Verskolometrie und hexametrische Verskunst römischer Bukoliker 9783666252150, 3525252153, 9783525252154

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Verskolometrie und hexametrische Verskunst römischer Bukoliker
 9783666252150, 3525252153, 9783525252154

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H Y P O M N E M A T A 118

V&R

HYPOMNEMATA UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTIKE UND ZU IHREM NACHLEBEN

Herausgegeben von Albrecht Dihle/Siegmar Döpp/Hans-Joachim Gehrke/ Hugh Lloyd-Jones/ Günther Patzig/Christoph Riedweg

HEFT 118

V A N D E N H O E C K & R U P R E C H T IN G Ö T T I N G E N

GEORG SCHWERTLOB KORZENIOWSKI

Verskolometrie und hexametrische Verskunst römischer Bukoliker

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Verantwortlicher Herausgeber: Siegmar Döpp

Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Korzeniowski, Georg Schwertlob: Verskolometrie und hexametrische Verskunst römischer Bukoliker / Georg Schwertlob Korzeniowski. [Verantw. Hrsg.: Siegmar Döpp]. Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1998 (Hypomnemata; H. 118) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1996 ISBN 3-525-25215-3

© 1998, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Hubert & Co., Göttingen

Inhalt Seite Vorrede

.VII

Abkürzungen und Zitierweise

.

IX

Einführung I

Grundbegriffe: Definitionen und Feststellungen

1 .

1. Wort, metrisches Wort, graphisches Wort, Synaloephe. Absoluter, graphischer und latenter Wortschluß. Silbengrenze, Auslautkürzung, Auslautsdehnung . . . Anhang 1: inter bei den römischen Bukolikern 2. Prosodische Wortgestalt. Worttyp: prosodische Wortgestalt im Versablauf 3. Iktus, Kongruenz, Inkongruenz 4. Enjambement: Auftakt und Überhang 5. Caesur und Diaerese Anhang 2: Caesura latens und die sog. quasi-caesura . . 6. Die Verszahl der einzelnen Eklogen und die damit verbundenen textkritischen Fragen . . . .

II

Die bukolische Diaerese . 1. 2. 3. 4. 5.

III

7 23 . . . . .

3 3 3 4 6

0 4 9 4 1

72

73

Vorbemerkung Die bukolische Diaerese in Vergils Eklogen . . Die bukolische Diaerese bei T. Calpumius Siculus . Die bukolische Diaerese in den Carmina Einsidlensia Die bukolische Diaerese bei Nemesianus . . .

D i e Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

7

. 7 3 . 7 4 . 98 . 114 . 118 .

1. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Vergils Eklogen . . . . 2. Zu imitatio, aemulatio und Originalität der römischen Literatur . 3. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον bei Τ. Calpurnius Siculus . . 4. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in den Carmina Einsidlensia . 5. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον bei Nemesianus . . . . 6. Zum όμοιοτέλευτον und όμοιόπτωτον 7. Trochäischer Wortschluß im 4. Fuß des bukolischen Hexameters Anhang 3: Zur bukolischen Diaerese und Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Nemesians Cynegetica 8. Schlußwort

IV Die semiseptenaria als Hauptcaesur . 1. Die semiseptenaria bei Vergil 2. Die semiseptenaria als Hauptcaesur bei T. Calpurnius Siculus

. 127 .129 . 140 . 146 . 154 . 156 . 160 . 165 . 169 .172

. 174 . 176 . 192

VI

Inhalt 3. Die semiseptenaria in den Carmina Einsidlensia . . . . 4. Die semiseptenaria als Hauptcaesur bei Nemesianus . . . Anhang 4: Worttypen vor der semiseptenaria und Wortschlüsse neben dem Wortschluß im 4. longum 5. Schlußwort

. 210 . 214 228 235

V

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes und verwandter rhythmischer Abfolgen am Versanfang im Hexameter römischer Bukoliker . 237 VI Die Hexameterklausel et mihi Damon im Vers römischer Bukoliker 296 1. Die Geschichte des Hexameterschlusses et mihi Damon vor Vergil mit Berücksichtigung von Vergils und Ovids Epen . . . . 2. Die Klausel et mihi Damon bei den römischen Bukolikern . .

VII Verskolometrie und hexametrische Verskunst in den Carmina Einsidlensia: die Autorfrage Rückblick . . . Literaturverzeichnis . Namenregister. Stellenregister . Sachregister

. 297 .315

. 339 .351 . 355 . 373 . 377 . 383

Vorrede Als Vorgeschichte meiner Untersuchungen zur Verskolometrie und hexametrischen Verskunst römischer Bukoliker möge die dankbare Erwähnung jener Lehrer genügen, die mein Denken und Handeln geprägt haben: J. Michalec (t) und I. Dec in Philosophie, T. Hergesel in Exegese, Literaturkritik und Philologie, H. Mysliwiec, von dem ich gelernt habe, was Wissenschaft ist, und J. Mantke in Philologie. So vorbereitet durfte ich mein Studium in Oxford bei R. G. M. Nisbet und dank Professor Ch. Gnilka in Münster weiterführen, wo ich außer von ihm von A. Weische, B. R. Voß und H.-D. Blume viel lernte. Professor Fernando Inciarte hat mich in die Tiefen nicht nur der antiken Philosophie eingeführt, Professor Ernst Vogt für die griechische Literatur erneut so begeistert, daß ich meine Kenntnisse auf dem Gebiet des Griechischen mit Nutzen und Freude erweitern konnte. Es wäre aber nichts zustande gekommen, wenn ich auf meinem Studienwege drei Philologen nicht begegnet wäre, von denen ich Metrik, Kolometrie, Prosarhythmus, Textkritik und noch viel mehr gelernt habe: Hans Drexler (f), Robin Nisbet und Alfons Weische. Bei Professor Wilfried Stroh habe ich erlebt, wie ergiebig und erfreulich Latinitas uiua und die Interpretation lateinischer l e x t e sein können. Auch H. D. Jocelyn fühle ich mich zu einem besonders herzlichen Dank für geistvolle Anregungen verpflichtet. Das vorliegende Buch ist die kaum geänderte Fassung meiner Dissertation, die im Oktober 1996 von der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster angenommen wurde. Das Druckmanuskript wurde im Sommer 1997 abgeschlossen. Berücksichtigt wurden einige wenige Neuerscheinungen und einschlägige Aufsätze, die jedoch zu keiner Berichtigung meines Standpunktes Anlaß gegeben haben. 1 Ansonsten müßte hier und da die Argumentations- und Ausdrucksweise an Klarheit gewonnen haben, größtenteils dank Herrn Professor Horst-Dieter Blume, dessen Sorgfalt bei der Lektüre des umfangreichen Manuskriptes mich zu vielen Verbesserungen veranlaßt hat. Dafür danke ich Herrn Blume besonders herzlich. Nicht minder herzlich danke ich Dr. S. J. Harrison (Corpus Christi College, Oxford), 1 Die dritte von J. Blänsdorf besorgte Ausgabe der Fragmenta Poetarum Latinorum, Lipsiae et Stuttgardiae 1995 habe ich zur Kenntnis genommen und die von mir untersuchten Fragmente mit der zweiten Ausgabe von Morel-Büchner verglichen. Da ich keine Änderungen festgestellt habe, bin ich beim Zitieren nach Morel-Büchner geblieben. Ebenso verhält es sich mit The Fragmentary Latin Poets, ed. with Commentary by Ε. Courtney, Oxford 1993; dazu siehe Η. D. Jocelyn, Hermathena 154 (1995), S. 53-77.

VIII

Vorrede

der mir schwer zugängliche oder in Deutschland nicht vorhandene Veröffentlichungen immer blitzschnell besorgte. Zu danken habe ich auch Dr. P. Flury und Dr. D. Krömer, die mir Zugang zu allen Schätzen der Bibliothek des Thesaurus linguae Latinae und ihrem Rechner gewährten, sowie Dr. M. Flieger und Drs. C. G. van Leijenhorst für ihre Großzügigkeit, mit der sie mir Zeit und Rat bei der Erstellung der Druckvorlage gewährten. In verschiedenen Stadien haben mir meine Freunde und Kollegen in Münster und München durch manche kritische Bemerkung zu einer Umformulierung sachlich schwieriger Abschnitte Anlaß gegeben. Hier danke ich ihnen allen, insonderheit Herrn Dr. Erwin Arnold für seine »Beckmessereien', mit denen er das Manuskript in der Endphase schmückte, und Dirk Adlung, einem feinsinnigen Kenner unserer Muttersprache, der mich beim Korrekturlesen der neu formatierten Druckvorlage unermüdlich unterstützte. Einen besonders herzlichen Dank will ich auch meinem lieben Freunde Karl Maria Harrer aussprechen, der mir das Licht im Dunkeln zeigte. Nicht zuletzt danke ich der Konrad-Adenauer-Stiftung dafür, daß sie mich durch ein großzügiges Promotionsstipendium bis zum Ende unterstützte und durch einen Druckkostenzuschuß die Veröffentlichung meiner Studien ermöglichte, und in diesem Rahmen besonders Herrn Dr. Detlev Preuße für die verständnisvolle Betreuung. Ebenfalls gebührt Herrn Professor Siegmar Döpp und dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht für die Aufnahme meiner Dissertation in die Reihe „Hypomnemata" mein herzlicher Dank. Vor allen anderen danke ich aber meinem Doktorvater, Herrn Professor Alfons Weische, der mich mit Aufgeschlossenheit, unermüdlicher Kritik und viel Humor betreute. Großzügig hat er mir erlaubt, meine Wege zu gehen und fern von der Alma Mater Monasteriensis zu leben, zu forschen und zu genießen, hier, im Land der Bayern, in der schönsten Stadt der Welt. München, den 31. Dezember 1997

Abkürzungen und Zitierweise

1. Antike Autoren Beim Zitieren antiker Autoren werden grundsätzlich die Sigla des ThLL verwendet. Nur die Einsiedler Gedichte kürze ich einfach Eins. anstelle von buc. Eins. Ebenfalls lasse ich bei Vergil und Nemesianus das ecl. weg. Sind die Eklogen gemeint, so werden sie als Verg. I 1 bzw. Nemes. I 1 usw. zitiert. Die Ausgaben, nach denen die Bukoliker zitiert werden, sind im Literaturverzeichnis genannt. Jede Abweichung von ihnen wird am entsprechenden Ort notiert. Siehe auch Kapitel I 6, S. 72.

2. Moderne Autoren Bücher und Aufsätze moderner Autoren werden in den Fußnoten beim ersten Mal voll zitiert. Wenn ein Werk häufig zitiert wird, werden Kurztitel oder bloße Autorennamen verwendet, so z. B. L. de Neubourg, La base metrique oder E. Tamerle, von dem nur eine Abhandlung in Frage kommt. In der Einführung und im ersten Kapitel werden aus historischen Gründen die ersten Ausgaben mancher Arbeiten zitiert, die dann nach den späteren erweiterten oder neu verfaßten Ausgaben aufgeführt werden, so Griechische Metrik von P. Maas und die 1926 erschienene Abhandlung von H. Fränkel. Das Literaturverzeichnis enthält die vollständigen Angaben. Zeitschriften werden vorwiegend nach dem System von L'Annee Philologique abgekürzt. Die Sigla jedoch, die nicht leicht verständlich sind, werden ersetzt oder auf eine verständliche Weise aufgelöst, so ζ. B. Anz. für Altertumswiss. statt AAHG und Bursians Jahresberichte statt JAW, die Sigla also, die unter die weitverbreitete und verdunkelnde Kategorie von TLA [= Three-Letter-Acronym] fallen.

3. Andere Hinsichtlich der Struktur des Hexameters ist die Beschreibung der Positionen von Wortschlüssen nach der Zahl der morae, wie es K. Thraede tut, zwar wissenschaftlich einwandfrei, nichtsdestoweniger aber unüblich. Man müßte umlernen, daß ζ. B. die Zahl 11 den Wortschluß

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Abkürzungen und Zitierweise

nach dem 3. Trochäus, d. h. nach der elften mora bezeichnet. Es ist viel bequemer, wie W. Ott die Versstellen nach sechs longa und bicipitia zu definieren, bzw. die Wortschlüsse mit einer Zahl und d, s, tr zu kennzeichnen. Im übrigen werden die folgenden Abkürzungen verwendet: a) für die Caesuren: 3 = semiternaria, 3tr = caesura κατά τρίτον τροχαϊον, 5 = semiquinaria, 7 - semiseptenaria, 4tr = caesura κατά τέταρτον τροχαΐον, Η mit einer vorangestellten Zahl bedeutet Hauptcaesur, ζ. B. 5 H; ein hochgestelltes H kennzeichnet einen Hiat; b) für die Diaeresen: 8b = diaeresis bucolica, 8s = diaeresis post quartum spondeum, 6 = diaeresis media; 8d = absoluter Wortschluß nach dem 4. Daktylus. Die Drexlersche Schreibung von ,Caesur' und ,Diaerese' wird, außer in Zitaten, beibehalten.

4. Zum Literaturverzeichnis Aufgelistet werden alle benutzten und relevanten Veröffentlichungen. Es kann allerdings vorkommen, daß auf manche durchgearbeitete und in das Literaturverzeichnis aufgenommene Publikation im Text der vorliegenden Abhandlung kein Bezug genommen wird oder daß der eine oder andere in den Fußnoten auftauchende Aufsatz dort fehlt. Auf die Erwähnung von Wörterbüchern, Lexika und Standardwerken, ζ. B. zur lateinischen Syntax, wird im Literaturverzeichnis verzichtet.

Einführung

Die richtige Methode zur Untersuchung der Form der hexametrischen Poesie ist seit langem bekannt. Hans Drexler hat sie sowohl theoretisch begründet als auch praktisch bei seiner Arbeit an ausgewählten Teilen des römischen Epos angewandt. Die seiner Methode zugrundeliegenden Prinzipien lehren uns, daß die syntaktische bzw. kolometrische Satzgliederung für die Untersuchung der Versform sowie für das Verständnis des Inhalts nicht belanglos, sondern wesentlich ist. Somit wird Hans Drexler in unserer Zeit zum Begründer der V e r s k o l o m e t r i e. Für die Alten war sie dagegen eine Selbstverständlichkeit: sie dachten, redeten und interpungierten den Kola entsprechend. Sie hatten es nicht nötig, eine systematische Theorie zu entwickeln. Freilich finden wir in den Schriften der Redner, Grammatiker und Kommentatoren viele theoretische Ansätze und Grundsätze sowohl zu diesem Aspekt als auch zur Metrik und zu ihren Grundbegriffen schlechthin. Hier werden sie aber nicht behandelt, weil dies den Rahmen unseres Vorhabens weit überschritte. 1 Nur hier und da wird auf bestimmte Aussagen verwiesen, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Für unseren Zweck ist es hinreichend, einen Überblick über die Geschichte relevanter metrischer Begriffe in der Neuzeit zu geben. Daher beginnen wir mit Richard Bentley (1662-1742). Uns geht es nicht um die Anführung aller Vertreter einer Ansicht, sondern um Erfassung der Entwicklungstendenzen in der Metrik zwischen Bentley und Drexler mit einigen späteren Beiträgen. Somit wird im folgenden ein wichtiger Teil der Metrik unter dem historischen Gesichtspunkt wie im Spiegel zu sehen sein. Es wird daraus auch klar werden, wieviel Richtiges in unbeachteten Dissertationen steckte, was, zum gegebenen Zeitpunkt erkannt, die Wissenschaftlichkeit der Metrik um Jahrzehnte beschleunigt hätte. Daß aber die wissenschaftliche Metrik und Rhythmik der alten Sprachen vom ausgehenden XIX. Jh. bis tief in das XX. Jh. an einen toten Punkt geriet, dafür sind bestimmte Autoritäten und ,Orakel' verantwortlich. Der Wirklichkeitssinn F. Nietzsches war zu schwach und vielleicht auch zu .unwissenschaftlich', um angesichts der in jener Zeit herrschenden Musiktheorien

1 Zur Metriktheorie vgl. jetzt J. Leonhardt, Dimensio syllabarum. Studien zur lateinischen Prosodie- und Verslehre von der Spätantike bis zur frühen Renaissance. Mit einem ausfiihrlichen Quellenverzeichnis bis zum Jahr 1600, Göttingen 1989 (Hypomnemata 92).

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Einführung

gerecht beurteilt zu werden.1 Nietzsche wußte, daß der sog. ictus metricus (= Versakzent) eine uox nullius ist, und er verstand es, die Metrik von den Einflüssen der Musiktheorien seiner Zeit und der Kantschen Philosophie zu befreien. 2 Leider fand er damit keine Zustimmung. Schon vor Nietzsche muß A. Böckh fundierte Einwände derselben Art und mit demselben Ergebnis erhoben haben, aber seine Encyklopädie, von E. Bratuscheck herausgegeben, erschien erst 1877, zehn Jahre nach seinem Tode. 3 Doch Böckhs Abhandlung über Pindars Versmaße, 4 in der sich 1 F. Nietzsche, Philologica Bd. 2: Unveröffentlichtes zur Literaturgeschichte, Rhetorik und Rhythmik, hrsg. von O. Crusius, Leipzig 1912, S. 269-320, 333-340. Seine Vorlesungen fanden 1870 und 1871 statt, also vor der Herausgabe der Encyklopädie A. Böckhs. G. Zuntz, Drei Kapitel zur griechischen Metrik. I: Wie spricht man griechische Verse?, Wien 1984 (SB Österr. Akad. der Wiss., Bd. 443), S. 24 weist jedoch darauf hin, daß R. Kühner in seiner Griechischen Grammatik bereits 1834, und ausführlicher 1869 2 das Richtige getroffen hat und dies Nietzsche bekannt gewesen sein muß. 2 F. Nietzsche, ebenda S. 336, schreibt noch 1884 in einem Brief an Carl Fuchs folgendes: „Damals [= 1870/71 G. K.] fühlte ich mich als den abseits gestelltesten Metriker unter allen Philologen; denn ich demonstrirte meinen Schülern die ganze Entwicklung der Metrik von Bentley bis Westphal als Geschichte eines Grundirrtums. Damals wehrte ich mich mit Händen und Füssen dagegen, dass ζ. B. ein deutscher Hexameter irgend etwas Verwandtes mit einem griechischen sei. Was ich behauptete war, um bei diesem Beispiele zu bleiben, dass ein Grieche beim Vortrage eines homerischen Verses g a r k e i n e a n d e r n Accente als die Wortaccente angewendet habe, - dass der rhythmische Reiz exakt in den Z e i t q u a n t i t ä t e n und deren Verhältnissen gelegen habe, und n i c h t , wie beim deutschen Hexameter im Hopsasa des Ictus: noch abgesehen davon, dass der deutsche Daktylus auch in der Zeitquantität grundverschieden vom griechischen und lateinischen ist." Dieses Ergebnis ist eine Folge des Studiums und des Denkens, denn von jenem Jahre 1871 berichtet Nietzsche Carl Fuchs im selben Brief: „welches Jahr ich in der erschrecklichen Lektüre der griechischen und lateinischen Metriker verbracht habe, mit einem sehr wunderlichen Resultate." Der ganze Brief, in dem „manches besser formuliert ist als in dem Aufsatz" (O. Crusius, S. 335), befindet sich in: Briefe I 3 , S. 462 ff. Auf Kant hat vor allen G. Hermann gebaut. Siehe U. von Wilamowitz-Moellendorff, Geschichte der Philologie, Leipzig-Berlin 1921, S. 49 (In: Einleitung in die Altertumswissenschaft, hrsg. von A. Gercke, E. Norden, Bd. I Heft 1); A. Kabell, Metrische Studien II: Antiker Form sich nähernd, Uppsala 1960, S. 229-232. Ebenfalls ist die Fragestellung Quantität oder Wortakzent ein Scheinproblem; dazu schon 1905 richtig F. Leo, Der saturnische Vers, Berlin 1905, S. 4: „Zwischen Rücksicht auf Wortbetonung im Verse und Wortbetonung als Princip der Versbildung ist nicht ein Unterschied des Grades, sondern des Wesens. Das Wesentliche ist, welches Mittels sich der Vers bedient, um den Rhythmus in die Erscheinung treten zu lassen. Dies Mittel ist die Quantität, nicht der Accent, für den plautinischen wie für den vergilischen Vers." 3 A. Boeckh, Encyklopädie und Methodologie der philologischen Wissenschaften, hrsg. von E. Bratuscheck, Leipzig 1877; 2. Aufl., nach der ich zitiere, besorgt von R. Klußmann, Leipzig 1886, S. 814-816. 4 A. Boeckh, De metris Pindari libri III... cum notis criticis in Pindari Carmina, Lipsiae 1814.

Einführung

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trotz unnötiger Distinktionen viele Ansätze zur richtigen Caesur- und Diaeresislehre finden, geht Nietzsche über ein halbes Jahrhundert voran. In noch schlimmerer Lage befanden sich Autoren wie P. Kleinecke, M. Jasinski oder H. Mirgel, deren Dissertationen in den Regalen der Bibliotheken in Vergessenheit gerieten. Damit wird nicht gesagt, daß alles, was sich in ihnen findet, richtig und lobenswert sei. Sie enthalten aber viel Richtiges, was früher hätte anerkannt und weiterentwickelt werden sollen. Endlich geschah dies doch unter Paul Maas' Feder, welchem sich Hermann Fränkel sofort anschloß:1 Die meisten Grundbegriffe der Metrik wurden neu definiert und am Untersuchungsmaterial erprobt; für Erscheinungen, die bislang entweder unbeachtet blieben, 2 oder in lateinisch verfaßten Dissertationen korrekt beschrieben, umschrieben oder benannt worden waren, wurden Termini festgelegt. Für besonders wichtig halte ich die Arbeit von E. Tamerle. 3 Bedauerlicherweise war Tamerle, dessen scharfsinnige Behandlung des römischen Hexameters den Weg in die Handbücher nicht gefunden hat und so dem Vergessen anheimgefallen ist, H. Drexler nicht bekannt. Bei P. Maas' ,Handbüchlein' kann man aufgrund seiner Form und Bestimmung nur einige wenige Quellen erkennen. Der am Anfang als Ahnherr der Verskolometrie genannte Hans Drexler konnte also viele Vorarbeiten nutzen, er hat aber auch Neues ge1

P. Maas, Griechische Metrik, Leipzig-Berlin 1923. In: Einleitung in die Altertumswissenschaft, hrsg. von A. Gercke, E. Norden, Bd. I Heft 7; H. Fränkel, Der kallimachische und der homerische Hexameter, Nachr. der Gesellschaft der Wiss. zu Göttingen. Phil.-Hist. Klasse, 1926, S. 197-227 (= Separatum S. 1-33). Von manchen Termini, die Maas vorgeschlagen hat, wird hier abgewichen, ζ. B. wird .Wortbild' durch das verbreitete .metrische Wort' ersetzt. Siehe S. 15 Anm. 2. 2 von den Anhängern des .Formalismus'. 3 E. Tamerle, Der lateinische Vers - ein akzentuierender Vers, Innsbruck 1936. Neben dem Hexameter werden auch der Pentameter und der jambische Trimeter behandelt. Inzwischen (1932-1933) hatte sich H. Drexler mit seinen Plautinischen Akzentstudien als Kenner der altrömischen Metrik erwiesen. Zu Tamerles Abhandlung siehe A. Klotz (Rez.), PhW 57 (1937), Sp. 1249-1255, E. Kaiinka, Bursians Jahresbericht Bd. 256 (1937), S. 99-119 und F. W. Shipley, Problems of the Latin Hexameter, ΤΑΡΑ 69 (1938), S. 135-136. Wichtig ist Shipleys und Kalinkas Erkenntnis, a. O. S. 99, daß Tamerle, der noch vom .Iktus' bzw. ,Versakzent' spricht, in der Tat den metrischen Iktus als „eine Erfindung neuerer Metriker" ablehnt. Die von A. Klotz und E. Kaiinka formulierten Einwände sind zu jener Zeit verständlich. Es muß aber betont werden, daß sich bei den Römern immer wieder solche Hexameter finden lassen, die jedem Bauprinzip - außer den Quantitäten - widerstehen. Daraus sollte man nicht sofort schließen, daß die Beachtung des Wortakzentes oder der Positionen der Wortschlüsse - das sind eigentlich zwei Formulierungen für dieselbe Sache - nicht das Bauprinzip des Hexameters der Römer gewesen sei. In diesem Fall ist der Wissenschaftlichkeitsgrad von 100% unerreichbar, was keinesfalls bedeutet, daß die Feststellungen, von denen es Abweichungen gibt, unwissenschaftlich seien.

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Einführung

schaffen. Insofern kann man sagen, daß er eine Epoche schließt und zugleich eine neue beginnt. Sein größtes Verdienst liegt darin, daß er die theoretische Reflexion in die Praxis umsetzte und an konkreten Beispielen zeigte, daß sich nicht alles im Bereich der poetischen Form in theoretische Formeln einschließen läßt, daß es Grenzfälle gibt, die jeder Statistik und jeder Regel entfliehen, daß man zu verstehen lernen muß. „Unsere Methode ist Interpretation" - pflegte er lapidar zu sagen. Die Feststellung der Existenz des Undefinierbaren und die Notwendigkeit der Interpretation, die sich zwischen dem Geist eines antiken Dichters und dem eines modernen Rezipienten wie eine Brücke spannt, war für Drexler keinesfalls Anlaß zum Pessimismus, wie ζ. B. für P. Maas, sondern vielmehr eine Quelle des Optimismus. Wo sich das formal Einzigartige nicht in eine Regel fassen läßt - für Einzigartiges gibt es keine Kategorien - , kann es der menschliche Geist eben als solches erkennen und bewundern. Der zweite Zweck dieser Einführung und des ersten Kapitels ist die Erläuterung jener Begriffe, die den vorliegenden Untersuchungen zugrundeliegen, um jegliche Mehrdeutigkeit auszuschließen und den Inhalt der folgenden Kapitel leichter verständlich zu machen. Es handelt sich um Begriffe, die auch in der heutigen Philologie 1 keinesfalls endgültig definiert sind und auch nicht eindeutig gebraucht werden. Zur Begründung des Vorhabens, die Verskolometrie und die hexametrische Verskunst römischer Bukoliker zu behandeln, bedarf es keiner langen Darlegung: Die römische Bukolik wurde in der genannten Hinsicht als Gattung bislang noch nicht untersucht. Auch die einzelnen Bukoliker wurden weder von H. Drexler berücksichtigt noch von irgend jemandem mit dessen Methode erforscht. Die vorliegende Studie wird zum ersten Mal einen Vergleich der Dichter hinsichtlich der behandelten metrischen und verskolometrischsyntaktischen Erscheinungen innerhalb der römischen Bukolik ermöglichen und dadurch die formale Kunst jedes einzelnen Dichters deutlich machen. Da unsere Aufmerksamkeit gleichermaßen auf das ideale Versschema und die syntaktisch-kolometrische Gliederung zielt, darf das Gewicht der Schlüsse der Kola und der Pausen nicht überbetont werden; dies müßte notwendigerweise zur Abschaffung der Caesur führen, denn die Gliederung des Textes in Kola und Sätze steht häufig zu dem idealen Hexameterschema in einer gewissen Spannung, ja sogar im Widerspruch. Es wäre jedoch unrichtig, aufgrund jener Erscheinungen die Existenz des idealen Versschemas, in welches der Dichter die Sprachsubstanz wie in 1

Vgl. H. Drexler, Rhythmus und Metrum, Glotta 29 (1942), S. 1.

Einführung

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eine Form gießen muß, zu leugnen. 1 Vielmehr handelt es sich bei der kolometrischen Variierung um die Überwindung einer sonst unausweichlichen Monotonie. Infolgedessen ist unser Augenmerk auf die beiden selteneren Caesuren, die semiseptenaria und die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον, sowie auf die bukolische Diaerese im Hinblick auf ihre Hervorhebung durch die syntaktisch-kolometrische Beschaffenheit der Verse gerichtet. Der semiquinaria wird dagegen kein eigenes Kapitel gewidmet, und zwar deshalb, weil sie als Hauptcaesur des Hexameters nie in Frage gestellt worden ist; ganz im Gegenteil pflegte man die anderen Caesuren zugunsten der semiquinaria zu verdrängen, 2 wodurch dieser mehr Platz und Gewicht eingeräumt wurde, als ihr in Wirklichkeit zukommt. Deshalb sind die statistischen Daten zur semiquinaria fast immer übergroß, bzw. sie sind nicht auf die Häufigkeit der semiquinaria als Hauptcaesur, sondern auf die des (graphischen) Wortschlusses nach dem 3. longum zu beziehen. Dennoch bleibt die semiquinaria von meinen Untersuchungen nicht ausgeschlossen. Hinter der Behandlung sehr vieler Verse, die interpretiert werden, steht die Frage, ob nicht die semiquinaria die Hauptcaesur sei. Dies betrifft vor allem Hexameter, die kolometrisch so strukturiert sind, daß die Entscheidung zwischen der semiquinaria und der semiseptenaria nicht auf den ersten Blick möglich ist. Darüber hinaus kann man das Fehlen eines Kapitels Die semiquinaria als Hauptcaesur leicht kompensieren, indem man von der Gesamtzahl der Verse die Zahl der Hexameter mit 7 Η und 3tr Η abzieht, sei es für einen Bukoliker oder für jedes einzelne Gedicht. Dasselbe betrifft die Prozentzahlen. Mit Hilfe der Tabellen kann man sogar die einzelnen Verse jeder Ekloge mit der semiquinaria als Hauptcaesur leicht erschließen. Dabei wird zunächst ein minimaler Fehler entstehen, aber auch dieser ist leicht zu beheben: man muß caesurlose bzw. an Caesurlosigkeit grenzende Hexameter 3 und Verse mit dem Gleichgewicht beider Caesuren zusätzlich abziehen. 1

Vgl. H. Drexler, Einführung in die römische Metrik, Darmstadt 1967, S. 21. Die formalistische Auffassung der Caesur ging davon aus, daß zur Existenz einer Caesur ein Wortschluß an einer der Caesurstellen, auch ein graphischer, ausreichend sei. Dann wurde die Rangordnung der Häufigkeit der Wortschlußstellen statistisch erfaßt, woraus aber die falsche Folgerung gezogen wurde, daß bei zwei oder ausnahmsweise drei Wortschliissen an den Caesurstellen die Hauptcaesur dort sei, wo der statistisch häufigere Wortschluß vorliegt. So müßte im Hexameter der Römer die semiquinaria immer gegen die semiseptenaria, die semiseptenaria immer gegen die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur den Vorzug haben. Ein locus classicus dieser Auffassung findet sich bei W. Meyer, Zur Geschichte des griechischen und des lateinischen Hexameters, SKBAW 1884 Heft VI, München 1885, S. 1044. 3 Solche Hexameter, vorwiegend mit einem Kolonende nach dem 3. Daktylus, in Versmitte also, sind äußerst selten; sie sind alle besprochen, siehe S. 94-95, 183-184, 201, 212, 218-219, außerdem S. 48 und S. 58-59. Siehe auch Tabelle, S. 234. 2

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Ebenfalls wird den sog. Nebencaesuren wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Wir gehen davon aus, daß die Mehrzahl der Hexameter eine Hauptcaesur hat, mit der unter bestimmten kolometrischen Bedingungen eine Pause verbunden ist. Die sog. Nebencaesuren - es handelt sich um die semiternaria, selten um die Caesuren κατά δεύτερον und κατά τέταρτον τροχαΤον - beziehen sich, abgesehen von den Fällen eines Überhangs, eher auf die Wortstellung und die Gruppierung im Vers. Dort, wo eine solche Strukturierung als angestrebt erscheint, wird freilich auf die Nebencaesur hingewiesen. Ansonsten hängt diese Problematik mit der Untersuchung dreigegliederter Hexameter zusammen. 1 Zu den für unsere Studie zentralen Begriffen gehören Caesur und Diaerese. Sie dürfen in einer ernst zu nehmenden Metrik nicht als bloßer Wortschluß ohne jegliche Rücksichtnahme auf die syntaktisch-kolometrischen Einschnitte aufgefaßt werden. Neben ihnen werden andere Grundbegriffe der Metrik erläutert, insonderheit diejenigen, die das Verständnis der Caesur, der Diaerese und anderer verkolometrischer Erscheinungen unmittelbar fördern. Auf die Anführung a l l e r einschlägiger Veröffentlichungen wird verzichtet. Es werden auch neue oder bislang selten gebrauchte Termini eingeführt sowie bisher mehrdeutig gebrauchte Ausdrücke präzisiert. Vor einiger Zeit hat L. de Neubourg seine Abhandlung um der Klarheit willen ebenfalls mit Definitionen und reichen Literaturhinweisen versehen. 2 Es muß aber gesagt werden, daß L. de Neubourg seine Untersuchungen vom Standpunkt der sog. metrique verbale3 hinsichtlich der Stellung bestimmter prosodischer Wortgestalten im Hexameter (localisation) durchführt und manche Begriffe, vor allem mot metrique,4 in einer anderen Bedeutung benutzt, als es in der modernen Metrik und in der vorliegenden Studie üblich ist. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen einerseits die Geschlossenheit und Kontinuität der Bukolik in Rom unter formalem Gesichtspunkt bestätigen, andererseits die Eigenart der römischen Bukoliker verdeutlichen. Es wird außerdem versucht, zu der Autorfrage der Carmina Einsidlensia mit weiteren metrischen Argumenten, als dies bisher geschehen ist, beizutragen.

1

Siehe unten S. 160-165, S. 230-235. L. de Neubourg, La base metrique de la localisation des mots dans l'hexametre latin, Brüssel 1986. Rezensionen dazu siehe Literaturverzeichnis. 3 L. de Neubourg, S. 11-16, 20. Dem Satz: „La methode de la metrique verbale a surtout ete developpee par l'ecole franfaise" (S. 15) muß widersprochen werden, weil es nämlich sinnlos ist, heutzutage von irgendeiner e'cole nationale zu sprechen. Auch die Studie von F. Marx (1922) ist der Methode der metrique verbale zuzuordnen. 4 L. de Neubourg, S. 20, 29-34. 2

I Grundbegriffe: Definitionen und Feststellungen 1. Wort, metrisches Wort, graphisches Wort, Synaloephe. Absoluter, graphischer und latenter Wortschluß. Silbengrenze, Auslautkürzung, Auslautsdehnung Die Begriffe ,Wort' und ,Wortschluß' sind nicht leicht definierbar. Die moderne Sprachwissenschaft bietet verschiedene Vorschläge, die von einer langen und meist ergebnislosen Diskussion begleitet werden. 1 Wenn ein bestimmter, einer Definition zugrundeliegender Aspekt überbetont wird, sind die Standpunkte vieler sog. Schulen kaum zu vereinbaren. Einer der Einwände gegen A. W. de Groot 2 war, daß er den Begriff ,Wortgrenze' 3 nirgends definiert hat. Es gibt aber Begriffe, die trotz ihrer ,Undefiniertheit' oder ,Undefinierbarkeit' allgemein verständlich sind. Das Streben nach ihrer Definition ist eine Aufgabe der Wissenschaftler und Wissenschaftstheoretiker. Dabei mögen sie jedoch immer an W. von Ockhams Prinzip denken: „non sunt multiplicanda entia sine necessitate." Selbstverständlich wird für die Zwecke der Laut-, Formenoder Bedeutungslehre das vorhandene Sprachmaterial je in einer anderen ihnen eigenen Hinsicht untersucht, so auch für die der Metrik und Sprachrhythmik. Es ist daher sinnvoll, in einer metrischen Studie vom antiken Verständnis des Wortes auszugehen: , W o r t ' i s t hier, w a s d i e A n t i k e n s e l b s t f ü r , W o r t ' h i e l t e n . In Übereinstimmung mit antiker Praxis 4 können wir auch sagen: ,Wort' ist eine

1

H. Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, Stuttgart 19902, s. v. Wort. P. Maas (Rez.), Gnomon 12 (1936), S. 95 zu A. W. de Groot, Wesen und Gesetze der Caesur. Ein Kapitel der allgemeinen Versbaulehre, Mnemosyne S. ΠΙ, vol. Π (1935), S. 81-154. 3 Wie H. Drexler und P. Maas spreche ich konsequent vom .Wortschluß'. Zu anderen Begriffen siehe unten S. 30-34. 4 Vgl. ζ. B. Quint, inst. I 5, 27: «Nam cum dico ,circum litora', tamquam unum enuntiodissimulatadistinctione,itaque t a m q u a m in una u o c e una e s t a c u t a : quod idem accidit in illo ,Troiae qui primus ab oris'.» (Sperrung G. K.). Vgl. H. Drexler, Rhythmus und Metrum, S. 6 Anm. 1, aber auch ders., Einführung, S. 40 Anm. 25 und S. 88 Anm. 5 (zu Prise. GL Π 551 f.), wo Drexler sein Verständnis der Stelle Quintilians gegen die Annahme eines metrischen Wortes, hier ,Ein-Wort-Theorie' genannt, darlegt. 2

8

Grundbegriffe: Definitionen und Feststellungen

mit nur e i n e m Akzentgipfel 1 versehene, sich z w i s c h e n d e m ,Wortanfang' und d e m ,Wortschluß' erstreckende Sprecheinheit. D i e s e D e f i n i t i o n ist unabhängig v o n jeglicher Schreibweise. Quintilians Beispiel circumlitora2 3 ist e i n B e l e g dafür, daß circumlitora mit nur e i n e m A k z e n t g i p f e l versehen ist, d. h. ein Wort ist, nicht z w e i , o b g l e i c h e s sich andererseits u m z w e i selbständige l e x i k a l i s c h e Einheiten handelt; aboris ist n o c h eindeutiger. Somit gelangen wir zu z w e i Unterscheidungen: 1. z w i s c h e n d e m ,metrischen Wort' und d e m ,graphischen Wort', 2. z w i s c h e n d e m ,absoluten Wortschluß' und d e m .graphischen Wortschluß'. W e n n wir v o n der oben genannten Definition des Wortes ausgehen, stellen wir fest, daß die beiden lexikalischen Einheiten ab und oris, w e n n sie hintereinander stehen, mit nur e i n e m Akzentgipfel 4 versehen sind und somit nur ein W o r t bilden. 5 D i e s e s Wort nennen wir ,metrisches Wort'. 1

Das Problem des Nebenakzentes ist hier belanglos. Man kann auch circum-litora und ab-öris schreiben, wobei der Strich nur einen graphischen Wortschluß innerhalb einer metrischen Einheit kennzeichnet. 3 Mag dieser Beleg nicht der am glücklichsten gewählte sein, ist er doch für uns ein eindeutiges Zeugnis. Unser Einwand bezieht sich auf die mögliche Stellung des postponierten circum oder inter am Hexameterschluß, ζ. B. litora circum, wo betonte Wörter die Regel sind. Dies wird unten genauer behandelt. 4 Anstelle von ,Akzentgipfel' kann man vom ,Wortakzent' sprechen. Vgl. A. W. Ahlberg, Studia de accentu Latino, Lundae 1905, S. 30-31, z. B. S. 30: „Facile in vivo hominum sermone audimus quasdam voces inter se tarn arte coniungi, ut quasi u η a m partem orationis efficiant eamque ob rem u n o a c c e n t u pronuntientur, idque tarn clare, ut qui a vulgari more in acuendo abhorreat peccare vel barbare loqui nobis videatur. Sed hae vocum collocationes η ο η o m n e s e a d e m ν i vinciuntur." [Sperrungen von mir], und S. 31: „Contra ipsae praepositiones acuuntur, ubicumque voces atonae subsequuntur, in quibus sunt pronomina enclitica. Itaque hie accentus in me, in eo, in illo, circum me, inter se legitimus est." So auch Bentley: Miserdm me. Aber diese Beispiele zeigen zugleich, daß man Ahlberg mit Vorsicht lesen muß, weil er häufig Akzentuierung (accentus) mit Iktierung verwechselt, z. B. S. 31: „Cum medio in versu uxorem me'am, gndto tüo saepe occurrat, in fine versus üxore'm medm, gnatö tuo semper inveniantur ...". Siehe passim bis S. 40. 5 Den festen Begriff .Wortbild' hat P. Maas eingeführt; siehe P. Maas, Griechische Metrik, Leipzig-Berlin 1923, § 90 (übersetzt von H. Lloyd-Jones mit ,word-group'). Η. Fränkel übernahm ihn sofort; siehe H. Fränkel, wie oben Anm. 1, S. 3 sowie die völlig geänderte und umgearbeitete Fassung Der homerische und der kallimachische Hexameter. In: Wege und Formen frühgriechischen Denkens, hrsg. von F. Tietze, München 1968 (zuerst 1955 erschienen), S. 100-156 und 370. Der Begriff .metrisches Wort' ist aber passender und bereits in mehreren Sprachen geläufig (.parola metrica', ,mot metrique'), so daß auch der Gebrauch von .metrical word' zu erhoffen ist. Auch H. Drexler, der Vandviks Verwendung der Termini .Wortgruppe' und ,Einzelwort' kritisiert, wies auf den Gebrauch der Termini .Wortbild' und .Wortgruppe' hin: Rhythmus und Metrum, Glotta 29 (1942), S. 4 Anm., S. 13 Anm. Das Grundlegende zu bestimmen strebte Drexler schon früher an: Plautinische Akzentstudien I, S. 12-25, siehe 2

Wort - metrisch, graphisch; Synaloephe usw.

9

Es ist offensichtlich, daß die Erscheinungen der Proklise und der Enklise von der Problematik metrischer Wörter nicht trennbar sind; sie gehören aufs engste zusammen. 1 Natürlich ist ein graphisches Wort, ζ. B. meditaris, auch ein metrisches Wort. Es muß also Sache der Konvention bleiben, daß wir in der Metrik der Unterscheidung wegen nur aus mehreren lexikalischen Einheiten bestehende Wörter als .metrische Wörter' bezeichnen, nicht alle mit nur einem Akzentgipfel versehene Wörter schlechthin. Daraus folgt, daß im metrischen Wort ab-oris kein Wortschluß nach ab vorliegt, noch in sub-tegmine nach sub. Da wir aber gemäß unserer Schreibweise ab oris und sub tegmine getrennt schreiben, wollen wir vom .graphischen Wortschluß' nach ab und nach sub sprechen.2 Dieser .graphische Wortschluß' sowie der .absolute Wortschluß' kann am besten mit der .Silbengrenze', ζ. B. in äb-luo, verglichen werden, welcher er dem Rang nach gleich ist. Zwischen ihnen aber besteht ein Unterschied, auf den später eingegangen wird. Der eigentliche Wortschluß liegt also ζ. B. in primus ab oris nach primus/ und nach aborisl·, er wird durch den Schrägstrich markiert, der sonst ein Kolonende kennzeichnet. Dieser wird hier ,absoluter Wortschluß'3 genannt. Obwohl offensichtlich, ist nicht von allen Philologen beachtet worden, daß eine der wesentlichen Bedingungen für die Caesur und Diaerese ein a b s o l u t e r Wortschluß ist.4

auch III, S. 33-36. Außer den in unserem Verständnis metrischen Wörtern befaßte sichDrexler mit rhythmischen Wortverbindungen, d. h. Wort g r u p p e n , die keine metrischen Wörter sind. Aus diesem Grunde ist die engliche Entsprechung für .Wortbild' - ,word-group' problematisch. Zum Gebrauch des Terminus .Wortbild' bei E. Fraenkel siehe H. Drexler, Plautinische Akzentstudien, Bd. I, S. 18. P. Maas spricht auch einmal im § 135 vom .Gesamtbild'. 1 N.-O. Nilsson, Metrische Stildifferenzen in den Satiren des Horaz, Uppsala 1952 (Studia Latina Holmiensia I), S. 50-51; Rez. H. Drexler, Gnomon 25 (1953), S. 333335. Siehe auch χ -"|| und -x, 1|,3 a ber auch sie gehören nicht zu den gesuchten: erstens wegen des Wortschlusses nach dem 1. Fuß, vor allem wenn es sich um ein spondeisches Wort handelt, zweitens, was als Argument überwiegt, wegen der dadurch bedingten Einschränkungen für die Weiterführung in der zweiten Vershälfte. Dennoch ist die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον im Hexameter der Römer nicht so selten, wie es Jahrhunderte lang, mit wenigen Ausnahmen, 4 behauptet wurde, einschließlich der Ansicht, sie fehle dort gänzlich. 5 Ferner ist sie nicht nur ein Ausdruck der mimetischen Absicht, einen bestimmten griechischen Hexameter in der lateinischen Sprache genau wiederzugeben 6 oder einen griechisch klingenden 1

Ich beziehe mich auf den Hexameter und das sog. elegische Distichon. E. Tamerles Studie liefert den Beweis dafür. 3 Die Aufteilung _ x •-->-"11 ist wie sparsis hastis longis. 4 Vor allen Jakob Walser, Zur Caesura κατά τρίτον τροχαΐον im Lateinischen, Zeitschr. für die österr. Gymnasien 33 (1882), S. 1-29. 5 Siehe oben S. 45, wo die meisten Veröffentlichungen genannt sind. Ergänzend gebe ich hier zwei Abhandlungen an, die trotz ihres formalistischen Standpunktes für die Verstechnik und den Gebrauch trochäischer Wortschlüsse einschlägig sind: W. Meyer, Uber die weibliche Caesur des klassischen lateinischen Hexameters und über lateinische Caesuren überhaupt, SKBAW 1889, Bd. II, Η. II, München 1889, S. 228-245; C. Cavallin, De caesuris quarti et quinti trochaeorum hexametri apud Latinos poetas coniunctis, (Diss.) Norrcopiae 1896 (hier .caesura' = .Wortschluß'). Vgl. unten S. 275 Anm. 1. 6 Zum Beispiel Verg. II 24; oder vgl. Verg. VIII 21 mit Theocr. I 64 oder Verg. X 11-12 mit Theocr. 167-68. Mehrere Parallelen in der Ausgabe von C. Hosius. 2

128

Die Caesur κατά

τρίτον τροχαΐον als

Hauptcaesur

Vers zu bauen, weil es neben den vielen sog. uersus graecanici, in denen griechische Eigennamen oder auch Appellativa ein unverkennbares Anzeichen dieser Absicht sind, auch rein lateinische Hexameter mit dieser Hauptcaesur gibt, welche als solche zugunsten des Wortschlusses nach dem 4. longum gewöhnlich nicht anerkannt wurde.1 Sowohl das eine als auch das andere zu beweisen ist das Ziel dieses Kapitels. Daraus wird zugleich folgen, daß der absolute Wortschluß nach dem 3. Trochäus bei der beabsichtigten semiseptenaria als Hauptcaesur von den Römern nicht gemieden wurde. Nicht nur das, sondern auch die Rolle der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur wurde von J. Walser erkannt, der das Fundament bereits 1882 legte. Obwohl von H. Drexler nirgends genannt, gehört J. Walser zu seinen wichtigsten Vorläufern. Seine vortrefflichen Beobachtungen zur Ästhetik der Hexameter mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον und zur Methode der Feststellung der Hauptcaesur verdienen ein ungekürztes Zitat: „Die Caesura κατά τρίτον τροχαΐον kann als rhythmischer Einschnitt an bedeutsamer Stelle, was sie ohne Frage ist, in Bezug auf Kraft, Wucht und Intensität sich mit ihren Geschwistern nicht messen. Ihr zarteres Wesen drängt sich weniger auf; sie besitzt nicht die Eigenschaft, schwer ins Gehör zu fallen; sie hat etwas Flüssiges und im Unterbrechen Vermittelndes, soll und muss aber dort entschieden beachtet und berücksichtigt werden, wo sie - und das ist der vornehmste Fall - zunächst in der Umgebung anderer Caesuren von der Pause des Sinnes oder sonstigen einflussreichen Momenten unzweideutig unterstützt und markiert wird. Diese Forderung ist keine neue. Wenn das Recht, in Collisionsfallen zu dirimieren, bei den anderen Caesuren gilt und nicht umgangen werden kann, so darf dieses Recht auch der troch. Caesur nicht geschmälert werden. Nehmen wir den nächsten besten Fall, ζ. B. das Vergilische: mens immota manet; lacrimae volvuntur inanes, so muss auf Grund der richtigen Distinction die έφϋημιμερής in diesem Vers vor der πενϋημιμερής zurücktreten; und wiederum gibt es Fälle, wo die έφΰημιμερής zur primären Geltung gelangt. Doch ich sichere da zu ängstlich die Rechte der troch. Caesur, da ich eigentlich ganz einfach auf die allgemeine Pflicht, in Collisionsfällen nach Kräften zu dirimieren, als auf eine in der Vernünftigkeit begründete Sache hätte verweisen sollen. Wo also bei unserer troch. Caesur das materielle und das ideelle Moment, 1 Damit wird nicht in Frage gestellt, daß solche Hexameter verzärtelt wirkten, was mit der griechischen Verskunst identifiziert wurde. Andererseits wurde diese Wirkung bei den Römern zu einem Kennzeichen der Bukolik. Vgl. ζ. B. S. E. Winbolt, S. 78: „The bucolic style of Virgil's Eclogues seems particularly to affect the soft and languid effect of the 3rd trochaic."

in Vergils Eklogen

129

der Einschnitt des Verses und des Zusammenhanges - zunächst in Collisionsfällen - praevalierend sich vereinigen, da ist eine gute troch. Caesur vorhanden, und selbe hat die Leitung des Verses. Und dessen waren sich auch die lat. Dichter vollkommen bewusst und haben es oft in der ganzen Anlage solcher Verse genügend zu erkennen gegeben."1

1. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Vergils Eklogen Obgleich die statistischen Daten zu Vergil in zahlreichen Veröffentlichungen zugänglich sind, 2 muß auch hier eine Tabelle erstellt werden, weil die Angaben erstens nur graphische Wortschlüsse berücksichtigen und zweitens untereinander nicht übereinstimmen. Die von Hosius angegebenen Daten sind großenteils unübersichtlich. Die Aussage: „Hephthemimeres coniuncta cum trithemimere et caesura κατά τρίτον τροχαΐον occurrit 88 i e s ", kann sowohl den trochäischen Wortschluß bei der überwiegenden semiseptenaria als auch die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur betreffen. 3 Anders urteilt Η. Holtorf, der dem Leser 45 Beispiele vor Augen führt.4 Doch dürfen einige im Kapitel .Weibliche Hauptzäsur' keinen Platz finden.5 1

J. Walser, S. 5-6. Richtiges lehrte bereits Th. Birt, S. 11. Die Hexameter der Epiker mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur und mit dem Wortschluß 3tr bei der semiseptenaria als Hauptcaesur werden von H. Drexler in seinen Hexameterstudien I behandelt. Treffende und schöne Bemerkungen zur Ästhetik verschiedener Rhythmen vor der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον und zur rhythmischen Wirkung des spondeischen Retardierens (moenia Romanesque gegenüber uirtute experiamur) ebendort, S. 440-442. 2 Ε. H. Sturtevant, Word-Ends and Pauses in the Hexameter, AJP 42 (1921), S. 304 ff.; W. Ott, Metrische Analysen zu Vergil. Bucolica, Tübingen 1978; J. P. Poe, a. O. Tabelle IV und Χ-ΧΠ. Vgl. außerdem J. Perret, Mots et fins de mots trocha'iques dans l'hexametre latin, REL 32 (1954), S. 183-199; ders., Sur la place des fins de mots dans la partie centrale de l'hexametre latin, REL 31 (1953), S. 200-214. 3 Von seinen auf S. 61 genannten 18 Beispielen (nicht alle für 3tr H) müssen fünf gestrichen werden: Verg. I 32, V 19, 59, VIII 22, VI 81 (super geht mit sua tecta zusammen). Von den übrigen 13 Versen betrachtet Hosius nur 8 als solche mit der überwiegenden Caesur κατά τρίτον τροχαΐον. 4 Η. Holtorf, S. 300-301. Ich weiß nicht, warum I 70 nur unter b) und nicht auch unter a) klassifiziert ist. X 54 ist ein Fehler; es sollte 53 stehen. 5 Die Nennung von VIII49,102, IX 24, 56 an dieser Stelle wundert uns nicht; wir können ja noch eine Erfindung des Autors begrüßen (siehe oben S. 96 Anm. 5). Die vier Verse sind wie folgt: V m 49: crudelis mater magis, I an puer improbus ille? V i n 102: transque caput iace, I nec respexeris. his ego Daphnin IX 24: et potum pastas age, I Tityre, et inter agendum dazu vgl. meine Erörterung auf S. 57 f. und S. 95-96 - und IX 56: Causando nostros II7 in longum ducis amores.

130

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

Nach diesem Hinweis widme ich mich der systematischen Darstellung der Tatsachen. Wegen der Möglichkeit einer latenten Caesur werden bei der Behandlung der Wortschlüsse an den Caesurstellen latente Wortschlüsse in den Tabellen mitberücksichtigt und mit (lat.) kenntlich gemacht. Auf die Erwähnung graphischer Wortschlüsse wie ζ. B. Verg. 18 wird verzichtet. In Vergils Eklogen endet ein Wort nach dem 3. Trochäus 108mal. Vers- Verg. zahl ecl.

83

Wortschluß 3 tr

5, 9,12, 27, 30, 32, 35, 36, 43, 56, 69, 70, 73, 76. 73 II 4, 6, 7, 22, 24, 29, 33, 45, 53, 65, 72. 110 III 3, 23, 40, 59, 64, 75, 79, 90, 109. 63 IV 2, 10, 16, 34, 35, 37, 40, 51, 57. 90 V 2, 15, 19, 23, 28, 47, 50, 51, 52, 59, 61, 64, 65, 66, 70, 77, 78, 79. 86 VI 6 (lat.), 18, 26, 33, 44, 70, 76, 79, 80, 81. 70 VII 9, 10, 15, 37, 40. 94 VIII 22, 27, 29, 32, 80, 83, 101, 103, 106. 67 IX 8, 11, 14, 29, 38, 39, 60, 62, 64, 65. 1, 3, 12, 21, 28, 29, 30, 47, 53, 56, 68, 75, 76. 77 X

813

Summe

%

I

14 11 9 9

16,87 15,07 8,18 14,28

18 10 5 9 10 13

20,00 11,63 7,14 9,57 14,92 16,88

108 13,28

Somit ist bewiesen, daß die Römer vor dem Wortschluß nach dem 3. Trochäus keine Scheu empfanden. 1 Es verbleibt zu zeigen, daß sie auch der Caesur an dieser Versstelle nicht auswichen. Um das Ergebnis zu sichern, behandle ich zunächst kolometrisch komplizierte Hexameter. Einige von ihnen, wenn wir von der semiternaria absehen, sind formal mit einem Wortschluß an einer Caesurstelle versehen, kolometrisch aber caesurlos oder an der Grenze der Caesurlosigkeit. I 70: impius haec tam culta noualia miles habebit, barbarus has segetes.

Außerdem hat zwar Verg. IX 54 eine .weibliche Zäsur', aber die κατά δεύτερον τροχαΐον. Verg. 173, VIH 101, Χ 2 9 , 5 6 haben die überwiegende semiseptenaria, X 47 stellt einen Grenzfall dar, V 19 und VI 81 wurden schon im Zusammenhang mit C. Hosius genannt. So sind uns nur 33 Belege Holtorfs mit 3tr als Hauptcaesur geblieben. 1 Bemerkenswert ist die Lücke in Verg. VIE zwischen den Versen 32 und 80, die in das Amoibaion fällt, dann folgen die Verse 80 und 83, die eine Erinnerung an Daphnis sind.

in Vergils Eklogen

131

Wie der miles, der impius und ein barbarus ist, so ist auch dieser Vers: Durch seine Ungegliedertheit wird der Inhalt der Aussage malerisch dargestellt. 1 Im Versinnern überwiegt kolometrisch der Wortschluß nach noualia.2 Der trochäische Wortschluß hingegen könnte nur dann an Bedeutung gewinnen, wenn auf dem Ausdruck tarn culta Emphase läge. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein: impius haec tarn culta II noualia miles habebit. Vielmehr wird dieser caesurlose Hexameter durch die semiternaria nach dem stark deiktischen haec und durch den Wortschluß nach dem 4. Daktylus gegliedert: impius haec I tarn culta noualia I miles habebit, barbarus has segetes.ll5 Das Vorteil dieser Gliederung ist nicht zu übersehen: Die beiden Teile des zu habebit gehörenden gewichtigen Objekts (das deiktische haec und - an sich ein Kolon - tarn culta noualia) enden an markanten Versstellen, wodurch nicht nur der ununterbrochene Ablauf des gewichtigen Objekts natürlich wirkt, sondern auch das Subjekt hervorgehoben wird. Fällt der stärkste gliedernde Wortschluß nach noualia, so wird miles sofort als eine Einheit mit impius empfunden. Bei emphatischem tarn culta und der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον müßte diese von Vergil stark betonte emotionale Verbindung in den Hintergrund treten, was Vergil eben nicht wollte. Im Gegenteil, er wollte die ausbrechenden starken Gefühle zeigen, was der Bau der folgenden Vershälfte beweist: barbarus has segetes. Nicht nur steht hier das zweite stark emotionale (substantivierte) Adjektiv barbarus - parallel zu impius - am Versanfang, sondern der ganze Satzausklang ist parallel zu dem vorhergehenden Vers gebaut: impius haec tam culta noualia barbarus has segetes. Die Stellung von segetes vor der semiquinaria als Hauptcaesur erlaubt den Schluß, daß auch der Wortschluß nach noualia stark ist, wodurch er sich der bukolischen Diaerese nähert. Es kann also keinen Anstoß erregen, wenn wir I 70 für caesurlos halten und ihn außerhalb der Tabelle lassen. Ein ähnlicher Fall ist VI 80 und III 23. VI 80-81: quo cursu deserta petiuerit II et quibus ante infelix sua tecta super II uolitauerit alis?

1

Vgl. auch Verg. Π 25. Es wurde bereits gesagt, daß die Phrase haec tam culta noualia ein gewichtiges Objekt ist. Vgl. auch oben S. 20 Anm. 4. 2

132

Die Caesur κατά τρίτον τοοχαϊσν als Hauptcaesur

III 23: si nescis, meus ille caper fuit;ll et mihi Damon 1 Gewiß kann für die Hauptcaesur nach deserta keine Begründung gefunden werden außer der rein formalen. 2 Ich halte den Vers VI 80 für caesurlos und nehme ihn nicht in die Tabelle auf. Ähnlich verhält es sich in III 23 mit der kolometrisch starken bukolischen Diaerese. Nur mit Anstrengung könnte man sich für eine sehr schwache semiseptenaria aussprechen, zumal das Prädikat meus ... fuit das Subjekt ille caper einschließt. Dieser Wortschluß nach dem 4. longum hat aber in diesem sonst rhythmisch einwandfreien Hexameter keine gliedernde Funktion, zumal er durch das folgende und das Kolon schließende fuit - in Drexlers Terminologie - stark .verdunkelt' ist; ebenso verhält es sich mit dem Wortschluß nach ille, so daß auch dieser Hexameter als caesurlos zu gelten hat. 3 Denn für die Annahme der trochäischen Caesur nach ille gäbe angesichts der Stärke der bukolischen Diaerese nicht einmal die Verssymmetrie meus ille I caper fuit eine Berechtigung. Eindeutig haben die semiseptenaria als Hauptcaesur III 109, VIII101 und 106. Etwas schwieriger ist bei I 43, X 47 und 75 zu entscheiden: 143: bis senos cui nostra dies altaria fumant. X 47: Alpinas, a! dura,II niues I et frigora Rheni me-sine sola uides.// X 75: surgamus: solet esse II grauis cantantibus umbra, iuniperi grauis umbra; Normalerweise haben Hexameter, in denen ein Attribut und sein Nomen am Versanfang und vor dem 4. longum stehen, die semiseptenaria als Hauptcaesur. Hier wird aber dieses Prinzip in I 43 durch kunstvolle Stellung und in X 47 durch die Emphase auf dura (seil. Lycori) durchbrochen. 4 Ich neige zu der Ansicht, daß in I 43 keine der Caesuren vorherrscht, sondern die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον und die semiseptenaria als gleichberechtigt miteinander im Spiel sind.5 In X 47 dagegen sehe ich in der Emphase auf dura, deren Ausklang sola uides im nächsten Vers 1

Vgl. Verg. IX 60. Freilich spielt in I 70, VI 80 und am deutlichsten in ΠΙ 23 angesichts des Fehlens der Hauptcaesur die semiternaria eine wichtige Rolle. 2 Siehe oben S. 56-59. 3 Vgl. Verg. IX 60. 4 H. Patzer, Zum Sprachstil, S. 79 schreibt von Catulls Hexameter: „Das Gewicht jedes Attributs wird in der Regel dadurch noch erhöht, daß es durch Sperrung von seinem Nomen fortgerückt wird und überdies auf das gesperrte Paar noch betont dadurch hingewiesen wird, daß Attribut und Nomen an ausgezeichnete Versstellen gesetzt werden. Ja die ineinander greifende Sperrung zweier solcher Paare in einem Vers (wie in V. 1. 7. 9. 10) ergibt kunstvolle Verschränkungen." Vgl. auch die dort auf S. 83 angeführten Untertypen, vor allem Catull. 64,178 zu Verg. X 47. 5 Ählich auf den ersten Blick Verg. X 21, wo jedoch die 3 tr überwiegt. Siehe auch unten S. 148 zu Calp. ΠΙ 16.

133

in Vergils Eklogen

vor der semiquinaria ist, so viel Kraft, daß sie samt der kolometrischen Fortführung die in solchen Fällen übliche semiseptenaria zu übertreffen vermag. Das von mir gesetzte Komma nach dura findet sich nur bei Perret. Den Vers nehme ich in die Tabelle auf. Ebenfalls erkenne ich in X 75 die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον an: Das zweite Hemistichion grauis cantantibus umbra wird durch das erste Hemistichion des folgenden Verses aufgenommen; bei der semiseptenaria ginge dieser Parallelismus verloren. Die nach dem dritten Trochäus vorkommende Caesur überwiegt in folgenden Hexametern:1 Vers- Wort- Verg. zahl schi. 3tr ecl. 14 I 83

73 110 63 90 86 70 94 67 77

11 9 9 18 10 5 9 10 13

813

108

3 trH

5, 27, 35, 36, 56, 69, 76. 4, 6, 7, 24, 53, 65, 72. III 3, 40, 59, 79, 90. IV 10,2 16, 34, 35, 37, 57.3 V 15, 23, 47, 52, 61, 64, 66, 79. VI 18, 33, 44. V I I 9, 15, 37, 40. V I I I 80, 83. IX 8, 14, 29, 38, 39,4 60, 62, 64, 65. X 1, 3, 12, 21, 28, 47, 53, 75, 76. II

Insg. %abs.

7 8,43 7 9,59 5 4,54 6 9,52 8 8,88 3 3,49 4 5,71 2 2,13 9 13,43 9 11,69 60

7,38

%rel.

