, als ihn § 558 BGB ermöglicht. Der Vorteil und Schutz liegt in der einfachen Berechnung und Überprüfbarkeit und damit auch in einer leichten Kalkulation der Entwicklung, da der Lebenshaltungsindex sich in der vergangenen Zeit nicht auffällig sprunghaft entwickelt hat. b) Komplizierter ist die Ermittlung des Umfanges der Anpassung im Rahmen einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Tatbestandlich knüpft § 558 BGB an dasjenige Entgelt an, welches der Vermieter im Falle einer erneuten Vermietung gegenwärtig auf dem Markt als Mietzins erzielen könnte. Hierfür kann er auf einen von der Gemeinde ermittelten einfachen oder qualifizierten Mietspiegel, eine gegebenenfalls bestehende Mietdatenbank, ein Sachverständigengutachten oder auf vergleichbare Wohnungen zurückgreifen. § 558 BGB stellt mithin eine marktpreisorientierte Anpassungsregelung dar. Abstrakt gesprochen: Eine Partei erhält das Recht zur einseitigen Anpassung der Gegenleistung für die von ihr zu erbringende Leistung, sobald sich herausstellt, dass sie gegenwärtig einen höheren Preis für sie verlangen könnte. Diese für das Bürgerliche Recht überraschende Regelung ergibt sich aus der Erschwerung der Kündigungsmöglichkeiten für den Vermieter: Soweit einer Partei die Möglichkeit verwehrt ist, sich über eine Vertragsauflösung und einen erneuten, inhaltlich veränderten Vertragsschluss die Vorteile des veränderten Marktes zu verschaffen, ist es im Gegenzug gerechtfertigt, ihr mittels Vertragsanpassung das Recht zur Gewinnsteigerung zu geben.41 Dem Bedürfnis des Mieters, keiner abrupten Erhöhung des Mietpreises ausgesetzt zu werden, wird in § 558 BGB durch eine Kappungsgrenze maximaler Steigerung und eine zeitliche Einschränkung möglicher Anpassungsverlangen genügt. c) § 559 BGB ermöglicht die Erhöhung der Miete im Gegenzug für erfolgte bauliche Maßnahmen an der Mietsache, die den Gebrauchswert erhöhen, die Wohnqualität verbessern, nachhaltig die Einsparung von Energie oder Wasser bewirken oder schlicht vom Vermieter nicht zu vertreten sind. Die Vorschrift soll den Vermieter nicht von Verbesserungen des vermieteten Wohnraums dadurch abhalten, dass dementsprechend Mieterhöhungen aus41 Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Vor. § 558 Rn. 2, spricht vom „notwendigen Korrelat zum Ausschluss der Änderungskündigung.

2. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht

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geschlossen sind.42 § 559 BGB lässt sich mit der allgemeinen zivilrechtlichen Dogmatik nur schwer in Einklang bringen, da in anderen Vertragsarten die Vertragsparteien nicht berechtigt sind, über die eigene Leistungsverpflichtung hinaus eine höherwertige Leistung zu erbringen, um im Gegenzug ein erhöhtes Entgelt fordern zu können.43 Als Begründung lässt sich anführen, dass soweit die Modernisierung zu einer Reduzierung der Nebenkosten führt, der Mieterhöhung entsprechende Einsparungen des Mieters gegenüberstehen.44 Diese Begründung ist allerdings nicht umfassend, da auch andere Modernisierungsmaßen, die sich für den Mieter nicht auszahlen, auf ihn abgewälzt werden können. In diesen Fällen verbleibt es dabei, dass dem Vermieter schlicht die Möglichkeit gegeben werden soll, mit seinem Hausbesitz wirtschaftlich verfahren zu können, was Investitionen einschließt. d) In Ergänzung zu §§ 556, 556 a BGB ermöglicht § 560 BGB vertragliche Vereinbarungen, nach denen im Falle einer Pauschale die Anpassung der Betriebskosten an die veränderte Situation erlaubt ist. Dieses Umlageverfahren ist als notwendig angesehen worden, weil es „bei solchen schwerlich kalkulierbaren und sich regelmäßig außerhalb der Einflusssphäre des Vermieters abspielenden Änderungen der Kostensituation“ billig erschien, „dem Vermieter eine einfache und praktikable Möglichkeit an die Hand zu geben, die Kostenbelastungen weiterzugeben“.45 § 560 BGB zählt daher zu den kostenorientierten Anpassungsregelungen. Änderungen in der Kostensituation sind nun allerdings alles andere als ein spezifisches Problem des Mietvertrages über Wohnraum. Das Risiko einer Kostensteigerung wird insbesondere von der Laufzeit eines Vertrages und natürlich von der Komplexität der in die Kostenrechnung aufzunehmenden Faktoren beeinflusst. 3. Die Anpassungsverfahren Zur Umsetzung der durch die unterschiedlichen Regelungen geschützten Anpassungsinteressen greifen die §§ 557 ff. BGB nicht auf ein einziges Anpassungsverfahren zurück. Vielmehr treffen verschiedene Ausgestaltungen aufeinander, die für die Vertragsparteien jeweils mit spezifischen Vor- und Nachteilen ausgestattet sind. 42

Palandt/Heinrichs, § 559 Rn. 1; MünchKomm/Voelskow, § 3 MHG Rn. 2. Die Norm erklärt sich daher auch nur aus ihren unterschiedlichen Zweckbestimmungen, die vom privatrechtlichen Bereich bis in den öffentlich-rechtlichen Bereich reichen und auch wohnpolitische und umweltpolitische Bedeutung erlangen; vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559 Rn. 7 ff. 44 Palandt/Weidenkaff, § 559 Rn. 9. 45 Siehe auch den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. VI/2421, S. 4; MünchKomm/Voelskow, § 4 MHG Rn. 1. 43

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

a) § 557 Abs. 1 BGB wiederholt den bereits in § 311 Abs. 1 BGB festgelegten Grundsatz, dass zur Änderung eines Vertrages ein Vertrag zwischen den Parteien erforderlich ist, und überträgt ihn auf die Erhöhung der Miete im Rahmen eines Mietvertrages über Wohnraum.46 Die Vorschrift hat insofern nur deklaratorische Bedeutung. b) Nur scheinbar handelt es sich bei der Möglichkeit, eine Staffelmiete nach § 557 a BGB zu vereinbaren, um die Zulassung einer Anpassungsvereinbarung. Inhaltlich kann vereinbart werden, dass sich die Miete in bestimmten Zeiträumen jeweils um einen im Vertrag festgelegten Betrag erhöht. Eine solche Bestimmung fällt schon begrifflich nicht unter die Anpassung eines Vertrages, weil sie das ursprüngliche Vertragsgefüge unberührt lässt. Die Frage, welchen Mietbetrag der Mieter dem Vermieter schuldet ist durch Subsumtion schon bei Vertragsschluss feststellbar und ändert sich im Laufe der Vertragslaufzeit auch nicht. c) Allgemein wird eine auf § 557 b BGB basierende Vereinbarung als Mietpreisgleitklausel47 bezeichnet. Nach § 557 b Abs. 3 S. 1 BGB ist mietvertraglich festzulegen, dass der Vermieter die Veränderung der Miethöhe um den gewählten Preisindex durch einseitige Erklärung herbeiführt. Der Vermieter kann demnach auf den Inhalt der Anpassung keinen Einfluss nehmen. Dieser richtet sich nach einem Wert, dessen Ausmaß durch das Statistische Bundesamt, also durch eine am Vertrag nicht beteiligte dritte Partei ermittelt wird. Zwar kann der Vermieter das Verfahren zur Anpassung betreiben. Diese formale Stellung als „Anpassungsberechtigter“ bedeutet für den Anpassungsgegner allerdings keinen zusätzlichen Nachteil, zumal auch der Mieter im seltenen Falle einer ihm günstigen Entwicklung des Lebenshaltungsindexes vom Vermieter die Anpassung des Vertrages verlangen kann.48 d) Der aus § 558 BGB folgende Anspruch auf Zustimmung des Mieters zur berechtigten Mieterhöhung des Vermieters kleidet ein einseitiges Anpassungsrecht formell in einen Änderungsvertrag. Nach §§ 558 Abs. 1 S. 1, 558 b Abs. 1 BGB kommt mit der Zustimmung des Mieters in das Erhöhungsverlangen ein Änderungsvertrag zu Stande. Soweit der Mieter allerdings dem Erhöhungsverlangen des Vermieters nicht zustimmt, erhält dieser die Möglichkeit zur Klage, gerichtet aber nicht auf Leistung, sondern auf Zustimmung zur Vertragsanpassung, § 558 b Abs. 2 BGB. Beachtenswert 46

Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 557 Rn. 3 f. Palandt/Weidenkaff, § 557 b Rn. 4. 48 In diesem Sinne wohl Palandt/Weidenkaff, § 557 b Rn. 13, der als Rechtsfolge die Erhöhung und die Ermäßigung der Miete gleichermaßen behandelt, was nur Sinn ergibt, wenn sie vom Mieter auch erzwungen werden kann, notfalls mit einer Klage auf Abgabe einer entsprechenden Erklärung des Vermieters. 47

2. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht

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ist, dass der Mieter als Reaktion auf das Anpassungsverlangen nach § 561 BGB Abs. 1 berechtigt ist, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen. Das Anpassungsverfahren ist danach von einem Wechselspiel von Rechten geprägt. Der Vermieter kann die Anpassung verlangen, ohne dass der Mieter sie effektiv verhindern könnte, es sei denn, er beendet die Vertragsbeziehung insgesamt. e) Das Anpassungsverfahren zur Mietpreiserhöhung als Reaktion auf Modernisierungsarbeiten ist nach §§ 559 Abs. 1, 559 b Abs. 1 BGB einem Gestaltungsrecht nachgebildet.49 Danach kann der Vermieter den Mietpreis mittels einer einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung erhöhen und sodann mittels Leistungsklage einfordern. Der Mieter wird lediglich dahingehend geschützt, dass ihm die Mieterhöhung und ihre Begründung nachvollziehbar dargelegt werden. Im Übrigen ist er berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen, § 561 BGB. f) Im Falle erhöhter Betriebskosten bedarf es der vertraglichen Vereinbarung eines Anpassungsverfahrens. Zulässig ist nach § 560 Abs. 1 S. 1 BGB aber die Vereinbarung eines Gestaltungsrechts, so dass die Vertragsanpassung wie bereits im vorherigen Fall mittels einer einseitigen empfangsbedürftigen Erklärung herbeigeführt werden kann. Verfahrensrechtlich wird der Mieter nur geschützt durch die Verpflichtung des Vermieters zur Angabe und Erläuterung der Anpassungsgründe. Darüber hinaus ist der Anpassungsberechtigte aber verpflichtet, auch im Falle einer für den Mieter günstigen Entwicklung der Betriebskosten, den Vertrag unverzüglich anzupassen, § 560 Abs. 3 BGB, so dass sich das Verfahren auch als zweiseitiges Anpassungsverfahren beschreiben ließe. II. Landpachtverträge § 593 BGB stellt nach allgemeiner Ansicht eine weitere Konkretisierung des Grundsatzes vom Wegfall der Geschäftsgrundlage dar.50 Geschützt wird vor dem Hintergrund der typischerweise bestehenden langen Vertragsdauer das mit dem Vertrag verfolgte wirtschaftliche Ziel beider Parteien und damit das dem Vertrag zu Grunde liegende Äquivalenzverhältnis der vereinbarten Leistungen. Maßgeblich sind sämtliche Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art, die das Interesse an der Nutzung des Pachtlandes bestimmen.51 Eine Eingrenzung erfährt das Änderungsrecht durch die Nichtberücksichtigung der persönlichen Leistungen des Pächters, § 593 Abs. 1 49

Palandt/Weidenkaff, § 559 b Rn. 4; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559 b Rn. 43. 50 Palandt/Putzo, § 593 Rn. 2. 51 BGH NJW 1997, 1066 (1067); Palandt/Putzo, § 593 Rn. 5.

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

S. 2 BGB. § 593 Abs. 1 S. 1 BGB normiert einen gemäß § 593 Abs. 5 BGB nicht abdingbaren Anpassungstatbestand im Sinne dieser Arbeit. Rechtsfolge von § 593 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Erwerb der Befugnis, den Vertragsinhalt einseitig zu ändern. Dafür kommen grundsätzlich beide Vertragsparteien in Betracht. Hinsichtlich des Verfahrens kann die von der Umstandsänderung betroffene Partei einen Antrag an die andere Partei richten, welcher bei hinreichender Bestimmtheit und Begründetheit angenommen werden muss. Im Falle einer Weigerung ersetzt das (Landwirtschafts-)Gericht die Willenserklärung (Annahme) der sich weigernden Partei.52 Tatbestandlich setzt § 593 Abs. 1 S. 1 BGB eine Änderung der für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände sowie eine erhebliche Äquivalenzverschiebung voraus. Eine Vertragsanpassung ist danach überhaupt nur möglich, wenn sich objektive53 Vertragsumstände verändern, die nicht voraussehbar54 waren und nicht in das Gewährleistungsrecht55 fallen. Die darüber hinaus erforderliche Äquivalenzverschiebung wird in der Literatur und Rechtsprechung regelmäßig nicht näher konkretisiert, sondern es wird auf den Einzelfall verwiesen, oder es werden Ausschlusstatbestände entwickelt.

C. Reisevertragsrecht § 651 a Abs. 4 und 5 BGB enthalten keine Anpassungsnormen. Vielmehr begrenzt die Vorschrift genauso wie §§ 307, 308 Nr. 4 und Nr. 5, 309 Nr. 1 BGB56 die Möglichkeit des Reiseveranstalters, sich vertraglich das Recht zur einseitigen Anpassung des Reisevertrages vorzubehalten. Dahingehende Gestaltungsvorbehalte sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Dabei unterscheidet § 651 BGB zwischen der Anpassung des Reisepreises und der Änderung von Reiseleistungen des Veranstalters. I. Preisänderungen Preisänderungen setzen einen ausdrücklichen Erhöhungsvorbehalt voraus. Dieser muss die notwendigen Angaben, nach denen der Kunde die spätere Preiserhöhung nachvollziehen kann, bereits enthalten. Preissenkungen müssen nicht weitergegeben werden.57 Das Anpassungsinteresse des Reisever52

Palandt/Putzo, § 593 Rn. 10. MünchKomm/Voelskow, § 593 Rn. 6. 54 MünchKomm/Voelskow, § 593 Rn. 6. 55 MünchKomm/Voelskow, § 593 Rn. 7. 56 Insbesondere das Transparenzgebot ist zu beachten: BGH NJW 2003, 507 und 746 (Kerosinzuschlag I und II); dazu die Besprechung von Schmid, NJW 2003, 947. 53

2. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände im Besonderen Schuldrecht

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anstalters ist schützenswert, wenn ihn Kostenmehrbelastungen treffen, die auf bestimmten, im Gesetz niedergelegten Gründen basieren. Hierzu zählen neben den Beförderungskosten und Hafen- und Flughafengebühren auch Änderungen der für die betreffende Reise geltenden Wechselkurse. Auf die Vorhersehbarkeit der Änderungen kommt es nicht an.58 Jedenfalls kann festgestellt werden, dass es sich bei den aufgeführten Kostenfaktoren um solche handelt, die im Rahmen jeder vorvertraglichen Kalkulation unbedingt bedacht werden müssen. Andererseits ist die Entwicklung der Kosten und damit die eintretende Leistungserschwerung nur schwer zu kalkulieren. § 651 a BGB enthält damit ein Musterbeispiel für die Zulässigkeit einer Anpassungsklausel. Verfahrensrechtlich ist es dem Reiseveranstalter gestattet, die eintretende Leistungserschwerung einseitig festzustellen und auf den Reisepreis umzulegen. Den Grund hat er dem Reisenden mitzuteilen, nicht jedoch die genaue Berechnung.59 Für ihre Richtigkeit ist er beweispflichtig. Den Schutzinteressen des Kunden vor unerwartet starken Belastungen wird Genüge getan, indem die Ausübung des Anpassungsrechts kurz vor Reiseantritt unzulässig und bei einer Steigerung um mehr als 5 % dem Kunden ein Rücktrittsrecht zu gewähren ist. Alternativ kann er die Teilnahme an einer mindestens gleichwertigen Reise verlangen, wenn der Reiseveranstalter hierzu in der Lage ist. II. Anpassung von Reiseleistungen Auch das Recht zur Anpassung von Reiseleistungen60 bedarf einer vertraglichen Vereinbarung. Im Gegensatz zur Erhöhung des Reisepreises ist die Anpassung der Reiseleistungen aber nicht auf Einzelfälle beschränkt. Grundsätzlich kann jeder Aspekt der Reiseleistung Gegenstand einer Anpassung sein. Diese fehlende Einschränkung steht in einem gewissen Widerspruch zum Recht der Preisanpassung, da der Anpassungsgegner auch in 57 OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447 (448); Palandt/Sprau, § 651 a Rn. 16; a. A. MünchKomm/Tonner, § 651 a Rn. 71; Führich, § 5 VI 1 a, Rn. 154; zweifelnd im Hinblick auf Art. 4 IV der Richtlinie 90/314/EWG auch Schmid, NJW 2003, 947 (948 f.). 58 LG Düsseldorf, RRa 2001, 123 (124 f.); OLG Düsseldorf NJW 2002, 447 (449). 59 Schmid, NJW 2001, 1301 (1304); nach den Urteilen den BGH vom 19.11.2002 (= NJW 2003, 507 und 746) kann es nunmehr als ungeklärt gelten, welche Angaben die erforderliche Transparenz für den Kunden tatsächlich herstellen; vgl. hierzu vor allem Schmid, NJW 2003, 947 (948) mit einem eigenen Vorschlag; Führich, RRa 2000, 43 (46). 60 Zu ihr allgemein Tempel, RRa 1999, 107.

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

diesem Fall gleichermaßen schutzwürdig ist. Für die Vereinbarung im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist zusätzlich auf §§ 308 Nr. 4, 309 Nr. 1 BGB zu verweisen. Der Begriff der Zumutbarkeit in § 308 Nr. 4 BGB wird jedoch sehr weit verstanden61 Das Anpassungsverfahren entspricht weitestgehend dem für Preiserhöhungen. Anstelle eines bestimmten Prozentsatzes steht im Falle der Anpassung der Leistung des Reiseveranstalters dem Reisenden ein Kündigungsrecht nur im Falle der Änderung einer wesentlichen Vertragsleistung zu.

D. Fehlen der Vergleichsgrundlage § 779 BGB ist zugleich einzige Bestimmung über den Vergleich und damit begriffliche Definition sowie ein gesetzlich geregelter Sonderfall des Fehlens der Geschäftsgrundlage.62 Der Vergleich kann seiner Rechtsnatur nach bereits selbst eine Vertragsänderung, z. B. in Form eines Änderungsvertrages oder einer Novation, beinhalten. Für diesen Bereich ergibt sich keine Abweichung von der allgemeinen Dogmatik. Liegt hingegen eine Störung der Vergleichsgrundlage vor, führt dies zur Unwirksamkeit der vergleichsweisen Übereinkunft. Die Überführung eines wirksamen in ein unwirksames Schuldverhältnis ist jedoch bereits als ein von einer Vertragsanpassung zu trennender Vorgang beschrieben worden. Somit stellt § 779 BGB keine Anpassungsnorm dar. Drittes Kapitel

Vertragsanpassungstatbestände außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches A. Erbbaurecht63 § 9 a ErbbauVO ist keine Anpassungsnorm, sondern eine gesetzliche Bestimmung zur Beschränkung eines vertraglichen Anspruchsinhalts, und zwar des aus einer Anpassungsklausel („Stammrecht“64) sich ergebenden Anspruchs auf Erhöhung des Erbbauzinses. Tatbestandlich setzt die Vorschrift somit eine nach allgemeinen Bestimmungen wirksame Anpassungsvereinbarung bereits voraus. 61 OLG Hannover, RRa 2003, 27; OLG Landau, NJW-RR 1998, 192; Palandt/ Sprau, § 651 a Rn. 20. 62 Palandt/Thomas, § 779 Rn. 13; MünchKomm/Pecher, § 779 Rn. 1. 63 Vgl. auch die Ausführungen von Lettl, JuS 2001, 559 (564). 64 MünchKomm/Oefele, § 9 a ErbbauVO Rn. 4.

3. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände außerhalb des BGB

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Dennoch lässt sich ihr eine gesetzgeberische Intention im Hinblick auf den Umgang mit Anpassungsklauseln entnehmen. § 9 a ErbbauVO lässt sich mit den Vorschriften über Anpassungsklauseln in Mietverträgen vergleichen, da voraussetzt wird, dass das auf Grund des Erbbaurechtes errichtete Bauwerk Wohnzwecken dient. Tatbestandlich verlangt § 9 a ErbbauVO eine Anpassung, die gemessen an der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, billig ist65, diese also nicht übersteigt. Damit ähnelt § 9 a ErbbauVO der Regelung des § 557 b BGB, welche die Indexmiete betrifft. Geschütztes Anpassungsinteresse ist das Recht des Grundstückseigentümers, mit seinem Eigentum wirtschaftlich sinnvoll zu verfahren und den bei Vertragsschluss eingeräumten Gewinn zu konservieren, ihn aber nicht zu maximieren. Zu beachten ist, dass der Eigentümer typischerweise über einen sehr langen Zeitraum an das Erbbaurecht gebunden ist und somit keine Möglichkeit besitzt durch Auflösung und Neubegründung sich auf veränderte Umstände einzustellen. Ein bestimmtes Anpassungsverfahren schreibt § 9 a ErbbauVO hingegen nicht vor.66

B. Urheberrecht Das geänderte Urheberrecht zielt auf die Gewährleistung einer angemessenen Vergütung für den Urheber. Neu ist, dass nach § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG dem Urheber gegenüber seinem Vertragspartner ein Korrekturanspruch zusteht, wenn die Vergütungsabrede hinter der angemessenen Vergütung zurückbleibt. Auf Tatbestandsseite setzt die Vorschrift eine Diskrepanz zwischen dem vereinbarten und dem tatsächlichen Wert der Leistung des Urhebers voraus. Ihrer Struktur nach entspricht § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG der Regelung in § 558 Abs. 1 BGB und sieht eine Zustimmungspflicht des Nutzungsberechtigten vor, die nach § 894 ZPO vollstreckbar ist67. Besonders ist, dass für den Begriff der Angemessenheit zum einen § 32 Abs. 2 S. 2 UrhG eine Legaldefinition, die insbesondere auf den im Geschäftsverkehr redlicherweise erzielbaren Wert der Leistung abstellt, bereit hält und zum anderen gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 UrhG eine nach § 36 UrhG ermittelte gemeinsame Vergütung unwiderlegbar als angemessen vermutet wird. Nach § 32 a UrhG kann der Urheber auch dann eine Anpassung des Vertrages verlangen („Fairnessausgleich“68), wenn sich während der Laufzeit des Vertrages ein auffälliges Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen 65

BGH NJW 2003, 354 (357). Vgl. zur eigen Berechnungsgrundlage und seiner Auslegung BGH NJW 2001, 1928. 67 Spautz, in: Möhring/Nicolini, § 36 Rn. 12; Hertin, in: Fromm/Nordemann, § 36 Rn. 10. 66

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

aus der Werknutzung zeigt.69 Unerheblich ist nach § 36 a Abs. 1 S. 2 UrhG, ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge und Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können. Damit soll die Rechtsprechung des BGH, die § 36 Abs. 1 a. F. als Unterfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage verstand und verlangte, dass das Missverhältnis „unerwartet“70 sein musste, korrigiert werden.71 Die Struktur des § 32 a UrhG entspricht im Übrigen weitgehend der des § 32 UrhG. Mit dem neuen Urheberrecht wird dem Urheber eine Garantie an die Hand gegeben, dass er stets mit seinem Werk einen angemessenen Gewinn erzielt. Auf die Stärke der Verhandlungspartner kommt es in diesem Fall nicht mehr an72, was rechtspolitisch gewollt ist73, aber einen deutlichen Bruch mit der gängigen Zivilrechtsdogmatik darstellt.

C. Versicherungsrecht I. Über- und Unterversicherung Insbesondere im Versicherungsrecht stellt die Frage nach den Möglichkeiten einer Vertragsanpassung eine aktuelle Problematik dar. Bereits das Versicherungsvertragsgesetz enthält in den §§ 41, 41 a und 178 g VVG drei positiv rechtlich normierte Anpassungsregelungen. 1. § 41 VVG ermöglicht es dem Versicherer im Falle eines Ungleichgewichts zwischen Prämie und versichertem Risiko zu seinen Ungunsten, die Versicherungsprämie entsprechend der wirklichen Gefahr, die dem tatsächlich übernommenem Risiko entspricht, einseitig anzuheben. Tatbestandlich setzt § 41 Abs. 1 VVG ein unangemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung voraus, welches seinen Grund in der Unkenntnis des Versicherers von einem für die Berechnung der Gegenleistung relevanten Umstand bei Vertragsschluss hat, ohne dass dies der Versicherungsnehmer ver68 Dieser Begriff stammt aus der amtlichen Begründung, BT-Drucks. 14/8058, S. 46. 69 Schon § 36 UrhG a. F. sicherte dem Urheber eines Werkes einen angemessenen Anteil am Erlös des Verlegers, wenn sich die Verwertung des Werkes als unerwartet erfolgreich herausstellt („Bestsellerparagraph“). 70 BGHZ 115, 63 (67 f.); 137, 387 (398 f.); Spautz, in: Möhring/Nicolini, § 36 Rn. 9. 71 Hertin, in: Fromm/Nordemann, § 36 Rn. 6; Jacobs, NJW 2002, 1905 (1909). 72 Tatsächlich kann davon ausgegangen werden, dass Urheber und ausübende Künstler regelmäßig die schwächere Partei gegenüber den Verwerten sind. 73 Vgl. das am 1.7.2002 in Kraft getretene „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22.3.2002 (= BGBl. I, 1155).

3. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände außerhalb des BGB

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schuldet hat. Hierbei ist zu bedenken, dass der Versicherer bei der Festlegung der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung auf Informationen angewiesen ist, welche ihm nur der Versicherungsnehmer verschaffen kann. Der Tatbestand des § 41 Abs. 1 VVG setzt außerdem voraus, dass der Rücktritt des Versicherers ausgeschlossen ist. Das geschützte Anpassungsinteresse resultiert aus der besonderen Struktur des Versicherungsvertrages, bei dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem Versicherungsnehmer eine Anzeigepflicht obliegt, die er, wenn auch unverschuldet, nicht beachtet hat. Die Rechtsfolge, die Erweiterung des Prämienzahlungspflicht seitens des Versicherten, tritt mit der Geltendmachung des Gestaltungsrechts seitens des berechtigten Versicherers ein74, ohne dass dem Versicherten irgendwelche Gegenrechte zustünden. 2. § 41 a VVG wurde als Gegenstück zu dem Recht des Versicherers auf Prämienerhöhung bei Gefahrerhöhung eingefügt.75 Danach kann der Versicherungsnehmer die Herabsetzung der Prämie verlangen, wenn er die für die Risikoberechnung relevanten Angaben irrtümlich falsch angegeben hat oder sich nach Stellung des Antrages auf Abschluss eines Versicherungsvertrages die entsprechenden Umstände geändert haben. § 41 a VVG bezweckt somit die Anpassung der vereinbarten Prämie an das tatsächlich existente Risiko. Nach allgemeiner Ansicht, stellt § 41 a VVG einen Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dar.76 In seiner Rechtsfolge enthält § 41 a VVG ein formfrei auszuübendes Gestaltungsrecht des Versicherungsnehmers. Allerdings tritt die Wirkung erst pro futuro mit der nächsten Versicherungsperiode ein. Der Tatbestand entspricht spiegelbildlich dem des § 41 Abs. 1 VVG. II. Prämien- und Bedingungsänderung in der Kranken- und Lebensversicherung77 1. Mit § 178 g VVG existiert im Bereich der Krankenversicherung eine in mehrerer Hinsicht besondere Anpassungsregelung, die es dem Versicherer ermöglicht, über Abs. 2 die Prämie und über Abs. 3 die Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen. Tatbestandlich ist dieses an die Voraussetzung geknüpft, dass es im Falle von Abs. 2 zu einer Verschiebung im Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung (tatsächlicher Schadensbedarf gegenüber dem in der Prä74

BK/Riedler, § 41 VVG Rn. 11. BK/Riedler, § 41 a VVG Rn. 1. 76 BGH VersR 1981, 621 (622); BK/Riedler, § 41 a VVG Rn. 2; Knappmann, in: Prölls/Martin/Knappmann, § 41 a Rn. 1; Römer, in: Römer/Langheid, § 41 a Rn. 1. 77 Ausführlich hierzu Bartmuß, S. 126 ff. 75

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

mie einkalkulierten Schadensbedarf) und im Falle von Abs. 3 zu einer Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens78 kommt. Das vom Versicherer einzuschlagende Anpassungs- oder Neuberechnungsverfahren79 bzw. das Bedingungsanpassungsverfahren ist an enge Voraussetzungen gebunden. Insbesondere müssen die Belange des Versicherten hinreichend gewahrt werden.80 Darüber hinaus ist sowohl die wirksame Prämien- als auch Bedingungsanpassung von der zustimmenden Überprüfung durch einen Treuhänder abhängig.81 Diese weit reichenden Kompetenzen des Versicherers erklären sich aus der gesamten Regelungsstruktur der Krankenversicherung. Abs. 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass das Kündigungsrecht des Versicherten in der substitutiven Krankenversicherung ausgeschlossen ist (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 VAG, § 178 i VVG) und das Versicherungsverhältnis regelmäßig auf Lebenszeit der versicherten Person abgestellt ist.82 Auch Abs. 3 setzt einen unkündbaren Krankenversicherungsvertrag voraus. § 178 g Abs. 2 und 3 VVG normieren als Anpassungsverfahren jeweils ein einseitiges Gestaltungsrecht des Versicherers. 2. Mit § 172 VVG hat der Gesetzgeber auch für die Lebensversicherung eine besondere Prämienanpassungsregelung geschaffen. Tatbestandlich ist die Erhöhung der Versicherungsprämie an eine nicht nur als vorübergehend anzusehende und nicht vorhersehbare Veränderung des Leistungsbedarfs gegenüber den technischen Berechnungsgrundlagen und der daraus errechneten Prämie gebunden. Ziel der Regelung ist es, die Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten. Eine verfahrensrechtliche Besonderheit besteht insofern, als die Prämienanpassung an die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen durch einen Treuhänder gebunden ist. Die Regelungen der §§ 172, 178 g VVG lassen nach allgemeiner Ansicht nicht den Umkehrschluss zu, dass in anderen Versicherungszweigen eine einseitige Bedingungsanpassung nicht möglich und der Versicherer auf eine Änderungskündigung verwiesen ist.83 78 Stark umstritten nach der Entscheidung des BGH vom 12.3.2003 (= BGH VersR 2003, 581) ist die Frage, ob auch der von der Rechtsprechung vorgenommene Interpretationswechsel des Begriffes „medizinisch notwendige Heilbehandlung“ als Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens aufzufassen ist. Vgl. hierzu Schünemann, VersR 2204, 817 und Langheid/Grote, VersR 2004, 823 jeweils m. w. N. 79 Vgl. dazu auch § 12 b II VAG. 80 Römer, in: Römer/Langheid, § 178 g Rn. 5; Schünemann, VersR 2004, 817 (819). 81 Kritisch zum Treuhänderverfahren Schünemann, VersR 2004, 817 (818 und 821 f.). 82 BGH NJW 1999, 1865 (1866); BK/Hohlfeld, § 178 g VVG Rn. 6; Baumann, JZ 1999, 881 (882) und ZHR 139 (1975), 291 (298 ff.), spricht bei §§ 172, 178 g VVG von Sonderregelungen für den Bereich bestimmter „Sozialrisiken“.

3. Kap.: Vertragsanpassungstatbestände außerhalb des BGB

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D. Arbeitnehmererfindungen Eine weitere Anpassungsregelung enthält § 12 Abs. 6 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG). Danach können Arbeitgeber und Arbeitnehmer voneinander die Einwilligung in eine andere Regelung der Vergütung verlangen, falls sich diejenigen Umstände wesentlich ändern, die für die Festsetzung der Erfindervergütung des Arbeitnehmers maßgebend waren. In seiner Rechtsfolge normiert § 12 Abs. 6 ArbEG eine einklagbare Zustimmungspflicht des Erklärungsgegners des Anpassungsberechtigten, die nach § 894 ZPO vollstreckt werden kann. Nach allgemeiner Ansicht stellt § 12 Abs. 6 ArbEG einen gesetzlich normierten Anwendungsfall der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage dar.84 Prozessvoraussetzung einer Klage auf Zustimmung ist allerdings nach § 37 Abs. 1 ArbEG ein vorheriges Verfahren vor der Schiedsstelle beim Patentamt, welches, wenn sich der Gegner auf das Verfahren einlässt, mit einem Einigungsvorschlag abgeschlossen wird. Tatbestandlich ist eine wesentliche Änderung der für die Vereinbarung maßgebenden Umstände erforderlich. Dementsprechend zerfällt der Tatbestand in zwei Elemente. Gegenstand der Änderung sind die entscheidungsrelevanten, tatsächlichen Umstände und Entwicklungen, welche die Parteien entweder ausdrücklich berücksichtigt haben oder solche, die zu den üblicherweise bedeutenden Bemessungsfaktoren85 gehören. Die Art der relevanten Änderung wird, in Anlehnung an die Geschäftsgrundlagenlehre, mit dem Begriff des auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung86 beschrieben. Die gesetzliche Kodifizierung der Geschäftsgrundlagenlehre im Bereich des ArbEG ist rechtspolitisch beeinflusst.87 83 BGH NJW 1999, 1865; Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 23 Rn. 459, der betont, dass der Gesetzgeber in § 31 VVG von der grundsätzlichen Zulässigkeit von Anpassungsklauseln zur Erhöhung von Prämien ausgehe; ebenso Baumann, JZ 1999, 881 (882); Reiff, EWiR 1997, 961 (962); Entzian, NVersZ 1998, 65. 84 BGH GRUR 1973, 649 (651); Bartenbach/Volz, § 12 ArbEG, Rn. 97; Reimer/ Schade/Schippel/Kaube, § 12 Rn. 45; anderer Ansicht aber Nelle, S. 33: „Der Tatbestand des § 12 VI ArbEG entspricht dem Gedanken des clausula rebus sic stantibus und unterscheidet sich insofern von der Geschäftsgrundlagenlehre.“ 85 Das sind die in §§ 9 II, 10 I ArbEG genannten Bemessungsfaktoren sowie die in den Vergütungsrichtlinien genannten Grundsätze, vgl. Bartenbach/Volz, § 12 ArbEG, Rn. 98. 86 BGH GRUR 1973, 649 (651); Bartenbach/Volz, § 12 ArbEG, Rn. 99. 87 Vgl. amtl. Begr. in BT-Drucks. II/1648 S. 31 = Blatt 57, 235; Bartenbach/ Volz, § 12 ArbEG, Rn. 95: „Es soll den besonders unsicheren und schwer vorhersehbaren Entwicklungs- und Verwertungsmöglichkeiten bei Erfindungen, also deren ungewissem rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Schicksal ebenso wie den schwer voraussehbaren zukünftigen Verhältnissen des Unternehmers und dessen wirtschaftlicher Entwicklung Rechnung getragen werden; nur so ist gewährleistet,

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

E. Verwaltungsverfahrensrecht Das Problem veränderter Umstände und ihre Auswirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse ist nicht auf den zivilrechtlichen Bereich beschränkt. Insbesondere der öffentlich-rechtliche Vertrag hat in § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG eine der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage entsprechende Regelung erfahren. In seiner Struktur unterscheidet sich der Regelungsgehalt aber nicht entscheidend von dem zivilrechtlichen Rechtsinstitut.

Viertes Kapitel

Vertragsanpassung nach der Konzeption des Gesetzgebers A. Überblick Als Reaktion auf das Problem nachvertraglicher Leistungserschwerungen hat der Gesetzgeber vereinzelt Regelungen geschaffen, in denen er entweder die Zulässigkeit vertraglicher Anpassungsklauseln behandelt, oder in denen er eigenständige Rechtsgrundlagen geschaffen hat, mittels derer die betroffene Partei die Folgen eines Anpassungsereignisses auf den Vertragspartner abwälzen kann. Aussagen wie die, dass „das BGB die einseitige Anhebung eines vereinbarten Preises nicht kennt“88 sind damit widerlegt. Mit der Schaffung und näheren Ausgestaltung des nunmehr ins BGB integrierten Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) und des § 651 a Abs. 3 und 4 BGB ist in der Vergangenheit die Anzahl der Anpassungsregelungen in zwei großen Lebensbereichen alltäglicher Vertragsgestaltung gewachsen. Dennoch verfolgen die Regelungen kein eindeutiges Konzept und behandeln Leistungserschwerungen stets mit einer großen Zurückhaltung. Diese Gründe sprechen auch gegen eine vereinzelte oder auch generelle Analogiefähigkeit der untersuchten Vorschriften89, denen vielfach eigene Begründungsmodelle zu Grunde liegen. Soweit es um den Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage und seine spezifischen Ausgestaltungen geht ist darüber hinaus eine Analogie wegen der Generalklausel in § 313 BGB nicht erforderlich. Dennoch können den Vorschriften gesetzgeberische Wertungen entnommen werden. Soweit es im Folgenden für die Unterdass das Gebot der Angemessenheit der Vergütung auch für die Zukunft gewahrt bleibt.“ 88 Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 15. 89 Vergleiche hierzu bereits die Ausführungen im Rahmen der Untersuchung der einzelnen Normen.

4. Kap.: Vertragsanpassung nach der Konzeption des Gesetzgebers

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suchung der Zulässigkeit von vertraglichen Anpassungsregelungen auf die Bewertung der beteiligten Interessen ankommt, kann die Ratio des Gesetzes möglicherweise eine wichtige Bedeutung haben.

B. Anpassungsinteressen Die gesetzlich anerkannten Anpassungsinteressen sind – mit Einschränkungen – im Wesentlichen uneinheitlich. Die weitaus größte Anzahl der betroffenen Vertragsarten sind den Dauerschuldverhältnissen zuzurechnen. Insbesondere Miet- und Versicherungsverträge sind hervorzuheben als diejenigen Verträge, die nahezu jeder Bürger in seinem Leben abgeschlossen hat. Andererseits lässt das Gesetz mit dem Reisevertrag und dem Schenkungsvertrag auch die Anpassung von Verträgen zu, die auf einen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind. Eine quantitativ große Gruppe nimmt die Gruppe der Geschäftsgrundlagenstörung (§ 313 BGB) und ihrer speziellen Ausprägungen an. In diesen Fällen steht die Anpassung der Verträge im Hinblick auf die Wiederherstellung materieller Vertragsgerechtigkeit im Vordergrund. Für die weitere Arbeit ist dieser Begründungsansatz, wie bereits beschrieben wurde, nur noch von untergeordneter Bedeutung. Wenn eine Anpassung zugelassen wird, dann zumeist um dem Anpassungsberechtigten die Möglichkeit zu geben, seinen Gewinn aus dem Vertragsverhältnis zu konservieren, indem er nicht kalkulierbare Kostensteigerungen an den Vertragspartner weitergeben (§§ 559, 560 BGB, § 651 a BGB) oder indem er, den sich ändernden Marktverhältnissen entsprechend, ein höheres Entgelt fordern darf (§ 9 a ErbbauVO, § 557 b BGB). Vielfach ist damit sogar die Möglichkeit eingeschlossen, den möglichen Gewinn zu steigern (§ 558 BGB oder §§ 32, 36 UrhG). Sonderfälle stellen das Versicherungsrecht (§§ 41, 41 a, 178 g VersG) und das Schenkungsrecht (§§ 519, 528 BGB) dar. Den Begründungen der Vorschriften lassen sich unterschiedliche Aspekte entnehmen. Hervorzuheben sind jedenfalls diejenigen Vertragsverhältnisse, in denen der Anpassungsberechtigte nicht ohne weiteres den Vertrag auflösen kann, um mit seinem Eigentum (Erbbaurecht, Mietvertrag) oder seinem Unternehmen (Versicherungsvertrag) unter geänderten neuen Verhältnissen gewinnbringend einen Vertrag mit dem alten oder einem neuen Vertragspartner zu schließen. Im Falle des Schenkungsvertrages stellt die Unentgeltlichkeit den entscheidenden Grund für das Recht zur Anpassung dar. Die Preisgestaltung im Urheberrecht ist ebenfalls rechtspolitisch gewollt. Lediglich die Anpassungsrechte im Reisevertragsrecht scheinen aus dem Rahmen zu fallen, da die Struktur des Reisevertrages sich von denen anderer Verträge nicht auffällig unterscheidet.

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2. Teil: Gesetzliche Anpassungstatbestände

Die geregelten Anpassungsereignisse sind in vielen Fällen typische Probleme, welche den Parteien nicht unbekannt sind. Hier ist der Mietvertrag, aber auch der Versicherungsvertrag hervorzuheben. Nahezu jedem Mieter dürfte geläufig sein, dass ein erhöhtes Interesse des Vermieters besteht, wirtschaftlich mit seinem Eigentum zu verfahren, und dass nur die Anpassung des Mietpreises und der Nebenkosten im Falle einer Pauschale dies ermöglicht. Auch im Gesundheitswesen ist das Problem sich durch politische Entscheidungen ändernder Verhältnisse bekannt, so dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Prämienanpassung erforderlich sein kann. Damit stehen sich unerwartete Entwicklungen (Geschäftsgrundlagenstörung, Schenkungsrecht) und zu erwartenden, aber nicht genau kalkulierbare Entwicklungen (Mietvertrag, Versicherungsvertrag, Urheberrecht, Erbbaurecht, Reisevertrag) gegenüber. Beachtenswert ist darüber hinaus der Ansatz, die Höhe der möglichen Anpassung durch eine Kappungsgrenze einzuschränken.

C. Anpassungsverfahren Auch die gesetzgeberisch normierten Anpassungsverfahren lassen sich keinem eindeutigen Schema zuordnen. Einzig und allein das Recht des Anpassungsberechtigten, letztendlich auch gegen den ausdrücklichen Willen des Anpassungsgegners die Anpassung durchzusetzen, vereint die genannten Möglichkeiten. Im Übrigen finden sich reine Gestaltungsrechte (§§ 519, 528, 557 b, 559 b, 560, 651 a BGB, §§ 41, 41 a VersG), solche, bei denen die Zustimmung des Anpassungsgegners erzwingen werden kann (§ 558 b BGB), sowie obligatorische vorherige Verhandlungspflichten (§ 313 BGB), Schiedsverfahren (§ 36 UrhG) oder die Überprüfung durch einen Treuhänder (§ 178 g Abs. 2 VersG). Ansonsten schreiben einige Vorschriften ein bestimmtes Anpassungsverfahren überhaupt nicht vor (§ 9 a ErbbauVO). Verfahrensrechtliche Besonderheiten finden sich schließlich in dem Recht des Anpassungsgegners, den Vertrag zu kündigen, falls der Anpassungsberechtigte eine erhebliche Erhöhung der Vertragsleistung verlangt (§§ 561, 651 a Abs. 5 S. 2 BGB) und das Recht des Anpassungsgegners, seinerseits im Falle einer ihm günstigen Entwicklung, den Vertag anzupassen (§§ 558 c, 560 Abs. 3, 651 a (str.) BGB).

3. Teil

Vertragliche Anpassungstatbestände Die Analyse der ein Anpassungsinteresse anerkennenden Normen hat gezeigt, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sich zwar unterschiedlicher Anpassungsinteressen und Anpassungstechniken bedienen, aber dennoch nicht geeignet sind, das Problem auftretender Leistungserschwerungen umfänglich und für die Vertragspraxis adäquat zu lösen.1 Regelmäßig obliegt es daher den Parteien, die Lösung für auftretende Leistungserschwerungen bereits im Vorfeld vertraglich zu fixieren. Diese Problematik erkennend, hat die Vertragspraxis versucht, veränderten Umständen durch ein ausgefeiltes Programm an vertraglich vereinbarten Anpassungstechniken zu begegnen. Nach einer Bestandsaufnahme sollen sie einer eigenen typisierenden Betrachtung unterzogen werden. Im Vordergrund steht dabei die Suche nach einem übergeordneten Systematisierungskriterium. Erstes Kapitel

Systematisierungskriterien vertraglicher Anpassungstatbestände in Rechtsprechung und Literatur Systematisierungsversuche von vertraglichen Anpassungsvereinbarungen sind nicht unbedingt selten.2 Regelmäßig fehlt ihnen aber der Anspruch auf Vollständigkeit. Dies liegt vor allem daran, dass das Feld der rechtsgeschäftlichen Vertragsanpassung nicht zum Inhalt juristischer Lehrbücher3 gehört, in der Kommentarliteratur die Systematik sich nach den jeweiligen Unwirksamkeitsgründen ausrichtet4 und Monographien auf diesem Gebiet regelmäßig nur Teilbereiche abdecken5. Die den jeweiligen Vertragsklauseln zugewiese1

Ebenso Lettl, JuS 2001, 248 (251). Einen dahingehenden Anspruch erheben zumindest die Werke von Beckmann, Freund, Lübke-Detring, Bilda und Baur. 3 Mit dem Hinweis, dass die dogmatische Erfassung von Anpassungsklauseln noch in den Kinderschuhen stecke, erstellt Fikentscher, Schuldrecht, § 27 Rn. 200, zumindest eine knappe Übersicht und unterscheidet Preisänderungsklauseln, Korrekturklauseln und Vertragsanpassungsklauseln. 2

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

nen Bezeichnungen sind vielfältig, wobei die Namen zum Teil willkürlich vergeben und uneinheitlich verwendet werden. Zumeist liegt der Namensgebung nur ein zufällig ausgewählter Aspekt6 des gesamten Vorgangs Anpassung zu Grunde. Trotzdem gibt es einzelne Kriterien, die dazu benutzt werden, die Fülle der Stoffmenge zu strukturieren.

A. Der Gegenstand der Anpassung I. Haupt- und Nebenleistungen Innerhalb eines Vertragsgefüges unterscheidet man typischerweise zwischen Haupt- und Nebenleistungspflichten. Erstere charakterisieren den Vertrag, zweitere geben dem Vertrag innerhalb einer bestimmten Vertragsart sein spezifisches Gepräge. In der Literatur wird daher zwischen denjenigen Abreden, welche die Anpassung bestimmter Hauptleistungspflichten (insbesondere des Preises7) und denjenigen, welche die Anpassung des gesamten Vertragswerkes inklusive aller Nebenleistungspflichten betreffen, unterschieden.8 Im Rahmen der Änderung von Hauptleistungspflichten nimmt der Vertragspreis tatsächlich eine bedeutende Rolle ein.9 Preisänderungsklauseln bewirken eine Anpassung lediglich eines Vertragspunktes. Man kann mit einer gewissen Berechtigung Preisanpassungsklauseln als diejenigen Anpas4 So finden sich in den Kommentaren von Ulmer/Brandner/Hensen und Wolf/ Horn/Lindacher entsprechende Ausführungen bei den §§ 9, 10 Nr. 4 und 5, 11 Nr. 1 AGBG und verstreut bei den verschiedenen Vertragsarten. 5 Der Schwerpunkt bei Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, liegt auf langfristigen Lieferverträgen und der Vereinbarkeit von Anpassungsklauseln mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und dem Kartellrecht. Die Arbeit von Bilda, Dogmatik der Anpassungsklauseln in Verträgen, resultiert aus einer Zeit vor der Schaffung des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Beckmann und Lübke-Detring reduzieren den Gegenstand ihrer Arbeit auf Preisund Prämienanpassungsklauseln, Bartmuß auf den Versicherungsvertrag. 6 Eine vertragliche Vereinbarung, mittels derer der Preis angepasst werden kann, um eine durch Kostensteigerungen verursachte Äquivalenzstörung auszugleichen, kann gleichermaßen als Vertragsanpassungsklausel, Preisklausel, Kostenklausel oder Wertsicherungsklausel bezeichnet werden, je nach dem, ob der Umstand, dass ein vertraglicher Eingriff vorliegt, der Preis von einer Änderung betroffen ist, der Grund der Äquivalenzstörung im Kostensektor liegt oder das abstrakte Ziel der Anpassung im Mittelpunkt der Betrachtung steht. 7 Die Werke von Beckmann und Lübke-Detring widmen sich ausschließlich Preisanpassungsklauseln. 8 So stehen sich wiederholt Preis- und Bedingungsanpassungsklauseln gegenüber; vgl. für viele Freund, S. 132 m. w. N. 9 Nicht zuletzt § 309 Nr. 1 BGB deutet in diese Richtung.

1. Kap.: Systematisierungskriterien vertraglicher Anpassungstatbestände

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sungsklauseln bezeichnen, an denen sich der Streit um die rechtliche Zulässigkeit von Anpassungsklauseln überhaupt entzündet hat. Insbesondere die „Tagespreisurteile“ des BGH10 haben eine breite Diskussion im Schrifttum hervorgerufen. Anpassungsklauseln, die neben dem Preis den gesamten vertraglichen Regelungskomplex zur Disposition stellen, sind dagegen eher in komplexeren Verträgen enthalten.11 Die Systematisierung nach der Art der betroffenen Leistungspflicht ist zumindest im Falle der Einteilung nach Haupt- und Nebenleistungen nicht sinnvoll und darüber hinaus auch selten durchzuhalten. Reine Anpassungsklauseln für Nebenleistungen sind selten und zumeist in den Klauseltext für die Anpassung von Hauptleistungen eingearbeitet. Bereits im Falle eines Versicherungsvertrages ist eine Unterscheidung kaum noch sinnvoll durchzuhalten, da die Beschreibung der Hauptleistung von der Beschreibung der sonstigen Modalitäten kaum zu trennen ist. Entscheidend ist jedoch, dass die Gefahr einer Benachteiligung nicht zwangsläufig mit der Anpassung von Haupt- oder Nebenleistung zusammenhängt. Die Frage, ob es der betroffenen Partei nicht gerade auf die geänderte Nebenleistungspflicht des Anpassungsberechtigten ankam und die eher zu einer Preissteigerung bereit gewesen wäre, kann genauso wenig entschieden werden, wie die Frage, ob nicht stets die Hauptleistung derjenige Teil eines Vertrages ist, die zu ändern die höchsten Eingriffsvoraussetzungen fordert. II. Anpassung der eigenen oder der gegnerischen Leistung Will der Anpassungsberechtigte eine Leistungserschwerung ausgleichen, kann er entweder den eigenen zu betreibenden Aufwand herabsetzen oder vom Anpassungsgegner eine erhöhte Anstrengung verlangen. Als Gegenstand der Anpassung steht ihm damit grundsätzlich sowohl die eigene als auch die gegnerische Leistung zur Verfügung.12 Eine bestimmte Rangfolge muss der Anpassungsberechtigte nicht einhalten.13 Aus diesen Überlegun10

BGH NJW 1982, 331 und BGH NJW 1984, 1177. Eine besondere Rolle spielen Bedingungsanpassungsklauseln insbesondere im Versicherungsvertragsrecht. Hier hat die vom BGH durch Urteil vom 17.3.1999 (= BGH NJW 1999, 1865) für unwirksam erklärte Bedingungsanpassungsklausel in der Rechtsschutzversicherung (§ 10 A ARB 94) eine breite Diskussion im Schrifttum hervorgerufen; vgl. hierzu die ausführliche Besprechung bei Bartmuß, S. 155 ff.; vgl. den Aufsatz und die Urteilsbesprechung bei Abram, Die Bedingungsanpassungsklausel, NVersZ 2000, 249 m. w. N. 12 Vgl. hierzu den lehrreichen Streit zwischen Schünemann, VersR 2004, 817 (819 f.) und Langheid/Grote, VersR 2003, 1469 (1473). 13 Anders für den Versicherungsvertrag aus systematischen Erwägungen Schünemann, VersR 2004, 817 (820 f.); Langheid/Grote, VersR 2003, 1469 (1473). 11

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

gen heraus ist es auch nicht angezeigt, an die Anpassung der Verwenderleistung höhere Anforderungen zu stellen, als an die Anpassung der Leistung des Vertragspartners, die regelmäßig in der Entrichtung von Geld besteht.14 Sowohl Preisklauseln als Klauseln, welche die Anpassung der Leistung des Anpassungsberechtigten vorsehen, können den Anpassungsgegner benachteiligen. Die Frage, ob dem Versicherungsnehmer in einem Versicherungsvertrag eher ein Risikoausschluss oder eine Prämienerhöhung zugemutet werden kann, muss genauso unbeantwortet bleiben wie die Frage, ob der Reisende eher einen höheren Reisepreis zu zahlen oder eine bestimmte Reiseleistung zu entbehren bereit ist.

B. Der Maßstab und das Ziel der Anpassung Als Differenzierungskriterium kommen auch das Ziel oder der Maßstab der Anpassung in Betracht. Beide können im Vertragstext mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein. Insbesondere Beckmann hat dieses Kriterium aufgegriffen.15 Zunächst kann die anpassende Partei die Wiederherstellung des zu Vertragsbeginn bestehenden Äquivalenzinteresses als Ziel verfolgen. In einem solchen Fall wird dann von kosten- oder wertsicherungsorientierter Anpassung gesprochen.16 Außerdem ist es möglich, den Vertrag so zu gestalten, wie die Parteien ihn gestaltet haben würden, wenn sie ihn unter den nunmehr vorhandenen geänderten Umständen zum ersten Mal geschlossen hätten. In einem solchen Fall spricht man von einer marktorientierter Anpassung.17 Denkbar ist ferner, dass eine Partei die Vertragsgestaltung unter weitestgehender Aufrechterhaltung der Äquivalenz, die einzelnen Leistungsinhalte modifizieren oder modernisieren will. Der Fallgruppe Vertragsanpassung liegt das Problem eintretender Äquivalenzverschiebungen zu Grunde. Auch die marktorientierte Anpassung lässt sich als Verschiebung der subjektiven Äquivalenzvorstellungen der Parteien verstehen. Äquivalenzverschiebungen sind daher keine Fallgruppe, sondern stets das zu lösenden Problem selbst. Möglich ist es aber, nach dem konkreten Vertragsrisiko zu fragen, und insofern ist Beckmann Recht zu geben18, als Kostensteigerungen und die Entwicklungen des Marktes zu Leistungs14

In diese Richtung deutet zumindest das Gesetz, welches in § 308 Nr. 4 BGB und § 309 Nr. 1 BGB sehr unterschiedliche Voraussetzungen an die Zulässigkeit entsprechender Klauseln zu stellen scheint. 15 Beckmann, S. 5 f. 16 Paulusch, in: zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (75); Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 100 ff.; Beckmann, S. 6. 17 Beckmann, S. 6; Kunth/Wollburg, BB 1985, 230 (232); Herrmann, Jura 1988, 505 (507). 18 Beckmann, S. 5 f.

2. Kap.: Die Anpassungszuständigkeit als übergeordnetes Kriterium

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erschwerungen führen können. Die Frage nach dem angestrebten Ziel der Anpassung und damit nach dem Vertragsrisiko ist ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Zulässigkeit entsprechender Abreden. Die Ziele der Parteien sind jedoch mit dem Ausgleich von Kostensteigerungen und der Anpassung des Vertrages an einen veränderten Markt, unabhängig von dem Problem der Konkretisierung dieses Begriffes, nicht schon erschöpfend aufgezählt. Die primäre Orientierung am Ziel der Anpassung wird daher auf Grund der Vielzahl der Vertragsrisiken zu einem Postulat nach der enumerativen Bildung von Fallgruppen – ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit und muss daher als Systematisierungskriterium aus der vorrangigen Betrachtung ausscheiden.

C. Der Zeitpunkt der Anpassung Grundsätzlich ist auch der Zeitpunkt der Anpassung zu berücksichtigen. Zu unterscheiden sind nach einem Teil der Literatur Änderungs- und Anpassungsklauseln auf der einen Seite und Vorbehaltsklauseln auf der anderen Seite.19 Diese Trennung ist nach dem in dieser Arbeit herausgestellten Begriff einer Anpassung nur insofern zu übernehmen, als Vorbehaltsklauseln in denjenigen Bereich der Leistungsbestimmung gehören, der von dem Bereich der Leistungsanpassung randscharf zu trennen ist. Als Differenzierungskriterium im Rahmen von Anpassungsklauseln kommt der Zeitpunkt der Einwirkung nicht in Betracht.

Zweites Kapitel

Die Anpassungszuständigkeit als übergeordnetes Kriterium A. Das Ziel der Systematisierung Eine gute systematische Darstellung eines juristischen Teilgebietes ist nicht in erster Linie richtig oder falsch, sondern vollständig und vor allem zweckmäßig. Daher ist vorrangig festzustellen, welches Ziel die systematische Darstellung vertraglicher Anpassungsregelungen verfolgen soll. Soweit Anpassungsregelungen die juristische Theorie und Praxis beschäftigen, steht regelmäßig ihre Zulässigkeit im Vordergrund. Normative Hürden bilden dabei Vorschriften wie § 134, 138, 242, 307 BGB als allgemeine und die 19 BGH NJW 1983, 1603 (1604); BGHZ 97, 212 (215 ff.); Beckmann, S. 6; Paulusch, in: zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (59); Bilda, MDR 1979, 89 (89 ff.); Robertz, Wertsicherungs- und Preisanpassungsklauseln im Außenwirtschaftsverkehr, S. 49 ff.; a. A. Wolf, ZIP 1987, 341 (342).

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

§§ 308 Nr. 4 und 5, 309 Nr. 1 BGB für spezielle Klauseln, da sich Anpassungsregelungen regelmäßig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wieder finden. Dies ergibt sich nicht etwa aus der Tatsache, dass Formularverträge öfter als Individualverträge von Änderungen betroffen sind, sondern aus dem gesteigerten Bedürfnis an Flexibilität, da auf Grund der typischerweise erhöhten Anzahl an Vertragsbeziehungen der Verwender von Formularverträgen intensiver von Änderungen betroffen wird. Der Grund für die Bewertung einer Anpassungsvereinbarung als unwirksam ergibt sich regelmäßig aus der Benachteiligung der von der Anpassung nachteilig betroffenen Partei. Ziel der Systematisierung muss es daher sein, bereits anhand der ausgewählten Differenzierungskriterien die Weichen zu stellen für eine spätere homogene Bewertung der Gruppen vor den normativen Maßstäben der Unwirksamkeitsvorschriften. Die an die Gruppen der Systematik jeweils zu stellende Frage ist daher, ob sie eine im Hinblick auf eine Benachteiligung des Anpassungsgegners gleiche Risikostruktur aufweisen, mit anderen Worten, ob ihnen eine strukturell gleich gelagerte Gefahr vor einseitiger Benachteiligung innewohnt. Diese kann sich sowohl aus der neuen vertraglichen Risikoverteilung, also aus inhaltlichen Gründen, als auch aus den Gefahren des vereinbarten Anpassungsprozesses, also aus verfahrensbezogenen Gründen, ergeben.

B. Die Nachteile eines inhaltsbezogenen, objektivierten Maßstabes Die Gefahr einer Benachteiligung kann sich aus dem Umfang der Anpassung ergeben. Verbreitet ist die Analyse zu finden, dass geringfügige Änderungen regelmäßig zulässig sind.20 Diese Ansicht ist insofern zutreffend, als mit einem gesteigerten Ausmaß auch die Gefahr einer Benachteiligung wächst. Andererseits sind sie für einen Systematisierungsansatz unbrauchbar, weil sie voraussetzen, dass die Einteilung einer Anpassung in geringfügig und schwerwiegend überhaupt möglich ist.21 Für die Zuordnung von Benachteiligung und Anpassungsausmaß fehlt es aber an Kriterien.

20 Für eine Anpassungsklausel im Möbelhandel, welche sich „handelsübliche“ Abweichungen in der Farbe vorbehielt: BGH NJW 1987, 1886 (1887); OLG Hamm, NJW 1986, 2581 (2582 f.); Soergel/Stein, § 10 Nr. 4 AGBG Rn. 44; Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 17; Staudinger/Coester-Waltjen, § 10 Nr. 4 Rn. 6 („unerheblich“); Löwe, in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 10 Nr. 4 Rn. 22 („unbedeutend“); a. A. OLG Köln, WM 1984, 1323 (1324) und OLG Frankfurt, DB 1981, 884 (885). 21 Lehrreich dazu OLG Frankfurt, DB 1981, 884 und OLG Hamm, NJW 1986, 2581, die schon bei den Begriffen „kleine Abweichungen“ (OLG Frankfurt, DB

2. Kap.: Die Anpassungszuständigkeit als übergeordnetes Kriterium

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I. Benachteiligung durch Schlechterstellung Der BGH hat letztlich eine Klausel für unwirksam erklärt, indem er darauf abgestellt hat, dass in ihr die Gefahr begründet liege, der Verbraucher stehe im Falle einer Anpassung schlechter da.22 Nun führt aber nahezu jede Anpassung – und dafür sind die entsprechenden Klauseln ja auch geschaffen – zu einer punktuell schlechteren Stellung der betroffenen Partei, denn inhaltlich neutrale Umstrukturierungen sind selten und für den Vertragspartner vorteilhafte Änderungen in der juristischen Praxis kein Problem.23 Der Umstand, dass überhaupt benachteiligend in das Vertragsgefüge eingegriffen wird, ist damit nicht der entscheidende Anknüpfungspunkt. Im Hinblick auf § 307 BGB kommt es dementsprechend auch nur darauf an, ob die mit der Anpassung verbundene Benachteiligung angemessen ist. Im Rahmen der Erklärung einer Anpassungsklausel als unwirksam hat der BGH daher – zu Unrecht in erster Linie – darauf abgestellt, ob dem Verbraucher durch die Anpassungsklausel unmittelbar eine nachteilige Vertragsposition zugemutet wurde – auf der einseitigen Grundlage der Anpassung seiner Pflichtenstellung. II. Benachteiligung durch den Grad der Schlechterstellung Der Idee, Anpassungsklauseln in erster Linie durch objektive Kriterien, wie das Ausmaß oder den Gegenstand der Anpassung, einer graduellen Bewertung im Hinblick auf ihre Benachteiligungsgefahr zuführen zu können, muss schließlich aus einem weiteren Grund eine Absage erteilt werden. Lässt sich – was allgemein anerkannt ist – schon die Äquivalenz der Leistungsverpflichtungen im Ausgangsvertrag nicht einer richterlichen Bewertung zuführen, sieht man einmal von § 138 BGB ab, so folgt hieraus auch, dass auch die Anpassung keiner solchen unterliegen kann, zumindest nicht im Hinblick auf das Ausmaß. Dies soll anhand von zwei Beispielen zur Vertragsgestaltung erläutert werden. Vermieter und Mieter einigen sich über den Abschluss eines Mietvertrages über drei Jahre bei einem anfänglichen Mietzins von 1.000,– Euro. In der ersten Variante vereinbaren sie, dass nach Ablauf eines Jahres der Mietzins 1.100,– Euro und nach Ablauf von zwei Jahren der Mietzins 1.200,– Euro 1981, 884 (885)) und „handelsübliche Abweichungen“ (OLG Hamm, NJW 1986, 2581 (2583)) zu diametral entgegengesetzten Ergebnissen gelangen. 22 Zuletzt BGH NJW 1999, 1865. 23 Auch wenn sie gelegentlich als Fallgruppe benannt werden; Koch/Stübing, § 10 Nr. 4 Rn. 12; Freund, S. 160; differenzierend Soergel/Stein, § 10 Nr. 4 AGBG Rn. 44.

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

betragen soll. In der zweiten Variante vereinbaren sie stattdessen ein Anpassungsrecht des Vermieters dergestalt, dass dieser nach Ablauf von jeweils einem Jahr den Mietzins einmalig um einen beliebigen Betrag bis höchstens 100,– Euro einseitig anheben darf. Tatsächlich wäre die erste Vertragsgestaltung als ein Fall zulässiger Staffelmiete wirksam. Wie sieht es aber mit der Anpassungsklausel aus? Ihr allein unter Hinweis auf das objektive Ausmaß der Äquivalenzverschiebung von Leistung und Gegenleistung die Wirksamkeit zu versagen, erscheint wertungswidersprüchlich, denn effektiv ist die mögliche Benachteiligung des Mieters in beiden Vertragsgestaltungen gleich. Kann es für die Wirksamkeit einen Unterschied machen, auf welche Art und Weise das Ergebnis zustande gekommen ist? III. Die Rückführung der Äquivalenzverschiebung Zulässig ist eine Anpassung nur dann, darüber ist man sich einig, wenn damit der Ausgleich einer eingetretenen Äquivalenzverschiebung erstrebt wird.24 Auch wenn jedoch, was zu zeigen sein wird, aus der Äquivalenzverschiebung selbst Grenzen für das Maß der Anpassung gezogen werden können, ist mit dem Hinweis auf den Ausgleich einer eingetretenen Leistungserschwerung die entscheidende Hürde für die Wirksamkeit einer dahingehenden Vereinbarung noch nicht genommen. Vielmehr ist zu entscheiden, in welchen Fällen eine Äquivalenzverschiebung überhaupt Gegenstand einer Anpassungsklausel sein darf. Hierüber entscheidet jedenfalls nicht der Grad der Äquivalenzverschiebung.25

C. Die Vorteile eines verfahrensbezogenen Maßstabes Vor allem im Hinblick auf die im abschließenden Teil zu analysierenden normativen Anforderungen an Anpassungsklauseln ist die mit ihnen etablierte Risikoverteilung als Bewertungskriterium bedeutsam. Das Risiko vor Benachteiligung bzw. die Möglichkeit der Übervorteilung durch eine Partei steht und fällt aber auch mit dem Einfluss, den die Parteien auf den zu findenden Interessenausgleich nehmen können. Dies spricht für die Verfahrenszuständigkeit als übergeordnetes Differenzierungskriterium.26 Für die 24

Ganz herrschende Meinung; für viele Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 46 m. w. N. 25 Anders § 313 BGB, der eine Äquivalenzverschiebung erhöhten (unzumutbaren) Ausmaßes fordert. 26 In der Literatur finden sich wiederholt Systematisierungsvorschläge im Hinblick auf das Anpassungsverfahren, die allerdings – wenn überhaupt – dann nur

2. Kap.: Die Anpassungszuständigkeit als übergeordnetes Kriterium

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anpassende Partei ist es von herausragender Bedeutung, möglichst flexibel auf veränderte Umstände reagieren zu können. Sie wird daher bemüht sein, im Rahmen eines durchzuführenden Anpassungsverfahrens eine möglichst einflussreiche Position zu erlangen. Für eine Abstufung nach dem jeweils gewählten Anpassungsverfahrens spricht zunächst die Unabhängigkeit von dem zu Grunde liegenden Vertragstyp. Die Gefahr einer Benachteiligung durch die eine oder andere Form der Änderung ist unabhängig von der Frage, welche Vertragsart angepasst wird. Umgekehrt gilt dies nicht: Die durch eine inhaltliche Anpassung herbeigeführte Benachteiligung ergibt sich gerade erst daraus, dass die dem Vertragstyp immanente Relation der Leistungen in die Bewertung integriert wird. Der Vorteil einer Systematisierung nach dem Anpassungsverfahren liegt daher in der Eindeutigkeit des Kriteriums. Hinzu kommt, dass eine Einteilung nach Anpassungsprozessen eine überschaubare Anzahl an Fallgestaltungen hervorbringt. I. Die Prüfungsreihenfolge Mit ablehnender Skepsis betrachtet werden Anpassungsklauseln regelmäßig wegen des ihnen auf Grund ihrer typischen inhaltlichen Ausgestaltung immanenten Ausgeliefertseins einer Vertragspartei an die Anpassungsentscheidung des Vertragspartners.27 Hier liegt der richtige Ansatz, der Hinweis auf die vorrangige Gefahr. Nicht erst das mögliche Resultat einer Einflussnahme, sondern bereits die mit dem vereinbarten Anpassungsverfahren einhergehende Verschiebung der Risikoverteilung muss Ausgangspunkt für eine systematische Annäherung sein. Dabei geht es nicht um ein Exklusivitätsverhältnis, sondern um die Priorität im Rahmen der Anpassungssystematik. Unbestreitbar sind das Resultat inhaltlicher Gestaltung einerseits und die einer Partei vorbehaltene autonome Anpassungskompetenz andererseits Gradmesser für eine drohende Benachteiligung. Für eine Systematik kommt aber vorrangig der Einfluss im Rahmen des Änderungsprozesses in Betracht. Damit ist noch keine Vorentscheidung über die Rolle objektiver Kriterien gefallen.

sehr kurz begründet werden und an die keine weiteren Schlussfolgerungen geknüpft werden. Nach Horn, NJW 1985, 1118 (1119), und ihm folgend Beckmann, S. 4 f., finden sich drei Klauseltypen: Anpassungsautomatiken, Leistungsbestimmungsvorbehalte und Neuverhandlungspflichten. 27 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 2; MünchKomm/Basedow, § 308 Nr. 4 Rn. 1.

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

II. Der Anpassungsgrund als graduelle Abweichung von der Richtigkeitsgewähr eines Vertrages Der Vorrang privatautonomer Vertragsgestaltung ist ein Postulat ökonomischer und gesellschaftspolitischer Erkenntnisse und als Grundlage unserer Wirtschaftsordnung unerlässlich. Der auch zwischen ungleich starken Parteien ausgehandelte Schuldvertrag wird von der Rechtsordnung als wirksam angesehen, weil er in einem idealiter fairen Prozess mit gleichen Chancen der Mitbestimmung geschlossen wurde. Ob diese „Legitimation durch Verfahren“28 eine innere Vertragsgerechtigkeit29 bedingt oder eine materielle Richtigkeitsgewähr30 bietet, kann hier genauso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob überhaupt von der Prämisse ausgegangen werden kann, dass beide Parteien stets gleichermaßen die Geschäftsrisiken überblicken können und über finanzielle und marktliche Möglichkeiten zum Ausweichen auf Alternativen verfügen. Die Gewähr eines richtigen, weil autonom ausgehandelten Vertrages wird jedenfalls durch das mögliche Fehlen faktischer Gleichheit der Verhandlungsstärke und auch in den Fällen rechtlicher Einschränkung der Einflussnahme auf den Inhalt des Vertrages bedroht, soweit ist man sich einig. Der Vorzug des Differenzierungskriteriums Verfahren gegenüber dem Kriterium Inhalt lässt sich daher auch an einem strukturellen Vergleich der Vertragsanpassung mit den vom Gesetzgeber verfassten Prinzipien des Vertragsschlusses verdeutlichen. 1. Das Gesetz geht vom schuldrechtlichen Vertrag als Grundlage einer Verpflichtung aus, kennt auf der anderen Seite aber auch Fälle einseitig herbeigeführter Schuldverhältnisse. Zwischen diesen Extremen liegen Fälle abgestufter Einflussnahmemöglichkeit im Rahmen der Vertragsanbahnung. So besteht bei Wahrung des Vertragsgrundsatzes beim Formularvertrag faktisch keine Gleichheit hinsichtlich der Einflussnahme auf die Vertragsgestaltung. Auch der Vorvertrag führt zu einer Modifikation des als ideal gedachten Vertragsabschlusses. Entsprechend dem Benachteiligungspotential dieser Alternativen zum ausgehandelten schuldrechtlichen Vertrag werden unterschiedlich starke Zulässigkeitsvoraussetzungen für sie formuliert. Die einseitige Begründung einer Schuld ist wenigen Ausnahmen vorbehalten (§§ 81, 657, 661 a, 793 und 82631 BGB), der Abschluss eines Formularvertrages an die Wirksamkeit der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebunden (§§ 305 ff. BGB) und der Vorvertrag an das erforderliche Maß an Bestimmtheit. 28

Lehmann, Legitimation durch Verfahren (1983). Fouillée, La science sociale contemporaine, 1880, S. 410, zitiert nach Esser/ Schmidt, Schuldrecht I/1, § 10 I 1, S. 156. 30 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 130 ff. 31 Gemeint sind Fälle des so genannten Kontrahierungszwanges. 29

3. Kap.: Einzelne Fallgruppen

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2. Nicht anders ist es im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Vertragsanpassung, die vom Änderungsvertrag ausgehend graduelle Abstufungen der Einflussnahmemöglichkeit auf den neuen Inhalt kennt. Schuldrechtlicher (Erst-) Vertrag und Änderungsvertrag weisen strukturelle Gemeinsamkeiten auf. Nicht ohne Grund werden sie gleichrangig in § 311 Abs. 1 BGB aufgeführt. Die Gefahr einer Benachteiligung besteht nach dem eben Gesagten auch im Falle eines Änderungsvertrages immer dann, wenn in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Partei, auf das Ergebnis der Änderung Einfluss zu nehmen, durch die Wahl eines asymmetrischen Anpassungsverfahrens herabgesetzt ist. Die rechtsgeschäftliche Verankerung des Anpassungsverfahrens stellt einen Verzicht auf die Vertragsfreiheit dar, dem Vertragspartner im späteren Anpassungsverfahren paritätisch gegenüberzutreten, und wird somit zum Gradmesser einer Benachteiligungsgefahr, die um so größer ausfällt, je umfassender die Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten ist.

Drittes Kapitel

Einzelne Fallgruppen Auf der Suche nach Fallgruppen, nach denen sich der graduelle Verzicht auf die Einflussnahmemöglichkeit im Hinblick auf die damit einhergehende Benachteiligungsgefahr erfassen lässt, bietet sich in erster Linie der Rückgriff auf den Begriff des Gestaltungsraumes an. Dieser kann weiterhin beiden Parteien zustehen, einer Partei zur alleinigen Ausfüllung überlassen sein oder den Parteien entzogen sein.

A. Hilfsklauseln Steht der Gestaltungsraum für die Vertragsanpassung weiterhin beiden Parteien zur gemeinsamen Ausfüllung zu, weil erst eine übereinstimmende Willenserklärung die Rechtsfolge der Anpassung in Geltung setzt, stellt sich die Frage, ob in diesem Fall überhaupt von der Gefahr einer Benachteiligung gesprochen werden kann. Schließlich kann weiterhin auf die Grundsätze der Richtigkeitsgewähr paritätisch verhandelter Verträge verwiesen werden. Übertragende Gestaltungsmacht ist jedoch auch bei fortdauerndem Erfordernis einer formal juristischen Einigung denkbar. I. Die konkludente Vertragsänderung Die Änderung eines Vertrages durch zumindest eine konkludente Willenserklärung stellt keine rechtsgeschäftliche Regelung zu einem Vertragsrisiko

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

dar und nimmt damit nicht an der Fallgruppe Vertragsanpassung teil. Tatsächlich fehlt es an einem Anpassungsgrund und das „Anpassungsverfahren“ liegt in der schlichten Anwendung allgemeiner schuldrechtlicher Regeln. Dennoch sind die hier gewonnenen Erkenntnisse lehrreich. Vertragsverhandlungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses sind im alltäglichen rechtsgeschäftlichen Leben eher die Ausnahme als die Regel. Der Vertragsschluss wird regelmäßig durch eine feststehende Kostenrechnung des Waren- oder Dienstleistungsanbieters dominiert, welche keinen Platz für vom einseitig erarbeiteten Standard abweichenden Vertragsgestaltungen bietet. Erst die Konkurrenzsituation des Marktes garantiert dem Verbraucher das Bemühen um einen geringstmöglichen Preis. Eine grundsätzlich vergleichbare Situation ergibt sich auch im Falle einer Vertragsänderung. Bei einem gewandelten Interesse des Anbieters wird das Änderungsangebot regelmäßig von diesem ausgehen und primär seine Belange wahren. Für den Fall, dass keine Anpassungsklausel in das Vertragswerk aufgenommen wurde, steht der Anbieter dann aber vor dem Erfordernis einer einvernehmlichen Änderung, was Verhandlungen voraussetzt und dem Kunden Einfluss auf das Ergebnis gibt. Für den von einem Anpassungsereignis Betroffenen wäre es daher eine Lösung, wenn er ohne das Wissen des Vertragspartners den Vertrag ändern könnte. Da jedoch die für einen Änderungsvertrag erforderliche Willenserklärung zugehen muss und eine kongruente Annahmeerklärung voraussetzt, ist eine Änderung ohne Kenntnis des anderen vom Inhalt und unter Ausschluss seiner Einflussnahmemöglichkeit nicht möglich. Ein unlauterer, aber immer wieder anzutreffender Versuch besteht deshalb darin, dem Kunden eine zum Änderungsangebot passende Willenserklärung unterzuschieben. Grundsätzlich fordert die Rechtsgeschäftslehre einen bewusst gebildeten und kommunizierten Willen, wenn der Erklärende ihn belastende Rechtsfolgen auslösen möchte.32 Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist der Inhalt der Erklärung allerdings unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln.33 Als Gegenstand der Auslegung kommt dann die Erklärung, die allerdings auch in einem konkludenten Verhalten bestehen kann, in Betracht. Rechtsfolgen lassen sich damit nicht nur an den aus der Sicht des Erklärenden bewusst gebildeten und kommunizierten Willen anknüpfen, sondern auch an ein Verhalten, das je nach der Einbettung in die Gesamtumstände Grundlage einer konkludenten Erklärung mit einem bestimmten 32 Medicus, Allgemeiner Teil, § 25 IV, Rn. 345; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 C I 1 a, Rn. 67. 33 BGH NJW 1988, 2878 (2879); Medicus, Allgemeiner Teil, § 24 III 2 b aa, Rn. 323.

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Sinngehalt sein kann. Da lediglich von einem Verhalten auf einen Rechtsfolgewillen geschlossen wird, ist es also denkbar, dass der „Erklärende“ sich des Inhalts seiner Erklärung nicht bewusst ist und somit einen Vertrag ohne sein Wissen begründet. Für den an einer Vertragsänderung interessierten ist es also möglich, einen Änderungsvertrag ohne das Wissen des Änderungsgegners zu schließen, wenn er ihn nur zu einem Verhalten motivieren kann, welches als schlüssige Annahme seines Änderungsangebotes aufgefasst werden kann. Zu untersuchen ist daher, unter welchen Voraussetzungen ein Änderungsvertrag anzunehmen ist, wenn der Vertrag nach Mitteilung von veränderten Vertragsbedingungen dem äußeren Anschein nach einverständlich fortgesetzt wird. Häufigster Anwendungsfall ist die Zusendung neuer oder erneuerter Allgemeiner Geschäftsbedingungen. 1. Willensäußerungen mit eindeutigem Erklärungswert Es ergibt sich für denjenigen, dem ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages gemacht wird, die Möglichkeit zur ausdrücklichen Stellungnahme. Im Falle eines klaren, mündlich geäußerten oder schriftlich niedergelegten Einverständnisses kommt dann der Änderungsvertrag zu Stande, in den Fällen ausdrücklicher Ablehnung, und sei es nur der Fall eines eigenen neuen Angebotes, gerade nicht. Auch für konkludentes Verhalten lassen sich eindeutige Auslegungsergebnisse finden: Einfach liegen die Fälle, in denen der Vertragspartner sich entsprechend der einseitig erhöhten Leistungsverpflichtung verhält, also zum Beispiel den erhöhten Vertragspreis erbringt. Zwar ist auch dieses Ergebnis nicht ganz unbedenklich, wenn der Änderungsgegner sich gedrängt gefühlt hat, sich der geänderten Leistungspflicht entsprechend zu verhalten.34 Die Lösung für diese Konfliktsituation findet sich aber im Anfechtungsrecht, falls sich beispielsweise Anhaltspunkte für eine Täuschung oder Drohung finden oder der Änderungsgegner darlegen kann, seine Leistungserbringung habe er nicht als Zustimmung zu einem Änderungsvertrag verstanden. Genauso einfach liegen die Dinge, wenn der Kunde schlichtweg schweigt und darüber hinaus auch keine (geänderte) Leistung erbringt. Dann wird auch sein Verhalten keinen Erklärungswert besitzen.35 Tatsächlich fehlt es an einem Verhalten, welches einer Auslegung zugänglich wäre. Insgesamt sind alle Fälle unproblematisch, in denen der Kunde auf ein mittelbar gefordertes Zeichen sich entsprechend verhält. 34 Zumindest aber, wenn die Änderung neben Nachteilen auch Vorteile bietet ist wohl von einer konkludenten Zustimmung auszugehen; vgl. auch Prölls, in: Prölls/ Martin/Knappmann, Vorbem. I 6 B a, Rn. 25. 35 Wie hier auch Prölls, in: Prölls/Martin/Knappmann, Vorbem. I 6 B a, Rn. 25.

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2. Willensäußerungen mit nicht eindeutigem Erklärungswert In der Diskussion stehen aber diejenigen Fälle, in denen der Kunde als Reaktion auf das zugesandte Änderungsangebot den Vertrag stillschweigend fortsetzt, indem er die ursprünglich vereinbarte und auch durch das Änderungsangebot nicht berührte Leistung weiterhin erbringt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Allgemeine Vertragsbedingungen nach Vertragsschluss erst einbezogen werden sollen, also die zugesandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen nicht formularmäßigen Vertrag zu einem formularmäßigen machen sollen. Das Kernproblem ergibt sich daraus, dass die schlichte Fortsetzung des Vertrages nicht dahingehend ausgelegt werden kann, der Änderungsgegner wolle Zustimmung signalisieren. Im Gegensatz zu den Fällen des Fehlens eines geforderten, angepassten Verhaltens, wie der Erbringung erhöhter Leistungen, kann die schlichte Vertragsfortsetzung aber auch nicht als ausdrückliche Ablehnung ausgelegt werden. Es fehlt schlichtweg ein auslegungsfähiges Erklärungszeichen. Die Konsequenz ist: In der Inanspruchnahme der dem Vertragspartner zustehenden Leistung und der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung liegt ohne weitere Anhaltspunkte kein konkludentes Einverständnis in den Abschluss eines Änderungsvertrages. Das reine Gebrauchmachen von der vertraglichen Leistung kann nicht in Richtung Annahme eines Änderungsangebotes ausgelegt werden.36 Wer nimmt, was ihm zusteht und erbringt, was er ohnehin tun muss, erklärt nicht, dass er andere Vertragskonditionen wünscht. Anderenfalls könnte die Zurückweisung des Angebots nur in der Verweigerung der Inanspruchnahme der auch ohne Vertragsänderung bestehenden Leistungen liegen.37 Eine solche Verpflichtung lässt sich aber nicht begründen. Dieses Ergebnis führt zu der Konsequenz, dass, selbst wenn der reale Wille des Änderungsgegners auf die Annahme des Angebotes gerichtet ist, er mangels Erklärung keine Rechtsbindung auslöst. Damit muss der Vertragspartner, der sich dieser zweifelhaften Form der Vertragsanbahnung bedient hat, leben. Es bleibt bei den Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre: Tritt der Annahmewille später zu Tage, kann, wenn die Annahmefrist nach 36 A. A. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 Rn. 64; Horn, in: Wolf/Horn/ Lindacher, § 23 Rn. 623; Horn, WM 1984, 449 (453); Hoeren, NJW 1992, 3263 (3267); Seybold, VersR 1989, 1231; wie hier Prölls, in: Prölls/Martin/Knappmann, Vorbem I 6 B a, Rn. 25; Freund, S. 67 ff. 37 Denkbar wäre darüber hinaus die Annahme einer Widerspruchsobliegenheit. Könnte der Anpassungsinteressierte aber stets den Vertragspartner auch ohne eine entsprechende Abrede zwingen, sein Angebot anzunehmen oder es ausdrücklich abzulehnen, wäre das Bedürfnis nach der Vereinbarung einer entsprechenden Erklärungsfiktion hinfällig.

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§ 147 Abs. 2 BGB verstrichen ist, darin ein neues Vertragsangebot gesehen werden. Bei einem sehr langen Zeitraum können auch Billigkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu einem anderen Ergebnis kann man nur unter besonderen Umständen gelangen. Insbesondere kann eine Verkehrssitte zu einer anderen Auslegung führen, wenn erwartet werden kann, dass der Vertragspartner das Angebot ausdrücklich zurückweist. Im Rahmen einer Geschäftsbeziehung oder allgemein unter Kaufleuten liegt die Annahme einer solchen Pflicht nahe. § 151 BGB führt aber nicht weiter.38 Es darf nicht verkannt werden, dass nach § 151 BGB nur der Zugang der Willenserklärung entbehrlich ist. Erforderlich ist jedoch weiterhin eine nach außen hervortretende eindeutige Betätigung des Annahmewillens.39 Diese liegt jedenfalls nicht in der Fortsetzung des Vertrages. Darüber hinaus fehlt es regelmäßig an einer Verkehrssitte, wenn auf Seiten des Vertragspartners ein Verbraucher beteiligt ist. Vorteilhafte Änderungsangebote mögen eine Ausnahme bilden, in der Praxis spielen sie keine Rolle. II. Erklärungsfiktionen Mit der Analyse konkludent erklärter Vertragsänderung ist der Boden für den vertraglich vereinbarten Vorbehalt eines Gestaltungsspielraumes bei fortbestehendem Einigungserfordernis bereitet: Der Erklärungsfiktion.40 Ihrem Ziel nach erhebt sie das Fehlen eines Widerspruchs und damit allgemein Schweigen in den Rang eines Erklärungszeichens. Wie bereits im vorhergehenden Kapitel ist davon auszugehen, dass nur der bewusst gebildete und kommunizierte Wille rechtlich belastende Bindungen auszulösen vermag. So wie schlüssiges Verhalten kann auch das Schweigen Gegenstand von Auslegung sein. Typischerweise ist aber das bloße Nichthandeln dahin zu verstehen, dass eine rechtsgeschäftliche Bindung gerade nicht gewollt ist, sei es, weil schon keine Erklärung im rechtlichen Sinne vorliegt, sei es, weil damit eine Ablehnung verbunden ist. Soll Schweigen „beredt“ werden, bedarf es besonderer Umstände, wie einer vertraglichen Vereinbarung41 oder einer gesetzlichen Geltungsanordnung42. Auf Grund des Wegfalls einer Antwort ist der Kosten- und Verwaltungsaufwand für beide Seiten als sehr gering zu bewerten43, was ihre Eignung für den 38

A. A. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 Rn. 64. Palandt/Heinrichs, § 151 Rn. 2. 40 Sehr umfangreich zu diesem Thema: Nickel, Die Erklärungsfiktion im Bürgerlichen Recht (1997). 41 Medicus, Allgemeiner Teil, § 25 IV 1, Rn. 346. 42 Nachweise bei Medicus, Allgemeiner Teil, § 25 IV 1, Rn. 347. 39

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Massenverkehr (insbes. für die Kredit-44 und Versicherungswirtschaft45) erklärt. 1. Vertragselemente Die Vereinbarung, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Schweigen des Erklärungsgegners als Willenserklärung, insbesondere als Vertragsannahme zu werten ist, birgt ein erhöhtes Risiko, benachteiligt zu werden. Dogmatisch ist das Resultat von Vertragsangebot und fiktiver Vertragsannahme ein Vertrag, welcher seine Geltung und Verbindlichkeit durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit erlangt. Auch der Änderungsvertrag mittels einer Erklärungsfiktion kommt als Rechtsgeschäft deshalb zu Stande, weil sich die beteiligten Personen durch übereinstimmende Erklärung an die benannte Rechtsfolge binden wollen. Dieses Ergebnis erscheint aber sofort als fragwürdig, soweit der Erklärungsgegner zu keiner Zeit das Bewusstsein hatte, sich rechtlich zu binden. Die Bewertung eines nach außen als Willenserklärung zu deutenden Verhaltens als vollständige und damit bindende Willenserklärung trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins ist der Rechtsgeschäftslehre aber durchaus bekannt.46 So genügt es, dass der Erklärende die Bedeutung seines Verhaltens hätte erkennen können und müssen. Im Falle der Vereinbarung einer Erklärungsfiktion kann der Betroffene entscheidenden Einfluss auf die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung nehmen. Unterlässt er dies, so wird ihn gerade auf Grund der Vereinbarung der Vorwurf treffen, dass er es fahrlässig unterlassen hat, das Missverständnis zu vermeiden. Der Änderungsvertrag mittels Erklärungsfiktion ist also dogmatisch als Vertrag zu behandeln. 2. Der Gestaltungsspielraum Die in einem Gestaltungsspielraum liegende Macht des Anpassungsberechtigten findet ihr Korrelat in einem Duldenmüssen, einer Gebundenheit47 oder einem Unterworfensein seitens des Anpassungsgegners, welcher die Ausfüllung des Gestaltungsraumes in seinem Rechtskreis hinnehmen 43

Freund, S. 91. Vgl. Nr. 1 II AGB-Banken (1993); Nr. 2 AGB-Sparkassen (1993); Nr. 1 II AGB-Genossenschaftsbanken (1993) und die AGB der Kreditkartenanbieter (Nachweise bei Freund, S. 92). 45 Vgl. § 10 a ARB (inzwischen gestrichen). 46 So schon der Fall der „Trierer Weinversteigerung“, dazu Medicus, Allgemeiner Teil, § 40 III 1, Rn. 605 ff. 47 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 15 V 1, Rn. 66. 44

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muss. Im Falle einer Erklärungsfiktion muss der Antragsgegner dem ihm unterbreiteten Vertragsangebot nicht zustimmen. Da die Vertragsanpassung damit weiter von seiner autonomen Entscheidung abhängt und er in diesem Sinne keiner Duldung unterworfen ist, kann die Gestaltungsmacht auch nicht auf dem Sektor rechtlich bindender Alleinentscheidung gesucht werden.48 Wie im Falle einer konkludenten Zustimmung erzwingt der Anpassungsberechtigte die Anpassung quasi „durch die Hintertür“, indem er dem Vertragspartner diesmal ein aktives, regelmäßig zeitlich begrenztes Einschreiten abnötigt, um eine Rechtsfolge zu vermeiden. Die darin liegende faktische Macht darf nicht unterschätzt werden. In ihrer typischen Form steht die Erleichterung durch die Vereinbarung einer Erklärungsfiktion nur einer Person zu. Der Inhalt der Vertragsanpassung wird damit einseitig formuliert, und auch die Initiative zur Anpassung ist auf eine Person beschränkt. Soweit nur wenige, sofort verständliche Punkte eines Vertrages einer Anpassung unterliegen sollen, mag darin auch kein Problem zu sehen sein.49 Vielfach beinhaltet der Anpassungsvorschlag aber eine Umstellung des vertraglichen Regelungswerkes in einem Ausmaß, welches dem Anpassungsgegner ein erhöhtes Maß an Verständnisschwierigkeiten bereitet. Er ist dann gezwungen, den zumeist schriftlich übersandten Vertragstext genau zu analysieren, will er nicht Gefahr laufen, eigentlich unerwünschten Änderungen zuzustimmen. Da die Fiktionswirkung regelmäßig an den Ablauf einer Widerspruchsfrist gebunden ist, besteht hierfür auch ein gewisser Zeitdruck.50 Der misstrauische Kunde wird möglicherweise keine Kosten und Mühen scheuen, das Anpassungsangebot zu untersuchen. Vor allem im Hinblick auf die Annahme der Redlichkeit des Vertragspartners wird die Mehrzahl aber die Widerspruchszeit verstreichen lassen.51 In der Hoffnung, keinen gravierenden Anpassungen gegenüber zu stehen, wird das KostenNutzen-Verhältnis einer genauen Analyse den meisten als zu unsicher gelten. Schon der Umstand, dass der Anpassungsberechtigte in regelmäßigen Abständen Änderungsangebote unterbreiten kann, verleiht ihm eine entsprechende Macht. 48 Angesichts der Widerspruchsmöglichkeit und zur Verdeutlichung der Einflussnahmemöglichkeit des Vertragspartners wird im Zusammenhang mit § 308 Nr. 5 BGB auch von einer „einseitigen“ Änderung gesprochen; vgl. Lorenz, VersR 1996, 877; Baumann, JZ 1999, 881 (882). 49 Nach Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (116), folgt aus der Hinweisobliegenheit sogar, dass auch ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer stets in der Lage ist, sich der Tragweite des unterlassenen Widerspruchs bewusst zu werden. 50 Im Fall BGH NJW 1999, 1865 hat der BGH einen Zeitraum von vier Wochen als zu kurz bezeichnet. 51 Auf die fehlende Widerspruchsbereitschaft vieler Versicherungsnehmer im Falle einer Erklärungsfiktion verweist Prölls, in: Prölls/Martin, Vorbem. I Rn. 33.

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Eine andere Gefahr erscheint aber noch realistischer, die bei allzu genauer Betonung des Wortes „Widerspruch“ anklingt. Zwar bestehen keine festen Regeln, wie die Anpassungsklausel im Falle einer Erklärungsfiktion zu formulieren ist. Typischerweise enthält sie aber die Formulierung, dass „. . . die Änderungen wirksam werden, wenn Sie nicht innerhalb von . . . Widerspruch erheben.“ Sowohl umgangssprachlich als auch in der juristischen Fachsprache ist das Wort Widerspruch mit dem Beginn einer Meinungsverschiedenheit, Diskussion und schlimmstenfalls einem Konflikt gleichzusetzen. Regelmäßig führt ein Widerspruch eben nicht zur sofortigen, endgültigen Bereinigung einer Situation, sondern zu einer Auseinandersetzung. Wer im Verwaltungsrecht Widerspruch erhebt, rechnet auch mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht. Wer im täglichen Umgang einem anderen widerspricht, rechnet damit, dass dieser nunmehr seine Position verteidigt. Wer also widersprechen will, muss sich darauf einstellen, seine Position zu verteidigen. Im Falle einer Erklärungsfiktion muss derjenige, der widerspricht, seine Position nicht verteidigen. Regelmäßig ist das Anpassungsverfahren insofern formalisiert: Trifft kein Widerspruch ein, wird die Anpassung wirksam, trifft er ein, eben nicht. Ob ein Widerspruch Anlass für eine Kündigung sein kann, wird später noch zu untersuchen sein. Hier soll zunächst die Gefahr einer Erklärungsfiktion beschrieben werden. Hat der Anpassungsgegner Zweifel an dem weiteren Verfahren, wird er den Aufwand eines expliziten Widerspruches scheuen und somit faktisch für eine Rechtsgestaltung sorgen, auch wenn er rechtlich dazu nicht verpflichtet ist. Bereits an dieser Stelle zeichnet sich ab, was an anderer Stelle noch zu vertiefen sein wird: Die Gefahr einer Benachteiligung im Falle eines Änderungsvertrages mittels einer vereinbarten Erklärungsfiktion ist rein rechtlich nicht gegeben, da der Erklärungsgegner Widerspruch erheben und somit den Änderungsvertrag zu Fall bringen kann. Die dem Anpassungsberechtigten zustehende Gestaltungsmacht ergibt sich aber faktisch unter zwei Aspekten: Ihm steht jedenfalls das Initiativrecht zu, und er kann auf diese Weise den Vertragspartner zu einem aktiven Verhalten veranlassen, was ihn, will er inhaltlich die Anpassung bewerten können, im Falle umfangreicher Änderungen Zeit und gedankliche Arbeit kostet. Faktisch hängt die Gefahr einer Benachteiligung auch davon ab, ob dem Erklärungsgegner die Erhebung des Widerspruches auch tatsächlich zuzumuten ist, was auch voraussetzt, dass dieser die rechtliche Lage nach einem erfolgten Widerspruch überblicken kann und nicht fürchten muss.

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III. Neuverhandlungspflichten Vertragsbestimmungen, die beiden Vertragsparteien eine Neuverhandlungspflicht auferlegen, erheben die Verhandlung über den Abschluss eines Änderungsvertrages zu einer vertraglichen (Neben-)Leistungspflicht.52 Der Anpassungsakt verbleibt daher weiterhin ein Vertrag, und es ist der gemeinsame Geltungswille, der die Rechtsfolge Vertragsanpassung auslöst. Im Hinblick auf das Vorliegen eines Gestaltungsraumes ist daher zu untersuchen, ob mit der Vereinbarung der Pflicht, über eine Vertragsänderung zu verhandeln, eine verstärkte Einflussnahme einer Partei einhergeht. Dies hängt einerseits von der inhaltlichen Bedeutung einer Verhandlungspflicht und zum anderen von der Frage ab, welche Rechtsfolgen gescheiterte oder verweigerte Verhandlungen auslösen. 1. Die Rechtsnatur der Neuverhandlungspflicht Neuverhandlungen sind für den Anpassungsberechtigten nur für bestimmte Vertragskonstellationen eine Lösung. Auf Massenverträge passen sie gar nicht, da in diesen Fällen der Aufwand die Anpassung nicht lohnt und ein Interesse an einer gleichen Änderung aller Verträge besteht. Neuverhandlungspflichten finden sich daher nur vereinzelt in größeren Vertragswerken. Typischerweise werden die Parteien zueinander in einer Art Kooperationsverhältnis stehen, sei es in einem Arbeitsverhältnis, einer Gesellschaft oder in einer nationalen oder internationalen Geschäftsbeziehung. Der Inhalt einer Neuverhandlungspflicht beschränkt sich im Wesentlichen auf die Pflicht, mit der anderen Partei in Gespräche über die Möglichkeit eines abgeänderten Vertrages einzutreten.53 Im Rahmen dieser Verhandlung mögen Pflichten zu einer fairen Verhandlung und einem angemessenen Informationsaustausch bestehen. Wesentlich ist, dass ohne weitere Umstände eine Neuverhandlungspflicht keine Pflicht zur Einwilligung in eine Vertragsänderung normiert.54 Bereits die Verurteilung zu und die Vollstreckung einer Neuverhandlungspflicht erscheint problematisch.55 Denkbar sind jedoch Schadensersatzansprüche oder andere Rechtsnachteile, wenn 52 Fecht, S. 137; Baur, S. 119; Horn, Neuverhandlungspflicht, AcP 181 (1981), 255 (283); differenzierend: Nelle, S. 160 ff. 53 Darüber hinaus ergeben sich verschiedene Pflichten, welche die Art und Weise der Anpassungsverhandlungen betreffen, vgl. hierzu Nelle, S. 260 ff. 54 Nelle, S. 12, 17 und 288; Eidenmüller, ZIP 1995, 1063 (1064); Martinek, AcP 198 (1998), 329 (339); undeutlich Lettl, JuS 2001, 456 (457), der auch von der Möglichkeit zur faktischen Implementierung eines von der Gegenseite vorgeschlagenen Anpassungsmodusses spricht. 55 BGH WM 1973, 464 (465 f.); Salzmann, S. 31.

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sich eine Partei grundlos weigert, an entsprechenden Verhandlungen teilzunehmen.56 2. Die Anpassungskompetenz bei gescheiterten Neuverhandlungen Das Resultat der auf Grund der Neuverhandlungspflicht erfolgten Kooperation kann verschieden ausfallen. In Betracht kommen die einvernehmliche Fortsetzung (zu veränderten oder unveränderten Konditionen) sowie die einvernehmliche Aufhebung oder Auflösung des Vertragswerkes. Im Falle des Scheiterns von Neuverhandlungen stellt sich allerdings die Frage, wem (wenn überhaupt) die Zuständigkeit für die zumindest aus der Sicht einer Partei erforderlich gewordene Vertragsanpassung zukommen soll.57 Einfach liegen die Dinge, wenn die Parteien dies bedacht und eine entsprechende Regelung vorgesehen haben, so zum Beispiel die Anpassung durch eine Partei, mittels eines Schiedsgutachter oder durch den Richter. In diesen Fällen richtet sich das Verfahren nach dem subsidiär geltenden, aber dennoch den Charakter der Vereinbarung dominierenden Anpassungsprozess. Schwieriger liegen die Dinge, wenn eine Regelung im Falle gescheiterter Vertragsverhandlungen vertraglich nicht vorgesehen ist. a) Insbesondere in der früheren Rechtsprechung wurde vertreten, dass im Falle des Scheiterns von Neuverhandlungspflichten und fehlender subsidiär geltender Anpassungsregelung der Gläubiger der anzupassenden Leistung diese nach billigem Ermessen analog § 316 BGB zu bestimmen habe.58 Diese Rechtsprechung gerät in ein Spannungsverhältnis zum Wortlaut der Anpassungsregelung. Sollen die Parteien über eine Anpassung verhandeln und zu nichts anderem verpflichtet sein, so gibt es keine Stütze im Vertragstext, aus der auf eine einseitige Anpassungskompetenz geschlossen werden könnte. Für diese Arbeit ist die Streitfrage jedoch unerheblich, da im Falle der Geltung von § 316 BGB der Charakter der Neuverhandlungspflicht nach dem bereits Gesagten zu einer Gestaltungsklausel wird.59 b) Die Auslegung des Vertrages kann auch zu dem Ergebnis führen, dass die Parteien, hätten sie diesen Punkt bedacht, eine Festsetzung der 56 Lettl, JuS 2001, 456 (457 f.); Horn, Neuverhandlungspflicht, AcP 181 (1981), 255 (285 ff.); Nelle, S. 304 ff. 57 Umfassend Salzmann, Die Neuverhandlungsklausel als ein Problem ergänzender Vertragsauslegung (1986). 58 BGH WM 1964, 516 (562); WM 1967, 1201; WM 1968, 470 (471); WM 1970, 353; NJW 1974, 364; anders aber dann BGH WM 1978, 228 (229). 59 In diesem Sinne auch Nelle, S. 253.

3. Kap.: Einzelne Fallgruppen

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Leistung durch Urteil vorgesehen haben würden.60 Dem Richter steht die Anpassung von Verträgen aber grundsätzlich nur im Rahmen seiner Auslegungskompetenz zu. Erfasst werden die Fälle, in denen die Anpassung vollständig mit den Mitteln der Vertragsauslegung bewältigt werden kann, in denen also – in der Terminologie des Gesetzes – eine bestimmbare Leistung vorliegt, welche durch Interpretation zu einer bestimmten gemacht werden kann. Nur in wenigen Ausnahmefällen sind dem Richter autonome Gestaltungsbefugnisse ohne gesetzliche Regelung zuerkannt worden.61 Unabhängig von der näheren Begründung der richterlichen Gestaltungsmacht und der eher rechtspolitischen Frage, ob eine solche Anpassungskompetenz wünschenswert erscheint62, ist erneut auf das oben Gesagte zurückzugreifen. Der rechtliche Charakter einer Neuverhandlungsklausel richtet sich nach der subsidiär geltenden Regelung, sei sie durch Vereinbarung etabliert oder im Wege der Auslegung gefunden. Im Falle eines gerichtlichen Bestimmungsrechtes erhält sie den Rang einer Referenzklausel, bei der die Parteien schon im Vorfeld die Anpassungsregelung einem Dritten übertragen haben.

B. Gestaltungsklauseln Für die Begründung eines Schuldverhältnisses deckt sich die in § 311 Abs. 1 BGB gesetzlich vorgesehene Grundsatz-Ausnahme-Regelung mit der Wirklichkeit. Die einseitige Begründung einer Schuld steht zur vertraglich begründeten eindeutig im Verhältnis der Ausnahme zur Regel.63 Diese Ausnahmen haben in den §§ 81, 657, 661 a und 793 BGB durchgängig eine gesetzliche Regelung gefunden. Für die in § 311 Abs. 1 BGB der Begründung gleichgestellte Änderung eines Schuldverhältnisses ergibt sich etwas anderes. Hier nimmt die Möglichkeit, seitens eines Vertragspartners durch einseitiges Rechtsgeschäft auf bestehende Schuldverhältnisse ausgestaltend oder verändernd, einbrechend oder beendend einzuwirken, einen weitaus größeren Raum ein.64 Die einseitige Änderung einer Schuld ist ein „Massenphänomen“65.

60 BGH WM 1978, 794 (796); Salzmann, S. 116 ff. m. w. N.; Lettl, JuS 2001, 456 (461). 61 Vorverträge, Wegfall der Geschäftsgrundlage und Anpassung von Gesellschaftsverträgen. 62 Skeptisch insbesondere Baur, S. 63 ff., der von einer unzulässigen Kompetenzanmaßung durch die Gerichte spricht. 63 Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 II 1 a, S. 612. 64 MünchKomm/Thode § 305 Rn. 48. 65 Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 II 1 a, S. 612.

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I. Das Recht zur einseitigen Vertragsanpassung und der Grundsatz des § 311 Abs. 1 BGB Bedenken hinsichtlich des Geltungsanspruchs des § 311 Abs. 1 BGB oder an der Zulässigkeit vertraglich vereinbarter einseitiger Vertragsanpassungsrechte können sich ergeben, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in diesem Fall weder der Anpassungsakt eine vertragliche Einigung darstellt, noch gesetzlich legitimiert ist. Diese Zweifel lösen sich aber auf, wenn man bedenkt, dass auch Normen, die eine einseitige Gestaltung von Schuldverhältnissen gestatten, der Analogie fähig sind, und wenn anerkannt wird, dass einseitige Anpassung auch durch Rechtsgeschäft legitimiert werden kann. Zur Begründung dieser Aussage kann bereits eine extensive Interpretation des § 311 Abs. 1 BGB dienen. Eine Norm, welche die vertragliche Änderung von Schuldverhältnissen anerkennt, spricht damit im Kontext eines Gesetzbuchs, dem auch die einseitige Anpassung auf vertraglicher Basis bekannt ist66, in folgerichtiger Entfaltung seines Zwecks auch aus, dass der vertraglichen Änderung die zwar einseitig vollzogene, jedoch vertraglich legitimierte Änderung gleichzusetzen ist.67 Ein bestehendes Schuldverhältnis unterliegt nach § 311 Abs. 1 BGB der grundsätzlichen Möglichkeit rechtsgeschäftlicher, einseitiger oder zweiseitiger Änderung. Die einseitige Gestaltung ist in jeder Phase des Schuldverhältnisses möglich. Sie bedarf allerdings der Legitimation durch Gesetz oder Vertrag, wobei diese Möglichkeiten in keinem Exklusivitätsverhältnis stehen.68 II. Das Wesen von Gestaltungsrechten Unter einem Gestaltungsrecht ist „das einer bestimmten Person zustehende Recht, durch einseitigen Akt, meist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Rechtsverhältnis zumeist mit einer anderen Person entweder zu Stande zu bringen, inhaltlich näher zu bestimmen, zu ändern oder aufzuheben“69 zu verstehen. Kennzeichen ist eine Rechtsmacht, die es in Abweichung vom Konsensprinzip70 dem Berechtigten ermöglicht, nach seinem Willen eine Rechtsfolge zur Geltung zu bringen, die den Rechtskreis eines anderen berührt oder betrifft. Gestaltungsrechten, unabhängig davon worauf sie gerichtet sind, liegt eine gleichförmige Struktur zu Grunde. Damit die gestaltende Rechtswir66 67 68 69 70

Vgl. hierzu die Ergebnisse des zweiten Teils dieser Arbeit. Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 II 1 b, S. 613 f. Gernhuber, Schuldverhältnis, § 26 II 3 a, S. 615. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 15 V 1, Rn. 65. Medicus, Allgemeiner Teil, § 12 II 2, Rn. 81.

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kung eintreten kann, bedarf es einer Erklärung und eines Gestaltungsgrundes (Anpassungsgrund71). Besonderheiten im Bereich von Gestaltungsrechten, die ein Rechtsverhältnis anpassen, bestehen in diesem Bereich nicht. Auch ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Anpassungsrecht bedarf zu seiner Geltung einer Anpassungserklärung, für die § 130 BGB gilt. Da die Kehrseite eines Gestaltungsrechts das Unterworfensein der anderen Partei unter die Rechtsmacht des Anpassungsberechtigten ist, bedarf es grundsätzlich der Sicherung des Betroffenen. Formal stellt bereits das Erfordernis einer Gestaltungserklärung (Anpassungserklärung) einen ersten Schutz dar, indem es den Zugang einer hinreichend bestimmten, bedingungsfeindlichen und unwiderruflichen Willenserklärung aufstellt. Die entscheidende Begrenzung des Eingriffs erfolgt jedoch durch den Gestaltungsgrund.72 III. Der Gestaltungsraum und seine Beschränkung Im Falle einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung obliegt es jeder Partei, selbst über die Wahrung ihrer Belange zu wachen. Die darin liegende und zugemutete Formulierungsverantwortung ist Ausdruck des Grundsatzes der Privatautonomie. Wenn es die einseitige Begründung einer für einen anderen nachteiligen Rechtsfolge gibt, die sich mit dem vorhergehenden Verzicht einer Einflussnahme im Anpassungsakt seitens des Anpassungsgegners begründen lässt, dann besteht seitens des Gesetzgebers zunächst kein Grund, von seiner bisherigen, den Vertragsinhalten weitestgehend neutral gegenüberstehenden Haltung abzuweichen. Strukturell bestehen Gestaltungsrechte aus einem Tatbestand, der im Falle eines Anpassungsvorbehalts die Voraussetzungen für das Eingreifen des Anpassungsrechts normiert, und einer Rechtsfolge, die neben der Festlegung der Einseitigkeit des Anpassungsprozesses Aussagen über den Zeitpunkt, den Gegenstand und den Maßstab der Anpassung trifft. 1. Tatbestand und Rechtsfolge Gestaltungsklauseln zur Anpassung eines Vertrages bilden eine große Gruppe. Bereits auf der Rechtsfolgenseite gibt es die unterschiedlichsten Formen, denen nur gemein ist, dass eine Partei zur alleinigen Anpassung berufen ist. Über die Beschreibung der Rechtsfolgenseite kann die Reichweite einer Gestaltungsklausel eingeschränkt werden. Je genauer die einzelnen Elemente der Rechtsfolge gefasst sind, desto weniger Spielraum verbleibt dem Anpassungsberechtigten. Genauso wie auf der Rechtsfolgenseite 71 72

Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel B. II. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 15 V 4 a, Rn. 74.

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

geht mit einem hohen Konkretisierungsgrad bei den tatbestandlichen Voraussetzungen eine Einschränkung in der Flexibilität einher. Im Gegensatz zur Rechtsfolgenseite folgt aber aus einer stark konkretisierten Tatbestandsseite nicht eine Minderung der Benachteiligungsgefahr. Über den Grad und die Möglichkeiten einer Abweichung vom ursprünglichen Leistungsgefüge sagt die Tatbestandsseite nichts aus, sondern sie normiert die Voraussetzungen, wann ein einseitiger Eingriff erfolgen kann. Eine starke Einschränkung auf der Tatbestandsseite schützt den Anpassungsgegner also nur mittelbar vor Benachteiligung, indem sie die Möglichkeit eines ändernden Eingriffs verzögert oder erschwert. 2. Normative Kriterien Leistungserschwerungen, die nicht vollständig konkretisiert werden können, lassen sich in der Rechtsfolge schwerlich mit objektiven Kriterien erfassen. Ein einfacher Ausweg ist daher der Rückgriff auf inhaltlich ausfüllungsbedürftige, normative Kriterien. Nicht gerade selten finden sich Klauseln, die auf der Tatbestandsseite allgemein eine „Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse“ oder der „Relation von Leistung und Gegenleistung“ als Voraussetzung für einen ändernden Eingriff normieren. Auf der Rechtsfolgenseite behält sich der Änderungsberechtigte beispielsweise vor, die „Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung“ wiederherzustellen, einen „angemessenen Ausgleich“ oder eine „den Interessen beider Parteien gerecht werdende Lösung“ zu finden. Die Verwendung normativer Begriffe verschleiert, dass tatsächlich eine Beschränkung gerade nicht gewollt wurde. Bereits ein unbestimmter Begriff auf der Rechtsfolgenseite kann die Tür für ein nicht zu überblickendes Anpassungsrecht öffnen. Auch wenn der Anpassungsberechtigte sein Anpassungsrecht auf die Fälle wesentlicher Änderungen und die Wiederherstellung der vertraglich ausgehandelten Äquivalenz beschränkt hat, ist es gerade das Fehlen von Maßstäben zur Bewertung der Wesentlichkeit und der Äquivalenz, welches eine gerichtliche Überprüfbarkeit, ob der Anpassungsberechtigte die Grenzen seines Gestaltungsrechtes eingehalten hat, erschwert, wenn nicht sogar vereitelt. 3. Objektiviert-normative Kriterien Es kann aber nicht davon gesprochen werden, dass normative Kriterien die Gestaltungsmacht des Berechtigten per se nicht begrenzen können. Erforderlich ist aber eine allgemeingültige Methode, die eine Überprüfung der wertausfüllungsbedürftigen Aspekte ermöglicht und dem verwendeten Begriff objektive Konturen verleiht. Insofern ließe sich auch von objektiviertnormativen Begriffen oder von restnormativen Begriffen sprechen. Dies sei

3. Kap.: Einzelne Fallgruppen

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am Beispiel des Begriffes „Markt“ erläutert: Eine Leistungserschwerung kann auch darin gesehen werden, dass sich die Marktverhältnisse für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung geändert haben. Könnte der Anbieter der Leistung im Erfüllungszeitpunkt eine weitaus höhere Gegenleistung fordern, als dies noch im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsvertrages möglich war, ist das Äquivalenzverhältnis in zumindest seiner subjektiver Hinsicht gestört. Es kann davon ausgegangen werden, dass auf dem Markt jeder Teilnehmer möglichst günstige Konditionen erlangen möchte und der Anbieter einer Leistung nur deshalb den Marktpreis verlangt, weil er nur so seine Ware an den Mann bringen kann. Behält er sich die Anpassung an die im Erfüllungszeitpunkt aktuellen Marktverhältnisse vor, liegt darin aber möglicherweise auch eine Beschränkung. Dass der Begriff des Marktes normativen Charakter hat und in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht erst näher konkretisiert werden muss, ist aus dem Wettbewerbsrecht bekannt. Dennoch gibt es Märkte, die auf Grund besonderer Umstände als konkretisiert gelten können. Der Mietspiegel kann in einer Stadt unter den Voraussetzungen des § 558 c BGB ermittelt werden. Insofern besteht eine anerkannte Methode zur Bestimmung der Marktsituation, da mit der Umlage auf Gemeinden der Markt in räumlicher, mit der Trennung nach Mietzwecken und der Umlage auf den Quadratmeter in sachlicher und der jährlichen Erhebung in zeitlicher Hinsicht konkretisiert werden kann. Dennoch wird aus dem Begriff des Mietspiegels kein objektiver Begriff, da lediglich eine feste Methode zur Konkretisierung besteht und das System restnormative Stellen aufweist, wie die Berücksichtigung von Einzelfällen in gehobenen Wohngegenden etc. Verwendet der Anpassungsberechtigte normative Begriffe, lassen diese sich aber über den Rückgriff auf eine anerkannte Methode der Überprüfung zuführen, liegt daher auch eine Begrenzung der Gestaltungsmacht vor. 4. Objektive Kriterien Die Aufnahme objektiver Kriterien oder Kategorien in den Inhalt einer Anpassungsklausel ist mit dem Problem verbunden, das mit der Unmöglichkeit der Konkretisierung der Leistungserschwerung einhergeht und die anpassungsberechtigte Partei dazu bringt, von einem hohen Objektivierungsgrad nach Möglichkeit abzusehen. Ist das Anpassungsrecht seinem Wesen nach auf die Bewältigung von im Detail unbestimmten Problemen ausgerichtet, so steht eine hohe Konkretisierung der Eingriffsvoraussetzungen und des Anpassungsmaßstabes diesem entgegen, denn eine detaillierte Ausgestaltung setzt die Kenntnis voraus, auf welche Risiken man konkret reagieren will. Ein Beispiel für ein objektives Kriterium ist die Anknüpfung an die Zeit auf Tatbestandsseite. Danach kann es einer Partei gestattet

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

sein, periodisch eine Anpassung vorzunehmen.73 In einer Parallele zu den Wertsicherungsklauseln besteht auch die Möglichkeit, auf einen feststehenden Index Bezug zu nehmen, so dass die Anpassungsbefugnis durch eine bestimmte Änderung desselben bedingt ist. Schließlich gibt es eine Anzahl weiterer einzelner Kriterien, wie die Änderung der Rechtsprechung zu einzelnen Punkten, Gesetzesänderungen, Änderungen der aufsichtsbehördlichen Kontrollpraxis oder die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen. Auch auf der Rechtsfolgenseite können objektive Kriterien die Gestaltungsmacht des Änderungsberechtigten einschränken. Umfasst die Gegenleistung die Zahlung von Geld, kann der Betrag zum Beispiel prozentual oder um einen absoluten Betrag angehoben werden. Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass erst die Verwendung objektiver Kriterien die Gestaltungsmacht des Änderungsberechtigten einschränken kann. Die Verwendung normativer und restnormativer Kriterien sind hierfür nicht oder nur bedingt geeignet.

C. Referenzklauseln Ein Kompromiss zwischen Hilfsklauseln und Gestaltungsrechten sind Klauseln, die den erforderlichen Gestaltungsraum den Parteien weitestgehend entziehen, indem sie vertraglich einen Anpassungsmaßstab bestimmen, der von den Parteien in der Anpassungssituation nicht mehr beeinflusst werden kann. Für diese Vereinbarungen bietet sich der Begriff Referenzklauseln an. Da die Parteien nicht mehr selbst über die Angemessenheit der Änderung entscheiden können, bedarf es einer Referenz, einer Bewertung, die vom Parteiwillen unabhängig ist. Soweit eine solche Referenz gefunden worden ist, liegt der Kompromiss darin, dass zwar weiterhin ein Gestaltungsraum besteht, dieser aber durch ein parteiexternes Verfahren im Hinblick auf einen angemessenen Interessenausgleich beschränkt ist. I. Automatikklauseln Die Referenz kann zunächst in einem objektiven Wert bestehen, der nicht von den Parteien ermittelt wird, wie die Steigerung der Lebenshaltungskosten, die inflationsbedingte Geldentwertung oder die Entwicklung des Rentenniveaus. Je nach Tatbestandsseite tritt dann die Anpassung automatisch mit Zeitablauf oder dem Eintritt eines anderen Ereignisses ein, ohne dass eine Partei dies verlangen müsste. Für solche Vereinbarungen werden Begriffe wie Gleit-74 oder Spannungsklausel75 verwendet. Bedenken, Auto73 74

Diese Form der Anpassung liegt z. B. § 16 BetrAVG zu Grunde. Beckmann, S. 4 f.; Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 46.

3. Kap.: Einzelne Fallgruppen

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matikklauseln als Lösungsmodell für bestehende Anpassungsinteressen einzuordnen76, können aus der Überlegung resultieren, dass die zu Grunde liegende Leistungserschwerung umfänglich bekannt ist, so dass es auf einen Gestaltungsspielraum gerade nicht ankommt.77 Eine solche Sichtweise verkennt aber, dass im Falle eines Indexes das Maß der Anpassung bei Vertragsschluss gerade nicht feststeht. Soll beispielsweise eine Wertsicherungsklausel die Gefahr schleichender Geldentwertung auffangen, so ist die Höhe der jährlichen Inflation bei Vertragsschluss nicht erkennbar und die Vertragsparteien übertragen die Berechnung des Ausgleichs quasi dem Statistischen Bundesamt. Der wirtschaftliche Vorteil von Automatikklauseln liegt für beide Parteien in der Erkennbarkeit bevorstehender Änderungen. Sicherheit vor einer allzu großen Änderung des Leistungsgefüges vermittelt eine solche Regelung jedoch nur, wenn der gewählte Referenzwert eine gewisse Konstanz aufweist. Gegenwärtig ist dies beispielsweise bei der Ermittlung der Inflation gegeben. Allerdings können auch komplexe und ausgefeilte Automatikklauseln nicht alle später eintreffenden Umstände berücksichtigen, so dass sie an einer gewissen Starrheit leiden.78 Automatikklauseln sind vorrangig bei der Änderung der Hauptleistung anzutreffen, insbesondere sind sie geeignet, Preise, Prämien oder Tarife anzupassen.79 Klauseln, die ganze Vertragsbedingungen automatisch an veränderte Umstände anpassen, sind in der Kautelarpraxis selten.80 II. Schiedsklauseln Die Ermittlung eines Indexes als Referenzwert ist nichts anderes als die mittelbare Anpassung des Vertrages durch Dritte, denn selbstverständlich wird ein solcher Wert einerseits von Menschen ermittelt und andererseits dient er dem Zweck, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse transparent zu gestalten. Mittelbar ist die Anpassung, weil der Wert nicht mit Rücksicht auf den einzelnen Vertrag bestimmt wird. Dieses Ver75

Beckmann, S. 5. So ausdrücklich Herrmann, Jura 1988, 505 (506). 77 Bei vollständiger Festlegung des Anpassungsprogramms soll nach Horn, NJW 1985, 1118 (1120), soll die „Vertragsanpassung“ daher eher als normale Vertragsdurchführung und nicht als Vertragsänderung zu bewerten sein. Für eine Bewertung als Anpassungsklausel fehle der Ermessensspielraum. Dies ist zumindest dann zutreffend, wenn die Änderung ohne Zuhilfenahme externer Quellen durch Subsumtion des Vertragstextes ermittelt werden kann, wie beispielsweise einer jährlichen Preissteigerung um einen festgeschriebenen Prozentsatz. 78 Horn, NJW 1985, 1118 (1120). 79 Freund, S. 87. 80 Freund, S. 88. 76

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

fahren genügt dann nicht, wenn die konkreten Umstände eines Vertrages für die Anpassung von Bedeutung sind. Dann ist es erforderlich, dass sich ein Dritter persönlich bereit findet, eine individuelle Lösung des Problems zu finden. Dabei sind verschiedene Formen zu unterscheiden. 1. Schiedsgutachter Zu trennen sind zunächst diejenigen Vereinbarungen, durch die Dritte rechtsgestaltend tätig werden können, von denen, welche Dritte ermächtigen, bestimmte Tatsachen oder deren rechtliche Bedeutung zu klären. Letztere sind Schiedsgutachter im eigentlichen Sinne und ihre Tätigkeit beschränkt sich auf Feststellungen. Ihre Erklärung berührt den Inhalt des Vertrages unmittelbar nicht. Soll der Vertrag geändert werden, bedarf es dann neben der Bestellung des Schiedsgutachters einer selbständigen Abrede. Das Wesen der Mitarbeit eines Schiedsgutachters wird geprägt durch die Ausübung der übertragenen Gestaltungsmacht einer unbeteiligten81 Person. Grundlage hierfür ist die vertragliche Einigung. Darin müssen die Parteien die Gesichtspunkte festlegen, nach denen der Dritte bei der angepeilten Anpassung vorgehen soll. Soweit danach eine Leistungsänderung schon nicht möglich ist, fehlt es an einer bindenden vertraglichen Abrede. Die Gefahr einer Benachteiligung resultiert in dieser Fallgruppe daher aus dem Bedürfnis einer möglichst weitgehenden Vorgabe für den Dritten. Soweit die Parteien die Maßstäbe nicht vorgeben, gerät die unparteiische Entscheidung zu einer willkürlichen, da der Dritte dann sein Verständnis von der Bedeutung des Vertrages über den möglicherweise vorhanden gemeinsamen Willen der Parteien stellen müsste. 2. Schiedsrichter Schließlich kann die Aufgabe der Vertragsanpassung durch eine Schiedsklausel auch einem Schiedsgericht übertragen werden. Anstelle der ordentlichen Gerichte entscheidet dann dieses Schiedsgericht, ob ein geltend gemachter Anpassungsanspruch zu Recht besteht. Der Schiedsrichter stellt keine in dieser Arbeit isoliert zu betrachtende Form der Vertragsanpassung dar. Dieser soll ein streitiges Rechtsverhältnis unter Anwendung der durch Gesetz und Vertrag gegebenen Maßstäbe für die Parteien verbindlich und unter Ausschluss des Rechtsweges entscheiden.82 Für Schiedsrichter gelten 81 Diese Bedingung kann in Frage gestellt sein, wenn eine Partei berechtigt ist, den Schiedsgutachter eigenständig auszuwählen; zum Treuhänder in § 178 g VVG kritisch Schünemann, VersR 2004, 817 (818). 82 Larenz, Schuldrecht I, § 6 II b, S. 83.

3. Kap.: Einzelne Fallgruppen

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die besonderen Regeln der §§ 1025 ff. ZPO. Die Entscheidung des Rechtsstreits durch das Schiedsgericht – der Schiedsspruch – hat die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils und ist damit eine Alternative zu einem rechtsförmigen Verfahren. III. Richterliche Vertragsanpassung Gerichte entscheiden, ob ein gegen den anderen Teil geltend gemachter Anspruch einer Vertragspartei auf Zustimmung zur Anpassung zu Recht besteht. Insoweit vollziehen sie nicht nur die Anpassung, sondern üben, weil sie auf die Stellung geeigneter Anträge hinzuwirken haben, jedenfalls faktisch auch Gestaltungsmacht aus.83 Rechtliche Gestaltungsbefugnisse wachsen den Gerichten dagegen im Rahmen ihrer sekundären Anpassungszuständigkeit nach §§ 315 Abs. 3 S. 2, 319 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Entspricht die Anpassung durch die Vertragspartei bzw. durch den Schiedsgutachter nicht der Billigkeit oder wird sie verzögert, so vollzieht das Gericht die Anpassung durch Gestaltungsurteil.84 Darüber hinaus steht dem Gericht nach allgemeiner Ansicht das Recht zur inhaltlichen Gestaltung auch als Rechtsfolge des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu. Wie bereits dargestellt wurde, kann es auch bei gescheiterten Neuverhandlungen zu einer subsidiären Anpassungsbefugnis des Gerichts kommen. Allerdings ist eine außergesetzliche richterliche Anpassungsbefugnis grundsätzlich systemwidrig und ihr sollte daher ein entsprechender Ausnahmecharakter zukommen, auch wenn sie ein höchstes Maß an Unparteilichkeit garantiert.85

D. Mischformen Die Untersuchung der vorhandenen Anpassungsklauseln hat unter dem übergeordneten Differenzierungskriterium „Gestaltungsmacht“ eine Dreiteilung ergeben. Auf der Basis der Vertragsfreiheit ist nur die gemeinsame Übereinkunft in einem Vertrag frei von Gestaltungsmacht. Die graduelle Abweichung von dieser Ausgangssituation und die damit verbundene Gefahr gibt das System vertraglicher Anpassungsinstrumentarien vor. Hilfsklauseln übertragen bei rechtlicher Parität der Parteien faktische Gestaltungsmacht auf eine Partei. Hier resultiert die Benachteiligungsgefahr aus 83 Horn, Neuverhandlungspflicht, AcP 181 (1981) 255 (275 und 288); Baur, S. 56. 84 Staudinger/Mayer-Maly, § 315 Rn. 76 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 6 II, S. 80 ff.; Baur, S. 56. 85 Baur, S. 63 ff.

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

der Verkennung der verbliebenen rechtlichen Einflussnahmemöglichkeit. Gestaltungsklauseln schaffen unter Verzicht auf Vertragsfreiheit die Möglichkeit einer einseitigen Anpassung des Vertrages. Der Grad der hiermit einhergehenden Benachteiligung kann nur über die Begrenzung der Rechtsmacht durch die Verwendung objektiv nachprüfbarer Begriffe eingeschränkt werden. Referenzklauseln entziehen den Parteien den Gestaltungsraum und binden das Resultat der Änderung an von Dritten ermittelte Werte, entweder als allgemeine Indizes oder individuell über einen Schiedsgutachter. Für die Kalkulation der Parteien ist aber entscheidend, dass durch die Konkretisierung der zu berücksichtigenden Anpassungskriterien ein erhöhtes Maß an Prognostizierbarkeit einhergeht. Nunmehr soll überprüft werden, ob sich jede Klausel auch tatsächlich einer dieser drei Gruppen zuordnen lässt, indem Mischformen untersucht werden. I. Gestaltungs- und Hilfsklauseln Die Vermischung von Elementen eines Gestaltungsrechtes mit Elementen einer Hilfsklausel führt zu einer eindeutige Zuordnung. So wie sich Verträge und Gestaltungsrechte ausschließen, kann auch das Anpassungsrecht nur einer oder beiden Parteien zustehen. Im Falle der Einräumung eines Widerspruchsrechtes ist auch der Hinweis auf die einseitige Festlegung der Anpassung nicht geeignet, ein Gestaltungsrecht zu begründen.86 Im Zweifel entscheidet die Auslegung, §§ 133, 157 BGB. Die Verbindung eines Gestaltungsrechtes mit Neuverhandlungspflichten ist möglich, allerdings nicht auf zeitlich gleicher Ebene. Zumeist ergibt sich das Gestaltungsrecht als subsidiäres Recht, um den Bemühungen der gegnerischen Partei im Rahmen der Neuverhandlung Druck zu verleihen. Gerade dieser Umstand prägt jedoch den Rechtscharakter der Vereinbarung. Ergibt sich hinter der Neuverhandlungspflicht ein subsidiäres Gestaltungsrecht, so führt die drohende Gestaltungsmacht zu einer Einordnung der Klausel insgesamt als Gestaltungsklausel.87 Denn wenn der Anpassungsgegner durch eine Verweigerung des Abschlusses des für ihn ungünstigen Änderungsvertrages eine Anpassung letztendlich nicht verhindern kann, entwertet dies seine Rechtsposition und führt zu einer ungleichen Verhandlungsmacht der Parteien.