50,00 63,63 55,55 66,66 44,44 30,00 80,00 22,22 90,00 69,23 55,55

Dabei wolle man die von H. Drexler für die ersten 1000 Verse der Aeneis angeführte Zahl von 15 Versen mit dieser Caesur beachten (absolut 1,5%).5 Wie früher eel. IV hinsichtlich der bukolischen Diaerese, so unterscheiden sich jetzt eel. VI und VIII deutlich von den anderen Eklogen als mehr ,episch'. Sicher steht dies mit Silens Lied in eel. VI in Zusammenhang.6 Jetzt wende ich mich einer kurzen Besprechung der einzelnen Hexameter mit der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur zu. Eine

1

Vgl. M. Jasinski, S. 24 (37 Beispiele). Vgl. R. G. M. Nisbet, The Style of Virgil's Eclogues, Proceedings of the Virgil Society 20 (1991), S. 12 mit Anm. 15 [= S. 335], 3 Siehe G. Hermann, a. O. S. 337. 4 Sprachwidrig Κ. Thraede, Der Hexameter in Rom, S. 17. 5 Hexameterstudien /, Anlage I; Hexameterstudien II-III, Tabelle I. 6 Vgl. Jasinski, a. Ο. S. 19, 59, 62. 2

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Die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur

Anzahl dieser Verse hat eine Sperrungsart, die dem von H. Patzer genannten Typus I in Versen mit der semiquinaria genau entspricht: Catull. 64, 2: dicuntur liquidas II Neptuni nasse per undas1 Verg. V 47: dulcis aquae saliente II sitim restringuere riuo. Der einzige Unterschied betrifft die Caesur. Er ist formal-metrischer Natur, denn die für die Hauptcaesur maßgebende kolometrische Gruppierung bleibt dieselbe. Aus diesem Grunde haben so gegliederte Hexameter die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον, nicht die semiseptenaria. Außer Verg. V 47 gehören hierher folgende Verse: IV 37: hinc, ubi iam firmata II uirum te fecerit aetas qua se subducere colles IX 8: incipiunt mollique II iugum demittere cliuo (sc. incipit) II 72: uiminibus mollique II paras detexere iunco? III 79: et longum .formose. II uale uale' - inquit - .Iolla!' 2 Von diesen fünf Hexametern gehe ich zu einigen anderen über, die ebenfalls eine Sperrungscaesur haben. X 53: malle pati tenerisque II meos incidere amores arboribus. Hier ist die trochäische Caesur im Spiel mit dem effektvollen Überhang. Das Kolon meos incidere amores vertritt nach H. Patzer Typus II. Ähnlich gegliedert ist VI 18: adgressi (nam saepe II senex spe carminis ambo luserat. I 35: non umquam grauis aere II domum mihi dextra redibat Grauis aere ist prädikativ auf dextra bezogen. Die Sperrungsart ist eine Variation des Typus I. Zu demselben Untertyp gehören: VI 44: clamassent, ut litus II ,Hyla, Hyla' omne sonaret. I 76: dumosa pendere II procul de rape uidebo Hier steht pendere in Sperrung zu de rupe, procul3 zu uidebo. Somit ist das eine Kombination der Sperrungstypen I und II. VII 40: si qua tui Corvdonis II habet te cura. uenito. Es gibt auch Verse ohne Sperrung mit der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον: I 5: formosam resonare II doces Amaryllida siluas. I 36: Mirabar quid maesta II deos, Amarylli, uocares V 23: atque deos atque astra II uocat crudelia mater.

1 2 3

Μ. E. soll das ganze per-undas hervorgehoben werden. Von mir so interpungiert. Der Vers ist unten, S. 138 genauer besprochen. Zu procul siehe R. G. Austin zu Verg. Aen. VI 10.

in Vergils Eklogen

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In I 36 gehören deos ... uocares zusammen. Genauso bildet die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον die kolometrische Achse in V 23. Auch in Vers I 5 überwiegt die trochäische Caesur. Es genügt, sich den Vers auf zweierlei Weise rezitiert vorzustellen, um sicher zu sein, daß er mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον seine natürliche Schönheit entfaltet. V 15: experiar: tu deinde II iubeto certet Amyntas1 IX 29: cantantes sublime II ferent ad sidera cycni.2 Auch wenn man das Mitspielen einer entfernten Sperrung sublime - tuum nomen (V. 27) erwägen möchte, ist sublime hier prädikativ und gehört dadurch eng zu ferent. So ergibt sich ein Pleonasmus sublime ferent ad sidera, mit ferent άπό κοινον. Durch die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον wird erstens sublime hervorgehoben und die genauere Formulierung des Gedankens ferent ad sidera als eine Einheit artikuliert, zweitens wird die den Vers rahmende Sperrung cantantes ... cycni erkennbar. Bei einer Gliederung 3 + 7 Η wäre diese Einheit zerstört.3 IX 14-15: quod nisi me quacumque II nouas incidere lites ante sinistra caua II monuisset ab ilice cornix. Das Kolon nouas ... lites hängt als Teil des Acl von monuisset ab. X 21: omnes ,unde amor iste' II rogant ,tibi?' uenit Apollo. In V 15 ist die Caesur schwach. Sie kommt durch Geschlossenheit des Kolons iubeto certet Amyntas zur Geltung. Ähnlich schwach, aber etwas schwieriger, ist die Caesur in III 3: Infelix ο semper, oues, pecus! ipse Neaeram Der Vers erinnert an VI 80 und III 23.4 Wenn hier eine schwache Caesur κατά τρίτον τροχαΐον anzunehmen ist, dann nur wegen des eingeschobenen oues, wodurch die bukolische Diaerese und die trochäische Caesur zur Geltung kommen. Ebenso ist es in IX 60, wo die bukolische Diaerese kolometrisch überwiegt: namque sepulcrum incipit apparere II Bianoris. // hic, ubi densas ... 1

Ich zitiere nach M. Geymonat, der sich, wie auch ich, durch die tadellose metrisch-syntaktische Argumentation N.-O. Nilssons und H. Wielands zur Wahl der Lesart des Codex Ρ überzeugen ließ; vgl. N.-O. Nilsson, Ad Verg. ecl. 5.15, Eranos 53 (1955), S. 199-200; H. Wieland, iubeto (zu Verg. Ecl. 5, 15), MH 23 (1966), S. 212215. H. Wieland erreicht mit der syntaktischen Untersuchung den endgültigen Beweis: „Außerdem wäre zu beachten, daß Vergil die Mf-Konstruktion bei den Verben des Befehlens, Verlangens usw. nahezu meidet" (S. 214). 2 Zu sublime als Attribut zu nomen in Vers 27 siehe R. Coleman ad locum, der dies als eine Möglichkeit in Erwägung zieht. Anders bei Nemes. 118: sublime +ferebat, wo sublime nur prädikativ sein kann. 3 Es läßt sich nicht verkennen, daß ein so gebauter Hexameter, wie auch der auf S. 157 angeführte Vers Nemes. I 33, eine gewisse Nähe zur Caesurlosigkeit verrät. 4 Siehe oben S. 131 f.

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Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

Einige von den eben angeführten Hexametern zeigen einen Kolonwechsel in der Caesur. Es fehlt nicht an Versen mit einem deutlichen Kolonende in dieser Hauptcaesur, die gelegentlich bei Vergil zur Interpunktionscaesur wird. I 69: post, aliquot, mea regna, II uidens mirabor aristas?1 Videns ist als Part, coniunctum in konkomitanter Funktion mit mirabor zusammenzunehmen. Außerdem endet in der Caesur eine parenthetische Apposition. neque ego Alcippen nec Phyllida habebam VII 15: depulsos a lacte II domi quae clauderet agnos Mit der Umstellung domi quae beginnt ein Kolon, welches durch depulsos a-lacte vorweggenommen ist.2 VIII 80 ist der reinste uersus leoninus, auch wenn man ihn als akzentuierenden betrachten würde: limus ut hie durescit, II et haec ut cera liquescit. Um des Rhythmus willen sei hier auch Verg. V 52 zitiert: Daphnin ad astra feremus: II amauit nos quoque Daphnis. Das ist - formal gesehen - ein schlecht gebauter Hexameter, der aus Hexameterschlüssen besteht. Von Verg. georg. III 519: atque opere in medio defixa reliquit aratra ausgehend hat dazu und zum Gebrauch amphibrachischer Wörter im zweiten Hexameterteil J. H. Voß Zutreffendes bemerkt. 3 Seine Äußerung betrifft den Rhythmus des Schlusses defixa reliquit aratra im allgemeinen. Denn auch dieser Georgicavers zeugt von Vergils malerischer Absicht: Der Landmann unterbricht die Arbeit mittendrin, der Vers gibt es wieder mit defixa reliquit, womit er ja enden könnte. Ebenso ist in ecl. V 52 die malerische Absicht nicht zu verkennen. Vergil hebt die Entfernung der Sterne hervor. Sie zu erreichen bedeutet einen e n d l o s e n Weg, so wie auch der Rhythmus (-)—,— e n d l o s wiederholt 1 Zu post in Verg. I 69 siehe W. Clausen ad locum. Ähnlich steht ante in IX 15. Das Komma nach post stammt von mir. Der Sinn ist: Ob ich je patrios finis, culmen pauperis tuguri et aliquot aristas, mea regna, uidens miraborl J. Perret nimmt post aliquot aristas temporal (wie umquam und longo post tempore) und setzt dementsprechend mea regna uidens zwischen Kommata. 2 Vgl. unten S. 137 zu 127 und IX 62. 3 Des Publius Vergilius Maro Ländliche Gedichte, übers, und erkl. von J. H. Voss, Bd. 4, Altona 1800, S. 662: „Kein römischer Dichter oder Grammatiker, kein Byzantiner einmal, obgleich Tzetzes viel unförmiges erfand, hätte diesen Hexameter gelobt: Sole cadente juvencus aratra reliquit in arvo. Wenig behagen dem Ohre die Verse mit schwachem Gehüpfe!" Vossens lateinischer Hexameter wird von G. Hermann, Elementa, S. 37 und 344 zitiert; mit seiner Beobachtung stimmt die von Tamerle überein. Vgl. auch unten S. 166.

in Vergils Eklogen

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werden kann. Vorbild einer rhythmischen Malerei dieser Art war Quintus Ennius: ann. 505 (= 478 V 2 ): Labitur uncta carina per-aequora cana celocis. Daneben findet man auch Hexameter, die keine derartige stilistische Funktion erkennen lassen.1 I 27: Liberias, quae sera, II tarnen respexit inertem,2 IX 62: hie haedos depone, II tarnen ueniemus in urbem. In diesen beiden Versen führt tarnen ein neues Kolon ein, was die trochäische Caesur, die hier deutlich eine Interpunktionscaesur ist, einzig möglich macht. 3 Noch sichtbarer ist dies in Verg. II 4-7, wo in der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον ein starkes Kolonende vorliegt:4 adsidue ueniebat.ll ibi haec incondita solus montibus et siluis studio iactabat inani:// , 0 crudelis AlexiJI nihil mea carmina curas?// nil nostri miserere? II mori me denique coges.// Ebenso IV 34-35: alter erit tum Tiphys II et altera quae uehat Argo delectos heroas;ll erunt etiam altera bella oder IX 38-39: si ualeam meminisse;ll neque est ignobile carmen, hue ades, ο Galatea;ll quis est nam ludus in undis.

1 Beispiele bei F. Cupaiuolo, Un capitolo sull'esametro latino. Parole e finali dattiliche ο spondaiche, Napoli 1963, S. 13-14. Siehe ζ. B. Verg. V 19 oder IX 60. 2 Richtig von M. Geymonat nach sera interpungiert. Das Komma nach Liberias ist m. E. überflüssig. 3 Unrichtig ist der erste Teil von Drexlers Äußerung, Hexameterstudien /, S. 456: „In Lucr. 399 esse in rebus inane tarnen fateare necessest ist zwar tarnen sicherlich enklitisch und verdunkelt darum die trochaeische Caesur hinter inane, gehört aber seinerseits auf das engste mit dem folgenden Verbum zusammen." Tarnen ist hier sicherlich nicht enklitisch. Dies ist schon dadurch bewiesen, daß tarnen sowohl die betonte Anfangstelle als auch die unbetonte Zweitstelle im Kolon einnimmt und mal so, mal so erscheint. Lucr. I 398-399: Qua propter, quamuis causando multa moreris, esse in rebus inane II tarnen fateare necessest. Hier liegt zwar dichterische Umstellung der Wortfolge des Kolons vor (tarnen fateare necessest esse in rebus inane bzw. tarnen esse in rebus inane f . n.), in dem tarnen vom Anfang des Hauptsatzes fortgerückt erscheint, es ö f f n e t aber trotz seiner Stellung das Kolon. Eine ganz ähnliche Verschränkung liegt in Verg. VE 15 vor: depulsos a lade II domi quae clauderet agnos, wo der Nebensatz trotz dessen Stellung mit quae beginnt. Vgl. unten S. 150 zu Calp. 156 und demgegenüber S. 147 zu Calp. VII82. 4 Änlich Verg. Π 63, 65; ΠΙ 40, 59, 90; IV 10, 16, 57; V 61, 64, 66, 79; VI 33; V n 9; V m 83; IX 64, 65; X 1, 3,12, 28, 76.

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Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

Es sind nicht weniger als 35 Hexameter, in denen in der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον ein - starkes oder leichteres - Kolonende auftritt. In Eklogen wie IV, II, III, X, finden sich die meisten Belege. Schließlich möchte ich die zwei auffälligsten Verse der Eklogen, die je vier Wortschlüsse in 3, 3tr, 7 und 8b enthalten, noch einmal zitieren: III 79: et Ion gum formose }\ uale uale' - inquit - JollaV VI 44: clamassent, ut litus II ,Hylä Hylä' omne sonaret. Beide Verse haben einen absoluten Wortschluß an der Stelle der bukolischen Diaerese, verstärkt durch einen Hiat ebendort, und in keinem überwiegt die semiseptenaria.1 Ebenfalls erscheint in beiden der Wortschluß nach dem 2. longum, welcher stark genug ist, ein Gegengewicht zur bukolischen Diaerese (so auch in Hexametern ohne Hauptcaesur) zu bilden. 2 Hier gibt es aber kein Kolonende nach dem 4. biceps und dementsprechend keine bukolische Diaerese. Es kann sie auch wegen der Hiatkürzung, die keine Pause zuläßt, nicht geben.3 Zugunsten der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον spricht also nicht nur die griechische Versgestalt, was streng genommen ein Zirkelschluß wäre; auch die Prosodie und die kolometrische Gliederung sprechen für die trochäische Caesur in III 79. Einfacher gegliedert ist VI 44. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον ist in der Sperrung und vor dem Ausruf, der wie eine Parenthese zu artikulieren ist, unverkennbar. Anders ist es in III 79, wo die Hauptcaesur mitten in die direkte Rede fällt.4 Phyllis ruft: „uale, uale formose Iolla!", zugleich aber - jetzt erzählt Menalcas - sagt sie (inquit) longum uale. Vale ist also ein Imperativus und zugleich - als substantivierter Satz - ein Objekt zu inquit. Kann denn in diesem Vers die semiseptenaria Hauptcaesur sein? Eben nicht, weil Vergil schon nach dem formose, uale dem Leser die dem Vers immanente, aber hintergründige Konstruktion longum uale inquit vergessen läßt, so daß f o r m a l kein syntaktischer Bruch stattfindet, aber in der Struktur der Aussage ohne jeden Zweifel einer zustandekommt, mag auch uale uale in der bukolischen Diaerese auf longum diesen Bruch mildernd - zurückgreifen. 1

Anders als in Ov. met. ΠΙ 501: ,heufrustra dilecte puer!', totidemque remisit 501: uerba locus, dictoque uale II7 ,uale' inquit et Echo, in welchem die semiseptenaria eindeutig die Hauptcaesur ist; sie bildet die Grenze zwischen zwei Kola. Zur Prosodie siehe F. Börner, P. Ovidius Naso, Metamorphosen. Kommentar. Buch /-///, Heidelberg 1969, S. 567 f. 2 Vgl. Drexlers Diskussion, Hexameterstudien I, 8. 3 Darauf und auf Ov. met. ΠΙ 501 mit Börners Diskussion der Stelle weist mich H.-D. Blume hin. 4 Nicht nur zu diesem Vers siehe R. G. M. Nisbet, a. O. S. 10 [= S. 333-334]; treffliche stilistische Beobachtungen auch S. 7-14 [= S. 331-337].

in Vergils Eklogen

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Zum Schluß möchte ich auf diejenigen Hexameter aufmerksam machen, die als graecanici bezeichnet werden, sowie auf Verse, die bei der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον nicht die beiden Wortschlüsse nach dem 2. und 4. longum aufweisen. Unter 60 Hexametern mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον sind nur 6 Verse typisch graecanici,1 außerdem haben 10 einen griechischen Eigennamen oder ein griechisches Wort vor der Caesur. 2 Das macht nur 26,67% aus. 44 Verse3 aus 60 (73,33%) haben einen Wortschluß sowohl nach dem 2. als auch nach dem 4. longum. Die 16 Ausnahmen bilden: a) ohne Wortschluß nach dem 4. longum (= 7): II 24 (3 + 9), IV 16 (3 + 4tr), IV 34 (3 + 8d), V 15 (3 + 8s), VI 33 (3 + 8s), X 12 (3 + 9); b) ohne Wortschluß nach dem 2. longum (= 3): II 6 (2tr + 7 + 8d), II 53 (ls + 2d + 7 + 8d), IV 57 (ls + 7), V 65 (ld + [3] + 8s), VII 9 (ld + [3] + 7 + 8d), IX 39 (ld + [3] + 7 + 8s), X 21 (ls + 2d + 7 + 8d); c) weder 3 noch 7: V 52 (ltr + 2tr + 3tr + 8s), IX 60 (ld + 8d), X 3 (ld + [7] + 8s). Das sind insgesamt 26,67%. Somit haben wir bewiesen, daß Vergil der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in seinen Eklogen viel häufiger die Rolle der Hauptcaesur zuwies, als bisher bekannt war. Über die Hälfte der Wortschlüsse nach dem 3. Trochäus übt diese Funktion aus (55,55%). Dies ist um so wichtiger, wenn wir bedenken, daß 51 von diesen 60 Hexametern einen absoluten Wortschluß nach dem 4. longum aufweisen (85%). In welchem Zusammenhang dies zur Dreigliederung von Hexametern steht, wird erst später bei der Behandlung des Calpurnius erörtert und am Ende des Kapitels mit Belegen dokumentiert. Allerdings gibt es viele Hexameter mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον, die eben dadurch der Tendenz zur Dreigliederung widerstehen. Auch die Zahl griechischer Wörter vor der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον entspricht vielleicht nicht unserer Erwartung. Es sind absolut 1,97%, relativ 26,27%. Dies widerspricht nicht der Ansicht, daß die Verse mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον ,griechisch' wirken, bestätigt aber meine These, daß rein lateinische Hexameter mit dieser Hauptcaesur in der Mehrheit sind. Da dieses Thema mit den Begriffen ,Nachahmung' und ,Originalität' in Zusammenhang steht, welche Erscheinungen für die Literatur der

1

Verg. Π 24, ΠΙ 79, IV 57, VI 44, VII 37, X 12. 2 Verg. Π 6, 65, I V 1 6 , 34, 35, V 66, VII9, 40, IX 39, X 1. Siehe auch V 79. 3 Ohne VI 33 und X 3, mit IX 38.

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Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

frühen Kaiserzeit besonders relevant sind, findet sich jetzt ein treffender Anlaß zu den folgenden Zwischenbemerkungen.

2. Zu imitatio, aemulatio und Originalität der römischen Literatur Das Problem der Originalität der römischen Literatur fesselte die Aufmerksamkeit unzähliger Gelehrter. Nach der „Wiederentdeckung" des Hellenentums wollte man eine bestimmte Zeit lang nur den Griechen die Palme der Originalität zuerkennen; das Römertum mit seiner Literatur schien sekundär gewesen sein, bestenfalls eine unvollkommene Kopie des vollkommenen Originals oder dessen Schatten. Der heutige Stand der Klassischen Philologie erlaubt es, diese Blickweise aufzugeben. 1 Es muß jedoch daran erinnert werden, daß genau dasselbe Problem bereits im Bereich der griechischen Literatur aufgetaucht und vor allem in der hellenistischen Theorie und Praxis thematisiert worden ist.2 Denn das bewußte Verhältnis zu allem Vorhergehenden, das aus des Menschen Geiste hervorgegangen ist, ist Grundlage jeder großen Kultur, die sich über Jahrhunderte hinweg dauernd entwickelt und dabei mit sich selbst identisch bleibt. Genau so entwickelt und verändert sich die Sprache, die neben der Religion und dem Kultus das wichtigste Instrument der Dauerhaftigkeit und Bewahrung der Kultur ist. Sie ist aber - dies möchte ich betonen - nur das Instrument. Was dahinter steht, ist die Idee, die als eine und dieselbe in vielen verschiedenen Sprachen ausgedrückt und identifiziert werden kann. 3 Ihr gebührt der Primat. Lebt nicht Epikur im römischen Gewand, das ihm Lukrez verliehen hat? Die Originalität der 1 G. Williams, Tradition and Originality in Roman Poetry, Oxford 1968 sei als das beste Standardwerk nach W. Krolls Studien zum Verständnis der römischen Literatur, Stuttgart 1924 genannt. Forschungsgeschichtlich wichtig sind Bemerkungen von W. Ax, Friedrich Leo, Professor der Klassischen Philologie 1889-1914. In: Die klassische Altertumswissenschaft an der Georg-August-Universität Göttingen. Eine Ringvorlesung zu ihrer Geschichte, hrsg. von C. J. Classen, Göttingen 1989 (Göttinger Universitätsschriften Serie Α Bd. 14), S. 174-176. 2 R. Pfeiffer, History of Classical Scholarship. From the Beginning to the End of the Hellenistic Age, Oxford 1968, S. 3, 88, 140 und passim. Deutsche Übersetzung (zweite, durchgesehene Auflage): Geschichte der Klassischen Philologie. Von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus, München 1978 2 (übertragen von Marlene Arnold). Siehe auch W. Clausen, Callimachus and Latin Poetry, GRBS 5 (1964), S. 181-196. 3 Oder eben nicht, was die irrige These von ,Gleichheit aller Kulturen' als argumentum contra quod nullum widerlegt. Dazu unübertroffen W. Jaeger, Paideia, Bd. I, S. 3 ff., vor allem S. 6 (zitiert nach der 2. Auflage, 1936).

imitatio, aemulatio und Originalität

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Römer besteht zunächst darin, daß sie die vorhandene weit überlegene griechische Tradition einzubürgern und für die eigene Kultur neu zu bewerten wußten, obgleich die Völker Italiens ihre literarischen Formen und das ihnen eigentümliche Versmaß, den versus Saturnius, bereits besaßen. Verdienen die Römer nicht aufgrund dieser Fähigkeit und der aus ihr folgenden Bereitschaft, auf dem felsstarken griechischen Fundament ihre Kultur aufzubauen, den Namen eines großen Volkes? Wie wäre es zu beurteilen, wenn die Römer die griechische Kultur verachtet und die offene Tür zugeschlagen hätten? G. Williams beendet zunächst seine Untersuchungen mit der augusteischen Epoche; er dehnt sie aber in seinem folgenden Buch auch auf die nachklassische oder silberne Latinität aus, 1 in der T. Calpurnius Siculus und die Carmina Einsidlensia ihren Platz innehaben. Im allgemeinen ähnliche, im einzelnen aber auch andersartige Tendenzen gestalten die literarisch produktive Spätantike besonders in der Phase, die W. Schetter „die Anfänge der spätlateinischen Dichtung" nennt. 2 Hier finden wir M. Aurelius Olympius Nemesianus. Lange fehlte eine angemessene Beurteilung dieser Epochen. Man hat lange nichts anderes getan als die Werke nachaugusteischer Dichter als mißlungene Versuche anzusehen, die, aus den klassischen Vorbildern schöpfend, tief unter deren Niveau blieben und keine originelle Leistung darstellten, weil sich ihre Autoren aus den Fesseln der klassischen Ideenwelt nicht hätten befreien können. 3 Diese einseitige Einschätzung, die aus einer aufrichtigen Bewunderung, aber auch einer zu weit gehenden Idealisierung der Klassiker hervorgegangen war, ist heute überwunden. Manches wurde bereits in der letzten Bearbeitung der Geschichte der römischen Literatur von Schanz-HosiusKrüger korrigiert. Etwa in derselben Zeit begann ein Aufbruch in der Forschung, der - immer noch andauernd - zur Neubewertung und zum

1 G. Williams, Change and Decline. Roman Literature in the Early Empire, Berkeley-Los Angeles-London 1978. Über imitatio siehe S. 193 ff. 2 W. Schetter, Nemesians Bucolica und die Anfänge der spätlateinischen Dichtung. In: Studien zur Literatur der Spätantike hrsg. von Chr. Gnilka und W. Schetter, Bonn 1975, S. 1-43 [= Kl. Sehr. S. 141-181]. Siehe neulich M. Lackner, Überlegungen zur Rahmenhandlung der dritten Ekloge Nemesians, RhM 139 (1996), S. 41-52. 3 Zu den Carmina Einsidlensia vgl. M. D. Reeve in: Texts and Transmission. A Survey of the Latin Classics, ed. by L. D. Reynolds, Oxford 1983, S. 39: „Whether by different authors or not, they were both miserable productions even before the tradition played havoc with them." Siehe dagegen G. Scheda, Studien zur bukolischen Dichtung der neronischen Epoche, Bonn 1969, S. 46-59, hauptsächlich S. 47 und 57-58, wo eine beachtenswerte Äußerung E. Bickels zur imitatio-aemulatio-Vr&ge, die ihr gebührende Würdigung findet.

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Die Caesur κατά τρίτον τροχαϊσν als Hauptcaesur

Verständnis der nachaugusteischen Dichtung viel beigetragen hat. 1 Die silberne Latinität genießt heute das ihr gebührende Ansehen. Zu dieser Problematik gehört im Bereich der Literatur eine Anzahl von Erscheinungen, deren Verhältnis zueinander sich zwar in verschiedenen Epochen verändert, die aber zusammengehören und sich gegenseitig evozieren. Dieses komplexe Verhältnis ist in der Literaturgeschichte größtenteils durch schöpferische Individualitäten bestimmt, die in die Geschichte der Menschheit mit ihren Werken eintreten. Dabei ist die A r t und W e i s e , wie dies geschieht, sowohl im einzelnen als auch im ganzen zu beachten. Auch die Zeitabstände zwischen den Gipfeln müssen dabei zur Kenntnis genommen werden. Zu den Schlüsselbegriffen gehören hier, neben Tradition und Originalität, vor allem imitatio und aemulatio, daneben auch interpretatio. Bei der Untersuchung der römischen Bukolik, auch unter formalen Gesichtspunkten, gewinnen diese Begriffe an Bedeutung, da die Geschlossenheit dieser Gattung beträchtlich größer ist als die anderer. 2 G. Williams erwähnt, daß „Calpurnius Siculus and the Einsiedeln Eclogues depend on Virgil, not on Theocritus," 3 was in der frühen Kaiserzeit gegenüber der verbreiteten Praxis, griechische Autoren der klassischen Zeit nachzuahmen, eine seltene Erscheinung ist. Ob T. Calpurnius Siculus Theokrit wirklich direkt benutzt hat, ist bislang nicht endgültig geklärt.4 Es wird jedoch im erwähnten Kontext deutlich, daß sich das Vorbild und zugleich das Wesen der aemulatio wie auch der imitatio geändert hat. Jetzt wird der römische Dichter zum Vorbild für seine römischen Nachfolger, nicht der griechische. Dies haben sowohl G. Williams im allgemeinen als auch W. Friedrich für Calpurnius Siculus sehr genau und treffend zum Ausdruck

1 M. von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur. Von Andronicus bis Boethius. Mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit, Bd. 1 Bern 1992, Bd. 2 Bern-München 1992, bietet die neueste Literatur. 2 In dieser Hinsicht ist die hexametrische römische Satire am ehesten vergleichbar. Ähnliches dürfte G. Williams gemeint haben, Change and Decline, S. 196. 3 Change and Decline, S. 151. Zu Nemesian und Theokrit vgl. M. Lackner, a. O. S. 43, Anm. 9. 4 Der strukturelle Vergleich von Calp. Π, ΙΠ und VI mit Vergil und Gedichten aus dem Corpus Theocriteum I, ΙΠ-ΧΙ und XIV führt zu diesem Schluß; siehe oben S. 98 Anm. 2; W. Friedrich, Nachahmung und eigene Gestaltung in der bukolischen Dichtung des Titus Calpurnius Siculus, Frankfurt am Main 1976, S. 2, S. 177 Anm. 11 (Rez. I. Opelt, Gnomon 51 (1979) 389-391); Lucia di Salvo, T. Calpurnio Siculo, Ecloga VII. Introduzione, edizione critica, traduzione e commento, Bologna 1990, S. 41.

imitatio, aemulatio und Originalität

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gebracht.1 Für Nemesianus tut dies Horst Walter.2 Wichtig sind die weiteren präzisen Unterscheidungen wie ,Doppelimitation', 3 von W. Wimmel auch ,doppeltes Zitat' 4 genannt, oder auch die Unterscheidung zwischen dem ,zentralen Vorbild' und der ,partiellen Nachahmung'. 5 Nach diesen Hinweisen zurück zu den Sachen! Da jetzt das Rhythmisch-Metrische in den Hirtengedichten des Calpurnius Siculus, der Einsiedler Handschrift und des Nemesianus zu erörtern ist, müssen in dieser Hinsicht ebenfalls imitatio und aemulatio in Erwägung gezogen werden, denn die Abhängigkeit der Nachfolger und literarischen Erben Vergils ist im Wörtlichen schon beim ersten Lesen augenfällig. 6 Auch dies wird von W. Friedrich betont:7 „Die Imitation generell kann in vielfältiger Weise erfolgen; sie ist ein höchst vielschichtiges Phänomen. Sie kann sich auf Gesamt-Anlage ( f o r m a l und inhaltlich), Aufbau, Einzelteile, V e r s e , W o r t v e r b i n d u n g e n , und einzelne Worte erstrecken (Hervorhebungen G. K.). 8 Außerdem können Situationen und Motive so nachgebildet werden, daß zwar der Gehalt derselbe oder doch ähnlich ist, ein wörtlicher Anklang aber vermieden wird. Dabei werden die Vorlagen nicht restlos genau übernommen, sondern sie können mit zahlreichen Umwandlungen und Änderungen versehen sein. Damit soll nicht die Spur des Vorgängers verwischt (was unter den Vorwurf des literarischen »furtum' fiele), sondern 1 Change and Decline, S. 193-213; W. Friedrich, S. 182. Die entsprechenden Begriffe werden von Friedrich definiert. 2 H. Walter, Studien zur Hirtendichtung Nemesians, Stuttgart 1988 (Palingenesia Bd. 26), S. 1-4, 33-37, 91-97. (Rez. R. P. H. Green, CR 40 (1990), S. 158, der die weitgehende Abhängigkeit des Autors von W. Schetter (wie S. 141 Anm. 2) hervorhebt. 3 W. Friedrich, S. 3. 4 W. Wimmel, Über das Verhältnis der 4. Ekloge zur 16. Epode, Hermes 81 (1953), S. 319; W. Friedrich, S. 177 Anm. 14; vgl. H. Walter, S. 94-95, S. 33-34. Auch W.-H. Friedrich, Ennius-Erklärungen, Philologus 97 (1948), S. 277-301, den Wimmel anführt, sagt auf S. 282 f. folgendes: „ ... so müssen wir hier so oft bei Virgil, ein doppeltes, nämlich ein griechisches und ein römisches Vorbild anerkennen." Überdies will Wimmel diese Technik des doppelten Zitierens bereits Vergil in ziemlich großem Ausmaß einräumen. Auch P. Jahn gibt darauf einen indirekten Hinweis, indem er feststellt, Vergil benutze Theokrits Phrasen in einem völlig verschiedenen Kontext: P. Jahn, Die Art der Abhängigkeit Vergils von Theokrit, Teil 1-3, Berlin 1897,1898,1899 (Wiss. Beilage zum Jahresbericht des Köllnischen Gymnasium zu Berlin, Ostern 1897,1898, 1899). 5 W. Friedrich, S. 4, S. 177 Anm. 15; H. Walter, S. 91-97. 6 Vgl. den keineswegs vollständigen Similienapparat bei D. Korzeniewski, aber auch die Einschränkungen W. Friedrichs im Hinblick auf imitatio, mit denen er die methodische Grundlage für die Erfassung der imitatio schafft (S. 4). 7 S. 3. 8 Verschiedene Imitationsgrade (besser als Imitationsarten) werden für Nemesian von H. Walter S. 91 ff. genannt.

144

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

in der Verbindung des überlieferten Vorbilds mit der eigenen Neugestaltung die Hochschätzung des imitierten Autors ausgedrückt werden; und zugleich gibt das Bestreben, etwas Wirkungsvolleres und Besseres aus dem Überlieferten zu machen, einen Beweis der eigenen Leistung. Die imitierende Dichtung erhält dabei für den Leser einen doppelten Aspekt: sofern er ein gebildeter Leser ist, erkennt er die benutzten Vorbilder in den Neuformungen und lernt die Fähigkeiten des imitierenden Dichters schätzen; andererseits kann und muß die Dichtung aber ganz aus sich heraus verständlich sein und ihre Qualitäten auch ohne Vorkenntnisse bezeugen". Dies ist zugleich eine Bestätigung des vorher über die silberne Latinität im heutigen Urteil Gesagten. Weiter führt aber W. Friedrich eine nicht geringzuachtende Einschränkung ein: 1 „nicht alles, was eine Ähnlichkeit mit dem Vorbild ausweist, ist wirklich Imitation. Es gibt offenbar einen verschiedenen Grad der Bewußtheit, mit dem nachgeahmt wird - auf der einen Seite die bewußte Nachbildung, die vom Dichter in voller Absicht so gestaltet wird, und auf der anderen eine eher unbewußte imitatio, sozusagen eine bloße Reminiszenz, die einfach aus der tiefen Vertrautheit mit der Vorlage herrührt; dabei wird nicht an den Vergleich des Lesers appelliert. Dies gilt etwa besonders für Wendungen und bestimmte Ausdrücke an m a r k a n t e n S t e l l e n im V e r s ( w i e Z ä s u r , D i ä r e s e , V e r s s c h l u ß ) , die nur der T r a d i t i o n d e r H e x a m e t e r - S p r a c h e zu v e r d a n k e n s i n d (Hervorhebung G. K.). 2 Die Vertrautheit wird deutlich, wenn man bedenkt, daß die intensive Dichterlektüre, vor allem des Vergil und Ovid, ein Hauptbestandteil des Unterrichts bei den grammatici war". Jetzt läßt endlich W. Friedrich W. Kroll sprechen: „denn er (sc. Vergil) hat den grammatischen Unterricht so beherrscht, daß andere nur in zweiter Linie neben ihm in Betracht kamen. Er wurde vorgelesen, auswendig gelernt, 1

S. 4 und dazu die Anmerkungen 16-18, S. 177-178. Dies hat bereits M. Manitius, Zu spätlateinischen Dichtern. In: Zeitschr. für die österr. Gymnasien 37 (1886), S. 81-82 festgestellt: „Die Nachahmungssucht in der römischen Poesie ist eine außerordentlich große. Ohne sich zu entschuldigen übernimmt der eine Dichter ganze Verse oder Sätze aus dem anderen. Dies ist im einzelnen oft nachgewiesen worden, besonders durch A. Zingerle in seinem Buche "Zu späteren lateinischen Dichtern". Wenn man auch hier von solchen Wendungen absieht, die sich besonders am Hexameterschluss als nothwendig beinahe von selbst ergaben - man könnte dies poetische Tradition nennen - so bleibt doch noch eine große Anzahl von wirklichen Entlehnungen zurück". Vgl. auch G. Williams, Change and Decline (1978), S. 193, der von W. Friedrich (1976) unabhängig ist. Manitius meint A. Zingerle, Zu späteren lateinischen Dichtern. Beiträge zur Geschichte der römischen Poesie, Heft 1-2, Innsbruck 1873-1879, hier gewiß Wiederholungen im lateinischen Hexameterschlusse in den verschiedensten Epochen und deren Entstehung, Heft 1, S. 44-103, Heft 2 Nachträge, S. 49 ff. 2

imitatio, aemulatio und Originalität

145

sprachlich, metrisch und inhaltlich erklärt, es wurden Aufsätze aus ihm gemacht, ja sogar Deklamationsthemen aus ihm entnommen: so war es unausbleiblich, daß jeder Gebildete ganz in ihm zu Hause war und sich der Reminiszenzen aus ihm kaum erwehren konnte. Es gibt wohl keinen epischen (d. h. den Hexameter anwendenden) Dichter, der nicht mit Wendungen aus ihm durchsetzt wäre, und es gibt sogar so servile Erscheinungen wie Vergilcentonen und einen Q. Glitius Felix, der sich auf einer Inschrift stolz Vergilianus poeta nennt." 1 Und weiter W. Friedrich: „Ähnliches gilt für Ovid. Aufgrund dieser Tatsache ist sehr vieles in den Similien-Apparaten bei Schenkl oder Korzeniewski für das Problem der Imitation nicht von Wichtigkeit. 2 Natürlich fehlen direkte sprachliche Anspielungen nicht gänzlich, aber es müssen für die Annahme einer bewußten Zitierung zusätzliche Kriterien hinzukommen, wie etwa die motivische Übereinstimmung." Als Ausgangspunkt für die zusammenfassende Bewertung der Verskunst römischer Bukoliker, die in einer Art Rückschluß erfolgen wird, diene - wenigstens für Calpurnius - die folgende Äußerung: 3 „Nach der Untersuchung von R. Verdiere 4 zeigt er sich auch in der Metrik bei allem Anschluß an Vergil und Ovid durchaus als eigenständiger Dichter." 5 Dabei werden andere literarische Probleme der neronischen Zeit gelegentlich berührt, nicht aber in ihrer Gesamtheit behandelt. 6 Im 1

W. Kroll, Studien zum Verständnis

der römischen Literatur,

Stuttgart 1924,

S. 155. 2

Vgl. oben S. 143 Anm. 6. W. Friedrich, S. 180 Anm. 30. 4 R. Verdiere, Etudes prosodique et metrique du ,De laude Pisonis' et des ,Bucolica' de T. Calpurnius Siculus, Rom 1971 (Quaderni della Rivista di Cultura classica e medievale 11). In Bezug auf die Autorfrage des De laude Pisonis hat in der Tat schon G. E. Duckworth auf Grund der statistischen Untersuchung der sechzehn möglichen und tatsächlich vorkommenden und der acht häufigsten Kombinationen (.patterns' bzw. .clusters' genannt) von Daktylen und Spondeen in den Hexameterfüßen 1 bis 4 auffällige Ähnlichkeiten zwischen Calpurnius Siculus und Pisos Panegyriker festgestellt: G. E. Duckworth, Five Centuries of Latin Hexameter Poetry: Silver Age and Late Empire, ΤΑΡΑ 98 (1967), S. 82-83. 85-86, 141; ders., Vergil and Classical Hexameter Poetry, S. 96-97. Ebendies folgt aus den Tabellen bei L. de Neubourg, Mots longs apres les diereses medians de l'hexametre latin, Pallas 24 (1977), S. 49-50, 55, 75. Vgl. auch Th. Birt, Ad historiam hexametri Latini symbola, S. 64. 5 Dies ist eher den Studien von G. E. Duckworth zu entnehmen als den vagen Zusammenstellungen Verdieres. 6 Außer den eben angezeigten metrischen Untersuchungen zu De laude Pisonis, Calpurnius Siculus und Lukan gehört hierzu das Problem des Verfassers bzw. der Verfasser der Carmina Einsidlensia und der Aetna. Zur Aetna siehe G. E. Duckworth, Studies in Latin Hexameter Poetry, ΤΑΡΑ 97 (1966), S. 86-89, 101-113. Zu anderen Autoren siehe ders., Variety and Repetition in Vergil's Hexameters, ΤΑΡΑ 95 (1964), S. 9-65; ders., Horace's Hexameters and the Date of the Ars Poetica, ΤΑΡΑ 96 (1965), 3

146

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

Falle der Einsiedler Gedichte sind die metrischen Analysen für die Autorfrage von beträchtlichem Gewicht. Schon M. Haupt ist in seiner allgemein anerkannten Unterscheidung des Calpurnius Siculus von Nemesianus von Versbau und Prosodie als wichtigen Kriterien ausgegangen. 1 In der Diskussion über die Carmina Einsidlensia haben G. E. Duckworth und D. Korzeniewski metrisch argumentiert. Meine Untersuchungen ergeben noch weitere bisher nicht erwogene formale Argumente, mit denen ich im Anschluß an die Vorgänger zur Autorfrage der Einsiedler Gedichte im Schlußkapitel beizutragen gedenke.

3. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον bei Τ. Calpurnius Siculus Bei der aufmerksamen Lektüre der sieben Hirtengedichte des T. Calpurnius Siculus begegnet uns ein absoluter Wortschluß nach dem dritten Trochäus 80mal. 2 Dazu zählen einige Hexameter mit dem Einschnitt κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur. Da sie nicht zahlreich sind, können viele von ihnen im Anschluß an die Tabelle angeführt werden. Calp. ecl.

Wortschluß 3 tr

94

I

100 98 169

II III IV

120

V

92 83

VI VII

10, 11, 31, 34, 37, 38, 46, 47, 56, 61, 72, 74, 82, 93. 6, 9, 13, 26, 45, 46, 86. 2, 16, 31, 46, 79. 3, 6, 8, 12, 32, 34, 47, 51, 54, 60, 61, 70, 110, 130,146, 150. 7, 17, 25, 26, 34, 41, 46, 50, 51, 57, 58, 61, 69, 70, 80, 86, 92, 100, 107, 108, 112, 117, 119. 28, 32, 35, 44, 48, 53, 67, 79, 89. 7, 36, 41, 62, 63, 82.

Verszahl

7563

Summe

%

14 7 5

14,89 7,00 5,10

16

9,47

23 9 6

19,17 9,78 7,23

80

10,58

S. 73-95. Eine Art Zusammenfassung der vier von mir genannten und anderer Studien mit umfangreicher Bibliographie ist G. E. Duckworth, Vergil and Classical Hexameter Poetry. Α Study in Metrical Variety, Ann Arbor 1969. Hier zur Aetna S. 91-92. 1 M. Haupt, De carminibus bucolicis Calpurnii et Nemesiani, Berlin 1854 = Opuscula /, Lipsiae 1875, S. 358-406. 2 Vereinzelte Fälle wie VII81: et I adunco rechne ich nicht hierher. 3 Zur Gesamtzahl der Verse 756 siehe oben S. 72 mit Anm. 3.

bei Calpurnius Siculus

147

Die Mehrheit dieser 80 Hexameter haben die semiseptenaria als Hauptcaesur. Die meisten von ihnen werden so gegliedert: I 11: bullantes ubi fagus aquas II radice sub ipsa protegit et ramis errantibus implicat umbras. II 9: et magnum certamen erat II sub iudice Thyrsi.1 Auch in anderen Versen ist die semiseptenaria eindeutig die Hauptcaesur, sie gehören daher ins folgende Kapitel. Nur wenige dieser 80 Hexameter lassen im Hinblick auf die Hauptcaesur ernsthafte Zweifel zu. In den folgenden vier Versen überwiegt m. E. die semiseptenaria: V 7: Canthe puer, quos ecce greges II7 a monte remotos cernis in aprico decerpere gramina campo, hos tibi do senior iuueni pater: V 117: Sterne solum, ne forte rigor II7 penetrabile corpus urat et interno uastet pecuaria morbo. saxa, quibus uiridis stillanti uellere muscus VI 67: dependet / scopulisque cauum II7 sinuantibus arcum imminet / exesa ueluti testudine concha. sed mihi sordes pullaque paupertas et adunco fibula morsu VII 82: obfuerunt. utcumque tarnen II7 conspeximus ipsum longius; In V 7 bildet α monte remotos ein Kolon. Da auf cernis decerpere folgt, wodurch es nicht im Überhang steht, ist in der semiseptenaria die Hauptcaesur zu sehen. VI 67 wirkt die paarweise Gliederung scopulisque cauum II sinuantibus arcum mit dem regierenden, im Überhang stehenden imminet - und nach imminet ist wegen des folgenden Ablativus absolutus eine Pause anzunehmen - besser mit der semiseptenaria. Auch in den übrigen zwei Versen ist die semiseptenaria im Kontext evident. Darüber hinaus möchte ich, ehe ich zur Aufstellung der Tabelle übergehe, einige kolometrisch schwierige Hexameter im voraus behandeln. nam tibi non tantum uenturos dicere uentos IV 54: agricolis / qualemque ferat sol aureus ortum attribuere dei,// sed dulcia carmina saepe concinis,/ Hier kann man entweder die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον aufgrund der Sperrung, oder die semiseptenaria wegen dicere ... ferat annehmen. 1

Erat ist hier Existenzwort. Vgl. Verg. I 32.

148

Die Caesur κατά τρίτον τοοχαϊον als Hauptcaesur

donauit dixitque:ll3tr .truces haec fistula tauros IV 61: conciliat nostroque I sonai I dulcissima Fauno Die Sperrung nostroque ... Fauno ist evident. Trotzdem muß die Entscheidung über die Hauptcaesur freigestellt werden, weil die Gründe für die semiseptenaria von gleichem Gewicht sind: sie legt mehr Nachdruck auf dulcissima und durch das όμοιοτέλευτον untermalt sie den in conciliat enthaltenen Gedanken der Eintracht.1 Die Wahl der Hauptcaesur bleibt also offen. Etwas einfacher sind IV 12 und IV 146. IV 12: Quidquid id est, siluestre II licet uideatur acutis auribus et nostro tantum memorabile pago Die trochäische Caesur hebt besser die Bedeutung von siluestre und die enge Zusammengehörigkeit von licet uideatur hervor (vgl. Calp. IV 130). hos, precor, aeternus populos rege! sit tibi caeli IV 146: uilis amor coeptamque.il pater,I ne desere pacem.2 Die Sperrung fordert hier eine stärkere Absetzung des Vokativs. Auf coeptamque liegt ein gewisser emotionaler Nachdruck, der gesteigert wird, wenn das Flehen pater ne desere ,mit einem Atem' ausgesprochen wird. Mit III 16 sind wir schon den Versen mit unzweideutiger Caesur κατά τρίτον τροχαΐον nahe: illic requiescere noster III 16: taurus amat gelidaque II iacet spatiosus in umbra et matutinas reuocat palearibus herbas. Mit der Sperrung gelidaque ... in umbra konkurrieren die Sperrung taurus ... spatiosus und der durch amat, iacet und reuocat pointierte Rhythmus. Da der Hexameter aus zwei Aussagen besteht: noster taurus amat illic requiescere / et spatiosus iacet in umbra gelida, nicht aus drei, gebe ich der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον den Vorzug.3 Trotz mancher Bedenken erscheinen alle diese fünf Verse in der folgenden Tabelle.

1

Auch bei der trochäischen Caesur kommt dulcissima durch die Rezitationsweise zur Geltung. Doch gegen die Rhythmisierung, die in Calp. V 41 eindeutig ist, gibt es in diesem Fall kein zwingendes Argument, auch wenn sonst feststeht, daß Calpurnius den Binnenreim meidet. Dazu siehe unten S. 151 Anm. 1, vgl. auch Calp. VII 63. Dagegen hat Calp. IV 32 die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον (siehe unten S. 152). 2 Vgl. aber unten S. 179 zu Verg. I 2 und S. 183 zu VIII 21. Siehe auch Nemes. 181. 3 Trotzdem muß hier, wie auch in IV 32, die Neigung zur Dreigliederung mittels des όμοιοτέλευτον hervorgehoben werden.

149

bei Calpurnius Siculus

Verszahl

Wortschi. 3tr

Calp. ecl.

3 tr Η

Insg.

%abs.

%rel.

94 100 98 169

14 7 5 16

I III IV

4 4 3

4,25 4,00 3,06

28,57 57,14 60,00

120 92 83

23 9 6

V VI VII

10, 56, 74, 93. 6, 26, 46, 86. 2 , 1 6 , 46. 6, 12, 32, 47, 51, 54, 60, 61,130, 146. 17, 61. 28, 48, 79. 7, 63.

10 2 3 2

5,92 1,67 3,26 2,41

62,50 8,69 33,33 33,33

756

80

28

3,70

35,00

II

Bei Calpurnius Siculus ist die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον vorwiegend eine Sperrungscaesur, auf die außer in den drei unten zitierten Versen ein jambisches Wort folgt. 1 Die drei Verse ohne Wortschluß nach dem 4. longum sind:2 Π 46: condiscant primoque II recidere gramina morsu V 17: incipient nidosque II reuersa lutabit hirundo3 V 61: incipietque serique II uidebitur hora premendi. 4 Dies könnte man der bewußten imitatio zuschreiben. In den Einsiedler Gedichten und bei Nemesian kommt diese Variation kein einziges Mal vor. 5 Ansonsten haben wir es immer mit einem jambischen Wort nach dem 3. Trochäus zu tun. Wenn nach dem 3. Trochäus kein Kolonende eintritt, beraubt eine derartige Stellung den Wortschluß κατά τρίτον τροχαΐον der Wirksamkeit - penuria formalis im Vergleich zu Vergil - , besonders wenn das nachfolgende jambische Wort durch seine kolometrische Zugehörigkeit die trochäische Caesur nicht unterstützt, sondern 1

Aus diesem Grunde ist es eine Selbstverständlichkeit, daß alle diese Verse in die Tabelle absoluter Wortschlüsse nach dem 4. longum gehören. Es läßt sich eine Art dieses jambischen Wortes (in IV 6 ist es sed hdec) beobachten, die womöglich nicht ohne Bedeutung ist. Es gibt hier 4 Möglichkeiten: 1. durch die Positionslängung über die Wortgrenze hinweg (caput leuat), 2. durch die Positionslängung innerhalb der Wortgrenze (rigent palearia, natänt ubi)\ hier ist die Unterscheidung zwischen der konsonantischen und der vokalischen Folge zwar möglich, aber nicht so wichtig), 3. naturlanger Vokal mit der Position (aquas radice), 4. naturlanger Vokal ohne Position (reiner Jambus) (moräs oculoque). Bei Calpurnius verteilen sich diese Typen folgendermaßen: 1. - 40mal, 2. - 3mal, 3. - 16mal, 4. - 18mal (7mal die konsonantische, l l m a l die vokalische Nachfolge), bei Vergil 1. - 41mal, 2. - 7mal, 3. - 14mal, 4. - 32mal, 5. kein Wortschluß 7 - 14mal. Siehe auch unten S. 155 und 156 Anm. 5. 2 Bei Vergil sind es 11 solche Hexameter, siehe oben S. 139 unter a) und c). 3 Zu diesem Versrhythmus siehe oben S. 136-137. 4 Zur Textkonstitution siehe kritische Ausgaben. 5 Siehe unten S. 155-157.

150

Die Caesur κατά τρίτον τροχάϊον als Hauptcaesur

eher schwächt.1 Dies werden wir noch an verschiedenen Beispielen sehen. Jetzt wollen wir aber mit Versen beginnen, in welchen die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Interpunktionscaesur erscheint:2 I 56: quae domito procul hoste,II tarnen grassantibus armis IV 6: uoluimus, ο Meliboee;ll sed haec, quibus aurea possint IV 60: donauit dixitque:ll ,truces haec fistula tauros VI 28: ecce uenit Mnasyllus:ll erit (nisi forte recusas) arbiter VI 48: Terreri, MnasylleJI suo me munere credit: VI 79: rumpor enim, Mnasylle:ll nihil nisi iurgia quaerit. In der eel. VI wird die Erscheinung durch den Gebrauch des griechischen Eigennamens hervorgerufen (3mal), ebenso einmal in IV 6 (insgesamt 4mal = 14,28%). Deshalb kann man aber nicht davon sprechen, daß sich Ekloge VI von den anderen unterschiede. Ganz im Gegenteil. Denn weder diese noch andere Verse zeigen griechisches Kolorit; gerade dies unterscheidet Calpurnius von Vergil.3 Überdies trat bei Vergil ein Kolonende hier etwa 35mal auf, d. h. in 57,38% der Verse mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον. Bei Calpurnius finden wir nur die sechs oben angeführten Belege (21,43%). Die übrigen 22 Hexameter (relativ: 78,57%) haben kein Kolonende in der trochäischen Caesur, mehrere von ihnen die typische Sperrungsart I. Im Vergleich mit Vergil ist dies Verhältnis der Interpunktions- zu der Sperrungscaesur bei Calpurnius gerade umgekehrt; den Vorrang hat die Sperrungscaesur. Dies verleiht den Calpurnianischen Hexametern sanfte Milde. Zunächst möchte ich drei weitere hinsichtlich der Hauptcaesur problematische Fälle behandeln, in denen ich die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον angenommen habe: I 74: exsultet quaecumque II Notum I gens ima iacentem erectumue colit Boream,\\ quaecumque uel ortu uel patet occasu II medioue sub aethere feruit. Ich lasse den so markierten Text für sich sprechen. IV 50-52: sed nisi forte tuas melior sonus aduocat aures et nostris aliena II magis tibi I carmina rident,4 uis, hodierna tua subigatur pagina lima?

1

Siehe Belege auf S. 147-148. Calp. IV 146 rechne ich zu den Fällen der Sperrungscaesur; siehe oben S. 148. 3 Vgl. oben S. 139. 4 Hier kann man ζ. B. nur von einer Reminiszenz aus Lucr. I 8 reden (tibi rident aequora ponti), die zum Gemeingut der Verstechnik gehört, aber keine bewußte imitatio ist. 2

bei Calpurnius Siculus

151

Die Annahme der Caesur κατά τρίτον τροχαϊσν verbindet magis mit rident, wozu es syntaktisch gehört. Außerdem verriete die semiseptenaria eine Neigung zum hier unerwünschtem όμοιοτέλεντον,1 welches von Calpurnius gemieden wird. nec quisquam nostras inter dumeta Camenas IV 47: respiceret: non ipse II daret mihi I forsitan aurem, ipse deus uacuam II longeque sonantia uota scilicet extremo non exaudiret in orbe. Hier ist die Situation komplexer als in anderen Hexametern, vergleichbar mit VI 67. Denn neben dem möglichen όμοιοτέλεντον haben wir im 4. biceps das mihi, welches im Kontext des wiederholten und sich auf den Gott beziehenden ipse entweder nicht betont oder doch betont werden muß, wovon sich die Position der Haupcaesur vielleicht nicht trennen läßt. Angesichts der auf dem ipse ... ipse deus liegenden Emphase und des zweimaligen Zeilensprungs kommt die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον deutlich zur Geltung. Jetzt widme ich mich den Hexametern mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Sperrungscaesur, zunächst dem Typus I, auf den 14 Verse des Calpurnius entfallen.2 Die bisher nicht angeführten 8 Hexameter sind die folgenden: I 10: silua comas rapidoque II caput leuat I obuia soli Carmina, quae nobis deus obtulit ipse canenda, I 93: dicamus teretique II sonum modulemur auena: decipiorque miser, quotiens mollissima tango II 6: conueniunt dulcique II simul contendere cantu pignoribusque parant: II 86: ora manu primique II sequor uestigia floris nescius et gracili digitos lanugine fallo?

1

Die Frage, ob das innere όμοιοτέλεντον bzw. όμοιόπτωτον zwischen 3 und 7 von Calpurnius und anderen Bukolikern angestrebt wurde, ist genauer zu untersuchen; siehe unten S. 160 ff. Die Ansätze findet man bei E. Norden im Anhang IV und passim im Kommentar. Bei bejahender Antwort wäre in IV 32,47, 51, 61 und nicht so auffällig in VI 28 und VII 3 die semiseptenaria die Hauptcaesur, bei verneinender (insofern es möglich ist) die 3tr, weil sie den Eindruck lindert. In IV 51 ist die Quantität nicht dieselbe (-Is : -is), was ebenfalls als Zeichen der Meidung angesehen werden kann (betont bereits für Calpurnius von Ch. Gnilka, WSt 87 (1974), S. 137). Dieselbe Frage muß bei 7 als Hauptcaesur wieder aufgenommen werden. Denn diese Erscheinung kann dort, wo 3tr unmöglich und 5 unwahrscheinlich ist, besonders gut beobachtet werden. Für die terminologischen Unterschiede bezüglich der antiken Benennungen des „Reims" siehe H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, Stuttgart 19903, §§ 725-731. 2 Davon wurden Calp. IV 54, 61,146; ΠΙ 16; Π 46; V 61 bereits zitiert, siehe oben S. 147-149.

152

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

,Has tibi, Phylli, preces iam pallidus, hos tibi cantus III 46: dat Lycidas, quos nocte II miser modulatur acerba. dum flet et excluso disperdit lumina somno. spes magis arridet: certe ne fraga rubosque IV 32: colligerem uiridique II famem solarer hibisco. IV 130: et cantus uiridante II licet mihi I condere libro 1 VII 63: barba iacet tremulisque I rigent I palearia saetis. Übrig bleiben noch 8 Verse, in denen die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Sperrungscaesur erscheint. Daraus belegen zwei Verse den Sperrungstypus II: et nunc alternos magis ut distinguere cantus II 26: possitis, ter quisque II manus lactate micantes'. Numquid in hac, Lycida, uidisti forte iuuencam III 2: ualle meam? solet ista II tuis occurrere tauris. 2 et iam paene duas, dum quaeritur, eximit horas, zwei weitere die häufigste Variante des Typus I: IV 51: et nostris aliena II magis tibi I carmina rident VII 7: Mirabar, quae tanta II foret tibi I causa morandi, 3 cur tua cessaret taciturnis fistula siluis, zwei oben zitierte Verse verbinden diese beiden Gruppierungen, nämlich I 74 und V 17,4 und zwei haben eine oben besprochene Eigenart: 5 IV 12: Quidquid id est, siluestre II licet uideatur acutis auribus et nostro tantum memorabile pago IV 47: respiceret; non ipse II daret mihi I forsitan aurem, ipse deus uacuam. Wir haben gesehen, daß der in vielen Fällen vorliegende komplexe Sachverhalt zur Interpretation herausfordert, ohne die ein Ergebnis nicht 1 Mihi nimmt hier die unbetonte Stelle ein. Das Prädikat erscheint wie eine Hängebrücke, derer Pfeiler uiridante (Rhema proprium im Sinne der Funktionalen Satzperspektive) und libro (Rhema) sind. Um dies zu hören, muß man den ganzen Abschnitt Calp. IV 127-131 lesen: Ille meis pacem II dat montibus: I ecce per illum seu cantare iuuat II seu ter pede lentaferire gramina,/ nullus obesf. II licet et cantare choreis et cantus uiridante II licet mihi I condere libro, turbida nee calamos II iam surdant classica nostros. 2 Der codex V liest illa. 3 Vgl. Verg. I 36: Mirabar quid maesta deos, Amarylli, uocares und Verg. I 26: et quae tanta fiiit Romam tibi causa uidendi? * Siehe S. 149 und 150. 5 Vgl. oben S. 148 und 151.

bei Calpurnius Siculus

153

erzielt werden kann. Die Statistik erweist sich in solchen Situationen als machtlos. Nicht zuletzt dadurch wird die Richtigkeit der ursprünglichen Auffassung der Caesur und der Diaerese bestätigt. 1 Die kolometrische Gliederung des Hexameters, die vor allem auf der Syntax beruht, deckt sich nicht immer mit der rhythmisch-metrischen. Doch die Bestimmung der Hauptcaesur ist auch in derartigen Versen und Verszusammenhängen von der Verskolometrie abhängig. Auch beim Fehlen eines Kolonendes oder einer eindeutigen Sperrung muß die verskolometrische, d. h. zugleich rhythmische und syntaktische, Gliederung eines Hexameters oder einer Hexametergruppe im Vordergrund stehen. Manchmal muß man dem rein rhythmischen Moment den Vorrang vor dem syntaktischen zuerkennen. 2 Dennoch wird die Hauptcaesur auch in einem solchen Fall die syntaktische Ausgewogenheit der Periode normalerweise nicht beeinträchtigen, sondern sie verdeutlichen. Insofern also kann man weiterhin weder sagen, die Caesur sei eine von der Syntax völlig losgelöste und unabhängige rein formale Erscheinung, noch sei sie mal so, mal so zu fassen, was ein methodisches Absurdum wäre. Es zeigt sich dabei aber die Schwierigkeit der praktischen Anwendung der richtigen Theorie an etlichen konkreten Beispielen. Die Theorie muß für die Alten nicht sehr wichtig gewesen sein; für sie war die Praxis ausreichend. Die Theorie setzte erst ein, wie J. Leonhardt zeigt, 3 nachdem die quantitierende Aussprache verlorenzugehen begonnen hatte. In diesem Sinne befinden sich moderne Metriker an einem ähnlichen Ausgangspunkt, was das theoretische Bemühen rechtfertigt; sie verfügen aber über bessere, wenn auch nicht vollkommene, Forschungsinstrumente. Unsere Beobachtung der Praxis der Alten muß in induktiv begründete Aussagen münden. Am Anfang dieser Beobachtung stehen Satz und Vers, die voneinander untrennbar sind. Jedes ideale Schema ist ein Ergebnis der möglichst vollkommenen Induktion. Die Schemata sind jedoch hierarchisch zu ordnen. Denn das Grundmuster des Hexameters als Hexameter ist nicht gleich dem induktiv erlangten Bild des Hexameters eines einzelnen Dichters oder einer Gattung. Während das Grundmuster, welches den weitesten Umfang und den geringsten Detailgrad hat, eine allgemeintheoretische Gültigkeit besitzt oder, anders gesagt, ein universale per analogiam ist, ist das spezielle Schema in seiner Anwendung beschränkt

1

Siehe oben S. 59-61. Die hier gemeinten Situationen umfassen vor allem die innerhalb von Hyperbata stehenden Enklitika und Proklitika, deren rhythmischer und syntaktischer Bezug verschieden sein kann, sowie manche Fälle der Synaloephe, hauptsächlich bei einsilbigen Wörtern. 3 Dimensio syllabarum, S. 56-58,182-183,185. 2

154

Die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur

und darf nicht an die Stelle des Grundmusters als Ausgangspunkt der Untersuchung eines breiteren Ausschnitts gesetzt werden. Denn es ist nicht der Ausgangspunkt, sondern das Ziel. Auch in diesem Teil1 ergibt ein Vergleich zwischen Calpurnius Siculus und seinem Vorgänger Unterschiede. Eine seltene Sperrungsart, in der die Entsprechungen vor der trochäischen Caesur und im Überhang stehen, kommt bei Calpurnius nicht vor.2 Ansonsten sind sich Vergil und Calpurnius sowohl angesichts der Variationen bei der Sperrungscaesur als auch beim Bau der auf die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον folgenden Vershälfte sehr ähnlich. Unähnlich bleibt dagegen der Anteil der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur im ganzen bukolischen Werk der beiden Dichter,3 obwohl der absolute Wortschluß nach dem 3. Trochäus bei ihnen fast gleich häufig ist - bei Vergil 13,28%, bei Calpurnius 10,58%.4 Dennoch hat Vergil 56,48% dieser Wortschlüsse zur Hauptcaesur gemacht, Calpurnius nur 35%. Dieser Unterschied ist beträchtlich, noch größer als bei der bukolischen Diaerese.5 Dies führt zu dem Schluß, daß die metrische Funktionalität6 dieser beiden Wortschlüsse bei Vergil entschieden höher ist als bei Calpurnius Siculus.

4. Die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον in den Carmina Einsidlensia Im ersten Einsiedler Hirtengedicht fehlt die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον völlig, obwohl ein Wortschluß an dieser Versstelle viermal vorliegt: 6, 26, 27, 40.7 In allen vier Fällen ist die semiseptenaria die Hauptcaesur. Die Arten des jambischen Wortes sind die folgenden: 8 1.) Position über die Wortgrenze hinweg: 6 (fidem duo), 27 (fuit seu), 40 (fuit gaudete) und 2.) Ein jambisches Wort mit folgendem Konsonanten: 26 (deösfas). ι Vgl. oben S. 150. Zu Vergil (2 Belege: VI 18 f., IX 53 f.) siehe oben S. 134. 3 Bei Vergil absolut 7,5%, bei Calpurnius knapp die Hälfte davon: 3,7%. 4 Bei Nemesianus sind es 13,87%. s Vgl. Tabellen auf S. 93 und 109 sowie S. 118,123 und 158. 6 Unter .Funktionalität eines Wortschlusses' wird hier der Anteil eines bestimmten Wortschlusses verstanden, der im Vers die Funktion der Hauptcaesur hat. Wenn beispielsweise in Eins. I 31,03% aller Wortschlüsse im 4. longum als 7 Η erscheinen, während es in Eins. II nur 7,41% sind, so ist die Funktionalität des Wortschlusses im 4. longum in metrischer Hinsicht in Eins. I viel höher als in Eins. Π. 7 Eins. I I I nimmt wegen der semiquinaria eine Sonderstellung ein. 8 Vgl. oben S. 149 Anm. 1 und unten S. 155 Anm. 3. 2

155

in den Carmina Einsidlensia

Das zweite Hirtengedicht zeigt dagegen dreimal die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur. Der Vers 38 wurde zwar aus Vergil IV 10 wörtlich übernommen, 1 aber auch die Verse 10 und 35 erlauben, an die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur zu denken: 10: Deliciae somnusque II solent adamare querellas 35: nunc tellus inculta II nouos parit ubere fetus 2 In den beiden Versen setzt die trochäische Caesur das stark betonte Subjekt von der Prädikatsgruppe ab; außerdem hat Vers 35 die für den Typus II charakteristische Sperrung. Darüber hinaus ist Eins. II 30 durch die kunstvolle Kolometrie der ganzen Versgruppe eine Herausforderung hinsichtlich der Hauptcaesur: nullo iam noxia partu femina quaecumque est II hostem parit,II arua iuuentus Eins. II 30: nuda fodit / tardoque I puer I domifactus aratro miratur patriis II pendentem sedibus ensem, wo einerseits die für die trochäische Caesur typische Sperrung vorliegt, andererseits tardoque puer im Gleichgewicht zu arua iuuentus steht. Es steht frei, sich hier für die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον oder für die semiseptenaria zu entscheiden. Eins. II 23 läßt keine Zweifel zu: Saturni rediere dies II Astraeaque uirgo Die Art des nachfolgenden jambischen Wortes kann leicht abgelesen werden. 3

Verszahl

47 38

ecl. Eins. I Eins. Π

Wortschluß 3 tr

6, 26, 27, 40. 10, 23, 30, 35, 38.

85

3 tr Η

Summe

%

4 5

8,51 13,16

9

10,59

Summe

%abs.

%rel.

3

7,89

60,0

Eins. I Eins. Π

1

10,

35, 38.

Casta, faue, Lucina, tuus iam regnat Apollo\ Die semiseptenaria würde die Attribute von ihren Substantiven trennen und parit isolieren. 3 Zweimal Position über die Wortgrenze hinweg (tuüs i, puer d), einmal Position innerhalb des Wortes (solent a), einmal ein jambisches Wort mit Position (nouös p), einmal ein reiner Jambus (dies a). 2

156

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

Die absolute Prozentzahl der Häufigkeit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Eins. II beträgt 7,89%, die relative 60%. Obgleich der geringe Umfang des Gedichtes keine Grundlage für statistische Vergleiche bietet, ist es sinnvoll, daran zu erinnern, daß diese beiden Zahlen die entsprechenden Zahlen bei Vergil beinahe wiederholen. 1 Im Gegensatz zu Vergil und zu Calpurnius Siculus, bei dem trotz seiner 6 Belege diese Tendenz bereits erkennbar ist, beobachten wir in den Einsiedler Gedichten das Fehlen der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Interpunktionscaesur. Das Vergilzitat in Eins. II 38 hat keinen Eigenwert. Dagegen hat der Autor des Eins. II zwei eigene Belege zu bieten, beide originell, indem sie nicht den Sperrungstypus I belegen. Sie bezeugen vielmehr die in Eins. II sichtbare Tendenz zur dichotomischen Gliederung des Hexameters, die mit unwiderlegbaren Belegen nachweisbar ist. 2 Viel wichtiger ist aber, daß wir eine Scheu vor der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον überhaupt in Eins. I feststellen müssen. Dies macht den Hexameter ärmer und monotoner.

5. Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον bei Nemesianus Nemesians Praxis bezüglich der Wortschlüsse nach dem dritten Trochäus erinnert an die des T. Calpurnius Siculus. In eel. IV, wie bei Vergil in eel. VIII, erscheint zehnmal ein Kehrvers, der die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Interpunktionscaesur aufweist: 3 cantet, amat quod quisque:ll leuant et carmina curas. Insgesamt liegt in den 310 Versen Nemesians ein absoluter Wortschluß nach dem dritten Trochäus 43mal vor. Im Gegensatz zu Vergil und zu Calpurnius Siculus gibt es bei ihm keine einzige Ausnahme von der Regel, daß auf die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον ein jambisches Wort folgt, 4 also erneut mehr Regelmäßigkeit aber auch Monotonie. Auch die Verteilung der Arten des jambischen Wortes ist eine andere. 5 Am besten ist es, all dies anhand von Beispielen zu betrachten, denen eine Tabelle vorangehen soll. 1

Siehe oben S. 133 und 154. Dazu Näheres im VII. Kapitel. 3 Nemes. IV 19, 25, 31, 37,43,49, 55, 61, 67, 73. Zur Verszahl siehe oben S. 72. * Vgl. oben S. 149. 5 1. durch die Positionslängung über die Wortgrenze hinweg - 12mal, 2. durch die Positionslängung innerhalb der Wortgrenze - 5mal, 3. naturlanger Vokal mit zusätzlicher Positionslänge - 13mal, 4. naturlanger Vokal ohne Positionslänge (reiner Jambus) 13mal. Siehe S. 149 ,154 und 155. 2

157

bei Nemesianus Vers- Nemes. ecl. zahl

87

I

90 69 64

II III IV

310

Wortschluß 3 tr

5,7, 9,10,18, 20, 26, 33, 38, 41, 43, 58, 64, 66, 70, 80, 81, 86. 15, 16, 56, 63, 65, 71, 72, 83. 15, 25, 46, 56, 63. 5, 19,1 23, 27, 29, 38, 39, 51, 52, 57, 63, 70.

Summe

%

18 8 5 12

20,69 8,89 7,25 18,75

43

13,87

Manche dieser 43 Hexameter veranlassen uns zu einer kurzen Besprechung: tum uero ardentes flammati pectoris aestus II 15: carminibus dulcique ll3trparant I releuare querella. Infolge der Sperrung dulcique ... querella überwiegt hier die Caesur κατά τρίτον τροχαϊσν, obwohl man auch zugunsten der semiseptenaria argumentieren könnte, durch welche die beiden Ablativi gleich eng an parant gebunden wären. Eindeutig ist die semiseptenaria in I 38 wegen der syntaktischen Bindung sentire datur.2 I 38: mittite, si sentire datur II post fata quietis. Ebenfalls ist die semiseptenaria in I 81 anzunehmen, obgleich die Caesur κατά τρίτον τροχαϊσν wegen der Sperrung möglich ist: I 81: perge, puer, coeptumque I tibi II ne desere carmen. Dieser Vers ist eine Nachahmung des Calp. IV 146: uilis amor, coeptamque.il pater, ne desere pacem. 3 Da aber in Nemes. 181 tibi sehr eng zu coeptumque gehört, spricht nichts dagegen, die semiseptenaria als Hauptcaesur anzunehmen. Dies würde sogar für Nemesianus sprechen, der im Rahmen einer engen wörtlichen Nachahmung eine andere Hauptcaesur wählte. uirides nam subicit herbas I 33: mollis ager / lateque II tacet nemus omne:// quieti Syntaktisch gehört lateque tacet eng zusammen, was für die semiseptenaria sprechen kann. Dennoch ist hier auch die Caesur κατά τρίτον τροχαϊσν möglich, wenn wir tacet nemus omne als eine rhythmische Gruppe nehmen, wodurch die trochäische Hauptcaesur und das mit omne trochäisch ausgehende Kolon einander entsprechen. Die Entscheidung hängt von der

1

Vgl. S. 156 Anm. 3. Dazu vgl. H. Drexler, PhW 44 (1924), Sp. 30: „Es ist zu sagen, daß die Enge der Verbindung zwischen regierendem Verbum und abhängigem Infinitiv eine ganz verschiedene ist." 3 Vgl. oben S. 148. 2

158

Die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur

Weise des Lesens ab.1 Ich nehme den Vers in die Tabelle auf; ebenso die folgenden 143 und IV 57.2 I 43: longa tibi / cunctisque II diu spectata senectus. Hier ist eher die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον aufgrund der Emphase bei cunctisque und diu anzuerkennen als die allzu rhythmisierend wirkende semiseptenaria. Durch die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον werden die beiden Ergänzungen zu spectata hervorgehoben. Die Prüfung der 43 trochäischen Wortschlüsse im 3. Fuß hinsichtlich ihrer Funktion als Hauptcaesur hat zu folgendem Ergebnis geführt: Verszahl

Wortschl. 3tr

Nemes. ecl.

87 90 69 64

18 8 5 12

I II III IV

310

43

3 trH

5, 7, 33, 43, 80. 15, 71. 63. 19, 29, 57.

Insg.

%abs.

%rel.

5 2 1 3

5,75 2,22 1,45 4,69

27,78 25,00 20,00 25,00

11

3,55

25,28

Bei 43 Wortschlüssen nach dem dritten Trochäus liegt die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον als Hauptcaesur llmal vor: 4mal als Interpunktionscaesur, 7mal als Sperrungscaesur. Relativ gesehen sind es entsprechend 36,36% und 63,64%, in dieser Hinsicht nimmt also Nemesianus eine Mittelstellung ein.3 I 80: quam taceat, MeliboeeJI tuas mea fistula laudes III 63: quin etiam deus ille,ll deus Ioue I prosatus ipso IV 19: cantet, amat quod quisque:ll leuant et carmina curas. IV 29: et montes siluaeque,ll suos habet arbor amores. In I 80 kommt ein griechischer Hirtenname vor; auch III 63 ist durch Vergil beeinflußt. 4 Es folgen die sieben Belege für eine Sperrungscaesur (Nemes. I 33,1 43 und II 15 wurden bereits zitiert5). Daraus belegen die zwei Verse den Sperrungstypus I (I 7, II 15), einer den Sperrungstypus II (I 5), einer verbindet die beiden Typen (II 71):

ι Vgl. zu Verg. IX 29: S. 135 mit Anm. 2. Zu IV 57 siehe unten S. 159. 3 Vgl. oben S. 150. 4 Vgl. Aen. VI 46 und Norden zur Stelle, ferner Korzeniewskis Similienapparat ad locum. 5 Siehe oben S. 157 f. 2

bei Nemesianus

159

nam te calamos inflare labello I 5: Pan docuit uersuque II bonus tibi fauit Apollo. incipe, dum salices haedi, dum gramina uaccae I 7: detondent, uiridique II greges permittere campo dum ros et primi suadet dementia solis. Die zwei übrigen Verse sind hinsichtlich der Hauptcaesurstelle nicht so eindeutig: II 71: te peream, qui mane II boues in pascua ducol quisquis amat pueros, ferro praecordia duret, IV 57: nil properet discatque II diu patienter amare prudentesque animos teneris non speret in annis, perferat et fastus. Dies kommentiert Heather J. Williams: „diu modifies discatque,1 and patienter, amare" Diese erste Zuordnung scheint mir verfehlt zu sein. D. Korzeniewskis Übertragung lautet: „Wer sich in Knaben verliebt, soll sein Herz mit Eisen umpanzern nichts überstürzen und lernen, lange geduldig zu lieben", woraus folgt, daß er beide Adverbia auf amare bezog. In seinem Similienapparat erscheinen zwei Belege für patienter amare: Ov. her. XIX 4 und XX 90, denen ich zwei hinzufügen kann: Mart. V 7, 8 und XIV 165, 2 - alle vier Belege am Pentameterschluß. Die Junkturen diu amare und diu diligere (vgl. Calp. II 3: dilexere diu, was sich hier auf seelische Empfindungen bezieht), sind noch seltener, wenn wir von unserer Stelle absehen, nur je einmal belegt. 2 Nicht nur der Sinn, sondern auch die inhaltliche Nähe beider bukolischer Stellen sprechen für diu patienter amare? Patienter gehört zu amare, dagegen diu zu der Gesamtgruppe patienter amare. Warum denn sollte der Betroffene diu discerel Wäre es nicht ein unpassender Hinweis auf seine Unfähigkeit? Im ganzen findet sich auch bei Nemesianus keine Caesur κατά τρίτον τροχαΐον, in die kolometrisch ein Überhang einbezogen wäre. Die metrische Funktionalität des trochäischen Wortschlusses im 3. Fuß, von Eins. I abgesehen, ist die niedrigste unter den Bukolikern.

1 2 3

So auch J. B. Hofmann s. u. "diu, ThLL V, col. 1563,63. Prop. Π 5,8 und Calp. Π 3 (vgl. J. B. Hofmann ebendort, col. 1564, 60 und 65). Amare hier = ,sich liebend (um die Gunst des / der Geliebten) bemühen'.

160

Die Caesur κατά τρίτον τρσχάϊσν als Hauptcaesur

6. Zum όμοιοτέλευτον

und όμοιόπτωτον1

Im Hinblick auf die Konkurrenz der Wortschlüsse nach dem 3. Trochäus und nach dem 4. longum muß beobachtet werden, ob hier bestimmte Neigungen zum inneren όμοιοτέλευτον bzw. όμοιόπτωτον zwischen der semiternaria und der semiseptenaria ins Ohr fallen, ob bereits so früh eine Tendenz beginnt, die die spätere Entstehung und Verbreitung der entsprechenden Rhythmisierung und der uersus leonini - von den kunstvollen uersus trini salientes 2 ganz zu schweigen - motivieren konnte. Eine diachrone Beobachtung, die die Steigerung einer solchen Tendenz bestätigte, wäre von großem Wert. Die Erscheinung selbst wurde vielmals als ,Dreigliederung' oder ,Rhythmisierung' bezeichnet. Eine klare Antwort auf die gestellte Frage ist für die Caesurlehre wichtig: Falls der Binnenreim zwischen diesen Versstellen gesucht wurde, muß die semiseptenaria den Vorrang als Hauptcaesur haben. Als Untersuchungs- und Beweismaterial nehme ich diejenigen Hexameter der Bukoliker, in denen die drei Wortschlüsse 3, 3tr und 7 erscheinen. Man kann dieselbe Untersuchung an den Versen mit den Wortschlüssen 3, 5 und 7 durchführen, die hier ebenfalls einbezogen sind, sie wird aber das Ergebnis nur bestätigen:3 Da hier Unsicherheit hinsichtlich der Hauptcaesur viel seltener auftritt als zwischen den Wortschlüssen 3tr und 7, würde dies nicht so sehr zur Caesurlehre und Verskolometrie, als vielmehr zum Thema des όμοιοτέλευτον - όμοιόπτωτον an sich beitragen. Ich beginne mit Vergil. In Hexametern mit der Caesur κατά τρίτον τροχάϊον wird diese markiert. I 9: ille meas errare boues, ut cernis, et ipsum 35: non umquam grauis aere II domum mihi dextra redibat 43: bis senos cui nostra dies altaria fumant. II 29: atque humilis habitare casas et figere ceruos V 2: tu calamos inflare leuis, ego dicere uersus. Belege dieser Art kann man weiter zitieren; vom όμοιοτέλευτον oder όμοιόπτωτον findet man keine Spur. Es sind noch mit 7 H: Verg. IV 40, 1

Im allgemeinen siehe dazu E. Norden, Aeneis VI2, S. 405 ff.; L. Häkanson, Homoeoteleuton in Latin Dactylic Poetry, HSCP 86 (1982), S. 87-115; D. R. Shackleton Bailey, Homoeoteleuton in Latin Dactylic Verse, Stuttgart und Leipzig 1994, S. 1-9,15, 36,100-106. Alle diese Autoren behandeln eine andere Art der Erscheinung, nämlich ihr Vorkommen in aufeinanderfolgenden Wörtern. Ich dagegen folge H. Lausberg, wie Anm. 1 auf S. 151. Zu όμοιοτέλευτον, όμοιόπτυπον, Reim und anderen Klangwirkungen viel Aufschlußreiches bei J. B. Hofmann, A. Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik, München 1997 (Nachdruck der 1972 verbesserten Auflage), S. 704 ff. 2 Vgl. P. Klopsch, S. 77-78. 3 Einige Beobachtungen werden nebenbei im IV. Kapitel gemacht.

όμοιοτέλευισν und όμοιόπτωτον

161

VI 26, 76, VIII 29, 101, Χ 56, mit 3tr Η: Verg. III 40, IV 37, V 66, IX 64, X 47. Zwei Verse sind eigenartig, der erstere davon hat keinen Wortschluß 3: VIII 22: Maenalus argutumque nemus pinusque loquentis X 29: nec lacrimis crudelis Amor, nec gramina riuis. Nur zwei Hexameter Vergils1 zeigen das eigentliche όμοιόπτωτον: VIII 32: ο digno coniuncta uiro, dum despicis omnis bzw. όμοιοτέλευτον: II 7: nil nostri miserere? II mori me denique coges. Wir wenden uns jetzt Calpurnius Siculus zu. Es gibt bei ihm Hexameter der Art wie bei Vergil, in denen die Vokale verschieden sind: II 83: maturis nucibus uirides rumpentur echinni V 51: iam siluis committe greges, iam longius herbas V 119: plura quidem meminisse uelim. nam plura supersunt. Es gibt auch Verse, in denen von einem ,Teilreim'2 gesprochen werden kann oder in denen das όμοιοτέλευτον durch andere Kunstmittel gemildert wird:3 II 4: uoce sonans. hi cum terras grauis ureret aestas· III 35: exopto quam cum Mopso iurgetur anhelo IV 12: Quidquid id est, siluestre II licet uideatur acutis V 111: ualle premes media: sitis est pensanda tuorum VII 63: barba iacet tremulisque II rigent palearia saetis, II 54: decernamque nemus dicamque:ll4tr ,sub arbore numen IV 15: carminis, at certe ualeat pietate probari. In dem letzten Hexameter endet das Kolon nach carminis, was eine Pause erfordert. Dann wird at certe zusammen artikuliert. Auf ein όμοιοτέλευτον kann nur jemand kommen, der gegen jeden Sinn, auf die moderne Schulweise rhythmisierend, d. h. alle Silben „gleich lang", liest und dabei die longa betont.

1

Vgl. Verg. VE 29:

saetosi caput hoc apri II tibi, Delia, paruus, ohne Wortschluß

3tr. 2

J. B. Hofmann, A. Szantyr sprechen auf S. 704 von .Mischreim': „bei Quantitäts- bzw. Betonungsverschiedenheit (.Mischreim') wie rätus - grätus\ die bloße Gemeinsamkeit eines Konsonanten der Stammsilbe, ζ. B. equus - coquus genügt selten, um sinnfällige Reimwirkung hervorzubringen." 3 Es handelt sich dabei nicht um die Beachtung der Vokalquantitäten, sondern um den Eindruck beim rhythmisierenden Lesen, siehe unten S. 163-165. Calp. Π 54 und IV 148 haben offensichtlich keinen Wortschluß 3 und 7.

162

Die Caesur κατά τρίτον τροχάϊσν als Hauptcaesur

Wir finden bei Calpurnius auch Milderung des Reimes durch die Quantität, 1 von den indischen Grammatikern als Vokalfarbe bezeichnet: III 87: obstiterit, laqueum misen nectemus ab illo IV 51: et nostrls aliena II magis tibi carmina rident. Bereits in diesen Hexametern, die insgesamt nicht zahlreich sind, sehen wir eine leichte Neigung des Dichters zum Gleichklang zwischen den Wortschlüssen 3 und 7. Wir finden bei ihm auch etliche Hexameter, in denen sie ganz deutlich wird: I 37: uos populi gaudete mei: licet omne uagetur III 61: quem sequeris? quem Phylli fugis? formosior illo IV 32: colligerem uiridique II famem solarer hibisco IV 47: respiceret: non ipse II daret mihi forsitan aurem, IV 61: conciliat nostroque II sonat dulcissima Fauno IV 110: incaluit floremque dedit; cui silua uocato V 41: hanc umeris portare tuis natosque patenti V 107: et sucos adhibere nouos: ut torrida nimbis VI 20: ipse tuos iudex calamos committere nostris? VI 28: ecce uenit Mnasyllus: II erit (nisi forte recusas). Aber auch derartige Verse sind nicht so zahlreich, um die Annahme der semiseptenaria überall zu erzwingen, und wir sehen schon jetzt, daß auch die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον eine mildernde Funktion ausübt. Jetzt können wir den Sachverhalt bei den Verfassern der Einsiedler Gedichte und bei Nemesianus 2 beobachten. Eins. I 6: Sed nostram durare fidem duo pignora cogent I 15: Praeda mea est, quia Caesareas me dicere laudes I 40: iam tanti cecidisse fuit! gaudete ruinae Eins. II 35: nunc tellus inculta II nouos parit ubere fetu&.3 Alle diese Belege erinnern an Vergil und an die im ersten Teil zitierten Hexameter des Calpurnius: der Binnenreim ist völlig verpönt. Auch Nemesianus hat Verse dieser Art: Nemes. II 20: quae colitis siluas Dryades, quaeque antra, Napaeae, III 15: iamque ortus, Lenaee, tuos et semina uitis IV 29: et montes siluaequejl suos habet arbor amores 1

Dies wurde von Ch. Gnilka, Die Tiere im hölzernen Amphitheater Neros. Wortund Versinterpolation bei Calpurnius Siculus, WSt 87 (1974), S. 137 in Bezug auf den interpolierten Vers *VH 59: hic rarem siluis etiam. quibus editur, alcen hervorgehoben. 2 Vgl. .structures phoniques' bei R. Verdiere, Prole'gomenes, S. 48-50. 3 Eine andere Erscheinung sind uersus leonini. Diesem Typ steht Eins. Π 18 nahe: Maenalides teneras ducunt per sacra choreas: ein reiner leoninus ist Nemes. I 59: hortatus duras docuisti/allere curas. Bei den römischen Dichtern ist diese letztere Art nie erstrebt worden, die erstere ebensowenig, auch wenn sie sich manchmal aus der Flexion natürlicherweise ergab. Siehe auch Nemes. cyn. 114,121, 314.

όμοιοτέλειπον und όμοιόπτωτον

163

IV 19: cantet, amat quod quisque:ll leuant et carmina curas. Außerdem begegnet man bei ihm Hexametern mit verschiedenen Quantitäten an den relevanten Stellen: I 10: tu iuuenis carusque dels in carmina cogis? IV 14: inmitis Meroe rapidlsque fugacior Eurfs, oder solche, in denen man nur durch sinnloses .Skandieren' den Reim erzwingen könnte: 1 I 3: incipe, si quod habes graciH sub harundine carmen I 8: dum ros et primi suadet dementia solis II 85: nos quoque te-propter, Donace, cantabimur urbi III 65: integit et lynci praebet cratera bibenti. I 67: de messi culmos omnique ex arbore fruges II 23: dicite, quo Donacen prato, qua forte sub umbra. Daß so etwas niemand in der Antike für den Binnenreim hielt, ist offenkundig. Schließlich finden wir bei Nemesianus folgende drei Verse, in denen sich das innere όμοιόπτωτον zwischen den Wortschlüssen 3 und 7 ergibt: I 41: tu nostros aduerte modos, quos ipse benigno II 80: purpureas laudando genas et lactea colla IV 52: Nerinas potabit aquas taxique nocentis. Vergil hatte nur zwei solche Hexameter, Calpurnius zehn, Nemesianus hat drei oder vier, wenn wir II 23 hierzu rechnen. Nur bei Nemesian sind alle diese Verse durch semiternaria und semiseptenaria dreigegliedert; bei Vergil ist einer, bei Calpurnius vier von zehn durch die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον gegliedert; überdies wirkt bei Calpurnius der daktylische Anfangsrhythmus abschwächend. Es genügt, unmittelbar nach den oben angeführten Hexametern Nemesians - und Vergil VIII 32 - die folgenden Verse des Calpurnius zu lesen, um sich davon ,ohrentönlich' zu überzeugen: Calp. I 37: uos populi gaudete mei: licet omne uagetur III 61: quem sequeris? quem Phylli fugis? formosior illo IV 110: incaluit floremque dedit; cui silua uocato V 41: hanc umeris portare tuis natosque patenti. Aus dieser Untersuchung ergibt sich unzweideutig, daß das innere όμοιοτέλειπον oder όμοιόπτωτον in der bukolischen Gattung - wie in der ganzen hexametrischen Poesie der Römer - kein gesuchtes Klangmittel war. Somit ist bewiesen, daß es keine Gründe dafür gibt, im Konkurrenzfall der Wortschlüsse 3tr und 7 auf die kolometrisch unterstützte Caesur κατά τρίτον τροχαΐον zu verzichten; ganz im Gegenteil, sie mildert 1

Zur Bedeutung von .Skandieren' bei den Grammatikern siehe oben S. 37, S. 69.

164

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐσν als Hauptcaesur

die unerwünschte Erscheinung, die sich aus der Flexion ergibt, und sichert sich auch dadurch ihr Existenzrecht im Vers der Römer. Wie es über die nicht quantitierende Aussprache des Lateins, die sich in der Spätantike durchsetzte, zur ästhetischen Wertung des Reims im Mittelalter gekommen ist, habe ich bereits angedeutet: Infolge des dreigliedrigen Rhythmisierens wurde im Hexameter der Fehler zu Tugend gemacht. Neben diesem Ergebnis allgemeiner Art lassen sich auch spezielle Beobachtungen für die einzelnen Bukoliker gewinnen. Daß sich der Reim in einer flektierenden und an Paradeigmata reichen Sprache von selbst anbietet, 1 ist eine Binsenwahrheit. Daher mußte dessen Vermeidung zum Kunstprinzip werden. Erst als Folge dieser Teiluntersuchung der Hexameter mit Wortschlüssen 3, 3tr und 7 bzw. 3, 5 und 7 wurde mir klar, welch ein Künstler, ein Künstler, der seinesgleichen nicht findet, Vergil war. Bis auf zwei Belege wiederholt er, und nur er, n i e die gleiche Flexionsendung, η i e denselben Vokal mit verschiedenen Quantitäten. 2 Es verhält sich bei Calpurnius Siculus und bei Nemesianus anders. Denn neben Versen mit verschiedenen Vokalen haben sie gelegentlich Hexameter, in denen derselbe Vokal mit verschiedenen Quantitäten in den Schlußsilben in 3 und 7 steht. Aber auch sie suchen sowohl durch diesen Unterschied als auch durch ,Teilreim', Versrhythmus und Kolometrie das όμοιοτέλευτον und όμοιόπτωτον auszuschließen, was ebenfalls zur Kunst der subtilen Vermeidung rhythmisierender Gliederung gehört. Allerdings kann man bei Nemesian die gleiche Vorliebe für den Wortschluß im 2. und 4. longum und für dieselben Rhythmen wie bei Vergil beobachten; dies unterscheidet ihn von Calpurnius Siculus, bei dem sich - wie der folgende Anhang und das IV. Kapitel bestätigen - die Dreigliederung des Hexameters keiner großen Beliebtheit erfreute. 3 Demnach hat M. Haupt das Urteil gefällt, Nemesians Hexameter sei ein besserer als der des Calpurnius, 4 was nur zum Teil und nur insofern stimmt, als es Nemesian gelingt, in manchem den des Vergil, der ja der beste ist, nachzuahmen. Denn man darf nicht übersehen, daß manches an Nemesianus centonenhaft wirkt, ζ. B. III 6163, IV 27-30, III 11-13, daß sein Versrhythmus und seine Kolometrie 1

Dieser Reimzwang ist in nicht quantitierenden Sprachen stärker. Siehe Belege auf S. 160-161. Dieselbe Tendenz sehen wir zwar in Eins. I, welches jedoch keine Vergleichsbasis zu Vergil bietet. Außerdem hat Vergil v e r e i n z e l t e dreigegliederte Verse wie VII 29 (zitiert in Anm. 1, S. 161). Die Zahl zwei betrifft die Hexameter mit den Wortschlüssen 3,3tr, 7. 3 Siehe unten S. 167-168, 230 ff. und 274-279. 4 M. Haupt, S. 363: „sed haec tarnen quattuor carmina in alia re eaque satis memorabili maiore versuum elegantia praestant." Die Worte „in alia re" beziehen sich auf das Rhythmisch-Metrische, nachdem Haupt die .elisio' besprochen hat. 2

Trochäischer Wortschluß im 4. Fuß

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abwechslungsarm sind, während Calpurnius und andere Bukoliker der neronischen Zeit eine viel größere formale Selbständigkeit und Eigenart erreichen. 1 Selbstverständlich ist es eine Notwendigkeit, die Verskunst des Calpurnius und des Nemesianus in der Begrifflichkeit der imitatio und aemulatio zu beurteilen. Diesem war Vergil Vorbild, jenem Ovid. 2

7. Trochäischer Wortschluß im 4. Fuß des bukolischen Hexameters Die folgende Untersuchung, deren Ergebnisse ich in eine knappe Form bringen möchte, knüpft einerseits an M. Haupts Beobachtung an, 3 andererseits an meine Darlegungen zur Hexameterklausel bei daktylischem Wortschluß im 4. Fuß, mit denen ich Tamerles Spuren gefolgt bin, 4 und an den vorausgehenden Teil dieses Kapitels. Bei Vergil endet ein Wort nach dem 4. Trochäus 35mal 5 (4,3%), bei C a l p u r n i u s 73mal 6 (9,66%), in Eins. I einmal (2,08%) und bei Nemesianus 8mal 7 (2,58%). Schon diese Zahlen sind vielsagend. Ich will aber weitergehen und zwei Faktoren beobachten: 1) in wievielen dieser Hexameter zwei oder mehrere trochäische Wortschlüsse aufeinanderfolgen, vor allem im 4. und 5. Fuß; 2) wieviele dieser Hexameter zugleich einen Wortschluß nach dem 2. longum haben. 8

1

Dazu R. Mayer, Calpurnius Siculus: Technique and Date, JRS 70 (1980), S. 166-176 (aus sprachlich-metrischen Gründen gegen die Spätdatierung). Siehe auch J. Fugmann, Nero oder Severus Alexander? 7ur Datierung der Eklogen des Calpurnius Siculus, Philologus 136 (1992), S. 202-207. 2 Dies beziehe ich auf die Form, denn sonst war auch Calpurnius Nemesians Vorbild. 3 M. Haupt, S. 363. 4 Siehe oben S. 101-103, S. 136. Ich habe bereits erwähnt, daß sich aus Cavallins Arbeit nur die Häufigkeit graphischer Wortschlüsse ablesen läßt; siehe oben S. 127 Anm. 5, S. 275. 5 Ich schließe Verg. Π 48: bene-olentis aus, rechne aber IV 52 und - mit latentem Wortschluß - VII41 und IX 24 hierher. Einige Belege sind auf S. 250 f. zitiert. 6 Ohne Calp. 170, IV 11 und 143, mit m 86. 7 Ohne Nemes. I 3. M. Haupt, S. 363 nennt 6 Belege (ohne Π 45 und Π 48). 8 Dazu siehe H. Drexler, Hexameterstudien I, S. 440. Die Kehrseite dieser Beobachtung ist, zu untersuchen, wieviele Hexameter mit dem Wortschluß nach dem 4. longum einen Einschnitt nach dem 2. Trochäus aufweisen; dazu siehe unten S. 230 ff., auch S. 274 ff.

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Die Caesur κατά τρίτον τροχαιον als Hauptcaesur

Ad 1) a) Wortschluß nach dem 4. und 5. Trochäus 1 Verg. I 55; III 28, 42, 58; V 35; VI 27, 32, 46; VII 20, 33; IX 24; Χ 10; 2 insgesamt 12mal (abs. 1,48%, rel. 34,28%). Wegen drei trochäischer Wortschlüsse ist VII 33 rhythmisch bemerkenswert: sinum lactis / et haec te libä, Priape, quotannis. Der Vers ist, trotz des Wortschlusses nach haec, im üblichen Sinne caesurlos. 3 Calp. I 44; II 3, 39, 96; III 12,13; IV 1, 43, 57, 25, 134; V 1, 3, 17, 18, 38, 83; VII 37, insgesamt 18mal (abs. 2,38%, rel. 24,66%). Charakteristisch sind Calp. V 17 mit drei aufeinanderfolgenden trochäischen Wortschlüssen und V 18:4 V 17-18: incipient nidoque reuersa lutabit hirundo protinus hiberno pecus omne mouebis ouili, welche in formaler Hinsicht an Verg. V 51-52 erinnern. Nemes. III 55 (abs. 0,32%, rel. 12,5%). b) Wortschluß nach dem 3. und 4. Trochäus Diese Folge ist äußerst selten, 5 in den Eklogen nur einmal bei Verg. IV 16 (abs. 0,12%, rel. 1,37%): permixtos heroas II et ipse uidebitur illis, und einmal im oben zitierten Calp. V 17. c) Wortschluß nach dem 2. und 4. Trochäus 6 Verg. I 37; IX 15, insgesamt 2mal (abs. 0,25%, rel. 5,71%); Calp. I 65; II 33, 54; III 67, 86, 89; IV I I I , 7 114; V 98; VI 14, 43, 70; VII 11, 15, 42, insgesamt 15mal (abs. 1,98%, rel. 20,55%); Eins. I 23 - der einzige Beleg in den Carmina Einsidlensia überhaupt (in Eins. I abs. 2,08%; in beiden Gedichten abs. 1,18%); 1 Unterstrichen sind Verse, die zusätzlich einen Wortschluß nach dem 2. Trochäus haben, welcher mit dem nach dem 4. Trochäus korrespondieren kann, wie bei Verg. VII33, aber nicht muß, wie bei Calp. Π 3, ΠΙ 13 und IV 95. Das letztere ist der normale Fall; die semiquinaria ist die Hauptcaeasur. Zum Wortschluß 4tr vgl. Tabellen bei H. Drexler, Hexameterstudien IV, S. 102-103, zum Wortschluß 5tr ebendort S. 112-113 (unübersichtlich) und Hexameterstudien V, S. 47-49, außerdem K. Brandt, S. 3. 2 Dieser Vers: et potum pastas age, Tityre, et inter agendum hat eine schwache semiquinaria und ein Kolonende nach dem 4. Trochäus. Es liegt nahe, eine seltene Caesur κατά τέταρτον τροχαίου anzuerkennen. Zum Wortschluß nach inter siehe oben S. 28-29. 3 Die äußerst seltene Caesur κατά τέταρτον τροχαΐον ist hier kolometrisch wahrscheinlich. 4 Vgl. oben S. 136 mit Anm. 3. 5 Vgl. H. Drexler, Hexameterstudien I, S. 451, S. 516. 6 Hier ohne die unter la angegebenen Verse, die unterstrichen sind. 7 Der Vers hat zusätzlich einen Wortschluß nach dem 1. Trochäus: densat odore comas, was den Rhythmus arma uirumque cano ergibt.

Trochäischer Wortschluß im 4. Fuß

167

Nemes. II 45, 48, insgesamt 2mal (abs. 0,64%, rel. 25%). d) Wortschluß nur nach dem 4. Trochäus 1 Verg. I 59; II 3, 47; III 8, 35, 63; IV 52; VI 8, 20, 28, 30; VII 12, 26, 41, 54; VIII 1, 5, 82; IX 9; X 59, insgesamt 20mal (abs. 2,46%, rel. 27,40%); Calp. I 16, 18, 40, 42, 67, 76; II 12, 17, 35, 63, 72, 74, 91, 93; III 27, 69, 83; IV 28, 48, 80, 87, 138, 139, 141, 156; V 21, 35, 39, 60, 65, 79, 90; VI 7, 8,2 15, 60, 62, 85; VII 45, 70, insgesamt 40mal (abs. 5,29%, rel. 54,79%); Nemes. I 44; II 41, 61; 3 IV 11, 14, insgesamt 5mal (abs. 1,61%, rel. 62,5%). Erwähnenswert sind zwei Hexameter, in denen die Caesur κατά τέταρτον τροχαΐον als eine kolometrisch starke Caesur erscheint, 4 obwohl die semiquinaria als Hauptcaesur nicht fehlt: Calp. II 54: decernamque nemus II dicamque:ll ,sub arbore numen hac erit;// ite procul (sacer est locus) ite profani.' Calp. IV 156: inuida Paupertas II et dicit:ll ,ouilia cura!' Derartige Hexameter haben des öfteren einen absoluten Wortschluß nach dem 3. longum, ohne daß sie sich von Versen ohne ein Kolonende nach dem 4. Trochäus rhythmisch unterscheiden. Die Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen: Calpurnius Siculus gebrauchte den trochäischen Wortschluß im 4. Fuß viel häufiger als andere Bukoliker und Daktyliker überhaupt, Nemesianus mied ihn sehr sorgfältig. Calpurnius hatte keine Scheu vor zwei trochäischen Wortschlüssen im 4. und 5. Fuß hintereinander (abs. 2,38%); dasselbe kann von Vergil behauptet werden (abs. 1,48%), der - relativ gesehen - mit dem trochäischen Wortschluß des 4. Fußes den des 5. Fußes am häufigsten verband (34,28%, Calp. 24,66%). Obschon die absoluten Prozentzahlen hier niedrig sind, ist doch die Zahl 2,38% angesichts der Seltenheit dieses Rhythmus beträchtlich, die Zahl 1,48 bei Vergil immerhin hoch. 5 Dies ist ein Zeugnis des rhythmischen Reichtums, wenn eine sonst gemiedene Variante gelegentlich zugelassen ist und selten, aber regel-

1 Vgl. Tabellen bei H. Drexler, Hexameterstudien IV, S. 102-103. Zur Folge Wortschluß 2tr und 3tr siehe Hexameterstudien /, S. 443. 2 Vgl. Nemes. Π 61. 3 Vgl. Calp. VI 8. 4 Vgl. oben S. 166 Anm. 1. 5 Nemesianus steht weit hinter seinen Vorgängern, die Einsiedler Gedichte entziehen sich einem Vergleich. Im übrigen sind auch Nemesians Frequenzen wegen der geringer Zahl der Belege schwer vergleichbar.

168

Die Caesur κατά τρίτον τρσχαϊσν als Hauptcaesur

mäßig wiederkehrt. Die ästhetische Beurteilung muß dagegen für jeden Einzelfall gefunden werden. 1 Am auffälligsten ist der Unterschied im Vorkommen des Wortschlusses nach dem 2. und 4. Trochäus in demselben Vers. Wir finden bei Vergil nur 3 Belege 2 (abs. 0,37%, rel. 8,57%), bei Nemesianus 2 Belege (abs. 0,61%, rel. 25%), in den Einsiedler Gedichten einen Beleg (Eins. 123), bei Calpurnius aber 18 Belege 3 (abs. 2,38%, rel. 24,66%). Calpurnius trachtete also danach, die üblichen Wortschlüsse nach dem 2. und 4. longum um eine mora nach vorn zu schieben. Dies beweist, daß er eine Art Abwechslung in die hexametrische Verskunst einführte, damit auch ein Vermeiden der Dreigliederung zwischen dem 2. und dem 4. longum (semiternaria und semiseptenaria), auch wenn eine Dreigliederung durch die wachsenden Glieder durchaus angenehm wirkt. Ad 2) Aus Vergils 35 Hexametern mit Wortschluß nach dem 4. Trochäus haben 24 zugleich einen Wortschluß in der semiternaria: 4 I 55, 59; II 3, 47; III (8), 35, 42, 63; IV 16; V 35; VI 8, 20, (28), 30, 46; VII 12, 20, 54; VIII 1, 5, (82); IX (9), 24; X 59. Dies macht 68,57% aus. Bei Calpurnius sind es nur 31 Hexameter aus 73 (42,46%), darunter viel mehr mit einem Monosyllabon im 2. longum: I 16, 18, 44, 67: II 63, 74, 96; III 12, (27), (69), (83); IV 1, 28, 48, (57), (80), 134, (139), (141); V 1, 3, 17, 21, (39), (65), 79, 83; VI 8, 15; VII 37, 45, bei Nemesianus sind es 5 aus 8 Versen (62,5%): I 44 (latens); II 41, 61; IV 11, 14.5 Auch daraus erkennen wir, daß Calpurnius Siculus dem Wortschluß nach dem 2. longum eine beträchtlich geringere Bedeutung beigemessen hat als Vergil und Nemesianus. Dies stimmt mit dem Ergebnis in Punkt 1 völlig überein: Calpurnius suchte den Wortschluß in der semiternaria und in der semiseptenaria durch andere Verteilung der Wortschlüsse zu ersetzen, was seinem Hexameter eine besondere Individualität verleiht. 1

Vgl. oben S. 136 mit Anm. 3 - S. 137. Siehe unter l c und Verg. VE 33 unter la. 3 Siehe unter lc und Calp. Π 3, ΠΙ 13, IV 95 unter la. 4 In Klammern stehen Verse, in denen dieser Wortschluß unmarkant ist, vorwiegend durch et oder ein anderes Monosyllabon gebildet. Dazu vgl. H. Drexler, Hexameterstudien /, S. 441: „psallimus et luctamur, die häufigste Form mit Monosyllabon in der zweiten Hebung, dem rhythmischen Charakter nach von moenia Romanosque nicht wesentlich unterschieden, scheint mit dem retardierenden palimbaccheischen Wort vor der Caesur für [solchen] Kolon- oder Gruppenschluß weit geeigneter." 5 Davon erinnern Nemes. II 45 und 48 an die alexandrinisch-neoterische Manier, aber das Vorbild war ausschließlich Vergil; vgl. Verg. ΠΙ 63, IV 43 und VI 53. 2

Anhang 3: Nemesians Cynegetica

169

Anhang 3: Zur bukolischen Diaerese und Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Nemesians Cynegetica Es bietet sich an, Nemesians nicht umfangreiches und, im Gegensatz zu Vergils Epen, 1 formal nicht so gründlich erforschtes Lehrgedicht wenigstens in die Behandlung der bukolischen Diaerese und der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον, welche in der römischen Bukolik eine größere Rolle spielen als in der übrigen hexametrischen Poesie, einzubeziehen. I Die bukolische Diaerese 1. Ein Wortschluß 8d: 43mal 2 in 325 Hexametern - 13,23%, davon die bukolische Diaerese 6mal (abs. 1,85%, rel. 13,23%): cyn. 8, 26, 87, 249, 277, 288. Dabei schließen Vers 8 und Vers 87 mit der Klausel et mihi Damon. Wenn wir diese Prozentzahlen mit denen in den Eklogen vergleichen (abs. 3,55%, rel. 23,91%), sehen wir, daß auch Nemesianus, obgleich bei ihm die bukolische Diaerese im Vergleich mit seinen Vorgängern deutlich seltener ist, sie als ein Merkmal der bukolischen Gattung anerkannte. 2. Ein Wortschluß 8s: 97mal 3 (29,85%). Ein leichtes Kolonende liegt nach dem 4. Spondeus nur einmal vor: cyn. 104: incipiat primo, cum Ianus, temporis auctor. Der spondeische Wortschluß ist hier seltener als in den Eklogen. Demnach erwarten wir einen größeren Spielraum für andere Möglichkeiten. Da ein Wort - absolut und latent - nach dem 4. Fuß insgesamt 143mal endet (44%), bleibt ein Spielraum von 66% übrig, während er in den Eklogen nur 45,81% beträgt. 4 Daraus muß man schließen, daß der Wortschluß nach dem 4. longum in den Cynegetica häufiger ist als in den Eklogen, was für die Tendenz zur Dreigliederung relevant ist. Die Worttypologie wird in den folgenden Tabellen erfaßt, die Verse werden in den Fußnoten angegeben.

1

Das heißt nicht, daß zu Vergils g a n z e r Epik die mit d e r s e l b e n Methode erreichten Ergebnisse als eine direkte Vergleichsbasis vorläge. Doch gibt es sowohl Drexlers Hexameterstudien als auch andere zahlreiche, auch rein statistische Gesamtuntersuchungen, die einen a n a l o g e n Vergleich ermöglichen. 2 Außerdem ein latenter Wortschluß 8d - Vers 126. 3 Außerdem zweimal ein latenter Wortschluß 8s: Vers 71 und 95. 4 Vgl. oben S. 116-117.

170

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

V

cyn.

II1



absoluter Wortschluß 8d Insg.—

-

213

l2

64

25

Summe 26

8

43

absoluter Wortschluß 8s —



cyn.

49

7

48

-

39

- + —

9

5

Summe

97

Da die Gesamtzahl der Verse der Eklogen (310) und der Cynegetica (325) ähnlich ist, kann man sie auch ohne Prozentzahlen gut vergleichen. 10 Eine Bereicherung beobachten wir unter den Worttypen, die im 4. Fuß daktylisch ausgehen, nämlich und sie fehlen in den Eklogen. 1 1 Aber der Zahl nach hat dies für die rhythmische Variation keine große Bedeutung. II Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον In diesem Teil wurde auf die Erfassung aller trochäischen Wortschlüsse im 3. Hexameterfuß verzichtet. Das eigentliche Interesse gilt der Feststellung, ob die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in den Cynegetica dieselbe Rolle spielt wie in Nemesians Eklogen. Es werden hier alle in Frage kommenden Hexameter zitiert. 12 Hinter dem Vers wird, wenn zutreffend, in Klammern der Sperrungstypus angegeben.

1

Cyn. 54,64,172,174,207, 228 (mW), 255, 266, 286 (mW), 311, 312. 2 Cyn. 124. 3 Cyn. 3, 4, 26, 30, 50, 58, 77, 85, 87, 131, 135, 141, 146, 165, 206, 232, 234, 249, 278, 281, 288. 4 Cyn. 14, 33, 89,122, 256, 282. 5 Cyn. 5, 277. 6 Cyn. 8, 300. 7 Cyn. 2 , 1 2 , 1 9 , 20, 21, 25, 31, 36, 38,45, 46, 47, 51, 57, 59, 66, 69, 76, 90, 92, 102,110, 116, 118 (mW), 119, 123,132,137,140,147,157,161,164,170,171, 177, 187,198, 202, 204,211, 243 (mW), 260, 270, 275, 276, 287, 316, 317. 8 Cyn. 15, 27, 72,129. 9 Cyn. 10, 22, 28, 34, 75, 78, 80, 82, 98,107,108, 111,114,120, 121, 133,136, 149, 151, 152, 167, 168, 182, 183, 184, 190, 192, 195, 209, 210, 230, 240, 242, 258, 264, 268, 307, 314, 324. 10 Siehe oben S. 118-122. 11 Vgl. oben S. 121-122 mit Anm. 1. 12 Cyn. 68 ist verderbt. Trotzdem kann man an die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον denken. Vers 70 hat m. Ε. die semiseptenaria, ebenso die Verse 80 (uideorque + mihi), 151, 251, 283, 284 und 304 (uolucresque + metu).

Anhang 3: Nemesians Cynegetica

171

Nemes. cyn. 8: 18: 49: 58: 85: 110: 146: 176:

inplicitum ducitque II per auia, I qua sola numquam quis magno recreata II tacet cunabula Baccho1 scrutamur totisque II citi discurrimus aruis (I) ferre domum; talique II placet dare I lintea curae 2 (I) signa micant sinuatque II truces leuis aura dracones (II) costarum sub fine II decenter prona carinam nam postquam conclusa II uidet sua germina flammis conueniet fortemque II dari de frugibus escam (I)

nunc omnis adhuc narranda supellex 239: uenandi / cultusque II mihi dicendus equorum

(la)

omnis euntem 278: Nereidum mirata II suo stupet aequore turba ire uiarum 289: longa uolunt latumque II fuga consumere campum 300: atque piagas longoque II meantia retia tractu

(I) (I)

et uulpes acresque lupos ceu fulgura caeli 308: terrificant / Unique II uetant transcendere saeptum. Hier scheint die trochäische Caesur zu überwiegen: Das Subjekt Unique entspricht dem gewichtigen Subjekt (= V. 307) zu im Überhang stehendem terrificant, das Prädikat uetant transcendere dem terrificant. 318: namque illic sine fine II greges florentibus alis inuenies auium. Es wurden 14 Hexameter mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον angeführt. Das sind 4,31%, und diese absolute Zahl ist höher als in Nemesians Eklogen (3,55%). Man kann erwarten, daß auch die relative Prozentzahl in den Cynegetica höher ist. Daraus folgt, daß die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Nemesians Lehrgedicht eine größere Rolle spielt als in seiner bukolischen Dichtung. Was den spondeischen Wortschluß im 4. Fuß betrifft, so erinnert der Gebrauch des molossischen Worttypus im 3./4. Fuß an Catull. 64, es folgt aber, nicht nur auf diese Verse, sehr häufig ein Überhang, was gar nicht für Catull, sondern für Vergils Epen typisch ist. Der Überhang endet 1

Eine Verbindung der Untertypen von I und HL Die trochäische Caesur überwiegt wegen der Sperrung und der engen Verbindung placet dare\ siehe S. 157 Anm. 2. 2

172

Die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur

häufig nach dem 1. Daktylus oder in der semiternaria, gelegentlich auch nach dem 1. Trochäus. Dadurch ist der Hexameter der Cynegetica kolometrisch viel differenzierter als der Vers der Eklogen,1 was für die formale Weiterentwicklung des Dichters und auch für die spätere Entstehungszeit des Lehrgedichtes spricht. Es ist daher kein unüberlegtes Wagnis, zu vermuten, daß Nemesianus Vergils dichterische Laufbahn Bukolik, Lehr- und Heldengedicht - nachahmen wollte. Wenn es wirklich seine Absicht war, hat er zwei Teile des Planes durchgeführt. Nur von einem Heldengedicht ist uns keine Nachricht überliefert. Daher muß dies eine Hypothese bleiben.2 Doch nur auf Grund der Verse der cyn. 15-47, die freilich dem literarischen τόπος zuzurechnen sind, diese Hypothese abzulehnen, wäre unüberlegt. Denn alle in dieser recusatio Passage erwähnten Themen, von denen manche auch den tragischen Stoff betreffen, eignen sich für Epyllien oder für ein Epos der Art von Ovids Metamorphosen. Es ist dagegen weder von Kriegsereignissen der Heldenzeit (Ilias, Aeneis) noch von der römischen Geschichte {Annales, Pharsalia, Punica) die Rede.

8. Schlußwort Die Darlegungen zur bukolischen Diaerese und zur Caesur κατά τρίτον τροχαΐον haben sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede innerhalb der bukolischen Gattung aufgedeckt. Nebenbei wurden Beobachtungen zum Gebrauch mancher Worttypen und zur rhythmischen und kolometrischen Vielfalt oder ihrem Fehlen gemacht. Das Heranziehen der Cynegetica hat sich als aufschlußreich erwiesen. Es ist über jeden Zweifel erhaben, daß die bukolische Diaerese den römischen Dichtern als eines der gesuchten Merkmale der bukolischen Gattung galt. Ebenfalls spielt bei Vergil und Calpurnius Siculus die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον eine viel wichtigere Rolle, als bisher bekannt war. Die Untersuchungen zum inneren όμοιοτέλευτον bzw. όμοιόπτωτον haben ergeben, daß unter anderem auch die trochäische Caesur, die durch kolometrische Gliederung zur Geltung kommt, den Dichtern dazu diente, den unerwünschten Binnenreim unkenntlich zu machen. Dadurch erweisen sich auch die Sperrungsarten beim Wortschluß nach dem 3. Trochäus als ein sicheres Kriterium der Feststellung der Hauptcaesur. Vor diesem Hintergrund zeigt sich Calpurnius Siculus als ein in formaler 1 2

Siehe oben S. 119. Vgl. R. Verdiere, Prolegomenes, S. 19-46 und Volpilhacs Ausgabe.

Schlußwort

173

Hinsicht eigenständiger und erfinderischer Dichter. Er suchte die Dreigliederung des Hexameters durch häufige Verschiebung des absoluten Wortschlusses nach dem 2. und 4. longum um eine mora zu vermeiden. Aber auch in Bezug auf die für Vergil und Nemesianus typischen Wortschlüsse sind die von ihm bevorzugten Rhythmen, Worttypen und die Verskolometrie von anderer Art. 1 Soweit es der geringe Umfang der Carmina Einsidlensia beurteilen läßt, sind sie in formaler Hinsicht den für Calpurnius typischen Tendenzen ähnlich. Dadurch hebt sich die Bukolik der neronischen Zeit innerhalb der Gattung als Ganzes ab. Nach einer Rezitation eines Hirtengedichtes Vergils und eines des Calpurnius muß der formale Unterschied dem römischen Hörer zur Zeit Neros sofort aufgefallen sein; sofort hörte er das, was hier erst nach mühevollen Beobachtungen in Worte gefaßt werden konnte. Eine so begriffene Verselbständigung der bukolischen Form im Sinne der aemulatio und imitatio verbleibt in voller Übereinstimmung mit der literarischen Tendenz der Epoche. Dies konnte die Bukoliker der frühen Kaiserzeit dazu veranlassen, sich von der vergilischen Form zu entfernen und sich eine neue charakteristische Form zu schaffen. Ein solches Streben ist charakteristisch für den literarischen Geist jener Zeit.

1 Diese Beobachtung, zu der mich M. Haupts Feststellung der Häufigkeit des trochäischen Wortschlusses im 4. Fuß bei Calpurnius angeregt hat, ist im Hinblick auf das Überwiegen von Daktylen über Spondeen, das außerdem nur Ovid und Pisos Panegyriker in solchem Maß erreichten, durch Statistiken von G. E. Duckworth bestätigt: Five Centuries of Latin Hexameter Poetry: Silver Age and the Late Empire, ΤΑΡΑ 98 (1967), S. 82-83.

IV Die semiseptenaria als Hauptcaesur D i e Erwägungen verskolometrischer Natur, die ja für jede sinnvolle Untersuchung der Versform konstitutiv sind, 1 gewinnen bei der Behandlung der semiseptenaria als Hauptcaesur an B e d e u t u n g . D e n n die Wirkung der v o m Dichter beabsichtigten Satzgliederung ist in den Hexametern, in denen ein absoluter Wortschluß mit dem 3. und 4. longum, also an den zwei markantesten Stellen, zusammenfällt, besonders auffällig. 2 Z w e i Verse w i e etwa Verg. II 1: Förmösüm I pästör Cörydön II7 ardebat Alexin und Verg. VI 56: Dlctäeäe Nymphäe, II5 nemörüm iam claudite saltus, sind trotz der bis zum 4. longum reichenden gleichen Wortfolge 3 formal einander nicht gleich. Im ersten ist die semiseptenaria Hauptcaesur, im zweiten die semiquinaria. 4 Es würde jedoch zur Anerkennung der semiseptenaria als Hauptcaesur ausreichen, wenn sich nemorum auf Nymphae 1

P. Kleinecke, S. 1: „caesurarum vim non minus valere ad ipsos numeros versuum distinguendos, quam ad sententiam illustrandam vel exornandam." 2 Dieses Thema wird von H. Drexler in Hexameterstudien V ausführlich behandelt. Zu dem Ursprung der semiseptenaria im lateinischen Hexameter (Folgeerscheinung des Schlußrhythmus, die dem Hexameter das römische Gepräge verleiht) siehe E. Tamerle, S. 36 und 39. 3 Auf einen molossischen Worttypus folgt ein spondeischer und darauf ein anapästischer (—>—> ). Dazu siehe oben S. 30, die Literatur in Anm. 3, S. 19, und unten das V. Kapitel. In einer anderen Hinsicht wäre selbstverständlich formosum als ein palimbaccheisches Wort zu klassifizieren, formosis als ein molossisches. Dieser Aspekt ist hier ohne Belang. Zu beobachten ist, daß Vergil auf ein molossisches Anfangswort beträchtlich häufiger ein anapästisches als ein spondeisches folgen läßt, was häufig eine noch stärkere Neigung zur semiquinaria verrät als in unserem oben zitierten VI 56. Möge man folgende Beispiele betrachten: Verg. 154: Hyblaeis apibus II florem depasta salicti wo die Gruppierung eindeutig die semiquinaria unterstützt, oder: a

b

C

Β

A

Verg. ΠΙ 39: diffusos hedera II uestit pallente corymbos (uersus argenteus). Dazu siehe H. Drexler, Hexameterstudien /, S. 520: „ ... so bevorzugen relativ die molossischen Formen des ersten Kolons anapaestischen Anfang, die choriambischen spondeischen Anfang des zweiten Kolons", was trotz eines anderen Zusammenhangs hier einschlägig ist. Auch sonst untersucht H. Drexler genau die Worttypen vor den Caesurstellen, ihre rhythmische Wirkung und die Tendenzen in ihrer Plazierung. 4 Noch schwierigere Verse, die r h y t h m i s c h gleichwertig sind, führt Drexler ζ. B. in Hexameterstudien V, S. 6-8 an, wo auch Wichtiges zur Methode steht.

Die semiseptenaria als Hauptcaesur

175

bezöge. An diesem Beispiel ist leicht zu erkennen, mit welcher Methode diese Untersuchungen durchgeführt werden. 1 Einen ähnlichen Weg haben bereits M. Jasinski und P. Kleinecke eingeschlagen. Erwägenswert und aufschlußreich sind folgende Äußerungen beider Gelehrter: „Latinos versus, ut nostros, non ut canerentur sed ut recitarentur et legerentur compositos esse constat. Itaque caesura qua maxime indicatur numerus, haud difficile percipi debebat vel auribus vel oculis. Quid autem melius sensum interrumpi significat quam interpunctio? Ea igitur, ut alii, maxime utitur Noster in Eclogis. ... Attamen non omnes talem incisionem unice praebent, quod fastidium sane afferret. Scilicet, cum abest interpunctio, nunc bina vocabula verbo quodam conjuncta sunt, quod in latino sermone, membro secundo semper tribuendum est: Sole sub ardenti II resonant arbusta cicadis (II, 13) nunc duae partes gratissime disponuntur, sive est anaphora: Nec lupus insidias pecori, II nec retia cervis (V, 60) nunc una indicatur incisio, vel versus structura: Nec spes libertatis erat II nec cura peculi (I, 32) vel sensu: Aut Alconis habes laudes II aut jurgia Codri (V, 11). Quae cum ita sint . . . n u n q u a m f e r e i n c e r t u m e s t u t r u m h e p h t h e m i m e r i s a n p e n t h e m i m e r i s s i t c a e s u r a , quae praecipua difficultas est cum scandendi sunt latini versus." 2 D i e s e r methodisch richtigen Aussage Jasinskis ist eine Bemerkung P. Kleineckes hinzuzufügen, in der durch Erinnerung an die Möglichkeit einer alternativen Interpretation in der Antike Jasinskis „numquam fere incertum est" vorweggenommen wird und eine vollkommene Erklärung erhält: 3 „Haut enim equidem in dubium vocare velim, quin vel Augusti temporibus fuerint, qui singulorum versuum quae praevaleret caesura ignorarent. Cum tarnen animo meo cogitarem, Vergilium ipsum, quemque scriberet vel recitaret versum, eum certae cuiusdam esse caesurae voluisse, etiam normas caesurae cognoscendae certas inveniri posse arbitratus sum." Demzufolge stellte Kleinecke in seiner Abhandlung vierzehn .leges' auf, welche, von der Interpunktionscaesur abgesehen, von der Beobachtung der Stellung syntaktisch eng verbundener Satzelemente ausgehen. Sie haben zwar keine absolute Geltung, können aber in den meisten Fällen

1

Dies ermöglicht, die in den Tabellen angeführten Angaben zu verstehen und die Gesamtzahl der Belege für jede Erscheinung zu beurteilen. 2 M. Jasinski, S. 16-17 (Hervorhebung von mir); zur hephthemimeres vgl. ebenda, S. 21-23. In diesem Sinne äußert sich W. Christ, S. 176 und 178. 3 P. Kleinecke, S. 1.

176

Die semiseptenaria als Hauptcaesur

beim Bestimmen der Hauptcaesur wesentlich helfen. 1 Dennoch ist Interpretation immer unerläßlich.

1. Die semiseptenaria bei Vergil Von den am Anfang dieses Kapitels angeführten Hexametern ausgehend, können wir uns darin einig sein, daß sowohl pastor Corydon als auch Dictaeae Nymphae je ein Begriff ist. Wir können uns zunächst diese beiden Hexameter mit der Umstellung des spondeischen und anapästischen Worttypus vorstellen: *Formosum Corydon I5 pästör I ardebat Alexin. 2 *Dictaeae nemörüm I Nymphae, I iam claudite saltus. Im letzteren Fall, vom Stil derartiger Anrufe abgesehen, schwächt die Umstellung den feierlichen Ton der Anrede an die Nymphen und bringt nemorum in unbeabsichtigte Abhängigkeit von Nymphae. Hier spüren wir einen stärkeren rhythmischen ,Drang' zur semiseptenaria als in der Originalversion: Dictaeae Nymphae, nemorum iam claudite saltus. Demnach liegt die Entscheidung nicht allein am Rhythmus. Bei einer derartigen Doppelsperrung in einem Vers, die sich hier nach der Umstellung ergibt (Dictaeae ... Nymphae und nemorum ... saltus), überwiegt normalerweise im Hinblick auf die Hauptcaesur die zweite Sperrung, und solche Hexameter haben die semiquinaria. 3 Dieser Vers müßte trotzdem aus kolometrischen Gründen die semiseptenaria nach Nymphae haben, was jedoch nemorum von Nymphae automatisch abhängig macht. Jetzt sehen wir ein, welche Vorteile Vergils Fassung hat und was Interpretation den metrischen Studien zu bieten hat. Im ersteren Fall handelt es sich scheinbar nur um die Stellung der Apposition. Die Reihenfolge pastor Corydon mit der vorangestellten Berufsbezeichnung dürfte - wenn ich H. Menge richtig verstehe - der Hervorhebung dienen: „Zuweilen stehen sie (seil. Substantiva als Appositionen) v o r a n , aber

1 Außer den flexibel formulierten Regeln ΧΠΙ und XIV; siehe Kleinecke, S. 52 und 55. 2 Mit archaischem -ör. Dies und breuis in longo steht bei den Klassikern nicht ausschließlich, aber vorwiegend in der Caesurstelle; vgl. F. W. Shipley, ΤΑΡΑ 55 (1924), S. 142-145, R. G. Kent, Α Problem of Latin Prosody. In: Melanges ... Marouzeau, Paris 1948, S. 303-308. 3 So nach P. Kleineckes lex XL, aber mit der einschränkenden annotatio, siehe S. 43.

bei Vergil

177

nur aus rhetorischen Gründen." 1 Die übliche Stellung wäre also Corydon pastor.2 Weiter stellt jedoch H. Menge fest: „Bei Dichtern ist die Stellung der Apposition überaus frei". In der Tat betonte Vergil durch diese Stellung der Apposition und durch die weitergetragene Schwere des Verses einmal das Wort pastor im Kontrast zu formosum, und ferner drückte er die rusticitas und Grobheit des Corydon im Gegensatz zu der Schönheit des subtilen Alexis besser aus, als wenn er Corydon pastor geschrieben hätte. Dadurch ist schon im ersten Vers die Welt des Corydon von der Welt des Alexis zusätzlich durch formale Kunstmittel abgegrenzt und die Unmöglichkeit der Erfüllung angedeutet. Mag die Wortfolge Molossus, Spondeus, Anapäst die Annahme der semiseptenaria bekräftigen, so kann sie doch allein nicht entscheidend sein. Sie muß in der Verskolometrie Bestätigung finden. 3 Hier sieht man die kunstvolle (und von Corydon ersehnte) Umarmung des Subjekts durch das an den Versgrenzen gesperrt stehende Objekt. 4 Ehe ich zu den Tabellen übergehe, möchte ich die übrigen drei Verse Vergils mit derselben Wortfolge bis zum 4. longum besprechen. 5 Es sei dabei wiederum darauf verwiesen, daß die Verse fast immer ohne Kontext zitiert werden. Dieser Kontext liegt jedoch den verskolometrischen Entscheidungen zugrunde. Er wirkt über die Versgrenzen hinweg, manchmal beträchtlich weit zurück und voraus. Ich beginne mit einem Vers, der aus zwei Kola gebildet die semiseptenaria als Hauptcaesur aufweist: VII 62: formosae myrtus Veneri, II sua laurea Phoebo; fahre fort mit: I 17: de-caelo tactas II memini II praedicere quercus. in dem wegen des übergeordneten Verbs die beiden Caesuren im Gleichgewicht zueinander stehen, und schließe mit einem, in dem die semiquinaria überwiegt: V 41: pastores (mandat II fieri sibi talia Daphnis). Auch in diesen drei Hexametern könnte man die Wörter umstellen: *formosae Veneri myrtus, II sua laurea Phoebo *de caelo I memini II tactas praedicere quercus

1 Vgl. H. Menge, Repetitorium der lateinischen Syntax und Stilistik, Wolfenbüttel 1914 10 , S. 470-471; J. B. Hofmann, A. Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik, S. 409. 2 Im Laufe der Sprachentwicklung wird die Stellung pastor Corydon umgangssprachlich (hörerfreundlich), Corydon pastor dagegen rhetorisch (emphatisch). 3 H. Drexler, Einführung, S. 86-87. 4 L. P. Wilkinson, Golden Latin Artistry, Cambridge 1970, S. 217, schlägt die Bezeichnung .Bronze Line' vor (uersus aheneus). 5 Insgesamt sind es also fünf derartige Hexameter. Siehe auch unten S. 241.