86 Missverständlich die Entscheidung BGH NJW 1999, 1865; dagegen zutreffend Dörner, Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 17.3.1999, WuB IV C. § 9 AGBG 8.99, 1161 (1163). 87 So auch Nelle, S. 253.

3. Kap.: Einzelne Fallgruppen

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II. Gestaltungs- und Referenzklauseln Der Verweis auf einen Referenzwert oder die Beteiligung eines Dritten geben noch keinen Aufschluss über das tatsächliche Anpassungsverfahren. Sie konkretisieren lediglich den Maßstab und nehmen den Parteien auf diese Weise einen Gestaltungsspielraum. Über das Änderungsverfahren ist damit noch nichts ausgesagt. 1. Auch wenn die Anpassung auf einen Referenzwert beschränkt ist, kann die Ausübung des festgelegten Anpassungsprogramms in das Ermessen einer Vertragspartei gestellt sein. Solche Klauseln sind selten, denn soweit sich die Parteien der Mühe unterziehen und die Gelegenheit haben, der zukünftigen Entwicklung mittels eines ausgefeilten Anpassungsprogrammes Herr zu werden, spricht selten ein Grund dafür, die Umsetzung nicht verbindlich festzuschreiben, sondern in das Ermessen einer Partei zu stellen. Denkbar ist dies jedoch. Die Verwendung eines Gestaltungsrechtes bei gleichzeitiger inhaltlicher Bindung an einen Referenzwert führt aber ohne weitere Umstände zu der Bewertung der Klausel als Referenzklausel. Charakteristisch für ein Gestaltungsrecht ist nicht die Einleitung des Anpassungsverfahrens, sondern die autonome Auswahl einer unter mehreren möglichen Rechtsfolgen. Die Bindung an den Referenzwert nimmt daher dem in rechtlicher Hinsicht bestehenden Recht zur einseitigen Vertragsgestaltung seine spezifische Gefahr und zwar durch eine vollständige Objektivierung des Maßstabes. 2. Soll der Referenzwert mit Rücksicht auf die Einzelfallumstände durch einen Schiedsgutachter festgelegt werden, ist die Übertragung der Rechtsmacht zur Vertragsanpassung auf diesen eher selten. Auch hier ist die Tätigkeit des Schiedsgutachters auf die Initiative einer Partei zurückzuführen, und auch die Frage, ob die Festlegung des Referenzwertes oder der Vertragsanpassung allgemein durch den Schiedsgutachter erfolgt oder unter Verweis auf diesen mittels eines Gestaltungsrechtes, ist unerheblich. Mit der oben ausgeführten Argumentation setzt sich auch in diesem Fall nicht die spezifische Benachteiligungsgefahr des Gestaltungsrechtes durch, da der Gestaltungsspielraum nicht durch denjenigen ausgefüllt wird, dem die Verfahrenskompetenz zusteht. 3. Anders liegen die Dinge allerdings, wenn einer Partei ein Gestaltungsrecht eingeräumt und dieses durch den Referenzwert nur teilweise objektiviert wurde. Verbleibt dem Anpassungsberechtigten ein rechtlicher Gestaltungsspielraum, so steht ihm auch ein Gestaltungsrecht zu, und der Referenzwert kann daran nichts ändern. Da die Gefahr, durch das Gestaltungsrecht benachteiligt zu werden, dominiert, ist in diesem Fall die Klausel nach den für Gestaltungsrechte zu ermittelnden Wirksamkeitsvoraussetzungen zu beurteilen.

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3. Teil: Vertragliche Anpassungstatbestände

III. Hilfs- und Referenzklauseln Die Verbindung von Hilfselementen und Referenzwerten ist selten.88 Im Falle einer Erklärungsfiktion ist der Verweis auf einen Referenzwert nur dann sinnvoll, wenn damit dem Anpassungsgegner eine Garantie für die unparteiische Ermittlung des Anpassungsmaßstabes gegeben werden soll. Indem dem Anpassungsgegner aber ein Widerspruchsrecht zugestanden wird, schafft der Anpassungsberechtigte gleichzeitig die Gefahr, dass durch den Widerspruch die zumeist umfangreiche oder im Falle eines Schiedsgutachters auch mit Kosten verbundene Arbeit zunichte gemacht wird. Die Verdopplung der Sicherheiten für den Anpassungsgegner macht eine solche Kombination zu einem unsicheren Anpassungsinstrumentarium. Häufiger ist eine Kombination von Neuverhandlungspflichten und Schiedsgutachtern anzutreffen. Da der Ausgang einer Neuverhandlung ungewiss ist, eine vertragliche Lösung aber nicht immer aufgeschoben werden kann, bedarf es regelmäßig eines subsidiär geltenden Anpassungsinstrumentariums. Im Falle einer einseitigen Anpassungsbefugnis dominiert dieses den Charakter der Klausel. Die Bindung an ein von einem Dritten zu ermittelndes Ergebnis führt zu der gleichen Schlussfolgerung. Da die Neuverhandlungspflicht die rechtliche Gestaltungsmacht weiterhin bei den Parteien belässt, die Schiedsvereinbarung den Parteien die Gestaltungsmacht aber entzieht, muss die weitergehende Gefahr einer Benachteiligung den Ausschlag über die Gesamtbewertung nach sich ziehen.

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Bekannt aus der Wirtschaft sind so genannte Korrekturklauseln (Wirtschaftsklauseln), die Automatikklauseln ergänzen und eine Anpassung der Automatik im Wege der Neuverhandlung an veränderte Umstände vorsehen; näher hierzu Horn, NJW 1985, 1118 (1120). Tatsächlich handelt es sich in diesem Fall aber um zwei unabhängige Anpassungsklauseln und keine Mischform.

4. Teil

Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen Die anhand des Kriteriums der spezifischen Benachteiligungsgefahr vorgenommene Systematisierung bekannter vertraglicher Anpassungstatbestände bildet die Grundlage für die nunmehr zu beantwortende Frage nach den Kriterien für die Abgrenzung von rechtlich zulässigen und unzulässigen Anpassungsklauseln. Diese Frage ist für (die hier zunächst zu behandelnden) Individualverträge und Formularverträge getrennt zu untersuchen.1

Erstes Kapitel

Hilfsklauseln Hilfsklauseln zur Anpassung eines Vertrages können individualvertraglich nahezu schrankenlos vereinbart werden. Mit dem formellen Erfordernis einer übereinstimmenden Erklärung betreten sie noch nicht den „offiziellen“ Bereich einseitiger Vertragsgestaltung, so dass die Rechtsordnung nicht von einer erhöhten Gefahr der Benachteiligung des Anpassungsgegners ausgeht. Tatsächlich mangelt es schlicht an anwendbaren Rechtsvorschriften.

A. Erklärungsfiktionen Für Erklärungsfiktionen ist es von Bedeutung, an welches Verhalten des Anpassungsgegners angeknüpft wird.2 Damit dieser sich auf die Auslösung der Erklärungswirkung einstellen kann, muss er Klarheit darüber besitzen, an welchen Aspekt seines Verhaltens der Anpassungsberechtigte die Fiktion der Zustimmung bindet. Ohne entsprechend bestimmte Regelungen muss der Vereinbarung die Wirksamkeit aberkannt werden. Besteht das relevante Verhalten im Unterlassen eines Widerspruchs, bedarf es darüber hinaus 1 Kartellrechtliche und wettbewerbsrechtliche Grenzen von Anpassungsklauseln werden in dieser Arbeit nicht untersucht. Vgl. hierzu die Ausführungen bei Lettl, JuS 2001, 559 (560 f.). 2 Ausführlich hierzu Nickel, S. 176 ff.

120 4. Teil: Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

einer Fristbestimmung, ab wann das Schweigen Erklärungswirkung entfalten soll. Hinsichtlich der Länge bestehen keine festen Regeln. In Analogie zu den gesetzliche geregelten Fällen der §§ 108 Abs. 2 S. 2 und 177 Abs. 2 S. 2 BGB sollte von einer Zwei-Wochen-Frist ausgegangen werden und darüber hinaus in Abhängigkeit vom Einzelfall eine entsprechend längere oder kürze Frist verlangt werden.3 Soweit die vereinbarte Frist unverhältnismäßig kurz ist, kann über das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB die Hilfsklausel entsprechend angepasst werden. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob der Anpassungsberechtigte überhaupt im Hinblick auf den Anpassungsgrund, den Gegenstand oder den Maßstab der Anpassung irgendwelchen Einschränkungen unterworfen ist, insbesondere ob der Anpassungsgegner verlangen kann, dass der Anpassungsberechtigte die Anpassung wenigstens nach billigem Ermessen vornimmt. Den einzigen Ansatzpunkt für eine Überprüfung des Anpassungsergebnisses liefert § 315 BGB, der jedoch unmittelbar keine Anwendung findet. Aber auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift stößt an die Grenze, dass die Vereinbarung einer Erklärungsfiktion zur Anpassung eines Vertrages dem Anpassungsberechtigten keine Gestaltungsmacht im rechtlichen, sondern nur im faktischen Sinn verleiht. Erst unter der Prämisse, dass die faktische Gestaltungsmacht im Falle einer Hilfsklausel gleichermaßen zu einer Verschiebung der Vertragsparität der Parteien führt wie ein reines Gestaltungsrecht, kann überhaupt über eine analoge Anwendung des § 315 BGB nachgedacht werden.4

B. Neuverhandlungspflichten Die Unwirksamkeit von individualvertraglichen Anpassungsklauseln, die eine Neuverhandlungspflicht der Parteien vorschreiben, ist selten. Einzig der für Verträge allgemein geltende Grundsatz der Bestimmtheit kann für Neuverhandlungsklauseln, die nicht die erforderlichen Anhaltspunkte für das einzuhaltende Verfahren, den Gegenstand der Verhandlung und den Maßstab der Anpassung bereitstellen, eine ernst zu nehmende Hürde darstellen.5 Zu beachten ist aber, dass die Unwirksamkeit wegen Unbestimmtheit stets dann ungerechtfertigt ist, wenn sich durch ergänzende Auslegung der Klausel (§ 157 BGB) Anpassungsmaßstäbe gewinnen lassen.6 Nach der 3

Vgl. aber auch BGH NJW 1999, 1865 mit einer Frist von über vier Wochen (allerdings im Rahmen einer Erklärungsfiktion in Allgemeinen Geschäftsbedingungen). 4 Soweit ersichtlich finden sich hierzu aber keine Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur. 5 BGHZ 55, 248 (249); Nelle, S. 251 f.; Baur, S. 69 ff.; Salzmann, S. 77 ff., 89.

2. Kap.: Gestaltungsklauseln

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Systematisierung dieser Arbeit ist außerdem entscheidend, ob eine Neuverhandlungsklausel durch die Vereinbarung einer sekundären Anpassungskompetenz als Gestaltungs- oder Referenzklausel zu bewerten ist. In diesen Fällen sind die für diese Art von Verfahren geltenden Grundsätze zur Bestimmung der Wirksamkeit maßgeblich.

Zweites Kapitel

Gestaltungsklauseln Es ist bereits dargestellt worden, dass § 311 Abs. 1 BGB die einseitig vollzogene, jedoch vertraglich legitimierte Anpassung nicht ausschließt.7 Zur Begründung ist angeführt worden, dass einerseits durch § 311 Abs. 1 BGB das Schuldverhältnis grundsätzlich rechtsgeschäftlichen Änderungen unterliegen kann und andererseits dem BGB die einseitige Anpassung auf vertraglicher Basis bekannt ist. Damit ist jedoch noch nichts zu den Grenzen gesagt. Die zu klärende Frage lautet daher: Wenn bei der einseitigen Vertragsanpassung der Grundsatz der Vertragsbindung durch den einvernehmlich erklärten Verzicht einer Partei, dem Vertragspartner im späteren Anpassungsverfahren paritätisch gegenüberzutreten, relativiert wird, in welchen äußeren Grenzen ist dann eben dieser Verzicht rechtlich zulässig?

A. Anpassung und Identität des anzupassenden Schuldverhältnisses Im Näheren umfasst die Vertragsfreiheit die Abschluss- und die Gestaltungsfreiheit. Die Abschlussfreiheit normiert die Möglichkeit des Einzelnen, sich frei zu entscheiden, ob er überhaupt und mit wem er einen Vertrag schließen will, und daher auch die Möglichkeit, ein ihm gemachtes Vertragsangebot abzulehnen.8 Die Abschlussfreiheit unterwirft den Beginn der vertraglichen rechtlichen Bindung der Voraussetzung der Willensübereinstimmung. Soweit die Parteien ein Gestaltungsrecht zur Anpassung des Vertrages vereinbaren, geht es aber nicht um den Verzicht auf Abschlussfreiheit. Die sich der Anpassung unterwerfende Partei stellt der anderen nicht in Aussicht, durch einseitige Erklärung eine vertragliche Leistungsverpflichtung neu begründen zu können. Die rechtsgeschäftlich vermittelte 6

Nelle, S. 252; Fecht, S. 160 ff.; Horn, Neuverhandlungspflicht, AcP 181 (1981), 255 (283). 7 Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel B. I. 8 Larenz, Schuldrecht I, § 4, S. 41.

122 4. Teil: Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

Möglichkeit zur einseitigen Leistungsbegründung ist dem BGB wesensfremd9. Damit ergibt sich bereits eine Grenze des rechtlich Zulässigen: Die Einräumung eines Gestaltungsrechts darf die Grenze der Identität des Schuldverhältnisses nicht überschreiten. Das in seiner Identität mit dem ursprünglichen Schuldverhältnis nicht mehr vergleichbare „neue“ Schuldverhältnis ist wertungsmäßig einem neu begründeten Schuldverhältnis gleichzusetzen. Soweit einer Partei daher die Möglichkeit eingeräumt wird, durch die Anpassung des bestehenden Schuldverhältnisses, dieses seiner Identität nach auszutauschen, ist die Vereinbarung, die dieses Recht gewährt, unzulässig.

B. Leistungsbestimmung und Anpassung Die rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer nachträglichen Anpassungsbefugnis einer Vertragspartei ist möglich. Sie beruht auf der Dispositionsbefugnis der anderen Partei, die auf einen Teil ihrer Gestaltungsfreiheit verzichtet. Die bestimmungsberechtigte Partei erlangt ein Gestaltungsrecht, dessen Kehrseite das Unterworfensein des anderen Vertragsteils unter ihre Bestimmung ist.10 Diese Abhängigkeit ist nicht unbedenklich, widerspricht sie doch der Idee, dass gerade durch das Erfordernis der Einigung das gefundene Ergebnis zumindest idealiter ein gerechtes Ergebnis im Sinne der Vorstellung der Parteien ist. I. Die analoge Anwendung von §§ 315 ff. BGB Die Begrenzung von Rechtsmacht zur einseitigen Gestaltung eines Schuldverhältnisses liegt auch den §§ 315 ff. BGB, die das Recht zur anfänglichen Leistungsbestimmung betreffen, zu Grunde. Nach allgemeiner Ansicht sind diese analog auf Anpassungsvereinbarungen anzuwenden.11 Tatsächlich sind zwei Probleme zu unterscheiden: Zunächst gilt es zu begründen, warum eine analoge Anwendung der §§ 315 ff. BGB auf Anpas9

Sieht man einmal von den Fällen des Kontrahierungszwanges ab, der allerdings nur als Korrektiv und nicht als Allgemeingültigkeit beanspruchender Grundsatz anzusehen ist. 10 Larenz, Schuldrecht I, § 6 II a, S. 80. 11 BGH ZIP 1985, 284 (285); NJW 1983, 1854 (1855); OLG Hamm, VersR 1993, 1342 (1343); Baur, S. 60; Malzer, Energielieferungsverträge, S. 131; Bilda, DB 1969, 427; Kronke, AcP 183 (983) 113 (118 ff.); Steindorff, BB 1983, 1127 (1128); Steindorff, ZHR 148 (984) 271 (273); Wedemeyer, DB 1969, 1925; Lettl, JuS 2001, 144 (145); Fricke, VersR 1996, 1449 (1453); Herrmann, Jura 1988, 505 (507); Horn, NJW 1985, 1118 (1121).

2. Kap.: Gestaltungsklauseln

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sungsklauseln möglich ist. Sodann ist die Frage aufzuwerfen, ob mit den §§ 315 ff. BGB für ausreichenden Schutz des Anpassungsgegners gesorgt ist. 1. Leistungsbestimmung und Vertragsanpassung Vorrangig ist der Unterschied zwischen der nachträglichen Festlegung anfänglich unbestimmt gebliebener Regelungen durch eine Vertragspartei oder einen Dritten und der nachträglichen Anpassung anfänglich bestimmter Regelungen herauszustellen. Wie schon in den Fällen der ergänzenden Vertragsauslegung ist die anfängliche Leistungsbestimmung als Ausfüllung einer Lücke zu verstehen, nur dass diese eben nicht planwidrig das Leistungsgefüge stört, sondern nach der Vorstellung der Parteien der Vertragsbindung nicht im Wege stehen soll. Unabhängig von der Art der sich anschließenden Lückenfüllung kann der entscheidende Unterschied zur Vertragsänderung herausgestellt werden: Es fehlt an der Bipolarität eines ursprünglich bestehenden und eines gewandelten Vertragsgefüges, denn das nach der Bestimmung ermittelte Ergebnis mag zwar in einen Widerspruch zur Erwartungshaltung des Vertragspartners oder zur Billigkeit im Allgemeinen treten, nicht aber in einen Widerspruch zu einem bestehenden Vertragsinhalt. Der Vertragspartner eines hinsichtlich seines Anspruchs unbestimmten Leistungspflicht des Vertragspartners wird im Falle der Bestimmung (sei es durch Auslegung, sei es durch die Bestimmung durch den Vertragspartner) nie im Hinblick auf eine innegehabte Rechtsposition frustriert, die ihm genommen wird, sondern „lediglich“ im Hinblick auf eine von ihm einseitig erwartete oder erhoffte Rechtsposition. Der Unterschied zur Vertragsanpassung wird besonders deutlich, wenn man sich die damit verbundene Verschleierungsgefahr vor Augen führt. Wer mit seinem Vertragspartner einen Vertrag schließt, bei dem die eigene (Haupt-)Leistungspflicht offen bleibt, andererseits aber ein Bestimmungsrecht des Vertragspartners besteht, weiß, dass es zu einer Vertragsbestimmung auch tatsächlich kommen wird. Eine Fallkonstellation, in der eine Vertragspartei ohne irgendeine Verhandlung über den Vertragsinhalt sich einer unbestimmten Leistungsverpflichtung unterwirft, erscheint außergewöhnlich. Der Bestimmungsunterworfene ist sofort gewarnt und entscheidet sich bewusst für das Vertrauen in den Vertragspartner. Demgegenüber bieten die meisten Anpassungsvereinbarungen insofern eine Scheinsicherheit, als die auszutauschenden Leistungen bestimmt und kalkulierbar sind, die Vertragsanpassung hingegen ein unbestimmtes Ereignis darstellt, dessen Eintritt eher auf eine unerwartete als auf eine erwartete Entwicklung zurückzuführen ist. Tatsächlich bietet eine Anpassungsklausel

124 4. Teil: Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

dem Anpassungsgegner weniger Sicherheit als eine Leistungsanpassung, insbesondere, wenn der Anpassungsberechtigte wiederholt und zu einer unbestimmten Zeit seine Rechte ausüben kann. Während die Leistungsbestimmung regelmäßig nur einen oder wenige Punkte betrifft, kann die erforderliche Reaktion auf eine Leistungserschwerung viele Haupt- und Nebenpflichten des Vertrages berühren. Der Unterschied zwischen anfänglicher Leistungsbestimmung und nachvertraglicher Leistungsanpassung liegt daher weniger in dem Ausmaß möglicher wirtschaftlicher Benachteiligung, als vielmehr in der Möglichkeit des Anpassungsberechtigten, den Vertragspartner zu überrumpeln, Risiken abzuwälzen und insgesamt die Folgen der vereinbarten Rechtslage zu verschleiern. 2. Der Schutzzweck der §§ 315 BGB Das Gesetz beschränkt die Rechtsmacht des bestimmungsberechtigten Teils durch die Vorschriften der §§ 315 ff. BGB12, indem es die Verbindlichkeit der getroffenen Leistungsbestimmung (im Zweifel13) an die Voraussetzung eines nach billigem Ermessen gefundenen Ergebnisses knüpft und außerdem die getroffene Bestimmung einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterzieht. Ihrer Funktion nach sind die §§ 315 ff. BGB somit Schutzvorschriften, die eine Schranke gegen den Missbrauch privatautonomer Gestaltungsmacht darstellen. Somit verhelfen sie nicht einem bestehenden Leistungsbestimmungsinteresse zur rechtlichen Geltung, sondern setzen ein solches bereits voraus, welches sie dann in die Schranken der Billigkeit verweisen. Ein wirksames Schuldverhältnis setzt die Bestimmtheit oder die Bestimmbarkeit der geschuldeten Leistung voraus. Nach § 154 Abs. 1 S. 1 BGB ist im Zweifel ein Vertrag nicht geschlossen, solange sich die Parteien nicht über alle Punkte des Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll. Nach den §§ 315 ff. BGB genügt eine anfänglich unbestimmte Leistung auch dann den Anforderungen an einen wirksamen Vertrag, wenn es einer Partei überlassen ist, sie zu bestimmen. Danach kommen den §§ 315 ff. BGB verschiedene Funktionen zu. Die Möglichkeit, eine zunächst unbestimmten Leistung durch einseitige Parteierklärung zu einer Bestimmten zu machen, schränkt den Anwendungsbereich des § 154 Abs. 1 BGB ein und vermeidet somit die Nichtigkeitsfolge, soweit die Parteien eindeutig zum Ausdruck gebracht haben, 12 Hierzu ausführlich Pütz, § 315 BGB – Rechtsgrundlage einer Inhaltskontrolle bei Imparität der Vertragspartner? (1989); Kronke, Zu Funktion und Dogmatik der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB, AcP 183 (1983), 113. 13 Horn, NJW 1985, 1118 (1121).

2. Kap.: Gestaltungsklauseln

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dass sie eine Vertragsbindung trotz Unbestimmtheit wenigstens einer Leistung wollen.14 Zwar setzen die §§ 315 ff. BGB eine dahingehende Vereinbarung voraus15 und ersetzen sie nicht, aber die Existenz der Schutzbestimmungen über die anfängliche Leistungsbestimmung setzen die Möglichkeit, überhaupt ein solches einseitigen Recht zu vereinbaren, bereits voraus. Anderenfalls fiele eine Begründung vor dem Hintergrund des § 311 Abs. 1 BGB weitaus schwerer als im Falle einer Vertragsanpassung, da dem Gesetz die einseitige Begründung einer Leistungspflicht gerade nicht bekannt ist. Die Vorschriften der §§ 315 ff. BGB harmonisieren daher eine Situation, in der verschiedene Interessen aufeinander stoßen. Der Bestimmungsberechtigte ist noch nicht in der Lage, die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung festzulegen und erhält hierfür ein Bestimmungsrecht. Der Bestimmungsunterworfene, der am Vertragsschluss interessiert ist, erhält die Vertragsbindung und damit die Sicherheit, die Leistung des Vertragspartners zu erhalten. Darüber hinaus wird er durch die Billigkeitsvorschriften der §§ 315 ff. geschützt. 3. Die Vergleichbarkeit der Interessen In analoger Anwendung könnten die Vorschriften der §§ 315 ff. BGB den Weg zu einer umfassenden Inhaltskontrolle auch im Falle einer Vertragsanpassung eröffnen. Der Anwendungsbereich des § 315 BGB reicht inzwischen weit über den Wortlaut hinaus und wird von der Rechtsprechung als Schranke gegen den Missbrauch privatautonomer Gestaltungsmacht auch in anderen Bereichen eingesetzt.16 Bereits sprachlich werden anfängliche und nachträgliche Änderungsbefugnisse häufig unter den Oberbegriff der Leistungsbestimmungsrechte gefasst.17 Methodisch ist für eine Analogie bei Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung erforderlich, dass nachvertraglicher Leistungsanpassung und anfänglicher Leistungsbestimmung dieselben strukturellen Schutzbedürfnisse zu Grunde liegen und die Regelung der §§ 315 ff. BGB auch für den Bereich der Vertragsanpassung rechtlich angemessene Antworten geben können.18 Die Zulässigkeit vertraglich vereinbarter einseitiger Vertragsanpassung stützt sich ihrerseits bereits auf Analogieschlüsse. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird belegt durch den Umstand, dass auch das Gesetz in ver14

Palandt/Heinrichs, § 315 BGB Rn. 1 m. w. N. OLG Düsseldorf, DNotZ 1996, 39 (41). 16 Palandt/Heinrichs, § 315 Rn. 2; Pütz, S. 2. 17 BGH NJW 2004, 1588 (1588); Freund, S. 88. 18 Zu den Voraussetzungen einer Analogie vergleiche Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 11 II, S. 68 ff. 15

126 4. Teil: Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

schiedenen Vorschriften bereits von der grundsätzlichen Möglichkeit einseitiger Vertragsanpassung ausgeht. Ohne den Bereich der Vertragsauflösung und der Nichtigkeit umfasst das Vertragsanpassungsrecht, wie es in dieser Arbeit definiert ist, allerdings nur wenige, zumeist junge Vorschriften, unsystematisch verstreut im BGB und seinen Nebengesetzen. Allein die Korrektur vertraglicher Strukturen aus Gründen der Billigkeit, basierend auf der Lehre von der Geschäftsgrundlage, ist dem Recht schon lange bekannt. Im Übrigen kann gesagt werden, dass im Hinblick auf das Problem der Vertragsanpassung der Gesetzgeber keine Notwendigkeit sah, gesetzgeberisch einzugreifen. Mit der zunehmenden Verwendung von Anpassungsklauseln geht jedoch auch das Bedürfnis einher, individualvertraglich vereinbarten Anpassungsklauseln Herr zu werden, zumal mit dem oben Gesagten die Verschleierungsgefahr für den Anpassungsgegner gegenüber der anfänglichen Leistungsbestimmung deutlich erhöht ist. Auszugehen ist von der Prämisse, dass die individuelle Austauschgerechtigkeit ein selbständiges ethisches Anliegen des Privat- und Wirtschaftsrechts ist.19 Das die heutige Vertragslehre weithin prägende Prinzip der „Richtigkeitsgewähr“ kraft eines die gegenseitigen Egoismen abschleifenden „Vertragsmechanismus“20 sieht sich zunehmend Zweifeln ausgesetzt. Aus unterschiedlichen Gründen misstraut man der Selbstregulierungsfähigkeit im Rahmen des einzelnen Vertragsverhältnisses und setzt auf die Entwicklung von Gegengewichtsbildung und Gruppenautonomie21. Unabhängig von der grundsätzlichen Ausrichtung des Rechts kann festgestellt werden, dass Fälle, die ausschließlich Individualinteressen berühren, von der Teilhabe an breiterer richterlicher Inhalts-(Gerechtigkeits-)Kontrolle jedenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen bleiben dürfen. Aber auch ein schrankenloses Hineinregieren der Gerichte in vertragliche Vereinbarungen kann nicht das Ziel sein. So wird vertreten, § 315 BGB analog dort heranzuziehen, wo allgemein die Vertragsparität gestört ist22 oder eine nicht verfassungsrechtlich ausbalancierte Ungleichgewichtslage besteht23. Unabhängig von solch weit19

Kronke, Zu Funktion und Dogmatik der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB, AcP 183 (1983), 113 (128). 20 Schmidt-Rimpler, Grundfragen einer Erneuerung des Vertragsrechts, AcP 147 (1941), S. 130 ff.; Schmidt-Rimpler, Zum Vertragsproblem, FS Raiser (1974), S. 3 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 4, § 6 II, S. 68. 21 Bartholomeyczik, Äquivalenzprinzip, Waffengleichheit und Gegengewichtsprinzip in der modernen Rechtsentwicklung, AcP 166 (1966), 30 (58); Schmidt, Von der Privat- zur Sozialautonomie, JZ 1980, 153 (158). 22 Umfassend: Pütz, § 315 BGB – Rechtsgrundlage einer Inhaltskontrolle bei Imparität der Vertragspartner? (1989). 23 Kronke, AcP 183 (1983), 113 (132).

2. Kap.: Gestaltungsklauseln

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gehenden Forderungen kann festgestellt werden, dass einerseits, abgesehen von den §§ 315 ff. BGB, keine Norm existiert, die sich dem Problem der Einschränkung vorbehaltener Gestaltungsmacht überhaupt unmittelbar zuwendet, und andererseits das Schutzbedürfnis des Anpassungsgegners gegenüber dem des Bestimmungsunterworfenen noch erhöht ist. Tatsächlich kann der Anpassungsberechtigte technisch jedes Ergebnis nachträglich herbeiführen, welches der Bestimmungsberechtigte sich anfänglich vorbehalten kann. Umgekehrt gilt das nicht, so dass sich die analoge Anwendung der §§ 315 ff. BGB mit einem Erst-recht-Schluss begründen lässt, auch wenn die Frage nach der Beschränkung von individualvertraglich vorbehaltener Gestaltungsmacht eher mit der verzweifelten Suche nach einer Norm zu beschreiben ist, die im Spannungsfeld zwischen gerichtlicher Neutralität und erwünschtem Eingriff aus Gründen der Kontrolle von faktischen oder rechtlichen Ungleichgewichtslagen eine passende Antwort bereit hält. Ob allerdings der beschränkende Begriff der Billigkeit eine ausgewogene Lösung bieten kann, bleibt zu klären. II. Der Begriff des billigen Ermessens Nach § 315 BGB ist die Leistungsbestimmung durch eine Vertragspartei im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen. Anerkannt ist, dass zwar auch die Vereinbarung geschlossen werden kann, die Bestimmung nach freiem Ermessen oder freiem Belieben vorzunehmen, andererseits aber auch in diesen Fällen eine Leistungsbestimmung im Falle offenbarer Unbilligkeit unwirksam ist.24 Einigkeit herrscht weiterhin darüber, dass im Falle billigen Ermessens dem Bestimmungsberechtigten ein Entscheidungsspielraum zusteht.25 Was billigem Ermessen entspricht, sei unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen Üblichen festzustellen.26 1. Diese Rechtsprechung ist erkennbar auf eine Situation zugeschnitten, in der erstmalig die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung festzulegen ist. Die Frage verschiebt sich aber im Falle einer nachvertraglichen Vertragsanpassung nicht unwesentlich.27 Vorrangig gilt es hier, eine Antwort auf die Frage zu finden, in welchen Konstellationen überhaupt in das Vertragsgefüge eingegriffen werden kann, und erst in zweiter Linie bedarf 24

Palandt/Heinrichs, § 315 Rn. 5 m. w. N. MünchKomm/Gottwald, § 315 Rn. 28; Palandt/Heinrichs, § 315 Rn. 10. 26 BGHZ 41, 271 (279); BAG ZIP 1994, 148 (149); Lettl, JuS 2001, 144 (145). 27 Nach Lettl, JuS 2001, 144 (145) sind die §§ 315 ff. BGB insofern lückenhaft: „So enthalten die §§ 315 ff. BGB zu den Tatbestandsvoraussetzungen und Grenzen für die wirksame Begründung einseitiger Leistungsbestimmungsberechtigung keine Anhaltspunkte.“ 25

128 4. Teil: Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

es Regeln, welche die Billigkeit der Kriterien für die Ausfüllung behandeln. Hier zeigt sich ein erstes, mit den §§ 315 ff. BGB nicht zu lösendes Problem, denn im Falle einer anfänglichen Leistungsbestimmung kommt es auf den Inhalt der nicht bestimmten Leistungspflicht nicht an. Konsequenterweise müsste daher festgestellt werden, dass mit dem Begriff des billigen Ermessens hinsichtlich des Gegenstandes der Anpassung keine Einschränkung verbunden ist, denn billig muss nur die Anpassung sein, nicht die Auswahl, was oder warum überhaupt angepasst wird. Andererseits fehlt es einer grundlosen Anpassung an der nötigen Bestimmtheit der abzuwägenden Interessen. Denn wenn der Grund der Anpassung nicht klar ist, fehlt es auch an Richtlinien, wie der Vertragsinhalt neu zu bestimmen sein soll, so dass eine Anpassung stets willkürlich wäre. Auch im Falle einer individualvertraglich vereinbarten Anpassungsklausel ist daher die Anknüpfung an eine Leistungserschwerung als Orientierungspunkt für den Grund des vertraglichen Eingriffs zu fordern. 2. Ein zweites Problem resultiert aus der Schwierigkeit, dass im Falle eines anzupassenden Vertrages zunächst einmal festgestellt werden kann, dass nach der Vorstellung der Parteien die Vertragsinhalte den subjektiven Äquivalenzvorstellungen tatsächlich entsprochen haben. Muss nun aber die Anpassung nach billigem Ermessen erfolgen, stellt sich die Frage, ob die ursprüngliche Wertentscheidung der Parteien zu berücksichtigen ist28, denn immerhin haben beide Seiten zum Ausdruck gebracht, dass der Vertrag ursprünglich einmal einen idealen Interessenausgleich darstellte. Für die Berücksichtigung des alten Vertragsinhalts spricht, dass der Anpassungsberechtigte anderenfalls ein beliebiges Ereignis als Ausgangspunkt für eine Neubestimmung der Vertragsleistungen wählen könnte und somit willkürlich und nicht billig handeln würde. Die Konsequenz dieser Überlegung ist, dass er im Rahmen der Anpassung zumindest im Hinblick auf den Maßstab der Anpassung gerade keinen Spielraum hat, sondern an die Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses gebunden ist, woraus diese auch immer resultiert. Nur eine solche Interpretation des Begriffes der Billigkeit verhindert, dass der Anpassungsberechtigte unter dem Deckmantel der Anpassung keine Leistungserschwerung auszugleichen sucht, sondern sich schlicht von einem ihm nicht mehr rentabel erscheinenden Vertrag befreien will, indem er ihn einseitig in einen gewinnbringenden Bereich verschiebt.

28

Herrmann, Jura 1988, 505 (507), fordert beispielsweise für eine Billigkeitsentscheidung nach § 315 BGB „eine umfassende Abwägung der entgegengesetzten Parteiinteressen sowie der gesamtwirtschaftlichen und außerökonomischen Allgemeininteressen.“ Hierbei bleibt offen, ob das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis ebenfalls Berücksichtigung finden soll.

3. Kap.: Referenzklauseln

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C. Sittenwidrigkeit von Gestaltungsklauseln Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Als Rechtsgeschäft kommt sowohl die Vereinbarung des Leistungsänderungsvorbehalts als auch das Gebrauchmachen von demselben in Betracht. Allerdings ist es wertungswidersprüchlich, die Vereinbarung eines Gestaltungsrechts als konform mit der Rechts- und Sozialmoral zu bewerten, dessen Ausübung hingegen nicht. Abzustellen ist daher lediglich auf die Vereinbarung eines nachträglichen Leistungsänderungsvorbehalts. Fallgruppen hierzu existieren aber in der Rechtsprechung und Literatur kaum. Anerkannt ist lediglich, dass eine Bestimmung, die dem Gläubiger gestattet, nach reiner Willkür zu verfahren, nach § 138 BGB zur Unwirksamkeit des Vertrages oder isoliert der Bestimmung führt.29 Denkbar ist es darüber hinaus, eine in Rechtsfolge und Tatbestand nahezu unbestimmte Klausel als sittenwidrig zu bewerten, wenn die Möglichkeit besteht, den Inhalt des Vertrages einseitig so umzugestalten, dass ein so abgeschlossener Vertrag unter § 138 Abs. 2 BGB fiele. Das Problem individualvertraglicher Gestaltungsklauseln zur Handhabung auftretender Leistungserschwerungen ist gesetzgeberisch nur äußerst unzureichend gelöst. Die zunehmende Anzahl gesetzlicher Einzelregelungen verdeutlicht die Komplexität der anzustellenden Interessenabwägung. Die Unterwerfung der Anpassung unter die Billigkeitskontrolle der §§ 315 ff. BGB ist daher als Notlösung das Minimum erforderlichen Schutzes. Nur eine entsprechende Interpretation des Begriffes der Billigkeit kann die Bindung an das Erfordernis einer eingetretenen Leistungserschwerung herbeiführen.

Drittes Kapitel

Referenzklauseln A. Gleitklauseln, Spannklauseln und Kostenklauseln Gleitklauseln sind Vereinbarungen, welche die Höhe einer Geldschuld an eine vertragsfremde Bezugsgröße binden und bei Änderungen der Bezugsgröße eine automatische Anpassung vorsehen.30 Nach § 2 PaPkG, der den durch das EuroEG aufgehobenen § 3 WährgG ersetzt hat31, sind Gleitklauseln genehmigungsbedürftig. Zuständige Genehmigungsbehörde ist das Bun29 30 31

Palandt/Heinrichs, § 315 Rn. 5; Lettl, JuS 2001, 559 (560). BGHZ 53, 315 (318); 63, 132 (134); Palandt/Heinrichs, § 245 Rn. 28. Ausführlich zu diesem Thema, Lettl, JuS 2001, 559 (565).

130 4. Teil: Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen

desamt für Wirtschaft. Spannklauseln, welche die Höhe einer Geldschuld vom künftigen Preis oder Wert gleichartiger Güter oder Leistungen abhängig machen32, und Kostenklauseln, die den geschuldeten Betrag insoweit von der Entwicklung von Preisen und Werten für Güter und Leistungen abhängig machen, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Leistung unmittelbar beeinflussen33, sind nach § 2 Abs. 2 PaPkG i. V. m. § 1 Preisklauselverordnung (PrKV) von der Genehmigungspflicht ausgenommen. Im Übrigen bestehen keine Einschränkungen. Durch die Verwendung objektiver Kriterien34 und das Genehmigungserfordernis sind Gleitklauseln regelmäßig unbedenklich im Hinblick auf die Benachteiligung des Kunden. Auch Spann- und Kostenklauseln erreichen durch die Anknüpfung an objektive oder restnormative Begriffe35 ein erhöhtes Maß an Festlegung, so dass ungerechtfertigte Spielräume selten bestehen. Auch das Erfordernis einer Leistungserschwerung ist mit der Anknüpfung an die Entwicklungen des Marktes36 und der Kosten zur Erbringung der Leistung dargetan.

B. Die analoge Anwendung der §§ 317 ff. BGB Die Anpassung der Leistung unter Mithilfe eines Dritten entzieht zwar den Parteien den Gestaltungsraum. Dennoch kann sich der Anpassungsgegner37 nicht darauf verlassen, dass die zur Anpassung berufene Person, im Zweifel ein Schiedsgutachter38, ihre Arbeit ordnungsgemäß ausführt bzw. 32 BGHZ 14, 306 (319); NJW 1983, 1909 (1910); NJW-RR 1986, 877 (878); Palandt/Heinrichs, § 245 Rn. 30. 33 Palandt/Heinrichs, § 245 Rn. 35. 34 Anknüpfungspunkt sind vielfach der nunmehr ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI), der Harmonisierte Verbraucherpreisindex für die Europäische Union (HVPI) sowie der Preisindex für die Lebenshaltung in Deutschland. Vgl. zu den ersten Indizes die Ausführungen bei Reul, DNotZ 2003, 92 und zum letzten Rasch, DNotZ 1999, 467. 35 Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel B. III. 2. und 3. 36 Typische Spannklauseln binden beispielsweise Miete und Pacht an die Preisentwicklung für vergleichbare Räume (BGH NJW-RR 1986, 877 (878)) oder sie koppeln Erbbauzins, Miete, Pacht oder Kaufpreisrenten an den Grundstücksertrag oder den Ertragswert (BGH NJW 1976, 422; 1979, 1546 (1547); BayOLG NJW-RR 1994, 469). 37 Die Verwendung des Begriffes Anpassungsgegner ist unpassend, da es in diesem Sinne auch keinen Anpassungsberechtigten gibt. Gemeint ist derjenige, der typischerweise von einer Anpassung betroffen ist. 38 Die Anpassung durch den Richter und durch Schiedsrichter wird an dieser Stelle aus der Betrachtung ausgenommen, da besondere Rechtsmittel und Wege bestehen, das Ergebnis anzugreifen. Ist die Anpassung einem Dritten überlassen, ist dieser typischerweise Schiedsgutachter und nicht Schiedsrichter, vgl. hierzu Palandt/ Heinrichs, § 245 Rn. 34.

3. Kap.: Referenzklauseln

131

der Maßstab, an dem die Anpassung vorgenommen werden soll, auch seinen Interessen entspricht. Im Hinblick auf Letzteres ist es allerdings Aufgabe der Parteien, Gegenstand und Ausmaß einer möglichen Anpassung als Grundlage für die Entscheidung des Dritten bereits bei Vertragsschluss festzuschreiben. Versäumnisse gehen im Falle eines Individualvertrages zu Lasten derjenigen Partei, die ihre Interessen nicht zum Ausdruck gebracht hat. Anders liegen die Dinge im Hinblick auf die konkrete Anpassungsentscheidung des Schiedsgutachters. Mit der bereits oben angestellten Überlegung zur analogen Anwendung der Vorschriften der §§ 315 ff. BGB sind die §§ 317 ff. BGB auch auf die Anpassung eines Vertrages durch eine dritte Person zu übertragen.39 Danach gilt, dass ohne eine anderweitige Abrede Ermessensspielräume den Grundsätzen der Billigkeit nach ausgefüllt werden müssen (§ 317 Abs. 1 BGB analog) und auch im Falle der Vereinbarung freien Ermessens offensichtliche Unbilligkeit zur Unverbindlichkeit der Anpassung und zur Anpassung des Vertrages durch den Richter führt (§ 319 Abs. 1 BGB analog).

39

Allgemeine Meinung; vgl. Palandt/Heinrichs, § 317 Rn. 3 m. w. N.

5. Teil

Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen Erstes Kapitel

Anpassung Allgemeiner Geschäftsbedingungen Die Ausgestaltung des Leistungs- und Pflichtengefüges bleibt im Rahmen des privatautonom Zulässigen den Parteien überlassen. Eine ins Einzelne gehende Aushandlung der verschiedenen Punkte ist im Massenverkehr undenkbar. Hier erfüllen Allgemeine Geschäftsbedingungen die Funktion, den Schuldinhalt mehr oder weniger komplett für eine Vielzahl von Verträgen festzulegen. Ihre Existenz beruht auf dem Interesse der Wirtschaft an Abweichungen zum dispositiven Recht, wenn zwar gesetzliche Regelungen existieren, diese aber in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung den sich ändernden Bedürfnissen des Wirtschaftslebens nicht entsprechen. Im Vordergrund steht eine Rationalisierungs- und Standardisierungsfunktion.1 Auch Anpassungsklauseln werden vielfach in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart, so dass ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nunmehr in den §§ 305 ff. BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen, zu klären ist.2

A. Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB und seine methodische Umsetzung Die herrschende Meinung sieht den Zweck der §§ 305 ff. BGB in dem Schutz des Kunden vor der einseitigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender. Sinn und Zweck der §§ 305 ff. BGB sei es, der mit der Verwendung von AGB typischerweise, unabhängig von der 1 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, Einleitung Rn. 1; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, Einleitung Rn. 3. 2 Keine Berücksichtigung finden Fragen, die sich an die Unwirksamkeit von Anpassungsklauseln anschließen, sowie Fragen nach der prozessualen Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus wirksamen Anpassungsklauseln. Vgl. zu diesen Themen die umfangreichen Ausführungen bei Lettl, JuS 2001, 660 ff.

1. Kap.: Anpassung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

133

Marktstellung des Verwenders, verbundenen Gefahr einseitiger Ausnutzung der faktischen Vertragsgestaltungsfreiheit zu Lasten des Kunden entgegenzutreten.3 In Abgrenzung hierzu ist nach anderer Ansicht maßgeblich der Schutz des schwächeren Partners mit den §§ 305 ff. BGB angestrebt.4 Die Intention der §§ 305 ff. BGB sei der Ausgleich des wirtschaftlichen Machtgefälles und der Unterlegenheit des Kunden. Schließlich wird vertreten, Schutzgrund des AGB-Gesetzes sei ein partielles Marktversagen, welches in erster Linie aus einem Motivations- und Informationsgefälle zwischen Verwender und Kunden resultiere.5 Richtigerweise handelt es sich um sich ergänzende Ziele, die nebeneinander stehend ihre Berechtigung haben und kaum inhaltlich zu trennen sind. Methodisch werden die Ziele vor allem durch die inhaltliche Kontrolle der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen erreicht. I. Inhaltskontrolle Die Inhaltskontrolle zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Verlust an Abschluss- und Gestaltungsfreiheit in den Fällen gestörter Vertragsparität nicht durch Stärkung des Selbstschutzes, sondern durch heteronome Kontrolle über den Inhalt des Vertragsschlusses aufzufangen sucht.6 Entsprechend der mit der Unterlegenheit des Kunden einhergehenden Risikoverlagerung erklären die §§ 307 ff. BGB typische nachteilhafte Abreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – unabhängig vom zu Grunde liegenden Vertragstyp – für unwirksam. In den Genuss dieser Schutznormen gelangt der Kunde unabhängig vom Beweis seiner Unterlegenheit oder der Marktmacht des Verwenders. Eine einzelne Bestimmung zur Überprüfung von Anpassungsklauseln enthalten die §§ 307 ff. BGB nicht. Vielmehr finden sich neben der Generalklausel des § 307 BGB verstreut verschiedene normative Hürden. Die Schwierigkeiten der Inhaltskontrolle zeigen sich bereits an dieser Stelle, denn mit Vorschriften, die nur das Anpassungsverfahren (§ 308 Nr. 5 BGB), den Zeitpunkt der Anpassung (§ 309 Nr. 1 BGB) oder ihren Inhalt (§ 308 Nr. 4 BGB) betreffen, bieten die §§ 307 ff. BGB bereits verschiedene Regelungen, die es zu harmonisieren gilt.

3 BGHZ 126, 326 (332); Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Einleitung Rn. 29; Staudinger/Schlosser, § 1 AGBG Rn. 23; Heinrichs, NJW 1996, 2190 (2194); Hensen, JA 1981, 133 (134); Roth, BB 1987, 977 (981 f.). 4 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, Einleitung Rn. 3 f. 5 MünchKomm/Basedow, Band 2, 4. Auflage (2001), Einleitung AGBG Rn. 4 ff. 6 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 1.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

II. Informationsmodell Dem Informationsmodell liegt die Annahme zu Grunde, dass ausreichende Information und Aufklärung dazu führt, dass die Vertragspartner auf Wettbewerbsmärkten ihre Marktchancen selbst ausreichend wahrnehmen, sei es durch Verhandlung über die Konditionen bei Vertragsschluss, sei es durch Abwanderung zu anderen Anbietern.7 Das Bedürfnis nach durchschaubarer, klarer, richtiger und bestimmter Darstellung wird im Rahmen der §§ 305 ff. BGB durch verschiedene Prinzipien gestützt, die in unterschiedlichen Vorschriften Anklage finden und zu deren wichtigsten die Forderung nach Transparenz und Bestimmtheit gehört.8 Anpassungsklauseln sind regelmäßig auf eine ausreichende formelle Gestaltung hin zu überprüfen, denn die Übertragung von Gestaltungsmacht zur inhaltlichen Veränderung eines Vertrages als Reaktion auf bei Vertragsschluss nicht genauer kalkulierbare Leistungserschwerungen geht stets mit einem erhöhtem Maß an Unklarheit einher, welche Rechtsfolge der Anpassungsberechtigte im Moment des Anpassungsereignisses wählt. Als Gegengewicht ist es daher von herausragender Bedeutung, dass der Anpassungsgegner durch hinreichende Informationen zumindest alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten überschauen kann.

B. Besonderheiten bei der Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Eines gewandelten Anpassungsbegriffes bedarf es im Falle der Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht. Dennoch ist die Übertragung des Problemgegenstandes nicht ohne zu klärenden Besonderheiten. Diese knüpfen an den Umstand an, dass auch die formale Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen für ihre Wirksamkeit eine Rolle spielt, nicht nur ihre inhaltliche Angemessenheit. Klärungsbedürftig ist demnach, ob unter den Begriff der Anpassung auch Fälle zu subsumieren sind, in denen der bereits festgelegte materielle Vertragsinhalt unberührt bleibt. Gemeint sind deklaratorische Klauseln (Konkretisierung sich aus der Natur des Vertrages ergebender Pflichten), redaktionelle Änderungen (Umbenennungen oder Umstellungen im Rahmen des Vertragstextes) sowie allgemein Änderungen des optischen Erscheinungsbildes des Vertragstextes.

7 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 149; Kreienbaum, S. 215 ff.; Kohte, ZBB 1989, 130 (134); Schäfer, S. 131 ff. 8 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 87 ff.; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 143 ff.

2. Kap.: Anpassungsklauseln und Einbeziehungskontrolle

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Der Bereich der inhaltlich neutralen Vertragsänderung wird verlassen, wenn der Verwender durch die formelle Umgestaltung des Vertragstextes die Gefahr begründet, dass ein objektiver Erklärungsempfänger zu einer gewandelten Auslegung käme, sei es aus Gründen systematischer Erwägungen, sei es wegen veränderter Überschriften oder Begrifflichkeiten. Eine Klausel, welche die Möglichkeit eines solchen Eingriffs nicht ausschließen kann, ist als Anpassungsklausel zu behandeln. Ebenfalls als (regelmäßig unzulässige) Vertragsanpassung zu werten ist es, wenn der Verwender eine aus Gründen optischer Gestaltung nach § 305 Abs. 2 BGB nicht einbezogene Klausel durch eine gewandelte graphische Darstellung nachträglich zum Vertragsinhalt machen möchte. Im Übrigen sind dem Verwender keine Grenzen aufzuerlegen. Mangels Schutzbedürfnisses des Kunden kann er auch ohne die Vereinbarung einer Anpassungsregelung auf die Form der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Einfluss nehmen, solange die „veränderten“ Vorschriften ihrerseits wirksam einbezogen worden sind und andererseits eine inhaltliche mittelbare Veränderung ausgeschlossen werden kann.

Zweites Kapitel

Anpassungsklauseln und Einbeziehungskontrolle Entsprechend der gesetzlichen Gliederung der §§ 305 ff. BGB sind Anpassungsklauseln zunächst auf ihre wirksame Einbeziehung zu überprüfen. Dieser Prüfungsschritt entfällt, soweit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders im Rahmen einer Unterlassungsklage nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) überprüft werden.

A. § 305 BGB – Einbeziehung von Anpassungsregelungen in den Vertrag § 305 BGB regelt die Voraussetzungen, unter denen Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil werden, wobei § 310 BGB zu beachten ist. Der Zweck der Vorschrift richtet sich darauf, die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Einzelvertrag von einem eindeutigen rechtsgeschäftlichen Willen auch des Kunden abhängig zu machen, ohne dadurch den Rechtsverkehr unnötig zu behindern. Erreicht wird dieses Ziel durch Hinweisobliegenheiten und das Erfordernis der zu schaffenden Möglichkeit der Kenntnisnahme. Die Änderung eines mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgeschlossenen Vertrages bedarf solange nicht der Voraussetzungen des § 305 BGB, wie die Allgemeinen Geschäftsbedin-

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

gungen in ihrem Bedeutungsinhalt überhaupt nicht betroffen sind.9 So ist die Veränderung der Hauptleistungspflicht beispielsweise nicht an § 305 BGB zu messen. I. Die erstmalige Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen bestehenden Vertrag Die erstmalige Einbeziehung ist genauso wie die Ergänzung oder Erweiterung bestehender Allgemeiner Geschäftsbedingungen eine Vertragsanpassung, die sich aus einem Änderungsvertrag oder dem Recht zur einseitigen Gestaltung ergeben kann. Soweit sich die Parteien einvernehmlich über die nachträgliche Geltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einigen, gilt § 305 BGB uneingeschränkt.10 Eine Abweichung scheitert bereits daran, dass das Rechtsschutzbedürfnis im Falle von erstmaligem Vertragsschluss und Vertragsanpassung nicht als unterschiedlich zu bewerten ist. Auch eine Unterscheidung nach kundengünstigen und kundenungünstigen Änderungen11 erscheint gekünstelt und findet keine Parallele im Bereich der Vertragsbegründung. II. Die Anpassung bestehender Allgemeiner Geschäftsbedingungen Soweit sich eine Partei das Recht vorbehalten hat, den Vertrag einseitig anzupassen, ist selbstverständlich an dem Erfordernis einer Einverständniserklärung im Sinne des § 305 BGB nicht festzuhalten. Hinweispflicht und Kenntnisnahmemöglichkeit sind aber weiterhin erforderlich, insofern enthält § 305 BGB kein dispositives Recht. In der Praxis spielt diese Frage insbesondere dann eine Rolle, wenn der Verwender seine gesamten Geschäftsbedingungen einer formellen und inhaltlichen Neufassung zum Zweck der Aktualisierung unterziehen möchte. Mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Geltung von § 305 BGB ist allerdings noch nicht die Frage entschieden, auf welche Weise der Verwender die Voraussetzungen des § 305 BGB erfüllen muss. Zum einen wird vertreten, dass der Verwender den Kunden auf die Neufassung hinweisen, ihm den geänderten Text zugänglich machen und die geänderten Klauseln (drucktechnisch) hervorheben müsse.12 Andere 9

Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 2 Rn. 41. Denkbar ist lediglich ein zeitliches Auseinanderfallen von Hinweis und Kenntnisnahmemöglichkeit, wenn die Einbeziehungserklärung vom Verwender ausgeht; vgl. dazu Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 2 Rn. 35. Grundsätzlich anderer Ansicht ist lediglich Bunte BB 1983, 732, der lediglich die Einhaltung der Regeln der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre fordert. 11 Freund, S. 67 ff. 12 Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 Rn. 64. 10

2. Kap.: Anpassungsklauseln und Einbeziehungskontrolle

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lassen die Übersendung des gesamten Klauselwerkes ausreichen, ohne darüber hinausgehende Hinweispflichten zu fordern.13 Nach Freund ist der Einzelfall zu berücksichtigen.14 Die Frage kann allerdings auch ohne die Berücksichtigung von Einzelfällen allgemein gelöst werden. Eine zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit liegt nur dann vor, wenn der Verwender entweder die Änderungen hervorhebt oder nur die Änderungen versendet. Dabei ist § 305 BGB seinem Bedeutungsgehalt nach auf den Fall einer Änderung zu übertragen, eine direkte Anwendung ist ausgeschlossen. Der Kunde soll vom Inhalt des Formularvertrages, und das betrifft im Falle einer Anpassung eben nur die geänderten Passagen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen können. Dieses Ergebnis wird durch die grundsätzlich bestehende Forderung nach Transparenz gestützt, welche das Ziel verfolgt, dem Kunden die Rechtslage deutlich vor Augen zu führen. Soweit der Kunde allerdings gehalten ist, die neue Rechtslage im Vergleich zur alten Rechtslage durch einen Abgleich der jeweiligen Fassungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbständig herbeizuführen, kann dieses Ziel nicht erreicht werden. Hinzu kommt, dass „zumutbar“ im Sinne des § 305 BGB auch in „zumutbarer Zeit“ bedeutet.