178

Die semiseptenaria als Hauptcaesur

*pastores I (fieri II mandat sibi I talia Daphnis),1 jedoch nicht ohne Folgen. In *VII 62 fällt die Schwäche dieser Operation ins Ohr. Im geänderten *I 17 wäre erstens die Stellung von memini für Vergil untypisch, zweitens das göttliche Handeln verdunkelt, indem der Ausgangspunkt de caelo von seinem Effekt tactas getrennt wäre, drittens wird die Erwartung des zu de caelo tactas gehörenden Bezugswortes (Subjekt des Acl) dadurch enttäuscht, daß man de caelo auch mit praedicere, mag es auch sinnlos sein, verbinden könnte. Bei Vergil wird dagegen tactas betont, indem das Partizip sowohl vor der semiquinaria steht (nach de-caelo) als auch den noch fehlenden Teil des Subjekts vorbereitet. Es verbleibt, zur Stellung von memini bei Vergil etwas zu vermerken. — memini — — II memini II - - - - - - χ.

Das Verbum beginnt achtmal nach dem 3. longum: Verg. IX 45, 52, georg. IV 125, Aen. I 619, VII 205, XI 280, auch meminit eel. VIII 88 diese Stellung ist für memini typisch - und nur zweimal nach dem 1. longum: eel. VII 69, Aen. VIII 157. Jedesmal handelt es sich um eine schwachbetonte Hexameterstelle. Diese Stellung haben übrigens die Verba sentiendi häufig inne.2 Es ist freilich keine unbetonte Zweitstelle im Wackernagelschen Sinne.3 Diese Stellungen von memini sind gleichsam parenthetisch und angesichts der semiquinaria als Hauptcaesur ist memini in beiden Stellungen unbetont, was als eine ,rhythmische Zweitstelle' bezeichnet werden kann. Demgegenüber bedeutete die Stellung nach dem 2. longum Hervorhebung von memini, was im Widerspruch zum vergilischen Gebrauch stünde. In *V 41 ergäbe sich ein Nachdruck auf fieri, während Vergil mandat betonen wollte. Für die semiquinaria spricht ebenfalls - was wichtig ist - das hier enklitisch gebrauchte sibi, welches die unbetonte

1 Hier spricht die Kolometrie (mandat Daphnis) und die Stellung von sibi für die semiquinaria. Zur Verbindung des Infinitivs mit dem regierenden Verbum siehe einerseits oben S. 157 zu Nemes. I 38 und S. 134-135 zu Verg. I 5, andererseits H. Drexler, zitiert auf S. 157 in Anm. 2. 2 Dies müßte untersucht werden, um zu erfahren, ob es .häufig', ,fast immer' oder .immer' der Fall ist. 3 Von der unbetonten Zweitstelle und -Stellung spricht man im Bereich der indogermanischen Syntax im Zusammenhang mit dem Wackernagelschen Gesetz. Vgl. J. Wackernagel, Über ein Gesetz der indogermanischen Wortstellung, IF 1 (1892), S. 333-436 (= Kl. Sehr., Bd. I, S. 1-104), besonders S. 406-430. Siehe jetzt J. N. Adams, Wackernagel's Law and the Placement of the Copula esse in Classical Latin, Cambridge 1994.

179

bei Vergil

Zweitstelle einnimmt. 1 In diesem Hexameter ist übrigens ein vor der Parenthese in der semiternaria vorliegendes Kolonende der stärkste Einschnitt. Man ahnt, wie Vergil aus der Disharmonie zwischen dem Rhythmisch-Metrischen und dem Syntaktischen einen harmonischen Vers zu bauen vermag. 2 Man erkennt also den ä s t h e t i s c h e n , allerdings ä s t h e t i s c h - sachlichen ,Zwang', 3 dem Vergil auch zu unserer Begeisterung huldigte. Diese fünf Verse mit Molossus + Spondeus + Anapäst sind kein Zufall. Jeder von ihnen erweist sich nach der Umstellung als schlechter oder als ganz schlecht. Es bedarf deshalb keiner ausführlichen Rechtfertigung, wenn ich nun den bereits erwähnten Verstypus der Betrachtung unterziehe, 4 in dem auf ein molossisches Wort zuerst ein anapästisches und dann ein spondeisches folgt. 5 Es gibt in Vergils Eklogen zehn derartige Hexameter gegenüber den fünf besprochenen. Beginnen wir mit Verg. I 2: a

b

A

C

Β

I 2: siluestrem tenui II5 Musam I meditaris auena. In derartigen Hexametern ist die semiquinaria die Hauptcaesur, nicht die semiseptenaria, weil die Neigung zum Kadenzausklang b - Β stärker ist als die zum Versanfang a - A. 6 Die Sperrungscaesur hebt diese Tendenz hervor. Für die semiseptenaria wäre in diesem Fall ein syntaktischer Einschnitt nach Musam erforderlich. Genau dasselbe Schema zeigen I 54 und III 39, 7 außerdem noch: III 41: descripsit radio II totum qui 8 gentibus orbem IV 19: errantis hederas passim II cum baccare tellus 9 V 44: formosi pecoris custos, II formosior ipse V 90: formosum paribus nodis II atque aere, Menalca. VI 14: Silenum pueri II somno uidere iacentem,

1

Zu diesem Aspekt pyrrhichischer Wörter siehe oben S. 76 und 78 mit Anm. 6; H. Drexler, Anz. für die Altertumswissenschaft 32 (1979), Sp. 191 schreibt: „Pyrrhichische Wörter haben überhaupt eine Neigung zur Enklise." Aber Drexler hat nur teilweise Recht, denn Verba wie ue'hat oder ue'nit können nie enklitisch sein. Dazu habe ich mich andernorts geäußert: siehe den in Anm. 4, S. 40 zitierten Aufsatz. 2 Es gibt weitaus schwierigere Fälle, ζ. B. Verg. VIII 49, IX 24. Siehe auch L. P. Wilkinson, Golden Latin Artistry, S. 200 f. (außerdem zu ähnlichen Problemen ebenda S. 194 f., 215 f.). 3 Vgl. oben S. 54 f., besonders die S. 55 Anm. 1 angegebene Stelle bei B. Axelson. 4 Vgl. oben S. 174 Anm. 3. 5 Andere ihnen rhythmisch nahverwandte Verstypen sind Gegenstand des V. Kapitels. 6 Vgl. P. Kleinecke, lex XI., S. 43 und oben S. 175. 7 Beide zitiert in Anm. 3 auf S. 174. 8 Auf diese Art Metathese wurde schon mehrmals hingewiesen. 9 Ich nehme passim mit errantis, daher die semiseptenaria.

180

Die semiseptenaria als Hauptcaesur

VIII 16: incumbens tereti II Damon sic coepit oliuae VIII 65: uerbenasque adole pinguis II et mascula tura. Unter diesen zehn Versen 1 haben sechs die semiquinaria, vier die semiseptenaria (mit IV 19). Die syntaktische Gliederung läßt keine Zweifel bezüglich der Hauptcaesur zu. Auch hier ist die Umstellung des anapästischen Wortes in fünf Fällen möglich (I 2, III 41, V 44, VI 14, VIII 16), sie brächte nur eine Verschlechterung, außer vielleicht *V 44: formosi custos pecoris, II formosior ipse, wo die semiseptenaria verdeutlicht wäre, aber mit gleichzeitiger Akzentverschiebung auf pecus formosum, während Vergil den custos formosior ipse hervorheben will. Nach dieser Darlegung möchte ich absolute und latente Wortschlüsse nach dem 4. longum in einer Tabelle zusammenfassen.

1

X 40: mecum inter salices lenta sub uite iaceret ist ähnlich, aber doch andersartig, weil man die Interferenz zwischen der Synaloephe mecum inter und dem metrischen Wort inter salices berücksichtigen muß. Eine ähnliche Interferenz z. B. Verg. V 4.

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bei Vergil

Verg. absoluter Wortschluß nach dem 4. longum ecl. I 1, 2,5,6,7,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20, 21, 22,24,25,26,27,29, 30,31,32, 35, 36,38, 39,40,41,42, 83 43,44,45,46,47,50, 52,54, 57,60, 62,65,67,69,71,72, 73,74,75,76,77,78,79,83. II 1,2,4, 5,6,7, 8,9,10,11,12,13,14,16,17,20,21,22,25, 26,28,29, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38,40,44,45,46,48, 73 50,51,52,53,54,55,57,58,61,62,63,64,65,66,68,69, 71,72,73. III 1,2, 3, 5,6,9,10,12,13,14,16,18,19,21,23,25,26,27, 29, 30, 31,32, 33,34, 36, 38, 39,40,41,43,144,45,46,48, 49, 50, 52,53, 54,55, 59,60, 61,62, 64,65, 66,67,71,72, 110 73,74, 75,76, 78,79, 81, 83, 84,87, 88,89,90,91,92,93, 95,97,98,100,101,102,103,104,105,108,109,111. IV 1,2, 3,4,6,7, 8,9,10,11,12,13,14,15,17,18,19,21,22, 63 23,25,26,27, 31, 32, 35, 36, 37, 38, 39,40,41,43,48,49, 51,53,54, 55, 56,57,58, 59, 60,61,62,63. V 1,2, 3,4,5,7, 8,9,10,11,13,14,17,18,19,21,22,23,24, 28,29, 30,32, 33,34, 37, 39,41,42,44,45,47,48,49,50, 90 51, 57, 59,60,61,62,63,64,65,66,68,69, 70,71,72,74, 75,76,77,78,79, 81,83,86, 87,88,89,90. VI 2,6,9,13,14,15,16,18,22,24,26,29, 31, 34,37,40,41, 86 42,43,44,47,48,49,50,52, 53,55,56,57, 59,62,68,69, 70,72,73,74,76,77,78,79, 81,82,84,85. VII 2, 8,9,10,11,13,14,15,16,17,19,23,28,29, 31,32,37, 70 38,39,40,41,43,44,46,48,49,50,55,56, 57, 59,62,63, 64,66,67,68,69,70. VIII 2,6, 8,9,12,13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,24,26, 27,28,29, 32, 34, 35,37, 38, 39,40,41,43,45,49,52,54, 55, 56, 58,60,64,65,66,67, 69,70,73,74, 75,77,78, 80, 94 83,85,87,88,89,92,93,95,97,98,99,101,103,105,106, 107,108. IX 1, 3,4,5,6,7, 8,10,11,13,14,17,19,20,21,22,23,25, 67 26,27,28,29, 30,32, 34, 35, 36, 37, 38,39,40,42,43,44, 45,50,51, 52,54,55, 57, 59,61,62,64,65,66. X 1, 2, 3,6,7,9,11,13,14,16,17,19,20, 21,22,24,26,27, 28,29, 30, 32, 35, 37,38,39,40,41,43,44,46,47,48,49, 77 50,51,52, 53, 54,56,57,58,60,61,62,63,64,65,66,67, 68,69,70,73,74,75,76. 813

latens Insgesamt %

(53)

(23)

(37, 70)

58(+1) 71,08% 54(+1) 75,34%

77(+2) 71,82%

(33) 47(+1) 76,19% (43) (45, 64, 83) (6, 25)

(23)

63 (+1) 71,11% 45(+3) 55,81% 39(+2) 58,57%

66(+1) 71,28% 47(+0) 70,15%

57(+0) 74,02% (12) + 552 = 564 69,37%

1

m 43 = m 47.

182

Die semiseptenaria als Hauptcaesur

Daraus ergibt sich, daß Vergil in 813 Versen der Eklogen 552mal einen absoluten Wortschluß nach dem 4. longum zuläßt, außerdem 12mal einen mit Synaloephe, insgesamt also 564mal. Hier werden selbstverständlich die Verse nicht berücksichtigt, in denen im 4. longum der graphische Wortschluß innerhalb eines metrischen Wortes auftritt. 1 In der obigen Tabelle befinden sich viele Verse, in denen die Hauptcaesur nicht sofort erkennbar wird. Bei vielen fällt die Entscheidung für die semiquinaria, bei manchen stehen die beiden Caesuren im Gleichgewicht, einige wenige sind caesurlos.2 Es empfiehlt sich, auf diese Hexameter hinzuweisen. Dies ist zugleich eine Vorbereitung auf die Tabelle der Verse mit semiseptenaria. Zunächst werden die Verse genannt, in denen trotz möglicher Bedenken die semiquinaria anzuerkennen ist. 3 Zu den einfachsten Fällen gehören Verse mit dem Sperrungstypus I: I 41: nec tam praesentis II alibi cognoscere diuos, weil sich alibi auf cognoscere bezieht. Im folgenden Vers bezieht sich miserum auf carmen. III 27: stridenti miserum II stipula disperdere carmen? VI 84: ille canit, pulsae II5 referunt I ad sidera ualles. Auch hier spreche ich mich für die semiquinaria aus, obgleich man sagen könnte, die semiseptenaria würde die Echo-Beziehung zwischen canit und referunt sichern. VII 28: cingite, ne uati II noceat mala lingua futuro. VIII 18: coniugis indigno II Nysae deceptus amore VIII 95: has herbas I atque haec II Ponto mihi lecta uenena 1 Es sind zehn Belege: Verg. II 19: qui-sim, 41: etiam-nunc, ΠΙ 20: post-carecta, 95: etiam-nunc, V 53: tali-sit, VI 19: ipsis-ex, 33: his-ex, 60: ad-Gortynia, VII 34: custos-es, V m 59: specula-de. In Verg. X 3 ist quis betont, daher ein absoluter Wortschluß nach neget. Zu V 15 siehe oben S. 90 Anm. 1. Demgegenüber können folgende Verse nicht unbesehen in die Tabelle einbezogen werden: Verg. 1, 25, 29, 38, 67; Π 20, 35, 53, 54; III 76, 84; IV 3, 62, 63; V 3; VII 70; VIII 2, 56; IX 36, 39, 51; X 52. Außerdem möchte ich auf diejenigen Verse hinweisen, in denen auf den Wortschluß nach dem 4. longum ein pyrrhichisches Wort folgt, das sich: a) eher an das vorhergehende Wort anlehnt: 114, 26; Π 28, 37,40,44, 58,68; ΠΙ 2, 36,100,103,104; V 8,18,41, 50, 68; VI 9, 49; VII 9, 37, 68; VHI 9, 12, 13, 20, 89, 92, 95, 108; IX 21, 27, 34, 43, 55; X 46, 50, 73; b) eher dem folgenden anschließt: I 35, 46; Π 6, 65; m 25, 61, 62, 90; IV 54; VH 41; IX 50. 2 Die Verse mit der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον können ausgespart bleiben, weil sie bereits im ΙΠ. Kapitel behandelt wurden. Es handelt sich um Verg. 15; Π 72; ΠΙ 3; IV 37; V 23, 47; VI 18; IX 8,14, 29; X 21, 47, 53, 75. Zu Verg. I 43 und ΙΠ 23 siehe oben S. 132, zu I 43 außerdem G. Wissowa, Monatliche Geburtstagsfeier, Hermes 37 (1902), S. 157-159, der die richtige Erklärung des Verses gefunden hat, aber erst von W. Clausen (1994!) berücksichtigt wurde. (Unrichtig auch Scholia Bernensia, ed. Hagen, S. 82 und 331). 3 Zu Verg. VHI 17 siehe oben S. 92.

bei Vergil

183

1X22: cum fe-ad-delicias II ferres Amarvllida nostras? IX 36: digna, sed argutos II inter strepere anser olores. VIII 21 hat trotz desselben Sperrungstypus aufgrund des emphatischen Vokativs die semiseptenaria: VIII 21: incipe Maenalios II mecum,\I7 mea tibia, uersus. Die semiseptenaria ist auch in III 67 trotz des Sperrungstypus II Hauptcaesur: III 67: notior ut iam sit canibus II non Delia nostris. Die Wortstellung ist hier sehr frei. Aufgrund desselben Sperrungstypus hat aber I 65 die semiquinaria, obschon rapidum cretae zusammengehören: I 65: pars Scythiam et rapidum II cretae ueniemus Oaxen. Die semiquinaria ist auch in III 45 Hauptcaesur: III 45: et molli circum-es? II ansas amplexus acantho. Zu einer anderen Gruppe gehören Hexameter, in denen die Hauptcaesur durch eine ,caesurwidrige' Kolometrie nicht zur Geltung kommt. Deshalb erscheinen sie nicht in der folgenden Tabelle. Eine solche Art Caesurlosigkeit, 1 bei der H. Drexler von einer verdunkelten semiquinaria oder semiseptenaria zu sprechen pflegte, beobachten wir in: I 62: aut Ararim Parthus bibet / au! Germania Tigrim III 33: est mihi namque domi pater, / est iniusta nouerca VI 59: aut herba captum uiridi / aut armenta secutum VIII 49: crudelis mater magis, / an puer improbus ille? VIII 97: his ego saepe lupum fieri / et se condere siluis Ο Lycida, uiui I5 peruenimus, II aduena nostri 2 IX 3: (quod numquam ueriti sumus)// ut possessor agelli. IX 6: hos illi (quod nec uertat bene) mittimus haedos, wo eine starke semiternaria zu der ebenso starken bukolischen Diaerese im Gleichgewicht steht; X 39: et nigrae uiolae sunt / et uaccinia nigra. Demgegenüber kann man in I 78 und V 14 mit Sicherheit von einer schwachen semiquinaria sprechen: I 78: florentem cytisum / et II salices carpetis amaras V 14: carmina descripsi / et II modulans alterna notaui sowie in III 87 von einer schwachen semiseptenaria: pascite taurum III 87: iam cornu petat / et II pedibus II Verg. I 2: I 54: III 39: III 41: IV 19: V 44: V 90: VI14: VII 25: VIII 16: ( I I ) VIII 65: Calp. (1) V 113: Eins. (1) II 26: Nemes. II 1: II 2: III 38: IV 6: (5) IV 64: (18)

siluestrem tenui II Musam meditaris auena Hyblaeis apibus II florem depasta salicti diffusos hedera II uestit pallente corymbos. descripsit radio II totum qui gentibus orbem errantis hederas passim II cum baccare tellus formosi pecoris custos,ll formosior ipse formosum paribus nodis II atque aere, Menalca. Silenum pueri II somno uidere iacentem, Pastores, hedera II crescentem ornate poetam, (latens) incumbens tereti II Damon sic coepit oliuae uerbenasque adole pinguis II et mascula tura. (S) ingenti positus II quamuis strue, prosit aceruus, languescit senio Bacchus,II pecus errat in herba. Formosam Donacen II Idas puer et puer Alcon ardebant rudibusque annis II incensus uterque (S) mirantur Satyri II frondes et poma Lyaei. cogebat trepidos II totis discurrere siluis. lustrauit cineresque auersa effudit in amnem (SS)

241

242

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Typus 11: — Verg. IV 39: V 7: (3) V63: Calp. (1) 151: Nemes. (1) I 67: (5)

mutabit merces;ll omnis feret omnia tellus siluestris raris II sparsit labrusca racemis. intonsi montes;ll ipsae iam carmina rupes, deflebit, nullos II ducet captiua triumphos; de-messi culmos II omnique ex arbore fruges;

Typus II 1: — j Verg: I 21: II 64: III 27: VII 70: (5) IX 52: Calp. II 83: II 89: (3) IV 134: Nemes. I 53: (2) IV 58: (10)

>

ι

pastores ouium II teneros depellere fetus. florentem cytisum II sequitur lasciua capella stridenti miserum II stipula disperdere carmen? ex-illo Corydon II Corydon est tempore nobis cantando puerum II memini I me condere soles. maturis nucibus II uirides rumpentur echinni. admiror totiens.ll etenim sie flore iuuentae securus reeubat II placidoque in fonte lauatur (S) adsueras, uarias II patiens muleendo querellas. prudentesque animos II teneris non speret in annis. (S)

Es ist selbstverständlich, daß der Typus — , — hier nicht erscheint. Auch die folgenden Typen I A, II A, I Β und II Β beginnen mit molossischem Wort. Weiter aber gibt es mehrere Möglichkeiten der Aufteilung bis zum 4. longum. I A: - , ( - - — ) I A 1: — Verg. (1) VIII 49: crudelis mater magis, an puer improbus ille?

am Versanfang

243

I A 2:

(1)

Nemes. I 72: siluestris te nunc I platanus, Meliboee, susurrat,

I A3: Verg. 176: III 59: IV 35: IV 51: V 51: VII 15: 1X29: (7) Calp. 138: 147: 174: III 31: IV 60: V 57: VI 44: VI 48: VII 36: VII 41: (11) VII62: Nemes. (1) IV 52:

dumosa pendere II procul de rape uidebo; alternis dicetis;ll amant alterna Camenae, delectos heroas;ll erunt etiam altera bella terrasque tractusque maris II caelumque profundum; dicemus, Daphninque tuum II tollemus ad astra; depulsos a-lacte II domi quae clauderet agnos, cantantes sublime II ferent ad sidera cycni. securo custode pecus II nocturnaque pastor post-tergum Bellona manus II spoliataque telis exsultet quaecumque II Notum gens ima iacentem Alcippen irata petit II dixitque: ,relicto, donauit dixitque II ,truces haec fistula tauros ad-fontem compelle greges;ll nec protinus herbas extrema ceruice natantjl ubi pendulus apri Terreri, MnasylleJI suo me munere credit: per-partes spectare suas? II sic undique fulgor ,ad-tantas miraris opes,II qui nescius auri iactantur per-colla iubaejl quibus aspera mento Nerinas potabit aquas II taxique nocentis

(19) I A 4: Verg. I 27: I 36: I 43: Ill 3: VI18:

1

Libertas, quae sera, 1 II tarnen respexit inertem, Mirabar quid maesta II deos, Amarylli, uocares, bis-senos cui nostra I dies altaria fumant. 2 Infelix ο semper, oues, pecus! ipse Neaeram adgressi (nam saepe II senex spe carminis ambo

Das Komma stammt von mir. Man könnte im Anschluß an G. Maurach, § 56 auch sagen, daß hier zwei dichterische Freiheiten kombiniert sind und die Wörter daher eigenständig gehört werden sollen, so daß kein metrisches Wort vorläge. Dann gehörte der Vers in den Typus I Aa 6. Vgl. auch Nemes. IV 36: iam tibi bis-denis numeratur messibus anni. 2

244

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

VI 44: VI 70: VIII 27: (9) X 47: Calp. II 26: (2) VII 7: Nemes. I 20: (2) IV 70: (13) (34)

clamassent, ut litus II ,Hyla, Hyla' omne sonaret; Ascraeo quos ante seni,ll quibus ille solebat iungentur iam grypes equis,ll aeuoque sequenti Alpinas, a! dura II niues et frigora Rheni possitis, ter quisque II manus iactate micantes.' Mirabar, quae tanta II foret tibi causa morandi, secreti pars orbis habet II mundusque piorum. cantauit, quo luna timet,II quo rumpitur anguis,

II A: - - . (

)

I I A 1: Verg. (1) I 72: produxit miseros:ll his nos I conseuimus agros! Calp. (1) VII 48: certatim radiant; nec non, ubi finis harenae (2) II A 2: Verg. I I IV (4) VII

29: 78: 41: 29:

respexit tarnen et II longo post 1 tempore uenit florentem cytisum et salices carpetis amaras robustus quoque iam tauris II iuga soluet arator Saetosi caput hoc apri II tibi, Delia, paruus

II A 3: Verg. (1) V 72: cantabunt mihi Damoetas II et Lyctius Aegon; (7) IB: - - , (

)

I B 1: Verg. (1) V 75: reddemus NymphisJI et cum lustrabimus agros. 1

Zu post siehe oben S. 19 ff. Et steht hier im Vortakt.

am Versanfang

245

Calp. II 41: ignotas frondes II et non genitalia poma. Eins. (1) I 34: caelestes ulli si sunt,II hac uoce locuntur! Nemes. I 74: respondet siluae;ll te nostra armenta loquuntur (S) (2) III 8: inuadunt furto;ll sed nec resonare canorem (5) I Β 2: >~>~> > Verg. Ill 31: depono; tu die II mecum quo pignore certes. (2) III 25: Cantando tu-illum? aut umquam II tibi fistula cera 1

(1)

I B 3: — , - , - r Calp. (1) III 35: exopto quam cum-Mopso II iurgetur anhelo. (8) IIB: — , ( — ) I I Β 1: Verg. (1) V 37: infelix lolium et II steriles nascuntur auenae; 2 (S) II Β 2: Verg. I 5: VII 37: Calp. 193: IV 3: V 92: (4) VI 67: Eins. (1) II 23: Nemes. (1) 17:

(2)

formosam resonare II doces Amaryllida siluas. Nerine Galatea,II thymo mihi dulcior Hyblae, dicamus teretique II sonum modulemur auena: insueta statione sedes? II iuuat umida forsan serpentum cecidisse minas:ll non stringere dentes dependet scopulisque cauum sinuantibus arcum Saturni rediere dies II Astraeaque uirgo, detondent, uiridique II greges permittere campo

(8) 1 Zu tu-illum als metrisches Wort vgl. oben S. 11-12 und C. Questa, Introduzlone, S. 126 (zu Plaut. Mere. 385). 2 Vgl. oben S. 244 Anm. 1.

246

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

I I B 3: Verg. IX 64 : X 75 : (3) VI 81: Calp. (1) 111: (4)

cantantes licet usque II (minus uia laedet) eamus; surgamus: solet esse II grauis cantantibus umbra, infelix sua tecta super II uolitauerit alis? bullantes ubi fagus aquas II radice sub ipsa

II Β 4: — Verg. (1) IX 65: cantantes ut eamusjl ego hoc te fasce leuabo. W )

Damit wird die Klassifizierung derjenigen Hexameter mit dem absoluten Wortschluß im 4. longum, in denen am Versanfang ein molossisches Wort steht, beendet. Natürlich gibt es zu mehreren dieser Typen und Varianten rhythmische Entsprechungen, die nicht im 4. longum, sondern nach dem 4tr, 4d, 4s oder selten noch weiter im Vers absoluten Wortschluß aufweisen. Sie werden hiernach behandelt. Bei den Carmina Einsidlensia ist diese Untersuchung wegen der Autorfrage von besonderer Bedeutung. Zuerst aber möchte ich das bisherige Ergebnis in Zahlen kurz zusammenfassen. In den zwölf untersuchten Typen kam ein molossisches Wort am Versanfang insgesamt 103mal vor. Wie es sich auf einzelne Dichter verteilt, kann am besten in einer Tabelle dargestellt werden. molossisches Wort 1 Verszahl G l G II I 1 II 1 I A I I A 813 5 (1) 11 Verg. 3 5 (1) 17(1) 6 756 1 3 Calp. 1 1 13 (4) 1 47 0 0 Eins. I 0 0 0 0 Eins. II 38 0 1 0 0 0 0 Nemes. 310 1 5 4 0 (1) 2 Summe 7 (1) 18 5(1) 10(1) 34(5) 7

IB 3 2 1 0 2 8

IIB 7 5 0 1 1 14

Summe

57 27 1 2 16 103

(3) (4)

(1) (8)

Die Carmina Einsidlensia nehmen hier eine Sonderstellung ein; sie sind mit anderen Bukolika statistisch nicht vergleichbar. Daher werden 1

In Klammern steht die Zahl metrischer Wörter: 13 (4) unter I Α bedeutet 4 metrische Wörter unter 13 Belegen für den Typus I Α bei Calpurnius.

am Versanfang

247

sie im letzten Kapitel für sich behandelt. Jetzt möchte ich nur Vergil, Calpurnius und Nemesianus untereinander vergleichen. Unter diesen dreien, insofern wir zuerst auf die Häufigkeit der Erscheinung unsere Aufmerksamkeit richten, ragen Vergil und Nemesianus hervor, die den molossischen Worttypus beinahe doppelt so häufig an den Versanfang gestellt haben wie Calpurnius Siculus.1 Aufschlußreich ist für das Verständnis bestimmter Tendenzen der Vergleich zwischen Vergil und Nemesian. Wenn wir uns diesen Vergleich in der Form einer mal steigenden, mal sinkenden Linie zwischen G I und II Β vorstellen, steigt und sinkt sie bei den beiden Dichtern bis zum Typus II Α genau an denselben Stellen; nur am Ende gibt es kleine Unterschiede zwischen den Zahlenreihen bei Vergil (6-3-7) und Nemesian (0-2-1). Vergil und Nemesian offenbaren also im Versbau dieselben Grundtendenzen. Dasselbe kann aber keineswegs von Calpurnius behauptet werden. Schon innerhalb der beiden Grundtypen zeigt er keine Präferenz. Nur im Bereich zwischen II 1 und II Α beobachten wir bei ihm dieselbe Tendenz, und diese im Vergleich zu Vergil (5-17-6) und Nemesian (2-4-0) sogar mit Verstärkung (3-13-1), sonst noch am Ende zwischen I Β und II B, wo auch Calpurnius II Β deutlich bevorzugt. Gemeinsam für alle drei Dichter ist die Vorliebe zum lebendigen Typus I A. Daraus ergibt sich einerseits, daß der Vers des Calpurnius in dieser Hinsicht viel gleichförmiger gebaut ist als der Hexameter Vergils und Nemesians, andererseits, daß er außer an bestimmten Punkten (I Α und II B) sowohl seinem Vorgänger fern blieb als auch Nemesianus nicht beeinflußte. Diese Gleichförmigkeit' besteht bei Calpurnius in der Leichtigkeit seines Versanfangs: er mied den Spondeus im 1. Fuß, daher auch den molossischen Worttypus. Nemesianus unterscheidet sich seinerseits von Vergil dadurch, daß er den bei ihm beliebtesten Typus I Α mit größerer Zurückhaltung verwendet, den dritthäufigsten II Β nahezu gemieden hat. Eine allzu weit gehende Beurteilung dieser Tatsache möchte ich nicht wagen; es scheint mir aber sehr wahrscheinlich, weil auch sonst durchaus bestätigt, daß Nemesian, der auch Calpurnius sehr gut kannte, sich doch von seiner Verstechnik eher fernhalten und die des Vergil nachahmen wollte. Bei der - natürlich lauten - Lektüre des Calpurnius kamen ihm die unter I Α und II Β erfaßten Erscheinungen, insonderheit angesichts des Zurücktretens anderer Typen, irgendwie so typisch Calpurnianisch vor, daß er sie, sei es bewußt oder unbewußt, ein wenig in den Hintergrund gerückt hat, um nicht .Calpurnianisch' zu erscheinen. Dies wird noch deutlicher zum Vorschein kommen, wenn wir die Typen I Α und II Β nicht in ihrer Gesamtheit, 1 Verg. 7,01%, Calp. 3,57%, Nemes. 5,16%. Rein statistisch gesehen nimmt Nemesianus auch hier ungefähr die Mittelstellung ein.

248

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

sondern in ihren einzelnen Varianten betrachten werden. Aus insgesamt 34 Belegen für den Typus I Α zeigen nur zwei Hexameter nicht den Wortschluß nach dem 3. Trochäus. 1 Die übrigen 32 Verse zeigen dagegen diesen Einschnitt: unter I A 3 haben wir bei Vergil 7 Hexameter, bei Calpurnius sogar 11, unter I A 4 jeweils 9 und 2, insgesamt also bei Vergil 16, bei Calpurnius alle 13 Belege. Daß Calpurnius für den trochäischen Einschnitt an anderen Versstellen ebenfalls eine größere Vorliebe als andere Dichter zeigt, wurde bereits bewiesen. 2 Es folgt die Analyse von Typus II B. Wir finden unter II Β 1 nur einen Hexameter Vergils ohne Wortschluß nach dem 3. Trochäus gegenüber den auf drei Varianten verteilten 13 Hexametern mit diesem Wortschluß. Die Zahlen für Vergil und Calpurnius sind entsprechend unter II Β 2 2 und 4, unter II Β 3 3 und 1, wiederum stehen also in der Ausgangsvariante mehr Beispiele auf der Seite des Calpurnius. Was auch immer man dazu sagen mag, so konnte dies einem gut geschulten, für den Rhythmus des Verses empfindlichen und dazu noch imitierenden Dichter nicht völlig unbemerkt unterlaufen. Letztlich ergibt sich eine nicht unwichtige Bemerkung zu den Einsiedler Gedichten. Bezüglich des molossischen Anfangswortes steht das Eins. II in der Tradition Vergils, indem es je ein Beispiel der zwei von Vergil häufig verwendeten Formen zeigt. Eins. I scheint dagegen der Verstechnik des Calpurnius näher zu stehen. Soweit müssen wir uns mit dieser Beobachtung zufriedengeben. Jetzt möchte ich zu der ausstehenden, den Gebrauch des molossischen Worttypus am Versanfang betreffenden Ergänzung übergehen, um diesen Teil zu vervollständigen. Da im römischen Hexameter Wortschlüsse im 4. longum und nach dem 4. biceps einander nahezu ausschließen, werden die folgenden Verse mit den acht in Betracht kommenden Typen dem rhythmischen Ablauf nach zusammengestellt, unter Berücksichtigung der Wortschlüsse bis zum 3. longum oder biceps. Da es bequemer ist, als Kriterium der Einteilung die Stelle des Wortschlusses statt der 8 Typen anzunehmen, wird jetzt die Klassifizierung anhand des Wortschlusses nach dem 4. Daktylus (8d), nach dem 4. Spondeus (8s), nach dem 4. Trochäus (4tr) oder an anderer Versstelle durchgeführt. Der entsprechende Typus wird in Klammern angegeben.

1

Vgl. oben S. 242-243 unter I A 1 (Verg. V m 49) und I A 2 (Nemes. I 72). 2 Vgl. oben S. 165-168.

am Versanfang

249

1. Wortschluß 8d: Verg. III 107: V 26: V 73: VI 71: VII 18: (6) X 25: Calp. I 83: II 1: II 16: II 46: II 70: III 30: III 40:

nascantur floresjl et Phyllida solus habeto. (I Β 1) libauit quadripes II nec graminis attigit herbam.(II A 1) saltantis Satyros II imitabitur Alphesiboeus. (II 1) cantando rigidas II deducere montibus ornos. (II) alternis igitur II contendere uersibus ambo (II) florentis ferulas II et grandia lilia quassans. (II A 1) indixit miseris II fatalia ciuibus arma. (II) Intactam Crocalen II puer Astacus et puer Idas, (II 1) desistunt tremulis II incurrere frondibus Euri (II) condiscant primoque II recidere gramina morsu,(I A 3) per-totum niueus II premitur-mihi caseus annum 1 (II 1) diduxi tunicas II et pectora nuda cecidi. (II A 1) Iam-dudum meditor,ll quo Phyllida carmine placem. (II A l ) dicentem, CorydonJI te non-semel ista notaui (II A 1) hiberna prohibes II ieiunia soluere fago. (II) arrodet sanies II et putria contrahet ossa. (II A 1) uelocem PetasonJI qui gramina matre relicta (II A 1) deformis scapulis II torus eminet I aut quibus hirtae (II 1) uidissem propius II mea numinalll sed mihi sordes (II 1)

IV 22: IV 35: V 77: VI 51: VII 61: (13) VII 80: Eins. (1) 14: inuitat calamos:ll imponite lusibus artem. (II) Eins. (1) II 34: sperauit ll et Martia uendidit arma. (I Β 1) Nemes. (1) 116: risisti calamos II et dissona flamina Mopsi (II A 1)

(22)

2. Wortschluß 8s: Verg. II IV V V 1

19: 47: 20: 55:

despectus tibi sum,II nec qui-sim quaeris, Alexi (II A 1) concordes stabili II fatorum numine Parcae. (II) Exstinctum Nymphae II crudeli funere Daphnin (11) iam-pridem Stimichon II laudauit carmina nobis (II Aa)

Dieser Vers könnte genauso gut unter dem Typus Π 1 (S. 242) erscheinen, aber angesichts des sich an premitur eng anlehnenden mihi habe ich ihn hier eingeordnet.

250

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

V 84: VII 45: VIII 3: (8) IX 56: Calp. I 32: I 62: III 5: V 2: VI 23: VI 41: VI 64: (8) VII 66: Eins. (1) II 31: Nemes. I 59: I 77: II 34: III 2: III 61: IV 2: (7) IV 64 (Κ): (24)

saxosas inter II decurrunt flumina uallis.1 (11) Muscosi fontes II et somno mollior herba, (I Β 1) certantis, quorum II stupefactae carmine lynces, (I) Causando nostras II in-longum ducis amores. (11) quam-primum nobis II diuinum perlege carmen (I 1) infelix raros II numerabit curia patres. (I) iam-dudum nullis II dubitaui crura rubetis (I Bb) torrentem patula II uitabant ilice solem, (II) dignetur, qui uix II stillantes, aride, uoces (I Β 2) alternat uitreas II lateralis cingula bullas? (II 1) respondent et obest II arguti glarea riui. (vgl. II A) 2 spectaui uitulos II et equorum nomine dictum (II l) 3 miratur patriis II pendentem sedibus ensem. (II) hortatus duras II docuisti fallere curas (I) sudabunt taxi II confusis legibus anni (11) perfeci calathos II cogendi lactis in usus. (II) torrentem patula II uitabant ilice solem (II)4 ex-illo uenas II inflatus nectare dulci ( I I ) pastores, calamis II ac uersu doctus uterque (II A 1) incendens uiuo II crepitantes sulphure lauros (I)

3. Wortschluß 4tr:5 Verg. II 47: IV 16: VI 8: VIII 1: (5) VIII 5: Calp. 118: V 83:

pallentis uiolas II et summa papauera carpens, (II A 1) permixtos heroas II et ipse uidebitur illis, (I A 3) agrestem tenui II meditabor harundine Musam: (II 1) Pastorum Musam II Damonis et Alphesiboei, (11) Damonis Musam II dicemus et Alphesiboei. (11) matura docilis II compegit arundine Ladon. (II) ardenti coquito II lentumque bitumen aheno, (II)

ι Vgl. Anhang 1, S. 27-29. Ähnlichkeit zu Π Aa lx und Π Aa 9, siehe unten S. 264 und 266. 3 Vgl. auch Π Β 2, S. 245. 4 Nemes. m 2 = Calp. V 2. 5 Vgl. Kapitel ΙΠ 7. 2

251

am Versanfang

VI 8: uocalem superet II si dirus aedona bubo. (II A 1) VII 37: percussit. stabam II defixus et ore patenti ( I I )

(4)

Nemes. I 44: felicesque anni II nostrique nouissimus aeui (11) II 61: uocalem longos II quae ducit aedona cantus; ( I Β 1) (3) IV 14: inmitis Meroe II rapidisque fugacior Euris, 1 (II 1) (12) 4. Andere: Verg. II 24: Amphion Dircaeus II in Actaeo Aracyntho. (9) (I A 3) V 38: pro-molli uiola II pro purpureo narcisso (9) (II) (3) VI 60: perducant aliquae II stabulaad-Gortyniauaccae.'(10) (II 1) (61) Insgesamt haben wir also noch 61 molossische Wörter am Versanfang, davon bei Vergil 22, bei Calpurnius 25, in Eins. I 1, in Eins. II 2 und bei Nemesianus 11. Wenn wir mit diesen Zahlen jene in der Tabelle auf S. 246 ergänzen, bekommen wir ein vollständiges Bild. Auf der rechten Seite wird zugleich das Ergebnis aus der Tabelle auf S. 254 präsentiert. Diese Spalte wiederholt die Gesamtzahl molossischer Wörter in allen Hexametern zuzüglich der Summe des Auftretens eines Molossus (in verschiedenen Varianten) in den Versen mit dem absoluten Wortschluß im 4. longum, also noch ohne 8d, 8s u. a. Verszahl

Verg. Calp. Eins. I Eins. II Nemes. Insgesamt 4

1

813 756 47 38 310

molossisches Wort

57 27 1 2 16 103

+ + + + + +

22 25 1 2 11 61

= = = = = =

3

79 52 2 4 27 164

1

%

1

9,72% 6,88% 4,25% 10,53% 8,71%

1 1 1 1 1

Zahl aller Beispiele 2

223 98 8 10 91 430

= = = = = =

( 79 ( 52 ( 2 ( 4 ( 27 (164

+ + + + + +

144) 46) 6) 6) 64) 266)

Vgl. inhaltlich Calp. ΠΙ 10: mobilior uentis ofemina! sic tua Phyllis. D. h. molossisches Wort und Molossus. Vgl. J. Fourcade, Mots de structure molosse ά Γ initiale du vers, dans Les Bucoliques, Pallas 18 (1971), S. 29-53, der für den Versanfang bei Vergil 74 molossische Wörter angibt (S. 32), sicherlich ohne metrische Wörter. Darauf folgt eine stilistischinhaltliche Interpretation. 4 Vgl. S. 247 Anm. 1. 2

3

252

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Auch diese Tabelle läßt die Ähnlichkeit zwischen Vergil und Nemesian erkennen. Vergil hat gegenüber dem molossischen Wort (79mal) 144mal den Molossus in anderer Form gebraucht, Nemesianus gegenüber dem 27mal an den Versanfang gestellten molossischen Wort 64mal den Molossus. Dieses Verhältnis ist bei den beiden Dichtern annähernd 1 : 2. Calpurnius hat dagegen 52mal ein molossisches Wort und 46mal den Molossus, also annähernd 1 : l. 1 Typenmäßig lassen sich von diesen 61 Hexametern 23 Verse 2 vom Grundtypus I, 38 3 vom Grundtypus II herleiten. Dies spiegelt die an den Versen mit dem Wortschluß im 4. longum beobachtete Tendenz zur Bevorzugung des daktylischen Rhythmus im zweiten Fuß wider. 4 Und wiederum gehen Vergil (10 : 12), Nemesian (5 : 6) und Eins. II (1 : 1) zusammen, Calpurnius dagegen (7 : 18) und Eins. I (0 : 1) heben sich ab. Freilich will ich wegen des kleinen Umfangs der Einsiedler Gedichte diesen vereinzelten Belegen keine entscheidende Rolle zuerkennen, denn sie sind, wie schon gesagt, nicht auf dieselbe Art und Weise mit den übrigen Bukolika vergleichbar. Dennoch haben auch diese kleinen Mosaiksteine etwas an sich, was Beachtung finden soll. Denn je mehr Einzelheiten, mögen sie vereinzelt auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, insgesamt in dieselbe Richtung weisen, desto weniger wahrscheinlich ist es, daß das Ganze vom Zufall abhängt. Es fällt auf, daß Vergil in den Hexametern mit daktylischem Einschnitt (8d) den Rhythmus II ( bevorzugt (5 : 1), in denen mit spondeischem Einschnitt dem Rhythmus I ( ) den Vorzug gibt (5 : 3).5 An Calpurnius läßt sich hinsichtlich des ersteren dasselbe beobachten (12 : 1), im zweiten Fall fällt aber das analoge Verhältnis anders aus (4 : 4), also zugunsten des Ausgleichs beider Rhythmen. Noch anders verhält sich Nemesianus, der mit dem daktylischen Einschnitt unerwartet sparsam umgeht (1 Beispiel) und bei dem spondeischen den Typus I leicht bevorzugt (4 : 3). Für den trochäischen Wortschluß ist natürlich die Zahl von Belegversen geringer; das Verhältnis von Rhythmus I zu Rhythmus II nimmt folgende Gestalt an: Verg. (3 : 2), Nemes. (2 : 1), Calp. (1 : 3). Ein Kommentar erübrigt sich. In Bezug auf die Hexameter mit dem molossischen Anfangswort, aber ohne den absoluten Wortschluß im 4. longum, fällt bei Calpurnius

1

Das genaue Verhältnis: Verg. 0,55; Nemes. 0,42; Calp. 1,13. Verg. - 10, Calp. - 7, Eins. I - 0, Eins. Π - 1, Nemes. - 5. 3 Verg. - 12, Calp. - 18, Eins. I - 1, Eins. Π - 1, Nemes. - 6. 4 Dazu vgl. E. Tamerle, S. 41 und oben S. 176-180. 5 Es ist anders als bei Catullus, bei dem im Falle von 8s fast immer ein langes 3. biceps vorliegt; des öfteren beginnt hier ein molossisches Wort; vgl. oben S. 238 Anm. 2. 2

253

am Versanfang

Siculus ein Merkmal auf, welches an die symmetrische Gruppierung der Eklogen innerhalb seines Buches erinnert.1 Die Achse ist die ecl. IV. Calp. eel. I Zahl der Beispiele 4

II 4

III 3

IV 2

V 3

VI 5

VII 4

Man kann einen Zufall nicht ausschließen, aber die Tatsache, daß die ecl. IV die längste Ekloge der Sammlung ist,2 gibt zu denken. Eine Symmetrie dieser Art ließe sich auch an Vergil und an Nemesianus beobachten, 3 dabei wäre aber viel Spekulation im Spiel. Zu bemerken ist, daß bei Vergil in einem bukolischen Gedicht, nämlich in der ecl. I, kein Beispiel vorliegt. Im übrigen kann man mit solchen Zahlenspekulationen, von denen Vergils Text besonders vielen Versuchen ausgesetzt war, nicht viel anfangen. Deshalb überlasse ich sie den Kabbalisten. Zum Schluß möchte ich den Gebrauch des molossischen Wortes und des Molossus am Versanfang in einer Tabelle präsentieren.4 Das molossische Wort ist vollständig erfaßt. Der Molossus dagegen wurde bislang nur in den Hexametern mit dem Wortschluß im 4. longum gezählt.5

1 Ich wüßte nicht zu sagen, ob dies mit der Entstehungszeit einzelner Eklogen in Zusammenhang zu bringen sei. 2 Sie ist um 49 Verse länger als die zweitlängste ecl. V, um 69 Verse länger als ecl. Π und doppelt so lang wie die kürzeste ecl. VH. 3 Verg. I Π ΠΙ IV V VI VII VIII IX X Zahl d. Beisp. 0 3 1 2 6 3 2 3 1 1 Nemes. I Π ΠΙ IV Zahl d. Beisp. 4 2 2 3. 4 Die mittlere Spalte dieser Tabelle ist mit der Tabelle auf S. 251 zu vergleichen. 5 Die Angaben in der Spalte .Molossus' sind der auf S. 255 ff. durchgeführten Typologie entnommen.

254

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Wortschluß im 4. longum Molossus 1 Verg. Calp. Nemes.

ecl.

I II III IV V VI VII VIII IX X Insg.

%

16 16 25 8 17 11 9 13 13 16 144 17,71

6 7 3 13 8 7 2

18 20 13 13

46 6,08

64 20,64

molossisches Wort Verg. Calp. Nemes.

12 2 7 5 9 6 5 5 4 2

6 5 2 3 3 3 5

6 3 2 5

57

27

7,01

3,57

16 5,16

Wortschluß später als 4. longum molossisches Wort Verg. Calp. Nemes.

0 4 1 2 6 3 2 3 1 1

4 2 3 2 3 5 4

4 2 2 3

22

25

2,71

3,31

11 3,55

Nun werden alle Varianten der vier Rhythmen, in denen der Anfangsmolossus durch mehr als ein Wort oder durch ein längeres Wort ( >) repräsentiert ist, aufgelistet und zum Teil interpretiert. Vorausgeschickt werden immer Varianten mit dem Anfang _ >~, dann die mit der Aufteilung "'"»", weiter die mit dem Anfangsspondeus ~~>~, und zum Schluß alle anderen, immer zuerst diejenigen ohne trochäischen Wortschluß und dann die mit einem oder im Falle von II Bb mit einem oder zwei trochäischen Wortschlüssen. Aufgrund der Prozentzahlen läßt sich in Hexametern mit absolutem Wortschluß im 4. longum die Zurückhaltung des Calpurnius Siculus im Gebrauch des molossischen Wortes und des Molossus feststellen. Nur in Versen, in denen das Wort erst später als im 4. longum schließt, ist die Tendenz bei allen drei Dichtern ähnlich, wobei sie sich gerade hier von Vergil bis Nemesianus verstärkt. Mit der bereits geäußerten Feststellung, die die Verstechnik des Calpurnius betrifft, daß nämlich sein Vers am leichtesten sei, stimmt diese Tatsache völlig überein, Vergil nimmt die Mittelstellung ein, Nemesianus ist also noch schwerer im Versbau als Vergil. Dies ist interessant, weil es zu der allgemeinen Entwicklungsrichtung der hexametrischen Verskunst nach Vergil im Widerspruch steht.

1

Hinzu kommen die Einsiedler Gedichte mit jeweils 6 Belegen.

255

am Versanfang

I Aa: ( I Bb: ( I Aa: (

) )

II Aa: ( - — — - ) IIBb:(" —)

—)

I Aa 1: ->—>—>""> Verg. I 14: hie inter densas corylos II modo namque gemellos 1 I 42: hie ilium uidi iuuenemjl Meliboee, quotannis VII 11: hue ipsi potum II uenient per prata iuuenci, VII 39: cum primum pasti II repetent praesepia tauri,2 VII 64: nec myrtus uincet corylos,II nec laurea Phoebi. (6) IX 5: nunc uicti, tristes,II quoniam fors omnia uersat Calp. (1) IV 124: ut nudus ruptas II saliat calcator in uuas Eins. (1) II 12: quae spargit ramos,ll tremula nos uestiet umbra. Nemes. II 77: quod uidi, nulla II tegimur lanugine malas; II 87: atque inter pinus II corylum frondescere fas est. (3) III 17: haec fatus coepit II calamis sic montiuagus Pan: (11) I Aa 2: ->—>">ww>-» Verg. II 12: at mecum raucis,ll tua dum uestigia lustro, (2) VI 59: aut herba captum uiridi aut armenta secutum (S) Nemes. Ill 64: et plantis uuas premit et de uitibus hastas (2) IV 17: quid uultu mentem premis ac spem fronte serenas? (4) I Aa 3: - , - , - , - M , — , Verg. (1) III 74: Quid prodest quod me-ipse 3 II 5 1 animo non spernis, Amynta, 1 Zu inter vgl. Anhang 1, S. 27-29. Außer mit Monosyllaba wird es als selbständiges Wort behandelt. Vgl. auch unter I Aa 14. 2 Hier scheinen cum und primum nicht so eng verbunden zu sein, als daß der Vers unter dem Grundtypus I auf S. 241 erscheinen miißte. 3 Zu me-ipse als metrischem Wort siehe oben S. 11.

256

(1) (2)

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Nemes. II 9: tquis anni ter quinque hiemes II e t | cura iuuentae.

I Aa4: -,-,-(-),-—, Verg. (1) III 44: Et nobis idem Alcimedon II duo pocula fecit I Aa 5: Verg. I 56: III 79: IV 2: VII10: VIII 32: IX 62: (7) X 56: Calp. II 9: V 51: (3) V 58:

hinc alta sub-rupe II canet frondator ad auras, et longum ,formose,ll uale, uale,' inquit, ,Iolla.' non omnis arbusta iuuant II humilesque myricae; et, si-quid cessare potesjl requiesce sub umbra. ο digno coniuncta uiro,ll dum despicis omnis, hie haedos depone,II tamen ueniemus in urbem. aut acris uenabor apros.ll non me ulla uetabunt et magnum certamen erat II sub iudice Thyrsi. iam siluis committe greges,ll iam longius herbas et campos permitte sequi,II sed protegat illos

Eins. I 6: Sed nostram durare fidem II duo pignora cogent (2) 1+1 II 35: nunc tellus inculta II nouos parit ubere fetus Nemes. I 9: hos annos canamque comamjl uicine Timeta, I 41: tu nostras aduerte modosjl quos ipse benigno III 25: hunc Nymphae Faunique senes II Satyrique procaces, IV 29: et montes siluaeque,ll suos habet arbor amores: und zwei Verse mit der Synaloephe im 1. biceps: II 16: ambo aeuo cantuque pares II nec dispare forma (6) III 15: iamque ortus, Lenaee, tuos II et semina uitis. (18) I Aa 6 1 : - , — , Calp. I 82: at quondam non talis erat,II cum Caesare rapto (2) VI 35: seit frenos et ferre iugum II sequiturque uocantem 1

Zu Verg. 143 vgl. oben S. 243 mit Anm. 2.

am Versanfang

257

Eins. (1)

I 27: seu caeli mens ilia fuit II seu solis imago Nemes. I 66: dant Fauni, quod quisque ualet,ll de uite racemos, (2) IV 63: ter uittis, ter fronde sacra,II ter ture uaporo,

(5)

I Aa 7: > ? Verg. III 100: Heu heu, quam pingui II macer-est mihi 1 taurus in-eruo! VI 49: at non tam turpis II pecudum tarnen ulla secuta (3) VII 46: et quae uos rara II uiridis tegit arbutus umbra. I Aa 8: > ι * Verg. (1) III 75: si, dum tu sectaris apros,II ego retia seruo? Nemes. (1) I 86: sed iam sol demittit equos II de culmine mundi,

(2)

I Aa9: i > Verg. (1) VIII 55: certent et cycnis ululae,ll sit Tityrus Orpheus, I Aa 10: ~>~> Verg. I 41: III 14: V 69: V 86: (5) IX 21: Calp. 119: (2) IV 169:

nec tam praesentis II alibi cognoscere diuos. et cum uidisti II puero donata, dolebas, et multo in-primis II hilarans conuiuia Baccho (S) haec nos ,formosum II Corydon ardebat Alexin', uel quae sublegi II tacitus tibi carmina nuper, Et iam captatae II pariter successimus umbrae. iam sol contractas II pedibus magis admouet umbras.

1 Hier bildet macer-est ein metrisches Wort. Nach est liegt ein absoluter Wortschluß vor, obschon sich der Dat. ethicus mihi daran so eng anschließt, daß von einer Wortgruppe macer-est-mihi gesprochen werden kann. Verg. ΠΙ 100 und VI 49 lasse ich hier stehen, nicht unter dem Typus I Aa 10.

258

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Nemes. I 39: nam si sublimes animae II caelestia templa III 11: cum Pan excussus II sonitu stridentis auenae (3) IV 69: et mille ignotas II Mycale circumtulit herbas;

(10) I Aa 11: ->->—>""»-> Calp. (1) II 25: et nunc alternos II magis ut distinguere cantus I Aa 12: Verg. VIII 13: (2) VIII 20: Calp. (1) IV 37: Nemes. (1) II 26:

inter uictricis II hederam tibi serpere lauros. profeci, extrema II moriens tarnen adloquor hora. (S) per-te secura II saturi recubamus in umbra ex-quo consueto II Donacen expecto sub antro

(4) I Aa 13: Verg. (1) I 32: nec spes libertätis erat II nec cura peculi. I Aa 1 4 Calp.

(1)

1

: - . — >

III 17: et matutinas II reuocat palearibus herbas.

I Bb: (

)

Die Varianten werden nun in Abhängigkeit von I Aa numeriert, es kann also geschehen, daß manche Entsprechungen nicht existieren. Dem Typus I Aa 1: -,—>—>"" beispielsweise entspricht genau der Typus I Bb 1: ->—>—>—. Aber Varianten mit dem W o r t s c h l u ß innerhalb des daktylischen biceps, ζ. Β. I A a 5 : können hier keine Entsprechung finden. Daher werden I Bb 5 , 1 Bb 6 , 1 Bb 8 und I Bb 13 als unmöglich ausgeschlossen. Wenn dagegen noch andere neue Varianten und Variationen erscheinen, werden sie durch ,x' gekennzeichnet, ζ. Β. I Bb 9x. 1

Vgl. auch oben I Aa 1.

am Versanfang

I Bb 1: "'""> Verg. 152: III 45: III 91: V 9: V 24: VI 29: (7) X 64: Nemes.

259

et fontis sacros II frigus captabis opacum; et molli circum est II ansas amplexus acantho atque idem iungat uulpes II et mulgeat hircos. (S) Quid, si-idem certet Phoebum superare canendo? non ulli pastos II illis egere diebus nec tantum Phoebo II gaudet Parnasia rapes, non ilium nostri II possunt mutare labores,

1 6 0 : nec segnem passus II nobis marcere iuuentam

(3) (10)

Π 51: dum Bacchus uites,ll Deo sata, poma Priapus, II73: Pan doctus, Fauni uates II et pulcher Adonis.

I Bb 2: ->-->-->->-> Calp. II 24: si laudem uictorjl si fert opprobria uictus. (2) VI 16: qui posset dicijl si non cantaret, Apollo. I Bb 3: Verg. VIII 95: has herbas atque haec II Ponto mihi lecta uenena (S) (2) IX 6: hos ill! (quod nec uertat bene) mittimus haedos. I Bb 4: - . - , - > — . Verg. Ill 10: Tum, credo, cum me arbustum II uidere Miconis (2) III 43 1 : necdum illis labra admouijl sed condita seruo. (SS) I Bb 7 : - , - , - , - ; - , Verg. IX 26: Immo haec, quae Varo II necdum perfecta canebat: (S) (2) 1X44: Quid, quae te pura II solum sub nocte canentem Nemes. (1) 18: dum ros et primi II suadet dementia solis. (3)

ι Gleich ΠΙ 47.

260

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

I B b 9: Verg. I 19: Vrbem quam dicunt RomamJI Meliboee, putaui (2) II 48: narcissum et florem II iungit bene d e n t i s anethi; (S) I B b 9x: Verg. I 39: ipsi te fontes,ll ipsa haec arbusta uocabant. (S) (2) VI 73: ne quis sit lucus II quo se plus iactet Apollo. 1 Calp. (1) VI 22: Vinces tu quemquam? II uel te certamine quisquam (3) I B b 10: ->->—>--> Verg. III 2: Non, uerum Aegonis;ll nuper mihi tradidit Aegon. (S) III 108: Non nostrum inter-uos 2 II tantas componere lites (S) (3) VI 78: aut ut mutatos II Terei narrauerit artus, Nemes. I 84: namque hie in-siluis II praesens tibi Fama benignum (S) II 4: hanc, cum uicini II flores in uallibus horti III 3: cum Pan uenatu fessus II recubare sub ulmo (4) III 27: quin et Silenus II paruum ueneratus alumnum (7) I B b 11: Verg. III 19: et cum clamarem II ,quo nunc se proripit ille? VI 47: a, uirgo infelixjl quae te dementia cepit! 3 (S) (3) VI 52: a! uirgo infelixjl tu nunc in montibus erras: (S) I B b 12: - , — , - . Verg. VI 15: inflatum hesterno uenasjl ut semper, Iaccho; (S) VII 19: coepere, alternos II Musae meminisse uolebant. (S) 1 Syntaktisch gehört quis zu lucus, ne zu sit. Die vom Indogermanischen her unbetonte Zweitstelle fordert aber diese Stellung von quis. Rhythmisch gehören ne und quis zusammen, daher lasse ich den Vers hier stehen. Sonst verträte der Vers einen neuen Typus I Bb 7x; vgl. I Bb 7. 2 Zu inter-uos vgl. oben S. 23 mit Anm. 4 und S. 15 Anm. 3. 3 Das Vorbild für diesen Vers und für VI 52 könnte in der Io des C. Licinius Calvus sein: α uirgo infelix, herbis pasceris amaris! (FPL Büchner, S. 111).

am Versanfang

261

VIII 56: Orpheus in-siluis,ll inter delphinas Arion. X 52: certum est in-siluis II inter spelaea ferarum. Eins. (1) II 25: condit securas II tota spe I messor aristas. 1 (5)

(4)

I Bb 12x: ">—>-."> Verg. (1) IX 34: uatem pastores;ll sed non ego credulus illis. Nemes. (1) III 58: iamiamque elapsas II hie crine, hie ueste retentat (SS) (2) I Bb 14: Calp. (1) V 55: et matutinae II lucent in gramine guttae. I Bb 14x: -> »->-> Verg. (1) VI 45: et fortunatamjl si numquam armenta fuissent. (S) W ) Wir erkennen, daß nicht nur alle leichten Typen ihre spondeischen Entsprechungen haben, sondern bei Vergil noch drei Variationen I B b 9x, I B b 12x und I Bb 14x hinzugekommen sind, was selbstverständlich auf den ,spondeischen' Charakter der lateinischen Sprache zurückgeht. Eine dieser Variationen finden wir auch bei Calpurnius Siculus. Da alle drei aus der Aufteilung eines spondeischen Wortes in zwei Monosyllaba bestehen, kann man ihnen keine größere Bedeutung für den Versrhythmus zuschreiben, abgesehen von einer Einzelheit. Es handelt sich nämlich um die Stellung des langen Monosyllabon im römischen Hexameter, welches insonderheit vor der semiquinaria und am Versende verpönt ist. Dasselbe gilt für die Stellung vor der semiseptenaria. Dieses Verbot betrifft aber nicht in gleichem Ausmaß zwei aufeinanderfolgende lange Monosyllaba. In all diesen drei Variationen zeigt sich Vergil als derjenige, der sich zwei Stellen mehr für zwei zusammengehende Einsilbler verschafft hat. Für den Rhythmus hat dieses Verfahren eine gewisse Auswirkung; es entsteht rhythmische Kongru-

1

Es liegt hier absoluter Wortschluß auch nach tota vor.

262

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

enz, 1 weil das 4. longum ein betontes Monosyllabon füllt. Im Falle eines spondeischen Wortes an derselben Versstelle ist dagegen die durch römische Dichter angestrebte Inkongruenz erreicht, weil jetzt das 4. longum von dem unbetonten Auslaut eines spondeischen Wortes gefüllt wird. Vergil jedenfalls mildert in vier Hexametern den Eindruck dieser Kongruenz durch Synaloephe oder durch nachfolgendes pyrrhichisches ego\ in allen vier Versen ist die semiquinaria die Hauptcaesur. Vor der semiseptenaria hätte dies störend gewirkt. Interessant ist es zu bemerken, daß es sich dabei keinesfalls um die frühesten Eklogen Vergils handelt. Die vier Verse stehen in den Gedichten I, VI und IX, wobei I und IX thematisch am engsten verbunden und am wenigsten von Theokrit abhängig sind. Der Vers 45 aus der eel. VI findet sich in Silens Lied, in dem Teil also, in dem der Versbau Lukrezens deutlicher als anderswo bei Vergil - neben Aen. VI 724-751 - durchschimmert. Variationen derselben Art begegnen vor dem 4. longum auch innerhalb des Typus I Aa. Als Beispiel mögen zwei Paare dienen, nämlich I Aa 1: neben I Aa 2: > u n d I Aa 10: -.->—>"— neben I Aa 1 1 : 2 Als ihr Vorbild kann der Vergilische Typus I A 1, gelten. 3 Im Gegensatz zu den eben erwähnten Variationen I Bb 9x, I Bb 12x und I Bb 14x bewirken jedoch diese keine rhythmische Neuerung, weil der Wortakzent in beiden Fällen in das 3. biceps fällt; ferner ist ein langes betontes Monosyllabon im 4. longum legitim. Zu bemerken ist, daß wir unter I Aa 2 nur Verse Vergils und seines Nachahmers Nemesianus finden. Bei Vergil II 12 handelt es sich aber in um eine μετάϋεοις am Kolonanfang (tua dum), während bei Nemesianus das Monosyllabon ein neues Kolon beginnt, wobei das vorhergehende pyrrhichische Wort die Hauptcaesur verdunkelt. Wenn aber dasselbe bei Verg. VI 59 der Fall ist, mildert er die Unebenheit durch die Synaloephe uiridi aut. In die Kategorie I Aa 11 gehört nur ein Hexameter des Calpurnius. Dieser vereinzelten Ausnahme bräuchte man keine größere Bedeutung beizumessen, weil die Zahl von Beispielen mit ohnehin gering ist. Es fällt trotzdem auf, daß wir bei Vergil und Nemesianus kein einziges Beispiel finden. Höchstwahrscheinlich wollten sie in den mit zwei langen Monosyllaba beginnenden Hexametern 4 kein drittes Monosyllabon ins 4. longum stellen, weil dies den Vers rhythmisch unschön gemacht hätte. Calpurnius hat diesen Rhythmus nur einmal gewagt und sich dadurch, nolens uolens, auch in einer solchen Kleinigkeit als originell erwiesen. 1 2 3 4

Zum Begriffspaar,Kongruenz' - .Inkongruenz' siehe oben S. 39 mit Anm. 2. Vgl. oben S. 255 und 257-258. Siehe oben S. 242 Vgl. I Aa 10.

am Versanfang

263

Es bleibt, die Varianten mit dem Einschnitt nach dem 3. Trochäus kurz zu betrachten, nämlich I Aa 5 , 1 Aa 6 , 1 Aa 8 und I Aa 13. Da dieser Wortschluß im römischen Hexameter unter Umständen sogar erwünscht ist, nämlich in Versen mit der semiseptenaria, 1 ist sein Vorkommen natürlich. Als Ausgangspunkt der genannten Varianten dient der leichtere Verstypus I A 3,2 in dem auf ein molossisches ein palimbakcheisches und ein jambisches Wort folgen. Es kann daher niemanden wundern, daß die Varianten I Aa 5 und I Aa 6 bei allen Bukolikern belegt sind. 3 Im Gebrauch der Hauptcaesur aber sieht man Unterschiede. Das Verhältnis der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον zur semiseptenaria im Typus I Aa 5 ist wie folgt: Verg. 3 : 4, Calp. 0 : 3, Nemes. 1 : 5.4 Daran erkennt man, daß der größte Verskünstler Vergil ist, der innerhalb eines und desselben Rhythmus am interessantesten ist. Von Vergil kommt auch der einzige Vers unter I A a l 3 ; seine erste Hälfte zeichnet sich durch größere Kongruenz aus. Im selteneren Unterypus I Aa 8 finden wir nur Verse Vergils und Nemesians. Dies stimmt mit der bereits festgestellten Tendenz hinsichtlich der rhythmischen Nachahmung Vergils durch Nemesian überein. Wenn man die Zahl der Beispiele vergleicht, muß auch eine größere Zurückhaltung des Calpurnius festgestellt werden. Zum Schluß können diejenigen Varianten genannt werden, die nur Vergil und Nemesian gemeinsam haben, nämlich I Aa 2 , 1 Aa 3 , 1 Aa 8 und I Bb 1 , 1 Bb 7 , 1 Bb 10. 5 Hingegen haben Calpurnius und Vergil nur einen Untertypus gemeinsam, den wir bei Nemesianus nicht finden, 1 Unter diesem Aspekt habe ich Unterschiede zwischen den Bukolikern im HL und zum Teil im IV. Kapitel untersucht. Hier dagegen konzentriere ich mich nur auf einen Ausschnitt, nämlich auf die Folge von der ich ausgegangen bin, und nicht ζ. B. auf die Folge — > — · m i t möglichen Daktylen im 1. und im 2. Fuß und mit allen möglichen Aufteilungen. Für die römische Epik steht reichliches Vergleichsmaterial zur Verfügung, denn es war H. Drexlers Zielsetzung, in seinen Hexameterstudien I-VI nicht, wie ζ. B. bei G. E. Duckworth, nur die Abfolge von Daktylen und Spondeen in den Füßen 1-4 festzustellen, sondern den rhythmischen Bau der ersten Vershälfte mit wirklichen Wortschlüssen systematisch zu erfassen, um dadurch die Eigenart eines jeden Dichters zu erkennen und auf dem interpretatorischen Wege nach der Untersuchung größerer Verszusammenhänge ästhetische Urteile zu fällen. H. Drexlers Ergebnisse bedürfen nur eines Vorbehalts: Sie wurden aus teilweise unvollständigem Untersuchungsmaterial gewonnen - je 1000 Hexametern, falls mehr vorhanden - und daher haben sie gewissermaßen den Charakter einer Stichprobe. Dennoch kommt ihnen bleibender Wert zu. 2 Vgl. S. 243. 3 Außer Eins. Π. 4 Unter I Aa 6 , 1 Aa 8 und I Aa 13 haben alle Verse die semiseptenaria als Hauptcaesur. Zu beachten ist, daß das Beispiel aus Eins. Π die Caesur κατά τρίτον τροχαϊον aufweist. 5 Man kann auch von negativer Übereinstimmung zwischen Vergil und Nemesianus gegen Calpurnius sprechen; dazu siehe Tabellen auf S. 280-281:1 Aa 11,1 Aa 14, I Bb 2 , 1 Bb 14, Π Bb 10 und Π Bb 16.

264

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

nämlich I Bb 9x. Ferner ist die für Vergil und Eins. II gemeinsame Variante I Bb 12 zu beachten. Wenn man die Untertypen vom Gesichtspunkt der Originalität her betrachtet, oder anders ausgedrückt, wenn man diejenigen Varianten, die nur bei einem Dichter vorkommen, aussortiert, zeigt sich selbstverständlich Vergil als Dichter von größter Mannigfaltigkeit. Nur bei ihm sind die Varianten I Aa 4, 7, 9, 13, I B b 3, 4, 9, 11, 12x, 14x belegt. Auch Calpurnius hat seine eigenen drei Varianten: I Aa 11,1 Bb 2 und I Bb 14. Nemesianus bietet dagegen keine Neuerungen. Bereits an diesen zwei rhythmischen Folgen I Aa und I Bb sehen wir, wieviele Möglichkeiten Vergil im Vergleich mit den anderen römischen Bukolikern verwendet hat. Die Beobachtung der zwei weiteren Folgen II Aa und II Bb wird dies bestätigen.

II Aa: ( - — — - ) II Aa 1: Verg. I 67: II 28: II 32: III 53: (5) X 40: Nemes. I 12: II 10: II 69: (4) IV 71: (9)

en umquam patrios II longo post tempore finis ο tantum libeat II mecum tibi sordida rura (Pan primum calamos II cera coniungere pluris nec quemquam fugio:ll tantum, uicine Palaemon, mecum inter salices II lenta sub uite iaceret; (S) dum secura hilares II aetas ludebat amores. (S) sed postquam Donacen II duri clausere parentes, et post-haec, Donace,ll nostras contemnis amores? quo currunt scopuli,ll migrant sata,ll uellitur arbos.

II Aa l x : - , - - , " ( " ) . " - , - , Verg. (1) III 102: His certe neque amor causa est;ll uix ossibus haerent; II Aa 2: Verg. II 38: et dixit moriens:ll ,te nunc habet ista secundum'; (2) III 6: et sucus pecori H et lac subducitur agnis. Calp. (1) VII 73: Ο felix CorydonJI quem non tremebunda senectus impedit

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(1) (4)

265

Nemes. II 53: haec Idas calamis.ll tu, quae respondent Alcon

II Aa 3: ->">"—>-> Verg. (1) X 39: et nigrae uiolae-sunt et uaccinia nigra II Aa 4: ->—> — .-»—> Verg. (1) V 4: Tu maior; tibi me-est aequum parere, Menalca, 1 (S) Calp. (1) IV 100: et dixi: ,deus hinc,ll certe deus expulit Euros.' (2) II Aa 5: ->->->—»"> Verg. I 24: uerum haec tantum alias II inter caput extulit urbes (SS) III 9: et quo (sed faciles II Nymphae risere) sacello (3) X 67: nec si, cum moriens II alta Uber aret in ulmo, Nemes. (1) II 11: quod non tarn tenui II filo de uoce sonaret (4) II Aa 6: Verg. (1) VIII 41: ut uidi, ut perii, H ut me malus abstulit error! (S) II Aa 7: Verg. II V (3) VIII Eins. (1) II (4)

1

23: canto quae solitusjl si-quando armenta uocabat (S) 21: flebant (uos coryli testes II et flumina Nymphis), 98: Moerim, saepe animas II imis excire sepulcris, 21: nostri num dubio II pugnant discrimine nati

Me-est-aequum bildet eine Wortgruppe, die tibi von parere sperrt.

266

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

II Aa 8: Verg. (1) III 13: fregisti et calamos:ll quae tu, peruerse Menalca, (S) II Aa 9: Verg. I 46: I 83: (3) IX 25: Calp. 127: (2) VI 26: Eins. (1) 118: Nemes. I 76: II 13: (3) III 62: (9)

Fortunate senexjl ergo tua rura manebunt maioresque cadunt II altis de montibus umbrae. occursare capro II (cornu ferit ille) caueto. procerumque dedit II mater non-inuida corpus. exprobrare mihi,II sicut tibi multa Lycotas. laudatamque chelyn II iussit uariare canendo. insuetusque freto II uiuet leo,ll dulcia mella suffususque rubor crebro II uenaeque tumentes, hesternoque grauis II semper ridetur Iaccho.

II Aa 10: — Verg. (1) V 49: fortunate puer,ll tu nunc eris alter ab illo. II Aa 11: Verg. V 11: V 22: V 83: VI 9: VI 43: VIII 35: (7) X 44: Calp. II 47: IV 25: IV 27: IV 46: (5) V 5: Eins. (1) I 41:

aut Alconis habes laudes II aut iurgia Codri. cum complexa sui II corpus miserabile nati nec percussa iuuant fluctu tam litora, nec quae non iniussa cano.ll si-quis tarnen haec quoque, si-quis his adiungit, Hylan II nautae quo fonte relictum nec curare deum II credis mortalia quemquam. nunc insanus amor II duri me Maitis in armis ne depulsa uagas II quaerat fetura parentes. due ad muletra greges II et lac uenale per urbem quo tutere famem? II certe mea carmina nemo nec quisquam nostras II inter dumeta Camenas quas errare uides II inter dumeta capellas. et laudate rogos:ll uester uos tollit alumnus.

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(1) (14)

Nemes. I 23: et parere decet iussis II et grata iubentur.

II Aa 12: Verg. (I) X 38: seu quicumque furor II (quid tum, si fuscus Amyntas? Calp. (1) IV 128: seu cantare iuuat II seu ter pede lenta ferire (2) II Aa 1 3 : - . " . - . - . - . Verg. I 26: Et quae tanta fuit II Romam tibi causa uidendi? Ill 62: Et me Phoebus amat;ll Phoebo sua semper apud me (3) 1X57: et nunc omne tibi stratum silet aequor, et omnes, Calp. II 94: hinc tu, Daphni, gregesjl illinc agat Alphesiboeus. (2) III 15: nam cum prata calentjl illic requiescere noster Nemes. 115: te nunc rura sonant;ll nuper nam carmine uictor II 40: heu heu! nulla meae II tangit te cura salutis? (3) IV 21: non hoc semper eris:ll perdunt et gramina flores, (8)

II Aa 14: Verg. V 88: (2) IX 1: Calp. II 67: (2) III 38: Nemes. (1) I 82: (5)

— At tu sume pedum,II quod, me cum saepe rogaret, Quo te, Moeri, pedes? II an, quo uia ducit, in urbem? nec sunt grata minus,II quam si caper imbuat aras. uel cum prima nocet. 11 si quid mandare iuuabit nam sic dulce sonas,ll ut te placatus Apollo

II Aa 15: Verg. I 25: quantum lenta solent II inter uiburna cupressi. II 16: quamuis ille niger,ll quamuis tu Candidus esses? X 37: certe siue mihi Phyllis II siue esset Amyntas

267

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Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

(4)

X 73: Calp. (1) I 50: Nemes. I 54: I 78: III 67: (4) IV 18: (9)

Gallo, cuius amor II tantum mihi crescit in horas secum bella geret:ll nullos iam Roma Philippos sub-te iuris amor,ll sub-te reuerentia iusti 1 messem tristis hiempsjl aestas ftractabitt oliuam 2 sparsas donee oues II campo conducere in unum tandem, dura, nega:II possum non uelle negantem.

II Aa 16: Verg. (1) VIII 26: Mopso Nysa datur:ll quid non speremus amantes? Nemes. (1) IV 24: donum forma breue-est,ll nec se quod commodet annis (2) II Aa 17: Verg. II 57: III 12: IV 55: (4) V 13: Nemes. II 18: (2) IV 66: (6)

nec, si muneribus certes,ll concedat Iollas. Aut hie ad-ueteres fagos II cum Daphnidis arcum non me carminibus uincet nec Thracius Orpheus Immo haec, in-uiridi nuper quae cortice fagi (S) atque haec sub-platano II maesti solacia casus cum sic in Meroen II totis miser ignibus urar?

II Aa 17a: - > - » >->"> Verg. (1) X 50: ibo et Chalcidico II quae sunt mihi condita uersu (S) II Aa 18: Verg. (1) V 62: ipsi laetitia II uoces ad sidera iactant Nemes. (1) II 75: nondum purpureos II Phoebus cum tolleret ortus (2) 1

Vgl. unten S. 290. Haupt liest praestabit, was Korzeniewski akzeptiert. Zur Orthographie, ζ. B. hiemps : hiems, querella : querela, siehe H. Williams, S. 75. 2

269

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II Aa 19: -,(-)-—-,— (einzigartig) Verg. (1) IX 22: cum te-ad-delicias 1 II ferres Amaryllida nostras? (S) m w

II Bb:(

)

Genauso wie bei I Bb wird auch jetzt bei der Behandlung von II Bb eine zu II Aa parallele Numerierung durchgeführt. Der Unterschied besteht darin, daß hier alle Typen möglich sind. Da die rhythmische Abfolge ——— auch ohne Berücksichtigung der Synaloephe besonders viele Varianten zuläßt, ist die Produktivität dieses Musters sogar am höchsten. Deshalb werden alle zehn Varianten, die unter II Aa keine Entsprechung finden, nicht mit ,x' markiert, sondern von II Bb 20 bis II Bb 29 durchgehend numeriert. Dadurch soll die Übersichtlichkeit gesichert werden. Schon jetzt möchte ich diejenigen neun Typen angeben, die bei den römischen Bukolikern überhaupt nicht vorkommen: II II II II II

Bb Bb Bb Bb Bb

lx: 3: 6: 8: 12:

II Bb 1: Verg. (1) II 20: Calp. VI 84: (2) VII 9: Nemes. III 42: IV 4: (3) IV 9: (6)

II II II II

Bb Bb Bb Bb

14: 17a: - . - , 18: 19:

quam diues pecoris.ll niuei quam lactis abundans. hos inter frutices II tacite risere uolentem et solus Stimicon II caneret pallente corymbo et portant calathis II celerique elidere planta (S) nam Mopso MeroeJI Lycidae crinitus Iollas nunc fagos placitas fugiunt II promissaque fallunt

II Bb 2: -,—,—ι—,-. Verg. (1) IX 3: (quod numquam ueriti sumus) ut possessor agelli2 1 2

Das ganze te-ad-delicias ist ein metrisches Wort. Ich ldassifiziere den Vers hier, nicht unter den Untertypus Π Bb 3.

270

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

II Bb 4: Verg. (1) III 87: iam cornu petat et pedibus II qui spargat harenam. Nemes. (1) 113: nunc album caput et ueneres II tepuere sub annis, (2) II Bb 5: Verg. (1) II 58: heu heu, quid uolui II misero mihi? II floribus Austrum II Bb 7: Calp. (1) IV 58: quod-si tu faueas II trepido mihi,II forsitan illos. II Bb 9: Verg. II 30: III 36: IV 17: (4) V 68: Calp. 153: I 75: (3) IV 144: Nemes. II 6: (2) III 33:

haedorumque gregem II uiridi compellere hibisco! (insanire libet II quoniam tibi), pocula ponam pacatumque reget II patriis uirtutibus orbem. craterasque duo II statuam tibi pinguis oliui, inmergentque caput tenebris II lucemque timebunt. erectumue colit BoreamJI quaecumque uel ortu mortalique lates (es-enim deus):ll hunc, precor, orbem 1 inuasere simul II uenerisque imbutus uterque (S) applauditue manu II mutilum caput I aut breue mentum

(9)

II Bb 10: Calp. II 66: rorantesque fauos damus et liquentia mella; (2) V 109: incuruare uelit nemus et constringere frondes, II Bb 11: Verg. II 17: ο formose puer,ll nimium ne crede colori: IV 32: quae temptare Thetim ratibusjl quae cingere muris 1

Es-enim ist eine mit einem Akzentgipfel versehene Wortgruppe.

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(3)

VII16: Calp. IV 106: (2) VI 21: Nemes. (1) I 32:

et certamen erat,II Corydon cum Thyrside, magnum; et uenisse Palen II pecoris dixisse magistros. uis conferre manum? II ueniat licet arbiter Alcon. hie cantare libet;ll uirides nam subicit herbas

(6)

II Bb 1 3 : - . - . " . " ' — . Verg. III 88: Qui te, Pollio, amatjl ueniat quo te quoque gaudet; (S) (2) V 1: Cur non, Mopse, boni quoniam II conuenimus ambo, II Bb 15: Verg. IV 21: IV 61: VI 57: (4) X 74: Calp. V 27: (2) VI 4: Eins. II 17: (2) II 37:

ipsae lacte domum II referent distenta capellae (matri longa decern II tulerunt fastidia menses) si-qua forte ferant II oculis sese obuia nostris quantum uere nouo II uiridis se subicit alnus. salso farre uoca;ll tepidos tunc hostia cultros iuneta matre duos,II catulum dedit ille Leaenae, spirant templa mero.ll resonant caua tympana palmis mordent frena tigres,ll subeunt iuga saeua leones.

(8)

II Bb 16: Calp. (1) V 30: orto sole dabisjl simul hunc transcendere montem II Bb 17: Verg. II 34: VIII 15: IX 40: X 17: (5) X65: Eins. (1) 136:

nec te paeniteat II calamo triuisse labellum: cum ros in-tenera II pecori gratissimus herba: hic uer purpureum,II uarios hic flumina circum nec te paeniteat pecoris,II diuine poeta: nec si frigoribus mediis Hebrumque bibamus Hue hue, Pierides,II uolucri concedite saltu

271

272

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Nemes. III 66: haec Pan Maenalia II pueros in ualle docebat, (2) IV 34: qui nunc pro-niuea II coiere in-cornua uacca. (S) (8) Es gibt 16 Verse, die neue Typen darstellen; diese fußen vorwiegend auf der Aufteilung des zweiten Anapästes, so daß ein trochäischer Wortschluß im 3. Fuß auftritt. II Bb 20: — > (eine Variante zu II Bb 9) Verg. (1) VIII 34: hirsutumque supercilium II promissaque barba, II Bb 21: Verg. II 7: IV 40: V 79: (4) VI 79: Calp. IV 34: IV 51: (3) V 107: Eins. (I) I 40: Nemes. II 63: II 65: (3) II 83: (II) II Bb 22: Verg. I 30: III 64: (3) XI: Nemes. (1) I 64: (4)

nil nostri miserere? II mori me denique coges. (Hosius) non rastros patietur humus,ll non uinea falcem; ut Baccho CereriqueJI tibi sie uota quotannis quas illi Philomela dapes,II quae dona pararit, tu nostras miseratus opes II docilemque iuuentam et nostris aliena II magis tibi carmina rident, et sueos adhibere nouos:ll ut torrida nimbis iam tanti cecidisse fuit! II gaudete ruinae cum paruae patuere fores,II ceu libera ferri seit rursus remeare domum II tectumque subire, qua diui cecinere priusjl qua dulce locutus

postquam nos Amaryllis habet,II Galatea reliquit. Malo me Galatea petit,II lasciua puella, Extremum hunc, ArethusaJI mihi concede laborem: (S) felix ο Meliboee, uale! II tibi frondis odorae

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273

II Bb 2 3 : - . - . - . - . - . Verg. I 35: non umquam grauis aere II domum mihi dextra redibat. (2) III 23: si nescis, meus ille caper fuit; et mihi Damon Nemes. (1) IV 23: nec longum tenet uua comas II nec populus umbras: (3) II Bb 24: - , - ( - ) , - , - , - , Verg. (1) X 21: omnes ,unde amor iste' II rogant ,tibi?'ll uenit Apollo: (S) II Bb 25: Verg. (1) VIII 83: Daphnis me malus urit,ll ego hanc in Daphnide laurum (S) II Bb 26: Verg. (1) II 6: , 0 crudelis Alexi,ll nihil mea carmina curas? II Bb 27: (Kongruenz) Verg. (1) V 19: sed tu desine plura, puer:ll successimus antro. II Bb 28: (Kongruenz) Verg. (1) Π 53: addam cerea pruna II (honos erit huic quoque pomo), II Bb 29: (Kongruenz) Verg. (1) IV 57: Orphei CalliopeaJI Lino formosus Apollo. W )

266 Es sind insgesamt 266 Belege für den Molossus, darunter 107 Belege in den Typen I Aa und I Bb und 159 unter den Typen II Aa und II Bb. 1

1

Siehe die Tabellen auf S. 280-281.

274

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Wie der Grundtypus II gegenüber dem Grundtypus I von den Bukolikern häufiger verwendet worden ist, so spiegelt auch die Zahl der Belege in den Typen II Aa und II Bb gegenüber den Typen I Aa und I Bb dasselbe Verhältnis wider. 1 Freilich liegt die größere Zahl von Möglichkeiten und Verwirklichungen teilweise in der Natur des Typus II Bb begründet, in welchem zwei Anapäste vor dem 4. longum stehen. Im allgemeinen gilt ja für den römischen Hexameter, daß ein mit Spondeus angefangener Vers als angenehmer empfunden wird, wenn der zweite Fuß daktylisch ist. Auch in diesem Teil der Untersuchung haben wir mit den Varianten zu tun, in denen vor dem 4. longum zwei Monosyllaba in II Aa stehen bzw. der Rhythmus in II Bb. Da hier die Deutung dem Erwarteten genau entspricht, genügt die Aufführung der Untertypen: 2 a) mit ->4-> : II Aa 2, 6, 8, 10, 12, 14, 16. Davon kommen die Varianten II Aa 6, 8 und 10 nur bei Vergil vereinzelt vor, II Aa 2 und 14 bei allen drei Dichtern, II Aa 12 bei Vergil und Calpurnius, II Aa 16 bei Vergil und Nemesianus. b) mit —.4-, : II Bb 2 nur bei Vergil, II Bb 10 und 16 nur bei Calpurnius, was wiederum ein Zeichen des Andersseins des Calpurnius ist.3 Alle drei Verse weisen außerdem Wortschluß nach dem 2. Trochäus auf, was in Verg. IX 3 nicht der Fall ist. Die Untersuchung des Wortschlusses nach dem 3. Trochäus betrifft ausschließlich den Typus II Bb. 4 Hierzu gehören folgende Varianten: II Bb 21 (gemeinsam für alle Bukoliker außer Eins. II), II Bb 22 (nur bei Verg. und Nemes.) und II Bb 24, 25, 26, 27, 28, 29 (alle nur bei Vergil). Auffallend ist in dieser Gruppe, wenn wir von einer Variante, nämlich II Β b 21 absehen, vor allem der Reichtum von Varianten bei Vergil. Weiterhin stellt sich aber die Frage nach dem Grund des Verhaltens des Calpurnius Siculus bezüglich des Wortschlusses nach dem 3. Trochäus im ganzen Typus II Bb. Jetzt, nachdem das Material systematisch aufgeschlüsselt worden ist, kann ich diese Frage beantworten. Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß Calpurnius in seinem Hexameter den Wortschluß nach dem 2. Trochäus offenkundig vorgezogen hat. 5 Dies muß im römischen Hexameter die Vermeidung des trochäischen Wortschlusses im folgenden sowie im vorangehenden Fuß nach sich gezogen 1

Die entsprechenden Proportionen sind 18 : 7 und 159 :107. Vgl. oben S. 262 Absatz 2 f. Dies ist mit dem Untertypus I Aa 11, S. 258 und 262 Absatz 3 zu vergleichen. 4 Vgl. S. 263. 5 Vgl. oben S. 166 unter Punkt c). Trotz der Gleichheit im Gebrauch des Wortschlusses 2tr bei Wortschluß 7 (siehe Tabelle auf S. 232) behält Calpurnius den Vorrang. 2 3

am Versanfang

275

haben. Sonst wirkt der Rhythmus, vor allem wie der Hexameterschluß, was die Römer gerade aus diesem Grunde in der Versmitte vermieden. 1 Verpönt war am Versanfang des römischen Hexameters ebenfalls der Rhythmus der Hexameterklausel, zwar nicht von Anbeginn an, jedoch seit den Neoterikern und Vergil (bei Lukrez sind dagegen noch mehrere Belege dafür zu finden). Dies hat E. Tamerle in seiner vortrefflichen Monographie bewiesen. Aus diesem Grunde haben die römischen Dichter das spondeische Wort aus dem 2. Fuß verdrängt ("""'">) sowie mit einem Rhythmus wie arma uirumque den Hexameter nur sehr selten eröffnet. Der Rückblick auf die Varianten der Typen II Aa und II Bb wird es ermöglichen, zu sehen, ob trochäischer Wortschluß im 2. Fuß eine besondere Eigenschaft des Calpurnianischen Hexameters ist. Es handelt sich um die acht Untertypen aus der Gruppe II A a v o n I I A a 9 bis IIAa 16 2 und um die acht Untertypen aus der Gruppe II Bb, nämlich II Bb 9, 10, 11, 13, 15, 16, 20, 26, 3 insgesamt also um 16 Varianten. Die gemeinsame Basis für alle diese Formen ist der Wortschluß nach dem 2. Trochäus. Von denen sind lediglich zwei ziemlich unbedeutende Untertypen 4 I I B b 10 und II Bb 16 nur bei Calpurnius belegt, insgesamt drei Hexameter.5 Die Schlußfolgerung liegt auf der Hand: Calpurnius hat den Wortschluß nach dem 2. Trochäus mit anderen Hirtendichtern gemeinsam,6 die Möglichkeit des Einschnitts nach 1 Vgl. oben S. 77-79. Die Folge von zwei aufeinanderfolgenden trochäischen Wortschlüssen wurde von den römischen Daktylikern bis zu einem bestimmten Grade mit wiederkehrender Regelmäßigkeit zugelassen, manchmal sogar beabsichtigt; siehe oben S. 166-168, 230-234. Was den 4. und den 5. Fuß angeht, kann man sich mit C. Cavallin, De caesuris quarti et quinti trochaeorum hexametri apud Latinos poetas coniunctis stützen. Da aber C. Cavallin seiner Typologie konsequent den graphischen Wortschluß zugrunde gelegt und dementsprechend im ersten Teil weder die Enklitika noch die Proklitika von anderen Wörtern unterschieden hat - um vom metrischen Wort ganz zu schweigen - kann man diese Abhandlung nur unter Vorbehalt benutzen. Erstens gibt es in Wirklichkeit unter Berücksichtigung metrischer Wörter weniger trochäische Wortschlüsse, als C. Cavallin angenommen hat. Zweitens wären nicht alle seine genera nötig gewesen; auch sind unter manchen genera Hexameter gezählt worden, die anderswohin gehören. Die Synaloephe wurde aber von Cavallin bei der Klassifizierung berücksichtigt sowie die Zahl von Belegen mit einem Enklitikon nachträglich im zweiten Teil angegeben. Trotz alledem gewährt Cavallins Abhandlung zunächst eine Orientierungshilfe und ermöglicht eine Einsicht in die Verbreitung der untersuchten Erscheinung bei fast allen Hexametern von Ennius bis Iuvenal, auch bei denen der Elegiker und des Martial. Von den wichtigen Autoren fehlt nur Statius; auch wurden aus den Epen Ovids, Lucans und des Silius Italicus nicht alle Bücher einbezogen. Vgl. auch oben S. 127 Anm. 5. 2 Vgl. S. 266 ff. 3 Vgl. S. 270 ff. 4 In beiden steht vor dem 4. longum statt 5 Zitiert auf S. 270 und 271 f. 6 Vgl. oben S. 232 mit Anm. 1. Die Tabelle bietet einen Überblick, die Anmerkung die Zahl dieser Verse mit Spondeus im 1. Fuß.

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Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

dem 3. Trochäus hat er aber eingeschränkt. 1 Auch hierfür denke ich den Grund nennen zu können. Dieser bleibt mit dem Bau der Hexameter, welche die semiseptenaria als Hauptcaesur haben, aufs engste verbunden. Calpurnius haben, wie aus dem vorangehenden Kapitel hervorgeht, die dreigegliederten Hexameter nicht gefallen. In Versen mit dem absoluten Wortschluß im 4. longum hat er in einem noch höheren Grade als Vergil den gleichzeitigen absoluten Wortschluß im 2. longum vermieden oder kolometrisch verdeckt. 2 Dies konnte er durch Verschiebung des absoluten Wortschlusses um eine Kürze, d. h. bis zum 2. Trochäus, oder durch die Stellung eines Monosyllabon im 2. longum erreichen. Während er das erstere Verfahren mit Vergil und Nemesianus gemeinsam hat, überwiegt bei ihm das letztere deutlich. 3 Damit ergeben sich für uns neue Einsichten in die Verstechnik des Calpurnius Siculus, der auch den sonst seltenen Wortschluß nach dem 4. Trochäus viel häufiger als Vergil und andere Daktyliker zugelassen hat.4 Nach dem 4. Trochäus sind diejenigen Hexameter eingeschnitten, die zugleich einen klaren absoluten Wortschluß in der semiternaria haben. Dennoch ist gerade bei Calpurnius dieser Wortschluß auch hier durch das im 2. longum stehende Monosyllabon besonders häufig abgeschwächt. 5 Es steht also fest, daß Calpurnius in der Absicht, die dreigegliederten Hexameter beträchtlich einzuschränken, den Anteil der trochäischen Wortschlüsse in geraden Füßen erhöht hat.6 Demzufolge muß er den Anteil von Wortschlüssen nach dem 3. Trochäus zu dem Zweck reduziert haben, seine Verse nicht allzu ,trochäisch' erscheinen zu lassen. Dabei handelt es sich um den zu vermeidenden zwei- oder mehrmaligen trochäischen Einschnitt, aber nicht ausschließlich darum, denn selbstverständlich müssen nicht dieselben Hexameter betroffen sein. Dies ist an Vergils Praxis offensichtlich: Der trochäische 1

Siehe oben S. 154 mit Anm. 3. Vgl. oben S. 232-234 und dort die Spalte .Insgesamt' in den Tabellen. Die Wichtigkeit dieser nur Wortschlüsse betreffenden Erkenntnis wird nicht durch die auf S. 233 f. eingeführte Berichtigung, die sich auf die Verse mit der semiseptenaria als Hauptcaesur bezieht, aufgehoben. 3 Vgl. oben S. 168. 4 Diese scharfsinnige Beobachtung verdanken wir M. Haupt, S. 363. In Vergils Eklogen finden wir den absoluten Wortschluß nach dem 4. Trochäus 35mal (4,35%): 137, 55, 59; Π 3, 47; ΠΙ 8,28, 35, 42, 58, 63; IV 16, 52; V 35; VI 8, 20, 27, 28, 30, 32, 46; VE 12, 20, 26, 33, 41, 54; VIII1, 5, 82; IX 9, 15, 24; X 10, 59. Bei Nemesianus sind es nur 8 Verse (2,58%): I 44; Π 41, 45, 48, 61; ΠΙ 55; IV 11, 14, bei Calpurnius Siculus 73 Verse (9,66%): 1 1 6 , 1 8 , 4 0 , 4 2 , 44, 65, 67, 76; Π 3 , 1 2 , 1 7 , 33, 35, 39, 54, 63, 72, 74,91,93, 96; ΠΙ 12,13, 27, 67,69, 83, 86, 89; IV 1, 28,43,48, 57, 80, 87, 95, 111, 114,134,138,139,141,156; V 1, 3,17,18, 21, 35, 38, 39, 60, 65, 79, 83, 90, 98; VI 7, 8,14,15, 43, 60, 62, 70, 85; VH 11,15, 37, 42,45, 70. Siehe auch oben S. 166 ff. und C. Cavallin passim. 5 Vgl. oben S. 168. 6 Siehe oben S. 166-167. 2

am Versanfang

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Wortschluß kann in demselben Vers im 2. und im 4. Fuß ziemlich häufig erscheinen, und trotzdem kann der Anteil des Wortschlusses 3tr und der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον beträchtlich hoch sein. Hexameter mit dem Wortschluß 4tr wurden jedoch in diesem Kapitel noch nicht zitiert, weil die bisherige Untersuchung nur die Verse mit dem absoluten Wortschluß im 4. longum betraf. Sind also die trochäischen Wortschlüsse in geraden Füßen das Charakteristikum ausschließlich des Calpurnius Siculus? Im 4. Fuß ohne Zweifel! Sonst wäre eine Folgerung in dieser Form eine zu pauschale Verallgemeinerung, denn bislang sind noch nicht alle absoluten Wortschlüsse nach dem 2. Trochäus in andersartiger rhythmischer Umgebung bei allen Bukolikern in Betracht gezogen worden. 1 Es fehlt eine Untersuchung der Hexameter, die mit dem Daktylus beginnen, oder anders gesagt, die am Versanfang anstelle des Molossus den choriambischen Rhythmus zeigen. Es bietet sich also nun die Gelegenheit, diese Lücke zu schließen. Es werden a l l e trochäischen Wortschlüsse im 2. Fuß erfaßt. 2

1

Im Anhang 4 werden nur Hexameter mit Wortschluß 2tr beim Wortschluß 7 behandelt. Unter .rhythmischer Umgebung' verstehe ich sowohl die metrische Gestalt des Versanfangs als auch ihre Verwirklichung durch Verteilung verschiedener Wortschlüsse auf bestimmte Versstellen. In unserem Fall würde es sich um die Verse mit dem daktylischen zweiten Fuß und mit der semiquinaria oder semiseptenaria als Hauptcaesur handeln. 2 Ohne Verg. ΠΙ 102, VII 14, VIII 108, IX 65, Calp. Π 99, VI 64; mit Nemes. EI 43.

278

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

absoluter Wortschluß 2 tr Summe % 6, 7, 13, 18, 25, 26, 31, 33, 37, 45, 46, 47, 48, 49, 51, 77, 82, 83. 18 21,69 II 6, 15, 16, 17, 18, 30, 51, 52, 53, 61, 63, 66, 68, 70. 14 19,18 III 5 , 7 , 2 0 , 2 9 , 3 3 , 3 6 , 5 2 , 5 6 , 6 2 , 7 1 , 7 6 , 86, 8 8 , 9 7 . 14 12,73 IV 10, 13, 17, 18, 21, 29, 32, 28, 46, 60, 61, 62. 12 19,05 V 1, 10, 11, 19, 22, 25, 34, 36, 49, 52, 54, 57, 67, 68, 74, 76, 83, 88. 18 20,00 VI 5, 6, 9, 10, 11, 31, 34, 35, 38, 42, 43, 57, 58, 63, 85. 15 17,44 VII 2, 5, 7, 13, 16, 21, 23, 24, 30, 33, 34, 36. 12 17,14 VIII 4, 12, 26, 30, 34, 35, 38, 43, 48, 50, 68, 78, 92, 97,109. 15 15,96 IX 1, 15, 25, 32, 50, 53, 54, 55, 57, 66. 10 14,92 X 5, 18, 31, 37, 38, 44, 48, 61, 66, 69, 73, 74. 12 15,58 140 17,22 Eins. I 1, 7, 18, 23, 28, 29, 32, 37, 38, 41, 47, 49. 12 25,53 Eins. II 16, 17, 19, 28, 37. 5 13,16 Calp. I 1, 4, 13, 26, 27, 29, 30, 50, 53, 55, 65, 68, 75, 80, 84. 15 15,96 II 3, 7, 10, 11, 15, 28, 32, 33, 36, 37, 40, 47, 50, 54, 55, 60, 66, 67, 72, 76, 82, 85, 92, 93, 94. 25 25,00 III 3, 9, 13, 15, 37, 38, 42, 44, 45, 60, 66, 67, 70, 71, 80, 86, 89, 91. 18 18,37 IV 4, 18, 25, 27, 33, 50, 52, 55, 66, 67, 75, 79, 85, 89, 93, 95, 106, 107, 108, 109, 111, 114, 128, 129, 144, 148, 151, 153, 154, 157, 158, 160, 162, 1 6 3 , 1 6 8 . 35 2 0 , 7 1 V 4, 5, 14, 16, 23, 24, 27, 30, 32, 40, 49, 53, 61, 62, 66, 68, 73, 74, 82, 84, 87, 91, 96, 98, 109, 120. 26 21,67 VI 2, 4, 5, 14, 21, 25, 26, 43, 46, 50, 54, 60, 65, 70, 82, 91. 16 17,39 VII 1, 11, 15, 21, 22, 25, 28, 31, 42, 44, 53, 67, 71, 75. 14 16,87 149 19,71 Nemes. I 1, 3, 15, 21, 23, 32, 34, 40, 49, 51, 54, 68, 76, 78, 82. 15 17,24 13 14,44 II 6, 12, 13, 40, 42, 45, 48, 50, 52, 54, 55, 57, 60. III 1, 19, 33, 43, 49, 50, 55, 62, 67. 9 13,04 IV 3, 16, 18, 21, 22, 24, 30, 32, 40, 44, 47, 72. 12 18,75 49 15,81 Verg. I

279

am Versanfang

Daraus folgt, daß der Wortschluß nach dem 2. Trochäus bei allen Bukolikern ein willkommener Einschnitt war. Obschon Calpurnius insgesamt den höchsten Anteil erreicht, kann man daraus - im Gegensatz zum Wortschluß nach dem 4. Trochäus - nicht schließen, daß der Wortschluß 2tr für ihn kennzeichnend sei. Denn auch Vergil zeigt für diesen Wortschluß eine große Vorliebe, und auch Nemesianus erreicht in keiner Ekloge weniger als Vergil in ecl. III (12,73%). Ebenso erreicht Eins. II nicht weniger als Verg. III, Eins. I dagegen noch mehr als Calp. II.

2tr:

Eins. I 25,53%

Calp. 19,71%

Verg. 17,22%

Nemes. 15,81%

Eins. II 13,16%

Nicht ohne Bedeutung ist, daß die Einsiedler Gedichte die Extreme der Tabelle bilden. Wenn wir zum Abschluß die überragende Häufigkeit des Wortschlusses nach dem 4. Trochäus und das leichte Überwiegen des Wortschlusses nach dem 2. Trochäus feststellen, können wir behaupten, daß im ganzen der trochäische Wortschluß in geraden Füßen für Calpurnius besonders charakteristisch ist.1 Dazu kann ebenfalls angemerkt werden, daß Calpurnius durch diese trochäischen Wortschlüsse größere Kongruenz im ersten Halbvers erreicht hat.2 Auch darin ist er originell, daß er sich durch ein rhythmisch-metrisches Mittel vor dem inneren όμοιοτέλευτον sowie dem Rhythmisieren zwischen semiternaria und semiseptenaria hütete. Vergil aber, der in dieser Hinsicht Calpurnius ähnlich ist, zeigte außerdem eine unübertroffene Meisterschaft in der Wahl verschiedener Vokale.3 An dieser Stelle kehren wir zu den Varianten von II Aa und II Bb zurück. Die Carmina Einsidlensia werde ich im letzten Kapitel behandeln. Allen drei Bukolikern sind die Varianten II Aa2, 9, 11, 13, 14 und 15, II Bb 1, 9, 11 und 21 gemeinsam. Vergil, Calpurnius, Nemesianus und Eins. I haben die Varianten II Aa 9 und 11 und II Bb 21, Vergil, Calpurnius und Eins. II den Untertyp II Bb 15, Vergil und Nemesianus II Aa 1, 5, 16, 17 und 18 und II Bb 4, 17, 22 und 23. Vergil und Calpur1 Die Proportion des Calpurnius erreicht nur noch Horaz. Die Daten habe ich C. Cavallin entnommen. Bei Horaz sollte jedoch der Hexameter zum Ausdruck eines lebendigen, spontanen, alltäglichen Gesprächs dienen; daher gestaltet ihn Horaz bewußt so „unordentlich". Dazu vgl. ζ. B. N.-O. Nilsson, S. 148-149. Im Falle des Calpurnius kommt eine Erklärung dieser Art überhaupt nicht in Frage. 2 Man könnte sagen, durch diesen erhöhten Grad der Kongruenz im ersten Hemistichion deute Calpurnius im römischen Hexameter denselben Prozeß an, dessen Vollendung im griechischen Hexameter Nonnos von Panopolis erreicht hat. 3 Vgl. oben S. 164.

280

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

nius haben II Aa 4, 12 und II Bb 15, nur Vergil die Varianten II Aa lx, 3, 6, 8,10 und II Bb 2, 5,13, 20 und 24-29. Nur Calpurnius hat II Bb 7 und 16. Im Falle der nur Vergilischen Varianten handelt es sich zweimal um einen vereinzelten Rhythmus, nämlich II Bb 20 und 26. Diese Erklärungen zu den Typen I Aa, I Bb, II Aa und II Bb möchte ich mit einer tabellarischen Übersicht abschließen. Dadurch wird sogleich erkennbar, welche Varianten am meisten verbreitet waren und welche nur einem oder zwei Dichtern gehören.1

Typus Aa: ( " Variante

Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II Summe

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10 11

12

13

14

Insg.

2 1 0 3 2 0 0 1 0 11 4

1 0 1 0 0

1 0 0 0 0 1

7 3

0

3 0 0 0 0 3

1 0 1 0 0

1 0 0 0 0 1

5

2

1 0 0 0 0 1

0 1 0 0 0 1

30 11 19

6

2

2 2

6

1 1 1 0 18 5

2

Typus I Bb: (

0 2 1 3 0 0 0 0 0 10 1 —

1 1 0 0 4

2 2

64

)

Variante

1

2

3

4

7

9

9x

10

11

12 12x

14 14x

Insg.

Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II

7 0 3 0 0 10

0 2 0 0 0 2

2 0 0 0 0 2

2 0 0 0 0 2

2 0 1 0 0 3

2 0 0 0 0 2

2 1 0 0 0 3

3 0 4 0 0

3 0 0 0 0 3

4 0 0 0 1

0 1 0 0 0 1

1 0 0 0 0 1

29 4 9 0 1 43

12 1 1 0 0 0 2

13 Summe 3 33 2 12 3 13 0 2 0 1 8 61

Summe

Variante Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II Summe

1

1 lx 5 1 0 0 4 0 0 0 0 0 9 1

2 2 1 1 0 0 4

3 1 0 0 0 0 1

Typus I 4 5 1 3 1 0 0 1 0 0 0 0 2 4

7

Aa: (-- — 6 7 8 1 3 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 4 1



5

1 0 1 0 0 2

)

9 10 11 3 1 7 2 0 5 3 0 1 1 0 1 0 0 0 9 1 14

Die nur für Vergil und Nemesianus gemeinsamen Varianten werden fett gedruckt, die nur für Vergil und Calpurnius gemeinsamen unterstrichen.

281

am Versanfang

Variante

EAa Summe Verg. 33 12 Calp. Nemes. 13 Eins. I 2 Eins. II 1 Insg. 61

Variante

Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II Summe

1 1 2 3 0 0 6

2 1 0 0 0 0 1

Variante

Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II Summe

4 1 0 1 0 0 2

14 15 16 2 2 1 0 0 5

Ty 5 7 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1

Π Bb Summe

30 16 13 2 2 63

4 1 4 0 0 9

17 17a 18 19 4 0 2 0 0 6

1 0 1 0 0 2

JUS II Bb: 9 10 11 4 0 3 3 2 2 2 0 1 0 0 0 0 0 0 9 2 6

23 24 25

·

1 0 0 0 0 1

1 0 1 0 0 2

15 4 2 0 0 2 8

16 0 1 0 0 0 1

Insgesamt 47 15 22 2 1 87

1 0 0 0 0 1



13 2 0 0 0 0 2

17 5 0 2 1 0 8

20 1 0 0 0 0 1

21 4 3 3 1 0 11

22 Summe 3 30 0 16 1 13 0 2 0 2 4 63

26 27 28 29 Insgesamt

2

0 1 0 0 3

1 0 0 0 0 1

1 0 0 0 0 1

1 0 0 0 0 1

1 0 0 0 0 1

1 0 0 0 0 1

1 0 0 0 0 1

38 16 14 2 2 72

In diesen vier Tabellen bemerken wir 13 positive Übereinstimmungen zwischen Vergil, Calpurnius und Nemesianus, 16 Übereinstimmungen zwischen Vergil und Nemesianus, aber nur 4 Übereinstimmungen zwischen Vergil und Calpurnius Siculus. 1 Bei den letzteren handelt es sich teilweise um die Variationen mit zwei Monosyllaba vor dem 4. longum anstelle eines spondeischen Wortes - an sich also weniger bedeutend - , teilweise um andere geringfügig differenzierte Varianten. Daraus kann man die Eigenständigkeit des Calpurnius Siculus am besten ersehen. Auch die Gesamtzahlen in der rechten Spalte sind aufschlußreich, was mit dem vorher Gesagten zusammenhängt. Denn wenn wir die Hexa1

Die Carmina Einsidlensia lasse ich in diesem Vergleich außer acht.

282

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

meterzahl eines jeden der drei Dichter berücksichtigen, finden wir Calpurnius immer weit hinter Vergil und Nemesianus, die hingegen einander ähnlich sind. Wenn man dabei an die unterschiedlichen Verszahlen des Vergil und des Nemesianus denkt, kann man Nemesianus den Eifer eines Nachahmers mit Recht zusprechen. Das ist eine geläufige Erscheinung: viele Nachahmer bieten eine Verengung des Vorbilds. Andererseits geben alle drei Dichter die allgemeine Tendenz des römischen Hexameters wieder, indem sie die ,leichteren' Typen II Aa und II Bb den schwereren' I Aa und I Bb vorziehen. Im einzelnen ist aber nur im Bereich der untersuchten rhythmischen Abfolgen Vergils Vers schwerer als der Nemesians, was aus der Zahl 29 unter I Bb ersichtlich ist. Nemesianus steht mit der Zahl 9 nicht weit hinter Vergil, im Typus II Bb übertrifft er sogar leicht Vergil mit 14 Belegen gegenüber Vergils 38. Doch das Gesamtbild veränderte sich, wenn alle Erscheinungen im Versbau, vor allem Daten über den Daktylus im 1. Fuß, berücksichtigt würden. Da dies hier nicht geschehen ist, dürfen wir in Bezug auf das Untersuchte nur mit Vorsicht urteilen. 1 Jetzt sehen wir, daß hinsichtlich des Baus des ersten Fußes Vergil leichter ist als Nemesianus sowie daß die beiden Dichter denselben Weg vom Daktylus zum Spondeus im 1. Fuß gegangen sind. Zögen wir Duckworth weiter zu Rate, so kämen wir mit Sicherheit zu dem Schluß, daß unter den römischen Bukolikern die meisten Spondeen Nemesianus hat. Calpurnius ist dagegen der Bukoliker mit dem leichtesten Vers, womit Ovid nahesteht. Diesen beiden Dichtern gefielen andere Arten des Hexameteranfangs als Vergil und Nemesianus, andererseits bedeutet dies aber mehr rhythmische Monotonie, was Tamerle und Duckworth gesehen haben. Es gibt aber neben der Leichtigkeit andere uirtutes in der Verstechnik. Unter dem Gesichtspunkt der rhythmischen Mannigfaltigkeit im Bereich der Hexameterkunst ragt Vergil aus allen Bukolikern hervor. 2 1 Vergils 1. Fuß ist häufiger spondeisch als der der späteren Daktyliker. Ich habe im übrigen am Hexameter des Calpurnius eine Vorliebe zum daktylischen Wort im 1. Fuß beobachtet. Dies steht mit dem Zeilensprung im Zusammenhang. Dennoch ist selbst die vergleichende Beobachtung der Häufigkeit dieser Erscheinung informativ. Das Ergebnis kann das oben Gesagte verifizieren. Die folgenden Angaben entnehme ich G. E. Duckworth, ΤΑΡΑ 95 (1964), S. 58-59; ΤΑΡΑ 97 (1966), S. 82, 103-104, 110 und 113; ΤΑΡΑ 98 (1967), S. 146. Ich berücksichtige die von ihm angegebenen Gesamtzahlen der Verse ohne Korrekturen. Der erste Fuß ist d a k t y l i s c h : Verg. ecl. 540mal in 829 Versen = 65,14%; georg. 1421mal in 2188 Versen = 64,94%; Aen. 6103mal in 9900 Versen = 61,65%; Ov. met. 9740mal in 11995 Versen = 81.20%: Eins, (zusammen behandelt) 59mal in 85 Versen = 69,41%; Calp. 570mal in 758 Versen = 75.20%: Nemes. ecl. 202mal in 319 Versen = 63,22%; cyn. 189mal in 325 Versen = 58,15%. 2 Und aus allen Dichtern außer vielleicht dem eigenartigen Horaz, wozu unter vielen anderen bei den beiden Dichtern auch der hohe Anteil der Synaloephe beiträgt.

am Versanfang

283

Dies sieht man deutlich an der Zahl der Varianten, die nur bei ihm belegt sind. Außer den 26 in den obigen vier Tabellen aufgeführten Varianten sind es noch 6,1 insgesamt also 32 Varianten. Demgegenüber hat Calpurnius Siculus, der seinerseits die größte Unabhängigkeit, ja Originalität im Hexameterbau bewiesen hat, nur 8 eigene Untertypen, von deren Eigenschaften bereits gesprochen wurde, eingeführt; 2 Nemesianus, der sowohl von Vergil abhängt als auch vieles von Calpurnius übernimmt, zeigt lediglich eine eigene völlig unbedeutende Variante, nämlich I A 2.3 Wie bei der Betrachtung des molossischen Anfangswortes ergänzend alle Hexameter mit Wortschluß, der ab dem 4. biceps an auftritt, mitberücksichtigt wurden, so werden auch jetzt diejenigen Verse behandelt, die den Typen I Aa, I Bb, II Aa und II Bb rhythmisch entsprechen. Sie werden auf folgende Weise in vier Gruppen klassifiziert: die Verse mit der Eröffnung 1. ->"> 2. ->-»-> 3. "">"« und 4. andere, d. h. Hexameter ohne Wortschluß im 2. longum. Innerhalb dieser vier Gruppen wird gleichzeitig die Aufteilung je nach der Position des Wortschlusses durchgeführt. Somit kann die Zahl des in der Tabelle auf S. 254 unvollständig erfaßten Materials vervollständigt werden. Da die Hexameter in der Gruppe 4 sehr zahlreich sind, werden nur diejenigen von ihnen aufgeführt, die mit einem spondeischen Wort beginnen.4 Ad 1. ->—> a) Wortschluß 8d Verg. III 99: ut nuper, frustra II pressabimus ubera palmis. (I Bb) V 6: siue antro potius succedimus. aspice, ut antrum (II Aa) S VI 80: quo cursu deserta petiuerit et quibus ante (I Aa) (4) VIII 62: Haec Damon; uos, quae responderit Alphesiboeus, (I Bb) Calp. I 3: et spument rauco II feruentia musta susurro. (I Bb) II 52: Ο si-quis Crocalen II deus afferat! II hunc ego terris, (II Bb) III 58: atque inter calamos II errantia labra petisti. (II Aa) VII 64: nec solum nobis II siluestria cernere monstra (I Bb) (5) VII 84: et Martis uultus II et Apollinis esse putatur. (I Aa) 1

I A 1, Π A 2, Π A 3 , 1 Β 2, Π Β 1, Π Β4. Außer denen in den Tabellen noch I Β 3. Siehe S. 243. Anstelle eines spondeischen Wortes im 2. biceps und 3. longum stehen dort te nunc. 4 Da das Gesamtbild genügend differenziert ist, kann diese Einschränkung zu keiner wesentlichen Änderung führen. Es würde vielmehr zur Feststellung von Einzelvarianten führen, die wiederum hauptsächlich auf der Seite Vergils lägen. 2 3

284

(1)

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Nemes. II 39: atque inter calamos II errantia labra petisti. (II Aa)

10 b) Wortschluß 8s Verg. IV 30: et durae quercus II sudabunt roscida mella. (I Bb) V 53: An quicquam nobis II tali-sit munere maius? (I Bb) VII 51: hie tantum Boreae II curamus frigora quantum (II Aa) VIII 81: uno eodemque ignijl sic nostro Daphnis amore. (I Bb) (SS) (5) X 36: aut custos gregis aut maturae uinitor uuae! (II Aa) Calp. 120: sed quaenam sacra II descripta est pagina fago, (I Bb) I 28: Non pastor, non haec II triuiali more uiator, (I Bb) IV 104: et nuper tonsis II exundent uellera fetis? (I Bb) V 97: et portat laetas II securus circitor uuas, (I Bb) VI 11: aut cantu magis est II quam uultu proximus illi. (II Aa) (6) VI 52: nunc primum teneris II libauit dentibus: illi (II Aa) Nemes. I 73: te pinus; reboat te quiequid carminis, Echo (II Aa) II 7: tum primum dulei II carpebant gaudia furto. (I Bb) III 34: et simas tenero II collidit pollice nares. (II Aa) III 37: tum primum laetas II ostendit pampinus uuas: (I Bb) III 59: tum primum roseo II Silenus cymbia musto (II Aa) (6) IV 62: quid prodest, quod me II pagani mater Amyntae (I Bb) 17 c) Wortschluß 4tr Verg. VI 30: nec tantum Rhodope II miratur et Ismarus Orphea. (II Aa) (2) IX 24: et potum pastas age, Tityre,ll 4,r et inter agendum (I Aa, latens) Calp. V 21: tunc florent siluae II uiridisque renascitur annus, (I Aa) V 79: et Scillae caput et uirosa bitumina portes, (II Aa) (3) VI 15: et ridens oculis II crinemque simillimus auro, (II Aa)

(1) 6

Nemes. IV 11: cum tandem fessi,ll quos durus adederat ignis, (I Bb)

am Versanfang

285

d) anderer Wortschluß Verg. (1) III 57: nunc frondent siluae,ll nunc formosissimus annus. (I Bb) Calp. (1) V 11: iam pro-me gnauam II potes exercere iuuentam. (I Aa) Nemes. (1) IV 15: cur nostras calamos,II cur pastoralia uitas (II Aa)

3_ 36 Ad 2. ->-»-> a) Wortschluß 8d Verg. V 85: Hac te nos fragili II donabimus ante cicuta; (II Aa) (2) IX 63: aut si nox pluuiam II ne colligat ante, ueremur (II Aa) Calp. II 80: At nos, quos etiam II praetorrida munerat aestas, (II Aa) (2) III 53: at si tu uenias,ll et Candida lilia fient (II Bb) Nemes. II 47: at si tu uenias II et Candida lilia fient (II B b ) 1

(1)

5 b) Wortschluß 8s Verg. I 64: At nos hinc alii II sitientis ibimus Afros, (II Bb) II 54: et uos, ο ilaurijl carpam et te,l proxima myrte, (I Bb) 2 (3) III 15: et si non aliqua nocuisses, mortuus esses. (II Bb)

3 c) Wortschluß 4tr Verg. (1) III 35: uerum, id quod multo I tute ipse fatebere maius (I Bb) 3 1_

9

1

Absichtlich lasse ich die Interpunktion der Herausgeber stehen. Da ich in diesem Kapitel ο vor dem Vokativ als nur graphisches Wort behandle, lasse ich den Vers hier stehen. Ebenfalls steht dieser Vers in der Tabelle absoluter Wortschlüsse im 4. longum bei Vergil, aber wegen der Pause nach te ordne ich ihn hier ein. 3 Id quod könnte vielleicht unter einem Akzent gehört werden. 2

286

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Ad 3. a) Wortschluß 8d Verg. (1) I 23: noram, sic paruis II componere magna solebam. (I Bb) Calp. (1) VI 34: quamuis hunc Petale mea diligatjl aeeipe uictor (II Bb) 2 b) Wortschluß 8s Verg. (I) IX 48: astrum quo segetes II gauderent frugibus et quo (II Aa) Calp. (1) IV 152: Olim quam tereti II decurrent carmina uersu (II Aa) Eins. (1) II 11: Ergo si causas I curarum scire laboras (I Bb) Nemes. II 46: nullos nec myrtus II nec laurus spirat odores. (I Bb) (2) II 68: nuper, quae potui,ll siluarum praemia misi. (II Aa) 5

c) Wortschluß 4tr Verg. (1) VI 20: addit se sociam II timidisque superuenit Aegle, (II Bb) 1 d) anderer Wortschluß Calp. (1) IV 149: uerum, quae paribus II modo concinuistis auenis, (II Bb) 5tr J_ 54

Insgesamt sind es unter Punkt 1 bis 3 54 Belege.

Ad 4. Andere Varianten ohne Wortschluß im 2. longum mit dem spondeischen Anfangswort Zitiert werden nur die Verse oder Versanfänge mit dem spondeischen Wort. Die übrigen Hexameter mit anderen Wortschlüssen werden in den

am Versanfang

287

Fußnoten aufgelistet. Insgesamt sind es bei Vergil 40 Verse, bei Calpurnius 54, in Eins. I 5 Verse, in Eins. II 2 Verse, bei Nemesianus 15 Verse. Mit dem spondeischen Anfangswort dagegen sind es entsprechend bei Vergil 9, bei Calpurnius 11, in Eins. I 1, in Eins. II ebenfalls 1 und bei Nemesianus 4 Hexameter. Verg. 1 I 33: II 39: IV 28: VI 21: VII 4: VII21: VII 33: VII 58: (9) VIII 59: Calp.2 11: I 55: I 68: II 59: Π 76: III 37: IV 91: V 62: VII 15: VII 27: (11) VII 32: (1) Eins. I 32: (1) Eins. II 8:

quamuis multa meis II exiret uictima saeptis, dixit Damoetas,ll inuidit stultus Amyntas. molli paulatim II flauescet campus arista Aegle Naiadum I pulcherrimajl iamque uidenti ambo florentes I aetatibusjl Arcades ambo, Nymphae noster amor II Libethrides, aut mihi carmen, Sinum lactis et haec te liba, Priape, quotannis Liber pampineas II inuidit collibus umbras: praeceps aerii II specula de montis in undas Nondum Solis equos II declinis mitigat aestas, qualis saepe fuitjl quae libera Marte professo, inter sacra tubas,II non inter bella, sonare. inter pampineas II ponetur faginus ulmos. Quamuis siccus ager II languentes excoquat herbas, uictas tende manus;ll decet indulgere puellae, laurus fructificat II uicinaque nascitur arbos. rursus pasce greges II et opacos desere lucos. uerum tota ferat II quae lustrat ouilia Thyrsis: inter femineas II spectabat turba cathedras. inter continuos II curuatur concaua monies. talis Phoebus erat,II cum laetus caede draconis Atquin turbari II sine-uentis non solet aequor.

1 Außer den zu zitierenden 9 Versen mit dem spondeischen Anfangswort sind es bei Vergil folgende 31 Hexameter ohne spondeisches Anfangs wort und ohne Wortschluß im 2. longum, die hierher gehören: I 37, 48, 49, 51, 63, 82; Π 3, 31, 43, 67; ΙΠ 28, 56; IV 29; VI 27, 35, 51, 58; VII 5, 24, 27, 30, 34, 35, 36, 53; V m 4, 7, 91; IX 53; X 18, 45. Wegen des latenten Wortschlusses im 2. longum schließe ich Verg. Π 43 aus. 2 Wie in der vorigen Anmerkung für Vergil, sind es folgende 43 Hexameter des Calpurnius: 113, 30; II 3, 33, 54, 60; ΠΙ 3, 44, 48, 60, 67, 80; IV 18, 67, 89,148,151, 157 (mW), 162, 168; V 14, 23, 24, 32, 43, 49, 66, 68, 73, 84, 87; VI 2, 5,12, 54, 82; Vn 11,22, 25,28,67, 71, 75, folgende 11 Verse des Nemesianus: 1 1 , 1 9 , 4 7 , 6 8 ; Π 14, 21, 45, 50, 55; ΠΙ 10, 41, darüber hinaus 4 Hexameter des Eins. I: 1, 17, 20, 45 und Eins. Π 20.

288

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Nemes. I 63: II 42: II 54: (4)1 IV 22:

laetus Phoebea II dixisti carmen auena. omnes ecce cibos II et nostri pocula Bacchi uersu, Phoebe, refer:ll sunt curae carmina Phoebo. perdit spina rosas II nec semper lilia candent.

26 Da bei diesem letzten Typ 4 das spondeische Wort am Hexameteranfang steht, ist es sinnvoll, eine vollständige Behandlung dieser Erscheinung anzuschließen. Es empfiehlt sich aber, vor diesem Schritt das Behandelte in eine Tabelle zu bringen.

Molossus Wortschluß im 2. longum + später als 4. longum

Wortschi, später als 4. longum2

Andere3 Insg.

8d

8s

4tr

Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II

11 8 2 0 0

9 7 8 0 1

4 3 1 0 0

1 2 1 0 0

Insg.

21

25

8

4

25 20 12 0 1 58

Summe

40 54 15 5 2

116

65 74 27 5 3 174

Wenn wir nun die Erfassung des Molossus, sei es mit Wortschluß im 2. longum, sei es ohne diesen Wortschluß, in der Tabelle auf Seite 326 ergänzen, erhalten wir das folgende Bild. 4

1 Bei Nemesianus kommt das spondeische Anfangs wort noch 9mal vor: I 64, 78; Π 46,68, 75; ΠΙ 58 (latens), 67; IV 18, 24. Insgesamt sind es 13 Belege. 2 D. h. am Versanfang tritt der molossische Rhythmus ein, aber kein Wortschluß im 2. longum, ζ. B. oder —>" u. a. 3 D. h. Hexameter, in denen ein Wortschluß im 4. longum fehlt und erst später im 5. Fuß oder danach erscheint. 4 Der hier relevante Teil jener Tabelle auf S. 254 wird an dieser Stelle wiederholt.

am Versanfang

289

Molossus Wortschluß im 4. longum

Wortschluß später als 4. longum

ecl.

Verg.

Calp.

Nemes.

Eins.

Verg.

Calp.

Nemes.

Eins.

I II III IV V VI VII VIII IX X

16 16 25 8 17 11

6 7 3 13 8 7 2

18 20 13 13

6 6

9 6 6 3 3 8 13 6 4 3

8 8 9 12 16

6 12 5 4

5 3

Insg.

144

46

64

61

74

27

8

9 13 13 16

12

9 12

M o ossus insgesamt: Verg. Calp. Nemes. Eins. I Eins. II

144 + 46 + 64 + 6 + 6 +

61 = 205 7 4 = 120 27 = 91 5 = 11 3 = 9

VIolossus in einzelnen Eklogen 1 ecl.

Verg.

Calp.