B. § 305 c Abs. 1 BGB – Überraschende Klauseln Die Vorschrift enthält eine die generellen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 BGB ergänzende Sonderregelung zur Erschwerung der Einbeziehung ungewöhnlicher Klauseln. Diese werden trotz einverständlicher Verweisung beider Parteien auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders dann nicht Vertragsbestandteil, wenn der Kunde nach den Gesamtumständen mit einer Bestimmung dieser Art nicht zu rechnen brauchte. Entscheidend ist die Ungewöhnlichkeit der Klausel im Hinblick auf den jeweiligen Vertragstyp15 und den darin liegenden Überraschungseffekt16. Ein überraschender Charakter von Anpassungsklauseln im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB ist nicht von vornherein ausgeschlossen.17 Für bestimmte Klauseln – solche, die bei Dauerschuldverhältnissen eine rückwirkende Veränderung z. B. des Entgelts ermöglichen sollen – ist ein Überraschungs13

Schmidt-Salzer, § 2 AGBG Rn. D.102. Freund, S. 56. 15 Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 3 Rn. 14. 16 Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 3 Rn. 13 f. 17 Vergleiche die Darstellung bei Beckmann, S. 22 ff., allerdings reduziert auf den Bereich Preis- und Prämienanpassungsklauseln und Hübner, in: Festschrift Concordia-Versicherungen, S. 57 (62 f.) bezüglich Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen. 14

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

moment regelmäßig zu bejahen.18 Ansonsten besitzen Anpassungsklauseln keinen Überraschungseffekt. Im Übrigen ist eine generelle Beantwortung der Frage, ob Anpassungsklauseln die Voraussetzungen des § 305 c Abs. 1 BGB erfüllen, ist nicht möglich, weil im Rahmen der Prüfung des § 305 c Abs. 1 BGB immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind.19

C. § 305 b BGB – Vorrang der Individualabrede Die Vorschrift betrifft das Verhältnis von individuellen und vorformulierten Vertragsbedingungen. Sie spricht jenen den Vorrang zu gegenüber abweichenden AGB. Es handelt sich um eine Kodifizierung allgemeiner Auslegungsgrundsätze über das Verhältnis zwischen speziellen und generellen Vereinbarungen. Ebenso wenig wie § 305 c Abs. 1 BGB stellt § 305 b BGB nicht die entscheidende Hürde für Anpassungsklauseln dar. Ob ein Widerspruch zwischen Individualabrede und Allgemeinen Geschäftsbedingungen besteht, ist durch Auslegung zu ermitteln, und eine solche Prüfung kann grundsätzlich nur für jeden einzelnen Vertrag anhand der jeweiligen Umstände ermittelt werden. Vereinzelt20 wird vertreten, § 305 b BGB sei auf Preisanpassungsklauseln nicht anwendbar.21

18

Beckmann, S. 24 ff.; a. A. Lettl, JuS 2001, 559 (561). Lettl, JuS 2001, 559 (561); überlegenswert ist es, zumindest Preisanpassungsklauseln als vertragstypenfremde Bestimmung zu werten, weil sie die Hauptpflicht des Kunden erweitern. Vgl. dazu Beckmann, S. 22; Schulze-Schwienhorst, S. 46; Horn, NJW 1985, 1118 (1120); Staudinger/Schlosser, § 3 AGBG Rn. 37; Soergel/ Stein, § 3 AGBG Rn. 11. 20 Schlosser, in: Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, § 4 Rn. 1. 21 Überlegenswert für Preisanpassungsklauseln ist eine Differenzierung in unverbindliche Preisvereinbarungen (danach ist bereits die Individualvereinbarung eindeutig auf die Änderbarkeit des Vertrags gerichtet), Festpreisabsprachen (danach ist die Individualvereinbarung bereist eindeutig auf die Unveränderbarkeit des Vertrages gerichtet) und „einfache Verbindlichkeiten“. Letztere sind daraufhin zu untersuchen, ob den Parteien die Änderbarkeit bewusst war und sie diese somit (stillschweigend) vereinbart haben. Vgl. zu diesem Problem: Beckmann, S. 26 ff.; Wolf, ZIP 1987, 341 (345); Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 4 Rn. 20; Bilda, MDR 1979, 89 (92); Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (65); Schulze-Schwienhorst, 46 f.; Koch/Stübing, § 11 Nr. 1 Rn. 2; Trinkner, in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 4. 19

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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Drittes Kapitel

Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle A. Systeme zur Inhaltskontrolle von Anpassungsklauseln in Rechtsprechung und Literatur Umfassende Systeme zur Bewertung von Anpassungsklauseln sind in der Rechtsprechung und Literatur nicht zu finden.22 Die inhaltlichen Kriterien orientieren sich an den verschiedenen normativen Hürden, wie §§ 307, 308 Nr. 4 und 5, 309 Nr. 1 BGB23. An die Stelle einer systematischen Annäherung ist eine Fallkasuistik getreten, die nicht den Anspruch erhebt, das gesamte Problem der Zulässigkeit von Anpassungsklauseln zu lösen. Die Schwierigkeiten sind offensichtlich, denn es gilt, eine große Anzahl Anpassungstechniken für verschiedene Vertragsarten und Vertragsinhalte zu systematisieren. Erschwerend kommt hinzu, dass ein abgeschlossenes gesetzliches System zur Lösung von nachvertraglichen Leistungserschwerungen nicht vorhanden ist, so dass auch eine Orientierung an gesetzlichen Leitbildern ausscheidet. Der Gratwanderung zwischen der grundsätzlichen Zulässigkeit von Anpassungsregelungen und den Kriterien zu ihrer Einschränkung wird daher anhand einzelner Merkmale versucht, unter denen in der neueren Literatur insbesondere das Transparenzgebot24 eine herausragende Bedeutung erlangt hat, ohne dass geklärt ist, wie die Vertragspraxis die Anforderungen an eine transparente Gestaltung von Anpassungsklauseln erfüllen soll.25

B. Materielle Aspekte zur Konkretisierung des Begriffes der unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) Bestimmungen in vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB ausgesetzt sind und ihr nicht standhalten, sind unwirksam. Diese Rechtsfolge beruht systematisch auf einem 22 Für Preisanpassungsklauseln entwirft Beckmann ein System der Interessenabwägung unter besonderer Beachtung der Begriffe Markt und Kosten, sowie dem kaufmännischen und dem nicht kaufmännischen Geschäftsverkehr; Horn, NJW 1985, 1118 (1122) betont, dass die vom BGH entwickelten Kriterien zur Bewertung von Anpassungsklauseln nicht in ein starres System gebracht, sondern nur in ihrem relativen Gewicht gekennzeichnet werden können. 23 So insbesondere auch die Bearbeitung von Freund, Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen (1997). 24 Beckmann, S. 41, der in dem Erfordernis sogar das zentrale Problem der Zulässigkeit von Anpassungsklauseln sieht; Köndgen, NJW 1989, 943 (944). 25 Kritisch zuletzt etwa Schmid, NJW 2003, 947 (948) für den Reisevertrag.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

umfassenden gesetzlichen Verbot der unangemessenen Benachteiligung im AGB-Bereich mit entsprechend diesem Prinzip ausgeprägten einzelnen Klauselverboten.26 § 307 Abs. 1 BGB formuliert diesen Grundsatz in Form einer Generalklausel. Die §§ 308 und 309 BGB enthalten ergänzend eine beispielhafte Aufzählung kritischer Klauseln. Während es im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung einzelner Klauseln zweckmäßig ist, zunächst die besonderen Kataloge der §§ 308 und 309 BGB heranzuziehen, ist in dieser Arbeit zunächst die Anpassung von Verträgen in ein allgemeines Verhältnis zu dem Begriff der unangemessenen Benachteiligung zu bringen. Dieser Ansatz bietet den Vorteil, dass bereits eine Abwägung der gegenläufigen Interessen besteht, welche Grundlage für die unbestimmt gehaltenen Rechtsbegriffe in § 308 Nr. 4 und Nr. 5 BGB sein wird. I. Benachteiligung Zwischen den Begriffen des Nachteils und der Unangemessenheit desselben wird regelmäßig nicht unterschieden. Der Verbotssatz setze allgemein eine Analyse und Abwägung der Interessen der Vertragsparteien voraus.27 Dennoch sollte vorrangig genau festgelegt werden, inwiefern die in der Klausel getroffene Regelung benachteiligend wirkt.28 Der Vorteil dieser Betrachtung liegt in der Vorentscheidung, die dem Leitbild eine ausgewogene Interessenabwägung zumisst, und auf diese Weise einen Maßstab bereithält, die Abweichungen auf ihre Berechtigung und Angemessenheit hin zu untersuchen. Leitbilder können sich, wie sich aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergibt, vor allem aus einer gesetzlichen Regelung ergeben. Die als Maßstab anzusetzende „gesetzliche Regelung“ umfasst alle Rechtssätze, die von Rechtsprechung und Rechtslehre durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung aus den gesetzlichen Vorschriften hergeleitet werden, aber auch allgemeine Rechtsgrundsätze, die aus der Rechtsordnung insgesamt abzuleiten sind.29 Weicht der Verwender von dispositiven, den Vertragspartner schützenden Regelungen zu seinen Gunsten ab, liegt der Nachteil in der Aberkennung von Rechten und der Bewertungsmaßstab wird durch die gesetzlichen Bestimmungen dominiert. 26

Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 2. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 71. 28 Ähnlich Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht (1992), § 10 I, der vorrangig die Entwicklung eines Leitbildes anregt, anhand dessen festgestellt werden könne, inwieweit die zu überprüfende Regelung davon abweiche. Erst dann sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. 29 BGHZ 100, 157 (163); Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 137 m. w. N.; a. A. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG (1986), S. 79 ff. und 89. 27

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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1. Die Umverteilung des gesetzlichen Vertragsrisikos Im Falle einer Anpassungsregelung ist auf Grund der nur spärlich vorhandenen dispositiven Regelungen eine solche Abweichung regelmäßig die Ausnahme. Gegenstand der Vereinbarung ist vielmehr die Minimierung eines gesetzlich nicht geregelten Risikos. Überlegenswert erscheint es daher, bereits den Umstand, dass dem Anpassungsgegner überhaupt das zusätzliche Risiko nachvertraglicher Leistungserschwerungen aufgebürdet wird, als Benachteiligung zu verstehen. Dogmatischer Ansatzpunkt wäre dann die einseitige Berücksichtigung und Umsetzung der Verwenderinteressen. Dieses Ergebnis verschleiert jedoch den Begriff des Nachteils und führt insbesondere zu Schwierigkeiten bei der Abwägung der Unangemessenheit, denn der Maßstab der Unangemessenheit wäre in diesem Fall schon Maßstab für die Annahme eines Nachteils. Auf die Tatsache, dass der Anpassungsgegner vertraglich ein Risiko trägt, dass er ohne eine entsprechende Regelung nicht tragen würde, kann daher nicht abgestellt werden. 2. Das Schweigen des Gesetzes Auch das weitgehende Schweigen des Gesetzes zu Anpassungstatbeständen ist nicht der Maßstab für die Bestimmung eines Nachteils. Als Leitbild ist es für die Bewertung einer Unangemessenheit im Übrigen untauglich. Anders wäre es, wenn dem Schweigen des Gesetzes bzw. der Nichtregelung einer regelungsbedürftigen Materie eine gesetzliche Wertung dahingehend zu entnehmen ist, wer ein vorhandenes Risiko gerechterweise tatsächlich tragen soll. Gerade die zunehmende Anzahl an Bestimmungen, die ein Vertragsanpassungsrecht normieren oder von der grundsätzlichen Zulässigkeit vertraglicher Anpassungsregelungen für bestimmte Vertragstypen ausgehen, zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber eine tatsächliche Entscheidung im Hinblick auf eine Risikoverteilung nachvertraglicher Leistungserschwerungen (noch) nicht getroffen hat. Die aus der geringen Anzahl vorhandener Regelungen sprechende Distanziertheit beruht denn auch eher auf der Komplexität der auszulotenden Materie. Unvorteilhaft im Hinblick auf die Bestimmung des Begriffes Benachteiligung wäre des Weiteren, dass damit die Hoffnung auf eine umfassende Bewertung von Anpassungsklauseln zu Gunsten einer Kasuistik einzelner Vertragsrisiken aufgegeben werden müsste. 3. Der Grundsatz der Vertragstreue Der Grundsatz der Vertragstreue ist bereits ausführlich besprochen worden. Er steht der Anerkennung eines Anpassungsinteresses nicht entgegen und bildet kein Präjudiz für die Unzulässigkeit einer entsprechenden Rege-

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

lung.30 Durch die Übertragung von Gestaltungsmacht wird von ihm nicht abgewichen. Nach der erarbeiteten Bedeutung fordert der Grundsatz lediglich das Vorliegen einer Vereinbarung, da auch unter veränderten Bedingungen eine Korrektur des Vertragsinhalts an eine diese Änderung vorsehende Regelung gebunden ist. Eine Billigkeitskorrektur oder die Aufhebung der Vertragsbindungen kommen ohne weiteres nicht in Betracht. Eine Ausnahme bildet insofern § 313 BGB, der unter bestimmten, im Zweifel eng zu interpretierenden Voraussetzungen bei Störungen der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertragsinhalts ermöglicht. 4. Das Äquivalenzprinzip Nach der Rechtsprechung des BGH verstößt eine Klausel, die es dem Verwender ermöglicht, durch Preisänderung das bei Vertragsschluss vorgestellte Gleichgewicht der Leistungen zu ändern, ohne dass der Vertragspartner sich vom Vertrag lösen kann, gegen das Äquivalenzprinzip.31 Der Begriff der Äquivalenzverschiebung ist bereits eingeführt worden.32 Anpassungsklauseln dienen dem Ausgleich nachvertraglicher Leistungserschwerungen, so dass die Einwirkung auf das im Anpassungszeitpunkt herrschende Äquivalenzverhältnis tatsächlich jeder Anpassungsklausel immanent ist. Der Begriff des Äquivalenzprinzips33 ist wegen seiner subjektiven Komponenten unergiebig. Soweit er bedeutet, dass die Anpassung auf die Wiederherstellung der ursprünglichen Äquivalenz und den Ausgleich der Leistungserschwerung beschränkt ist34, nimmt er schon an der Definition des Problems teil. Schlussfolgerungen, in welchen Fällen aber trotz Beschränkung auf die Äquivalenzverschiebung eine Anpassung unzulässig ist, lassen sich dann nicht ziehen. Versteht man das Äquivalenzprinzip hingegen als ein absolutes Verbot des Eingriffs in die Relation der bei Vertragsschluss ausgehandelten Pflichten35, so stehen Anpassungsklauseln stets im Widerspruch zum Äquivalenzprinzip. Aus dem Umstand, dass die Rechtsordnung die vertragliche Einigung als durch das Verfahren selbstbestimmter Ent30

A. A. Beckmann, S. 58; Lettl, JuS 2001, 559 (563). BGH WM 1982, 9 (10); zum Äquivalenzprinzip bei der Bereitstellung eines Darlehens s. auch BGH NJW-RR 1997, 304 (305); zum Äquivalenzverhältnis allgemein vgl. BGH NJW 1985, 2270, NJW 1999, 1865; Lettl, JuS 2001, 559 (563). 32 Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel A. III. 33 Der BGH versteht ihn wohl als die Vorstellung beider Parteien von der Gleichwertigkeit ihrer Leistungen, BGH NJW 1985, 2270 m. w. N. 34 In diesem Sinne wohl die Rechtsprechung; BGH NJW 1982, 331 (332); NJW 1985, 3013 (3014); NJW 1986, 179 (180); WM 1982, 9 (10). 35 So wohl die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Beckmann, S. 58; Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (60) m. w. N. 31

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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scheidung legitimiert ansieht und auf eine Intervention bei objektiven Schieflagen regelmäßig verzichtet, folgt aber nicht, dass die inter pares geschaffene Äquivalenz gesetzlich geschützt ist, zumindest nicht aus dem Grund, dass sie ausgehandelt worden ist, denn die ursprüngliche Äquivalenz besteht im Moment einer Leistungserschwerung aus der Sicht wenigstens einer Partei gerade nicht mehr. Ginge es nur um die ausgehandelte Äquivalenz, müsste vielmehr eine Verschiebung, die für die eine Partei eine Leistungserschwerung nach sich zieht, für die andere Partei aber mit einem Gewinn verbunden ist, ohne Weiteres auf ihre ursprüngliche Gestalt zurückgeführt werden können, ohne dass darin ein Nachteil zu sehen wäre. Daher ist die wirkliche Frage, ob auch das Verhältnis der Leistungspflichten, welches in Abkehr von der Erwartungshaltung wenigstens einer Partei sich zu ihren Ungunsten entwickelt hat, im Zeitpunkt des Anpassungsverlangens insofern geschützt ist, als die profitierende oder zumindest nicht nachteilhaft betroffene Partei sich auf den Standpunkt stellen kann, mit der erstmaligen Einigung verbleibe es bei dem formellen Ergebnis. Diese Frage kann zumindest nicht mit dem „Äquivalenzprinzip“ bejaht werden. 5. Das Vertragsprinzip Konstituierendes Merkmal der Fallgruppe Vertragsanpassung ist, dass die drohende Leistungserschwerung nicht vollständig kalkulierbar ist. Daraus resultiert stets das Bedürfnis eines Gestaltungsraumes, welcher eine flexible Regelung erst ermöglichen kann. Neben dem Umstand, dass überhaupt geändert wird und dass damit die Leistungskorrelation betroffen wird, kann die Benachteiligung auch in dem Unterworfensein unter die Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten gesehen werden. Das so verletzte Prinzip findet sich im Allgemeinen Schuldrecht. Es ist bereits ausgeführt worden, dass die Übertragung von Gestaltungsmacht Ausdruck der Vertragsfreiheit ist, indem der Betroffene auf eben diese verzichtet. Im Rahmen eines reinen Gestaltungsrechtes wird dies deutlich: Der Nachteil für den Anpassungsgegner liegt in der Unterwerfung unter die Rechtsmacht des Anpassungsberechtigten. In Abkehr vom Grundsatz des Bedürfnisses eines Änderungsvertrages36 ist hier die Rechtsstellung des Anpassungsgegners bereits durch die Etablierung des einseitigen Änderungsverfahrens beeinträchtigt. Auch Hilfs- und Referenzklauseln werden durch die Übertragung von faktischer oder drittbestimmter Gestaltungsmacht geprägt. Es liegt daher nahe, auch in diesen Fällen die graduelle Abweichung vom Idealbild des 36

Horn, NJW 1985, 1118 (1121).

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

Vertragsprinzips als den im Rahmen von § 307 Abs. 1 BGB entscheidenden Nachteil anzusehen. Vorteil dieses Ansatzes ist, dass eine Abweichung von einem gesetzlich normierten Prinzip untersucht werden kann. Soweit es um die Übertragung faktischer Gestaltungsmacht geht, finden sich der Grundsatz der Bedeutungslosigkeit von Schweigen (Erklärungsfiktionen) und die Verhandlungsfreiheit (Neuverhandlungspflichten) als Ausprägungen des Vertragsprinzips. Auch Referenzwerte, welche die Anpassung an von Dritten ermittelte Werte knüpfen, harmonieren nur eingeschränkt mit dem Vertragsprinzip, denn die Einflussnahmemöglichkeit Dritter auf ein Schuldverhältnis widerspricht der Vertragsautonomie der Parteien. Anpassungsklauseln stellen in diesem Sinne vertragliche Einigungen zur Erleichterung einer Vertragsänderung dar, und zwar in Abkehr von dem aus dem Vertragsprinzip folgenden Erfordernis einer paritätischen Beteiligung an einem Rechtsvorgang, welcher die Rechtsstellung der betroffenen Partei berührt. II. Unangemessenheit Mit der Konkretisierung der Benachteiligung ist über ihre Unangemessenheit noch nichts ausgesagt. Die Frage nach der Angemessenheit muss durch einen Vergleich der beteiligten Interessen im Hinblick auf die Gebote von Treu und Glauben entschieden werden.37 Das Postulat eines angemessenen vertraglichen Interessenausgleichs wird dabei nach allgemeiner Ansicht verletzt, wenn der Verwender bei der Vertragsgestaltung seine eigenen Interessen durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen.38 Unangemessen ist außerdem eine die Interessen des Vertragspartners erheblich beeinträchtigende Verlagerung des Vertragsrisikos.39 Diese sehr weiten Begriffe bedürfen der näheren Erläuterung. Zunächst aber enthält § 307 Abs. 2 BGB Regelbeispiele unangemessen benachteiligender Klauseltypen und konkretisiert auf diese Weise den Bedeutungsgehalt der Generalklausel. 1. Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) Als wesentlicher Grundgedanke einer gesetzlichen Regelung oder eines gesetzlichen Grundprinzips sind der Zweck und die damit getroffenen Wertentscheidungen anzusehen, die bestimmte Interessen in einem Kernbereich 37

Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 100 ff. BGHZ 136, 27 (31); BGH ZIP 1998, 2059 (2062); Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 71. 39 BGH ZIP 1998, 2059 (2062). 38

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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schützen wollen.40 Das Vertragsprinzip ist das Kernstück der Vertragsfreiheit, da erst die paritätische Einflussnahmemöglichkeit der Parteien auf die zu findenden Rechtsfolgen zu der Grundannahme führen kann, aus dem Umstand der Freiheit der Einigung resultiere eine Vermutung der Äquivalenz der Leistungspflichten. Dennoch sind Anpassungsklauseln mit dem Grundgedanken der vertraglichen Einigung nicht per se unvereinbar. Letztlich ist die Frage der Unvereinbarkeit auf Grund der bei der Inhaltskontrolle stets gebotenen Interessenabwägung im Einzelfall zu entscheiden. Bestimmungen in AGB, die vom Gesetz nur unwesentlich abweichen oder die Abweichung gleichwertig kompensieren, liegen innerhalb der dem Verkehr zustehenden Gestaltungsfreiheit.41 Die drei gefundenen Klauseltypen sollen hier daher nur der Frage unterzogen werden, ob das Gesetz selbst Abweichungen normiert und unter welchen weiteren Voraussetzungen der Anpassungsgegner recht- oder schutzlos gestellt wird. Welches Interesse des Verwenders geeignet ist, die Benachteiligung aufzuwiegen, ist einem späteren Kapitel vorbehalten. a) Hilfsklauseln Hilfsklauseln weichen vom Vertragsprinzip nur insofern ab, als sie faktische Gestaltungsmacht verleihen. Durch die Normierung einer Erklärungsfiktion oder die Festlegung von Neuverhandlungspflichten setzen sie den Vertragspartner insofern unter Druck, als er zu einem Mindestmaß an rechtlich relevanter Aktivität gezwungen wird. Die schlichte Passivität würde im Falle einer Erklärungsfiktion zu einem Einverständnis in einen Änderungsvertrag münden, im Falle von Neuverhandlungspflichten gegebenenfalls zu Schadensersatzansprüchen. aa) Die Bedeutungslosigkeit von Schweigen ist zwar als Grundsatz des Rechts anerkannt, genauso aber auch die Möglichkeit seiner Einschränkung. Schon das Gesetz ordnet in einer Reihe von Fällen an, das Schweigen in einer bestimmten Lage solle als Erklärung bestimmten Inhalts gelten.42 Bei diesen Vorschriften handelt es sich um dispositive Gesetzesnormen, die eine Rechtsfolgenanordnung im Gewande der Fiktion einer Willenserklärung enthalten.43 Rechtsfolge ist in einigen Fälle in einer Drei-Personen-Konstellation die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts. Die §§ 612, 632 BGB fingieren hingegen mit der Vereinbarung über die Entgeltlichkeit einer Leis40

Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 70. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 141 m. w. N. 42 §§ 108 Abs. 2 S. 2, 177 Abs. 2 S. 2, 416 Abs. 1 S. 2, 612, 632 BGB. 43 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 C I 2 a, Rn. 77 ff.; vgl. auch Esser, Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen (1940), 50 ff. 41

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

tung ein für den Vertragstypus wesentliches Element. Eine Einschränkung des Grundsatzes der Bedeutungslosigkeit von Schweigen ist daher dem Gesetz bekannt. Erklärungsfiktionen stellen den Anpassungsgegner auch nicht recht- oder schutzlos. Dieser kann die Fiktionswirkung mit einem relativ geringen Aufwand unterbinden. Erst die Täuschung oder Unklarheit über dieses Gegenrecht stellt den Vertragspartner schutzlos. Wer seine rechtlichen Möglichkeiten nur schwerlich erahnen kann, ist damit auch in seinem Abwehrverhalten geschwächt und kann von einer Rechtsfolge gegen seinen Willen überzogen werden. bb) Die Vereinbarung einer Neuverhandlungspflicht zwingt den Anpassungsgegner in eine Verhandlung über den Inhalt einer Anpassung. Der Vertragsfreiheit immanent ist aber neben der von einer solchen Pflicht nicht beeinträchtigten Möglichkeit, einen Vertragsschluss zu verweigern (negative Vertragsfreiheit), schon das Recht, gar nicht in Vertragsverhandlungen eintreten zu müssen. Auch dieses Recht findet seine gesetzlichen Einschränkungen. Neben reinen Neuverhandlungspflichten können sie Anpassungsregelungen vorausgehen oder Vorbedingung einer Kündigung sein.44 Auch die Rechtsfolge des Schadensersatzes ist im Falle der Verweigerung von weiteren Verhandlungen aus dem Bereich vorvertraglicher Pflichten bekannt, führt doch der plötzliche Abbruch von Vertragsverhandlungen unter bestimmten Bedingungen zu einem Schadensersatzanspruch.45 Der Anpassungsgegner kann im Falle von reinen Neuverhandlungspflichten nur in besonderen Fällen recht- und schutzlos gestellt werden. Entsprechend dem spezifischen Benachteiligungsrisiko von Hilfsklauseln kann nur eine Verschleierung des Verfahrens den Anpassungsgegner beeinträchtigen. Kann er nicht überblicken, welche Konsequenzen sein Verhalten nach sich zieht, wird er eher geneigt sein, sich den Wünschen des Vertragspartners unterzuordnen und in Rechtsfolgen einwilligen, die ihm nicht wünschenswert erscheinen. b) Gestaltungsklauseln Gestaltungsrechte allgemein weichen vom Vertragsprinzip am stärksten ab, indem sie dem Berechtigten die einseitige Befugnis verleihen, Rechtsfolgen auch gegen den Willen des dem Gestaltungsrecht unterworfenen Vertragspartners herbeizuführen. Letzterem ist bereits in rechtlicher Hinsicht die Einflussnahmemöglichkeit genommen. Die Benachteiligungsgefahr ist offensichtlich: Dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft vorgelagert ist die Kalkulation der Parteien, ob sie mit dem Inhalt der eingegangenen 44

Vergleiche hierzu die Ausführungen bei Nelle, S. 33 ff. und 50 ff. BGH 71, 386 (395); 76, 343 (349); NJW 1975, 1774; Palandt/Heinrichs, § 311 Rn. 34 m. w. N. 45

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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Pflichten und erlangten Ansprüche das gesteckte Planziel erreichen können. Mit der Möglichkeit der einseitigen Veränderung des Inhalts entfällt aber die Kalkulationsgrundlage, und die Frage, ob das Planziel erreicht wird, kann nicht sicher beantwortet werden. Es ist bereits festgestellt worden, dass das Gesetz viele Formen von Gestaltungsrechten bereithält. Sie finden sich beispielsweise im Recht der Anfechtung von Willenserklärungen, der Leistungsbestimmung sowie der Beendigung oder Verlängerung von Verträgen und ihrer Laufzeit. Die Gefahr, durch die Übertragung von einseitiger Gestaltungsmacht recht- und schutzlos gestellt zu werden, ist groß. Allgemein gilt, dass je weniger das Gestaltungsrecht durch die Verwendung von objektiven oder objektiviert-normativen Begriffen eingeschränkt ist, desto unzuverlässiger ist auch die vorvertragliche Kalkulation der betroffenen Partei. Der Grad der Benachteiligung ist fließend. Je weitergehend die Rechte sind, die sich der Anpassungsberechtigte vorbehält, desto größer wird seine Flexibilität, auch unbestimmte Vertragsrisiken zu minimieren. Andererseits nimmt die Benachteiligung des Anpassungsgegners zu. Das angemessene Maß zwischen Flexibilität bei bestehendem Anpassungsinteresse einerseits und dem notwendigen Schutz des Anpassungsgegners durch Einschränkung der individuellen Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten zu finden, ist die entscheidende Interessenabwägung, um Gestaltungsklauseln als nicht unangemessen benachteiligend zu bewerten. Dem Anpassungsgegner muss ein festzulegendes Maß an Kalkulationsgrundlage bleiben, das es ihm ermöglicht, auch unter Einbeziehung bestehender Gestaltungsräume des Anpassungsberechtigten, eine Entscheidung zu treffen, ob er auch im denkbar ungünstigsten Fall einer Anpassung sein Planziel noch erreicht und wie hoch das Risiko des Eintritts eines solchen Anpassungsereignisses ist. Dazu muss die Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten im Hinblick auf ihre Grenzen festliegen und, ein entscheidender weiterer Aspekt, der Anpassungsgegner muss hierüber ausreichend informiert sein, damit er bereits bei Vertragsschluss das Ausmaß der drohenden Anpassung in sein Kalkül mit einbeziehen kann. Hierzu gehört auch die Kenntnis, dass überhaupt, bei festgelegten Ereignissen oder Entwicklungen bestimmte Vertragsinhalte in einem konkretisierten Maß angepasst werden können. Bleiben diese Aspekte offen, steht der Betroffene ohne die Möglichkeit einer eigenen Kalkulation und damit recht- und schutzlos da. c) Referenzklauseln Referenzklauseln weichen vom Vertragsprinzip insofern ab, als sie die Gestaltungsmacht zur Verteilung des Risikos einer Leistungserschwerung den Parteien entziehen, die höchstens die Möglichkeit haben, das Anpas-

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sungsverfahren selbst auszulösen. Grundsätzlich gilt, dass es den Parteien selbst überlassen ist, rechtliche Bindungen und ihren Inhalt durch Übereinkunft herbeizuführen. Von dem Vertrag in ihren Interessen nicht berührte Dritte können das zwischen den Parteien geschaffene Rechts grundsätzlich nicht beeinflussen. Dem Gesetz ist die Einflussnahme Dritter auf das Schuldverhältnis dennoch nicht unbekannt. §§ 317 ff. BGB regeln die Möglichkeit der anfänglichen Leistungsbestimmung durch die wertende Entscheidung von Dritten. Die Bezugnahme auf von Dritten ermittelte Werte sind bekannt aus dem Miet- und Versicherungsrecht. Die Gefahr, durch die Fremdbestimmung recht- und schutzlos gestellt zu werden, hängt von der konkreten Ausgestaltung der Methode zur Ermittlung des Referenzwertes ab. Das Verfahren ist zwar von seinem Ausgang her der Einflussnahme der Parteien entzogen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auf diese Weise das Ergebnis die beiderseitigen Parteiinteressen ausgeglichen berücksichtigt und einen tatsächlichen Kompromiss darstellt. Typisch für Referenzklauseln ist eher die Bestimmung des Referenzwertes unabhängig von den Parteiinteressen, sei es, weil der Bestimmungsberechtigte – wie für Automatikklauseln typisch – überhaupt keine Kenntnis von der Existenz irgendwelcher Verträge hat, sei es, weil der Schiedsgutachter lediglich einen Wert bestimmt, für dessen Ermittlung die Methode bereits feststeht, ohne dass die Parteien mangels Fachkenntnis diesen Wert selbstständig ermitteln könnten. Die Ausfüllung eines Gestaltungsraumes nach (billigem) Ermessen eines Dritten ist eher die Ausnahme und kann im Falle fehlender Ermessensrichtlinien tatsächlich zu einem willkürlichen Ergebnis führen. Der Grad der Benachteiligung hängt auch bei Referenzklauseln von der Kalkulierbarkeit des Anpassungsprozesses ab. Das Unterworfensein unter die Gestaltungsmacht von Dritten führt nicht dazu, dass die Parteien sicher sein können, ihr Planziel zu erreichen. Der Unterschied zum Gestaltungsrecht liegt aber darin, dass beide Parteien im Moment des Anpassungsereignisses keinen Einfluss mehr auf das Ergebnis nehmen können und somit dieselbe Kalkulationsgrundlage haben. Die Vertragsparität ist gewahrt. Dies bedeutet: Je weniger präzise die Vorgabe für die Methode der Ermittlung des Referenzwertes ist, desto unsicherer ist für beide Parteien die Kalkulation. Diese Überlegungen zeigen das Charakteristische von Referenzklauseln. Die Rollenverteilung der Parteien zerfällt nicht in die eines Anpassungsberechtigten und eines Anpassungsgegners, sieht man einmal von der besonderen Konstellation ab, dass es nur einer Partei überlassen ist, den Anpassungsprozess auszulösen. Findet sich die Anpassungsklausel dennoch in dem Vertragswerk des Verwenders, muss genau untersucht werden, welche Risikoverteilung mit

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der Anpassungsregelung einhergeht, denn der Verwender, der einfachheitshalber weiterhin Anpassungsberechtigter genannt werden soll, hat mit der Gestaltungsfreiheit auch die Möglichkeit, durch die Vorgabe der Methode der Wertermittlung oder durch die Festlegung der im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Kriterien das Anpassungsverfahren in seinem Sinne zu gestalten. Auch wenn die Gestaltungsmacht nicht in den Händen eines „Anpassungsberechtigten“ liegt, können bei einem geschickt gewählten Referenzwert dennoch einseitig die Interessen des Verwenders bevorzugt berücksichtigt werden. Die Gefahr recht- und schutzlos gestellt zu werden, kann daher auftreten, wenn im Gewande einer gerechten Lösung tatsächlich nur eine Partei ihr Risiko minimiert hat. Die Übertragung von Gestaltungsmacht auf Dritte bringt nur dann im Gegensatz zu einem Gestaltungsrecht eine geringere Gefahr hervor, wenn nicht schon der gesteckte Gestaltungsraum nur einseitige Ergebnisse hervorbringen kann. 2. Wesentliche Rechte aus der Natur des Vertrages (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) Das durch § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorgeschriebene Verbot der Aushöhlung vertragswesentlicher Rechte und Pflichten nimmt Bezug auf die frühere Rechtsprechung zu den Kardinalpflichten.46 Die Frage nach der Einschränkung einer wesentlichen Rechtsposition stellt sich neben § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor allem, wenn der Regelungsgegenstand eine Orientierungshilfe im dispositiven Gesetz nicht kennt, z. B. bei nicht normierten Vertragstypen. Vereinzelt wird das Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung als Anwendungsvoraussetzung angesehen.47 Sieht man das Vertragsprinzip als gesetzliche Regelung an, gibt es unter dem Aspekt der wesentlichen Rechte und Pflichten keine entscheidenden Ergänzungen. Kardinalrechte und -pflichten sind neben den sich aus allgemeinen Rechtsprinzipien vor allem die sich aus der Natur des Vertrages ergebenden Rechte und Pflichten. Die Natur des Vertrages wird durch die spezifischen Zwecke bestimmt, die bestimmte Interessen berücksichtigen und schützen und dadurch dem Vertrag seine Eigenart verleihen.48 Solche individuellen Bewertungen müssen einer Fallkasuistik vorbehalten bleiben. Allgemeine Aussagen über die Benachteiligung durch Anpassungsklauseln können unter diesem Aspekt nicht getroffen werden.

46 47 48

BGHZ 49, 356; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 142. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG (1986), S. 138 ff. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 83.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

3. Die Interessenabwägung Die Anwendung des Verbots der unangemessenen Benachteiligung setzt eine Analyse und Abwägung der Interessen der Vertragsparteien voraus.49 Ein nach § 307 BGB zu beanstandendes Ungleichgewicht ist gegeben, wenn die Bilanzierung und Abwägung der Interessen ergibt, dass durch die Vertragsgestaltung das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten zum Nachteil des Vertragspartners nicht unerheblich gestört ist. Insbesondere die Verlagerung des Vertragsrisikos kann ein solches Ungleichgewicht herbeiführen.50 Im Hinblick auf die Frage, welche Interessen gegenüber den Belangen des Verwenders in die Abwägung einzubringen sind, besteht Einigkeit, dass hierüber eine überindividuell-generalisierende, typisierende und von den konkreten Umständen des Einzelfalles absehende Betrachtungsweise entscheiden soll.51 Abzustellen ist auf den durchschnittlichen Kunden bzw. Vertragspartner.52 a) Das System der Interessenabwägung Eine Abwägung von Interessen setzt voraus, dass diese einer Bewertung zugänglich gemacht werden können. Ob das eine das andere Interesse ausgleicht oder überwiegt, kann ohne weiteres nicht entschieden werden. Zur Konkretisierung müssen daher allgemeine Abwägungsrichtlinien herangezogen werden, welche sich in der Rechtsprechung bereits etabliert haben. Diese sollen zunächst abstrakt vorgestellt werden, bevor das gefundene System auf die Interessen in der konkreten Anpassungssituation übertragen werden kann. aa) Die beteiligten Interessen und die Erforderlichkeit der Regelung Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Vertragspartners, die bei einer Interessenabwägung nicht durch berechtigte Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist.53 Aus dieser Betrachtung ergibt sich die Ausgangsbasis der Abwägung: Festzustellen ist zunächst der gesamte Nachteil für den Vertragspartner, um daraus sein betrof49 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 71 m. w. N.; für Anpassungsklauseln explizit BGHZ 82, 238 (239); 89, 206 (210 f.); BGH ZIP 1985, 284 (286); Horn, NJW 1985, 1118 (1122). 50 BGH ZIP 1998, 2059 (2062); VersR 1997, 319 (320). 51 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 78 m. w. N. 52 Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 80 m. w. N. 53 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 100 m. w. N.

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fenes rechtliches Interesse abzulesen. Dieses ist der Maßstab, an dem sich das Interesse des Verwenders messen muss. In einem zweiten Schritt ist sodann das Interesse des Verwenders an der Geltung des Klauselinhalts zu bestimmen. Qualitativ muss diesem ein beachtenswertes Gewicht sowie rechtliche Anerkennung zukommen. Danach darf das Verwenderinteresse nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Schutzinteressen des Vertragspartners stehen. Abschließend ist festzustellen, dass die getroffene Regelung zur Erfüllung des Verwenderinteresses erforderlich ist, er sich also nicht mehr Rechte vorbehalten hat, als er zur Durchsetzung seiner Interessen benötigt. bb) Die hinreichend ausgewogene Regelung Unter Verweis auf Treu und Glauben ergibt sich der erforderliche Grad der Unangemessenheit dann, wenn der Verwender nur seine eigenen Interessen im Auge hat und keine hinreichende Rücksicht auf die Interessen des Vertragspartners nimmt.54 Dieser Aspekt fordert die Ausgewogenheit der Regelung im Hinblick auf die beteiligten Interessen. Passender ist allerdings eine positive Formulierung: Immer wenn der Verwender im Rahmen der Klauselgestaltung die Interessen des Vertragspartners hinreichend berücksichtigt hat, kann ohne besondere Aspekte von der Angemessenheit der Klausel ausgegangen werden. Hinreichend berücksichtigt sind Interessen, wenn sie im Lichte gegenseitigen Nachgebens erscheinen. cc) Der Ausgleich einseitiger Regelungen durch anderweitige Vorteile Unangemessen ist ferner jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Vertragspartners, die nicht durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird.55 Diese Überlegung bietet eine neue Möglichkeit für die Gestaltung von Klauseln. Wenn eine Regelung nicht gleichermaßen beide Interessen berücksichtigen kann und somit dem Verwender die Unangemessenheit seiner Regelung droht, kann er als Ausgleich dem Vertragspartner in einem anderen Bereich Vorteile verschaffen, z. B. indem er ihm gleichermaßen Gestaltungsrechte einräumt. Denkbar ist auch der Erlass einzelner Leistungspflichten oder die Übernahme nicht im Vertragsinhalt geregelter Pflichten.

54 BGH NJW 1999, 1865 (1866); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 114 m. w. N. 55 BGHZ 120, 108 (118); 90, 280 (284); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 100 m. w. N.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

dd) Die Interessenabwägung im engeren Sinne Die schwierigste Situation stellt sich aber dann ein, wenn die oben angeführten Schritte zur Bestimmung der Unangemessenheit kein eindeutiges Ergebnis liefern. In diesem Fall verbleibt es bei einem Vergleich der betroffenen Interessen, die beide für sich genommen Geltung beanspruchen können.56 Die Schwierigkeit besteht dann darin, das Überwiegen eines Interesses festzustellen. (1) Vorrangig ist die Entscheidung zu treffen, welches Interesse im Zweifelsfall, wenn also ein Überwiegen eines Interesses gerade nicht festgestellt werden kann, den Ausschlag geben soll. Zu bedenken ist dabei, dass sich die vom Verwender vorbehaltene Regelung als zwar von einem anerkennenswerten Interesse gedeckte, aber andererseits auch einseitig begünstigende Regelung darstellt, die einen entsprechenden Interessenausgleich nicht vorgesehen hat. Diese Betrachtung sollte den Ausschlag geben für eine Zweifelsfallregelung, die bei einem nicht feststellbaren Überwiegen eines Interesses die Regelung insgesamt als unangemessen bewertet. (2) Als Kriterium zur Bewertung der Interessen kann der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bemüht werden. Lässt sich anhand des nach der Regelung zu betreibenden Aufwandes sowie des drohenden Nachteils im Falle fehlender Regelung feststellen, dass im konkreten Fall das Festhalten an dem eigenen Interesse unverhältnismäßig wäre, muss das Interesse hinter dasjenige des Vertragspartners zurücktreten. Dieser Effekt kann zur Angemessenheit oder auch zur Unangemessenheit der Regelung führen. Der Verwender ist daher gehalten, den vom Vertragspartner erwarteten Aufwand mit dem ihm selbst drohenden Nachteil zu vergleichen. (3) Führt diese Überlegung zu keinem Ergebnis, kann noch ein weiteres Kriterium bemüht werden. Es ähnelt den aus §§ 157, 242 BGB bekannten Grundsätzen ergänzender Vertragsauslegung und Aspekten der Geschäftsgrundlagenstörung und führt zu einer Relativierung des Interesses des Anpassungsgegners. Ergänzende Vertragsauslegung und die Störung der Geschäftsgrundlage setzen übereinstimmend voraus57, dass der Vertrag eine er56 Der Versuch einer Gegenüberstellung möglicher Interessen findet sich bei Lettl, JuS 2001, 559 (562). Als Gesichtspunkte für die Abwägung der beiderseitigen Interessen kämen eine angemessene Risikoverteilung insbesondere unter Berücksichtigung der Beherrschbarkeit des Risikos, das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in Kundeninteressen, die Unterscheidung der persönlichen Qualifikation der Vertragspartner als Kaufleute oder Nichtkaufleute und die Kompensierbarkeit an sich unzulässiger Klauseln durch die Gewährung rechtlicher Vorteile in Betracht. 57 Zum Verhältnis im Einzelnen: MünchKomm/Mayer-Maly-Busche, § 157 Rn. 33; vgl. auch Nicklisch, BB 1980, 949, der die vollständige Strukturgleichheit beider Rechtsfiguren betont.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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forderliche Regelung zu einem eingetretenen oder unerkannt gebliebenen Risiko nicht enthält. Ziel der ergänzenden Vertragsauslegung ist die Ermittlung eines hypothetischen Willens, den die Parteien gehabt hätten, wenn sie den betreffenden Punkt geregelt hätten. Dieser Wille ist ein normatives Kriterium und zielt auf die Lösung eines Interessenkonflikts, orientiert am Gedanken der ausgleichenden Vertragsgerechtigkeit unter redlich denkenden Vertragspartnern.58 Auch im Rahmen von § 313 BGB ist unter dem Topos der Zumutbarkeit eine umfassende Interessenabwägung zur Anpassung des Vertrages erforderlich, um einen optimalen Interessenausgleich zu erlangen.59 Diese Vorgehensweise kann auch für die Gewichtung der Interessen von Anpassungsberechtigtem und Anpassungsgegner nutzbar gemacht werden. Zu fragen ist, ob die im Vertrag enthaltene Anpassungsregelung auch das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung oder einer Geschäftsgrundlagenstörung sein könnte. Entspricht die Regelung dem hypothetischen Parteiwillen, weil ein redlich denkender Vertragspartner sie als durch den Vertrag gefordert gelten lassen muss, oder ist sie zumutbar, weil sie der Verhinderung einer drohenden Grundlagenstörung dient, so ist nicht einzusehen, warum der Anpassungsberechtigte erst eine Vertragslücke oder Grundlagenstörung abzuwarten hat. In diesem Fall ist eine Regelung auch in einem Formularvertrag als angemessen zu bewerten. b) Die Interessen des Anpassungsgegners Diese Vorgehensweise ist nunmehr auf Anpassungsklauseln zu übertragen und zunächst festzustellen, welche Interessen des Anpassungsgegners betroffen sind. Die Abweichung vom Vertragsprinzip des § 311 Abs. 1 BGB bildet den bekannten Ausgangspunkt. Das Interesse des Anpassungsgegners besteht darin, keiner Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten ausgeliefert zu sein, sondern über den Eintritt von Rechtsfolgen, welche die Anpassung des Vertrages vorsehen, selbst entscheiden zu können. Dies beinhaltet sowohl die Mitentscheidung über das „Ob“ der Anpassung als auch die Frage nach dem Grad der Einflussnahmemöglichkeit. Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage, welchen Einfluss der Inhalt der Anpassung nimmt, denn die Entscheidung über das „Ob“ und den Grad der Einflussnahmemöglichkeit im Anpassungsverfahren sagen über das – untechnisch gesprochen – Ergebnis der Anpassung noch nichts aus. Bei der Suche nach möglichen Systematisierungskriterien sind entsprechende Anknüpfungspunkte bereits als Grundlage einer differenzierten Betrachtung abgelehnt worden.60 An dieser Stelle ist vertiefend darauf einzugehen, ob 58 59

Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VI 4 a, Rn. 116. BayObLG NJW-RR 89, 1294 (1296); Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 28.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

inhaltliche Kriterien überhaupt geeignet sind, die Benachteiligungsgefahr zumindest graduell zu bestimmen. aa) Inhaltliche Strukturmerkmale von Vertragsanpassungsklauseln Das Ergebnis einer Anpassung kann den Betroffenen auf verschiedenen Ebenen treffen. So kann der Zeitpunkt der Anpassung ungünstig sein, die Anpassung eine Vertragspflicht oder ein Recht des Anpassungsgegners betreffen, welche für ihn von herausragender Bedeutung waren, oder einfach seine eigene Leistungspflicht in einen Bereich verschieben, der das Rechtsgeschäft zu einem für ihn ungünstigen macht. Vorrangig bedarf es daher der Suche nach Strukturelementen in Tatbestand und Rechtsfolge, die jede Anpassungsklausel vereint, um hieran eine Analyse auszurichten. Jeder Anpassung wird dabei durch die Elemente Zeitpunkt, Gegenstand und Maßstab festgelegt. (1) Die Tatbestandsseite einer Anpassungsklausel gibt Auskunft über die Voraussetzungen einer Anpassung. Erst der Eintritt der benannten Umstände kann die Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten aktualisieren. Die Ausgestaltung von Anpassungsklauseln ist hier vielseitig und reicht von periodisch vorzunehmenden Anpassungen über bestimmte einzelne Ereignisse bis hin zu abstrakten Kriterien. Schließlich kann sich der Anpassungsberechtigte auch die jederzeitige Anpassung des Vertragsinhaltes vorbehalten. Zu überlegen ist daher, ob die Ausgestaltung der Tatbestandsseite, mithin also der Zeitpunkt der Anpassung, Einfluss auf den Grad der Benachteiligung hat und somit die Interessensphäre des Vertragspartners messbar unterschiedlich berührt. (2) Die Rechtsfolgenseite einer Anpassungsklausel gibt Auskunft sowohl über den Gegenstand als auch den Maßstab der Anpassung. Der Gegenstand der Anpassung ist sehr unterschiedlich auf die Bedürfnisse des Anpassungsberechtigten ausgerichtet und reicht von den Hauptleistungspflichten bis zu der kleinsten Nebenleistungspflicht. Im Rahmen der Hauptleistungspflichten bilden in der Literatur die Bezugnahme auf den Preis und die Vertragsbedingungen einzelne Fallgruppen. Insbesondere die Hauptleistungspflichten charakterisieren den Vertrag, und daher liegt es nahe, dem Gegenstand der Anpassung eine besondere Rolle im Rahmen der Schutzinteressen des Anpassungsgegners einzuräumen. (3) Der Maßstab der Anpassung schließlich gibt Auskunft über den Grad der drohenden Verschiebung des Leistungsgefüges. Als Maßstab bieten sich unterschiedliche Anknüpfungsmöglichkeiten an. Sie reichen von konkreten Werten, einzelnen Berechnungsmethoden und feststellbaren Indizes über 60

Siehe hierzu 3. Teil Erstes Kapitel und Zweites Kapitel.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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abstrakte Bezugnahmen bis hin zur Anpassung nach freiem Ermessen des Anpassungsberechtigten. Der Umfang der Anpassung trifft einen sensiblen Bereich, da davon ausgegangen werden kann, dass zumindest im Bereich der Hauptleistungspflichten die Vertragsparteien als Ergebnis der Verhandlung einen Kompromiss eingegangen sind, der eine Veränderung nicht ohne weiteres zulässt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass derjenige, der eine Ware zu einem bestimmten Preis kaufen will, diese auch zu einem höheren Preis gekauft haben würde. bb) Die Messbarkeit inhaltlicher Benachteiligung und ihre Auswirkung auf die Anpassungsinteressen (1) Subjektive Äquivalenz und Vertragsschluss Die Schwierigkeiten der Zuordnung einer bestimmten Benachteiligungsgefahr zum Inhalt einer Anpassung, verstanden als konkrete Änderung zu einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Vertragspflicht um ein bestimmtes Maß, liegen in der fehlenden Handhabbarkeit des Begriffes der Äquivalenz. Dieser zerfällt in objektive und subjektive Elemente. Während die objektiven Kriterien zumindest im Rahmen einer Missbrauchskontrolle Berücksichtigung finden, entziehen sich die subjektiven Elemente regelmäßig vollständig einer Bewertung durch Dritte. Die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung, die subjektive Äquivalenz, bestimmen die Parteien selbst. Der Staat enthält sich einer Bewertung, da nur unter diesen Voraussetzungen das angestrebte Wirtschaftssystem sich entfalten kann. Darüber hinaus fehlt es jedoch auch an Kriterien, die ein staatlich festgeschriebenes Äquivalenzverhältnis als nicht willkürlich erscheinen ließen. Lediglich im Bereich eklatanten Missbrauchs, basierend auf überlegener wirtschaftlicher oder faktischer Marktmacht, behält sich der Staat über einzelne Generalklauseln (§§ 134, 138, 242 BGB) vor, unter Verweis auf objektive Kriterien, die von den Parteien getroffene Vereinbarung zu korrigieren. Diese Überlegungen sind nicht nur auf den ursprünglichen, sondern gleichermaßen auf den nach einer Anpassung bestehenden Vertrag anzuwenden. Auch der angepasste Vertrag entzieht sich einer Bewertung der in ihm enthaltenen Äquivalenz. Steht aber fest, dass sowohl über den zu ändernden als auch über den geänderten Vertrag eine Aussage dergestalt, dass die Leistungen zueinander nicht äquivalent sind, nicht getroffen werden kann, entzieht sich auch der Grad der Veränderung einer Bewertung. Vielmehr reduziert sich die bewertbare Benachteiligung zunächst nur auf den Umstand, dass der Vertrag überhaupt verändert werden kann, und zwar durch die graduelle Ausschaltung der Einflussnahmemöglichkeit des Vertragspartners.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

Aus diesen Gründen kann streng genommen auch nicht die Rede davon sei, ein Vertrag könne durch eine Anpassung an veränderte Umstände auf sein ursprüngliches Äquivalenzverhältnis zurückgeführt werden. Diese Aussage macht nur Sinn, wenn darunter verstanden wird, dass der Anpassende an die von ihm als Leistungserschwerung definierte Veränderung als Maßstab gebunden ist. Er darf sich als Anpassung nicht mehr vorbehalten als er umgekehrt als Belastung beschrieben hat. Darin muss aus Sicht des Anpassungsgegners aber durchaus nicht die Wiederherstellung der ursprünglichen Äquivalenz zu sehen sein und sie ist es objektiv auch nicht. Wer einen Gegenstand für zehn Euro erwerben will, sagt aus, dass aus seiner Sicht Gegenstand und Zahlungspflicht gleichwertig sind. Erhöht der Verkäufer infolge tatsächlicher Kostensteigerungen bei der Herstellung in Höhe von einem Euro auch den Verkaufspreis um einen Euro, so ist die Frage, ob der Verkauf des Gegenstandes für nunmehr elf Euro das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis „wiederhergestellt hat“ aus der Sicht des Verkäufers richtig, aus der Sicht des Käufers, der den betreffenden Gegenstand eben nur für zehn Euro erwerben wollte, aber nicht. Richtig ist allein, dass Kostensteigerung und tatsächliche Anpassung sich zueinander gleichwertig verhalten. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Frage, ob im konkreten Fall eine Anpassung zulässig ist, nicht von der Frage abhängen kann, welches Ausmaß die Anpassung nehmen kann, denn der Umfang der Anpassung ist nur insofern interessant, als er sich in der konkreten Anpassungssituation an der eingetretenen Leistungserschwerung orientieren muss. (2) Die Strukturmerkmale im Einzelnen Soweit dies nicht schon geschehen ist61, sollen daher die einzelnen inhaltlichen Strukturmerkmale einer Anpassungsklausel, der Zeitpunkt, der Gegenstand und der Maßstab der Anpassung, daraufhin untersucht werden, ob ihnen Aussagen über die Benachteiligung des Anpassungsgegners entlockt werden können. (a) Die Anzahl möglicher Anpassungen lässt einen Schluss auf die Benachteiligung des Anpassungsgegners nicht zu. Ob der Anpassungsberechtigte die Vertragsleistung einmal jährlich oder jeden Monat aufs Neue überprüfen kann, spielt für die Frage nach der effektiven Belastung des Vertragspartners keine Rolle. Hiervon sind nur zwei Ausnahmen zu machen: Zum einen kann der erstmalige Überprüfungstermin zur Anpassung dem Vertragspartner für seine Planung eine gewisse Sicherheit geben, und zum anderen spielt die Anzahl möglicher Änderungen dann eine Rolle, wenn sie 61

Siehe hierzu 3. Teil Erstes Kapitel.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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für den Anpassungsgegner neben dem Inhalt der Anpassung mit jeweils zusätzlichem Aufwand verbunden sind. (b) Aussagen über ein gesteigertes Maß an Benachteiligung lassen sich anhand des Gegenstands der Anpassung ebenfalls nicht treffen. Voraussetzung hierfür wäre die Möglichkeit, die einzelnen Elemente eines Vertrages in eine Rangfolge ihrer Bedeutung zu bringen. Denkbar wäre eine Unterscheidung von Haupt- und Nebenleistungspflichten oder von Preis und Vertragsbedingungen. Dann müsste die Aussage allgemein gültig sein, dass die Anpassung der Hauptleistungspflichten mit einem höheren Maß an Benachteiligung einhergeht als die Veränderung einer Nebenleistungspflicht. Im anderen Fall müsste die Erhöhung des Preises den Anpassungsgegner regelmäßig härter treffen als die Anpassung der Vertragsbedingungen. Beide Aussagen sind jedoch, wie bereits gezeigt wurde62, nicht verallgemeinerungsfähig. Die vorvertraglichen Kalkulationen der Parteien und ihre Planziele sind dem Vertragspartner regelmäßig unbekannt. Welche Aspekte des Vertrages sich nach den Vorstellungen der Beteiligten in keinem Fall ändern dürfen, damit sich der Vertragsschluss im Hinblick auf das gesteckte Planziel und die hierfür eingesetzten Mittel noch lohnt, lässt sich nicht allgemein benennen. Anpassungsklauseln können allgemein der vorvertraglichen Kalkulationsgrundlage ihre Verlässlichkeit nehmen, allein diese Aussage ist zutreffend. Ob die Kalkulation sich dabei eher auf den einen oder anderen Aspekte des Vertragswerkes gestützt hat, muss dabei offen bleiben. Ein Vertrag kann ohne die Einigung über die Hauptleistungspflichten nicht geschlossen werden, Nebenleistungspflichten ergeben sich dagegen eher aus dem Gesetz. Dennoch, und nur darauf kommt es an, kann ihnen große Bedeutung zukommen. Insbesondere bei verschiedenen Anbietern der gleichen Ware kann die Gestaltung der „weiteren Vertragskonditionen“ und des „Service“ den Entschluss des Kunden beeinflussen. Auch wenn den Hauptleistungspflichten eine gewichtige Bedeutung zukommt, kann aus ihrer Anpassung nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser Vorgang stets belastender ist, als die Anpassung von Nebenleistungspflichten. Auch aus der Anpassung des Preises folgt gegenüber der Anpassung der sonstigen Hauptleistungspflichten keine gesteigerte Benachteiligung. Diese Annahme basiert wohl auch eher darauf, dass der Preis ein einfach zu handhabender Begriff ist und seine Veränderung sofort als nachteilhaft wahrgenommen wird. Wie viel eine Sache oder eine Leistung kosten soll, überlegt jeder vor dem Abschluss eines Vertrages. Dennoch wäre es verfehlt, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Es spielt grundsätzlich für die Verschiebung der ursprünglichen Äquivalenz keine Rolle, ob der Preis oder seine Gegenleistung verändert wird.63 62

Siehe hierzu 3. Teil Erstes Kapitel A.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

(c) Schließlich gilt es zu überlegen, ob sich nicht aus dem Maßstab der Anpassung, also der Intensität der Anpassung, eine graduell messbare Benachteiligungsgefahr ergibt. Abstrakt ist diese Frage bereits verneint worden.64 Dieses Ergebnis kann auch durch konkrete Beispiele verdeutlicht werden. Der Umstand, dass beispielsweise eine Preissteigerung um 10% des Ausgangspreises einen größeren Nachteil darstellt als eine Preissteigerung um 5%, ist nicht geeignet, Aussagen über Angemessenheit oder Benachteiligung zu treffen. Nicht einmal über die „Wiederherstellung der verschobenen Äquivalenz“ im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtung kann pauschal gesagt werden, dass bis zu dieser Schwelle das Interesse des Anpassungsgegners reduziert ist. Auch wenn aus Sicht des Anpassungsgegners unter der Bilanzierung wirtschaftlicher Kriterien das Rechtsgeschäft durch die Anpassung kein Verlustgeschäft geworden ist, muss dennoch berücksichtigt werden, dass bei gesteigertem Wert der Gegenleistung die Erhöhung der eigenen Leistungsverpflichtung eine unerwünschte Belastung darstellen kann. Auch der Maßstab der Anpassung ist daher nicht geeignet, den Grad der aus der Anpassung resultierenden Benachteiligung weiter aufzufächern. (3) Schlussfolgerungen für das Interesse des Anpassungsgegners Die soeben gewonnenen Erkenntnisse führen zu einem nahezu vollständigen Zurückdrängen inhaltlicher Kriterien auf Seiten des Anpassungsgegners, um den von ihm zu ertragenden Nachteil zu beschreiben. Dieser sieht sich allerdings weiterhin der Situation ausgesetzt, dass die von ihm im Vertrag benannte Äquivalenz überhaupt einer Änderung unterworfen ist und dass sich der Anpassungsberechtigte in Abkehr vom Vertragsprinzip hierfür einen Gestaltungsspielraum vorbehalten hat. Allein diesem Nachteil nicht ausgesetzt zu sein, bildet das Interesse des Vertragspartners, hiermit ist das Anpassungsinteresse zu vergleichen. Da auf Seiten des Anpassungsgegners drei Arten von Anpassungsklauseln jeweils spezifische Nachteile hervorbringen, sind nach einer allgemeinen Analyse des Anpassungsinteresses im Rahmen des oben gebildeten Systems die Ergebnisse auf diese Fallgruppen zu übertragen. Mit anderen Worten: nicht jedes Anpassungsinteresse kann jede Form von Anpassung als angemessen erscheinen lassen.

63 64

Siehe hierzu 3. Teil Erstes Kapitel A. II. Siehe hierzu 3. Teil Erstes Kapitel B.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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c) Das Anpassungsinteresse des Anpassungsberechtigten Der Gegenstand des Interesses des Anpassungsberechtigten ist im ersten Teil dieser Arbeit bereits allgemein umschrieben worden: Ziel jeder Anpassung ist es, durch die Etablierung eines Gestaltungsraumes das Risiko auftretender, im Detail aber nicht vollständig kalkulierbarer Leistungserschwerungen in Verträgen mit verzögertem Leistungsaustausch zu minimieren. Fraglich ist, ob dieses Interesse stets das nötige Gewicht hat, um eine Anpassungsregelung begründen zu können. Dies hängt von dem Verständnis des Begriffes der Leistungserschwerung ab, der ja seinerseits nichts anderes bedeutet als die Verschiebung der bei Vertragsschluss kalkulierten Äquivalenz aus der Sicht zumindest einer Partei. Auch wenn keine Maßstäbe zur Bemessung der subjektiven Äquivalenz bestehen, so ist von dem die Leistung erschwerenden Ereignis ein gewisser Grad an Objektivierung zu fordern. Die reine Behauptung einer Leistungserschwerung genügt nicht, insbesondere nicht rein subjektive Änderungen der Motivation. aa) Gewinnsteigerung, Umstrukturierung und andere Leistungserschwerungen Ansatzpunkt für das Anpassungsinteresse muss ein Anpassungsereignis sein, welches objektiv nachvollziehbar eine Leistungserschwerung überhaupt nach sich ziehen kann. Abzustellen ist nur darauf, ob es nicht vollständig ausgeschlossen ist, dass die Änderung der Plandaten für den Anpassenden nachteilhaft ist. Die Betrachtung muss nicht rein wirtschaftlich geprägt sein, auch andere Beweggründe können eine Rolle spielen. Der behauptete Nachteil darf sich jedoch nicht darin erschöpfen, an der Leistung des Vertragspartners oder der Erbringung der eigenen Leistung kein Interesse mehr zu haben. Als Kategorien, die eine genaue Untersuchung erfordern, sind Gewinnsteigerungen, Umstrukturierungen und nicht wirtschaftliche Leistungserschwerungen zu betrachten. (1) Erste Bedenken, ein Anpassungsinteresse anzuerkennen können, entstehen, wenn hinter der Regelung der Versuch vermutet werden kann, den mit dem Vertrag angestrebten Gewinn zu steigern.65 Von einer Leistungserschwerung kann nicht gesprochen werden, wenn ein Anpassungsereignis nicht stattgefunden hat. Will der Verwender bei gleich bleibenden Plandaten 65

Der gelegentlich anzutreffende Begriff der Gewinnmaximierung, vgl. z. B. Beckmann, S. 80 ff., sollte hingegen vermieden werden, denn tatsächlich geht es nur um die (Un-)Zulässigkeit einer Gewinnsteigerung. Ob der Anpassungsberechtigte damit zugleich das Maximum eines denkbaren Gewinns erreicht, ist unerheblich und darf regelmäßig auch bezweifelt werden.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

beispielsweise den Preis anheben, kann ein Anpassungsinteresse kategorisch nicht anerkannt werden. Dieser Fall ist jedoch die Ausnahme. Schwerer einzuordnen sind Fälle, in denen der Verwender auf die im Zeitpunkt der Anpassung bestehenden Marktverhältnisse abstellt. Könnte der Verwender im Zeitpunkt der Anpassung eine höhere als die im Zeitpunkt der Verpflichtung mögliche Gegenleistung verlangen, wird die Frage, ob darin eine unzulässige Gewinnsteigerung liegt, zu einer Frage des Blickwinkels. Nominell hat sich an dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nichts verändert. Andererseits erbringt der Anpassungsberechtigte seine Leistung inzwischen „unter Wert“, so dass eine Anhebung der Gegenleistungspflicht auch als Ausgleich eines eingetretenen Verlustes bezeichnet werden könnte. Da eine Abwägung der Interessen aber noch später erfolgen soll, sind an dieser Stelle nur diejenigen Fälle auszuscheiden, in denen mangels eines (aufgeführten) Anpassungsereignisses der Eintritt einer Leistungserschwerung ausgeschlossen bzw. nicht überprüft werden kann. (2) Die Frage nach einem beachtenswerten Anpassungsinteresse stellt sich auch unter dem Begriff der Modernisierung oder Umstrukturierung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch in diesem Fall fehlt es an einem singulären Anpassungsereignis. Vielmehr möchte der Verwender seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen neu gestalten oder modernisieren. Diese Begriffe umfassen formelle und materielle Aspekte und können von der optischen Neugestaltung des Regelungswerkes bis hin zur inhaltlichen Neufassung reichen. Daher muss unterschieden werden: Formale Gestaltungsaspekte können bei der Anpassung eines Vertrages außer Betracht bleiben. Wenn allerdings der Wortlaut von Vorschriften geändert wird, ist genau zu unterscheiden, ob davon auch der Wortsinn betroffen wird.66 Selbstverständlich ist es auch als Anpassung aufzufassen, wenn der Anpassungsberechtigte seine Interpretation des Vertragstextes in sprachlich neuer Form unter Verweis auf den gleich bleibenden Inhalt dem modernisierten Vertragstext zu Grunde legt. Denn über die Auslegung der gewählten Worte kann er nicht allein entscheiden. Dementsprechend bedarf es bei jedem Eingriff in den Wortlaut des Vertragstextes, der den Wortsinn betreffen kann, eines Anpassungsinteresses und daher auch eines Anpassungsereignisses. Der reine Zeitablauf ist hierfür nicht ausreichend. Soweit unter Umstrukturierung auch inhaltliche Regelungen fallen, bleibt es ohnehin bei den obigen Regeln. (3) Der gängige Fall einer Leistungserschwerung sind zumindest aus Sicht des Anpassungsberechtigten messbare wirtschaftliche Nachteile infolge von Kostensteigerungen im Rahmen der Bereitstellung der Leistung. 66

Siehe hierzu 5. Teil Erstes Kapitel B.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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Dieser Aspekt wird in der Literatur mit dem Begriff des Beschaffungsrisikos bezeichnet. Darunter fällt jedweder Aufwand, der erforderlich ist, um die Leistung erbringen zu können. Denkbar sind jedoch auch andere Ereignisse, welche eine Leistungserschwerung nach sich ziehen können. Angedeutet wurde bereits, dass auch in der Möglichkeit, für die eigene Leistung im Erfüllungszeitpunkt eine erhöhte Gegenleistung fordern zu können, eine Leistungserschwerung gesehen werden kann, da der Anpassungsberechtigte insofern „unter Wert“ leistet. Stets ist genau zu unterscheiden, ob die Klausel ihrer Funktion nach tatsächlich auf eine nachvollziehbare Leistungserschwerung abzielt oder vielmehr nur eine unseriöse Öffnungsklausel darstellt, aus ungünstigen Geschäften nachträglich günstige zu machen. bb) Die Erforderlichkeit der Regelung Jede Anpassungsklausel muss die Hürde der Erforderlichkeit überwinden. Daran fehlt es in bestimmten Fallgruppen schon von vornherein, insbesondere, wenn zur Lückenfüllung nach unwirksamen Klausel gleichermaßen dispositives Gesetzesrecht67 oder das Rechtsinstitut der Vertragsauslegung68 bemüht werden kann. Fehlt es hieran, muss stets auch noch geprüft werden, ob durch den ersatzlosen Wegfall der Vertragsbedingung gleichwohl ein interessengerechter Restvertrag übrig bleibt.69 Erst nach Ausschluss dieser Alternativen kann eine Anpassungsklausel als erforderlich bewertet werden. Dient die Anpassungsklausel der Umverteilung eines bestimmten Risikos, darf sie auf der Rechtsfolgenseite auch nur solche Regelungen vorsehen, die genau dieses Risiko betreffen.70 Das hierbei zu berücksichtigende Problem liegt in der Unbestimmtheit einzelner Elemente der Leistungserschwerung, so dass insgesamt unklar sein kann, welches Ausmaß sie erreicht. Daher kann die Forderung nach der Erforderlichkeit immer nur Teilaspekte betreffen, denn nicht der Gestaltungsspielraum insgesamt, sondern nur seine Ausmaße stehen dann auf dem Prüfstand. Insbesondere die Vermischung von abstrakten und konkreten Begriffen kann den erforderlichen Rahmen 67

BGH NJW 1999, 1865 (1866). Für den Versicherungsvertrag: BGH NJW 1992, 1164 (1165 f.); Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 6 Rn. 36; Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (113); Präve, VersR 1999, 699; Abram, NVersZ 2000, 249 (250). 69 Für den Versicherungsvertrag: BGH NJW 1992, 1164 (1165 f.); OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 412 (413); Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 6 Rn. 36; Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (113); Abram, NVersZ 2000, 248 (250). 70 Hierzu zählt auch das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs, wenn dem Anpassungsberechtigten weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen; hierzu Beckmann, S. 41 und Soergel/Stein, § 9 AGBG Rn. 21. 68

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

verlassen. Steht fest, dass die Leistungserschwerung eine bestimmte Größenordnung nicht übersteigt, ist beispielsweise ein nach oben offener, abstrakter Anpassungsmaßstab nicht erforderlich. d) Die Interessenabwägung bei Anpassungsklauseln Steht fest, dass das vom Anpassungsberechtigten geltend gemachte Anpassungsinteresse von einigem Gewicht ist, muss nun eine Interessenabwägung erfolgen. Die hierbei einzuhaltenden Schritte sind abstrakt bereits beschrieben worden. Hier sollen sie auf die Anpassungssituation übertragen werden. Zu untersuchen ist insbesondere die Möglichkeit einer gerechten Risikoverteilung, der Nachteilsausgleich, die Verhältnismäßigkeit und vertragstypische Risiken. aa) Angemessenheit durch gerechte Verteilung eines Risikos Die gerechte Verteilung eines Risikos im Bereich von Anpassungsregeln ist selten. Dies liegt an verschiedenen Besonderheiten, praktischen und rechtlichen. Realiter sind die Verwender von Anpassungsklauseln zumeist daran interessiert, eine Leistungserschwerung vollständig an den Vertragspartner weiterzugeben. Auch in rechtlicher Hinsicht ist die Teilung eines Risikos eher die Seltenheit, insbesondere wenn das Risiko nur die eine oder die andere Partei, nicht aber beide Parteien gleichermaßen treffen kann. In diesen Fällen ist das Risiko nach Lage des Gesetzes entweder von der einen oder von der anderen Partei zu tragen, die Abwälzung auf den Vertragspartner dementsprechend zulässig oder unzulässig. Eine gerechte Verteilung des Risikos ist nicht nur schwer vorstellbar, sie führt auch zu keiner anderen Bewertung. Das Risiko von Kostensteigerungen beispielsweise ist entweder vom Schuldner der Leistung zu tragen, oder er kann es dem Gläubiger über eine Kostenklausel aufbürden. Die Hälfte der Kosten abzuwälzen71, macht hingegen eine grundsätzlich unzulässige Risikoumverteilung nicht angemessen und damit zulässig. Anders liegen die Dinge jedoch bei einem Risiko, welches einmal zu Lasten und einmal zu Gunsten der Parteien ausfallen kann. Wird dieses Risiko gerecht verteilt, kann das beiderseitige Interesse in Einklang gebracht werden. Eine solche Klausel ist zumeist mit Gegenrechten ausgestaltet und soll im nächsten Kapitel besprochen werden. Im Ergebnis kann gesagt werden, dass die Angemessenheit einer Anpassungsklausel regelmäßig nicht über eine gerechte Verteilung eines Risikos hergestellt werden kann. 71

Beispiele bei Lettl, JuS 2001, 456 (458).