I II III IV V VI VII VIII IX X

16+ 9 = 16+ 6 = 25+ 6= 8+ 3= 17+ 3= 11+ 8= 9 + 13= 13+ 6 = 13+ 4 = 16+ 3=

25 6+ 8= 22 7+ 8= 31 3 + 9 = 11 13 + 12 = 20 8 + 16 = 19 7 + 9= 22 2+12= 19 17 19

Insg.

Nemes. 14 15 12 25 24 16 14

1 4 4 + 6 1 = 2 0 5 4 6 + 7 4 = 120

18 20 13 13

Eins.

+ 6 = 24 + 12 = 3 2 + 5 = 18 + 4 = 17

6 + 5 = 11 6 + 3 = 9

64 + 2 7 = 91

12 + 8 = 20

1 Die Zahl links bezieht sich auf die Verse mit absolutem Wortschluß im 4. longum (Tabelle S. 254), die Zahl rechts auf die übrigen Typen, ohne daß zwischen den Einzeltypen des Molossus oder zwischen den Versen mit Wortschluß im 2. longum oder ohne diesen Wortschluß unterschieden wird (Tabelle oben, der Teil rechts).

290

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

Die rechte Hälfte der Tabelle auf S. 289 und dementsprechend die Zahl rechts vom Pluszeichen in den beiden übrigen Tabellen enthält nicht nur Hexameter mit einem spondeischen Anfangswort, sondern alle Verse, die in Punkt 4 gehören. 1 Demgegenüber habe ich von der Betrachtung des spondeischen Anfangswortes verschiedene metrische Wörter und die Gruppen, die aus zwei schweren Monosyllaba bestehen, vorübergehend ausgeschlossen, weil der Wortakzent nicht unbedingt mit dem 1. longum zusammenfällt bzw. in Bezug auf die Akzentstelle Unsicherheit besteht. Diese Unterscheidung ist von Belang, weil es sich bei einem spondeischen Anfangs wort um die Kongruenz im 1. Fuß handelt. Wenn aber im 1. Fuß ζ. B. per-te steht, wird bei einem unemphatischen te das ganze metrische Wort per-te betont, bei einem emphatischen aber per-te. In diesem Fall sprechen wir von Inkongruenz, ζ. B.: Verg. VIII 11: a-te principiumjl tibi desinam: accipe iussis, 2 aber nicht in Verg. IX 1: Quo-te, Moeri, pedes? II an quo uia ducit, in urbem? oder Calp. II 67: nec-sunt grata minus,II quam si caper imbuat aras, wo sunt rhythmisch zu nec gehört. Überlegenswert sind auch Fälle wie ζ. Β.: Calp. III 70: quod si dura times etiam nunc uerbera, Phylli. Das Auftreten eines spondeischen Wortes am Anfang des römischen Hexameters hat E. Tamerle am aufschlußreichsten behandelt. 3 Freilich weisen viele Kommentatoren auf diese Erscheinung hin; fast alle messen ihr die Funktion der Isolierung bei und stellen Listen mit Beispielen aus dem kommentierten Buch zusammen. Es fehlt jedoch dabei in der Regel irgendeine rhythmisch-metrische oder kolometrische Differenzierung. Die vorliegende Untersuchung knüpft an die Abhandlung Tamerles an. Ihr weiteres Ziel ist es, das spondeische Anfangswort in den Kontext des Überhangs zu bringen, 4 d. h. zu fragen, ob nach dem ersten, durch ein Wort gefüllten Spondeus das Kolon, wenn auch mit einer leichteren Pause, endet. 5 Da alle betreffenden Verse bereits zitiert worden sind, 1

Vgl. oben S. 287 mit Anm. 1 und 2. Über Nemes. I 54: sub-te iuris amor, sub-te reuerentia iusti läßt sich nicht eindeutig entscheiden. 3 E. Tamerle, S. 15-26. Siehe auch E. Norden, Aeneis VI2, S. 435-436. In diesem Anhang nennt Norden auch 10 Hexameter aus Vergils Eklogen. Er ist auch der Meinung, daß bei einer zweisilbigen Präposition wie inter, intra, contra, circum, instar die Proklisis den Wortschluß (Norden sagt „die Diaerese") aufhebe. 4 Vgl. oben S. 239. 5 Die im römischen Hexameter übliche und - neben anderen Funktionen - auch rhythmisch wirksame Art des Überhangs ist der Überhang mit Kolonende nach dem ersten mit einem daktylischen Wort gefüllten Fuß. 2

am Versanfang

291

genügt es, auf die entsprechenden Stellen zurückzuverweisen. Den Ausgangspunkt bilden die vier Typen I Aa, I Bb, II Aa, II Bb. Es handelt sich um die folgenden Typen: I Aa 9, I Aa 12, I Bb 9, I Bb 9x, I Bb 12, I Bb 12x, II Aa 7, II Aa 8, II Aa 15, II Aa 16, II Aa 18, II Bb 15, II Bb 16, II Bb 24, II Bb 25, II Bb 28 und II Bb 29, 1 insgesamt 53 Hexameter: Verg. 29, Calp. 9, Nemes. 10, Eins. I 0, Eins. II 5. Hierzu kommen 26 Hexameter, die auf S. 287-288 unter dem Punkt 4 zitiert sind: Verg. 9 Verse, Calp. 11, Nemes. 4, Eins. 11, Eins. II 1. Insgesamt eröffnet also ein spondeisches Wort den Hexameter bei Vergil 38mal (4.67%). bei Calpurnius 20mal (2,64%), in Eins. I lmal (2,13%), in Eins. II 6mal (15,79%) und bei Nemesianus 15mal (4.84%').2 Wenn wir diese beiden Gruppen getrennt voneinander betrachten, sehen wir Differenzen in der Häufigkeit des spondeischen Anfangswortes in Versen mit dem absoluten Wortschluß im 4. longum und jenen, die erst später einen Wortschluß aufweisen. In der ersten Gruppe hebt sich Calpurnius von Vergil stark ab (9 : 29), während er in der zweiten Gruppe Vergil gleicht (11 : 9). Nemesianus weist dagegen innerhalb der beiden Gruppen dasselbe Verhältnis wie Vergil auf, nämlich 10 : 29 in der ersten und 4 : 9 in der zweiten Gruppe. Am besten können dies die Prozentzahlen veranschaulichen. In der Tabelle bedeuten die Bezeichnungen ,Gruppe I' und .Gruppe II' entsprechend die Verse mit dem absoluten Wortschluß im 4. longum und die mit dem Wortschluß später als 4. longum. Calp. Nemes. Eins. I Verg. Gruppe I 2 9 - 3 , 5 7 % 9 - 1 , 1 9 % 10-3,22% Gruppe II 9 - 1 , 1 1 % 11-1,45% 4 - 1 , 2 9 % 1 - 2 , 1 3 % Insgesamt 3 8 - 4 , 6 7 % 2 0 - 2 , 6 4 % 14-4,52% 1 - 2 , 1 3 %

Eins. II 5-13,16% 1 - 2,63% 6-15,79%

Eines muß Berücksichtigung finden, nämlich daß die vorher in der Typologie genanten Zahlen 3 jetzt bei der Behandlung des spondeischen Anfangswortes einer Korrektur bedürfen, welche bereits eingeführt worden ist. Der Grund dafür liegt darin, daß in die Typologie und 1

Zitiert zwischen S. 255 und 273 und auf S. 271 und 286. Allesamt Verg. 1 19, 23, 25, 3 0 , 2 2 , 39; Π 16, 2 3 , 2 2 , 53; ΠΙ 64; IV 2 1 , 2 ä , 57, 61; V 21, 62; VI 2 0 , 2 1 , 57 {.si-qua)\ V I I 4 , 2 1 , 2 2 , 5 & VIII 13, 26, 55, 5 6 , 5 2 , 83, 98; IX 34, 48; X 21, 37, 52,73, 74. Dazu vgl. Th. Birt, Ad historiam, S. 39, der 37 exempla gezählt hat, sicherlich ohne VI 57 si qua. Calp. 11, 50, 55, 6& Π 5 2 , 2 6 ; HI 22; IV 37 (mW), 2 1 , 1 4 9 , 1 5 2 ; V 27, 30, 62; VI 4, 22, 34; V I I 1 5 , 2 2 , 2 2 - Eins. I 32 (Eins. I 45: ergo ut kann man hierzu rechnen); Eins. II 8 , 1 1 , 1 7 , 21, 25, 37; Nemes. 162, 64, 78; Π 26 (mW), 42, 46, 54, 68, 75; ΠΙ 58, 67; IV 18,22, 24. Unterstrichen sind Verse aus der Gruppe Π. Nemes. DI 58: idmiamque elapsas rechne ich hierher. 3 Siehe oben auf dieser Seite. 2

292

Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

dementsprechend in die Tabellen außer den oben genanten 53 und 26 Versen 1 - insgesamt sind es 79 Hexameter - auch jene hineingezogen wurden, in denen die Versstelle zwischen dem 1. biceps und dem 2. longum mit einer Synaloephe erscheint, ζ. B.: Verg. VII 19: coepere, alternos Musae meminisse uolebant. VIII 20: profeci, extrema moriens tarnen adloquor hora. Einerseits müssen derartige Verse unter dem Aspekt des Überhangs untersucht werden, andererseits sollen sie von unserer Betrachtung im Moment fernbleiben, weil das Anfangswort, mag es wegen der Synaloephe in den spondeischen Worttypus gehören, offenkundig kein spondeisches Wort ist: Es wird ja auf der zweiten Silbe -pe bzw. -fe- betont, nicht auf der ersten coe- bzw. pro, wodurch Inkongruenz entsteht. 2 Daher können wir die oben aufgeführten Zahlen für spondeisches Anfangswort für korrigiert halten. Es bleiben nur jene Hexameter, die wenn nicht anders ausdrücklich bemerkt - am Anfang ein graphisches und zugleich metrisches spondeisches Wort aufweisen. Die Verhältnisse Nemes. : Verg. in der Gruppe I (3,22% : 3,57% = 0,81) und in der Gruppe II (1,29% : 1,11% = 1,16) sind nahezu gleich. Eine leichte Verstärkung ist auch sonst für Nemesianus typisch. Die für Eins. II erreichten Zahlen sind statistisch nicht verwertbar, aber doch vielsagend. Besonders deutlich tritt die Zurückhaltung des Calpurnius innerhalb der ersten Gruppe im Gegensatz zu der zweiten hervor. Dies muß mit anderen Merkmalen der Verstechnik des Calpurnius in Zusammenhang gebracht werden. 3 Insgesamt mied Calpurnius die Eröffnung des Hexameters mit einem spondeischen Wort, 4 worin ihm der Dichter des Eins. I ähnlich ist. Andererseits müssen wir feststellen, daß ihm ein spondeisches Anfangswort viel besser bei einem Wortschluß nach dem 4. biceps als bei einem im 4. longum gefiel, was bei Vergil und Nemesianus gerade umgekehrt ist. Auch für die Autorfrage der Carmina Einsidlensia gewinnen wir hier ein gewichtiges Argument; dies wird aber im letzten Kapitel behandelt.

1

Siehe oben S. 291. Entfallen müssen auch Verse mit zwei einsilbigen Wörtern am Anfang, wie Eins. 117: Et me... mit betontem me, die keinesfalls mit einem metrischen Wort spondeischen Maßes beginnen. In Eins. 117 stehen am Versanfang zwei Monosyllaba, es gibt zwei Akzentgipfel, also zwei metrische Wörter. Auch bei anderen Bukolikern wurden die Fälle dieser Art jetzt außer acht gelassen. Problematisch ist Eins. 145: Ergo ut. 3 Vgl. die Beobachtungen im ΙΠ. und IV. Kapitel. Dort wurde festgestellt, daß Calpurnius die dreigegliederten Hexameter noch stärker mied als Vergil, was gerade hier wieder bestätigt wird. 4 Damit ist aufs engste verbunden, was oben S. 282 Anm. 1 gesagt ist. 2

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293

Es verbleibt, das spondeische Anfangswort im Kontext des Überhangs zu betrachten. Hier kommt eine Überraschung, denn im Überhang erscheint es nur bei Vergil in drei Hexametern: I 23, V 21 und VIII 98. sie canibus catulos similis, sie matribus haedos Verg. I 23: noram./ sie paruis componere magna solebam. 1 Exstinctum Nymphae crudeli funere Daphnin V 21: flebant / (uos coryli testes et flumina Nymphis) his ego saepe lupum fieri et se condere siluis VIII 98: Moerim./ saepe animas imis excire sepulcris, atque satas alio uidi traducere messis. Die anderen Bukoliker haben auf dieses rhythmische Stilmittel, welches auf die Darbietung des Inhalts eine große Auswirkung hat, verzichtet. Es erhebt sich eine andere Frage, ob nämlich ein spondeisches Wort am Versanfang nicht einen Überhang im folgenden Hexameter vorbereitet. Die Antwort ist für die drei Bukolikern bejahend, führend ist hier Calpurnius, bei dem ein Überhang im folgenden Vers viermal ein Kolon enden läßt, zweimal nach dem 1. Daktylus und zweimal im 2. longum. Bei Vergil finden wir drei Beispiele, zwei nach dem 1. Daktylus und eins im 2. longum, bei Nemesianus zwei Überhänge nach dem 1. Daktylus. Verg. IV 21: ipsae lacte domum referent distenta capellae ubera,/ ld nec magnos metuent armenta leones. VIII 59: praeeeps aerii specula-de montis in-undas deferar;// ld extremum hoc munus morientis habeto. X 52: certum-est in-siluis inter spelaea ferarum malle pati / 3 tenerisque meos incidere amores arboribus:// Calp. V 27: salso farre uoca; tepidos tunc hostia cultros imbuat:// ld hac campos ouibus, dumeta capellis2 30: orto sole dabis, simul hunc transcendere montem coeperit / l d ac primae spatium tepefecerit horae. I 50: secum bella geret: nullos iam Roma Philippos deflebit,/ 3 nullos ducet captiua triumphos;

ι Vgl. inhaltlich Ov. met. V 416-417. Calp. V 28a-29b; vgl. oben S. 72 mit Anm. 3.

2

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Der Gebrauch des molossischen und des spondeischen Wortes

VI 22: Vinces tu quemquam? uel te certamine quisquam dignetur,/ 3 qui uix stillantes, aride, uoces rumpis et expellis male singultantia uerba. Nemes. II 42: omnes ecce cibos et nostri pocula Bacchi horreö / l d nec placido memini concedere somno. III 67: sparsas donec oues campo conducere in unum nox iubet,/ ld uberibus suadens siccare fluorem lactis / et in niueas adstrictum cogere glebas. Im übrigen ist die Art des Überhangs bei allen drei Dichtern unterschiedlich. 1 Bei den leichteren Anfangsrhythmen bzw. (Verg. VIII 59) läßt Vergil auf den daktylischen Überhang einen Spondeus folgen; ebenso verfährt Calpurnius zweimal (V 27, 30). Dies verstärkt die Wirkung des daktylischen Überhangs. Nemesianus verwendet dagegen in derselben Situation den daktylischen Rhythmus. Das läßt den Vers sprunghaft weitergehen, schwächt aber im Endeffekt die Wirkung des daktylischen Überhangs. Auf einen schweren Anfangsrhythmus ""'( läßt Vergil zum Kontrast einen leichten choriambischen Überhang und weiterhin den leichten daktylischen Rhythmus folgen (X 52), während Calpurnius nach demselben Rhythmus einen schweren, majestätisch wirkenden molossischen Überhang und danach den spondeischen Rhythmus bevorzugt (VI 22). Ebenso verfährt er einmal (I 50) nach dem leichteren Anfangsrhythmus "">"">·'", was ihn von Vergil, und noch deutlicher von Nemesianus unterscheidet. Dies ist freilich keine vollständige Analyse des Überhangs bei den drei Bukolikern. Eine solche könnte das Gesamtbild verändern. Dennoch zeigt schon diese Probe die formale Individualität eines jeden Dichters. Dieses Kapitel ist ein Beitrag zum Verständnis der Verstechnik römischer Bukoliker. Es ergänzt und bestätigt zugleich die Ergebnisse der vorhergehenden Kapitel. Nicht nur die verskolometrisch-metrische Untersuchung der Caesuren mit der bukolischen Diaerese in ihrem 1 Es sei als eine vorläufige Beobachtung berichtet: Bei Calpurnius ist der langsame spondeische Rhythmus, ζ. B. -.—»-->—χ häufig Vorbereitung auf einen Überhang mit einem starken Kolonende nach dem 1. Daktylus (bzw. im 2. oder im 3. longum), bei Nemesianus ist dagegen die Pause im Überhang sehr leicht, so daß dieser keine starke Wirkung hat. Zu Nemesianus siehe auch S. 171 f. Zugleich enthält dieses Kapitel das vollständige Material zur Behandlung des Zeilensprungs bei molossischem Anfangswort und bei anderen verwandten Aufteilungen. Es ist der Ausgangspunkt für eine solche Untersuchung. Sonst siehe auch J. Fourcade, wie S. 251 Anm. 3.

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Verhältnis zu den Enden der Kola und zu Satzpausen, sondern auch die Untersuchung der ausgewählten Rhythmen ergeben dasselbe: Nemesianus bewegte sich auf der für einen Nachahmer typisch verengten Bahn Vergils, während Calpurnius seine eigenen Wege ging. Das erste Einsiedler Gedicht zeigt dabei eher Ähnlichkeit zu den Eklogen des Calpurnius, das zweite eher zu denen Vergils. Und noch eine Eigenschaft der Verstechnik Vergils tritt gerade hier deutlicher ans Licht als in den früheren Kapiteln, nämlich sein Erfindungsgeist, sein rhythmisch-metrischer Einfallsreichtum, seine formale Meisterschaft.

VI Die Hexameterklausel et mihi Damon im Vers römischer Bukoliker

Der Klauseltypus et mihi Damon ist im römischen Hexameter mit dem Vorkommen der bukolischen Diaerese oder wenigstens des absoluten Wortschlusses nach dem 4. Hexameterfuß aufs engste verbunden. 1 Es ist also verständlich, daß auf diese Klausel bereits bei der Behandlung der bukolischen Diaerese und pyrrhichischer Wörter im 4. biceps hingewiesen wurde. 2 Ebenfalls wurden Kongruenz und Inkongruenz, um welche es sich im Klauseltypus et mihi Damon handelt, bereits erläutert 3 und die systematische Behandlung dieser Klausel angekündigt. Wir haben vorher festgestellt, daß sich sowohl tontragende als auch klitische bibrevia im 4. und genauso im 5. biceps des Hexameters finden. Daraus muß man schließen, daß die römischen Dichter die Inkongruenz am Versausgang - zum Teil wenigstens - als eine natürliche Erscheinung angesehen haben. Wir haben ebenfalls darauf aufmerksam gemacht, daß häufig nur aufgrund der Interpretation entschieden werden kann, ob ein dort stehendes Pronomen 4 betont oder unbetont ist. Bei der folgenden Untersuchung wollen wir aber auf die Entscheidung über die Enklise und Nichtenklise in jedem Einzelfall verzichten und uns ausschließlich dem Gebrauch des Klauseltypus et mihi Damon im Hexameter der Römer zuwenden. Es empfiehlt sich, der Darstellung dieses Phänomens in der römischen Bukolik einen historischen Abriß vorauszuschicken.5

1

Vgl. oben S. 77-81. Zu diesem Thema im allgemeinen siehe J. Perret, Ponctuation bucolique et structure verbale du IVs pied, REL 34 (1956), S. 146-158; J. Soubiran, Jntremere omnem' et ,si bona norint', Pallas 8 (1959), S. 23-56. 2 Siehe oben S. 77-81 und 192-193. 3 Vgl. S. 34 ff., S. 39. 4 Zweideutigkeiten entstehen tatsächlich nur bei den Fürwörtern. 5 Das Werk von P. Mastandrea, Define versus. Repertorio di clausole ricorrenti nella poesia dattilica Latina dalle origini a Sidonio Apollinare, Bd. I—II, Hildesheim Zürich - New York 1993 ist für diesen Zweck nicht ergiebig, weil unregelmäßige Hexameterschlüsse, zu denen der Klauseltypus et mihi Damon gehört, und Verswiederholungen nicht berücksichtigt sind (vgl. ebendort Bd. I, S. X). Es steht fest, daß die altherwürdige Methode zur Erlangung der Vollständigkeit, welche u n s e r e Philologie im XIX. Ih. auf den Gipfel gebracht hat, weder durch die Computertechnik noch anderswie ersetzt werden kann.

vor Vergil

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1. Die Geschichte des Hexameterschlusses et mihi Damon vor Vergil mit Berücksichtigung von Vergils und Ovids Epen W. Warde Fowler wurde durch eine Beobachtung im Culex zu einem Aufsatz veranlaßt,1 in dem er auch Lukrez, Vergil und einige Gedichte aus der Sammlung Κατά λεπτόν knapp behandelt. Er stellt folgendes fest: 1. Die Klausel kommt besonders häufig bei Lukrez vor; 2. Im Gegensatz zur Ciris und zum Moretum kommt sie auch im Culex häufig vor; 3. Das das 5. longum füllende Monosyllabon ist gewöhnlich et, nam oder ein Interrogativpronomen.2 Beim historischen Überblick wollen wir sowohl auf die Untersuchung der kleineren Gedichte3 als auch auf die der Worttypen verzichten. Uns interessiert vor allem, wie häufig und auf welche Weise römische Dichter vor Vergil den Hexameter mit der Klausel et mihi Damon oder iam uenit aestas schließen und wie diese Klausel in der bukolischen Gattung weiterhin gegenwärtig ist. Zu der Frage „auf welche Weise" ist darauf zu achten, ob vor der Klausel die bukolische Diaerese, also ein starkes Kolonende nach dem 4. Daktylus, oder ein leichteres Kolonende vorkommt, bzw. ein starkes Kolonende nach dem 4. Spondeus, oder aber keine Pause anzuerkennen ist. Zu dieser Untersuchung habe ich Ennius, Lucilius, Lucretius, Catullus, Cicero, Vergil und Ovids Metamorphosen herangezogen. 4 Horaz 1

W. Warde Fowler, A Metrical Peculiarity of the Culex, CR 33 (1919), S. 95-97. Vgl. ebenda S. 95: „I mean that where, with or without a pause or full stop at the end of the fourth foot, the first syllable of the fifth is a monosyllable, and sometimes a weak one: e. g. ,Si nescis, meus ille caper fuit: et mihi Damon' (Eel. ΠΙ. 23). This monosyllable is usually either ,et', or ,nam', or an interrogative pronoun, which gives the line a certain awkwardness, depriving it of the majesty which we have come to expect in the hexameter." 3 Die Fragmente übriger Neoteriker außer Catull reichen nicht aus, um sich ein Urteil zu verschaffen. Sonst kann man auf einige Fragmente hinweisen. Valerius Aedituus (bei Gell. XIX 9,12) verwendet die Klausel zweimal in seinem Epigramm: FPL (Bü) 2,1: nil opus nobis (hier wirkt das IKG) und 2, 5: si venus ipsa. Dazu siehe H. D. Jocelyn, Some Observations on Valerius Aedituus ap. Gell. XIX 9,12, Eikasmos V (1994), S. 247-250. Cornelius Gallus liefert ein Beispiel, 4, 3: non ego, Visce, Plinius d. J., ebenfalls nach der bukolischen Diaerese: 1, 9: his ego lectis. Zu bemerken ist, daß sich die Klausel unter Neros Fragmenten nicht findet. 4 Folgende Textausgaben habe ich zugrundegelegt: (Enn.) The Annals of Q. Ennius. Ed. with Introduction and Commentary by Ο. Skutsch, Oxford 1985, (Lucil.) C. Lucilii carminum reliquiae recensuit enarrauit F. Marx, vol. I, Lipsiae 1904; (Lucr.) Lucreti de rerum natura libri sex, recognouit ... C. Bailey, Oxonii 1921 2 ; (Catull.) C. Valerii Catulli carmina recognouit... R. A. B. Mynors, Oxonii 1967 (from corrected [and occasionally changed G. K.] sheets of the first edition 1958); (Cie.) Ciceron, 2

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Die Hexameterklausel et mihi Damon

wurde davon bewußt ausgeschlossen. Man soll dabei beachten, daß ein pyrrhichisches Wort im 5. biceps nicht nur in dem Klauseltypus et mihi Damon erscheint. Es steht gelegentlich auch in anderen unregelmäßigen, durch die Inkongruenz auffallenden Hexameterausgängen archaischer Dichter. Obwohl sie nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind, seien sie dennoch hier angeführt, ζ. B.: Enn. 7: dispendi facit hilum 32: feri bene firmum 1 Lucr. I 184: spatio foret usus2 Cie. frg. IX (= 31, 1 Bü.): quali pater ipse,3 entsprechend bei Lucilius 4 und bei Catullus.5 Ein anderes Problem bei der Klassifizierung bringen mit sich einerseits die Synaloephe, welche unmittelbar vor oder innerhalb der Klausel erscheint, andererseits metrische Wörter in der Klausel. Diejenigen Fälle mit Synaloephe, in welchen der Rhythmus und die Akzentgipfel dasselbe Muster wie et mihi Damon zeigen, werden in der Untersuchung mitberücksichtigt. Das sind folgende Typen: 1. Synaloephe vor der Klausel: Enn. 274: malaque et bona dictu Lucil. 35: scire, hoc A(are)

t(empta)

343: Enni) atque opus unum 6 468: nebulo, id genus sane (8b latens) 1076: aliquae id genus herba 1213: nam, in quibus mendae Lucr. VI 466: apparere et simul ipso; Verg. eel. IV 56: atque huic pater adsit 2. Synaloephe vor dem 5. biceps:

Aratea. Fragments poetiques. Texte etabli et traduit par J. Soubiran, Paris 1972. Zu vergleichen auch: Fragmenta poetarum Latinorum epicorum et lyricorum ... post W. Morel nouis curis adhibitis edidit C. Buechner, Leipzig 1982 (2. Aufl.) S. 79-101 (vgl. dazu S. VIII Anm. 1); (Ov.) P. Ovidi Nasonis Metamorphoses ed. W. S. Anderson, 4. Aufl. Leipzig 1988. 1 Bei Enn. noch 17, 39,58, 378, 538,539, 556, insgesamt 9mal. 2 Bei Lucr. noch I 36, 69, 250, 741; Π 88, 184, 592; ΠΙ 763; IV 267; V 293 und VI 879: supra quem siti saepe, insgesamt 12mal. Es ist charakteristisch für die Entwicklung der Verstechnik Lukrezens, daß dieser Hexameterschluß ab Buch III nur als Ausnahme je einmal erscheint. 3 Bei Cicero insgesamt llmal. Vgl. unten S. 305-306. * Lucil. 100, 358, 418, 536, 561, 1078, 1193, 1216, 1238, 1253, 1273, 1274, 1319: uelut olim (nur diese zwei Wörter überliefert), 1372, insgesamt 13 sichere Fälle. Sie unterscheiden sich stark von denen anderer Dichter durch die häufig hintereinanderfolgenden Synaloephen. 5 Catull. 64,58; 98, 3, also nur zweimal: an sich ein Fortschritt im Hexameterbau. 6 In Prosa übliche Stellung von atque.

vor Vergil

299

Enn. operis inc. frg. 9: terra anima et sol Lucil. 244: secum habet ille 343: siehe unter 1 Lucr. II 277: atque ita piagas IV 249: atque ita transit IV 890: atque ita tota VI 201: atque ita cogunt VI 867: cumque habet ignis VI 876: cumque habet ignis und selbst in Vergils Eklogen 2 Fälle: eel. VII 7: atque ego Daphnin IX 51: saepe ego longos; 3. Synaloephe im 5. biceps: Catull. 66, 25: at ego certe.1 4. Synaloephe vor dem 6. longum: Enn. op. inc. frg. 9 (siehe oben unter 2) Lucil. 426: mu facere inquam Lucr. V 1291: nam facile ollis VI 117: de-lätere ire (ein Sonderfall). Es ist ein großes Verdienst des Ennius, daß er, soweit wir ihn kennen, auf diese Art Synaloephe verzichtet hat. Demgegenüber werden andersartige Fälle nicht berücksichtigt. 2 Was die metrischen Wörter anbelangt, gibt es ebenfalls zwei häufige Varianten; deren Musterbeispiele sind: Lucr. VI 256: per-mare nimbus und Lucr. VI 217: tum sine-taetro, wobei die zweite Variante okkasionell erscheint, während die erste sehr geläufig ist. Ich habe mich entschieden, sie einmal nach dem graphischen Wort zu behandeln und in der Gesamtzahl zu berücksichtigen, gleichzeitig aber über ihre Zahl separat zu berichten. Auf diese Weise wird die Evidenz stärker. Ebenso berücksichtige ich die Verse mit zwei einsilbigen Wörtern am Versende anstelle eines spondeischen, unabhängig davon, ob sie ein metrisches Wort bilden oder nicht, ζ. B.: Enn. 423: iam data sit frux Lucr. III 96: ac manus et pes. 1

Bei Catull ist das der einzige Fall der Synaloephe in der untersuchten Klausel. te hat Avantius ergänzt. Die Konjektur ist zu halten: man bedenke, wie freizügig Catullus mit der Synaloephe sonst umgeht. 2 1. Lucil. 536: pender(e) onus ingens (vgl. S. 298 f.); 2. Lucr. 1690: esse nequ(e) ullam, was bei Lukrez ein äußerst häufiger Typus ist. Ich habe 52 Fälle gezählt, woraus 26 mit nequ(e) gebildet sind. Ab und zu ist das vorangehende Wort länger, ζ. B. Lucr. I 691: constare nisi ignem. Die übrigen 26 Fälle haben quoqu(e) (7), ub(i) (6), sin(e) (4), quas(i) (4), nis(i) (4), und VI 117: de-later(e) ire (mW + S).

300

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Darüber hinaus begegnen wir auch vereinzelten Erscheinungen, wie ζ. B. Catull. 64, 304: constructae sunt dape mensae Enn. 83: uictoria sit data regni. Sie müssen als solche getrennt, also außerhalb der Tabellen, Erwähnung finden. 1 Noch eine Gegebenheit, die die fragmentarisch überlieferten Dichter betrifft, bedarf hier einer Erklärung, nämlich die Zahl der Verse. Ich habe bei Ennius, Lucilius und Cicero sowohl alle vollständigen Hexameter gezählt als auch jene, von denen nur der Ausgang, mögen es ein oder zwei Wörter sein, überliefert ist, wenn nur die Sicherheit besteht, daß es sich um ein Versende und nicht um das Versinnere handelt. 2 Es ist durchaus möglich, daß mir bei Ennius und Lucilius ein kleiner Zählfehler unterlaufen ist, welcher aber für die folgenden Ergebnisse belanglos ist. Für Ennius habe ich die Verszahl 538 gewonnen, 3 für Lucilius 765, für Lukrez 7415, für Catull 787 (466 κατά οτίχον und 321 in den elegischen Disticha), für Cicero 742 (davon bei Morel/Büchner 174 Hexameter). Nach dieser Vorbemerkung kann zu der Behandlung der Klausel et mihi Damon vor Vergil und im Anschluß daran in den Epen Vergils und Ovids übergegangen werden. Bei Ennius finden wir diese Art des Hexameterschlusses 14mal 4 in 538 Versen bzw. Versenden (2,6%), außerdem einmal in jenen incertae sedis.5 Darunter befindet sich einmal ein metrisches Wort in der Klausel: Enn. 453: Et Tiberis flumen uomit in mare salsum. Zwei Hexameter sind unvollständig: Enn. 291: ~ x ~ x " de muris rem gerit Opscus Enn. 575: - χ - χ - χ - χ laus alit artis. Den folgenden Vers zähle ich wegen der Tmesis nicht bei den 14 Beispielen mit: Enn. 362: Pendent peniculamenta unum ad quemque 6 pedum

1

Sunt, est und sit sind häufig rhythmisch selbständig. Daher werden sie hier getrennt geschrieben. Wenn sie sich als Enklitika anlehnen, wird constructae sunt betont (nicht constructae-sunt). Diese Art Selbständigkeit spricht wohl für die Annahme eines absoluten Wortschlusses nach constructae. 2 Die Versanfänge, auch wenn es sich um drei oder vier Füße handelt, wurden nicht gezählt. 3 Die fragmenta incertae sedis und spuria, wo je ein Beispiel unserer Klausel zu finden ist, habe ich nicht mitgezählt. 4 Enn. 41, 83,103,138,154, 221,252, 274, 291, 393,423,453, 560, 575. 5 Enn. inc. 9: äquä terr(a) anim(a) et sol, wo die Klausel durch zwei Synaloephen beeinträchtigt ist, was Ennius sonst meidet. Siehe auch Enn. sp. 7: quem super ingens, wo nur dieses Versende überliefert ist. 6 Vgl. C. F. W. Müller, Plautinische Prosodie, S. 230-280; C. Questa, Introduzione, S. 71-78.

vor Vergil

301

Zwei Beobachtungen sind von Belang. Bei Ennius ist dieser Klauseltypus überhaupt nicht an die bukolische Diaerese gebunden, welche bei dem ersten römischen Daktyliker gar keine Rolle spielt und fast nie vorkommt. Nur einmal können wir die Diaerese nach einem Kolonende anerkennen, die aber nach dem 4. Spondeus vorkommt: Enn. 252: Non ex iure manu consertum,ll sed magis ferro. Sonst ist das Kolonende nach dem 4. Hexameterfuß, sei er daktylisch oder spondeisch gestaltet, bei Ennius überhaupt äußerst selten. Auch unter unseren 14 Beispielen finden wir nur noch einmal eine leichte Pause: Enn. 221: Cui par imber et ignis, spiritus / et grauis terra. Die andere Beobachtung bezieht sich auf die Gestaltung des vierten Hexameterfußes, den wir in 13 aus 14 Versen ersehen: Ennius läßt der Klausel 8mal einen daktylischen und 5mal einen spondeischen Wortschluß vorangehen. In Enn. 274 ist der daktylische Wortschluß latens. Lucilius hingegen neigt zu der behandelten Hexameterklausel noch stärker als Ennius. In den erhaltenen 765 Hexametern bzw. Versenden 1 erscheint der Klauseltypus et mihi Damon 26mal (3,39%). 2 Über den beschädigten Vers 1319: - χ - χ - χ - χ - uelut olim kann nicht entschieden werden. Die Synaloephe vor der Klausel tritt 5mal auf, die Synaloephe innerhalb der Klausel ist noch seltener.3 Ebenso kommt ein metrisches Wort in der Klausel nur einmal vor: Lucil. 1213: ίη-quibus mendae. Jetzt gehe ich zur Behandlung des 4. Fußes über. Lucilius, bei welchem die bukolische Diaerese ebenfalls kein bewußt angestrebtes Kunstmittel ist, endet ein Kolon vor der Klausel viermal (15,38%): Lucil. 352: aa primum longa, breuis syllaba.ll nos tarnen unum 468: in terra fuit, lucifugus, nebulo, id genus sane (8b latens) 1195: inguen ne existat, papulae, tama, ne boa noxit mit einem schwächeren Kolonende, 1249: petis pipas? da." ,Libet' inquit. Darüber hinaus läßt Lucilius den 4. Fuß noch 4mal daktylisch ohne ein stärkeres Kolonende ausgehen,4 insgesamt finden wir also den daktylischen Wortschluß im 4. Fuß nur in 8 von 26 Fällen. Ein spondeischer

1 Ich zitiere den von F. Marx gedruckten Text samt den Konjekturen, ohne die textkritischen Probleme zu berühren. 2 Lucil. 35,144,152,167, 243, 244, 289, 343, 352, 365, 367, 374, 408, 426,452, 468, 495, 523, 534,972,1076,1185,1195,1213,1249,1251. 3 Siehe oben S. 298-299. 4 V. 408, 495 (mit einem leichten Kolonende), 426 und 1076 (mit einem latenten Wortschluß).

302

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Wortschluß findet sich dagegen im 4. Fuß Hmal. 1 Darunter finden wir viermal eine Diaerese nach dem 4. Spondeus (zweimal latens): Lucil. 35: ipse? et si scis q(uod) b(ellum) e(,st> scire,II hoc d(are) t(empta) 343: est, una ut ϋέσις annales Enni) II atque opus unum est, 367: mendaci furique addes e,ll cum dare furei iusseris 1185: haec odiosa mihi uitiligo est.ll ,num dolet?' inquit, dreimal ein leichteres Kolonende: 243, 244 und 523, und lOmal kein Kolonende: 144, 152,167, 289, 365, 374, 452, 534, 972 und 1251. Lukrez, dessen besondere Vorliebe für die Klausel et mihi Damon W. Warde Fowler in dem genannten Aufsatz erwähnt hat, verdient auf Grund des Umfangs seines Lehrgedichts mehr Aufmerksamkeit. 2 Es empfiehlt sich, die Zahl der Klauseln mit einem metrischen Wort der Art wie 1200: per-uada possent hier anzugeben. Es sind bei Lukrez 17 solche Klauseln. 3 Ebenfalls, wie schon gesagt, nehme ich Fälle wie II 1156: nunc alit ex-se, III 96: ac manus et pes oder II 227: atque ita piagas ohne jeden Unterschied auf. 4 Demgegnüber stehen zwei Sonderfälle, die hier aufgeführt, in der Tabelle aber nicht gezählt werden: I 873: quae corpora cumque alit, äuget VI 117: quam de-latere ire. Nach dieser Bemerkung können wir feststellen, daß der Klauseltypus et mihi Damon bei Lukrez 146mal in 7415 Hexametern vorkommt, d. h. in 1,97% der Verse. Das ist weniger als bei Ennius (2,6%) und viel weniger als bei Lucilius (3,39%), nur muß man sich im Falle der fragmentarisch erhaltenen Autoren davor hüten, die statistischen Daten auf die gleiche Ebene zu stellen. Vielmehr geht es in diesem diachronen Überblick um Beobachtung der Tendenzen in der Entwicklung der Verstechnik. Auf die einzelnen Bücher von De rerum natura verteilt es sich folgendermaßen:

1

Der Vers 1213 ist unvollständig: - χ - χ - χ - χ nam, in quibus mendae. Ich schließe derartige Fälle wie die folgenden aus: I 36: in-te, dea, uisus-, 169: eö magis acrem; 1158: operä sine diuum\ ΠΙ 763: prudens sit puer u.llus\ IV 669: cetera sint magis apta usw. Insgesamt gibt es 15 solche Fälle, deren Zahl in den letzten drei Büchern geringer ist. Zu einer Art Klausel mit der Synaloephe siehe S. 299 Anm. 2. Auch VI 217: tum sine-taetro schließe ich aus, obwohl man andererseits sine für eine Enklitik in der Klausel halten und den Vers aufnehmen könnte. 3 Lucr. 1200, 373,1062; Π 40; ΙΠ 906,1029; IV 573,684: ad sua quemque, siehe oben S. 300 Anm. 6; V 1226,1232,1255; VI 88, 256, 384,436, 589, 729. 4 Noch m 267, 725, 848; VI 1030. 2

303

vor Vergil

Buch/Verszahl 1(1117) Π (1174) m (1094) IV (1287) V(1457) VI (1286) Insg.7415 Klausel

%

14 1,25

27 2,29

27 2,46

23 1,78

23 1,57

32 2,48

146 1,97

Wir sehen also, daß, von den fragmentarisch erhaltenen Dichtern abgesehen, der Umfang des Werkes des Lukrez und die regelmäßige Wiederkehr der Klausel W. Warde Fowlers Feststellung rechtfertigt, 1 und dies um so mehr, als diese Klausel nach Lukrez in keinem Epos, von Buch III der Georgica und Buch X der Aeneis abgesehen, so häufig zu finden ist; sie wurde sogar von Vergil wenig benutzt 2 und ist aus dem römischen Hexameter außerhalb der Bukolik allmählich nahezu verschwunden. Es verbleibt, den Bau des 4. Fußes und das Verhältnis der Klausel zu der bukolischen Diaerese bei Lukrez zu erörtern. In diesem Zusammenhang muß auch daran erinnert werden, daß Lukrez im allgemeinen der Diaerese nach dem 4. Spondeus vor der eigentlichen bukolischen Diaerese einen großen Vorzug gegeben hat. Aber für die von uns untersuchte Auswahl aus den Hexametern des Lukrez, welche sich auf die Gestaltung des 4. Hexameterfußes im Zusammenhang mit der Klausel et mihi Damon bezieht, ist diese Tatsache nicht relevant. Denn wir finden vor der Klausel l l m a l die bukolische Diaerese 3 und lOmal die Diaerese nach dem 4. Spondeus. 4 Wenn wir von allen Vorbehalten absähen, könnten wir sagen, daß Lukrez und Lucilius dieselbe Tendenz aufweisen. Dennoch ist die Art des Kolonendes bei Lukrez anders als bei Lucilius: die Entwicklung seines Hexameters ist viel weiter fortgeschritten. Doch wir sehen, daß der von den Musen begeisterte Epikureer, zu dem seine epischen Nachfolger in dieser Hinsicht im Gegensatz stehen, nach dem 4. Spondeus ein starkes Kolonende zu stellen pflegte. Im übrigen weist Lukrezens Hexameter 63mal einen daktylischen 5 und 83mal einen

ι Vgl. S. 297. Vergils beide epischen Werke und Ovids Metamorphosen werden genau behandelt. Vgl. S. 307 ff. 3 Lucr. I 246; III 141, 145, 267, 742, 863; IV 469, 890, 954 (leicht); V 276; VI 1262. * Lucr. 1259; Π 1041; m 904,933; IV 1185; V 1146,1291; VI 427,1058,1250. 5 Außer den in der Anm. 3 genannten 11 Versen sind es: 1. mit einem leichteren Kolonende: Lucr. I 809, 864; II 119, 227, 357, 408; III 563, 725, 842, 863; IV 343, 356, 692; V 564, 741, 872, 1229; VI 142, 185, 201, 466, 585, und 2. ohne ein Kolonende Lucr. I 373; Π 386, 680; m 96, 489, 848; IV 684, 755, 819, 853, 870, 886; V 844, 863, 902, 965, 1232, 1255; VI 256, 258, 323, 436, 476, 583, 729, 867, 876, 962,1022,1030,1039. 2

304

Die Hexameterklausel et mihi Damon

spondeischen 1 4. Fuß vor der Klausel auf, was ebenfalls - bei denselben Voraussetzungen - im Vergleich mit Lucilius ein Fortschritt in der Richtung auf die Verstechnik der augusteischen Dichter ist. Catull hat mit der betrachteten Klausel 16 Hexameter ausgehen lassen. Das sind 2,03%. Innerhalb der Klausel finden wir bei ihm kein einziges metrisches Wort. Ebenfalls hat er die Zahl der Hexameterschlüsse wie 64, 58: pellit uada remis auf drei reduziert, 2 was an sich einen weiteren Fortschritt in der Verstechnik darstellt. Man könnte dagegen einwenden, daß diese drei Schlüsse in 787 Hexametern (0,38%) im Vergleich mit 15 derartigen Schlüssen bei Lukrez in 7415 Versen (0,2%) 3 gar keine Verfeinerung der Verskunst seien. Dieser mögliche Einwand ist jedoch unhaltbar. Erstens muß man die Gesamtheit rhythmischer Erscheinungen am Versende berücksichtigen, was eindeutig zugunsten Catulls spricht. 4 Zweitens ist zu betonen, daß in Catull. 64, 304 im 4. longum eine tontragende Silbe steht. Es bleibt also im ganzen aus 408 Hexametern bestehenden Epyllion eigentlich nur ein einziger derartiger Hexameterschluß (0,24%): Catull. 64, 58: immemor at iuuenis fugiens pellit uäda remis. Auch die Gestaltung des 4. Hexameterfußes steht bei Catull noch im Gleichgewicht: er ist 8mal daktylisch und 8mal spondeisch. Wir finden aber bei ihm 6mal die bukolische Diaerese 5 und nur einmal die Diaerese nach dem 4. Spondeus. 6 In den übrigen 7 Versen mit dem spondeischen 4. Fuß gibt es an dieser Versstelle kein Kolonende. 7 Ist es bereits eine bewußte Abkehr von archaischer Ästhetik? Allerdings ist zu bemerken, daß sich von diesen 6 Beispielen für die bukolische Diaerese vor der Klausel nur eines im Epyllion befindet, die übrigen fünf stammen aus dem elegischen Teil des überlieferten Werkes des Catull. Dies spiegelt aufs genaueste Catulls besondere und nur ihm eigene Vorliebe für den

1

Außer den in der Anm. 4, S. 303 genannten 10 Versen sind es: 1. mit einem leichten Kolonende: Lucr. I 602,1115; Π 49,103, 1026,1066; ΠΙ 206, 631, 904, 998; IV 185, 249, 373, 884; V 571; VI 281 und 2. ohne ein Kolonende: Lucr. I 200, 393, 724,222, 894,1062, £Z1; Π 40, 85, 265, 323, 371, 633, 659, 728, 254, 872, 975, 999, 1022, 1071, 1118, 1156; ΙΠ 110, 473, 52Q, 677, 808, 850, 906, 1014, 1029, 1070, 1085; IV 250, 255, 573, 831, 841, 946; V 88, 152, 353, 383, 507, 694, 836, 1135, 1226; VI 64, 88,140,162, 282, 384, 589, 973,1075. Die Unterstreichung kennzeichnet die wörtliche Wiederholung. 2 Noch Catull. 64, 304: constructae sunt dape mensae und 98, 3: ueniat tibi possis. 3 Vgl. oben S. 302 Anm. 2. 4 Über die Verbannung der Synaloephe aus der Klausel siehe S. 299 mit Anm. 1. 5 Catull. 64, 23; 66, 25; 68,153; 69, 5; 100, 5; 107, 7. Die übrigen zwei Verse mit dem daktylischen 4. Fuß ohne die bukolische Diaerese sind 68,55 und 92,1. 6 Catull 69, 7. 7 Catull. 67,13; 68,147; 76,17; 86,1; 91,1; 99,13; 106,1.

vor Vergil

305

spondeischen absoluten Wortschluß im 4. Fuß des stichisch verwendeten Hexameters wider. Wenn man darüber hinaus weiß, daß Catull der semiquinaria als Hauptcaesur den absoluten Vorzug gab und die semiseptenaria nur äußerst selten als Hauptcaesur in seinem Epyllion duldete, muß man daraus folgern, daß bei ihm die Versstelle zwischen dem 3. longum und dem Ende des 4. Fußes ein molossisches oder ein ionisches Wort ( w " - ~) am häufigsten füllen muß. Und das ist tatsächlich der Fall. Eine andere Tatsache ist aber, daß Catull im elegischen Distichon die bukolische Diaerese mit unserer Klausel als erster so deutlich in Verbindung gebracht hat. Ciceros Verskunst verdient unsere besondere Aufmerksamkeit. 1 Es sind nur Fragmente seiner Gedichte auf uns gekommen. Zu den größeren geschlossenen Einheiten gehören Teile der Aratos-Übertragung, die Fragmente aus De consulatu suo, aus dem Marius und aus den Übersetzungen Homers. Außerdem sind uns kleinere Bruchstücke und Einzelverse bekannt. Insgesamt liegen uns 742 Hexameter Ciceros vor. Die Aratos-Übertragung zählt zu Ciceros jugendlichen Versuchen; es sind seine frühesten Hexameter, von denen wir 545 Verse der Phaenomena und 27 Verse der Prognostica kennen. Chronologisch gehen sie den Werken des Lukrez und des Catull voran.2 Doch die restlichen Fragmente kommen aus den Werken, die ungefähr zur gleichen Zeit wie De rerum natura und Catulls Gedichte entstanden, wenn nicht - wenigstens zum Teil - ein wenig später. Diese Unterscheidung ist deshalb sehr wichtig, weil wir den Klauseltypus et mihi Damon nur in der AratosÜbersetzung, genauer in den Phaenomena, nicht aber in den kärglichen Überresten der Prognostica finden, also vor Lukrez und Catull. Da aber Ciceros spätere Verskunst eine unmittelbare Brücke zu Vergil darstellt, wird sie an dieser Stelle behandelt. Cicero hat die Klausel et mihi Damon am Hexameterschluß 15mal gebraucht (2,02%). Da sie aber nur in den Phaenomena vorkommt, sind 1 Zu Ciceros Verskunst siehe die kritische Ausgabe J. Soubirans (wie S. 297 Anm. 4), wo er in der Introduction S. 101-105 neben der Behandlung des Versbaus eine sehr reichhaltige Bibliographie bietet. Davon seien hier genannt: J. Soubiran, L'hexametre de Cice'ron; le groupe des deux derniers pieds, Pallas 3 (1955), S. 41-59; ders., ,Intremere omnem' et ,si bona norint', Pallas 8 (1959), S. 23-56; ders., Ponctuation bucolique et liaison syllabique en grec et en latin, Pallas 13 (1966), S. 21-52; E. Tamerle, S. 13 ff.; W. W. Ewbank, The Poems of Cicero, ed. with Introduction and Notes ..., London 1933, S. 52-64; Τ. Peck, Cicero's Hexameters, ΤΑΡΑ 28 (1897), S. 60-74. Mit Vorsicht ist Ε. Courtney zu benutzen, dessen metrische Terminologie irreführend ist {The Fragmentary Latin Poets. Ed. with a Commentary Ε. Courtney, Oxford 1993, S. 149-152). Sein Kommentar zu Ciceros Versbau bezieht sich nur auf die späteren Fragmente (c. 174 Verse), die denen bei Morel-Büchner entsprechen. 2 Vgl. J. Soubiran, L'hexametre de Ciceron; frequence et repartition des mots en fonction de leur type prosodique, Pallas 2 (1954), S. 108.

306

Die Hexameterklausel et mihi Damon

es unter dem Ausschluß der übrigen Hexameter sogar 2,75%. Ein metrisches Wort der Art sub-caput Arcti kommt in der Klausel dreimal vor; 1 sonst noch einmal quam iacit ex-se (XXXIII 153). Vor der Klausel weist Ciceros Vers nur viermal einen spondeischen 4. Fuß 2 und nur einmal ein spondeisches Kolonende auf: frg. XXXIII 153: nectuntur, quam iacit ex-se. Sonst füllt Cicero nicht nur l l m a l den 4. Hexameterfuß mit dem Daktylus, sondern er hat lOmal die bukolische Diaerese, 3 also ein starkes Kolonende. Ohne ein Kolonende bleibt nur frg. XXIII: Hoc motu radiantis etesiae lH in uada ponti. Diese Daten können mit Catull verglichen werden. Manche Aspekte ergeben ein sehr ähnliches Bild. Doch ist der junge Cicero Catull dadurch überlegen, daß er den 4. Fuß bei der untersuchten Klausel entschieden häufiger daktylisch baut und daß er im Epos die bukolische Diaerese vor der Klausel so häufig verwendet, 4 vor allem aber dadurch, daß er in seinen später entstandenen Hexametern auf die Klausel et mihi Damon völlig verzichtet. In diesen 170 Versen finden wir keine Spur von ihr. Somit hat Cicero als erster unter den römischen Daktylikern den Hexameterschluß akzentmäßig bzw. hinsichtlich der Wortschlüsse geregelt und stellt in der Entwicklung des römischen Hexameters einen Meilenstein dar. 5 Vergil - wie wir bald sehen werden - hat sich entschieden, den Weg Ciceros einzuschlagen, also nicht den des Lukrez, ohne jedoch starr dogmatisch zu sein. Darin besteht seine Größe. Wo Cicero aus der angewandten Regel eine Tugend gemacht hat, 6 hat Vergil - mit voller Achtung für die Regel - durch die Zulassung von Ausnahmen sein eigenes faszinierendes ingenium entfaltet. 7 Eine andere Variante des Hexameterschlusses, die wir später von Lukrez gut kennen, 8 gebraucht Cicero in den Phaenomena lOmal, ζ. B.: XVI 2: prae se quatit Arctum 1 Frg. X X I 1 , ΧΧΠ: in-uada ponti und ΧΧΧΠΙ130: per-loca portat. In solchen Fällen, wenn das ganze metrische Wort nach der lex paenultimae betont wurde, gab es hier keine Inkongruenz. 2 Frg. X X I I 1 ; ΧΧΧΠΙ 8: namque est minor Ulis (latens), 130: caeli se per-loca portat. 3 Frg. ΧΧΧΠΙ 3, 8 9 , 1 0 5 , 1 2 1 , 1 5 8 , 254, 258, 276, 413,464. 4 Aus Catull 64 kennen wir nur ein Beispiel, vgl. S. 304. 5 Dieser Aspekt wurde von manchen Forschern, vor allem von J. Soubiran, zu Recht hervorgehoben. Die vorliegende Untersuchung bekräftigt diese - den Handbüchern der römischen Metrik unbekannte - Ansicht. Es seien hier genannt: J. Soubiran (wie S. 305 Anm. 2), S. 108-110. Vgl. auch die richtige Beobachtung bei W. Meyer, Zur Geschichte, S. 1038. 6 Soubiran, ebenda, S. 123. 7 Vgl. unten S. 308 Anm. 1. 8 Siehe S. 302 Anm. 2.

vor Vergil

307

XXXIII173: dextra rigat amnem 187: supero dedit orbem und noch 309, 325, 343, 376, 454, 468, 476, in seinem späteren Werk aber nur ein einziges Mal in der Odyssee (o 136): frg. IX (= 31,1 Bü): Tales sunt hominum mentes, quali pater ipse Iuppiter auctiferas lustrauit lumine terras. Das zeugt von der Verfeinerung des Hexameters, den Cicero zu einem gewissen rhythmischen Wohlklang gebracht hat. Doch es erhebt sich in diesem Kontext die Frage, warum sich Ciceros Hexameterschluß in den Aratea-Fragmenten von den späteren Dichtungen so stark unterscheide. Dafür kann nur ein Grund genannt werden: der Anfänger stand noch unter dem starken Einfluß des Ennius. 1 Doch die Ablehnung der Synaloephe vor und innerhalb der Klausel und - im Vergleich zu dem späteren Catull - die entschiedene Bevorzugung der bukolischen Diaerese vor der Klausel in den frühesten Hexametern, darüber hinaus der Verzicht auf das pyrrhichische Wort im 5. biceps im späteren Werk 2 gehören zu den wichtigsten Leistungen in der Geschichte des römischen Hexameters, die selbst Vergil respektierte. Eigentlich endet die Vorgeschichte des Klauseltypus et mihi Damon, zwar nicht chronologisch, aber entwicklungsmäßig, an diesem Punkte. 3 Aber wegen der Kontinuität, die zwischen Cicero und Vergil besteht, ist es sinnvoller, noch die beiden Epen Vergils und Ovids Metamorphosen an dieser Stelle zu behandeln und erst danach die römische Bukolik als eine geschlossene Gattung zu untersuchen. Vergil, der Epiker, verwendet die Klausel et mihi Damon sowohl in den Georgica als auch in der Aeneis. Seine Hexameterschlüsse, nicht nur die gerade untersuchten, sondern im allgemeinen, zeichnen sich durch

1 Einen gewissen Einfluß der griechischen Verskunst auf die Römer mittels Beobachtung und Nachahmung kann man nicht völlig ablehnen. Doch im wesentlichen, wie E. Tamerle bewies, hat das Bauprinzip des römischen Hexameters mit dem des griechischen wenig zu tun. Cicero konnte bei Aratos und anderen Autoren beobachten, daß ein Kolonende oder ein absoluter Wortschluß besonders häufig zusammen mit dem vierten Daktylus eintreten. Aber für unseren Klauseltypus bieten griechische Parallelen nur eine entfernte Analogie, weil die Position des Wortakzentes bzw. die Festlegung der Wortschlüsse im griechischen Hexameter keine konstitutive Rolle spielt. Aus Aratos kann ich beispielsweise nur zwei analoge Hexameter mit dem spondeischen 4. Fuß anführen, während diejenigen mit dem daktylischen sich leicht der Zahl 30 nähern: 259: Οι) μέν πως άπόλωλεν άπευθής I έκ Διός αστήρ, 730: αύτσν έπ' Ώρί(ΰνα μένων, εϊ\ οϊποΟι σήμα. 2 Außer dem einzigen Beispiel aus der Odyssee. 3 Chronologisch folgen dem Aratos des Cicero etwa gleichzeitig Catull, Lukrez und Ciceros spätere Dichtungen. Das nächste Werk ist schon Vergils Eklogenbuch.

308

Die Hexameterklausel et mihi Damon

eine rhythmische Regelmäßigkeit und Vollkommenheit aus.1 Sowohl die Synaloephe vor und innerhalb der Klausel als auch die Klauseln der Art feri bene firmum oder spatio foret usus, also mit einem pyrrhichischen Wort im 5. biceps und ohne den absoluten Wortschluß nach dem 4. Fuß, erscheinen bei Vergil nur sporadisch. In den Georgica finden wir nur eine Synaloephe vor und eine innerhalb der Klausel: georg. III 35: demissaeque ab Ioue gentis IV 409: atque ita uinclis. In der Aeneis zählen wir entsprechend vier und sechs Belege: Aen. I 327: namque haud tibi uultus IV 420: miserae hoc tarnen unum VIII 400: atque haec tibi mens est XI 822: atque haec ita fatur und Aen. 1405: ille ubi matrem V 382: atque ita fatur; dasselbe X 480 und XII 295, X 508: haec eadem aufert XII 26: hoc animo hauri. Meistens ist diese Synaloephe sehr leicht - atque ita hat bereits Lukrez.2 In Bezug auf die Klauselart feri bene firmum oder spatio foret usus muß nachdrücklich betont werden, daß sie in den Georgica nur einmal, in der Aeneis nur sechsmal erscheint, darunter fünfmal im Buch X, was nicht ohne ersichtliche Gründe geschah. 3 georg. II 153: per-humum neque tanto Aen. VIII 382: et sanctum mihi numen X 400: morae fuit Ilo 440: medium secat agmen 442: soli mihi Pallas 471: etiam sua Turnum 772: quantum satis hastae. In Aen. X und nur in diesem Buch kommt der Hexameterschluß et mihi Damon besonders häufig vor. Es kann dafür nur ein Grund genannt werden: In der sogenannten römischen Ilias wollte Vergil durch die 1

Vergils Hexameter und seine Klauseln strotzen ebenfalls von rhythmischer Vielfalt, welche fast ausnahmslos die Folge einer Absicht ist: sei es die rhythmische imitatio eines griechischen oder römischen Hexameters oder Lautmalerei, sei es die Dramatisierung der dargestellten Situation durch besondere, von den herkömmlichen abweichende rhythmische Mittel, immer zeigt sich Vergil als souveräner Meister. Dies unterscheidet ihn von dem sich streng an die von ihm selbst eingeführte Regel haltenden Cicero, was auf S. 306 deutlich hervorgehoben wurde. 2 Siehe oben S. 299. 3 Aen. X nimmt in Vergils epischer Dichtung eine besondere Stellung ein, auf deren Erklärung noch genauer einzugehen ist. In seinen Eklogen finden wir einen derartigen Hexameterschluß nicht. Siehe den 2. Teil dieses Kapitels, S. 315 ff.

309

vor Vergil

rhythmischen Mittel die Geschwindigkeit, Wechselhaftigkeit, Dramatik und Grausamkeit, die Spannung und - in einem Wort - Unruhe der Kampfszenen und der Gemüter zum Ausdruck bringen. Der Rhythmus diente ihm als ein Mittel der Dramatisierung der epischen Erzählung. Die Stelle aus den georg. II 308 vermittelt denselben Eindruck: georg. II 308-309: et totum inuoluit flammis nemus et nÜI atram ad caelum picea crassus caligine nubem. Darüber hinaus kann die Klauselart et mihi Damon im Zusammenhang mit dem darauffolgenden Überhang, oder dem in der Klausel beginnenden Auftakt, untersucht werden. 1 Die Zahl der metrischen Wörter in der Klausel ist bei Vergil ebenfalls sehr begrenzt. Aus den Georgica kann man keinen Beleg anführen, in der Aeneis finden wir drei Belege: Aen. I 498: per-iuga Cynthi V 628: per-mare magnum VIII148: sua sub-iuga mittant. Es ist aber die Klausel selbst, die uns hier interessiert. Von den 2188 Hexametern der Geogica schließen 26 auf diese Weise; das sind 1,18%. Das ist bis dahin die kleinste Prozentzahl in der Geschichte des römischen Hexameters, natürlich mit dem Vorbehalt, daß der direkte Vergleich zwischen den fragmentarisch und den vollständig erhaltenen Autoren nicht durchführbar ist. Sie ist kleiner als die kleinste Prozentzahl eines Einzelbuches des Lukrez (Lucr. I - 1,25%). In der Aeneis ist diese Zahl noch geringer. 2 Unter 9834 Hexametern 3 enden mit der untersuchten Klausel 91 Verse (0,92%). Wie sieht dieses Verhältnis in den einzelnen Büchern aus? Dies wollen wir in den folgenden Tabellen zeigen.

georg. I II III IV Insg.

1

Verszahl

Klausel

Prozentzahl

514 542 566 566 2188

5 7 9 5 26

0,97% 1,29% 1,59% 0,88% 1,19%

Siehe unten S. 311 ff. Sie wird bei Ovid noch sinken. 3 Ich habe 58 unvollendete Verse und vier athetierte, insgesamt 62 Hexameter, abgezogen. Die Athetesen sind: Aen. V 858b-859a, VI 242, VII 179, 182. Zu VII179 und 182 vgl. Ch. Gnilka, Das Templum Romae und die Statuengruppe bei Prudentius, c. Symm. 1, 215/237, Boreas. Münstersche Beiträge zur Archäologie 17 (1994), S. 82 mit Anm. 100. 2

310

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Hier sind die Prozentzahlen in georg. II und III zwar höher als die Mindestzahl bei Lucr. I (1,25%) und Lucr. V (1,57%)/ insgesamt ist aber das pyrrhichische Wort im 5. biceps in Vergils Lehrgedicht seltener.

Aen.

Insg.

I II III IV ν VI VII VIII IX χ XI XII

Verszahl

Klausel

Prozentzahl

753 794 711 700 863 898 809 728 812 902 913 951 9834

12 3 2 5 8 7 2 5 11 19 6 11 91

1,59% 0,37% 0,28% 0,71% 0,92% 0,77 % 0,24% 0,68% 1,35% 2,10% 0,65% 1,15% 0,92%

In der Aeneis wird die Weiterentwicklung der Vergilschen Verstechnik noch sichtbarer. Außer dem erwähnten Buch X mit der überraschend hohen Prozentzahl 2,10% gibt es noch drei Bücher, in denen der Anteil höher als 1% ist: Aen. I - 1,59%, Aen. IX - 1,35% und Aen. XII 1,15%. Für den letzten Gesang voller dramatischer Schilderungen sowie für Buch IX gilt dieselbe Erklärung, die wir für Aen. X formuliert haben. Jetzt gehe ich zur Behandlung des 4. Hexameterfußes vor der Klausel über. Erst an dieser Stelle ist es sinnvoll, die Verse aus Vergils Epen anzugeben. In den Georgica erscheint ein daktylischer Wortschluß vor der Klausel 21mal (80,76% der Klauseln), ein spondeischer nur 5mal. 2 Dabei finden wir lOmal die bukolische Diaerese vor der Klausel (38,46%), 3 5mal ein leichteres Kolonende 4 und 6mal keine Pause. 5 Zu betonen ist, daß sich in den Georgica kein einziges Kolonende nach dem 4. Spondeus findet, die Diaerese nach dem 4. Spondeus, vor allem nach spondeischem

1 Vgl. A. J. D. Porteous, Virgil's ,Eclogues': A Metrical Clue to the Order of Composition, CR 35 (1921), S. 104. 2 Georg. Π 82, ΠΙ 8, 35, IV 324, 498. 3 Georg. I 63,150, 380, Π 20, 486, ΠΙ 42,176, 260,496, IV 418. 4 129, 356, Π 308, IV 84, 409. 5 Georg. Π 49, 447, 458, ΠΙ 84, 416,499.

vor Vergil

311

Wort im 4. Fuß 1 wird also von Vergil, im Gegensatz zu Lukrez, im didaktischen Epos vor der Klausel gemieden. Ebenso ist es in der Aeneis, wo wir nur zweimal eine Diaerese nach dem 4. Spondeus finden: Aen. IX 194: si tibi quae posco promittunt (nam mihi facti fama sat est) XI 389: imus in aduersos - quid cessas? an tibi Mauors In der Aeneis ist der 4. Hexameterfuß vor der Klausel 62mal daktylisch (68,13%) und 29mal spondeisch2 (31,87%). Die bukolische Diaerese erscheint in der Aeneis 32mal3 (35,16%), also gleich häufig wie in den Georgica, ein leichtes Kolonende aber nur dreimal4 und kein Kolonende nach dem 4. Daktylus 27mal.5 Die spondeischen Wortschlüsse im 4. Fuß weisen, außer den oben zitierten Aen. IX 194 und XI 389, kein Kolonende auf. Relativ gesehen sieht das Verhältnis der bukolischen Diaerese zu den übrigen Wortschlüssen nach dem 4. Daktylus vor der Klausel et mihi Damon in den beiden Epen ähnlich aus: georg. 10 : 11, Aen. 32 : 30. Bald werden wir auch den Sachverhalt in den Eklogen sehen. Es sei jetzt die Klausel im Zusammenhang mit dem Überhang oder dem seltenen Auftakt untersucht.6 Bei dem Auftakt handelt es sich um die Kola, die im 5. oder im 6. Hexameterfuß beginnen. Der Überhang ist primär ein abrupt wirkendes Kolonende im Zeilensprung, welches mit dem ersten Daktylus, oder seltener Spondeus, mit einer starken Interpunktion ausgeht. Hierhin gehören auch die Kola, die innerhalb des ersten Fußes enden. Weiter werden hier auch die Kola ohne starke Interpunktion berücksichtigt. Überdies zähle ich zum Überhang diejenigen Kola, die in der semiternaria oder nach dem 2. Trochäus ausgehen. In den Georgica kommt einmal in der Klausel die äußerst seltene Kombination des Auftaktes mit Überhang vor: georg. II 49: quippe solo natura subest. tarnen haec quoque, si quis inserat / aut scrobibus mandet mutata subactis ... In der Aeneis haben wir mit dem Auftakt, der auch sonst gelegentlich vorkommt, in der Klausel nur zweimal zu tun: 1

Vgl. J. Perrets Kommentar zu Verg. IX 6. Aen. I 327, 407, 444, 498, Π 520, m 42, V 615, 628, 808, VI 47, 365, V m 400, 566, IX 67, 94, 136, 194, 288, 396, X 34, 44, 153, 587, XI 389, 822, XII 317, 646. 3 Aen. I 328, 405, 592, 719, II 71, ΙΠ 207, IV 13, 702, V 414, 672, VI 30, 434, V n 319, Vffl 666, IX 117,491, 513, X 9, 308,480, 508, 594, 619, 630, 740, 858, XI 57, 442, ΧΠ 356, 873. 4 Aen. Π 530, IX 794, X 260. 5 Aen. I 199, 290, 380, 734, IV 317, 336, 420, V 274, 382, 756, VI 123, V n 321, V m 148, IX 441, X 242, 358, 704, 881, XI 179, 688, ΧΠ 26, 295, 406, 801, 933. 6 Zur Terminologie siehe Kapitel 14, S. 39 ff. 2

364, 260, 138, 812,

278, 532,

312

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Aen. III 207:

haud mora, nautae adnixi torquent spumas et caerula uerrunt. X 153: haud fit mora, Tarchon iungit opes foedusque ferit; Dem Überhang begegnen wir in den Georgica sonst 7mal, darunter dreimal in der semiternaria: georg. III 42: en age segnis / rumpe moras; 499: et pede terram / crebra ferit; IV 324: aut quo tibi nostri / pulsus amor? zweimal nach dem ersten Trochäus: georg. I 380: et bibit ingens / arcus, et e pastu... II 447: et bona bello / cornus; und zweimal nach dem ersten Daktylus: georg. III 35: ab Ioue gentis / nomina, IV 409: atque ita uinclis / excidet. . In der Aeneis haben wir es 15mal mit dem im 2. longum ausgehenden Überhang zu tun.1 Dies ist die häufigere, aber keineswegs die markante Form. Nach dem ersten Daktylus endet das Kolon viermal: Aen. VI 278: et mala mentis / Gaudia, 365: aut tu mihi terram / inice, IX 288: (nox et tua testis / dextera), XII 260: me duce ferrum / corripite, ο miseri nach dem ersten Trochäus nur zweimal: Aen. VI 138: hunc tegit omnis / lucus I et obscuris X 44: det tua coniunx / dura, Insgesamt sind es 21 Belege, davon nur sechs nach bzw. im 1. Fuß. Daraus ersehen wir, daß der Überhang in Verbindung mit der Klausel et mihi Damon, außer dem üblichen Kolonende in der semiternaria, selten ist. Dies ist verständlich, denn der Überhang ist viel effektvoller als Teil eines längeren Gedankens, welcher sich über mehrere oder wenigstens über einen Hexameter hinaus ausbreitend eine Spannung und eine Erwartung vorbereitet, die erst im Überhang wirkungsvolle Auflösung und Erfüllung finden. Hier dagegen, nur kurz durch die Klausel et mihi Damon eingeleitet, vermittelt der Überhang einen Eindruck von Unruhe oder untermalt schnell und abwechselnd verlaufende Handlungen. Ovid schließt in den Metamorphosen den Hexameter mit der Klausel et mihi Damon nur 38mal in 11975 Versen. Das sind lediglich 0,317%. Die höchste Prozentzahl in einem Einzelbuch beträgt 0,676% in met. X. Eine leichte Synaloephe finden wir in diesen Klauseln nur dreimal: ι Aen. I 327, 405, IV 317, V 672, 756, V m 364, IX 136,194, 441, 491, 630, 881, ΧΠ 406, 646, 873. Der Überhang steht jeweils im folgenden Hexameter.

313

vor Vergil

met. I 757: ille ego liber V 214: atque ita supplex VII172: ergo ego cuiquam, eine Synaloephe vor der Klausel nur einmal: met. IX 404: nis(i) ab-Ioue uinci, ein metrisches Wort nur zweimal, noch: met. XII 485: in-latus ensem. Vom Belang ist es vor allem, daß Ovid das Kolonende nach dem 4. Spondeus nicht ein einziges Mal geduldet hat. Er ist in dieser Hinsicht noch strenger als Vergil mit zwei Diaeresen nach dem 4. Spondeus. Auf die einzelnen Bücher verteilt sich die Klausel folgendermaßen:

Ov. met. I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV Insgesamt

Verszahl

Klausel

Prozentzahl

759 875 733 803 678 721 865 884 797 739 795 628 968 851 879 11975

3 1 3 1 2 4 4 1 1 5 3 4 3 1 2 38

0,395% 0,114% 0,409% 0,124% 0,294% 0,462% 0,462% 0,113% 0,125% 0,676% 0,377% 0,636% 0,309% 0,117% 0,227% 0,317%

Doch es bleibt kein Buch der Metamorphosen ohne wenigstens einen derartigen Hexameterschluß. Dem 4. Daktylus folgt die Klausel bei Ovid 32mal (84,2%), dem 4. Spondeus nur ömal. 1 Das Verhältnis der bukolischen Diaerese zu den übrigen daktylischen Wortschlüssen innerhalb von 32 Belegen mit dem 4. Daktylus ist bei Ovid ebenso ausgeglichen wie bei Vergil, nämlich 17 : 15. Die bukolische Diaerese erscheint also in 17 (= 44,73%) Hexametern mit der Klausel et mihi Damon·,2 manchmal ist ι Ov. met. ΠΙ 456, VI 374,497, ΧΠ 312, 554, ΧΙΠ 548. 2 Met. I 607, Π 521, ΙΠ 266, 359, VI 47, 352, VII172, 340, VIII 70, X 547, 645, 728, XI 451, 720, ΧΠ 276, XIII 819, XIV 761. Die kursiv gedruckten Zahlen kennzeichnen ein schwaches Kolonende.

314

Die Hexameterklausel et mihi Damon

das Kolonende leicht. Ein leichteres Kolonende nach dem 4. Daktylus findet sich in fünf Versen, 1 keine Pause in zehn Versen. 2 Bei Ovid finden wir nur einen Fall des Auftaktes in der Klausel: met. XII 312: perculit aduersos. aduersum tu quoque, quamuis terga fugae dederas. Der Überhang ist viel seltener als bei Vergil. Es gibt nur 8 Belege, davon drei mit Einschnitt nach dem 1. Daktylus: met. VII 738: et in mea pugno / uulnera; XI 720: ,Heu! miser,' inquit / ,quisquis es, XII 554: me minus uno uiribus / atque alios uinci potuisse ferendum est, eins nach dem 1. Trochäus: VII 646: has quoque somni / esse, eins nach dem 1. Spondeus (latens): III 266: at, puto, furto est contenta,/ et thalami breuis est iniuria nostri. und drei in der semiternaria: IX 404: nisi ab Ioue uinci / haud poterit, X 547: non mouet aetas nec facies / nec, quae Venerem mouere, leones3 XII 485: et in latus ensem obliquat / longaeque amplectitur ilia dextra. Die Pausen sind bei Ovid häufig nur sehr leicht, wodurch der Vers fließender wirkt als bei Vergil. Ovid schließt eine wichtige und im Vergleich mit den Griechen nicht allzu lange Periode der rhythmischen Entwicklung des Hexameters. Er hat eine bestimmte Leichtigkeit erreicht, indem er die Wortakzente, bzw.

ι Met. I 757, V 214, VII 738, XI751, XV 83. Met. 1557, IV 556, V 152, VII646, IX 404, X 310, 614, ΧΠ 485, ΧΠΙ 380, XV

2

496. 3 Eigentlich kein deutlicher Überhang. Dem kann noch ein Vers hinzugefügt werden, in dem die kolometrische Gliederung keinen Überhang erkennen läßt: met. XIV 761: quorum memor, ο mea, lentos pone, precor, fastus / et amanti iungere, Nymphae! Es gibt kein Kolonende und keine Pause nach pone. Der Gedanke geht fließend voran und endet in der semiquinaria mit fastus. Bei Ovid kommen auch die Hexameterschlüsse vor, die wir aus Lukrez besonders gut kennen (siehe S. 299 Anm. 1), ζ. B. met. ΠΙ 572: Bacchus ubi esset, oder XI 359: clara neque anno, und noch mit nequ(e) XIII 593, 929, XV 393, mit sin(e) ΧΙΠ 339, XV 214, 296, mit nis(i) ΧΙΠ 390, insgesamt, wenn ich sie vollständig erfaßt habe, neunmal.

bei den römischen Bukolikern

315

Wortschlüsse, 1 auf eine bestimmte Weise verteilt. 2 In Bezug auf den Hexameterschluß ist Ovid derjenige Verskünstler, der den aus dem 5. biceps herausklingenden Wortakzent hat erheblich zurücktreten lassen. 3 Es bedarf kaum eines Nachweises, daß Ovid genauso wie Vergil auf seine Nachfolger einen großen Einfluß ausübte. Dieser Einfluß Ovids ist auch bei Calpurnius Siculus bemerkbar. Bei ihm ist die Gestaltung des 1. Fußes mehr daktylisch geworden und auch sonst wurde sein Hexameter an bestimmten Versstellen leichter.4 Trotzdem steht der Vers des Calpurnius hinsichtlich der Klausel et mihi Damon im Gegensatz zu Ovid. Die Gründe dafür werden wir im folgenden Teil dieses Kapitels nennen. 5

2. Die Klausel Bukolikern

et mihi Damon

bei den römischen

Vor dem gerade dargestellten Hintergrund werden jetzt in der Untersuchung der römischen Bukolik sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede im Gebrauch der Klasusel et mihi Damon deutlich genug zum Vorschein kommen, um eine komplexe Interpretation zu ermöglichen. Sie hat offensichtlich zwei Aspekte. Der eine bezieht sich auf die Bukoliker selbst, die untereinander verglichen werden, der andere betrifft die Bukolik als Gattung, bzw. einzelne Bukoliker, im Vergleich mit den behandelten nicht bukolischen Dichtern außer Horaz. Das Endergebnis dieser Untersuchung wird die Antwort auf die Frage ermöglichen, ob dem Klauseltypus et mihi Damon gerade in der römischen Bukolik eine besondere Rolle zukommt. Sollte dies der Fall sein, muß die Warum-Frage gestellt und nach Möglichkeit beantwortet werden. In Übereinstimmung mit der vorhergehenden Behandlung werden neben der Häufigkeit der Hexameterklausel et mihi Damon bei den einzelnen Bukolikern - die Art des 4. Hexameterfußes und der die Klausel gelegentlich begleitende Überhang erfaßt. 1 Die Ausdrücke sind austauschbar, weil der Wortakzent und der Wortschluß im Lateinischen zusammenhängen. 2 Maßgebend ist die Abhandlung von E. Tamerle, siehe auch den Aufsatz von F. C. Hultgren, Die Technik der römischen Dichter im epischen und elegischen Versmaß, S. 745-772. 3 Im allgemeinen habe ich doch den Eindruck, den ich im Moment nicht begründen kann, daß Vergils Verskunst der des Ovid überlegen ist. 4 Die Daten kann man den Studien von G. E. Duckworth, E. Tamerle und R. Verdiere entnehmen. 5 Diese Darlegung, die einen vollständigen Überblick über die Geschichte der Klausel et mihi Damon von Ennius bis Ovid bietet (ohne Horaz), könnte weiter entfaltet werden, jedoch nicht im Rahmen dieser Arbeit.

316

Die Hexameterklausel et mihi Damon

In Vergils Eklogen schließt der Hexameter mit der Klauselart et mihi Damon 29mal in 813 Versen (3,57%). 1 Dabei finden wir zweimal eine leichte Synaloephe innerhalb der Klausel und einmal eine vor der Klausel: 2 VII 7: atque ego Daphnin IX 51: saepe ego longos IV 56: atque huic pater adsit. Da sich hier die Akzentgipfel genauso verteilen wie in dem Musterbeispiel ohne Synaloephe, werden diese Verse ohne jeglichen Unterschied berücksichtigt. Ein metrisches Wort taucht bei Vergil nur einmal in VI 9 auf (si-quis). Der im Vergleich mit Vergils Epen merklich hohe Anteil dieser Klauselart in den Eklogen fällt sofort auf. Gegenüber dem Anteil 3,57% in den Eklogen steht die zweithöchste Prozentzahl 2,10% in Aen. X merklich zurück. Sie ist jedoch aufgrund dichterischer Absicht 3 selbst für die Aeneis außergewöhnlich hoch, immerhin viel niedriger als 3,57%. Die dritthöchste Prozentzahl, die 1,59% beträgt, ist für georg. III und Aen. I belegt; sie erreicht nicht einmal die Hälfte von 3,57%. Dadurch wird die Sonderstellung der Eklogen in Vergils Gesamtwerk evident, welche jedenfalls aus anderen Gründen bislang bekannt und häufig zum Ausdruck gebracht wurde. Darauf kann aber erst später eingegangen werden. Vorher wollen wir die Klausel und ihre Umgebung im Zusammenhang erörtern. Zitiert werden alle Belege in zwei Gruppen, je nach dem Bau des 4. Hexameterfußes, und zwar so, daß der Auftakt oder der Überhang berücksichtigt werden. Die auf den linken Rand gesetzten Bezeichnungen 3, l d , 2tr geben die Auskunft, an welcher Versstelle ein Kolon im Überhang endet. Unter den 29 Belegen geht in Vergils Eklogen der Klausel et mihi Damon 16mal die bukolische Diaerese voran, 4 das sind also etwas über 50% (55,17%). Es werden hier und weiter in den entsprechenden Teilen folgende Abkürzungen benutzt: a) beim Überhang wird sein Ende durch eine hochgestellte Angabe angezeigt, ζ. B. // ld ; b) ein Auftakt wird links durch Α gekennzeichnet; 1

So auch die Angaben von W. Clausen zu Verg. Π 26 non ego Daphnin\ auch zu den einzelnen Eklogen Vergils gibt er dieselben Zahlen wie hier an (siehe Tabelle auf S. 325). 2 Vgl. oben S. 299. 3 Vgl. oben S. 308 f. 4 A. J. D. Porteous stellt 12 Fälle der bukolischen Diaerese fest: siehe CR 35 (1921), S. 103. Er läßt aber VII 7 und IX 51 außer acht, was 14 ergäbe. Daran erkennt man, daß Porteous vom Wesen der bukolischen Diaerese eine richtige Vorstellung hatte.

bei den römischen Bukolikern

317

c) wenn das Kolon zusammen mit der Klausel endet, steht hinter dem angeführten Vers ein Doppelstrich (//); d) in den übrigen Fällen wird die Position des Kolonendes im folgenden Hexameter hinter dem angeführten Vers in Klammern angegeben: (3tr) = in der Caesur κατά τρίτον τροχάϊον, (5) = in der semiquinaria, (7) = in der semiseptenaria, (8b) = in der bukolischen Diaerese, (E) = am Ende des folgenden (selten des übernächsten) Hexameters. Verg. ecl.: II 26: cum placidum uentis staret mare.ll non ego Daphnin (5) II 42: bina die siccant ouis ubera;ll quos tibi seruo.// III 23: si nescis, meus ille caper fuit;ll et mihi Damon (5) III 94: Parcite, oues, nimium procedere:ll non bene ripae creditur;// ld VI 80: quo cursu deserta petiuerit II et quibus ante (E) VII 7: uir gregis ipse caper deerrauerat;ll atque ego Daphnin aspicio.//3 VII 21: Nymphae noster amor Libethrides,ll aut mihi carmen, (8b) VII 47: solstitium pecori defendite:ll iam uenit aestas torrida,// ld VIII 7: siue oram Illyrici legis aequorisjl - en erit umquam ille dies,//3 mihi cum liceat tua dicere facta? VIII 102: transque caput iace, nec respexeris.il his ego Daphnin adgrediar;// 3 IX 17: Heu, cadit in quemquam tantum scelus? II heu, tua nobis (Ε) IX 33: Pierides, sunt et mihi carmina,ll me quoque dicunt (5) IX 51: Omnia fert aetas, animum quoque.ll saepe ego longos (E) IX 53: nunc oblita mihi tot carmina,ll uox quoque Moerim iam fugit ipsa://2tr IX 60: incipit apparere Bianoris.ll hic, ubi densas (7 leicht + E) X 11: nam neque Parnasi uobis iugajl nam neque Pindi. (3tr) Hinzu treten 5 Hexameter mit daktylischem 4. Fuß ohne bukolische Diaerese: II 37: fistula, Damoetas dono mihi quam dedit olim,// II 53: addam cerea pruna (honos erit huic quoque pomo),// III 52: Quin age, si quid habes; in me mora non erit ulla,// IV 34: alter erit tum Tiphys et altera quae uehat Argo (3tr) A VI 9: non iniussa cano. si-quis tarnen II haec quoque, si-quis captus amore leget.// (5) Insgesamt haben wir es 21mal mit dem daktylisch gebauten 4. Hexameterfuß zu tun (72,41%). In den übrigen 8 Versen (27,58%) geht der

318

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Klausel der spondeische absolute, darunter einmal latente, Wortschluß voran: II 60: quem fugis, a! demens? habitarunt di-quoque siluas // III 40: in medio duo signa, Conon et - quis fuit alter,// III 88: Qui te, Pollio, amat, ueniat quo te-quoque gaudet;// IV 56: nec Linus, huic mater quamuis atque huic pater adsit,// V 52: Daphnin ad astra feremus: amauit nos-quoque Daphnis.// V 80: agricolae facient: damnabis tu-quoque uotis.// VIII 48: commaculare manus; crudelis tu-quoque. mater.// VIII 50: improbus ille puer; crudelis tu-quoque mater.// Es kommen sofort einige Einzelheiten zum Vorschein. Vergil hat in seinen Eklogen in der Umgebung der Klausel et mihi Damon den Überhang 6mal verwendet, aber ausschließlich in den Hexametern mit der bukolischen Diaerese. Das ist eine wichtige Einschränkung im Bereich der Verskolometrie. Anders gesagt handelt es sich darum, daß das Kolon nur dann über die Versgrenze hinweg weitergeführt und im Überhang beendet wird, wenn es im 5. Fuß nach einer stärkeren Interpunktion beginnt. Das Kolon endet bei Vergil 3mal in der semiternaria, 2mal nach dem 1. Daktylus und, was selten ist, einmal nach dem 2. Trochäus. Den in der Klausel et mihi Damon beginnenden Auftakt finden wir in Vergils Eklogen nur einmal, und zwar in einer besonders kunstvollen Form. Denn in VI 9 handelt es sich zwar nicht um einen typischen Auftakt, sondern auf den ersten Blick um eine anaphorische Wiederaufnahme des Anfangs eines Nebensatzes, der aus zwei Kola besteht, die nur zusammen den Sinn zum Ausdruck bringen. Da auf jeden Fall eine Pause nach quoque wegen des Anakoluths zu machen ist, liegt beim zweiten Kolon doch ein Auftakt vor, welcher der Hervorhebung von captus amore dient. 1 Es verbleibt anzugeben, an welchen Versstellen ein Kolon in den übrigen 23 Hexametern, d. h. in denen ohne einen Überhang, endet: 1) im selben Vers zusammen mit der Klausel (12mal): II 42, 37, 53, III 52, und in allen Hexametern mit dem spondeischen 4. Fuß, nämlich II 60, III 40, 88, IV 56, V 52, 80, VIII 48, 50. 2) im folgenden Vers: a) in der semiquinaria (4mal): II 26, III 23, VI 9, IX 33; b) in der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον (2mal): IV 34, Χ 11; c) in der bukolischen Diaerese (lmal): VII 21;

1 Vgl. dagegen Calp. VII16, zitiert unten S. 321, wo an derselben Versstelle ein neues, eingeschobenes, Kolon beginnt.

bei den römischen Bukolikern

319

d) in der semiseptenaria (lmal): IX 60; 1 e) am Versende (3mal): VI 80, IX 17, 51. Da es sinnvoll sein dürfte, die detaillierten Analysen und Vergleiche erst am Schluß des Kapitels darzulegen, wird jetzt der Sachverhalt bei den übrigen Bukolikern systematisch erfaßt. Bei Calpurnius Siculus schließt der Hexameter mit dem Klauseltypus et mihi Damon ebenfalls 29mal, aber in 753 Versen, was eine höhere Prozentzahl ergibt als bei Vergil, nämlich 3,85%. Von der auch sonst von Calpurnius gemiedenen Synaloephe findet man in diesem Kontext keine Spur. Auch das metrische Wort erscheint nur zweimal (2): IV 158: fas est und VII 16: si quis. Unter diesen 29 Fällen erscheint der spondeisch gebaute 4. Fuß nur 3mal (10,34%): Calp. IV 70: Est, fateor, Meliboee, deus: sed nec mihi Phoebus (5) IV 150: tarn liquidum, tarn dulce canunt, ut non ego malim (E) VI 89: si uicibus certare placet - sed non ego uobis arbiter ;// ld Man muß aber den Unterschied zu Vergils Praxis betonen, denn hier haben wir im 4. biceps dreimal ein schweres Monosyllabon, welches nach der semiseptenaria als Interpunktionscaesur ein neues Kolon einführt, während es bei Vergil vorwiegend der Auslaut eines längeren Wortes ist, welches nach der semiquinaria bzw. der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον beginnt. 2 Der daktylische 4. Fuß ist also vor der Klausel überwältigend häufig. Die 26 Belege ergeben 89,65%. Bei Calpurnius Siculus kommt es aber zu einer bedeutenden Regelmäßigkeit, die es bei Vergil nicht gibt. Denn bei Calpurnius erscheint die Klausel et mihi Damon fast ausschließlich nach der bukolischen Diaerese. 3 Wir finden sie vor der Klausel 25mal, d. h. in 96,1% bei daktylischen Wortschlüssen im 4. Fuß und in 86,2% aller Fälle der in Betracht kommenden Klausel. Es bleibt nur ein Vers mit einem daktylischen 4. Fuß ohne bukolische Diaerese: II 30: ille etiam paruo dixit mihi non leue carmen.// In den übrigen 25 Versen ist die bukolische Diaerese in zwei Fällen wegen des leichten Kolonendes als schwächer empfunden. Einmal folgt ein Relativsatz: 4

1 Es handelt sich um ein leichtes Kolonende, das anaphorisch aufgenommen und bis zum Hexameterschluß weitergeführt wird. 2 Vgl. oben S. 318. 3 Vgl. auch oben S. 109 ff., besonders S. 112. 4 Auf das Komma des Herausgebers sollte man in diesem Satz verzichten.

320

Die Hexameterklausel et mihi Damon

I 17: nec tibi defuerit mea fistula,II quam mihi nuper 1 (E) matura docilis compegit arundine Ladon. Ein anderes Mal folgt ein durch kopulatives et weitergeführtes Kolon: II 42: ars mea nunc malo pira temperat II et modo cogit (E) insita praecoquibus subrepere persica prunis. Aber eben diese wenigen Belege ohne ein starkes Kolonende bestätigen den eindeutigen Willen des Calpurnius, den Klauseltypus et mihi Damon mit der bukolischen Diaerese in den engsten, fast untrennbaren Zusammenhang zu bringen. Es seien die Hexameter angeführt. I 13: Quo me cumque uocas, sequor, Ornyte;ll nam mea Leuce,// I 17: siehe oben I 24: Ornyte, fer propius tua lumina:ll tu potes alto (E) II 1: Intactam Crocalen puer Astacus II et puer Idas //2 II 36: me docet ipsa Pales cultum gregis,ll ut niger albae (E) II 42: siehe oben II 52: Ο si quis Crocalen deus afferat! II hunc ego terris, (E) II 84: Num, precor, informis uideor tibi? II num grauis annis?// III 10: Mobilior uentis ο femina! II sic tua Phyllis:// III 36: A te coeperunt tua iurgia;ll tu prior Uli (5) III 45: „Has tibi, Phylli, preces iam pallidusjl hos tibi cantus dat Lycidas,// 3 IV 30: non eadem nobis sunt tempora,ll non deus idem.// IV 73: Incipe, nam faueo; sed prospice,ll ne tibi forte 3 (E) IV 144: mortalique lates (es enim deus):ll hunc, precor, orbem,// 145: hos, precor, aeternus populos rege! II sit tibi caeli uilis amor Iß IV 158: fer, Meliboee, deo mea carmina:ll nam tibi fas est (E) IV 168: Nunc ad flumen oues deducite:ll iam fremit aestas,// V 75: texerit occulto sub uulnere:ll quae nisi ferro rumpitur,// ld V 84: impressurus oui tua nomina;ll nam tibi lites (E) 1 Dieser Fall unterscheidet sich von seinem möglichen Vorbild Verg. Π 37 '.fistula, Damoetas dono mihi quam ded.it olim, wo ich die bukolische Diaerese nicht anerkannte, weil es sich hier um einen notwendigen (synthetischen) Relativsatz handelt, welcher mit dem Vers ausgeht. Bei Calpurnius führt dagegen der freie (parathetische) Relativsatz ein neues Kolon ein. Die Bezeichnungen .synthetische' und .parathetische Nebensätze' stammen von J. M. Stahl, Kritisch-historische Syntax des griechischen Verbums der klassischen Zeit, Heidelberg 1907, S. 34-35. 2 In diesem Fall, so wie in VI 1, kann die Klausel als Hilfskriterium zur Annahme der bukolischen Diaerese verwendet werden. 3 Auch ein schwächeres Kolonende. Man kann fragen, ob hier nach J. M. Stahl, a. O. S. 34-35 ein parathetischer Satz (Objektsatz) oder ein synthetischer Satz (finaler Adverbialsatz) vorliegt.

bei den römischen Bukolikern

321

VI 1: Serus ades, Lycida: modo Nyctilus II et puer Alcon (3) 1 A VI 59: iudice Mnasyllo contenditejl si libet: istic (E) protinus ecce torum fecere sub ilice Musae. VI 80: audiat aut dicat, quoniam cupit;ll hoc mihi certe (5) A VII 16: non tarnen aequabit mea gaudia;ll nec mihi, si-quis (E) omnia Lucanae donet pecuaria siluae, grata magis fuerint quam quae spectauimus urbe. VII 61: deformis scapulis torus eminet II aut quibus hirtae (7) iactantur per colla iubae. VII 80: uidissem propius mea numina! II sed mihi sordes.// Auch Calpurnius bedient sich des Auftaktes, sogar zweimal: IV 158 und VII 16. Darüber hinaus befindet sich bei ihm der Überhang nur 4mal: zweimal endet das Kolon nach dem 1. Daktylus (V 76, VI 90) und zweimal in der semiternaria (III 46, IV 146). Das ist nicht nur seltener als bei Vergil, sondern auch in einem Vers andersartig, nämlich in VI 89, wo der 4. Fuß spondeisch ist. Da bei Calpurnius Siculus die bukolische Diaerese vor der Klausel et mihi Damon überwiegt, kann man bei ihm, im Gegensatz zu Vergil, angesichts dieses Beleges in VI 89-90, von einer Absicht, den Überhang ausschließlich in Versen mit der bukolischen Diaerese auf die Klausel folgen zu lassen, nicht sprechen. Ergänzend muß Calp. III 79: uixdum bene florem genannt werden, wo das pyrrhichische Wort das 5. biceps füllt. 2 Weder in Vergils noch in Nemesians Eklogen noch in den Einsiedler Gedichten kommt ein Fall dieser den frühen römischen Dichtern nicht unbekannten Klausel vor. 3 In den Hexametern mit der Klausel et mihi Damon und ohne Überhang endet das Kolon bei Calpurnius: 1) im selben Vers zusammen mit der Klausel (9mal): I 13, II 1, 30, 84, III 10, IV 30, 144, 168, VII 80. Häufig handelt es sich um eine leichte Absetzung, nicht um ein Satzende, 2) im folgenden Vers: a) in der semiquinaria (3mal): III 36, IV 70, VI 80; b) in der semiseptenaria (lmal): VII 61; c) am Versende (lOmal): I 17, 24, II 36, 42, 52, IV 70, 73, 158, V 84, VI 59; 3) im übernächsten Vers: a) am Versende (lmal): V I I 1 6 ; b) in der semiternaria (lmal): VI 1. 1

im übernächsten Vers. Siehe unten S. 323-324 Anm. 1. Dazu vgl. oben S. 302 Anm. 2 und E. Norden, S. 437 unter Punkt 5 mit der Anm. 2 und S. 447-448. 2 3

322

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Wir gehen jetzt zu den Carmina Einsidlensia und zu Nemesianus über. In Eins. I kommt die Klausel et mihi Damon kein einziges Mal vor, in Eins. II dagegen finden wir 3 Belege in 38 Versen (7,89%). Da aber Eins. II ein kurzes und dazu noch unvollständig überliefertes Gedicht ist, ist diese überhohe Prozentzahl im statistischen Vergleich belanglos. Aber für die Bekräftigung der These von zwei Autoren ist dieser Unterschied zwischen Eins. I und II von Bedeutung. Eins. II 5: Forsitan imposuit pecori lupus? II -φ- Haud timet hostes (5) II 7: Altius est, Glycerane, aliquid quod non patet; erras.//1 II 8: Atquin turbari sine-uentis non solet aequor.// Nur einmal folgt die Klausel auf die bukolische Diaerese. In den übrigen zwei Versen ist der 4. Fuß spondeisch. Der Zeilensprung ist in Eins. II nach der Klausel nicht belegt. Die Grundtendenz des Dichters des Eins. II ist also ganz verschieden von der des Calpurnius, während der Dichter des Eins. I dieses für die römische Bukolik kennzeichnende Merkmal überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat. Im Vergleich zu Vergil, zu Calpurnius und - um das Ergebnis schon jetzt vorwegzunehmen - zu Nemesianus ergeben die beiden Carmina Einsidlensia, vor allem aber Eins. I, in Bezug auf die untersuchte Klausel ein ganz sonderbares Bild. Dies ist auch deshalb hervorzuheben, weil die Autoren der Einsiedler Gedichte Zeitgenossen des Calpurnius waren. Mögen ihre Eklogen gegenüber den Gedichten des Calpurnius in ihrem Umfang winzig und unvollständig sein, so ermöglichen sie doch einen Vergleich. Und das ist das einzige Mal in der Geschichte der römischen Bukolik, daß wir in ein und derselben Epoche drei Bukolikern begegnen. Im Hinblick auf diese Erscheinungen im Vers- und Satzbau, welche den bukolischen Hexameter sowohl von der Tradition her bestimmen als auch ihn lebendig machen, ist Calpurnius Siculus seinen beiden Zeitgenossen überlegen. Er ist in der Neronischen Zeit der eigentliche von den Musen begeisterte Träger der bukolischen Tradition, aber in der Verstechnik auch ein Neuerer, welcher, wie wir nachzuweisen versuchten, im Bereich der Form einen eigenen Weg wagte. Demgegenüber stellen die Carmina Einsidlensia in vielerlei formaler Hinsicht einen Sonderfall innerhalb der bukolischen Gattung dar.

1 Das ist kein Auftakt, weil das Kolon nicht über die Versgrenze hinweg weitergeführt wird.

bei den römischen Bukolikern

323

Bei Nemesianus nimmt die Häufigkeit des untersuchten Klauseltypus ab. Er ist nur 6mal in 310 Hexametern belegt (1,935%), was jedoch nicht davon zeugt, daß ihn Nemesianus nicht für eine typisch bukolische Erscheinung hielt oder ihn unterschätzte. Denn er schloß in seinen Cynegetica den Hexameter mit dieser Klausel nur zweimal in 325 Versen φ,61%)} Diese niedrige Zahl im didaktischen und dazu noch nach den Eklogen entstandenen Epos beweist, daß auch Nemesianus diese Klausel als ein Merkmal der Bukolik erkannte. Und wenn wir uns andere Unterschiede bei dem Nachahmer gegenüber Vergil und Calpurnius in Erinnerung rufen, entsteht die berechtigte Bereitschaft, diesen Sachverhalt, zumindest zum Teil, auf bewußte Nachahmung zurückzuführen. Es seien die entsprechenden Hexameter zitiert: Nemes. I 79: ante dabit flores autumnus,ll uer dabit uuas,// II 1: Formosam Donacen Idas puer II et puer Alcon ardebant //3 II 60: munera namque dedi, noster quae non dedit Idas,// III 33: applauditue manu mutilum caput II aut breue mentum // IV 41: signat humum serpens: solus cano.ll me sonat omnis silua,// ltr IV 47: hic tibi lene uirens fons murmurat,ll hic et ab ulmis. 2 (E) Wir finden die Klausel bei Nemesianus 4mal nach der bukolischen Diaerese (66,67%) und 2mal nach dem 4. Spondeus (33,33%). In Bezug auf den 4. Daktylus erinnert das ziemlich genau an die Proportion bei Vergil. 3 Einmal (I 79) können wir von einer Diaerese nach dem 4. Spondeus sprechen, was bei Nemesians bukolischen Vorgängern nie zu beobachten ist. Auch im Gebrauch des Zeilensprungs in der Umgebung der Klausel erinnert Nemesianus nicht an Calpurnius, sondern an Vergil: Es findet sich in keinem Fall ein Auftakt, aber zwei Überhänge, von denen der eine in der semiteraaria mit einem schweren molossischen Wort, der andere nach dem 1. Trochäus ausgeht. Darüber hinaus finden wir bei Nemesianus einmal einen monosyllabischen Hexameterschluß: III 17:

1 Nemes. cyn. 8: qua sola numquam; 87: heia age suetos. In beiden Versen geht die bukolische Diaerese der Klausel voran, in beiden folgt der in der semiternaria ausgehende Überhang. 2 ab ulmis Η V, plerique : ad undas Glaeser. Dies ist wegen ab-ulmis ein Sonderfall, der - strenggenommen - nicht hierhin gehört. 3 Siehe S. 316-318.

324

Die Hexameterklausel et mihi Damon

montiuagus Pan, wo dem Einsilbler ein mehrsilbiges Wort vorangeht. Außer dieser Stelle finden wir in der römischen Bukolik keinen Beleg. 1 Wenn wir von den Versen mit dem Überhang absehen, so endet ein Kolon bei Nemesian dreimal zusammen mit der Klausel: I 79, II 60, III 33 und einmal am Ende des folgenden Hexameters: IV 47. Bei Vergil und bei Calpurnius konnten wir mehrere andere Varianten feststellen. 2 Ein Kolonende fällt zwar bei den beiden Bukolikern mit der Klausel et mihi Damon zusammen, aber es endet nicht minder häufig an einer Caesurstelle 3 oder am Ende des folgenden Verses. Es lassen sich dennoch folgende Unterschiede zwischen Vergil und Calpurnius feststellen: 1. Bei dem spondeischen Wortschluß im 4. Fuß endet das Kolon bei Vergil immer mit der Klausel im selben Vers, bei Calpurnius nie. 2. Calpurnius läßt ein Kolon beträchtlich häufiger am Ende des folgenden Hexameters ausgehen als Vergil. 3. Nur bei Vergil finden wir ein Kolonende in der Caesur κατά τρίτον τροχαϊον und in der bukolischen Diaerese. 4. Nur bei Calpurnius wird das Kolon zweimal in den übernächsten Vers geführt. Es verbleibt, tabellarische Übersichten über die Klausel et mihi Damon bei den römischen Bukolikern anzuführen und sie mit den vorher an den nichtbukolischen Texten gewonnenen Ergebnissen zusammenzustellen. Im Anschluß daran kann zuerst ein immanenter Vergleich, d. h. innerhalb der bukolischen Gattung, und dann eine darüberhinausgehende Interpretation des Gebrauches der Klausel im Hexameter der Römer versucht werden. Auch die auf S. 315 gestellten Fragen sollen jetzt beantwortet werden. Zu bemerken ist, daß die römischen Bukoliker auf das pyrrhichische Wort im 5. biceps ohne den begleitenden Wortschluß nach dem 4. biceps verzichtet haben. Die einzige Ausnahme bietet Calpurnius mit dem folgenden Hexameterschluß: 1 Vgl. E. Norden, S. 437, 439 unter c), 440-441. Eine andere weniger anstößige, aber auch unregelmäßige Art des Hexameterschlusses bilden, abgesehen von den metrischen Wörtern, zwei tontragende Monosyllaba: Verg. VI 83: nec quae; VII 35: at tu\ IX 48: et quo-, Calp. Π 99: nam uos. Dazu s. Norden, a. a. O., S. 438 unter a). Zur Betonung von Verg. ΙΠ 62: apüd-me siehe H. Drexler, Plautinische Akzentstudien, Bd. I-II, Breslau 1932, Registerband, Breslau 1933 [= Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Geisteswissenschaftliche Reihe, Heft 6, 7 und 9], Bd. I, S. 163, Bd. Π, S. 130 Anm. 2, S. 179-180, S. 321. Andere Stellen: siehe Registerband unter apud me, S. 37; vgl. auch E. Norden, S. 439, der Verg. ΠΙ 62: apud me und „auch wohl buc. 8,106 bonum sit" unter den unregelmäßig gebildeten Versschlüssen in der Gruppe enklitischer Monosyllaba bei vorhergehendem Polysyllabon aufführt, mit der Bemerkung: „Wahrscheinlich, weil es Monosyllaba sind, die auch Ennius oder Lucrez so an den Versschluß stellen." 2 Vgl. oben S. 318 f. und 321 f. 3 Verg. VII21 in der bukolischen Diaerese.

325

bei den römischen Bukolikem

III 79: uixdum bene florem. 1 Verszahl

Klausel

Prozentzahl

83 73 110 63 90 86 70 94 67 77

0 5 5 2 2 2 3 4 5 1

6,85% 4,54% 3,17% 2,22% 2,32% 4,28% 4,25% 7,46% 1,30%

Insgesamt

813

29

3,57%

Calp.

I II III IV V VI VII

94 100 98 169 120 92 83

3 6 3 8 2 4 3

3,19% 6,0% 3,06% 4,73 % 1,67% 4,34% 3,61%

Insgesamt

756

29

3,83%

II

38

3

7,89%

Nemes. I II III IV

87 90 69 64

1 2 1 2

1,149% 2,22% 1,45% 3,12%

Insgesamt

310

6

1,93%

Verg.

Eins.

I II III IV V VI VII VIII IX X

Bereits die Betrachtung des Gesamtwerkes des Vergil führt notwendigerweise zu der Folgerung, daß der Klauselart et mihi Damon in der Bukolik eine besondere Rolle zukommt. Diese Tatsache kann nicht mit der Jugend und mit formaler Unreife eines Debütanten abgetan werden. 2 Zur Bekräftigung dieser Ansicht tragen weiterhin Calpurnius Siculus, der Autor des Eins. II und Nemesianus bei, bei welchem die Möglichkeit 1

Zu diesem Versschluß in nicht bukolischen Texten siehe oben S. 298 f., S. 299 Anm. 2, S. 302 Anm. 2, S. 304 mit Anm. 2, S. 306 Anm. 2, S. 308, S. 321 sowie E. Norden, S. 437 ff. 2 Es steht übrigens fest, daß Vergil vor seinen Eklogen mehrere hexametrische Gedichte verfaßte.

326

Die Hexameterklausel et mihi Damon

des Vergleichs mit dem Lehrgedicht Cynegetica besonders wertvoll ist. 1 Die einzige Ausnahme ohne die Klausel bleibt der Autor des Eins. I. Ansonsten können wir von Kontinuität sprechen. Wir müssen die Tatsache anerkennen, daß der Klauseltypus et mihi Damon im bukolischen Hexameter der Römer zum besonderen Merkmal der Gattung wurde. Es verbleibt nun nichts anderes, als auf die längst gestellte Warum-Frage eine Antwort zu geben. Sie besteht aus drei Teilen. Der eine ist, daß die Klausel et mihi Damon in der Anfangsphase des römischen Hexameters vor Vergil im daktylischen Versmaß ihren festen Platz hatte. Dies haben wir in dem ersten Teil dieses Kapitels nachgewiesen, und diese Tatsache ist anzuerkennen unabhängig von der Erkenntnis, daß ein tontragendes pyrrhichisches Wort im 5. biceps eine Akzentwidrigkeit am Hexameterschluß verursacht, welche die späteren Dichter nahezu beseitigt haben. In diesem Punkt erreichen wir aber keine Begründung für den sehr hohen Anteil der Klausel in Vergils Eklogen, weil die Entwicklungstendenz des Versbaus gerade umgekehrt ist, und es gibt keinen Grund dafür, warum Vergil alle Vorgänger in der Vorliebe für etwas, das in augusteischer und späterer Zeit als weniger schön empfunden wurde, übertreffen sollte. Der zweite Teil der Antwort hängt mit dem Gebrauch der bukolischen Diaerese, also mit der verskolometrischen Gliederung, zusammen. In diesem Punkt können wir nicht ohne Bezug auf Theokrit, den Vergil nachahmte, weitergehen. Wir haben bereits wiederholt, was längst bekannt war, daß nämlich die bukolische Diaerese von Vergil viel häufiger in den Eklogen als in den Epen gebraucht wurde, und zwar nicht nur von ihm, sondern schon bei den Griechen. 2 Schon in der Antike, und nicht nur von obtrectatores, wurde beobachtet, daß der Wortschluß und - wie zu ergänzen - das Kolonende nach dem 4. daktylischen biceps besonders häufig bei Theokrit vorkommt, und manche, wie ζ. B. Aelius Donatus, 3 haben Vergil Schwäche oder Unfähigkeit vorgeworfen, er sei nicht imstande gewesen, diese Häufigkeit beizubehalten. Es ist eine Binsenwahrheit, daß dieser Einwand wegen der Nichtberücksichtigung der Unterschiede in der Sprachsubstanz des Griechischen und des Lateinischen ι Vgl. oben S. 169 ff. und 323. Was auch immer unter der bukolischen Diaerese verstanden wird, sei es ein bloßer Wortschluß, sei es ein Kolonende: diese Aussage ist wahr. Der Sachverhalt bleibt nach der Anwendung der Methode H. Drexlers genau derselbe wie bei formalistischer Berücksichtigung bloßer, sogar nur graphischer, Wortschlüsse. Dasselbe bezieht sich auf Theokrits ειδύλλια. Mit diesem Begriff werden nicht nur die der heutigen Definition entsprechenden bukolischen Gedichte, sondern auch die anderen Mimen bezeichnet. 3 Don. Verg. eel. praef. apud H. Hagen (ed.), Scholia Bernensia ad Vergili Bucolica atque Georgica, Lipsiae 1867, p. 740-745; unsere Stelle siehe p. 744-745. Die Testimonia sind am sorgfältigsten von G. A. Gebauer S. 70-73 zusammengestellt und kurz, aber treffend interpretiert 2

bei den römischen Bukolikern

327

völlig belanglos ist. Wir müssen aber feststellen, zuerst unabhängig vom griechischen Vorbild, welche Möglichkeiten des Hexameterschlusses einem römischen Daktyliker, der mit dem 4. Fuß ein Kolon beendet, 1 offen blieben. Theoretisch gibt es folgende Möglichkeiten, wobei ich nicht alle denkbaren Varianten aufführe: -x-x-x-^,

i. — , - x .

extuliturbes

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

magna solebam altiuolantum anMeliboei ridiculus mus tempus agi res atque hominum rex et mihi Damon et mihi si fas

- -.—χ • x · ww -, -x·

—,x. ->">-χ· - ww ' '-'x·

ίο. -χ· 11. - , « , « , - , χ . 2

Von den elf angeführten sind die Nr. 1 und 2 der übliche Hexameterschluß der Römer, die Nr. 10 und 11 sind, soweit ich weiß, nirgendwo belegt, die Nr. 5, 6 und 7, also die mit dem schließenden Monosyllabon, stellen wegen der Akzentwidrigkeit keine regelmäßige Klausel dar; sie erscheinen nur sporadisch, nicht selten in respektvoller Anlehnung an einen der altrömischen Vorgänger oder mit parodistisch-malerischem Unterton. Genauso selten erscheinen die Nr. 3 und 4, obwohl der Verstoß viel geringer ist als bei dem schließenden Monosyllabon. Bei einem fünfsilbigen Wort wie Deiopea oder altiuolantum gibt es keine eigentliche Akzentstörung, abgesehen davon, daß ins 5. longum nicht ein Haupt- sondern nur ein Nebenakzent fällt. Wenn wir weiter erwägen, daß die Römer dieselben rhythmischen Muster am Schluß und am Anfang des Hexameters bewußt nicht zulassen wollten, ist es wenig verständlich, warum sie das fünfsilbige Wort ——χ mit solcher Strenge von der Hexameterklausel fernhielten. 3 Noch bei Lukrez begegnen wir diesem 1

Auch die Beachtung des absoluten Wortschlusses ohne Kolonende ist an dieser Stelle argumentativ gleichwertig. 2 Zu der Variante 2 (vgl. auch 10) kann ich noch >~ x. (ζ. Β. Ov. met. ΧΠΙ 569: exstat et ex-re), zu der Variante 1 "">"> χ. (ζ. Β. Verg. georg. IV 71: increpat, et uox; Hör. ars 309: principium etfons) ergänzen. 3 Eine Lösung hat W. Meyer, Zur Geschichte, S. 1033-1034,1040-1042 versucht, dem aber E. Tamerle mit guten Gründen auf S. 13 entgegentritt. W. Meyer glaubte (S. 1042), „den historischen Ursprung der Regeln für den Bau des Hexameterschlusses nachgewiesen und die Theorie von der Beobachtung des Wortaccentes auch hier endgiltig beseitigt zu haben". Siehe auch Tamerle S. 3-4, 20, 21, 23-24; E. Norden, S. 437.

328

Die Hexameterklausel et mihi Damon

Hexameterschluß ziemlich regelmäßig. Danach wurde er hauptsächlich auf griechische Eigennamen eingeschränkt, welche sonst im Hexameter ohne rhythmische Ungeheuerlichkeiten nicht untergebracht werden konnten. Es verbleiben die Nr. 8 und 9, d. h. die Klausel et mihi Damon (bzw. et mihi si fas), welche von allen erwähnten Möglichkeiten außer Nr. 1 und 2 1 die kleinste Akzentstörung 2 im Hexameterschluß hervorrufen oder gar keine, wenn das pyrrhichische Wort enklitisch ist, also besonders wenn in der Klausel ein daktylisches metrisches Wort steht. Es wundert uns also nicht, daß der erhöhte Anteil der bukolischen Diaerese zur Erhöhung der Frequenz des Hexameterschlusses et mihi Damon führen konnte und tatsächlich führte, um so mehr, weil dieser Schluß im Vers der Römer eingebürgert war.3 Damit hängt der dritte Teil der Antwort zusammen, welcher sich direkt auf die Beobachtung und Nachahmung der Verstechnik des Theokrit bezieht. Zu diesem Zweck habe ich Theokrits Idyllen I, II, III, VI, und VII durchgesehen und die Hexameterschlüsse, die der Klausel et mihi Damon ähnlich sind, gezählt. Natürlich hat die Stellung des Wortakzentes im griechischen Vers keine Bedeutung. Es geht uns zuerst nur um die Ähnlichkeit bezüglich der Wortschlüsse. Alle Fälle kommen bei Theokrit nach dem daktylisch gebauten 4. Fuß vor, darunter weniger als die Hälfte nach der bukolischen Diaerese. Häufig handelt es sich um metrische Wörter und Schlüsse wie ζ. Β. I 40: ές-βόλον έλκει oder I 82: ά δέ-τυ κώρα, die ich mitzähle. Es gibt außerdem viele ähnliche Fälle nach der eindeutigen bukolischen Diaerese, wie ζ. Β. II 6: ή ρά-οί άλλα, II 33: και τον έν-"Αιδα usw., die ich nicht gezählt habe. Es ergibt sich folgendes Bild:4 Theocr. I: 15, 26, 40, 42, 5£, 66, 67, 82, 124, 14£, d. h. 10 / 7 Fälle in 152 Versen (6,57%); Theocr. II: 5, 13, 36, 48, 49, 54, 55, 60, 86, 131,152, d. h. 11 / 2 Fälle in 166 Versen (6,62%); 1 Von Tamerles Urteil bezüglich der Nr. 3 und 4 sehe ich ab. Auch wenn die Klausel an Meliboei, wie Tamerle behauptet, eine bessere sei als et mihi Damon oder iamfremit aestas, wird dies von den römischen Dichtern, die die Klausel et mihi Damon gegenüber der an Meliboei entschieden bevorzugten, nicht bestätigt. In uer dabit uuas ist dabit unbetont, aber nicht Teil eines metrischen Wortes. 2 Allerdings ist zu bemerken, daß die Stellung des Wortakzentes nicht das einzige Moment der Verstechnik ist, und sie darf nicht als solches überbetont werden. Die Vielfalt der gleichzeitig im Zusammenhang zu behandelnden Verserscheinungen und die Gefahren von Fehlschlüssen sind aus E. Tamerles und E. Nordens, aber auch W. Meyers Analysen ersichtlich. 3 Nicht ohne Bedeutung ist sein Vorkommen bei den von Vergil am meisten bewunderten Dichtern Ennius und Lukrez. Vgl. E. Norden, S. 440 und 446-448. 4 Die unterstrichenen Zahlen bedeuten, daß ein Kolonende vorausgeht, d. h. 8b.

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Theocr. III: 1, 7, d. h. 2 Fälle in 54 Versen (3,7%); Theocr. VI: 1, £, 28, 33, 36, d. h. 5/1 Fälle in 46 Versen (10,86%); Theocr. VII: 4, 24, 44, 60, 66, 67, 88, 130,155, d. h. 9 / 3 Fälle in 157 Versen (5,73%). Diese Prozentzahlen sind im Vergleich mit Vergils Durchschnittszahl viel höher. Aber auch wenn wir die einzelnen Eklogen Vergils in Betracht ziehen, sind Theokrits Prozentzahlen hoch. Trotz der im allgemeinen richtigen negativen Feststellung Tamerles, 1 es könne sich im Bau des römischen Hexameters nicht um die Nachahmung der Verstechnik der Griechen handeln, weil in dieser der Wortakzent keine Rolle spiele, stelle ich in Bezug auf die Klausel et mihi Damon einen Fall der Nachahmung fest. Vergil ist in diesem Fall Theokrit bewußt gefolgt, 2 weil ihm eine Besonderheit der römischen Verstechnik geholfen hat, die nämlich, daß der Hexameterschluß et mihi Damon, auch ohne Enklitik im 5. biceps, für den Römer immer noch bei absolutem Wortschluß oder Kolonende nach dem 4. Fuß die drittbeste Möglichkeit war. 3 Hinzu kam bald die Überzeugung, daß daran typisch Bukolisches hafte, was ihrerseits alle Nachfolger Vergils außer dem Autor des Eins. I richtig erkannt und beibehalten haben, obschon diese Klausel außerhalb der Bukolik nahezu nicht mehr im Hexameter erschien.4 Die in den Tabellen präsentierten Zahlen bedürfen keiner ausführlichen Analyse. Jedermann kann sie sich zu verschiedenen Zwecken selbst interpretieren. Es ist dennoch angemessen, einige Bemerkungen dazu zu machen. Erwähnenswert ist vor allem der Versuch, welchen Alexander J. D. Porteous unter dem Einfluß eines Aufsatzes Warde Fowlers 1921 unternahm, 5 nämlich auf Grund der Häufigkeitsquote der Klausel et mihi Damon die Chronologie der Eklogen Vergils zu bestimmen. Diesem Vorhaben lag die Annahme zugrunde, daß „with the gradual maturing of his artistic instinct, Virgil tended more and more to avoid this normally awkward movement," 6 d. h. daß er auf den Rhythmus, welchen er aus 1

E. Tamerle, S. 1 2 , 1 6 (allerdings steckt hier in Tamerles Begründung eine petitio principii), 21. Vgl. oben S. 307 Anm. 1. 2 Ähnliches sagt A. J. D. Porteous, CR 35 (1921), S. 104: „a repetition of nam neque (sc. Pindi) at the beginning of the line in conscious imitation of the original (ή κατά Πηνειω καλά τέμπεα; ή κατά Πίνδω)" = Theocr. I 67 zu Verg. Χ 11. Vgl. L. P. Wilkinson, Golden Latin Artistry, Cambridge 1963, S. 194-195. 3 Dasselbe gilt womöglich für den jungen Cicero als Übersetzer des Aratos; vgl. oben S. 305. 4 Vgl. ebendort zu Ovid. 5 A. J. D. Porteous, Virgil's ,Eclogues': A Metrical Clue to the Order of Composition, CR 35 (1921), S. 103-104. W. Warde Fowler, A Metrical Peculiarity of the Culex, CR 33 (1919), S. 95-97. Hierzu jetzt G. Korzeniowski, wie S. 40 Anm. 4. Siehe auch oben S. 297 Anm. 2. 6 Porteous, S. 103.

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Die Hexameterklausel et mihi Damon

Lukrez kannte, allmählich verzichtete, obgleich dieser Rhythmus - wie ich nachgewiesen habe - nicht in solchem Grade „characteristically Lucretian" war, wie es Porteous, 1 ohne die anderen Daktyliker berücksichtigt zu haben, behauptete. Porteous hat zuerst eine chronologische Reihenfolge aufgestellt, in welcher alle Belege der Klausel berücksichtigt wurden, 2 allerdings außer den Belegen VII 7 und IX 51 mit Synaloephe vor dem pyrrhichischen Wort, die nicht ausgeschlossen werden sollten. Dies ergab die folgende Reihenfolge: ecl. II, IX, III, VIII, V, IV, VII, VI, Χ, I. 3 In meiner Tabelle zu Vergil auf S. 325 berücksichtigte ich die beiden Fälle mit der Synaloephe, 4 und das ergibt dann die Reihenfolge: ecl. IX, II, III, VII, VIII, IV, VI, V, Χ, I. Bereits dies zeugt von der Problematik dieses Versuches, obwohl manches in jeder der drei Reihen am selben Ort bleibt. Porteous hat aber auch die enklitischen zehn Fälle mit quoque, den Vers X 11 mit neque sowie V 87: an Meliboei, welches sowieso nicht hierhin gehört, abgezogen und eine zweite Reihenfolge erhält, in der nur die tontragenden pyrrhichischen Wörter berücksichtigt wurden: ecl. III, II, IV, IX, VII, VIII, VI, V, Χ, I. Wie auch immer wir zählen, es erweisen sich stets die Eklogen II, III, und IX als die frühesten, ecl. X und I als die spätesten, und die übrigen stehen dazwischen. Daß dies mit den von der Metrik unabhängigen interpretatorischen Ergebnissen übereinstimmt, wobei keine Chronologie absolute Überzeugungskraft besitzt, 5 ist bei Vergil nicht unbedingt ein Zufall. Zur endgültigen Lösung des Problems trägt aber der Versuch

1 Ebenda. Porteous' Formulierung: „Dr. Warde Fowler calls attention to a characteristically Lucretian rhythm" erweckt den Eindruck, als ob es Warde Fowlers Bezeichnung wäre. In Wirklichkeit rührt sie von Porteous her. W. Warde Fowler schreibt folgendes: „In Lucretius, who as a rule was more anxious about his matter than his metre, this ending is extremely common: there are a few pages of his poem in which it is not to be found"; siehe CR 33 (1919), S. 95. 2 Fehlerhaft ecl. ΠΙ 1 und dessen Wiederholung V 87. 3 Ε. Coleiro, An Introduction to Virgil's Bucolics with a Critical Edition of the Text, Amsterdam 1979, S. 93 zitiert irreführend, vermutlich nach Μ. Schanz, C. Hosius, Gesch. der röm. Lit., Teil 2, München 1935 4 , S. 38, lediglich diese Reihenfolge als Porteous' Vorschlag, nicht aber die zweite, in der zehn Verse mit Enklitika abgezogen sind. Nach meiner Korrektur, d. h. ohne ΠΙ 1 und V 87, hätte das Verhältnis für die ecl. ΠΙ nicht 1/18,5 (5,40%) sondern 1/22,2 (4,54%), für die ecl. V nicht 1/30 (3,33%) sondern 1/45 (2,22%) ausfallen müssen, und es hätte sich folgende Reihenfolge ergeben: ecl. Π, IX, m, v m , IV, vn, VI, V, X, I. 4 Porteous äußert sich dazu negativ in der Anm. 1, S. 103. 5 Viele Vorschläge, mit seinem eigenen einundzwanzig, stellt E. Coleiro, a. O. S. 93-94 zusammen.

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Porteous' keineswegs bei, wessen er sich bewußt war.1 Dies ist ein locus classicus des Falles, wo ein Problem mit metrischen Argumenten nicht gelöst werden kann; man kann nur die mit anderen Methoden erzielten Lösungen bestätigen. An Vergils Nachfolgern, bei welchen die Klausel et mihi Damon mit der allgemeinen Entwicklung der Verskunst in keinerlei Verhältnis bleibt, sondern als Wesenszug der Bukolik in den Hexameter hineingetragen wurde, hätte die Anwendung dieser Methode freilich keinen Sinn. Eine überraschende Tatsache kommt ans Licht, wenn wir die Häufigkeit der bukolischen Diaerese in Hexametern, die mit der Klausel et mihi Damon schließen, in der Bukolik der Römer berücksichtigen. Bei Vergil beträgt hier der Anteil der bukolischen Diaerese 55,17%. 2 Unter den Nichtbukolikern erreichte nur Cicero eine größere Gebundenheit der Klausel an die bukolische Diaerese (66,67%), unter den untersuchten Epikern Ovid (44,73%). In Eins. II beträgt dieser Anteil 33,33% (1 Vers von 3), bei Nemesianus 66,67%. Eine Überraschung bereitet uns Calpurnius Siculus, bei dem der Klauseltypus et mihi Damon nahezu ausnahmslos mit der bukolischen Diaerese erscheint. Genau sind es 86,2% oder 25 Fälle aus 29. Warum? Die Frage ist vielleicht nicht zu beantworten. Allerdings leuchtet mir nur eine sinnvolle Erklärung ein: Calpurnius Siculus hat die Klausel et mihi Damon in Verbindung mit der bukolischen Diaerese zum Merkmal der Gattung erhoben, zwar nicht die Klausel allein, sondern gerade in dieser Verbindung. Er hat also nur einen Teil des Vergilischen Gebrauchs für ausgesprochen bukolisch gehalten und hat so die ganze Gattung geprägt. Dies hängt nur zum Teil mit dem Einfluß des im Vergleich mit Vergil viel mehr daktylischen Ovid auf Calpurnius zusammen und kann uns nicht als eine putative Erklärung täuschen, gerade deshalb, weil aus dem Streben nach dem daktylischen Wortschluß im 4. Hexameterfuß überhaupt nicht folgt, daß dort ein starkes Kolonende vorkommen muß. Bei Calpurnius haben wir es also mit der bewußten Gestaltung der bukolischen Verskunst zu tun. Nicht nur in dieser Hinsicht erweist sich Calpurnius als sehr originell und unabhängig. 1 Vgl. S. 104: „ ... it appears that we have here, without laying undue stress on a test with so slender a basis, some indication of earliness or lateness in the case of poems at either end of the scale" usw. Auch Coleiro gibt trotz seiner Kritik zu, daß „Porteous' study about the monosyllabic beginning of the fifth foot (already in Lucretius) used gradually with less frequency, has some weight." 2 Vgl. oben S. 316. Bei Vergils Vorgängern habe ich folgendes festgestellt: Ennius - keine Bindung an die bukolische Diaerese (S. 301), Lucil. 15,38% (S. 301 f.), Lucr. 6,85% und 6,16% Diaerese nach dem 4. Spondeus (S. 303), Catull. 37,5% (S. 304 f.), Cie. 66,67% (S. 306 f.), Verg. georg. 38,46% (S. 310 f.), ken. 35,16% (S. 311), Ov. met. 44,73% (S. 313 f.).

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Die Hexameterklausel et mihi Damon

Eine andere Fragestellung, die sich direkt mit dem behandelten Thema verbindet, betrifft das Verhältnis der Hexameter mit dieser Klausel und der bukolischen Diaerese zu der Gesamtheit der Verse mit der bukolischen Diaerese. Die Zahlen sind:

Verg. ecl. Calp. Eins. II Nemes.

Klausel + 8b

8b insgesamt1

Relative Prozentzahl

16 25 1 4

60 47 2 11

26,67% 53,19% 50,00% 36,36%

Angesichts des schon Behandelten folgt daraus nichts Neues. Wir ersehen, daß in den Hexametern mit dem Kolonende nach dem 4. Daktylus der Anteil der Klauselart et mihi Damon bei Calpurnius erheblich wächst. Von einer Tendenz in der Gattung kann man aber nicht sprechen. Die Zahlen zu Eins. II entziehen sich dem Vergleich, Nemesianus, dessen Versbau sich im Prinzip durch feste Formen auszeichnet, ähnelt Vergil. Es gibt keinen Grund, ihm in diesem Fall wegen der leicht höheren Prozentzahl eine bewußte Neigung zur Regelung zuzuerkennen, welche Calpurnius auszeichnet. Vielmehr geht dies bloß auf die Nachahmung Vergils zurück. 2 Hinsichtlich des Gebrauchs des Auftaktes und des Überhangs im Zusammenhang mit der Klausel et mihi Damon können wir an den römischen Bukolikern keine unerwarteten Neuerungen feststellen. 3 In den beiden Carmina Einsidlensia sind diese Erscheinungen nicht belegt. Den Auftakt finden wir einmal bei Vergil und zweimal bei Calpurnius Siculus. Der bei Vergil recht häufige Überhang, 6 Belege in den Eklogen gegenüber 21 in der Aeneis und 7 in den Georgica, tritt bei seinen Nachfolgern deutlich zurück. Calpurnius bietet nur 4 Belege, Nemesianus nur 2. Auch Ovid war in dieser Hinsicht sparsam: Er hat bei Versen mit dieser Klausel in den Metamorphosen nur 8 Belege. Wenn wir diese Aussagen in Prozentzahlen zum Ausdruck bringen, ersehen wir die Entwicklung dieses Aspektes der Verstechnik bei Vergil ganz deutlich. Dennoch haben hier auch die übrigen Bukoliker einen höheren Anteil als Vergils und Ovids Epen. Dies ist vielleicht die wichtigste Beobachtung, 1 Diese Zahlen sind dem Π. Kapitel entnommen. Vgl. Tabellen auf S. 93,109,118 und 123. 2 Nemesianus hat Vergil so gründlic,h gelesen, daß er Vergils Verstechnik und die Häufigkeit mancher Erscheinungen zu seinen eigenen gemacht hat. 3 Vgl. oben S. 318 (Verg. eel.), S. 321 (Calp.), S. 323 (Nemes.), S. 311-312 (Verg. Epen), S. 314-315 (Ov. met.).