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bb) Angemessenheit durch Ausgleich Der gerechten Verteilung eines Risikos ähnlich ist in den Fällen einseitiger Risikoverteilung der Ausgleich des so erlittenen Nachteils durch Gegenrechte oder die Minimierung der gegnerischen Leistungspflicht.72 Die Schwierigkeit dieses Ansatzes ist offensichtlich: Ob ein Gegenrecht als Ausgleich bewertet werden kann, entzieht sich regelmäßig der Bewertung, da auch diese Frage subjektive Elemente der Äquivalenzvorstellungen der Parteien betrifft und nicht durch allgemeine Ansichten beantwortet werden kann. (1) Ein denkbarer Ausgleich kann in einer Regelung liegen, die ein Vertragsrisiko, welches beide Parteien treffen kann, auf beide Schultern dergestalt verteilt, dass auch der Anpassungsgegner in die Rolle eines Anpassungsberechtigten gelangen kann. Eine solche Verteilung von Gestaltungsmacht erscheint dann sinnvoll, wenn die Parteien auf einen Referenzwert Bezug nehmen können, der für jede Partei sowohl ungünstig als auch günstig ausfallen kann.73 In diesen Fällen trägt nicht nur eine Partei, sondern beide Parteien gemeinsam das Vertragsrisiko. Dieses System könnte auch unter dem Aspekt der gerechten Risikoverteilung thematisiert werden. Da jedoch das ursprüngliche Anpassungsrecht in seinem Anwendungsbereich nicht eingeschränkt wird, sondern der Anpassungsgegner im Gegenzug ein eigenes Risiko abwälzen kann, liegt die Annahme eines Ausgleichs näher. Nur in seltenen Fällen ist ein solcher Ausgleich möglich. Typischerweise trifft das Vertragsrisiko nur eine Partei. Wenn allerdings beide Parteien von einem Risiko, z. B. den Schwankungen eines Bezugsmarktes, gleichermaßen betroffen sind, kann ein solches Gegenrecht zur Anpassung der Anpassungsklausel zur Wirksamkeit verhelfen.74 (2) In der Praxis häufiger zu finden ist der Versuch, durch ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht einen angemessenen Ausgleich für ein verlagertes Vertragsrisiko zu schaffen.75 Während der Anpassungsberechtigte ein Risiko einseitig zu verteilen berechtigt ist, kann der Vertragspartner die Anpassung zum Anlass einer Vertragsauflösung nehmen. Dieses Recht sichert ihm jedenfalls einen ausreichenden Schutz vor einer vertragsimmanenten Übervorteilung. Widerspricht die veränderte Relation von Leistung und Ge72

Soergel/Stein, § 9 AGBG Rn. 29; Beckmann, S. 41 und 86 ff. Bekannt ist diese Konstellation insbesondere aus dem Mietrecht, siehe hierzu 2. Teil Zweites Kapitel B. I. 3. 74 Denkbar ist es auch, die Gewährung eines solchen eigenen Anpassungsrechts als Mindestvoraussetzung einer zulässigen Anpassungsklausel zu verlangen. 75 BGH NJW 1980, 2518 (2519); NJW 1982, 331 (332); sehr umfangreich Beckmann, S. 86 ff.; Schulze-Schwienhorst, S. 55; Soergel/Stein, § 11 Nr. 1 Rn. 14; Coester-Waltjen, in: Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, § 11 Nr. 1 Rn. 36. 73

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

genleistung seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen, kann er sich seiner vertraglichen Verpflichtung durch Beendigung des Vertrages entziehen.76 Ein Kündigungsrecht kann in einigen, aber nicht in allen Fällen den begehrten Ausgleich verschaffen.77 Mit der ausbleibenden Möglichkeit zur alternativen Beschaffung der vom Anpassungsgegner begehrten Leistung verliert das Kündigungsrecht seine ausgleichende Wirkung.78 Das faktische Korrektiv der Zwänge des Marktes geht darüber hinaus bei exklusiven Leistungen verloren. Ein vertragliches Recht zur Lösung von der eigenen Leistungspflicht ist für den Kündigungsberechtigten nur dann ein Ausgleich, wenn er sich ohne größere Anstrengungen bei einem anderen Vertragspartner mit der ursprünglichen Leistung eindecken kann. Es ist daher der Frage nachzugehen, welchen Aufwand man dem Anpassungsgegner zumuten kann. Unzumutbar ist die Loslösung von einem Vertrag jedenfalls dann, wenn die versprochene Leistung schon von keinem anderen erbracht werden kann oder nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Anpassungsgegner ein besonderes persönliches Interesse oder zumindest ein berechtigtes Interesse gerade an der Fortsetzung der gewählten Leistung hatte79, sei es, weil sie auf ihn zugeschnitten wurde, sei es, weil der Vertragsschluss mit einer langfristigen, persönlichen Bindung einherging. Auch wenn die Ersatzbeschaffung zwar möglich, aber mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, kann das Kündigungsrecht nicht die erhoffte Wirkung entfalten. Anders liegen die Dinge, wenn die Leistung leicht durch einen Vertragsschluss mit einer anderen Partei erlangt werden kann. Welche Wartezeiten zumutbar sind, muss im Einzelfall entschieden werden. Schließlich ist noch darauf zu verweisen, dass nicht jede Anpassungsregelung eines solchen Gegenrechtes bedarf. Es ist vielmehr auf Gestaltungsrechte zugeschnitten80 und dient als Ausgleich für die Durchsetzung eines an sich unterlegenen Anpassungsinteresses. (3) Das ausgleichende Recht muss nicht ein Kündigungsrecht sein. Denkbar sind auch die Erstattung von Kosten, die Zahlung einer Abfindung oder sonstige Vorteile. Die Schwierigkeit liegt wie schon im letzten Fall darin, die mit der Anpassung verbundenen Nachteile zu bewerten. Jedenfalls kann nur selten, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass es dem An76

Beggerow, S. 140; v. Westphalen, EWiR § 9 AGBG 16/86, 745 (755). Beckmann, S. 93. 78 Trinkner, in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 15; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 14; Gärtner, BB 1980, 448 (450); Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (78); Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, (274 f.). 79 Fricke, VersR 1996, 1449 (1453); Beispiele bei Hensen, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 16. 80 Siehe hierzu 5. Teil Viertes Kapitel B. III. 77

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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passungsgegner gerade auch auf den geänderten Aspekt des ursprünglichen Vertrages ankam, ein solcher Ausgleich die Angemessenheit einer Anpassungsklausel bedingen. cc) Verhältnismäßigkeit Ein Überwiegen des einen oder anderen Interesses kann sich nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit ergeben.81 Zu vergleichen sind die mit einer Anpassung verbundenen Nachteile mit den drohenden Nachteilen des Anpassungsberechtigten ohne eine Anpassungsregelung. Dieser Ansatz steht vor der Schwierigkeit, das Ausmaß einer drohenden Leistungserschwerung und einer Vertragsänderung einer Bewertung zuführen zu müssen, was jedoch regelmäßig aus den bereits angeführten Gründen scheitern muss. Es verbleiben nur wenige Ausnahmen, z. B. unter dem Aspekt des fehlenden Interesses, wenn die Leistungserschwerung durch eine für den Anpassungsgegner nicht nachteilhafte Anpassung herbeigeführt werden kann, oder unter dem Aspekt der Geschäftsgrundlagenstörung, wobei § 307 Abs. 3 S. 1 BGB zu beachten ist. Nicht unter den Aspekt der Verhältnismäßigkeit fallen Massenverträge. Die Besonderheit dieser Fallgruppe liegt darin, dass auf Grund einer Vielzahl gleicher Verträge eines Anbieters, dieser durch eine verhältnismäßig kleine Anpassung eines jeden Vertrages in der Summe einen erheblichen Nachteil für sich selbst verhindern kann. Auch wenn dieser Umstand im Rahmen der Interessenabwägung möglicherweise beachtenswert ist, passt der Begriff der Verhältnismäßigkeit hier nicht, da aus der hier allein relevanten Sicht des Anpassungsgegners sich der drohende Nachteil des Anpassungsberechtigten allein aus dem eigenen Vertragsverhältnis ergeben muss. Auch die in der Literatur gelegentlich aufgeworfene Frage, ob geringfügige Abweichungen der erbrachten Leistung nach § 242 BGB hinzunehmen und aus diesem Grund zulässig sind82, berührt möglicherweise Aspekte der Verhältnismäßigkeit, nicht jedoch des Vertragsanpassungsrechtes.83 Ob beispielsweise trotz Farbabweichungen eine Möbellieferung noch vertrags81

Für Preisklauseln: OLG Frankfurt NJW-RR 1987, 1462 (1463); Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, § 9 Rn. 100; Beckmann, S. 59; zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Einbeziehungskontrolle vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 Rn. 39. 82 BGH NJW 1987, 1886 (1887); MünchKomm/Basedow, § 308 Nr. 4 Rn. 9; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 17; Löwe, in: Löwe/v. Westphalen/ Trinkner, § 10 Nr. 4 Rn. 22; Freund, S. 160; Lettl, JuS 2001, 559 (562). 83 Wie hier OLG Hamm, NJW 1986, 2581 (2584), die schon das Vorliegen einer Anpassungsklausel verneinen; dagegen aber BGH NJW 1987, 1886, der auch auf die fehlende Anwendbarkeit von § 8 AGBG verweist.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

gemäß ist, gehört zum Problemkreis ordnungsgemäßer Erfüllung. Sind die Abweichungen der erbrachten Leistung unter dem Aspekt fehlenden Interesses vom Vertragspartner hinzunehmen, bedarf es keiner vorausgehenden Vertragsanpassung, anderenfalls verbleiben Erfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche. Eine Anpassungsklausel wäre erst dann erforderlich, wenn bereits feststeht, dass die nicht zu vermeidenden Farbabweichungen den Grad des hinnehmbaren überschreiten. dd) Die Angemessenheit im engeren Sinne Wenn schließlich weder eine angemessene Risikoverteilung noch eine ausgleichende Regelung oder Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit zu dem Ergebnis geführt haben, dass das Anpassungsinteresse gegenüber den zugefügten Nachteilen Bestand haben kann, müssen die betroffenen Interessen direkt verglichen werden. So einig sich Rechtsprechung und Literatur darüber sind, dass auch in Allgemeine Geschäftsbedingungen Anpassungsregelungen aufgenommen werden können84, so uneinig ist man sich im Hinblick auf die Kriterien zum Vergleich der betroffenen Interessen. Das Gesetz ist, wie gesehen85, ebenfalls nicht zur Vorgabe entscheidender Wertungen in der Lage. Schließlich bestehen auch keine Präjudizien, sieht man einmal von der Zweifelsfallregelung ab, nach der eine Anpassungsregelung im Zweifel keinen Bestand hat.86 Weder der Grundsatz der Vertragstreue noch die Feststellung, wie das Vertragsrisiko ohne eine Regelung verteilt wäre, sprechen für oder gegen die Zulässigkeit einer Anpassungsregelung. (1) Der Begriff des redlichen Vertragspartners Es ist bereits gesagt worden87, dass der Begriff des redlichen Vertragspartners zur Lösung von Interessenkonflikten herangezogen werden kann. Im Falle einer planwidrigen Regelungslücke oder einer Störung der Geschäftsgrundlage wird das Erfordernis einer ausgleichenden Regelung durch den hypothetischen Willen der Parteien ersetzt, und zwar durch dasjenige, was beide Parteien bei redlicher Denkweise als einen gerechten Interessen84 Eine Ansicht, die Anpassungsregelungen grundsätzlich für unzulässig hält, ist nicht ersichtlich. Sie würde darüber hinaus auch in einen Widerspruch zu den Regelungen der §§ 308 Nr. 4, 309 Nr. 1 BGB geraten, die ersichtlich von der Möglichkeit einer Anpassungsregelung ausgehen. 85 Siehe hierzu 2. Teil Viertes Kapitel. 86 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. a) dd) (1). 87 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. a) dd) (3).

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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ausgleich gewollt oder akzeptiert hätten.88 Damit ist der Richter gehalten, einen normativen Willen zu ermitteln, also nicht dasjenige, was jede Partei nur unter Berücksichtigung der eigenen Interessen gewollt hätte.89 Der normative Wille90 wird geprägt von der normativ interessengerechten Regelung, welche die Parteien aus der Sicht des Richters bei vernünftiger und umfassender91 Interessenabwägung im Hinblick auf den mit dem Vertrag verfolgten Zweck nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte vernünftigerweise gewollt hätten. Im Falle einer ergänzenden Vertragsauslegung ist allerdings, was nicht verkannt werden soll, vorrangig auf die von den Parteien vertraglich getroffenen Regelungen abzustellen und stets ihr Einfluss auf die nicht geregelten Punkte zu beachten. Entscheidend ist, dass ausgehend von der Idee, dass ein Vertrag losgelöst von der Vorstellung der Parteien als Sinnganzes92 betrachtet werden kann, versucht werden muss, vertragstypische Konfliktsituationen im Sinne einer ausgleichenden Lösung zu schlichten. Der Grund dafür, dass mit den Rechtsinstituten der ergänzenden Vertragsauslegung und der Störung der Geschäftsgrundlage die Interessen der Vertragsparteien nicht umfassend geregelt werden können, liegt darin, dass sie von ihren Voraussetzungen erst sehr spät eingreifen. Sowohl nach §§ 157, 242 BGB als auch nach § 313 BGB können nachträgliche Leistungserschwerungen berücksichtigt und einer Regelung zugeführt werden, und zwar unter Berücksichtigung beider Interessen. Allerdings fehlt es regelmäßig entweder an der Planwidrigkeit der Lücke, oder die Konstanz der vertraglichen Umstände ist nicht zur Geschäftsgrundlage geworden, bzw. der Grad der Leistungserschwerung erreicht nicht das nötige Maß. Denn das Problem, welchem sich eine Vertragspartei ausgesetzt sieht, besteht darin, dass sie Kenntnis von einem Vertragsrisiko besitzt, welches nur über die Etablierung einer flexiblen Regelung gemindert werden kann. Dem Anpassungsinteressierten kann jedoch dann, wenn ein Vertragsrisiko besteht, welches ein redlicher Vertragspartner als regelungsbedürftig anzusehen hätte, nicht zugemutet werden, auf die nicht abschließenden Rechtsinstitute der ergänzenden Vertragsauslegung oder der Geschäftsgrundlagenstörung zu vertrauen. Jedenfalls muss ihm gestattet sein, einen Interessen88

Für die Geschäftsgrundlagenstörung vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 1294 (1296); für die ergänzende Vertragsauslegung vgl. Medicus, Allgemeiner Teil, § 25 III 2 b, Rn. 343; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 33 II 2 b, Rn. 9 ff. und Bechtold, BB 1983, 1636 (1638). 89 BGHZ 96, 313 (320 f.). 90 BGH NJW 1996, 2596; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 VI 4 a, Rn. 116; Dörner, LM H. 10/1996, Art. 28 EGBGB 1986, Nr. 3, Bl. 1953. 91 Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 28. 92 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 33 II 2 b, Rn. 9.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

ausgleich schon im Vorfeld zu formulieren, solange diese Regelung sich als sachgerecht und im Hinblick auf die Interessenlage als angemessen darstellt. Dieses Element ähnelt der Billigkeit in § 315 BGB. (2) Einzelne Fallgruppen Die Bewertung der Interessen kann nur über die Bildung von Fallgruppen erfolgen. Für ein übergeordnetes Kriterium ist die Menge an zu berücksichtigenden Umständen zu mannigfaltig. Anhand einzelner Überlegungen ist ein Muster zu erstellen, welches nicht bedachte Anpassungsereignisse und Leistungserschwerungen einer Bewertung zugänglich macht und Raum bietet für ergänzende Überlegungen unter Berücksichtigung individueller Umstände. Zwei unterschiedliche Wege bieten sich an: Zum einen kann das Überwiegen eines Interesses aus einem Grund resultieren, der ihm ein erhöhtes Gewicht verleiht. Es können jedoch auch Argumente vorgebracht werden, die ein vorgebrachtes Interesse relativieren und dazu führen, dass eine Partei sich den Vorstellungen der anderen Partei unterwerfen muss. (a) Zeit und Interesse Der Grund für auftretende Leistungserschwerungen liegt in der verzögerten Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung.93 Beide Parteien stehen in einer solchen Situation vor der Herausforderung, nicht nur die gegenwärtige Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung für sich als äquivalent festlegen, sondern auch eine Prognose abgeben zu müssen, ob ihre jetzige Annahme zukünftig, also im Erfüllungszeitpunkt, Bestand haben wird.94 Grundsätzlich gehört die Frage nach dem Zeitpunkt eines Vertragsschlusses zu denjenigen Entscheidungen einer Partei, für die sie die alleinige Verantwortung tragen. Demjenigen, der auf einer unsicheren Tatsachengrundlage eine frühzeitige Verpflichtung eingeht, muss der Vorwurf gemacht werden, bewusst riskant gehandelt zu haben. Dann muss er sich auch an den Konsequenzen der Änderung der Plandaten festhalten lassen. 93 Nach Horn, NJW 1985, 1118 (1121), ist Voraussetzung für die Anerkennung eines Anpassungsinteresses des Verwenders, dass die unveränderte Vertragsbindung des Verwenders unbillig wäre. Hierfür sei insbesondere auch auf die Laufzeit des Vertrages abzustellen. 94 Vielfach wird das Problem der Vertragsanpassung auch als Sonderrecht von Dauerschuldverhältnissen behandelt; vgl. Horn, Die Vertragsdauer als schuldrechtliches Regelungsproblem. Empfiehlt sich eine zusammenfassende Regelung der Sonderprobleme von Dauerschuldverhältnissen und langfristigen Verträgen? (1981); Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen: Dargestellt am Beispiel langfristiger Energielieferungsverträge (1983); Fenyves, Der Einfluss geänderter Verhältnisse auf Langzeitverträge (1997).

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Zu fragen ist aber, ob aus der Sicht eines redlichen Vertragspartners sich etwas anderes ergeben kann, zumindest dann, wenn die frühe Vertragsbindung auch zu seinem Vorteil eingegangen wurde. Wer vor der Frage steht, ob er einen auf Grund der zeitlichen Struktur in irgendeinem Punkt „riskanten“ Vertrag abschließen soll, kann entweder das Risiko eingehen oder es lassen. Ist aber der Vertragsschluss auch im Sinne des Vertragspartners, kann dieser – als redlicher Vertragspartner gedacht – sich nicht ohne weiteres dem Interesse des Anpassungsberechtigten widersetzen. Mit anderen Worten: Der Abschluss eines Vertrages mit der entsprechenden zeitlichen Struktur muss bereits eine Risikoübernahme des Verwenders beinhalten, welche durch den sonstigen Vertragsinhalt nicht als mit abgegolten bezeichnet werden kann. Diese Schlussfolgerung gilt allerdings auch umgekehrt: Ist die zeitliche Vertragsstruktur nicht auch im Sinne des Anpassungsgegners, verbleibt es bei der Grundregel, dass der Vertragspartner den Vertrag mit dem entsprechenden Risiko abschließt. Die Frage, in wessen Interesse die Verzögerung der Erfüllung ist, kann nicht ohne einen Blick auf die Vertragsstruktur beantwortet werden. Zwei grundsätzlich unterschiedlichen Muster sind zu unterscheiden: Der einmalige Leistungsaustausch und der über einen längeren Zeitraum sich erstreckende kontinuierliche Leistungsaustausch. Zu letzterem zählen vor allem Sukzessivlieferungsverträge und Dauerschuldverhältnisse. Verträge, bei denen die Erfüllungshandlung für sich einen längeren Zeitraum einnimmt, können je nach den Umständen des Einzelfalles der einen oder anderen Gruppe zugeordnet werden. (aa) Der einmalige, aber verzögerte Leistungsaustausch lässt sich mit dem Begriff der Reservierung näher beschreiben. Zu fragen ist nach der Motivation, warum ohne einen Leistungsaustausch bereits in einem derart frühen Stadium ein Verpflichtungsvertrag geschlossen wird. Hierfür kann es verschiedene Gründe geben. Der Anbieter einer Leistung kann mit einem frühen Bindungsversprechung Kundenwerbung betreiben. Durch eine frühe Verpflichtung unter günstigen Kondition können neue Vertragspartner angelockt werden. Bei einer derartig einseitigen Interessenverteilung kann ein späteres Anpassungsinteresse nicht anerkannt werden, zumal da dem Anpassungsgegner der versprochene Vorteil leicht wieder genommen werden könnte. Kann er sich nämlich im Erfüllungszeitpunkt ohne Weiteres eine vergleichbare oder sogar die gleiche Leistung bei einem anderen Anbieter besorgen und steht dies im Verpflichtungszeitpunkt fest, bietet ihm die frühe Bindung selbst keinen Vorteil. Das vom Anpassungsinteressierten geschaffene Risiko muss dieser daher allein tragen. Zu einem anderen Ergebnis kann man gelangen, wenn der Vertragsschluss als Reservierung einer exklusiven oder kontingentierten Leistung

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bzw. Ware interpretiert werden kann. Kann der Anpassungsgegner im Erfüllungszeitpunkt nicht damit rechnen, die versprochene Leistung des Anpassungsberechtigten von einem anderen Anbieter zu erlangen, liegt das frühzeitige Versprechen des Anpassungsberechtigten auch im Sinne des Leistungsempfängers. Dabei darf nicht verkannt werden, dass auch in diesen Fällen der Anpassungsberechtigte aus dem frühen Vertragsschluss planerische Sicherheit und somit einen Vorteil erlangt. Für die Zulässigkeit einer Risikominimierung ist daher nur zu fragen, ob die frühe Vertragsbindung zumindest auch im Interesse des Anpassungsgegners liegt. In diesem Fall ist es gerechtfertigt, dass er auch Teile des vertraglichen Risikos zu übernehmen hat. (bb) In dauerhaften Vertragsbeziehungen liegen die Dinge von vornherein anders. Die Frage, in wessen Interesse die lange Vertragsbindung primär oder überwiegend eingegangen wird, kann nicht ohne weiteres beantwortet werden, weil typischerweise beide Seiten durch die Vertragsstruktur planerische Sicherheit erlangen, was aber für die grundsätzliche Anerkennung eines Anpassungsinteresses auch ausreicht. Neben der planerischen Sicherheit gewähren die Anbieter von Dauerschuldverhältnisse regelmäßig auch andere, zumeist wirtschaftliche Vorteile, denn die Festlegung auf einen Vertragspartner und der im Falle eines unkündbaren Festvertrages einhergehende Verzicht auf Konkurrenzprodukte stellen einen Vorteil dar, der über die Absenkung des Bezugspreises ausgeglichen werden kann. In diesen Fällen ist stets darauf zu achten, ob nicht in einem besonderen Angebot, verbunden mit einer späteren „Anpassung“, ein Missbrauch über eine Anpassungsklausel zu sehen und damit die Vertragsklausel als unangemessen benachteiligend zu bewerten ist. Unter diesem Aspekt kann eine Anpassungsregelung daher auch als unwirksam bewertet werden, wenn sich ergibt, dass zwar die zeitliche Struktur auch ein geringes Interesse des Anpassungsgegners abdeckt, andererseits aber das Anpassungsinteresse soweit überwiegt, dass die Vertragsgestaltung insgesamt als „Lockangebot“ zu bewerten ist. (cc) Resultiert die zeitliche Diskrepanz von Verpflichtung und Erfüllung aus dem Umstand, dass die Verpflichtungen zu umfangreich sind oder der Person des Verpflichteten schlicht die Kapazitäten fehlen, um sofort und in Person zu leisten, ist er aber andererseits zur sofortigen Erfüllung verpflichtet, kann dieser Umstand grundsätzlich ein Anpassungsinteresse hervorbringen, insbesondere wenn das Erfordernis eines Erfüllungszeitraumes vertragstypisch, offensichtlich oder branchenüblich ist. Diese Konstellationen werden durch den Umstand charakterisiert, dass die zeitliche Struktur im Interesse von niemandem steht, sondern, was im Einzelfall zu untersuchen ist, unvermeidbar ist. Die Bedeutung dieser Grenzfälle sollte hingegen nicht überschätzt werden. Hauptanwendungsfall ist der Werkvertrag, der mit den

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rechtlichen Besonderheiten des Festpreises und des Kostenvoranschlages eigene Instrumente zur Verfügung stellt, um Interessenkonflikte in diesem Bereich zu lösen. (b) Die Pflicht zur Rücksichtnahme Die Anpassungsregelung muss im Spannungsfeld widerstreitender Interessen diese als Gebot der zu verwirklichenden Vertragsgerechtigkeit durch eine ausgewogene Regelung zum angemessenen Ausgleich bringen. Damit eine Anpassungsklausel als ausgewogen bezeichnet werden kann, muss der Verwender Alternativen zu einer Anpassung, die mit einem vertretbaren Aufwand verbunden sind, nicht nur bedenken, sondern diesen gegebenenfalls im Hinblick auf die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des Vertragspartners auch tatsächlich den Vorzug geben. Insoweit trifft den Anpassungsberechtigten die Pflicht, alles in seiner Macht Stehende zu versuchen, um den Vertragspartner vor einer Inanspruchnahme durch eine Vertragsanpassung zu bewahren. (aa) Unter dieser Prämisse darf sich die Vertragsanpassung im Ergebnis nicht als vermeidbar darstellen. Da vorausgesetzt werden kann, dass es dem Verwender nicht möglich ist, auf das Anpassungsereignis einzuwirken95, muss er sich stattdessen im Vorfeld des Vertrages die Frage stellen, ob es Mittel und Wege gibt, trotz des zu befürchtenden Anpassungsereignisses eine Leistungserschwerung zu verhindern oder abzumildern.96 Unter dem Stichwort Vermeidbarkeit sind beispielsweise Fälle zu fassen, in denen durch logistische Maßnahmen oder vertragliche Veränderungen im eigenen Zulieferungs- oder Produktionsbereich die bestehenden Schwierigkeiten selbstständig behoben werden können. Ein besonderer Unterfall der Vermeidbarkeit ist die Frage, ob sich im Falle auftretender Vertragslücken, hervorgerufen durch die Unwirksamkeit einzelner Vertragspassagen, eine Partei das Recht vorbehalten kann, diese selbstständig in ihrem Sinne zu füllen. Der Grund für die unzulässige Vertragsgestaltung kann sich dabei als Resultat einer unerwarteten Rechtsprechungs- oder Gesetzesänderung darstellen. In diesen Fällen wird regelmäßig 95 Ausdrücklich zu diesem Fall BGH NJW 1999, 1865. So verstanden, dass nämlich eine Vertragspartei die Leistungserschwerung hätte verhindern können, spricht auch nichts gegen die Verwendung des Begriffes Risikosphäre: undeutlich Freund, S. 59, der von beherrschbar spricht und diesen Begriff in einen Zusammenhang mit vorhersehbar bringt. 96 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. L 94 (für den Leasingvertrag und die Versicherungspflicht des Leasingnehmers); Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 Rn. 470, spricht von Risiken, die der Verwender tragen muss; a. A. Beckmann, S. 55 ff.

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nicht von einer vermeidbaren Lücke auszugehen sein. Eine andere Bewertung kann sich aber für Regelungen ergeben, die sich nicht auf eine gesicherte Rechtsprechung stützen. Die bestehende Formulierungsverantwortung des Verwenders zwingt diesen, die Folgen einer für unwirksam erklärten Vertragspassage hinzunehmen, zumindest dann, wenn auch eine richterliche Vertragsanpassung gegen das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion97 verstieße, denn es wäre wertungswidersprüchlich, dem Willen einer Partei durch eine wirksame Anpassungsklausel zur Geltung zu verhelfen, was nicht einmal der Richter im Prozess ermöglichen könnte98. (bb) Ein besonderer Weg, eine Vertragsanpassung zu vermeiden, besteht darin, die Leistungserschwerung auf eine dritte Person abzuwälzen. Dies kann, rein technisch betrachtet, eine Versicherung sein. Demnach darf der durch das Anpassungsereignis drohende Verlust in wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne weiteres versicherbar sein. Die Übergänge sind jedoch fließend, denn die Vermeidung der Anpassung kann durchaus auch in einem Rückgriff auf vertraglich verbundene Dritte liegen, die keine Versicherung im rechtlichen Sinne darstellen. Die Fallgruppe der Versicherbarkeit von Schadensrisiken ist im Zusammenhang mit Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungsklauseln bekannt.99 Für den Bereich der Anpassungsklauseln ist grundsätzlich nur die Versicherbarkeit durch den Verwender von Bedeutung. Kann dieser in zumutbarer Weise auf eine Versicherung zurückgreifen, ist er unter dem Aspekt der Rücksichtnahmepflicht hierzu angehalten. Unbenommen ist ihm natürlich die Abwälzung der Versicherungsprämie durch deren Einkalkulierung in den Preis. (cc) Schließlich ist auch zu fordern, dass der Anbieter einer Leistung in Dauerschuldverhältnissen gewisse Engpässe und Schwierigkeiten in seine Kalkulation einbezieht und nur Anpassungsereignisse, die eine dauerhafte Leistungserschwerung bedingen, zum Anlass einer Änderung nimmt. Hierfür sprechen bereits praktische Erwägungen, denn wenn der Anpassungsberechtigte auch vorübergehende Leistungserschwerungen zum Anlass einer Änderung nehmen kann, droht, dass er, nachdem der vertragliche Engpass vorüber ist, die Anpassung nicht rückgängig macht.100 Erst wenn der Zeitraum der Leistungserschwerung nicht mehr überschaubar ist oder insgesamt 97 Vergleiche zum Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion den Streit- und Meinungsstand bei Lindacher, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 6 Rn. 26 ff. 98 Für den Versicherungsvertrag: Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (114 f.) und Entzian, NVersZ 1998, 65 (66), die aber darauf verweisen, dass zumindest im Falle eines Widerspruchsrechts (gemeint sind Hilfsklauseln in Form einer Erklärungsfiktion) der Anpassungsgegner es selbst in der Hand habe, die Reduktion der Klausel auf ihren noch wirksamen Teil zu verhindern. 99 BGHZ 114, 238 (246); 135, 118 (132); Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 114 ff. und Erman/Roloff, § 307 Rn. 13 jeweils m. w. N.

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eine Größe erlangt, die nicht mehr als vorübergehend beschrieben werden kann, ist der Anpassungsberechtigte nicht mehr zur primären Rücksichtnahme auf den Vertragspartner angehalten. In Verträgen mit einem einmaligen Leistungsaustausch spielt diese Fallgruppe allerdings keine Rolle. (c) Das Erfordernis einer Wertverschiebung Anpassungsklauseln dienen dem Ausgleich von Äquivalenzverschiebungen.101 Für die Definition des Problemgegenstandes wurde zunächst auf eine weite Fassung des Begriffes zurückgegriffen. Danach liegt eine Leistungserschwerung schon dann vor, wenn durch die Veränderung nachvertraglicher und objektiv wertbildender Umstände, die Vertragsbeziehung sich für eine Partei aus ihrer Sicht als nunmehr ungünstiger darstellt. Die Wahl derjenigen Umstände, die den Wertmesser einer Äquivalenzverschiebung bilden, obliegt der anpassungsberechtigten Partei, die mit der Anpassungsklausel gleichzeitig dartut, dass nur unter der Bedingung des Ausbleibens der beschriebenen Anpassungsereignisse die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung aus ihrer Sicht gewahrt ist. Die Interessenabwägung zur Bewertung von Anpassungsklauseln muss sich daher mit der Frage beschäftigen, welche Wertmesser der Anpassungsberechtigte zulässigerweise wählen darf. Soweit dieser Aspekt des Problems Gerichte und Schrifttum beschäftigt, findet er sich im Rahmen der Frage wieder, ob Preisklauseln lediglich als Kostenklauseln102 oder auch als Marktpreisklauseln103 vereinbart werden dürften. Die Diskussion steht im Zusammenhang mit der Suche nach Wegen, Anpassungsklauseln auch unter der Beachtung des Bestimmtheitsgebotes formulieren zu können.104 Als Argument für die ausschließliche Zulässigkeit kostenorientierter Preisklauseln wird in erster Linie das Äquivalenz100

Ein Ergebnis, welches sich möglicherweise mit einem Gegenrecht des Vertragspartners ausgleichen ließe. 101 Für Klauseln nach § 308 Nr. 4 BGB ausdrücklich Miebach/Patt, NJW 2000, 3381 (3383). 102 BGH NJW 1980, 2518 (2519); NJW 1982, 331 (332); NJW 1985, 2270 (2271); NJW 1986, 3134 (3135); NJW-RR 1988, 819 (821); ZIP 1989, 1196 (1197); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 46; Trinkner, in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 13; Löwe, BB 1982, 152 (157). 103 BGH NJW 1985, 426 (427); NJW-RR 1986, 211 (213); NJW 1985, 853 (854 f.); Baur, S. 80 ff., 100 ff.; Horn, NJW 1985, 1118 (1123); Herrmann, Jura 1988, 505 (506 f.); Herrmann, WM 1987, 1029 (1057); Lübke-Detring, S. 78 ff.; Ulmer, BB 1982, 1125 (1132); Kunth/Wollburg, BB 1985, 230 (234); differenzierend auch Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 13 und 16; Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (75); Wolf, ZIP 1987, 341 (348). 104 Vgl. hierzu den Überblick bei Beckmann, S. 78 f.

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prinzip bemüht.105 Es bestehe die Gefahr, dass bei einer Erhöhung, die nicht infolge einer Kostensteigerung vorgenommen wird, die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung erschüttert werde106 und der Verwender seinen Gewinn steigere.107 Gegen Kostenklauseln und für Marktpreisklauseln sollen volkswirtschaftliche Gründe sprechen. Kostenorientierte Preiserhöhungen widersprächen den Grundsätzen marktwirtschaftlicher Ordnung, wonach gerade die durch den Wettbewerbsprozess geprägt Preisordnung ausschlaggebend ist.108 Darüber hinaus lüden sie zu Kostensteigerungen ein.109 Der Ausgangspunkt dieser Diskussion liegt in der Bewertung des Verwenderinteresses. Dabei stehen die verwendeten Begriffe des Äquivalenzprinzips, der Gewinnsteigerung, der Kosten und des Marktes recht ungeordnet nebeneinander. Dieses sei an einem Beispiel erläutert: Käufer und Verkäufer einigen sich über den Verkauf eines Gegenstandes zum Preis von 1000,– Euro. Der Liefertermin wird auf einen Zeitpunkt sechs Monate nach Vertragsschluss gelegt. Bis zum Übergabezeitpunkt erhöhen sich (1.) die Herstellungskosten des Verkäufers oder (2.) der Marktpreis des verkauften Gegenstandes um 100,– Euro. In beiden Fallvarianten, eine entsprechende Anpassungsklausel vorausgesetzt, schuldet der Käufer dem Verkäufer nach erfolgter Anpassung im Zeitpunkt der tatsächlichen Lieferung einen Betrag von 1.100,– Euro.

Die Aussage, im ersten Fall bliebe das Äquivalenzprinzip gewahrt während im zweiten Fall der Verkäufer seinen Gewinn unzulässig gesteigert habe, ist zumindest missverständlich.110 Objektiv stehen sich in beiden Fällen der ursprüngliche Gegenstand und ein erhöhter Preis gegenüber, verbunden mit einer Steigerung des Gewinns um jeweils 100,– Euro, gemessen an demjenigen Betrag, den der Verkäufer – abzüglich seiner Kosten – als Gewinn hätte tatsächlich im Falle eines unveränderten Vertrages erzielen können.111 Es ist bereits dargestellt worden, dass die Frage, ob das Äquivalenzverhältnis von außervertraglichen Entwicklungen berührt ist, durch diejenige Partei beantwortet wird, die sich eine Anpassungsregelung vorbehält.112 Diese kann gleichermaßen auf entstandene Kosten als auch auf den Wert 105

Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 46. Beckmann, S. 78. 107 BGH NJW 1982, 2518 (2519); NJW 1982, 331 (332); NJW 1985, 2270; Beckmann, S. 80 ff. 108 Kunth/Wollburg, BB 1985, 230 (236); Ulmer, BB 1982, 1125 (1131). 109 Horn, NJW 1985, 1118 (1122). 110 In diesem Sinne aber Beckmann, S. 80; Herrmann, Jura 1988, 505 (506). 111 Angenommen, die Kosten lägen im Ausgangsbeispiel bei 800,– Euro, so würde der Verkäufer seinen Gewinn in der ersten Fallvariante von 100,– auf 200,– Euro und in der zweiten Fallvariante von 200,– auf 300,– Euro steigern. 112 Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel A. III. 2. 106

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der eigenen Vertragsleistung Bezug nehmen. Ob das Äquivalenzverhältnis durch drohende Verluste infolge von Kostensteigerungen oder den Umstand, dass die Leistung nunmehr unter Wert erbracht werden muss, gestört wird, und somit die Anpassung des Vertrages das „Äquivalenzprinzip“ wahrt, obliegt allein der Definition einer Partei. Auch das Gesetz gibt insoweit keine Vorgaben, denn es kennt sowohl Vorschriften zur Kostenverlagerung als auch zur Anpassung an den Marktpreis.113 Vor dem Hintergrund des Begriffes des redlichen Vertragspartners müssen die Folgen einer Anpassung auch aus der Sicht des Anpassungsgegners betrachtet werden. Zwar muss dieser im Ausgangsbeispiel entgegen seinen Äquivalenzvorstellungen in beiden Fallvarianten einen Betrag von 1.100,– Euro zahlen. Im Falle der Änderung der Marktverhältnisse erhält er jedoch im Gegenzug zumindest einen höherwertigen Gegenstand. Die Anpassung eines Vertrages stellt regelmäßig eine wirtschaftliche Belastung des Anpassungsgegners dar. Die Beschreibung als einseitig würde jedoch nicht immer die vorgelagerte Entwicklung erfassen. Damit würde quasi nur das Ende der Entwicklung in die Betrachtung einbezogen. In diesem Zusammenhang muss zur Kenntnis genommen werden, dass sich die Leistungserschwerung in vielen Fällen schon im Vorfeld der Anpassung auch im Verhältnis zum Vertragspartner auswirkt. Erlangt der Vertragspartner einmalig oder schleichend durch den Umstand, welcher die Leistungserschwerung auf Seiten des Anpassungsberechtigten bedingt, einen eigenen Vorteil, kann die wirtschaftliche Belastung durch die Anpassung auch als Ausgleich gesehen werden. Grund für die Umverteilung ist dann die Rückführung einer Wertverschiebung, die der Anpassungsgegner als redlicher Vertragspartner dulden muss. Verschiedene Konstellationen sind zu unterscheiden. (aa) Leistungserschwerung und Anpassung müssen sich spiegelbildlich verhalten: Dem Anpassungsberechtigten soll nur gestattet sein, eine ihm tatsächlich widerfahrene Leistungserschwerung auszugleichen. Ausgeschlossen werden können damit Fälle, in denen es schon nicht zu einer Äquivalenzverschiebung aufseiten des Anpassungsberechtigten gekommen ist, weil dieser schon keinen Wertmesser114 für eine solche bestimmt und die Anpassung des Vertrages allein in sein Ermessen gestellt hat. Zu betonen ist, dass 113 Wenn eine Anpassung gesetzlich zugelassen wird, dann zumeist um dem Anpassungsberechtigten die Möglichkeit zu geben, seinen Gewinn aus dem Vertragsverhältnis zu konservieren, indem er nicht kalkulierbare Kostensteigerungen an den Vertragspartner weitergeben darf (§§ 559, 560 BGB, § 651 a BGB), oder ihn sogar zu erhöhen, indem er den sich ändernden Marktverhältnissen entsprechend ein höheres Entgelt fordern darf (§ 9 a ErbbauVO, §§ 557 b, 558 BGB oder §§ 32, 36 UrhG); siehe hierzu 2. Teil Zweites und Drittes Kapitel. 114 Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel A. III. 2.

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der Grund für die Bewertung dieser Form von Anpassung nicht darin liegt, dass sich der Anpassungsberechtigte eine unzulässige Gewinnsteigerung vorbehält, sondern dass er diese nicht an einen Wertmesser geknüpft hat, denn ohne einen solchen kann von einer Leistungserschwerung auch nicht gesprochen werden. (bb) Schwieriger ist die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Anpassungsregelung, die zwar einen Wertmesser für die Äquivalenzvorstellungen einer Partei benennt, andererseits aber die Leistungserschwerung nicht an eine damit einhergehende Wertverschiebung zu Gunsten des Anpassungsgegners knüpft. Solche Regelungen dienen allein dem Ausgleich eigener nachvertraglicher Verluste. Diese Fallgruppe entspricht nicht denjenigen Regelungen, die als Kostenklauseln bezeichnet werden. Richtig ist zwar, dass erhöhte Kosten stets den einkalkulierten Gewinn schmälern. Richtig ist aber auch, dass es auch Verwendungen auf den Leistungsgegenstand gibt, die einerseits Kosten verursachen, sich andererseits aber nachweislich wertsteigernd auswirken. Dies sei anhand von Beispielen erläutert. (Fall 1) Autohändler und Käufer können vereinbaren, dass der am Auslieferungstag gültige Listenpreis des Zulieferers für den Verkaufspreis des entsprechenden Wagens maßgeblich sein soll. In diesem Fall erhöhen sich zunächst die Beschaffungskosten des Autohändlers. Anderseits steht aber auch fest, dass mit der Erhöhung die betroffene Automarke in Zukunft auch an anderen Orten nicht mehr für den ursprünglichen, günstigeren Preis erworben werden kann, was zu einer entsprechenden Wertsteigerung des erworbenen Gegenstandes führt. (Fall 2) Nach § 559 BGB kann der Vermieter im Falle baulicher Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die jährliche Miete um 11/100 der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. (Fall 3) Nach § 651 a Abs. 4 BGB kann der Reiseveranstalter den Reisepreis nur erhöhen, wenn damit einer Erhöhung der Beförderungskosten, der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebühren, oder einer Änderung der für die betreffenden Reise geltenden Wechselkurse Rechnung getragen wird. Im letzten Fall ergibt sich die Wertsteigerung der durch die Mehrkosten belasteten Leistung des Reiseveranstalters aus einem direkten Rückgriff auf den Mehrwert der die Leistung tatsächlich erbringenden Erfüllungsgehilfen, die diese Leistung nunmehr gegenüber jedem für einen erhöhten Preis erbringen, denn Flughafengebühren oder Wechselkurse gelten für jedermann gleich. Auf das Erfordernis einer Wertverschiebung muss also nicht verzichtet werden, um auch bestimmte Kostenelemente in die Liste möglicher Wertmesser aufnehmen zu können. Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, denn wenn die Leistung des Verwenders ohne eine Werterhöhung kostenintensiver wird, liegt der Verdacht einer schlechten vorver-

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traglichen Kalkulation nahe, deren Folgen zumindest nicht der Vertragspartner aufzufangen hat. (cc) Zu einer Anpassung können daher nur tatsächliche Wertverschiebungen führen. Fließt dem Vertragspartner im Vorfeld der Anpassung durch das Anpassungsereignis oder schleichend durch die Entwicklung, die Grundlage für die Anpassung ist, ein Vorteil zu und beschränkt sich die Anpassung auf die Rückführung der Wertverschiebung zum Beispiel durch eine Mehrbelastung des Vertragspartners, so werden die Belange beider Parteien weitestgehend berücksichtigt: Der Vertragspartner erhält die versprochene Vertragsleistung zumindest im Rahmen der objektiv abgesteckten Werterelation der auszutauschenden Leistungen ohne einen entsprechenden Bilanzverlust und der Anpassungsberechtigte kann auch an nachvertraglichen Entwicklungen partizipieren, und somit in einigen Fällen Verluste ausgleichen und in anderen Fällen seinen Gewinn an den im Erfüllungszeitpunkt marktmöglichen Gewinn anpassen. Nachteilhaft für den Anpassungsgegner ist die faktisch erhöhte Leistungsverpflichtung. Der Anpassungsberechtigte ist hingegen gehalten nur in Fällen einer entsprechenden Leistungserschwerung, die eine Wertverschiebung herbeiführt, eine Anpassungsklausel zu vereinbaren. (dd) Ungeklärt hingegen ist noch, wann genau von einer Wertverschiebung ausgegangen werden kann. Ausgangspunkt hierfür ist die Überlegung, dass der objektive Wert einer versprochenen Leistung zum einen durch den Vertrag festgelegt wird, andererseits aber auch losgelöst von diesem bestimmt werden kann, was stets einen Bezugsmarkt voraussetzt. Von einer Wertverschiebung kann daher gesprochen werden, wenn jeder Anbieter derselben Leistung auf dem Markt von dem Anpassungsereignis gleichermaßen betroffen ist und entweder der Marktpreis hierdurch unmittelbar betroffen wird oder zumindest die berechtigte Erwartung besteht, dass für Neuverträge das Anpassungsereignis in der Kalkulation der Anbieter berücksichtigt werden wird.115 Fehlt es bereits an der homogenen Betroffenheit in der Vergleichsgruppe, ist die Leistungserschwerung als wirtschaftliche Fehlleistung dem Verwender anzurechnen. Ist nicht von einer Auswirkung auf dem Markt auszugehen, verbleibt es ebenfalls dabei, dass mangels Wertverschiebung eine Anpassung nicht angemessen ist. Bewertungsschwierigkeiten sind insbesondere bei individuellen Leistungen und bei wirtschaftlichen Kartellen116 zu ver115 Nach Herrmann, Jura 1988, 505 (509), „wird dem Bestimmtheitserfordernis genügt, wenn man für marktbezogene Anpassungsklauseln verlangt, dass sie ‚wirksamen Wettbewerb‘ im Sinne des kartellrechtlichen Ordnungsrahmens voraussetzen. (. . .) Der Anpassungsberechtigte soll nur so weit vom ursprünglichen Vertragsinhalt abweichen dürfen, wie er es im Verhältnis zu Dritten bei Neuabschlüssen im freien Wettbewerb erreichen kann.“

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zeichnen, da hier ein tatsächlicher oder begrenzender Vergleichsmarkt fehlt, an dem eine Wertverschiebung abzulesen wäre. Zweifel an der Zulässigkeit der Anpassungsregelung gehen auch in dieser Konstellation zu Lasten des Verwenders, dem es ja unbenommen ist, für besonders individuelle Vertragsleistungen auch individuelle Abreden zu treffen, die ja unter erleichterten Voraussetzungen möglich sind. (d) Die Wahrscheinlichkeit des Anpassungsereignisses Es ist bereits festgestellt worden, dass die Vorhersehbarkeit bzw. die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Anpassungsereignisses nicht gegen die Zulässigkeit einer Anpassungsregelung spricht.117 Nunmehr ist das Gegenteil zu untersuchen: Möglicherweise ist es gerade das wahrscheinliche Ereignis118, welches die Verwendung einer entsprechenden Regelung angemessen erscheinen lässt. Derjenige, welcher vor der Frage steht, ob und mit welchem Inhalt er einen Vertrag abschließen soll, obwohl er sich der Gefahr einer nachvertraglichen Leistungserschwerung ausgesetzt sieht, kann verschiedene Lösungswege wählen, wobei vorausgesetzt wird, dass eine Regelung ohne eine entsprechende Anpassungsregelung nicht möglich ist. Zunächst besteht die selbstverständliche Möglichkeit, vom Vertragsschluss insgesamt Abstand zu nehmen, was keinesfalls im Sinne des Vertragspartners ist. Will der von der Leistungserschwerung Betroffene allerdings am Vertragsschluss festhalten, so wird er die Leistungserschwerung in seine Kalkulation aufnehmen und von vornherein eine um das Risiko erhöhte Gegenleistung fordern müssen. Auch dieser Fall ist in Niemands Sinne, da der Kunde für eine noch nicht eingetretene Leistungserschwerung einen Ausgleich zahlen soll.119 Den Parteiinteressen wird man daher ohnehin nur gerecht, wenn man zunächst die Gegenleistung unabhängig von der möglichen Leistungserschwerung kalkuliert und dem Vertrag zu Grunde legt und sodann dem Anpassungsberechtigten die Möglichkeit einer Anpassung gewährt. 116

Hierzu ausführlich Herrmann, Jura 1988, 505 (510) m. w. N. Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel A. IV. 118 Nicht zu verwechseln mit der sichern Kenntnis vom Eintritt eines Ereignisses. In diesem Fall ist selbstverständlich eine unmittelbare Regelung im Ausmaß der sicheren Entwicklung in den Vertrag aufzunehmen. 119 In diese Richtung argumentiert auch das OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447 (449) in Bezug auf Reiseverträge und § 651 a BGB: „Andererseits kann nicht jede sich vage abzeichnende Kostenerhöhung eine spätere Preisanhebung ausschließen. Abgesehen von Abgrenzungsschwierigkeiten würde der Reiseveranstalter dadurch gezwungen, mögliche Kostensteigerungen bereits vorsorglich in der Preisgestaltung vorwegzunehmen. Das hätte im Ergebnis preistreibende Wirkung und läge damit nicht im Interesse des Verbrauchers.“ 117

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Dieses Ergebnis entspricht auch der Billigkeit, was sich durch einen Vergleich mit § 313 BGB zeigt. Erlangt die auf Grund der Leistungserschwerung eingetretene Wertverschiebung einen solchen Grad, dass über eine Korrektur der Verpflichtungen nach § 313 BGB nachgedacht werden kann, steht schon bei Vertragsschluss wahrscheinlichen Anpassungsereignissen das Argument der Risikozuweisung entgegen, hat sich doch der Vertragschließende „sehenden Auges“ auf den Vertragsinhalt eingelassen. Im Umkehrschluss bedeutet dies nichts anderes, als dass der Betroffene geradezu gehalten ist, eine Anpassungsregelung zu vereinbaren. Ungeklärt ist nun noch, welche Anpassungsereignisse als in der Vertragslaufzeit wahrscheinlich zu bezeichnen sind. Erneut kann mit Fallgruppen gearbeitet werden. (aa) Progressive Entwicklungen im Bereich wertbildender Faktoren bieten die wenigsten Schwierigkeiten. Steht fest, dass eine über einen längeren Zeitraum nach allgemeiner Erfahrung progressiv verlaufende Entwicklung zu einer zunehmenden Äquivalenzverschiebung führt, kann redlicherweise eine Anpassung nicht versagt werden. Ein typisches Beispiel für diese Fallgruppe ist der Geldwertverlust, aber auch die Steigerung von Löhnen und Waren als Kostenelementen. Selbst wenn § 313 BGB eine späte Korrektur ermöglichen würde, ist nicht einzusehen, warum der Betroffene erst eine erhebliche Äquivalenzverschiebung abzuwarten hätte, bevor der Vertrag der Entwicklung angepasst werden könnte. Die Schwierigkeit liegt daher auch weniger in der Anerkennung eines zu verteilenden Vertragsrisikos, als in seiner genauen Berechnung. Während dies im Falle der Inflation für feststehende Zeiträume und hinsichtlich des Lohnniveaus noch nachvollziehbar gestaltet werden kann, fehlt es immer dann an verlässlichen Bezugspunkten, wenn die Entwicklung sprunghaft voranschreitet. Vieles spricht daher dafür, nur diejenigen Risiken als vertragstypisch zu bezeichnen, deren Ausmaß sich im Vorfeld wenigstens grob abzeichnet. (bb) Nichts anderes kann für kontinuierliche, allerdings alternierende Entwicklungen gelten. Wenn sich die Parteien einerseits darüber einig sind, dass zwar für die Gegenwart ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bestimmt werden kann, andererseits auch fest steht, dass die Äquivalenz der Leistungen zwar nicht im einzelnen voraussehbar, aber dennoch allgemein erheblichen Schwankungen unterliegt, kann schon das Risiko im Vorfeld des Vertragsschlusses nicht gerecht ohne eine spätere Anpassung verteilt werden. In diesen Fällen verlangt die Redlichkeit, dass sie sich einer entsprechenden Anpassungsregelung unterwerfen.120 Ob Ver120 Herrmann, Jura 1988, 505 (506): „Nur wo der Kunde einsieht, dass sich die Marktverhältnisse in einem mehr oder weniger langen Zeitraum leicht ändern können, wird er bereit sein, einer einseitigen Vertragsanpassung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zuzustimmen.“

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sicherungsvertrag und Prämie121, Darlehensvertrag und Zinshöhe122, Mietvertrag und Mietzins123 oder Sukzessivlieferverträge über Elektrizität124, Gas125, Fernwärme126 oder Mineralölprodukte127 und dessen Bezugspreis: Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass eine zutreffende Prognose über die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung sich über keinen allzu langen Zeitraum erstrecken kann und den Parteiinteressen am ehesten durch eine flexible Regelung geholfen wird. (cc) Auch im Falle diskontinuierlicher Entwicklungen kann der Eintritt einzelner Anpassungsereignisse innerhalb der Laufzeit des Vertrages als wahrscheinlich zu bewerten sein. Darunter sind solche Anpassungsereignisse zu verstehen, die zwar gelegentlich, aber eben nicht regelmäßig eintreten, so dass offen bleiben muss, ob während der Laufzeit des Vertrages eine Anpassung erforderlich wird. Die Tagespreisklausel ist hierfür ein passendes Beispiel. Die Kenntnis der vertraglichen Gefahr reicht für die Annahme eines wahrscheinlichen Anpassungsereignisses noch nicht aus. Hinzukommen muss eine ernst zu nehmende Wiederholungsgefahr, die nicht zu berücksichtigen aus Sicht eines objektiven Beobachters als eine Sorgfaltswidrigkeit in wirtschaftlichen Belangen zu betrachten wäre. Insofern muss es sich bei der Gefahr um eine vertragstypische, also um eine solche Gefahr handeln, die in Abhängigkeit vom jeweiligen Vertragstyp aus Sicht des betroffenen Verkehrskreises einer vorvertraglichen Kalkulation stets zu Grunde gelegt werden muss. (dd) In dieser Hinsicht nicht vertragstypisch, vielmehr zufällig, und zur Anpassung deutlich weniger berechtigend, sind Anpassungsereignisse, für deren Eintritt während der Laufzeit des Vertrages keine konkreten Hinweise sprechen und die daher auch in die vorvertragliche Kalkulation nur als allgemeine Risiken eingehen. Auch solche Risiken können sich auf das Vertragsgefüge erheblich auswirken. Soweit sie die Geschäftsgrundlage betreffen, kommt in Fällen erheblicher Äquivalenzstörungen eine Anpassung nach § 313 BGB in Betracht. 121 Nach Schimikowski, R+S 1998, 27, ist die Zumutbarkeit und Zulässigkeit von Bedingungsanpassungsklauseln unter diesem Aspekt dann zu bejahen, wenn der Versicherungsnehmer billigerweise mit einer Änderung rechnen muss und diese beachtenswerten Interessen des Versicherers entspricht. 122 BGHZ 97, 212 (216); 118, 126 (131); BGH NJW 2000, 2580 (2582); NJW 2004, 1588 (1589). 123 Vgl. hier vor allem die gesetzlichen Regelungen zur Anpassung der Miethöhe, §§ 557 ff. BGB. 124 Holzapfel, BB 1974, 912 ff. 125 Baur, S. 30 ff. 126 Baur, S. 40 ff. 127 Baur, S. 42 ff.

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(e) Der Angriffspunkt des Anpassungsereignisses Das Interesse des Verwenders einer Anpassungsklausel ist darauf gerichtet, durch die Vereinbarung eines Gestaltungsspielraumes später eine Rechtsfolge bestimmen zu können, die er bei Vertragsschluss konkret noch nicht vereinbaren konnte. Der Grund hierfür ist vielfach die Unkenntnis über den Zeitpunkt, das Ausmaß und den Gegenstand der Leistungserschwerung. Soweit es um den zuletzt genannten Aspekt geht, ergibt sich die Besonderheit, dass bereits der Angriffspunkt des Anpassungsereignis, die konkrete Gefahr, nur unzureichend benannt werden kann, was sich schon auf der Tatbestandsseite der Anpassungsklausel auswirken muss. Typische Beispiele hierfür sind die Änderung der Rechtsprechung, der Gesetzgebung oder die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbedingungen.128 Ist schon unklar, welche konkrete Gefahr sich zu verwirklichen droht, kann der Anpassungsberechtigte auch nicht den Kausalzusammenhang zwischen dem Anpassungsereignis und der Leistungserschwerung benennen. Er ist schon auf der Tatbestandsseite der Anpassungsregelung auf unbestimmte Tatbestandsvoraussetzungen angewiesen, was ihm den nötigen Spielraum verschafft, den Anpassungsgegner aber der Unsicherheit aussetzt, welches Anpassungsereignis letztendlich zu einer Anpassung führen wird. Unter dem Aspekt der Interessenabwägung sowie der Berücksichtigung von Redlichkeitserwägungen ist daher die These aufzustellen und zu begründen, dass je bestimmter das Anpassungsereignis ist, desto eher dem Anpassungsberechtigten eine Anpassungsrecht zugesprochen werden kann. Gegen die Zulässigkeit der Abwälzung bei Vertragsschluss unbestimmbarer Anpassungsereignisse spricht bereits die damit verbundene Gefahr, dass sich der Verwender mehr Rechte als erforderlich vorbehält.129 Denn es ist durchaus denkbar, dass der Anpassungsberechtigte ein „Anpassungsereignis“ zum Anlass einer Anpassung nimmt, ohne dass eine Leistungs128 Dies ist auch die entscheidende Problematik im Versicherungsrecht und der durch BGH NJW 1999, 1865 für unwirksam erklärten Bedingungsanpassungsklausel, denn der Versicherungsvertrag ist mehr als andere Verträge von dem Problem unwirksamer Vertragspassagen betroffen und nahezu umfänglich aus Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Daher ist die Frage nach einer „Lückenfüllung“ eine besonders gelagerte Problematik des Versicherungsvertrages. Vgl. hierzu ausführlich die Bearbeitung von Bartmuß, Lückenfüllung im Versicherungsvertrag (2000), mit einem eigenen Formulierungsvorschlag (S. 188 f.) und Abram, Die Bedingungsanpassungsklausel – Eine Möglichkeit zur Einbeziehung von geänderten Versicherungsbedingungen in laufende Versicherungsverträge?, NVersZ 2000, 249 ff., ebenfalls mit einem eigenen Formulierungsvorschlag (S. 258 f.). 129 In diesem Sinne ist wohl auch der BGH zu verstehen (= BGH NJW 1999, 1865), wenn er davon spricht, dass die Bedingungsanpassungsklausel den Versicherer schlechter stellen könne.

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erschwerung eingetreten sein muss. Dem Anpassungsgegner wird durch die Verwendung unbestimmter Anpassungsereignisse die Möglichkeit genommen, den Weg vom Ereignis zur Leistungserschwerung schon bei Vertragsschluss nachzuvollziehen. Entscheidend ist aber, dass der Verwender sich damit regelmäßig großflächig die Verlagerung von Risiken vorbehält, denn mit dem Grad der Unbestimmtheit des Anpassungsereignisses steigt auch die Anzahl der möglichen Vertragsanpassungen. Anpassung und Vertragskonstanz sollten sich aber wie die Ausnahme zur Regel verhalten. Dies ergibt sich aus zwei Überlegungen: Zum einen ist die Erwartungshaltung des Anpassungsgegners, anders als bei der anfänglichen Unbestimmtheit, regelmäßig darauf gerichtet, dass der Anpassungsberechtigte von seinem Recht nur in seltenen Fällen Gebrauch macht, und zum anderen sollte es dem Verwender nicht gestattet sein, das Vertragsrisiko entscheidend zu verlagern. Dies spricht für das nur punktuelle Recht zu Anpassung, was unbestimmten Anpassungsereignissen entgegensteht. Es stellt sich daher die Frage, wann der Tatbestand die erforderliche Bestimmtheit aufweist. Drei Gruppen lassen sich unterscheiden. Jedenfalls unzureichend ist ein Tatbestand formuliert, welcher nur den Eintritt einer Leistungserschwerung als Voraussetzung benennt oder allgemein auf die Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse abstellt. Eine zweite Gruppe kann das Anpassungsereignis wenigstens der Kategorie nach benennen. Den Anforderungen am meisten gerecht wird aber ein Tatbestand, welcher das Anpassungsereignis so bestimmt formuliert, dass nur noch der Zeitpunkt und das Ausmaß ungeklärt bleiben. In diesen Fällen kann der Anpassungsgegner das Erfordernis einer Anpassung selbstständig nachvollziehen, und es besteht nicht die Gefahr einer mehr als nur punktuellen Risikoverlagerung.

C. Formelle Aspekte zur Konkretisierung des Begriffes der unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) I. Das Transparenzgebot und seine Einzelgebote Die Unwirksamkeit einer Klausel ist nicht stets Folge ihrer inhaltlichen Unangemessenheit. Auch in formeller Hinsicht entfalten die §§ 305 ff. BGB Schutz vor Benachteiligung des Kunden, wenn dieser auf Grund der intransparenten Gestaltung der Vertragsbedingungen nicht in der Lage ist, seine Rechtsstellung aus dem Vertrag und seine inhaltliche Tragweite zu erkennen. Das korrespondierende Gebot zur klaren und verständlichen Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat als Transparenzgebot Einzug in Rechtsprechung130 und Literatur131 gehalten, auch wenn das Gesetz den Begriff nicht ausdrücklich erwähnt.132

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Dabei fasst es alle Einzelgebote mit derselben Zielsetzung als ein Sammelgebot zusammen. Bereits die Vorschriften über die Einbeziehung, insbesondere die §§ 305 a133 und 305 c BGB134, verwirklichen Transparenzforderungen, und auch einzelne Klauselverbote gründen auf dem Mangel an Transparenz der zu überprüfenden Bestimmungen.135 Für den Maßstab der Beurteilung, wann eine Vertragsbedingung nicht die erforderliche formelle Gestaltung aufweist, ist auf den für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden abzustellen.136 Auch Anpassungsklauseln müssen dem Gebot der Transparenz entsprechen.137 Sie berühren insofern einen sensiblen Bereich erforderlicher Klarheit und Bestimmtheit, als Anpassungsklauseln das Äquivalenzverhältnis zu verschieben in der Lage sind, regelmäßig sogar darauf abzielen, und es daher für den Anpassungsgegner von herausragender Bedeutung ist, bereits bei Vertragsschluss das genaue Ausmaß, den Zeitpunkt und den Gegenstand der Anpassung sowie seine eigene Rechtsstellung im Anpassungsverfahren möglichst genau zu kennen. Da das Transparenzgebot als Sammelgebot einzelne Aspekt formeller Anforderungen an Vertragsbestimmungen zusammenfasst138, sollen diese zunächst einzeln und anschließend im Hinblick auf ihre Bedeutung für Anpassungsklauseln dargestellt werden. In einem zweiten Schritt ist dann umgekehrt anhand der einzelnen Elemente von Anpassungsklauseln deren Gestaltung unter dem Transparenzgebot zu untersuchen. 1. Verständlichkeit und Tragweite von Vertragsbedingungen Eine erhöhte Gefahr vor Benachteiligung erwächst insbesondere dem juristisch nicht vorgebildeten Kunden stets dann, wenn er den Sinn und die 130 Grundlegend BGHZ 106, 42 (49) (Tilgungsverrechnungsklauseln bei Hypothekendarlehen) und seither ständig, z. B. BGHZ 116, 1 (3); 130, 150 (153); NJW 2000, 515 (519). 131 Vgl. die Literaturübersicht bei Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 vor Rn. 143; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 vor Rn. 87. 132 Durch Art. 4 II und Art. 5 RiLi wird das Transparenzgebot für Verbraucherverträge bestätigt. 133 Schäfer, S. 39 ff. 134 Schäfer, S. 94 ff. 135 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 144. 136 BGHZ 106, 42 (46); BGH NJW 1993, 2052 (2054). 137 Gerade das Urteil des BGH vom 17.3.1999 (BGH JW 1999, 1865 – Bedingungsanpassungsklausel) gründet seine Entscheidung auf die Intransparenz der Anpassungsklausel. Vorher aber schon OLG Düsseldorf, VersR 1997, 1272 und auch BGHZ 82, 1 (25); 89, 206 (211); 94, 335 (340); vgl. auch die Auflistung bei Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 97 ff. 138 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 143.

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Tragweite einer vertraglichen Regelung samt ihrer Folgen nicht durchschauen kann.139 Dabei beginnt der Bereich intransparenter Vertragsgestaltung nicht erst mit dem Erfordernis speziellen juristischen Fachwissens, sondern schon, wenn Klauseln aus sich heraus nicht verständlich sind, die Rechtsfolgen, denen der Kunde ausgesetzt sein kann, unklar dargestellt werden oder einzelne zusammengehörige Regelungen sich an unterschiedlichen Stellen des Vertragstextes wieder finden. Zur Unterstützung des Verständlichkeitsgebotes können Hinweispflichten dienen140, wie sie bereits das Gesetz vereinzelt fordert. Im Hinblick auf Vertragsanpassung ist hier auf § 308 Nr. 5 b BGB zu verweisen. Hinweisgebote verfolgen den Zweck, den Kunden durch Information auf diejenigen Rechte und ihre Ausübung hinzuweisen, die für die Wahrung seiner Interessen von erhöhter Bedeutung sind. Sie bilden die Ausnahme, da der Kunde zunächst einmal selbst gehalten ist, sich mit der gebotenen Aufmerksamkeit den Vertragsinhalt und damit die Rechte- und Pflichtenstruktur zu erschließen. Allerdings kann ein Hinweis drohender Intransparenz im Hinblick auf § 307 BGB vorbeugen und einer Klausel den Überraschungseffekt nach § 305 c Abs. 1 BGB nehmen. Anpassungsklauseln entsprechen dem Verständlichkeitsgebot, wenn dem Anpassungsgegner sowohl die Auswirkungen der Anpassung, insbesondere auf das Äquivalenzverhältnis, als auch das hierzu dem Verwender vorbehaltene, erforderliche Verfahren verständlich unterbreitet worden sind. a) Die Anpassung eines Vertrages verfolgt das Ziel, eine eingetretene Leistungserschwerung durch die (Rück-)Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses auszugleichen.141 Dem Anpassungsgegner muss daher klar werden, dass der vorbehaltene Eingriff eine Änderung des Wertverhältnisses der sich gegenüberstehenden Leistungen bedingt, welche mit einem Verlust einer innegehabten Rechtsposition einhergeht. Mit anderen Worten: es muss verständlich sein, dass die Funktion der Anpassung in der Übertragung eines benachteiligenden Risikos besteht. Die hierbei insbesondere bestehende Gefahr liegt in der Verschleierung der Tragweite einer Anpassungsklausel. Die Verkennung, welche Folgen durch die Ausübung des Anpassungsrechtes tatsächlich hervorgerufen werden können, wird begünstigt durch die übliche Trennung der Anpassungsklausel von dem Gegenstand der Anpassung, dem jeweiligen Vertragsinhalt. Unterliegt beispielsweise eine Hauptleistungspflicht wie der Preis der Anpassung, findet sich die Anpassungsklausel aber erst unter anderen Bedingungen am Ende des Vertrages, so besteht die Gefahr, dass der Kunde für die Bestimmung der subjektiven Äquivalenz von 139

OLG Köln, NJW-RR 1989, 1266 (1268); OLG Schleswig, NJW 1995, 2858 (2859). 140 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 149. 141 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. d) dd) (2) (c).

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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einem unveränderlichen Preis ausgeht. Zwar entspricht es weitgehend der Vertragspraxis, die möglichen Anpassungsrechte in einer Klausel zusammenzufassen. Dennoch sollte auch unter dem Stichwort möglicher Hinweispflichten stets überprüft werden, ob nicht bei dem jeweiligen Gegenstand der Anpassung ein Hinweis auf den Umstand erfolgen sollte, dass dieser einer Anpassung unterliegen kann. So wäre im Falle einer Preisanpassungsvereinbarung bereits direkt bei dem ausgeschriebenen Preis darauf hinzuweisen, dass sich dieser unter bestimmten (weiter unter aufgeführten) Bedingungen noch zu Ungunsten des Kunden verändern kann. b) Neben dem Problem, ob der Kunde das Bestehen des Anpassungsrechts des Verwenders überhaupt richtig erfasst, stellt sich auch die Frage, ob er in diesem Fall die wirtschaftlichen Vertragsfolgen überschauen kann.142 Dabei ist der Anpassungsberechtigte stets gehalten, die drohenden Konsequenzen aus der Anpassung – ungeachtet ihrer Angemessenheit – jedenfalls nicht zu verschleiern. Insbesondere wertbildende Faktoren sind dem Vertragspartner schon bei Vertragsschluss hinreichend transparent darzulegen, damit er darauf die erforderliche subjektive Kalkulation aufbauen kann. Unter diesem Aspekt sind wiederholt Zinsberechnungs-143 und Wertstellungsklauseln144 in Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute überprüft und wegen der Intransparenz der Zinsbelastung für unwirksam erklärt worden. c) Das Anpassungsrecht dem Inhalt nach und das Anpassungsrecht als Verfahren greifen insofern ineinander, als das eine ohne das andere wenig Sinn ergibt. Erst ein möglichst weitgehendes Verfahren sichert das inhaltlich ausgehandelte Anpassungsrecht und auch umgekehrt kann ein einseitiges uneingeschränktes Anpassungsverfahren dem Anpassungsberechtigten ohne ein entsprechendes inhaltliches Anpassungsrecht nicht zum Vorteil sein.145 Für den Kunden bedarf es unter dem Gebot der Verständlichkeit daher nicht nur der klaren Information, dass sich etwas an dem Vertragsinhalt ändern kann, sondern vor allem auch, wie das Anpassungsverfahren ausgestaltet ist. Geprägt wird das Verfahren durch die Rechte des Anpassungsberechtigten und die Gegenrechte des Anpassungsgegners. In erster Linie muss der Kunde verstehen, dass er einem Gestaltungsspielraum des Verwenders ausgesetzt ist und auf welche Weise dieser hiervon Gebrauch machen kann. Deutlich werden muss, ob sich der Anpassungsberechtigte einer Gestaltungs-, Hilfs- oder Referenzklausel bedient hat.146 Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders. In zweiter Linie muss der Anpassungsgegner in der 142

Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 103. Grundlegend BGH NJW 1989, 222; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rn. 103 m. w. N. 144 BGH NJW 1989, 582. 145 Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel B. IV. 143

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

Lage sein, von bestehenden Gegenrechten Gebrauch zu machen. Hierfür ist nicht nur erforderlich, dass der Kunde das Bestehen dieser Rechte und ihre Wirkungsweise erkennen kann, sondern gleichermaßen, dass ihre Ausübung ihm auf eine Weise angeboten werden, die ihn keine Konsequenzen aus seinem Rechtsgebrauch fürchten lassen muss. 2. Der Bestimmtheitsgrundsatz Die Ausgestaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht ferner unter dem Gebot der Bestimmtheit der vorbehaltenen Rechte und auferlegten Pflichten. Hierfür muss der Verwender die tatbestandlichen Voraussetzungen und die entsprechenden Rechtsfolgen so genau angeben, dass ihm kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum verbleibt.147 Dem Grunde nach bedeutet der Bestimmtheitsgrundsatz, dass dem Verwender die einseitige Konkretisierung bewusst unbestimmt gehaltener Rechtsfolgen nicht gestattet werden soll, er vielmehr schon im Vertragstext dem Kunden genau anzugeben hat, welche Rechtsfolge ihn unter klar definierten Umständen erwartet. Das unbedingte Gebot der Bestimmtheit wird durch Anpassungsklauseln allerdings in Frage gestellt, denn die Etablierung eines Gestaltungsraumes zur Lösung bei Vertragsschluss eben nicht konkretisierbarer Leistungserschwerungen bedeutet für den Anpassungsberechtigten stets, sich die Unbestimmtheit der Rechtsfolge vorzubehalten. In diesem Sinne können Anpassungsklauseln daher nie dem Bestimmtheitsgebot entsprechen.148 Es ist jedoch weder der Bestimmtheitsgrundsatz aufzugeben, noch sind Anpassungsklauseln stets unter diesem Aspekt als unwirksam zu bewerten. a) Die gesetzliche Anerkennung der Möglichkeit, auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anpassungsregelungen zu vereinbaren, stellt ein Bekenntnis zum Recht des Anpassenden dar, den für seinen Gestaltungsspielraum erforderlichen Grad an Unbestimmtheit seiner Klausel zu Grunde legen zu dürfen.149 Der Kunde hingegen, der im Vorfeld der Vereinbarung 146 Bereits unter diesem Aspekt war die Bedingungsanpassungsklausel (§ 10 ARB 94) im Urteil des BGH vom 17.3.1999 (= BGH NJW 1999, 1865) intransparent. 147 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 150; Lettl, JuS 2001, 559 (559). 148 In diesem Sinne wird in der Literatur regelmäßig angemahnt, dass das Erfordernis der Bestimmtheit nicht überspannt werden dürfe; Lettl, JuS 2001, 559 (560); Horn, Neuverhandlungspflicht, AcP 181 (1981), 257 (283); Horn, NJW 1985, 1118 (1123); Martinek, AcP 198 (1998), 329 (353 f.). 149 Lettl, JuS 2001, 559 (559); die Verpflichtung zur Konkretisierung der änderbaren Vertragsbestandteile findet ihre Grenze ohnehin in der Möglichkeit einer solchen Angabe, vgl. hierzu Fricke, VersR 1996, 1449 (1452).

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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ein erhöhtes Interesse daran hat, nicht nur den rechtlichen Status Quo im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auch später mögliche Änderungen überblicken zu können, kann konsequenterweise nur geschützt werden, wenn ihm hinreichend klar das mögliche Ausmaß der Anpassung in einer Form präsentiert wird, die ihm stets eine Kalkulation ermöglicht, ob auch der ihm ungünstigste Fall eines ausgeübten Anpassungsrechts noch von seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen umfasst wird und wie wahrscheinlich der Eintritt des Anpassungsereignisses ist. Um dem Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen, muss daher der Verwender seine Anpassungsregelung so gestalten, dass dem Kunden das Leistungsintervall, dem er ausgesetzt ist, derart klar und verständlich ist, dass er nicht nur die Existenz eines Gestaltungsspielraumes erkennt, sondern auch sämtliche Konsequenzen für seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen.150 Anpassungsklauseln entsprechen daher dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Anpassungsregelung dem Anpassungsgegner schon bei Vertragsschluss das mögliche Ausmaß der Anpassung derart verdeutlicht, dass er in der Lage ist abzuschätzen, ob auch in dem ihm ungünstigsten Fall einer Veränderung des Wertverhältnisses der Leistungspflichten der Vertrag für seine Zwecke noch günstig ist. b) Anpassungsklauseln sollen dem Verwender das Recht verschaffen, eine nachvertragliche Leistungserschwerung auf den Kunden zu verlagern. Stehen aber Art und Grad der Leistungserschwerung bei Vertragsschluss nicht vollständig fest, besteht die Gefahr, dass der Anpassungsberechtigte im Rahmen seines Gestaltungsraumes eine Anpassung wählt, die nicht spiegelbildlich der ihm widerfahrenen Leistungserschwerung entspricht, sondern ihm darüber hinaus originäre Vorteile verschafft.151 Es stellt sich daher die Frage, ob im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot zu fordern ist, dass der Anpassungsgegner die Art und Höhe der Anpassung anhand der Klausel auf ihre Richtigkeit hin überprüfen können muss.152 Die Annahme, dass Anpassungsklauseln derart formuliert werden können, dass der Kunde erkennen kann, ob der Anpassungsberechtigte aus dem Intervall grundsätzlich zulässiger Rechtsfolgen die richtige ausgewählt hat, ist „utopisch“153.154 Sie 150 Für Preisklauseln: BGH NJW 1980, 2518 (2519) allerdings ohne Bezugnahme auf die Begriffe des Gestaltungsspielraumes und der Kalkulationsmöglichkeit der subjektiven Äquivalenzvorstellungen. 151 Zweifeld Kötz, BB 1982, 644 und dem Hinweis auf die faktischen Zwänge des Marktes und des Wettbewerbs als begrenzende Faktoren. 152 Für Preisklauseln: BGH NJW 1980, 2518 (2519); NJW 1985, 426 (427); NJW 1985, 855 (856); NJW 1985, 2279 (2281); NJW 1986, 3134; Trinkner, in: Löwe/ v. Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 13; Ebel, DB 1982, 2607 (2608 und 2610); Ebel, BB 1980, 477 (486); Hermann, RdE 1982, 50 (51). 153 So ausdrücklich Baur, 26. 154 Zweifel an der Erfüllbarkeit dieser strengen Voraussetzungen finden sich auch bei BGH NJW 1982, 331 (332); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 24;

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

begegnet unüberwindbaren praktischen Problemen. Nur wenn beide Parteien, was eher die Ausnahme darstellt, sich auf einen Referenzwert geeinigt haben, kann der Anpassungsgegner unter Bezug auf den ihm möglicherweise bekannten oder zumindest recherchierbaren Wert die tatsächliche Anpassung für richtig oder falsch befinden. Typischerweise resultiert die Leistungserschwerung aber aus Umständen, in die vorrangig nur der Anpassungsberechtigte Einblick nehmen kann, da sie mit seiner internen Kalkulation, seinen vertraglichen Beziehungen zu Dritten oder mit einem Markt zu tun haben, der sich dem fachlich nicht vorgebildeten Verbraucher nicht ohne Weiteres erschließt. Selbstverständlich ist es dem Kunden unbenommen, anhand allgemeiner Erwägungen die Höhe der Anpassung zu bezweifeln und den für die Richtigkeit beweispflichtigen Verwender in einem gerichtlichen Verfahren zu einer adäquaten Begründung zu zwingen. Die Forderung nach einer uneingeschränkten Pflicht, schon die Anpassungsklausel so transparent zu gestalten, dass der Anpassungsgegner die Richtigkeit der Anpassung von allein, ohne weitere Informationen des Anpassungsberechtigten überprüfen kann, ist zwar abzulehnen.155 Dennoch kann dem Anpassungsberechtigten nicht gänzlich freie Hand bei der Auswahl der konkreten Anpassung gelassen werden. Aus der Anpassungsklausel müssen sich zumindest die mögliche Art des Anpassungsereignisses, die zu erwartende Leistungserschwerung und vor allem der Zusammenhang zwischen beiden erkennen lassen. Der Anpassungsberechtigte ist demnach gehalten, den Grund der Anpassung so bestimmt anzugeben, dass ein objektiver Dritter überprüfen kann, ob der Verwender tatsächlich das Ziel verfolgt, eine Leistungserschwerung auszugleichen, oder ob er in Wirklichkeit eine grundlose Gewinnsteigerung anstrebt. 3. Sonstige Elemente des Transparenzgebotes Die weiteren Ausprägungen des Transparenzgebotes sind im Hinblick auf Anpassungsklauseln von untergeordneter Bedeutung. Das Differenzierungsgebot156 verbietet dem Verwender die Bildung einer einheitlichen Regelung, Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9–11 Rn. 471; Bartsch, DB 1983, 214 (216); Köndgen/König, ZIP 1984, 129 (134); Bunte, NJW 1985, 600 (600 f.); Schwarz, NJW 1987, 626 (627); Reuter, DB 1981, 71 (72). 155 Weitere Zweifel an der Formulierbarkeit können sich nach Beckmann, S. 68, aus dem hierfür erforderlichen Umfang der Informationen und dessen Vereinbarkeit mit dem Gebot einer verständlichen Darstellung ergeben. Grundsätzliche Zweifel ergeben sich ferner nach Lübke-Detring, S. 80, aus dem Umstand, dass damit Richter zu Preiskommissaren erhoben würden und anstelle der Parteien über die Angemessenheit der Preis-Leistungs-Relation zu wachen hätten. 156 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 152.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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wenn tatsächlich verschiedene Fallgruppen vorliegen, von denen zumindest eine als in der gewählten Form unangemessen zu bewerten ist.157 Die Nichtbeachtung des Differenzierungsgebots führt zur Unwirksamkeit der Klausel insgesamt. Für Anpassungsregelungen kann dieses Gebot eine Rolle spielen, wenn der Verwender verschiedene Anpassungsereignisse in einer Klausel zusammenfassen will. Zum Transparenzgebot wird auch die Pflicht des Verwenders gezählt, den Kunden nicht über seine Rechte zu täuschen oder ihn durch die Verwendung missverständlicher Regelungen von der Wahrung seiner Belange abzuhalten.158 Für Anpassungsklauseln ist das Richtigkeitsgebot oder Täuschungsverbot zusammen mit dem Verständlichkeitsgebot von Bedeutung, wenn es um die Darstellung des Anpassungsverfahrens und um die Frage geht, welche Gegenrechte dem Kunden im Falle einer Anpassung zustehen. Im Übrigen spielt es eine nur untergeordnete Rolle. II. Die transparente Gestaltung von Anpassungsklauseln Die gewonnenen Erkenntnisse sind nunmehr auf die einzelnen Elemente von Anpassungsklauseln zu übertragen. Anpassungsklauseln etablieren das Recht des Verwenders, ein bestehendes Schuldverhältnis mittels eines Anpassungsverfahrens unter Anerkennung eines Anpassungsinteresses in ein neues zu überführen.159 Da das bestehende Schuldverhältnis als transparent vorausgesetzt werden kann, sind somit das Anpassungsinteresse, das Anpassungsverfahren und der mögliche Inhalt des neuen Schuldverhältnisses dem Transparenzgebot zu unterstellen. 1. Das Anpassungsinteresse Das Anpassungsinteresse beschreibt das Anpassungsereignis und die daraus resultierende Leistungserschwerung. Diese Elemente müssen sich aus der Anpassungsklausel ergeben. Darüber hinaus ist der Anpassungsberechtigte gehalten, den Grund der Anpassung so bestimmt anzugeben, dass ein objektiver Dritter überprüfen kann, inwieweit der Verwender tatsächlich das Ziel verfolgt, eine Leistungserschwerung auszugleichen, oder ob er in Wirklichkeit eine grundlose Gewinnsteigerung anstrebt. Insoweit verfolgt das Bestimmtheitsgebot an dieser Stelle das Ziel, dem Kunden wenigstens in 157

OLG Hamm, NJW-RR 1992, 444 (445). Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rn. 153; Koller, in: FS für Steindorff (1990), 667 (677). 159 Siehe hierzu 1. Teil Zweites Kapitel. 158

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

Ansätzen eine Missbrauchskontrolle an die Hand zu geben. Zwei Ebenen sind zu unterscheiden. a) Schon aus dem Text der Klausel muss erkennbar sein, warum das benannte Anpassungsereignis eine Leistungserschwerung nach sich ziehen kann. Steht fest, dass eine Belastung des Verwenders ausgeschlossen werden kann, ist die Klausel schon aus materiellen Erwägungen unwirksam. Anders liegen die Dinge, wenn das Anpassungsereignis durch eine Kategorie gebildet wird und unter ihr sowohl Fallgestaltungen denkbar sind, die eine Leistungserschwerung nach sich ziehen, als auch solche, die ohne Auswirkung auf den Vertrag bleiben. Auch im Hinblick auf das Differenzierungsgebot ist der Anpassungsberechtigte verpflichtet, schon sprachlich eine Unterscheidung zu treffen, damit ausgeschlossen werden kann, dass er ein für den Vertrag neutrales Ereignis als Anpassungsereignis für eine Vertragsanpassung wählen kann. Übertrieben hohe Anforderungen an die Transparenz sind allerdings nicht zu stellen. b) Neben der Gefahr, dass der Anpassungsberechtigte sich schon in der Klausel trotz unzureichenden Anpassungsereignisses eine Anpassung vorbehält, besteht auch die Gefahr, dass er im konkreten Fall ein solches nur vorgibt oder die eingetretene Leistungserschwerung übertreibt. Kann schon nicht die Anpassungsklausel selbst die nötige Transparenz im Hinblick auf die Richtigkeit der Anpassung herbeiführen, bleibt die Überlegung, ob nicht der Anpassungsberechtigte verpflichtet ist, den Anpassungsakt selbst so transparent zu gestalten, dass der Kunde die nötigen Informationen erhält, um die Überprüfung der Anpassung vornehmen zu können. Zumindest sollte der Verwender gehalten sein, im Zusammenhang mit der Anpassung Anpassungsereignis und Leistungserschwerung so zu konkretisieren, dass im Falle eines Prozesses der Kunde nicht erst dort erfährt, warum genau sich seine Leistungsverpflichtung geändert hat. 2. Der Umfang der Anpassung Anpassungsklauseln entsprechen dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Anpassungsregelung dem Anpassungsgegner schon bei Vertragsschluss das mögliche Ausmaß der Anpassung derart verdeutlicht, dass er in der Lage ist abzuschätzen, ob auch für den ihm ungünstigsten Fall einer Veränderung des Wertverhältnisses der Leistungspflichten der Vertrag für seine Zwecke noch günstig ist.160 Insbesondere dann, wenn ein Gegenrecht des Anpassungsgegners, gerichtet auf die Auflösung des Vertrages, für diesen wegen der Individualität der Leistung des Anpassungsberechtigten oder der Markt160

Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel C. I. 2.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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lage keinen adäquaten Ausgleich darstellt161 und auch das Anpassungsverfahren keinen Einfluss auf das Ergebnis einräumt, wird die Pflicht des Verwenders, das mögliche Ausmaß der Anpassung transparent darzustellen, zu einem zentralen Prüfstein im Hinblick auf die Wirksamkeit von Anpassungsklauseln. a) Der Zeitpunkt der Anpassung Unter den Strukturmerkmalen von Anpassungsklauseln stellt der Zeitpunkt der Anpassung einen wenig bedachten Punkt dar. aa) Für die vorvertragliche Kalkulation, welches Ausmaß eine Vertragsanpassung annehmen kann, ist jedoch die Frage nach der Anzahl aller möglichen Anpassungen stets von Bedeutung. Während in Schuldverhältnissen mit einem einmaligen Leistungsaustausch die vereinzelte Anpassung vorherrschend ist, werden Dauerschuldverhältnisse eher von dem sich wiederholenden Bedürfnis geprägt, die fortgeschrittene Entwicklung zu berücksichtigen. Zwingend ist diese Einteilung hingegen nicht. Die fundierte Kenntnis, in welchem Maß der einzelne Anpassungsakt die vertragliche Struktur beeinflussen kann, ist wertlos, solange offen oder ungeklärt ist, wie oft er sich wiederholen kann.162 Es ist vielmehr die vollständige Anpassungsbilanz, bezogen auf die gesamte Vertragslaufzeit, welche für den Anpassungsgegner von Bedeutung ist. Auch im Hinblick auf das Täuschungsverbot ist der Anpassungsberechtigte daher gehalten, klar verständlich offen zu legen, ob und inwieweit die Anpassungsklausel ihm die wiederholte Anpassung des Vertrages gestatten soll. Intransparenz geht in insofern zu seinen Lasten. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, ob der Verwender eine Höchstgrenze möglicher vertraglicher Veränderungen vereinbart hat. Diese kann ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn sie auf die gesamte Anzahl aller denkbaren Anpassungen bezogen ist. Selbstverständlich ist es dem Anpassungsberechtigten unbenommen, auch den einzelnen Anpassungsakt mit einer Begrenzung der Höhe nach zu versehen. Daneben sollte der Anpassungsberechtigte auch verpflichtet sein, offen zu legen, wann erstmalig eine Vertragsanpassung erlaubt ist. bb) Neben der Frage, wie häufig sich das Anpassungsrecht des Verwenders aktualisieren kann, ist für die interne Kalkulation des Vertragspartners auch entscheidend, wie wahrscheinlich der Eintritt des Anpassungsereignisses ist. Die hierfür erforderlichen Angaben kann der Verwender aber in 161

Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. d) bb). In diese Richtung auch BGH NJW 1980, 2518 (2519), der an einer Anpassungsklausel kritisiert hat, dass „selbst mehrfache Erhöhungen innerhalb eines Jahres nicht ausgeschlossen sind.“ 162

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

den seltensten Fällen selber ermitteln und bereitstellen. Die praktischen Schwierigkeiten bei der Zuordnung eines Wahrscheinlichkeitswertes zu einem Anpassungsereignis führen zu einer Entlastung des Anpassungsberechtigten mit zwei Ausnahmen. Zum einen darf die Anpassungsklausel, die eine turnusmäßige „Überprüfung“ des Vertrages vorsieht, nicht das Missverständnis hervorrufen, innerhalb der gewählten Zeitabschnitte trete jedenfalls ein Anpassungsereignis ein, wenn tatsächlich unklar ist, ob sich die vertraglich relevanten Begleitumstände ändern. Zum anderen ist der Verwender verpflichtet, in besonderen Ausnahmesituationen, in denen er ein intellektuelles Übergewicht besitzt, weil beispielsweise das Anpassungsereignis aus seinem Produktions- und Einflussbereich stammt, dem Kunden die erforderlichen Hinweise zu geben, wenn entgegen der allgemeinen Erwartung das Anpassungsereignis erhöht wahrscheinlich ist. b) Der Gegenstand der Anpassung Im Hinblick auf die Frage, ob der Gegenstand der Anpassung für eine graduelle Bestimmung der Benachteiligungsgefahr des Anpassungsgegners in Betracht kommt, wurde bereits ausgeführt163, dass zwischen den verschiedenen Möglichkeiten nicht wertend unterschieden werden kann, da die subjektiven Äquivalenzvorstellungen hierbei nicht berücksichtigt werden. Eine Einteilung nach Anpassung von Haupt- und Nebenleistung oder Preisund Vertragsbedingungen war demnach nicht vorzunehmen. Dennoch kann auf den Inhalt der Anpassung nicht gänzlich verzichtet werden. Insbesondere vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes zur transparenten Gestaltung von Anpassungsklauseln ist der Anpassungsberechtigte nunmehr verpflichtet, den Inhalt der Anpassung und damit auch den Gegenstand so genau anzugeben, dass der Kunde selbst abschätzen kann, ob auch nach einer möglichen Anpassung der Vertrag noch seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen entspricht.164 Mit anderen Worten: der Verwender ist verpflichtet, durch eine ausreichend transparente Klausel dem Kunden die Möglichkeit einzuräumen, selbst über die Angemessenheit der Anpassungsvoraussetzungen zu urteilen. Für den Gegenstand der Anpassung bedeutet dies, dass dem Kunden klar sein muss, nicht nur auf welcher Seite des Vertrages angepasst wird, sondern auch, ob dies durch eine Erweiterung oder Reduzierung von Rechten oder Pflichten geschieht. Ohne eine grundsätzliche Festlegung und damit Beschränkung des Gegenstandes der Anpassung fehlt der Anpassung die erforderliche Transparenz.

163 164

Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. b) bb). Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel C. I. 2.

3. Kap.: Anpassungsklauseln und Inhaltskontrolle

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c) Der Maßstab der Anpassung Dieselben Überlegungen gelten für den Maßstab der Anpassung. Man kann das Maß der Anpassung auch als das Kernstück erforderlicher Transparenz bezeichnen, da die vorvertragliche Kalkulation des Wertverhältnisses der auszutauschenden Leistungen regelmäßig auf Günstigkeitserwägungen beruht. Der Kunde muss daher stets in der Lage sein, selbst entscheiden zu können, ob auch bei maximal erhöhter eigener Leistungspflicht oder reduzierter Leistungspflicht des Anpassungsgegners der Vertrag für ihn noch günstig ist. Hat der Verwender einen Maßstab für die Anpassung überhaupt nicht festgelegt, ist nicht nur eine erhöhte Missbrauchsgefahr gegeben, sondern der Klausel fehlt die erforderliche Transparenz.165 Zwischen dem Grad der Anpassung und dem Anpassungsinteresse besteht eine Korrelation. Durch die Vereinbarung einer Anpassungsklausel behält sich der Verwender das Recht vor, eine eingetretene Leistungserschwerung auf den Vertragspartner abzuwälzen. Daher entspricht der Maßstab der Anpassung spiegelbildlich dem aus der Leistungserschwerung resultierenden Anpassungsinteresse. Natürlich ist es dem Anpassungsberechtigten überlassen, einen geringeren Maßstab zu wählen und nur einen Teil der Leistungserschwerung auf den Vertragspartner zu übertragen. Jedenfalls darf er keinen über die Leistungserschwerung hinausgehenden Maßstab wählen. Die Transparenzanforderungen an den Anpassungsmaßstab gehen dennoch über die des Anpassungsinteresses hinaus. Während die Bestimmtheit des Anpassungsinteresses dazu dient, missbräuchliche Gewinnsteigerungen zu verhindern, zielt die Bestimmtheit des Anpassungsmaßstabes auf die Möglichkeit eigenständiger Kalkulation des Anpassungsgegners. Kann aber schon das Anpassungsinteresse der Höhe nach bei Vertragsschluss nicht festgelegt werden, so kann auch der Anpassungsmaßstab als Spiegelbild der Leistungserschwerung nicht bestimmt gehalten werden. Ausreichend ist daher die Angabe eines Intervalls, in dem die angepasste Leistung später liegen kann. Soweit die Anpassung eine Geldleistung betrifft, kann die Vereinbarung einer Höchstgrenze die erforderliche Kalkulation des Vertragspartners ermöglichen und der Klausel zur Transparenz verhelfen.166 Schwerer wiegt die Formulierungsverantwortung, wenn der Anpassungsberechtigte seine eigene Leistungspflicht zum Gegenstand einer Anpassung bestimmt. Dennoch kann auf das Erfordernis eines Intervalls, dessen Grenzen festliegen, 165

Beckmann, S. 73. BGH NJW 1990, 115 (116); OLG Frankfurt NJW 1982, 2198 (2199); Soergel/Stein, § 11 Nr. 1 AGBG Rn. 12; Jung, BB 1981, 1606 (1609). 166

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

nicht verzichtet werden, auch nicht durch einen Verweis auf eine Anpassung, welche der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB entspricht.167 Will daher der Anpassungsberechtigte seine eigene Leistungsverpflichtung reduzieren, muss klar sein, auf welche Leistungsteile der Vertragspartner weiterhin Anspruch hat, will er sie durch eine ihm günstigere Verpflichtung ersetzen, muss der Inhalt der nunmehr möglichen, kundenungünstigsten Verpflichtung dem Vertragspartner bekannt sein. 3. Das Anpassungsverfahren Der Inhalt des Anpassungsrechts und die Art des Gestaltungsraumes im Rahmen des Anpassungsverfahrens bilden eine Symbiose dergestalt, dass nur bei optimalem Zusammenwirken beider Elemente der Anpassungsberechtigte sicher sein kann, das gewünschte rechtliche Ergebnis zu erzielen.168 a) Das weitestgehende Anpassungsrecht des Verwenders wird in seiner Durchschlagskraft durch ein Anpassungsverfahren gehemmt, welches dem Anpassungsgegner weitgehende Verfahrens- und Gegenrechte einräumt. Für den Kunden ist es zur Wahrung seiner Rechte daher von entscheidender Bedeutung, in der konkreten Anpassungssituation ohne weiteres seine Möglichkeiten zu erkennen und zu verstehen. Insoweit steht das Anpassungsverfahren weniger unter dem Gebot der Bestimmtheit als unter dem Gebot der Verständlichkeit. b) Anpassungsklauseln gewähren dem Anpassungsberechtigten einen Gestaltungsspielraum, damit dieser die eingetretene Leistungserschwerung in ihrer konkreten Gestalt unter erleichterten Voraussetzungen auf den Vertragspartner abwälzen kann. Letzterem muss daher die Bedeutung der Anpassungsklausel und damit das Bestehen eines solchen Gestaltungsraumes klar sein. Entsprechend der erarbeiteten Dreiteilung muss unmissverständlich deutlich werden, ob der Anpassungsberechtigte eine Gestaltungs-, Hilfs- oder Referenzklausel gewählt hat.169 Auch wenn rechtlich eine eindeutige Zuordnung stets möglich ist, kann schon eine sprachliche Unklarheit über die Art des Gestaltungsraumes die Intransparenz der gesamten Klausel begründen. 167

Herrschende Meinung, vgl. BGH NJW 1980, 2518 (2519); OLG Düsseldorf AGBE II § 9 Nr. 94, 327 (328); Trinkner, in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 13; Beckmann, S. 74 f.; Dally, BB 1977, 726 (727); von Westphalen, NJW 1982, 2465 (2468); Ebel, DB 1982, 2607 (2608); Hermann, RdE 1982, 50; a. A. OLG Stuttgart BB 1982, 148 (149); Bartsch, DB 1983, 213 (215); Reuter, DB 1981, 71 (72). 168 Siehe hierzu 1. Teil Drittes Kapitel B. IV. 169 Zu Mischformen siehe 3. Teil Drittes Kapitel D.

4. Kap.: Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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c) Die transparente Gestaltung einer Anpassungsklausel unter dem Aspekt des Anpassungsverfahrens soll darüber hinaus sicherstellen, dass der Anpassungsgegner gegebenenfalls den ihm eingeräumten Einfluss auf das Anpassungsverfahren auch ausüben kann. Zur Intransparenz führt daher jede Täuschung oder Verschleierung bestehender Widerspruchsrechte, sekundärer Entscheidungsbefugnisse oder Kontrollrechte. Ähnlich wie die Einflussnahmemöglichkeit im Rahmen des vorgesehenen Anpassungsverfahrens müssen auch eingeräumte Gegenrechte unmissverständlich klar formuliert sein, damit der Anpassungsgegner in der konkreten Anpassungssituation auch von ihnen Gebrauch machen kann. Hierzu zählen neben der Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung auch Rücktritts- und gegebenenfalls auch eigene Anpassungsrechte. Viertes Kapitel

Die Anpassungsklauseln im Einzelnen Mit der Normierung der Voraussetzungen für die Angemessenheit und damit die Zulässigkeit von Anpassungsklauseln unter materiellen und formellen Aspekten ist der Grundstein gelegt für die abschließende Bewertung der einzelnen Fallgruppen. In einem ersten Schritt gilt es aber zunächst zu überlegen, ob und gegebenenfalls inwieweit die spezifische Benachteiligungsgefahr Einfluss auf die gefundenen Bewertungsmaßstäbe haben kann.

A. Folgerungen aus der spezifischen Benachteiligungsgefahr Jede Anpassung ist für den Anpassungsgegner belastend, da sie das spiegelbildliche Resultat aus einer auf Seiten des Anpassungsberechtigten eingetretenen Leistungserschwerung darstellt. Dementsprechend kann es dem Anpassungsgegner zunächst einmal egal sein, auf welche Weise die Anpassung erfolgt ist. Sein Interesse, von der Leistungserschwerung der anderen Vertragspartei unbeeinflusst zu bleiben, kann stets vorausgesetzt werden und die Frage, ob dieses Schutzinteresse hinter dem Anpassungsinteresse des Verwenders zurücktreten muss, ist im Rahmen jeder Anpassungsklausel neu zu untersuchen, unabhängig vom Anpassungsverfahren. Dennoch muss die Zulässigkeit vor dem Hintergrund der Unangemessenheit einer Benachteiligung betrachtet werden, und der Grad an Benachteiligung hängt neben dem Inhalt insbesondere auch vom Anpassungsverfahren ab. Anpassungsrecht und Anpassungsverfahren ergänzen sich im Hinblick auf dasselbe Ziel. Wenn eines der beiden Elemente ausfiele, wäre das

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

andere für den Anpassungsberechtigten nutzlos. Diese Überlegung kann auch graduell angestellt werden. Je weniger verfahrensrechtliche Möglichkeiten dem Anpassungsberechtigten zustehen, desto weniger gefährlich ist für den Anpassungsgegner der Inhalt der möglichen Anpassung. Mit anderen Worten: ein Anpassungsverfahren, welches dem Anpassungsgegner Einfluss auf das Ergebnis belässt oder das Anpassungsergebnis an einen vom Anpassungsberechtigten nicht mehr beeinflussbaren Referenzwert koppelt, kann die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung minimieren. Entscheidend ist aber die Frage, ob aus dieser Feststellung der Rückschluss gezogen werden kann, dass dem Anpassungsberechtigten, der auf ein ihm weniger vorteilhaftes Anpassungsverfahren zurückgreift, weitergehende inhaltliche Rechte zustehen können. I. Normative Hürden Ein erster Hinweis auf die unterschiedliche Behandlung der drei Fallgruppen von Anpassungsregelungen lässt sich dem Gesetz, genauer den zu überwindenden normativen Hürden, entnehmen. Neben § 307 BGB, dem alle Arten von Anpassungsklauseln entsprechen müssen, fordern § 308 Nr. 4 BGB für Änderungsvorbehalte und § 308 Nr. 5 BGB für Erklärungsfiktionen, der Hauptspielart von Hilfsklauseln, die Einhaltung besonderer Zulässigkeitsvoraussetzungen. Ohne der inhaltlichen Auslegung vorzugreifen fällt bereits auf, dass mit dem Erfordernis einer zumutbaren Änderung in § 308 Nr. 4 BGB ein weitaus höheres Hindernis zu überwinden ist als im Falle einer Erklärungsfiktion, welche die Zulässigkeit zunächst nur an die Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen knüpft. Für Referenzklauseln bleibt es hingegen bei der Anwendung von § 307 BGB. Nach dieser Einteilung wären Gestaltungsklauseln unter den strengsten inhaltlichen Anforderungen zulässig, Referenzklauseln und Hilfsklauseln hingegen unter erleichterten Bedingungen zu vereinbaren. II. Verzicht auf Verfahrensrechte Die Frage, ob unterschiedliche Verfahrensregelungen auch gestufte inhaltliche Anpassungsrechte begründen, lässt sich am leichtesten von einer Gegenfrage aus beantworten: Warum sollte der Anpassungsberechtigte auf das für ihn ideale Anpassungsverfahren im Rahmen einer Gestaltungsregelung verzichten und stattdessen sein Anpassungsrecht der inhaltlichen Ausfüllung durch Dritte überlassen oder sogar an die fingierte Zustimmung durch den Anpassungsgegner binden? Es ließe sich auch argumentieren, dass ihm ein Anpassungsrecht nur unbedingt zustehen kann, also ausgestattet mit dem weitgehendsten Anpassungsverfahren, oder eben gar nicht. Kann es ein An-

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passungsrecht geben, welches dem Anpassungsberechtigten zwar inhaltlich grundsätzlich nicht, wohl aber eingeschränkt durch ein bestimmtes Verfahren zustehen kann? Die Antwort auf diese Frage kann nur lauten, dass Verfahren und Inhalt einer Anpassung sich dahingehend ergänzen, dass aus beiden gemeinsam eine Benachteiligung erwächst und somit der Verzicht auf ein ideales Verfahren die Tür für ein weitergehendes inhaltliches Anpassungsrecht öffnet. Die Schwierigkeit dieser angedeuteten Verschiebung liegt in der Zuordnung eines Maßstabes. Wenn der Anpassungsberechtigte die Anpassung an die fingierte Zustimmung des Vertragspartners bindet, kann er dann den Vertrag beliebig inhaltlich ändern, oder welche Freiräume verschafft ihm der verfahrensrechtliche Verzicht? Knüpft der Anpassungsberechtigte die Anpassung an einen von Dritten ermittelten Wert oder Inhalt, kann er dann jeden denkbaren Dritten oder Wert zum Herrscher oder Maßstab einer Anpassung erklären? Vorrangig ist festzustellen, welche Gefahr durch das nicht ideale Anpassungsverfahren jeweils gemindert worden ist. Erst dann kann die inhaltliche Erweiterung zugeordnet werden. Dieser Schritt ist jeweils am Anfang der Besprechung der einzelnen Klauseltypen vorzunehmen.

B. Gestaltungsklauseln I. Charakter von Gestaltungsklauseln Gestaltungsklauseln bieten dem Anpassungsberechtigten die weitestgehenden Rechte im Hinblick auf das Anpassungsverfahren. Sie bilden daher den Ausgangspunkt der Untersuchung. Die weiteren Klauseltypen können dann daraufhin untersucht werden, inwieweit sie ein für den Anpassungsgegner günstigeres Verfahren normieren und welche Schlussfolgerungen für den Inhalt der Anpassung daraus gezogen werden können. Das Wesen des Gestaltungsrechts liegt in der Abkehr vom Vertragsprinzip, indem es den einseitig gebildeten Willen und seine Äußerung zum Maßstab des zwischen den Parteien nunmehr geltenden Rechts erhebt.170 Für den Vertragspartner besteht daher die Gefahr, ohne Einflussnahmemöglichkeit auf den Inhalt der Anpassung und ohne eine Kontrollmöglichkeit der inhaltlichen Richtigkeit mit dem vom Anpassungsberechtigten gefundenen Ergebnis bindend konfrontiert zu werden.171 Der Anpassungsgegner ist darauf angewiesen, bereits im Vorfeld des Vertrages kalkulieren zu können, ob er auch in jedem ihm ungünstigen Fall einer Anpassung noch seine subjekti170 171

Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel B. II. Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel B. III.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

ven Äquivalenzvorstellungen gewahrt sieht.172 Die hierfür erforderlichen Informationen müssen ihm schon beim Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden. Unklarheiten über den Gegenstand, den Zeitpunkt und das Ausmaß möglicher Änderungen entheben ihn der Möglichkeit, umfänglich seine Interessen zu kalkulieren. II. Normative Grenzen 1. § 307 BGB: Das grundlegende Bewertungssystem Wie jede Anpassungsklausel sind auch Gestaltungsklauseln an dem Begriff der unangemessenen Benachteiligung, wie er § 307 BGB zu Grunde liegt, zu messen. Die weiteren Vorschriften der §§ 308 Nr. 4, 309 Nr. 1 BGB stehen dem nicht entgegen, da die einzelnen Klauselverbote und § 307 BGB nebeneinander anwendbar sind173, so dass sich die Unwirksamkeit einer Anpassungsklausel aus § 307 BGB ergeben kann, obwohl sie nach §§ 308 f. BGB nicht zu beanstanden ist. Das bislang ermittelte Bewertungssystem ist am Begriff der unangemessenen Benachteiligung entwickelt worden und gilt zunächst für alle Anpassungsklauseln. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob sich aus den weiteren normativen Hürden gegebenenfalls noch eine Verschiebung der Bewertungsmaßstäbe ergeben kann. 2. § 308 Nr. 4 BGB: Generalklausel für Gestaltungsklauseln Dieses Klauselverbot, welches in Ergänzung zu § 308 Nr. 3 BGB, der die Vertragsbindung hinsichtlich des „Ob“ schützen will, auch das Fortbestehen des Vertragsinhalts zum Ziel hat174, wirft tatbestandlich einige Fragen auf. Der Anwendungsbereich ist insbesondere daraufhin zu untersuchen, ob § 308 Nr. 4 BGB als Maßstab überhaupt für alle Formen von Gestaltungsklauseln in Betracht kommt, sich darüber hinaus auch für andere Anpassungsklauseln Bewertungsmaßstäbe ergeben und schließlich, ob nach Sinn und Zweck der Vorschrift eine Verschärfung der bereits gefundenen Maßstäbe angezeigt ist. a) Ein erster Zweifel an der universellen Gültigkeit von § 308 Nr. 4 BGB für alle Gestaltungsklauseln ergibt sich aus dem Wortlaut. Dort heißt es: „. . . die versprochene Leistung zu ändern“. Auf den Versuch, über den Wortlaut den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Änderungen der Ver172 173 174

Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel C. I. 2. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, Vor. §§ 10, 11 Rn. 10. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 2.

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wenderleistung175 zu beschränken, sollte verzichtet werden.176 Auch Änderungen der Leistungspflicht177 des Vertragspartners werden erfasst.178 Der Wortlaut stünde entgegen, hätte der Gesetzgeber die Formulierung „seine versprochene Leistung“ gebraucht. Der Gesetzestext ist aber genauso gut im Sinne von „eine versprochene Leistung“ zu verstehen. Schließlich spricht der Schutzzweck für einen weiten Anwendungsbereich, denn das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung kann von beiden Seiten geändert werden. Es wäre inkonsequent, nur eine Form der Benachteiligung unter § 308 Nr. 4 BGB zu subsumieren.179 b) Der Wortlaut von § 308 Nr. 4 BGB enthält außerdem die Begriffe Änderung und Abweichung. Auch auf den Versuch, beiden Begriffen einen eigenständigen Anwendungsbereich zuzuweisen, sollte verzichtet werden, da die Gesetzesmaterialien keinen entscheidenden Hinweis enthalten und die Begriffe auf sprachlicher Ebene keine Anhaltspunkte für eine inhaltliche Differenzierung bieten. Dieses Ergebnis wird von der Überlegung getragen, dass es nur einen einheitlichen Vorgang Änderung gibt und so auch nur eine einheitliche Bezeichnung Sinn ergibt.180 c) Unter einem anderen Aspekt ist der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 4 BGB allerdings ausschließlich. Die Vorschrift soll nicht vor Vertragsanpassung allgemein, sondern nur vor solchen Änderungen schützen, welche der aus der Klausel Berechtigte sich einseitig vorbehält, also vor Gestaltungsrechten des Verwenders.181 Diese Feststellung ist weniger im Verhältnis zu Hilfsklauseln als vielmehr im Verhältnis zu Referenzklauseln zu 175 Neben der eigentlichen Hauptleistung zählen hierzu auch sämtliche Nebenleistungen des Verwenders; unnötig einschränkend daher BGH NJW 1999, 1865 (1866). 176 Argumentativ lässt sich dafür das Begriffspaar (versprochen – vereinbart) anführen. Auch ein Vergleich mit § 315 BGB könnte für diese Auslegung sprechen. Nach Freund, S. 141 f., ergibt sich die Auslegung durch einen Vergleich mit der Rechtsprechung und Literaturansicht zu § 11 Nr. 1 AGBG. 177 Zum Begriff der Leistung in §§ 315, 316 BGB und der Frage, ob darin in Bezug auf eine Anpassung eine Einschränkung liegen kann, vgl. Baur, S. 72; Horn, Vertragsdauer, 551 (568). 178 Staudinger/Coester-Waltjen, § 10 Nr. 4 Rn. 2; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 7; sehr ausführlich Freund, S. 132 ff.; Baumann, JZ 1999, 881 (883); a. A. OLG Köln ZIP 1999, 21 (22); Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 4 Rn. 4. 179 Ein insbesondere versicherungsrechtliches Problem ist die Frage, ob AVB überhaupt unter den Begriff der versprochenen Leistung fallen, da sie gestellt und nicht versprochen werden. Freund, S. 142 ff.; Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 23 Rn. 459; Prölls, in: Prölls/Martin, VVG, Vorbem. I 6 B e. 180 Anders Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 4, der nach der Intensität der Änderung unterscheiden will. 181 A. A. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 5; Miebach/Patt, NJW 2000, 3381 (3383).

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hinterfragen, denn auch Referenzklauseln können, wenn auch nicht die inhaltliche Ausfüllung, so doch die Auslösung des Anpassungsverfahrens einer Partei übertragen und somit formell einen Anpassungsberechtigten bestimmen. Allerdings kommt man in diesem Fall schon mit dem Wortlaut von § 308 Nr. 4 BGB in Konflikt, der von dem Recht des Verwenders „zu ändern“ oder „abzuweichen“ spricht. Inhaltlich steht im Falle einer Referenzklausel dem Verwender ein Anpassungsrecht aber nicht zu, sondern nur das Recht, das Anpassungsverfahren auszulösen. Die Anpassung ist insofern fremdbestimmt, dem Verwender steht insofern nur das Recht zu, den Vertrag anpassen zu lassen. d) Schließlich stellt sich noch die Frage, welche Bedeutung der Einschränkung zukommt, dass die Anpassung zu ihrer Wirksamkeit zumutbar sein muss. Einigkeit herrscht dahingehend, dass zur Feststellung der Zumutbarkeit eine Interessenabwägung stattfinden muss182, und zwar in Form einer typisierenden Betrachtungsweise. Andererseits bringt diese Forderung die Diskussion nicht voran, denn mit der unter dem Aspekt der unangemessenen Benachteiligung angestellten Gegenüberstellung von Anpassungsund Bestandsinteresse hat eine Interessenabwägung bereits stattgefunden. Tatsächlich gilt es zu überlegen, ob durch die Verwendung des Begriffes „zumutbar“ eine Verschärfung der gefundenen Ergebnisse einhergeht. In diesem Fall müsste es eine Fallgruppe geben, die vor dem Hintergrund des § 307 BGB eine Anpassungsklausel als nicht unangemessen benachteiligend bewertet, nach § 308 Nr. 4 BGB allerdings schon. Kann sich trotz überwiegenden Anpassungsinteresses eine Unwirksamkeit aus dem Blickwinkel der Zumutbarkeit ergeben? Die §§ 308, 309 BGB haben grundsätzlich, obwohl Konkretisierungen der Generalklausel des § 307 BGB, selbstständige Bedeutung. Sie begründen die Unwirksamkeit auch dann, wenn sie sich aus § 307 BGB nicht ergeben.183 Im Falle der Bewertung von Gestaltungsklauseln zur Anpassung eines Vertrages läuft diese Sichtweise allerdings ins Leere. Der Begriff der Zumutbarkeit bietet keine Handhabe für strengere Anforderungen als der Begriff der Angemessenheit.184 Umgekehrt lassen sich allerdings, anders 182

BGH NJW 2004, 1588; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 14; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 4 Rn. 9; Fricke, VersR 1996, 1449 (1453); Lettl, JuS 2001, 559 (562); Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (114). 183 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, Vor. §§ 10, 11 Rn. 9. 184 A. A. die ganz herrschende Meinung: vgl. Baumann, JZ 1999, 881 (883 f.), nach dem § 308 Nr. 4 BGB nur Anpassungsklauseln dahingehend zulässt, die versprochene Leistung im Rahmen der Zumutbarkeit zu ändern oder von ihr abzuweichen, solange eine Benachteiligung ausgeschlossen werden könne. Nach Fricke, VersR 1996, 1449 (1452 f.) sind aus dem Kriterium der Zumutbarkeit die Erfordernisse der Präzisierung von Änderungsgegenstand und Änderungsanlass in der Klau-

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als bei Hilfs- und Referenzklauseln, auch keine erleichterten Voraussetzungen konstatieren. Gestaltungsklauseln sind unter den engsten Anforderungen an Inhalt und Transparenz gültig. Das anhand von § 307 BGB entwickelte Bewertungssystem lässt sich nicht ohne weiteres verengen, will man nicht Gefahr laufen, die grundsätzliche Möglichkeit, Verträge mit Hilfe von einseitigen Gestaltungsrechten anzupassen, vollständig zu untersagen. Allerdings lässt sich über § 308 Nr. 4 BGB die Regel, dass der Verwender sein überwiegendes Interesse an einer Anpassung darlegen und beweisen muss, stützen, denn nach allgemeiner Ansicht enthält § 308 Nr. 4 BGB eine Beweislastregel, nach der der Verwender die Zumutbarkeit zu beweisen hat.185 Kann er sein erforderliches Anpassungsinteresse nicht dartun, ist die Klausel daher als unwirksam zu bewerten. 3. § 309 Nr. 1 BGB: Das Fristerfordernis § 309 Nr. 1 BGB verbietet Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit denen sich der Verwender bei kurzfristig abzuwickelnden Verträgen die Möglichkeit sichern will, seine Preise zu erhöhen. Ausgenommen von dem Verbot sind allerdings alle Dauerschuldverhältnisse. Überlegenswert ist, ob die Existenz von § 309 Nr. 1 BGB Schlüsse zulässt, nach denen Preisanpassungsklauseln außerhalb des Anwendungsbereichs von § 309 Nr. 1 BGB grundsätzlich zu- oder unzulässig sind.186 Gegen eine generelle Zulässigkeit von Preisänderungsklauseln spricht, dass typischerweise im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Klauseln, die nicht mit (entsprechend anwendbaren) Einzelverboten kollidieren, trotzdem an § 307 BGB zu messen sind.187 Aber auch die Annahme genereller Unzulässigkeit von Preisklauseln ist mit § 309 Nr. 1 BGB nicht in Einklang zu bringen, da ansonsten der Gesetzgeber keine Frist von vier Monaten hätte einführen müssen.188 sel abzuleiten. Nach Lettl, JuS 2001, 559 (562), ist die Zumutbarkeit von Änderungen und Abweichungen grundsätzlich davon abhängig, dass diese nicht zu einer wesentlichen Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung führen; sehr verengend Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 308 Nr. 4 Rn. 16, der grundsätzlich nur solche Änderungen für zumutbar hält, die die andere Partei ohnehin nach § 242 BGB hinnehmen müsste; kritisch zumindest Jauernig/Stadler, § 308 Nr. 4 Rn. 5, der den Begriff der Zumutbarkeit als wenig aussagekräftig bezeichnet. 185 BGH NJW 2004, 1588 (1588); Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 4 Rn. 9; Soergel/Stein, § 10 Nr. 4 AGBG Rn. 45; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 19; MünchKomm/Basedow, § 308 Nr. 4 Rn. 11. 186 Beckmann, S. 31 ff. 187 Vgl. auch schon die Begründung des Regierungsentwurfes, BT-Drucks. 7/3919, S. 28. 188 Lettl, JuS 2001, 559 (564).

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4. Das Verhältnis von §§ 307, 308 Nr. 4 und 309 Nr. 1 BGB Auf die nach § 309 Nr. 1 BGB nicht zu beanstandenden Klauseln ist § 307 BGB anwendbar.189 Ob in diesem Fall auch § 308 Nr. 4 BGB Anwendung finden kann, wird in der Literatur nicht diskutiert, so dass davon ausgegangen werden muss, dass Preisklauseln und Klauseln, die nach § 308 Nr. 4 BGB zu bewerten sind, zwei unterschiedliche Anpassungsklauseln betreffen.190 Nach der in dieser Arbeit vertretenen Systematik, die sich primär an dem Anpassungsverfahren orientiert, stellt die unterschiedliche normative Behandlung von Preisklauseln und sonstigen Änderungsvorbehalten einen Systembruch dar. Insbesondere ist dies im Hinblick auf diejenige Ansicht unverständlich, die richtigerweise auch die Änderung der Leistung des Anpassungsgegners unter § 308 Nr. 4 BGB fassen will, denn diese besteht regelmäßig in der Entrichtung von Geld. Da aber § 309 Nr. 1 BGB mit Ausnahme von Grundstückskaufverträgen und Dauerschuldverhältnissen alle entgeltlichen Geschäfte erfasst191, ist konsequenterweise eine Anpassungsklausel, die nicht nach § 309 Nr. 1 BGB unwirksam ist, an §§ 308 Nr. 4, 307 BGB zu messen, soweit das Anpassungsverfahren als Gestaltungsrecht des Verwenders vereinbart wurde. Da aber, wie soeben erläutert, § 308 Nr. 4 BGB gegenüber der Interessenabwägung aus § 307 BGB keine nennenswerte Verschärfung mit sich bringt und nach allgemeiner Ansicht § 307 BGB ohnehin den subsidiären Prüfungsmaßstab bildet, ist die angestellte Überlegung nur für die richtige systematische Erfassung und Einordnung der Kontrolle von Anpassungsklauseln von Bedeutung, jedenfalls was die Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB auf Preisklauseln anbelangt. Umgekehrt lässt sich allerdings noch eine weitere Überlegung anstellen, die ebenfalls nicht abwegig ist. Muss nicht konsequenterweise, gegebenenfalls in analoger Anwendung, ein grundsätzliches viermonatiges Verbot der Anpassung von Verträgen, die nicht Dauerschuldverhältnisse sind, gelten, also auch für die Änderung der Verwenderleistung?192 Auf Grund des Ausschlusses von Dauerschuldverhältnissen ist der Anwendungsbereich hierfür auch nicht besonders groß.193 189

Allgemeine Meinung: Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. Rn. 34; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 11; Lettl, JuS 2001, 559 (561 f.). 190 Nach Fricke, VersR 1996, 1449 (1451 f.) „gelten für Preisanpassungsklauseln und Bedingungsanpassungsklauseln weithin vergleichbare Anforderungen nach dem AGB-Gesetz, aber eben nicht identische.“ 191 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 12. 192 Dagegen wohl Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 7. 193 Denkbar wäre es beispielsweise die Anpassung einer Reiseleistung des Reiseveranstalters im Sinne von § 651 a Abs. 5 BGB erst dann zuzulassen, wenn zwi-

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Wie bereits erläutert wurde, lässt sich ein Maßstab für den Grad einer Benachteiligung nicht an den Begriffen Preis und sonstigen Vertragsleistungen festmachen.194 Das Äquivalenzverhältnis in seiner objektiven Ausprägung kann durch die Änderung aller Aspekte berührt werden, so dass die besondere Stellung des Preises nur dann seine Berechtigung findet, wenn typischerweise die subjektiven Äquivalenzvorstellungen der Parteien von einer Anpassung des Preises in erhöhtem Maße betroffen sind. Diese These muss eine Begründung schuldig bleiben, denn mit der Anpassung des Preises kann zwar das Geschäft seinen Charakter als günstig verlieren, mit der Änderung einer spezifischen Verwenderleistung aber für den Anpassungsgegner ebenfalls, möglicherweise sogar an Sinn gänzlich verlieren, wenn genau der geänderte Aspekt den Kunden zum Vertragsschluss bewogen hat. Wie schon dargestellt tut man gut daran, dem Gegenstand der Anpassung keine entscheidende Bedeutung im Hinblick auf eine unterscheidende Systematik beizumessen. Dies bedeutet aber im Gegenzug, dass der Anpassungsgegner auch im Falle der Anpassung der Verwenderleistung in den ersten vier Monaten das gleiche Schutzbedürfnis aufweist, so dass eine analoge Anwendung angezeigt erscheint oder zumindest die angestellten Überlegungen über § 307 BGB Einzug in die Zulässigkeitserwägungen finden. III. Inhaltliche Anforderungen Gestaltungsklauseln stellen unter den verschiedenen Anpassungsklauseln diejenigen Vereinbarungen dar, durch die sich der Anpassungsberechtigte die weitestgehenden Rechte vorbehält. Daher entsprechen die inhaltlichen Anforderungen den engsten im Rahmen der Interessenabwägung gebildeten Kriterien. Soweit dort Fallgruppen gebildet worden sind, sind nunmehr diejenigen herauszusuchen, die für Gestaltungsklauseln gelten, und diejenigen, welche die Vereinbarung einer Gestaltungsklausel gerade nicht zu rechtfertigen vermögen. 1. Einer ersten Klärung bedarf der Begriff der Erforderlichkeit, denn der Anpassungsberechtigte ist gehalten, im Hinblick auf die Leistungserschwerung nur erforderliche Regelungen zu vereinbaren. Was den Inhalt der Anpassung anbelangt, gilt diese Voraussetzungen für alle Anpassungsklauseln, allerdings ist damit noch nichts zu der Frage gesagt, ob stets ein bestimmtes Anpassungsverfahren erforderlich ist. Im Verhältnis von Gestaltungsklauseln und Hilfsklauseln ist die Frage nach der Erforderlichkeit nicht von Bedeuschen dem Abschluss des Reisevertrages und dem Anpassungsereignis wenigstens vier Monate liegen. 194 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. b) bb).

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tung, da Hilfsklauseln ohnehin nur in den Fällen für den Anpassungsberechtigten von Interesse sind, in denen Gestaltungsklauseln bereits aus inhaltlichen Gründen unzulässig sind. Soweit das Anpassungsinteresse die strengen Voraussetzungen für Gestaltungsklauseln überwunden hat, ist das Bedürfnis für eine verfahrensrechtliche Einflussnahmemöglichkeit des Anpassungsgegners nicht mehr gegeben. Im Verhältnis von Referenz- und Gestaltungsklauseln ist dies anders. Immer dann, wenn der Verwender zur Befriedigung seiner Anpassungsinteressen auf einen Referenzwert zurückgreifen kann, ist er hierzu unter dem Aspekt der Erforderlichkeit auch verpflichtet195, da bei gleicher Effektivität der Anpassung dem Anpassungsgegner die besseren Kontroll- und Kalkulationsmöglichkeiten verschafft werden.196 Für Schiedsgutachter und ähnliche Referenzpersonen gelten diese Überlegungen allerdings nicht, da ihre Entscheidung regelmäßig mit einem erhöhten Kostenaufwand verbunden ist. Überlegenswert ist aber, ob immer dann, wenn die Kosten für eine Referenzentscheidung Dritter deutlich hinter dem Volumen der Vertragsanpassung zurücktreten und eine Dritte Person über die Kriterien der Anpassung gleichermaßen entscheiden kann, einer Referenzklausel nicht stets der Vorzug zu geben ist. 2. Insbesondere für Preisklauseln ist in der Rechtsprechung197 und in Teilen der Literatur198 die Kündigungsmöglichkeit des Kunden als Reaktion auf eine erfolgte Vertragsanpassung durch den Anpassungsberechtigten zu einer Patentlösung geworden, um inhaltliche Ungenauigkeiten199 und formelle Intransparenz200 zu überwinden, die gänzlich zu vermeiden naherlie195 In diese Richtung deutet auch das Urteil des BGH vom 17.2.2004. Darin fordert der BGH sogar die Bindung der Zinsanpassung an eine Bezugsgröße auch vor der Erkenntnis, dass eine für alle Kreditinstitute generell richtige, für sämtliche denkbaren Fallgestaltungen angemessene Bezugsgröße schwierig oder vielleicht unmöglich ist, vgl. BGH NJW 2004, 1588 (1589 f.). 196 Herrmann, Jura 1988, 505 (507), weist allerdings darauf hin, dass „die ökonomische Einschätzung der Marktpreisklausel davon abhängt, ob es gelingt, auch rechtlich – und zwar vertrags- und wettbewerbsrechtlich – marktkonforme Voraussetzungen für die Verwendung von solchen Klauseln zu schaffen.“ 197 BGH NJW 1980, 2518 (2519); NJW 1982, 331 (332); NJW 1984, 1177 (1179). 198 Coester-Waltjen, in: Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, § 11 Nr. 1 Rn. 36; Soergel/Stein, § 11 Nr. 1 AGBG Rn. 12; Schulze-Schwienhorst, S. 55; Beggerow, S. 140; Jung, BB 1981, 1606 (1609); für Prämienanpassungsklauseln in Versicherungsverträgen: Angerer, ZfV 1973, 648 (688); Werber, VP 1983, 53 (55); Eucker, S. 158; für Zinsanpassungsklauseln: von Rottenburg, WM 1987, 1 (3); Häusser/Welter, NJW 1987, 17 (19). 199 Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (77). 200 BGH NJW 1982, 331 (332); Köndgen/König, ZIP 1984, 129 (134); Erman/ Roloff, § 309 Nr. 1, Rn. 14.

4. Kap.: Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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genderweise fast unmöglich ist201. Mit der bereits angesprochenen Gleichwertigkeit von Preis- und sonstigen Vertragsbedingungen sollte die Diskussion nicht auf Preisklauseln beschränkt bleiben, sondern auf Gestaltungsklauseln allgemein ausgedehnt werden. Die dogmatischen Probleme hinter diesem zunächst einmal beachtenswerten Weg des Ausgleichs lassen sich in drei Fragen unterteilen. a) Stellt ein Kündigungsrecht überhaupt in allen vertraglichen Konstellationen einen Vorteil für den Anpassungsgegner dar? Diese Frage ist schon früher mit einem klaren ‚Nein‘ beantwortet worden202, denn mit der ausbleibenden Möglichkeit zur alternativen Beschaffung der vom Anpassungsgegner begehrten Leistung verliert das Kündigungsrecht seine ausgleichende Wirkung.203 Ein vertragliches Recht zur Lösung von der eigenen Leistungspflicht ist für den Kündigungsberechtigten nur dann von Bedeutung, wenn er sich ohne größere Anstrengungen bei einem anderen Vertragspartner mit der ursprünglichen Leistung eindecken kann. Ist mit einem zumutbaren Aufwand an Zeit und Mehrkosten die ursprüngliche Leistung nicht zu erlangen, erlangt die Vereinbarung eines Lösungsrechtes nicht den Grad eines die Anpassungsklausel rechtfertigenden Ausgleichs. b) Kann eine Lösungsmöglichkeit vom Vertrag stets den Inhalt einer Gestaltungsklausel rechtfertigen? Auch diese Frage muss verneint werden.204 Wie auch bei Hilfs- und Referenzklauseln stellt sich die Frage, ob der Einfluss, den der Anpassungsgegner auf den Vertrag bei erfolgter Anpassung nehmen kann, dazu führt, dass dem Anpassungsberechtigten inhaltlich mehr Rechte eingeräumt werden können oder er diese in einer weniger transparenten Form darzustellen berechtigt ist. Im Gegensatz zu den anderen Verfahrensformen bietet eine Lösungsmöglichkeit vom Vertrag dem Kunden aber keinen Einfluss auf das Anpassungsverfahren, sondern lediglich eine Art Reißleine, die er ziehen kann, falls seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen den angepassten Vertrag nicht mehr umfassen. Unabhängig von dem Umstand, dass ein Lösungsrecht dem Kundeninteresse nicht stets entspricht, kann eine Lösungsmöglichkeit auch keine Kriterien liefern, inwieweit auf Transparenzforderungen und inhaltliche Ange201

NJW 1982, 331 (332). Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. d) bb). 203 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 500 zu Preiserhöhungsklauseln in Altenheimverträgen: „. . . denn alte Leute wollen nicht kündigen dürfen, sondern nicht geschröpft werden dürfen.“; Trinkner, in: Löwe/v.Westphalen/Trinkner, § 11 Nr. 1 Rn. 15; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 16; Gärtner, BB 1980, 448 (450); Paulusch, in: Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (78). 204 Wie hier auch Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 49, auch im Hinblick auf den Versuch, Intransparenz durch ein Kündigungsrecht auszugleichen; zurückhaltend auch BGHZ 94, 335 (342); differenzierend Beckmann, S. 96. 202

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messenheit verzichtet werden kann, denn wenn die Möglichkeit zur Vertragsbeendigung einen tatsächlichen Ausgleich darstellen soll, könnte sie dies mit nahezu jeder Form von Anpassung. Die Frage nach einem vertraglichen Lösungsrecht ist daher unter einer anderen Perspektive zu stellen: Muss nicht immer ein Lösungsrecht eingeräumt werden, damit eine Gestaltungsklausel überhaupt zulässig sein kann? Diese Frage wird insbesondere dann von Bedeutung, wenn man einer Lösungsmöglichkeit keinen ausgleichenden Charakter zukommen lässt und der Anpassungsberechtigte daher gehalten ist, sein Gestaltungsrecht an der aufgezeigten Interessenabwägung zu messen und die für die Kalkulation des Kunden nötige Transparenz herzustellen. Kann er dies, spricht nichts mehr dafür, dem Kunden zusätzlich ein Lösungsrecht einzuräumen.205 Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass mit der erforderlichen Transparenz dem Kunden die Möglichkeit gegeben wurde, die Fälle nachvertraglicher Veränderungen an seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen zu messen. Kann sich aber der Kunde die Tragweite der möglichen Änderungen bewusst machen und lässt er sich auf den Vertragsschluss ein, so entbindet ihn ein Lösungsrecht von der ihm durchaus abzuverlangenden Anstrengung, tatsächlich das mögliche Ausmaß der Veränderung zur Kenntnis zu nehmen, kann er doch stets und ohne Grund den Vertrag zu Fall bringen. Kann der Anpassungsberechtigte die Anforderungen aber nicht erfüllen, nützt ihm im Hinblick auf die Wirksamkeit der Anpassungsklausel auch ein Gegenrecht des Kunden nicht. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ist für die Wirksamkeit einer Gestaltungsklausel ein Kündigungsrecht des Kunden daher regelmäßig nicht erforderlich.206 c) Ist eine wirksame Gestaltungsklausel ohne Lösungsmöglichkeit vom Vertrag denkbar? Diese Frage ist nach dem soeben Gesagten schon beantwortet. Folgt man aber der Ansicht, die stets ein Lösungsrecht vom Vertrag fordert, so muss zumindest überlegt werden, welche Ausnahmen zu machen sind, denn nicht immer ist dem Anpassungsberechtigten die Einräumung eines Lösungsrechtes zumutbar. In Rechtsprechung207 und Literatur208 wird 205 BGHZ 93, 252 (263); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 49; Horn, NJW 1985, 1118 (1122), betont, dass durchaus auch ein vorrangiges Bestandsrecht des Verwenders bestehen kann. 206 Ebenso auch Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 49; Beckmann, S. 96; Lübke-Detring, S. 106; skeptisch zumindest auch Ulmer, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 11 Nr. 1 Rn. 16. 207 BVerwG, VersR 1981, 221 (226) mit prozentualen Steigerungsraten; BGH NJW 1982, 331 (332) ohne konkrete Angaben zum Steigerungsgrad; BGH NJW 1984, 1177 (1179) unter Bezugnahme auf den Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten; OLG München NJW-RR 1989, 46 mit einem Schwellenwert von 10% Preissteigerung. 208 Löwe, BB 1982, 152 (157); Micklitz, BB 1981, 635; Bartsch, BB 1983, 214 (215); Tonner, VuR 1988, 16 (17); Bunte, NJW 1984, 1145 (1150); Salje, DAR 1982, 88 (97).