333

bei den römischen Bukolikern

die sich darüber hinaus im Hinblick auf den Gebrauch des Überhangs bei der Klausel et mihi Damon auf die bukolische Gattung im Vergleich mit dem Epos bezieht. Die folgende Tabelle möge dies veranschaulichen. relativ

absolut

Verg. ecl. georg. Aen. Ov. met. Calp. Nemes. ecl. cyn.

6/813 7 / 2188 21 / 9834 8 / 11975 4/756 2/310 2/325

= = = = = = =

0,738% 0,319% 0,213% 0,066% 0,529% 0,645% 0,615%

6/29 7/26 21/91 8/38 4/29 2/6 2/2

= = = = =

= =

20,69% 26,92% 23,08% 21,05% 13,79% 33,33% 100,00%

Der Überhang gehört zweifelsohne zu den dramatisierenden Kunstmitteln. Trotzdem kann nicht generell gesagt werden, der bukolische Hexameter sei mehr dramatisch als der epische, weil die Grundlage für die obige Tabelle äußerst eingeschränkt ist: Wir haben bislang nicht alle Fälle des Überhanges in der Bukolik berücksichtigt, geschweige denn im Epos, sondern nur diejenigen, die zusammen mit der Klausel et mihi Damon vorkommen. Da die Klausel aber in der Bukolik viel häufiger ist, als in jeder anderen Gattung, kann es, obwohl es nicht sein muß, proportional zu dem erhöhten Anteil des Überhangs führen, was wir gerade für die Bukolik im Gegensatz zur Epik auf Grund der absoluten Prozentzahlen festgestellt haben. Wenn wir aber auf die relativen Prozentzahlen schauen, sehen wir, daß sowohl Vergil in seinen Epen als auch Ovid auf die Klausel et mihi Damon einen Überhang häufiger folgen lassen, als es in der Bukolik geschieht. 1 Daß es sich in der Bukolik um eine Art Nachahmung volkstümlicher Sprache mittels der Rhythmisierung handeln könnte, läßt sich nicht nachweisen. Am deutlichsten käme die Rhythmisierung in den Versen zum Vorschein, in denen auf ein in der bukolischen Diaerese daktylisch ausgehendes Kolon ein mit dem 1. Daktylus schließender Überhang folgt, wie ζ. B.: Verg. VII 47: solstitium pecori defendite. iam uenit aestas torridä.// Aber sowohl die relative Seltenheit des in dieser Form auftretenden Überhangs im Vergleich mit dem Überhang bis zur semiternaria als auch dessen nicht selteneres Auftreten in der Epik unter denselben Umständen sprechen deutlich gegen die Möglichkeit einer bewußten Rhythmisierung

1

Die entsprechenden Werte bei Nemesianus sind angesichts der geringen Zahl der in Betracht kommenden Erscheinungen statistisch nicht direkt vergleichbar.

334

Die Hexameterklausel et mihi Damon

dieser Art in der Bukolik. Wenn ihr gerade in der Bukolik eine besondere Rolle zukommen sollte, handelte es sich um eine Stilisierung der Hirtensprache. Noch eines ließe sich damit in Verbindung bringen: Der Überhang ist eine syntaktisch-metrische Erscheinung, die um die Versgrenze wirkt. In der römischen Bukolik wird noch eine für die Gattung kennzeichnende Erscheinung derselben Art festgestellt, über die Robin Nisbet aufschlußreich berichtet, 1 nämlich die genaue Wiederholung desselben Wortes am Versende und am Versanfang des darauffolgenden Hexameters, aber auch Wortwiederholung in zwei aufeinanderfolgenden Hexametern. Einer der charakteristischen Fälle ist die geminatio eines Eigennamens, welcher unmittelbar auf beiden Seiten der Versgrenze auftreten kann. Es gibt auch andere Stellungsvarianten um die Versgrenze. Insgesamt ist jedoch diese Erscheinung selten, mag sie auch für die Bukolik typisch sein. Das meiste ist schon bei Theokrit zu finden. 2 Die folgenden Beispiele mögen das illustrieren: 3 Verg. VI 20-21: addit se sociam timidisque superuenit Aegle, Aegle Naiadum pulcherrima, VIII 55-56: certent et cycnis ululae, sit Tityrus Orpheus. Orpheus in siluis, X 72-73: Pierides: uos haec facietis maxima Gallo. Gallo, cuius amor ... Calp. II 1-2: Intactam Crocalen puer Astacus et puer Idas. Idas lanigeri dominus gregis, ... Außerdem finden wir bei Vergil diese Figur mit Appellativa. Verg. IV 60-62: Incipe, parue puer, risu cognoscere matrem (matri longa decern tulerunt fastidia menses) incipe, parue puer: IX 47-48: ecce Dionaei processit Caesaris astrum. astrum quos segetes gauderent frugibus... Zu einer anderen Gruppe gehören Wiederholungen um die Versgrenze folgender Art: 1

R. G. M. Nisbet, The Style of Virgil's Eclogues, S. 3 ff. [= 327 ff.]. Vgl. Nisbet, ebenda, S. 3, S. 8. Nisbet weist auch darauf hin, daß manche dieser stilistischen Erscheinungen bereits bei den Neoterikern, also vor Vergils Eklogen, auftraten und deswegen im römischen Hexameter nicht ausschließlich für „typisch bukolisch" gelten dürfen. 3 Im Unterschied zu R. Nisbet berücksichtige ich nur diese Erscheinungen des bukolischen Stils, in denen die Versgrenze mitspielt. 2

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Verg. II 31-33: mecum una in siluis imitabere Pana canendo (Pan grimum calamos cera coniungere pluris instituit, Pan curat ouis ouiumque magistros). Sie fanden mehr Beifall bei Calpurnius, nicht aber bei Nemesianus, bei dem wir nur den zwei folgenden, untypischen und wenig markanten Stellen begegnen: Nemes. III 9-10: fistula quam suerat nec uult contexere carmen. sed pro carminibus male dissona sibila reddit. IV 21-22: non hoc semper eris: perdunt et gramina flores, perdit spina rosas ... Die übrigen Belege sind die folgenden:

Verg. VI 55-56: aut aliquam in magno sequitur grege. .claudite Nvmphae. Dictaeae Nvmphae. nemorum iam claudite saltus; VII 2-3: compulerantque greges Corydon et Thvrsis in unum, Thvrsis ouis, Corydon distentas lacte capellas; VIII 77-78: necte tribus nodis ternos, Amarvlli. colores; necte, Amarvlli. modo et,Veneris' die ,uincula necto'. IX 27-28: ,Vare, tuum nomen, superet modo Mantua nobis, Mantua, uae, miserae nimium uicina Cremonae; X 31-33: tristis at ille ,tarnen cantabitis, Arcades', inquit ,montibus haec uestris; soli cantare periti Arcades.// X 75-76: surgamus: solet esse grauis cantantibus umbra iuniperi grauis umbra: nocent et frugibus umbrae. Dies gehört zugleich in eine andere Art Wiederholung, welche unten mit Beispielen illustriert wird.

Calp. II 52-53: Ο si quis Crocalen deus afferat! hunc ego terris hunc ego sideribus solum regnare fatebor; III 7-8: Non satis attendi: nec enim uacat. uror. Iolla, uror. et inmodice; IV 38-39 (Schenkl): et fruimur siluis Amaryllidos, ultima nuper ultima terrarum, nisi tu, Meliboee, fuisses, litora uisuri, IV 144-145: mortalique lates (es enim deus): hunc. precor. orbem, hos, precor. aeternus populos rege!; V 34-35: in tenebris quod mane fluet, rursusque premetur mane quod occiduae mulsura redegerit horae;

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VI 54-55: et tornata breui substringitur ungula cornu ungula. qua uiridi sie exsultauit in aruo; VI 65-66: Si placet, antra magis uicinaque saxa petamus, saxa. quibus uiridis stillanti uellere muscus; Eine dritte Art, die Nisbet auf S. 3-4 und S. 9 behandelt, ist die (mehrfache) Wiederholung einer Phrase mit kleinen Änderungen: Verg. V 51-52: Daphninque tuum tollemus ad astra: Daphnin ad astra feremus: amauit nos quoque Daphnis: und noch V 48-50 und die zitierten II 31-33. Bei Calpurnius finden wir keinen Beleg, bei Nemesianus einen: Nemes. I 70-71: manibus hic supremus honos: dant carmina Musae. carmina dant Musae. nos et modulamur auena. Da sich R. Nisbet, dem Titel seiner Studie gemäß, mit Vergil und seinem Vorbild Theokrit befaßt, und sonst nur summarisch bemerkt: „The same movement is found in the bucolic of Calpurnius, and it has been observed also by modern imitators", 1 habe ich die Belege, hauptsächlich aus Calpurnius, oben angegeben. Allerdings beruht Nisbets Nennung des Calpurnius auf richtiger Beobachtung, denn, wie wir sehen, weicht Nemesianus von dieser stilistischen Gewohnheit, außer I 70-71, ab. Auch in den Einsiedler Gedichten lassen sich keine Spuren dieses Stilmittels erkennen. Dies hängt zum Teil mit der Struktur der Carmina Einsidlensia zusammen. Denn das aus je zwei Versen bestehende Amoibaion, das wir in Eins. I 1-21 finden, gibt dieser Figur kaum Chancen, die Stichomythie in Eins. II 1-15 schließt sie völlig aus. Dasselbe läßt sich freilich an fast allen amoibaischen Partien feststellen. 2 Weiter ist zu bemerken, daß wir auch keine Belege aus Verg. eel. I, III und aus Calp. I und VII haben. Für Vergils Ekloge III gilt ebenfalls die amoibaische Struktur als Erklärung, auch wenn im ersten Teil (V. 1-59) die Partien bis zu fünf Hexameter umfassen, mit Ausnahme von zwölf Versen (3243), die Menalcas spricht. Im zweiten Teil dagegen (V. 60-107) findet ein streng geregelter Wechselgesang statt, was Palaemons Aufforderung entspricht: Verg. III 59: alternis dicetis; amant alterna Camenae. Für die Ekloge I müßte man die Gründe anderswo suchen. Ob Calpurnius Siculus, wenigstens in der Ekloge I, dem Beispiel Vergils bewußt gefolgt ist, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Manches spricht aber dafür. Ich habe beobachtet, daß sich Calpurnius in der Ekloge I 1

Genannt werden der Dichter Tennyson und J. B. Poyntons Übersetzungen ins Lateinische aus Shakespeare, jeweils mit Beispielen. 2 Vgl. aber zu Vergil meinen S. 40 Anm. 4 genannten Aufsatz.

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erzählender parataktischer Syntax bedient, die vor allem an Vergils Ekloge I, aber auch an die Ekloge IV und zum Teil an die Ekloge IX, erinnert. Auch die längere Partie der Calpurnianischen Ekloge VII (V. 23-72) ist eine εχφρασις, der Rest besteht aus einem Wechselgespräch, in dem jeder Sprecher drei, vier oder sechs Verse zur Verfügung hat. Angesichts dieser Beobachtung 1 neige ich zu der Hypothese, daß der Mangel an Wortwiederholungen um die Versgrenze in Vergils Ekloge I mit der syntaktischen Strukturierung zusammenhängt, welche sich sowohl hier als auch in eel. IX, und auch in der neoterisch stilisierten eel. IV, 2 von der Syntax der übrigen Hirtengedichte unterscheidet. Die Hypothese wird dadurch bekräftigt, daß gerade von diesen drei Eklogen Vergils für zwei ein Theokriteisches Vorbild fehlt, sowie durch die Tatsache, die R. Nisbet betont hat, daß alle typisch bukolischen Stilelemente, die wir bei Vergil finden, bei Theokrit ihren Ursprung haben. Daß sich Calpurnius in der Ekloge I von Vergils Ekloge I inspirieren ließ, ist durchaus möglich. Zumindest wird dies durch die Art des Satzbaus bestätigt, welche in den Gedichten II bis VI einen anderen, stärker bukolischen Charakter hat. 3 Nach diesem Exkurs, zu welchem die Behandlung des Überhangs 4 Anlaß gegeben hat, ist dieses aus zwei Teilen bestehende Kapitel abgeschlossen. Doch sei noch eine Rückschau erlaubt. Die Untersuchung des Klauseltypus et mihi Damon unter dem historischen Gesichtspunkt im ersten Teil dieses Kapitels hat ergeben, daß mit der Verfeinerung der Verstechnik in der Zeit zwischen Ennius und Ovid diese Klauselart vom Hexameterschluß allmählich verdrängt wurde. Dazu hat vor allen Cicero beigetragen. Neben Vergils und Ovids Epen stellen die Bukoliker, abgesehen von Eins. I, mit dem erheblich hohen Anteil dieser Klauselart die einzige Ausnahme dar, vor allem Calpurnius Siculus, der die Klausel et mihi Damon fast ausnahmslos an die bukolische Diaerese gebunden und sie zum Merkmal der Gattung erhoben hat. Auch außerhalb der Bukolik haben wir eine Entwicklung im Bau des Hexameterschlusses für diesen Typus festgestellt. Im Laufe der Zeit wird die Klausel et mihi Damon immer häufiger an den daktylisch gebauten 4. Hexameterfuß und an die bukolische Diaerese (Kolonende) 1

Eine differenzierte Untersuchung syntaktischer Eigentümlichkeiten und Unterschiede der einzelnen Eklogen steht noch aus. Doch ist eine aufmerksame Lektüre mit Beachtung von Satz- und Versgrenzen ausreichend, um eine derartige Aussage zu wagen. 2 Vgl. H. Patzer, Zum Sprachstil, S. 77-95. 3 Daß Calpurnius nicht nur Vergil, sondern auch Theokrit kannte und von ihm direkt beeinflußt war, kommt neuestens ans Licht. Vgl. oben S. 98 Anm. 2. 4 Siehe S. 332-336.

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Die Hexameterklausel et mihi Damon

gebunden. Darüber hinaus wird seit der frühklassischen Zeit mit der Klausel der Überhang als bewußtes Stilmittel gebraucht. Diese drei Merkmale gewinnen noch bei den römischen Bukolikern an Kraft: sowohl die Bindung der Klausel an die bukolische Diaerese als auch an den sie gelegentlich begleitenden Überhang erreichen hier ihren Höhepunkt. Somit ist die These von dem bukolischen Charakter des Hexameterschlusses et mihi Damon eindeutig nachgewiesen. Der Urheber dieser Eigentümlichkeit ist Calpurnius Siculus. Er hat die Klauselart et mihi Damon bei Vergil, bei dem ihre Verwendung noch dem allgemeinen Charakter der römischen Verskunst entsprach, beobachtet und sie als erster zum Kennzeichen der Gattung gemacht. Dasselbe Empfinden hatten auch der Autor des Eins. II und Nemesianus. In dieser Hinsicht ist also der Faden einer Kontinuität, der sich in der Antike durch die ganze Gattung zieht, evident.

VII Verskolometrie und hexametrische Verskunst in den Carmina Einsidlensia: die Autorfrage

Nach der Erstveröffentlichung der im XIX. Jh. in einer Handschrift der Klosterbibliothek zu Einsiedeln aufgefundenen zwei bukolischen Gedichte, 1 die ohne Autornamen und zum Teil unvollständig auf uns gekommen sind, wurde die Frage nach der Urheberschaft und der zeitlichen Zuordnung dieser Gedichte aufgeworfen. Die Mehrheit der Philologen scheint heute mit der Entstehung beider Gedichte unter Neros Herrschaft einverstanden zu sein; es besteht ebenfalls eine weitgehende Einigkeit darüber, daß diese Gedichte weder von Calpurnius Siculus noch von irgendeinem anderen uns bekannten Dichter aus Neros Zeit herrühren. 2 Unter diesen Umständen stellte sich die Frage, ob diese Bukolika von einem oder von zwei Dichtern stammen. Beide Ansichten hatten berühmte Vertreter, die sich der literarischen Analyse beider opuscula widmeten. Im Mitelpunkt ihrer Betrachtungen standen Fragen nach der Art der imitatio und der Einordnung in die bukolische und literarische Tradition. Wenn dabei irgendwelche Unterschiede im Versbau erwähnt worden sind, waren diese bei einer Lektüre dem einen oder anderen Gelehrten aufgefallen, nicht aber das Ergebnis einer methodischen Untersuchung der Verstechnik. Vielleicht der erste überhaupt, der 1 Codex Einsidlensis 266, p. 206-207. Editio princeps: H. Hagen, Philologus 28 (1869), S. 338-341. Ablichtungen beider Seiten der Einsiedler Handschrift ζ. B. in Verdieres Ausgabe und bei R. Merkelbach, H. van Thiel, Lateinisches Leseheft zur Einführung in Paläographie und Textkritik, Göttingen 1969, S. 62. 2 Da dies nicht der Gegenstand meiner Erörterung ist, verweise ich auf ausgewählte Veröffentlichungen, in denen diese Thesen begründet sind: G. Scheda, Studien zur bukolischen Dichtung der neronischen Epoche, Bonn 1969 (mit weiteren Literaturhinweisen); Scheda hat das Verhältnis zwischen den Einsiedler Gedichten und den Eklogen des Calpurnius Siculus besonders sorgfältig und einleuchtend untersucht; G. E. Duckworth, Five Centuries of Latin Hexameter Poetry: Silver Age and Late Empire, ΤΑΡΑ 98 (1967), S. 77-150, der auf einem statistischen gut gelegten Wege zu dem folgenden Schluß gekommen ist, S. 141: „The two Einsiedeln pastorals are almost too short to provide reliable information, but the statistics for each favor the view that they are work of two different authors; they are not to be assigned to either Lucan or Calpurnius Siculus." Eine Ausnahme ist R. Verdiere, der die Carmina Einsidlensia für Lucans Werk hält (siehe seine Ausgabe). Diese Ansicht und ebenfalls eine spätere Datierung sowohl des Calpurnius Siculus als auch der Einsiedler Gedichte entbehren einer festen Grundlage.

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Verskolometrie in den Carmina Einsidlensia: die Autorfrage

die metrische Argumentation in die Autorfrage der Carmina Einsidlensia einbezogen hat, war Theodor Birt,1 und nach ihm tat das Dietmar Korzeniewski. 2 Aber auch er hat keine systematische Untersuchung durchgeführt. Ein weiterer Stützpunkt hat sich aus den breit angelegten und vollendeten statistischen Untersuchungen von G. E. Duckworth ergeben. Das Ziel dieses Kapitels ist, vor dem Hintergrund der Verstechnik römischer Bukoliker eine systematische metrische und verskolometrische Analyse der Carmina Einsidlensia im Hinblick auf die Autorfrage durchzuführen. Als mir im Laufe meiner Studien einige Unterschiede auffielen, begann ich, die kurzen Carmina Einsidlensia besonders sorgfältig zu untersuchen. Meine Beobachtungen sind in den vorhergehenden Kapiteln zerstreut. Ein solches Verfahren war unvermeidlich, weil jede Einzelerscheinung in den Carmina Einsidlensia zuerst dem Gesamtbild eingefügt und dort erörtert werden mußte, wo sie primär hingehört. Hier dagegen werden diese Beobachtungen nicht nur zusammengestellt, sondern sie werden vor allem ein methodisches Gerüst erhalten. Es sei also direkt zu methodischen Erwägungen übergegangen. Mit Recht bringt G. Scheda 3 Zweifel gegenüber der metrischen Statistik im Hinblick auf die Autorschaft der Einsiedler Gedichte vor. Denn nur den rein quantitativen, d. h. zahlenmäßigen Angaben folgend hätte man ebenfalls für Vergils Eklogen und die Aeneis zwei Autoren fordern müssen. Es ist ebenfalls wahr, daß der geringe Umfang an Material keine weitgehenden Folgerungen statistischer Art erlaubt und daß die metrischen Merkmale bei einer Autorfrage nur sehr selten ein entscheidendes Kriterium liefern. 4 Überdies kann Statistik nie eine primäre Methode zur Untersuchung der Poesie werden. Denn neben den statistisch erfaßbaren Erscheinungen lassen sich aus den Versen ebenfalls Beobachtungen qualitativer Natur gewinnen, die einen merkmaltragenden Charakter besitzen. 5 Daß auch diese qualitativen Beobachtungen statistisch faßbar sind, stellt kein Problem dar; wichtig ist, daß es möglich ist, zwischen dem quantum und dem quale zu unterscheiden und Argumente zu wiegen. Bestimmte Tendenzen in der Verstechnik wie auch im Stil oder in der Syntax, ungeachtet, ob sie vom Autor bewußt

ι Th. Birt, a. O. S. 64-65. D. Korzeniewski, Die ,Panegyrische Tendenz' in den Carmina Einsidlensia, Hermes 94 (1966), S. 345 Anm. 1, S. 358-359. 3 G. Scheda, a. O. S. 54. 4 Einer der Fälle ist die durch M. Haupt begründete Trennung der Eklogen des Calpurnius Siculus von denen des Nemesianus. Die Ergebnisse von Duckworth sind ebenfalls nicht unwichtig. 5 Ζ. B. locus Jacobsohnis in Bezug auf die Dialogverse des Plautus im Gegensatz zu den anderen Dramatikern, Wortschluß nach dem 4. Trochäus u. a. 2

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oder unbewußt gebraucht sind, begegnen uns als Tatsachen. 1 Die ordnende Beobachtung, wie sie R. Bentley, R. Porson und W. Meyer geübt haben, 2 kann sie ans Licht bringen und zu weiterem Nutzen bereitstellen. Nun, um kurz zu Vergil zurückzukehren: wir haben es dort mit drei literarischen Gattungen zu tun, die für die unterschiedliche Verstechnik mitverantwortlich sind. Die qualitativen Merkmale können uns also ebenfalls nicht unbedingt davor schützen, die Eklogen und die Aeneis zwei verschiedenen Autoren zuzuschreiben. In unserem Fall bewegen wir uns aber im Rahmen einer einzigen, sich kontinuierlich entwickelnden Gattung, in welcher Vergil als Vorbild steht - allenfalls nicht ausschließlich mit seinen Eklogen, neben ihm aber auch andere Dichter und Gattungen, die den späteren Hexameterbau mitbeeinflußt haben. Wenn wir dabei erwägen, daß wir uns bei den Einsiedler Gedichten in einer Epoche befinden, in der imitatio und aemulatio nicht nur Zuwachs verzeichnen, sondern auch besondere Formen angenommen haben, führt uns diese Erkenntnis zu dem Schluß, daß die qualitativen Merkmale im Hexameterbau sehr an Bedeutung gewinnen und - nicht zuletzt - uns bei der Frage nach der Autorschaft der Einsiedler Eklogen helfen können. Dementsprechend wird hier nach gewichtigen metrischen und verskolometrischen Argumenten gesucht, aber nicht ausschließlich nach solchen; sie werden nur als Richtlinien dienen. Denn es gibt auch Einzelphänomene, die von mir so genannten Mosaiksteine. 3 Keiner von ihnen besitzt Argumentationskraft für sich, und auch zusammen sind sie nicht zwingend. Allesamt aber u n d den gewichtigen die Beweisführung tragenden Argumenten untergeordnet tragen sie zur Gestaltung eines Mosaiks bei. In unserem Falle ordnen sie sich auf eine solche Weise, daß der Gegenstand des Bildes nicht ein Dichter mit zwei Papyrusrollen ist, sondern zwei Dichter mit jeweils einer Rolle. Welche sind denn diese gewichtigen Argumente und wie kann man darüber entscheiden? Es sind die in die formale Kunst gehörenden Kennzeichen, die für den einen oder den anderen Dichter so charakteristisch sind und für zwei zu vergleichende Dichter so unterschiedlich, daß ein Zufall auszuschließen ist. Für die Carmina Einsidlensia sind es vor allem der Gebrauch parataktischer konjunktionsloser Kola und der Personenwechsel im Hexameter, ferner der Gebrauch der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον und der Klauselart et mihi Damon. Außer der Caesur κατά τρίτον

1 Ζ. Β. der Gebrauch von timere und metuere bei Caesar oder die Stellung der Gruppe vom Typ at tibi canto am Hexameterschluß. 2 U. von Wilamowitz-Moellendorff, Griechische Verskunst, Berlin 1921, S. VII. 3 Siehe oben S. 252.

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τροχάϊσν sind sie zwar genannt worden, des öfteren fehlte aber neben den Zahlenangaben eine Interpretation. 1 N u n g e h e ich zur Behandlung verskolometrischer und rhythmischmetrischer Merkmale über. Zunächst knüpfe ich an die Unterschiede i m Gebrauch des spondeischen Wortes am Versanfang an, die sich aus der getrennten Behandlung der ,Gruppe Γ und ,Gruppe II' ergaben. 2 In der ersten Gruppe liegt i m kurzen Eins. II spondeisches A n f a n g s w o r t 4 m a l vor, In Eins. I finden wir kein einziges Beispiel. D a s Verhältnis z w i s c h e n Eins. II und Eins. I ist hier 5 : 1, w o b e i es sich in Eins. I 3 2 u m e i n e deutliche Emphase handelt: Eins. I 2 9 - 3 2 :

talis diuina potestas quae genuit mundum septemque intexuit orbis artificis zonas et toto miscet amore: 32: talis Phoebus erat, c u m laetus caede draconis docta repercusso generauit carmina plectro. D i e s e s emphatische talis knüpft an das talis in Vers 2 9 an, w e l c h e s nach der semiquinaria ein neues K o l o n einführt. Es liegt an dieser Stelle eine A n a p h e r vor, a l s o ein b e w u ß t a n g e w a n d t e s Stilmittel, w e l c h e s e i n e A u s n a h m e gerade dadurch kraftvoller wirken läßt. 3 In Eins. II f i n d e n wir Kunstmittel dieser Art nicht, obschon auch dort eine bewußte Struk1 Ich fasse Birts und Korzeniewskis Beobachtungen kurz zusammen. Th. Birt, S. 64-65: Unterschiede in Zahl und Art dreigegliederter Hexameter (Eins. I 6mal, darunter 3mal mit Wortschlüssen 3 und 7, Eins. II 5mal mit Wortschlüssen 3, 3tr und 7, aber nicht einmal mit nur 3 und 7); Unterschiede im Gebrauch des spondeischen Wortes im 1. Fuß (Eins. I - 1 : 47, Eins. Π - 1 : 6V3) und des daktylischen Wortes im 1. Fuß (Eins. I - 1 : 5V3, gewiß ohne Vers 38 tu-quoque und 48 haud-procul, Eins. II 1 : 6V3). Die Zahlenangaben zum Bau des 4. Fußes ergeben keine merklichen Unterschiede. D. Korzeniewski, a. O. S. 359 und 345 Anm. 1: der Gebrauch eines schweren Monosyllabon im 1. longum und zugleich im 4. biceps in Eins. I [Vers 38 gehört wegen ad-sidera nicht hierher], demgegenüber der dreimalige Gebrauch der Klauselart et mihi Damon (d. h. ein schweres Monosyllabon im 5. longum mit folgendem pyrrhichischem Wort) in Eins. Π; die Caesurentechnik [nicht präzise ausgedrückt, denn es handelt sich in Eins. I um die semiquinaria, der ein Überhang oder ein interpungierter Wortschluß nach dem 1. Daktylus, eine Pause also, vorausgeht; dann muß Eins. I 38 entfallen und Eins. Π 13 hinzugerechnet werden, weil der Vers so wie Eins. I 3 gebaut ist]; nur in Eins. Π Tri- und Tetrakola, άντιλαβή und weitübergreifendes Enjambement, in Eins. I dagegen „ein eigentümlich kurzes Enjambement". Dagegen würde ich weder der dreimaligen Aphaerese („Synalöphe mit einem Monosyllabon am Versende") in Eins. I 5, 12 und 37 noch der unterschiedlichen Zahl der Synaloephen [ohne Aphaeresen sind es 7 in Eins. I und 4 in Eins. II] eine argumentative Bedeutung beimessen. Auch die bloße Z a h l der Verse mit zwei oder mehr als zwei Monosyllaba im Vers - m. E. sind es in Eins. I und II 14 und 8 Hexameter, nicht 18 und 9 - ist ohne Bestimmung der A r t ihres Vorkommens nicht ausschlaggebend. 2

Vgl. oben S. 291-292, vor allem die Tabelle auf S. 291. Talis wird ebenfalls in Gleichnissen an den Versanfang gestellt, ζ. B. Verg. Aen. XII 860, vgl. W. Hübner, Die Dira im zwölften Buch der Aeneis: eine Klarstellung, Eranos 92 (1994), S. 23-28. 3

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turierung erkennbar ist. In drei von vier Fällen aus der ersten Gruppe handelt es sich um asyndetische parataktische Kola: Eins. II 17: spirant templa mero. resonant caua tympana palmis, Maenalides teneras ducunt per sacra choreas, tibia laeta canit. pendet sacer hircus ab ulmo et iam nudatis ceruicibus exuit exta. II 37: mordent frena tigres, subeunt iuga saeua leones. II 25: condit securas tota spe messor aristas, languescit senio Bacchus, pecus errat in herba. Im letzten Beispiel erstreckt sich die Parataxe über zwei Verse. 1 Diese Asyndeta vermitteln etwas vom volkstümlichen Charakter der archaischen Literatur. Sie erinnern an sakrale Formeln oder Sprichwörter, mit denen sie auch die stärkere Rhythmisierung gemeinsam haben. In ihnen klingen die späteren Disticha Catonis an. Bei Vergil diene eel. II 18 als Beispiel: alba ligustra cadunt, uaccinia nigra leguntur, wo die erhöhte Kongruenz im ersten Halbvers diesen Charakter vermittelt. Dieses einfache, in Eins. II bewußt eingesetzte Mittel, und die kunstvolle Anapher des Eins. I lassen sich nicht auf dieselbe Ebene stellen. Eher können wir der dem Eins. II eigentümlichen asyndetischen Parataxe bei Eins. I die Überhänge im 1. Daktylus mit der folgenden semiquinaria als Hauptcaesur als nicht weniger charakteristisch gegenüberstellen: Te, formose Mida, iam dudum nostra requirunt Eins. I 2: iurgia,/ da uacuam II pueris certantibus aurem uel leuis haec et mobilibus circumdata bullis I 9: fistula./ siluicolae II munus memorabile Fauni. elige utrum perdas; et erit, puto, certius omen I 12: fistula.// damnato II iam nunc pro pignore dempta est. Praeda mea est, quia Caesareas me dicere laudes I 14: mens iubet:// huic semper II debetur palma labori. sie uos cantantes deus adiuuet! ineipe Lada I 21: tu prior./ alternus II Thamyras imponet honorem. 2 1 Eins. Π 21 und Π 8 unterscheiden sich von den genannten Versen. Im ersteren steht atquin am Versanfang, im letzteren nostri, welches mit dem an das Versende gestellten nati einen Rahmen bildet. 2 Es gibt auch je einen Vers mit einer Pause nach dem 1. Daktylus ohne Überhang und mit der semiquinaria bzw. semiseptenaria:

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Daraus wird klar, daß nicht nur das bloße Zahlen Verhältnis, nämlich die Vermeidung des Anfangsspondeus in Eins. I und sein häufiges Auftreten in Eins. II, 1 sondern vor allem die Art und Weise seiner Anwendung diese zwei Gedichte voneinander unterscheidet. Ich halte es für ausgeschlossen, daß ein und derselbe Nachahmer innerhalb von zweimal 40 Hexametern nicht nur das spondeische Wort hier sechsmal, dort nur einmal und mit höherem stilistischem Anspruch an den Versanfang stellt, sondern auch, daß er bald eine volkstümliche Syntax anwendet, bald davon nichts zu erkennen gibt. Mir scheint, daß am Gebrauch des spondeischen Wortes am Hexameteranfang gut nachweisbar ist, daß wir es mit zwei unterschiedlichen Verstechniken, also zwei Autoren zu tun haben. Dieses gewichtige Argument unterstützen auch kleinere Hilfsargumente. 1. Der Dichter des Eins. I duldete zwei Monosyllaba am Hexameteranfang: Vers 17, 20, 36 (6,38%, mit Vers 45 - 8,51%), der des Eins. II, der spondeische Wörter vorzog, hat nur ein Beispiel, nämlich Vers 20 (2,63%). 2. Ein daktylisches Wort füllt l l m a l den ersten Fuß in Eins. I (23,40%), 7mal in Eins. II (18,42%),2 wo es aber nie im Überhang steht. 3. Ein daktylischer Wortschluß nach dem 1. Fuß der Art uel caper findet sich in Eins. I 8mal (17,02%), in Eins. II 4mal (28,95%). 3 4. Rechnen wir alle Wortschlüsse nach dem ersten Daktylus zusammen (Punkt 2 und 3), so erhalten wir 19 Wortschlüsse in Eins. I (40,42%) und nur 11 Wortschlüsse in Eins. II (28,95%).4 Erst jetzt, vor dem kolometrischen Hintergrund, gewinnen diese statistischen Angaben an Bedeutung. Es bleibe nicht unbemerkt, daß der Dichter des Eins. I im Gebrauch des daktylischen Anfangswortes und des Wortschlusses nach dem 1. Daktylus Calpurnius Siculus ähnlich ist. Das zweite für die Autorfrage entscheidende Merkmal ist der Gebrauch der άντιλαβή in Eins. II, die auf römischem Boden kein Vorbild Eins. I 3: Haud moror:/ et casti I nemoris \secreta uoluptas inuitat calamos.//5 Eins. Π 13: VenimusJ et tenero II corpus summittere prato herba iubetJß Ein Überhang folgt dann im nächsten Hexameter, in Eins. I wieder bis in die semiquinaria. Dies ist aber eine wenig besagende Ähnlichkeit zwischen den beiden Eklogen. 1 Für die Gesamtzahlen siehe oben S. 291 Anm. 2. In Eins. I beträgt der Anteil des spondeischen Anfangswortes 2,13%, höchstens 4,17%, wenn wir Vers 45 hinzu rechnen, In Eins. Π 15,79%. 2 Eins. I 2, 5, 9 , 1 2 , 1 4 , 22, 35, 38 (tu-quoque), 44, 46, 48 (haud-procul); Eins. II 5, 7 , 1 3 , 1 6 , 1 9 , 29, 33. 3 Eins. 13, 7, 8,13,16, 21,23, 26; Eins. Π 3,4, 22, 32. 4 Vgl. auch unten S. 349 (Punkt 11) mit Anm. 7.

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hatte, wenn man von Horazens Satiren absieht, bei denen man angesichts der zwei angeblichen Interlokutoren von einer „Scheinantilabe" sprechen könnte, aber nicht zu sprechen braucht. Diesem Problem wollen wir uns hier widmen, wobei auch Theokrit herangezogen werden muß. Der Sprecherwechsel innerhalb einer Verszeile ist seit Sophokles dem Drama eigen. 1 Daher wird er bei den Versmaßen des Dramas behandelt. Dennoch begegnet uns dieselbe Erscheinung in den Hexametern κατά στίχον des Corpus Theocriteum in nicht weniger als fünf Gedichten. Trotzdem ist mir kein einziges Handbuch der griechischen Metrik bekannt, in dem die άντιλαβή in Theokrits Hexametern wenigstens erwähnt worden wäre. Ebenso ist es in den Abhandlungen zu den Versmaßen der Römer. Dies ist unverständlich, denn die άντιλαβή in stichisch gebrauchten Hexametern ist eine Eigentümlichkeit, die wir meines Wissens außer bei Theokrit und im Eins. II nicht finden. Daher erlaube ich mir, die entsprechenden Hexameter zu zitieren:2 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

IV 45: V 66: Χ 15: XIV 1: 2: 3: XIV 7: XV 1: XV 3: XV 14: XV 24: XV 26: XV 57: XV 60: 61: 1

τον Οαλλόν τρώγοντι, τά δνσσοα. -φ- σίτΰ', όΛέπαργος βωστρέωμες. φ- τύ κάλει νιν. -φ· W ω ξένε, μικκόν άκουσον τις δε τν τάν παίδων λυμαίνεται;-^-άΠολυβώτα, Χαίρειν πολλά τον άνδρα Θυώνιχον. -φ- άλλα τοιαϋτα Αίσχίνα. ώς χρόνιος, -φ- χρόνιος, -φ- τίδε τοι το μέλημα; -φπράσσομες ούχ ώς· λφστα, Θυώνιχε. φ ταϋτ' άρα λεπτός, ήρατο μάν και τηνος; -φ- έμιν δοκεΐ, όπτώ άλενρω,3 'Ένδοι Πραξινόα; -φ- Γοργώ φίλα, ώςχρόνω. ενδοι. εμβαλε και ποτίκρανον. -φ- έχει κάλλιστα, -φ- καϋιΖ,ευ. αισθάνεται το βρέφος, val τάν πότνιαν. -φ- καλός άπφΰς. κοσμεϊν τάν βασίλισσαν. Φ έν όλβίω όλβια πάντα. ερπειν ώρα κ' εϊη. -φ- άεργοϊς αίέν έορτά. τοι δ' έ'βαν έςχώραν. -φ" καύτά συναγείρομαι ήδη. έξ αύλας, ω μάτερ; -φ- έγών, τέκνα, -φ- είτα παρενϋέϊν εύμαρές; -φ- ές Τροίαν πειρώμενοι ήνθον 'Αχαιοί,

Aischylos hat nur zwei Beispiele im jambischen Trimeter: Sept. 961, der den Kommos einleitet, und Prom. 980 (wenn von Aischylos). Ansonsten kommt es bei ihm zur Verdichtung des Sprecherwechsels im Kommos der Perser 1002-1077 und in dem der Septem 961-1004, in lyrischen Versmaßen also, welche nach B. Seidensticker „auf die Entstehung und Entwicklung der Antilabai eingewirkt" haben dürften. In den genannten Kommoi kommt άντιλαβή in Pers. zweimal (1058,1065), in Sept. häufiger vor. Vgl. B. Seidensticker, Die Stichomythie. In: W. Jens (Hrsg.), Bauformen der griechischen Tragödie, München 1971, S. 201 mit Anm. 39, auf dessen Studie mich H.-D. Blume hinweist. 2 Zitiert nach: Theocritus, edited with a Translation and Commentary by A. S. F. Gow, vol. Ι-Π, Cambridge 19522. 3 Theocr. XIV 60: ταλλα δ' άνήρ ποϊός τις; -φ- ώτοισιν άριστος' ist unvollständig.

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16. 17.

Verskolometrie in den Carmina Einsidlensia: die Autorfrage

XV 72: ούκ in έμιν μεν, όμως δέ φνλάξομαι. -φ- όχλος άλαθέως 73: ώϋεϋνθ' ωσπερ ϋες. -φ- Οάρσει, γυναν έν καλώ είμές.

In 13 Hexametern kommt eine, in 4 zwei άντιλαβαί vor. Die häufigste Stelle eines Personenwechsels ist die Caesur xατά τρίτον τροχαϊον (6mal) und die bukolische Diaerese (6mal), weiter die semiquinaria (4mal), die semiseptenaria (lmal) und je einmal die Stelle nach dem 1. Daktylus, 5. Trochäus und im 5. longum. In Eins. II wird eine άντιλαβή in vier Hexametern gebraucht: Eins. II 1: quid tacitus Mystes? -φ- Curae mea gaudia turbant 4: Non satis accipio. -φ- Nec me iuuat omnia fan -φ5: Forsitan imposuit pecori lupus? -φ- Haud timet hostes 6: turba canum uigilans. -φ- Vigiles quoque somnus adumbrat. Sie erscheint dreimal in der semiquinaria und einmal in der bukolischen Diaerese, was sowohl mit der allgemeinen Caesurentechnik der Römer als auch mit der Praxis des Dichters des Eins. II, einen Hexameter aus zwei Kola zu bauen, übereinstimmt. Wie ist der Anonymus Einsidlensis auf die άντιλαβή gekommen? Es gibt drei Hypothesen: Er hat sie von Theokrit übernommen, er hat sie unter Horazens Einfluß eingeführt, er hat sie selbst, d. h. ohne Vorbild eingeführt. Die mittlere Hypothese lehne ich ab. Es ist wahr, daß Horaz in seinen Satiren angebliche Gesprächspartner das Wort ergreifen läßt, um sich zu einer Antwort oder Stellungnahme gezwungen zu zeigen. Theokrit läßt dagegen zwei Personen miteinander sprechen. Obgleich beide Techniken in die literarische Fiktion gehören, sind Horazens „Gespräche" von Anfang an als fiktiv, die Gespräche Theokrits aber als real konzipiert: sowohl die amoibaischen Bukolika als auch die Mimen waren für Aufführungen mit Aufteilung der Rollen bestimmt, während Horazens Satiren zu solchen Aufführungen nie bestimmt waren. Auch Vergils Bukolika erfreuten sich in Rom einer großen Beliebtheit und wurden häufig rezitiert. Daher klingt es viel überzeugender, bei dem Anonymus Einsidlensis einen Einfluß der dem bukolischen γένος bekannten Praxis anzunehmen, als eine Quelle seines Einfalls bei Horaz zu suchen. Ob er Theokrit kannte, steht dahin, weil es zwischen ihnen keine unmittelbaren inhaltlichen Parallelen gibt. Dennoch muß man bemerken, daß Theokr. XIV und XV und Eins. II eine άντιλαβή im ersten Vers gemeinsam haben und daß eine nahe Entsprechung zwischen curae Eins. II 1 und μέλημα Theokr. XIV 2 besteht. Außerdem wurde griechische Literatur in Rom nicht nur viel gelesen, sondern auch geschrieben, wozu auch Kaiser der julisch-klaudischen Dynastie mit dem besonders philhellenischen Nero Antrieb gaben. Aber auch die Vermutung, daß der Anonymus Einsidlensis auf diese Idee

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selbst gekommen sei, sollte nicht allzu schnell abgelehnt werden. In der Zeit Neros, auch infolge der Entthronung der Rhetorik als Möglichkeit politischen Einflusses, waren verschiedene Rezitationen, Deklamationen, nichtszenische Aufführungen und Wettbewerbe besonders populär, noch mehr als in Vergils und Horazens Zeit. Es war auch eher ein Wagnis als ein Zeichen von Genialität, in ein Amoibaion am^jSai'einzuführen. Wie dem auch sei, als Nachahmer Theokrits oder als „Erfinder" ist der Autor des Eins. II ein Neuerer in der römischen Literatur, denn sonst hat kein römischer Bukoliker oder Daktyliker eine άντιλαβή gebraucht. 1 Den dritten bedeutenden Hinweis liefert die Behandlung der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον als Hauptcaesur. 2 Sie fehlt völlig in Eins. I, während Eins. II neben dem Vergilzitat zwei originelle Beispiele ohne den häufigsten Sperrungstypus I hat. Außerdem ist in Eins. II 30 dank der kunstvollen Kolometrie des ganzen Abschnitts die Annahme der trochäischen Caesur nicht unmöglich. Der Anteil der Caesur κατά τρίτον τροχαΐον in Eins. II und die Funktionalität des Wortschlusses 3tr bringen Eins. II dem Eklogenbuch Vergils nahe. Erst jetzt gewinnt eine Kleinigkeit an Bedeutung, die nämlich, daß nur Eins. I, ein Gedicht ohne die Caesur κατά τρίτον τροχαΐον, einen Hexameter mit zwei trochäischen Wortschlüssen, nämlich nach dem 2. und 4. Trochäus, hat: Eins. I 23: seu tibi, Phoebe, placet temptäre loquentia fila. Dies bringt Eins. I der Verstechnik des Calpurnius nahe, der diese Kombination 15mal hat, während sie bei Vergil nur zweimal erscheint. 3 Auch der Gebrauch der Klauselart et mihi Damon in Eins. II, welche in Eins. I fehlt, ist eine wichtige Unterscheidung. 4 Daß sie der Dichter zweimal nach einem spondeisch ausgehenden 4. Fuß gebraucht, stellt ihn wieder in Vergils Nähe. 5 Noch ein kolometrischer Unterschied hat in der Autorfrage eigenes Gewicht. Es handelt sich um die kolometrische Gestaltung der Hexameter mit der semiseptenaria als Hauptcaesur. Ausschließlich Eins. I zeigt dreimal eine Anapher wie I 26: fas mihi sit uidisse deosjl fas prodere mundo I 27: seu caeli mens ilia fuit II seu solis imago, I 37: hie Heliconis opes florentjl hic uester Apollo est! und ausschließlich Eins. I hat zweimal die Sperrungscaesur: 1 Vergil hat sie von Theokrit bekanntlich nicht übernommen, auch nicht das Distichon nach dem Vorbild des [Theokr.] VIII. 2 Vgl. oben S. 154-156. 3 Vgl. oben S. 166 unter Punkt c). 4 Von D. Korzeniewski richtig beobachtet. Dazu siehe oben S. 322. 5 Zu Calpurnius siehe oben S. 319 und 337 f., zu Vergil S. 318.

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18: uel leuis haec et mobilibus II circumdata bullis.1 115: praeda mea est, quia Caesareas II me dicere laudes. Dagegen wurde die semiseptenaria als Hauptcaesur in Eins. II nahezu völlig gemieden; die zwei Fälle haben eine zwei asyndetische Kola bindende Interpunktionscaesur und bezeugen eine Vorliebe des Autors für die Zweiteilung des Hexameters. Erst im Spiegel dieser Differenzierung entfaltet eine Beobachtung Korzeniewskis, die das Vorkommen zweier schwerer Monosyllaba im 1. longum und im 4. biceps in demselben Vers betrifft, ihren vollen Sinn:2 Ausschlaggebend ist hier die Anapher in Eins. I 26, 27 und 37. Aus diesen fünf Merkmalen, die der methodischen Vorüberlegung 3 entsprechen dürften, ergeben sich für einen Dichter unvereinbare Unterschiede in der Handhabung des Hexameterbaus und der Verskolometrie. Diese Argumente sind mit den Hauptfiguren auf dem Schachbrett vergleichbar. Es verbleibt nun, weiter zu beobachten, wie sie von den um sie gruppierten Bauern unterstützt werden. Bleiben wir bei der semiseptenaria und dem Wortschluß im 4. longum. 1. Nur Eins. I hat zweimal bei der semiseptenaria Wortschluß sowohl nach dem 2. longum als auch nach dem 2. biceps (I 8 und 15) und einmal Wortschluß nach dem 1. Trochäus und dem 3. longum (I 39).4 2. Hinsichtlich der Häufigkeit der semiseptenaria ist der Autor des Eins. I Vergil ähnlich. 3. Der Autor des Eins. II hat bei höchstem Anteil des Wortschlusses 7 den niedrigsten Anteil der semiseptenaria als Hauptcaesur. 5 4. Nur Eins. I zeigt einen caesurlos strukturierten Vers (I 25). Wenn wir um zwei morae nach vorn rücken, gewinnen wir weitere Stützen aus der Behandlung des Wortschlusses nach dem 4. Fuß. 5. Wortschluß nach dem 4. Daktylus kommt bei dem Anonymus II in 40,54% der Verse, bei dem Anonymus I in nur 12,50% vor. In Eins. II kann man diesen hohen Anteil auch als Folge der Vorliebe für die semiquinaria erklären.6 Spondeischer Wortschluß an derselben Versstelle ist dagegen in Eins. I häufiger als in Eins. II (43,75% zu 37,84%).7 1

Dazu vgl. oben S. 214. Siehe Korzeniewski, a. O. S. 359 und oben S. 342, Ende der Anm. 1. 3 Siehe S. 341. 4 Dazu vgl. oben S. 211. 5 Siehe S. 212. Es muß trotzdem bemerkt werden, daß unter Anerkennung der 7 Η in Eins. II 7, aber auch in Eins. I 3 und 38, die Zahlen geändert werden müßten (siehe Tabelle auf S. 212 mit Anm. 2): für Eins. 121,28% und 34,48%, für Eins. Π 7,89% und 11,11%. Das Gesamtbild bliebe jedoch unverändert. 6 Die bukolische Diaerese hat hier keine Bedeutung; jeder der beiden Dichter hat nur 2 Beispiele. Siehe oben S. 114 und 118. 7 Vgl. S. 116-117. 2

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6. Kein Bukoliker läßt ein Wort nach dem 4. Fuß, sei er daktylisch oder spondeisch, so häufig enden wie der Anonymus II (81,08%). 1 7. In 15 Hexametern mit absolutem Wortschluß 8d füllt in Eins. II ein pyrrhichisches Wort das 4. biceps 13mal. In Eins. I dagegen sehen wir unterschiedliche Worttypen dort enden.2 Wenn wir uns schließlich dem ,Molossus' zuwenden, begegnen uns weitere Unterschiede. 8. Ein molossisches Wort beginnt in Eins. II einen Hexameter ungefähr so häufig wie bei Vergil (10,53% zu 9,72%), in Eins. I dagegen am seltensten (4,25%), was Calpurnius am nächsten ist (6,88%). 3 In dem für Vergil sehr charakteristischen Grundtypus II, der von Calpurnius gemieden wurde, 4 finden wir auch Eins. II 26.5 9. Aus den Untertypen des Molossus sind I Bb 12 und II Aa 7 nur Vergil und dem Anonymus II gemeinsam. 6 10. Eins. I hat einen absoluten Wortschluß nach dem 2. Trochäus in 25,53% der Hexameter, Eins. II in nur 13,16%.7 Daraus fallen manche Verse in die Kategorie ,Molossus als Versanfang'. Hier hat Eins. I zwei Verse im Typus II Aa, Eins. II zwei Verse im Typus II Bb.8 11. In Eins. I ist der erste Fuß ein Daktylus in 34 Hexametern (72,34%, bei Calpurnius in 75,20%), in Eins. II in 25 Hexametern (65,79%, in Vergils Eklogen in 65,14%). 9 Die hier durchgeführte Rangordnung der Argumente dürfte die Beweiskraft auch dessen klären, was in den bisherigen Ansätzen einer formalen Beurteilung der Einsiedler Gedichte enthalten ist. Daraus ergibt sich, daß diese beiden bukolischen Gedichte hinsichtlich der Verstechnik nicht nur im Großen sondern auch im Kleinen sehr verschieden sind. Einerseits sind sie beide der Tradition der neronischen Zeit und Calpurnius Siculus verpflichtet, mit dem sie viele Gemeinsamkeiten aufweisen, andererseits ist ihr Versbau und ihre Kolometrie so unähnlich, daß die Annahme eines einzigen Verfassers unmöglich ist. Der Anonymus Ein1 Siehe S. 116. Siehe S. 115 mit Anm. 1. 3 Siehe Tabelle auf S. 251. Ein molossisches Wort ist ein stärkeres Kennzeichen als ein Molossus mit drei Aufteilungen der Wortschlüsse und als andere verwandte Rhythmen mit dem Anfang (—). Siehe Tabellen auf S. 288-289. 4 Nur einmal bei Calp. V 113 und erwartungsgemäß nicht in Eins. I. 5 Siehe S. 241. 6 Vgl. Tabellen auf S. 280. Daraus kann man aber nicht allzu viel schließen, weil der Anonymus I ebenfalls gemeinsame Varianten mit Vergil und Nemesianus hat, aber keine, die er ausschließlich mit Calpurnius Siculus gemeinsam hätte. 7 Siehe Tabelle auf S. 278, S. 279 und S. 248,252. 8 Vgl. oben S. 265 f. und 271. 9 Vgl. oben S. 282 Anm. 1. Somit habe ich die Angaben von Duckworth differenziert. 2

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sidlensis I spiegelt die Verstechnik des Calpurnius Siculus ziemlich genau wider, während der Anonymus II vielmehr der Verstechnik Vergils ähnelt. Schließlich, abgesehen von großen und kleinen Zahlen, wenn nur nach der Beschaffenheit gefragt wird, scheinen die formalen Unterschiede zwischen den zwei Dichtern der Carmina Einsidlensia hinsichtlich ihrer Spannbreite und ihres Gewichts viel größer zu sein als jene zwischen Vergils Eklogen und der Aeneis.

Rückblick

In der vorliegenden Studie wurde von Anfang an die Einheit der Theorie und ihrer praktischen Ausführung angestrebt. Nach H. Drexlers Vorbild wurde hier die Untersuchung der Metrik mit der Untersuchung der Kolometrie methodisch vereinigt. Gegen Nilssons merkwürdige Behauptung, 1 an die er sich in seinem trefflichen Werk nicht gehalten hat, erweist sich diese Methode als sehr fruchtbar und für Untersuchungen formaler Aspekte der Dichtkunst als allein sinnvoll: Einerseits befreit sie von dem nur statistisch orientierten Formalismus, andererseits läßt sie nicht zu, die Satzgliederung und den Periodenbau nur für sich, d. h. in Isolierung vom metrischen Schema, in welchem die Sätze durch ihre Anpassung daran zu Versen werden, zu behandeln. Nur durch diese Einheit des Satzes und der Versform wird ein Text zur Poesie; demgemäß kann Poesie am besten durch die Erforschung dieser Einheit verstanden werden. Vor diesem Hintergrund erhalten die Begriffe ,Caesur' und ,Diaerese' ihre eigentliche Bedeutung. Dazu schrieb Nilsson folgendes: „Wesen und Zweck der Cäsur in der lateinischen Verskunst ist von der metrischen Forschung noch nicht aufgehellt worden. Ob die Cäsur eine metrische, von ästhetischen oder rezitationstechnischen Bedürfnissen bedingte Pause ist oder sein kann, ob sie zu der inhaltlichen (rhetorischen) Pausierung irgendwie in Beziehung steht, ob ihre Stellung besonders im Hexameter einen Widerstreit zwischen Wortakzent und Iktus hervorrufen soll - über diese zentralen Fragen, wie über die fundamentalen Probleme der Art des Akzentes und der Existenz eines Iktus, ist die Wissenschaft keineswegs zu einer geklärten und einstimmigen Auffassung gelangt." 2 Darauf antworte ich nach 44 Jahren in umgekehrter Reihenfolge, sofern, bei aller Bescheidenheit, eine Antwort möglich ist. Über das fundamentale Problem der Existenz des Iktus als eines Versakzentes haben bereits Bentley und vor allem Nietzsche entschieden. Obwohl sich noch heute viele für die Existenz des so begriffenen Iktus aussprechen - möge es auch eine demokratische Mehrheit sein kann dennoch, auch angesichts weitergehender Studien von A. Schmitt und W. Stroh, keineswegs behauptet werden, daß die Wissenschaft zu keiner g e k l ä r t e n Auffassung gelangt sei: In diesem Fall wirft ein König jede Demokratie in den Schatten des Nichtseins. Somit haben sich die

1 2

Zitiert auf S. 95 Anm. 6. N.-O. Nilsson, Metrische Stildifferenzen, S. 40.

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Rückblick

Fragen nach dem Wortakzent und dem Widerstreit zwischen diesem und dem ictus fictus erledigt. Der Theorie der Caesur und der Diaerese wurde ein eigener Abschnitt im I. Kapitel gewidmet; in den weiteren Kapiteln wurde sie als Grundlage der metrisch-kolometrischen Untersuchungen konsequent angewandt. Eine Caesur muß nicht durch eine Pause markiert werden und wurde es auch nicht, wenn sie eine Sperrungscaesur war; man pausierte nach den Kola wie in der Prosa und nutzte die Möglichkeiten der Stimmführung zur differenzierten Akzentuierung der Aussage. Die Caesur ist ihrem Wesen nach eine metrische Erscheinung, weil sie nur im Vers vorkommt; außerhalb der Verse gibt es keine Caesur. Sie ist potentiell eine syntaktisch-kolometrische Erscheinung und zum Teil auch eine ästhetische: Es wurden kunstvolle Sperrungen erfunden, die zum Ausdruck des Inhalts großenteils entbehrlich waren; ihre Funktionen waren vielfältiger stilistischer Art.1 Hinsichtlich aller hier untersuchten Einzelphänomene erkennen wir in Vergil den größten Verskünstler aller Zeiten. Seine Fähigkeit, den Gedanken entsprechende Rhythmen zu finden, seine Entschiedenheit, das Unerwartete und Unübliche gerade dort zu wagen, wo es sein mußte, was vor ihm und außer ihm sonst niemand konnte, schließlich seine Eigenart in der rhythmischen Vielfalt hat niemand erreicht. Daher wundern wir uns über das Fehlurteil L. Müllers um so mehr, als er derjenige war, der alle Hexameter der Römer gelesen hat: „Et Vergilii quidem, si novitatem spectes inventorum, exigua sunt merita. namque haec stat animo opinio, hexametrorum eius artem parum differre ab ilia, quae in carminibus Varronis Atacini et Lucii Varii comparet quaeque non multum distat ab ea, qua Catullum in hymenaeo et in epyllio videmus uti. igitur a d h i b e η d ο potius p a r a t a m a r t e m q u a m a d d e n d o n o v a m diligentiae ac doctrinae, at non perinde ingenii floret laude." 2 Im Folgenden korrigiert sich L. Müller zwar: „sane illud ne iniquissimi quidem eius obtrectatores abnuent, qualibet eum seu lege seu licentia versus cum summa esse usum peritia et diligentia, atque hinc est orta praeclara ars ilia, qua omnes omnium populorum superavit poetas, res per ipsos numeros describendi ac velut depingendi", um dann aber sein eigenes Urteil aufzugeben und geschickt zur Beschreibung einer Tatsache zu wechseln: „ab hoc autem, ut aliis rebus plurimis, ita metricis rationibus diversissimus fuit Ovidius. nam et exceptionum pleraque recidit et caesurarum 1 Vgl. L. P. Wilkinson, Golden Latin Artistry, S. 215: „In Latin, as prose grew more artistic, epithets became feature of aesthetic symmetry: there was a tendency to introduce them otiosely, for the sake of balance or antithesis. ... It reached such a pitch in Virgil, that Servius noted on Aen. ΠΙ, 126: ,for the sake of variety he has not added an epithet'." 2 L. Müller, S.78-79.

Rückblick

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atque elisionum eas leges constituit, quas ut necessarias universo artis Latinae progressu ne ei quidem insequentium spreverunt, quibus magis placeret Vergilius." 1 Diese hier erwähnte Tatsache wußte H. Drexler zu beurteilen: „Die klarere Gliederung nämlich, die rhythmische Straffung, die Auswahl bestimmter Typen aus der grossen Zahl des an sich Möglichen und ihre Erhebung zur festen Norm gibt einerseits dem Hexameter ein festes Profil und überwindet die rhythmische Verschwommenheit und Formlosigkeit der älteren Dichter, bringt aber gleichzeitig eine fühlbare Verarmung mit sich und führt die Gefahr der Eintönigkeit herauf. Man braucht nur in der Gesamtstatistik Lucan und Ovid, dazu Catull mit den Älteren, von Vergil angefangen, zu vergleichen und festzustellen, was bei jenen nicht mehr vorkommt oder selten geworden ist, um dies sofort zu begreifen." 2 Auch zu Vergils Kunst hat Drexler ein angemessenes Urteil gefällt: „Ich habe im vorigen Abschnitt einen Halbvers wie moenia Romanosque schön genannt, und sicher ist er auch Vergil so erschienen, sonst hätte er ihn schwerlich bevorzugt. Derselbe Halbvers aber müsste, häufiger wiederholt, klappernd wirken - Catull ist ein eindrückliches Beispiel, wie unerträglich die fortwährende Wiederholung eines und desselben an sich ausserordentlich3 gefälligen Verstypus zu werden vermag. Innerhalb des Zusammenhangs einer längeren Versreihe kann auch eine seltene, ja sogar eine harte Form gerechtfertigt und notwendig erscheinen. 4 Die Meisterschaft des Vergil erweist sich gerade an dem sicheren Takt, mit dem er einerseits die Konturlosigkeit der Älteren überwindet, andererseits doch Formen zulässt, die Catull wie die Späteren scheuen, und so Reichtum und Strenge, Härte bis zur Dissonanz und feinste Glättung in glücklichster Weise vereinigt oder zwischen ihnen die Mitte hält." 5 Ähnlich äußerte sich, nicht ohne den Einfluß von Ezra Pound, L. P. Wilkinson: „Virgil was in fact .filling his mind with the finest cadences he could discover' in the abstract."6 Trotzdem hat er die Richtigkeit der Entgegnung Τ. S. Eliots anerkannt: „The music of poetry is not something which exists apart from the meaning. Otherwise,

1

Ebendort. H. Drexler, Hexameterstudien I, S. 444-445. 3 Hier möchte ich nachdrücklich betonen, daß Hans Drexler gar keine Vorliebe für „ss" hatte; sein Auftreten, welches ich wider meinen und seinen Willen in Zitaten immer wiedergebe, ist die Folge der Veröffentlichungen in ausländischen Verlagen, die kein „ß" druckten. 4 Man beachte meine Ansicht über caesurlos strukturierte Hexameter. 5 Drexler, Hexameterstudien I, S. 445. 6 L. P. Wilkinson, Golden Latin Artistry, S. 195, vgl. ebendort S. 36. Vgl. dennoch E. Pound über Vergil in ABC des Lesens, übers, von E. Hesse, Berlin und Frankfurt am Main 1957 (Bibliothek Suhrkamp Bd. 40), S. 57-58. 2

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we could have poetry of great musical beauty which made no sense, and I have never come across such poetry." 1 Der Schlußakkord muß den Bukolikern gelten, und es steht dem optimistischen B-Dur-Ausklang nichts im Wege. 2 Als Vergils Nachfolger hat sich Nemesianus hinsichtlich der Versform seiner Eklogen als Vergils sorgfältiger Nachahmer erwiesen. Seine Verskolometrie ist dagegen nicht gleichermaßen dem lebendigen Periodenbau Vergils ähnlich. Wenn auch seine Form wenig Originalität aufweist, ist doch sein Hexameter von einer immer noch edlen Art, die nicht wenige Dichter, auch heute noch, erreichen möchten. - Die Carmina Einsidlensia wurden auf Grund ihrer metrischen und kolometrischen Beschaffenheit für Werke zweier anonymer Dichter erklärt, zwar nicht zum ersten Mal, aber auf breiterer Grundlage als bisher. Auch wenn in ihnen manche typischen Kennzeichen der Gattung mehr oder weniger zurücktreten, fehlt es ihnen an nichts, was für die Bukolik charakteristisch ist. Die einzige Ausnahme ist das Fehlen der Caesur κατά τρίτον τροχάϊον in Eins. I. - Schließlich erweist sich Calpurnius Siculus als ein durchaus origineller, eigenständiger und formal sehr begabter Dichter, der imstande war, sich dem Vorbild Vergils bewußt entgegenzustellen und seine eigene Form des bukolischen Hexameters zu schaffen. Es gibt nahezu kein hier untersuchtes Einzelphänomen, in dem sich die Verstechnik des Calpurnius nicht von der Vergils und Nemesians unterschiede. Trotzdem bleibt er in seiner Eigenart nicht minder klassisch als Vergil.

ι Ebendort, S. 36. Hier denke man an das wundervolle Klavierkonzert B-Dur, KV 450.

2

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