4. Kap.: Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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bei Preisklauseln ein bestimmtes Maß an Steigerung verlangt, jenseits dessen eine Anpassung erst erheblich wird und damit das Kündigungsrecht auslöst. Die Schwierigkeit dieses Ansatzes liegt unverkennbar in der Begründung, welche Steigerung für den Kunden zumutbar ist und welche nicht.209 Neben dem Grad der Anpassung ist aber beachtenswert, dass auch der Anpassungsberechtigte im Falle einer Kündigung mit leeren Händen dasteht. Muss der Verwender im Falle einer Kündigung auf eine Vertragsanpassung mit beachtenswerten Verlusten auf Grund investierter Zeit und Mittel oder wegen des persönlichen Charakters der ursprünglich zu erbringenden Leistung rechnen, kann eine Kündigung über das Ziel hinausschießen und eine entsprechende Vereinbarung vom Anpassungsberechtigten nicht verlangt werden.210 3. Voraussetzung für ein Anpassungsrecht ist eine im Vorfeld erfolgte Wertverschiebung zu Gunsten des Anpassungsgegners. Maßstab hierfür ist stets der Markt, auf dem der Anpassungsberechtigte seine Ware oder Leistung anbietet. Von einer Wertverschiebung kann gesprochen werden, wenn jeder Anbieter derselben Leistung auf dem Markt von dem Anpassungsereignis gleichermaßen betroffen ist und entweder der Marktpreis hierdurch unmittelbar betroffen wird oder die berechtigte Erwartung besteht, dass für Neuverträge das Anpassungsereignis in der Kalkulation der Anbieter berücksichtigt wird. Fehlt es bereits an der homogenen Betroffenheit in der Vergleichsgruppe, ist die Leistungserschwerung als wirtschaftliche Fehlleistung dem Verwender anzurechnen. Ist nicht von einer Auswirkung auf dem Markt auszugehen, verbleibt es ebenfalls dabei, dass mangels Wertverschiebung eine Anpassung nicht angemessen ist.211 Demnach ist für Gestaltungsklauseln, die unter den engsten Voraussetzungen zulässig sind, ein allgemeiner Verweis auf die Steigerung von Kosten, Marktwerten oder anderen Daten nicht ausreichend, um eine Anpassung zu rechtfertigen. Vielmehr ist der Anpassungsberechtigte verpflichtet, einzelne, eine Werterhöhung bedingende Faktoren herauszustellen, damit diese daraufhin überprüft werden können, ob die Anbieter derselben Leistung von dem Anpassungsereignis gleichermaßen betroffen sind. Als Prüfungsmaßstab für die Marktrelevanz dient im Falle einer Kostensteigerung eine ex ante Perspektive, da nur entscheidend ist, ob nach wirtschaftlichen Kriterien erwartet werden kann, dass die Mehrbelastung sich 209

Eine ähnliche Schwierigkeit ergibt sich im Rahmen von § 651 a Abs. 5 BGB mit der Frage, wann eine „erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung“ besteht. Für den Reisepreis gilt nach § 651 a Abs. 5 S. 2 BGB eine prozentuale Steigerungsgrenze von 5%. 210 BGHZ 93, 252 (263); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 49. 211 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. d) dd) (2) (c).

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

zukünftig im Wert des angebotenen Produkts oder der angebotenen Leistung niederschlagen wird. Demnach kommt es im Hinblick auf die zu übertragende Leistungserschwerungen vorrangig darauf an zu untersuchen, welchen wirtschaftlichen Vorteil der Anpassungsgegner erlangt hat oder erlangen wird. Im Falle einer Marktveränderung ist darauf abzustellen, ob der Anpassungsgegner auch tatsächlich einen gesteigerten Wert erhält. Im Falle übertragbarer Kostensteigerung ist ebenfalls zu hinterfragen, inwieweit das Maß der zulässigen Anpassung überhaupt spiegelbildlich den angefallenen Kosten entspricht, denn nicht jede Kostensteigerung wird sich auch auf Seiten des Kunden als (wenigstens zukünftiger) Wertzuwachs darstellen. Das objektive Äquivalenzverhältnis, auf das zurückzuführen Ziel einer Anpassung ist, wird ausgehend von dem von den Parteien festgelegten Rahmen dadurch beeinflusst, dass sich der Wert der Leistung auch tatsächlich verändert hat. Bestehen nach dem soeben gesagten Schwierigkeiten für den Verwender, die drohende Leistungserschwerung über eine Gestaltungsklausel abzufangen, muss er auf andere Klauseltypen zurückgreifen, die unter erleichterten Voraussetzungen möglich sind. 4. Der Eintritt des Anpassungsereignisses muss, um zur Anpassung zu berechtigen, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen erhöhten Grad an Wahrscheinlichkeit aufweisen.212 Zufällige, bei Vertragsschluss nicht absehbare Ereignisse können über eine Gestaltungsklausel nicht auf den Anpassungsgegner abgewälzt werden. Die Kenntnis einer vertraglichen Gefahr reicht für die Annahme eines wahrscheinlichen Anpassungsereignisses aber noch nicht aus. Hinzukommen muss eine ernst zu nehmende Wiederholungsgefahr, die nicht zu berücksichtigen aus Sicht eines objektiven Beobachters als eine Sorgfaltswidrigkeit in wirtschaftlichen Belangen zu betrachten wäre. Insofern muss es sich bei der Gefahr um eine vertragstypische, also um eine solche Gefahr handeln, die in Abhängigkeit vom jeweiligen Vertragstyp aus Sicht des betroffenen Verkehrskreises als einer vorvertraglichen Kalkulation stets zu Grunde zu legen zu bewerten sein muss. Im Falle einer Gestaltungsklausel sind hier strengere Anforderungen zu stellen als bei anderen Anpassungsklauseln. Das zu befürchtende Anpassungsereignis muss für den Vertrag typisch und prägend sein, so dass auch der Kunde ohne weiteres die kalkulatorischen Schwierigkeiten des Verwenders erkennen und nachvollziehen kann.213 5. Für die Zulässigkeit von Gestaltungsklauseln ist es nicht ausreichend, wenn der Anpassungsberechtigte das Anpassungsereignis nur der Kategorie 212

Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. d) dd) (2) (d). Beispiele: Die Abhängigkeit des Händlers von den Preisen des Zulieferers; die Abhängigkeit von Versicherungsverträgen von Änderung der Rechtsprechung und des Gesetzgebers; die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten. 213

4. Kap.: Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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nach bestimmen kann.214 Unabhängig davon, dass die Klausel in diesem Fall schwerlich transparent gestaltet werden kann, muss der Anpassungsgegner, der keine „zweite Chance“ zur Prüfung der Angemessenheit der Anpassung besitzt, erkennen können, welcher Zusammenhang zwischen dem Anpassungsereignis und der Leistungserschwerung besteht. Mit der Bildung von nur der Kategorie nach bestimmten Anpassungsereignissen entfällt auch die Möglichkeit des Kunden, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des relevanten Ereignisses oder, wie soeben gefordert, die kalkulatorischen Schwierigkeiten des Verwenders abzuschätzen. Danach kann über eine Gestaltungsklausel nur dasjenige Anpassungsereignis in einer wirksamen Anpassungsklausel vereinbart werden, welches den Angriffspunkt des Anpassungsereignisses hinreichend einengt. IV. Formelle Anforderungen Gestaltungsklauseln müssen in erhöhtem Maß dem Transparenzgebot genügen. Da der Kunde im Moment des Vertragsschlusses die Einflussnahmemöglichkeit auf das nunmehr erlaubte Anpassungsverfahren aufgibt, müssen ihm bereits zu diesem Zeitpunkt die erforderlichen Informationen transparent unterbreitet worden sein, die er für die eigene Kalkulation benötigt, um auch das für ihn ungünstigste Anpassungsergebnis an seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen messen zu können. Die einzuhaltenden formellen Erfordernisse sind im Überblick schon dargestellt worden. Soweit einzelne Punkte noch der Konkretisierung bedürfen, geschieht das nunmehr. 1. Das Anpassungsverfahren Das Anpassungsverfahren bei Gestaltungsklauseln wird geprägt durch das vollständige Unterworfensein des Anpassungsgegners unter die Anpassungsentscheidung des Anpassungsberechtigten, eine Folge der Anpassungsklausel, die der Anpassungsgegner ohne Weiteres verstehen muss. Der Zusatz „einseitig“ bei „. . . kann anpassen . . .“ oder „. . . ist berechtigt zu ändern . . .“ unterstreicht die Einflusslosigkeit des Kunden. Soweit mit einer weit verbreiteten Ansicht215 dem Anpassungsgegner Gegenrechte zustehen müssen, wie vor allem die Kündigung im Falle der Überschreitung einer gewissen Anpassungsgrenze, müssen auch diese so klar und verständlich dargestellt 214 Für den Versicherungsvertrag ist es daher nicht ausreichend, ohne eine besondere Auswahl lediglich allgemein auf die Unwirksamkeit von Versicherungsbedingungen hinzuweisen; Schwintowski, VersR 1994, 646 (651); a. A. Römer, VersR 1994, 125 (127); Pauly, VersR 1996, 298 (290). 215 Siehe hierzu die Literaturnachweise in 5. Teil Viertes Kapitel B. III. 2.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

werden, dass der Kunde ohne Weiteres von ihnen Gebrauch machen kann. Dem Kunden ist dann jedenfalls die fristlose Auflösung des Vertrages vorzubehalten. Wenn die aus der Vertragsanpassung resultierende Belastung des Kunden Grund genug ist, ihn durch ein vertragliches Lösungsrecht zu schützen, so stets auch ohne Verzögerung. Für Dauerschuldverhältnisse bedeutet dies ein fristloses Kündigungsrecht216, für die übrigen Verträge ein sofortiges Rücktrittsrecht. Schriftform kann für die Erklärung des Anpassungsgegners verlangt werden, auch dann, wenn eine ordentliche Kündigung beispielsweise eine solche nicht vorsieht. Der Verweis auf die Vertragsanpassung ist als Grund ausreichend. Weitergehende Erklärungen sind vom Kunden nicht zu verlangen. Klarheit muss für den Fall, dass das Lösungsrecht nur bedingt eingeräumt wurde, über die Bedingung herrschen. Im Falle einer Preissteigerung ist die Angabe in Prozentpunkten ausreichend. Ein gesonderter Hinweis auf das Lösungsrecht im Rahmen des Anpassungsaktes neben dem im Verpflichtungsvertrag ist nicht erforderlich. Das Lösungsrecht muss die unmittelbare Beendigung der Vertragsbeziehung herbeiführen, ohne dass dem Anpassungsberechtigten gegen den Anpassungsgegner weitergehende Ansprüche zustehen. Der Kunde darf nicht durch eine Unklarheit, ob im Falle der Vertragsauflösung dem Anpassungsberechtigten Ausgleichs-, Aufwandsentschädigungs- oder Schadensersatzansprüche zustehen, am Gebrauch seines Rechtes gehindert werden. Um Unklarheiten zu vermeiden ist der Anpassungsberechtigte daher zu einem Hinweis hierauf verpflichtet. 2. Der Umfang der Anpassung Anpassungsklauseln entsprechen dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Anpassungsregelung dem Anpassungsgegner schon bei Vertragsschluss das mögliche Ausmaß der Anpassung derart verdeutlicht, dass er in der Lage ist abzuschätzen, ob auch für den ihm ungünstigsten Fall einer Veränderung des Wertverhältnisses der Leistungspflichten der Vertrag für seine Zwecke noch günstig ist.217 Dieser Grundsatz gilt für Gestaltungsklauseln uneingeschränkt.218 a) Die Überlegungen zum Zeitpunkt der Anpassung gelten uneingeschränkt für jede Form von Gestaltungsklauseln. Der Anpassungsberechtigte ist stets gehalten, klar und verständlich offen zu legen, wenn die Anpassungsklausel ihm die wiederholte Anpassung des Vertrages gestatten soll. In 216

A. A. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 25. Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel C. I. 2. 218 A. A. der BGH NJW 2004, 1588 (1588), der auch ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen ausreichen lässt. 217

4. Kap.: Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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diesem Fall muss der Verwender eine Höchstgrenze möglicher vertraglicher Veränderungen vereinbaren, die aber auf die gesamte Anzahl aller denkbaren Anpassungen bezogen sein muss. Daneben sollte der Anpassungsberechtigte auch verpflichtet sein, offen zu legen, wann erstmalig eine Vertragsanpassung erlaubt ist. b) Im Falle einer Gestaltungsklausel bedeutet dies, dass dem Kunden nicht nur klar sein muss, auf welcher Seite des Vertrages angepasst wird, sondern auch, ob dies durch eine Erweiterung oder Reduzierung von Rechten oder Pflichten geschieht, und schließlich auch, welcher Rechte und Pflichten genau. Ohne eine grundsätzliche Festlegung und damit Beschränkung auf einen Gegenstandes fehlt der vorbehaltenen Anpassung die erforderliche Transparenz.219 Diese Anforderung an Gestaltungsklauseln lässt in vielen Fällen den Rückgriff auf eine einseitige Anpassung nicht zu. Denkbar sind zunächst alle Formen von Preisklauseln, da der Gegenstand hier eindeutig benannt werden kann.220 Im Übrigen ist für die unterschiedlichen Vertragsarten stets zu fragen, ob sich die erwartete Leistungserschwerung durch die Anpassung eines bestimmten Vertragselementes korrigieren lässt, wie dem Ort oder der Zeit der Leistungserbringung. Kann schon die Leistungserschwerung nicht anders als mittels einer Kategorie benannt werden, ist regelmäßig auch die erforderliche Reaktion so ungenau, dass die Angabe des Regelungsgegenstandes offen bleiben muss. Ausscheiden aus dem Kreis der Gestaltungsklauseln muss daher die Anpassung allgemein an Änderungen der Rechtsprechung oder der Gesetzgebung.221 c) Dieselben Überlegungen gelten für den Maßstab der Anpassung. Der Kunde muss stets in der Lage sein, selbst entscheiden zu können, ob auch bei maximal erhöhter eigener Leistungspflicht oder reduzierter Leistungspflicht des Anpassungsgegners der Vertrag für ihn noch günstig ist. Ausreichend ist die Angabe eines Intervalls, in dem die angepasste Leistung später liegen kann. Soweit die Anpassung eine Geldleistung betrifft, kann die Vereinbarung einer Höchstgrenze die erforderliche Kalkulation des Vertragspartners ermöglichen und der Klausel zur Transparenz verhelfen. Schwerer wiegt die Formulierungsverantwortung, wenn der Anpassungsberechtigte seine eigene Leistungspflicht zum Gegenstand einer Anpassung bestimmt. 219 Für den Versicherungsvertrag: BGH VersR 1971, 1116 (1117); VersR 1972, 827; VersR 1977, 446; OLG Hamm, VersR 1987, 145 (146); Seybold, VersR 1989, 1231 (1237); Fricke, VersR 1996, 1449 (1452). 220 Dies ist der einzige Aspekt, der Preisklauseln von sonstigen Bedingungsanpassungsklauseln abhebt. 221 Für den Versicherungsvertrag bedeutet dies einen nahezu umfassenden Ausschluss von Gestaltungsklauseln, da im Versicherungsvertrag die Lückenfüllung nach unwirksamen Versicherungsbedingungen im Mittelpunkt des Anpassungsinteresses steht.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

Dennoch kann auf das Erfordernis eines Intervalls, dessen Grenzen festliegen, nicht verzichtet werden. Will daher der Anpassungsberechtigte seine eigene Leistungsverpflichtung reduzieren, muss klar sein, auf welche Leistungsteile der Vertragspartner weiterhin Anspruch hat, will er sie durch eine ihm günstigere Verpflichtung ersetzen, muss der Inhalt der nunmehr möglichen, kundenungünstigsten Verpflichtung dem Vertragspartner bekannt sein. 3. Der Anpassungsakt Im Falle einer Gestaltungsklausel tritt die Änderung des Verpflichtungsvertrages mit der Ausübung des Gestaltungsrechtes ein. Da die Gefährlichkeit eines Gestaltungsrechts durch die unabhängige einseitige Einwirkungsmöglichkeit des Rechtsinhabers gekennzeichnet wird222, ist mit der einvernehmlichen Vereinbarung eines wirksamen Gestaltungsrechts das Kind insofern schon „in den Brunnen gefallen“, als eine Korrektur des vom Anpassungsgegners als ungerecht empfundenen Anpassungsaktes nachträglich nicht mehr möglich ist. Eine Begründung für die Ausübung muss der Anpassungsberechtigte ebenfalls nicht abgeben, denn ob und wie er sein Recht ausübt, ist ihm überlassen. Auch das Transparenzgebot, welches dem Verwender einer Anpassungsklausel die bestimmte und verständliche Darstellung der Gestaltungsklausel gebietet, gilt nicht für die Ausübung des Gestaltungsrechts. Dennoch kann auch ein gewisses Bedürfnis des Anpassungsgegners nicht geleugnet werden, zu erfahren, ob der Anpassungsberechtigte von seinem Recht auch in ordnungsgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat.223 Soweit es aber um das Vorliegen der Voraussetzungen des Anpassungsrechts geht, bleibt dem Anpassungsgegner regelmäßig nichts anderes übrig, als auf ihr Vorliegen zu vertrauen oder bei Misstrauen entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Grundsätzlich ist es aber der falsche Weg, das Risiko eines insofern betrügerischen Vorgehens des Anpassungsberechtigten dadurch eindämmen zu wollen, dass bereits entsprechende Klauseln für unzulässig erklärt werden, denn soweit eine Klausel ihrem Inhalt nach bei ordnungsgemäßer Ausübung nicht unangemessen benachteiligend ist, kann ein gegenteiliges Ergebnis nicht aus der Missbrauchsgefahr resultieren.224 Vielmehr ist darüber nach222

Medicus, Allgemeiner Teil, § 12 I, Rn. 79. Vielfach haben Gerichte Anpassungsklauseln für unwirksam erklärt, weil in ihnen die Gefahr begründet läge, dass der Verwender seinen Gewinn unzulässigerweise zu steigern in der Lage sei. Der Kunde könne vielfach nicht überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anpassung (regelmäßig Kostensteigerungen) tatsächlich vorliegen; für viele OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 719 (722). 223

4. Kap.: Die Anpassungsklauseln im Einzelnen

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zudenken, ob nicht dem Anpassungsberechtigten gewisse Informationspflichten hinsichtlich des Anpassungsereignisses auferlegt werden sollten225, denen er mit der Ausübung des Gestaltungsrechts genügen kann.

C. Hilfsklauseln226 I. Charakter von Hilfsklauseln Hilfsklauseln verleihen dem Anpassungsberechtigten keine rechtliche, sondern faktische Gestaltungsmacht, indem sie den Anpassungsgegner dahingehend unter Druck setzten, sich mit den Anpassungsvorschlägen auseinanderzusetzen und entweder über das Anpassungsangebot zu verhandeln oder aber sich ablehnend zu äußern, um eine gegebenenfalls vereinbarte Fiktionswirkung zu durchbrechen. Im Vergleich zur Gestaltungsklausel wahren Hilfsklauseln das Vertragsprinzip insoweit, als in formal juristischer Sicht weiterhin eine vertragliche Einigung erfolgt. Die Benachteiligungsgefahr resultiert stets aus einem Mangel an Verständnis und Einsicht in die prozessualen Rechte des Anpassungsgegners, wenn die Einflussnahmemöglichkeit auf das Ergebnis der Anpassung nicht deutlich wird. Charakterisiert werden Hilfsklauseln daher durch eine „zweite Chance“, die der Anpassungsgegner erhält, denn anders als im Falle einer Gestaltungsklausel hat er nicht bereits mit der Vereinbarung der Anpassungstechnik das weitere Schicksal des Vertragsinhalts aus der Hand gegeben, sondern erst durch eine rechtliche Passivität auf Anfrage des Anpassungsberechtigten verliert er die vom Vertragsprinzip geforderte Einflussnahmemöglichkeit. Im Moment des Anpassungsverlangens ist der Anpassungsgegner durch die Fortdauer eines Einigungserfordernisses weiterhin geschützt. Gestaltungsklauseln sind im Hinblick auf ihre Wirksamkeit daraufhin zu untersuchen, welche Anpassungsmöglichkeiten der Anpassungsberechtigte sich vorbehalten hat. Von ihnen kann er stets Gebrauch machen. Auch der Inhalt von Hilfsklauseln ist auf die Möglichkeiten des Verwenders hin zu betrachten, den Inhalt zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Da aber erst das 224

Soweit der Anpassungsberechtigte wider besseres Wissen eine zu hohe Anpassung wählt, liegt eine Strafbarkeit nach § 263 StGB nicht fern. 225 Dogmatische Grundlage könnte § 242 BGB, möglicherweise aber auch das Transparenzgebot sein, wenn sich die zur Transparenz erforderlichen Angaben nicht nur auf die Klausel selbst, sondern auch auf den Gestaltungsakt erstrecken lassen. 226 In die folgende Untersuchung werden nur Erklärungsfiktionen zur Anpassung eines Vertrages einbezogen, da nach allgemeiner Ansicht die Vereinbarung von Neuverhandlungspflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen tief greifenden Bedenken unterliegt; vgl. Steindorff, ZHR 148 (1984), 271 ff.; Nelle, S. 253, der nur vereinzelte Probleme sieht.

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Zusammenspiel von bestehendem Anpassungsrecht und rechtlicher Passivität des Vertragspartners die Anpassung herbeiführen kann, tritt der Inhalt des Anpassungsrechts immer dann in den Hintergrund, wenn dem Anpassungsgegner tatsächlich zugemutet werden kann, seine Interessen im Rahmen des Verfahrens zu wahren. Für die vorvertragliche Kalkulation ist es daher nicht unbedingt erforderlich zu wissen, welche Anpassungsmöglichkeiten dem Anpassungsberechtigten im Einzelnen zustehen, da mit der Möglichkeit, sich dem Anpassungsverlangen zu widersetzen, der Vertragspartner zunächst einmal ausreichend geschützt ist. Dennoch führt die Einflussnahmemöglichkeit des Vertragspartners nicht dazu, dass die vorstehenden Überlegungen zur inhaltlichen und formellen Angemessenheit von Anpassungsklauseln aufgegeben werden müssten. Auch die Übertragung faktischer Gestaltungsmacht zur Anpassung von Verträgen bedarf der Rechtfertigung, so dass an das gefundene System angeknüpft werden kann, ergänzt um diejenigen inhaltlichen Rechte, die im Hinblick auf das bestehende Verfahren den Anpassungsgegner nicht zusätzlich belasten. Daneben wird das Maß erforderlicher Transparenz durch den Umstand beeinflusst, dass nicht schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern erst im Zeitpunkt des Anpassungsverlangens dem Vertragspartner der Grad drohender Vertragsänderung vollständig klar werden muss. II. Normative Grenzen 1. § 307 BGB: Das grundlegende Bewertungssystem Wie jede Anpassungsklausel sind auch Hilfsklauseln an dem Begriff der unangemessenen Benachteiligung, wie er § 307 BGB zu Grunde liegt, zu messen. Die weiteren Vorschriften des § 308 Nr. 5 BGB stehen dem nicht entgegen, da die einzelnen Klauselverbote und § 307 BGB nebeneinander anwendbar sind227, so dass sich die Unwirksamkeit einer Anpassungsklausel aus § 307 BGB ergeben kann, obwohl sie nach §§ 308 f. BGB nicht zu beanstanden ist. Das bislang ermittelte Bewertungssystem ist am Begriff der unangemessenen Benachteiligung entwickelt worden und gilt zunächst für alle Anpassungsklauseln. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob sich aus den weiteren normativen Hürden gegebenenfalls noch eine Verschiebung der Bewertungsmaßstäbe ergeben kann.

227 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, Vor. §§ 10, 11 Rn. 10; für das Verhältnis von §§ 307 und 308 Nr. 5 BGB ausdrücklich Prölls, VersR 1996, 145 (147).

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2. § 308 Nr. 5 BGB: Einschränkungen für Erklärungsfiktionen Unter den Hilfsklauseln stellen Erklärungsfiktionen die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Regelungen dar. Mit Rücksicht auf die Eigenarten im Massengeschäft der Versicherungen und Banken hat der Gesetzgeber Erklärungsfiktionen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht generell verboten228, sondern ihre Wirksamkeit in § 308 Nr. 5 BGB von der Einhaltung der in dieser Vorschrift angeführten materiellen und formellen Voraussetzungen abhängig gemacht.229 Das Spannungsverhältnis von erforderlicher Flexibilität im Massenverkehr und dem Bedürfnis nach Schutz des Kunden vor Überrumpelung zeigt die Entstehungsgeschichte der Vorschrift230, im Verlauf derer sowohl ein strenges Verbot ohne Wertungsmöglichkeit als auch die vollständige Freigabe von Erklärungsfiktionen befürwortet und erwogen wurde. Die Ungeklärtheit, welche Gefahr für den Kunden von Erklärungsfiktionen tatsächlich ausgeht, hat dazu geführt, dass nicht allein die Einhaltung der in § 308 Nr. 5 BGB aufgeführten formellen Voraussetzungen zur Wirksamkeit der Anpassungsklausel führt, sondern dass der Verwender zusätzlich ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der Erklärungsfiktion haben und gegebenenfalls dartun muss. Darüber hinaus wird richtigerweise darauf verwiesen, dass neben § 308 Nr. 5 BGB auch § 307 BGB und die Verbotskataloge der §§ 308 f. BGB als normative Grenzen dieser Art von Anpassungsklauseln zu beachten seien, ohne dass allerdings weitere Ausführungen erfolgen. a) Die Hinweisobliegenheit des Verwenders wirft wenige Fragen auf. Die Übernahme des Wortlautes des § 308 Nr. 5 lit. b BGB ist ausreichend.231 Zu beachten ist jedenfalls, dass der Verwender von der weitergehenden Kenntnisverschaffungspflicht, § 305 Abs. 2 BGB, nicht entbunden ist232. Die Widerspruchsfrist ist ihrer Länge nach an den Umständen des mit der Erklärungsfiktion eintretenden Rechtszustandes zu messen. Bedarf dieser einer eingehenden Prüfung, ist jedenfalls eine Frist von zwei Wochen zu gewähren.233 Zielt der Anpassungsberechtigte auf die Neugestaltung seiner gesamten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ist jedoch, unabhängig von der noch zu untersuchenden Wirksamkeit solchen Vorhabens, auch ein Zeitraum von einem Monat nicht als übertrieben lang zu bewerten.234 228

Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422 S. 7. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 2. 230 Überblick bei Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 3 f. 231 Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 14. 232 Freund, S. 87 f. 233 Nickel, S. 203 f. m. w. N. 234 In Einzelfällen hat der BGH sogar eine Monatsfrist als unangemessen kurz beanstandet, vgl. BGH NJW 1999, 1865 (1866): „Je nachdem um welche Anpas229

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b) Nach allgemeiner Ansicht kann sich die Unwirksamkeit einer Erklärungsfiktion aus dem Fehlen eines berechtigten Interesses für die Fiktion ergeben.235 Obwohl sich der Grund für diese in § 308 Nr. 5 BGB nicht erwähnte Hürde aus § 307 BGB ergeben soll236, ist sie schon an dieser Stelle zu untersuchen. Mit den Stichworten Massenvertrag oder Massenverkehr wird regelmäßig eine Begründung verbunden, warum der Verwender, zumeist größere Unternehmen wie Banken oder Versicherungen, zu einer Anpassung mittels Erklärungsfiktion berechtigt sein soll.237 Die Gedankenführung setzt bei dem Bedürfnis an, zur gleichförmigen Gestaltung aller Kundenbeziehungen auf alle Verträge gleichermaßen einwirken zu können, soweit die Sachlage es erfordere, das Rechtsverhältnis an einer bestimmten Situation seiner Abwicklung möglichst einfach zu klären oder anzupassen238, sowie ein Druckmittel zu haben, dass Kunden für sie einfache rechtliche Handlungen auch tatsächlich unternehmen, damit der Verwender sich auf die zu klärende Rechtslage einstellen kann.239 Jedenfalls dürfe die dem Vertragspartner zugerechnete Erklärung diesem keinen unangemessenen Nachteil zufügen.240 Der mittels Erklärungsfiktionen ersparte Verwaltungsund Organisationsaufwand ist nicht zu unterschätzen. Die Einführung des Begriffes des berechtigten Interesses bringt die Handhabung von Erklärungsfiktionen dennoch nicht entscheidend voran241, insbesondere wenn zu seiner Definition erneut auf den Begriff des unangesung es sich handelt, muss dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit gegeben werden, sich Rechtsrat einzuholen. sollte sich der Versicherungsnehmer in einem – wie heute üblich – dreiwöchigen Urlaub befinden, wenn ihm die Änderung mitgeteilt wird, steht ihm keine ausreichende Zeit mehr zur Verfügung, um sich beraten zu lassen und sich zu entschließen.“ 235 BGH NJW 1990, 761 (763); OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 884 (886); OLG Köln MMR 1998, 106; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 5 Rn. 20; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 9; Baumann, JZ 199, 881 (882); Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (115); a. A. Koch/Stübing, § 10 Nr. 5 Rn. 23; Coester-Waltjen, in: Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, § 10 Nr. 5 Rn. 26; vgl. aber nunmehr Staudinger/Coester-Waltjen, § 10 Nr. 5 AGBG Rn. 2. 236 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 5 Rn. 20; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 9; Baumann, JZ 199, 881 (882). 237 BGH NJW 1990, 761 (763); Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 5 Rn. 20; Becker, in: Bamberger/Roth, § 308 Nr. 5 Rn. 14; Baumann, JZ 199, 881 (882); differenzierend: Matusche-Beckmann, NJW 1998, 112 (116). 238 Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 9. 239 Beispiele für solche Situationen sind Übereignungsfiktionen bei trotz Aufforderung nicht abgeholten Sachen in einem Krankenhausvertrag, vgl. BGH NJW 1990, 761 (763), Abrechnung von Mobilfunkleistungen, vgl. OLG Köln, MMR 1998, 106 (106). 240 Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 9. 241 Wie hier auch Nickel, S. 208 ff.

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messenen Nachteils zurückgegriffen wird. Das anhand von § 307 BGB entwickelte System wird durch dieses zusätzliche Kriterium hierdurch nicht in Frage gestellt. Weder kann ein solches „berechtigtes Interesse“ die Interessenabwägung nach § 307 BGB ersetzen, noch kann begründet werden, warum kleinere Unternehmen, deren Vertragswerke nicht den Grad einer massenhaften Verbreitung erreichen, kein berechtigtes Interesse an der Verwendung einer inhaltlich angemessenen Erklärungsfiktion haben sollten. Eine Relation dergestalt, dass der drohende Aufwand das Recht zur Vertragsanpassung positiv beeinflussen kann, besteht nicht, weder in der Form, dass eine inhaltliche Unangemessenheit ausgeglichen, noch, dass bestimmte Personenkreise von einer Anpassung ausgeschlossen werden könnten. 3. Das Verhältnis von §§ 307, 308 Nr. 4, 308 Nr. 5 und 309 Nr. 1 BGB Wie jede Anpassungsklausel sind auch Hilfsklauseln und damit auch Erklärungsfiktionen an § 307 BGB zu messen. Das anhand von § 307 BGB entwickelte Bewertungssystem ist dabei im Hinblick auf die einleitend dargestellten Besonderheiten von Hilfsklauseln zu modifizieren. Ungeklärt ist aber noch das Verhältnis von § 308 Nr. 5 BGB zu §§ 308 Nr. 4 und 309 Nr. 1 BGB. a) Nach dem in dieser Arbeit vertretenen Bewertungssystem ist § 308 Nr. 4 BGB nur als Hürde für Gestaltungsklauseln und umgekehrt § 308 Nr. 5 BGB nur als Hürde für Erklärungsfiktionen anzuwenden. Vier Aussagen sind danach möglich: Da auf Grund der Einflussnahmemöglichkeit des Anpassungsgegners der Anpassungsberechtigte sich inhaltlich weitergehende Rechte vorbehalten kann, wäre er berechtigt, jede wirksame Gestaltungsklausel auch als Erklärungsfiktion unter Beachtung der Erfordernisse des § 308 Nr. 5 BGB zu formulieren, was allerdings wegen der eingeschränkten Verfahrensrechte einen Verzicht auf mögliche Rechte darstellen würde. Darüber hinaus kann nicht jede wirksame Hilfsklausel ohne Inhaltsänderung als Gestaltungsklausel vereinbart werden. Umgekehrt gilt: Wenn schon eine Erklärungsfiktion unzulässig ist, kann auch eine gleichlautende Gestaltungsklausel nicht wirksam sein. Andererseits folgt nicht zwingend aus der Unwirksamkeit einer Gestaltungsklausel, dass diese als Hilfsklausel unwirksam ist.242 242

Dagegen Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 5 Rn. 9, der in der Kommentierung zu § 10 Nr. 5 AGBG die Ansicht vertritt, dass die fiktive Zustimmung des Kunden auf eine Mitteilung des Verwenders, dass er von der versprochenen Leistung abweichen werde auch dann gegen § 10 Nr. 4 AGBG verstieße, wenn die Fiktionsklausel entsprechend § 10 Nr. 5 AGBG ausgestaltet werde.

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b) § 309 Nr. 1 BGB und § 308 Nr. 5 BGB stehen auf einer Stufe. Demnach müsste sich eine als Erklärungsfiktion ausgestaltete Preisklausel an beiden Bestimmungen messen lassen. In der gerichtlichen Praxis kommt es dennoch selten zu einer doppelten Prüfung, da Dauerschuldverhältnisse wie Bank- und Versicherungsverträge243 vom Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB ausgenommen sind und außerdem Preisklauseln typischerweise als Gestaltungsklauseln vereinbart werden.244 III. Inhaltliche Anforderungen Bislang ist stets davon gesprochen worden, dass der dem Anpassungsgegner vorbehaltene Einfluss auf das Anpassungsergebnis dem Anpassungsberechtigten zusätzliche inhaltliche Rechte einräumen kann. Nunmehr gilt es, einen Maßstab zu bestimmen, nach dem entschieden werden kann, welche Rechte sich der Verwender vorbehalten kann. Durch die Möglichkeit des Anpassungsgegners, die Fiktionswirkung zu zerstören, verzichtet der Anpassungsberechtigte auf die Sicherheit, überhaupt eine Anpassung herbeizuführen. Kann aber in jedem Fall der Kunde die Anpassung verhindern, stellt sich die Frage, warum die inhaltlichen Möglichkeiten des Verwenders überhaupt eingeschränkt werden sollten. 1. Alle Anpassungsklauseln sind an derselben normativen Hürde zu messen. Das Ergebnis sollte ein solches sein, welches unter redlich denkenden Vertragspartners auch im Rahmen eines Änderungsvertrages hätte gefunden werden können. Da jedoch die Annahme einer fairen Einigung utopisch und der in vielen Fällen dafür erforderliche Aufwand unrentabel ist, sollen Anpassungsklauseln die Ergebnisfindung erleichtern. Dabei ist stets das Gleichgewicht auszutarieren, damit nicht eine Seite sich über das redliche Maß hinaus Rechte verschafft und andererseits der Vertragspartner eine Anpassung nicht wider Erwarten blockiert. Gestaltungsklauseln entziehen dem Anpassungsgegner die Einflussnahmemöglichkeit. Damit ist im Rahmen einer Anpassungsklausel nur zulässigerweise dasjenige zu vereinbaren, was im Ergebnis den Voraussetzungen der Interessenabwägung entspricht. Hilfsklauseln können mehr vorsehen, als im Ergebnis angemessen wäre, weil der 243

Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 23. Die subtile Gefahr vor Benachteiligung lässt sich an diesem Aspekt der Vertragspraxis gut verdeutlichen. Der Ausgleich einer Leistungserschwerung durch die Anhebung des Preises wäre über eine Erklärungsfiktion in die Zustimmung zur Vertragsänderung selten erfolgreich, da die für den Kunden einhergehende Benachteiligung diesem offensichtlich ist. Bei der Anpassung der sonstigen Vertragsbedingungen kann davon ausgegangen werden, dass der Kunde im Vertrauen auf die Angemessenheit der Anpassung auch schwerwiegende Änderungen ohne Widerspruch in Kauf nimmt. 244

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Anpassungsgegner im Augenblick des Anpassungsverlangens die Anpassung noch verhindern kann. Allerdings zeigt die Vertragspraxis, dass auch in ungünstigen Fällen Kunden von der Ausübung ihrer Rechte keinen Gebrauch machen. Vor diesem Hintergrund deutet sich der Grund für eine Beschränkung an: Wenn das Gegengewicht, der Widerspruch auf ein Anpassungsverlangen, eine stumpfe Waffe ist, so muss dem Anpassungsgegner zumindest ein minimaler Schutz vor Benachteiligung gewährt werden. Danach darf der Anpassungsberechtigte sich die Anpassung auch für Fallgruppen vorbehalten, bei denen sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Leistungserschwerung noch nicht eindeutig ergibt, solange feststeht, dass unter diese Fallgruppe überhaupt Fälle zu subsumieren sind, in denen einen Anpassung auch der Redlichkeit entspricht. Dem Anpassungsgegner wird in diesem Fall zugemutet, dass er sich im Moment des Anpassungsverlangens eigenständig die Frage stellt, ob das Ergebnis der Anpassung der Billigkeit entspricht. Unternimmt er diese Anstrengung nicht, läuft er Gefahr, übervorteilt zu werden. Andererseits steht ihm das Recht zu, seine persönlichen Ansichten vor die Redlichkeit zu stellen, und er kann eine Anpassung verhindern, die, wenn sie als Gestaltungsrecht vereinbart worden wäre, im Ergebnis zu einer wirksamen Anpassung geführt hätte. Im Hinblick auf die Gefahr, dass der Anpassungsberechtigte unzulässigerweise seinen Gewinn steigern will, wird der Anpassungsgegner zumindest dahingehend geschützt, dass offensichtliche Fälle, in denen ein Missbrauch vorgezeichnet ist, verhindert werden können. 2. Am Erfordernis einer Wertverschiebung als Grundlage jedes Anpassungsrechts ist festzuhalten. Danach muss sich die Leistungserschwerung des Verwenders als Vermögensvorteil seitens des Kunden darstellen, den auszugleichen Ziel der Anpassung ist. Im Gegensatz zu Gestaltungsklauseln muss der Anpassungsberechtigte hierfür aber nicht die einzelnen Faktoren benennen, die eine Leistungserschwerung hervorbringen. Es ist ausreichend, wenn er ausschließlich den Bereich benennt, aus dem die sich ändernden Umstände resultieren. Darüber hinaus muss eine Wertverschiebung unter der benannten Entwicklung mehr als nur denkbar sein. In diesem Sinne darf sich der Anpassungsberechtigte keine Anpassungsrechte für einen Bereich vorbehalten, der typischerweise das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung unberührt lässt. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die erwartete Leistungserschwerung auch den entsprechenden Einfluss auf die Wertigkeit der Verwenderleistung nehmen kann. 3. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit des Anpassungsereignisses ist die Strenge der Voraussetzungen im Verhältnis zu Gestaltungsklauseln ebenfalls zu lockern, wenn auch nicht ganz aufzugeben. Der Eintritt des einzel-

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nen Anpassungsereignisses muss, um zur Anpassung zu berechtigen, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen erhöhten Grad an Wahrscheinlichkeit aufweisen. Ausreichend ist vielmehr, wenn aus der erweiterten Gruppe an Anpassungsereignissen wenigstens einige als überwiegend wahrscheinlich zu bewerten sind, so dass sich die gesamte Gruppe als noch vertragstypisches Problem darstellt. Lediglich allgemeine Risiken, für deren Eintritt im Rahmen der Laufzeit des Vertrages überhaupt keine Anhaltspunkte sprechen, sind auch über Hilfsklauseln nicht zulässiger Grund einer Vertragsanpassung. 4. Der entscheidende Unterschied zu Gestaltungsklauseln liegt aber im Angriffspunkt der Leistungserschwerung. Es ist bereits dargestellt worden, dass es nicht gerade selten ist, dass der Anpassungsberechtigte schon die drohende konkrete Gefahr einer Leistungserschwerung nur unzureichend benennen kann. Typische Beispiele hierfür sind die Änderung der Rechtsprechung oder der Gesetzgebung oder die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbedingungen. Ist unklar, welche konkrete Gefahr sich zu verwirklichen droht, kann der Anpassungsberechtigte auch nicht den Kausalzusammenhang zwischen dem Anpassungsereignis und der Leistungserschwerung benennen. Er ist schon auf Tatbestandsseite der Anpassungsregelung auf unbestimmte Tatbestandsvoraussetzungen angewiesen, was ihm den nötigen Spielraum verschafft, den Anpassungsgegner aber der Unsicherheit aussetzt, welches Anpassungsereignis letztendlich zu einer Anpassung führen wird. Dieser erforderliche Spielraum ist nur im Rahmen einer Hilfsklausel zulässig. Danach kann der Anpassungsberechtigte sich auf eine Kategorie möglicher Leistungserschwerung stützen. Jedenfalls unzureichend bleibt aber ein Tatbestand formuliert, welcher nur den Eintritt einer Leistungserschwerung als Voraussetzung benennt oder allgemein auf die Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse abstellt. IV. Formelle Anforderungen Auch für Hilfsklauseln gilt das Transparenzgebot. Da der Kunde aber im Moment des Vertragsschlusses die Einflussnahmemöglichkeit auf das nunmehr erlaubte Anpassungsverfahren nicht vollständig aufgibt, sind streng genommen diejenigen Informationen, die er für die eigene Kalkulation benötigt, um auch das für ihn ungünstigste Anpassungsergebnis an seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen messen zu können, noch nicht erforderlich. Ausreichend wäre es, wenn der Anpassungsakt hinreichend transparent ist. Zu unterscheiden sind jedenfalls das Anpassungsverfahren, welches ohnehin die erforderliche Transparenz erkennen lassen muss, und der Umfang der Anpassung. Hinsichtlich des letzten Punktes findet sich das bereits unter dem Aspekt der inhaltlichen Anforderungen skizzierte Spannungsfeld wie-

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der. Wenn der Anpassungsgegner im Zeitpunkt des Anpassungsverlangens, ohne weitere Konsequenzen fürchten zu müssen, dieses zurückweisen kann, wieso sollte dann überhaupt das Erfordernis hinreichender Transparenz für die Hilfsklausel aufrecht erhalten werden? 1. Das Anpassungsverfahren Für das Anpassungsverfahren gilt ein uneingeschränktes Transparenzgebot. Insbesondere das Verständlichkeitsgebot und das Täuschungsverbot sind zu beachten, wenn es um die Einflussnahmemöglichkeit geht, die dem Anpassungsgegner im Moment des Anpassungsverlangens zusteht. Die Feststellungen zur Erweiterung inhaltlicher Rechte basieren auf der Überlegung, dass der Anpassungsgegner mit dem Widerspruch ein Gegenrecht hat, um die vertraglich vereinbarte Fiktionswirkung zu zerstören. Die Ausübung des Widerspruchsrechts hängt aber von der genauen Kenntnis der Möglichkeiten ab, schon das Verfahren muss der Anpassungsgegner genau kalkulieren können. a) In erster Linie muss der Anpassungsgegner die Bedeutung seines Verhaltens, und dass heißt insbesondere die Bedeutung seiner Passivität verstehen. Bei fehlender Aufklärung hierüber durch den Anpassungsberechtigten tritt die Fiktionswirkung nicht ein. Dies folgt nicht etwa aus § 308 Nr. 5 b BGB, welcher nur die Wirksamkeit der Hilfsklausel an die Verpflichtung zum Hinweis knüpft. Vielmehr hat der Anpassungsberechtigte das seinerseits Erforderliche noch nicht getan, um die Fiktionswirkung auszulösen. Der Hilfsklausel liegt insofern eine konditionale Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge zu Grunde, die der Anpassungsberechtigte selbst bestimmt hat, und zwar dergestalt, dass nur dann, wenn er einen entsprechenden Hinweis auch tatsächlich erteilt, die Fiktionswirkung eintritt. Gegebenenfalls ist diese Normstruktur durch Auslegung aufzuzeigen. Eines Rückgriffes auf den Sinn von § 308 Nr. 5 BGB245 oder auf § 242 BGB246 bedarf es nicht. Darüber hinaus darf die Hilfsklausel keine Unklarheiten hinsichtlich der Fristlänge hinterlassen. b) Trotz klarer und verständlicher Aufklärung über das Bestehen eines Widerspruchsrechts ist es mehr als nur denkbar, dass der Kunde von der Nivellierung der Fiktionswirkung absieht, da er die hieraus resultierenden 245 Nach Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 5 Rn. 27 „tritt die Erklärungsfiktion ohne den ordnungsgemäßen Hinweis im Einzelfall nicht ein, da der Gesetzgeber die Erklärungsfunktion nur zulassen wollte, wenn sich der Vertragspartner darauf einstellen kann. Fehlt die Möglichkeit dazu, so kann nach dem Zweck des Gesetzes die Rechtsfolge der Erklärungsfiktion nicht eintreten.“ 246 Allgemein zum Grundsatz, dass derjenige, der selbst vertragsuntreu ist, aus dieser Vertragsuntreue keinen Vorteil herleiten darf, vgl. Soergel/Teichmann, § 242 Rn. 281 ff. und MünchKomm/Roth, § 242 Rn. 217 ff.

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Folgen nicht übersieht und fürchtet, dass der Anpassungsberechtigte seinerseits für diesen Fall Rechte, insbesondere zur Auflösung des Vertrages besitzt. Tatsächlich scheitert jede Form von Reaktion auf den Widerspruch an der fehlenden Berechtigung.247 Insbesondere gibt die Ausübung des Widerspruchsrechts dem Verwender kein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund.248 Da das gewählte Anpassungsverfahren dem Anpassungsberechtigten die Ausweitung seiner Anpassungsmöglichkeiten ermöglicht und andererseits der Widerspruch des Kunden den Ausgleich hierfür darstellt, kann erwartet werden, dass der Verwender sprachlich seiner Klausel hinzufügt, dass „die Ausübung des Widerspruchsrechtes mit keinen rechtlichen Nachteilen für den Kunden verbunden ist.“ 2. Der Umfang der Anpassung Anpassungsklauseln entsprechen dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Anpassungsregelung dem Anpassungsgegner schon bei Vertragsschluss das mögliche Ausmaß der Anpassung derart verdeutlicht, dass er in der Lage ist abzuschätzen, ob auch für den ihm ungünstigsten Fall einer Veränderung des Wertverhältnisses der Leistungspflichten der Vertrag für seine Zwecke noch günstig ist.249 Dieser für Gestaltungsklauseln uneingeschränkt geltende Grundsatz kann für Hilfsklauseln nicht unmodifiziert übernommen werden. Unter der Forderung, den Gegenstand und das Maß der Anpassung so bestimmt anzugeben, wie dies bei Gestaltungsklauseln erforderlich ist, würde dem Anpassungsberechtigten der inhaltliche Vorteil, der ihm aus der Wahl des für ihn eingeschränkten Anpassungsverfahrens zugeflossen ist, wieder genommen werden, denn insbesondere mit der Ausweitung der Angriffsfläche der Leistungserschwerung geht notwendigerweise auch die Unbestimmtheit der erforderlichen Reaktion einher. Andererseits kann dem Anpassungsberechtigten nicht zugemutet werden, erstmalig im Zeitpunkt des Anpassungsverlangens mitgeteilt zu bekommen, was Gegenstand der Anpassung geworden ist. Denn wenn, wie bereits ausgeführt wurde, das Widerspruchsrecht eine stumpfe Waffe ist, weil faktisch und auf Grund psychischer Hemmnisse von ihm selten Gebrauch gemacht wird, so bedeutet dies, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Kunde wenigstens ungefähr Kenntnis davon haben muss, was auf ihn zukommt. a) Die Überlegungen zum Zeitpunkt der Anpassung gelten grundsätzlich auch für Hilfsklauseln. Der Anpassungsberechtigte ist danach stets gehalten 247

Ausführlich hierzu Freund, S. 115 ff. OLG Köln NJW 1996, 1065; LG Hamburg ZIP 1995, 1583; Wolf, in: Wolf/ Horn/Lindacher, § 10 Nr. 5 Rn. 34; Heinrichs, NJW 1996, 1381 (1383). 249 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel C. I. 2. 248

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nicht zu verschleiern, wann die Anpassungsklausel ihm allgemein eine Anpassung gestatten soll, und er muss klar und deutlich offen legen, wenn die wiederholte Anpassung des Vertrages gestattet sein soll. Daneben sollte der Anpassungsberechtigte auch verpflichtet sein offen zu legen, wann erstmalig eine Vertragsanpassung erlaubt ist. Eine Höchstgrenze möglicher vertraglicher Veränderungen, die aber auf die gesamte Anzahl aller denkbaren Anpassungen bezogen sein muss, ist allerdings nicht zu vereinbaren. b) Im Gegensatz zu Gestaltungsklauseln sind die Transparenzanforderungen bezüglich des Gegenstandes der Anpassung bei Hilfsklauseln deutlich zu lockern. Danach muss sich der Anpassungsberechtigte grundsätzlich nicht auf den genauen Gegenstand der Anpassung festlegen. Festzuhalten ist aber an dem Erfordernis, dass dem Kunden klar sein muss, nicht nur auf welcher Seite des Vertrages angepasst wird, sondern auch, ob dies durch eine Erweiterung oder Reduzierung von Rechten oder Pflichten geschieht. Der Gegenstand der Anpassung muss lediglich der Kategorie nach angegeben werden.250 Nicht ausreichend ist es, wenn aus dem Wortlaut der Anpassungsklausel prinzipiell jeder Teil des Vertrages einer Anpassung unterliegen kann.251 Für den Kunden ist es von herausragender Bedeutung zu wissen, wenn schon nicht welcher Angriffspunkt, dann zumindest welche Angriffsfläche von der Anpassung betroffen ist.252 Die Formulierungsleistung des Verwenders liegt daher darin, diejenigen Vertragselemente herauszusuchen und zu benennen, die potentieller Regelungsgegenstand für die Abwälzung einer Leistungserschwerung sein können. c) Am Erfordernis eines genauen Anpassungsmaßstabes, und sei es eines Intervalls möglicher Anpassungsergebnisse, ist hingegen nicht festzuhalten. Für den Kunden muss es genügen, wenn er diejenigen Teile des Vertrages kennt, die von einer Anpassung betroffen sein können. Das genaue Ausmaß zu kalkulieren, ist hingegen nicht erforderlich, da der Grad der Betroffenheit im Anpassungsakt zum Ausdruck kommt und der Kunde durch die Re250 Welche Kategorien sich bilden lassen, kann nicht ohne eine Betrachtung der verschiedenen Vertragstypen erfolgen. 251 Aus diesem Grund ist auch die Bedingungsanpassungsklausel in § 10 A Abs. 1 ARB 94 für intransparent und damit für unwirksam erklärt worden. So führt dass OLG Düsseldorf aus, dass nach dem Wortlaut der Klausel eine Rechtsänderung von dem Versicherungsunternehmen zum Anlass genommen werden könne, jede beliebige Klausel anzupassen, selbst wenn diese von der Änderung gar nicht betroffen sei, vgl. OLG Düsseldorf, NVersZ 1998, 69 (70). 252 Versicherer werden unter diesem Aspekt nicht darum herum kommen, sich zu überlegen, welche Teile ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen insbesondere von einer Änderung der Rechtsprechung oder der Gesetzgebung betroffen sein können. Jedenfalls stellt es keine Lösung dar, den Versicherungsnehmer grundsätzlich im Unklaren zu lassen, welche Teile des Versicherungsvertrages betroffen sein können.

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duzierung des Anpassungsgegenstandes bereits sensibilisiert sein sollte, ob die Anpassung sich auf die für seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen entscheidenden Vertragsaspekte überhaupt auswirken kann. 3. Der Anpassungsakt Das Transparenzgebot gilt unmittelbar nicht für den Anpassungsakt, da Gegenstand der §§ 305 ff. BGB nur Allgemeine Geschäftsbedingungen sind und eben nicht die Ausübung der darin enthaltenen Rechte. Für den Anpassungsakt gelten daher lediglich die allgemeinen Vorschriften zur Rechtsausübung. Das Anpassungsverlangen ist danach eine Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines Änderungsvertrages. Zur Wirksamkeit bedarf es neben den allgemeinen Voraussetzungen außerdem des Hinweises, wie er von § 308 Nr. 5 b BGB gefordert wird.253 Fraglich ist, ob darüber hinaus weitere formelle Voraussetzungen an den Anpassungsakt zu stellen sind. Denkbar wäre die Verpflichtung des Verwenders, die geplanten Änderungen übersichtlich und verständlich darzustellen, gegebenenfalls auch die alten Bedingungen vergleichsweise zu erwähnen. Insbesondere wenn der Umfang der einzelnen Anpassungen nahezu das gesamte AGB-Werk des Anpassungsberechtigten betrifft oder der Verwender schlicht die geänderten Vorschriften im Rahmen seiner neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen übersendet, besteht ein erhöhtes Bedürfnis des Kunden, die einzelnen Änderungen zügig und präzise zu erfassen. Gestaltungsklauseln genügen dem Transparenzgebot, wenn der Anpassungsgegner bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kalkulieren kann, ob auch der ihm ungünstigste Fall einer Anpassung noch seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen entspricht. Hilfsklauseln entsprechen dem Transparenzgebot, wenn der Anpassungsgegner grundlegend schon in der Hilfsklausel, aber ergänzend auch im Anpassungsakt selbst die nötigen Informationen verständlich präsentiert bekommt, um eigenständig zu kalkulieren. Die Einschränkungen im Rahmen der Transparenz der Hilfsklauseln basieren darauf, dass der Kunde noch zu einem späteren Zeitpunkt die erforderlichen Informationen erhält, was die Transparenz ihrer Darstellung voraussetzt. Insofern entfaltet das Transparenzgebot eine Art Fernwirkung. Dogmatisch ließe sich auch auf den aus Treu und Glauben entspringenden Grundsatz des widersprüchlichen Verhaltens verweisen, denn die Hilfsklausel lässt aus Sicht des Anpassungsgegners das berechtigte Vertrauen entstehen, der Anpassungsberechtigte werde ihn in hinreichendem Maße über mögliche Anpassungen unterrichten.

253 Vgl. zu den formellen Anforderungen Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 5 Rn. 28.

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D. Referenzklauseln I. Charakter von Referenzklauseln Referenzklauseln entziehen die Gestaltungsmacht zur Anpassung eines Vertrages inhaltlich den Parteien und binden die Entscheidung über das Maß der Anpassung an externe Faktoren wie an die Entscheidung Dritter und von ihnen ermittelte Referenzwerte.254 Das der Anpassung zu Grunde gelegte System widerspricht dem Vertragsprinzip insofern, als grundsätzlich Dritte zur Gestaltung einer Vertragsbeziehung nicht berechtigt sind. Was zwischen zwei Parteien rechtlich gelten soll, ist Ergebnis ihrer Verhandlungen und Entscheidungen. Die von Referenzklauseln ausgehende Gefahr entspricht zunächst einmal der von Gestaltungsklauseln, da sich der Anpassungsgegner der Möglichkeit begibt, Einfluss auf das Ergebnis eines Anpassungsvorgangs zu nehmen und somit einer für ihn fremdbestimmten Gestaltung seines Rechtskreises ausgeliefert ist. Auch Referenzklauseln sind als Anpassungsklauseln im Hinblick auf ihre Wirksamkeit inhaltlich an ein überwiegendes Anpassungsinteresse gebunden, und in formeller Hinsicht ist es für den Anpassungsgegner gleichermaßen wie im Falle einer Gestaltungsklausel von Bedeutung, das Ergebnis der Anpassung kalkulieren zu können, um seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen überprüfen zu können. Der Unterschied zu Gestaltungsklauseln ist daher nicht offensichtlich. Dennoch erhält der Anpassungsgegner gewisse Sicherheiten durch das gewählte Anpassungsverfahren.255 Das Erfordernis eines überwiegenden Anpassungsinteresses dient auch dem Schutz vor Übervorteilung durch den Anpassungsberechtigten. Mit der Bindung an eine Referenz legt der Verwender der Anpassungsklausel sein Anpassungsinteresse insofern offen, als er entweder die Leistungserschwerung durch einen Referenzwert auszudrücken in der Lage ist oder durch die erforderlichen Vorgaben an eine Referenzperson das Ziel der Anpassung bestimmt genug formulieren kann. Insoweit spielt der Anpassungsberechtigte mit offenen Karten. Dieser Umstand kommt ihm auch im Rahmen der erforderlichen Transparenz zugute, die ja gleichermaßen darauf abzielt, durch die Offenlegung der Berechnung des Anpassungsausmaßes den Anpassungsgegner in die Lage zu versetzen, seine Belange eigenverantwortlich zu wahren und so der Übervorteilung durch den Vertragspartner zu entgehen. Hier erhält der Anpassungsgegner die Sicherheit, dass der Anpassungsmaßstab durch Dritte einer Prüfung unterzogen worden ist. 254

Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel C. Nach Lettl, JuS 2001, 456 (460), bieten ipso jure wirkende Anpassungsklauseln weitgehende Sicherheit und Objektivität im Sinne der Vorhersehbarkeit ihres Anwendungsbereichs und ihrer Rechtsfolgen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. 255

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II. Normative Grenzen Die Wirksamkeit von Referenzklauseln ist an § 307 BGB zu messen. Wie bereits dargestellt wurde256, können Referenzklauseln äußerlich sowohl als Hilfs- als auch als Gestaltungsklauseln dargestellt werden, was ihren Charakter als Referenzklauseln allerdings nicht beeinträchtigt. Soweit der Gegenstand der Anpassung der vom Kunden zu entrichtende Preis ist, muss § 309 Nr. 1 BGB beachtet werden. § 308 Nr. 4 BGB findet im Falle der Ausgestaltung der Referenzklausel als Gestaltungsklausel keine Anwendung, da die Übertragung des Gestaltungsraumes auf Dritte das Gefährdungspotential dominiert und nicht die einseitige Initiierung der Anpassung.257 Die Anwendung von § 308 Nr. 5 BGB ist nicht ausgeschlossen, da sie als kundengünstige Vorschrift für zusätzlichen Schutz sorgt. Die Kombination von Referenzwerten und Hilfsklauseln ist hingegen in der Praxis selten zu finden, weil das mitunter aufwendige System der Einbeziehung Dritter bereits eine Schutzfunktion erfüllt und nicht ersichtlich ist, warum der Verwender dem Kunden darüber hinaus entgegenkommen sollte. Soweit § 307 BGB den Prüfungsmaßstab bildet, ist dieser mit dem bereits entwickelten Bewertungs- und Abwägungssystem anzuwenden. Soweit auf Grund der Eigenart von Referenzklauseln Abweichungen angezeigt sind, sollen diese nunmehr besprochen werden. III. Inhaltliche Anforderungen Das Recht des Anpassungsgegners, auf das Ergebnis des Anpassungsverfahrens Einfluss nehmen zu können, führt zu der Möglichkeit des Anpassungsberechtigten, den ihm inhaltlich zustehenden Umfang der Anpassung auszuweiten. Auch die Vereinbarung einer Referenzklausel gibt dem Verwender diese Möglichkeit, entscheidend ist aber ein anderer Aspekt. 1. Anpassungsklauseln verfolgen das Ziel, eine eingetretene Leistungserschwerung in bestimmten Fällen an den Kunden weitergeben zu können. Die Gefahr einer nachvertraglichen Vertragsanpassung liegt dabei in der Möglichkeit des Verwenders, unter dem Deckmantel einer behaupteten Wertverschiebung tatsächlich mehr zu verändern, als für den Ausgleich der Leistungserschwerung erforderlich ist. Wenn aber ein Referenzwert die Leistungserschwerung genau beschreibt258 und darüber hinaus vom Kunden 256

Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel D. II. und III. A. A. Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 Rn. 5, der zumindest Automatikklauseln auch an § 308 Nr. 4 BGB messen will. 258 Was wohl die größte Herausforderung an die Formulierungskunst der Parteien darstellt; vgl. Herrmann, Jura 1988, 505 (507). Nach Horn, NJW 1985, 1118 257

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auch ohne große Mühe nachgeprüft werden kann, besteht die Gefahr der Übervorteilung nicht, so dass lediglich die Frage zu beantworten ist, ob die Leistungserschwerung überhaupt eine Vertragsanpassung rechtfertigen kann. Diese für den Kunden überaus günstige Variante des Anpassungsverfahrens zu wählen, ist daher stets die Pflicht des Verwenders. Mit anderen Worten: Kann der Anpassungsberechtigte die Leistungserschwerung durch einen Referenzwert beschreiben, scheitern andere Anpassungsverfahren unter dem Aspekt der Erforderlichkeit259, da sich der Verwender zwar nicht zwingend mehr inhaltliche, wohl aber unnötig weite Verfahrensrechte vorbehält. Anders liegen die Dinge im Falle einer Referenzklausel, bei welcher der Referenzwert durch Schiedsgutachter kostenintensiv bestimmt werden muss. In diesem Fall ist unter dem Stichwort der Erforderlichkeit eine Referenzklausel dann verpflichtend zu vereinbaren, wenn der Aufwand für die Ermittlung der die Leistungserschwerung beschreibenden Werte in Relation zu dem Volumen des Leistungsaustausches angemessen ist, was eine Frage des Einzelfalles ist.260 2. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Anpassungsregelung ist, dass der Verwender eine nachvertragliche Leistungserschwerung, die sich auch als Wertverschiebung beschreiben lässt, ausgleichen will. Hierfür ist der Nachweis erforderlich, dass der für die Leistung des Anpassungsberechtigten relevante Markt von den sich ändernden Umständen in dem Sinne betroffen ist, dass die Leistungserschwerung den überwiegenden Teil der Marktteilnehmer trifft und nicht als betriebswirtschaftliche Fehlleistung des Verwenders beschrieben werden kann. Der Schluss wird also von der Leistungserschwerung in Richtung Marktrelevanz gezogen. Im Falle eines Referenzklausel kehrt sich diese Betrachtung um. Referenzwerte sind stets marktbezogen, so dass im Falle einer Veränderung des gewählten Wertes auf die Leistungserschwerung geschlossen werden kann.261 Durch die Objektivierung der Anpassungsvoraussetzungen wird der Anpassungsberechtigte daher des Problems ledig, im Zweifelsfall den Beweis führen zu müssen, dass die Leistungserschwerung auch mit einem Wertzuwachs seitens (1120), erfordert die Angemessenheit von Automatikklauseln die Wahl geeigneter Bezugsgrößen und geeigneter Multiplikatoren sowie einen Festpreisanteil, um die Verhältnismäßigkeit von Anpassungseffekt und Anpassungsziel zu gewährleisten; ebenso Baur, S. 105 ff. 259 Siehe hierzu 5. Teil Drittes Kapitel B. II. 3. a) aa) und 5. Teil Viertes Kapitel B. III. 260 Vgl. zum Treuhänder Verfahren entsprechend §§ 172 Abs. 2, 178 g Abs. 3 S. 2 VVG als Voraussetzung für eine Bedingungsanpassungsklausel in Versicherungsverträgen: Abram, NVersZ 2000, 249 (257); Schwintowski, VuR 1998, 128; Entzian, NVersZ 1998, 65 (66). 261 Erhöhen sich die Kosten für das Flugbenzin, muss nicht dargetan werden, dass der Reiseveranstalter bzw. die Fluggesellschaft hiervon auch betroffen ist.

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5. Teil: Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen

des Kunden in Zusammenhang gebracht werden kann. Selbstverständlich ist dem Anpassungsgegner der Gegenbeweis zuzugestehen, dass trotz der Änderung der Marktverhältnisse, wie sie im Referenzwert Ausdruck findet, der Anpassungsberechtigte ausnahmsweise nicht von einer Leistungserschwerung betroffen ist bzw. der Wert der Verwenderleistung sich durch den veränderten Marktwert nicht erhöht hat.262 3. Im Übrigen sind auch Referenzklauseln nach dem an § 307 BGB entwickelten System der Interessenabwägung zu messen. Viele offene Punkte werden durch die Besonderheiten von Referenzklauseln von alleine gelöst. So steht der Angriffspunkt der Leistungserschwerung mit der Wahl des Referenzwertes oder den Kriterien für seine Bestimmung durch Dritte bereits fest. Unbestimmtheiten auf Tatbestandsseite sind in diesem Fall nicht zu verzeichnen. Auch über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Veränderung können häufig konkrete Aussagen gemacht werden. Soweit es sich um einen turnusmäßig ermittelten Wert handelt, kann anhand der Vergangenheit regelmäßig berechnet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit Entwicklungen in etwa zu verzeichnen sind. Lediglich im Falle der Ermittlung eines für einen bestimmten Vertrag individuellen Wertes durch Dritte verbleibt es bei den unter Gestaltungsklauseln angeführten Abwägungskriterien.263 IV. Formelle Anforderungen Wie alle Anpassungsklauseln stehen auch Referenzklauseln unter dem Erfordernis ausreichend transparenter Gestaltung und Darstellung des Inhalt und des Anpassungsverfahrens. Zu beachten ist allerdings die Besonderheit, dass durch die gewählte Referenz bereits ein hohes Maß an Verständlichkeit und Bestimmtheit der Klausel zu Grunde gelegt wird. 1. Das Anpassungsverfahren Mit der Wahl einer Referenzklausel steht das Anpassungsverfahren noch nicht fest. Seine Bedeutung ist insoweit von untergeordneter Bedeutung, als ein Anpassungsberechtigter streng genommen gar nicht existieren kann264 bzw. eine außerhalb des Vertrages stehende Person darstellt. Die Möglich262 Dies ist beispielsweise bei besonderen Vertragskonditionen mit Zulieferern der Fall, wenn diese die Auswirkungen des Anpassungsereignisses tragen. 263 A. A. Horn, NJW 1985, 1118 (1123), der für Schiedsklauseln ausdrücklich andere Voraussetzungen fordert, als für Anpassungsrechte einer Partei. Dem ist insofern zu folgen, als es (zusätzlich!) auf die Neutralität und Unparteilichkeit des Schiedsgutachters ankommt, was die Klausel sicherstellen muss. 264 Siehe hierzu 3. Teil Drittes Kapitel C.

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keit, das Anpassungsverfahren zu initiieren, ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Bekannt sind daher so genannte Automatikklauseln mit oder ohne Erklärungsvorbehalt. Im ersten Fall bedarf es keiner zusätzlichen Willenserklärung, damit die Anpassung eintritt. Vielmehr schuldet der Kunde auch ohne das entsprechende Anpassungsverlangen den um den Referenzwert veränderten Preis o. ä. Im zweiten Fall löst erst eine Erklärung des Anpassungsberechtigten die Vertragsanpassung aus, ohne dass die Anpassungsklausel damit als Gestaltungsklausel zu bewerten wäre. Im Hinblick auf das Verfahren gelten die allgemeinen unveränderten Regeln. Soweit dem Kunden Gegenrechte zustehen, müssen ihm diese in einer Form präsentiert werden, die sicherstellt, dass er auch ohne Bedenken von ihnen Gebrauch machen kann. 2. Der Umfang der Anpassung Auch die Schwierigkeiten mit der Transparenz im Hinblick auf den Umfang der Anpassung lassen sich bei Referenzklauseln minimieren. Mit der Festlegung auf einen bestimmten Referenzwert oder ein entsprechendes Verfahren zu seiner Ermittlung macht der Verwender hinreichend deutlich, welche Nachteile dem Kunden im Falle einer Vertragsanpassung drohen. Soweit in der Vergangenheit entsprechende Entwicklungen zu verzeichnen waren, kann der Kunde seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen anhand dieser Fakten kalkulieren. Auch der Vereinbarung eines Höchstwertes bedarf es nicht, weil das Ausmaß der drohenden Anpassung sich regelmäßig aus den zurückliegenden Schwankungen des bezogenen Wertes ergibt. Nur wenn der Referenzwert individuell von Dritten ermittelt werden soll, sind strenger Anforderungen an die Transparenz zu stellen. Da aber im Gegensatz zu Gestaltungsklauseln Referenzklauseln, die sich der Anpassung durch Dritte bedienen, einen gewissen Schutz vor Benachteiligung bereits bieten, sind nicht die Transparenzanforderungen für Gestaltungsklauseln, sondern auf die von Hilfsklauseln zurückzugreifen.

Zusammenfassung 1. Teil „Vertragsanpassungsrecht“ als eigene dogmatische Kategorie Der Vertragsschluss ist für jede Partei das Resultat einer Kalkulation der ihr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Plandaten zur Erreichung eines klar definierten Planziels.1 Jede Partei trägt dabei das Risiko einer später belastenden rechtlichen Bindung. Der geschlossene Vertrag ist grundsätzlich „immun“ gegenüber nicht berücksichtigten, falschen oder sich ändernden Plandaten.2 Dennoch kennt das Recht eine Vielzahl an Änderungstatbeständen, welche es einer Partei ermöglichen, auch gegen den Willen des Vertragspartners auf das Vertragsgefüge nachträglich Einfluss zu nehmen. In dieser Arbeit bildet der Begriff der Änderung eine formale, übergeordnete Kategorie.3 Mittel der Änderung ist die Anpassung. Neben den bereits etablierten dogmatischen Änderungstatbeständen „Leistungsbestimmung“, „Kündigung“, „Anfechtung“ etc., die formal zu einer Änderung bestehender Leistungsverpflichtungen führen, folgt auch die Vertragsanpassung eigenen Regeln, berücksichtigt ein spezifisches Interessenspannungsfeld der beteiligten Parteien und bedarf der rechtlichen Konturierung. Die Vertragsanpassung als eigenständiger Änderungstatbestand lässt sich von den bekannten Fallgruppen randscharf abgrenzen.4 Vertragsanpassung und Leistungsbestimmung sind zu unterscheidende Änderungstatbestände.5 Etwas Unbestimmtes erstmalig festlegen und etwas Bestimmtes ändern sind erkennbar verschiedene Vorgänge. Abgrenzungskriterium der Anpassung, welche ohnehin die Bestimmtheit des Anzupassenden voraussetzt, von der Inhaltsbestimmung ist die Charakterisierung des Ergebnisses der Anpassung als Vertrauensbruch im Hinblick auf eine bestehende Regelung. Im Falle der der Leistungsbestimmung fehlt es an der Bipolarität eines ursprünglich bestehenden und eines gewandelten Vertrags1 2 3 4 5

1. 1. 1. 1. 1.

Teil Teil Teil Teil Teil

Erstes Kapitel A. Erstes Kapitel B. Erstes Kapitel C. Zweites Kapitel. Zweites Kapitel A. III.

Zusammenfassung

231

gefüges, denn das nach der Bestimmung ermittelte Ergebnis mag zwar in einen Widerspruch zur Erwartungshaltung des Vertragspartners oder zur Billigkeit im allgemeinen treten, nicht aber in einen Widerspruch zu einem ursprünglich bestehenden Vertragsinhalt. Der Vertragspartner einer bestimmungsberechtigten Partei wird daher nie im Hinblick auf eine innegehabte Rechtsposition frustriert, die ihm genommen wird. Auch die mittels rechtsgeschäftlicher Erklärung des Berechtigten eintretende Nichtigkeitsfolge lässt sich von Anpassungstatbeständen abgrenzen.6 Anfechtbare Rechtsgeschäfte kennzeichnet die gesetzlich angeordnete Relativierung des durch den Vertragsschluss dokumentierten Bindungswillens auf Grund eines bei Vertragsschluss vorliegenden Umstandes, Anpassungstatbestände betreffen Fälle sich nachvertraglich ändernder Plandaten. Die sich aus dem Leistungsstörungsrecht7 und dem Vertragsanpassungsrecht ergebenden Änderungsrechte der Parteien setzen übereinstimmend voraus, dass durch die reine Erfüllungshandlung des Schuldners die Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers nicht mehr möglich ist. Während jedoch unter dem Leistungsinteresse des Gläubigers im Falle des Leistungsstörungsrechts nur sein durch das Schuldverhältnis als solches rechtlich sanktioniertes Interesse am Bekommen der Leistung zu verstehen ist, erfasst das Vertragsanpassungsrecht gerade Fälle, in denen es um ein drüber hinausgehendes frustriertes wirtschaftliches oder persönliches Interesse geht. Was dem Schuldverhältnis (plan- oder unplanmäßig) ein Ende setzt, stellt keinen Fall einer Vertragsanpassung dar.8 Anpassung und Aufhebung korrespondieren unterschiedlichen Elementen des rechtsgeschäftlich erheblichen Zweckwillens der Parteien. Während die Anpassung den bei Vertragsschluss bestehenden Geschäftswillen relativiert, betrifft das Aufhebungsbegehren den ursprünglichen Bindungswillen. Die der Kategorie „Vertragsanpassungsrecht“ zuzuordnenden Fallkonstellationen lassen sich aber nicht nur durch Ausgrenzung ähnlicher Tatbestände, die gleichermaßen eine Vertragsänderung bewirken, sondern auch durch eine beschreibende Analyse der den juristischen Regelungsbedarf hervorrufenden widerstreitenden Interessen der Parteien ermitteln.9 Die rechtsgeschäftliche oder gesetzlich angeordnete Möglichkeit einer nachträglichen Beeinflussung bestehender Vertragsstrukturen setzt, als Folge der damit einhergehenden Betroffenheit wenigstens einer Partei, stets ein 6 7 8 9

1. 1. 1. 1.

Teil Teil Teil Teil

Zweites Kapitel A. IV. Zweites Kapitel B. II. Zweites Kapitel B. IV. Drittes Kapitel.

232

Zusammenfassung

anzuerkennendes Anpassungsinteresse10 voraus, welches Grundlage für entsprechende gesetzliche Vorschriften oder eine wirksame rechtsgeschäftliche Vereinbarung ist. Das Recht der Vertragsanpassung betrifft die Suche nach Normen und den dahinter stehenden Grundsätzen, die eine Rücksichtnahme auf vertragliche Störfälle vorschreiben und so das bestehende Vertragsrisiko11 einer oder beider Parteien minimieren. Für die Frage der Zulässigkeit einer Anpassungsnorm kommt dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ jedoch in Abweichung zur herrschenden Ansicht keine Bedeutung zu.12 Auch der Begriff der Risikosphäre führt die Diskussion nicht weiter.13 Argumentativ nutzbar zu machen ist dasjenige Vertragsrisiko, welches Resultat einer Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und seiner Erfüllung ist. Als schlagwortartiger Begriff bietet sich der „verzögerte Leistungsaustausch“14 an. Dieses Vertragsrisiko führt in den Fällen seiner Verwirklichung zu einer Äquivalenzstörung15, die mit dem Begriff der „Leistungserschwerung“ treffend zu bezeichnen ist. Die Anerkennung eines Anpassungsrechts setzt daher stets voraus, dass sich bei einem vertraglich vereinbarten verzögerten Leistungsaustausch eine auch vom Vertragspartner zu tragende und insoweit beachtenswerte Leistungserschwerung des Anpassungsberechtigten entstanden ist. Entgegen der herrschenden Ansicht stellt die Vorhersehbarkeit dieser Leistungserschwerung kein Kriterium gegen die Zulässigkeit eines Anpassungsrechts dar, weil das sich verwirklichende Vertragsrisiko durch seine eingeschränkte Bestimmbarkeit charakterisiert wird.16 Ein rechtlich anerkanntes Anpassungsinteresse findet seine erzwingbare, vollständige Befriedigung nur, wenn es durch einen entsprechenden Gestaltungsspielraum17 gedeckt wird. Das Spannungsverhältnis einer gerechten Risikoverteilung findet sich daher auf der Ebene des zu etablierenden Anpassungsverfahrens18 wieder. Die Anerkennung eines Anpassungsrechts setzt ein optimales Zusammenspiel von Anpassungsinteresse und Gestaltungsmacht19 voraus, sodass der Vertragspartner keiner Gestaltungsmacht unterworfen ist, die nicht dem anerkannten Anpassungsinteresse entspricht. 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

A. A. I. 2. A. I. 3. A. I. 4. A. II. A. III. A. IV. B. I. B. B. III. und IV.

Zusammenfassung

233

2. Teil Gesetzliche Anpassungstatbestände Im Rahmen des gesetzlichen Vertragsanpassungsrechts hat der Gesetzgeber vereinzelt Regelungen geschaffen, in denen er entweder die Zulässigkeit vertraglicher Anpassungsklauseln behandelt oder in denen er eigenständige Rechtsgrundlagen gebildet hat, mittels derer die betroffene Partei die Folgen einer Leistungserschwerung auf den Vertragspartner abwälzen kann. Dennoch verfolgen die Regelungen kein eindeutiges Konzept und behandeln Leistungserschwerungen stets mit einer großen Zurückhaltung. Analogieschlüsse sind nicht möglich. Die gesetzlich anerkannten Anpassungsinteressen20 verfolgen kein erkennbares Muster, weder in der Begründung, noch in der Art des anzupassenden Vertrages. So finden sich neben Dauerschuldverhältnissen (Mietund Landpachtverträge21, Versicherungsverträge22 und Erbauverträge23) auch Verträge mit einmaligem Leistungsaustausch (Schenkungsvertrag24 und Reisevertrag25). Die der Anpassung zu Grunde liegenden Anpassungsereignisse reichen von Kostensteigerungen bis hin zu Verschiebungen auf dem Markt der angebotenen Leistung. Auch Gewinnsteigerungen werden gelegentlich zugelassen. Darüber hinaus nehmen die Geschäftsgrundlagenstörung26 und die ihr verwandten Fälle einen beachtlichen Raum ein. Auch die gesetzgeberisch normierten Anpassungsverfahren27 lassen sich keinem eindeutigen Schema zuordnen. Allein das Recht des Anpassungsberechtigten, letztendlich auch gegen den ausdrücklichen Willen des Anpassungsgegners die Anpassung durchzusetzen, vereint die genannten Möglichkeiten. Im Übrigen finden sich reine Gestaltungsrechte, Vorschriften, bei denen die Zustimmung des Anpassungsgegners erzwungen werden kann, obligatorische Verhandlungspflichten, Schiedsverfahren oder die Überprüfung gefundener Ergebnisse durch einen Treuhänder. Verfahrensrechtliche Besonderheiten stellen das Recht des Anpassungsgegners dar, den Vertrag zu kündigen, falls der Anpassungsberechtigte eine erhebliche Erhöhung der Vertragsleistung verlangt, sowie das Recht des Anpassungsgegners, seinerseits im Falle einer ihm günstigen Entwicklung den Vertag anzupassen. 20 21 22 23 24 25 26 27

2. 2. 2. 2. 2. 2. 2. 2.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Viertes Kapitel B. Zweites Kapitel B. Drittes Kapitel C. Drittes Kapitel A. Zweites Kapitel A. Zweites Kapitel C. Erstes Kapitel C. Viertes Kapitel C.

234

Zusammenfassung

3. Teil Vertragliche Anpassungstatbestände Ziel der in dieser Arbeit gefundenen Systematisierung28 ist es, bereits anhand der ausgewählten Differenzierungskriterien die Weichen zu stellen für eine spätere homogene Bewertung der Gruppen vor den normativen Maßstäben einschlägiger Unwirksamkeitsvorschriften. In Rechtsprechung und Literatur hat sich eine einheitliche Einteilung vertraglicher Anpassungsabreden nicht herausgebildet.29 Vorhandenen Systematisierungskriterien, soweit sie überhaupt einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, liegt regelmäßig nur ein zufälliger Aspekt des Vorgangs Anpassung zu Grunde. Gegenstand, Ausmaß, Ziel und Zeitpunkt der Anpassung sind keine geeigneten Anknüpfungspunkte für ein geschlossenes System zur Einteilung von Anpassungsklauseln.30 Der Idee, Anpassungsklauseln in erster Linie durch objektive Kriterien, wie das Ausmaß oder den Gegenstand der Anpassung, einer graduellen Bewertung im Hinblick auf ihre Benachteiligungsgefahr zuführen zu können, muss eine Absage erteilt werden. Die beim Vertragsschluss rechtspolitisch gewollte Neutralität bei der Bestimmung eines gerechten Vertragsinhalts führt dazu, dass auch für die Bewertung der inhaltlichen Verschiebung der Vertragsleistungen keine Maßstäbe ermittelt werden können. Nicht erst das mögliche Resultat einer Vertragsanpassung, sondern bereits die mit dem vereinbarten Anpassungsverfahren einhergehende Verschiebung der Risikoverteilung ist der Ausgangspunkt für eine systematische Annäherung.31 Das Risiko vor Benachteiligung einer Partei steht und fällt mit dem Einfluss, den die Parteien auf den zu findenden Interessenausgleich nehmen können. Dies spricht für die Verfahrenszuständigkeit als übergeordnetes Differenzierungskriterium. Die rechtsgeschäftliche Verankerung eines asymmetrischen Anpassungsverfahrens stellt einen Verzicht auf die Vertragsfreiheit dar, dem Vertragspartner im späteren Anpassungsverfahren paritätisch gegenüberzutreten, und wird somit zum Gradmesser einer Benachteiligungsgefahr, die um so größer ausfällt, je umfassender die Gestaltungsmacht des Anpassungsberechtigten ist. Die Untersuchung der vorhandenen Anpassungsklauseln hat unter dem übergeordneten Differenzierungskriterium „Gestaltungsmacht“ eine eindeutige32 Dreiteilung ergeben: Hilfsklauseln33 belassen es bei dem Erfordernis 28 29 30 31 32

3. 3. 3. 3. 3.

Teil Teil Teil Teil Teil

Zweites Kapitel. Erstes Kapitel. Zweites Kapitel B. Zweites Kapitel C. Drittes Kapitel D.

Zusammenfassung

235

eines Vertrages und übertragen dem Anpassungsberechtigten lediglich faktische Gestaltungsmacht. Die hierin liegende Benachteiligungsgefahr resultiert aus der fehlenden Kenntnis des Anpassungsgegners von seinen Einflussnahmemöglichkeiten oder der Unsicherheit hinsichtlich der drohenden Rechtsfolgen einer verweigerten aber geforderten Zustimmung oder Verhandlung. Gestaltungsklauseln34 normieren Gestaltungsrechte im herkömmlichen Sinne. Die sich aus ihnen ergebenden Benachteiligungsrisiken korrespondieren dem Maß an verwendeten objektiven Kriterien zur Selbstbeschränkung der Rechtsmacht einseitiger Gestaltung. Referenzklauseln35 schließlich entziehen die Gestaltungsmacht den Parteien in Gänze und binden sie an Referenzwerte oder die Entscheidung Dritter. Die Parteien verbleiben somit nicht mehr Herr des Verfahrens und unterwerfen sich der Fremdbestimmung. Dieses Verfahren bietet ein erhöhtes Maß an inhaltlicher Gerechtigkeit, definiert als Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen. Andererseits leidet es an einer gewissen Starrheit, da es die Möglichkeit voraussetzt, Referenzwerte überhaupt ermitteln zu können. 4. Teil Zulässigkeit von individualvertraglichen Anpassungstatbeständen Die individualvertragliche Vereinbarung einer Anpassungsklausel unterliegt allgemein nur wenigen Restriktionen. Dies folgt aus der Neutralität des Gesetzgebers, der das Problem erforderlicher Anpassungsregelungen nur vereinzelt einer Regelung zugeführt hat. Hilfsklauseln36 zur Anpassung eines Vertrages können individualvertraglich nahezu schrankenlos vereinbart werden. Mit dem formellen Erfordernis einer übereinstimmenden Erklärung betreten sie noch nicht den „offiziellen“ Bereich einseitiger Vertragsgestaltung, so dass die Rechtsordnung nicht von einer erhöhten Gefahr der Benachteiligung des Anpassungsgegners ausgeht. Gestaltungsklauseln37 sind nur in engerem Maße zulässig. Die Einräumung eines Gestaltungsrechts darf die Grenze der Identität des Schuldverhältnisses nicht überschreiten. Darüber hinaus können die §§ 315 ff. BGB analog auf Gestaltungsklauseln angewendet werden.38 Im Hinblick auf den Begriff des billigen Ermessens ist die Anknüpfung an eine Leistungserschwerung als Orientierungspunkt für den Grund des vertraglichen Ein33 34 35 36 37 38

3. 3. 3. 4. 4. 4.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Drittes Kapitel A. Drittes Kapitel B. Drittes Kapitel C. Erstes Kapitel. Zweites Kapitel. Zweites Kapitel B. I.

236

Zusammenfassung

griffs zu fordern. Darüber hinaus besteht für den Anpassungsberechtigten insofern kein Ermessensspielraum als er an die Wiederherstellung der verschobenen Äquivalenz und damit an die eingetretene Leistungserschwerung gebunden ist.39 Aus der Anzahl denkbarer Referenzklauseln40 sind Gleitklauseln an besondere Voraussetzungen gebunden. Nach § 2 PaPkG sind sie genehmigungsbedürftig. Soweit die Anpassung der Vertragsleistungen einem Dritten als Schiedsgutachter überlassen ist, finden mit den für Gestaltungsklauseln erarbeiteten Ergebnissen die §§ 317 ff. BGB analog Anwendung. 5. Teil Zulässigkeit von formularvertraglichen Anpassungstatbeständen Das System zur Überprüfung von Anpassungsklauseln vor den §§ 305 ff. BGB Anpassungsklauseln finden sich vor allem in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zu beachten ist, dass auch die Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ihre Wirksamkeit von Bedeutung sein kann. Der Bereich einer stets zulässigen neutralen Vertragserneuerung wird verlassen, wenn der Verwender durch die rein formale Umgestaltung des Vertragstextes die Gefahr begründet, dass ein objektiver Erklärungsempfänger zu einer gewandelten Auslegung kommt.41 Die Wirksamkeit der Einbeziehung unterliegt wenigen Bedenken.42 Die vorbehaltene Möglichkeit der nachvertraglichen inhaltlichen Umgestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen entbindet die anpassende Partei nicht von der ihr aus § 305 BGB obliegenden Pflichten. Materielle Aspekte zur Konkretisierung des Begriffes der unangemessenen Benachteiligung (149–200) Die systematische Betrachtung der Wirksamkeit von Anpassungsklauseln in materieller Hinsicht muss am Begriff der unangemessenen Benachteiligung in § 307 Abs. 1 BGB ansetzen.43 Die mit Anpassungsklauseln einhergehende Umverteilung eines vertraglichen Risikos44, die Distanziertheit 39 40 41 42 43 44

4. 4. 5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Zweites Kapitel B. II. Drittes Kapitel. Erstes Kapitel B. Zweites Kapitel. Drittes Kapitel B. Drittes Kapitel B. I. 1.

Zusammenfassung

237

des Gesetzgebers gegenüber Anpassungsregelungen45, der Grundsatz der Vertragstreue46 oder das Äquivalenzprinzip47 bilden aber keine ausreichende Grundlage für die Bestimmung und die graduelle Abstufung der Benachteiligungsgefahr. Anpassungsklauseln stellen vertragliche Einigungen zur Erleichterung einer Vertragsänderung dar, und zwar in Abkehr von dem aus dem Vertragsprinzip48 folgenden Erfordernis einer paritätischen Beteiligung an einem Rechtsvorgang, welcher die Rechtsstellung der betroffenen Partei berührt. Die hierdurch drohende Benachteiligung ist vielmehr der Ausgangspunkt der Untersuchung. Die Unangemessenheit der aus den drei unterschiedlichen Typen von Anpassungsklauseln resultierenden Benachteiligung ergibt sich aber nicht per se aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sowohl die Übertragung von faktischer und rechtlicher Gestaltungsmacht als auch die Übertragung von Gestaltungsmacht auf Dritte sind dem deutschen Zivilrecht in besonderen Fallgestaltungen bekannt. Die anzustellende Interessenabwägung zur Bestimmung der Unangemessenheit der Benachteiligung49 erfordert den Rückgriff auf von der Rechtsprechung bereits entwickelte Abwägungsrichtlinien50 und ihre Übertragung auf Anpassungsklauseln. Ausgangspunkt ist die Bestimmung der am Anpassungsverfahren beteiligten Interessen der Parteien. Vorrangig ist das Interesse des Anpassungsgegners zu bestimmen, welches mit dem Anpassungsinteresse des Anpassungsberechtigten zu vergleichen51 ist. Die Analyse weiterer Aspekte zur näheren Konkretisierung der drohenden Benachteiligung, auf deren Abwendung sich das Interesse des Anpassungsgegners52 konzentriert, führte zu einem nahezu vollständigen Zurückdrängen inhaltlicher Kriterien auf Seiten des Anpassungsgegners, um den von ihm zu ertragenden Nachteil zu beschreiben. Entscheidend ist, dass dieser sich der Situation ausgesetzt sieht, dass die von ihm im Vertrag benannte Äquivalenz überhaupt einer Änderung unterworfen ist und dass sich der Anpassungsberechtigte in Abkehr vom Vertragsprinzip hierfür einen Gestaltungsspielraum vorbehalten hat. Allein diesem Nachteil nicht ausgesetzt zu sein, bildet das Interesse des Vertragspartners. Das Interesse des Anpassungsinteressierten53 umfasst das Ziel, durch die Etablierung eines Gestaltungsraumes das Risiko auftretender, im Detail aber 45 46 47 48 49 50 51 52

5. 5. 5. 5. 5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

B. B. B. B. B. B. B. B.

I. 2. I. 3. I. 4. I. 5. II. II. 3. a). II. 3. d). II. 3. b).

238

Zusammenfassung

nicht vollständig kalkulierbarer Leistungserschwerungen in verzögerten Verträgen zu minimieren. Dabei darf der Verwender sich allerdings nicht das Recht zur grundlosen Steigerung seines Gewinnes vorbehalten. Voraussetzung für die Anerkennung des Anpassungsinteresses ist es daher, dass er einerseits tatsächlich an eine Leistungserschwerung anknüpft und andererseits nur eine zum Ausgleich der Belastung erforderliche Regelung in seinen Vertragstext aufnimmt. Die Angemessenheit einer Klausel kann regelmäßig nicht über eine gerechte Verteilung des Risikos erreicht werden.54 Gegenrechte (Kündigungsund eigene Anpassungsrechte) können nur selten einen adäquaten Ausgleich der zugemuteten Belastung darstellen.55 Insbesondere das Recht zur Vertragsbeendigung kann nicht in allen Fällen den begehrten Ausgleich verschaffen. Mit der ausbleibenden Möglichkeit zur alternativen Beschaffung der vom Anpassungsgegner begehrten Leistung verliert das Lösungsrecht vom Vertrag seine ausgleichende Wirkung. Die entscheidende Interessenabwägung56 erfolgt unter dem Aspekt des redlichen Vertragspartners57, der als Rechtsfigur der ergänzenden Vertragsanpassung und der Geschäftsgrundlagenstörung entlehnt ist. Die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Kriterien sind durch die Bildung von Fallgruppen zu entwickeln. Für ein übergeordnetes Kriterium ist die Menge an zu berücksichtigenden Umständen zu mannigfaltig. Anhand einzelner Überlegungen ist ein Muster zu erstellen, welches Anpassungsereignisse und Leistungserschwerungen einer Bewertung zugänglich macht und Raum bietet für ergänzende Überlegungen unter Berücksichtigung individueller Umstände. Das Risiko eintretender Leistungserschwerungen resultiert aus der zeitlichen Struktur verzögerter Verträge58 und ist grundsätzlich von demjenigen zu tragen, der sich sehenden Auges darauf eingelassen hat. Beinhaltet der Abschluss eines Vertrages mit der entsprechenden zeitlichen Struktur aber eine Risikoübernahme des Verwenders, welche durch den sonstigen Vertragsinhalt als nicht mit abgegolten bezeichnet werden kann, so dass der frühe Vertragsschluss zumindest auch im Sinne des Anpassungsgegners ist, kann dieser ein Anpassungsinteresse nicht pauschal zurückweisen. Damit eine Anpassungsklausel als ausgewogen bezeichnet werden kann, muss der Verwender Alternativen zu einer Anpassung, die mit einem ver53 54 55 56 57 58

5. 5. 5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

B. B. B. B. B. B.

II. II. II. II. II. II.

3. 3. 3. 3. 3. 3.

c). d) aa). d) bb). d) dd). d) dd) (1). d) dd) (2) (a).

Zusammenfassung

239

tretbaren Aufwand verbunden sind, nicht nur bedenken, sondern diesen gegebenenfalls im Hinblick auf die Pflicht zur Rücksichtnahme59 auf die Belange des Vertragspartners auch tatsächlich den Vorzug geben. Insoweit trifft den Anpassungsberechtigten die Pflicht, alles in seiner Macht stehende zu versuchen, um den Vertragspartner vor einer Inanspruchnahme durch eine Vertragsanpassung zu bewahren. Unter dieser Prämisse darf sich die Vertragsanpassung im Ergebnis nicht als vermeidbar, versicherbar oder vorübergehend darstellen. Die Anpassung eines Vertrages ist nur als Wiederherstellung der objektiven Äquivalenz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zulässig und setzt somit eine eingetretene Wertverschiebung60 voraus. Von einer Wertverschiebung kann gesprochen werden, wenn jeder Anbieter derselben Leistung auf dem Markt von dem Anpassungsereignis gleichermaßen betroffen ist und entweder der Marktpreis hierdurch unmittelbar betroffen wird oder die berechtigte Erwartung besteht, dass für Neuverträge das Anpassungsereignis in der Kalkulation der Anbieter berücksichtigt werden wird. Fehlt es bereits an der homogenen Betroffenheit in der Vergleichsgruppe, ist die Leistungserschwerung als wirtschaftliche Fehlleistung dem Verwender anzurechnen. Die Bewertung eines Anpassungsereignisses als wahrscheinlich61 steht der Zulässigkeit einer Anpassungsklausel nicht nur nicht im Wege, sie spricht sogar für ihre Wirksamkeit. Dem Interesse des Anpassungsgegners wird weitestgehend dadurch gedient, dass er einerseits verbindlich die begehrte Leistung erhält und andererseits die von ihm zu erbringende Vertragsleistung so lange wie möglich gering gehalten wird. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer Regelung sind kontinuierliche, alternierende, diskontinuierliche und zufällige Entwicklungen zu unterscheiden. Je bestimmter62 das Anpassungsereignis ist, desto eher kann dem Anpassungsberechtigten ein Anpassungsrecht zugesprochen werden. Gegen die Zulässigkeit der Abwälzung bei Vertragsschluss gänzlich unbestimmbarer Anpassungsereignisse spricht die damit verbundene Gefahr, dass sich der Verwender mehr Rechte als erforderlich vorbehält. Dem Anpassungsgegner wird durch die Verwendung unbestimmter Anpassungsereignisse die Möglichkeit genommen, den Weg vom Ereignis zur Leistungserschwerung schon bei Vertragsschluss nachzuvollziehen. Entscheidend ist aber, dass der Verwender sich großflächig die Verlagerung von Risiken vorbehält. Anpassung und Vertragskonstanz sollten sich aber wie die Ausnahme zur Regel verhalten. 59 60 61 62

5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil

Drittes Drittes Drittes Drittes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

B. B. B. B.

II. II. II. II.

3. 3. 3. 3.

d) d) d) d)

dd) dd) dd) dd)

(2) (2) (2) (2)

(b). (c). (d). (e).

240

Zusammenfassung

Formelle Aspekte zur Konkretisierung des Begriffes der unangemessenen Benachteiligung In formeller Hinsicht stehen auch Anpassungsklauseln unter dem Gebot erforderlicher Transparenz, welches insbesondere die Verständlichkeit der Regelung und ihre Bestimmtheit betrifft. Nach dem Verständlichkeitsgebot63 sind Anpassungsklauseln so zu gestalten, dass der Kunde nicht nur ohne Weiteres das ‚Ob‘ einer drohenden Anpassung bereits im Zusammenhang mit der änderbaren Leistungspflicht erkennt, sondern auch das Verfahren einschließlich der ihm zustehenden Widerspruchs- und Gegenrechte versteht. Um dem Bestimmtheitsgrundsatz64 zu genügen, muss der Verwender seine Anpassungsregelung so gestalten, dass dem Kunden das Leistungsintervall, dem er ausgesetzt ist, derart klar und verständlich ist, dass er nicht nur die Existenz eines Gestaltungsspielraumes erkennt, sondern auch sämtliche Konsequenzen für seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen. Anpassungsklauseln entsprechen daher dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Anpassungsregelung dem Anpassungsgegner schon bei Vertragsschluss das mögliche Ausmaß der Anpassung derart verdeutlicht, dass er in der Lage ist abzuschätzen, ob auch für den ihm ungünstigsten Fall einer Veränderung des Wertverhältnisses der Leistungspflichten der Vertrag für seine Zwecke noch günstig ist.65 Die Forderung nach einer uneingeschränkten Pflicht, schon die Anpassungsklausel so transparent zu gestalten, dass der Anpassungsgegner die Richtigkeit der Anpassung von allein, ohne weitere Informationen des Anpassungsberechtigten überprüfen kann, ist abzulehnen. Das Anpassungsinteresse66 beschreibt das Anpassungsereignis und die daraus resultierende Leistungserschwerung. Diese Elemente müssen sich aus der Anpassungsklausel ergeben. Darüber hinaus ist der Anpassungsberechtigte gehalten, den Grund der Anpassung so bestimmt anzugeben, dass ein objektiver Dritter überprüfen kann, inwieweit der Verwender tatsächlich das Ziel verfolgt, eine Leistungserschwerung auszugleichen, oder ob er in Wirklichkeit eine Gewinnmaximierung anstrebt. Der mögliche Inhalt67 des neuen Schuldverhältnisses stellt die größte Hürde für die Zulässigkeit von Anpassungsklauseln vor dem Hintergrund erforderlicher Transparenz dar. Der Anpassungsberechtigte muss deutlich machen, wann (erstmalig) und wie oft eine Anpassung möglich ist. Die 63 64 65 66 67

5. 5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil Teil

Drittes Drittes Drittes Drittes Drittes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

C. C. C. C. C.

I. 1. I. 2. II. II. 1. II. 2. b).

Zusammenfassung

241

Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Anpassungsergebnisses muss sich aber grundsätzlich nicht aus dem Klauseltext ergeben. Der Verwender ist verpflichtet, durch eine ausreichend transparente Klausel dem Kunden die Möglichkeit einzuräumen, selbst über die Angemessenheit der Anpassungsvoraussetzungen zu urteilen. Für den Gegenstand der Anpassung (211–212) bedeutet dies, dass dem Kunden klar sein muss, nicht nur auf welcher Seite des Vertrages angepasst wird, sondern auch, ob dies durch eine Erweiterung oder Reduzierung von Rechten oder Pflichten geschieht. Für den Maßstab der Anpassung68 ist die Angabe eines Intervalls, in dem die angepasste Leistung später liegen wird, ausreichend. Soweit die Anpassung eine Geldleistung betrifft, kann die Vereinbarung einer Höchstgrenze die erforderliche Kalkulation des Vertragspartners ermöglichen. Will der Anpassungsberechtigte seine eigene Leistungsverpflichtung reduzieren, muss klar sein, auf welche Leistungsteile der Vertragspartner weiterhin Anspruch hat, will er sie durch eine ihm günstigere Verpflichtung ersetzen, muss der Inhalt der nunmehr möglichen, kundenungünstigsten Verpflichtung dem Vertragspartner bekannt sein. Das Anpassungsverfahren69 steht insbesondere unter dem Gebot der Verständlichkeit. Danach muss der Anpassungsgegner verstehen, dass er im Rahmen des Anpassungsverfahrens zumindest teilweise auf die im grundsätzlich zustehende paritätische Einflussnahmemöglichkeit verzichtet hat und auf welche Weise er nunmehr seine Interessen durchsetzen kann. Die Übertragung des Bewertungssystems auf die verschiedenen Klauseltypen Abschließend sind die gefundenen Kriterien zur Interessenabwägung in ein Verhältnis zu der entsprechenden Benachteiligungsgefahr der einzelnen Klauseltypen zu bringen. Anpassungsrecht und Anpassungsverfahren ergänzen sich im Hinblick auf dasselbe Ziel, dem Anpassungsinteresse zur weitestgehenden Geltung zu verhelfen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Verzicht des Anpassungsberechtigten auf ein ideales Verfahren diesem die Tür für ein weitergehendes inhaltliches Anpassungsrecht öffnen kann. Gestaltungsklauseln70 Gestaltungsklauseln weichen am stärksten vom Vertragsprinzip ab und bergen daher für den Anpassungsgegner die größte Benachteiligungsgefahr, 68 69 70

5. Teil Drittes Kapitel C. II. 2. c). 5. Teil Drittes Kapitel C. II. 3. 5. Teil Viertes Kapitel B.

242

Zusammenfassung

weil sie das für den Anpassungsberechtigten ideale Anpassungsverfahren bereitstellen.71 Ist dem Kunden die Einflussnahme gänzlich genommen, stellt die Möglichkeit, auch den ungünstigsten Falle einer Anpassung noch kalkulieren zu können, das Minimum inhaltlicher Beschränkung und erforderlicher Transparenz dar. Gestaltungsklauseln sind anhand der §§ 307, 308 Nr. 4 und § 309 Nr. 1 BGB zu messen.72 § 308 Nr. 4 BGB73 betrifft sowohl die Änderung der Verwender- als auch der Kundenleistung und stellt eine Generalklausel für alle Gestaltungsrechte zur Anpassung eines Vertrages dar. Dem Begriff der Zumutbarkeit lässt sich gegenüber dem allgemein anhand von § 307 BGB74 entwickelten System der Interessenabwägung keine Verengung der Bewertung entnehmen. § 308 Nr. 4 BGB stützt aber als Beweislastregel die Zweifelsfallregelung, nach der im Zweifel eine Gestaltungsklausel unwirksam ist. § 308 Nr. 4 BGB ist neben § 309 Nr. 1 BGB75 anwendbar. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Systematik betreffen die Klauseln nicht zwangsläufig unterschiedliche Klauseltypen76, weil § 308 Nr. 4 BGB ein bestimmtes Anpassungsverfahren betrifft und § 309 Nr. 1 BGB den Gegenstand einer Anpassung, unabhängig vom zu Grunde liegenden Verfahren. Umgekehrt sollte § 309 Nr. 1 BGB analog auch dann angewendet werden, wenn der Verwender seine eigene Leistungsverpflichtung anpassen möchte. Die inhaltlichen Anforderungen an Gestaltungsklauseln77 entsprechen weitestgehend den Wertungen des entwickelten Systems. Einige Besonderheiten bestehen dennoch. Entgegen der herrschenden Ansicht ist für die Wirksamkeit einer Gestaltungsklausel ein Kündigungsrecht des Kunden nicht erforderlich, da ein vertragliches Lösungsrecht weder stets einen Vorteil für den Anpassungsgegner bietet, noch zwischen dem Recht zur Anpassung und einer Lösungsmöglichkeit eine Interessenabwägung sinnvoll durchgeführt werden kann. Der Eintritt des Anpassungsereignisses muss, um zur Anpassung zu berechtigen, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen erhöhten Grad an Wahrscheinlichkeit aufweisen. Im Falle einer Gestaltungsklausel sind hier strenge Anforderungen zu stellen. Das zu befürchtende Anpassungsereignis muss für den Vertrag typisch und prägend sein, so dass auch der Kunde 71 72 73 74 75 76 77

5. 5. 5. 5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil

Viertes Viertes Viertes Viertes Viertes Viertes Viertes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

B. B. B. B. B. B. B.

I. II. II. 2. II. 1. II. 3. II. 4. III.

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243

ohne weiteres die kalkulatorischen Schwierigkeiten des Verwenders erkennen und nachvollziehen kann. Mit der Bildung von nur der Kategorie nach bestimmten Anpassungsereignissen entfällt die Möglichkeit des Kunden, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des relevanten Ereignisses oder die kalkulatorischen Schwierigkeiten des Verwenders abzuschätzen. Demnach kann über eine Gestaltungsklausel auch nur dasjenige Anpassungsereignis in einer wirksamen Anpassungsklausel vereinbart werden, welches den Angriffspunkt des Anpassungsereignisses hinreichend einengt. Gestaltungsklauseln müssen in erhöhtem Maß dem Transparenzgebot genügen.78 Da der Kunde im Moment des Vertragsschlusses die Einflussnahmemöglichkeit auf das nunmehr erlaubte Anpassungsverfahren aufgibt, müssen ihm bereits zu diesem Zeitpunkt die erforderlichen Informationen transparent unterbreitet worden sein, die er für die eigene Kalkulation benötigt, um auch das für ihn ungünstigste Anpassungsergebnis an seinen subjektiven Äquivalenzvorstellungen messen zu können. Insbesondere muss dem Anpassungsgegner klar sein, welcher Aspekt des Vertrages Gegenstand der Anpassung ist und in welchem Intervall sich die Anpassung vollziehen wird. Soweit der Anpassungsberechtigte diese Informationen nicht liefern kann, scheitert die Etablierung einer Gestaltungsklausel an der erforderlichen Transparenz. Hilfsklauseln79 Im Vergleich zur Gestaltungsklausel wahren Hilfsklauseln das Vertragsprinzip insoweit, als in formal juristischer Sicht weiterhin eine vertragliche Einigung erfolgt.80 Charakterisiert werden Hilfsklauseln daher durch eine „zweite Chance“, die der Anpassungsgegner erhält, denn anders als im Falle einer Gestaltungsklausel hat er nicht bereits mit der Vereinbarung der Anpassungstechnik das weitere Schicksal des Vertragsinhalts aus der Hand gegeben. Die Arbeit beschränkt die Untersuchung der inhaltlichen Angemessenheit auf Erklärungsfiktionen. Diese sind anhand der §§ 307, 308 Nr. 5 und § 309 Nr. 1 BGB auf ihre Wirksamkeit hin zu untersuchen.81 Das anhand von § 307 BGB entwickelte grundlegende Bewertungssystem gilt auch für Erklärungsfiktionen.82 Die Einführung des Begriffes des berechtigten Interesses in § 308 Nr. 5 BGB bringt die Handhabung von Erklärungsfiktionen 78 79 80 81 82

5. 5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil Teil

Viertes Viertes Viertes Viertes Viertes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

B. C. C. C. C.

IV. I. II. II. 1.

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nicht entscheidend voran.83 Vielmehr ist dem Anliegen des Gesetzgebers insofern Rechnung zu tragen, als der Verzicht auf die Verwendung eines Gestaltungsrechtes im Rahmen der Bestimmung der unangemessenen Benachteiligung inhaltlich zu berücksichtigen ist. Inhaltlich84 können Hilfsklauseln mehr vorsehen, als im Ergebnis angemessen wäre, weil der Anpassungsgegner im Augenblick des Anpassungsverlangens die Anpassung noch verhindern kann. Allerdings zeigt die Vertragspraxis, dass auch in ungünstigen Fällen die Kunden nicht unbedingt von den ihnen zustehenden Rechten Gebrauch machen. Wenn das Gegengewicht, der Widerspruch auf ein Anpassungsverlangen, aber eine stumpfe Waffe ist, so muss dem Anpassungsgegner zumindest ein ausreichender Schutz vor Benachteiligung gewährt werden. Danach darf der Anpassungsberechtigte sich die Anpassung auch für Fallgruppen vorbehalten, bei denen sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Leistungserschwerung noch nicht eindeutig ergibt, solange feststeht, dass unter diese Fallgruppe überhaupt Fälle zu subsumieren sind, in denen eine Anpassung auch der Redlichkeit entspricht. Am Erfordernis einer Wertverschiebung als Grundlage jedes Anpassungsrechts ist festzuhalten. Im Gegensatz zu Gestaltungsklauseln muss der Anpassungsberechtigte hierfür aber nicht die einzelnen Faktoren benennen, die eine Leistungserschwerung hervorbringen. Es ist ausreichend, wenn er ausschließlich den Bereich benennt, aus dem die sich ändernden Umstände resultieren. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit des Anpassungsereignisses ist die Strenge der Voraussetzungen im Verhältnis zu Gestaltungsklauseln ebenfalls zu lockern. Der Eintritt des einzelnen Anpassungsereignisses muss, um zur Anpassung zu berechtigen, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen erhöhten Grad an Wahrscheinlichkeit aufweisen. Ausreichend ist vielmehr, wenn aus der erweiterten Gruppe an Anpassungsereignissen wenigstens einige als überwiegend wahrscheinlich zu bewerten sind, so dass sich die gesamte Gruppe als noch vertragstypisches Problem darstellt. Der entscheidende Unterschied zu Gestaltungsklauseln liegt aber im Angriffspunkt der Leistungserschwerung. Ist schon unklar, welche konkrete Gefahr sich zu verwirklichen droht, kann der Anpassungsberechtigte auch nicht den Kausalzusammenhang zwischen dem Anpassungsereignis und der Leistungserschwerung benennen. Er ist schon auf Tatbestandsseite der Anpassungsregelung auf unbestimmte Tatbestandsvoraussetzungen angewiesen, was ihm den nötigen Spielraum verschafft, den Anpassungsgegner aber der Unsicherheit aussetzt, welches Anpassungsereignis letztendlich zu einer An83 84

5. Teil Viertes Kapitel C. II. 2. 5. Teil Viertes Kapitel C. III.

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passung führen wird. Dieser erforderliche Spielraum ist nur im Rahmen einer Hilfsklausel zulässig. Danach kann der Anpassungsberechtigte sich auf eine Kategorie möglicher Leistungserschwerung stützen. Für das Anpassungsverfahren gilt ein uneingeschränktes Transparenzgebot.85 Insbesondere das Verständlichkeitsgebot und das Täuschungsverbot sind zu beachten, wenn es um die Einflussnahmemöglichkeit geht, die dem Anpassungsgegner im Moment des Anpassungsverlangens zusteht.86 Die Feststellungen zur Erweiterung inhaltlicher Rechte basieren auf der Überlegung, dass der Anpassungsgegner mit dem Widerspruch ein Gegenrecht hat, um die vertraglich vereinbarte Fiktionswirkung zu zerstören. Die Ausübung des Widerspruchsrechts hängt aber von der genauen Kenntnis der Möglichkeiten ab, schon das Verfahren muss der Anpassungsgegner genau kalkulieren können. Im Gegensatz zu Gestaltungsklauseln sind die Transparenzanforderungen bezüglich des Gegenstandes der Anpassung bei Hilfsklauseln deutlich zu lockern. Danach muss sich der Anpassungsberechtigte grundsätzlich nicht auf den genauen Gegenstand der Anpassung festlegen. Festzuhalten ist aber an dem Erfordernis, dass dem Kunden klar sein muss, nicht nur auf welcher Seite des Vertrages angepasst wird, sondern auch, ob dies durch eine Erweiterung oder Reduzierung von Rechten oder Pflichten geschieht. Der Gegenstand der Anpassung muss lediglich der Kategorie nach angegeben werden. Nicht ausreichend ist es, wenn aus dem Wortlaut der Anpassungsklausel prinzipiell jeder Teil des Vertrages einer Anpassung unterliegen kann. Am Erfordernis eines genauen Anpassungsmaßstabes87, und sei es eines Intervalls möglicher Anpassungsergebnisse, ist hingegen nicht festzuhalten. Für den Kunden muss es genügen, wenn er diejenigen Teile des Vertrages kennt, die von einer Anpassung betroffen sein können. Das genaue Ausmaß zu kalkulieren ist hingegen nicht erforderlich, da der Grad der Betroffenheit im Anpassungsakt zum Ausdruck kommt und der Kunde durch die Reduzierung des Anpassungsgegenstandes bereits sensibilisiert sein sollte, ob die Anpassung sich auf die für seine subjektiven Äquivalenzvorstellungen entscheidenden Vertragsaspekte überhaupt auswirken kann. Referenzklauseln88 Im Unterschied zu Gestaltungsklauseln erhält der Anpassungsgegner bei Referenzklauseln gewisse Sicherheiten durch das gewählte Anpassungsver85 86 87 88

5. 5. 5. 5.

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Viertes Viertes Viertes Viertes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

C. IV. C. IV. 1. C. IV. 2. D.

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fahren.89 Mit der Bindung an eine Referenz legt der Verwender der Anpassungsklausel sein Anpassungsinteresse insofern offen, als er entweder die Leistungserschwerung durch einen Referenzwert auszudrücken in der Lage ist oder durch die erforderlichen Vorgaben an eine Referenzperson das Ziel der Anpassung bestimmt genug formulieren kann. Insoweit spielt der Anpassungsberechtigte mit offenen Karten. Dieser Umstand kommt dem Anpassungsgegner auch im Rahmen der erforderlichen Transparenz zugute, die ja gleichermaßen darauf abzielt, durch die Offenlegung der Berechnung des Anpassungsausmaßes den Anpassungsgegner in die Lage zu versetzten, seine Belange eigenverantwortlich zu wahren und so der Übervorteilung durch den Vertragspartner zu entgehen. Die Wirksamkeit von Referenzklauseln ist an § 307 BGB zu messen.90 Soweit der Gegenstand der Anpassung der vom Kunden zu entrichtende Preis ist, muss § 309 Nr. 1 BGB beachtet werden. Kann der Anpassungsberechtigte die Leistungserschwerung durch einen Referenzwert beschreiben, scheitern andere Anpassungsverfahren unter dem Aspekt der Erforderlichkeit, da sich der Verwender zwar nicht zwingend mehr inhaltliche, wohl aber unnötig weite Verfahrensrechte vorbehält. Referenzwerte sind stets marktbezogen, so dass im Falle einer Veränderung des gewählten Wertes (widerlegbar) auf die Leistungserschwerung geschlossen werden kann.91 Durch die Objektivierung der Anpassungsvoraussetzungen wird der Anpassungsberechtigte daher des Problems ledig, im Zweifelsfall den Beweis führen zu müssen, dass die Leistungserschwerung auch mit einem Wertzuwachs seitens des Kunden in Zusammenhang gebracht werden kann. Wie alle Anpassungsklauseln stehen auch Referenzklauseln unter dem Erfordernis ausreichend transparenter Gestaltung und Darstellung des Inhalts und des Anpassungsverfahrens.92 Zu beachten ist allerdings die Besonderheit, dass durch die gewählte Referenz bereits ein hohes Maß an Verständlichkeit und Bestimmtheit der Klausel zu Grunde gelegt wird. Soweit aber der Referenzwert individuell von Dritten ermittelt werden soll, ist an die für Hilfsklauseln erarbeiteten Maßstäben anzuknüpfen.

89 90 91 92

5. 5. 5. 5.

Teil Teil Teil Teil

Viertes Viertes Viertes Viertes

Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel

D. D. D. D.

I. II. III. IV.

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Stichwortverzeichnis Abschlussfreiheit 121 Allgemeine Geschäftsbedingungen 31, 132–135, 166, 224 Änderung, redaktionell 134 Änderungsrecht 20, 26–27, 75, 231 Änderungstatbestand 26, 27–43, 62 Änderungsvertrag 60, 74, 78, 97–100, 102, 104–105, 116, 136, 143, 145, 218, 224 Anfechtung 26, 35–37, 47, 99, 147 Anfechtungsrecht 26, 99 Angemessenheit 52, 79, 112, 125, 127, 134, 140, 144, 151–152, 155, 158, 162–163, 165–166, 168, 180, 185, 192, 195, 200, 209, 214 Anpassungsakt 35, 59, 60, 63, 105, 108–109, 190, 191, 212, 220, 223–224 Anpassungsbefugnis 59–60, 112, 115, 118, 122 Anpassungsereignis 23, 54, 57–59, 66, 98, 159–160, 171–172, 177, 181–182, 189–190, 192, 203, 207–209, 222 Anpassungserklärung 60, 109 Anpassungsgrund 60–61, 96, 98, 109, 120 Anpassungsinteresse 28, 44–58, 59, 61, 66, 69, 71, 73, 76, 79, 81, 85, 87, 113, 141, 147, 155, 158–160, 162, 164, 166, 168–170, 189, 193, 195, 200–201, 204, 211, 225 Anpassungskompetenz 95, 106–107, 121, Anpassungsprozess 60–61, 92, 95, 106, 109, 158 Anpassungstechnik 27, 60, 87, 139, 213

Anpassungsverfahren 58–61, 67, 73–75, 86, 194, 209–210, 221–222, 228–229 Anpassungsvertrag 42, 60 Anpassungszuständigkeit 91–97, 115 Äquivalenz 23, 52, 81, 90, 93, 110, 142–143, 145, 155–159, 179, 184 Äquivalenzinteresse 90 Äquivalenzprinzip 142–143, 174, 175 Äquivalenzstörungen 51–55, 89, 180 Äquivalenzverhältnis 52, 54–55, 69, 75, 81, 111, 129, 142, 155, 156, 174–175, 183–184, 199, 201, 203, 208 Äquivalenzverschiebung 52–53, 55, 76, 90, 94, 142, 173, 175, 179 Äquivalenzvorstellung 45, 53, 90, 128, 163–164, 175–176, 187, 192, 198, 203, 205–206, 209, 220, 224–225, 229 Arbeitnehmererfindung 83 Arbeitsverhältnis 30 Aufhebungsvertrag 41–42 Auslegung 62–64, 98–99, 101, 106–107, 116, 120, 123, 135, 138, 140, 160, 196, 217 Automatikklausel 60, 112–113, 148, 229 Bedingungsanpassungsklausel 26, 88–89, 180–181, 186, 202, 211, 223, 227 Benachteiligung 140–144 Bestimmbarkeit 58, 124 Bestimmtheit 35, 76, 96, 120, 124, 128, 134, 182–183, 186, 193–194, 228 Bestimmtheitsgrundsatz 186–188

Stichwortverzeichnis Billigkeit 35, 115, 123–124, 126–129, 131, 168, 179, 194, 219 Bindungswille 37, 42–43 Dauerschuldverhältnis 50, 85, 137, 168–170, 172, 191, 201–202, 210, 218 Differenzierungsgebot 188–190 Differenzierungskriterium 90–92, 94, 96, 115 Einbeziehungskontrolle 135–138 Erbbaurecht 78–79, 85, 87 Erforderlichkeit 150, 161, 203–204, 227 Erkennbarkeit 37, 63, 113 Erklärungsbewusstsein 102 Erklärungsfiktion 60, 100–104, 118–120, 144–146, 172, 196, 213, 215–218, 221 Ermessen 106, 117, 120, 124, 127–128, 131, 148–149, 155, 175 Erstbestimmung 31, 33 Existenzgefährdung 51 Fehlvorstellung 25 Frist 120, 201, 215 Geschäftsgrundlage 21, 52–55, 64–68, 75, 78, 80–81, 83–84, 115, 126, 142, 152, 166–167, 180 Geschäftsgrundlagenstörung 26–27, 67, 85–86, 152–153, 165, 167 Geschäftswille 43, 65 Gesellschaft 30, 105 Gestaltungserklärung 60, 113 Gestaltungsfreiheit 32, 49, 121–122, 133, 145, 149 Gestaltungsgrund 60, 109 Gestaltungsklausel 106–112, 116, 121–129, 146–147, 196–213, 217–220, 222–226, 228–229 Gestaltungsmacht 59–61, 97, 103–104, 107, 110–112, 114–116,

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118, 120, 124–125, 127, 134, 142–145, 147–149, 153–154, 163, 213–214, 225 Gestaltungsrecht 34, 36, 38, 40, 59–60, 75, 81–82, 86, 108–110, 112, 116–117, 120–122, 129, 143, 146–149, 151, 164, 197, 199, 201–202, 206, 212–213, 219 Gestaltungsspielraum 58–59, 61, 101–102, 113, 117, 158, 161, 181, 185–187, 194 Gewährleistungsrecht 26, 46, 51, 76 Gewinnsteigerung 61, 72, 159–160, 174, 176, 188–189, 193 Gleitklausel 74, 129–130 Hauptleistungspflicht 29, 88, 136, 154–155, 157, 184 Hilfsklausel 97–107, 112, 115, 117, 119–121, 145–146, 196, 199, 203–204, 213–224, 226, 229 Hinweispflicht 136–137, 184–185 Individualabrede 138 Informationsmodell 134 Interessenabwägung 27, 48, 67, 129, 139–140, 145, 147, 150–182, 200, 202–204, 217, 228 Irrtum 47, 66 Klausel, überraschend 137–138 Konkretisierung 40 Konsensprinzip 59, 108 Kooperationsvertrag 29–30 Kostenklausel 53, 129–130, 162, 173–174, 176 Kostensteigerung 53, 61, 73, 85, 90–91, 156, 160, 162, 174–175, 178, 207–208 Kündigung 71, 82, 104, 146, 195, 207, 209, 210, 222 Kündigungsrecht 26, 78, 82, 164, 205, 206, 207

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Stichwortverzeichnis

Leistungsbestimmung 26, 30–35, 91, 122–128, 147–148 Leistungsbestimmungsrecht 26–27, 34, 125 Leistungserschwerung 51–58, 62, 65–69, 77, 84, 87, 89, 94, 110–111, 113, 124, 128–130, 134, 139, 141–143, 147, 156, 159–162, 165, 167–168, 171–173, 175–179, 181–182, 184, 186–190, 193–195, 203, 207–209, 211, 219–220, 222–223, 225–228 Leistungsstörungsrecht 26, 39–40, 46, 51, 64, 69 Marktpreisklausel 53, 173–174 Marktverhältnisse 85, 111, 160, 175, 228 Marktwert 45, 53, 207, 228 Mieterhöhung 33, 71–75 Mietrecht 71–75 Nachteil 71, 140, 143–144, 150, 152, 158–159, 165, 216 Nachteilsausgleich 162–165 Nebenleistungspflicht 88–89, 154, 157 Neubestimmung 31, 128 Neuverhandlung 116, 118 Neuverhandlungsklausel 107, 120–121 Neuverhandlungspflicht 105–107, 116, 118, 120–121, 144–146 Nichtigkeit 35–36, 52, 124, 126 Pachtrecht 75–76 Pacta sunt servanda 45–47 Plandaten 24–25, 46–47, 50, 54, 56, 159, 169 Planziel 24–25, 29–32, 46, 50–51, 54, 59, 147–148, 157 Preisanpassungsklausel 88, 91, 138–139, 201–202 Preiserhöhung 33, 75–76, 78, 174, 205 Privatautonomie 54, 59, 109

Redlichkeit 103, 179, 181, 219 Referenzklausel 107, 112–118, 121, 129–131, 143, 147–149, 185, 194, 196, 199–201, 204–205, 225–229 Referenzwert 72, 113, 117–118, 144, 148–149, 163, 188, 196, 204, 225–229 Regelungslücke 32, 166 Reisevertragsrecht 76–78, 85–86, 203 Reservierung 169 Richtigkeitsgewähr 34, 96–97, 126 Risikosphäre 45–49, 171 Risikoverteilung 47, 49, 61, 92, 94–95, 141, 148, 152, 162–163, 166 Rücksichtnahme 46, 171–173 Rücktritt 26, 42, 77, 81, 163, 195, 210 Schenkungsrecht 69–71, 85–86 Schiedsgutachter 106, 114–118, 130–131, 148, 204, 227–228 Schiedsklausel 113–114, 228 Schiedsrichter 114–115, 130 Schuldverhältnis, gesetzliches 28–29 Schutzbedürfnis 32, 125, 127, 135–136, 203 Schweigen 100–102, 120, 141, 144–146 Sittenwidrigkeit 129 Spannklausel 129–130 Spannungsklausel 112 Systematisierungskriterium 87–91, 153 Tagespreisklausel 89, 180 Täuschungsverbot 189, 191, 210 Transparenzgebot 139, 182–195, 209, 212, 220–221, 224 Treu und Glauben 29, 55, 66, 120, 144, 151, 167, 224 Umstrukturierung 44, 93, 159–161 Unangemessenheit 144–182 Unwirksamkeit, schwebend 35–36 Urheberrecht 79–80, 85–86

Stichwortverzeichnis Vergleichsgrundlage 78 Verhältnismäßigkeit 120, 152, 162, 165–166, 227 Vermeidbarkeit 49, 171 Vermögensverschlechterung 67–69 Versicherungsbedingungen 81, 181, 209, 211, 223 Versicherungsrecht 80–82, 85, 148, 181, 199 Verständlichkeit 183–186, 189, 194, 221, 228 Vertragsänderung, konkludent 97–101 Vertragsaufhebung 42 Vertragsauslegung 31, 40, 62–64, 107, 123, 152–153, 167 Vertragsbeendigung 40–43, 206 Vertragsbindung 43, 46–47, 55, 69–70, 121, 123, 125, 168–170, 198 Vertragsfreiheit 25, 32, 46–47, 52, 97, 102, 115–116, 121, 143, 145–146 Vertragsgerechtigkeit 55, 85, 153, 171 Vertragspartner, redlich 153, 218 Vertragsprinzip 34, 38, 143–147, 149, 153, 158, 197, 213, 225

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Vertragsrisiko 46–47, 50–51, 57–58, 90–91, 97, 163, 166–167, 182 Vertragstreue 45–49, 58, 141–142, 166 Vertragsverhandlungen 98, 106, 146 Vertrauensbruch 33–35 Vorhersehbarkeit 55–58, 77, 178, 225 Vorvertrag 96 Wahrscheinlichkeit 57–58, 69, 178–180, 192, 208–209, 219–220, 228 Wertsicherungsklausel 88, 112–113 Wertstellungsklausel 185 Wertverhältnis 54, 184, 187, 190, 193, 210, 219, 222 Wertverschiebung 173–179, 207, 219, 226–227 Widerspruch 101, 103–104, 116, 118–119, 172, 195, 215, 218–219, 221–222 Zinsberechnungsklausel 185 Zumutbarkeit 55, 57, 65, 67, 78, 153, 180, 200–201